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Full text of "Aus dem inneren und äusseren Leben der Ehsten"

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AUS 


DEM  INNERIN  I  \l> 


BEB 


EHRTEN 


VOR 


1 


Dr.  F.  J.  Wiedemann, 

ord.  Mrtgliede  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 


Der  Akademie  vorgelegt  am  30.  Sept.  1875. 


S*-  PETERSBURG,  1876. 

Commifsionire  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 
04.  Petersburg  In  Kl«a  In  Mcmmi  In  I*el»»l« 

gggers  et  Co.,  H.  Schmitzdorff,    N.  Kymmel;     M.  1.  Bjeloi;     Leopold  Voss. 
J.  lssakof  und  A.  Tscherkessof;  ___ 

Preis:  1  Rah.  90  Cop.  =  6  Mark  30  Pf. 


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EHSTEN 


Dr.  F.  J.  Wiedemann. 

»rd     M  i*«1*«*'  der  Kaiaerlichen  Akademie  den Wiseeaecl 


Der  Akademie  vorgelegt  am  30.  Sept.  1 


S1-  ft.THlSIHBi;,  1876. 
cof»°"Mione«  der  Kiiierllcnen  Akademie  der  Wisienaehin 


...  „rs    •  •  Co.HS.ha,il,dorfl,    N  I,..,|:     M.  I.  Bj.Ioi-      L, 
S5ISI.«  «■«•*  Taeb.rk..,.,;         _ 


Preis:  1  Hub.  90  Cop.  =  6  Mark  30  Pf. 


Gedruckt  auf  Verfügung  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 
März  1876.  K.  Wessdowsky,  beständiger  Secretär. 


Buchdruckerei  der  Kaiserlichen  Akademie  der  Wissenschaften. 

(W.-O.,  9.  L.,  M  12.) 


I 
% 


t 


Vorwort. 


Während  der  zwölf  Jahre,  wo  ich  mit  der  Sammlaug 
des  Stoffes  für  mein  Wörterbuch  und  meine  Grammatik 
der  ehstnischen  Sprache  beschäftigt  war,  hatte  ich  Gele- 
genheit  noch  manches  Andere  Ober  die  Ehsten  zusammen 
zu  bringen  aus  ihrem  inneren  und  äusseren  Leben,  wie 
Sprichwörter  und  sprichwörtliche  Redensarten,  Räthsel, 
Spiele,  Gebräuche  bei  verschiedenen  Vorkommnissen  und 
Geschäften  des  häuslichen  Lebens,  eigenthümliche  und 
abergläubische  Vorstellungen  von  verschiedenen  Dingen, 
Zauber-  und  Geisterglaube  u.  d.  gl.  Einen  wissenschaft- 
lichen Werth  erlangt  so  etwas  freilich  erst  durch  com- 
parative  Bearbeitung,  allem  der  Umstand,  dass  ich  selbst 
zu  einer  solchen  mich  nicht  competent  fühle,  schien  mir 
doch  noch  kein  genügender  Grund  zu  sein  meine  Samm- 
lungen ganz  zu  unterdrücken,  da  Anderen,  die  auf  diesem 
Arbeitsfelde  besser  heimisch  sind,  durch  die  Herausgabe 
ein,  wie  ich  hoffe,  nicht  unwillkommener  Arbeitsstoff  ge- 
boten wird.   Ich  gebe  also  hier,  was  ich  habe,  als  ganz 


1  l  £ 


IV 


anspruchloses  Material,  Anderen  die  Verwerthung  dessel- 
ben überlassend. 

Etwas  nach  allen  Richtungen  hin  Vollständiges  zu 

•  * 

geben,  bin  ich  weder  Willens  noch  im  Stande  gewesen. 
Gedruckte,  leicht  zugängliche  Werke,  deren  Titel  schon 
anzeigt,  dass  ihr  Inhalt  etwas  von  dem  hier  Gebotenen 
enthält  —  wie  etwa  die  ehstnischen  Volkslieder  von  H. 
Neus,  die  neue  und  vermehrte  Auflage  des  alten  Boeder 
über  den  Aberglauben  der  Ehsten  von  Dr.  F.  Kreutz- 
wald,  die  mythischen  und  magischen  Lieder  der  beiden 
Genannten *)  —  habe  ich  nicht  wieder  aus  schreiben  mö- 
gen; ich  gebe,  was  ich  durch  schriftliche  oder  münd- 
liche Mittheilung  selbst  erfahren,  nur  von  Sprichwörtern 
und  ßäthseln  habe  ich  Alles  zusammen  gestellt,  was  ich 
irgend  wo  fend2),  sonst  aber  habe  ich  früher  schon  Ge- 
drucktes nur  dann  mit  auf  genommen,  wenn  es  in  Zeit- 
oder »anderen  Schriften  verstreut  war,  die  entweder  nicht 


1)  Das  neueste  hieher  Gehörige,  die  reichhaltige  Sammlung  von  dem  Ober- 
lehrer Holzmayer  in  Arensburg,  ist  nicht  als  besonderes  Werk  erschienen,  son- 
dern bildet  unter  dem  Namen  «Osiliana»  das  zweite  Heft  im  VII.  Bande  der  «Ver- 
handlangen» der  gelehrten  ehstnischen  Gesellschaft  in  Dorpat. 

2)  Nor  gar  zu  Obscönes  ist  weg  geblieben,  jedoch  habe  ich  geglaubt  mich 
bei  der  Beurtheilung,  was  zu  dieser  Kategorie  zu  rechnen  sei,  auf  den  Standpunkt 
des  Ehsten  stellen  zu  müssen,  welchem  die  Dinge  bei  ihrem  Namen  zu  nennen, 
noch  nicht  immer  gerade  für  obscön  gilt.  —  Eine  wahrend  des  Druckes  meiner 

Arbeit  erschienene  kleine  Sprichwörtersammlung  (Üks  kubu  wanu  SÖnu  ja 

Wanu  könekombeid,  TartUS  1875)  von  V.  J.  Stein  habe  ich  nicht  mehr 

benutzen  können;  der  Verlust  ist  dabei  indessen  nicht  gross  und  beträft' nur 
einige  wenige  von  den  durch  den  Verfasser  solbBt  aufgezeichneten  dörptehstni- 
schen  Sprichwörtern,  der  bei  weitem  grösste  Theil,  die  revalehstnischen,  ist,  wie 
in  dem  Vorwort  angegeben  wird,  einer  handschriftlichen  Sammlung  des  Dr. 
Kreutzwald  entnommen,  die  ich  schon  vor  längerer  Zeit  ebenfalls  habe  be- 
nutzen können,  und  der  grösste  Theil  auch  der  dörptehstnischen  ist  revalehst- 
nisch  in  meiner  Sammlung  ebenfalls  zu  finden. 


» 


IL. 


so  leicht  Jedem  zur  Hand  sind,  oder  wo  man  dergleichen 
vielleicht  auch  nicht  gerade  suchen  mag.  Eben  so  we- 
nig aber  habe  ich  mich  ängstlich  bemüht,  «früher  schon 
bekannt  Gewordenes  zu  vermeiden  und  aus  meinen  eige- 
nen Sammlungen  jedes  Einzelne  darauf  zu  prüfen,  ob  es 
nicht  etwa  vorher  schon  von  einem  Anderen  publicirt  war, 
und  in  diesem  Falle  dann  weg  zu  lassen.  Ich  gebe  ein- 
fach das  mir  Vorgekommene,  und  es  mag  früher  Publi- 
cirtem  zur  Bestätigung,  wenn  nicht  mehr  zur  Ergänzung 
dienen. 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erinnerung,  dass  so  man- 
cher Aberglaube,  wenn  auch  in  der  Präsensform  hier  da- 
von berichtet  wird,  bei  der  durch  den  erfreulichen  Auf- 
schwung des  Schulwesens  immer  weiter  und  tiefer  in  das 
Volk  dringenden  Bildung1),  jetzt  in  vereinzelte,  dunkle 
Schlupfwinkel  zurück  gedrängt  ist,  aus  welchen  er  sich 
nicht  mehr  an's  Tageslicht  heraus  wagt,  oder  auch  schon 
ganz  antiquirt  ist;  für  die  vergleichende  Ethnographie 
bleibt  es  aber  am  Ende  ziemlich  gleichgültig,  ob  diese  oder 
jene  Eigentümlichkeit  'eines  Volkes  auch  in  der  Gegen- 
wart noch  fort  existirt  oder  schon  der  Vergangenheit  an- 
heim  gefallen  ist,  und  eben  so,  an  welcher  Stelle  des 


1)  Es  giebt  in  Ehst-  und  Livland  schon  eine  Menge  Engten  als  Beamte, 
Aerzte,  Prediger,  Lehrer  an  niederen  und  höheren  Schulen,  und  es  ist  voraus  zu 
sehen ,  dasa  diess  immer  mehr  der  Fall  sein  wird  in  dem  Maasse  als  der  zuneh- 
mende Wohlstand  es  immer  mehr  jungen  Ehsten  ermöglicht  die  höheren  Schulen 
und  die  Universität  zu  besuchen,  was  sie  bei  der  Genügsamkeit  des  finnischen 
Volksstammes  und  seinem  zähen  Festhalten  an  dem  einmal  Vorgenommenen 
leichter  durchsetzen  als'  Leute  anderer  Nationalität.  —  Gerade  das  schnelle 
Schwinden  des  Aberglaubens  und  der  alten  Gebräuche  und  Erinnerungen  ist  mir 
als  eine  Mahnung  erschienen,  das  mir  noch  Erreichbare  davon  zu  sammeln  und  zu 
fixiren. 


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VI    


Landes  oder  in  welcher  Ausdehnung  sie  steh  etwa  noch 
vorfindet.  ;.,-  A. 

Sehr  sia$wierig  war  die  Anordnung  des  aus  unzähli- 
gen J2inzfelnheiten  bestehenden  Stoffes,  und  ich  verzichte 
von  vorn  herein  auf  die  Hoffnung  es  darin  Allen  recht 
gemacht  zu  haben.  Nach  den  Ueberschriften  scheinen 
die  letzten  Abschnitte  allein  vom  Aberglauben  zu  han- 
deln ,  und  doch  ist  nicht  zu  läugnen,  dass  auch  in  den 
vorhergehenden  viele  Meinungen  und  Gebräuche  auf 
Aberglauben  beruhen;  ich  habe  eben  versucht  auch  die 
abergläubischen  Vorstellungen  zu  grüppiren  nach  den 
Gegenständen ,  auf  welche  sie  sich  beziehen ,  oder  nach 
den  Zeiten  und  Gelegenheiten,  bei  welchen  sie  sich  gel- 
tend machen.  Manches  kann  auf  diese  Weise  zu  mehr 
als  einer  Stelle  berechtigt  erscheinen,  und  findet  sich 
vielleicht  nicht  gerade  an  deqenigen,  wo  es  dieser  oder 
jener  Leser  zu  finden  erwartet;  Einzelnes  ist  $uch  wohl 
an  mehr  als  einer  Stelle  erwähnt. 

Ich  bin  bei  der  Abfassung  auch  dieser  letzten  die 
Ehsten  betreffenden  Schrift,  wie  beiden  beiden  ihr  voran 
gegangenen,  durch  freundliche  Mittheilungen  unterstützt 
worden,  so  besonders  von  den  Herren  Propst  Fick, 
Pastor  Hurt,  Lehrer  Kallas,  Doctor  Kreutzwald  und 
Pastor  Sengbusch,  denen  ich  mich  gedrangen  ftthle 
hiermit  öffentlich  meinen  verbindlichsten  Dank  zu  sagen. 


INHALT. 


Seite. 

L     Sprichwörter  and   sprichwörtliche  Redensarten,  Sentenzen, 

geflügelte  Worte 1 

II.    Umschreibende,  bildliche  und  verblümte  Bezeichnungen  und 

Redensarten 211 

lil.    Sprichwörtliche  Vergleichnngen 240 

IY.    Wünsche,  Verwünschungen,  Betreuerungen,  Spitznamen.     .  257 

V.     Räthsel 261 

VI.     Deutungen  von  Vogelstimmen  und  anderen  Lauten,  Buch- 
staben  295 

VIL     Spiele 297 

Vin.     Gebräuche  bei  Vorkommnissen  des  Familienlebens    .     .     .  307 

IX.     Haushalt,  a)  Regeln  und  Gebräuche 330 

b)  Omina  für  den  ländlichen  Haushalt ....  334 

X.    Witterungsomina 337 

XI.     Bedeutung  gewisser  Zeiten  und  Tage  im  Jahr  und  was  an 

denselben  gethan  oder  unterlassen  werden  muss  .     .     .  342 

XU.     Heilmittel,  natürliche  und  sympathetische 372 

XIII.  Zauber  und  Mittel  dagegen 388 

XIV.  Heilige  und  bedeutungsvolle  Stellen,  Opfer  und  Gebräuche 

bei  denselben 409 

XV.     U  ebermenschliche,  Wesen 417 

XVI.     Abergläubische  Vorstellungen  von  natürlichen  Wesen  und 

Naturerscheinungen 446 

XVII.     Abergläubische  Vorstellungen,  von  Andeutungen  dessen,  was 

geschieht  oder  geschehen  wird  (Omina,  Orakel)   .     .     .  459 
XVni.     Verschiedene  abergläubische  Gebräuche  und  Vorstellungen 

von  Ursachen  und  Wirkungen 471 


L  Sprichwörter  und  sprichwörtliche  Bedensarten, 

Sentenzen,  geflügelte  Worte. 

Manches  hiefaer  Gezogene  werden  Andere  vielleicht  auch  in  einem 
der  beiden  folgenden  Abschnitte  besser  untergebracht  meinen  als  hier,  und 
umgekehrt.  Die  einzelnen  Sätze  sind  nach  dem  ersten  Worte  alphabetisch 
geordnet,  und  auch  in  den  folgenden  Wörtern  ist  diese  Ordnung  im  Ganzen 
beobachtet,  doch  sind,  um  zu  zahlreiche  Wiederholungen  zu  vermeiden,  so 
viel  wie  möglich  die  Varianten  eines  und  desselben  Sprichworts  zusammen 
gezogen,  indem  Wörter,  welche  auch  fehlen  können,  eingeklammert,  son- 
stige kleine  Abweichungen  zwischen  Kommaten  mit  einem  «od.»  beigerügt 
sind,  z.  B.  lötus  on  (kä)  hea  mes  st.  lötus  on  bea  mos  und  lötus  oü 
kä  hea  mos,  —  mis  süle  wöetakse,  od.  suhu  pistetakse,  so  ep  ole 
wargas  st.  mis  suhu  pistetakse  so  ep  ole  wargus  und  mis  sule 
wöetakse,  se  ep  ole  wargus,  —  mine  otsi  (sa)  önne,  kui  önn  ei 
otsi  sind,  od.  sind  ei  otsi  st.  mine  otsi  önne,  kui  önti  ej  otsi  sind 
and  mine  otsi  önne  kui  örin  sind  ei  otsi ,  oder  mine  otsi  sa  Önne, 
kui  Öün  ei  otsi  sind  und  m.  o.  s.  ö.,  kui  öün  sind  ei  otsi.  Bei  dem 
Anfaogsworte  ist  von  dieser  abgekürzten  Schreibweise  naturlich  nur  dann 
Gebrauch  gemacht,  wenn  die  Varianten,  vollständig  ausgeschrieben,  un- 
mittelbar auf  einander  folgen  wurden,  wie  lubaja  (od.  lubadus)  bea 
mos,  kinäi-pidaja  wöl  parem  st.  lubadus  hea  mos,  kinni-pidaja 
wöl  parem  und  lubaja  hea  mes,  kinni-pidaja  wöl  parem. 

Habe  kaswab  klrem  kui  aru,  od.  möistus  —  der  Bart  wachst  schneller 
als  der  Verstand. 

i 


habe  mehe  au  —  der  Bart  ist  des  Mannes  Ehre. 

habe  mehe  au,  kübar  mehe  körgas  —  der  Bart  ist  des  Mannes  Ehre, 

der  Hut  des  Mannes  Hoheit, 
habe  mehe  au,  nina  mehe  körgus,  titt  mehe  tigu  —  der  Bart  ist 

des  Mannes  Ehre,  die  Nase  des  Mannes  Hoheit,  der  Penis  des  Mannes 

Schande, 
habe  on  mehe  au,  naene  mehe  nöji  —  der  Bart  ist  des  Mannes  Ehre, 

das  Weib  des  Mannes  Werkzeug, 
habe  on  wana  tadi  ilu  —  der  Bart  ist  des  alten  Vaters  Zier, 
habene'  mehele  auw,  kfipär  mehele  köfjus  (d)  s.  3. 
abi  ajast,  wari  worgust  —  Hülfe  vom  Garten,  Schutz  vom  Netze  (als 

Subsistenzmittel). 
abi-elu-rahwas  on  teine  tejzele  abiks  lödud,  ei  mitte  teine  tejzele 

orjaks  pandud  —  Eheleute  sind  einander  zum  Beistand  geschaffen, 

nicht  Eins  zum  Sclaven  des  Anderen  gesetzt, 
abi-eluse  andmine  so  on  jumalast,  ei  so  ole  inimestest  —  das  Ehe- 

schliessen  ist  von  Gott,  nicht  von  den  Menschen, 
adwokati  tint  ei  kifjuta  muidu,  kui  pead  höbe-walget  sisse  wis- 

kama  —  des  Advokaten  Tinte  schreibt  sonst  nicht,  als  wenn  du  Sil« 

her  hinein  wirfst, 
aeg  aitab  af stida,  od.  parandada  —  die  Zeit  hilft  heilen, 
aeg  ajtab  konna  mättale  ja  kehwa  palukezele  —  die  Zeit  verhüll 

dem  Frosch  auf  den  Rasenhügel,  dem  Armen  zu  einem  Bissen, 
aeg  annab  abi  —  die  Zeit  giebt  Hülfe, 
aeg  annab  arutust  —  die  Zeit  giebt  Aufklärung, 
aeg  annab  hejid  nöuu  —  die  Zeit  giebt  guten  Rath. 
aeg  jahutab  tuska  ja  kustutab  wiha  tuju  —  die  Zeit  beschwichtigt 

Aufregung  und  tilgt  zornige  Laune, 
aeg  kozutab,  od.  kaswatab,  hawad,  aga  jätab  afmid  —  die  Zeit  heilt 

die  Wunden,  aber  lässt  die  Narben  davon  zurück, 
aeg  kölitab  inimest  —  die  Zeit  schult  den  Menschen, 
aeg  kujwatab  Märja-mS  ja  pillutab  pizarad  —  die  Zeit  trocknet  die 

Gotteserde  und  vertreibt  die  Thränen. 
aeg  küpsetab  a$ju  -  die  Zeit  reift  die  Dinge. 


aeg  läheb  päew  päewalt  kibedamaks,  od.  halwemaks  —  die  Zeit 
wird  von  Tag  zu  Tage  schwerer,  od.  schlimmer. 

aeg  l&heb  wanemaks ,  ega  mejegi  nöremaks  —  die  Zeit  wird  älter 
auch  wir  werden  nicht  junger. 

aeg  löpetab  lejna  p&jwi  —  die  Zeit  macht  ein  Ende  den  Trauertagen. 

aeg  on  önne  azutaja  —  die  Zeit  ist  die  Begründerin  des  Glückes. 

aeg  öpetab  ehk  aTbi  targemaks  —  die  Zeit  macht  auch  wohl  den  Uro- 
ren  kluger. 

aeg  parandab  köik  pajzed  —  die  Zeit  heilt  alle  Schwären. 

aeg  wöidab  wlmaks  waenu  —  die  Zeit  überwindet  endlich  die  Feind- 
schaft. 

a$ga  ei  wöi  rahaga  osta  —  Zeit  kann  man  nicht  für  Geld  kaufen. 

aega  korel  kölda,  kuüni  so  sulab  —  bis  der  Sumpf  aufthaut,  hat  der 
Kranich  Zeit  zu  sterben. 

aega  möda  a&ja  lejad  —  mit  der  Zeit  findet  man  die  Sache. 

aega  möda  aSjad  kaunid  (rutu  tehtnd  pilla  palla)  —  mit  der  Zeit 
sind  die  Dinge  schön,  das  schnell  Gethane  ist  unordentlich. 

aega  möda  a£jad  käiwad  —  mit  der  Zeit  gehen  die  Dinge. 

aega  möda  azi  parem  —  mit  der  Zeit  ist  die  Sache  besser. 

aegutaja  ka££i  suhu  ei  jökse  mitte  hlred  —  in  den  Mund  der  gäh- 
nenden Katze  laufen  die  Mäuse  nicht. 

baganik  lejwa  jätku,  humalik  ölle  jfttku,  od.  liza  —  die  Strohscheune 
des  Brotes  Aushülfe,  der  Hopfengarten  des  Bieres  Aushülfe. 

haganik  on  kewadine  leiwa-kirst  —  die  Strohschenne  ist  im  Frühjahr 
der  Brotkasten. 

haganik  peab  kehwa  aitama  —  die  Strohscheune  muss  dem  Armen 

helfen. 

ahi  ahne,  pada,  od.  potä,  n§|d  -  der  Ofen  ist  habsüchtig,  der  Kochtopf 
ein  Zauberer  (von  Schlemmern). 

ahi  ei  hakka  sinn  öst  astuma ,  pead  izö  minema  -  der  Ofen  wird 
für  dich  keine  Schritte  machen,  musst  schon  selbst  gehen. 

ahju-röp  naerab  seäüi  kana  tnld,  k^  ta  ize  kognni  pölend  on  — 
die  Ofenkrücke  spottet  so  lange  des  Feuers,  bis  sie  selbst  ganz  ver- 
brannt ist. 

l* 


ahju  taga  laiza  peza,  od.  aze  —  hinter  dem  Ofen  ist  des  Faulen  Nest, 
od.  Stelle. 

ahju  tehakse  söja  pärast  tuppa  —  den  Ofen  macht  man  der  Wärme 
wegen  im  Zimmer. 

ahne  köht  ei  sä  ial  täii  —  des  Habsüchtigen  Magen  wird  nie  voll. 

ahnus  ajab,od.  lQkkab,  auku  —  Habsucht  treibt,  od.stösst,  in  die  Grabe. 

ajdaku  Jamal  andjaks,  aga  mitte  otsijaks  —  Gott  helfe  ein  Geber  zu 
werden,  aber  nicht  ein  Sucher. 

ajgo  piti  aija'  käüwä'  (d)  —  mit  der  Zeit  gehen  die  Dinge. 

haigus  läjnd  sQst  sisse  —  die  Krankheit  ist  zum  Munde  hinein  gegan- 
gen (v.  Betrunkenen). 

haigas  on  surma  käsk,  od.  sönum  —  Krankheit  ist  des  Todes  Bote,  od. 
Botschalt. 

haigus  södab  ja  jödab  —  die  Krankheit  speist  und  tränkt  (man  empfin- 
det nicht  Hunger  od.  Durst). 

haigus  södab  küll,  aga  ej  lihuta  —  die  Krankheit  speist  wohl,  aber 
sie  macht  nicht  feist. 

hgigus  tqjdab  ize  —  Krankheit  nährt  selbst  (erspart  die  Nahrung). 

ajt  täte  haganaid,  saTw  taiz  samblajd  —  die  Vorratskammer  voll 
Stroh,  der  Kornkasten  voll  Moos  (zur  Zeit  des  Mangels). 

ajta  ize  ennast,  sls  aitab  kä  Jamal  —  hilf  dir  selbst,  dann  hilft  auch 
Gott. 

aitjumal  afidjaie,  ka&i-sitta  kandjale  —  Gotteslohn  dem  Geber, 

Katzendreck  dem  Träger, 
ajtüma,  anna  wöl  —  habe  Dank,  gieb  noch  mehr, 
aitüma  est  hea  küll  —  Tür  einen  Gotteslohn  gut  genug, 
ytüma  nurga  nukerdaja,  kiwi  kikerdaja  -  habe  Dank  Reiber  der 

Ecke,  Heber  des  Steins  (sollen  die  gebadeten  Kinder  sprechen), 
aja  härjad  möjza  mölemad,  sls  kohus  koera  perses  —  treibe  die 

Ochsen  beide  auf  den  Herrenhof,  dann  ist  die  Gerechtigkeit  im  Hintern 

des  Hundes  (d.  h.  es  ist  keine  Bede  davon), 
aja  kqer  huüdi-karja,  s$al  ta  läheb  kiskujaks  -  treibe  den  Hund  in 

eine  Wolfsherde,  dort  wird  er  reissend, 
aja  sitt,  od.  söge,  aäjale,  karga  ize  kannule  -  treibe  einen  Nichts- 


nntzigen,  od.  Blinden,  zu  einer  Sache,  so  musst  du  ihm  selbst  auf  den 
Fersen  nachlaufen. 

aja  tfihi  koft  pü$ti ,  kae,  kas  sejzab  —  stelle  einen  leeren  Sack  auf- 
recht, siebe,  ob  er  wohl  steht. 

ajata  ej  sä  a£ja  ajada  —  ohne  Zeit  kann  man  nicht  eine  Sache  betreiben. 

hakka  enne  öppima,  kui  lähed  öpetama  —  fange  erst  an  zu  lernen, 
bevor  da  lehren  willst. 

hakka  esmalt  oma  nina  otsa  —  fasse  zuerst  an  deine  eigene  Nase. 

hakka  kana  8s  kummardama,  sIs  hfippab  kana  kukla  p^ale  — 
fange  nur  an  vor  einem  Huhn  dich  zu  bücken,  so  springt  dir  das  Huhn 
auf  den  Nacken. 

hakka  peast  kinni,  sls  jöuad  sawani  —  fasse  beim  Kopfe  an,  dann  ge- 
langst du  bis  zum  Schwänze.  * 

halb  kapp  hajzeb  —  schlechte  Waare  stinkt. 

haledus  ajab  silmad  pajzuma  —  Mitleid  macht  die  Augen  schwellen. 

hall  pea  kizub  haua  pole  —  ein  grauer  Kopf  zieht  nach  dem  Grabe  zu. 

halTi  pead  auusta,  kulu-pead  kummarda  —  einen  grauen  Kopf  ehre, 
vor  einem  weissen  Kopfe  bücke  dich. 

hamba-halu  ja  warba-walu  kurat  izegi  ei  wöi  kannata  —  Zahn- 
schmerz und  Zehenschmerz  kann  der  Teufel  selbst  nicht  ertragen. 

ameti-mehele  läwa'  iks  naize'  näbren  ja  abi-käza'  karaten  (d)  — 
zu  einem  Geschäftsmann  gehen  immer  die  Weiber  zum  Besuch,  und 
die  Ehefrauen  laufen  ihm  zu. 

ammet  ej  kfizi  (kellegi  käest)  leiba  —  ein  Amt  verlangt  von  Nieman- 
dem Brot. 

ammet  ei  teuta  möst,  kui  mos  ammetit  ej  teuta  —  das  Amt  schän- 
det den  Mann  nicht,  wenn  nur  der  Mann  das  Amt  nicht  schändet. 

ammet  köjk,  mis  leiba  annab  —  ein  Amt  ist  Alles,  was  Brot  giebt. 

ammet-mös  ajuti,  kaup-mös  korrati,  pöllu-mös  pöline  rikas  —  ein 
Handwerker  ist  zu  Zeiten,  ein  Kaufmann  dann  und  wann,  ein  Ackers- 
mann beständig  reich,  od.  kürzer  ammet-mes  ajuti  rikas,  pöllu- 
mös  pöline  rikas. 

ammet-mSs  leiab  igas  paigas  oma  leiba  —  ein  Handwerker  findet 
fiberall  sein  Brot. 


—    6    — 

ammetil  on  kuld-pöhi  all  —  ein  Handwerk  hat  einen  goldenen  Boden, 
hand  haljas,  pä  paljas  (d)  —  der  Schwanz  grün,  der  Kopf  kahl, 
andis  köik  ära,  nüd  wätab  ize  üle  künte  —  er  hat  Alles  weg  gege- 
ben, nun  sieht  er  selbst  aber  die  Nägel  hin  (vgl.  sörmed  jäwad  etc.). 

atidja  hea  mes,  taga-ajaja  paha  mos  —  der  Geber  ist  ein  braver 

Mann,  der  Einforderer  ein  böser  Mann, 
andja  tüdib,  millal  tahtja,  od.  säja,  tfldib?  —  der  Geber  wird  müde, 

wann  ermüdet  der  Wollende,  od.  Bekommende, 
haned  lähewad,  hallad  käiwad,  luiked  lähewad,  lumi  tuleb  —  die 

Gänse  gehen  fort,  es  fällt  Reif,  die  Schwäne  gehen  fort,  es  kommt 

Schnee  (Witterungsregel), 
anna  aega,  aeg  annab  kä  head  nöuu  —  gieb  Zeit,  die  Zeit  giebt  auch 

guten  Rath. 
anna  azet  armule,  sis  ei  satu  kurjale  —  gieb  Raum  der  Liebe,  so 

fällst  du  nicht  in  Böses, 
anna  auu  fllemale  ja  wanemale  —  gieb  Ehre  dem  Höheren  und  A ei- 
teren. 

anna  ära  antud,  murra  muialt  töutud  —  gieb  weg  das  Gegebene, 

brich  das  anders  woher  Versprochene, 
anna  ikka  ofjale,  sis  ori  annab  kä  härjale  —  gieb  immer  dem  Knecht, 

denn  giebt  der  Knecht  auch  dem  Ochsen. 

anna  kuratile  lnba  kiriku  minna,  tema  kipub  kantslile,  od.  t.  läheb 
kär-kambri  —  erlaube  dem  Teufel  in  die  Kirche  zu  gehen,  er  will 
auch  auf  die  Kanzel,  od.  er  geht  auch  in  die  Sacristei. 

anna  kuratile  ölut,  tema  söb  raba  —  gieb  dem  Teufel  Bier,  und  er 
isst  Traber. 

anna  kuratile  sorme  ots,  tema  wötab  käpa  —  gieb  dem  Teufel  eine 

Fingerspitze,  und  er  nimmt  die  Hand, 
anna  lapsele  armu  ja  hirmu  —  gieb  dem  Kinde  Liebe  und  Furcht, 
anna  naize  jalga  pflksa  ja  käi  ize  püksata  —  gieb  dem  Weibe  Hosen 

und' geh  selbst  unbehost. 

anna  hobasele  sfia,  kui  tahad  söita  —  gieb  dem  Pferde  zu  fressen, 
wenn  du  fahren  willst. 


anna  hobusele  süa,  sls  e)  ole  suga  tarwis  —  gieb  dem  Pferde  z;u 

fressen,  dann  ist  kein  Striegel  nöthig. 
anna  omast  käest  ja  ela  wörast  wäest  —  gieb  aus  der  Hand,  und 

lebe  von  fremdem  Vermögen. 
anna  perse  teizele,  situ  ize  läbi  kfille  luie  —  gieb  den  Hinteren 
einem  Anderen,  und  seh....  dann  selbst  durch  die  Rippen. 

anna  piTT  hullu  kätte,  hüll  ajab  piffi  löhki  —  gieb  die  Sackpfeife 
einem  Narren,  der  Narr  macht  die  Pfeife  bersten. 

anna  sls  koerale  süa,  kui  koer  karjale  läheb  —  gieb  dann  dem 
Hunde  zu  fressen,  wenn  er  in  die  Hütung  geht. 

anna  üks  hiukse-karw  kuratile,  sls  kizub  ta  köik  su  pea  otsast 
Sra  —  gieb  dem  Teufel  ein  Haar,  so  reisst  er  dir  den  ganzen 
Kopf  ab. 

annab  Jamal  ammeti,  sls  ta  annab  seks  kä  möistust  —  giebt  Gott 
ein  Amt,  so  giebt  er  dazu  auch  Verstand. 

annab  Jamal  lapsi,  sls  ta  annab  laste  leiba  —  giebt  Gott  Kinder,  so 
giebt  er  Brot  Für  die  Kinder. 

annab  Jamal  wörajd,  sls  ta  annab  kä  wöraste  wara  —  giebt  Gott 
Gäste,  so  giebt  er  auch  den  Tür  die  Gäste  nothigen  Vorrath. 

annad  ohjad  kurja  kätte,  läheb  hobu  höpis  metsa  (pt)  —  giebst  du 
die  Zügel  in  die  Hand  des  Bösen,  geht  das  Pferd  ganz  davon. 

hapud  ounad  peawad  kä  säma  ära  södud  —  die  sauren  Aepfel  müs- 
sen auch  gegessen  werden. 

harak  ei  sita  kunagi  oma  hanna  päle  —  die  Elster  seh....  nie  auf  ih- 
ren eigenen  Schwanz. 

harakas  on  alati  sea  seljas,  ej  näe  kögi;  hunt  on  üks  kord,  köik 
karjawad  —  die  Elster  ist  immer  auf  des  Schweines  Rücken,  Nie- 
mand sieht  es;  der  Wolf  ist  es  ein  Mal,  Alle  schreien. 

arg  koer  hoiab  nahka  —  ein  furchtsamer  Hund  behütet  sein  Fell. 

argas  ajab  jänese  pakku  —  Furchtsamkeit  treibt  den  Hasen  in  die 
Flucht. 

argas  annab  jänese  jalgadele  tuld  —  Furchtsamkeit  giebt  den  Füssen 
des  Hasen  Feuer. 

Hafju  harakas,  Wiru  wirukas,   od.  wares,   Line  lttTT,   Järwa 


—    8    — 

junn  —  harrische  Elster,  wierischer  Langer,  od.  Krähe,  wiekischer 
Tölpel,  jerwischer  Knirps  (Spitznamen), 
harjutus  tob  hafj  umist  —  Gewöhnung  bringt  Gewohntsein. 

arm  möub  enam  kui  hirm  —  Liebe  dringt  mehr  ein,  vermag  mehr,  als 

Furcht.  4 

armas  laps,  kibe  wits  —  liebes  Kind,  scharfe  Ruthe. 

armastus  ei  pari  astaid  taga  —  Liebe  fragt  nicht  nach  den  Jahren. 

armastus  sflnnib  armastuzest,  ja  kes  teist  uzub,  seda  ustakse  kä  — 
Liebe  erzeugt  Liebe,  und  wer  Anderen  traut,  dem  traut  man  auch. 

armul  ep  ole  pöhja  —  Liebe  hat  keinen  Grund,  ist  unergründlich. 

haru-külalist  armsaste  peetakse  —  einen  seltenen  Gast  hat  man  gern. 

arwab  sawi  saiaks  ja  sab  petetud  —  er  hält  Lehm  Tür  Weissbrod  und 

wird  betrogen, 
barwaste  astub  önn  taluse,  sagedamaste  kabi  kfilase  —  selten  tritt 

das  Glück  in  einen  Bauerhof,  häufiger  ein  Schaden,  od.  ein  Festtrunk, 

in  ein  Dorf, 
barwaste  tuleb  ühest  a&jast  önnetus  —  selten  kommt  Unglück  von 

einer  Sache  her. 
harwaste  waene-laps  punaseks  sab,  ja  siski  seda  ej  safEta  —  sei- 

ten  wird  ein  Waise  roth,  und  dennoch  duldet  man  es  nicht. 

harwaste  waezel-lapsel  palged  punased,  kui  silmad  pizaras  —  sel- 
ten sind  dem  Waisenkinde  die  Wangen  roth,  wenn  die  Augen  voll 
Thränen  sind. 

harwemaste  waezel-hpsel  palged  punased,  kui  silmad -pizaras  — 
seltener  sind  an  einem  Waisenkinde  die  Wangen  roth,  als  die  Augen 
in  Thränen. 

ask  inimene  wötab  teize  tö  teu,  leiwa  jätku  ja  k§jk,  mis  ta  näeb, 
ära  —  der  missgünstige  Mensch  nimmt  den  Ertrag  der  Arbeit,  das 
Brot  des  Anderen  und  Alles,  was  er  sieht,  weg. 

astub  nenda,  et  täi  jala  alla  ei  sure  —  er  tritt  so,  dass  eine  Laus  un- 
ter fem  Fusse  nicht  stirbt  (so  leise  oder  so  schnell). 

hata  kälah  ei  pfizi  worsti'  (d)  —  an  dem  Hals  einer  Hündin  bleiben 
die  Würste  nicht  lange. 


au  ajab  augu  perse  —  die  Ehre  macht  ein  Loch  in  den  Hinleren,  d.  h. 

bringt  Nachtheil, 
au  ei  täida  köhtu  ega  kata  perse  paljust  —  Ehre  füllt  weder  den 

Magen,  noch  deckt  sie  die  Blosse  des  Hinteren, 
au  maksab  raha  —  Ehre  kostet  Geld. 

au  olgu  sulle,  häbi  olgu  mulle  —  die  Ehre  sei  dein,  die  Schande  mein, 
augu  körwast  on  terwe  —  neben  dem  Loche  ist  es  heil  (scherzhafter 

Trost), 
augutezega  kinni  wöetakse,  kannustega  söidetakse  —  mit  Lockfatter 

wird  es  eingefangen,  mit  Sporen  geritten, 
hauka  pezä  wären  kana'  ej  sigine  (d)  —  neben  dem  Nest  des  Habichts 

gedeihen  die  Hühner  nicht, 
haukujad  koerad  ei  hammusta  —  bellende  Hunde  beissen  nicht, 
auu  ej  anta  a$jata,  ega  tarkust  tazuta  —  Ehre  wird  nicht  ohne  Grund 

gegeben,  noch  Klugheit  umsonst, 
raus  laps  nutab,  od.  istub,  ahju  peal,  wäfdijas  (nutab)  wärawa 

taga  —  das  echte  Kind  weint,  od.  sitzt,  auf  dem  Ofen,  der  Bastard 

hinter  der  Pforte, 
auus  mos  nahes,  keim  küldes  —  ein  ehrlicher  Mann,  wenn  man  ihn 

sieht,  ein  Schelm,  wenn  man  ihn  hört. 
auus  silma  8s,  keim  selja  taga  —  ein  ehrlicher  Mann  vor  Augen,  ein 

Schelm  hinter  dem  Rücken, 
auus  ukse  läwel,  heris  wärawa  taga  —  ehrlich  auf  der  Thürschwelle, 

ein  Schelm  hinter  der  Pforte, 
auus  wötmas,  keim  tagasi  andmas  —  ehrlich  beim  Nehmen,   ein 

Schelm  beim  Zurückgeben. 
auusta  töd,  Bis  tö  auustab  sind  jälle  —  ehre  die  Arbeit,  so  ehrt  die 

Arbeit  dich  wieder, 
auw  kell  auwo  sttnnfis  (d)  —  Ehre,  dem  Ehre  gebührt, 
auzat  möst  ei  hammusta  kögi  —  einen  ehrlichen  Mann  beisst  Niemand, 
awalik  waenlane  on  parem  kuj  sala  söbr  —  ein  offener  Feind  ist 

besser  als  ein  heimlicher  Freund. 
azi  taga,  aega  kfill,  kelgu-tö  on  libbe  kfill  —  eine  Sache  ist  da,  Zeit 

genug,  der  Schlittenweg  ist  glatt  genug. 


—  10  — 

asta  ep  ole  ästa  wend,  od.  ästad  ep  ole  wennased  —  ein  Jahr  ist 
nicht  des  anderen  Broder,  die  Jahre  sind  nicht  Brüder,  d.  h.  gleich. 

häbenege  hämarat,  pühitsege  pimedat,  säwad  sls  h^ad  härjad 
sfire  sarwedega  —  schämet  euch  vor  der  Dämmerung,  feiert  das 
Dunkel,  dann  kommen  die  guten  Ochsen  mit  grossen  Hörnern. 

häbenemine  ei  teuta  tfltar-last  —  Schamhaftigkeit  macht  einem  Mäd- 
chen nicht  Schande. 

häbi  räkida,  od.  räkides,  (teine)  waew  wait  olla,  od.  olles  —  man 
schämt  sich  zu  reden,  wieder  ist  es  schwer  zu  schweigen. 

häda  ajab  härjad  kaewu  —  Noth  treibt  die  Ochsen  in  den  Brunnen. 

bäda  ajab  häfjad  kaewu,  nälg  ajab  lapsed  wargaile,  od.  hundi 
kafja  —  Noth  treibt  die  Ochsen  in  den  Brunnen,  Hunger  treibt  die 
Kinder  zum  Stehlen,  od.  den  Wolf  in  die  Herde. 

bäda  ajab  paluma  —  Noth  treibt  zum  Beten, 
häda  ei  anna  häbeneda  —  Noth  erlaubt  nicht  sich  zu  schämen, 
häda  ei  häbene,  tfihi  köht  ei  köfgista  —  Noth  schämt  sich  nicht,  ein 
leerer  Magen  ist  nicht  stolz. 

häda  kölitab  mehe  targaks  —  Noth  macht  den  Mann  klug, 
häda  kölitab  möne  korra  alpi  —  Noth  schult  bisweilen  den  Narren, 
häda  Unnas,  häda  länes,  häda  kawala  wennaste  seas  —  Noth  in  der 
Stadt,  Noth  im  Walde,  Noth  unter  listigen  Brüdern. 

häda  murrab  kä  raua  kafki  —  die  Noth  bricht  auch  Eisen, 
häda  on  sOrem  kui  käsk  —  Noth  ist  grosser  als  Gebot, 
häda  öpetab  alandust  —  Noth  lehrt  Demuth. 
häda  Öpetab  paluma,  od.  palwelema  —  Noth  lehrt  beten, 
häda  puis ,  häda  mais  —  Noth  giebt  es  an  den  Bäumen ,  Noth  an  den 
Gefilden,  überall. 

hädalizel,  od.  hädatsel,  ep  ole  (ilmas)  hända  taga  —  der  Eilige  hat 

keinen  Schweif  hinten, 
hädalizel  ej  ole  hända  taga,  ja  tltsal  e)  ole  töd  ös  —  der  Eilige  hat 

keinen  Schweif  hinten,  der  Emsige  keinen  Weg  vor  sich, 
hädas  lejab  inimene  wlz  nöua  —  in  der  Noth  findet  der  Mensch  fünf 

Rathscblüsse. 


—  11  — 

hftid  8öbru  häda  ajal  lftheb  sada  tükki  lödi  p^ale  —  Freunde  in  der 
Noth  gehen  hundert  auf  ein  Loth. 

hftist  lastest  sfiwad  head  mehed  —  aus  guten  Kindern  werden  gute 

Manner. 
äkitsel  ep  ole  ial  hända  ega  maial  magu  —  der  Eilige  hat  nie  einen 

Schweif  noch  der  Näscher  einen  Magen, 
ämber  kantakse  dt  kaua  kaewule ,  ku6ni  ta  lagnneb  —  der  Eimer 

wird  so  lange  zum  Brunnen  getragen,  bis  er  aus  einander  fallt. 

Ära  aja,  od.  pane,  köik  püksa  korraga  jalga,  muidu,  od.  sis,  lähewad 
köik  korraga  kaiki  —  zieh  nicht  alle  Hosen  auf  ein  Mal  an ,  sonst 
gehn  sie  alle  auf  ein  Mal  entzwei. 

ära  aja  tübja  kotii  pfigti,  tühi  koii  püdti  ei  seiza  —  stelle  nicht 
einen  leeren  Sack  aufrecht,  ein  leerer  Sack  steht  nicht  aufrecht. 

ära  anna  enne  kannikat  ära,  kui  päts  kfies  ei  ole  —  gieb  das  Brot- 
stück nicht  weg,  ehe  du  das  Laib  in  Händen  hast. 

ära  arwa,  od.  katsu,  kqera  karwast,  wa|d  hambaist  —  beurtheile,  od.* 
prüfe,  den  Hund  nicht  nach  der  Farbe,  sondern  nach  den  Zähnen. 

ära  arwa  pTgat  palgest,  waid  wlzist,  od.  kombest  —  beurtheile  ein 
Mädchen  nicht  nach  dem  Gesicht,  sondern  nach  der  Weise. 

ära  enne  hufjuta,  kui  huäti  kuskil  ei  ole  —  schreie  nicht,  so  lange 

noch  nirgends  ein  Wolf  ist. 
ära-kadunud  aeg  §J  tule  ial  enam  tagasi  —  die  verlorene  Zeit  kommt 

nie  mehr  zurück. 
'  ära  katsu  körgemale  lennata,  kui  tiwad  kannawad  —  versuche  nicht 

hoher  zu  fliegen,  als  die  Flügel  tragen. 
ära  köda  mune  ära,  mis  kana  wöl  ep  ole  munenud  —  koche  nicht 

Eier,  welche  das  Huhn  noch  nicht  gelegt  hat. 
ära  klda  enne  honst,  kuj  oled  katsunud  —  lobe  ein  Pferd  nicht  eher, 

als  bis  du  es  versucht  hast. 
ära  klda  enne  öhtut  päewa  —  lobe  den  Tag  nicht  vor  dem  Abend, 
ära  klda  enne  ölut,  kui  ta  täieste  sejznud  ja  sefginud  on  —  lobe 

das  Bier  nicht  eher,  als  bis  es  vollständig  abgestanden  und  abgeklärt 

ist. 


—  12  — 

ära  klda  ize  ennast,  laze  müd,  od.  tejzed  od.  küfo,  klta  —  lobe  dich 

nicht  selbst,  lass  Andere  loben, 
ära  klda  hommiku  päewa  ega  öhta  azet  —  lobe  nicht  den  Tag  am 

Morgen  oder  das  Lager  am  Abend, 
ära  klda  houst,  klda  olu,  od.  pere-möst  —  lobe  nicht  das  Pferd,  lobe 

seine  Lage,  od.  den  Besitzer, 
ära  klda  silda  enne,  kuj  körmaga  ttle  sajd  —  lobe  eine  Brücke  nicht 

eher,  als  bis  du  mit  dem  Fuder  hinüber  gekommen  bist. 

ära  kiüe  (ega  höple)  enne,  kui  sa  üle  oja  sfinnd  —  rühme  und  prahle 
dich  nicht,  bevor  du  über  den  Fluss  gekommen  bist. 

ära  kfizi  tare-istujat,  küzi  wäTja-käija  käest  —  frage  nicht  den  Stu- 
bensitzer,  frage  den  Hinausgehenden. 

ära  laze  juttu  wöita  tSd ,  laze  t5  juttu  wöjta  —  lass  nicht  das  Ge- 
spräch über  die  Arbeit,  lass  die  Arbeit  über  das  Gespräch  siegen  od. 
die  Oberhand  behalten. 

ära-lejgatud  wlluke  ei  hakka  mitte  kinni  —  ein  abgeschnittenes  Brot- 
stück haftet  nicht  wieder  fest  an. 

ära  lfikka  seda  ialgi  hoinse  peale,  mis  sa  täna  wöjd  teha  —  ver- 
schiebe nie  auf  morgen,  was  du  heute  thun  kannst. 

ära  mine  sflgelemata  sauna  —  gehe  nicht  in  die  Badstube ,  ohne  dass 

es  dich  juckt, 
ära  mine  wägewaga  wajdlema,  ega  sürega  kohut  käjma  —  lass 

dich  nicht  darauf  ein ,  mit  einem  Starken  zu  streiten  oder  mit  einem 
Grossen  zu  processiren. 

ära  naera  koera  perset  —  spotte  nicht  über  den  Hinteren  des  Hundes. 

ära  n%era,  sina  ehk  söd  sülitud  kapsad  ize  ära,  od.  küll  sa  s3d 
ize  omad  s.  k.  ä.  —  spotte  nicht,  du  isst  vielleicht  noch  selbst  dei- 
nen bespienen  Kohl  auf. 

ära  hoiska  ega  tantsi  enne  aega,  kui  sa  wöl  palmas  ep  ole  — 
jauchze  und  tanze  nicht  vor  der  Zeit,  wenn  du  noch  nicht  auf  der 
Hochzeit  bist. 

ära  höiska  enne,  kui  sa  üle  mäe,  od.  jöe,  oled  sänud  —  jubele  nicht, 
bevor  du  über  den  Berg  od.  Fluss  gekommen  bist. 


—  13  — 

ära  höjska  mäe  all  olles,  höjska  mäe  otsas  —  jubele  nicht  unten  am 
Berge,  jubele  oben  auf  dem  Berge. 

ära  böiska  höplikuU  enne  öhtut  päewa  önne  (pt)  —  jubele  nicht 
prahlend  vor  dem  Abend  über  des  Tages  Glück. 

Ära  pane  weäkit  enne  jöksma,  kui  sull  teri  kofwis  on  —  setze  die 
Mühle  nicht  eher  in  Bewegung,  als  bis  du  Getreide  im  Korbe  hast. 

ära  päewa  enne  klda,  kui  ta  öhtu  löja  läinud  (pt)  —  lobe  den  Tag 
nicht,  bevor  die  Sonne  am  Abend  unter  gegangen  ist. 

Ära  peksa  h&rga,  häfg  läheb  pekstes  hullemaks  —  prügele  den  Och- 
sen nicht,  der  Ochs  wird  beim  Prügeln  noch  toller. 

ära  pö  enne  wana  kQera  flies  9  kui  nör  haukuma  hakkab  —  hänge 
den  alten  Hund  nicht  auf,  bevor  der  junge  zu  bellen  anfangt. 

ftra  pölga  ezimest  önne  ial  ära  —  verachte  nie  das  erste  Glück. 

ftra  süremat  nöida  otsi,  kui  wöras  majas  —  suche  keinen  grösseren 
Zauberer,  wenn  ein  Fremder  im  Hause  ist. 

ftra  sfilita  enne  wana  kaewu  sisse,  kui  üz  walmis  on  —  speie  nicht 
in  den  alten  Brunnen,  bevor  der  neue  fertig  ist. 

ära  tee  kurja,  sIs  ei  sünni  sinule  kurja  —  thu  nichts  Böses,  so  wider- 
fahrt dir  nichts  Böses. 

ära  teuta  enne  wana  kaewu ,  kui  ü£  wSl  walmis  ej  ole  —  verun- 
reinige  den  alten  Brunnen  nicht,  bevor  der  neue  fertig  ist. 

ära  nnusta  silmi  koju,  kui  sa  turule  lähed  —  vergiss  nicht  die  Au- 
gen zu  Hause,  wenn  du  auf  den  Markt  gehst. 

ära  hfla  enne,  kui  sa  ule  mere  säd  —  rufe  nicht  vorher,  ehe  du  über 
das  Meer  gelangst. 

ära  uzu  süre  saksa  süd  ja  pizukeze  lapse  perset  —  traue  nicht  dem 
Munde  eines  grossen  Herren  oder  dem  Hinteren  eines  kleinen  Kindes. 

ara  hfla  hunti,  hunt  tuleb  kutsumata  —  rufe  den  Wolf  nicht,  der 
Wolf  kommt  ungerufen. 

härga  sarwest,  möst  sönast  —  den  Ochsen  am  Hörn,  den  Mann  am 
Wort. 

härgadega  tulewad,  boustega  läbewad  —  mit  Ochsen  kommen  sie, 
mit  Pferden  gehen  sie,  d.  h.  langsam,  schnell. 

arge  kartke,  üi  pat,  od.  laew,  wanad  kiwid  —  fürchtet  euch  nicht, 


—  14  — 

neues  Schiff,  alte  Steine  (scherz.  Trost  wegen  Aufstossens  mit  dem 

Schiffe, 
härike  söma,  kanake  töle  —  ein  Oechslein  zum  Essen,  ein  Hühnchen 

zur  Arbeit, 
härine  kari  ja  mehine  pere  wötawad  wägise  jumala  käest  —  eine 

Herde  mit  Ochsen  und  ein  Gesinde  mit  Männern  nehmen  mit  Gewalt 

aus  Gottes  Hand, 
härja-mös  sab  kä  sinna  kus  hobuse-mes  —  der  mit  Ochsen  Fahrende 

gelangt  auch  dahin,  wohin  der  mit  Pferden  Fahrende, 
häfjad  peawad  flhes  ikkes  wedama  —  Ochsen  müssen  in  einem  Joche 

ziehen, 
hä  lats  tunnus  hällüh,  kaunis  lats  karjah  (d)  —  das  gute  Kind  er- 
kennt man  in  der  Wiege,  das  wackere  Kind  in  der  Hütung. 
hä  m6s,  kui  pada  k£s  (d)  —  ein  guter  Mann,  wenn  der  Kessel  kocht, 
hä  sönüt  sota  ja  terwet  tazuda  (d)  —  es  ist  leicht  einen  Satten  zu 

speisen  und  einen  Gesunden  zu  pflegen, 
häl  ajal  könele,  halwal  ajal  ole  waik  (d)  —  in  guter  Zeit  rede,  in 

böser  schweige, 
hea  azi  nöuab  aega  —  eine  gute  Sache  will  Zeit, 
hea  härg  jöb  heie-wakast,  kori  ei  jö  kulbistki  -  ein  guter  Ochs 

trinkt  aus  dem  Flockenkorbe,  ein  schlimmer  trinkt  nicht  einmal  aus 

dem  Kochlöffel, 
hea  häfg  söma,  weri-safw  wedama  —  ein  guter  Ochs  zum  Essen,  ein 

Bluthorn,  d.  h.  Arbeitsscheuer,  zum  Ziehen, 
hea  ej  sä  healitseraata,  sile  silitsemata  —  Gutes  wird  nicht  ohne 

Locken,  Glattes  nicht  ohne  Streicheln, 
hea  ilm  ej  riku  kübe  ega  kazukat  —  gutes  Wetter  verdirbt  weder 

Rock  noch  Pelz, 
hea  inimene  küleb  sönadega  —  ein  guter  Mensch  hört  mit  Worten, 
hea  j&b  ikka  heaks  ja  paha  pahaks  —  gut  bleibt  immer  gut  und 

schlecht  schlecht, 
hea  kerjata,  kui  kott  käes  —  es  ist  gut  betteln,  wenn  man  einen  Sack  hat. 
hea  kldab  kaunist,  od.  kannikest  od.  paremat  —  das  Gute  lobt  das 

Schöne,  od.  das  Bessere. 


—   15  — 

h^a  köhu  täü  on  ofja  köige  parem  palk,  od.  köige  parem  ofja- 
palk  —  ein  pter  Magenvoll  ist  des  Knechtes  bester  Lohn,  od.  der 
beste  Knechtslohn. 

hea  laps  kaswab  witsata  —  ein  gutes  Kind  erwächst  ohne  Ruthe. 

hea  laps,  kes  hääti  tantsib,  parem  laps,  kes  paigal  sejzab  —  ein 
gutes  Kind,  das  gut  tanzt,  ein  besseres  Kind,  das  ruhig  sichN  verhält. 

hea  laps  maksab  wanematele  kaswatamize  waewa  —  ein  gutes  Kind 
vergilt  den  Eltern  die  Mühe  der  Erziehung. 

hea  laps  nähta  ukse  taha,  paha  ei  pöhve  ette  —  ein  gutes  Kind  er- 
blickt man  auch  hinter  der  Thür,  ein  schlechtes  nicht  vor  dem  Knie. 

hea  laps  oksendab,  paha  laps  pazandab  —  ein  gutes  Kind  vomirt, 
ein  schlechtes  Kind  hat  Durchrall. 

hea  lehm  annab  rohkeste  pima  —  eine  gute  Kuh  giebt  reichlich  Milch. 

hea  lepikus  lebada,  parem  pöza  all  pohata  —  gut  ist  es  im  Erlenge- 
busch zu  ruhen,  besser  unter  dem  Strauch  zu  schlafen. 

hea  lind  laulab  head  laplu,  ja  paha  lind  laulab  paha  laulu  —  ein 
guter  Vogel  singt  guten  Gesang,  ein  schlechter  Vogel  singt  schlechten 
Gesang. 

hea  mos  lob ,  heris  kokutab  —  ein  braver  Mann  schlägt ,  ein  Schelm 
droht. 

hea  mos  töntab,  keim  taznb,  od.  heris  peab  —  ein  braver  Mann  ver- 
spricht, ein  Schelm  hält  es. 

h<ja  mina  ölen,  parem  tema  —  gut  bin  ich,  besser  er. 

hea  naene  maja  lukk,  paha  naene  porgu-tukk  —  ein  gutes  Weib 
des  Hauses  Schloss,  ein  böses  Weib  ein  Höllenbrand. 

hea  naene  hqjab  wara  kokku  —  ein  gutes  Weib  hält  die  Habe  zu- 
sammen. 

hea  naene  paneb  kümme  peni-körmat  pifigi,  od.  töli,  alla,  paha 
naene  wötab  —  ein  gutes  Weib  legt  zehn  Meilen  unter  die  Bank, 
ein  schlechtes  nimmt. 

hea  hobnne,  safit  mes  —  gutes  Pferd,  schlechter  Mann,  d.  h.  Reiter. 

hea  (on)  hlrtel  elada,  knj  ka£äi,  od.  ka££,  kodn  ei  ole  —  die  Mäuse 
haben  gut  zu  leben,  wenn  keine  Katze  im  Hause  ist,  od.  die  Katze 
nicht  zu  Hause  ist. 


—   16  — 

hea  (on)  küll  teha,  aga  kuri  wastata  —  thun  ist  wohl  leicht,  aber 

verantworten  schlimm, 
hea  ölut  näitab  oma  auu  (lies,  od.  wälja  —  gutes  Bier  zeigt  seine  Ehre, 
hea  palakene,  sandi  kotikene  —  guter  Bissen,  Bettlers  Sack, 
hea  parema  kannu-,  od.  ree-,  pq|§  —  das  Gute  ist  der  Diener  des 

Besseren, 
hea  pere-mes  armastab  kä  oma  koera  —  ein  guter  Hausvater  liebt 

auch  seinen  Hund, 
hea  pere-mös  ej  röhu  pere-rahwast  —  ein  guter  Hausvater  druckt 

das  Gesinde  nicht, 
hea  pöli  hakkab  perse  —  eine  gute  Lage  führt  in  den  Hinteren,  d.  h. 

macht  übermüthig. 
hea  söna  ei  tee  kuskil  kahju  —  ein  gutes  Wort  schadet  nirgends, 
hea  söna  langeb  iga  kord  lahke  paika  —  ein  gutes  Wort  fällt  immer 

auf  eine  freundliche  Stelle. 

hea  söna  leiab  hea  paiga  —  ein  gutes  Wort  findet  eine  gute  Statt, 
hea  söna  mahub  —  ein  gutes  Wort  findet  Raum, 
hea  söna  on  parem  kui  sada  rubla  raha  —  ein  gutes  Wort  ist  besser 
als  hundert  Rubel  Geld. 

hea  söna  söb  wöra  (mehe)  wäe  —  ein  gutes  Wort  verzehrt  des  Frem- 
den Gewalt. 

hea  söna  .wöidab,  od.  wötab,  wöra  wäe  —  ein  gutes  Wort  überwindet 
od.  nimmt  hinweg  des  Fremden  Gewalt. 

hea-tegemized  ei  lähe  wanaks  —  Wohlthaten  werden  nicht  alt. 
hea  tegu  leiab  harwaste  tänu  —  gute  That  findet  selten  Dank, 
hea  tehtud  aega  möda,  pea  tehtud  pilla  palla  od.  pillukile  —  gut 

gemacht  mit  Weile,  bald  gemacht  unordentlich, 
hea  wikati  lob  laia  käre  —  eine  gute  Sense  schlägt  einen  breiten 

Schwaden, 
head  mäletatakse  h^aga,  kurja  kurjaga  —  des  Guten  gedenkt  man 

mit  Gutem,  des  Bösen  mit  Bösem. 

head  n§uu  otsi  a£ja-tofidja  käest  —  guten  Rath  suche  von  dem  Sach- 
verständigen. 


—   17  — 

head  söbrad  häda  sös  on  kui  snled  tüle  käes  —  gute  Freunde  io  der 

Noth  sind  wie  Federn  im  Winde, 
heal  lapsel  od  mitu  nime  —  ein  gntes  Kind  hat  viele  Namen, 
beal  töl  kftib  kazu  kannul  —  guter  Arbeit  folgt  der  Vortheil  auf  dem 

Fasse, 
ega  abi  kännust  ja  kiwist  ei  sä ,  wajd  inimestest  —  Hülfe  bekommt 

man  ja  nicht  vom  Baumstumpf  und  Stein,  sondern  von  Menschen. 

ega  ammet  leiba  ei  kttzi,  ega  sepist  seljas  ej  kanta  —  ein  Amt  fragt 
nicht  nach  Brot,  ein  Handwerk  trägt  man  nicht  auf  dem  Rücken. 

ega  arg  koer  nahka  ei  mü  —  ein  furchtsamer  Hund  verkauft  doch  die 
Haut  nicht. 

ega  hftfjast  kaks  nahka  ej  sa  —  von  einem  Ochsen  bekommt  man  doch 
nicht  zwei  Häute. 

ega  hea  fihelt  polt  ei  tule,  kui  teine  head  wasta  ei  tee  —  das  Gute 
kommt  doch  nicht  ton  einer  Seite,  wenn  der  Andere  nicht  Gutes  da- 
gegen thut. 

ega  ema  wits  lapsele  llga  ei  tee  —  der  Mutter  Ruthe  thut  doch  dem 
Kinde  nicht  zu  viel. 

ega  iiu  pajase  panda  ega  kaunist  katla  —  Schönheit  wird  doch  nicht 
in  den  Kochtopf  gelegt  oder  Hübsches  in  den  Kessel. 

ega  izane  koer  ial  ema  st  £i  hammusta,  od.  salwa  —  der  männliche 
Hund  beisst  ja  wohl  nie  den  weiblichen. 

ega  jumala  nimi  ei  riku  kedagi  —  Goltes  Name  schadet  doch  Nieman- 
dem (bei  Fürbitten  für  Personen  fremder  Gonfession). 

ega  kären  kärna  silma  e|  noki  —  ein  Rabe  hackt  ja  nicht  in  eines 
Raben  Auge. 

ega  käbi  kännust  kaugele  kuku  —  ein  Zapfen  fällt  doch  nicht  weit 
vom  Stamme. 

ega  kenal  laulu-Jinnul  iga  kord  ilusat  kübe  ei  lejta  —  an  einem 
.  schönen  Singvogel  findat  man  ja  nicht  immer  ein  zierliches  Kleid. 

ega  kiri  ei  waleta  —  Schrill  lügt  doch  wohl  nicht. 

ega  kiwi  kunagi  übe  pölega  gi  jahwata  —  eine  Mühle  mahlt  ja  nie 

mit  dem  einen  Stein. 

2 


4 
t 


♦! 


—   18  — 

ega  koer  kunagi  höpi  ej  hapgu,  olgu  suzi  wöj  törwas-kand  —  der 

Hund  bellt  nie  ohne  Grund,  sei  es  ein  Wolf  oder  ein  Baumstumpf, 
ega  kqera  sls.ej  södeta,  kui  hunt  karjas  on  —  denn  futtert  man  nicht 

mehr  den  Hund,  wenn  der  Wolf  in  der  Herde  ist. 
ega  kott,  od.  pudel  od.  wakk,  äri  ei  lähe  nutma—  der  Sack,  od.  die 

Flasche,  der  Scheffel,  wird  ja  doch  über  die  Ränder  nicht  weinen  (es 

schadet  ja  nicht,  wenn  das  Gefass  zu  gross  ist), 
ega  kOht  sä  sest  külata,  mis  sü  ette  tehakse  —  der  Magen  kann  ja 

nicht  darauf  hören,  was  vor  dem  Munde  gethan  wird, 
ega  köht  ommeti  naffida  ei  ole  —  der  Magen  ist  doch  nicht  zu  necken 

(durch  nicht  hinreichende  Nahrung), 
ega  köjk  kazed  ühe-pitkuzed  ei  kaswa  —  es  wachsen  ja  nicht  alle 

Birken  gleich  hoch, 
ega  köjk  lapsed  sä  ema-jöe  kaldale  —  nicht  alle  Kinder  gelangen  an 

das  Ufer  des  Muüerbaches,  Embachs. 
ega  köjk  linnud  tthe  höbiga  lendama  ei  sä  —  es  erheben  sich  ja 

nicht  alle  Vogel  auf  ein  Mal  zum  Fliegen.  ' 
ega  köjk  päewad  ep  ole  säma-päewad,  aga  köjk  on  soma-päewad 

—  es  sind  ja  nicht  alle  Tage  Erwerbstage,  aber  alle  sind  Esstage. 
ega  köjk  wöj  marja-mäl  elada,  möni  peab  kä  kafja-mäl  elama  — 

es  können  ja  nicht  Alle  auf  Beerenland  wohnen ,  mancher  muss  auch 

auf  Weideland  wohnen, 
egä  kuld-kähg  ej  wöj  minnä',  kui  närts-küpär  ei  wöta  (d)  —  der 

goldene  Schuh  kann  ja  nicht  gehen,  wenn  der  zerlumpte  Hut  ihn  nicht 

mit  nimmt, 
egä  küzijft  sühe  keäge  ej  16,  egä  palleja  pä  keägi  ei  kaku  (d)  — 

auf  des  Fragenden  Mund  schlägt  Niemand,  des  Bittenden  Kopf  rauft 

Niemand, 
ega  kfizijat  sü  peale  ej  löda  —  einen  Fragenden  schlägt  man  ja  nicht 

auf  den  Mund, 
ega  lakkudes  köht  täji  sä  —  mit  Lecken  wird  doch  der  Bauch  nicht 

voll. 

ega  Llzalilzut  ej  tunne  —  Lisa  mag  ja  doch  Lisu  nicht  kennen  (Lisa 
der  städtische,  Lisu  der  bäuerliche  Name). 


—   19  — 

ega  lmni  köjk  lagedale  ei  lange  -  es  fällt  ja  nicht  aller  Schnee  auf 
die  Ebene. 

ega  ma  ei  wöj  püksa  omast  jalast  ära  wötta  ja  sinu  jalga  panna 
—  ich  kann  ja  doch  nicht  mir  die  Hosen  ausziehen  und  dir  anziehen. 

ega  ma  tasku  ei  pista,  ma  pistan  suhu  —  ich  stecke  es  ja  nicht  in 
die  Tasche,  ich  stecke  es  in  den  Mund  (Entschuldigung  bei  Entwen- 
dung von  Essbarem), 

ega  magaja  ka&i  suhu  hir  ei  jökse  —  der  schlafenden  Katze  läuft  ja 
keine  Maus  in  den  Mund. 

ega  mari  maha  ei  lange  enne,~  kui  ta  ktipseks  sänud  —  eine  Beere 

lallt  ja  nicht  ab,  bevor  sie  reif  geworden  ist. 
ega  mehe  kübarat  lükata,  aga  tüdruku  pärg  lükatakse  maha  — 

nicht  des  Mannes  Hut,  aber  des  Mädchens  Kranz  wird  hinunter  ge- 

stossen. 
ega  möst  kutsuta  pulma ,  kukur  kutsutakse  —  der  Mann  wird  ja 

nicht  zur  Hochzeit  geladen,  der  Beutel  wird  geladen. 
ega  mina  ej  wöj  kana  Opetada  —  ich  kann  ja  doch  kein  Huhn  lehren. 
ega  mindgi  kotis  ole  kaswatatud  —  ich  bin  ja  auch  nicht  im  Sacke 

erzogen, 
ega  mindgi  metsast  ole  tödud  —  auch  ich  bin  doch  nicht  aus  dem 

Walde  gebracht, 
ega  mu  so  ep  ole  sarwest,  od.  seina-pragu  —  mein  Mund  ist  doch 

nicht  von  Hörn,  od.  eine  Wandritze  (dass  ich  nicht  schmecken  sollte). 

ega  muidu  taewa  ej  sa,  kui  waewa  ei  näe  —  in  den  Himmel  gelangt 
man  ja  nicht  anders,  als  wenn  man  Mühe  ertragen  hat. 

ega  mullgi  enam  kui  kaks  kätt  ei  ole,  od.  ega  muH  ole  enam  kui 

kaks  kätt  —  auch  ich  habe  ja  doch  nicht  mehr  als  zwei  Hände ,  ich 

habe  doch  nicht  mehr  a.  z.  H. 
ega  nimi  möst  ei  riku  —  der  Name  schädigt  ja  den  Mann  nicht. 
ega  nimi  möst,  od.  inimest,  ej  riku;  kuj  mos  nime  ej  riku,  od.  kui 

inimene  ennast  ize  ei  riku  —  der  Name  schädigt  ja  den  Mann,  od. 

Menschen,  nicht,' wenn  der  Mann  den  Namen  nicht  schädigt«  od.  wenn 

nur  der  Mensch  sich  selbst  nicht  schädigt. 

2* 


—  20  — 

ega  Durisemine  wöl  nahka  ei  riku  —  Brummen  geschädigt  die  Haut 
ja  noch  nicht. 

ega  nüm-siga  seda  ei  tea,  mis  öue-seale  waewa  teeb  —  ein  Mast- 
schwein weiss  ja  davon  nichts,  was  dem  Hofscbweine  Noth  macht. 

ega  oma  silm  ialgi  peta  —  das  eigene  Auge  täuscht  ja  nie. 

ega  önnetus  kiwa  kända  kapdu  käj,  ta  käjb  ikka  inimezi  m5da  — 
das  Unglück  geht  ja  nicht  unter  Steinen  und  Stammen,  es  geht  immer 
unter  den  Menschen  einher. 

ega  önnetus  hfia  tulles  —  das  Unglück  ruft  ja  nicht,  wenn  es  kommt. 

ega  pafju  kahju,  od.  köha,  tee,  ega  kfillalt  käzi  riku  —  «viel»  ver- 
ursacht ja  nicht  Schaden,  od.  Husten,  «genug»  verdirbt  die  Hände 
nicht. 

ega  perse  peast  ttlem  ej  ole  —  der  Hintere  ist  ja  doch  nicht  hoher  als 
der  Kopf  (Weib  und  Mann). 

egä  pido  ei  parane,  kuj  w6ra'  ei  wähene  (d)  —  das  Fest  wird  ja 
nicht  besser,  wenn  die  Gäste  nicht  abnehmen. 

ega  pörgu  haud  elades  t&£  ej  sa  —  der  Hollenpfuhl  wird  ja  nie  voll, 
ega  pudru  nl  palawalt  söda,  kui  kedetakse  —  der  Brei  wird  ja  nicht 
so  heiss  gegessen,  wie  er  gekocht  wird. 

ega  pü  fihe  lästuga  lange,  od.  maha  $  raiuta  —  der  Baum  fällt  ja 
nicht,  od.  wird  ja  nicht  abgehauen,  mit  einem  Span. 

ega  ronk  ronga  sifini  peast  ej  noki  —  ein  Rabe  hackt  ja  dem  anderen 
die  Augen  nicht  aus  dem  Kopfe. 

ega  rott  wifja-salwe  ära  ej  wQj  surra,  od.  nälga  ep  sure  —  im  Ge- 
treidekasten kann  die  Ratze  doch  nicht  sterben,  od.  stirbt  d.  R.  doch 
nicht  Hungers. 

egä  ruih  hobest  ej  otsi,  hobene  ots  ruiht  (d)  —  die  Krippe  sucht 
nicht  das  Pferd,  das  Pferd  sucht  die  Krippe. 

ega  sefg  k^era  kaswata,  ega  mos  naha-t$iest  ei  sure  —  auf  dem 
Racken  wächst  ja  kein  Hafer,  von  einer  Tracht  Schläge  stirbt  ein 
Mann  ja  nicht. 

ega  so  pOld  önda  -  dieses  Feld  hat  doch  keinen  Misswachs  (von  Wei- 
bern). 


—  21  — 

ega  siga  kotis  tohi  osta  —  man  darf  doch  kein  Schwein  im  Sacke 

kaufen, 
ega  sina  enne  files  töuze,  enne  kui  päew  su  perse  paistab  —  du 

stehst  nicht  eher  auf,  als  bis  die  Sonne  dir  in  den  Hiuteren  scheint. 

ega  sönad  auku  pähä  tee  —  Worte  machen  ja  doch  kein  Loch  in  den 
Kopf. 

ega  sugu  lahku  sousta,  wozu  ei  were  kännusta  (pt)  —  Art  lässt 
nicht  Ton  Art,  der  Schossling  entfernt  sich  nicht  vom  Stamm. 

ega  surm  kaffis  e)  ole  —  der  Tod  ist  ja  nicht  theuer. 

ega  surm  pakutut  last  ei  wöta,  ennemine  heffltatu  —  der  Tod  nimmt 
ja  nicht  das  angebotene  Kind,  eher  das  verzärtelte. 

egä  sazi  soe  hanna  päle  ei  situ  (d)  —  ein  Wolf  seh....  ja  doch  nicht 
auf  den  Schwanz  des  anderen. 

egä  suzi  soe  polt  söna  ei  fltle  (d)  —  der  Wolf  sagt  ja  doch  kein  Wort 
von  dem  Wolfe. 

ega  sü  kulu  —  der  Mund  nutzt  sich  ja  nicht  ab  (Entschuldigung,  wenn 
man  Einen  zu  hoch  titulirt  hat). 

ega  ta  ei  so  leiba  —  es  isst  ja  kein  Brot. 

ega  ta  ikka  senna  ej  tee,  kus  ta  kükitab  —  er  macht  ja  doch  nicht 
immer  dahin,  wo  er  nieder  hockt. 

ega  tark  taewast  ej  ole  tulnud  —  es  ist  ja  ein  Kluger  nicht  vom  Him- 
mel gekommen. 

ega  taud'  leja  töhjast  toast  fihtegi  —  in  der  leeren  Stube  findet  ja  auch 
die  Seuche  nichts. 

ega  tüf  rämatut  pähä  ej  tö  —  der  Wind  bringt  ja  doch  das  Lesen  nicht 
in  den  Kopf. 

ega  tühi  kott  püöti  ei  sejza  —  ein  leerer  Sack  steht  ja  nicht  aufrecht. 

ega  hundist  kafja-kqera  ei  sä  —  aus  einem  Wolf  wird  ja  kein  Vieh- 
hund. 

ega  hunt  nl  sür  ei  ole  kui  tehakse  —  der  Wolf  ist  ja  nicht  so  gross, 
wie  man  ihn  ausgiebt. 

ega  hunt  peza  ümbert  ei  murra  —  um  sein  Nest  herum  raubt  ja  doch 
der  Wolf  nicht. 


—  22  — 

ega  hufit  hulgumist  e|  unusta  — '  der  Wolf  vergisst  ja  das  Heulen 

nicht, 
ega  haut  hunti  ei  hammusta  —  ein  Wolf  beisst  ja  den  anderen  nicht, 
ega  ühe  härja  seTjast  kaht  nahka  ei  sä  —  von  eines  Ochsen  Leibe 

bekommt  man  doch  nicht  zwei  Häute. 

ega  ühe-kordse  jutu  pärast  ei  sure  —  wegen  einmaligen  Geredes 
stirbt  man  ja  noch  nicht  (für  todt  ausgegeben). 

ega  ühel  körrel  kaht  pead  ei  kaswa  —  auf  einem  Halm  wachsen  ja 

nicht  zwei  Aehren. 
ega  üks  hütit  ial  teist  ei  so  —  ein  Wolf  frisst  ja  doch  nie  den  anderen, 
ega  waras  ei  labe  aeda  ühe  nairi  pärast  —  ein  Dieb  wird  ja  doch 

nicht  einer  Rübe  wegen  in  den  Garten  geben. 

ega  wihm  taewa  ja  —  der  Regen  bleibt  ja  doch  nicht  im  Himmel  (es 

muss  doch  einmal  regnen), 
ehted  töstawad  inimest  —  Schmuck  hebt  den  Menschen, 
ej  anta  sin  armule  azet,  ega  pehmuzele  paika  —  hier  giebt  man 

nicht  der  Schonung  Raum,  noch  der  Weichheit  eine  Statte. 

ei  armu  jure  aeta  hirmuga  —  zur  Liebe  wird  man  nicht  durch  Furcht 
getrieben. 

ei  a£ja  est,  ei  teist  taga  —  es  ist  keine  Sache  vorn,  keine  andere  hin- 
ten (nichs  daran). 

ei  hea  tule  tthelt  polt,  kui  ej  teine  tee  head,  od.  kuj  teine  ei  tee 
head  wastu  —  das  Gute  kommt  nicht  von  einer  Seite,  wenn  der 
Andere  nicht  Gutes  thut,  od.  Gutes  dagegen  thut. 

ei  ilu  panda  pajase ,  ei  kaunist  panda  katla  —  Schönheit  legt  man 

nicht  in  den  Kochtopf,  Hübsches  nicht  in  den  Kessel. 
ei  ilu  panda  patta  —  Schönheit  wird  nicht  in  den  Kochtopf  gelegt 
©  ilu  pejtl  ükski  lönt  köda,  od.  1.  wöj  köta  -  von  Schönheit  kocht 
Niemand  Suppe,  od.  kann  N.  S.  kochen. 

ej  j$ua  kaugemale  kui  aga  file  kfine  wSdata  -  er  vermag  nicht  wei- 
ter zu  sehen,  als  über  den  Fingernagel. 

g  kahe  pere  koer  elades  sä  sfia  —  ein  Hund  aus  zwei  Gehöften  be- 
kommt nie  zu  essen. 


—  23  — 

ej  kahte  a£ja  wöi  ühtlazi  teha  —  man  kann  nicht  zwei  Dinge  zugleich 

thun. 
ei  kahte  head  woi  säda  —  man  kann  nicht  zweierlei  Gutes  bekommen, 
ei  k&ren  pista  kärna  silma  —  der  Rabe  stiebt  nicht  in  des  Raben  Auge, 
ei  köik  kanad  öfsile,  od.  örrele,  sä  —  nicht  alle  Hühner  gelangen  auf 

die  Stangen,  od.  Stange. 

ei  köik  kanad  sä  örrele,  ega  köik  tüdrukud  mehele  —  nicht  alle 
Hübner  gelangen  auf  die  Stange,  noch  alle  Madchen  zu  einem  Manne. 

ei  köik  mahn  mafja-mäle,  muist  peab  ikka  karja-mäle,  od.  pea- 
wad  kafja-mal  olema  —  nicht  alle  flnden  Platz  auf  dem  Beeren- 
lande, ein  Theil  muss  immer  auf  das  Weideland,  od.  auf  dem  Weide- 
land sein. 

ei  kölba  töle  ega  töle  —  es  taugt  nicht  zu  einem  Wege  noch  zu  einer 
Arbeit. 

ei  kufg  madala  metsa  ei  wäta  —  der  Kranich  sieht  nicht  auf  einen 
niedrigen  Busch. 

ei  kuski  noka  nöu  ei  bakka  —  der  Schnabel  findet  nirgends  Ratb 
(nichts  zu  beissen). 

ei  köle  heaga,  ei  küle  kufjaga  —  er  hört  nicht  mit  Gutem,  er  hört 
nicht  mit  Bösem. 

ei  küzija  su  peale  löda,  aga  wötja  käe  peale  lüakse  —  auf  des  Fra- 
genden Mund  wird  nicht  geschlagen ,  aber  auf  des  Nehmenden  Hand 
wird  geschlagen. 

ei  lakkudes  köht  täii  sä  —  mit  Lecken  wird  der  Bauch  nicht  voll. 

ei  löppe  enne  tö,  kui  kaks  kätt  rinnule  säwad  —  die  Arbeit  hört 
nicht  eher  auf,  als  bis  beide  Hände  auf  die  Brust  kommen  (beim 
Tode). 

ei  ma  su  ähwardamizest  ommetigi  (ei)  sure  —  von  deinem  Drohen 
werde  ich  doch  nicht  sterben. 

ei  ma  uzu  jumalat  ega  karda  kuningat  —  ich  glaube  an  keinen  Gott 
und  furchte  keinen  König. 

ei  magaja  ka&i  suhu  ei  jökse  mitte  roti  —  in  den  Mund  einer  schla- 
fenden Katze  läuft  keine  Ratte. 


—  24  — 

ei  maial  ole  oza  ega  uäljatsel  lönt  —  der  Naschhafte  hat  keine  Por- 
tion, der  Hungrige  keine  Suppe. 

ei  mäed  ja  kttnkad  kokku  sä,  aga  inimezed  —  die  Berge  und  Hügel 
kommen  nicht  zusammen,  aber  die  Menschen. 

ei  m&rjale,  od.  märja,  male  ole  wett  tarwis,  od.  waja  —  nasses  Land 
braucht  kein  Wasser. 

ei  meie  hifmega  enam  wöi  puhuda,  kui  mü  rabwas  —  wir  können 
mit  dem  Athem  nicht  mehr  blasen,  als  andere  Leute. 

ei  meie  seile  pärast  kä  püksa  jalast  ära  ei  anna  —  deswegen  geben 
wir  auch  noch  nicht  die  Hosen  von  den  Beinen  weg. 

ei  möista  wana  wallatella,  e|  napu-kubo  nafjatella  (d)  —  ein  Älter 
versteht  nicht  ausgelassen  zu  sein,  ein  Bund  Stroh  nicht  zu  scherzen. 

ei  naene  nafialt  teist  lähe  kltma  —  ein  Weib  lässt  sich  nicht  leicht 
herbei  das  andere  zu  loben. 

ei  näe,  mis  pime  sant  kepiga  wölb  katsuda  —  er  sieht  nicht,  was  ein 
blinder  Bettler  mit  dem  Stocke  fühlen  kann. 

ei  nüd  ole  us£i  mau  elu  —  jetzt  ist  kein  Leben  für  Schlange  oder 
Wurm. 

ei  ole  ammetit  ega  leiba  —  er  hat  kein  Geschäft  und  kein  Brot. 

ei  ole  ette  öeldud,  mis  taga  peab  tulema  —  es  ist  nicht  vorher  ge- 
sagt, was  nachher  kommen  soll. 

ei  ole  izast  ega  emast,  tont  teda  tönud  —  der  ist  nicht  von  einem 
Vater  noch  von  einer  Mutter,  ein  böser  Geist  hat  ihn  gebracht. 

ei  ole  kegi  tuli  nl  palaw,  et  aega  möda  ei  jabtuks  —  kein  Feuer 
ist  so  heiss,  dass  es  nicht  allmählig  erkalten  sollte. 

e)  ole  kiwist  kölbu,  mis  saksa  säni  üraber  15b  —  der  Stein  taugt 
nichts,  welcher  der  Herrschaft  Schlitten  umwirft. 

ei  ole  köik  koldsed  aSjad  kuld,  ega  köik  mustad  aäjad  muld  —  es 
sind  nicht  alle  gelben  Dinge  Gold,  noch  alle  schwarzen  Dinge  Erde. 

ei  ole  köik  kuld,  mis  hllgab,  ega  köjk  azi  nl  sür,  kui  kldetakse  — 
es  ist  nicht  alles  Gold,  was  glänzt,  noch  jedes  Ding  so  gross,  wie  ge- 
rühmt wird. 

ej  ole  köjk  kuld,  mis  kollane  ou  —  es  ist  nicht  Alles  Gold,  was 
gelb  ist. 


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!  —  25  — 

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ei  ole  köik  mezi ,  mis  tilgub ,  ega  koik  tuli ,  mis  wälgub  —  es  ist 
nicht  Alles  Honig,  was  trieft,  noch  Alles  Feuer,  was  leuchtet. 

ej  ole  ligedale  male  wett  tarwis  —  nasses  Land  braucht  kein  Wasser. 

ei  ole  päew  wöl  öhtul  —  der  Tag  ist  noch  nicht  am  Abend. 

ei  ole  saba  ega  sarwe  omast  käest  wötta  —  er  hat  weder  einen 
Schwanz  noch  ein  Hörn  aus  eigenem  Vermögen  zu  nehmen. 

ei  ole  tele  ega  töte,  mtudu  kahe  wahel  körinib  —  er  ist  weder  zu 
einem  Wege  noch  zu  einer  Arbeit,  gebt  nur  so  zweifelhaft. 

ei  ole  tült,  (ega)  hinnega  ei  wöi  puhuda  —  es  ist  kein  Wind,  mit 
dem  Athem  kann  man  nicht  blasen. 

ei  ole  fikski  ammet  nl  halb,  od.  sant,  et  (oma)  möst  ei  toidaks  — 
kein  Handwerk  ist  so  schlecht,  dass  es  seinen  Mann  nicht  nährte. 

ei  ole  ükski  koht  meie  rikkuja,  raüd  kui  aga  ize  oleme  —  keine 
Stelle  ist  unser  Verderben,  nur  wir  selbst  sind  es. 

ei  ole  wäe-kajipa,  kui  ei  ole  mele-kaupa  —  es  giebt  keine  Gewalt, 
wenn  nicht  Freiwilligkeit  da  ist  (freiwillige  Unterwerfung). 

ei  ole  wöl  mftfki  ozanud,  ega  täket  tejnud  —  er  hat  noch  nicht  in  s 
Ziel  getroffen,  noch  einen  Einschnitt  gemacht  (ganz  unerfahren). 

ei  ole  wöl  päew  öhtus,  od.  päiw  odangul  —  der  Tag  ist  noch  nicht 

am  Abend, 
ei  oma  silm  peta  —  das  eigene  Auge  täuscht  nicht, 
ei  pea  ennast  laiemale  laq}ama,  kuj  inimene  on  —  man  muss  sich 

nicht  breiter  ausdehnen,  als  ein  Mensch  ist. 

m 

ei  pea  päewa  kltma,  enne  kui  s@  otsas  on  —  man  muss  den  Tag 
nicht  loben,  bevor  er  zu  Ende  ist. 

ei  pea  teize  wiha  sötma  oma  wiha  —  des  anderen  Zorn  muss  nicht 
den  eigenen  Zorn  nähren. 

ei  piTT  peret  toida,  pilT  tojdab,  od.  kldab,  köhsi  maid  —  die  Sack- 
pfeife nährt  nicht  das  Gesinde,  die  Sackpfeife  nährt,  od.  preist,  die 
Krugsgegenden. 

ei  pörgu  haud  sä  elades  täji  —  die  Hölle  wird  nie  voll. 

ei  pO  lange  flhe  lästuga  —  ein  Baim  fällt  nicht  von  einem  Span. 

ei  pü  lange  ühelt-pölt,  tahab  tejne-pölt  wastu  ltta  -  ein  Baum  fällt 


—  26  — 

nicht  von  einer  Seite,  es  muss  von  der  anderen  Seite  entgegen  ge- 
hauen werden, 
ei  pflst  tehta  pulma,  ega  aja-tejbast  au-pidu  —  von  Holz  macht  man 
nicht  Hochzeit,  von  einem  Zaunstecken  nicht  ein  Festgelage. 

ei  püzi  enam  puis  ega  mais  —  er  hSIt  nicht  mehr  Stand  in  Wäldern 
oder  Feldern  (nirgends). 

ei  rikas  rahaga  panda,  kuningas  kulda  ej  maeta  —  der  Reiche  wird 
nicht  mit  dem  Gelde  bingebettet,  ein  Konig  wird  nicht  in  Gold  be- 
graben. 

ej  rikkos  anna  raho  —  Reichthum  giebt  nicht  Zufriedenheit. 

§j  sa  'p  ole  wöl  mit ki  ozanud  —  du  hast  noch  nicht  in's  Ziel  getroffen. 

ei  83  $ega  mitte  körwa-tagast  sfigada,  od.  saba  perse  ligi  panna, 
od.  sitale  minna  —  man  findet  nicht  Zeit  genug  sich  hinter  dem  Ohr 
zu  kratzen,  od.  den  Schwanz  an  den  Hintern  zu  legen,  od.  seine  Noth- 
durft  zu  verrichten. 

ei  sä  heaga  ei  kufjaga  heaks  —  er  wird  weder  durch  Gutes  noch 
durch  Böses  gut. 

ej  sä  kögi  kgjkide  tahtmist  —  Niemand  trifft  den  Willen  Aller. 

ej  sa  köik  kanad  örrele  —  nicht  alle  Hühner  gelangen  auf  die  Stange. 

ej  sa  pfist  poiga  ja  lastust  last,  ei  jäst  lämraä  tarre ;  egä  ej  häm- 
mest  bätä  ja  weest  wiga  (d)  —  man  bekommt  nicht  von  einem 
Baum  einen  Sohn  und  von  einem  Span  ein  Kind,  nicht  von  Eis  eine 
warme  Stube;  auch  nicht  von  Nasse  Noth  und  von  Wasser  Schaden. 

§i  sft  sonnest  sgjra  tettä',  ei  käe-warrest  watska  kfltsä'  (d)  —  aus 
dem  Finger  kann  man  nicht  Käse  machen,  aus  dem  Arm  nicht  Kuchen 
backen. 

gj  sa  ütsigi  tötä  sflwwä'  (d)  —  Niemand  bekommt  zu  essen  ohne  Arbeit. 
ej  seda  wöi  käega  panna  —  das  kann  man  nicht  mit  der  Hand  beibrin- 
gen (eintrichtern). 

ej  seTg,  od.  perse,  kagra  kaswata  —  auf  dem  Rücken,  od.  Hinteren, 
wächst  kein  Hafer. 

€j  selge  silm  peta,  aga  tahmaae  tüssab  —  ein  klares  Auge  tauscht 
nicht,  aber  ein  eiteriges  betragt. 


—  27  — 

ej  88  kqer  hammusta,  kes  igal  ajal  haugub  —  der  Hand  betest  nicht, 

welcher  zu  jeder  Zeit  bellt.  • 

ei  so  koer  jänest  koju  tö,  keda  wägise  metsa  wlakse  —  der  Hand 

bringt  keinen  Hasen  nach  Hause,  den  man  mit  Gewalt  in  den  Wald 

bringt, 
ei  sina  wö|  teada,  mis  rainu  toa  peal  on,  ei  mina  tSa,  mis  sinu 

südames  on  —  dn  weisst  nicht,  was  auf  meiner  Stube  ist,  ich  weiss 

nicht,  was  in  deinem  Herzen  ist. 
ej  surm  wöta  pakutut  —  der  Tod  nimmt  nicht  das  Angebotene, 
ei  ta  ole  küll  nenda  lambuke,  kuj  ta  ennast  ngjtab  —  er  ist  wohl 

nicht  so  sehr  ein  Lämmchen,  wie  er  sich  anstellt, 
ei  ta  ole  nl  uteke,  k\y  näust  pajstab  —  er  ist  nicht  so  sehr  ein  Lämm- 

chen,  wie  es  aus  seinem  Gesichte  scheint, 
ei  talw  anna,  w$jd  taFw  tahab  —  der  Winter  giebt  nicht,  sondern  der 

Winter  verlangt, 
ej  tafw  tule  fihega  ega  lähe  kahega  —  der  Winter  kommt  nicht  mit 

Einem  und  gebt  nicht  mit  Zweien, 
ej  tarkust  wöi  käega  panna  —  Klugheit  kann  man  nicht  mit  der  Hand 

beibringen  (eintrichtern). 
&i  teine  woi  teize  kiuste  bukka  minna  —  Einer  kann  nicht  dem  An- 
deren zum  Belieben  umkommen, 
ei  tohi  kedagi  enne  klta,  kuj  ktilimit  sola  fihes  kous  on  ära  sö- 

dud  —  man  darf  Niemand  loben ,  bevor  ein  Kulmit  Salz  zusammen 

verzehrt  ist. 
ei  tohi  kOrgemale  lennata,  kuj  pea  kannab  —  man  darf  nicht  höher 

fliegen,  als  der  Kopf  verträgt, 
ej  tohi  rojast  wett  enne  ära  wizata,  kuj  puhas  käes  on  —  man 

darf  das  schmutzige  Wasser  nicht  eher  weg  werfen ,  als  bis  man  das 

reine  in  Händen  bat. 
ei  tö  enne  löppe,  kuj  kaks  kätt  rinde  peale  sab  —  die  Arbeit  hört 

nicht  eher  auf,  als  bis  beide  Hände  auf  die  Brust  kommen  (wenn  man 

stirbt), 
g  töbi  nenda  uzinaste  küllest,  od.  külast,  ära  lähe,  kuj  ta  kfllge 

tnleb  —  Krankheit  verlässt  (ein  Dorf)  nicht  so  schnell,  wie  sie  anfallt. 


—  28  — 

ei  tule  köik  kanased  pQ  peale  —  nicht  alle  Hähnchen  kommen  auf  das 

Holz  (die  Stange), 
ei  tühi  plp  ej  pCleta,  ej  surnu  perse  päreta  —  eine  leere  Pfeife 

brennt  nicht,  eines  Todten  Hinterer  farzt  nicht. 

ei  hullu  külwata  ega  künta,  hall  sigineb  mujdugi  —  einen  Narren 
säet  oder  pflügt  man  nicht,  ein  Narr  gedeiht  schon  von  selbst. 

ei  hufit  enne  kafjast  kau,  kui  ta  wlmse  talle  on  ära  wlnud  —  der 
Wolf  verlässt  die  Herde  nicht  eher,  als  bis  er  das  letzte  Lamm  weg- 
gebracht hat. 

ei  üks  päzuke  tee  wöi  suwe  —  eine  Schwalbe  macht  noch  nicht  den 
Sommer. 

ej  ükski  leia  magades  lejba  —  Niemand  findet  schlafend  Brot. 

ej  ükski  sä  tota  süa  —  Niemand  bekommt  zu  essen  ohne  Arbeit. 

ei  ükski  süüni  targaks  —  Niemand  wird  klug  geboren. 

ei  ükski  wöi  oma  wämilit  ehk  münti  ümber  wärwida  —  Niemand 
kann  seine  Familie  oder  sein  Gepräge  umfärben  (sich  eine  andere 
Natur  geben). 

ej  Dle-kohns  sejza,  od.  püzi,  kotis,  od.  kotis  sejza  —  Unrecht  bleibt 
nicht  im  Sacke. 

ej  wagadus  ole  meil,  od.  üksi  meie,  päris  -  Frömmigkeit  ist  nicht 
uns,  od.  allein  uns,  eigen. 

ei  wana  karu  öpi  enam  tantsima  —  ein  alter  Bär  lernt  nicht  mehr 
tanzen. 

ei  wana  wits  enam  kölba  wädiks  —  eine  alte  Ruthe  taugt  nicht  mehr 
zum  Binden. 

ei  waras  übe  nairi  pärast  aeda  iahe  -  der  Dieb  geht  nicht  wegen 
einer  Rübe  in  den  Garten. 

ei  wargus  ja  jumala  6s  ial  wafjule  -  Diebstahl  bleibt  vor  Gott  nie 
verborgen. 

ei  weri  wöi  werega  kohtus  käia  —  Blut  kann  nicht  mit  Blut  processi- 
ren  (Verwandte). 

g|  wiga  ämmal,  minijal  on  mitu  wiga  —  die  Schwiegermutter  hat 
keine  Fehler,  die  Schwiegertochter  hat  viele  Fehler. 


—  29  — 

ei  wiletsus  htia  tolles ,  aga  ta  hflab  minnes  —  Elend  ruft  nicht  beim 
Kommen,  es  ruft  beim  Gehen. 

ei  wirgol  pOdu  töd,  ega  laizal  aega  —  dem  Fleissigen  fehlt  es  nicht 

an  Arbeit,  oder  dem  Faulen  an  Zeit, 
ei  wöi  eineta  inimene  elada  —  ohne  einen  Bissen  kann  kein  Mensch 

leben, 
ei  woj  kahte  sarma  (kedagi)  surra  —  man  kann  nicht  zwei  Mal  sterben, 
ei  wöi  katte  a&ja  Otelizi  tettä'  (d)  —  man  kann  nicht  zwei  Dinge  zu- 
gleich thun. 
ei  wöi  koiki  übe  paela  peale  panna  —  man  kann  nicht  Alle  auf 

eine  Schnur  setzen  (aber  einen  Kamm  scheren). 
ei  wQi  körgemale  lennata  kui  jumal  lazeb  lennata  —  man  kann 

nicht  hoher  fliegen,  als  Gott  fliegen  lässt. 
ei  wöi  (lind)  körgemale  lennata,  ku|  tiwad  kannawad  —  man,  ein 

Vogel,  kann  nicht  höher  fliegen,  als  die  Flügel  tragen, 
ei  woj  laiemale  lautada,  kui  käed  ulatawad,  od.  annawad  —  man 

kann  nicht  weiter  ausbreiten,  als  die  Hände  reichen,  od.  erlauben, 
ei  wöi  l^iemalt  ist u da,  kui  perse  ulatab  —  man  kann  nicht  breiter 

sitzen,  als  der  Hintere  reicht, 
ei  wöj  Unna  minna  rahata  ega  sapna  wibata  —  man  kann  nicht  ohne 

Geld  in  die  Stadt  gehen  oder  ohne  Badebesen  in  die  Badstube, 
ei  wöi  hobusele  enne  körmat  p$ale  panna,  kui  wanker  taga  on  — 

man  kann  einem  Pferde  nicht  die  Last  auflegen,  bevor  der  Wagen  da- 
hinter ist. 
ei  wöj  röjast  wett  ära  wizata,  enne  kui  puhast  jälle  kätte  sftb  — 

man  kann  nicht  schmutziges  Wasser  weg  werfen,  bevor  man  reines 

wieder  bekommt, 
ei  wöi  tfitar-last  enne  tnnda,  kui  tanu-katidjaks  sab  —  man  kann 

ein  Mädchen  nicht  eher  kennen,  als  bis  es  Haubenträgerin  wird, 
ei  wöi  wanahe  kafwo  sittu',  enne  kui  wastne  walmis  om  (d)  - 

man  kann  nicht  in  den  alten  Brunnen  seh....,  bevor  der  neue  fertig  is^. 
ej  wöi  wötta,  kuhu  ei  ole  midagi  pandud  —  man  kann  nicht  nehmen 

da,  wohin  nichts  gelegt  ist. 


—  30  — 

heina-körem  ja  wana  inimene  on  ttks  —  ein  Heufüder  and  ein  alter 

Mensch  ist  eins, 
ejt  läks  heina,  löi  sarwed  seina  —  die  Mutter  ging  in's  Heu,  schlug 

die  Hörner  in  die  Wand  (kümmerte  sich  um  nichts), 
eks  h^a  tegu  leia  öst  ?  —  findet  eine  gute  Thal  nicht  vor  (kommt  zu 

Statten), 
eks  iga  koer  sinna  pole  ei  haugu,  kust  ta  lakkuda  sab?  —  bellt 

denn  nicht  jeder  Hund  dahinwärts,  von  wo  er  zu  lecken  bekommt, 
eks  kana  nl  kaua  hau  du,  kui  pojad  pezast  jöksewad?  —  brütet  ein 

Huhn  nicht  so  lange,  bis  die  Jungen  aus  dem  Neste  laufen, 
eks  n§u  ikka  enam  tee  töd ,  kui  inimene  ize  teebgi  ?  —  thut  nicht 

guter  Rath  immer  mehr  Arbeit,  als  der  Mensch  selbst  thut. 
eks  sis  wana  hobune  hakka  hüppama,  kui  wafjad  sab  suhu?  — 

fangt  nicht  dann  ein  altes  Pferd  an  zu  springen,  wenn  es  das  Gebiss 

in's  Maul  bekommt. 
eks  teize  häda  ikka  ole  pQ  külles  ?  —  ist  nicht  eines  Anderen  Noth 

immer  am  Baume  (lässt  unbekümmert), 
eks  tö  ize  öpeta  ?  —  lehrt  nicht  die  Arbeit  selbst, 
eks  hunt  kä  loetust  wöta?—  nimmt  der  Wolf  nicht  auch  vom  Gezählten« 
eksib  hobune  nelja  jala  pealt,  seda  hölpsam  inimene  ühe  kele, 

od.  sOna,  pealt  —  fehlt  ein  Pferd  mit  vier  Füssen,  um  so  leichter 

ein  Mensch  mit  einer  Zunge;  od.  einem  Worte, 
eksitns  ei  käi  mSda  kiwa  kända,  waid  möda  inimezi  —  das  Fehlen 

geht  nicht  unter  Steinen  und  Stämmen  einher,  sondern  unter  Men- 
schen, 
eksitns  k$ib  möda  inimezi,  mitte  m8da  kiwa  kjlnda  —  das  Fehlen 

geht  unter  den  Menschen  einher,  nieht  unter  Steinen  und  Stämmen, 
ela  ize,  laze  tejne  kä  elada  —  lebe  selbst,  lass  den  Anderen  auch 

leben, 
helde  ep  ole  helmis  ega  sitikas  sidis  —  der  Gütige  ist  nicht  in  Per- 
len, noch  der  Mistkäfer  in  Seide, 
heldel  ep  ole  helmid,  sitkel  on  siti  —  der  Gütige  hat  nicht  Perlen, 

der  Geizige  hat  Seide, 
heldus  annab,  sitkns  kölab  -  Freundlichkeit  giebt,  Geiz  verweigert. 


—  31  — 

elu  ei  tohi  enne  önnelikuks  klta,  kuj  löppeb  —  das  Leben  darf  man 
nicht  glucklich  preisen,  bevor  es  zu  Ende  geht, 

elu  hukas,  lugu  lakas,  nüd  on  köjk,  od.  a£jad  k£iwad,  pilla  palla  — 
das  Leben  ist  zu  Grunde,  die  Sache  aus,  nun  ist  Alles,  od.  gehen 
die  Dinge,  bunt  durch  einander. 

ein  hullem  kui  pörgus  —  es  ist  ein  Leben  ärger  als  in  der  Hölle. 

einst  snrma  pizut  sammu  —  vom  Leben  zum  Tode  sind  wenig  Schritte. 

ema,  od.  eide,  edewus  oli  tütre  takistus  —  der  Mutter  Leichtfertig- 
keit war  der  Tochter  Verstrickung. 

ema  heffitab,  iza  karistab  last  —  die  Mutter  verzärtelt,  der  Vater 
züchtigt  das  Kind. 

ema  kaswatab  küll  ttttart,  ei  kaswata  pqega  —  eine  Mutter  erzieht 
wohl  eine  Tochter,  nicht  einen  Sohn. 

ema  käis  öl,  tütar  köndis  kannul  —  die  Mutter  ging  voran,  die  Toch- 
ter folgte  auf  dem  Fusse. 

ema  läks  lakka,  tütar  puges  pOhku  —  die  Mutter  ging  auf  den  Boden, 

die  Tochter  kroch  in's  Stroh  (zum  Schlafen). 
ema-mezilazed  torkawad  köige  walusamine  —  die  weiblichen  Bienen 

stechen  am  schmerzhaftesten. 
ema  mes  ei  ole  iga  kord  lapse  iza  —  des  Weibes  Mann  ist  nicht  alle 

Mal  des  Kindes  Vater. 
ema  on  tundaw,  iza  teadmata  —  die  Mutter  ist  bekannt,  der  Vater 

unbekannt, 
ema  pani  kelgu  laka  otsa,  tütar  wöttis  sealt  ja  söitis  edasi  —  die 

Mutter  stellte  den  Schlitten  auf  den  Hausboden,  die  Tochter  nahm  ihn 

von  da  und  fuhr  weiter  (vgl.  «kelk»  im  Wörterbuche). 

ema  pilTi  järele  tantsib  pere  —  nach  der  Mutter  Pfeife  tanzt  das  Ge- 
sinde. 

ema  pistab  küll  rinna,  od.  niza,  lapse  suhu,  aga  malt  ei  pista,  od. 
pane,  p&hä  —  die  Mutier  steckt  wohl  die  Brust,  od.  die  Brustwarze, 
dem  Kinde  in  den  Mund,  aber  Klugheit  steckt  sie  nicht  in  den  Kopf. 

ema  pim  kozutab,  wSras  plm  kahandab  —  der  Mutter  Milch  giebt 
Gedeihen,  fremde  Milch  bringt  herunter. 


—  32  — 

ema  süda  on  ikka  nörgem  kui  izal  —  der  Mutter  Herz  ist  immer 
schwächer  als  beim  Vater. 

ema  tQimetas  enne  kqitu,  tütar  magas  keäk-hommikuni  —  die  Mut- 
,  ter  schaffte  vor  der  Morgenröthe,  die  Tochter  schlief  bis  zum  Mitt- 
morgen. 

ema  wäga  wana,  tütar  llg  nöf  —  die  Mutter  ist  zu  alt,  die  Tochter  zu 
jung. 

enam  ka£&  silitatakse,  seda  kOrgemale  tOstab  ta  saba  —  je  mehr 
eine  Katze  gestreichelt  wird,  desto  höher  hebt  sie  den  Schwanz. 

enam  kqere  kons,  seda  wedelam  lake  —  je  mehr  Hunde  beisammen 

sind,  desto  dünner  ist  das  Gesöff, 
enam  lauku  söas  kui  üks  lauk  —  im  Kriege  sind  mehr  Pferde  mit 

einer  Blässe  als  eins. 

enam  paska  palume,  pask  laub,  od.  lageneb,  laiemale  —  je  mehr 

wir  den  Koth  bitten,  desto  mehr  breitet  sich  der  Koth  aus. 
enam  päiwi  kui  raakeriaid  —  es  sind  mehr  Tage  als  Würste, 
enam  päiwi  kui  pidusid,  od.  pühasid  —  es  giebt  mehr  Tage  als  Feste, 

od.  Feiertage, 
enam  sab  ikka  weikezest,  od.  piskust,  tost  kui  sürest  sejzust,  od. 

seizuzest  —  mehr  hat  man  immer  von  wenig  Arbeit  als  von  vielem 

Stehen-. 

enam  tehakse  ntyiuga  kui  jöuuga  —  mehr  wird  gethan  mit  Klugheit 
als  mit  Kraft. 

enam  töd  kui  tegemist  —  mehr  Arbeit  als  Schaffen  (erfolglose  Muhe). 

enam  waewa  ähkijal  ku|  wäFja-pflhkijal  —  mehr  Mähe  hat  der  Ab- 
wischende als  der  Hinausfegende. 

endine  ei  ajta,  kui  praegune  ei  kölba  —  das  Frühere  hilft  nicht,  wenn 
das  Jetzige  nicht  taugt. 

endine  löppeb  pea,  kui  üt  peale  ei  panda,  od.  ei  ole  peale  säda  — 
das  Frühere  geht  bald  zu  Ende,  wenn  nicht  Neues  dazu  gelegt  wird, 
od.  wenn  nicht  dazu  zu  bekommen  ist. 

enne  aeg  halwemaks  ej  lähe,  kui  ta  kaffimaks  ej  lähe  —  eher  wird 
die  Zeit  nicht  billiger,  als  bis  sie  theurer  wird. 


—  33  — 

m 

enne  Jägupi-päewa  palu  wihma,  pärast  Jägupit  tuleb  izegi  —  vor 
Jacobi  bitle  um  Regen,  nach  Jacobi  kommt  er  schon  selbst. 

enne  Jöri  annab  kfilma,  pärast  Juri  söja  ilma  —  vor  St.  Georg  giebt 
es,  d.  h.  das  Gewitter,  Kalte,  nach  St.  Georg  warmes  Wetter. 

enne  kui  jänes  kolm  korda  aewastab  —  bevor  der  Hase  drei  Mal 
niest. 

enne  kui  kukk  nraneb,  on  söbrus  katki  —  bevor  der  Hahn  ein  Ei  tegt, 
ist  die  Freundschaft  aus  einander. 

enne  kukub  säde  tulest,  kui  kopikas  teraa  taskust  —  eher  fallt  ein 
Funke  aus  dem  Feuer,  als  eine  Kopeke  aus  seiner  Tasche. 

enne  mötle,  sls  fltle  —  vorher  bedenke,  dann  sprich. 

enne  snrma  ei  ole  kögi  tark  —  vor  dem  Tode  ist  Niemand  klag. 

enne  snrma  ei  sure  kögi  —  vor  dem  Tode  stirbt  Niemand. 

enne  snrma  sured  laiskuze- pärast  —  vor  dem  Tode  stirbst  du  vor 
Faulheit. 

enne  teha  ja  pärast  näha  oli  ju  mitmele  paha  —  erst  tbun  und  her- 
nach zusehen  ist  schon  Vielen  übel  bekommen. 

enne  wahi  sittuja  perse  kui,  od.  ennegu,  pü-raiuja  silmi  —  eher 
sieh  in  den  Hinteren  Eines,  der  seine  Nothdurft  verrichtet,  als  in's  Ge- 
sicht Eines,  der  Holz  haut. 

enne  woib  olla  walge  leib  ja  must  hein  kui  walge  hein  ja  must  . 
leib  —  eher  kann  weisses  Brot  sein  und  schwarzes  Heu  als  weisses 
Heu  und  schwarzes  Brot. 

enne-aegsed  lapsed  ei  ja  palju  elama  —  zu  früh  geborene  Kinder 
bleiben  meistens  nicht  am  Leben. 

ennem  olgu  wiir  warbas  kui  kurd  kinnas  —  eher  mag  eine  Blase 
an  der  Zehe  sein  als  eine  Falte  im  Schuh. 

ennem  sab  kfilla  kflllest  kui  nälja  otsast  —  eher  bekommt  man  von 

der  Fülle  als  vom  Hunger. 
ennem  soda  koera  kui  warast  —  lieber  füttere  den  Hund  als  den  Dieb, 
ennem  wöib  wats  rebeneda,  kui  hüwa  roga  file  jäb  —  eher  mag 

der  Bauch  platzen,  als  dass  gute  Speise  übrig  bleibt. 
ennem,  od.  enne,  wötab  lühike  mafja  mast  kui  pitk  tähe  taewast 

3 


—  34  — 

—  eher  ntmmt  ein  Kurzer  eine  Beere  vom  Boden  als  ein  Langer  einen 

Stern  vom  Himmel, 
ennem  wötku  häffi-täie  kui  sänni-täje  —  eher  mag  er,  sc.  der  Tod, 

den  Inhalt  der  Wiege  nehmen,  als  den  Inhalt  des  Bettes, 
ennerab  nöletse  hobeze  liha  s6,  kui  tatitse  lätse  juttu  kulle  (d)  — 

eher  iss  das  Fleisch  einas  rotzigen  Pferdes,  als  dass  du  eines  rotzna- 
'  sigen  Kindes  Rede  anhörst, 
ennemine  jäta  pere-mehe  ästa-palk  kui  öhtune  köhu-täji  —  eher 

lass  den  Jahreslohn  des  Hausherrn  als  den  Magenvoll  am  Abend, 
ennemine  mine  sittuja  jure  kui  raha-lugeja  jure  —  gehe  lieber  zu 

Einem,  der  seine  Nothdurft  verrichtet,  als  zu  Einem,  der  Geld  zählt, 
ennemine  olgu  walge  leib  ja  must  hein  kui  must  leib  ja  hafjas 

hein  —  lieber  gebe  es  weisses  Brot  und  schwarzes  Heu  als  schwar- 
zes Brot  und  grünes  Heu. 
ennemine  peab  wats  rebenema  kui  hüwa  rög  üle  jäma  —  lieber 

muss  der  Bauch  platzen  als  eine  gute  Speise  übrig  bleiben, 
ep  ole  iga  kord  sürt  tuld,  kus  sür  suits  touzeb  —  es  ist  nicht  immer 

grosses  Feuer  da,  wo  sich  grosser  Rauch  erhebt, 
ep  ole  ize  häda  näind,  mis  se  tejze  püduzest  uzub?  — er  bat  selbst 

keine  Noth  erfahren,  was  glaubt  der  vom  Mangel  eines  Anderen, 
ep  ole  k^ebdust,  ep  ole  kohut  —  wenn  keine  Klage  ist,  so  ist  kein 

Urtheil. 
ep  ole  koik  inimezed  übe  weega  riStitud,  od.  pestud,  od.  wihel- 

dud  —  es  sind  nicht  alle  Menschen  mit  einem  Wasser  getauft,  od. 

gewaschen,  od.  gebadet, 
ep  ole  köik  walged  lambad,  kes  walget  willa  kannawad  —  es  sind 

nicht  Alle  weisse  Schafe,  welche  weisse  Wolle  tragen, 
ep  ole  surma  wasta  (ei)  rohtu  ega  ohtu  lödud  —  gegen  den  Tod  ist 

keine  Arzenei  und  kein  Mittel  geschaffen, 
ep  ole  tarwis  kanade  hända  üles  tösta,  nemad  kannawad  ize  kfill 

pügti  —  es  ist  nicht  nothig  den  Hühnern  den  Schwanz  aufzuheben, 

sie  tragen  ihn  selbst  aufrecht  genug, 
ep  ole  töd,  ep  ole  lejba  -  wenn  keine  Arbeit  ist,  so  ist  kein  Brot, 
ep  ole  Okski  ni  hea,  kui  kidetakse,  ega  ni  saiit,  kui  laidetakse  — 


—  35  — 

es  ist  Keiner  so  gut,  wie  er  gepriesen ,  noch  so  schlecht ,  wie  er  ver- 
schrien wird, 
herits  kldab  ennast,  Öige  m£s  teist  —  der  Schalk  lobt  sich  selbst,  der 
redliche  Mann  einen  Anderen. 

esmalt  ikka  weäki ,  pärast  tule wad  weäkilized  —  zuerst  immer  die 
Mahle,  dann  kommen  auch  die  Mahlgäste. 

et  kukk  mitte  alla  e|  läheks,  wajd  fliese  jSks  —  dass  der  Hahn  nicht ' 
•  hinunter  geht,  sondern  oben  bleibt  (die  Kirche  mitten  im  Dorfe).  * 

ette-kartmine  on  parem  kui  taga-kahetsemine  —  vorher  furchten  ist 

besser  als  nachher  bereuen, 
ette  södud  leib  on  kibe  —  im  Voraus  gegessenes  Brot  ist  bitter, 
ezi  litt  wanembas,  hädä  lätt  nörembas  (d)  —  er  selbst  wird  älter, 

die  Notb  wird  junger. 

ezi-t£  soel,  ezi  rebäzel  (d)  —  seinen  eigenen  Weg  hat  der  Wolf,  seinen 
eigenen  der  Fuchs. 

ezi-otsa  ikka  petja  tark,  pärast  se,  kes  petta  sänud  —  zuerst  ist 
immer  der  Betruger  klug,  hernach  der  Betrogene. 

ezimezel  päewal  ölen  wSras,  teizel  päewal  ölen  körmaks,  kol- 
mandamal  päewal  haizen  ma  —  am  ersten  Tage  bin  ich  Gast, 
am  zweiten  Tage  bin  ich  zur  Last,  am  dritten  Tage  stinke  ich,  d.  h. 
bin  ich  widerwärtig. 

6s  on  lukk,  taga  taba,  wöti  minu  taskus  —  vorn  ist  ein  Schloss,  hin- 
ten ein  Hängeschloss,  der  Schlüssel  in  meiner  Tasche. 

ialgi  ei  ole  ükski  nl  önnelik  ega  nl  önnetu,  kui  ta  ize  arwab  - 
niemals  ist  Jemand  so  glücklich ,  oder  so  unglücklich ,  wie  er  selbst 
meint. 

iga  aeg  kflzib  oma  töd  tegu;  kes  talwel  teeb,  so  suwel  6s  leiab, 
kes  suwel  teeb,  so  talwel  8s  leiab  —  jede  Zeit  fordert  ihre  Arbeit 
und  Thal;  wer  im  Winter  schafft,  findet  im  Sommer  vor,  wer  im 
Sommer  schafft,  findet  im  Winter  vor. 

iga  algns  on  rank       II  _  ^  Anfang  ist  schwer 

iga  alustus  on  raske  J 

iga  azi  taf  witab  oma  aega  —  jedes  Ding  verlangt  seine  Zeit. 

s* 


1 


—  36  — 

iga  inimene  on  ize  oma  önne  sepp  —  jeder  Mensch  ist  selbst  seines 

Glückes  Schmied, 
iga  king  wautab  oma  jalga  —  jeder  Schuh  drückt  den  eigenen  Fuss. 
iga  koer  kefgitab  oma  saba  —  jeder  Hund  hebt  seinen  Schwanz, 
iga  kord  ei  kanna  püd  übe  pafju  öune  —  nicht  alle  Mal  tragen  die 

Bäume  gleich  viel  Aepfel. 

iga  kord  ei  ole  wiga  jögis,  möni  kord  kä  wiga  wazikas  —  nicht 

jedes  Mal  liegt  es  an  dem  Tranke,  manches  Mal  liegt  es  auch  an  dem 

Kalbe, 
iga  lind  tunnukse  oma  sulgest  —  jeder  Vogel  wird  an  seinen  Federn 

erkannt, 
iga  mehe  king  pigistab  ta  oma  jalga  —  jedes  Mannes  Schuh  drückt 

seinen  eigenen  Fuss. 
iga  mehele  oma  —  jedem  Manne  das  Seine. 
iga  mes  katsugu  oma  pärast  —  jeder  Mann  sehe  auf  das  Seine, 
iga  m€s  kidab  ennast,  rebane  oma  saba  —  jeder  Mann  lobt  sich,  der 

Fuchs  seinen  Schwanz. 

iga  mos  kidab  oma  kapsaid  —  jeder  Mann  lobt  seinen  Kohl, 
iga  mos  kidab  oma,  waene  kotti  —  jeder  Mann  lobt  das  Seine,  der 
Arme  den  Sack. 

iga  m@s  oma  seftsiga  —  jeder  Mann  mit  seiner  Gesellschaft  (seines 

Gleichen), 
iga  mes  omaga,  waene  sant,  od.  sarit  waene,  kotiga  —  jeder  Mann 

mit  dem  Seinigen,  der  arme  Bettler  mit  dem  Sack. 

iga  mes  on  ize  oma  koige  lähem  ligimene  —  jeder  Mann  ist  selbst 
sein  Nächster. 

iga  mes  on  küll  taga  tark,  aga  ükski  ei  tea  ette  -  jeder  Mann  ist 
wohl  hinterher  klug,  aber  Niemand  weiss  vorher. 

iga  mes  pühkigu  oma  ukse  es  —  jeder  Mann  fege  vor  seiner  Thür. 
iga  mes  teab,  kus  tall  king  pigistab  -  jeder  Mann  weiss,  wo  ihn 
der  Schuh  drückt; 

iga  oma  king  wautab  oma  jalga  —  jeder  eigene  Schuh  druckt  den 
eigenen  Fuss. 


—  37  — 

iga  punane  mari  ej  ole  mitte  mäzikas  —  nicht  jede  rothe  Beere  ist 

eine,  Erdbeere, 
iga  sitika  lendamize  pärast  §J  lähe  wöl  päike  löja  —  die  Sonne  geht 

noch  nicht  unter  wegen  jedes  Mistkäfers  Fliegens. 
iga  tob  wanust  —  Leben  bringt  Alter, 
iga  tö  ajab  oma  aega  —  jede  Arbeit  verlangt  ihre  Zeit. 
iga  üi  ratas  jökseb  esmalt  raskeste  —  jedes  neue  Rad  lauft  Anfangs 

schwer, 
iga  Abele  jägu  tema  oma  —  einem  Jeden  bleibe  das  Seine, 
iga  flks  karjub  oma  pead  —  Jeder  schreit  nach  seinem  Kopfe  (seine 

Melodie), 
iga  flks  katsub  aga  oma  kotti  tazatada  —  Jeder  versucht  nur  seinen 

Sack  zu  lullen, 
iga  flks  katsub  ize  oma  kapsaid  —  Jeder  versucht  seinen  eigenen 

Kohl, 
iga  flks  oma  pole,  siku  sarwed  sefja  pole  —  Jeder  nach  sich  zu ,  des 

Bockes  Homer  nach  dem  Rücken  (Jeder  sorgt  nur  für  sich).    . 
iga  flks  on  ize  oma  köige  lähem  ligimene  —  Jeder  ist  selbst  sein 

Nächster, 
iga  flks  on  oma  olemize  tegija  —  Jeder  ist  seines  Zustandes  Urheber. 
iga  flks  on  oma  önne  sepp  —  Jeder  ist  seines  Glückes  Schmied» 
iga  flks  töab  ize,  mis  ta  teeb  ja  söb  —  Jeder  weiss  selbst,  was  er 

thut  und  isst. 
,    iga  wili  sab  omal  ajal  kflpseks  —  jede  Frucht  wird  zu  ihrer  Zeit  reif. 
igal  aijal  on  kaks  otsa ,  teine  on  hakatus ,  teine  on  löpetus  —  je- 
des Ding  hat  zwei  Enden,  eins  ist  der  Anfang,  das  andere  der  Aus- 
gang, 
igal  a&jal  peab  oma  wiga  olema  —  jedes  Ding  muss  seine  Ursache, 

od.  seinen  Fehler  haben, 
igal  koeral  omas  majas  luba  haukuda  —  jeder  Hund  hat  die  Erlaub- 

niss  in  seinem  Hause  zu  bellen. 
igal  linnol  ize  lapl  —  jeder  Vogel  hat  seinen  besonderen  Gesang, 
igal  linnul  ize  laul ,  igal  kellal  ize  heal ,  igas  talns  ize  taf ,  igal 

inimezel  ize  wli  —  jeder  Vogel  hat  seinen  eigenen  Gesang,  jede 


—  38  — 

Glocke  ihren  eigenen  Ton,  jeder  Bauerhof  seinen  eigenen  Kofent, 

jeder  Mann  seine  eigene  Weise, 
igal  nömmel  ize  nirai,  igal  mafjal  ize  magn  —  jede  Haide  hat  ihren 

eigenen  Namen,  jede  Beere  ihren  eigenen  Geschmack, 
igal  perel  izewli,  igal  talul  ize  taba  ja  tarkus— jedes  «Gesinde  »bat 

seine  eigene  Weise,  jeder  Hof  seine  eigene  Gewohnheit  und  Klugheit 
igal  pöl  on  hea,  aga  kodu  köige  parem  —  überall  ist  es  gut,  aber  zu 

Hause  am  besten, 
igal  sikul  sarwed  enese  pole  —  jeder  Bock  hat  seine  Hörner  zu  ihm 

selbst  gewendet., 
igas  peres  ize  wl2,  igas  talus  ize  tär  —  in  jedem  «Gesinde»  ist  eine 

eigene  Weise,  in  jedem  Hof  ein  eigener.  Kofent. 
igawam  on  lehm  lüpstes ,  kui  tappes  —  verschlagsamer  Ist  die  Kuh 

beim  Melken,  als  beim  Schlachten, 
igawam  ötus,  kui  lötus  —  langweiliger  ist  Warten  als  Hoffen. 
igawus  ajab  käjma  —  Langeweile  treibt  zum  Gehen, 
ikjä  inemine  om  enämb,  kui  nfläjä  lehm  (d)  —  ein  weinender  Mensch 

ist  mehr  werth,  als  eine  milchende  Kuh. 
hilbu'  6h  irwitawaV  närtsü'  takah  närwa'  (d)  —  die  Lumpen  vorn 

spotten,  die  Fetzen  hinten  lachen, 
hilbud  naerawad,  nartsud  nutawad  —  die  Lumpen  lachen,  die  Fetzen 

weinen, 
hilja  on  saksa  rutt,  lOhikezed  pada-konna  jäfjed  —  langsam  ist  des 

Deutschen  Eile,  kurz  sind  der  Kröte  Spuren, 
ihn  öpetab,  ei  15  ega  karista  —  die  Welt  lehrt,  sie  schlägt  und  zuch- 
tigt nicht, 
ilma  ei  sä  ju  midagi,  ei  anta  persetki  lakknda,  kui  sÜd  ep  ole  — 

umsonst  bekommt  man  ja  nichts ,  nicht  einmal  der  Hintere  wird  zu 

lecken  angeboten,  wenn  keine  Veranlassung  da  ist. 
ilma-tark  teistele,  oskamata  enesele  —  für  Andere  allerweltsweise, 

für  sich  selbst  ungewandt.  • 

ilmadel  on  snwe  nftgn,  aga  talwe  tegu  —  die  Witterung  hat  des  Som- 
mers Aussehen,  aber  des  Winters  That,  =  snwe  silmad  etc. 
"     hilp  6s,  talukas  taga  —  Lumpen  vorn,  Fetzen  hinten. 


—  39  — 

hilp  18b  talukast  taga  —  der  Lumpen  schlägt  den  Fetzen  von  hinten. 
flu  ei  kölba  patta  panna  —  Schönheit  taugt  nicht  in  den  Kochtopf  zu 

legen, 
ilu  ei  panda  patta,  od.  pajase,  ega  kaunist  katlase  —  Schönheit  legt 

man  nicht  in  den  Kochtopf,  oder  Hübsches  in  den  Kessel. 
flu  maksab  kfill  sada  rubla,  tegu  ei  tengagi  —  die  Schönheit  kostet 

wohl  hundert  Rubel,  die  That  nicht  einen  Pfennig. 
ilnga  ej  ködeta  lönt  —  von  Schönheit  kocht  man  keine  Suppe. 
iluga  ei  ködeta  lönt,  karwaga  kapsyd  —  mit  der  Schönheit  kocht 

man  nicht  Suppe,  mit  der  Farbe  Kohl. 
ilus  nägu  teeb  putsile  auu  —  ein  schönes  Gesicht  macht  der  Scham 

Ehre, 
ilus  hobune,  ilosad  wafjad  —  schönes  Pferd,  schöner  Zaum, 
ilnsast  sab  ilma  naerus  —  aus  Schönheit  wird  der  Welt  Spott. 
inimene  ei  kaswa  karistuzeta  —  der  Mensch  erwachst  nicht  ohne 

Züchtigung, 
inimene  ikka  püab  sür emat -eü-täit ,  kui  suhu  mahnb  —  der  Mensch 

strebt  immer  nach  einem  grösseren  Bissen»  als  in  den  Mund  passt. 
inimene  läheb  wanemaks,  töbi  nöremaks  —  der  Mensch  wird  älter, 

die  Krankheit  jünger, 
inimene  mötleb,  aga  Jamal* teeb,  od.  toimetab,  sßab,  ajtab,  juhib  — 

der  Mensch  denkt,  aber  Gott  thut,  od.  besorgt,  ordnet,  hilft,  lenkt, 
inimeng  mötleb  seda,  aga  Jamal  teeb  teiziti  —  der  Mensch  denkt 

diess,  aber  Gott  macht  es  anders. 
inimene  on  kui  külma-ölad  —  der  Mensch  ist  wie  die  Anemonen  (ver- 
gänglich), 
inimene  on  lödud  tod  tegema  ja  lind  laulma,  od.  lendama  —  der 

Mensch  ist  geschaffen  zum  Arbeiten  und  der  Vogel  zum  Singen,  od. 

Fliegen, 
inimene  ostab  omale  küll  wlna,  aga  ta  ostab  Qe  m6le  ka  —  der 

Mensch  kauft  sich  zwar  Branntwein,  aber  er  kauft  sich  auch  einen 

neuen  Sinn. 
inimene  otsib ,  kus  parem ,  kala  kns  sügawam  —  der  Mensch  sucht, 
wo  es  besser,  der  Fisch,  wo  es  tiefer  ist. 


—  40  — 

inimene  öpib  nenda  kaua,  kui  ta  elab  —  der  Mensch  lernt,  so  lange 
er  lebt. 

inimene  peab  enam  mötlema,  kui  räkima  —  der  Mensch  muss  mehr 
denken,  als  sprechen. 

inimene  peab  mS  pqal  elama,  kui  ümmarguze  pü  peal  —  der  Mensch 
muss  auf  Erden  leben,  wie  auf  einem  runden  Holze. 

inimene  peab  töd  tegema,  et  ta  ilmas  ei  sure,  ja  jamalat  paluma, 
et  ta  praegn  wöjb  surra  —  der  Mensch  muss  arbeiten,  als  ob  er 
nie  stürbe,  und  beten,  weil  er  eben  sterben  kann. 

inimene  pfiab  raha,  aga  raha  pfiab  hinge  —  der  Mensch  strebt  nach 
Geld,  aber  das  Geld  strebt  nach  der  Seele. 

inimeze  tahtmine  on  tema  taewa-rlk  —  des  Menschen  Wille  ist  sein 
Himmelreich. 

hinna  ja  hea  sönaga  oleksid  sa  kflll  sSnud  —  für  Bezahlung  und  gu- 
tes Wort  hättest  du  wohl  bekommen. 

hirmuta  kaswab,  ajiuta  elab  —  ohne  Furcht  erwächst  er,  ohne  Ehre 
lebt  er.      i 

istu  maha,  loe  raha  —  setze  dich  nieder,  zähle  das  Geld  (nach  der  Ar- 
beit). 

iza  igine,  poja  pöline  —  des  Vaters  Für  die  Lebensdauer,  des  Sohnes 
für  das  Geschlecht. 

iza  kogus,  poeg  pillutab  —  der  Vater  sammelte,  der  Sohn  verschwendet. 

iza  (küll)  sab,  od.  sab  küll,  naeze,  aga  lapsed  ei  sä  ema  —der  Va- 
ter bekommt  wohl  ein  Wejb,  aber  die  Kinder  bekommen  nicht  eine 
Mutter. 

iza  olgu  sikk  ehk  sokk,  ema  kits  ehk  lits,  kui  aga  ize  mos  ölen-: 
der  Vater  sei  ein  Widder  oder  ein  Bock,  die  Mutter  eine  Ziege  oder 
eine  Hündin,  wenn' ich  nur  selbst  ein  Mann  bin. 

iza  oli  ilma  tark,  pojast  sai  parem  tark  —  der  Vater  war  ein  Aller-* 
weltsweiser,  aus  dem  Sohne  wurde  ein  besserer  Weiser. 

iza  on  kuri,  ema  on  knri,  aga  wel  kurjem  on  wenna  naene  —  der 
Vater  ist  schlimm ,  die  Mutter  ist  schlimm ,  laber  noch  schlimmer  ist 
des  Bruders  Frau. 

iza,  pea  kübar  peas,  kunni  elad  laste  seas!  —  Vater,  behalte  den 


—  41  — 

Hot  auf  dem  Kopfe,  so  lange  du  unter  den  Kindern  lebst  (das  Haus- 
regiment), 
iza  sepp,  poeg  sepp,  poja  pojast  sab  mitu  seppa  —  der  Vater  ein 
Sehmied,  der  Sohn  ein  Schmied,  ans  des  Sohnes  Sohn  werden  viele 
Schmiede, 
izale  eaks,  pojale  pölweks  —  dem  Vater  auf  Lebenszeit,  dem  Sohne 

für  das  Geschlecht« 
ize  knde,  ize  löime,  od.  kude-kaiicjja  —  etwas  Anderes  der  Aufschlag, 

etwas  Anderes  der  Einschlag  (hinzu  lugen), 
ize  ob  tarkus,  ize  kawalus  —  etwas  Anderes  ist  Klugheit,  etwas  An- 
deres Schlauheit 

ize  s5ma  teeb  lihawaks  —  selbst  essen  macht  feist. 

ize  wana  muld,  ja  lorab  kui  r§|be  —  selbst  ein  alter  Erdenklos,  und 
schwatzt  wie  ein  Aas. 

blrel  on  enam  kui  flks  auk  —  die  Maus  hat  mehr  als  ein  Loch. 

jagajale  j&wad  sörmed  palgaks ,  od.  paljad  näpud  —  dem  Austhei- 
lenden  bleiben  die  Finger  als  Lohn,  od.  die  blossen  Finger. 

jala-höp  surma-höp  —  Fussschlag  Todesschlag. 

jalg  jala  wend ,  käzi  käe  mörtsukas  —  der  Fuss  ist  des  Fusses  Bru- 
der, die  Hand  der  Hand  Morder. 

jalg  seina  peale  ja  hambad  war  na!  —  den  Fuss  an  die  Wand,  die 
Zahne  an  den  Nagel  (der  Mussiggänger  hat  nichts  zu  essen). 

jalg  tfimpahus,  k6F  nilpahus  (d)  —  der  Fuss  trippelt,  die  Zunge  leckt, 
wer  keinen  Gang  scheut,  hat  etwas  zu  essen. 

Jägupi-päewani  saab  salwe,  pärast  Jagupi t  salwest  wälja  —  bis 
Jacobi  regnet  es  in  den  Kornkasten,  nach  Jacobi  zum  Kornkasten 
hinaus. 

jämeda  pakule  jftme  talb  —  dem  groben  Klotz  ein  grober  Keil. 

ja  käriseb  nl  kaua,  kui  ta  wimaks  murdub  —  das  Eis  kracht  so 
lange,  bis  es  endlich  bricht. 

Jezuke,  jätka,  hambake,  hakka  —  Jesulein,  lass  gedeihen,  Zähnchen, 
mache  dich  daran  (beim  Essen). 

jöda  m£st,  küll  mos  näjtab  oma  taba  —  gieb  dem  Manne  zu  trinken, 
so  wird  er  wohl  seine  Weise  zeigen. 


42   — 


jfidik  söb,  jödik  jöb,  jödikule  Jamal  annab  —  der  Trinker  isst,  der 

Trinker  trinkt,  dem  Trinker  giebt  Gott, 
jödiku  Q6h  ei  kau  kuskil,  huntki  annab  jödikule  andeks  —  des 

Trinkers  Glück  geht  nirgends  verloren ,  sogar  der  Wolf  verschont  den 

Trinker, 
jödikud  kukuwad  pehmeste  —  Säufer  fallen  weich, 
jöksku  jumala  wezi  flle  jumala  ma  —  mag  Gottes  Wasser  über  Gottes 

Erde  fli essen,  wie  Gott  will, 
jojwad,  et  silmad  tahtsiwad  p^ast  kukkuda  —  sie  tranken,  dass  die 

Augen  aas  dem  Kopfe  fallen  wollten, 
jöna  aega  möda  —  eile  mit  Weile, 
joudus  inimene  ajab  wahest  jQudu  —  ein  thätiger  Mensch  übereilt 

sich  bisweilen, 
jnba  elajad  mättal  —  schon  sind  die  Thiere  auf  dem  Rasen  (nun  geht 

es  gut), 
juba  so  kana  Jaks,  kes  sflre  muna  munes  —  die  Henne  ist  schon 

fort,  die  das  grosse  Ei  legte, 
juhtnb  hoidja  unnstama,  tabab  püdja  —  lässt  es  der  Hüter  aus  der 

Acht,  erwischt  es  der  Strebende  (der  Dieb), 
julge  kqer  müb  möne  korra  ka  oma  naha  —  ein  muthiger  Hund  ver- 
kauft auch  bisweilen  sein  Fell, 
julge  pead  toidab,  arg  suretab,  od.  arg  ära  sureb  —  der  Kühne 

erhält  sein  Leben,  der  Furchtsame  bringt  es  zum  Tode,  od.  der 

Furchtsame  kommt  um. 
julge  huädile  sab  pea  ots  —  der  kühne  Wolf  findet  bald  sein  Ende. 
julgeja  hädale,  julgeja  Önnele  —  der  Wagende  in  Noth,  der  Wagende 

zum  Glück, 
jnlgns  ei  ftita  jumala  wasta  —  Kühnheit  hilft  nicht  gegen  Gott, 
julgus  ei  wafja  söa-möst  surma  est  —  Kühnheit  schützt  den  Krieger 

nicht  vor  dem  Tode, 
jnlgns  on  sürem,  kui  wägi  —  die  Kühnheit  ist  grösser  als  die  Macht, 
julgus  töstab,  julgus  tapab  —  Kühnheit  erhebt,  Kühnheit  tödtet. 
jnlgns  w§Jb  möne  korra  kitsikuzest  peasta  —  Kühnheit  kann  man* 

ches  Mal  au»  der  Noth  erretten. 


—  43  — 

Jamal  afidis,  jQdas  wötiis  —  Gott  hat  es  gegeben,  der  Teufel  hat  es 
genommen. 

Jamal  ei  j&ta  head  töd  ial  tazumata  —  Gott  lässt  ein  gutes  Werk  nie 
unbelohnt. 

jumal  ei  jäta  fihtegi  aäja  undlikuks  —  Gott  lässt*  kein  Ding  in  Ver- 
gessenheit. 

Jamal  ei  taba  pakutud  kakku  —  Gott  will  das  angebotene  Brotlaib 
nicht. 

jumal  ei  wöta  pakutud  leiba  —  Gott  nimmt  das  angebotene  Brot  nicht. 

jumal  ja  kohus  sejzawad  file  köikide,  od.  köjkide  file  —  Gott  und 
das  Gericht  stehen  Ober  Allen. 

jumal  jagab  iga  Abele  oma  oza  —  Gott  theilt  Jedem  seine  Portion  zu. 

jumal  makskn  sinu  tö ,  sd  kannab  ka&  sawaga  metsa  —  Gott  be- 
zahle deine  Arbeit,  die  trägt  eine  Katze  mit  dem  Schwänze  in  den 
Wald. 

jumal,  hoja  mind  minu  söbrade  6st,  oma  waenlaste  est  hojan  ma 
ennast  ize  — •  bewahre  mich,  Gott,  vor  meinen  Freunden,  vor  meinen 
Feinden  werde  ich  mich  setbst  hüten. 

jumal,  hoja  seile  est,  kui  seale  silmad  pähä  tehakse  —  Gott,  behüte 
davor,  wenn  dem  Schweine  Augen  in  den  Kopf  gemacht  werden. 

jumal  (on)  körges,  kuningas,  od.  keizer,  kapgel  —  Gott  ist  hoch,  der 
Konig,  od.  Kaiser,  weit. 

jumal  on  filewal ,  arm  on  kapgel  —  Gott  ist  oben ,  die  Barmherzigkeit 

weit, 
jumal  höletumat  ei  hoja,  ega  laiska  ei  toida  —  Gott  bewahrt  den 

Sorglosen  nicht,  und  ernährt  den  Faulen  nicht. 

jumal  p^astku  pageja  ja  wäzitagu  taga-ajajat  —  Gott  rette  den  Flie- 
henden and  mache  den  Verfolger  müde. 

jumal  süs  ja  sädan  südames  —  Gott  im  Munde  und  Satan  im  Herzen. 

jumal  wölb  häwad  jälle  parandada  —  Gott  kann  seine  Wanden  wie- 
der heilen, 
jumala  arm  on  lg}  —  Gottes  Gnade  reicht  weit, 
jumala  kiwid  jahwatawad  pitkalt,  aga  wäga  pönikeste,  od.  aga 


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—  44  — 

seda  penemalt  —  Gottes  Mühlsteirfe  mahlen  langsam,  aber  sehr  fein, 

od.  aber  desto  feiner, 
jumala  löuke  sittab  m&d,  mild  ei  sS  p^le  —  Gottes  Lerche  dangt 

den  Boden,  Anderes  kommt  nicht  darauf, 
jumala  sarwes  on  ikka  rohtu  —  in  Gottes  Büchse  ist  immer  Arzenei. 
jumala  silm  wätab  kft  waeste  p^tle  —  Gottes  Auge  sieht  auch  auf 

die  Armen, 
jumala  söna  sah,  a'  purask  perseh  (d)  —  Gottes  Wort  im  Munde, 

aber  der  Teufel  im  Hinteren, 
jumala  tönistus  od  stirem,  kuj  inimeste  talTitus  —  Gottesdienst  ist 

grSsser  als  menschliches  Treiben, 
jumala  wäel  ei  ole  ial  wäzimust  —  Gottes  Macht  hat  nie  Ermüdung, 
jumalal  aega  (küll),  pere-mehel  leiba,  od.  kui  aga  pere-mehel 

leiba  on  —  Gott  hat  wohl  Zeit,  der  Hausvater  Brot,  od.  wenn  nur 

der  Hausvater  Brot  hat. 
jumalat  peab  küll  kartma,  aga  mitte  ilma  uskuma  —  man  mnss 

wohl  Gott  furchten,  aber  nicht  der  Welt  trauen, 
jutt  nöuab  juttu  ja  köne  könet  —  Gespräch  verlangt  Gesprach,  und 

Rede  Rede  (ein  Wort  giebt  das  andere), 
jutt  sürem  kui  azi  —  das  Gerede  ist  grosser  als  die  Sache, 
kadedus  katkub  oma  kana  — •  der  Neid  rupft  das  eigene  Huhn, 
kadedus  kautab  kalad  m  er  est,  wihadus  wilja  wäljast  —  Neid  ver- 
nichtet die  Fische  im  Meer,  Zorn  das  Getreide  auf  dem  Felde, 
kadedus  käbib  ize  ennast,  ja  ihnus  imeb  ize  oma  rammu  —  der 

Neid  kratzt  sich  selbst,  der  Geiz  saugt  selbst  seine  Kraft  aus. 
kadedus  lob  ikka  oma  pere-mest  —  der  Neid  schlägt  immer  den 

eigenen  Herrn. 
Kad'ri  istub  Mar di  sfiles  —  Katharine  sitzt  auf  Martins  Schooss  (wenn 

der  Martinstag  auf  einen  Sonnabend ,  der  Katharinentag  auf  einen 

Sonntag  falle, 
kagrul  pütakse,  pltsal  söidetakse  —  mit  Hafer  fängt  man  ein,  mit  der 

Peitsche  fahrt  man. 
k%$wa  mulda,  bis  säd  kulda  —  grabe  die  Erde,  dann  bekommst  du 

Gold. 


,       —  45  — 

kapwaja  häfg  kautab  möne  korra  (oma)  sarwe  —  ein  stössiger  Ochs 
verliert  bisweilen  sein  Hörn. 

kahe-kflne  laps  kaela-katidja,  kolme-küne  kögab  —  ein  zweimona- 
tiges Kind  tragt  schon  den  Hals,  ein  dreimonatiges  krahlt. 

kahe  kfila,  od.  pere,  kcjer  ei  sä  elades  sfla  —  ein  zu  zwei  Dorfern, 
od.  «Gesinden»,  gehörender  Hund  bekommt  nie  zu  fressen. 

kahe  talu  koera  köht  on  ikka  tfihi  —  eines  zu  zwei  Bauerhöfen  ge- 
borenden Hundes  Magen  ist  immer  leer. 

kahe  wörra  awitab,  kes  ruttn  awitab  —  doppelt  hilft,  wer  schnell 
hilft. 

kabele  surra  llg,  kolmele  elada  wähe  —  für  zwei  zu  viel  zum  Ster- 
ben, für  drei  zu  .wenig  zum  Leben. 

kahju  ei  käi  kiwa  möda,  wajd,  od.  ta  käib,  inimezi  möda  —  Scha- 
den geht  nicht  an  Steinen  entlang,  sondern,  od.  er  geht,  unter  Men- 
schen. 

kahju  ei  tulle  kell  kaelas  —  Schaden  kommt  nicht  mit  einer  Glocke 
am  Halse. 

kabju  ja  önnetus  ei  s$|da  kellaga  —  Schaden  und  Unglück  fahren 
nicht  mit  der  Glocke. 

kahju  kutsub  ikka  pahandust  —  Schaden  macht  immer  Verdruss; 

kahju  öpetab  mehe  kawalaks  —  Schaden  macht  den  Mann  klug. 

kahju  peastab  silmad  lahti  —  Schaden  öffnet  die  Augen. 

kahjost  töuzeb  möni  kord  kazu  —  aus  Schaden  entsteht  manches  Mal 
Nutzen. 

kahrel  om  kats  osa,  öigel  ei  ole  Qttegi  (d)  —  der  Harte  hat  zwei 
Theile,  der  Redliche  hat  nichts. 

kahte  head  ei  woi  säda  —  zweierlei  Gutes  kann  man  nicht  haben. 

>~*  >w  w 

kaitse,  jumal,  mind  mu  söbrade  öst,  oma  waenlaste  est  kaitsen  ma 
ennast  ize  —  schütze  mich,  Gott,  vor  meinen  Freunden,  vor  meinen 
Feinden  werde  ich  mich  selbst  schützen. 

kaks  ajab,  od.  ei  aja,  ja  im  —  zwei  vertreiben,  od.  vertreiben  noch 
nieht,  den  Durst  (Schnäpse). 

kaks  kolmat  ei  jftta  —  zwei  lassen  den  dritten  nicht  zurück  (Unglücks- 
fälle). 


—  46  — 

kaks  köaelewad ,  kolmas  olga  wy t  —  Zwei  sprechen ,  der  Dritte 

schweige, 
kaks  köwa  kiwi  ei  tee  h$ad,  od.  h(t|d,  jahu,  od.  k.  k.  k.  h^ad  Jahn 

ei  tee  —  zwei  harte  Steine  machen  nicht  gutes  Mehl, 
kaks  löe-kuningat  ei  mahu  ühe  katuse  alla,  od.  ei  sflftni  iat  kokku 

—  zwei  HeerdkSniginnen  haben  nicht  Raum  unter  einem  Dache,  od. 
passen  nie  zusammen  (die  das  Hansregiment  führen). 

kaks  nöuu  ikka  tafwis  —  immer  sind  zwei  Werkzeuge  nothig  (Mann 
und  Weib). 

kaks  silma  ulatawad  kaygemale  kui  fiks  —  zwei  Augen  reichen  wei- 
ter als  eins. 

kaks  silma  waunud  kinni,  kolmas  jänd  lahti  —  zwei  Augen  sind  zu- 
gefallen, das  dritte  ist  offen  geblieben. 

kaks  uhket  ei  wöi  fihes  kons  käia  —  zwei  Stolze  können  nicht  zu- 
sammen gehen. 

kala  ei  ela  ial  kuiwikul,  od.  tahedal  —  der  Fisch  lebt  nie  auf  dem 
Trockenen. 

kala-mös  toidab  ka&i,  kfltt  ej  toida  pfi&igi  —  der  Fischer  ernährt 
eine  Katze,  der  Jäger  ernährt  nicht  einmal  die  Flinte. 

kala  on  seda  raskem  püda,  mida  sügawamale  ta  merde  waub  — 
ein  Fisch  ist  desto  schwerer  zu  fangen,  je  tiefer  er  in's  Meer  sinkt. 

kala  pütakse  mörraga,  tütar-laps  kihladega  —  der  Fisch  wird  mit 
der  Reuse  gefangen,  das  Mädchen  mit  der  Verlobung. 

kali,  ära  käri  üle  oma  jöuu  —  Dünnbier,  gähre  nicht  über  deine 

Macht, 
kana-munad  wörewad  pezast,  sedap  sls  patune  inimene  ei  libise? 

—  Hühnereier  rollen  aus  dem  Neste ,  sollte  denn  *  nicht  noch  eher  ein 
sündiger  Mensch  ausgleiten. 

kana-munadgi  wörewad  pezast,  sedap  sls  inimezed  ei  sönele  ize- 
keäkis?  —  sogar  Hühnereier  rollen  aus  dem  Neste,  sollten  nicht  um 
so  eher  Menschen  unter  einander  zanken. 

kana  muneb  nokast,  lehm  lüpsab  sfist  —  das  Huhn  legt  Eier  aus  dem 
Schnabel,  die  Kuh  milcht  aus  dem  Munde  (g8te  Ernährung  thut  es). 


~  47  — 

kana  Örrel,  Ijuzad  töl  —  die  Hühner  auf  der  Stange,  die  Faulen  an  der 
Arbeit. 

kana  sftb  kahe  roSdu  wahel  —  ein  Huhn  bekommt  noch  etwas  zwischen 
zwei  Maassen  (esrfällt  immer  beim  Messen  so  viel  ab). 

kanadega  magama,  kukkedega  Öles  —  mit  den  Hähnern  zu  Bette,  mit 
den  Hähnen  auf. 

kanna  wifaa  magu-ja  tee  magus  nägu  —  ertrage  den  bittern  Geschmack 
und  mache  ein  süsses  Gesicht. 

kannatus  teeb  köik  raskuze  kergeks  —  Geduld  macht  alles  Schwere 
leicht. 

kannatus  ward  köik  ärä  (d)  —  Geduld  überwindet  Alles. 

kangus  kautab,  nOdrus  nöuutab  —  Halsstarrigkeit  verliert,  Nachgie- 
bigkeit erwirbt. 

kapsa-taimed  ei  kaswa  kastmata  —  KoblpQanzen  wachsen  nicht  ohne 
Begiesseo. 

kari  kaitseb,  od.  katab,  od.  hoiab,  kafja  —  Herde  schützt,  öd.  erhält, 
Herde  (pflanzt  sich  selbst  fort). 

kaijane  paneb  talwel  oma  jala  seina  peale  —  der  Viehhüter  hängt  im 
Winter  die  Fusse  an  die  Wand. 

kafjnb  nenda,  et  tahm  laest  maha  tuleb  —  er  schreit  so,  dass  der 
Staub  von  der  Decke  fallt. 

karjumizega  sab  täri-bauded,  od.  leiwa-sötked,  od.  pudru-jahud  — 
mit  Schreien  bekommt  man  die  Dünnbiermaische ,  od.  das  Einknete- 
mebl,  od.  das  Breimehl  (doch  irgend  etwas). 

kam  ep  ole  ligidal  ial  nl  kuri,  kni  teda  ömalt  kizendatakse  —  der 
Bär  ist  in  der  Nähe  nie  so  schlimm,  wie  man  ihn  aus  der  Ferne  aus- 
schreit. 

kam  jätab  möne  korra  kä  karwn  —  der  Bär  lässt  manches  Mal  auch 
Haare. 

kam  kardab  köige  enam  oma  kellukezi  —  der  Bär  fürchtet  am  mei- 
sten für  seine  Hoden. 

kam  kazukas  ei  karda  kfllma  —  des  Bären  Pelz  furchtet  keine  Kälte. 

kam  nahka  ei  pea  enne  ära  müdama,  kui  kam  käes  on  —  des 
Bären  Fell  muss  man  nicht  verkaufen,  bevor  man  den  Bären  hat. 


—  48  — 

karu  on  metsaliste  seas  koige  kangem,  rebane  köige  kawalam  — 
der  Bär  ist  anter  den  wilden  Thieren  das  stärkste,  der  Fachs  das  ver- 
schlagenste. 

karul  on  kaheksa  mehe  rammn  ja  ühe  meto  möl,  od.  möistus, 
hniidil  on  ühe  mehe  rammu  ja  tiheksa  mehe  möl,  od.  möistus 
—  der  Bär  hat  die  Kraft  von  acht  Männern  und  den  Verstand  von 
einem ,  der  Wolf  hat  die  Kraft  von  einem  Manne  und  den  Verstand 
von  neun  Männern. 

kamst  sab  männi-m3s,  hundist  ej  müd  kui  ulguja,  od.  ei  sä  ial  — 
aus  einem  Bären  wird  ein  Spielmann,  aus  einem  Wolf  nichts  Anderes 
als  ein  Heuler,  od.  niemals. 

kas  arwate,  et  rikka  pärast  sejzab  mä-ilm  ttlewal?  ta  seizab  en- 
nemine  waeze  pärast  filewal  —  meint  ihr,  dass  des  Reichen  we- 
gen die  Welt  da  ist?  sie  ist  vielmehr  des  Armen  wegen  da. 

kas  eksituzed  puid  kända  möda  peaksid  käima?  eks  mitte  möda 
•inimezi?  —  sollten  die  Fehltritte  unter  Bäumen  und  Stumpfen  einher 
gehen?  nicht  unter  den  Menschen? 

kas  oled  ka£äi-tapja,  et  käed  wärisewad?  —  bist  du  ein  Katzentodter, 
dass  die  Hände  zittern. 

kas  sa  oled  kellaga  siga  näinud?  —  hast  du  ein  Schwein  mit  einer 
Glocke  gesehen  (so  sagt  man  zu  dem,  welcher  zu  Essenden  kommt 
ohne  zu  grüssen  mit  «jätkn!»  Ausreichen,  Gedeihen,  d.  h.  wohl  be- 
komme es. 

kas  sull  on  mune  kübara  all?  —  hast  du  Eier  unter  dem  Hute  (sagt 
man,  wenn  Einer  unterlässt  zu  grüssen). 

kas  teie  eit  tat  ühes  leiwas?  —  sind  Mutter  und  Vater  in  Speisegemein- 
schaft (wenn  Jemand  nichts  als  Zukost  giebt). 

kas  tflhi  kott  ptWti  seizab,  kns  ei  ole  warandnst  s6s?  —  steht  wohl 
ein  leerer  Sack  aufrecht,  wo  keine  Habe  darin  ist. 

kas  wöta  öle-körrega  palgest  werd  —  du  magst  mit  einem  Strohhalm 
aus  der  Wange  Blut  nehmen  (so  frisch  und  rotb). 

ka&  ja  kqer  ei  lepi  ial  kokku,  od.  ei  so  ühel  kapzil  —  Katze  und 
Hund  vertragen  sich  nie  zusammen,  od.  fressen  nicht  an  einer 
Schale. 


—  49   — 

kaäs  kflll  pea  poja  teeb ,  sögedad  sünniwad  —  die  Katze  wirft  wohl 
leicht  ihr  Jaoges,  aber  sie  kommen  blind  zur  Welt. 

ka&  küneta  ja  naene  nölata  ei  sä  korda  —  eine  Katze  ohne  Klauen 
und  ein  Weib  ohne  Nadel  kommen  nicht  zurecht. 

ka&  paneb  sawa  pandiks  —  die  Katze  giebt  den  Schwanz  als  Pfand. 

ka££  peä  poja'  tege,  ja  söke'  sünnüse,  od.  sawa'  (d)  —  die  Katze 
wirft  bald  ihre  Jungen,  und  sie  werden  blind  geboren  (eilfertiges,  un- 
zureichendes Thun). 

ka&  söze  kawwa  arme  tu,  pini  pikält  peedfl  (d)  —  die  Katze  frisst 
das  lange  Gesparte,  der  Hund  das  lange  Bewahrte. 

ka&i  Jt&pad  ikka  all  —  der  Katze  Pfoten  sind  immer  unten  (beim  Fallen). 

ka&i  köle  peal  011  kaheksa  töugu  surraa-rohtu,  aga  koera  köle 
peal  on  Oheksa  töugu  ohtn  —  auf  der  Katze  Zunge  sind  acht 
Arten  Gift,  aber  auf  des  Hundes  Zunge  sind  neun  Arten  Heilmittel. 

käste  jäfgilt  kündis  juba  möni  kulda  —  aus  den  Thaustreifen  hat 
schon  Mancher  Gold  gepflügt. 

käste  od  wihma  kafja-poizike  —  der  Thau  ist  des  Regens  Hüterjunge. 

kaswab  s&k,  kaswab  bimu  —  wächst  der  Ertrag,  so  wächst  das  Ver- 
langen. 

katel  söimab  katlat,  Ohed  mustad  mölemad  —  ein  Kessel  schimpft 

den  anderen,  gleich  schwarz  sind  sie  beide, 
katse-tost  tuleb  kunst  —  aus  der  Versucharbeit  kommt  die  Kunst, 
katus  ennemine  peab  ös  olema  kui  taga  —  ein  Dach  muss  eher  vorn 

sein  als  hinten, 
katus  od  maja  iga ,  laiskus  on  mehe  iga  —  ein  Dach  ist  des  Hauses 

Lebensdauer,  Faulheit  ist  des  Mannes  Lebensdauer  (conservirt). 
katust  tüle  peale  rajama  —  das  Dach  auf  Luft  gründen. 
kaua  tehtud  kaunikene,  pea  tehtud  pilla  palla  —  lange  gemacht 

hübsch,  bald  gemacht  unordentlich. 

kanaks  koera  kaelas  wof  st,  ehk  kaäsi  nina  all  kala?  —  ist  die  Wurst 
am  Hals  des  Hundes,  oder  der  Fisch  vor  der  Nase  der  Katze  auf  lange. 

kaaaks  sant  kotiga  wiha  peab?  läheb  kott  raskeks,  wiskab  maha; 
lftheb  ize  külase,  wötab  files  —  wie  lange  zürnt  der  Bettler  über 

4 


—  50  — 

den  Sack?  wird  der  Sack  schwer,  wirft  er  ihn  nieder,  gebt  seihst  in's 

Dorf,  nimmt  ihn  wieder  aar. 
kapgelt  kägu  külus  —  von  weitem  ist  der  Kuckuk  berühmt, 
kapp  on  wanem  kui  meie  (patused)  —  der  Handel  ist  älter  als  wir 

Sünder, 
kauples  kotti  ja  oätis  pörsa  —  er  handelte  am  den  Sack  and  kaufte 

das  Ferkel, 
kawalale  kannikas,  Darfile  naeru  —  für  den  Schlauen  das  Brotstuck, 

für  den  Narren  Spott, 
kawalus  ja  himu  on  wennad  —  Schlauheit  und  Begierde  sind  Bruder, 
kä  ntiri  oherti  Qristab  auku  —  auch  ein  stumpfer  Bohrer  macht  ein 

Loch, 
k&ren  kaswatab  poege,  kunni  nad  oma  ted  lendawad  —  der  Rabe 

erzieht  seine  Jungen,  bis  sie  ihres  Weges  fliegen, 
kären  kärnat  ei  nokka  —  ein  Rabe  hackt  den  anderen  nicht, 
k&ren  lepib  kärnaga  —  ein  Rabe  verträgt  sieb  mit  dem  anderen. 
kSrna  kärna  silmä  ei  tsaunata  (d)  —  ein  Rabe  hackt  nicht  in  das  Auge 

des  anderen, 
kärna  sulega  kirjutatakse  kohtu-kifjad  —  mit  der  Feder  eines  Raben 

werden  gerichtliche  Schriften  geschrieben. 

käme  ei  pista  kärse  silmä  (d)  —  ein  Rabe  sticht  nicht  in  das  Auge 
des  anderen. 

käba  ej  kuku  kännust  kaugele  —  der  Zapfen  fallt  nicht  weit  vom 

Stamme, 
kägu  on  kapgelt  külus,  kui  sa  ligi  lähed,  sIs  kui  kana-kuTI  —  von 

weitem  ist  der  Kuckuck  berühmt,  wenn  du  hinzu  gehst,  dann  ist  er 

wie  ein  Habicht. 

kähar  pqa,  koera  mötted,  od.  möte  —  krauser  Kopf,  Gedanken,  od. 
Sinn,  eines  Schelmes. 

käfigä'  jalah  kägizese,  sekla'  kötuh  közizese  (d)  —  die  Schuhe  knar- 
ren am  Fuss,  die  Kleie  raschelt  im  Magen. 

käsk  (on)  wanem  kui  inimene  —  das  Gesetz  ist  alter  als  der  Mensch 
(mächtiger). 


—   51   — 

kftsk  on  wanem  kui  käzu  täitja  —  das  Gesetz  ist  älter,  stärker,  als 
der  Gehorchende. 

V 

kftzi  pezeb,  od.  mözep  (d),  kätt  —  eine  Hand  wäscht  die  andere. 
kftzi  pezeb  kätt,  ja  kaks  kätt  pezewad  palet,  od.  terwet  ihu  —  eine 

Hand  wäscht  die  andere,  und  beide  Hände  waschen  das  Gesicht,  od. 

den  ganzen  Leib. 

kftzi  pezeb  kätt,  od.  teist,  sfs  säwad  mölemad  puhtaks  —  eine  Hand 
wascht  die  andere,  dann  werden  beide  rein. 

kftzi  püzas,  täi  taskus,  od.  punnas,  od.  knkrus  —  die  Hand  in  der 

Seite,  eine  Laus  in  der  Tasche,  od.  im  Beutel, 
k&zi-töl  od  kuldne  pöhi  —  Händearbeit  hat  goldenen  Boden. 
kfizil  ofeid,  jalal  leiad  —  mit  der  Hand  suchst  du,  mit  dem  Fusse  findest 

da  (in  der  Nähe,  Ferne). 

keft  om  snzi  süle,  tö  om  kahr  töle  (d)  —  wer  ein  Wolf  mit  dem 
Munde  ist,  der  ist  ein  Bär  bei  der  Arbeit. 

keda  öpetus  juhatab,  seda  nuhtlus  ei  suürii  —  wen  Lehre  lenkt,  den 

treibt  nicht  Strafe. 
keha  on  tall  pitkem  kui  küb  —  sein  Körper  ist  länger  als  sein  Rock, 
kehwast  suwest  kaswab  lahja  sügise  —  aus  einem  ärmlichen  Sommer 

erwächst  ein  magerer  Herbst. 

kehwuze  pada  peab  kezi  ketma  —  der  Kochtopf  der  Armuth  muss 

Hälsen  kochen . 
kell1)  ammet  on,  seil  sab  ammetist  kazu  —  wer  ein  Amt  hat,  der 

hat  von  .dem  Amte  Gewinn. 
kell  ammet,  seil  lejba  —  wer  ein  Amt  hat,  hat  Brot, 
kell  anda,  seil  wötta  —  wer  zu  geben  hat,  hat  zu  nehmen. 
kell  enam  tangu  käes,  w$b  paksema  lörae  köta  —  wer  mehr  Grütze 

hat,  kann  eine  dickere  Suppe  kochen. 
kell  ep  ole  kazat,  so  wötab  kas£i  —  wer  kein  Ehegemahl  hat,  nimmt 

eine  Katze, 
kell  ep  ole  töd,  so  ötsib  töd,  kOlap  tegijal  töd  on,  magajal  und- 


1)  Tgl.  die  Satze  mit  kellel. 


—  52  — 

wer  nicht  Arbeit  hat,  der  sucht  Arbeit,  der  Thatige  hat  schon  Arbeit, 

der  Liegende  Schlaf. 
kell  j&nu,  seil  jalad  —  wer  Durst  hat,  hat  Fusse. 
kell  kott,  od.  kukur,  seil  kohus,  kell  wägi,  seil  wöjmus  —  wer  den 

Sack  hat,  der  hat  Recht,  wer  Macht  hat,  hat  deo  Sieg. 
kell  kukur,  seil  kohus,  kell  kohus,  seil  öigus,  kell  öigus,  seil  wöi- 

mus  —  wer  den  Beutel  hat,  hat  Berechtigung,  wer  Berechtigung  hat, 

hat  Recht,  wer  Recht  hat,  hat  den  Sieg. 
kell  kflmme  kawalust  körwa  taga,  so  paneb  köige  pealt  waga  näu 

silma  ette  —  wer  zehn  Ränke  hinter  den  Ohren  hatr  zeigt  vor  allen 

Dingen  ein  frommes  Gesicht, 
kell  naize'  kölese,  önnelik  m6s,  kell  hobeze  kölese,  önnetu  m6s 

(d)  —  wem  Weiber  sterben,  glücklicher  Mann,  wem  Pferde  sterben, 

unglücklicher  Mann, 
kell  nälg,  seil  jalad  —  wer  Hunger  hat,  hat  Füsse. 
kell  önn,  se  elagu,  kell  tafwis,  so  tehku  töd  —  wer  Glück  hat,  der 

lebe,  wer  es  nöthig  hat,  der  arbeite, 
kell  pafju  kirpa,  so  nende  sömist  enam  ej  tunne  —  wer  viel  Flohe 

hat,  merkt  ihren  Biss  nicht  mehr, 
kell  pafju  tatti,  seil  palju  tarkust  —  wer  viel  Rotz  hat,  hat  viel  Ver- 
stand, 
kell  perse  sflgeleb ,  kflll  so  sauna  ktitab  —  wem  der  Hintere  juckt, 

der  wird  schon  die  Badstube  heizen, 
kell  pitk  ker,  seil  pitk  te  —  wer  eine  lange  Zunge  hat,  der  hat  einen 

langen  Weg. 
kell  pitk  saba  on,  se  lazeb  pitkalt  taga  joksta  —  wer  einen  langen 

Schwanz  hat,  lässt  lang  hinten  nachlaufen, 
kell  raha,  seil  söbru  —  wer  Geld  hat,  hat  Freunde, 
kell  salwed  täte,  mödab,  teine  wältab  kä  -  wer  die  Kornkasten  voll 

hat,  misst,  ein  Anderer  kommt  auch  aus. 
kell  sfif  su,  seil  köwa  tö,  od.  lai  sefg  —  wer  einen  grossen  Mund  hat, 

der  hat  harte  Arbeit,  od.  einen  breiten  Rucken, 
kell  tarkus  peas,  seil  ohjad  käes  —  wer  Klugheit  im  Kopfe  hat,  hat 

die  Zügel  in  der  Hand. 


—  53  — 

kell  ük8  muna  kflps,  kell  kaks  karnaks,  k.  kolm  köri  ära,  k.  neli 
müro  weli,  k.  wli  wiska  maha,  k.  küz  muna  ü£,  k.  seitse 
sejza  paigal,  k.  kaheksa  karga  peale,  k.  üheksa  höppa  seTga, 
k.  kflmme  kfill  ju  —  ein  Uhr  das  Ei  gar,  zwei  Uhr  knack,  drei  Uhr 
schäle  ab,  vier  U.  mein  Bruder,  fünf  U.  wirf  nieder,  sechs  U.  Ei  neu, 
sieben  U.  stehe  ruhig,  achtU.  lauf  zu,  neunU.  spring  auf  den  Racken, 
zehn  l).  genug  schon,  =  tiks!  juba  läks  etc. 

kell  wägi,  seil  wöimus,  kell  kukur,  seil  öjgus  —  wer  die  Macht  hat, 
hat  den  Sieg,  wer  den  Beutel  hat,  hat  Recht. 

kelle  jalg  astub,  seile  sü  matsub  —  wessen  Fuss  schreitet,  dessen 

Mund  schmatzt. 
kelle  jalg  latsutab,  seile  sü  matsutab,  od.  kelle  jalg  matsub,  seile 

sü  maitseb,  od.  kelle  jalg  patsub,  seile  su  matsub,  od.  kelle 

jalg  tatsatab,  seile  sQ  matsatab  —  wessen  Fuss  patscht,  dessen 

Mund  schmatzt,  od.  kostet. 

§ 

kelle  jalg  sitane,  seile  sQ  raswane  —  wessen  Fuss  kotbig  ist,  dessen 

Mund  ist  fettig, 
kelle  kftzi  Ilgub,  seile  sü  maigub,  od.  matsub  —  wessen  Hand  sich 

röhrt,  dessen  Mund  schmatzt. 
kelle  laps,  seile  nimi  —  wessen  Kind,  dessen  Name. 
kelle  leiba  ma  sön,  seile  laulu  ma  laulan  —  wessen  Brot  ich  esse, 

dessen  Lied  ich  singe. 
kelle  leiba  ma  sön,  seile  piffi  järele  ma  tantsin  —  wessen  Brot  ich 

esse,  nach  dessen  Pfeife  tanze  ich. 

kelle  hobune  on  ojas,  seile  jalg  sejsku  madalamal,  od.  s.  j.  peab 
olema  madalas  —  wessen  Pferd  im  Bache  ist,  dessen  Fuss  muss 
auf  einer  flacheren  Stelle  stehn. 

kelle  ree  ratta  all  mes  ära  wäzib?  —  unter  wessen  Schlitten,  oder 
Wagen  ermüdet  ein  Mann  (wenn  er  beisteht). 

kelle  sinft  käut,  s6  käüs  sulle  k&,  od.  tö  tule  sulle  k3  käpmä  - 

wen  du  besuchst,  der  wird  auch  dich  besuchen, 
kelle  söna  küled,  seile  sulaue  sa  oled  —  auf  wessen  Wort  du  hSrst, 

dessen  Knecht  bist  du. 


—  54  — 

keüel1)  ep  ole  tSd,  se  otsib  töd  —  wer  keine  Arbeit  hat,  der  sacht 
Arbeit. 

kelle!  ikka  mokka,  sellel  näppa  —  wer  immer  Mund  bat,  bat  Finger. 

kellel  jalg  hfllpab,  sellel  kef  nälpab  —  wessen  Fuss  sich  bewegt,  des- 
sen Zunge  leckt. 

kellel  ko&t,  seil  kohus,  kellel  wöjd,  seil  wöimus  (d)  —  wer  ein  Ge- 
schenk hat,  der  hat  Recht,  wer  Butter  hat,  der  siegt. 

kellel  lad  sü  on,  sellel  peab  kä  lad  sefg  olema  —  wer  einen  breiten 
Mund  hat,  muss  auch  einen  breiten  Rücken  haben. 

kellel  hör,  sellel  kof  —  wer  Sorge  hat,  der  bat  Sahne. 

kellele  Jamal  ammeti  annab,  sellele  annab  tema  kä  tarkust  — wem 
Gott  ein  Amt  giebt,  dem  giebt  er  auch  Verstand. 

kellele  sa  köjge  enam  head  teed,  so  teeb  sulle  köige  enam  kurja 
—  wem  du  am  meisten  Gutes  thust,  der  thut  dir  am  meisten  Böses. 

kellest  konks  peab  säma,  15b  ennast  wara  köweraks,  od.  so  kas- 
wab  nörelt  köwerase  —  aus  wem  ein  Haken  werden  soll,  der 
krümmt  sich  früh,  od.  der  wächst  jung  krumm. 

kellest  mall  kazu  ep  ole,  sest  sab  sulle  kahju  tulema  —  wovon  ich 
keinen  Vortheil  habe,  daraus  wird  dir  Schaden  kommen. 

kellest  okas  peab  säma,  se  on  warakult  teraw  —  aus  wem  ein  Dorn 
werden  soll,  der  ist  früh  spitzig. 

kellest  süda  täü,  sest  rägib  sü  —  wovon  das  Herz  voll  ist,  davon  spricht 
der  Mund. 

keim  kldab  (ize)  ennast,  Öige  mos,  od.  öiglane,  teist  —  ein  Schelm 
lobt  sich  selbst,  ein  rechtschaffener  Mann  einen  Anderen. 

keim  petab  keTmi  —  ein  Schelm  betrugt  den  anderen. 

kena  kaun,  inetu  iwa  —  schone  Schote,  hässlicher  Kern. 

kenal'mehel  keega  käzi,  walgel  mehel  wali  ruzikas,  must  mos, 
tark  mer  —  ein  schöner  Mann  hat  eine  Hand  mit  einer  Kette,  ein 
blonder  Mann  eine  starke  Faust,  ein  brünetter  Mann,  ein  kluger  Sinn. 

kergem  on  teist  lajta,  kui  ize  paremine  teha  -  leichter  ist  einen 
Anderen  tadeln,  als  selbst  besser  machen. 


1)  Vgl.  die  Sätze  mit  kell. 


—  55  — 

kes  adra  läbi  tahab  rikkaks  s&da,  se  parigu  ize  kätt  kfllge  —  wer 

durch  den  Pflug  reich  werden  will,  der  lege  selbst  Hand  an. 
kes  aina  wälja  annab,  so  ize  ilma  jäb  —  wer  immer  nur  ausgiebt, 

bleibt  selbst  ohne, 
kes  ajnnst  last  rätsib  lüa?  —  wer  mag  das  einzige  Kind  schlagen. 
kes  hakkab  paremat  otsima  taga,  od.  järele,  pahema  leiab  -  wer 

anlangt  das  Bessere  zu  suchen,  der  findet  das  Schlechtere. 
kes  anni-hobnse  suhu  wätab?  —  wer  sieht  in  den  Mund  eines  ge- 
schenkten Pferdes, 
kes  armastust  ktilwab,  se  armastnst  leikab  —  wer  Liebe  säet,  der 

erntet  Liebe, 
kes  armu  ei  näita,  s6  armutu  sureb  —  wer  kein  Mitleid  zeigt,  der 

stirbt  unbemitleidet. 
kes  haru,  od.  harwaste,  läheb,  od.  tuleb,  seda  armsaste  peetakse  — 

wer  selten  kommt,  den  hält  man  lieb, 
kes  h&bi  otsib,  häbi  leiab  —  wer  Schande  sucht,  findet  Schande. 
kes  ähnä  Onde  täd,  kui  ei  tikuta?  (d)  —  wer  weiss  das  Loch  des 

Spechts,  wenn  er  nicht  klopft, 
kes  äkitselt  härab,  se  söd  pöletab  —  wer  heftig  zugreift,  verbrennt 

sich  den  Mund. 
kes  bSfti  märib,  se  hääti  söidab  —  wer  gut  schmiert,  fährt  gut. 
kes  ha&i  söb,  seile  peale  on  lötus  —  wer  gut  isst,  von  dem  kann  man 

hoffen, 
kes  hä£ti  tahab  surra,  peab  hääti  elama  —  wer  gut  sterben  will, 

muss  gut  leben, 
kes  hea  on,  se  kTtust  lejab  —  wer  gut  ist,  findet  Lob. 
kes  head  otsib,  se  paremat  leiab  —  wer  Gutes  sucht,  findet  Besseres, 
kes  b^aga  ei  kille,  peab  kibedaga  kfilma  —  wer  nicht  mit  Gutem 

hört,  muss  mit  Strengem  hören. 
kes  ei  jnlge,  ei  sa  Wöru  Unna  nftha  —  wer  nicht  wagt,  der  bekommt 

nicht  die  Stadt  Werro  zu  sehen. 
kes  ej  küle,  kolki  sab  —  wer  nicht  hört,  bekommt  Schtage. 
kes  gj  mojsta  palwet  teha,  se  sfttkem  mere  pqale  —  wer  nicht  zu 

beten  versteht,  den  wollen  wir  auf's  Meer  schicken. 


—  56  — 

kes  ei  s&  sfles  köhtu  täte,  ei  so  sä  lakkudes  —  wer  nicht  essend 
seinen  Bauch  füllen  kann,  der  kann  es  auch  leckend  nicht. 

kes  ei  taha  kalda,  peab  maitsma,  od.  katsuma,  od.  tundma  —  wer 
nicht  hören  will,  muss  schmecken,  od.  versuchen,  od.  fühlen. 

kes  ei  tfina  pisku  8st,  od.  piskust,  so  ei  täna  paFja  est,  od.  paT- 
just  —  wer  nicht  für  wenig  dankt,  der  dankt  nicht  für  viel. 

kes  ei  tee  silmi  lahtr,  peab  kukru  lahti  tegema  —  wer  nicht  die 
Augen  aufmacht,  muss  den  Beutel  aufmachen. 

kes  ennast  röjaga  kokku  mäzib,  ei  wöi  mitte  puhtaks  jäda  —  wer 
sich  mit  Roth  befasst,  kann  nicht  rein  bleiben. 

kes  enne  kojtu  kobistab ,  so  warem  leiwa-meheks  sab  —  wer  vor 

der  Morgenröthe  in  Bewegung  ist,   wird  früher  ein  wohlhabender 

Mann, 
kes  enne  nT  tark  on  kui  pärast?  —  wer  ist  vorher  so  klug  wie 

nachher, 
kes  enne  tuleb,  se  enne  jahwatab  —  wer  eher  kommt,  mahlt  eher, 
kes  enne  weäkile  jQuab,  so  warem  jahwatab,  od.  se  jahwatab 

enne,  od.  so  enne  järge  sab  —  wer  eher  zur  Mühle  gelangt,  der 

mahlt  eher,  od.  der  kommt  eher  an  die  Reihe. 

kes  iga  pöza  alla  otsib,  so  wlmaks  ommeti  uä£i  leiab  —  wer  unter 
jedem  Strauch  sucht,  der  findet  endlich  doch  eine  Schlange. 

kes  ilu  oisib,  se  lu£ti  leiab  —  wer  Schönes  sucht,  findet  Lust. 

kes  hirmuta  kaswab,  se  aputa  elab  —  wer  ohne  Furcht  aufwächst,  lebt 
ohne  Ehre. 

kes  iza  ehk  ema  15b,  seile  käzi  kaswab  hauast  wftTja  —  wer  Vater 
oder  Mutter  schlägt,  dessen  Hand  wächst  aus  dem  Grabe  hervor. 

kes  ize  ei  lttkka,  sab  muist  ltikatud  —  wer  nicht  selbst  stösst,  wird 
von  Anderen  gestossen. 

kes  ize  ennast  kldab,  seile  kltns  haizeb  —  wer  sieh  selbst  lobt,  des- 
sen Lob  stinkt. 

kes  järele  jätab,  so  jftfje  peal  istub  —  wer  nachlässt,  wird  auf  einem 
Stuhle  sitzen. 

kes  jQuab,  so  sQpab  —  wer  Vermögen  hat,  der  rudert. 


—  57  — 

keß  jnmal  haige  lönnd,  so  Jamal  hajge  wötab  —  welcher  Gott  den 

Kranken  geschaffen  hat,  der  Gott  wird  den  Kranken  wegnehmen, 
kes  jumala  wilja  tohib  pölata,  od.  w.  ära  pölgab?  —  wer  darf  ver- 
achten, od.  verachtet,  Gottes  Pracht  (den  Branntwein), 
kes  kahju  kardab,  so  kazu  ei  sä,  od.  ega  so  Önne  gj  lgja  —  wer 

den  Schaden  furchtet,  der  erlangt  den  Yortheil  nicht,  od.  der  findet 

kein  Gluck, 
kes  kannab  kurja,  (so)  kannab  kulda  —  wer  Böses  trägt,  der  tragt 

Gold, 
kes  kannatab ,  so  kapa  elab ,  od.  s6  kaum  lejab  —  wer  geduldig  ist, 

der  lebt  lange,  od»  der  findet  das  Schöne, 
kes  kardab,  so  ei  kahjatse  —  wer  fürchtet,  der  bereut  nicht, 
kes  ka&i  pärast  randa,  kitsi  pärast  lakka,  lapse  pärast  ajta  lä- 

heb ,  od.  1.  p.  silku  töma  läheb?  —  wer  geht  einer  Katze  wegen 

an  den  Strand ,  einer  Ziege  wegen  auf  den  Heuboden ,  eines  Kindes 

wegen  in  die  Vorratskammer,  od.  einen  Strömling  holen, 
kes  ka&i  saba  töstab,  kui  ta  ize  ej  tösta?  —  wer  hebt  den  Schwanz 

der  Katze,  wenn  sie  ihn  selbst  nicht  hebt, 
kes  ka&ile  kala  ebk  waezele  wTna  annab?  —  wer  giebt  einer  Katze 

einen  Fisch,  oder  einem  Armen  Branntwein, 
kes  ka&ile  kalad  küpsetab?  —  wer  röstet  der  Katze  die  Fische, 
kes  katsub,  so  näeb  -  wer  versucht,  der  wird  sehen, 
kes  kaua  Stab,  (so)  kaani  sab  —  wer  lange  wartet,  bekommt  das 

Schöne, 
kes  kaugel  käib,  so  palju  näeb  —  wer  weit  geht,  der  sieht  viel, 
kes  kaagel  kg}nd,  od  paFju  näjnd  ja  wöib  sest  pafju  räkida  —  wer 

weit  gewesen  ist,  hat  viel  gesehen  und  kann  viel  davon  erzählen, 
kes  kehwa  polma  katsub?  —  wer  ladet  einen  Armen  zur  Hochzeit, 
kes  kehwa  pulma  palub,  ebk  waest  warrule  kutsub?  —  wer  bittet 

einen  Durfligen  zur  Hochzeit,  oder  ladet  einen  Armen  zum  Taufschmaus, 
kes  kellega  lehma  ofeib,  80  sitase  sawa  sSb  —  wer  mit  Jemandem 

eine  Kuh  sucht,  der  bekommt  einen  kollagen  Schwanz, 
kes  kelda  ej  küle ,  peab  kahetsema  —  wer  auf  ein  Verbot  nicht  hört, 

muss  bereuen. 


—  58  — 

kes  kibedat  kannatab,  so  magusat  majtseb  —  wer  das  Bittere  erträgt, 
der  wird  das  Süsse  schmecken. 

kes  kihwti  külwab,  surma  leikab  —  wer  Gift  säet,  erntet  Tod. 

kes  kiriga  otsib,  so  talluka,  od.  tallakeze,  leiab  —  wer  einen  Schuh 
sucht,  findet  einen  Pantoffel. 

kes  kingitud  hobuse  suhu  wätab?  —  wer  sieht  in  eines  geschenkten 
Pferdes  Mund. 

kes  kitse  lammast  wejkseks  arwab,  ehk  naeste-rahwast  inime- 
zeks?  —  wer  hält  eine  Ziege  und  ein  Schaf  für  ein  Rind,  oder  ein 
Frauenzimmer  für  einen  Menschen. 

kes  koera  ei  söda,  (SS)  södab  warast  —  wer  den  Hund  nicht  füttert, 
futtert  den  Dieb. 

kes  koera  saba  kefgitab,  od.  kehitab,  kui  koer  ize ,  od.  kui  ta  ize 
ei  kefgita?  —  wer  hebt  des  Hundes  Schwanz,  als  der  Hund  selbst, 
od.  wenn  er  ihn  nicht  selbst  hebt. 

kes  koera  sawa  üle  aja  töstab,  kui  ta  ei  tösta  ize?  —  wer  hebt  des 
Hundes  Schwanz  über  den  Zaun,  wenn  er  ihn  nicht  selbst  hebt. 

kes  koerust  teeb,  sab  koNdda  —  wer  Hundestreiche  macht,  bekommt 
Schläge. 

kes  kopikaid  ei  kofja,  se  rubla-tükki  kukro  ei  sä  —  wer  die  Kope- 
ken nicht  sammelt,  bekommt  kein  Rubelstück  in  die  Tasche. 

kes  kopikal  kofjab,  so  rubla  est  leiab  —  wer  kopekenweise  sammelt, 
findet  einen  Rubel  vor. 

kes  kopikat  ei  auusta,  ei  sä  rubla  majtsta  —  wer  die  Kopeke  nicht 
ehrt,  bekommt  keinen  Rubel  zu  schmecken. 

kes  kopikat  ei  kofja,  sä  rubla  ei  s&  —  wer  die  Kopeke  nicht  sam- 
melt, der  bekommt  keinen  Rubel. 

kes  kofjab,  se  leiab  —  wer  sammelt,  der  findet  vor. 

kes  korra  hamba  (on)  weristand,  so  katsub  ikka  —  wer  ein  Mal 
den  Zahn  blutig  gemacht  hat,  versucht  es  immer. 

kes  korra  körwend,  od.  pölend,  (se)  kardab  tuld  —  wer  sich  einmal 
verbrannt  hat,  der  furchtet  das  Feuer. 

kes  korra  pölend,  möistab  tule  est  hojda  —  wer  einmal  sich  ver- 
brannt hat,  versteht  sich  vor  dem  Feuer  zu  hüten. 


—  59  — 

kes  korra  waezeks  jänud,  8ö  sejzab  kä  waezuzes  —  wer  einmal  arm 

geworden  ist,  der  bleibt  auch  in  Armuth. 
kes  köre  pealt  (ära)  söb,  so  sögu  ka  (püti  pohjast)  plma  —  wer  die 

Sahne  von  oben  isst,  der  esse  auch  die  Milch  aus  dem  Boden  der  Schale, 
kes  köige  pärast  naerab,  naerab  köige  paremaste  —  wer  nach  Allem 

lacht,  lacht  am  besten, 
kes  koik  magusat  maitseb  ,  peab  köik  kibedat  kannatama  —  wer 

alles  Sasse  schmeckt,  muss  alles  Bittere  ertragen, 
kes  (köik)  mä-ilma  söjaks  kütab?  —  wer  heizt  die  ganze  Welt  wärm, 
kes  köik  nömmed  nötkub,  od.  köntsib,  od.  könnib,  od.  nötsub,  se 

köik  mar jad  maitseb  —  wer  alle  Haiden  durchwandert,  der  schmeckt 

alle  Beeren, 
kes  köikide  j&rele  kailab ,  (so)  ei  sä  kubugi  —  wer  Allen  nachgeht, 

kommt  nirgends  hin. 
kes  köikide  möle  pärast  tahab  olla,  ei  j$ua  tlhegi  möle  pärast 

olla  —  wer  Allen  nach  dem  Sinn  sein  will,  kann  Keinem  nach  dem 

Sinne  sein, 
kes  köneleb,  so  külwab,  kes  kQleb,  so  lejkab  —  wer  spricht,  der 

säet,  wer  bort,  der  erntet, 
kes  körgese  ronib,  se  sflgawase  kukub  —  wer  hoch  klettert,  der  fallt 

tief, 
kes  köwerust  külwab,  se  wiletsust  lejkab  —  wer  Unredlichkeit  säet, 

der  erntet  Elend, 
kes  kofja  küleb,  s6  kulda  kannab  —  wer  Böses  hört,  trägt  Gold, 
kes  läheb  ära  rägude  öst ,  läbeb  jälle  rizu-hunniku  p^ale  —  wer 

den  Zweigen  aus  dem  Wege  gebt,  kommt  wieder  auf  den  Gerfimpel- 

haufen. 
kes  leplikult  e|  taha  järele  anda,  s$  peab  wimati  sfirt  kahju 

kandma  —  wer  nicht  versöhnlich  nachgeben  will ,  der  muss  zuletzt 

grossen  Schaden  tragen, 
kes  Unna  ligi,  od.  ligi  Unna,  elab,  s6  söla-nälga  sureb  —  wer  nahe 

bei  der  Stadt  wohnt,  der  stirbt  an  Salzmangel, 
kes  liisi  lftheb  linutama?  —  wer  wird  sich  herbeilassen,  einer  Hure 

die  Haube  aufzusetzen. 


—  60  — 

kes  magab,  so  on  waene  —  wer  liegt  und  schläft,  der  ist  arm. 

kes  ma-ilma  söjaks  jöuab  kfitta?  —  wer  vermag  die  Welt  warm  zu 

beizen, 
kes  ma-ilma  uzub,  sellele  mä-ilm  kufja  tazub  —  wer  der  Welt 

traut,  dem  vergilt  die  Welt  Böses, 
kes  mos  sin,  se  m$s  seal  —  wer  hier  ein  Mann  ist,  der  ist  auch  dort 

ein  Mann, 
kes  mos  söb,  s£  mos  lob,  od.  s.  ra.  kä  teeb  —  welcher  Mann  (gut) 

isst,  der  drischt,  od.  arbeitet  auch, 
kes  mos  flhes  kohas,  so  kä  mos  teizes  kohas  —  wer  an  einer  Stelle 

ein  Mann  ist,  der  ist  auch  an' einer  anderen  Stelle  ein  Mann, 
kes  mos  fihest,  88  mos  teizest  —  wer  in  einer  Hinsicht  ein  Mann  ist, 

ist  es  auch  in  der  anderen, 
kes  midagi  otsib,  sellele  se  sab  —  wer  etwas  sucht,  der  bekommt  es. 
kes  mitte  ei  taha  kQlda,  so  peab  maitsma  —  wer  nicht  hören  will, 

muss  schmecken, 
kes  möistab,  od.  oskab,  tänada,  sellele  antakse  tänu  p&rast  roh- 

kern,  od.  s.  a.  ikka  enam  tänamize  pärast  —  wer  zu  danken 

versteht,  dem  giebt  man  des  Dankes  wegen  immer  mehr, 
kes  möistab  warastada,  so  möistab  peita  —  wer  zu  stehlen  versteht, 

der  versteht  zu  verheimlichen, 
kes  mulle  süst  suhu  rägib ,  so  rägib  minuga ,  aga  kes  taga  selga 

rägib,  so  rägib  minu  persega  —  wer  zu  mir  spricht  von  Mund  zu 

Mund ,  der  spricht  mit  mir,  aber  wer  hinter  meinem  Rucken  spricht, 

der  spricht  mit  meinem  Hinteren, 
kes  naeste-rahwast  pahandab,  so  ein  önne  kautab  —  wer  ein  Frauen- 
zimmer ärgert,  verliert  das  Lebensglück, 
kes  nenda  wölb  söita,  kui  mä-ilm  rägib?—  wer  kann  so  fahren,  wie 

die  Welt  spricht, 
kes  nöre  bäfjaga  künnab,  teeb  köwerad  waud  —  wer  mit  einem 

jungen  Ochsen  pflügt,  macht  krumme  Furchen, 
kes  hobuse  ostab,  s6  nina  töstab,  kes  raha  loeb,  raipe  sab  —  wer 

ein  Pferd  kauft,  hebt  die  Nase  empor,  wer  das  Geld  zahlt,  bekommt 

ein  Aas. 


—  61  — 

kes  hobuse  raibet  nfirgija  kätte  wlb,  kizub  esmalt  rayad  alt  — 
wer  ein  Pferdeaas  zum  Abdecker  bringt,  reisst  erst  die  Eisen  ab. 

kes  hoiab,  se  ei  öhka  —  wer  sich  hütet,  der  seufzt  nicht. 

kes  oma  nina  rikub,  on  ka  silm-näu  teutand  —  wer  seine  Nase 
beschädigt,  hat  auch  sein  Gesicht  verunehrt. 

kes  oma  taldriku  pealt  kelega  lakab,  pistab  teize  omase  ikka  pea 
sirmist  sädik  —  wer  von  seinem  Teller  mit  der  Zunge  leckt,  steckt 
in  den  eines  Anderen  immer  den  Kopf  bis  zu  den  Augen. 

kes  oma  töd  rikub,  so  kaupa  rikub  —  wer  seine  Arbeit  schlecht 
macht,  verdirbt  den  Handel. 

kes  od  hea,  se  kltust  sab  —  wer  gut  ist,  bekommt  Lob. 

kes  on  targem,  so  tazugu,  söna-seppa  seletagu,  kellel  palju,  pangu 
peale,  kellel  Halt ,  so  lizagu  —  wer  kluger  ist,  der  ergänze,  ein 
Wortschmied  erläutere,  wer  viel  hat,  lege  darauf,  wer  übrig  hat,  fuge 
hinzu. 

kes  ostab,  mis  tall  waja  ei  ole,  so  peab  pea  mfima,  mis  tall  taf- 
wis  on  —  wer  da  kauft,  was  er  nicht  braucht,  der  wird  bald  ver- 
kaufen müssen,  was  er  nöthig  hat. 

kes  honet  ei  ehitanud,  so  arwab  seinad  mäst  kaswama  —  wer 
nicht  ein  Haus  gebaut  hat,  der  meint,  dass  die  Wände  aus  der  Erde 
wachsen. 

kes  böraga  elab ,  leiab  hOra-palka  —  wer  mit  einer  Hure  lebt ,  wird 
Hurenlohn  finden. 

kes  ötab,  s£  önsaks  sab,  kes  kannatab,  se  kaua  elab  —  wer  wartet, 
wird  glucklich,  wer  geduldig  ist,  wird  lange  leben. 

kes  öigust  landab,  so  teutab  ize  ennast,  kes  üle-kohut  laidab,  so 
teeb  oigust  —  wer  das  Recht  tadelt,  der  beschimpft  sich  selbst,  wer 
die  Ungerechtigkeit  tadelt,  thut  Recht.  ^ 

kes  palju  köneleb,  seile  k&est  palju  küzitakse  —  wer  viel  redet, 

den  fragt  man  um  Vieles, 
kes  palju  kQzib,  sab  targemaks  —  wer  viel  fragt,  wird  kluger« 
kes  pafju  laenab,  so  pea  lejnab  —  wer  viel  borgt,  wird  bald  trauern, 
kes  palju  lobiseb,  palju  waletab  —  wer  viel  plappert,  lugt  viel 


—  62  — 

kes  pafju  m&d  käib,  so  paTja  näeb  —  wer  viel  Land  durchzieht,  sieht 
viel. 

kes  pafju  mötleb,  so  w&he  teeb  —  wer  viel  denkt,  thut  wenig. 

kes  palju  näeb,  so  pafju  öpib  —  wer  viel  sieht,  der  lernt  viel. 

kes  pafju  püab,  so  wähem,  od.  wähema,  sab  —  wer  nach  Vielem 
strebt,  erlangt  weniger,  od.  Geringeres. 

kes  palju  rägib,  palju  wastab,  od.  peab  pafju  wastama,  od.  seU  on 
pafju  wastata  —  wer  viel  spricht,  hat  viel  zu  verantworten. 

kes  palju  rägib,  so  pafju  waletab  —  wer  viel  spricht,  der  lugt  viel. 

kes  palju  söb,  se  pafju  teeb  —  wer  viel  isst,  der  thut  viel. 

kes  pea  uzub ,  sab  pea  petetud  —  wer  leicht  glaubt ,  wird  leicht  be- 
trogen. 

kes  perse  wäfja  laenab,  sittugu  läbi  küfje-luid  —  wer  den  Hinteren 
ausleiht,  mag  durch  die  Rippen  seh 

kes  pärja  lükkab,  eks  so  mfitsi  pane  —  wer  den  Kranz  verschiebt, 
der  muss  ja  wohl  die  Haube  aufsetzen. 

kes  piffi  hfidma  paneb,  müd  kui  ema?  —  wer  sonst  als  die  Mutter 
bringt  die  Pfeife  zum  Tönen. 

kes  piskugaei  möista  elada,  ei  sä  pafju ga  ammugi  läbi  —  wer 
nicht  mit  wenig  zu  leben  weiss,  wird  mit  viel  lange  nicht  auskommen. 

kes  pitka  pQ  ommetigi  lazeb  taewase  kaswata?  teda  raiutakse 
ikka  enne  ära  —  wer  lässt  doch  einen  hohen  Baum  in  den  Himmel 
wachsen?  er  wird  immer  vorher  abgehauen. 

kes  poluskaks  lödud,  ei  sest  kahe-kopika-tükki  ei  sä  —  wer  zu 
einer  Poluschke  geprägt  ist,  von  dem  bekommt  man  kein  Zweikopeken- 
stück. 

kes  pObja  jöb,  sab  poja  —  wer  bis  auf  den  Boden  trinkt,  bekommt  ei- 
nen Sohn. 

kes  pölewa  sfltte  peal  käib,  sß  omad  jalad  körwetab  —  wer  auf 
glühenden  Kohlen  geht,  der  verbrennt  seine  Fusse. 

kes  pölgab  jumala  wifja?  —  wer  verschmäht  Gottes  Frucht  (wenn  man 
einen  dargebotenen  Schnaps  nimmt). 

kes  pfld  läheb  püdma,  kautab  kana  —  wer  das  Rebhuhn  fangen  geht, 
verliert  das  Huhn. 


—  63  — 

kes  rahu  rikub,  peab  naha  ehk  raha  andma  —  wer  den  Frieden 

bricht,  muss  die  Haut  oder  Geld  geben. 
kes  rägib,  so  külwab,  aga  kes  küleb,  so  korjab  —  wer  spricht,  der 

säet,  aber  wer  hört,  der  sammelt  ein. 
kes  robkem  loeb,  so  rohkem  t£ab  —  wer  mehr  liest,  der  weiss  mehr. 
kes  rohkem  sab,  so  enam  tahab  —  wer  reichlicher  bekommt,  der  will 

mehr, 
kes  rata  annab,  so  annab  kahe  wörra  —  wer  schnell  giebt,  giebt 

doppelt, 
kes  saksa  santi  näeb?  —  wer  sieht  wohl  einen  deutschen  Bettler. 
kes  sädemeid  külwab,  peab  l£ki  leikama  —  wer  Funken  säet,  muss 

Lohe  ernten. 
kes  sea  kärsa  söb,  peab  niaranaid  kaewama  —  wer  den  Rüssel  des 

Schweines  isst,  muss  selbst  die  Farberröthe  graben, 
kes  sifmi  lahti  ei  tee,  peab  kukru  lahti  tegema  —  wer  die  Augen 

nicht  aufmacht,  muss  den  Beutel  aufmachen, 
kes  sind  naerab,  sealt  mine  möda,  kes  sind  kidab,  seal  pane  sil- 

raad  rätiku  sisse  —  wo  man  dich  verlacht,  da  gehe  vorüber,  m?o 

man  dich  lobt,  da  hülle  das  Gesicht  in  das  Tuch. 
kes  sis  wirko  leibä  söze,  kuj  laisko  ma  päl  ei  ole?  (d)  —  wer  wird 

denn  der  Fleissigen  Brot  essen,  wenn  es  nicht  Faule  in  der  Welt 

giebt. 
kes  sin  mos,  s8  on  seal  mos  —  wer  hier  ein  Mann  ist,  der  ist  dort  ein 

Mann, 
kes  söb  köre  pealt,  se  sSga  pima  alt  kft  —  wer  die  Sahne  von  oben 

isst,  der  esse  auch  die  Milch  von  unten, 
kes  supiga  sfi  pOletanud,  so  puhub  kä  wee  peale  —  wer  mit  der 

Suppe  sich  den  Mund  verbrannt  hat,  der  bläst  auch  auf  das  Wasser, 
kes  sur  on,  mine  möda,  kes  pizokene  on,  astu  flle  —  wer  gross  ist, 

da  geh  vorüber,  wer  klein  ist,  da  steige  über, 
kes  sfles  köhtu  t&£  ej  sä,  ej  so  sa  kä  lakkudes  —  wer  essend  seinen 

Bauch  nicht  lullen  kann,  der  wird  ihn  auch  leckend  nicht  füllen. 
kes  täje  pihuga  külwab ,  so  t$e  pihuga  leikab  —  wer  mit  voller 

Hand  säet,  der  erntet  mit  voller  Hand. 


