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EHRTEN
VOR
1
Dr. F. J. Wiedemann,
ord. Mrtgliede der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
Der Akademie vorgelegt am 30. Sept. 1875.
S*- PETERSBURG, 1876.
Commifsionire der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
04. Petersburg In Kl«a In Mcmmi In I*el»»l«
gggers et Co., H. Schmitzdorff, N. Kymmel; M. 1. Bjeloi; Leopold Voss.
J. lssakof und A. Tscherkessof; ___
Preis: 1 Rah. 90 Cop. = 6 Mark 30 Pf.
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Dr. F. J. Wiedemann.
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Der Akademie vorgelegt am 30. Sept. 1
S1- ft.THlSIHBi;, 1876.
cof»°"Mione« der Kiiierllcnen Akademie der Wisienaehin
... „rs • • Co.HS.ha,il,dorfl, N I,..,|: M. I. Bj.Ioi- L,
S5ISI.« «■«•* Taeb.rk..,.,; _
Preis: 1 Hub. 90 Cop. = 6 Mark 30 Pf.
Gedruckt auf Verfügung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
März 1876. K. Wessdowsky, beständiger Secretär.
Buchdruckerei der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften.
(W.-O., 9. L., M 12.)
I
%
t
Vorwort.
Während der zwölf Jahre, wo ich mit der Sammlaug
des Stoffes für mein Wörterbuch und meine Grammatik
der ehstnischen Sprache beschäftigt war, hatte ich Gele-
genheit noch manches Andere Ober die Ehsten zusammen
zu bringen aus ihrem inneren und äusseren Leben, wie
Sprichwörter und sprichwörtliche Redensarten, Räthsel,
Spiele, Gebräuche bei verschiedenen Vorkommnissen und
Geschäften des häuslichen Lebens, eigenthümliche und
abergläubische Vorstellungen von verschiedenen Dingen,
Zauber- und Geisterglaube u. d. gl. Einen wissenschaft-
lichen Werth erlangt so etwas freilich erst durch com-
parative Bearbeitung, allem der Umstand, dass ich selbst
zu einer solchen mich nicht competent fühle, schien mir
doch noch kein genügender Grund zu sein meine Samm-
lungen ganz zu unterdrücken, da Anderen, die auf diesem
Arbeitsfelde besser heimisch sind, durch die Herausgabe
ein, wie ich hoffe, nicht unwillkommener Arbeitsstoff ge-
boten wird. Ich gebe also hier, was ich habe, als ganz
1 l £
IV
anspruchloses Material, Anderen die Verwerthung dessel-
ben überlassend.
Etwas nach allen Richtungen hin Vollständiges zu
• *
geben, bin ich weder Willens noch im Stande gewesen.
Gedruckte, leicht zugängliche Werke, deren Titel schon
anzeigt, dass ihr Inhalt etwas von dem hier Gebotenen
enthält — wie etwa die ehstnischen Volkslieder von H.
Neus, die neue und vermehrte Auflage des alten Boeder
über den Aberglauben der Ehsten von Dr. F. Kreutz-
wald, die mythischen und magischen Lieder der beiden
Genannten *) — habe ich nicht wieder aus schreiben mö-
gen; ich gebe, was ich durch schriftliche oder münd-
liche Mittheilung selbst erfahren, nur von Sprichwörtern
und ßäthseln habe ich Alles zusammen gestellt, was ich
irgend wo fend2), sonst aber habe ich früher schon Ge-
drucktes nur dann mit auf genommen, wenn es in Zeit-
oder »anderen Schriften verstreut war, die entweder nicht
1) Das neueste hieher Gehörige, die reichhaltige Sammlung von dem Ober-
lehrer Holzmayer in Arensburg, ist nicht als besonderes Werk erschienen, son-
dern bildet unter dem Namen «Osiliana» das zweite Heft im VII. Bande der «Ver-
handlangen» der gelehrten ehstnischen Gesellschaft in Dorpat.
2) Nor gar zu Obscönes ist weg geblieben, jedoch habe ich geglaubt mich
bei der Beurtheilung, was zu dieser Kategorie zu rechnen sei, auf den Standpunkt
des Ehsten stellen zu müssen, welchem die Dinge bei ihrem Namen zu nennen,
noch nicht immer gerade für obscön gilt. — Eine wahrend des Druckes meiner
Arbeit erschienene kleine Sprichwörtersammlung (Üks kubu wanu SÖnu ja
Wanu könekombeid, TartUS 1875) von V. J. Stein habe ich nicht mehr
benutzen können; der Verlust ist dabei indessen nicht gross und beträft' nur
einige wenige von den durch den Verfasser solbBt aufgezeichneten dörptehstni-
schen Sprichwörtern, der bei weitem grösste Theil, die revalehstnischen, ist, wie
in dem Vorwort angegeben wird, einer handschriftlichen Sammlung des Dr.
Kreutzwald entnommen, die ich schon vor längerer Zeit ebenfalls habe be-
nutzen können, und der grösste Theil auch der dörptehstnischen ist revalehst-
nisch in meiner Sammlung ebenfalls zu finden.
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IL.
so leicht Jedem zur Hand sind, oder wo man dergleichen
vielleicht auch nicht gerade suchen mag. Eben so we-
nig aber habe ich mich ängstlich bemüht, «früher schon
bekannt Gewordenes zu vermeiden und aus meinen eige-
nen Sammlungen jedes Einzelne darauf zu prüfen, ob es
nicht etwa vorher schon von einem Anderen publicirt war,
und in diesem Falle dann weg zu lassen. Ich gebe ein-
fach das mir Vorgekommene, und es mag früher Publi-
cirtem zur Bestätigung, wenn nicht mehr zur Ergänzung
dienen.
Es bedarf wohl kaum der Erinnerung, dass so man-
cher Aberglaube, wenn auch in der Präsensform hier da-
von berichtet wird, bei der durch den erfreulichen Auf-
schwung des Schulwesens immer weiter und tiefer in das
Volk dringenden Bildung1), jetzt in vereinzelte, dunkle
Schlupfwinkel zurück gedrängt ist, aus welchen er sich
nicht mehr an's Tageslicht heraus wagt, oder auch schon
ganz antiquirt ist; für die vergleichende Ethnographie
bleibt es aber am Ende ziemlich gleichgültig, ob diese oder
jene Eigentümlichkeit 'eines Volkes auch in der Gegen-
wart noch fort existirt oder schon der Vergangenheit an-
heim gefallen ist, und eben so, an welcher Stelle des
1) Es giebt in Ehst- und Livland schon eine Menge Engten als Beamte,
Aerzte, Prediger, Lehrer an niederen und höheren Schulen, und es ist voraus zu
sehen , dasa diess immer mehr der Fall sein wird in dem Maasse als der zuneh-
mende Wohlstand es immer mehr jungen Ehsten ermöglicht die höheren Schulen
und die Universität zu besuchen, was sie bei der Genügsamkeit des finnischen
Volksstammes und seinem zähen Festhalten an dem einmal Vorgenommenen
leichter durchsetzen als' Leute anderer Nationalität. — Gerade das schnelle
Schwinden des Aberglaubens und der alten Gebräuche und Erinnerungen ist mir
als eine Mahnung erschienen, das mir noch Erreichbare davon zu sammeln und zu
fixiren.
t
VI
Landes oder in welcher Ausdehnung sie steh etwa noch
vorfindet. ;.,- A.
Sehr sia$wierig war die Anordnung des aus unzähli-
gen J2inzfelnheiten bestehenden Stoffes, und ich verzichte
von vorn herein auf die Hoffnung es darin Allen recht
gemacht zu haben. Nach den Ueberschriften scheinen
die letzten Abschnitte allein vom Aberglauben zu han-
deln , und doch ist nicht zu läugnen, dass auch in den
vorhergehenden viele Meinungen und Gebräuche auf
Aberglauben beruhen; ich habe eben versucht auch die
abergläubischen Vorstellungen zu grüppiren nach den
Gegenständen , auf welche sie sich beziehen , oder nach
den Zeiten und Gelegenheiten, bei welchen sie sich gel-
tend machen. Manches kann auf diese Weise zu mehr
als einer Stelle berechtigt erscheinen, und findet sich
vielleicht nicht gerade an deqenigen, wo es dieser oder
jener Leser zu finden erwartet; Einzelnes ist $uch wohl
an mehr als einer Stelle erwähnt.
Ich bin bei der Abfassung auch dieser letzten die
Ehsten betreffenden Schrift, wie beiden beiden ihr voran
gegangenen, durch freundliche Mittheilungen unterstützt
worden, so besonders von den Herren Propst Fick,
Pastor Hurt, Lehrer Kallas, Doctor Kreutzwald und
Pastor Sengbusch, denen ich mich gedrangen ftthle
hiermit öffentlich meinen verbindlichsten Dank zu sagen.
INHALT.
Seite.
L Sprichwörter and sprichwörtliche Redensarten, Sentenzen,
geflügelte Worte 1
II. Umschreibende, bildliche und verblümte Bezeichnungen und
Redensarten 211
lil. Sprichwörtliche Vergleichnngen 240
IY. Wünsche, Verwünschungen, Betreuerungen, Spitznamen. . 257
V. Räthsel 261
VI. Deutungen von Vogelstimmen und anderen Lauten, Buch-
staben 295
VIL Spiele 297
Vin. Gebräuche bei Vorkommnissen des Familienlebens . . . 307
IX. Haushalt, a) Regeln und Gebräuche 330
b) Omina für den ländlichen Haushalt .... 334
X. Witterungsomina 337
XI. Bedeutung gewisser Zeiten und Tage im Jahr und was an
denselben gethan oder unterlassen werden muss . . . 342
XU. Heilmittel, natürliche und sympathetische 372
XIII. Zauber und Mittel dagegen 388
XIV. Heilige und bedeutungsvolle Stellen, Opfer und Gebräuche
bei denselben 409
XV. U ebermenschliche, Wesen 417
XVI. Abergläubische Vorstellungen von natürlichen Wesen und
Naturerscheinungen 446
XVII. Abergläubische Vorstellungen, von Andeutungen dessen, was
geschieht oder geschehen wird (Omina, Orakel) . . . 459
XVni. Verschiedene abergläubische Gebräuche und Vorstellungen
von Ursachen und Wirkungen 471
L Sprichwörter und sprichwörtliche Bedensarten,
Sentenzen, geflügelte Worte.
Manches hiefaer Gezogene werden Andere vielleicht auch in einem
der beiden folgenden Abschnitte besser untergebracht meinen als hier, und
umgekehrt. Die einzelnen Sätze sind nach dem ersten Worte alphabetisch
geordnet, und auch in den folgenden Wörtern ist diese Ordnung im Ganzen
beobachtet, doch sind, um zu zahlreiche Wiederholungen zu vermeiden, so
viel wie möglich die Varianten eines und desselben Sprichworts zusammen
gezogen, indem Wörter, welche auch fehlen können, eingeklammert, son-
stige kleine Abweichungen zwischen Kommaten mit einem «od.» beigerügt
sind, z. B. lötus on (kä) hea mes st. lötus on bea mos und lötus oü
kä hea mos, — mis süle wöetakse, od. suhu pistetakse, so ep ole
wargas st. mis suhu pistetakse so ep ole wargus und mis sule
wöetakse, se ep ole wargus, — mine otsi (sa) önne, kui önn ei
otsi sind, od. sind ei otsi st. mine otsi önne, kui önti ej otsi sind
and mine otsi önne kui örin sind ei otsi , oder mine otsi sa Önne,
kui Öün ei otsi sind und m. o. s. ö., kui öün sind ei otsi. Bei dem
Anfaogsworte ist von dieser abgekürzten Schreibweise naturlich nur dann
Gebrauch gemacht, wenn die Varianten, vollständig ausgeschrieben, un-
mittelbar auf einander folgen wurden, wie lubaja (od. lubadus) bea
mos, kinäi-pidaja wöl parem st. lubadus hea mos, kinni-pidaja
wöl parem und lubaja hea mes, kinni-pidaja wöl parem.
Habe kaswab klrem kui aru, od. möistus — der Bart wachst schneller
als der Verstand.
i
habe mehe au — der Bart ist des Mannes Ehre.
habe mehe au, kübar mehe körgas — der Bart ist des Mannes Ehre,
der Hut des Mannes Hoheit,
habe mehe au, nina mehe körgus, titt mehe tigu — der Bart ist
des Mannes Ehre, die Nase des Mannes Hoheit, der Penis des Mannes
Schande,
habe on mehe au, naene mehe nöji — der Bart ist des Mannes Ehre,
das Weib des Mannes Werkzeug,
habe on wana tadi ilu — der Bart ist des alten Vaters Zier,
habene' mehele auw, kfipär mehele köfjus (d) s. 3.
abi ajast, wari worgust — Hülfe vom Garten, Schutz vom Netze (als
Subsistenzmittel).
abi-elu-rahwas on teine tejzele abiks lödud, ei mitte teine tejzele
orjaks pandud — Eheleute sind einander zum Beistand geschaffen,
nicht Eins zum Sclaven des Anderen gesetzt,
abi-eluse andmine so on jumalast, ei so ole inimestest — das Ehe-
schliessen ist von Gott, nicht von den Menschen,
adwokati tint ei kifjuta muidu, kui pead höbe-walget sisse wis-
kama — des Advokaten Tinte schreibt sonst nicht, als wenn du Sil«
her hinein wirfst,
aeg aitab af stida, od. parandada — die Zeit hilft heilen,
aeg ajtab konna mättale ja kehwa palukezele — die Zeit verhüll
dem Frosch auf den Rasenhügel, dem Armen zu einem Bissen,
aeg annab abi — die Zeit giebt Hülfe,
aeg annab arutust — die Zeit giebt Aufklärung,
aeg annab hejid nöuu — die Zeit giebt guten Rath.
aeg jahutab tuska ja kustutab wiha tuju — die Zeit beschwichtigt
Aufregung und tilgt zornige Laune,
aeg kozutab, od. kaswatab, hawad, aga jätab afmid — die Zeit heilt
die Wunden, aber lässt die Narben davon zurück,
aeg kölitab inimest — die Zeit schult den Menschen,
aeg kujwatab Märja-mS ja pillutab pizarad — die Zeit trocknet die
Gotteserde und vertreibt die Thränen.
aeg küpsetab a$ju - die Zeit reift die Dinge.
aeg läheb päew päewalt kibedamaks, od. halwemaks — die Zeit
wird von Tag zu Tage schwerer, od. schlimmer.
aeg l&heb wanemaks , ega mejegi nöremaks — die Zeit wird älter
auch wir werden nicht junger.
aeg löpetab lejna p&jwi — die Zeit macht ein Ende den Trauertagen.
aeg on önne azutaja — die Zeit ist die Begründerin des Glückes.
aeg öpetab ehk aTbi targemaks — die Zeit macht auch wohl den Uro-
ren kluger.
aeg parandab köik pajzed — die Zeit heilt alle Schwären.
aeg wöidab wlmaks waenu — die Zeit überwindet endlich die Feind-
schaft.
a$ga ei wöi rahaga osta — Zeit kann man nicht für Geld kaufen.
aega korel kölda, kuüni so sulab — bis der Sumpf aufthaut, hat der
Kranich Zeit zu sterben.
aega möda a&ja lejad — mit der Zeit findet man die Sache.
aega möda aSjad kaunid (rutu tehtnd pilla palla) — mit der Zeit
sind die Dinge schön, das schnell Gethane ist unordentlich.
aega möda a£jad käiwad — mit der Zeit gehen die Dinge.
aega möda azi parem — mit der Zeit ist die Sache besser.
aegutaja ka££i suhu ei jökse mitte hlred — in den Mund der gäh-
nenden Katze laufen die Mäuse nicht.
baganik lejwa jätku, humalik ölle jfttku, od. liza — die Strohscheune
des Brotes Aushülfe, der Hopfengarten des Bieres Aushülfe.
haganik on kewadine leiwa-kirst — die Strohschenne ist im Frühjahr
der Brotkasten.
haganik peab kehwa aitama — die Strohscheune muss dem Armen
helfen.
ahi ahne, pada, od. potä, n§|d - der Ofen ist habsüchtig, der Kochtopf
ein Zauberer (von Schlemmern).
ahi ei hakka sinn öst astuma , pead izö minema - der Ofen wird
für dich keine Schritte machen, musst schon selbst gehen.
ahju-röp naerab seäüi kana tnld, k^ ta ize kognni pölend on —
die Ofenkrücke spottet so lange des Feuers, bis sie selbst ganz ver-
brannt ist.
l*
ahju taga laiza peza, od. aze — hinter dem Ofen ist des Faulen Nest,
od. Stelle.
ahju tehakse söja pärast tuppa — den Ofen macht man der Wärme
wegen im Zimmer.
ahne köht ei sä ial täii — des Habsüchtigen Magen wird nie voll.
ahnus ajab,od. lQkkab, auku — Habsucht treibt, od.stösst, in die Grabe.
ajdaku Jamal andjaks, aga mitte otsijaks — Gott helfe ein Geber zu
werden, aber nicht ein Sucher.
ajgo piti aija' käüwä' (d) — mit der Zeit gehen die Dinge.
haigus läjnd sQst sisse — die Krankheit ist zum Munde hinein gegan-
gen (v. Betrunkenen).
haigas on surma käsk, od. sönum — Krankheit ist des Todes Bote, od.
Botschalt.
haigus södab ja jödab — die Krankheit speist und tränkt (man empfin-
det nicht Hunger od. Durst).
haigus södab küll, aga ej lihuta — die Krankheit speist wohl, aber
sie macht nicht feist.
hgigus tqjdab ize — Krankheit nährt selbst (erspart die Nahrung).
ajt täte haganaid, saTw taiz samblajd — die Vorratskammer voll
Stroh, der Kornkasten voll Moos (zur Zeit des Mangels).
ajta ize ennast, sls aitab kä Jamal — hilf dir selbst, dann hilft auch
Gott.
aitjumal afidjaie, ka&i-sitta kandjale — Gotteslohn dem Geber,
Katzendreck dem Träger,
ajtüma, anna wöl — habe Dank, gieb noch mehr,
aitüma est hea küll — Tür einen Gotteslohn gut genug,
ytüma nurga nukerdaja, kiwi kikerdaja - habe Dank Reiber der
Ecke, Heber des Steins (sollen die gebadeten Kinder sprechen),
aja härjad möjza mölemad, sls kohus koera perses — treibe die
Ochsen beide auf den Herrenhof, dann ist die Gerechtigkeit im Hintern
des Hundes (d. h. es ist keine Bede davon),
aja kqer huüdi-karja, s$al ta läheb kiskujaks - treibe den Hund in
eine Wolfsherde, dort wird er reissend,
aja sitt, od. söge, aäjale, karga ize kannule - treibe einen Nichts-
nntzigen, od. Blinden, zu einer Sache, so musst du ihm selbst auf den
Fersen nachlaufen.
aja tfihi koft pü$ti , kae, kas sejzab — stelle einen leeren Sack auf-
recht, siebe, ob er wohl steht.
ajata ej sä a£ja ajada — ohne Zeit kann man nicht eine Sache betreiben.
hakka enne öppima, kui lähed öpetama — fange erst an zu lernen,
bevor da lehren willst.
hakka esmalt oma nina otsa — fasse zuerst an deine eigene Nase.
hakka kana 8s kummardama, sIs hfippab kana kukla p^ale —
fange nur an vor einem Huhn dich zu bücken, so springt dir das Huhn
auf den Nacken.
hakka peast kinni, sls jöuad sawani — fasse beim Kopfe an, dann ge-
langst du bis zum Schwänze. *
halb kapp hajzeb — schlechte Waare stinkt.
haledus ajab silmad pajzuma — Mitleid macht die Augen schwellen.
hall pea kizub haua pole — ein grauer Kopf zieht nach dem Grabe zu.
halTi pead auusta, kulu-pead kummarda — einen grauen Kopf ehre,
vor einem weissen Kopfe bücke dich.
hamba-halu ja warba-walu kurat izegi ei wöi kannata — Zahn-
schmerz und Zehenschmerz kann der Teufel selbst nicht ertragen.
ameti-mehele läwa' iks naize' näbren ja abi-käza' karaten (d) —
zu einem Geschäftsmann gehen immer die Weiber zum Besuch, und
die Ehefrauen laufen ihm zu.
ammet ej kfizi (kellegi käest) leiba — ein Amt verlangt von Nieman-
dem Brot.
ammet ei teuta möst, kui mos ammetit ej teuta — das Amt schän-
det den Mann nicht, wenn nur der Mann das Amt nicht schändet.
ammet köjk, mis leiba annab — ein Amt ist Alles, was Brot giebt.
ammet-mös ajuti, kaup-mös korrati, pöllu-mös pöline rikas — ein
Handwerker ist zu Zeiten, ein Kaufmann dann und wann, ein Ackers-
mann beständig reich, od. kürzer ammet-mes ajuti rikas, pöllu-
mös pöline rikas.
ammet-mSs leiab igas paigas oma leiba — ein Handwerker findet
fiberall sein Brot.
— 6 —
ammetil on kuld-pöhi all — ein Handwerk hat einen goldenen Boden,
hand haljas, pä paljas (d) — der Schwanz grün, der Kopf kahl,
andis köik ära, nüd wätab ize üle künte — er hat Alles weg gege-
ben, nun sieht er selbst aber die Nägel hin (vgl. sörmed jäwad etc.).
atidja hea mes, taga-ajaja paha mos — der Geber ist ein braver
Mann, der Einforderer ein böser Mann,
andja tüdib, millal tahtja, od. säja, tfldib? — der Geber wird müde,
wann ermüdet der Wollende, od. Bekommende,
haned lähewad, hallad käiwad, luiked lähewad, lumi tuleb — die
Gänse gehen fort, es fällt Reif, die Schwäne gehen fort, es kommt
Schnee (Witterungsregel),
anna aega, aeg annab kä head nöuu — gieb Zeit, die Zeit giebt auch
guten Rath.
anna azet armule, sis ei satu kurjale — gieb Raum der Liebe, so
fällst du nicht in Böses,
anna auu fllemale ja wanemale — gieb Ehre dem Höheren und A ei-
teren.
anna ära antud, murra muialt töutud — gieb weg das Gegebene,
brich das anders woher Versprochene,
anna ikka ofjale, sis ori annab kä härjale — gieb immer dem Knecht,
denn giebt der Knecht auch dem Ochsen.
anna kuratile lnba kiriku minna, tema kipub kantslile, od. t. läheb
kär-kambri — erlaube dem Teufel in die Kirche zu gehen, er will
auch auf die Kanzel, od. er geht auch in die Sacristei.
anna kuratile ölut, tema söb raba — gieb dem Teufel Bier, und er
isst Traber.
anna kuratile sorme ots, tema wötab käpa — gieb dem Teufel eine
Fingerspitze, und er nimmt die Hand,
anna lapsele armu ja hirmu — gieb dem Kinde Liebe und Furcht,
anna naize jalga pflksa ja käi ize püksata — gieb dem Weibe Hosen
und' geh selbst unbehost.
anna hobasele sfia, kui tahad söita — gieb dem Pferde zu fressen,
wenn du fahren willst.
anna hobusele süa, sls e) ole suga tarwis — gieb dem Pferde z;u
fressen, dann ist kein Striegel nöthig.
anna omast käest ja ela wörast wäest — gieb aus der Hand, und
lebe von fremdem Vermögen.
anna perse teizele, situ ize läbi kfille luie — gieb den Hinteren
einem Anderen, und seh.... dann selbst durch die Rippen.
anna piTT hullu kätte, hüll ajab piffi löhki — gieb die Sackpfeife
einem Narren, der Narr macht die Pfeife bersten.
anna sls koerale süa, kui koer karjale läheb — gieb dann dem
Hunde zu fressen, wenn er in die Hütung geht.
anna üks hiukse-karw kuratile, sls kizub ta köik su pea otsast
Sra — gieb dem Teufel ein Haar, so reisst er dir den ganzen
Kopf ab.
annab Jamal ammeti, sls ta annab seks kä möistust — giebt Gott
ein Amt, so giebt er dazu auch Verstand.
annab Jamal lapsi, sls ta annab laste leiba — giebt Gott Kinder, so
giebt er Brot Für die Kinder.
annab Jamal wörajd, sls ta annab kä wöraste wara — giebt Gott
Gäste, so giebt er auch den Tür die Gäste nothigen Vorrath.
annad ohjad kurja kätte, läheb hobu höpis metsa (pt) — giebst du
die Zügel in die Hand des Bösen, geht das Pferd ganz davon.
hapud ounad peawad kä säma ära södud — die sauren Aepfel müs-
sen auch gegessen werden.
harak ei sita kunagi oma hanna päle — die Elster seh.... nie auf ih-
ren eigenen Schwanz.
harakas on alati sea seljas, ej näe kögi; hunt on üks kord, köik
karjawad — die Elster ist immer auf des Schweines Rücken, Nie-
mand sieht es; der Wolf ist es ein Mal, Alle schreien.
arg koer hoiab nahka — ein furchtsamer Hund behütet sein Fell.
argas ajab jänese pakku — Furchtsamkeit treibt den Hasen in die
Flucht.
argas annab jänese jalgadele tuld — Furchtsamkeit giebt den Füssen
des Hasen Feuer.
Hafju harakas, Wiru wirukas, od. wares, Line lttTT, Järwa
— 8 —
junn — harrische Elster, wierischer Langer, od. Krähe, wiekischer
Tölpel, jerwischer Knirps (Spitznamen),
harjutus tob hafj umist — Gewöhnung bringt Gewohntsein.
arm möub enam kui hirm — Liebe dringt mehr ein, vermag mehr, als
Furcht. 4
armas laps, kibe wits — liebes Kind, scharfe Ruthe.
armastus ei pari astaid taga — Liebe fragt nicht nach den Jahren.
armastus sflnnib armastuzest, ja kes teist uzub, seda ustakse kä —
Liebe erzeugt Liebe, und wer Anderen traut, dem traut man auch.
armul ep ole pöhja — Liebe hat keinen Grund, ist unergründlich.
haru-külalist armsaste peetakse — einen seltenen Gast hat man gern.
arwab sawi saiaks ja sab petetud — er hält Lehm Tür Weissbrod und
wird betrogen,
barwaste astub önn taluse, sagedamaste kabi kfilase — selten tritt
das Glück in einen Bauerhof, häufiger ein Schaden, od. ein Festtrunk,
in ein Dorf,
barwaste tuleb ühest a&jast önnetus — selten kommt Unglück von
einer Sache her.
harwaste waene-laps punaseks sab, ja siski seda ej safEta — sei-
ten wird ein Waise roth, und dennoch duldet man es nicht.
harwaste waezel-lapsel palged punased, kui silmad pizaras — sel-
ten sind dem Waisenkinde die Wangen roth, wenn die Augen voll
Thränen sind.
harwemaste waezel-hpsel palged punased, kui silmad -pizaras —
seltener sind an einem Waisenkinde die Wangen roth, als die Augen
in Thränen.
ask inimene wötab teize tö teu, leiwa jätku ja k§jk, mis ta näeb,
ära — der missgünstige Mensch nimmt den Ertrag der Arbeit, das
Brot des Anderen und Alles, was er sieht, weg.
astub nenda, et täi jala alla ei sure — er tritt so, dass eine Laus un-
ter fem Fusse nicht stirbt (so leise oder so schnell).
hata kälah ei pfizi worsti' (d) — an dem Hals einer Hündin bleiben
die Würste nicht lange.
au ajab augu perse — die Ehre macht ein Loch in den Hinleren, d. h.
bringt Nachtheil,
au ei täida köhtu ega kata perse paljust — Ehre füllt weder den
Magen, noch deckt sie die Blosse des Hinteren,
au maksab raha — Ehre kostet Geld.
au olgu sulle, häbi olgu mulle — die Ehre sei dein, die Schande mein,
augu körwast on terwe — neben dem Loche ist es heil (scherzhafter
Trost),
augutezega kinni wöetakse, kannustega söidetakse — mit Lockfatter
wird es eingefangen, mit Sporen geritten,
hauka pezä wären kana' ej sigine (d) — neben dem Nest des Habichts
gedeihen die Hühner nicht,
haukujad koerad ei hammusta — bellende Hunde beissen nicht,
auu ej anta a$jata, ega tarkust tazuta — Ehre wird nicht ohne Grund
gegeben, noch Klugheit umsonst,
raus laps nutab, od. istub, ahju peal, wäfdijas (nutab) wärawa
taga — das echte Kind weint, od. sitzt, auf dem Ofen, der Bastard
hinter der Pforte,
auus mos nahes, keim küldes — ein ehrlicher Mann, wenn man ihn
sieht, ein Schelm, wenn man ihn hört.
auus silma 8s, keim selja taga — ein ehrlicher Mann vor Augen, ein
Schelm hinter dem Rücken,
auus ukse läwel, heris wärawa taga — ehrlich auf der Thürschwelle,
ein Schelm hinter der Pforte,
auus wötmas, keim tagasi andmas — ehrlich beim Nehmen, ein
Schelm beim Zurückgeben.
auusta töd, Bis tö auustab sind jälle — ehre die Arbeit, so ehrt die
Arbeit dich wieder,
auw kell auwo sttnnfis (d) — Ehre, dem Ehre gebührt,
auzat möst ei hammusta kögi — einen ehrlichen Mann beisst Niemand,
awalik waenlane on parem kuj sala söbr — ein offener Feind ist
besser als ein heimlicher Freund.
azi taga, aega kfill, kelgu-tö on libbe kfill — eine Sache ist da, Zeit
genug, der Schlittenweg ist glatt genug.
— 10 —
asta ep ole ästa wend, od. ästad ep ole wennased — ein Jahr ist
nicht des anderen Broder, die Jahre sind nicht Brüder, d. h. gleich.
häbenege hämarat, pühitsege pimedat, säwad sls h^ad härjad
sfire sarwedega — schämet euch vor der Dämmerung, feiert das
Dunkel, dann kommen die guten Ochsen mit grossen Hörnern.
häbenemine ei teuta tfltar-last — Schamhaftigkeit macht einem Mäd-
chen nicht Schande.
häbi räkida, od. räkides, (teine) waew wait olla, od. olles — man
schämt sich zu reden, wieder ist es schwer zu schweigen.
häda ajab härjad kaewu — Noth treibt die Ochsen in den Brunnen.
bäda ajab häfjad kaewu, nälg ajab lapsed wargaile, od. hundi
kafja — Noth treibt die Ochsen in den Brunnen, Hunger treibt die
Kinder zum Stehlen, od. den Wolf in die Herde.
bäda ajab paluma — Noth treibt zum Beten,
häda ei anna häbeneda — Noth erlaubt nicht sich zu schämen,
häda ei häbene, tfihi köht ei köfgista — Noth schämt sich nicht, ein
leerer Magen ist nicht stolz.
häda kölitab mehe targaks — Noth macht den Mann klug,
häda kölitab möne korra alpi — Noth schult bisweilen den Narren,
häda Unnas, häda länes, häda kawala wennaste seas — Noth in der
Stadt, Noth im Walde, Noth unter listigen Brüdern.
häda murrab kä raua kafki — die Noth bricht auch Eisen,
häda on sOrem kui käsk — Noth ist grosser als Gebot,
häda öpetab alandust — Noth lehrt Demuth.
häda Öpetab paluma, od. palwelema — Noth lehrt beten,
häda puis , häda mais — Noth giebt es an den Bäumen , Noth an den
Gefilden, überall.
hädalizel, od. hädatsel, ep ole (ilmas) hända taga — der Eilige hat
keinen Schweif hinten,
hädalizel ej ole hända taga, ja tltsal e) ole töd ös — der Eilige hat
keinen Schweif hinten, der Emsige keinen Weg vor sich,
hädas lejab inimene wlz nöua — in der Noth findet der Mensch fünf
Rathscblüsse.
— 11 —
hftid 8öbru häda ajal lftheb sada tükki lödi p^ale — Freunde in der
Noth gehen hundert auf ein Loth.
hftist lastest sfiwad head mehed — aus guten Kindern werden gute
Manner.
äkitsel ep ole ial hända ega maial magu — der Eilige hat nie einen
Schweif noch der Näscher einen Magen,
ämber kantakse dt kaua kaewule , ku6ni ta lagnneb — der Eimer
wird so lange zum Brunnen getragen, bis er aus einander fallt.
Ära aja, od. pane, köik püksa korraga jalga, muidu, od. sis, lähewad
köik korraga kaiki — zieh nicht alle Hosen auf ein Mal an , sonst
gehn sie alle auf ein Mal entzwei.
ära aja tübja kotii pfigti, tühi koii püdti ei seiza — stelle nicht
einen leeren Sack aufrecht, ein leerer Sack steht nicht aufrecht.
ära anna enne kannikat ära, kui päts kfies ei ole — gieb das Brot-
stück nicht weg, ehe du das Laib in Händen hast.
ära arwa, od. katsu, kqera karwast, wa|d hambaist — beurtheile, od.*
prüfe, den Hund nicht nach der Farbe, sondern nach den Zähnen.
ära arwa pTgat palgest, waid wlzist, od. kombest — beurtheile ein
Mädchen nicht nach dem Gesicht, sondern nach der Weise.
ära enne hufjuta, kui huäti kuskil ei ole — schreie nicht, so lange
noch nirgends ein Wolf ist.
ära-kadunud aeg §J tule ial enam tagasi — die verlorene Zeit kommt
nie mehr zurück.
' ära katsu körgemale lennata, kui tiwad kannawad — versuche nicht
hoher zu fliegen, als die Flügel tragen.
ära köda mune ära, mis kana wöl ep ole munenud — koche nicht
Eier, welche das Huhn noch nicht gelegt hat.
ära klda enne honst, kuj oled katsunud — lobe ein Pferd nicht eher,
als bis du es versucht hast.
ära klda enne öhtut päewa — lobe den Tag nicht vor dem Abend,
ära klda enne ölut, kui ta täieste sejznud ja sefginud on — lobe
das Bier nicht eher, als bis es vollständig abgestanden und abgeklärt
ist.
— 12 —
ära klda ize ennast, laze müd, od. tejzed od. küfo, klta — lobe dich
nicht selbst, lass Andere loben,
ära klda hommiku päewa ega öhta azet — lobe nicht den Tag am
Morgen oder das Lager am Abend,
ära klda houst, klda olu, od. pere-möst — lobe nicht das Pferd, lobe
seine Lage, od. den Besitzer,
ära klda silda enne, kuj körmaga ttle sajd — lobe eine Brücke nicht
eher, als bis du mit dem Fuder hinüber gekommen bist.
ära kiüe (ega höple) enne, kui sa üle oja sfinnd — rühme und prahle
dich nicht, bevor du über den Fluss gekommen bist.
ära kfizi tare-istujat, küzi wäTja-käija käest — frage nicht den Stu-
bensitzer, frage den Hinausgehenden.
ära laze juttu wöita tSd , laze t5 juttu wöjta — lass nicht das Ge-
spräch über die Arbeit, lass die Arbeit über das Gespräch siegen od.
die Oberhand behalten.
ära-lejgatud wlluke ei hakka mitte kinni — ein abgeschnittenes Brot-
stück haftet nicht wieder fest an.
ära lfikka seda ialgi hoinse peale, mis sa täna wöjd teha — ver-
schiebe nie auf morgen, was du heute thun kannst.
ära mine sflgelemata sauna — gehe nicht in die Badstube , ohne dass
es dich juckt,
ära mine wägewaga wajdlema, ega sürega kohut käjma — lass
dich nicht darauf ein , mit einem Starken zu streiten oder mit einem
Grossen zu processiren.
ära naera koera perset — spotte nicht über den Hinteren des Hundes.
ära n%era, sina ehk söd sülitud kapsad ize ära, od. küll sa s3d
ize omad s. k. ä. — spotte nicht, du isst vielleicht noch selbst dei-
nen bespienen Kohl auf.
ära hoiska ega tantsi enne aega, kui sa wöl palmas ep ole —
jauchze und tanze nicht vor der Zeit, wenn du noch nicht auf der
Hochzeit bist.
ära höiska enne, kui sa üle mäe, od. jöe, oled sänud — jubele nicht,
bevor du über den Berg od. Fluss gekommen bist.
— 13 —
ära höjska mäe all olles, höjska mäe otsas — jubele nicht unten am
Berge, jubele oben auf dem Berge.
ära böiska höplikuU enne öhtut päewa önne (pt) — jubele nicht
prahlend vor dem Abend über des Tages Glück.
Ära pane weäkit enne jöksma, kui sull teri kofwis on — setze die
Mühle nicht eher in Bewegung, als bis du Getreide im Korbe hast.
ära päewa enne klda, kui ta öhtu löja läinud (pt) — lobe den Tag
nicht, bevor die Sonne am Abend unter gegangen ist.
Ära peksa h&rga, häfg läheb pekstes hullemaks — prügele den Och-
sen nicht, der Ochs wird beim Prügeln noch toller.
ära pö enne wana kQera flies 9 kui nör haukuma hakkab — hänge
den alten Hund nicht auf, bevor der junge zu bellen anfangt.
ftra pölga ezimest önne ial ära — verachte nie das erste Glück.
ftra süremat nöida otsi, kui wöras majas — suche keinen grösseren
Zauberer, wenn ein Fremder im Hause ist.
ftra sfilita enne wana kaewu sisse, kui üz walmis on — speie nicht
in den alten Brunnen, bevor der neue fertig ist.
ära tee kurja, sIs ei sünni sinule kurja — thu nichts Böses, so wider-
fahrt dir nichts Böses.
ära teuta enne wana kaewu , kui ü£ wSl walmis ej ole — verun-
reinige den alten Brunnen nicht, bevor der neue fertig ist.
ära nnusta silmi koju, kui sa turule lähed — vergiss nicht die Au-
gen zu Hause, wenn du auf den Markt gehst.
ära hfla enne, kui sa ule mere säd — rufe nicht vorher, ehe du über
das Meer gelangst.
ära uzu süre saksa süd ja pizukeze lapse perset — traue nicht dem
Munde eines grossen Herren oder dem Hinteren eines kleinen Kindes.
ara hfla hunti, hunt tuleb kutsumata — rufe den Wolf nicht, der
Wolf kommt ungerufen.
härga sarwest, möst sönast — den Ochsen am Hörn, den Mann am
Wort.
härgadega tulewad, boustega läbewad — mit Ochsen kommen sie,
mit Pferden gehen sie, d. h. langsam, schnell.
arge kartke, üi pat, od. laew, wanad kiwid — fürchtet euch nicht,
— 14 —
neues Schiff, alte Steine (scherz. Trost wegen Aufstossens mit dem
Schiffe,
härike söma, kanake töle — ein Oechslein zum Essen, ein Hühnchen
zur Arbeit,
härine kari ja mehine pere wötawad wägise jumala käest — eine
Herde mit Ochsen und ein Gesinde mit Männern nehmen mit Gewalt
aus Gottes Hand,
härja-mös sab kä sinna kus hobuse-mes — der mit Ochsen Fahrende
gelangt auch dahin, wohin der mit Pferden Fahrende,
häfjad peawad flhes ikkes wedama — Ochsen müssen in einem Joche
ziehen,
hä lats tunnus hällüh, kaunis lats karjah (d) — das gute Kind er-
kennt man in der Wiege, das wackere Kind in der Hütung.
hä m6s, kui pada k£s (d) — ein guter Mann, wenn der Kessel kocht,
hä sönüt sota ja terwet tazuda (d) — es ist leicht einen Satten zu
speisen und einen Gesunden zu pflegen,
häl ajal könele, halwal ajal ole waik (d) — in guter Zeit rede, in
böser schweige,
hea azi nöuab aega — eine gute Sache will Zeit,
hea härg jöb heie-wakast, kori ei jö kulbistki - ein guter Ochs
trinkt aus dem Flockenkorbe, ein schlimmer trinkt nicht einmal aus
dem Kochlöffel,
hea häfg söma, weri-safw wedama — ein guter Ochs zum Essen, ein
Bluthorn, d. h. Arbeitsscheuer, zum Ziehen,
hea ej sä healitseraata, sile silitsemata — Gutes wird nicht ohne
Locken, Glattes nicht ohne Streicheln,
hea ilm ej riku kübe ega kazukat — gutes Wetter verdirbt weder
Rock noch Pelz,
hea inimene küleb sönadega — ein guter Mensch hört mit Worten,
hea j&b ikka heaks ja paha pahaks — gut bleibt immer gut und
schlecht schlecht,
hea kerjata, kui kott käes — es ist gut betteln, wenn man einen Sack hat.
hea kldab kaunist, od. kannikest od. paremat — das Gute lobt das
Schöne, od. das Bessere.
— 15 —
h^a köhu täü on ofja köige parem palk, od. köige parem ofja-
palk — ein pter Magenvoll ist des Knechtes bester Lohn, od. der
beste Knechtslohn.
hea laps kaswab witsata — ein gutes Kind erwächst ohne Ruthe.
hea laps, kes hääti tantsib, parem laps, kes paigal sejzab — ein
gutes Kind, das gut tanzt, ein besseres Kind, das ruhig sichN verhält.
hea laps maksab wanematele kaswatamize waewa — ein gutes Kind
vergilt den Eltern die Mühe der Erziehung.
hea laps nähta ukse taha, paha ei pöhve ette — ein gutes Kind er-
blickt man auch hinter der Thür, ein schlechtes nicht vor dem Knie.
hea laps oksendab, paha laps pazandab — ein gutes Kind vomirt,
ein schlechtes Kind hat Durchrall.
hea lehm annab rohkeste pima — eine gute Kuh giebt reichlich Milch.
hea lepikus lebada, parem pöza all pohata — gut ist es im Erlenge-
busch zu ruhen, besser unter dem Strauch zu schlafen.
hea lind laulab head laplu, ja paha lind laulab paha laulu — ein
guter Vogel singt guten Gesang, ein schlechter Vogel singt schlechten
Gesang.
hea mos lob , heris kokutab — ein braver Mann schlägt , ein Schelm
droht.
hea mos töntab, keim taznb, od. heris peab — ein braver Mann ver-
spricht, ein Schelm hält es.
h<ja mina ölen, parem tema — gut bin ich, besser er.
hea naene maja lukk, paha naene porgu-tukk — ein gutes Weib
des Hauses Schloss, ein böses Weib ein Höllenbrand.
hea naene hqjab wara kokku — ein gutes Weib hält die Habe zu-
sammen.
hea naene paneb kümme peni-körmat pifigi, od. töli, alla, paha
naene wötab — ein gutes Weib legt zehn Meilen unter die Bank,
ein schlechtes nimmt.
hea hobnne, safit mes — gutes Pferd, schlechter Mann, d. h. Reiter.
hea (on) hlrtel elada, knj ka£äi, od. ka££, kodn ei ole — die Mäuse
haben gut zu leben, wenn keine Katze im Hause ist, od. die Katze
nicht zu Hause ist.
— 16 —
hea (on) küll teha, aga kuri wastata — thun ist wohl leicht, aber
verantworten schlimm,
hea ölut näitab oma auu (lies, od. wälja — gutes Bier zeigt seine Ehre,
hea palakene, sandi kotikene — guter Bissen, Bettlers Sack,
hea parema kannu-, od. ree-, pq|§ — das Gute ist der Diener des
Besseren,
hea pere-mes armastab kä oma koera — ein guter Hausvater liebt
auch seinen Hund,
hea pere-mös ej röhu pere-rahwast — ein guter Hausvater druckt
das Gesinde nicht,
hea pöli hakkab perse — eine gute Lage führt in den Hinteren, d. h.
macht übermüthig.
hea söna ei tee kuskil kahju — ein gutes Wort schadet nirgends,
hea söna langeb iga kord lahke paika — ein gutes Wort fällt immer
auf eine freundliche Stelle.
hea söna leiab hea paiga — ein gutes Wort findet eine gute Statt,
hea söna mahub — ein gutes Wort findet Raum,
hea söna on parem kui sada rubla raha — ein gutes Wort ist besser
als hundert Rubel Geld.
hea söna söb wöra (mehe) wäe — ein gutes Wort verzehrt des Frem-
den Gewalt.
hea söna .wöidab, od. wötab, wöra wäe — ein gutes Wort überwindet
od. nimmt hinweg des Fremden Gewalt.
hea-tegemized ei lähe wanaks — Wohlthaten werden nicht alt.
hea tegu leiab harwaste tänu — gute That findet selten Dank,
hea tehtud aega möda, pea tehtud pilla palla od. pillukile — gut
gemacht mit Weile, bald gemacht unordentlich,
hea wikati lob laia käre — eine gute Sense schlägt einen breiten
Schwaden,
head mäletatakse h^aga, kurja kurjaga — des Guten gedenkt man
mit Gutem, des Bösen mit Bösem.
head n§uu otsi a£ja-tofidja käest — guten Rath suche von dem Sach-
verständigen.
— 17 —
head söbrad häda sös on kui snled tüle käes — gute Freunde io der
Noth sind wie Federn im Winde,
heal lapsel od mitu nime — ein gntes Kind hat viele Namen,
beal töl kftib kazu kannul — guter Arbeit folgt der Vortheil auf dem
Fasse,
ega abi kännust ja kiwist ei sä , wajd inimestest — Hülfe bekommt
man ja nicht vom Baumstumpf und Stein, sondern von Menschen.
ega ammet leiba ei kttzi, ega sepist seljas ej kanta — ein Amt fragt
nicht nach Brot, ein Handwerk trägt man nicht auf dem Rücken.
ega arg koer nahka ei mü — ein furchtsamer Hund verkauft doch die
Haut nicht.
ega hftfjast kaks nahka ej sa — von einem Ochsen bekommt man doch
nicht zwei Häute.
ega hea fihelt polt ei tule, kui teine head wasta ei tee — das Gute
kommt doch nicht ton einer Seite, wenn der Andere nicht Gutes da-
gegen thut.
ega ema wits lapsele llga ei tee — der Mutter Ruthe thut doch dem
Kinde nicht zu viel.
ega iiu pajase panda ega kaunist katla — Schönheit wird doch nicht
in den Kochtopf gelegt oder Hübsches in den Kessel.
ega izane koer ial ema st £i hammusta, od. salwa — der männliche
Hund beisst ja wohl nie den weiblichen.
ega jumala nimi ei riku kedagi — Goltes Name schadet doch Nieman-
dem (bei Fürbitten für Personen fremder Gonfession).
ega kären kärna silma e| noki — ein Rabe hackt ja nicht in eines
Raben Auge.
ega käbi kännust kaugele kuku — ein Zapfen fällt doch nicht weit
vom Stamme.
ega kenal laulu-Jinnul iga kord ilusat kübe ei lejta — an einem
. schönen Singvogel findat man ja nicht immer ein zierliches Kleid.
ega kiri ei waleta — Schrill lügt doch wohl nicht.
ega kiwi kunagi übe pölega gi jahwata — eine Mühle mahlt ja nie
mit dem einen Stein.
2
4
t
♦!