—  64  — 

kes  teeb  handist  öue-kqera?  —  wer  macht  aas  einem  Wolf  einen 

Hofhand, 
kes  tegi?  ize  tegi,  od.  tegid  —  wer  hat  es  gethan?  selbst  hat  er  es 

gethan,  od.  hast  du  es  gethan. 

kes  tejze  pöllu-pönart  kflnnab,  so  närib  teize  södame  söni  —  wer 
eines  Anderen  Fefdrain  pflögt,  der  nagt  an  den  Adern  seines  Herzens. 

kes  teize  tost  ttidib,  ehk  teize  waewast  wäzib?  —  wer  wird  wohl 
fremde  Arbeit  überdrüssig,  oder  von  fremder  Muhe  müde. 

kes  teizele  augu  kaewab,  langeb  ize  sisse,  od.  so  ize  sisse  langeb 
—  wer  dem  Anderen  eine  Grube  gräbt,  fallt  selbst  hinein. 

kes  tera  ei  kogn ,  wakka  ei  sä  —  wer  das  Körnchen  nicht  sammelt, 
bekommt  keinen  Scheffel. 

kes  teab,  kui  kaugele  kubja  silmad  ulatawad?—  wer  weiss  es,  wie 
weit  des  Frohnvogts  Augen  reichen. 

kes  töab,  kus  ta  ladwa  llgutab?  —  wer  weiss,  wo  er  den  Wipfel  be- 
wegt. 

kes  töab,  mitu  tült  woib  tema  jalge,  od.  seile  jala,  all  olla?—  wer 
weiss,  wie  viel  Winde  unter  seinen  Füssen,  od.  seinem  Fusse,  sein 
können  (was  ihm  bevor  sieht). 

kes  töd  taga  ei  aja,  teda  ajab  tS  taga  —  wer  die  Arbeit  nicht  treibt, 
den  treibt  die  Arbeit. 

kes  töd  teeb  ja  waewa  armastab,  seda  ajtab  Jamal  —  wer  arbeitet 
und  die  Muhe  liebt,  dem  hilft  Gott. 

kes  töd  teeb,  3ö  mustaks  sab  -  wer  arbeitet,  der  wird  schmutzig, 
kes  t8d  teeb,  so  on  rikas  ja  nöid  —  wer  arbeitet,  der  ist  reich  und 
ein  Zauberer. 

kes  tule  ligi  lftheb,  pöletab  oma  rlded  —  wer  nahe  zum  Feuer  geht, 

verbrennt  seine  Kleider, 
kes  tült  kfilwab,  so  tofrai,  od.  tuisku,  leikab,  od.  peab  tormi  lei- 

kama  —  wer  Wind  säet,  erntet  Sturm,  od.  Stöberwetter,  od.  muss 

Sturm  ernten, 
kes  tOtre  säda  tabab,  peab  ema  melitama  —  wer  die  Tochter  haben 

will,  muss  der  Mutter  schmeicheln. 


»  i 


—  65  — 

kes  hukatuze  töd  käjb,  sab  wlmaks  senna  —  wer  den  Weg  des  Ver- 
derbens geht,  kommt  zuletzt  hin. 

kes  hundile  aitab  mnrda ,  sab  ize  pärast  hundist  murtud  —  wer 
dem  Wolfe  hilft  zu  zerreissen,  wird  selbst  nachher  vom  Wolfe  zer- 
rissen. 

kes  huntide  hulgas  elab,  od.  on,  peab  nendega  ulguma  —  wer  un- 
ter den  Wolfen  lebt,  od.  ist,  muss  mit  ihnen  henlen. 

kes  huntidega  elab,  hakkab  ulguma  —  wer  mit  den  Wolfen  lebt, 
langt  an  zu  heulen. 

kes  übe  weikeze  liha-töki  salaja  ära  wlb,  se  wlks  kä  täie  härja 
ära,  kui  ta  jQuaks  —  wer  ein  kleines  Stack  Fleisch  heimlich  weg 
bringt,  der  wurde  auch  einen  ganzen  Ochsen  weg  bringen,  wenn  er 
konnte. 

kes  übest  mos,  s6  tejzest  mos  -  wer  in  Einem  ein  Mann  ist,  ist  auch 
in  dem  Anderen  ein  Mann. 

kes  fiks  kord  oma  sörmed  pöletand,  so  hqidku,  et  ta  teist  korda 
ei  pöleta  —  wer  ein  Mal  seine  Finger  verbrannt  hat,  der  hüte  sich, 
dass  er  sie  nicht  zum  zweiten  Mal  verbrenne. 

kes  äks  kord  oma  sörmed  pöletand,  se  hojdko,  et  ta  teizel  korral 
oma  nina  kä  ei  pöleta  —  wer  ein  Mal  seine  Finger  verbrannt  hat, 
der  hüte  sich,  dass  er  beim  zweiten  Mal  nicht  auch  die  Nase  ver- 
brenne. 

kes  waest-last  warrule  kutsub  ehk  pü-jalga,  od.  pflis-jalga,  pul- 
ma?  —  wer  ladet  ein  Waisenkind  zur  Taufe,  oder  einen  Stelzfuss  zur 
Hochzeit. 

kes  waeze  talu-poja  häda  uzub?  —  wer  glaubt  an  die  Noth  eines  ar- 
men Bauers. 

kes  waezeks  jänud,  se  seizab  kä  waene  —  wer  arm  geworden  ist, 
der  bleibt  auch  arm. 

kes  waletab,  od.  wöfeip  (d),  so  warastab  (kä)  —  wer  lugt,  der  stiehlt 
auch. 

kes  wana  pattu  mftletab,  so  oma  hinge  unustab  —  wer  der  alten 
Sunde  gedenkt,  vergisst  seine  Seele. 


—  66  — 

kes  wanast  enam  teldrit  sab?  ~  wer  bekommt  aus  einem  Alten  noch 
einen  Zelter. 

kes  wanast  karust  enam  tantsijat  sab?  —  wer  bekommt  aus  einem 
alten  Bären  noch  einen  Tänzer. 

kes  wanast  kqerast  enam  linnu-koera  kaswatab,  od.  öpetab?  — 
wer  erzieht,  od.  bildet,  aus  einem  alten  Hunde  noch  einen  Jagdhund. 

kes  wanast  hobusest  enam  träwlit  sab?  —  wer  bekommt  aus  einem 
alten  Pferde  noch  einen  Traber. 

kes  wanemate  söna  ei  taha  külda,  peab  wazika-nahka  külma  — 
wer  auf  der  Eltern  Wort  nicht  hören  will,  der  muss  auf  das  Kalbfell 
hören. 

kes  wara  üles  töuzeb,  leiab  warem  önne  —  wer  früh  aufsteht,  findet 
eher  das  Gluck. 

kes  warga  öst  w§Jb  seista?  —  wer  kann  für  einen  Dieb  stehen. 

kes  wä?jas  ka££ike,  se  kodu  koerake  —  wer  aussen  ein  Kätzchen  ist, 
ist  zu  Hause  ein  Händchen. 

kes  wäringit  ei  hoja,  ega  so  elades  täfrit  tasku  ei  sä,  od.  so  ei  sä 
elades  täfrit  kokku  —  wer  den  Heller  nicht  bewahr!,  der  bekommt 
im  Leben  nicht  den  Thaler  in  die  Tasche,  od.  zusammen. 

kes  wirge  wifja  ära  sSb,  km  myta  mä  peal  ei  ole?  —  wer  isst  des 
Thätigen  Ertrag  auf,  wenn  es  kein  Aas  auf  der  Erde  giebt  (keinen 
Faulen). 

kes  wirgete  wifja  söb,  kui  ep  ole  laisku  seas?  —  wer  isst  der  Thä- 
tigen Ertrag  auf,  wenn  es  nicht  Faule  darunter  giebt. 

kes  wirku  l&heb  snndima?  wirk  sunnib  izegi  —  wer  geht  wohl  einen 
Fleissigen  antreiben?  der  Fleissige  treibt  sich  selbst. 

kes  witsata  kaswab,  ön  haruline  önne-laps  —  wer  ohne  Ruthe  auf- 
wächst, ist  ein  seltenes  Gluckskind. 

kes  wlnaga  seftsis  on ,  so  on  kä  nzin  ndn  töstma  —  wer  mit  dem 
Branntwein  umgeht,  der  ist  auch  schnell  dabei  einen  Streit  anzu- 
fangen. 

kes  wQjb  ilma  süd  ja  rahwa  mokad  kinfii  panna?  —  wer  kann  der 
Welt  Manier  und  der  Leute  Lippen  zuschliessen. 

kes  wQib  köikide  sQd  sulguda?  —  wer  kann  Allen  das  Maul  stopfen. 


—  67  — 

kes  wöjb  nenda  söita,  kui  mä-ilm  r&gib?  —  wer  kann  so  fahren,  wie 

die  Well  sagt, 
kes  w5ra  warandost  nöuab,  on  wäft,  et  ta  oma  waranduze  ära 

kautab  —  wer  nach  eines  Fremden  Habe  trachtet,  verdient,  dass  er 

seine  Habe  verliere, 
kewade  kutsub  adrad  pöllule  ja  linnud  laulule  —  der  Frühling  ruft> 

die  Pfluge  aufs  Feld  und  die  Vogel  zum  Gesang, 
kewade  paizutab  mahla  pQse  —  der  Frühling  schwellt  den  Saft  im 

Baume. 

kewade  paneb  pud  puhkema  —  der  Frühling  macht  die  Biiume  aus- 
schlagen. 

kewadene  lumi  kaub  klreste  ära  -  der  Frühlingsschnee  schwindet 
schnell. 

kewadene  wezi  tark,  sflgisene  lolT  —  der  Frfihlingsregen  ist  klug,  der 
Herbstregen  einfältig  (versteht  nicht  abzufli essen). 

kewadene  wihm  kozutab,  sQgisene  (wihm)  kautab  —  Frühlingsregen 
giebt  Gedeihen,  fferbstregen  verdirbt. 

kewadene  wöras  läheb  tfihja  köhuga  koju  —  der  Frühjahrsgast  gebt 
mit  leerem  Magen  nach  Hause.  . 

kedab  palju  teistele ,  ja  paneb  köik  oma  nahka  —  er  kocht  viel  für 
Andere,  und  verzehrt  Alles  selbst. 

k€gi  ei  pea  körgemale  lendama,  kui  suled  kannawad  —  Niemand 
soll  hoher  fliegen,  als  die  Flügel  tragen. 

kegi  ei  söida  enne  wärawast  läbi,  kui  wäraw  lahti  on  —  Niemand 
fahrt  eher  durch  die  Pforte,  als  die  Pforte  offen  ist. 

kegi  meister  ei  kuku  taewast  —  kein  Meister  fallt  vom  Himmel. 

k£l  libe,  möT  tige  —  die  Zunge  ist  glatt,  der  Sinn  boshaft. 

kibe  söna  kihutab  wiha  —  ein  scharfes  Wort  erregt  den  Zorn. 

kibe  wits  ja  armas  laps  —  scharfe  Ruthe  und  liebes  Kind. 

kibe  wln  öhatab  Süd  —  scharfer  Branntwein  macht  den  Mund  aus- 
schlagen. 

kibemest  sfib  kifg,  sönast  sab  ttili  —  aus  einem  Funken  entsteht  eine 
Flamme,  aus  einem  Worte  ein  Streit. 

kindel  kaup  kelab  töli  —  eine  feste  Abmachung  verhindert  den  Streit. 

5* 


—  68  — 

king-sepp,  ja  oma  llstude  jure!—  Schuster,  bleibe  bei  deinen  Leisten, 
kingitud  bobuse  hambgfd  ei  wöi  mitte  lugeda,  od.  ei  pea  mitte 

lugema  —  eines  geschenkten  Pferdes  Zahne  kann,  od.  soll,  man  nicht 

zählen, 
kippujale  kappajale  ikka  sab,  ilma  istujale  ei  sä  midagi  —  der 

Strebende,  Laufende  bekommt  immer,  der  Sitzende  bekommt  nichts, 
kirik  ikka,  od.  sgjsku,  keGk  küla  —  die  Kirche  ist  immer,  oder  stehe, 

mitten  im  Dorfe. 
kitse  kärneriks  panema  —  die  Ziege  zum  Gärtner  machen, 
kitse  ta  oli,  et  ial  lästu  lakkumata  ei  jätnud  —  so  geizig  war  er, 

dass  er  nie  einen  Span  unbeleckt  liess. 
kiwi  8st  mSnad  sa  ftra,  knrja  sü  öst  ei  möna  —  einem  Stein  gehst 

du  aus  dem  Wege,  einem  bösen  Munde  entgehst  du  nicht, 
kiwi  (ja)  kännu  est  wöjb  ennast  hojda,  aga  mitte  kurja  inimeze 

öst  —  vor  einem  Stein  und  Stumpf  kann  man  sich  in  Acht  nehmen, 

aber  nicht  vor  einem  bösen  Menschen, 
kiwi-kändude  est  wöid  sa  Ära  mSnata,  aga  Igifja  söna  est  mitte  — 

Steinen  kann  man  aus  dem  Wege  gehn,  aber  einem  bösen  Worte 

nicht, 
kiwi  ktillest  lüakse  tükk  maba,  miks  sa  oma  söda  ei  pehmita?  — 

von  einem  Steine  schlägt  man  doch  ein  Stuck  herab,  warum  er- 
weichst du  dein  Herz  nicht, 
kiwi,  mis  sagedaste  paigast  ligutatakse,  ej  kaswata  sammalt  — 

ein  Stein,  welcher  oft  von  seiner  Stelle  bewegt  wird,  setzt  kein 

Moos  an. 
kiwi-süld  on  kergem  möta  kui  kokku  kanda  —  ein  Faden  Steine  ist 

leichter  zu  messen  als  zusammen  zu  tragen, 
klda  koerale  liha  süa,  od.  liha-söki!  -  preise  dem  Hunde  an  Fleisch 

zu  fressen,  od.  eine  Fleischspeise, 
klda  Snne,  kui  kitsikust  peazed  —  preise  das  Gluck,  wenn  du  aus 

der  Verlegenheit  kommst. 

klda  päe wa,  kuj  magama  l&hed  —  rühme  den  Tag ,  wenn  du  schlafen 
gehst. 

kldeldes  k<$ra-liha  sfiakse  —  prahlend  wird  Hundefleisch  gegessen. 


—  69  — 

klr  peraes,  tuli  taskus  —  Eile  im  Hinteren,  Feuer  in  der  Tasche. 

kiwitas  tob  kinda-täje,  kowitas  tob  körma-tgie,  kurg  tob  kuhja 
mä  lagedalt  —  der  Kibitz  bringt  einen  Handschuh  voll,  die  Kron- 
schnepfe bringt  ein  Fuder  voll,  der  Kranich  bringt  einen  Schober  von 
der  Ebene  (vgl.  weiter  unten  IX). 

kodu-köruke  parem  kui  woi-leib  wöruzel  —  die  Brotrinde  zu  Hause 
ist  besser  als  das  Butterbrod  bei  Fremden. 

kodu  kuld,  majal  muld  —  zu  Hause  Gold,  anders  wo  Erde. 

kodu  külsam,  ahju  taga  ajizam  —  zu  Hause  berühmter,  hinter  dem 
Ofen  geehrter« 

kodu-laps  külsam,  ahju-laps  auzam  —  das  Hauskind  ist  berühmter, 
das  Ofenkind  geehrter. 

koer  ajab  (küll)  karwa,  aga  ej  jäta,  od.  kauta,  ainmetit—  der  Hund 
lässt  wohl  Haare,  aber  er  lässt  nicht  von  seinen  Gewohnheiten. 

koer  ajab  saba,  saba  ajab  sawa  otsa,  sawa  ots  willa,  will  ei  wltsi 
minna  —  der  Hund  treibt  den  Schwanz,  der  Schwanz  treibt  das 
Schwanzende,  das  Schwanzende  die  Wolle,  die  Wolle  hat  nicht  Lust 
zu  gehen. 

koer  hau  gab,  senni  kui,  od.  kunni,  kfllaline  tuleb  —  der  Hund  bellt 
so  lange,  bis  der  Gast  kommt. 

koer  haugnb,  tüf  kannab  —  der  Hund  beHt,  der  Wind  trägt  es. 

koer  heidab  karwa,  ej  heida  kombeid  —  der  Hund  legt  das  Haar  ab, 

* 

die  Gewohnheiten  legt  er  nicht  ab. 
koer  ikka  nl  kaua  hangub,  kui  hundi  silmaga  näeb  —  der  Hund 

bellt  immer  so  lange,  bis  er  den  Wolf  erblickt, 
koer  ja  ka&  on  alati  ttilis  —  Hund  und  Katze  sind  immer  in  Streit, 
koer  kaswab.  hambad  kaswawad  kä  —  der  Hund  wächst,  die  Zähne 

wachsen  auch, 
koer,  keda  kutsutakse,  hea  inimene  tuleb  palumata  —  ein  Schelm, 

der  gerufen  wird,  ein  braver  Mensch  kommt  ungebeten, 
koer  kldab  ennast  ja  h^a  mos  teist  —  der  Schelm  lobt  sich  und  der 

brave  Mann  einen  Anderen, 
koer  kldab  ennast  ja  nizutab  teist  —  der  Hund  rühmt  sich  und  macht 

den  Anderen  nass. 


—  70  — 

koer  od  nl  kapa  ktill  söbr,  kuj.sa  pead  silitacT,  od.  k.  o.  söbr, 
seöfii  kui  tall  pead  silitad  —  der  Hund  ist  so  lange  ein  Freund, 
wie  man  ihm  den  Kopf  streichelt. 

koer,  pista  nina  oma  sawa  alla!  —  Hund,  stecke  die  Nase  unter  dei- 
nen Schwanz. 

koer  sin,  koer  seal  —  ein  Hund  hier,  ein  Hund  dort. 

koer  sSb  oma  okse  ära  —  der  Hund  frisst  sein  Ausgespienes. 

koer  södetakse  lihaga,  teizele  ei  sä  kontigi  —  ein  Hund  wird  mit 
Fleisch  gefüttert,  ein  anderer  bekommt  nicht  einmal  einen  Knochen. 

koer  wägiselt  jäTgi  ei  aja  —  mit  Gewalt  verfolgt  ein  Hund  die  Spur 

nicht, 
koera  kästakse,  koer  kazib  saba  —  dem  Hunde  befiehlt  man,  der 

Hund  zieht  den  Schwanz  ein. 

koera  nahale  sfifinib  koera  hammas  —  für  die  Haut  eines  Hundes 
gehört  sich  der  Zahn  eines  Hundes. 

kqera  nälg  ja  lapse  kttlm  on  Qks,  od.  ei  kästa  uskuda  —  Hundes 
Hunger  und  Kindes  Kälte  ist  eins,  od.  soll  man  nicht  für  wahr  halten. 

kqerale  sls  alles  süa  andma,  kui  hunt  juba  kafjas  on  —  dem  Hunde 
dann  noch  erst  zu  fressen  geben,  wenn  der  Wolf  schon  in  der  Herde  ist. 

kqeralgi  kohus  jftrel,  sedap  sls  minul  —  sogar  der  Hund  hat  eine 
Berechtigung,  wie  viel  mehr  ich. 

kogujal  pillaja  kannul  —  dem  Sammler  ist  der  Verschwender  auf  den 

Fersen, 
kohkus  nenda,  et  koik  ihu-karwad  wärisezid  —  er  erschrak  so,  dass 

alle  Leibeshaare  zitterten, 
kohtu-käjk  kurnab  raha  kukrust  ja  kustutab  tele  löme-paja  alt  — 

Processiren  zieht  das  Geld  aus  dem  Beutel  und  löscht  das  Feuer  unter 

dem  Suppenkessel, 
kohtu-kgimine  tob  enam  kulutust  kui  kazu  —  Processiren  bringt 

mehr  Unkosten  als  Gewinn, 
kohtu-leib  ja  aptöki-rohi  on  mölemad  kalfis  tojt  —  Gerichtsbrot  und 

Apothekenmedicin  sind  beide  theure  Speise, 
kohtu  uksed  on  lgad  sisse  minna,  aga  kitsad  wäTja  tulla  —  die 


—  71   — 

ThSren  des  Gerichts  sind  breit  hinein  zu  gehen,  aber  eng  heraus  zu 
kommen, 
kohtuga  öigust  ja  tohtriga  tef  wißt  sama  on  ikka  üks  waene  azi  — 
mit  dem  Gericht  Recht  und  mit  dem  Arzt  Gesundheit  erlangen,  ist  im- 
mer ein  kümmerliches  Ding. 

kohus  kestab,  aga  file-kohus  kaub  —  Recht  besteht,  aber  Unrecht 

vergeht, 
kohus  koerale  hirmu  anda,  ei  koguni,  od.  mitte  tarwis,  ära  tappa 

—  den  Hund  strafen  ist  Recht,  nicht  ihn  ganz  zu  tödten,  od.  es  ist 

nicht  nöthig  ihn  zu  tödten. 

kohus  nenda  kui  möistetakse,  öigus  nenda  kui  tehakse,  otsus: 
poiä,  aja  härjad  möiza!—  das  Unheil  ist  so,  wie  entschieden  wird, 
das  Recht  so,  wie  gethan  wird,  der  Bescheid:  Junge,  treibe  die  Och- 
sen aufs  Gut. 

kohus  on  kolm  päewa  wanem  kui  mä-ilm  —  das  Gericht  ist  drei  Tage 
älter  als  die  Welt. 

koit  önes,  kott  kaelas;  walge  öues,  wagu  taga;  pime  <£ues,  plts 
pihus  —  die  Morgenröthe  ist  draussen,  der  Sack  auf  dem  Rücken; 
die  Helligkeit  ist  draussen,  eine  Furche  hinten;  das  Dunkel  ist  draus- 
sen, die  Peitsche  in  der  Hand  (unablässige  Arbeit). 

koka  mokk  tilgub  raswa  —  des  Koches  Lippe  trieft  von  Fett. 

kokku-panijal  on  pillaja  kannul  —  dem  Sammler  ist  der  Verschwen- 
der auf  den  Fersen. 

kommistab  bobnne  nefja  jalaga,  sädik  sis  inimene  —  stolpert  doch 
ein  Pferd  mit  vier  Füssen,  geschweige  denn  ein  Mensch. 

kon  mäke,  s&l  wäke  (d)  —  wo  Höhe  ist,  da  ist  Kraft. 

kondile  oled  kui  härg,  moistuzele  wähem  kui  mezilane  —  an  Kno- 
chen bist  du  wie  ein  Ochs,  an  Verstand  kleiner  als  eine  Riene. 

konn  kröksub  juba  kewadet  —  der  Frosch  verkündet  schon  den  Früh- 
ling mit  Quaken. 

konn  otsas,  kala  metsas  —  der  Frosch  ist  zu  Ende,  der  Fisch  im  Walde 

(es  ist  aus  mit  Allem). 
konn  s&b  mättale,  aga  ei  oska,  od.  ej  m§ista,  konn  mättal  olla, 


—  72  — 

od.  olla  mättal  —  der  Frosch  gelangt  auf  den  Rasenhügel,  aber  der 

Frosch  versteht  nicht  auf  dem  Rasenhügel  zu  bleiben, 
konn  tahab  häfja-sQruzeks  säda  —  der  Frosch  will  so  gross  werden 

wie  ein  Ochs, 
kofja  öigel  ajal,  sls  on  sull  häda  ajal  —  sammle  zu  rechter  Zeit,  dann 

hast  du  zur  Zeit  der  Noth. 

kost  ma  waine  wadza  küdzä,  ehk  ohuline  Olle  tee?  (d)  —  wo  soll 
ich  Armer  einen  Kuchen  backen,  ich  Armseliger  Bier  brauen. 

koti  peale  paugutama  ja  koti  kandjat  nimetama  —  auf  den  Sack 
schlagen  und  den  Träger  des  Sackes  nennen. 

koti  rabasm,  mehe  tabasin  —  nach  dem  Sacke  griff  ich,  den  Mann  er- 

fasste  ich. 
kotis  elamine  ei  säda  kflnka  otsa  —  das  Leben  im  Sacke  schafft  nicht 

oben  auf  den  Hügel, 
kozuta  pöldu,  sls  annab  ta  leiba  —  pflege  das  Feld,  dann  giebt  es 

Brot, 
kök  ei  jöua  üksi  köhtu  täita  —  Kuchen  allein  kann  den  Magen  nicht 

füllen, 
kök  tahab  kört,  sepik  tabab  selget,  kakk  tahab  kaunist,  pudru 

tahab  puhast  —  Kuchen  will  Sahne,  Hefenbrot  will  Ungemischtes, 

ein  Laib  will  Schönes,  Brei  will  Reines. 

köht  nenda  täi£,  et  tapa  täi  peale  —  der  Bauch  ist  so  voll,  dass  da 
eine  Laus  darauf  tödten  magst. 

köht  nuriseb  hammaste  peale  —  der  Bauch  murrt  über  die  Zähne  (bei 
Hungrigen). 

köht  on  izand,  küll  se  sunnib  taga  —  der  Bauch  ist  ein  Herr,  der 

treibt  wohl  nach, 
köht  on  izand,  sina  tema  sulane  —  der  Bauch  ist  ein  Herr,  du  bist 

sein  Knecht, 
köht  on  köige  knrjem  kubjas  taga  snndimas  —  der  Bauch  ist  der 

schlimmste  Frohnvogt  im  Nachtreiben, 
köht  täii,  mer  hea,  mis  waja,  so  on  warna  otsas  —  der  Bauch  ist 

voll,  der  Sinn  fröhlich,  was  da  fehlt,  hängt  am  Nagel  (ist  vergessen). 


—  73  — 

köht  töab  parem  kui  kell  oma  aega  —  der  Bauch  kennt  seine  Zeit 

besser  als  eine  Uhr. 
köht  waewab  kehwa  enam  kui  rikast  —  der  Bauch  belästigt  den  Ar- 
men mehr  als  den  Reichen, 
köige  a£ja  hakatos  on  raske  —  jeder  Sache  Anfang  ist  schwer, 
köige  ilusamad  mazikad  nopitakse  köige  waremine  —  die  schönsten 

Erdbeeren  pflückt  man  am  frühesten, 
köige  parem  pere-naene  on,  kellest  köjge  wähem  rägitakse  —  die 

beste  Hausfrau  ist  die,  von  welcher  am  wenigsten  gesprochen  wird, 
koik  ajab  oma  aega  taga  —  Alles  verlangt  seine  Zeit, 
koik  hakatus,  od.  alustus,  on  raske  —  aller  Anfang  ist  schwer, 
koik  ei  ole  knld ,  mis  bilgab ,  ega  köjk  mitte  karud ,  mis  karwa- 

sed  on  —  nicht  Alles  ist  Gold,  was  glänzt,  und  nicht  Alle,  welche 

rauh  sind,  sind  Bären, 
koik  ei  ole  mezi,  mis  raagn«  on  —  nicht  Alles  ist  Honig,  was  süss  ist. 
koik  ei  ole  tuid,  kes  lendawad,  ega  ö-pikud,  kes  laulawad  —  es 

sind  nicht  Alle  Tauben,  die  da  fliegen,  oder  Nachtigallen,  die  da 

singen, 
koik  ei  ole  flbe  targad  ega  ühe  wirgad  —  nicht  Alle  sind  gleich  klug, 

oder  gleich  aufgeweckt, 
köik  ei  sSda  nl  palawalt,  kui  ködetakse  —  nicht  Alles  wird  so  heiss 

gegessen,  wie  es  gekocht  wird, 
koik  berned  ei  kö  ühe  korraga  pebmeks  —  nicht  alle  Erbsen  kochen 

zugleich  weich, 
koik  ibn-karwad  olid  muH  häda  tföi  —  alle  Leibeshaare  waren  mir 

voll  Noth,  Angst, 
köjk  kanad  ei  sä  mitte  örrele  —  nicht  alle  Huhner  gelangen  auf  die 

Stange, 
köik  katse-tö  on  raske  —  alle  Versuchsarbeit  ist  schwer, 
köik  kaunad  ei  kaswata  iwi  —  nicht  alle  Schoten  tragen  Körner, 
koik  kozilazed  on  rikkad ,  köjk  wannid  waezed  —  alle  Freier  sind 

reich,  alle  Gefangene  arm. 
köik  körred  wibkawad  pärast  kfinla-pfiewa  talwe  —  alle  Hahnen- 
gewächse furchten  den  nach  Lichtmess  kommenden  Winter. 


74 


k§jk  kufßikad  ei  mahu  tthe  kayzile  —  nicht  alle  Hunde  haben  Platz 

an  einer  Schüssel, 
köik  mgiale  magusad  —  dem  Näscher  ist  Alles  süss, 
köik  ma  ei  kanna  iga  sugu,  od.  ühe-sugust,  wiQa  —  nicht  jedes 

Land  tragt  alle  Art,  od.  einerlei,  Fracht. 

köik,  mis  teie  tahate,  et  inimezed  teile  peawad  tegema,  seda 
tehke  kä  teie  nejle  —  Alles,  was  ihr  wollt,  dass  die  Menschen  euch 
thun  sollen,  dass  thut  auch  ihr  ihnen. 

köik,  olgu  kuningad  ehk  kutsarid,  od.  saks  ja  sant  —  Alle,  sei  es 

Könige  oder  Kutscher,  od.  Herrschaft  und  Bettler, 
köik  oma  aega  ajab  —  Alles  verlangt  seine  Zeit, 
köik  omal  ajal  —  Alles  zu  seiner  Zeit, 
köik  on  ikka  söma-päewad,  ej  köik  ole  säma-päewad  —  alle  (Tage) 

sind  immer  Esstage,  nicht  alle  sind  Erwerbstage. 

köik  on  rlsta  rldlejad,  ej  ole  köTja  koristajat  —  Alle  sind  um  das 
GerSthe  Zankende,  ein  Bestatter  der  Leiche  ist  nicht  da. 

köik  pilwed  ei  anna  wett  —  nicht  alle  Wolken  geben  Wasser. 

köik  sajd  oma  jau,  ja  sörmed  jäid  jagajale  — Alle  bekamen  ihrTheil, 
und  dem  Austheiler  blieben  die  Pinger. 

köik  sflgised  ej  ole  salwe  täitjad  —  nicht  alle  Herbste  sind  Füller  des 

Getreidekastens, 
köik  warandus  ej  ajta  surraa  wastu  —  alle  Habe  hilft  nicht  gegen 

den  Tod. 
köjkumata  önnel  ei  ole  koit  taf  wis  —  unerschüttertes  Glück  hat  keinen 

Strick  nothig. 

kölgastika  kerge  kott  lagnab  leiwale  lizadust  (pt)  —  der  Strohscheune 
leichter  Sack  leiht  dem  Brote  Zusatz. 

könnid  nenda  tazaste,  et  t^i  sureb  jala  alla  ära  —  du  gehst  so  lang- 
sam, dass  eine  Laus  unter  deinem  Pusse  stirbt. 

köfdiga  ei  sS  kaugemale  kui  flle  aja  hüpata,  pudruga  sab  ommeti 
teize  perese  —  mit  Suppe  kommt  man  nicht  weiter  als  über  den 
Zaun  zu  springen,  mit  Brei  kommt  man  doch  bis  in  das  andere  Ge- 
höft. 


r-  75  — 

köigel  seizab  wöral  lapdil  leib  —  hoch  steht  auf  fremdem  Brette  das 

Brot 
körgemale  ej  wöj  lennata,  kuj  tiwad  annawad  —  höher  kann  man 

* 

nicht  fliegen,  als  die  Flügel  gestatten. 
körges  od  wöral  laudil  leib ,  wöl  körgemale  töstetakse  —  hoch  ist 

auf  fremdem  Brette  das  Brot,  noch  höher  wird  es  gehoben. 
körkus  tob  kärna,  ja  uhkus  wqab  hukka  —  Ueberhebung  bringt 

Krätze,  und  Stolz  fuhrt  in's  Verderben, 
köfts  on  kurati  kabel  —  die  Schenke  ist  eine  Kapelle  des  Teufels, 
körwetand  ka&  kardab  tuld  —  eine  versengte  Katze  furchtet  das 

Feuer, 
köwer  käzi  teeb  uksed  lahti  —  eine  krumme  Hand  macht  die  Thüren 

auf  (Geschenke). 
kabja  liha  lü  od  hellamal  hoitud  —  eines  Frohnvogts  Fleisch  und 

Bein  ist  zarter  gehalten, 
kubjas  od  keskel  —  der  Frohnvogt  ist  in  der  Mitte  (der  Hunger  nöthigt 

zu  arbeiten). 
kuda  elu,  nenda  ots  —  wie  das  Leben,  so  das  Ende, 
kuda  kana,  nenda  muna  —  wie  die  Henne,  so  das  Ei. 
kuda  känd,  nenda  wozu,  kuda  mänd,  nenda  kazu  — wie  der  Stamm, 

so  der  Schössling,  wie  die  Föhre,  so  der  Wuchs. 
kuda  metsa  höigatakse,  nenda  mets  wasta  kölab  —  wie  man  in  den 

Wald  ruft,  so  schallt  der  Wald  entgegen. 
kuda  naene,  nenda  sölik  —  wie  das  Weib,  so  der  Rock, 
kuda  sa  pöldn  barid,  nenda  ta,  od.  pöld,  sulle  tazub  —  wie  du  das 

Feld  bearbeitest,  so  lohnt  es,  od.  das  Feld,  dir. 
kudas  käzi  käib?—  Ikka  warrusest  läbi,  kindast  wäfja  —  wie  geht 

die  Hand?  —  Immer  durch  den  Aermel,  zum  Handschuh  hinaus,  d.  h. 

wie  geht  es?  «So  so». 
kudas  tibu,  nenda  tefwis,  kudas  afst,  nenda  abi  —  wie  das  Hühn- 
chen —  od.  der  Ferding?  —  so  die  Gesundheit,  wie  der  Arzt,  so  die 

Hülfe, 
kuhu  tül  ttyskab,  senna  ta  anne  ajab  —  wohin  der  Wind  stöbert, 

dort  bildet  er  eine  Schneetrift. 


—  76   — 

kuhu  flheksa  möst  kfilwawad,  seal  ei  kaswa  flbtegi ,  aga  kus  flks 

mos  kfllwab,  kaswab  iga  iwa  —  wo  neun  Männer  säen,  da  wächst 

nichts,  wo  ein  Mann  säet,  wächst  jedes  Korn, 
kuha  warna  löd,  senna  oma  kOe  riputad  —  wohin  du  den  Nagel 

schlägst,  dahin  hängst  du  deinen  Rock, 
kui  alpi  wie  kflmne  weega  wiheldakse,  siski  ej  sä  temast  midagi 

kui  ttks  afp  —  wenn  man  einen  Narren  auch  mit  fünfzig  Wassern 

badet,  so  wird  doch  aus  ihm  nichts  als  ein  Narr, 
kui  hart,  nl  bldet  (d)  —  wie  ergriffen,  so  weggeworfen, 
kui  häda  köige  sQrem,  sIs  abi  köige  lähem  —  wenn  die  Noth  am 

grössten  ist,  ist  die  Hülfe  am  nächsten. 

kui  häSti  teed,  (seda  od.  wöl)  paremine  est  leiad,  od.  leiad  est  — 
wenn  du  gut  thust,  so  findest  du  es  noch  besser  vor. 

kui  ei  wqi  parata,  sls  peab  laskma  karata  —  wenn  man  nicht  ab- 
helfen kann,  so  muss  man  es  laufen  lassen. 

kui  ema  sureb,  iza  sögeneb  —  wenn  die  Mutter  stirbt,  wird  der  Vater 
blind. 

kui  enne  künla-päewa  härg  rästa  alt  jüa  sab,  sls  ei  sä  p&rast 
Mäfja-päewa  kana  oma  nokka  kasta  —  wenn  vor  Lichtmess  der 
Ochs  unter  der  Traufe  zu  trinken  bekommt,  so  bekommt  nach  Marien 
die  Henne  nicht  ihren  Schnabel  zu  befeuchten. 

kui  ep  ole  wakka,  sls  peab  pihuga  wältama  —  wenn  kein  Scheffel 
da  ist,  so  muss  man  mit  der  Hand  sich  behelfen. 

kui  öili  käzi  h&Sti  k$ib,  sls  läheb  ta  libeda  ja  peale,  tantsib,  ku- 
kub  maha  ja  murrab  jala  —  wenn  es  dem  Esel  wohl  ergeht,  so 
geht  er  aufs  Glatteis,  tanzt,  lallt  und  bricht  das  Bein. 

kui  iga  kodanik  pühib  oma  ukse  öst,  sls  on  köik  Olits  puhas  — 
wenn  jeder  Bürger  vor  seiner  Thür  fegt,  so  ist  die  ganze  Strasse  rein. 

kui  iga  flks  teeb  oma  töd,  sls  on  köik  aäjad  majas  head  —  wenn 
Jeder  seine  Arbeit  thut,  dann  sind  alle  Dinge  im  Hause  gut. 

kui  inimene  astub  fihe  sammu  öäüis-tegija  ligi ,  sls  tema  astuks 
mitu  sammu  meie  ligi  —  wenn  der  Mensch  einen  Schritt  zum  Hei- 
land tritt,  so  würde  er  viele  Schritte  zu  uns  treten. 


—  77  — 

kui  inimene  juhtub  weSki  kohta  ehk  ajta  minema,  ej  tee  töd  seal 
ühtegi,  ikka  tolm  hakkab  kä  temase  kinni  —  wenn  ein  Mensch 
zufällig  in  die  Nähe  einer  Mühle  oder  in  einen  Speicher  geht,  dort 
keine  Arbeit  verrichtet,  so  heftet  sich  doch  immer  der  Staub  auch 
an  ihn. 

kui  inimene  hoiab,  sls  Jamal  hojab  kä  —  wenn  der  Mensch  behütet, 
so  behütet  Gott  anch. 

kui  juhmi  käzi  häSti  k£ib,  sls  läheb  ta  katuse  peale  luäti  jöksma 

—  wenn  es  demThoren  wohl  geht,  so  geht  er  auf  das  Dach  spazieren, 
kui  Jamal  ei  gita,  od.  önnista,  ei  aita  meie  tegemine,  od.  sls  ei 

maksa  meie  tö  —  wenn  Gott  nicht  hilft,  od.  segnet,  so  hilft,  od.  gilt, 
unser  Thlro  nichts. 

kui  jumal  lob  lolfi ,  sls  annab  ta  kä  mol'fi  —  wenn  Gott  einen  Ein- 
faltspinsel schafft,  so  giebt  er  auch  die  Mulde. 

kui  kaew  tühi,  sls  on  wezi  kalXis  —  wenn  der  Brunnen  leer  ist,  so 

ist  das  Wasser  theuer. 
kui  kaigas  kellegi  pihta  juhtub,  sls  ta  kafjub  —  wenn  der  Knüttel 

Einen  trifft,  so  schreit  er. 

kui  kaks  armastust  kokku  läheb,  sls  tuleb  kolmas  wahe-kohta  — 
wenn  zweierlei  Liebe  zusammen  kommt,  so  kommt  die  dritte  dazwi- 
schen (ein  Kind). 

kui  kaks  kaubas  on,  sls  olgu  kolmas  körwas  kqera  perses  —  wenn 
zwei  in  einem  Handel  sind,  so  sei  der  dritte  daneben  im  Hinteren 
des  Hundes. 

kui  kaks  nina  pidi  kous  on,  sls  kolmas  on  hammaste  wahel  — 
wenn  zwei  mit  den  Nasen  zusammen  stecken ,  so  Ist  der  Dritte  zwi- 
schen den  Zähnen. 

kui  kala  mörras  on,  sls  ta  tabab  wälja,  kes  wäljas  on,  tikub  sisse 

—  wenn  ein  Fisch  im  Netze  ist,  so  will  er  hinaus,  wer  draussen  ist, 
drängt  sich  hinein. 

kui  kanad  lähewad  örrele,  sls  laizad  lähewad  töle  —  wenn  die 
Hühner  auf  die  Stange  gehn,  so  gehn  die  Faulen  zur  Arbeit. 

kui  kand,  nl  wOza  —  wie  der  Stamm,  so  der  Schossling. 


—  78  —      . 

kui  karjane  peksab  koera,  sls  koer  enam  ei  lähe  karja  —  wenn  der 
Hüter  den  Hund  prügelt,  so  gebt  der  Hund  nicht  mehr  in  die  Hütung. 

kui  karuse-päew  kuiw  on,  sls  annab  jumal  hea  taheda  sflgise  — 
wenn  der  Margarethentag  trocken  ist,  so  giebt  Gott  einen  guten  trocke- 
nen Herbst. 

kui  kaäg  kottu  ära,  sls  kargawad  hlred  üle  pinkide  laude  —  wenu 
die  Katze  von  Hause  weg  ist,  so  springen  die  Mäuse  über  Bänke  und 
Tische. 

kui  ka££  kottu  ära,  sls  on  rottidel  rahuline  elu  —  wenn  die  Katze 
von  Hause  weg  ist,  dann  haben  die  Ratten  ruhiges  Leben. 

kui  kaua  koera  kaelas  worst  seizab,  od.  kestab?  —  wie  lange  bleibt 
an  des  Hundes  Halse  die  Wurst. 

kui  käe'  künär-päni  sitaga ,  sis  sü  körwoni  razwaga  (d)  —  wenn 

die  Hände  his  zu  den  Ellenbogen  voll  Mist  sind,  so  ist  der  Mund  bis 

zu  den  Ohren  voll  Fett, 
kui  käed  sönnikuga,  sls  sü  leiwaga  —  wenn  die  Hände  mistig  sind, 

so  hat  der  Mund  Brot, 
kui  koer  kiriku  läheb,  sls  läbeb  ta  kä  kantsli  peale  —  wenn  der 

Hund  in  die  Kirche  geht,  so  geht  er  auch  auf  die  Kanzel. 

kui  koera  wiskad  ja  pihta  juhtud,  sls  ta  karjub  —  wenn  dn  nach 
dem  Hunde  wirfst  und  ihn  triffst,  so  schreit  er. 

kui  konn  sab  kfinka  otsa,  sts  ei  töa  enam,  kuida  ta  maha  sab  — 
wenn  der  Frosch  auf  einen  Hügel  gelangt,  so  weiss  er  nicht  mehr, 
wie  er  herunter  gelangt. 

kui  kont  terwe  on,  külap  kont  liha  kaswatab  —  wenn  das  Gebein 
nur  gesund  ist,  so  wird  das  Gebein  wohl  schon  Fleisch  ansetzen  (von 
Abgezehrten  nach  einer  Krankheit). 

kui  köht  on  santi  tätä,  sis  hea  ei  mahu  senna  —  wenn  der  Bauch 
von  Schlechtem  voll  ist,  so  hat  das  Gute  keinen  Raum  darin. 

kui  köht  täte  on ,  sis  ei  maitse  leib  —  wenn  der  Bauch  voll  ist ,  so 

schmeckt  das  Brot  nicht, 
kui  köht  täj£,  sis  on  hea,  od.  hölpus,  töd  teha  —  wenn  der  Bauch 

voll  ist,  so  ist  es  gut,  od.  leicht,  zu  arbeiten. 


—  79  — 

km  kgjk  on  otsas,  sls  od  sül  rahu  —  wenn  Alles  zu  Ende  ist,  so  hat 

der  Mond  Rahe, 
kui  koik  otsas  od,  sls  pane  sü  warna  —  wenn  Alles  zu  Ende  ist,  so 

hänge  den  Mond  an  den  Nagel, 
kui  koik  otsas,  sls  säwad  hambad  puhkama  —  wenn  Alles  zu  Ende 

ist,  so  werden  die  Zähne  ruhen, 
kui  kitred  sögisel  ära  lähewad,  sls  nemad  wötawad  übe  söma-aja 

talu-rahwa  käest  kaza  —  wenn  die  Kraniche  im  Herbst  Tort  ziehen, 

so  nehmen  sie  eine  Mahlzeit  von  den  Bauern  mit  sich  (von  den  vier 

während  der  längeren  Tage), 
kui  küle-alone  lämmi,  sis  sü-werene  külm  (d)  —  wenn  es  unter  der 

Seite  warm  ist,  so  ist  es  am  Munde  kalt  (wer  auf  der  Bärenhaut  liegt, 

hat  nichts  zu  essen), 
kui  kflll  mitu  üht  ja  seda  sama  teewad,  sls  ei  ole  ta  ommeti 

mitte  so  sama  —  wenn  auch  Viele  dasselbe  thun ,  so  ist  es  doch 

nicht  dasselbe, 
kui  külle-alune  sqe,  sis  su-ärne  külm  —  wenn  es  unter  der  Seite 

warm  ist,  so  ist  es  um  den  Mund  kalt  (der  Faule  muss  darben), 
kui  laps  kaewu  lannenud,  sls  tehakse  rakked  ttmber  —  wenn  das 

Kind  in  den  Brunnen  gefallen  ist,  so  macht  man  eine  Einfassung 

darum, 
kui  laps  nuhtluze  kätte  sab ,  sls  sulub  sü  kinni  —  wenn  das  Kind 

seine  Strafe  bekommt,  so  druckt  es  den  Mund  zu. 
kui  laps  sab,  mis  ta  nutäb,  ei  ta  sls  enam  nuta,  od.  sis  jäb  ta 

wait  —  wenn  ein  Kind  bekommt,  weshalb  es  weint,  so  weint  es 

nicht  mehr,  od.  so  wird  es  still, 
kui  laps  uppunud  on,  tehakse  kaewule  kän  peale  —  wenn  das  Kind 

ertrunken  ist,  dann  macht  man  einen  Deckel  auf  den  Brunnen, 
kui  last  k&stakse,  sis  mörsja  möjstku  —  wenn  einem  Kinde  befohlen 

wird,  so  möge  die  Erwachsene  verstehen, 
kui  lästu  on,  sls  pada  ei  külmeta  —  wenn  Späne  da  sind,  so  friert 

der  Kochtopf  nicht, 
kui  l&heb  tfltar  toasta,  sis  läheb  tö  toasta  (pt)  —  geht  die  Tochter 

aus  dem  Hause,  so  geht  die  Arbeit  aus  dem  Hause. 


—  80  — 

kui  lehm  palju  plma  annab,  ja  jalaga  lob,  ej  maksa  midagi  — 
wenn  eine  Kuh  viel  Milch  giebt,  und  mit  dem  Fusse  schlägt,  so  hilft 
es  nichts. 

kui  leib  läbi  käib,  sTs  hakkate  jalgega  pillama  —  wenn  die  Speise 
verdaut  wird,  so  fangt  ihr  an  die  Püsse  zu  werfen. 

kui  ligi,  sTs  puskab,  kui  kaugel,  sls  ammub  —  wenn  er  nahe  ist,  so 

stösst  er,  wenn  er  weit  ist,  so  brüllt  er. 
kui  litsid  Unna  lähewad,  sls  on  turu-kaup  odaw  —  wenn  die  Huren 

in  die  Stadt  gehen,  dann  sind  die  Marktwaaren  billig. 

kui  löka  lTg  kokku  tömmatakse,  sls  peab  ta  wlmaks  praksatama 

—  wenn  man  das  Krummholz  zu  sehr  zusammenzieht,  so  muss  es 

endlich  brechen, 
kui  löppeb  tö,  sTs  löppeb  toit  —  wenn  die  Arbeit  aufhört,  so  bort  die 

Nahrung  auf. 
kui  ma  .enne  üle  peni  sä,  üle  hanna  sä  ma  ammugi  (d)  —  wenn  ich 

nur  erst  über  den  Hund  komme,  über  den  Schwanz  komme  ich  lange. 

kui  raari  sab  küpseks,  sls  ta  maba  kukub  —  wenn  die  Beere  reif 

wird,  so  fallt  sie  ab. 
kui  Mart  kapsib  kazukaga,  sls  Kadri  ripsib  rldega  —  wenn  Martin 

im  Pelze  einher  läuft,  so  spritzt  Katharine  das  Wasser  aus  dem  Kleide. 

kui  ma,  nl  wl£,  kui  lind,  nl  laul  —  wie  das  Land,  so  die  Sitte,  wie 

der  Vogel,  so  der  Gesang, 
kui  Märt  ei  mäeta,  sis  Kadri  kaotas,  Siramu  säd  silda  (d)  —  wenn 

Martin  nicht  faulen  macht,  so  verdirbt  Kaiherina  und  Simon  legt  die 

Brücke  (Wilterungsregel). 

kui  möt  täii,  sls  pillab  üle  —  wenn  das  Maass  voll  ist,  so  fliesst  es 

über, 
kui  naene  jöb,  ja  katus  läbi  jökseb ,  so  on  köige  pahem  logu  — 

wenn  das  Weib  trinkt,  und  das  Dach  leekt,  das  ist  das  Schlimmste. 

kui  naezel  ei  ole  wötmid  käes,  sls  ta  ei  sürini  tulele  ega  weele  — 
wenn  ein  Weib  nicht  die  Schlüssel  in  der  Hand  hat,  so  taugt  sie  we- 
der für's  Feuer  noch  fiir's  Wasser. 

kui  nöremad  öed  säwad  enne  mehele,  sls  nimeta  wanemat  öde 


—  81   — 

mäda-munaks  —  wenn  die  jüngeren  Schwestern  eher  verheirathet 
werden,  so  nenne  die  ältere  Schwester  das  faule  Nestei. 

kui  nuga  tappe  jlb,  ja  inimene  nälga  sureb,  sls  od  so  patt  — 
wenn  das  Messer  in  der  Scheide  bleibt,  und  der  Mensch  Hungers 
stirbt,  dann  ist  es  Sünde. 

kui  hobune  enam  wöimu  sand ,  sts  temaga  kä  rängemat  körmat 
weetakse  —  wenn  das  Pferd  mehr  Kraft  erlangt  hat,  so  führt  man  da- 
mit auch  ein  schwereres  Fuder. 

kui  hobune  on  wärawast  wüFja  jöksnud,  sls  ei  maksa  enam  wftra- 
waid  kinüi  panna  —  wenn  das  Pferd  zur  Pforte  hinaus  gelaufen  ist, 
so  lohnt  es  nicht  mehr  die  Pforte  zu  zumachen. 

kui  oled  üle  koera  astunud,  sls  astu  file  sawa  kä  —  wenn  du  über 
den  Hund  getreten  bist,  so  tritt  auch  über  den  Schwanz. 

kui  omad  kärnad  hakkawad  sügelema,  kfill  sls  mos  oskab  töd 
teba  —  wenn  die  eigene  Krätze  anfangt  zu  jucken,  dann  versteht  der 
Mann  wohl  zu  arbeiten  (wenn  er  auf  sich  selbst  angewiesen  ist). 

kui  on  härga,  sls  on  sörga  —  wenn  ein  Ochs  da  ist,  so  ist  auch  ein 

Huf  da.     . 
kui  on  kadunud  säpa  öigus,  ei  paäli  öigus  kölba  enam  Ohtegi  — 

wenn  des  Stiefels  Recht  verloren  gegangen  ist,  so  ist  des  Bastschuhs 

Recht  nichts  mehr  werth. 
kui  önne  ej  oska  kinni  pidada,  sls  kaub  ta  käest  —  wenn  man  das 

Gluck  nicht  fest  zu  halten  versteht,  so  schwindet  es  aus  der  Hand. 

kui  palju  patusel  h^ad  waja  on!  —  wie  viel  Gutes  fehlt  einem  Sünder« 

kui  pea  sS  lflhike  laul  lauldud!  —  wie  bald  ist  diess  kurze  Lied  ge- 
sungen. 

kui  pere-mehel  hejnu  on,  sls  häfg  adral  —  wenn  der  Hausherr  Heu 
hat,  so  ist  der  Ochs  am  Pflug. 

kui  pere-mehel  on  leiba,  küll  jumalal  on  aega  —  wenn  Aar  Haus- 
herr Brot  hat,  Gott  hat  wohl  schon  Zeit. 

kui  pere-mes  ei  ole  koda,  sls  on  mi  waja  —  wenn  der  Hausherr 
nicht  zu  Hause  ist,  dann  sind  fünf  Mängel. 

kui  pörsast  pakutakse,  sls  pea  koti  sfi,  od.  kott,  lahti  —  wenn  ein 

6 


-  82  - 

Ferkel  angeboten  wird,  so  halte  die  Mündung  des  Sackes,  od.  den 

Sack,  offen, 
kui  raha  loetakse,  sIs  mine  wäfja,  kui  töd  tehakse,  sis  tule  ligi  — 

wenn  Geld  gezählt  wird,  so  geh  hinaus,  wenn  gearbeitet  wird,  so 

komm  herbei, 
kui  raud  om  lämmi,  sis  pidä  töagama,  od.  päle  l6mä  (d),  kui  raud 

tüma,  sis  peab  teda  taguma  —  wenn  das  Eisen  heiss,  od.  weich, 

ist,  so  muss  man  es  schmieden, 
kui  sa  hästi  teed,  paremat  sa  6s  lejad  —  wenn  du  wohl  thust,  wirst 

du  Besseres  vor  finden, 
kui  sa  kuratile  lubad  kiriku  tulla,  sis  on  ta  kaütsli  peal  kohe  — 

wenn  du  dem  Teufel  erlaubst  in  die  Kirche  zu  kommen,  so  ist  er  so- 
gleich auf  der  Kanzel, 
kui  sa  lähed  hauda  ehk  tule  tlbade  otsa ,  seile  häda  est  ei  wöi  sa 

wafjule  minna  —  wenn  du  auch  in's  Grab  gehst  oder  auf  die  Flügel 

des  Windes,  aus  dieser  Noth  kannst  du  dich  nicht  retten, 
kui  sa  oma  elu  armastad,  sis  pea  aega  kalliks  —  wenn  du  dein 

Leben  liebst,  so  halte  die  Zeit  Tür  theuer. 
kui  sa  oma  nabka  armastad,  sis  ära  13  teist  —  wenn  du  deine  Haut 

liebst,  so  schlage  nicht  einen  Anderen, 
kui  sa  pQd  nörelt  ei  paenuta ,  sis  wöid  teda  wanalt  küll  katki 

murda,  aga  mitte  enam  paenutada  —  wenn  du  den  Baum  nicht 

jung  biegst,  so  kannst  du  ihn  alt  wohl  zerbrechen,  aber  nicht  mehr 

biegen, 
kui  sa  Qks  kord  fimber  toa  käid,  oled  sa  targem  kui  sä,  kes  mäs 

istub  —  wenn  du  (auch  nur)  ein  Mal  um  das  Zimmer  gehst,  so  bist 

du  klüger  als  der,  welcher  still  sitzt, 
kui  sa  die  kqera  astud ,  sis  astu  file  sawa  kä  —  wenn  du  über  den 

Hund  steigst,  so  sieige  auch  über  den  Schwanz, 
kui  saridil  raidagi  ej  pea  olema,  sis  kautab  ta  kanfiika  kotist  — 

wenn  der  Bettler  nichts  haben  soll,  so  verliert  er  sein  Brotstück  aus 

dem  Sacke, 
kui  sarit  sauna  sab,  sis  ta  tahab  kä  lawale  säda  —  wenn  der  Bett- 
ler in  die  Badstube  kommt,  so  will  er  auch  auf  die  Pritsche. 


—  83  — 

küi  tsiga  pä  ärä  kakkes,  ei  pane  kuningas  päd  otsa  (d)  —  wenn  ein 
Schwein  einen  Kopf  abreisst,  so  kann  ein  König  ihn  nicht  wieder 
ansetzen. 

kui  sina  wikatit  ei  nühi,  sIs  nühib  wikati  sind  —  wenn  du  die  Sense 
nicht  scheuerst,  so  scheuert  die  Sense  dich  (musst  Hammer  oder  Am- 
bos  sein). 

kui  sina  kael  on  nenda  paks,  kui  sinn  keök-paik,  sls  wöta  sedä 
ette  —  wenn  dein  Hals  so  dick  ist,  wie  deine  Mitte,  dann  unter- 
nimm es. 

kui  sqe  on,  sls  peab  pögenema;  ei  aita  nüd  müd,  sis  peab  jalgu 
laskma  —  wenn  es  warm  ist,  so  muss  man  entfliehen;  nun  hilft 
nichts  Anderes,  da  muss  man  sich  davon  machen. 

kni  sönad  püduwad,  sls  laze  käzi,  od.  ruzikas,  käia  —  wenn  die 
Worte  fehlen,  so  lass  die  Hand,  od»  Faust,  gehen. 

kui  snll  enesel  tlbu  ei  ole,  sls  ej  tösta  sind  wSrad  tTwad  lendu  — 
wenn  du  selbst  keine  Flügel  hast,  so  werden  fremde  Flügel  dich  nicht 
zum  Fluge  erheben. 

kui  sali  kara  rammu  ja  lamba  süda  on ,  sis  tule  —  wenn  du  des 
Baren  Kraft  und  des  Schafes  Herz  hast,  dann  komm  (zu  einer  Magd). 

kui  sali  on  häda,  ehk  säd  läbi,  kui  surma-töbi,  elik  säd  abi  — 
wenn  du  Noth  hast,  vielleicht  kommst  du  durch,  wenn  du  eine  Ster- 
benskrankheit hast,  vielleicht  bekommst  du  Hülfe. 

kui  tala-inimezel  uheksa  ammetit,  sls  kümnes  näfg  —  wenn  der 
Landmann  neun  Aemter  hat,  so  ist  das  zehnte  der  Hunger. 

kui  tamm  (es),  nl  wöznd  (taga)  —  wie  die  Eiche  vorn,  so  die  Schöss- 
linge  hinten. 

kui  teed  hea  maha,  pane  parem  flmber,  ja  hea  wäraw  on  pöllu 
lukk  —  wenn  du  ein  Gutes  säest,  so  setze  ein  Besseres  herum,  und 
eine  gute  Pforte  ist  des  Feldes  Schloss. 

kui  teng  taskuh,  sis  tädi  turuh  (d)  —  wenn  der  Groschen  in  der  Ta- 
sche ist,  so  ist  die  Tante  auf  dem  Markt. 

km  tö  löppeb,  sls  löppeb  leib—  wenn  die  Arbeit  aufhört,  so  hört  auch 
das  Brot  auf. 

tau  t8,  nl  palk  —  wie  die  Arbeit,  so  der  Lohn. 

6* 


.    i 


—  84  — 

kui  tS  on  tehtud,  sla  on  magus  puhata,  od.  h^a  hinnata  —  wenn 
die  Arbeit  getban  ist,  so  ist  süss,  od.  gut,  zu  ruhen. 

ku|  töd  teed,  sis  tee,  et  tänatakse,  kui  söd,  sls  s5,  et  sülitakse  — 
wenn  du  arbeitest,  So  arbeite  so,  dass  man  dankt,  wenn  du  isst,  so 
iss  so,  dass  man  speit. 

kuj  tözi,  sls  töusku,  kui  wale,  sls  wajugu  —  wenn  es  wahr  ist,  so 
erhebe  es  sich,  wenn  es  Lüge  ist,  so  sinke  es. 

kui  tuleb  murd  muile  puile,  sls  tuleb  kä  katk  kadakape  —  wenn 
zu  den  übrigen  Bäumen  der  Bruch  kommt,  dann  kommt  das  Verderben 
auoh  zum  Wacholder. 

kui  tuli  juba  rästas,  kes  sls  enam  kustutab?  —  wenn  das  Feuer 
schon  im  Dache  ist,  wer  löscht  dann. 

ku|  tfldruk  on,  sls  öige  pü,  kui  naezeks  sab,  sls  lai  sü  —  als  Mäd- 
chen ein  gerader  Baum,  wenn  sie  Frau  wird,  ein  breites  Maul. 

kui  hunt  karja  sös,  sls  on  bifjaks  jänud,  koerale  sfia  anda—  wenn 
der  Wolf  in  der  Herde  ist,  dann  ist  es  zu  spät  geworden,  dem  Hunde 
zu  fressen  zu  geben. 

kui  hunti  rägitakse,  sls  hunt  on  ligi  —  wenn  von  dem  Wolfe  ge- 
sprochen wird,  so  ist  der  Wolf  nahe. 

kui  hurdast  karja-koera  s&b ,  od.  sab  kafja-koer,  sls  ebk  temast 
ka  inimene  sab  —  wenn  man  aus  einem  Windhund  einen  Viehhund 
bekommt,  od.  wenn  aus  einem  W.  ein  V.  wird,  dann  wird  vielleicht 
auch  aus  ihm  ein  Mensch. 

kui  flks  nöu  ei  ajta,  sls  katsu  teist  —  wenn  ein  Rath  nicht  hilft,  so 

versuche  einen  andern, 
kuj  wakk,  nenda,  od.  nl,  käz  —  wie  der  Korb,  so  der  Deckel, 
kui  wanad  naezed  ndlewad,  sls  wiskawad  wanu  sönu  pöhjast 

wälja  —  wenn  alte  Weiber  zanken,  so  werfen  sie  alte  Wörter  aus 

dem  Grunde  heraus, 
kui  wanem  öl,  nenda  laps  järel  —  wie  der  Vater  voran,  so  das  Kind 

nach. 

kui  wats  küll  rebeneb,  ega  hüwa  toit  wöi  hukka  in  in  na  -  wenn 
auch  der  Bauch  platzt,  eine  gute  Speise  kann  doch  nicht  umkommen. 


_  85  — 

Im  weäkile  oled  tnlnnd,  jahu  pead  säma  —  wenn  du  zar  Mühle  ge- 
kommen bist,  so  musst  du  Mehl  bekommen. 

kqi  wöras  nahk  ös,  kfill  sis  leikab  kahe  kausta  täie,  kui  oma,  sls 
ei  lejka  ribmakest,  od.  rihmagi  —  wenn  er  ein  fremdes  Fell  vor 
bat,  so  schneidet  er  sich  so  viel  heraus  wie  zwei  Mittelstreifen,  wenn 
ein  eigenes,  so  schneidet  er  aueh  nicht  ein  Riemchen,  od.  einmal 
einen  Riemen. 

kuida1)  emis,  nenda  pörsas  —  wie  die  Sau,  so  das  Ferkel. 

kuida  jöud,  nenda  körem,  kuida  säk,  nenda  maksud,  kuida  öigus, 
nenda  kohns  —  wie  die  Kraft,  so  das  Fuder,  wie  der  Ertrag,  so 
die  Abgaben,  wie  das  Recht,  so  die  Verpflichtung. 

knida  kand,  nenda  kazu,  kuida  mänd,  nenda  wozu  — wie  der  Stamm, 
so  der  Sprössling,  wie  die  Kiefer,  so  der  Schoss. 

knida  kafjane,  nenda  kari,  kuida  walgus,  nenda  wari  —  wie  der 
Hirt,  so  die  Herde,  wie  das  Licht,  so  der  Schatten. 

kuida  käed  teewad,  nenda  ihu  peab  kandma  —  wie  es  die  Hände 
machen,  so  muss  es  der  Leib  tragen. 

knida  känd,  od.  tamm,  es,  nenda  wözud  taga  —  wie  der  Stamm,  od. 
die  Eiche,  vorn,  so  die  Schösslinge  hinten. 

kuida  känd,  nenda  k&bi,  od.  käbad  —  wie  der  Stamm,  so  der  Zapfen, 
od.  die  Zapfen. 

knida  käzi  teeb,  nenda  kael  kannab  —  wie  die  Hand  es  jnacht,  so 
wird  es  der  Hals  tragen. 

kuida  kögi  metsa  bflab ,  nenda  kostab  mets  wasta  —  wie  Jemand 
in  den  Wald  ruft,  so  hallt  der  Wald  entgegen. 

kuida  k$gi  omale  azet  teeb ,  nenda  hingab  —  wie  sich  Jemand  bet- 
tet, so  ruht  er. 

kuida  kögi  hfiab,  nenda  kostab  (s£)  tagasi  —  wie  Jemand  ruft,  so  hallt 
es  zurück. 

kuida  kfila  münde,  od.  minuga,  nenda  mina  külale  wasta,  od.  kü- 
laga  _  wje  das  Dorf  mir,  so  ich  dem  Dorfe  wieder. 

kuida  küli,  nenda  wili  —  wie  die  Saat,  so  die  Frucht. 


1)  Vgl.  auch  Satze  mit  kuda,  kui. 


—  86  — 

kuida  küli  teed,  nenda  sa  leikad  —  wie  du  säest,  so  wirst  du  ernten, 
kuida  küFw,  nenda  leikus  —  wie  die  Saat,  so  die  Ernte, 
kuida  lehm,  nenda  wazikas  —  wie  die  Kuh,  so  das  Kalb, 
kuida  lennates  tuleb,  nenda  lennates  läheb  —  wie  es  im  Fluge 
kommt,  so  geht  es  im  Fluge. 

kuida  lind,  nenda  layl  —  wie  der  Vogel,  so  der  Gesang. 

kuida  lükkad,  nenda  läheb,  kuida  tömbad,  nenda  tuleb  —  wie  du 
schiebst,  so  geht  es,  wie  du  ziehst,  so  kommt  es. 

kuida  mä,  nenda  maner,  od.  wiz  —  wie  das  Land,  so  die  Sitte. 

kuida  mä,  nenda  marjad  —  wie  der  Boden,  so  die  Beeren. 

kuida  metsa  bfitakse,  nenda  kostab  metsast  —  wie  in  den  Wald  ge- 
rufen wird,  so  hallt  es  aus  dem  Walde  wieder. 

kuida  mos  mötleb,  nenda  mos  rägib  —wie  ein  Mann  denkt,  so  spricht 

ein  Mann, 
kuida  mos,  nenda  palk  —  wie  der  Mann,  so  der  Lohn, 
kuida  mina  metsale,  nenda  mets  minule  —  wie  ich  dem  Walde,  so 

der  Wald  mir. 

kuida  möda  lönnad  on,  nenda  kannas  kä  —  wie  das  Garn,  so  ist 
auch  das  Gewebe. 

kuida  mötted,  nenda  teuct  —  wie  die  Gedanken,  so  die  Thaten. 
kuida  näpud  jöuawad  likuda,  seda  möda  sü  jöuab  süa  -  wie  die 
Finger  vermögen  sich  zu  bewegen,  so  kann  der  Mund  essen. 

kujda  nörelt  harjutud,  nenda  wanalt  tehtud  —  wie  jung  gewöhnt, 
so  alt  gethan. 

kuida  öeldud,  nenda  neldud,  kuida  kedetud,  nenda  södud  —  wie 

gesagt,  so  verschluckt,  -wie  gekocht,  so  gegessen, 
kuida  paik,  nenda  prOk  -  wie  der  Ort,  so  der  Gebrauch, 
kuida  pakk,  nenda  talb  -  wie  der  Klotz,  so  der  Keil, 
kuida  peji,  nenda  kübar  -  wie  der  Kopf,  so  der  Hut. 
kuida  pere-mes,  nenda  sulane,  kuida  pere-naene,  nenda  ümmar- 

daja  —  wie  der  Hausherr,  so  der  Knecht,  wie  die  Hausfrau,  so  die 

Magd. 

kujda  pofö,  nenda  tiüt  -  wie  der  Topf,  so  die  Tinte. 


—   87  — 

kuida  pöld,  nenda  naired,  kuida  wanemad,  nenda  lapsed  —  wie 
das  Feld,  so  die  Rüben,  wie  die  Eltern,  so  die  Kinder. 

kuida  pütt,  nenda  kän  —  wie  die  Schale,  so  der  Deckel. 

kuida  sa  azet  teed,  nenda  sa  und  näed  —  wie  du  dir  bettest,  so 
träumst  du. 

kuida  sa  löma  toidad ,  nenda  ta  weab  —  wie  du  das  Thier  futterst. 
so  zieht  es. 

kuida  sa  lükkad,  nenda  läheb  —  wie  du  stössest,  so  geht  es. 

kuida  sa  metsa  hüad,  nenda  ta  wastu  kostab,  od.  nenda  kölab 
mets  wastu  —  wie  du  in  den  Wald  rufst,  so  hallt  er,  od.  der  Wald, 
wieder. 

kuida  sa  nOrelt  kaswad,  nenda  sa  wanalt  jäd  —  wie  du  in  der  Ju- 
gend aufwächst,  so  bleibst  du  im  Alter. 

kuida  sa  södad,  nenda  lflpsad  —  wie  du  fütterst,  so  wirst  du  melken. 

kuida  sa  södad,  nenda  söidad  —  wie  du  futterst,  so  fährst  du. 

kuida  sadud,  nenda  läheb,  od.  mindud  —  wie  erlangt,  so  geht  es 
fort. 

kuida  sädud,  nenda  södud  —  wie  erlangt,  so  verzehrt. 

kuida  se  leib  enam  flhte  hakkab,  mis  kord  katki  sänud?  —  wie 
soll  sich  das  Brot  wieder  zusammen  heften,  das  einmal  gebrochen  ist. 

kuida  siga,  nenda  kfina  —  wie  das  Schwein,  so  der  Trog  (von  Be- 
wirthang). 

kuida  sina,  od.  sa,  mulle,  nenda  mina  sulle  —  wie  du  mir,  so  ich 
dir. 

kuida  tamm,  nenda  töru  —  wie  die  Eiche,  so  die  Eichel. 

kuida  tibu,  nenda  terwis,  kuida  arst,  nenda  abi  —  wie  der  Ferding 
—  od.  das  Hähnchen?—,  so  die  Gesundheit,  wie  der  Arzt,  so  die  Hülfe. 

kuida  tö,  nenda  palk  —  wie  die  Arbeit,  so  der  Lohn. 

kuida  tulnud,  nenda  läinud  —  wie  gekommen,  so  gegangen. 

kuida  übe  nimi,  nenda  teize  tegu  —  wie  des  Einen  Name,  so  des 
Anderen  That. 

kuida  übest,  nenda  teizest  —  wie  von  dem  Einen,  so  von  dem  An- 
deren. 

kuida  wakk,  nenda  kBi  —  wie  der  Korb,  so  der  Deckel. 


—  88  — 

kuida  wanemad  öl,  nenda  laps  järel  —  wie  die  Eltern  voran,  so  das 

Kind  hinten  nach, 
kuis  wakk,  nl  käz  —  wie  der  Korb,  so  der  Deckel, 
kuiw  ästa  on  ahtra  lehma  est,  märg  ästa  jätab  fisna  ilma  —  ein 

trockenes  Jahr  ist  so  gut  wie  eine  gelte  Kuh ,  ein  nasses  Jahr  lässt 

ganz  ohne, 
kukel  ei  ole  kure  jalgu  tafwis  —  ein  Hahn  bat  nicht  Kranicbflisse 

nöthig. 
kukk  laste  nubtleja  —  der  Hahn  ist  der  Plagegeist  der  Kinder  (das 

Abcbuch), 
kuld  on  hinne  waras  —  das  Gold  ist  ein  Dieb  der  Seele, 
kuld  paistab  izegi  sitast  wälja  —  das  Gold  scheint  schon  von  selbst 

aus  dem  Koth  hervor, 
kuld  pörab  kuninga  möle  —  das  Gold  wendet  des  Königs  Sinn, 
kulla  näga,  mulla,  od.  sita,  magu  —  Aussehen  von  Gold,  Geschmack 

von  Erde,  od.  Dreck, 
kunagi  kaks  pead  otsa  ei  kaswa  —  nie  wachsen  zwei  Köpfe,  od.  Aeb- 

ren,  daran, 
k unas  koti  sopp,  od.  pörgu  haud,  täjz  sab?  —  wann  wird  der  Zipfel 

des  Sackes,  od.  die  Hölle,  voll, 
kunas  sepal  nuga  on  ehk  king-sepal  korraline  säbas?  —  wann  bat 

der  Schmied  ein  Messer,  oder  der  Schuster  einen  Stiefel,  wie  er  sein 

soll, 
kunas  söki  kufp  izumas  ehk  jöki  kipp  janumas?  —  wann  hungert  den 

VorlegelofTel  nach  Speise,  oder  dürstet  das  Schöpfgefäss  nach  Trank, 
kunas  suzi  soe  silma  pistab?  —  wann  sticht  der  Wolf  in  des  Wolfes 

Auge, 
kuninga  jüres  on  nl  suf  kui  heina-kuhi,  aga  kui  seja  sab,  sls  ei 

sä  plpu  panna  —  bei  dem  König  ist  es  so  gross  wie  ein  Heuscho- 
ber, aber  wenn  es  hieher  kommt,  so  hat  man  davon  nicht  so  viel,  am 

es  in  die  Pfeife  zu  stopfen  (das  Recht), 
kuningas  ei  s5  kulda,  mä-mes  ei  s5  mulda  —  der  König  isst  nicht 

Gold,  der  Landmann  isst  nicht  Erde, 
kuningas  kau  gel,  jumal  körges  —  der  König  ist  weit,  Gott  hoch. 


—  89  — 

kuÄs  küJjale,  taba  teadjale  —  eine  Kunst  für  den  Hörenden,  eine  ge- 
wohnte Sache  für  den  Wissenden. 

kurat  kulutab  küi  pari  kingi  (wahel),  enne  kui  (äks)  päf  rahwast 
kokku  sab  —  der  Teufel  verbraucht  sechs  Paar  Schuhe  dazwischen, 
bevor  ein  Paar  Leute  zusammen  kommt. 

kurat  tunneb  köjki  aäju,  aga  ree-raswa  ja  naeste-rahwa  tahku  ej 
pea  ta  wöl  tundma  —  der  Teufel  kennt  alle  Dinge,  aber  Schlitten- 
fett und  des  Weibes  Schleifstein  soll  er  noch  nicht  kennen. 

kurati-sugu  ej  tö  head  lugu  —  Teufelsgeschlecht  bringt  nicht  Gutes, 
kufg  wätab  üle  madala  aja  —  der  Kranich  sieht  über  den  niedrigen 

Zaun, 
kuri  ein  wähendab  ja  alandab  käest  ära  koik  pubas  —  ein  böses 

Leben  ? ermindert  und  verringert  Alles  in  der  Hand. 

kuri  kef  on  terawam  kui  nuga  —  eine  böse  Zunge  ist  schärfer  als  ein 

Messer, 
kuri  koer  kaitseb  köige  paremaste  kafja  —  ein  böser  Hund  beschützt 

am  besten  die  Herde. 

kuri  koer  hoiab  kafja,  od.  pere  hoidja  —  ein  böser  Hund  behütet  die 

Herde,  od.  den  Hof. 
kuri  mos  wananeb  paremaks,  kuri  naene  pabemaks  —  ein  böser 

Mann  wird  mit  dem  Alter  besser,  eine  böse  Frau  schlimmer. 

kuri  naene  peab  maja  tilewal,  od.  korra  peal  —  eine  böse  Frau  er- 
hält das  Haus  in  Ordnung. 

kuri  siga,  mönda,  od.  mitu,  wiga  —  ein  böses  Schwein,  mancherlei 
Ausfluchte,  od.  Gebrechen. 

kuri  tuleb  kutsumata  —  der,  od.  das,  Böse  kommt  unge rufen. 

kuri  toleb  kutsumata,  wiletsus  wilistamata  —  Böses  kommt  ohne 
Rufen,  Elend  ohne  Pfeifen. 

kuri  wötab  kurbist,  paha  (söna)  pajast  —  das  Böse  nimmt  aus  dem 
Vorlegelöffel,  das  Schlechte,  od.  ein  böses  Wort,  aus  dem  Kochtopf 
(Unfriede-  verzehrt). 

kuri  wötab  pöfwist,  paha  söna  pajast  —  das  Böse  nimmt  von  den 
Knien,  ein  böses  Wort  aus  dem  Kochtopf. 


—  90  — 

kufja  hea  wastu  on  mä-ilma  vtli  —  Böses  gegen  Gutes  ist  der  Welt 

Sitte, 
kufja  köne,  od.  köle,  alt  ei  sä  inimene  kuhugi  —  aus  einem  üblen 

Gerede  kann  der  Mensch  nirgend  hin. 
kufja  teu  heaf  käib  rutu  merd  ja  mäd  läbi,  hea  tegu  jäb  waeze 

sauna  —  der  Ruf  einer  bösen  That  geht  schnell  durch  Meer  und  Land, 

die  gute  That  bleibt  in  des  Armen  Hütte, 
kurjad  köned  rikuwad  head  kombed  —  böse  Reden  verderben  gute 

Sitten, 
kurk  kulutab  mehel  wäga  palju  —  der  Hals  verbraucht  an  dem  Manne 

sehr  viel, 
kurk  kulutab  rohkem,  kui  käed  teniwad  —  der  Hals  verbraucht 

mehr,  als  die  Hände  verdienen, 
kus  haige  on,  seal  on  käzi,  kus  arm  on,  seal  on  silm  —  wo  ein 

Kranker  ist,  da  ist  eine  Hand,  wo  Liebe  ist,  da  ist  ein  Auge, 
kus  arm  on,  seal  on  silm,  kus  haige  on,  seal  on  käzi  —  wo  Liebe 

ist,  da  ist  ein  Auge,  wo  ein  Kranker  ist,  da  ist  eine  Hand, 
kus  azet  ei  ole,  seal  ei  ole  kä  aäja  —  wo  keine  Stelle  ist,  da  ist  auch 

keine  Sache, 
kus  häfg,  od.  härga,  tapetakse,  seal  weri  tilgub  —  wo  der  Ochs 

geschlachtet  wird,  ta  trieft  das  Blut, 
kus  hea  pu  tahab  sigineda,  seal  lazeb  ennast  paenutada  —  wo  ein 

guter  Baum  gedeihen  will,  da  lässt  er  sich  biegen, 
kus  eh i tust,  seal  kä  puru  —  wo  gebaut  wird,  da  ist  auch  Schutt, 
kus  ei  ole  hakatust,  od.  alustust,  seal' ei  ole  löpetust  -  wo  kein 

Anfang  ist,  da  ist  kein  Ende, 
kus  ei  ole  hirmu,  seal  ei  ole  armu  —  wo  keine  Furcht  ist,  da  ist 

keine  Liebe, 
kus  ej  ole  kaebajat,  seal  ei  ole  kä  mitte  kohtu-möi£tjat  —  wo  kein 

Kläger  ist,  da  ist  auch  kein  Richter, 
kus  ei  ole  sitakest,  sealt  ei  woi  kä  saiakest  säda  —  wo  kein  Mist 

ist,  da  kann  man  auch  kein  Brötchen  bekommen, 
kus  ei  ole  wastu-wötjat,  od.  w.-wötjaid,  seal  ei  ole  wljat,  od.  wl- 

jaid  —  wo  nicht  entgegen  genommen  wird,  da  wird  nicht  hin  gebracht. 


—  91   — 

kus  enne  wett  on,  senna  jökseb  wöl  wett  jure  —  wo  vorher  Wasser 

ist,  dahin  Diesst  noch  Wasser  hinzu, 
kus  inimene  ize  ei  astu ,  seal  kä  jälge  taha  ej  ja  —  wo  der  Mensch 

nicht  selbst  auftritt,  da  bleibt  auch  keine  Spur  nach, 
kus  inimene  ize  ei  ole,  seal  ei  sä  ta  pea  pestud  —  wo  der  Mensch 

nicht  selbst  ist,  da  wird  sein  Kopf  nicht  gewaschen, 
kus  inimene  ize  ennast  ei  peze,  seal  ei  ole  ta  ial  pestud  —  wo  sich 

der  Mensch  nicht  selbst  wäscht,  da  ist  er  nie  gewaschen, 
kus  kaks  kous,  seal  kolmas  süs  —  wo  zwei  beisammen  sind,  da  ist 

der  Dritte  im  Munde, 
kus  kaks  teine  teizega  kaklewad,  seal  on  mölemad  südlazed  1- 

wo  zwei  mit  einander  zanken,  da  sind  beide  schuldig, 
kus  kas£i  kodu  ei  ole,  seal  peawad  hired  tantsi-pidusid  —  wo 

keine  Katze  zu  Hause  ist,  da  halten  die  Mause  Tanzfeste, 
kus  kazu  ei  kaswa,  seal  ei  maksa  waewagi  —  wo  nicht  Vortheil  er- 
wächst, da  ist  es  der  Mühe  nicht  wertb. 
kus  känd,  seal  wozu  —  wo  der  Stamm  ist,  da  ist  der  Schössling. 
kus  keletu  peazeb,  kui  meletu  pqale  paneb?  —  wo  soll  der  Stumme 

hin,  wenn  der  Unvernünftige  aufladet, 
kus  kits  kirmi,  seal  kits  kizub  ikka  —  wo  die  Ziege  fest  ist,  da  rupft 

die  Ziege  immer, 
kus  kl  tust,  seal  laitust  —  wo  Lob  ist,  da  ist  Tadel, 
kus  koer  kord  lfla  sänud,  ei  ta  seal  teine  kord  baugu  enam  —  wo 

der  Hund  ein  Mal  Schläge  bekommen  hat,  da  bellt  er  ein  anderes  Mal 

nicht  mehr, 
kus  kqera,  od.  koeral,  kodu,  (ehk)  herise,  od.  herisel,  ö-maja?  — 

wo  ist  des  Hundes  Haus,  oder  des  Schalkes  Nachtlager, 
kus  kogu,  seal  wäge  —  wo  viel  ist,  da  ist  Gewalt, 
kus  konn  sädud,  seal  konn  södud  —  wo  der  Frosch  gefangen  ist,  da 

ist  der  .Frosch  gegessen, 
kus  körem  langeb,  senna  ründed  jäwad  —  wo  ein  Fuder  umfällt,  da 

bleibt  Gerülle. 
kus  köige  sügawam  roe  on ,  senna  lapsed  sisse  lähewad  —  wo  der 

tiefste  Roth  ist,  da  gehen  die  Kinder  hinein. 


—  92  — 

kus  kdik  lapsed  Ema-jöe  kaldale  säwad?  —  wo  gelangen  alle  Kinder 
an  das  Ufer  des  Mutterbaches,  d.  h.  Embachs. 

kns  könelejaid,  seal  küljaid  —  wo  Redende  sind,  da  sind  Hörer. 

kus  küb  läheb ,  senna  lähewad  nöbid  kS  —  wo  der  Rock  hin  geht, 
dahin  geben  die  Knöpfe  auch. 

kus  küpseb,  senna  tilgub  —  wo  etwas  bratet,  da  trieft  es. 

kus  lammast  nldetakse,  seal  karw  käriseb  —  wo  das  Schaf  gescho- 
ren wird,  da  knirscht  das  Haar. 

kus  lammast  nldetakse,  senna  langet)  willu  maha  —  wo  das  Schaf 
geschoren  wird,  da  fällt  Wolle  zu  Boden. 

kus  lapsi,  seal  leiba  —  wo  Kinder  sind,  da  ist  Brot. 

kus  lapuline  kuzeb,  senna  töuzewad  nögesed,  kus  käzik  kuzeb, 
senna  kaswawad  kapsad  —  wo  ein  ungebetener  Hochzeitgast  harnt, 
da  erheben  sich  Nesseln,  wo  eine  Hochzeitsängerin  harnt,  da  wächst 
Kohl. 

kus  lehm,  seal  wazikas  —  wo  die  Kuh  ist,  da  ist  das  Kalb. 

kus  lind  lennab,  senna  suled  langewad  —  wo  ein  Vogel  fliegt,  dahin 
fallen  die  Federn  nieder. 

kus  löuke  rammutab ,  seal  ta  kä  ammutab  —  wo  die  Lerche  düngt, 
da  sperrt  sie  auch  den  Mund  auf,  od.  da  schöpft  sie  auch. 

kus  luid  laudas,  seal  liiid  lauda  taga  kS,  od.  seal  neid  kä  lapda 
taga  —  wo  Gebeine  im  Stalle  sind,  da  sind  Gebeine,  od.  giebt  es 
ihrer,  auch  hinter  dem  Stalle. 

kus  mägi,  seal  möiz,  kus  kfingas,  seal  köfts,  talud  so  ja  raba 
sös  —  wo  ein  Berg  ist,  da  ist  ein  Gut,  wo  ein  Hügel,  da  ein  Krug, 
die  Bauerhöfe  sind  in  Sumpf  und  Moor. 

kus  märe  melitab,  sqal  wanker  wurab  —  wo  die  Schmiere  schmei- 
chelt, da  saust  der  Wagen. 

kus  m&le-pflzimust,  seal  'p  ole  wäzimust  —  wo  Geduld  ist,  da  ist 
keine  Müdigkeit. . 

kus  mu  wara,  seal  on  mu  süda  —  wo  meine  Habe,  da  ist  mein  Herz. 

kus  mulda,  seal  kulda  —  wo  Erde  ist,  da  ist  Gold. 

kus  naene  narakas,  seal  lastel  kaltsud  kaelas  —  wo  die  Frau  zer- 
lumpt ist,  da  haben  die  Kinder  Lumpen  um. 


—  93  — 

kns  naudi,  seal  näbrid  —  wo  Geld  ist,  da  sind  Nacbbaren. 

kos  nui  lob,  senna  wai  peab  minema  —  wo  der  Schlage!  schlägt,  da- 
hin mass  der  Pflock  gehn. 

kus  nurinat,  seal  hakatis  —  wo  Murren  ist,  da  ist  Veranlassung  dazu. 

kos  hobune  püherdab,  senna  j&tab  karwa  —  wo  ein  Pferd  sich  wälzt, 
da  lässt  es  Haare. 

kns  on  hftrga,  seal  on  sörga  —  wo  Ochsen  sind,  da  sind  Hufe. 

kns  on  kott,  seal  on  kohus  —  wo  der  Beutel  ist,  da  ist  das  Recht. 

kns  (on)  lapdas,  seal  (on)  lau  da  taga  —  wo  im  Stall  ist,  da  ist  hinter 
dem  Stall. 

kns  on  mnldne  lumi?  od.  kus  muldne  lnmi  on  jänud?  —  wo  ist  der 
vorigjährige  Schnee  geblieben. 

kns  on  ohra-iwa,  senna  ei  mahn  rukki-iwa  —  wo  ein  Gerstenkorn 
ist,  da  hat  ein  Roggenkorn  nicht  Raum  (ein  Trinker  isst  wenig). 

kns  (on)  paTju  wazikaid,  senna  sab  kä  paTju  bäfgi  —  wo  viele  Kal- 
ber sind,  dahin  kommen  auch  viele  Ochsen. 

kus  on  raiska,  seal  on  karnajd,  kns  on  warandnst,  seal  wargaid 
—  wo  Aas  ist,  da  sind  Raben,  wo  Habe,  da  Diebe. 

kns  (on)  sitakest,  seal  (on  kä)  leiwakest  —  wo  Dünger  ist,  da  ist 
auch  Brot. 

kns  on  suitsn,  seal  kä  söja  —  wo  Rauch  ist,  da  ist  auch  Wärme. 

kns  on  tegija,  seal  on  nägija  —  wo  ein  Thäter  ist,  da  ist  ein  Zeuge. 

kns  on  tema  surm,  seal  on  tema  muld  —  wo  sein  Tod  ist,  da  ist 
seine  Erde  (gleich  viel,  wo  man  stirbt). 

kns  holet us  es,  seal  önnetns  taga  —  wo  Sorglosigkeit  vorn  ist,  da  ist 
Unglück  hinten. 

kns  öhtu,  seal  ö-maja  —  wo  der  Abend  ist,  da  ist  das  Nachtlager  (der 
Armen). 

kns  önnis-tegija  kiriku  ehitab ,  senna  teeb  kä  kurat  kabeli  —  wo 
der  Heiland  eine  Kirche  baut,  da  baut  auch  der  Teufel  eine  Kapelle. 

kns  paks  läheb,  senna  läheb  wedel  kä  —  wohin  das  Dicke  geht,  da- 
hin geht  das  Dünne  auch. 

kns  paTju  koere  peres,  seal  jäb  risti-rahwas  haukumata  —  wo  viel 
Hände  in  einem  Gehöfte  sind,  das  bleibt  das  Gbristenvolk  unangebellt. 


—  94  — 

kus  palju  on,  senna  kogub  wel  jure  —  wo  viel  ist,  dahin  sammelt 

sich  noch  mehr  hinzu, 
kus  pafju  päid,  seal  pafju  mötteid  —  wo  viele  Köpfe  sind,  da  sind 

viele  Gedanken, 
kus  parem  jäi?  —  wo  ist  das,  od.  der,  Bessere  geblieben  (so  fragt  man 

spöttisch,  wenn  einer  zu  Arbeitenden  tritt  ohne  zu  griissen  mit  dem 

gewöhnlichen  «jöudu!»  Kraft,  oder  «jumal  appi!»  Gott  zu  Hälfe), 
kus  pädis  on,  seal  ses  peab  squdma  —  in  welchem  Boote  man  ist, 

darin  muss  man  rudern, 
kus  pea-  pistad ,  seal  päewa  wldat  —  wo  du  den  Kopf  hinsteckst ,  da 

bringst  du  den  Tag  zu  (im  Sommer), 
kus,  pörm  mäst  kaub?  —  wo  verliert  sich  der  Staub  von  der  Erde. 
kus  pörn  maust  jäb?  —  wo  bleibt  die  Milz  vom  Magen  (Gleich  und 

Gleich), 
kus  pörn  maust,  kus,  od.  ja,  roe  rattast  jäb?  —  wo  bleibt  die  Milz 

vom  Magen  und  der  Koth  vom  Rade, 
kus  pfld,  od.  puid,  raiutakse,  seal  langewad  lästud  mölema  pole, 

od.  sinna  lästud  pudenewad  —  wo  ein  Baum  abgehauen  wird,  da 

fallen  die  Späne  nach  beiden  Seiten, 
kus  püd  pölewad,  seal  suitsu  (lies  töuzeb,  od.  seal  töuzeb  suits 

Qles  —  wo  das  Holz  brennt,  da  steigt  (der)  Rauch  auf. 
käs  raibe  mas,  seal  kärnad  kous  —  wo  ein  Aas  liegt,  da  sind  die  Ra- 
ben beisammen, 
kus  raisk  es  on,  sealt  koer  söb  —  wo  ein  Aas  vor  liegt,  da  frisst  der 

Hund, 
kus  roe  köige  sügawam,  senna  lapsed  sisse  lähewad  —  wo  der 

Koth  am  tiefsten  ist,  da  gehen  die  Kinder  hinein, 
kus  roe  rattast  jäb?  —  wo  bleibt  der  Koth  vom  Rade, 
kus  robkem  weskid  jahwatamas,  seal  kä  ikka  ennemine  jabu  sab 

—  wo  reichlicher  Mühlen  mahlen,  bekommt  man  auch  immer  eher 

Mehl, 
kus  rublad  es  on,  senna  wörewad  wel  rublad  jure  —  wo  Rubel  vor 

sind,  dahin  rollen  noch  Rubel  hinzu. 
kus  ruske  häfg  üks  kord  maganud ,  tunnukse  Uheksa  ästat  kobta 


—  95  — 

—  wo  der  rotbe  Ochs  ein  Mal  geschlafen  hat,  erkennt  man  neun  Jahre 

die  Stelle  (eine  Feuersbrunst), 
kus  sa  fihe  käega  paned,  seal  kabe  käega  wötta  —  wo  du  mit  einer 

Hand  hin  legst,  da  ist  mit  beiden  Händen  zu  nehmen, 
kus  se  wezi  jäi,  mis  öllele  wldi?  —  wo  ist  das  Wasser  geblieben,  das 

zum  Biere  gebracht  wurde.  » 

kus  silm,  seal  kfilm,  kus  söftn,  seal  soe  —  wo  ein  Zwickel  ist,  da  ist 

es  kalt,  wo  ein  Knoten,  da  warm. 
kus  snrm,  seal  muld  —  wo  der  Tod  ist,  da  ist  die  Erde, 
kus  sutt  maenitakse,  seal  ta  on  —  wo  der  Wolf  erwähnt  wird,  da 

ist  er. 
kus  tegijaid,  seal  nägijajd  —  wo  Thäter  sind,  da  sind  Sehende, 
kus  teraw  nurk,  seal  körge  torn  —  wo  eine  scharfe  Ecke,  da  ist  ein 

hoher  Thurm  (Gut  macht  Muth). 
kus  tuld,  seal  suitsu  —  wo  Feuer  ist.  da  ist  Rauch, 
kus  tuwisid  on ,  senna  lendab  wel  tuwisid  jure  —  wo  Tauben  sind» 

dahin  fliegen  noch  Tauben  hinzu, 
kus  tült  kfilwatakse,  seal  tormi  Ieigatakse  —  wo  Wind  gesäet  wird, 

da  wird  Sturm  geerntet, 
kus  tühi  kott  ial  paizul?  —  wo  ist  ein  leerer  Sack  jemals  aufgebläht, 
kus  hunt  talwel  peza  teeb?  —  wo  macht  der  Wolf  im  Winter  ein  Nest 

(von  Faulen), 
kus  huüti  köneldakse,  s^al  hunt  on  —  wo  man  von  dem  Wolf  spricht, 

da  ist  der  Wolf, 
kus  wai  peazeb,  kiii  nui  pihta  annab?  —  wo  soll  der  Keil  hin,  wenn 

der  Klöpfel  darauf  los  schlägt, 
kus  wann  lambaid  on ,  seal  kä  tallekezi  —  wo  alte  Schafe  sind ,  da 

sind  auch  Lämmer, 
kus  warblazi  on,  senna  lendab  wel  warblazi  jure  —  wo  Sperlinge 

sind,  da  fliegen  noch  Sperlinge  hinzu» 
kus  wähe  tnld,  seal  pafju  suitsu  —  wo  wenig  Feuer  ist,  da  ist  viel 

Rauch, 
kus  wilja-wihud  pfiduwad,  seal  rabatakse  öfgi  —  wo  die  Getreide- 
garben fehlen,  da  schlägt,  od.  drischt,  man  Stroh. 


—  96  — 

käst  kazu  ei  kaswa,  ei  maksa  waewa  —  woraus  nicht  Vortbeil  er- 

wächst,  da  lohnt  es  der  Mühe  nicht, 
kust  köik  lapsed  Ema-jöe  äre  sawad?  —  woher  kommen  alle  Kinder 

an  den  Mutterfluss,  d.  h.  Embach. 
käst  mina  wötan?  kas  wöta  wöi  kurati  sifmist  wälja!  —  woher 

soll  ich  nehmen?  nimm  es  meinet  wegen  aus  des  Teufels  Augen, 
kust  suits  töuzeb,  seal  tuli  all  —  von  wo  sich  Rauch  erhebt,  da  ist 

Feuer  darunter, 
kust  tfif,  s^alt  mel  —  von  wo  der  Wind,  von  da  der  Sinn, 
kust  tüL  sealt  naeste  möf  —  von  wo  der  Wind,  von  da  der  Weiber 

Sinn, 
kust  Qks  hea  pü  tahab  sütidida,  s§  annab  ennast  (bäiti)  paenu- 

tada  —  woraus  ein  guter  Baum  werden  will,  das  lässt  sich  gut 

biegen, 
kust  wallast?  «saksa  wallast»  —  aus  welchem  Gebiet?  aus  dem  Ge- 
biet einer  Herrschaft  (wenn  man  nicht  nähere  Auskunft  geben  will), 
kust  wöetakse ,  seal  wäheneb  —  von  wo  genommen  wird ,  da  wird  es 

weniger, 
kutsik  kilahus,  wana  pini  bärähfis  (d)  —  ein  Hündchen  kläfft,  ein  alter 

Hund  knurrt, 
kutsikale  ei  ole  bambaid  tarwis  —  ein  kleines  Hündchen  braucht  keine 

Zähne, 
kutsumata  w5rad,  teadmata  rög  —  ungebetene  Gäste,  unbekannte 

Speise. 
kuza  suits u,  seal  od  söja  —  wo  Rauch  ist,  da  ist  Wärme, 
kuza  süred  sämad,  seal  on  sflred  sömad  —  wo  grosses  Einkommen 

ist,  da  ist  grosses  Essen. 
kOlab ,  et  sü  ila  tilgub  —  er  hört  zu ,  so  dass  der  Mund  von  Schleim 

trieft, 
külmas  od  tözi,  nägemas  od  wale  —  beim  Hören  ist  es  Wahrheit, 

beim  Sehen  Lüge. 
kü£  wiga,  seitsmes  surm  —  sechs  Schäden,  der  siebente  der  Tod. 
köze  kännu  peale  kaäk  kunagi  ei  kaswa  —  auf  dem'  Stumpf  einer 

Fichte  wächst  nie  eine  Birke. 


—  97  — 

kfila-käija  ja  magaja  oza  j&etakse,  aga  törkuja  oza  ej  jäeta  —  des 
Besuchmachenden  und  des  Schlafenden  Portion  wird  übrig  gelassen, 
aber  des  Widerspenstigen  Portion  wird  nicht  übrig  gelassen. 

küla-leib  maitseb  magusam,  od.  on  magus  —  fremdes  Brot  schmeckt  . 
süsser,  od.  ist  süss. 

kflla  sömad  kfinniksele,  oma  sBmad  otse  kohe  —  fremdes  Essen 
bis  an  die  Schwelle,  eigenes  Essen  gerade  hin  (das  fremde  reicht 
nicht  zu). 

kfilap l)  aeg  annab  katsuda  —  die  Zeit  wird  wohl  erproben  lassen. 

kölap  aeg  wälja  näitab  —  die  Zeit  wird  es  wohl  ausweisen. 

kfilap  arm  aitab,  kui  usk  lödab  —  die  Liebe  wird  wohl  helfen,  wenn 

der  Glaube  hofft. 
kfilap  elu  öpetab  —  das  Leben  wird  schon  lehren, 
kfilap  jumal  oma  ilmad  pörab,  peaks  meil  waestel  nl  rutuste 

sama  patust  pördud  —  Gott  wird  wohl  seine  Witterung  wenden, 

mochte  man  bei  uns  Armen  eben  so  schnell   sich  von  der  Sünde 

wenden, 
kfilap  ka££  kautand  möne  rämatu  wahelt  ära  —  die  Katze  hat  wohl 

manchen  Brief  dazwischen  verloren  (wenn  verschiedene  Berichte  über 

etwas  nicht  zusammen  stimmen). 

kfilap  keletu  peab  wedama,  mis  möletu  peale  paneb  —  der  Stumme 
muss  ja  wohl  schleppen,  was  der  Unverständige  auflegt. 

kfilap  köht  ajab  taga  —  der  Bauch  wird  schon  treiben. 

kfilap  kulm  silma  hoiab  —  die  Braue  wird  schon  das  Auge  behüten 
(ironisch). 

kfilap  leib  töd  teeb  —  das  Brot  wird  wohl  arbeiten  (Miethlingsarbeit). 

kfilap  mfigi  oma  märja  kuiwatab%—  der  Berg  wird  wohl  schon  seine 
Nässe  trocknen. 

kölap  muld  taza  teeb  —  die  Erde  wird  wohl  ausgleichen  (der  Tod). 

kfilap  oma  sQ  ikka  lizem  on  kui  kana  sü  —  der  eigene  Mund  ist 
wohl  immer  näher  als  der  Hühnermund. 


1)   Vgl.  noch  die  Sätze  mit  kttll. 


—  98  — 

kfilap  paraneb,  enne  kui  mebele  sad  —  es  wird  schon  heilen,  ehe  da 
einen  Mann  bekommst. 

kfilap  paraneb,  enne  kui  (nöre)  naeze  säd,  od.  wötad  —  es  wird 
schon  heilen,  ehe  du  ein  junges  Weib  bekommst,  od.  nimmst  (bei 
Verletzungen  von  Kindern). 

kfilap  pitk  aeg  wägub  —  die  lange  Zeit  wird  wohl  auch  zu  Ende 

gehen, 
kfilap  sad  süga  paTjugi  teba  —  mit  dem  Munde  kannst  du  wohl  viel 

tbun. 
kfilap  s€  paraneb  enne  ära,  kui  sa  na$ze  wötad  —  das  wird  schon 

heilen,  ehe  du  ein  Weib  nimmst. 

kfilap  so  sur  sSmine,  od.  waew  on,  aga  pizukene  sämine  —  das  ist 
wohl  ein  grosses  Essen,  od.  eine  grosse  Mühe,  aber  ein  geringer 
Ertrag. 

kfilap  sina  ikka  Unna  Öue  teed  —  du  wirst  wohl  immer  eine  Stadt  in 
deinem  Hofe  bauen  (zu  einem  Prahler). 

kfilap  süga  jöuab  pafju  teba  —  mit  dem  Munde  kann  man  wohl  viel 
thun. 

kfilap  tegijal  töd  on ,  magajal  und  —  der  Thätige  hat  wohl  schon  Ar- 
beit, der  Liegende  Schlaf. 

kfilap  tö  öpetab  —  die  Arbeit  wird  wohl  lehren. 

kfilap  töbi  näeb  igase  paika  —  die  Krankheit  sieht  wohl  überall  hin 

(findet  überall), 
kfileli  mes  wörksamb  (d)  —  auf  der  Seite  liegend  hält  ein  Mann  länger 

vor  (nicht  arbeitend). 

kfill  aga  walge  ära  s5b,  mis  must  kokku  paneb  —  der  Weisse  wird 
aber  wohl  verzehren,  was  der  Schwarze  sammelt  (Winter,  Sommer). 

kfill  azi  wöib  wöl  teiziti  minna,  od,  wasta  arwamist  tulla  —  die 

Sache  kann  wohl  noch  anders  gehen,  od.  wider  Erwarten  kommen, 
kfill  bäda  ajab  palwele  —  Noth  treibt  wohl  in's  Gebet, 
kfill  häda  annab  paremat  nöuu  —  Noth  giebt  wohl  besseren  Ralh. 
kfill  häda  kölitab  targemaks  —  die  Noth  wird  schon  klüger  machen, 
kfill  häda  nöuu  annab  —  die  Noth  wird  schon  ein  Mittel  finden  lassen. 


—    99    — 

ktill  bäda  öpetab  eite  wätama  —  Noth  lehrt  wohl  Vorsicht. 

kfill  häda  sab  öpetama  —  Noth  wird  schon  belehren. 

kOU  h&f g  j&nese  tabab ,  kui  ep  enne ,  sis  katlas  —  der  Ochs  wird 

den  Hasen  wohl  einholen,  wenn  nicht  eher,  so  im  Kessel, 
kfill  hea  laul,  od.  lngu,  lazeb  ennast  kaks  korda  lajilda  —  ein  gu- 
tes Lied  lässt  sich  wohl  zwei  Mal  singen, 
küll  elu-kord  sab  üles  näjtama  —  das  Leben  wird  es  wohl  zeigen, 
kfill  ial  wöra  lojusest  sab  lojust,  aga  wöra  leiwast  ei  sä  lejba  — 

aus  dem  Thier  des  Fremden  bekommt  man  wohl  einmal  ein  Tbier, 

aber  aus  dem  Brot  des  Fremden  bekommt  man  kein  Brot  (geborgtes 

Brot  verschlägt  nicht). 
kfill  ilm  öpetab  —  die  Welt  wird  schon  lehren  (wer  auf  die  Eltern  nicht 

hört), 
kfill  jumal  näeb  ilma  näitamata  ja  kuleb  ilma  külutamata  —  Gott 

sieht  wohl,  ohne  dass  man  zeigt,  und  hört,  ohne  dass  man  verkündigt, 
kfill  jumal  rikast  rinnust  kinni  peab  nl  kaua,  kui  waene  järele 

sab  —  Gott  hält  wohl  den  Reichen  an  der  Brust  so  lange  fest,  bis  der 

Arme  nach  kommt, 
kfill  jumal  teeb,  kui  aimame  teba  —  Gott  wird  wohl  thun,  wenn  wir 

ihn  thun  lassen, 
kfill  jumal  tfihja  jöuule  kä  jätku  annab  —  Gott  wird  schon  auch  der 

unzureichenden  Kraft  Vermehrung  geben. 
kfill  jumalal  päjwi ,  kui  aga  pere-mehel  lejba  on  —  Gott  hat  wohl 

Tage,  wenn  der  Hausherr  nur  Brot  hat  (fauler  Arbeiter). 
kfill  kade  silm  teize  önne  önnitseks  —  ein  neidisches  Auge  möchte 

wohl  des  Anderen  Gluck  angeln. 
kfill  kg!  toidab  —  die  Zunge  wird  schon  ernähren  (durch  Betrug). 
kfill  ksletu  peab  wedama,  mis  möletu  peale  paneb  —  der  Stumme 

muss  schon  schleppen,  was  der  Unvernünftige  auflegt, 
kfill  kQer  häwa  parandab  —  der  Hund  wird  schon  seine  Wunde  heilen, 
kfill  koer  koera  (fira)  tunneb  —  ein  Hund  kennt  wohl  den  anderen, 
kfill  k^er  oma  pere-raehe  tunneb  —  der  Hund  erkennt  wohl  seinen 

Herren, 
kfill  leib  iks  latsi  N$d,  ent  latse'  ei  sä  iks  löwä  mann  (d)  -  das- 

7* 


—  100  — 

Brot  wird  schon  immer  Kinder  finden,  aber  Kinder  gelangen  nicht 
immer  zum  Brot. 

kfill  leib  sab  söja,  od.  söjale,  sai  sötkuja,  od.  sötkujale  —  das  Brot 
bekommt  wohl  einen  Esser,  das  Weissbrot  einen  Kneter,  od.  d.  B. 
kommt  wohl  zu  einem  Esser,  d.  W.  zu  einem  Kneter. 

küll  lidu  nl  kaua  poistega  lipitseb,  kui  litsiks  sab  —  die  Goquette 
schwänzelt  wohl  so  lange  mit  den  Burschen,  bis  sie  eine  Hure  wird. 

küll  mägi  oma  märja  kuiwatab  —  der  Berg  wird  schon  seine  Nässe 
trocknen. 

küll  mos  oma  mehe  tunneb  —  der  Mann  wird  schon  seinen  Mann  er- 
kennen. 

küll  näfg  näütäs,  ja  oht  oppas  (d)  —  der  Hunger  wird  schon  zeigen, 
-die  Noth  lehren. 

küll  omad  witsad  peksawad  —  die  eigenen  Ruthen  schlagen  wohl. 

küll  pitk  aeg  wägub  (üks  kord  hauale)  —  die  lange  Zeit  stirbt  wohl 
einmal  hin  in's  Grab. 

küll  pitk  päew  jöuab  öhtule  —  der  lange  Tag  gelangt  wohl  zum  Abend. 

küll  ruh  iks  tsea  lötid,  ent  tsiga  ei  löwwä  iks  ruht  (d)  —  der  Trog 
findet  wohl  immer  ein  Schwein,  aber  ein  Schwein  findet  nicht  immer 
einen  Trog. 

küll  (sa)  oled  nina  otsa  hakand,  aga  sa  ep  ole  wel  ea  otsa  ha- 
kand  —  du  hast  wohl  die  Nasenspitze  erfasst,  aber  das  Lebensende 
hast  du  noch  nicht  erfasst. 

küll  sa  söd  ize  oma  sülitud  kapsad  —  du  wirst  wohl  selbst  deinen 
bespienen  Kohl  aufessen. 

küll  so  azi  wöib  wöl  teist  wlzi  minna  —  diese  Sache  kann  wohl  noch 
anders  gehen. 

küll  so  söb,  kes  löunat  magab  —  der  wird  es  wohl  verzehren,  welcher 
zu  Mittag  schläft  (lachende  Erben). 

küll  suga  jöuab  palju  teha—  mit  dem  Munde  kann  man  wohl  viel  thun. 
küll  ta  wöib  katsuda,  kas  ta  pü-noaga  kulda  wöib  leigata  —  er 

kann  wohl  versuchen,  ob  er  mit  einem  hölzernen  Messer  vermag  Gold 

zu  schneiden. 


—   101   — 

küll  tegijal  on  töd,  magajal  und  —  der  Thätige  hat  wohl  Arbeit,  der 

Liegende  Schlaf, 
küll  tuleb  härjale  saba  tatwis,  kui  parmud  wälja  tulewad  —  wohl 

hat  der  Ochs  den  Schwanz  nöthig,  wenn  die  Bremsen  heraus  kommen. 
kflll  bunt  wötab  kä  loetud  Jamba,  od.  lammastes,  od.  kä  loetust  — 

der  Wolf  nimmt  wohl  auch  das  gezählte  Schaf,  od.  von  den  gezählten 

Schafen,  od.  von  dem  Gezählten, 
küll  wana  kä  löbib  ja  aTbib ,  kui  kaerad  kutistawad  —  auch  ein 

.   Alter  tändelt  und  faselt  wohl,  wenn  der  Hafer  kitzelt. 
kflll  wanal  kä  möni  kord  wel  tite-hambad  sQs  —  auch  ein  Älter  hat 

manches  Mal  wohl  noch  die  Milchzähne  im  Munde, 
küll  wazika  nahk  wlakse  tum  peale  nl  kui  härja  nahk  —  die  Haut 

eines  Kalbes  wird  wohl  auch  auf  den  Markt  gebracht  wie  die  Haut 

eines  Ochsen  (auch  junge  Leute  mässen  sterben), 
küll  wöib  ta  katsuda,  kas  pQ-noaga  kulda  wöib  leigata  —  er  mag 

immer  versuchen,  ob  man  mit  einem  hölzernen  Messer  Gold  schneiden 

kann, 
kflll  w<5ra  lojusest  sab  lojust,  aga  wöra  leiwast  ei  sä  lejba  —  wohl 

bekommt  man  Vieh  von  des  Fremden  Vieh»  aber  nicht  Brot  von  des 

Fremden  Brot  (vgl.  lästu-tuli  etc.). 
kfllla  kflllest  enne  sab,  od.  sab  enam,  kui  nälja  otsast  —  von  der 

Fülle  bekommt  man  eher,  od.  mehr,  als  von  dem  Mangel, 
küllus  ajab  uhkeks  —  Fülle  macht  übermuthig. 
kfilm  ajab  käed  pöue  —  die  Kälte  treibt  die  Hände  in  den  Busen, 
kfllm  ajab  mehe  ree  pealt  maha,  istub  ize  peale  —  die  Kälte  treibt 

ilen  Mann  vom  Schlitten,  setzt  sich  selbst  darauf. 
kfllm  kizub  kindad  karmanist  —  die  Kälte  zieht  die  Handschuhe  aus 

der  Tasche, 
kfllm  küzib  köri  käest  kazukat  —  die  Kälte  verlangt  von  der  Gurgel 

einen  Pelz  (durch  Branntweintrinken), 
kfllm  Mai  ja  märg  Juni  täidab  keMrid  ja  aidad  laeni  -  kalter  Mai 

und  nasser  Juni  füllen  Keller  und  Scheuer  bis  zur  Decke, 
kfilm  paneb  lindude  aida-ukse  lukku  —  die  Kälte  verschliesst  die 

Speichertbär  der  Vögel. 


—  102  — 

külm  teeb  jalgu  alla  —  Kälte  macht  Beine  unter. 

kfllm  teeb  wette  üle  sillad  —  Kälte  macht  Brücken  über  die  Wasser. 

kfilwa  head.  sTs  kaswab  head  —  säe  Gutes,  se  wächst  Gates. 

ktimne-rublane  nimi  ja  kopikane  ammet  —  ein  zehnrubliger  Name 
und  ein  Amt  eine  Kopeke  werth. 

kü£t  läheb  metsa,  pange  pada  kummuli;  kala-m&s  läheb  kalule, 
pange  pada  tulele  —  der  Jäger  geht  in  den  Wald,  kehrt  den  Kessel 
um;  der  Fischer  geht  zum  Fischen,  setzt  den  Kessel  aufs  Feuer. 

küzija  sQ  pqale  ei  15da,  wajd  wötja  käe  peale  lüakse  —  auf  des 
Fragenden  Mund  schlägt  man  nicht,  sondern  auf  des  Nehmenden  Hand 
schlägt  man. 

kü  oli  libe,  wäga  kibe  —  die  Schlange  war  glatt,  sehr  scharf. 

künla-kuize  sula  wastab  wastla-kü  ära  —  für  das  Thauwetter  im 
Februar  haftet  der  Märzmonat  (im  März  friert  es  wieder). 

kflnla-pä  sula  ja  Mareta-pä  pQud  on  nälja  ema  —  Thauwetter  zu 
Lichtmess  und  Dürre  am  Margarethentag  sind  die  Mutter  des  Hungers. 

laen  on  iga  kord  lajiza  wölg  —  Geborgtes  ist  jedes  Mal  eine  offenbare 
Schuld. 

laen  on  kerge  anda,  aga  raske  tagasi  säda  —  Geliehenes  ist  leicht 
zu  geben,  aber  schwer  zurück  zu  bekommen. 

laena  nl  kaua  tei Stele,  kui  ize  laenama  lähed  —  leihe  so  lange  An- 
deren, bis  du  selbst  borgen  gehst  (ironisch). 

l$ena  perse  külase,  ja  situ  ize  läbi  külle-luid  —  leihe  den  Hinteren 
aus,  und  seh....  selbst  durch  die  Rippen. 

laenaja  leiab  enam  laitust  kui  tänu  —  der  Leiber  findet  mehr  Tadel 
als  Dank. 

laenaja  on  söbr,  aga  tagasi  nöudja,  od.  laena  pärija,  on  waenlane 
—  der  Leihende  ist  ein  Freund,  aber  der  das  Geliehene  Zurückfor- 
dernde ist  ein  Feind. 

laenamine  on  hölpsam  kui  kätte-tömine  -  Borgen  ist  leichter  als 

Zurückbringen, 
l^enu-leib  ja  lästu-tuli  —  geborgtes  Brot  und  Spanfeuer. 
lahti  lastud  sönal  ei  ole  hända  —  ein  los  gelassenes  Wort  hat  keinen 

Schweif  (zum  Zurückziehen). 


—  103  — 

lahti  leigatud  wllukas  ei  kaswa  enam  kokku  —  ein  abgeschnittenes 

Brotstöck  wichst  nicht  mehr  zusammen, 
lai  80,  lad  seTg  —  breiter  Mond,  breiter  Rucken  (der  Racken  muss 

büssen). 
laisk  b&fg  säze  wirgale  jänesele  järge  (d)  —  der  faule  Ochs  holt  den 

raschen  Hasen  ein  (in  der  Pfanne), 
lajsk  ei  pea  leiba  kinni ,  wirgul  kott  ja  köht  \%k  —  der  Faule  hält 

das  Brot  nicht  fest,  der  Fleissige  hat  Sack  und  Bauch  voll, 
laisk  koer,  hea  önn  —  fauler  Hund,  gutes  Gluck, 
laisk  ötab,  ku6ni  pägw  löja  läheb  —  der  Faule  wartet,  bis  die  Sonne 

unter  geht, 
lajsk  petab  möne  korra  uzinat  —  der  Faule  betrugt  bisweilen  den 

Fleissigen  (kommt  zuvor), 
lajsk  teeb  ikka  lappa-Öhtu  —  der  Faule  macht  immer  Sonnabendabend, 
laiskus  ja  boletus  on  kehwuze  weanad  —  Faulheit  und  Sorglosigkeit 

sind  die  Bruder  der  Armuth. 
lajskus  käib  pitkamizi  el,  waezus  tuleb  kermeste  järele  —  Faulheit 

geht  langsam  voran,  Armuth  kommt  schnell  nach, 
laiskus  läbeb  naba  wabele  —  Faulheit  geht  zwischen  die  Haut  (gewöhnt 

sich  leicht  an), 
lajskus  on  kurati  p^a-padi  —  Faulheit  ist  des  Teufels  Kopfkissen, 
laitajajd  on  küll,  aga  wöta  körem  oma  selga,  talu  ezite,  ja  laida 

sls  teist  —  Tadler  giebt  es  genug,  aber  nimm  die  Last  auf  deinen 

Rucken,  trage  sie  erst,  und  tadle  dann  den  Anderen. 
lamba  nfign,  huridi  tegu  —  Aussehen  eines  Schafes,  Thun  eines  Wolfes, 
lammas  läheb  wähi  käest  willu  säma  —  das  Schaf  geht  von  dem  Krebs 

Wolle  bekommen, 
laps  kätkis,  lejb  kapis  —  ein  Kind  in  der  Wiege,  Brot  im  Schrank, 
laps,  kell  söna  süs,  jalg  all  —  ein  Kind,  welches  ein  Wort  im  Munde 

hat,  einen  Fuss  unten, 
laps,  mis  files  kaswab  hirmnta,  so  sureb  auuta  —  ein  Kind,  welches 

ohne  Furcht  aufwächst,  das  stirbt  ohne  Ehre. 

lapse  mänöi-azi  on  pü-pulk  ja  sita-julk  —  des  Kindes  Spielzeug  ist 
ein  Holzpflock  und  eine  Kothfrummel. 


—  104  — 

lapsed  ja  narr  id  uzuwad,  et  kahe  kümne  rublale  ja  kahe  kümne 
ästale  otsa  ei  sä  —  Kinder  und  Narren  glauben,  dass  zwanzig  Rubel 
und  zwanzig  Jahre  kein  Ende  nehmen. 

Iapsel  walutab  sörme  ots,  emal  walutab  süda  —  dem  Kinde  ibut  die 
Spitze  des  Fingers  weh,  der  Mutter  das  Herz. 

lapsele  lauldakse,  mörsja  moistku  —  dem  Kinde  wird  es  gesungen, 
die  Erwachsene  mag  es  verstehen. 

lapsest  kaswab  hifjamine  jälle  lapse  wanem  —  aus  einem  Kinde  er- 
wächst später  wieder  ein  Vater  oder  eine  Mutter. 

lapsest  kaBwab  möni  kord  wanematele  waenlane  —  aus  einem  Kinde 
erwächst  manches  Mal  den  Eltern  ein  Feind. 

last  enne  sündimist  ära  rigtitama  —  das  Kind  schon  vor  der  Geburt 
taufen. 

lats  ikk  wäist,  emä  ikk  last  (d)  —  das  Kind  weint  über  das  Messer, 
die  Mutter  weint  über  das  Kind. 

laula  ehk  loe  tema  wasta,  se  on  üks  köik  —  singe  oder  bete  zu  ihm, 
das  ist  Alles  eins. 

Laprits  tob  ezimezi  halge  —  Lorenz,  der  Laurentiustag,  bringt  die  er- 
sten Holzscheite. 

lauzutud  söna  lagub  —  ein  ausgesprochenes  Wort  verbreitet  sieb. 

laze  kurat  kiriku,  sls  ta  läheb  kä  kantsli  peale  —  lass  den  Teufel  in 
die  Kirche,  so  gebt  er  auch  auf  die  Kanzel. 

laze  naerda  peale ,  naer ja  perses  hambad  —  lass  nur  lachen  immer- 
hin, die  Zähne  sind  in  des  Lachenden  Hinteren. 

laze  sant  sanha,  satit  taht  kä  lawwale  (d)  —  lass  einen  Bettler  in  die 
Badstube,  der  Bettler  will  auch  auf  das  Brett. 

laze  sarit  sauna,  sant  tahab  wihta;  anna  talle  wibt,  sant  tahab 
lawale  —  lass  einen  Bettler  in  die  Badstube,  der  Bettler  will  einen 
Badebesen ;  gieb  ihm  den  Badebesen ,  der  Bettler  will  auf  die  Bank. 

laze  sädan  sauna,  kttlap  sls  kä  lawa  peale  läheb  —  lass  den  Teufel 
in  die  Badstube,  dann  geht  er  wohl  auch  auf  die  Bank. 

lästu-tuli  ja  laenu-leib  ei  kesta  pitkale,  od.  ei  ole  pitkalt  -  Span- 
feuer und  geborgtes  Brot  dauern  nicht  lange. 


—   105  — 

lftbi  leigatud  lejb  ei  taha  enam  kokku  pahkuda  —  ein  durchge- 
schnittenes Brot  will  nicht  wieder  zusammen  backen, 
läheb  önneks»  sls  on  hea;  läheb  hukka,  sIs  sän  sua  —  gluckt  es, 

so  ist  es  gut;  misslingt  es,  so  bekomme  ich  zu  essen  (Sprichw.  der 

Diebe), 
l&heb  sihnist  ja  läheb  malest  kä  —  es  geht  aus  den  Augen,  und  es 

geht  auch  aus  dem  Sinn, 
läheb  hundi  est  pakku,  od.  pelgu,  leiab  kam  es,  od.  kara  kahe 

pojaga  6s  —  er  flieht  vor  dem  Wolf,  und  findet  einen  Baren  mit 

zwei  Jungen. 
Iahen  ma  Sömest  Rötsi,  flks  kcjer  ölen  igas  kobas!  —  geh  ich  aus 

Finnland  nach  Schweden,  ein  und  derselbe  Hund  bin  ich  überall, 
liks,  et  jalad  kuklase  löid  —  er  ging,  dass  die  Füsse  in  den  Nacken 

schlugen  (so  eilig), 
liks  tema  sört  sama,  aga  jäme  pütus  pihku  —  er  ging  Grosses  zu 

erlangen,  und  Dickes  fiel  ihm  in  die  Hand, 
lehm  lüpsab  süst,  kana  mnneb  nokast  —  die  Kuh  milcht  aus  dem 

Monde,  die  Henne  legt  Eier  aus  dem  Schnabel, 
lehm  on  kä  ühe  silma  pärast  pime  —  eine  Kuh  ist  auch  eines  Auges 

wegen  blind, 
lehmast  sab  wanandel  wöl  liha  ja  nahka  —  von  der  Kuli  bekommt 

man,  wenn  sie  alt  wird,  noch  Fleisch  und  Haut, 
leib  wanem!  —  das  Brot  ist  ein  Vorgesetzter,  sc.  dem  man  folgen  muss 

(bei  Annahme  der  Einladung  zum  Essen). 
Ieiba  töres  leutab,  kala  töres  kautab  —  rohes  Brot  erweicht,  roher 

Fisch  bringt  Verderben, 
leigatud  laps  hoiab  noa  est  —  ein  geschnittenes  Kind  hütet  sich  vor 

dem  Messer, 
leikuzel  on  kanad  kurdid  —  bei  der  Ernte  sind  die  Hühner  taub, 
lenda,  od.  mine,  körgemale,  kui  tlwad  annawad!  —  fliege  nur  hoher, 

als  die  Flügel  erlauben  (ironisch), 
lenda  sls  wel ,  kui  wezi  perse  püdub !  —  fliege  dann  noch,  wenn  das 

Wasser  an  den  Hinteren  geht  (ironisch), 
lesk  on  katuseta  hone  —  eine  Wittwe  ist  ein  Haus  ohne  Dach. 


—  106  — 

lönt  ei  söda  nl  palawalt,  kuj  ködetakse  —  die  Suppe  isst  man  nicht 

so  heiss,  wie  sie  gekocht  wird, 
libe  köT,  herise,  od.  keftni,  mit  —  glatte  Zunge,  Schalkessinn. 
Übe  köf,  kibe,  od.  kare,  möf  —  glatte  Zunge,  barter,  od.  rauher,  Sinn, 
libe  kör  on  kawal  petis  —  eine  glatte  Zunge  ist  ein  schlauer  Beträger, 
libe  kör  teeb  palju  söbru,  ja  paha  söna  marrab  w5ra  käe  —  eine 

glatte  Zunge  macht  viel  Freunde,  und  ein  böses  Wort  bricht  des 

Fremden  Hand, 
libe  köf  (ja)  tige  möf  —  glatte  Zunge,  tückischer  Sinn. 

« 

libe  tö  paneb  jala  libisema  —  glatter  Weg  maeht  den  Fuss  gleiten, 
ligi  sugu,  wies  wezi  tfiri  peal!  —  nahe  Verwandtschalt,  das  fünfte  Was- 
ser auf  der  Dünnbiermaische  (ironisch), 
liha  ei  kaswa  kondita,  ega  pO  oksteta  —  Fleisch  wächst  nicht  ohne 

Knochen,  noch  ein  Baum  ohne  Aeste. 
liha  (-lönt)  llpa,  od.  llbata,  pealt,  kala  (-lönt)  käpa,  od.  kabata, 

pöhjast  —  Fleischsuppe  schöpfe  von  oben,  Fischsuppe  kratze  vom 

Boden, 
liha  oisid,  koüdi  lejad  —  Fleisch  suchst  du,  einen  Knochen  findest  da. 
liha  tob  ligidale,  kapsad  wlwad  kaugele  —  Fleisch  bringt  nahe,  Kohl 

bringt  weit  hin. 
liha  töres,  od.  Qdis  od.  Oi,  lihutab,  od.  leutab,  kala  töres,  od.  üdis 

od.  ü2,  kautab  —  rohes  Fleisch  macht  feist,  od.  erweicht,  roher  Fisch 

bringt  in's  Verderben, 
lihane  köf  leikab,  od.  tapab,  luize  kaela  —  die  fleischerne  Zunge 

schneidet  den  knöchernen  Hals  ab. 
libata  wöjb  inimene  elada,  ei  mitte  lgjwata  —  ohne  Fleisch  kann 

der  Mensch  leben,  nicht  ohne  Brot, 
linad  pitkad  liugujale,  takud  taga-jöksjale,  tudrad  toa-istujale, 

lusted  lajza  lakkujale  (pt)  —  der  lange  Flachs  dem  Gleitenden,  die 

Heede  dem  hinten  nach  Laufenden,  die  Leindotter  dem  Stubensitzer, 

die  Trespe  dem  faulen  Trinker, 
lind  ei  lenda  mitte  oma  peza  jürest  kaugele  —  der  Vogel  fliegt  nicht 

weit  weg  von  seinem  Neste. 
lind  ei  wöi  kßrgemale,  od.  kapgemale,  lennata,  kuj  tlwad  kanna- 


—  107  — 

wad  —  ein  Vogel  kann  nicht  höher,  od.  weiter,  fliegen,  als  die  Flü- 
gel tragen. 
Hnna-saia  sarwed  paißtawad  ja  silma  —  die  Ecken  der  Stadtweiss- 

brote  werden  schon  sichtbar, 
frgjulgus  lükkab  mere  pöbja,  kelmus  keldri  —  zu  grosse  Kühnheit 

stösst  in  den  Boden  des  Meeres,  Schelmerei  in  den  Keller,  d.  h.  das 

Gefangniss. 
lig  köwerdamine  tob  mnrdmist  —  zu  starkes  Biegen  bringt  Brechen, 
llg  palju  ajab  koti  löhki  —  zu  viel  macht  den  Sack  bersten, 
llgntud  kiwü  ej  ole  sammalt  —  ein  bewegter  Stein  hat  kein  Moos. 
Ilgntud  pü  ej  haljenda  —  ein  Baum,  welcher  bewegt  worden  ist,  grünt 

nicht, 
llknw  wezi  läheb  selgemaks,  seizaw  wezi  pahemaks  ja  haisema  — 

Wasser  in  Bewegung  wird  reiner,  stehendes  Wasser  schlechter  und 

stinkend. 
loe  ehk  laula  tema  wastu,  so  on  flks  köik  —  bete  oder  singe  zu  ihm, 

das  ist  Alles  eins, 
loetud  raha  ei  köla  warga  käppa  —  das  gezählte  Geld  hindert  des 

Diebes  Hand  nicht, 
löde-tul  on  taewa  lud  —  der  Nordwestwind  ist  des  Himmels  Besen, 
löm  tnnnistab  löja  auu  ehk  bäbi  —  das  Geschöpf  bezeug!  des  Urhe- 
bers Ehre  oder  Schande, 
lötus  on  (kä)  hea  mSs  —  Hoffnung  ist  auch  ein  guter  Mann, 
loikas,  et  jalad  all  tuld  löiwad  —  er  schritt  zu  (lief),  dass  die  Ffisse 

unten  Feuer  schlugen, 
löpetazes  iga  mos  tark  —  am  Ende  ist  jeder  Mann  klug, 
loa  sitatud,  löu  leigatud  —  von  der  Lerche  gedüngt,  von  der  Lerche 

geerntet  (schlechte  Düngung), 
lftuke  tob  löune-söja,  päzukene  päewa-söja,  5-pikk  tob  ö-söja  - 

die  Lerche  bringt  •  Mittagswärme ,  die  Schwalbe  Tageswärme,  die 

Nachtigall  Nachtwarme, 
löukene,  od.  löu,  sittab,  löukene,  od.  löu,  leikab  —  die  Lerche  düngt, 

die  Lerche  erntet, 
lnbaja,  od.  lobadns,  hea  mos,  kinni-pidaja  wöl  parem  —  der  Ver- 


—   108- 
sprechende,  od.  das  Versprechen,  ist  ein  guter  Mann,  der  Haltende 
ein  noch  besserer. 

lumi  oli  nenda  sügaw,  et  iga  sammu  peal  oli  perse-aze  taga  — 
der  Schnee  war  so  tief,  dass  bei  jedem  Schritt  eine  Spur  des  Hinte- 
ren da  war. 

luäti-pidu  ajab  möni  kord  kurja  idn  —  lustgelag  treibt  bisweilen 
einen  bösen  Keim. 

luzikaga  antud,  kufbiga  wöetud  —  mit  dem  Löffel  gegeben ,  mit  dem 
Vorlegelöffel  genommen. 

lü  kaswatab  liha,  aga  liba  ei  kaswata  lud  —  Knochen  erzeugt  Fleisch, 
aber  Fleisch  erzeugt  nicht  Knochen. 

lud  kondid,  od.  lü-kondid,  (wörewad)  walitsejale  —  die  Knochen 
rollen  zu  dem  Wählenden. 

ltthike  au,  sQf  häbi  —  kurze  Ehre,  grosse  Schande  (von  Gestohlenem). 

ma  ei  küle  enam  oma  oiget  nime  —  ich  höre  meinen  eigentlichen  Na- 
men nicht  mehr  (von  Schimpf  werten). 

ma  ep  ole  kellegi  naba  narmast  ära  wlnud  —  ich  habe  von  Nieman- 
des Haut  einen  Fetzen  weggebracht. 

ma  ep  ole  seda  ära  wötnud,  sä  tödi  mu  majase  —  ich  habe  es  nicht 
weg  genommen,  es  wurde  mir  in's  Haus  gebracht  (Entschuldigung  der 
Müller,  Schneider,  Weber,  wenn  sie  stehlen). 

ma  lä  sutta  pakko  ja  löwwä  kabro  kate  pojaga  6h  (d)  —  ich  fliehe 
vor  dem  Wolf  und  finde  einen  Bären  mit  zwei  Jungen  vor  mir. 

ma  lön  sind,  et  punane  wälja  tuleb  —  ich  werde  dich  schlagen ,  dass 
Rothes  heraus  kommt. 

ina  pean  nenda  elama,  kui  minu  jäfg  näitab  —  ich  muss  so  leben, 
wie  meine  Lage  anzeigt. 

ma  püan  laiska  petta,  ei  laze  laisk  ennast  petta  —  ich  möchte  den 
Faulen  betragen,  der  Faule  lässt  sich  nicht  betrugen  (mir  einen  Gang 
ersparen). 

ma  rfigin  kuhja,  od.  knbjast,  sa  rägid  kuhja  aeda,  od.  ajast  —  ich 
spreche  von  dem  Schober,  du  sprichst  vom  Zaun  des  Schobers. 

ma  s$in  nl  märjaks,  et  ep  ole  hamba  all  enam  ktriwa  kohta  —  ich 
wurde  so  nass,  dass  unter  dem  Zahne  keine  trockene  Stelle  mehr  ist. 


—  109   — 

ma  tazun  so  wöla  oma  pihtadega  —  ich  werde  diese  Schuld  mit  mei- 
nen Schaltern  bezahlen  (abarbeiten). 
ma  teen  sinuga  wlz  imet ,  ja  iga  ime  ize- wlzi  —  ich  werde  fünf 

Wunder  mit  dir  machen,  nnd  jedes  Wunder  auf  eine  besondere  Weise. 
madal  aed  lazeb  hölpsaste  file  htipata  —  ein  niedriger  Zaun  lässt 

leicht  hinüber  springen, 
madal  ma,  süred  laened  —  flacher  Boden,  grosse  Wellen« 
madal  nies  sab  enne  mäzika,  od.  raarja,  mist,  kui  körge,  od.  pitk, 

t&he  taewast  —  ein  kurzer  Mann  bekommt  eher  eine  Erdbeere,  od. 

Beere,  vom  Boden,  als  ein  langer  einen  Stern  vom  Himmel. 
madal  ulu  ajab  tule  klrest  katusele  —  ein  niedriges  Vordach  treibt 

von  einem  Funken  das  Feuer  in's  Dach, 
madal  wezi,  sögaw  pöhi  —  niedriges  Wasser,  tiefer  Boden, 
madalast  aiast  kargas  egä  üts  file  (d)  -   über  einen  niedrigen  Zaun 

springt  Jeder. 
Madelena  annab  häda-leiba,  od.  -köki,  Jägu  annab  sure  kaku  — 

Magdalene  giebt  zur  Notb  Brot,  Jacob  giebt  ein  grosses  Laib. 
Madise-paewal  antakse  kanale  wöti  kätte  —  am  Matthäustag  fiber- 

giebt  man  dem  Huhne  den  Schlüssel, 
madu  poetab  naha,  aga  ei  poeta  paha  —  die  Schlange  legt  die  Haut 

ab,  aber  nicht  das  Böse, 
magab  söba,  od.  saba,  (aga)  ei  raaga  söba-,  od.  sawa-,  alune  —  die 

Decke,  od.  der  Schwanz,  schläft,  aber  nicht  das,  was  unter  der  Decke, 

od.  dem  Schwänze,  ist. 
magades  ei  leia  kögi  leiba  —  schlafend  findet  Niemand  Brot, 
fflagaja  jagu  pannakse  diese  —  des  Schlafenden  Portion  wird  aufbe- 
wahrt. 
Mgaja  ka£6i  suhu  ei  jökse  hlri,  od.  hlf  —  in  einer  schlafenden  Katze 

Mund  laufen  keine  Mäuse,  od.  die  Maus  nicht, 
roagaja  koer  ei  taba  warast  —  ein  schlafender  Hund  erwischt  den  Dieb 

nicht, 
magaja  koeral  süf  pea,  jöksja  kqeral  lai  sefg  —  ein  schlafender  Hund 

hat  einen  grossen  Kopf,  ein  laufender  Hund  einen  breiten  Rücken, 
magaja  oza  pannakse  paigale,  törkuja  oza  sttakse  ära  —  des  Schla- 


—  110  — 

fenden  Portion  wird  aufbewahrt,  des  Störrischen  Portion  wird  auf- 
gegessen. 

magaja  uni  ja  tegija  tö  ei  löppe  —  des  Schlafenden  Schlaf  und  des 
Arbeitenden  Arbeit  hört  nicht  auf. 

magajal  und,  tegijal  töd  —  der  Liegende  hat  Schlaf,  der  Thätige  Ar- 
beit» 

magu  müjal,  maga  o&jal  —  Geschmack  hat  der  Verkäufer,  Geschmack 
der  Käufer  (beiderseitige  Zufriedenheit). 

magus  petab  maia  ära,  od.  m<iiast  —  das  Süsse  beträgt  den  Nasch- 
haften. 

maha  jäetud  leib  läheb  (taga  järel)  magusaks  —  das  nachgelassene 
Brot  wird  hinterher  süss. 

maias  ikka  mau  pöletab  —  der  Naschhafte  verbrennt  sich  immer  den 
Magen. 

maias  maitseb  köik,  ja  käritu  katsub  —  der  Naschhafte  schmeckt, 
und  der  Ungeduldige  versucht  Alles. 

maja  ilma  naezeta  ku|  pere  ilma  ka&ita,  maja  ilma  meheta  kui 
Qjie  ilma  koerata  —  ein  Haus  ohne  Frau  ist  wie  eine  Wirtbschaft 
ohne  Katze,  ein  Haus  ohne  Mann  wie  ein  Hof  ohne  Hund. 

majal  muhk,  tejzel  paize  —  ein  Haus  hat  eine  Beule,  das  andere  eine 
Geschwulst. 

mä-ilm  läheb  wanemaks  ja  päew  päewalt  ikka  targemaks  —  die 
Welt  wird  älter  und  von  Tag  zu  Tag  immer  kluger. 

mä  külmetand,  kärs  katki  —  das  Land  ist  gefroren,  der  Rüssel  wund 
(Ausreden  des  Faulen). 

mä-m3s  ködab,  od.  paneb,  meri-wett  ja  jäfw-kala,  ranna-mes 
meri-kala  ja  järw-wett  —  der  Landbauer  kocht  Meerwasser  und 
einen  Seefisch,  der  Strandbauer  einen  Meerfisch  und  Seewasser  (viel 
und  wenig). 

mä  kfindjat  15  kiwiga  pähä,  nidu  nitjale  anna  pala  leiba  —  den 
Pflüger  des  Feldes  schlage  mit  einem  Stein  auf  den  Kopf,  dem  Mäher' 
der  Wiese  gieb  einen  Bissen  Brot. 

mä  nutab,  kui  ta  jäb  sCünikuta  —  der  Boden  weint,  wenn  er  ohne 
Dünger  bleibt. 


—  111  — 

mä  peetakse  pettuzega  kinüi  —  mit  Betrug  hält  man  »ein  Landslück 

fest, 
mä-pind  katab  koik  köweruzed  kirini  —  der  Erdboden  deckt  Alles 

Krumme, 
mä-pind  külmetand,  sea  kärs  katki  —  der  Erdboden  ist  gefroren,  des 

Schweines  Rössel  wand  (vgl.  oben  mä  külmetand  etc.). 
Da  pöues  ei  ole  (inimezel)  enam  w^ewa ,  od.  ühtegi  wae wa  —  im 

Basen  der  Erde  hat  der  Mensch  keine  Noth  mehr. 
mä  sttles  on  magna  magada  —  im  Scbooss  der  Erde   ist  sSss  zu 

schlafen. 
mäd  kfintakse  mitu  korda,  aga  sSmet  kfilwatakse  flks  kord  —  das 

Land  wird  viele  Mal  gepflügt,  aber  der  Same  ein  Mal'  gestreut. 
Märja-päew  tob  keäk-hommiku ,  ja  rukki-wiht  wlb  ke£k-hom- 

miku  —  der  Marientag  bringt  den  Mittmorgen,  die  Roggengarbe  ent- 
fährt den  Mittmorgen  (die  Morgenpause  in  der  Arbeit  zum  Frühstücken), 
mäda-mnna  peab  kä  pezas  olema  —  ein  faules  Nestei  muss  auch  im 

Neste  sein, 
mirjal  mal  ep  ole  wihma  tarwis  —  ein  nasser  Boden  hat  keinen  Re- 

gen  nöthig. 
minne  wakakene,  sänne  käzekene  (d)  —  wie  das  Gefdss,  so  der  Deckel. 
mlritnd  ratas  jökseb  libedam  —  ein  geschmiertes  Rad  läuft  glatter. 
mee-kapp-mSs  lakub  möne  korra  oma  söfmi  —  der  Honighändler 

leekt  bisweilen  seine  Finger. 
meega  pfitakse  maiast  —  mit  Honig  sucht  man  den  Naschhaften  zu 

Tangen, 
fliehe  an  on  ta  kübar  peas,  naeze  au  on  ta  pöfwil  —  des  Mannes 

Ehre  ist  sein  Hut  auf  dem  Kopfe,  des  Weibes  Ehre  ist  auf  ihren  Knien 

(das  Kind), 
mehe-kout  maksab  (ikka)  raha  —  Mannes  Knochen  kostet  immer  Geld 

(ist  etwas  werth). 
flehe  pqeg  näeb  mönda  —  eines  Mannes  Sohn  sieht  Manches, 
niehe  ruzikas  on  magusam  kui  mee-luzikas  —  des  Mannes  Faust  ist 

süsser  als  ein  Löffel  Honig. 
roehed  ikka  mölemad  —  Männer  sind  sie  immer  beide. 


—  112  — 

* 

mehel  on  mehe  süda  —  der  Mann  hat  eines  Mannes  Herz. 

mebest  sab,  od.  kaswab,  mes  —  aus  einem  Manne  wird,  od.  erwächst, 

ein  Mann, 
mehi  ei  pea  mitte  loetama,  waid  kälutama  —  Männer  müssen  nicht 

gezählt,  sondern  gewogen  werden, 
meie  ei  ole  himude  pere-mehed,  waid  nemad  ikka  meie  pere-me- 

hed  —  wir  sind  nicht  die  Herren  unserer  Begierden,  sondern  sie 

sind  immer  unsere  Herren, 
meie  kahe  patt  ei  mahu  mitte  pörgu  katla  kema,  et  köb  üle  — 

unser  beider  Sunde  hat  nicht  Raum  im  Kessel  der  Hölle  zum  Kochen, 

denn  er  kocht  aber, 
meie  persed  peksetakse  alati  nenda  palawaks,  et  sütiniks  kar- 

tuhwlid  nende  peal  ktipseks  teha  —  unsere  Hinteren  werden  im* 

mer  so  heiss  geprügelt,  dass  man  Kartoffeln  darauf  backen  konnte, 
meil  eß  ole  metsa  enara  j  an  est  kattagi  —  wir  haben  nicht  mehr  Wald 

auch  nur  einen  Hasen  zu  bedecken, 
mere  polt  tob  kala-säki,  mä  polt  murin  kfilma-pakki  (pt)  —  vom 

Meere  her  bringt  das  Gewitter  Fische,  vom  Lande  her  Kälte, 
merel  silmad,  metsal  körwad  —  das  Meer  hat  Augen,  der  Wald  Ohren, 
meri  tapab  nOre  mehe,  kare  katkestab  nöre  häfja  —  das  Meer  reibt 

den  jungen  Mann  auf,  das  Rasenpflügen  den  jungen  Ochsen, 
mets  ja  naeste-rahwa  perse  on  iga  ühe  päralt  —  Wald  und  Weiber- 
scham gehören  Jedem, 
mets  ön  nl  paks,  et  uä£  ei  peaze  l&bi  —  der  Wald  ist  so  dicht,  dass 

keine  Schlange  hindurch  kann, 
metsa-inös  kldab  Ohtu,  kala-mOs  hommiku  —  der  Jäger  rühmt  am 

Abend,  der  Fischer  am  Morgen, 
metsa  püd  pannakse  westes  kokku,  aga  inimezi  ttkski  ei  tee  übe- 

suguseks  —  die  Bäume  des  Waldes  werden  wohl  zusammengelegt, 

indem  man  sie  behaut,  aber  die  Menschen  macht  Niemand  gleichartig, 
metsal  körwad,  seinal,  od.  wäljal,  silmad  —  der  Wald  hat  Ohren,  die 

Wand,  od.  das  Feld,  Augen, 
metsal  silmad,  seinal  körwad  —  der  Wald  hat  Augen,  die  Wand 

Ohren. 


—  113  — 

mezi  peia,  wihar  naeze-mehe  süs  —  Honig  in  des  Bräutigams,  Bitteres 

in  des  Mannes  Mund, 
mezi  süs,  aga  sapp  südames  —  Honig  im  Munde ,  aber  Galle  im 

Herzen, 
mes  alumine  kafp ,  nagne  pealmine  kafp  —  der  Mann  ist  die  untere 

Schale,  das  Weib  die  obere  Schale  (der  Muschel), 
mos  ei  jöua  Oheksa  hobusega  nl  palju  sisse  tüa,  kui  naene  flhe 
pöllega  wäfja  wlb  —  der  Mann  vermag  nicht  mit  neun  Pferden  so 
viel  herein  zu  führen,  wie  das  Weib  mit  einer  Schurze  hinaus  bringt. 

mes  ikka,  kes  rägib,  aga  lits,  kes  files  rägib  —  ein  Mann  ist  immer, 
der  da  spricht,  aber  eine  Hure,  der  da  verrätb. 

mes,  kes  petab,  narr,  kes  petta  lazeb  —  ein  Mann,  wer  betrügt,  ein 
Narr,  wer  sich  betrugen  lässt. 

mos  läheb  tele,  wötab  kalmn  kaela,  ja  naene  läheb  nurka,  wötab 
kalmu  kaela  —  der  Mann  geht  auf  Reisen,  nimmt  das  Grab  auf  den 
Hals ,  und  das  Weib  geht  in  den  Winkel ,  nimmt  das  Grab  auf  den 
Hals  (Gefahr  droht  fiberall). 

mes  most,  mel  tark,  raha-kukur  kfilus,  jahn-wakk  walge  —  der 
Mann  schmutzig,  der  Sinn  klug,  der  Geldbeutel  berühmt  und  der  Mehl- 
scheffel weiss. 

mes  must,  öün,  od.  leib,  walge  —  der  Mann  schmutzig,  das  Gluck,  od. 
Brot,  weiss. 

mos  peetakse  sönast  (ja)  häfg  sarwest  —  der  Mann  wird  beim  Worte 
gehalten,  der  Ochs  beim  Hörn. 

mos  pfiab  hülget,  od.  merd,  aga  hfllge,  od.  meri,  püab  kä  mfist 
—  der  Mann  langt  wohl  den  Seehund,  od.  das  Meer,  aber  der  See- 
hund, od.  das  Meer,  langt  auch  den  Mann. 

mos  sab  naeze,  aga  lapsed  ei  sä  ema  —  der  Mann  bekommt  ein  Weib, 
aber  die  Kinder  bekommen  keine  Mutter. 

mfcs  silestetäs  möhke,  lats  lapjo  päle  (d)  —  der  Mann  wird  in  den 

Brottrog  geglättet,  das  Kind  auf  die  Brotschaufel  (d.  h.  ein  Mädchen, 

welches  den  Teig  im  Brottroge  gut  glättet,  bekommt  einen  guten  Mann, 

ein  Weib,  welches  beim  Einschieben  die  Laibe  auf  der  Brotschaufel 

gut  glättet,  bekommt  hübsche  Kinder). 

8 


—  114  — 

möst  arwatakse  mütsist,  naest  tanust  —  der  Mann  wird  beurtheilt 
nach  der  Motze,  das  Weib  nach  der  Haube. 

mest  tuntakse  sönast  ja  härga  safwist,  od.  sörast  —  den  Mann  kennt 
man  am  Worte,  den  Ochsen  an  den  Hörnern,  od,  am  Huf. 

mida1)  armsam  laps,  seda  kibedara,  od.  w alusam,  wits  —  je  liebe- 
res Kind,  desto  schärfere  Ruthe. 

mida  harwem  näed,  seda  armsam  oled  —  je  seltener  du  siebst  (d.  b. 

besuchst),  desto  lieber  bist  du. 
mida  enam  koere  kous,  seda  wedelam,  od.  lahjem,  lake  —  je  mehr 

Hunde  beisammen  sind,  desto  dünner,  od.  magerer,  ist  das  Gesöff. 

mida  enam  päid,  seda  enam  tahtmizi  —  je  mehr  Köpfe,  desto  mehr 

Willen, 
mida  enam  sa  hunnikut  silitad ,  seda  enam  huntiik  haiseb  —  je 

mehr  du  einen  Misthaufen  glättest,  desto  mehr  stinkt  er. 

mida  enam  sitta  sllad,  seda  enam  sitt  hgjzeb  —  je  mehr  du  den 

Koth  streichst,  desto  mehr  stinkt  er. 
mida  enam  tölt,  seda  enam  tuld  —  je  mehr  Wind,  desto  mehr  Feuer, 
mida  kala  kegi  püab,  se  ta  sab  —  nach  welchem  Fische  Einer  fahndet, 

den  bekommt  er. 
mida  karusem  kQer,  seda  parem  ta  on  —  je  rauher  der  Hund,  desto 

besser  ist  er. 
mida  kapgemal  sa  öTgi  tule  öst  hoiad ,  seda  wähem  wöjwad  ne- 

mad  pölema  minna  —  je  weiter  man  das  Stroh  vom  Feuer  hält, 

desto  weniger  kann  es  anfangen  zu  brennen.  • 

mida  körgemase  tikud,  seda  sügawamase  kukud  —je  höher  du 

strebst,  desto  tiefer  fällst  du. 

mida  lindu,  seda  laulu  (d)  —  wie  der  Vogel,  so  der  Gesang, 
mida  m&d,  seda  marja  (d)  —  wie  das  Land,  so  die  Beere, 
mida  mustemad  käed,  seda  walgem  leib  —  je  schmutziger  die  Hände, 
desto  weisser  das  Brot. 


1)  Für  mida  (je)  wird  local  auch  seda  gebraucht  hier  and  ia  den  fol- 
genden Sätzen. 


—  115  — 

midapahem  koer,  seda  parem  önri  —  je  schlimmerer  Hund,  desto 
besseres  Glück. 

mida  pahem  mos ,  seda  parem  ön6  —  je  schlimmer  der  Mann ,  desto 

besser  das  Glück, 
•mida  pitkem  mos,  seda  pitkem  möY  —  je  länger  der  Mann,  desto 

grosser  die  Langmuth. 
mida  pizem  keha,  seda  sörem  sQda  —  je  kleiner  der  Körper,  desto 

grosser  das  Herz, 
mida  sflrem  kefm,  seda  kuldsem  önti  —  je  grösser  der  Schelm,  desto 

goldener  das  Gluck, 
mida  sörem  su ,  seda  laiem  olgu  piht  —  je  grösser  der  Mund ,  desto 

breiter  sei  der  Rücken, 
mida  sörem  tuisk ,  seda  parem  tüa  —  je  grösser*  das  Gestöber,  desto 

besser  zu  bringen  (zu  stehlen). 
mida  sofern  hulk ,  seda  wedelam  löm  —  je  grösser  die  Menge ,  desto 

dunner  die  Suppe. 
mida  waezem  sant,  seda  sürem  kott  —  je  ärmer  der  Bettler,  desto 

grösser  der  Sack, 
mida  waiksem  tüF,  seda  lähem*  tonn  —  je  stiller  die  Luft,  desto  näher 

der  Sturm, 
mida  wanemaks  säd,  seda  targemaks  jäd  —  je  älter  du  wirst,  desto 

kluger  wirst  du: 
mida  warem,  seda  parem  öpetada  rumalutaza;  ei  wana  enam  pet7 

mizest  kule  —  je  früher,  desto  besser  zu  belehren  nach  der  Dumm- 
heit; ein  Alter  lässt  sich  nichts  mehr  einreden, 
mida  wäbem  jöudu,  seda  kangem  kiuzu  —  je  geringer  die  Krall, 

desto  stärker  der  Trotz. 
mida  weikem  wägi,  seda  rohkem  wiha  —  je  kleiner  die  Macht,  desto 

grösser  der  Zorn, 
midagi  ei  sä  nl  pimedas  tehtud ,  mis  mitte  wimaks  walge  ette  gi 

tuleks  —  es  wird  nichts  in  so  Finsterem  gethan,  dass  es  nicht  zuletzt 

an's  Licht  käme. 
mida  sonne'  sörutawa',  sedä  perse'  pidäwä'  (d)  —  was  die  Finger 

melken,  das  haben  die  Hinteren. 

8* 


—  116  — 

miks  sepp  pihid  peab?  —  wozu  hat  denn  der  Schmied  die  Zange, 
millal  seljast  hing  wälja  läheb?  —  wann  geht  denn  die  Seele  zum 

Rucken  hinaus  (an  Prügeln  stirbt  man  nicht). 
mina  herra,  sina  herra,  kes  on  sIs  koti-kandja,  od.  kes  pergel 

kotti  paneb?  —  ich  ein  Herr,  du  ein  Herr,  wer  ist  denn  der  Sack- 
trager,  od.  wer  Henker  legt  denn  in  den  Sack, 
mina  jän  nenda  kui  tüle  peale,  ej  tfia,  kos  wöin  oma  pead  wafrju- 

tada  —  ich  bleibe  wie  auf  dem  Winde,  ich  weiss  nicht,  wo  ich  mein 

Haupt  schätzen  soll, 
mina  pean  nenda  olema,  kui  mu  järg  näitab  —  ich  muss  so  sein, 

wie  meine  Lage  es  anzeigt. 
mina  tahan  sind  kita  tflhjas  kirikus  ja  kuiwas,  od.  ölletumas, 

körtsus  —  jch  will  dich  loben  in  einer  leeren  Kirche  und  in  einem 

trockenen,  od.  bierlosen,  Kruge  (scherzw.). 
mine  adrata  kündma,  ehk  nödata  kala  pfidma  —  geh  ohne  Pflug 

pflügen,  oder  ohne  Netz  fischen, 
mirie  ihnuzelt  raha  laenama!  —  geh  von  dem  Geiz  Geld  borgen, 
mine  kaswata  sa  huödist  karja-kqera!  —  geh  und  erziehe  aus  einem 

Wolf  einen  Viehbund, 
mine  kopikata  körtsi,  ehk  wihata  sajma  —  geh  ohne  Groschen  in  den 

Krug,  oder  ohne  Badebesen  in  die  Badstube, 
mine  kuffi  kfizist  säki  kiskuma!  —  geh  aus  des  Habichts  Klauen  die 

Beute  reissen. 
mine  kurja  waimuga  wöitleraa,  sls  wöta  ästane  leiwa-kott  selga  — 

wenn  du  mit  einem  bösen  Geiste  kämpfen  gehst,  dann  nimm  nur 

einen  jährigen  Brotsack  auf  den  Rucken, 
mine  mutTist  lund  taga  ajaraa!-  geh  dem  vorigjährigen  Schnee  nach- 
spuren. 

mine  otsi  (sa)  önne,  kui  örin  ei  otsi  sind,  od.  sind  ei  otsi!  —  geh 
suche  du  das  Gluck,  wenn  das  Gluck  dich  nicht  sucht. 

mine  paska  paluma,  pask  laguneb  laiemale  -  geh  nur  den  Koth 
bitten,  der  Kolh  verbreitet  sich  noch  mehr. 

mine  sauna  wihata ,  ehk  linna  rahata  —  geh  in  die  Badstube  ohne 
Badebesen,  oder  in  die  Stadt  ohne  Geld. 


117 


mine  sea  perse,  kofja  kure-mafju  —  geh  in  des  Schweines  Hinteren, 

pflücke  Rauschbeeren. 
mine  8ls  ujuma ,  kui  wezi  külle  all  on  —  dann  schwimme ,  wenn  das 

Wasser  unter  der  Seite  ist. 
mine  sömata  magama,  töuze  lSmata  Öles  —  geh  ohne  Essen  zu  Bette, 

steh  ohne  Schläge  auf  (wenn  Kinder  am  Abend  noch  essen  wollen). 
mine  tengäldä  kör tsi,  ehk  wihalda  sanna  (d)  —  geh  ohne  Geld  in  den 

Krag,  oder  ohne  Besen  in  die  Badstube. 
mine  tfilt  kinni  pfldma!  —  geh  den  Wind  fest  nehmen. 
mine  hulluga  ölut  tegema,  jöb  olle  ja  sSb  rawa  —  geh  nur  mit  einem 

Tollen  Bier  machen,  er  wird  das  Bier  trinken  und  die  Traber  essen. 
mine  hundi  äst  hqjdma,  karu  tuleb  kallale  —  geh  nur  vor  dem  Wolfe 

dich  hüten,  ein  Bär  wird  über  dich  her  kommen, 
mine  hundi  sfist  tagasi  wötma !  —  geh  aus  des  Wolfes  Mund  zurück- 
nehmen, 
mine  bundist  karja-kqera  tegema,  ehk  sinust  in  im  est!  —  gehe  aus 

einem  Wolfe  einen  Viehhund  machen,  oder  aus  dir  einen  Menschen. 
mine  huriti  appi,  säd  hammustada  —  geh  einem  Wolfe  zu  Hülfe,  du 

wirst  gebissen  werden. 
mine  wihata  sauna,  ehk  rahata  linna,  sest  ep  ole  kazu  Ohtegi  — 

geh  ohne  Badebesen  in  die  Badstube,  oder  ohne  Geld  in  die  Stadt, 

das  ist  vergeblich. 
minu  perse-augu  sönis  on  enam  tarkust  kui  sinn  peas  —  in  den 

Adern  meines  Afters  ist  mehr  Klugheit  als  in  deinem  Kopfe. 
miau  söm  on  södud,  minu  jöm  on  jödud  —  mein  Essen  ist  gegessen, 

mein  Trinken  getrunken  (ich  werde  nicht  mehr  essen). 
minu  sonne  llkmes  on  enam  tarkust  kui  sull  peas  —  im  Gliede 

meines  Fingers  ist  mehr  Klugheit  als  in  deinem  Kopfe. 
minu  tfldrukul  on  tfldruk ,  minu  sulasel  on  sulane  —  meine  Magd 

hat  eine  Magd,  mein  Knecht  einen  Knecht  (sie  mögen  nicht  arbeilen), 
minule  tehakse  seitsme  abjuga  lejba  —  für  mich  wird  in  sieben  Oe- 

fen  Brot  gebacken  (Prahlerei). 
mis  aitab,  et  kidu  mökitab,  kui  kits  wastu  ej  mökita?  —  was  hilft 

es,  dass  das  Zickelchen  mekert,  wenn  die  Ziege  nicht  entgegen  mekert. 


—   118  — 

1 

mis  aitab  kitse  mekerdama,  kui  sikk  ei  mekerda?  —  was  hilft  der 
Ziege  Mekern,  wenn  der  Bock  nicht  mekert. 

mis  ajast  (läjmid),  se  arust  (läinud)  —  was  ans  dem  Hof  gegangen, 
ist  aus  dem  Sinn  gegangen. 

mis  hakkab  kufbi  külge ,  so  hakkab  kondi  külge  —  was  an  den 
Suppenlöffel  haftet,  das. haftet  an  den  Knochen. 

mis  Hantsuke,  od.  Juku,  ep  ole  öppinud,  seda  Hants,  od.  Julian, 
ei  möista  —  was  Häuschen  nicht  gelernt,  versteht  Hans  nicht. 

mis  inimene  otsib,  seda  ta  leiab,  mis  ta  näha  tabab,  seda  ta  näeb 
—  was  der  Mensch  sucht,  das  findet  er,  was  er  sehen  will,  das 
sieht  er. 

mis  iza  korjand  fizaga,  pQeg  pillab  bölmaga  —  was  der  Vater  all- 
mählich gesammelt  bat,  das  verschwendet  der  Sohn  mit  dem  Schoosse, 
d.  h.  mit  vollen  Händen. 

mis  jäb  ajast,  sä  jäb  arust  —  was  aus  dem  Hofe  bleibt,  bleibt  aus  den 
Gedanken. 

mis  jöuu  läbi  ei  sä,  sab  ehk  nQuu  läbi  —  was  nicht  durch  Stärke  er- 
langt wird,  wird  vielleicht  durch  Klugheit  erlangt. 

mis  Juku  on  öppinud ,  seda  Juban  ej  unusta  —  was  Hänschen  ge- 
lernt hat,  das  vergisst  Jobann  nicht. 

mis  jumal  meie  südame  sisse  on  tikkinud,  seda  loeb  ta  kä  ära  — 
was  Gott  in  unsre  Seele  gegraben  hat,  das  liest  er  auch. 

mis  Jüls  ei  ole  öppinud,  seda  Juri  ej  möista,  vgl.  oben  mis  Hant- 
suke etc. 

mis  kala  kigi  püab ,  seile  ta  leiab  —  auf  was  für  einen  Fisch  Einer 
fahndet,  den  findet  er. 

mis  kaffis,  on  kaunis  —  was  theuer  ist,  ist  hübsch. 

mis  kaunis,  sä  kaffis,  mis  odaw,  se  mäda  -  was  hübsch  ist,  ist 
theuer,  was  billig  ist,  ist  faul. 

mis  kauniste  öitseb,  sä  rutu  näftsib  —  was  schön  blüht,  das  welkt 
schnell. 

mis  kazin,  sä  kaffis  -  was  hübsch  ist,  ist  theuer. 

mis  käest  kaub,  od.  kadus,  seda  bakatakse,  od.  minnakse,  kahetse- 
ma  —  was  aus  der  Hand  verloren  geht,  das  Fängt  man  an  zu  bedauern. 


—   1.19  — ' 

aiis  kögi  teab,  ei  so  leiba  —  was  Einer  versteht,  das  isst  kein  Brot. 
rais  köletu  töab,  mis  möletu  teeb?  —  was  weiss  der  Stumme  davon, 
was  der  Unvernünftige  thut  (Pferd  und  Mensch). 

mis  kirwes  otsib,  seda  kirwes  leiab  —  was  das  Beil  sucht,  das  findet 

das  Beil. 
mis  kits  kitsele  annab,  kui  izegi  häwa-kört  närib?  —  was  soll  eine 

Ziega  der  anderen  geben,  wenn  sie  selber  Espenrinde  nagt. 

mis  koer  ei  näe ,  seda  kq^r  ei  haugu  —  was  der  Hund  nicht  sieht, 
das  bellt  er  nicht  an. 

mis  koer  se  od,  kes  öues  ei  hapgu?  —  was  ist  das  für  ein  Hund,  der 
nicht  im  Hofe  bellt. 

mis  koera  sawa  all  on,  seda  sa  töad!  —  was  unter  des  Hundes 
Schwanz  ist,  das  weisst  du  (so  viel  verstehst  du). 

mis  kopikuks  lödud,  so  on  kopik,  mis  on  tukat,  so  on  tukat  — 
was  als  Kopeke  geschaffen  ist,  das  ist  Kopeke,  was  als  Dukaten,  das 
ist  Dukaten. 

mis  köhus,  s@  körwal,  mis  watsas,  se  wafjul  —  was  im  Bauche  ist, 
das  ist  bei  Seite,  was  im  Magen  ist,  das  ist  geborgen. 

mis  körge  (on),  sest  mine  möda,  mis  madal  (on),  sest  astu  üle  — 
was  hoch  ist,  da  geh  vorbei,  was  niedrig  ist,  da  steig  über. 

mis  kurel  wiga  körgustella,  kui  herned  nina  all?  —  warum  sollte 
der  Kranich  nicht  herrlich  leben ,  wenn  die  Wicken  vor  dem  Schna- 
bel liegen. 

mis  läheb  ajast,  so  läheb  arust  —  was  aus  dem  Hof  geht,  das  geht 
ans  dem  Sinn. 

mis  läinud,  so  lginud  —  was  gegangen,  das  ist  gegangen  (hin  ist  hin). 

mis  lubamine  maksab,  kui  tegemine  püdulik?  —  was  gilt  das  Ver- 
sprechen, wenn  das  Tbun  mangelhaft  ist. 

mis  mos  naha  pärast  hölib !  ega  perse  kagru  ej  kaswata  —  was 
kümmert  ein  Mann  sich  um  seine  Haut !  auf  dem  Hinteren  wächst  ja 
doch  kein  Hafer. 

mis  minu  külge  ei  pöleta,  seile  p^ale  mina  ei  puhu  —  was  nicht 
meine  Seite  brennt,  darauf  blase  ich  nicht. 


—  120  — ^ 

mis  möiza  wlakse,  se  satub  kui  tülde,  od.  so  wlakse  neoda  kui 
tfile  sisse  —  was  auf  den  Herrenhof  gebracht  wird,  das  gebt  in  den 
Wind,  od.  das  wird  so  wie  in  den  Wind  gebracht. 

mis  must  on,  se  mustaks  jäb  —  was  schwarz  ist,  das  bleibt  schwarz, 
mis  naeste  tarkus  on?  hundi  6st  tuppa  hoida  —  worin  besteht  des 
Weibes  Klugheit?  vor  dem  Wolfe  sich  in  der  Stube  zu  halten. 

mis  uör  mos  teeb,  so  wana  mes  rikub  —  was  der  junge  Mann  thut, 
das  verdirbt  der  alte  Mann  (Frost  und  Thauwetter). 

mis  nördus  kokku  paneb,  od.  korjab,  seda  wanadus  (es)  leiab  — 
was  die  Jugend  sammelt,  findet  das  Alter  vor. 

mis  nörelt  haritud ,  sest  wanadus  ei  wördu  —  woran  man  sich  jung 
gewohnt  hat,  davon  lässt  das  Alter  nicht. 

mis  nOrnal  kokku  paneb,  seda  wanumis  leiab  —  was  man  jung 
sammelt,  das  findet  man  im  Alter  vor. 

mis  nüd  saksa  haiguzest  räkida?  per  pöigiti  perses ,  kobe  baigas 

käes  —  was  ist  von  der  Herrschaft  Krankheit  zu  reden?  ein  Farz 

quer  im  Hinteren,  sogleich  ist  die  Krankheit  da. 
mis  odaw,  so  mädaw,  od.  mäda,  mis  kalTis,  so  kaunis  —  was  billig 

ist,  das  ist  faul,  was  theuer  ist,  das  ist  hübsch, 
mis  okkaks  lödud ,  on  nörelt  teraw  —  was  zu  einem  Dorn  geschaffen 

ist,  ist  jung  schon  spitzig, 
mis  oma  käzi  känab,  seda  oma  kael  kannab,  od.  oma  pibt  köjge 

armsamaks  peab  —  was  die  eigene  Hand  biegt,  das  trägt  der  eigene 

Hals,  od.  das  hat  die  eigene  Schulter  am  liebsten. 

mis  on  lolT  laps,  sest  ei  sä  midagi  mest,  aga  mis  oskab  wallatust 
teha,  se  pärast  kä  wrfsib  töd  teha  —  was  ein  schläfriges  Kind 
ist,  daraus  wird  kein  Mann,  was  aber  versteht  Unartigkeiten  zu  ma- 
chen, das  hat  nachher  auch  Lust  zu  arbeiten. 

mis  on  hundi  sQs ,  se  on  hundi  perses  —  was  in  des  Wolfes  Mund 
ist,  das  ist  in  des  Wolfes  Hinteren. 

mis  pärast  meie  sls  kabekezi  oleme?  ~  warum  sind  denn  wir  beide 
(prahlend). 

mis  pärast  sls  sepp  käed  tule  pistab,  kui  pihid  6s  on?  —  warum 


—  121   — 

sollte  denn  der  Schmied  die  Hände  in's  Feuer  stecken,  wenn  die 

Zange  da  ist. 
mis  pea  eksib,  seda  perse  peab  wastama  —  was  der  Kopf  fehlt, 

mnss  der  Hintere  verantworten, 
mis  pea  teeb,  so  perse  maksab  —  was  der  Kopf  thut,  das  busst  der 

Hintere, 
mis  pitkalt  tuleb,  tuleb  hä&ti  —  was  langsam  kommt,  kommt  gut. 
mis  raibe  t&na,  se  raibe  homme  —  was  heute  ein  Aas  ist,  ist  morgen 

ein  Aas. 
mis  rikas  hölib  flhe  silma  pärast?  tejne  on  taskus,  od.  m.  r.  übest 

silmast  hölib,  kellel  tejne  taskus  on?  —  was  kümmert  der  Reiche 

sich  um  ein  Auge?  das  andere  ist  in  der  Tasche,  od.  was  kümmert 

der  Reiche  sich  um  ein  Auge,  der  das  andere  in  der  Tasche  hat. 
mis  rata  ei  lilhe,  läbeb  ommeti  pitkalt  —  was  nicht  schnell  geht, 

geht  doch  langsam, 
mis  sa  albiga  teed,  od.  wöid  teba?  —  was  thust  du,  od.  kannst  du 

thun,  mit  einem  Albernen.    * 
mis  sa  nörelt  öpid ,  seda  wanalt  möistad  —  was  du  jung  lernst ,  das 

verstehst  du  alt. 
mis  sa  paljast  lammast  nidad?  nida  seal,  kus  willu  peal  on  — 

was  scherst  du  ein  nacktes  Schaf?  schere  da,  wo  Wolle  ist. 
mis  sa  rägid?  sinu  sead  sötmata  —  was  redest  du?  deine  Schweine 

sind  noch  nicht  gefuttert  (sagt  man,  wenn  Kinder  drein  reden  wollen), 
mis  sa  tabad,  et  tejzed  peawad  sinule  tegema,  seda  sama  tee  sina 

kä  teistele  —  was  du  willst,  dass  Andere  dir  thun  sollen,  dasselbe 

thu  du  auch  Anderen, 
mis  sa  teed,  seda  sa  leiad  —  was  du  thust,  das  findest  du. 
mis  sa  teed,  seda  teed  ize  enesele  —  was  du  thust,  das  thust  du  dir 

selber, 
mis  sa  teizele  teed,  seda  tehakse  sulle  jälle  —  was  du  einem  Ande- 
ren thust,  das  wird  man  dir  wieder  thun. 
mis  sa  tfihja  kldad,  oma  aega  wldad?  kana-kulT  sind  ära  söb  — 

was  rühmst  du  dich  unnütz,  verweilst  deine  Zeit?  der  Habicht  wird 

dich  fressen. 


—   122  — 

• 

mis  sä  ttksi  teed,  kui  ieine  cj  sä  wedu  weetud?  —  was  machst  du 

allein,  wenn  ein  Anderer  nicht  damit  zu  Stande  kommt ,  die  Last  zu 

ziehen, 
mis  sajas  säkse,  od.  s^atud  (sädud?),  so  pulmas  peetakse,  od.  pee- 

tud  —  was  auf  dem  Hochzeitszuge  erhalten  wird ,  das  wird  auf  der 

Hochzeit  verbraucht. 

mis  s$al  kfilas  sfia  ariti?  ma  sain  ikka  peialt  wastu  —  was  wurde 
dort  im  Dorfe  zu  essen  gegeben?  ich  bekam  immer  gegen  den 
Daumen  (etwas). 

mis  sellega  tegu,  mis  tejze  mehe  jagu?  —  was  hat  man  damit  zu 
thun,  was  *eines  Anderen  Antheil  ist. 

mis  sest  kazu,  kui  k<jer  kldab,  ehk  kahju,  kui  li£s  laidab?  —  was 

hilft  es,  wenn  ein  Hund  (od.  Schelm)  lobt,  oder  was  schadet  es,  wenn 

eine  Händin  (od.  Hure)  tadelt, 
mis  sest  ktill  kazu  od,  kui  lehm  palju  plma  annab,  aga  jälle  ja- 

laga  fimber  lob?  —  was  nützt  es  wohl,  wenn  eine  Kuh  viel  Milch 

giebt,  aber  wieder  mit  dem  Pusse  umwirft. 

mis  sest  teistele  bead  sab,  kes  ize  enesele  head  ei  tee?  —  was 
soll  Anderen  Gutes  kommen  von  dem ,  welcher  sieb  selbst  nichts  Gu- 
tes tbut. 

mis  so  ajtab  istumine,  kui  ei  ajta  astumine?  —  Sitzen,  was  hilft 
das,  wenn  Gehen  nicht  hilft. 

mis  so  peab  muile  bead  tegema,  kui  ei  tee  ize  enesele?  —  was 
soll  der  Anderen  Gutes  thun,  wenn  er  es  sich  selbst  nicht  Unit. 

mis  se  töab,  kes  ep  ole  ühtegi  katsunud,  od.  kes  wel  midagi  ei 
ole  katsunud?  —  was  weiss  der,  welcher  noch  nichts  versucht  bat. 

mis  siga  teeb,  mis  hea  on?  —  was  thut  ein  Schwein,  das  gut  wäre. 

mis  sind  ei  pöleta,  seda  sina  ei  kustuta  —  was  dich  nicht  brennt,  das 
lösche  du  nicht. 

» 

mis  sinu  käest  ei  kttzita,  sest  pea  su  kinni  —  um  was  man  dich 
nicht  fragt,  davon  halte  den  Mund. 

mis  sinuse  ej  pudu,  sinna  ära  pista  oma  nina  —  was  dich  nicht  an- 
geht, dahin  stecke  die  Nase  nicht. 


—   123  — 

mis  soe  sOh,  so  soe  per  seh  (d)  —  was  in  des  Wolfes  Maul  ist,  das  ist 

in  des  Wolfes  Hinteren. 
mis  Stile  wöetakse,  od.  suhu  pistetakse,  se  ep  ole  wargus  ega 

patt  —  was  für  den  Mund  genommen,  od.  in  den  Mund  gesteckt, 

wird,  ist  weder  Diebstahl  noch  Sünde. 

mis  süreks  tahab  säda,  hakkab  madalalt  peale  —  was  gross  werden 

will,  fangt  vom  Niedrigen  an. 
mis  sfida  täiz  (on),  sest  sü  kobrutab,  od.  seda  kobrutab  sü  —  wes 

das  Herz  voll  ist,  davon  schäumt  der  Mund. 
mis  sfida  wibkab,  seda  silm  ei  ihka  —  was  das  Herz  hasst,  darnach 

sehnt  sich  das  Auge  nicht. 

mis  südames  köb,  sest  rägib  köl  —  was  im  Herzen  kocht,  davon 

spricht  die  Zunge. 
mis  sfllg  suhu  tob,  seda  wälja  ütleb  —  was  der  Speichel  in  den  Mund 

bringt,  das  spricht  er  aus. 
mis  taurf  tühjast  toast  wötab,  od.  t.  talust  tabab?  —  was  nimmt  die 

Seuche  aus  der  leeren  Stube,  od.  dem  leeren  Hofe. 

mis  täna  tehtad,  on  homme  höletu  —  was  heute  gemacht  ist,  macht 
morgen  keine  Sorge  mehr. 

mis  teie  taliate,  et  teized  peawad  teile  tegema,  seda  tehke  teie 
kä  teiste  wastu  —  was  ihr  wollt,  dass  die  Anderen  euch  thun  sollen, 
das  thut  auch  ihr  den  Anderen. 

mis  teize  perse  peal  wiga  liugu  laska?  —  was  hindert,  auf  eines  An- 
deren Hinteren  zu  gleiten  (auf  fremde  Kosten  sich  zu  Gute  thun). 

mis  tibu  on,  od.  kälub,  täfri  wastu?  —  was  ist,  od.  wiegt,  ein  Heller 

gegen  einen  Thaler. 
mis  tuli  mind  ei  polet a,  seda  ma  ei  kustuta  —  welches  Feuer  mich 

nicht  brennt,  das  lösche  ich  nicht. 

mis  tuli  sind  ei  pöleta,  seda  ära  mine  kustutama ,  muidu  pöletad 
ize  ennast  —  welches  Feuer  dich  nicht  brennt,  das  gehe  nicht  lö- 
seben, sonst  verbrennst  du  dich  selbst. 

mis  hundi  süs,  so  (on)  buädi  köhus,  od.  nabas  —  was  in  des  Wolfes 
Rachen  ist,  das  ist  in  des  Wolfes  Bauch,  od.  Haut. 


—   124  — 

mis  fihe  mölest  kuld }  so  teize  melest  mald  —  was  nach  des  Einen 

Sinne  Gold  ist,  ist  nach  des  Anderen  Sinne  Erde, 
mis  Abele  hea,  od.  öige,  od  teizele  paras  —  was  dem  Einen  gut,  od. 

recht,  ist,  ist  dem  Anderen  passend, 
mis  wanem  öl  rägib,  seda  nörem  peab  kinüi  —  was  der  Aeltere  vor 

spricht,  hält  der  Jüngere  fest, 
mis  wanemad  teewad,  seda  lapsed  näewad  —  was  die  Eltern  thun, 

das  sehen  die  Kinder, 
mis  warsan  opit,  toda  wanan  maletat  (d)  —  was  du  als  Füllen  lernst, 

dessen  erinnerst  du  dich  im  Alter, 
mis  wibaga  tehakse,  läheb  wiltü  —  was  im  Zorn  gethan  wird,  geht 

schief, 
mis  wofst  on,  so  wofstiks  jäb  —  was  eine  Wurst  ist,  das  bleibt  eine 

Wurst, 
mis  wöib  härjast  muidu  säda,  kui  weise-liha?  —  was  kann  man  von 

einem  Ochsen  sonst  haben  als  Rindfleisch, 
mis  wötja  wötab,  kui  andja  ei  anna?  —  was  soll  der  Nehmer  neh- 
men, wenn  der  Geber  nicht  giebt. 
missest  sfida  täü  (on),  sest  rägib  sfi  —  wovon  das  Herz  voll  ist,  da- 
von spricht  der  Mund, 
mitme  naeze  sü  on  nenda,  et  ta  ajaks  reed  ja  rattad  oma  healega 

kurgust  läbi  —  manches  Weibes  Mund  ist  so,  dass  sie  Schlitten 

und  Wagen  mit  ihrer  Stimme  durch  die  Kehle  treiben  konnte, 
mitmed  pead,  mitmed  mötted,  mitmed  käed,  mitmed  töd  —  viele 

Kopfe,  viele  Gedanken,  viele  Hände,  viele  Arbeiten, 
mitte  hamba  all  enam  kuiwa  —  unter  dem  Zahne  nichts  Trockenes 

mehr, 
mitte  koer  ei  hapgu  taga  —  kein  Hund  bellt  darnach, 
mitu  a&ja  kulla  karwa  —  viele  Dinge  sehen  aus  wie  Gold, 
mölder  ei  wöi  tuleta  jahwatada  —  der  Muller  kann  nicht  ohne  Wind 

mahlen, 
möfdri  matt  ja  körtsi  m5t  olgu  maksetud  —  des  Müllers  Metze  und 

des  Kruges  Maass  sei  bezahlt, 
möfdri  matt  on  möne-sugune  —  des  Mullers  Metze  ist  vielartig. 


—   125  — 

mftrdri  sead  ja  junkru  hobused  on  ikka  lihased  —  Maliers  Schweine 

und  Verwalters  Pferde  sind  immer  feist. 
möistlik  ette-wätamine  on  tarkuze  ema  —  verständige  Vorsicht  ist 

die  Mutter  der  Weisheit. 
möistlik  möistab,  ja  aruline  sab  aru  —  ein  Verständiger  versiebt,  und 

ein  Einsichtsvoller  sieht  ein. 
möjstiikude  wahel  peab  öle-köfs  wastu,  aga  jöledad  kiskuwad 

raud-ahelad  katki  —  zwischen  Verständigen  hält  ein  Strohhalm, 

aber  Unverständige  reissen  eiserne  Ketten  entzwei, 
mdjstmata  jagajale  jäwad  pafjad  näpud  —  dem  unverständigen  Ver- 

theiler  bleiben  die  blossen  Pinger. 
möjstus  ei  tule  mitte  enne  aega  —  Verstand  kommt  nicht  vor  der 

Zeit, 
möistust  peab  tagant  sisse  tautama  —  Vernunft  muss  von  hinten  ein- 

gepaukt  werden, 
mönda  on  näht  od,  wlmne  wöl  nägemata  —  Manches  ist  gesehen,  das 

Letzte  noch  ungesehen. 
mönda  woib  tegijal  juhtuda,  magajal  ej  midagi  -  Manches  kann 

dem  Thätigen  passiren,  dem  Schlafenden  nichts, 
möni  läheb  metsast  mehele,  möni  kargab  kännu  otsast  —  Manche 

beirathet  aus  dem  Walde,  Manche  springt  von  dem  Stamme  herab, 
möni  läheb  pfitsiga,  od.  kakuga,  kannikat  otsima  —  Mancher  geht 

mit  einem  Laib  ein  Stuck  Brot  suchen. 
mu  käzi  ej  ulata  köd  ega  päikest  ära  kustutama  —  mein  Arm  reicht 

nicht,  den  Mond  oder  die  Sonne  aus  zu  löschen. 
mu  peas  ep  ole  enam  seda  karwa,  mis  ta  ei  oleks  söimannd  — 

auf  meinem  Kopfe  ist  kein  Haar  mehr,  das  er  nicht  geschimpft  hätte. 
mu  tfidruknl  on  tfldruk,  mu  sulasel  sulane  —  meine  Magd  hat  ihre 

Magd,  mein  Knecht  hat  seinen  Knecht  (sie  sind  arbeitsscheu). 
muga  wifja,  muga  waewa  —  viel  Habe,  viel  Sorge. 
muld  mädäs,  liw  leotas  (d)  —  die  Erde  fault,  der  Sand  erweicht, 
muld  pärib  köik  —  die  Erde  erbt  Alles. 
muldse  naeru  järele  tuleb  (möni  kord)  nutt  —  nach  dem  vorigjährigen 

Lachen  kommt  bisweilen  Weinen. 


—   126  — 

muH  ep  ole  müd  anno,  kui  taewa  llw  ja  mä  mnld—  ich  habe  sonst 
keine  Liebe,  als  des  Himmels  Sand  und  der  Erde  Mulm. 

muH  ep  ole  seda  llget,  od.  ihu-karwa,  mis  tema  ep  oleks  ära  söi- 
manud  —  es  ist  kein  Glied,  od.  Haar,  an  mir,  das  er  nicht  ge- 
schimpft hätte. 

muH  on  hea  kozilane:  kiriku-kir wes ,  raud-labidas ,  llWa-Hannus 
—  ich  habe  einen  guten  Freier:  die  Kirchenaxt,  den  eisernen  Spaten, 
den  Sandhans,  d.  h.  den  Tod. 

muH  on  8s  rutt,  sull  aga  taga  —  ich  habe  Eile  vorn,  du  nur  hinten 
(du  kommst  zu  spät). 

muH  on  kabt  sugu  rohtu  —  ich  habe  zweierlei  Arzenei  (Lohn  und 
Strafe). 

muH  on  kaks  head  kozilast:  kiriku-kirwes  ja  raud-labidas  —  ich 
habe  zwei  gute  Freier:  die  Kirchenaxt  und  den  eisernen  Spaten. 

muH  on  sest  kahju,  temal  kazu  —  ich  habe  Schaden  davon,  er  Vor- 
Iheil. 

mulle  sab  sest  kabju,  temale  jälle  kazu  —  mir  erwächst  Schaden  dar- 
aus, ihm  wieder  Vortheil. 
muna  (tabab)  targem  (olla)  kui  kana  —  das  Ei  will  klüger  sein  als 

die  Henne, 
munad,  mis  pezast  kaugele  wörewad,  lähewad  sagedaste  raisku  — 

Eier,  welche  weit  hin  vom  Neste  rollen,  kommen  oft  um. 
munad  wörewad  (kä)  pezas  —  die  Eier  rollen  auch  im  Neste, 
munad  wörewad  pezas  teine  teize  was  tu,  miks  sts  mitte  elus  ini- 

mezed?  —  die  Eier  rollen  im  Neste  gegen  einander,  warum  denn 

nicht  im  Leben  die  Menseben. 
mure  ej  ajta  file  mulgu ,  ega  kanna  kurwastus  küngast  kaudu  — 

Sorge  hilft  nicht  über  den  Zaun,  und  Trauern  trägt  nicht  den  Hügel 

hinan, 
muretse  öigel  ajal,  sts  on  sull  häda  ajal  —  besorge  dir  zu  rechter 

Zeit,  dann  hast  du  zur  Zeit  der  Noth. 
murra  witsa,  kui  ta  nörk  on,  sureks  kaswanud  pü  ei  laze  ennast 

enam  paenutada  —  brich  die  Ruthe,  wenn  sie  schwach  ist,  der 

gross  gewachsene  Baum  lässt  sich  nicht  mehr  biegen. 


—  127  — 

must  koer,  aga  walged  hambad  sQs  —  schwarzer  Hund,  aber  weisse 
Zahne  im  Munde. 

mnst  sörme-kfiz  on  pizikene,  aga  nl  palju  ei  sä  —  ein  schwarzer 
Fingernagel  ist  wenig,  aber  so  viel  bekommt  man  nicht. 

mustlane  pöretas  enne  jömist  wee  sisse  ja  kitis:  palju  parem  kui 
pafjas  wezi !  —  der  Zigeuner  farzte  in  das  Wasser  vor  dem  Trinken 
und  rühmte:  viel  besser  als  blosses  Wasser  (von  eingebildeten  Vor- 
teilen). 

muzul  mulla  magu  —  ein  Kuss  schmeckt  nach  Erde. 

mü  muhk,  teine  paize  —  etwas  Anderes  ist  Beule,  etwas  Anderes  Ge- 
schwulst (Beobachtung  der  rechten  Namen). 

mOd  ei  ole  majas  kui  tuld  ja  wet  —  Anderes  ist  im  Hause  nicht  als 
Feuer  und  Wasser. 

möd  kui  boia  aga  urkas  —  es  ist  nichts  übrig  als  sich  in  der  Höhle  zu 
halten  (bei  grosser  Kälte). 

mütsiga  sa  annud,  mtitsita  käi  kätte  sämas  —  mit  der  Mätze  hast  du 
gegeben,  ohne  Mätze  fordere  es  wieder  zurück  (demäthig  bittend). 

mäzid  maja  hlrtele  httpata,  ka&idele  karata  «-  du  verkauftest  das 
Haus  zum  Hüpfen  den  Mäusen,  zum  Tanzen  den  Katzen  (es  steht  leer). 

naene  od  mehe  lukk  —  das  Weib  ist  des  Mannes  Schloss. 

naene  on  pere-mebe  püksid  jalga  ajanud  —  das  Weib  hat  des  Haus- 
herren Hosen  angezogen. 

naera,  od.narfi,  mad  üks  kord,  ta  naerab,  od.narrib,  sind  übeksa 
korda  jälle  —  verspotte  das  Und  ein  Mal ,  es  verspottet  dich  nenn 
Mal  wieder  (von  schlechter  Beackerung)\ 

naeras,  et  habe  wärises  —  er  lachte,  dass  der  Bart  zitterte. 

naerjal  nael  perses,  kaks  teist  kümmend  pead  peal  —  der  Spötter 
hat  einen  Nagel  im  Hinteren,  darauf  zwölf  Köpfe. 

naefsime,  et  tahtsime  südame  haigeks  naerda  —  wir  lachten,  dass 
wir  das  Herz  krank  lachen  wollten« 

naefsiwad,  et  pöksi-nupud  pörkazid  —  sie  lachten,  dass  die  Hosen- 
knöpfe absprangen. 

naernlt  tehtud  ja  töelt  peetud  —  im  Scherz  gethan  und  im  Ernst  ge- 
halten. 


—   128  — 

naeste-rahwa  kirn  ja  u££i  kihwt  peab  üks  olema  —  Weibes  Begier 

und  der  Schlange  Gift  soll  eins  sein, 
naeste-rahwa  tö  ei  löppe  elades  otsa  —  des  Weibes  Arbeil  hört  im 

Leben  nicht  auf. 
naeste-rahwa  tS  ja  wana  hobuse  söt  ei  pajsta  siftni ,  od.  ei  nähta 

midagi  —  eines  Weibes  Arbeit  und  eines  alten  Pferdes  Futterung 

fallen  nicht  in  die  Augen,  od.  sind  gar  nicht  zu  sehen, 
naeste  rahwal  on  pitkad  hiuksed,  (äga)  lflhikezed  mötted  —  Frauen- 
zimmer haben  lange  Haare,  kurze  Gedanken, 
naeste-rahwal  on  pitkemad  plehid  kui  aru  —  ein  Frauenzimmer  hat 

längere  Flechten  als  Verstand, 
naeze  pea  ja  kana  pea  lähewad  (enamiste)  übte  —  eines  Weibes 

Kopf  und  eines  Huhnes  Kopf  kommen  meist  überein. 
nairis-mä  kaudu  otsib  öigemat  ted  —  durch  das  Rübenfeld  sucht  er 

den  nächsten  Weg  (um  zu  stehlen), 
nairis-mäst  käib  tö  otse  läbi  —  der  Weg  geht  gerade  durch  das  Rü- 
benfeld. * 
najste-rahwa  hius  pikk,  m6I  lQhikene,  kW  pikk  ja  lagja  (d)  —  des 

Weibes  Haar  ist  lang,  der  Verstand  kurz,  die  Zunge  lang  und  breit, 
naffi  azi  ei  lähe  mitte  kaugele  —  eines  Narren  Sache  geht  nicht  weit, 
naffi  mäd  üks  kord ,  ta  naf f  ib  sind  fiheksa  korda  jälle ,  s.  oben 

naera  mäd  etc. 
naffi  möst,  (aga)  ära  naffi  mehe  kübarat  —  spotte  aber  den  Mann, 

aber  spotte  nicht  über  des  Mannes  Hut. 
naffi  naest,  aga  ära  naffi*  naeze  tanu  —  spotte  über  das  Weib,  aber 

spotte  nicht  über  des  Weibes  Haube, 
naffi  oma  naest,  prOgi  oma  prüti,  öpeta  oma  lapsi  (sflzi)  söma  — 

necke  dein  Weib,  gebrauche  deine  Braut,  lehre  deine  Kinder  (Kohlen) 

essen, 
naffi  pöldu  üks  kord,  pöld  na  ff  ib  sind  tiheksa  korda—  necke  dein 

Feld  ein  Mal,  und  das  Feld  neckt  dich  neun  Mal. 
natuke  kä  hea,  palju  w6l  parem  —  etwas  ist  auch  gut,  viel  ist  noch 

besser. 

natuke  waletama,  natuke  warastama,  se  on  nl  hea  kuj  pöladra 


—   129  — 

mad,  od.  pole  adra  mä  —  etwas  lügen,  etwas  stehlen  ist  so  gut 

wie  ein  halber  Haken  Land. 
natnke  waletama,  natuke  warastama  on  pole  adra  ofjus,  od.  aitab 

nl  palju  kui  pole  adra  mä  —  etwas  lugen ,  etwas  stehlen  ist  die 

Frohne  eines  halben  Hakens,  od.  hilft  so  viel  wie  ein  halber  Haken 

Land, 
natnkene  wargust,  od.  natukest  warastama,  aatukene  walet,  od. 

natukest  waletama,  k(tib  pole  adra  mä  est  —  etwas  Diebstahl, 

od.  etwas  stehlen,  etwas  Läge,  od.  etwas  lügen,  gilt  für  einen  halben 

Haken  Land, 
nägu  jänes  upitab  file  kiriku  —  wie  ein  Hase  ansetzt  über  die  Kirche 

zu  springen  (von  unnützen,  langen  Vorbereitungen). 
näga  pfltt,  nenda  käi  —  wie  die  Schale,  so  der  Deckel. 
iurfg  ajab  hundi,  od.  soe,  ktilase  —  Hunger  treibt  den  Wolf  in's  Dorf. 
näFg  ei  jäta  nuga  tuppe  —  Hunger  lässt  nicht  das  Messer  in  der  Scheide 

(zwingt  Alles  zu  verkaufen). 
DäTg  köhus,  uhkus  sfidames  —  Hunger  im  Magen,  Stolz  im  Herzen. 
näTg  od  köige  pa;em  kokk  —  Hunger  ist  der  beste  Koch. 
näJg  paneb,  od.  sunriib,  karu  käppa  imema  —  Hunger  bringt  den 

Bären  dazu,  die  Tatze  zu  saugen. 
näljane  kQer  on  kibedam  —  ein  hungriger  Hund  ist  böser. 
n&Qane  koer  salwab,  od.  hammustab,  nägedamaste  —  ein  hungriger 

Hund  beisst  gieriger, 
näljane  täj  hammustab  kibedamaste,  od.  kibedamaste  hammustab 

—  eine  hungrige  Laus  beisst  schärfer. 
n&fjaste  näpud  ei  sä  raswa  tilkuma  —  der  Hungrigen  Finger  werden 

nicht  von  Fett  triefen, 
näpu-täii  tot  on  parem  kui  süle-täiz  walet  —  eine  Prise  Wahrheit 

ist  besser  als  ein  Schooss  voll  Lüge, 
näri  Szel  mets  wafmis,  annab  jumal  wilja-wödu  —  in  der  Neujahrs- 
nacht der  Wald  gefangen,  d.  h.  bereift,  giebt  Gott  reiche  Ernte, 
nejd  on  wähe,  kes  andeks  annawad,  üks  fibeksa  bulgas  —  derer 

sind  wenig,  welche  verzeihen,  einer  von  neun. 
neli  leiba,  kolm  last  —  vier  Brote,  drei  Kinder  (ein  Neujahrswunsch). 

9 


—  130  — 

nemad  ei  töa  5d  ega  päewa  —  sie  wissen  nicht  von  Naeht  oder  Tag 
(haben  immer  zu  schaffen). 

nenda  kaua  naeze  pea  sile,  kui  mehe  rinnus  hinge  on  —  so  lange 
ist  der  Kopf  der  Frau  glatt,  wie  in  des  Mannes  Brust  Athem  ist. 

nenda  kui  hind,  nenda  kä  kaup  —  wie  der  Preis,  so  auch  die  Waare. 

nenda  kui  linnu  heaf  (on),  nenda  ta  laulab  —  wie  des  Vogels  Stimme 
ist,  so  singt  er. 

nenda  kui  mina  metsale,  nenda  mets  minule  —  wie  ich  dem  Walde, 
so  der  Wald  mir. 

nenda  kui  pütt  (on),  nenda  (kä)  kaz  —  wie  die  Schale,  so  ist  auch 
der  Deckel. 

nenda  kui  sädud,  nenda  läinud  —  so  wie  bekommen,  so  gegangen. 

nenda  kui  sina  mulle,  nenda  mina  sulle  —  wie  du  mir,  so  ich  dir. 

nenda  kui  tegu,  nenda  kä  palk  —  wie  die  That,  so  auch  der  Lohn. 

nenda  kuida  sefts,  nenda  süda  —  wie  die  Gesellschaß,  so  das  Herz. 

nenda  rSmus,  kui  kaswaks  tema  rukkil  kaks  pead  otsas  —  so  ver- 
gnügt, als  ob  an  seinem  Roggen  zwei  Aehren  wüchsen. 

nenda  teeb  töd,  et  kolm  tilka  könu  otsa  6s  —  "er  arbeitet  so,  dass 
drei  Tropfen  an  der  Spitze  des  Kinnes  sind. 

nenda  wanker  jökseb,  kui  sa  takka  lükkad  —  der  Wagen  läuft  so, 

wie  du  von  hinten  schiebst, 
nöd  tabad  ei  jäta  seda  wlzi,  otsiwad  ikka  sfid  —  diese  Gewohnheiten 

lassen  diese  Art  nicht,  sie  suchen  immer  Veranlassung. 

ned  wötsid,  et  warna  enam  seina  ei  jänud  —  sie  nahmen,  so  dass 
kein  Nagel  in  der  Wand  blieb. 

nimi  ei  riku  meid,  aga  meie  teud  rikuwad  meid  —  der  Name  schän- 
det uns  nicht,  aber  unsere  Thaten  schänden  uns. 

nimi  ei  riku  mest,  olgu  pada  ehk  pang,  liud  ehk  luits  (d)  —  der 
Name  schändet  den  Mann  nicht,  sei  es  Kessel  oder  Eimer,  Schüssel 
oder  Löffel. 

nina  häbiga  hölma  alla  pistma  —  die  Nase  vor  Scham  unter  denRock- 
schooss  stecken. 

nina  mehe  nägu  —  die  Nase  ist  des  Mannes  Gesicht. 


—  131  — 

nina  nenda  süf ,  et  kaks  pari  sahkn  sab  —  die  Nase  ist  so  gross,  dass 
man  zwei  Paar  Pflugscharen  daraus  bekommt. 

nina  otsa  näed,  aga  ea  otsa  ei  näe  —  die  Nasenspitze  siebst  du,  aber 
des  Lebens  Ende  siehst  du  nicht. 

nizu-leib  ja  tfitar-lapsed  ej  sejza  mitte  kaua  wärsked  —  Weizen- 
brot und  Mädchen  bleiben  nicht  lange  frisch. 

ni  awalikult,  et  pime  kepiga  wöib  ära  tunda  —  so  offenbar,  dass 
ein  Blinder  es  mit  dem  Stocke  fühlen  kann. 

ni  head  beinad ,  et  kas  haige  saks  sögu  —  so  gutes  Heu ,  dass  eine 
kranke  Herrschaft  es  essen  mag. 

ni  ibnas,  et  mitte  satidile  kiwi  pead  peksa  ei  anna  —  so  geizig, 
dass  er  nicht  einem  Armen  einen  Stein  giebt,  sich  den  Kopf  zu  zer- 
schlagen. 

ni  kawwa  waderi'  kui  watska,  ni  kawwa  söbra'  kui  soira  (d)  —  so 
lange  Gevatter,  wie  Kuchen,  so  lange  Freunde,  wie  Käse  da  ist. 

ni  kazinaste,  et  iga  kas£i-poeg  neid  sawa  peal  ära  kannab  —  so 
spärlich,  dass  jedes  Katzenjunge  sie  auf  dem  Schwanz  davon  trägt. 

ni  kazu-näljane ,  et  woi  sündimata  lamba-talled  ema  ihust  wälja 

kiznb  —  so  habsüchtig,  dass  er  auch  die  ungeborenen  Lämmer  aus 

dem  Leibe  der  Mutter  reisst. 
ni  kui  ezä  härdu ,  ni  poig  pillel  (d)  —  wie  der  Vater  erlangte ,  so 

zerstreut  der  Sohn, 
ni  kui  tüT  tob,  wezi  wlb  jälle  —  so  wie  der  Wind  herbei  bringt,  bringt 

das  Wasser  wieder  fort. 
ni  kfilm,  et  süda  wäriseb  —  so  kalt,  dass  das  Herz  zittert. 
ni  lugu  kui  nöudmine  —  die  Lage  ist  so,  wie  das  Streben  (wie  man 

es  treibt  etc.). 
ni  pafjo  söprust  kui  soira  (d)  —  so  viel  Freundschaft  wie  Käse. 
ni  pime,  et  sörmegi  suhu  pista  ei  näe  —  so  dunkel,  dass  man  nicht 

einmal  sieht  den  Finger  in  den  Mund  zu  stecken. 
ni  wagusi,  et  kärblaze  lendamist  wöib  külda  -  so  still,  das«  man 

das  Fliegen  einer  Fliege  hören  kann. 
m  wähe  kiji  tuluke  ja  wezi  wöiwad  kaks  w^enlast  ühes  kons 

9* 


—   132  — 

elada  —  so  wenig  wie  Feuer  und  Wasser  können  zwei  Feinde  zu- 
sammen leben. 

nlne  wötad,  ribma  maksad  —  einen  Baststreifen  nimmst  du,  einen 
Riemen  bezahlst  du. 

nör  koer  äffitab,  od.  algab,  wana  salwab  —  ein  junger  Hund  knurrt, 
od.  fangt  an,  ein  alter  beisst. 

nör  nahk  wenib,  wana  nahk  rebeneb,  od.  löhkeb  —  junge  Haut 
dehnt  sich,  alte  Haut  reisst,  od.  platzt. 

nör  rohi  on  köik  pehme  —  junges  Gras  ist  alles  weich. 

nör   sitt,    wana   kotit  —   junger   Koth,    alter  Knochen    (jung    aber 
kräftig). 

nör  weri,  nör  tahtmine  —  junges  Blut,  junges  Wollen,  od.  Streben. 

nore  kü  wazikas  kozub  paremine  —  ein  Kalb  von  neuem  Mond  ge- 
deiht besser. 

nörel  nugise,  wanal  warese  silmad  —  die  Junge  hat  Marder-,  die 
Alte  Krähenaugen. 

nöres  eas  kerge  ein,  wanas  eas  kefjamine  —  in  der  Jugend  leichtes 
Letten,  im  Alter  Betteln. 

nörikuna  piff  ja  ilu,  naizena  nälg  ja  pizarad  —  als  junge  Frau  Pfeife 
und  Herrlichkeit,  als  Weib  Hunger  und  Thränen. 

nörte  leskede  södamed  ja  kiwi-wägnad  on  uzinad  jahtuma  —  die 
Herzen  junger  Wittwen  und  Steinschalen  werden  schnell  kalt. 

nödrus  nöuab,  od.  nQuutab,  kangus  kautab  —  Schwäche  strebt,  od. 
macht  streben,  Stärk^  verliert. 

llödrus  wöidab,  kangus  kautab  —  Schwäche  gewinnt,  Stärke  ver- 

* 

liert. 
nöid  naerab  noida  —  der  eine  Zauberer  lacht  über  den  anderen, 
nöu  aitab  mest  —  Verstand,  od.  Rath,  hilft  dem  Manne. 
n$u  aitab  mest,  n8  houst  —  Verstand  hilft  dem  Manne,  ein  Nu,  d.  h. 

Antreiben,  dem  Pferde. 

nQuu  möda,  aga  mitte  jöuu  möda  —  nach  Verstand,  aber  nicht  nach 
Vermögen. 

n$uuga  tehakse  parem  t5d ,  kui  süre  wäega  —  mit  Nachdenken  ar- 
beitet man  besser  als  mit  grosser  Kraft. 


—  133  — 

nQauga  tSd  tehakse ,  ei  stire  wäega  —  mit  Nachdenken  arbeitet  man, 

nicht  mit  grosser  Kraft. 
DUga  topes  läheb  ka  ära  -  das  Messer  in  der  Scheide  geht  auch  fort. 
nuiaga  Ifiakse  häwu,  sönaga  Ifiakse  lü  kaiki  —  mit  der  Keule  schlägt 

man  Wunden,  mit  dem  Worte  schlägt  man  den  Knochen  entzwei, 
nutt  tuleb ,  od.  töuzeb ,  mOne  korra  naerust  —  aus  Lachen  kommt 

bisweilen  Weinen, 
nfid  elawad  köik  wöimuzega  mä  peal  —  jetzt  leben  Alle  auf  Erden 

mit  Macht  (und  Rechten). 
nüd  ma  panen  sarwed  seina  —  jetzt  hänge  ich  die  Homer  an  die  Wand 

(bekümmere  mich  um  nichts), 
nüd  on  kits  kaewus  —  nun  ist  die  Ziege  im  Brunnen  (in.Noth). 
nfid  on  kits  kapsa-ajas,  od.  käe  all  —  nun  ist  die  Ziege  im  Kohlgar- 
garten, od.  unter  der  Hand  (nun  ist  man  oben  drauf). 
nfid  on  kits  kotis  ja  sarwed  wäljas  -  nun  ist  die  Ziege  im  Sack  und 

die  Homer  draussen,  od.  nfid  on  kits  kotis  ja  lambad  pnnase 

wftrawa  taga  —  n.  i.  d.  Z.  i.  S.  und  die  Schafe  hinter  der  rothen 

Pforte  (nun  stehn  die  Ochsen  am  Berge). 
nfid  on  konn  kfinka  otsas  —  nun  ist  der  Frosch  auf  dem  Hügel  (oben 

drauf), 
nfid  on  köjk  kanad  Örrel  —  nun  sind  alle  Hühner  auf  der  Stange. 
nfid  on  köik  otsas,  pane  hambad  warna  —  nun  ist  Alles  aus,  hänge 

die  Zähne  an  den  Nagel. 
nfid  on  köik  targad  töl  —  nun  sind  alle  Klugen  bei  der  Arbeit  (Ironisch), 
nfid  on  köik  wargad  wabad  —  nun  sind  alle  Diebe  frei. 
nfid  on  röts  röal  —  nun  ist  Schweden  bei  der  Speise,  od.  nfid  on  rö£s- 

lazed  häfja  kallal ,  od.  härga  tapmas  —  jetzt  sind  die  Schweden 

beim  Ochsen,  od.  b.  Schlachten  d.  Ochsen  (nun  stehen  die  Ochsen  am 

Berge), 
nfid  on  silmad  pihns  —  jetzt  sind  die  Augen  in  der  Hand  (grosse  Noth). 
nfid  on  wezi  ahjus  (ja  tule-löke  wee-ojas)  —  nun  ist  das  Wasser  im 

Ofen  und  das  Feuer  im  Bache  (grosse  Noth). 
nfid  pannakse  meid  jumalaga  wöitlema  —  jetzt  sollen  wir  mit  Gott 

kämpfen  (beim  Wegbessern). 


—  134  — 

hobene  siuk  sita  päl,  ezi  istut  lawwa  takah  (d)  —  das  Pferd  steht 

auf  Koth,  selbst  sitzest  du  am  Tische, 
hobune  ei  wea,  kui  te  ei  wea  —  das  Pferd  schleppt  nicht,  wenn  der 

Weg  nicht  schleppt, 
hobune  kommistab  kä  nelja  jala  peal  —  ein  Pferd  stolpert  auch  auf 

vier  Füssen, 
hobune  köpitseb,  od.  kommistab,  nelja  jala  peal,  sedap  mos  sls 

söna  peal  —  ein  Pferd  stolpert  auf  vier  Füssen,  um  so  eher  ein  Mann 

auf  einem  Worte. 
hobune  osta  rikka  käest.  naene  wöta  waeze  käest  —  ein  Pferd 

kaufe  vom  Reichen,  ein  Weib  nimm  vom  Armen, 
hobusega  tuleb,  ja  härjaga  läheb,  od.  hobusil  tuleb,  häril  läheb  — 

mit  einem  Pferde,  od.  mit  Pferden,  kommt  es,  mit  einem  Ochsen,  od. 

mit  Ochsen,  geht  es  (schnell  und  langsam), 
hobust  söda  kui  wenda  ja  köida  kui  warast  —  ein  Pferd  futtere  wie 

einen  Bruder,  und  fessele  es  wie  einen  Dieb, 
odaw  kala,  Iah  ja  lern  —  billiger  Fisch,  magere  Suppe, 
oh  sa  waene  mos ,  hiljaks  sa  jöjtdsid !  —  o  du  armer  Mann ,  zu  spät 

bist  du  gekommen, 
oh  saksa  sü ,  oh  saksa  mokk !  —  o  deutscher  Mund ,  o  deutsehe  Lippe 

(von  Kostverächtern). 
oht  öpetab,  näfg  näitab  —  Noth  lehrt,  Hunger  giebt  Anweisung, 
hoia  ennast  ezimeze  pleki  öst  —  hüte  dich  vor  dem  ersten  Flecken, 
hoia  ize,  (sls)  hoiab  jumal  (kä),  od.  jumal  hqjab  kä  —  behüte  selbst, 

dann  behütet  auch  Gott. 
hoia  sü  kinni,  süda  jahtub  ära  —  halte  den  Mund  zu,  das  Herz  kühlt 

sich  ab  (vgl.  hoidke  etc.). 
hqjaksin  teda  oma  sü  ses ,  nenda  armas  —  ich  möchte  es  im  Munde 

halten,  so  lieb  ist  es. 
hoida  honet  ehitab,  lahke  ladu  lästub  —  behüten  baut  ein  Haus,  ein 

Spalt  macht  die  Scheune  verfallen, 
boidke  oraad  mokad  lukku ,  muidu  lennab  kärbes  kurku  —  haltet 

eure  Lippen  verschlossen,  sonst  fliegt  eine  Fliege  in  den  Hals  (schereh. 

wenn  Einer  den  Mund  offen  hält,  vgl.  hoia  sü  ete. 


—   135  — 

ole  aga  lammas ,  sIs  on  hundid  turjas  —  sei  nur  ein  Lamm ,  so  sind 

die  Wölfe  auf  dem  Nacken, 
ole  ize  mos,  pea  tejst  möst  meheks  kä  —  sei  selbst  ein  Mann,  halte 

einen  anderen  Mann  anch  für  einen  Mann, 
ole  kui  pere-mös  igas  kohas  teiste  öl  —  sei  als  Hausvater  üherall 

den  Anderen  voran, 
oleks  mu  k%el  nenda  paks  (olema)  kui  mu  keha,  Bis  ma  wötaksin 

oma  kaela  peale  —  wäre  mein  Hals  so  dick  wie  meio  Leib,  dann 

würde  ich  es  auf  meinen  Hals  nehmen  (unternehmen), 
oleksid  waäklikul  silmad ,  sIs  ta  paneks  fihel  51  Uheksa  ust  kinni 

—  hätte  die  Blindschleiehe  Augen,  so  würde  sie  in  einer  Nacht  neun 

Tbüren  zumachen  (Menschen  tödten). 
ölen  nl  wihane,  et  ma  tulisid  süzi  sülitaksin  —  ich  bin  so  ärgerlich, 

dass  ich  glühende  Kohlen  speien  möchte, 
oles  muH  oza  ölewat,  kfill  s£s  külast  kapustit  (d)  —  wenn  ich  nur 

Fleisch  hatte,  so  würde  ich  Kohl  wohl  schon  aus  der  Nachbarschaft 

bekommen. 
olge  rSmsad  römsatega  ja  nutke  nutjatega  —  seid  fröhlich  mit  den 

Fröhlichen  und  weinet  mit  den  Weinenden. 
olgn  a$d  nl  süf ,  kui  ta  on,  mulk  ikka  üks  —  sei  der  Garten  so  gross 

wie  er  wolle,  die  Zaunöffnung  ist  immer  eine  und  dieselbe. 
olgu  ka&i-kala  peale  —  mag  ein  Katzenfisch  darüber  sein  (bei  kleinem 

Zugeben  im  Handeln), 
olgo  kiwi  palawam  kui  palaw,  kui  teraa  peale  süütatakse,  jahtub 

ta  ommetigi  —  sei  ein  Stein  auch  noch  so  heiss,  so  kühlt  er  sich 

doch  ab,  wenn  man  darauf  speit, 
olgu  mis  ta  on,  üks  ta  ikka  on  —  sei  er,  was  er  sei,  einer  und  der- 
selbe ist  er  immer, 
olgu  ohuks,  kui  ep  ole  robuks  —  mag  es  als  Aushülfe  dienen,  wenn 

nicht  als  Arzenei. 
olgu  päew  nl  pitk  kui  ta  on ,  od.  pitkem  kui  pitk ,  ommetigi  ta 

öhtuks  jöjiab,  od.  läheb  ta  öhtule,  od.  (d)  siski  täll  ödang 

8tp  —  sei  der  Tag  so  lang,  wie  er  wolle,  od.  langer  als  lang,  doch 

kommt  er  zum  Abend. 


—  136  — 

olgu  peale,  otsi  raha,  lepi  kokku,  mine  sauna  —  mag  es  sein,  suche 

Geld,  vertrage  dich,  geh  in  die  Badstabe, 
olgu  pime,  wigane,  kui  ta  aga  izane  —  sei  er  blind,  ein  Krüppel, 

wenn  er  nur  männlich  ist. 
olgu  wilets  wigane,  olgu  sant  sarnane,  kui  aga  oleks  izane  —  sei 

es  ein  elender  Krüppel,  sei  es  ein  kränklicher  Bettler,  wenn  es  nur 

ein  Männlicher  wäre. 
oli  nl  wara,  et  haned  alles  palja  jalu  käjziwad  —  es  war  so  früh, 

dass  die  Gänse  noch  barfuss  gingen, 
oma  aii,  oma  haiz  —  eigene  Ehre,  eigener  Gestank, 
oma  eit  eidekene,  wöras  ejt  raisk  —  eigene  Mutter  Mütterchen,  Stief- 
mutter Aas. 
oma  ema  wits  ja  w8ra  ema  wöi-leib  (on  fiks)  —  der  eigenen  Mutter 

Ruthe  und  der  Stiefmutter  Butterbrot  ist  einerlei, 
oma  jutuga  robket  mäd  käima  ja  tuld  ke£k  järwe  tegema  —  mit 

seiner  Rede  einen  reichlichen  Weg  gehen  und  mitten  im  See  ein  Feuer 

anmachen  (Prahlerei), 
oma  karu,  oma  kaer,  od.  kaerad  —  eigener  Bär,  eigener  Hafer  (vgl. 

unten  oma  pöld  etc.). 
oma  käzi  känd,  oma  käl  kand  (d)  —  eigene  Hand  biegt,  eigener  Hals 

trägt, 
oma  kitus  haizeb  —  Eigenlob  stinkt. 

oma  kodu  koeradgi  tunnewad  —  zu  Hause  kennen  Einen  auch  die  Hunde, 
oma  laps  on  lapsukene,  wöras  laps  on  lästukene  —  eigenes  Kind 

ist  ein  Kindchen,  Stiefkind  ist  ein  Spänchen, 
oma  lejb  toidab,  ja  oma  rammu  toetab  köjge  rohkem  —  eigenes 

Brot  nährt,  und  eigene  Kraft  stützt  am  meisten, 
oma  leitud,  wSras  warastud  —  eigen  ist  das  Gefundene,  fremd  das 

Gestohlene, 
oma  peza,  kuldne  peza  —  eigenes  Nest,  goldenes  Nest. 
oma  peza  on  ikka  oma  peza  —  eigenes  Nest  ist  immer  eigenes  Nest, 
oma  plts,  wSras  hobune  —  eigene  Peitsche,  fremdes  Pferd, 
oma  pöld,  oma  pörsas  —  eigenes  Feld,  eigenes  Ferkel  (Entschuldigung, 

wenn  das  eigene  Vieh  in's  Feld  geht). 


—  137  — 

oma  silm  ei  peta  ära  —  eigenes  Auge  täoscht  nicht. 

oma  silm  (on  mall)  kaningas  —  eigenes  Auge  ist  König. 

oma  söna  sötkub  tejze  teutust  •—  eigenes  Wort  tritt  fremden  Schimpf 

mit  Fassen, 
oma  taf  witus  on  köige  parem  kubjas  —  das  eigene  Bedürfniss  ist  der 
beste  Frohnvogt. 

oma  tödi  pölend  körukene  on  parem'  kui  wöra  wöj-leib  —  des 
eigenen  Vaters  verbrannte  Brotrinde  ist  besser  als  des  Fremden  But- 
terbrot. 

oma  tehtud  tS  on  mejster-tö  —  selbstgemachte  Arbeit  ist  Meisterstück. 

oma  tönitud  leiwal  on  saja  maga  —  selbstverdientes  Brot  hat  den  Ge- 
schmack von  Weissbrot. 

oma  toba,  oma  laba  —  eigene  Stube,  eigene  Bestimmung  (vollige  Un- 
abhängigkeit). 

omad  witsad  kibedad  witsad  —  eigene  Ruthen  sind  scharfe  Ruthen. 

omad  witsad  peksawad  köige  walusam  —  eigene  Ruthen  schlagen  am 
schmerzlichsten. 

omaga  sab  inimene  omale  waenlazi  —  durch  sein  Eigenthum  bekommt 
der  Mensch  Feinde. 

omal  mal  ko$radgi  tunnewad,  wSral  mal  kögi  ei  tnnne  —  im  eige- 
nen Lande  kennen  Einen  sogar  die  Hunde ,  im  fremden  Lande  kennt 
Einen  Niemand. 

omal  mal  Öitseb  öööi,  koda  kaswab  kazu  parem  (pt)  —  im  eigenen 
Lande  blüht  das  Gluck,  zu  Hause  wächst  die  Pflanze  besser. 

omast  kohast  olgu  hftbi,.  omast  kohast  julgus  —  an  der  rechten 
Stelle  sei  Scheu,  an  der  rechten  Stelle  Kühnheit. 

hommiknne  aeg  kuldne  aeg  —  Morgenzeit  ist  goldene  Zeit. 

hommikune  tö  kuld,  öhtune  t5  muld—  Morgenarbeit  ist  Gold,  Abend- 
arbeit Erde. 

hommikuzel  tutinil  on  kuld  sus  —  die  Morgenstunde  hat  Gold  im  Munde. 

homseks  hoia  leiba,  aga  mitte  töd  —  für  Morgen  bewahre  Brot,  aber 
nicht  Arbeit. 

on,  od.  ons,  Jamal  mind  pisku,  od.  pizukeze,  Önnega  lönud,  sis 
pean  mina  pisku  önnega  toitma,  od.  pizukeze  önnega  elama  — 


—  138  — 

hat  Gott  mich  mit  geringem  Glücke  geschaffen,  so  muss  ich  mit  gerin- 
gern  Glücke  mich  nähren,  od.  leben. 

on  nägu  söidu-hobused,  kui  kaeru  säwad,  sls  ei  höli  paTja  beul- 
test —  es  ist  wie  mit  den  Fahrpferden,  wenn  sie  Hafer  bekommen, 
so  kümmern  sie  sich  nicht  viel  am's  Heu. 

on  nl  palju,  ku|  15  witsaga  wette  —  es  ist  so  viel,  wie  schlage  mit 
einer  Ruthe  in's  Wasser  (es  fruchtet  nichts). 

on  päew  lühikene,  inimezed  wöl  hiljamad  —  ist  der  Tag  kurz,  die 
Menschen  sind  noch  später. 

on  siga  juba  laudast  wäljas,  sls  wast  minnakse  ust  kinni  panema 
—  ist  das  Schwein  schon  aus  dem  Stalle,  dann  erst  geht  man  die 
Thür  zu  machen. 

on  sönad  löpennd,  sls  laze  käzi  käja  —  sind  die  Worte  zu  Ende,  dann 
lass  die  Hand  gehen. 

hopen  ei  pelgä  löki,  hopen  pelgäs  söki  (d)  —  ein  Pferd  achtet  nicht 
auf  Schläge,  ein  Pferd  achtet  auf  das  Essen. 

oras  ep  ole  wöl  salwes  —  das  Getreide  als  Gras  ist  noch  nicht  im  Korn- 
kasten. 

orasest  wifja  näikse  —  aus  dem  Grase  lässt  sich  das  Getreide  erkennen. 

ori  möistab  ofja  öpetada  ja  waras  warast  nuhelda  —  der  Knecht 
versteht  den  Knecht  zu  belehren  und  der  Dieb  den  Dieb  zu  strafen. 

orjast  sab  oza-jagaja,  pere-pojast  sab  palgaline  —  aus  einem  Knecht 
wird  ein  Antheilaustbeiler,  aus  einem  Wirthssohn  ein  Tagelöhner. 

oskab  lammast  nTta,  kui  löm  käe  all  on  —  er  versteht  ein  Schaf  zu 
scheren,  wenn  das  Thier  in  seiner  Hand  ist. 

ostab  sea  kotis  —  er  kauft  das  Schwein  im  Sack. 

ostad  öhtu  ja  wätad  hommiku,  sls  ei  maksa  kahte  wähki  —  kaufet 
du  am  Abend  und  besiehst  du  am  Morgen,  so  ist  es  nicht  zwei  Krebse 
werth. 

otaw  kana,  lajh  16m  (d)  —  billiges  Huhn,  magere  Suppe. 

otsi  ohtu,  katsn  robtn  —  suche  Hülfe,  versuche  Arzenei. 

höbelda  on  kergera  kui  maksta  —  prahlen  ist  leichter  als  bezahlen. 

hölas  ette-w&tamine  pistab  Önnetuze  silmad  wäTja  —  emsige  Vor- 
sicht sticht  dem  Unglück  die  Augen  aus. 


—  139  — 

boletus  ös,  önnetus  taga  —  Sorglosigkeit  vorn,  Unglück  hinten. 

boletus  ja  önnetus  käjwad  seftsis,  od.  on  seftsi-mehed  —  Sorglosig- 
keit und  Unglück  gehen  zusammen,  od.  sind  Gesellschafter. 

hölikas  ja  ozin  inimene  korjab,  ja  lajsk  selili  mäs  pßrab  päkad 
wastu  taewast  —  der  Sorgsame  und  Fleissige  sammelt,  der  Faule 
kehrt,  auf  dem  Rucken  liegend,  die  Ballen  der  Hand  gen  Himmel. 

hör  ei  uzu  höra,  waras  ei  uzu  warast  —  die  Hure  traut  der  Hure 
nicht,  der  Dieb  traut  dem  Diebe  nicht. 

hör  ei  uzu  öiget,  port  puhast,  waras  waga  —  die  Hure  traut  dem 
Rechtlichen  nicht,  die  Lüderliche  dem  Reinen,  der  Dieb  dem  Frommen. 

höra  uhkus  ja  amrae  rikkus  ei  kesta  kaua  aega  —  der  Stolz  einer 
Hure  und  der  Reichthum  einer  Amme  währen  nicht  lange. 

ötaja  önge  tuleb  kala  —  an  des  Wartenden  Angel  kommt  ein  Fisch. 

0  ei  ole  kellegi  söbr  —  die  Nacht  ist  Niemandes  Freund. 

ö  es,  surm  sefja  taga  —  Nacht  vorn,  Tod  hinter  dem  Rücken. 

ö-kulT  ja  koi  pelgawad  päewa  walgust  —  Eule  und  Motte  scheuen 
das  Tageslicht. 

ö  on  warga  wari  —  die  Naeht  ist  der  Schutz  des  Diebes. 

ö-pikk  lebtimata  metsas,  kerged  wihud  warda  otsas  —  eine  Nach- 
tigall im  unbelaubten  Wald,  leichte  Garben  vor  dem  Dreschflegel. 

ö-töle  uzinakene,  päewa-töle  hiTjukene  -  zur  Nachtarbeit  rasch,  zur 
Tagesarbeit  langsam  (schlechte  Haushälterin). 

01  fiheksa  poega ,  päewal  mitu  mötet  —  die  Nacht  hat  neun  Sohne, 

der  Tag  viele  Gedanken. 

höälus  südab  sinuga  nl  palju,  km  sa  tahad  —  Schlechtigkeit  vermag 
so  viel  bei  dir,  wie  du  willst. 

höbe  pea,  kuld  nupp,  aga  käriseb  kui  kadakas  —  silberner  Kopf, 
goldener  Knopf,  aber  prasselt  wie  Wacholder  (von  schönen,  aber  bö- 
sen Weibern). 

öiete  uputaks  mind  wee-luzika  sisse  —  er  möchte  mich  recht  in 
einem  Löffel  Wasser  ersaufen. 

oige  hölma  ei  hakka  ükski,  ja  waga  weri  ej  werise  -  des  Ge- 
rechten Rockschooss  fasst  Niemand  an ,  und  des  Frommen  Blut  zittert 
nicht. 


—  140  — 

öige  söbr  kälub  rohkem  kuj  kuld  —  ein  rechter  Freund  wiegt  schwe- 
rer als  Gold, 
oigus  elab  köige  wanemaks  —  Redlichkeit  lebt  am  längsten, 
öigus  otsas,  kohus  kotis  —  die  Gerechtigkeit  zu  Ende,  das  Recht  im 

Sack. 
Oigus  peab  ikka  Öjguzeks  jäma  —  Recht  muss  immer  Recht  bleiben, 
öigus  püzib,  aga  üle-kohus  lftheb  rafsku  —  Gerechtigkeit  besteht, 

aber  Ungerechtigkeit  geht  unter, 
öiguze  wastu  ei  sä  fikski  —  gegen  das  Recht  vermag  Niemand  etwas, 
hölpsaste  tuleb,  hölpsaste  läheb  —  leicht  kommt  es,  leicht  geht  es. 
öfi6  lejdjal,  kahju  kautajal  —  Glück  hat  der  Finder,  Schaden  der  Ver- 
lierer. 
Öfi6  wötjal,  wili,  od.  wilja  on,  wljal,  köii  kaebajal,  od.  köii  kaeba- 

jale  kaela  —  Glück  hat  der  Nehmer,  Vortheil  der  Wegbringende, 

den  Strick  der  Kläger,  od.  der  Strick  an  den  Hals  des  Klägers, 
önnelik,  kes  oma  katuse  all  magab  —  glücklich,  wer  unter  seinem 

eigenen  Dache  schläft. 
Önnelik,  kes  oma  laua  taga  istub  —  glücklich,  wer  am  eigenen  Tische 

sitzt. 
Önnelik,  kes  rahul  wöib  surra  —  glücklich,  wer  ruhig  sterben  kann. 
Önnes  peab  inimene  ette  w&tama ,  ja  önnetuzes  lötma  —  im  Glück 

muss  der  Mensch  sich  vorsehen  und  im  Unglück  hoffen. 
Önnetu,  kes,  od.  on,  wendade  ori,  wilets,  kes,  od.  on,  öe  palga- 

line  —  Unglücklicher,  wer  der  Brüder  Knecht  ist,  Elender,  wer  der 

Schwester  Tagelöhner. 
Önnetus  ei  käi  möda  kiwa  kända,  waid  mSda  inimezi  —  Unglück 

wandelt  nicht  unter  Steinen  und  Baumstämmen  einher,  sondern  unter 

den  Menschen, 
önnetus  ei  käi  üksi ,  waid  tema  järel  wöl  teizi  —  das  Unglück  geht 

nicht  allein,  sondern  ihm  folgen  noch  andere, 
önnetus  ei  söida  (ial)  kellaga  —  Unglück  fahrt  nicht,  od.  nie,  mit  einer 

Glocke. 
Önnetus  ei  söida  kellaga,  ega  wiletsus  wilega  —  Unglück  ßhrt  nicht 

mit  einer  Glocke,  noch  Elend  mit  einer  Pfeife. 


—  141   — 

önnetus  söidab  ilma  kellata  —  Unglück  fahrt  ohne  Glocke, 
önnetus  tuleb  uksest  ja  aknast  korraga  —  Unglück  kommt  durch 
Thfir  and  Fenster  zugleich. 

önnis,  keda  sül  öpetatakse,  wilets  waene,  keda  witsaga  kaswata- 
takse  —  ein  Glucklicher,  wer  mit  dem  Munde  belehrt  wird,  ein  ar- 
mer Elender,  wer  mit  der  Ruthe  erzogen  wird. 

önsam  on  anda  kuj  wötta  —  seliger  ist  zu  geben  als  zu  nehmen. 

öpeta  seale  muru  tuhnimist!  —  lehre  ein  Schwein  das  Aufwühlen  des 
Rasens. 

öpeta  hundi-poega  (eziteks)  murdma !  —  lehre  einen  jungen  Wolf  erst 
zerreissen. 

öpi  ize  ennast  tundma  —  lerne  dich  selbst  kennen. 

opi  nöres  eas,  kui  sa  tahad  wanas  eas  tark  olla  —  lerne  in  der  Ju- 
gend, wenn  du  im  Alter  klug  sein  willst. 

ouel  ja  toal  on  wel  ukse  läwi  wahel  —  Hof  und  Stube  haben  noch  die 

Schwelle  der  Tbür  zwischen  sich. 
öjm  ei  kuku  kämmst  kaugele  —  der  Apfel  fällt  nicht  weit  vom  Stamme, 
paberi  walge  kannatlik,  ja  ilusad  sönad  ei  s5  Ieiba  —  das  Weiss 

des  Papiers  ist  geduldig,  und  schöne  Worte  essen  kein  Brot. 

pada  ei  ole  iga  kord  nl  must ,  kui  söimatakse  —  der  Kochtopf  ist 
nicht  immer  so  schwarz,  wie  er  geschimpft  wird. 

pada  naerab  katlat,  fihed  mustad  mölemad  —  der  Kochtopf  lacht 
über  den  Kessel,  gleich  schwarz  sind  sie  beide. 

pada  söimab  katlat,  katel  söimab  pada,  mölemad  on  mustad  — 
der  Topf  schimpft  den  Kessel ,  der  Kessel  schimpft  den  Topf,  beide 
sind  schwarz. 

pada  söimab  katlat,  kui  mölemad  mustad  on  —  der  Topf  schimpft 
den  Kessel,  wenn  beide  schwarz  sind. 

pada  hurjutab  katlat,  aga  mölemad  on  mustad  —  der  Topf  schreit 

den  Kessel  an,  aber  beide  sind  schwarz, 
paha  ei  paranda  paba  —  Bös  bessert  nicht  Bös  (Strenge  bessert  nicht), 
paha  kef  töstab  tüli  —  böse  Zunge  erregt  Streit, 
paha  koer,  parem  önn  —  schlechter  Hund,  besseres  Gluck. 


—  142  — 

paha  Und,  paha,  od.  pahem,  lajil  —  schlechter  Vogel,  schlechter,  od. 

schlechterer,  Gesang, 
paha  röm  rikub  rahwa  elu  —  böse  Lust  verdirbt  der  Leute  Leben, 
paha  siga,  pafju  wiga:  kärs  kämas,  mä  külmetand,  od.  mä  kfll- 

metand,  od.  külmenud,  kärs  kärnane  —  schlechtes  Schwein, 

viele  Mängel :  der  Rüssel  schorfig ,  das  Land  gefroren  (bei  grundlosen 

Ausflüchten). 

paha  tahtraine  leiab  igal  asjal  paha  pöhja  —  böser  Wille  findet  bei 
jedem  Dinge  einen  schlimmen  Grund. 

pahad  jüred  sigiwad  tugewaks  —  böse  Wurzeln  gedeihen  und  werden 

stark, 
pahal  kofjajal  pafju  wargaid  —  der  schlechte  Sammler  hat  viel  Diebe, 
pahal  hoidjal  mönda  warast  —  der  schlechte  Bewahrer  hat  mancherlei 

Diebe, 
pahandus  ei  tule  ühelt  polt,  waid  tuleb  ikka  kahelt  polt  —  Aerger 

kommt  nie  von  einer  Seite,  sondern  kommt  immer  von  beiden  Seiten. 

pahnr  siga,  palju  wiga  —  schlechtes  Schwein,  viele  Mängel. 

paiguti  kui  säze  säf ,  paiguti  kui  hobuse  reiz  —  stellweise  wie  die 

Wade  einer  Mücke,  stellweise  wie  der  Schenkel  eines  Pferdes  (von 

ungleichem  Gespinnst), 
paks  kör,  wedel  plm  —  dicke  Sahne,  dünne  Milch. 
paks  nahk  tahab  kibedat  höpi  —  dicke  Haut  will  scharfen  Schlag, 
paks  päts,  padi-wats  —  dickes  Brotlaib,  Magen  wie  ein  Kissen, 
paks  seine  kautab,  harw  seme  kaswatab,  od.  kozutab  —  dichte  Saat 

verdirbt,  dünne  Saat  bringt  Wachsen,  od.  Gedeihen. 

paksem  wen  kui  wezi  —  dicker  ist  das  Blut  als  das  Wasser  (Verwandte 
stehen  Einem  näher  als  Fremde). 

paksuste  palud  sa  jumalat,  ja  härad,  od.  wötad  kinni,  harwuti 
kuratit  —  viel  bittest  du  Gott,  und  selten  ergreifst  du  den  Teufel. 

paku  pagari  lapsele,  od.  lastele,  saia!  —  biete  doch  dem  Kin<fe,  od. 

den  Kindern,  des  Bäckers  Weissbrot  an. 
pafju  kiza,  wähe,  od.  wejdi,  willu  —  viel  Geschrei,  wenig  Wolle, 
pafju  koleb,  pizut  rägib  —  er  hört  viel,  spricht  wenig. 


—  143  — 

* 

pafju  kfilalizi  kustatawad  löme-paja  alt  tule  ära  —  viele  Gaste  lö- 
schen unter  dem  Sappenkessel  das  Feuer  aus. 

palju  Iambaid,  wähe  willa  —  viel  Schafe,  wenig  Wolle. 

pafju  lapsi,  laiad  silmad  —  viel  Kinder,  breite  Aogen  (grosse  Aufmerk- 
samkeit). 

paljn  naermizest  tunnukse  rumalat  •"  möst  —  am  vielen  Lachen  er- 
kennt man  den  Dummen.. 

pafju  sign  lagaatawad  lake  wedelaks  —  viel  Schweine  machen  das 
Gesöff  dünn. 

palu  jumalat  ning  tee  töd  —  bete  und  arbeite. 

palwe-maja  tönistus  on  Uks  wahe-palake  —  der  Gottesdienst  im  Bet- 
hause ist  ein  Zwischenessen  (keine  Hauptmahlzeit). 

palwe  pärast  ja  täie  pärast  —  für  Bitten  und  vollen  Betrag  (Geld  und 
pale  Worte). 

pane  kämm  flmber  ehted,  sis  on  känd  ilus  —  lege  um  einen  Baum- 
stamm Schmuck,  dann  ist  der  Baumstamm  hübsch. 

pane  kftnnule  ehted,  od.  kau  nid,  amber,  sis  on  känd  kena,  od.  als 
ta  on  Uns  —  lege  Anem  Baumstamm  Schmuck  um,  dann  ist  der 
Baumstamm,  od.  er,  schon. 

pane  kits  kfirneriks,  küll  (sa)  sis  pafju  kapsaid  säd  —  setze  eine 
Ziege  als  Gärtner  ein,  dann  wirst  du  viel  Kohl  bekommen  (ironisch). 

pane  kläi-kappi,  ize  wäta  emalt—  setze  es  in  einen  Glasschrank,  und 
beschaue  es  selbst  von  weitem. 

pane  koer  lihale  wahiks!  —  stelle  den  Hund  hin  als  Wächter  für  das 
Fleisch. 

pane  koera  kaela  wofst!  —  hänge  an  des  Hundes  Hals  eine  Wurst. 

pane  möistlik  mes  kas  liwa-kfinka  otsa,  ta  elab ;  aga  pane  m$st- 
mata  kas  kulla-poiti,  ta  ikka  on  kammitsas  —  setze  einen  ver- 
ständigen Mann  meinet  wegen  auf  einen  Sandhügel,  er  wird  leben; 
aber  setze  einen  unverständigen  meinet  wegen  in  einen  Goldtopf,  er 
wird  immer  in  Fesseln  sein, 
pane  sea  selga  kald-sadul,  od.  p.  seale  kuld-sadul  selga,  siski  jäb 
ta  seaks  —  lege  einem  Schweine  einen  goldenen  Sattel  auf,  es  bleibt 
doch  ein  Schwein« 


—  144  — 

pane  seale  kuld  rftnnas  ninase,  kttll  ta  muda  ajab  —  lege  dem 

Schweine  einen  goldenen  Ring  in  die  Nase,  es  wird  wohl  im  Koth 

wühlen, 
pane  sikk  kärneriks,  küll  sis  körib  puid,  od.  sls  sawad  pfid  köri- 

tud  —  setze  den  Bock  als  Gärtner  ein,  dann  wird  er  schon  die  Bäume 

schälen,  od.  dann  werden  die  Bäume  geschält, 
pane  hunt  lamba-kafjatseks !  —  setze  den  Wolf  als  Schafhnter  ein. 
papi  kott  ning  koti  sopp  ei  sä  ial ,  od.  elades ,  täjz  —  des  Pfaffen 

Sack  und  des  Sackes  Zipfel  werden  nie  voll. 

papi  külimit,  koti  sopp  ja  pörgu  haud  ej  sä  elades  täiz  —  des  Pfaf- 
fen Metze,  des  Sackes  Zipfel  und  der  Hölle  Abgrund  werden  nie  voll. 

parem  aegsaste  ette  wädata  kui  pärast  kahetseda  —  besser  zeitig 

vorher  sehen  als  nachher  bedauern, 
parem  anda  kuj  otsida  —  besser  geben  als  suchen. 

parem  apuga  hauda  minna,  od.  surra,  kui  häbiga  ilmas  elada  — 
besser  mit  Ehren  in's  Grab  gehn,  od.  sterben,  als  mit  Schande  in 
der  Welt  leben. 

parem  ästa  ödata  kui  kaks  kahetseda—  besser  ein  Jahr  lang  warten 
als  zwei  bedauern. 

parem  häda  kaugel  kui  rohi  ligi  —  besser  die  Krankheit  weit  als  die 

Arzenei  nahe, 
parem  hea  häfg  köhus  kui  tühja  kölgastiku  nurgas  —  besser  ist 

ein  guter  Ochs  im  Magen  als  in  der  Ecke  der  leeren  Futterscheune. 

parem  enne  mötelda  kui  pärast  kahetseda  —  besser  vorher  bedenken 
als  nachher  bedauern. 

parem  ette  wädata  kui  pärast  kahetseda,  od.  ojgata  —  besser  vor- 
aus sehen  als  nachher  bedauern,  od.  seufzen. 

parem  (ikka)  senna  tuld  teha ,  kus  (enne)  tule-aze  ös  on  —  besser 
ist  es  immer  dort  Feuer  an  zu  machen,  wo  schon  vorher  eine  Feuer- 
stätte ist. 

parem  kaks  korda  küzida  kui  fiks  kord  eksitust  käja  —  besser 
zwei  Mal  fragen  als  ein  Mal  irre  gehn. 

parem  karta  kui  kahetseda  —  besser  furchten  als  bedauern. 


—   145  — 

parem  kämble-laius  kodu  kui  waka-mä  wöral  mal  —  besser  eine 
Handbreite  zu  Hause  als  eine  Lötstelle  in  der  Fremde. 

parem  ked  kapsaid  rahuga  kui  nüm-häfg  rluga  —  besser  ein  Ge- 
richt Kohl  in  Frieden  als  ein  Mastochs  mit  Streit. 

parem  kiwi  nurgas  kui  pops  majas  —  besser  ein  Stein  in  der  Ecke 
als  ein  Badstfiber  im  Hause. 

parem  kodu  körukezed  kui  woi-leib  wöfsis,  od.  wöfsil  —  besser  zu 
Hause  Rinden  als  Butterbrot  bei  Fremden. 

parem  korts  kannas  kui  wiFf  warbas  —  besser  eine  Falte  an  der  Ferse 
als  eine  Blase  an  der  ZeheT 

parem  külda  kui  karta  —  besser  hören  als  fürchten. 

parem  lahja,  od.  lahi,  laudas  kui  lihaw  metsas  —  besser  ein  Mage- 
res im  Stall  als  ein  Fettes  im  Walde. 

parem  lahja  laudas  kui  wägew  wäljas  —  besser  ein  Mageres  im  Stall 
als  ein  Kräftiges  draussen. 

parem  lahja  rahu  kui  rammus  tüli ,  od.  raswane  rld  —  besser  ein 
magerer  Friede  als  ein  feister  Streit,  od.  fetter  Zank. 

parem  lammas  rahuga  kui  nüm-häfg  rluga  —  besser  ein  Schaf  mit 
Frieden  als  ein  Mastochs  mit  Streit. 

parem  leiwa-köruke  kodu  uärida  kui  saia  süa  wöra  jQres  —  bes- 
ser eine  Brotrinde  zu  Hause  zu  kauen  als  Weissbrot  bei  Fremden  zu 
essen. 

parem  lepis  muna  pölik ,  kui  on  waenus  wana  kana  (pt)  —  besser 
ist  ein  halbes  Ei  in  Eintracht  als  ein  altes  Huhn  in  Hader. 

parem  lflpsta  kui  nüfgida  —  besser  melken  als  schinden. 

parem  mäs  kui  sOres  pfis  —  besser  auf  der  Erde  als  auf  einem  gros- 
sen Baum. 

parem  mfia  kui  osta  —  besser  verkaufen  als  kaufen. 

parem  naerda  kui  nutta  —  besser  lachen  als  weinen. 

parem  naerja  silma  wädata  kui  nutjale  —  besser  in  eines  Lachenden 
Auge  sehen  als  einem  Weinenden. 

parem  natukezega  kui  üsna  ilma  —  lieber  mit  Wenigem  als  ganz  ohne. 

parem  näha  jala  waewa  kui  wäe  jälgi  —  besser  ist  es  die  Ffisse  an- 
zustrengen als  Spuren  der  Gewalt  zu  sehen. 

10 


—  146  — 

parem  nöuu  kaupa  kui  jöuu  kaupa  —  besser  mit  Nachdenken  als  mit 

Kraft, 
parem  hoida  kui  oiata,  od.  ohata,  od.  öhata  —  besser  sich  hüten  als 

seufzen, 
parem  oma  hagana-  kuj  wöra  selige  leib  —  besser  das  eigene  spreuige 

als  des  Fremden  reines  Brot. 

parem  oma  rlde  soe  kui  teize  mehe  t5  soe  —  besser  die  Wärme 
vom  eigenen  Kleide  als  von  eines  fremden  Mannes  Arbeit. 

parem  omast  kui  wörast  käest  laenata  —  besser  von  eigener  als  \on 

fremder  Hand  borgen, 
parem  hommikuni  tehtud  kui  öhtuni  möeldud  —  besser  bis  zum 

Morgen  gethan  als  bis  zum  Abend  gedacht. 

parem  on  elaw  wäeti  laps  kui  surnud  kuningas  —  besser  ist  ein 
lebendes  schwaches  Kind  als  ein  todter  König. 

parem  on  kaks  lindu  pezitelles  kui  üks  lind  —  besser  zwei  Vögel 

beim  Nisten  als  ein  Vogel, 
parem  on  köruke  büle  käes  kui  kakuke  töle  käes  —  besser  ist  eine 

Rinde  im  Besitz  der  Lippe  als  ein  Laib  in  der  Luft. 

parem  on  kufja  kannatada  kui  kufja  teha  —  besser  ist  Böses  erdul- 
den als  Böses  thun. 

parem  on  lüpsis  kui  tapis  —  besser  ist,  sc.  eine  Kuh,  beim  Melken  als 
beim  Schlachten. 

parem  on  naerjat  wädata  kui  nutjat  —  besser  ist  es  einen  Lachenden 
an  zu  sehen  als  einen  Weinenden. 

parem  on  oja  sulguda  kui  jöge  —  besser  ist  es  einen  Bach  zu  däm- 
men als  einen  Fluss. 

parem  (on)  oma  haganad,  od.  baganane,  kui  wöra  seYge  leib  — 
besser  ist  die  eigene  Spreu,  od.  das  eigene  spreuige,  als  des  Frem- 
den reines  Brot. 

parem  (on)  oma  ema  wits  kui  wöra  ema  (wöi-)  leib  —  besser  der 
eigenen  Mutter  Ruthe  als  der  Stiefmutter  Butterbrot,  od.  Brot.   - 

parem  on  oma  rlde  soe  kui  wöra  tö  soe  —  besser  ist  die  Wärme  von 
dem  eigenen  Kleide  als  von  des  Fremden  Arbeit. 


—   147  — 

parem  od  omast  kui  wöra  käest  paluda  —  besser  ist  es  von  der 
eigenen  als  von  des  Fremden  Hand  zu  bitten. 

parem  on  pingi  all  rahuga  kui  pingi  peal  rahuta  —  besser  ist  es 
unter  der  Bank  mit  Ruhe  als  auf  der  Bank  ohne  Ruhe. 

parem  on  söna  hammaste  taga  kui  köle  peal  —  besser  ist  ein  Wort 
hinter  den  Zähnen  als  auf  der  Zunge. 

parem  on  söna  hoida  kui  pärast  oiata  —  besser  ist  es  sein  Wort  zu 
behüten  als  hernach  zu  seufzen. 

parem  on  ukse  tagant  pörda  ümber  kui  tagant-seinast  —  besser 
ist  es  bei  der  Thür  umzukehren  als  von  der  Hinterwand  (vom  Ab- 
schließen eines  Kaufs,  oder  von  der  Trauung). 

parem  on  uITi  öpetada  kui  tarka  tazuda  —  besser  ist  es  einen  Dum- 
men zu  belehren  als  einen  Klugen  zu  beschicken. 

parem  on  Odetand  lök  kui  tuhane  perse  —  besser  ist  ein  bereiftes 
Krummholz  als  ein  aschiger  Hinterer  (eine  gute  Braut  aus  der  Ferne 
geholt). 

parem  on  wana  mehe  habeme  all  kui  nöre  mehe  ruzika  all  —  bes- 
ser ist  es  unter  dem  Bart  eines  alten  Mannes  als  unter  der  Faust  eines 
jungen  Mannes. 

parem  on  witsa  rag  weistel  kewade  närida  kui  beina  süle-tgii 
sfigisel  —  lieber  hat  das  Vieh  im  Frühling  eine  trockene  Ruthe  zum 
Nagen  als  einen  Schooss  voll  Heu  im  Herbst. 

parem  paksu  painutada  kui  pönikest  järele  wedada  —  besser  ist  es 
eine  Dicke  zu  biegen  als  eine  Feine  nach  sich  zu  schleppen  (ein  kräf- 
tiges und  ein  schwächliches  Weib). 

parem  pafja  jalu  kui  katkisis  kinnis  —  besser  mit  blossen  Füssen  als 
in  zerrissenen  Schuhen. 

parem  palu-  kui  paha  söna  —  besser  ein  Bittwort  als  ein  böses  Wort. 

parem  pazuke  peus  kui  kotkas,  od.  kufg,  katusel  —  besser  eine 
Schwalbe  in  der  Hand  als  ein  Adler,  od.  Kranich,  auf  dem  Dache. 

parem  pelgama  kui  kahetsema  —  besser  fürchten  als  bedauern. 

parem  pidu  rikka  koeral  kui  kehwa  sulasel  —  besser  hat  es  des 

Reichen  Hund  als  des  Armen  Knecht. 

10* 


—  148  — 

parem  pitk  pönike  nälfg  kui  jäme  ja  lühike  nälfg  —  besser  ein  lan- 
ger und  dünner  Hanger  als  ein  dicker  und  kurzer  Hunger. 

parem  pizuke  pere-mßs  kui  sör  sulane  —  besser  ein  kleiner  Herr 
als  ein  grosser  Knecht. 

parem  pöT  muna  kui  tfihi  kör  —  besser  ein  halbes  Ei ,  als  die  leere 
Schale. 

parem  rahuga  tigane  kui  tüliga  häfg  —  besser  in  Frieden  eine  Meise 
als  mit  Streit  ein  Ochs. 

parem  säze  kints  kapsas  kui  tisna  ilma  liha  —  besser  ein  Mucken- 
schinken im  Kohl  als  ganz  ohne  Fleisch. 

parem  söja  surra  kui  külma  kölda  —  besser  ist  es  an  Wärme  zu 
sterben  als  an  Kälte. 

parem  sömata  roagama  minna  kui  murega  tiles  töusta  —  besser  ist 
es  ohne  Essen  schlafen  zu  gehen  als  mit  Sorgen  auf  zu  stehen. 

parem  sSnut  sSta  kui  kölnut,  od.  koljat,  kozutada  —  besser  ist  es 
einen  Satten  speisen  als  einen  Todten,  od.  eine  Leiche,  pflegen. 

parem  sü  sisse,  od.  suhu,  räkida  kui  sefja  taga  —  besser  in's  Ge- 
sicht reden  als  hinter  dem  Rucken. 

parem  sü-t$i£  solast  kui  mau-täi2  magedat  —  besser  ein  Mund  voll 
Salziges  als  ein  Tragen  voll  Ungesalzenes. 

parem  suga  paluda  kui  käega  wötta  —  besser  mit  dem  Munde  bitten 
als  mit  der  Hand  nehmen. 

parem  taza  kui  wäga  —  besser  leise  als  sehr. 

parem  täi  kapsastes  kui  ei  raswa  räzukest  —  besser  eine  Laus  im 
Kohl  als  kein  Bischen  Fett. 

parem  tehtud  kui  teutud  —  besser  gethan  als  verschmäht. 

parem  tihane  kotis  kui  metsis  oksa  peal  —  besser  eine  Meise  im 
Sack  als  ein  Auerhahn  auf  dem  Ast. 

parem  tuhat  kaetsejat  kui  kümme  kahetsejat  —  besser  tausend 
Neider  als  zehn  Bemittleider. 

parem  ukse  est  pögeneda  kui  taga-nurgast  —  besser  von  der  Tbur 
fliehen  als  aus  der  Hinterecke. 

parem  fiks  lind  kotis  kui  kümme  metsas  —  besser  ein  Vogel  im  Sack 
als  zehn  im  Walde. 


—  149  — 

parem  (flks)  warblane  peus  kui  kfimme  katase  peal,  od.  katusel  — 
besser  ein  Sperling  in  der  Hand  als  zehn  auf  dem  Dache. 

parem  waene  auuga  kui  rikas  häbiga  —  besser  arm  mit  Ehre  als 
reich  mit  Schande. 

parem  waene  ja  waba,  kui  rikas  ja  rakendud  —  besser  arm  und 
frei  als  reich  und  in  den  Strängen. 

parem  wana  habeme  all  kui  nöre  pltsa  all  —  besser  unter  eines  Al- 
ten Bart  als  unter  eines  Jungen  Peitsche. 

parem  weistel  witsa  rSg  kewade  närida  kui  heina  süle-täii  sti- 
gise  —  besser  wenn  das  Vieh  im  Frühjahr  eine  trockene  Ruthe  zu 
nagen  hat  als  im  Herbst  einen  Schooss  voll  Heu. 

parem  wöib  wirr  warba  peal  olla  kui  korts  kinnas  —  lieber  mag 
eine  Blase  an  der  Zehe  sein  als  eine  Falte  im  Schuh  (von  Eitelen). 

paremb  haTja  raauga  kui  halle  mauga  sQwwä  (d)  —  besser  ist  es 
unreif  Schmeckendes  als  schimmelig  Schmeckendes  zu  essen. 

paremb  enne  kawada,  od.  kaeda,  kui  peräst,  od.  päle,  kahida,  od. 
kahitseda  (d)  —  besser  vorher  zusehen  als  nachher  bedauern. 

paremb  ette  köneld  kui  perrä  töreld  (d)  —  besser  vorher  gesagt  als 
nachher  gezankt. 

paremb  laih  landab  kui  wägew  wälä  päl  (d)  —  besser  Mageres  im 
Stall  als  Fettes  draussen. 

paremb  om  abjo  wiruzel  olla  kui  lawwa  otsab  (d)  —  besser  ist  es, 
auf  der  Ofenbank  zu  sein  als  am  Ende  des  Tisches. 

paremb  om  nüssä,  od.  nüssetü,  kui  nirfgi,  od.  ärä  nületü  (d)  — 
besser  ist  melken,  od.  gemelkt,  als  schinden,  od.  geschunden. 

paremb  pörs  perseh  kui  peräh  (d)  —  besser  das  Ferkel  im  Hinteren, 
d.  h.  im  Magen,  als  hinten  nachlaufend. 

paremb  wana  warjon  kui  nöre  ilon  (d)  —  lieber  in  der  Verborgenheit 
des  Alten  als  in  der  Pracht  des  Jungen. 

patt  ezite  kui  fihe  hiukse-karwaga  hakkab  meid  siduma,  pärast 
oleme  kui  ankru-köies  kinni  —  die  Sünde  Tängt  zuerst  an  uns  wie 
mit  einem  Haar  zu  binden ,  nachher  sind  wir  wie  mit  einem  Anker- 
tau fest. 

patt  leikab  öiguze  kaela  maha,  wln  murrab  öiguze  pea  otsast 


—   150  — 

ära  —  die  Sande  schneidet  der  Gerechtigkeit  den  Hals  ab,  der  Brannt- 
wein bricht  der  Gerechtigkeit  den  Kopf  ab. 

patt  on  hirine  pere-mös  —  die  Sunde  ist  Herr  in  der  Seele. 

päew  lükkab  öle,  laizad  lähewad  töle  —  der  Tag  neigt  sich  zur  Nacbt, 
die  Faulen  gehn  zur  Arbeit. 

päewal  teewad  koerust,  öze  on  meles  —  am  Tage  thun  sie  Schalkheit, 
in  der  Nacht  denken  sie  daran  (träumen). 

päiline  wätab  päewa  p^ale,  süda  kütab  külimitu  peale  —  der  Tage- 
löhner sieht  auf  die  Sonne,  das  Herz  brennt  nach  dem  Scheffel. 

pärast  pöua  pifwid,  pärast  ilu  itkemist  —  nach  der  Dürre  Wolken, 
nach  der  Freude  Weinen. 

pätsiga  kaniiika  järele  wiskama  —  mit  dem  Laib  nach  dem  Brotstuck 
werfen. 

pea  nenda  kiheleb,  ta  wist  tahab  körtsu,  od.  sauna,  hafja  —  der 
Kopf  juckt  so,  er  verlangt  gewiss  nach  der  Krugs-,  od.  Badstuben-, 
Bärste  (wo  die  Haare  gerauft  werden). 

pea  püdjale,  saba  säjale,  kesk-paik  kötjale  —  der  Kopf  dem  Fischen- 
den, der  Schwanz  dem  Bekommenden,  die  Mitte  dem  Kochenden,  d.  h. 
dem  Eigenthümer  (sagen  die  Strandbauern,  wenn  ein  Anderer  von 
dem  Fange  viel  ab  haben  will). 

pea  töuzeb,  perse  waub  —  der  Kopf  erhebt  sich,  der  Hintere  sinkt 
nieder  (wenn  es  am  Morgen  schwer  ist  auf  zu  stehen). 

pea  tüdruk  kinni,  kui  peig-mes  tuleb!  —  halte  nur  das  Mädchen  fest, 
wenn  ein  Bräutigam  kommt  (Kauf  bricht  Miethe). 

P<*aga  ei  peaze  kegi  seinast  läbi  —  mit  dem  Kopf  kommt  Niemand 
durch  die  Wand. 

pealt  oli  näba  neitsikene,  alt  oli  ammu  naezekene  —  von  oben  an- 
gesehen war  sie  ein  Jungferchen ,  von  unten  war  sie  lange  ein 
Weibchen. 

peast  wädatakse  pejgu,  jalast  neidu  —  bei  dem  Burschen  sieht  man 
auf  den  Kopf,  bei  dem  Mädchen  auf  die  Fasse. 

peig-mös  lammas,  abi-elus  hammas  —  der  Bräutigam  ein  Schaf,  in 
der  Ehe  ein  Zahn. 

pekiga  pfitakse  hirekezi  —  mit  Speck  fängt  man  Mäuse. 


—  151   — 

peksmize  höbid  lähewad  keha  külge,  aga  sönade  peks  l$heb  ke- 
hast  läbi  —  Prügelschläge  gehen  an  den  Körper,  aber  der  Schlag 
der  Worte  geht  durch  den  Körper. 

peni  om  söbr,  sfeni  kui  päd  silitetäs  (d)  —  der  Hund  ist  ein  Freund, 
so  lange  der  Kopf  gestreichelt  wird. 

pere-koergi  ei  sä  haukumata  süa  —  sogar  ein  Hofhund  bekommt  nicht 
zu  fressen  ohne  Bellen. 

pere-mehe  hea  söna  kutsub  külalizi  sisse  —  des  Hausherrn  freund- 
liches Wort  ruft  die  Gäste  herein. 

pere-mehe  nüri  kirwes  leikab  enam  kui  kolrae  sulase  terawad 
kirwed  —  des  Hausherrn  stumpfes  Beil  schneidet  mehr  als  dreier 
Knechte  scharfe  Beile. 

pere-mehe  silm  on  wöl  enam  kui  tema  käzi  —  des  Hausherrn  Auge 
ist  noch  mehr  als  seine  Hand. 

pere-mehe  silm  teeb  lömad,  od.  hobused,  rammusaks  —  des  Haus- 
herrn Auge  macht  die  Thiere,  od.  Pferde,  feist. 

pere-mes,  kes  pOhku  müb,  sandi-koti  kaela  wlb  —  ein  Wirth,  wel- 
cher Futter  verkauft,  schafft  sich  den  Bettelsack  an  den  Hals. 

pere-mes  hulgub,  ori  magab  wäzimust  —  der  Hausherr  treibt  sich 
umher,  der  Knecht  verschläft  die  Müdigkeit. 

pere-möst  sozitakse  selja  tagant,  pere-naest  naerdakse  nurga  ta- 

gant  —  über  den  Hausherrn  zischelt  man  hinter  dem  Rücken ,  über 

die  Hausfrau  lacht  man  in  der  Ecke, 
perse-nahk  wäga  kitsas,  ei  sä  kummardada  —  die  Haut  über  dem 

Hinteren  ist  gär  zu  eng,  er  kann  sich  nicht  bücken  (von  Unhöflichen). 
petis  peksab  ize  ennast  —  der  Betrüger  schlägt  sich  selbst, 
pettuzega  maja  peetakse,  walega  naene  wöetakse  —  mit  Betrug 

wird  das  Hauswesen  unterhalten,  mit  Lüge  das  Weib  genommen, 
pettuzel  on  löhkine  kub  —  Betrug  hat  einen  löcherigen  Rock. 
peu-tgi2  näha  on  enam  kui  sttle-täi£  külda  —  eine  Hand  voll  Sehen 

ist  mehr  als  ein  Scbooss  voll  Hören. 

peze  kazukat,  aga  ära  tee  teda  märjaks  —  wasche  den  Pelz,  aber 
mache  ihn  nicht  nass. 


—  152  — 

pikalt  ilult  töuzeb  pilfi ,  naljatuzest  näpistusta  (pt)  —  aus  langer 
Lust  ersteht  Weinen,  aus  Scherzen  Kneifen,  d.  h.  Bedrängniss. 

pikem  jalg  astub  pikemad  sammud  —  ein  längeres  Bein  macht  län- 
gere Schritte. 

pikk  piff  pikä  ilo  päle  (d)  —  langes  Weinen  auf  lange  Lust. 

piükatki,  torud  kotti,  kurat  selga,  uksest  wälja  —  die  Sackpfeife 
entzwei,  die  Bohren  in  den  Sack,  den  Teufel  auf  den  Bücken,  zur 
Thür  hinaus  (es  ist  Alles  aus). 

pilT  pika  ilu  peal  —  Weinen  auf  lange  Lust. 

piff  hfiab  pinu  taga,  toru  hüab  toa  taga,  safw  hüab  sauna  taga, 
söfmik  hüab  sönriiku  taga  —  die  Pfeife  ertönt  hinter  dem  Holz- 
stoss,  die  Sackpfeife  hinter  der  Stube,  das  Hörn  hinter  der  Badstube, 
die  Flöte  hinter  dem  Düngerhaufen  (lustiges  Leben). 

pilTiga  wldi,  pizarail  tödi  —  mit  Weinen,  od.  mit  der  Pfeife,  wurde  es 
weggebracht,  mit  Tbränen  wurde  es  hergebracht. 

pifw  tuleb  ikka  ilu  peale  —  eine  Wolke  kommt  immer  auf  die  Lust. 

pime  ei  pea  mitte  jalutumat  naerma  —  ein  Blinder  muss  nicht  über 
einen  Lahmen  lachen. 

pime  kana  leiab  kä  wahest  tera  —  ein  blindes  Huhn  findet  auch  bis- 
weilen ein  Korn. 

pime  peab,  söge  sötkub  —  der  Blinde  hält,  der  Nichtsebende  tritt  mit 
dem  Fusse. 

pini  söze  pikält  peedü,  ka££  kawwa  armadu  (pt)  —  der  Hund  frisst 
das  lange  Aufbehaltene,  die  Katze  das  lange  Gesparte. 

pini  üte  koru'  istu  kui  sajzu  (d)  —  ein  Hund  ist  gleich  hoch  sitzend* 

oder  stehend, 
piskust  tost  sab  enam  kui  sQrest  seizmizest  —  von  wenig  Arbeit 

bekommt  man  mehr  als  von  langem  Stehen,  d.  li.  Nichtsthun. 

pista  mu  kQlge,  ma  naeran  kä—  stich  in  meine  Seite,  ich  lache  auch, 
pista  oma  nina  senna,  kus  kirp  köige  kibedam  hammustab  — 
stecke  deine  Nase  dahin,  wo  der  Floh  am  schärfsten  beisst. 

pista  pörsas  kotti,  kui  pakutakse  —  stecke  das  Ferkel  in  den  Sack, 
wenn  es  angeboten  wird. 


—  153  — 

pista  sörmed  törwa  sisse,  sls  säwad  törwaseks  —  stecke  die  Finger 
in  Tbeer,  so  werden  sie  tbeerig  (wer  Pech  angreift,  etc.). 

pitk  möT  kizub  pinna  silmast,  kannatus  kautab  *wiha  waenu  — 
Langmuth  zieht  den  Splitter  ans  dem  Auge,  Geduld  vertilgt  bittre 
Feindschaft. 

pitk  wikasti  lob  laia  käre  —  eine  lange  Sense  schlägt  einen  breiten 

Schwaden, 
pizike  kiwi  lükkab  enne  körma  ümber  kui  süf  kiwi  —  ein  kleiner 

Stein  stösst  eher  ein  Fuder  um  als  ein  grosser  Stein. 

pizikezest  tost  sab  enam  kui  sürest  sejzust  —  von  kleiner  Arbeit 
hat  man  mehr  als  von  langem  Stehen,  d.  h.  Nichtsthun. 

pizost  tule  tuli ,  sönast  tttli  (d)  —  aus  einem  Funken  entsteht  Feuer, 

aus  einem  Worte  Streit, 
pizuke  mätas  15b  wahest  enne  körma  ümber  km  süf  —  ein  kleiner 

Hügel  wirft  bisweilen  eher  ein  Fuder  um  als  ein  grosser. 

pizuke  sftde  teeb  süre  tule  —  ein  kleiner  Fnnke  macht  ein  grosses 

Feuer, 
pizukezed  lapsed,  pizuke  mure  —  kleine  Kinder,  kleine  Sorge, 
pizukezed  lapsed,  pizukezed  rauretsuzed,  süred  lapsed,  süred 

muretsuzed  —  kleine  Kinder,  kleine  Sorgen,  grosse  Kinder,  grosse 

Sorgen, 
pizukezed  pajad  ajawad  rutu  üle  —  kleine  Kessel  kochen  schnell 

aber, 
pizut  lapsi,  pafju  leiba  —  wenig  Kinder,  viel  Brot, 
pizut  hullul  mölt,  sögi  targa  persest  —  wenig  hat  der  Narr  Verstand, 

und  auch  das  ist  aus  des  Klugen  Hinteren, 
pip  on  ligem  kui  naezekene  —  die  Pfeife  ist  näher  als  das  Weibchen, 
plts  annab  pöled  kaerad  laiza  hobusele  —  die  Peitsche  giebt  dem 

faulen  Pferde  die  Hälfte  des  Hafers. 
plts  on  laiza  hobuse  kaera-wöder  —  die  Peitsche  ist  des  faulen  Pfer- 
des Haferfutter, 
poe  küll  raud-päbkle  sisse,  aga  jumal  näeb  sind  sinnagi  -  krieche 

wohl  in  eine  eiserne  Nuss,  aber  Gott  sieht  dich  auch  dort. 


1 


—   154  — 

poistele  peab  rämatut  tagant-otsast  sisse  taguma  —  den  Jungen 

muss  man  das  Lesen  vom  Hinterende  her  einpauken, 
pqjzid  ei  wöta  tükki  su  kfillest  ära,  nemad  panewad  tüki  su 

külge  —  die  Bursche  nehmen  nicht  ein  Stück  von  dir  ab,  sie  setzen 

dir  ein  Stück  an. 
port  ei  uzu  puhast  ega  waras  waga  —  die  Hure  traut  der  Reinen 

nicht  noch  der  Dieb  dem  Ehrlichen. 
pöT  könud  liha  külaliste  toidus  —  halb  gares  Fleisch  der  Gäste  Nah* 

rung. 
pöra  perse  kägi  pole  —  kehre  deinen  Hinteren  nach  dem  Strafpfahl  zu, 

d.  h.  empfange  die  verdiente  Strafe, 
pöra  silm  jumala  pole,  jäta  seife  wallatuze  pole  —  wende  dein  Auge 

zu  Gott,  lass  den  Rücken  nach  der  Zuchtlosigkeit  hin. 
pögene  halwa  koha  öst,  aga  mitte  halwa,  od.  kufja,  saksa  est  — 

fliehe  eine  schlechte  Stelle,  aber  nicht  einen  schlechten  Herren, 
pölend  kass  pelgab,  od.  kardab,  tuld  —  eine  verbrannte  Katze  flieht, 

od.  fürchtet,  das  Feuer, 
pölend  kaSsid  kardawad,  od.  kaä&kene  kardab,  tuld  —  verbrannte 

Katzen  fürchten,  od.  ein  verbranntes  Kätzchen  furchtet,  das  Feuer, 
pöllu-mös  pöline  rikas,  ammeti-mes  ajuti  rikas  —  der  Landmann 

ein  für  immer  Reicher,  der  Handwerker  zeitweilig  reich, 
pöllu-mös  pöline  rikas,  ammeti-mes  haruti  rikas,  kaup-mäs  kor- 

raidi  rikas  —  der  Landmann  ein  für  immer  Reicher,  der  Handwer- 
ker selten  reich,  der  Kaufmann  bisweilen  reich, 
pöllu  nurk  kannab  leiba,  maja  nurk  wötab  leiba  —  des  Feldes  Ecke 

trägt  Brot,  des  Hauses  Ecke  kostet  Brot  (die  Entbindung  eines  Weibes), 
pöllust  töuzeb,  mis  ize  sisse  wiskad,  aga  pöllus  mädaneb,  mis 

sulane  külwab  —  auf  dem  Felde  geht  auf,  was  du  selbst  hinein 

wirfst,  aber  auf  dem  Felde  fault,  was  der  Knecht  säet, 
pörgu  haud  ja  saksa  perse,  kes  neid  jöuab  täita?  —  der  Hölle  Ab- 
grund und  des  Herren  Hinterer,  wer  vermag  die  zu  füllen, 
pöua  jäljed  paranewad,  nutu,  od.  wihma,  jäfjed  ei  parane  —  die 

Spuren  der  Dürre  bessern  sich,  die  Spuren  des  Weinens,  od.  des 

Regens,  bessern  sich  nicht. 


—  155  — 

pöua  lapsed  naerawad,  wihma  lapsed  nutawad  —  der  Dörre  Kinder 

lachen,  des  Regens  Rinder  weinen  (Dürre  ist  weniger  nachtheilig  als 

zu  fiel  Regen), 
pöwwa  latse'  ej  ike  nl  kui  wihma  latse'  (d)  —  die  Kinder  der  Dörre 

weinen  nicht  so  wie  die  Kinder  des  Regens, 
prüdi  käza-raha  katab  köik  naeze  wead  kinni  —  die  Mitgift  der 

Braut  deckt  alle  Mängel  des  Weibes  zu. 
pudru  ei  söda  ial  nl  palawalt,  kui  teda  ködetakse  —  den  Brei  isst 

man  nie  so  heiss,  wie  er  gekocht  wird, 
pndru  nl  kömalt  ei  söda,  kui  ködetakse  —  der  Brei  wird  nicht  so 

glühend  heiss  gegessen  wie  gekocht, 
pudruga  sab  üle  aja  hüpata,  kördiga  kfllase  minna  —  mit  Brei  kann 

man  über  den  Zaun  springen,  mit  Grützsuppe  in  die  Nachbarschaft, 

od.  in  das  Dorf,  gehen, 
puhas  su  (ja)  puhas  käzi  k£ib,  od.  peazeb,  (köik)  mä-ilma,  od.  ma- 

ilmast,  läbi  —  reiner  Mund  und  reine  Hand  kommen  durch  die  ganze 

Welt, 
pnhu  oleme  rikkad,  teize  waezed  —  ein  Mal  sind  wir  reich,  das  an- 
dere Mal  arm. 
puhu  tuluke  pilwese!  —  blase  einmal  das  Feuer  in  die  Wolke  (iro- 
nisch), 
puhub  juttu,  et  habe  wahutab  süs  —  er  schwatzt,  dass  ihm  der  Bart 

am  Munde  schäumt, 
purdud  koer  on,  od.  ikka,  arg  —  ein  gebissener  Hund  ist  immer 

furchtsam, 
pfi  ei  kaswa  oksata  ega  liha  koädita  —  ein  Baum  wächst  nicht  ohne 

Ast  noch  Fleisch  ohne  Knochen, 
pü  tuntakse  wiljast,  inimene  tegudest  —  den  Baum  erkennt  man  an 

der  Frucht,  den  Menschen  an  den  Handlungen, 
pöß  on  teize  mehe  baigus,  od.  wiga  —  am  Baum  ist  des  anderen 

Mannes  Krankheit,  od.  Schade  (unbeachtet), 
pflha-päew  pödew  od.  püha,  esmas-p.  edew,  teizi-p.  tözine  od.  te- 

gija,  keäk-nädal  kehw  od.  kidu,  neljas-p.  näfjane,  rede  rikas 

od.  rigti-alune,  lau-p.  laigk  od.  ladus  —  Sonntag  heilig  od.  kränk- 


—  156  — 

lieh,  Montag  kokett,  Dienstag  ernsthaft  od.  thätig,  Mittwoch  schwäch- 
lich, Donnerstag  hungrig,  Freitag  reich  od.  Kreuzträger,  Sonnabend 
faul  od.  freundlich  (Deutung  für  die  an  diesem  Tage  Geborenen). 

püksata  mos  safwita  häfg  —  ein  Mann  ohne  Hosen  ein  Ochs  ohne 
Hörner. 

raha  ajab  rattad  jöksma  —  Geld  setzt  die  Räder  in  Bewegung. 

raha  jökseb  raha  jQre  —  Geld  läuft  dem  Gelde  zu. 

raha  murr  ab  rauda  —  Geld  bricht  Eisen. 

raha  (on)  hinne-waras  —  das  Geld  ist  ein  Seelendieb. 

raha-rikkus  hinne  hukkus  —  Reichthum  an  Geld  ist  der  Seele  Ver- 
derben. 

raha  tönib  mest,  aga  mes  ei  wöi  raha  tönida  —  Geld  verdient  den 
Mann,  aber  der  Mann  kann  nicht  Geld  verdienen. 

raha  tönida  on  kergem  kui  raha  hoida  ja  öigel  wlzil  prükida  — 
Geld  zu  verdienen  ist  leichter  als  Geld  zu  bewahren  und  auf  rechte 
Weise  zu  gebrauchen. 

raha  kaswatab,  tttli  kautab  —  Friede  erzeugt,  Streit  vernichtet, 
rahu  kozutab,  waen,  od.  tüli,  kautab  od.  körib  —  Friede  giebt  Ge- 
deihen, Feindschaft,  od.  Streit,  vernichtet  od.  schadet. 

rahu  teeb  raswaseks  ja  lahkumine  lahjaks  —  Friede  macht  fett  und 
Zwietracht  mager. 

rahu  wöidab  raha  —  Friede  besiegt  Geld  (ist  besser), 
rahuline  möf  käib  rikkuzest  üle  —  Friedfertigkeit  geht  über  Reichthum. 
raiumist  ei  pea  mitte  seizma  jäetama,  enne  kui  pü  langeb  —  das 
Hauen  muss  man  nicht  eher  nachlassen,  als  bis  der  Baum  Fällt. 

rakk  kutsikoh  eäni  eläs  (d)  —  ein  Hund  lebt  sein  Leben  lang  als 
Hund. 

rasw  petab  hlri  loksu  -  Fett  lockt  Mäuse  in  die  Falle. 

raud  sulatata  tules,  sädiks  patuse  inimeze  süda  —  das  Eisen  wird 

im  Feuer  geschmolzen,    geschweige  denn  das  Herz  des  sundigen 

Menschen. 

rapda  peab  taguma,  kui  ta  palaw  on  —  das  Eisen  muss  man  schmie- 
den, wenn  es  heiss  ist. 


—  157  — 

rämat  tahab  poiste  persest  wäTja  kiskuda  —  das  Lesen  muss  man 

aas  der  Knaben  Hinteren  heraus  ziehen, 
rlgi  möst,  aga  ei  nimeta  möst  —  sprich  von  dem  Manne ,  aber  nenne 

den  Mann  nicht, 
rlgi,  mis  tozi,  ja  so,  mis  küps  on  —  sprich,  was  wahr,  und  iss,  was 

gar  ist. 
rebase  kawalus  wöidab  karu  —  des  Fuchses  List  trägt  über  den  Bä- 
ren den  Sieg  davon, 
rebase  sitta  sajaks  pidama  —  Fuchskoth  für  Weissbrot  halten, 
rebasel  on  enam  kui  üks  auk,  od.  urgas  —  der  Fuchs  hat  mehr  als 

ein  Loch, 
ree  ja  ratta  sann  on  tö  äres  —  des  Schlittens  und  Rades  Tod  ist  am 

Wege, 
regi  ja  wanker  ei  lepi  fihel  töl  —  Schlitten  und  Wagen  geben  sich 

nicht  mit  einem  Wege  sufrieden. 
rikas  maksab  rahaga ,  waene  maksab  nahaga  —  der  Reiche  bezahlt 

mit  Geld,  der  Arme  bezahlt  mit  der  Haut, 
rikas  mos  algab  prOtsessi,  aga  waene  löpetab  teda  —  ein  reicher 

Mann  fängt  den  Process  an,  aber  ein  armer  beendigt  ihn. 
rikas  peazeb  rahaga,  waene  maksab  seQa-nabaga  -  der  Reiche 

kommt  mit  Geld  davon,  der  Arme  bezahlt  mit  der  Rückenhaut, 
rikas  rahwas,  rohke  and  —  reiche  Leute,  reichliche  Gabe, 
rikas  tapab  sfire  häfja,  ei  sä  manku  mekkidagi;  ma  tapan  wana 

warese,  sealt  sän  sada  worstikest  —  der  Reiche  schlachtet  einen 

grossen  Ochsen,  und  bekommt  eine  Wurst  auch  nicht  einmal  zu 

schmecken;  ich  schlachte  einen  alten  Raben  und  bekomme  hundert 

Wurstchen, 
rikka  surm  ja  waeze  pnlmad  on  k Ols ad  —  des  Reichen  Tod  und  des 

Armen  Hochzeit  sind  berühmt, 
rikka  töbi  ja  waeze  ölut  on  külsad  aSjad,  od.  külus  —  des  Reichen 

Krankheit  und  des  Armen  Rier  sind  berühmt, 
rikkal  on  enam  söbru  kui  kehwal  —  der  Reiche  hat  mehr  Freunde 

als  der  Dürftige. 
rikkal  hölpus  haige  olla  —  der  Reiche  hat  es  bequem  krank  zu  sein. 


—  158  — 

rikkal  raha ,  waezel  lapsed  —  der  Reiche  hat  Geld ,  der  Arme  'Beine 

Kinder, 
rikkal  süf  pea,  waezel  sOred  jalad  —  der  Reiche  hat  einen  grossen 

Kopf,  der  Arme  grosse  Fasse, 
rikkast  perest  osta  hobune,  waezest  wallast  wöta  naene  —  aus 

einer  reichen  Familie  kaufe  dein  Pferd,  aus  einem  armen  Gebiete 

nimm  dein  Weib, 
rld  rikub,  rahu  rikastab  —  Streit  verdirbt,  Friede  bereichert, 
rohu  nina  tärkab,  kütini-mös  ärkab  —  des  Grases  Spitze  spriesst,  der 

Pflöger  erwacht, 
ronk  ja  ronk  on  kokku  kaks  ronka  —  ein  Rabe  und  ein  Rabe  sind 

zusammen  zwei  Raben, 
roppus  ja  uhkus  kaswawad  ühe  jure  peal  —  Unfläthigkeit  und  Stolz 

wachsen  auf  einer  Wurzel, 
rott  käib  senni  kaua  pekki  näppamas,  kuniii  löksu  jäb  —  die  Ratte 

gebt  so  lange  am  Speck  zupfen,  bis  sie  in  der  Falle  bleibt, 
rög  ei  ole  ial  palawam  kui  sIs,  kui  tulelt  lauale  töstetakse  —  eine 

Speise  ist  nie  heisser,  als  wenn  sie  vom  Feuer  auf  den  Tisch  gesetzt 

wird, 
rots  röal  —  Schweden  bei  der  Speise,  d.  h.  nun  stehen  die  Ochsen  am 

Berge  (vgl.  nüd  röts  etc.). 
röwi  sqits  ja  tuki  wing  on  saksa  surm,  od.  hing  —  der  Rauch  der 

Küche  und  der  Dunst  des  Feuerbrandes  sind  des  Deutschen  Tod,  od. 

Alhem. 
röhutud  rind  rögib  —  eine  gedrückte  Brust  keucht, 
röm  on  rahu  tütar  —  Freude  ist  die  Tochter  des  Friedens, 
römsaste  ning  julgeste  nöres  eas  käiakse  —  fröhlich  und  muthig 

wandelt  man  in  der  Jugend, 
rublane  nimi,  kopikane  ammet  —  der  Name  einen  Rubel,  das  Amt 

eine  Kopeke  werth  (wenig  einträgliches  Geschäft), 
rukis  on  maja  pere-mös  —  Roggen  ist  der  Wirth  im  Hause, 
ruraal  kits  on  se,  kes  ei  möista  pQd  körida,  kui  pü  es  on  —  eine 

dumme  Ziege  ist  die,  welche  nicht  versteht  einen  Baum  zu  schälen, 

wenn  der  Baum  vor  ihr  ist. 


15fr 


rumal  kite  (on  so),  kes  püd  ej  oska  körida  —  eine  dumme  Ziege, 

welche  nicht  versteht  den  Baum  zu  schälen, 
rumal  näeb  paTju  waewa  —  der  Dumme  hat  viel  Beschwerde, 
rumal  siga,  kes  nabra  äre  nälga  sureb  —  ein  dummes  Schwein, 

welches  neben  dem  Getreideschober  Hungers  stirbt. 
rumal  teeb  kahju,  kui  tuld  läheb  näitama  —  der  Dumme  richtet 

Schaden  an,  wenn  er  (auch  nur)  geht  um  Licht  zu  zeigen, 
rumal  uhkas  ei  kölba  mitte  koera  sawa  alla  —  dummer  Stolz  taugt 

nicht  unter  des  Hundes  Schwanz, 
rumal  waras,  kes  oma  jälgi  ei  oska  kustutada  —  ein  dummer  Dieb, 

der  nicht  versteht  seine  Spuren  zu  verwischen, 
rumala  aknad  on  alati  tuhmid  —  des  Dummen  Fenster  sind  immer 

trabe, 
rumalal  ei  kaswa  ial  nl  pafju  sulgi  selga,  et  lennata  wöib  —  dem 

Dummen  wachsen  nie  so  viel  Federn  auf  dem  Rücken,  dass  er  flie- 
gen kann, 
rumalal  mehel  kaswawad  head  kartuhwlid  —  dem  dummen  Manne 

wachsen  gute  Kartoffeln, 
rumalaste  kflzida  on  kergem  kui  targaste  kosta  —  dumm  zu  fragen 

ist  leichter  als  klug  zu  antworten, 
rutembast  sät,  kajjgembast  jät  (d)  —  am  eiligsten  bereitest  du  dich, 

am  weitesten  bleibst  du  zurück, 
rutul  ep  ole  lent,  maial  ep  ole  oza,  kfill  laisk  petab  uzinat  —  Eile 

hat  keine  Suppe,  der  Naschhafte  keine  Portion,  der  Faule  wird  wohl 

den  Behenden  überholen. 
rutt  rattal,  (kire  kodaral),  wana  naene  wankril  —  Schnelligkeit  hat 

das  Rad,  Eile  die  Speiche,  ein  altes  Weib  ist  auf  dem  Wagen  (man 

eilt  und  kommt  doch  nicht  weiter), 
sa  ei  hftbene  jumala  wifja!  —  du  schämst  dich  nicht  vor  Gottes  Frucht 

(wenn  Einer  auf  dem  Rücken  liegend  isst). 
8a  ei  sä  sest  nl  pafju  kui  hlf  köwasist  —  du  bekommst  davon  nicht 

so  viel  wie  die  Maus  von  einem  Schleifstein. 
6a  küled  nl  kuj  siga  pahnas,od.  pajus—  du  hörst  so  wie  das  Schwein 

auf  der  Streu,  od.  im  Weidenbusch. 


—  160  — 

sa  hoiad  houst,  ega  sind  hobuse  naha  sisse  e|  maeta  —  du  scho- 
nest das  Pferd,  man  wird  dich  doch  nicht  in  ein  Pferdefell  begraben, 
sa  säd  tfina  enne  sü-täie  wlna  kui  mina  —  du  wirst  heute  eher  einen 

Mund  voll  Branntwein  bekommen  als  ich  (wenn  Einer  früher  ein  Wort 

ausspricht), 
sa  tahad  kaupa  polt  ilma  ja  raha  wöl  tagasi  —  du  willst  als  Waare 

die  halbe  Welt  und  noch  Geld  zurück, 
sa  waletad  nenda,  et  sa  habe  pölema  läheb  —  du  lugst  so,  dass  dein 

Bart  in  Brand  gerathen  wird, 
saba  pidi  ei  sfinni  houst  ette  panna  —  mit  dem  Schweife  kann  man 

ein  Pferd  nicht  vorspannen, 
sadusel  söidab  saks,  udusel  hulgub  haut  —  bei  Regenwetter  fährt 

der  Deutsche,  bei  Nebelwetter  schleicht  der  Wolf, 
saja  sfiakse  izuta,  ölut  jflakse  januta  —  Weissbrot  isst  man  ohne 

Hunger,  Bier  trinkt  man  ohne  Durst, 
saiad  ei  saa  kuskil  taewast  —  nirgends  regnen  die  Weissbrote  vom 

Himmel, 
saks  sätis  kqera,  kqer  ajas  saba,  saba  ajas  sawa  otsa,  ots  fltles: 

karwad,  karake  ize!  —  der  Herr  schickte  den  Hund,  der  Hund 

trieb  den  Schwanz,  der  Schwanz  trieb  das  Schwanzende,  das  Ende 

sagte:  Haare,  springet  selbst, 
saks  söidab  säniga,  talu-poeg  reega,  mina  kehwa  kelgnga;  takka 

tulen,  ette  lähen—  der  Gutsherr  fahrt  mit  dem  Schlitten,  der  Bauer 

mit  der  Schleife,  ich  Armer  mit  dem  Handschlitten;  von  hinten  komme 

ich,  nach  vorn  gehe  ich. 
saksa,  od.  sakste,  katel  keb  (ikka)  salaja  —  des  Deutschen  Kessel 

kocht  immer  heimlich  (gegen  Gebeimthuer). 
saksa  kel  ja  höbe-raha  käib  köik  mä-ilma  läbi  —  des  Deutschen 

Sprache  und  Silbergeld  gehn  durch  die  ganze  Welt, 
saksa-rahwa  tuisk,  od.  pask  (?),  on  mä-rahwa  usk  —  der  Deutschen 

Gestöber,  od.  Roth  (?),  ist  der  Ehsten  Glaube, 
saksa  uni  on  sandi  söma-aeg  —  des  Deutschen  Schlaf  ist  des  Bettlers 

Mahlzeit,  od.  Essenszeit, 
sakste  katel,  od.  wiha,  köb,  kui  kapsad  auduwad  kftne  all;  kui 


t 
I 


—  161  — 

korra  puhkeb,  sls  on  llg  —  der  Deutschen  Kessel,  od.  Zorn,  kocht, 
wie  der  Kohl  unter  dem  Deckel  gebäht  wird;  bricht  er  einmal  los, 
daon  ist  es  zu  viel,  od.  ist  er  zu  gross. 

sala-töl  on  wahest  kä  wätajaid  —  geheime  That  hat  bisweilen  auch 
Zeugen. 

salaja  tehakse ,  sauna  wiakse  —  im  Geheimen  wird  es  gethan ,  in  die 
Badstube  wird  es  gebracht. 

salajalt  tehakse,  awalikult  nähakse  —  heimlich  wird  es  gethan,  öffent- 
lich wird  es  gesehen. 

sammaldab  kiwi,  kui  seizab,  wereja  kiwi  haTjendab  —  ein  Stein 
bemoost,  wenn  er  in  Ruhe  ist,  ein  rollender  Stein  glänzt. 

sandi-kepp  ei  sada  taewase,  sldi-rle  ei  sada  pörguse  —  der  Bettel- 
stab geleitet  nicht  in  den  Himmel,  ein  seidenes  Kleid  geleitet  nicht 
in  die  Hölle. 

sant  kana  kägutab  ize  oma  peza  flies  —  ein  schlechtes  Huhn  verräth 

selbst  sein  Nest  mit  Kakeln, 
sant  palnb  enesele  kotti  —  der  Bettler  erbittet  sich  einen  Sack, 
sara-pü  sätteb  sfldamest  —  der  Eschenbaum  verfallt  vom  Herzen  aus 

(von  inneren  Schäden), 
sara-pü  sfida  satikse  —  des  Eschenbaums  Herz,  d.  h.  Inneres,  zerfällt, 
sarnane  sarnatsega  lepib  kohe  —  der  Gleiche  befreundet  sich  sogleich 

mit  dem  Gleichen, 
sarwist  härga  seutakse,  sönast  m&sta  söfrnitakse  (pt)  —  an  den 

Hörnern  fesselt  man  den  Ochsen,  an  dem  Worte  bindet  man  den  Mann, 
sau  pitkem,  minust  ennast  toidab  —  der  Stab  ist  länger,  er  nährt 

sich  von  mir  (?). 
saul  soidab  saks,  ujul  hulgnb  hutit  —  im  Regen  fährt  der  Deutsche, 

im  Nebel  schweift  der  Wolf  umher, 
sä  ei  keaki  raibet  römu  pftle  ja  bagana-kotti  awwn  pftle  (d)  — 

Keiner  bringt  ein  Aas  zur  Freude,  oder  einen  Spreusack  zu  Ehren, 
sab  ezimene  uindus,  od.  uinastus,  möda  (läinud),  küll  sls  inimene 

walwab,  od.  sTs  on  inimene  walwul  —  ist  die  erste  Schläfrigkeit 

vorüber,  dann  wacht  der  Mensch  wohl,  od.  dann  ist  der  Mensch 

munter. 

11 


-    —  162  — 

sfib  JSkobi-p$£W  üle,  sIs  lfiakse  rajid-n^el  rohu  sisse  -  ist  der  Ja 

cobitag  Yorüber,  so  wird  ein  eiserner  Nagel  in  das  Gras  gescblagei 

(es  ist  schwer  zu  mähen), 
sab  käed  pitkemaks  —  er  bekommt  die  Hände  länger  (bei  der  Gebui 

eines  Sohnes,  welcher  bei  der  Arbeit  helfen  wird). 
sab  konn  künka  otsa  ja  talu-pqeg  saksaks ,  kumbgi  ei  sä  eneses 

enam  aru  —  gelangt  der  Frosch  oben  auf  den  Hagel,  und  wird  dei 

Bauer  ein  Herr,  so  kennt  keiner  von  beiden  sich  selbst  mehr, 
sab  sarit,  sab  sandi  poiä  kä  —  bekommt  der  Bettler,  so  bekommt  de- 
Bettlers Knabe  auch, 
sada  koer  huüdi-kafja,  s^al  ta  läheb  kiskujaks  —  schicke  den  Hunt 

in  eine  Wolfsherde,  so  wird  er  dort  reissend, 
säda  siga  saksa-mäle ,  peze  siga  söbiga ,  (siga  tuleb  koju) ,  sigä 

jäb  seaks  —  schicke  ein  Schwein  nach  Deutschland,  wasche  ein 

Schwein  mit  Seife,  das  Schwein  kommt  nach  Hause,  das  Schwein 

bleibt  ein  Schwein, 
sädan  ei  tule  alati  säbastega,  waid  sagedaste  sukes  —  der  Teufel 

kommt  nicht  immer  in  Stiefeln,  sondern  oft  in  Strümpfen, 
sän  (ma)  üle  koera,  als  sän  (ma)  üle  sawa  kä  —  komme  ich  über 

den  Hund,  so  komme  ich  auch  über  den  Schwanz, 
sän  peksa,  sls  sän;  ega  perse  kagru  ei  kaswata  —  bekomme  ich 

Prügel,  so  bekomme  ich ;  auf  dem  Hinteren  wächst  ja  kein  Hafer, 
sapa  gigus  ikka  parem  kui  paäli  jtfgus  —  des  Stiefels  Recht  ist  im- 

immer  besser  als  des  Bastschuhs  Recht, 
säpad  jalas,  warbad  wäfjas!  —  Stiefel  am  Fuss,  die  Zehen  aussen, 
säl  es  ole  enämb  belfl  es  walo  (d)  —  es  war  dort  nicht  Laut  mehr  nicht 

Schein  (zu  sehen  und  zu  hören), 
sea-kaup  ei  kotis  süntii,  mörsja-kaup  ei  ukse  taga  (pt)  —  der 

Schweinehandel  macht  sich  nicht  im  Sack,  der  Handel  um  eine  Braut 

nicht  hinter  der  Thür. 
sea  seQas  kuld-sadul!  —  auf  des  Schweines  Rücken  ein  goldener 

Sattel, 
s^al  ei  pqaze  hlr  ei  harakas  —  da  kommt  weder  Maus  noch  Elster 

durch. 


—  163  — 

seal  olgu,  seie  kfilugu  -  dort  mag  es  seio,  hieher  verlauten  (das  Un- 
glück). 

seal  padis  peab  söjidina,  kus  kögi  on  juhtunud  -  in  dem  Boote 
muss  Einer  rudern,  wohin  er  gerade  gekommen  ist. 

sealap  s£  peni-saba  aja  wahel  seizab !  —  da  ist  der  Hundeschwanz 
zwischen  dem  Zaun. 

seda  kohta  ei  leia ,  kas  magades  sfia  sab  ja  riet  kanda  —  eine 
solche  Stelle  wird  man  nicht  finden,  wo  man  schlafend  zu  essen  be- 
kommt und  Kleider  zu  tragen. 

seda  koku  sa  wead,  sinna  perse  sa  löpped  —  diese  Schliche  treibst 
du,  darin  wirst  du  umkommen. 

«seda  ma  knien»,  ütles  üks  kurt,  kui  ta  körwa-lopsu  sai  -  das 
höre  ich,  sagte  ein  Tauber,  als  er  eine  Ohrfeige  bekam. 

seda,  mis  sa  teizele  tahad  öelda,  fitle  enne  ize  enesele  —  was  du 
einem  Anderen  sagen  willst,  das  sage  vorher  dir  selbst. f) 

seistes  sfia  seitse  pattu,  kttliti  sfia  komme  pattu ,  pöliti  sfia  pöh- 
jata  patt  —  stehend  essen  ist  sieben  Sünden ,  auf  der  Seite  liegend 
essen  zehn  Sunden,  auf  den  Knien  essen  bodenlose  Sünde. 

seitse  siga  kobe  kafja  laska,  kümne  kttnd  —  sieben  Schweine  ge- 
rade auf  die  Weide  lassen ,  das  Pflügen  von  zehn  (sie  wählen  so  viel 
auf). 

seitse  wenda  elawad  ühes  kous  rahus,  aga  kahe  wenna-naeze 
keskel  kaswab  söda  —  sieben  Brüder  leben  in  Frieden  beisammen, 
aber  zwischen  zwei  Bruderfrauen  erwächst  Krieg. 

seitsmest  ahjust  on  ta  juba  leiba  sönud,  kaheksas  karask  wöl 
katsumata  —  aus  sieben  Oefen  hat  er  schon  Brot  gegessen»  der 
achte  Kuchen  ist  noch  ungeprobt. 

seizaw  wezi-  läheb  haizema  —  stehendes  Wasser  langt  an  zu  stinken. 

seizwas  wees  od  madu  —  in  stehendem  Wasser  sind  Würmer. 

seil  on  karwu  hambail  —  der  hat  Haare  auf  den  Zahnen. 

*^ 

seil  on  öige  jänese-stida  sös  —  der  hat  recht  ein  Hasenherz. 


1)   Andere  mit  seda,   in  der  Bedeutung  »je»  anfangende  Sprichwörter  s. 

onier  mida. 

11* 


—   164  — 

seil  on  parem  önn  kui  aru  pqas  —  der  hat  besseres  Glück  als  i 

Kopfe  Verstand, 
seil  on  sönu  köle  peal!  —  der  hat  einmal  Worte  auf  der  Zunge, 
seile  a&jaga  on  enam  töd  kui  tegemist  —  bei  dieser  Sache  ist  mel 

Arbeit,  Plackerei,  als  Ausrichten, 
seile  est  ei  sä  sonne  mitte  tuhka  pista  —  dafür  kann  man  den  Fh 

ger  nicht  in  die  Asche  stecken, 
seftsis  on  segasem,  ja  hnlgas  on  ubasem  —  in  Gesellschft  ist  es  ge 

mischter,  in  der  Menge  angenehmer. 
seni  om  kurg  kölu  kui  sulg  sulanu  (d)  —  unterdessen  ist  der  Kranic 

gestorben,  bis  die  Stauung  aufgetbaut  ist. 
senna  peab  talb  minema,  kus  kirwe  pöhi  ajab  —  dahin  muss  de 

Keil  gehen,  wohin  ihn  der  Rücken  des  Beiles  treibt, 
senni  wötab  ltihike,  od.  lühike  wötab,  marja  mäst,  kui  pitk  kum 

mardab  —  während  der  Lange  sich  bäckt,  nimmt  der  Kurze   dh 

Beere  vom  Boden  auf. 
sepist  ei  kanta  sefjas  —  ein  Handwerk  braucht  man  nicht  auf  dem 

Rucken  zu  tragen, 
sepp  ei  prügi  muidu  pihtisid ,  kui  raua  tulest  wälja  wötta  —  der 

Schmied  gebraucht  die  Zange  nicht  anders,  als  um  das  Eisen  aus  dem 

Feuer  zu  nehmen  (Nothnagel). 
seu  kqera  kaela  worst!  —  binde  nur  dem  Hunde  eine  Wurst  um  den 

Hals, 
so  ajab  nägu  köba  wett  kaela  —  das  stürzt  gleichsam  heisses  Wasser 

über  den  Hals  (von  plötzlichem  Schreck), 
so  armastab  ennast  wfiga  wähe,  kes  teist  wihkab  -  der  liebt  sich 

sehr  wenig,  welcher  einen  Anderen  hasst. 
so  ej  aita  m$d  mitte  flle  ka&i  sawa  —  das  hilft  uns  nicht  über  den 

Schwanz  einer  Katze. 

s6  ei  aita  mitte  nl  pafjn,  kui  kaääi  sawa  alt  maha  kukub  —  das 
hilft  nicht  so  viel,  wie  unter  dem  Schwanz  einer  Katze  nieder  fallt. 

se  ei  jäta  a£ja  aja  allagi  —  das  lässt  die  Sache  nicht  unter  dem  Zaun. 

so  ej  maksa  kellegil  silma-hammast  —  das  kostet  Keinem  einen  Au- 
genzahn. 


—  165  — 

s?  karjmnine  on  enam  kui  will  wärt  on  —  diess  Geschrei  ist  mehr 
als  die  Wolle  werth  ist. 

sekef  selge,  ei  söna  wöi  enam  hambaid  ega  sarwi  säda  —  diese 
Sprache  ist  deutlich,  kein  Wort  kann  mehr  Zahne  oder  Hörner  be- 
kommen. 

se  koer  kizendab,  kelle  pihta  kepp  püdub  —  der  Hund  schreit,  des- 
sen Rucken  der  Stock  trifft. 

Gammas  nldetakse,  kellel  willad  on  —  das  Schaf  wird  geschoren, 
welches  Wolle  hat. 

»se  laheb  korda»,  fitles  fiks  kord  wana  naene,  kui  särk  seljas  pö- 
les  —  das  geht  schon  an,  sagte  einmal  ein  altes  Weib,  als  das  Hemd, 
welches  sie  an  hatte,  brannte. 

s?  leiwa-kannikas,  mis  on  ära  leigatud,  ei  sünni  kokku  llmida  — 

das  Brotstuck,  welches  abgeschnitten  ist,  lässt  sich  nicht  wieder  an- 
kleben. 
5e  nüd  seizab,  kes  enne  jökseb  —  der  steht  jetzt,  welcher  vorher 

läuft. 
ce  hobune  soidab  pözaga  woitu  —  diess  Pferd  läuft  mit  einem  Strauch 

um  die  Wette  (von  faulen  Pferden). 
se  oleks  mulle  küranes  tö!  —  das  wäre  mir  die  zehnte  Arbeit. 
$  on  küll  sönud,  kes  surnud  on  —  der  hat  genug  gegessen,  welcher 

todt  ist. 
s*  on  nägu  karwa  peal  —  das  ist  wie  auf  einem  Haar  (gefährlich). 
%  on  nägu  pea  tulde  pista  —  das  ist,  wie  den  Kopf  in's  Feuer  stecken 

(sehr  gefahrlich). 
$  on  nägu  wett  kerisele,  od.  hane  peale,  od.  koera  selga  wizata 

-  das  ist,  wie  Wasser  auf  den  Ofen,  od.  auf  eine  Gans,  od.  auf  den 

Rucken  eines  Hundes  werfen  (ganz  fruchtlos), 
ä  on  nl  kerge,  et  puhuks  mäst  taewase  —  es  ist  so  leicht,  dass  man 

es  von  der  Erde  in  den  Himmel  blasen  könnte, 
seonoigus,  kuida  moistetakse  -  das  ist  Recht,  wie  es  entschieden 

wird. 
a  on  rumal  kits,  kes  ei  moista  püd  körida,  kui  pü  es  on  -  das 


' 


—  168  — 

ßilmadega  ta  söb  enam,  kui  sfida  wastn  wötab  —  mit  den  Augen 

isst  er  mehr,  als  der  Magen  entgegen  nimmt. 

silmadega  tahaks  teda  ära  süa  —  er  mochte  ihn  mit  den  Augen  aar- 
essen. 

silmaga  w$ib  kttll  wädata,  käega  ei  wöi  mitte  köjk  katsuda  — 
man  kann  wohl  mit  den  Augen  betrachten,  mit  der  Hand  kann  man 
nicht  Alles  anfassen. 

sina  ep  ole  mitte  seda  wett  wärt,  mis  leiwa  sös  on  —  du  bist  nicht 
das  Wasser  werth,  das  im  Brote  ist. 

sina  ep  ole  mitte  seda  wett  wärt,  mis  leiwa  tegijal  otsa  es  on  — 
du  bist  nicht  das  Wasser  werth,  das  der  das  Brot  Machende  an  der 
Stirn  hat. 

sina  oled  kolm  päewa  enne  sttndimist  jnba  aewastand  —  du  hast 
schon  drei  Tage  vor  der  Geburt  geniest  (du  bist  sehr  klug). 

sina  pead  waid  olema,  kui  lamraas  peretab,  sädik  sIs,  od.  sedap, 
kui  mos  rägib  —  du  musst  still  sein,  wenn  ein  Schaf  farzt,  ge- 
schweige denn,  wenn  ein  Mann  spricht. 

sina  wanaks,  mina  nöreks,  kü  kulla-karwaline  —  du  älter,  ich  jün- 
ger, goldfarbiger  Mond  (beim  Erscheinen  des  Neumondes). 

sind  oleks  hea  surma  järele  säta,  sis  oleks  aega  wel  kttll  patust 

pörda  —  es  wäre  gut  dich  nach  dem  Tode  zu  schicken ,  dann  hätte 

man  noch  Zeit  genug  Busse  zu  thun. 
sind  oleks  wärt  tule  ja  törwaga  pöletada  —  du  verdienst  mit  Feuer 

und  Theer  verbrannt  zu  werden, 
sinna  peab  wai,  od.  talb,  minema,  kuhu  kirwe  silm  ajab  —  dahin 

muss  der  Pflock,  od.  Keil,  gehen,  wohin  ihn  der  Rücken  des  Beiles 

treibt, 
ßinna  peazed,  sinna  käid  —  dahin  kannst  du  gelangen,  dahin  gehst  du 

(sich  nach  der  Decke  strecken). 

£inna  wezi  walgab,  kns  koht  köige  nögusam  —  dabin  fliesst  das 
Wasser  ab,  wo  die  Stelle  am  niedrigsten  ist. 

sinu  terwist,  minu  kurku  —  deine  Gesundheit,  in  meine  Kehle  (beim 
Zutrinken). 


—  169   — 

sinul  on  fiks  küb,  ja  äks  Jamal  —  da  hast  einen  Rock  und  einen 
Gott. 

sinnst  ei  ole  mud  wöl  kui  ka&i-kabral  —  du  bist  noch  zu  nichts  wei- 
ter gut  als  zu  einem  Katzenkorporal  (zu  kleinen  Kindern). 

sis  tsaa  rauda,  kui  raud  kam  om  (d)  —  dann  hämmere  das  Eisen, 
wenn  es  glühend  ist. 

sitast  ei  sä  sldi,  kana-pazast  kalewit  —  aus  Dreck  wird  nicht  Seide, 
aus  Hfihnerkoth  nicht  Tuch. 

sitika-wilul  lähewad  laizad  töle  —  in  der  Mistkäferkühle  (d.  h.  gegen 
Abend)  gehen  die  Faulen  zur  Arbeit. 

sitke  kannab  slti,  heldel  ep  ole  helmigi  kaelas  —  der  Geizige  trägt 
Seide,  der  Gütige  hat  nicht  einmal  Perlen  um  den  Hals. 

sitkel  od  sldi-sukad  jalas,  heldel.  ep  ole  helmigi  kaelas  ~  der  Gei- 
zige bat  seidene  Strumpfe  an,  der  Gütige  nicht  einmal  Perlen  um  den 
Hals. 
-sitt  kojk  sandi  palwus,  kui  ize  ei  möista  —  ein  Koth  ist  alles  Beten 
des  Bettlers,  wenn  er  es  selbst  nicht  versteht. 

sitt  on  leib  —  Koth  ist  Brot  (Düngung). 

sif  ajab  karu  pezast  wäTja  —  der  Igel  treibt  den  Bären  aus  dem  Nest. 

sis  kölbab  hunt  kä  öue-koeraks !  —  dann  taugt  auch  der  Wolf  zum 
Hofhand. 

sis  oli  siga  aja  wabel  —  da  war  das  Schwein  im  Zaun  stecken  geblie- 
ben (die  Ochsen  am  Berge). 

sis  on  härjal  hända  tarwis,  kui  kll  kallale  tuleb  —  dann  hat  der 
Ochs  einen  Schwanz  nöthig,  wenn  die  Bremse  über  ihn  her  fällt. 

sispeawad  leiwad  walmis  olema,  ehk  siga  pölegu  jöes!  —  dann 

müssen  die  Brote  fertig  sein ,   oder  das  Schwein  mag  im  Flusse 

brennen. 
sis  seizab  koera  kaelas  wof st,  kui  sinu  taskus  raha  seizab  —  dann 

bleibt  auch  an  des  Hundes  Halse  eine  Wurst,  wenn  in  deiner  Tasche 

das  Geld  bleibt. 
sis  wiska  päisiga  kaänika  järele  —  dann  wirf  mit  dem  Laib  nach  dem 

Brotstück. 


—  170  — 

sobige  ize  keskis,  jagage  taza  —  vertragt  euch  unter  einander,  theilet 

friedlich, 
söi,  et  nahk  nurises  —  er  ass,  dass  die  Haut  brummte, 
so  leiba  ja  15  söüniku  peale  sitta  —  iss  Brot,  und  schlage  auf  den 

Misthaufen  Mist. 
88,  od.  sögu,  mis  kups,  rägi,  od.  räkigu,  mis  tözi  od  —  iss,  od.  man 

esse,  was  gar,  sprich,  od.  man  spreche,  was  wahr  ist. 

so  sls  senni  kiwa,  kui  kännud  kaswawad  —  iss  denn  so  lange 
Steine,  bis  die  Baumstümpfe  wachsen  (wenn  Einer  beim  Essen  mä- 
keil). 

söb  sü,  katsub  kaks,  kolmandal  olgu  ko^u  6s  —  ein  Mund  isst,  zwei 
schmecken,  dem  dritten  möge  ein  Haufen  vor  liegen. 

söda  kui  söbra  ja  karda  kui  waenlast  —  speise  wie  einen  Freund 

und  Furchte  wie  einen  Feind, 
söja  on  sqastajal  —  der  Sparer  hat  einen  Verzehrer. 
sök  sünfiib  sSgi  peale,  15k  ei  sfinni  lögi  peale  —  Speise  passt  wohl 

auf  Speise,  Schlag  passt  nicht  auf  Schlag. 

söma-aeg,  od.  söma-ajal,  käzi  pitk  —  zur  Essenszeit  ist  der  Arm 
lang. 

söme  kui  säme  —  lassl  uns  essen,  wenn  wir  bekommen  (die  Gelegen- 
heit benutzen). 

sön  sfitt  ja  salwan  saue  —  ich  esse  Kohlen  und  beisse  Lehm  (wenn 
nichts  schmeckt). 

sönud  hingab,  töbine  ojgab  —  der  Satte  ruht,  der  Kranke  ächzt. 

sötind  pöld  tahab  terawat  äest,  od.  äket  —  ein  vergrastes  Feld  ver- 
langt eine  scharfe  Egge. 

söbr  körib  näbre,  od.  söbra,  pfiksid,  od.  kätsad,  od.  perse  —  der 
Freund  zieht  des  Nachbars,  od.  Freundes,  Hosen  aus,  od.  schindet 
den  Hinteren  (verräth  od.  übervortheilt). 

söbr  muretseb  söbra,  aga  jumal  köikide  öst  —  der  Freund  sorgt  für 
den  Freund,  aber  Gott  lur  Alle. 

söbr  oled,  kui  laenad,  waenlane  kui  kätte  küzid  —  ein  Freund  bist 
du,  wenn  du  leihst,  ein  Feind,  wenn  du  zurück  forderst. 


—  171  — 

söbr  sfllitab  söbra  tasku  —  der  Freund  speit  in  des  Freundes  Tasche 

(ubervortheilt  ihn), 
söbr  wöttes,  waenlane  tagasi  wies  —  ein  Freund  beim  Nehmen,  ein 

Feind  beim  Zurückbringen, 
söbra  wöib  fiksi-pöjni  häda  ajal  tundma  öppida  —  einen  Freund 

kann  man  nur  zur  Zeit  der  Noth  kennen  lernen, 
sobrale  laenad,  waenlaze  käest  s&d  —  einem  Freunde  leihst  du,  von 

einem  Feinde  bekommst  du. 
söbrus  ei  ja  wanaks  —  Freundschaft  altert  nicht. 
söge-silma  ja  lonkru  kaupa  sobitakse  pimedas  —  des  Blinden  und 

des  Lahmen  Handel  wird  im  Dunkeln  besprochen, 
soimajale  jäwad  sönad,  ja  rahu  rikkujale  rahutu  süda  —  dem 
Schimpfenden  bleiben  die  Worte  und  dem  Störer  des  Friedens  ein 
friedloses  Herz, 
sortis  tuhat  nelja,  et  tuline  pask  taga  -   er  ritt  in  tausend  Galopp, 

dass  heisser  Roth  hinterdrein  war. 
sörnmer  süf  sola  jätk,  wezi  pitk  plma  jätk  —  grober  Kies  ist  eine 
Verlängerung  des  Salzes,  langes  Wasser  eine  Verlängerung  der  Milch, 
söna  murrab  meste  mele  —  das  Wort  bricht  der  Männer  Sinn, 
söna  peastab,  söna  koidab  —  das  Wort  macht  frei,  das  Wort  bindet, 
söna  pistab,  söna  peastab  —  das  Wort  stiebt,  das  Wort  rettet, 
sona  sölmib,  söna  peastab  mebe  —  das  Wort  bindet,  das  Wort  lost 

den  Mann, 
sönast  peetakse  mos,  sarwest  h&tg  —  beim  Worte  wird  der  Mann  ge- 
halten, beim  Hörn  der  Ochs, 
sönast  säze  töra,  pizost  säze  tuli  (d)  —  aus  einem  Worte  entsteht 

Zank,  aus  einem  Funken  entsteht  Feuer, 
sonne  küz  on  pizukene,  aga  nl  pafju  ei  sä  —  der  Nagel  des  Fingers 

ist  klein,  aber  nicht  so  viel  bekommt  man. 
sörme  otsast  külwa,  sörme  otsast  leika  —  mit  der  Fingerspitze  säe, 

mit  der  Fingerspitze  ernte, 
sörmed  jäwad  jagajale  —  die  Finger  bleiben  dem  Verteilenden, 
sörmed  püduwad  möne  korra  wöra  külge  —  die  Finger  tasten  bis- 
weilen Fremdes  an. 


—   172  — 

sörraed  wäziwad  hölpsamalt  tehes  kui  sü  sües  —  die  Finger  ermü- 
den leichter  beim  Arbeiten  als  der  Mund  beim  Essen. 

sözar  söhnib  sönad  kokku,  wend  so  räpsib  rämatuse  (pt)  —  die 
Schwester  bindet  die  Wörter  zusammen,  der  Bruder  kritzelt  sie  in's 
Buch. 

söludes  sab  wili  sefgcks  —  durch  Sichten  wird  das  Getreide  rein. 

su  käest  palutakse  pead,  sa  pakud  perset  —  man  bittet  dich  um  den 
Kopf,  du  bietest  den  Hinteren. 

sage  houst  pealt  ja  sest  —  striegele  das  Pferd  von  aussen  und  von  in- 
nen (futtere  gut). 

sugulazed  omad,  kaup  wöras  —  die  Verwandten  sind  Eigene,  der 
Handel  ist  ein  Fremder. 

stii  ja  tafw  taplewad  teine  teizega,  od.  t.  ikka  —  Sommer  und  Win- 
ter streiten  mit  einander,  od.  immer. 

suits  ei  töuze  ilma  tuleta  —  Rauch  erhebt  sich  nicht  ohne  Feuer. 

v^  >■»  *«• 

sulge  pealt  ölge  peale  säma  —  von  Federn  auf  Stroh  kommen. 

sali  on  ikka  tark  nina  —  du  hast  immer  eine  kluge  Nase. 

sull  on  jämedam  kael  kui  keha  —  dein  Hals  ist  dicker  als  dein  Leib. 

sali  on  wöi  körwa-tagused  ligedad,  nokk  kollane,  ja  tahad  teizest 
targem  olla  —  du  hast  noch  die  Stelle  hinter  den  Ohren  nass ,  den 
Schnabel  gelb,  und  du  willst  klüger  sein  als  der  Andere. 

sufini  sikku,  ehk  sikk  annab  plma!—  zwinge  nur  den  Bock,  vielleicht 
giebt  der  Bock  Milch« 

surm  ei  pari  aja  järele  —  der  Tod  fragt  nicht  nach  der  Zeit. 

surm  (on)  ligemal,  od.  lizem,  kui  säfk  (ihu  peal)  —  der  Tod  ist  nä- 
her als  das  Hemd  auf  dem  Leibe. 

surm  on  meil  jala  all  iga  päew  —  der  Tod  ist  uns  jeden  Tag  unter 
dem  Fusse. 

surm  sus,  kalm  kaelas  —  der  Tod  ist  im  Munde,  das  Grab  am  Halse. 

surma  ette  ei  wöi  ükski  kätt  panna  —  gegen  den  Tod  kann  Niemand 
die  Hand  vor  halten. 

surma  est  ei  wöi  ükski  ära  jöksta  —  dem  Tode  kann  Niemand  ent- 
laufen. 

surnu  sü  ei  jöua  tuönistada,  ja  wanfii-tofni  müridel  ei  ole  körwu 


—  173  — 

—  eines  Todten  Mond  kann  nicht  zeugen,  und  die  Mauern  des  Ge- 
fängnisses haben,  keine  Ohren. 

sornast  izast  enam  lugu  pidaraa  kqi  elawast  lapsest  —  auf  den 
gestorbenen  Valer  mehr  Rücksicht  nehmen  als  auf  das  lebende  Kind. 

satt  hake',  rahha  luke'  (d)  —  den  Wolf  anschreien,  Geld  zählen, 
satt  lätt  pakku ,  löüd  kahru  6st  (d)  —  vor  dem  Wolf  flieht  er,  einen 
Bären  findet  er  vor  sich. 

suwe  silm  ja  talwe  bammas  —  Sommers  Auge,  Winters  Zahn  (Früh- 
lingsfrost b.  Sonnenschein). 

suwine  rand  ei  pea  kaua  jäd  —  sommerlicher  Strand  hält  das  Eis  nicht 
lange. 

sozi  heit  karwa,  ei  mitte  wlzi  (d)  —  der  Wolf  lässt  sein  Haar,  nicht 

seine  Weise, 
sozi  iks  soe  polt  (d)  —  der  Wolf  ist  immer  auf  Seiten  des  Wolfes. 
sozi  soe  polt  sönna  ei  fltle  (d)  —  der  Wolf  sagt  kein  Wort  von  dem 

Wolf, 
suzi  unehus,  piai  mälehüs  (d)  —  der  Wolf  vergisst ,  der  Hund  erinnert 

sich, 
sozi  uwwelt  söze  ja  kawwehe  kargas  —  der  Wolf  isst  Ungares  und 

läuft  weit, 
sü  od  putsi  käe-raha  —  der  Mund ,  od.  Kuss ,  ist  das  Handgeld  auf  die 

Scham, 
sü  on  südame  möt,  od.  tulk  —  der  Mund  ist  des  Herzens  Maass,  od. 

Dolmetscher. 

sü  sat  sftlä-täwwe,  söä  tege  terwtizetä,  od.  rikk  terwfize  (d)  —  der 

Mund  schickt  einen  Rücken  voll,  das  Herz  macht  krank,  od.  verdirbt 

die  Gesundheit, 
sü  söb,  katsub  kaks  —  ein  Mund  isst,  zwei  schmecken, 
sü  süruk  ehitab  söre  Unna,  käzi  kange  ei  tee  kana-pezagi  —  der 

prahlende  Mund  erbaut  eine  grosse  Stadt,  die  starke  Hand  macht  auch 

nicht  einmal  ein  Hühnernest. 

sü  teeb  süre  linna,  käed,  od.  käzi,  ei  tee  käu-,  od.  kana-,  od. 
kärbse-,  pezagi,  od.  ka&i-sabagi  —  der  Mund  macht  eine  grosse 


—  174  — 

Stadt,  die  Hände,  od.  die  Hand,  machen  nicht  einmal  ein  Kuckucks-, 
od.  Hühner-,  od.  Fliegen-,  Nest,  od.  einen  Katzenschwanz. 

sü  teeb  süre  linna ,  käzi  teeb  kärbse-peza  —  der  Mund  macht  eine 
grosse  Stadt,  die  Hand  macht  ein  Fliegennest. 

süga  teeb  süre  hulga,  kättega  ei  tee  kana-pezagi  —  mit  dem  Munde 
macht  er  eine  grosse  Menge,  mit  den  Händen  macht  er  nicht  einmal 
ein  Hühnernest. 

sür  jaJg  süred  säpad,  sür  käzi  süred  kindad  —  grosser  Fuss  grosse 
Stiefel,  grosse  Hand  grosse  Handsehuhe. 

süf  jalg  tafwitab  sürt  säbast,  od.  kinga  —  ein  grosser  Fuss  hat  einen 
grossen  Stiefel,  od.  Schuh,  nöthig. 

söf  jumal  on  s6  sel'tside  walle  teinud  —  der  grosse  Gott  hat  diesen 
Unterschied  der  Stände  gemacht. 

sür  laew  mingu  merde,  lötsik  jägu  ranna  ligi  —  ein  grosses  Schiff 
mag  ins  Meer  gehen,  ein  Boot  bleibe  nahe  am  Ufer. 

sür  pere,  sür  köht  —  ein  grosser  Hausstand,  ein  grosser  Magen. 

sür  sugu,  warga  himu  —  vornehmes  Geschlecht,  Diebes  Verlangen. 

sür  sfiakse  ära,  piskuga  elatakse  kä  —  Grosso  zehrt  man  auf,  von 
Kleinem  lebt  man  auch. 

sür  tflkk  ajab  sü  löhki  —  ein  grosses  Stück  zerreisst  den  Mund. 

süf  wara,  süf  mure  —  grosse  Habe,  grosse  Sorge. 

süred  sömad,  süred  sämad  —  grosse  Mahlzeiten,  grosse  Einkünfte. 

sürel  mehel  od  süred  püksid  —  ein  grosser  Mann  hat  grosse  Hosen. 

sürem  kiwi  litsub  wähemat  alla  —  der  grössere  Stein  drückt  .den  klei- 
neren nieder. 

sürus  suretab,  kangus  kautab  —  Grösse  bringt  Tod,  Stärke  Verderben. 

sürus  surutakse,  kangus  kautatakse,  madal  ajab  ikka  mäst  läbi  — 
Grösse  wird  gedrückt,  Stärke  vertilgt,  der  Niedrige  schlägt  sich  im- 
mer durch  im  Lande. 

süst  läheb,  od.  läinud,  töbi  sisse  —  durch  den  Mund  geht,  od.  ist  ge- 
gangen, die  Krankheit  hinein  (von  Betrunkenen). 

süst  sab  pea  wäfja  öeldud,  aga  ei  so  nenda  uzinaste  tagasi  ei  sä 
—  es  wird  wohl  bald  aus  dem  Munde  heraus  gesagt,  aber  es  gelangt 
nicht  so  schnell  wieder  zurück. 


—  175  — 

sflgawas  kaewus  paQu  wett,  slski  löppeb  wahest  otsa  —  in  einem 
tiefen  Brunnen  ist  viel  Wasser,  dennoch  geht  es  bisweilen  zu  Ende. 

sfigise  näed  orast  kflll,  so  ep  ole  aga  wel  safwis  —  im  Herbst  siehst 
du  wohl  das  Roggengras,  aber  das  ist  noch  nicht  in  den  Getreide- 
kasten. 

sügise  on  sQred  sömized,  od.  sSmad,  kewade  on  keed  kalfid,  od. 
magusad  —  im  Herbst  sind  grosse  Mahlzeiten,  im  Frühjahr  sind  die 
Hülsen  theuer,  od.  süss.  # 

sügise  södab,  kewade  kurnab  —  der  Herbst  füttert,  der  Frühling  mer- 
gelt aus. 

sflgisel  on  seitse  söma-lauda ,  kewadel  ei  kakukest  —  der  Herbst 
hat  sieben  Speisetische,  der  Frühling  kein  Laibchen. 

süld  mest,  teine  hangu,  kolmas  uppi,  sls  teeb  kolme-sülla-kör- 
guze  kuhja  —  ein  Faden  Mann,  ein  zweiter  Heugabel,  ein  dritter 
Lüpfe o,  das  macht  einen  drei  Faden  hohen  Schober. 

sfilega  wi,  pihuga  tö  —  mit  dem  Schoosse  bringe  Tort,  mit  der  Hand 
zurück  (wenn  Einer  zur  Stadt  geht). 

süüdinud  aäju  ej  woi  parate  —  geschehene  Dinge  kann  man  nicht 
bessern. 

sünnib  lapsuke,  sls  stinnib  kä  emale  plm  rindu  —  entsteht  ein  Kind, 
so  entsteht  auch  der  Mutter  Milch  in  der  Brust. 

süzi  hakkab  Soest  —  eine  Kohle  entzündet  sich  an  der  anderen. 

sü  fibte,  patt  pöleks  —  die  Schuld  zusammen,  die  Sünde  zur  Hälfte. 

süakse  süred  sömad ,  elatakse  kä  piskuga  —  man  verzehrt  die  gros- 
sen Mahlzeiten,  man  lebt  auch  von  Wenigem. 

Süd,  od.  sü,  katlal,  sttd,  od.  sü,  k&nel  —  Schuld  hat  der  Kessel,  Schuld 
der  Deckel. 

Süd,  od.  sü,  rokal,  sÜd,  od.  sü,  wazikal  —  Schuld  hat  der  Trank, 
Schuld  hat  das  Kalb. 

sües  kaswab  ßöma-izu  —  beim  Essen  wächst  der  Appetit. 

ta l)  ei  ole  mu  sü-täiel  ega  mu  leiwal  olnud  —  er  ist  weder  bei  mei- 
nem Mund  voll  noch  bei  meinem  Brote  gewesen  (nichts  zu  thun  gehabt). 


1)  Vgl.  auch  die  mit  «tema»  beginnenden  S&tze. 


—   176  — 

ta  ei  ole  seile  wee  wSft,  mis  ta  lejwa  sös  söb  —  er  ist  das  Wasser 
nicht  werth,  das  er  im  Brote  isst. 

ta  ei  sa  minust  nl  palju  kui  hlf  köwasist  —  er  bekommt  von  mir 
nicht  so  viel  wie  die  Maus  vom  Schleifstein  (gar  nichts). 

ta  elab  önne  ulu  all  ja  magab  Märja  kaenlas  —  er  lebt  unter  dem 

Dache  des  Glückes  und  schläft  in  Maria's  Arm. 
ta  jöksis  nl,  et  jalad  kuklase  löid  —  er  lief  so,  dass  die  Füsse  an  den 

N&ken  schlugen, 
ta  läheb  kannikaga  pätsi  otsima  —  er  geht  mit  dem  Brotstück  das  Laib 

suchen, 
ta  läheb  kazukat  söendama  seal,  kus  tuba  pöleb  —  er  geht  da  den 

Pelz  wärmen,  wo  die  Stube  brennt. 

ta  Jaks,  et  püksi-wofdid  wälkuzid  —  er  ging,  dass  die  Hosenfalten 
blitzten  (eilig). 

ta  lendab  körgemase,  kui  tlwad  kannawad  —  er  fliegt  höber,  als  die 
Flügel  (ragen. 

ta  nutab  mufdist  naeru  —  er  weint  über  das  Lachen  vom  vorigen 
Jahre. 

ta  oleks  mind  (löme-)  luzika  sisse  uputanud  —  er  hätte  mich  in  ei- 
nem Suppenlöffel  ersäuft  (aus  grossem  Zorn). 

ta  on  koik  söd  sofkinud,  köik  mafjad  majtsnud  —  er  hat  alle  Sümpfe 
betreten,  alle  Beeren  geschmeckt. 

ta  on  lödud  kaika-aluseks  ja  teize  taga-aetawaks  —  er  ist  geschaf- 
fen als  unter  dem  Prügel  Stehender  und  von  Anderen  Nachzutrei- 
bender. 

ta  on  nenda  ihnus,  et  ei  rätsi  nina  nuzata  —  er  ist  so  geizig,  dass 
er  die  Nase  nicht  schnauzen  mag. 

ta  on  nl  ihnus,  et  mitte  koer  tema  maja  nurka  ei  nlzuta  —  er  i$t 
so  geizig,  dass  kein  Hund  die  Ecke  seines  Hauses  benetzt. 

ta  on  nl  uhke  ja  lad  et  ta  ei  mahu  enam  oma  naha  sisse  —  er  ist 
so  stolz  und  breit,  dass  er  in  seiner  Haut  nicht  mehr  Raum  hat. 

ta  on  nl  walge  kui  ahju  rind  —  er  ist  so  weiss  wie  der  Rand  des 
Ofens  (ironisch). 


—  177  — 

ta  on  äks  heris  oma  nahas  —  er  ist  ein  Schalk  in  seiner  Haut 

ta  hölib  nl  patju  häbist  kiii  koer  sitast  —  er  macht  sich  so  viel  aus 

der  Schande,  wie  ein  Hund  aus  dem  Koth. 
ta  pfiab  mä-ilma  söjaks  kütta  —  er  sucht  die  ganze  Welt  warm  zu 

heizen. 
ta  rägib  lahke  palgega,  aga  süda  mötleb  kurja  —  er  spricht  mit 

freundlichem  Gesicht,  aber  das  Herz  sinnt  Böses, 
ta  räkis  nl,  et  «höu»  ja  «höbi»  wahel  wahet  ei  olnud  —  er  sprach 

so,  dass  zwischen  Strom  und  Schlag  kein  Unterschied  war  (dass  der 

Mund  schäumte), 
ta  tahtis  sealt  leigata,  kuhu  ta  ei  olnud  külwanud  —  er  wollte  da 

ernten,  wo  er  nicht  gesäet  hatte.  * 

ta  tahtis  wöra  adraga  künda  —  er  wollte  mit  einem  fremden  Pfluge 

pflögen, 
ta  teeb  jöe  senna,  kus  mitte  wee-plska  ei  ole  —  er  macht  einen 

Bach  dahin,  wo  kein  Wassertropfen  ist. 
ta  teeb  sinna  tuld,  kus  wezi  on  —  er  macht  dahin  Feuer,  wo  Was- 
ser ist. 
ta  hüab  und  tagasi  —  er  ruft  den  Schlaf  zurück  (von  einem  Gähnenden), 
ta  waletab,  et  sü  siutseb  —  er  lügt,  dass  der  Mund  raucht, 
ta  wlb  wilust  tüki  ära  —  er  bringt  von  dem  Schatten  ein  Stück  weg 

(ist  ein  grosser  Dieb), 
ta  wötnud  härja  tthte  sarwe  pidi  selga  —  er  hat  den  Ochsen  an  dem 

einen  Hörn  auf  den  Rucken  genommen, 
taba  kelab  majast  —  das  Schloss  hält  vom  Hause  ab. 
taba  kSlab  warast  —  das  Schloss  halt  den  Dieb  ab. 
taba  hoiab  wara  —  das  Schloss  bewahrt  die  Habe, 
taga  otsid,  südlazeks  säd  —  du  verfolgst,  und  du  wirst  der  Schuldige, 
taha  wiskad,  öst  leiad  —  nach  hinten  wirfst  du  es,  vorn  flndest  du  es. 
tahad  sa  karu-jahile  minna,  tee  sang  wafrnis,  aga  pödra-jahile, 

tee  pü-säf k  —  willst  du  auf  die  Bärenjagd  gehen ,  so  bereite  das 

Bett,  aber  auf  die  Elenjagd,  bereite  den  Sarg. 
tahad  sa  fihe  söbra  kautada,  sis  laena  temale  raha  —  willst  du 

einen  Freund  verlieren,  so  leihe  ihm  Geld. 

12 


—  178  — 

talb  peab  senna  minema,  kus  kirwes  ajab  —  der  Keil  muss  dahin 

gehen,  wohin  das  Beil  treibt, 
talb  weab  talba  —  ein  Keil  treibt  den  anderen. 
toll1)  jalg  alles  nina  all,  ja  tahab  tark  olla  —  er  hat  noch  den  Fuss 

unter  der  Nase  und  will  klug  sein  (ein  Knirps). 

talu-poeg  ei  töa  ömale  kui  teize,  kolmanda  walda  —  eines  Bauern 
Wissen  reicht  nicht  weiter  als  bis  zum  zweiten,  dritten  Gebiet. 

talu-poja  sugu  ja  paju  sugu  ei  löpeta  ilkski  ära  —  Bauerngeschlecht 
und  Weidengeschlecht  rottet  Niemand  aus. 

talu-poja  tütar  mingu  talu-pojale  naezeks  —  eines  Bauers  Tochter 
heirathe  einen  Bauer. 

talu-pojast  sab  küll  saksa,  aga  saksast  ei  sä  enara  talu-poega  — 
aus  einem  Bauer  wird  wohl  ein  Herr,  aber  aus  einem  Herren  wird 
nicht  mehr  ein  Bauer. 

taTw  ajab  ahju  taga  —  der  Winter  treibt  hinter  den  Ofen. 

talw  ajab  karu  pezase  —  der  Winter  treibt  den  Bären  in's  Lager. 

tafw  kizub  kindad  karmanist,  od.  taskust  —  der  Winter  zieht  die 
Handschuhe  aus  der  Tasche. 

talwe  selg  pörunud  katki  —  des  Winters  Rücken  ist  zerbrochen  (die 
Mitte  überstanden). 

talwel  on  kahe  mehe  jöud  —  der  Winter  hat  die  Kraft  von  zwei 
Männern. 

tantsib  ikka  täiz  köht,  ej  hüppa  üi  särk  —  tanzt  auch  immer  ein 

voller  Magen,  ein  neues  Hemd  springt  nicht, 
targal  on  igal  pöl  oma  iza»m£  —  der  Kluge  bat  überall  sein  Vaterland, 
targem  annab  järele  —  der  Klügere  giebt  nach, 
tark  kutsar,  kes  nenda  moistab  soita,  et  ohjad  sönnikuzeks  ei  sä 

—  ein  kluger  Kutscher,  der  so  zu  fahren  versteht,  dass  die  Zügel 

nicht  kothig  werden, 
tarkus  läheb  taga  polt  sisse  —  Klugheit  geht  von  hinten  ein. 
tarkus  on  enam  kui  rikkus  —  Klugheit  ist  mehr  als  Reichthum. 


1)  Vgl.  auch  die  Satze  mit  temal. 


—  179  — 

tarkus  od  hinne  tefwis  —  Klugheit  ist  Gesundheit  der  Seele. 

tarkus  tuleb  taga  järele  —  Klugheit  kommt  hinten  nach. 

tau  rauda,  kui  raud  küm  on  —  schmiede  das  Eisen,  wenn  das  Eisen 

glühend  ist. 
tau  rayda  senni,  kui  ta  palaw  on  —  schmiede  das  Eisen,  so  lange  es 

heiss  ist. 
taacT  tfihjftst  tarest  midägi  wött  (d)  —  die  Seuche  nimmt  aus  der 

leeren  Stube  etwas, 
tautab  tühja  tült  —  er  droht  mit  leerer  Luft  (vergeblich). 
tautamizel  ep  ole  hända  taga  —  Drohen  hat  keinen  Schwanz  hinten. 
taza  ja  targu ,  madalaste  ja  märgu  —  sanft  und  klug ,  demüthig  und 

verständig. 
tazane  siga  ikka  koti  löhub  —  ein  stilles  Schwein  zenreisst  immer  den 

Sack, 
tar  sök,  tär  jök,  tär  tS  kä  —  Kofent  ist  die  Speise,  Kofent  ist  der 

Trank,  Kofent  ist  auch  die  Arbeit  (wie  der  Lohn  so  die  Arbeit). 
täii  köht  ei  kttzi  sfia  —  ein  voller  Magen  verlangt  nicht  zu  essen. 
taiz  köht  ei  uzu  tühja  köhtu  —  ein  voller  Magen  glaubt  einem  leeren 

Magen  nicht, 
täii  m8t,  täiz  raha  —  volles  Maass,  volles  Geld. 
t&na  helmes,  horame  mullas  -  heute  eine  Perle,  morgen  in  der  Erde. 
täna  kuld,  homme  muld  —  heute  Gold,  morgen  Erde, 
t&na  mnlle,  homme  sulle  —  heute  mir,  morgen  dir. 
tänamata  karu  langeb  kaewanduse  tagasi ,  kust  teda  aidati  —  ein 
undankbarer  Bär  fallt  zurück  in  die  Grube,  aus  der  man  ihm  geholfen 
hatte, 
tänamata  karu  lükatakse  auku  tagasi  —  ein  undankbarer  Bär  wird 

in  das  Loch  zurück  gestossen. 
tänasid  toimetuzi  ära  wiska  homse  warna  —  die  heutigen  Geschäfte 

wirf  nicht  auf  den  Nagel  von  morgen. 
teda  klta  oli  nSgu  siga  wasta  päewa  sflgada  -  ihn  loben  war  so 

wie  ein  Schwein  gegen  den  Sonnenlauf  kratzen, 
tee  h$ad  ehk  kufja,  seda  leiad  est  -  thu  Gutes  oder  Böses,  das  fin- 
dest du  vor. 

12* 


—  180  — 

tee  head,  sls  (sa)  lejad  h§ad  —  thu  Gutes,  dann  findest  du  Gutes. 

tee  ize,  teeta  muida,  käj  ize,  karista  muida  —  thu  selbst,  halte  An- 
dere an  zum  Thun,  geh  selbst,  treibe  Andere. 

tee  köhüale  head,  ehk  kaitse  kurja  karja!  —  thu  einem  Schlechten 
Gutes,  oder  hüte  eines  Busen  Herde. 

tee  kufjale  head,  ehk  kaitse  köhna  kafja,  so  on  üks  —  thu  einem 
Bösen  Gutes,  oder  hüte  eines  Schlechten  Herde,  das  ist  eins. 

tee,  rais  sa  teed,  head  ehk  paha,  od.  karja  ehk  head,  küll  sa  leiad 
est  —  thu,  was  du  thust,  Gutes  oder  Böses,  od.  Böses  oder  Gutes« 
9  du  wirst  es  schon  vorfinden. 

tee  öigust,  sls  ei  karda  kedagi  —  thu  Rechtes,  dann  furchtest  du 
Niemand. 

tee  Öigust,  sls  sind  kldab  jumal  ja  inimezed,  od.  inimene  —  thu 
Rechtes,  dann  lobt  dich  Gott  und  Menschen,  od.  Mensch. 

tee  sls  pulme  püst  ja  otsi  auu  aja-teibast  —  dann  mache  Hochzeit 
vom  Baume  und  suche  Ehre  von  der  Zaunstange  (ironisch). 

tee  töd  higiga,  sls  söd  leiba  himuga  —  arbeite  mit  Seh  weiss,  dann 
wirst  du  dein  Brot  mit  Appetit  essen. 

tee  töd  ja  kinnita  wöd;  kui  s5ma  lähed,  sls  nörgata  —  arbeite  und 
zieh  den  Gürtel  fest  zusammen;  wenn  du  essen  gehst,  so  lockere  ihn. 

tee  töd  ja  palu  jumalat  —  arbeite  und  bete. 

tee  töd  tö  ajal  ja  aja  juttu  jutu  ajal  —  arbeite  zur  Zeit  der  Arbeit 
und  plaudere  zur  Zeit  des  Hauderns. 

tegija  käest  sünnib  mönda,  aga  seizja  käest  ei  sttnni  midagi  — 
aus  der  Hand  des  Schaffenden  geschieht  Manches,  aus  der  Hand  des 
Müssigen  geschieht  nichts. 

tegijal  on  ikka  sfid,  magajal  ep  ole  midagi  —  derThätige  hat  immer 

Schuld,  od.  Veranlassung,  der  Schlafende  keine, 
tegijal  töd,  magajal  und  —  derThätige  hat  Arbeit,  der  Liegende  Schlaf, 
tegijale  sfionib  mönda,  magajale  ei  tthtegi  —  dem  Thätigen  geschieht 

Manches,  dem  Schlafenden  nichts. 

teie  pakute  armu,  aga  meie  ei  wöta  wastu  —  ihr  bietet  Gnade  an, 
aber  wir  nehmen  sie  nicht  an. 


—  181  — 

tele  rägite  palju  jömast,  aga  ej  ükski  rlgi  janust  —  ihr  redet  viel 

vom  Trinken»  aber  Keiner  redet  von  Durst. 
teie  süst,  jumala  käest  —  aus  eurem  Munde,  aus  Gottes  Hand  (erwie- 

dert  man  auf  gute  Wunsche). 
teine  ajab  piTH,  teine  toru  —  der  Eine  bläst  die  Flöte,  der  Andere  die 

Basspfeife  (beide  gleich  gut), 
(teine)  häda  räkides,  teine,  od.  häda,  wait  olles  —  es  ist  schlimm 

zu  sprechen,  schlimm  zu  schweigen, 
teine  h&da  teeb  teize  häda  —  eine  Noth  macht  die  andere. 
teine  elab  kiwi-kangru  otsas ,  teine  ei  ela ,  ehk  oleks  ta  nina  pidi 

wilja-salwes  —  der  Eine  lebt  auf  einem  Steinhaufen,  der  Andere 

lebt  nicht,  und  steckte  er  mit  der  Nase  in  einem  Getreidekasten. 
teine  jalg  hauas,  teine  haua  äre  peal,  od.  parral  —  der  eine  Fuss 

ist  im  Grabe,  der  andere  auf  dem  Rande  des  Grabes. 
teine  käzi  kannab  teist  —  eine  Hand  trägt  die  andere. 
teine  käzi  pezeb  teist  —  eine  Hand  wäscht  die  andere. 
tejne  naene  on  ömmardaja  —  die  zweite  Frau  ist  eine  Magd. 
teine  rägib  kuhjast,  teine  kuhja-alusest  —  der  Eine  spricht  vom 

Schober,  der  Andere  von  der  Unterlage. 
teine  silm  jökseb  wett  —  das  eine  Auge  thränt,  =  suwe  silm  etc. 
teine  talu,  teine  täf  —  anderer  Hof,  anderer  Kofent. 
teine  teeb  kuhja,  teine  kuhja  aeda  —  der  Eine  macht  den  Schober, 

der  Andere  den  Zaun  des  Schobers,  =  teine  rägib  kuhjast  etc. 
teistele  anna  köik  andeks,  aga  ize  enesele  mitte  —  Anderen  verzeih 

Alles,  aber  dir  selbst  nicht, 
teize  häda  on  (ikka)  pü  kfilles  —  des  Anderen  Noth  ist  immer  am 

Baum  (unbeachtet). 
teize  seTjast  on  hea  rihma  leigata  —  aus  eines  Anderen  Rücken  ist 

gut  einen  Riemen  zu  schneiden, 
teize  silma  näed  pindu,  oma  silma  ej  näe  paflri  —  in  des  Anderen 

Auge  siehst  du  einen  Splitter,  in  dem  eigenen  Auge  siehst  du  den 

Balken  nicht, 
teize  walu  on  kiwi  külles  —  des  Anderen  Schmerz  ist  am  Stein  (un- 
beachtet). 


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182   — 

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ttmaU.ilJtoicfS* 


—  183  — 

temal  ep  ole  ill  palju  mäd,  et  ta  jalga  peale  paneks  —  er  hat  nicht 

so  viel  Land,  dass  er  einen  Fuss  darauf  setze. 
temal  ep  ole  nl  pafju  mäd,  et  ta  tiks  kord  kuker-palTi  üle  lazeks 
—  er  hat  nicht  so  viel  Land,  dass  er  ein  Mal  einen  Purzelbaum  dar- 
über schlagen  könnte, 
temal  od  enam  wölgu  kui  hiukse-karwu  peas  —  er  hat  mehr  Schul- 
den als  Haare  auf  dem  Kopf. 
temal  on  raha  kui  rahka  —  er  bat  Geld  wie  Kies. 
temal  on  sellega  enam  tSd  kui  tegemist  —  er  hat  damit  mehr  Arbeit 

als  Geschäft  (er  macht  sich  unnütz  zu  schaffen). 
temal  on  wlz  kawalust  körwa  taga  —  er  hat  Fünf  Rauke  hinter  den 

Obren, 
temal  rejed  alles  nina  all,  ja  tahab  tark  olla  —  ihm  hängen  die 

Beine  noch  unter  der  Nase,  und  er  will  klug  sein  (eine  Rotznase), 
temast  ei  jänud  müd  järele  kui  tuli  ja  wezi  —  es  ist  von  ihm  nichts 

nach  geblieben  als  Feuer  und  Wasser, 
terad  teewad,  salwed  sawad,  iza  aita  maksab  hiona  —  die  Körner 
machen,  die  Kornkasten  bekommen,  des  Vaters  Speicher  bezahlt  den 
Preis, 
terane  laps  on  käfsitu,  terane  kirwes  leiab  kiwi  —  ein  scharfsinni- 
ges Kind  ist  ungeduldig,  ein  scharfes  Beil  findet  einen  Stein*. 
terane  silm,  terasem  möistus  —  scharfes  Auge,  schärferer  Verstand, 
teraw  kirwes  kfill  kä  kiwi  leiab  —  ein  scharfes  Beil  findet  wohl  auch 

seinen  Stein, 
teraw  kirwes  leiab  kiwi,  ja  ubkus  tuleb  enne  langemist  —  ein 
scharfes  Beil  findet  einen  Stein,  und  Hochmuth  kommt  vor  dem  Falle, 
terwel  perse  kört  täj£  —  der  Gesunde  hat  den  Hinteren  voll  Sahne 

(Wohlbehagen), 
tö  sant  ja  jalg  lfihikene  —  der  Weg  ist  schlecht  und  der  Fuss  kurz, 
töa  paTju,  aga  könele  wähe  —  wisse  viel,  aber  sprich  wenig, 
tilk  ommeti  Önestab  kiwi  —  ein  Tropfen  höhlt  doch  den  Stein, 
tltsal  ep  ole  töda  öza,  hädalizel  hända  taga  (pt)  -  der  Emsige  hat 

keinen  Weg  vor  sich,  der  Eilige  keinen  Schwanz  hinten, 
toe  tugewns  tuleb  toest ,  ja  süzi  —  die  Festigkeit  einer 


—  184  — 

Stütze  kommt  von  einer  anderen  Stütze,  und  eine  Kohle  entzündet  sich 
an  der  anderen. 

tö  jumal,  wl  jumal,  ära  jumal  llga  tee!  —  bring  Gott,  bring  fort  Gott, 
Gott  tbu  nicht  zu  viel. 

t8  ei  häbista  kedagi,  wajd  auustab  köiki  —  Arbeit  macht  Niemandem 

Schande,  sondern  ehrt  Alle, 
tö  kldab  ize  ennast  —  die  Arbeil  rühmt  sich  selbst, 
tö  kldab  tegijat,  (ja)  löra  lojat  —  die  Arbeit  rühmt  den  Yerfertiger 

und  das  Geschöpf  den  Schöpfer. 

tö  maksab  kopikat,  ammet  kaks  —  die  Arbeit  kostet  eine  Kopeke,  das 
Geschäft  zwei. 

tö  öpetab  ize  ennast  —  die  Arbeit  selbst  wird  sich  lehren. 

tö  öpetab  tö-tegijat,  ja  katsndes  kaswab  rammu  —  die  Arbeit  be- 
lehrt den  Arbeitenden,  und  mit  Versuchen  wächst  die  Kraft. 

tö  römustab  —  Arbeit  macht  froh. 

to  tänaseks,  jöud  homseks  —  Arbeit  für  heute,  Kraft  Tür  morgen  (wenn 
ein  Theil  für  morgen  bleibt). 

tö  tegijale  teng,  höle-kandjale  kaks  —  dem  Ausführer  der  Arbeit  eine 
Kopeke,  dem  Sorge  Tragenden  zwei. 

tö  tejzele,  öpetus  omale  —  die  Arbeit  für  den  Anderen,  die  Belehrung 

für  sich, 
tod  on  tegijal,  und  (on)  roagajal  —  Arbeit  hat  der  Thätige,  Schlaf  der 

Liegende, 
töl  on  wiha  jüf ,  aga  magus  will  —  die  Arbeit  hat  eine  bittere  Wurzel 

aber  eine  süsse  Frucht, 
tost  tüdind,  waewast  wäzind  —  von  Arbeit  erschöpft,  von  Anstrengung 

ermüdet  (schlagmüde), 
töta  ei  sä  kedagi  süa  —  ohne  Arbeit  bekommt  Niemand  zu  essen, 
töbi  södab  ktill,  aga  ei  kozuta  mitte  —  Krankheit  speist  wohl,  aber 

giebt  nicht  Gedeihen  (der  Kranke  hat  keine  Esslust). 

töbi  tnleb  houstega,  läheb  härgega  jälle  ära  —  Krankheit  kommt  mit 
Pferden,  geht  mit  Ochsen  wieder  fort  (schnell,  langsam). 

töde  töstab,  wale  wautab  -  Wahrheit  erhebt,  Lüge  drückt  nieder. 


—   185  — 

töde  töuzeb  ikka,  nägu  rasw  wee  alt,  wälja  —  die  Wahrheit  steigt 
immer  hervor,  wie  Fett  aas  dem  Wasser. 

töde  töuzeb,  wale  waub  —  Wahrheit  steigt,  Lüge  sinkt, 
töe  hölma  ei  hakka  kegi  kinni  —  des  Redlichen  Rockschooss  fast  Nie- 
mand an. 

täjne  tare,  od.  talo,  toine  tär  (d)  —  andere  Stube,  od.  anderer  Bauer- 
hof, anderer  Kofent. 

tömba  hinge  ja  tee  töd  —  hole  Athem  und  arbeite. 
Tönise-päewal  tafw  barja  peal;  leib  pöleks,  pöhk  pöleks  —  am 
Antoniustag  culminirt  der  Winter ;  Brot  und  Viehfutter  auf  der  Hälfte. 

törgese  jagu  kaub,  magaja  oza  tuleb  kätte  —  des  Widerspenstigen 
Portion  geht  verloren,  des  Schlafenden  Anlheil  kommt  in  seine  Hand. 

tosta  rorik  flle  katnse,  sls  arwab  ta  ennast  üle  pilwete  seizwat  — 
hebe  den  Raben  über  das  Dach,  so  meint  er  über  den  Wolken  zu 
sein. 

töstab  hända,  aga  ei  tösta  kanda  —  er  hebt  den  Schwanz,  aber  hebt 
nicht  die  Ferse. 

toatamizel  ep  ole  hända  taga  —  Versprechen  hat  keinen  Schwanz 
hinten. 

töutus  (-mos)  ajab  safidi  ukse  est  ftra  —  Versprechen ,  od.  ein  Ver- 
sprecher, treibt  den  Bettler  von  der  Thür  fort. 

%ze  flies,  ejlne  mes  wäfjas!  kes  waras,  so  jöksku  metsa!  —  steh 
auf,  der  gestrige  Mann,  d.  h.  der  Tag,  ist  dat  wer  ein  Dieb  ist,  laufe 
in  den  Busch. 

tözi  on  kufja,  wale  (on)  nägija  —  Wahrheit  ist  hörend,  Luge  sehend. 

tözi  on  wägew  wöi{ja  —  Wahrheit  ist  ein  mächtiger  Sieger. 

tözi  töusku,  wale  waugu  —  die  Wahrheit  erhebe  sich,  die  Läge  sinke. 

trfi  sulane,  önnelik  pere-mds,  trü  flmmardaja,  önnehk  pere-naene 
-  treuer  Knecht,  glücklicher  Hausherr,  treue  Magd,  glückliche  Haus- 
frau. 

tsirk  körgeh,  muna  perseh  (d)  —  der  Vogel  hoch,  das  Ei  im  Hinteren. 

tsödze'  watsa  tQjje,  ezi  sejje  —  die  Tante  brachte  einen  Kuchen,  ass 
ihn  selbst  auf. 


—  186  — 

tuhka-päew  wiheldakse  liha  sefjast  maha  ja  kala  selga  —    am 
Aschermittwoch  wird  das  Fleisch  ab-  und  der  Fisch  aufgequästet. 

tuim  töle,  kerme  sule  —  trag  zur  Arbeit,  schnell  zum  Essen, 
tnle  kTrg  mönab  seile  järele,  kelle  käest  tema  on  waQa  peazenud 
—  die  Feuerflamme  zieht  dem  nach,  aus  dessen  Hand  sie  gekommen  ist. 

tule  in  eile,  tö  mulle,  ma  tulen  teile,  anna  malle,  sfs  o  lerne  ikka 
söbra-mebed  —  komm  zu  uns,  bring  mir,  ich  komme  zu  euch,  gieb 
mir,  dann  sind  wir  immer  Freunde. 

tuleb  aeg,  tuleb  nöu  —  kommt  Zeit,  kommt  Rath. 

tttlel  on  lai  käzi  —  Feuer  hat  eine  breite  Hand. 

tulel  on  lai  käzi,  weel  sügaw  wagu  —  Feuer  hat  eine  breite  Hand, 
Wasser  eine  tiefe  Furche. 

tuli  ja  wezi  on  kölmata  — ■  Feuer  und  Wasser  sind  nicht  verboten. 

tuli  töuzeb,  wezi  waub  —  das  Feuer  erhebt  sich,  das  Wasser  senkt  sich. 

tunnukse  ikka,  mis  wee  weretud,  ei  tunta  saia  södud  —  man  er- 
kennt  immer,  was  vom  Wasser  gerollt  ist,  gegessenes  Weissbrot  er- 
kennt man  nicht. 

tuwikeze  madalus  ja  siwwu  wiba  (d)  —  Demuth  der  Taube  und  Gift 
der  Schlange. 

tül'  jskseb  külalize  jala  alt  —  der  Wind  läuft  unter  den  Füssen  des 
Gastes. 

tfrf  kozutab  kana-poja,  od.  kana-poja  kozutab,  wiha  leht  lapse 
nöre  —  die  Luft  macht  das  Hühnchen  gedeihen,  des  Badebesens  Blatt 
das  junge  Kind. 

tüT  on  teize  inimeze  abi  —  der  Wind  ist  die  Hälfe  eines  zweiten  Men- 
schen (so  gut  wie  ein  zweiter  Ruderer). 

tüf  tob  terwista  temale ,  pilwed  pitka  igada  (pt)  —  der  Wind  bringt 
ihm  Gesundheit,  die  Wolken  langes  Leben. 

tüf  tönud,  wezi  wTnnd  —  der  Wind  bat  es  gebracht,  das  Wasser  ent- 
führt. 

töle  tlwul  tuleb  häda,  sitika  saramul  labkub  ta  mejlt  —  mit  Flü- 
geln des  Windes  kommt  die  Nolh,  mit  dem  Schritte  des  •Mistkäfers 
entfernt  sie  sich  von  uns. 


—   187  — 

tüle  teetuzel  ja  käste  karastuzel  —  mit  Unterstützung  des  Windes  and 
Erquickung  des  Thaaes. 

t ölest  ei  woi   kegi   elada  —  von  Luft,  od.  Wind,  kann  Niemand 

leben. 
tfidrukuna  tui ,  naezena  nui  —  als  Mädchen  eine  Taube ,  als  Weib  ein 

Knättel. 
tähi  ajab,  od.  tob,  tfili  majase  —  Mangel  bringt  Unfriede  in's  Haus, 
tühi  jutt  on  kui  hundi-sitt  must  ja  karwane  —  falsches  Gerede  ist 

wie  Wolfskotb  schwarz  und  haarig. 

tühi,  od.  tühine,  käes,  tülike  peus  —  Mangel  in  der  Hand,  Streit  in 

der  Hand, 
tühi  kott  ei  woi  pü£ti  sejsta  —  ein  leerer  Sack  kann  nicht  aufrecht 

stehen, 
tühi  köht  ajab  töd  tegema  —  leerer  Magen  treibt  zum  Arbeiten. 
tfihi  köht  ja  teraw  nuga  —  leerer  Magen  und  scharfes  Messer. 
tühi  köht  on  köjge  parem  kokk  —  ein  leerer  Magen  ist  der  beste 

Koch. 
tfihi  köht  teeb  leiwale  sgia  magu  —  ein  leerer  Magen  giebt  dem  Brote 

den  Geschmack  von  Weissbrot. 

tfihi  pea  on  ilraa  terata  —  ein  leerer  Kopf  ist  ohne  Schärfe ,  od.  eine 
leere  Aehre  ist  ohne  Korn. 

tfihi  teeb,  od.  tob,  tüli,  od.  toru,  majase,  od.  perese,  od.  taluse  — 

Mangel  bringt  Gezänk,  od.  Streit,  in's  Haus,  od.  in  die  Familie,  od.  in 

den  Bauerhof. 
tühikene  käes,  tülikene  peus  —  Mangel  in  der  Hand,  Unfriede  in  der 

Hand. 
tühja  köhuga  on  raske  wilet  puhuda  —  mit  leerem  Magen  ist  es 

schwer  die  Flöte  zu  blasen. 

tühja  pea  jöttad  sa  Ära  kanda,  tühja  köhtu  mitte  —  einen  leeren 
Kopf  kann  man  tragen,  einen  leeren  Magen  nicht. 

tühja  söime  kallal  l&hewad  hobnsed  rldu  —  an  leerer  Krippe  ge- 
raden die  Pferde  in  Streit, 
tftkalt  kui  siku  safw,  tükalt  kui  hiukse-karw  —  stöckweise  wie-  das 


—   188  — 

Horn  eines  Bockes,  stückweise  wie  ein  Kopfhaar  (ungleiches  Ge- 
spinnst). 

tütar  kiüb  ema  kinrias  —  die  Tochtqr  geht  in  den  Schuhen  der  Mutter. 

tütar-laps  ilma  töta  on  kui  tö-käija  ilma  wöta  —  ein  Mädchen  ohne 
Arbeit  ist  wie  ein  Wanderer  ohne  Gürtel. 

tütar-laps  olgu  nl  kaua  kfilas,  kui  harakas  aja-teibä  peale  maha 
lazeb  —  ein  Mädchen  bleibe  so  lange  von  Hause,  wie  eine  Elster  sich 
auf  die  Zaunstange  nieder  lässt  (kurze  Zeit). 

tütar  mehel'  tfikkinesa,  ema  ennast  pakkunesa  (pt)  —  die  Tochter 
verlangte  nach  dem  Manne,  die  Mutter  bot  sich  selbst  an. 

tütar  pölwe-körgune,  od.  -körge,  od.  -körgus,  wakk  waksa-körgune, 
od.  -körge,  od;  -körgus  —  die  Tochter  ist  kniehoch,  der  Brautkasten 
spannenhoch. 

tütar  tob  pidu  perese  —  die  Tochter  bringt  Festlichkeit  in's  Haus. 

tütre  arm  jäb  ikka  enam  ema  jure  kui  minija  arm  —  die  Liebe  der 
Tochter  bleibt  immer  mehr  bei  der  Mutter  als  die  Liebe  der  Schwie- 
gertochter. 

ubina'  ei  sata  uibost  kawwehe  (d)  —  die  Aepfel  fallen  nicht  weit  vom 
Apfelbaum. 

uhke  läheb  hukka,  körge  läheb  körwa,  käre  läheb  kärna,  hiljuke 
läheb  edasi  —  der  Stolze  geht  in's  Verderben,  der  Hohe  geht  bei 
Seite,  der  Heftige  wird  schorfig,  der  Ruhige  geht  vorwärts. 

hukas  on  he$d  humalad,  kahju  neist  linnaksist  —  verloren  ist  der 
gute  Hopfen,  Schade  um  das  Malz. 

hukka  läinud  head  humalad,  kahju  kalTist  linnaksist  —  verloren 
gegangen  ist  der  gute  Hopfen,  Schade  um  das  tbeure  Malz. 

ukse  pealt  woib  tagasi  minna  enne  kui  takka  toast  —  an  der  Thfir 
kann  man  eher  zurück  gehen  als  hinten  aus  der  Stube. 

hulgas  mönda  —  unter  der  Menge  giebt  es  Mancherlei. 

hulk  kqera  teewad  wlmaks  karule  näpistust  —  eine  Menge  Hunde 
macht  endlich  dem  Bären  Bedrängniss. 

hulk  teeb  hulga  t5  —  eine  Menge  verrichtet  auch  die  Arbeit  einer 
Menge. 


—  189  — 

holk  wöiwad  fihte,  aga  flks  mitte  hulka  ajdata  —  eine  Menge  kann 
wobl  Einem  helfen,  aber  nicht  Einer  der  Menge. 

uIT  ei  kttnna  ega  külwa,  ufT  ize  kaswab  —  der  Einfältige  pflügt  und 
säet  nicht,  der  Einfältige  wächst  selbst. 

bull  kldab  ofja-töd,  laisk  kldab  lapse-töd  —  der  Thor  rühmt  eine 
Knechtsarbeit,  der  Faule  rühmt  eine  Kinderarbeit. 

ulTi  petetakse  öunaga,  tarka  ei  jöua  täfriga  petta  —  einen  Einfilti- 

gen  verlockt  man  mit  einem  Apfel ,  einen  Klugen  kann  man  nicht  mit 

einem  Thaler  verlocken, 
nffile  tflhni9  tetäs,  targa'  istuse  (d)  —  für  den  Thoren  macht  man  die 

Gefangnisse,  die  Klugen  sitzen  darin, 
hullu  karjatse  kannikas  on  hea  ftra  süa,  od.  süakse  ikka  eziteks 

ära  —  des  dummen  Hirten  Brotstück  ist  gut  aufzuessen,  od.  wird 

immer  zuerst  aufgegessen, 
hullu  koera  ei  tohi  nskuda,  od.  peab  kartma  —  einem  tollen  Hunde 

darf  man  nicht  trauen,  od.  einen  tollen  Hund  muss  man  furchten. 

hullu  last  ei  paluta  pulma  —  ein  dummes,  od.  des  Dummen,  Kind 
bittet  man  nicht  zur  Hochzeit. 

hullul  sönad  hole  peal,  targal  hammaste  taga  —  der  Dumme  hat 

seine  Worte  auf  der  Lippe,  der  Kluge  hinter  den  Zähnen, 
omb-rohi  on  wiza  kaduma  —  Unkraut  ist  zäh  im  Verlorengehn. 
ummis-kinnad  ei  pa££i  talu  pörandale  —  hohe  Schuhe  passen  nicht 

auf  den  Pussboden  des  Bauerhauses, 
ummis-päine  azi  ei  sä  ial  selgeks  —  eine  verworrene  Sache  wird  nie 

klar, 
hnndi  est  hoidma,  karu  leidma  —  vor  einem  Wolfe  sich  hüten,  einen 

Bären  finden, 
hundi  öst  hoitud,  od.  hoidnud,  karu  leidnud  —  vordem  Wolfe  be- 

hütet,  der  Bär  hat  es  gefunden, 
hundil  on  üheksa  mehe  mef  ja  ühe  mehe  rammu  -  der  Wolf  hat 

die  Klugheit  von  neun  Männern  und  die  Kraft  eines  Mannes, 
handist  ei  sa  mud  kui  nahka  —  von  einem  Wolfe  bekommt  man  nichts 

als  Haut. 


—  190  — 

une-kotist  ei  sä  ial  tö-tegijat  —  aus  einem  Schlafsack  bekommt  man 

nie  einen  Arbeiter, 
unest  ei  sä  pätsi  —  im  Schlafe  bekommt  man  kein  Brotlaib, 
uni  ajab  (oma)  aega  taga  —  der  Schlaf  verlangt  seine  Zeit, 
uni  ei  anna  üta  kübe,  magamine  raäni  sftfki ;  uni  ajab  hulkumaje, 

magamine  mafsimaje  (pt)  —  der  Schlaf  giebt  keinen  neuen  Rock, 

das  Liegen  kein  zur  Erde  reichendes  Hemd;  der  Schlaf  treibt  zum 

Umherschweifen,  das  Liegen  zum  Gehen, 
uni  maitseb  lapsel  magusam  kui  wanal  —  der  Schlaf  schmeckt  einem 

Kinde  süsser  als  einem  Alten, 
uni  sädab  hulkuma,  magamine  mafsima,  tukkumine  töda  köndima 

—  Schlaf  schickt  umher  zu  schweifen,  Liegen  zu  marschiren,  Schlum- 
mern einen  Weg  zu  gehen, 
hunt  ajab  küll  karwa,  aga  ammetit  ei  jäta  —  der  Wolf  wechselt 

wohl  das  Haar,  aber  sein  Geschäft  lasst  er  nicht, 
hunt  ei  ole  (ial  od.  iga  kord)  nl  sür  kui.kafjutakse,  od.  öeldakse, 

od.  hurjutatakse  —  der  Wolf  ist  nicht  immer,,  od.  jedes  Mal,  so  gross, 

wie  man  schreit,  od.  sagt. 
hunt  ei  ole  kaugel ,  kui  teda  nimetatakse  —  der  Wolf  ist  nicht  weit, 

wenn  er  erwähnt  wird, 
hunt  heidab  karwa,  aga  ei  kauta  kombeid  —  der  Wolf  wirft  sein 

Haar  ab,  aber  er  verliert  nicht  seine  Gewohnheiten, 
hunt  heidab  karwa,  ei  heida  inimene  haritud  kombet  —  der  Wolf 

wirft  sein  Haar  ab,  der  Mensch  legt  seine  gewohnte  Weise  nicht  ab. 
hunt  hejdab  (küll)  karwa,  aga  mitte,  od.  ei  heida,  wlzi,  od.  ham- 

baid  —  der  Wolf  wirft  zwar  das  Haar  ab,  aber  nicht,  od.  wirft  nicht, 

die  Weise,  od.  die  Zähne,  ab. 
hunt  jäb  hundiks,  kui  sa  teda  kä  wagaks  lambaks  nimetad  —  der 

Wolf  bleibt  Wolf,  wenn  du  ihn  auch  ein  frommes  Schaf  nennst, 
hunt  kautab  karwa,  ei  kauta  hammast  —  der  Wolf  verliert  das  Haar, 

den  Zahn  verliert  er  nicht, 
hunt  lazeb  karwu,  aga  mitte  oma  wirakid  —  der  Wolf  lässt  Haar, 

aber  nicht  seine  Tücken, 
hunt  läheb  üle  wee,  peretab,  tuleb  tagasi,  lakub,  ütleb:  parcni 


—  191  — 

on  kui  paljas  wezi  —  der  Wolf  geht  aber  das  Wasser,  farzt,  kommt 
zurück,  leckt,  spricht:  es  ist  besser  als  blosses  Wasser. 

hont  murrab  kä  loetud  lambaid  —  der  Wolf  zerreisst  auch  die  ge- 
zählten Schafe. 

hont  pögeneb  kurja  koera  est  —  ein  Wolf  flieht  vor  einem  bösen 

Hunde. 
hunt  sawaga  mötnud  te  —  der  Wolf  hat  mit  dem  Schwänze  den  Weg 

gemessen, 
hutit  söb  elu  aja  oma  naha  p^ale  —  der  Wolf  frisst  sein  Leben  lang 

auf  Gefahr  seiner  Haut. 

hunt  tahab  hurjutamist,  raha  lugemist,  saks  palumist  —  der  Wolf 
will  angeschrien,  das  Geld  gezählt,  die  Herrschaft  gebeten  werden. 

hunti  pögeneb  pakku,  leiab  karu  est  —  vor  dem  Wolfe  entflieht  er, 
einen  Bären  findet  er  vor. 

unusta  und,  mälesta  mälu,  pea  nör  mos  meles  —  vergiss  den  Schlaf,* 
kaue  wieder  das  Gekaute,  behalte  im  Sinn  den  jungen  Mann  (Spruch 
beim  Hauben  der  Neuvermählten). 

onustab  hoidja,  aga  ei  unusta  püdja  —  der  Bewahrer  vergisst  es, 

aber  der  darnach  Strebende  vergisst  es  nicht, 
unustab  hoidja,  tabab  püdja  —  vergisst  es  der  Hüter,  erwischt  es  der 

Fahndende, 
unustad  stid  lahti,  päzuke  lennab  sisse  —  du  vergisst  den  Mund  zu 

zu  machen,  eine  Schwalbe  wird  hinein  fliegen. 

UDustamine  on  parem  kui  kätte-maksmine  —  Vergessen  ist  besser 
als  Rächen. 

unustatud  azi  lange b  lauza  wette  —  eine  vergessene  Sache  lallt  in  offe- 
nes Wasser. 

upin  ei  sata  uibost  kawwehe  (d)  —  der  Apfel  fällt  nicht  weit  vom 
Apfelbaum. 

uzin  inimene  läheb  sigadega  magama  ja  töuzeb  kanadega  üles  — 
ein  emsiger  Mensch  geht  mit  den  Schweinen  schlafen  und  steht  mit 
den  Huhnern  auf. 

uzin  läheb  hukka,  käre  läheb  kärna,  hiTjuke  läheb  ikka,  od.  edasi 


—   192  — 

—  der  Schnelle  geht  zu  Grunde  ,  der  Heftige  wird  schorfig ,    der  Ru- 
hige geht  immer,  od.  vorwärts. 

uziuus  auustab,  laiskus  häbistab  —  Fleiss  bringt  Ehre,  Faulheit  bringt 
Schande. 

uzu  sina  moste  söna,  od.  juttu,  kttlap  sls  önsaks  säd  —  glaube  du 
nur  dem  Worte,  od.  Gerede,  der  Männer,  dann  wirst  du  wohl  gluck- 
lich sein  (ironisch). 

üed  ajad,  Qed  asjad  —  neue  Zeiten,  neue  Dinge. 

üed  rattad  käiwad  ezimest  korda  ikka  raskeste  —  neue  Räder  ge- 
hen zum  ersten  Mal  immer  schwer. 

üed  rattad  on  rasked  rattad  —  neue  Räder  sind  schwere  Räder, 
fielt  söl  seizab  Warnas  —  neu,  od.  ungebraucht,  hängt  das  Sieb  am 

Pflock. 
üi  kttps  wSra  rög  —  neu,  d.  h.  halb,  gar  des  Gastes  Speise. 
Hi  lud  pübib  häSti  (toa  pöranda)  puhtaks  —  ein  neuer  Besen  fegt 

gut  den  Fussbodcn  des  Zimmers  rein. 

üz  lud  pfihib  ikka  puhtama  pöranda  kui  wana  lud  —  ein  neuer 
Besen  fegt  immer  den  Fussboden  reiner  als  ein  alter. 

üi  lud  pübib  puhta  toa  —  ein  neuer  Besen  fegt  eine  Stube  rein. 
üi  ratas  ei  wöre  libedaste  —  ein  neues  Rad  rollt  nicht  glatt, 
üi  sukk,  wana  auk  —  neuer  Strumpf,  altes  Loch, 
ühe  ös  ta  on  sita-hurinikas ,  teize  es  kulla-tükk  —  vor  dem  Einen 
ist  er  ein  Misthaufen,  vor  dem  Anderen  ein  Goldstück. 

ühe  mehe  nou  kä|b  üle  üheksa  mehe  jöuu  —  eines  Mannes  Rath  geht 
über  neun  Männer  Kraft. 

ühe  muna  sisse  ei  mahu  kaks  rebu,  ega  ühe  südame  sisse  kahe 
izanda  tönistus  —  in  einem  Ei  haben  nicht  zwei  Dotter  Raum,  noch 
in  einem  Herzen  zweier  Herren  Dienst. 

ühe  noönile  palju,  kahele  pizut  -  für  eine  Krähe  zu  viel,  für  zwei 

zu  wenig, 
ühe  höbiga  ei  lange  pü,  ega  ühest  pafgist  ei  ehitata  honet  —  von 

einem  Schlage  fällt  der  Baum  nicht,  und  aus  einem  Balken  baut  man 

kein  Haus. 


—  193  — 

öhe  Önnetus  tuleb  teizele  önneks  —  des  Einen  Unglück  gereicht  dem 

Anderen  zum  Glücke, 
öhe  sann  teize  leib  —  des  Einen  Tod  des  Anderen  Brot, 
ühe  tö  löpetus  sadab  teize  algatuze  —  der  einen  Arbeit  Beendigung 

bringt  den  Anfang  der  anderen. 

ühe  wädi  sös  ej  wöi  mitte  kaht  sugu  ölut  olla  —  in  einem  Fasse 
kann  nicht  zweierlei  Bier  sein. 

tihed  waled  (ta)  tob,  teized  ta  wlb  —  eine  Lüge  bringt  er,  die  andere 

bringt  er  fort: 
üheksa  ammetit,  kfimnes  näTg  —  neun  Aemter,  das  zehnte  der  Hunger. 
üheksa  mehe  jöud  ja  ühe  mehe  nöu  on  fiks  —  die  Kraft  von  neun 

Männern  und  eines  Mannes  Rath  ist  eins, 
ühes  kohas  ej  tehta  fiksi  leiba  ega  jöda  täri,  seda  tehakse  muial 

kä  —  nicht  an  einem  Orte  allein  backt  man  Brot  oder  trinkt  man 

Kofent,  das  thut  man  anders  wo  auch, 
fihes  käidud,  fihes  pödud  —  zusammen  gegangen,  zusammen  gehängt, 
fihes  pütud,  fihes  pödud  —  zugleich  gefangen,  zugleich  gehängt, 
übest  körwast  sisse,  teizest  wälja  —  zu  einem  Ohre  hinein,  zu  dem 

anderen  hinaus. 

üht  peab  tegema,  teist  mitte  tegemata  jätma  —  das  Eine  muss  man 
thun,  das  Andere  nicht  ungethan  lassen. 

üht  woib  nQuda,  teist  aga  mitte  nöudmata  jätta  —  das  Eine  kann 
man  erstreben,  das  Andere  aber  nicht  unerstrebt  lassen. 

ühtegi  head  ei  sä  ilma  waewata  —  nichts  Gutes  bekommt  man  ohne 

Anstrengung. 
ühtegi  üle  lia  —  nichts  in  Uebermaass. 
üks  baige  lammas  rikub  terwe  kafja  —  ein  krankes  Schaf  verdirbt 

die  ganze  Herde, 
üks  haige  lammas  teeb  pafju  haigeks  —  ein  krankes  Schaf  macht 

viele  krank. 

öks  ammeti-mes  sab  igas  kohas,  od.  paigas,  lejba  —  ein  Handwer- 
ker erlangt  überall  Brot, 
h&da  söb  tejse  ära  —  eine  Noth  verzehrt  die  andere. 

13 


.  V 


—  194  — 

üks  ei  wea  teist  üle  örre  —  Einer  lieht  nicht  den  Anderen  Ober  die 
Stange  (beide  gleich). 

üks  ema  kaswatab  üheksa  poega,  aga  üheksa  poega  ei  toida  üht 
ema  mitte  —  eine  Mutter  erzieht  neun  Söhne,  aber  neun  Söhne  er- 
nähren nicht  eine  Mutter. 

üks  hilp  tapab  (tabab?)  teist  —  ein  Fetzen  tödtet,  od.  erwischt,  den 
anderen. 

üks  iza  tojdab  üheksa  last ,  aga  üheksa  last  ei  tqida  mitte  üks 
kord  ühte  iza  —  ein  Vater  ernährt  neun  Kinder,  aber  neun  Kinder 
ernähren  nicht  einmal  einen  Vater. 

üks  iza  tqidab  üks  teist  kümmend  last  —  ein  Vater  ernährt  elf  Kinder. 

üks!  juba  läks,  kaks!  karnaps,  kolm!  körwa-lops,  neli!  sinu  weli, 
wiz!  Pater  Llz,  küi!  muna  üz,  seitse!  päitsed  päkä,  kaheksa! 
pael  kaela,  üheksa!  üles  mäst,  kümme!  küll  sab  —  eins!  giog 
schon,  zwei!  klaps,  drei!  Ohrfeige,  vier!  dein  Bruder,  fünf!  P.  L., 
sechs!  Ei  neu,  sieben!  Halfter  auf  den  Kopf ,  acht!  Schnur  um  den 
Hals,  neun!  aufgestanden,  zehn!  ist  genug  (beim  Zählen  von  Hieben). 

üks  käzi  ej  peze  (üksi)  —  eine  Hand  wäscht  nicht  allein. 

üks  käzi  pezeb  teist  —  eine  Hand  wäscht  die  andere. 

üks  kord  lüga  petad,  aga  leine  kord  ei  peta  lihagagi  —  ein  Mal 
betrügst  du  mit  einem  Knochen,  aber  das  zweite  Mal  betrügst  du  nicht 
einmal  mit  Fleisch. 

üks  köik,  kas  üks  sür  wai  kaks  weiket  —  einerlei,  ob  ein  Grosses 
oder  zwei  Kleine. 

üks  köfs  huikab  teist  taga  —  ein  Halm  ruft  dem  anderen  nach  (dünn 
stehendes  Getreide). 

üks  kurat  nl  hea  kui  teine  —  ein  Teufel  ist  so  gut  wie  der  andere. 

üks  kuri  patu-kombe  söb  enam  raha  ära  kui  kaks  last  —  eine  böse 
sündige  Gewohnheit  verzehrt  mehr  Geld  als  zwei  Kinder. 

üks  lammas  mägib,  koik  talled  tahawad  —  ein  Schaf  blökt,  alle  Läm- 
mer wollen. 

üks  lind  ei  ehita  ilmaski  peza  —  ein  Vogel  baut  nie  ein  Nest. 

üks  lind  kautab,  od.  pillab,  peza,  kaks  koguwad  —  ein  Vogel  zer- 
stört das  Nest,  zwei  sammeln. 


—  195  — 

öks  lind  lendab  köjk  inä-ilma  lftbi,  flks  kef,  tihed  suled  —  ein  Vo- 
fliegt  durch  die  ganze  Welt,  eine  Sprache,  ein  Gefieder. 

äks  lind,  mis  warblazeks  lödud  on,  sest  ei  sa  ialgi  Ö-pikka  —  ein 
Vogel,  der  zum  Sperling  geschaffen  ist,  aus  dem  wird  nie  eine  Nach- 
tigall. 

fiks  lind  pillab,  kaks  ikka  kofjawad  -  ein  Vogel  zerstreut,  zwei  sam- 
meln immer. 

flks  lind  pillab  peza  —  ein  Vogel  zerstört  das  Nest. 

fiks  metsa-karu  pannakse  tantsima,  sadik  üks  inimeze-laps  —  einen 
wilden  Bären  bringt  man  zum  Tanzen,  geschweige  denn  ein  Men- 
schenkind. 

fiks  nael  palukest  Öiguzega  on  enam  kui  ttheksa  tile-kohtuga  sä- 
dut  —  ein  Pfund  Bissen  mit  Gerechtigkeit  ist  mehr  als  neun  mit  Un- 
gerechtigkeit erlangte. 

fiks  näjtab  pead,  teine  perset  —  der  Eine  zeigt  den  Kopf,  der  Andere 
den  Hinteren  (thut  Gutes,  Böses). 

fiks  notin  ei  noki  teize  sifmi  peast  —  eine  Krähe  hackt  nicht  der  an- 
deren Augen  aus. 

fiks  norin  ei  pista  teiste  silma  peast  —  eine  Krähe  sticht  nicht  das 
Auge  der  anderen  aus. 

fiks  ohuks,  teine  rohuks,  kolmas  nefjas  hiiine-wötja  —  einer  zur 
Erquickung,  der  zweite  als  Arzenei,  der  dritte  und  vierte  ein  Seelen- 
räuber (vom  Schnaps). 

fiks  on  hea,  teine  (on)  parem  stf  —  der  Eine  ist  ein  guter,  der  Andere 
ein  besserer  Igel  (beide  taugen  nichts). 

fiks  on  liea,  teine  wöl  parem  —  der  Eine  ist  gut,  der  Andere  noch 
besser  (ironisch). 

fiks  on  äks,  kaks  on  kaks ,  leiwa-koti  wöttis,  aga  peksta  ei  toli- 
tind  pölegi  —  Einer  ist  Einer,  Zwei  sind  Zwei ,  den  Brotsack  nahm 
er,  aber  zu  schlagen  wagte  er  durchaus  nicht, 
fiks  pada  söiraab  teist  mnstaks  —  ein  Kochtopf  schimpft  den  anderen 

als  schwarz, 
fiks  paha  lammas  situb  köjk  hulga  ära  —  ein  schlechtes  Schaf  ver- 
unreinigt die  ganze  Menge. 

18^ 


—  196  — 

Qks  patt  otsib  teist  taga  —  eine  Sunde  verfolgt  die  andere. 

fiks  patt  tegijal,  üheksa  pattu  pattajal  —  eine  Sande  hat  der  Thater, 

neun  Sünden  der  Misstrauische. 
Qks  patt  wötjal,  od.  wargal,  üheksa  taga-ajajal  —  eine  Sunde  bat 

der  Nehmende,  od.  Dieb,  neun  der  Verfolgende,  od.  Nachforschende, 
fiks  päew  kaebab  teist  (ikka)  taga  —  ein  Tag  klagt  immer  um  den 

anderen, 
fiks  päew  nöuab  teist  taga  —  ein  Tag  sucht  den  anderen  (vergeht  nach 

dem  anderen), 
fiks  rägib  aita,  teine  aida  auku  —  Einer  spricht  von  dem  Speicher, 

der  Andere  von  dem  Loch  des  Speichers  (sie  verstehen  einander  nicht), 
üks  sab  kabju,  teine  kazu  —  Einer  bekommt  Schaden,  der  Andere 

Vortheil. 
fiks  söna  seub,  teine  peastab  —  ein  Wort  bindet,  ein  anderes  löst, 
fiks  sörm  on  armas  kui  teine  —  ein  Finger  ist  lieb  wie  der  andere 

(Kind), 
fiks  talleke  m&gib,  (teized)  köik  tahawad  —  ein  Lammeben  blökt, 

alle  anderen  wollen, 
fiks  teeb  köigile,  köik  teewad  fihele  —  Einer  thut  für  Alle,  Alle  thun 

für  Einen, 
fiks  teeb,  üheksa  kulewad,  od.  peab  kfilma  —  Einer  thut  und  Neun 

hören,  od.  müssen  hören  (kommen  in  Verdacht), 
fiks  te,  kaks  a£ja  —  ein  Weg,  zwei  Geschäfte, 
äks  tukk  ej  pole,  kui  teine  ep  ole  wastas  mitte  —  ein  Brand  brennt 

nicht,  wenn  nicht  ein  anderer  dabei  ist. 
fiks  tukk  suitseb,  fiks  tukk  ei  pole  —  ein  Brand  raucht,  ein  Brand 

brennt  nicht. 

fiks  bunt  ei  so,  ja  kabele  ei  sä  -  ein  Wolf  verzehrt  es  nicht,  und  für 

zwei  reicht  es  nicht, 
fiks  hufit  teist  ei  sÖ  —  ein  Wolf  frisst  deo  anderen  nicht, 
fiks  hfiab  fiht  taga,  teine  (jälle)  teist  (taga)  -  Einer  ruft  den  Einen, 

ein  Anderer  den  Anderen  (dünn  stehende  Halme), 
üks  wanast  wäeti,  tejne  nörest  nörk  -  Einer  ist  von  Alter  kraftlos, 

der  Andere  von  Jugend  schwach. 


—  197  — 

fiks  waras  on  nl  hea  kui  salgaja,  od.  warguze  wafjaja  —  ein  Dieb 

ist  so  gut  wie  ein  Hehler,  od.  Verberger  des  Gestohlenen, 
flks  waras  pQakse  wölla,  teine  töstetakse  tölda  —  ein  Dieb  wird  an 

den  Galgen  gehängt,  ein  anderer  in  die  Kutsche  gehoben, 
flks  warblane  ei  süfiüi  ilma  ja  mala  tahtmine,  Ilatigi  sts  üks  abi- 
ein pfif  —  ein  Sperling  entsteht  nicht  ohne  Gottes  Willen,  geschweige 

denn  ein  Ehepaar, 
flks  wihane  naene  on  Dl  kui  mäda  kondis  —  ein  zorniges  Weib  ist 

wie  Fäule  im  Knochen. 
Gks  wozu  ajab  oma  kännu  järele  —  ein  Schössling  artet  seinem 

Stamme  nach, 
flkski  ei  ole  nl  hea  kui  kldetakse,  ega  nl  höäl ,  kuj  laidetakse  — 

Niemand  ist  so  gut,  wie  er  gepriesen  wird,  noch  so  schlimm,  wie  er 

getadelt  wird, 
ükski  ei  seiza  sömata  ega,  od.  fikski  ei  seiza,  jömata  —  Niemand 

besteht  ohne  Essen,  Niemand  besteht  ohne  Trinken, 
fikski  ep  ole  nl  hea,  kui  kldetakse,  ep  ole  flkski  nl  sant,  kui  lai- 
detakse —  Niemand  ist  so  gut,  wie  er  gepriesen  wird,  Niemand  ist 

so  schlecht,  wie  er  getadelt  wird, 
flkski  kiwi  ei  töuze  ilma  töstmata  —  kein  Stein  erhebt  sich,  ohne  dass 

er  gehoben  wird, 
ükski  meister  ep  ole  sündimizest  sadik  meister  —  kein  Meister  ist 

von  Geburt  an  ein  Meister, 
flkski  Onnetus  ep  ole  nl  önnetu,  et  seal  önne  jüres  ep  oleks  — 

kein  Unglück  ist  so  unglücklich,  dass  nicht  ein  Gluck  dabei  wäre, 
fikski  rebane  unes  kana  kinni  ei  wOta  —  kein  Fuchs  fängt  im  Schlafe 

ein  Huhn, 
flle-kohtuze,  od.  üle-kohtuzel,  kotil  on  sflf  auk  pöhjas  —  der  Sack 

der  Ungerechtigkeit,  od.  ein  ungerechter  Sack,  hat  ein  grosses  Loch 

im  Boden, 
üle-kohus  ei  ja  kukruse  —  Ungerechtigkeit  bleibt  nicht  im  Beutel, 
flle-kohus  ei  püzi,  od.  seiza,  kotis  —  Ungerechtigkeit  bleibt  nicht  im 

Sack, 
üle-kohus  ej  seiza  kotis;  mis  luzikaga  wöetud,  tuleb  kutbiga  ta- 


—  198  — 

zuda  —  Ungerechtigkeit  bleibt  nicht  im  Sacke ;  was  mit  dem  Löffel 
genommen  ist,  muss  mit  dem  Vorlegelöffel  ersetzt  werden. 

Ürikezeks  minule,  elu-ajaks  omale  —  auf  eine  Weile  mir,  auf  Lebens- 
zeit sich  selber. 

Otlezin  por  tot ,  pöf  pilka ,  pöT  nalja  —  ich  sagte  halb  die  Wahrheit, 
halb  Spott,  halb  Scherz. 

üts  häfg  ei  anna  mitund  nahka  (d)  —  ein  Ochs  giebt  nicht  mehrere 
Häute. 

üts  lainmas  mag,  koik  säwa',  od.  tabtwa'  (d)  —  ein  Schaf  blökt,  alle 
bekommen,  od.  wollen. 

üts  suzi  töist  ei  so,  üts  ei  pista  toize  silmä  (d)  —  ein  Wolf  frisst  den 
anderen  nicht,  einer  stiebt  nicht  in  das  Auge  des  anderen. 

hüwwä  mäletetäs  höäga,  kurja  mäletetäs  kurjaga  (d)  —  des  Guten 
gedenkt  man  in  Gutem,  des  Bösen  in  Bösem. 

hfia  huriti  niine  pidi,  küll  ta  tu  leb  karwu  pidi  —  rufe  den  Wolf  bei 

Namen,  dann  wird  er  dir  in  die  Haare  kommen, 
wader  on  waderi  näber  —  der  Gevatter  ist  des  Gevatters  Nachbar, 
waene  ei  ole  so,  kellel  wähe  on,  waid  so  kes  paQu  tafwitab  — 

arm  ist  nicht,  wer  wenig  hat,  sondern  wer  viel  braucht. 

waene  elab  jumalaga,  rikas  oraa  waraga  —  der  Arme  lebt  mit  Gott, 

der  Reiche  mit  seiner  Habe, 
waene  raes  peab  silmist  suhu  laskma  —  der  Arme  muss  aus  den 

Augen  in  den  Mund  lassen  (seine  Thränen  trinken). 

waene  on  rikka  leiwa-körwaline  —  der  Arme  ist  des  Reichen  Brot- 
nachbar.  » 

waene  saut  (on  se),  kes  (ilma)  kotita  kerjab  —  ein  armer  Bettler, 
wer  ohne  Sack  bettelt. 

waene  sünriib  waestega  ja  wares  warestega  kokku  —  der  Arme 
passt  zu  den  Armen,  die  Krähe  zu  den  Krähen. 

waene  tihti  wirka  lasta,  rikas  tibti  laiska  lasta  —  der  Arme  gehört 
oft  zu  den  rührigen  Kindern,  der  Reiche  zu  den  faulen  Kindern. 

waenlaste  su  soetab  harwaste  kazu-andja  pQ  —  des  Feindes  Mund 
erzeugt  selten  einen  fruchtbringenden  Baum. 


—  199  — 

waest  lökatakse  auku,  rikast  töstetakse  körgeks  —  den  Armen 

stosst  man  io  die  Grabe,  den  Reichen  bebt  man  hoch, 
waew  teeb  wanaks  ja  mure  mustaks  —  Mühsal  macht  alt  und  Sorge 

schmutzig, 
waewaga  tönitud  kopikas  on  arraas  kopikas  —  eine  mit  Mühe  ver- 
diente Kopeke  ist  eine  liebe  Kopeke, 
waga  siga  koti  näber;  sab  koti  ligi,  sls  törabab  löhki  —  ein  stilles 

Schwein  ist  Nachbar  des  Sackes;  kommt  es  an  den  Sack,  so  zerreisst 

es  ihn. 
waga  söba,  kuri  söba-alune  —  fromme  Decke,  Lös,  was  unter  der 

Decke  ist. 
waga  waest  waewatakse,  köwer  ei  tösta  körwagi—  der  sanfte  Arme 

wird  gedruckt,  der  Schelm  hebt  nicht  einmal  das  Ohr  auf. 
waga  wazikas  imeb  kahel  udaral ,  kuri  ei  ühelgi  —  ein  frommes 

Kalb  saugt  an  zwei  Eutern,  ein  böses  nicht  einmal  an  einem, 
waga  weri  ei  wärise  —  frommes,  od.  des  Frommen,  Blut  zittert  nicht, 
waga  wezi,  stigaw,  od.  sflgawam,  pöbi  —  stilles  Wasser,  tiefer,  od. 

tieferer,  Grund, 
wagade  käzi  käib  (nenda),  kui  mere  peal  wezi  —  den  Frommen  er- 
geht es,  wie  Wasser  auf  dem  Meere, 
wagadus  on  möni  kord  silma  kifjuks,  od.  wafjuks  —  Frömmigkeit 

ist  bisweilen  zum  Schein, 
wagas  wees  on  enam  mutikaid  kui  käredas  —  im  stillen  Wasser  sind 

mehr  Insecten  als  im  heftig  bewegten, 
wagu  lambaid  malmb  palju  übte  lauta  —  fromme  Schafe  haben  viele 

Raum  in  einem  Stalle, 
wagu  lambaid  sflnnib  palju  flhte  lauta,  aga  safwik  teeb  üksi  täii 

koik  lauda  —  viele  fromme  Schafe  passen  in  einen  Stall,  aber  ein 

Bock  erfüllt  allein  den  ganzen  Stall, 
wagusel  wee-pinnal  on  stigaw  pöhi  —  eine  stille  Wasserfläche  hat 

einen  tiefen  Grund, 
wahe  kirwes  leiab  warsi  kiwi  —  ein  scharfes  Beil  findet  sogleich  einen 

Stein. 
*ahtis  ta  pe^le,  koi  oleks  ta  tejze  silmaga  närida  ja  teizega  nö- 


i 


—  200  — 

lata  tahtnud  —  er  starrte  ihn  an ,  als  hätte  er  mit  dem  einen  Auge 
nagen,  mit  dem  anderen  verschlingen  wollen. 

wahtizime,  et  silmad  ära  wenisiwad  —  wir  schauten,  dass  die  Augen 
verrenkt  wurden. 

waidlewad  wastastiku,  et  lubi  laest  maha  kukub  —  sie  streiten, 
dass  der  Kalk  von  der  Decke  fällt. 

waik  tsiga  kUnd  enämb  mäd  kui  röhitaja  tsiga  (d)  —  ein  stilles 
Schwein  wählt  mehr  Land  auf  als  ein  grunzendes  Schwein. 

wajksel  weel  on  sttgaw  pöhi  —  stilles  Wasser  hat  tiefen  Grund. 

wait  olemine  on  möni  kord  ka  hea  wastus  —  Schweigen  ist  biswei- 
len auch  eine  gute  Antwort. 

wale  jalad  lühikezed  —  der  Lüge  Beine  sind  kurz. 

wale-jutud  peawad  jäma  kohtu-toa  ukse  ette,  töe-jutud  aga  koh- 
tu-toa  sisse  —  lügenhafte  Reden  müssen  vor  der  Thür  der  Gerichts- 
stube  bleiben,  nur  wahrhafte  Reden  in  der  Gerichtsstube. 

wale-kSf  ajab  ma-ilma  pöleraa  —  eine  lügenhafte  Zunge  setzt  die  Welt 
in  Brand. 

wale  köik,  rannas  kala  kttll  —  Alles  Lüge,  am  Ufer  sind  Fische  genug. 

wale  on  jutu  jätku,  od.  jätkuks  —  die  Luge  ist  eine  Verlängerung, 
od.  dient  zur  Verlängerung,  der  Rede. 

walel  on  lühikezed  jalad,  od.  jäfjed  —  die  Löge  hat  kurze  Beine,  od. 
Spuren.  • 

waletab,  et  sü  wahutab  —  er  lügt,  dass  der  Mund  schäumt. 

walge  naerab  pimeda  tod  —  das  Licht  lacht  aber  die  Arbeit  der  Dun- 
kelheit. 

walitsus  kare,  rahwas  tore  —  die  Regierung  streng,  das  Volk  stolz. 

wafjud  herrad,  od.  walitsejad,  ei  walitse  (mitte)  kaua  —  die  stren- 
gen Herren,  od.  Regenten,  regieren  nicht  laoge. 

wafrnista  talwe  ajal  rattaid,  sls  sui  ajal  wöid  söita  —  bereite  im 
Winter  Räder,  dann  kannst  du  im  Sommer  fahren. 

waln  on  walmis  üle-kohut  möistma  —  der  Schmerz  ist  bereit  unge- 
recht zu  urtheilen. 

wana  arm  ej  haffita,  od.  kustu  —  alte  Liebe  schimmelt,  od.  erlischt, 
nicht. 


—  201  — 

wana  annastus  ei  rösteta  —  alte  Liebe  rostet  nicht. 

wana  inimene  ja  beina-korem  on  üks  —  ein  alter  Mensch  und  ein 
Heufader  sind  eins. 

wana  kam  ei  öpi  tantsima  —  ein  alter  Bär  lernt  nicht  tanzen. 

wana  kazukas  on  ktilma  wastu  parem  kui  üi  kfib  —  ein  alter  Pelz 
ist  gegen  die  Kälte  besser  als  ein  neuer  Rock. 

wana  kqer  aetakse  metsa,  kus  ep  ole  kutsikat  öues  —  wo  kein 
HSndeben  auf  dem  Hofe  ist ,  da  treibt  man  den  alten  Hund  in  den 
Wald  (zum  Jagen). 

wana  kont  sitkem  —  alter  Knochen  ist  zäher. 

wana  kuri  kizub  seitse  pari  pastlaid  peiu  ja  neju,  od.  prüdi ja 
peju,  wahel  ära,  enne  kuj  pari,  od.  pulma,  lähewad  —  der  alte 
Böse  zerreisst  sieben  Paar  Bastschube  zwischen  Burscb  und  Mädchen, 
od.  Braut  und  Bursch,  bevor  sie  in  die  Ehe,  od.  zur  Hochzeit,  gehen. 

wana  mos,  aga  lapse  aru  sös  —  ein  alter  Mann,  aber  mit  der  Einsicht 
eines  Kindes. 

wana  mos  wareste  rög,  musta  linnu  lejwa-kakk,  hakkide  nina- 
alune  —  ein  alter  Mann  ein  Gericht  der  Krähen,  ein  Brotlaib  des 
Raben,  eine  Speise  der  Dohlen. 

wana  mes,  warsa  möte,  od.  mötted  —  ein  alter  Mann ,  eines  Füllens 
Gedanke,  od.  Gedanken. 

wana  naene  kätki-pakk  ja  lapse  warig  —  ein  altes  Weib  ein  Wiegen- 
klotz und  eine  Gefangene  des  Kindes. 

wana  naene  käbas ,  kätki-alune  —  ein  altes  Weib  ein  Grabhügel ,  ein 
Wiegenklotz. 

wana  nögi  on  raske  maba  pesta  —  alter  Russ  lässt  sich  schwer  ab- 
waschen. 

wana  nöu  nurgas  on  enam  kui  wana  tö  —  ein  altes  Geräth  im  Win- 
kel ist  mehr  als  alte  Arbeit. 

wana  hobune  waljaste  töttu,  wana  inimene  riete  töttu  ilus  —  ein 
altes  Pferd  ist  vermöge  des  Zaumes,  ein  alter  Mensch  vermöge  der 
Kleider  schmuck. 

wana  pead  auusta  ja  hälfe  hiuksid  tereta  —  einen  alten  Kopf  ehre 
and  graue  Haare  grüsse. 


-     / 


—  202  — 

wana  söbr  on  kuj  kuld,  mis  ei  rosteta  —  ein  alter  Freund  ist  wie 

Gold,  das  nicht  rostet, 
wana  tö,  wana  söbr  —  alter  Weg,  alter  Freund, 
wana  weab  oma  lüdega  enara  kui  nöf  lihaga  —  ein  Alter  zieht,  od. 

wiegt,  mit  seinen  Knochen  mehr  als  ein  Janger  mit  seinem  Fleische. 

wanad  hobused  söwad  kä  wGl  kaeru  —  alte  Pferde  fressen  auch  noch 

Hafer, 
wanad  püd  säwad  abju-püks,  wanad  inimezed  surnu-lüks  —  alte 

Bäume  werden  zu  Brennbolz,  alte  Menschen  zu  Todtengebein. 

wanad us  ei  kaitse  mitte  jöleduze  est  —  Alter  schützt  nicht  vor  Thor- 

heit. 
wanadus  wöidab,  ei  suda  enam  t5d  teba  —  das  Alter  bat  die  Ober- 

hand,  man  vermag  nicht  mehr  zu  arbeiten. 

wanal  kul  rajutakse  leht-pu,  nörel  okas-pü  —  bei  altem  Lichte  haut 
man  den  Laubbaum,  bei  neuem  den  Nadelbaum. 

wanal  on  sitkem  hing  kui  kaSSil  —  ein  Alter  hat  ein  zäheres  Leben 

als  eine  Katze, 
wanal  on  wara  parem,  kirstu  kai  on  kindlam  —  bei  Alten  ist  die 

Habe  besser,  der  Deckel  des  Kastens  fester. 

wanal  sönal  on  kuld-sizu  sös  —  ein  Sprichwort  hat  einen  goldenen 
Inhalt. 

wananeb  häfg  wazikata,  miks  sls  naene  ei  lastega?  —  wird  doch  ein 
Ochs  alt  ohne  Kalb,  warum  denn  nicht  ein  Weib  mit  Kindern. 

wanast  ei  sä  enam  nört,  aga  Hörest  küll  wana  —  aus  einem  Alten 
wird  nicht  mehr  ein  Junger,  aber  aus  einem  Jungen  ein  Alter. 

wanast  tödrukust  sab  möni  kord  wöl  norik  —  aus  einer  alten  Jung- 
fer wird  bisweilen  noch  eine  junge  Frau. 

wanema  bof  on  enam  kui  nörema  tö  —  des  Aelteren  Sorge  ist  me*r 

als  des  Jüngeren  Arbeit, 
wanne  on  warga  tänu  —  Fluch  ist  des  Diebes  Dank, 
wanne  salwab  oma  sünnitajat  —  der  Fluch  beisst  seinen  Erzeuger, 
wanus  ei  teuta  kedagi,  kui  inimene  wannst  ei  teuta  —  das  Alter 

schändet  Niemand,  wenn  nur  der  Mensch  das  Alter  nicht  schindet. 