— 18 —
ega koer kunagi höpi ej hapgu, olgu suzi wöj törwas-kand — der
Hund bellt nie ohne Grund, sei es ein Wolf oder ein Baumstumpf,
ega kqera sls.ej södeta, kui hunt karjas on — denn futtert man nicht
mehr den Hund, wenn der Wolf in der Herde ist.
ega kott, od. pudel od. wakk, äri ei lähe nutma— der Sack, od. die
Flasche, der Scheffel, wird ja doch über die Ränder nicht weinen (es
schadet ja nicht, wenn das Gefass zu gross ist),
ega kOht sä sest külata, mis sü ette tehakse — der Magen kann ja
nicht darauf hören, was vor dem Munde gethan wird,
ega köht ommeti naffida ei ole — der Magen ist doch nicht zu necken
(durch nicht hinreichende Nahrung),
ega köjk kazed ühe-pitkuzed ei kaswa — es wachsen ja nicht alle
Birken gleich hoch,
ega köjk lapsed sä ema-jöe kaldale — nicht alle Kinder gelangen an
das Ufer des Muüerbaches, Embachs.
ega köjk linnud tthe höbiga lendama ei sä — es erheben sich ja
nicht alle Vogel auf ein Mal zum Fliegen. '
ega köjk päewad ep ole säma-päewad, aga köjk on soma-päewad
— es sind ja nicht alle Tage Erwerbstage, aber alle sind Esstage.
ega köjk wöj marja-mäl elada, möni peab kä kafja-mäl elama —
es können ja nicht Alle auf Beerenland wohnen , mancher muss auch
auf Weideland wohnen,
egä kuld-kähg ej wöj minnä', kui närts-küpär ei wöta (d) — der
goldene Schuh kann ja nicht gehen, wenn der zerlumpte Hut ihn nicht
mit nimmt,
egä küzijft sühe keäge ej 16, egä palleja pä keägi ei kaku (d) —
auf des Fragenden Mund schlägt Niemand, des Bittenden Kopf rauft
Niemand,
ega kfizijat sü peale ej löda — einen Fragenden schlägt man ja nicht
auf den Mund,
ega lakkudes köht täji sä — mit Lecken wird doch der Bauch nicht
voll.
ega Llzalilzut ej tunne — Lisa mag ja doch Lisu nicht kennen (Lisa
der städtische, Lisu der bäuerliche Name).
— 19 —
ega lmni köjk lagedale ei lange - es fällt ja nicht aller Schnee auf
die Ebene.
ega ma ei wöj püksa omast jalast ära wötta ja sinu jalga panna
— ich kann ja doch nicht mir die Hosen ausziehen und dir anziehen.
ega ma tasku ei pista, ma pistan suhu — ich stecke es ja nicht in
die Tasche, ich stecke es in den Mund (Entschuldigung bei Entwen-
dung von Essbarem),
ega magaja ka&i suhu hir ei jökse — der schlafenden Katze läuft ja
keine Maus in den Mund.
ega mari maha ei lange enne,~ kui ta ktipseks sänud — eine Beere
lallt ja nicht ab, bevor sie reif geworden ist.
ega mehe kübarat lükata, aga tüdruku pärg lükatakse maha —
nicht des Mannes Hut, aber des Mädchens Kranz wird hinunter ge-
stossen.
ega möst kutsuta pulma , kukur kutsutakse — der Mann wird ja
nicht zur Hochzeit geladen, der Beutel wird geladen.
ega mina ej wöj kana Opetada — ich kann ja doch kein Huhn lehren.
ega mindgi kotis ole kaswatatud — ich bin ja auch nicht im Sacke
erzogen,
ega mindgi metsast ole tödud — auch ich bin doch nicht aus dem
Walde gebracht,
ega mu so ep ole sarwest, od. seina-pragu — mein Mund ist doch
nicht von Hörn, od. eine Wandritze (dass ich nicht schmecken sollte).
ega muidu taewa ej sa, kui waewa ei näe — in den Himmel gelangt
man ja nicht anders, als wenn man Mühe ertragen hat.
ega mullgi enam kui kaks kätt ei ole, od. ega muH ole enam kui
kaks kätt — auch ich habe ja doch nicht mehr als zwei Hände , ich
habe doch nicht mehr a. z. H.
ega nimi möst ei riku — der Name schädigt ja den Mann nicht.
ega nimi möst, od. inimest, ej riku; kuj mos nime ej riku, od. kui
inimene ennast ize ei riku — der Name schädigt ja den Mann, od.
Menschen, nicht,' wenn der Mann den Namen nicht schädigt« od. wenn
nur der Mensch sich selbst nicht schädigt.
2*
— 20 —
ega Durisemine wöl nahka ei riku — Brummen geschädigt die Haut
ja noch nicht.
ega nüm-siga seda ei tea, mis öue-seale waewa teeb — ein Mast-
schwein weiss ja davon nichts, was dem Hofscbweine Noth macht.
ega oma silm ialgi peta — das eigene Auge täuscht ja nie.
ega önnetus kiwa kända kapdu käj, ta käjb ikka inimezi m5da —
das Unglück geht ja nicht unter Steinen und Stammen, es geht immer
unter den Menschen einher.
ega önnetus hfia tulles — das Unglück ruft ja nicht, wenn es kommt.
ega pafju kahju, od. köha, tee, ega kfillalt käzi riku — «viel» ver-
ursacht ja nicht Schaden, od. Husten, «genug» verdirbt die Hände
nicht.
ega perse peast ttlem ej ole — der Hintere ist ja doch nicht hoher als
der Kopf (Weib und Mann).
egä pido ei parane, kuj w6ra' ei wähene (d) — das Fest wird ja
nicht besser, wenn die Gäste nicht abnehmen.
ega pörgu haud elades t&£ ej sa — der Hollenpfuhl wird ja nie voll,
ega pudru nl palawalt söda, kui kedetakse — der Brei wird ja nicht
so heiss gegessen, wie er gekocht wird.
ega pü fihe lästuga lange, od. maha $ raiuta — der Baum fällt ja
nicht, od. wird ja nicht abgehauen, mit einem Span.
ega ronk ronga sifini peast ej noki — ein Rabe hackt ja dem anderen
die Augen nicht aus dem Kopfe.
ega rott wifja-salwe ära ej wQj surra, od. nälga ep sure — im Ge-
treidekasten kann die Ratze doch nicht sterben, od. stirbt d. R. doch
nicht Hungers.
egä ruih hobest ej otsi, hobene ots ruiht (d) — die Krippe sucht
nicht das Pferd, das Pferd sucht die Krippe.
ega sefg k^era kaswata, ega mos naha-t$iest ei sure — auf dem
Racken wächst ja kein Hafer, von einer Tracht Schläge stirbt ein
Mann ja nicht.
ega so pOld önda - dieses Feld hat doch keinen Misswachs (von Wei-
bern).
— 21 —
ega siga kotis tohi osta — man darf doch kein Schwein im Sacke
kaufen,
ega sina enne files töuze, enne kui päew su perse paistab — du
stehst nicht eher auf, als bis die Sonne dir in den Hiuteren scheint.
ega sönad auku pähä tee — Worte machen ja doch kein Loch in den
Kopf.
ega sugu lahku sousta, wozu ei were kännusta (pt) — Art lässt
nicht Ton Art, der Schossling entfernt sich nicht vom Stamm.
ega surm kaffis e) ole — der Tod ist ja nicht theuer.
ega surm pakutut last ei wöta, ennemine heffltatu — der Tod nimmt
ja nicht das angebotene Kind, eher das verzärtelte.
egä sazi soe hanna päle ei situ (d) — ein Wolf seh.... ja doch nicht
auf den Schwanz des anderen.
egä suzi soe polt söna ei fltle (d) — der Wolf sagt ja doch kein Wort
von dem Wolfe.
ega sü kulu — der Mund nutzt sich ja nicht ab (Entschuldigung, wenn
man Einen zu hoch titulirt hat).
ega ta ei so leiba — es isst ja kein Brot.
ega ta ikka senna ej tee, kus ta kükitab — er macht ja doch nicht
immer dahin, wo er nieder hockt.
ega tark taewast ej ole tulnud — es ist ja ein Kluger nicht vom Him-
mel gekommen.
ega taud' leja töhjast toast fihtegi — in der leeren Stube findet ja auch
die Seuche nichts.
ega tüf rämatut pähä ej tö — der Wind bringt ja doch das Lesen nicht
in den Kopf.
ega tühi kott püöti ei sejza — ein leerer Sack steht ja nicht aufrecht.
ega hundist kafja-kqera ei sä — aus einem Wolf wird ja kein Vieh-
hund.
ega hunt nl sür ei ole kui tehakse — der Wolf ist ja nicht so gross,
wie man ihn ausgiebt.
ega hunt peza ümbert ei murra — um sein Nest herum raubt ja doch
der Wolf nicht.
— 22 —
ega hufit hulgumist e| unusta — ' der Wolf vergisst ja das Heulen
nicht,
ega haut hunti ei hammusta — ein Wolf beisst ja den anderen nicht,
ega ühe härja seTjast kaht nahka ei sä — von eines Ochsen Leibe
bekommt man doch nicht zwei Häute.
ega ühe-kordse jutu pärast ei sure — wegen einmaligen Geredes
stirbt man ja noch nicht (für todt ausgegeben).
ega ühel körrel kaht pead ei kaswa — auf einem Halm wachsen ja
nicht zwei Aehren.
ega üks hütit ial teist ei so — ein Wolf frisst ja doch nie den anderen,
ega waras ei labe aeda ühe nairi pärast — ein Dieb wird ja doch
nicht einer Rübe wegen in den Garten geben.
ega wihm taewa ja — der Regen bleibt ja doch nicht im Himmel (es
muss doch einmal regnen),
ehted töstawad inimest — Schmuck hebt den Menschen,
ej anta sin armule azet, ega pehmuzele paika — hier giebt man
nicht der Schonung Raum, noch der Weichheit eine Statte.
ei armu jure aeta hirmuga — zur Liebe wird man nicht durch Furcht
getrieben.
ei a£ja est, ei teist taga — es ist keine Sache vorn, keine andere hin-
ten (nichs daran).
ei hea tule tthelt polt, kui ej teine tee head, od. kuj teine ei tee
head wastu — das Gute kommt nicht von einer Seite, wenn der
Andere nicht Gutes thut, od. Gutes dagegen thut.
ei ilu panda pajase , ei kaunist panda katla — Schönheit legt man
nicht in den Kochtopf, Hübsches nicht in den Kessel.
ei ilu panda patta — Schönheit wird nicht in den Kochtopf gelegt
© ilu pejtl ükski lönt köda, od. 1. wöj köta - von Schönheit kocht
Niemand Suppe, od. kann N. S. kochen.
ej j$ua kaugemale kui aga file kfine wSdata - er vermag nicht wei-
ter zu sehen, als über den Fingernagel.
g kahe pere koer elades sä sfia — ein Hund aus zwei Gehöften be-
kommt nie zu essen.
— 23 —
ej kahte a£ja wöi ühtlazi teha — man kann nicht zwei Dinge zugleich
thun.
ei kahte head woi säda — man kann nicht zweierlei Gutes bekommen,
ei k&ren pista kärna silma — der Rabe stiebt nicht in des Raben Auge,
ei köik kanad öfsile, od. örrele, sä — nicht alle Hühner gelangen auf
die Stangen, od. Stange.
ei köik kanad sä örrele, ega köik tüdrukud mehele — nicht alle
Hübner gelangen auf die Stange, noch alle Madchen zu einem Manne.
ei köik mahn mafja-mäle, muist peab ikka karja-mäle, od. pea-
wad kafja-mal olema — nicht alle flnden Platz auf dem Beeren-
lande, ein Theil muss immer auf das Weideland, od. auf dem Weide-
land sein.
ei kölba töle ega töle — es taugt nicht zu einem Wege noch zu einer
Arbeit.
ei kufg madala metsa ei wäta — der Kranich sieht nicht auf einen
niedrigen Busch.
ei kuski noka nöu ei bakka — der Schnabel findet nirgends Ratb
(nichts zu beissen).
ei köle heaga, ei küle kufjaga — er hört nicht mit Gutem, er hört
nicht mit Bösem.
ei küzija su peale löda, aga wötja käe peale lüakse — auf des Fra-
genden Mund wird nicht geschlagen , aber auf des Nehmenden Hand
wird geschlagen.
ei lakkudes köht täii sä — mit Lecken wird der Bauch nicht voll.
ei löppe enne tö, kui kaks kätt rinnule säwad — die Arbeit hört
nicht eher auf, als bis beide Hände auf die Brust kommen (beim
Tode).
ei ma su ähwardamizest ommetigi (ei) sure — von deinem Drohen
werde ich doch nicht sterben.
ei ma uzu jumalat ega karda kuningat — ich glaube an keinen Gott
und furchte keinen König.
ei magaja ka&i suhu ei jökse mitte roti — in den Mund einer schla-
fenden Katze läuft keine Ratte.
— 24 —
ei maial ole oza ega uäljatsel lönt — der Naschhafte hat keine Por-
tion, der Hungrige keine Suppe.
ei mäed ja kttnkad kokku sä, aga inimezed — die Berge und Hügel
kommen nicht zusammen, aber die Menschen.
ei m&rjale, od. märja, male ole wett tarwis, od. waja — nasses Land
braucht kein Wasser.
ei meie hifmega enam wöi puhuda, kui mü rabwas — wir können
mit dem Athem nicht mehr blasen, als andere Leute.
ei meie seile pärast kä püksa jalast ära ei anna — deswegen geben
wir auch noch nicht die Hosen von den Beinen weg.
ei möista wana wallatella, e| napu-kubo nafjatella (d) — ein Älter
versteht nicht ausgelassen zu sein, ein Bund Stroh nicht zu scherzen.
ei naene nafialt teist lähe kltma — ein Weib lässt sich nicht leicht
herbei das andere zu loben.
ei näe, mis pime sant kepiga wölb katsuda — er sieht nicht, was ein
blinder Bettler mit dem Stocke fühlen kann.
ei nüd ole us£i mau elu — jetzt ist kein Leben für Schlange oder
Wurm.
ei ole ammetit ega leiba — er hat kein Geschäft und kein Brot.
ei ole ette öeldud, mis taga peab tulema — es ist nicht vorher ge-
sagt, was nachher kommen soll.
ei ole izast ega emast, tont teda tönud — der ist nicht von einem
Vater noch von einer Mutter, ein böser Geist hat ihn gebracht.
ei ole kegi tuli nl palaw, et aega möda ei jabtuks — kein Feuer
ist so heiss, dass es nicht allmählig erkalten sollte.
e) ole kiwist kölbu, mis saksa säni üraber 15b — der Stein taugt
nichts, welcher der Herrschaft Schlitten umwirft.
ei ole köik koldsed aSjad kuld, ega köik mustad aäjad muld — es
sind nicht alle gelben Dinge Gold, noch alle schwarzen Dinge Erde.
ei ole köik kuld, mis hllgab, ega köjk azi nl sür, kui kldetakse —
es ist nicht alles Gold, was glänzt, noch jedes Ding so gross, wie ge-
rühmt wird.
ej ole köjk kuld, mis kollane ou — es ist nicht Alles Gold, was
gelb ist.
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! — 25 —
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ei ole köik mezi , mis tilgub , ega koik tuli , mis wälgub — es ist
nicht Alles Honig, was trieft, noch Alles Feuer, was leuchtet.
ej ole ligedale male wett tarwis — nasses Land braucht kein Wasser.
ei ole päew wöl öhtul — der Tag ist noch nicht am Abend.
ei ole saba ega sarwe omast käest wötta — er hat weder einen
Schwanz noch ein Hörn aus eigenem Vermögen zu nehmen.
ei ole tele ega töte, mtudu kahe wahel körinib — er ist weder zu
einem Wege noch zu einer Arbeit, gebt nur so zweifelhaft.
ei ole tült, (ega) hinnega ei wöi puhuda — es ist kein Wind, mit
dem Athem kann man nicht blasen.
ei ole fikski ammet nl halb, od. sant, et (oma) möst ei toidaks —
kein Handwerk ist so schlecht, dass es seinen Mann nicht nährte.
ei ole ükski koht meie rikkuja, raüd kui aga ize oleme — keine
Stelle ist unser Verderben, nur wir selbst sind es.
ei ole wäe-kajipa, kui ei ole mele-kaupa — es giebt keine Gewalt,
wenn nicht Freiwilligkeit da ist (freiwillige Unterwerfung).
ei ole wöl mftfki ozanud, ega täket tejnud — er hat noch nicht in s
Ziel getroffen, noch einen Einschnitt gemacht (ganz unerfahren).
ei ole wöl päew öhtus, od. päiw odangul — der Tag ist noch nicht
am Abend,
ei oma silm peta — das eigene Auge täuscht nicht,
ei pea ennast laiemale laq}ama, kuj inimene on — man muss sich
nicht breiter ausdehnen, als ein Mensch ist.
m
ei pea päewa kltma, enne kui s@ otsas on — man muss den Tag
nicht loben, bevor er zu Ende ist.
ei pea teize wiha sötma oma wiha — des anderen Zorn muss nicht
den eigenen Zorn nähren.
ei piTT peret toida, pilT tojdab, od. kldab, köhsi maid — die Sack-
pfeife nährt nicht das Gesinde, die Sackpfeife nährt, od. preist, die
Krugsgegenden.
ei pörgu haud sä elades täji — die Hölle wird nie voll.
ei pO lange flhe lästuga — ein Baim fällt nicht von einem Span.
ei pü lange ühelt-pölt, tahab tejne-pölt wastu ltta - ein Baum fällt
— 26 —
nicht von einer Seite, es muss von der anderen Seite entgegen ge-
hauen werden,
ei pflst tehta pulma, ega aja-tejbast au-pidu — von Holz macht man
nicht Hochzeit, von einem Zaunstecken nicht ein Festgelage.
ei püzi enam puis ega mais — er hSIt nicht mehr Stand in Wäldern
oder Feldern (nirgends).
ei rikas rahaga panda, kuningas kulda ej maeta — der Reiche wird
nicht mit dem Gelde bingebettet, ein Konig wird nicht in Gold be-
graben.
ej rikkos anna raho — Reichthum giebt nicht Zufriedenheit.
§j sa 'p ole wöl mit ki ozanud — du hast noch nicht in's Ziel getroffen.
ei 83 $ega mitte körwa-tagast sfigada, od. saba perse ligi panna,
od. sitale minna — man findet nicht Zeit genug sich hinter dem Ohr
zu kratzen, od. den Schwanz an den Hintern zu legen, od. seine Noth-
durft zu verrichten.
ei sä heaga ei kufjaga heaks — er wird weder durch Gutes noch
durch Böses gut.
ej sä kögi kgjkide tahtmist — Niemand trifft den Willen Aller.
ej sa köik kanad örrele — nicht alle Hühner gelangen auf die Stange.
ej sa pfist poiga ja lastust last, ei jäst lämraä tarre ; egä ej häm-
mest bätä ja weest wiga (d) — man bekommt nicht von einem
Baum einen Sohn und von einem Span ein Kind, nicht von Eis eine
warme Stube; auch nicht von Nasse Noth und von Wasser Schaden.
§i sft sonnest sgjra tettä', ei käe-warrest watska kfltsä' (d) — aus
dem Finger kann man nicht Käse machen, aus dem Arm nicht Kuchen
backen.
gj sa ütsigi tötä sflwwä' (d) — Niemand bekommt zu essen ohne Arbeit.
ej seda wöi käega panna — das kann man nicht mit der Hand beibrin-
gen (eintrichtern).
ej seTg, od. perse, kagra kaswata — auf dem Rücken, od. Hinteren,
wächst kein Hafer.
€j selge silm peta, aga tahmaae tüssab — ein klares Auge tauscht
nicht, aber ein eiteriges betragt.
— 27 —
ej 88 kqer hammusta, kes igal ajal haugub — der Hand betest nicht,
welcher zu jeder Zeit bellt. •
ei so koer jänest koju tö, keda wägise metsa wlakse — der Hand
bringt keinen Hasen nach Hause, den man mit Gewalt in den Wald
bringt,
ei sina wö| teada, mis rainu toa peal on, ei mina tSa, mis sinu
südames on — dn weisst nicht, was auf meiner Stube ist, ich weiss
nicht, was in deinem Herzen ist.
ej surm wöta pakutut — der Tod nimmt nicht das Angebotene,
ei ta ole küll nenda lambuke, kuj ta ennast ngjtab — er ist wohl
nicht so sehr ein Lämmchen, wie er sich anstellt,
ei ta ole nl uteke, k\y näust pajstab — er ist nicht so sehr ein Lämm-
chen, wie es aus seinem Gesichte scheint,
ei talw anna, w$jd taFw tahab — der Winter giebt nicht, sondern der
Winter verlangt,
ej tafw tule fihega ega lähe kahega — der Winter kommt nicht mit
Einem und gebt nicht mit Zweien,
ej tarkust wöi käega panna — Klugheit kann man nicht mit der Hand
beibringen (eintrichtern).
&i teine woi teize kiuste bukka minna — Einer kann nicht dem An-
deren zum Belieben umkommen,
ei tohi kedagi enne klta, kuj ktilimit sola fihes kous on ära sö-
dud — man darf Niemand loben , bevor ein Kulmit Salz zusammen
verzehrt ist.
ei tohi kOrgemale lennata, kuj pea kannab — man darf nicht höher
fliegen, als der Kopf verträgt,
ej tohi rojast wett enne ära wizata, kuj puhas käes on — man
darf das schmutzige Wasser nicht eher weg werfen , als bis man das
reine in Händen bat.
ei tö enne löppe, kuj kaks kätt rinde peale sab — die Arbeit hört
nicht eher auf, als bis beide Hände auf die Brust kommen (wenn man
stirbt),
g töbi nenda uzinaste küllest, od. külast, ära lähe, kuj ta kfllge
tnleb — Krankheit verlässt (ein Dorf) nicht so schnell, wie sie anfallt.
— 28 —
ei tule köik kanased pQ peale — nicht alle Hähnchen kommen auf das
Holz (die Stange),
ei tühi plp ej pCleta, ej surnu perse päreta — eine leere Pfeife
brennt nicht, eines Todten Hinterer farzt nicht.
ei hullu külwata ega künta, hall sigineb mujdugi — einen Narren
säet oder pflügt man nicht, ein Narr gedeiht schon von selbst.
ei hufit enne kafjast kau, kui ta wlmse talle on ära wlnud — der
Wolf verlässt die Herde nicht eher, als bis er das letzte Lamm weg-
gebracht hat.
ei üks päzuke tee wöi suwe — eine Schwalbe macht noch nicht den
Sommer.
ej ükski leia magades lejba — Niemand findet schlafend Brot.
ej ükski sä tota süa — Niemand bekommt zu essen ohne Arbeit.
ei ükski süüni targaks — Niemand wird klug geboren.
ei ükski wöi oma wämilit ehk münti ümber wärwida — Niemand
kann seine Familie oder sein Gepräge umfärben (sich eine andere
Natur geben).
ej Dle-kohns sejza, od. püzi, kotis, od. kotis sejza — Unrecht bleibt
nicht im Sacke.
ej wagadus ole meil, od. üksi meie, päris - Frömmigkeit ist nicht
uns, od. allein uns, eigen.
ei wana karu öpi enam tantsima — ein alter Bär lernt nicht mehr
tanzen.
ei wana wits enam kölba wädiks — eine alte Ruthe taugt nicht mehr
zum Binden.
ei waras übe nairi pärast aeda iahe - der Dieb geht nicht wegen
einer Rübe in den Garten.
ei wargus ja jumala 6s ial wafjule - Diebstahl bleibt vor Gott nie
verborgen.
ei weri wöi werega kohtus käia — Blut kann nicht mit Blut processi-
ren (Verwandte).
g| wiga ämmal, minijal on mitu wiga — die Schwiegermutter hat
keine Fehler, die Schwiegertochter hat viele Fehler.