—  203  — 

wanos  wöidab,  aja-tagune  tahub  -  das  Alter  überwindet,  der  hinter 

dem  Zauoe  glättet,  od.  behaut  (?). 
wanker  söiraab  talwe  —  der  Wagen  schimpft  den  Winter  (wenn  man 

im  Winter  mit  dem  Wagen  fahrt). 
wara-hommiku-tuntiil  on  kulda  sGs  —  die  Morgenstunde  hat  Gold  im 

Munde, 
wara  on  klta,  wara  laita  —  es  ist  zu  früh  zum  Loben,  zu  früh  zum 

Tadeln, 
warane  kana  pühib  nokka  —  eine  frühe  Henne  wischt  sich  den  Schna- 
bel (findet  etwas  zu  fressen), 
warane  lind  luiskab  nina,  hiline  katsub  perset  —  ein  früher  Vogel 

schleift  den  Schnabel»  ein  später  greift  an  den  Hinteren, 
warane  lind  pühib  nokka,  (aga)  biline  (lind)  kratsib  perset,  od.  si- 

putab  slwu  —  ein  früher  Vogel  wischt  sich  den  Schnabel,  aber  ein 

später  Vogel  kratzt  den  Hinteren,  od.  schüttelt  die  Flügel, 
warane  wazik,  hiline  tall  —  frühes  Kalb,  spätes  Lamm. 
waras  ej  läe  ilmaski  ütsindä  lflffl  (d)  —  ein  Dieb  geht  niemals  allein 

zum  Galgen. 
waras  ikka  enese  tagant  warastab  —  der  Dieb  stiehlt  immer  hinter 

sich, 
waras  jfitab  .warna  seina ,  (aga)  tuli  ei  tee  sedagi ,  od.  ei  jäta  se- 

dagi,  od.  teeb  köjk  tuhaks  —  der  Dieb  lässt  den  Pflock  in  der 

Wand,  aber  das  Feuer  thut  auch  das  nicht,  od.  lässt  auch  den  nicht, 

od.  macht  Alles  zu  Asche, 
waras  kidab  senrii,  kui  köü  kaela  ümber  sab  —  der  Dieb  rühmt  sich, 

bis  der  Strick  um  den  Hals  kommt. 
waras  on  nl  hea  kui  salgaja  —  der  Dieb  ist  so  gut  wie  der  Hehler, 
waras  otsib  5  hölma  alt,  od.  Ost,  warju  —  der  Dieb  sucht  unter  der 

Decke  der  Nacht,  od.  von  der  Nacht,  Schutz, 
waras  wannnb,  od.  kidab,  senni,  kui  wlmse  pulga  peale  sab  —  der 

Dieb  schwort,  od.  rühmt  sich,  bis  er  auf  die  letzte  Sprosse  gelangt, 
waras  warastab. warga  tagant,  (söf)  jumal  naerab  ülewalt  —  ein 

Dieb  stiehlt  hinter  dem  anderen,  der  grosse  Gott  lacht  von  oben, 
warastud  king-nael  nßlab  öiguzega  sädud  raud-kanna  ära  —  ein 


—  204  — 

gestohlener  Schuhnagel  verschlingt  eine  mit  Gerechtigkeit  erworbene 

eiserne  Stange, 
waratse  aäja  wastu  ei  jöua,  od.  sä,  ükski  —  gegen  eine  frühe  Sache 

vermag  Niemand  etwas, 
warblazed  pühiwad  oma  nokka  seile  oksa  wastu ,  kus  peal  nad 

seizawad  —  die  Sperlinge  wischen  ihre  Schnäbel  an  dem  Aste,  wor- 
auf sie  stehen. 
wares  wftgub  ize  oma  peza  üles  —  die  Krähe  verräth  selbst  ihr  Nest 

durch  Krächzen, 
wargal  tiks  tö ,  otsijatel  ttheksa  ted  —  der  Dieb  hat  einen  Weg»  die 

Verfolger  haben  neun  Wege. 
wargus  tuleb  oroal  ajal  walgele  —  Diebstahl  kommt  zu  seiner  Zeit 

an's  Licht, 
warguzel  on  löhkine  küb  —  Diebstahl  hat  einen  löcherigen  Rock, 
warsa  wädatakse  märast,  tütart  tunüistatakse  emast  —  beim  Fül- 
len sieht  man  auf  die  Stute,  die  Tochter  prüft  man  nach  der  Mutter, 
waäk  on  waeze  kuld  —  Kupfer  ist  des  Armen  Gold, 
wagk  waeze  kuld,  tina  kehwa  höbe  —  Kupfer  des  Armen  Gold,  Zinn 

des  Dürfligen  Silber, 
wastne  sadul,  wana  hobene  (d)  —  neuer  Sattel,  altes  Pferd, 
wastsest  om  sögl  waia  otsah ,  wanalt  pingi  all  (d)  —  neu  hängt  das 

Sieb  am  Nagel,  alt  liegt  es  unter  der  Bank, 
watsk  taht  walget,  pudr  sefget  (d)  —  der  Kuchen  will  Weisses,  d.  h. 

Milch,  der  Brei  Reines, 
wazikal  tuleb,  hftrjal  läheb  —  mit  einem  Kalbe  kommt  es,  mit  einem 

Ochsen  geht  es. 
wäta  otsa  peale  —  schaue  auf  das  Ende  hin. 
wata  tfltar-last,  enne  kui  lähed  kozima  —  betrachte  das  Mädchen, 

bevor  du  freien  gehst, 
wätab  kaää  kuninga  silma,  sadik  (mina)  sinu  silma  —  sieht  die 

Katze  in  des  Königs  Gesicht,  geschweige  denn  ich  in  dein  Gesicht, 
wätab  taewa-söl  Eadrina-päewast  maha,  sls  sab  pafju  tüdrukuid 

mehele  —  sehen  nach  dem  Katharinentag  die  Plejaden  herab,  so 

werden  viele  Mädchen  verheirathet. 


—  205  — 

wäe  kaupa  ei  tohi  kellegi  kiest  wötta  —  mit  Gewalt  dqrf  man  von 
.Niemandem  nehmen. 

wäga  lihaw  elajas  läheb  kärnaseks  —  ein  zu  feistes  Thier  wird  räudig, 

waga  uhke  toit  teeb  koti  tühjaks  —  zu  herrliche  Nahrung  macht  den 
Beutel  leer. 

wägewa  weega  ei  toe  Ut£neid  mitte  —  bei  tiefem  Wasser  giebt  es 
keine  Wellen.  ' 

wägise  ej  woi  teist  inimest  kütkese  panna;  teizel  ep  ole  safwi, 
muH  ep  ole  ktitket  —  mit  Gewalt  kann  man  einen  anderen  Men- 
schen nicht  fesseln;  der  Andere  hat  keine  Hörner,  ich  habe  keine 
Fessel. 

wägise  wldi,  bea  mölega  anti,  od.  aädsin  —  mit  Gewalt  wurde  es 
fort  gebracht,  gern  gegeben,  od.  gab  ich. 

wai-mös  püakse  wölla,  kui  naeze  ema  majas  on  —  der  Schwieger- 
sohn wird  an  den  Galgen  gehängt,  wenn  die  Schwiegermutter  im 
Hause  ist. 

wärske  kala,  hea  kala  —  frischer  Fisch,  guter  Fiseb. 

wärsked  munad  on  köjge  paremad  manad  —  die  frischen  Eier  sind 
die  besten  Eier. 

wäziwad  atidjad,  ei  wäzi  wastu-wötjad  —  ermüden  auch  die  Geber, 
die  Empfanger  ermüden  nicht. 

wlna  sls  witsa,  kui  wits  alles  pönike  on  ja  annab  wänata,  aga 
mitte  sls  enam,  kui  ta  jämedaks  kaswanud  —  biege  die  Ruthe, 
wenn  die  Ruthe  noch  dünn  ist  und  das  Biegen  gestattet,  aber  nicht 
mehr  dann,  wenn  sie  dick  geworden  ist. 

wlna  witsa.  kui  wits  wänata  annab.  od.  kui  ta  wöl  wänub  — 
biege  die  Ruthe,  wenn  die  Ruthe  sich  biegen  lässt,  od.  wenn  sie  sich 
noch  biegt. 

w&na  witsa  nl  kaua,  kui  paenub  —  biege  die  Ruthe,  so  lange  sie  bieg- 
sam ist. 
*ina  witsa  (seil  ajal),  kui  wits  nödr  on,  ära  mine  (sls)  w&nama, 
kui  sitkemaks  on  kasnud,  od.  kui  sab  söreks  kaswanud  — 
biege  die  Ruthe  zu  der  Zeit,  wenn  die  Ruthe  schwach  ist,  geh  nicht 
sie  dann  biegen,  wenn  sie  zäher,  od.  gross,  geworden  ist. 


—  206   — 

i 

wäna  witsa  wözult,  ära  raine  palgilt  wänama  —  biege  die  Ruthe  als  « 
Schössling,  geh  nicht  sie  biegen  als  Balken. 

wea  koer  wägise  metsa  ja  öta  sls,  kas  ta  sulle  lindu  tob!  - 
schleppe  den  Hund  mit  Gewalt  in  den  Wald  und  warte  dann,  ob  er 
dir  Wild  bringt. 

weega  wöib  jänu  ajada,  kiwiga  ei  wöi  mitte  izu  ajada  —  mit  Was- 
ser kann  man  den  Durst  vertreiben,  mit  einem  Stein  kann  man  nicht 
den  Hunger  vertreiben. 

weel  ep  ole  oksa,  laenel  ladwa  —  das  Wasser  hat  keinen  Zweig,  die 
Welle  keinen  Wipfel. 

wenna  wits  on  magusam  kui  wöra  woid-leib  —  des  Bruders  Ruihe 
ist  schmackhafter  als  des  Fremden  Butterbrot. 

wennaste  naestel  on  sagedaste  nägelemist  —  Weiber  von  Brüdern 
haben  oft  Zank. 

weri  langet)  ikka  were  pole  —  Blut  neigt  sich  immer  dem  Blute  zu 
(Verwandte). 

weri  on  (ikka)  paksem  kui  wezi  —  Blut  ist  immer  dicker  als  Wasser 
(Verwandtschaft). 

weri  tunneb  were  waewa  —  Blut  kennt  des  Blutes  Mühe. 

weri  wihkab  werd  —  Blut  hasst  Blut  (Anverwandte). 

weäki  laulab  seda  wlzi  mördrile:  kinnas  kotii,  peial  raatti  —  die 
Mühle  singt  so  dem  Müller:  der  Handschuh  in  den  Sack,  der  Daumen 
in  die  Metze. 

wezi  jätab  enam  kui  Ohte  paika  jäTgi  —  Wasser  lässt  an  mehr  als 
einer  Stelle  Spuren. 

wezi  jäb  weeks,  wili  jäb  wäeks  —  aus  Wasser  wird  Wasser,  aus  Ge- 
treide Kraft. 

wezi  pitka  plraa  jätku  —  langes  Wasser  ist  Ergänzung  der  Milch. 

wezine  weliste  arm,  sökline  sözaride  arm  (d)  —  wässerig  isl  der 
Brüder  Liebe,  spreuig  der  Schwestern  Liebe. 

wöreja  kiwi  ei  kaswata  mitte,  od.  ei  sä,  sammalt  peale  —  ein  rol- 
lender Stein  bekommt  kein  Moos. 

wörejal  ktwil  ei  ole  samblaid  seljas  —  ein  rollender  Stein  hat  kein 
Moos  auf  dem  Rucken. 


—  207  — 

wörewa  kiwi  peale  ei  kaswa  sammalt  —  auf  einem  rollenden  Stein 

wichst  kein  Moos 
werewad  kana-munad  pezas,  s&dik  ineje  waezed  patused  —  rollen 

doch  Hühnereier  im  Neste,  geschweige  denn  wir  armen  Sünder, 
werewad  ka  kana-munad  pezas,  sadik  abi-elu-rahwas  —  rollen 

doch  sogar  Hühnereier  im  Neste,  geschweige  denn  Eheleute, 
werewal,  od.  wöri-,  kiwil  ei  ole  sammalt  —  ein  rollender  Stein,  od. 

ein  Roll  stein,  hat  kein  Moos, 
wiga  wlzus  ja  häda  rfittes  —  ein  Fehler  am  Schuh  und  ein  Schaden 

am  Tuch  (überall  ist  etwas  aus  zu  setzen), 
wiha  ei  kölba  a£ja-ajajaks  —  Zorn  taugt  nicht  als  Ausrichter  eines 

Geschäfts, 
wiha  minek  kahetsuze  tulik  —   des   Zornes  Gehen   ist  der  Reue 

Kommen, 
wihawötab,  od.  wib,  wiljamäst,  kadedus  kalad  merest  —  der 

Zorn  bringt  das  Getreide  aus  dem  Lande,  der  Neid  die  Fische  aus 

dem  Meere, 
wihast  sab  beji  ölle  ja  pahast  sab  hea  pTbu  —  aus  Hopfen  bekommt 

man  gutes  Bier,  aus  Masern  eine  gute  Pfeife  (Wortspiel  und  scherzb. 

Entgegnung  auf  die  Phrase  «ära  wöta  wihaks,  od.  ära  pane  pa- 

haks»  nimm  nicht  übel), 
wihastad  sina  mind,  sIs  wihastan  mina  sind  —  erzürnst  du  mich,  so 

erzürne  ich  dich, 
wihma  käest  rästa  (-wee)  alla  (jöksma)  —  aus  dem  Regen  unter  die 

Traufe  laufen, 
wihma  wärawad  jälle  lahti  —  des  Regens  Thore  sind  wieder  offen, 
wile  nutma,  wile  naerma,  wöl  wiledam  wihale  säma,  od.  wihas- 

tama  —  rasch  zum  Weinen,  rasch  zum  Lachen,  noch  rascher  zum 

Zürnen, 
wilets  peksetakse  witsaga,  önüis  kaswab  ize  —  der  Elende  wird  mit 

Ruthen  geschlagen,  der  Glückliche  erwächst  von  selbst, 
wilets  witsal  peksetakse,  öMis  sül  Öpetatakse  —  der  Elende  wird 

mit  Ruthen  geschlagen,  der  Glückliche  mit  dem  Munde  belehrt. 
wiletsal  ikka  wiza  hing  —  der  Elende  hat  immer  ein  zähes  Leben. 


—  208  — 

wiletsus  lahkub  wingudes  —  Elend  scheidet  winselnd. 

wiletsus  hüppab  uksest,  astub  aknast  ja  poeb  prau  wahelt,  kui 
kogemata  raulgu  leiab  —  Elend  springt  durch  die  Thür,  steigt 
durch  das  Fenster  und  kriecht  durch  eine  Ritze  herein ,  wenn  es  zu- 
fällig ein  Loch  findet. 

will,  mis  selge,  töstab  hinda,  kerge  kaub  tole  kätte  —  Getreide, 
das  rein  ist,  hebt  den  Preis,  das  leichte  verliert  sich  in  den  Wind. 

wili  wäljas  ep  ole  kellegi  kotis,  se  on  jumala  käe  —  das  Getreide 
auf  dem  Felde  ist  in  Niemandes  Sack,  das  ist  in  Gottes  Hand. 

wingrul  seal  on  mitu  wiga,  mä  kfllmetand  ja  kärs  kaiki  —  ein 
quiekendes  Schwein  hat  mancherlei  Ausreden,  der  Boden  ist  gefroren 
und  der  Rüssel  wund. 

wirge  ema  kaswatab  pehmed  tütred  —  eine  fleissige  Mutter  erzieht 
weichliche  Töchter. 

wirk  wigasid  parandab,  laisk  laiale  lautab  —  der  Fleissige  bessert 
die  Mängel,  der  Faule  breitet  sie  weiter  aus. 

Wirulane  wilja  purini,  Hafjalane  hagana  punni  —  der  Wierländer 
ist  von  Getreide  dick,  der  Harrier  von  Spreu. 

wiska  kqerale  korit  sühn,  hakkab  ommeti  pärast  jälle  uns  ema  — 
wirf  dem  Hunde  einen  Knochen  tn's  Maul,  er  fängt  doch  nachher  wie- 
der an  zu  knurren. 

wiska  seda  rästa  alla  nfigu  muldne  täbt-ramat  —  wirf  das  unter 
die  Traufe  wie  einen  vorigjährigen  Kalender  (Unnützes). 

wiskamize  est  kaugele  hoida  on  terwizele  hea  —  vom  Werfen  sich 
fern  halten,  ist  der  Gesundheit  gut. 

wi&iste  on  sinu  ots  segase  weega  kastetud  —  gewiss  ist  deine  Sürn 
mit  unreinem  Wasser  benetzt  (darum  bist  du  so  confus). 

witsa  wänatakse,  kui  ta  alles  nör  on  —  eine  Ruthc  biegt  man,  wenn 
sie  noch  juog  ist. 

wl  kqer  kiriku  elik  tö  tagasi,  ühe-sugu-karwane  ikka  —  bringe 
einen  Hund  in  die  Kirche  oder  bringe  ihn  wieder  zurück ,  er  ist  im- 
mer von  einerlei  Farbe. 

Wieline  punnas,  pund  sola  möttes  —  ein  Fünfer  im  Beutel,- ein  Lies- 
pfund Salz  in  Gedanken. 


—  209  — 

wlmake  löppeb  kiwine  kakk,  aga  millal  löppeb  kewadine  pfiew? 
—  zuletzt  geht  auch  ein  steinernes  Laib  zu  Ende ,  aber  wann  geht  ein 
Frühlingstag  zn  Ende. 
wTmsest  apgust  ta  wilistab  —  er  pfeift  aus  dem  letzten  Loche, 
wln  od  kurati  käe-raha  —  der  Branntwein  ist  des  Teufels  Handgeld. 
wln  paneb  taplema,  wln  Iepitab  jälle  —  Branntwein  bringt  in  Streit, 

Branntwein*  versöhnt  wieder, 
wina-klazi  upub  rohkem  inimezi  ära  kui  merese  —  im  Branntweins- 
glase ertrinken  mehr  Menschen  als  im  Meere, 
wlna-tops  paremb  kui  kezwä-terä  (d)  —  ein  Glas  Branntwein  ist  bes- 
ser als  ein  Korn  Gerste. 
wi£  ammetit,  kües  nälg,  od.  kehwus  —  fünf  Aemter,  das  sechste  der 

Hunger,  od.  die  Dürftigkeit. 
wig  wiga  wlbijal,  kttmme  köwwerust  köheldajal  —  fünf  Entschuldi- 
gungen hat  der  Zaudernde,  zehn  Ausflüchte  der  Säumige, 
wölas  wezi  ej  lange  iga  kord  merde,  od.  merele  —  fliessendes  Was- 
ser fallt  nicht  immer  in's  Meer,  od.  nach  dem  Meere  hin. 
wön  kfizüs  wähä  käest  willo  (d)  —  das  Lamm  verlangt  von  dem  Krebs 

Wolle, 
wöhlul  e|  kazu  wtfja,  ja  kadehel  y  kazu  karja  (d)  —  dem  Zauberer 

wächst  kein  Getreide,  dem  Neidischen  wächst  keine  Herde, 
wöi  jumal  mindki  ilma  sambaks  jätab,  od.  mind  als  jätab  ilma 
sambaks?  —  lässt  denn  mich  Gott  als  Säule  der  Welt  (werde  ich 
denn  ewig  leben), 
wo)  köik  säwad  marja-mäle?  muist  ikka  karja-mäle  —  gelangen 
denn  etwa  Alle  auf  ein  Beerenland?  zum  Theil  immer  auf  ein  Weide- 
land, 
wöi  taud'  tühjast  toast  midagi  wötab?  —  nimmt  denn  wohl  die  Seuche 

etwas  aus  einer  leeren  Stube, 
wöietud  wanker  ei  t&nita  —  ein  geschmierter  Wagen  schreit  nicht. 
w5lg,  mis  enne  Jüri-päewa  tehtud,  se  maksab  lojus,  mis  pärast 
Jflri-päewa  tehtud,  maksab  pöld  —  eine  Schuld,  welche  vor  dem 
Georgstag  gemacht  ist,  bezahlt  das  Vieh,  welche  nach  dem  Georgstag 
gemacht  ist,  bezahlt  das  Feld  (beim  Wechsel  der  Wirthe). 

14 


*_# 


—  210  — 

wölg  on  (ikka)  w8ra,  od,  wSras,  oma  —  eine  Schuld  ist  immer  des 

Fremden,  od.  fremdes,  Eigenthum. 
wölg  teeb  waeze  ofjaks  —  die  Schuld  macht  den  Armen  zum  Selaven. 
wölsiga  wöetas  naine,  pettega  peetäs  pere  (d)  —  mit  Lüge  wird 

das  Weib  genommen,  mit  Betrug  der  Hausstand  gehalten, 
wöfeil  omma'  lühikeze'  jala'  (d)  —  Lugen  hat  kurze  Beine, 
wöta  pihu  pezast  karwu  ehk  wähi  seFjast  willu!  —  nimm  von  der 

Handfläche  Haare  oder  von  des  Krebses  Rucken  Wolle  (ironisch). 

wöta  pörsas  (wastn),  kuj  pörsast  pakutakse  —  nimm  das  Ferkel  an, 
wenn  ein  Ferkel  angeboten  wird. 

wöta  sealt,  kus  sa  ei  ole  pannud!  —  nimm  da,  wo  du  nicht  hin  gelegt 

hast  (ironisch), 
wöta  üht  ja  wiska  tejst  —  nimm  den  Einen  und  wirf  ihn  nach  dem 

Anderen  (Beide  sind  gleich  schlecht). 

wöta  waezest  kobast  naene,  ja  osta  rikkast  kohast  hobune,  od. 
rikkast  kohast  osta  hobune  —  von  einer  armen  Stelle  nimm  ein 
Weib,  und  von  einer  reichen  Stelle  kaufe  ein  Pferd. 

wöta  wana  inimeze  öpetust,  aga  mitte  oza  —  nimm  eines  alten 
Menschen  Lehre  aber  nicht  Antheil. 

wöta  wana  inimeze  öpetust,  ära  so  wana  inimeze  südant  —  nimm 
eines  Alten  Lehre  an,  verzehre  nicht  eines  Alten  Herz. 

wöta  wana  söna  ja  ära  so  wana  oza  —  lass  dir  von  dem  Alten  sagen, 
und  iss  nicht  des  Alten  Antheil  auf. 

wöta  w&hist,  od.  wähilt,  willu!  —  nimm  von  einem  Krebse  Wolle 
(ironisch). 

wötja  käe  peale  lüakse,  aga  mitte  paluja  ßü  peale  —  auf  des  Neh- 
menden Hand  schlägt  man,  aber  nicht  auf  des  Bittenden  Mund. 

wöra  kltus  heliseb ,  oma  kltus  hgjzeb  —  des  Fremden  Lob  klingt, 
das  eigene  Lob  stinkt. 

wöra  hobuse  seljast  töugatakse  maha  —  von  eines  fremden  Pferdes 
Rücken  wird  man  hinab  gestossen. 

wöra  walu  seizab  ikka  pü  kfllles  —  des  Fremden  Schmerz  ist  immer 
am  Baum  (unbeachtet). 


—  211  — 

wSrad  weised  ei  seiza  raeie  karjas  —  fremde  Rinder  bleiben  nicht  in 
unserer  Herde. 

wdras  ema  püakse  wölla,  oma  töstetakse  taewa  —  die  Stiefmutter 
wird  an  den  Galgen  gehängt,  die  eigene  Motter  in  den  Himmel  er- 
hoben. 

wöras  hobune  oma  plts,  (söga  wöib  bäSti  söita)  —  fremdes  Pferd 
und  eigene  Peitsche,  damit  kann  man  gnt  fahren. 

wSras  oma  nSgti  w5ta  jxii  oma  hinne  peale  mäst  files  —  fremdes 
Gnt  ist  so,  wie  mit  Lebensgefahr  eine  Schlange  vom  Boden  anf  zu 
nehmen. 

wöras  on  wölu  peres  —  ein  Fremder  ist  ein  Hexenmeister  im  Haus- 
stand (sieht  viel). 

wöras  tob,  wöras  wlb ;  wöras  tob  kulunud  küe ,  karwa  werenud 
kazuka  —  der  Fremde  bringt  her,  der  Fremde  bringt  fort ;  der  Fremde 
bringt  einen  vertragenen  Rock,  einen  abgehaarten  Pelz. 

wSrast  nahast  on  kerge  kingi  leigata  —  aus  fremdem  Leder  ist  leicht 
Schuhe  zu  zu  schneiden. 

wörast  weist  ikka  teized  pusklewad  —  ein  fremdes  Rind  stossen  im- 
mer die  anderen. 

n.  Umschreibende,  bildliche,  verblümte  Bezeich- 
nungen und  Redensarten. 

An  Ausdrücken  solcher  Art,  theils  euphemistisch  oder  scherzweise, 
theils  in  gewöhnlicher  Rede  gebraucht,  ist  das  Ehstnische  sehr  reich.  Das 
Meiste  davon  hat  auch  im  Wörterbuche  Platz  finden  können,  ist  aber  durch 
die  Einrichtung  eines  solchen  nur  vereinzelt  und  unter  die  verschiedensten 
Artikel  zerstreut.  Auch  hier  kann  der  Vorrath  natürlich  nicht  erschöpft 
Verden,  auch  wenn  er  nicht  täglich,  wie  sich  Gelegenheit  dazu  bietet, 
noch  vermehrt  wurde ;  aber  in  einer  besonderen ,  die  Uebersicht  erleich- 
ternden Zusammenstellung  wird  auch  eine  Probe  davon  für  den  hier  vor- 
liegenden Zweck  genügen.  Ich  gebe  zuerst  einige  Proben  von  mehr  oder 
weniger  zahlreichen  Gruppen  von  Ausdrücken  für  einen  und  denselben  Be- 
griff, und  dann  eine  kleine  Auswahl  von  einzelnen. 


—  212  — 

Der  Daumen  (p$al,  pftkk)  wird  auch  täi-tapja  (Laustodter)  ge- 
nannt, der  Zeigefinger  (ezimene  sörm)  auch  köre-käpp  (Rahmpfote), 
köre-nölija,  püti-n.,  poti-n.  (Rahmnascher ,  Büttennascher,  Topf  na- 
scher), koti-nöl  (Sacknadel),  der  Mittelfinger  (ke&mine  s.)  auch 
süf,  od.  pitk,  Hindrik,  pitk  Peter,  süf  Slm  (grosser,  od.  langer, 
Heinrich,  langer  Peter,  grosser  Simon),  sür  tille  (grosser  Baumler),  der 
Ringfinger  (kuld-s.)  auch  nimetuze-s.  od.  nimetis-s.  (unbenannter 
Finger),  nimetis-  od.  nimetuze-Mats  (unbenannter  Matthias),  kulla- 
kafidja  (Goldträger),  der  kleine  Finger  (weike  s.)  auch  tilu  8.,  ti- 
bakene  s.  (d)  (kleiner  Finger),  pizike  Hants-,  weike  H.,  wähe  H. 
(kleiner  Hans),  weikene  Hindrik  (kleiner  Heinrich),  pizukene  Tlu 
(kleine  Doris),  winks  od.  kaela-winks  (Knirps),  weike  wä£trik  (kleine 
Bachstelze). 

Der  Wolf  (haut,  sazi)  heisst  halT-kub  (Graurock),  hau  mos 
(grauer  Mann),  haHi-kazuka-mes  (Mann  im  grauen  Pelz),  halfi-wati- 
mös  (Mann  im  grauen  Kleide),  half  saks  (grauer  Herr),  haff-watt 
(Graukleid),  kazuka-Andrus  (Andreas  mit  dem  Pelz),  kazuka-k&is 
(Pelzärmel),'  köwasi-körw  (Schleifsteinohr),  krlm  (Bunter),  krlm-silm 
(Buntgesicht),  krlm-silma-m&s  (Mann  mit  dem  bunten  Gesicht),  laia-kÄpa- 
mös  (Mann  mit  der  breiten  Pfote),  lamba-mufdja  (Schafzerreisser), 
mets  '(Wald),  metsa  -  akku  (Alter  des  Waldes),  metsa-halT  (Grauer 
des  Waldes),  metsa-kqer  (Waldhund),  metsa-konri  (Waldkobold),  metsa- 
kaisikas  (Waldhündchen),  metsa-lind  (Waldvogel),  metsa-löm  (Wald- 
geschöpf), metsa -mes  (Waldmann),  mets- Off  (Olaus  des  Waldes), 
metsa-onu  (Waldoheim),  mets-ploni  (Waldhund),  metsa-saks  (Wald- 
herr),  metsa -sikk  (Waldbock),  metsa -Tö IT  (Starker  des  Waldes), 
metsa -wiha  (Waldzorn),  metsa -wilu  (Waldschatten),  metsaline 
(Waldbewohner),  houste-surmaja  (Pferdetödter),  paju-wazikas  (Wei- 
denkalb), pitk-händ  (Langschwanz),  pitka-sawa-mes  (Mann  mit  dem 
langen  Schwanz),  pfiha  Juri  kaisikas  (Hündchen  des  heiligen  Georg), 
sape-nina  (Lehmnase),  soru-saba,  söru-s.  (Flachssch wanz) ,  soru- 
sawa-mös  (Mann  mit  dem  Flachsschwanz),  toru-nina  (Rohrennase), 
toru-saba  (Röhrenschwanz),  üks-luine  (Ungelenkiger),  wana  haTI 
(der  alte  Graue),  wana  julge  (der  alte  Dreiste),  wana  half  kutsikas 


—  213  — 

(das  alte  graue  Hündchen),  wana  metsa-mös  (der  alte  Waldmann),  wana 
pSza-tagune  (der  Alte  hinter  dem  Strauch),  wana  TöTC  (der  alte 
Starke),  wäriku-izand  (Herr  des  Gebüsches),  Willemikene  (Wilhelm* 
eben),  wöza- Willem  (Wilhelm  im  Gesträuch). 

Für  die  Schwangerschaft  hat  man  wohl  nur  bei  Thieren  das  ein- 
fache tlne   (trachtig),    vom  Menschen  werden  durchaus  umschreibende 
und  verblümte  Ausdrücke  gebraucht,  wie  ta  an  raske  (sie  ist  schwer), 
ta  on  hendas  (sie  ist  in  sich),  raske  jala  peal,  raske  jalaga,  rasket 
jalga  (auf  schwerem  Fuss),    od.  raske -jalgne  (scbwerfässig) ,   oma 
jäfje   peal  (in  ihrem  Zustande),   lapse-kandja   (eine  Kindträgerin), 
käima  p^al  od.  käima-pealne  (auf  dem  Gange),  kahe-kordne  (dop- 
pelt), körmas  (beladen),  last  (mit  einem  Kinde),  ötamize  od.  ötuze 
pejl  (in  der  Erwartung),  paks  (dick),  esmas  - päewane  (montagig), 
egä-p|iw&ne  (d)  (alltägig),   ramb   (schwach),  raske  tS  peal  (auf 
dem  schweren  Wege),  kä  nT-samane,  kä  säräne  (d)  (auch  eine  solche), 
sarnane  (ahnlich,    schwächlich),  täiz  (voll),   teist  wlzi  jänud  (an- 
ders geworden),  tugewaks  jänud  (stark  geworden),  (ize)  ftnnast  was- 
ta  (gegen  sich),  wäziod  (ermüdet),  womm  (dick),  süle-täjega  (mit 
einem  Schoosvoll),  tejze  od.  ize-suguse  tö  peal  (auf  einem  anderen 
od.  besonderen  Wege),  pöles  aeges  (in  halben  Zeiten)  —  tema  hau- 
dub  (sie  bratet),  klokä  (d)  (gluckst),  kannab  last  pöues  (tragt  ein 
Kind  im  Busen) ,  kftib  last  (geht  mit  einem  Kinde) ,  ep  ole  äks  wgjd 
kaks  (ist  nicht  ein  sondern  zwei),  ej  ole  öige  terwe  (ist  nicht  ganz 
gesund),  talub  last  (trägt  ein  Kind),  on  matsu  od.  höbi  sSnud  (bat 
einen  Schlag  bekommen),  on  sSnnd  (hat  empfangen)  —  temal  on  höp 
od.  häw  kttlles  (sie  hat  einen  Schlag  od.  eine  Wunde  an  sich),  körem 
od.  taps  kOlles  (eine  Last  od.  ein  Kind  an  sich),  laps  hölmas  (ein  Kind 
im  Schoosse),  tükk  kttlles  (ein  Stück  an  sich),  maha  kukumas  (etwas 
rom  Herabfallen)  —  tema  jalad  on  lühikezed  (ihre  Fasse  sind  kurz), 
teda  on  ödata  (sie  ist  zu  erwarten) ,  tema  pöu  on  täii  (ihr  Busen 
ist  voll),  laps  on  pöues  (ein  Kind  ist  im  Busen),  laps  on  tema  ttm- 
W  (ein  Kind  ist  um  sie),  laps  on  ta  wS  all  (ein  Kind  ist  unter  ihrem 
Gürtel),  talub  last  (sie  trägt  ein  Kind). 

Eben  so  sind  auch  für  das  Gebären  (ilmale  töma)  mancherlei  bild- 


—  214  — 

liehe  Aasdrücke  beliebt,  wie  ahi  od.  keris  mäs  (der  Ofen  od.  die  Ofen- 
decke liegt  darnieder),  ahi  od.  keris  lagus  ära  (der  Ofen  od.  die  Ofen- 
decke ist  eingefallen),  ahi  nurgas  mäs  (der  Ofen  in  der  Ecke  Hegt  dar- 
nieder), ahju-sü  kukus  maha  (die  Ofenmündung  fiel  nieder)»  keris  lan- 
ges maha  (die  Ofendecke  fiel  ein),  karu  lautas  kerise  ära  (ein  Bar 
bat  die  Ofendecke  zerstört,  von  der  Geburt  eines  Knaben),  naezel  od  omad 
jäfjed  (das  Weib  hat  seine  Umstände),  Jamal  on  lahutamist  annud 
(Gott  bat  Scheidung  gegeben),  Jamal  on  kaks  tthest  ära  lautanud  (Goü 
hat  zwei  von  einander  geschieden),  naezel  olid  sünduzed  (das  Weib 
hat  Geburt  gehabt),  wejkene  lükkas  wanni  külleti  (der  Kleine  hat  die 
Wanne  umgestossen) ,  pizikene  ajand  stire  nurka  (der  Kleine  hat  die 
Grosse  in  den  Winkel  getrieben),  jumal  tuli  tuppa  (Gott  kam  ins  Zim- 
mer —  nagne  j(ü,  od.  saj,  od.  tuli  maha  (das  Weib  kam  nieder),  lah- 
ku8  ära  (hat  sich  geschieden),  langes  maha  (fiel  nieder),  läks  od. 
sgj  nurka  (ging  od.  kam  in  den  Winkel),  läks  pakku  (hat  sieh  ver- 
steckt), pudenes  (maha)  (zerbröckelte),  puistas  mau-täje  (bat  des 
Inhalt  des  Magens  ausgestreut),  läks  sauna  (ging  in  die  Badstube),  on 
saunas  (ist  in  der  Badstabe),  tegi  titte  (hat  eine  Puppe  gemacht),  om 
tare-töbine  (d)  (ist  zimmerkrank),  läks  törise  (ist  in  die  Zurackgezo- 
genheit  gegangen). 

Sehr  zahlreich  sind  auch  die  Ausdrücke  für  «er  ist  betrunken» 
(jöbnud),  wie  ta  on  pufjus  od.  purjutamas  (er  ist  unter  Segelt  to- 
ru-jommis,  poru-j.,  puru-j.  (im  Rausch),  jönune  (trunken),  jomise 
peaga  (betrunkenen  Kopfes),  jOwastand  (berauscht),  wlnaga  ligunud 
od.  wettind  (mit  Branntwein  eingeweicht),  kifini  märitud  (verschmiert), 
ölg- peaga  (mit  einem  Strohkopf),  pohmelijas  (berauscht),  prirfis 
siünil  (mit  bebrillten  Augen),  täji  kui  üks  pük  (voll  wie  eine  Kröte), 
pttha  -  päe wane  (sonntägig) ,  püha  -  päewa  -  öhtune  (sonntagabendlich), 
räpune  (schmutzig),  rezine  (feucht),  sopane  (schmutzig),  tohletand 
(schwammig),  p^ast  humalane  (voll  Hopfen  im  Kopf),  wäzind  (er- 
müdet), poles  winnas  (halb  gespannt,  aufgezogen),  winnus  (im  Duost), 
wlna  sös  (in  Branntwein),  wlnane  (voll  Branntwein),  löffis,  lolßs 
(betäubt),  saksa-mes  (ein  Herrschaftlicher),  mäfja  ninaga  (mit  nasser 
Nase),  hunüine  (voll  Schnaps)  —  ta  on  sarwede  wahele  sanud  (er 


—  215  — 

hat  zwischen  die  Hörner  bekommen) ,  tapu  ajas  käjnud  (den  Hopfen- 
garten besacht),  tapa-aja  tö  p^al  kgpmd  (den  Weg  zum  Hopfengarten 
betreten),    wlna  sänud  (Branntwein  bekommen),  käest  sänud  (ans 
der  Hand  bekommen) ,  ennast  jönud  (sich  getrunken) ,  ennast  hulluks 
od.  möletumaks  jönud  (sich  unvernünftig  getrunken),  mfile  p$£St  ära 
jönud   (den  Verstand  aus  dem  Kopfe  getrunken),  jönud  (getrunken), 
nina  kastnud  (die  Nase  begossen),  ennast,  od.  süd  silmad,  tg|i  lak- 
konad  (sieh,  od.  das  Gesicht,  voll  gesoffen),  m&rga  s&nud  (Nasses 
bekommen),  mütsi  päbft  pannud  (eine  Mütze  auf  den  Kopf  gesetzt), 
nokka  kastnud  (den  Schnabel  begossen),  nokastand  (gepiokt),  en- 
nast ära  seganud  (sich  verwirrt),  tukastand  (geschlummert),  palju 
humalajd  sänud  (viel  Hopfen  bekommen),  hunti  njgnud  (einen  Wolf 
gesehen)»  warju  pfthä  sänud  (einen  Schatten  in  den  Kopf  bekommen), 
nokka  weristaud  (den  Schnabel  blutig  gemacht),  jum&la  wilja  n&j- 
nud  (Gottes  Frucht  gesehen),   wlna  sänud  (Branntwein  bekommen), 
pea-täje  sänud  (einen  Kopf  voll  bekommen),  huntii  sftnad  (Schnaps 
bekommen),  pafju  j&nesid  ngjnd  (tö  p^jd)  (viel  Hasen  gesehen  auf 
dem  Wege),  tapu-a^da  näinud  (den  Hopfengarten  gesehen)  —  tema 
loffitab  (er  ist  trag),  ep  ole  mitte  majtsmata  (ist  nicht  ohne  ge- 
schmeckt zu  haben),  ej  sannd  jn  walget  p$$wa  nftha  (hat  ja  den  hel- 
len Tag  nicht  zu  sehen  bekommen),  rimmab  (lärmt)  —  temal  on  natuke 
sarwede  wahel  (er  bat  etwas  zwischen  den  Hörnern),  sarwed  pala- 
wad  (die  Hörner  heiss),    wlna  kfllles  (Branntwein  an   sich),    kaks 
mütsi  peas  (zwei  Mätzen  auf  dem  Kopf),  midagi,  od.  natukene,  no- 
kas  (etwas  im  Schnabel),  nokas  wara  (Vorrath  im  Schnabel),  kaks 
p^d,  od.  üi  pej,  otsas  (zwei  Kopfe,  od.  einen  neuen  Kopf),  h&äti 
fimber  peji  (tüchtig  um  den  Kopf),  seitse  silma  p$as  (sieben  Augen 
im  Kopf,   warandust   p$as  (Vorrath   im  Kopfe),   wari  peas  (einen 
Schatten  im  Kopfe),  wähe  wlna  külles  (etwas  Branntwein  an  sich), 
ölle-hyz  ninas  (Biergeruch  in  der  Nase)  —  tema  silma-wahed  on 
kirjod  od.  pnnased  (der  Raum  zwischen  seinen  .Augen  ist  bunt  od. 
roth),  tema  nokk  sitane  od.  wlnane  (sein  Schnabel  ist  schmutzig  od. 
voll  Branntwein),  tema  prilT  raswane  (seine  Brille  ist  fettig),  tapu,  od. 
hnmala,  wägi  on  teda  w$itnud  (des  Hopfens  Kraft  hat  ihn  bpstegt), 


—  216  — 

tema  p$£  puhkeb  (sein  Kopf  schlägt  aus) ,  jumala  wili  on  teda  wöit- 
nud  (Gottes  Frucht  bat  ihn  besiegt) ,  tema  pea  soe  otsas  (sein  Kopf  ist 
wann),  harakas  pajus  (es  ist  eine  Elster  im  Weidenbuscb),  tema  nina 
on  nlske  (seine  Nase  ist  feucht),  tema  mäe-tare  om  rnmalas  l&nnfl 
(d)  (seine  Oberstabe  ist  dämm  geworden). 

Am  mannichfaltigsten  sind  die  Ausdrücke  für  «prägein»  schlagen 
(mit  Hand»  Stock  oder  Ruthe)».  Zunächst  giebt  es  dafür  eine  betriebt- 
liehe  Anzahl  einfacher  Verba,  grossen  Tbeils  auch  schon  in  übertragener 
Bedeutung ,  andma  (eins  geben) ,  harima  (bürsten) ,   atma  (d)  (sto- 
pfen), hälama  (anholen,  anziehen),  ängama  (eins  wischen),  eTpima, 
kährima,  käjama  (schleifen),  klobistama,  klömmima,  kludima  (d), 
kolkima,  kompma  (d),  kozima  (freien),  kudama  (weben),  kupas- 
tama   od.   kupatama  (abbrühen),   lahtima   (schlachten),    lajgitama 
(schwenken,  schuttein),  leikama  (eins  schneiden),  leatama  (einweichen), 
lopsima,  Initama,  malkama  od.  malgatama,  matardama,  matsuta- 
ma,  mopsima,   möglema,   mfitsitama  (mit  einer  Motze  versehen), 
müttima,  nodima,  nöpima  (kuopfen),  nuiama,  nüskama  (schnauzen), 
nühkima  (scheuern),  nfipeldama,  panema  (eins  versetzen),  pafkima 
(gerben),  papgntama,  peksma,  pltsama,  plftnima,  popsima,  pafki- 
ma, rüunama,  rohitsema  (Arzenei  geben),  roimaraa  (schwenken), 
ropsima,  rOdama  (schwenken),  rökima,  röskama,  röhmama  (arbei- 
ten), sagima  (zausen),  safjama  (sieben,  sichten),  saunama  (baden),  sö- 
lama  (salzen),   sömitsema  (schuppen),    sadima  (arbeiten),  sugema 
(striegeln),  suiama  (verkeilen),  sflgama  (kratzen),  taguma  (hämmern), 
togima,  tsihwama  (d),  tnitama,  tukistama  (zausen),  tampima,  tuf- 
jama  (d)  (zausen),  tfimeldama  od.  tümitama  (weich  machen),  hudi- 
ma,  uhtuma  (waschen),  wanutama  (walken),  wa&ima  (verknittern, 
verwirren),  wälgutama  (blitzen) ,  wemmeldama,  wimtama  (klopfen), 
wohweldama;  dann  zusammengesetzte  und  umschreibende  Ausdrucke, 
wie  pihta  andma  od.  panema  (auf  den  Rücken  geben  od.  4egen),  pinna 
peale  andma  (auf  die  Oberfläche  geben),  kerise  peale  a.  (auf  die  Ofen- 
decke g.),  pfinikest  hagn  selja  peale  a.  (feines  Reisig  auf  den  Rucken 
g.),  saba-rohtu  a.  (Schwanzarzenei  geben),  hqa  (pnnase)  kere-t$ie  a. 
(einen  guten  rothen  Leib  voll  g.),  sawa  alla  a.  (unter  den  Schwanz  g.), 


—  217  — 

hea  sajma  od.  kuiwa  sauna  a.  ( (ein  tüchtiges  od.  trockenes  Bad  g.), 
kaela  a.  (aaf  den  Hals  g.),  ühe  hea  kazuka  a.  (einen  guten  Pelz  g.), 
ühe  öhukeze  kazuka  a.  (einen  dünnen  Pelz  g. ,  einen  leichten  Buckel 
voll),  kuiwa  meäkit  a.  (trockene  Maische  g.),  malka  od.  madjaka  a. 
(den  Knüttel  g.),  mökli  a.  (Prügel  g.),  naha  peale  od.  ühe  naha- 
pealse  a.  (auf  die  Haut  g.),  keksa  a.  (Getrippel  g.),  kere  peale  a.  (auf 
(den  Korper  g.),  kozeri  a.  (einen  Trumpf  g.),  hagu  a.  (Reisig  g.), 
augu-täie  a.  (ein  Loch  voll  g.),  kaze-  od.  tedre-jüstu  a.  (Birken-  od. 
Birkhuhnkäse  g.),  tedre-lejba  a.  (Birkhuhnbrot  g.)v  kaze-paelad  a. 
(Birkenbänder  g.),  niplisid  a.  (Spitzen  g.),  röki  od.  keha-röki  a. 
(Schlage  od.  Korperschlage  g.),  sagarat  a.  (Regenschauer  g.),  sömust  a. 
(Schuppen  g.),  tremmi  a.  (Schläge  g.),  tubinat  a.  (den  Knüttel  g.), 
tüpi  a.  (Schläge  g.),  okse  ümber  a.  (Aeste  herum  g.),  wurakat  a. 
(einen  tüchtigen  Hieb  g.),  kimpu  a.  (den  Bund,  Ruthenbund,  g.),  päru 
od.  sära  a.  (heissen  Dampf  g.)v  kaze-wädikat  a.  (Birkenruthe  g.)9 
punast  pihta  a.  (einen  rothen  Oberrücken  g.),  witsa  a.  (Ruthe  g.), 
wommi  a.  (Pfiffe  g.),  wunna  a.  (Faustschläge  g.),*kibedat  a.  (Bitte- 
res g.),  kere-helistamist  a.  (Korpergeläute  g.),  für  das  Passiv  steht  dann 
säma  statt  andraa,  oder  mit  dem  Infinitiv  der  einfachen  Verba,  also  naha 
peale  säma  (geprügelt  werden),  witsa  säma  (die  Ruthe  bekommen), 
etc.,  oder  peksta  säma,  sölata  säma  etc.,  so  auch  tömmata  säma, 
wötta  säma ,  wovon  mir  tömbama  und  wötma  nicht  einfach  als  Activa 
in  diesem  Sinne  vorgekommen  sind;  ferner  perset  harima,  äestama, 
käpima,  körima,  kflndma,  rökima,  sagima,  sSma  (den  Hinteren 
bärsten,  eggen,  schaben,  schälen,  pflügen,  reinigen,  zausen,  essen),  perse 
tirjuks  tegema,  kibedaks  tegema  (den  Hinteren  bunt  machen ,  scharf 
machen),  taga-otsa  palawaks  tegema  (das  Hinterende  heiss  machen), 
apgu  labti  wötma  (das  Loch  auf  machen) ,  naha  ära  wötma  (die  Haut 
weg  nehmen),   naha  seljast  löma  (die  Haut  vom  Rucken  schlagen), 
nahka  slluma  (die  Haut  streifig  machen),  tedre-jüstuga  nahka  nüh- 
kimaja  pühkima  (mit  Birkhuhnkäse  die  Haut  scheuern  und  reiben), 
laze-urwa-pläStrit  taga-otsa  peale  mftrima  (Pflaster  von  Birken- 
katzehen  auf  das  Hinterende  schmieren),  lästusid  leikama  (Späne  schnei- 
en), pihad  maha  wötma  (den  Oberrücken  herunter  nehmen),  taga- 


—  218  — 

pOlt  kündma  (die  [Unterseite  pflügen),  prunti  wiratama  (den  Spant 
klopfen),  püksa  kfipsetama  (die  Hosen  backen),  pfiksid  tantsima  pa- 
nema  (die  Hosen  tanzen  lassen),  püksi-mötu  wötma  (das  Hosen- 
maass  nehmen),  saba  sazima  (den  Schwanz  verwirren),  selga  k$ikaga 
öhutama  (den  Rücken  mit  dem  Prügel  anfachen),  selga  lädima  (aof 
den  Rücken  laden),  selja  kOmaks  kütma  (den  Rücken  warm  heizen)» 
tümaks  tegema  (weich  machen),  urwi  flies  wötma  (den  Hinteren 
herauf  nehmen),  wett  alt  wäfja  laskiua  (Wasser  von  unten  hinaus  las* 
sen),  witsule  wötma  (zur  Ruthe  nehmen),  kaze-meinga  kabistama 
(mit  Birkenmaien  schaben)  u.  a.  m. 

Häufig  sind  auch  für  Gegenstände  statt  der  einfachen  Benennungen 
zusammengesetzte  und  beschreibende,  wie  in  anderen  Sprachen  auch,  theils 
scherzhafte,    theils   ohne  weitere  Nebengedanken,    wie  llwa  -  Hannos 
(Sandhans),    od.   mulla-Madis  (Erdmatthias)  der  Tod,   küla-krapp 
(Dorfglocke),    od.  rämata  -  kandja   (Briefträger)    Klätscber,    libe-kßl 
(Glattzunge),  od.  libe-händ  (Glattschwanz)  Schmeichler,  kdle-kurn 
(Zungenfiltrum)  Schätzer,  sure  k<$ra  pogg  (Sohn  eines  grossen  Hun- 
des) Vornehmer,   lästu - lakkuja   (Spanlecker)    Geizhals,   litsi   lipo- 
kafidja  (der  Hure  Fahnenträger),  od.  tgjze  mehe  lipa-kaödja  (eines 
anderen  Mannes  Fahnenträger)  Hahnrei,  pitka-toru-wezi  (Wasser  der 
langen  Röhre)  Branntwein,  kükitaja  rasw  (des  Niederhockenden  Feit) 
Menschenkoth,   linnu-pim   (Vogelmilch)   Honig,   prl-ots    (Freiende) 
Hintere  u.  a. ,  wohin  auch  eine  Menge  von  Thier-  und  Pflanzennamen 
gehören,    wie    käu  sulane   (des  Kuckucks  Knecht)  Grasmücke,    kin 
lehm   (des  Kuckucks  Kuh)  Johanniswürmchen,    lepa-Trlou    (Erlen- 
katharine)  Marienkäfer,  hafK - kazuka - mehed  (die  Männer  mit  dem 
grauen  Pelz)  Läuse,    punased  saksad   (rothe  Herrschaften)  Wanzen, 
plma-pizarad  (Milchtropfen)  Schlüsselblumen,  jüdakäpad  (Teufels- 
pfoten) Knabenkraut,  käu-kinnad  (Kuckucksschuh)  Frauenschuh  u.  a.; 
solche  Ausdrücke  haben,  so  weit  sie  mir  bekannt  geworden  sind,  sämmt- 
lich  schon  in  dem  Wörterbuche  Platz  gefunden,  zum  Theil  ist  diess  auch 
der  Fall  mit  der  folgenden  Probe  von  Phrasen,  welche  in  dieselbe  Kate- 
gorie gehören. 

Ta  habe  ep  ole  sest  mitte  tilkunud  (sein  Bart  bat  davon  nicht 


—  219  — 

getrieft)  er  bat  davon  nichts  gesagt  —  ma  pean  neid  alati  ahelate,  od. 
ohelika,  otsas  (ich  halte  sie  immer  an  der  Kette,  od.  am  Halfter)  un- 
ter strenger  Aufsicht  —  ma  ölen  ennast  senna  ahelate,  od.  oheliku, 
otsa  anoud  (ich  habe  mich  dort  an  die  Kette,  od.  an  den  Halfter  gege- 
ben) verheiratet  —  ta  alati  möjzas  warda  ahingi  otsas  (er  ist  im- 
mer auf  dem  Hofe  an  dem  Stecheisen  des  Dreschflegels  hängend)  beim 
Dreschen  beschäftigt  —  ej  muH  ole  ajta  ej  awamit  (ich  habe  weder 
Vorrathshaus  noch  Schlüssel),  ej  ma  pane  oma  pead  kirstu  käne  peale, 
ega  wl  ajda  ukse  ette  (weder  lege  ich  meinen  Kopf  auf  den  Deckel 
eines  Kasten?,  noch  führe  ich  vor  die  Thor  eines  Vorrathshauses)  habe 
nichts  und  bin  ohne  Sorgen  —  se  ei  ole  mitte  flle  aja  hüpanud  (die 
Nt  nicht  über  den  Zaun  gesprangen)  ist  reine  Jungfrau  —  ej  wQj  teda  aja 
ja  arme  wahele  ajada  (ich  kann  sie  nicht  zwischen  Zaun  und  Schnee- 
i'ilft  hinaus  jagen)  bulflos  und  mittellos  —  ei  minagi  ole  aja  taga,  od. 
kotis,  kaswanud  (auch  ich  bin  nicht  hinter  dem  Zaun,  od.  im  Sacke, 
aalgewachsen)  in  der  Dunkelheit  und  Niedrigkeit  —  haff  k($r  heidab 
peale  (der  graue  Hund  legt  sich  auf  ihn),  söjdab  halTi  (er  reitet  den 
Granen)  er  hat  das  kalte  Fieber  —  mioa  ej  taha  sinu  hamba-wett 
tagasi  (ich  will  dein  Zahnwasser  nicht  zurück  haben)  den  Branntwein, 
von  dem  ein  Anderer  getrunken — kui  ta  söna  ütleb,  sls  on  tall  ham- 
bad  ja  küned,  od.  sarwed  (wenn  er  ein  Wort  sagt,  so  bat  es  Zähne 
«ad  Krallen,  od.  Hörner)  Hand  und  Fuss  —  minu  hambad,  od.  küned, 
ej  hakka  kuhugi  pole  enam  kinni  (meine  Zahne,  od.  Nägel,  erfas- 
sen nirgends  mehr)  ich  weiss  mir  gar  nicht  mehr  zu  helfen  —  temal  on 
pitkad  bambad  süs  (er  hat  lange  Zähne  im  Munde)  er  macht  sieb  an 
Jeden  —  ta  heidab  hammast  ma  p^ale  (er  wirft  den  Zahn  auf  mich) 
tragt  es  mir  nach  —  mis  sab  inimene  palja  bammaste  est?  (was 
bekommt  ein  Mensch  für  die  blossen  Zähne)  umsonst  —  söna  oli  rau 
kammaste  taga  (das  Wort  war  hinter  meinen  Zähnen)  schwebte  anf 
der  Zunge  —  silmad  on  hammaste  wahel  (die  Augen  sind  zwischen 
den  Zähnen),  peab  s.  h.  w.  (er  hält  die  A.  z.  d.  Z.)  merkt  scharf  auf — 
peab  paQu  oma  kelt  hammustdtna  (man  muss  vielfach  seine  Zunge 
beissen)  schweigend  ertragen  —  taewas  on  hane-pous  (der  Himmel  ist 
im  Gänsekropi)  grau  gesprenkelt  —  ega  ma  teda  anne  wahelt  ej  labe 


—  220  — 

wötma  (ich  werde  sie  doch  nicht  aus  der  Schneetrift  nehmen)  mittellos, 
ohne  Aussteuer)  —  tema  hari  läheb  punaseks  (sein  Kamm  wird  rotb> 
er  geräth  in  Zorn  —  otsis  malle  aaku  (er  suchte  pin  Lech  für  mich) 
mir  etwas  an  zu  haben  —  tOT  otsib  azet  (der  Wind  sucht  eine  Stelle) 
dreht  sich  hin  und  her  —  ta  läks  azet  wätama  (er  ging  eine  Stelle 
zu  besehen)  seine  Nothdurft  verrichten  —  ta  on  hämri  ja  alasi  wahel 
(er  ist  zwischen  Hammer  und  Ambos)  in  der  Klemme  —  häwa  paran- 
dama  (die  Wunde  heilen),  kaku-nädala  maksma  (die  Kuchenweche 
bezahlen),  höimule  minema  (zur  Verwandtschaft  gebn) ,  kodu-n&dala, 
od.  koduse  n. ,  tegema ,  od.  pidama  (die  Hauswoche  abhalten)  wenn 
die  junge  Frau  zum  ersten  Male  wieder  auf  einige  Tage  in's  Elternhaus 
zurück  kehrt  —  luges  malle  hgid  ja  paremaid  (er  las  mir  gute  und 
bessere)  schimpfte  tüchtig  —  so  band  olgu  söfmis  (dein  Schwanz  sei 
in  Knoten  geschlungen)  sei  rasch  —  härja  sefjast  hobuse  selga  säma 
(vom  Rücken  des  Ochsen  auf  den  Rucken  eines  Pferdes  gelangen)  seine 
Umstände  verbessern  —  wötan  naeze  maja  healeks  (ich  nehme  ein 
Weib  als  Stimme  des  Hauses)  damit  es  nicht  gar  zu  still  her  gehe  —  abju 
taga  bauutud  eide-muna  (ein  hinter  dem  Ofen  ausgebrütetes  Matterei) 
Muttersöhnchen  —  ma  ölen  temaga  (ela)  eland,  od.  olnnd  (ich  habe 
mit  ihm  gelebt,  od.  bin  mit  ihm  gewesen),  minu  liha  on  tema  lihase 
putunud  (mein  Fleisch  bat  sein  Fleisch  berührt),  ta  on  oma  elamize 
minu  sisse  ajannd  (er  hat  sein  Leben  in  mich  getrieben)  wir  haben 
fleischlich  verkehrt  —  ktill  sa  annad  meile  sölaga  hernid  sfla  (da 
wirst  uns  wohl  noch  Erbsen  mit  Salz  zu  essen  geben)  wir  werden  auf  dei- 
ner Beerdigung  sein  —  juba  seil  on  idu  perses  (der  hat  schon  einen 
Keim  im  Hinteren)  ist  schon  recht  alt  —  ei  muH  olnnd  oma  ibu  enam 
flhtegi  (ich  halte  von  meinem  Körper  nichts  mehr)  fühlte  mich  selbst 
nicht  —  kes  sinu  ila  hakkab  söma?  (wer  wird  deinen  Geifer  essen) 
was  du  nachgelassen  hast  —  kus  se  ilm  on !  (wo  ist  diese  Weit)  das 
ist  erschrecklich  weit  —  hing  tulewal,  teine  minewal  (eine  Seele 
kommend,  die  andere  gehend)  er  fallt  aus  einer  Ohnmacht  in  die  andere  — 
hing  aga  luie,  od.  kotitide,  wahel  (die  Seele  ist  nur  zwischen  den 
Knochen)  er  hat  kaum  das  Leben  —  iza-  ja  ema-kele  palnma  (in  Va- 
ter- und  Muttersprache  bitten)  instandigst  —  laps  lükati  ize-leiba  (das 


—  221  — 

Kind  wurde  auf  eigenes  Brot  gestossen)  entwöhnt  —  mets  läheb  hlre- 
körwa  (der  Wald  wird  mausohrig)  schlägt  aus  —  raina  ölen  tema  jala 
alt  läbi  käinud  (ieh  bin  anter  seinem  Fusse  durch  gegangen)  habe  in 
Allem  seinen  Wilton  gethan  —  jalad  kfttte  wötraa  (die  Fü^se  in  die 
Hand  nehmen),  j.  hüdma  panema  (d.  F.  tönen  machen,  d.  h.  in  Be- 
wegung setzen),  jalgele  riöuu  andma  (den  Füssen  Rath  ertheilen)  da- 
von laufen  —  teine  jalg  ein  pole,  teine  surma  pole  (der  eine  Fuss 
nach  dein  Leben,  der  andere  nach  dem  Tode  hin)  mit  einem  Fuss  im 
Grabe  —  pista  oma  nina  oma  jalgade  wahele  (stecke  deine  Nase 
zwischen  die  Beine)  bekümmere  dich  nicht  darum  —  ma  ölen  mitu 
pahandust  oma  jalge  alla  tallanud  (ich  habe  vielerlei  Kränkung  unter 
die  Füsse  getreten)  mit  Stillschweigen  ertragen  —  jalust  jalgu,  peast 
pähä  (von  Füssen  zu  Füssen,  von  Kopf  zu  Kopfe)  von  Kopfe  bis  zu  Füssen  — 
mina  ei  sÖ  su  hammaste  jäTgi  (ich  esse  nicht  die  Spuren  deiner 
Zähne)  was  du  angebissen  hast  —  kört,  kus  jänes  läbi  jöksis  (Suppe, 
wo  ein  Rase  durch  gelaufen  ist),  jänes  läks  läbi  kördi  (ein  Hase  ist 
durch  die  Suppe  gegangen)  eine  dünne  Suppe  —  ei  ta  nfid  seiza  pü  jure 
allgi  (auch  jetzt  ist  er  nicht  unter  der  Wurzel  des  Baumes)  ganz  in 
Rohe  —  temal  olid  jflred  all,  mis  wanast  seile  pere  mfide  sös  (er 
hatte  Wurzeln  unten,  welche  von  Alters  her  im  Boden  dieses  Gehöftes  wa- 
ren) er  und  seine  Vorfahren  schon  besassen  es  —  söb  salaja  jüred  alt 
ära  (er  frisst  heimlich  die  Wurzeln  unten  weg)  er  verläumdet  —  temal 
on  jämedam  kael  kui  keha  (er  hat  einen  dickeren  Hals  als  Körper) 
obernimmt,  was  über  seine  Kräfte  gebt  —  ka$la,  od.  nina,  selga  aja- 
ma  (den  Hals,  od.  die  Nase,  auf  den  Rücken  treiben)  übermüthig  sein  — 
oma  kaela  katki  kTtma,  kartma,  kellegi  polt  seizma  (seinen  Hals 
entzwei  loben,  fürchten,  für  Jemand  Partei  nehmen)  übermässig  —  mis 
kaewns  on,  se  on  kaelas  (was  im  Brunnen  ist,  das  ist  im  Hals)  ich 
habe  nichts  als  Wasser  zum  Trinken  —  kaika  rataste  wahele  pistma 
(einen  Knüttel  zwischen  die  Räder  stecken)  Hinderniss  in  den  Weg  legen 
—  lübikeze  kaku  all  pidama  (unter  einem  kurzen  Brotlaib  halten)  den 
Brotkorb  hoch  hängen  —  bakkame  kofjama,  enne  kui  kala  wette 
lipsab  (lasst  uns  anfangen  zu  sammeln,  bevor  der  Fisch  ins  Wasser 
sehlupft)  die  Gelegenheit  wahr  nehmen  —  kalkuni-saba  kandma,  od. 


—  222  — 

kaswatama  (einen  Puterschwanz  tragen,  od.  wachsen  lassen)  eitel  sein  — 
kanda  näitama  (die  Ferse  zeigen)  davon  laufen  —  laps  walitseb  ju 
kann  omast  nöuust  (das.  Kind  beherrscht  schon  die  Ruhner  nach  sei- 
nem Sinne)  fangt  schon  an  sich  zu  fühlen  —  ta  läks*jumala  karja  (er 
ging  in  Gottes  Herde)  starb  —  ma  ep  ole  tema  pealt  karwa  pubunud 
(ich  habe  kein  Haar  von  ihm  geblasen)  nichts  zu  Leide  gethan  —  must 
ka^s  oli  wahelt  läbi  jöksnud  (eine  schwarze  Katze  war  dazwischen 
hindurch  gelaufen),  m.  k.  oli  oma  hunniku  wahele  teinud  (eine  s. 
K.  hatte  ihren  Haufen  dazwischen  gemacht)  sie  hatten  sich  veruneinigt  — 
ei  ma  woi  teda  jumalale  kaubelda  mitte  (ich  kann  ihn  nicht  an 
Gott  verhandeln)  ihn  sterben  sehen — neraad  elawad  übe  mutsi  all,  od. 
übe  kazuka,  od.  särgi  sös  (sie  leben  unter  einer  Mutze,  od.  in  einein 
Pelz,  od.  Hemde)  sind  ganz  einig  —  oled  sa  nüd  käest  ära!  (bist  du 
nun  von  der  Hand  weg)  bist  du  nun  ganz  von  Sinnen  —  käpad,  od.  kor- 
wad,  pea  alla  panema  (die  Pfoten,  od.  Ohren,  unter  den  Kopf  legen) 
sterben  —  ta  toidab  ennast  kätte  pihtadega  (sie  nährt  sich  mit  Hän- 
den und  Schultern)  lebt  von  HSndearbeit  —  käzi  tflhi,  teine  pafjas 
(die  eine  Hand  leer,  die  andere  bloss)  mit  leeren  Händen  —  mebel  on 
pitkem  kere  kui  toru  (der  Korper  an  dem  Manne  ist  länger  als  die 
Rohre)  er  ist  einfältig  —  keäk-paigast  läbi  minema  (mitten  durch  ge- 
hen), nicht  äri  möda  (an  den  Rändern  hin)  offen  verfahren  —  köf  pidi 
ka  taga,  od.  perse,  minema  (die  Zunge  wäre  beinahe  auch  hinterher, 
od.  in  den  Hinteren,  gegangen)  es  schmeckte  vortrefflich  —  kelega  toit- 
ma  (mit  der  Zunge  ernähren)  leere  Versprechungen  machen  —  nenda 
kui  kellegi  kef  leikab  (so  wie  Jemandes  Zunge  schneidet)  wie  einem 
der  Schnabel  gewachsen  ist  —  kindaga  tulema  (mit  einem  Handschuh 
kommen)  Geschenk  bringen  —  kintsu  wiskama  (die  Schenkel  werfen) 
umher  laufen  —  ep  ole  kuninga  ktfja  majas  (es  ist  keine  Schrill  des 
Königs  im  Hause)  Geld  —  süda  läheb  kifjuks  (das  Herz  wird  bunt) 
mir  wird  übel  —  mitte  kits,  mitte  lammas  (nicht  Ziege ,  nicht  Schaf) 
nicht  Fisch,  nicht  Fleisch — kitse  nfilgima  (die  Ziege  schinden)  huren  — 
tema  käib  kitse-kammitsas  (er  geht  in  der  Fussfessel  einer  Ziege)  steht 
unter  dem  Pantoffel  —  kitsed  lähewad  orasele  (die  Ziegen  gehn  zum 
Roggengrase)  der  Bart  langt  an  hervor  zu  kommen  —  ta  tuleb  ka  oma 


—  223  — 

kitsega  turule  (er  kommt  auch  mit  seiner  Ziege  auf  den  Markt)  trägt  auch 
seine  Weisheit  vor  —  mull  on  kiwi  3Üar  wezi  jOa  (ich  habe  einen  Stein 
mm  Essen,  Wasser  zum  Trinken)  bin  ganz  arm  —  hatti  kiwiga  teine 
teist  löma  (einander  mit  dem  grauen  Stein  schlagen)  mit  einander  Brannt- 
wein trinken  —  kabe  pere  kqer  (ein  Hund  von  zwei  Gehöften)  der  den 
Mantel  nach  dem  Winde  trägt  —  ma  ep  ole  mitte  kfila  kqer,  ma  ölen 
oma  pere  kqer  (ich  bin  nicht  ein  Hund  des  Dorfes,  sondern  ein  Hund  des 
eigenen  Gehöftes)  mir  liegt  die  Sorge  ob  für  mein  eigenes  Haus  —  üle  koera 
säma  a&jaga  (über  den  Hund  gelangen  mit  einer  Sache)  zu  Stande  kom- 
men —  kolm  koitu  enne  waresid  ölen  files  töuznud  (drei  Morgenröthen 
Tor  den  Krähen  bin  ich  aufgestanden)  sehr  früh  —  koka-pojg  pühkinud 
säfgi  sawa  sisse  oma  Süd  (der  Küchenjunge  hat  in  den  Schweif  des  Hem- 
des den  Mund  gewischt)  von  Kothflecken  im  Hemde  —  kudenud  konn  (ein 
Frosch,  welcher  gelaicht  hat)  eine  gefallene  Dirne  —  kops  läks,  od.  köl- 
kus,  üle  maksa  (die  Lunge  ging,  od.  bewegte  sich,  über  die  Leber), 
kops  on  maksa  selga  karauud,  od.  sefjas  (die  Lunge  ist  der  Leber 
auf  den  Rücken  gesprungen,  od.  auf  dem  Rücken),  kopsud  maksud  täii 
(Longe  und  Leber  sind  voll),  8ö  läks  läbi  kopsu  maksu  (das  ging 
durch  Lunge  und  Leber)  er  wurde  ärgerlich  —  kostmas  olema  (beim 
Antworten  sein)  in  der  Gonfirmalionslehre  —  täku  saba  ep  ole  wöl  kör- 
mas  (des  Hengstes  Schweif  ist  noch  nicht  im  Fuder)  er  wird  noch  nicht 
zam  Fahren  gebraucht  —  pidi  oma  köhu  hölma  wötma  (er  musstp 
den  Bauch  in  die  Arme  nehmen)  hungrig  zu  Bette  gehn — mis  meie  körre 
otsast  säme,  sellega  elatame  (was  wir  vom  Ende  des  Halmes  be- 
kommen, damit  fristen  wir  unser  Leben)  mit  Brot  —  sa  ep  ole  mitte  kör s 
körre  peale  teinud  (du  hast  nicht  gethan  Halm  auf  Halm)  du  hast 
nichts  gethan  — »köfs  käzi,  köfs  jalg  (ein  Halm  die  Hand,  ein  Halm 
der  Fuss)  hager  und  mager  —  temal  on  körw  werine  (ihr  Ohr  ist  blu- 
tig) sie  hat  einen  Freier  —  kuhja  otsast  Iflkkama  (oben  vom  Heuscho- 
ber stossen)  Einen  ausstechen ,  verdunkeln  —  sai  kukru  pihta  (er  be- 
kam auf  den  Beutel)  musste  zahlen —  ta  pakkus  mulle  kulda  ja  kufja 
(er  bot  mir  Gold  und  Böses)  wandte  alle  Ueberreduogskunst  an  —  tap- 
lewad  kufbi  peale  (sie  kämpfen  um  den  Suppenlöffel) ,  kulp  on  ikka 
wel  minu  (der  Suppenlöffel  ist  immer  noch  mein)  das  weibliche  Haus* 


—  224  — 

regiment,  wie  püksid  (Hosen)  das  männliche  —  ftra  kuluta  kingi  (ver- 
'  schleisse  nicht  die  Schuhe)  laqfe  nicht  nnniitz  umher  —  meri  on  kurb 
(das  Meer  ist  traurig)  nicht  von  Wasservögeln  belebt  —  kures  olema  (im 
Kranich  sein),  kurge  jäma  (in  dem  Kranich  bleiben)  hinter  dfeu  übrigen 
Schnittern  zurück  —  kurnale  wett  wiskama  (auf  das  Filtrum  Wasser 
giessen)  oft  irgend  wohin  gehen  —  s%i  küze  alla  (er  gelangte  unter  den 
Fichtenbaum)  wurde  obdachlos — kes  mu  kfibara,  od.  mtitsi,  wojb  seile 
p&rast  maha  lükata,  od.  wiltu  Ifia?  (wer  kann  deswegen  meinen 
Hut,  od.  meine  Mütze,  herunter  stossen,  od.  schief  schlagen)  mir  etwas 
an  haben  —  ta  on  minu  küla  (er  ist  mein  Dorf)  mein  einziger  Umgang— 
s6  nöu  jäb  külmaks  (dieser  Plan  wird  kalt)  wird  aufgegeben  —  kör- 
wale  ktilwaraa  (nebenbei  säen)  die  Ehe  brechen  —  küll  sa  pead  kün- 
kas  olema  (du  sollst  schon  auf  dem  Felsen  sein)  nicht  unbestraft  blei- 
ben —  ta  arwab  ennast  künka  otsas  olema  (er  meint  oben  auf  dem 
Hügel  zu  sein)  oben  darauf  —  teda  peab  kfitkes  wedama  (man  muss 
ihn  an  dem  Halfter  schleppen)  mit  Gewalt  dazu  bringen  —  künal  ei  nie 
ize  ennast  (das  Licht  sieht  sich  selbst  nicht)  brennt  sehr  dunkel  —  ta 
on  üks  küne-mös  (er  ist  ein  Klauenmann),  temal  on  hea,  od.  kau- 
nis,  küne-ammet  (er  hat  ein  jjutes,  od.  hübsches,  Klauengeschäft)  er 
ist  ein  Dieb  —  so  jäb  labida  maksta  (das  bleibt  zum  Bezahlen  durch 
die  Schaufel)  den  Tod  —  küll  körred  on  rukistel,  annaks  jumal  ladwa 
peale  (der  Roggen  hat  wohl  Halme,  gäbe  Gott  auch  einen  Gipfel  darauf) 
die  Aehren  —  laiskust,  od.  lgiska,  petma  (die  Faulheit,  od.  den  Fau- 
len betrügen)  sich  einen  Gang  ersparen  —  laiza  körem  (das  Fuder 
eines  Faulen)  ein  zu  grosses  —  täna  wlakse  lapa  otsa  (heute  wird  sie 
an  das  Oberende  des  Tisches  gebracht)  verheirathet  —  ma  j&tan  jöniize 
seia  laua  otsa  (ich  lasse  das  Trinken  hier  am  Tische)  verschwöre  es 
hier  vor  dem  Gericht  —  so  on  Laurits  (das  ist  Laurentius) ,  Laurits 
peksab  reht  (Laurentius  drischt  in  der  Scheune)  es  ist  eine  Feuers- 
brunst —  könöib  nfld  Lauritsa,  od.  Laratsa,  wlzi  (er  geht  jetzt  wie 
Laurentius)  bettelt  als  Abgebrannter  —  lehm  tuleb  koju  (die  Kuh  kommt 
nach  Hause)  die  Milch  kehrt  wieder  bei  der  gelt  gewesenen  Kuh  —  l&iba 
lüse  laskma,  od.  ajama  (das  Brot  in  den  Knochen  lassen,  od.  treiben) 
in  Ruhe  das  Genossene  verdauen  —  sS  on  aga  söjaks  leiwaks  (das 


—  225  — 

ist  nar  als  warmes  Brot),  verschlägt  nichts  —  ma  ölen  ikka  leiwastlejba 
sänud  (ich  bin  immer  vom  Brote  zum  Brote  gelangt),  mit  dem  Geernteten 
bis  zar  neuen  Ernte  ausgekommen  —  lSme-jahuks,  od.  lutsu-lömeks, 
tegema  (zu  Suppenmehl,  od.  Quappensuppe,  machen),  kurz  und  klein  — 
mitmes  lemes  kedetud  (in  vielen  Suppen  gekocht),  gewandt,  mit  viel 
Erfahrung  —  Qhe  jalaga  linnu  liba  (das  Fleisch  von  einbeinigem  Wild), 
Pibe  —  laiska  liba  kaswatama  (faules  Fleisch  wachsen  lassen,  ziehen), 
faul  sein  —  temal  oli  wärske  liha  himu  (er  hatte  Appetit  nach  fri- 
schem Fleisch),  war  geil  —  so  laps  on  liha  ja  juraala  polest  (diess 
Kind  ist  von  Seiten  des  Fleisches  und  Gottes),  unehelich  —  koik  ma  liha 
on  kontidest  lahti  (all  mein  Fleisch  ist  los  voo  den  Knochen),  bin 
kraftlos  von  Schreck,  Sorge  —  iga  üks  töab,  mis  tihe  tl waga  lind  on ! 
(Jeder  weiss  ja  wohl,  was  ein  Vogel  mit  einem  Flügel  ist),  eine  Wittwe  — 
temal  on  linnaksid  sefjas  (er  hat  Malz  auf  dem  Röcken),  die  Krätze  — 
linnaksid  höruma  (das  Malz  reiben),  sich  kratzen  —  üks  llge  ei  kau- 
na  teist  flies  (ein  Glied  trägt  das  andere  nicht),  ganz  erschöpft  —  so  ei 
weawil last  longa  kaiki  (der  zerreisst  nicht  einen  Wollenfaden),  ist  trag  — 
lutsu-kabel  (die  Quappenkapelle),  scherzw.  Bethaus  der  Brfidergemeine  — 
mis  sa  ajda  lügi  lahti  unustazid?  (warum  hast  du  vergessen  die  Luke 
des  Vorratshauses  zu  zu  machen),  warum  hältst  du  den  Mund  offen  —  lü 
silme  peale  ajama  (Knochen  auf  die  Augen  treiben),  dringend  bitten  — 
küla  pöles  lüks  lagedaks  ära  (das  Dorf  verbrannte  zu  Knochen  und 
Ebene),  ganz  nieder  —  lüks  puhtaks  lagedaks  ära  söraa  (zu  Knochen 
und  reiner  Fläche  abfressen),  glatt  und  kahl  —  lüpsab  lttpsiku  täj£  ja 
lob  jalaga  maha  (er  melkt  das  Melkgeföss  voll  und  stösst  es  mit  dem 
Fusse  um),  er  widerspricht  sich  selbst  —  se  kuluks  mulle  mafja  öst, 
od.  marjaks,  ära  (das  würde  mir  passen  statt  einer  Beere,  als  eine  Beere), 
das  wäre  mir  dringend  nöthig,  sehr  willkommen  —  Maisi  mure!  (des 
(Matthias  Sorge),  das  schadet  nichts,  hat  nichts  zu  sagen  —  tahab  kufja 
raatteks  rainna  (er  will  als  Decke  des  Bösen  gehn),  sterben  —  ega  so 
öle  mä  mä  ole  (das  ist  ja  nicht  ein  Land  über  das  Land  hinaus),  am 
anderen  Ende  der  Welt  —  päilik  läks  Mäfja  male  (die  Sonne  ging  in 
Mariens  Land),  unter  —  ma  ep  ole  teda  lönud  mitte  mäfja  sörmega 
ich  habe  ihn  nicht  mit  einem  nassen  Finger  geschlagen),  nicht  das  geringste 

15 


—  226  — 

Unfreundliche  gethan  —  ega  iga  märja  söna  pärast  w§i  lahutada 
(man  kann  doch  nicht  wegen  jedes  nassen  Wortes  scheiden),  jedes  unfreund- 
lichen —  mitte  üks  jumala  tera,  od.  mark  (nicht  ein  Gottes  Koro, 
od.  Zeichen)«  mitte  karwa  wärt  (nicht  eines  Haares  werth),  mitte  üks 
kflf  (nicht  ein  Nagel),  ei  sittagi  (auch  nicht  einen  Dreck),  mitte  nl 
pafju  kiii  fimber  sörme  (nicht  so  viel  wie  um  den  Finger),  od.  kui 
must  sörme-kfiä  (wie  ein  schwarzer  Nagel),  ei  tajmet  (nicht  eine 
Pflanze),  ei  sogugi  (auch  nicht  die  Art),  mitte  äks  tilk  (nicht  ein 
Tropfen),  ei  fizagi  (auch  nicht  die  Spreu),  mitte  öhku  (nicht  ein  Hauch), 
mitte  raärki,  tangu,  pörmukest,  kuiwa  pörmu,  ndu-pörmn  (kein 
Zeichen,  Korn,  Stäubchen,  trockener  Staub,  Nebelstaub),  gar  nichts —  laps 
loeb,  od.  l&heb,  möda  mättaid  (das  Kind  liest,  od.  geht,   die  Rasen - 
bugel  entlang),  nicht  fliessend  —  löm  on  mättale  wldud  (das  Thier  ist 
auf  den  Rasen  gebracht),  crepirt  —  mättast  mättase  säma  (von  einem 
Rasenhügel  auf  den  anderen  gelangen),  allmählich  vorwärts  kommen,  etwas 
tot  sich  bringen  —  die  meheks,  od.  mos  (sei  ein  Mann),  sei  so  gut, 
habe  Dank  —  meri  hakkas  ta  stidamese  (das  Meer  ergriff  sein  Herz), 
er  wurde  seekrank  —  mine  metsa !  (geh  in  den  Wald),  geh  doch ,  ei 
nicht  doch  —  miks  sa  oma  möle  metsa  lükkazid?  (warum  stiessest 
du  deinen  Sinn  in  den  Wald),  warum  hast  du  dich  zum  Schlimmen  hin  ge- 
wendet —  kas  metsa-waras  sfiädinud  wöj  willa-waras?  (ist  ein 
Walddiel  geboren  oder  ein  Wollendieb),  Knabe  oder  Mädchen  —  kfilm 
ja  tüf  kefgitas  mä  mezilaze-kerje  (Kälte  und  Wind  haben  den  Boden 
zu  einer  Honigwabe  gehoben),  rissig  gemacht  —  nfid  tema  mef  on  per- 
ses  peast  (nun  ist  sein  Sinn  im  Hinteren  aus  dem  Kopfe),  nun  ist  er  ganz 
unvernünftig  —  muH  oli  möf  öige  kaelas  (mir  war  der  Sinn  recht  im 
Halse),  ich  war  in  grosser  Noth  —  ära  sa  pea  enesele  fikeksa  mölt 
halte  dir  nicht  neun  Sinne),  sei  nicht  wankelmiithig  —  küU  so  haigus 
praegu  mos  on  (diese  Krankheit  ist  jetzt  wohl  ein  Mann),  grassirt  hef- 
tig—  temal  on  hejtd,  l&iad  mokad  (er  hat  gute,  breite  Lippen),  ist  ein 
Schwätzer  —  mine ,  mine ,  ära  nfid  möda  mftd  (geh ,  geh ,  miss  jetzt 
nicht  das  Land),  beeile  dich  —  wana  weäki  mölder  (Muller  in  einer  al- 
ten Mühle),  junger  Mann  eines  alten  Weibes  —  hobnne  oli  flks  mulla- 
kaääikas,  od.  üks  wana  muld  (das  Pferd  war  ein  Erdklos,  od.  ein 


k*L 


—  227 


altes  Erdstuck),  abgelebt,  schwach  —  ta  on  mulgu  ju  üles  tginud,  od. 
fl.  pannud  (er  hat  die  Zaunöflnung  schon  zu  gemacht),  das  Kinderzeu- 
gen eingestellt  —  rau  elul  on  mulk  peal  (mein  Leben  hat  ein  Loch), 
mir  ist  ein  Unglück  widerfahren  —  rauna  ke£k  pezase  panema  (das 
gi  mitten  in's  Nest  legen),  das  Richtige  treffen  —  ei  lauzunud  musta 

ega  walget  (er  äusserte  weder  Schwarzes  noch  Weisses),  sagte  nichts 

ei  töa,  kas  enam  musta  roäd  näewad  (ich  weiss  nicht,  ob  sie  noch 
schwarzen  Boden  sehen  werden),  das  Frühjahr  erleben  —  mitte  ma  nl 
palju  ei  näinud  kui  ttks  kuninga  münt  raba  peal  (ich  habe  nicht  so 
viel  gesehen,  wie  ein  Gepräge  des  Königs  auf  dem  Gelde),  habe  gar  kein 
Geld  zu  sehen  bekommen  —  se  ei  pane  kellegile  mütsi  pähä  (das 
setzt  Keinem  eine  Mütze  auf  den  Kopf) ,  hilft  zu  nichts  —  naba  on  aze- 
melt,  od.  paigalt,  ära  (der  Nabel  ist  von  seiner  Stelle  fort),  naba  on 
Sra  karanud  (der  Nabel  ist  fort  gesprungen),  man  hat  sich  verhoben  — 
kahe  nabaga  saks  (ein  Herr  mit  zwei  Nabeln),  ein  Laderlicher  —  laen 
tuleb  naeruga  tagasi  (das  Geliehene  kommt  mit  Spott  zurück),  wird 
nicht  erstattet  —  naba  peale  elama  (auf  dag  Fell  hin  leben),  so  leben, 
dass  man  immer  das  Leben  aufs  Spiel  setzt  —  tee  oma  nahk  söjaks 
(mache  deine  Haut  warm),  tummle  dich  —  kuiwa  nahaga  olin  jüres 
(mit  trockener  Haut  war  ich  dabei),  bekam  nichts  zu  trinken  —  perse 
nahk  wäga  kitsas  (die  Haut  des  Hinteren  ist  zu  eng),  er  kann  sich  nicht 
bücken  —  nahk-püksid  jalga  säma  (lederne  Hosen  an  die  Beine  be- 
kommen), zu  Wohlstand  gelangen  —  nahka  panema  (in  die  Haut  legen), 
verzehren,  trinken  —  ei  olnud  silma  p^al  nabka  (es  war  keine  Haut 
auf  den  Augen),  man  war  wach,  aufmerksam  —  meri  körib  nairist 
(die  See  schält  eine  Rübe),  es  sind  kleine  Wellen  mit  Schaumspitzen  — 
napu  otsa  pealt  oleksin  kukkunud  (von  der  Spitze  des  Fingers  wäre 
ich  gefallen),  beinahe,  um  ein  Haar  —  wöta  näpust,  w.  putkest,  w. 
wofmist!  (nimm  vom  Finger,  aus  der  Röhre,  aus  der  Form),  ja  prosit, 
warum  nicht  gar  —  ei  ta  tobi  oma  nina  enese  pöue  pista  (er  wagt 
nicht  seine  Nase  in  den  eigenen  Busen  zu  stecken),  er  schämt  sich  vor 
sich  selbst  —  nina  lfihendama,  od.  käfpima  (die  Nase  verkürzen,  ker- 
ben), einen  Verweis  geben  —  oli  minu  nina  otsas  (er  war  an  der  Spitze 
meiner  Nase),  drang  auf  mich  ein  —  tema  nina  kaswab  flle  katuse 

16* 


—  228  — 

(seine  Nase  wächst  über  das  Dach),  er  ist  hochmüthig  —  nina  reite 
wahel  (die  Nase  ist  zwischen  den  Beinen),  er  hat  die  Augen  niederge- 
schlagen —  temal  on  nina  llkumas  (seine  Nase  bewegt  sich),  er  logt 
—  läbi  nldi  hinge  kiskuma  (die  Seele  durch  einen  Faden  ziehen), 
kümmerlich  leben  —  tema  noka  äred  od  alles  kollased  (die  Rände^ 
seines  Schnabels  sind  noch  gelb),  er  ist  noch  unerwachsen  —  noka  peale 
andma  (auf  den  Schnabel  geben) ,  noka- wöiet  andraa  (Nasenscbmiere 
geben),  Branntwein  zu  trinken  —  ta  tuleb  kä  oma  nöziga  seia  (er 
kommt  auch  mit  seiner  Ernte  her),  kramt  seine  Weisheit  au»  —  teil  on 
iks  pafjo  nönno  (d)  (ihr  habt  immer  viele  Nasen),  viel  drein  zu  reden  — 
otsib  körwa  takka  nöuu  (er  sucht  hinter  dem  Ohr  Ratb),  peab  körwa 
ärist  n§uu  (er  berälh  sich  mit  den  Rändern  des  Ohres),  kratzt  sich  hinter 
dem  Ohr  —  wiest  sonnest  tehtud  nui  (die  aus  fünf  Fingern  gemachte 
Keule),  die  Faust  —  nfihi  minekit  (d)  (scheuere  das  Gehen) ,  packe 
dich  fort  —  surnu  hobuse  sefjas  söjtma  (auf  einem  todten  Pferde  rei- 
ten), irren  —  käul  odra-okas  kurgus  (der  Kuckuck  hat  eine  Gersten- 
granne im  Hals),  wenn  er  aufhört  zu  singen  —  temal  on  willased  ob- 
jad  (er  hat  wollene  Leinen),  führt  ein  schwaches  Regiment  —  tema)  on 
tei$t  karwa  oimud  (er  hat  Flossen  von  anderer  Farbe),  sieht  anders 
aus  —  so  laps  mis  olemata  oli  (das  Kind,  welches  ohne  zu  sein  war), 
noch  angeboren  —  oma  otsa  maha  pistma  (sein  Ende  nieder  stecken), 
sich  setzen  —  kes  töab,  mis  lapsel  otsa  es  on  (wer  weiss,  was  das 
Kind  vor  der  Stirn  hat),  wenn  es  schwer  begreift  —  ei  sä  otse  kokku, 
od.  wabeliste  (er  bekommt  die  Enden  nicht  zusammen,  od.  in  einander), 
er  kommt  nicht  zurecht  —  so  ep  ole  lödud ,  66  on  otsitud  pü-sepp 
(das  ist  kein  geschaffener,  das  ist  ein  gesuchter  Tischler),  ein  ungeschick- 
ter —  ej  sänud  5  magu  (ich  bekam  keinen  Geschmack  von  Nacht), 
konnte  kein  Auge  zu  thun  —  ei  tall  ole  öd  Öks  ega  päewa  pfiewaks 
(er  hat  keine  Nacht  als  Nacht,  keinen  Tag  als  Tag),  er  ist  Nacht  und  Tag 
in  Anspruch  genommen  —  kus  pole  tüle  öhk,  senna  pole  nöd  lange- 
wad  (wohin  des  Windes  Hauch,  dahin  neigen  sie  sich),  hängen  den  Man- 
tel nach  dem  Winde  —  hölma  wo  alla  pistma  (den  Rockschooss  unter 
den  Gürtel  stecken),  sich  auf  und  davon  machen  —  ei  ttkski  tohi  mu 
hölmast  kinfii  hakata  (Niemand  darf  meinen  Rockschooss  anpacken), 


—  229  — 

mir  etwas  anhaben  —  Örre  peale  säma  (auf  die  Stange  gelangen),  auf 
einen  grünen  Zweig  kommen  —  üks  ei  wea  üht  öle  örre ,  ega  teine 
teist  (Einer  zieht  den  Änderen  nicht  über  die  Stange) ,  beide  sind  gleich 
schwach,  armselig  — öue  janks  jäma  (zum  Antheil  des  Hofes  bleiben), 
ohne  Dach  und  Fach  —  paja  elu-aeg  löppes  (des  Kessels  Lebenszeit 
ist  zu  Ende  gegangen) ,  die  Hausfrau  gestorben  —  pada  läheb  pajuse, 
od.  öue,  od.  ulitsale  (der  Kessel  gebt  in  das  Gesträuch,  od.  auf  den  Hof, 
od.  auf  die  Strasse),  kocht  über  —  ta  paneb  seda  köjk  paela  (er  legt 
das  Alles  auf  die  Schnur) ,  schreibt  es  binter's  Ohr  —  hing  alati  pae- 
laga,  od.  paela  pidi,  od.  longa  pidi,  kaelas  (das  Leben  ist  immer  mit 
einem  Faden  am  Halse),  im  Gefahr  —  seile  mfil  on  paelaga  kaelas 
(dessen  Sinn  ist  mit  einem  Faden  am  Halse),  er  ist  nahe  daran  den  Ver- 
stand zu  verlieren  —  ej  seal  paluti  jumalat,  aina  paluti  paganat 
(da  wurde  nicht  zu  Gott  gebetet,  nur  zum  Teufel),  es  war  nur  Streiten 
ond  Fluchen  —  pahmas-korrast  oleme  läbi  sänud  (durch  die  Dresch- 
schicht sind  wir  gekommen),  aus  dem  Gröbsten  —  laewa  pakki  pane- 
ma  (das  Schiff  unter  Druck  bringen),  beilegen  —  ära  paku  oma  tegu- 
sid  teistele  (biete  nicht  deine  Thaten  Anderen  an),  schiebe  nicht  die 
Schuld  auf  Andere  —  andis  enne  kihlamist  juba  ihu  patidi  kätte 
(sie  hat  schon  vor  der  Verlobung  das  Pfand  des  Leibes  fibergeben),  von 
Gefallenen  —  päew  tuleb  paku  alla,  paku  peale  ja  flle  paku  toa 
ette,  ja  läheb  nenda  samuti  jälle  wälja  (die  Sonne  kommt  unter  die 
Schwelle,  auf  die  Schwelle  und  über  die  Schwelle  vor  die  Stube,  und  geht 
ebenso  wieder  hinaus),  bei  dem  Abnehmen  und  Zunehmen  der  Tage  — 
päew  pettis  möst  (die  Sonne  betrog  den  Mann),  er  verschlief  den  Son- 
nenaufgang —  so  on  pfiewa  ajal  tehtud  (das  ist  bei  Tage  gemacht), 
recht  arg  böse  —  teraal  on  päewa-koer  seljas  (er  hat  eine  Haarraupe 
auf  dem  Rucken) ,  der  Rücken  juckt  —  päewad  käiwad  orja  pole, 
pere-mehe  pole  {die  Tage  gehen  auf  die  Seite  des  Knechtes,  des  Haus- 
herren) ,  nehmen  ab  und  zu  —  püha-päewased  päewad  on  tall  ikka 
peal  (die  Sonntage  hat  sie  immer  noch  darüber),  sie  muss  wohl  älter  sein 
—  naene  on  wlmiste  päewade  peal  (das  Weib  ist  auf  den  letzten  Ta- 
gen), der  Entbindung  ganz  nahe  —  p&hä  säma  (auf  den  Kopf  gelangen), 
offenkundig  werden  —  ei  jijua  päjst  ega  jalust  (er  vermag  nicht  mit 


—  230  — 

Köpfen  noch  mit  Füssen),  er  kommt  mit  nichts  vorwärts  —  seile  aäjaga 
ma  ölen  päjwis  kflll  (mit  dieser  Sache  bin  ich  wohl  in  den  Tagen),  sie 
macht  mir  viel  zu  schaffen  —  nüd  Otan  ikka  seda  wana  päris-peig- 
möst  (jetzt  erwarte  ich  immer  den  alten  eigentlichen  Bräutigam),  den  Tod 
—  küll  om  tili  pafjo  pä  all  (d)  (der  hat  wohl  viel  unter  dem  Kopf), 
trägt  die  Nase  hoch  —  üle  pä  ja  sü  laskma  (d)  (über  Kopf  und  Mund 
lassen),  übermässig  antreiben  —  pea  seljas,  od.  röngas  (der  Kopf  ist 
auf  dem  Rucken,  od.  im  Ringe),  er  ist  hochmfithig  —   tema  pea,  od. 
p^a-lö,  tahaks  katlas,  od..  hobuse-sitaga,  köta  (sein  Kopf,  od.  Schä- 
del, will  im  Kessel,  od.  mit  Pferdemist,  gekocht  werden),  er  begreift 
schwer  —  pidi  malle  pea-mähkijaks  jäma  (er  sollte  mir  als  Kopf- 
einhüller  bleiben),  mich  begraben  —  eks  teie  paku  ikka  pead  ja  meje 
perset  (ihr  bietet  ja  immer  den  Kopf  und  wir  den  Hinteren),  ihr  seid  uns 
untergeordnet  —  läheb  teize  perese  (er  geht  in  ein  anderes  Gehöft), 
macht  einer  Anderer*  den  Hof  —  kui  aga  perse  peaks  kinni  (wenn 
nur  der  Hintere  fest  hielte),  wenn  er  nur  beständig  wäre,  auf  seiner  Stelle 
bliebe  —  ta  perse  on  täji  (sein  Hinterer  ist  voll),  er  ist  übermüthig  — 
ehk  enne  perse  külm  taga,  enne  kui  temast  tqjtjat  sab  (vielleicht 
ist  eher  der  Hintere  kalt  hinten,  als  aus  ihm  ein  Ernährer  wird),  vielleicht 
bin  ich  eher  todt  —  ma  teen  persega  enam  kui  kättega  (ich  arbeite 
mehr  mit  dem  Hinteren  als  mit  den  Händen),  arbeite  sitzend  —  flks  kahe 
persega  mos  (ein  Mann  mit  zwei  Hinteren),  ein  Doppelzüngiger,  Unzu- 
verlässiger —  se  on  pole  persega  tehtud  (das  ist  mit  halbem  Hinteren 
gemacht),  fiberhin,  nicht  sorgfaltig  —  se  on  perses  (das  ist  im  Hinte- 
ren), nüd  ma  ölen  perses  (nun  bin  ich  im  Hinteren),  verloren,  es  ist 
aus  —  wöta  mina  külmast  persest  (nimm  aus  meinem  kalten  Hinte- 
ren), wenn  ich  todt  bin  —  perset  tagasi  kiskuma  (den  Hinteren  zurück 
ziehen),  sich  schonen  —  juba  piugukene,  od.  pgnike,  pihus  (schon  ist 
das  Schnürchen,  od.  das  Feine,  in  der  Hand),  es  geht  auf  die  Neige  — 
ej  mitte,  eks  oleks  mu  wasta  pöretand  (wenn  er  doch  auch  nur  ge- 
farzt  hätte  gegen  mich),  er  kümmert  sich  durchaus  nicht  um  mich  —  ei 
anna  enam  pidu  (es  gestattet  kein  Halten  mehr) ,  ist  nicht  mehr  aus  zu 
halten  —  hojab  sfldant  pihus  (er  hält  das  Herz  in  der  Hand),  ist  todt- 
krank  —  tema  on  pilTi  hfldma  pannud  (er  hat  die.  Flöte  zum  Tonen 


—  231  — 

gebracht),  ist  der  Tonangeber  —  käjb  oma  könedega  ptfwist  Iftbi  (er 
geht  mit  seinen  Reden  durch  die  Wolken),  fuhrt  hochtrabende  Reden  — 
mitte  pime  Bona  (nicht  ein  blindes  Wort),  kein  Sterbenswort  —  pime 
korjab  ß^al  pafju  (das  Dunkel  sammelt  dort  viel),  dort  wird  viel  gestoh- 
len —   piriri  nörati  (die  Zwicke  ist  geschnürt))  man  ist  satt  —  pingi 
peale  panema  (auf  die  Bank  legen),  quälen  —  tema  tat  od  pitk-gaba 
metsas  (sein  Vater  ist  der  Langschwanz»  Wolf,  im  Walde),  ein  unehe- 
liches Kind  —  temal  on  pitkad  kfined  od.  sörmed  (er  bat  lange  Nä- 
gel od.  Finger),  t.  6.  peial  pitkem  kui  teized  sörmed  (sein  Daumen 
ist  langer  als  die  anderen  Finger),  tema  llgutab  käzi  (er  bewegt  die 
Hände),  ajab  käed  pitkale  (streckt  die  Hände  aus),  prOgib  näppusid 
(gebraucht  die  Finger),  lazeb  näpud  kgja  (lässt  die  Finger  gehen),  er 
stiehlt  —  ehk  teje  käzi,  od.  n§u,  pitkem  (vielleicht  ist  eure  Hand,  od. 
euer  Rath,  länger),  vielleicht  wisset  ihr  besseren  Rath  —  pizuke  löi 
stire  maha,  od.  surnuks  (der  Kleine  hat  die  Grosse  nieder,  od.  todt, 
geschlagen),  die  Hotter  ist  bei  der  Geburt  gestorben  —  seile  plbu  p^l 
sä  oo  (auf  dieser  Pfeife  ist  es),  das  ifct  tneiie  Berechnung  —  ema  plm 
alles  kfinte  all  (der  Mutter  Milch  ist  noch  unter  den  Nageln),  ta  on  flks 
selige  pTma-söfm  (er  ist  ein  reiner  Milchfinger),  ein  Muttersöhnchen  — 
nemad  od  übe  lehma  plmaga  pestud  (sie  sind  mit  einer  Kuh  Milch 
gewaschen) ,  gleich  —  8&b  uäha ,  kas  hgge  pörab  wöj  läbeb  edasi 
(man  wird  sehen,  ob  der  Kranke  umkehrt  oder  vorwärts  geht),  sich  bes- 
sert oder  stirbt  —  pöhi  kaub  säst  ära  (der  Boden  drinnen  geht  verlo- 
ren), es  ist  ein  sehr  starker  Durchfall  —  wSraste  pöhi  lftheb  alt  ära 
(der  Boden  der  Gäste  geht  unten  weg),  sie  nehmen  gar  kein  Ende  — 
temal  sü  pöjgeti  nina  all  (er  hat  den  Mund  quer  unter  der  Nase),  auf 
dem  rechten  Fleck  —  surm  on  ptytes  iga  p(L$w  (der  Tod  ist  im  Busen 
jeden  Tag),  ist  uns  immer  nahe  —  so  on  üks  pSzast,  od.  metsa&t, 
külge  hakannd  laps  (das  ist  ein  vom  Strauche,  od.  Walde,  hängen  ge- 
bliebenes Kind),  uneheliches  Kind  —  lapse  pSzaste  wahele  lükkama 
(ein  Kind  zwischen  die  Sträucher  stossen),  Verstössen  —  pea  jy  pr&eks 
päewa  kftes  (der  Kopf  wurde  zum  Braten  in  der  Sonne),  die  Sonne  brannte 
auf  den  Kopf  —  &e  jutt  olgu  palawa  pudru  p^jde  puhuda  (diese  Ge- 
schichte sei  auf  einen  heissen  Brei  zu  blasen),  es  ist  nichts  daran  —  kes 


—  232  — 

tema  pudral  olnud?  (wer  ist  bei  seinem  Brei  gewesen),  wer  kann  wis- 
sen, wie  alt  er  ist  —  pßliti,  od.  kölleti,  od.  jala  talla  alt,  läbi  poge- 
ma  (auf  den  Knien,  od.  aut  der  Seite,  od.  unter  der  Fusssohle,  durch 
kriechen),  sich  demfithigen  —  nttd  ej  wöi  enam  puis  ega  mais  te- 
maga  olla  (nun  kann  man  weder  in  Bäumen  noch  Feldern  mit  ihm  sein), 
es  ist  gar  nicht  aus  zu  kommen  mit  ihm  —  ta  ei  sä  enam  puki  pcale 
(er  kommt  nicht  mehr  auf  den  Bock),  auf  einen  grünen  Zweig,  zur  Herr- 
schaft —  tema  tabab  minule  pulga  perse  ajada  (er  will  mir  einen 
Pflock  in  den  Hinteren  treiben),  mir  schaden,  mich  verderben  —  on  ju 
wimse  pulga  peal  (er  ist  auf  dem  letzten  Pflock),  juba  wlmne  pulk 
käes  (der  letzte  Pflock  ist  schon  da),  er  pfeift  aus  dem  letzten  Loche  — 
nüd  on  pulk  käes,  od.  pihus  (nun  ist  der  Pflock  in  der  Hand),  der 
Schmaus  vorbei  —  ei  seal  wöeta  mitte  waeze  pulka  süst  ära  (dort 
nimmt  man  nicht  dem  Armen  den  Pflock  aus  dem  Munde),  giebt  ihm  nicht 
zu  trinken  —  külm  on  mind  läbi  purennd  (die  Kälte  hat  mich  durch 
gekaut) ,  ich  bin  ganz  durch  gefroren  —  ta  on  pü  ja  pakk  (er  ist  Holz 
und  Klotz) ,  stockdumm  —  ta  on  pflhke  mäel  (er  ist  auf  dem  Kehricht- 
haufen), ohne  Dienst,  Verstössen  —  sa  mfid  täna  oma  pflksid  ära  (du 
wirst  heute  deine  Hosen  verkaufen),  es  wird  dir  schlimm  ergehen  —  so 
ajab  pttksid  enesele  täji  armutumalt  (er  jagt  sich  'unbarmherzig  die 
Hosen  voll),  füllt  sich  die  Taschen  —  kflll  ta  jätab  omad  püksid  senna 
(er  wird  wohl  seine  Hosen  dort  lassen),  Schaden  haben  —  naene  wöttis 
oma  jalga  pQksid  (das  Weib  nahm  die  Hosen  an  ihre  Beine),  bemäch- 
tigte sich  des  Hausregiments  —  tema  on  kä  korra  möda  püksa  sä- 
nud  (er  hat  auch  ein  Mal  auf  die  Hosen  bekommen),  Schaden  erlitten  — 
jänes  on  pOksis  (ein  Hase  ist  in  den  Hosen) ,  jänese-nahk  on  pfiksis 
(ein  Hasenfell  ist  in  den  Hosen),  seil  on  öjge  jänese-sfida  sös  (er  bat 
recht  ein  Hasenherz),  wezi  on  pfiksis  (Wasser  ist  in  den  Ho&en),  temal 
on  enam»  pfiksis  kui  köbus  (er  bat  mehr  in  den  Hosen  als  im  Bauche), 
pflksid  tölawad  (die  Hosen  windigen),  püksid  söluwad  (die  Hosen  sie- 
ben), pflksid  söluwad  tuhka,  od.  liwa,  od.  püli  (die  Hosen  sieben 
Asche,  od.  Sand,  od.  Mehl),  pflksid  löwad  kaks  tejst  kommend  (die 
Hosen  schlagen  zwölf),  er  ist  in  Furcht  —  ma  wötsin  so  lapse  öjete 
hirine  rahuks  enese  jure  (ich  nahm  das  Kind  recht  zur  Ruhe  der  Seele 


_  233   — 

zo  mir),  um  meine  Sunden  zu  tilgen  —  kahe  jala  ratsa  söjtma  (auf 
iwei  Füssen  reiten),  zu  Fusse  gehen  —  rahwal  on  lai  rämat  (das  Volk 
bat  ein  breites  Buch),  im  Volke  giebt  es  immer  Gerede  —  kas  sa  rägid 
ehk  pöretad!  (magst  du  sprechen  oder  farzen),  er  kehrt  sich  an  nichts 
—  teize  ree  peale  heitma  (sich  auf  eines  Anderen  Schlitten  legen), 
gemeinschaftliche  Sache  mit  ihm  machen  —  silmad  ribawad  (die  Augen 
streiten),  mich  gelüstet  —  wahet  rikkuma  (den  Zwischenraum  verder- 
ben), Unfriede  anrichten  —  nfld  ölen  ma  riäti-izaga  kokku  juhtunud! 
(nun  bin  ich  mit  dem  Taufvater  'zusammen  getroffen),  den  werde  ich  so 
bald  nicht  los  —  teraal  ei  tule  riäti-wett  silmi  (ihm  kommt  kein  Chri- 
stenwasser in  die  Augen) ,  er  hat  kein  Erbarmen  —  seil  on  willased 
römad  (der  bat  wollene  Kummetriemen),  ist  faul  —  kazi  oma  römad 
(bring  deine  Kummetriemen  in  Ordnung),  mache,  dass  du  nach  kommst  — 
k&ed  on'rozikase  kaswannd  (die  Hände  sind  in  eine  Faust  gewachsen), 
er  ist  geizig  —  sawale  rQmi  andma  (dem  Schwänze  Raum  geben), 
saba  wiskama  (den  Schwanz  werfen) ,  davon  laufen  —  kargab  saba 
sefjas  (er  springt  mit  dem  Schwanz  auf  dem  Rücken),  er  springt  lustig, 
ohne  Sorgen,  umher  —  temal  on  saksa-liha  (er  hat  herrschaftliches 
Fleisch),  ist  wollästig  —  leib  knkkus  saksa-söla  (das  Brot  fiel  in  das 
herrschaftliche  Salz),  in  den  Sand  —  ta  ajab  Sil  sarikad  pfiäti  (er  rich- 
tet die  Sparren  des  Mundes  auf),  fuhrt  grosse  Reden  —  jökseb  wastu 
seina  sarwedega  (er  läuft  mit  den  Hörnern  gegen  die  Wand),  will  mit 
dem  Kopfe  durch  die  Wand  —  jumal,  lö  inimezi,  lö  safwi  p&hfi  ka! 
(Gott,  schaffe  Menschen,  schaffe  ihnen  auch  Hörner  an  den  Kopf)»  wie 
kann  man  so  einfältig  sein  —  ei  so  ole  safwi  elades  kiütii  pidannd 
(der  hat  im  Leben  nicht  die  Hörner  fest  gehalten),  Stich  gehalten  —  tulin 
appi  sapna  höbama  (ich  kam  zu  Hülfe  die  Badstube  zu  wippen),  kam 
zu  Gevatter  —  palus  mulle  sanna-leile  (er  erbat  mir  Badstubendampf), 
wünschte  mir  Unheil  —  laps  on  rämatu  sawa  alla  pannud  (das  Kind 
bat  das  Buch  dnter  den  Schwanz  gelegt),  das  Lesen  vergessen  —  kas 
tahad  sawa  taha  sada?  (willst  du  einen  Schwanz  hinten  haben),  ein 
Kind  —  andis  temale  sapad  jalga  (er  gab  ihm  Stiefel  an  den  Fuss), 
bat  ihn  tüchtig  betrogen  —  nttd  ma  sata  tftll  sälgä  (d)  (nun  falle  ich 
ibm  auf  den  Rücken),  verfalle  ich  darauf  —  temal  on  sea-töbi  (er  hat 


-   4 


—  234  — 

die  Schweinekrankheil),  ist  faul  —  tare  selga  wötma  (das  Zimmer  auf 
den  Racken  nehmen),  ein  grosses  Geschrei  erheben  —  tahab  k§ik  ma- 
ilma  oma  selga  wötta  (er  will  die  ganze  Welt  auf  seinen  Röcken  neh- 
men), vermisst  sich  zu  viel  —  seljaga  ahju  kfitma  (mit  dem  Rücken 
den  Ofen  heizen),  das  Brennholz  herbei  tragen  müssen  —  talwe  selja 
katki  löraa  (des  Winters  Rücken  entzwei  schlagen),  am  Matthäustage, 
24.  Februar,  sich  betrinken  —  hobuse  seFjast  tehtud  (vom  Rucken 
des  Pferdes  aus  gethan),  sörme-otsast  tehtud  (von  der  Fingerspitze  ge- 
macht), überhin,  flüchtig  —  sibulat  leikama  (Zwiebel  schneiden),  tüch- 
tig aus  schelten  —  must  siga  ahjus  (ein  schwarzes  Schwein  ist  im 
Ofen),  das  Feuer  darin  ist  erloschen  —  ma  teen  silda  alla  (ich  mache 
eine  Brücke  darunter),  nehme  einen  guten  Imbiss  vor  der  Mahlzeit  — 
sain  ikka  natukeze  silda  alla  (ich  bekam  immer  etwas  Brücke  dar- 
unter), etwas  für  den  ersten  Hunger  —  sai  palawa  silgu  tasku  (er  be- 
kam einen  heissen  Strömling  in  die  Tasche),  es  bekam  ihm  übel  —  ta 
ep  ole  nl  pafju  head  teinud,  mis  silma  sisse  (er  hat  mir  nicht  so  fiel 
Gutes  gethan,  dass  es  in's  Auge  wäre),  ei  sänud  einet  silma  wöl  wä- 
hem  sahn  pista(ich  bekam  nicht  einen  Bissen  in's  Auge  zu  stecken,  noch 
weniger  in  den  Mund),  ei  antud  seal  suhu  ega  silma  (es  wurde  dort 
weder  in  den  Mund  noch  in's  Auge  gegeben),  gar  nichts  —  ma  tahan 
sulle  häbi  teha  nefja  silma  es  (ich  will  dich  beschämen  vor  vier  Au- 
gen), zwei  Zeugen  —  temal  silmad  pihus  (sie  hat  die  Augen  io  der 
Hnnd),  weint  immer  —  muldne  asta  tegi,  od.  pani,  öjete  silmad 
pähä  (das  vergangene  Jahr  hat  recht  Augen  in  den  Kopf  gemacht,  od.  ge- 
setzt), die  Augen  geöffnet,  aufmerken  gelehrt  —  sinn  silmad  olid  perse 
all  (deine  Augen  waren  unter  dem  Hinteren),  du  hast  nicht  gesehen  — 
kas  silmad  taga-otsas?  (sind  die  Augen  am  Hinterende),  bist  du  denn 
blind  —  silmade  wabele,  od.  kabe  silma  wahe-kohta,  od.  silma- 
pflri  wahe-kohta,  jäma  (zwischen  den  Augen,  od.  in  dem  Zwischen- 
raum beider  Augen,  bleiben),  übersehen,  nicht  gefunden  werden  —  seil 
kirwel  ep  ole  silma,  ep  ole  nina  peas  {dieses  Beil  hat  kein  Auge, 
keine  Nase  am  Kopf),  taugt  nichts  —  nöla  silmast  tOdud  (vom  Oehr 
der  Nadel  gebracht),  funkelnagel  neu  —  kas  mina  ölen  sulle  flfae  si- 
nepi-tera-suguse  tönud  tolles?  habe  ich  dir  beim  Kommen  ein  Senf- 


■  I 


rl 


—  235  — 

tonartiges  mit  gebracht),  ein  Kind  —  ajab  sita-h$|zu  taga  (er  läuft 
dem  Kotbgerache  nach),  macht  verächtliche  Arbeit  —  sest  ep  ole  enam 
km  sitika  silm  (davon  bat  man  nicht  mehr  als  das  Auge  eines  Mistkä- 
fers), so  gut  wie  nichts  —  so  wajus  ßitta  (das  versank  in  den  Koth), 
daraas  wurde  nichts  —  sokku  sawast  ja  mitte  saf  wist  wedama  (den 
Bock  am  Schwänze  und  nicht  an  den  Hörnern  fuhren),  etwas  verkehrt  an- 
fangen —  80  ja  raba  peale  söwima  (auf  den  Sumpf  und  Morast  wün- 
schen), dahin,  wo  der  Pfeffer  wichst  —  ta  od  sola  pandud  (ex  ist  in 
Salz  gelegt),  ein  Nothnagel  —  ega  mind  seile  pärast  sola  panda  (man 
wird  mich  ja  darum  nicht  in  Salz  legen) ,  das  wird  ja  den  Kopf  nicht  ko- 
sten —  sömest  ja  särest  (aus  Finnland  und  von  der  Insel),  von  überall 
her  —  8öe-koti  pähft  ajama  (den  Kohlensack  über  den  Kopf  legen), 
in  Unwissenheit  erhalten  —  ta  8Öb  mu  silmad  p$ast  ära  (er  isst 
meine  Augen  aus  dem  Kopfe) ,  will  mir  die  Augen  auskratzen  —  laps 
flsna  södis  (das  Kind  ist  ein  ganz  unaufgebrochener  Boden),  hat  noch 
keinen  Unterricht  gehabt  —  nöd  oliwad  flhe  lejwa  söjad  (die  waren 
Esser  eines  Brotes),  gleichen  Gelichters  —  seda  sa  pead  nurgas  söma 
(las  sollst  du  im  Winkel  essen) ,  daran  sollst  du  keine  Freude  haben  — 
wemmalt  söma  (einen  Knüttel  essen),  verbrauchen,  sehr  viel  Prügel  be- 
kommen —  oma  söna  ära  söma  (sein  Wort  auf  essen) ,  zurück  neh- 
men) —  sömata  süga  külma  (mit  nicht  essendem  Munde  an  hören), 
mit  offenem  Munde  —  so  peab  Qjete  sönud  mes  oleraal  keß  seda 
teeb  (das  muss  ein  recht  gegessen  habender  Mann  sein,  der  das  thut), 
ein  recht  tüchtiger,  kräftiger  —  tema  oksendas  sölikad  so  kaudu 
wälja  (er  vomirte  die  Därme  zum  Munde  heraus),  hatte  das  Miserere  — 
töbra-luzikad  on  ammugi  ära  pöletatud  (die  Freundeslöffel  sind  längst 
schon  verbrannt),  die  Freundschaft  ist  längst  aus  —  jutule  sölme  peale 
heitma  (auf  die  Rede  einen  Knoten  machen),  davon  abbrechen  —  jumal, 
<>4-  wana,  söjdab  (Gott,  od.  der  Alte,  fahrt) ,  es  donnert  —  pudr  söi- 
mab  katlas  (der  Brei  schimpft  im  Kessel) ,  brodelt . —  ej  uäe  sörme 
silma  pista  (man  sieht  nicht  den  Finger  in's  Auge  zu  stecken),  die  Hand 
vor  den  Augen  —  m  km  sörme  otsast  pilwete  p^ale  (wie  von  der 
Fingerspitze  auf  die  Wolken),  ganz  gerade  aus  —  neu  on  ühed  sörmed 
(sie  haben  lauter  gleiche  Finger) ,  Einer  ist  wie  der  Andere  —  ta 


-     ; 


—  236  — 

hojab  sörmed  sirged,  köwerad  (er  hält  die  Finger  gerade,  krumm), 
ist  uneigennützig,  eigennützig  —  sörmede  wahelt  ära  söma  (zwischen 
den  Fingern  weg  essen),  aus  der  Hand  in  den  Mund  leben  —  kui  sab 
sörwa  peale  (wenn  er  auf  den  Rand  kommt),  etwas  vor  sich  bringt  — 
sflda  sölub  rahet  (das  Herz  sieb}  Hagel),  ist  sehr  bewegt  —  tema 
käis  ühel  hommikul  seitse  suitsu  (er  ist  an  einem  Morgen  durch  sie- 
benfachen Rauch  gegangen),  ein  unglücklicher  Freier,  der  sich  so  viel 
Körbe  geholt  hat  —  sulas  mä  alla  (er  schmolz  unter  die  Erde)»  ver- 
schwand —  kes  ta  sule  lad  was  kififii  olnud?  (wer  hat  den  Gipfel 
seiner  Feder  gehalten),  das  Papier  ist  geduldig  —  ta  puhub  koik  su- 
led  tule  kätte  (er  bläst  alle  Federn  in  den  Wind) ,  ihm  fehlt  nichts  — 
teized  on  enesele  sulgi  sänud  (Andere  haben  Federn  bekommen),  sich 
bereichert  —  lapsed  sulile  panema  (die  Kinder  in  Federn  legen),  be- 
kleiden —  ei  ma  oleks  rätsinud  teda  snretada  (ich  hätte  ihn  gern 
nicht  als  Sterbenden  gepflegt),  ihn  am  Leben  behalten  —  teine  snrm 
sfldames,  teine  silma  6s  (ein  Tod  im  Herzen,  der  andere  vor  Augen), 
ein  Kind  todt,  das  andere  im  Sterben  —  söja  surmaga  sain  senna  (mit 
warmem  Tode  kam  ich  dahin),  todtkrank  —  koti  sü  alas-pidi  (die  Mün- 
dung des  Sackes  ist  nach  unten),  er  ist  verarmt  - —  tema  sü  on  mind 
kutsund  tema  kallale  (ihr  Mund  hat  mich  über  sie  gerufen) ,  sie  bat 
mich  durch  Gezänk  zum  Schlagen  gereizt  —  ep  ole  ma  elades  "fcohtu 
sü  awatanud  (ich  habe  im  Leben  nicht  den  Mund  des  Gerichtes  geöffnet), 
bin  nie  vor  Gericht  gewesen  —   ta  ei  ole  mu  sü-täjel  ega  rau  Ieiwal 
olnud  (er  ist  weder  bei  meinem  Mundvoll  noch  bei  meinem  Brote  gewe- 
sen), ich  habe  nichts  mit  ihm  zu  thun  gehabt  —   ma  ei  lauzunud  süd 
ega  söna  (ich  äusserte  weder  Mund  noch  Wort),  kein  Wort  —  muH  on 
süd  sil m ad  häbi  täte  (ich  habe  Mund  und  Augen  voll  Schande),  bin 
ganz  beschämt  —  ta  annab  seaga  süd  (er  küsst  sich  mit  einem  Schwein), 
ist  ein  ganz  Verworfener  —  ta  sQl  ep  ole  känt  p^al  (sein  Mund  bat 
keinen  Deckel),  er  schwatzt  viel,  nimmt  kein  Blatt  vor  den  Mund  —  muH 
oli  sflda  8üs  (ich  hatte  das  Herz  im  Munde),  war  voll  Angst  —  sfist 
snhn  räkima  (aus  dem  Mund  in  den  Mund  sprechen),  unter  vier  Augen  — 
mu  süda  ja  weri  ei  anna  enam  tema  pole  (mein  Herz  und  mein  Blut 
geben  nicht  mehr  zu  ihm) ,  ich  habe  keine  Neigung  zu  ihm  —  süda  ja 


—  237  — 

ldhenud  (das  Herz  ist  schon  geplatzt),  er  ist  schon  todt  —  tall  on  süda 
pihus,  od.  näpu  wahel,  od.  nftpu  otsas  (er  bat  das  Herz  in  der  Hand, 
od.  zwischen  den  Fingern,  od.  an  der  Fingerspitze),  tall  on  süda  jänese- 
tantsi  tantsimas  (sein  Herz  tanzt  den  Hasentanz),  er  ist  in  Furcht  — 
süda  tahab  süst  wftFja  tulla  (das  Herz  will 'zum  Munde  heraus  kommen), 
man  ist  sehr  ärgerlich  —  süda  läks  mäni  (das  Herz  ging  bis  auf  die 
Erde),  süda  on  ptiksis  (das  Herz  ist  in  den  Hosen),  der  Muth  entfiel  ihm 
—  wOtab  palukeze  sQdame  alla  (er  nimmt  einen  Bissen  unter  das 
Herz),  gegen  die  Nüchternheit  —  peasta  sfidame  alia!  (rette  es  unter 
das  Herz),  nimm  das  für  den  ersten  Hunger  —  ma  katsunud  kfill  Su- 
dan t  ta  persest  kätte  säda,  aga  ei  sänud  (ich  versuchte  wohl  sein 
Herz  aus  dem  Hinteren  zu  bekommen,  aber  bekam  es  nicht),  durch  Schläge 
,  seinen  Trotz  zu  brechen  —  sls  körwa  äred  sttgelewad  (dann  jucken 
die  Ränder  des  Ohrs),  dann  ist  grosse  Noth  —  sflle  (ja)  seljaga  wastu 
wötma,  andma,  wastu  seizma  (mit  Schoos  und  Rucken  entgegen  neh- 
men, geben,  widerstreben),  mit  beiden  Händen,  mit  Händen  und  Füssen  — 
iikima,  mis  sülg  subu,  od.  süst  wäfja,  ajab  (sprechen,  was  der  Spei- 
chel in  den  Mund,  od.  aus  dem  Munde,  treibt),  was  Einem  in  den  Mund 
kommt  —  taewas  tapleb  (der  Himmel  kämpft),  es  ist  ein  Nordlicht  — 
ta  wls  mind  taga-otsa  pole  (er  brachte  mich  nach  dem  hinteren  Ende 
zu),  kam  aus  dem  Hundertsten  in's  Tausendste  —  tallale  jänud,  od. 
pandud  (an  der  Fusssohle  geblieben,  od.  gesetzt),   im  Wuchs  zurück  ge- 
blieben —  on  tallast  lahti  peazenud  (er  hat  sich  von  der  Fusssohle 
frei  gemacht),  fängt  an  zu  wachsen  —  ajas  talwa  otse-kohe  pü  sisse 
(er  trieb  den  Keil  gerade  in's  Holz  hinein),  traf  den  Nagel  auf  den  Kopf  — 
muH  ep  ole  enam  kui  nöd  kQmme  talu-poega  (ich  habe  nicht  mehr 
als  diese  zehn  Bauern),  die  Finger  —  tema  wist  läjnud  tarka  taga 
ajama  (er  ist  gewiss  gegangen  dem  Klugen  nach  zu  jagen),  fort  gegangen, 
veil  er  schläfrig  wurde  —  ta  on  mitme  täri  maitsnud  (er  hat  Manches 
Kofent  gekostet),  oft  den  Dienst  gewechselt  —  ezimeze  teiba  muruse 
löma  (den  ersten  Pfahl  in  den  Rasen  schlagen),  sich  anbauen,  den  Grund 
legen  —  muH  on  tö  es  kinni  (der  Weg  ist  fest  vor  mir),  ich  kann 
nicht  vorwärts  kommen  mit  etw.  —  ei  ole  übe  linnu  tTwad  minu 
külge  sänud  (keines  Vogels  Flügel  sind  an  mich  gekommen),  kein  Mann 


—  238  — 

—  nina  siase  tot kima  (in  die  Nase  stocherp),  zuflüstern  einem  Gefrag- 
ten —  pitka  torni  alla  minema  (unter  den  langen  Thurm  geben),  ster- 
ben —  tödud  hobune  (ein  gebrachtes  Pferd),  ein  gestohlenes  —  übe 
trlgi-pö  all  koik  (alle  unter  einem  Streichholze),  sie  sind  Alle  gleich  — 
s£  on  fisna  teine  tubakas*(das  ist  ein  ganz  anderer  Tabak),  etwas  ganz 
Anderes  —  tuha-labidaga  perse  ISma  (mit  der  Aschenscbaufel  auf  den 
Hinteren  schlagen),  aufs  Verächtlichste  behandeln  —  tuhka  silma  aja- 
ma,  od.  wiskama,  od.  riputama  (Asche  in's  Auge  treiben,  od.  werfen, 
od.  streuen),  Sand  —  ma  ölen  jumala  tui  (ich  bin  Gottes  Taube),  mm- 
lerseelen  allein  —  tuld  perse  andma  (Feuer  in  den  Hinteren  geben), 
treiben,  Eile  machen  —  tuld  wee-auku  tegema  (Feuer  in  ein  Wasser- 
loch machen),  unverschämt  lögen  —  tuld  lakka  laskma  (Feuer  in  deir 
Bodenraum  lassen),  tuli  lakas  (das  Feuer  ist  im  Bodenraum) ,  sich  erei- 
fern —  otsitakse  tule  ja  törwaga  (es  wird  gesucht  mit  Feuer  und 
Theer),  wie  eine  Stecknadel  —  ei  ole  tulele  ei  weele  (es  ist  nicht  für's 
Feuer,  nicht  für's  Wasser) ,  taugt  zu  nichts  —  tült  kotti  ajama  (Wind 
in  den  Sack  treiben),  aufschneiden,  lügen  —  tült  taewa  pole  puhuma 
(Wind  gen  Himmel  blasen),  überraüthig  sein  —  tflhja  tült  töutama 
(leeren  Wind  drohen),  leeres  Stroh  dreschen  —  temal  on  wäl  seitse 
tült  jala  all  (er  hat  noch  sieben  Winde  unter  dem  Fusse),  ihm  kann  noch 
Manches  begegnen  —  ta  om  sedä  tühjä  länntt  (d)  (er  ist  dem  ins 
Leere  gegangen),  dem  entgangen  —  sQ  läks  hukka  (der  Mund  verdarb), 
man  versprach  sich  —  tema  pani  ukse  kitini  (er  machte  die  Tbur  zu), 
war  das  letzte  Kind  —  ej  töa  bollu  ega  tarka  (ich  weiss  nicht  Dum- 
mes noch  Kluges),  der  Verstand  steht  mir  still  —   oma  hullu-sarwed 
ära  wiskama  (seine  Tollheitsbörner  weg  werfen),  sich  die  Hörner  ablau- 
fen —  kfili  tema  hullu-sarwed  säwad  käfbitud  (seine  Toüheitshörner 
werden  schon  gekerbt,  beschnitten  werden),  er  wird  sich  schon  die  Horner 
ablaufen,  gewitzigt  werden  —  temal  on  ju  huädi-haiz  (sie  hat  schon 
Wolfsgeruch),  ist  mannbar  —  hundi-ted  minema  (den  Weg  des  Wolfes 
gehen),  sich  fortschleichen  —  ma  ep  ole  bundi-kqgr  mitte  (ich  Mo 
kein  Wolfshund),  auch  nicht  zu  verachten  —  ei  tule  uni  peale,  ei  lähe 
söma-aeg  sisse  (der  Schlaf  überkommt  nicht,  die  Mahlzeit  gebt  nicht  hin- 
ein), man  bat  weder  Schlaf  noch  Appetit  —  ma  ütlen  seda  uniste  kSt- 


—  239  — 

tega  ja  nnise  söga  (ich  sage  das  mit  schläfrigen  Händen  und  schläfrigem 
Monde),  vermuthungsweise,  ohne  gewiss  zu  wissen  -»—  pea  sina  oma  stt 
bonnikas  (balle  deinen  Mund  in  einem  Haufen),  halt  das  Maul  —  hunt 
kiskas  teda  (ein  Wolf  bat  sie  gerissen),  sie  hat  mit  einem  Manne  zu  tbun 
gehabt  —  hunti  söidetakse  (der  Wolf  wird  geritten),  wenn  er  ohne 
Schaden  zu  thun  durch  eine  Herde  läuft  —  moiza-wanemate  uzu-kin- 
intus  (der  Gutsherrschaft  Glaubensstärkung),  Prägel  —  ut  leikama  (ei- 
oen  neuen,  sc.  Pflock,  schneiden),  anfangen  aus  dem  Yorrathsmagazin  zu 
borgen  —  muH  on  üks  tejst  kämmend  kahju  (ich  habe  elf  Schäden), 
ich  habe  viel  Schaden  erlitten  —  ülewalt  alla  paluma,  tänama  (von 
oben  nach  unten  bitten,  danken),  inständigst  —  tema  oli  wlnaga  um- 
kr-kyja  (er  war  ein  mit  dem  Branntwein  Verkehrender),  Trinker  — 
meie  ei  sänud  mitte  Qht  ümmargust  kört  heinu  (wir  bekamen  nicht 
einen  runden  Halm  Heu),  gar  keins  —  nfid  läheb  lugu  üramarguzeks 
(jetzt  wird  die  Sache  rund),  schwierig,  bedenklich  —  ära  ole  oma  hinne 
waenlane  (sei  nicht  der  Feind  deiner  Seele),  schone  dein  Leben  —  ta 
söb  oma  were  wagwa  (er  isst  die  Mühe  seines  Blutes),  lebt  von  schwo- 
rer Arbeit  —  kui  jumal  mulle  se  waewa-laua  on  warmistanud, 
knst  pealt  ma  pean  söma  (wenn  Gott  mir  diesen  Leidenstisch  bereitet 
bat,  von  dem  ich  essen  soll),  diess  Leiden  aufgelegt  hat  —  nfid  on  walge 
wtijas  (nun  ist  das  Tageslicht  angebrochen),  was  fehlt  Einem  nun  — 
kartus  on  temal  waraks  (er  hat  Furcht  als  Habe),  lebt  immer  in  Furcht 
—  ta  on  ja  wlmse  warba  peal  (sie  ist  schon  auf  der  letzten  Zehe), 
der  Entbindung  ganz  nahe  —  warblazi  pähä  panema  (Sperlinge  in  den 
Kopf  setzen),  einen  Floh  in's  Ohr  —  warna  otsas  olema  (am  Pflock 
bangen),  gleich  zur  Hand  sein  —  so  on  alles  kälu,  od.  wäe,  od.  wägi- 
mize,  peal  (das  ist  noch  auf  der  Wage),  unentschieden  —  ta  sai  laia 
wälja  peale  (er  kam  auf  das  breite  Feld),  auf  schlimme  Wege  —  oleks 
olnud  Ytii  wärawat,  ej  kustki  oleks  wälja  läinud  (wären  auch  fünf 
Pforten  gewesen,  sie  wäre  durch  keine  hinaus  gegangen),  wären  auch 
fünf  Freier  gekommen,  sie  hätte  keinen  genommen  —  ei  tea,  kas  ta  on 
wee  sisse  wajonnd  wöi  mä  mnlda  läjnud  (man  weiss  nicht,  ob  er 
ins  Wasser  gesunken  oder  in  die  Erde  gegangen  ist) ,  oder  eines  natür- 
lichen Todes  gestorben  ist  —  süda  nuttis  werd  seda  külda  (das  Herz 


—  240  — 

weinte  Blut  das  zu  boren),  blutete  —  temal  on  werct  sarwe  all,  od. 
sörmes  (er  hat  Blut  unter  dem  Hörn,  od.  im  Finger),  er  ist  faul  —  were 
peale  tenima  (auf  Blut  dienen),  ohne  Lohn  —  kflU  ma  lazen  wett  su 
p$ale  (ich  werde  schon  Wasser  auf  dich  lassen) ,  dir  einen  Schreck  be- 
reiten —  ei  seal  sä  wett  ega  wermet  ej  suhu  ega  silma  (man  be- 
kommt dort  kein  Wasser  und  keinen  Streifen  weder  in  den  Mund  noch 
in's  Auge),  nichts  zu  essen  oder  zu  trinken  —  enum  ma  ölen  wett 
omast  siftnist  sönud,  kui  mina  ölen  lejba  sänud  (ich  habe  mehr 
Wasser  aus  meinen  Augen  gegessen  als  Brot  bekommen),  geweint  —  ma 
ölen  wikatise  astunud  (ich  bin  in  eine  Sense  getreten),  habe  mir  einen 
schlimmen  Handel  zu  gezogen  —  magab  willa-wakas  (er  liegt  im 
Wollkorbe),    es  geht  ihm  gut  —    nina  kohe  winnas  (die  Nase  ist 
gleich  gespannt),  er  ist  leicht  zum  Zorn  gereizt  —  wifgib  öue  wa- 
het  (er  bewegt  sich  viel  durch  den  Hof),  hat  Durchfall  —  ta  wiskab 
Ole  seitsme,  od.  seitsmema,  seina-palgi  (er  wirft  aber  sieben,  od.  den 
siebenten,  Wandbalken),  ist  ein  grosser  Lügner  —  wln  on  witsa  sSnud 
(der  Branntwein  hat  die  Ruthe  bekommen),  ist  mit  Wasser  gefälscht  — 
nemad  on  koik  fihe  witsaga  lödud  (sie  sind  alle  mit  einer  Ruthe  ge- 
schlagen), gleich  elend  —  s<5  laps  od  aga  witsa  waewaks  (diess  Kind 
ist  nur  zur  Plage  der  Ruthe),  muss  immer  die  Ruthe  haben  —  nöd  ölen 
wTmse  ära  näinud  (nun  habe  ich  das  Letzte  gesehen),  das  Schlimmste 
überstanden  —  tema  wlnu  ei  wOeti  wastu  (sein  Branntwein  wurde 
nicht  angenommen),  sein  Heirathsantrag  —   s£  on  Oks  kahe  otsaga 
wofsti  tö  (das  ist  die  Arbeit  einer  Wurst  mit  zwei  Enden),  eine  vergeb- 
liche —  kahe  wörra  panema  (doppelt  zusammen  legen),  aufheben,  be- 
seitigen —  püha-päewa  wastu  wötma  (den  Sonntag  empfangen),  Feier- 
abend machen  —  lehm  on  üle  wözade  läinud  (die  Kuh  ist  über  die 
Sprösslinge  gegangen),  hat  nicht  zur  rechten  Zeit  gekalbt. 

in.  Sprichwörtliche  Vergleichungen. 

Surm  kogub  nl  kui  kuiwe  hagu  (der  Tod  sammelt  wie  trockene 

Reiser),  es  sterben  Viele, 
must  nägu  ahju-ots  (schwarz  wie  eine  Ofenecke). 


r 
i 


—  241  — 

ta  on  nl  Iahe  ja  mähe  kui  sola  hani-rasw  (er  ist  so  freundlich  und 
süss  wie  geschmolzenes  Gänsefett). 

lobiseda  wois  ta  nägu  harakas  aja-teibas  (schwatzen  konnte  er  wie 
eine  Elster  auf  der  Zaunstange). 

ta  tali  nägu  hämer  naela  pea  pihta  (er  kam  wie  der  Hammer  auf 
den  Kopf  des  Nagels). 

wäriseb  kui  häwa-leht  (er  zittert  wie  ein  Espenblatt). 

sa  oled  nägu  hämmelgas  oma  wßrgu  &8s  (du  bist  wie  eine  Spinne 

in  ihrem  Netze)« 
häbi  sürem  kui  häfg  (eine  Schande  grosser  als  ein  Ochs), 
herra  priske  kui  häfg,  prQua  ilus  kui  mäzikas  (der  Herr  frisch 

wie  ein  Ochs,  die  Frau  hübsch  wie  eine  Erdbeere). 

se  mos  ep  ole  parem  kui  flks  jala-nü£tik,  naeze  wastu  tema  ej 
sä  (dieser  Mann  ist  nicht  besser  als  ein  Fuss wisch,  gegen  das  Weib 
kommt  er  nicht  auf). 

ta  on  arg  kui  jänes  (er  ist  furchtsam  wie  ein  Hase). 

ta  on  nägu  jänes  tite-wödis  (sie  ist  wie  eine  Hasin  im  Wochenbette), 

geziert, 
nödr  kui  wäTja  plgistatud  jöhwikas  (matt  wie  eine  ausgepresste 

Moosbeere), 
teda  azutati  nenda  ilusaste  kui  übe  pü  jure  peale  (er  wurde  so 

wohl  unter  gebracht,  wie  auf  der  Wurzel  eines  Baumes). 

ta  teab  sest  wähem  kui  jüt  sea-lihast  (er  weiss  davon  weniger  als 
ein  Jode  von  Schweinefleisch). 

k&riseb,  od.  kärab,  nägu  (kuiw)  kadakas  (sie  prasselt,  od.  lärm!, 
wie  ein  trockener  Wacholder). 

tühi  kui  mustlaze  kael-kott  (leer  wie  der  Quersack  eines  Zigeu- 
ners). 

kailab  nägu  kaew  (er  giesst  wie  ein  Brunnen),  von  Säufern. 

ta  läks  ära  kui  kahu  (er  ging  fort  wie  ein  Reiffrost),  schnell. 

sina  oled  ahne  kui  kakardaja  (du  bist  gierig  wie  ein  Taucher). 

m  kazinaste  kui  üks  Kalewi-pqgg  (so  nett  wie  ein  Kalewide). 

terwe  nägu  kala  wees  (gesund  wie  ein  Fisch  im  Wasser). 

16 


—   242  — 

ta  on  nenda  poiste  tags  kui  kana  muna-walus  (sie  ist  so  hinter  den 
Burschen  her  wie  eine  Henne  im  Drange  des  Eierlegens). 

ta  on  nfigu  kana  takus  (er  ist  wie  die  Henne  in  der  Heede),  anbe- 
hilflich. 

t»  ej  töa  sest  nl  pafju  kuj.  kana  kirjast  (er  versteht  davon  nicht  so 
viel  wie  ein  Huhn  vom  Schreiben). 

läheb  möda  nägu  kana  heina-kubjast  (er  geht  vorbei  wie  die  Henne 

am  Heuschober), 
tema  leikab  rukkid,  kui  kana  teeb  peza  (er  schneidet  Roggen,  wie 

die  Henne  ein  Nest  macht),  es  fordert  nicht. 

kardab  teda  kui  kana  kuffi  (er  fürchtet  ihn  wie  die  Henne  den  Ha- 
bicht). 

ineje  olime  nägu  küpsed,  od.  ködetud,  kanad  (wir  waren  wie  ge- 
bratene, od.  gekochte,  Huhner),  vor  Schreck. 

meie  olime  seal  ku|  hullud  kanad  (wir  waren  da  wie  dumme 
Hähner). 

ta  elab  nägu  kanad  wirja-huiltiiku  peal  (er  lebt  wie  die  Höhner  auf 

dem  Kornbaufen). 

berned  ilnsad  walged  kui  kana-silmad  (die  Erbsen  sind  hübsch 
und  weiss  wie  Hühneraugen). 

ta  kahwatas  nägn  kana-sitt,  od.  pask  (er  wurde  bleich  wie  Hfih- 
nerkoth). 

oleks  olnud  kuj  kana-waras  pafja  käega  (er  wäre  gewesen  wie 
ein  Hühnerdieb  mit  blosser  Hand). 

sin  on  mets  kui  taewaze  iza  kanepi-aed  (hier  ist  Wald  wie  des 
himmlischen  Vaters  Hanfgarten). 

nl  odaw,  nagu  kanni  aja  küllest  murda  (so  wohlfeil  wie  einen  He- 
bel vom  Zaun  zu  brechen). 

sinul  on  kaks  silmad  p$as  kui  karikas  (du  hast  zwei  Augen  im 
Kopf  wie  ein  Kelch). 

tema  silmad  pölesid  peas  kui  kaks  kurja  waimu  karikat  (seine 

Augen  brannten  im  Kopf  wie  zwei  Kelche  des  Bösen  Geistes). 
ta  elab  nägu  karu  kaeras  (er  lebt  wie  der  Bär  im  Hafer). 


—  243  — 

oli  nägu  kaää  oleks  teda  ära  sÖnud  (es  war,  als  ob  die  Katze  es 
verzehrt  hätte),  spurlos  verschwanden. 

kui  kaä£i-poeg  öle-körrega  wedada  (wie  ein  Kätzchen  mit  einem 

Strohhalm  zu  leiten), 
sa  kftud  ära  kui  käste,  et  nimigi  ei  ja  (du  verschwindest  wie  der 

Thau,  so  dass  auch  nicht  einmal  der  Name  bleibt). 

ta  Iftks  walgeks  kui  kaze-toht  (er  wurde  bleich  wie  Birkenrinde), 
seda  ta  kögutab  kui  wana  kazukat  (daran  zerrt  er  wie  an  einem 

alten  Pelze), 
otsis  kui  kazuka-nöla  peru-tulega  (er  suchte  es  wie  eine  Pelznadel 

mit  Spanfeuer). 
tema  oleks  wöjnud  nl  ilusaste  elada  kui  kägu  (er  hätte  so  hübsch 

leben  können  wie  ein  Kuckuck). 

elab  kärbase  wlzi  (er  lebt  wie  eine  Fliege),  kummerlich. 

rfibeleb  kui  kärbes  törwa-potis  (er  arbeitet  sich  ab  wie  eine  Fliege 

im  Theertopf). 
kinni  nägu  kärbes  törwa  sös  (fest  wie  die  Fliege  im  Theer). 
ta  käis  fimber  ringi  nägu  kärbes  ümber  mödu-pudeü  (er  ging 

herum  wie  eine  Fliege  um  die  Methflasche). 

laidab  nägu  kärbes  kiriku-ehitamist  (er  tadelt  wie  die  Fliege  den 

Kirchenbau), 
teie  elate  minu  küllest  kui  kärbsed  (ihr  lebt  von  mir  wie  die 

Fliegen), 
seal  istume  nüd  mölemad  kui  kärblazed  törwas  (da  sitzen  wir 

nun  beide  wie  Fliegen  im  Theer). 

ta  seizab  mu  ka$la  peal  nl  kui  kärblazed  haige  silma  äres  (er 
liegt  mir  auf  dem  Halse  wie  die  Fliegen  beim  kranken  Auge). 

wätas  tema  peale  nägu  käfje-mezi  päewa  peale  (er  sab  ihn  an, 

wie  der  Scheibenhonig  die  Sonne), 
sfiünib,  od.  pa&ib,  nägu  käzi  kinda  (es  passt  wie  die  Hand  in  den 

Handschah), 
plp  on  nenda  sefge  ku|  Uks  kell  (die  Pfeife  ist  so  rein  wie  eine 

Glocke). 

16* 


—   244  — 

tema  köf  käib  kui  u£6i  k  ö  T  (seine  Zunge  bewegt  sich  wie  die  Zunge 

einer  Schlange). 
nttd  ole  ma  nl  rikas  kui  Ria  kikas  (d)  (nun  bin  ich  so  reich  wie 

der  Hahn  in  Riga). 

se  on  kui  kirbu-sitt  (das  ist  wie  Flohdreck),  so  gut  wie  nichts.* 
tfihi  kui  esmas-päewane  kirik  (leer  wie  eine  Kirche  am  Montag), 
waene,  od.  kehw,  od.  palja  persega,  kui  kiriku-rott  (arm,  od.  mit 
blossem  Hinteren,  wie  eine  Kirchenratte). 

ta  od  kuj  kits  kotis  (er  ist  wie  eine  Ziege  im  Sack),  ganz  blind, 
ta  jökseb  mu  järele  kui  kits  kuze  järele  (sie  läuft  mir  nach  wie  die 
Ziege  dem  Urin). 

ta  od  nenda  himuline  poiste  peale  kui  kits  kuze  peale  (sie  ist  so 
begierig  nach  den  Burschen  wie  die  Ziege  nach  Urin). 

ta  wahtis  a&jade  otsa  kui  kits  kü  otsa  (er  sab  die  Sachen  an  wie 
die  Ziege  den  Mond). 

kui  ta  oma  kätt  mu  peale  paueb,  sis  od  so  kui  kiwi  miau  peal 
wenn  er  seine  Hand  auf  mich  legt,  so  ist  sie  wie  ein  Stein  auf  mir). 

läks  nägu  kiwi  wette  (es  ging  wie  ein  Stein  in's  Wasser). 

kadus  nägu  kiwi  mere  pöhja  (es  verschwand  wie  ein  Stein  in  den 

Meeresboden). 
so  oli  tall  kui  kll  perses  (das  war  ihm  wie  ein  Keil  im  Hinteren), 
nägu  klsk  ohne  otsas  (wie  ein  Kaulbarsch  an  der  Angel),  von  Kleinem 

neben  Grossem, 
ta  on  kimbus  nägu  koer  kirikus  (er  ist  in  Verlegenheit  wie  ein  Hund 

in  der  Kirche), 
ta  jökseb  töd  kahte  pidi  nenda  kui  koer  (er  läuft  den  Weg  nach 

beiden  Seilen  wie  ein  Hund). 

ta  närib  sönu  kui  koer  kofita  (er  nagt  an  den  Worten,  wie  der  Hund 
an  Knochen). 

nagu  köwa  weega  kastetud  koer  (wie  ein  mit  heissem  Wasser  be- 
gossener Hund). 

nfid  sa  oled  kui  üks  tupa  sittund  koer  (nun  bist  du  wie  ein  Hund, 
der  in  der  Stube  gesch....  hat). 


—  245  — , 

nT  tözine  kui  fiks  kqer  keäkmize  julga  ajal  (so  ernsthaft  wie  ein 

Hand  bei  seiner  mittleren  Kothfrummel). 
kargas  nägu  konn  (er  sprang  wie  ein  Frosch). 
ta  puhub  ennast  täii,  od.  ta  on  uhkust  täiz,  nägu  konn  säu  otsas 

(er  bläst  sich  auf,  od.  ist  voll  Stolz,  wie  ein  Frosch  oben  auf  dem 

Heuhaufen). 

ni  jäme  kui  tlne  konn  (so  dick  wie  ein  trächtiger  Frosch). 

magaa  kui  üks  konts  mäs  (er  lag  wie  ein  Klotz  auf  dem  Boden). 

ta  lakub  kui  kopiku-sai  (er  säuft  wie  ein  Kopekensbrot). 

mäda  kui  kops  (verfault  wie  eine  Lunge),  durchaus. 

so  on  nägu  kork  kiwi  wastu  (das  ist  so  wie  Kork  gegen  Stein). 

talu-m€s  on  nägu  wana  jahune  kott  (ein  Bauer  ist  wie  ein  alter 

mehliger  Sack), 
nägu  koti  seizab  sä  azi  mu  kaela  peal  (wie  ein  Sack  liegt  mir  die 

Sache  auf  dem  Halse). 
tfthi  nägu  sandi  kott  enne  kirikut  (leer  wie  des  Bettlers  Sack  vor 

dem  Gottesdienst), 
päewad  weniwad  nägu  köie  otsas  (die  Tage  schleppen  sich  bin  wie 

am  Strick), 
meie  olime  nenda  targad  kui  äks  köii  (wir  waren  so  nüchtern  wie 

ein  Strick), 
kuiwand  ära  nägu  üks  wana  ködu-känd  (er  ist  vertrocknet  wie  ein 

aller  morscher  Stamm), 
köwer  kui  pagara  krinncl  (krumm  wie  des  Beckers  Brezel), 
leiwa-tükk  nägu  kuke-pea  aAti  kätte  (ein  Stuck  Brot  wie  ein  Hah- 
nenkopf wurde  gegeben), 
ölen  kui  fiks  wana  le£k  kurg,  'p  ole  minust  fihtegi  (ich  bin  wie 

ein  alter  vereinsamter  Kranich,  an  mir  hat  man  nichts  mehr), 
seda  wiska  nägu  hnndi  kurku  (das  wirf  wie  in  den  Rachen  des 

Wolfes), 
se  faha  oli  meie  käes  nägu  kflla-kakud  (diessGeld  war  in  unserer 

Hand  wie  fremde  Kuchen),  bald  aufgezehrt, 
hobused  on  herned  kui  künaga  maha  wlnud  (die  Pferde  haben  die 

Erbsen  niedergetreten  wie  mit  einem  Troge). 


—  246  — 

kqgr  aSb  nigu  tühi  kün,  mis  ilmas  §i  sä  hejnu  t$2  (ein  Hund 
frisst  wie  eiae  leere  Scheune,  welche  nie  voll  Heu  wird). 

peab  alati  pügti  seizma  kui  flks  kflnal  (man  muss  immer  aufrecht 
sein  wie  ein  Licht). 

minu  süda  on  nl  kOlm  kui  kfilmem  künla-kfi  ja  wafjem 
wastla-kü  (mein  Herz  ist  so  kalt  wie  der  kälteste  Februar  und  der 
strengste  März). 

n&gu  mere  laenete  seas  (wie  unter  den  Wogen  des  Meeres),  so  ver- 
lassen. 

süda  tuksus  nl  kui  lamba-saba  (das  Herz  klopfte  wie  ein  Schafs- 
schwanz). 

ta  ei  töa  sest  enam  kui  lammas  pflha-päewast  (er  weiss  davon 
nicht  mehr  als  ein  Schaf  vom  Sonntag). 

ma  ölen  nenda  teadmata  kuj  flks  sündinud  laps  (ich  weiss  so  we- 
nig wie  ein  neugeborenes  Kind). 

nfid  on  meri  nenda  waga  kui  fiks  laud  ja  lina  (nun  ist  das  Meer  so 
still  wie  ein  Tisch  und  Tischtuch). 

otsi  ikka  leiwa-tüki  mödi  (suche  nur  immer  wie  ein  Brotstuck), 

sorgfaltig, 
pqa  walge  otsas  kui  lina-pihu  (der  Kopf  ist  weiss  wie  FlacbsschSben). 
wa$ne  on  kui  lind,  lendab  ühe  oksa  pealt  teize  pqale  (ein  Armer 

ist  wie  ein  Vogel,  fliegt  von  einem  Ast  auf  den  anderen). 

kju  flks  linnuke  tuleb,  mina  jöksen  nldiga  (ich  laufe  am  Faden,  wie 
ein  Vögelchen  kommt). 

jöb  n&gu  kuiw  Hwa-hunnik  (er  trinkt  wie  ein  trockener  Sandhaufen), 
flks  jutt  kaub,  tejne  töpzeb,  nenda  kui  lojus  mäletseb  (ein  Gerede 

verliert,  das  andere  erhebt  sich,  wie  ein  Thier  wiederkäut), 
lajsk  kuj  wenis  willane  long  (faul  wie  ein  sich  dehnender  wollener 

Faden), 
sfl  peas  lahti  nägu  lOukezel  (der  Mund  steht  offen  wie  bei  einer 

Lerche), 
köht  oli  tühi  nägu  lots  (der  Magen  war  leer  wie  ein  Blasebalg), 
nl  walge  kui  lumi  (so  weiss  wie  Schnee). 


V 

I 


_  247  — 

laps  nl  lihaw  kjg  lttts  (da»  Kind  ist  so  feist  wie  eine  Quappe). 

ta  t&ab  sest  nl  paQn  kuj  lttpsi-lehm  pttha-päewast  (er  weiss  da- 
von so  viel  wie  eine  Milchkuh  vom  Sonntag). 

pQ  nl  kuj  lü  (Holz  wie  Knochen). 

ta  ei  ole  targem  kui  lüa-wafs  nurgas  (er  ist  nicht  klüger  als  der 
Besenstiel  im  Winkel). 

talu-pqeg  on  kui  wana  lud,  kellega  puhta  toa  pfihitakse,  pärast 
jälle  mnsta  jiurka  wizatakse  (ein  Bauer  ist  wie  ein  alter  Besen, 
mit  dem  man  die  Stube  rein  fegt,  und  den  man  nachher  in  den  dun- 
klen Winkel  wirft). 

se  on  nl  kui  kQera  kaelas  mari  (das  ist  so  wie  in  des  Hundes  Halse 
eine  Beere). 

so  on  nägu  mari  karu  perses  (das  ist  wie  eine  Beere  in  dem  Hinteren 
des  Bären). 

ta  on  seda  nägu  kui  mä-alnne  (er  sieht  aus  wie  ein  Unterirdischer). 

86  on  temale  kui  karu  perses  mäzikas  (das  ist  für  ihn  wie  in  des 
Bären  Hinteren  eine  Erdbeere). 

otsib  kui  mäda  kflne  alla  (er  sucht  wie  Eiter  unter  den  Nagel  zu 
kommen),  ihm  etwas  an  zu  haben. 

äks  wihane  naene  on  nl  kui  mäda  kondis  (ein  zorniges  Weib  ist  so 
wie  Eiter  im  Knochen). 

ajab  est  sisse  kuj  wana  mära-bobnne  ja  nenda  kä  takka  wälja 
(er  jagt  von  vorn  hinein  wie  eine  alte  Stute,  und  ebenso  von  hinten 
hinaus). 

ta  läinud  nl  haffiks  nägu  meigas  (er  ist  so  grau  geworden,  wie  eine 
Holztaube). 

seda  on  nl  palju  kui  kimalaze  met  (davon  ist  so  viel  da  wie  der  Ho- 
nig einer  Hummel). 

Tbö  on  mulle  möle  pärast,  nägu  mezi  pulmalizele  (das  ist  mir  so  an- 
genehm wie  Honig  einem  Hochzeitgaste). 

so  wana  na$ne  laplab  nl  ilusaste  kqi  üks  mezilane  (dieses  alte 

Weib  singt  so  schön  wie  eine  Biene), 
te  sile,  wanker  wöreb  nägu  muna  p^tl  (der  Weg  ist  glatt,  der  Wa- 
gen rollt  wie  auf  einem  Ei). 


' 


—  248  — 

sile  kui  sea  muna  (glatt  wie  die  Hode  eines  Schweines). 

k§|k  oli  tfihi  nägu  muna-köf  (Alles  war  leer  wie  eine  Eiersehale). 

se  sejzab  nl  kindlaste  kui  nael  kiwi  külles  (das  ist  so  fest  wie  ein 

Nagel  an  einem  Stein). 
laps  on  terane  kui  n&skel  (das  Kind  ist  aufgeweckt  wie  ein  Pfriem), 
sa  oled  uhke  nägu  oleks  su  nina  ära  kullatud  (du  bist  so  stolz,  als 

wäre  deine  Nase  vergoldet), 
teda  oisiti  süre  hölega  taga  nägu  nöp-nöla  pahna  söst  (man 

suchte  mit  grosser  Sorgfalt  nach  ihm  wie  nach  einer  Stecknadel  in 

der  Streu). 
tall  on  nägu  nögesed  särgi  ses  (es  ist  als  hatte  er  Nesseln  im 

Hemde), 
sa  istud  nftgu  nuhi  nurgas  (du  sitzest  wie  ein  Stock  im  Winkel). 
ma  olin  wait  kui  nui  (ich  war  still  wie  eine  Keule), 
mu  p$a  on  nenda  kui  fiks  nui  ja  pakk  otsas;  alati  wuhwib  ja  lob 

pifli  (mein  Kopf  ist  mir  wie  eine  Keule  oder  ein  Klotz ;  immer  saust 

und  braust  es), 
ma  ölen  täji  nägu  oa-kajin  (ich  bin  voll  wie  eine  Bohnenhälse), 
sirged  mehed  kui  oblikad  (lange  Manner  wie  Ampfer), 
öiete  kui  peiu-pqizi  hobune  (ganz  wie  das  Pferd  eines  Hochzeitmar- 

schals),  munter. 
üz  kaze-mets  kui  hobuse-saba  (ein  junger  Birkenwald  wie  ein 

Pferdeschweif), 
nl  rumal  kui  qinas  (so  dumm  wie  ein  Hammel), 
ma  ölen  otse  kui  oksa  peal  berra  ös  (ich  bin  vor  dem  Herren  wie 

auf  dem  Aste), 
se  tüdruk  on  nägu  oksa  jöksnud  (diess  Mädchen  ist  wie  auf  einen 

Ast  gelaufen),  hat  Kinder  von  verschiedenen  Vätern, 
tö&is  nägu  oras  pärast  wihma  pead  files  (er  hob  den  Kopf  auf,  wie 

das  Getreidegras  nach  dem  Regen), 
ta  paneb   tähele   nägu   oraw   (er  ist   aufmerksam  wie  ein  Eich- 
hörnchen), 
nl  sirge,  od.  pitk,  penike,  k\jj  ozi  (so  gerade,  od.  lang,  schlank,  wie 

eine  Binse). 


^ 


249 


jökseb  nagu  oleks  sula  höbe  sukke  ses  (sie  läuft,  wie  wenn  sie 
Quecksilber  in  den  Strümpfen  hätte). 

azi  käib  n&gu  Öle-körre  läbi  (die  Sache  geht  wie  durch  einen  Stroh- 
ha  Im),  sehr  langsam,  allmählich. 

mu  pea  on  otsas  kui  üks  örilaze-peza  (mein  Kopf  ist  wie  ein 

Wespennest), 
tödruk  nägu  saksa  öun  (ein  Mädchen  wie  ein  deutscher  Apfel), 
sa  istud  nenda  laialt  kui  pada  minu  körwas  (du  sitzest  so  bnjit  wie 

ein  Kessel  neben  mir), 
ötama  kedagi  kui  päewa  pilwet  (Einen  erwarten  wie  Sonne  und 

Wolke),  mit  Ungeduld. 

ötame  teda  nägu  päikest  pilwe  alt  wäfja  (wir  erwarten  ihn  wie  die 
Sonne  unter  der  Wolke  hervor). 

hobune  paks  kui  üks  päts-ahi  (das  Pferd  ist  dick  wie  ein  Back- 
ofen). 

mis  mos  s£  on?  nägu  hobuse  pea-kott  (was  ist  das  für  ein  Mann? 
wie  der  Kopfsack  eines  Pferdes). 

so  on  nägu  pead  tulde  pista  (es  ist  wie  den  Kopf  in's  Feuer  zu 
stecken),  so  gefahrlich. 

sn  pea  on  karune  kui  kam  perse  (dein  Kopf  ist  rauh  wie  der  Hin- 
tere eines  Bären). 

mu  selg  oli  nenda  kui  paa  perse  (mein  Rücken  war  so  wie  der 
Boden  eines  Kessels),  blau  geschlagen. 

paks  ja  punane  kui  wiheldud  papi  perse  (dick  und  rund  wie  der 

Hintere  eines  gequästeten  Pfaffen). 
Übe  kui  perse-uää  (glatt  wie  ein  Afterwurm), 
oli  nl  t&}£  kui  pihu  ja  pörm  (es  war  so  voll  wie  Spreu  und  Staub), 

es  wimmelte, 
se  on  temale  kui  plbu-eli  uäSile  (das  ist  ihm  wie  Tabacksöl  einer 

Schlange). 
se  oli  tall  kui  pind  silmas  (das  war  ihm  wie  ein  Splitter  im  Auge), 
mu  köbt  on  nenda  tfihi  kui  mu  pihu-peza  (mein  Magen  ist  so  leer 

wie  meine  Handfläche). 


_  250  — 

tema  köht  on  ul  tgji  kuj  plaää  (sein  Bauch  ist  so  voll  wie  eia* 

Flasche), 
mis  ma  sulle  ütlen,  so  olgu  nenda  kui  pojö  tüdrukule  (was  ich  dir 

sage,  das  sei  so  wie  der  Bursch  dem  Mädchen), 
ma  teen  temaga  kui  poti-sepp  sapega  (ich  thue  mit  ihm  wie  der 

Töpfer  mit  dem  Thon). 

hobune  nenda  kui  üks  pödr  (ein  Pferd  wie  ein  Elen),  feist. 

ma  ölen  täiz  nägu  topitud  pörsas  (ich  bin  voll  wie  ein  gestopftes 

Ferkel), 
ta  on  nl  pizuke  kui  pöpa- paff  (er  ist  so  klein  wie  ein  Maikäfer), 
ta  hundas  hommikust  Öhtuni  kui  paks  pudru  pajas  (sie  heulte 

vom  Morgen  bis  zum  Abend  wie  dicker  Brei  im  Kessel). 

tema  waletab  kui  pulma-hunt  (er  lügt  wie  ein  Hochzeitwolf). 

so  oli  tall  kui  punft  perses  (das  war  ihm  wie  ein  Spund  im  Hin- 
teren). 

terwe  nägu  pnrikas  wees,  od.  jöes  (gesund  wie  ein  junger  Hecht 
im  Wasser,  od.  im  Bache). 

tuba  oli  rahwast  täji  nägu  pQ  (das  Zimmer  war  voll  Leute  wie  ein 
Baum). 

wiza  nägu  tores  pü  (zäh  wie  rohes  Holz). 

ta  on  täi2  nT  kui  pük  (er  ist  voll  wie  eine  Kröte). 

pitk  ja  sirge  kui  üks  pü^i-raud  (lang  und  schlank  wie  ein  Flinten- 
lauf). 

wabisema  nägu  püli-kott  (zittern  wie  ein  Mühlenbeutel). 

temal  on  raha  kui  rahka  (er  hat  Geld  wie  Kies). 

sitke  kui  päf  koera-nahksid  ranni-rörae  (zäh  wie  ein  Paar  Ge- 
schirrriemen von  Hundefell). 

s£  oli  tema  mölest  nägu  rasw  ratta  peal  (das  war  nach  seinem  Sinn 
wie  Fett  auf  einem  Rade). 

sind  pakuti  kui  wana  raswa  (du  wurdest  angeboten  wie  altes  Fett), 
raeie  olime  kimbus  kui  ratas  sitaga  (wir  waren  in  Noth  wie  ein  Rad 
im  Kothe). 

temä  kltsk  kui  Läti  ratas  (d)  (er Jenirrt  wie  ein  lettisches  Rad). 


I  * 

I 


—  251  — 

ned  sönad  käizid  kuj  flks  tuline  rajid  mu  sttdamest  läbi  (tief* 
Worte  gingen  mir  durch's  Herz  wie  ein  glüheades  Eisen). 

kiiju  kui  r&hn  (bunt  wie  ein  Specht). 

langes  maha  nagu  märg  rätik  (er  fiel  nieder  wie  ein  nasses  Tuch). 

olid  märjad  nagu  rägu-pojäd  (sie  waren  nass  wie  junge  Feld* 
rallen). 

tema  on  dt  söreline  kui  sitane  rästas  (er  ist  so  stolz  wie  ein  Wiede- 
hopf). 

tema  kldab  oma  köki  nenda  kui  rebane  sita-sitikat  (sie  lobt  ihren 

Kuchen  so  wie  der  Fuchs  den  Mistkäfer), 
ma  uzun  teda  nl  wfthe  kui  rebast  linnu-lajidas  (ich  traue  ihm  so 

wenig  wie  dem  Fuchs  im  Hühnerstall), 
ta  sejzab  flksi  nagu  rohu-köfs  hejna-mäl  (er  steht  allein  wie  ein 

Grashalm  auf  der  Wiese), 
meri  od  sile,  od.  waga,  nagu  röza-pütt,  od.  röza-plma-poit 

(das  Meer  ist  glatt,  od.  still,  wie  eine  Milchschale), 
tema  sü  od  laiem  kui  tema  säfgi  saba  (ihr  Mund  ist  breiter  als  der 

Schooss  ihres  Hemdes). 
$8  on  nfigu  sadol  sea  seTjas  (das  ist  wie  ein  Sattel  auf  dem  Rücken 

eines  Schweines), 
magawad  nl  ligistiku  kuj  kaks  säe-lapda  (sie  liegen  so  nahe  bei 

einander  wie  zwei  Sägebretter). 
ta  nörskas  nagu  säe-weöki  (er  schnarchte  wie  eine  Sagemühle), 
elawad  teine  teizega  otsegu  fihe  säfgi  sös  ja  ühe  müfai  all  (sie 

leben  mit.  einander  wie  in  einem  Hemd  und  unter  einer  Mütze),  sehr 

vertraulich. 
fll  ligi  söbrad  kuj  särk  persega,  od.  ja  perse  (so  nahe  Freunde  wie 

Hemd  und  Hinterer), 
soll  on  süda  tiyi  kui  sea-tapjal  (du  bist  erbost  wie  ein  Schweine- 
schlächter). 
ta  on  muH  kui  söp  silraas  (er  ist  mir  wie  Seife  im  Auge), 
kizendab  nagu  siga  aja  wahel  (er  schreit  wie  ein  Schwein  zwischen 

dem  Zaun). 
oige  kui  siga  pahnas  (recht  wie  ein  Schwein  im  Kofen). 


—  252  — 

sa  küled  nenda  kui  siga  paus  (du  hörst  so  wie  ein  davon  gelaufenes 

Schwein),  d.  h.  auf  gar  nichts. 
ta  elab  nagu  siga  kartuhwli-ajas  (er  lebt  wie  das  Schwein  im  Kar- 

loffelgarten). 
läks  nl  sama  hea  mölega  kui  siga  najri-aeda  (er  ging  eben  so  gern 

wie  das  Schwein  in  den  Rübengarten), 
ta  töab  houstest  nl  palju  kui  siga  püha-päewast  (er  versteh!  von 

Pferden  so  viel  wie  ein  Schwein  vom  Sonntag), 
ta  od  nl  pahane  kui  pahur  siga  (er  ist  so  ärgerlich  wie  ein  böses 

Schwein), 
teda  klta  oli  nägu  siga  wastu  päewa  sügada  (ihn  loben  war  so,  wie 

ein  Schwein  gegen  den  Sonnenlauf  kratzen), 
neraad  on  römsad  nägu  sikk  sarwe  peale  (sie  sind  vergnügt  wie  der 

Bock  über  seine  Hörner). 
kärwawad  kui  silgud  ahjus   (sie   sterben  wie   die  Strömlinge    im 

Ofen), 
ta  oli  kirobus  nägu  silk  (palawa)  sfitte  pe^l  (er  war  in  Noth  wie 

ein  Strömling  auf  glühenden  Kohlen). 
ma  ölen  kui  fiks  kfipsetud  silk,  köik  minu  lü  liha  wäriseb  (ich 

bin  wie  ein  gerösteter  Strömling,  mein  ganzer  Leib  zittert). 
so  laps  oli  muH  kui  silmakene  peas  (diess  Kind  war  mir  wie  ein 

Aeuglein  im  Kopf). 
nl  sOr  kui  si r käse -h arg  (so  gross  wie  ein  ukrainischer  Ochs), 
temal  on  nina  napsi  pole  kui  seal  sita  pole  (seine  Nase  ist  nach 

Schnaps  wie  des  Schweines  nach  Roth), 
ta  on  täiz  nl  kui  sitikas  (er  ist  voll  wie  ein  Mistkäfer), 
tihe-sugune  kui  saksa  sitt  ja  wene  s£p  (so  einerlei  wie  des  Deut- 
schen Koth  und  russische  Seife), 
teda  pcab  hoidma  nSgu  sitta  pilpa  peal  (man  muss  ihn  sorgfaltig 

halten,  wie  Koth  auf  einem  Splitter), 
nemad  on  nägu  nöda  sopa  ses  (sie  sind  wie  im  Zipfel  des  Zngnelzes), 

rings  eingeschlossen). 
täna  nenda  kibe  külm  nagu  söl-wezi  wastu  Aifmi  (heute  ist  so 

scharfe  Kalte  wie  Salzwasser  gegen  das  Auge). 


■  •» 


—  253  — 

so  od  nfigu  sola  sohu  külwata  (das  ist  so  wie  Salz  in  den  Morast 

säen), 
sä  wöf- wanker  on  nenda  pitk  kuj  fiks  söma-wahe  (dieser  Fuhr- 
wagen ist  so  lang  wie  die  Zeit  zwischen  zwei  Mahlzeiten), 
on  nf  sefge  kui  wl£  sörme  (es  ist  so  klar  wie  fünf  Finger),  wie  der 

Tag. 
öhtu  solas  nägo  suhkur  sOs  ära  (der  Abend  verging  wie  Zucker  im 

Monde), 
ta  on  nejl  nägu  suits  silmas  (er  ist  ihnen  wie  Rauch  im  Auge), 
tunneb  teda  nägu  surnud  hamba-walu  (er  kennt  ihn  wie  der  Todte 

den  Zahnschmerz), 
üzi  asju  tuli  nägu  sfilega  (Neuigkeiten  kamen  wie  mit  demSchoosse). 
ta  läks  nl  wägise  kui  talb  pü  sisse  (er  ging  so  mit  Gewalt  wie  in 

das  Holz  ein  Keil), 
ma  ölen  nenda  mäfg  nägu  tagant  imend  tall  (ich  bin  so  nass  wie 

ein  Lamm,  das  von  hinten  gesogen  hat), 
öige  jändrik  km  tamme-känd  (recht  derb  wie  ein  Eichenstammei), 
sä  jökseb  kui  tatra-weski  (der  Mund  läuft  wie  eine  Buchweizen- 
mühle), 
targem  kui  Tara  ja  karigem  kui  Kalew  (kluger  als  Tara  und  stärker 

als  Kalew). 
minu  hing  on  nenda  puhas  kui  ttks  täht  taewas  (meine  Seele  ist 

so  rein  wie  ein  Stern  am  Himmel), 
elab  kui  täi  kärna  all  (er  lebt  wie  eine  Laus  unter  dem  Schorf). 
sa  tuled  nl  taza  kui  üks  täi  huilub  (du  kommst  so  leise,  od.  langsam, 

wie  eine  Laus  kriecht), 
mets  nenda  paks  kui  tina  (ein  Wald  so  dicht  wie  Zinn). 
se  kadus  kui  tina  tuhka  (das  verschwand,  od.  verlor  sich,  wie  Zinn 

in  der  Asche), 
nemad  sejziwad  nägu  tindid  so  ja  wee  sös  (sie  waren  wie  Stinte  in 

warmem  Wasser), 
ta  elab  üksi  kui  tont  majas  (er  lebt  allein  im  Hause  wie  ein  Geist), 
tuleb  kftttc  kui  targale  töbi  ja  afstile  haigus  (es  Fällt  zu  wie  dem 
Hexenmeister  eine  Krankheit  oder  dem  Arzt  eine  Krankheit). 


—  254  — 

ttnda  köwa  südamega  kui  törre-pöhi  (mit  einem  so  harten  Herzen 

wie  ein  Bottichboden). 
kardawad  teda  nägu  töugud  raud-rähni  (sie  furchten  ihn  wie  die 

Wärmer  den  kleinen  Buntspecht), 
nemad  sütitiiwad  nl  wähe  kokku  kui  tuhk  silmaga  (sie  passen  so 

wenig  zusammen,  wie  die  Asche  mit  dem  Auge). 
kartsin  teda  nägu  kätte  tuld  (ich  fürchtete  ihn  wie  Feuer  an  die 

Hand), 
nemad  uzuwad  teda  nl  wähe  kui  tuld  taku  konlas  (sie  trauen  ihm 

so  wenig  wie  dem  Feuer  am  Wergkunkel), 
ma  pean  tema  8st  nägu  tule  öst  hqidma  (ich  muss  mich  vor  ihm 

hüten  wie  vor  Feuer), 
ta  on  mu  järel  nägu  tule-paha  (er  ist  hinter  mir  her  wie  ein  Feuer- 
schaden). 
ma  ölen  nl  kttlm  tema  wastu  kui  tule-raud  käsnale  (ich  bin  so 

kalt  gegen  ihn,  wie  der  Feuerstahl  gegen  den  Schwamm), 
nemad  elasid  nägu  tuli  tSre  pG  ktilles  (sie  lebten  wie  Feuer  an  ro- 
hem Holz), 
kiratseb  alles  nägu  tuli  töres  püs  (er  quält  sich  noch  wie  Feuer  in 

rohem  Holz), 
ta  läheb  kui  tuli  sördu  möda  (er  geht  wie  Feuer  längst  dem  Verhack), 
raha  nenda  käest  kulub,  kui  tuli  uzin  tulema  wezi  ära  minema 

(das  Geld  schwindet  so  aus  der  Hand,  wie  das  Feuer  schnell  ist  beim 

Kommen  das  Wasser  beim  Gehen). 
sa  oled  kui  üks  tule-tukk  mu  körwas  (du  bist  wie  ein  Feuerbrand 

neben  mir). 
paha  söna  hakkab  nöre  inimeze  kfllge  kinni,  kui  tfima  taela  külge 

tuluke  hakkab  (ein  böses  Wort  haftet  an  einem  jungen  Menschen, 

wie  an  weichem  Zunder  das  Feuer  haftet). 
nl  wiza  kui  hutidi-liha  (so  zäh  wie  Wolfsfleisch), 
üksikud  pered,  nägu  hunt  sittund  (einzelne  Hofe,  als  ob  der  Wolf 

gesch ). 

tema  on  kawal  kui  kolme  walla  hunt  (er  ist  listig  wie  ein  Wolf  tod 

drei  Gebieten). 


—  255  — 

wibkab  mind  nenda  km  u§5  aja  all  (er  hasst  mich  wie  eine  Schlange 

unter  dem  Zaun), 
ma  ölen  nenda  kuf  u£&  köre  wahel  (ich  bin  so  wie  ein  Warm  zwi- 
schen der  Rinde),  in  Bedrängniss. 
ma  fön  teda  nä£i  wlzi  (ich  werde  ihn  schlagen  wie  eine  Schlange), 
mind  on  kinzatod  nT  pafju  kui  uä£i  aja  all  (man  hat  mich  so  fiel 

verfolgt  wie  etne  Schlange  unter  dem  Zaun), 
kadund  nägu  u£6id  kamarikus  (verloren  wie  Schlangen  im  Haide- 

kraut), 
ta  kSrleb  nägu  uggikene  palawa  kiwi  peal  (er  windet  sich  wie  ein 

Wärmchen  auf  einem  heissen  Steine), 
nenda  l<u  kni  wana  ümbrik  alt  (so  breit  wie  ein  alter  Unterrock 

unten), 
sinn  sü  on  lajem  kui  sinu  ümbrik  alt  (dein Mund  ist  breiter  als  dein 

Unterrock  unten), 
sinn  su  ja  sinn  ümbrik  alt  on  ühe  aru  p^al  (dein  Mund  und  dein 

Unterrock  unten  sind  gleich), 
ta  flpib  nägu  waenlane  (er  lernt  wie  ein  Feind),  sehr  eifrig, 
ma  olin  nägu  waha  tnle  käes  (ich  war  wie  Wachs  im  Feuer), 
alasti  nagn  waha-kfinal  (nackt  wie  eine  Wachskerze), 
ta  on  raha  järel  nägu  kuri  waim  hinne  järel  (er  ist  nach  Geld  wie 

der  böse  Geist  nach  einer  Seele), 
nemad  on,  od.  elawad,  kni  warblazed  nizns  (sie  sind,  od.  leben, 

wie  die  Sperlinge  im  Weizen), 
wahib  öige,  nfigu  war  es  wahib  hobuse  suhu  (er  lauert  gerade,  wie 

eine  Krähe  in  den  Mund  des  Pferdes  lauert). 
seizab  süres  mures  nägu  kfilma  wöetud  war  es  (er  ist  in  grosser 

Sorge  wie  eine  erfrorene  Krähe), 
sadas  kni  wardast,  od.  oa-warrest,  maha  (es  regnete  wie  vom 

Dreschflegel,  od.  von  der  Bohnenstange,  herab), 
romal  kui  köötri  wazikas  (dumm  wie  des  Küsters  Kalb). 
so  on  otsegu  wee-tilk  pannis,  od.  ämbri  ktilles  (das  ist  gerade  wie 

ein  Wassertropfen  im  Eimer), 
wöral  mal  inimezed  on  kui  wSrad  weised  wöra  kafja  hulgas  (in 


—  256  — 

der  Fremde  sind  die  Mensehen  wie  fremde  Thiere  in  einer  fremden 
Herde), 
temal  on  ikka  oma  ammet  taskus,  öjete  kui  wenn  ad  kahekeste 
(er  hat  immer  seine  Beschäftigung,  d.  h.  die  Flasche,  in  der  Tasche, 
sie  sind  beide  recht  wie  Brüder). 

ole  nenda  sqe  oma  sfldamega,  kui  su  weri  ses  od  (sei  so  wann  mit 
deinem  Herzen  wie  dein  Blut  in  dir). 

teda  topitakse  kui  weSki-kotti  (man  stopft  ihn  wie  einen  Mühlensack). 

kadunud  nägu  wette  wajunud,od.  lannenud  (verloren  wie  in's  Was- 
ser gefallen),  spurlos. 

ta  satub  nägu  wezi  ahju  (er  kommt  wie  Wasser  in  einen  Ofen). 

kaub  nägu  wezi  sSlast,  od.  kerisele  (er  verliert  sich  wie  Wasser  aus 
einem  Siebe,  od.  auf  der  Ofendecke). 

jutud  lähewad  nenda  temast  maba  kui  hane  seljast  wezi  (Reden 
geben  so  an  ihm  herunter  wie  Wasser  vom  Röcken  einer  Gans). 

nl  ligi  sugulane  kui  wies  wezi  tari  p$al  (so  nahe  verwandt,  wie  der 
fünfte  Aufguss  auf  den  Kofent). 

tözi  kui  wezi,  wale  kui  wazika-rokk  (Wahrheit  ist  wie  Wasser, 
Lüge  wie  Kälbertrank). 

nl  iga-päjne  azi  kui  wirts  karja-ajas  (eine  so  alltägliche  Sache  wie 
Jauche  in  einer  Viehburg). 

te  nenda  mudaue  kui  üks  wirtsa-auk  (der  Weg  ist  so  kothig  wie 
ein  Mistjauchenloch). 

kargas  kohe  nägu  wizatud  ömale  (er  lief  sogleich  weiter  wie  ge- 
worfen). 

sejzab  nagu  wöi  ahju  rinnal  (er  steht  wie  Butter  auf  der  Ecke  des 
Ofens). 

süäüiwad  kokku  nägu  wöi  ja  lejb  (sie  passen  zusammen  wie  Butter 
und  Brot). 

wiluwad  kokku  kui  sula  wöi  (sie  vertragen  sich  zusammen  wie  ge- 
schmolzene Butter). 

lahke  ja  mähe  nägu  sula  wöi  (freundlich  und  süss  wie  geschmolzene 
Butter). 


1' 
» 


—  257  — 

i 

teie  elate  minu  kältest  kui  kfinnu  küllest  wßzud  (ihr  lebt  von  mir 
wie  von  dem  Stamme  die  Schösslinge). 

IV.  Wünsche,  Verwünschungen,  Betheuernngen, 

Spitznamen. 

Andku  Jamal  h^ad  hingamist  (gebe  Gott  gute  Rohe)  —  jätka, 
od.  jfitkagu,  jumal  rOga  (Gott  gesegne  die  Speise)  —  Jamal  andku 
teile  elu  pitka,  auu  körget  (Gott  gebe  eueh  langes  Leben,  höbe  Ehre) 

—  j.  a.  temale  hea  hinne-azeme  ja  kergitagu  mulda  rindade  peal 
(G.  gebe  ihm  eine  gute  Seelenstatt  und  erleichtere  die  Erde  auf  der  Brust) 

—  j.  a.  t.  körgest  taewast  (Gott  gebe  es  ihm  vom  hohen  Himmel)  — 
j.  a.  t.  kafti  llkumize  ja  wodi  heitmize,  targa  möle  ja  möistuze 
(Gott  gebe  ihm  theures  Benregen  und  Niederlegen  in's  Bett,  klugen  Sinn 
und  Verstand)  —  j.  a.  t.  kam  terwize  öhtu  wödi  heites,  hommiku 
flies  töustes  (G.  g.  ihm  theure  Gesundheit,  wenn  er  Abends  sich  zu  Bette 
legt  und  Morgens  aufsteht)  —  j.  a.  t.  puhast  hingamist  (G.  g.  ihm 
reine  Ruhe)  —  Jamal  lasku  söa-wäge  körwal,  od.  ikka,  külda,  ej 
silraal,  od.  elades,  näba  (Gott  lasse  von  einem  Kriegsheere  mit  dem 
Ohre,  od.  immer,  hören,  nicht  es  mit  dem  Auge,  od.  im  Leben,  sehen)  — 
j.  1.  tulukeze  kitsas  paigas  olla  (G.  1.  das  Feuer  in  einem  engen 
Räume  sein)  —  j.  1.  wili  tulla  tulusale  ja  magasale  (G.  1.  das  Ge- 
treide kommen  zum  Erspriesslichen  und  Sassen)  —  jumal  önäistagu 
teie  jala  astumizi  (Gott  segne  die  Tritte  eurer  Fasse)  —  jumal  pidagu 
tulukest  ja  kaitsku  kamalus  (Gott  halte  das  Feuer  und  behüte  es  in 
seiner  Hand)  —  j.  p.  t.  wafjulizes  kohas  (Gott  halte  das  Feuer  an 
einem  sicheren  Orte)  —  jumal  römustagu  wajmu,  od.  pärigu  hinae 
(Gott  erfreue  den  Geist,  od.  ererbe  die  Seele)  —  jumal  ülendagu  hin- 
nekest  ja  alandagu  patukest  (Gott  erhöhe  die  Seele  und  setze  die 
Sunde  herab)  —  kofjaks  mind  jumal  Ode  tuppa  (möchte  mich  Gott 
in  die  neue  Stube  hinweg  nehmen),  in  den  Himmel  —  neli  lejba,  kolm 
last  (vier  Brote,  drei  Kinder),  od.  pizut  lapsi,  palju  leiba  (wenig  Kin- 
der, viel  Brot),  Neujahrswunsch  —  sinu  süst  ja  jumala  käest  (aus 

17 


—  258  —   ' 

deinem  Munde  und  aus  Gottes  Hand),  d.  b.  Amen,  wenn  Einem  etwas 
Gutes  gewünscht  worden  —  söwin  tefwist  wana  ästat  löpetada,  üt 
hakata  (ich  wünsche  Gesundheit,  das  alte  Jahr  zu  beendigen ,  das  neue 
an  zu  fangen)  u.  a. 

Jamal  ja  kurat  sulagu  flhte  (Gott  und  der  Teufel  mögen  zusammen 
schmelzen)  —  jumal  silitagu  nl  kaua  sinu  pead,  kunöi  lud  nähakse 
(Gott  möge  so  lange  deinen  Kopf  streicheln,  bis  der  Knochen  sichtbar  ist) 

—  kadugu  sa  nenda  ma  pealt  kui  käste  rohtu  pealt  (mögest  du 
Ton  der  Erde  verschwinden  wie  der  Thau  vom  Grase)  —  koer  sittugu 
ta  baua  peale  (ein  Hund  seh....  auf  sein  Grab)  —  kurat  sinu  sisse 
(der  Teufel  in  dich)  —  kurat  wlgu  sind,  et  aga  were-tilgad  jäwad 
maha  (der  Teufel  bringe  dich  fort,  so  dass  nur  die  Blutstropfen  nach  blei- 
ben) —  kurat  wötku  sind  (der  Teufel  nehme  dich)  —  langid  wötku 
sinu  möle  (die  Krämpfe  mögen  deinen  Sinn  nehmen)  —  laze  teda  Ma- 
dis  wötta  (möge  ihn  der  Matthias,  der  Teufel,  nehmen)  —  ma  köran 
su  pea  kuiwalt  otsast  fira  (ich  werde  deinen  Kopf  trocken  ab  drehen) 

—  mine,  kuza  seda  teist  (geh,  wo  Solches  und  Anderes  ist),  m. 
lanki  (geh  in  den  Krampf),  mine  rabase,  od.  sohu,  od.  so  peale  (geh 
in  den  Sumpf),  mine  söki  (geh  in's  Siechenhaus),  mine  tfihja  kfttte 
(geh  zum  Leeren,  d.  h.  zum  Teufel),  mine  huädale  (geh  zu  den  Wolfen) 

—  oh  kanade  päralt,  kiriwaste  päralt,  mustlaze  päralt  (o  den 
Huhnern,  den  Bunten,  dem  Zigeuner  Gehöriges)  —  oh  so  nende  sisse 
(o  der,  sc.  Teufel,  in  sie)  —  9h  sina  sOlatud  kurat  (ach  du  gesalzener 
Teufel)  —  oh  sfldame  nöru-raswa-tallekene  (o  des  Herzens  Nieren- 
fett-Lämmchen), bei  einem  Verlust  —  sSgu  teile  mitte  flks  karw  kas- 
wama  (möge  euch  kein  Haar  wachsen)  —  sitta  su  suhu  (Koth  in  dei- 
nen Mund)  —  su  ema  ihu  mädanegu  sind  kandmast  (deiner  Mutter 
Leib  möge  verfaulen  dich  getragen  zu  haben)  —  «su  niuded  windngu, 
ja  su  köht  mingu  punni  (deine  Hüften  mögen  schwinden,  und  dein 
Bauch  an  dringen)  —  wandus  minu  were  tilga  ära,  kust  mina  ölen 
sttndinud,  nöd  rinnad,  mis  ma  ölen  imenud  (er  verfluchte  den  Tro- 
pfen meines  Blutes,  aus  dem  ich  entstanden  bin,  die  Brüste,  an  welchen 
ich  gesogen  habe)  —  wandus  mulle  kaks  sarwe  pähä  ja  kolmat 
köhu  peale  (er  fluchte  mir  zwei  Hörner  an  den  Kopf  und  ein  drittes  auf 


—  259  — 

den  Bauch)  —  wandus  tuhat  tulist  kuratit  kokkn  (er  fluchte  tausend 
feurige  Teufel  zusammen)  —  tujsk  ja  tolm  laze  wötta  (Gestöber  und 
Staub  mögen  nehmen)  —  flle  metsa  flle  jfirwe  mingu  ta  oma  nahaga 
höpis  (über  den  Wald  und  über  den  See  mag  er  gehen  sammt  seiner 
Hant)  —  wötku  teda  ttihi,  kurat,  tofit  (nehme  ihn  der  Leere,  der 
Teufel,  der  böse  Geist)  —  sägu  sulle  s&ma  sawitse'  latse',  ahjo- 
otsa-arwolitse',  katla-kOgo-karwalitse',  sawwe  sömä  ja  saiba  otsa 
sitale  (d)  (mögen  dir  geboren  werden  Kinder  von  Thon,  mit  Verstand  wie 
die  Ofenecke»  von  Farbe  wie  der  Kessqlhaken,  Lehm  zu  essen,  oben  auf 
einer  Zaunstange  zur  Nothdurfl  zu  gehen)  u.  a. 

Ehk  mind  pandagu  tulese  (sollte  man  mich  auch  in's  Feuer  legen) 

—  ehk  ma  seje  samase  sulagu  (sollte  ich  auch  eben  hier  schmelzen) 

—  ebk  ma  siniseks  weeks  snlaksin,  ma  ep  ole  seda  mitte  teinud 
(sollte  ich  auch  zu  blauem  Wasser  schmelzen,  ich  habe  es  nicht  gethan)  — 
ehk  oleks  tuhat  talist  kuratit  sörwiti  wahel  (sollten  auch  tausend 
feurige  Teufel  quer  dazwischen  sein)  —  ehk  sulagu  ma  mft  pöhja 
(sollte  ich  auch  in  den  Boden  der  Erde  schmelzen)  —  kurat  wötku  mu 
lud  llkmed  fira,  kui  . . .  (der  Teufel  nehme  meine  Gebeine  und  Glieder, 
wenn  . . .)  —  Jözukene  suretagu  mind  sejna  äre  (Jesulein  lasse 
mich  neben  der  Wand  sterben)  —  jumal  ftrgu  aidaku  mind  Sit  paj- 
gast  mitte,  ega  tejzest  kolmandamast  paigast  (Gott  helfe  mir  nicht 
von  dieser  Stelle,  noch  von  einer  anderen  oder  dritten  Stelle)  —  jumal 
nfteb  filewal,  mina  sin  (Gott  sieht  es  oben,  ich  hier)  —  jumal  wlgu 
minu  kfted  kfiest  fira  (Gott  bringe  meine  Hände  von  mir  weg)  —  ju- 
mala  nimi  kaffis,  et  muH  seda  ei  ole  (Gottes  Name  ist  theuer,  dass 
ich  das  nicht  habe)  —  juraala  ri&ike  olgu  mu  jüres  (Gottes  Kreuz- 
chen sei  bei  mir)  —  kögi  ej  töa  mu  kui  sür  jumal  ülewal  ja  mina 
ize  (kein  Anderer  weiss  es  als  der  grosse  Gott  oben  und  ich  selbst)  — 
mina  ei  maksa,  ehk  wötku  minn  ihn  särk  seFjast  fira  (ich  bezahle 
nicht,  und  sollte  er  auch  meines  Leibes  Hemd  mir  vom  Rucken  nehmen) 

—  mina  ölen  siniseks  weeks,  tema  on  warastand  (ich  bin  blaues 
Wasser,  er  hat  gestohlen)  —  mina  rftgin  tött  jumala  ja  inimeste 
wahel  (ich  rede  die  Wahrheit  zwischen  Gott  und  Menschen)  —  mina 
tunfiistan  taewa  ja  ma  wahel  (ich  bezeuge  zwischen  Himmel  und 

17* 


—  260  — 

Erde)  —  minu  hing  on  nenda  pubas  kui  fiks  täht  t%ewas  (meine 
Seele  ist  so  rein  wie  ein  Stern  am  Himmel)  —  nl  töeste,  kui  Jamal 
fllewal  ja  mina  sin  (so  wahr  wie  Gott  oben  und  ich  hier)  —  sS  on 
miau  ja  jumala  (das  ist  mein  und  Gottes),  ganz  gewiss  mein  —  sIs 
ma  tahan  sla  mft  alla  lanneta  (dann  will  ich  hier  unter  die  Erde  sin- 
ken) —  wannun  oma  were  ja  hinne  peale  (ich  schwöre  aar  mein 
Blut  und  auf  meine  Seele)  —  wöite  nokkida  ma  sfidame  seljast 
wälja,  ej  teie  slski  minust  Süd  leia  (ihr  könnt  mir  das  Herz  aas  dem 
Rucken  hacken,  ihr  werdet  doch  keine  Schuld  an  mir  finden)  —  wötku 
kurat  ma  käed  küllest  ära  (möge  der  Teufel  meine  Hände  von  meiner 
Seite  nehmen)  u.  a. 

Bei  der  grossen  Neigung  der  Ehsten  zu  Spott  und  Satire  ist  es  eine 
sehr  beliebte  Gewohnheit  bei  ihnen,  dass  Bewohner  verschiedener  Gegen- 
den und  Gutsgebiete  sich  gegenseitig  Spott-  und  Spitznamen  geben,  welche 
sich  auf  Auffälliges  in  der  Sprache  oder  Kleidung,  Charakter,  Lebensweise 
u.s.  w.  beziehen,  auch  wohl  auf  einer  Namensverdrehung  des  Wohnorts  be- 
ruhen. Sie  sind  grossen  Theils  unübersetzbar,  und  vermutlich  ist  bei  man- 
chen der  Ursprung  und  die  eigentliche  Bedeutung  auch  denen  selbst  nicht 
klar,  welche  sie  —  der  Tradition  folgend  —  gebrauchen.  Eine  Probe  davon 
sind  die  folgenden.    Einer  aus  Werpel  ist  «warb Jane»  (Sperling,  nach 
dem  Ortsnamen),  —  aus  der  Umgegend  von  Pernau  «laia-perse-mös» 
(Mann  mit  breitem  Hinteren ,  von  den  breiten  Rockschössen),  —  aus  Fel- 
lin «Wilandi  wibu-nina»  (Felliner  Bogenoase),  —  aus  Holslfershof 
«kuke-sölik»  (Hahnendarm),  —  aus  Tarwast  «tatt-läritiik»  (Rotzbütte) 
oder  «tatt-lauk»  (Rotzblässe),  —  aus  der  Umgegend  von  Werro  «tsurk- 
lane»  oder  «ugulane»,  —  aus  Neu-Anzen  «kiriwä  hata  poig»  (Sohn 
einer  bunten  Hündin),  —  aus  Alt-Anzen  «haha  hata  poig»  (Sohn  einer 
grauen  Hündin),  —  aus  der  Anzenschen  Gegend  überhaupt  «lätokene» 
oder  «hatokene»,  —  aus  Uelzen  «wäblane»  (Wespe),  —  aus  Lina- 
mägi  asetkene»,  —  aus  Kergel  «kärbläne»  (Fliege)  oder  «körweue» 
(wohl  nach  dem  Ortsnamen),  —  aus  Polwe  «wetka»  (von  dem  Gebrauche 
der  Partikel  wet  rus9.  b£ai>),  —  aus  der  Umgegend  von  Dorpat  ak&kk» 
(Blutklos),  —  aus  Koik  «oa-sao  söjä»  (Esser  von  dicker  Bohnensuppe), 
—  aus  Heiligensee  «söliko-arutaja»  (der  Därme  aus  einander  wickelt), 


I 


—  261  — 

aas  Rosenhof  «huiokene»,  —  aus  Neuhausen  «jutik»  (sonst*  ein  Rind 
mit  weissem  Rückenstreifen),  —  aas  Nursi  «hatokene»,  —  aus  Sennen 
«nähkas»,  —  aus  Rauge,  Hahnhof,  Kosse  «hftkk»,  —  aus  Rogosinski 
«witi»  (weil  sie  witi  st.  wei  sprechen,  von  «widämfi»),  —  aus  Rappin 
omähkas,  m&kas»,  —  aus  Menzen  «loks-muän»  (Klatschhode),  — 
Leute  aus  Tolama  heissen  «öka-rahwas»  (weil  sie  ö  statt  om  sprechen), 
die  Ehsten  im  Gouvernement  Pleskau  «setu',  setuka',  setukeze'»,  Mäd- 
chen aus  Kannapä  «kaput-jalad»  (Strumpflüsse) ,  die  in  den  dörptschen 
Kreis  eingewanderten  Felliner  «mulgid»,  die  Letten  «läti-kopsud»  (Lei- 
lenlungen)  u.  s.  w.  Auch  längere  Sprüche,  Spottverse  kommen  dabei  vor, 
wie  von  den  Leuten  in  Aozen  aAnts-mÖiza  rahwas  auza  rahwas,  pe- 
räst pikä-päkä- rahwas»  (die  Leute  aus  Anzen  sind  Ehrenleute,  naehher 
sind  sie  Leute  mit  langem  Daumen,  d.  h.  Diebe),  —  in  Resthof  «minä 
Rösto  rikas  m6s,  maka  wastse  kaska  s6n»  (ich  bin  ein  reicher  Mann 
aus  Resthof,  schlafe  in  einem  neuen  Pelz),  —  in  Sommerpalen  «pikä 
palo  pimä-nöjdja,  Sömer-palo  s$ira-s6jä»  (Milchverhexer  von  der 
langen  Haide,  Sommerpalenscher  Käseesser),  —  in  Errastfer  «Eräswere 
ifwiko',  kuiwa  löwä  köriko',  suwel  söwä'  sitikit,  talwel  lakwa' 
Iutikit»  (Errastfersche  Grinzer,  trockene  Brotrinden,  im  Sommer  essen 
sie  Mistkäfer,  im  Winter  lecken  sie  Wanzen),  —  in  den  vier  Kreisen 
Ehstlands  «Hafju  harakas,  Wiru  wirukas  od.  wares,  Läne  lülT, 
Järwa  junn»  (Elster  aus  Harrien,  Langer  od.  Krähe  aus  Wierland,  Töl- 
pel aus  Wiek,  Knirps  aus  Jerwen). 

Dieser  Abschnitt,  wie  die  beiden  vorhergehenden  hat  selbstverständ- 
lich nur  einige  Proben  ehstnischer  Rede-  und  Ausdrucksweise  geben  wol- 
len und  können,  vieles  dahin  Gehörige  giebt  auch  noch  das  Wörterbuch. 


Y.  BäthseL 

I 

r 

Bei  Weitem  der  grösste  Theil  der  Räthsel  hat  dieselbe  Form  wie  auch  I 

bei  den  östlichen  finnischen  Stämmen,  d.  h.  es  sind  kurze,  verblümte  Be-  1 

i 

Schreibungen  irgend  eines  Gegenstandes,  welcher  aus  dieser  oft  mehr  ver-  ' 

hallenden  als  deutlich  machenden  Bezeichnung  errathen  werden  soll,  erst  j 

in  neuerer  Zeit  hat  man  dem  Deutschen  nachgebildete  Räthsel  versucht, 


—  262  — 

auch  Bachstaben-  und  SylbenrSthsel.   Jene  Mehrzahl  ist  zum  Theil  wohl 
wirklieh  alt,  aus  einer  Zeit,  da  die  Ehsten  noch  mit  ihren  entfernten  öst- 
lichen Stammesgenossen  auf  gleicher  Bildungsstufe  standen,   zum  Theil, 
wenn  auch  später  gemacht,  doch  der  alten  Form  angelehnt.    Das  Alter 
zeigt  sich  auch  darin,  dass  über  die  Bedeutung  manches  darin  vorkommen- 
den Wortes  das  jetzige  Geschlecht  nicht  mehr  Auskunft  zu  geben  weiss, 
obgleich  das  Räthsel  selbst  sich  in  der  überlieferten  Form  noch  erhalten 
hat;  auch  die  Lösung  ist  bei  manchen  unsicher  geworden  oder  auch  wohl 
ganz  verloren  gegangen 1).    Einige  sind  unübersetzbar  oder  nur  nach  dem 
Sinne  im  Allgemeinen  wieder  zu  geben,  wegen  der  hier  sehr  beliebten 
Parallelwörter  (vgl.  §  44  der  Grammatik),  wofür  dem  Deutschen  oft  das 
Entsprechende  fehlt.  Der  Inhalt  ist  oft  recht  treffend  und  witzig,  manches 
Mal  auch  wohl  recht  derb  bis  zum  Obscönen.  Eine  oder  die  andere  Um- 
schreibung aus  dem  II.  Abschnitt  konnte  vielleicht  aueh  als  Räthsel  ange- 
sehen, so  wie  Anderes  zu  dem  I.  Abschnitt  gestellt  werden,  und  wie  dort 
das  Sententiose,  Didaktische  des  Inhalts  das  Unterseheidende  gewesen  ist, 
so  wird  es  hier  die  Absicht  sein,  ob  nämlich  eine  Umschreibung  ausdruck- 
lich zur  Prüfung  des  Scharfsinnes  der  Zuhörer  und  zum  Errathen  gemacht 
ist,  oder  ob  sie  ohne  eine  solche  Absicht  nur  nach  dem  Geiste  der  Sprache 
überhaupt  gebraucht  wird.  —  Räthsel  in  ausgedehnterer  Form  geben  die 
RSthsellieder ,  Wechselgesänge  von  Aufgebenden  und  Losenden ,  wovon 
Proben  in  den  Ehstn.  Volksl.  von  Neus,  As  404. 

Aed  all,  tejne  peal,  libe  kala  keskel  (ein  Zaun  unten,  ein  anderer 
oben,  ein  glatter  Fisch  in  der  Mitte),  Aufschlag  und  Weberschiffchen. 

ajt  all,  lök  peal  (ein  Vorrathshaus  unten,  ein  Krummholz  oben),  ein 
Kessel. 

ajt  nelja  tulba  peal  (ein  Vorrathshaus  auf  vier  Pfosten),  ein  Thier. 

ajt  wafgid  lambajd  täii  (ein  Vorrathshaus  voll  weisser  Schafe),  der 
Mund  mit  den  Zähnen. 

haff  häfg,  auk  seTjas,  sefjast  söb  ja  küljest  situb  (ein  grauer  Ochs, 


1)  Die  Sammlung  hier  giebt  auch  einige  Beispiele  von  solchen  unverständ- 
lichen und  unlöslichen  R&thseln. 