— 29 —
ei wiletsus htia tolles , aga ta hflab minnes — Elend ruft nicht beim
Kommen, es ruft beim Gehen.
ei wirgol pOdu töd, ega laizal aega — dem Fleissigen fehlt es nicht
an Arbeit, oder dem Faulen an Zeit,
ei wöi eineta inimene elada — ohne einen Bissen kann kein Mensch
leben,
ei woj kahte sarma (kedagi) surra — man kann nicht zwei Mal sterben,
ei wöi katte a&ja Otelizi tettä' (d) — man kann nicht zwei Dinge zu-
gleich thun.
ei wöi koiki übe paela peale panna — man kann nicht Alle auf
eine Schnur setzen (aber einen Kamm scheren).
ei wQi körgemale lennata kui jumal lazeb lennata — man kann
nicht hoher fliegen, als Gott fliegen lässt.
ei wöi (lind) körgemale lennata, ku| tiwad kannawad — man, ein
Vogel, kann nicht höher fliegen, als die Flügel tragen,
ei woj laiemale lautada, kui käed ulatawad, od. annawad — man
kann nicht weiter ausbreiten, als die Hände reichen, od. erlauben,
ei wöi l^iemalt ist u da, kui perse ulatab — man kann nicht breiter
sitzen, als der Hintere reicht,
ei wöj Unna minna rahata ega sapna wibata — man kann nicht ohne
Geld in die Stadt gehen oder ohne Badebesen in die Badstube,
ei wöi hobusele enne körmat p$ale panna, kui wanker taga on —
man kann einem Pferde nicht die Last auflegen, bevor der Wagen da-
hinter ist.
ei wöj röjast wett ära wizata, enne kui puhast jälle kätte sftb —
man kann nicht schmutziges Wasser weg werfen, bevor man reines
wieder bekommt,
ei wöi tfitar-last enne tnnda, kui tanu-katidjaks sab — man kann
ein Mädchen nicht eher kennen, als bis es Haubenträgerin wird,
ei wöi wanahe kafwo sittu', enne kui wastne walmis om (d) -
man kann nicht in den alten Brunnen seh...., bevor der neue fertig is^.
ej wöi wötta, kuhu ei ole midagi pandud — man kann nicht nehmen
da, wohin nichts gelegt ist.
— 30 —
heina-körem ja wana inimene on ttks — ein Heufüder and ein alter
Mensch ist eins,
ejt läks heina, löi sarwed seina — die Mutter ging in's Heu, schlug
die Hörner in die Wand (kümmerte sich um nichts),
eks h^a tegu leia öst ? — findet eine gute Thal nicht vor (kommt zu
Statten),
eks iga koer sinna pole ei haugu, kust ta lakkuda sab? — bellt
denn nicht jeder Hund dahinwärts, von wo er zu lecken bekommt,
eks kana nl kaua hau du, kui pojad pezast jöksewad? — brütet ein
Huhn nicht so lange, bis die Jungen aus dem Neste laufen,
eks n§u ikka enam tee töd , kui inimene ize teebgi ? — thut nicht
guter Rath immer mehr Arbeit, als der Mensch selbst thut.
eks sis wana hobune hakka hüppama, kui wafjad sab suhu? —
fangt nicht dann ein altes Pferd an zu springen, wenn es das Gebiss
in's Maul bekommt.
eks teize häda ikka ole pQ külles ? — ist nicht eines Anderen Noth
immer am Baume (lässt unbekümmert),
eks tö ize öpeta ? — lehrt nicht die Arbeit selbst,
eks hunt kä loetust wöta?— nimmt der Wolf nicht auch vom Gezählten«
eksib hobune nelja jala pealt, seda hölpsam inimene ühe kele,
od. sOna, pealt — fehlt ein Pferd mit vier Füssen, um so leichter
ein Mensch mit einer Zunge; od. einem Worte,
eksitns ei käi mSda kiwa kända, waid möda inimezi — das Fehlen
geht nicht unter Steinen und Stämmen einher, sondern unter Men-
schen,
eksitns k$ib möda inimezi, mitte m8da kiwa kjlnda — das Fehlen
geht unter den Menschen einher, nieht unter Steinen und Stämmen,
ela ize, laze tejne kä elada — lebe selbst, lass den Anderen auch
leben,
helde ep ole helmis ega sitikas sidis — der Gütige ist nicht in Per-
len, noch der Mistkäfer in Seide,
heldel ep ole helmid, sitkel on siti — der Gütige hat nicht Perlen,
der Geizige hat Seide,
heldus annab, sitkns kölab - Freundlichkeit giebt, Geiz verweigert.
— 31 —
elu ei tohi enne önnelikuks klta, kuj löppeb — das Leben darf man
nicht glucklich preisen, bevor es zu Ende geht,
elu hukas, lugu lakas, nüd on köjk, od. a£jad k£iwad, pilla palla —
das Leben ist zu Grunde, die Sache aus, nun ist Alles, od. gehen
die Dinge, bunt durch einander.
ein hullem kui pörgus — es ist ein Leben ärger als in der Hölle.
einst snrma pizut sammu — vom Leben zum Tode sind wenig Schritte.
ema, od. eide, edewus oli tütre takistus — der Mutter Leichtfertig-
keit war der Tochter Verstrickung.
ema heffitab, iza karistab last — die Mutter verzärtelt, der Vater
züchtigt das Kind.
ema kaswatab küll ttttart, ei kaswata pqega — eine Mutter erzieht
wohl eine Tochter, nicht einen Sohn.
ema käis öl, tütar köndis kannul — die Mutter ging voran, die Toch-
ter folgte auf dem Fusse.
ema läks lakka, tütar puges pOhku — die Mutter ging auf den Boden,
die Tochter kroch in's Stroh (zum Schlafen).
ema-mezilazed torkawad köige walusamine — die weiblichen Bienen
stechen am schmerzhaftesten.
ema mes ei ole iga kord lapse iza — des Weibes Mann ist nicht alle
Mal des Kindes Vater.
ema on tundaw, iza teadmata — die Mutter ist bekannt, der Vater
unbekannt,
ema pani kelgu laka otsa, tütar wöttis sealt ja söitis edasi — die
Mutter stellte den Schlitten auf den Hausboden, die Tochter nahm ihn
von da und fuhr weiter (vgl. «kelk» im Wörterbuche).
ema pilTi järele tantsib pere — nach der Mutter Pfeife tanzt das Ge-
sinde.
ema pistab küll rinna, od. niza, lapse suhu, aga malt ei pista, od.
pane, p&hä — die Mutier steckt wohl die Brust, od. die Brustwarze,
dem Kinde in den Mund, aber Klugheit steckt sie nicht in den Kopf.
ema pim kozutab, wSras plm kahandab — der Mutter Milch giebt
Gedeihen, fremde Milch bringt herunter.
— 32 —
ema süda on ikka nörgem kui izal — der Mutter Herz ist immer
schwächer als beim Vater.
ema tQimetas enne kqitu, tütar magas keäk-hommikuni — die Mut-
, ter schaffte vor der Morgenröthe, die Tochter schlief bis zum Mitt-
morgen.
ema wäga wana, tütar llg nöf — die Mutter ist zu alt, die Tochter zu
jung.
enam ka£& silitatakse, seda kOrgemale tOstab ta saba — je mehr
eine Katze gestreichelt wird, desto höher hebt sie den Schwanz.
enam kqere kons, seda wedelam lake — je mehr Hunde beisammen
sind, desto dünner ist das Gesöff,
enam lauku söas kui üks lauk — im Kriege sind mehr Pferde mit
einer Blässe als eins.
enam paska palume, pask laub, od. lageneb, laiemale — je mehr
wir den Koth bitten, desto mehr breitet sich der Koth aus.
enam päiwi kui raakeriaid — es sind mehr Tage als Würste,
enam päiwi kui pidusid, od. pühasid — es giebt mehr Tage als Feste,
od. Feiertage,
enam sab ikka weikezest, od. piskust, tost kui sürest sejzust, od.
seizuzest — mehr hat man immer von wenig Arbeit als von vielem
Stehen-.
enam tehakse ntyiuga kui jöuuga — mehr wird gethan mit Klugheit
als mit Kraft.
enam töd kui tegemist — mehr Arbeit als Schaffen (erfolglose Muhe).
enam waewa ähkijal ku| wäFja-pflhkijal — mehr Mähe hat der Ab-
wischende als der Hinausfegende.
endine ei ajta, kui praegune ei kölba — das Frühere hilft nicht, wenn
das Jetzige nicht taugt.
endine löppeb pea, kui üt peale ei panda, od. ei ole peale säda —
das Frühere geht bald zu Ende, wenn nicht Neues dazu gelegt wird,
od. wenn nicht dazu zu bekommen ist.
enne aeg halwemaks ej lähe, kui ta kaffimaks ej lähe — eher wird
die Zeit nicht billiger, als bis sie theurer wird.
— 33 —
m
enne Jägupi-päewa palu wihma, pärast Jägupit tuleb izegi — vor
Jacobi bitle um Regen, nach Jacobi kommt er schon selbst.
enne Jöri annab kfilma, pärast Juri söja ilma — vor St. Georg giebt
es, d. h. das Gewitter, Kalte, nach St. Georg warmes Wetter.
enne kui jänes kolm korda aewastab — bevor der Hase drei Mal
niest.
enne kui kukk nraneb, on söbrus katki — bevor der Hahn ein Ei tegt,
ist die Freundschaft aus einander.
enne kukub säde tulest, kui kopikas teraa taskust — eher fallt ein
Funke aus dem Feuer, als eine Kopeke aus seiner Tasche.
enne mötle, sls fltle — vorher bedenke, dann sprich.
enne snrma ei ole kögi tark — vor dem Tode ist Niemand klag.
enne snrma ei sure kögi — vor dem Tode stirbt Niemand.
enne snrma sured laiskuze- pärast — vor dem Tode stirbst du vor
Faulheit.
enne teha ja pärast näha oli ju mitmele paha — erst tbun und her-
nach zusehen ist schon Vielen übel bekommen.
enne wahi sittuja perse kui, od. ennegu, pü-raiuja silmi — eher
sieh in den Hinteren Eines, der seine Nothdurft verrichtet, als in's Ge-
sicht Eines, der Holz haut.
enne woib olla walge leib ja must hein kui walge hein ja must .
leib — eher kann weisses Brot sein und schwarzes Heu als weisses
Heu und schwarzes Brot.
enne-aegsed lapsed ei ja palju elama — zu früh geborene Kinder
bleiben meistens nicht am Leben.
ennem olgu wiir warbas kui kurd kinnas — eher mag eine Blase
an der Zehe sein als eine Falte im Schuh.
ennem sab kfilla kflllest kui nälja otsast — eher bekommt man von
der Fülle als vom Hunger.
ennem soda koera kui warast — lieber füttere den Hund als den Dieb,
ennem wöib wats rebeneda, kui hüwa roga file jäb — eher mag
der Bauch platzen, als dass gute Speise übrig bleibt.
ennem, od. enne, wötab lühike mafja mast kui pitk tähe taewast
3
— 34 —
— eher ntmmt ein Kurzer eine Beere vom Boden als ein Langer einen
Stern vom Himmel,
ennem wötku häffi-täie kui sänni-täje — eher mag er, sc. der Tod,
den Inhalt der Wiege nehmen, als den Inhalt des Bettes,
ennerab nöletse hobeze liha s6, kui tatitse lätse juttu kulle (d) —
eher iss das Fleisch einas rotzigen Pferdes, als dass du eines rotzna-
' sigen Kindes Rede anhörst,
ennemine jäta pere-mehe ästa-palk kui öhtune köhu-täji — eher
lass den Jahreslohn des Hausherrn als den Magenvoll am Abend,
ennemine mine sittuja jure kui raha-lugeja jure — gehe lieber zu
Einem, der seine Nothdurft verrichtet, als zu Einem, der Geld zählt,
ennemine olgu walge leib ja must hein kui must leib ja hafjas
hein — lieber gebe es weisses Brot und schwarzes Heu als schwar-
zes Brot und grünes Heu.
ennemine peab wats rebenema kui hüwa rög üle jäma — lieber
muss der Bauch platzen als eine gute Speise übrig bleiben,
ep ole iga kord sürt tuld, kus sür suits touzeb — es ist nicht immer
grosses Feuer da, wo sich grosser Rauch erhebt,
ep ole ize häda näind, mis se tejze püduzest uzub? — er bat selbst
keine Noth erfahren, was glaubt der vom Mangel eines Anderen,
ep ole k^ebdust, ep ole kohut — wenn keine Klage ist, so ist kein
Urtheil.
ep ole koik inimezed übe weega riStitud, od. pestud, od. wihel-
dud — es sind nicht alle Menschen mit einem Wasser getauft, od.
gewaschen, od. gebadet,
ep ole köik walged lambad, kes walget willa kannawad — es sind
nicht Alle weisse Schafe, welche weisse Wolle tragen,
ep ole surma wasta (ei) rohtu ega ohtu lödud — gegen den Tod ist
keine Arzenei und kein Mittel geschaffen,
ep ole tarwis kanade hända üles tösta, nemad kannawad ize kfill
pügti — es ist nicht nothig den Hühnern den Schwanz aufzuheben,
sie tragen ihn selbst aufrecht genug,
ep ole töd, ep ole lejba - wenn keine Arbeit ist, so ist kein Brot,
ep ole Okski ni hea, kui kidetakse, ega ni saiit, kui laidetakse —
— 35 —
es ist Keiner so gut, wie er gepriesen , noch so schlecht , wie er ver-
schrien wird,
herits kldab ennast, Öige m£s teist — der Schalk lobt sich selbst, der
redliche Mann einen Anderen.
esmalt ikka weäki , pärast tule wad weäkilized — zuerst immer die
Mahle, dann kommen auch die Mahlgäste.
et kukk mitte alla e| läheks, wajd fliese jSks — dass der Hahn nicht '
• hinunter geht, sondern oben bleibt (die Kirche mitten im Dorfe). *
ette-kartmine on parem kui taga-kahetsemine — vorher furchten ist
besser als nachher bereuen,
ette södud leib on kibe — im Voraus gegessenes Brot ist bitter,
ezi litt wanembas, hädä lätt nörembas (d) — er selbst wird älter,
die Notb wird junger.
ezi-t£ soel, ezi rebäzel (d) — seinen eigenen Weg hat der Wolf, seinen
eigenen der Fuchs.
ezi-otsa ikka petja tark, pärast se, kes petta sänud — zuerst ist
immer der Betruger klug, hernach der Betrogene.
ezimezel päewal ölen wSras, teizel päewal ölen körmaks, kol-
mandamal päewal haizen ma — am ersten Tage bin ich Gast,
am zweiten Tage bin ich zur Last, am dritten Tage stinke ich, d. h.
bin ich widerwärtig.
6s on lukk, taga taba, wöti minu taskus — vorn ist ein Schloss, hin-
ten ein Hängeschloss, der Schlüssel in meiner Tasche.
ialgi ei ole ükski nl önnelik ega nl önnetu, kui ta ize arwab -
niemals ist Jemand so glücklich , oder so unglücklich , wie er selbst
meint.
iga aeg kflzib oma töd tegu; kes talwel teeb, so suwel 6s leiab,
kes suwel teeb, so talwel 8s leiab — jede Zeit fordert ihre Arbeit
und Thal; wer im Winter schafft, findet im Sommer vor, wer im
Sommer schafft, findet im Winter vor.
iga algns on rank II _ ^ Anfang ist schwer
iga alustus on raske J
iga azi taf witab oma aega — jedes Ding verlangt seine Zeit.
s*
1
— 36 —
iga inimene on ize oma önne sepp — jeder Mensch ist selbst seines
Glückes Schmied,
iga king wautab oma jalga — jeder Schuh drückt den eigenen Fuss.
iga koer kefgitab oma saba — jeder Hund hebt seinen Schwanz,
iga kord ei kanna püd übe pafju öune — nicht alle Mal tragen die
Bäume gleich viel Aepfel.
iga kord ei ole wiga jögis, möni kord kä wiga wazikas — nicht
jedes Mal liegt es an dem Tranke, manches Mal liegt es auch an dem
Kalbe,
iga lind tunnukse oma sulgest — jeder Vogel wird an seinen Federn
erkannt,
iga mehe king pigistab ta oma jalga — jedes Mannes Schuh drückt
seinen eigenen Fuss.
iga mehele oma — jedem Manne das Seine.
iga mes katsugu oma pärast — jeder Mann sehe auf das Seine,
iga m€s kidab ennast, rebane oma saba — jeder Mann lobt sich, der
Fuchs seinen Schwanz.
iga mos kidab oma kapsaid — jeder Mann lobt seinen Kohl,
iga mos kidab oma, waene kotti — jeder Mann lobt das Seine, der
Arme den Sack.
iga m@s oma seftsiga — jeder Mann mit seiner Gesellschaft (seines
Gleichen),
iga mes omaga, waene sant, od. sarit waene, kotiga — jeder Mann
mit dem Seinigen, der arme Bettler mit dem Sack.
iga mes on ize oma koige lähem ligimene — jeder Mann ist selbst
sein Nächster.
iga mes on küll taga tark, aga ükski ei tea ette - jeder Mann ist
wohl hinterher klug, aber Niemand weiss vorher.
iga mes pühkigu oma ukse es — jeder Mann fege vor seiner Thür.
iga mes teab, kus tall king pigistab - jeder Mann weiss, wo ihn
der Schuh drückt;
iga oma king wautab oma jalga — jeder eigene Schuh druckt den
eigenen Fuss.
— 37 —
iga punane mari ej ole mitte mäzikas — nicht jede rothe Beere ist
eine, Erdbeere,
iga sitika lendamize pärast §J lähe wöl päike löja — die Sonne geht
noch nicht unter wegen jedes Mistkäfers Fliegens.
iga tob wanust — Leben bringt Alter,
iga tö ajab oma aega — jede Arbeit verlangt ihre Zeit.
iga üi ratas jökseb esmalt raskeste — jedes neue Rad lauft Anfangs
schwer,
iga Abele jägu tema oma — einem Jeden bleibe das Seine,
iga flks karjub oma pead — Jeder schreit nach seinem Kopfe (seine
Melodie),
iga flks katsub aga oma kotti tazatada — Jeder versucht nur seinen
Sack zu lullen,
iga flks katsub ize oma kapsaid — Jeder versucht seinen eigenen
Kohl,
iga flks oma pole, siku sarwed sefja pole — Jeder nach sich zu , des
Bockes Homer nach dem Rücken (Jeder sorgt nur für sich). .
iga flks on ize oma köige lähem ligimene — Jeder ist selbst sein
Nächster,
iga flks on oma olemize tegija — Jeder ist seines Zustandes Urheber.
iga flks on oma önne sepp — Jeder ist seines Glückes Schmied»
iga flks töab ize, mis ta teeb ja söb — Jeder weiss selbst, was er
thut und isst.
, iga wili sab omal ajal kflpseks — jede Frucht wird zu ihrer Zeit reif.
igal aijal on kaks otsa , teine on hakatus , teine on löpetus — je-
des Ding hat zwei Enden, eins ist der Anfang, das andere der Aus-
gang,
igal a&jal peab oma wiga olema — jedes Ding muss seine Ursache,
od. seinen Fehler haben,
igal koeral omas majas luba haukuda — jeder Hund hat die Erlaub-
niss in seinem Hause zu bellen.
igal linnol ize lapl — jeder Vogel hat seinen besonderen Gesang,
igal linnul ize laul , igal kellal ize heal , igas talns ize taf , igal
inimezel ize wli — jeder Vogel hat seinen eigenen Gesang, jede
— 38 —
Glocke ihren eigenen Ton, jeder Bauerhof seinen eigenen Kofent,
jeder Mann seine eigene Weise,
igal nömmel ize nirai, igal mafjal ize magn — jede Haide hat ihren
eigenen Namen, jede Beere ihren eigenen Geschmack,
igal perel izewli, igal talul ize taba ja tarkus— jedes «Gesinde »bat
seine eigene Weise, jeder Hof seine eigene Gewohnheit und Klugheit
igal pöl on hea, aga kodu köige parem — überall ist es gut, aber zu
Hause am besten,
igal sikul sarwed enese pole — jeder Bock hat seine Hörner zu ihm
selbst gewendet.,
igas peres ize wl2, igas talus ize tär — in jedem «Gesinde» ist eine
eigene Weise, in jedem Hof ein eigener. Kofent.
igawam on lehm lüpstes , kui tappes — verschlagsamer Ist die Kuh
beim Melken, als beim Schlachten,
igawam ötus, kui lötus — langweiliger ist Warten als Hoffen.
igawus ajab käjma — Langeweile treibt zum Gehen,
ikjä inemine om enämb, kui nfläjä lehm (d) — ein weinender Mensch
ist mehr werth, als eine milchende Kuh.
hilbu' 6h irwitawaV närtsü' takah närwa' (d) — die Lumpen vorn
spotten, die Fetzen hinten lachen,
hilbud naerawad, nartsud nutawad — die Lumpen lachen, die Fetzen
weinen,
hilja on saksa rutt, lOhikezed pada-konna jäfjed — langsam ist des
Deutschen Eile, kurz sind der Kröte Spuren,
ihn öpetab, ei 15 ega karista — die Welt lehrt, sie schlägt und zuch-
tigt nicht,
ilma ei sä ju midagi, ei anta persetki lakknda, kui sÜd ep ole —
umsonst bekommt man ja nichts , nicht einmal der Hintere wird zu
lecken angeboten, wenn keine Veranlassung da ist.
ilma-tark teistele, oskamata enesele — für Andere allerweltsweise,
für sich selbst ungewandt. •
ilmadel on snwe nftgn, aga talwe tegu — die Witterung hat des Som-
mers Aussehen, aber des Winters That, = snwe silmad etc.
" hilp 6s, talukas taga — Lumpen vorn, Fetzen hinten.
— 39 —
hilp 18b talukast taga — der Lumpen schlägt den Fetzen von hinten.
flu ei kölba patta panna — Schönheit taugt nicht in den Kochtopf zu
legen,
ilu ei panda patta, od. pajase, ega kaunist katlase — Schönheit legt
man nicht in den Kochtopf, oder Hübsches in den Kessel.
flu maksab kfill sada rubla, tegu ei tengagi — die Schönheit kostet
wohl hundert Rubel, die That nicht einen Pfennig.
ilnga ej ködeta lönt — von Schönheit kocht man keine Suppe.
iluga ei ködeta lönt, karwaga kapsyd — mit der Schönheit kocht
man nicht Suppe, mit der Farbe Kohl.
ilus nägu teeb putsile auu — ein schönes Gesicht macht der Scham
Ehre,
ilus hobune, ilosad wafjad — schönes Pferd, schöner Zaum,
ilnsast sab ilma naerus — aus Schönheit wird der Welt Spott.
inimene ei kaswa karistuzeta — der Mensch erwachst nicht ohne
Züchtigung,
inimene ikka püab sür emat -eü-täit , kui suhu mahnb — der Mensch
strebt immer nach einem grösseren Bissen» als in den Mund passt.
inimene läheb wanemaks, töbi nöremaks — der Mensch wird älter,
die Krankheit jünger,
inimene mötleb, aga Jamal* teeb, od. toimetab, sßab, ajtab, juhib —
der Mensch denkt, aber Gott thut, od. besorgt, ordnet, hilft, lenkt,
inimeng mötleb seda, aga Jamal teeb teiziti — der Mensch denkt
diess, aber Gott macht es anders.
inimene on kui külma-ölad — der Mensch ist wie die Anemonen (ver-
gänglich),
inimene on lödud tod tegema ja lind laulma, od. lendama — der
Mensch ist geschaffen zum Arbeiten und der Vogel zum Singen, od.
Fliegen,
inimene ostab omale küll wlna, aga ta ostab Qe m6le ka — der
Mensch kauft sich zwar Branntwein, aber er kauft sich auch einen
neuen Sinn.
inimene otsib , kus parem , kala kns sügawam — der Mensch sucht,
wo es besser, der Fisch, wo es tiefer ist.
— 40 —
inimene öpib nenda kaua, kui ta elab — der Mensch lernt, so lange
er lebt.
inimene peab enam mötlema, kui räkima — der Mensch muss mehr
denken, als sprechen.
inimene peab mS pqal elama, kui ümmarguze pü peal — der Mensch
muss auf Erden leben, wie auf einem runden Holze.
inimene peab töd tegema, et ta ilmas ei sure, ja jamalat paluma,
et ta praegn wöjb surra — der Mensch muss arbeiten, als ob er
nie stürbe, und beten, weil er eben sterben kann.
inimene pfiab raha, aga raha pfiab hinge — der Mensch strebt nach
Geld, aber das Geld strebt nach der Seele.
inimeze tahtmine on tema taewa-rlk — des Menschen Wille ist sein
Himmelreich.
hinna ja hea sönaga oleksid sa kflll sSnud — für Bezahlung und gu-
tes Wort hättest du wohl bekommen.
hirmuta kaswab, ajiuta elab — ohne Furcht erwächst er, ohne Ehre
lebt er. i
istu maha, loe raha — setze dich nieder, zähle das Geld (nach der Ar-
beit).
iza igine, poja pöline — des Vaters Für die Lebensdauer, des Sohnes
für das Geschlecht.
iza kogus, poeg pillutab — der Vater sammelte, der Sohn verschwendet.
iza (küll) sab, od. sab küll, naeze, aga lapsed ei sä ema —der Va-
ter bekommt wohl ein Wejb, aber die Kinder bekommen nicht eine
Mutter.
iza olgu sikk ehk sokk, ema kits ehk lits, kui aga ize mos ölen-:
der Vater sei ein Widder oder ein Bock, die Mutter eine Ziege oder
eine Hündin, wenn' ich nur selbst ein Mann bin.
iza oli ilma tark, pojast sai parem tark — der Vater war ein Aller-*
weltsweiser, aus dem Sohne wurde ein besserer Weiser.
iza on kuri, ema on knri, aga wel kurjem on wenna naene — der
Vater ist schlimm , die Mutter ist schlimm , laber noch schlimmer ist
des Bruders Frau.
iza, pea kübar peas, kunni elad laste seas! — Vater, behalte den
— 41 —
Hot auf dem Kopfe, so lange du unter den Kindern lebst (das Haus-
regiment),
iza sepp, poeg sepp, poja pojast sab mitu seppa — der Vater ein
Sehmied, der Sohn ein Schmied, ans des Sohnes Sohn werden viele
Schmiede,
izale eaks, pojale pölweks — dem Vater auf Lebenszeit, dem Sohne
für das Geschlecht«
ize knde, ize löime, od. kude-kaiicjja — etwas Anderes der Aufschlag,
etwas Anderes der Einschlag (hinzu lugen),
ize ob tarkus, ize kawalus — etwas Anderes ist Klugheit, etwas An-
deres Schlauheit
ize s5ma teeb lihawaks — selbst essen macht feist.
ize wana muld, ja lorab kui r§|be — selbst ein alter Erdenklos, und
schwatzt wie ein Aas.
blrel on enam kui flks auk — die Maus hat mehr als ein Loch.
jagajale j&wad sörmed palgaks , od. paljad näpud — dem Austhei-
lenden bleiben die Finger als Lohn, od. die blossen Finger.
jala-höp surma-höp — Fussschlag Todesschlag.
jalg jala wend , käzi käe mörtsukas — der Fuss ist des Fusses Bru-
der, die Hand der Hand Morder.
jalg seina peale ja hambad war na! — den Fuss an die Wand, die
Zahne an den Nagel (der Mussiggänger hat nichts zu essen).
jalg tfimpahus, k6F nilpahus (d) — der Fuss trippelt, die Zunge leckt,
wer keinen Gang scheut, hat etwas zu essen.
Jägupi-päewani saab salwe, pärast Jagupi t salwest wälja — bis
Jacobi regnet es in den Kornkasten, nach Jacobi zum Kornkasten
hinaus.
jämeda pakule jftme talb — dem groben Klotz ein grober Keil.
ja käriseb nl kaua, kui ta wimaks murdub — das Eis kracht so
lange, bis es endlich bricht.
Jezuke, jätka, hambake, hakka — Jesulein, lass gedeihen, Zähnchen,
mache dich daran (beim Essen).
jöda m£st, küll mos näjtab oma taba — gieb dem Manne zu trinken,
so wird er wohl seine Weise zeigen.
42 —
jfidik söb, jödik jöb, jödikule Jamal annab — der Trinker isst, der
Trinker trinkt, dem Trinker giebt Gott,
jödiku Q6h ei kau kuskil, huntki annab jödikule andeks — des
Trinkers Glück geht nirgends verloren , sogar der Wolf verschont den
Trinker,
jödikud kukuwad pehmeste — Säufer fallen weich,
jöksku jumala wezi flle jumala ma — mag Gottes Wasser über Gottes
Erde fli essen, wie Gott will,
jojwad, et silmad tahtsiwad p^ast kukkuda — sie tranken, dass die
Augen aas dem Kopfe fallen wollten,
jöna aega möda — eile mit Weile,
joudus inimene ajab wahest jQudu — ein thätiger Mensch übereilt
sich bisweilen,
jnba elajad mättal — schon sind die Thiere auf dem Rasen (nun geht
es gut),
juba so kana Jaks, kes sflre muna munes — die Henne ist schon
fort, die das grosse Ei legte,
juhtnb hoidja unnstama, tabab püdja — lässt es der Hüter aus der
Acht, erwischt es der Strebende (der Dieb),
julge kqer müb möne korra ka oma naha — ein muthiger Hund ver-
kauft auch bisweilen sein Fell,
julge pead toidab, arg suretab, od. arg ära sureb — der Kühne
erhält sein Leben, der Furchtsame bringt es zum Tode, od. der
Furchtsame kommt um.
julge huädile sab pea ots — der kühne Wolf findet bald sein Ende.
julgeja hädale, julgeja Önnele — der Wagende in Noth, der Wagende
zum Glück,
jnlgns ei ftita jumala wasta — Kühnheit hilft nicht gegen Gott,
julgus ei wafja söa-möst surma est — Kühnheit schützt den Krieger
nicht vor dem Tode,
jnlgns on sürem, kui wägi — die Kühnheit ist grösser als die Macht,
julgus töstab, julgus tapab — Kühnheit erhebt, Kühnheit tödtet.
jnlgns w§Jb möne korra kitsikuzest peasta — Kühnheit kann man*
ches Mal au» der Noth erretten.
— 43 —
Jamal afidis, jQdas wötiis — Gott hat es gegeben, der Teufel hat es
genommen.
Jamal ei j&ta head töd ial tazumata — Gott lässt ein gutes Werk nie
unbelohnt.
jumal ei jäta fihtegi aäja undlikuks — Gott lässt* kein Ding in Ver-
gessenheit.
Jamal ei taba pakutud kakku — Gott will das angebotene Brotlaib
nicht.
jumal ei wöta pakutud leiba — Gott nimmt das angebotene Brot nicht.
jumal ja kohus sejzawad file köikide, od. köjkide file — Gott und
das Gericht stehen Ober Allen.
jumal jagab iga Abele oma oza — Gott theilt Jedem seine Portion zu.
jumal makskn sinu tö , sd kannab ka& sawaga metsa — Gott be-
zahle deine Arbeit, die trägt eine Katze mit dem Schwänze in den
Wald.
jumal, hoja mind minu söbrade 6st, oma waenlaste est hojan ma
ennast ize — • bewahre mich, Gott, vor meinen Freunden, vor meinen
Feinden werde ich mich setbst hüten.
jumal, hoja seile est, kui seale silmad pähä tehakse — Gott, behüte
davor, wenn dem Schweine Augen in den Kopf gemacht werden.
jumal (on) körges, kuningas, od. keizer, kapgel — Gott ist hoch, der
Konig, od. Kaiser, weit.
jumal on filewal , arm on kapgel — Gott ist oben , die Barmherzigkeit
weit,
jumal höletumat ei hoja, ega laiska ei toida — Gott bewahrt den
Sorglosen nicht, und ernährt den Faulen nicht.
jumal p^astku pageja ja wäzitagu taga-ajajat — Gott rette den Flie-
henden and mache den Verfolger müde.
jumal süs ja sädan südames — Gott im Munde und Satan im Herzen.
jumal wölb häwad jälle parandada — Gott kann seine Wanden wie-
der heilen,
jumala arm on lg} — Gottes Gnade reicht weit,
jumala kiwid jahwatawad pitkalt, aga wäga pönikeste, od. aga
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— 44 —
seda penemalt — Gottes Mühlsteirfe mahlen langsam, aber sehr fein,
od. aber desto feiner,
jumala löuke sittab m&d, mild ei sS p^le — Gottes Lerche dangt
den Boden, Anderes kommt nicht darauf,
jumala sarwes on ikka rohtu — in Gottes Büchse ist immer Arzenei.
jumala silm wätab kft waeste p^tle — Gottes Auge sieht auch auf
die Armen,
jumala söna sah, a' purask perseh (d) — Gottes Wort im Munde,
aber der Teufel im Hinteren,
jumala tönistus od stirem, kuj inimeste talTitus — Gottesdienst ist
grSsser als menschliches Treiben,
jumala wäel ei ole ial wäzimust — Gottes Macht hat nie Ermüdung,
jumalal aega (küll), pere-mehel leiba, od. kui aga pere-mehel
leiba on — Gott hat wohl Zeit, der Hausvater Brot, od. wenn nur
der Hausvater Brot hat.
jumalat peab küll kartma, aga mitte ilma uskuma — man mnss
wohl Gott furchten, aber nicht der Welt trauen,
jutt nöuab juttu ja köne könet — Gespräch verlangt Gesprach, und
Rede Rede (ein Wort giebt das andere),
jutt sürem kui azi — das Gerede ist grosser als die Sache,
kadedus katkub oma kana — • der Neid rupft das eigene Huhn,
kadedus kautab kalad m er est, wihadus wilja wäljast — Neid ver-
nichtet die Fische im Meer, Zorn das Getreide auf dem Felde,
kadedus käbib ize ennast, ja ihnus imeb ize oma rammu — der
Neid kratzt sich selbst, der Geiz saugt selbst seine Kraft aus.
kadedus lob ikka oma pere-mest — der Neid schlägt immer den
eigenen Herrn.
Kad'ri istub Mar di sfiles — Katharine sitzt auf Martins Schooss (wenn
der Martinstag auf einen Sonnabend , der Katharinentag auf einen
Sonntag falle,
kagrul pütakse, pltsal söidetakse — mit Hafer fängt man ein, mit der
Peitsche fahrt man.
k%$wa mulda, bis säd kulda — grabe die Erde, dann bekommst du
Gold.
, — 45 —
kapwaja häfg kautab möne korra (oma) sarwe — ein stössiger Ochs
verliert bisweilen sein Hörn.
kahe-kflne laps kaela-katidja, kolme-küne kögab — ein zweimona-
tiges Kind tragt schon den Hals, ein dreimonatiges krahlt.
kahe kfila, od. pere, kcjer ei sä elades sfla — ein zu zwei Dorfern,
od. «Gesinden», gehörender Hund bekommt nie zu fressen.
kahe talu koera köht on ikka tfihi — eines zu zwei Bauerhöfen ge-
borenden Hundes Magen ist immer leer.
kahe wörra awitab, kes ruttn awitab — doppelt hilft, wer schnell
hilft.
kabele surra llg, kolmele elada wähe — für zwei zu viel zum Ster-
ben, für drei zu .wenig zum Leben.
kahju ei käi kiwa möda, wajd, od. ta käib, inimezi möda — Scha-
den geht nicht an Steinen entlang, sondern, od. er geht, unter Men-
schen.
kahju ei tulle kell kaelas — Schaden kommt nicht mit einer Glocke
am Halse.
kabju ja önnetus ei s$|da kellaga — Schaden und Unglück fahren
nicht mit der Glocke.
kahju kutsub ikka pahandust — Schaden macht immer Verdruss;
kahju öpetab mehe kawalaks — Schaden macht den Mann klug.
kahju peastab silmad lahti — Schaden öffnet die Augen.
kahjost töuzeb möni kord kazu — aus Schaden entsteht manches Mal
Nutzen.
kahrel om kats osa, öigel ei ole Qttegi (d) — der Harte hat zwei
Theile, der Redliche hat nichts.
kahte head ei woi säda — zweierlei Gutes kann man nicht haben.
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kaitse, jumal, mind mu söbrade öst, oma waenlaste est kaitsen ma
ennast ize — schütze mich, Gott, vor meinen Freunden, vor meinen
Feinden werde ich mich selbst schützen.
kaks ajab, od. ei aja, ja im — zwei vertreiben, od. vertreiben noch
nieht, den Durst (Schnäpse).
kaks kolmat ei jftta — zwei lassen den dritten nicht zurück (Unglücks-
fälle).
— 46 —
kaks köaelewad , kolmas olga wy t — Zwei sprechen , der Dritte
schweige,
kaks köwa kiwi ei tee h$ad, od. h(t|d, jahu, od. k. k. k. h^ad Jahn
ei tee — zwei harte Steine machen nicht gutes Mehl,
kaks löe-kuningat ei mahu ühe katuse alla, od. ei sflftni iat kokku
— zwei HeerdkSniginnen haben nicht Raum unter einem Dache, od.
passen nie zusammen (die das Hansregiment führen).
kaks nöuu ikka tafwis — immer sind zwei Werkzeuge nothig (Mann
und Weib).
kaks silma ulatawad kaygemale kui fiks — zwei Augen reichen wei-
ter als eins.
kaks silma waunud kinni, kolmas jänd lahti — zwei Augen sind zu-
gefallen, das dritte ist offen geblieben.
kaks uhket ei wöi fihes kons käia — zwei Stolze können nicht zu-
sammen gehen.
kala ei ela ial kuiwikul, od. tahedal — der Fisch lebt nie auf dem
Trockenen.
kala-mös toidab ka&i, kfltt ej toida pfi&igi — der Fischer ernährt
eine Katze, der Jäger ernährt nicht einmal die Flinte.
kala on seda raskem püda, mida sügawamale ta merde waub —
ein Fisch ist desto schwerer zu fangen, je tiefer er in's Meer sinkt.
kala pütakse mörraga, tütar-laps kihladega — der Fisch wird mit
der Reuse gefangen, das Mädchen mit der Verlobung.
kali, ära käri üle oma jöuu — Dünnbier, gähre nicht über deine
Macht,
kana-munad wörewad pezast, sedap sls patune inimene ei libise?
— Hühnereier rollen aus dem Neste , sollte denn * nicht noch eher ein
sündiger Mensch ausgleiten.
kana-munadgi wörewad pezast, sedap sls inimezed ei sönele ize-
keäkis? — sogar Hühnereier rollen aus dem Neste, sollten nicht um
so eher Menschen unter einander zanken.
kana muneb nokast, lehm lüpsab sfist — das Huhn legt Eier aus dem
Schnabel, die Kuh milcht aus dem Munde (g8te Ernährung thut es).
~ 47 —
kana Örrel, Ijuzad töl — die Hühner auf der Stange, die Faulen an der
Arbeit.
kana sftb kahe roSdu wahel — ein Huhn bekommt noch etwas zwischen
zwei Maassen (esrfällt immer beim Messen so viel ab).
kanadega magama, kukkedega Öles — mit den Hähnern zu Bette, mit
den Hähnen auf.
kanna wifaa magu-ja tee magus nägu — ertrage den bittern Geschmack
und mache ein süsses Gesicht.
kannatus teeb köik raskuze kergeks — Geduld macht alles Schwere
leicht.
kannatus ward köik ärä (d) — Geduld überwindet Alles.
kangus kautab, nOdrus nöuutab — Halsstarrigkeit verliert, Nachgie-
bigkeit erwirbt.
kapsa-taimed ei kaswa kastmata — KoblpQanzen wachsen nicht ohne
Begiesseo.
kari kaitseb, od. katab, od. hoiab, kafja — Herde schützt, öd. erhält,
Herde (pflanzt sich selbst fort).
kaijane paneb talwel oma jala seina peale — der Viehhüter hängt im
Winter die Fusse an die Wand.
kafjnb nenda, et tahm laest maha tuleb — er schreit so, dass der
Staub von der Decke fallt.
karjumizega sab täri-bauded, od. leiwa-sötked, od. pudru-jahud —
mit Schreien bekommt man die Dünnbiermaische , od. das Einknete-
mebl, od. das Breimehl (doch irgend etwas).
kam ep ole ligidal ial nl kuri, kni teda ömalt kizendatakse — der
Bär ist in der Nähe nie so schlimm, wie man ihn aus der Ferne aus-
schreit.
kam jätab möne korra kä karwn — der Bär lässt manches Mal auch
Haare.
kam kardab köige enam oma kellukezi — der Bär fürchtet am mei-
sten für seine Hoden.
kam kazukas ei karda kfllma — des Bären Pelz furchtet keine Kälte.
kam nahka ei pea enne ära müdama, kui kam käes on — des
Bären Fell muss man nicht verkaufen, bevor man den Bären hat.
— 48 —
karu on metsaliste seas koige kangem, rebane köige kawalam —
der Bär ist anter den wilden Thieren das stärkste, der Fachs das ver-
schlagenste.
karul on kaheksa mehe rammn ja ühe meto möl, od. möistus,
hniidil on ühe mehe rammu ja tiheksa mehe möl, od. möistus
— der Bär hat die Kraft von acht Männern und den Verstand von
einem , der Wolf hat die Kraft von einem Manne und den Verstand
von neun Männern.
kamst sab männi-m3s, hundist ej müd kui ulguja, od. ei sä ial —
aus einem Bären wird ein Spielmann, aus einem Wolf nichts Anderes
als ein Heuler, od. niemals.
kas arwate, et rikka pärast sejzab mä-ilm ttlewal? ta seizab en-
nemine waeze pärast filewal — meint ihr, dass des Reichen we-
gen die Welt da ist? sie ist vielmehr des Armen wegen da.
kas eksituzed puid kända möda peaksid käima? eks mitte möda
•inimezi? — sollten die Fehltritte unter Bäumen und Stumpfen einher
gehen? nicht unter den Menschen?
kas oled ka£äi-tapja, et käed wärisewad? — bist du ein Katzentodter,
dass die Hände zittern.
kas sa oled kellaga siga näinud? — hast du ein Schwein mit einer
Glocke gesehen (so sagt man zu dem, welcher zu Essenden kommt
ohne zu grüssen mit «jätkn!» Ausreichen, Gedeihen, d. h. wohl be-
komme es.
kas sull on mune kübara all? — hast du Eier unter dem Hute (sagt
man, wenn Einer unterlässt zu grüssen).
kas teie eit tat ühes leiwas? — sind Mutter und Vater in Speisegemein-
schaft (wenn Jemand nichts als Zukost giebt).
kas tflhi kott ptWti seizab, kns ei ole warandnst s6s? — steht wohl
ein leerer Sack aufrecht, wo keine Habe darin ist.
kas wöta öle-körrega palgest werd — du magst mit einem Strohhalm
aus der Wange Blut nehmen (so frisch und rotb).
ka& ja kqer ei lepi ial kokku, od. ei so ühel kapzil — Katze und
Hund vertragen sich nie zusammen, od. fressen nicht an einer
Schale.
— 49 —
kaäs kflll pea poja teeb , sögedad sünniwad — die Katze wirft wohl
leicht ihr Jaoges, aber sie kommen blind zur Welt.
ka& küneta ja naene nölata ei sä korda — eine Katze ohne Klauen
und ein Weib ohne Nadel kommen nicht zurecht.
ka& paneb sawa pandiks — die Katze giebt den Schwanz als Pfand.
ka££ peä poja' tege, ja söke' sünnüse, od. sawa' (d) — die Katze
wirft bald ihre Jungen, und sie werden blind geboren (eilfertiges, un-
zureichendes Thun).
ka& söze kawwa arme tu, pini pikält peedfl (d) — die Katze frisst
das lange Gesparte, der Hund das lange Bewahrte.
ka&i Jt&pad ikka all — der Katze Pfoten sind immer unten (beim Fallen).
ka&i köle peal 011 kaheksa töugu surraa-rohtu, aga koera köle
peal on Oheksa töugu ohtn — auf der Katze Zunge sind acht
Arten Gift, aber auf des Hundes Zunge sind neun Arten Heilmittel.
käste jäfgilt kündis juba möni kulda — aus den Thaustreifen hat
schon Mancher Gold gepflügt.
käste od wihma kafja-poizike — der Thau ist des Regens Hüterjunge.
kaswab s&k, kaswab bimu — wächst der Ertrag, so wächst das Ver-
langen.
katel söimab katlat, Ohed mustad mölemad — ein Kessel schimpft
den anderen, gleich schwarz sind sie beide,
katse-tost tuleb kunst — aus der Versucharbeit kommt die Kunst,
katus ennemine peab ös olema kui taga — ein Dach muss eher vorn
sein als hinten,
katus od maja iga , laiskus on mehe iga — ein Dach ist des Hauses
Lebensdauer, Faulheit ist des Mannes Lebensdauer (conservirt).
katust tüle peale rajama — das Dach auf Luft gründen.
kaua tehtud kaunikene, pea tehtud pilla palla — lange gemacht
hübsch, bald gemacht unordentlich.
kanaks koera kaelas wof st, ehk kaäsi nina all kala? — ist die Wurst
am Hals des Hundes, oder der Fisch vor der Nase der Katze auf lange.
kaaaks sant kotiga wiha peab? läheb kott raskeks, wiskab maha;
lftheb ize külase, wötab files — wie lange zürnt der Bettler über
4
— 50 —
den Sack? wird der Sack schwer, wirft er ihn nieder, gebt seihst in's
Dorf, nimmt ihn wieder aar.
kapgelt kägu külus — von weitem ist der Kuckuk berühmt,
kapp on wanem kui meie (patused) — der Handel ist älter als wir
Sünder,
kauples kotti ja oätis pörsa — er handelte am den Sack and kaufte
das Ferkel,
kawalale kannikas, Darfile naeru — für den Schlauen das Brotstuck,
für den Narren Spott,
kawalus ja himu on wennad — Schlauheit und Begierde sind Bruder,
kä ntiri oherti Qristab auku — auch ein stumpfer Bohrer macht ein
Loch,
k&ren kaswatab poege, kunni nad oma ted lendawad — der Rabe
erzieht seine Jungen, bis sie ihres Weges fliegen,
kären kärnat ei nokka — ein Rabe hackt den anderen nicht,
k&ren lepib kärnaga — ein Rabe verträgt sieb mit dem anderen.
kSrna kärna silmä ei tsaunata (d) — ein Rabe hackt nicht in das Auge
des anderen,
kärna sulega kirjutatakse kohtu-kifjad — mit der Feder eines Raben
werden gerichtliche Schriften geschrieben.
käme ei pista kärse silmä (d) — ein Rabe sticht nicht in das Auge
des anderen.
käba ej kuku kännust kaugele — der Zapfen fallt nicht weit vom
Stamme,
kägu on kapgelt külus, kui sa ligi lähed, sIs kui kana-kuTI — von
weitem ist der Kuckuck berühmt, wenn du hinzu gehst, dann ist er
wie ein Habicht.
kähar pqa, koera mötted, od. möte — krauser Kopf, Gedanken, od.
Sinn, eines Schelmes.
käfigä' jalah kägizese, sekla' kötuh közizese (d) — die Schuhe knar-
ren am Fuss, die Kleie raschelt im Magen.
käsk (on) wanem kui inimene — das Gesetz ist alter als der Mensch
(mächtiger).
— 51 —
kftsk on wanem kui käzu täitja — das Gesetz ist älter, stärker, als
der Gehorchende.