—  263  — 

ein  Loch  im  Röcken,  am  Racken  frisst  er,  an  der  Seite  seh....  er), 
die  Handmühle. 
halT  hftfg  nurgas,  seljast  s5b,  küFjest  situb  (ein  grauer  Ochs  im 
Winkel,  am  Racken  etc.),  dass. 

alt  haljas  jänes,  peak  kürakas  rebane  (unten  ein  glänzender  Hase, 
oben  ein  buckliger  Fuchs),  der  Pflug. 

alt  jökseb  haH  koer,  pealt  kfirakas  rebane  (unten  läuft  ein  grauer 
Hand,  oben  ist  ein  buckliger  Fuchs),  die  Handmühle. 

alt  söb,  pealt  sitnb  (unten  frisst  es,  oben  seh....  es),  der  Bohrer. 

haned  tulewad  Öze  öue,  ninad  tilguwad  wett  (Gänse  kommen  Nachts 
in  den  Hof,  die  Nasen  triefen  von  Wasser),  Wassereimer. 

hani  haljas ,  p$a  pafjas  (eine  grüne  Gans ,  der  Kopf  kahl) ,  der  Bade- 
besen.' 

hani  ujub  meres,  tlwad  tilguwad  werd  (eine  Gans  schwimmt  im 
Meer,  die  Flügel  triefen  von  Blut),  ein  Boot. 

harakas  aidas,  saba  rftstas  (eine  Elster  im  Vorrathshause,  der  Schwanz 
auf  dem  Dache),  der  Schlüssel  des  Vorratshauses). 

harakas  linnas,  saba  wäFjas  (eine  Elster  in  der  Stadt,  der  Schwanz 
aussen),  die  Balkenenden  an  der  Ecke  des  Hauses. 

harakas  sea  seFjas  (eine  Elster  auf  dem  Rucken  eines  Schweines) ,  ein 
Kind,  welches  das  andere  lauset. 

hark  all,  hafgi  peal  paun,  papna  peal  ri$t,  riäti  p$al  nupp,  nupu 
peal  mets ,  metsas  elawad  elajad  (unten  eine  Gabel ,  auf  der  Ga- 
bel ein  Ranzen,  auf  dem  Ranzen  ein  Kreuz,  auf  dem  Kreuz  ein  Knopf, 
auf  dem  Knopf  ein  Wald,  im  Walde  leben  Thiere),  der  Mensch. 

hark  all,  paun  peal,  pauna  peal  ri£t,  riäti  pejil  nupp,  nupu  peal 
mets ,  metsas  sead ,  laia  lakiga  pojä  ajab  sead  metsast  wälja 
(unten  eine  Gabel,  darauf  ein  Ranzen,  auf  dem  Ranzen  ein  Kreuz, 
auf  dem  Kreuz  ein  Knopf,  auf  dem  Knopf  ein  Wald,  im  Wald  Schweine, 
ein  Junge  mit  breitem  Hut  treibt  die  Schweine  aus  dem  Walde),  der 
Mensch  und  die  Kopfburste. 

hftfg  laudas,  hattikas  seljas  (ein  Ochs  im  Stall,  ein  Quell  auf  dem 
Rucken),  ein  Bierfass. 


—  264  — 

häfg  laudas,  safw  w&fjas  (ein  Ochs  im  Stall,  das  Hörn  draussen),    ein 

Degen, 
hftfg  lapdas,  sarwed  wäfjas  (ein  Ochs  im  Stall,  die  Homer  draussen), 

die  Balkenenden  an  der  Hausecke. 

hÄrg  töakse  koju,  od.  h.  kodu,  sOled  j&wad  metsa,  od.  s.  metsas 
(ein  Ochs  wird  nach  Hanse  gebracht,  od.  ist  zu  Hause,  die  Einge- 
weide bleiben,  od.  sind,  im  Walde),  ein  behauener  Balken. 

häfg  magab  mäs,  aze  seizab  seitse  ästat  (ein  Ochs  liegt  auf  dem 
Boden,  die  Stelle  bleibt  sieben  Jahre),  eine  Penerstelle. 

ej  raa  kola  kurikat,  ega  karda  katlat,  sauna  leil  raind  sandiks 
teeb  (auf  das  Klopfholz  höre  ich  nicht  und  den  Kessel  furchte  ich 
nicht,  der  Dampf  der  Badstube  macht  mich  elend),  die  Laos. 

ei  seda  närita  ega  nelata,  ega  sula  ta  süs  ära,  ja  siski  mitmele 
wäga  magus  (es  wird  weder  gekaut  noch  verschluckt,  noch  schmilzt 
es  im  Munde ,  und  dennoch  ist  es  Vielen  sehr  wohlschmeckend) ,  der 
Rauch  der  Tabakspfeife. 

elaw  surnu  rejte  wahel  (ein  Lebendiges  zwischen  den  Beinen  eines 
Todten),  das  Spinnrad. 

hele  kukk,  kole  tamm  rikka  mehe  l&we  all  (ein  heller  Hahn,  eine 
düstere  Eiche  unter  eines  reichen  Mannes  Schwelle),  die  Sackpfeife. 

hele  pQ ,  hele  tamm ,  seal  on  kulda ,  seal  on  höbedat  (ein  heller 
Baum,  eine  helle  Eiche,  da  ist  Gold,  da  ist  Silber),  eine  Kirche. 

heli  ös,  tali  taga,  kfikits  peal,  nakits  peus  (eine  Stimme  vorn,  der 

Winter  hinten,  ein  Hockender  darauf,  eine  Peitsche  in  der  Hand),  ein 

Schlittenfahrer. 
ema  istub,  iza  pistab,  ttttar  töHitab  (die  Mutter  sitzt,  der  Vater  sticht, 

die  Tochter  baumelt),  ein  Ziehbrunnen, 
emal  1%}  magu,  izal  pitk  sammas,  lapsed  köik  fimmargazed  (die 

Mutter  hat  einen  breiten  Bauch,  der  Vater  einen  langen  Pfahl,  die 

Kinder  sind  alle  rund),  Ofen,  Ofenkrucke  und  Brote, 
enam  auka  m&s  kui  tähti  t^ewas  (mehr  Löcher  auf  der  Erde  als  Sterne 

am  Himmel),  ein  Stoppelfeld. 
Hetidrik  tagwas,  taba  löukas,  Mart  mas,  paft  sus  (Heinrich  im 


—  265  — 

Himmel,  das  Schloss  im  Herdloche,  Martin  an  der  Erde,  eine  Ente 
im  Munde),  der  Kesselhaken. 

enne  pojad  pufjutawad,  enne  kui  iza  ilmale  süütiib  (eher  segeln  die 
Söhne,  bevor  der  Vater  zur  Welt  kommt),  Kornschober  und  Garben. 

et  mu  sugu-aru  kfill  kaunis  perekas,  siski  ep  ole  nad  mind  sla 
male  binAe-kifja  flies  wötnud;  ma  ölen  weike  nime  polest, 
wel  wäbem  kere  polest,  ma  istun  alati  kohtu-lauas,  kus  minu 
käest  wimist  aru  nOuutakse,  kä  toa-tfidrukud  ja  kögi-naezed 
on  alati  mu  jäfjes  (obgleich  mein  Geschlecht  sehr  zahlreich  ist,  so 
bin  ich  doch  bisher  noch  nicht  in  das  Seelenverzeichniss  aufgenom- 
men; ich  bin  klein  von  Namen,  noch  kleiner  von  Korper,  ich  sitze 
immer  am  Gerichtstisch,  und  von  mir  fordert  man  die  letzte  Entschei- 
dung, auch  Stubenmädchen  und  Köchinnen  sind  immer  hinter  mir  her), 
die  Sandbuchse.  -, 

est  kui  oda,  od.  ora,  keskelt  kui  kera,  tagant  kui  tambi-lasn  (vorn 
wie  ein  Speer,  od.  Pfriem,  in  der  Mitte  wie  ein  Knaul,  hinten  wie 
eine  Stampfschaufel),  das  Huhn. 

hiline  ös  ja  taline  taga,  pökats  peal  ja  nokats  käes  (ein  Langsamer 
vorn  und  ein  Winterlicher  hinten,  ein  Stosser  darauf  und  ein  Hacker 
in  der  Hand),  ein  Schlittenfahrer. 

ilma  hlta  kongerdab  (ohne  Knochen  geht  es),  die  Zunge. 

hinnega,  od.  hinneline,  all,  hinnega,  od.  hinneline,  peal,  binnetu 
wahel  (Belebtes  unten,  Belebtes  oben,  Lebloses  dazwischen),  od. 
hinneline  all,  hinnetu  wahel,  tunneline  peal),  Pferd,  Reiter  und 
Sattel. 

iza  ilma  stiridijjiata,  lapsed  tafitsiwad  juba  katusel  (der  Vater  ist 
noch  ungeboren,  die  Kinder  tanzen  schon  auf  dem  Dache),  Feuer  und 
Rauch. 

izaluakse,  poeg  köänib  (der  Vater  wird  geschaffen,  der  Sohn  wan- 
delt), dass. 

iza  Öige,  ema  köwer,  pqgg  pohla-mä  kuningas,  tfltar  laj  kuj  lati- 
kas  (der  Vater  gerade,  die  Mutter  krumm,  der  Sohn  ein  König  von 
Polenland,  die  Tochter  breit  wie  ein  Brachsen),  der  Hopfen. 


—  266  — 

iza  pitk,  ema  Igj ,  öde  söge,  wend  pörane  (der  Vater  lang,  die  Matter 

breit,  die  Schwester  blind,  der  Broder  verkehrt),  die  Welt, 
iza  pitk  ja  pönike,  ema  lai  ja  lübike,  lapsed  köjk  ühe-sugused, 

ümmarguzed  (der  Vater  lang  und  dünn,  die  Mutter  breit  und  kurz, 

die  Kinder  alle  gleich,  rund),  Brotschaufel,  Brottrog  und  Brotlaibe, 
iza  pitk,  pönike,  ema  lai,  latakas,  pojad  köik  ümmarguzed  (der 

Vater  lang,  dünn,  die  Mutter  breit  und  flach,  die  Sohne  alle  rund), 

der  Hopfen, 
iza  sirge,  ema  köwer,  tfitar  1%j,  latakas,  pQeg  taga  puper-paFH  (der 

Vater  gerade ,  die  Mutter  krumm ,  die  Tochter  breit  und  flach ,  der 

Sohn  hernach  rund),  dass. 
iza  sirge,  ema  köwer,  tfitar  lgj  lutikas ,  pqeg  punase  mfitsiga  (der 

i 

Vater  gerade,  die  Mutler  krumm,  die  Tochter  eine  breite  Wanze,  der       | 
Sohn  mit  rolher  Motze),  dass. 
izand  haistab  emanda  moldi  (der  Herr  riecht  an  der  Mulde  der  Frau),       I 

der  Eimer,  welcher  aus  dem  Brunnen  Wasser  holt. 

i 

ize  ime,  ize  pime,  ize  ma-ilma  tark  (selbst  ein  Wunder,  selbst  blind,       j 
selbst  ein  Weiser  der  Welt),  der  Besmer,  die  Handwage. 

ize  köletu,  ize  möletu,  ize  ilma  mä  rakendaja  (selbst  ohne  Sprache, 
selbst  ohne  Verstand,  selbst  aller  Welt  Flicker),  die  Nadel.  j 

jalutu  Juhan,  od.  jaluti  Jan,  od.  jaluta  Jan,  läbeb  seina  kajidu       j 
üles  (ein  Jobann  ohne  Fasse  geht  an  der  Wand  hinauf),  der  Rauch.  | 

jäitsikas  tantsib  ja  peal,  lgi  lakk  peas,  kala-nlsk  süs  (ein  Eisstück        ! 

tanzt  auf  dem  Eise  mil  einem  breiten  Hut  auf  dem  Kopfe  und  einer 

Fischmilch  im  Munde),  od. 
jänes  tantsib  ja  peal,  ej  tunne  jäTgi  (ein  Hase  tanzt  auf  dem  Eise, 

man  merkt  keine  Spuren),  die  Spindel.  *  i 

i 

jökseb  ristimata,  ja  ommeti  on  kaks  korda  sütidinud  (es  läuft  un- 
getauft,  und  ist  doch  zwei  Mal  geboren),  das  Huhn. 

kahed  karwad  wast&stiku  (zwei  Partien  Haare  gegen  einander  gerich- 
tet), Wollkratzen. 

kaks  h&rga  kfinnawad,  tihes  ikkes  weawad,  tejne  künnab  sö-mäd 
teine  aru-m&d  (zwei  Ochsen  pflügen,  ziehen  in  einem  Joche,  der 


—  267  — 

eine  pflögt  Sumpfland,  der  andere  trockenes  Land),  die  Eimer  am  Rad- 
brunneir. 
kaks  härga  pfidbid  tapelda,  mftgi  oli  wahel  (zwei  Ochsen  versuchten 

zu  kämpfen,  ein  Berg  war  dazwischen),  die  Augen, 
kaks  kam,  kam  kok,  kögu  tfi{  ja  tildi  knaps  (?). 
kaks  knkke  kakle wad,  teine  tejzel  pol  iniige,  aga  kokku  ej  sä 
eladeski  (zwei  Hahne  streiten ,  einer  auf  der  einen ,  der  andere  auf 
der  anderen  Seite  des  Berges,  aber  zusammen  kommen  sie  im  Leben 
nicht,  od.  kaks  knkke,  teine  teizel  pol  mäge,  taplewad,  ej  sa 
ial  fihte),  die  Augen. 
kaks  läüast  flhe  pauna  s38  (zwei  Letten  in  einem  Ranzen) ,  eine  Un- 

sensehote. 
kaks  lehma,  teine  tlne,  teine  aber,  ja  ühtlazi  pQ$gewad  mOlemad 
(zwei  Kühe,  eine  trächtig,  die  andere  gelt,  und  beide  kalben  zugleich), 
Roggen-  und  Gerstenfeld. 
kaks  möst  weawad  flle  pussu-mäe  nOta  (zwei  Männer  ziehen  über 

den  Farzhügel  ein  Zugnetz),  das  Anziehen  der  Hosen.  * 
kaks  Ort,  od.  kahed  örred,  walgid  kanu  t§ji  (zwei  Stangen  voH  weis- 
ser Hühner),  die  Zähne, 
kakspead,  kolm  silma,  küi  jalga,  kaks  putsi,  fiks  band  (zwei 
Köpfe,  drei  Augen,  sechs  Fasse,  zweierlei  Scham,  ein  Schweif),  ein 
einäugiges  Weib  reitend, 
kaks  tömanti-kiwi ,  üks  höbe-ora  (zwei  Diamanten,  ein  silberner 

Pfriem),  Auge  und  Nase. 
kaks  wanakest ,  od.  wenda,  flhe  sidemega  kons  (zwei  Greise,  od. 

Bruder,  mit  einem  Bande  verbunden),  ein  Paar  Zaunstaogen. 
kaks  wennaksid,  flhe  sidemega  seutakse  (ein  Brüderpaar,  mit  einem 

Bande  werden  sie  gebunden),  dass. 
kangas  ei  koeta,  wöllas  ei  wöfgita,  seQas  sflnäib  pidada  (auf  dem 
Webstuhl  wird  es  nicht  gewebt,  auf  dem  Baum  nicht  gestrickt,  auf 
i  dem  Rücken  kann  man  es  tragen),  ein  Pelz. 

kam  köüsib  te  kapda,  karwad  poewad  maha  (ein  Bär  wandelt  den 

Weg  einher,  die  Haaro  fallen  nieder),  ein  Heufuder. 
kas  sa  wOtad  seile,  mis  mäe  p^al  mänfiib,  w§i  seile,  mis  sGs  soT- 


i 


—  268  — 

gib?  (nimmst  da  den,  welcher  auf  dem  Berge  spieh,  oder  den,  wel- 
cher im  Sumpf  plätschert),  Schlange  and  Fiseh. 
ka&  ahjus,  kapp  wÄljas  (eine  Katze  im  Ofen,  die  Pfote  draussen),  der 

aas  der  Nase  hängende  Schleim, 
käzitu  ja  jalutu  jökseb  nurka  möda  ttles  (ein  Hand-  and  Fossloser 

läuft  an  der  Ecke  hinauf),  der  Rauch, 
kehata  nähtaw  (körperlos  sichtbar),  der  Schatten, 
kelle  selg  ei  wQi  mitte  fiht  llwa  tera  kanda,  aga  korraga  wöib 

mitn  sürt  maja  kanda?  (wessen  Racken  kann  nicht  ein  Sandkorn 

tragen,  aber  auf  ein  Mal  kann  er  viele  grosse  Häuser  tragen),  das 

Meer, 
kerged  silmad  ja  kerged  jalad  (leichte  Augen  und  leichte  Füsse),  der 

Dieb, 
kes  könnib  ümber-kaydu  ilma  majast  minemata?  (wer  wandelt  um- 
her ohne  aus  dem  Hause  zu  gehen),  die  Schnecke, 
kes  oli  pitkas  säre-paelas?  (wer  war  in  einer  langen  Fussbinde),  die 

Weide.    • 
kes  on  halTi  mantliga?  (wer  ist  mit  einem  grauen  Mantel),  die  Espe, 
kes  on  häwiku  emanda?  (wer  ist  Hausfrau  des  Espengebusches),  der 

Fachs, 
kes  on  kirbu-sürune  aga  häfja-raskune?  (wer  ist  so  gross  wie  ein 

Floh,  aber  so  schwer  wie  ein  Ochs),  ein  Funke, 
kes  on  körwe  kaf  jane?  (wer  ist  der  Hüter  des  tiefen  Waldes),  der  Bär. 
kes  on  kullast  kObaraga?  (wer  ist  mit  einem  goldenen  Hute),  die 

Fichte, 
kes  on  küziku  kuningas?  (wer  ist  Konig  des  Fichtenwaldes),  der  Wolf, 
kes  on  laia  lakiga?  (wer  ist  mit  breitem  Hute),  die  Kiefer, 
kes  on  nömme  neitsike?  (wer  ist  das  Jfingferchen  der  Haide),  der 

Hase, 
kes  on  walge  kazukaga?  (wer  ist  mit  einem  weissen  Pelz),  die  Birke, 
kes  seal  pözas  pöksub,  naksub?  (wer  klopft  and  klappert  dort  im 

Strauch),  der  Igel, 
köletu,  möletu,  ilma  ma  tark  (sprachlos,  sinnlos,  aller  Welt  weise), 

die  Handwage,  der  Besmer. 


—  269  — 

kßletu,  meleta,  mä-ilma  rakendaja  (sprachlos,  sinnlos,  aller  Welt 

Flicker),  die  Nadel, 
körleb  (ja)  wdrleb,  km  otsa  sab,  (ßls)  muneb  (es  dreht  sieb,  win- 
det sich,  wenn  es  auf  den  Gipfel  kommt,  legt  es  Eier),  der  Hopfen, 
kibab  ja  kabab ,  s&b  säre  peale ,  eis  sejzab  (es  zappelt  und  rappelt, 

wenn  es  auf  die  Insel  Itommt,  bleibt  es  stehen),  der  Schnee, 
kiberik  köberik,  kükitab  mfte  kfilge  peal  (krumm  und  gewunden, 

auf  den  Seiten  eines  Berges  hockt  es),  das  Ohr. 
kikri  kakri ,  kiwerik  köwerik ,  pazandab  köjk  wäfja  täji  (klipp, 

klapp,  krumm  und  gewunden,  das  ganze  Feld  seh....  es  voll),  die 

Sichel, 
kirbu  sürns,  härja  raskus  (des  Flohes  Grösse,  des  Ochsen  Schwere), 

ein  Funke, 
kirbul  läheb  ja  luikel  tuleb  (als  Floh  gebt  es ,  als  Schwan  kommt  es), 

ein  Kohlkopf, 
kiri  kari,  walge  wäli,  must  karja  kaiisja  (bunte  Herde,  weisses  Feld, 

schwarzer  Hüter  der  Herde),  Gemeine,  Kirche,  Prediger, 
kiri  kari,  walge  wäli,  tuhmid,  targad  taga-ajajad  (bunte  Herde, 

weisses  Feld,  trübe,  kluge  Treiber),  ein  Buch, 
kiri  lehm,  kikis  sarwed  (eine  bunte  Kuh,  niedergeduckte  Hörner),  das' 

Spinnrad, 
kits  kefdris ,  köf  wäfjas  (eine  Ziege  im  Keller ,  die  Zunge  draussen), 

die  zum  Ofen  herausschlagenden  Flammen, 
kitu  söidab  sördu  mSda,  kitu  karwad  wasta  oksa  (eine  Ziege  fahrt 

längs  dem  Verhau,  die  Haare  der  Ziege  sind  gegen  den  Ast),  ein 

Heufader, 
kiwene  nurm,  rawwane  adr,  köo-püst  söme  (d)  (ein  steiniges  Feld, 

ein  eiserner  Pflug,  vom  Birkenbaum  der  Same),  das  Feuerzeug. 
kiwist  safw,  püst  will  sös  (von  Stein  der  Kasten,  von  Holz  das  Ge- 
treide darin),  das  Aschenloch  und  die  Asche, 
kiwist  wakk,  püst  jahud  (von  Stein  der  Scheffel ,  von  Holz  das  Mehl), 


kizub,  käpab,  sab  sare,  sls  muneb  (es  reisst  und  scharrt,  kommt  es 
auf  die  Insel,  so  legt  es  Eier),  die  Egge. 


—  270  — 

klpab,  kftpab,  sab  sare,  sls  seitab  (es  scharrt  und  kratzt,    kommt  es 

auf  die  Insel,  so  steht  es),  der  Besen, 
kltsakas  lendab  üle  kiwi,  tiwad  tilguwad  werd  (eine  Bister  fliegt 
aber  einen  Stein,  die  Flügel  triefen  von  Blut),  das  Feuerzeug. 

koda  kolme  nurga  peal  (ein  Hans  auf  drei  Ecken),  ein  dreifassiger 
Kochtopf. 

kqer  baugub  läbi  raud-wärawat  (ein  Hund  bellt  durch  eine  eiserne 
Pforte),  ein  Mensch  spricht. 

kole  kü§k,  bale  tamm  rikka  mehe  läwe  all  (eine  düstere  Fichte, 
eine  helle  Eiche  unter  der  Schwelle  eines  reichen  Mannes),  die  Sack- 
pfeife. 

kolme-jalgne  kurat,  raud-hambad  süs  (ein  dreibeiniger  Teufel  mit 
eisernen  Zähnen  im  Munde),  der  Spinnrocken. 

kOrem  w&zib,  körma  kandja  ei  wäzi  (die  Last  ermüdet,  der  Lastträ- 
ger ermüdet  nicht),  ein  Stuhl. 

köhu  p^ale  kopsitakse,  od.  kobiseb,  naba  p^le  napsitakse,  od. 
nabiseb,  läheb  sisse  silpsti  (auf  den  Bauch  wird  geklopft,  auf  dem 
Nabel  raschelt  es,  hinein  geht  es  wupp),  Schloss  und  Schlüssel. 

köhust  söb,  ktifjest  situb  (aus  dem  Bauche  isst  es,  aus  der  Seite  seh.... 
es),  ein  Licht. 

köige  päewa  käib,  ei  tule  ial  lana  otsa  (den  ganzen  Tag  geht  es ,  an 
den  Tisch  kommt  es  niemals),  die  Thür. 

köigub  ja  koigub,  läbi  aja  l^igub  (es  schwankt  und  wackelt,  durch 
den  Zaun  schwappt  es),  eine  Kornähre. 

köjk  armastawad  teda,  ja  ükski  ilma  temata  ei  wöi  elada,  ja  siaki 
kardawad  teda  koik  (Alle  lieben  es,  und  ohne  dasselbe  kann  Kei- 
ner leben,  und  dennoch  furchten  es  Alle),  das  Feuer. 

köjk  kardawad  teda,  ja  kQik,  kes  hukka  lähewad ,  lähewad  tema 
läbi  hukkay  ja  slski  armastawad  enamiste  köjk  teda  (Alle  furch- 
ten es,  und  Alle,  welche  umkommen,  kommen  dadurch  um,  und  doch 
lieben  es  fast  Alle),  die  Sünde. 

köjk  pere  murrawad  musta  köki  (das  ganze  Hausgesinde  bricht  einen 
schwarzen  Kuchen),  die  Stubenthür. 

körgem  kui  kirik,  madalam  kui  regi,  mustern  kui  süzi,  walgero 


—  271  — 

t- 

kui  lumi  (höher  als  eine  Kirche,  niedriger  als  ein  Schlitten,  schwär- 
zer als  Kohle»  weisser  als  Schnee),  eine  Elster. 

körgem  kui  hobune,  ja  magab  hire  azemel  (höher  als  ein  Pferd  und 
schläft  auf  der  Stelle  einer  Maas),  die  Thür. 

körgem  kui  hobune,  madalam  koi  siga,  mustern  kui  karu  (höher' 
als  ein  Pferd,  niedriger  als  ein  Schwein,  schwärzer  als  ein  Bär),  ein 
Sattel. 

körgem  kui  sitikas,  madalam  kui  hlf,  ja  enam  aknajd  kui  ku- 
ninga  toal  (höher  als  ein  Mistkäfer,  niedriger  als  eine  Maas,  und 
Fenster  hat  es  mehr  als  das  Haus  des  Königs),  ein  Fingerhut. 

kui  sa  näed  miud,  sls  ma  naffin  sind,  kui  mu  uime  kirja  paned, 
kolm  polt  söna  sls  mulle  annad,  wlmse  pole  kui  ära  hejdan, 
natukeze  sls  tö-möst  aitan;  tahad  mu  pgale  lötust  panna,  sls 
mulle  s  wöl  taha  anna,  sls  wöin  an  da  sulle  tqidust,  raha  kflll 
(wenn  du  mich  siebst,  so  necke  ich  dich,  wenn  du  mich  nieder 
schreibst,  so  giebst  du  mir  drei  Sylben,  wenn  ich  die  letzte  ab  werfe, 
so  helfe  ich  etwas  dem  Arbeiter;  willst  du  auf  mich  Hoffnung  setzen, 
so  gieb  mir  noch  ein  s  hinten ,  dann  kann  ich  dir  Nahrung  und  Geld 
genug  geben),  orawas,  ora,  oras  (Eichhörnchen,  Pfriem,  Getreide- 
gras. 

kui  sa  wötad,  sls  läheb  sOremaks,  kui  paued,  sls  läheb  w&he- 
maks  (wenn  du  nimmst,  so  wird  es  grösser,  wenn  du  legst,  wird  es 
kleiner),  ein  Loch. 

kui  wöetakse,  sls  flleneb,  kui  pannakse,  sls  alaneb  (wenn  man 
nimmt,  so  nimmt  es  zu,  wenn  man  legt,  so  nimmt  es  ab),  dass. 

kui  wötad,  sls  kaswabx  kui  paned,  sls  kahaneb  (wenn  du  nimmst, 
so  wächst  es,  wenn  du  legst,  nimmt  es  ab),  dass. 

kms  wöiwad  wtä  inimest  wi£  muna  jagada,  et  flks  wöl  w&gnase 
jftks?  (wie  können  fünf  Menschen  fünf  Eier  verteilen,  so  dass  noch 
eins  in  der  Schüssel  bleibt),  Einer  nimmt  eines  mit  der  Schussel  zu- 
gleich. 

kukk  laulab  kuhja  otsas,  händ  ujub  mäs  (ein  Hahn  kräht  oben  auf 
einem  Schober,  der  Schwanz  schwimmt  am  Boden),  od.  kukk  lau- 


—  272  — 

>  lab  kOze  otsas,  saba  (ripub)  m&8  (ein  Hahn  kräht  oben  auf  einer 

Fichte,  der  Schwanz  hängt  herab),  die  Kirchenglocke, 
kumm  all,  kumm  p^al,  kummi  wahel  kulla-tükk  (ein  Gewölbe  un- 
ten, ein  Gewölbe  oben,  zwischen  den  Gewölben  ein  Goldstuck),  die 

!  Butterschachtel. 

i 

kuninga  jfires  on  sür  kui  heina-kuhi,  aga  kui  seia  s&b,  sls  ei  sä 
pTpu  panna  (beim  König  ist  es  so  gross  wie  ein  Heuschober,  aber 
wenn  es  hieher  kommt,  so  hat  man  nicht  so  viel  um  es  in  die  Pfeife 
zu  stopfen),  das  Recht. 

kuningal  kuhja  kaup,  mejl  ei  kanna  peu  pealt  pubkuda  (bei  dem 
Könige,  wie  ein  Schober,  bei  uns  beträgt  es  nicht  so  viel ,  um  es  von 
der  Hand  zu  blasen),  dass. 

kuningas  istub  oma  sita  sös  (ein  König  sitzt  in  seinem  Roth),  ein  Licht. 

kuniägas,  saks,  talu-poeg,  köjk  sSwad,  ei  pane  elades  lajia  peale, 
ej  leika  noaga  (der  König,  die  Herrschaft,  der  Bauer,  Alle  essen 
es,  aber  setzen  es  nie  auf  den  Tisch,  schneiden  es  nie  mit  dem  Mes- 
ser), die  Muttermilch. 

kurat  kolme  jalaga,  raud-hambad  süs  (ein  Teufel  mit  drei  Beinen, 
eiserne  Zähne  im  Munde),  der  Spinnrocken. 

kure  kael  üle  mere  (eines  Kranichs  Hals  über  dem  Meere),  der  Henkel 
des  Kessels. 

kurikast  ei  ma  kfilagi ,  ködu-paas  kui  pulmas ,  sauna  lejlist  ma 
saatan  (den  Waschbläuel  achte  ich  nicht,  im  Kessel  ist  es  mir  wie 
auf  einer  Hochzeit,  den  heissen  Dampf  der  Badstube  verwünsche  ich), 
od.  kurikast  ma  ei  kfilagi,  ködu-pada  ma  kTdan,  aga  sauna 
lejlist  ma  ej  salTi  (den  W.  achte  ich  nicht,  den  Kochtopf  rühme  ich, 
aber  d.  h.  D.  d.  B.  leide  ich  nicht),  die  Laus. 

kurja-tegija  ajdas  ja  hea-tegija  aida  taga  (der  Uebelthäter  ist  in  dem 
Speicher,  der  Wohlthäter  hinter  dem  Speicher),  die  Flinte  und  der 
Pflug. 

kus  on  kukk  nl  kärmeste  laulnud,  et  köjk  m&-ilm  seda  külis? 
(wo  bat  der  Hahn  so  laut  gekräht,  dass  die  ganze  Welt  es  hörte?),  od. 
kus  so  oli,  kus  kukk  laulis,  ja  köjk  m&-ilm  külis?  (wo  war  es, 
dass  der  Hahn  krähte,  und  die  ganze  Welt  es  hörte),  in  Noas  Arche. 


—  273  — 

kas  raske  härg  sab  fiks  kord  maganud,  tunnukse  üheksa  ästet 
kohta  (wo  ein  rother  Ochs  ein  Mal  gelegen  hat,  erkennt  man  die 
Stelle  neun  Jahre),  eine  Feuerstelle. 

Ljs  tulewad  lapsed  wanemate  warrule  kokku?  (wo  kommen  die 

Kinder  zur  Taufe  der  Eltern  zusammen),  die  kleinen  Heuhaufen  und 

der  Schober, 
küm  kiwi  aida  all  (ein  heisser  Stein  unter  einem  Vorrathshause),  das 

Euter  einer  Kuh. 
kämme  kitse  kaksewad  ühe  heina-kuhja  kallal  (zehn  Ziegen  rupfen 

an  einem  Heuschober),  die  Finger  am  Kinn. 

lagi  all,  lagi  peal,  lae  peal  lapldakse  (Decke  unten,  Decke  oben,  auf 
der  Decke  wird  gesungen),  die  Harfe. 

lagi  all,  lagi  peal,  lae  wahel  lapldakse  (Decke  unten,  Decke  oben, 
zwischen  der  Decke  wird  gesungen),  die  Zunge. 

lammas  häfja  köhus  (ein  Schaf  im  Bauch  eines  Ochsen),  der  Strumpf 

im  Schuh, 
lapsed  jöksewad  möda  lagedat  wäFja,  ema  alles  lömäta  (die  Kinder 

laufen  die  weite  Wiese  entlang,  die  Mutter  ist  noch  unerschaffen), 

die  kleinen  Heuhaufen  und  der  Schober. 

lapsele  ma  ölen  mänraks,  wanale  abiks  (dem  Kinde  bin  ich  zum  Spiel, 
dem  Alten  zur  Hülfe),  der  Stock. 

lapsi  laiad  wäfjad  täiz,  iza  ema  lömata  (die  weiten  Felder  sind  voll 
der  Kinder,  Vater  und  Mutter  sind  unerschaffen),  Garben  und  Korn- 
schober. 

laud  hulTib  ja,  od.  laud,  hälfib,  ei  laud  maha  lange,  od.  aga  laud 
ei  kuku  maha  (ein  Tisch  schwankt  und  schaukelt,  aber  der  Tisch 
fallt  nicht),  der  Rauch. 

laud a -täiz  lambaid,  ja  ühegil  ep  ole  saba  taga  (ein  Stall  voll  Schafe, 
und  keines  hat  einen  Schwanz  hinten),  die  Brote  im  Ofen. 

laut  häfgi  täte  ja  köik  punased  häfjad,  must  häfg  läheb  lajita, 
ajab  köik  punased  häfjad  wäfja  (ein  Stall  voll  Ochsen  und  lauter 
rothe  Ochsen,  ein  schwarzer  Ochs  geht  in  den  Stall,  treibt  alle  rothen 
Ochsen  hinaus),  ein  Ofen  voll  glühender  Kohlen  und  die  Ofenkrücke. 

18 


—  274  — 

tejrt  lanrbgpd  tgpi,  kena  ojnas  keskel  (ein  Stall  voll  Schafe,  eis  schö- 
ner Bock  in  der  Mitte),  die  Sterne  und  der  Mond, 
lajit  walgid  lamb^Jd  t(ij£,  punane  kukk  keskel  (ein  Stall  voll  weisser 

Sehafe,  ein  rotber  Hahn  in  der  Mitte),  die  Zähne  and  die  Zunge. 
Iftheb  weele,  köht  jäb  koja  (es  geht  zum  Wasser,  der  Bauch  bleibt  zu 

Hause),  eine  Kissenüberziehe. 
Iahen  togas  flle  m5,  kätte  mind  ei  flkski  sä  (im  Bogen  gehe  ich  aber 

das  Land,  in  die  Hand  bekommt  mich  Niemand),  der  Regenbogen, 
leblne  tötfik,  raud-wits  (d)  (ein  fleischernes  Tonnchen,  ein  eiserner 

Reif),  der  Finger  und  der  Ring. 
l@ka  karwad  kaksi-pidi,  wöta  magus  ke£k-pajgast  (schneide  die 

Haare  aus  einander,  nimm  das  Süsse  aus  der  Mitte),  eine  Nuss. 
lendab  kui  lind,  k{gb  kui  karu ,  tönnnb  kuj  siga  (es  fliegt  wie  ein 

Vogel,  geht  wie  ein  Bär,  wählt  wie  ein  Schwein),  od.  lendab  kui 

lind,  möjrab  kui  härg,  tönnnb  knj  siga  (e.  f.  w.  e.  V.,  brüllt 

wie  ein  Ochs,  w.  w.  e.  S.),  der  Mistkäfer, 
lepp  Unna  Ulitsal,  tamm  Tartn  rajal,  übte  jured  jöksewad,  ühte 

ladwad  langewad  (eine  Erle  auf  der  Strasse  der  Stadt,  eine  Eiche 

auf  der  Grenze  Dorpats,  die  Wurzeln  laufen  zusammen,  die  Wipfel 

neigen  sich  zusammen),  Braut  und  Bräutigam, 
libe  all,  libe  p^al,  libe  kala  keskel  (Glattes  unten,  Glattes  oben,  ein 

glatter  Fisch  in  der  Mitte),  das  Weben, 
lidu  lina,  pund  pujd,  kere-were  rapda  (?). 
liha  all,  lü  peal,  elusalt  must  ja  kedetud  werew  (das  Fleisch  unten, 

der  Knochen  oben,  lebend  schwarz,  gekocht  roth),  der  Krebs, 
liha  katlas,  lern  pilpa  otsas  (das  Fleisch  im  Kessel,  die  Suppe  am  Ende 

eines  Splitters),  ein  Boot, 
liha  sfiakse,  nahk  mfiakse ,  kondid  ej  kölba  kqertelegi  (das  Fleisch 

wird  gegessen,  die  Haut  verkauft,  die  Knochen  taugen  nicht  einmal 

für  die  Hunde),  der  Flachs, 
liha  wSgnas,  18m  wardas  (das  Fleisch  in  der  Schussel,  die  Suppe  am 

Spiesse),  ein  Boot, 
liha  w&Fjas-pöl ,  säf k  sös-pöl  (das  Fleisch  aussen ,  das  Hemd  innen), 

ein  Licht. 


275 


lihane  all,  lihane  p$al  ja  puine  keskel  (Fleischernes  unten,  Fleischer- 
nes oben  und  Hölzernes  in  der  Mitte),  Pferd,  Reiter  und  Sattel. 

lihane  «katel  ködab  rapdist  roga  (ein  fleischerner  Kessel  kocht  eiserne 
Speise),  der  Mund. 

lihane  pfigg  lazeb  kandn,  oskab  ninase  (eine  fleischerne  Flinte  schiesst 
auf  die  Fersen,  trifft  in  die  Nase),  ein  Farz. 

lihane  pfltt,  höbe-,  od.  wa£k-,  witsad  (eine  fleischerne  Tonne,  silberne, 
od.  kupferne,  Reifen),  der  Finger  und  die  Ringe. 

lihane  töf  s,  r^udne  wits  (ein  fleischerner  Bottich,  ein  eiserner  Reifen), 
dass. 

lind  lendab,  pugu  pgzub  (ein  Vogel  fliegt,  der  Kropf  schwillt),  ein 
segelndes  Schiff. 

lind  lendab  file  mere,  tlwad  tilguwad  werd  (ein  Vogel  fliegt  uber's 
Meer,  die  Flügel  triefen  von  Blut),  ein  Boot  und  die  Ruder. 

lipp  lipi  peal,  läpp  lapi  peal  ilma  nölaga  pistmata  (Flick  auf  Flick, 
Lappen  auf  Lappen  ohne  mit  der  Nadel  zu  stechen),  ein  Kohlkopf. 

llgub  ja  klgub  ja  maha  ei  lange  ial  (es  bewegt  sich  und  schaukelt, 
und  fallt  nie  herab),  der  Rauch. 

llgub  ja  klgub,  läbi  aja  läigib  (es  bewegt  sich  und  schaukelt,  schwappt 
durch  den  Zaun),  ein  Getreidefeld. 

lqjuse  jala  sisse  mahub,  lojuse  lauta  ei  mahu  (in  des  Thieres  Fuss 
hat  es  Raum,  in  des  Thieres  Stall  nicht),  eine  Hopfenstange. 

Mked  lendawad  file  Que,  tlwad  tilguwad  werd  (Schwäne  fliegen 
über  den  Hof,  die  Flügel  triefen  von  Blut),  Wassereimer. 

ma  hakkan  igast  kohast  ja  löppen  iga  kohta,  ja  ölen  slski  köige 
pitkem  azi  mä-ilmas  (ich  beginne  überall  und  höre  fiberall  auf,  und 
bin  doch  das  längste  Ding  in  der  Welt),  der  Weg. 

ma  ölen  üks  lind ,  kake  pole  sönaga  kirjutad  mind ,  wöta  e  mu 
wimse  est  ära,  sts  on  ma  ema  üks  mära;  kuj  sls  snll  himu 
wöl  pflda  ja  p^alegi  kefiniks  mind  hfida,  laze  ots  sls  pggale 
j&da,  katsa  a  ta  ette  seada  (ich  bin  ein  Vogel,  mit  zwei  Sylben 
schreibst  du  mich,  nimm  e  vor  meinem  Letzten  weg,  so  ist  meine 
Mutter  eine  Stute ;  hast  du  dann  Lust  nach  mehr  zu  streben  und  aus- 
serdem mich  einen  Schelm  zu  nennen,  so  lass  das  Ende  bleiben  und 

18* 


—  276  — 

*  versuche  a  davor  zu  stellen),  wares,  wars,  waras  (Krähe,  Folien, 
Dieb). 

ma  panen  elawaid  sorema  ja  surnujd  elama,  teen  waezed  rikkaks 
ja  rikkad  waezeks,  ja  iga  mos  jftb  ommeti,  mis  ta  oli  (ich 
mache  Lebende  sterben  und  Gestorbene  leben,  ich  mache  die  Armen 
reich  und  die  Reichen  arm ,  und  Jeder  bleibt  doch,  was  er  war),  der 
Traum. 

ma  panen  silmad  nutma  ja  jätan  sfidame  llkumata  (ich  mache  die 
Augen  weinen  und  lasse  das  Herz  unbewegt),  der  Meerrettich. 

ma  wamste  waewa  wähendan  ja  rikast  tihti  hirnratan,  snll  wojn 
ma  rözi-lilleks  olla,  sind  pörgu  plna  tundma  panna,  sest  ela 
bellalt  minnga,  tee  Öigust  ligimezega  (ich  vermindere  die  Last 
des  Armen  und  schrecke  oft  den  Reichen,  dir  kann  ich  eine  Blume 
sein  und  der  Holle  Qual  dich  fühlen  lassen,  darum  lebe  zart  mit  mir, 
thu  Recht  dem  Nächsten),  das  Gewissen. 

mä-mös  wiskab  maha,  saks  pistab  tasku  (der  Bauer  wirft  es  auf  die 
Erde,  die  Herrschaft  steckt  es  in  die  Tasche),  Schleim  aus  der  Nase. 

mast  töuzeb  manner-pü,  manner-püst  kausta-pü,  kausta-püst  süf 
mets  (aus  der  Erde  steigt  ein  Festlandsbaum,  aus  dem  Festlands - 
bäum  ein  Schlittenholz,  aus  dem  Schlittenholz  ein  grosser  Wald),  Erb- 
senstengel. 

mast  %zeb  manner-pü,  manner-püst  sab  kapsta-pü,  kansta-pOst 
sab  süf  mets,  sürest  metsast  sab  oks,  oksad  täjzi  orawajda, 
lehed  laulu-lindusida  (aus  der  Erde  steigt  ein  Festlandsbaum,  aus 
dem  F.  wird  ein  Schlittenholz,  aus  dem  S.  wird  ein  grosser  Wald, 
aus  dem  g.  W.  wird  ein  Zweig,  die  Zweige  sind  voll  Eichhörnchen, 
die  Blätter  voll  Singvögel)  ? 

mägar  männib  mäe  otsas,  perse  tolmab  taga  (ein  Dachs  spielt  oben 
auf  dem  Berge,  der  Hintere  stäubt  hinten),  die  Egge. 

meje  näeme  iga  päew,  knningas  näeb  harn,  jumal  ei  näe  elades 
(wir  sehen  es  alle  Tage,  ein  Konig  sieht  es  selten,  Gott  siebt  es  im 
Leben  nicht),  seines  Gleichen. 

meil  on  mnst,  tejl  on  mnst,  igas  peres  ize-must  (bei  uns  ist  ein 


—  277  — 

Schwarzer,  bei  euch  ein  Schwaner,  in  jedem  Gehöfte  ein  eigener 

Schwarzer)«  der  Kochtopf, 
mekk-mekk  m&e  otsas ,  neli  sarwe  peas  (ein  Meckerer  ist  oben  auf 

dem  Berge,  am  Kopfe  sind  vier  Homer),  eine  Windmühle, 
mere-nokk,  metsa-kukk,  walgem  knj  waha-künal  (Meereszier, 

Waldhahn,  weisser  als  ein  Wachslicht),  ein  Schiff, 
mere-sikk,  metsa-kukk,  te-liba,  ma-suga  (Meeresbock,  Waldhahn, 

Weglecker,  Erdstriegel),  Krebs,  Hahn,  Schlitten,  Egge, 
meri  nefja  tulj>a  peal  (ein  Meer  auf  vier  Pfählen),  der  Himmel, 
metsas  sead,  wejke  raud-kazukaga  poizike  ajab  sign  taga  (im 

Walde  sind  Schweine,  ein  kleiner  Junge  mit  eisernem  Pelz  verfolgt 

die  Schweine),  Läuse, 
mos  istub  tö  äres,  walge  kübar  p$as  (ein  Mann  sitzt  am  Wege  mit 

einem  weissen  Hute  auf  dem  Kopf),  ein  beschneiter  Baumstumpf, 
mes  kfinnab  pQllul,  od.  5dja  päewad,  ilmas  ep  ole  wagu  taga 

(ein  Mann  pflügt  auf  dem  Felde,  od.  Nächte  und  Tage  lang,  nie  ist 

eine  Furche  hinter  ihm),  ein  Schiff, 
mos  läheb  lakka,  liha- wägen  peas  (ein  Mann  geht  auf  den  Boden, 

eine  Fleischschüssel  auf  dem  Kopf),  der  Hahn, 
mes  läheb  metsa  ilma  noata  ja  ilma  kirweta,  teeb  kaks  külimitu 

flhe  höbiga  (ein  Mann  geht  in  den  Wald  ohne  Messer  und  ohne  Beil, 

macht  zwei  Motzen  mit  einem  Hiebe),  eine  zerbissene  Nuss. 
mö:  läheb  metsa,  ja  sölika-kimp  sefjas  (ein  Mann  gebt  in  den  Wald, 

und  ein  Darmbündel  ist  auf  dem  Rücken),  ein  zusammengelegter 

Strick, 
mes  läheb  metsa,  köht,  Dd.  kaks  köbtu,  koju  pole  (ein  Mann  geht 

in  den  Wald,  der  Bauch,  od.  zwei  Bäuche,  nach  Hause  gewendet), 

die  Waden, 
mes  läheb  metsa,  18b  waja  tö  äre  (ein  Mann  geht  in  den  Wald,  schlägt 

einen  Pflock  in  den  Rand  des  Weges),  seine  Nothdurft  verrichten, 
mes  läheb  metsa,  naba  koju  pole  (ein  Mann  geht  in  den  Wald,  der 

Nabel  ist  nach  Hause  gerichtet),  od.  m.  1.  m.,  naene  naba  pidi 

seFjas  (e.  M.  g.  i.  d.  W.,  das  Weib  am  Nabel  auf  dem  Rücken),  ein 

Arbeiter  mit  dem  Milcblägel. 


278 


mäs  Uheb  metaa,  pale  pgstab  kojn  pole  (ein  Mann  gebt  in  de»  Wald, 
die  Wange  scheint  nach  Hause  hin),  ein  Arbeiter  mit  dem  Befl  auf 
der  Schulter. 

mos  l&heb  metsa,  selg  teityyd  tg£  (ein  Mann  geht  in  den  Wald,  der 
Rücken  ist  voll  Zaunstangen),  ein  Schwein. 

mos  läbeb  toa  peale,  liha-wfigen  pejts  (ein  Mann  geht  auf  den  Boden, 
eine  Fleischschüssel  auf  dem  Kopfe),  der  Hahn. 

mos  must,  möf  tark,  raha-kukur  külus,  jahu-wakk  walge  (der 
Mann  ist  schwarz,  der  Sinn  klug,  der  Geldbeutel  berühmt,  der  Mehl- 
scheffel weiss),  ein  Baum. 

mos  nargas,  tilk  kella,  od.  munüi,  otsas  (ein  Mann  in  der  Ecke ,  ein 
Tropfen  am  Ende  des  Gliedes),  das  Kofentgeschirr. 

mos  raiub  8d  ja  päewaÖ,  ej  sä  lastet  ial  wälja  (ein  Mann  haut  Nächte 
und  Tage  lang,  nie  bekommt  er  einen  Span  heraus),  die  Glocke  am 
Halse  eines  Thieres. 

mos  tahab  mind,  slski  ajab  ta  mind  jftlle  ära;  aga  mida  enam  ta 
mind  ajab,  seda  kangemaks  ma  jän  (der  Mann  wünscht  mich, 
dennoch  treibt  er  mich  fort,  aber  je  mehr  er  mich  treibt,  desto  stärker 
werde  ich),  der  Bart. 

mida  müris  müriseb,  alla  paja  papgutab?  (was  lärmt  in  der  Mauer, 
klappert  unter  dem  Kochtopf),  die  Hausgrille. 

millal  sünnib  sölaga  wett  kanda?  (wann  kann  man  mit  dem  Siebe 
Wasser  tragen),  wenn  es  gefroren  ist. 

mina  panen  walge  köhu  musta  köhu  peale,  mina  lazen  walge 
rlsta  musta  apku  pöma  (ich  lege  einen  weissen  Bauch  auf  einen 
schwarzen  Bauch,  lasse  ein  weisses  Geräth  in  ein  schwarzes  Loch 
hängen),  ein  gepichtes  Fass  und  dem  Zapfen. 

minu  peal  sfiakse,  mind  süakse,  mina  sön,  ji  minn  all  sfiakse  (auf 
mir  wird  gegessen",  ich  werde  gegessen,  ich  esse,  und  unter  mir  wird 
gegessen),  ein  Weib  zu  Pferde  mit  ihrem  Brustkinde  unter  einem 
Baume  essend. 

mis  ilma  otsas  jaluta  jökseb?  (was  läuft  am  Ende  der  Welt  ohne 
Ffisse),  die  Wolken. 


—  279  — 

mjg  ilma  tegemata  süfinib?  (was  entsteh  angemacht),  eine  Ritze  in 
der  Wand. 

mis  ilma  tftmiseta  kefgib?  (was  gebt  auf  ohne  Hefen),  Daunen. 

miß  k®k  rahwas  flhtlazi  teewad?  (was  thnn  alle  Leute  gleicbmässig), 
sie  werden  älter. 

mis  on  iga  Qbe  külles  kinni?  (was  ist  an  Jedem  fest),  der  Name. 

mis  on  kehata  nfthtaw?  (was  ist  ohne  Korper  sichtbar),  der  Schatten. 

mis  on  magusam  mett?  (was  ist  süsser  als  Honig),  die  Muttermilch. 

mis  on  metsas  mädalikus?  (was  ist  im  fauligen  Walde),  die  Schlange. 

mis  on  tttmem  padja?  (was  ist  weicher  als  ein  Kissen),  der  Mutter- 
scbooss. 

(mis  so  on),  mis  mullas  ej  m&dane,  wees  ej  upu  ja  tules  ej  pole? 
(was  ist  es,  das  in  der  Erde  nicht  fault,  im  Wasser  nicht  ertrinkt  und 
im  Feuer  nicht  verbrennt),  der  Name. 

mis  süridimata  ilmale  toleb?  (was  kommt  ungeboren  zur  Welt),  ein  Ei. 

mis  töttu  mehed  mustad,  mis  töttu  tammed  tfihjad,  mis  töttu  m& 
punane,  mis  töttu  s9  sinine?  (wodurch  sind  die  Männer  schwarz, 
w.  s.  die  Eichen  leer,  wodurch  ist  das  Land  roth,  w.  i.  der  Sumpf 
blau),  durch  die  Sorge,  den  Winter,  die  Beeren,  den  Regen. 

mis  wares  als  teeb,  km  ta  kahe-tejst-kümne-ästazeks  sab?  (was 
thut  die  Krähe,  wenn  sie  zwölf  Jahre  alt  wird),  sie  tritt  in's  drei- 
zehnte. 

mitme-karwa-wTraline,  kena-liädi-trtbuline  (vielfarbig  gestreift,  von 
schönen  Bändern  streifig),  der  Regenbogen. 

mu  iza  ta  oli,  ta  emaks  ma  sajn ,  so  laps  mis  ma  imetazin ,  so  oli 
mu  ema  m6s  (mein  Vater  war  er,  seine  Mutter  wurde  ich,  das  Kind, 
welches  ich  saugte,  war  meiner  Mutter  Mann),  die  Tochter,  welche 
den  gefangenen  Vater  säugte, 

mu  sflda  mu  sest  w&natud,  mulle  pafjas  nabk  on  jäetud,  mu  sü 
on  wiltu  lejgatud,  mulle  apk  on  selga  täfgitud,  ma  winnun 
torelt  tole  kftes,  ma  kortsun  kokku  kuiwa  käes,  ku}  mahla 
hakatakse  jöma,  sls  minnakse  mind  metsast  töma  (mein  Inne- 
res ist  mir  heraus  gedreht,  die  blosse  Haut  ist  mir  gelassen,  mein 
Mund  ist  sehief  geschnitten,  ein  Loch  mir  in  den  Rucken  gekerbt,  ich 


—  280  — 

pfeife  roh  im  Winde ,  ich  schrumpfe  zusammen  in  der  Trockenheit, 
wenn  man  anfangt  Baumsaft  zu  trinken,  dann  geht  man  mich  aus  dem 
v    Walde  zu  holen),  eine  Weidenflöte. 

muidu  wezi  kustutab  tuld,  mind  ta  paneb  pölema  (sonst  loscht  Was- 
ser das  Feuer,  mich  setzt  es  in  Brand),  ungelöschter  Kalk. 

muH  on  übe,  od.  sile,  sü  ja  übe,  od.  sile,  k5f,  aga  enne  ma  ei 
laula,  kui  mind  lüakse  (ich  habe  einen  glatten  Mund  und  eine 
glatte  Zunge,  aber  ich  singe  nicht  eher,  als  bis  man  mich  schlägt), 
eine  Glocke. 

mure-lind  istub  püris,  näeb  kaks  kolmat  wedawat,  kolm  pead  ja 
kaheksa  jalga  (ein  Trauervogel  sitzt  im  Bauer,  sieht  zwei  einen 
Dritten  schleppen,  drei  Kopfe  und  acht  Füsse),  ein  Gefangener  sah 
zwei  Krähen  ein  todtes  Ferkel  wegschleppen,  und  bekam  nach  der 
Sage  die  Freiheit  für  das  Räthsel. 

must  häfg,  mugalazed  sarwed ,  käib  libase  Unna  fimber  ja  wötab 
lihase  Unna  selga  (ein  schwarzer  Ochs,  mannichfache  Hörner,  gebt 
um  eine  fleischerne  Stadt  und  nimmt  die  fleischerne  Stadt  auf  den 
Rücken),  der  Floh. 

must  ja  hafjas,  sile  ja  pafjas,  ta  kargab  ja  lonkab,  ta  tulitab  mind; 
kui  ma  teda  kätte  san ,  ma  tapan  teda  ära  (schwarz  und  glän- 
zend, glatt  und  kahl,  es  springt  und  hinkt,  es  macht  mir  Feuer,  wenn 
ich  es  in  die  Hände  bekomme,  so  tödte  ich  es),  der  Floh. 

must  kaää,  aida-waras  (eine  schwarze  Kntze,  ein  Speicherdieb),  der 

Kochtopf, 
must  kukk,  kuldsed  söned,  od.  suled  (ein  schwarzer  Hahn,  goldene 

Därme,  od.  Federn),  die  Harfe. 

must  kukk  meres,  händ  wäljas  (ein  schwarzer  Hahn  im  Meere,  der 
Schwanz  draussen),  der  Suppenlöffel  im  Kessel. 

must  mulk,  punane,  od.  werew,  pulk  (ein  schwarzes  Loch,  ein  rother 

Pflock),  eine  Mohrrübe, 
must  siga  läheb  lauta ,  ajab  punased  pSrsad  wäQa  (ein  schwarzes 

Schwein  geht  in  den  Stall,  treibt  die  rothen  Ferkel  hinaus),  Ofenkrücke 

und  Kohlen. 


—  281  — 

mustad  mörid,  walged  wärid  (schwarze  Mütterchen,  weisse  Väterchen), 
das  Fenster. 

mustern  kui  sttzi,  sinisem  kui  saks,  lendab  kui  lind  ja  möirab  kui 
häfg  (schwärzer  als  Kohle ,  blauer  als  eine  Herrschaft ,  fliegt  wie  ein 
Vogel  und  brüllt  wie  ein  Ochs),  der  Mistkäfer. 

mustern  kui  sözi,  walgem  kui  lumi,  körgem  kui  kirik  (schwäner 
als  Kohle,  weisser  als  Schnee,  höher  als  die  Kirche),  eine  Elster. 

mü  must,  hüled,  od.  äred,  pnnased  (das  Uebrige  schwarz,  die  Lippen, 
oder  die  Ränder,  roth),  die  Strumpfbänder  der  Wierländerinnen. 

nahk-ait  ja  pü-lukk  (ein  lederner  Speicher  und  ein  hölzernes  Scbloss), 
eine  Wurst. 

nahk-pfl££,  tüle-löd'  (eine  lederne  Flinte,  eine  Windkugel),  ein  Farz. 

neitsit  istnb  kiwi  otsas,  od.  mäel,  neli  pölle  es,  od.  wöl  (eine  Jung- 
frau sitzt  auf  einem  Steine,  od.  Berge,  hat  vier  Schurzen  vor,  od.  am 
Gürtel),  eine  Windmühle. 

nejtsit  sölub,  neli  pölle  es  (eine  Jungfrau  siebt,  hat  vier  Schürzen  vor), 
dass. 

neli  annawad,  neli  kannawad,  kaks  hgjawad  kQera,  flks  peksab 
fimber  sita-tanni  (vier  geben ,  vier  tragen ,  zwei  halten  den  Hund 
ab,  eines  schlägt  um  den  Kothbottich),  die  Kuh. 

neli  annawad,  neli  kannawad,  kaks  wahiwad  taewa  pole,  ja  flks 
kaitseb  kqere  (vier  geben,  vfer  tragen ,  zwei  blicken  gen  Himmel, 
eines  hütet  die  Hunde),  dass. 

neli  kaödjat,  neli  andjat,  kaks  ngjtawad  tald,  kaks  hojawad  kqere 
pealt,  flks  parmu-plts  (vier  Träger,  vier  Geber,  zwei  zeigen  Licht, 
zwei  halten  von  oben  die  Hunde  ab,  eins  eine  Bremsenpeitsche),  dass. 

neli  mSst  m&ngizid  teine  teizega  köige  5  läbi ,  ja  iga  flks  oli  sest 
kazo  sftnud  (vier  Männer  spielten  mit  einander  die  ganze  Nacht  hin- 
durch, und  jeder  hatte  dabei  gewonnen),  vier  Musiker, 
neli  nejtsit  kuzewad  flhte  kannu,  od.  flhe  poti  sisse  (vier  Jungfrauen 

harnen  in  eine  Kanne,  oder  in  einen  Topf),  das  Melken, 
neli  nejisit,  od.  neifaikest,  lähewad  nnttes  flle  nurme  (vier  Jung- 
frauen gehen  weinend  über  das  Feld),  ein  Wagen  mit  knarrenden 
Rädern. 


—  282  — 

neu  nejtsit  flhe  oju  all  (vier  Jungfrauen  unter  einem  Schleier)  v  die 

Zitzen  der  Kuh. 
neli  honst  talfis,  wies  jökseb  ümber  tain  (vier  Pferde  im  Stall ,  das 

fünfte  läuft  um  den  Stall),  die  Stricknadeln. 

neli  täkku  talfis,  wies  tafitsib  ümber  tafll ,  ed.  kgf b  ümber  (vier 

Hengste  im  Stall,  der  fünfte  tanzt  um  den  Stall,  od,  geht  hemm), 

dass. 
neli  teewad  wödit,  kaks  n&tawad  tuld,  ja  üks  heidab  peale  (Tier 

machen  das  Bett,  zwei  zeigen  Licht,  einer  legt  sich  darauf),  der  Hund, 

wenn  er  sich  niederlegt. 

neli  toas,  kaheksa  öjies  (vier  in  der  Stube,  acht  draussen),  die  Winkel 

des  Hauses, 
niker  naker  ninest  tehtud,  paker  paker  püst  tehtud,  soku  sari 
on  sauest  tehtud  (?). 

ninake  niris,  karwakezed  käSSis  (Naschen  gerümpft,  Härchen  ver- 
wirrt), der  Igel. 

noaga  ej  lejgata,  laua  p^ale  ej  panda,  köjge  ilma  inimeste  tojt 
(mit  dem  Messer  wird  es  nicht  geschnitten ,  auf  den  Tisch  nicht  ge- 
setzt, ist  der  Menschen  Nahrung  in  der  ganzen  Welt),  die  Muttermilch. 

hobu  hirnub  Hlu-mäl,  külukse  Säre-m&l  (ein  Pferd  wiehert  in  Dag5, 
mau  hört  es  in  Oesel),  od.  hobqae  hirnub  Hlu-mäl,  suiste  kölin 
külukse  sla  male  (e.  P.  w.  i.  D. ,  das  Rasseln  des  Zaumes  hört 
man  bis  hieher),  od.  hobune  hirnub  Hlu-mäl,  heaT  külukse  Un- 
na male,  waFjad  on  wene-mäl  (e.  P.  w.  i.  D.,  die  Stimme  bort 
man  bis  hieber,  der  Zaum  ist  in  Russland),  der  Donner. 

hobune  jökseb,  ohjad  sgjzawad  (ein  Pferd  läuft,  die  Zügel  stehen), 

ein  Bach, 
hobune  metsas,  saba  sefjas  (ein  Pferd  ist  im  Walde ,  der  Schweif  auf 

dem  Rucken),  das  Eichhörnchen. 

hobune  ohjata,  mos  pitsata,  tö  tolmuta  (ein  Pferd  ohne  Zügel,  ein 
Mann  ohne  Peitsche,  ein  Weg  ohne  Staub),  ein  Schiff. 

hobune  ohjata,  te  pörmuta,  mos  möleta  (ein  Pferd  ohne  Zügel,  ein 
Weg  ohne  Staub,  ein  Mann  ohne  Sinn),  ein  Schiff. 


—  283  — 

bobnne  söb  lftbi  rapdse  kartea  (ein  Pferd  frort  durch  eine  eiserne 
Raufe),  ein  Schloss.  v 

bobnne  söjdab,  ja  liha  weab  wähemaks  (ein  Pferd  lauft,  und  das 
Fleisch  wird  weniger)»  das  Spinnen. 

bobnne  talfis,  saba  r&stas  (das  Pferd  im  Stall,  der  Schwanz  am  Dach- 
rande), der  Ranch. 

bobnne  tlne,  teine  aber,  ja  ühtlazi  kannawad  (ein  Pferd  trächtig, 
das  andere  gelt,  und  zugleich  gebären  sie),  Roggen  und  Gerste. 

otsast  kn|  ora,  keskel  kuj  kera,  walgem  kni  lnmi,  mustern  kuj 
sfizi,  taütsib  ky  emand  (am  Ende  wie  ein  Pfriem,  in  der  Mitte 
wie  ein  Knaul,  weisser  als  Schnee,  schwärzer  als  Kohle,  tanzt  wie 
eine  Frau),  die  Elster. 

otsast  ora,  keskelt  kera,  tagant  lg  kuj  labidas  (am  Ende  ein  Pfriem, 
in  der  Mitte  ein  Knaul,  hinten  breit  wie  eine  Schaufel),  das  Huhn. 

ota  mind,  kntsn  mind,  wöta  mind  (erwarte  mich,  rufe  mich,  nimm 
mich),  die  Gerste  auf  dem  Felde. 

8-pikk,  mS-knkk,  walge  wäli,  kiri  kari,  tark  kafja  kajisja  (eine 
Nachtigall,  ein  Landhahn,  ein  weisses  Feld,  eine  bunte  Herde,  ein 
kluger  Huter  der  Herde),  Orgel,  Küster,  Kirche,  Gemeine,  Prediger. 

öze  törest  liha  tgjz,  pä$wa  tflbja  tfllt  t$£  (Nachts  voll  rohen  Flei- 
sches, den  Tag  über  voll  leeren  Windes),  das  Bett. 

örkn  törkn  töllakile,  slpa  88pa  töllakile,  wirn  kttrn  töllakile  (?). 
paks  pnis  pingi  all  (eine  dicke  Scham  unter  der  Bank),  ein  Schleifstein 

m  hölzerner  Fassung, 
palakas  pöleb  ära,  äred  jäwad  järele  (ein  Betttuch  verbrennt,  die 

Ränder  bleiben  nach),  ein  Feld  wird  gepflügt,  die  Raine  bleiben. 

p&$wa  törest  liha  tgi£,  öze  tühja  tOlt  täji  (den  Tag  über  voll  rohen 
Fleisches,  Nachts  voll  leeren  Windes),  der  Schuh. 

p&ewa  wofst,  ja  öze  sölikas  (den  Tag  über  eine  Wurst  und  Nachts  ein 

Dann),  der  Strumpf, 
päewal  tgji  liha  ja  werd,  öze  sejzab  sQ  lahti  (am  Tage  voll  Fletsch 

und  Blut,  Nachts  steht  der  Mund  offen),  ein  Boot. 

P3$d  lüakse,  od.  süakse,  nabk  müakse,  lad  ei  kölba  k<$rtelegi 


—  284'-^ 

(der  Kopf  wird  geschlagen,  od.  gegessen,  die  Haut  verkauft,  die  Kno- 
chen taugen  nicht  einmal  für  Hunde),  der  Flachs. 

p^al  södab  sür  söda,  kus  ei  mahu  koera-saba  (oben  wird  ein  grosser 
Krieg  geführt,  wo  kein  Hundeschwanz  Raum  hat),  ein  Vogelnest. 

pealt  söb  (ja)  küllest  situb  (oben  frisst  es,  zur  Seite  seh....  es),  die 
Handmühle. 

peiber  llber  15b  peialt,  ajab  raustad  rilfid  tantsima  (?). 

pere  söb,  laud  laulab  (dass  Gesinde  isst,  der  Tisch  singt),  eine  Sau 
mit  ihren  Ferkeln. 

pen-tätä  pafjast,  kamalu-täi£,  od.  künar,  karust  (eine  Hand  voll  Kah- 
les, zwei  Hände  voll,  od.  eine  Elle,  Rauhes),  der  Badebesen. 

pen-tätä  siledat,  kamalu-täü  karust,  od.  karwu  (eine  Hand  voll  Glat- 
tes, zwei  Hände  voll  Rauhes,  od.  Haare),  dass. 

peu-tä}£  silet,  kaks  karust  (eine  Hand  voll  Glattes,  zwei  Rauhes),  dass. 

peuse  mahub ,  merde  ei  mahu ,  od.  ei  mahu  raerese  mitte  (in  der 
Hand  hat  es  Raum,  im  Meere  nicht),  eine  Blase. 

peuse  mahub,  pütta  ei  mahu  (in  der  Hand  hat  es  Raum,  in  einer  Tonne 
nicht),  eine  Ochsenruthe. 

pika  paka  pOst  tehtud,  nika  naka  nlnest  tehtud,  soku  sari  sauest 
tehtud  (?). 

pitk  wits  pihelgane,  üle  ilma  öjz-püne  (eine  lange  Ruthe  von  Eber- 
eschen, über  die  Welt  von  Wasserhollunder),  der  Regenbogen. 

pitk  wits,  pihl-pQ,  üle  aja  ö|i-pQ  (eine  lange  Ruthe,  eine  Eberesche, 

über  dem  Zaun  ein  Wasserhollunder),  dass. 
pitkem  (muid)  puid ,  madalam  mä  rohtu  (länger  als  die  anderen 

Bäume,  niedriger  als  das  Gras  des  Feldes),  der  Weg. 

pitkem  poid,  pitkem  maid,  madalam  rohto  (länger  als  Bäume,  län- 
ger als  Felder,  niedriger  als  Gras),  dass. 

pitkem  ptüst,  pitkem  majst,  madalam  kui  mä  rohi  (länger  als 
Bäume,  länger  als  Felder,  niedriger  als  Gras  des  Feldes),  dass. 

pizikene  piperdaja,  känikene  kakerdaja,  ize  rahwa  rakerdaja 
(kleiner;Pfefferer,  hubscher  Watscheier,  selbst  ein  Beisser  der  Leute), 
die  Nessel. 


—  285  — 

pizikene  poizikene  ja  kiwist  kaznkakene  (ein  kleines  Bürschchen  und 
ein  steinernes  Pelzehen),  eine  Nuss. 

pizikene  pojzikene,  fihe  jala  peal  seizab,  ja  lakikene  peas  (ein 
kleines  Burscheben,  auf  einem  Fusse  steht  es,  und  auf  dem  Kopf  ist 
ein  Hutchen),  eine  Pilz. 

pizuke  mos,  kiwine,  od.  rapd-,  kazukas  (ein  kleiner  Mann,  ein  stei- 
nerner, od.  eiserner,  Pelz),  eine  Nuss. 

pizut  on,  kes  teda  armastawad,  ja  palju  wihkawad  teda,  siski 
auustawad  teda  köik  (Wenige  sind ,  die  es  lieben ,  und  Viele  has- 
sen es,  dennoch  ehren  es  Alle),  die  Frömmigkeit. 

poizikene  pajus,  lakikene  peas  (ein  Bfirschchen  im  Weidenbuscb,  ein 
Hutchen  auf  dem  Kopfe),  eine  Schirmpflanze. 

punane  rakk  haugub  i^bi  luize  aja  (ein  rothes  Händchen  bellt  durch 
einen  beinernen  Zaun),  die  Zunge. 

pü-jumal  läheb  wee-jumalale  kosja,  tühjalt  läheb  ja  täjelt  tuleb 
(der  hölzerne  Gott  geht  zum  Wassergott  auf  die  Freite,  leer  geht  er 
und  voll  kommt  er),  das  Wasserschöpfen  aus  dem  Brunnen. 

pü  pikkus,  pilfi-röu  jämedus  (die  Länge  eines  Baumes,  die  Dicke 
eines  Rohres),  das  Mark  im  Baume. 

pü-pü&£  ja  wezi-lukk,  lind  läks  läbi,  kütt  jäj  paela  (eine  hölzerne 
Flinte,  ein  Schloss  von  Wasser,  das  Wild  ging  durch,  der  Jäger  blieb 
in  der  Schlinge)  (?). 

pfiha  mägi  (ein  heiliger  Berg),  eine  Kirche. 

pütt  tOrest  liba  täji,  knmmaski  otsas  ep  ole  pöhja,  od.  mölemad 
otsad  lahti  (eine  Tonne  voll  rohes  Fleisch,  an  keinem  von  beiden 
Enden  ist  ein  Boden,  od.  beide  Enden  sind  offen),  ein  Ring. 

raudne  ka&£,  wilne  band  (eine  eiserne  Katze,  ein  wollener  Schwanz), 
eine  Nadel  mit  Wollenfaden. 

rlksüb  raksnb  rikka  mehe  toa  taga  (es  rasselt  und  prasselt  hinter 
des  reichen  Mannes  Tbfir),  eine  Windmühle. 

riäti  kannan  sejzu  ajal,  pufjus  ölen  söidu  ajal,  olgu  kuiw  aeg  ehk 
mäfg  aeg,  tiks  tolm  muH  ikka  (ein  Kreuz  trage  ich  zur  Zeit  der 
Ruhe,  jn  Segeln  bin  ich  zur  Zeit  der  Bewegung,  sei  es  trockene  oder 
nasse  Zeit,  einerlei  Staub  habe  ich  immer),  dass. 


•  _  286  — 

ruske  häfg  magab  m&s,  od.  metsas,  sejtse  äßtat  azet  tannukse, 
od.  sejzab  aze  (ein  rother  Ochs  Hegt  an  der  Erde,  od.  im  Walde, 
sieben  Jahre  erkennt  man  die  Stelle,  od.  bleibt  die  Stelle),  eine 
Feuerstelle. 

sada  ja  sada  flhe  sidemega  seutakse  (hundert  und  hundert  werden  mit 
einer  Binde  gebunden),  ein  Bund  Stroh. 

sada  sada,  tuhat  tuhat  tihe  w5ga  kiüüi  (hundert  Hunderte,  tausend 
Tausende  mit  einem  Gürtel  befestigt),  ein  Heuschober. 

sada  ja  tuhat  jöksewad  nlnest  silda  mSda  Unna  sisse  (hundert  und 
tausend  laufen  auf  einer  bastenen  Brücke  in  die  Stadt),  Erbsen  im 
Siebe  in  den  Kessel  getragen. 

# 

sada  Jänust,  tuhat  Jänust,  fiks  pitk  pojß  Janus  (hundert  Janusse, 
tausend  Janusse,  ein  langer  Bursch  Janus),  die  Bienen. 

sada  sörme  riStis  (hundert  Finger  gefaltet),  die  Balkenenden  an  der 

Hausecke, 
saks  pistab  tasku,  talu-pQeg  wiskab  maha  (die  Herrschali  steckt  es 

in  die  Tasche,*  der  Bauer  wirft  es  auf  den  Boden),  der  Schleim  aus 

der  Nase. 
sab  otsa,  sIs  höleta,  sab  wastu,  sis  waewata  (geht  es  zu  Ende,  so 

ist  man  ohne  Sorge,  hält  es  vor,  so  ist  man  ohne  Noth),  das  Ver- 
mögen, 
säfk,  od.  harne,  all,  liha  peal  (das  Hemd  unten,  das  Fleisch  oben),  ein 

Talglicht, 
säze-waks  särt  ja  rapd-sild  laba-jalga  (eine  Muckenspanne  Wade  und 

eine  Eisenbrücke  Fussblatt),  der  Bauerschlitten. 

seal  kuld-sadul  sefjas  (ein  Schwein  bat  einen  goldenen  Sattel  auf  dein 

Rucken),  die  Sonne, 
sejzab  pu  ses,  walge  tanu  peas  (es  steht  in  einem  Holze,  hat  eine 

weisse  Haube  auf  dem  Kopfe),  gärendes  Bier. 

sefjast  söb,  kfiQest  situb  (auf  dem  Rucken  isst  es,  aus  der  Seite  mistet 
es),  die  Handmühle. 

so  nägu  mis  muH  on,  mulle  ikka  jäb  (das  Aussehen,  welches  ich 
habe,  bleibt  mir  immer),  ein  gemaltes  Bild. 


—  287  — 

sftt  karone,  pealt  karune,  flheksa  sälda  fimbert  karune  (von  in- 
nen rauh,  von  aussen  raub,  neun  Faden  hemm  rauh),  ein  Heuschober. 

säst,  od.  sihest,  slru-wlruline,  pealt  kulla-karwaline  (innen  streifig, 
aussen  goldfarbig),  eine  Zwiebel. 

siga  hingab  iga  fihe  harjase  wahelt  (ein  Sehwein  athmet  durch  jede 
Borste),  die  Ofendecke. 

siga  Iftheb  lauta,  sibul  seljas  (ein  Schwein  geht  in  den  Stall,  eine 
Zwiebel  auf.  dem  Rucken),  die  Brotschaufel  mit  einem  Brote. 

siga  sinn  ab,  od.  wirinub,  sitt  süs  (ein  Schwein  quiekt,  Koth  im  Munde), 

ein  Bohrer. 
sile  köf  silla  all,  kare  kör  küze  all,  tihane  pädaka  all  (eine  glatte 

Rinde  unter  der  Brücke,  eine  rauhe  Rinde  unter  der  Fichte,  eine 

Meise  unter  der  Kiefer),  eine  Schlange. 

sile  lftheb  karnse  sisse  (das  Glatte  geht  in  das  Rauhe),  Hand  und 

Handschuh, 
sldi-lönnast  seutud,  kulla-lönriast  koutud,  istun  ilma  hafja  peal 

(aus  Seidenfaden  gebunden,  aus  Goldfaden  gewebt,  sitze  ich  auf  dem 

First  der  Welt),  der  Regenbogen. 

alwuta  lendab  ja  bambaita  salwab  (ohne  Flügel  fliegt  es  und  ohne 
Zähne  beisst  es),  eine  Flinte. 

soniiib  kui  siga,  lendab  kuj  lind  ja  möjrab  kuj  häfg  (es  wühlt  wie 
ein  Schwein,  fliegt  wie  ein  Vogel  und  brüllt  wie  ein  Ocbs),  der  Mist- 
käfer. 

SO  fimber  toa  (ein  Morast  um  die  Stube),  das  Moos  zwischen  den  Wand- 
balken. 

söda  södib  ranast  silda  mSda  (der  Krieg  lärmt  auf  einer  eisernen 
Brücke),  Erbsen  im  Kessel. 

söda  södib,  od.  söidab,  p$a  sinetab  (ein  Krieg  lärmt,  od.  ffihrt,  der 
Kopf  schimmert  blau),  Flacbsblüthen  im  Winde. 

sudi  mudi  kera,  seitse  apku  s8s  (ein  derber,  runder  Knaul,  sieben 
Locher  darin),  der  Kopf. 

soine  pojzikene,  sada-kordne  kaznkas  (ein  sommerliches  Burschchen, 
ein  hundertfacher  Pelz),  ein  Kohlkopf. 


—  288  — 

suwe  sakes  ja  talwe  palja  jalu  (den  Sommer  in  Strumpfen,  den  Win- 
ter barfuss),  der  Pflug. 

80  suitseb,  habe  wäriseb,  lQuad  lodisewad,  hambad  kärisewad 
(der  Mund  raucht,  der  Bart  zittert,  die  Kinnladen  wackeln,  die  Zähne 
knirschen),  eine  Säge. 

stindis  ja  ej  surnud,  ej  süüdinud  ja  suri  (er  wurde  geboren  und  starb 
nicht,  er  wurde  nicht  geboren  und  starb),  Elias,  Jesus. 

tamra  Tartu  raja  peal,  od.  rajal,  lepp  Unna  Qlitsal,  jured  kokku 
joksewad,  ladwad  kokku  lange wad  (eine  Eiche  auf  Dorpats  Grenze, 
eine  Erle  auf  der  Strasse  der  Stadt,  die  Wurzeln  laufen  zusammen, 
die  Wipfel  neigen  sich  zusammen),  Bräutigam  und  Braut. 

tamme-läst  mere  pöhjas  elades  ei  mädane  (ein  Eichenspan  im  Boden 
des  Meeres  fault  nie),  die  Zunge. 

täkk  taflSs,  saba  rästas  (ein  Hengst  im  Stall,  der  Schweif  auf  dem 
Dache),  der  Rauch. 

tejne  häfg  kfinnab  sö-mäd,  teine  aru-mäd  (der  eine  Ochs  pflügt 
Morastland,  der  andere  trockenes  Land),  Wasserrad  und  Kammrad  in 
der  Mühle. 

teine  kukk  teine  pöl  ort  (ein  Hahn  auf  der  einen,  der  andere  auf  der 
anderen  Seite  der  Stange),  die  Augen. 

tejste-püde-pitkune,  ömblns-lönna-jämane  (so  lang  wie  andere 
Bäume,  so  dick  wie  ein  Nähefaden),  das  Mark  im  Baume. 

tejzes  ilmas  rajutakse,  l&stud  kuknwad  sla  ilma  (in  der  anderen 
Welt  wird  gehauen,  die  Späne  fallen  in  diese  Welt),  das  Schneien. 

tema  minu  iza,  mina  tema  ema,  keda  ma  imetan,  on  minu  ema 
mos  (er  mein  Vater,  ich  seine  Mutter,  wen  ich  säuge,  der  ist  meiner 
Mutter  Mann),  die  Tochter,  welche  ihren  zum  Verhungern  eingeker- 
kerten Vater  säugte. 

tihti  ölen  mina  härja-pölwene,  als  jälle  KoTjati-stlrune;  jöks  ja 
körlemine  on  minu  Olem  tS,  slski  ei  ole  muH  jalgu  ega  sefja- 
rödu;  arud  on  mall  küll,  aga  ilmaski  käzi;  minu  ihus  elawad 
tuhanded  hfirilized,  aga  flkski  ei  maksa  malle  kro^igi  (°ft 
bin  ich  zwerghaft,  dann  wieder  so  gross  wie  ein  Goliath;  Laufen  oni 
Drehen  ist  meine  Hauptarbeit  >  und  doch  habe  ich  weder  Fusse  noch 


—  289  — 

Ruckgral;  Zweige  habe  ich  wohl  aber  niemals  Hände;  in  meinem 
Leibe  leben  Tausende  von  Miethern,  aber  keiner  zahlt  mir  aach  nur 
einen  Groschen),  ein  Fluss. 

tillukene  rakikene  haugub ,  raud  -  saba  jalge  wahel  (ein  kleines 
Händchen  bellt,  hat  einen  eisernen  Schwanz  zwischen  den  Beinen), 
eine  Flachsbreche. 

tipit-tapit  tuli  tuppa,  pubub  mulla,  lejab  kulla,  pistab  seina  prau 
wabele  (ein  Trippelnder  kam  in  die  Stube,  bläst  die  Erde  auf,  fin- 
det das  Gold,  steckt  es  in  eine  Ritze  der  Wand),  ein  Ferkel  kommt 
in  die  Stube  und  findet  ein  Brotstückchen. 

titt  nutab  Tirelu  mäel,  küinrae  roöst  kirjutawad  (ein  Kindchen  weint 
auf  dem  Tirelu  Berge,  zehn  Manner  schreiben),  die  Sackpfeife. 

tömuSt,  wT  must,  pane  must  löga  (hol  den  Schwarzen,  bring  den 
Schwarzen,  lege  den  Schwarzen  an  den  Strick),  ein  Kochtopf. 

tömmu  lehm  ja  kötsa-wats,  igas  watsas  wazikad,  igas  murdes 
raulTikas  (eine  schwarzbraune  Kuh  und  ein  Hängebauch,  in  jedem 
Bauche  Kälber,  in  jedem  Bruche  junge  Kühe),  der  Flachs  und  die 
Samenkorner  in  den  Kapseln. 

töps  könriib  töd  kaudu ,  töpsi  karwad  kaksi-pidi  (ein  Haufen  wan- 
delt den  Weg  entlang,  die  Haare  des  Haufens  sind  nach  beiden  Seiten 
gerichtet),  ein  Heufuder. 

tuba  tuttawaid  täii,  üks  ei  tunne  teist  (mitte),  od.  flks  ei  tunne 
flht,  teine  ei  tunne  teist  (eine  Stube  voll  Bekannter,  einer  kennt 
den  anderen  nicht),  Spuren. 

tuhat  lippu  toa  peal ,  sada  lippu  sauna  peal ,  höbe-lipp  Qjie  peal 
(tausend  Fahnen  auf  der  Stube,  hundert  Fahnen  auf  der  Badstube, 
eine  silberne  Fahne  auf  dem  Hofe),  die  Sterne  und  der  Mond. 

tuhat  hobu9t  töl,  ei  kaerust  ei  hejnust  mnret,  slski  uzinad  käigile 
(tausend  Pferde  auf  dem  Wege,  für  Hafer  und  Heu  wird  nicht  gesorgt, 
dennoch  sind  sie  schnell  im  Laufe),  Schneeflocken. 

tuhat  tubat,  sada  sada  jöksewad  nlnist  silda  kaudu  raudse  linna 
(tausend  Tausende,  hundert  Hunderte  laufen  über  eine  bastene  Brücke 
in  eine  eiserne  Stadt),  Erbsen  werden  aus  einem  Siebe  in  den  Kessel 
geschüttet. 

19 


—  290  — 

tuhat  tuhat,  sada  sada  söidawad  raudse  Unna  sös  (tausend  Tausende, 
hundert  Hunderte  fahren  in  einer  eisernen  Stadt),  Erbsen  im  Kessel. 

tuhat  tuhat,  sada  sada  Ohe  wöga  ja  kahe  otsaga  (tausend  Tausende 
und  hundert  Hunderte  mit  einem  Gürtel  und  zwei  Enden),  ein  Bund 
Stroh. 

tnhat  tQde  lüde,  sada  auku  sambas,  od.  tuhat-tflde-lüdeline,  sada- 
auku-sambaline  (unverständlich),  eine  Egge,  nach  Anderen  ein  Schei- 
terhaufen. 

tnld  söb  ja  werd  jöb  (Feuer  isst  es  und  Blut  trinkt  es),  eine  Flinte. 

tnles  ei  pole,  raäs  ei  mädane,  meres  ei  upu  (im  Feuer  verbrennt  es 
nicht,  in  der  Erde  fault  es  nicht,  im  Meere  ertrinkt  es  nicht),  der 
Name. 

tules  ei  pole,  wees  ei  upu,  mullas  ei  mädane  (im  Feuer  verbrennt 
es  nicht,  im  Wasser  ertrinkt  es  nicht,  in  der  Erde  fault  es  nicht), 
dass. 

tuline  töld  tuleb  mäge  möda  alla ,  seal  peal  istub  jalntu ,  pime  ja 
alasti;  jänes  juhtub  neile  ette,  pime  näeb  teda,  jalutu  wötab 
kiüüi,  ja  alasti  paneb  oma  pQjie  (eine  feurige  Kutsche  kommt  am 
Berge  herab,  darauf  sitzt  ein  Fussloser,  ein  Blinder,  ein  Nackter; 
ein  Hase  begegnet  ihnen,  der  Blinde  sieht  ihn,  der  Fusslose  fängt  ihn, 
und  der  Nackte  steckt  ihn  in  den  Busen),  die  untergehende  Sonne, 
die  Nacht,  die  Morgenröthe,  der  Mond. 

tüle  wuhinal,  metsa  kahinal,  ja  kinnem  kui  kiwine  kirst  (im  Sau- 
sen des  Windes ,  im  Rauschen  des  Waldes ,  und  fester  als  eine  stei- 
nerne Kiste),  eine  Nuss. 

tnle  tuhinas,  metsa  mfihinas,  kindlas  hönes,  waskses  kambris  (im 

Sausen  des  Windes,  im  Rauschen  des  Waldes,  in  festem  Hause,  in 

eherner  Kammer),  ein  Nusskern. 
tflgas,  od.  tu,  od.  tüwik,  üles-pidi,  ladw  alas-pidi  (das  Wurzelende 

nach  oben,  der  Wipfel  nach  unten),  ein  Kubschwanz. 
u&  söb,  ma  mahandab,  wezi  hölab  omast  kohast  (der  Wurm  frisst 

es,  die  Erde  nimmt  es  auf,  das  Wasser  besorgt  es  seiner  Seils),  der 

Mensch  im  Grabe. 


—  291  — 

übe  wöga  ömbert  kihni  (mit  einen)  Gürtel  umschlossen),  od.  übe  w5ga, 
kahe  otsaga  (mit  einem  Gürtel,  mit  zwei  Enden),  ein  Bund  Stroh. 

fihel  on  kiteas,  kabel  on  paras,  kolinel  wäga  lai  (für  einen  ist  es  zu 
eng,  für  zwei  eben  recht,  für  drei  zu  weit),  ein  Geheimniss. 

öhes  oleme  kaks,  ja  kui  kokku  läheme,  teme  kaheks,  mis  wahele 
tuleb  (zwei  bilden  wir  eines,  und  wenn  wir  zusammen  gehen,  so 
machen  wir  zu  zweien,  was  dazwischen  kommt),  eine  Schere. 

fits  warik  oll,  warikoh  oliwa'  tsea',  fits  kährä  päga  poizikene  aijo 
oeid  wäfja  (d)  (es  war  ein  Gebfisch,  im  Gebüsch  waren  Schweine, 
ein  Burschchen  mit  krausem  Kopf  trieb  sie  hinaus),  Haar,  Läuse,  Kopf- 
bürste. 

flks  ajt,  kaks  pü-lukku  ös  (ein  Speicher,  zwei  hölzerne  Schlösser  da- 
vor), eine  Wurst. 

fiks  halg  kütab  kaks  ahju  (ein  Scheit  heizt  zwei  Oefen),  die  Zunge  des 
Rindes,  welche  in  beide  Nasenlöcher  geht. 

flks  hani,  neli  nina  (eine  Gans,  vier  Nasen),  ein  Kissen. 

flks  ema,  üheksa  kätkit,  igas  kätkis  kaks  last,  köiki  ize  klgutab 
(eine  Mutter,  neun  Wiegen,  in  jeder  Wiege  zwei  Kinder,  alle  wiegt 
sie  selbst),  Linsen. 

flks  hlf,  kaks  saba,  od.  hända,  taga  (eine  Maus  und  zwei  Schwänze 
hinten),  ein  Bauerschub. 

flks  pizukene  mos,  kange,  ja  kannab  süremat  kormat  kui  ta  ize 
on,  kftib  kuramuliste  körma  all,  aga  karu  nGlab  teda  höpis 
pezaga  ära  (ein  kleiner  Mann ,  stark ,  und  trägt  ein  Fuder  grösser 
als  er  selbst  ist,  geht  gebucht  unter  dem  Fuder,  aber  der  Bär  ver- 
schlingt ihn  sammt  seinem  Neste),  die  Ameise. 

flks  pütukene,  kahe-sugust  märga  sös,  kfikikil,  ep  ole  puririi-auku 
(ein  Fässchen  mit  zweierlei  Nass  darin,  hockend,  ein  Spundloch  ist 
nicht),  ein  Ei, 

fiks  sant,  sada  m&ätlit  ilma  nöla  pistmata  (ein  Armer,  hundert  Män- 
tel, ohne  dass  eine  Nadel  gestochen  hätte),  ein  Kohlkopf. 

flks  saun  ja  sada  auku  (eine  Badstube  und  hundert  Löcher),  ein  Klafter 

Holz. 
flks  tamm,  kaks  tejst  kümmend  aru,  igas  arus  on  neli  linnu-peza, 

19* 


—  292  — 

igas  pezas  seitse  muna  (eine  Eiche,  zwölf  Aeste,  auf  jedem  Aste 
sind  vier  Vogelnester,  in  jedem  Neste  sieben  Eier),  das  Jahr. 

flks  teeb  timp  tamp,  tejne  teeb  timp  tamp,  kolmas  teeb  timp 
tamp,  nefjas  teeb  timp  tamp,  wies  teeb  karwihti  (Einer  macht 
trap  trap,  der  Andere  macht  trap  trap,  der  Dritte  macht  trap  trap,  der 
Vierte  macht  trap  trap,  der  Fünfte  macht  schwip),  ein  Pferd. 

flks  tuba  kindlas  kambris,  ei  senna  püdu  tült,  päewa,  ei  tihtegi 
(eine  Stube  in  fester  Kammer,  dabin  reicht  nicht  Wind,  Sonne,  nichts), 
eine  Nuss. 

üks  tuba,  od.  uks,  wli  kambrit  (eine  Stube,  od.  Thur,  fünf  Kammern), 
der  Handschuh. 

flks  uks  läbeb  Wide  kambri  (eine  Thfir  fuhrt  in  fünf  Zimmer),  dass. 

flks  ütleb  «5  pitk»,  teine  ütleb  «päew  pitk»,  kolmas  ütleb  «mulle 
flks  köik»  (der  Eine  sagt  «die  Nacht  ist  lang»,  der  Andere  sagt  «der 
Tag  ist  lang»,  der  Dritte  sagt  «mir  Alles  eins»),  das  Bett,  der  Stuhl, 
der  Fussboden. 

flks  ütleb  «päewal  muH  waewa»,  teine  ütleb  «özel  muH  waewa», 
kolmas  ütleb  «flks  mulle  köik»  (der  Eine  sagt  «am  Tage  habe 
ich  Plage»,  der  Andere  sagt  «in  der  Nacht  habe  ich  Plage»,  der 
Dritte  sagt  «mir  Alles  eins»),  der  Stuhl,  das  Bett,  der  Fussboden. 

flks  ütleb  «sui  (on)  hqa»,  teine  ütleb  «talw  hea»,  kolmas  (ütleb) 
«flks  (mulle)  köik»  (der  Eine  sagt  «der  Sommer  ist  gut»,  der  An- 
dere sagt  «der  Winter  ist  gut»,  der  Dritte  sagt  «mir  Alles  eins»), 
Kuh,  Ochs  und  Pferd,  oder  Schlitten,  Wagen,  Pferd. 

flks  ütleb  «sui  pitk»,  tejne  titleb  «talw  pitk»,  kolmas  ötleb  «olgu 
sui  ebk  talw,  mulle  flks  köik»  (der  Eine. sagt  «der  Sommer  ist 
lang»,  der  Andere  sagt  «der Winter  ist  lang»,  der  Dritte  sagt  «sei  es 
Sommer  oder  Winter,  mir  Alles  eins»),  Wagen,  Schlitten,  Pferd. 

üks  ütleb  «tuleks  ö»,  teine  ütleb  «tuleks  päew»,  kolmas  fitleb 
«mulle  üks  kSjk»  (der  Eine  sagt  «käme  die  Nacht»,  der  Andere 
sagt « käme  der  Tag » ,  der  Dritte  sagt  « mir  Alles  eins ») ,  der  Stuhl, 
das  Bett,  das  Zimmer. 

flks  wät,  kahte  sugu  ölut  sös  (ein  Fass,  zwei  Arten  Bier  darin), 
ein  Ei. 


—  293  — 

flle  ilma  pihlakas  (über  die  Welt  hin  ein  Vogelbeerbaum) ,  der  Regen- 
bogen. 

walge  kont  ke£k  koplit  (ein  weisser  Knochen  mitten  im  Koppel),  eine 
Kirche. 

walge  pöld,  mustad  sömned  (ein  weisses  Feld,  schwarze  Saat),  be- 
schriebenes Papier. 

walge  pöll,  mustad  äred  (eine  weisse  Schurze,  schwarze  Ränder),  das 
Fenster. 

walge  wäli,  kifju  kari,  tark  karja  kajtsja  (ein  weisses  Feld,  eine 
bunte  Herde ,  ,ain  kluger  Huter  der  Herde),  Kirche,  Gemeine  und 
Prediger. 

walget  söb,  musta  situb  (Weisses  frisst  es,  Schwarzes  seh....  es),  ein 
brennender  Kienspan. 

wana  häfg  magab  m&s,  sOled  llguwad  (ein  alter  Ochs  liegt  am  Boden, 
die  Eingeweide  rühren  sich),  ein  bewohntes  Haus. 

wana  härg,  wasksed  söled  (ein  alter  Ochs,  metallene  Därme),  die 

Harfe, 
wana  izand  istub  wäre  peal,  neli  neitsit  tantsiwad  wäljal  (ein  alter 

Herr  sitzt  auf  eitiem  Steinhaufen,  vier  Jungfrauen  tanzen  auf  Sem 

Felde),  eine  Windmühle. 

wana  mos  istub  nurgas,  tilk  njna  otsas  (ein  alter  Mann  sitzt  im  Win- 
kel,  ein  Tropfen  an  der  Nase),  das  Dünnbiergefass. 

wana  mos  könnib  toa  peal,  üha-taldrik  pea  p^al  (ein  alter  Mann 
wandelt  auf  der  Stube,  ein  Teller  mit  Fleisch  auf  dem  Kopfe),  od.  w. 
m.  k.  tuba  kaudu,  liha-wägen  peas  (e.  a.  M.  w.  die  Stube  ent- 
lang, eine  Schüssel  mit  Fleisch  auf  dem  Kopfe),  der  Hahn. 

wana  mos  huilgab  kahe  mäe  wahel  (ein  alter  Mann  schleicht  zwischen 

zwei  Bergen),  ein  Farz. 
wana  naene  (istub)  nurgas,  sflli  saiu  täte  (ein  altes  Weib  sitzt  im 

Winkel,  der  Scbooss  ist  voll  Semmeln),  der  Ofen, 
wana  tat  nurgas ,  tilk  tttra  otsas  (ein  alter  Vater  in  der  Ecke ,  ein 

Tropfen  am  Ende  des  Gliedes),  das  Kofentgeschirr. 
wana  wakk,  (igas  ästas)  üi  k&i  (pqal)  (ein  alter  Korb  f  jedes  Jahr  ein 


X 


\ 


—  294  — 

neuer  Deckel  darauf),  das  Meer  oder  ein  Bach,  Teich,  wenn  sie  zu- 
frieren. 

wäre  all,  wäre  peal,  (kure-)  mnnad  keskel,  od.  wäre  all  munad 
keskel  (ein  Steinhaufen  unten,  ein  Steinhaufen  oben,  Kranicheier  in 
der  Mitte,  od.  unter  dem  Steinhaufen  Eier  in  der  Mitte),  ein  Backofen 
mit  Broten. 

wazikas  magab  rand-härja  rinna  all  (ein  Kalb  liegt  unter  der  Brust 
eines  eisernen  Ochsen),  das  Aschenloch  vor  der  Ofenmünduig. 

wät  wSdi  peal,  tünder  tündri  peal,  pOlik  pöliku  peal,  orawa-saba 
köige  otsas  (Fass  auf  Fass,  Tonne  auf  Tonne,  Halbfass  auf  Halbfass, 
ein  Eichhornschwanz  am  Ende  von  Allem),  ein  Schilf  ha  Im. 

wäh*m  kui  kirp,  raskem  kui  häfg  (kleiner  als  ein  Floh,  schwerer  als 
ein  Ochs),  ein  Feuerfunke. 

werrew  lehm,  jöhwine  löüg  (d)  (eine  rothe  Kuh,  ein  pferdehaarener 
Halflerstrick),  die  Moosbeere. 

wintlik,  wäntiik,  file  metsa  heitlik  (hin  und  her  sich  wendend,  ober 
den  Wald  sich  werfend),  der  Wind. 

wiakse  wälja  kui  kirp,  tüakse  jälle  kui  wagen  (es  wird  hinaus  ge- 
bracht wie  ein  Floh,  zurück  gebracht  wie  eine  Schussel),  eine 
Rübe. 

wl2  kitse  näriwad  Ohe  kuhja  all  (fünf  Ziegen  kauen  unter  einem  Scho- 
ber), das  Stricken. 

wTg  möst  kaduwad  übte  kaewu  (fünf  Manner  verlieren  sich  in  einem 
Brunnen),  das  Stricken. 

wli  nirki  joksewad  ilma  nlti ,  Oks  ej  sä  tejst  kätte  (fünf  Marder 
laufen  ohne  Faden,  einer  holt  den  anderen  nicht  ein),  das  Strik- 
ken. 

wQjb  önne  sulle  külutada,  sind  önne  kafjust  nibutada,  kui  kuke 
pea  ta  punab  ja  lume  wärwi  kannab  (es  kann  dir  Gluck  verküo- 
den,  von  des  Glückes  Felsen  dich  schieben ,  es  ist  roth  wie  der  Kopf 
eines  Hahnes  und  trägt  die  Farbe  des  Schnees)  (?). 

wOta  arud  lajale,  pane  karune  wabele  (nimm  die  Zweige  ans  einan- 
der, lege  das  Rauhe  dazwischen),  schirre  das  Pferd  an. 


—  295  — 

VI.  Deutung  von  Vogelstimmen  und  anderen 

Tönen,  der  Buchstaben. 

Die  Nachtigall  siogt:  must,  must!  küt!  tüdrik,  tfidrik!  tö 
pits,  tö  plts,  tö  plts!  (Schwarzer,  Schwarzer!  Streifiger!  Mädchen, 
Mädchen!  bring  die  Peitsche),  oder  kiri-kiut,  kiri-kiut!  päjts-lauk, 
päits-layk!  tütrik  maka,  tütrik  maka!  tö  pltsk,  tö  pltsk!  süf  hä- 
bü, süf  häbü!  häbü  sägu  tejle,  h&bfi  sägu  teile  (d)  (Buntstreifiger, 
Buntstreifiger!  Blässe,  Blässe!  das  Mädchen  schläft!  bring  die  Peitschet 
grosse  Schande!  Schande  euch),  oder  5  pikk,  5  pikk!  laisk,  laisk! 
tüdruk,  tüdruk!  tö  plts,  tö  plts!  küt-must,  küt-must!  waule, 
waule!  tsäh,  tsäh!  (die  Nacht  ist  lang!  faul,  faul!  Mädchen,  Mädchen!, 
bring  die  Peitsche!  Schwarzstreifiger!  in  die  Furche!  schwipp!),  oder  tü- 
druk, tüdruk!  pltsa,  pTtsa,  pltsa!  lüpsik,  lüpsik,  lüpsik  (Mädchen! 
Peitsche!  Melkeimer!). 

Die  Schwalbe:  sTdi  wiss  wöttis,  puss  löttis  kä  iss  maul.  To- 
me läkkn,  löme  lakku  ja  pealt  kokkn.  Ta  kipab  ikka,  noh  kötse 
klopp  ärr!  (unverständlich),  oder  sldi  kissen,  lldi  kassen,  kätteneks 
sarr  (unverständlich),  oder  läks  sulasele  kübe  tegema,  läks  taluse 
sftrr!  (ging  dem  Knechte  einen  Rock  machen,  ging  in's  Gehöft,  särr!), 
oder  TöFbi  Jägul  olid  head  elud  majad ,  köik  olid  head  elud  ma- 
jad,  nfid  'p  ole  übt,  paFjas  hütt  wöl!  siöt  siSti  nukki,  kala  kaki 
nukki,  sist  sissera  nassem  när  (Jacob  Dummkopf  hatte  gute  Wohnge- 
bäude,  alle  waren  gute  Wohngebäude,  jetzt  ist  keins  mehr,  nur  noch  eine 
Hatte!  etc.),  oder  hanksi  willo,  hanksi  willo,  naksi  pojale  säfki  te- 
gema, pani  ahjo  otsa  kuioma,  satte  tulle,  paffi  &r\  tser!  (d)  (ich 
schaffte  Wolle,  fing  an  dem  Sohne  einen  Rock  zu  machen,  legte  sie  auf 
den  Ofen  zum  Trocknen,  sie  fiel  in's  Feuer,  verbrannte),  oder  ui  tui  tui- 
to!  lats  tappe  ka&i,  teje  Kajele  kazaka,  raeje  Mannile  köriko, 
Annele  alus-undreku  (d)  (...das  Kind  tödtete  eine  Katze,  eurer  Kai  einen 
Pelz,  unserer  Mai  einen  Rock,  der  Ann  einen  Unterrock),  oder  witser 
witeer  wennikene!  wöti  sulaze,  wöti  näüdsiko,  sädi  teule,  Ute 
pakku,  s&  kätte,  k&ni  k&la  kate  körra,  sälä-lfi  sejtsme  körra, 
wen  w&fja,  tsirr!  (..  Brüderchen!  ich  nahm  einen  Knecht,  ich  nahm 


—  296  — 

eine  Magd ,  ich  schickte  ihn  an  die  Arbeit ,  er  lief  davon ,  ich  bekam  ihn 
wieder,  drehte  den  Hals  doppelt,  den  Rückgrat  siebenfach  zusammen,  Blut 
heraus,  zirr). 

Die  Schneeammer:  lirts,  lirts!  (spritzender  Strahl). 

Der  Fink:  hästi,  hääti!  wilu,  wilu!  mis  so  on?  sah!  (gut,  gut! 
kühl,  kühl!  was  ist  das?  da!),  oder  est,  est,  est  ära!  muH  ep  ole 
paTju  aega!  fldik,  tikk,  tikk!  (vor  weg,  vor  weg!  ich  habe  nicht  viel 
Zeit!  etc.),  oder  bei  schlechtem  Wetter  jurts,  jurts! 

Die  Grasmücke:  silts  solts!  oder  sifk  soft! 

Die  Möwe:  et  audulit! 

Die  Kronschnepfe:  kilkolkil! 

Die  Schellente:  klä,  kla! 

Der  Taucher  (sauna-raös) :  säks  sauna!  (käme  ich  in  die  Bad- 
stube). 

Der  Uhu:  huh,  huh! 

Der  Regenpfeifer:  tö  tu!  türtil,  türtil! 

Die  Pfuhlschnepfe:  wlgle,  wlgle! 

Die  Nachtschwalbe:  sorr,  sorr! 

Der  Kuckuck:  kuku,  kuku!  ämmäk  mo  ärä  tappe,  weli  mo 
were  jöi,  kuku,  kuku!  sözar  mo  sonne'  sei,  ämmäkule  kiwiga, 
kuku,  kuku!  (kuku,  kuku!  die  Stiefmutter  tödtete  mich!  der  Bruder 
trank  mein  Blut,  kuku,  kuku!  die  Schwester  ass  meine  Finger,  der  Stief- 
mutter mit  einem  Stein,  kuku,  kuku). 

Der  Hahn:  kukelöku!  oder  tapa  tat  ära  (schlachte  den  Vater  ab) 

Die  Holztaube  ruft  der  Krähe  zu:  wl2,  wl£  werist  wäntsa!  küi, 
ku£  kullast  poega!  (fünf,  fünf  blutige  Knirpse!  «echs,  sechs  goldene 
Sohne),  d.  h.  die  Jungen  der  Krähe  und  die  eigenen. 

Melodie  der  Sackpfeife:  külle-lü,  külle-lü,  külle-lüü!  säre-lüü, 
säre-lüü!  teine  külle-lü,  teine  säre-lü!  teine  wift-kinnas,  tejne 
laba-kinnas!  teine  suka-säf,  teine  wana  poid,  üü!  (Rippenbein, 
Rippenbein!  Schienbein,  Schienbein!  eins  ein  Rippenbein,  das  andere  eia 
Schienbein!  eins  ein  Filzhandschuh,  das  andere  ein  Fausthandschuh!  eins 
ein  Beinling  des  Strumpfes,  das  andere  ein  alter  FOssling,  uu),  oderLuht- 
Ann  löi  lugu-pilTi,  Kork-Ewa  tgi  kubu  öfgi!  Luht-Anne  saba, 


—  297  — 

Ptffi-Mäfdi  naba  löjd  toru-pifH-tantsu :  sahwi  urr  urr,  sehwi  urr 
urr!  sahwi  kriuhkadi,  sehwi  kriuhkadi!  (L.  A.  spielte  die  Rede- 
pfeife, K.  E.  brachte  ein  Bond  Stroh I  die  Schleppe  von  L.  A.,  der  Nabel 
von  P.  M.  spielten  den  Sackpfeifentanz  etc.). 

Das  Wagenknarren  am  Montagmorgen  klingt  dem  Knechte  wie: 
miks  mind  Mlgu-Madis  tegi!  (wozu  hat  mich  M.-M.  gemacht),  oder 
kes  täb  (t€ah),  mis  näh  (näeb)?  (wer  weiss,  was  er  sehen  wird). 

Bezeichnung  der  Buchstaben:  a  saksa-lök  (ein  deutsches  Krumm* 
holz),  d  kelgu-jalas  (eine  Schlittensohle),  e  nagu  wana  ema  üks  silm 
peas  (wie  der  alten  Mutter  eines  Auge  im  Kopfe),  g  nagu  katla-kök 
(wie  ein  Kesselhaken),  %  nägu  künal  (wie  ein  Licht),  J  nägu  tuluse- 
raud  (wie  ein  Feuerstahl),  k  aida-wöti  (ein  Speicherschlüssel),  K  nägu 
hobuse-rarinid  (wie  Pferdegeschirr),  l  kui  wersta-po£t  (wie  ein  Mei- 
lenpfosten), m  kolme  tulbaga  (mit  drei  Säulen),  n  kahe  tulbaga,  pealt 
kinni  (mit  zwei  Säulen,  oben  fest),  p  tthe  jalaga  nägu  wana  tont  (mit 
einem  Fuss,  wie  ein  alter  böser  Geist),  r  nägu  wana  kefjates  tuleks, 
kott  seljas  (wie  wenn  ein  Alter  bettelnd  käme  mit  einem  Sack  auf  dem 
Rucken),  f  nägu  kaewu-kök  (wie  ein  Brunnenhaken),  oder  iza  naskel 
(der  Pfriem  des  Vaters),  8  kana-silm  (ein  Höhnerauge),  s  nägu  kiri 
kana-silm  (wie  ein  buntes  Höhnerauge),  t  nägu  woki  käzi-pü  (wie  das 
Holz  am  Spinnrade,  um  welches  die  Heede  gewickelt  ist),  u  kahe  tul- 
baga, alt  kitini  (mit  zwei  Säulen,  unten  fest),  ä,  ö,  ü  =  a,  0,  u  tilk 
otsas  (mit  einem  Tropfen  an  der  Stirn). 

VE.  Spiele. 

Karlenspiele.  1)  Unna,  od.  möiza,  od.  Riga,  pöletama 
(die  Stadt,  od.  das  Landgut,  od.  Riga,  verbrennen),  Hausbrand,  ein  Kin- 
derspiel, wo  jeder  der  beiden  Spieler  die  Hälfte  der  Karten  bekommt  und 
eine  nach  der  anderen  vor  sich  aufdeckt;  wer  die  grossere  hat,  sticht  und 
nimmt  die  Karte  des  Anderen.  —  2)  Paris-turakas  (Paarendurak,  v. 
mss.  Aypam>).  Jeder  Spieler  hat  fünf  Karten,  die  übrigen  bleiben  liegen 
mit  einer  Aufscb lagkarte  als  Trumpf;  jeder  spielt  dem  nächsten  eine  ein- 


—  298  — 

zelne  Karle  aus  oder  ein  oder  zwei  Paar  gleiche  nebst  einer  Beigabekarte, 
wer  das  Ausgespielte  stechen  kann,  spielt  eben  so  dem  folgenden  ans» 
wer  nicht  Alles  stechen  kann,  nimmt  das  Uebrige  auf,  und  der  folgende 
spielt  weiter  aus;  die  Stiche  werden  weg  geworfen,  und  wer  nach  dem 
Ausspielen  weniger  als  fünf  Karten  in  der  Hand  behält ,  ergänzt  die  Zabl 
aus  dem  liegen  gebliebenen  Haufen.  —  3)  Kimbu-turakas  (Haufen- 
durak),  ähnlich  dem  vorigen,  doch  wird  immer  nur  eine  Karte  ausgespielt, 
und  die  Stiche  werden  nicht  weg  geworfen ,  sondern  bilden  einen  Haufen, 
welchen  derjenige  zu  sich  nehmen  muss,  der  nicht  stechen  kann;  in  bei- 
den Spielen  hat  derjenige  verloren ,  welcher  mit  Karten  in  der  Hand  nach 
bleibt.  —  4)  Pörsa-saba  (Ferkelschwanz).  Eine  ausgezogene  Kaite 
wird  aufgedeckt,  die  übrigen  werden  unaufgedeckt  im  Kreise  darum  ge- 
igt, und  die  Spielenden  ziehen  aus  diesem  nach  der  Reihe  so  viel  ein- 
zelne Karten,  welche  sie  in  einen  Haufen  vor  sich  hin  legen ,  bis  eine  auf 
die  ausgelegte  oder  resp.  die  zuletzt  darauf  gelegte  passt  als  die  nächste 
der  Grosse  nach ;  sind  alle  Karten  aufgenommen ,  so  wird  von  den  einzel- 
nen Haufen  eben  so  weiter  gespielt,  bis  Einer  mit  einem  nicht  ganz  abge- 
spielten sitzen  bleibt.  —  5)  Klüsti-mäng,  ein  Hazardspiel.  Jeder 
Spieler  bekommt  vier  Karten,  und  wer  alle  von  einer  Farbe  hat  (klügt), 
gewinnt  den  Einsatz,  wenn  nicht  etwa  ein  anderer  eben  solche  vier  mit 
höherer  Augenzahl  hat;  sind  nur  drei  oder  zwei  gleichfarbige  Karten,  so 
entscheidet  eben  so  die  Augenzahl ,  doch  gelten  drei  Karten  immer  mehr 
als  zwei.  —  6)  Wilukas  (v.  russ.  4>Miora).  Zuerst  wird  ein  Einsatz 
gemacht,  dann  werden  je  vier  Karten  ausgegeben,  und  von  der  Vorhand 
an  legt  Jeder,  welcher  sich  getraut  das  Spiel  mitmachen  zu  können,  so 
yiel  zum  Einsatz  hinzu  wie  sein  Vormann  oder  mehr,  und  von  denen,  die 
das  Spiel  behalten,  nimmt  dann  der  Gewinner  den  ganzen  Einsatz.  — 
7)  Kupki  (v.  russ.  Kyna,  Kynotct).  Es  werden  aus  dem  Talon  so  viel 
umgekehrte  Haufen  gemacht,  wie  Spieler  sind,  und  wer  unten  die  höchste 
Karte  hat,  nimmt  den  Einsatz.  —  8)  PoTs-pagg  (polnisch  Pasch),  ähn- 
lich dem  deutschen  Solo,  mit  wenig  Karten  gespielt.  Höchste  Karte  ist 
Treffbube,  dann  Piquebube,  dann  Treff-  und  Piquedame,  darnach  Garreau, 
zuletzt  Coeur.  Von  den  vier  Spielern  spielen  je  zwei  und  zwei  zusammen, 
und  jeder  bekommt  fünf  Karten ;  wer  die  beiden  schwarzen  Buben  oder 


—  299  — 

die  meisten  Werthkarten  hat,  bestimmt  den  Trumpf,  entweder  Treff  oder 
eine  beliebige  andere  Farbe,  und  welche  Partie  wenigstens  drei  Stiche 
macht,  hat  gewonnen.  —  9)  Süsta-korku  (v.  russ.  «ucraii  ropna) 
wird  mit  einem  Einsatz  und  ohne  Trumpf  gespielt.  Jeder  bekommt  drei 
Karten,  wer  die  ausgespielte  Karte  nicht  stechen  kann,  wirft  zu,  und  die 
weg  gegebenen  Karten  werden  aus  dem  aufgestellten  Talon  ergänzt.  — 
10)  Krugawo)  (v.  dem  russ.  kpjtoboh) od.  taga  peale  (hinten  nach), 
ähnlich  dem  Haufendurak  (s.  2),  aber  mit  nur  drei  Karten. —  11)  Trin* 
ka  oder  trllista  (v.  russ.  TpH  ncra),  ein  Spiel,  wo  es  darauf  ankommt 
drei  gleieh  hohe  Karten  zu  bekommen  (trinka),  oder  auch,  was  der 
trinka  gleich  gilt,  zwei  Sechse  oder  Siebene  neben  der  dritten  Karte  (wi- 
lukas).  —  12)  Wentsel  od.  sarwentsel,  das  deutsche  Scharwen- 
zelspiel. —  13)  Wenelazed  säewad  (die  Soldaten  sägen).  —  14) 
Kuniriga-mäng  (das  Königsspiel)  unter  fünf  Spielern  mit  Karten  und 
Plumpsack;  eine  ausfuhrliche  Beschreibung  giebt  Rosenplänter  in  den 
«Beitragen»  Heft  XI  S.  80  und  ff. 

Tänze  sind  ausser  dem  gewöhnlichen  Walzer,  wo  aber  die  Tanzen* 
den  sich  anders  anfassen  als  etwa  unter  den  Deutschen,  noch  kazar,  von 
zwei  Solotänzern  getanzt,  polka  und  perl  in. 

Kraftproben  sind  hanku  od.  sörme  wedama,  sörm-köku 
kisknma  (den  Haken  oder  Finger  ziehen,  den  Fingerhaken  ziehen),  wo 
zwei  Männer  mit  den  Füssen  gegen  einander  auf  dem  Boden  sitzen  und 
mit  eingehakten  Mittelfingern  gegenseitig  sich  herauf  zu  ziehen  bemüht 
sind.  Aehnlich  ist  wägi-kaigast  wedama  (den  Kraftkniittel  ziehen), 
nur  dass  die  Spielenden  dabei  mit  beiden  Händen  einen  quer  vorgehalte- 
nen Knüttel  fassen.  Härga  wedama  (den  Ochsen  ziehen).  Zwei  Man« 
ner,  Rucken  an  Rucken  mit  einem  um  den  Hals  geschlungenen  Strick, 
suehen,  sich  nieder  bückend,  einander  zu  sich  herab  zu  ziehen. 

Vorzugsweise  Kinderspiele  sind  folgende:  Nöklo  tsn&kma  (d) 
(Nadeln  einstecken,  mit  Nadeln  stechen).  Kinder  sitzen  im  Kreise  und 
bilden  einen  Schooss  mit  ihren  Kleidern ;  eins  geht  herum,  sticht  mit  einem 
Holzchen  (der  Nadel)  in  den  Schooss  der  einzelnen  und  lässt  es  unbemerkt 
stecken. —  Hundi-ratast  mängima  (den  Wolfring  spielen).  Knaben 
ziehen  einen  Kreis  auf  der  Erde,  hocken  sich,  die  Wolfe  vorstellend,  da 


V 


—  300  — 

• 

herum  und  wälzen  sich,  und  versuchen  ein  kleines  Mädchen,  das  durch 
den  Kreis  laufen  muss,  zu  fangen.  —  Wigala  kuhja  tegema  (den 
Fickelschen  Schober  machen).   Kinder  werfen  sich  in  einem  Haufen  über 
einander,  oder  werden  von  Jemandem  so  hingeworfen.  —  Tsöri-ra 
tast  lömä  (d)  (das  Kreisrad  schlagen).  Zwei  Parteien  werfen  sieb,  ein- 
ander gegenüberstehend,  eine  runde  Scheibe  zu,  welche  aufgefangen  wer- 
den muss,  und  suchen  sich  so  gegenseitig  zurück  zu  drängen.  —  Härga 
jöksraa  (den  Ochsen  laufen)  od.  rebast  ajama  (den  Fuchs  treiben). 
Ein  Paar  Knaben  kriechen  auf  Händen  und  Füssen,  und  der  eine  sucht  den 
anderen  einzuholen.  —  Petu-mäng  (Verstecken).  Einer  wirft  einen  Stock 
über  ein  Dach  und  überwacht  einen  Zweiten,  welcher  geht  ihn  aufzusuchen. 
Hat  er  ihn  gefunden,  so  muss  er  die  Uebrigen  suchen,  welche  sich  unter- 
dessen  versteckt  haben,  und  der  Erste,  welchen  er  findet,  muss  dann  wie- 
der die  Rolle  des  Suchens  übernehmen.  —  Kaigast  wiskama  (den 
Knüttel  werfen).  Zwei  Knaben  errichten  gegenseitig  in  einem  umgrenzten 
Räume  ein  Häufchen  handlanger,  cylinderformiger  Klötzchen  (kurnid),  und 
suchen  diese,  abwechselnd  mit  Knütteln  darnach  werfend,  aus  dem  Bezirke 
hinaus  zu  schlagen.  —  Mezi-käppa  llgutama  (die  Honigpfote,  d.  b. 
den  Bäreiij  bewegen)  (?).  —  Ka££i-kannast  kuduma  (das  Kaöen- 
gewebe  weben).    Zwei  Kinder  nehmen  gegenseitig  einen  langen  Faden 
schleifenformig  zwischen  die  Zähne,  und  fahren  darauf  mit  dem  Finger  hin 
und  her. —  Wuri-kofit  od.  wurila-k.  (Brummknochen).  Durch  einen 
Knochen  sind  ein  Paar  Schnüre  so  geführt,  dass  weno  man  sie  abwech- 
selnd anzieht  und  nachlässt,  der  Knochen  mit  Sausen  sich  rechts  und  links 
herum  dreht.  —  Lutsu  wiskama  (eine  Quappe  werfen).  Ein  flacher 
Stein  wird  gegen  die  Oberfläche  eines  Wassers  so  geworfen,  dass  er 
möglichst  viele  Male  ricochetirt.  —  Kübärit  warastama  (d)  (Hüte 
stehlen).    Knaben  in  der  Pferdehütun'g  legen  ihre  Mützen  zusammen  bei 
einem  in  die  Erde  gesteckten  Pflock,  eine»  wird  mit  einem  ein  Paar  Fa- 
den langen  Strick  an  diesen  Pflock  befestigt,  und  muss  nun  von  den  an- 
deren,  welche  ihm  die  Mützen  zu  entwenden  suchen,  einen  fangen,  welcher 
dann  an  seine  Stelle  tritt,  oder  wird  von  den  Kameraden  verhöhnt  wegen 
seiner  Ungewandtheit.  —  Piho  peijo  ajama  (d).  Ein  Knabe,  welcher 
zum  ersten  Mal  in  der  Hütung  ist,  wird  von  den  anderen  gehänselt.  Sie 


—  301   — 

versprechen  ihm  einen  Pirol  (piho)  in  die  Hand  zu  geben,  er  wird  mit 
verbundenen  Augen  weg  geführt,  und  man  legt  ihm  weichen  Koth  in  die 
Hand,  indem  man  ihn  auffordert,  die  Hand  fest  zuzudrücken,  damit  der 
Pirol  ihm  nicht  entschlüpfe. —  Foppi  wiskama  (v.  dem  russ.  öaßKH). 
Zwei  Spielende  stellen  jeder  einige  Knöchelchen  aus  Schweinsfüssen  in 
einer  Reibe  auf  die  Erde,  und  werfen  darnach  mit  einem  eben  solchen.  — 
Kana-mäng  od.  kulTi-m,,  kuTfikeze-m.  (Hühnerspiel  oder  Ha- 
bichtsspiel). Ein  Kind,  als  Habicht,  versucht  von  den  anderen,  welche  die 
Hohner  vorstellen,  eines  zu  fangen,  wenn  sie  den  Stall  verlassen.  — 
Linna-märig  (Pestungsspiel).  Knaben  erbauen  aus  Steinen  ein  Thürm- 
chen,  und  werfen  dann  mit  Steinen  darnach,  um  es  wieder  zu  zerstören. 
—  Püza  peale  löma  (auf  die  Hüfte  schlagen).  Ein  Paar  Knaben  sprin- 
gen auf  einem  Bein,  und  versuchen,  mit  den  Hüften  gegen  einander  stos- 
send,  den  Gegner  umzuwerfen  oder  zu  nöthigen,  dass  er  mit  beiden  Füs- 
sen auftritt.  —  Söge-sikku  od.  pirae-sokku  ajama  od.  man- 
gima  (den  Blindbock  treiben  oder  spielen),  Blindekuhspiel.  —  Tött 
wahtima  (auf  den  Ernst  lauern).  Zwei  sehen  einander  an,  und  jeder 
versucht  den  Gegner  zuerst  zum  Lachen  zu  bringen.  —  Ilärä-pilTi 
ajama  (d)  (die  Ochsenflöte  blasen),  ein  obscönes  Spiel  der  Hüterknaben, 
wie  oben  piho  peijo  ajama,  um  einen  neu  hinzu  gekommenen  zu  hän- 
seln. —  Palfi-mäng  (Kugelspiel),  Butterloch.   Eine  Anzahl  Knaben 
steht  im  Kreise,  jeder  mit  einem  Stocke  bewaffnet,  welcher  in  ein  kleines 
Loch  gestellt  ist,  und  einer  bemüht  sich,  ebenfalls  mit  einem  Stocke,  eine 
hölzerne  Kugel  in  ein  grösseres  Loch  im  Mittelpunkt  des  Kreises,  das  Büt- 
terloch,  zu  treiben;  die  anderen  suchen  diess  zu  verhindern  und  die  Kugel 
zurück  zu  schlagen,  und  wenn  es  dabei  dem  Treibenden  gelingt  seinen 
Stock  in  eines  der  ledigen  Löcber  zu  stellen ,  so  muss  der  frühere  Inhaber 
desselben  das  Treiben  der  Kugel  übernehmen.  —   Oina-mäng  (Wid- 
derspiel). Eine  Reihe  Kinder  sitzen  einander  im  Schoosse.   —  Plri- 
mäfig  (Kreisspiel).    Eine  Anzahl  Kinder  bewegen  sich  im  Kreise  um 
ein  in  der  Mitte    stehendes,    und    dieses    muss    dabei    eines    von  den 
anderen  zu  erhaschen  suchen.  —    Kanazit  oder  lambit  tegemä 
(d)  (Hühnchen   oder  Schafe  machen).     In  grosse  Weidenkätzchen  wer- 
den Holzsplitter  als  Füsse  gesteckt,  und  sie  stellen  dann  Hühner  oder 


1 


—  302  — 

Schafe  vor.  —  Oder  Einer  ist  Wolf,  die  Anderen  sind  Schafe,  zwischen 
beiden  Parteien  ist  eine  Grenze  gezogen,  und  die  Schafe  bemühen  sich 
unbemerkt  in  das  Gebiet  des  Wolfes  zu  dringen;  gelingt  es  diesem  eines 
dabei  zu  erhaschen,  so  muss  es  an  «eine  Stelle  treten. 

Andere  Spiele  noch,  woran  mehr  oder  weniger  die  Erwachsenen  Theil 
nehmen,  sind  die  folgenden.  Pflrid  wöj  llad  (Paare  od.  Ueberschusse), 
od.  päristiku  wöj  fiks  llaks  (paarweise  oder  eins  darüber).  Einer 
nimmt  eine  Anzahl  Nüsse  u.  d.  gl.  in  die  Hand,  und  ein  Anderer  muss 
ralhen,  ob  ihre  Zahl  eine  gerade  oder  ungerade  ist ;  erräth  er,  so  bekommt 
er  das  in  der  Hand  Befindliche,  bat  er  falsch  gerathen,  so  muss  er  dem 
Ersten  eben  so  viel  geben.  —  Nukknjöksma  (die  Puppe  laufen),  ein 
Spiel  am  Johannisabend ,  auch  mit  Gesang  oder  Musik  begleitet.  Ein  be- 
sonders ausstafirtes  Mädchen  ist  «nukk»,  läuft  in  den  Wald  und  wird  von 
den  nachlaufenden  jungen  Burschen  gehascht  mit  dem  Refrain  nukke, 
nukke,  neitsikene  (Pöppchen,  Puppchen,  Jungfräulein).  —  Söira  wao- 
tama  (d)  (den  Käse  pressen).  Einer  wird  auf  die  Erde  gestreckt,  ein 
Anderer  legt  sich  auf  ihn,  ein  Dritter  auf  diesen  und  so  fort,  bis  es  dem 
unten  Liegenden  endlich  zu  viel  wird.  —  Tsfitstttämft  (d).  Eine  An- 
zahl Personen  sitzt  im  Kreise  und  ein  Gegenstand  wird,  wie  beim  «Tha- 
lerwandern» versteckter  Weise  dem  Nachbar  in  die  Hand  gelegt  und  so 
in  Umlauf  gesetzt  mit  dem  Refrain  atsü,  tstt»;  ein  in  der  Mitte  Ste- 
hender muss  ihn  auf  diesem  Umlauf  ertappen ,  worauf  dann  der,  bei  wel- 
chem er  gefunden  wurde,  an  seine  Stelle  in  die  Mitte  treten  muss.  — 
Paääi  löma  od.  patsi  löraa  (den  Pass  od.  die  Strohdocke  schlagen), 
ein  Weihnachtabendsspiel.  Zwei  Männer  mit  einem  aus  Stroch  geflochtenen 
Plumpsack  verseben  treten  gegen  einander,  der  eine  fragt  «kus  pa££?» 
(wo  ist  der  Pass),  Antwort  «paää  perses»  (der  Pass  ist  im  Hinteren), 
darauf  der  erste  wieder  «näita  wälja»  (zeig  ihn  vor),  der  andere  bebt 
ein  Bein  in  die  Höhe  und  bekommt  einen  Schlag  mit  dem  Plumpsack,  und 
so  abwechselnd  Schlag  um  Schlag;  man  bezeichnet  mit  demselben  Namen 
auch  das  folgende.  —  King-sepa-mäng  (das  Schusterspiel).  Drei 
Plumpsäcke  aus  Stroh  werden  an  dem  einen  Ende  zusammen  gebunden 
mit  kleinen  krummen  Strohzöpfchen,  plbnd  (Pfeifen)  genannt,  unter  der 
Binde,  und  hingestellt  als  «king-sepp»,  dann  stellen  sich  zwei  Knaben  mit 


—  303  — 

dem  Bücken  gegen  einander  gekehrt  zur  Seite  mit  einem  fadeniangen 
Stocke,  welcher  ihnen  zwischen  den  Beinen  durch  geht,  und  halten  ein 
Zwiegespräch:  A.  tere  tere,  king-sepp,  kas  kingi  malle  teed?  (gu- 
ten Tag,  Schuster,  wirst  du  mir  Schuhe  machen)  —  B.  ei  tee  (ich  werde 
nicht  machen)  —  A.  kui  mitte  ei  tee,  sls  pistan  sinu  silma  peast 
wälja  (wenn  du  nicht  machst,  so  steche  ich  dein  Auge  aus)  —  B.  pista, 
kui  oskad  (stich,  wenn  du  triffst).  Darauf  stosst  der  Erste  rückwärts  mit 
seinem  Stocke  nach  dem  kihg-sepp,  der  Andere  sucht  eben  so  den  Stock 
des  Ersten  seitwärts  zu  lenken,  bis  es  jenem  zum  grossen  Jubel  der  Um- 
siehenden doch  gelingt.  —  Noch  ein  Spiel  am  Weibnachtabend  ist  re- 
base-mäng  (Fuchsspiel).  Mit  Nässen,  Bohnen  oder  Erbsen  wird  auf 
dem  Tisch  die  Gestalt  eines  Fuchses  fingirt,  dann  deutet  Einer  der  Um- 
stehenden auf  die  einzel-  k  k  nen ,  vom  Kopf  (p)  bis 
zor  Schwanzspitze  (o)  fort  k|k  k|k  schreitend,  und  ein  unter 
dem  Tische  Befindlicher        P     *       ■     <>        muss  die  Theile  nennen, 

pkkkssshhho 

l)P«a,  pea>pea(Kopf),  p  B  8  0  2)  kael,  kael,  ka$l 
(Hals),    3)  links  saps,  ksk  ksk  saps,  saps  (Bein),   4) 

kapp ,     kapp ,     kapp  k      k  (Pfote),  5)  rechts  saps, 

saps,  saps,  6)  kftpp,  kapp,  kapp,  7)  selg,  seljg,  seTg  (Rücken),  8) 
links  saps  etc.,  9)  kapp  etc.,  10)  rechts  sapp  etc.,  11)  kapp  etc., 
12)  band,  händ,  hSnd  (Schwanz),  13)  hänna  otsa-klump  (Endbü- 
schel des  Schwanzes);  wenn  er,  ohne  irre  zu  werden,  Alles  richtig  be- 
nannt hat,  so  bekommt  er  das,  woraus  der  «rebane»  gebildet  war. 

Mannichfaltig  sind  bei  der  Jugend  Spiele  mit  Gesängen.  Ausser  den 
von  Neus  schon  publicirten  (Ehstn.  Volksl.  S.  383  und  417)  kenne  ich 
noch  folgende  von  den  Inseln  her  mitgetheilte. 

1)  Eines  sitzt  in  der  Mitte,  die  Anderen  geben  um  dasselbe  herum,  und 
jedes  Mal,  wenn  ihr  Lied  zu  Ende  ist,  giebt  Eines  dem  in  der  Mitte  Sitzen- 
den ein  Pfand ;  haben  Alle  auf  diese  Weise  ihr  Pfand  abgegeben,  so  wer- 
den die  Pfänder  ausgelöst.  Sin  od  meie  kaningas,  —  Meje  kuning 
Pät>elon ,  —  Kuning  kulda-kröniga.  —  Miks  sa  's  tulnud  mullu 
meile,  —  Ehk  kft  tulnud  tu  na- mullu?  —  Mullu  meil  olid  mus- 
tad  rünad,  —  Tuna- mullu  tumed  lepud,  —  Seaste  meil  sini- 
hariid.  —  Nfld  sina  tuled  kewadizel,  —  Kewadizel  kehwal  ajal, 


—  304  — 

—  Nfid  sina  rizud  nded  seQast,  —  Katked  kaela  kudruksefd.  — 
Kelle  kord  on  pariti  anda,  —  Seile  kord  on  süd  anda  (Hier  ist  un- 
ser  König,  unser  König  Pabelon,  der  König  mit  goldener  Krone.  Warum 
bist  du  nicht  im  vorigen  Jahre  gekommen ,  oder  auch  im  vorvorigen?  Im 
vorigen  Jahre  hatten  wir  schwarze  Wallache,  im  vorvorigen  dunkle  Füchse, 
in  diesem  haben  wir  blaugraue.  Jetzt  kommst  du  zur  frühjahrlichen ,  zur 
ärmlichen  frübjabrlichen  Zeit,  nun  raubst  du  uns  die  Kleider  vom  Leibe, 
reisst  die  Halsperlen  ab.  Wessen  Reihe  ist  ein  Pfand  zu  geben ,  dessen 
Reihe  ist  es  einen  Kuss  zu  geben). 

2)  Das  Ringspiel  ist  wie  bei  den  Deutschen,  man  singt  dazu:  Sör- 
mus  peab  ümber.käima  —  Übe  käest  teize  kätte,  —  So  on  hea, 
so  on  kena ,  —  Seda  ej  pea  sa  mitte  leidma  (der  Ring  muss  herum 
gehen  aus  der  Hand  des  Einen  in  die  Hand  des  Anderen»  das  ist  gut,  das 
ist  schön,  den  sollst  du  nicht  finden). 

3)  Küle  sina  kulda-kukke,  poizikene,  —  Eks  sina  tulnud 
mullu  mgjle,  —  Ehk  kä  tulnud  tuna-mullu,  —  Kui  nöd  jöed  ölut 
jöksid,  —  Wlna  hatTikad  arudes,  —  Mitn  aru  möizades?  —  Nfid 
sina  tuled  kewadizel  —  Kewadizel  kehwal  ajal,  —  Rizud  rfde 
ehtekezed,  —  Katked  kaela  kudruksed  (höre,  du  Goldhahn  9  Bürsch- 
.chen,  warum  kamst  du  nicht  im  vorigen  Jahre  zu  uns,  oder  auch  im  vor- 
vorigen ,  als  die  Bäche  von  Bier  flössen ,  auf  den  Wiesen  die  Quellen  von 
Branntwein,  viele  Wiesen  auf  den  Gütern?  Nun  kommst  du  zur  frühjahr- 
lichen, zur  frühjahrlicben  ärmlichen  Zeit,  raubst  den  Schmuck  des  Kleides, 
reisst  die  Halsperlen  ab).  Die  Spielenden  sitzen  im  Kreise,  Eines  singt 
diess,  und  bei  jedem  Worte  zeigt  es  auf  Einen,  und  auf  wen  das  letzte 
Wort  fällt,  der  muss  ein  Pfand  geben. 

4)  Ma  käizin  reizi  reizimas.  —  Ai  rode  rilla  rahwas !  —  Sis 
tuli  wastu  trahter  muH',  —  Üks  nejtsit  istus  töli  peal,  —  Tall 
sukru-wlna  kläi  oli  käes.  —  Mis  maksab  sukru-wlna  kläz?  — 
Wl£  kopik'  sukru-wlna  kläi  —  Sis  kalla  raulle  wäQa  ezimene 
kläi,  —  So  annan  oma  izale; —  Sis  kalla  raulle  wäTja  teine  kläi, 

—  So  annan  oma  emale;  —  Sis  kalla  raulle  wäfja  kolmas  kläi,  — 
Se  annan  oma  Öele  (wennale);  —  Sis  kalla  mulle  wälja  neljas 
kläi,  —  Se  annan  oma  söbrale;  —  Sis  kalla  malle  w&fja  wies 


—  305  — 

kläz,  —  So  annan  oma  prüdile  (peiule);  —  Sls  kalla  malle  wftfja 

kües  klftg,  —  So  wältan  ize  oraale  (ich  machte  eine  Reise ,  da 

kam  mir  eine  Schenke  entgegen,  eine  Jungfrau  sass  auf  einem  Stuhl ,  sie 
hatte  in  der  Hand  ein  Glas  Zuckerbranntwein.  Was  kostet"  das  Glas  Zucker- 
branntwein? Fünf  Kopeken  das  Glas  Zuckerbranntwein.  Dann  schenke 
mir  ein  das  erste  Glas,  das  gebe  ich  meinem  Vater,  u.  s.  w.  das  zweite 
Glas . .  meiner  Mutter . .  das  dritte  meiner  Schwester  (meinem  Bruder) . . 
das  vierte  . .  meinem  Freunde  . .  das  fünfte  meiner  Braut  (meinem  Bräuti- 
gam) . .  das  sechste  . .  damit  behelfe  ich  mich  selbst).  Eine  sitzt  im  Kreise 
mit  einem  Branntweinsglase  in  der  Hand,  die  Anderen  singen  dieses  Lied. 

5)  Wät'  sin  ned  kefinid  istuwad,  —  Seal  teine  teize  töli  peal, 

—  Nad  kätt  ja  südant  annawad,  —  Ja  lugtist  r5mu  tunnewad.  — 
Andkem  süd,  andkem  süd  —  Südamest  ja  melest  kä  (sieh  hier 
sitzen  die  Schelme,  dort  Einer  auf  des  Anderen  Stuhl,  sie  geben  Hand  und 
Herz,  und  empfinden  Freude  und  Lust.  Wollen  wir  küssen  von  Herzen 
und  Sinnen). 

6)  Viele  bilden,  sich  an  den  Händen  haltend,  einen  Kreis  und  singen: 
meie  tantsime  rinki  ja  rinki,  —  Küla  neidu  on  keskel  ja  keskel 
(wir  tanzen  im  Kreise  und  im  Kreise,  das  fremde  Mädchen  steht  in  der 
Mitte  und  in  der  Mitte).  Eine  in  der  Mitte  Stehende  nimmt  Eine  aus  dem 
Kreise  zum  Tanzen  auf,  tanzt  aber  mit  einer  Anderen,  und  geht  dann  hin- 
aus, worauf  die  zuerst  Aufgeforderte  es  eben  so  macht,  und  so  fort. 

7)  Oh  mina  waene  wSral  mal,  —  Wöral  mal,  —  Sure,  raske 
risti  all,  —  Riäti  all,  —  Sin  tulin  seftsi  oteima,  —  Otsima,  — 
Annas  söbr,  tule  sa,  —  Tule  sa,  —  Sa  mulle  seftsiks  olema,  — 
Olema ,  —  Sest  sin  ennast  alandan ,  —  Alandan ,  —  Sinu  ette 
pölweli,  —  Pölweli,  —  Kätt  sull'  annan  köwaste,  —  Köwaste, 

—  Sud  suir  annan  südamest,  —  Oh  ma  palnn,  oh  ma  palun,  — 
Ära  jäta  maha  mind!  —  Ei  mina  j&ta,  ei  mina  jäta,  —  Ei  mina 
jäta  maha  sind  (o  ich  Armer  im  fremden  Lande,  unter  grossem,  schwe- 
rem Kreuz,  hi$r  kam  ich  einen  Gefährten  mir  suchen,  lieber  Freund,  komm 
du,  du  mir  als  Gefahrte ,  darum  demfithige  ich  mich  hier  vor  dir  auf  den 
Knien,  gebe  die  Hand  dir  festiglich  und  einen  Kuss  von  Herzen,  o  ich 
bitte,  verlass  mich  nicht.  Ich  werde  dich,  ich  werde  dich  nicht  verlassen). 

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r»      -» 


—  306  — 

8)  Meie  taütsime  rinki  ja  rinki ,  —  Küla  nejdu  on  keskel  ja 
keskel.  —  Aland-alandagem  nejdu  ja  nejdu,  —  Sa  iza  on  ju  sur- 
nud,  —  Aland-alandagem  neidu  ja  neidu,  —  Sinn  ema  on  ja 
surnud,  —  A.-a.  n.  j.  n.,  —  Sinn  wend  on  ju  surnud,  —  A.-a. 
n.  j.  n., —  Sinu  öde  on  ju  suraud,  —  A.-a.  n.  j.  n., —  Sinu  pqeg 
on  ju  surnud.  —  Meie  taätsime  rinki  ja  rinki, . —  Küla  neidu 
on  keskel  ja  keskel.  —  Ülen-ülendagem  neidu  ja  neidu,  —  Sinu 
iza  on  ju  hinnes  etc.  etc.  (wir  tauen  im  Kreise,  das  fremde  Mädchen 
ist  in  der  Mitte.  Wollen  wir  das  Midchen  demüthigen,  dein  Vater  ist  schon 
gestorben ,  u;  s.  w.  . . .  deine  Matter  . . .  dein  Broder  . . .  deine  Schwe- 
ster . . .  dein  Sohn . . .  Wir  tanzen  im  Kreise ,  das  fremde  Mädchen  ist  in 
der  Mitte.  Wollen  wir  das  Mädchen  erheben,  dein  Vater  ist  schon  lebend 
etc.  etc.).  Um  eine  in  der  Mitte  Stehende ,  welche  mit  einem  weissen 
Tuche  bedeckt  ist,  bewegen  sich  dieüebrigen  im  Kreise;  jedes  Mal,  wenn 
«alandagem»  gesungen  wird,  bückt  sie  sich  immer  mehr,  bis  sie  zuletzt 
ganz  an  der  Erde  ist,  und  wird  dann  wieder  «ülendagem»  gesungen,  so 
erhebt  sie  sich  eben  so  allmählich  wieder.  Ist  das  Lied  zu  Ende  gesungen, 
so  deckt  sie  das  Tuch  über  eine  Andere,  mit  welcher  sich  das  Nämliche 
wiederholt. 

9)  ROzi-fttses  (die  Rose).  Sin  on  ätses,  kena  fttses,  —  Kena 
ätses,  rözi-ätses,  —  Sehest  siru-wiruline,  —  Pealt  kulla-karwa- 
Hne,  —  Wabelt  waze-warreline.  —  Sin  ep  ole  mullu  mulku  j&e- 
tud,  —  Tuna-mullu  tuter-mulku,  —  Mina  tahan  sla  raulgu  jfitta, 
—  Mulgu  jfitta,  apgu  wötta  (hier  ist  eine  Blume,  eine  schone  Blume, 
eine  schone  Blume,  eine  Rose,  innen  streifig,  aussen  goldfarbig,  dazwischen 
kupferstengelig.  Hier  ist  im  vorigen  Jahre  kein  Loch  gelassen ,  im  vorvo- 
rigen kein  ...  (?)  Loch,  ich  will  ein  Loch  hier  lassen,  ein  Loch  lassen, 
ein  Loch  nehmen).  Die  Spielenden  stehen  im  Kreise  um  eine  in  der  MiUe 
auf  einem  Stuhl  Sitzende,  welche  von  einer  Anderen  fest  gehalten  wird, 
und  zwei  gehen  herum  und  singen.  Jedes  Mal,  wenn  das  Lied  aus  ist, 
nehmen  sie  Eine  aus  dem  Kreise  heraus,  und  die  geht  hinter  ihnen  her, 
bis  endlich  Alle  aus  dem  Kreise  genommen  sind,  dann  gehen  Alle  die 
Rose,  d.  h.  die  in  der  Mitte  Sitzende,  auszureissen. 

10)  Die  Spielenden  bilden,  sich  an  den  Händen  fassend,  einen  Kreis 


—  307  — 

und  singen:  Hirou,  hirnu,  hlre-haffi,  —  Katsu  aeda,  kas  säd 
w&fja;  —  Kiri  säd  walja,  sls  säd  kaern,  —  Kui  jäd  sisse,  sls  jäd 
n&lga  (wiehere,  wiehere,  Mausfarbener,  probire  den  Zaun ,  ob  du  heraus 
kommst;  wenn  du  heraus  kommst,  bekommst  du  Hafer,  wenn  du  drinnen 
bleibst,  bleibst  du  hungrig).  Ein  Spieler  ist  in  der  Mitte  und  versucht 
"durch  den  Kreis  zu  springen;  gelingt  ihm  das,  so  muss  derjenige,  dessen 
rechte  Hand  los  gelassen  hat,  an  seine  Stelle  treten. 


YUI.  Gebräuche  bei  Vorkommnissen  des 

Familienlebens. 

Bei  der  Geburt  eines  Kindes  hatte  früher  noch  mehr  als  jetzt  die 
Mutter  zu  leiden  unter  der  unverständigen  und  rohen  Behandlung  der  hel- 
fenden Weiber.  Sie  wurde  bei  schweren  Geburten  geschüttelt  und  gerüt- 
telt, unter  den  Armen  aufgehängt,  man  Hess  sie  Purzelbaume  schlagen 
u.  d.  gl. 

Bei  der  Geburt  legt  die  Hebamme  etwas  Grütze  und  Hopfen  in  ein 
Gefass  mit  Wasser  und  besprengt  damit  die  Anwesenden.  Während  das 
Neugeborene  gebadet  wird ,  muss  Salz  auf  den  Ofen  geworfen  sein ,  sonst 
bekommt  das  Kind  Ausschlag.  Das  Badewasser,  in  welehes  Einige  einen 
Gegenstand  von  Silber  legen,  darf  keinem  Thiere  zugänglich  gemacht  wer- 
den; es  wird  im  Zimmer  unten  an  den  Wänden  umher  gespritzt,  das  übrige 
giesst  man  heimlich  fort  an  eine  Stelle,  wo  «der  Wind  nicht  darüber  geht». 
Einige  werfen  es ,  wenn  das  Kind  ein  Knabe  ist ,  in  die  Höhe ,  damit  er 
gross  werde,  wenn  ein  Mädchen,  breit  aus  einander,  damit  es  viele  Freier 
bekomme,  oder  gegen  die  Sonne  auf  das  Dacb,  damit  es  gerühmt  und  jung 
verheiratbet  werde.  Andere  sprengen  davon  vor  dem  Weggiessen  auf  die 
Fenster,  damit  nicht  Dämmerschein  und  Mondlicht  dem  Kinde  schade. 
Nach  dem  Waschen  muss  ein  Vaterunser  gebetet  und  ein  Kreuz  geschlagen 
werden  gegen  Nachstellung  des  Teufels.  Die  Wöchnerin  muss  schwarze 
Kleider  tragen,  damit  ihr  der  böse  Blick  nicht  schade.  Die  Frauen?  welche 
ihr  einen  Wochenbesuch  machen,  bringen  ihr  einen  Brei  mit,  worauf  vier 
gekochte  Eier  umher  gelegt  sind  mit  einem  fünften  in  der  Mitte,  auch  Geld, 


—  308  — 

«hamba-raha»  (Zahngeld);  das  Letzte  Üron  auch  die  Taufgäste.  So  lange 
ein  Kind  ungetauft  ist,  darf  man  es  nicht  allein  lassen,  und  es  muss  ein 
Licht  Sei  ihm  brennen,  «riäti-tuluke»  (Kreuzfeuer),  sonst  kommt  der  Böse 
und  vertauscht  es  mit  einem  Kinde  von  Erlenholz.  Die  Mutter  hält  es  eben 
deshalb  auch  so  viel  wie  möglich  im  Arm  nnd  bekreuzigt  es. 

Findet  die  Taufe  zu  Hause  Statt,  so  muss^der  Vater  das  Wasser 
bringen ,  er  darf  aber  nichts  davon  verschütten ,  damit  der  Täufling  nicht 
vomire.  Gewöhnlich  aber  ist  die  Taufe  in  der  Kirche,  und  kann  die  Mutter 
selbst  nicht  dabei  sein,  so  nimmt  ein  anderes  säugendes  Weib  das  Kind 
an  ihre  Brust  und  fahrt  oder  reitet  damit  zur  Kirche.  Dort  werden  dem 
Kinde  die  Hände  aus  den  Wickeln  los  gemacht,  es  wird  in  die  Höhe  ge- 
hoben und  gehätschelt,  damit  es  zur  Arbeit  kräftig  werde.  Man  giebt  ihm 
in  der  Mutze  oder  in  den  Strumpfen  oder  in  dem  Wickeltuche  Schwefel 
oder  Asa  foetida  mit  oder  räuchert  es  damit,  gegen  Verzauberung  und  böse 
Geister,  man  steckt  ihm  eine  Brotrinde  in  den  Busen,  nimmt  auch,  wenn 
es  gerade  Sonntag  ist,  Brot  mit  für  die  Kirchenbettler,  damit  es  dorn  Täuf- 
ling später  im  Leben  nicht  an  Brot  fehle.  Die  Mutter  giebt  nach  der  Taufe 
dem  Kinde  etwas  davon,  damit  es  klug  werde.  Wenn  man  von  der  Taufe 
nach  Hause  kommt,  so  müssen  die  Gevatter  schnell  die  Röcke  ausziehen, 
auch  umher  tanzen  und  singen,  dann  wird  das  Kind  munter  und  behend 
sein.  Sie  bringen  den  Eltern  den  Grass  «jumal  sätis  pafju  terwist  ja 
kftäkis  Japse  ilusaste  üles  kaswatada  iza  ema  römuks  ja  süre  ju- 
mala  auuks»  (Gott  lässt  vielmals  grüssen  und  befiehlt  das  Kind  gut  zu  er- 
ziehen den  Eltern  zur  Freude  und  dem  grossen  Gotte  zur  Ehre),  worauf 
sie  etwas  Brot  mit  Salz  bekommen.  Ist  das  Kind  ein  Mädchen ,  so  wird 
nur  ein  Schooss  voll  Holz  in  den  Ofen  gelegt,  und  man  wirft  Strumpfe, 
Handschuhe  u.  a.  auf  den  Ofen,  damit  es  flink  und  arbeitsam  werde. 

Den  Tag  nach  der  Taufe  gehen  Alle  in  die  Badstube ,  und  die  Tauf- 
mutter oder  die  Hebamme  giebt  bei  dieser  Gelegenheit  dem  Vater  tüchtig 
Ruthen  für  die  Schmerzen,  welche  er  der  Gebärenden  veranlasst  hatte. 
Alle  müssen  sich  beim  Baden  den  Kopf  tüchtig  nass  machen,  das  benimmt 
dem  (finde  die  Thränen.  Als  Namen  giebt  man  dem  Kinde  gern  den  des 
nächst  folgenden  «täht-p&ew»  (bedeutungsvoller  Tag,  vgl.  XI),  damit  es 
langmfitbig  wird,  und  man  den  Geburtstag  besser  behält.  Dem  ersten  Sohne 


—  309  — 

giebt  man  den  Namen  des  Grossvaters,  damit  er  sich  seines  Vorfahre  er- 
innere ond  ihn  ehre.  Die  erste  Tochter  ist  nejtsi-laps  (Jungfernkind),  die 
letzte. tuha-kott  (Aschensack),  so  wie  der  letzte  Sohn  tädi  tuha-kott 
(des  Vaters  Aschensack).  Diese  letzten  Kinder  bekommen  den  Namen  der 
Mutter  resp.  des  Vaters,  und  sollte  nachher  noch  ein  Kind  geboren  werden, 
so  ist  das  wlmne  tuha-kotf  (der  letzte  Aschensack). 

Wenn  es  zum  Sterben  geht  mit  einem  Kranken,  so  legt  man  ihn, 
um  den  Tod  zu  erleichtern,  neben  das  Bett  auf  Stroh,  dessen  Halme  der 
Lange  nach  liegen  müssen  (daher  pitkad  Öled ,  langes  Stroh) ,  mit  dem 
Kopfe  niedrig,  wäscht  ihm  den  Todesschweiss  mit  kaltem  Wasser  ab,  fegt 
den  Fnssboden,  streut  Blumen  darauf,  öffnet  die  Tbur,  damit  die  Seele 
ungehindert  hinausgehen  könne,  und  wartet  nun  den  Tod  ab.  Weht  draus- 
sen  ein  Wind,  wenn  drinnen  Jemand  verscheidet,  so  nennt  man  das  hinne- 
tüf  (Seelenwind).  Ist  im  Zimmer  ein  Spiegel,  so  wird  er  verhängt,  damit 
oicht  der  Tod  daraus  hersorschaue. 

So  lange  eine  Leiche  noch  nicht  beerdigt  ist ,  darf  im  ganzen  Dorfe 
Niemand  arbeiten,  daher  ruft  man  den  Tod  eines  Bewohners  desselben  so- 
gleich einander  zu  in  die  Häuser.  Ist  der  Todte  sehr  geliebt  worden,  so 
legt  man  ihm  Wolle  in  den  Sarg  und  bindet  um  das  Kopfende  einen  Faden 
kreuzweise.  Sonst  legt  man  in  den  Sarg  auch  noch,  wenn  ein  Mann  ge- 
storben ist,'  Branntwein,  ein  Beil,  das  Rasirmesser  und  anderes  Geräth, 
das  ein  Ueberlebender  doch  nicht  gebrauchen  durfte,  wenn  es  ein  Weib 
ist,  einen  Arm  voll  Späne,  eine  Nadel,  Zwirn  und  Lappen  zum  Ausbessern 
ihrer  Kleider  auf  dem  Wege,  beiden  Geschlechtern  ein  Kreuz  auf  die 
Brust  von  Strohhalmen  oder  Spänen,  Seife,  Kopf  bürste,  Badebesen,  etwas 
Geld  (walgast,  d.  h.  Weisses),  womit  man,  bevor  man  es  neben  die 
Leiche  legt,  einen  Kteis  um  Kopf  und  Hände  beschreibt,  auch  Speise 
(eiad)  und  Sachen,  die  dem  Verstorbenen  im  Leben  lieb  gewesen  sind. 
Man  zieht  ihm  das  Hemd  an ,  in  welchem  er  gestorben  ist ,  Eheleuten  das 
Hochzeitshemd ,  und  giebt  ihm  einen  angebrannt  gewesenen  Kienspan  in 
die  Hand,  damit  er  sehen  könne  durch  das  dunkle  Todesthal  zu  gehen. 
Die  Nadel ,  mit  welcher  das  Leichentuch  um  die  Leiche  zusammen  genäht 
ist,  bleibt  darin.  Wenn  der  Sarg  zugenagelt  wird,  so  schlägt  Jeder  noch 
em  Paar  Mal  auf  den  Nagel ,  und  wer  nicht  selbst  schlagen  kann  (wie 


—  310  — 

< 

Kinder),  dem  leitet  man  die  Hand  dazu.  Wenn  der  Sarg  zum  Hinausfahren 
auf  den  Wagen  gelegt  ist,  so  nimmt  man  zuletzt  noch  einen  Hahn  und  haut 
ihm  hinten  auf  dem  Wagenbrette  mit  einem  Beile  den  Kopf  ab ,  damit  der 
Todte  die  Naehbieibenden  io  Ruhe  lasse  und  nicht  wieder  zurück  komme; 
zu  demselben  Zwecke  giesst  man  auch  dem  abfahrenden  Wagen  einen 
Eimer  Wasser  nach,  oder  schiigt,  wenn  der  Sarg  hinaus  getragen  wird, 
einen  Nagel  in  die  Thürscb welle ,  was  zugleich  zur  Uebersicht  dient,  wie 
viel  Todte  aus  dem  Hause  getragen  sind.  Ist  der  Wagen  inYThor  gekom- 
men, so  wirft  man  mit  der  Kanne  Bier  oder  mit  einem  Glase  Branntwein 
unter  die  Räder,  damit  der  Gestorbene  nicht  in  jener  Welt  sich  auf  den 
Trunk  lege.  In  Allentaken  sass  die  Tochter  auf  dem  Sarge  des  Vaters  und 
rief:  warum  bist  du  gestorben?  hattest  du  nicht  alles  Nöthige,  Brot,  Fleisch, 
Erbsen  u.  s.  w.  —  Wenn  im  Winter  der  Leichenzug  einen  Richtweg  über 
einen  Acker  zu  nehmen  hat,  so  machen  die  Begleiter  lieber  den  Umweg 
auf  der  verschneiten  Landstrasse,  sonst  konnte  das  Getreide  grossen  Scha- 
den leiden.  Vor  dem  Wegführen  der  Leiche  darf  man  nicht  die  Stube 
fegen,  Wäsche  waschen  oder  die  Badstube  heizen ;  nachher  stellt  man  eine 
kleine  Pichte  neben  die  Hausthur.  Das  Stroh,  worauf  Einer  verschieden 
ist,  und  die  Bretter,  auf  welchen  die  Leiche  gelegen  hat,  müssen  sogleich 
nach  dem  Fortbringen  des  Sarges  hinaus  getragen  und  auf  dem  Wege, 
den  der  Leichenzug  eingeschlagen  hat,  verbrannt  werden,  sonst  stirbt  bald 
wieder  Jemand  im  Hause.  —  An  einigen  Orten  bat  man  auch  anf  das 
Grab  Gaben  für  den  Verstorbenen  nieder  gelegt,  Flaschen  mit  Branntwein, 
Kopf  bärsten,  Blumen  u.  a.  Das  auf  dem  Grabe  errichtete  Kreuz  wird  mit 
bunten  Fäden  bewickelt.  In  das  Trauerhau  szuruck  gekehrt,  schwingen  die 
Begleiter  der  Leiche  die  auf  dem  Rückwege  abgeschnittenen  Zweige  und 
rufen  den  Hausgenossen  zu :  sterbet  nicht,  es  ist  auf  dem  Gottesacker  kein 
Raum  für  euch!  — 

Freierei  und  Hochzeit  sind  wohl  von  allen  Begebenheiten  im  häus- 
lichen Leben  der  Ehsten  diejenigen ,  welche  am  wenigsten  von  dem  alten 
dabei  beobachteten  Ceremonial  eingebüsst  haben,  und  verhältnissmäasig  am 
meisten  scheint  sich  davon  auf  den  Inseln  erhalten  zu  haben ,  von  wo  ich 
auch  die  vollständigsten  und  ausführlichsten  Schilderungen  habe,  und  viel- 
leicht noch  sonst  in  den  von  Städten  abgelegenen  Gegenden.  Die  Gebrauche 


—  311  — 

dabei  sind  nicht  fiberall  dieselben»  und  was  ich  hier  gebe,  umfasst  beson- 
ders das  auf  den  Inseln  und  an  der  gegenüber  liegenden  Küste  Gebräuch- 
liche, und  man  mag  damit  die  Schilderungen  Anderer  vergleichen,  auf 
welche  in  den  cEhstniscben  Volksliedern»  von  H.  Neus  S.  272  hinge- 
wiesen ist,  namentlich  die  ausführliche  Beschreibung  der  Hochzeitsge- 
bräuche im  Inneren  von  Ehsüand  (Wierland)  von  Dr.  F.  Kreutzwald  im 
«blande»  1852.  Den  von  Neus  genannten  Schriften  können  noch  hinzugefugt 
werden  Dr.  J.  W.  L.  von  Luce  «Wahrheit  und  Muthmassnng,  Beytrag  zur 
ältesten  Geschichte  der  Insel  Oesel»,  A.  W.  Hupel  «Topographische  Nach- 
richten von  Lief-  und  Ehstland»  Bd.  II,  J.  H.  Rosenplänter  «Beiträge  zur 
genaueren  Kenntniss  der  ehstnischen  Sprache»  Heft  XI,  Holzmayer  «Osi- 
liana»  (Bd.  VII  Heft  2  der  Verhh.  der  gel.  estn.  Gesellschaft  in  J)orpat). 
Im  Alterthum  wurden  die  Mädchen  geraubt,  und  auf  der  Insel  Mohn 
wird  noch  jetzt  jährlich  ein  «tömbamize  aeg»  (Entfuhrungszeit)  mit  Trin- 
ken gefeiert.  Konnten  die  auf  das  Geschrei  der  Geraubten  Nachsetzenden 
sie  nicht  befreien,  so  blieb  sie  die  Nacht  mit  dem  Räuber  zusammen  und 
durfte  am  anderen  Morgen  entscheiden,  ob  sie  definitiv  bei  ihm  zu  bleiben, 
oder  in  das  Elternhaus  zurück  zu  kehren  vorzog. 

Auch  gegenwärtig  geschieht  die  Freierei  im  Dunkeln,  «damit  es  Nie- 
mand merke»,  meist  zur  Zeit  des  Neumondes,  an  einem  Dienstag,  Donners- 
tag oder  Sonnabend.  Ist  der  Antrag  des  Brautwerbers  (nina-mös)  ge- ' 
nehm,  so  zündet  der  Hausvater  einen  Kienspan  an,  weckt  das  Gesinde  und 
mit  die  Umworbene ,  welche  einige  Mal  vor  dem  Brautwerber  auf  und  ab 
zu  gehen  sucht,  um  damit  das  Hausregiment  zu  erlangen.  Bald  nachher1) 
erscheint  er  an  einem  eben  solchen  Tage  ebenfalls  am  Abend  wieder  in 
Begleitung  des  Bräutigams,  mit  einer  Branntweinsflasche  und  Weissbrot. 
Er  muss  irgend  eine  Geschichte  erdichten  und  seinen  Antrag  in  verblüm- 
ter Weise  vorbringen,  als  käme  er  um  eine  verlorene  Kuh  zu  suchen  u.  d. 
gl.  Man  nimmt  ^e  höflich  auf,  deckt  den  Tisch  und  die  beiden  Ankömm- 
linge schicken  sich  an  mit  dem  Branntwein  zu  bewirthen;  die  Annahme 
bedeutet  das  Jawort.  Der  Bräutigam  lässt  der  Braut  Geld  zum  Pfände, 
und  sie  giebt  ihm  eine  Schurze  und  ein  Tuch,  womit  das  Geschäft  abge- 
flossen ist.  Am  nächsten  Sonntag  wird  der  Kirchgang  gehalten.  Die 
j     —  i 

1)  Zum  Theil  beginnt  die  Freierei  auch  mit  diesem  «weiten  Act 


—  312  — 

Braut  sitzt  mit  dem  Begleiter  des  Bräutigams  (iza-mös,  säe,  saja-wa- 
nem  c Bräutigamsvater »)  in  dem  einen  Wagen,  der  Bräutigam    mit  der 
Begleiterin  (körwane)  der  Braut  in  dem  zweiten,  der  Bruder  der  Braut 
(oder  dessen  Stellvertreter,  wenn  sie  keinen  hat)  beschliesst  den  Zug  zu 
Wagen  oder  zu  Pferde;  auf  der  Ruckfahrt  sitzen  Braut  und  Bräutigam  zu- 
sammen.   Früher  waren  alle  diese  Personen  beritten.    Einige  nehmen  eia 
Brot  mit  für  die  Kirchenbettler,  Andere  etwas  Brotkrume,  Schwefel   und 
Asa  foetida  gegen  Verhexung.  Alle  haben  Handschuhe  an,  und  beim  Wech- 
seln der  Ringe  werden  auch  die  Handschuhe  gewechselt.  Vor  der  Abfahrt 
verabschiedet  sich  die  Braut  von  ihren  Eltern,  und  es  werden  einige  Verse 
gesungen.    Bei  der  Rückkunft  wünscht  man  den  Zurückgebliebenen  von 
Seiten  des  Gotteswortes  gute  Gesundheit ,  die  Braut  schenkt  dem  «  Bräoti-  ' 
gamsvater»  ein  Paar  Handschuhe,  und  dann  wird  bis  zum  Abend  fröhlich 
geschmaust,  wobei  in  der  Regel  eine  Biersuppe  nicht  fehlen  darf.     Davon 
nimmt  zuerst  der  Bräutigam  einen  Löffel  voll ,  dann  eben  so  die  Braut  mit 
demselben  Löffel,  worauf  sie  ihn  zu  Boden  wirft,  und  der  Bräutigam  mit 
dem  Fusse  darauf  tritt;  zerbricht  der  Löffel  nicht,  so  ist  das  eine  Vorbe- 
deutung davon,  dass  die  Ehe  nur  kurze  Zeit  dauern  wird.  Gegen  die  Nacbt 
beschenkt  der  Bräutigam  die  künftige  Schwiegermutter  und  begiebt  sich 
nach  Hause ,  oder  er  bleibt  auch  wohl  zur  Nacht  mit  der  Braut  auf  dem 
Bodenraum  des  Hauses  und  geht  erst  am  Morgen  fort,  mit  eben  so  viel 
Brot  beschenkt,  wie  er  mitgebracht  hatte. 

Die  Verlobungen  sind  gewöhnlich  im  Frühjahr,  die  Hochzeiten  erst  im 
Herbst  darauf.  Zur  Erntezeit  holt  der  Bräutigam  die  Braut  auf  dem  Pferde 
hinter  sich  für  einige  Tage  in  sein  Haus  ab,  damit  sie  ihm  bei  der  Ernte 
helfe,  und  er  beobachten  kopne,  ob  sie  eine  tüchtige  Arbeiterin  ist.  In  der 
Zwischenzeit  zvnschen  Verlobung  und  Hochzeit  bringt  er  ihr  auch  ein  Pfund 
zum  Schnupfen  zerriebenen  und  einige  Pfund  zum  Rauchen  zerschnittenen 
Tabak.  Die  Braut  macht  sich  dazu  ein  verziertes  Hörn  für  den  Schnupf- 
tabak und  einen  hübschen  Tabaksbeutel ,  um  damit  in  den  Dörfern  umher 
zu  gehen  und  sich  gezupfte  Wolle  zu  erbetteln 1).  Sie  sucht  sich  dazu  eine 


1)  Einige  kommen  auf  dieser  Wanderung  von  der  Insel  Mohn  wohl  auch 
bis  nach  Dago. 


—  313  — 

vod  dem  Bräutigam  bezahlte  Gesellschafterin  (kaza-naene,  ©l-käjja),  und 
während  sie  selbst  immer  schweigend  emsig  strickt,  wendet  ihre  Begleite- 
rin alle  Schmeichel-  und  Redekünste  an,  um  die  Leute  zum  Geben  zu  be- 
wegen, auch  wohl  mit  Gewalt  von  ihrem  Tabak  in  die  Nasen  und  Pfeifen 
stopfend.  Auf  dem  Festlande  ist  statt  des  Tabaks  Branntwein  gebräuchlich' 
oder  der  kozija-kakk  (Freierskuchen).  Sie  führt  einen  Sack  mit  sich 
für  die  Wolle  und  andere  Geschenke  (Flachs,  Zeug,  Strumpfbänder,  Hand- 
schuhe) ,  und  die  künftige  Schwiegermutter  schenkt  der  Braut  wohl  auch 
noch  ein  Pfund  blaues  Wollengarn.  Zuletzt,  im  Herbst,  kaufen  Braut  und 
Bräutigam  gemeinschaftlich  den  Brautstaat  ein.  Von  der  erbettelten  Wolle 
wird  eine  Decke  gewebt  und  strickt  die  Braut  die  Geschenke,  weiche  sie 
auf  der  Hochzeit  an  die  Gäste  von  Seiten  des  Bräutigams  vertheilt.  Das 
Bett  muss  der  Bräutigam  mit  seinem  Vater  beschaffen  und  zwar  ein  recht 
starkes,  damit  es  nicht  zerbricht  bei  der  Probe,  welche  der  Bruder  4er 
Braut  damit  macht. 

Nachdem  die  vorhandenen  Brautpaare  bei  dem  Prediger  noch  ein  Exa- 
men im  Lesen  und  im  Katechismus  bestanden  haben,  werden  sie  an  einem 
Sonntage  in  der  Kirche  getraut,  die  Hochzeit  im  Hause  ist  bisweilen  erst 
mehr  oder  weniger  Tage  später,  die  Gäste  dazu  müssen  aber  schon  vor 
dem  ersten  Aufgebot  geladen  werden,  besonders  die  Brautjungfer,  welche 
der  Braut  beim  Stricken  der  Geschenke  behülflich  ist.  Beim  Brauen  des 
Hochzeitbieres  wird  mancherlei  beobachtet.  Wenn  der  Hopfen  in  den  Kes- 
sel gelegt  wird,  ruft  der  Hausvater  «Qjtsa  qeh!»  (heisa  he),  damit  das 
Bier  stark  werde,  und  die  dabei  Beschäftigten  haben  rothe  Handschuhe  an. 
Wird  das  Gekochte  in  den  Bottich  gegossen,  so  legt  man  drei  glühende 
Kohlen  auf  den  Boden  gegen  Heierei,  und  Niemand  darf  dabei  sprechen, 
bis  das  Bier  gärt.  Kurz  vor  der  Hochzeit  wäscht  die  Braut  das  Hemd  des 
Bräutigams  in  dessen  Hause. 

Das  Hochzeitfest  beginnt  schon  in  der  Nacht  mit  dem  Abholen  der 
Braut  und  des  Brautkastens.  Dazu  geboren  folgende  Hauptpersonen  und 
Functionlre  von  Seiten  des  Bräutigams:  1)  dieser  selbst  (pejg-mös),  2) 
der  «Bräutigamsvatert  (saja-wanem,  säe,  iza-mSs),  3)  die  «Bräutigams- 
mutter»  (s&ja-na$ne),  4)  der  Marsehai  (pe}u-pg£),  5)  die  Brautjungfer 
(pmt-tüdruk,  kOrwane,  saja-nadu),  6)  der  Kastenfuhrer  (kirstu-mös) 


—  314  — 

und  7)  der  Spielmano  (piHi-mfts,  mftnni-mdfi).   Alle  Theilnehmer  an 
dem  Zage  werden  von  dem  Bräutigam  mit  Pissen  versehen  (Felktückchen 
u.  d.  gl.).    Etwa  eine  halbe  Werst  vor  dem  Gehöft,  wo  die  Braut  wohnt, 
machen  sie  Halt,  und  zwei  Berittene  mit  Degen  an  der  Seite  and  Bier- 
kannen in  der  Hand  gehen  als  Späher  voraus.    Sie  finden  Alles  verschlos- 
sen und  verbaricadirt,  man  jagt  sie  fort  und  schiesst  mit  Flinten  hinter 
ihnen  her.  Sie  kommen  aber  wieder,  und  das  dritte  Mal  lässt  man  sie  ein, 
worauf  dann  die  Uebrigen  folgen.  Auch  sie  finden  Anfangs  Widerstand, 
ihr  Schiessen  wird  von  dem  Vater  der  Braut  und  ihren  Gästen,  welche  die 
Festung  vertheidigen ,  erwiedert.  Da  die  Ueberrumpelung  somit  nicht 'ge- 
lungen ist,  so  legen  sich  jene  auf's  Bitten.    Sie  mochten  nur  eine  Kuh 
suchen  oder  sonst  etwas,  oder  bitten  als  Fremde  um  ein  Nachtlager.  Man 
entschuldigt  sich  mit  Mangel  an  Raum  und  sucht  sie  durch  allerlei  Kreuz- 
fragen zu  verwirren.    Nachdem  unter  mancherlei  Scherz-  und  verblümten 
Reden  der  grösste  Theil  der  Nacht  vergangen  ist,  erscheint  endlich  der 
Hausvater  mit  einer  grossen  Kanne  voll  Bier,  dem  «Pass».    Der  kirstu- 
mös  (Kastenföhrer) ,  welcher  die  Verhandlung  führte,  lässt  Alle  davon 
schmecken,  und  den  Rest  bekommen  die  Zuschauer.  Nun  ziehen  die  Frem- 
den ein,  die  Braut  begiebt  sich  auf  den  Hof  unter  die  zuschauenden  Mad- 
eben und  wird  unter  Wechselgesang  mit  diesen  von  der  saja-naene  (Brau* 
tigamsmntter)  hervor  geholt.  Die  beiden  mit  Degen  Bewaffneten  (s.  oben) 
stellen  sich ,  diese  kreuzend ,  an  die  Thür,  die  Braut  muss  drei  Mal  unter 
denselben  durchlaufen  und  sich  dann  verstecken,  während  die  saja-na$ne 
jedem  der  Zuschauenden  ein  Stuck  von  dem  Brautkuchen  abschneidet. 
Qie  in  ein  mit  Spangen  befestigtes  weisses  Betttuch  gehüllte  Brautjungfer 
wird  von  dem  «Bräutigamsvater»  an  den  Eingang  geführt  und  begiebt  sich 
zu  der  Braut.  Nach  dem  Morgenimbiss  fährt  man  zur  Trauung.  Die  saja- 
na^ne  steckt  der  Braut  heimlich  von  allen  Speisen  etwas  in  die  Tasche, 
und  auf  der  Rückkehr  aus  der  Kirche  isst  sie  davon  etwas  (leiba  ja  leiwa- 
kOrwast  Brot  and  Zubrot),  dann  wird  sie  während  der  Schwangerschaft 
nicht  von  Uebelkeit  geplagt  werden.  Beim  Hineingeben  in  die  Kirche  hal- 
ten sich  Alle  dicht  an  einander,  eben  so  Braut  und  Bräutigam  bei  der 
Trauung,  damit  nicht  der  Teufel  oder  bäse  Menschen  darwischen  kommen. 
Beide  müssen  vor  dem  Akare  zugleich  niederknien,  wer  es  früher  thot, 


315  — 

stirbt  eher,  eben  so  wer  nach  der  Trauung  zuerst  einschläft.  Wenn  wäh- 
rend der  Trauung  die  Braut  den  linken  Fuss  auf  den  rechten  des  Bräuti- 
gams oder  beim  Eintritt  in's  Haus  den  Fuss  zuerst  auf  die  Schwelle  setzen 
kann,  so  wird  sie  das  Hausregiment  fuhren.  Beim  Hinausgehen  aus  der 
Kirche  lässt  sie  ein  unter  der  Achsel  gehaltenes  Stück  Geld  fallen  gegen 
Zauberei  und  böses  Auge.  Sie  nimmt  auch  Brot  mit  in  die  Kirche,  ver- 
teilt es,  nimmt  den  Rest  nach  Hause  und  giebt  ihn  dem  Vieh,  damit  die 
Ehe  mit  Brot  gesegnet  sei  und  das  Vieh  gedeihe.  Mädchen,  welche  mit 
ihrem  Kleide  in  der  Kirche  an  das  der  Braut  streifen,  sollen  bald  selbst 
Bräute  werden.  Bei  der  Trauung  sucht  die  Braut,  während  sie  vor  dem 
Altare  knien,  den  Rockschooss  des  Bräutigams  unter  ihr  Knie  zu  bekom- 
men, damit,  wenn  sie  schwanger  wird,  die  Belästigung  dabei  auf  den 
Mann  falle.  Wenn  bei  dem  Ruckweg  durch  die  Kirche  Jemand  zwischen 
ihnen  hindurch  gebt,  so  werden  sie  uneinig  leben. 

Ist  die  Gesellschaft  aus  der  Kirche  zurück  gekehrt,  so  wird  wieder 
gegessen.  Bevor  man  sich  zu  Tische  setzt,  wird  gesungen,  und  die  saja- 
naene  bestreicht  ein  Stuck  Brot  mit  Butter,  giebt  jedem  der  beiden  Ver- 
mählten die  Hälfte  davon  und  fugt  dazu  einige  Ermahnungen  zum  einigen 
Zusammenleben.  Die  Neuvermählten  bekommen  auch  einen  gemeinschaft- 
lichen Napf  voll  Suppe  zum  Auslöffeln ,  und  wer  dabei  die  meisten  Löffel 
>oll  genommen  hat,  wird  den  Anderen  überleben.  Diejenigen ,  welche  ge- 
gessen haben,  räumen  ihren  Platz  den  später  Gekommenen  ein.  Etwas 
später  gegen  Abend  kommt  noch  die  Hauptmahlzeit,  bei  welcher  eine 
Fleischsuppe  mit  KlSsen,  Kartoffeln  und  Erbsen  die  Hauptspeise  bildet. 
Männer  und  Weiber  sitzen  an  verschiedenen  Tischen,  bei  den  Letzten  aber 
befindet  sich  auch  der  Marschal  der  Braut  (sadik,  Begleiter)  und  der 
Führer  des  Brautkastens.  Nach  dieser  zweiten  Mahlzeit  oder  auch  nach 
der  ersten  wird  der  Braut  die  Haube1)  aufgesetzt,  entweder  von  ihrer 
Matter  oder  von  ihrem  Marschal,  mit  den  Worten:  unusta  und  ja  mft- 
lesta  mütsi  (vergiss  den  Schlaf  und  denke  an  die*  Haube).  Vorher  wird 


1)  Die  Haube  oder  Mfitse  ist  das  Wahrseichen  der  Frau,  nur  Mädchen 
Sehen  mit  unbedecktem  Kopfe,  and  wenn  eines  schwanger  geworden  ist,  so  wird 
3hl  ebenfalls  die  Haube  aufgesetzt,  aber  von  unten,  bei  den  Frauen  geschieht  es 
▼on  oben. 


316 


die  Haube  ihr  drei  Mal  unter  den  Füssen  hindurch  gezogen,  oder  sie 
sie  auch  zwei  Mal  zu  Boden  und  behält  sie  erst  das  dritte  Mal  auf  dem 
Kopfe.  Auf  dem  Fesüande  bekommt  sie  auch  eine  Schürze,  und  diess 
wird  wieder  eine  Veranlassung  "zum  Geldgeben;  man  ^agt:  andke  pöl- 
lele  auu  (erweist  der  Schurze  Ehre),  oder  pöllel  on  auk,  andke  pölle- 
lappi  (die  Schurze  hat  ein  Loch,  gebt  einen  Schürzenlappen).  Während  der 
Geremonie  des  Haubens  sitzen  Braut  und  Bräutigam  auf  Stuhlen,   unter 
welchen  ein  Badebesen  und  eine  alte  Kupfermünze  liegen.    Zum  Mahle 
wird  die  Braut,  mit  dem  Tuche  der  saja-nadu  (s.  oben)  verhüllt,  von  dem 
saja-wanem  gefuhrt,  und  sie  wird  unter  diesem  Tuche  von  der  neben  ihr 
sitzenden  Brautjungfer  gespeist.    Nach  Beendigung  des  Mahles  nimmt  die 
löme-mof  (Suppenmutter),  welche  die  Suppe  gekocht  hat,  einen  Gänse - 
flöge!,  wischt  damit,  nachdem  die  Speiserester  abgeräumt  sind,  den  Tisch, 
die  Gäste  aber  werfen,  von  ihr  zum  Geben  ermahnt,  unter  allerlei  gegen- 
seitigen Witzworten  Geld  auf  den  Tisch,  welches  sie  für  ihre  Bemühung 
einstreicht.    An  dem  hierauf  folgenden  Tanzen  darf  die  Braut  nicht  Tbeil 
nehmen,  sonst  würde  es  ihr  bei  der  ersten  Niederkunft  schlecht  gehen. 
Die  Tische  werden  wieder  mit  Speise  besetzt,  und  wer  will,  isst  davon. 
Wenn  die  Zeit  heran  kommt,  wo  die  Braut  in  das  Haus  des  Bräutigams 
gebracht  werden  soll,  so  steckt  der  Marschal  des  Bräutigams  einen  ihrer 
Schuhe  an  seinen  Degen  und  reicht  ihn  umher,  damit  man  Geld  für  sie 
hinein  lege,  und  die  Braut  selbst  hat  dabei  einen  Stein  unter  den  Füssen, 
damit  sie  ein  starkes  Herz  erlange,  oder  es  geschieht  diess  auch  am  an- 
deren Morgen  durch  den  Marschal  der  Braut  im  Hause  des  jungen  Ehe- 
mannes.   Nach  dieser  Geldsammlung  wird  sie  an  den  Tisch  geführt  und 
bekommt  von  dem  saja-wanem  ein  Stuckchen  Brot  und  einen  kleinen 
Teller  mit  Butter.  Nachdem  sie  gegessen,  wird  der  Teller  zerbrochen,  und 
man  wünscht,  dass  sie  keinen  grosseren  Schaden  haben  möge  als  diesen. 
Bevor  sie  der  Marschal  mit  dem  Degen  in  der  Hand  hinaus  fuhrt,  hat  die 
Braut  einige  Brotrinden  zu  sich  gesteckt ,  auch  von  dem  Ofen  sich  zärtlich 
verabschiedet,  damit  das  Gluck  ihr  aus  dem  Elternhause  in  die  neue  Hei- 
math  folge.    Beim  Hinausgehen  erhält  sie  hinten  einen  Schlag  mit  einem 
Siebe,  und  man  wünscht  ihr  so  viel  Kinder,  wie  Löcher  darin  sind.    Ihr 
Marschal  bekommt  eine  mit  Bier  gefüllte  Kanne  mit ,  wovon  er  unter  We- 


—  317  ±- 

ges  nichts  verschütten  darf,  sonst  wurde  sie  eine  kinderlose  Ehe  führen. 
Von  dem  Hochzeitspersonal  von  ihrer  Seite  folgen  ihr  nur  ihr  Marschal  und 
ihre  Brautjungfer. 

Der  Brautkasten  muss  mit  etwas  Geld  (kirstu-lunastus)  erkauft  wer- 
den. Der  Brautmarschal  sitzt  dabei  mit  einem  Degen  auf  dem  Kasten,  und 
der  iza-mös  fragt  nach  dem  Preise,  worauf  die  Antwort  lautet:  wl£  wa- 
na,  küi  köwa,  sada  saksa-tälrit  (fünf  alte,  sechs  harte,  hundert  deut- 
sche Thaler).  Ist  das  Geld  bezahlt,  so  zieht  die  Braut  den  Sohlüssel  ab  und 
ubergiebt  ihn  dem  Bräutigam,  welcher  erst  das  eine,  dann  das  andere 
Ende  des  Kastens  aufhebt.  Man  legt  auch  ein  Brot  hinein,  auch  wohl  But- 
ter, Fleisch  und  eine  Flasche  Branntwein ;  es  hängt  auch  ein  Gurt  daraus 
hervor,  welcher  nachher  einem  Armen  geschenkt  wird.    Der  kirstu-mös 
(s.  oben)  spricht,  indem  er  damit  fort  fährt:  tflhjalt  ma  tulin,  tflkki  ma 
wid,  harw  mina  käin,  augu  ma  jätan  (leer  kam  ich,  ein  Stück  bringe 
ich  fort,  selten  komme  ich,  ein  Loch  lasse  ich  zurück).  Auf  dem  Festlande 
wird  der  Kasten  auch  erst  am  folgenden  Morgen  nach  gesandt  und  in  der 
Wohnung  des  Bräutigams  nach  einer  scheinbaren  Auction  endlieh  den  Dor- 
tigen überlassen.  Die  Braut  nimmt  nun  weinend  Abschied  von  den  Eltern, 
während  die  Gäste  fröhlich  singen ,  wird  in  ein  Betttuch  gehüllt  und  von 
dem  Bräutigam  fort  geführt,  in  dessen  Haus  die  beiden  Marschäle  voraus- 
geeilt sind,  um  das  Bett  zu  prüfen,  indem  sie  darauf  springen1),  und  für 
den  Fall,  dass  es  brechen  sollte,  wird  noch  eine  Bank  dazu  in  Reserve 
gehalten.    Bereitet  wird  das  Lager  von  der  saja-naene  und  dem  peiu- 
poi£,  und  der  Letzte  bleibt  als  Wächter  dabei,  damit  keine  Hexerei  damit 
vorgenommen  werde.   Wenn  die  Braut  vom  Schlitten  oder  Wagen  gehoben 
wird,  so  schüttet  man  ihr  Hafer  über  den  Kopf,  damit  die  Hausthiere  ge- 
deihen, auf  den  iza-mös  und  die  Pferde  giesst  man  Bier,  und  die  Braut 
wird  zum  Brunnen  gefuhrt,  wo  sie  drei  Eimer  Wasser  mit  dem  Fusse  um- 
stossen  muss.  Der  pilTi-mäs  oder  pilTi-puhuja  (Spielmann),  welcher  in 
keinem  Hochzeitszuge  fehlen  darf  (s.  oben),  wirft  an  einigen  Orten  dem 
Pferde  des  Bräutigams  eine  Kanne  Bier  entgegen,  der  löga-tOmbaja 
(Krummholzzieher)  nimmt  ihm  das  Krummholz  ab,  und  Beide  bekommen 


1)  Anden  wo  that  diess  auch  der  Bräutigam  selbst. 


—  318  — 

dafür  ein  Extragesehenk,  eben  so  der,  welcher  der  ia's  Hans  tretenden 
Braut  ein  Tuch  vor  breitet.  Die  Braut  muss  unter  Weges  die  Augen  ge- 
schlossen halten ,  damit  keine  Hexerei  an  ihr  hafte ,  und  sie  darf  in  ihre 
neue  Heimath  weder  Nadeln  noch  Stricknadeln  mit  nehmen,  sonst  wurde 
sie  unter  den  Stichelreden  der  Hausgenossen  zu  leiden  haben.  Den  Ginzug 
hält  sie,  von  dem  Bräutigam  geführt,  durch  die  «Riege»,  denn  von  daher 
soll  alles  Gluck  kommen,  von  dem  saja-wanem  erwartet  in  Handschuhen 
und  mit  einem  Besen,  welchen  er  vor  die  Pferde  wirft.  Voran  schreitet 
dem  Paare  der  Brautmarschal ,  welcher  mit  dem  Degen  in  der  Thür  ein 
Kreuz  schlägt  und  sich  dann  vor  die  OfenöDhung  (kolde-müril)  setzt,. um 
zu  verhindern,  dass  Jemand  Feuer  von  dort  nehme.  Darauf  setzt  man  sich 
wieder  an  den  Tisch,  auf  welchem  zwei  Lichte  brennen,  das  eine  für  den 
Bräutigam,  das  andere  für  die  Braut,  und  man  giebt  Acht,  wessen  Liebt 
zuerst  aus  brennt,  denn  derTbeil  wird  zuerst  sterben.  Bevor  die  Braut  sich 
nieder  setzt,  hat  sie  für  sich  allein  in  des  Bräutigams  Zimmer  ausschliess- 
lich Trockenes  gegessen ,  und  wird  ihr  von  den  Weibern  unter  Gesang 
das  Tuch  abgenommen.  Ueber  Tische  wird  ihr  ein  kleiner  Knabe  (sflle- 
poj£)  in  den  Schooss  geworfen.  Nachdem  noch  getanzt  worden,  geht  das 
junge  Paar  zu  Bette.  Der  saja-wanem  nimmt  mit  dem  Degen  der  Braut 
ihren  Schleier  ab,  und  steckt  den  Degen  dann  in  die  Decke  des  Zimmers 
zum  Schutz  gegen  die  bösen  Geister.  Der  Bräutigam  legt  sich  zuerst  ins 
Bett,  die  von  den  beiden  Brautjungfern  entkleidete  Braut  steht  vor  dem- 
selben, bis  der  saja-wanem  oder  auch  einer  von  den  jungen  Männern  sie 
hinein  legt.  Dann  verlässt  man  das  Paar,  und  es  wird  noch  ein  geistliches 
Lied  gesungen. 

Am  folgenden  Morgen  werden  die  Neuvermählten  von  den  Weibern 
mit  Gesang  geweckt,  die  saja-nadu  bringt  ihnen  Wasser,  und  beim  Ge- 
sicht waschen  besprengen  sie  sich  gegenseitig,  damit  sie  lange  bei  einander 
leben  und  geduldig  sein  mögen.  Während  dessen  suchen  die  Weiber  im 
Bette  nach  den  kifjad  (vgl.  das  Lexikon)  oder,  wie  Andere  sagen,  nach 
den  kirbud  (Flohen),  und  finden  einige  für  sie  dort  zurück  gelassene 
kleine  Münzen.  Nach  dem  Waschen  stösst  die  junge  Frau  (nOrik)  mit 
dem  Fusse  das  Waschgeßss  um ,  worin  sich  dann  wieder  etwas  Geld  fin- 
det für  die  Magd;  gelingt  ihr  das  eher,  als  es  der  Ehegatte  tbut,  so  wird 


—  319  — 

sie  das  Hausregiment  fahren.  Aehnlfeh  ist  nachher  beim  Essen  die  Probe, 
wer  von  Beiden  am  schnellsten  ein  zwischen  sie  gelegtes  Stück  Brot  zer- 
kaut. Wenn  es  zum  Essen  geht,  so  bindet  die  saja-naene  jedem  der 
beiden  Marschale  ein  Paar  Handschuhe  an  den  Degen,  and  der  peiu-poi£ 
fuhrt  die  junge  Frau  zum  Tische  an  die  Seite  des  Mannes,  und  beide  essen 
mit  demselben  Löffel.  In  Mohn  gebt  noch  vorher  das  Aufsetzen  der  Wei- 
bermätze. Ein  älteres  Weib  geht  voran  mit  dem  Schleiertuche  und  der 
Motze  auf  einer  Stange  und  singt,  unter  dem  Vordache  hindurch  schrei- 
tend: öde  wöi  madalakene,  nüd  on  oju  sulla  olnud,  mis  sull  enne 
mitte  'p  olnud.  Enne  so  katus  kadugu,  enne  se  rästas  r&paku, 
enne  majad  mandugu,  knd  säd  üeste  ojule,  tejsta  korda  nSrikuks 
(Schwester  kleine,  nun  hast  du  den  Schleier  gehabt,  den  du  früher  nicht 
gehabt  hattest.  Eher  mag  diess  Dach  schwinden,  eher  dieser  Dachrand 
vermodern,  eher  mögen  die  Gebäude  untergeben ,  als  du  von  Neuem  zum 
Schleier  gelangst,  zum  zweiten  Male  eine  junge  Frau  wirst).  Darauf  setzt 
sie  der  jungen  Frau  die  Mutze  auf,  schlägt  sie  mit  wechselnden  Händen 
auf  beide  Ohren  und  spricht :  pea  tanu  pfts ,  ä  jätak  mehe  kttfje  alla 
mitte  (behalte  die  Mutze  auf  dem  Kopf,  lass  sie  nicht  unter  der  Seite  des 
Mannes). 

Nach  dem  Morgenimbiss  beginnen  die  Verbandlungen  über  die  Ge- 
schenke der  jungen  Frau  zwischen  dem  Männer-  und  Weibertisch  des 
vorigen  Tages  (s.  oben).  Der  Kastenführer,  welcher  dazu  ein  guter  köle- 
m£s  (Zungenmann)  sein  muss,  ist  dabei,  von  einigen  witzigen  Weibern 
unterstützt,  der  Hauptspassmacher.  Nach  dem  Mittagessen  begiebt  sich  die 
Gesellschaft  in  die  «Klete»  (Vorratbshaus),  wo  der  Brautkasten  sich  befin- 
det und  in  diesem  die  Gaben.  Bevor  der  Kasten  geöffnet  wird,  springt  ein 
Barsch  drei  Mal  auf  den  Deckel,  und  die  Weiber  singen  einen  ermahnen- 
den Gesang.  Bei  der  Verkeilung  der  Gaben  hat  der  sädik  od.  prüdi 
wend  (Brautmarscbal  od.  Bruder  der  Braut)  die  Hauptrolle.  Nach  man- 
cherlei Scherzen  und  Hin-  und  Herreden  giebt  er  «den  Pass  zu  lesen», 
d.  h.  er  zieht  aus  defti  Busen  einen  Teller,  auf  dessen  Boden  das  Wort 
«raha»  (Geld)  geschrieben  steht,  und  Jeder  wird  so  lange  wiederholent- 
lich  angegangen  Geld  darauf  zu  legen ,  bis  nichts  mehr  zu  erlangen  ist. 
Darauf  werden  nun  die  Geschenke  vertheilt  mit  scherzhaften  Entschuldi- 


—  820  — 

gongen,  dass  sie  nicht  besser  ausgefallen  sind.  Der  Brautmarschal  ober- 
reicht an  der  Spitze  des  Degens  Jedem  das  für  ihn  bestimmte,  zuerst  der 
Hausherrschalt,  darauf  den  Uebrigen,  auch  dem  8file-poiä  (Schoossknaben, 
s.  oben),  Strümpfe,  Handschuhe,  Gürtel,  Strumpfbänder.  Für  jede  Gabe 
muss  wieder  gezahlt  werden,  der  Marschal  schlägt  mit  dem  Degen  auf  den 
Tisch  und  fordert  «der  Schwester  Fingergeld»,  und  der  Aufgerufene  giebt 
etwas  Kupfergeld.  Anders  wo  findet  das  Entrichten  des  Geldes,  wozu  dann 
mit  einer  Glocke  zusammen  geklingelt  wird,  etwass  später  Statt,  nachdem 
die  junge  Frau  von  der  Schwiegermutter  in  den  Gebäuden  umher  gefuhrt 
worden.  Geht  der  Gaben  vorratb  zu  Ende,  bevor  Alle  beschenkt  sind,  so 
kommt  ein  Mann ,  scbliesst  den  Kasten  und  verbietet  ein  weiteres  Schen- 
ken, «um  der  jungen  Frau  die  Schande  zu  ersparen».  Nach  dem  waka- 
tatitsimine  (Brautkastentanze),  wie  man  die  Gaben vertheilung  nennt,  wird 
die  junge  Frau  zwischen  saja-wanem  und  saja-naene  gesetzt,  und  es 
kommt  das  tanu-näjtamine  (Zeigen  der  Haube),  d.  h.  die  junge  Frau 
hat  die  Haube  flach  auf  dem  Kopfe  und  ein  Tuch  darüber,  der  saja-wa- 
nem ruft  den  jungen  Ehemann  «nört  küd  wStama»  (den  Neumond  zu 
sehen),  und  er  oder  die  saja-naene  lüftet  das  Tuch  ein  Wenig,  so  dass 
der  Rand  der  Haube  zu  sehen  ist ,  und  die  junge  Frau  hält  dabei  mit  der 
anderen  Hand  ein  Tuch  vor  den  Augen  wegen  der  mancherlei ,  auch  ob- 
scönen  Spässe,  die  dabei  zum  Besten  gegeben  werden.  Den  übrigen  Män- 
nern wird  jedem  nach  seiner  Beschäftigung  scherzweise  eine  gute  Lehre 
gegeben,  wofür  er  nicht  nur  zu  danken,  sondern  auch  wieder  Geld  zu  ent- 
richten hat  auf  einen  Teller,  welcher  auf  dem  Tische  steht.  Der  Schwie- 
gervater  fuhrt  die  Schwiegertochter  in  die  Riege  und  schenkt  ihr  einen 
Ochsen  oder  eine  Kuh,  und  sie  bindet  dem  Thier  ein  Paar  Handschuhe  an 
die  Hörner  für  den  Schenker.  Anders  wo  wird  sie  von  den  beiden  Schwie- 
gereltern in  die  Viehburg  geführt,  wo  man  ihr  alles  Vieh  zeigt,  und  sie 
sucht  dabei  zu  entlaufen;  gelingt  es  ihr,  so  muss  ein  Pferd  angespannt 
werden  um  sie  zurück  zu  bringen,  was  grosses  Gelächter  erregt. 

Hierauf  wird  der  Kehraus  getanzt  (pulmad  kitki  tantsima).  Zuerst 
tanzt  Einer  mit  der  jungen  Frau  allein,  wofür  er  ein  Paar  Handschuhe  be- 
kommt, ein  Anderer  zieht  ihr  das  Kamisol  (waramus)  aus,  wobei  Bänder 
oder  Handschuhe,  auch  wohl  Geld,  heraus  fallen ,  was  er  zum  Lohn  be- 


—  321  — 

kommt..  Jeder  Tänzer  muss  wieder  etwas  Geld  zahlen,  welches  die  Braut- 
jungfer mit  einem  Teller  einsammelt,  und  ausserdem  muss  noch  auf  die 
Stelle  der  jungen  Frau  Geld  gelegt  werden ;  wer  nicht  will,  wird  mit  Ge- 
walt dahin  geschleppt.  Anders  wo  hat  man  noch  andere  Mittel  Geld  her- 
aus zu  pressen.  Die  Neuvermählte  und  ihr  Marscbal  fegen  die  Stube,  die 
Gäste  werfen  scherzend  immer  wieder  Spreu  auf  den  Boden  und  etwas 
Geld  dazu;  dann  werden  sie  zur  Reinigung  vom  Staube  gebadet,  d.  h. 
Einer  nach  dem  Anderen  steigt  auf  den  Ofen ,  wo  er  aus  einer  Kanne 
einen  Schluck  Bier  und  mit  einem  trockenen  Badebesen  einige  Schläge 
empfängt  und  dafür  in  einen  Eimer  voll  Wasser  etwas  Kupfergeld  wirft. 
Ausser  allen  diesen  Zahlungen,  die  freilich  immer  nur  in  einer  Kleinigkeit 
besteben,  fordert  der  Brautmarschal  wohl  noch  ein  besonderes  Hochzeitge- 
schenk, wiederum  etwas  Geld  oder  auch  ein  einstweilen  nur  versproche- 
nes kleines  Hausthier. 

Sind  die  Gäste  fort  gegangen,  so  schneidet  die  junge  Frau  noch  von 
dem  Brote  in  ihrem  Brautkasten  (s.  oben)  jedem  Gesindegliede  ihres  neuen 
Hausstandes  ein  Stuck  ab,  damit  sie  Alle  in  gutem  Einvernehmen  bleiben. 
Am  folgenden  Morgen  futtert  sie  selbst  die  Hausthiere  und  legt  einige  von 
ihren  gestrickten  Geschenken  für  die  Schwiegermutter  auf  das  Futter. 
Ebeo  so  beschenkt  sie  auch  die  Dienerschaft  bei  der  erstmaligen  Arbeit 
derselben,  und  dann  bringt  ihr  die  Schwiegermutter  alle  zerrissenen  Hosen 
im  Hause ,  welche  sie  flicken  muss.  Bisweilen  kommen  die  Gäste  auch 
noch  diesen  Tag  wieder  hin  und  den  folgenden,  und  es  wird  dann  wieder 
geschmaust  und  getanzt. 