V
kftzi pezeb, od. mözep (d), kätt — eine Hand wäscht die andere.
kftzi pezeb kätt, ja kaks kätt pezewad palet, od. terwet ihu — eine
Hand wäscht die andere, und beide Hände waschen das Gesicht, od.
den ganzen Leib.
kftzi pezeb kätt, od. teist, sfs säwad mölemad puhtaks — eine Hand
wascht die andere, dann werden beide rein.
kftzi püzas, täi taskus, od. punnas, od. knkrus — die Hand in der
Seite, eine Laus in der Tasche, od. im Beutel,
k&zi-töl od kuldne pöhi — Händearbeit hat goldenen Boden.
kfizil ofeid, jalal leiad — mit der Hand suchst du, mit dem Fusse findest
da (in der Nähe, Ferne).
keft om snzi süle, tö om kahr töle (d) — wer ein Wolf mit dem
Munde ist, der ist ein Bär bei der Arbeit.
keda öpetus juhatab, seda nuhtlus ei suürii — wen Lehre lenkt, den
treibt nicht Strafe.
keha on tall pitkem kui küb — sein Körper ist länger als sein Rock,
kehwast suwest kaswab lahja sügise — aus einem ärmlichen Sommer
erwächst ein magerer Herbst.
kehwuze pada peab kezi ketma — der Kochtopf der Armuth muss
Hälsen kochen .
kell1) ammet on, seil sab ammetist kazu — wer ein Amt hat, der
hat von .dem Amte Gewinn.
kell ammet, seil lejba — wer ein Amt hat, hat Brot,
kell anda, seil wötta — wer zu geben hat, hat zu nehmen.
kell enam tangu käes, w$b paksema lörae köta — wer mehr Grütze
hat, kann eine dickere Suppe kochen.
kell ep ole kazat, so wötab kas£i — wer kein Ehegemahl hat, nimmt
eine Katze,
kell ep ole töd, so ötsib töd, kOlap tegijal töd on, magajal und-
1) Tgl. die Satze mit kellel.
— 52 —
wer nicht Arbeit hat, der sucht Arbeit, der Thatige hat schon Arbeit,
der Liegende Schlaf.
kell j&nu, seil jalad — wer Durst hat, hat Fusse.
kell kott, od. kukur, seil kohus, kell wägi, seil wöjmus — wer den
Sack hat, der hat Recht, wer Macht hat, hat deo Sieg.
kell kukur, seil kohus, kell kohus, seil öigus, kell öigus, seil wöi-
mus — wer den Beutel hat, hat Berechtigung, wer Berechtigung hat,
hat Recht, wer Recht hat, hat den Sieg.
kell kflmme kawalust körwa taga, so paneb köige pealt waga näu
silma ette — wer zehn Ränke hinter den Ohren hatr zeigt vor allen
Dingen ein frommes Gesicht,
kell naize' kölese, önnelik m6s, kell hobeze kölese, önnetu m6s
(d) — wem Weiber sterben, glücklicher Mann, wem Pferde sterben,
unglücklicher Mann,
kell nälg, seil jalad — wer Hunger hat, hat Füsse.
kell önn, se elagu, kell tafwis, so tehku töd — wer Glück hat, der
lebe, wer es nöthig hat, der arbeite,
kell pafju kirpa, so nende sömist enam ej tunne — wer viel Flohe
hat, merkt ihren Biss nicht mehr,
kell pafju tatti, seil palju tarkust — wer viel Rotz hat, hat viel Ver-
stand,
kell perse sflgeleb , kflll so sauna ktitab — wem der Hintere juckt,
der wird schon die Badstube heizen,
kell pitk ker, seil pitk te — wer eine lange Zunge hat, der hat einen
langen Weg.
kell pitk saba on, se lazeb pitkalt taga joksta — wer einen langen
Schwanz hat, lässt lang hinten nachlaufen,
kell raha, seil söbru — wer Geld hat, hat Freunde,
kell salwed täte, mödab, teine wältab kä - wer die Kornkasten voll
hat, misst, ein Anderer kommt auch aus.
kell sfif su, seil köwa tö, od. lai sefg — wer einen grossen Mund hat,
der hat harte Arbeit, od. einen breiten Rucken,
kell tarkus peas, seil ohjad käes — wer Klugheit im Kopfe hat, hat
die Zügel in der Hand.
— 53 —
kell ük8 muna kflps, kell kaks karnaks, k. kolm köri ära, k. neli
müro weli, k. wli wiska maha, k. küz muna ü£, k. seitse
sejza paigal, k. kaheksa karga peale, k. üheksa höppa seTga,
k. kflmme kfill ju — ein Uhr das Ei gar, zwei Uhr knack, drei Uhr
schäle ab, vier U. mein Bruder, fünf U. wirf nieder, sechs U. Ei neu,
sieben U. stehe ruhig, achtU. lauf zu, neunU. spring auf den Racken,
zehn l). genug schon, = tiks! juba läks etc.
kell wägi, seil wöimus, kell kukur, seil öjgus — wer die Macht hat,
hat den Sieg, wer den Beutel hat, hat Recht.
kelle jalg astub, seile sü matsub — wessen Fuss schreitet, dessen
Mund schmatzt.
kelle jalg latsutab, seile sü matsutab, od. kelle jalg matsub, seile
sü maitseb, od. kelle jalg patsub, seile su matsub, od. kelle
jalg tatsatab, seile sQ matsatab — wessen Fuss patscht, dessen
Mund schmatzt, od. kostet.
§
kelle jalg sitane, seile sQ raswane — wessen Fuss kotbig ist, dessen
Mund ist fettig,
kelle kftzi Ilgub, seile sü maigub, od. matsub — wessen Hand sich
röhrt, dessen Mund schmatzt.
kelle laps, seile nimi — wessen Kind, dessen Name.
kelle leiba ma sön, seile laulu ma laulan — wessen Brot ich esse,
dessen Lied ich singe.
kelle leiba ma sön, seile piffi järele ma tantsin — wessen Brot ich
esse, nach dessen Pfeife tanze ich.
kelle hobune on ojas, seile jalg sejsku madalamal, od. s. j. peab
olema madalas — wessen Pferd im Bache ist, dessen Fuss muss
auf einer flacheren Stelle stehn.
kelle ree ratta all mes ära wäzib? — unter wessen Schlitten, oder
Wagen ermüdet ein Mann (wenn er beisteht).
kelle sinft käut, s6 käüs sulle k&, od. tö tule sulle k3 käpmä -
wen du besuchst, der wird auch dich besuchen,
kelle söna küled, seile sulaue sa oled — auf wessen Wort du hSrst,
dessen Knecht bist du.
— 54 —
keüel1) ep ole tSd, se otsib töd — wer keine Arbeit hat, der sacht
Arbeit.
kelle! ikka mokka, sellel näppa — wer immer Mund bat, bat Finger.
kellel jalg hfllpab, sellel kef nälpab — wessen Fuss sich bewegt, des-
sen Zunge leckt.
kellel ko&t, seil kohus, kellel wöjd, seil wöimus (d) — wer ein Ge-
schenk hat, der hat Recht, wer Butter hat, der siegt.
kellel lad sü on, sellel peab kä lad sefg olema — wer einen breiten
Mund hat, muss auch einen breiten Rücken haben.
kellel hör, sellel kof — wer Sorge hat, der bat Sahne.
kellele Jamal ammeti annab, sellele annab tema kä tarkust — wem
Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch Verstand.
kellele sa köjge enam head teed, so teeb sulle köige enam kurja
— wem du am meisten Gutes thust, der thut dir am meisten Böses.
kellest konks peab säma, 15b ennast wara köweraks, od. so kas-
wab nörelt köwerase — aus wem ein Haken werden soll, der
krümmt sich früh, od. der wächst jung krumm.
kellest mall kazu ep ole, sest sab sulle kahju tulema — wovon ich
keinen Vortheil habe, daraus wird dir Schaden kommen.
kellest okas peab säma, se on warakult teraw — aus wem ein Dorn
werden soll, der ist früh spitzig.
kellest süda täü, sest rägib sü — wovon das Herz voll ist, davon spricht
der Mund.
keim kldab (ize) ennast, Öige mos, od. öiglane, teist — ein Schelm
lobt sich selbst, ein rechtschaffener Mann einen Anderen.
keim petab keTmi — ein Schelm betrugt den anderen.
kena kaun, inetu iwa — schone Schote, hässlicher Kern.
kenal'mehel keega käzi, walgel mehel wali ruzikas, must mos,
tark mer — ein schöner Mann hat eine Hand mit einer Kette, ein
blonder Mann eine starke Faust, ein brünetter Mann, ein kluger Sinn.
kergem on teist lajta, kui ize paremine teha - leichter ist einen
Anderen tadeln, als selbst besser machen.
1) Vgl. die Sätze mit kell.
— 55 —
kes adra läbi tahab rikkaks s&da, se parigu ize kätt kfllge — wer
durch den Pflug reich werden will, der lege selbst Hand an.
kes aina wälja annab, so ize ilma jäb — wer immer nur ausgiebt,
bleibt selbst ohne,
kes ajnnst last rätsib lüa? — wer mag das einzige Kind schlagen.
kes hakkab paremat otsima taga, od. järele, pahema leiab - wer
anlangt das Bessere zu suchen, der findet das Schlechtere.
kes anni-hobnse suhu wätab? — wer sieht in den Mund eines ge-
schenkten Pferdes,
kes armastust ktilwab, se armastnst leikab — wer Liebe säet, der
erntet Liebe,
kes armu ei näita, s6 armutu sureb — wer kein Mitleid zeigt, der
stirbt unbemitleidet.
kes haru, od. harwaste, läheb, od. tuleb, seda armsaste peetakse —
wer selten kommt, den hält man lieb,
kes h&bi otsib, häbi leiab — wer Schande sucht, findet Schande.
kes ähnä Onde täd, kui ei tikuta? (d) — wer weiss das Loch des
Spechts, wenn er nicht klopft,
kes äkitselt härab, se söd pöletab — wer heftig zugreift, verbrennt
sich den Mund.
kes bSfti märib, se hääti söidab — wer gut schmiert, fährt gut.
kes ha&i söb, seile peale on lötus — wer gut isst, von dem kann man
hoffen,
kes hä£ti tahab surra, peab hääti elama — wer gut sterben will,
muss gut leben,
kes hea on, se kTtust lejab — wer gut ist, findet Lob.
kes head otsib, se paremat leiab — wer Gutes sucht, findet Besseres,
kes b^aga ei kille, peab kibedaga kfilma — wer nicht mit Gutem
hört, muss mit Strengem hören.
kes ei jnlge, ei sa Wöru Unna nftha — wer nicht wagt, der bekommt
nicht die Stadt Werro zu sehen.
kes ej küle, kolki sab — wer nicht hört, bekommt Schtage.
kes gj mojsta palwet teha, se sfttkem mere pqale — wer nicht zu
beten versteht, den wollen wir auf's Meer schicken.
— 56 —
kes ei s& sfles köhtu täte, ei so sä lakkudes — wer nicht essend
seinen Bauch füllen kann, der kann es auch leckend nicht.
kes ei taha kalda, peab maitsma, od. katsuma, od. tundma — wer
nicht hören will, muss schmecken, od. versuchen, od. fühlen.
kes ei tfina pisku 8st, od. piskust, so ei täna paFja est, od. paT-
just — wer nicht für wenig dankt, der dankt nicht für viel.
kes ei tee silmi lahtr, peab kukru lahti tegema — wer nicht die
Augen aufmacht, muss den Beutel aufmachen.
kes ennast röjaga kokku mäzib, ei wöi mitte puhtaks jäda — wer
sich mit Roth befasst, kann nicht rein bleiben.
kes enne kojtu kobistab , so warem leiwa-meheks sab — wer vor
der Morgenröthe in Bewegung ist, wird früher ein wohlhabender
Mann,
kes enne nT tark on kui pärast? — wer ist vorher so klug wie
nachher,
kes enne tuleb, se enne jahwatab — wer eher kommt, mahlt eher,
kes enne weäkile jQuab, so warem jahwatab, od. se jahwatab
enne, od. so enne järge sab — wer eher zur Mühle gelangt, der
mahlt eher, od. der kommt eher an die Reihe.
kes iga pöza alla otsib, so wlmaks ommeti uä£i leiab — wer unter
jedem Strauch sucht, der findet endlich doch eine Schlange.
kes ilu oisib, se lu£ti leiab — wer Schönes sucht, findet Lust.
kes hirmuta kaswab, se aputa elab — wer ohne Furcht aufwächst, lebt
ohne Ehre.
kes iza ehk ema 15b, seile käzi kaswab hauast wftTja — wer Vater
oder Mutter schlägt, dessen Hand wächst aus dem Grabe hervor.
kes ize ei lttkka, sab muist ltikatud — wer nicht selbst stösst, wird
von Anderen gestossen.
kes ize ennast kldab, seile kltns haizeb — wer sieh selbst lobt, des-
sen Lob stinkt.
kes järele jätab, so jftfje peal istub — wer nachlässt, wird auf einem
Stuhle sitzen.
kes jQuab, so sQpab — wer Vermögen hat, der rudert.
— 57 —
keß jnmal haige lönnd, so Jamal hajge wötab — welcher Gott den
Kranken geschaffen hat, der Gott wird den Kranken wegnehmen,
kes jumala wilja tohib pölata, od. w. ära pölgab? — wer darf ver-
achten, od. verachtet, Gottes Pracht (den Branntwein),
kes kahju kardab, so kazu ei sä, od. ega so Önne gj lgja — wer
den Schaden furchtet, der erlangt den Yortheil nicht, od. der findet
kein Gluck,
kes kannab kurja, (so) kannab kulda — wer Böses trägt, der tragt
Gold,
kes kannatab , so kapa elab , od. s6 kaum lejab — wer geduldig ist,
der lebt lange, od» der findet das Schöne,
kes kardab, so ei kahjatse — wer fürchtet, der bereut nicht,
kes ka&i pärast randa, kitsi pärast lakka, lapse pärast ajta lä-
heb , od. 1. p. silku töma läheb? — wer geht einer Katze wegen
an den Strand , einer Ziege wegen auf den Heuboden , eines Kindes
wegen in die Vorratskammer, od. einen Strömling holen,
kes ka&i saba töstab, kui ta ize ej tösta? — wer hebt den Schwanz
der Katze, wenn sie ihn selbst nicht hebt,
kes ka&ile kala ebk waezele wTna annab? — wer giebt einer Katze
einen Fisch, oder einem Armen Branntwein,
kes ka&ile kalad küpsetab? — wer röstet der Katze die Fische,
kes katsub, so näeb - wer versucht, der wird sehen,
kes kaua Stab, (so) kaani sab — wer lange wartet, bekommt das
Schöne,
kes kaugel käib, so palju näeb — wer weit geht, der sieht viel,
kes kaagel kg}nd, od paFju näjnd ja wöib sest pafju räkida — wer
weit gewesen ist, hat viel gesehen und kann viel davon erzählen,
kes kehwa polma katsub? — wer ladet einen Armen zur Hochzeit,
kes kehwa pulma palub, ebk waest warrule kutsub? — wer bittet
einen Durfligen zur Hochzeit, oder ladet einen Armen zum Taufschmaus,
kes kellega lehma ofeib, 80 sitase sawa sSb — wer mit Jemandem
eine Kuh sucht, der bekommt einen kollagen Schwanz,
kes kelda ej küle , peab kahetsema — wer auf ein Verbot nicht hört,
muss bereuen.
— 58 —
kes kibedat kannatab, so magusat majtseb — wer das Bittere erträgt,
der wird das Süsse schmecken.
kes kihwti külwab, surma leikab — wer Gift säet, erntet Tod.
kes kiriga otsib, so talluka, od. tallakeze, leiab — wer einen Schuh
sucht, findet einen Pantoffel.
kes kingitud hobuse suhu wätab? — wer sieht in eines geschenkten
Pferdes Mund.
kes kitse lammast wejkseks arwab, ehk naeste-rahwast inime-
zeks? — wer hält eine Ziege und ein Schaf für ein Rind, oder ein
Frauenzimmer für einen Menschen.
kes koera ei söda, (SS) södab warast — wer den Hund nicht füttert,
futtert den Dieb.
kes koera saba kefgitab, od. kehitab, kui koer ize , od. kui ta ize
ei kefgita? — wer hebt des Hundes Schwanz, als der Hund selbst,
od. wenn er ihn nicht selbst hebt.
kes koera sawa üle aja töstab, kui ta ei tösta ize? — wer hebt des
Hundes Schwanz über den Zaun, wenn er ihn nicht selbst hebt.
kes koerust teeb, sab koNdda — wer Hundestreiche macht, bekommt
Schläge.
kes kopikaid ei kofja, se rubla-tükki kukro ei sä — wer die Kope-
ken nicht sammelt, bekommt kein Rubelstück in die Tasche.
kes kopikal kofjab, so rubla est leiab — wer kopekenweise sammelt,
findet einen Rubel vor.
kes kopikat ei auusta, ei sä rubla majtsta — wer die Kopeke nicht
ehrt, bekommt keinen Rubel zu schmecken.
kes kopikat ei kofja, sä rubla ei s& — wer die Kopeke nicht sam-
melt, der bekommt keinen Rubel.
kes kofjab, se leiab — wer sammelt, der findet vor.
kes korra hamba (on) weristand, so katsub ikka — wer ein Mal
den Zahn blutig gemacht hat, versucht es immer.
kes korra körwend, od. pölend, (se) kardab tuld — wer sich einmal
verbrannt hat, der furchtet das Feuer.
kes korra pölend, möistab tule est hojda — wer einmal sich ver-
brannt hat, versteht sich vor dem Feuer zu hüten.
— 59 —
kes korra waezeks jänud, 8ö sejzab kä waezuzes — wer einmal arm
geworden ist, der bleibt auch in Armuth.
kes köre pealt (ära) söb, so sögu ka (püti pohjast) plma — wer die
Sahne von oben isst, der esse auch die Milch aus dem Boden der Schale,
kes köige pärast naerab, naerab köige paremaste — wer nach Allem
lacht, lacht am besten,
kes koik magusat maitseb , peab köik kibedat kannatama — wer
alles Sasse schmeckt, muss alles Bittere ertragen,
kes (köik) mä-ilma söjaks kütab? — wer heizt die ganze Welt wärm,
kes köik nömmed nötkub, od. köntsib, od. könnib, od. nötsub, se
köik mar jad maitseb — wer alle Haiden durchwandert, der schmeckt
alle Beeren,
kes köikide j&rele kailab , (so) ei sä kubugi — wer Allen nachgeht,
kommt nirgends hin.
kes köikide möle pärast tahab olla, ei j$ua tlhegi möle pärast
olla — wer Allen nach dem Sinn sein will, kann Keinem nach dem
Sinne sein,
kes köneleb, so külwab, kes kQleb, so lejkab — wer spricht, der
säet, wer bort, der erntet,
kes körgese ronib, se sflgawase kukub — wer hoch klettert, der fallt
tief,
kes köwerust külwab, se wiletsust lejkab — wer Unredlichkeit säet,
der erntet Elend,
kes kofja küleb, s6 kulda kannab — wer Böses hört, trägt Gold,
kes läheb ära rägude öst , läbeb jälle rizu-hunniku p^ale — wer
den Zweigen aus dem Wege gebt, kommt wieder auf den Gerfimpel-
haufen.
kes leplikult e| taha järele anda, s$ peab wimati sfirt kahju
kandma — wer nicht versöhnlich nachgeben will , der muss zuletzt
grossen Schaden tragen,
kes Unna ligi, od. ligi Unna, elab, s6 söla-nälga sureb — wer nahe
bei der Stadt wohnt, der stirbt an Salzmangel,
kes liisi lftheb linutama? — wer wird sich herbeilassen, einer Hure
die Haube aufzusetzen.
— 60 —
kes magab, so on waene — wer liegt und schläft, der ist arm.
kes ma-ilma söjaks jöuab kfitta? — wer vermag die Welt warm zu
beizen,
kes ma-ilma uzub, sellele mä-ilm kufja tazub — wer der Welt
traut, dem vergilt die Welt Böses,
kes mos sin, se m$s seal — wer hier ein Mann ist, der ist auch dort
ein Mann,
kes mos söb, s£ mos lob, od. s. ra. kä teeb — welcher Mann (gut)
isst, der drischt, od. arbeitet auch,
kes mos flhes kohas, so kä mos teizes kohas — wer an einer Stelle
ein Mann ist, der ist auch an' einer anderen Stelle ein Mann,
kes mos fihest, 88 mos teizest — wer in einer Hinsicht ein Mann ist,
ist es auch in der anderen,
kes midagi otsib, sellele se sab — wer etwas sucht, der bekommt es.
kes mitte ei taha kQlda, so peab maitsma — wer nicht hören will,
muss schmecken,
kes möistab, od. oskab, tänada, sellele antakse tänu p&rast roh-
kern, od. s. a. ikka enam tänamize pärast — wer zu danken
versteht, dem giebt man des Dankes wegen immer mehr,
kes möistab warastada, so möistab peita — wer zu stehlen versteht,
der versteht zu verheimlichen,
kes mulle süst suhu rägib , so rägib minuga , aga kes taga selga
rägib, so rägib minu persega — wer zu mir spricht von Mund zu
Mund , der spricht mit mir, aber wer hinter meinem Rucken spricht,
der spricht mit meinem Hinteren,
kes naeste-rahwast pahandab, so ein önne kautab — wer ein Frauen-
zimmer ärgert, verliert das Lebensglück,
kes nenda wölb söita, kui mä-ilm rägib?— wer kann so fahren, wie
die Welt spricht,
kes nöre bäfjaga künnab, teeb köwerad waud — wer mit einem
jungen Ochsen pflügt, macht krumme Furchen,
kes hobuse ostab, s6 nina töstab, kes raha loeb, raipe sab — wer
ein Pferd kauft, hebt die Nase empor, wer das Geld zahlt, bekommt
ein Aas.
— 61 —
kes hobuse raibet nfirgija kätte wlb, kizub esmalt rayad alt —
wer ein Pferdeaas zum Abdecker bringt, reisst erst die Eisen ab.
kes hoiab, se ei öhka — wer sich hütet, der seufzt nicht.
kes oma nina rikub, on ka silm-näu teutand — wer seine Nase
beschädigt, hat auch sein Gesicht verunehrt.
kes oma taldriku pealt kelega lakab, pistab teize omase ikka pea
sirmist sädik — wer von seinem Teller mit der Zunge leckt, steckt
in den eines Anderen immer den Kopf bis zu den Augen.
kes oma töd rikub, so kaupa rikub — wer seine Arbeit schlecht
macht, verdirbt den Handel.
kes od hea, se kltust sab — wer gut ist, bekommt Lob.
kes on targem, so tazugu, söna-seppa seletagu, kellel palju, pangu
peale, kellel Halt , so lizagu — wer kluger ist, der ergänze, ein
Wortschmied erläutere, wer viel hat, lege darauf, wer übrig hat, fuge
hinzu.
kes ostab, mis tall waja ei ole, so peab pea mfima, mis tall taf-
wis on — wer da kauft, was er nicht braucht, der wird bald ver-
kaufen müssen, was er nöthig hat.
kes honet ei ehitanud, so arwab seinad mäst kaswama — wer
nicht ein Haus gebaut hat, der meint, dass die Wände aus der Erde
wachsen.
kes böraga elab , leiab hOra-palka — wer mit einer Hure lebt , wird
Hurenlohn finden.
kes ötab, s£ önsaks sab, kes kannatab, se kaua elab — wer wartet,
wird glucklich, wer geduldig ist, wird lange leben.
kes öigust landab, so teutab ize ennast, kes üle-kohut laidab, so
teeb oigust — wer das Recht tadelt, der beschimpft sich selbst, wer
die Ungerechtigkeit tadelt, thut Recht. ^
kes palju köneleb, seile k&est palju küzitakse — wer viel redet,
den fragt man um Vieles,
kes palju kQzib, sab targemaks — wer viel fragt, wird kluger«
kes pafju laenab, so pea lejnab — wer viel borgt, wird bald trauern,
kes palju lobiseb, palju waletab — wer viel plappert, lugt viel
— 62 —
kes pafju m&d käib, so paTja näeb — wer viel Land durchzieht, sieht
viel.
kes pafju mötleb, so w&he teeb — wer viel denkt, thut wenig.
kes palju näeb, so pafju öpib — wer viel sieht, der lernt viel.
kes pafju püab, so wähem, od. wähema, sab — wer nach Vielem
strebt, erlangt weniger, od. Geringeres.
kes palju rägib, palju wastab, od. peab pafju wastama, od. seU on
pafju wastata — wer viel spricht, hat viel zu verantworten.
kes palju rägib, so pafju waletab — wer viel spricht, der lugt viel.
kes palju söb, se pafju teeb — wer viel isst, der thut viel.
kes pea uzub , sab pea petetud — wer leicht glaubt , wird leicht be-
trogen.
kes perse wäfja laenab, sittugu läbi küfje-luid — wer den Hinteren
ausleiht, mag durch die Rippen seh
kes pärja lükkab, eks so mfitsi pane — wer den Kranz verschiebt,
der muss ja wohl die Haube aufsetzen.
kes piffi hfidma paneb, müd kui ema? — wer sonst als die Mutter
bringt die Pfeife zum Tönen.
kes piskugaei möista elada, ei sä pafju ga ammugi läbi — wer
nicht mit wenig zu leben weiss, wird mit viel lange nicht auskommen.
kes pitka pQ ommetigi lazeb taewase kaswata? teda raiutakse
ikka enne ära — wer lässt doch einen hohen Baum in den Himmel
wachsen? er wird immer vorher abgehauen.
kes poluskaks lödud, ei sest kahe-kopika-tükki ei sä — wer zu
einer Poluschke geprägt ist, von dem bekommt man kein Zweikopeken-
stück.
kes pObja jöb, sab poja — wer bis auf den Boden trinkt, bekommt ei-
nen Sohn.
kes pölewa sfltte peal käib, sß omad jalad körwetab — wer auf
glühenden Kohlen geht, der verbrennt seine Fusse.
kes pölgab jumala wifja? — wer verschmäht Gottes Frucht (wenn man
einen dargebotenen Schnaps nimmt).
kes pfld läheb püdma, kautab kana — wer das Rebhuhn fangen geht,
verliert das Huhn.
— 63 —
kes rahu rikub, peab naha ehk raha andma — wer den Frieden
bricht, muss die Haut oder Geld geben.
kes rägib, so külwab, aga kes küleb, so korjab — wer spricht, der
säet, aber wer hört, der sammelt ein.
kes robkem loeb, so rohkem t£ab — wer mehr liest, der weiss mehr.
kes rohkem sab, so enam tahab — wer reichlicher bekommt, der will
mehr,
kes rata annab, so annab kahe wörra — wer schnell giebt, giebt
doppelt,
kes saksa santi näeb? — wer sieht wohl einen deutschen Bettler.
kes sädemeid külwab, peab l£ki leikama — wer Funken säet, muss
Lohe ernten.
kes sea kärsa söb, peab niaranaid kaewama — wer den Rüssel des
Schweines isst, muss selbst die Farberröthe graben,
kes sifmi lahti ei tee, peab kukru lahti tegema — wer die Augen
nicht aufmacht, muss den Beutel aufmachen,
kes sind naerab, sealt mine möda, kes sind kidab, seal pane sil-
raad rätiku sisse — wo man dich verlacht, da gehe vorüber, m?o
man dich lobt, da hülle das Gesicht in das Tuch.
kes sis wirko leibä söze, kuj laisko ma päl ei ole? (d) — wer wird
denn der Fleissigen Brot essen, wenn es nicht Faule in der Welt
giebt.
kes sin mos, s8 on seal mos — wer hier ein Mann ist, der ist dort ein
Mann,
kes söb köre pealt, se sSga pima alt kft — wer die Sahne von oben
isst, der esse auch die Milch von unten,
kes supiga sfi pOletanud, so puhub kä wee peale — wer mit der
Suppe sich den Mund verbrannt hat, der bläst auch auf das Wasser,
kes sur on, mine möda, kes pizokene on, astu flle — wer gross ist,
da geh vorüber, wer klein ist, da steige über,
kes sfles köhtu t&£ ej sä, ej so sa kä lakkudes — wer essend seinen
Bauch nicht lullen kann, der wird ihn auch leckend nicht füllen.
kes täje pihuga külwab , so t$e pihuga leikab — wer mit voller
Hand säet, der erntet mit voller Hand.
— 64 —
kes teeb handist öue-kqera? — wer macht aas einem Wolf einen
Hofhand,
kes tegi? ize tegi, od. tegid — wer hat es gethan? selbst hat er es
gethan, od. hast du es gethan.
kes tejze pöllu-pönart kflnnab, so närib teize södame söni — wer
eines Anderen Fefdrain pflögt, der nagt an den Adern seines Herzens.
kes teize tost ttidib, ehk teize waewast wäzib? — wer wird wohl
fremde Arbeit überdrüssig, oder von fremder Muhe müde.
kes teizele augu kaewab, langeb ize sisse, od. so ize sisse langeb
— wer dem Anderen eine Grube gräbt, fallt selbst hinein.
kes tera ei kogn , wakka ei sä — wer das Körnchen nicht sammelt,
bekommt keinen Scheffel.
kes teab, kui kaugele kubja silmad ulatawad?— wer weiss es, wie
weit des Frohnvogts Augen reichen.
kes töab, kus ta ladwa llgutab? — wer weiss, wo er den Wipfel be-
wegt.
kes töab, mitu tült woib tema jalge, od. seile jala, all olla?— wer
weiss, wie viel Winde unter seinen Füssen, od. seinem Fusse, sein
können (was ihm bevor sieht).
kes töd taga ei aja, teda ajab tS taga — wer die Arbeit nicht treibt,
den treibt die Arbeit.
kes töd teeb ja waewa armastab, seda ajtab Jamal — wer arbeitet
und die Muhe liebt, dem hilft Gott.
kes töd teeb, 3ö mustaks sab - wer arbeitet, der wird schmutzig,
kes t8d teeb, so on rikas ja nöid — wer arbeitet, der ist reich und
ein Zauberer.
kes tule ligi lftheb, pöletab oma rlded — wer nahe zum Feuer geht,
verbrennt seine Kleider,
kes tült kfilwab, so tofrai, od. tuisku, leikab, od. peab tormi lei-
kama — wer Wind säet, erntet Sturm, od. Stöberwetter, od. muss
Sturm ernten,
kes tOtre säda tabab, peab ema melitama — wer die Tochter haben
will, muss der Mutter schmeicheln.
» i
— 65 —
kes hukatuze töd käjb, sab wlmaks senna — wer den Weg des Ver-
derbens geht, kommt zuletzt hin.
kes hundile aitab mnrda , sab ize pärast hundist murtud — wer
dem Wolfe hilft zu zerreissen, wird selbst nachher vom Wolfe zer-
rissen.
kes huntide hulgas elab, od. on, peab nendega ulguma — wer un-
ter den Wolfen lebt, od. ist, muss mit ihnen henlen.
kes huntidega elab, hakkab ulguma — wer mit den Wolfen lebt,
langt an zu heulen.
kes übe weikeze liha-töki salaja ära wlb, se wlks kä täie härja
ära, kui ta jQuaks — wer ein kleines Stack Fleisch heimlich weg
bringt, der wurde auch einen ganzen Ochsen weg bringen, wenn er
konnte.
kes übest mos, s6 tejzest mos - wer in Einem ein Mann ist, ist auch
in dem Anderen ein Mann.
kes fiks kord oma sörmed pöletand, so hqidku, et ta teist korda
ei pöleta — wer ein Mal seine Finger verbrannt hat, der hüte sich,
dass er sie nicht zum zweiten Mal verbrenne.
kes äks kord oma sörmed pöletand, se hojdko, et ta teizel korral
oma nina kä ei pöleta — wer ein Mal seine Finger verbrannt hat,
der hüte sich, dass er beim zweiten Mal nicht auch die Nase ver-
brenne.
kes waest-last warrule kutsub ehk pü-jalga, od. pflis-jalga, pul-
ma? — wer ladet ein Waisenkind zur Taufe, oder einen Stelzfuss zur
Hochzeit.
kes waeze talu-poja häda uzub? — wer glaubt an die Noth eines ar-
men Bauers.
kes waezeks jänud, se seizab kä waene — wer arm geworden ist,
der bleibt auch arm.
kes waletab, od. wöfeip (d), so warastab (kä) — wer lugt, der stiehlt
auch.
kes wana pattu mftletab, so oma hinge unustab — wer der alten
Sunde gedenkt, vergisst seine Seele.
— 66 —
kes wanast enam teldrit sab? ~ wer bekommt aus einem Alten noch
einen Zelter.
kes wanast karust enam tantsijat sab? — wer bekommt aus einem
alten Bären noch einen Tänzer.
kes wanast kqerast enam linnu-koera kaswatab, od. öpetab? —
wer erzieht, od. bildet, aus einem alten Hunde noch einen Jagdhund.
kes wanast hobusest enam träwlit sab? — wer bekommt aus einem
alten Pferde noch einen Traber.
kes wanemate söna ei taha külda, peab wazika-nahka külma —
wer auf der Eltern Wort nicht hören will, der muss auf das Kalbfell
hören.
kes wara üles töuzeb, leiab warem önne — wer früh aufsteht, findet
eher das Gluck.
kes warga öst w§Jb seista? — wer kann für einen Dieb stehen.
kes wä?jas ka££ike, se kodu koerake — wer aussen ein Kätzchen ist,
ist zu Hause ein Händchen.
kes wäringit ei hoja, ega so elades täfrit tasku ei sä, od. so ei sä
elades täfrit kokku — wer den Heller nicht bewahr!, der bekommt
im Leben nicht den Thaler in die Tasche, od. zusammen.
kes wirge wifja ära sSb, km myta mä peal ei ole? — wer isst des
Thätigen Ertrag auf, wenn es kein Aas auf der Erde giebt (keinen
Faulen).
kes wirgete wifja söb, kui ep ole laisku seas? — wer isst der Thä-
tigen Ertrag auf, wenn es nicht Faule darunter giebt.
kes wirku l&heb snndima? wirk sunnib izegi — wer geht wohl einen
Fleissigen antreiben? der Fleissige treibt sich selbst.
kes witsata kaswab, ön haruline önne-laps — wer ohne Ruthe auf-
wächst, ist ein seltenes Gluckskind.
kes wlnaga seftsis on , so on kä nzin ndn töstma — wer mit dem
Branntwein umgeht, der ist auch schnell dabei einen Streit anzu-
fangen.
kes wQjb ilma süd ja rahwa mokad kinfii panna? — wer kann der
Welt Manier und der Leute Lippen zuschliessen.
kes wQib köikide sQd sulguda? — wer kann Allen das Maul stopfen.
— 67 —
kes wöjb nenda söita, kui mä-ilm r&gib? — wer kann so fahren, wie
die Well sagt,
kes w5ra warandost nöuab, on wäft, et ta oma waranduze ära
kautab — wer nach eines Fremden Habe trachtet, verdient, dass er
seine Habe verliere,
kewade kutsub adrad pöllule ja linnud laulule — der Frühling ruft>
die Pfluge aufs Feld und die Vogel zum Gesang,
kewade paizutab mahla pQse — der Frühling schwellt den Saft im
Baume.
kewade paneb pud puhkema — der Frühling macht die Biiume aus-
schlagen.
kewadene lumi kaub klreste ära - der Frühlingsschnee schwindet
schnell.
kewadene wezi tark, sflgisene lolT — der Frfihlingsregen ist klug, der
Herbstregen einfältig (versteht nicht abzufli essen).
kewadene wihm kozutab, sQgisene (wihm) kautab — Frühlingsregen
giebt Gedeihen, fferbstregen verdirbt.
kewadene wöras läheb tfihja köhuga koju — der Frühjahrsgast gebt
mit leerem Magen nach Hause. .
kedab palju teistele , ja paneb köik oma nahka — er kocht viel für
Andere, und verzehrt Alles selbst.
k€gi ei pea körgemale lendama, kui suled kannawad — Niemand
soll hoher fliegen, als die Flügel tragen.
kegi ei söida enne wärawast läbi, kui wäraw lahti on — Niemand
fahrt eher durch die Pforte, als die Pforte offen ist.
kegi meister ei kuku taewast — kein Meister fallt vom Himmel.
k£l libe, möT tige — die Zunge ist glatt, der Sinn boshaft.
kibe söna kihutab wiha — ein scharfes Wort erregt den Zorn.
kibe wits ja armas laps — scharfe Ruthe und liebes Kind.
kibe wln öhatab Süd — scharfer Branntwein macht den Mund aus-
schlagen.
kibemest sfib kifg, sönast sab ttili — aus einem Funken entsteht eine
Flamme, aus einem Worte ein Streit.
kindel kaup kelab töli — eine feste Abmachung verhindert den Streit.
5*
— 68 —
king-sepp, ja oma llstude jure!— Schuster, bleibe bei deinen Leisten,
kingitud bobuse hambgfd ei wöi mitte lugeda, od. ei pea mitte
lugema — eines geschenkten Pferdes Zahne kann, od. soll, man nicht
zählen,
kippujale kappajale ikka sab, ilma istujale ei sä midagi — der
Strebende, Laufende bekommt immer, der Sitzende bekommt nichts,
kirik ikka, od. sgjsku, keGk küla — die Kirche ist immer, oder stehe,
mitten im Dorfe.
kitse kärneriks panema — die Ziege zum Gärtner machen,
kitse ta oli, et ial lästu lakkumata ei jätnud — so geizig war er,
dass er nie einen Span unbeleckt liess.
kiwi 8st mSnad sa ftra, knrja sü öst ei möna — einem Stein gehst
du aus dem Wege, einem bösen Munde entgehst du nicht,
kiwi (ja) kännu est wöjb ennast hojda, aga mitte kurja inimeze
öst — vor einem Stein und Stumpf kann man sich in Acht nehmen,
aber nicht vor einem bösen Menschen,
kiwi-kändude est wöid sa Ära mSnata, aga Igifja söna est mitte —
Steinen kann man aus dem Wege gehn, aber einem bösen Worte
nicht,
kiwi ktillest lüakse tükk maba, miks sa oma söda ei pehmita? —
von einem Steine schlägt man doch ein Stuck herab, warum er-
weichst du dein Herz nicht,
kiwi, mis sagedaste paigast ligutatakse, ej kaswata sammalt —
ein Stein, welcher oft von seiner Stelle bewegt wird, setzt kein
Moos an.
kiwi-süld on kergem möta kui kokku kanda — ein Faden Steine ist
leichter zu messen als zusammen zu tragen,
klda koerale liha süa, od. liha-söki! - preise dem Hunde an Fleisch
zu fressen, od. eine Fleischspeise,
klda Snne, kui kitsikust peazed — preise das Gluck, wenn du aus
der Verlegenheit kommst.
klda päe wa, kuj magama l&hed — rühme den Tag , wenn du schlafen
gehst.
kldeldes k<$ra-liha sfiakse — prahlend wird Hundefleisch gegessen.
— 69 —
klr peraes, tuli taskus — Eile im Hinteren, Feuer in der Tasche.
kiwitas tob kinda-täje, kowitas tob körma-tgie, kurg tob kuhja
mä lagedalt — der Kibitz bringt einen Handschuh voll, die Kron-
schnepfe bringt ein Fuder voll, der Kranich bringt einen Schober von
der Ebene (vgl. weiter unten IX).
kodu-köruke parem kui woi-leib wöruzel — die Brotrinde zu Hause
ist besser als das Butterbrod bei Fremden.
kodu kuld, majal muld — zu Hause Gold, anders wo Erde.
kodu külsam, ahju taga ajizam — zu Hause berühmter, hinter dem
Ofen geehrter«
kodu-laps külsam, ahju-laps auzam — das Hauskind ist berühmter,
das Ofenkind geehrter.
koer ajab (küll) karwa, aga ej jäta, od. kauta, ainmetit— der Hund
lässt wohl Haare, aber er lässt nicht von seinen Gewohnheiten.
koer ajab saba, saba ajab sawa otsa, sawa ots willa, will ei wltsi
minna — der Hund treibt den Schwanz, der Schwanz treibt das
Schwanzende, das Schwanzende die Wolle, die Wolle hat nicht Lust
zu gehen.
koer hau gab, senni kui, od. kunni, kfllaline tuleb — der Hund bellt
so lange, bis der Gast kommt.
koer haugnb, tüf kannab — der Hund beHt, der Wind trägt es.
koer heidab karwa, ej heida kombeid — der Hund legt das Haar ab,
*
die Gewohnheiten legt er nicht ab.
koer ikka nl kaua hangub, kui hundi silmaga näeb — der Hund
bellt immer so lange, bis er den Wolf erblickt,
koer ja ka& on alati ttilis — Hund und Katze sind immer in Streit,
koer kaswab. hambad kaswawad kä — der Hund wächst, die Zähne
wachsen auch,
koer, keda kutsutakse, hea inimene tuleb palumata — ein Schelm,
der gerufen wird, ein braver Mensch kommt ungebeten,
koer kldab ennast ja h^a mos teist — der Schelm lobt sich und der
brave Mann einen Anderen,
koer kldab ennast ja nizutab teist — der Hund rühmt sich und macht
den Anderen nass.
— 70 —
koer od nl kapa ktill söbr, kuj.sa pead silitacT, od. k. o. söbr,
seöfii kui tall pead silitad — der Hund ist so lange ein Freund,
wie man ihm den Kopf streichelt.
koer, pista nina oma sawa alla! — Hund, stecke die Nase unter dei-
nen Schwanz.
koer sin, koer seal — ein Hund hier, ein Hund dort.
koer sSb oma okse ära — der Hund frisst sein Ausgespienes.
koer södetakse lihaga, teizele ei sä kontigi — ein Hund wird mit
Fleisch gefüttert, ein anderer bekommt nicht einmal einen Knochen.
koer wägiselt jäTgi ei aja — mit Gewalt verfolgt ein Hund die Spur
nicht,
koera kästakse, koer kazib saba — dem Hunde befiehlt man, der
Hund zieht den Schwanz ein.
koera nahale sfifinib koera hammas — für die Haut eines Hundes
gehört sich der Zahn eines Hundes.
kqera nälg ja lapse kttlm on Qks, od. ei kästa uskuda — Hundes
Hunger und Kindes Kälte ist eins, od. soll man nicht für wahr halten.
kqerale sls alles süa andma, kui hunt juba kafjas on — dem Hunde
dann noch erst zu fressen geben, wenn der Wolf schon in der Herde ist.
kqeralgi kohus jftrel, sedap sls minul — sogar der Hund hat eine
Berechtigung, wie viel mehr ich.
kogujal pillaja kannul — dem Sammler ist der Verschwender auf den
Fersen,
kohkus nenda, et koik ihu-karwad wärisezid — er erschrak so, dass
alle Leibeshaare zitterten,
kohtu-käjk kurnab raha kukrust ja kustutab tele löme-paja alt —
Processiren zieht das Geld aus dem Beutel und löscht das Feuer unter
dem Suppenkessel,
kohtu-kgimine tob enam kulutust kui kazu — Processiren bringt
mehr Unkosten als Gewinn,
kohtu-leib ja aptöki-rohi on mölemad kalfis tojt — Gerichtsbrot und
Apothekenmedicin sind beide theure Speise,
kohtu uksed on lgad sisse minna, aga kitsad wäTja tulla — die
— 71 —
ThSren des Gerichts sind breit hinein zu gehen, aber eng heraus zu
kommen,
kohtuga öigust ja tohtriga tef wißt sama on ikka üks waene azi —
mit dem Gericht Recht und mit dem Arzt Gesundheit erlangen, ist im-
mer ein kümmerliches Ding.
kohus kestab, aga file-kohus kaub — Recht besteht, aber Unrecht
vergeht,
kohus koerale hirmu anda, ei koguni, od. mitte tarwis, ära tappa
— den Hund strafen ist Recht, nicht ihn ganz zu tödten, od. es ist
nicht nöthig ihn zu tödten.
kohus nenda kui möistetakse, öigus nenda kui tehakse, otsus:
poiä, aja härjad möiza!— das Unheil ist so, wie entschieden wird,
das Recht so, wie gethan wird, der Bescheid: Junge, treibe die Och-
sen aufs Gut.
kohus on kolm päewa wanem kui mä-ilm — das Gericht ist drei Tage
älter als die Welt.
koit önes, kott kaelas; walge öues, wagu taga; pime <£ues, plts
pihus — die Morgenröthe ist draussen, der Sack auf dem Rücken;
die Helligkeit ist draussen, eine Furche hinten; das Dunkel ist draus-
sen, die Peitsche in der Hand (unablässige Arbeit).
koka mokk tilgub raswa — des Koches Lippe trieft von Fett.
kokku-panijal on pillaja kannul — dem Sammler ist der Verschwen-
der auf den Fersen.
kommistab bobnne nefja jalaga, sädik sis inimene — stolpert doch
ein Pferd mit vier Füssen, geschweige denn ein Mensch.
kon mäke, s&l wäke (d) — wo Höhe ist, da ist Kraft.
kondile oled kui härg, moistuzele wähem kui mezilane — an Kno-
chen bist du wie ein Ochs, an Verstand kleiner als eine Riene.
konn kröksub juba kewadet — der Frosch verkündet schon den Früh-
ling mit Quaken.
konn otsas, kala metsas — der Frosch ist zu Ende, der Fisch im Walde
(es ist aus mit Allem).
konn s&b mättale, aga ei oska, od. ej m§ista, konn mättal olla,
— 72 —
od. olla mättal — der Frosch gelangt auf den Rasenhügel, aber der
Frosch versteht nicht auf dem Rasenhügel zu bleiben,
konn tahab häfja-sQruzeks säda — der Frosch will so gross werden
wie ein Ochs,
kofja öigel ajal, sls on sull häda ajal — sammle zu rechter Zeit, dann
hast du zur Zeit der Noth.
kost ma waine wadza küdzä, ehk ohuline Olle tee? (d) — wo soll
ich Armer einen Kuchen backen, ich Armseliger Bier brauen.
koti peale paugutama ja koti kandjat nimetama — auf den Sack
schlagen und den Träger des Sackes nennen.
koti rabasm, mehe tabasin — nach dem Sacke griff ich, den Mann er-
fasste ich.
kotis elamine ei säda kflnka otsa — das Leben im Sacke schafft nicht
oben auf den Hügel,
kozuta pöldu, sls annab ta leiba — pflege das Feld, dann giebt es
Brot,
kök ei jöua üksi köhtu täita — Kuchen allein kann den Magen nicht
füllen,
kök tahab kört, sepik tabab selget, kakk tahab kaunist, pudru
tahab puhast — Kuchen will Sahne, Hefenbrot will Ungemischtes,
ein Laib will Schönes, Brei will Reines.
köht nenda täi£, et tapa täi peale — der Bauch ist so voll, dass da
eine Laus darauf tödten magst.
köht nuriseb hammaste peale — der Bauch murrt über die Zähne (bei
Hungrigen).
köht on izand, küll se sunnib taga — der Bauch ist ein Herr, der
treibt wohl nach,
köht on izand, sina tema sulane — der Bauch ist ein Herr, du bist
sein Knecht,
köht on köige knrjem kubjas taga snndimas — der Bauch ist der
schlimmste Frohnvogt im Nachtreiben,
köht täii, mer hea, mis waja, so on warna otsas — der Bauch ist
voll, der Sinn fröhlich, was da fehlt, hängt am Nagel (ist vergessen).