Alle  die  genannten  Gebräuche  kommen  natürlich  auch  in  dem  hier 
besonders  in's  Auge  gefassten  Theil  des  Landes,  den  grossen  Inseln,  nicht 
auf  jeder  Hochzeit  sämmtlich  vor,  sondern  es  fehlt  auch  ein  Mal  der  eine, 
ein  anderes  Mal  der  andere,  und  es  kam  hier  nur  darauf  an  ein  umfassen- 
des Gesammtbild  zu  geben.  Dagegen  hat  auch  wieder  manche  Gegend 
etwas  ganz  Besonderes,  das  den  anderen  fremd  ist.  Dahin  gehört  z.  B. 
die  wunderliche  Geremonie  in  Mohn ,  dass  der  Brautmarschal  den  singen- 
den Weibern  einen  Priapus  (munÄ)  überreicht,  welcher  aus  einer  Mohr- 
rübe (Burkane)  mit  zwei  daran  gebundenen  kleinen  Aepfeln  besteht.  Sie 
lehnen  die  Gabe  ab  und  singen : 

21 


322 


AitOmal,  n@u  wenda, 
Neju  wenda,  nejtsi  wenda, 

Aitümal,  ajikübara, 

Mulle  munni  andamasta. 

Ma  'p  ole  muntii  tejlt  palunud, 

So  olga  sinu  omale, 

Olgu  soll  püksiß  pörmizeks, 

Lapi  lahti  wötmizeks; 
Ehk  wl  ta  labi  Lihnla 
Ehk  wl  ta  taha  Tallina, 
Sil  on  neiud  nende  näfjas, 

Anna  säl  n^stel  naela  kappa, 
Tüdrikutel  tükf  kaupa, 
Poistel  näjta  kopiku  est 
Seda  kail  sala  hojtud  möst. 


Schönen  Dank,  Bruder  der  Braut, 
Bruder  der  Braut,  Bruder  der  Jung- 
frau, 
schönen  Dank,  Ehrenhut, 
dass  du  mir  den  Priapus  giebst. 
Ich  habe  euch  nicht  um  den  Priapus 

gebeten, 
mag  er  dein  eigen  sein, 
mag  er  dir  in  der  Hose  sein  zum 

-Drehen, 
zum  Oeffnen  des  Hosenlatzes; 
oder  bring  ihn  durch  Leal, 
oder  bring  ihn  hinter  Reval, 
dort  haben   die  Mädchen  Verlangen 

darnach, 
gieb  dort  den  Weibern  pfundweise, 
den  Mädchen  stuck  weise, 
den  Burschen  zeige  für  eine  Kopeke 
diesen  wohl  heimlich  gehaltenen  Mann. 


Eben  dort  findet  auch  etwa  eine  Woche  nach  der  Freierei  das  Läget- 
fest  (lähkri-  od.  topa-jOm)  Statt.  Die  Eltern  der  Braut  bitten  ihre  Ver- 
wandten zusammen  an  einem  Sonnabend-  oder  Sonntagabend,  damit  sie 
Geschenke  bringen  für  die  Gabenvertheilung  auf  der  Hochzeit.  In  der 
Nacht  kommt  auch  der  Bräutigam  mit  einigen  Männern  und  Geschenken 
an  Bier,  Branntwein,  Brot  u.  d.  gl.  Nachdem  zuerst  der  iza-mös  hinein 
gegangen  ist  um  Einlass  zu  bitten,  treten  auch  die  Anderen  ein,  und  der 
Bräutigam  übergiebt  seine  mitgebrachten  Gaben  der  Hausmutter.  Er  zieht 
den  Zapfen  aus  dem  Biergefässe,  füllt  eine  Kanne  und  stösst  dann  schnell 
den  Zapfen  wieder  ein,  jedoch  so,  dass  er  nicht  knarrt,  sonst  wird  er  wei- 
nerliche Kinder  haben.  Die  Braut  trinkt  zuerst  und  giebt  dann  den  fiebri- 
gen zu  kosten.  Darauf  schneidet  er  vom  l&hkre-kakk  (Lägelbrot)  ein 
Stückeben,  beisst  die  Hälfte  davon  ab  und  giebt  die  andere  der  Braut. 
Hierauf  wird  das  Brot  zertbeilt  und  die  Braut  vertheilt  es.  es  darf  aber 


—  323  — 

nicht  das  zuerst  abgeschnittene  Stuck  ein  grosses  sein,  sonst  werden  die 
Kinder  grossmaulig.  Dann  gebt  es  zu  Tische ,  wo  ein  Kronleuchter  bangt, 
bisweilen  mit  vier  und  zwanzig  Lichten.  Zum  Schlafen  wird  dem  Bräuti- 
gam eine  gute  Stätte  bereitet,  wo  er  auch  die  Braut  schon  vor  findet.  Hat 
diese  vielleicht  vorher  einem  Anderen  einen  Korb  gegeben,  so  sucht  man 
sie  jetzt  zu  rauben ,  und  das  Brautpaar  befindet  sich  an  einem  wohl  ver- 
wahrten Orte  auf  dem  Bodenraum  des  Hauses.  Gelingt  es  dennoch,  so 
wird  der  Bräutigam  geprügelt,  und  mit  der  Braut  wird  allerlei  derber 
Spass  getrieben.  Am  anderen  Morgen  ist  Musik  und  Tanz,  und  um  zehn 
Uhr  etwa  begiebt  sich  der  Bräutigam  mit  seiner  Gesellschaft  nach  Hause, 
wo  noch  manche  Lust  getrieben  wird.  Beim  Weggehen  werden  seine  Be- 
gleiter beschenkt,  und  sie  ihrer  Seits  zahlen  reichlich  dafür. 

Zum  Theil  ist  es  gebräuchlich,  dass  die  junge  Frau  bald  nach  der 
Hochzeit  auf  eine  Woche  wieder  in's  Haus  der  Eltern  zurück  kommt  (höi- 
mule  tulema  od.  kodu-tütreks  tulema),  um  ihnen  Dienste  zu  leisten. 

Es  ist  in  dem  Vorstehenden  mehrmals  des  Singens  erwähnt.  Das  Ge- 
sungene ist  dreierlei.  Einmal  sind  es  geistliche  Lieder,  welche  wie  die 
Gebete  zur  geistlichen  Weihe  des  Festes  gehören  und  entweder  aus  dem 
Gesangbuche  oder  auswendig  gesungen  werden;  dann  sind  es  ebenfalls 
wohl  Verse  von  Gesangbuchsliedern ,  welche  aber  gewissermaassen  paro- 
distisch  auf  die  vorhandene  Situation  angewendet  werden,  worin  die  ernster 
Gesinnten  aber  einen  Missbrauch  des  Gotteswortes  sehen.  Dahin  gehören: 
JE  180  V.  8  k$k,  keda  kogund  enesele,  nejd  wöta  Cnnistada,  ja 
anna,  mis  neil  püdub  wöl  etc.  (Alle,  die  du  zu  dir  gesammelt  hast, 
wolle  segnen,  und  gieb,  was  ihnen  noch  fehlt),  wenn  die  Geschenke  zum 
Vertheilen  gebracht  werden,  —  JE  333  V.  4  jätke  rahule,  arge  kü- 
zige  (lasset  in  Ruhe,  fraget  nicht),  von  der  saja-naene  gesungen,  wenn 
alle  Gaben  vertheilt  sind,  —  JE  160  V.  7  nl  ehitakse  honet  salaja 
seal  talle  prödil'  elama,  ja  sinna  sisse  pejgu  kutsutakse,  seal  oma 
prüti  armsaks  pidama  (so  wird  heimlich  das  Haus  geschmückt  der 
Braut  des  Lammes  dort  zu  wohnen ,  und  da»wird  der  Bräutigam  hineinge- 
raten die  Braut  dort  zu  lieben),  wenn  das  junge  Paar  in  die  Brautkammer 

gegangen  ist,  —  JE  179  V.  6  oh  löge  kannelt  mängijad laul- 

gem,  tehkem  römustamist,  auustamist  kozijale  (o  schlaget  die  Harfe, 

21* 


324 


Spielleute,  ....  lasst  uns  singen,  Freude  und  Ehre  machen  dem  Freier), 
wenn  es  nach  dem  Hochzeitmahle  zum  Tanze  geht.  Endlich  noch  drittens 
sind  es  weltliche  Lieder,  zum  Theil  von  besonders  dazu  bestellten  Weibern 
•(käzikud)  gesungen,  in  so  fern  es  nicht  Wechselgesänge  bestimmter  Per- 
sonen sind.  Der  Inhalt  dieser  Gesänge  ist  im  Allgemeinen  freilich  schon 
immer  gegeben  durch  die  Situation  und  das  Stadium  des  Festes,  doch  wird 
dabei  auch  viel  improvisirt,  und  durch  solche,  spätere,  allmählich  stereotyp 
gewordene  Improvisationen  mag  vielleicht  der  neben  der  Alliteration  häufig 
vorkommende  Reim  hineingebracht  sein.  Neus  hat  (a.  a.  0.  S.  273  ff.) 
solche  Hochzeitgesänge  gegeben  und  vorher  bemerkt,  dass  im  Westen  des 
Landes  dieses  Singen  schwinde.  Es  wird  daher  vielleicht  von  Interesse 
sein,  wenn  ich  hier  auch  aus  dem  äussersten  Westen,  von  den  Inseln  Dago 
und  Oesel,  einige  Proben  gebe. 

Wenn  die  saja-naene  nach  der  Ankunft  des  Bräutigams  die  Braut 
suchen  geht,  welche  sich  draussen  unter  den  Zuschauern  (pulma-wäta- 
jad)  versteckt  hat  (s.  oben),  so  singt  sie : 


Ärest  ma  wötan  öjgemajd, 
Seast  ma  wötan  sirgemjud, 
Wahelt  ma  wötan  walgemaid, 
Keskelt  köjge  kenamajd. 

Wenn  sie  die  Braut  gefunden 

Ära  ma  pölgan  pftnderikud, 
Jälle  ma  ja  tan  jänderikud, 
So  muH'  süfitiib  sfilese, 
So  muH'  mahub  majase, 
So  teeb  tSd  kui  tihane, 
Näeb  waewa  kui  warblane, 
Seilei  padj'ad  pönikezed, 
Sellel  linad  löuendized,     • 
Sellel  tekid  tikitud, 
Sellel9  annan  kenad  kambrid, 
Senna  sisse  sldi-sänni, 


Vom  Rande  nehme  ich  Geradere, 
aus  dem  Haufen  nehme  ich  Schlankere, 
dazwischen  her  nehme  ich  Weissere, 
aus  der  Mitte  die  Allerschönsten. 


hat: 


Ich  verschmähe  die  Knirpse, 

lasse  zurück  die  Verwachsenen, 

diese  passt  mir  auf  den  Schooss, 

diese  passt  mir  in 's  Haus, 

diese  arbeitet  wie  eine  Meise, 

mäht  sich  wie  ein  Sperling, 

diese  hat  feine  Kissen, 

diese  leinene  Betttücher, 

diese  gesteppte  Decken. 

Dieser  gebe  ich  die  schönen  Kammern, 

da  hinein  ein  Seidenbett, 


325 


Sellel'  annan  priske  peja, 
So  mall'  armas  ajnus  neidu. 

Die  Zuschauerinnen: 

Ilus  nejdu  n&u  polest, 
Kena  Kadri  keha  polest, 
Kas  sa  töad  ta  kombetest? 
Ehk  ta  wlzid  wina-püs, 

Kombed  körtsu  kamberis 
Ehk  ta  elab  hOra-elu, 
Peab  pordu-pölwe  pidu. 

Die  Brautmutter: 

Mis  sa  sitt  seal  sorised, 
Pori-kärbes  porised? 
Warese-warbad  silma  nurgas, 

Haraka-händ  on  hiuste  tukas, 

Oled  kollane  kui  köfja, 
Ükski  pea  sOga  nafja, 
Oled  lödi  m  kui  llwa, 
Oled  musta  ni  kui  mulda, 
Wana-kännu-kar  waline , 

Pea  siku-sarweline. 

Kes  sin  pakub  su  öst  kulda? 

Ehk  sa  lähed  enne  mulda. 

Die  Zuschauerinnen: 

To  mulle  kirstust  kiätiitust, 
Käne  alt  ka  kannatust, 


dieser  gebe  ich  den  wackeren  Bräu- 
tigam, 

diese  ist  die  einzige  mir  liebe  Jung- 
frau. 


Schön  ist  die  Jungfrau  von  Angesicht, 
hübsch  die  Katharine  von  Korper, 
weisst  du  aber  auch  von  ihren  Sitten? 
Vielleicht  ist  ihre  Weise  am  Wein- 
stock, 
*  ihre  Sitten  in  der  Schenke  Kammer, 
vielleicht  lebt  sie  ein  Unzuchtleben, 
fuhrt  ein  Leben  im  Hurenstande. . 


Was  zischelst  du  Dreck  dort, 

was  summst  du  Kothfliege? 

Runzeln  hast  du  an  der  Ecke  des 

•    Auges, 

einen  Elsternschwanz  im  Schopf  der 
Haare, 

bist  gelb  wie  eine  Leiche, 

Niemand  scherzt  mit  dir, 

bist  gelblich  wie  Sand, 

bist  schwarz  wie  Erde, 

von  der  Farbe  eines  alten  Baum- 
stumpfs, 

der  Kopf  bockshornig. 

Wer  hier  bietet  Gold  für  dich? 

Gehst  wohl  eher  in  die  Erde. 


Bring  mir  aus  dem  Kasten  Stärkung, 
unter  dem  Deckel  her  Ausdauer, 


326 


Tee  mu  sü  sölaseks, 
Süda  sülla  rSmsamaks. 
MbH  on  kurwastuze-päewad, 
Seda  köik  mu  öed  näewad, 
Ölen  nl  kui  üksik  lind, 
Kedagi  ei  türme  mind, 
'P  ole  muH  sänni-sädijat, 
'P  ole  muH  padja-pörajat, 
'P  ole  muH  lina-lautajat, 

Teki-peale-panijat. 
Pöran  kttfje,  leian  külma, 
PÖran  seQa,  lejan  sejna, 

Pöran  köhu,  leian  pöhu, 

'P  ole  lejda  ial  ihu. 

Die  Brautmutter: 

Ära  nenda  liast'  lejna, 
Ehk  su  sängi  tödud  tejne 

Ehk  sänd  wlmaks  wana  leze. 

Küll  se  täidab  sinu  tnska, 
Ees  sind  wötab  süle  siase, 
Ehk  ta  wlb  sind  oma  sängi, 
Kall  ta  seal  teeb  sulle  mängi, 
Et  sad  tite  tTwa  alla, 

Äbariku  hölma  alla, 
Sls  on  sinu  urore  lg|nud, 
Mis  sali'  nfid  wöl  waewa  te|- 
nud. 


mache  den  Mund  mir  safeig, 

das  Herz  um  einen  Klafter  fröhlicher. 

Ich  habe  Trauertage, 

das  sehen  alle  meine  Schwestern, 

bin  so  wie  ein  einsamer  Vogel, 

Niemand  kennt  mich, 

habe  keinen  Bettbereiter, 

habe  keinen  Kissenwender, 

habe  Keinen,  welcher  das  Betttuch 

ausbreitet, 
die  Decke  auflegt. 

Wende  ich  die  Seite,  finde  ich  Kälte, 
wende  ich  den  Rücken,  finde  ich  die 

Wand, 
wende  ich  den  Bauch,  finde  ich  die 

Streu, 
niemals  ist  ein  Leib  zu  finden. 


Trauere  nicht  so  gar  zu  sehr, 
vielleicht  ist  in  dein  Bett  gebracht 

ein  Anderer, 
vielleicht  hast  du  endlich  einen  alten 

Wittwer  bekommen. 
Der  wird  schon  dein  Verlangen  stillen, 
der  dich  in  den  Arm  nimmt, 
oder  er  bringt  dich  in  sein  Bett, 
dort  wird  er  schon  mit  dir  spielen, 
dass  du  ein  Kindchen  bekommst  un- 
ter den  Flügel, 
einen  Spätling  unter  den  Schooss, 
dann  ist  deine  Sorge  vergangen, 
welche  dich  jetzt  noch  gequält  bat. 


327 


Wenn  der  Bräutigam  mit  seinem  Gefolge  eingezogen  ist,  so  singen 
die  Weiber  unter  den  Gästen  der  Braut: 


Meil  oli  Ques  kofmi  wahti, 
Üks  oli  hOlas  ukse- wahti, 
Teine  oli  wirku  wärawa-wahti, 

Kolmas  oli  tarka  pöllu  wahti; 
La&sid  saja  salaja  tulla. 

Neidu  läks  kaewust  wetta 

töma, 
Wöttis  kuldsed  körendida, 
Höbedazed  ämbrikezed. 
Ta  küln'd  peiu  pilTi  h^ale, 

Heitand  höbe-ämbrikezed, 
Ja  ned  kuldsed  kogukezed. 
PSzas  oli  pöllale  pageda, 

Wäraw  oli  wäljale  walada, 
S§al  olid  huizud  Ctamajes. 
Saja  läind  mureldes  Mahuse, 

Üle  wette  Hiu-m&le, 
Taha  wette  Tartu-mäle. 
Hlu-mäl  eile  n&htud, 
Pernu-jöel  pesnud  paleta, 

Sak-  (Saksa-?)  mal  oli  saunas 

käjnud. 
Km  tabate  taga  ajada, 
Pange  sls  lakid  laewadeks, 
Pölled  pange  pufjudeks, 


Wir  hatten  im  Hofe  drei  Wächter, 

einer  war  der  sorgsame  Thürwächter, 

der  andere  der  aufmerksame  Thor- 
wächter, 

der  dritte  wjr  der  kluge  Feldwächter ; 

Liessen  den  Hochzeitzug  heimlich 
kommen. 

Die  Jungfrau  ging  aus  dem  Brunnen 
Wasser  holen, 

nahm. die  goldenen  Stangen, 

die  silbernen  Eimerchen. 

Sie  horte  den  Klang  von  des  Bräuti- 
gams Sackpfeife, 

warf  hin  die  Silbereimerchen,  * 

und  jene  goldenen  Tragestangen. 

Ein  Gesträuch  .war  da  auf's  Feld  zu 
fliehen, 

eine  Pforte  war  da  hinaus  zu  schlupfen, 

da  warteten  die  Böte. 

Der  Hochzeitzug  ging  voll  Sorge  nach 
Mohn, 

über  die  Wasser  nach  Dago, 

hinter  die  Wasser  nach  Dorpatland. 

In  Dago  war  sie  gestern  gesehen, 

im  Pernäuflusse  hatte  sie  das  Gesicht 
gewaschen, 

in  Sackland  (Deutschland?)  die  Bad- 
stube besucht. 

Wenn  ihr  sie  verfolgen  wollt» 

so  nehmt  die  Hute  zu  Schiffen, 

die  Schürzen  nehmt  zu  Segeln, 


—   328 


Pölle-p^lad  köieteks. 

* 

Pange  sörmed  söudamaje, 
Käzi-warred  wafpimaje. 

Das  Bräutigamsgefolge: 

Mis  te  muidu  kl  tele  te, 
Oma  aega  wltelete! 
Neidu  'p  ole  kuzagile  Hunnd, 
Neidu  hoitse  hönetesa, 

Saa  tammide  tagasa, 
Wlna-wätide  wilusa, 
Ölle-nöude  otsa  alla. 
Sla  mu  wend  on  wTna  tönud, 

r 

Kaela-rahad  ja  kinkinud, 
Ta  mälind  näu  pifdi  peale, 
Pistnud  pildi  pöuedese. 


die  Schürzenbänder  in  Seilee. 
Stellt  die  Finger  an  zum  Rudern, 
die  Arme  zum  bugsiren. 


Was  prahlt  ihr  ohne  Grund, 

was  verweilet  ihr  eure  Zeit! 

Die  Jungfrau  ist  nirgends  bin  gegangen, 

die  Jungfrau   wird  in  den  Häusern 

gebalten, 
hinter  hundert  Dämmen, 
im  Schatten  der  Branntweinßsser, 
unter  den  Enden  der  Bierge fasse. 
Hieher  hat  mein  Bruder  den  Brannt- 
wein gebracht, 
die  Halsmünzen  schon  geschenkt, 
er  hat  das  Gesicht  in  ein  Bild  gemalt, 
das  Bild  in  den  Busen  gesteckt. 


Wenn  der  Hochzeilzug  sich  zu  Tische  gesetzt  hat: 


1.  Sae-wanem,  sldi-säfki, 
Sldi-säfki,  kulda-kübe, 
Höbe-mantelid  madalad! 
Eui  tulid  täna  kodunta, 
Ktü  walus  kojdu  kumulta, 

Kas  töjd  kannu  kaenalasa? 
Me  oleme  jflmale  jänunud. 


1.  Bräutigamsvater,  Seidenhemd, 

Seidenhemd,  Goldrock, 

niedrige  Silbermäntel! 

Als  du  heute  von  Hause  kamst, 

da  es  hell  war  vom  Schimmer  der 

Morgenröthe, 
brachtest  du  eine  Kanne  unter  dem 

Arme? 
wir  sind  durstig  nach  Trinken. 


2.  Aitümal  jOa  andamasta,  2.  Habe  Dank,  dass  du  zu  trinken 

gegeben, 
Kannu  kapgelt  kandamasta!        die  Kanne  von  Weitem  gebracht  hast! 


329  — 


Me  'p  ole  jömale  j&nnnud, 
Ölut  me  Jörne,  teist  me  teeme, 
Kolmas  meil  kärib  kelderis. 
Sae-wanem,  sldi-säfki, 
Sldi-säfki,  kulda-kübe, 
Höbe-mantelid  m adalad! 
Kai  tulid  tftna  kodnnta, 
Peju  pätsu  p^a-walula, 

Kas  tö|d  kaku  kaenalasa? 
Me  oleme  sSmile  izunnd. 


Wir  sind  nicht  durstig  nach  Trinken, 
Bier  trinken  wir,  anderes  machen  wir, 
ein  drittes  gärt  uns  im  Keller. 
Bräutigamsvater,  Seidenhemd, 
Seidenhemd,  Goldrock, 
niedrige  Silbermäntel! 
Als  da  heute  von  Hause  kamst, 
bei  Kopfschmerz  des  Füllens  des  Bräu- 
tigams, 
brachtest  du  ein  Brot  unter  dem  Arme? 
wir  sind  hungrig  nach  Essen. 


3.  Aitümal,  sae-wanemikene, 
AitOmal  kakku  andamasta! 

Me  'p  ole  sömile  izunnd, 
Ize  me  lejbade  tegijad, 
Ize  me  kakknde  kandajad, 
Ommarguste  höritajad. 
Sae-wanem,  sldi-säfki, 
Sldi-sfifki,  kuld-kübe, 
Höbe-mantelid  madalad! 
Kas  töjd  pakki  Paide  linnast? 
Plbu-pakki  me  palume, 
Nina-nüsku  me  nurume. 


3.  Habe  Dank,  Bräutigamsväterchen, 
habe  Dank,  dass  du  das  Brot  gege- 
ben hast! 
Wir  sind  nicht  hungrig  nach  Essen, 
selbst  sind  wir  Verfertiger  von  Broten, 
selbst  sind  wir  Träger  der  Laibe, 
Dreher  der  runden. 
Bräutigamsvater,  Seidenhemd, 
Seidenhemd,  Goldrock, 
niedrige  Silbermäntel! 
Brachtest  du  Tabak  aus  Weissenstein? 
Pfeifentabak  bitten  wir, 
auf  Schnupftabak  dringen  wir. 


4.  Aitttmal  pakki  andamasta, 

Pakk  maksab  palju  rahada! 
Kas  t$d  ratsula  rafcada, 
Kimblila  ktffingida, 
Wezi-harTil  weringid? 
Ega  ma  lanla  rahata, 


4.  Habe  Dank,  dass  du  Tabak  gege- 
ben hast, 
der  Tabak  kostet  viel  Geld  1 
Hast  du  zu  Pferde  Geld  gebracht, 
mit  dem  Schimmel  Schillinge, 
mit  dem  Wassergrauen  Ferdinge? 
Ich  werde  doch  nicht  singen  ohne  Geld, 


330 


Kelt  ei  peksa  kiffingita! 
Eppik  sä  kulutamine, 

KilTihg  köle  peksamine. 


die  Zunge  bewegen  ohne  Sehillingl 
eine  Kopeke  das  Verschleissen  des 

Mondes, 
ein  Schilling  das  Bewegen  der  Zange. 


5.  Aitfimal,  sae-wanemikene, 
Raha  kaugelt  kandamasta! 

Kui  tulid  täne  kodunta, 
Batas  jöksis  rabada, 
Pöwad  pSfsid  penöingida, 
Rünad  jöksid  roblasida. 
Kflla  sali  noppis  kiffingida, 
Pere  sull  noppis  pefiningida, 
Oma  prüf  noppis  rublasida. 


S.  Habe  Dank,  BräutigamsvätercheD, 
dass  da  von  Weitem  das  Geld  gebracht 

hast! 
Als  da  heute  von  Hause  kamst, 
lief  das  Rad  Geld, 
drehten  die  Felgen  Pfennige, 
liefen  die  Wallache  Rubel. 
Das  Dorf  pflockte  dir  Schillinge, 
das  Gesinde  pflückte  dir  Pfennige, 
die  eigene  Braut  pflückte  Rnbel. 


IX.  Haushalt 

a)  Regell  ni  Gebriiche 1). 

Wenn  der  ungebildete  Ebste  bei  Vornahme  seiner  ländlichen  Arbeiten 
auf  Feld  und  Wiese,  im  Walde  and  Hofe  auf  feuchtes  oder  trockenes,  kal- 
tes oder  warmes  Wetter  siebt ,  so  befindet  er  sich  dabei  auch  mit  dem 
rationellen  Landwirthe  wohl  in  Uebereinstimmung,  weil  da  der  Zusammen- 
hang der  Folgen  mit  dem  Vorhergegangenen  leicht  in  die  Augen  springt. 
Er  thut  aber  ausserdem  auch  noch  vieles  Andere,  wobei  der  Gebildete  an 
einen  solchen  Zusammenhang  nicht  glauben  mag,  und  was  man  daher 
vielleicht  zum  Abschnitt  XVIII  stellen  mochte.  Manches  ist  auch  wirklich 
dahin  gestellt  worden ,  Anderes  gründet  sich  indessen  in  der  Anschauung 
des  einfachen ,  immer  in  der  freien  Natur  lebenden  Landmannes  auf  — 
wenn  auch  zum  Theil  wohl  nur  vermeintliche  —  Erfahrung,  und  ist  in  so 


1)  Manches  hieber  Gehörige  steht  auch,  in  so  fern  es  sich  an  bestimmte 
Tage  im  Jahre  knüpft,  in  Abschnitt  XI. 


—  331  — 

fern  doch  nicht  mit  den  in  ganz  dunkelem  und  unbestimmtem  Aberglauben 
erwarteten  Wirkungen  zusammen  zu  werfen.  Eine  bestimmte  Grenze  hier 
zu  ziehen,  wird  freilich  nicht  möglich  sein.  Das  Gute  oder  Schlimme,  das 
ihn  selbst  oder  einen  Andern  getroffen  hat,  wenn  er  gewisse  Arbeiten  bei 
diesen  oder  jenen  Luft-  und  Bodenzuständen,  bei  diesen  oder  jenen  gleich- 
zeitigen Vorgängen  in  der  Natur  unternahm,  hat  er  sich  gemerkt,  und  er 
sacht  einfach  die  gemachte  Erfahrung  zu  verwerten,  wenn  er  auch  nicht 
Rechenschaft  zu  geben  weiss  über  den  Zusammenhang  zwischen  den  Ur- 
sachen und  den  erwarteten  Folgen.  Die  Landleute  machen  es  auch  in  an- 
deren Ländern  ja  vielfach  eben  so.  Hieher  gehört  besonders  das  Beachten 
des  Mondlichtes  und  der  Windrichtung,  aber  auch  noch  Anderes. 

Der  beim  Hausbau  gebrauchte  Lehm  wird  bei  altem  Mondlicht  ge- 
bracht, damit  nicht  Heimchen  in's  Haus  kommen;  vielleicht  wirkt  hierbei 
auch  noch  der  Glaube ,  dass  das  Heimchen  nichts  weiter  sei  als  die  in's 
Haas  geschlüpfte  Feldgrille.  —  Ein  Dach  muss  bei  altem,  ein  Zaun  da- 
gegen bei  neuem  Licht  gemacht  werden,  wenn  sie  dauerhaft  sein  und 
oicht  bald  faulen  sollen.  —  Zu  Nutzholz  wird  Nadelholz  bei  neuem,  Laub- 
holz  bei  altem  Licht  gefallt.  —  Zu  einer  Pflugschar  muss  das  Holz  bei 
allem  Licht  gefällt  und  verarbeitet  werden,  damit  es  nicht  zu  schnell  ein- 
trocknet und  wackelig  wird.  —   Das  Abhauen  von  Gesträuch,  dem  ge- 
wöhnlichen Heizmaterial,  nimmt  man  bei  neuem  Lichte  vor,  weil  dann 
alles  Abgehauene  und  Abgeschnittene  (auch  Haare  und  Nägel)  schneller 
wieder  nachwächst  und  ersetzt  wird.  —  Das  Eisen  zu  einer  Sense  wird 
bei  neuem  Lichte  geschmiedet,  weil  dann  ebenfalls  das  Gras  gut  wieder 
nach  wächst,  eben  so  das  Pur  die  Schar  des  Saatpfluges,  damit  das  Gesäete 
gut  wachse;  soll  dagegen  der  Pflug  zum  Aufpflügen  eines  Brachfeldes 
dienen,  so  wird  das  Schareisen  bei  altem  Lichte  geschmiedet,  damit  das 
Feld  nicht  zu  stark  wieder  vergrase.  —  Kälber  werden,  so  wie  Kinder, 
bei  altem  Licht  entwöhnt.  —  Junge  Pferde  werden  bei  neuem,  alte  Pferde 
bei  altem  Licht  beschlagen,  damit  die  Hufeisen  länger  haften.  —  Das 
Sehlachten  der  Thiere  geschieht  bei  neuem  Licht.  —  Flachs  darf  nicht 
gesäet  werden  bei  neuem  Licht ,  oder  wenn  Sonne  und  Mond  zugleich  am 
Himmel  sichtbar  sind.  —  Wurzelgemüse  säet  man  hei  altem,  anderes  Ge- 
müse bei  neuem  Licht;  Andere  meinen,  dass  bei  neuem  Licht  gesäete 


—  332  — 

Erbsen  wohl  stark  blühen,  aber  wenig  Korner  ansetzen.  —  Die  Dünger- 
fuhr muss  bei  neuem  Licht  vorgenommen  werden,  Andere  halten  jedoch 
die  Zeit  des  alten  Lichtes  Pur  die  geeignetere.  —  Mehl  und  Grütze,  welche 
zum  Aufbewahren  bestimmt  sind,  werden  bei  altem  Lichte  gemahlen,  da- 
mit nicht  Milben  hinein  kommen.  —  Das  Freien  geschieht  zwar  am  besten 
zur  Zeit  des  Neumondes  (vgl.  VIII),  das  Heirathen  aber  bei  altem  Lieht, 
damit  nicht  die  Ehe  kinderlos  bleibe.  —  Lichte  macht  man  zur  Zeit  des 
Vollmondes,  damit  sie  recht  hell  brennen.  —  Eben  so  ist  bei  Vollmond 
auch  die  beste  Zeit  für  die  Saat  von  allerlei  Getreide. 

Das  Schlachten  nimmt  man  gern  bei  Sud-  oder  Westwinden  vor.  — 
Gegen  den  Wind,  welcher  am  Matthiastage  (24.  Februar)  geweht  hat, 
säet  man  wohl  Flachs,  aber  nicht  Gerste  oder  Weizen;  für  die  Flachssaat 
wird  auch  der  Nordwind  als  günstig  angesehen,  aber  nicht  für  die  Saat 
von  Hülsenfrüchten.  Gemüse  soll  man  nicht  bei  Nordwind  säen,  weil  es 
dann  beim  Kochen  hart  bleibt. 

Zur  Ausfuhr  des  Düngers  wählt  man  einen  Tag,  wo  milder  Wind 
weht,  weil  bei  Nordwinde  ausgeführter  nicht  so  leicht  verrotten  soll. 

Den  Schweinen  streut  man  Spiessglanz  auf  das  Futter,  damit  sie  feU 
werden,  macht  ihnen  das  Futter  mit  der  Hand  zurecht,  «weil  das  Schweine- 
fleisch, welches  gegessen  wird,  ja  doch  auch  in  die  Hand  genommen  wird». 

Von  den  Frühlingsarbeiten  gilt  der  Spruch :  ktinla-päewast  seitse 
seuse,  kaheksa  kafja,  kümme  kündi,  flks  tejst  kümmend  Jürgi 
(von  Lichtmess  sind  sieben,  sc.  Wochen,  bis  zum  Schweinehüten,  acht  bis 
zur  Viehhütung ,  zehn  bis  zum  Pflügen ,  elf  bis  St.  Georg) ,  doch  mochten 
in  gewöhnlichen  Jahren  die  Termine,  bis  auf  den  letzten,  wohl  etwas  spa- 
ter fallen ,  denn  in  der  Regel  gilt  wohl  z.  B.  der  St.  Georgstag  als  der, 
wo  die  Herde  zum  ersten  Mal  auf  die  Weide  getrieben  wird. 

Getreide ,  das  gesäet  werden  soll ,  probirt  man  zuvor  im  Wasser,  um 
seine  Keimkraft  zu  ermessen.  Nehmen  alle  Körner  eine  senkrechte  Stel- 
lung an,  so  werden  sie  gut  keimen,  stellen  sie  sich  schräg,  so  werden  sie 
kümmerlich  keimem,  bleiben  sie  horizontal,  gar  nicht. 

Bei  Regenwetter  darf  man  nicht  säen,  weil  dann  auch  das  Unkraut 
im  Getreide  gedeihen  würde. 


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L  , 


—  333  — 

Dichte  Saat  hält  man  für  schädlich ,  dünne  soll  dem  Wachsen  förder- 
lich sein. 

Wenn  im  Frühjahr  der  Mistkäfer  Milben  —  der  Ebste  hält  sie  für 
die  Jungen  —  am  Yordertheil  des  Körpers  hat,  oder  wenn  der  Schnee 
zuerst  innerhalb  des  Zaunes  schmilzt,  so  muss  man  das  Sommergetreide 
früh  säen ,  spät  dagegen ,  wenn  die  Milben  am  Hinterkörper  sitzen ,  oder 
wenn  der  Schnee  zuerst  ausserhalb  des  Zaunes  schmilzt. 

Sommerweizen  ist  gut  zu  säen,  wenn  die  Traubenkirsche'  (Prunus 
Padus  L.)  Muht. 

Sommergetreide  ist  in  «eine  Lache»  zu  säen,  Wintergetreide  in 
«Asche»,  d.  h.  in  nassen  und  in  trockenen  Boden. 

Alte  Roggensaat  muss  man  früh  (10.  August)  in  schweren  Boden  säen, 
frische  spät  (24.  August)  in  leichten  Boden,  und  alle  Roggensaat  «will 
immer  den  Himmel  sehen»,  d.  h.  sie  darf  nicht  tief  in  der  Erde  liegen. 

Wenn  man  Sommerroggen  spät,  zwei  Wochen  vor  Johannis  säet,  so 
erst  im  folgenden  Jahre  erntet  und  diess  mit  dem  Geernteten  noch  zwei 
Mal  wiederholt,  so  verwandelt  er  sich  in  Winterroggen. 

Den  Flachs  säet  man  gern  in  neu  aufgebrochenes  Land,  um  ihn  von 
Leindotter  frei  zu  erhalten. 

Gemüse  säet  man  auf  niedrigen  Boden ,  wenn  im  Frühjahr  die  Wege 
löcherig  wurden  und  niedriger  als  die  Seiten,  auf  hohen  Boden,  wenn  ne- 
ben den  Wegen  der  Schnee  früher  schmolz,  und  diese  erhöht  waren.  Boh- 
nen säet  man  am  liebsten  dann,  wenn  die  Engerlinge  aus  der  Erde  hervor 
kommen,  weil  dann  kein  Frost  mehr  zu  besorgen  ist. 

Das  Versetzen  der  Kohlpflanzen  darf  nicht  bis  nach  der  Sonnenwende 
verschoben  werden,  sonst  bilden  sie  keine  Köpfe  mehr.  Die  Erdflöhe  ver- 
treibt man  von  ihnen  mit  einer  Abkochung  des  Sumpfposts  (Ledum  palu- 
sfc  L.) ,  die  Raupen  mit  dem  Rauch  von  Wacholder,  welcher  von  eines 
dritten  Herren  Gebiet  genommen  ist,  oder  von  der  verbrannten  Weihnachts- 
streu; gegen  die  Raupen  auf  Bäumen  hängt  man  zwischen  die  Zweige  Bü- 
schel vom  Sumpfpost. 

Von  der  Erntezeit  hat  man  den  Spruch:  Madelene,  od.  Mad'li,  tob 
häda-leiba ,  Jägub  annab  sQre  kaku  (Magdalena  bringt  Nothbrot,  Ja- 
cob giebt  ein  grosses  Laib),  d.  h.  am  Tage  Maria  Magdalena  (22.  Juli) 


—  334  — 

hat  man  zur  Noth  schon  Brorvon  frischem  Getreide,  zu  Jacobi  (25.  Juli, 
dem  ordentlichen  Termin  des  RoggenschniUs)  hat  man  schon  reichlich; 
vielleicht  auch  mit  dem  Hintergedanken,  dass  die  Ernte  spärlicher  ist, 
wenn  durch  Dürre  die  Reife  zu  früh  eintritt.  Andere  nennen  statt  jener 
beiden  Tage  auch  Mareta-päew  und  Olewi-päew  (13.  and  29.  Juli). 

b)  Onlnt  für  den  ländlichen  Haushalt 

Sind  im  Winter  die  Wege  höher  beschneit  als  andere  Stellen  (te 
hafjas  der  Weg  dachförmig),  so  giebt  es  im  nächsten  Sommer  gutes 
Sommergetreide. 

Wenn  es  um  Martini  (10.  November)  zaunhohe  Schneetriften  giebt, 
so  wird  im  folgenden  Jahre  die  Gerste  gut  gedeihen. 

Wenn  im  Frühjahr  am  Dachrande  viel  Eiszapfen  hängen ,  so  wird  das 
Getreide  gut  wachsen. 

Wenn  es  zu  St.  Georg  (23.  April)  regnet,  besonders  bei  Nordwind, 
so  misslingt  die  Roggenernte. 

Von  einem  trockenen  Jahre  ist  doch  noch  etwas  zu  erwarten,  ein 
nasses  ist  ein  Hungerjahr  (vgl.  in  I.  die  Sprichwörter  Kuiw  ästa  ou 
abtra  lehma  öst,  mäfg  ästa  j&tab  üsna  ilma,  Pöua  lapsed  naera- 
wad,  wihma  lapsed  nutawad,  Pöua  jäljed  paranewad ,  wihma  jal- 
jed  ei  parane,  Pöwwa  latse'  ei  ike  ni  kui  wihma  latse'). 

Wenn  im  Anfang  des  Jahres  viel  Rauhreif  ist,  so  wird  es  ein  gutes 
Getreidejahr,  eben  so  wenn  zu  Neujahr  die  Bäume  mit  Schnee  bedeckt 
sind,  oder  wenn  es  am  Matthiastag  (24.  Februar)  tüchtig  stöbert. 

Hat  ein  Pferd  Nisse  nach  dem  Kopfe  zu,  so  bedeutet  es  ein  korn- 
reiches Jahr,  nach  hinten,  das  Gegentheil. 

Wenn  es  zu  Lichtmess  thaut,  so  wird  die  Gerstenernte  schlecht  sein. 

Wenn  es  am  Markustage  (25.  April)  nicht  friert,  so  wird  auch  der 
Gerste  der  Frost  nicht  schaden,  und  sie  wird  gut  reifen. 

Wenn  im  Frühjahr  der  Froschlaich  erfriert,  so  erfriert  auch  das  Som- 
mergetreide im  Herbst. 

Wenn  am  Martinstag  (10.  November)  die  Plejaden  hell  untergehen, 
so  folgt  ein  gutes  Jahr. 


—  335  — 

Regen  vor  Johannis  thut  gut,  nach  Johannis  ist  er  nachtheilig. 

Regen  im  Frohjahr  and  bei  neuem  Licht  bringt  Gedeihen,  im  Herbst 
und  bei  altem  Liebt  Schaden. 

Wenn  es  am  Margarethentage  (13.  Juli)  trockenes  Wetter  ist,  so  giebt 
es  einen  schönen  Herbst. 

Ist  das  Brachfeld  sehr  hart  zu  pflügen,  so  giebt  es  kornerreichen 
Roggen. 

Gewitter  von  der  Seeseite  bringt  Fische,  von  der  Landseite  Kalte, 
Gewitter  vor  St.  Georg  bedeutet  Kälte  und  verspricht  eine  gute  Getreide- 
ernte. 

Wenn  am  Quatember  der  Wind  von  daher  weht,  von  wo  die  Fischer 
Fische  erwarten,  so  lässt  das  auf  einen  guten  Fischfang  hoffen. 

Der  Nordwestwind  ist  ein  c Himmels-  und  Meeresbesen»,  er  fegt  die 
Wolken  und  die  Fische  fort. 

Wenn  vor  St.  Georg  sich  Thau  auf  dem  Boden  zeigt,  so  wird  der 
Roggen  vor  Jacobi  (25.  Juli)  reif  sein. 

Wenn  in  der  Weihnachtsnacht  Sterne  am  Himmel  zu  sehen  sind,  so 
wird  das  Vieh  sich  vermehren,  wenn  es  trüb  ist,  so  bedeutet  es  gute  Ge- 
treideernte, ist  aber  Kahlfrost,  so  wird  es  in  beiden  Stücken  knapp  sein. 

Dürre  am  Margarethentage,  so  wie  Thauwetter  zu  Lichtmess,  bedeutet 
ein  Hungerjahr. 

Wenn  es  zu  Lichtmess  (nach  Anderen  am  Antoniustag  17.  Januar  oder 
am  Siebenbrüdertag  10.  Juli)  auch  nur  so  viel  Sonnenschein  giebt,  dass 
ein  Mann  während  dessen  zu  Pferde  steigen  kann,  so  wird  das  Heu  trocken 
eingebracht  werden. 

Laurentius  (10.  Aug.)  breitet  die  Blätter  des  Kohls  aus,  Bartholomäus 
(24.  Aug.)  dreht  sie  in  Kopfe  zusammen. 

Wenn  die  Hänflinge  im  Frühjahr  erscheinen,  so  «zertreten  sie  das  Eis», 
und  wenn  diess  früh  geschieht,  so  wird  der  Flachs  gut  gedeihen. 

Ist  zu  Fastnacht  der  Mond  drei  Tage  alt ,  so  wird  es  ein  gutes  Jahr, 
ist  er  schon  im  ersten  Viertel,  ein  schlechtes. 

Wenn  die  Kraniche  früh  weg  ziehen,  so  ist  günstige  Zeit  für  die  Rog- 
gensaat. 


—  336  — 

Wenn  im  Sommer  viel  Fliegen  da  sind,  so  bedeutet  das  eine  reiche 
Roggenernte. 

Wenn  die  Schnarrwacbtel  sieb  auf  der  Wiese  hören  lässt,  so  verkün- 
det  sie  eine  gute  Heuernte,  wenn  im  Felde,  eine  gute  Getreideernte. 

Der  Kibitz  bringt  einen  Handschuh  voll  Heu,  die  Kronschnepfe  ein 
Fuder  oder  einen  Sack  voll,  der  Kranich  einen  Schober;  nach  Anderen 
bringt  die  Kronschnepfe  ein  Fuder  Heu,  der  Kibitz  kable  Hügel. 

Wenn  der  Steinschmätzer  (Oenanthe  Saxicola)  einzelne  Pfiffe  boren 
lässt ,  so  wird  das  Getreide  missrathen ,  lässt  er  sich  in  doppelten  Pfiffen 
hören,  so  wird  die  Ernte  gut  sein. 

Wenn  die  Lerche  im  Februar  bei  altem  Licht  erscheint,  so  bringt  sie 
gute  Botschaft,  d..h.  verspricht  ein  fruchtbares  Jahr. 

Wenn  ein  Kalb  bei  neuem  Licht  geboren  ist,  so  wird  es  besser  ge- 
deihen, als  wenn  bei  altem. 

Erscheint  der  Kuckuck  bei  schon  belaubten  Zweigen,  so  wird  es  ein 
Hungerjahr  sein,  bei  noch  unbelaubten,  ein  reiches;  umgekehrt  ist  es  mit 
der  Nachtigall. 

Wenn  zur  Zeit  der  Roggensaat  viel  Spinngewebe  auf  der  Erde  liegt, 
so  wird  das  Roggengras  gut  wachsen. 

Wo  unter  einem  Steine  schwarze  Ameisen  sind,  da  ist  es  gut  ein 
Haus  zu  bauen. 

Wenn  vor  St.  Georg  dem  von  der  Weide  kommenden  Vieh  am  Maul 
Strohhalme  hängen,  so  wird  ein  schlechtes  Getreidejahr  sein,  wenn  Heu- 
halme, ein  schlechtes  Heujahr. 

Wenn  im  Frühjahr  die  Espen  stark  blühen,  so  wird  die  Haferernte 
gut*  sein. 

Giebt  es  im  Frühjahr  viel  hängende  Erlenkätzchen  (von  Alnus  incana), 
so  bedeutet  es  eine  gute  Roggenernte ,  wenn  viel  rundliche  (pabala-ur- 
wad,  odra-urwad,  von  Alnus  glutinosa),  eine  gute  Gerstenernte;  sind 
beide  wenig  vorhanden,  so  bedeutet  es  ein  Hungerjahr,  nach  Anderen  auch, 
wenn  die  letzten  allein  reichlich  vorhanden  sind  (nälja  urwad,  Hunger  - 
kätzeben). 

Trägt  die  Eberesche  (Sorbus  Aucuparia  L.)  wenig  Beeren,  so  wird 
die  Gerstenernte  schlecht  ausfallen. 


—  337  — 

Wenn  die  Blüthe  der  Obstbäume  in  zwei  Monate  fallt,  so  wird  es 
reichlich  Obst  geben. 

Sind  die  Fichten  voll  Zapfen,  so  verheissen  sje  eine  reiche  Kartoffel- 
ernte. 

Wenn  ein  Roggenfeld  zur  Blüthezeit  raucht,  so  wird  es  kornreiche 
Aehren  geben. 

Der  Becherschwamm  (küfwi-wakk)  bezeichnet,  wenn  er  mit  Samen - 
schlauchen  gelullt  ist,  eine  gute  Ernte  für  das  folgende  Jahr. 

Wenn  der  Wald  sich  schnell  belaubt,  so  muss  der  Landmann  eilen 
mit  der  Saat. 

Das  Wetterleuchten  säet  Pilze  aus  und  zeitigt  das  Getreide;  man  giebt 
ihm  darnach  verschiedene  Namen  (suwe-wtfja-pälk,  talwe-wifja-p., 
söne-p.). 

Um  Martini  soll  ein  grosser  Stern  dem  Vollmond  entweder  vorangehen 
oder  nachfolgen ,  die  Ehsten  sagen  davon :  pere-mös  otsib  sulast  taga 
(der  Hausvater  sucht  den  Knecht)  und  sulane  otsib  pere-mest,  od.  lei- 
ba,  taga  (der  Knecht  sucht  einen  Herren,  od.  Brot);  das  Erste  soll  ein 
fruchtbares,  das  Zweite  ein  unfruchtbares  Jahr  prophezeien. 


X.  Witterangsomina. 

Wenn  es  am  Siebenschläfertag  (27.  Juni)  regnet,  so  wird  es  noch 
sieben  Wochen,  sieben  Tage  und  sieben  Stunden  regnen;  nach  Anderen 
am  Siebenbrüdertag  (10.  Juli). 

Wenn  der  kräunuja  kulT  (Pirol,  Oriolus  Galbula)  schreit,  so  kommt 
Regen;  man  schilt  ihn  auch:  mis  sa  kräunud?  kas  wihma  küll  ej  ole 
sänd?  (was  schreist  du  wie  eine  Katze?  ist  nicht  schon  genug  Regen  ge- 
wesen). Eben  so  ist  es  mit  dem  Geschrei  des  Kibitzes. 

Wenn  bei  Sonnenaufgang  eine  Wolke  der  Sonne  gegenüber  steht,  so 
wird  es  regnen;  nach  Anderen,  wenn  es  der  Sonne  gegenüber  blau  ist. 

Wenn  die  Sperlinge  im  Sande  oder  im  Wasser  baden,  so  kommt 
Regen. 

Bilden  sich  Wolkenstreifen  am  Himmel,  so  verkündet  es  Regen. 

22 


—  338  — 

Wenn  der  Kienspan  beim  Brennen  stark  raucht,  so  ist  Wind  und  Re- 
gen zu  erwarten,  eben  so,  wenn  die  Wolkenstreifen  am  Himmel  zusammen- 
ffiessen. 

Wenn  die  Hühner  sich  rupfen  und  spät  schlafen  gehen,  so  wird  es 
den  folgenden  Tag  regnen ;  eben  so,  wenn  die  Schweine  am  Abend  grun- 
zen, Stroh  auf  ihr  Lager  bringen  und  sich  spät  zum  Schlafen  begeben,  oder 
wenn  die  Spinnen  sich  tief  verkriechen. 

Wenn  ein  heller  Fleck  (Galle)  vor  der  Sonne  sich  befindet ,  so  ist  der 
Regen  vorüber  gegangen  und  gutes  Wetter  zu  erwarten ,  wenn  hinter  der 
Sonne,  so  wird  es  regnen. 

Wenn  in  der  Heuzeit  ein  Rechen  auf  dem  Rücken  liegt,  so  kommt 
alsbald  Regen. 

Wenn  ein  Regen  am  Vormittag  anlangt,  so  regnet  es  den  ganzen  Tag. 

Nach  einer  Windhose  kommt  starker  Regen  mit  Wind. 

Wenn  die  Eberesche  (Sorbus  Aucuparia  L.)  stark  blüht,  dann  giebt  es 
im  Herbst  viel  Regen  und  Wind. 

Wenn  die  Möwe  schreit ,  oder  wenn  die  Kraniche  fort  ziehen ,  so  tritt 
schlechtes  Wetter  ein. 

Wenn  es  auch  die  ganze  Woche  regnet,  so  pausirt  der  Regen  doch 
am  Freitag. 

Wenn  bei  schlechtem  Wetter  die  Schweine  Stroh  aus  dem  Stalle  brin- 
gen, so  wird  es  gutes  Wetter. 

Wenn  es  am  Siebenbrüdertag  (10.  Juli)  auch  nur  so  lange  Sonnen- 
schein giebt,  dass  ein  Mann  unterdessen  zu  Pferde  steigen  kann,  so  wird 
es  noch  trockenes  Wetter  geben. 

Wenn  im  Sommer  der  Hund  Gras  frisst  oder  das  Schwein  sich  er- 
bricht, so  ist  schlechtes  Wetter  zu  erwarten. 

Sonnenschein  am  Gründonnerstag  giebt  zwei  Wochen  trockenes  Wetter 
vor  Jobannis,  am  Charfreitag,  nach  Johannis. 

Wenn  es  am  Margarethentage  (karuse-päew,  13.  Juli)  trockenes 
Wetter  ist,  so  folgt  ein  schöner,  trockener  Herbst,  wenn  viel  Preisselbee- 
ren  sind,  ein  feuchter. 

Lammerwolken  bringen  gutes  Wetter. 


—  339  — 

Wenn  der  Wind  von  Westen  aber  Norden  nach  Osten  herum  geht, 
so  kommt  klares  Wetter. 

Wenn  es  den  Tag  Ober  trab  gewesen  ist,  aber  vor  dem  Untergeben 
die  Sonne  hinter  den  Wolken  hervorbricht,  so  bedeutet  das  gutes  Wetter; 
die  Ehsten  sagen:  päew  wätab  tagasi  (die  Sonne  sieht  sich  um). 

Wenn  das  Feuer  raucht,  so  bedeutet  das  Wind. 

Wenn  im  Sommer  reichlich  Vogelbeeren  (Sorbus  Aucuparia)  wachsen, 
so  folgt  im  nächsten  Jahre  ein  windiges  Frühjahr. 

Wenn  eine  Katze  scharrt,  so  kommt  Wind. 
Sternschnuppen  bedeuten  Wind  von  jener  Seite  her. 
Wenn  der  Wind  gegen  den  Sonnenlauf  umspringt,  so  kommt  windiges 
Wetter. 

Wenn  das  Meer  dampft  (mere  pöleb,  suitsub,  meres  on  tuld),  so 
,  wird  bald  ein  Sturm  aus  Westen  kommen. 

Wenn  die  Meerelster  oder  die  Möwe  schreit,  so  kommt  stürmisches 
Wetter. 

Wenn  die  Katze  mit  den  Krallen  Holz  oder  sonst  etwas  zu  sich  zieht, 
so  wendet  sieh*  alsbald  der  Wind  dahin ,  wohin  dabei  ihr  Schwanz  gerich- 
tet ist. 

Wenn  im  Winter  die  Huhner  sich  in  eine  Ecke  drängen  und  auf  dem 
Bauche  liegen,  so  kommt  Stöberwetter. 

Strahlen  um  die  Sonne  verkündigen  grosse  Wärme. 

Wenn  die  Singdrossel  bei  ihrem  Erscheinen  hoch  im  Wipfel  eines 
Baumes  singt,  so  kommt  ein  warmer  Frühling,  eben  so,  wenn  am  Früh- 
lingsquatembertag  der  Wind  von  der  weichen  Seite  weht  (Süd  und  West), 
und  der  Kuckuck  sich  zuerst  in  einem  belaubten  Laubwald  hören  lässt, 
hört  man  ihn  aber  in  einem  unbelaubten  oder  in  einem  Nadelwalde,  so 
wird  es  ein  kaltes  Frühjahr. 

Ein  rother  Himmel  bedeutet  Wärme. 

Wenn  die  Nachtschwalben  anfangen  sich  hören  zu  lassen,  so  kommen 
warme  Nächte. 

Die  Lerche  bringt  warme  Mittage,  die  Schwalbe  warme  Tage,  die 

Nachtigall  warme  Nächte. 

22* 


—  340  — 

Wenn  das  Birkhuhn  beim  Neumond  auf  einem  Aste  falzt ,  so  wird  es 
beim  nächsten  Neumond  auf  der  Erde  falzen»  d.  h.  es  wird  Sommer  sein. 

Frühlingsnebel  bedeuten  Kälte,  Herbstnebel  Wärme. 

Wenn  im  Herbst  um  Bartholomäi  (24.  Aug.)  die  Kiefernadeln  ab- 
fallen, so  ist  die  warme  Zeit  vorüber,  und  um  dieselbe  Zeit  des  folgenden 
Monats  beginnt  der  Winter.  —  Wenn  im  Februar  die  Fichtennadeln  ab- 
fallen, so  langt  im  März  der  Schnee  an  ab  zu  gehen. 

Wenn  der  brennende  Kienspan  knattert,  so  wird  es  kalt  werden,  wenn 
er  eine  lange  Schnuppe  hat,  so  wird  es  thauen. 

Wenn  die  Birke  rauscht,  so  wird  es  Tbauwetter,  eben  so,  wenn  die 
Ohren  jucken,  wenn  die  Hühner  auf  dem  Bauche  liegen  und  baddeln,  oder 
wenn  durch  kleine  Locher  und  Spalten  der  Schnee  hereingeweht  wird. 

Wenn  der  Hahn  auf  dem  einen  Fusse  steht,  so  wird  es  frieren. 

Wenn  der  «tuhka-nina-töfs»  (ein  Meeresstrudel  an  der  Küste  von 
Oesel)  brüllt,  so  verkündigt  er  Kälte. 

Wenn  es  die  Nacht  vor  und  nach  Maria  Verkündigung  friert ,  so  wird 
es  noch  vierzig  Nächte  frieren ,  das  Frühjahr  kalt  sein  aber  der  Herbst 
warm,  wenn  nur  in  der  Nacht  vorher,  fast  alle  Frühlingsnacbte ;  thaut  es 
in  beiden  Nächten,  so  giebt  es  ein  warmes  Frühjahr,  aber  im  Herbst  tritt 
die  Kälte  früh  ein. 

Wenn  das  letzte  Viertel  des  Mondes  Kälte  bringt,  so  ist  sie  bleibend. 

Wenn  im  Frühling  die  Blätter  lange  in  den  Knospen  bleiben,  so  wird 
der  Winter  früh  eintreten,  fallen  sie  im  Herbst  früh  ab,  so  kommt  er  spät. 

Wenn  im  Herbst  die  Wölfe  oft  heulen,  so  kommt  ein  strenger  Winter. 

Wenn  der  Kuckuck  noch  nach  Johannis  sich  hören  lässt,  so  tritt  der 
Winter  erst  spät  ein,  wenn  er  schon  vor  Johannis  aufhört,  früh. 

Wenn  zur  Zeit  des  Herbstquatembers  der  Wind  aus  Westen  oder  Sü- 
den weht,  so  kommt  ein  milder  Winter,  wenn  aus  Norden  oder  Osten,  ein 
strenger. 

Wenn  es  vor  St.  Georg  gewittert,  so  wird  der  Sommer  kühl  sein. 

Wenn  im  Herbst  der  Aipenhase  weiss  wird,  so  giebt  es  bald  Scboee. 

Wenn  die  Gänse  fort  ziehen,  so  kommt  Reiffrost,  wenn  die  Schwäne, 
Schnee. 


—  341   — 

Wenn  im  Herbst  die  Zugvögel  hoch  fliegen,  so  wird  im  Winter  tiefer 
Schnee  sein. 

«Nach  Maria  Verkündigung  schlägt  der  Prost  kein  Hühnerei  mehr 
entzwei». 

Wenn  zu  Lichtmess  der  Ochs  unter  der  Dachtraufe  zu  trinken  findet, 
so  findet  der  Hahn  am  Marientage  (25.  März)  nicht  so  viel,  um  mit  dem 
Schnabel  zu  nippen;  oder  «künla-kuize  sula  wastab  wastla-kü  ära» 
(für  Thauwetter  des  Februars  verantwortet  der  März). 

Wenn  es  am  Martinitag  friert,  so  wird  Weihnacht  mildes  Wetter  sein. 

Wenn  die  Bachstelze  (nach  Anderen  der  Hänfling)  im  Frühjahr  er- 
scheint, so  soll  das  Eis  anfangen  abzugehen,  denn  es  ist  ein  «ja  tallaja 
lind  oder  ja  pöritaja  lind»  (ein  das  Eis  zertretender  od.  umkehrender 
Vogel);  oder  lina-wästrik  tallab  kewade  jöed  jälle  lahti,  ja  löuke- 
zed  sulatawad  lume  wäljalt  ära  (der  Hänfling  tritt  im  Frühjahr  die 
Flüsse  wieder  los,  und  die  Lerchen  schmelzen  den  Schnee  von  den  Feldern. 

Ein  Omen  Tür  den  Winter  nimmt  man  aus  der  Milz  der  Schweine:  ist 
sie  vorn  dünn,  so  ist  der  erste  Theil  des  Winters  schneearm,  ist  sie  dick, 
schneereich;  —  oder  aus  der  Milchstrasse:  wenn  an  dem  östlichen  Ende 
die  Sterne  dicht  sind ,  so  kommt  der  Winter  schnell ,  wenn  am  westlichen 
Ende,  so  ist  die  zweite  Hälfte  kalt,  ist  sie  fleckig,  so  wird  der  Winter 
mild  sein,  wenn  im  Herbst  die  Milchstrasse  zu  beiden  Seiten  des  Himmels 
niedrig  ist  (?),  so  kommt  der  Winter  früh,  ist  sie  in  der  Mitte  breit  und 
hell,  so  wird  ein  schneereicber  Winter  sein. 

Die  zwölf  Tage  von  Weihnacht  bis  zum  Dreikönigstag  gelten  als  Vor- 
bedeutung für  die  Witterung  der  zwölf  Monate  des  nächsten  Jahres. 

Die  Sternkundigen  beobachten  von  Marffi  Himmelfahrt  bis  Weihnacht 
die  vier  Gestirne  der  Miichstrasse  (Perseus,  Fuhrmann,  Cassiopeja,  Schwan) 
und  entnehmen  einem  jeden  ein  Omen  für  einen  besonderen  Theil  des 
Winters,  besonders  was  die  Schneemenge  betrißt. 

Aus  Form  und  Stellung  des  Neumondes  entnimmt  man  Verschiedenes. 
Sind  die  Hörner  spitzig  (terane),  so  bedeutet  es  Kälte,  stumpf  (unine 
eigentl.  schläfrig),  so  bedeutet  es  Wärme,  zugleich  auch  ungesunde  Witte- 
rang, Krankheiten  und  Sterben.  Ferner:  kuri  k?l  on  kummuli,  hea  ku 
on  seTjali  (böser  Mond  liegt  vorn  ober,  guter  Mond  auf  dem  Rucken),  oder 


—  342  — 

sqe  kü  sörweti,  külm  kü  külleti  (warmer  Mond  auf  der  Kante,  kalter 
Mond  auf  der  Seite),  als  Vorbedeutung  von  Wärme  und  Kälte. 

Wenn  nach  Sonnenuntergang  der  Hahn  auf  seiner  Stange  noch  kräht, 
so  ändert  sich  am  folgenden  Tage  das  Wetter.  „ 

Wenn  die  Lerche  bei  Neumond  erscheint ,  so  wird  im  Frühjahr  das 
Wetter  unbeständig  sein. 

Wenn  eine  Hagel-  oder  Gewitterwolke  einem  Gebfische  nahe  kommt, 
so  verändert  sie  ihre  Richtung. 

Sprüche.  Jöulu-ku  ütles:  ma  ölen  külm  küll,  aga  üks  jalg  Ion- 
kab  (der  Decembar  sagte:  ich  bin  wohl  kalt,  aber  ein  Fuss  ist  lahm), 
wegen  der  wechselnden  Witterung.  Näri-ku  ütles:  ma  ölen  koige 
kfilmem  (der  Januar  sagte:  ich  bin  der  kälteste).  Eünla-kO  ütles:  ma 
oleksin  külmem  kui  sina,  aga  üks  silm  jökseb  wett  (der  Februar 
sagte:  ich  wäre  kälter  als  du,  aber  ein  Auge  trieft),  weil  die  Sonne  schon 
wirkt.  —  Kai  Märt  ei  mäetä,  sis  Kadri  kaotas,  Simmu  säd  silda 
(wenn  Martin  nicht  Fäulniss  bringt,  so  zerstört  Katbarine  und  baut  Simon 
die  Brücke).  —  Märt  matab,  Kad'ri  katab,  Andres  arutab,  Nigu- 
las  nedab  (Martin  deckt  zu,  Katbarine  bedeckt,  Andreas  trennt  auf,  Nico- 
las nietet),  d.  h.  M.  macht  den  Boden  fest,  K.  deckt  Schnee  darauf,  A.  lost 
die  Höcker  auf  und  füllt  die  Zwischenräume,  N.  macht  Land  und  Weg 
gleichmässig  fest  und  hart.  —  Kad'ri  kuzeb,  Andres  paneb  pulga 
ette  (Katharine  harnt,  Andreas  steckt  den  Pflock  vor),  kui  Mart  kapsib 
kazukaga,  sis  Kad'ri  ripsib  rldega  (wenn  Martin  im  Pelz  einher  lauft, 
so  spritzt  Katharine  das  Wasser  aus  dem  Kleide). 


XL  Bedeutung  gewisser  Tage  und  Zeiten  im  Jahre 
und  was  dann  gethan  oder  unterlassen  werden 

muss. 

Gedruckte  Kalender  in  mehrfachen  Editionen  sind  jetzt  überall  bei  den 
Ehsten  gebraucht  und  verbreitet,  an  der  Küste  aber,  wo  die  Bevölkerung 
mm  Tbeil  aus  Schweden  und  ehstnisch  gewordenen  Schweden  besteht, 


—  343  — 

kennt  man  auch  noch  den  alten  nordischen  Kalender,  aus  vier  mit  einem 
Riemen  verbundenen  Holzstäben  mit  eingeschnittenen  Zeichen  bestehend 1). 
in  alter  Zeit  soll  das  Jahr  dreizehn  Monate  gehabt  haben,  die  Guts- 
herren aber  haben  einen  davon  escamotirt,  damit  sie  für  einen  Monat  we- 
niger Abgaben  zu  zahlen  hätten.  —  Die  einzelnen  Tage  im  Jahre,  wel- 
chen, ohne  dass  sie  christliche .  Festtage  wären,  besondere  Bedeutung  bei- 
gelegt wird,  an  welchen  diess  oder  jenes  geschieht,  vorgenommen  werden 
muss  oder  nicht  vorgenommen  werden  darf,  heissen  überhaupt  täht-päe- 
wad  (Zeichentage,  bedeutsame  Tage).  Es  sind  nebst  den  Festtagen  die 
folgenden,  mit  Weihnacht  beginnend  wegen  der  mancherlei  Beziehungen 
dieses  Festes  zu  Neujahr  und  Epiphanias. 

Am  Weihnachtabend  legt  man  zwischen  die  Steine  der  Handmühle 
zwei  Hölzchen,  so  dass  man  von  allen  Esswaaren  und  Getränken  etwas 
dazwischen  legen  kann,  und  diess  bleibt  so  der  Mühle  zur  Speise  bis  nach 
Epiphanias.  —  Es  wird  Heu  oder  Stroh  in  die  Stube  gebracht  und  aus- 
gebreitet ,  zum  Andenken  an  das  Stroh ,  auf  welchem  das  Christkind  gele- 
gen hat,  die  Tragenden  fragen  vorher  durch  die  halb  geöffnete  Thür,  ob 
man  «jöulud»  (Weihnacht,  das  nordische  Julfest)  aufnehmen  wolle.  Der 
Wirtb  steht  mit  dem  rehe-papp  (der  von  ihm  selbst  bei  der  letzten  Ernte 
geschnittenen  und  gebundenen  ersten  Korngarbe,  welche  an  der  Decke 
aber  dem  Esstische  ungedroschen  aufbewahrt  wird),  und  der,  welcher  das 
erste  Strohbund  trägt,  fragt  ihn  hinter  der  Thür  über  allerlei  Dinge  aus, 
und  die  Garbe  giebt  dem  darinnen  Weisheit  richtig  zu  prophezeien.  We- 
gen der  Spiele,  die  dann  vorgenommen  werden,  vgl.  VII.  —  In  Erwartung 
der  Ankunft  des  Christkindes  bleiben  die  Leute  die  ganze  Nacht  hindurch 
in  den  Kleidern  wach,  es  wird  Licht  gebrannt,  es  steht  Essen,  traditionell 


« 

I)  Etwas  Aehnliches  sind  die  jetzt  auch  allmählich  weniger  gebrauchten 
Stäbe,  welche  ah  Quittung  oder  Schuldverschreibung  dienen.  Wenn  z.  B.  Jemand 
aus  dem  Vorrathsmagazin  Getreide  borgt,  so  wird  das  Geborgte  auf  zwei  gleich 
lange,  glatte  Stäbe  zugleich  in  derselben  Entfernung  vom  Ende  mit  einem  Ein- 
schnitt vermerkt,  und  der  Empfanger  behält  den  einen,  der  Ausgeber  den  ande- 
ren. Das  Eingeschnittene  kann  nicht  vertilgt  werden,  und  wenn  es  in  des  einen 
Theiles  Interresse  liegt,  die  Zahl  der  Einschnitte  zu  vermehren,  so  konnte  diess 
leicht  durch  die  Controle  mit  dem  Zwillingsstabe  vereitelt  werden.  Eben  so  wird 
»ach  Rechnung  geführt  aber  geleistete  Arbeit  und  Anderes. 


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—  344  — 

namentlich  Kobl  in  Wurstbrühe  gekocht,  auf  dem  Tisch,  das  fwheissene 
Himmelsbrot  bezeichnend,  auch  auf  jeder  Ecke  des  Tisches  ein  Häofehen 
Salz,  und  man  isst  davon  neun  Mal.    Salz,  als  ein  antiseptisches  Mittel 
auch  sonst  zu  abergläubischen  Zwecken  angewendet,  wird  nachher  am 
Weihnachtmorgen  auf  das  Viehfutter,  am  Abend  vor  Neujahr  in  Bronnen 
und  Bäche  gestreut.  —  Zu  Weihnacht  wird  ein  tize-leib»  (ein  besonde- 
res, kegelförmiges  Brot)  gebacken ,  man  macht  drei  Eindrücke  darauf  mit 
einer  Spange  oder  einer  Kohle  oder  drückt  mit  einem  Schlüssel  oder  Fer- 
kelknochen ein  Kreuz  darauf,  und  diess  heisst  jöulu-orikas  (Weihnachts- 
eber).    Es  wird  ebenfalls  mit  einem  hineingesteckten  Licht  auf  den  Tisch 
gestellt  und  dort  die  Feiertage  über  unberührt  gelassen.    Am  Neujahrs- 
und Dreikönigstage  vor  Sonnenaufgang  wird  etwas  davon  mit  Salz  dem 
Vieh  vor  gebrockt,  das  Uebrige  wird  im  Kasten  aufbewahrt  bis  zu  dem 
Tage ,  wo  das  Vieh  zuerst  auf  die  Weide  getrieben  wird ,  dann  legt  man 
es  dem  Hüter  in  den  Sack  und  vertheilt  es  am  Abend  an  das  Vieh,  um  es 
vor  Zauber  und  allem  Schaden  zu  bewahren;  anders  wo  isst  zur  Zeit  der 
Gerstensaat  das  Gesinde  davon  und  das  Vieh,  damit  das  Feld  reichlicher 
trage.  —  In  der  Nacht  vor  Weihnacht  müssen  die  Fenster  verdeckt  sein, 
sonst  kommt  der  Teufel  herein,  wenn  er  das  Licht  (s.  oben)  sieht,  oder 
wo  es  auf  das  Feld  hinaus  scheint,  da  wächst  kein  Getreide.  —  Am 
Weihnacbtabend  macht  man  mit  Kreide,  Kohle,  Theer  u.  a.  ein  Kreuz 
(auch  drei  Kreuze  wegen  der  Dreieinigkeit)  aussen  über  die  Thür,  auch 
auf  Schlitten  und  Wagen,  um  den  Teufel  abzuhalten,  und  Neujahr  verbin- 
det man  die  Spitzen  mit  einem  Kreise  (tara),  zum  Zeichen,  dass  das  Jahr 
seinen  Kreislauf  beendigt  hat.  —  Die  Mädchen  bringen  vom  Scheiterhau- 
fen ungezählt  Scheite  in  die  Stube ,  dort  zählen  sie  sie ,  und  ist  es  eine 
paarige  Zahl,  so  bekommen  sie  bald  einen  Mann.    Man  wirft  auch,  mit 
dem  Rücken  zur  Thür  gewendet,  einen  Schub  zwischen  den  Beinen  hin- 
durch oder  über  die  Schulter;  ist  die  Spitze  des  Schuhes  zur  Thür  gewen- 
det, so  wird  die  werfende  Person  im  nächsten  Jahre  aus  dem  Hause  ge- 
hen, ist  es  der  Hacken,  so  bleibt  sie  darin.  —  Man  wirft  auch  Strohhalme 
gegen  die  Decke  wie  am  Sylvesterabend  (s.  unten).  —  Wer  am  Weih- 
nachtabend  Heu  stiehlt,  dessen  Thiere  werden  gedeihen,  und  er  kann, 
wenn  er  dabei  nicht  ertappt  worden,  ohne  Gefahr  das  ganze  Jahr  stehlen.  — 


—  345  — 

Man  legt  —  eben  so  auch  am  Abend  vor  Neujahr  —  ein  Beil  vor  die 
Thür  des  Viebstalles  und  einen  Bohrer  vor  die  des  Pferdestalles,  damit 
der  Tod  nicht  hinein  komme.  —  Am  Weihnachtmorgen  legt  man  in  das 
Waschgefäss  eine  Spange  oder  sonst  etwas  Silbernes  und  wäscht  mit  die- 
sem Wasser  das  Gesicht,  auch  in  das  Trinkgefäss  des  Viehes,  und  das 
heisst  höbe-walget  panema  kalTil  päewal  (Silberweiss  legen  am  theu- 
ren  Tage).  —  Am  Morgen  des  Weihnachts-  oder  Neujahrs-  und  Epipha- 
niasfestes  wird  das  Vieh  früh  bei  Licht  beschickt  besser  als  sonst,  und 
wenn  es  hell  geworden  ist  noch  ein  Mal  (also  ein  Mal  mehr  als  an  ande- 
ren Tagen),  auch  dag  Trinkwasser  ihm  in  den  Stall  getragen;  man 
wirft  auch  wohl  den  Vögeln  Getreide  hinaus.  —  In  der  Nacht  muss  man 
Strumpfe  und  Schuhe  an  bebalten,  sonst  entstehen  Geschwüre  an  den  Füs- 
sen. —  Niesen  am  Weihnachtstage  bedeutet  Gluck,  besonders  Gedeihen 
des  Viehes ,  von  übler  Vorbedeutung  aber  ist  es ,  wenn  man  unversehens 
von  jemand  gestossen  oder  auf  den  Fuss  getreten  wird.  —  Am  Morgen 
noch  vor  Sonnenaufgang  macht  Gross  und  Klein  Besuche  bei  den  Nachba- 
ren. —  Wolle  zu  kratzen  fängt  man  nicht  eher  an  als  zwischen  Weihnacht 
und  Neujahr,  damit  die  Schafe  immer  gute  Wolle  tragen.  —  Der  «näri- 
sokk»  (s.  Neujahr)  erscheint  bei  Einigen  auch  zu  Weihnachten  als  jöulu- 
pukk  (Weihnachtsbock),  auch  eine  jöulu-hani  (Weihnachtsgans)  in  einem 
Pelz,  mit  langem  Hals,  welehe  wohl  getrankt  und  gespeist  wird  und  die 
Leute  im  Hause  dafür  mit  der  Ruthe  schlägt. 

Am  Sylvesterabend  stösst  man  einen  Stock  in  den  Schnee;  wessen 
Stock  am  Morgen  umgefallen  ist,  der  stirbt  in  diesem  Jahr.  —  Nach  Son- 
nenuntergang wird  die  Stube  gefegt ,  den  Kehricht  legt  man  in  ein  Sieb, 
tragt  ihn  vor  das  Fenster  oder  auf  das  Feld  und  deckt  das  Sieb  darüber. 
Um  ein  Uhr  in  der  Nacht  setzt  sich  der  Hausvater  auf  den  Boden  des  Sie- 
bes, dann  erfahrt  er,  wie  es  auf  seinen  Feldern  gehn  wird  u.  a.  Bretterge- 
räusch, welches  er  hört,  bedeutet  Sterben,  eine  Stimme  die  Geburt  eines 
Kindes  u.  d.  gl.  —  Am  Abend  befestigt  man  den  Ofenbesen  an  den  Fuss  und 
eggt  so  sein  Feld,  dann  fressen  die  Vögel  nicht  das  Getreide  weg.  —  In 
der  Nacht  nach  zwölf  Uhr  geht  man  hinaus  und  fragt  die  zuerst  entgegen 
kommende  Person:  mis  sull  nimi?  (wie  heisst  du).  Den  Namen,  welchen 
man  zu  hören  bekommt,  wird  der  Mann  resp.  die  Frau  fuhren,  welche 


—  346   — 

man  heirafben  wird.  —  A>  der  Dämmerung  heizt  man  den  Ofen»  und  wenn 
er  ausgebrannt  ist,  stellt  man  den  Esstisch  mitten  in  die  Stube  und  ein 
brennendes  Liebt  darauf.    Dann  bringt  man  Stroh  berein,  welches  «nSr» 
genannt  wird,  wohl  vom  seandinavischen  ny  är  (Neujahr),  der  Hausvater 
nimmt  von  den  härtesten  Halmen  und  wirft  sie  gegen  die  Decke;  wenn 
viel  davon  hängen  bleibt  in  den  Ritzen  und  zwischen  den  Balken,  so  wird 
im  nächsten  Jahre  gute  Roggenernte  sein.  Dasselbe  wiederholt  er  dann  der 
Reihe  nach  für  Gerste,  Hafer,  Erbsen,  Kartoffeln  etc.,  oder  er  wirft  auch 
eine  Hand  voll  von  jeder  Getreideart  an  die  Decke  und  ruft:  Gott  lasse  in 
diesem  Jahre  den  Roggen  etc.  so  hoch  wachsen.  —  Es  wird  «Gluck  ge- 
gossen», d.  h.  in  einem  Löffel  geschmolzenes  Zinn  in  Wasser  geschattet. 
Aus  der  Gestalt  des  erkalteten  Klumpens  werden  dann  Omina  entnommen, 
namentlich  wird,  wenn  er  recht  rauh  und  kraus  ist,  derjenige,  auf  dessen 
Namen  gegossen  wurde,  gutes  Glück  und  Reichthum  haben;  auch  für  das 
Vieh  und  dessen  Gedeihen  wird  Glück  gegossen.  Das  Wasser  wird  zuletzt 
nach  Norden  unter  eine  Zaunstütze  ausgegossen,  man  setzt  den  linken  Fuss 
darauf  und  horcht  auf  Geräusch,  welches  sich  etwa  vernehmen  lasst,  wor- 
aus dann  wieder  Vorbedeutungen  genommen  werden.  Brettergeräusch  be- 
deutet  Sterben,  Pferdegetrappel  oder  eine  Sackpfeife  Bräute,  Sicbelklingen 
schlechte  und  Sichelrascheln  gute  Ernte,  Thieregebrüll  deren  Sterben. 
Wenn  man  beim  Hinaustragen  des  Wassers  irgend  wo  einen  Hund  bellen 
hört,  so  kommen  Freier  dahin.  —  Spiele  werden  vorgenommen,  auch  die 
Fenster  verhängt,  wie  am  Weihnachtsabend  (s.  oben).  —  Hat  man  sich 
genug  belustigt,  so  nehmen  die  Aelteren  die  Gesangbücher  zur  Hand,  sin- 
gen und  lesen  einige  Lieder  und  Gebete ,  darauf  speist  man  und  lässt  das 
Licht  bis  zum  Morgen  brennen,  Einige  stellen  auch  Brot  und  Salz  daneben, 
damit  im  folgenden  Jahre  immer  reichlich  Brot  vorhanden  sei.  —  Manche 
beobachten  noch  Anderes  an  diesem  Tage.  Sie  schliessen,  wenn  es  dunkel 
wird,  alle  Thore,  sonst  werden  die  Mädchen  nicht  verheiratet,  stellen 
iwei  oder  drei  Stangen  kreuzweise  vor  die  Zaunöffnungen  (mulgud),  da- 
mit der  Böse  nicht  herein  komme,  legen  unten  an  die  Stallthür  und  bei 
dem  Scheuerthor  ein  Beil  in  den  Mist,  damit  anderer  Leute  böses  Wort 
oder  Zauber  dem  Vieh  nicht  schade ,  streuen  Salz  in  das  Eisloch  auf  dem 
Bache ,   woraus  Wasser  geschöpft  wird  für  Menschen  und  Thiere ,  bangen 


—   347  — 

an  die  Wand  des  Schafstalles  ein  Paar  bunte  Handschuhe,  damit  die  Schafe 
gute  Wolle  haben,  bringen  alles  Pferde-  und  Ocbsengeschirr  und  sonstiges 
Geräthe,  das  draussen  ist,  herein,  schlagen  zwischen  den  Ochsen  im  Stalle 

# 

ein  Beil  in  die  Wand,  dann  giebt  es  immer  etwas  zu  schlachten.  —  Ist 
am  Sylvesterabend  der  Himmel  heiter,  so  erwartet  man  fröhliche,  ist  er 
trüb ,  traurige  Zeit.  —  In  der  Sylvesternacht  darf  man  nicht  reisen ,  weil 
da  die  mä-alused  (Unterirdischen)  den  Menschen  sichtbar  werden  und  sie 
necken  und  erschrecken.  —  In  Oesel  werden  die  Geister  der  abgeschie- 
denen Verwandten  bewirlhet.  Es  wird  dazu  besonders  ein  grosses  Brot 
gebacken,  und  nachdem  alle  Uebrigen  sich  zum  Schlafen  niedergelegt  ha- 
ben, legt  es  der  Hausvater  auf  den  Tisch ,  giesst  etwas  Bier  und  Brannt- 
wein auf  den  Boden  und  ruft  die  Abgeschiedenen  herbei.  —  Anders  wo 
sitzt  der  Hausvater  am  Sylvesterabend  mit  einem  verkehrt  um  den  Hals 
gelegten  Kummet  bei  Tische  und  spricht  kein  Wort.  —  Die  Asche  im 
AschenJocb  wird  geebnet,  und  Niemand  darf  darin  stören.  Am  Morgen 
darauf  sieht  man  dann ,  ob  sich  Spuren  von  Menschen  oder  Thieren  darin 
zeigen,  was  ein  Sterben  in  diesem  Jahre  bedeutet;  eine  grosse  Spur  deutet 
aal  einen  erwachsenen  Menschen  oder  ein  grosses  Thier,  eine  kleine  auf  ein 
Kind  oder  ein  kleines  Thier.  Eben  so  tbut  man  auch  am  Weihnachtsabend. 

—  Der  Traum  der  Sylvesternacht  ist  bedeutsam ;  wer  auf  dem  Ofen  schläft, 
träumt  viel.  —  Böse  Schuldner  bezahlen  am  leichtesten  am  Sylvestertage. 

—  Wenn  ein  Mädchen  in  der  Sylvesternacht  in  den  Schafstall  geht,  und 
das  zuerst  von  ihr  erfasste  Thier  ein  Widder  ist,  so  werden  in  diesem 
Jahre  Freier  zu  ihr  kommen. 

Neujahr  (näri-päew,  fled  jQulud)  und  Epiphanias  (kolme-ku- 
ninga-p.)  beissen  «üed  pühad»  (neue  Feiertage);  zwischen  beiden  darf 
im  Hofe  kein  Span  von  einem  Holz  gehauen ,  auch  nicht  gesponnen  wer- 
den. —  Am  Neujahrsmorgen  laufen  die  Mädchen  um  die  Wette  in  den 
Schafstall,  und  welcher  es  gelingt  zuerst  das  Scrotum  eines  Widders  zu 
erfassen,  die  wird  in  diesem  Jahre  Braut.  —  Der  Hausvater  steckt  einen 
silbernen  Ring  an  den  Finger  und  bringt  so  das  Waschwasser  herein.  — 
In  den  Tränketrog  des  Viehes  legt  man  etwas  Eisernes,  meist  einen  Kes- 
selhaken oder  einen  Bohrer,  und  lässt  das  Vieh  so  trinken.  —  Am  Mor- 
gen geht  man  mit  einem  brennenden  Lichte  in  den  Schafstall  und  beschreibt 


_  34&  — 

damit,  dem  Sonnenlaufe  folgend,  drei  Mal  einen  Kreis  um  den  Kopf  der 
Thiere,  damit  der  Wolf  sie  nicht  zerreisse.  Man  bringt  auch  alle  Knochen 
von  dem  Essen  der  vorhergegangenen  Nacht  vor  die  Thfir ;  wessen  Knochen 
der  Hund  zuerst  nimmt,  der  stirbt  in  diesem  Jahr,  ist  es  aber  ein  von 
einem  Mädchen  gebrachter  Knochen,  so  wird  es  verheirathet.  —  Wenn 
man  am  Vormittag  aus  der  Kirche  kommt,  so  eilen  die  Abergläubischen 
sehr  nach  Hause  zu  kommen;  wer  fürchtet,  dass  ein  Anderer  ihm  doch 
zuvorkommen  möchte,  der  sucht  wenigstens  einen  Handschuh  früher  in 
seinen  Hof  zu  werfen.  Man  eilt,  um  früher  als  Andere  auf  den  Heuboden 
zu  gelangen  und  kleine  Heuhaufen  zu  machen  (säud,  kokad),  auch  allerlei 
Arbeitsgerät!)  in  die  Hand  zu  nehmen,  weil  man  dann  im  Sommer  auch 
mit  der  Heu-  und  Feldarbeit  den  Anderen  zuvorkommen  wird;  man  mäht 
auch  mit  der  Ofen  knicke  u.  d.  gl.  die  Strohhalme  (vgl.  oben)  von  der 
Decke.  —  Wenn  am  Neujahrstage  zuerst  eine  Mannsperson  in's  Zimmer 
tritt,  so  bedeutet  das  Gutes,  wenn  ein  Frauenzimmer,  Schlechtes.  —  Vor 
die  Thür  des  Viehstalles  legt  man  ein  Beil  und  ein  Ei ;  welches  Thier  auf 
das  Ei  tritt,  das  werden  die  Wölfe  zerreissen,  welches  auf  das  Beil,  das 
wird  sterben  im  Laufe  des  Jahres;  es  wird  daher' schon  sogleich  gemästet 
und  geschlachtet.  —  Am  Morgen  kommt  aus  einem  anderen  Hofe  ein 
Mann  mit  einem  Bierkruge  in  der  Hand  und  spricht  in  der  Thor:  tere 
hommikut!  wädake,  «Näri-Jäk»  tuleb  (guten  Morgen!  seht  der  «Neu- 
jahrsjacob»  kommt).  Er  giebt  dann  dem  Hausvater  den  Bierkrug,  wünscht 
Allen  Glück,  man  giebt  ihm  zu  essen  und  zu  trinken,  die  Mädchen  bringen 
ihm  Nüsse,  die  Hausfrau  Handschuhe.  —  Am  Abend,  wenn  Alle  fröhlich 
mit  einander  sind,  macht  man  den  näri-sokk  (Neujahrsbock).  Ein  Mann 
steckt  die  Beine  durch  die  Aermel  eines  umgekehrten  Pelzes,  hüllt  sieb 
ganz  in  zwei  andere  daran  genähte,  legt  sich  zwei  aus  Stroh  gedrehte 
Hörner  an,  nimmt  ein  Krummholz  zwischen  die  Beine,  an  dessen  einer 
Spitze  ein  grosser,  beblätterter  Besen  steckt.  In  diesen  giesst  er,  wenn 
Alle  herbei  treten  um  ihn  zu  besehen,  Wasser  und  benetzt  und  beschmutzt 
sie  damit,  was  viel  Spass  macht.  Er  stösst  auch,  jagt  den  Kindern  nach, 
ein  Mädchen  hängt  ihm  Handschuhe  oder  Strumpfbänder  als  Geschenk  an 
die  Hörner.  —  Einige  haben  zu  Mittag  ein  kegelförmiges  Brot  auf  dem  Ti- 
sche, das  aber  nicht  jetzt  gegessen  wird,  sondern  erst  am  Fastnachtstage. — 


—  349  — 

Anders  wo  geht  man  auf  einen  Berg,  singt,  fahrt  in  kleinen  Schlitten  hinab, 
wodurch  man  erlangt,  dass  der  Flachs  lang  wird.  —  Wenn  es  am  Neu- 
jahrstage Morgens  regnet,  so  wird  ein  Kind  in  diesem  Jahre  sterben,  wenn 
am  Abend ,  ein  Alter.  —  Damit  die  Hubner  ihre  Eier  alle  in  dasselbe 
Nest  legen,  macht  man  einen  Ring  aus  Stroh,  schüttet  Korn  hinein  und 
rattert  sie  daraus  am  Mittag  des  Neujahrs-  oder  auch  des  ersten  Weih- 
nachtstages. 

Am  Tage  der  heiligen  drei  Könige  (kolme-kuninga-päew,  kol- 
mandamad  jöulud)  wird,  ausser  dem  früher  schon  Erwähnten,  noch 
Manches  beobachtet,  was  anders  wo  am  Sylvester-  oder  am  Neujahrstage 
vorkommt,  als  das  Hereinbringen  von  Stroh,  Glückgiessen ,  Brennen  eines 
Lichtes  die  Nacht  hindurch.  —  In  der  Nacht  des  Epiphaniastages  soll 
«der  Adler  vom  Baume  fallen». 

Korjuze-päew  (14.  Januar),  da  fangt  der  Buntspecht  an  zu 
schreien. 

Tönise-päew,  Tönrii-päew,   Tennüs-päiw  (17.  Januar) 
beisst  auch  jöulu  ema-päew  (der  Muttertag  von  Weihnacht)  und  wird 
hoch  gehalten.  Man  bewahrt  Bier  und  Branntwein  dazu  und  bereitet  Weih- 
nachtsspeisen. Es  wird  auch  ein  kleines  Brot  gebacken,  welches  man  mit 
einem  hineingesteckten  Lichte  am  Abend  auf  den  Tisch  stellt  und  härja- 
kakk  (Ochsenbrot)  nennt.  Man  bewahrt  es,  bis  im  Frühjahr  das  Vieh  zum 
ersten  Male  auf  die  Weide  getrieben  wird,  dann  muss  es  der  Viehhüter 
den  ganzen  Tag  in  einem  Sack  am  Halse  tragen.    Wenn  er  am  Abend 
nach  Hause  kommt,  so  zerschneidet  man  es  und  giebt  jedem  Thier  ein 
Stückchen,  tbeils  eines  gedeihlichen  Fischfanges  wegen,  theils  um  das 
Vieh  gegen  Seuchen  zu  bewahren.  —  An  diesem  Tage  ist  die  Mitte  des 
Winters,  das  Vieh  bedarf  noch  die  gleiche  Zeit  lang  der  Stallfutterung,  der 
Mensch  die  doppelte  bis  zur  neuen  Ernte;  Jas  Meer  fangt  an  zu  dampfen, 
das  Wasser  in  den  Brunnen  wärmer  zu  werden;  von  dem  Tür  den  Winter 
bestimmten  Schnee  ist  die  Hälfte  noch  zu  erwarten;  der  Bär  in  seinem 
Winterlager  legt  sich  auf  die  andere  Seite,  und  wenn  man  ihn  jetzt  auf  jagt, 
so  richtet  er  viel  Schaden  an.  —  Der  Tag  hat  Beziehung  auf  die  Schweine, 
und  Einige  meinen,  der  Tonis  sei  ein  Schweinegott  gewesen,  d.  h.  habe 
die  Schweine  unter  seinem  besonderen  Schutz  gehabt.  Es  wird  ein  Schwein 


1 


—  350  — 

geschlachtet  9  an  diesem  Tage  selbsl  aber  nur  der  mit  Grütze  zubereitete 
Kopf  gegessen.  Beim  Schlachten  ist  folgendes  Gebet:  ptiha  Tönise- 
kene,  hoja  mu  orikakest,  kaitse  mu  kafjakest!  puhas,  pühaTöni- 
sekene,  ole  mu  sötja  ja  jötja!  ole  sa  hoidja  ning  warjaja  ning 
anna  meile  armu  ning  hejda  heldust  oma  armu  armuga ,  kuis  sa 
oled  mejle  annud  ja  armu  hejtnud !  (heiliger  Antonius,  behüte  meinen 
Eber,  schütze  meine  Herde I  reiner,  heiliger  Antonius,  sei  mein  Speiser 
und  Tränker!  sei  du  mein  Behüter  und  Schutzer  und  gieb  uns  Gnade  und 
sende  uns  Gute  mit  der  Gnade  deiner  Gnade,  wie  du  uns  gegeben  and 
Gnade  gespendet  hast).  Wenn  man  unterlässt  an  diesem  Tage  einen 
Schweinskopf  zu  kochen,  so  gedeihen  die  Schweine  nicht,  und  man  muss 
ihn  am  Abend  essen,  nicht  am  Tage,  sonst  werden  die  Schweine  im  Som- 
mer unstätt  sein.  —  Vor  diesem  Tage  sieht  das  Schwein  die  Sonne  nicht, 
weil  es  kleine  Augen  hat,  und  die  Sonne  niedrig  steht;  von  nun  an  sehen 
die  Schweine  zuerst  einen  Rand  der  Sonne  und  dann  allmählich  immer 
mehr,  man  bringt  sie  auch  an  diesem  Tage  hinaus,  damit  sie  die  Sonne 
recht  deutlich  sehen.  —  In  der  Gegend  von  Fennern  wird  Antoniustag 
besonders  hoch  gefeiert  mit  Bier  und  guten  Speisen,  und  man  bewirthet 
auch  Andere,  die  aber  weder  grossen  noch  danken  dürfen,  sondern  beim 
Weggehen  sprechen  müssen :  kurat  wötku  Töriiii  ja  tema  atitii  (der 
Teufel  hole  den  Antonius  und  seine  Gabe).  —  Man  muss  an  diesem  Tage 
das  Feld  eggen ,  dann  wird  das  Getreide  gut  wachsen ,  und  man  darf  nicht 
spinnen,  stricken,  nadeln,  flicken,  sonst  kriechen  im  Sommer  die  Schweine 
durch  den  Zaun  und  richten  Schaden  an.  —  Man  geht  auch  am  Abend  in 
den  Krug  und  trinkt  Branntwein,  was  man  «talwe  selga  katki  murdma» 
(den  Röcken  des  Winters  zerbrechen)  nennt.  —  Kohl  darf  nicht  gekocht 
werden,  sonst  verzehren  im  Sommer  Raupen  den  Kohl.  —  Wenn  an  die- 
sem  Tage  so  viel  Sonnenschein  ist,  dass  ein  Mann  dabei  zu  Pferde  steigen 
kann,  so  wird  das  Heu  gut  gerathen. 

Päwli  ümber-pöramize-päew  (25.  Januar)  ist  nach  Einigen, 
statt  des  17ten,  die  Mitte  des  Winters,  wo  das  Meer  anfangt  zu  dampfen, 
das  Wasser  in  den  Brunnen  wärmer  zu  werden. 

Künla-päew  od.  künla-Märja-päew  (2.  Februar).  An  die- 
sem, oder  nach  Anderen  an  dem  folgenden  Tage  muss  man  sich  betrinken 


—  351  — 

oder  wenigstens  in  den  Krug  gehen  und  Bier  and  Branntwein  trinken, 
damit  man  im  Sommer  immer  frisch  und  roth  aussieht.  Diess  heisst  kflnla- 
päewa  puna  jöma  (die  Rölhe  von  Lichtmess  trinken).  Die  Marid  und 
Märjad  müssen  den  Trank  darreichen.  Anders  wo  thut  man  diess  am 
25.  März  (Pästu-Mäfja-päew).  —  Andere  thun  es,  um  im  Sommer 
nicht  von  den  Fliegen  belästigt  zu  werden.  —  An  diesem  Tage,  nach  An- 
deren am  Matthiastage  (24.  Februar),  ubergiebt  man  den  Hennen  den 
Schlüssel,  wie  den  Schweinen  am  25.  März,  d.  h.  man  lässt  sie  nun  frei 
sich  selbst  ihre  Nahrung  suchen. 

Lü-walu-päew  (9.  Februar),  da  muss  Jeder  seine  «Knochen  und 
Glieder»  ausruhen  lassen. 

Neitsi-päew,  Tina-  od.  Waustlna-päew  (15.  Februar).  Man 
darf  am  Abend  dieses  Tages  kein  Licht  anzünden. 

Pötri-päew  od.  Pötri  helis-päew  (22.  Februar).  Die  Quellen 
faogeo  an  zu  rauschen  und  zu  klingen  (helisema)  und  die  Steine  im  Was- 
ser mit  dem  Eise  zusammen  zu  frieren. 

Madise-päew  od.  Matsi-p.  (24.  Februar).  Ungeziefer,  welches 
sich  in  die  Erde  verkrochen  hatte,  fangt  an  sich  zu  regen.  —  Spindeln 
und  Spinnräder  werden  in  Strohschober  versteckt,  weil  man,  wenn  man 
sie  sieht ,  im  Sommer  viel  Schlangen  resp.  Wölfe  sehen  wird ;  auch  alle 
Waschgeräthschaften  versteckt  man,  und  man  kämmt  und  wäscht  sich  nicht. 
—  Wer  an  diesem  Tage  näht  oder  strickt,  den  beisst  die  Schlange  in 
den  Fuss,  oder  sein  Vieh  wird  hinken,  wer  spinnt,  den  plagen  im  Sommer 
Fliegen  und  Mücken ,  dasselbe  erfolgt ,  wenn  die  zuerst  eintretende  Person 
ein  Frauenzimmer  ist. — Wenn  man  siebt  oder  mahlt,  so  werden  viel  Flie- 
gen und  Mücken  sein,  wenn  man  aus  dem  Walde  Holz  einführt,  so  führt 
man  sich  viel  Schlangen ,  Fliegen  und  Mücken  in  den  Hof,  wenn  man  da- 
gegen stäubt,  so  wird  es  wenig  Fliegen  geben. —  Der  Matthiasschnee  ver- 
zehrt den  alten  Schnee,  und  wenn  ein  tüchtiges  Schneegestöber  ist,  so  lässt 
das  eine  gute  Ernte  hoffe o.  —  Wenn  es  an  diesem  Tage  wenig  schneit, 
so  t schneit  es  Ungeziefer  auf  den  Sommer»,  schneit  es  aber  viel,  auch 
nur  so  viel  wie  eines  Strohhalmes  Dicke,  so  schadet  es  nichts.  —  Der  an 
diesem  Tage  wehende  Wind  wird  wohl  beachtet.  Wenn  man  bei  demselben 
Winde  Erbsen  säet,  so  werden  sie  durch  Ungeziefer  Schaden  leiden  oder 


—  352  — 

• 

unter  den  Erbsen  finden  sich  viel  harte,  oder  wenn  man  Flachs  säet,  so 
hat  er  wenig  Pasern  und  Samenkapseln.  Wer  Bienenstocke  hat,  hütet  sieb, 
bis  zum  Frühjahr  bei  diesem  Winde  irgend  etwas  mit  ihnen  vorzunehmen, 
sonst  würden  später  alle  jungen  Schwärme  davon  fliegen.  Wenn  man  da- 
bei ein  Schwein  schlachtet,  so  schwindet  das  Fleisch  sehr  ein  im  Kochen. 
Flachs  säet  man  bei  diesem  Winde  um  ihn  von  Leindotter  frei  zu  halten, 
auch  Kohl,  aber  nicht  Gerste  oder  Weizen,  sonst  würden  Wärmer  den 
vierten  Theil  verzehren.  Fischer  berücksichtigen  diesen  Wind  auch  beim 
Strömlingsfang.   Weht  ein  Landwind,  so  «treibt  er  die  Würmer  ins  Meer». 

—  Von  diesem  Tage  an  fangen  Halme  und  Spreu,  die  auf  dem  Boden  lie- 
gen, an  den  Schnee  zu  hassen,  d.  h.  er  fängt  an  unter  ihnen  abzuthauen. 

—  Am  Morgen  giebt  man  den  Hühnern  Grütze  und  Erbsen  und  damit  den 
Schlüssel,  den  sie  fortan  unter  dem  Flügel  tragen,  d.  h.  sie  müssen  sich 
selbst  ihre  Nahrung  suchen.  —  Man  soll  viel  Bier  und  Branntwein  trin- 
ken, damit  der  Flachs  gedeihe.  —  «Matthias  bringt  oder  bricht  Eis».  — 
Man  darf  auch  an  diesem  Tage,  wie  am  15.  Februar,  weder  ein  Licht 
noch  einen  Kienspan  anzünden,  sonst  werden  Hausgesinde  oder  Kinder 
krank. 

Tali-hafja-päew  (12.  März),  d.  h.  Firsltag  des  Winters,  weil 
an  diesem  Tage  der  Schnee  anfangen  soll  abzugehen,  und  nur  noch  die 
Wegstellen  damit  bedeckt  bleiben. 

Fastnacht.  Fastnachtspeise  ist  Grützsuppe  mit  Fleisch,  oder  noch 
verbreiteter  Erbsensuppe  mit  im  Herbst  eingesalzenen  Schweinefussen,  und 
wenn  diese  auf's  Feuer  gesetzt  ist,  so  pflegt  man  nicht  mehr  zu  arbeiten, 
wenigstens  nicht  zu  spinnen.  Wenn  etwas  von  der  Speise  über  kocht,  so 
wird  es  am  Tage  der  Düngerfuhr  regnen.  Die  gesammelten  Knochen  von 
den  Schweinefussen  bringt  man  am  anderen  Morgen  in  den  Schweinestall 
und  spricht  zur  Sau:  tee  mulle  nl  mitu  poega  kui  konti  sin  (gebare 
mir  so  viel  Junge ,  wie  hier  Knochen  sind) ;  oder  der  Jüngste  am  Tische 
muss  sie  einzeln  im  Munde  auf  den  Boden  des  Hauses  oder  in  den  Wald 
tragen,  damit  die  Schweine  im  Sommer  gedeihen  und  sich  nicht  verlau- 
fen. —  Wenn  man  am  Morgen  das  Haar  beschneidet,  besonders  mit  einer 
Schafschere  über  dem  Boden  eines  Siebes,  so  wird  es  gut  wachsen  und 
nicht  ausfallen;  dasselbe  geschieht,  wenn  man  von  einer  Wittwe,  welche 


353 


selbst  starkes  Haar  hat,  sein  Haar  am  Abend  sieben  Mal  im  Kreise  stutzen 
lässt.  Aach  Mähnen  und  Schweife  der  Pferde  stutzt  man  in  derselben  Ab- 
siebt. —  Armen  darf  an  diesem  Tage  kein  Getreide  gegeben  werden/ 
sonst  schwindet  es  im  Kornkasten.  —  Damit  der  Flachs  gut  wachse,  glei- 

tet  man  auf  kleinen  Schlttten  von  einer  Anhöhe  herab,  und  wessen  Schiit- 

•  

ten  am  weitesten  geht,  dessen  Flachs  wird  der  längste  sein.    Dabei  singt 

man:  linad  linu-la£kjale*  takud  takka  lükkajale,  -tudrad  tuppa 
istnjale  (der  Flachs  dem  Gleitenden,  die  Hede  dem  Nachschiebenden,  die 
Leindotfer  dem  in  die  Stube  sich  Setzenden),  oder  linad  linu-laäkjale, 
tudrad  toa-istujale,  takud  taga-wätajale,  wares-kaerad  wahtijale 
(der  Flachs  dem  Gleitenden,  die  Flachsdotter  dem  Stubensitzer,  die  Hede 
dem  Nachblickenden,  die  Trespe  dem  Gaffer).  —  Um  das  Haus  wird 
Asche  gestreut,  dann  kommen  in  diesem  Jahre  keine  Schlangen  hinein.  — 
Man  darf  an  dfesem  Tage  kein  Licht  anzünden,  sonst  werden  die  Ochsen 
im  Sommer  asthmatisch,  auch  nicht  Dänger  ausfuhren;  Andere  meinen, 
dass  es  dem  Getreide  Gedeihen  bringt,  wenn  man  ein  Fuder  Dünger  auf's 
Feld  fuhrt.  —  Wenn  am  Fastnachtstäge  der  Mond  drei  Tage  alt  ist ,  so 
wird  es  ein  gutes  Jahr,  wenn  er  schon  im  ersten  Viertel  ist,  ein  schlech- 
tes. —  Am  Abend  maeht  man  eine  Strohpuppe,  «metsik»  (Waldgeist) 
genannt,  das  eine  Jahr  mit  einem  Männerhute  und  einem  alten  Rocke,  das 
andere  mit  einer  Haube  und  einem  Weiberrocke  bekleidet,  steckt  sie  auf 
eine  lange  Stange,  trag)  sie  mit  Jauchzen  und  Geschrei  über  die  Gränze 
des  Dorfes  oder  Gutsgebietes  oder  Kirchspiels  hinaus  und  bindet  sie  im 
Walde  an  einen  Baumgipfel ;  diess  soll  ein  Schutz  sein  gegen  allerlei  Un- 
heil. —  Am  Fastnachtstage  eingeführtes  Brennbolz  soll  .bei  der  Getreide- 
darre besonders  gunstig  sein,  und  man  bewährt  davon  auf  für  den  Herbst, 
wo  das  erste  Getreide  in  die  Darrscheune  gerührt  wird.  —  Junge  Ochsen, 
welche  zur  Arbeit  dressfrt  werden  sollen ,  werden  an  diesem  Tage  zum 
ersten  Male  angeschirrt. 

Aschermittwoch.  Man  darf  an  diesem  Tage  kein  Brot  backen,  sonst 
wird  es  das  ganze  Jahr  schimmelig,  keinen  Ochsen  anschirren,  sonst  wer- 
den seine  Hörner  taschig»,  d.  h.  bröckeln  und  schuppen  sich  ab,  nicht  den 
Kopf  kämmen,  sonst  wird  er  schinnig,  auch  kein  Licht  anzünden  eben  so 
wie  den  Tag  vorher.  —  Wer  am  Aschermittwoch  nicht  in  die  Badstube 

28 


—  354  -^ 

• 

geht,  dem  wird  das  Brot  schimmelig  werden.  —  Die  Asche  aas  dem 
Aschenloch  wird  gesiebt,  damit  sie  das  Jahr  hindurch  gehörig  darin 
bleibe.  —  Einige  geben  auch  an  diesem  Tage  den  Hühnern  «den  Schlüs- 
sel» ab  (vgl.  2.  Februar). 

Pästu-  od.  Päst-Marja-päew  (25.  März).  An  diesem  Tage 
«übergiebt  man  dem  Schweine  die  Schlüssel»  (vgl.  2.  Februar),  denn  das 
Schwein  sagt:  Märja-päewast  parigu  raind  seitsme  pörsaga  ajaja 
arme  wahele,  ma  ei  sure  mitte  ära,  toidan  ennast  ja  oma  pörsaid 
kä  (von  Maria  Verkündigung  an  setze  man  mich  mit  sieben  Ferkeln  zwi- 
schen Zaun  und  Schneetrift,  ich  werde  nicht  sterben,  sondern  mich  und 
auch  meine  Ferkel  ernähren).  Die  Procedur  ist  dabei  diese:  man  bewahrt 
von  Fastnacht  her  Knochen  von  den  Schweinsfüssen  (s.  oben),  legt  sie  am 
Marientage  unter  Gerste  oder  Hafer,  bringt  diess  hinter  die  Pforte,  legt 
einen  Strick  herum  und  treibt  dann  die  Schweine  zum  Fressen  herbei; 
der  Ort  bedeutet,  dass  die  Schweine  den  Sommer  über  ausserhalb  des 
Hofes  fressen,'  und  der  Strick,  dass  sie  sich  nicht  von  einander  verlaufen 
sollen.  Wer  am  Morgen  vor  Sonnenaufgang  noch  drei  Hände  voll  Gerste 
dahin  bringt,  wo  er  im  Sommer  seine  Schweine  haben  will,  dessen 
Schweine  bleiben  dort  und  richten  nicht  anders  wo  Schaden  an.  —  Auch 
am  Morgen  dieses  Tages  geschiebt  wohl  das  Einsammeln  des  «Schwanz- 
geldes» durch  den  Viehhirten,  vgl.  unten  23.  April.  —  Wer  früh,  vor 
Sonnenaufgang  Hobelspäne  in  die  Stube  bringt ,  wird  viel  Vogelnester  fin- 
den. —  Man  muss  am  Abend  ohne  Licht  zu  Bette  gehen,  damit  nicht  Wan- 
zen und  anderes  Ungeziefer  sich  zu  sehr  vermehren.  —  Man  soll  auch 
an  diesem  Tage  kein  Feuer  anzünden ,  sonst  verdor/t  das  Roggengras  oder 
wird  zu  schnell  gezeitigt.  —  Wenn  ein  Frauenzimmer  zum  Besuch  kommt 
(eben  so  am  Gharfreitag  und  ersten  Ostertag),  so  wirft  man  ihr  beim  Weg- 
gehen Asche  nach ,  um  nicht  grossen  Schaden  zu  haben  auf  Feldern  und 
Wiesen.  —  Wer  nicht  vor  Sonnenaufgang  auüstebt,  dem  bleibt  ein  «Bä- 
renseblaf».  —  Die  Weiber  trinken  sich  die  «Marienröthe»  zu.  —  Man 
bereitet  das  Land  für  die  Kohlpflanzen ,  damit  Maria  sie  gegen  die  Kälte 
schütze.  —  Wer  an  diesem  Tage  fischen  geht,  wird  immer  reichlich  fan- 
gen. —  Am  Abend  vorher  legt  man  ein  Ei  auf  den  Holzhaufen;  ist  es  am 
Morgen  darauf  noch  ganz ,  so  wird  Frost  dem  Getreide  nicht  schaden.  — 


•_  355  — 

Wenn  am  Marientage  noch  Schnee  auf  dem  Dache  Hegt,  so  wird  zu  St. 
Georg  (23.  April)  noch  Schnee  am  Zaun  liegen.  —  Von  den  Nächten  vor 
und  nach  Maria  Verkündigung  scbliesst  man  auf  die  Witterung  des  Jahres. 
Thaut  es,  so  wird  der  Frühling  warm  sein,  aber  im  Herbst  das  Sommer- 
getreide vom  Froste  leiden ,  friert  es,  so  wird  umgekehrt  der  Frühling  kalt 
sein,  aber  das  Sommergetreide  gut  reifen.  —  Auf  neun  Tage  und  Nächte 
geht  die  Sonne  in  die  Schneetrift  (ang),  und  diess  heisst  arine-aeg,  dar- 
aufgeht sie  auf  eben  so  lange  Zeit  in's  Wasser,  und  diess  fangt  an  warm 
tu  werden.  ' 

Ambruse-päew  (4.  April).  Der  Hecht  und  der  Sein  (Kühling, 
Cyprinus  Idus)  fangen  an  zu  steigen. 

Charwoche.  Am  Palmsonntag  geht  man  in  den  Schafstall  und  setzt 
sich  auf  den  die  Abtheilung  für  die  Lämmer  bildenden  Zwischenzaun,  da- 
mit die  Schafe  gut  gedeihen.  —  Am  Morgen  des  Gründonnerstags  legt 
man  für  die.  jungen  Mädchen  ein  Ei  in's  Wasser,  damit  sie  immer  jung 
uod  schon  bleiben,  für  die  Männer  Silbergeld,  damit  .sie  auf  Reisen  Alles 
trinken  können  ohne  zu  erkranken.  Am  Morgen  dieses  Tages  selbst  darf 
man  übrigens  durchaus  nicht  eine  Reise  antreten,  allenfalls  später  im  Ver- 
lauf desselben.  —  Am  Gründonnerstag  und  Gharfreitag  machen  die  Fischer 
ihre  Netze  zurecht  und  räuchern  sie,  die  Jäger  machen  die  Lockpfeifen, 
die  Kinder  bringen  Gesträuch  und  Späne  in's  Zimmer,  damit  sie  im  Som- 
mer viel  Vogelnester  finden.  —  Am  Morgen  muss  man  beim  Aufstehen  aus 
dem  Bette  drei  Mal  auf  Eisen  treten  und  sprechen:  jalad  nl  köwad  ja 
wi&id  kui  raud !  (die  Füsse  so  hart  und  fest  wie  Eisen) ,  dann  bleiben 
die  Füsse  gesund.  —  Wer-  nicht  am  Gharfreitag  vor  Sonnenaufgang  den 
Kehricht  aus  der  Stube  verbrennt,  wird  viel  von  Fliegen  zu  teiden  haben. — 
Wer  an  diesem  Tage  (oder  am  Gründonnerstag)  sein  Pferdegeschirr  flickt, 
dessen  Pferde  ermüden  nicht  bei  der  Frühlingsarbeit,  und  ein  dann  aus- 
gebessertes Schiff  ist  sicher  vor  Beschädigung' auf  dem  Meere. —  Wer  am 
Gharfreitag  oder  Neujahr  seine  Netze  aufschlägt,  der  wird  reichlich  Fische 
damit  fartgen.  —  Man  darf  am  Gründonnerstag  und  Gharfreitag  nicht  Wa- 
sche klopfen,  sonst  werden  schwere  Gewitter  sein  (vgl.  St.  Georg).  — 
Madchen  müssen  «armastuze-rohtu»  (Philtra)  kaufen,  damit  eher  ein 
Bräutigam  kommt.  —  Bienenbesitzer  gehen  in  der  Nacht  vor  Gharfreitag 

23* 


—  356  —     . 

um  den  Zaun  des  Bienengartens  und  stecken  immer  Wacholder-  und  Eber- 
eschenzweige hinein ,  damit  die  Bienen  gut  schwärmen  und  nicht  fort  zie- 
hen, und  damit  sie,  wenn  Jemand  in  böser  Absicht  hinein  geht,  ihn  tüch- 
tig zerstechen. 

Ostern.  Am  Morgen  des  ersten  Ostertages  soll  die  Sonne  vor  Freude 
über  die  Auferstehung  tanzen,  d.  b.  auf  und  nieder  schweben.  —  Man 
kämmt  und  wäscht  sich  nicht,  eben  so  wie  am  Matthiastage.  —  Wenn 
ein  fremdes  Weib  in  den  Hof  kommt,  so  muss  man  ihm  beim  Weggehen 
Asche  nachwerfen,  sonst  konnte,  man  grossen  Schaden  auf  Feldern  und 
Wiesen  haben  (eben  so  am  Charfreitag  und  Maria  Verkündigung).  —  Wer 
vor  Tagesanbruch  die  Ruthe  eines  jungen  Bullen  betastet,  wird  im  Sommer 
viel  Vogeleier  finden  (eben  so  am  Charfreitag  und  St.  Georg). 

Künni-päew  (14.  April).  Das  Feld  fangt  an  zu  grünen  und  das 
Pflügen  muss  beginnen;  wenn  die  Witterung  es  nicht  erlaubt,  so  ist  es  ein 
grosses  Leidwesen.  Kommt  der  Pfluger  von  diesem  ersten  Pflügen  nach 
Hause,  so  wirft  man'  ihm  mit  einem  kleinen  Gelasse  Wasser  in's  Gesicht, 
dann  soll  er  im  Sommer  nicht  hinter  dem  Pfluge  einschlafen. 

Jflri-päew  (23.  April)  ist  einer  der  bedeutungsvollsten  Tage  für 
den  Landmann.  St.  Georg  ist  der  Termin,  von  welchem  regelmässig  die 
Landpachten,  auch  andere  Verträge,  beginnen. 

Nach  einer  Sage  soll  an  diesem  Tage  die  Erde  sich  geöffnet  and  aus 
dem  Spalt  übelriechende  Dunste  ausgebaucht  haben,  da  soll  ein  Mann  Na- 
mens Juri  (Georg)  den  Spalt  zu  geworfen  und  damit  dem  Verderben  Ein- 

* 

halt  gethan  haben;  daher  die  Feier  des  Tages  unter  seinem  Namen.  Er 
wird  als  ein  grosser  Feiertag  angesehen ;  wer  irgend  kann,  schlachtet 
etwas  und  braut  Bier,  oder  bringt  es  sich  wenigstens  aus  der  Schenke, 
und  singt  und  schmaust  fröhlich. 

An  diesem  Tage  muss  in  einem  normalen  Jahre  schon  junges  Gras 
auf  den  Wiesen  sein,  daher,  wenn  irgend  möglich,  das  Vieh  auf  die  Weide 
getrieben  wird,  und  das  Roggengras  muss  schon  sp  hoch  sein,  das£  es  eine 
in  der  Furche  sitzende  Krähe  verdeckt,  man  darf  aber  nicht  früher  hinaus 
geben  sein  Roggenfeld  zu  besehen.  —  Die  Baumrinde  löst  sich  durch  den 
Zufloss  des  Saftes,  was  die  Knaben  zur  Verfertigung  ihrer  Weidenflöten 


—  357  — 

benutzen.  —  Die  Rothfeder  (Leuciscus  rutilus  L.)  fangt  an  in  den  Bächen 
aufwärts  zu  ziehen. 

Wenn  man  an  diesem  Tage  barfuss  in  den  Hof  eines  Bienenbesitzers 
geht,  so  wird  die  Bienenbrut  ihn  verlassen.  —  Wer  die  Ruthe  eines  Bul- 
len betastet,  wird  viel  Vogelnester  finden.  —  Wenn  am  Morgen  sich  Thau 
findet,  so  wird  der  Roggen  vor  St.  Jacobi  (25.  Juli)  reifen.  —  Wenn  dem 
nach  Hause  kommenden  Vieh  Strohhalme  am  Maul  hängen,  so  wird  es  ein 
schlechtes  Getreidejahr  sein,  wenn  Heuhalme,  ein  schlechtes  Heujahr.  — 
Wenn  eine  Hüterruthe  nach  Hause  gebracht  wird ,  so  verwandelt  sie  sich 
in  eine  Schlange.  —  Wenn  es  vor  St.  Georg  gewittert,  so  wird  der  Som- 
mer kühl  sein.  —  Wer  vor  St.  Georg  einen  Frosch  sieht,  dem  werden 
den  ganzen  Sommer  über  die  Zehen  nicht  verbäht.  —  Wer  drei  Tage  vor 
St.  Georg  in  einen  Ameisenhaufen  spuckt,  dem  wird  die  Sonne  im  Som- 
mer das  Gesicht  nicht  verbrennen.  —  Wer  vor  St.  Georg  nächtern  einen 
Kuckuck  rufen  hört,  hat  in  diesem  Jahre  Schaden  durch  Feuer  zu  be- 
fürchten. 

Da  der  heilige  Georg  für  den  Hüter  und  Beaufsichtiger  der  Wolfe  gilt 
(vgl.  XVI),  so  steht  sein  Jahrestag  naturlich  in  vielfacher  Beziehung  zu 
diesen.  Am  Morgen  dieses  Tages  bekommt  der  Wolf  einen  Ring  um  die 
Schnauze  und  eine  Halfter  um  den  Kopf,  wodurch  er  bis  Michaelis  we- 
niger gefährlich  ist;  wenn  jedoch  St.  Georg  auf  einen  Freitag  des  Neu- 
mondes fallt,  oder  wenn  man  vor  diesem  Tage  mit  zwei  Waschbläueln  die 
Wäsche  klopft,  so  ist  das  Vieh  durch  den  Wolf  sehr  gefährdet.  Noch  vie- 
les Andere  ist  zu  beobachten,  resp.  zu  vermeiden,  um  die  Schädigung  der 
Herde  durch  die  Wölfe  abzuwenden.  Die  Hüterknaben  dürfen  vor  St.  Georg 
nicht  Fleisch  oder  Butter  essen  bei  der  Herde ,  sonst  wird  der  Wolf  viel 
Thiere  rauben,  und  die  Butter  wird  nicht  zusammen  geben,  auch  nicht 
Feuer  anzünden,  damit  der* Wolf  nicht  c feurige  Zähne»  bekomme.  Vieh- 
glocken darf  man  nicht  vor  St.  Georg  machen  und  dem  Vieh  anhängen, 
sonst  wird  der  Wolf  dadurch  herbei  gerufen;  eben  so  darf  man  auch  Zäune 
nicht  vor  St.  Georg  machen,  damit  der  Wolf  nicht  hindurch  kommt.  Wenn 
man  am  Morgen  dieses  Tages  näht ,  so  bleiben  die  Jungen  des  Wolfes 
blind.  Man  sucht  in  der  Nacht  vor  St.  Georg  Wolfskoth,  verbrennt  ihn  zu 
Hanse  und  räuchert  das  Vieh  damit,  oder  man  sammelt  Knochen  auf  den 


—  358  — 

Weiden  und  verbrennt  si&auf  einem  Kreuzwege,  was  auch  sonst  nach 
gegen  Krankheiten  durch  Zauber  oder  böse  Geister  gut  ist.  Man  schärft  den 
Kindern  ein ,  nicht  mit  einem  Stocke  in  der  Erde  zu  stochern  oder  sonst 
Unart  zu  treiben;  man  geht  vor  Tagesanbruch  auf  eines  fremden  Herren 
Gebiet  und  stört  in  einem  Ameisenhaufen;  man  trägt  eine  Menge  Gesträuch 
zusammen,  zündet  es  an  und  macht  einen  grossen  Rauch,  aber  frisches 
Holz  hauen  oder  Aeste  abbrechen  darf  man  nicht.  Anderes  noch  kommt 
vor  bei  dem  ersten  Austreiben  der  Herde  auf  die  Weide,  wovon  sogleich 

unten. 

Eine  von  vielen  Geremonien  begleitete  und  mit  vielen  Vorschriften 
verclausulirte  Hauptaction  ist  dieses  erste  Austreiben  der  Herde,  was,  wean 
nur  irgend  möglich,  an  diesem  Tage  geschieht  (vgl.  IX,  a),  sollten  auch 
die  Thiere  bisweilen  hungriger  nach  Hause  zurück  kehren  als  sie  ausge- 
gangen  sind.  Ohne  Zweifel  hat  diess  seinen  Grund  in  der  Beziehung,  in 
welche  der  h.  Georg  zu  dem  Wolfe  gedacht  wird.  Am  Morgen ,  vor  dem 
Austreiben  giebt  der  Hirt  den  Hausvätern  und  Hausfrauen  zu  trinken,  da- 
mit der  Wolf  die  Thiere  nicht  beschädige,  und  empfangt  dabei  für  jede 
Kuh  das  so  genannte  •  Schwanzgeld ».  Der  Hausherr  beschreibt  mit  dem 
Gelde  einen  Kreis  um  den  Kopf  des  Thieres  und- legt  es  dann  auf  den 
Dungerhaufen  nieder.  Der  Hirt  steckt  seinen  Stock  in  die  Erde ,  legt  sei- 
nen Hut  darauf,  betet  drei  Vaterunser  und  gebt  drei  Mal  um  das  Vieh 
herum;  wenn  er  zum  dritten  Mal  wieder  zu  seinem  Stocke  gekommen  ist, 
so  treibt  er  die  Thiere  hinaus,  jedoch  ohne  sie  zu  schlagen.  Mancher  holt 
sich  den  Stock,  gewöhnlich  von  Ebereschenholz,  von  dem  Boden  eines  an* 
deren  Herren,  Mancher  legt  auch  in  ein  verspundetes  Loch  desselben  etwas 
Quecksilber.  Die  Thiere  schmiert  man  mit  Theer,  damit  sie  gesund  blei- 
ben; man  steckt  ihnen  auch  Brot,  Salz,  Schiesspulver  in  den  Hals,  und 
im  Thor  wirft  man  ihnen  Salz  auf  den  Rücken  gegen  « rabandus»  (plöci- 
liche  Krankheit) ,  und  damit  sie  kräftig  seien.  Wenn  man  einem  Thiere 
die  Glocke  anhängt,  so  legt  man  vorher  Salz  und  Brot  hinein  und  giebt 
von  diesem  Brote  auch  den  anderen  Thieren ,  dann  halten  sich  alle  nach 
dem  Klange  der  Glocke  bei  einander.  Während  die  Kühe  aus  dem  Stalle 
kommen,  muss  die  Hausfrau  recht  oft  sprechen:  sitt  ja  kuzi  küla-rah- 
wale,  wöi  ja  plm  meile  (der  Koth  und  der  Harn  den  Nachbarsleutea, 


—  359  — 

die  Butter  und  die  Milch  für  uns).  Man  beräuchert  das  Vieh  mit  Asa  foe- 
(ida  oder  Schwefel  gegen  Hexerei  und  böse  Dünste.  Man  schneidet  mit 
einer  Sense  ein  Kreuz  in  die  Pforte.  Man  legt  vor  die  Stallthür  oder  vor 
die  Pforte  Eier  oder  ein  scharfes  Werkzeug  (Sense,  Beil),  und  welches 
Thier  dann  ein  Ei  zertritt  oder  sich  beschädigt,  das  wird  von  dem  Wolf 
zerrissen  werden  oder  sonst  den  Winter  nicht  erleben,  und  Mancher  schlach- 
tet es  daher  schon  lieber  sogleich,  um  wenigstens  das  Fleisch  zu  retten. 

m 

Man  legt  auch  überhaupt  etwas  Eisernes,  eine  Brechstange  oder  den  Kes- 
selhaken, vor  die  Thür  als  ein  Schutzmittel.  —  Statt  des  oben  beschriebe- 
nen Stockes  bat  der  Hüter  auch  eine  gedrehte  Birkenruthe,  und  wenn  er 
diese  beim  Austreiben  zu  den  Thieren  wirft,  so  verlaufen  sie  sich  auf  der 
Weide  nicht.  Oder  er  läuft  mit  einem  Stein  in  der  Hand  drei  Mal  um  die 
Herde  und  wirft  dann  den  Stein  mitten  in  dieselbe,  dann  bleibt  sie  eben- 
falls beisammen.  Anders  wo  .läuft  auch  die  Hausfrau  selbst,  wenn  das 
Vieh  zur  Hofpforte  hinaus  gegangen  ist,  drei  Mal  um  dasselbe  zu  dem  näm- 
lichen Zwecke.  Sie  begleitet  wohl  auch  selbst  ihre  Thiere,  welche  dann 
nur  kurze  Zeit  auf  der  Weide  bleiben.  Dazu  hat  sie  von  den  Weihnachts- 
broten (s.  oben)  eins  aufbewahrt ,  diess  nimmt  sie  in  einem  Sack  auf  den 
Rucken,  dazu  Salz  und  ein  Ei  in  einem  Handschuh  und  den  Kesselhaken,  geht 
drei  Mal  in  der  Richtung  des  Sonnenlaufs  um  das  Vieh,  betet  ein  Vater- 
unser, legt  Ei  und  Kesselhaken  vor  die  Pforte  und  treibt  dann  die  Thiere 
hinaus.  Während  sie  auf  der  Weide  sind ,  hat  sie  immer  den  Sack  auf 
dem  Rücken  und  ein  Buch  in  der  Hand ,  und  wenn  die  Herde  nach  Hause 
kommt,  so  vertbeilt  sie  das  Brot  gleichmässig  unter  die  Hausgenossen.  — 
Der  Hüter  muss  immer  bei  der  Herde  sein  und  Acht  geben ,  dass  keine 
Hexe  dazu  kommt,  und  so  wohl  er  wie  die  Hüterknaben  dürfen  ja  keinen 
Zweig  abbrechen  (vgl.  oben).  Diese  letzten  müssen  fasten,  und  sie  be- 
kommen kein  eisernes  Werkzeug  (Beil  oder  Messer)  mit,  sonst  würde  das 
Knebeln  des  Wolfes  durch  den  heiligen  Georg  (s.  oben)  nichts  helfen,  son- 
dern nur  einen  Stock,  welchen  sie  am  Abend  zurück  bringen  müssen.  — 
Wenn  die  Herde  von  dem  ersten  Gange  auf  die  Weide  zurück  gekommen 
ist,  so  wirft  man  dem  Hüter  Wasser  über  den  Kopf,  damit  er  den  ganzen 
Sommer  über  aufmerksam  sei.  Die  Ruthe^  mit  welcher  er  die  Thiere  aus- 
getrieben  hat,  steckt  er  in  den  Rand  des  Daches,  dann  bleiben  sie  den 


—  360  — 

ganzen  Sommer  ruhig  auf  der  Weide,  und  jedes  Stück  kommt  richtig  wie- 
der  nach  Hause.  —  Wenn  ihre  Kühe  zum  ersten  Male  nach  Hause  kom- 
men, so  eilt  die  Hausfrau  ihnen  entgegen,  um  alle  Butter  von  ihnen  zu 
bekommen. 

Noch  vielerlei  Anderes  wird  mit  Rücksicht  auf  den  Georgentag  gethan 
oder  nicht  gethan.    Man  lässt  einen  heissen  Stein  in's  Wasser  hinab ,   um 
das  Weiter  warm  zu  machen ;  die  entgegengesetzte  Wirkung  hat  es,  wenn 
man  vor  St.  Georg  im  Freien  Feuer  anmacht.  —  Man  verbrennt  das  Stroh 
des  Weihnachtsabends  (s.  oben)  im  Kohlgarten  und  räuchert  mit  Wacholder 
von  dreier  Herren  Gebiet  zum  Schutz  gegen  Raupen.  —   Wenn  es  ge- 
wittert und  man  während  dessen  drei  Purzelbäume  schlägt,  so  wird  zur 
Erntezeit  der  Rücken  nicht  schmerzen.  —  Wenn  man  (beim  Weben,  Wa- 
schen oder  sonst)  klopft,  so  werden  viele  Gewitter  und  Ungeziefer  sein; 
anders  wo  indessen  hält  man  gerade  darauf,  dass  die  Hausfrau  beim  We- 
ben tüchtig  mit  der  Lade  klappert.  —  Vor  St.  Georg  darf  nicht  ein 
Frauenzimmer  mit  Stricknadeln  oder  Jemand  mit  blossen  Füssen  in  einen 
fremden  Hof  gehen,  sonst  thun  die  Schlangen  dort  Schaden.  —  Wer  an 
diesem  Tage  ein  Eisen  auf  der  Erde  findet,  wird  das  ganze  Jahr  gesund 
bleiben.  —  Man  darf  keine  Feldarbeit  mit  Rindern  verrichten,  damit 
nicht  dir  Hagel  das  Getreide  zerschlage.  —  Am  Morgen  geht  man  aufs 
Feld  hinaus  und  schlägt  mit  Dreschflegeln  auf  den  Boden,  als  wäre  man 
beim  Dreschen,  dann  wird  man  im  Herbst  reichlich  zu  dreschen  haben. 
Auch  lässt  man  aus  dem  Ringfinger  der  linken  Hand  auf  jede  der  vier 
Ecken  des  Feldes  drei  Tropfen  Blut  fallen  unter  Anrufung  des  Lijon  (s. 
XV).  —  Wenn  man  mit  Schweinekoth  im  Munde  drei  Mal  barfuss  um  die 
Stube  geht,  so  wird  man  viel  Vogelnester  finden. 

Noch  geschieht  endlich  an  diesem  Tage,  zugleich  auch  am  Johannistag 
und  am  Donnerstag  zwei  und  eine  Woche  vor  Himmelfahrt  (ezimene  ja 
teine  ri6ti-päew),  Manches,  wodurch  man  Vortheil  zu  erlangen  und  Scha- 
den abzuwenden  oder  anzurichten  meint,  ohne  dass  ich  genau  erfahren 
hätte,  worin  diese  eigentlich  bestehen.  So  kriecht  man  ohne  Hosen  und  mit 
einem  Kummet  um  den  Hals  unter  einer  Zaunstütze  hindurch;  man  legt 
Tabak,  Steine,  Feuerbrände,  Kohlen  in  das  Getränk  des  Viehes,  in  Troge 


—  361  — 

und  Ställe ,  oder  man .  vergräbt  sie  auf  Feldern  oder  in  den  Vorratshäu- 
sern ;  in  der  Nacht  melkt  man  fremde  Kühe  aus ,  besprengt  sie  mit  Blut, 
beschert  Pferde  und  Schafe ;  man  setzt  Pferden  ein  Haarseil  oder  beschmiert 
sie  mit  Koth,  bringt  in  fremde  Wohnungen  Eier,  Fleisch,  Fett,  Eingeweide, 
Salz.  Zu  den  letzten  Proceduren,  wobei  ohne  Zweifel  ein  böser  Zauber 
beabsichtigt  ist,  vergleiche  man  XIII. 

Markuse-päew  (25.  April).  Man  darf  nicht  pflügen,  sonst  stirbt 
das  Vieh  plötzlich,  daher  auch  surma-päew  od.  äkk-surma-päew  (Ster- 
benstag, Tag  des  plötzlichen  Sterbens).  —  Wenn  es  an  diesem  Tage 
nicht  friert,  so  hat  im  Herbst  die  Gerste  nichts  vom  Frost  zu  furchten. 

Koige  tarkade  od.  k.  nöidade  päew  (der  Tag  aller  Klugen, 
d.  h.  Zauberer,  oder  Hexen),  Wofbri-p.,  Wilpuze-p.  (4.  Mai).  An 
diesem  Tage  müssen  die  Erbsen  gesäet  werden.  Es  darf  nicht  geheizt 
werden,  weil  das  den  Blitz  anzieht. 

Ri£ti-pä£w  (Himmelfahrt),  od.  Sür  riäti-päew  zum  Unter- 
schiede von  den  drei  vorhergehenden  Donnerstagen,  welche  ebenfalls 
riäti-päew  (Kreuzestag)  heissen,  nämlich  tiUe-riäti-päew,  linnu-r.-p., 
lehe-r.-p.    Zur  Feier  des  Tages  wächst  das  Gras  eine  Stunde  lang  nicht. 

—  Das  Vieh  kommt  zum  ersten  Male  zu  Mittag  nach  Hause,  eine  «nö|d» 
(Hexe)  geht  ihm  mit  einem  Stöckchen  (nöja-kepp)  entgegen,  berührt  die  Kühe 
damit  und  spricht:  Sit  wöid,  Sit  plma  (von  hier  Butter,  von  hier  Milch). 

—  Am  Donnerstag  eine  Woche  vorher  (tüle-ri$ti-päew)  darf  nicht  ge- 
säet werden,  damit  nicht  später  der  Wind  das  Getreide  durch  einander 
wirre,  und  damit  die  Schafe  mehr  Wolle  geben.  Damit  die  von  Lappland 
wehenden  bösen  Winde  das  Vieh  nicht  beschädigen,  darf  es  am  ersten 
«ri&ti-päew»  den  ganzen  Tag,  am  zweiten  den  Vormittag,  am  dritten 
ohne  gefüttert  zu  sein  nicht  hinaus  gelassen  werden. 

Eriku-päew  (18.  Mai)  ist  der  Tag,  an  welchem  die  Roggenähren 
erscheinen. 

Neli-pühad,  neli-pfihi  (Pfingsten)  wurde  früher  vier  Tage  lang 
gefeiert,  daher  der  Name  (Vierfest). 

Wltuse-päew(i5.  Juni)  ist  der  Tag,  an  welchem  die  Kohlpflan- 
zen versetzt  werden  müssen. 


—  362  — 

Jäni-päew  (24.  Juni).  Die  Feier  des  Johannistages  geschieht  sehe« 
am  Abend  und  in  der  Nacht  vorher.  Das  Johannisfeuer  soll  die  Hexen 
vom  Vieh  ab  halten.  Man  nimmt  dazu  mit  brennbaren  Stoffen  gelallte  Tbeer- 
tonnen  auf  Stangen  oder  einem  abgehauenen  Baum,  welchen  man  aufrichtet 
und  in  Form  eines  Thurmes  oder  einer  Pyramide  mit  Wacholder  umgiebt. 
Aus  jedem  Hofe  wird  eine  Person  geschickt  um  Wacholder  zu  hauen ,  und 
es  werden  wohl  bis  zehn  Fuder  davon  zusammen  gebracht.  Um  dieses 
Feuer  versammelt  sich  Alt  und  Jung,  und  es  wird  gescherzt  und  gejubelt 
mit  Gesang  und  Musik  bis  zum  Morgen.  Jeder  hinzukommende  bringt 
noch  etwas  mit  in's  Feuer  zu  werfen,  damit  es  länger  erhalten  wird,  Holz, 
Wacholder,  Stroh.  Man  singt:  iga  üks  nüd  kokku  tuleb  Sin,  kus 
Jäni-tuli  pöleb;  Kes  ei  tule  Jänitulele,  Seile  odrad  ohakazed, 
Kaerad  on  kaste-hejnased  (nun  kommt  Jeder  zusammen  hier ,  wo  das 
Jobannisfeuer  brennt;  wer  nicht  zum  Johannisfeuer  kommt,  dessen  Gerste 
ist  voll  Disteln,  der  Hafer  voll  Th  au  gras).  Man  wirft  auch  drei  besondere 
Klotzchen  hinein,  bei  dem  ersten  sagt  man  «tudrad  tnlese»  (die  Leindotter 
in's  Feuer),  bei  dem  zweiten  «kaste-heinad  kargele»  (das  Thaugras  auf 
das  ungepflegte  Land),  bei  dem  dritten  «linad  nrinu  pöllu  peale»  (der 
Flachs  auf  mein  Feld).  Stellweise  wird  zum  Johannisfeuer  Reisig  um 
einen  Baum  geschichtet ,  auf  dessen  Gipfel  ein  Fähnchen  steht ,  und  man 
versucht  es  mit  Knütteln  herab  zu  werfen ,  ehe  es  von  der  Flamme  er- 
griffen wird ;  wem  diess  gelingt,  der  erwartet  Glück  dafür.  Mancher  zün- 
det auch  noch  besondere  Feuer  an  den  Feldrändern  an ,  damit  der  Rauch 
über  das  Feld  hin  ziehe  und  das  Unkraut  vertilge.  Ein  besonderes,  mit 
Musik  und  Gesang  verbundenes  Spiel  am  Johannisabend  ist  nuku-mfirig 
od.  nukku  jöksma,  wobei  ein  in  den  Wald  laufendes  Mädchen  von  den 
verfolgenden  Burschen  gehascht  wird  (vgl.  VII);  auch  sonst  ziehen  sich  junge 
Paare  in  den  Wald  zurück,  wobei  es  nicht  eben  decent  hergeht.  —  Sehr 
beliebt  ist  es,  am  Jobannisabend ,  auch  wohl  noch  am  Johannistag  selbst, 
aber  nicht  später,  neunerlei  Kräuter  zu  sammeln,  welchen  besondere 
Kraft  beigelegt  wird;  immer  befinden  sich  darunter  jäni-rohj,  sala-koi- 
rohi,  poi-rohi,  rawanduze-rohi  und  kaetis-rohi  (vgl.  d.  Lexikon). 
Sie  dienen  theils  als  Heilmittel  für  Menschen  und  Thiere,  theils  zu  ver- 
schiedenem abergläubischen  Gebrauche.    Man  steckt  sie  als  Glucksblomen 


—  363  — 

üi's  Dach  oder  in  die  Wandritien  oder  hingt  sie  in  Kränzen  an  die  Wand 
auf  den  Namen  der  einzelnen  Bewohner  des  Hauses ;  wenn  die  einem 
Midehen  geweihten  dort  wachsen,  so  wird  es  bald  heirathen,  wenn  die 
ffir  alte  Leute  angebrachten  vertrocknen,  so  sterben  diese1).  Man  giebt 
sie  auch  dem  Vieh,  wenn  es  ausgetrieben  wird,  und  beräuchert  Vieh  un* 
Fasel  und  Bienenstöcke  (gegen  Raubbienen)  damit,  wozu  dann  auch  Späne 
aus  den  Thurschwellen  gelegt  werden.  Man  hängt  auch  Büschel  davon 
um  das  Haus,  um  böse  Geister  abzuhalten;  Mädchen  legen  sie  unter  das 
Kopikissen,  um  ominöse  Träume  zu  haben.  Man  sammelt  auch  Nesseln 
und  andere  Krauter,  fegt  mit  dem  Besen  Kohlen  darunter  und  giebt  davon 
im  Winter  den  Kühen  zu  fressen.  —  Man  bringt  am  Abend  Knochen  auf 
den  Anger,  um  das  Vieh  vor  Schaden  zu  bewahren.  In  der  Nacht  geht 
man  auch  auf  das  Feld  und  steckt  belaubte  Zweige  hinein ,  man  reitet  um 
die  Grenzen  seines  Grundstückes,  bis  die  Sonne  aufgeht.  —  In  dieser 
Nacht  soll  auch  über  den  in  der  Erde  verborgenen  Schätzen  ein  Feuer 
brennen.  —  Melkt  man  heimlich  Kühe,  so  wird  ihr  Eigentümer  im  Som- 
mer keine  Milch  von  ihnen  haben. — Damit  die  Bohnen  nicht  vom  Rost  be- 
schädigt werden,  wirft  man  alle  scharfen  Werkzeuge  im  Hause  in  den 
Bohnengarten.  —  Am  Johannistage  lüftet  man  die  Kleider,  welche  nicht 
im  gewöhnlichen  Gebrauch  sind,  und  meint,  dass  der  Johanniswind  sie 
gegen  Motten  bewahre. —  Vor  Johannis  ist  die  Butter  gelb;  von  Jphannis 
an  nimmt  die  Milch  ab,  denn,  sagt  man,  Jan  wötab  püti,  Karus  kaks, 
Olew  höpis  (Johannes  nimmt  eine  Schale,  Karus,  d.  h.  der  Margarethen- 
tag,  13.  Juli,  zwei,  Olaus,  29.  Juli,  Alles).  —  Man  bereitet  am  Johan- 
nistag eine  besondere  Festmahlzeit,  Jäni-kahi,  von  welcher  nichts  nach- 
bleiben darf;  die  Reste  giebt  man  den  Hunde/i,  und  was  diese  nach  lassen, 
verbrennt  man.  —  Die  Nacht  vor  dem  Johannistage  ist  auch  die  Zeit,  in 
welcher  die  Hexen  besonders  beschäftigt  sind  Böses  anzustiften.  —  Wer 
am  Morgen  des  Johannistages  durch  das  Kummet  eines  schwarzen  Hengstes 
zam  Giebelloch  hinaus  sieht ,  der  siebt  den  Teufel  mit  seinem  Gelde  be- 


1)  Zu  solchen  Glücksblumen  oder  Kränzen  dient,  wie  bei  den  Letten,  na- 
mentlich das  Haualaub  (Sempera  vum)  oder  andere  Crassulaceen,  welche  die  Ei- 
genschaft haben,  eine  Zeitlang  auch  von  der  Luft  allein  zu  leben. 


1 


—  364  — 

schäfligl,  und  wenn  er  mit  einem  Ochsenjoch  darauf  wirft,  so  wird  das, 
was  darunter  bleibt,  sein  Eigenthum. 

Hejna-Mäfja-päew  od.  Puna-Mäfja-päew  (2.  Juli).  Der 
erste  Name  (Heumarientag)  bezieht  sich  darauf,  dass  dann  die  beste  Heu- 
zeit ist,  der  zweite  (Rothmarientag)  darauf,  dass  dann  die  zum  Rothfarben 
gebrauchten  Kräuter  von  den  Weibern  gesammelt  werden.  —  Der  Tag 
wird  als  ein  halber  Feiertag  angesehen,  und  man  macht  nur  Nebenarbeiten 
an  demselben.  —  Er  ist  derjenige,  an  welchem  zuletzt  noch  durch  einen 
Regen  der  Schade  eines  dürren  Sommers  gut  gemacht  werden  kann.  — 
Man  darf  nicht  Heu  trocknen  oder  in  Schober  stellen,  damit  nicht  der  Blitz 
es  verbrenne.  —  In  den  Kästengegenden  brennt  man  auch  Freudenfeuer 
wie  am  Johannistage.  —  Man  muss  Branntwein  trinken,  «Märja-puoa» 
(Marienröthe),  sonst  wird  man  sehr  von  den  Flöhen  geplagt. 

Mareta-pSew,  Karuse-p.  (13.  Juli).  Maret  ist  Beschützerin 
der  Kindbetterinnen.  —  Wer  krankes  Vieh  oder  sonst  ein  Ungemach  hat, 
geht  rücklings  an  ein  nach  Osten  gerichtetes  Fenster  und  wirft  dort  alte 
Kupfermünzen  u.  a.  als  Loskaut  hin.  —  «Mareta-päewal  sab  häda- 
lejwa,  Olewi-päewal  sab  laja  leiwa»  (am  Margarethentag  bekommt  man 
ein  Nothbrot,  am  Olaustage  ein  breites  Brot),  vgl.  d.  Folgende  und  IX,  a. 

Mäfja-Mädalena-pä£W,  Madli-p.  (22.  Juli).  «Madleke 
tob  häda-leiba,  od.  köki,  Jfigu  tob  süre  kaku»  (Magdalencben  bringt 
Nothbrot,  Jakob  ein  grosses  Laib),  vgl.  IX,  a. 

Jäkobi-päew  (25.  Juli),  vgl.  die  beiden  vorstehenden  Tage.  — 
«Nfid  wikat  warna,  sirp  kätte»  (jetzt  die  Sense  an  den  Nagel,  die 
Sichel  in  die  Hand),  denn  in  der  auf  den  Jacobitag  folgenden  Nacht  soll 
ein  eiserner  Nagel  in  das  Gras  geschlagen  werden ,  so  dass  es  schwer  zu 
mShen  ist.  Andere  sagen,  mit  dem  Jacobitag  werde  die  Sense  für  Morast- 
heu an  den  Nagel  gehängt  und  die  für  Wiesenheu  zur  Hand  genommen, 
denn  «öze  15b  träti  sö-heina  sisse»  (in  der  Nacht  fährt  Draht  in  das 
Sumpfheu).  —  Wenn  man  an  diesem  Tage  einen  Schober  macht,  so  wird 
der  Blitz  ihn  anzünden,  vgl.  2.  Juli. 

Olewi-pägw,  Olepi-p.,  Olu-p.,  Oli-p.  (29.  Juli).  Wer 
irgend  kann,  schlachtet  an  diesem  Tage  ein  essbares  Thier.  Wer  nicht 
ein  Schaf  schlachtet,  dem  wird  das  beste  Thier  der  Herde  sterben.  —  Die 


—  365  — 

letzte  Heuarbeit  wird  getan,  der  letzte  Heuschober  beendigt,  und  die 
Feldarbeit  beginnt,  «sls  härjad  ikke,  rönad  rakke»  (dann  die  Ochsen 
in 's  Joch,  die  Pferde  infs  Geschirr). 

Lauritse-päew  (10.  August).  Es  darf  zwischen  Aufgang  und 
Untergang  der  Sonne  weder  geheizt  noch  gekocht  werden,  um  gegen 
Feuersbrunst  bewahrt  zu  sein.  Einige  geben  als  Grund  für  diesen  Glauben 
an,  dass  zwei  Mal  am  10.  August  der  Tempel  zu  Jerusalem  verbrannt 
sei.  —  Wenn  es  an  diesem  Tage  trockenes  Wetter  ist,  (nach  Anderen, 
wenn  es  regnet),  so  werden  viele  Feuersbrünste  sein.  «Laurits  peksab 
reht»  (Laurentius  drischt  in  der  Scheune)  sagt  man,  wenn  man  eine 
Feuersbrunst  sieht.  —  Man  geht  nicht  aufs  Feld  zur  Arbeit;  nach  Ande- 
ren beginnt  an  diesem  Tage  die  Saat. des  Winterroggens  (vgl.  15.  August), 
und  zwar  für  altes  Saatkorn  bei  schwerem  Boden. 

Rukki-Mäfja-päew,  ktili-M.-p.  (15.  August),  so  genannt, 
weil  der  Tag  von  Maria  Himmelfahrt  mitten  in  die  Zeit  der  Roggensaat 
fallt. 

Pärtli-päew,  Pärkmize-p.  (24.  August)  ist  der  Tag  der  Rog- 
gensaat mit  neuem  Getreide  in  leichten  Boden  (vgl.  10.  August).  —  Es 
werden  Bocke  geschlachtet.  —  Wenn  an  diesem  Tage  die  Sonne  scheint, 
so  wird  es  viel  Feuersbrünste  geben.  —  Am  Bartholomäustag  sagt  man 
«nael  heina,-kiwi  kaewu»  (ein  Nagel  in's  Heu,  ein  Stein  in  den  Brun- 
nen), d.  h.  das  Heu  wird  hart,  das  Wasser  im  Brunnen  rein,  weil  es  an- 
langt kühl  zu  werden. 

U6si-Mäfja-päew,  pizikene  M.-p.  (8.  September).  An  die- 
sem Tage  sollen  sich  die  Würmer  verlieren,  welche  dem  Roggen  schaden. 

Matteuze-päew  (21.  September).  Da  verlieren  sich  Mucken  und 
Fliegen ,  und  alle  schädlichen  Thiere  gehen  in  ihr  Winterlager.  —  Wer 
an  diesem  Tage  Feuer  anmacht,  dessen  Kinder  und  Gesinde  werden 
kränklich. 

Mihkli-päew  (29.  September).  Einige  nehmen  an  diesem  Tage 
das  Schlachten  eines  Schafes  vor  (vgl.  29.  Juli),  Andere  verlegen  auf  ihn 
die  Feier  des  Georgentages  (23.  April).  —  Von  welcher  Seite  der  Wind 
webt,  von  da  wird  er  im  ganzen  Jahre  oder  vom  Winter  bis  Jobannis 
herrschen.  —  Wenn  Einer  ein  Schaf  an  diesem  Tage  schlachtet,  so  muss 


—  366  — 

es  bis  zum  Abend  vollständig  verzehrt  sein.  Mit  dem  Schaum  von  dem 
gekochten  Fleische  bespritzt  man  die  Wände  des  Schafstalles.  —  Wenn 
der  Michaelistag  bei  Neumond  eintritt,  so  wird  das  Viehfutter  nicht  aus- 
reichen. —  In  der  Nacht  sollen  die  Kohlköpfe  um  so  viel  wachsen,  dass, 
wenn  man  einen  wollenen  Faden  darum  gebunden  hat,  dieser  zerreisst.  — 
Die  Zeit  von  Michaelis,  wenn  es  auf  einen  Montag  Fällt,  oder  von  dem 
Montag  darauf  4  Wochen  lang  ist  eine  Art  Festzeit,  hingede-aeg  ge- 
nannt,  während  welcher  Manche  keine  Hülsenfrüchte  essen  und  nur  drei 
Tage  in  jeder  Woche  zum  Arbeiten  geeignet  finden,  Andere  nur  an  den 
Montagabenden  feiern.  Wenn  zu  Ende  dieser  Zeit  freundliches  und  gelin- 
des Wetter  ist,  so  erwartet  man  Fruchtbarkeit  für  das  nächste  Jahr,  wenn 
es  schneit  und  windig  ist,  Misswachs.  Andere  sagen,  wenn  die  Geister 
im  Wagen  kämen  und  im  Schlitten  ab  zögen ,  so  bedeute  das  ein  gutes 
Jahr,  umgekehrt  ein  schlechtes.  —  Jeden  Montag  Abend  wird  ein  Aller- 
seelenfest gefeiert,  wie  unter  dem  2.  November  geschildert  ist,  am  höch- 
sten den  ersten  und  letzten  Montag,  den  Tag  über  aber  kann  gearbeitet 
werden.  Am  ersten  Montag  bewirthet  man  die  Geister  mit  Brei  und  Wei- 
zenbrot von  diessjähriger  Ernte;  der  letzte  Montag  heisst  humalate-päew 
(Hopfentag),  und  an  diesem  werden  ihnen  Hühner  oder  ein  Schaf  geschlach- 
tet. Im  Süden  ist  der  Gebrauch,  jeden  Sonnabend  «kilt-sanna  käkf»  zu 
feiern,  d.  h.  Mädchen  sammeln  allerlei  Esswaaren  ein,  davon  wird  in 
irgend  einer  Küche  oder  Badstube  ein  Tractament  angerichtet,  zu  welchem 
die  jungen  Bursche  aus  der  Umgegend  zusammen  kommen,  und  es  wird 
allerlei  anständiger  und  unanständiger  Scherz  getrieben.  —  Auch  der  Tag 
eine  Woche  nach  Michaelis  ist  ein  Feiertag  unter  dem  Namen  kolme- 
ingü-päew  (der  Dreiengelstag).  —  Wenn  man  vor  Michaelis  die  Ziegen 
um  einen  grossen  Stein  führt,  so  kommt  bald  Schnee. 

Kolletamize-päew  (14.  October)  wird  so  genannt,  weil  dann 
das  Getreide  anfangt  zu  welken. 

Hingede-  od.  hinge-päew,  hinnekeste-p.  (Seelentag r  2. 
November).  Die  Seelen  der  Verstorbenen  dürfen. an  diesem  Tage  umher 
gehen,  daher  wird  ihnen  eine  Mahlzeit  bereitet,  zu  welcher  sie  mit  Namen 
beim  ersten  Hahnenschrei  eingeladen  werden»  während  die  Hausgenossen 
hinaus  gehen.  Beim  zweiten  Hahnenschrei  bittet  der  Hausvater  sie  wieder 


—  367  — 

fort  zu  geben,  aber  nicht  sein  Roggengras  zu  zertreten  oder  die  Wurzeln, 
zu  beschädigen,  leuchtet  ihnen  hinaus,  weht  jedem  mit  einem  weissen 
Tuche  nach  und  bittet  sie,  im  nächsten  Jahre  wieder  zu  kommen.  Anders 
wo  treibt  man  sie  auch  wohl  mit  einem  Besenstiel  hinaus,  wenn  man 
meint,  dass  sie  genug  haben.  Manche  stellen  das  Essen  auch  auf  den.  Bo- 
den über  dem  Zimmer,  damit  Geister  und  Hausgenossen  aus  einander  ge- 
halten werden.  Wenn  man  am  anderen  Morgen  zu  bemerken  glaubt,  dass 
etwas  davon  genossen  ist,  so  freut  man  sich,  im  Gegentheil  hält  man  die 
Verstorbenen  für  erzürnt;  in  beiden  Fällen  verzehren  nachher  die  Hausbe- 
wohner das  Angerichtete  (vgl.  9.  December).  —  An  diesem  Tage  gehen 
die  Bären  und  andere  einen  Winterschlaf  haltende  Thiere  in  ihr  Winter- 
lager. 

Mafdi-päew  (10.  November).  Am  Abend  vorher  gehen  die  «Mar- 
did»,  eine  Anzahl  Bursche,  mit  Singen  auch  Violinspiel  und  in  mancher- 
lei Verkleidungen  umher,  um  allerlei  Gaben  einzusammeln.  Nach  der  Le- 
gende existiren  sie  seit  Luther,  haben  ihr  eigenes  Land ,  und  dürfen  sich 
Dicht  am  Tage  zeigen ,  um  nicht  zu  sehr  die  Leute  zu  erschrecken ,  weil 
sie  gar  zu  «karused»  (rauh)  sind.  Es  gehen  ihrer  ungefähr  ein  Dutzend, 
ein  «Vater»  und  eine  «Mutter»  (ebenfalls  ein  Burscb)  mit  ihren  «Kindern». 
Der  Vater,  auch  Mafdi-pukk  genannt,  ist  in  einen  umgekehrten  Pelz 
gehüllt  mit  einem  Strohgürtel,  anders  wo  auch  ausstaifirt  wie  der  nftfi- 
sokk  (s.  Neujahr),  die  Mutter,  aych  Mafdi-nörik  genannt,  trägt  Frauen- 
kleider und  in  der  Hand  ein  Stuck  Hede ,  woraus  sie  Fäden  dreht ,  die 
Kinder  sind  in  alten  Kleidern  mit  Barten  aus  Hede.  Der  Vater  ist  angeb- 
lieh zu  arm  um  sie  zu  ernähren  und  muss  daher  betteln  gehen.  So  zieht 
die  Gesellschaft  von  einem  Hause  zum  anderen  und  singt1):  Tere,  tere, 
perekene!  Tere,  tere,  tadikene!  Tere,  tere,  eidekene!  Eas  on 
luba  tuppa  tulla,  Alla  rästade  ajada?  Kai  'p  ole  luba  tuppa  tulla, 
Alla  rästade  ajada,  Sls  wöta  pinda  parresta  Ja  puhu  sa  tuli  tu- 
baje.   Mardi  kflned  külmetawad,  Warba-lüd  walu  teewad,  oder 


1)  Varianten  hiervon  8.  in  dem  ersten  Jahrgang  des  « Eesti  kirjameette 
seltai  ajaramat»  (Jahrbuch  des  ehstnischen  Literaten- Vereins)  Dorpat  1873,  wo 
S.  67  u.  ff.  auch  eine  Beschreibung  dieses  Gebrauches  gegeben  ist,  und  Neus  a. 
i.  0.  S.  93  u.  ff. 


—  368  — 

I 

• 

Mafdi  warbad  walutawad  (sei  gegrüsst,  kleiner  Hof!  sei  gegrüsst  Vä- 
terchen! sei  gegrüsst  Mütterchen!  ist  es  erlaubt  in  die  Stube  zu  treten, 
unter  das  Vordach  zu  kommen?  wenn  es  nicht  erlaubt  ist  in  die  Stube  zu 
treten,  unter  das  Vordach  zu  kommen,  so  nimm  Splitter  von  der  Stange, 
blase  ein  Feuer  an  in  der  Stube,  Martins  Nägel  frieren,  die  Zehenknocben 
schmerzen,  od.  Martins  Zehen  schmerzen).  Oder:  Mart  ei  tule  maki  pä- 
rast, Mart  tuleb  oma  seadust  möda,  Mart  ei  tule  söma  pärast, 
Maft  tuleb  lapsi  hirmutama,  Mart  ei  tule  jöma  pärast,  Mart  tu- 
leb kafja  önne  pärast.  Tuppa  tema  wiskab  wifja  önne ,  Katusele 
kafja  önne.  Mart  ei  wöta  midagi,  Kui  ej  anta  temale.  Laske 
Mardid  sisse  tulla,  Mardi  ktined  külmetawad,  Mardi  warbad  wa- 
lutawad. Mafdid  käjwad  igal  pol,  Marti  ei  wöi  fikski  kelda,  Ees 
sfs  kelab,  Mart  sls  maksab.  Kui  ej  anta  makkisi,  Mart  sls  pek- 
sab  h&öti  (Martin  kommt  nicht  wegen  der  Wurst,  M.  kommt  seiner  Vor- 
schrift gemäss ,  M.  kommt  nicht  des  Essens  wegen ,  M.  kommt  die  Kinder 
zu  schrecken,  M.  kommt  nicht  des  Trinkens' wegen,  M.  kommt  wegen  des 
Gedeihens  der  Herde.  In  die  Stube  wirft  er  das  Gedeihen  des  Getreides, 
auf  das  Dach  das  Gedeihen  der  Herde.  Martin  nimmt  nichts,  wenn  es  1hm 
nicht  gegeben  wird.  Lasset  die  Martine  hinein  kommen,  Martins  Nagel  frie- 
ren, Martins  Zehen  schmerzen.  Die  Martine  gehen  überall,  den  Martin 
kann  Niemand  hindern,  wer  ihn  dennoch  hindert,  dem  vergilt  er  es.  Wenn 
man  nicht  Wurste  giebt,  so  prügelt  er  tüchtig).  Sie  haben  dazu  schon  Ru- 
then in  den  Händen,  mit  welchen  sie  tüchtig  zuschlagen;  auf  dieselbe 
Weise  erbitten  sie  -sich  Bänder,  Garn  u.  a.  —  Oder  der  <* Mardi -iza» 
(s.  oben)  wirft  eintretend  eine  Hand  voll  «Unterkorn»  (das  schlechteste 
Getreide)  in  die  Stube  und  spricht:  sisse  wiskan  s6me-wiTja,  head 
odrad,  kapnid  kaerad,  wfcl  paremad  rukkid  (hinein  werfe  ich  das  Saat- 
korn, gute  Gerste,  schönen  Hafer,  noch  besseren  Roggen).  Beim  Hinaas- 
gehen tanzen  sie  und  singen  Gluck  wünschend:  seie  tQusku  tömmud 
häfjad,  sead  pitkad  slukad,  lambad  lahke  willaga  (hier  mögen 
erstehen  schwarzrothe  Ochsen,  Schweine  lang  und  schlank,  Schafe  mit  wei- 
cher Wolle).  —  In  einigen  Gegenden  backt  man  besondere  Mafdi-kaknd 
(Martinsbrote)  von  Gerste  Und  Weizen,  eins  für  die  'Martinsbettler,  die 
übrigen  für  das  Hausgesinde.  Ausserdem  giebt  man  ihnen  auch  ein  Licht, 


—  369  — 

einen  Flachszopf,  Kartoffeln/ Bohnen,  Erbsen,  Schinken  u.  a.;  Einige  bit- 
ten auch  am  «enne-Jäni-päewast  päitsik-lehma  üdi»  (Mark  der  weiss- 
stirnigen  Kuh  von  vor  Johannis  her)  d.  h.  Butter.  —  In  der  Zeit  zwischen 
Martini  und  Weihnachten  hält  man  «männi-toad»  (Spielstuben),  Kränz- 
chen mit  Tanz,  Spiel  und  Trinken. 

Kad'ri -päew,  Kad'rina-p.  (25.  November).  Einen  ähnlichen 
Umzug,  wie  die  jungen  Bursche  vor  Martini,  halten  die  Weiber  am  Abend 
m  dem  Katharinentage.  Sie  haben  eine  Fahrerin,  Kad'ri,  diese  harnt  in 
der  Stube  auf  einen  Besen  (vielleicht  eine  Anspielung  auf  das  an  diesem 
Tage  gewöhnlich  Statt  findende  Thauwetler,  vgl.  X),  und  spinnt  einen 
Faden  mit  einer  Spindel  oder  einem  Spinnrocken,  welche  mitgenommen 
sind,  die  Anderen  treiben  allerlei  Posseif  und  singen,  wie:  Kad'ri  tulnud 
kaugeelta  Läbi  so  ja  läbi  raba,  Nfid  Kad'ri  kfined  külmetawad, 
Kad'ri  warbad  walutawad,  Sörme-otsad  ßöjtelewad.  Kadril  kas- 
kene  hobune,  Rämmelgane  reekene,  Pihlakane  pUsukene,  Tö- 
mingane  lögukene,  Sakad  söftnitud  jalas,  Kindad  käpardi  käes 
(K.  ist  von  weitem  her  gekommen  durch  Sumpf  und  durch  Moor,  jetzt 
frieren  K.  Nägel,  K.  Zehen  schmerzen,  ihre  Fingerspitzen  beben.  K.  hat 
ein  Pferd  von  Birken,  ein  Scblittchen  von  Weiden,  ein  Peitschchen  von  Vo- 
gelbeeren« ein  Krummhölzehen  yon  Traubenkirschen)  die  Strümpfe  sind  ver- 
knotet am  Fuss,  die  Handschuhe  zusammengeballt  an  der  Hand).  Man 
giebt  ihnen  reichliche  Geschenke  an  Wurst,  Fleisch,  Brot,  Butter  u.  a., 
denn  in  ihrer  Hand,  ruht  zum  Tbeil  das  Glück  des  Hauses,  da  Katharine 
die  Beschützerin  der  Herden  ist,  und  wenn  sie  nicht  befriedigt  werden, 
so  schimpfen  und  fluchen  sie.  —  Anders  wo  kommt  Kadri-hani  (Katha- 
rinengans)  vor,  d.  h.  sie  machen  eine  Gans  aus  Stroh  mit  Federn  umge- 
ben, gehn  damit  in  die  Häuser  und  lassen  die  Kinder  lesen,  wofür  sie 
dann  Gaben  bekommen,  wie  oben.  < —  Weil  Katharine  Patronin  der  Herden 
ist,  so  werden  an  diesem  Tage  die  Schafe  geschoren.  —  Spinnen  darf 
man  nicht  an  diesem  Tage  und  dem  vorhergehenden,  weil  das  den  Schafen 
Schaden  bringe?  würde,  und  Jäger  mögen  kein  Wild  schiessen,  weil  sonst 
in  diesem  Jahre  die  Flinte  nicht  gut  treffen  würde.  —  Wenn  nach  dem 
Katharinentag  die  Plejaden  c herunter  sehen»  (?),  so  werden  viel  Mädchen 
verheirathet  werden. 

24 


^  370  — 

se-P***     wr**1*  ***öse',e,,•   Das  Thauwetter  des  Ka- 

,  2*""ü£»  "*"" (,gl- X)- 

w     i*aes  s0*  °  ,«  neeember).  Nicolas  wird  als  Palron  der  Rinder- 

W1*'1 ^    Äther  beim  Verschneiden  der  Ochsen  um  Hülfe  zom 

h  nJe*  **&*****(' *.  — -  Dieser  Tag  bildet  den  Schlussstein  des  eingetrete- 

Geil*ibeB  '*  * .«#  wo  a°  der  Boden  gründlich  und  dauernd  fest  und  hart 

/*^  üM.tfitfja-päew  (8.  December).    Mit  dem  Tage  nach  Maria 
r  itniss  beginnt  anders  wo  (vgl.  2.  November)  hinge-aeg,  h.-päe- 

a  /Zeit  oder  Tage  der  Seelen).  Zugleich  berücksichtigt  man  dabei  den 
ilöü  (Donner),  Man  breitet  Stroh  über  den  Fussboden  und  vermeidet  Ge- 
~ii5cJi  m'  geräuschige  Arbeit,  sogar  lautes  Sprechen,  weil  sonst  im  nach- 
jefl  Sommer  Köu  mit  häufigem  Gewitter  strafen  würde. 

Lütsinaipäew,  Lütsna-p.  (13.  December).  An  diesem  Tage 
jjüteo  sich  Einige  davor  ihre  Ochsen  an  zu  schirren,  damit  nicht  die  Herner 
sich  abreiben  und  abbröckeln  (vgl.  Aschermittwoch).  —  Ein  besonderer 
Scherz  ist  aLütsinat  lakast  kotti  ajama»  (Lucie  vom  Boden  des  Hauses 
in  den  Sack  stecken),  womit  nach  Einiger  Meinung  zugleich  alles  Böse 
von  dem  Boden  weg  geschafft  wird.  Er  besteht  darin ,  dass  man  Einen, 
der  die  Sache  noch  nicht  kennt,  heisst  einen  Sack  mit  der  Mündung  nach 
oben  unter  der  Luke  des  Bodens  bereit  halten,  um  die  Lucie  auf  zu  fangen, 
und  dass  man  ihm ,  während  er  wartet ,  einen  Eimer  Wasser  über  den 
Kopf  giesst  mit  dem  Vorgeben,  tLfitsia  sei  geplatzt». 

Töma-päew  (21.  December).  «Der  schmutzige  Thomas  wird  bin- 
ausgetrieben»,  d.  h.  das  Haus  wird  gründlieh  gereinigt  fiir's  Weihnacht- 
fest.  —  Der  Thomas  wird  auch  als  Verderben  und  Tod  bringend  ange- 
sehen, daher  «töne-Tömas  mind  pärib»  (der  Todesthomas  erwirbt  mich), 
d.  h.  ich  werde  sterben.  «Töma  karige  käzi»  (des  Thomas  starke  Hand) 
ist  die  Pest;  «Tomas  ei  püdu»  (Thomas  berührt  nicht)  sagt  man,  wenn 
Einer  nicht  von  der  Pest  ergriffen  ist;  «Tomas  läind  tönte»  (Thomas  ist 
in  den  Bottich  gegangen),  darum  wagt  man  nicht  an  diesem  Tage  Bier  zu 
brauen.  —  Anders  wo  thut  man  diess  gerade  und  bewirthet  die  Nachba- 
ren, damit  die  Pferde  und  auch  die  anderen  Hausthiere  gedeihen.  —  Man 


—  371    — 

kocht  nicht  Suppe  mit  Kartoffeln  oder  anderem  Gemüse ,  sonst  werden  im 
Sommer  die  Hähner  den  Kohl  weg  fressen.  —  Es  wird  auch  an  diesem 
Tage  ein  Ziegenbock  geschlachtet  mit  besonderen.  Geremonien.  —  Dieser 
Tag  wird  auch  nögi-kuke-päew  genannt,  weil  aller  Russ  (nögi)  und 
Staub  hinaus  gefegt  werden  sollte.  Eine  Person,  nögi-kikas  (Russhahn) 
genannt,  ging  von  Haus  zu  Haus  und  überzeugte  sich,  dass  die  Reinigung 
gehörig  vorgenommen  war. 

Der  Monat  von  Michaelis  bis  Simon  Juda  (29.  Sept.  bis  28.  October) 
beisst  hinge-kü  od.  hingede-ku  (Seelenmonat) ;  wer  in  dieser  Zeit  nicht 
die  Seelen  der  Gestorbenen  bewirthet  (vgl.  2.  November  und  9.  Decem- 
ber),  dem  gedeiht  die  Feldarbeit  nicht. 

Der  Februar  wird  bezeichnet  als  huridi-jöksu-kü  (Monat,  wo  die 
Wolfe  läufisch  sind),  und  von  den  in  diesem  Monat  Geborenen  meint  man, 
dass  sie  nicht  recht  beim  Gebrauch  ihres  Verstandes  sind.  —  Vom  Fe- 
bruar an  wird  nicht  mehr  gefreit,  weil  man  sonst  immer  frieren  würde. 

Während  der  Saatzeit  im  Frühjahr  darf  man  kein  Kleidungsstück  nach 
Sonnenaufgang  waschen,  sondern  nur  vorher,  auch  nicht  in  die  Badstube 
gehen. 

Auch  den  einzelnen  Wochentagen  wird  ihre  besondere  Bedeutung  bei- 
gelegt. Von  den  an  ihnen  geborenen  Kindern  hat  man  den  Spruch :  püha- 
päew  püha  od.  pödew,  esmas-p.  edew,  teizi-p.  tözine  od.  tegija, 
kesk-nädal  kehw  od.  kidu,  neFjas-p.  näFjane,  röderikas  od.  riäti- 
alune,  lau-päew  laisk  od.  ladus  (Sonntag  heilig  od.  kränklich,  Montag 
kokett  od.  voreilig,  Dinstag  wahrhaft  od.  arbeitsam fc  Mittwoch  arm  od. 
schwächlich,  Donnerstag  hungrig,  Freitag  reich  od.  ein  Kreuzträger,  Sonn- 
abend faul  od.  freundlich). 

Am  Montag  wird  keine  Arbeit  begonnen,  keine  Reise  angetreten,  kein 
Kind  zur  Taufe  gebracht,  man  geht  nicht  zur  Verlobung,  zieht  nicht  in  ein 
neues  Haus,  bringt  kein  Thier  aus  einem  Stall  in  den  anderen,  fangt  kei- 
nen Hausbau  an,  hält  nicht  Hochzeit,  bringt  nicht  die  Braut  in  einen  an- 
deren Hof,  nimmt  nicht  Knechte  oder  Mägde,  Hunde  oder  Katzen  an,  treibt 
im  Frühjahr  nicht  das  Vieh  aus,  bringt  es  nicht  im  Herbst  in  den  Stall.  — 
Dienstag,  Donnerstag  und  Sonnabend  gebt  man  freien.  —  Mittwoch  setzt 
man  kein  Huhn  zum  Brüten ,  bevor  die  Herde  nach  Hause  gekommen  ist, 

24* 


—  372  — 

sonst  werden  die  Eier  faul.  —  Am  Donnerstagabend  arbeitet  man  nicht, 
namentlich  wenn  man  spinnt,  so  gedeihen  die  Schafe  nicht,  sie  bekommen 
die  Drehkrankheit,  oder  der  Wolf  frisst  sie,  man  darf  auch  überhaupt  kein 
Rad  drehen,  sonst  bekommen  sie  auch  die  Drehkrankheit.  Der  Donners- 
tag wurde  früher  wie  ein  Sonnabend  angesehen,  die  Feier  begann  am 
Abend  nnd  dauerte  24  Stunden,  wie  der  jüdische  Sabbath  um  einen  Tag 
später;  was  in  dieser  Zeit  gearbeitet  wird,  kommt  dem  Jodas  (Teufel) 
zu  Gute.  Früher  spielte  man  nur  am  Donnerstag  die  Sackpfeife.  Man  darf 
nicht  in  die  Badstube  gehen,  sondern  thut  diess  statt  dessen  am  Mittwoch. 
Man  darf  nicht  freiwillig  mit  einem  Pferde  arbeiten,  sonst  bekommt  es 
einen  Schaden;  auf  Befehl  der  Gutsherrschaft  verrichtete  Arbeit  schadet 
nicht.  Man  darf  nicht  pQügen ,  sonst  verlieren  die  Ochsen  die  Hörner  (vgl. 
noch  XII,  XIII,  XIV,  XV).  —  Freitag  ist  ein  Unheilstag,  an  welchem  man 
auch  Alles  vermeidet,  was  oben  bei  Montag  angegeben  ist;  aber  doch 
wird,  wer  immer  an  diesem  Tage  die  Nägel  beschneidet,  von  Zahnsehmerz 
verschont  bleiben.  Wenn  man  an  diesem  Tage  eine  Viehmagd  annähme, 
so  würde  der  Wolf  der  Herde  Schaden  thun ,  und  wenn  man  in  die  Bad- 
stube ginge,,  so  würde  sich  das  Wasser  in  Blut  verwandeln;  nach  Ande- 
ren geschieht  diess  am  Sonnabend  Abends  für  den,  welcher  der  Letzte  ist, 
oder  wenn  es  ein  Frauenzimmer  ist,  so  wird  es  der  Teufel  sich  zum 
Weibe  nehmen;  nach  Anderen  wird,  wenn  man  Sonnabends  in  die  Bad- 
stube geht,  das  in  den  Gelassen  zurückgebliebene  Wasser  zu  Blut,  wenn 
man  sie  nicht  umkehrt.  Am  Sonnabend  darf  man  auch  Abends  keinen 
Strumpf  stricken.  —  Das  Verkaufen  eines  Thieres  darf  nur  an  einem 
Werkeltage  geschehen. 

Viel  EinBuss  schreibt  man  bei  allerlei  Handlungen  der  Zeit  des  wach- 
senden oder  abnehmenden  Mondes  zu,  worüber  IX,  a  zu  vergleichen  ist. 

XII.  Heilmittel,  natürliche  nnd  sympathetische. 

Die  Ehsten  wenden  gegen  Schäden  und  Krankheiten  dreierlei  Mittel 
an,  1)  magische,  Zaubersprüche,  von  welchen  weiter  unten  (s.  XIII)  die 
Rede  sein  wird,  und  von  welchen  schon  1854  Dr.  Kreutzwald  und 


—   373    — 

Neue  eine  beträchtliche  Anzahl  bekannt  gemacht  haben  in  ihren  »Mythi- 
schen und  magischen  Liedern«,  —  2)  sympathetische,  wo  wirklich  etwas 
Substantielles  angewendet  wird,  das  aber  keinen  wirklich  physischen  Ein- 
fluss  auf  den  Organismus  haben  kann,  —  3)  wirkliehe  Arzeneien,  wie  sie 
auch  die  Pharmacopöe  anderer  Völker  hat.  Es  ist  indessen  nicht  immer 
leicht  and  sicher,  diese  drei  Kategorien  zu  unterscheiden  und  zu  bestim- 
men, wohin  ein  gewisses  Heilverfahren  eigentlich  gehöre,  denn  auf  der 
einen  Seite  tritt  öfters  tu  körperlichen  Mitteln  das  Wort,  die  Zauberformel, 
noch  hinzu;  auf  der  anderen  Seile  mag  auch  der  Ehste  bei  manchem  Mit- 
tel, dessen  physische  Wirkungslosigkeit  dem  Gebildeten  wohl  einleuchtet, 
doch  vielleicht  auch  an  eine  wirkliche  medieinische  Einwirkung  im  engeren 
Sinne  glauben,  z.  B.  wenn  er.  Wanzen  in  Branntwein  eiogiebt  oder  gegen 
Augenkrankheit  ein  Stückchen  gebranntes  Leder  auflegt;  oder  es  bekommt 
häufig  das  natürliche  Mittel  durch  Zeit  und  Ort  des  Erlangens  und  andere 
Nebenumstände  zugleich  die  Bedeutung  eines  sympathetischen.  So  mag 
denn  auch  bei  der  hier  gemachten  Scheidung  Mancher  im  Einzelnen  an- 
derer Meinung  sein. 

a)  Natlrllehe  Heilmittel  »). 

Bei  Augenkrankheit  wird  (wohl  wenn  es  Trachom  ist),  das  Augenlid 
mit  dem  Staube  von  einem  Schieferstift  gerieben  oder  Morgens  mit  dem 
eigenen  Urin  gewaschen.  Gegen  Entzündung  verreibt  man  ein  kleines 
Stückchen  Seife  im  Augenwinkel,  räuchert  mit  Siegellack,  der  über  das 
Meer  gekommen  ist,  oder  legt  eine  Auflösung  von  Kupfer-  oder  Zinkvitriol 
oder  von  Wundstein  (Lapis  divtnus)  darauf.  Bläschen  auf  dem  Auge  und 
Gerstenkörner  (marjad)  werden  mit  Zucker  abgerieben. 

Gegen  Ausschläge  gebraucht  man  eine  Salbe  aus  den  Blülhen  des 
Wollkrautes  (Verbascum  Tbapsus)  oder  der  Ringelblume  (Calendula  offki- 
nalis  L.)  mit  saurer  Sahne.  Kopfausschläge  wascht  man  mit  der  Lauge 
aus  Asche,  welche  von  drei  Feuerherden  genommen  ist. 

Auf  die  blaue  Blatter  legt  man  in  Asche  gebratene  Zwiebeln  oder 


1)  Zum  Theil  Dach  J.  W.  L.  v.  Luce  -.Wahrheit  und  Muthmaassmig«  und 
■  Topographische  Nachrichten  von  der  Insel  Oeael». 


—   374  — 

einen  Umschlag  des  zerquetschten  Krautes  der  Einbeere  (Paris  qnadri- 
folia  L.). 

Bei  Blatuüg  frischer  Wunden  streut  man  pulverisirte  Birkenkohle  auf. 

Gegen  Bräune  wendet  man  Schröpfen  an. 

Auf  Brandschaden  legt  man  Kuhmist  oder  einen  von  Krant  nid 
Bläthen  des  Hartheus  (Hypericum  perforatum  L.)  bereitetes  Cataplasma. 

Bei  Brächen  von  Armen  oder  Beinen  wird  neben  der  iusserlichen 
Behandlung  auch  gefeiltes  Silber  oder  Messing  eingenommen ,  und  man 
versichert,  dass  davon  sich  ein  Bing  um  die  Bruchstelle  bilde. 

Gegen  Durchfall  nimmt  man  rothen  Bolus  ein,  oder  pulverisirte 
Steinkohle  in  Brei ,  pulverisirten  Birkenschwamm  oder  Kieferrinde  in 
Branntwein,  Nux  vomica. 

Auf  durchgesogene  Brustwarzen  legt  man  die  Salbe  von  Bläthen 
der  Ringelblume  (vgl.  Ausschläge).. 

Eingezauberte  Schlangen,  Frösche  etc.  werden  abgetrieben  mit 
einem  Decoct  von  Bärlapp  (Lycopodium  clavatum  L.)  in  Bier. 

Entzündung  der  Drüsen  curirt  man  mit  einem  Umschlag  von 
Kuhmist. 

Bei  starker  Erkältung  muss  der  Kranke  sich  nackt  mit  einem  Laken 
bedeckt  über  einen  eisernen  Topf  beugen ,  in  welchem  Leinsame  in  Essig 
und  Wasser  kocht;  durch  den  Dampf  entsteht  bald  ein  starker  Seh  weiss. 

Bei  hitzigem  Fieber  giebt  man  Schiesspulver  in  Wasser  oder 
Branntwein,  auch  Schafmist  in  einem  Säckchen  in  das  Getränk  gehangt. 
Beides  um  die  Hitze  zu  lindern. 

Gegen  das  kalte  Fieber  giebt  es  vielerlei  Mittel,  wie  Nostoc  (Tre- 
mella  Nostoc  L.),  Aufguss  von  Branntwein  auf  Wermuth,  die  pulverisirten 
Schoten  des  türkischen  Pfeifers  mit  Branntwein,  Spinngewebe  auf  Butter- 
brot, Harlemer  Oel,  scharfen  Hahnenfuss  (Ranunculus  acris  L.)  in  Bier 
gekocht  und  gegeben,  wenn  der  Paroxysmus  da  ist,  Bärlapp  gekocht  in 
dem  Urin  eines  schwarzen  Hengstes  und  der  Milch  einer  weissen  Ziege, 
zu  drei  Malen  neun  zerdrückte  Wanzen  in  Branntwein ,  die  in  der  Pferde- 
striegel zurückgebliebene  Unreinigkeit  oder  die  Milz  eines  Füllens  mit 
Honig. 


—  375  — 

•  * 

f 

<j*gen  Flage  (epileptische  Krämpfe  der  Kinder)  giebt  man  das  Blut 
von  einem  schwarzen  Hahn  oder  einer  schwarzen  Katze.  Um  sie  zu  ver- 
hüten, muss  man  von  drei  linsengrossen  Bläseben  im  Gaumen  der  Kinder 
das  mittelste  zerkratzen,  und  die  damit  sich  befassenden  Weiber  heissen 
«kinni-rikkujad»  (Bläschenzersturerinnen).  *  "  - 

Flechten  werden  gerieben  mit  der  frischen  Wurzel  vom  krausen 
Ampfer  (Rum ex  crispus  L.),  oder  man  legt  darauf  das  Kraut  des  Bruch- 
krautes (Herniaria  glabra  L.),  oder  Epheublälter,  eine  Salbe  aus  den  Stief- 
müttercbenblüthen  mit  saurer  Sahne,  eine  Abkochung  von  Ehrenpreis  (Ve- 
ronica  officinalis  L.)  in  Bier,  oder  man  wäscht  sie  mit  Stutenmilch  >  am 
besten,  wenn  das  Fällen  ein  männliches  ist. 

Gegen  Gelbsucht  gebraucht  man  pulverisirten  Gänsemist,  eine  Hand 
voll  Hopfen  in  einem  Stof  Bier  gekocht. 

Geschwulst  vertreibt  man  mit  einem  Umschlag  von  Pfafifenrohrlein 
(Taraxacum  offic.  Wigg.)  in  Bier  gelacht,  von  Kuhmist  oder  von  zer- 
quetschtem Stinkgeranium  (Geranium  Robertianum  L.),  oder  mit  aufgeleg- 
ten Blättern  von  Huflattich  (Tussilago  Farfara  L.). 

Gegen  Gicht  hat  man  Spiessglanz,  Steinöl,  Terpentinöl  äusserlich 
und  innerlich,  Kampfer  in  Branntwein  gelost,  Theer  besonders  Eschen - 
theer,  ein  Bierdecöct  vt>n  Hauhechel  (Ononis  hircina  Lu),  Ehrenpreis  oder 
scharfem  Hahnenfuss,  Schwitzen  in  der  Badstabe. 

Den  Grind  wäscht  man  mit  Gerberlohe  und  schmiert  ihn  darauf  mit 
ungesalzener  Butter,  oder  man  wendet'  einen  Umschlag  an  von  Schöllkraut 
(Chelidonium  majus  L.)  in  Kofent  gekocht,  oder  die  Beeren  und  Blätter 
des  Kreuzdorns  (Rhamnus  Gathartica  L.)  mit  Stutenmilch  zu  einem  Brei 
gekocht,  oder  Kreuzblume  (Polygola  amara  L.),  Quendel  (Thymus  Serpyl- 
lam  L.),  Bittersäss  (Solanum  Dulcamara  L.). 

Bei  grünem  Stuhlgang  der  Säuglinge  giebt  man  diesen  selbst  und 
der  Mutter  Wermuththee. 

Auf  Hämorrhoidalknoten  legt  man  einen  Umschlag  von  Kuhmist. 

Wenn  die  Hände  aufgesprungen  sind,  reibt  man  sie  mit  Wachol- 
dergallerle (Tremella  juniperina). 

Gegen  Harnverhaltung  gebraucht  man  eine  Abkochung  von  Tau- 
benkropf (Silene  inflata  Sm.). 


—  376  — 

Aar  Hühneraugen  legt  man  ein  Scheibehen  Speck  vom  Seehund 
oder  Delphin. 

Bei  Hühnerblindheit  muss  man  starr  in  die  eben  untergehende 
Sonpe  blicken ,  bis  sie  verschwunden  ist ,  eine  Kalber-  oder  Rinderleber 
ungesalzen  essen ,  oder  ein  auf  Kohlen  -geröstetes  Stack  Juftenleder  warm 
auf  das  Auge  legen. 

Gegen  Husten  gebraucht  man  die  Blüthen  von  Verbascum  Thapsus 
L.  oder  Calendula  offic.  L.,  in  geschmolzener  Butter  aufbewahrt,  oder  La- 
kritzensaft,  schmiert  die  Füsse  mit  Gänsefett,  legt  Bockstalg  auf  die  Brost ; 
gegen  langwierigen,  schwindsüchtigen  Husten  hat  man  ein  Absud  von  der 
Wurzel  des  Engelsüss  (Cystopteris  fragilis  Bernh.)  versucht, 

Gegen  Hysterie  nimmt  man  die  getrockneten  und  pulverisirten  Bee- 
ren des  Gbristophskrautes  (Actaea  sptcata  L.). 

Gegen  Krämpfe  gebraucht  man  ein  Absud  von  Schachtelhalm  (Equi- 
selum  sylvaticum  L.),  bei  Kindern  Bibergeil. 

Bei  Krätze  badet  man  sich  mit  Besen  von  Taxus,  oder  reibt  sich  ein 
mit  Theer  oder  Schwefelsalbe,  wäscht  sich  mit  Theerseife. 

Gegen  Kreuzschmerzen  gebraucht  man  innerlich  und  äosserlich  das 
Jacobskraut  (Senecio  Jaoobaea  L.). 

Gegen  Leibschmerzen  nimmt  man  die  Nur  vomica,  schwarzen  oder 
weissen  Pfeffer  mit  Branntwein,  einen  Aufguss  von  Branntwein  auf  Wer- 
muth;  auch  ein  Bierabsud  von  Ehrenpreis,  Goldruthe  (Solidago  Virga  aurea 
L.)  oder  Teufelsabbiss  (Scabiosa  Sftccisa  L.).  Wenn  man  den  Grund  der 
Schmerzen  darin  sieht,  dass  «der  Nabel  sich  verschoben  hat»  (naba  aze- 
melt  ära),  so  wird  trockenes  Schröpfen  augewendet.  Dazu  wird  um  ein 
Stöckchen  etwas  Hede  gewickelt,  diese  angezündet,  und  dann  ein  Topf 
(naba-pott)  darüber  gestülpt,  welcher  sich  vermöge  der  erwärmten  und 
verdünnten  Luft  anzieht ,  und  den  man  stehen  lässt ,  bis  er  von  selbst 
abfallt. 

Wenn  die  Menstruation  stockt,  so  giebt  man  ein  Bierabsud  von 
Labkraut  (Galium  boreale  L.)  oder  Hartheu  (Hypericum  perforatnm  L.). 

Bei  Ohrenschmerzen  und  Ohrensausen  wird  Bernsteinöl  auf 
Wolle  oder  Baumwolle  getröpfelt  in's  Ohr  gesteckt  oder  man  räuchert 
mit  Pasern  eines  Kirchenglockenstranges  oder  einem  Stück  von  dem  Rie- 


1 


—  377  — 

men,  woran  die  Glocke  befestigt  ist,  und  lässt  den  Rauch  in's  Ohr  gehen, 
oder  man  macht  einen  ohrßrmigen  Stein  (körwa-kiwi)  heiss,  legt  ihn  in 
süsse  Milch  und  hält  das  Ohr  aber  den  Dampf.  Auch  Abendmahlswein  soll 
Ohrenkrankheiten  heilen 1). 

Auf  Quetschungen  legt  man  einen  Umschlag  von  Kraul  und  Blüthen 
des  Hypericum  perfor.  L. 

Bei  rheumatischen  Schmerzen  trinkt  man  fünf  Mal  täglich  ein 
Absud  von  EscheD blättern,  welche  zu  Ende  des  Julimonats  gesammelt  und 
an  der  Luft  getrocknet  sind,  oder  ein  Absud  von  Epheu,  oder  man  ge- 
braucht die  Schwitzbad slube,  das  Schröpfen,  oder  räuchert  mit  Bernstein. 

Bei  der  Rose,  von  welcher  es  neun  Arten  geben  soll,  legt  man  Ha- 
senfell auf,  oder  man  gebraucht  viel  gewöhnlicher  sympathetische  Mittel 
und  Besprechungen. 

Gegen  die  Ruhr  hat  man  vielerlei  Mittel,  Nux  vomica,  Speck  von 

Delphinen  mit  Warmbier,  gepulverte  Bifkenkohle  mit  Branntwein,  pulve- 

« 

risirten  lllutstein  in  Bier  oder  Branntwein»  die  gepulverte  Wurzel  des 
krausen  Ampfers  (Romex  erispus.L.),  einen  Aufguss  auf  Wermuth. 

Auf  Wunden  vom  Schlangenbiss  legt  man  Erde,  oder  man  wäscht 
sie  aas. 

Bei  Schmerz  im  Munde  nimmt  man  die  Nacht  über  eine  Silber- 
oder Kupfermünze,  woran  etwas  Grünspan  ist,  in  den  Mund. 

Schwielen  werden  mit  Seehundsthran  eingeschmiert. 

Bei  Schwindsucht  gebraucht  man  den  Thee  von  Hypericum  perfor. 
L.  oder  ein  Bierabsud  von  Ehrenpreis  (Veronica  ofBc.  L.). 

Sommersprossen  wäscht  man  mit  kaltem  Wasser,  worin  Frosch- 
laich ist. 

Bei  schwarzem  Star  werden  Staubfäden  der  grossen  Osterblume 
(Anemone  nemorosa  L.)  in  Wasser  gekocht,  und  davon  einige  Mal  täglich 
etwas  in's  Auge  getröpfelt.    Gegen  grauen  Star  schabt  man  von  einem 


1)  Auch  der  Honigachaum,  welcher  von  den  Kirchenlichten  abgenommen 
wird,  wird  als  Heilmittel  gebraucht,  ich  habe  aber  nicht  genauer  erfahren  können, 
wogegen  er  angewendet  wird. 


V 


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Schleifstein  den  Staub  in's  Auge  oder  legt  ibn»mit  einem  in  Oel  getränk- 
ten Stack  Baumwolle  darauf,  oder  zu  Asche  verbrannte  Regenwürmer. 

Bei  Steinscbmerzen  trinkt  man  einen  Aufguss  aufgetrocknete,  ge- 
röstete und  gemahlene  Früchte  der  Traubenkirsche  (Prunus  Padus  L.). 

Gegen  Syphilis  trinkt  man  einen  Aufguss  auf  Sussholz  oder  Species 
lignorum  der  Apotheke;  syphilitische  Geschwüre  im  Halse  werden  gepin- 
selt mit  einer  Salbe  aus  Kupfervitriol  und  saurer  Sahne. 

Unruhigen  kleinen  Kindern  giebt  man  Grünspan  oder  zerstossenes 
Glas. 

Gegen  Verdunkelung  der  Hornhaut  gebraucht  man  den  Saft  von 
Schöllkraut  (Chelidonium  majus  L.)  mit  Eiweiss  gemischt. 

Beim  Verheben  kocht  man  drei  Wurzeln  des  Bilsenkrautes  (Hyoseya- 
mus  niger  L.)  mit  drei  Quartieren  Kofent  und  einem  Quartier  Oel,  nimmt 
es  heiss  ein -und  bestreicht  damit  die  schmerzende  Stelle;  oder  man  nimmt 
einen  Absud  von  Arnica  in  Bier. 

Gegen  Vertaubung  wird  Schröpfen  angewandt. 

Warzen  betupft  map  mit  dem  Safte  des  Schöllkrautes,  fjpr  man 
lässt  Heuschrecken  hineinbeissen  und  sie  mit  ihrem  •Safte  bespritzen. 

Gegen  Wassersucht  gebraucht  man  Ameisenbäder,  innerlich  die  ge- 
pulverte Wurzel  der  Schellbeere  (Rubus  Chama&morus  L.) ,  der  Seerose 
(Nymphaea  alba  L.)  oder  der  Teichrose  (Nuphar  luteum  Sm.). 

Gegen  weissen-Fluss  wendet  man  den  wilden  Majoran  (Origanam 
vulgare  L.)  an. 

«Wölmed»  sind  eine  Krankheit,  welcher  nicht  ein  einfacher  Name 
in  der  Pathologie  der  Gelehrten  entspricht.  Man  bezeichnet  damit  eine 
schmerzhafte  Spannung  und  Anschwellen  am  Unterleibe  durch  geschwollene 
Drüsen  oder  sonst,  und  je  nach  der  Stelle  unterscheidet  man  köhu- wöl- 
med, naba-w.,  südame-w.,  kubeme-w.,  piha-w.,  nennt  sie  auch 
wohl  «hlred»,  in  so  fern  es  geschwollene  Drusen  sind.  Ausser  den  ma- 
gischen Mitteln  wendet  man  dagegen  gewöhnlich  äusserlieh  Drucken  und 
Streichen  an,  nimmt  auch  wohl  Butterlake  ein;  nach  dem  Namen  (wölme- 
rohi)  zu  schliessen,  gebraucht  man  wohl  auch  die  Hundszunge  (Cynoglos- 
sum  officinale  L.).  Es  giebt  Personen,  welche  sich  besonders  auf  die  äus- 
serliche  Behandlung  dieses  Uebels  verstehen  und  sich  damit  ab  geben, 


—  379  — 

«trlkijad»  (Streicheriiineii)  genannt.  Am  besten  soll  das  «Streichen»  Er- 
folg haben  bei  Vollmond. 

Gegen  Wärmer  bei  Kindern  giebt  man  Knoblauch,  so  wohl  innerlich 
als  auch  zerquetscht  auf  den  Nabel  gelegt,  Blüthen  und  Samen  von  Rain- 
farn (Tanacetum  vulgare  L.),  Samen  von  Thurmkraut  (Turritis  glabra  L.) 
und  Zetwersamen  der  Apotheke.  —  Gegen  Würmer  in  holen  Zähnen 
knetet  man  Samen  von  Beifuss  (Artemisia  vulgaris  L.)  oder  Bilsenkraut 
(Hyoscyamus  niger  L.)  in  Wachs,  formt  daraus  Lichte  und  lässt,  nachdem 
diese  angezündet  sind,  durch  einen  Trichter  den  Dampf  in  den  Zahn  geben, 
was  hambgjd  pöletama  (die  Zähne  brennen)  genannt  wird. 

Gegen  alte  Wunder*,  Geschwüre,  wendet  man  vielerlei  Mittel  an, 
wie  Scheidewasser,  Wundstein  (Lapis  divinus),  Grünspan,  die  Blätter  des 
grossen  Wegerichs  (Plantago  major  L.)  oder  Tabaksblätter,  gepulverte 
Blätter  und  Blüthen  von  Wermutb,  Seifenschaum,  Delphinspeck,  Salbe  aus 
Kupfervitriol  und  saurer  Sahne,  den  Saft  der  Gundelrebe  (Glechoma  hede- 
racea  L.),  Umschläge  vonGoldruthe  (Solidago  Yirga  aurea  L.)  oder  Hartheu 
(Hypericum  perfor.  L.),  Kraut  und  Blüthen  der  Schafgarbe  (Achillea  Mille- 
folium  L.)  in  Bier  gekocht. 

Gegen  Zahnschmerz  gebraucht  man  Schröpfen,  Auflegen  von  Ta- 
baksblättern, ein  Decoct  von  Teufelsabbiss  (Scabiosa  Succisa  L.)  oder 
Barläpp  (Lycopodium  clavatum  L. ,  drei  Enden,  jedes  mit  drei  Spitzen), 
im  Munde  gehalten,  oder  Blätter  und  Samen  von  Bilsenkraut  in  Brannt- 
wein zerquetscht  und  mit  Baumwolle  davon  auf  den  Zahn  gelegt. 

b)  Sympathetische  Heilmittel. 

Ein  sympathetisches  Mittel  wird  mit  dem  Worte  «oht»  bezeichnet, 
und  man  unterscheidet  es  so  wohl  von  «rohi»  (Arzenei)  als  von  «kunst» 
(Zaubermittel),  daher  die  Redensart  «ma  ölen  köik  ohud  ja  rohud  ära 
katsumid»  (d.  h.  ich  habe  alle  möglichen  Mittel  versucht). 

Es  giebt  dreierlei  auf  ungewöhnlichem  Wege  gekommene  Krankhei- 
ten, gegen  welche  auch  besonders  die  unnatürlichen  Mittel  gebraucht  wer- 
den. Ist  sie  «mäst  sänud»  (von  der  Erde  bekommen),  so  findet  beson- 
ders das  «walgustama»  (Schaben  von  Silber)  Statt.    Ist  sie  «kufja  ini- 


—  380  — 

meze  tehtud»  (von  einem  bösen  Menschen  angethan),  so  sucht  man 
etwas  dem  Thäter  Gehörendes,  am  besten  Haare,  sich  zu  verschaffen  und 
räuchert  damit  den  Kranken.  Ist  sie  «kfinlast»  (vom  Licht),  auch  «hlest, 
ku ratist»  (von  einem  bösen  Geiste),  so  soll  man  Matth.  IV  lesen,  oder 
man  bringt  dem  Töün  (s.  XV)  Geschenke,  etwas  Geld,  oder  was  mit  dem 
Sitz  der  Krankheit  in  Verbindung  steht,  wie  Handschuhe,  wenn  die  Hände, 
Strümpfe  oder  Hosen,  wenn  die  Füsse  krank  sind,  Lebensmittel,  wenn 
der  Bauch  leidet  u.  s.  w.  Hilft  das  nicht,  so  wird  ihm  mit  einem  Schwamm 
Feuer  zugeworfen ,  wirkt  auch  das .  nicht ,  so  ladet  ein  Zauberer  bei  dem 
Rauche  von  Birlapp  und  mit  mancherlei  Zauberworten  eine  Flinte  an  einem 
Donnerstag  bei  altem  Licht,  und  schiesst  dahin,  wo  man  meint,  dass  Tonn 
sich  aufhalte,  und  hilft  ein  Schuss  nicht,  so  wiederholt  man  diess  npch  an 
zwei  Donnerstagen.  —  Aber  auch  gegen  viele  gewöhnliche'  Krankheiten 
werden  sympathetische  Mittel  angewendet  neben  den  im  Vorstehenden  an- 
gegebenen naturlichen.  Sehr  wirksam  gegen  verschiedene  Uebel  soll  eine 
zufallig  gefundene  Schlangenhaut  sein,  der  Strick  der  Kirchenglocke,  der 
Honigschaum  von  Kirchenlichlen,  auch  das  ausgeträufelte  Fett  einer  schwar- 
zen Schlange ,  welche  man  vor  St.  Georg  gefangen  und  aufgehängt  hat ; 
ferner  Branntwein,  welchen  man  in  der  Kirche  bei  sich  gehabt  hat,  um 
«Gottes  Wort  darüber  gehen  zu  lassen». 

Ein  prophylaktisches  Mittel  gegen  Ansteckung  mit  Ausschlägen, 
Syphilis,  Krätze  in  der  Badstube  ist  das  Salz;  man  legt  es  in  das  Bade- 
wasser und  wirft  einige  Körner  auf  die  Ofendecke. 

Gegen  Alpdrücken  nimmt  man  Abends,  wenn  der  Mond  scheint, 
etwas  aus  der  Tasche ,  drückt  es  an  drei  Stellen  wiederholt  gegen  die 
Stirn,  zeigt  es  dann  dem  Monde  und  spricht:  iza,  pqeg  ja  püha  waim 
(Vater,  Sohn  und  heiliger  Geist). 

Bei  Appetitlosigkeit  muss  man  vor  einem  Brünnen  drei  Mund  voll 
essen,  dann  kommt  die  Esslust  sogleich  wieder. 

Gegen  Augenkrankheiten  soll  Kirchenwein  heilsam  sein,  oder  das 
Wasser  gewisser  Quellen. 

Ausschlag  (feiner,  juckender)  entsteht  durch  den  Hauch  der  «m&- 
alazed,  mailazed»  (Unterirdischen,  s.  XV)  und  wird  curirt,  indem  man 
diese  gewinnt,  mit  (s.  XIV)  und  ohne  besonderen  Spruch.    Man  legt  in 


—  381  — 

Wasser  etwas  Asche  aus  drei  Aschenlöchern,  Kohlen  und  Silber,  und 
wäscht  damit  den  Ausschlag  an  drei  Donnerstagen;  oder  man  umschreibt 
den  Ausschlag  mit  Wasser,  worein  man  Kohlen  geworfen  und  etwas  Silber 
geschabt  bat;  oder  man  umschreibt  ihn  mit  einer  silbernen  Spange  an 
einem  Donnerstag  Abends,  schabt  auch  etwas  Silber  darauf  und  wäscht 
mit  d$m  Wasser  von  mailaze-rohi  (vgl.  d.  Wörterbuch).  —  Ausgeschla- 
gen Lippen  wäscht  man  ebenfalls  mit  Wasser ,  worein  neun  Kohlen  ge- 
worfen sind. 

Bei  Besessenheit  muss  man  in  den  Ringfinger  ein  Kreuz  schneiden, 
die  Kleider  in's  Feuer  werfen,  aus  drei  Quellen  Wasser  nehmen  und  ins 
Kreuz  auf  den  Kranken  sprengen. 

glasen  entstehen  am  Körper  kleiner  Kinder,  wenn  von  dem  Bade- 
wasser etwas  in's  Feuer  geht.  Man  nitbmt  dann  neun  glühende  Kohlen, 
wird  sie  nach  einander  in  Wasser,  legt  etwas  Salz  dazu  und  wäscht  da- 
mit; das  Wasser  wirft  man  dann  auf  die  Ofendecke  (keris). 

Bei  einem  Darmbruch  bei  Knaben  drückt  man  die  Stelle  mit  einem 
aas  der  Hausecke  geschnittenen  Stück  Holz ,  worin  vier  Aeste  sich  kreuz- 
weise befinden,  und  mit  je  einem  aus  neun  Schoberböden  genommenen 
Schoberholze  (knhja-klupp). 

Geschwollene  Drüsen  drückt  man  mit  der  Kinnlade  eines  Hechtes, 
oder  man  schabt  Silber  darauf. 

Gegen  Durchfall  werden  Kinder  gewaschen  mit  dem  Wasser,  worin 
ungebleichtes  Garn  gewaschen  ist. 

Gegen  Epilepsie  giebt  man  das  Blut  von  drei  verschiedenen  Thieren 
ein  (gewöhnlich  Katze,  Hund  und  Hahn),  oder  man  lässt,  wenn  der  Anfall 
zu  kommen  droht,  von  dem  Wasser  trinken,  worein  etwas  von  einem  Tod- 
tenschadel  geteilt  ist,  oder  von  dem  Brote  essen,  das  ein  Anderer  gefun- 
den und  dem  Kranken  gegeben  hat. 

Bei  Erkältung,  wenn  kalter  Wind  (Zugwind)  an  den  erhitzten  Kör- 
per gekommen  ist  (apaha  tüHäind  üle»),  räuchert  man  mit  Schiesspul- 
ver, nimmt  auch  etwas  davon  ein,  oder  mit  Lappen  oder  mit  Abgeschabtem 
von  der  Schwelle,  über  welche  der  Wind  gekommen  war;  wenn  der 
Kranke  darnach  anfangt  zu  niesen,  so  wird  er  besser. 


—  382  — 

Gegen  kaltes  Fieber  lässt  man  den  Kranken  unter  einer  Zaunstutze 
durch  kriechen,  oder  steckt  ihn,  wenn  der  Anfall  kommt  in  den  Leib  eioes 
erepirten  Thieres,  oder  man  nimmt  von  den  Schwielen  am  Pferdefass,  . 
neunerlei  Haare,  Läuse  vom  ersten  Kinde,  wickelt  Alles  in  ein  Stuck  Zeug 
und  legt  es  auf  einen  Sparrenhalter  und  unter  die  Brust  (vgl.  noch  XV 

«Harr»). 

Flechten  entstehen,  wo  der  Hauch  eines  rülpsenden  Thieres  darüber 
gegangen  ist,  wenn  man  versäumt  hat  es  zu  schelten  oder  dagegen  auszu- 
speien.  Man  streicht  sie  mit  Salz  und  wirft  dann  dieses  in  alle  vier  Winde, 
oder  man  drückt  mit  dem  Ringfinger  der  linken  Hand  einen  Drudenfuss 
(Pentagramm)  darauf,  oder  man  beschreibt  einen  solchen  mit  einer  Steck- 
nadel, welche  darnach  krumm  gebogen  und  gegen  Norden  gerichtet  #wird, 
oder  man  macht  an  einem  Donnerstagabend  einen  auf  einen  Schleifstein 
und  drückt  damit  die  Flechte.  Eine  etwas  umständlichere  Kur  ist  diese. 
Man  beschneidet  alle  Finger  und  Zehen,  macht  auf  jeden  Schnitzel  mit 
einem  scharfen  Messer  drei  Kreuze  und  verbrennt  sie  dann  an  einem 
Sonnabend  Abends  auf  einem  Stein ,  indem  man ,  bis  Alles  zu  Asche  ge- 
worden ist,  mit  dem  Ofenbesen  umherficht,  damit  nicht  etwa  der  Teufel 
eins  von  den  Schnitzeln  stiehlt.  Die  Asche  nimmt  man  darauf  zusammen 
und  streut  sie  auf  die  Flechte.  Oder  man  schält  von  einer  Birke  ein  Stuck 
Rinde  ab,  stiehl  damit  mehrmals  die  kranke  Stelle  und  wirft  dann  über 
die  Schulter  das  Rindenstück  in  den  brennenden  Ofen,  läuft  aber  auch 
schnell  fort,  damit  man  das  Knistern  der  brennenden  Rinde  nicht  hört. 

Ein  franker  Fuss  wird  besser,  wenn  man  auf  ein  Grab  tritt. 

Bei  Geburtswehen  wird  die  Geburt  erleichtert  und  beschleunigt 
durch  Kirchenwein. 

Bei  Gelenkschmerz,  Schwäche  und  Knarren  im  Handgelenk,  wo- 
durch die  Hand  kraftlos  wird,  wickelt  man  mit  Labkraut  roth  gefärbtes 
Garn  oder  die  Pfeifenkette  um  die  Hand. 

Gewächse  am  Leibe  drückt  man  mit  einer  Todtenband,  oder  man 
wäscht  sie  mit  der  Seife,  welche  beim  Waschen  einer  Leiche  ist  gebraucht 
worden,  damit  sie  nicht  weiter  wachsen. 

Grüner  Stuhlgang  bei  kleinen  Kindern  entsteht  dadurch,  dass  die 
ausgehängten  Windel  von  der  Abendrothe  beschienen  sind.   Um  das  Hebel 


—  383  — 

zo  keilen,  muss  man  die  Windel  so  aufhangen,  dass  m  von  der  Morgen- 
sonne beschienen  werden. 

Gegen  Hasenscharte,  welche  dadurch  entsteht,  dass  die  Mutter  in 
der  Schwangerschaft  durch  einen  Hasen  ist  erschreckt  worden,  räuchert 
man  das  Kind  mit  Hasenhaaren. 

Bei  Hodengeschwulst  der  Kinder  beisst  man  sanft  die  Stelle  und 
denkt  drei  Mal  hinter  einander:  mis  sa  närid?  Närin  rlzi.  Näri  nenda, 
et  abi  sab.  Jamal  aidaku  (was  kaust  du?  Ich  kaue  eine  Geschwulst. 
Kaue  so,  dass  es  hilft.  Gott  helfe).  Darauf  schabt  man  etwas  von  dem 
messingenen  Hosenknopf  eines  Mannes,  mischt  es  mit  Kreide  in  Milch  und 
giebt  diess  dem  Kinde  ein. 

Wer  Hüftweh  hat  zur  Zeit  der  Ernte  und  dann  Würmer  im  Roggen 
findet,  muss  seinen  Gürtel  abnehmen  und  einen  Wurm  darüber  gehen 
lassen. 

Hundekrankheit  (kqera-töbi)  wird  die  Atrophie  oder  englische 
Krankheit  genannt,  weil  sie  angeblich  durch  den  Schreck  der  schwangeren 
Mutter  aber  einen  Hund  entsteht.  Es  wird  dagegen  das  Kind  in  ein  Hunde- 
feil  gewickelt,  oder  mit  Hundehaaren  geräuchert,  oder  auf  der  Stelle,  wo 
ein  Hund  sich  gewälzt  hat,  gerollt,  aber  in  umgekehrter  Richtung,  oder 
gebadet,  während  auf  der  Ofendecke  ein  Hundeschädel  liegt,  oder  von 
einer  Wittwe  an  drei  Donnerstagen  in  ihrer  Schurze  mit  der  Hand  wage 
gewogen,  und  wenn  es  in  dieser  Zeit  zugenommen  bat,  so  wird  es  leben 
bleiben,  wenn  es  aber  abgenommen  hat,  so  wird  es  sterben. 

Gegen  Hundswuth  schreibt  man  auf  neun  Papiere  fünf  Mal  den 
Spruch  «sator  Arepo  tenet  opera  rotas»,  und  giebt  an  drei  Tagen 
Morgens,  Mittags  und  Abends  dem  Gebissenen  je  eins  dieser  Papiere* ein. 

Bei  Knocheoschmerz  wird  die  schmerzende  Stelle  mit  einem  Tod- 
tenbeine  gedruckt  und  gerieben. 

Bei  Kopfschmerz  klopft  man  drei  Mal  mit  einem  Stein  gegen  die 
Stirn  und  sagt:  sägu  köwa  kui  kiwi  (es  werde  hart  wie  Stein). 

Lause  vertreibt  man  dadurch,  dass  man  drei  Mal  mit  Feuer  um  den 
Kopf  einen  Kreis  beschreibt. 

Gegen  Obstruction  gebraucht  man  den  von  den  Krummhölzern  ab- 
geschabten Pferdeschweiss. 


—  384  — 

Bei  Ohrenfluas  und  Schwerhörigkeit  lässt  man  aas  einer  Federspule 
etwas  Quecksilber  in's  Ohr  laufen. 

Mit  «rabandus»  wird  jede  plötzlich  anfallende  und  der  Einwirkung 
voi  Geistern  zugeschriebene  acute  Krankheit  genannt,  mehr  noch  bei  Thie- 
ren  als  bei  Menschen.  Man  trinkt  dagegen  drei  Schluck  Wasser  aus  dem 
Hacken  des  Schuhes  vom  linken  Fuss,  oder  man  schiesst  kaltes  Wasser 
aus  einer  Flinte,  eben  so  Zinn  drei  Mal,  reibt  es  fein  und  nimmt  beides 
ein,  oder  man  streut  unter  drei  Thüren  genommene  Erde  auf  heisses  Eisen 
und  räuchert  damit,  oder  man  gebraucht  einen  Donnerkeil  (pitkse-kiwi 
s.  XVI),  doch  habe  ich  nicht  erfahren  .können,  in  welcher  Weise. 

Die  Rose  umgränzt  man  durch  einen  mit  einem  Bleislift  auf  die  Haut 
gezeichneten  Kreis  und  schreibt  in  diesen  ebenfalls  mit  Bleistift  «rözapilla, 

» 

allipäzor»  oder  «sint  si  sitst».  —  Man  trägt  als  Amulett  ein  Zettelcben 
mit  den  Worten  «sator  Arepo  tenet  opera  rotas». 

Schielende  werden  curirt,  wenn  man  sie  an  einem  Donnerstag 
Abends  in  den  Wald  fiihQ  und  dort  ruß:  suzi  mötsa,  lats  kodu  (der 
Wolf  in  den  Wald,  das  Kind  nach  Hause). 

Bei  Schlange n bis s  wird  die  gebissene  Stelle  mit  der  Kinnlade  oder 
dem  Zahn  eines  Hechtes  gedrückt,  oder  es  wird  Silber  darauf  geschabt, 
oder  der  Gurt  darum  gewickelt,  welchen  eine  Braut  bei  der  Trauung  ge- 
tragen hat. 

Die  Schlangenkrankheit  (usät-wiga)  zeigt  sich  bei  neugeborenen 
Kindern,  wenn  die  Mutter  während  der  Schwangerschaft  durch  eine 
Schlange  ist  erschseckt  worden.  Das  Kind  liegt  den  Kopf  auf  dem  Rücken, 
streckt  dabei  die  Zunge  häufig  aus  dem  Munde  hervor  und  spielt  damit 
wie  Hie  Schlange.  Man  wendet  verschiedene  Guren  dagegen  an,  als:  man 
legt,  wenn  das  Kind  gebadet  wird,  einen  Riegenrechen,  einen  Strick  und 
eine  Spindel  auf  die  Ofendecke;  man  räuchert  es  mit  einer  Schlangen  - 
haut;  man  legt  den  Kopf  einer  Schlange  unter  eine  Schale  mit  Wasser, 
wäscht  mit  diesem  Wasser  das  Kind  und  sprengt  darauf  noch  .mit  dem 
Ringfinger  neun  Tropfen  von  diesem  Waschwasser  in  den  Mund  des  Kin- 
des; man  legt  an  einem  Donnerstag  am  Morgen  Stroh  an  den  Rand  eines 
Brunnens,  das  Kind  in  Windeln  darauf,  und  schlägt  diess  dann  sanft  mit 
einem  Knüttel,  womit  vor  St.  Georg  eine  Schlange  ist  erschlagen  worden. 


—  385  — 

Wenn  durch  Schreck  ein  kleines  Kind  sehr  unruhig  geworden  ist, 
so  legt  man  es  in  die  Wiege  auf  ein  reines  Tuch,  zwei  Wittwen  drehen 
die  Enden  desselben  zusammen,  dass  das  Kind  darin  ist,  und  lassen  es 
drei  Mal  um  die  Wiege  gehen;  hilft  das  nicht,  so  wird  das  Kind  gebadet, 
daon  legt  man  es  an  der  Thfir  nieder,  die  Kleider  daneben  und  lässt  einen 
Hund  drei  Mal  darüber  springen. 

Wenn  man  Sodbrennen  hat,  so  muss  man  die  Brustspange  umge- 
kehrt an  der  Brust  anlegen. 

Um  Sommersprossen  zu  vertreiben,  reibt  man  sie  mit  Erde,  welche 
an  der  Stelle  genommen  ist,  wo  man  im  Frühjahr  zum  ersten  Mal  eine 
Schwalbe  gesehen  hat. 

Bei  grauem  Star  legt  man  ein  silbernes  Geldstück  mit  recht  schar- 
fem Gepräge  auf  das  Auge. 

Gegen  Stiche  kaut  man  die  Spitze  eines  Gänseschnabels  (hane- 
hammas),  oder  man  zerstampft  sie  und  nimmt  sie  ein. 

Gegen  Verheben  nimmt  man  in  Bier  etwas  Blut  aus  dem  Herzen 
eines  schwarzen  Ziegenbockes. 

Bei  Verrenkungen  umbindet  man  das  beschädigte  Glied  auf  beson- 
dere Weise  mit  Bändern. 

Warzen,  streicht  man  mit  einer  Todtenhand l) ,  oder  man  wascht  sie 
mit  dem  unter  einer  Pforte  zusammengeflossenen  oder  auf  Rindermist  ste- 
henden Wasser,  oder  man  zeichnet  einen  Drudenfuss  (Pentagramm)  dar- 
auf, oder  ein  Anderer  zählt  sie  genau  heimlich,  ohne  dass  der  damit  Be- 
haftete es  bort,  schlägt  in  einen  feinen  Faden  so  viel  Knoten,  wie  es  War- 
zen sind ,  und  vergräbt  diesen  an  einer  Stelle ,  wo  er  leicht  faulen  wird ; 
ist  er  verfault,  so  schwinden  auch  die  Warzen.  Die. beste  Zeit. für  diese 
Cor  ist  bei  abnehmendem  Mondlicht. 

Die  Wolfskrankheit  (hundi-wiga)  entsteht  auf  analoge  Weise,  wie 
die  Schlangenkrankheit  (s.  oben).  Das  Kind  schnappt  dabei  häufig  mit  dem 
Munde  und  scheint  gar  nicht  satt  werden  zu  können;  es  wird  dagegen  mit 


1)  Aach  sonst  Schäden  am  Leibe  werden  mit  einer  Todtenhand  berührt,  and 
man  bittet  den  Todten,  sie  mit  sich  in  die  Erde  zu  nehmen. 

25 


—  386  — 

Wolfshaaren  geräuchert,  oder  man  bringt  es  an  drei  Donnerstagen  Abends 
auf  einen  Kreuzweg  und  schreit  dort  jedes  Mal  drei  Mal  den  Wolf  an. 

Gegen  «wölmed»  (s.  o.)  entwendet  man  aus  einem  anderen  Hause 
den  hölzernen  Ring  eines  Ofenbesens,  verbrennt  ihn  und  legt  die  Asche 
auf,  was  besonders  kräftig  wirken  soll,  wenn  aus  jenem  Hause  dem  Ent- 
wendenden tüchtig  nach  gescholten  wird;  oder  man  nimmt  einetf  Stein 
vom  Anger  oder  Brachfeld  und  drückt  damit. 

Bei  Wunden  von  Beilhieben  kocht  man  Eisen  und  trinkt  dieses  Was* 
ser  zur  Stillung  des  Schmerzeos. 

Bei  Zahnschmerzen  wird  der  Zahn  mit  einem  Todlenzalm  gerieben, 
an  dessen  Stelle  man  auf  dem  Gottesacker  ein  Geldstück  gelegt  hat.  Oder 
man  legt  eine  eiserne  Schaufel ,  eine  Pflugschar  und  einen  Pfluglöffel  in's 
Feuer  und  unter  drei  Thüren  genommene  Erde  auf  den  Rand  des  Ofens; 
wenn  die  Erde  warm  geworden  ist  und  die  Eisen  glühen,  so  legt  man  sie 
in  Wasser  und  lässt  den  Dampf  an  den  schmerzenden  Zahn  gehen. 


Die  Veterinärkunde  der  Ehsten  ist  ziemlich  einfach,  und  die  in  Krank- 
heiten der  Thiere  angewandten  Mittel  fallen  in  dieselben  drei  Kategorien 
wie  die  gegen  Krankheiten  der  Menschen  gebrauchten. 

Wenn  ein  Thier  erkrankt  und  man  das  Uebel  noch  nicht  genauer  er- 
kennt, so  sucht  man  einen  Hexenbesen  (tflle-pSzas)  und  räuchert  es  da- 
mit. Bei  Schwäche  und  Abmagerung  ohne  sichtbare  Veranlassung  giebt 
man  einer  Kuh  das  Wiedergekäute  von  einer  gesunden ,  jedoch .  nicht  zu 
viel,  sonst  würde*  diese  selbst  krank  werden. 

Bei  Blutharnen  giebt  man  ein  Decoct  von  Schöllkraut  (Chelidonium 
majus  L.)  oder  einen  Goldkäfer  (Scarabaeus  auratus  L.),  —  gegen  Bräune 
der  Schweine  Antimon,  —  gegen  Druse  der  Pferde  das  Kraut  des  Rain- 
farns (Tanacetum  vulgare  L),  gegen  Durchfall  Goldruthe  (Solidago  Virga 
aurea  L.)  oder  rothen  Bolus.  —  Die  Pinnen  der  Schweine  erkennt  man 
daran,  dass  die  Tbiere  sich  erbrechen,  wenn  sie  mit  dem  Putter  eine 
Portion  von  der  Wurzel  der  schwarzen  Niesswurz  (Helleborus  niger  L.) 
bekommen  haben;  man  giebt  ihnen  dagegen  die  Wurzel  des  Adlerfarns 


—  387  — 

(Pteris  aquilina  L.),  pulverisirt  und  auf  das  Futter  gestreut.  —  Läuse, 
welche  dem  Verhexen  zu  geschrieben  werden,  vertreibt  man  mit  einem 
Aufguss  von  Branntwein  auf  Bärlapp  (Lycopodium  clavatum  L.)  oder  durch 
Einreiben  einer  Salbe  aus  Quecksilber  und  irgend  einem  Fette.  —  Gegen 
Lungensucht  giebt  man  die  Wurzel  des  Wollkrautes  (Verbascum  Thap- 
sns  L.).  —  Gegen  «rabandus»  (vgl.  oben)  wendet  man  verschiedene 
Mittel  an:  man  räuchert  mit  vor  St.  Georg  gesammelten  Schlangenhäuten; 
man  lässt  auf  drei  Stellen  eines  Stuckes  Brot  etwas  Blut  aus  dem  ange- 
schnittenen Ohr  des  kranken  Thieres  tröpfeln  und  giebt  es  ihm  zu  fressen; 
man  bedeckt  ihm  den  Kopf  und  lässt  es  den  Rauch  von  Theer  durch  die 
Nase  einziehen ;  das  Thier  wird  drei  Mal  mit  dem  oberen  Gliede  des  Dau- 
mens gemessen  unter  Hersagung  gewisser  Worte;  man  betet  in  einem 
Athem  drei  Vaterunser  und  drei  Mal  das  TaufTormular  über  etwas  Salz  und 
blast  es  drei  Mal  in  die  Nase ;  man  misst  zwei  Mal  mit  der  Spanne  von 
der  Nase  an  der  Länge  nach»  dann  in  die  Quere,  darauf  bläst  man  ihm 
Luft  ein  und  giebt  fein  gestampfte  glühende  Kohlen  mit  Brot  ein.  —  Bei 
Schlangenbiss  legt  man  einen  lebendigen  Frosch  auf  die  Wunde  oder 
einen  Umschlag  von  zerquetschten  Blättern  des  Liebstock  (Levisticum  offi- 
cinale  Koch.),  oder  man  drückt  die  Stelle  drei  Mal  mit  dem  Gesangbuche; 
—  bei  Schwinden  und  Abmagerung  beisst  man  in  einen  Baum,  dann 
vertrocknet  dieser,  nicht  das  Thier;  —  gegen  Vernagelung  macht  man 
Umschläge  von  der  Bluthe  des  Wollkrautes.  —  Leidet  ein  Thier  an  Ver- 
stopfung, so  macht  man  eine  eigentümliche  dreifache  Schlinge,  welche 
auf  einen  einzigen  Zug  aufgebt ,  und  rieht  diese  auf  über  dem  Rücken  des 
kranken  Thieres.  —  Gegen  Verwundungen  wendet  man  den  Speck  von 
Seehunden  oder  Delphinen  an;  —  gegen  Wanzen  im  Magen  (?)  giebt 
man  Branntwein,  worüber  ein  Mal  in  einem  Alhem  das  Vaterunser  und 
die  Taufformel  her  gesagt  ist,  oder  man  kocht  stark  ein  altes  Stuck  Rind- 
fleisch und  giebt  dem  kranken  Thiere  das  Wasser  davon  ein  nebst  dem 
zu  Kohle  verbrannten  Fleisch.  —  «Wölmed»  bei  den  Pferden,  eine 
auch  tlrud  genannte  Drüsenanschwellung,  werden  wie  an  den  Menschen 
mit  Drücken  und  Kneifen  behandelt. 


25* 


388 


XTTT.  Zauber  und  Mittel  dagegen. 

Zauberer  und  Hexen  (die  Ehslen  unterscheiden  das  Geschlecht  sprach- 
lich nicht)  giebt  es  verschiedene,  mit  mehr  oder  weniger  Macht  ausge- 
rüstet «Söla-targad»  (Salzweise)  oder  asöla-puhujad»  (Salzbläser) 
bedienen  sich  des  Salzes  bei  ihren  Zaubereien,  «söna-targad»  (Wort- 
weise)  oder  «lauzujad»  (Sprecher),  «pöbisejad»  (Murmeler)  gesproche- 
ner Zauberformeln,  «tüle-targad»  (Wind weise)  haben  über"  den  Wind 
Macht,  «mana-targad»  (vgl.  mana  XV),  im  Volksliede  öfters  erwähnt, 
erscheinen  als  besonders  mächtig,  «kiwi-targad»  (Steinweise)  verstehen 
die  geheimsten  Dinge  von  den  Steinen  zu  lesen.  Jeder  Stein  —  besonders 
reichlich  Kalksteine  —  ist  mit  wunderbaren  Schriftzeichen  versehen,  aber 
nur  Wenige  verstehen  sie  zu  entziffern.  Auf  ihnen  steht  das  Schicksal 
jedes  einzelneu  Menschen  geschrieben.  Diess  erklären  die  kiwi-targad 
so:  als  Moses  die  Gesetztafeln  an  dem  Berge  Sinai  zerbrach,  verwebte 
der  Wind  den  Staub  über  die  ganze  Erde,  aus  jedem  Stäubchen  erwuchs 
ein  Stein,  und  auf  jedem  ist  das  Gesetz  und  die  Zukunft  der  Menschen 
verzeichnet. 

Die  Festländer  in  Ehstland  scheuen  sich  sehr  mit  den  Insulanern  in 
Streit  zu  gerathen ,  weil  sie  als  Zauberer  gefürchtet  sind ,  besonders  die 
Sörulazed  (von  der  Halbinsel  Sworbe  auf  Oesel)  und  die  Köplazed  (von 
der  Halbinsel  Köppo  auf  Dago). 

Die  Zauberer  begeben  sich  in  der  Sylvesternacht  an  eine  solche  Stelle, 
wo  drei  Zäune  zusammen  stossen,  d.  h.  das  Ende  eines  von  der  Seite  senk« 
recht  auf  einen  anderen  ausgeht;  dort  erfahren  sie,  was  in  dem  beginnen- 
den Jahre  geschehen  wird.  —  Sonst  ist  die  Johannisnacht  die  Zeit,  in 
welcher  Heien  und  Zauberer  besonders  thätig  sind,  mit  ihrer  Kunst  Ande- 
ren zu  schaden. 

Wenn  man  zu  einem  «tark»  kommt,  so  singt  er:  mina  lauzun  ehk 
ej  lauzu,  raha  wötan,  mitte  ei  jäta  (ich  werde  sprechen  oder  auch 
nicht  sprechen,  das  Geld  nehme  ich,  lasse  es  nicht). 

Die  Hexen  sollen  auf  Ziegenböcken  reiten  und  so  sich  zu  ihren  Ver- 
sammlungen begeben. 


—  389  — 

Anstatt  «jumal  appi»  (Gott  zu  Hülfe)  sagen  die  Hexen  als  Gross 
«teie  to  ja  minu  jöud»  (eure  Arbeit  and  meine  Kraft). 

Eise  Hexe  rief  bei  der  Wasserprobe :  nöre  ku  laps ,  nöre  kü  laps 
ei  waju  alla  (das  Kind  des  Neumondes  geht  nicht  unter). 

Wenn  ein  Weib  eine  Kröte  im  Busen  trägt  und  an  der  Brust  saugen 
lässt,  so  wird  sie  eine  Hexe,  sie  kann  dann  Gutes  und  Böses  zu  fugen, 
krank  und  gesund  machen  etc.  —  Wer  an  drei  Donnerstagen  Abends  un- 
ter dem  Schweife  einer  weissen  Stute  hustet,  erlangt  ebenfalls  die  Zau- 
berkraft. 

Sonst  wird  die  Zauberkunst  auch  erlernt,  und  sie  wird  von  Vater  oder 
Mutter  auf  die  Kinder  fibertragen,  auch  auf  Andere,  aber  nur  auf  je  Einen, 
und  möglichst  kurz  vor  dem  Tode.  Ein  Zauberer,  welcher  das  verabsäumt, 
hat  einen  qualvollen  Tod. 

Mancher  hat  den  «bösen  Blick»  und  kann  schon  durch  blosses  Anse- 
hen Schaden  zu  fügen.  Er  ist  ein  «säratse  werega  inimene»  (ein  Mensch 
von  solcher  Constitution),  und  weiss  oft  selbst  nicht,  dass  er  diese  Be- 
schaffenheit hat.  Wenn  ein  « böses  Auge»  zu  sieht  oder  ein  «böser  Mund» 
etwas  erwähnt  oder  davor  warnt,  dann  gelingt  etwas  nicht,  oder  dann  ge- 
schieht gerade  das  Unheil. 

Die  Mittel  zum  Verzaubern  sind  mannichfaltig.  Das  Blut  einer  Fleder- 
maus hat  Zauberkraft,  weil  der  Altvater,  ah  er  eine  Hexe  zur  Strafe  in 
eine  Fledermaus  verwandelte,  vergass  ihr  Blut  um  zu  wandeln.  —  Schweins- 
hauer  sind  ein  Zaubermittel,  doch  habe  ich  nicht  genauer  erfahren  können, 
wie  und  wann  sie  verwendet  werden.  —  Geheiligtes  Altarbrot,  wenn  man 
es  bei  der  Gommunion  nicht  zerkaut  und  verschluckt,  sondern  aus  dem 
Munde  zurück  nimmt,  bringt  grosses  Glück  und  wird  bei  Zaubereien  ge- 
braucht. —  Fleisch,  Knochen,  Eier,  Federn,  Krebsscheren  dienen  häufig 
dazu.  —  Die  Nabelschnur  der  Kinder  wird  ebenfalls  dazu  aufbewahrt, 
auch  zu  Asche  verbrannt  und  eingenommen.  —  Salz  wird  in  ein  Läppchen 
gebunden  und  mit  «sönad»  (Zauberworten)  zu  dem  getragen,  welchem 
man  schaden  will ;  wer  so  etwas  findet,  beeilt  sich  es  zu  verbrennen,  wo- 
bei es  dann  einen  starken  Knall  giebt.  Auf  der  anderen  Seite  ist  aber 
Salz  an  sich  auch  ein  viel  gebrauchtes  Mittel  gegen  Verzauberung;  Salz- 
säckchen  trägt  man  auch  bei  sich  um  sich  fest  zu  machen.  —  Holzsplitter 


—  390  — 

in's  Kreuz  gelegt  werden  gebraucht  um  sin  dem  Geben  auf  einem.  Wege . 
zu  hindern.  —  «Niduma»  ist  ein  hexendes  Binden  von  Bändern. 

Wenn  man  bei  starker  Kille  das  Wetter  milder .  machen  will ,  bringt 
man  drei  kleine ,  heisse  Steine  auf  die  Spitze  einer  Schneetrift ,  und  nennt 
diess  «pakase  munna  pöletama»  (die  Hoden  der  Kälte  verbrennen). 

Ein  faules  Et  Jemandem  hin  gelegt,  bringt  ihm  Unglück,  Knochen  aller 
Art  zusammen  gebunden  Krankheit.  Krankheit  bringt  man  auch  dadurch 
bei,  dass  man  die  Spur  eines  Menschen  mit  einem  Stöckeben  ausmisst  und 
dann  dieses  vergräbt,  oder  dass  man  die  Kleidungsstücke  verhext. 

Die  Ernte  schädigt  man  auf  verschiedene  Weise.  Man  bestreicht  Je- 
mandes Pflugeisen  mit  dem  Blute  der  Fledermaus,  dann  tritt  sicher  Miss- 
ernte ein,  auch  Sichel,  Sense,  Beil,  und  wo  dann  mit  diesen  geschnitten 
oder  gehauen  ist,  wächst  nichts  wieder.  —  Man  sucht  sich  von  dem  neuen 
Getreide  und  dem  daraus  gebackenen  Brote  eines  Anderen  etwas  zu  ver- 
schaffen und  legt  diess  in  den  Rauch  zum  Trocknen,  eben  so  auch  Milch, 
damit  dem  Anderen  Brot  und  Milch  schwindet,  bei  dem  Thäter  aber  zu- 
nimmt.  —  Wenn  ein  Anderer  zum  ersten  Mal  Getreide  zum  Darren  auf 
gestellt  hat  in  der  Dreschscheune,  so  legt  man  ihm  Eier  auf  die  Ofendecke, 
um  ihm  zu  schaden.-  —  Man  knotet  auf  seinem  Felde  mehrere  Halme  zu- 
sammen. 

Will  man  machen,  dass  die  Kühe  eines  Anderen  nicht  mehr  milchen, 
die  eigenen  aber  desto  besser,  so  nimmt  man  heimlich  von  der  Pforte  und 
an  der  Schwelle  der  Viehburg  und  des  Stalles  gekreuzte  Strohhalme  und 
kocht  sie  mit  dem  Heu.  —  Um  überhaupt  das  Vieh  zu  beschädigen,  gräbt 
man  in  einen  fremden  Düngerhaufen  oder  unter  der  Schwelle  des  Stalles 
etwas  Fleisch  ein,  oder  schmiert  die  Pforten  mit  Hexensalbe,  oder  man 
verbrennt  in  der  Grilndonnerstagsnacht  Knochen  auf  den  Wiesen  und  streut 
das  Pulver  vor  die  Thfir  des  Viehstalles.  —  Ein  Viehhüter  kann  dem  an- 
deren durch  Zauber  den  Wolf  zu  schicken. 

Menschen  und  Thiere,  wenn  auch  nicht  gerade  zu  todten,  aber  doch 
krank  zu  machen  und  zu  peinigen,  dienen  die  Hexeneier,  Eier  von  Huh- 
nern, Gänsen,  Enten  oder  nach  Einiger  Meinung  von  den  Hexen  selbst 
verfertigt,  über  welche  diese  Formel  ausgesprochen  ist:  sägu  sulle  hftda 
ja  raulle  önfi,  sina  oled  mulle  kufja  teinud,  kuri  waim  külgu 


—  391  — 

mind,  so  muua  od  sest  tähenduzeks,  sest  pead  kurba  inelt  säma 
(möge  dir  Nolh  werdeo  und  mir  Glück,  du  hast  mir  Uebles  gethan,  der 
bö9e  Geist  bore  mich,  diess  Ei  sei  die  Bezeichnung  davon,  dadurch  sollst 
du  Trauer  haben).  Ein  solches  Ei  bringt  die  Hexe  dahin,  wo  Menschen 
und  Vieh  viel  gehen ,  und  wer  dann  es  zertritt ,  Mensch  oder  Thier,  auf 
den  kommt  die  Krankheit.  Findet  der  Bedrohte  ein  solches  Ei,  so  muss  er 
es,  ohne  es  mit  der  Hand  oder  sonst  zu  berühren,  vorsichtig  mit  einer 
eisernen  Schaufel  auf  nehmen  und  damit  in  das  Loch  von  einer  Zaunstange 
tragen,  aber  so  dass  es  beim  Hineinfallen  nicht  zerbricht,  und  es  mit 
Erde  zu  decken.  Will  er  den  Schaden  auf  den  Zauberer  selbst  wenden,  so 
muss  er  das  Ei  auf  dieselbe  Weise  in  eine  Radnabe  gleiten  lassen ,  und 
diese,  nachdem  sie  mit  einem  Pflock  aus  Ebereschenholz  verstopft  ist,  mit 
ihrem  Inhalte  in  eine  Quelle  bringen.  Die  Nabe  muss  an  einem  Donners- 
tagabend mit  Reifen  von  Ebereschenholz  gebändert  sein. 

Um  zu  hindern ,  dass  der  Brotteig  aufgehe ,  legt  man  in  den  Brottrog 
den  abgeriebenen  Staub  von  einem  Schleifstein. 

Will  man  ein  Mädchen  verheien,  dass  es  nicht  verheirathet  wird,  so 
legt  man  einen  Hasenschädel  unter  die  Pforte. 

Liebeszauber  hat  man  mancherlei.  Man  tödlet  eine  Schlange,  sticht 
mit  einer  Nadel  drei  Mal  in  die  Augen  derselben  und  versucht  dann  mit 
dieser  Nadel  durch  den  Rocksaum  eines  Frauenzimmers  zu  stechen;  ge- 
lingt diess,  so  folgt  es  Einem  überall  hin.  —  Wenn  man  ein  Paar  Frösche 
in  der  Paarung  findet,  so  legt  man  sie  in  einen  durchlöcherten  Kasten  und 
vergräbt  diesen  in  einen  Ameisenhaufen.  Nach  einiger  Zeit  sind  sie  von 
den  Ameisen  zu  Skeleten  ab  gefressen,  und  an  diesen  finden  sich  ein  Paar 
Knochen  in  Gestalt  eines  Hakens  und  einer  Gabel,  und  diese  dienen  als 
Philtrum.  —  Man  kocht  Haare  aus  der  Achselhöhle,  und  bringt  sieben 
Tropfen  davon  mit  Speise  oder  Trank  dem  Frauenzimmer  bei,  dessen  Liebe 
man  erwerben  will.  —  Ebenfalls  Haare  aus  der  Achselhöhle  und  von  der 
Scham  werden  in  Schweiss  getaucht  in  Brotteig  zu  einem  Brötchen  (kar- 
wa-kakk  oder  karwa-kök  genannt)  gebacken,  während  der  Verschmähte 
ein  obscönes  Lied  singt;  wenn  er  von  diesem  Brote  dem  Mädchen  zu  essen 
geben  kann,  so  ist  er  ihrer  Liebe  sicher.  —  Ein  Mädchen  gewinnt  die 
Liebe  eines  Mannes,  wenn  es  drei  Sonnabende  Abends  in  die  Badstube 


.u 


—  392  — 

geht,  dort  von  dem  ganzen  Korper,  ohne  ihn  ftass  zu  machen,  mit  einem 
wollenen  Läppchen  den  Schweiss  ab  wischt,  und  dann,  wenn  es  Gelegen- 
heit hat  dem  geliebten  Manne  Wasser  znm  Trinken  zu  bringen ,  diese  drei 
Läppchen  in  das  Trinkwasser  taucht  und  da  hinein  wieder  auspresst. 

Wenn  man  am  Weihnachts-  oder  Neujahrsabend  fremden  Schafen 
etwas  Wolle  abschert,  diese  verspinnt,  und  davon  Fäden  in  den  Rock  ein- 
zieht, so  bewahrt  diess  gegen  den  Zorn  der  Herrschaft  und  schafft  Einem 
immer  Recht  vor  Gericht.  Ein  Mittel  gegen  den  Zorn  der  Herrschaft  (saksa 
wiha)  ist  es  auch,  wenn  man  drei  Mal  in  einem  Athem  das  Vaterunser 
betet. 

Einen  Schuldigen,  namentlich  einen  Dieb  ausfindig  zu  machen,  hat 
man  besonders  zwei  Wege:  1)  «Käluma  od.  arpu  katsuma».  Ein 
Schlüssel,  in  dessen  Bart  ein  Kreuz  ist,  wird  in  ein  Gesangbuch  gelegt 
und  eingeklemmt,  indem  man  die  "Haken  zumacht,  dann  wird  an  den  Griff 
ein  Faden  gebunden  und  das  daran  hängende  Gesangbuch  gedreht;  wohin 
nun  der  Schlüsselbart  zuletzt  zeigt,  da  ist  der  Uebelthäter.  Oder  man  hält 
den  Schlüssel,  an  dem  Faden  hängend,  über  einem  Gesangbuch,  und  lässt 
ihn  allein  sich  drehen.  Oder  man  befestigt  eine  Spange  mit  dem  Dorn  an 
einen  Faden,  lässt  ihn  so  an  einem  Finger  hängen,  und  spricht  dabei: 
arwa,  arwa,  arbukene!  käi,  käi,  prözikene!  käi  kümne  tüle  pole, 
käi  jögede  pole,  järwe  pole  etc.  (sinne,  sinne  kleines  Loosl  bewege 
dich,  kleine  Spange!  bewege  dich  nach  zehn  Winden  hin,  bewege  dich  nach 
den  Bächen,  nach  dem  See  etc.);  dabei  denkt  man  sich  die  verschiedenen 
Namen,  und  bei  welchem  die  Spange  sich  dreht,  dahin  ist  das  Gestohlene 
gebracht,  oder  von  da  her  ist  der  Schade  gekommen.  Oder  man  hält  den 
Ring  des  in's  Gesangbuch  eingeklemmten  Schlüssels  ganz  locker  auf  den 
Spitzen  der  beiden  Ringfinger;  wepn  nun  bei  einem  der  verschiedenen 
Personen,  welche  der  Zauberer  nennt,  oder  an  welche  er  denkt,  das  Buch 
sich  dreht  und  sammt  dem  Schlüssel  nieder  fallt,  so  ist  das  der  Schuldige. 
Oder  der  Zauberer  hält  einen  silbernen  Ring  an  einem  Faden  hängend, 
und  der  Bestohlene  nennt  verschiedene  Personen,  welche  den  Diebstahl 
begangen  haben  könnten,  und  bei  wessen  Namen  der  Ring  sich  dreht,  der 
ist  der  Uebelthäter.  Oder  man  steckt  den  Verdächtigen  Strohstuckeben  von 
gleicher  Länge  in  den  Mund,  und  bei  wem  das  Stückchen  im  Munde  ge- 


—  393  — 

wachsen  ist,  der  ist  der  Schuldige.  —  2)  aWlnaga  katsuma».  Der 
Zauberer  bringt  Branntwein  durch  Schwanken  und  Schütteln  in  Bewegung, 
dann  zeigt  sich  auf  demselben  d^s  Gesicht  des  Diebes.  Oder  er  bespricht 
Branntwein  in  der  Flasche,  giebt  dem  Bestohlenen  davon  zu  trinken,  trinkt 
auch  selbst,  dann  erscheint  darauf  das  Bild  des  Diebes;  ist  dieser  aber  so 
klug  gewesen,  beim  Aufbrechen  des  Kastens  oder  Schrankes  diesem  den 
Rucken  zu  zu  kehren,  so  zeigt  sich  auf  dem  Branntwein  sein  Bild  ebenfalls 
von  der  Rückseite. 

Man  kann  auch  den  Dieb  so  quälen,  dass  er  selbst  das  Gestohlene 
zurück  bringt  um  Ruhe  zu  haben.  Ein  Zauberer  bespricht  dazu  Brannt- 
wein, und  giebt  solchen  Personen  davon  zu  trinken,  welche  der  Bestohlpne 
in  Verdacht  hat.  Oder  man  beschneidet  die  Nägel  an  der  rechten  Hand 
and  dem  linken  Fuss,  dann  an  der  linken  Hand  und  dem  rechten  Fuss,  so 
dass  man  bei  dieser  Operation  ein  Kreuz  vor  sich  macht.  Einen  Tag  später 
verbrennt  man  die  Schnitzel  und  giebt  sie  dem  vermeintlichen  Dieb  ein; 
bat  man  den  Rechten  getroffen,  so  bringt  er  das  Gestohlene  selbst  zurück. 

Den  Viehhütern  verkaufen  Zauberer  Hirtenstäbe,  durch  welche  das 
Vieh  vor  allerlei  Schaden  geschützt  ist.  Es  sind  ziemlich  dicke  Knüttel  aus 
Ebereschenholz  mit  verschiedenen  eingeschnittenen  Zeichen.  Die  mit  Geld 
erkauften  haben  ihre  Wirkung  das  eine  Jahr  hindurch,  die  mit  einigen 
Tropfen  Blut  erkauften  für  immer. 

Gegen  den  bösen  Blick  und  das  Wort  des  Neidischen  (käde  od.  saiit 
silm,  kaehtaja)  sucht  man  sich  auf  verschiedene  Weise  zu  schützen. 
Man  tragt  Asa  foetida  unter  der  Brustspange  (söfg);  man  haut  von  der 
Schwelle  der  Thür,  durch  welche  ein  solcher  Mensch  gegangen  ist,  etwas 
ab  und  verbrennt  es,  oder  man  verbrennt  etwas  von  seiner.Kleidung;  man 
speit  drei  Mal  aus  gegen  ihn ;  man  schüttet  heisse  Asche  auf  seine  Fuss- 
tapfen,  Wenn  er  fort  geht;  wenn  ein  böses  Auge  oder  eine  böse  Zunge 
über,  ein  Kind  gegangen  ist,  so  lässt  man  es  durch  drei  Garnsträbnen 
kriechen  und  badet  es  mit  «kaetuze-rohi»  d.  h.  Thymian  (Thymus  Ser- 
pyllum  L.).  Wenn  man  Bienen  hat,  und  ein  neidisches  Auge  dessen, 
welcher  keine  hat,  darauf  gesehn  hat,  so  bringt  man  in  dessen  Vorrats- 
haus Hühnerfüsse  und  -Flügel,  Knochen,  Krebsscheren,  und  legt  davon 
auch  um  seine  Bienenstocke.  Für  übelwollenden  Neid  hält  man  es  nicht 


—  394   — 

bloss,  wenn  Jemand  das  rühmt,  was  man  bat,  sondern  auch  wenn  er  über 
seine  eigenen  Umstände  klagt,  wobei  man  annimmt,  dass  er  sie  dem  An- 
deren an  wünscht;  in  einem  solchen  Fall  muss  man  aas  speien  und  sprechen: 
süst  wäfja  nina  risse!  (zum  Munde  heraus  in  die  Nase).  Gegen  das 
Bewundern  des  Kindes  legt  man  einen  Stein  von  der  Ofendecke  (keris)  in 
Wasser,  schiebt  das  Kind  drei  Mal  durch  die  linke  Hose  und  tröpfelt  von 
dem  Wasser  drei  Mal  mit  dem  linken  Ellenbogen  auf  dasselbe ;  oder  man 
wäscht  einen  eisernen  Kessel  rein,  macht  ihn  über  dem  Feuer  recht  heiss, 
giesst  dann  etwas  Wasser  hinein,  nimmt  den  Kessel  vom  Feuer,  deckt  ein 
umgekehrtes  Sieb  darüber ,  Jegt  das  Kind  darauf  in  den  Dampf  und  räu- 
chert es  zugleich  mit  Thymian  (Thymus  Serpyllum  L.)  und  drei  Strohhal- 
men, welche  man  aus  dem  Dachrande  an  der  Nordseite  genommen  bat. 

Damit  keine  Hexe  in's  Haus  komme,  schlägt  man  drei  Hufnägel  in 
die  Thürsch welle. 

Wenn  ein  Hochzeitszug  sich  nach  der  Kirche  in  Bewegung  setzt,  so 
muss  der  saja-wanem  (s.  VIII)  mit  dem  linken  Fuss  ein  Kreuz  vor  dem 
Pferde  beschreiben  und  bei  sich  sprechen:  im  Namen  des  dreieinigen 
Gottes.  Dann  verliert  der  oll  angewandte  Zauber  seine  Macht,  wodurch 
die  Pferde  des  Zuges  störrisch  werden. und  nicht  vom  Flecke  wollen»  aber 
doch  so  angegriffen  sind,  als  ob  sie  die  schwerste  Last  gezogen  hätten. 
Auch  dem,  welcher  den  Brautkasten  fuhrt,  wird  oft  das  Fuder  durch  He- 
ierei unerträglich  schwer  gemacht.  Dann  muss  er  absteigen,  vor  das 
Pferd  gehen,  seine  Hemdspange  abnehmen  und  durch  diese  und  zugleich 
zwischen  Kummet  und  Hals  des  Pferdes  hindurch  nach  dem  Kasten  sehen ; 
dann  erblickt  er  die  Hexe  mit  einem  grossen  Stein  im  Scboosse  auf  dem 
Kasten  sitzend. 

Wenn  beim  Säen  der  Säemann  einen  goldenen  oder  silbernen  Ring 
trägt  und  Schuhe  an  tat,  so  kann  keine  Hexerei  dem  Felde  schaden. 

Gegen  Verhexung  des  Viehes  nimmt  man  ein  Stof  Salz ,  betet  darüber 
in  einem  Athem  drei  Mal  das  Vaterunser  nebst  der  Taufformel,  geht  damit 
drei  Mal  um  die  Viehburg  und  lässt  immer  etwas  davon  aus  der  Hand 
laufen ,  bis  es  zu  Ende  ist.  Oder  man  legt  unten  an  die  Tbür,  durch 
welche  die  Thiere  hinaus  geben ,  und  in  ihr  Ohr  etwas  Salz.  Oder  man 
beschreibt  mit  einem  Stücke  Geld  einen  Kreis  um  den  Kopf  des  Thieres. 


—  395  — 

Oder  wenn  man  in  der  Nähe  des  Viehstalles  «almused»  fiodet,  d.  b.  zum 
Verheien  dort  hingelegte  Eier,  rohe  Fleischstücke,  Faden  etc.  (s.  oben), 
so  fasst  man  sie  vorsichtig  mit  zwei  Holzchen  und  tragt  sie  drohend  und 
scheltend  auf  einen  Ameisenhaufen,  in  den  Ofen,  in  die  Nabe  eines  Rades, 
welche  man  mit  Ebereschenbolz  verschliesst,  und  fugt  hinzu :  tule  homme 
seda  a£ja  oisima,  mis  muH  ei  ole  (komm  morgen  die  Sache  suchen, 
die  ich  nicht  habe).  Eben  so  muss  man  die  mit  Hexeosalbe  beschmierten 
Stellen  sorgfältig  wegschaffen  und  verbrennen.  Oder  man  schiesst  auf 
solche  Stellen  und  Gegenstande  mit  einer  Ladung  von  grobem  Salz,  wel- 
ches dann  dem  Schuldigen  in  den  Hinteren  fährt.  Oder  man  bringt  das 
durch  Verhexung  gestorbene  Thier  auf  eine  sandige  Anhöhe,  haut  ihm  die 
Fusse  ab,  holt  aus  dem  Walde  ein  Stuck  Kieferholz,  haut  es  in  neun 
Stöcke  und  vergräbt  es,  dann  wird  der  Zauberer  grossen  Schaden  haben; 
will  man  seinen  Tod ,  so  haut  man  auch  den  Kopf  ab.  Oder  man  nimmt 
Herz,  Lunge  und  Leber  des,  wie  man  meint,  durch  Verhexung  gestorbenen 
Thieres  heraus,  sticht  drei  grosse ,  neue  Nadeln  in's  Herz  und  kocht  dann 
Alles  verdeckt;  wenn  der  Schuldige  an  fangt  dadurch  Schmerz  zu  leiden, 
so  kommt  er  und  sucht  aus  dem  geschädigten  Hause  etwas  zu  kaufen  oder 
zu  leihen,  wodurch  das  angewandte  Mittel  seine  Kraft  verlieren  würde, 
man  darf  ihm  aber  nichts  geben ,  damit  er  durch  den  Schmerz  genothigt 
wird  den  Zauber  auf  zu  heben,  wodurch  man  wenigstens  fernerem  Schaden 
entgeht. — Wenn  Ferkel  geboren  sind,  so  muss  man  sie  mit  unter  derThür 
genommener  Erde  und  mit  Stroh  aus  dem  Schweinestall  selbst  räuchern, 
dann  schadet  ihnen  kein  Zauber.  —  Wenn  das  Vieh  Läuse  hat,  so  schreibt 
man  das  ebenfalls  der  Verhexung  zu.  Der  zu  Hülfe  gerufene  «tark» 
nimmt  dann  neun  Läuse ,  ladet  sie  in  eine  Flinte  und  schiesst  sie  gegen 
Norden,  dann  kehren  sie  zu  dem  Verzauberer  zurück,  und  er  wird  sie  nie 
wieder  los;  der  Schiessende  muss  sich  aber  unmittelbar  nach  dem  Schuss 
schnell  um  wenden,  sonst  kommen  die  geschossenen  Läuse  in  seine  Augen 
und  machen  ihn  blind.  —  Pferde  schützt  man  gegen  Verzauberung  da- 
durch, dass  man  einen  todten  Raubvogel  im  Stalle  auf  hängt. 

Ist  die  Milch  verhext,  so  bohrt  man  in  Ebereschenholz  einem  Aste 
gegenüber  ein  Loch ,  giesst  Milch  hinein ,  spundet  es  fest  zu  und  legt  das 
Holz  auf  den  Ofenherd  in's  Feuer;  dann  kommt  der  Schuldige  und  be- 


—  396  — 

kennt  selbst  seine  That.  Ist  das  Milchgefäss  verhext,  so  wascht  man  es 
mit  einem  Krugsbesen. 

Wenn  ein  anderes  Weib  das  Gefäss  zum  Buttern  verhext  hat,  dass 
die  Butter  nieht  zusammen  geht,  so  muss  man  das  Melkgeschirr  dem  Ballen 
zum  Beschufleln  bringen. 

Ist  das  Kofentgefass  verhext,  däss  das  Getränk  nicht  sauer  wird,  so 
lässl  man  ein  Pferd  hinein  messen,  oder  man  maischt  mit  einem  Bettel- 
stabe. 

Ist  der  Brottrog  verbext,  dass  der  Teig  nicht  auf  geht,  so  deckt  man 
die  Hosen  eines  Burschen  darüber,  oder  man  lässt  ein  Ferkel  darin 
fressen. 

Ist  der  Braubottich  verhext,  dass  das  Bier  nicht  gären  will,  so  lässt 
man  ebenfalls  ein  Ferkel  daraus  fressen. 

In  Butter,  Getreide,  Salz  und  Anderes  in  einem  Gelasse  muss  man 
ein  Kreuz  drucken,  damit  kein  Zauber  damit  vor  genommen  werde,  and 
damit  es  gut  aus  reiche. 

Ist  die  Flinte  verhext,  so  legt  man  sie  unter  die  Schwelle,  nimmt 
Erde  vor  der  Thür,  wo  Alles  hinüber  gegangen  ist,  und  Asa  foetida  und 
räuchert  damit  die  Flinte.  Oder  um  den  Uebelthäter  zu  strafen  vermacht 
man  das  Zündloch  au  der  Flinte  mit  einem  Holzsplitter,  giesst  Wasser  in 
den  Lauf,  verstopft  diesen  mit  einem  Pflock  von  Ebereschenbolz  und  legt 
die  Flinte  über  der  Oeffoung  auf  den  Ofen,  wo  man  sie  während  drei 
Heizungen  liegen  lässt,  danta  wird  den,  welcher  die  Flinte  verhext  hat, 
Obstruction  befallen.  Gleiches  erreicht  man  überhaupt,  wenn  man  von  dem 
Verzauberer  ein  Kothstifckchen  vergräbt  und  darüber  einen  Keil  ein  schlägt ; 
der  Schuldige  muss ,  um  sein  Leiden  los  zu  werden ,  kommen  und  den 
Keil  heraus  ziehen,  wodurch  er  sich  selbst  verräth. 

Wenn  man  durch  Branntwein,  welchen  ein  Anderer  giebt,  nicht  ver- 
hext werden  will,  so  muss  man,  bevor  man  ihn  hinunter  schluckt,  etwas 
davon  aus  speien. 

Wenn  man  eine  Schlange  und  einen  Frosch  im  Streit  sieht,  sie  trennt, 
und  dann  noch  drei  Mal  zwischen  ihnen  hindurch  geht,  so  ist  das  ein 
allgemeines  Mittel  gegen  Verhexung  von  Glück  und  Gedeihen  im  Haas- 
halte. 


—  397  — 

Ein  allgemeines  Mittel,  eine  Verzauberung  zu  beben,  ist  aucb  das 
Blut  des  Verzaoberers,  der  blutig  geschlagen  werden  muss. 


Bei  den  Zauberformeln,  den  Beschwörungen  ist  das  allein  oder  doch 
vorzugsweise  Wirkende,  wenn  auch  bisweilen  noch  eine  bestimmte  Hand- 
lung damit  verbunden  ist,  in  das  gesprochene  Wort  gelegt,  ehstn.  «sönad» 
(Worte).  Sie  werden  grossentheils  zur  Heilung  von  Krankheiten  und  Schä- 
den an  gewandt  (vgl.  XII),  aber  auch  bei  verschiedenen  anderen  Gelegen- 
heiten, auch  um  Schaden  zu  zu  lugen,  wie  die  oben  besprochenen  Zauber- 
mittel, und  als  Verwünschungen.  Eine  grosse  Anzahl  derselben  ist  schon 
bekannt  gemacht  und  commentirt  in  den  von  unserer  Akademie  herausge- 
gebenen «Mythischen  und  magischen  Liedern»  von  Kreutzwald  und  Neus 
1854,  und  ausser  diesen  und  den  hier  mitgeteilten  giebt  63  wohl  noch 
viele  andere,  denn  die  Wissenden  und  Gebrauchenden  halten  damit  sehr 
geheim,  so  dass  es  nicht  leicht  ist,  sie  zu  erfahren.  Die  sudlichen  Ebsten 
glauben ,  dass  in  der  Universitäts-Bibliothek  .zu  Dorpat  noch  ein  sechstes 
und  siebentes  Buch  Mosis  auf  bewahrt  werden ,  die  man  den  Leuten  aber 
nicht  in  die  Hände  gebe,  und  darin  sollen  Zaubersprüche  aller  Art  ent- 
halten sein,  pahuze-söna'  (zum  Besprechen  der  Rose),  maru-s.  (Wind- 
segen), tule-söna'  (Feuersegen),  tfihüze-8.  (gegen  Stiche)  etc.,  auch 
besondere  wannutamize-s.  (beim  Schwören  lassen),  welche  bewirken, 
dass  der  Meineidige  sogleich  hin  fallt  und  stirbt. 

Bemerkenswertb  ist  es,  dass  in  den  Zaubersprüchen  selten  die  Hülfe 
des  Teufels  und  böser  Geister  angerufen  wird,  sondern  dass  der  Mensch 
selbst  mit  seinem  Zauberwort  als  mächtig  genug  erscheint  oder  sich  an 
Gott  und  die  Jungfrau  Maria  auch  wohl  an  Heilige  .wendet.  Zu  manchen 
Heilungen  dient  geradezu  das  Vaterunser,  die  Tauflbrrael,  die  Anrufung 
der  Dreieinigkeit  (vgl.  XII) ;  dass  in  den  Zauberformeln  die  Zahl  drei  viel- 
fach vor  kommt,  soll  darin  seinen  Grund  haben,  dass  Christus  in  Gethse- 
mane  drei  Mal  gebetet  hat.  Dem  Zauberworte  wird  solche  Kraft  bei  gelegt, 
dass  z.  B.  mancher  «tark»,  welcher  einen  blutstillenden  Spruch  kennt, 
sich  scheut  seine  Thiere  zu  sehlachten,  weil,  wenn  die  Zauberworte  ihm 


—  398  — 

zufällig  dabei  io  den  Sinn  kämen,  auch  bei  diesen  das  Blut  auf  boren  würde 
zu  fliessen. 

So  wie  auf  der  einen  Seite  also  die  Worte  schon  wirksam  sind,  weuii 
sie  bloss  gedacht  werden,  so  ist  auf  der  anderen  Seite  bisweilen  auch  die 
Form  eines  Zwiegesprächs  nothig,  was  ich  auch  bei  den  stammverwandten 
Liven  gefunden  habe.  Vielleicht  ist  aber  in  dem  letzten  Falle  das  Wort 
nicht  eigentlich  als  Hauptagens ,  nicht  als  wirkliche  Zauberformel  an  zu 
sehen ,  sondern  nur  als  die  solenne  Beigabe  zu  dem  Heilmittel ,  wie  auch 
sonst  ohne  die  dialogische  Form  (vgl.  XII).  So  wird  bei  der  Atrophie  das 
kranke  Kind  an  drei  Donnerstagen,  iu  die  Schürze  einer  Wittwe  gebunden, 
mit  der  Handwage  gewogen,  entweder  einfach  so  (vgl.  XII  tHundekrank- 
heit»),  oder  mit  diesem,  drei  Mal  wiederholten  Zwiegespräch  begleitet: 
A.  mis  sa  mSdad?  B.  ma  mödan  koera-töbelist  last.  A.  moda 
nenda  et  abi  sab.  B.  jumal  aidaku  (A.  was  wägst  du  da?  B.  ich 
wäge  ein  hundkrankes  Kind.  A.  wäge  es  so,  dass  Hülfe  wird.  B.  Gott 
helfe),  vgl.  XIF,  b,  Hodengeschwulst. 

In  den  von  einer  Generation  der  anderen  überlieferten  Formeln  scheint 
manches  Wort  corrumpirt  zu* sein;  manches  ist  ganz  unverständlich,  gewiss 
auch  denen  selbst,  welche  sie  gebrauchen.  Spruche  bei  den  manniebialtig- 
sten  Veranlassungen  giebt  es  unzählige,  und  sie  würden  allein  schon  ein 
ansehnliches  Heft  füllen;  es  kann  hier  nur  eine  verhältnissmässig  kleine 
Probe  davon  gegeben  werden. 

t)  Sprüche  zum  Hellen  von. Krankheiten,  Verletzungen  und 

Schmerzen  *). 

Gegen  Brandschäden.  Waresele  walu,  barakale  haigus,  käf- 
bile  kibedat,  musta  linnule  muid  töbesid,  lapse  sörmi  kohe  ter- 
weks  (der  Krähe  den  Schmerz,  der  Eisler  die  Krankheit,  dem  Marder 
Schmerzendes,  dem  schwarzen  Vogel  andere  Krankheilen,  des  Kindes  Fin- 
ger sogleich  gesund). 


1)  Es  ist  in  diesen  wie  in  den  folgenden  der  Locatdialekt  der  Aufzeichnung 
beibehalten. 


—  399  — 

Gegen  Geschwulst.  Man  druckt  darauf  und  spricht:  kau,  mnbk! 
kahene,  muhk!  waju,  muhk!  kui  ej  kahene,  katki  l&hed,  tttbjast 
oled  tulnud  ja  tühja  lähed  (verschwinde ,  Geschwulst  I  nimm  ab,  G. ! 
senke  dich,  G. !  wenn  du  nicht  ab  nimmst,  so  wirst  du  entzwei  gehen,  aus 
dem  Leeren  bist  du  gekommen,  in's  Leere  wirst  du  gehen). 

Gegen  Krämpfe  der  Kinder  (Flage).  Ära  nTdan  nifgi  silmad, 
kastan  kadeda  silmad,  sihin  sili  karwasida,  pfian  paftsi  pitsasida. 
Kaibus  kadugu,  laul  lämmatägu!  Mina  söjman  sönaust,  mina 
kaiban  kaibust,  mina  teen  last  terweks,  sftdan  tgiste  sarnatseks. 
Hawi  köf,  hawi  möf!  Jumala  rifit  ette,  jnmala  riit  taha,  jumala 
rist  roäst  taiwa.  Amen  (weg  schneide  ich  die  Augen  des  Wiesels,  be- 
netze des  Neidischen  Augen,  ziele  nach  den  Haftren  des  Igels,  fahnde  nach 
den  Peitschen  der  Ente.  Die  Klage  verschwinde,  der  Sang  ersticke  sie! 
leb  schelte  die  Besprechung,  ich  klage  die  Klage,  ich  mache  das  Kind 
gesund,  schaffe  es  den  anderen  gleich.  Hechtes  Zunge,  Hechtes  Sinn! 
Gottes  Kreuz  vorn,  Gottes  K.  hinten,  G.  K.  von  der  Erde  zum  Himmel. 
Amen).  Beim  Hersagen  wird  vor  jeder  Zeile  das  Vaterunser  gebetet,  und 
ausserdem  müssen  bei  den  drei  ersten  Sprüchen  nach  dem  Amen  die  Zah- 
len von  neun  bis  eins  gezählt  werden. 

Gegen  «rabandus»  (Dracbenschuss,  plötzliche  heftige  Krankheit) 
der  Thiere.  Annas  izand,  mina  tulen  sinu  palwele,  minu  hobune 
etc.  on  haige,  temal  on  rabandus  (lieber  Herr,  ich  komme  dich  zu 
bitten,  mein  Pferd  etc.  ist  krank,  hat  einen  R.),  dann  drei  Vaterunser,  am 
besten  in  einem  Athem,  oder  wenn  das  nicht  geht,  so  wendet  man  wenig- 
stens den  Mund  beim  Athemholen  zur  Seite.  Diese  Worte  spricht  man 
ober  ein  Stuck  Brot,  welches  man  dann  dem  kranken  Thiere  zu  fressen 
giebt. 

Mine  ära,  höäl,  möda  mäd  metsa  sisse,  näri  häwa,  näri  bäwa- 
püd,  wiska  wiha,  wiska  wiba,  wiska  w.  tamme  sisse,  heida  armu 
waeze  lojuse  peale  (geh  fort,  Böser,  an  der  Erde  bin  in  den  Wald,  nage 
eine  Espe,  nage  einen  Espenbaum,  wirf  deinen  Zorn  in  eine  Eiche,  habe 
Erbarmen  mit  dem  armen  Vieh). 

Kus  Jesus  Kristus  riStiti?  Jordani  jöe  Eres,  punase  mere 
s£s.  Tagane  ära,  röjane  waim,  file  tuhande,  sadande  peni-kOrma 


—  400  — 

taga !  tole  nfid  öiguze  ja  önnistuzega  Jözuse  Kristuse  sönade  l&bi, 
sls  p^asta  nüd  so  inimene  (elajas)  ära  sürest  hädast.  Amen  (Wo 
wurde  Jesus  Christus  getauft?  Am  Flusse  Jordan,  im  rothen  Meer.  Weiche 
zurück,  unreiner  Geist  über  tausend,  hundert  Meilen  weit!  komm  nun  mit 
Gerechtigkeit  und  Segen  durch  die  Worte  Jesu  Christi,  dann  rette  jetzt 
diesen  Menschen,  dieses  Thier,  aus. grosser  Noth.  Amen). 

Gegen  Gelenkrheumatismus.  Den  Leidenden  müssen  drei  Knaben 
drei  Mal  in's  schmerzende  Gelenk  beissen,  und  jeder  muss  dabei  sprechen: 
kidzi  purus,  käzi  köwas,  pure  iks,  pure  kitsi,  kidzi  iks  purus, 
käzi  köwas  (der  Gelenkschmerz  zermalmt,  die  Hand  fest,  beisse  immer, 
beisse  den  G.,  der  G.  immer  zermalmt,  die  Hand  fest). 

Gegen  Knochenbrucb.  Seu  sinise  lönnaga,  pö  punase  lönnaga, 
lQ  kokku,  kopsti!  (binde  mit  blauem  Faden,  hänge  mit  rothem  Faden, 
Knochen  zusammen,  kops). 

Gegen  die  Rose.  Käj  nenda  kui  lepp,  kä}  nenda  km  kaäk,  käi 
nenda  kui  tär  (geh  so  wie  eine  Erle,  geh  so  wie  eine  Birke,  geh  oder 
gare  so  wie  Dünnbier);  darauf  betet  man  drei  Mal  das  Vaterunser  und 
macht  ein  Pentagramm  auf  die  Rose. 

Gegen  Fieber,  Man  nimmt  den  Stiel  eines  Ofenbesens  und  reitet  an 
drei  Mittwochen  und  vier  Donnerstagen  darauf  umher,  indem  man  spricht : 
kolm  kolma-päiwä  ödagut,  neli  nelä-päiwä  ödagut,  kirrew  kiwi, 
kikka-hari,  ajd-sgiwas,  sara-pü-puhm,  ahjo-lfld,  röbi-hand,  harr 
page  mant  (drei  Mittwochabende,  vier  Donnerstagabende,  bunter  Stein, 
Hahnenkamm,  Zaunstange,  Haselstrauch,  Ofenbesen,  Ofenkrackenstiel, 
Grauer  fliehe  fort). 

Gegen  Schmerz.  Härdke  rao  halu,  wötke  mo  walu,  tömmake 
mo  töpe,  köjge  sürembat  surma  (fasset  meinen  Schmerz,  nehmet 
meinen  Schmerz,  ziehet  meine  Krankheit,  den  allergrössten  Tod). 

(Bei  Kindern).  Harakale  halu,  waresele  walu,  mustale  lehmale 
mü  töbi  (der  Elster  der  Schmerz,  der  Krähe  der  Schmerz,  der  schwarzen 
Kuh  das  übrige  Leiden). 

(Von  der  Ruthe).  Tule  tülesta,  kurati,  flle  üheksa  kiriku,  wl 
ära  witsa  walu  (komm  aus  dem  Winde,  Teufel,  aber  neun  Kirchen  her, 
bring  fort  den  Schmerz  von  der  Ruthe). 


—  401   — 

(Von  frischer  Wunde,  nachdem  man  sie  vorher  vom  Blute  gereinigt 
hat).  Oh  sa  randa  r  au  dasein,  oh^sa  randa  rau  dasein,  oh  sa  rauda 
raudaseni!  mötlezid  puise  pQtumaje,  mötlezid  puise  pütumaje, 
mötlezid  puise  pötutnaje!  pütuzid  mulda  ja  ihuje,  pötuzid  mulda 
ja  ihuje,  pütuzid  ttiulda  ja  ihuje!  (o  Eisen,  mein  Eisenchen!  meintest 
Bäume  zu  treffen !  trafst  die  Erde  und  den  Leib).  Zuletzt  speit  man  etwas 
darauf. 

Gegen  Sodbrennen.  Palotaja  söp  minno,  mina  so  palotajat, 
häfg  haljast  haina,  suzi  werist  liha  (das  Sodbrennen  isst  mich,  ich 
esse  das  Sodbrennen,  der  Ochs  grünes  Gras,  der  Wolf  blutiges  Fleisch), 
neun  Mal  in  einem  Athem. 

Gegen  Stiche.  Pista,  pista!  mis  sa  pistad?  Sina  pistad  üksi 
korda,  mina  pistan  kaksi  korda.  Sina  pistad,  mis  sa  pistad?  Sina 
pistad  kaksi  korda,  mina  pistan  kolmi  korda.  S.  p.,  m.  s.  p.? 
Sina  pistad  kolmi  korda,  mina  pistan  küzi  korda.  S.  p.,  m.  s.  p.? 
Sina  pistad  neu  korda,  mina  pistan  kaheksa  korda.  Sina  pistad 
wlzi  korda,  mina  pistan  übeksa  korda  (stich  nur  stich!  was  stiebst 
du?  du  stichst  ein  Mal,  ich  steche  zwei  Mal.  Du  stichst,  was  stichst  du? 
du  stichst  zwei  Mal,  ich  steche  drei  Mal-  D.  st.,  w.  st.  d.?  D.  st.  drei 
Mal,  i.  st.  sechs  Mal.  D.  st.,  w.  st.  d.?  D.  st.  vier  Mal,  i.  st.  acht  Mal. 
D.  st.  fünf  Mal,  i.  st.  neun  Mal).  Diess  muss  in  einem  Athem  gesagt 
werden  und  zwar  drei  Mal  hinter  einander,  zwischen  je  zwei  Malen  schöpft 
man  drei  Mal  Luft,  dabei  hat  man  ein  kleines  Trinkgefass  (tops)  mit 
Branntwein  in  der  Hand  und  sticht  mit  einer  Nadel  in  den  Branntwein  so 
viel  Mal,  wie  man  in  jedem  Satze  sagt. 

Ein  etwas  einfacheres  Mittel  gegen  Stiche  ist  das  Vaterunser  drei 
Mal  rückwärts  gesprochen. 

Gegen  Verrenkung.  Man  streicht  die  Stelle  mit  beiden  Daumen, 
schlingt  in  einen  schwarzen  oder  rothen  Wollenfaden  neun  offene  Knoten 
und  spricht  darüber  drei  Mal:  nahk  naha  wasta,  weri  were  wasta, 
liha  liha  wasta,  sOned  sönte  wasta  (Haut  gegen  Haut,  Blut  gegen 
Blut,  Fleisch  gegen  Fleisch,  Sehnen  gegen  Sehnen).  Darauf  zieht  man 
mit  einem  Ruck  alle  neun  Knoten  zusammen,  und  bindet  diesen  Faden  um 
die  verrenkte  Stelle  nebst  dem  gestohlenen  Ringe  von  einem  Ofenbesen. 

26 


—  402  — 

Jßzus  ja  Petras  käizid  kahekezi  kiriku  tSd,  nende  öili  jalg 
nikatas  ära.  Jßzus  titles:  öta  ot'!  ma  tahan  nikatust  aidata. 
La  10  azemele,  sOn  söne  azemele,  liha  liha  azeraele,  häw  häwa 
azemele  (Jesus  und  Petrus  wandelten  selbander  auf  dem  Kirchenwege, 
ihr  Esel  verstauchte  seinen  Fuss.  Jesus  sagte:  warte,  warte!  ich  will 
die  Verrenkung  heilen.  Knochen  au  Stelle  des  Knochens,  Sehne  an 
Stelle  der  Sehne,  Fleisch  an  Stelle  des  Fleisches,  Wund«  an  Stelle  der 
Wunde). 

Jezus  söit  raäke  mödä,  warsa  jalga  waperdama;  söne9  kokko 
jo  sobigu,  weri  kokko  jo  wedägu,  sä  zu  sisse  jo  sädgu,  lü  liha 
loperdagu.  Pühä  Petri,  tule  toes,  astu  abis,  tee  s6  haige  terwes, 
wota  walu  ära.  Amen,  amen,  amen.  Jezus  soit  ted  mödä,  hobeze 
jalga  niksahti;  söne'  kokko  jo  sobigu  etc..  Jezus  soit  silda  mödä, 
Jordan i  jöke  mödä,  rüna  jalga  raksahti;  söne'  kokko  sobigu  etc.. 
(Jesus  ritt  den  Berg  entlang,  des  Füllens  Fuss  wackelte ;  die  Sehnen  mögen 
sich  nun  zusammen  fugen,  das  Blut  sich  zusammen  ziehen,  das  Mark  sich 
hinein  ordnen,  Knochen  und  Fleisch  arbeiten.  Heiliger  Peter,  komm  zur 
Stütze,  tritt  zur  Hülfe,  mache  diesen  Kranken  gesund,  nimm  den  Schmerz 
weg.  Amen,  amen,  amen.  Jesus  ritt  den  Weg  entlang,  des  Pferdes  Fuss 
verstauchte  sich;  die  Sehnen  mögen  sich  zusammen  fugen  etc. . . .  Jesus 
ritt  die  Brücke  entlang,  den  Fluss  Jordan  entlang;  des  Wallachs  Fuss 
knackte ;  die  Sehnen  mögen  sich  zusammen  lugen  etc. . . .). 

b)  Sprüche  zun  Schutz. 

Gegen  Bewundern.  Kes  sönab?  mos  sönab!  ma  sönan  sönaja 
kätte.  Kes  sönab?  naene  sönab!  ma  sönan  sönaja  fcätte.  Kes  sö- 
nab? poiä  sönab!  nja  sönan  sönaja  kätte.  Kes  sönab?  tfidruk  sö- 
nab! ma  sönan  sönaja  kätte  (wer  spricht?  ein  Mann  spricht!  ich  spreche 
dem  Sprechende  zu.  Wer  spricht?  ein  Weib  spricht!  etc.  etc.,  ein  Bursch 
etc.,  ein  Mädchen  etc.).  Diese  Worte  werden  drei  Mal,  wenn  es  ein  jun- 
ges Thier  betrifft,  über  süsse  Kuhmilch,  wenn  es  ein  Kind  betrifft,  über 
die  eigene  Muttermilch  gesprochen,  und  das  Bewunderte  damit  getränkt. 

Gegen  Verläumder.   Sorija  surma,  kärataja  kärna,  talle  ize 


_  403  — 

wli  wiYIl  kele  peale  (der  Verläumder  in  den  Tod,  der  Schellende  in  die 
Krätze,  ihm  selbst  fünf  Blasen  auf  die  Zunge). 

Gegen  Bienenstich.  Linnu  izake,  linnu  emake,  linnu  sögle- 
wad  sözarad,  linnu  pöue-pörsukezed,  linnu  weik'sed  wennakezed, 
jätke  minda  (oder  der  Name)  mäfkimata,  weri  hafjas  kärpimata 
(Bienenväterchen,  Bienenmülterchen ,  der  Biene  bewegliche  Schwestern, 
der  Biene  Busenferkelchen ,  der  Biene  kleine  Brüderchen ,  lasst  mich  un- 
gezeichnet, das  glänzende  Blut  ungekerbt). 

Gegen  Feuer.  Jumal  pidagu  tuld  kitsas  kohas,  oder  jumal  pi- 
dagu  tulukest  oma  pibu  sös  (Gott  halte  das  Feuer  an  einem  engen 
Ort,  oder  Gott  halte  das  Feuerchen  in  seiner  Hand). 

Gegen  Neid.  Kade  kaugu,  war  waugu,  noia-silma  selja  taade, 
sitta  suhu,  sola  silma,  sawwuga  tarest,  tulega  ussest  (der  Neidi- 
sche schwinde,  der  Falsche  sinke,  das  Zauberauge  hinter  den  Rücken, 
Koth  in  den  Mund,  Salz  io 's  Auge,  mit  Rauch  aus  der  Stube,  mit  Feuer 
aus  der  Thfir). 

Silma , sitta ,  ninna  muta,  hommen  pini  persehe,  taas-pädi 
käfimä  kui  mästa  wee  wähk  (in's  Auge  Dreck,  in  die  Nase  Koth,  mor- 
gen in  den  Hintern  eines  Hundes,  rückwärts  zu  gehen  wie  aus  der  Erde 
der  Krebs  des  Wassers). 

Gegen  Yerhexung  der  Kinder.  Minä  arsti,  minä  sobi,  Jumal 
appi!  .arsti  käzi,  riSti  wezi,  pühä  rigtikene!  awita  sedä  last  (ich 
heile,  ich  beschwichtige,  Gott  zu  Hülfe!  Hand  des  Arztes,  Wasser  der 
Taufe,  heiliges  Kreuzchen!  hilf  diesem  Kinde). 

Gegen  den  Wolf.  Kiri  karja  keskel,  Jözus  käib  karja  el,  Märja 
ajab  karja  järele,  mina  ize  tecn  aeda  kafjale  ümber.  Kui  körge? 
nl  kui  mäst  taewase.  Kui  tihe?  nl  kui  jöhwi-söl.  Kui  lai?  nl  kui 
kirwe  laba.  Sutte  sttda  metsas  nl  pehme  kui  päss-kinnas,  sutte 
silmad  nl  punased  kui  konn  metsas,  sutte  hambad  nl  pehmed  kui 
ueitsi  niza-ots  (die  bunte  Herde  in  der  Mitte,  Jesus  schreitet  der  Herde 
voran,  Maria  treibt  die  Herde  nach,  ich  selbst  mache  einen  Zaun  um  die 
Herde.  Wie  hoch?  so  wie  von  der  Erde. in  den  Himmel.  Wie  dicht?  so 
wie  ein  Haarsieb.  Wie  breit?  so  wie  die  Fläche  eines  Beiles.  Der  Wölfe 
Herz  im  Walde  so  weich  wie  ein  Fausthandschuh,  der  Wölfe  Auge  so  roth 

26* 


—  404  —  -      ' 

wie  der  Frosch  im  Walde ,  der  Wölfe  Zähne  so  weich  wie  einer  Jungfrau 
Brustwarze). 

Metsa  sikku,  metsa  akku,  kuldne  kuningas,  metsa  haffi, 
harwa  löuga!  ära  sa  salaja  salwa,  nägemata  näpista!  ärapOtu 
minu  puffi,  ära  katsu  minu  kafja!  suzi  süri,  pea  jämeda,  mine 
söd  solgataraa,  läbi  länete  laduma!  mine  puid  murdama,  kiwi 
külge  kiskuma  (Bock  des  Waldes ,  (Tbier) l)  des  Waldes ,  goldener  Kö- 
nig,  Grauer  des  Waldes,  Dünnschnauze !  beisse  nicht  heimlich,  kneife 
nicht  ungesehen!  berühre  nicht  meinen  Bullen,  versuche  nicht  meine 
Herde!  grosser  Wolf,  dicker  Kopf,  geh  in  dem  Sumpf  patschen,  durch 
die  Wälder  streichen!  geh  Bäume  zerbrechen,  an  den  Steinen  reissen). 

Metsa  uffi,  metsa  haffi,  metsa  kuldane  kuningas,  metsa  ojar- 
mu  emanda!  ob  Peter,  pfiha  sulane!  pane  koerad  käleeie,  hur- 
dad  umbe  röngaeie,  säda  sqjeje  minema,  kfined  kütije  wajuta. 
Amen  (des  Waldes  Kindchen,  des  Waldes  Grauer,  des  Waldes  goldener 
König,  Herrin  der  Schneetriften  des  Waldes!  o  Peter,  heiliger  Knecht! 
versetze  die  Hunde  in  den  Star,  die  Windhunde  in  den  festen  Ring,  schicke 
sie  in  die  Moräste,  drücke  die  Klauen  in ). 

Man  nimmt  im  Walde  die  alten  Sandalen  von  den  Füssen ,  wirft  sie 
irt's  Gebüsch  und  spricht :  suzi  sah  silma-pajk,  kui  sa  meie  kafja  tu- 
led ,  sls  pane  silma  ette ,  kui  sa  küla  kafja  tuled ,  sIs  wöta  kaeia- 
kotis,  kui  sa  walla  kafja  tuled,  sls  wöta  wahete  peal;  sugi,  sah 
silma-paik  (Wolf,  da  hast  du  einen  Augenlappen!  wenn  du  in  nnsre 
Herde  kommst,  so  lege  ihn  vor  das  Auge,  wenn  du  in  die  Dorfsherde 
kommst,  so  nimm  ihn  im  Quersack,  wenn  du  in  die  Gutsherde  kommst, 
so  nimm  ihn  auf  dem  Zwischenraum  der  Augen ;  Wolf,  da  hast  du  einen 
Augenlappen!). 

Gegen  Schlangen.  Der  Gebissene  darf  nicht  in  ein  Haus  mit  einer 
Feuerstelle  gehen  oder  sich  auf  einen  Stein  setzen ,  sonst  ist  ihm  nicht  zu 
helfen.  Sprüche  zur  Heilung  oder  Verhütung  des  Bisses  giebt  es  sehr  viele, 
z.  B.  u&ikene,  hullukene,  ftra  salwa  mind  salaja,  balu  s6s  awa- 
lik;  keri  ennast  kerase,  nxäzi  mätaste  wahele;  mu  käed  törwa- 


1)  Vgl.  fian.  akko. 


—  405  — 

okstest,  mu  jalad  törwa-kandudest,  ma  ize  törwa-tünder  (kleine 
Schlange,  kleine  Tolle,  beisse  mich  nicht  heimlich,  (ler  Schmerz  drinnen 
ist  offenbar;  drehe  dich  in  einen  Knaul  zusammen,  winde  dich  zwischen 
die  Rasenhügel,  meine  Hände  sind  von  Theerästen,  meine  Fasse  von 
Theerstumpfen,  ich  selbst  bin  eine  Theertonne). 

Enrii  änrii  ohma  tukk,  efri  äfri  röma  tukk!  mado  must,  mä- 
alone,  kirjo-pä,  kiwi-alone!  löpku  so  walu  kui  külmä  kiwi  ajtr, 
ni  löpku  so  walu  kui  lämmä  kiwi  toss,  alt  t6,  alt  mä,  alt  kiwitse 

kiriko  ( !  Schlange  schwarze,  unterirdische,  Buntkopf  unter  demv 

Stein!  möge  dein  Schmerz  aufhören  wie  der  Dunst  eines  kalten  Steins, 
möge  so  dein  Schmerz  aufhören  wie  der  Dampf  eines  warmen  Steins,  un- 
ter dem  Wege,  unter  der  Erde,  unter  der  steinernen  Kirche  bin). 

Äkiline,  äkiline,  madu  musta,  ma-alune!  muH  on  mustad 
tSrwa-hambad !  mäherila  mätta  alla,  keherila  kännu  alla!  aja  kar- 
wa,  anne  karwa,  kiwi  karwa,  kifju  karwa,  lehe  karwa,  lepa  kar- 
wa,  m&e  karwa,  männiku  karwa,  so  karwa,  sara  karwa  (hellige, 
heftige,  Schlange  schwarze,  unterirdische!  ich  habe  schwarze  Theerzähne! 
....  unter  dem  Rasen,  ....  unter  dem  Baumstumpf!  zaunfarbige,  schoee- 
triftfarbige,  steinfarbige,  buntfarbige,  bla Afarbige,  erlenfarbige,  bergfarbige, 
tannenwaldfarbige,  sumpffarbige,  haselfarbige). 

Sina  muistne  kiwi-alone,  sina  kirjane  kirulane!  waäk-wlr 
nina  peal,  wask-kindad  käes,  waäk-kapukad  jalas!  kes  seizab 
wastu  tulist  muri?  (du  von  Alters  her  unter  Steinen  Wohnende,  mit 
Streifen  gezierte  Buntfarbige!  ein  Kupferstreifen  auf  der  Nase,  kupferne 
Handschuhe  an  den  Händen,  kupferne  Socken  an  den  Füssen!  wer  steht 
gegen  die  feurige  Mauer).  Dazu  neun  Vaterunser. 

Siug,  sille  pä,  waSklik  wajp,  kulo  ak  kaStja,  paiu  alt  piätja, 
piTfi  ronst  pandja!  kost  ölet  tulnu,  sinna  mingu  (Schlange,  glatter 
Kopf,  kupferne  Decke,  unter  dem  vertrockneten  Grase  her  spritzend,  unter 
der  Weide  her  stechend,  aus  dem  Schilfrohr  her  verwundend!  von  wo  du 
gekommen  bist,  dahin  mögest  du  gehen). 

Siug  sajz  so  all,  hope  päle  hltunu,  kuld  päle  kukkunu.  Kuld 
tsuskas  kulo  alt,  höpe  salw  so  alt,  ma  tsuska  sfst,  sält,  ni  pikalt 
walu  kui  ojah  wett  (die  Schlange  liegt  unter  dem  Moor,  Silber  hat  sich 


—  406  — 

auf  sie  gelegt,  Gold  ist  auf  sie  gefallen.  Das  Gold  stiebt  unter  dem  dür- 
ren Grase  her,  das  Silber  beisst  unter  dem  Morast  her,  ich  steche  von 
hier  von  da,  so  lange  der  Schmerz  wie  im  Bache  Wasser). 

Gegen  Zorn  der  Herrschaft.  Tere,  tere  herra  (od.  hopmann)! 
herra  seaks,  lambaks  laute,  mina  kukeks  lakka!  herra,  mnsta 
mä-alune,  kiriwa-kiwi-tagnne,  mis  sina  sala  suhised,  nägemata 
näpisteled?  tagane  ära,  röjane  waim,  anna  ptihale  waimule  t&d. 
Amen  (guten  Tag,  guten  Tag  Herr  od.  Amtmann  I  der  Herr  als  Schwein, 
als  Schaf  in  den  Stall,  ich  als  Hahn  auf  den  Hausboden!  Herr,  schwarzer 
Unterirdischer,  hinter  dem  bunten  Stein' Weilender,  was  zischest  du  heim- 
lich, kneifst  ungesehen?  weiche  zurück,  unreiner  Geist,  gieb  dem  heiligen 
Geiste  Weg.  Amen). 

Oder  auch  drei  Mal  in  einem  Athem  das  Vaterunser  gebetet. 

c)  Verschiedene  Sprüche. 

Beim  Quasten  in  der  Badstube.  Wihake,  weidike,  wöideks, 
sauna  lejnike  salwiks!  nenda  armas  moste  mölest,  kui  löpnud 
lammas  kqerte  mölest!  öitse-lejni,  önne-lejni,  kafja-leini,  kazu- 
lejni!  säki,  saki,  saunake,  säki,  sauna  leinike!  kuda  tibn,  nenda 
tefwis,  kuda  afst,  nenda  abi!  säki,  säki,  sannake,  säki,  sauna 
lejnike!  hirmu-kakk,  armu-kakk,  läbi  reite  Rejnu  kakk!  hundi- 
sawaga  wihelda,  rebase-sawaga  wöida  (Kleines  Besenchen  zu  Schmiere, 
kleiner  Dampf  der  Badstube  zu  Salbe !  so  lieb  nach  der  Männer  Sinn,  wie 
ein  gestorbenes  Schaf  nach  der  Hunde  Sinn!  Blutbendampf,  Glucksdampf, 
Herdendampf,  Yortheildampf!  Gewinn,  Gewinp,  Badstöbehen,  Gewinn, 
Dampf  der  Badstube !  wie  der  Groschen,  so  die  Gesundheit ,  wie  der  Arzt 
so  die  Hälfe!  Gewinn  etc.  etc.  Schreckensbrot,  Liebesbrot,  zwischen  den 
Beinen  hindurch  Reins  Brot!  mit  einem  Wolfschwanz  zu  quästen,  mit 
einem  Fuchsschwanz  zu  streichen).  Soll  den  kleinen  Madehen  später  Freier 
verschaffen. 

Dem  Jäger  zu  schaden.  Liha  metsa,  karwad  kotti  (das  Fleisch 
in  den  Wald,  die  Haare  in  den  Sack),  oder  lind  metsa,  kiwi  kotti  (das 


—  407  — 

Wild  in  den  Wald,  ein  Stein  in  den  Sack).  Das  Wild  kommt  davon,  wenn 
es  auch  noch  so  schwer  verwundet  war. 

Beim  Buttern,  damit  die  Butter  zusammengeht.  Taewast  tulgu, 
pulku  mingu,  üraber  männa  mässagu  (vom  Himmel  komme  es,  in 
das  Buttergefass  gebe  es,  um  den  Quirl  wickele  es).  —  Oder:  kokka, 
kokku,  kOrekene!  taewast  tulgu,  kirnu  mingu,  möda  mända 
mlitta  mätta,  laua  peale  latakida,  leiwa  peale  llstakida!  kokku, 
kokku  körekene  (zusammen,  zusammen,  Sahne!  vom  Himmel  komme 
es,  in  das  Buttergefass  gehe  es,  an  dem  Quirl  hin  tipp  tapp,  auf  den  Tisch 
breite  Klumpen,  auf  das  Brot  Scheiben!  zusammen,  zusammen,  Sahne). 
Hilft  das  nicht,  so  wird  das  Buttergefass  mit  Ruthen  geschlagen. 

Gutes  Wetter  zu  erlangen.  Ehi,  ehi,  ilmakene,  pädi,  pädi,  päj- 
wäkeue!  ehi  nöjde  ehtilä,  pädi  nöjde  pätilä;  töna'  o flehte  ilosa, 
päte'  päiwäl  walusa  (schmucke  dich,  schmücke  dich,  Wetterchen!  ziere 
dich  Tag!  schmücke  dich  mit  dem  Zauberschmucke,  ziere  dich  mit  den 
Zaubertroddeln;  neulich  hattest  du  schönen  Schmuck,  der  Tag  eine  glän- 
zende Troddel). 

Den  Habicht  zu  verscheuchen.  KuIT,  kulT,  kana-waras,  üle  aja 
ute-waras,  meie  mamma  nldi-waras  (Habicht,  Habicht,  Hühnerdieb, 
Schafdieb  über  den  Zaun,  unserer  Mutter  Garndieb). 

Dass  die  Heuschrecke  ihren  Saft  auf  die  Warze  speie.  Rohu-rit- 
sik,  anna  safwi!  kui  ei  anna,  tapa  so  (Heuschrecke  gieb  Salbe,  wenn 
du  nicht  giebst,  so  tödte  ich  dich). 

Wer  einen  Hasen  mit  der  Hand  fangen  will,  muss  ihm  nur  vorher 
zurufen:  kfikka  maha,  kOkka  maha  (hocke  dich  nieder,  hocke  dich 
nieder). 

Damit  Kraniche  nicht  entfliehen,  sondern  springen,  gebraucht  man 
den  Spruch:  Kurekeze'  karake,  pikä'  söre'  pilake,  Jü-sere'  lungake; 
küll  ma  kurele  kukli  kfidzä,  pikäle  sßrele  plrako  (Kraniche  sprin- 
get, Langbeine  machet  Possen,  Knochenbeine  hinket;  ich  werde  dem  Kra- 
nich ein  Brotchen  backen;  dem  Langbein  einen  Kuchen). 

Dass  die  Schnecke  ihre  Hörner  zeige.  Sea-tigu,  hajna  rigu, 
nftjltft  mulle  safwi,   t6  mino  tulo  kätte,   anna  mino  au  kätte 


—  4QB  — 

(Schnecke,  Scheusal  des  Grases,  zeige  mir  deine  Homer,  bringe  mir  meinen 
Vorlheil,  gieb  mir  meine  Ehre). 

Schlangen  aus  dem  Walde  zu  rufen.  Oh  tule,  lind,  ma  öda 
sinno  kui  j  um  mal  taiwan  hinge,  ma  sä  so  wasta  wötma,  röm  söa- 
men  so  sätma  (o  komm,  Wild,  ich  warte  auf  dich  wie  Gott  im  Himmel 
auf  eine  Seele,  ich  werde  dich  empfangen,  mit  Freude  im  Herzen  dich  ge- 
leiten). 

Schlangen  zum  Stehen  zu  bringen.  Mos,  mos,  öda  nl  k$wwa, 
kui  mörsja  ehitahas!  tö  sufgi  ja  sldi,  ehi,  ehi,  mOrsjakene!  öda, 
mörsja,  peig-mes  rühip  (Mann,  Mann,  warte  so  lange,  wie  die  Braut 
geschmückt  wird!  bring  Federn  und  Seide,  schmücke  dich,  schmucke 
dich,  Bräutchen!  warte,  der  Bräutigam  eilt). 

Beim  Erbsensäen.  Man  legt  ein  altes  Sandalenstück  an  den  Fuss 
und  spricht:  udzu-nukk,  kü  karga  nukku,  herne'  kötra,  lStsa-nahka 
(Nebelspitze,  Mond  laufe  in  die  Spitze  sc.  der  Sandale,  die  Erbsen  in  die 
Schote,  in  die  Blasebalgbaut). 

Schützenspruch.  Wenn  der  Jäger  auf  die  Jagd  geht,  so  nimmt  er 
einen  Schlangenkopf,  streicht  damit  drei  Mal  über  die  Flinte  und  spricht: 
olgu,  mis  om,  mots  wai  mä,  sammel  wai  so,  hain  wai  nit,  wili 
wai  nurm,  lind  tule  wäTjä!  (sei  es,  was  es  sei,  Wald  oder  Fläche, 
Moos  oder  Moor,  Gras  oder  Wiese,  Getreide  oder  Feld,  Wild  komm 
hervor). 

Fischerspruch.  Man  nimmt  einen  gewissen  hakenförmigen  Knochen 
des  Frosches,  streicht  damit  über  das  Fischereigeräthe  und  haucht  drei 
Mal  darauf  mit  delfWorten:  olgu  wezi  wai  hain,  oja  wai  jögi,  läte 
wai  soft,  tlk  wai  jäfw,  kala  tule  wäljä!  (sei  es  Wasser  oder  Gras, 
Bach  oder  Fluss,  Quell  oder  Ader,  Teich  oder  See,  Fisch  komm  hervor). 

Gelt  gewesene  Kühe  zum  Milchen  zu  bringen.  Man  zieht  an  den 
Zitzen  und  spricht:  söru,  söru,  lehmäkene,  mälu,  mälu,  marjakene! 
söru  malle  söira-pimä,  mäln  malle  marja-plraä.  Mall  om  pere' 
pimä  tahtmah,  wöras  pere'  wöidu  tahtmah;  ej  ma  wahi  wädi- 
täüt,  ei  ma  püwwä  pütü-täjit,  anna  mino  annom  täüi,  nüssä  mino 
nüssik  täfii  (milche,  milche,  Kuhchen,  milche,  milche,  Beerchen!  milche 
mir  Käsemilch,  milche  mir  Beerenmilch.  Mein  Gesinde  will  Milch,  frem- 


—  409  — 

des  Gesinde  will  Butter;  ich  erwarte  nicht  ein  Fass  voll,  ich  strebe  nicht 
nach  einer  Tonne  voll ,  gieb  mein  Gefäss  voll ,  milche  mein  Melkgefass 
voll). 

XIV.  Bedeutsame  und  heilige  Stellen.  Opfer. 

Eine  besondere  Bedeutung  haben  für  die  Ehsten  theils  solche  Stellen, 
an  welche  sich  irgend  eine  Sage  aus  der  Vorzeit  oder  das  Andenken  an 
eine  dort  vorgefallene  Begebenheit  knüpft,  theils  solche,  an  welchen  in  der 
heidnischen  Zeit  Opfer  dar  gebracht  worden  sind,  resp.  auch  noch  dar  ge- 
bracht werden.  Der  ersten,  besonders  von  der  .zweiten  Hälfte,  giebt  es 
eine  grosse  Menge ,  und  ich  beschranke  mich  darauf  nur  einige  an  zu  fuh- 
ren um  zu  zeigen,  von  welcher  Art  sie  sind;  eine  Vollständigkeit  in  der 
Aufzählung  derselben  wäre  für  die  Charakteristik  des  Volkes  nicht  nöthig. 
Die  Opferstellen  werden  am  besten  mit  den  Opfern  zusammen  erwähnt 
werden. 

Bei  dem  Pastorate  Röthel  und  dem  Gute  Berghof  in  Ehstland  zeigt 
man  auf  zwei  grossen  Steinen  die  eingedruckten  Spuren  des  Teufels, 
welcher  in  riesengrosser  Gestalt  einen  gewaltigen  Felsen  in's  Meer 
schleuderte,  als  er  zwischen  Mohn  und  dem  Festlande  einen  Damm  hatte 
bauen  wollen.  —  Im  Kirchspiel  Anzen  in  Livland  ist  ein  Stein,  der  Jüda 
jala  kiwi,  auf  welchem  man  noch  die  Spuren  von  den  Füssen  des  Teu- 
fels (jfidas)  zeigt,  welcher  von  da  aus  auf's  Pferd  gestiegen  war.  —  Zwei 
Steine  an  den  entgegengesetzten  Enden  eines  Sees  in  derselben  Gegend 
röhren  daher,  dass  zwei  böse  Geister  (toridid)  eine  Brücke  über  den  See 
bauen  wollten,  dabei  in  Zank  geriethen  und  mit  grossen  Steinen  nach  ein- 
ander warfen.  —  Man  vgl.  noch  XV  unter  Kalewi-poeg  und  Toll. 

In  verschiedenen  Gegenden  des  Landes  finden  sich  Stellen,  wo  von 
Steinen,  Stocken,  roh  gebildeten  Kreuzen  und.  anderem  «rihu»  (s.  d. 
Wörterbuch),  die  jeder  Vorübergehende  dahin  wirft,  sich  grössere  oder  klei- 
nere Haufen  gebildet  haben,  rek-mägi,  reu-nömm  eto.  genannt.  An  diese 
knöpft  sich  die  Sage  von  irgend  einem  dort  begangenen  Verbrechen,  wie 
Mord,  Schändung  etc.  So  ist  in  Oesel  ein  solcher  reu-tiömm,  wo  in  alter 


—  410  — 

katholischer  Zeit  sich  zwei  Hochzeitszuge  begegnet  und  in  Streit  geratben 
sind,  wobei  der  eine  Bräutigam  getödtet  wurde.  Um  nicht  von  dem  Geiste 
des  Getödteten  verfolgt  zu  werden,  wirft,  wer  vorüber  gebt,  eia  Stück 
Holz  oder  einen  Zweig  dahin,  und  wer  diess  ein  Mal  angefangen  hat, 
muss  damit  fort  fahren.  Hüterknaben  verbrennen  von  Zeit  zu  Zeit  den  so 
entstandenen  Reisighaufen,  daher  die  Feuerstelle  darunter. 

An  der  Nordseite  Ehstlands  in  der  Nähe  des  Pastorats  Kusal  war  ein 
ähnlicher  Platz,  reu-mägi,  auf  welchen  jeder  Vorübergehende  einen 
Stein  warf.  Darauf  wurden  bisweilen  Knaben  gesetzt  und  gehänselt.  Vor 
einiger  Zeit  ist  diese  Stelle  zerstört  worden. 

Hier  und  da  wird  das  Andenken  an  Verunglückte  dadurch  erhalten, 
dass  die  Vorübergehenden  kleine  roh  aus  Holz  gefertigte  oder  aus  Ruthen 
geflochtene  Kreuze  auf  die  Stelle,  wo  jene  um  gekommen  sind,  auf  pflan- 
zen oder  bin  werfen. 

Grosse  Steinhaufen  (wared)  an  manchen  Stellen  in  Oesel  werden 
von  den  dortigen  Ehsten  so  erklärt,  dass  in  alter  Zeit  Hochzeitszüge  hier 
zusammen  kamen,  mehrere  Wochen  Hochzeit  hielten  und  dabei  um  die 
Wette  solche  «wared»  errichteten. 

Bei  dem  Dorfe  Meks,  etwa  drei  Werst  von  dem  Schlosse  Neuhausen 
ist  eine  Fichte  sehr  in  Ehren,  und  wird  für  heilig  angesehen,  weil  sie 
durch  einen  hinein  gefahrenen  Blitz  geweiht  sei.  Die  Vorübergehenden 
verneigen  und  bekreuzigen  sich  vor  ihr  und  sprechen:  pfiba  pikne!  hoia 
ez*  jumala  wiha  äst,  wiha  est  ja  witsa  äst!  hoia  koige  kurja  est, 
tö  äst  ja  teo  est!  sür  jumal,  säda  meid  helduzega  edazi!  (heiliger 
Donner!  bewahre  du  selbst  vor  Gottes  Zorn,  vor  Gottes  Zorn  und  Ruthe! 
bewahre  vor  allem  Bösen,  vor  Arbeit  und  Frohne !  grosser  Gott,  sende  uns 
mit  Freundlichkeit  vorwärts).  Auch  werden  Leichen  aus  der  Nähe  vor  der 
Bestattung  Tür  einige  Zeit  unter  diesen  Baum  gestellt. 

Die  Opfer  wurden,  so  lange  die  Schweden  im  Lande  herrschten,  als 
schwere  Verbrechen  verfolgt  und  unnachsichtlich  vertilgt.  Später  haben  die 
Geistlichen  fortgefahren  mit  Wort  und  That  dagegen  zu  eifern,  wenn  auch 
der  Arm  der  weltlichen  Macht  allmählich  weühger  hinein  griff.  Dadurch 
ist  es  geschehen,  dass  die  Opfer  sich,  wenn  auch  in  der  neuesten  Zeit 
noch  nicht  ganz  verloren,  so  doch  in  die  Verborgenheit  zurück  gezogen  ha- 


—  411  — 

beo;  nur  bei  den  Pleskauschen  Ehsten  sieht  man  sie  noch  ganz  offen,  vor 
den  Augen  der  Geistlichen  selbst,  geschehen.  Zum  Theil  sind  jetzt  die 
Opfer  nur  Ceremonien,  von  denen  der  Opfernd^  selbst  sich  wohl  keine 
klare  Rechenschaft  zu  geben  weiss,  oder  sich  bewusst  ist,  wem  das  Opfer 
gelten  soll;  zum  Theil  aber  haben  sie  dabei  auch  jetzt  noch  übermensch- 
liche Wesen  im  Sinn,  deren  Gunst  sie  erwerben  oder  deren  Zorn  sie  ab 
wenden  wollen,  oder  von  denen  sie  bestimmte  Gegenleistungen,  wie  Ge- 
sundheit, Gedeihen  des  Viehes,  und  der  Felder  u.d.  gl.  erbitten  und  erwar- 
ten. Manche  Opfer  sind  auch  noch  an  besondere  Opferstellen,  heilige  Plätze 
und  Gegenstande  gebunden,  von  welchen  am  Schluss  dieses  Abschnitts 
eine  kleine  Zusammenstellung  gegeben  ist.  —  Im  Alterthume  scheinen 
'auch  Menschenopfer,  vor  gekommen  zu  sein. 

-  Manche  Seen  und  Flusse  nehmen  sich  selbst  alljährlich  ihr  Opfer,  und 
man  darf  einen  darin  Ertrunkenen  nicht  vor  dem  dritten  Tage  heraus 
ziehen,  sonst  würden  sich  die  Unglücksfälle  noch  mehren. 

Wenn  aus  Dago  die  Fischer  im  Frühjahr  an  den  Pernauschen  Strand 
sich  begeben,  so  giessen  sie  von  dem  mitgenommenen  Bier  das  erste  Ge- 
fass  voll  in  das  Boot  mit  den  Worten:  sah,  anDame  poizile  esmalt  (da, 
wollen  wir  dem  Burschen  zueTst  geben).  Wenn  sie  auch  unter  dem 
apoig»  jetzt  vielleicht  nur  das  Boot  meinen,  so  galt  das  Trinkopfer  wahr- 
scheinlich doch  wohl  ursprünglich  einer  Gottheit ,  welche  ihnen  günstige 
Fahrt  und  guten  Fang  verleihen  sollte  (vgl.  unten  das  Opfer  auf  dem  Pank 
in  Oesel  und  wana-poiä  =  Teufel). 

Wer  auf  einem  Gottesacker  trinkt,  muss  auch  Tür  die  Todteo  etwas 
auf  die  Erde  giessen. 

Zum  Schutz  des  Hauses  legte  man  in  die  Asche  vor  der  Ofenmündung 
Opfer  an  Eiern  und  Geld,  und  wenn  das  Aschenloch  geräumt  wurde,  so 
trug  man  die  Asche  auf  die  Wiese  hinaus  zu  einem  Haufen. 

Beim  Schlachten,  namentlich  am  Olaustage  (s.  XI),  giesst  der  Haus- 
vater etwas  von  dem  Blute  im  Hofe  aus;  eben  so  wird  auch  beim  Kochen 
und  Brauen  etwas  in's  Feuer  oder  an  einen  anderen  Ort  gegossen. 

Am  Michaelistage  opfefte  man  auf  einem  Altar  unter  einer  Linde  einen 
Hahn.  Der  Hausvater  schlachtete  den  Hahn ,  die  Federn ,  Füssc  und  das 
Eingeweide  wurden  verbrannt  und  darauf  der  Hahn  gekocht.    Bis  das 


/ 


—  412  — 

9 

Fleisch  gar  war,  durfte  Niemand  die  Speise  berühren.  Dann  wurde  mit 
entblössten  Knien  ein  Theil  des  gekochten  Hahnes  auf  den  Altar  gebracht, 
das  Uebrige  verzehrte  dar  Hausvater  allein. 

Am  Abend  vor  Johannis  setzten  sich  die  Ehsten  auf  eine  Anhöhe  und 
hielten  im  Schatten  alter  Bäume  ein  Mahl,  nachdem  sie  vorher  Opfer  an 
Butter,  Milch ,  Brot  und  anderen  Esswaaren  in  die  Erde  vergraben  hatten, 
damit  die  Kühe  reichlich  Milch  geben  möchten. 

In  der  Pernauschen  Gegend  wird  den  «kiwi-saksad»  (Steinherr- 
schaften), Laren,  welche  den*  mahjas  kungi  der  Letten  entsprechen,  zu 
St.  Georg  und  Michaelis  geopfert. 

Von  jedem  Erstlingsertrag  brachte  man  sonst  als  Opfer  etwas  in  den 
Wald,  auf  Steintrümmer  oder  Hügel  oder  auf  die  Wurzel  eines  Baumes. 
Wurde  ein  Kind  geboren ,  so  brachte  die  Mutter  etwas  von  ihrer  eigenen 
Milch;  auch  bei  neu  geborenen  Thieren  that  man  das  Entsprechende,  denn 
wenn  man  das  Junge  vorher  von  der  Muttermilch  saugen  liess,  so  musste 
man  gewärtig  sein,  dass  es  bald  umkommen  wurde. 

Wenn  Einer  eine  weitere  Reise  unternahm,  so  verbrannte  er  vorher 
Opfer  und  deckte  die  Stelle  darauf  mit  Steinen  zu. 

Toiidi-wakk  oder  Tondi-kogu  (Paudel  oder  Sammlung  des  tont, 
s.  XV)  war  ein  aus  Rinde  verfertigter  Korb,  welcher  im  Walde  oder  an 
wenig  besuchten  Stellen  in  Gebäuden  versteckt  gebalten  wurde,  und  in 
welchen  mancherlei  an  sich  werthlose  Dinge  als  Opfer  gelegt  wurden,  wie 
Lappen,  Stucke  von  Schuhen,  ganz  kleine  Silbermünzen.  Man  vgl.  dazu 
den  ähnlichen  Töriiii-wakk  in  XV. 

Von  dem  den  «mä-alused»  (s.  XV)  dargebrachten  Opfer  ist  auch 
unter  den  Heilmitteln  schon  Erwähnung  geschehen  (s.  XII).  Man  betet: 
mä-izandakezed,  mä-emandakzed !  andke  minu  terwis  kätte,  mina 
annan  teile  höbe-walgust  (kleine  Herren,  kleine  Frauen  der  Erdet  gebt 
meine  Gesundheit  mir,  ich  gebe  euch  Silberhelle).    Dann  nimmt  man  ein 

Stück  Silber  (eine  Münze ,  Spange  etc.) ,  beschreibt  damit  drei  Kreise  um 
den  Kopf,  drückt  es  drei  Mal  auf  die  kranke  Stelle ,  schabt  dann  überall 
hin  etwas  davon  mit  einem  Messer,  in  die  Winkel,  auf  den  Weg,  drückt 
dann  wieder  drei  Mal,  der  Kranke  speit  drei  Mal  darauf  und  spricht:  kost 
te'  otete  tulnud,  senna  minge,  ja  mina  sagu  oma  terwis  kätte 


413  - 


(woher  ihr  gekommen  seid,  dahin  gehet,  und  ich  möge  meine  Gesundheit 
wieder  bekommen). 

Was  die  heiligen  Stellen  betrifft,  wo  die  Opfer  dar  gebracht  wurden, 
so  waren  es  im  Allgemeinen  Bäume,  Steine  und  Quellen.  In  die  letzten 
wird  besonders  Geld  geworfen.  Heilige  Bäume  gab  und  giebt  es  an  vielen 
Orten.  Schon  in  dem  Liber  census  Daniae  (4231 — 1254)  wird  in  der 
Nähe  des  Dorfes  Wärkäla  (jetzt  Werkla)  des  Gutes  Paddas  in  Ehstland 
eines  «lucus  sanctus»  erwähnt;  eben  so  sprechen  auch  die  Chronisten  da- 
von.  Olearius  sah  auf  seiner  Reise  durch  Ehstland  an  verschiedenen 
Stellen,  besonders  auf  Hügeln,  Bäume,  welche  bis  in  den  Wipfel  ausge- 
schnitzelt und  mit  rothen  Bändern  umwunden  waren,  und  unter  welchen 
das  Volk  Gebete  hielt  und  Opfer  dar  brachte.  In  Dago  waren  noch  vor 
einem  halben  Jahrhundert  «hle-metsad»  (heilige  Gebüsche),  von  welchen 
Niemand  auch  nur  einen  Zweig  zu  nehmen  wagte,  weil  das  Menschen 
und  Vieh  Unglück  gebracht  hätte ;  ungeachtet  des  dort  herrschenden  Holz- 
mangels Hess  man  das  abgefallene  Reisig  in  dichten  Schichten  modern. 
Unter  solchen  Bäumen  opferte  man  am  St.  Georgstag  ein  Ei,  ein  Geld- 
stück und  ein  Büschel  Pferdehaare  mit  einem  rothen  Faden  umwunden, 
was  in  die  Erde  vergraben  wurde  um  Schutz  und  Gedeihen  für  die  Pferde 
zu  erlangen.  Ebenfalls  auf  Dago  gab  es  eine  grosse  bohle  Kiefer,  in  welche 
man  an  Donnerstagen  bei  altem  Lichte  im  Abenddunkel ,  dass  Niemand  es 
sah,  Geld  und  Lappen  legte.  Das  Geld  wurde  sorgfältig  versteckt  und  be- 
deckt, damit  es  Niemand  fände,  von  den  Lappen  aber  glaubte  man,  dass, 
wenn  Jemand  sie  weg  nähme,  Krankheit,  Schaden  oder  sonst  Unheil,  die 
man  hatte,  auf  diesen  über  gingen.  Wenn  Jemandem  ein  Unfall  zu  stiess, 
so  versprach  er  diesem  Baume  Gabei*  zu  opfern,  wenn  das  Uebel  von  ihm 
wiche,  und  wenn  diess  geschehen  war,  so  hielt  er  gewissenhaft  sein  Wort. 

Bei  den  festlichen  Versammlungen  zum  Zwecke  von  Opfern  brannte 
ein  Feuer,  in  welches  man  auch  Gaben  warf.  Noch  vor  hundert  Jahren 
begruben  die  Ehsten  gern,  wenn  es  sich  irgend  heimlich  thun  Hess,  ihre 
Leichen  an  den  heiligen  Slajten. 

Opfersteine  kennt  das  lebende  Geschlecht  noch  an  verschiedenen  Stel- 
len. Hupel  beschreibt  in  seinen  «topographischen  Nachrichten»  einen  sol- 
chen aus  seinem  Kirchspiel  bei  dem  Gute  Kawershof.  Er  ist  roh  aus  Granit 


T 
* 


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gehauen,  gegen  2  Ellen  hoch  und  lang,  eine  Elle  breit,  der  Fuss  beginn' 
drei  Pinger  breit  von  der  oberen  Fläche  zurück  tretend  und  spitzt  sich 
nach  unten  zu.  Dieser  Altar  steht  unter  einem  Baume,  in  dessen  Höhlung 
man  noch  jetzt  bisweilen  kleine  Opfergaben  findet.  —  Der  kitse-kiwi 
(Ziegenstein)  im  Gebiete  des  Gutes  Hahnhof  im  südlichen  Livland,  soll  so 
genannt  werden ,  weil  man  dort  vormals  Ziegen  schlachtete  und  ihr  Blut 
als  Opfer  verbrannte.  Man  goss  von  frisch  bereiteten  Speisen  oder  Bier 
oder  von  dem  Blut  geschlachteter  Thiere  aus,  was  «walgust  wlma»  (Hel- 
ligkeit bringen)  hiess,  gelobte  ihnen  auch*  in  besonderen  Fällen  Opfer,  was 
man  gewissenhaft  hielt,  weil  man  sonst  hätte  sterben  müssen.  —  Auf  dem 
«parik»,  der  hohen  Felsenküste  O&sels,  ist  eine  Stelle,  wo  der  Meeres- 
gottheit Bier  und  Branntwein  geopfert  wird. 

Vier  Werste  von  dem  Schlosse  Neuhausen  bei  dem  Dorfe  Hiniala  ist 
der  «päiwä-pöramize-mägi»  (Hügel  der  Sonnenwende),  auf  welchem 
früher  Opfer  dar  gebracht  und  Gebete  an  die  Sonne  gerichtet  wurden,  deren 
Formeln  sich  noch  in  der  Tradition  erhalten  haben,  z.  B.  päiwäkene,  pfi- 
käkene,  tule  wäTjft!  ma  otsi  sino  oraga,  kae  sino  kafja-witsaga 
(kleine  Sonne,  Däumchen,  komm  hervor!  ich  suche  dich  mit  der  Pfrieme, 
ich  sehe  nach  dir  mit  der  Hirtenruthe).  Die  Sage  erzählt,  die  Mutter 
Gottes  sei  auf  den  Berg  gestiegen  mit  einem  Siebe  auf  dem  Kopfe  und 
einem  Eimer  voll  Wasser  in  der  Hand,  die  Dorfbewohner  aber  hätten  sie 
vertrieben ,  und  sie  sei  von  da  in  das  russische  Städtchen  Petschur  gegan- 
gen, wo  sie  eine  Kirche  baute,  pUhä  Märja  kirk. 

Auflallender  Weise  sind  auch  Orte  christlicher  Gottesverehrung  als 
Opferstätten  gebraucht  worden,  wobei  sich,  wie  es  scheint,  mit  den  heid- 
nischen Gebräuchen  Erinnerungen  aus  der  katholischen  Zeit  vermischt  ha- 
ben. So  fand  der  oben  schon  erwähnte  Olearius  in  der  Nähe  vonKunda, 
an  der  Nordküste  Ehstlands,  eine  verfallene  Gapelle,  wohin  am  25.  März 
das  Volk  häufig  wallfahrtete.  Wenn  man.  auch  hierin  vielleicht  nur  einen 
bloss  katholischen  Gebrauch  sehen  will ,  der  sich  in  dem  damals  schon 
lutherischen  Lande  noch  erhalten  hatte,  so  ist  q;  wohl  anders  gewesen  mit 
der  Kreuzkirche,  einem  Filiale  von  Gross -Johannis  in  der  Fellinschen  Ge- 
gend, zwei  Werste  von  dem  Gute  Wastemois  bei  dem  zum  Schloss  Fell  in 
gehörenden  Dorfe  Wanamois.  In  einem  Protocolle  von  1713  werden  aus- 


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drücklich  Opfer  erwähnt,  welche  dort  neun  Tage  vor  St.  Georg  gebracht 
worden;  in  Folge  davon  wurde  die  damals  schon  in  Ruinen  liegende  Ga- 
pelle endlich  ganz  ab  getragen.  Die  Feier  hatte  manche  Aehnlichkeit  mit 
der  sogleich  folgenden  der  Pleskauschen  Ehsten.  Es  kamen  in  der  Nacht 
wohl  aber  tausend  Menschen  beiderlei  Geschlechts,  alte  und  junge,  zusam- 
men und  zündeten  ein  grosses  Feuer  an  innerhalb  des  vier  Faden  langen 
und  drei  Faden  breiten  Gemäuers.  In  dieses  Feuer  wurden  Gaben  gewor- 
fen, und  die  darum  sitzenden  Bettler,  welche  es  unterhielten,  bekamen 
auch  ihren  Theil  von  diesen  Gaben.  Andere  Opfer  in  Gestalt  kleiner  Wachs- 
figuren worden  in  die  Fenster  gestellt,  und  unfruchtbare  Weiber  tanzten 
nackt  um  die  Ruine  um  fruchtbar  zu  werden. 

Der  Johannistag  wird  von  den  Pleskauschen  Ehsten  sehr  hoch  gefeiert 
bei  dem  pilhä  Jäni  kiwi  (dem  Steine  des  heiligen  Johannes)  in  der  Nähe 
des  Dorfes  Meks  bei  Neuhausen.  Der  Stein  liegt  auf  der  Inländischen 
Seite  etwa  20  Schritte  von  dem  Grenzflüsschen  (Jäma-jögi  oder  Meksi- 
oja),  und  eine  Viertelwerst  südlich  davon  ist  ein  Wald  Jüda-kond  (Teu- 
felsbezirk) genannt.  Schon  um  Mitternacht  versammelt  sich  ein  Haufe  Bett- 
ler, welche  mit  entblössten  Köpfen  um  den  Stein  sitzen  und  sich  flüsternd 
unterhalten.  Gegen  Sonnenaufgang  strömt  das  Volk  zusammen  aus  Meks, 
und  aus  weiterer  Entfernung,  aus  der  Pleskauschen  und  Ostrowschen  Ge- 
gend. Aus  dem  Bethause  des  Dorfes  werden  Wachslichte  gebracht,  ange- 
zündet und  auf  den  Stein  gestellt.  Die  Bettler  singen  darauf  im  Ghor,  und 
die  Gläubigen  legen  ihre  Gaben  auf  den  Stein  zu  hohen  Haufen ,  Butter, 
Käse,  Buttermilch,  Käsemilch,  Tuch-  und  Zeugstücke,  Strümpfe,  Bänder 
etc.  Sich  bekreuzigend  kniet  das 'Volk  um  den  Stein  und  flüstert  Gebete. 
Sind  die  Lichte  ausgebrannt,  so  nimmt  jeder  seine  Gaben,  schreitet,  sich 
verneigend,  drei  Mal  um  den  Stein  und  vertheilt  seine  Opfergaben  an  die 
Bettler,  von  den  Nahrungsmitteln  jedoch  nur  drei  Löffel  voll.  Darauf  baden 
Viele  (Männer,  Weiber  und  Kinder)  im  Bache,  von  dessen  Wasser  sie 
seiner  vermeintlichen  Heilkräfte  wegen  auch  noch  mitnehmen,  «pühä  täte 
wezi»  (das  Wasser  der  heiligen  Quelle).  Beim  Heraussteigen  werden  sie 
von  den  Bettlern  beglückwünscht,  denen  sie  ihr  altes  Hemd  schenken. 
Einzelne  tragen  von  den  umherliegenden  Bruchstücken  eins  auf  einem 
kranken  Theile  des  Körpers  drei  Mal  um  den  Hauptstein  und  legen  es 


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dann  wieder  an  seine  Stelle.  Dieser  Hauptslein  ist  etwa  drei  Fuss  lang, 
zwei  Fuss  breit  und  einen  Fuss  hoch.  Zu  Mittag  zieht  Alles  zu  dem  etwa 
eine  Viertelwerst  vom  Stein  entfernten  Kruge,  wo  getanzt,  gesungen  und 
gejubelt  wird.  Die  Milch,  welche  zur  Bereitung  der  Butter  und  Käsemilch 
gebraucht  wird ,  muss  an  vier  Donnerstagen  kniend  gemolken  sein ,  wobei 
folgendes  Gebet  gesprochen  wird:  puhas  pflhä  Jänikene!  hoia  mino 
karja  töbrast  kodu  tullen,  kodu  tullen  karja  minnen!  Öpeta  sa 
puhma  taaden  karja  hafjast  haina  sömä,  hoia  mötsau  kahju  est, 
mötsan  kufja  eläjä  est!  puhas,  pühä  Jänikene,  luba  lehmile  plma 
(reiner,  heiliger  Johannes !  behüte  meine  Herde  und  mein  Vieh  nach  Hause 
kommend,  nach  Hause  kommend  und  auf  die  Weide  gehend!  lehre  du  hin- 
ter dem  Gesträuch  die  Herde  das  grüne  Gras  fressen,  behüte  es  im  Walde 
vor  Schaden,  im  Walde  vor  dem  bösen  Thiere!  reiner,  heiliger  Johannes, 
versprich  den  Kühen  Milch). 

Die  Bewohner  der  Dörfer  Wäk-säf  und  Sufbi  gehen  am  24.  Juli 
auf  den  nahen  Anne-mägi  (Annenberg),  drei  Werst  östlich  von  dem  schon 
oben  genannten  Beigute  Meks,  mU  Opfern  an  geräucherten  und  gekochten 
Schafbocksköpfen  und  -Füssen  und  Wolle.  In  dem  Bethause  des  Dorfes 
SuTbi  besprengt  ein' Priester  diese  Opfergaben  mit  Weihwasser,  behält 
einen  Theil  für  sich  und  vertheilt  das  Uebrige  an  Bettler,  zuerst  die  ganzen 
und  halben  Köpfe,  dann  die  Füsse,  zuletzt  die  Wolle.  Beim  Schlachten 
der  hierzu  bestimmten  Thiere  wird  folgendes  Gebet  gesprochen:  puhas, 
pflhä  Ann!  hoia  ja  wafja,  siita  ja  soeta,  nöruta  nörekejzi,  wäeta 
wanakeizi!  hoja  ezi  pü-tagast  ja  puhma- tagast,  kiwi-tagast  ja 
kannu-tagast!  Ole  ezi  lamba-kafjuzes,  uma'  karjuze'  ommawa' 
uffis!  ole  ezi,-  puhas  Anne*  karjuze  üle-kaeja,  hoia  ezi  Qle  suwe 
kari  mötsan  kufja  äst,  wafja  kari  wiha  äst,  kodun  kari  kahju 
äst  (reine,  heilige  Annal  behüte  und  bewahre,  mache  fruchtbar  und  ver- 
mehre, verjünge  die  Jungen,  kräftige  die  Alten!  behüte  das  hinter  dem 
Baum  und  hinter  dem  Strauch,  hinter  dem  Stein  und  hinter  dem  Stumpf 
Befindliche!  Sei  selbst  Schaf hüterin,  die  eigenen  Hüter  sind  Dummköpfe! 
sei  du  selbst,  reine  Anna,  Aufseherin  des  Hüters,  behüte  selbst  den  Som- 
mer über  die  Herde  im  Walde  vor  dem  Bösen,  schütze  die  Herde  gegen 
den  Zorn,  zu  Hause  die  Herde  vor  Schaden). 


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ZwSlf  Werste  von  Petschur  in  der  Nähe  des  Peipus  befindet  sich  eine 
Kirche,  Redine  oder  Satserina  kirk  genannt.  Auch  hieher  bringt  man 
drei  Tage  vor  Jacobi  Opfergaben  an  Käsemiich  und  Butter.  Die  Milch  zu 
diesen  wird  auf  dieselbe  Weise  gemolken  wie  die  zur  Johannisfeier  (s. 
oben),  aber  mit  folgendem  Gebet:  oh  pühä'  püzlikeze',  oh  hellä'  eng- 
likezeM  oh  hidake  ja  hirmutage  puhma-tagast  ja  pü-tagast,  pü 
ja  puhma  warju-tagast!  hoitke  ja  wafjake,  hellä'  ehglikeze'!  löge 
ja  lnnastage  pühä  Rödi,  Satserina  pühä  Rödikene!  hoitke  ja  waf- 
jake pühä  Rödi  halwast  sönast,  hast  silmast  ja  kurjast  mottest 
(o  heilige  Bilderchen  (vgl.  XV  ükko),  o  zarte  Engelchen!  o  schrecket 
und  scheuchet  den  hinter  dem  Strauch  und  hinter  dem  Baum,  den  hinter 
dem  Schatten  von  Baum  und  Strauch  Befindlichen!  behütet  und  schützet 
zarte  Engelchen !  schaffet  und  erlöset  das  heilige  Rödi ,  das  heilige  Redi 
von  Satserina!  behütet  und  schützet  das  heilige  Redi  vor  schlimmer 
Rede,  dem  bösen  Auge  und  böseta  Gedanken). 

Die  drei  zuletzt  geschilderten  Opferfestlichkeiten  der  pleskauschen 
Ehsten  haben  freilieb  ein  ziemlich  christliches  Gewand,  daher  auch  die 
Geistlichen  sie  nicht  nur  nicht  verbieten  oder  hindern,  sondern  sogar  sich 
dabei  betheiligen,  die  Gebete  sind  auch  an  Heilige  ihrer  christlichen  Kirche 
gerichtet,  doch  fehlt  es  dabei  auch  nicht  an  Zügen  des  Aberglaubens,  selbst 
an  Erinnerungen  aus  dem  Heidenthum,  wie  namentlich  die  Verehrung  des 
Opfersteines. 


XV.  Uebermenschliche  Wesen. 

Dahin  gehören  theils  durch  den  noch  fortdauernden  Einfluss  des  Kalho- 
licismus  die  Heiligen  und  die  Jungfrau  Maria,  die  letzte  besonders  als  Be- 
schützerin der  Schwangeren  und  Gebärenden  in  Kindesnötben  an  gerufen, 
die  ersten,  wenn  auch  nicht  mehr  verehrt  im  kirchlichen  Sinne,  so  doch 
vielfach  berücksichtigt  und  als  Helfer  an  gerufen  bei  verschiedenen  Veran- 
lassungen, so  Nikolas,  als  Beschützer  der  Ochsen,  beim  Gastriren  der 
Bullen  (vgl.  darüber  noch  den  Abschnitt  XI) ;  theils  verschiedene  neckische 
und  helfende  Elementargeister,  Personificirungen   von  Naturkraften  und 

27 


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Krankheiten;  iheils  endlich  Gottheiten  und  Helden  des  alten  Heidenthums, 
von  welchen  sich  noch  Erinnerungen  erhalten  haben,  namentlich  in  den 
Volksliedern,  wenn  auch  nicht  so  viel,  um  eine  vollständige  Mythologie 
jener  Zeit  zusammen  zu  stellen.  Wir  haben  es  hier  nur  mit  den  beiden 
letzten  Kategorien  übernatürlicher  Wesen  zu  thun,  als  dem  eigentlich 
Volkstümlichen  bei  diesem  Gegenstande. 

Sie  haben  zwar  Macht  den  Menschen  zu  helfen  und  zu  schaden,  und 
man.  sucht  daher  theils  ihr  Wohlwollen  zu  gewinnen ,  theils  sich  gegen  sie 
zu  schützen  und  sie  ab  zu  halten,  jedoch  werden  sie  in  beiden  Hinsichten 
lange  nicht  so  hoch  gestellt,  wie  der  Gott  und  Teufel  des  Christenglaubens ; 
dem  Donnergott  wird  z.  B.,  während  er  schläft,  sein  Donnerinstrument  gestoh- 
len, und  erst  mit  Hülfe  eines  Zauberers  gelingt  es  ihm  sieb  es  wieder  zu 
verschaffen,  der  Teufel  des  Volksglaubens  wird  nicht  nur  von  Sterblichen  in 
Kraftproben  besiegt,  sondern  erscheint  in  Sagen  und  Mährchen  sehr  oft  als 
der  dumme  Teufel,  welcher  von  gewöhnlichen  Menschen  betrogen  und 
gehänselt  wird ;,  manche  geisterhafte  Wesen  werden  von  Wolfen  gefressen 
o3er  mit  silbernen  Kugeln  erlegt,  oder  dadurch  ab  gehalten,  dass  unter  den 
Hausthieren  sich  eine  schwarze  Katze  oder  ein  schwarzer  Hahn  befindet, 
oder  dass  an  den  Thüren  gemalte  Kreuze  und  Drudenfüsse  sind  u.  d.  gl.  — 
Die  einzelnen,  von  welchen  ich  Kunde  bekommen  habe,  sind  in  alphabeti- 
scher Ordnung  die  folgenden.  Vielfach  sind  die  mit  verschiedenen  Namen 
genannten  Wesen  wohl  identisch,  oder  es  ist  im  Laufe  der  Zeit  eines  mit 
dem  anderen  confundirt,  und  man  hat  dem  einen  zu  geschrieben,  was  von 
einem  anderen  galt  (vgl.  Kratt,  Lendwa,  Onne-töja,  Pük,  Tülis-pask). 
Ich  führe  sie  an,  wie  sie  mir  genannt  sind,  ohne  eine  eigene  Classification 
zu  versuchen,  welche  Jeder  nach  seiner  Ansicht  machen  mag. 

Ahju-pealne  s.  soend. 

Ahti  soll  nach  der  Volkssage  eine  Wassergottheit  gewesen  sein,  von 
welcher  der  Ahi-jäfw  am  Pusse  des  Muna-mägi  den  Namen  habe. 

Haff  (der  Graue),  das  Fieber,  reitet  auf  einem  grauen  Pferde,  wenn 
es  kommt,  daher  der  Name.  Es  giebt  deren  mehrere,  theils  männliche 
(wörgutajad) ,  theils  weibliche  (walged  wörgntajad),  Brüder  und 
Schwestern,  unter  einem  fllem  (Oberhaupt).  Sie  wandeln  in  allerlei  Ge- 
stalten, auch  in  Menschengestalt,  umher  und  suchen  durch  mancherlei 


—  419  — 

in  die  Menschen  zu  fahren.  Von  dem  Fieberkranken  hat  man  verschiedene 
Ausdrücke,  welche  theils  bedeuten,  dass  das  Fieber  ihn,  theils  dass  er 
das  Fieber  reitet  (vgl.  d.  Wörterbuch  unter  hall). 

Gegen  Anfälle  des  Fiebers  kann  man  sich  schützen,  wenn  man  allein 
in  ein  Zimmer  oder  in  die  Badstube  geht,  die  Tbür  zu  macht  und  alle 
Locher  mit  Ebereschen-  oder  Wacholderzweigen  verstopft;  oder  man  läuft 
so  schnell  davon»  dass  das  Fieber  Einen  nicht  einholen  kann;  oder  man 
versteckt  sich  an  einem  einsamen  Ort,  oder  verkriecht  sich  in  einen  Ka- 
sten, dessen  Deckel  man  zu  macht,  oder  in  einen  Schweinestall  oder  war- 
men Ofen,  wohin  das  Fieber  nicht  zu  folgen  wagt.  —  Will  man  den  Haff 
sehen,  so  bohrt  man  in  den  Boden  seines  Bettes  ein  Loch.  Wenn  nun, 
wahrend  man  darin  liegt,  das  Fieber  an  fangt  Einen  zu  schütteln,  so  wird 
schnell  in  das  Loch  ein  Pflock  von  Ebereschenholz  geschlagen,  dann  wird 
der  Haff  sichtbar.  —  Wenn  man  sauren  Brei .  (kissel)  isst ,  so  muss 
man  die  Haut,  welche  sich  darauf  gesetzt  hat,  vorher  ab  ziehen,  sonst  wird 
man  von  dem  Haff  ergriffen ,  welcher  darunter  sich  auf  zu  halten  pflegt. 
Die  abgezogene  Haut  muss  man  schnell  in  ein  Säckchen  legen,  an  die 
Zimmerdecke  in  den  Rauch  hängen  und  dann  nach  Jahr#und  Tag  weg 
werfen. 

Harr  mos  (der  graue  Mann),  ein  guter  Geist  (jumala-waim),  wel- 
cher im  Traum  warnt.  Er  weist  ein  Mal  einen  verirrten  Knaben  auf  den 
rechten  Weg.  Er  hat  keine  Füsse  (vgl.  katk). 

Haffijad,  haldjad,  halgjad,  Geister,  welche  in  Gewässern 
wohnen  (wee-h.,  haffika-alused,  jöe-alused,  jöe-kuffid),  oder  im 
Walde  (mets-h.),  im  Hause  (maja-h.),  im  Höre  (öue-h.).  Sie  thun  zwar 
auch  Gutes,  namentlich  die  beiden  letzten,  öfter  aber  sind  sie  neckend 
oder  schreckend.  Die  Wassergeister  zernagen  die  Mühlenräder;  damit  sie 
die  Kinder  nicht  in's  Wasser  locken ,  stellte  man  an  das  Ufer  des  Baches 
oder  Sees  eine  fusslange,  hölzerne,  menschenähnliche  Puppe  (haffija- 
kuju  od.  h.-nukk).  Der  Waldgeist,  auch  köwer-silm  (Schielauge  ge- 
nannt) zeigt  sich  bisweilen  als  schreckende  Erscheinung,  meistens  als  ru- 
fende Stimme  (das  Echo),  welche  den  Wanderer  im  Walde  irre  zu  führen 
sucht;  um  sich  gegen  seinen  Trug  zu  verwahren,  muss  man  ein  lustiges 
Lied  pfeifen.    Wenn  man  im  Walde  ruft,  so  ruft  er  entgegen,  bis  er  in 

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Gestalt  eines  starken  Mannes  mit  langem  Bart  mit  dem  Menschen  zusam- 
men trifft.  Er  schlägt  bald  eine  Kraftprobe  vor,  und  lässt  man  sich  darauf 
ein,  so  ist  er,  glatt  wie  ein  Aal,  immer  oben,  und  umfasst  er  Einen,  so 
knacken  alle  Knochen,  und  es  bleiben  blaue  Flecke.  Ist  Mondschein,  so 
ist  immer  derjenige  Sieger,  welcher  im  Schatten  des  Anderen  steht.  Bei 
Nennung  des  Namens  Gottes  verschwindet  er. 

Äba-jalg,  ein  Luftgeist  starker  als  der  tüiis-pask  (s.  unten), 
welcher  als  Windhose  erscheinend  Gegenstände  (bleichende  Leinewand, 
Heuschober  u.  a.)  von  der  Erde  reisst  und  in  die  Luft  fuhrt. 

Ai  und  äjätär,  bei  den  südlichen  Ehsten.  Der  erste  ist  gleichbe- 
deutend mit  jüdas  (Teufel,  s.  unten),  z.  B.  äi  tedä  tftd  (der  Teufel  mag' 
es  wissen) ,  im  Norden  kurat  teda  töab ,  äijo  od.  äjole  (geh  zum  Teu- 
fel), und  in  anderen  Phrasen  gehört,  auch  als  Schimpfwort  gebraucht,  wie 
von  den  Letten  weis.  Das  zweite ,  in  der  in  ähnlichen  Fällen  auch  im 
Finnischen  vorkommenden  Form,  bezeichnet  einen  weiblichen  Teufel  = 
jQda-ema  oder  juda-tfltar,  nach  Anderen  auch  den  wana  jüdas  selbst. 

Äike  s.  köu. 

Häfja-pölwelazed  (bis  zur  Hohe  eines  Ocbsenknies  Reichende), 
Zwerge,  s.  mfi-alused. 

Empli,  wana  empli  (d)  =  pOk.  % 

Ilmarine,  eine  der  ersten  Schöpfungen  des  Altvaters  Tär  (s.  d.), 
war  sehr  kunstfertig,  namentlich -in  Metall  arbeiten.  Er  schmiedete,  wäh- 
rend Tär  schlummerte,  das  Firmament  aus  Stahl  und  setzte  die  Gestirne 
daran;  er  machte  der  Jutta  (s.  d.)  einen  goldenen  Schleier,  welcher  ihr 
alle  vergangenen  Dinge  wieder  vor  die  Seele  brachte. 

Ime  wird  von  Dichtern  als  ein  Gott  der  Liebe  genannt. 

Imetaja  (der  Saugende),  ein  Geist,  welcher  den  Kühen  die  Milch 
aussaugt  (=pük  s.  unten).  Mancher  Mensch  kann  sich  zeitweilig  in  ein 
solches  Wesen  verwandeln,  um  seinem  Nächsten  Schaden  zu  zu  fugen,  so 
wie  in  einen  Wärwolf. 

Jänes  s.  tülis-p^a. 

Jutta  oder  Endla-plga  (die  Jungfrau  von  Endla),  die  Tochter 
des  Wanemuine.  Sie  hat  von  Ilmarine  (s.  d.)  einen  künstlichen  golde- 


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nen  Schleier,  den  sie  aucb  manches  Mal  den  Menschen  leiht,  welche  da- 
durch alles  in  der  Vergangenheit  Geschehene  erfahren. 

Judas,  jetzt  einer  von  den  Namen  des  Teufels,  ist  wohl,  identisch 
mit  dem  lettischen  johds ,  ursprünglich  der  Name  •  für  den  Oberen  der 
Kriegergeister  gewesen,  deren  Kämpfe  den  Erdbewohnern  als  Nordlicht 
erscheinen  (vgl.  XVI  t Nordlicht»). 

•  Des  Kalewi-pqgg  und  seiner  Genossen  Thaten  und  Schicksale 
sind  ausführlich  von  dem  Dr.  Kreutzwald  bekannt  gemacht  in  den  «Ver- 
handlungen» der  gelehrten  ehsnischen  Gesellschaft  in  Dorpat  und  später  in 
einem  stellweise  etwas  verkürzten  Separatabdrucke  ohne  die  Uebersetzung 
Kuopio  1862.  Er  hat  die  einzelnen  davon  handelnden  Fragmente  von 
Volksliedern  und  die  von  ihm  selbst  in  poetische  Form  gebrachten  Sagen 
so  künstlich  und  geschickt  zu  verbinden  gewusst,  dass  das  Ganze  in  Form 
eines  Epos  von  zwanzig  Gesängen  erscheint,  das  auch  im  Auslande  schon 
mehrfach  Berücksichtigung  und  Bearbeitung  gefunden  hat.  Ich  begnüge 
mich  daber,  hier  nur  Einzelnes,  das  gerade  mir  noch  als  in  der  Volkssage 
lebend  vorgekommen  ist,  hier  mit  zu  theilen,  theils  als  Beleg,  theik  als  Er- 
gänzung des  in  dem  erwähnten  grossen  Werke  Enthaltenen. 

Kalewi-poeg  kämpft  gegen  den  Teufel  mit  zwölf  Dutzend  Brettern, 
und  da  diese  beim  Schlagen  eins  nach  dem  anderen  zersplittern,  so  räth 
ihm  ein  Igel  mit  den  Kanten  zu  schlagen  anstatt  mit  den  Flächen,  und  so 
bleibt  er  Sieger.  Um  den  Igel  vor  dem  Teufel  zu  verbergen,  überschüttet 
ihn  K.  mit  Tannennadeln,  wodurch  er  stachelig  geworden  ist;  nach  Ande- 
ren ist  es  dadurch  gekommen,  dass  K.  ein  Stück  von  dem  Pelze,  den  er 
gerade  an  hatte ,  auf  ihn  warf.  Nach  Anderen  schlug  er  zuerst  mit  den 
Brettern,  dann,  als  diese  verbraucht  waren,  mit  Bäumen,  welche  er  an 
den  Wipfeln  aus  riss,  und  als  auch  diese  zersplitterten,  fand  er  eine  grosse 
Eiche,  von  welcher,  als  der  Wipfel  ebenfalls  verbraucht  war,  zuletzt  doch 
noch  ein  sechs  Faden  langes  Stück  des  Stammes  als  Keule  übrig  blieb, 
und  mit  dieser  siegte  er.  Ein  anderes  Mal  kämpfte  er  mit  drei  Teufeln. 
Den  einen  schlug  er  sogleich  bis  zu  den  Knien  in  die  Erde,  den  anderen 
in  drei  Theile,  den  dritten  zu  Wasser  (vgl.  unten  mä-alused);  diess  ge- 
schah auf  einem  grossen  runden  Plitz  auf  einer  Wiese  des  Gutes  Ladig- 
fer.  —  Beim  Ringen  stampft  er  den  TeufePbis  an  die  Knöchel  in  die 


—  422  — 

Erde,  jener  ihn  bis  an  die  Knie,  nach  Anderen  geschah  es  umgekehrt.  — 
Er  hatte  ein  riesiges  Pferd,  mit  welchem  er  auf  den  Borkholmschen  Ber- 
gen ritt,  und  wohin  das  Pferd  trat,  da  blieben  tiefe  Spuren  im  Boden, 
welche  noch  zu  sehen  sind.  Eben  so  zeigt  man  noch  die  Locher  von  sei- 
nen Sprüngen,  als  es  ein  Mal  an  den  Fassen  gefesselt  war.  Mit  seinem 
Pferde  hat  er  an  verschiedenen  Stellen  das  Land  aufgepflügt.  Die  «mör» 
fikud»  (unfruchtbare  Stellen  mit  grauem  Thon)  sind  .durch  das  Pfluge^ 
mit  einem  hölzernen  Pfluge  entstanden.  Den  Sumpf  Amiku-sö,  zum  Gute 
Udrich  gehörig,  soll  er  ebenfalls  gepflügt  haben ;  dort  sind  Rasenhügel  mit 
grossen,  breiten  Löchern  dazwischen,  seines  Pferdes  Spuren,  und  dort  soll 
ein  Mal  ein  ungeheures  Hufeisen  gefunden  sein.  Als  es  gestorben  war, 
breitete  K.  dessen  Haut  aus,  und  davon  entstand  das  sumpfige  Uferland 
(luht)  im  Gebiete  des  Gutes  Asema;  der  maksa-mägi  (Leberberg)  im 
Kirchspiel  Simonis  bezeichnet  die  Stelle,  wo  die  Leber  liegen  blieb.  —  An 
der  Nordseite  von  Ehstland  ist  westlich  von  der  Landspitze  Jummida  im 
Meere  eine  60  Fuss  tiefe  Stelle,  Onni-haud,  wo  dem  Kalewi-poeg  ab 
er  durchs  Meer  von  Reval  kam,  das  Wasser  bis  über  die  Sliefelschäffe 
reichte ;  von  Loksa  aus  wollte  er  mit  seinem  Speer  einen  Stein  an  der 
Jummidaschen  Spitze  treffen  (painu-kiwi),  traf  aber  viel  weiter  einen  an* 
deren  Stein  zwischen  den  Spitzen  Süf-pea  und  Päris-pea  (den  oda-kiwi) 
und  schlug  ein  Stuck  davon  ab ;  an  der  Spitze  von  Turba-nöm,  zum  Gute 
Palms  gehörig,  nicht  weit  vom  Ufer,  liegt  der  Stein  sadul-kiwi  oder  Kar 
lewi-poja  sadul  (des  K.  Sattel);  eine  Gruppe  von  Steinen  bei  Jummida 
heisst  Kalewi-neitsi  pölle  kiwid  (die  Steine  der  Schurze  der  Kalewi- 
jungfrau).  Zwischen  Torma  und  Bartholomäi  in  Livland  ist  an  einem  Bache 
Kalewi-poja  wödi  (das  Bett  des  K.),  ein  grosser  Stein  auf  einer  Anhöhe, 
von  welchem,  als  er  darauf  sass,  seine  Füsse  in's  Wasser  reichten l).  — 
Der  Kalewi-poeg  war  Jesu  Taufkind  und  Anfangs  j;ut,  später  wurde  er 
übermflthig.  Da  wurde  er  von  Jesus,  an  den  Schamtheilen  gefasst,  in 
einen  Morast  geschleudert,  und  als  er  sogleich  wieder  hervor  kam,  io 
einen  Fluss  gebannt  und  in  einen  «otta»  (Bären?)  verwandelt.    Zuletzt 


1)  Ueber  verschiedene  an  den  Kalewi-poeg  erinnernde  Stellen  in  dersel- 
ben Gegend  vgl.  «Wagien»  von  Dr.  Bertram  S.  5  ff. 


\ 


—  423  — 

0 

wurde  er  in  die  Hölle  Verstössen,  und  als  er  dahin  geführt  wurde,  winkte 
er  noch  mit  der  Hand  einen  Scheidegruss.  —  In  der  Wiek  sagt  man  noch 
sprichwortlich  «nl  kazinaste  kui  üks  Kalewi-poeg»  (so  nett  wie 
ein  K.). 

Katk  (die  Pest)  hatte  keine  Fasse  und  musste  daher  fahren  oder 
sich  tragen  lassen.  Bei  einem  Dorfe  brach  ihm  ein  Mal  ein  Rad,  der  Be- 
sitzer des  nächsten  Bauerhofes  lieh  ihm  ein  anderes ,  und  das  Dorf  wurde 
dafür  verschont.  Wenn  er  in  einem  Hause  war,  so  durfte  Niemand  aus 
einem  anderen  dahin  gehen,  damit  nicht  Katk  ihm  in  die  Tasche  kroch  oder 
sich  irgend  wo  an  hängte,  und  sich  so  in  ein  noch  gesundes  Haus  bringen 
liess.  Wenn  es  in  einem  Dorfwege  zu  kothig  war  zum  Fahren,  so  ver- 
wandelte er  sich  in  einenHund,  ein  Schaf  oder  eine  Ziege  um  zu  Fusse 
zu  gehen,  oder  ritt,  wie  Einige  meinen,  auf  einem  solchen  Thiere,  weil 
er  selbst  keine. Fasse  hatte.  Kam  er  vor  eine  Thfir,  so  versuchte  er 
sogleich  mit  den  Leuten  zu  sprechen,  konnten  aber  diese,  bevor  er  ge- 
redet hatte,  etwas  erwiedern,  so  konnte  er  ihnen  nichts  an  haben  und  be- 
gab sich  sogleich  weiter.  —  Zur  Zeit  der  letzten  Pest  lag  ein  Bauerwirth 
des  Silmsschen  Gesindes  mit  seiner  ganzen  Hausgenossenschaft  auf  der 
Streu.  Da  öffnete  sich  um  Mitternacht  die  Thür  und  Katk  trat  herein 
als  ein  Mann  in  schwarzem  Frack,  kurzen  Hosen,  weissseidenen  Strümpfen, 
Schuhen ,  mit  einem  dreieckigen  Hute  auf  dem  Kopfe  und  einem  langen, 
weissen  Stabe  in  der  Hand.  Alles  erschrak  bei  seinem  Anblick,  denn  so 
pflegte  er  jeden  Abend  umher  zu  gehen  und  durch  Berührung  mit  dem 
Stabe  diejenigen  zu  bezeichnen,  welche  am  folgenden  Tage  sterben  sollten. 
Der  Wirth  legte  den  Arm  um  den  Hals  seines  Weibes  und  bat:  lieber 
Katk,  verschone  mein  liebes  Weib,  das  Gluck  meines  Lebens!  Darauf 
berührte  Katk  alle  anderen  Personen,  indem  er  leise  mit  seinem  Stabe 
auf  Jeden  tippte.  Als  er  den  Hof  verliess,  guckten  ihm  Alle  nach  und 
sahen,  dass  er  gerade  in  das  Pauenktilsche  Dorf  ging,  wo  auch  alle  Ein- 
wohner starben  bis  auf  einen  einzigen  Hof.  —  Diese  letzte  Schilderung 
der  Pest  aus  dem  Norden,  verschieden  von  der  obigen  der  sudlichen  Eh- 
sten,  stimmt  überein  mit  der  der  Schweden  an  der  ehstlindiscben  Küste 
(vgl.  Eibofolke  von  G.  Russwurm). 

Käp-jarig  s.  kodu-kgja. 


—  424  — 

Kodu-jumal  (Hausgott),  eine  kleine  hölzerne  Figur  von  mensch- 
licher Bildung  in  der  Gegend  von  Pennern  im  Pernauscben  Kreise,  ist 
wahrscheinlich  eine  Darstellung  von  Tonn  (s.  unten). 

Kodu-käijad  (Heimathbesucher)  und  külm-kinnad  (Kalt- 
schuhe)  oder  käp-jalad  (Scharrfusse)  sind  Geister  von  Abgeschiedenen, 
welche  in  sichtbarer  Gestalt  wieder  auf  der  Oberwelt  sich  zeigen.  Der 
Glaube  an  ein  Fortleben  im  Grabe  zeigt  sich  in  den  Volksliedern  öfters 
in  den  Gesprächen  der  Nachgebliebenen  mit  den  Verstorbenen  auf  dem 
Grabhügel  derselben.  Auch  jetzt  noch  findet  sich  der  Glaube,  dass  man, 
wenn  man  etwas  Grosses  begangen  hat  und  sich  vor  Gericht  verantworten 
soll,  drei  Mal  auf  das  Grab  des  kodu-käija  gehen  muss,  wo  er  dann 
Rath  ertheilt,  wie  man  der  Verurteilung  entgehen  kann.  Oder  man  geht, 
wenn  man  in  Noth  ist  und  Rath  gebraucht,  an  einem  Donnerstag  Abends 
in  den  Wald,  setzt  sich  auf  einen  Baumstumpf  und  hält  eine  Abendmahls- 
oblate vor  dem  Munde,  die  man  bei  der  Gommunion  nicht  auf  gegessen, 
sondern  versteckt  hat,  dann  kommt  der  kodu-käija  und  ertheilt  Rath. 
Die  ungerufenen  Geister  aber  sucht  man  von  sich  ab  zu  halten,  und  man 
flieht  vor  ihnen,  besonders  vor  den  külm-kinnad,  welche  nicht  in  ihr 
Haus  zurückkehren,  sondern  überhaupt  nur  um  gehen  um  zu  schaden  und 
zu  schrecken.  Dass  die  Geister  nicht  Ruhe  im  Grabe  haben,  hat  ver- 
schiedene Ursachen.  Einige  meinen,  jeder  Todte  käme  erst  zur  Ruhe, 
wenn  für  ihn  das  Kirchengebet  gehalten  und  die  Kirchenbettler  beschenkt 
worden.  Wer  sich  selbst  entleibt,  muss  so  lange  um  gehen,  wie  er  noch 
gelebt  haben  wurde,  wenn  er  den  naturlichen  Tod  abgewartet  hätte.  An- 
dere sind  von  strengen  Hausherren,  welche  kommen  das  Gesinde  zu  stra- 
fen, wenn  es  nicht  seine  Pflicht  thut,  oder  die  Kinder,  weil  sie  ihnen  nicht 
einen  gebührenden  Todtenschmaus  (eiad,  s.  oben  XI)  bereitet  haben. 
Noch  andere  sind  von  verstorbenen  Gatten,  welche  nicht  leiden  wollen, 
dass  der  hinterbliebene  Theil  wieder  heirathet.  Wenn  die  neue  Liebe 
entsteht,  so  kehrt  sich  der  Verstorbene  im  Grabe  um;  hilft  das  nicht,  so 
kommt  er  drei  Mal  hervor  und  klopft  an  das  Fenster;  hilft  adch  das  nicht, 
so  erscheint  er  vor  dem  Bette,  und  damit  kommt  Unglück  in's  Haus;  hei- 
rathet aber  der  Hinterbliebene  nicht,  so  tbut  der  kodu-k£ija  auch  Gutes, 
heilt  Seuchen  u.  a.  Noch  andere  endlich  haben  ihrer  eigenen  Sunden  we- 


—  425  — 

gen  keine  Rahe  im  Grabe  und  beschweren  um  gehend  die  Lebenden, 
denen  sie  Unrecht  gethan  haben,  weil  sie  «hinne-armu»  (Seelengnade) 
suchen,  und  erst,  wenn  sie  drei  Mal  vom  Gewitter  getroffen  and  drei  Mal 
von  Wolfen  gefressen  sind,  kommen  sie' zur  Ruhe.  Dabei  aber  furchten 
sie  gerade  Beides,  und  man  kann  einen  külm-king  verscheuchen  mit 
dem  Rufe  «hundale,  hundale»  (den  Wölfen,  den  Wölfen).  Einige  mei- 
nen,  dass  die  Wölfe,  welche  sie  sehr  gierig  verfolgen,  keine  naturlichen 
Wolfe  seien,  sondern  aus  «hundi-sau»  (Wolfslehm,  <£  h.  blauem  Lehm) 
entstandene;  Einige  sagen,  dass  deshalb  die  külm-kinnad  am  liebsten 
auf  Mohn  seien ,  auf  welcher  Insel  es  keine  Wölfe  giebt.  Am  Abend  Ge- 
storbene gehen  nicht  um,  sie  werden  im  Todtenreiche  selbst  so  lange  ge- 
quält, bis  sie  ihre  Uebeltbaten  bereuen.  Es  giebt  manche  Mittel  das  «Heim- 
kehren» zu  hindern,  d.  h.  so  wohl  zu  machen,  dass  der  Todte  die  (unter- 
bliebenen Seinigen  nicht  heim  sucht,  als  auch,  dass  er  überhaupt  im  Grabe 
bleibt,  wenn  er  nicht  gerade  der  eigenen  Sunden  wegen  um  gehen  muss. 
Man  opfert  bei  dem  Wegführen  der  Leiche  einen  Hahn  oder  wirft  dem 
weg  fahrenden  Wagen  einen  Eimer  Wasser  nach  (vgl.  oben  VIII)»  man 
schlägt  unter  Weges  ein  hölzernes  Kreuz  an  einen  Baum,  man  legt  in  den 
Sarg  zugleich  das  Maass  des  Sarges ,  man  streut  Salz  in  die  Gruft ,  man 
stampft  drei  Mal  mit  dem  linken  Fuss  auf  den  Grabhügel  des  eben  Begra- 
benen und  ruft  «sin  sa  pead  magama»  (hier  sollst  du  schlafen),  man 
rollt  and  rüttelt  seinen  Körper,  indem  man  bei  der  Fahrt  über  Steine  fährt, 
mm  seinen  Kopf  zu  betäuben»,  so  dass  er  den  Weg  vergisst,  man  schlägt 
nahe  bei  der  Thür  einen  Nagel  ein,  hat  der  Leichenzug  irgend  wo  auf 
dem  Wege  anhalten  müssen,  so  macht  man  Kreuze  dahin.  Der  von  ihm 
Angeredete  muss  auf  dem  Grabe  drei  Vaterunser  beten  und  ihm  Ruhe 
wünschen,  was  man  «hinrie-rahu  andma»  (Seelenruhe  geben)  nennt. 
Die  Zeit  des  Umgehens  ist  besonders  der  Donnerstagabend.  Ein  neben 
einen  Alten  beerdigtes  Kind  nennt  man  «wana  jala-peaStja»  oder  «kttlm- 
kinna  pgjzike»  in  der  Idee,  dass  es  dem  Alten,  wenn  er  das  Grab  ver- 
lässt ,  die  Füsse  bekleidet.  Wenn  man  auf  das  Grab ,  welches  ein  kodu- 
käjja  verlassen  hat,  Schweinekoth  legt,  so  kann  er  nicht  wieder  hinein, 
sondern  muss  um  gehen ,  bis  ihn  der  Wolf  frisst.  Der  Geist  zeigt  sich  in 
verschiedener  Gestalt,  meist  in  der,  welche  er  im  Leben  hatte,  aber  auch 


—  426   — 

als  kleines  Männchen ,  welches  in  Wildern  die  Wanderer  irre  fahrt ,  oder 
die  Schiffe  von  ihrem  Cours  ab  lenkt,  bisweilen  auch  als  Thier,  als  wan- 
delnder Strauch  u.  a.  Der  kfllm-king  soll  spitzige  Füsse  haben,  auf  dem 
Schnee  daher  nur  mit  Schneeschuhen  gehen  können,  und  man  will  biswei- 
len die  Spuren  seines  Ganges  auf  dem  Schnee  bemerkt  haben.  Wer  sei- 
nen  Weg  kreuzt,  wird  krank,  eben  so  werden  auch  dem,  über  welchen 
sein  Schatten  gegangen  ist,  die  Sinne  gelahmt,  und  es  folgen  langwierige 
Krankheit  oder  Tod.  Wof  ihm  begegnet  und  von  ihm  angegriffen  wird, 
sucht  sich  daher  im  Mondschein  so  zu  stellen,  dass  der  eigene  Schatten 
auf  den  kfllm-king  fallt,  dann  mag  er  wohl  den  Sieg  behalten ;  auch  durch 
einen  Schuss  kann  man  ihn  verscheuchen  und  mit  einer  silbernen  Kugel 
erlegen.  Wer  ihn  furchtet,  aber  aus  Schreck  vor  dem  Anblick  nicht  von 
der  Stelle  kann,  der  muss  seine  Bastelschnur  zerschneiden,  dann  vermag 
er  zu  entfliehen.  Eine  schwangere  Frau,  welche  im  Walde  eine  verlorene 
Kuh  suchte,  musste  ihm  versprochen,  was  sie  unter  der  Brust  trug,  betrog 
ihn  aber  nachher  so ,  dass  sie  ihm  nicht  das  Kind ,  sondern  die  Schürze 
gab.  Man  erzählt  auch  von  lebenden  Menschen,  welche  als  kfllm-king 
um  geben  die  Menschen  zu  necken  und  zu  schrecken,  und  welche  man 
plötzlich  gestorben  findet,  wenn  der  Wolf  das  Gespenst  gefressen  hatte.  — 
Einige  schreiben  es  einem  kfllm-king  oder  dem  Kreuzen  seiner  Spur  zu, 
wenn  man  im  Walde  oder  gar  an  sonst  ganz  bekannten  Stellen  sich  verirrt 

Kqera-könlazed  oder  peni-nuki-rahwas  (Leute  mit  Hunde- 
schnauzen) sind  zwar  keine  geisterhaften  aber  doch  mythische  Wesen.  Es 
sind  Krieger,  welche  in  den  mittelalterlichen  Kriegen  mit  den  russischen 
Heeren  kamen,  und  deren  Gesicht  halb  menschlich  halb  eine  Hunde- 
schnauze war,  oder  welche  solche  Larven  trngen  um  den  Menschen  Furcht 
ein  zu  jagen ;  man  nennt  sie  auch  «söda-persed»,  weil  sie  im  Gefolge  des 
Krieges  kamen.  Sie  wussten  besonders  die  Unglücklichen,  welche  bei  der 
Annäherung  des  Feindes  sich  in  Höhlen  u.  s.  w.  versteckt  hatten,  auf  zu 
spuren  und  tödteten  sie  grausam.  Wegen  ihrer  Wildheit  wurden  sie  bis- 
weilen gefesselt  mit  geführt  und,  wenn  es  nothig  schien,  gegen  die  Feinde 
gelassen. 

KoH,  koll  ist  ein  böser  Hausgeist,  mit  dem  man  als  Popanz  die 
Kinder  schreckt  und  bedroht. 


—  427  — 

Kol  (der  Tod)  erscheint  in  den  Märchen  der  pleskauschen  Ehsten 
personificirt  (vgl.  katk).  Durch  die  List  eines  alten  Mannes,  den  er  todten 
will,  wird  er  in  einen  Sarg  gelockt  und  in's  Meer  geworfen,  wo  er  bei- 
nahe  selbst  umkommt,  aber  endlich  von  dem  wftr-jnmal  gerettet  und 
mit  zwei  Hämmern  versehen  wird,  womit  er  von  nun  an  die  Menschen  an- 
greifen soll  (die  Krankheilen). 

Konri  =  tont,  s.  Teufel. 

Köu  (Gewitter),  auch  wana  köu,  köuu-tät,  pilwe-tat,  müristaja 
tat,  äjke,  piker,  pikne  genannt,  ist  der  Donnerer  oder  Donnergott,  bald 
mit  dem  wana  iza  od.  wana  tat  (Altvater)  zusammen  geworfen,  bald  von 
diesem  unterschieden,  so  wie  auch  bei  den  anderen  Namen  die  Vorstellun- 
gen schon  etwas  confus  sind.  In  seinem  Dienst  ist  paristaja  pq£g  (der 
Sohn  des  IVsselnden),  welcher  ihm  zu  dem  durch  den  Teufel  gestohlenen 
Ponnerinsirument  verhalf.  Diess  ist  ein  Blasinstrument  und  sein  Ton  so 
gewaltig ,  dass  der  Teufel ,  mit  welchem  der  Donnerer  seit  Anbeginn  der 
Welt  in  Kampf  ist,  davon  zu  Boden  geworfen  wird.  Ausserdem  hat  er 
einen  Bogen,  mit  welchem  er  pikse- nöled  (Donnerpfeile),  Blitze,  scbiesst, 
welche  tief  in  die  Erde  fahren,  aus  der  man  sie  bisweilen  noch  heraus 
gräbt.  Eine  Tochter  des  köu  ist  ilma-neitsit  (Wetterjungfrau).  Als  Blä- 
ser des  Donnerhornes  (ptyigahuze-saf  w)  nennen  die  sudlichen  Ehsten  den 
pikse-pois  (Donnerburscb).  Einige  bezeichnen  das  Donnerinstrument  als 
eine  Trommel.  Bei  grosser  Dürre  wurde  Bier  drei  Mal  um  sein  Opferfeuer 
getragen  und  dann  in  die  Flammen  gegossen,  mit  der  Bitte,  der  Donner- 
gott möge  doch  endlich  regnen.  —  Von  den  pleskauschen  Ebsten  wird 
noch  jetzt  der  pikne  angerufen  unter  einer  heiligen  Fichte  in  der  Nähe 
des  Annenberges  bei  Mecks  (vgl.  XIV):  pfiha  pikne,  hqia  ezi  jumala 
wiha  est  ja  witsa  est  ja  köjge  kufja  inemize  töjst  ja  teast  (heili- 
ger Donner,  bewahre  selbst  vor  Gottes  Zorn  und  Ruthe  und  vor  den  Tha- 
ten  und  Handlungen  jedes  bösen  Menschen). 

Kraft  (schwed.  skratt),  krätt,  raha-rett  ist  ein  Geist  oder 
Kobold,  welcher  seinen  Besitzer  an  Uebelthätern  rächt  und  ihm  Glück  und 
Wohlstand  bringt,  indem  er  Anderen  ihre  Habe  entwendet,  denen  er  auch 
die  Milch  der  Kühe  aus  saugt  (vgl.  unten  önne-töja  und  pOk)  und  Milch 
und  Butter  verdirbt.  Er  ist  eigentlich  die  auf  der  Erde  umher  irrende  Seele 


_  428  — 

eines  Menschen  und  dreifiissig,  erscheint  den  Menschen  nur  im  Wirbel- 
wind, als  eine  vorn  dunkele  und  hinten  feuersprühende  Masse,  darum 
auch  tulik  (der  Feurige),  tale-haga  (Feuerbesen)  oder  tule-händ  (Feuer- 
schweif), d.  pizo-hand  (Funkenschweif)  genannt.  Sein  Bruder  soll  tü- 
lis-pask  (s.  unten)  sein,  welcher  jedem  Dinge  «jätku  tob»  (Ausreichen 
bringt),  so  dass  man  immer  von  dem  Vorrath  nehmen  kann,  ohne  dass  er 
zu  Ende  geht.  —  Ein  kratt  erbot  sich  einem  Bauer  ihm  zu  dienen, 
wenn  er  ihm  gäbe,  was  aus  dem  Munde  kommt,  d.  h.  Verehrung.  Der 
aber  antwortete:  was  aus  dem  Munde  kommt,  das  sei  für  Gott,  was  aber 
von  hinten  kommt,  das  sei  für  dich.  Darauf  verliess  ihn  der  kratt  ärger- 
lich. Diejenigen,  welche  ihn  besitzen,  bewahren  ihn,  wenn  er  nicht  ge- 
rade in  Geschäften  aus  ist,  als  eine  Schlange,  raha-us£  (Geldschlange) 
oder  ein  Insekt  in  einem  Kästchen  in  Baumwolle. 

Kurat,  kuri-waim  s.  Teufel. 

Külm-king  s.  kodu-käija. 

Lämmeküne  s.  Tär. 

Lendawa,  lendwa  (der  Fliegende,  Drache)  oder  wedaja  (der 
Schlepper)  mögen  vielleicht  nur  andere  Namen  für  den  kratt  sein.  Er 
ist  ebenfalls  ein  Geist,  welcher  seinen  Freunden  Habe  und  Schätze  zu  tragt, 
Anderen  aber  schadet.  Man  kann  sein  Vorhaben  dadurch  hindern,  dass 
man,  wenn  er  vorbei  zieht,  ihm  schnell  den  entblössten  Hinteren  zeigt  und 
zwischen  den  Beinen  zuruft:  ich  zeige  dir  meine  Stadt,  oder  mein  Gut, 
zeige  mir  deine  Stadt,  oder  dein  Gut.  Oder  man  schlägt  mit  einem  Stahl 
an  einem  Feuerstein  drei  Mal  Funken  und  sagt:  ich  zeige  dir  Gottes  Feuer, 
zeige  mir  dein  Feuer.  In  beiden  Fällen  verbrennt  das  Haus,  wo  er  hinein 
fährt,  und  damit  dem  eigenen  Hause  nicht  ein  Gleiches  geschehe,  muss 
der,  welcher  so  thut,  selbst  im  Freien  stehn,  nicht  unter  Dach.  Lässt  man 
ihn  vorüber  ziehen ,  ohne  ihm  den  Hinteren  zu  zeigen ,  so  wird  man  voll 
Läuse,  und  dagegen  hilft  nichts  Anderes  als  ein  Frauenhemd  an  zu  ziehen. — 
Wenn  man  ihn  vorüber  ziehen  sieht  und  schnell  die  Schnur  am  linken  Ba- 
stelschuh durch  schneidet,  so  lässt  er  einen  Tbeil  der  Schätze,  welche  er 
führt,  fallen. 

Liba-hunt  s.  soend. 

Lijon  war  nach  der  Sage  ein  Fischer,  welcher  durch  die  Hülfe,  die 


—  429  — 

er  zur  Wiedererlangung  des  durch  den  Teufel  entwendeten  Donnerhornes  lei- 
stete, dem  Donnergotte  so  lieb  wurde,  dass  er  hinfort  als  Vermittler  zwischen 
Göttern  und  Menschen  diente.  Nach  einer  Mittheilung  in  den  c  Mythischen 
und  magischen  Liedern  der  Ehsten»  (Einl.  S.  13)  konnte  man  nur  drei 
Mal  im  Jahre  unmittelbar  zu  dem  höchsten  Gotte  beten,  sonst  durch  Ver- 
mittelung  anderer  Götter  oder  des  «Lijoni  innel»,  und  dieser  soll  sein 
«ein  Gott  auf  der  Erde,  welcher  mit  dem  Gewitter  zusammen  wandelt» 
(ibid.  S.  10). 

Lü-paenaja,  lü-paene,  lü-painija  s.  paenaja. 

Mailazed  s.  mä-alused.  fc 

Maja  wafjajad,  maja  hoid'jad,  maja  pere-mehed  s. 
hone  hqidjad. 

Mana  =  Toni,  der  Todtengott,  der  Beherrscher  des  Aufenthaltes 
der  Gestorbenen,  der  Unterwelt.  Von  ihm  selbst  ist  gar  nicht  oder  viel- 
leicht wenig  die  Rede,  dahin  aber  gehören  ohne  Zweifel  die  in  der  Volks- 
poesie vorkommenden  mana-tark  (Zauberer)  und  mana-sönad  (Zauber- 
spruch) und  das  folgende. 

Manalane,  Bewohner  von  manala,  dem  Reiche  des  mana,  Unter- 
irdischer. Man  hält  sie  für  gute  Geister,  welche  Glück  bringen,  und  welche 
daher  Jeder  gern  sehen  möchte.  Man  sagt  auch  von  einem  recht  Guten 
und  Frommen:  ta  on  waga  kui  manalane  (er  ist  fromm  wie  ein  M.). 

Mardus  od.  Margus,  ein  geistiges  Wesen  von  ziemlich  unsiche- 
rer Beschaffenheit.  Im  Volksliede  ist  öfters  davon  die  Rede,  dass  es  Un- 
heil bedeute,  wenn  er  sich  vernehmen  lässt.  Er  erschien  ein  Mal  als  «zwei- 
tes Gesicht»  einem  Fischer,  und  wiederholte  an  gerufen  immer  nur  diesel- 
ben Worte,  aber  nicht  das  Amen  des  Vaterunsers,  welches  der  Fischer  in 
seiner  Angst  betete.  Als  der  Fischer  drei  Mal  «Amen»  rief,  verschwand 
der  Geist,  indem  •  etwas  wie  ein  Heuhaufen  längs  des  Bodens  sich  von  dem 
See  nach  dem  Walde  wieder  zurück  schob».  —  Auf  der  Insel  Oesel  giebt 
es  einen  Bach  Marduse  jögi. 

Maru-memm  s.  tnle-ema. 

Mä-alused  (die  Unterirdischen),  oder  mailazed,  euphemistisch 
auch  ülal-käyad  (die  Obengehenden),  sind  meist  zwerghafte  geistige  We- 
sen unter  der  Erdoberflache,  ihrer  Kleinheit  wegen  auch  härja-pölwela- 


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zed  (Leute  von  der  Höbe  eines  Ochsenknies).  Einige  sind  ohne  Kopf 
(Galgenmännchen),  einige  sind  Schmiede  und  müssen  anter  Aufsicht  eines 
Oberen  von  höherer  Gestalt,  welcher  als  Stab  einen  jungen  Tannenbaum 
fuhrt  (wie  Rübezahl),  Gold-  und  Silberbarren  schmieden,  von  welchen  sie 
je  nach  Bedürfniss  den  -Menschen  kleine  Portionen  zu  kommen  lassen.  Sie 
schmiedeten  ein  Mal  einem  Manne  eine  Sense,  welche  erst  dann  stumpf 
wurde,  als  er  seinem  Bruder  gesagt  hatte,  dass  er  sie  von  den  mfi-alused 
hatte.  Bisweilen«  wie  in  der  Neujahrsnacht,  kommen  sie  aus  ihrer  unter* 
irdischen  Behausung  hervor  um  siebtbar  die  Menschen  zu  necken.  Ein 
Mann  kam  in  der  Neujahrsnacht  an  einem  See  vorüber  und  sah  zwei 
Jungfrauen,  welche  mit  Lichten  in  der  Hand  dort  gingen  und  dem  Manne 
sagten,  dieser  See  bestehe  aus  den  Thränen  der  Waisen.  Auf  seine  Frage, 
wer  sie  seien,  antworteten  sie,  sie  seien  mä-alused,  und  hatten  in  dieser 
Nacht  Erlaubniss  hieher  zu  kommen ,  und  sie  lebten  von  dem ,  « was  vor 
und  nach  der  Sonne  sich  erhebe»  (Thau).  Obgleich  schon  der  Hahnenschrei 
nahe  war,  wo  ihr  Urlaub  ab  lief,  brachten  sie  ihn  doch  noch  in  ihre  Behau* 
sung,  in  ein  schönes  Zimmer,  wo  sie  ihm  zu  trinken  gaben.  Dann  öffnete 
sich  ihm  die  Thür,  und  unversehens  war  er  wieder,  wo  er  früher  gewesen 
war.  —  Wenn  man  an  einer  Stelle ,  unter  welcher  mä-alused  wohnen, 
schläft  oder  sich  nieder  setzt ,  ohne  vorher  drei  Mal  darauf  zu  spucken ,  so 
bekommt  man  von  dem  kuri  od.  paha  tüf  (böser  Wind)  oder  der  Aus- 
dünstung Ausschlage  und  Flechten,  Andere  meinen  es  käme  daher,  dass 
sie  mit  ihren  Hämmerchen  die  Schlafenden  picken.  Auch  aus  einer  fremden 
Quelle  Wasser  zu  schöpfen  oder  an  einer  fremden  Stelle  zu  harnen  ist  nicht 
rathsam  ohne  vorheriges  dreimaliges  Ausspucken,  sonst  kann  man  ebenfalls 
Ausschlag  um  den  Mund  od.  resp.  die  Steinkrankheit  bekommen;  wenn  sich 
der  Speichel  auf  dem  Wasser  ausbreitet ,  so  ist  es  ein  Zeichen ,  dass  es 
unschädlich  ist.  Das  Ausspucken  allein  hilft  auch  nicht  immer,  dann  muss 
man  Fetzen  von  Kleidern  oder  Haare  auf  die  Stelle  werfen.  Um  sich  von 
den  üblen  Folgen  zu  befreien,  wenn  «der  böse  Wind  über  Einen  gegangen 
ist»,  ist  «walgustaraa»  (weiss  machen)  nöthig,  d.  h.  man  schabt  mit 
einem  Messer  von  einer  Silbermünze  etwas  ab  auf  die  Stelle,  wo  die  mä- 
aluzed  wohnen,  oder  man  legt  das  Abgeschabte  unter  die  Schwelle;  noch 
ein  anderes  Mittel  ist  Räuchern  mit  Scbiesspulver  oder  mit  Lappen  und 


—  431  — 

von  der  Sehwelle  abgeschabten  Spänchen,  oder  man  nimmt  auch  etwas 
Schiesspulver  ein,  and  wenn  der  Kranke  nach  diesen  Proceduren  niest, 
so  wird  es  besser  mit  ihm  werden. 

Melk,  bei  den  sudlichen  Ehsten  ein  Geist  aas  der  Kategorie  der 
kodu-käijad,  welcher  den  Kühen  die  Milch  aussaugt  (vgl.  pük). 

Mere-waim  (Meergeist)  and  Mere-ema  (Meermutter)  sind  Gei- 
ster des  Meeres,  welche  bisweilen  Menschen  sich  zum  Opfer  nehmen,  und 
welche  man  durch  freiwillige  Libationen  an  Bier  und  Branntwein  gunstig 
zu  stimmen  meint,  damit  die  auf  dem  Meere  Schiffenden  von  Uniallen  ver- 
schont bleiben  oder  auch  mit  reichem  Fischfang  heim  kehren. 

Metsik,  eine  Waldgottheit,  welche  jährlich  ihr  Geschlecht  wechselt 
(männlich  und  weiblich),  vielleicht  dasselbe,  was  metsa-haflijas  oder 
metsa-torit.  Man  vgl.  noch  XI  bei  «Fastnacht»  den  Gebrauch  mit  der 
als  Metsik  bezeichneten  Strohpuppe. 

Mond,  Stern  und  Sonne  erscheinen  in  der  Volkspoesie  personificirt 
als  Gottheiten  oder  doch  übermenschliche  Wesen.  Man  vgl.  hierzu  auch 
noch  den  grossen  Einfluss,  welcher  dem  Monde  bei  mannichfachen  Gelegen- 
heiten zugeschrieben  wird ,  worauf  hier  an  vielen  Stellen  hingewiesen  ist. 

Muru-ejt  (Rasenmutter),  eine  weibliche  Gottheit,  welche  Gärten 
und  Höfe  schützt.  In  der  Volkspoesie  (z.  B.  Kalewi-poeg  XVII,  757  u. 
ff.)  ist  auch  von  ihren  Töchtern  die  Rede,  unseren  Elfen  ähnlichen  Wesen, 
und  dahin  gehören  vielleicht,  auch  die  unter  mä-alused  erwähnten  Jung- 
frauen, oder  zu  den  «näkid»  (s.  unten). 

Mustu,  wana  mustu  ist  bei  den  südlichen  Ehsten  ein  gespensti- 
sches Wesen,  welches  in  den  Riegen  (Darrscheunen)  wohnt. 

Mögad  (Mönche).  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  die  mythisch 
gewordenen  Ritter  des  Schwertbruder-  und  deutschen  Ordens.  Sie  waren 
grösser  als  gewöhnliche  Menschen,  kamen  aus  Deutschland,  hatten  als 
Waffen  Speere  und  zweischneidige  Schwerter,  schleuderten  auch  Steine 
so  gross,  dass  ein  Ebste  sie  nicht  auf  heben  konnte ;  von  ihrer  Kraft  zeugen 
auch  die  müga-mürid  (Mönchsmauern),  d.  h.  Schlossruinen ,  kaum  zer- 
störbar, aus  unbehauenen  Steinen  bestehend.  Eine  ihrer  Frauen  nahm  ein 
Mal  einen  Bauer  sammt  Pflug  und  Ochsen  in  ihre  Schürze  und  brachte  sie 


—  432  — 

ihrem  Sohne  als  Spielzeug  nach  Hause  (vgl.  ein  Seitenstück  dazu  K.  XVI, 
796  u.  ff.). 

Müristaja  tat  s.  köu. 

Näkk  ist  ein  im  Wasser  lebender  böser  Geist.  Bei  dem  Kampfe  des 
Erzengels  Michael  mit  dem  Drachen  (Apocal.  XII,  7)  sind  vierzig  Tage 
lang  Teufel  auf  die  Erde  gefallen,  und  aus  denen,  die  in's  Wasser  fielen, 
sind  die  näkid  geworden.  Man  vermuthet  einen  Näkk  besonders  da,  wo 
das  Wasser  strudelt;  Badende,  welche  in  die  Nähe  kommen,  werden  dort 
von  ihm  hinab  gezogen.  Es  giebt  männliche  und  weibliche  näkid,  sie  er- 
scheinen in  menschlicher  Gestalt,  nackt  oder  mit  einem  seidenen  Tuche 
bekleidet,  sich  waschend,  aber  auch  als  Pferd,  Kuh  u.  a. ,  können  sich 
auch  in  leblose  Dinge  verwandeln,  so  in  ein  Krummholz,  in  einen  Ring. 
Sie  gehen  eifrig  darauf  aus  Menschen  zu  fangen.  In  Werder  todtete  der 
näkk  ein  Mal  ein  junges  Mädchen  bei  der  Schafwäsche  und .  brachte  es 
unter  das  Wasser;  dort  fand  man  es  mit  abgenagten  Wangen.  Bisweilen 
sieht  man  ihn  mit  Feuer  fischen ,  er  hat  aber  das  Feuer  nicht  in  einem 
Boote,  sondern  auf  einer  Steinplatte.  Wenn  man  ihn  scheltend  an  ruft  oder 
ihn  nennt,  auch  wohl  wenn  man  nur  auf  ihn  los  geht ,  so  verschwindet  er. 
Knaben,  welche  beim  Hüten  des  Viehes  waren,  gingen  ein  Mal  an  das 
Ufer  eines  Baches  um  zu  spielen.  Da  kam  ein  Pferd  daraus  hervor,  und 
sie  setzten  sich  auf  dessen  Racken.  Für  einen  Knaben  war  nicht  mehr 
Platz  und  er  sagte:  wartet,  ich  setze  mich  auf  den  Hinteren  des  näkk. 
Da  verschwand  der  Geist,  und  Alle  standen  plötzlich  mit  gespreizten  Bei- 
nen am  Ufer.  Sonst  sollen  auch  je  nach  der  Zahl  der  aufsitzen  Wollenden, 
Pferd  und  Sattel  sich  verlängern.  Wenn  das  Wasser  gefroren  ist  und  fallt, 
so  dass  das  Eis  auf  dfen  Steinen  dachförmig  liegt,  so  sagt  man :  der  näkk 
hebt  den  Kopf  empor  und  sieht  hervor.  Vor  Alters  fanden  die  Leute  auf 
einer  Insel  in  jedem  Herbste  Flachs  auf  einem  Stein  im  Meere;  um  den 
näkk  zu  besänftigen  und  das  häufige  Ertrinken  der  Ihrigen  ab  zu  wenden, 
verspannen  sie  den  Flacbs  und  legten  das  Garn  immer  wieder  auf  densel- 
ben Stein.  Auf  der  Insel  Dago  ist  ein  grosser  See,  in  welchem  man  noch 
Ueberbleibsel  von  Häusern  sieht.  Dort  war  früher  ein  Dorf,  an  dessen 
Stelle  plötzlich  in  einer  Nacht  der  See  entstand,  in  welchem  der  näkk 
haust;  vorher  ging  drei  Tage  ein  grauer  Bock  um  das  Dorf  und  sagte: 


—  433  — 

Leute»  zieht  euch  zurück!  es  kommt  ein  See.  —  Weniger  bos  ist  die 
Wasserjungfrau,  näki-neitsit  oder  wee-ema  tütar  (Tochter  der  Wasser- 
in uüer).  In  Dago  trieb  eine  öfters  graues  Vieh  an's  Land  und  weidete  es 
da;  als  es  aber  Einigen  gelang,  einen  Theil  davon  zu  stehlen,  verschwand 
sie  mit  den  übrigen  Thieren  weinend  in  der  See.  Man  zeigt  von  diesem 
grauen  Vieh  noch  jetzt  Nachkommen.  Ein  junger  Bursch  kam  ein  Mal 
dazu,  wo  eine  Wasserjungfirau  wusch.  Sie  verbot  ihm  davon  zu  sprechen 
und  schenkte  ihm  ein  Hemd,  welches  nie  schmutzig  wurde,  bis  der  Bursch 
den  Vorfall  dennoch  erzählte.  Man  sieht  die  Wasserjungfrau  öfters  auf 
einem  Steine  sitzend  und  ihr  gelbes  Haar  mit  einem  goldenen  Kamme 
kämmend ,  wenn  man  sich  aber  nähert ,  so  schwimmt  sie  als  Schwan  da- 
\on  oder  versinkt  in1s  Wasser.  Sie  entfuhrt  wohl  auch  junge  Männer,  aber 
nicht  um  ihnen  zu  schaden,  sondern  aus  Zuneigung  zu  ihnen.  Eber  lebte 
eine  Zeit  lang  herrlich  und  in  Freuden  mit  ihr  in  ihrem  unterseeischen 
Schlosse ,  als  er  aber  der  Neugier  nicht  widerstehen  konnte  und  sie  an 
einem  Donnerstag  belauschte,  wo  sie  immer  von  ihm  abgesondert  als  Halb- 
fisch leben  musste ,  so  verschwand  plötzlich  alle  Herrlichkeit ,  und  er  be- 
fand sich  wieder  an  dem  Ufer,  aber  in  den  Paar  Jahren  —  wie  es  ihm 
vor  gekommen  war  — ,  dass  er  im  Wasserschlosse  gelebt  hatte,  war  er 
nun  ein  Greis  geworden,  und  seine  Angehörigen  waren  schon  aus  gestor- 
ben. —  Wenn  der  Näkk  auch  in  Menschengestalt  erscheint,  so  ist  er 
doch,  wenn  man  Gelegenheit  hat  ihm  in  den  Mund  zu  sehen,  immer  daran 
kenntlich,  dass  er  Fischzähne  hat.  —  Einige  schreiben  dem  Näkk,  wie 
den  Mä-alused,  auch  das  Vermögen  bei  Ausschläge  zu  erzeugen. 

Hone  hoidjad,  maja  warjajad,  m.  hojdjad,  m.  pere-mehed 
(Behfiter  od.  Herren  des  Hauses)  sind  Geister,  welche  Häuser  und  Woh- 
nungen schützen.  Um  ihre  Gunst  zu  erwerben,  opfert  man  ihnen  bei  Fest- 
lichkeiten von  Speise  und  Trank,  und  giesst  aus  den  Bierkannen  den 
Schaum  für  sie  auf  den  Boden. 

Onk  pl.  origad  werden  als  Haus-  und  Poltergeister  neben  den  tori- 
did  in  seltenen  Fällen  genannt. 

Önne-töja  (Glückbringer),  Heckemännchen,  trägt  dem  Besitzer 
Schätze  zu  (vgl.  krati,  pük).  Er  wird  an  drei  Donnerstagen  auf  Kreuz- 
wegen gemacht,  und  wenn  man  ihn  wieder  los  werden  will,  so  muss  man 

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I 

ihn  am  Gründonnerstag  in  einen  Flnss  werfen.  —  Die  Hexe,  welche  ihn 
an  fertigt  nimmt  zum  Leibe  einen  allen  Besen,  zum  Rücken  einen  Pferde- 
schädel, zu  den  Beinen  ein  Paar  Spindel  und  zu  den  Armen  ein  Paar 
Beinknochen  von  Pferden,  Alles  mit  rotbem  Zwirn  bewickelt,  was  die 
Adern  vorstellen  soll,  dann  setzt  man  dem  Gebilde  einen  alten  Hutboden 
auf  und  macht  ihm  Hemd  und  Hosen.  Am  Abend  des  dritten  Donnerstages 
wird  es  belebt.  Dazu  geht  man  auf  den  Kreuzweg,  bläst  der  Puppe  drei 
Mal  Athem  ein ,  tröpfelt  aus  einem  Schnitt  in  den  kleinen  Finger  der  lin- 
ken Hand  drei  Tropfen  Blut  darauf,  ruft  den  Teufel  an,  und  verspricht  ihm 
die  eigene  Seele  als  Bigentbum. 

Paha  reit,  paharet  s.  Teufel 

Paenaja  (der  Druckende),  lfi-paenaja,  l.-painija,  lü-paene 
(Knochendrücker),  der  Alp,  welcher  Menschen  und  Thiere  quält.  Er  bat 
Menschengestalt,  kann  sich  aber,  um  der  Entdeckung  zu  entgehen,  in  aller- 
lei, auch  leblose  Gegenstände  verwandeln,  um  so  unbemerkt  zu  bleiben 
und  später  zu  entwischen.  Er  kommt  nämlich  in  der  Nacht  um  Menschen 
und  Thiere,  besonders  Pferde,  zu  drucken  (tallama,  eigentl.  treten),  und 
wenn  man  plötzlich  mit  einem  Lichte  dazu  kommt,  so  entflieht  er;  hat  man 
aber  vorher  alle  Oeffnungen  sorgfältig  verstopft,  dass  er  nicht  hinaus  kann, 
so  verwandelt  er  sich  einstweilen  in  irgend  einen  unscheinbaren  Gegen- 
stand. Kommt  der  Gequälte  zur  Besinnung,  und  gelingt  es  ihm  die  grosse 
Zehe  des  linken  Fusses  zu  bewegen,  so  moss  der  Alp  von  ihm  ablassen; 
oder  er  nennt  alle  Personen,  von  welchen  er  voraussetzt,  dass  sie  als  Alp 
um  geben  können,  und  wenn  das  nicht  hilft,  so  liegt  es  nur  daran,  dass  er 
nicht  auf  den  richtigen  Namen  verfallen  ist.  Einer  versuchte  sich  dadurch 
gegen  den  Alp  zu  schützen,  dass  er  sich  eine  Hechel  auf  den  Bauch  legte ; 
aber  der  Alp  kehrte  sie  um,  und  so  war  es  noch  schlimmer.  Findet  man 
den  Gegenstand,  in  welchen  der  Alp  sich  verwandelt  hatte,  weil  er  nicht 
entfliehen  konnte ,  und  drückt  oder  beschädigt  ihn ,  so  bleibt  der  Mensch, 
welcher  in  dem  Alp  steckte ,  gebrechlich ;  oder  man  befestigt  ihn  an  die 
Wand,  und  findet  dann  am  Morgen,  wenn  es  hell  geworden  ist,  den  Thäter 
in  seiner  Menschengestalt.  So  fand  man  im  Stalle  eine  alte 
stiess  sie  mit  den  Zinken  in  die  Wand,  und  am  anderen  Morgen  fand 
einen  jungen  Burschen,  den  künftigen  Schwiegersohn.    Ein  anderes  Mal 


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lud  man  ein  Espenblalt  und  nagelte  es  an  die  Wand;  am  folgenden  Mor- 
gen war  es  ein  junges  Mädchen,  welches,  mit  dem  Ohr  angenagelt,  um 
Erlösung  bat  und  gestand ,  aus  Liebe  zu  einem  jungen  Burschen  ihn  als 
Alp  besucht  zu  haben.  Wieder  ein. Mal  war  e$  eine  Stopfnadel,  welche 
man  zusammen  bog.  Als  man  darauf  in  das  Haus  der  Verdächtigen  ging, 
fond  man  sie  zusammen  gekrümmt  mit  den  Zehen  im  Munde ,  und  erst  als 
man  die  Nadel  wieder  gerade  machte,  wurde  das  Weib  gerade.  Ein  Mann, 
«elcher  vom  Alp  gequält  wurde ,  verschloss  ein  Mal  alle  Oeffnungen  und 
Ritzen  in  seinem  Zimmer,  bis  auf  ein  Bohrloch.  Als  der  Alp  da  war,  ver- 
stopfte ein  anderer  nach  Verabredung  das  Bohrloch  und  holte  ein  unter 
einem  Gefass  versteckt  gewesenes  Licht  hervor.  Da  fand  sich  ein  hübsches 
junges  Mädchen,  welches  der  Mann  sich  zum  Weibe  nahm.  Er  zeugte 
drei  Kinder  mit  ihr,  und  sie  war  immer  sehr  ruhig  und  ernst,  nur  ein  ein- 
ziges Mal  sah  er  sie  in  der  Kirche  lächeln.  Als  er  sie  nachher  um  die 
Ursache  fragte,  so  sagte  sie:  der  Teufel  ging  umher  und  schrieb  auf  ein 
Pferdefeil  die  Namen  derer,  welche  schliefen  oder  plauderten.  Als  schon 
Alles  beschrieben  war,  wollte  er  das  Fell  aus  recken  um  noch  etwas  Raum 
zu  gewinnen,  aber  die  Hände  glitten  ihm  aus,  und  er  fiel  auf  den  Hinte- 
ren. (Sie  konnte  nämlich  Geister  sehen  t  welche  den  gewöhnlichen  Men- 
schen unsichtbar  waren.)  Einst  nahm  der  Mann  den  Pflock  aus  dem  Loche 
und  sagte :  aus  diesem  Loche  habe  ich  dich  bekommen.  Da  verschwand 
dasWetb  durch  dasselbe  Loch,  und  der  Mann  behielt  nur  die  drei  Kinder. — 
Die  Pferde ,  welche  in  der  Nacht  vom  Alp  gedrückt  wurden ,  sind  am  an- 
deren Morgen  zitternd,  mit  Schweiss  und  Schaum  bedeckt,  wie  abgejagt. 
Um  die  Thiere  zu  schätzen,  legt  man,  wenn  der  Stall  gebaut  wird,  ein 
Stuck  Fleisch  hinein,  oder  man  giebt  drei  Donnerstage  hinter  einander 
dem  Pferde  drei  tüchtige  Hiebe  mit  einer  achtknotigen  Peitsche  oder  mit 
einer  solchen,  die  man  vorher  in  Lehmwasser  getränkt  hat,  und  im  letzten 
Falle  siebt  man  oft  noch  die  Streifen  von  den  Schlägen ,  wenn  die  Person, 
welche  als. Alp  um  geht,  schwarze  Kleider  trägt.  Man  schlägt  auch  das 
Pferd  mit  einem  scharfen  Werkzeug,  oder  mit  einem  Kesselhaken,  oder  mit 
dem  Gurt  eines  Weibes,  welches  drei  Mal  ist  getraut  worden.  Wenn  der  Alp 
auf  dem  Pferde  sitzt,  und  man  ein  Betttuch  um  nimmt  und  ein  Kummet  ver- 
kehrt, mit  dem  Polster  nach  aussen,  um  den  Hals  legt  (vgl.  S.  347),  so  kann 

28* 


i 


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man  den  Alp  leibhaftig  sehen.  Dasselbe  geschieht  auch,  wenn  man  an  drei 
Donnerstagabenden  je  eine  Ruthe  nimmt,  drei  Knoten  hinein  bindet  und  mit 
diesen  drei  Ruthen  zusammen  drei  Donnerstage  hinter  einander  dem  gequäl- 
ten Thier  je  drei  Hiebe  giebt.  Wenn  der  Alp  sich  in  eioen  Stall  schlei- 
chen will,  so  sieht  man  ihn  bisweilen  als  schwarze  Katze  oder  als  schwar- 
zen Vogel  umher  schieichen.  —  Einige  glauben,  der  Sache  etwas  naher 
kommend,  dass  der  Alp  nur  in  dem  Blute  der  Gequälten  stecke  und  durch 
den  Zorn  eines  bösen  Menschen  entstehe,  welcher  dem  Anderen  diess  Ue- 
bel  an  gewünscht  hat.  * 

Pak  an  e,  der  Frost,  erscheint  im  Märchen  personificirt  als  Sohn 
einer  alten  Frau  (Tüle-ema?).  Man  vgl.  auch  die-  Redensart  pakase 
munna  pöletama  unter  XIII  (S.  390). 

Palu-nÖid  (Haidenbexe) ,  d.  b.  das  Irrlicht,  täuscht  den  Menschen, 
läuft  immer  weiter,  wenn  man  darauf  los  geht  und  zu  einer  Behausung 
oder  zu  Menschen  zu  kommen  gedenkt,  und  macht  endlich,  dass  der  Nach- 
folgende in  einen  Sumpf  geräth  und  darin  umkommt. 

Peni-nuki-rahWas  s.  koera-könlazed. 

Pergel,  pörgel,  pörgulane,  pörguline  s.  Teufel. 
m Piker,  Pikne,  Pikse-poiS  s.  köu. 

Pilwe-tät  s.  köu. 

Pizo-hand  s;  kratt. 

PoTt-harakas  (Bolzenelster),  poft-wares  (Bolzenkrähe)  Siegt 
durch  Thiere  und  verursacht  ihnen  so  den  so  genannten  Drachenschuss. 
Man  gebraucht  diese  Namen  auch  als  Schimpfwörter  gegen  vermeinte 
Hexen. 

Purask  s.  Teufel. 

Pük  (eigentl.  Kröte,  Baumlaus,  Haarwurm  im  Wasser),  imetaja,  d. 
auch  wana  empli,  ist  ein  Geist,  welcher  in  der  Johannisnacht  den  Kühen 
die  Milch  aussaugt,  aber  auf  der  anderen  Seite  seinem  Besitzer  auch  wie- 
der Schätze  zu  trägt,  die  er  den  Reichen,  besonders  den  Gutsbesitzern, 
raubt.  Wer  ihn  mit  seiner  Habe  davon  ziehen  zieht,  muss  das  Vaterunser 
von  hinten  hersagen,  dann  lässt  der  pük  fallen,  was  er  trägt,  uod  der  Ei- 
genthümer  bekommt  das  Seinige  wieder.  Will  man  einen  pük  haben ,  so 
muss  man  drei  Donnerstagabende  bei  Vollmond  auf  einen  Kreuzweg  geben 


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und  das  Vaterunser  beten»  Beim  dritten  Mal  kommt  der  pflk,  und  dann 
muss  man  von  der  linken  Hand  ihm  so  viel  Blut  geben ,  dass  damit  der 
Name  des  Begehrenden  geschrieben  werden  kann  (vgl.  oben  önne-töja). 
Nach  anderen  Angaben  kann  man  den  pfik  in  einer  leblosen  Form  kaufen, 
besonders  in. Riga.  Einer,  welcher  einen  pük  gekauft  hatte,  sah  unter 
Weges  nach,  was  es  war,  und  fand  nur  einen  Besenstumpf,  den  er  weg 
warf.  Zu  Hause  schalt  ihn  sein  Weib  dafür  und  schickte  ihn  wieder  nach 
dem  weg  geworfenen  pük,  welcher  unterdessen  schon  viel  Geld  zusammen 
getragen  hatte.  Solches  Geld  soll  nur  dem  Besitzer  sichtbar  sein.  Bei  der 
Anfertigung  des  pök  spricht  man:  sünni,  sfiäni,  pugikene,  oma  iza 
hinne  peale,  sünni,  sünni,  tödukene!  (werde,  werde,  P.,  auf  deines 
Vaters  Seele,  werde,  werde,  T.).  Ein  junges  Weib  fand  ihn  ein  Mal, 
ohne  ihn  zu  kennen ,  in  Gestalt  eines  schwarzen  Hahnes  auf  dem  Kornka- 
sten im  Vorrathshause  sitzend  und  wollte  ihn  mit  einer  Ruthe  schlagen, 
um  ihn  zu  verjagen.  Der  pük  flog  auf  den  Dachfirst  des  Vorratshauses, 
fing  zornig  an  die  Federn  zu  sträuben,  so  dass  Feuerfunken  daraus  auf  das 
Dach  flogen.  Zum  Glück  kam  die  Schwiegermutter,  welche  von  dem  pük 
wusste,  dazu  und  rief  ihn  herunter  und  besänftigte  ihn,  indem  sie  sagte: 
tlde  llde  tule  maha,  egft  näütsi  nime  tlä,  preili  sino  perä-haro 
(d)  (t.  1.  komm  herunter,  die  Jungfrau  weiss  deinen  Namen  nicht,  das 
Fräulein  nicht  deine  Herkunft).  So  kehrte  der  Hahn  in  die  VorrathskaiQ- 
mer  zurück ,  und  das  Haus  blieb  stehen.  —  Die  fremden  Kühen  ausgeso- 
gene Milch  soll  der  pük  seinem  Besitzer  auch  als  Butter  wieder  von  sich 
geben,  und  was  die  Ehsten  «pügi-pask»  (Krötenkotb)  nennen,  der  sog. 
Kuckuckspeicbel,  und  ein  weicher  gelber  Pilz  auf  faulenden  Baumstumpfen 
soll  die  Butter  sein,  welche  er  unter  Weges  aus  dem  überladenen  Magen 
Yon  sieh  gegeben  hat. 

Raha-rett  s.  kratt. 

Safwik  s.  Teufel. 

Soend,  lfba-huüt,  ahju-pe&lne,  der  Wärwolf,  ist  ein  Mensch, 
welcher  entweder  sich  selbst  willkührlich  in  einen  Wolf  verwandeln  kann 
um  Anderen  zu  schaden,  oder  von  einem  Zauberer  in  einen  solchen  ver- 
wandelt ist;  ein  abgewiesener  Bettler  machte  ein  Mal  eine  ganze  Hochzeit- 
gesellschaft zu  Wolfen.  Hunde  greifen  ihn  nicht  an,  weil  er  ihnen  in  sei- 


—  438  — 

ner  menschlichen  Gestalt  erscheint,  und  eine  Flinte  tödtet  ihn  nur,  wen 
er  sie  nicht  sieht,  und  wenn  sie  mit  einer,  silbernen  Kugel  geladen  ist. 
Wenn  der  Verwandelte  in  seinem  Versteck  ist,  so  zieht  er  die  Hant  aus  wie 
einen  Pelz  und  erscheint  als  nackter  Mensch.  Schreckt  man  ihn  dann  plötz- 
lich auf,  so  entflieht  er,  lässt  seine  Haut  liegen  und  wird  wieder  Mensch; 
dasselbe  geschieht  auch,  wenn  er  nach  dreitägigem  Pasten  Brot  bekommt. 
Eben  so  erscheint  auch  der  getödtete  Wärwolf  als  Mensch,  wenn  man  ihm 
die  Haut  abzieht.  Wenn  ein  »Wärwolf  ungesehen  in  eine  Herde  fallt,  so 
isst  er  das  Fleisch  roh,  wenn  man  ihn  sieht  und  an  schreit,  so  soll  dadurch 
das  Fleisch  gar  werden.  Wenn  der  Hirt  ihn  vertreiben  will,  so  fällt  er 
auch  diesen  an.  Wer  sich  selbst  in  einen  Wärwolf  verwandeln  kann,  thot 
es  auch  wohl ,  um  Anderen  Schafe  zu  rauben  und  sie  nachher  als  Mensch 
zu  verzehren.  Ein  Besitzer  des  Gutes  Machters  soll  öftere  als  Wärwolf 
seine  eigene  Herde  an  gefallen  und  dann  den  Huter  bestraft  haben,  weil 
ein  Schaf  zerrissen  war.  Dieser  aber  lauerte  ihm  auf  und  scboss  auf  ihn, 
worauf  er  entfloh.  Als  man  der  Blutspur  folgte,  kam  man  in*s  Hans,  wo 
man  den  Hausherren  in  seinem  Blute  fand,  der  auch  bald  nachher  starb. — 
Wer  sich  in  einen  Wärwolf  verwandeln  will,  muss  an  drei  Donnerstagen 
bei  altem  Licht  auf  einem  flachen,  mit  dem  Erdboden  gleich  hohen  Stein 
sich  herum  wälzen  und  sprechen:  nlbes  näbes  nabk  peale,  klbes  k5- 
bes  körwad  pähä,  slbes  säbes  saba  taha  (n.  n.  Haut  auf,  k.  k.  Oh- 
ren an  den  Kopf,  s.  s.  Schwanz  hinten). 

Sonne  s.  Mond. 

Söko  (d)  soll  ehemals  ein  Windgott  gewesen  sein.  Wenn  derjenige, 
welcher  in  der  Dreschscheune  das  gedroschene  Korn  windigt,  nicht  Wind 
genug  dazu  hat,  so  pfeift  er  und  ruft  den  Wind:  Söko,  Söko! 

Stern  s.  Mond. 

Taewa  täi  s.  Tär. 

UeberTfir,  Tör  oder  wana  iza,  wana  tat,  wana  a{t  (alter  Va- 
ter, Grossvater),  taewa  tat  (Vater  des  Himmels),  die  oberste  Gottheit  im 
heidnischen  Glauben,  lepingu-usk  (Versöhnungsglauben),  der  alten  Einten, 
über  seine  Verehrung  und  die  ihm  gebrachten  Opfer  ist  ausführlich  ge- 
sprochen in  den  €  Mythischen  und  magischen  Liedern»,'  und  die  dort  ver- 
zeichnete  Mittheilung  aus  dem  Munde  eines  Ehsten  der  Jetztzeit  beweist, 


—  439  — 

dass  er  auch  in  dem  jetzt  lebenden  Geschlecht  noch  nicht  vergessen  ist. 
Es  werden  noch  an  verschiedenen  Orten  ihm  geheiligte  Plätze  genannt, 
Dorpat  heisst  Tara  pajk  (Thors  Ort),  bei  Neuhausen  ist  ein  Tara  pä- 
dftstiko  mägi  (Berg  von  Thors  Kieferwald),  ihm  war  die  Eiche  geheiligt. 
Er  erschuf  zuerst  den  Sänger  Wanemiyne,  den  Schmied  und  Baumeister 
llmarine  und  den  immer  fröhlichen  Lämmeküne,  seine  «Kinder»  und 
Gesellschafter,  dann  die  Erde,  welche,  während  er,  von  seiner  Arbeit  er- 
müdet, schlief,  von  seinen  Kindern  noch  verschönt  und  ausgebaut  wurde. 
Darauf  schuf  er  Tbiere  und  Merischen  auf  die  Erde.  Mit  dem  von  Natur 
schwachen  Menschen  sollten  seine  Kinder  ein  Geschlecht  erzeugen,  wel- 
ches stark  genug  wäre,  das  Böse  zu  überwinden.  —  Ein  Chronist  erzählt, 
dass  bei  der  Eroberung  des  Ehstenscblosses  Wolde  auf  Oesel  befohlen 
wurde,  Tör,  den  «Hauptgötzen*  der  Ehsten,  hinaus  zn  werfen. 

Der  Teufel  erscheint  in  der  Volkssage  und  in  dem  Volksglauben  nur 
selten  mit  dem  Namen  kurat  oder  noch  seltener  sfidan  des  Christenglau- 
bens, gewöhnlich  heisst  er  Judas  (vgl.  litauisch  judas  schwarz  und  lett. 
Johds),  oder  noch  gewöhnlicher  wird  sein  Name  überhaupt  vermieden 
und  dafür  eine  euphemistische  Umschreibung  gebraucht,  wie  wana  konö 
(alter  Kobold),  wana  köhn  (alter  Böser),  wana  must  (alter  Schwarzer), 
wana  poi6  (alter  Bursche),  wana  pömm  (?),  wana  tunus  (?),  wana 
tfihi  (alter  Eitler) ,  wana  totit  (alter  böser  Geist) ,  kuri  w$jm  (böser 
Geist),  wette  wgm  (Geist  der  Gewässer),  purask,  wana  purask  (Mei- 
se!?), pergel,  pörgel,  pörgulane,  pörguline  (Höllenbewohner),  paha- 
ret  d.  h.  pataa  reit  (s.  oben  kr&tt),  sarwik  od.  wana  safwik  (der  Ge- 
hörnte) u.  a.  Seine  unterirdische  Wohnung  ist  pörgu  (Halle),  die  mit 
grosser  Pracht  und  Reichthümern  ausgestattet  ist.  Sein  Wille  ist  zwar  bös, 
aber  seine  Macht  nur  gering,  er  wird  in  der  Volkssage  oft  von  Zauberern 
besiegt,  und  ausserdem  von  gewöhnlichen  Menschen  oft  betrogen  und  über- 
tölpelt, denn  er  ist,  wie  es  dort  heisst,  küla-wazika  sarnane  rumal 
(dumm  wie  ein  Dorfskalb).  Unter  ihm  steht  ein  ganzes  Heer  böser  Gei- 
ster, welche  tbeils  auf  seinen  Befehl,  theils  auf  eigene  Hand  so  viel  scha- 
den und  Böses  thun ,  wie  möglich.  Tondid  (s.  unten)  scheint  der  allge- 
meine Name  für  sie  zu  sein,  und  zu  ihnen  mögen  auch  wohl  andere  in 
diesem  Abschnitt  unter  besonderen  Namen  aufgeführte  Wesen  gehören. 


—  440   — 

Dass  der  Teufel  bei  der  Sündfluth  nicht  mit  umgekommen  ist,  erklärt  sich 
der  Volksglaube  dadurch,  dass  Noah,  als  er  sein  Schiff  auf  einem  Fers 
zimmerte,  in  der  Trunkenheit  mit  dem  Beil  in  den  Stein  gehauen  und  aus 
Aerger  den  Teufel  geruren  habe;  dadurch  sei  der  owaua  tonst»  mit  den 
übrigen  Geschöpfen  in's  Schiff  gekommen.  Der  Teufel  ist  zwar  unermess- 
lieh  reich,  so  dass  er  mit  seinem  Reichthum  manche  Seele,  die  sich  ihm 
mit  ßlui  verschrieben  hat,  ins  Verderben  verlockt,  aber  doch  vom  Geiz 
besessen  (der  Wurzel  alles  Ucbelsl).  Durch  den  Geiz  wird  er  bisweilen 
zum  Stehlen  veranlasst,  was  ihm  dann  nachher  mit  Hülfe  eines  Zauberers 
sehr  übel  eingetränkt  wird.  Grosse  Furcht  hat  der  Teufel  und  seine  ganze 
Sippe  vor  dem  Wolf  und  vor  dem  Donner,  wofür  die  Sage  folgende  Gründe 
weiss.  Als  Tar  dieThiere  schuf,  wollte  der  Teufel  sich  auch  darin  versu- 
chen. Er  bildete  aus  blauem  Thoniiiuiidi-sau,  vgl.  S.  425)  sich  einen  Hund, 
verstand  aber  nicht  ihm  auch  Leben  i' inzuflössen,  da  wandle  er  sich  an  di<; 
Gottheit  mit  der  Bitte  sein  Geschöpf  zu  beleben,  und  die  sagte-:  hunt, 
töuze  üles,  murra  kurat  ära  (Wolf,  erhebe  dich,  zerreisse  den  Teufel). 
Nach  Anderen  hat  der  Teufel  selbst  sprechen  müssen:  sqzi,  so  kuradi' 
ärä  (Wolf,  friss  die  Teufel  auf).  Man  droht  dem  Teufel  mit  dem  Wolfe, 
um  ihn  ein  zu  schüchtern  und  zu  verscheuchen.  Der  Blitz  verfolgt  den 
Teufel,  wenn  er  seine  Hölle  verliisst,  und  wo  der  Blitz  einschlagt,  da  hat 
er  den  Teufel  treffen  wollen.  Im  Wasser  und  in  tiefen  Höhlen  erreicht 
ihn  der  blitz  nicht,  aber  der  Donner  quält  und  ängstigt  ihn  immer.  Von 
seinem  Unternehmen,  das  Donnerinslrument  zu  stehlen  s.  oben  unter  köu. 
Ueberrascht  ihn  das  Gewitter  da,  wo  ef  ihm  nicht  entgehen  kann,  so  sucht 
er  wenigstens  sich  zu  verstecken.  Man  darf  daher  beim  Gewitter  nicht 
leere  Taschen  haben,  oder  ein  Kleidungsstück  gegen' das  Nasswerden  auf 
heben,  oder  den  Busen  des  Rockes  nach  oben  offen  halten,  sonst  kriecht 
der  Teufel  in  die  Tasche  oder  in  die  Palten  des  Kleides,  und  man  kann 
von  dem  verfolgenden  Blitz  erschlagen  werden.  Auch  die  Enden  der  Ruthen, 
mit  welchen  die  Zaunsiangrn  gebunden  werden,  darf  man  nicht  lang  her- 
vorstehend lassen,  der  Judas  geht  sonst  I  iruater.'und  der  Blitz  kann  ihn 
dann  nicht  treffen.  Teufel  kann  man,  wie  schon  von  anderen  Geistern  er- 
wähnt worden,  auch  mit  einer  silbernen  Kugel  erlegen.  Den  Hahnschrei 
mag  der  Teulel  auch  nicht,  und  er  wird  dadurch  verscheucht,- vor  dem 


—  441  — 

Hahnscbrei,  im  Anfang  der  tyacht,  aus  zu  geben  ist  daher  gefährlich.  Wenn 
der  Hahn  kräht,- so  soll  er  den  Bösen  selbst  sehen.  Wenn  Einem  ein  Ochs 
entgegen  kommt  und  brüllt,  so  ist  das  ein  Zeichen,  dass  der  Böse  in  der 
Nahe  ist  und  einen  Angriff  im  Sinne  hat;  man  muss  dann  drei  Mal  um  den 
Ochsen  herum  geben  nnd  drei  Mal  gegen  ihn  aus  spucken.  Der  Teufel 
vertauscht  gern  Kinder,  so  lange  sie  noch  nicht  getauft  sind  (vgl.  VIII) ; 
ist  ihm  das  gelungen ,  so  muss  man  den  Wechseibalg  (ikune  ja  pödeja) 
in  den  brennenden  Ofen  werfen ,  dann  bringt  er  das  rechte  Kind  turück ; 
oder  man  quästet  bei  drei  Neumonden  Donnerstags  den  Wechselbalg  in 
der  Badstube  bei  starker  Hitze,  dann  bringt  beim  dritten  Male  der  Teufel 
das  geraubte  Kind  zurqck;  oder  die  Mutter  bringt  es  an  drei  Donnerstag* 
abenden  auf  einen  Kreuzweg,  quästet  es  tüchtig  mit  einer  Ruthe  von  Eber- 
eschen und  spricht:  Judas,  sah  sincHats!  ma  södi  ted&  oma  maja 
maguzaga  ja  külä-naiste  körega;  kui  oles  olnu  oma  lats,  oles 
olnu  wao  laiu'  ja  ödagutse  warjo  piu\  Judas,  tö  mino  lats  ta- 
gazi!  (d)  (Judas,  da  hast  du  dein  Kind!  ich  habe  es  gespeist  mit  dem 
Süssen  des  Hauses,  mit  der  Sahne  der  Dorfsweiber;  wäre  es  mein  eige- 
nes Kind,  so  wäre  es  so  breit  wie  eine  Furche,  so  lang  wie  der  Abend- 
schatten. Judas,  bring  mein  Kind  zurück).  Am  Abend  des  vierten  Donners- 
tags bringt  dann  der  Teufel  das  rechte  Kind  und  nimmt  sein  Kind  wieder 
fort.  —  Wie  dem  Altvater  Tär  die  Eiche ,  so  ist  dem  Teufel  der  Seidel- 
bast  (Daphne  Mezereum  L.)  besonders  zuständig,  und  wer  diesen  Strauch 
verbrennt,  bringt  Unheil  über  sich  und  sein  Haus.  —  Schützen  wissen 
sich  bisweilen  mit  Hülfe  des  Teufels  Freikugeln  zu  verschaffen ,  mit  wel- 
chen sie  Alles  treffen,  wornach  sie  schiessen. 

Tofit  scheint,  wie  schon  bemerkt  wurde,  eine  allgemeine  Bezeich- 
nung für  böse  Geister  zu  sein ,  nicht  eine  besondere  Persönlichkeit  zu  be- 
deuten. Die  tondid  halten  sich  gern  in  allerlei  Thiergestalten  (als  Bocke, 
Hunde,  Katzen  u.  a.)  bei  unbewohnten  Gebäuden  auf,  namentlich  bei 
Dreschscheunen,  wo  sie  bisweilen  versucht  haben,  den  Aufseher  («Riegen- 
kerl»)  in  den  Ofen  zu  schleppen.  Wenn  Einem  ein  tont  erscheint,  muss 
man  ihm  den  entUössten  Hinteren  zeigen  und  zwischen  den  Beinen  hindurch 
ihm  zurufen  «zeige  deine  Stadt,  ich  zeige  meine  Stadt»,  und  Weiber  müs- 
sen die  Kleider  auf  beben  und  ihre  Scham  zeigen,  so  verschwindet  er 


—  442  — 

wieder.  Gegen  den  Schreck  vor  seinem  Anblick  muss  man  aus  einem 
verschlossenen  Gefäss  neun  oder  fünf  Körner  Leinsaat  in  einigen  Bissen 
Brot  zu  sich  nehmen.  Der  Wolf  verfolgt  die  bösen  Geister,  wo  es  daher 
keine  Wölfe  giebt,  da  sollen  toödid  sein.  Der  metsa-tont  (böser  Wald- 
geist), welcher  sich  bald  in  Menschen-,  bald  in  verschiedenen  Thiergestal- 
ten  zeigt,  mag  wohl  dasselbe  sein  wie  mets-haHijas  (vgl.  oben  haT- 

fijad). 

Toni  (s.  mana),  davon  tönela,  die  Unterwelt,  der  Aufenthaltsort 
der  Gestorbenen. 

Toll  oder  sflf  TöU  (der  grosse  T.);  ein  auf  dem  Festlande  nicht  be- 
kannter, vielleicht  von  den  Skandinaviern  entlehnter  mythischer  Volksheld 
ahnlich  dem  Kalewi-pQeg,  welcher  übrigens,  auf  den  Inseln  ebenfalls  be- 
kannt ist.  Er  hatte  seine  Wohnung  in  dem  jetzigen  Töllist  und  war  so 
stark,  dass  er  ein  Mal  mit  einem  Finger,  welchen  er  durch  das  Deichsel  - 
loch  steckte,  einen  Wagen  umher  wirbelte.  In  einem  Kampfe  richtete  er 
mit  einem  aus  einer  Scheune  gerissenen  Streckbalken  als  Waffe  ein  sol- 
ches Blutbad  unter  den  Feinden  an,  dass  ein  Füllen  in  der  Blutlache  er- 
trank. Als  ihm  endlich  der  Kopf  ab  gehauen  wurde,  schleuderte  er  den 
Balken  noch  gegen  die  Feinde ,  und  dieser  fuhr  weit  von  ihnen  weg  in 
einen  Sumpf,  wo  er  noch  aufrecht  stehn  soll.  TöU  selbst  zog,  den  Kopf 
auf  der  Degenspitze  haltend,  fort.  Als  er,  von  Blutverlust  geschwächt,  den 
Degen  nicht  mehr  aufrecht  halten  konnte ,  fiel  der  Kopf  nieder  und  nicht 
weit  davon  auch  der  Leib,  wo  man  noch  jetzt  sein  Grab  zeigt,  eine  Ver- 
tiefung etwa  zwei  Faden  lang-  und  einen  Faden  breit,  wo  man  beim  Nach- 
graben nur  einige  grosse  Knochen  gefunden  hat.  Die  Stelle  ist  in  einem 
zum  Gute  Garmel-Grossenhof  gehörigen  Bauerlandfr.  Nach  der  Sage  ver- 
sprach er  meinen  Landsleuten .,  wenn  sie  in  Kriegsnoth  waren,  zu  Hülfe  zu 
kommen,  man  sollte  nur  rufen:  TöU,  Toll!  UJpze  Öles  (T.,  T.l  steh 
auf).  Als  diess  ein  Mal  ein  Hirtenknabe  aus  Muthwillen  gethan  hatte,  er- 
hob sich  TöU  in  halber  Leibeshöhe  mit  blutrothen  Händen  aus  dem  Grabe 
und  fragte,  wo  der  Feind  sei.  Als  er  aber  sah,  dass  er  nur  geneckt  war, 
so  sprach  er  die  Verwünschung  aus,  dass  Taubheit,  Unzucht  und  Diebstahl 
bei  seinem  Volke  nie  auf  hören  sollten ,  und  verhiess  erst  dann  wieder  zu 
erscheinen,  wenn  der  Wacholder  nicht  mehr  Nadeln  sondern  Blitter  trüg». 


—  443  — 

—  Auch  Toll  hatte,  wie  Kalewi-p<$g,  zwei  Brüder,  von  welchen  einer 
auf  Dago  wohnte. 

Tonn,  auch  Töüis,  bei  den  westlichen  Ehsten  Name  einer  Gottheit 
oder  eines  Geistes,  welcher  als  Schirmer  des  Hauses  und  der  Haushaltung 
angesehen  wird.  Eine  aus  Reisern  und  Lumpen  gebildete  Figur,  welche 
ihn  vorstellen  soll,  ist  im  Hause  als  Lar  aufgestellt,  und  ihm  werden  als 
Opfer  dargebracht  Erstlinge  von  jeder  Frucht,  etwas  Bier  vom  neuen  Ge- 
hrito  und  Blut  von  geschlachteten  Thieren ,  kleine  Kupfermünzen  für  neu 
geborene  Thiere  und  etwas  Silbergeld  für  ein  neu  geborenes  Kind,  etwas 
von  der  ersten  Milch  einer  Kuh  nach  dem  Kalben  und  von  'der  Wolle  eines 
lum  ersten  Mal  geschorenen  Schafes.  Zur  Aufnahme  dient  der  «Tötöi 
wakk»,  ein  Korb  oder  Paudel,  welcher  zu  einer  bestimmten  Zeit  jedes 
Jahr  geleert  und  gereinigt  wird,  indem  der  Inhalt  sogleich  vergraben  wird 
um  Raum  für  die  Gaben  des  folgenden  Jahres  zu  schaffen.  Dieser  Tag  ist 
ein  grosses  Fest,  «Tönni  püha»,  an  welchem  man  Bier  braut  und  Thiere 
schlachtet.  Beschädigt  Jemand  den  Töntii  wakk  oder  entwendet  er  gar 
etwas  daraus,  so  verfallt  er  zur  Strafe  in  eine  schwere  Krankheit  und  wird 
nicht  eher  wieder  gesood,  als  wenn  er  unter  neun  Ameisenhaufen  Erde 
nimmt  und  sich  auf  dieser  in  der  Badstube  qoästet.  —  Tönise  ati  (Vater 
des  T.)  soll  der  Stammvater  der  Ehsten  sein. 

Tale-haga,  tule-hftnd,  tulik  s.  kraii. 

Turis,  der  Kriegsgott,  lebt  nur  noch  in  Liederfragmenten  (vgl.  Neus 
ebstn.  Volksl.  S.  62). 

Tüle-ema  od.  mara-memm  (Windmutter,  Sturmmutter),  tüle- 
jumal  (Windgottheit),  nach  Einigen  =  tülis-pask  (s.  d.  folg.),  herrscht 
über  die  Winde  nnd  bringt  auch  Kranken  Hülfe.  Bei  starkem  Winde  sagt 
man:  tüle-ema  nutab  (die  Windmutter  weint  od.  heult).  Um  elf  Uhr 
(nöre  lQjrna  ajal)  pflegt  sie  am  liebsten  einher  zu  gehen,  und  dreht  dann 
bisweilen  Halme  und  andere  leichte  Gegenstände  im  Kreise  umher  (Wir- 
belwind). 

Ttilis-p^,  tülis-pask,  tüle-wOd,  jänes,  der  Windwirbel, 
ein  toüt  (s.  d.),  oder  nach  Anderen  zwei  tonti,  Herren  zweier  Landseen, 
welche,  wenn  sie  zusammen  kommen,  sogleich  in  Streit  gerathen.  Es  ist 
die  Seele  eines  alten  Weibes,  welche  um  geht,  um  etwas  zu  erwerben 


—  444  — 

oder  um  einem  Anderen  zu  schaden ;  der  Körper  liegt  unterdessen  irgend 
wo  wie  todt,  wenn  man  ihn  umkehrt,  so  kann  die  zurückgekehrte  Seele 
nicht  wieder  hinein ,  und  man  hört  sie  winseln ,  bis  der  Körper  wieder  in 
die  frühere  Lage  gebracht  ist.  Der  tülis-pea  stiehlt  das  Gesäete  vom  Felde 
oder  entfuhrt  auch  wohl  Heu  von  der  Wiese»  Stucke  Leinewand  aus  dem 
Bleichgarten.  Wenn  man  ihn  sieht,  muss  man  ausspeien,  oder  man  sieht 
zwischen  den  Beinen  hindurch  und  wirft  ein  Messer  oder  sonst  ein  schar- 
fes Werkzeug  nach  ihm,  z.  B.  Sichel  oder  Sense,  wenn  er  gerade  dabei 
ist  ein  Feld  zu  bestehlen,  oder  man  ruft  ihm  zu:  tülis-pask,  tuha-kott! 
wöta  ni  palju,  kui  Jamal  annab,  sitta  suhu,  paska  parda  (T., 
Aschensack!  nimm  so  viel,  wie  Gott  giebt,  Dreck  in  den  Mund,  Koth  in 
den  Bart). —  Ein  Weib  ging  ein  Mal  in  den  Garten  Kohl  säen,  ein  anderes, 
das  als  talis-pask  um  ging,  riss  ihr  die  Saat  aus  den  Händen.  Das  erste 
ging  nach  Hause,  berieth  sich  mit  Anderen,  und  kam  dann  zurück,  worauf 
sich  dasselbe  wiederholte.  Aber  nun  hatte  sie  ein  gutes  Messer  mit,  fasste 
das  wie  einen  Dolch  (tagasi  kfttt)  und  §tach  damit  in  den  Wirbelwind 
hinein,  welcher  sich  darauf  verlor  von  dem  Saatbeete.  Darauffand  man 
das  schuldige  Weib  zu  Hause  im  Stall  bei  der  Ziege,  den  Kopf  voll  Wun- 
den, woran  es  auch  an  derselben  Stelle  starb.  Darauf  kam  sie  noch  als 
kodu-käija  (s.  oben)  und  verübte  allerlei  Schabernack,  leckte  den  Schwei- 
nen das  Futter  aus  dem  Trog,  bis  endlich  ein  alter  Mann  in  der  Nacht 
kam  und  den  Geist  bannte.  Ein  Bauer  fand  einst  einen  tülis-pask  auf 
einer  Anhöbe  schlafend  mit  einer  starken  Glatze  und  entblösstem  Hinteren, 
worüber  er  so  zu  lachen  an  fing,  dass  der  tülis-pask  erwachte  und  ihn 
aus  A erger  so  mit  gewirbeltem  Stroh  und  Heu  peitschte,  dass  er  die  Au- 
gen nicht  auf  machen  konnte. 

Ukko  wird,  wie  Turis,  nur  noch  in  Liederfragmenten  erwähnt  (vgl. 
Neus  a.  a.  0.  S.  63).  Itp  Alterthum  soll  das  Volk  im  Walde  grosse 
Bilder  von  ihm  gehabt  haben  (püzlik),  später  machten  sieb  die  Leute  klei- 
nere,  um  sie  besser  vor  den  Priestern  verbergen  zu  können  (pdzlikene); 
von  den  zum  Ghristenthum  Uebergegangenen  wurden  diese  «pfizlikezed» 
in  ainglikezed»  (Engelchen)  um  benannt.  Im  Gebiete  des  Gutes  Lina- 
mägi  im  sudlichen  Livland  zeigt  man  noch  einen  Ukkostein. 

Une-waim  (Schlafgeist),  une-kurat  (Schlafteufel)  schläfert  die 


—  445  — 

Leute  in  der  Kirche  und  die  Herrenhuter  in  ihren  Versammlungen  ein, 
damit  sie  nicht  Gottes  Wort  hören,  und  notirt  dann  die  Schläfer  aof  einer 
Ochsen-  oder  Pferdehaut  (vgl.  oben  päenaja). 

Ülal-käjjad  s.  mä-alused. 

Wana  att,  wana  iza  s.  TSr. 

Wana  must,  wana  pojö,  wana  purask,  wana  sarwik  s. 
Teufel. 

Wana  söke  (der  alte  Blinde)  oder  wana  tike  (der  alte  Boshafte), 
auch  =  äi,  ein  böser,  neckender  Waidgeist  bei  A«n  südlichen  Ehsten, 
welcher  die  im  Walde  Gehenden  irre  fuhrt,  (den  Beet  ^  Sammelnden  ihre 
Beeren  verstreut  u.  d.  gl.  Bei  Neuhausen  giebt  es  zwei  Wälder  tike- 
kond  und  Jüda-kond.  Wenn  der  tike  sich  nähert,  so  läuft  ihm  ein  Hase 
voraus.  Dann  hören  die  Hirten  einen  Ruf  im  Walde  «äio  karile  wasta» 
(Äio  der  Herde  entgegen) ,  und  ihre  Herde  wird  scheu  und  verläuft  und 
verirrt  sich.  Des  tike  Tochter  (wohl  =  äiätär)  kommt  auch  m  mensch- 
liche Wohnungen  um  dort  zu  schaden. 

Wana  tat  s.  Tär. 

Wana  tike  s.  wana  söke. 

Wana  tont,  wana  tühi  s.  Teufel. 

Wanemuine,  der  von  dem  Altvater,  Tär,  geschaffene  Gott  des  Ge- 
sanges. Von  der  Wirkung  seines  Gesanges  berichtet  die  Sage  Aehnliches 
wie  beim  Orpheus  (vgl.  «Verhandlungen»  der  gel.  ehstn.  Gesellscb.  in 
Dorpat  Bd.  I).  Seine  Tochter  ist  Jntta,  auch  Endla-pTga  (die  Jungfrau 
von  Endla)  genannt,  weil  sie  am  Endlasee  um  den  Geliebten  trauerte. 

Wär-jumal  (Abgott,  falscher  Gott),  kommt  in  den  Märchen  der 
pleskauschen  Ehsten  neben  dem  eigentlichen  «jumal»  vor.  Er  bat  aus 
Sand  die  Schlange  geschaffen  und  rettet  den  Tod  vom  Ertrinken  (s.  köl). 

Wedaja  s.  lendawa. 

Wee-ema  (die  Wassermutter)  bekommt  bei  Hochzeiten  Opfer; 
Braut  und  Bräutigam  werfen  ihr  Geld  in  den  Brunnen,  was  kaewu-anne 
(Brunneogabe)  genannt  wird.  —  Pabst  (Emma  rediviva,  Reval  1852) 
hat  nach  zu  weisen  gesucht,  dass  in  der  alten  heidnischen  Zeit  Erna  eine 
Göttin  der  Erde  war,  coordinirt  dem  Gott  des  Himmels  Ukko. 


—  446  — 

Wellamo  soll  nach  der  Volkssage  eine  Wassergottheit  gewesen 
sein,  nach  welcher  der  Wella-mägi  benannt  sei. 

Wettc-waim  s.  Teufel. 

Wilja-neitsid,  wohl  in  die  Klasse  der  Haffijad  gehörend,  sind 
weibliche  Wesen,  welche  zur  Erntezeit  das  Getreide  schädigen  sollen. 

Wirus-kundre  od.  w.-kundra,  bei  den  südlichen  Ehsten  ein 
Baasgeist  oder  Popanz,  der  seinen  Aufenthalt  oben  auf  dem  Ofen  bat,  wo- 
her der  Name.  Man  macht  Kindern  bange  mit  ihm,  und  wem  ein  schlech- 
ter  Zahn  aasfallt,  wirft  ihn  auf  den  Ofen,  damit  wirus-kundre  ihm  einen 
guten  an  die  Stelle  gebe. 

XVI.  Abergläubische  Vorstellungen  von  natür- 
lichen Wesen  und  Naturerscheinungen1). 

Früher  haben  nicht  allein  die  Thiere  gesprochen,  was  in  Volksliedern 
nicht  selten  vorkommt,  sondern  auch  die  Bäume. 

Gewisse  (neunerlei,  Tgl.  XI)  am  Johannisabend  gesammelte  Kräuter 
haben  besondere  Kraft,  theils  zum  Heilen  von  Krankheiten,  theils  böse 
Geister  ab  zu  halten. 

Der  Wacholder  ist  gut  gegen  neun  und  neunzig  Krankheiten.  Der 
Rauch  von  Wacholder  von  eines  dritten  Hefren  Gebiet  vertreibt  die  Rau- 
pen im  Kohlgarten. 

Der  Seidelbast  ist  des  Teufels  Strauch  und  darf  nicht  verbrannt 
werden,  sonst  fängt  der  Teufel  an  das  Haus  an  zu  zünden  und  ihm  Schaden 
zuzufügen.  Den  Pferden,  welche  ihre  Stricke  zerbeissen,  dreht  man  welche 
aus  dem  Bast  des  Seidelbastes. 

Wenn  ein  Feld  viel  Disteln  trägt,  so  vertilgt  man  sie  dadurch,  dass 
ein  Mann  nackt  drei  Furchen  mit  dem  Pfluge  darüber  zieht. 

Unter  dem  Farnkraut  verbirgt  sich  der  Judas  (Teufel),  wenn  er  in 


1)  Wegen  der  von  ihnen  entnommenen  Omina  vgl.  XVII.  Was  sich  an  die 
Behandlung  der  Hausthiere,  der  Feld-  und  Garteiifrüchte  knüpft,  ist  in  XVIII 
enthalten. 


—  447  — 

Noth  ist.  —  Der  Farn  treibt  um  Mitternacht,  wenn  man  auf  einen  Morast  geht 
so  weit,  dass  man  keinen  Hahnenruf  mehr  bort,  und  wenn  man  mit  einem 
Stabe  von  Vogelbeerholz  um  sich  und  den  Farnbusch ^  einen  Kreis  zieht, 
eine  gelbe  Blüthe.  Wenn  man  diese  ab  pflückt  und  zu  etwas  Heiligem 
legt  (in  die  Bibel  u.  d.  gl) ,  so  verleiht  sie  Glück  und  Stärke.  Unzählige 
böse  Geister  kommen  zwar  dazu,  um  sich  dieser  Blüthe  zu  bemächtigen, 
allein  man  braucht  sich  vor  ihnen  nicht  zu  fürchten  und  kann  ruhigen 
Schrittes  naoh  Hause  gehen. 

Der  Eberesche  (Sorbus  Aucuparia  L.)  werden  grosse  Kräfte  zuge- 
schrieben. Sie  sichert  gegen  Schlangenbiss  und  dient  vielfach  gegen  Ver- 
zauberung (vgl.  XIII). 

Das  Erlenholz  ist  gut  als  Änzöndungsbolz  (süde),  denn  es  brennt 
nicht  nur  selbst  leicht,  sondern  facht  auch  anderes  Holz  an. 

Die  Drachen  würz  (Calla  palustris  L.)  hatte  Gott  als  Surrogat  des 
Brotes  geschaffen  und  ein  Fauler  lebte  ein  Mal  davon  allein.  Da  kam  der 
Teufel  zu  ihm  und  sagte :  du  magst  nicht  arbeiten  und  gesellst  dich  auch 
nicht  zu  mir,  wovon  nährst  du  dich  denn?  Von  dem;  was  hier  ist,  war 
die  Antwort.  Da  setzte  sich  der  Teufel  auf  den  gesammelten  Vorrath ,  und 
seit  dem' ist  die  Wurzel  scharf  und  giftig  geworden.  Der  Mann  aber  ge- 
sellte sich  doch  nicht  zu  ihm,  sondern  fing  an  zu  arbeiten. 

Die  den  Kohl  Pflanzenden  müssen  weisse  Kleider  an  haben,  dann 
wird  der  Kohl  weiss,  er  darf  aber  nicht  am  Freitag  gepflanzt  werden, 
sonst  wird  er  bitter.  Die  während  des  Pflanzens  Vorübergehenden  wün- 
schen Glück:  süri  p(tid  ja  lakjo  lehti!  (grosse  Köpfe  und  breite  Blät- 
ter). Antwort:  waja  (nöthig).  Man  pflanzt  auch  •  Glückskohl»  für  ein- 
zelne Personen,  und  wenn  die  Pflanze  gut  wächst,  so  bedeutet  das  Glück 
für  dieses  Jahr. 

Manches  Holz  ist  gefährlich,  weil  es  Feuersbrunst  erregt,  und  es 
darf  daher  weder  als  Brennholz  noch  zum  Häuserbau  noch  zu  Zäunen  ge- 
braucht werden;  es  ist  daran  kenntlich,  dass  es  auf  der  horizontalen 
Durchschnittfläche  in  der  Mitte  bläulich  gefärbt  ist  und  schwärzliche  Adern 
zeigt. 


—  448  — 

Einige  essen  das  Blut  der  Thiere  nicht ,  weil  die  Seele  darin  enthal- 
ten sei. 

Ein  Ertrunkener  liegt  so  lange  auf  dem  Gesichtö  am  Boden ,  bis  die 
Gallenblase  geplatzt  ist,  dann  steigt  er  wieder  an  die  Oberfläche. 

Ein  Jüngstgeborener  ist  am  geschicktesten  dazu  ein  verrenktes  Glied 
wieder  einzurichten. 

Es  giebt  zwei  Kategorien  von  Menschen,  die  pferdeartigen  (hobase 
seftsi)  und  die  marienartigen  (Mäfja  seftsi);  die  Letzten  sind  schwäch- 
lich, die  Ersten  robust,  nichts  ficht  sie  ao.  Die  Weiber  dieser  Kategorie 
haben  etwas  Männliches,  sind  kraftigen  Geistes  und  gebären  sehr  leicht. 

Früher  sprachen  alle  Thiere,  so  lange  die  Steine  noch  weich  waren 
und  wuchsen. 

Die  Butte  wurde  stumm,  weil  sie  Jesus  nach  gespottet  hatte. 

Manche  Thiere  werden  als  Gesellschafter  des  Teufels  an  gesehen,  so 
das  Schwein,  der  Frosch,  die  Eidechse. 

Die  Meermenschen  sind  diejenigen,  welche  ertranken,  als  Pharao 
mit  seinem  Heere  im  rothen  Meere  um  kam. 

Ein  Hund,  welcher  im  Schlafe  die  Vorderbeine  kreuzweise  hält,  wird 
nicht  vom  Wolf  gefressen.  —  Wer  sich  einen  Hund  bringt,  muss  ihn  drei 
Mal  am  Schwanz  zwischen  Zaunstangen  hindurch  ziehen,  dann  wird  er 
nicht  bös.  —  Wer  sich  einen  jungen  Hund  von  anders  woher  zum  Vieh- 
hund auf  ziehen  will,  muss  ihn  in  einer  alten  Hose  auf  die  Handmühle 
legen,  drei  Mal  den  Stein  um  drehen  und  dabei  sprechen:  ma  jahwatan 
sind  kufjaks  (ich  mahle  dich  zu  einem  bösen).  Dann  nimmt  er  ihn  her- 
aus und  bringt  ihn  in  den  Viebstall,  und  er  wird  nun  das  Vieh  gut  be- 
wahren. 

Den  Seehund  mag  man  eben  so  wenig  bei  seinem  eigentlichen  Na- 
men  nennen  wie  den  Wolf  oder  den  Bären.  Beim  Fang  wird  die  grösste 
Heimlichkeit  beobachtet,  so  dass  auch  diejenigen,  welche  den  Fängern 
Proviant  bringen,  diesen  stillschweigend  durch  ein  Loch  in  die  Fischerhütte 
schieben.  Auch  muss  das  Herz  bei  dem  Fange  sein,  so  dass  man  z.  B. 
nichts  fängt,  wenn  man  vor  Kurzem  geheirathet  bat  und  beim  Fange  an 
die  Frau  denkt. 


—  449  — 

Den  Wolf  hat  Gott  nicht  geschaffen  das  Vieh  zu  schädigen»  sondern  die 
kfilm-kinnad  (s.  XV)  zu  vertilgen;  welche  er  denn  auch  eifrig  verfolgt. 
Wer  sieb  selbst  entleibt  hat,  kommt  nicht  eher  zur  Ruhe,  als  bis  er  doreb 
einen  Wolf  gegangen  ist.  —  Die  Wolfe  sind  die  Hunde  des  heiligen  Georg 
(pflha  Juri  kutsikad),  und  werden  durch  diesen  im  Winter  ein  Mal  mo- 
natlich vom  Himmel  herab  gespeist.  Sie  liegen  dann  auf  dem  Bauche«  er- 
heben ein  eigentümliches  Geheul  und  richten  den  Rachen  in  die  Höhe 
am  ihre  Speise  zu  empfangen.  Diese  ist  weiss,  wolkenartig,  zitternd  (Tre- 
mella  Nostoc?),  und  soll  nach  Zucker  schmecken.  Ein  Mädchen  wollte  sie 
dabei  belauschen,  wurde  jber  von  ihnen  bemerkt  und  zerrissen;  man  fand 
nachher  von  ihr  nur  die  grosse  Zehe  des  linken  Fusses.  —  Um  sich  stär- 
ker zu  machen,  sollen  die  Wolfe  blauen  Thon  fressen  aus  Bächen  und 
Lochern,  daher  der  Name  dafür  (hundi-sau).  —  Im  Frühling  heulen  die 
Wölfe ,  damit  man  das  Winseln  ihrer  von  Mucken  geplagten  Jungen  nicht 
höre.  Um  das  Nest  zu  finden,  steigt  man  Nachts- auf  das  Dach,  und  dann 
sieht  man  von  der  Stelle  im  Walde ,  wo  es  sich  befindet ,  Rauch  auf  stei- 
gen: —  Wenn  man  in  der  Nacht  Wolfskoth  findet,  so  bringt  man  ihn  nach 
Hause,  verbrennt  ihn,  räuchert  das  Vieh  damit,  und  glaubt,  dass  der  Wolf 
es  nun  den  Sommer  über  nicht  sehen  wird,  auch  wenn  er  mitten  durch 
dasselbe  bin  ginge.  —  Einen  Wolf  aus  einem  fremden  Kirchspiel  darf 
man  nicht  an  tasten  oder  an  schreien,  sonst  wird  man  ihn  nicht  mehr  los.—* 
Mit  einem  Stein  darf  man  nach  einem  Wolf  nicht  werfen,  sonst  wird  er 
noch  wutbender  und  gefährlicher,  denn  sein  Herz  soll  ein  Stein  sein.  Be- 
gegnet man  linem,  so  muss  man  sagen  «Küla-mes,  pol  töd  sulle,  tejne 
pol  mulle»  (Gevatter,  der  halbe  Weg  für  dich,  die  andere  Hälfte  für 
mich),  oder «käna  sa  oma  töd,  mina  laben  oma  töd»  (wende  du  dich 
auf  deinen  Weg,  ich  gehe  meinen  Weg),  dann  geht  er  zur  Seite.  —  Wenn 
der  Wolf  durch  das  Vieh  hindurch  geht  ohne  es  zu  beschädigen,  so  sagt 
man,  er  trerde  geritten.  —  Ein  zwischen  den  Stangen  befindliches  Pferd 
oder  einen  Ochsen  an  der  Deichsel  darf  der  Wolf  nicht  zerreissen.  Als 
einer  es  doch  gethan  hatte,  musste  er  dessen  Stelle  vor  dem  Wagen  ein- 
nehmen, und  der  Wagen  wurde  so  zur  Warnung  an  den  Himmel  gesetzt 
(im  Gestirn  des  grossen  Bären).  —  Hat  ein  Wolf  ein  Thier  zerrissen,  so 
msss  er  sich  sorgfältig  vom  Blute  rein  scheuern;  ist  diess  zu  riechen, 

29 


450 


wenn  er  unter  andere  Wolfe  gebt,  so  wird  er  von  ihnen  zerrissen.  —  Be- 
kommt ein  Wolf  im  Winter  kein  Hundefieisch  zu  essen,  so  bat  er  im  Som- 
mer keine  Jongen.  —  Wirft  man  dem  Wolf  ein  wollenes  Kleidungsstück 
nach,  so  lisst  er  das  ergriffene  Schaf  fallen;  droht  man  ihm  aber  mit  einem 
eisernen  Werkzeug,  so  wird  er  nar  desto  erbitterter.  —  Ein  Thier,  wel- 
ches sich  verlaufen  hat,  zerreisst  der  Wolf  nicht,  and  ein  Thier,  welches 
drei  Mal  von  ihm  ist  an  gebissen  worden  ohne  getodtet  zu  werden ,  greift 
er  auch  nicht  mehr  an.  — -  Der  Wolf  hat  keine  Höhlung  im  Kopfe.  — 
Wenn  er  vor  Sonnenaufgang  den  Rachen  nicht  öffnet,  so  muss  er  ihn  den 
ganzen  Tag  lang  geschlossen  halten.  —  Wenn  der  Wolf  kommt,  so  ist  er 
klein,  bringt  Schlaf,  raubt  die  Stimme,  wenn  er  fort  geht,  ist  er  gross  wie 
ein  Füllen.  —  Ausser  den  naturlichen  Wolfen  giebt  es  auch  unnatürliche. 
Einige  sind  durch  den  Zauber  böser  Menschen  in  Wolfe  verwandelte  Men- 
schen. Solche  Wolfe  haben  vor  dem  Menschen  keine  Scheu,  laufen  ddn 
Fahrenden  nach,  kommen  so  gar  in  die  Hofe,  und  wenn  sie  dort  einen 
Menschen  treffen,  so  beschnuppern  sie  ihn  nur,  freundlich  mit  dem  Schwänze 
wedelnd,  ohne  ihm  Uebles  zu  thun.  Dagegen  aber  schadet  es  ihnen  auch 
nicht,  wenn  man  auf  sie  schiesst.  —  Von  den  aus  blauem  Lehm  entstan« 
denen  Wolfen  s.  XV  unter  kodu-käjjad,  von  dem  Wärwolf  unter  soend. 

Das  Wiesel  oder  den  Marder  (lahits,  nifk)  darf  man  in  einem 
Hause  mit  einer  Feuerstelle  nicht  nennen.  Wo  sie  sich  finden,  da  muss 
man  Hausthiere  von  ihrer  Farbe  halten,  welche  dann  gedeihen. 

Wer  eine  Katze  tödtet,  dem  zittern  die  Hände.  Wenn  ein  Kutscher 
es  thut,  so  gedeihen  die  Pferde  nicht.  —  Wenn  man  eine  Katze  auf  den 
Wagen  nimmt,  so  ermüden  die  Pferde  bald.  —  Wenn  ein  Mädchen  ge- 
gen eine  Katze  unfreundlich  ist,  so.  wird  es  an  seinem  Hochzeitstage 
schlechtes  Wetter  haben. 

Die  Ziege  ist  des  Teufels  eigenstes  Thier,  daher  furchtet  sie  sich 
auch  mehr  als  andere  Thiere  beim  Gewitter,  durch  welches  der  Teufel 
verfolgt  wird  (s.  XV). 

Die  Mäuse  vermeidet  man  zu  nennen,  damit  sie  nicht  schaden;  man 
bezeichnet  sie  euphemistisch  mit  dem  Namen  jöksjad  (Läufer). 

Die  Kuh  hat  ursprünglich  Zitzen  am  ganzen  Bauche  gehabt,  die  Katze 
aber  hat  sie  ab  gefressen  bis  auf  die  vier,  welche  der  Hund  mit  seinen 


—  451  — 

Pfoten  bedeckte;  darum  giebt  man  auch  die  erste  Milch  von  einer  frisch 
milchenden  Kuh  einem  Hunde. 

Von  dem  Pferde  verlangte  einst  der  Herr,  da  er  noch  auf  der  Erde 
wandelte ,  es  sollte  ihn  aber  einen  Fluss  tragen,  aber  es  erwiederte:  ich 
habe  nicht  Zeit,  ich  muss  fressen.  Eben  so  weigerte  sich  auch  das  Schaf, 
ab$r  der  geduldige  Ochs  trug  ihn  hinüber.  Dafür  kann  nun  der  Ochs  im- 
mer während  der  Zeit  des  Ruhens  von  der  Arbeit  sich  satt  essen,  Pferd 
und  Schaf  aber  müssen  immer  grasen,  ohne  sich  sättigen  zu  können. 

Als  der  Hase  einmal  fluchtete,  erschreckte  er  durch  seine  Hast  eine 
Herde  Schafe  so,  dass  sie  aus  einander  stob.  Diese  Furcht  vor  einem  Ha- 
sen kam  dem  Hasen  selBst  so  komisch  vor,  dass  er  in  ein  unmässiges  Ge- 
lächter ausbrach,  wovon  ihm  die  Oberlippe  platzte. 

Wenn  man  einen  Bären  in  einen  Stall  fuhrt,  so  gedeihen  die  Thiere 
gut,  und  das  böse  Auge  kann  ihnen  nicht  schaden.  Man  nimmt  daher 
einen  Bärenführer  mit  seinem  Thiere  sehr  gern  auf.  Will  der  Bär  nicht 
in  den  Viehstall  gehen,  so  ist  dieser  verhext,  mistet  er  aber  darin,  so  ist 
Alles  in  gutem  Zustande.  Auch  einem  jungen  Ehepaar  bringt  es  Glück, 
wenn  in  dessen  Ehebette  ein  Bär  geschlafen  hat.  —  Ein  junges  Mädchen 
spottete  einst  über  das  minder  hübsche  Aussehen  einer  Gottheit  und  wurde 
dafür  in  einen  Bären  verwandelt.  Ein  abgehäuteter  Bär  hat  darum  grosse 
Aehnlichkeit  mit  einem  Mädchen,  besonders  an  Brust,  Hüften  und  Beinen. 

Eine  Fledermaus  bringt  Unglück  oder  Zwietracht  in  das  Haus,  wo 
sie  nistet.  —  Wenn  man  mit  ihrem  Blute  den  Pflug  bestreicht,  so  wächst 
das  Getreide  nicht.  Sie  gilt  überhaupt  für  ein  Unglückslhier,  und  man 
bittet  Gott,  Einen  davor  zu  behüten,  dass  man  sie  sehe. 

Wenn  man  den  Eiern  oder  Jungen  eines  Vogels  im  Nest  die  Zähne 
zeigt,  so  verlässt  sie  die  Mutter. 

An  ein  todtes  Thier  machen  sich  Vogel  nicht  eher,  als  bis  eines  Men- 
schen Auge  darüber  gegangen  ist.-  * 

Einige  Vögel  —  Kuckuck,  Pfau,  Schwalbe,  nach  Einigen  auch  die 
Taube  —  sind  aus  Menschen  entstanden. 

Im  Frühjahr  darf  man  nicht  ans  dem  Hause  gehen  ohne  etwas  geges- 
sen oder  getrunken  zu  haben,  denn  wenn  man  nüchtern  etwas  hört,  «was 
im  Winter  nicht  zu  hören  gewesen  ist»,  wie  die  Stimme  eines  Vogels, 

29* 


—  452  — 

so  ist  das  schädlich.  Man  nennt  das  «linnu  petet  söma»  (etwas  als  Vo- 
gelbetrag essen),  das  heisst  damit  den  Vogel  betrügen,  ihm  zuvor  kommen, 
und  lind  petab  (der  Vogel  betrugt) ;  eben  so  heisst  es  auch  z.  B.  safw 
petab  (das  Hörn  betragt),  wenn  man  vor  St.  Georg  nüchtern  das  Kuhhorn 
des  Hirten  hört.  Wer  sich  von  einem  Vogel  so  hat  betrugen  oder  über- 
tölpeln lassen,  der  muss  während  des  Jahres  auf  allerlei  Missgeschick  ge- 
fasst  sein  (vgl.  unten),  war  es  namentlich  ein  Kackuck,  so  darf  er  kein 
Thier  futtern  oder  im  Herbst  zuerst  an  binden,  sonst  gedeiht  es  nicht,  son- 
dern magert  ab  u.  d.  gl. ,  oder  er  wird  selbst  kränklich  und  stirbt  aueh 
wohl  vor  dem  nächsten  Frühjahr.  Man  schützt  sich  dagegen  dadurch,  dass 
man  einen  Baum  umfasst  oder  drei  Mal  um  denselben  geht  und  jedes  Mal 
in  die  Rinde  beisst  oder  mit  den  Zähnen  etwas  davon  ab  reisst;  dann  geht 
das  Unglück  auf  den  Baum  über,  und  er  verdorrt.  —  Mancher  nimmt, 
um  nicht  überrascht  zu  werden ,  schon  Abends  ein  Stück  Brot  in's  Bett, 
damit  er  schon  vor  dem  Aufstehen  etwas  zu  gemessen  bat. 

Auch  umgekehrt  wird  der  Vogel  selbst  betrogen  und  zwar  von  der 
Sonne,  wenn  er  den  Sonnenaufgang  verschlafen  hat;  er  soll  dann  an  die- 
sem Tage  nicht  fliegen  können. 

Mythische  Vögel  sind  sini-slbu-tsirk  (d)  (Vogel  mit  blauen  Flügeln), 
mit  gelben  Füssen,  welcher  als  Botschafter  aus  tönela  (s.  XV,  tönii  To- 
desnachrichten bringt,  und  hüpre  (d)  im  Flusse  Wo  oder  Wöhand ,  wel- 
cher schlechte  Zeiten,  besonders  Hungersnoth  verkündigt,  wenn  er  den 
Schnabel  heraus  streckt  und  neun  Mal  «hfip»  ruft  (ist  wohl  die  Rohrdom- 
mel, hfip  oder  Tiüpel). 

Der  Baum,  auf  welchem  ein  Adler  nistet,  wird  zum  Schiflskiel  ge- 
nommen. 

Wenn  man  die  Beccasine  nüchtern  im  Frühjahr  zuerst  hinter  sich 
wiehern  (hirnuma)  hört,  so  wird  man  im  Sommer  seine  Pferde  nicht 
finden  können,  wenn  vor  sich,  so  wird  man  einen  lustigen  Sommer  haben 
und  viel  lachen;  hört  man  sie  meckern  (tikutama),  so  wird  man  seine 
Zehen  gegen  einen  Stein  stossen.  Andere  sagen:  wenn  sie  wiehert,  so 
wird  man  viele  Hölzer  an  der  Pflugschar" verderben,  wenn  sie  meckert, 
so  wird  es  ein  froher  Sommer  werden.  Noch  Andere  (im  Süden)  distin- 
guiren  noch  genauer  und  sagen:  hört  man  im  Frühjahr  die  Beccasine  zu- 


—  453  — 

erst  «wettelago,  wettelago»  singen,  so  hat  man  im  Sommer  Glück  bei 
jeder  Arbeit;  ist  es  «wetterpifö,  wetterpilTi»,  so  wird  es  Hochzeit  ge- 
ben; ist  es  «rikut,  rikut»,  so  wird  man  bei  jeder  Sache  Unglück  haben. 

Wenn  Gänse  (auch  Schwäne  oder  Kraniche)  beim  Ziehen  unordent- 
lich fliegen,  und  man  ihnen  zuruft  «handa,  handa,  handa»  (in  die 
Reihe),  oder  «hanikeze'  handa,  em&  ezä  ette  ja  latse'  poja'  perrä» 
(d)  (Gänschen  in  Reihe,  Mutter  und  Vater  voran»  Kinder  und  Junge  hinter 
drein),  so  ordnen  sie  sich  so  gleich. 

#  Wenn  ein  Fink  einem  Thier  unter  dem  Bauche  hindurch  fliegt»  so 
wird  es  Blut  harnen;  dasselbe  geschieht,  wenn  man  ein  Finkennest  zer- 
stört. 

«Betrugt»  der  Kuckuck,  so  tritt  namentlich  das  oben  Angegebene 
ein.  Er  lässt  seinen  Ruf  hören  so  lange,  bis  die  Gerste  Fructil  bildet; 
dann  fahrt  ihm  eine  Gerstengranne  in  den  Hals,  ujid  er  wird  zum  Ha- 
bicht. —  Wenn  der  vom  Kuckuck  «Betrogene»  im  Allgemeinen  mit  sei- 
nem Vieh  kein  Gluck  hat,  so  soll  diess  sonderbarer  Weise  bei  den  Schweine- 
züchtern gerade  umgekehrt  sein.  —  Der  Kuckuck  ist  aus  dem  Herzen 
eines  Waisenkindes  entstanden  (vgl.  VI). 

Wen  die  Nachtigall  «beträgt»,  der  wird  im  Sommer  oft  seine  Klei- 
der an  brennen. 

Der  Pirol  allein  wollte  nicht,  wie  die  anderen  Thiere  thaten,  bei  dem 
Graben  des  Embachflusses  mit  helfen,  dafür  darf  er  nun  nicht  von  der  Erde 
oder  aus  dem  Bache  trinken,  sondern  nur  mühsam  von  den  Blättern.  Wer 
ihn  im  Frühjahr  zuerst  noch  nüchtern  hört,  4er  wird  mancherlei  Verlust 
in  diesem  Jahre  haben,  namentlich  bei  der  Flachsernte. 

Der  Rabe,  auch  walge  lind  (weisser  Vogel)  genannt,  war  wirklich 
weiss  geschaffen ,  und  erst  später,  nachdem  er  Aas  gefressen ,  oder  nach 
Anderen  weil  er,  um  sich  nicht  zu  beschmutzen,  nicht  mit  helfen  wollte, 
als  Gott  die  Flusse  ausgrub,  bekam  er  zur  Strafe  ein  schwarzes  Kleid, 
indem  er  von  dem  Altvater  in  eine  Theertonne  gesteckt  wurde ,  während 
die  Elster  nur  einige  Schläge  mit  der  eisernen  Ruthe  erhielt.  Er  hat  nur 
noch  eine  einzige  weisse  Feder  im  Flügel ,  die  er  aber  sorgfaltig  verbirgt 
und,  wenn  er  geschossen  wird,  weg  wirft  oder  abnagt.  Wer  sie  bekom- 
men kann,  erlangt  damit  «köjk  mä  ilma  tarkus»  (aller  Welt  Weisheit), 


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und  was  er  damit  schreibt,  hat  die  Kraft  Alle  zu  überzeugen.  — >  Wer 
Am  werden  will,  muss  am  Gründonnerstag  Morgens  die  Eier  aus  dem 
Nest  eines  Raben  nehmen,  sie  kochen  und  wieder  hinein  legen.  Wenn 
der  Rabe  zurück  kommt  und  die  Eier  gekocht  findet,  so  fliegt  er  wieder 
fort  und  bringt  einen  Stein ,  welcher  die  Kraft  hat  'die  Eier  wieder  roh  zu 
machen.  Dann  geht  man  Nachmittags  wieder  hin  und  nimmt  den  Stein, 
wit  welchem  man  Kranke  gesund  und  sogar  Gestorbene  lebend  machen 
kann.  —  Fliegt  ein  Rabe  über  den  Weg,  so  muss  man  die  Pferde  oder 
sich  selbst  drei  Mal  um  drehen  und  aus  speien,  dann  erst  darf  man  die 
Reise  fort  setzen. 

Störche  bedeuten  Unglück.  Wo  einer  in  der  Nähe  nistet,  da  kommt 

Viehsterben,  oder  es  stirbt  ein  Mensch.    Man  sucht  sie  daher  zu  verjagen, 

* 

wenn  sie  sich  zeigen. 

Die  Taube  ist  früher  ein  frommes  Mädchen  gewesen,  welches  sich 
im  Walde  verirrt  hatte;  ein  Engel  gab  ihm  ein  Federkleid,  däss  es  empor 
fliegen  und  so  sich  hinaus  finden  konnte. 

Mit  dem  Höcker  des  Frosches  hat  es  folgende  Bewandtniss.  Er  ver- 
klagte einmal  bei  dem  Altvater  Kinder,  welche  im  Walde  gegessen  und 
dabei  Brosamen  auf  die  Erde  gestreut  hatten,  die  Spinne  aber  rechtfertigte 
die  Kinder  damit,  dass  sie  ja  dort  keinen  Tisch  gehabt  hätten.  Da  warf 
voll  Aerger  der  Altvater  den  boshaften  Ankläger  auf  die  Erde,  der  dabei 
auf  einen  Stein  fiel  und  das  Genick  brach,  die  mitleidige  Spinne  aber  Hess 
er  sanft  an  einem  Faden  hinab ;  darum  soll  man  noch  jetzt  der  Spinne 
kein  Leid  thun,  einen  Frosfch  aber  anbedenklich  überall  erschlagen  dürfen. 

Die  Kröte  ist  eine  Tochter  des  Judas  (s.  XV),  und  man  kann  sie 
nur  tödten  durch  Spiessen  auf  eine  Stange.  —  Sie  hefcst  pada-konn 
(Kesselfrosch),  weil  sie  in  die  Erde  vergrabene  Schätze  (ehstn.  raha-pada) 
anzeigt  aus  Dankbarkeit  für  empfangene  Woblthaten. — Sie  lebt  im  Schmutz, 
weil  sie,  als  ein  Nagel  von  dem  Kreuze  des  Erlösers  herab  fiel,  aus  rief: 
der  Nagel  ist  in  den  Koth  gefallen.  —  Die  Kröten  "bringen  Kühen  Glück, 
wo  sie  im  Stalle  sind,  da  geben  die  .Kühe  viel  Milch ,  und  die  Hausfrauen 
bringen  daher  welche  hinein ;  anders  wo  sagt  man  ihnen  nach ,  dass  sie 
gerade  den  Kühen  die  Milch  aus  saugen  (vgl.  XV,  pük). 

Schlangen  hielt  man  früher  in  den  Häusern  als  Glück  bringend 


—  455  — 

(vgl.  XV,  krait) ;  auch  in  neuester  Zeit  noch  haben  Seefahrer  sie  mit  sich 
geführt  als  Schutz  gegen  Unfälle  and  um  günstigen  Wind  zu  haben.  Nach 
Adam  von  Bremen  sollen  im  Alterthum  die  Ebsten  bei  der  Schlangen- 
Verehrung  sogar  Menschenopfer  begangen  haben«  —  Unschädlich  kann 
man  die  Schlangen  dadurch  machen ,  dass  man  ihnen  Tabaksol  in's  Maul 
schmiert.  —  Eine  Schlange  wollte  eine  Viehhüterin,  welche  mit.  Nähen  be- 
schäftigt war,  beissen;  diese  stiess,  als  einzige  Waffe»  ihre  Nadel  in  die 
Schlange  und  entfloh.  Als  sie  am  folgenden  Morgen  wieder  dahin  kam, 
fand  sie,  dass  die  Schlange  sich  in  eine  goldene  verwandelt  hatte,  und 
wurde  sehr  reich.  —  Wer  eine  gewisse  Schlange,  wenn  sie  aus  der  Erde 
kriecht,  fangt',  in  einem  verschlossenen  Kessel  kocht  und  von  ihr  isst,  der 
versteht  die  Sprache  der  Thiere.  —  Die  Blindschleiche l)  hatte  sich  ver- 
messen in  einer  Nacht  die  Augen  von  neun  Menschen  zu  zu  machen  (d.h. 
sie  zu  tödten),  dafür. wurde  sie  blind;  sie  wird  aber  wieder  sehend,  wenn 
es  ihr  gelingt  in  die  Nabe  eines  zerbrochenen  Rades  zu  kriechen,  was  man 
daher  zu  verbäten  bestrebt  ist.  Ist  sie  durch  einen  Schlag  in  Stucke  ge- 
sprungen, so  trägt  die  Eidechse  diese  wieder  zusammen,  und  sie  fliessen 
dann  Begleich  wieder  zusammen ;  daher  muss  man  immer  wenigstens  ein 
Stuck  vernichten  oder  entfernen.  —  Die  Schlangen  haben  einen  König 
mit  einem  Kamm  auf  dem  Kopfe;  wer  einen  solchen  Kamm  isst,  der  ver- 
steht alle  Vogelsprachen ,  der  Kamm  muss  aber  verdeckt  gekocht  werden, 
dass  der  Dampf  nicht  entweicht.  Nach  Anderen  hat  der  Schlangenkönig 
zwei  Köpfe.  Wenn  man  diese  vor  St.  Gäorg  ab  haut  und  bei  sich  tragt, 
so  bringen  sie  Gluck»  behüten  vor  Krankheit,  machen  gesund  etc.,  wer 
aber  die  Schlange  selbst  in's  Haus  bringt,  hat  Unglück  davon.  Nach  noch 
anderen  Angaben  hat  der  Schlangenkönig  einen  goldenen  Ring  um  den 
Hals«  Wirft  man  ein  wollenes  Kleidungsstück,  darauf,  so  füllt  er  ab ,  und 
giebt  dem,  welcher  ihn  bekommt  «aller  Welt  Weisheit».  Man  kann  den 
Ring  auch  bekommen,  wenn  man  den  Schlangenkönig  mit  einem  Schlage 
tödtet,  so  dass  er  den  Ring  nicht  verschlucken  kann.  Es  ist  aber  sehr  ge- 
fahrlich, denn  wenn  er  nur  einen  Laut  von  sich  geben  kann,  so  eilen  so- 


ll Diese  gilt  unter  dem  Namen  wa£k-U&,  waSklik  (Kupferschlange)  ganz 
unschuldiger  Weise  für  die  allergef&krHchste  Schlange. 


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—  457  — 

Der  Haar  wurm  soll  da,  wo  Pferde  geschwemmt  werden,  aus  ihren 
Haaren  entstehen.     ,  « 

Die  Steine  sind  ans  den  zerbrochenen  Gesetztafeln  Mosis  entstanden. 
-Der  Wind  verwehte  den  Staub,  als  sie  zermalmt  wurden,  über  die  Erde, 
und  aus  jedem  Staubkorneben  erwuchs  ein  Stein.  Die  t  Weisen  •  wissen 
aus  der  ebenfalls  auf  ihnen  zerstreuten  Schrift  noch  allerlei  heraus  zu 
lesen,  namentlich  das  Schicksal  der  Menschen.  "Besonders  reich  an  Schrift 
sind  oft  Kalksteine,  in  diesem  Falle  Märja-kiwid  (Mariensteine)  genannt. 

Beim  Gewitter  fahrt  der  Prophet  Elias  im  Himmel  mit  einem  eher- 
nen Wagen ,  Andere  erklären  das  Geräusch  dadurch ,  dass  der  Donner  mit 
gläsernen  oder  steinernen  Kugeln  rasselt;  sie  sollen  wie  ein  grosser  Garn- 
knäuel an  der  Erde  bin  rollen,  und  man  hat  versucht  mit  einer  Sense  hinein 
zu  schlagen.  Beim  ersten  Gewitter  im  Jahr  ruft  man  «kus  kiwi,  kos  kiwi» 
(wo  ist  ein  Stein)  und  klopft  mit  einem  Stein  oder  sonst  etwas  Hartem 
drei  Mal  gegen  die  Stirn,  dann  ist  man  sicher,  in  diesem  Jahre  nicht  vom 
Blit zugetroffen  zu  werden.  Während  des  Gewitters*  darf  man  sich  nicht 
unter  einen  Baum  begeben,  keine  leere  Tasche  haben,  nicht  Schürze  oder 
Rock  auf  heben,  keinen  leeren  Lägel  ohne  Stöpsel  und  keine  leere  Messer- 
scheide (worin  die  Insulaner  immer  ein  Messer  zu  tragen  pflegen)  bei  sich 
fuhren  etc.,  damit  nicht  der  im  Gewitter  von  Gott  verfolgte  külm-kirig  oder 
Teufel  (vgl.  XV)  eine  Stelle  finde,  wohin  er  sich  fluchten  und  eventuell  den 
Blitz  nach  sich  ziehen  konnte.  Der  Blitz  ist  des  Donners  Vorläufer,  und  mit 
ihm  wirft  das  Gewitter  eine  Kugel  oder  einen  Keil,  pitkse  nöT  (Pfeil  des 
Donnerers) ,  welche  Alles  zerschmettern ;  sie  fahren  da ,  wo  der  BKtz  ein- 
schlägt, sieben  (nach  Anderen  neun)  Faden  tief  in  die  Erde  hinein,  und 
steigen  dann  jährlich  um  einen  Faden  wieder  herauf.  Man  findet  sie  dann, 
wenn  sie  auf  die  Oberfläche  oder  nahe  an  die  Oberfläche  gekommen  sind, 
bisweilen  und  wendet  sie  bei  Zauberei  oder  als  Medicin  an  gegen  «ra- 
bandos»  (s.  XII),  Wo  ein  Blitz  gezündet  hat,  da  kann  man  nichts  heraus 
tragen  und  den  Brand  nur  mit  süsser  Milch  löschen;  Einige  meinen,  man 
dürfe  gar  nicht  versuchen  zu  loschen,  weil  Gott  selbst  das  Feuer  ange- 
zündet habe.  Wenn  Rauch  in  der  Stube  ist ,  so  schlägt  der  Blitz'  nicht 
hinein.  —  Wenn  es  gewittert,  so  furchten  sich  besonders  die  Ziegen  aus 
Sympathie  Für  den  Teufel,  dessen  besonders  eigene  Thiere  sie  sind. 


—  458  — 

Die  Flecken  im  Monde  werden  verschieden  erklärt.  Sie  stellen  Kain 
un*  Abel  vor,  der  Erste  hat  eine  Keule  in  der  Hand,  der  Andere  liegt  auf 
dem  Rücken  vor  ihm;  oder  zwei  Diebe  wollten  den  Mond  beste  Wen,  stie- 
gen mit  einer  Leiter  hinauf,  durften  aber  nicht  mehr  zurück  kehren  and 
sind  jetzt  noch  dort  zu  sehen ;  oder  ein  Holzdieb  nahm,  um  nicht  bei  dem 
bellen  Mondschein  bemerkt  zu  werden,  einen  Eimer  voll  Theer  and  stieg 
zum  Monde  hinauf  um  ihft  mit  Theer  zu  überschmieren,  wurde  aber  auch 
sammt  seinem  Geräth  dort  zurück  bebalten.  —  Im  Mondschein  darf  man 
nicht  schlafen,  sonst  wird  man  mondsüchtig,  «kü  wafjab  ära».  Schwäch- 
liche Kinder  werden  im  Mondschein  gewogen ,  dann  sollen .  sie  besser  ge- 
deihen. —  Den  Neumond  begrusst  man  mit  den  Worten:  sina  wanaks, 
mina  nöreks  (du  mögest  alt  werden,  ich  jung).  —  Auf  den  Mond  (oder 
auf  einen  Stern)  darf  man  nicht  mit  dem  Finger  zeigen ,  sonst  fault  der 
Pinger  ab,  oder  (nach  Anderen)  sonst  wird  man  zu  ihm  hinauf  gezogen. 

Mond  und  Sonne  sind  persönliche  Wesen,  und  päewa-wari  (Sonnen- 
schein) und  kfi-wari  (Mondschein)  ihnen  untergeordnete.  Sie  haben  biswei- 
len mit  Ungeheuern  zu  kämpfen,  von  welchen  sie  ganz  oder  zum  Theil  ver- 
zehrt werden,  worauf  sie  dann  sogleich  wieder  von  neuem  geschaffen  wer- 
den; wenn  man  es  sehen  will,  so  braucht  man  nur  einen  Eimer  voll  Wasser 
hinaus  zu  bringen,  in  welches  sich  der  Mond  oder  die  Sonne  ab  spiegeln, 
dann  kann  man  sehen,  wie  sie  von  grossen  Schlangen  gefressen  werden. 
Wenn  eine  Mondfinsterniss  eintritt,  so  soll  das  für  Schützen  und  Fischer 
eine  sehr  gunstige  Zeit  sein  an  ihr  Geschäft  zu  geben.  —  Einige  meinen, 
wenn  die  Sonne  unter  gehe,  so  verfaule  sie,  und  am  anderen  Morgen  er- 
scheine dann  wieder  eine  andere. 

An  der  Deichsel  des  Wagens  im  grossen  Bären  ist  ein  kleiner  Stern 
(Reiterlein)  dicht  bei  einem  grösseren;  diess  ist  ein  Wolf,  welcher  den 
einen  von  zwei  Stieren  an  der  Deichsel  zerriss,  und  nun  selbst  an  dessen 
Stelle  neben  dem  anderen  ziehen  muss. 

Gometen  bedeuten  Unglück. 

Wenn  eine  Sternschnuppe  fallt,  so  stirbt  zugleich  irgend  wo  ein 
Mensch. 

Das  Nordlicht  bilden  Kämpfer  der  Oberwelt  mit  feurigen  Schwer- 
tern aus  welchen,  wenn  sie  an  einander  geschlagen  werden,  Funken  sprü- 


—  459  — 

hon,  and  Manche  wollen  auch  das  Geklirr  gehört  haben.  Sein  Erscheinen 
verkündigt  Unheil;  Einige  meinen  auch,  das  dorthin wärts,  wo  es  sichtbar 
ist,  Kampf  und  Krieg  ist. 

Das  Irrlicht  ist  ein  «raha-tuli»  (Geldfeuer),  der  Schein  von  einem 
in  der  Erde  verborgenen  Schatz.  Bei  vergrabenem  Golde  ist  der  Schein 
gelb,  bei  Silber  weiss  oder  grünlich,  und  er  zeigt  sich  in  der  Weihnächte-, 
Neujahrs-  und  Epiphaniasnacht.  Gelingt  es  Einem,  etwas  Silbernes  oder 
Kupfernes  in  diess  Feuer  zu  werfen,  so  bekommt  er  den  Schatz.  Das  Geld- 
feuer brennt  erst,  wenn  die  Abendröthe  erloschen  ist. 

* 

Die  Landseen  wandern  zuweilen  hoch  in  der  Luft  von  einem  Ort  zum 
anderen,  wobei  auch  Fische  auf  die  Erde  herab  fallen.  Die  Seen  erscheinen 
dann  als  eine  grosse,  schwarze  Wolke,  voran  schreitet  ein  schwarzer  Stier, 
welcher  mit  seinen  goldenen  Hörnern  das  neue  Bett  gräbt.  Im  sudlichen 
Livland  ist  ein  kiriku-mäe  järw  (Kirchbergsee),  welcher  auf  solche 
Weise  sich  da  nieder  Hess,  wo  eine  Kirche  stand,  deren  Glocke  noch  jetzt 
sich  hören  lässt,  wenn  ein  Unwetter  eintreten  wird. 

Wenn  der  Wind  beult,  so  sagt  man,  dass  die  Kinder  des  Windes 

•  •       * 

weinen,  oder  dass  auf  dem  Meere  ein  grosses  Schilf  untergehe. 

Das  Schäumen  des  Bieres  beim  Gären  kommt  daher,  weil  Noah  mit 
dem  Schaum  eines  Ebers  zuerst  das  Bier  zum  Schäumen  gebracht  hat. 

XVII.  Abergläubische  Vorstellungen  von  Andeu- 
tungen dessen,  was  geschieht  oder  geschehen 

wird  (Omina,  Orakel)1). 

Gutes  geträumt  bedeutet  im  Allgemeinen  Schlimmes  und  eben  so  um- 
gekehrt.  Wer  im  Traum  gelacht  bat,  wird  weinen.  —  Wenn  man  träumt, 
dass  Bienen  um  das  Haus  fliegen,  so  wird  Feuer  ausbrechen  oder  Schnee 
fallen.  —  Träumt  man  von  Mäusen,  so  werden  bald  Diebe  kommen.  — 


1)  Manches  der  Art  findet  sich  auch  noch  in  anderen  Abschnitten ,  wo  von 
dem  Gegenstande  auf  welchen  sich  das  Omen  bezieht,  oder  dem  es  entnommen 
ist,  insbesondere  gehandelt  wird  (vgl.  VIII,  IX,  X,  XI,  auch  XVI). 


—  460  — 

Vom  Wolf  träumen  bedeutet  mit  Deutschen  zu  tbun  haben ;  im  Traum  mit 
Verstorbenen  zusammen  sein  oder  von  ihnen  hören  bedeutet  Veränderung 
des  Wetters;  im  Traume  donnern  hören  bedeutet  einen  kaiserlichen  Be- 
fehl ;  im  Wasser  sein  oder  damit  zu  thun  haben  droht  Krankheit  dem  Träu- 
menden selbst  oder  einem  Anderen ,  von  dem  er  dabei  zugleich  geträumt 
hat.  —  Vogeleier  im  Traum  gesehen  bedeuten  öffentlichen  Streit,  Tumult ; 
Sturm,  Regen,  Schneegestöber  bedeuten  lügenhaftes  Gerede  oder  grund- 
lose Aufregung.  —  Wilde  Thiere  (Hasen,  Eichhörnchen,  Fuchse)  im 
Traume  jagen  oder  fangen  verspricht  das  Herauskommen  eines  Diebstahls. 
—  Wer  einen  Soldaten  gesehen  hat,  wird  im  Jahre  auf  Wölfe  stossen, 
wer  einen  Wolf,  der  wird  viel  Getreidp  haben.  —  Wenn  ein  Mädchen 
einen  Wolf  ein  Schaf  weg  bringen  sieht,  so  wird  es  beirathen.  —  Geld 
•  empfangen  bedeutet  Husten,  lange  Reisen  bedeuten  Krankheit.  —  Der 
Bau  eines  neuen  Hauses,  Wegräumen  von  Hausgeräthe,  Fegen  der  Stube, 
Einsturz  von  Häusern,  das  Fallen  von  Gegenständen  deutet  Sterben  an  in 
dem  Hause,  von  welchem  man  geträumt  hat ;  im  Winter  kündigt  das  Bauen 
ein  Nachlassen  der  Kälte  und  baldiges  Eintreten  von  Thau  weiter  an.  —  Wer 
im  Traum  Handschuhe  findet,  dem  werden  Lämmer  geboren  werden,  wer 
Handschuhe  verliert,  dem  werden  Schafe  um  kommen.  —  In  die  Badstube 
gehen  bedeutet  krank  werden,  viele  Fische  fangen  kaltes  Wetter,  ein  ro- 
tbes  Pferd  sehen  eine  Feuersbrunst.  —  Wer  träumt,  dass  er  im  Walde 
oder  auf  der  Wiese  ist,  wird  mit  vielen  Menschen  zusammen  kommen.  — 
Wer  im  Traume  auf  einem  schwarzen  Pferde  geritten  hat,  wird  viel  Sor- 
gen haben,  «ben  so  wer  zerrissene  Stiefel  an  gehabt  hat,  wer  aber  neue 
Stiefel  bekommen  hat,  dem  wird  allerlei  Neues  zu  fallen.  —  Hat  man  im 
Traum  ein  Feuer  aus  gelöscht,  so  kommt  Thauwetter.  —  Hat  man  ge- 
träumt, dass  Holz  gehauen  wurde,  so  wird  Jemand  sterben,  und  zwar  eine 
Mannsperson,  wenn  es  Tannenholz,  ein  Frauenzimmer,  wenn  es  Birken- 
holz war.  Eben  so  bedeutet  es  einen  Todesfall ,  wenn  man  von  Pflügen 
oder  Dängerfuhren  geträumt  hat.  —  Wer  von  Blut  geträumt  hat,  wird  mit 
Verwandten  zusammen  kommen.  —  Wer  im  Traum  eine  Schlange  ge- 
sehen hat,  dem  werden  Thiere  geboren  werden,  wer  eine  Schlange  er- 
schlagen hat,  dem  werden  Thiere  sterben.  Wer  von  einer  zischenden 
Schlange  träumt ,  bat  sich  vor  hinterlistigen  Angriffen  zu  hüten.  —  Ster- 


—  461  — 

* 

ben  wird,  wer  im  Traum  einen  verstorbenen  Freund  oder  Verwandten, 
oder  den  ein  Anderer  in  weissen  Kleidern  gesehen  hat,  oder  wer  dem 
Heiligenbilde  Lichte  angesteckt  hat. 

'  Von  dem  Tode  giebt  es  noch  sonst  eine  Menge  Andeutungen.    Dahin 
gebort  das  Picken  der  Todtenuhr,  —  wenn  ein  Kranker  bald  nach  dem 
für  ihn  gehaltenen  Kirchengebet  sich  besser  fühlt  oder  während  des  Gebe- 
tes sehr  ruhig  liegt,  —  wenn,  während  der  Pastor  dem  Kranken  das 
Abendmahl  giebt,  sein  Pferd  draussen  den  Kopf  hängen  lässt,  oder  wenn 
dem  Pastor  bei  seinem  Fortgehen  die  Lichtflamme  sich  zuneigt,  —  wenn 
Nachts  in  der  Nähe  des  Hauses  eine  Eule  schreit  (nach  Anderen  kommt 
dann  ein  Kind  in's  Haus),  —  wenn  Einen  der  Kuckuck  «betrügt»  (s.  XVI) 
oder  wenn  er  nahe  bei  dem  Hause  singt,  —   wenn  das  Brot  im  Ofen 
platzt,  —  wenn  die  Nasenspitze  juckt,  —  wenn  noch  nach  Sonnenunter- 
gang ein  Huhn  umher  läuft  und  kakelt,  —  wenn  ein  Hund  heult  und  da- 
bei den  Kopf  neigt  oder  nach  dem  Gottesacker  wendet,  —  wenn  man  in 
der  Nacht,  besonders  in  der  Neujahrsnacht  Geräusch  von  Brettern  hört.— 
.Wenn  ein  Hahn  einen  Strohhalm  oder  Hobelspan  nach  sich  schleppt,  so 
wird  man  von  dem  Tode  eines  Mannes,  wenn  eine  Henne,  von  dem  eines 
Weibes  hören.  —  Wenn  man  in  der  Nähe  eines  Baches  oder  Sees  Wei- 
nen zu  hören  glaubt,  so  wird  dort  bald  Jemand  ertrinken.  —  Wenn  die 
innere  Handfläche  rothe  (flechtenartige)  Flecke  bekommt  (15b  röste),  so 
ist  das  eine  Andeutung  von  dem  Tode  naher  Angehörigen.  —  Wer  sich 
beim  Einmachen  des  Kohls  verwundet,  wird  sterben ,  ehe  er  davon  geges- 
sen. —  Von  welcher  Seite  man  während  des  Glückgiessens  am  Sylvester- 
abend (vgl.  XI)  Geräusch  hört,  von  der  wird  man  im  Laufe  des  Jahres 
eine  Todesnachricht  empfangen.  —  Wenn  des  Verstorbenen  Wangen  lange 
weich  bleibbn,  so  wird  bald  ein  Verwandter  von  ihm  sterben.  —  Wenn 
die  Dohlen  aufs  Land  kommen,  so  bringen  sieSterbeir.  —  Hört  man  in  der 
Nacht  vor  Weihnacht  oder  Neujahr  ein  Krachen,  so  «gräbt  der  Tod  Grä- 
ber», hört  man  Beilhiebe,  so  «bebaut  er  Sargbretter».  —  Löscht  ein  Licht 
plötzlich  aus,  so  wird  derjenige  sterben,  welcher  in  der  Nähe  ist,  eben 
so,  wenn  anter  dem  Löffel  ein  Salzkorn  geschmolzen  ist.  —  -Sieht  man 
auf  der  Ascbe  Menschenspuren,  so  wird  Jemand  im  Hause  sterben.  — 
Sieht  Jemand  in  der  Nacht  vor  Weihnacht  durchs  Fenster  in  eine  Stube, 


—  462  — 

so  erblickt  er  denjenigen  ohne  Kopf,  welcher  im  bevorstehenden  Jahre 
sterben  wird.  —  Am  Hochzeittage  zündet  man  für  Braut  und  Bräutigam 
zwei  Lichte  an;  wessen  Licht  zuerst  aus  brennt,  der  wird  zuerst  sterben» 
Wer  von  dem  jungen  Paare  am  ersten  Abend  zuerst  ein  schläft,  wird  vor 
dem  Anderen  sterben  (vgl.  VIII).  —  Wenn  einem  Bräutigam  anf  dem 
Wege  zur  Trauung  am  Geschirr  etwas  zerreisst  oder  zerbricht,  so  wird 
die  Braut  bald  sterben ;  wenn  der  Braut  etwas  Besonderes  begegnet,  der 
Trauring  zu  Boden  fällt  u.  d.  gl.,  so  wird  sie  bald  WiHwe  werden.  — 
Wenn  beim  Einschieben  des  Brotes  in  den  Ofen  ein  Pinger  in's  Brot  fahrt, 
so  wird  in  dem  Hause  Jemand  sterben,  ehe  das  Gebäck  verbraucht  ist.— 
«Sumu-  od.  surma-kindad»  (Leichen-  od.  Todeshandschuh*)  oder  «kai- 
mu-kindad»  (Grabeshandschuhe),  d.  h.  wenn  von  langer  Geburtsarbeit 
ein  neugeborenes  Kind  bleiche,  blutlose  Hinde  (oder  Füsse)  hat,  sind  ein 
Vorzeichen  seines  baldigen  Todes,  und  zwar  wird  es  um  so  eher  sterben, 
je  kurzer  die  Weisse  ist.  —  Wenn  ein  Kuckuck  auf  einem  Baum  im  Hofe 
oder  gar  auf  dem  Dache  singt  und  nach  der  Kirche  zu  fliegt,  so  wird  ein 
Mensch  im  Hause  sterben,  wenn  nach  dem  Walde,  so  wird  dem  Vieh  dort 
ein  Schade  geschehen.  —  Wenn  der  Ofen  pfeift/  so  werden  irgend  wo 
Vater  und  Mutter  sterben  und  Waisen  hinterlassen»  —  Wenn  das  Kinn 
juckt,  so  wird  ein  bärtiger  Mann  sterben.  —  Wenn  beim  Nahen  des  Hem- 
des für  einen  Todten  der  Faden  sich  verknotet,  so  wird  es  bald  wieder 
eine  Leiche  geben.  —  Wenn  man  einen  zu  Bett  liegenden  Kranken  be- 
sucht, und  er  auf  der  rechten  Seite  zuerst  Hand  oder  Fuss  bewegt,  so 
wird  er  leben  bleiben,  wenn  auf  der  linken,  so  wird  er  von  dieser  Krank- 
heit nicht  mehr  auf  kommen.  —  Von  dem  Geschlecht  der  Person,  welche 
zuerst  dem  vom  Gottesacker  rückkehrenden  Leichengefolge  begegnet,  wird 
die  nächst  folgende  Leiche  sein.  ' 

Manche  andere  Omina  drohen,  wenn  auch  nicht  gerade  oder' nicht 
immer  den  Tod,  so  doch  Unheil.  Einige  Tage  sind  vorzugsweise  Unglücks- 
tage.  An  diesen  geborene  Kinder  werden  unglücklich  oder  leben  nicht 
lange,  Mädchen,  welche  sich  verloben  oder  beirathen,  haben  eine  unglück- 
liche Ehe,  leben  in  Uneinigkeit  mit  ihren  Männern  und  haben  keinen  Se- 
gen im  Hause ;  an  diesen  Tagen  Erkrankte  kommen  schwerlich  auf,  Alles, 
was  man  an  ihnen  unternimmt,  misslingt,  man  darf  nicht  in  eine  neue 


—  463  — 

Wohnung  ziehen,  keine  Reise  unternehmen  u.  d.  gl.  Diese  45  Unglücks- 
tage  in  jedem  Jahre  sind  der  1.,  2.,  6.,  11.,  14.,  18.  Januar,  8.,  16., 

17.  Februar,  1.,  3.,  12.,  16.  Märt,  1.,  3.,  12.,  16.,  18.  April,  8., 
40.,  17.,  30.  Mai,  1.,  7.,  12.,  13.  Juni,  1.,  5.,  16.  Juli,  1.,  3.,  17., 

18.  August,  12.,  IS.,  18.,  30.  September,.  12.,  IS.,  17,  Oclober, 
11.,  17.  November,  1.,  17.,  18.  December.  Unter  diesen  sind  drei,  der 
1 .  April  (wo  Judas  den  Heiland  verkaufte),  der  1 .  August  (wo  der  Teufel 
ms  dem  Himmel  geworfen  wurde)  und  der  1 .  December  (wo  Sodom  und 
Gomorrha  unter  gingen),  in  besonderer  Weise  unglücklich,  da  verliert  man 
vor  Gericht  jede  Sache,  Gewachse,  welche  man  pflanzt,  geben  aus,  die 
dann  geborenen  Kinder  sterben  eines  schweren  Todes.  —  Wenn  es  am 
Laurentiustage  (10.  Aug.)  trockenes  Wetter  ist,  nach  Anderen  wenn  es 
regnet,  so  werden  viele  Feuersbrünste  sein.  —  Wenn  Schafe  schwarze 
Lämmer  gebären ,  so  bedeutet  es  Sorgen.  —  Sind  Ameisen  in  ein  Haus 
gedrungen,  so  bringen  sie  Unglück,  besonders  Tod.  — Wenn  der  Neun- 
tödter  lange  nach  einer  Gegend,  einem  Hause  bin  siebt  oder  schreit,  so 
bedeutet  es  ein  wichtiges,  meist  trauriges  Ereigniss,  wie  Tod;  eben  so, 
wenn  man  den  Wiedehopf  hört,  so  kommen  schlechte  Zeiten,  oder  Tod.  — 
Wenn  im  Frühjahr  die  Rohrdommel  neun  Mal  ihren  Ruf  hören  lässt,  so 
verkündet  sie  ein  Hungerjahr.  —  Wenn  ein  Eichhörnchen  zu  einer  Woh- 
nung kommt,  so  droht  es  eine  Feuersbrunst.  —  Wenn  ein  Hase  oder 
Eichhörnchen  über  den  Weg  läuft,  oder  ein  (altes)  Weib  Einem  begegnet, 
so  bedeutet  es  Unglück,  ist  aber  der  erste  Begegnende  ein  Mann,  beson- 
ders ein  Militair,  so  ist  es  ein  gutes  Omen  für  eine  Reise.  —  Wenn'  in 
einem  Hause  ejn  Pferd  mit  der  Todtengrube  crepirt,  so  werden  ihm  noch 
zwölf  folgen.  —  Wenn  von  dem  Wagulasee  bei  Werro  starke  Winde,  we- 
hen, so  werden  in  dem  Jahre  viel  tolle  Hunde  sein.  —  Wenn  Raben  oder 
Krähen  über  einen  Hof  fliegen  und  sich  streiten,  so  bedeutet  das  Zank 
unter  den  Eheleuten.  —  Wenn  ein  Rabe  von  Norden  nach  Süden  fliegend 
kommt  und  traurige,  glucksende  Töne  (lonk,  lohk)  boren  lässt;  so  bringt 
er  traurige  Botschaft.  —  Fliegt  ein  Rabe  über  den  Hof,  so  bedeutet  es 
Unheil ,  begegnet  ein  krächzender  einem  Reisenden ,  so  muss  dieser  so- 
gleich das  Pferd  um  kehren  uqd  drei  Mal  aus  spucken,  dann  kann  er  ohne 
Furcht  vor  dem  sonst  drohenden  Schaden  seine  Fahrt  fortsetzen.  —  Wenn 


—  464  — 

eine  Elster  schreiend  aber  eine  Herde  fliegt,  so  ist  der  Wolf  nicht  weit, 
schreit  sie  Vor  der  Thür,  so  kommt  der  Frohnvogt,  am  zur  Arbeit  zu  trei- 
ben. —  Wenn  ein  Storch  aber  den  Hof  fliegt,  so  kommt  Viehsterben.  — 
Wenn  ein  Hund  in  der  Weihnachtsnacht  heult,  so  wird  er  im  nächsten 
Jahre  toll  werden.  —  Wer  im  Versehen  den  Rock  verkehrt  anzieht,  wird 
Prügel  bekommen,  und  wer  am  Montag  Prägel  bekommen  hat,  bekommt 
die  ganze  Woche  welche.  —  Wenn  beim  Nähen  eines  Kleides  Zwirn 
übrig  bleibt,  so  wird  der  Eigentümer  es  nicht  tragen,  sei  es  nun  dass  er 
selbst  stirbt  oder  das  Kleid  gestohlen  wird  oder  verbrennt. 

Wenn  hei  der  Abfahrt  ein  Pferd  nickt,  so  ist  es  ein  gutes  Zeichen, 
wenn  es  mistet,  ein  schlechtes.  —  Wenn  eine  Leiche  fort  gebracht  wird, 
und  der  Wind  nach  derselben  Richtung  weht,  so  geht  das  Gluck  aus  dem 
Hause,  ist  er  entgegen,  so  bleibt  es  (Andere  meinen  auoh*  umgekehrt). — 
Wenn  das  linke  Auge  juckt,  so  wird  man  an  dem  Tage  weinen,  wenn 
das  rechte,  lachen;  Andere  meinen,  dass  das  Jucken  der  Augen  überhaupt 
Weinen  bedeute.  —  Wenn  ein  Kind  bei  der  Taufe  weint,  so  wird  es  ein 
böser  Mensch,  wenn  es  still  ist,  ein  guter.  —  Das  so  genannte  Blähen 
der  Nagel  bedeutet  Reichthum,  Neidnägel  Armuth.  —  Sieht  man  im  Früh- 
jahr einen  Mistkäfer  zuerst  briechend  oder  liegend,  so  wird  man  kränklich 
oder  ganz  krank  sein,  sieht  man  ihn  zuerst  fliegend,  so  wird  man  den 
ganzen  Sommer  hindurch  frisch  und  gesund  sein.  —  Wenn  Einem  auf  der 
Reise  ein  Rabe  von  links  nach  rechts  über  den  Weg  fliegt,  so  bedeutet  es 
Glück,  wenn  in  umgekehrter  Richtung,  Unglück.  —  Wenn  einem  Aus- 
gehenden zuerst  eine  Mannsperson  begegnet,  so  wird  ihm  das  Beabsich- 
tigte gelingen,  wenn  aber  ein  Frauenzimmer,  dann  nicht.  —  Wenn  die 
Masern  in  einem  Hause  zuerst  einen  Knaben  befallen,  so  werden  sie  gut- 
artig sein ,  wenn  ein  Mädchen ,  bösartig.  —  Wem  auf  einem  -Gange  ein 
Schwein  begegnet,  der  wird  Glück  haben,  wem  ein  Weib  oder  gar  eine 
alte  Jungfer,  Unglück,  ausser  wenn  sie  etwas  unter  dem  Arme  trägt.  — 
Wenn  an  einem  ersten  Feiertage  zuerst  ein  Mann  herein  tritt,  so  bedeutet 
es  Glück,  wenn  ein  Weib,  Unglück.  —  Wenn  nach  dem  Einlegen  der 
Hefe  in  die  Maische  starke  Gährung  eintritt,  so  bedeutet  es  Glück,  wenn 
schwache,  Unglück.  —  Wenn  Einer  zum  Fischfang  oder  zu  einer  Arbeit 
geht  und  mit  dem  linken  Fuss  anstosst,  so  wird  er  kein  Gluck  haben. 


—  465  — 

Wenn  während  des  Wegföhrens  der  Leiche  das  Wetter  sich  auf  heitert, 
so  wird  der  Verstorbene  selig.  —  Wenn  man  am  Morgen  das  Hemd  eines 
kranken  Kindes  über  dem  Feuer  schüttelt,  und  es  raschelt,  so  wird  es 
gesund.  —  Wenn  auf  einer  Besuchfahrt  die  Pferde  unter  Weges  prusten, 
so  wird  man  willkommen  sein.  —  Wenn  eine  Katze  einen  Strömling  am 
Kopfe  zu  fressen  anfangt,  so  wird  man  viel  Fische  fangen. 

Wenn  beim  Tuchwalken  in  das  Tuch  ein  Knoten  kommt,  so  werden 
die  walkenden  Mädchen  verheirathet  werden.  —  Welches  Mädchen  bei 
der  Heuarbeit  seinen  Schwaden  zuerst  an  den  Schoberboden  (kuhja  lawa, 
k.  peza)  treibt  (kuhja  lawa  lahti  nldab  od.  ajab),  wird  in  diesem 
Jahre  zuerst  verheirathet.  —  Wenn  die  Eberesche  (Sorbus  Aucuparia  L.) 

* 

stark  blüht,  so  wird  es  im  Herbst  viel  Freier  geben.  —  Wenn  beim  Korn- 
schneiden die  letzte  Garbe  von  einem  Mädchen  gebunden  wird ,  so  wird 
dieses  heirathen.  —  Wenn  die  Lippe  juckt,  so  wird  man  von  Freien  hören. 
—  Wenn  im  Herbst  die  hohen  Birken  früher  ihre  Blätter  verlieren  als 
die  Sumpfbirken,  so  werden  im  Winter  darauf  mehr  Wirthstöchter  als 
Mägde  verheirathet  werden  und  umgekehrt.  —  Wenn  die  Lämmer,  welche 
geboren  werden,  bunt  sind,  so  wird  es  viel  Bräute  geben.  —  Wenn  in 
der  Nähe  des  Hauses  der  Uhu  schreit  oder  eine  Eule  an's  Fenster  fliegt, 
so  ist  eine  Hochzeit  zu  erwarten  oder  die  Geburt  eines  Kindes. 

Wer  einen  Adler  schreien  hört,  dessen  Tochter  wird  ein  Kind  ge- 
bären. 

Wenn  die  Kniescheibe  (nach  Anderen  die  Nase)  juckt,  so  wird  man 
von  Kindbetterinnen  boren. 

Wenn  die  rechte  Handfläche  juckt,  so  wird  man  Geld  bekommen, 
wenn  die  linke,  so  wird  man  Geld  aus  geben  (nach  Anderen  Schelte  be- 
kommen). 

Wenn  das  Kreuz  juckt  (nach  Anderen  die  Nase  in  der  Querrichtung), 
so  wird  es  Kindtaufe  geben. 

Wenn  der  Mund  prickelt,  oder  die  Oberlippe  juckt,  so  wird  man  Brot 
geschenkt  bekommen. 

Wenn  am'  brennenden  Lieht  Fettspäne  stehen  bleiben,  so  wird  der, 

nach  dessen  Seite  hin  sie  stehen,  einen  Brief  bekommen. 

Wenn  ein  Hund  sich  streckt  in  der  Richtung  nach  einem  Alten  hin, 

so 


—  466  — 

so  wird  dieser  Branntwein  bekommen ,  wenn  nach  einem  Kinde  hin ,  so 
wird  es  die  Ruthe  bekommen.  —  Wenn  ein  Viehhund  sich  wälzt,  so  wird 
der  Wolf  die  Herde  an  fallen ,  wenn  man  nicht  einen  Stein  auf  die  Stelle 
legt.  —  Wenn  an  einem  nebeligen  Morgen  der  Hüter  schläfrig  wird,  so 
bedeutet  diess,  dass  ein  Wolf  in  der  Nähe  ist. 

Ist  eines  Mannes  erstes  Taufkind  ein  Mädchen,  so  wird  er  ein  glück- 
licher Bräutigam  sein ,  ist  es  aber  ein  Knabe ,  so  kann  er  ein  alter  Jung- 
gesell bleiben;  eben  so  analog  bei  einem  Mädchen. 

Wenn  ein  Mädchen  bei  der  Wäsche  sich -vorn  sehr  nass  gemacht  bat, 
so  wird  es  einen  Trinker  zum  Manne  bekommen. 

Wenn  beim  Zwirnen  beide  Garnknäule  ungleich  zu  Ende  gehen,  und 
der  Zwirn  doch  zu  dem  Zwecke  ausreicht ,  ab  wird  die  Zwirnende  in  die- 
sem Jahre  das  Haus  verlassen,  sei  es  durch  Verheirathung  oder  durch  Tod. 

Ist  der  erste  Schmetterling,  den  man  im  Frühling  siebt,  weiss,  so 
werden  den  Sommer  über  die  Augen  gesund  sein,  oder  die  Kühe  werden 
reichlich  Milch  geben,  oder  man  wird  ein  ruhiges  Leben  haben;  ist  er 
bunt,  so  bedeutet  das  kranke  Augen  oder  ein  buntes  Leben;  ist  er  gelb, 

« 

so  wird  die  Butter  schön  gelb  sein. 

Wenn  ein  Ochs,  mit  welchem  die  Saat  ein  geeggt  ist,  beim  Ausspan- 
nen den  Fuss  oberhalb  des  Knies  leckt,  so  wird  das  Getreide  hoch  wer- 
den, wenn  unterhalb,  niedrig. 

Wenn  sich  die  Katze  wäscht,  so  werden  Gäste  kommen.  Will  man 
wissen,  ob  männliche  oder  weibliche,  so  nimmt  man  die  Katze  und  schlägt 
sie  drei  Mal  gegen  die  Thürsch welle ;  läuft  sie  nach  dem  Löslassen  in  die 
Kammer,  so  kommt  weiblicher  Besuch,  in  die  Stube,  männlicher. 

Wenn  sich  in  einem  Hause  die  Mäuse  sehr  vermehren,  so  wird  dort 
eine  Veränderung  geschehen  durch  Ausziehen,  Sterben  etc. 

Wer  im  Frühjahr  den  Hänfling  zuerst  fliegend  oder  an  einer  hoben 
Stelle  erblickt,  dessen  Flachs  wird  lang  wachsen,  sieht  man  ihn  zuerst 
auf  der  Erde  sitzen,  so  wird  der  Flachs  kurz  sein,  sieht  man  ihn  auf  einem 
Steine,  so  werden  viel  Schaben  im  Flachse  sein,  und  siebt  man  ihn  auf 
einem  Strohdache,  so  wird  der  Flachs  fleckig. 

Es  giebt  Omina  nicht  bloss  für  das  Zukünftige ,  sondern  auch  für  das 
Gegenwärtige.  Wem  beim  Durchgehen  durch  eine  Thür  ein  Fuss  hängen 


—  467  — 

bleibt,  von  dem  wird  dort  im  Hause  viel  Uebles  geredet.  —  Wenn  der 
Wind  heult,  so  geht  eben  ein  grosses  Schiff  unter.  —  Das  Schlucken  be- 
deutet, dass  man  irgend  wo  erwartet  wird.  —  Wenn  einem  Weibe  der 
Gurt  auf  geht,  so  besucht  der  Mann  ein  anderes  Weib.  —  Wenn  das 
Strumpfband  auf  gebt  (nach  Anderen  wenn  der  Puss  ein  knickt) ,  so  wird 
Einem  Uebles  npch  geredet,  oder  der  Mann  liebt  ein  anderes  Weib.  — 
Wer  mit  der  Handwage  («Besmer»)  wägt,  ohne  dass  diese  zur  Ruhe  kom- 
men will,  der  ist  ein  grosser  Lugner.  —  Wenn  man  ohne  Veranlassung 
niest,  so  wird  eben  von  Einem  gesprochen;  niest  Einer  in  einem  fremden 
Hause,  so  wird  er  zu  Hause  erwartet ;  wenn  man  etwas  spricht  oder  denkt 
und  niest  darnach,  so  ist  es  wahr.  — -  Wenn  die  Kohle  an  dem  brennen- 
den Kienspan  sich  spaltet  und  seitwärts  auf  rollt,  so  bat  Einer  der  Anwe- 
senden Sodbrennen.  —  Wenn  bei  einer  Feuersbrunst  der  Himmel  Hut- 
roth  ist,  so  ist  es  ein  Zeichen,  dass  Thiere  darin  um  gekommen  sind; 
zeigt  sich  ein  rothes  Kreuz  (nach  Anderen  eine  Säole),  so  ist  ein  Mensch 
verbrannt.  —  Wenn  Jemand  etwas  lobt,  das  einem  Anderen  gehört,  so 
ist  es  ein  Zeichen,  dass  er  neidisch  ist,  und  gerade  das  Gegentheil  wünscht. 
—  Wenn  der  Bauch  juckt,  so  sind  eben  alte  Weiber  in  der  Badstube. 

Omina  entnimmt  man  auch  nicht  bloss  von  Ereignissen,  sondern  auch 
von  Beschaffenheiten.  Ein  neugeborenes  Kind  mit  verwickelter  Nabelschnur 
wird  gedeihen,  eins  mit  glatter  nicht;  einem  Knaben  ist  es  nicht  gut,  wenn 
die  Nabelschnur  um  den  Hals  liegt,  er  wird  dann  Soldat  werden  oder  deli- 
riren,  einem  Mädchen  aber  wohl»,  denn  es  wird  reich  werden  und  silbernen 
Halsschmuck  tragen.  —  Will  man  wissen,  ob  eine  Schwangere  einen 
Knaben  oder  ein  Mädchen  gebären  wird,  so  lässt  man  durch  ein  altes  Weib 
Milch  aus  ihrer  Brust  satigen;  ist  diese  Milch  Mass  und  wässerig,  so  ist 
es  ein  Knabe,  ist  sie  dick,  ein  Mädchen.  Oder  bei  der  Schwangerschaft 
mit  einem  Knaben  ist  der  Hof  um  die  Brustwarze  dunkelblau ,  mit  einem 
Mädchen  roth.  —  Eine  Tochter,  welche  dem  Vater,  und  ein  Sohn ,  wel- 
cher der  Mutter  gleicht,  werden  Glück  haben.  —  Gewisse  Linien  in  der 
Hand  lassen  erkennen,  dass  Jemand  verbrennen  wird  oder  vom  Blitz  er- 
schlagen werden.  —  Thiere  haben  bei  der  Geburt  Zeichen  an  sich,  woran 
sich  erkennen  lässt ,  ob  sie  sich  zum  Aufziehen  eignen ,  oder  ob  der  Wolf 
sie.  rauben  'wird ;  um  das,  was  kräftig  wächst,  und  um  ein  Fällen,  das 

30* 


—  468  — 

nach  Sonnenuntergang  noch  am  seine  Matter  springt,  hat  man  Ursache  be- 
sorgt zu  sein.  —  Ein  Balken,  welcher  beim  Fallen  oder  Behauen  Fanken 
giebt  oder  fiel  knackt,  eignet  sich  nicht  zum  Haasbau,  er  «zieht  das  Feuer 
an». —  Wer  haarige  Arme  und  Schienbeine  hat,  ist  ein  glücklicher  Mann. 

—  Wer  als  Kind  viel  Läuse  hat,  wird  ein  reicher  Mann.  —  Wer  eine 
grosse  Gallenblase  hat  (Mensch  od.  Thier),  ist  zornig.  —  Wer  viel  Schleim 
in  der  Nase  hat,  ist  klug.  —  Wer  undichte  ZShne  hat,  ist  freundlich  (nach 
Anderen  ein  tüchtiger  Leser).  —  Wer  grosse  Ohren  hat,  ist  freundlich 
(oder  klug).  —  Wer  einen  grossen  Kopf  und  kleine  Ffisse  hat,  wird  reich. 

—  Wer  Suturen  an  der  Hirnschale  hat,  ist  geschickt  beim  Lesen.  —  Wer 
zwei  Wirbel  auf  dem  Kopf  hat,  ist  geschickt  im  Reden  und  Processiren.  — 
Wer  straffe  Haare  hat,  ist  bös.  —  Wer  weiche  Hände  hat,  ist  gutmüthig. 

Wenn  die  Hefen  in  die  Wirze  gelegt  werden ,  und  diese  hoch  gärt, 
so  deutet  das  auf  eine  glückliche  Zeit,  gärt  sie  unordentlich,  so  ist  das 
eine  schlechte  Vorbedeutung. 


Absichtlich  herbei  geführte  Omina  (Orakel)  giebt  es  und  gab  es  ver- 
schiedene. Wer  im  Frühjahr  den  Kuckuck  zum  ersten  Male  bort,  fragt: 
Kuckuck,  wie  viel  Jahre  habe  ich  noch  zu  leben?  Und  wie  viel  Mal  als 
Antwort  .darauf  der  Kuckuck  seinen  Ruf  boren  lässt ,  auf  so  viel  Jahre  ist 
zu  rechnen. 

Man  wickelt  für  sich  besonders  in  Lappen,  so  dass  der  Inhalt  nicht 
unterschieden  werden  kann,  etwas  Erde,  eine  kleine  Puppe  aus  Lappen 
und  einen  Ring.  Greift  nun  Jemand  nach  der  Erde,  so  wird  er  sterben, 
nach  der  Puppe,  so  wird  er  ein  Kind  bekommen,  nach  dem  Ringe,  so 
wird  er  heirathen. 

Wenn  unter  Fischern  einer  einen  Diebstahl  begangen  bat,  so  nimmt 
der  Bootsschiffer,  nachdem  Alle  das  Boot  verlassen  haben,  von  den  wari- 
kalad  (den  beim  Aufnehmen  des  Netzeä  von  selbst  heraus  fallenden  Fi- 
schen), welche  seinen  Antheil  bilden,  und  legt  auf  die  immer  unverändert 
bleibenden  Sitze  der  Fischer  je  einen  Strömling;  von  wessen  Platz  nun 
die  Vögel  den  Fisch  nicht  weg  bringen,  sondern  nur  zerhacken,  der  ist  der 
Schuldige. 


—  469  — 

Wenn  ein  Kind  erst  ein  oder  zwei  Jahre  alt  ist,  so  legt  man  ihm  ver- 
schiedene Dinge  vor,  und  wornach  es  zuerst  greift,  daß  bezeichnet  sein 
künftiges  Geschäft.  Nimmt  es  eine  Schere,  ein  Buch  etc. ,  so  wird  es  ein 
Schneider,  ein  Gelehrter  etc. 

Um  zu  wissen  ob  ein  Kranker  genesen  wird  («kas  pörab  wöj  läheb 
edasi»),  giesst  man  rasch  Wasser  in  ein  Gefass;  dreht  es  sich  rechts,  so 
ist  es  ein  gutes  Zeichen,  dreht  es  sich  links,  so  wiederholt  man  den  Ver- 
such so  lange,  bis  er  günstig  ausfallt.  Dann  wirft  man  noch  neun  glühende 
Kohlen  hinein;  wenn  alle  oben  schwimmen,  so  ist  es  ein  gutes  Zeichen, 
je  mehr  unter  sinken,  desto  bedenklicher  ist  die  Krankheit. 

Will  man  wissen,  ob  ein  schwächliches  Kindchen  am  Leben  bleiben 
wird,  so  zieht  man  es  an  einem  Donnerstagabend  bei  Vollmondlicht  von 
Westen  nach  Osten  durch  ein  Loch,  welches  vorher  durch  einen  Eichen- 
stamm gebohrt  ist,  und  lasst  beim  letzten  Mal  die  Kleider  und  etwas  Queck- 
silber darin  und  entfernt  sich  schnell  ohne  sich  um  zu  sehen.  Wenn  der 
Baum  gut  fort  wächst,  so  bleibt  auch  das  Kind  am  Leben,  ist  aber  nach 
einiger  Zeit  der  Baum  ab  gestorben,  so  wird  auch  das  Kind  bald  sterben; 
im  ersten  Falle  werden  auch  die  zurück  gelassenen  Kleider  so  überwach- 
sen, dass  sie  nicht  mehr  zu  sehen. sind.  ' 

Hat  eine  Kuh  gekalbt,  so  kocht  man  die  Milch  und  wirft  eine  glühende 
Kohle  hinein.  Wenn  diese  erloschen  ist,  so  wirft  man  sie  über  das  Dach, 
und  wenn  sie  glücklich  hinüber  geht,  so  bleibt  d^s  Kalb  am  Leben,  wenn 
sie  zurück  fallt,  nicht.  —  Will  man  wissen,  welchen  Geschlechtes  das 
nächste  Kalb  dieser  Kuh  sein  wird,  so  melkt  man  beim  ersten  Melken  drei 
Mal  durch  einen  silbernen  Ring  und  wirft  ihn  in  die  zum  Essen  auf  getra- 
gene Milch.  Wenn  nun  beim  Essen  der  Milch  eine  Mannsperson  den  Ring 
findet,  so  wird  es  ein  Ochskalb  sein,  wenn  ein  Frauenzimmer,  ein  Kuh- 
kalb. 

Wenn  man  eine  Stelle  für  ein  neues  Haus  sucht,  so  füllt  man  in  drei 
Handschuhe  Getreide,  Erde  und  Kohlen,  und  schickt  ein  Kind  ab  um  einen 
davon  herbei  zu  holen.  Ist  es  der  Kohlen  enthaltende  Handschuh,  so  baut 
man  nicht  dahin,  denn  das  Haus  würde  ab  brennen.  —  Beim  Bau  eines 
neuen  Stalles  stellt  man  auf  die  -erste  Balkenschicht  in  der  hinteren  Ecke 
das  abgebrochene  Hörn  eines  lebenden  Thieres  mit  Wasser  gelullt;  wenn 


i 


—  470  — 

in  drei  Tagen  das  Wasser  nicht  ans  getrocknet  ist,  so  ist  die  Stelle  gut 
gewählt,  und  das  Vieh  wird  in  'dem  Stalle  gedeihen.  —  Man  wirft  auf  die 
Stelle  einige  Lappen,  und  findet  man  nachher  schwarze  Ameisen  darauf, 
so  ist  die  Stelle  gut,  rothe  bedeuten  Untauglichkeit  derselben;  oder  man 
stellt  dahin,  wo  man  zu  bauen  gedenkt,  einen  neuen  Eimer,  und  wenn  sich 
nach  einiger  Zeit  Ameisen  darunter  finden,  so  ist  die  Stelle  gut  gewählt« 

Wenn  im  Frühjahr  das  Vieh  zum  ersten  Mal  auf  die  Weide  getrieben 
wird,  so  wirft  man  ein  Ei  darüber,  und  wenn  diess  nicht  zerbricht,  so 
freut  man  sich  dessen  als  eines  guten  Zeichens. 

Man  reiht  neun  Strömlinge  auf  einen  Messingdraht  und  hängt  sie  in's 
Meer;  wohin  Wind  und  Wasser  sie  fuhren,  nach  der  Seite  hin  ist  es  gut 
s  zu  fischen. 

Beim  Werfen  des  Strohes  an  die  Decke  am  Weihnachtsabend  (vgl.  XI) 
denkt  man  sich  auch  allerlei  Fragen,  und  wenn  viele  Strohhalme  an  der 
Decke  hängen  bleiben,  so  ist  das  eine  Bejahung.  —  In  alter  Zeit  hatte 
man  für  das  Ja  und  Nein  noch  ein  Paar  andere  Orakel.  Man  Hess  ein 
Pferd  oder  einen  Ochsen  über  eine  auf  der  Erde  liegende  Stange  treten; 
geschah  diess  mit  dem  rechten  Fuss,  so  bedeutete  «s  «ja»,  mit  dem 
linken  «nein».  Oder  man  todtete  einen  Ochsen  mit  einem  Schlage  auf  den 
Kopf,  und  ob  er  rechts  oder  links  hin  nieder  fiel,  hatte  dann  dieselbe  Be- 
deutung. 

Nach  beendigtem  Roggenschnitt  werfen  die  Mädchen,  in  einer  Reibe 
stehend,  singend1)  ihre  Sicheln  über  den  Kopf  hinter  sich;  wessen  Sichel 
am  weitesten  geflogen  ist,  die  wird  zuerst  verheirathet  werden.  Oder  es 
nimmt  ein  Mädchen  eine  Portion  Sicheln,  geht  damit  auf  einen  ebenen 
Platz  und  wirft  Orakel  für  verschiedene  Personen,  nachdem  sie  die  Sichel 
singend  hin  und  her  geschwungen  hat.  Fährt  die  Sichel  mit  der  Spitze  in 
die  Erde,  so  wird  die  betreffende  Person  in  diesem  Jahre  sterben,  wessen 
Sichel  mit  der  Schneide  nach  aussen  fallt,  wird  verheirathet  werden,  wes- 
sen mit  den  Rücken  nach  aussen,  bleibt  in  unveränderter  Lebensstellung. 
—  Oder  die  Mädchen  setzen  sich  für  einige  Minuten  auf  die  auf  dem 


l)  Vgl.   Neus  ebstn.  Volksl.  S.  74,  76. 


—  471  — 

Felde  noch  liegenden  Garben  und  sehen  dann  nach,  was  sich  darunter  be- 
findet, um  daraus  Schlüsse  äfcf  ihre  Zukunft  zu  machen» 

Wenn  man  von  Hause  abwesend  ist  und  wissen  will,  was  zu  Hause 
gekocht  wird,  so  braucht  man  nur  sein  Messer  mit  der  Spitze  voran  von 
oben  auf  den  Tisch  fallen  zu  lassen;  bleibt  es  gerade  stehen,  so  ist  es 
Suppe,  schief,  so  ist  es  Brei,  haftet  es  gar  nicht  im  Tisch,  so  wird  nichts 
gekocht. 

Heirathslustige  Frauenzimmer  hängen  in  der  Georgennacht  ihr  Hemd 
an  einen  Zaun,  und  beobachten  dann  am  anderen  Morgen,  wenn  die  Herde 
aus  getrieben  wird,  was  für  ein  Thier  das  Hemd  beschnüffelt.  Ist  es  eine 
Kuh,  so  bleibt  die  Besitzerin  in  diesem  Jahre  noch  unverheirathet,  ist  es 
ein  Ochs,  so  bekommt  sie  einen  Wittwer,  ist  es  ein  Bull,  einen  Jungge- 
sellen. —  Oder  sie  halten  ein  Marienkäferchen  (Goccinella)  auf  dem  Fin- 
ger und  sprechen:  lepa-trlnu,  lepa-trlnu,  kust  polt  peig-mös  tu- 
leb?  TalTina  polt  wöjTartu  polt?  (Marienkäferchen,  Marienkäferchen, 
von  welcher  Seite  wird  der 'Bräutigam  kommen?  von  Reval  oder  von  Dor- 
pat  her?);  die  Richtung  des  Fluges  ist  dann  die  Antwort.  —  Oder  sie 
sitzen  in  der  Neujahrsnacht  drei  Stunden  ohne  sich  um  zu  sehen  vor  einem 
Spiegel,  dann  geht  der  Bräutigam  im  Spiegel  vorüber.  —  Oder  sie  backen 
am  Weihnachtsabend  ein  Brot  mit  viel  Salz,  so  dass  sie  in  der  Nacht  dur- 
stig werden,  dann  giebt  ihnen  der  Bräutigam  im  Traum  zu  trinken. 

XVIII.  Verschiedene  abergläubische  Gebräuche 
und  abergläubische  Vorstellungen  von  Ursachen 

und  Wirkungen. 

Eine  Frau  darf  sich  nie  auf  einen  Eimer  setzen ,  sonst  werden  ihre 
Kinder  ertrinken.  Ertrinken  wird  auch  ein  Kind,  welches  durch  eine  Sieiss- 
geburt auf  die  Welt  gekommen  ist,  wenn  nicht  die  Hebamme  einen  Eimer 
voll  Wasser  bringt  und  das  Kind  drei  Mal  unter  dem  Griff  hindurch  zieht. 
Eine  Andere  muss  dabei  sprechen  «upub  ära»  (es  wird  ertrinken),  sie 
aber  muss  antworten  «laku  perset,  ei  upu»  (lecke  den  Hinteren,  es 
wird  nicht  ertrinken). 


1 


—  472  — 

Wenn  ein  Mädchen  geboren  wird,  so  muss  man  es  in  ein  Mannshemd 
wickeln  und  durch  eine  Mannsbose  ziehen,  dfenn  werden  später  die  Min- 
ner daran  Gefallen  finden,  und  es  wird  jung  verheirathet  werden. 

Wenn  man  bei  der  Geburt  eines  Knaben  die  Nabelschnur  mit  einem 
Beile  durch  haut,  so  wird  ein  starker  Mann  aus  ihm. 

Wenn  man  einen  Knaben  durch  der  Mutter  Hemd  zieht,  so  werden 
später  die  Mädchen  an  ihm  Gefallen  finden  und  ihm  nach  laufen. 

Einen  Knaben  darf  man  nicht  in  einen  Weibergurt  wickeln,  sonst  wird 
er  weibisch. 

Wer  von  einem  Besen  die  Ruthenspitzen  ab  schneidet,  wird  lispelnde 
Kinder  bekommen. 

Den  Stubenkehricht  darf  man  nicht  in  den  Ofen  werfen,  sonst  bleibt 
die  Ehe  kinderlos. 

Ein  Weib,  welches  hübsche  Brote  macht,  bekommt  auch  hübsche 
Kinder,  und  wer  Kinder  mit  langen  Haaren  haben  will,  muss  beim  Ein- 
teigen  reichlich  Mehl  auf  streuen. 

Aus  dem  Brotsack  darf  man  nicht  Brot  "Schneiden,  sonst  werden  die 
Söhne  Kahlköpfe. 

Wer  den  letzten  Rest  aus  der  Bierkanne  trinkt,  wird  einen  Sohn  be- 
kommen. 

Wenn  ein  Kind  getauft  wird,  so  legt  man  bedruckte  Blätter  zwischen 
die  Windeln,  dann  wird  es  leicht  lesen  lernen. 

Wenn  ein  Kind  anhaltend  schreit,  so  muss  bei  der  Taufe  etwas  ver- 
seben sein. 

Ein  kleines  Mädchen,  das  sich  bei  der  Taufe  verunreinigt,  wird  eine 
Hure  werden,  wenn  nicht  die  Hebamme  ihm  drei  Mal  mit  der  Windel  über 
den  Mund  wischt. 

Ist  der  Täufling  aus  der  £irche  zurück  gebracht,  so  legt  man  ihn  zu 
der  Mutter  in's  Bett,  und  diese  legt  die  Ffisse  darauf,  dann  wird^s  ein 
ruhiges  Kind  sein  und  nicht  viel  schreien. 

Die  Haare,  mit  welchen  ein  Kind  geboren  wird,  ema-hyiksed  (Mut- 
terhaare) oder  tite-higksed  (Kleinkinderhaare),  müssen  sorgfältig  weg 
geschafft  werden.  Die  Mutter  milcht  dazu  auf  diese  Haare  und  wickelt 
den  Kopf  in  ein  Tuch ,  dann  fallen  sie  leicht  aus.   Unterlässt  sie  das ,  so 


itfr 


—  473  — 

wird  das  Kind  später  den  «bösen  Blick»  bekommen,  and  alles  Böse  wird 
geschehen,  was  es  Anderen  wünscht. 

So  lange  die  Matter  ihren  Kirchgang  nicht  gehalten  bat,  darf  sie  keine 
Schurze  vorlegen,  um  nicht  ihrem  Kinde  zu  schaden. 

Eine  Wiege  darf  man  nicht  schaukeln,  wenn  das  Kind  nicht  darin  liegt, 
sonst  wird,  dieses  unruhig,  oder  (nach  Anderen)  ein  Schwätzer  und  Lügner. 

Wenn  ein  Kind  zum  ersten  Mal  in  der  Badstube  gebadet  wird,  so 
schiigt  man  ihm  mit  dem  Badebesen  auf  den  Mund,  damit  es  nicht  seine 
Kleider  zerreisst  und  einen  breiten  Mund  bekommt. 

Wenn  man  zum  ersten  Male  Brei  für  ein  Kind  kocht,  so  muss  der 
Rührstock  fönfastig  sein,  dann  braucht  es  den  «bösen  Blick»  nicht  zu 
furchten. 

Wenn  ein  Kind  die  Gewohnheit  an  nimmt  sich  nass  zu  machen,  so 
schlagt  man  es  mit  dem  Bügel  des  Wassereimers,  dann  lässt  es  davon  ab. 

> 

Wenn  mehrere  Kinder  in  frühem  Alter  sterben,  so  nennt  man  die  fol- 
genden Adam  und  Ewa,  dann  bleiben  diese  am  Leben. 

Wenn  ein  Kind  nicht  zur  gewöhnlichen  Zeit  an  fangen  will  zu  gehen, 
so  pflügt  und  eggt  man  an  einem  Donnerstag ,  lässt  das  Kind  auf  der  so 
bearbeiteten  Stelle  sitzen  und  säet  dann  Hanf  darüber,  wobei  der  Säende 
spricht:  kanep  kazuma,  laps  laduma  (der  Hanf  soll  wachsen,  das  Kind 
laufen). 

Wenn  ein  Kind  klein,  schwach  und  kränklich  ist,- lange  nicht  an  fan- 
gen will  zu  sprechen  oder  zu  gehen,  so  ist  es  ein  Wechselbalg;  man  kann 
dann  durch  gewisse  Proceduren  den  Teufel  zu  einem  Rücktausch  zwingen 
(fgl.  XV  unter  «Teufel»). 

Ein  Kind  wird  öfters  drei  Jahre  gesäugt,  wenn  aber  in  diesen  Termin 
drei  Gharfreitage  fallen  sollten,  so  muss  es  früher  entwöhnt  werden,  sonst 
wird  es  ein  Zauberer  (eine  Hexe),  und  alles  Böse,  was  es  wünscht,  ge- 
schiebt. 

In  den  ersten  Jahren  darf  ein  Kind  nicht  bei  seinem  Namen,  sondern 
nur  titt  od.  laps  (Kind)  genannt  werden,  und  wenn  es  zur  Taufe  gebracht 
wird,  so  raunt  man  den  Namen  nur  in's  Ohr.  Ebenfalls  in  den  ersten  Jah- 
ren bekommt  es  nur  Kleider  aus  altem ,  getragenem  Stoff,  damit  es  nicht 
später  im  Leben  zu  viel  Kleider  verbraucht. 


—  474  — 

Kinder  bekommen  gute,  starke  Zähne,  wenn  sie  die  ausfallenden 
Milchzähne  auf  den  Ofen  werfen  und  sprechen:  kifk,  anna  malle  raad- 
hammas,  mina  anan  solle  lü-hammas  (Heimchen,  gieb  mir  einen  ei- 
sernen Zahn,  ich  gebe,  dir  einen  knöchernen  Zahn). 

Wenn  ein  Kind  zum  ersten  Male  die  Kirche  besucht,  so  muss  es  Geld 
in  den  Klingbeutel  legen  und  von  dem  Küster  mit  diesem  Beutel  drei  Mal 
um  den  Kopf  geschlagen  werden,  dann  wird  es  gut  in  der  Schule  lernen 
und  klug  werden. 

Wenn  man  Kinder  mit  einem  mehligen  Sacke  um  den  Kopf  schlägt, 
so  bleiben  sie  dumm  und  unbehulflich ;  «jahu-pea»  (Mehlkopf)  bedeutet 
einen  Dummkopf. 

Kinder  darf  man  nicht  auf  einem  bohlen  Schlüssel  blasen  lassen,  sonst 
werden  sie  Lügner. 

Uneheliche  Kinder  haben  im  Leben  mehr  Glück  und  Klugheit  als  in 
der  Ehe  geborene. 


Welches  Mädchen  von  den  Gonfirmandinnen  vor  den  anderen  an  den 
Altar  tritt,  wird  auch  vor  den  anderen  verheirathet  .werden. 

Wenn  ein  Mädchen  die  Stricknadel  nicht  ausstrickt,  so  kehren  die 
Freier  wieder  um. 

Wenn  es  nicht  fleissig  den  brennenden  Kienspan  schnauzt,,  so  bekommt 
es  einen  langnasigen  Bräutigam. 

Wenn  es  Asa  foetida  unter  seiner  Brustspange  trägt,  so  bekommt  es 
bald  einen  Mann. 

Wenn  ein  Gast  nicht  den  Sitz,  bevor  er  sich  niedersetzt,  anders  wo- 
hin stellt,  oder  wenn  er  nicht  die  Handschuhe  unter  sich  legt,  so  werden 
die  Mädchen  im  Hause  nicht  verheirathet. 

Wenn  ein  Mädchen  nicht  rasch  ist  beim  Abwischen  des  Esstisches,  so 
werden  keine  Freier  kommen. 

Wer  am  Trauungstage  vor  der  Trauung  Einen  grüsst,  bekommt  einen 
bösen  Mann. 

Wenn  eine  Braut  in  das  Haus  des  Bräutigams  Strick-  oder  Nähnadeln 
mit  sich  nimmt,  so  wird  dort  mit  Worten  auf  sie  gestichelt  werden. 


—  47S  — 

Als  man  noch  die  Braute  raubte,  so  geschah  diess,  wenn  die  Mädchen 
nackt  aus  der  Badstube  kamen;  es  wurde  ihnen  dann  sogleich  das  Hafcr 
ab  geschnitten,  worauf  sie  nicht  mehr  zurück  kehren  konnten. 

Um  langes  Haar  zu  bekommen,  lassen  die  Mädchen  ihr  Haar  von 
einem  Junggesellen ,  der  selbst  gutes  Haar  haben  muss ,  bei  neuem  Licht 
beschneiden  und  gehen  gleich  darauf  einen  Pferdeschweif  besehen. 

Mädchen,  welche  hochbusig  werden  wollen,  müssen  das  erste  und 
letzte  Stack  von  einem  Brotlaib  essen. 

Wenn  die  Frauen  im  Dorfe  von  einem  Mädchen  meinen,  dass  es  nicht 
züchtig  lebe,  aber  doch  keine  Folgen  davon  sichtbar  sind,  so  nimmt  eine, 
die  selbst  schwanger  ist,  den  Gürtel  ab  und  schlagt  damit  drei  Mal  die 
Verdächtige,  ohne  dass  diese  es  merkt  (hinterrücks  oder  im  Schlaf),  dann 
wird  eine  geheim  gehaltene  Schwangerschall  sogleich  offenbar. 


Erbsen  oder  Bohnen ,  welche  beim  Säen  auf  der  Oberfläche  der  Erde 
geblieben  sind,  darf  man  nicht  essen,  sonst  werden  die  Zähne  schmerzen 
und  verderben. 

•  Ausschläge  entstehen  bei  Männern,  wenn  sie  mit  Weibern  baden, 
welche  ihre  monatliche  Reinigung  haben,  auch  wenn  man  eine  solche 
Weibsperson  berührt,  oder  ihre  Kleider  trägt,  oder  das  Blut  erblickt;  man 
verbrennt  daher  auch  wohl  die  Kleider  solcher  Kranken.  Das  Wasser,  wo- 
mit die  so  entstandenen  Ausschläge  gewaschen  sind,  muss  von  dem  Weibe 
getrunken  werden,  dann  wird  die  angesteckte  Person  wieder  gesund. 

Wenn  Jemand  sich  nach  einem  Anderen  in  der  Badstube  quästet  und 
meint,  dass  dieser  krätzig  sei  oder  sonst  eine  ansteckende  Krankheit  habe, 
so  muss  er,  um  gegen  die  Ansteckung  gesichert  zu  sein,  drei  Mal  mit  den 
Fingerspitzen  etwas  Salz  auf  den  «keres*  (die  Steine  auf  der  Ofendecke) 
werfen. 

Die  Ruthen  zu  einem  Badebesen  darf  man  nicht  von  einer  Birke 
schneiden,  auf  welcher  Ameisen  sich  nieder  gelassen  haben,  oder  von 
einer  Sumpfbirke ;  quästet  man  sich  mit  einem  solchen ,  so  bekommt  man 
die  Krätze. 

Wenn  man  mit  einer  Krankheit,  namentlich  mit  einem  Ausschlage 


—  476  — 

behaftet  zur  Communion  oder  zur  Trauung  geht,  behält  man  sie  auf  Le- 
benszeit. 

Wenn  man  eine  Schwangere  mit  Hasenfleisch  wirft,  so  wird  das  von 
ihr  geborene  Kind  eine  Hasenscharte  haben. 

Ein  schon  gar  gewordenes  Brot  darf  man  nicht  an  schneiden,  so  lange 
noch  nicht  alle  Brote  aus  dem  Ofen  genommen  sind,  sonst  bekommt  die, 
welche  den  Teig  geknetet  hat,  kranke  Hinde. 

Zum  Trocknen  aufgehängtes  Kinderzeug  darf  man  nicht  von  der 
Abendröthe  bescheinen  lassen,  sonst  bekommt  das  Kind  den  Durchfall 
(grünen  Stuhlgang). 

Wenn  das  Wasser  zum  Baden  eines  Kindes  kocht,  so  bekomipt  es 
nach  dem  Baden  Blasen  am  Leibe. 

Wer  in's  Feuer  spuckt,  bekommt  Blasen  an  die  Zunge. 

Wenn  ein  Insect  von  einem  todten  Krebs  frissl  und  darauf  einen  Men- 
schen sticht,  so  bekommt  dieser  den  Krebs  (die  Krankheit). 

Einen  alten  Baum  darf  man  nicht  ab  hauen  oder  seit  langer  Zeit  ru- 
hendes Land  auf  pflügen,  sonst  wird  man  kränklich. 

Kinder  und  schwächliche  'Personen  dürfen  nicht  am  Fussende  einer 
Leiche  stehen,  so  dass  die  Augen  der  Leiche  auf  sie  gerichtet  sind,  sonst 
werden  sie  kränklich  und  sterben  bald. 

Während  einer  Krankheit  darf  man  nicht  die  Wäsche  wechseln  oder 
sich  waschen,  sonst  erneut  sich  auch  die  Krankheit  wieder. 

Wer  ein  Waisenkind  schlägt,  dem  verkrüppelt  die  Hand. 

Das  Einrenken  verrenkter  Glieder  geschieht  am  besten  durch  Einen, 
welcher  seiner  Eltern  jüngster  Sohn  ist. 

Wer  aus  einer  Quelle  Wasser  nimmt,  das  ihn  von  einer  Krankheit 
heilen  soll,  muss  dafür  wieder  etwas  hinein  werfen,  sonst  ist  das  Wasser 
unwirksam. 

Wer  einen  Scheuerlappen  aus  dem  Scheuergefäss  stiehlt,  dem  hilft, 
wenn  er  später  krank  wird,  keine  Medicin. 

Ein  Schlangenbiss  wird  unheilbar,  wenn  der  Gebissene  sich  auf  einen 
Stein  setzt  oder  in  ein  Haus  mit  einer  Feuerstelle  geht. 


—  477.  —    ' 

Wenn  die  Ernte  beginnt,  so  muss  man  die  erste  Garbe  quer  über  ein 
Feldbeet  legen  und  längs  des  Beetes  einen  Purzelbaum  darüber  sehlagen, 
dann  bleiben  die  Hüften  gesund. 


Wer  vor  Leichen  Seheu  hat,  muss  drei  Mal  an  einer  Leiche  die  grosse 
Zehe  des  linken  Pusses  bewegen,  dann  verliert  er  diese  Scheu. 

Wer  beim  Tanzen  eine  Tänzerin  so  schiebt,  dass  sie  rückwärts  gehen 
muss,  der  macht,  dass  ihre  Mutter  sterben  wird. 

Wer  zum  Scherz  auf  zwei  Stocke  gestutzt  oder  auf  allen  Vieren  geht, 
verschuldet  damit  den  bald  erfolgenden  Tod  seiner  Eltern. 

Wer  die  Feldraine  und  Wege  zu  schmal  ab  pflügt ,  der  wird  einen 
schweren  Tod  und  lange  Agonie  haben;  eben  so  ein  Brunnenfinder  oder 
ein  Zauberer,  wenn  sie  nicht  vorher  ihre  Kunst  einem  Anderem  gelehrt 
haben. 

Wenn  Kinder  ungetauft  sterben,  so  kommen  sie  an  einen*  nebeligen 
Ort  und  haben  es  schlechter  als  die  getauften. 

Der  Verstorbene  hat  es  weniger  gut  und  im  Grabe  keine  Ruhe ,  so 
lange  nicht  für  ihn  das  Dankgebet  in  der  Kirche  gehalten  und  die  Kirchen- 
bettler beschenkt  sind. 

Wer  es  auf  Erden  schlecht  gehabt  hat ,  wird  es  dafür  nach  dem  Tode 
besser  haben.  * 

Einem  Gestorbenen  darf  man  nichts  mit  geben ,  was  ein  Anderer  ge- 
lragen hat,  sonst  wird  dieser  bald  nachher  sterben. 

In  die  Kleider  einer  Leiche  darf  man  keinen  Knoten  machen,  das 
wurde  bei  der  Auferstehung  hinderlich  sein. 

Wessen  Thranen  auf  einen  Gestorbenen  fallen ,  der  zieht  sich  dadurch 
Unheil  zu. 

Ehegatten  gehen  nicht  einander  beerdigen,  und  einem  Kinde  folgen 
nur  beide  Eltern  gemeinschaftlich,  sonst  müsste  der  Nachfolgende  selbst 
auch  bald  sterben. 

Wenn  einer  Leiche  der  Mund  schäumt,  so  ist  das  daher,  weil  der 
Verstorbene  Seife  gestohlen  hat,  und  wer  den  Deckel  der  Bierkanne  nicht 
zu  zu  machen  pflegt,  dessen  Zähne  bleiben  sichtbar,  wenn  er  Leiche  ist. 


—  478  — 

Abgeschnittene  Haare  muss  man  bewahren  und  dem  Gestorbenen  mit 
in  den  Sarg  legen,  damit  er  bei  der  Auferstehung  Alles  beisammen  hat. 

Nach  dem  Genüsse  des  Abendmahls  wird  der  Kranke  bald  entweder 
sterben  oder  sich  bessern. 

An  dem  Kreuze  auf  einem  Grabe  darf  das  Kreuzholz  nicht  mit  einem 
Nagel  befestigt  werden,  denn  dieser  wurde  den  Kopf  des  Gestorbenen  tref- 
fen und  ihm  grossen  Schmerz  verursachen ;  unten  in  den  Fuss  des  Kreuzes 
aber  muss  ein  grosser  Nagel  geschlagen  sein,  damit  der  Gestorbene  sich 
daran  fest  halten  kann,  wenn  ihn  der  Teufel  in  die  Holle  schleppen  will. 


Wer  Blutklöse  (oder  überhaupt  Blut  isst) ,  in  den  kommt  die  Seele  des 
geschlachteten  Thieres,  von  welchem  das  Blut  genommen  ist.       r 

Schlachten  darf  man  nicht  bei  Nord-  oder  Ostwind,  sonst  geht  das 
Fleisch  beim  Kochen  zu  sehr  zusammen.  —  Wenn  man  vor  dem  Schlach- 
ten das  Thier  drei  Mal  in  der  Richtung  des  Sonnenlaufs  um  kehrt,  und 
wenn  während  des  Schlacbtens  der  Kopf  nach  Westen  oder  Süden  gerichtet 
ist,  so  wird  das  Fell  gut  sein,  und  das  Fleisch  sich  weich  kochen  lassen. 

Wenn  der  Erbe  zur  Beerdigung  des  Gestorbenen  Tbiere  zu  schlachten 
hat  und  es  unterlässt,  so  gedeihen  diese  nicht. 

Wenn  man  Thiere  weg  giebt  zum  Aufziehen,  so  muss  die  Zahl  der- 
selben unpaarig %sein,  sonst  verliert  man  selbst  das  Glück  mit  seinen  Haus- 
thieren. 

Wer  aus  der  Nachbarschaft  sich  einen  Hund  mit  nimmt,  muss  ein  Stof 
Salz  dafür  zurück  lassen,  wer  eine  Katze,  eine  Nadel,  wer  ein  Ferkel, 
ein  Stück  Brot,  dann  gedeihen  die  mitgenommenen  Thiere  gut. 

Wer  für  sein  Pferd  eine  neue  Peitsche  macht,  muss  damit  den  Ofen 
schlagen  und  dabei  sprechen  «hobune  kui  ahi,  plts  kui  raud»  (das 
Pferd  wie  der  Ofen ,  die  Peitsche  wie  Eisen) ,  dann  werden  beide  tüchtig. 

Wenn  man  beim  Kaufe  eines  Pferdes  (auch  eines  anderen  Hausthieres) 
sich  alle  Fehler  desselben  sagen  lässt,  so  lässt  es  davon  ab. 

Ein  Pferd  darf  nicht  aus  einem  Kessel  getränkt  werden,  sonst  wird 
es  beim  Fahren  bald  nass. 

Um  Pferde  kräftig  zu  machen,  wischt  man  sie  mit  einem  Besen  ab 


—  479  — 

* 

und  räuchert  sie  mit  in  einem  streifigen  Unterrock  (sölik)  verbrannten 
Splittern  aus  einem  Pfluge ,  einem  Wagen ,  einem  Krummholz  und  einer 
Egge  —  drei  von  jeder  Art. 

Man  siebt  den  Pferden  Asche  auf  den  Rucken ,  damit  sie  das  Haaren 
schnell  überstehen  und  wieder  ein  gutes  Ansehen  bekommen  zum  Ver- 
handeln. 

Wenn  man  ein  Pferd  (auch  sonst  ein  Thier)  kauft,  so  muss  man  aus 
dem  fremden  Hofe  einen  Stock  oder  sonst  etwas  mit  nehmen ,  sonst  ver- 
langt es  immer  wieder  dahin  zurück ;  man  zeichnet  auch  dem  Pferde  einen 
Drudenfuss  unter  den  Huf. 

Wenn  man  mit  einem  Pferde  eine  weite  Reise  vor  hat,  so  fasst  man 
es  um  den  Hals  und  betet  ein  Vaterunser,  dann  wird  die  Reise  glücklich 
von  Statten  gehen. 

Wenn  man  von  einem  ganzen  Laib  Brot  ein  Stück  nicht  ab  schneidet, 
sondern  ab  bricht,  so  macht  man,  dass  dem  Pferde  der  «köhr»  (der  Hök- 
ker  auf  dem  Rücken,  wo  der  Hals  an  fangt)  bricht,  von  einem  schon  ab- 
geschnittenen Stücke  aber  darf  man  unbedenklich  etwas  ab  brechen.  Das- 
selbe widerfahrt  dem  Pferde,  wenn  ein  Weib  über  die  Deichsel  geht,  da- 
her bindet  man  auf  Jahrmärkten,  wo  ein  Menschengedränge  ist,  die  Deich- 
sel in  die  Höhe,  um  dieser  Gefahr  zu  entgehen.  Manche  dulden  es  über- 
haupt nicht,  dass  ein  Weib  über  irgend  ein  Stück  des  Pferdegeschirres 
tritt,  damit  das  Thier  nicht  Schaden  leide. 

Ein  Füllen  muss  gleich  nach  der  Geburt  durch  ein  Kümmel  getrieben 

♦ 

werden,  dann  kann  ihm  später  der  Wolf  nicht  schaden. 

Wenn  der  Schweif  eines  Pferdes  auf  gebuqden  ist,  so  gewinnt  man 
auf  je  neun  Schritte  immer  einen. 

.  Wenn  man  ein  Thier  mit  einer  Ruthe  schlägt,  deren  Zweige  von  oben 
nach  unten  ab  gestreift  oder  ab  geschnitten  sind,  so  bekommt  es  Blut- 
harnen. 

Wenn  man  im  Winter  das  Vieh  tränkt,  so  legt  man  eine  Zange  in 
das  TrinkgefSss,  damit  die  Thiere  stark  werden. 

Wenn  man  im  Frühjahr  einer  Kuh  einen  gelben  Schmetterling  ein 
giebt,  so  wird  die  Butter  schön  gelb  sein. 

Der  Hüter  darf,  besonders  beim  ersten .  Austreiben  des  Viehes  im 


—  480  — 

Frühjahr ,  seinen  Stock  nicht  verlieren ,  damit  sich  nicht  Thiere  von  der 
Herde  verlieren;  er  darf  auch  keinen  Zweig  ab  brechen,  sonst  beschädigen 
die  Thiere  ihre  Hufe.  Man  vgl.  noch  wegen  vieler  Dinge,  die  beim  ersten 
Aastreiben  beobachtet  werden,  XI  unter  23.  April. 

Wenn  ein  Fink  unter  einer  Kuh  hindurch  fliegt,  oder  wenn  man  ein 
Finken-  oder  Schwalbennest  zerstört,  so  wird  die  Milch  blutig. 

Wenn  man  die  erste  frische  Milch  nach  dem  Kalben  kochen  will,  so 
legt  man  unter  den  Kessel,  bevor  man  die  Milch  hinein  giesst,  einen  sil- 
bernen Ring  und  eine  kleine  Schale ,  damit  der  Kuh  Euter  gesund  bleibt 
und  die  Milch  nicht  schlecht  wird. 

Wenn  beim  Kochen  die  Milch  in's  Feuer  über  kocht,  so  werden  die 
Zitzen  der  Kuh  krank. 

Wenn  man  Jemandem  Milch  zu  trinken  giebt,  und  der  Empfänger, 
Uebles  denkend ,  darauf  blast ,  so  wird  die  Milch  reckig  und  es  kommen 
kleine  Wärmer  hinein;  dasselbe  geschieht  auch,  wenn  die  Kuh  selbst  ihre 
Milch  im  Melkeimer  beschnuppert. 

Wenn  jnan  einen  Frosch  auf  dem  Trockenen  sieht ,  so  muss  ein  An- 
derer ihn  in's  Wasser  tragen,  das  vermehrt  dftn  Kuben  die  Milch. 

Wenn  eine  Kuh  trächtig  wird,  so  suchen  die  Weiber  die  Milch  zu  be- 
kommen, um  ihre  eigene  Milch  zu  vermehren. 

Wenn  eine  Kuh  zum  ersten  Mal  trächtig  wird , .  so  muss  ihre  Herrin 
die  Haube  verkehrt  auf  setzen,  dann  wird  sie  viel  Milch  haben. 

Neugeborenen  Kälbern  muss  'man  den  Mund  mit  Fett  verschmieren, 
dann  verschmähen  sie,  wenn  sie  gross  geworden  sind,  keinerlei  Futter. 

Einem  Kalbe  darf  man  nicht  Brot  über  die  Thür  reichen ,  es  wurde 
dann  nicht  gedeihen,  man  darf  ihm  auch  nicht  Stroh  unter  legen,  worauf 
ein  Mensch  geschlafen  hat,  sonst  wird  es  lausig. 

Abends  darf  kein  neues  Brot  an  geschnitten  werden,  damit  nicht  die 
Kühe  in  der  Nacht  kalben;  wenn  daher  eine  achtsame  Wirthin  berechnet, 
dass  es  nöthig  werden  konnte,  so  schneidet  sie  schon  am  Mittag  ein  Stuck 
davon  ab. 

Wenn  im  Herbst  zum  ersten  Mal  irisches  Fleisch  gekocht  wird,  so 
muss  man  von  dem  Blutschaum  drei  Mal  etwas  ab  schöpfen  und  in's  Fever 
giessen,  dann  ist  das  Vieh  gegen  allerlei  Schaden  geschützt. 


—  481  — 

Hat  ein  Stück  der  Herde  sich  im  Walde  verlaufen,  so  muss  man  von 
aussen  ein  Beil  stark  in  die  Wand  schlagen ,  und  Niemand  darf  es  heraus 
ziehen,  bis  das  Tbier  gefunden  ist;  damit  verstopft  man  dem  Wolfe  das 
Maul,  dass  er  es  nicht  zerreissen  kann. 

Man  darf  kein  Thier  der  Herde  mit  einer  gedrehten  Ruthe  schlagen, 
sonst  verkümmert  es,  auch  keine  Kuh  mit  einer  Peitsche,  sonst  verwirft 
sie  ihr  Junges. 

Beim  Viehkauf  wird  das  gekaufte  Stuck  drei  Mal  um  ein  Waschholz 
geführt,  dann  lässt  man  aus  dem  Schwanzende  etwas  Blut  auf  die  linke 
Hand  Messen  und  streicht  mit  dieser  über  das  Kreuz  des  Thieres,  dann 
verlangt  es  nicht  mehr  zu  seinem  früheren  Eigentümer  zurück. 

Wer  zum  ersten  Mal  seine  Schafe  auf  die  Weide  treibt,  lässt  sie  Was- 
ser trinken,  in  welches  ein  Stück  Silbergeld  gelegt  ist,  und  meint,  dass 
dann  kein  Unglück  sie  trifft.  —  Man  kerbt  ihnen  auch  das  rechte  Ohr, 
oder  legt  ein  scharfes  Werkzeug  vor  die  Stallthür,  um  sie  gegen  Wölfe 
zu  sichern.  —  Wer  dem  Schäfer  am  Abend  gut  zu  trinken  giebt,  dessen 
Schafe  sollen  ebenfalls  gut  gedeihen. 

Wenn  man  läufische  Schafe  mit  der  Hand  über  den  Rücken  bis  zum 
Steiss  streichelt,  so  werden  sie  zwei  Lämmer  haben,  wenn  bis  über  den 
Schwanz,  drei. 

Wenn  eine  Neuvermählte  bei  der  Ankunft  in  ihr  Haus  ein  Paar  Hand- 
schuhe auf  die  Umzäunung  im  Schafstalle  legt,  so  werden  die  Schafe  gut 
fressen  und  gedeihen. 

Man  darf  nicht  mit  einem  wollenen  Zeug  den  Tisch  ab  wischen  oder 
den  Wollkorb  mit  dem  Pusse  stossen,  sonst  verstosst  das  Schaf  sein  Lamm. 
Ist  es  dennoch  geschehen,  so  gehtjiie  Hausfrau  in  den  Stall,  wartet  dort, 
bis  ein  Fremder  vorüber  geht,  grüsst  ihn  ungesehen  und  ruft  ihm  zu:  «ich 
habe  selbst  ein  Schaf,  das  sein  Junges ryerstössU.  Dann  nimmt  das  Schaf 
sein  Lamm  wieder  an. 

Wenn  der,  welcher  eine  Sau  zum  Eber  bringt,  im  Sack  ein  in  Matten 
gewickeltes  Beil  mit  hat,  so  werden  alle  Ferkel  männlich  sein. 

Ein  Ferkel  muss  man  drei  Mal  auf  den  Ofenrand  heben,  dann  wird 
es  gross. 

31 


—  482  — 

Wenn  man  neugeborene  Ferkel  durch  eine  Hose  zieht,  so  wird  ihnen 
der  «böse  Blick»  nicht  schaden. 

Schweinen  darf  man  nicht  Stroh  unter  breiten ,  worauf  ein  Mensch 
geschlafen  hat,  sonst  verschlafen  sie  ihre  Ferkel. 

Kopfbürste  und  Kamm  darf  man  nicht  auf  dem  Tische  liegen  lassen, 
sonst  richten  die  Schweine  im  Sommer  Schaden  an,  und  wenn  man  sich, 
dem  Sonnenlaufe  folgend,  den  Kopf  burstet,  so  werden  die  Ferkel  blind. 

Wenn  der  Schweinehüter  mit  dem  Schöpflöffel  (kulp)  isst,  so  gehen 
seine  Schweine  in  den  Roggen. 

Hunden  muss  man  ihr  Futter  mit  einem  Stöckchen  zurecht  machen, 
nicht  mit  der  Hand  wie  den  Schweinen,  sonst  werden  sie  faul  und  un- 
ordentlich. 

Wenn  man  einen  in's  Haus  gebrachten  jungen  Hund  von  einem  Beile 
lecken  lässt,  so  wird  er  böse;  dasselbe  geschieht  auch,  wenn  man  einem 
Hunde  mit  der  Messerspitze  Brot  reicht. 

Hundejungen  zieht  man,  so  lange  sie  noch  blind  sind,  durch  eine  Rad- 
nabe, dann  werden  sie  gross. 

Wenn  ein  Hund  ein  Stück  Fleisch  fr  isst,  das  einem  Raben  aus  dem 
Schnabel  gefallen  ist,  oder  ein  «pilwe-tükk»  (Wolkenstück,  d.  h.  Gallert- 
pilz, Nosloc),  so  wird  er  toll.' 

Wenn  in  einem  Hause  eine  Katze  Junge  bat,  so  darf  man  nicht  einem 
Nachbar  Feuer  aus  dem  Hause  geben,  sonst  bleiben  die  Kätzchen  blind. 

Wenn  ein  Huhn  nicht  anfangen  will  Eier  zu  legen,  so  treibt  man  Hahn 
und  Huhn  durch  die  Hose  eines  Wittwers. 

Wenn  man  junge  Hühnchen  drei  Mal  durch  eine  Radnabe  geben  lässt, 
so  wird  keines  von  ihnen  verunglücken. 

Zum  Brüten  setzt  man  Hühner  am  besten  dann ,  wenn  das  Vieh  von 
der  Weide  nach  Hause  gekommen  ist. 

Einen  vertragenen  Bastelschah  darf  man  nicht  durch  das  Fenster  oder 
unter  die  Dachtraufe  werfen,  sonst  wird  der  Habicht  die  Hühner  rauben. 

Um  sie  gegen  den  Habicht  zu  sichern,  muss  man  die  Hühnchen  in  ein 
Sieb  legen  und  sie  mit  dem  darunter  verbrannten  Neste  beräucbern. 

Wer  die  Heimchen  im  Hause  vertilgen  will,  muss  an  einem  Donners- 
tagabend eine  fangen,  in  ein  Läppchen  gewickelt  zwischen  zwei  Sandalen 


483 


legen,  so  dass  die  vom  rechten  Fuss  unten  und  vom  linken  oben  ist,  diese 
fest  zusammen  binden ,  mit  dem  Hackenende  voran  auf  einen  Kreuzweg 
tragen  und  dort  bei  Gesang  eines  Begräbnissliedes  verscharren.  —  Andere 
nehmen  auch  moderndes  Gebein  von  drei  Pferden,  Sumpfpost  und  Ebereschen- 
holz, und  machen  damit,  indem  sie  Alles  zusammen  im  Ofen  verbrennen, 
einen  tüchtigen  Rauch. 


.  Während  des  Säens  muss  Jeder  sich  stillschweigend  verhalten,  sonst 
hören  es  die  Vögel  und  fressen  das  Gesäete  weg.  Sonst  noch  ist  beim 
Säen  Vieles  zu  beobachten,  damit  das  Gesäete  gut  wächst  und  gute  Ernte 
giebt.  In  den  Samensack  legt  man  Salz,  damit  nicht  der  Böse  hinein 
kriecht  und  das  Keimen  stört.  —  Man  hält  auch  in  demselben  oder  in  dem 
Samengefasse  Eisen,  Stahl  oder  Silber,  um  das  Feld  gegen  Würmer  und 
anderen  Schaden  zu  bewahren ;  auch  darf  man  beide  nicht  in  ein  Gebäude 
mit  einer  Feuerstelle  bringen.  — '  Ist  der  Sack  mit  dem  Saatkorn  auf  das 
Feld  gebracht,  so  legt  man  ein  Stück  Rasen  darauf  gegen  das  Unkraut. — 
Der  Säemann  muss  einen  silbernen  Ring  am  Finger  und  ein  Beil  im  Gür- 
tel haben  und  drei  Mal  mit  der  linken  Hand  werfen.  —  Ein  probates  Mit- 
tel zur  Erlangung  einer  guten  Ernte  soll  auch  diess  sein:  man  legt'in  ein 
Gefass  etwas  Saatkorn,  Salz,  Erde  und  Wasser,  betet  darüber  drei  Vater- 
unser in  einem  Athem  und  so,  dass  der  Athem  darüber  bin  geht,  und  diess 
mischt  man  dann  unter  den  Samen. 

Beim  Hanfsäen  muss  man,  damit  die  Thiere  nicht  Schaden  darin  an- 
richten, zuerst  drei  Handvoll  seitwärts  werfen  als  «ka&i  jagu,  kana  jagu 
und  roti  jagu»  (Antheil  der  Katze,  der  Henne,  der  Ratte);  der  Säende 
bindet  sich  den  Sack  mit  dem  Samen  an's  Bein  und  spricht  im  Gehen; 
höppa  kotti,  karga  wakka  (hüpfe  Sack,  od.  in  den  Sack,  springe  Schef- 
fel, od.  in  den  Scheffel).  —  Man  darf,  wenn  man  zum  Hanfsäen  fahrt,  das 
Pferd  nicht  zurück  ziehen,  sonst  vertrocknet  der  Hanf. 

Eben  so  muss  man  auch  beim  Flachs-  oder  Gerstesäen  drei  Handvoll 
über  die  linke  Schulter  werfen  und  sprechen:  tudrad  metsa  ja  linad, 
od.  odrad,  pöllule  (das  Unkraut  in  den  Wald  und  der  Flachs,  od.  die 
Gerste,  auf's  Feld).  —  Wenn  man  den  Flachs  in  der  Nacht  ganz  nackt 

31* 


» -» 


—  484  — 

säet,  so  wird  er  gut  geraden,  wenn  aber  die  Frau,  während  der  Mann 
säet,  zu  Hause  wäscht,  so  Wird  der  Flachs  missrathen.  —  Den  Flachs 
darf  man  nicht  säen  mit  der  Pfeife  im  Munde,  sonst  wird  er  schwarzfleckig 
(törwa-plekiline).  —  Es  ist  gut  ihn  zu  säen,  wenn  am  Himmel  Wolken- 
streifen sind,  oder  an  einem  Wochentage,  wo  es  im  Herbst  geglatteist  bat. 

Gerste  dagegen  muss  an  einem  Wochentage  gesäet  werden,  wo  im 
Herbst  starker  Reif  gewesen  ist,  und  wenn  man  zur  Zeit  der  Gerstensaat 
einen  Scbweineschwanz  isst,  so  wird  sie  hoch  wachsen. 

Erbsen  wachsen  gut,  wenn  man  beim  Säen  die  ersten  davon  gegen 
Norden  wirft. 

Ist  von  einem  Felde  gestohlen,  so  ist  es  «rikutud»  (verdorben),  d.  h. 
unfruchtbar  geworden.  Um  es  wieder  fruchtbar  zu  machen,  muss  der  Ei- 
gentümer das  in  der  Weihnächte-  oder  Neujahren  acht  auf  den  Boden  ge- 
breitet gewesene  Stroh  (s.  XI)  auf  dem  Felde  verbrennen  oder  dieses  ganz 
nackt  mit  umgekehrter  Egge  und  rückwärts  gebend  eggen. 

In  älterer  Zeit  wurde ,  wenn  nach  der  Saat  längere  Zeit  der  Regen 
aus  blieb,  Geld  und  Getreide  collectirt,  ein  Fass  Bier  dafür  gekauft,  dieses 
aufs  Feld  geführt  und  unter  Beten  und  Singen  aus  getrunken;  etwas  da* 
von  wurde  in  die  Hohe  geworfen ,  damit  so ,  wie  diess  zurück  fiel ,  auch 
der  Regen  kommen  mochte. 

Auf  einem  besäeten  Felde  darf  man  nicht  essen  oder  mit  blossen 
Füssen  geben,  um  nicht  die  Ernte  zu  schädigen. 

Gott  lässt  das  Getreide  jetzt  nicht  mehr  so  gut  wachsen  wie  in  frühe- 
ren Zeiten,  weil  man  jetzt  Alles  aberntet  und  nicht,  wie  sonst,  für  die  Vo- 
gel und  für  die  Armen  etwas  stehen  lässt. 

Wenn  die  Saat  vom  Wurm  beschädigt  ist,  so  muss  man  die  beschä- 
digte Stelle  mit  eingeschlagenen  Pflöcken  eingränzen ,  oder  sie  wird  um- 
gangen von  einem  Manne,  welcher  das  von  der  Menstruation  befleckte 
Kleid  eines  Weibes  trägt  oder  welcher  einmal  von  einer  Schlange  ist  ge- 
bissen worden,  oder  man  macht  von  dem  schwarzen  Rock  eines  lüderlichen 
Weibes  einen  Lockvogel,  wie  ihn  die  Jäger  bei  der  Birkhühnerjagd  ge- 
brauchen ,  darauf  sollen  dann  die  Birkhühner  kommen  und  das  Ungeziefer 
▼erzehren. 


—  485  — 

Ist  das  Roggengras  im  Frühling  von  Schnee  entblösst,  so  darf  man 
Abends  kein  Feuer  auf  machen,  sonst  verdirbt  der  Roggen. 

Soll  der  Roggen  geerntet  werden,  so  muss  man  in's  Kreuz  harnen, 
dann  geht  die  Ernte  gut  von  Statten.  —  Noch  sonst  werden  manche  Ge- 
bräuche beobachtet  in  der  dunkelen  Vorstellung,  dass  dann  die  Ernte  gut 
aus  fallen,  und  das  Geerntete  aus  reichen  werde.  Bei  der  Roggenerate 
geht  der  Hausvater  zuerst  aufs  Feld,  schneidet  drei  Halme  ab,  legt  sie 
um  seine  Hafte  und  spricht  dann ,  mit  der  Sichel  drei  "Mal  auf  den  Boden 
schlagend :  selg  nl  pehmeks  kui  köht  (der  Rücken  so  weich  wie  der 
Bauch).  Nachdem  er  diess  drei  Mal  gethan,  so  dass  es  Niemand  sieht  oder 
hört,  schneidet  er  eine  Garbe,  bindet  sie  und  bringt  sie  «pafsile»  (auf 
die  Stangen  an  der  Decke).  Diese  Garbe,  rehe-papp  (Riegenaufseher)  ge- 
nannt, bleibt  dort  so  lange,  bis  aller  Roggen  gedroschen  ist.  —  Anders 
wo  schneidet  vor  allen  Anderen  erst  der  Hausvater  neun  Garben,  jede  zu 
neun  Handvoll,  welche  zu  einem  besonderen  kleinen  Schober  zusammen 
gestellt  werden.  Nachdem  alles  Andere  gedroschen  ist,  werden  auch  diese 
neun  Garben  gedroschen.  Das  Getreide  wird  sogleich  an  demselben  Tage 
gewindigt  und  zur  Mühle  gebracht.  Wird  das  Mehl  von  der  Mühle  ab  ge- 
holt, so  naht  der  Hausvater  den  Sack  zu  und  bewahrt  ihn.  Aus  diesem 
Mehle  werden  dann  die  Weihnacbtsbrote  gebacken  (vgl.  XI). 

Die  erste  geschnittene  Garbe  darf  nicht  los  liegen  bleiben,  sondern 
muss  sogleich  gebunden  werden,  damit  nicht  den  Schneidenden  der  Rücken 
schmerzt. 

Auf  die  Stelle ,  wo  ein  Schober  errichtet  werden  soll ,  muss  man  vor- 
her harnen,  dann  thun  die  MObse  dem  Getreide  keinen  Schaden. 

Wenn  das  Saatkorn  zum  Darren  und  Dreschen  auf  gesteckt  ist,  so 
hängt  man  eine  Distel  aussen  an  die  Scheunenthür,  dann  soll  das  Getreide 
von  dieser  Saat  eben  so  stark  wachsen  wie  die  Disteln.  In  der  Dresch- 
scheune  (Riege)  selbst  darf  in  dieser  Zeit  nicht  gegessen  werden ,  sonst 
frisst  der  Wurm  nachher  das  Gesaete. 

Wenn  Flachs  nach  einem  Walde  zu  gerauft  wird ,  so  wird  er  schlecht 

und  fault« 

Zur  Zeit  des  Heuaufnehmens,  wo  trockene  Witterung  nöthig  ist,  darf 
man  einen  Rechen  nicht  auf  dem  Rücken  liegen  lassen  mit  den  Zähnen 


ä 


—  486  — 

nach  oben,  denn  so  bittet  er  den  Himmel  um  Regen,  welcher  aoch  nicht 
aus  bleiben  würde. 

Die  Spitze  eines  Heuschobers  darf  man  nicht  nach  Hause  bringen, 
sonst  würde  Heumangel  kommen. 

Wer  im  Sommer  auf  Feld  oder  Wiese  arbeitet,  muss  den  Brotsack 
offen  halten ,  dann  geht  die  Arbeit  besser  von  Statten. 

Wer  Kohl  pflanzt ,  darf  auf  den  Gruss  oder  sonstige  Rede  eines  Vor* 
übergehenden  nichts  erwiedern,  sonst  fressen  die  Raupen  den  Kohl. 

Wer  Bohnen  säet,  muss  ein  Stück  Eisen  auf  der  Brust  tragen,  dann 
schadet  der  Rost  ihnen  nicht. 

•  Wenn  man  Erbsen  säen  will,  so  muss  man  den  Sack,  der  sie  enthält, 
drei  Mal  über  den  Kopf  werfen ,  dann  werden  sie  gute  volle  Schoten  tra- 
gen. —  Erbsen  darf  man  nicht  zwischen  den  Stangen  hindurch  ab  pflük- 
ken,  sonst  kommen  «naelad»  (Nägel),  d.  h.  harte  Körner,  hinein. 

Von  dreier  Herren  Land  gestohlene  Pflanzen  gedeihen  gut.  * 

Wenn  es  hagelt,  so  muss  man  Brotschaufel,  Ofenbesen  und  Ofenkrücke 
hinaus  bringen  und  auf  die  Nordseite  des  Daches-  oder  auf  einen  Zaun  le- 
gen, oder  einen  eisernen  Kochtopf  umgekehrt  auf  den  Rasen  hinaus  stellen, 
dann  zieht  der  Hagel  weiter  ohne  grossen  Schaden  an  zu  richten. 

Wenn  man  einen  Zaun  macht ,  so  darf  man  nicht  versäumen  die  Bin- 
deruthen glatt  ab  zu  hauen,  sonst  verbirgt  sich  der  BSse  darunter,  oder  es 
kommen  starke  Gewitter. 

Zaunstangen  darf  man  nicht  an  nur  einer  Seite  zuspitzen,  sonst  kriecht 
eine  Schlange  daran  hinauf,  zerbeisst  die  Wolkenfäden,  und  die  Wolken 
fallen  herab.  *5 

Zum  Hausbau  darf  man  nicht  Holz  von  zwei  zusammen  gewachsenen 
Bäumen  nehmen,  sonst  wird  das  Haus  verbrennen.  Dasselbe  wird  auch 
geschehen ,  wenn  das  Haus  auf  eine  Wasserader  gebaut  ist.  —  ist  ein 
Haus  ab  gebrannt,  so  baut  man  das  neue  dahin,  wo  schwarze  Ameisen 
sind,  damit  es  nicht  wieder  ab  brenne. 

Um  eine  gute  Stelle  zum  Anbauen  zu  finden  legt  man  zwei  Späne  in 
die  Erde,  und  wo  man  nach  drei  Tagen  rothe  Ameisen  unter  dem  Span 
findet,  da  erbaut  man  das  Wohnhaus,  wo  schwane,  den  Viehstall. 

Unter  das  Fundament  des  Neubaues  legt  man  Geld,  dann  wird  man 


—  487  — 

Glück  im  Hanse  haben.  Zum  Schatz  gegen  das  Abbrennen  macht  man  in 
einer  Ecke  der  ersten  Balkenschicht  ein  Kreuz,  oder  man  legt  in  das  Dach 
einen  Schafskopf. 

Ein  Arbeiter  darf  Abends  nicht  mit  leerem  Brotsack  nach  Hause  ge- 
hen, damit  es  ihm  nicht  ein  anderes  Mal  an  Speise  fehlt;  er  hungert  lieber, 
.   als  dass  das  nothige  Stuck  von  jeder  Gattung  fehlen  sollte. 

Ein  Landmann  darf  nie  mit  dem  Hute  auf  dem  Kopfe  essen ,  wenn 
(beim  Liegen)  nach  der  Seite  seines  Kopfes  ein  Feld  ist,  denn  das  Feld 
wurde  diesen  Mangel  an  Rücksicht  mit  Misswachs  strafen. 

Wenn  ein  Jäger  im  Frühjahr  einen  todten  Frosch  findet,  so  muss  er 
ihn  nach  Hause  nehmen,  trocknen,  zu  feinem  Pulver  zerreiben  und  von 
diesem  Pulver  etwas  zu  sich  stecken,  so  oft  er  auf  die  Jagd  geht,  dann 
wird  er  Gluck  haben. 

Die  beste  Zeit  ein  Netz  auf  zu  schlagen  ist ,  wenn  der  Mond  bei  den 
Plejaden  steht,  oder  am  ersten  und  zweiten  Tage  des  Jahres.  Wenn  wäh- 
rend des  Strickens  ein  Mann  herein  tritt,  so  ist  es  gut,  wenn  aber  ein 
Weib,  nachtheilig,  und  man  muss  dann,  um  den  Schaden  ab  zu  wenden, 
Ton  dem  zuletzt  Gestrickten  ein  Stuck  ab  schneiden  und  in's  Feuer  werfen. 

Will  man  ein  recht  gutes  «maimik»  (Netz  zum  Fangen  kleiner  Fische) 
haben,  so  muss  man  es  an  demselben  Tage,  wo  es  angefangen  wird,  auch 
beendigen  und  dann  noch  denselben  Abend  damit  fischen  gehen.  Wenn 
man  damit  in's  Wasser  geht,  so  muss  man  erst  darauf  harnen.  Das  Holz, 
welches  daran  ist,  muss  von  einem  Kreuzwege  in  der  Nähe  eines  Amei- 
senhaufens gehauen,  der  Stein,  welcher  an  dem  unteren  Rande  hängt,  von 
einem  Brachfelde  genommen  sein. 

Soll  ein  Schiff  gut  und  gluckbringend  werden,  so  muss  man  zum  Kiel 
einen  Baum  wählen ,  auf  welchem  ein  Adler  nistet,  oder  wenigstens  einen 
Baum  dazu  nicht  bei  Nordwind  fallen. 

Einen  reichen  Fang  macht  ein  Fischer,  wenn  er  vorn  in  den  Boots- 
steven  etwas  Quecksilber  giesst. 

Wenn  in  einem  Fischerboot  einer  der  Fischer  einen  Diebstahl  began- 
gen hat,  so  werden  sich  so  lange  die  Netze  immer  verwählen,  bis  der 
Dieb  gefunden  und  bestraft  wird,  denn  ameri  tahab  puhast  ja  selget 
a£ja»  (das  Meer  will  reine  und  klare  Sache). 


—  488  — 

Wenn  Mannspersonen  ihre  Kleider  auf  das  Brotgeschirr  legen,  so 
konrimt  der  Zorn  der  Herrschaft  über  sie. 

Wenn  man  beim  Broteinteigen  trinkt,  so  wird  das  Brot  wässerig,  wenn 
man  sich  kratzt,  so  geht  es  nicht  auf,  wenn  man  fiestet,  so  bekommt  es 
einen  schlechten  Geschmack. 

Wenn  ein  Weib,  welches  seine  Regel  hat,  das  Brot  einteigt  oder  sich 
auf  den  Brottrog  setzt,  so  verdirbt  das  Brot. 

Wenn  beim  Brotmachen  ein  Mädchen  den  Teig  im  Troge  gut  glättet, 
so  bekommt  es  einen  guten  Mann ,  wenn  ein  Weib  beim  Einschieben  die 
Laibe  gut  glättet,  so  bekommt  es  gute  Kinder,  nach  dem  Sprichworte 
«m£s  siletetäs  möhke,  lats  lapjo  päle»  (der  Mann  wird  in  den  Brot- 
trog geglättet,  das  Kind  auf  die  Schaufel). 

Wer  den  Ofen  verschmiert,  muss,  wenn  er  heraus  kommt,  den  Ofen 
küssen,  dann  geben  die  Brote  immer  gut  auf.  Zu  demselben  Ende  muss 
man,  wenn  man  die  Brote  aus  dem  Ofen  nimmt,  immer  etwas  hinein  wer- 
fen und  drei  Mal  mit  dem  Finger  etwas  Wasser  darauf  legen;  das  Letzte 
hat  in  alten  Zeiten  das  Brot  selbst  befohlen. 

Nachdem  das  Brot  aus  dem  Ofen  genommen  ist,  muss  man  aus  Schei- 
ten oder  Spänen  einen  kleinen  Steg  hinein  bauen;  auf  diesem  Stege  wird 
man  dann  nach  dem  Tode  in  den  Himmel  gelangen. 

Wer  beim  Einschieben  des  Brotes  auf  den  Stiel  der  Brotschaufel  tritt, 
der  schiebt  seine  Ehre  in  den  Ofen. 

Wenn  ein  Brot  durch  geschnitten  wird,  so  macht  man  auf  beide 
Schnittflächen  ein  Kreuz,  dann  kann  der  Teufel  das  Ausreichen  nicht  hin- 
dern. 

Brot  darf  man  nicht  mit  der  Schnittfläche  nach  aussen  auf  den  Tisch 
legen  oder  «selja  peale»  (auf  den  Rücken),  d.  h.  mit  der  Schnittfläche  nach 
oben,  sonst  kommt  Brotmangel  in's  Haus. 

Auf  etwas,  das  im  Brote  ist,  darf  man  nicht  zeigen  noch  davon  spre- 
chen, sonst  beschämt  man  das  Brot,  und  es  würde  Einen  dafür  ein  anderes 
Mal  wieder  beschämen,  d.  h.  mangeln. 

Wenn  man  einen  Schleifstein  oder  den  Wetzspan  der  Sense  neben  das 
Brot  auf  den  Speisetisch  stellt ,  so  wird  es  hart ;  auch  die  Milch  verdirbt 
dadurch,  wenn  ein  Schleifstein  in  ihrer  Nähe  ist. 


—  489  — 

Brotschaufel  und  Ofenbesen  darf  man  nicht,  so  lange  sie  noch  warm 
sind,  hinaus  bringen,  sonst  dringt  der  Wolf  in  den  Hof. 

Holz  darf  man  nicht  mit  dem  Gipfelende  voran  in  den  Ofen  oder  unter 
den  Kessel  schieben,  sonst  fahrt  man  mit  dem  Kopf  voran  in  die  Hölle, 
oder  wird  gefangen,  wenn  man  Waldfrevel  begebt. 

Wenn  ein  Feuer  von  selbst  aus  löscht,  so  darf  man  es  nicht  so  stehen 
lassen,  sondern  man  muss  es  wieder  an  zünden  und  dann  aus  loschen,  sonst 
folgt  Unheil,  besonders  Tod. 

Die  Hausfrau  muss  aus  dem  Aschenloch  vor  dem  Ofen  (kolle)  sorg- 
faltig alle  Steinchen  und  allen  Graus  heraus  suchen,  sonst  treiben  sie  das 
Feuer  an  die  Decke. 

Auf  einen  Feuerbrand  darf  man  sich  nicht  setzen,  sonst  beissen  Einen 
die  Hunde  in's  Knie. 

Am  Abend,  wenn  man  schlafen  geht,  muss  man  den  Kienspan  bren- 
nen lassen  «elu  pitkendamizeks»  (zur  Verlängerung  des  Lebens),  oder 
für  die  Jungfrau  Maria,  wenn  sie«  während  Alles  schläft»  kommt  das  Jesus- 
kindlein zu  wickeln. 

Wer  mit  dem  Fusse  in's  Feuer  stösst,  wird  eine  Feuersbrunst  sehen. 

In  einem  Hause  mit  einer  Feuerstelle  (tuli-höne)  darf  man  nicht 
pfeifen,  sonst  geräth  es  in  Brand. 

Ein  Haus,  in  welchem  schon  drei  Mai  Feuer  ausgebrochen  und  wieder 
gelöscht  ist,  wird  nicht  ab  brennen. 

Durch  wen  eine  Feuersbrunst  verschuldet  ist»  nach  dem  wendet  sich 
die  Flamme  hin;  daher  sucht  man  seiner  habhaft  zu  werden,  um  durch 
ihn  das  Feuejr  von  Gebäuden  ab  zu  wenden  und  dahin  zu  richten,  wo  es 
nicht  weiter  um  sich  greifen  kann. 

Vielerlei  Dinge  müssen  beobachtet  werden,  damit  der  Segen  im  Hause 
bleibe  und  nicht  Mangel  eintrete.  Wenn  eine  Hausfrau  für  etwas,  das  aus- 
ser dem  Hause  gearbeitet  ist,  Victualien  zahlt  (Mehl,  Grütze,  Salz  u.  d. 
gl.),  so  muss  sie  von  dem  Gegebenen  immer  drei  Mal  etwas  zurück  neh- 
men. —  Wenn  man  Anderen  Milch  giebt,  so  muss  man  etwas  Salz  hinein 
legen.  —  Wer  Abends  nach  Sonnenuntergang  fegt  und  den  Kehricht  hin- 
aus wirft,  fegt  flies  Gluck  aus  dem  Hause.  —  Draussen  auf  Feld  und 
Wiese  soll  man  nicht  nach  Sonnenuntergang  arbeiten,  das  ist  «tofidi-t5» 


—  490  — 

(Geisterarbeit).  —  Wer  sich  in  der  Badstube  trocknet,  wischt  sein  Glück 
weg.  —  Brot  darf  man  nicht  ans  ungesiebtem  Mehle  machen  oder  unge- 
wogen aus  dem  Hause  geben.  —  Wenn  man  Brot  aus  dem  Hause  giebt, 
gleich  viel  in  welcher  Weise,  so  muss  man  davon  etwas  ab  schneiden  und 
zurück  behalten.  —  Den  letzten  Tropfen  Suppe  darf  man  nicht  aus  dem 
Kessel  schöpfen.  —  Aus  einem  Gefässe  (Sieb,  Pandel  u.  d.  gl.)  darf  man 
nichts  über  die  Verbindungsstelle  des  Umlaufs  giessen  oder  schütten.  — 
Von  einem  Haufen  gewindigten  Kornes  darf  man  Niemandem  etwas  geben. 
—  Während  des  Essens  darf  Niemand  hinaus  gehen ,  sonst  bringt  er  den 
Segen  mit  fort.  —  Wenn  man  in  ein  neues  Gefass  etwas  legt,  so  muss 
man  vorher  ein  Kreuz  hinein  schlagen,  sonst  raubt  der  Böse  das  Gedeihen 
des  daraus  Gegessenen.  —  Damit  die  Milch  gesegnet  bleibe,  darf  man, 
wenn  man  frische  Milch  kocht,  den  Kessel  beim  Abheben  nicht  auf  die 
Erde  stellen,  sondern  man  mnss  etwas  darunter  legen  (ein  Kleidungsstück, 
Stroh  u.  d.  gl.).  Zuerst  giebt  man  dann  davon  einem  Hunde,  darauf  den 
Menschen,  diese  müssen  aber,  bevor  sie  davon  essen,  auf  ein  Messer  beis- 
sen ;  Einige  setzen  dabei  auch  die  Mütze  auf,  damit  sich  viel  Sahne  an* 
setze.  —  Nach  dem  Schlachten  schiigt  man  das  Scblachtwerkzeug  in 
einen  Baum  oder  in  eine  Wand ,  dann  wird  es  immer  etwas  zu  schlachten 
geben. 

Wenn  man,  während  Würste  kochen,  unter  den  Kessel  bläst,  so 
platzen  sie  sogleich ;  wenn  man  dagegen  auf  den  Bügel  des  Kessels  stark 
klopft,  so  bleiben  sie  alle  ganz. 

Wenn  man  Seife  kocht,  und  ein  dazu  Kommender  fragt,  was  gekocht 
wird,  so  darf  man  es  nicht  sagen,  weil  sonst  die  Seife  missrathen  würde, 
sondern  man  muss  antworten:  takku  ködetakse  {es  wird  Hede  gekocht). 

Wenn  zum  Biere  das  Wasser*  gekocht  wird ,  so  darf  man  davon  nicht 
sagen  «wezi  käb»  (das  Wasser  kocht),  sondern  «wezi  mänriib»  (das 
Wasser  spielt) ,  sonst  wird  das-  Bier  zu  heiss  glren ;  repariren  kann  man 
ein  Verseben  in  dieser  Beziehung,  indem  man  kaltes  Wasser  dazu 
giesst. 

Wenn  beim  Buttern  die  Sahne  nicht  zusammen  geben  will,  so  giebt 
man  den  Kuben  die  grosse  Fetthenne  (Sedutn  Telephium  L.)  zu  fressen. 

Wenn  eine  Frau  buttert,  und  plötzlich  Jemand  berein  kommt  and  die 


—  491   — - 

Reifen  des  Butterfasses  von  outen  nach  oben  und  darauf  wieder  von  oben 
nach  unten  zählt,  so  geht  die  Butter  nicht  zusammen. 

Wenn  eine  junge  Frau  zum  ersten  Mal  ihre  neue  Heimath  betritt ,  so 
muss  sie  unbemerkt  die  Balken  an  der  Decke  zählen,  dann  wird  das  We- 
ben darin  gut  von  Statten  gehen. 

Wer  beim  Weben  isst,  bekommt  Läuse  in's  Hemd. 

Wenn  man  die  beim  Kämmen  im  Kamm  oder  in  der  Bärste  zurück 
gebliebenen  Haare  unter  den  Füssen  lässt,  so  wird  man  bald  sein  Kopf- 
haar verlieren. 

Wenn  man  die  Zehen-  und  Fingernägel  beschneidet,  so  muss  man  die 
Schnitzel  in  den  Busen  stecken,  dann  hat  man  am  jüngsten  Tage  keine 
Verantwortung  ihret  wegen.  .Wirft  man  sie  auf  die  Erde,  so  sammelt  sie 
der  Teufel  (wana  tont)  und  macht  sich  einen  Mützenschirm  daraus,  und 
wenn  dieser  fertig  wird,  so  bat  er  wieder  volle  Freiheit  den  Menseben  zu 
schaden ;  hat  man  indessen  vor  dem  Hinwerfen  ein  Kreuz  darüber  geschla- 
gen, so  hat  der  «wana  tont»  keine  Macht  darüber.  —  Andere  sagen, 
die  Nagelschnitzel  von  den  Fingern  müsse  man  in  den  Ofen  werfen,  denn 
die  Finger  seien  «köitjad»  (Fesselnde),  weil  mit  ihnen  mancher  Fliehende 
gefangen  wird,  die  von  den  Zehen  aber  müsse  man  in  den  Busen  stecken, 
denn  die  Zehen  seien  «peaitjad»  (Rettende),  weil  sich  mit  ihrer  Hülfe 
mancher  Flüchtling  seinen  Verfolgern  entzieht. 

Ein  Messer  oder  sonst  etwas  Scharfes  darf  man  nicht  auf  dem  Rücken, 
mit  der  Schneide  nach  oben,  liegen  lassen,  sonst  starrt  der  Böse  den  Men- 
schen an,  oder  der  Wächter  am  Höllenthor  schläft  ein,  oder  es  zerschnei- 
det die  Bande  des  Teufels  in  der  Hölle,  und  das  hat  dann  allerlei  Unglück 
zur  Folge. 

Die  Speise  am  Abend  wird  von  dem  Körper  zur  Kräftigung  verbraucht, 
die  dm  Tage  genossene  wird  wieder  hinaus  geschwemmt. 

Gott  soll  Adam  gefragt  haben,  wie  oft  er  essep  wollte,  ein  Mal  jähr- 
lich, oder  monatlich  u.  s.  w.  Es  blieb  endlich  bei  drei  Mal  täglich  und 
owahe-palukene  kä!»  (ein  Zwischenbissen  auch  noch).  Darüber  haben 
nun  die  Armen  jetzt  noch  oft  zu  klagen. 

Der  Badstubendampf  muss  mit  Ehrerbietung  behandelt  werden ,  damit 


492 


3ai  zqr  wirte:  an  betet  sich  vor  schlechten  Worten  beim  Baden 
mi  ^pim  riß  Emfer  beim  Quasten. 

W»  ji  «er  Bafefcibe  sich  Wanzen  finden ,  so  kommt  diess  daher, 
n&s»  aaa  xnm  Etat  las  Maos  zum  Verstopren  der  .Wände  unter  Wachol- 

W-m  an  EruLK*  fertig  gegraben  ist,  so  wirft  man  sieben  Hände 
5*j:  lineim  ihn  wird  er  gutes  Wasser  haben. 
*  j  Wxs^srmK-^  bt,  da  Boss  man  am  Tage  vor  Neujahr  mit  einem 
incMnuf  ns  einer  Quelle  Wasser  schöpfen ,  und  wo  man  diesen 
*arz  BehsrLetr-  £a  entsteht  eine  Quelle. 


'%>* 


%«■  ai!«  W^Ji^f  eiie  Quelle  reinigen,  so  kommt  Regen. 
W-üb  aaai  mit  einer  Ruthe  auf  den  Boden  schlagt,  so  wird  es  windig. 
Ta  vjjgmt  Seine  her  man  den  Wind  wünscht,  da  hängt  man  eine 
^  mwanTtm  mf  biu  *ier  na  sehlagt  ein  Beil  in  die  Wand,  oder  man  pfeift 

lud  mr. 

Tk^aa  bau  i*a  fcebel  «der  Drehriegel  (pör)  hinter  der  Thor  um- 
ir^uu  su  pralle*  £e  im  Baase  Befindlichen  in  Streit  unter  einander. 

W-jt  s*ut  GeM  uedi  den  Erben  lassen ,  sondern  nach  dem  Tode  noch 
S^artaMr  £1**1  Weflbea  will,  der  vergräbt  es  heimlich  und  spricht  da- 
W    $S  H-«*  w$*ka,  kes  on  pannud  (die  Hand  nehme  es,  die  es  hin 


V*r  £*  Atgea  von  einem  Strömling  isst,  der  •  bekommt  Augen  wie 
4in  IVatefcer»;  «weikezed  silgud»  (kleine  Strömlinge)  ist  ein  Spitzname 
fir  iw  Kader  ein«  deutschen  Gutsverwalters. 

Wer  msthimmehes  Brut  isst,  wird  Geld  finden. 

Weia  man  beim  Knien  den  Strumpf  hinunter  schiebt  und  auf  dem 
******  Kit*  E«gt,  so  wird  das  Gebet  erhört  werden. 

Wer  Kr&e*  aachspottet,  dem  werden  die  Zähne  schwarz  und  schief. 

Em*  Miner  darf  ihre  Schürze,  wenn  sie  zerreisst,  nicht  flicken,  sonst 
mi  die  T*tar  Kderikh. 

Weaa  man  Kgt,  so  rauchen  die  Ohren. 

yXMi  ^Weib  aber  die  Reifen  geht,  womit  man  ein  Geßss  bindert, 


War  ät  Bibel  ganz  bis  zu  Ende  durch  liest,  wird  dumm. 


£-. 


—  493  — 

WeDD  man  einem  segelnden  Schiffe  den  Hinteren  zeig! ,  so  gehl  es 
unter. 

Die  Sackpfeife  ist  vom  Teufel,  die  Violine  von  den  Engeln  erfunden, 
daher  wird  von  den  Strenggläubigen  das  Tanzen  nach  der  letzten  für  we- 
niger sündlich  gehalten. 

Wenn  man  während  der  Predigt  eine  Viehglocke  macht,  so  wird  sie 
einen  guten  Klang  haben. 

Die  Fensler  der  Leichencapellen  werden  darum  vermauert,  damit  die 
dort  Begrabenen,  welche  mit  einander  Karten  spielen,  nicht  heraus  kom- 
men und  die  Lebenden  erschrecken  können. 

So  lange  in  einem  Hause  eine  Leiche  oder  ein  ungetauftes  Kind  ist, 
darf  man  nichts  aus  demselben  weg  geben,  sonst  kommt  der  Böse  dazu. 

Einem  Ante  muss  man,  ohne  zu  fragen,  so  viel  geben,  dass  er  zu- 
frieden ist,  sonst  hilft  die  Arzeuei  nicht. 

Wer  Vater  oder  Mutter  schlägt,  dessen  Hand  wächst  aus  dem  Grabe 
hervor. 

Bei  einer  vorsätzlichen  Tödtung  erbt  der  Mörder  die  Sünden  des  Ge- 
mordeten, welcher  dadurch  selig  wird. 

Viele  Trauungen  und  Taufen  auf  ein  Mal  sind  nicht  gut,  weil  der  Se- 
gen doch  nur  auf  eine  kommen  kann. 

Wer  bestohlen  ist,  bemüht  sieb  etwas  von  dem  Diebe  Zurückgelasse- 
nes zu  finden  und  hängt  es  an  die  Kirchenglocke,  dann  wird  der  Thäler 
bald  offenbar  werden. 

Wer  einen  Felddiebstabl  begebt,  macht  einen  Einbruch  in  Goite.s 
Speicher  und  hat  daher  ausser  der  irdischen  noch  eine  schwere  göttliche 
Strafe  zu  erwarten. 

Wenn  Eheleute  in  einer  Scheidungsklage  begriffet:  sind  und  einTheil, 
von  der  Scheidungssache  sprechend,  die  Hand  auf  die  Schulter  legt,  so 
kann  das  Gericht  sie  nicht  scheiden. 

Wer  im  Gericht  immer  obsiegen  will,  muss  einen  Schlangenkopf  bei 
sich  tragen. 

Bei  einem  Gelage  darf  man  nicht  die  Reste  aus  den  Kannen  zusam- 
men giessen,  sonst  entsteht  Streit  unter  den  Trinkenden. 


—  494  — 

Wenn  bei  einer  Hochzeit  der  Esstisch  nicht  abgeräumt  wird,  so  blei- 
ben die  Gäste  zur  Nacht. 

Geht  ein  Gast  fort  ohne  gesessen  zu  haben,  so  nimmt  er  das  Gluck 
mit  sich  fort. 

Wenn  man  Jemandem  aber  die  Schwelle  etwas  giebt,  so  hat  auch 
der  Teufel  Theil  daran,  besonders  wenn  es  eine  Gottesgabe  ist. 

Wenn  Menschen  sich  über  die  Schwelle  begrüssen,  oder  wenn  Einer 

dem  Anderen  ein  schneidendes  Werkzeug  schenkt ,  so  zerstören  sie  ihre 

# 

Freundschaft. 

Wenn  Jemand  Einem  etwas  Neues  vom  Jahr  schickt,  so  darf  man  das 
Gefass  nicht  leer  zurück  schicken,  sonst  verunglückt  dem  Sender  das, 
wovon  er  geschickt  hat. 

Wenn  man  zum  Hause  hinaus  geht,  so  muss  man  sich  bekreuzigen, 
sonst  kann  Einem  leicht  ein  Unglück  widerfahren. 

Wer  auf  seinem  Gange  zusammen  gebundenes  Stroh  findet  und  es 
auflöst,  befreit  einen  Gefangenen. 

In  den  Spuren  eines  Anderen  darf  man  nicht  gehen;  wer  es  tbut,  in 
dessen  Spuren  geht  wieder  der  Böse. 

Man  darf  auch  nicht  mit  den  Händen  auf  dem  Rücken  gehen,  sonst 
setzt  sich  der  Böse  darauf. 

Wenn  sich  Jemand  auf  einem  Wege  verirrt  hat,  so  muss  er  die  Mütze, 
einen  Strumpf  oder  einen  Handschuh  um  kehren  und  so  wieder  auf  setzen 
oder  an  ziehen,  dann  kommt  er  wieder  auf  den  rechten  Weg. 

Wer,  wenn  er  am  Abend  den  Hahn  zum  ersten  Mal  krähen  hört,  ein 
Kreuz  schlägt  und  spricht  «juroal  iza,  pojake,  püha  waimuke»  (Gotl 
Vater,  Sohn,  heiliger  Geist),  der  ist  sicher  sich  nicht  zu  verirren. 

Wer  am  Morgen  über  einen  Kreuzweg  geht,  der  muss  dasselbe  thun 
und  sprechen,  sonst  würde  der  Teufel  ihm  oder  dem  Pferde  die  Füsse 
halten,  dass  er  picht  weiter  könnte.    * 

Wenn  es  blitzt,  so  muss  man  es  eben  so  machen,  dann  wird  Einem 
das  Gewitter  nicht  schaden. 

Wenn  man  beim  ersten  Male,  wo  man  gewittern  hört,  drei  Purzel- 
bäume schlägt,  so  wird  Einem  später  bei  der  Ernte  der  Rücken  nicht 
schmerzen. 


—  495  — 

ß 

9 

Wer,  wenn  er  im  Frühjahr  zum  ersten  Mal  den  Kuckuck  hört,  gerade 
Geld  bei  sich  hat,  damit  dem  Vogel  entgegen  klimpert  und  sagt  «sieh, 
goldeqer  Kuckuck,  ich  habe  Geld  genug»,  der  wird  das  ganze  Jahr  hin- 
durch immer  Geld  haben,  wer  keines  bei  sich  hat,  dem  wird  es  das  ganze 
Jahr  daran  fehlen. 

Manches  noch  wird  nach  Tradition  auch  beobachtet,  wohl  immer  um 
etwas  Gutes  zu  erlangen  oder  etwas  Schlimmes  ab  zu  wenden,  aber,  wie 
es  scheint,  schon  ohne  klare  Vorstellung,  worin  diess  Gute  oder  Schlimme 
bestehen  soll.  So  darf  ein  Weib,  besonders  zur  Nachtzeit,  nirgends  ohne 
Mütze  oder  Haube  gehen,  und  wenn  diese  gerade  nicht  zur  Hand  sind,  so 
muss  sie  wenigstens/ um  nicht  barhäuptig  zu  sein,  das  Ende  ihres  Gurteis 
auf  den  Kopf  legen»  —  Wenn  man  zum  h.  Abendmahl  geht,  so  muss  man 
Handschuhe  an  haben  und  die  rechte  Hand  vom  Altar  ab  kehren.  —  Eine 
Weibsperson,  welche  ihre  Regel  hat,  darf  nicht  in  die  Kirche  gehen.  — 
Wenn  man  die  Kirchenglocken  läuten  hört,  so  schlägt  man  an  die  Brust 
und  biegt  die  Knie.  —  Den  Verkauf  von  Thieren  nimmt  man  am  liebsten 
an  einem  Werkeltage  vor  und  bei  Westwind. 

Noch  vieles'  dem  Wesen  nach  wohl  ebenfalls  hieher  Gehörige  findet 
sich  auch  in  vorhergehenden  Abschnitten,  namentlich  XI,  wenn  das  Vor- 
genommene in  dem  besonderen  Tagen  zugeschriebenen  Einflüsse  seinen 
Grund  hat,  auch  IX,  XU.  XIII,  XIV,  XV. 


Berichtigungen. 


9  Z 

.    2  v.  u.  I.  übe  st.  libbe. 

18  i 

9  >  »1.  keägi  st.  kejlge. 

21   . 

4  i  »  1.  süf  st.  sur. 

22  . 

13  »  »  1.  nichts  st.  Diebs. 

34  , 

6  1.  eines  St.  eiuas. 

43  . 

16  v.  u.  1.  selbst  st.  selbst. 

48  . 

12  ■  >  fehlt  eine  Klammer. 

53  . 

4  >  >  1.  killt  st.  käut. 

5S  . 

3  ■  •  1.  Schläge  st.  Schlüge. 

58  . 

5   1.  Bidet  st.  Heilet.   . 

59  . 

3  1.  pöhjast  st.  pobjast. 

81   . 

11   I.  7-ii  machen  st.  zumachen. 

91  » 

9  ?.  u.  1.  S  st.  0. 

127  . 

12  1.  wett  st.  wet. 

. 

15  v.  n.  nach  amehe»  und  «Mannes»  1.  «od.   inaja»  und 

■  od.  des  Hauses». 

129  ■ 

7  !.  natnkene  st.  uatukeae. 

180  » 

1  1.  vor  finden  st.  vorfinden. 

224  ■ 

1  1.  kingi  st.  kirjgi. 

278  . 

7  v.  u.  1.  der  sl.  dem. 

285  • 

5  1.  ein  st.  eine. 

286  • 

10  t.  u.  st.  nsäze-waks»  und  «raud-sild»  wiire  wohl 

gemessener  nsäzi-waks»  und  «raud-slild»  (vgl.  das 

Wörterbuch). 

. 


S.  290 
291 
293 
310 
375 
379 
396 

399 
406 
412 
415 
426 
455 


Z. 


0 


8  v.  u.  1.  waäkses  st.  waskses. 

5  1.  teeme  st.  teme. 

16  1.  waäksed  st.  wasksed. 

10  v.  u.  1.  Trauerhaus  zurück  st.  Trauerhau  siurück, 

9  »  >  1.  Polygala  st.  Polygola. 

6  1.  hohlen  st.  holen. 

7  1.  niesen  st.  niessen. 

15  v.  u.  1.  an  st.  au. 

8  st.  söiman  vielleicht  richtiger  sönan. 
S  1.  Theerstumpfen  st.  Theerstumpfen. 

8  v.  u.  1.  emandakezed  st.  emandakzed. 
5  »  »  1.  lfttte  st.  läte. 

9  •  »  I.  trugen  st.  tragen. 

16  »  »  1.  sogleich  st.  segleicb. 


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