— 73 —
köht töab parem kui kell oma aega — der Bauch kennt seine Zeit
besser als eine Uhr.
köht waewab kehwa enam kui rikast — der Bauch belästigt den Ar-
men mehr als den Reichen,
köige a£ja hakatos on raske — jeder Sache Anfang ist schwer,
köige ilusamad mazikad nopitakse köige waremine — die schönsten
Erdbeeren pflückt man am frühesten,
köige parem pere-naene on, kellest köjge wähem rägitakse — die
beste Hausfrau ist die, von welcher am wenigsten gesprochen wird,
koik ajab oma aega taga — Alles verlangt seine Zeit,
koik hakatus, od. alustus, on raske — aller Anfang ist schwer,
koik ei ole knld , mis bilgab , ega köjk mitte karud , mis karwa-
sed on — nicht Alles ist Gold, was glänzt, und nicht Alle, welche
rauh sind, sind Bären,
koik ei ole mezi, mis raagn« on — nicht Alles ist Honig, was süss ist.
koik ei ole tuid, kes lendawad, ega ö-pikud, kes laulawad — es
sind nicht Alle Tauben, die da fliegen, oder Nachtigallen, die da
singen,
koik ei ole flbe targad ega ühe wirgad — nicht Alle sind gleich klug,
oder gleich aufgeweckt,
köik ei sSda nl palawalt, kui ködetakse — nicht Alles wird so heiss
gegessen, wie es gekocht wird,
koik berned ei kö ühe korraga pebmeks — nicht alle Erbsen kochen
zugleich weich,
koik ibn-karwad olid muH häda tföi — alle Leibeshaare waren mir
voll Noth, Angst,
köjk kanad ei sä mitte örrele — nicht alle Huhner gelangen auf die
Stange,
köik katse-tö on raske — alle Versuchsarbeit ist schwer,
köik kaunad ei kaswata iwi — nicht alle Schoten tragen Körner,
koik kozilazed on rikkad , köjk wannid waezed — alle Freier sind
reich, alle Gefangene arm.
köik körred wibkawad pärast kfinla-pfiewa talwe — alle Hahnen-
gewächse furchten den nach Lichtmess kommenden Winter.
74
k§jk kufßikad ei mahu tthe kayzile — nicht alle Hunde haben Platz
an einer Schüssel,
köik mgiale magusad — dem Näscher ist Alles süss,
köik ma ei kanna iga sugu, od. ühe-sugust, wiQa — nicht jedes
Land tragt alle Art, od. einerlei, Fracht.
köik, mis teie tahate, et inimezed teile peawad tegema, seda
tehke kä teie nejle — Alles, was ihr wollt, dass die Menschen euch
thun sollen, dass thut auch ihr ihnen.
köik, olgu kuningad ehk kutsarid, od. saks ja sant — Alle, sei es
Könige oder Kutscher, od. Herrschaft und Bettler,
köik oma aega ajab — Alles verlangt seine Zeit,
köik omal ajal — Alles zu seiner Zeit,
köik on ikka söma-päewad, ej köik ole säma-päewad — alle (Tage)
sind immer Esstage, nicht alle sind Erwerbstage.
köik on rlsta rldlejad, ej ole köTja koristajat — Alle sind um das
GerSthe Zankende, ein Bestatter der Leiche ist nicht da.
köik pilwed ei anna wett — nicht alle Wolken geben Wasser.
köik sajd oma jau, ja sörmed jäid jagajale — Alle bekamen ihrTheil,
und dem Austheiler blieben die Pinger.
köik sflgised ej ole salwe täitjad — nicht alle Herbste sind Füller des
Getreidekastens,
köik warandus ej ajta surraa wastu — alle Habe hilft nicht gegen
den Tod.
köjkumata önnel ei ole koit taf wis — unerschüttertes Glück hat keinen
Strick nothig.
kölgastika kerge kott lagnab leiwale lizadust (pt) — der Strohscheune
leichter Sack leiht dem Brote Zusatz.
könnid nenda tazaste, et t^i sureb jala alla ära — du gehst so lang-
sam, dass eine Laus unter deinem Pusse stirbt.
köfdiga ei sS kaugemale kui flle aja hüpata, pudruga sab ommeti
teize perese — mit Suppe kommt man nicht weiter als über den
Zaun zu springen, mit Brei kommt man doch bis in das andere Ge-
höft.
r- 75 —
köigel seizab wöral lapdil leib — hoch steht auf fremdem Brette das
Brot
körgemale ej wöj lennata, kuj tiwad annawad — höher kann man
*
nicht fliegen, als die Flügel gestatten.
körges od wöral laudil leib , wöl körgemale töstetakse — hoch ist
auf fremdem Brette das Brot, noch höher wird es gehoben.
körkus tob kärna, ja uhkus wqab hukka — Ueberhebung bringt
Krätze, und Stolz fuhrt in's Verderben,
köfts on kurati kabel — die Schenke ist eine Kapelle des Teufels,
körwetand ka& kardab tuld — eine versengte Katze furchtet das
Feuer,
köwer käzi teeb uksed lahti — eine krumme Hand macht die Thüren
auf (Geschenke).
kabja liha lü od hellamal hoitud — eines Frohnvogts Fleisch und
Bein ist zarter gehalten,
kubjas od keskel — der Frohnvogt ist in der Mitte (der Hunger nöthigt
zu arbeiten).
kuda elu, nenda ots — wie das Leben, so das Ende,
kuda kana, nenda muna — wie die Henne, so das Ei.
kuda känd, nenda wozu, kuda mänd, nenda kazu — wie der Stamm,
so der Schössling, wie die Föhre, so der Wuchs.
kuda metsa höigatakse, nenda mets wasta kölab — wie man in den
Wald ruft, so schallt der Wald entgegen.
kuda naene, nenda sölik — wie das Weib, so der Rock,
kuda sa pöldn barid, nenda ta, od. pöld, sulle tazub — wie du das
Feld bearbeitest, so lohnt es, od. das Feld, dir.
kudas käzi käib?— Ikka warrusest läbi, kindast wäfja — wie geht
die Hand? — Immer durch den Aermel, zum Handschuh hinaus, d. h.
wie geht es? «So so».
kudas tibu, nenda tefwis, kudas afst, nenda abi — wie das Hühn-
chen — od. der Ferding? — so die Gesundheit, wie der Arzt, so die
Hülfe,
kuhu tül ttyskab, senna ta anne ajab — wohin der Wind stöbert,
dort bildet er eine Schneetrift.
— 76 —
kuhu flheksa möst kfilwawad, seal ei kaswa flbtegi , aga kus flks
mos kfllwab, kaswab iga iwa — wo neun Männer säen, da wächst
nichts, wo ein Mann säet, wächst jedes Korn,
kuha warna löd, senna oma kOe riputad — wohin du den Nagel
schlägst, dahin hängst du deinen Rock,
kui alpi wie kflmne weega wiheldakse, siski ej sä temast midagi
kui ttks afp — wenn man einen Narren auch mit fünfzig Wassern
badet, so wird doch aus ihm nichts als ein Narr,
kui hart, nl bldet (d) — wie ergriffen, so weggeworfen,
kui häda köige sQrem, sIs abi köige lähem — wenn die Noth am
grössten ist, ist die Hülfe am nächsten.
kui häSti teed, (seda od. wöl) paremine est leiad, od. leiad est —
wenn du gut thust, so findest du es noch besser vor.
kui ei wqi parata, sls peab laskma karata — wenn man nicht ab-
helfen kann, so muss man es laufen lassen.
kui ema sureb, iza sögeneb — wenn die Mutter stirbt, wird der Vater
blind.
kui enne künla-päewa härg rästa alt jüa sab, sls ei sä p&rast
Mäfja-päewa kana oma nokka kasta — wenn vor Lichtmess der
Ochs unter der Traufe zu trinken bekommt, so bekommt nach Marien
die Henne nicht ihren Schnabel zu befeuchten.
kui ep ole wakka, sls peab pihuga wältama — wenn kein Scheffel
da ist, so muss man mit der Hand sich behelfen.
kui öili käzi h&Sti k$ib, sls läheb ta libeda ja peale, tantsib, ku-
kub maha ja murrab jala — wenn es dem Esel wohl ergeht, so
geht er aufs Glatteis, tanzt, lallt und bricht das Bein.
kui iga kodanik pühib oma ukse öst, sls on köik Olits puhas —
wenn jeder Bürger vor seiner Thür fegt, so ist die ganze Strasse rein.
kui iga flks teeb oma töd, sls on köik aäjad majas head — wenn
Jeder seine Arbeit thut, dann sind alle Dinge im Hause gut.
kui inimene astub fihe sammu öäüis-tegija ligi , sls tema astuks
mitu sammu meie ligi — wenn der Mensch einen Schritt zum Hei-
land tritt, so würde er viele Schritte zu uns treten.
— 77 —
kui inimene juhtub weSki kohta ehk ajta minema, ej tee töd seal
ühtegi, ikka tolm hakkab kä temase kinni — wenn ein Mensch
zufällig in die Nähe einer Mühle oder in einen Speicher geht, dort
keine Arbeit verrichtet, so heftet sich doch immer der Staub auch
an ihn.
kui inimene hoiab, sls Jamal hojab kä — wenn der Mensch behütet,
so behütet Gott anch.
kui juhmi käzi häSti k£ib, sls läheb ta katuse peale luäti jöksma
— wenn es demThoren wohl geht, so geht er auf das Dach spazieren,
kui Jamal ei gita, od. önnista, ei aita meie tegemine, od. sls ei
maksa meie tö — wenn Gott nicht hilft, od. segnet, so hilft, od. gilt,
unser Thlro nichts.
kui jumal lob lolfi , sls annab ta kä mol'fi — wenn Gott einen Ein-
faltspinsel schafft, so giebt er auch die Mulde.
kui kaew tühi, sls on wezi kalXis — wenn der Brunnen leer ist, so
ist das Wasser theuer.
kui kaigas kellegi pihta juhtub, sls ta kafjub — wenn der Knüttel
Einen trifft, so schreit er.
kui kaks armastust kokku läheb, sls tuleb kolmas wahe-kohta —
wenn zweierlei Liebe zusammen kommt, so kommt die dritte dazwi-
schen (ein Kind).
kui kaks kaubas on, sls olgu kolmas körwas kqera perses — wenn
zwei in einem Handel sind, so sei der dritte daneben im Hinteren
des Hundes.
kui kaks nina pidi kous on, sls kolmas on hammaste wahel —
wenn zwei mit den Nasen zusammen stecken , so Ist der Dritte zwi-
schen den Zähnen.
kui kala mörras on, sls ta tabab wälja, kes wäljas on, tikub sisse
— wenn ein Fisch im Netze ist, so will er hinaus, wer draussen ist,
drängt sich hinein.
kui kanad lähewad örrele, sls laizad lähewad töle — wenn die
Hühner auf die Stange gehn, so gehn die Faulen zur Arbeit.
kui kand, nl wOza — wie der Stamm, so der Schossling.
— 78 — .
kui karjane peksab koera, sls koer enam ei lähe karja — wenn der
Hüter den Hund prügelt, so gebt der Hund nicht mehr in die Hütung.
kui karuse-päew kuiw on, sls annab jumal hea taheda sflgise —
wenn der Margarethentag trocken ist, so giebt Gott einen guten trocke-
nen Herbst.
kui kaäg kottu ära, sls kargawad hlred üle pinkide laude — wenu
die Katze von Hause weg ist, so springen die Mäuse über Bänke und
Tische.
kui ka££ kottu ära, sls on rottidel rahuline elu — wenn die Katze
von Hause weg ist, dann haben die Ratten ruhiges Leben.
kui kaua koera kaelas worst seizab, od. kestab? — wie lange bleibt
an des Hundes Halse die Wurst.
kui käe' künär-päni sitaga , sis sü körwoni razwaga (d) — wenn
die Hände his zu den Ellenbogen voll Mist sind, so ist der Mund bis
zu den Ohren voll Fett,
kui käed sönnikuga, sls sü leiwaga — wenn die Hände mistig sind,
so hat der Mund Brot,
kui koer kiriku läheb, sls läbeb ta kä kantsli peale — wenn der
Hund in die Kirche geht, so geht er auch auf die Kanzel.
kui koera wiskad ja pihta juhtud, sls ta karjub — wenn dn nach
dem Hunde wirfst und ihn triffst, so schreit er.
kui konn sab kfinka otsa, sts ei töa enam, kuida ta maha sab —
wenn der Frosch auf einen Hügel gelangt, so weiss er nicht mehr,
wie er herunter gelangt.
kui kont terwe on, külap kont liha kaswatab — wenn das Gebein
nur gesund ist, so wird das Gebein wohl schon Fleisch ansetzen (von
Abgezehrten nach einer Krankheit).
kui köht on santi tätä, sis hea ei mahu senna — wenn der Bauch
von Schlechtem voll ist, so hat das Gute keinen Raum darin.
kui köht täte on , sis ei maitse leib — wenn der Bauch voll ist , so
schmeckt das Brot nicht,
kui köht täj£, sis on hea, od. hölpus, töd teha — wenn der Bauch
voll ist, so ist es gut, od. leicht, zu arbeiten.
— 79 —
km kgjk on otsas, sls od sül rahu — wenn Alles zu Ende ist, so hat
der Mond Rahe,
kui koik otsas od, sls pane sü warna — wenn Alles zu Ende ist, so
hänge den Mond an den Nagel,
kui koik otsas, sls säwad hambad puhkama — wenn Alles zu Ende
ist, so werden die Zähne ruhen,
kui kitred sögisel ära lähewad, sls nemad wötawad übe söma-aja
talu-rahwa käest kaza — wenn die Kraniche im Herbst Tort ziehen,
so nehmen sie eine Mahlzeit von den Bauern mit sich (von den vier
während der längeren Tage),
kui küle-alone lämmi, sis sü-werene külm (d) — wenn es unter der
Seite warm ist, so ist es am Munde kalt (wer auf der Bärenhaut liegt,
hat nichts zu essen),
kui kflll mitu üht ja seda sama teewad, sls ei ole ta ommeti
mitte so sama — wenn auch Viele dasselbe thun , so ist es doch
nicht dasselbe,
kui külle-alune sqe, sis su-ärne külm — wenn es unter der Seite
warm ist, so ist es um den Mund kalt (der Faule muss darben),
kui laps kaewu lannenud, sls tehakse rakked ttmber — wenn das
Kind in den Brunnen gefallen ist, so macht man eine Einfassung
darum,
kui laps nuhtluze kätte sab , sls sulub sü kinni — wenn das Kind
seine Strafe bekommt, so druckt es den Mund zu.
kui laps sab, mis ta nutäb, ei ta sls enam nuta, od. sis jäb ta
wait — wenn ein Kind bekommt, weshalb es weint, so weint es
nicht mehr, od. so wird es still,
kui laps uppunud on, tehakse kaewule kän peale — wenn das Kind
ertrunken ist, dann macht man einen Deckel auf den Brunnen,
kui last k&stakse, sis mörsja möjstku — wenn einem Kinde befohlen
wird, so möge die Erwachsene verstehen,
kui lästu on, sls pada ei külmeta — wenn Späne da sind, so friert
der Kochtopf nicht,
kui l&heb tfltar toasta, sis läheb tö toasta (pt) — geht die Tochter
aus dem Hause, so geht die Arbeit aus dem Hause.
— 80 —
kui lehm palju plma annab, ja jalaga lob, ej maksa midagi —
wenn eine Kuh viel Milch giebt, und mit dem Fusse schlägt, so hilft
es nichts.
kui leib läbi käib, sTs hakkate jalgega pillama — wenn die Speise
verdaut wird, so fangt ihr an die Püsse zu werfen.
kui ligi, sTs puskab, kui kaugel, sls ammub — wenn er nahe ist, so
stösst er, wenn er weit ist, so brüllt er.
kui litsid Unna lähewad, sls on turu-kaup odaw — wenn die Huren
in die Stadt gehen, dann sind die Marktwaaren billig.
kui löka lTg kokku tömmatakse, sls peab ta wlmaks praksatama
— wenn man das Krummholz zu sehr zusammenzieht, so muss es
endlich brechen,
kui löppeb tö, sTs löppeb toit — wenn die Arbeit aufhört, so bort die
Nahrung auf.
kui ma .enne üle peni sä, üle hanna sä ma ammugi (d) — wenn ich
nur erst über den Hund komme, über den Schwanz komme ich lange.
kui raari sab küpseks, sls ta maba kukub — wenn die Beere reif
wird, so fallt sie ab.
kui Mart kapsib kazukaga, sls Kadri ripsib rldega — wenn Martin
im Pelze einher läuft, so spritzt Katharine das Wasser aus dem Kleide.
kui ma, nl wl£, kui lind, nl laul — wie das Land, so die Sitte, wie
der Vogel, so der Gesang,
kui Märt ei mäeta, sis Kadri kaotas, Siramu säd silda (d) — wenn
Martin nicht faulen macht, so verdirbt Kaiherina und Simon legt die
Brücke (Wilterungsregel).
kui möt täii, sls pillab üle — wenn das Maass voll ist, so fliesst es
über,
kui naene jöb, ja katus läbi jökseb , so on köige pahem logu —
wenn das Weib trinkt, und das Dach leekt, das ist das Schlimmste.
kui naezel ei ole wötmid käes, sls ta ei sürini tulele ega weele —
wenn ein Weib nicht die Schlüssel in der Hand hat, so taugt sie we-
der für's Feuer noch fiir's Wasser.
kui nöremad öed säwad enne mehele, sls nimeta wanemat öde
— 81 —
mäda-munaks — wenn die jüngeren Schwestern eher verheirathet
werden, so nenne die ältere Schwester das faule Nestei.
kui nuga tappe jlb, ja inimene nälga sureb, sls od so patt —
wenn das Messer in der Scheide bleibt, und der Mensch Hungers
stirbt, dann ist es Sünde.
kui hobune enam wöimu sand , sts temaga kä rängemat körmat
weetakse — wenn das Pferd mehr Kraft erlangt hat, so führt man da-
mit auch ein schwereres Fuder.
kui hobune on wärawast wüFja jöksnud, sls ei maksa enam wftra-
waid kinüi panna — wenn das Pferd zur Pforte hinaus gelaufen ist,
so lohnt es nicht mehr die Pforte zu zumachen.
kui oled üle koera astunud, sls astu file sawa kä — wenn du über
den Hund getreten bist, so tritt auch über den Schwanz.
kui omad kärnad hakkawad sügelema, kfill sls mos oskab töd
teba — wenn die eigene Krätze anfangt zu jucken, dann versteht der
Mann wohl zu arbeiten (wenn er auf sich selbst angewiesen ist).
kui on härga, sls on sörga — wenn ein Ochs da ist, so ist auch ein
Huf da. .
kui on kadunud säpa öigus, ei paäli öigus kölba enam Ohtegi —
wenn des Stiefels Recht verloren gegangen ist, so ist des Bastschuhs
Recht nichts mehr werth.
kui önne ej oska kinni pidada, sls kaub ta käest — wenn man das
Gluck nicht fest zu halten versteht, so schwindet es aus der Hand.
kui palju patusel h^ad waja on! — wie viel Gutes fehlt einem Sünder«
kui pea sS lflhike laul lauldud! — wie bald ist diess kurze Lied ge-
sungen.
kui pere-mehel hejnu on, sls häfg adral — wenn der Hausherr Heu
hat, so ist der Ochs am Pflug.
kui pere-mehel on leiba, küll jumalal on aega — wenn Aar Haus-
herr Brot hat, Gott hat wohl schon Zeit.
kui pere-mes ei ole koda, sls on mi waja — wenn der Hausherr
nicht zu Hause ist, dann sind fünf Mängel.
kui pörsast pakutakse, sls pea koti sfi, od. kott, lahti — wenn ein
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- 82 -
Ferkel angeboten wird, so halte die Mündung des Sackes, od. den
Sack, offen,
kui raha loetakse, sIs mine wäfja, kui töd tehakse, sis tule ligi —
wenn Geld gezählt wird, so geh hinaus, wenn gearbeitet wird, so
komm herbei,
kui raud om lämmi, sis pidä töagama, od. päle l6mä (d), kui raud
tüma, sis peab teda taguma — wenn das Eisen heiss, od. weich,
ist, so muss man es schmieden,
kui sa hästi teed, paremat sa 6s lejad — wenn du wohl thust, wirst
du Besseres vor finden,
kui sa kuratile lubad kiriku tulla, sis on ta kaütsli peal kohe —
wenn du dem Teufel erlaubst in die Kirche zu kommen, so ist er so-
gleich auf der Kanzel,
kui sa lähed hauda ehk tule tlbade otsa , seile häda est ei wöi sa
wafjule minna — wenn du auch in's Grab gehst oder auf die Flügel
des Windes, aus dieser Noth kannst du dich nicht retten,
kui sa oma elu armastad, sis pea aega kalliks — wenn du dein
Leben liebst, so halte die Zeit Tür theuer.
kui sa oma nabka armastad, sis ära 13 teist — wenn du deine Haut
liebst, so schlage nicht einen Anderen,
kui sa pQd nörelt ei paenuta , sis wöid teda wanalt küll katki
murda, aga mitte enam paenutada — wenn du den Baum nicht
jung biegst, so kannst du ihn alt wohl zerbrechen, aber nicht mehr
biegen,
kui sa Qks kord fimber toa käid, oled sa targem kui sä, kes mäs
istub — wenn du (auch nur) ein Mal um das Zimmer gehst, so bist
du klüger als der, welcher still sitzt,
kui sa die kqera astud , sis astu file sawa kä — wenn du über den
Hund steigst, so sieige auch über den Schwanz,
kui saridil raidagi ej pea olema, sis kautab ta kanfiika kotist —
wenn der Bettler nichts haben soll, so verliert er sein Brotstück aus
dem Sacke,
kui sarit sauna sab, sis ta tahab kä lawale säda — wenn der Bett-
ler in die Badstube kommt, so will er auch auf die Pritsche.
— 83 —
küi tsiga pä ärä kakkes, ei pane kuningas päd otsa (d) — wenn ein
Schwein einen Kopf abreisst, so kann ein König ihn nicht wieder
ansetzen.
kui sina wikatit ei nühi, sIs nühib wikati sind — wenn du die Sense
nicht scheuerst, so scheuert die Sense dich (musst Hammer oder Am-
bos sein).
kui sina kael on nenda paks, kui sinn keök-paik, sls wöta sedä
ette — wenn dein Hals so dick ist, wie deine Mitte, dann unter-
nimm es.
kui sqe on, sls peab pögenema; ei aita nüd müd, sis peab jalgu
laskma — wenn es warm ist, so muss man entfliehen; nun hilft
nichts Anderes, da muss man sich davon machen.
kni sönad püduwad, sls laze käzi, od. ruzikas, käia — wenn die
Worte fehlen, so lass die Hand, od» Faust, gehen.
kui snll enesel tlbu ei ole, sls ej tösta sind wSrad tTwad lendu —
wenn du selbst keine Flügel hast, so werden fremde Flügel dich nicht
zum Fluge erheben.
kui sali kara rammu ja lamba süda on , sis tule — wenn du des
Baren Kraft und des Schafes Herz hast, dann komm (zu einer Magd).
kui sali on häda, ehk säd läbi, kui surma-töbi, elik säd abi —
wenn du Noth hast, vielleicht kommst du durch, wenn du eine Ster-
benskrankheit hast, vielleicht bekommst du Hülfe.
kui tala-inimezel uheksa ammetit, sls kümnes näfg — wenn der
Landmann neun Aemter hat, so ist das zehnte der Hunger.
kui tamm (es), nl wöznd (taga) — wie die Eiche vorn, so die Schöss-
linge hinten.
kui teed hea maha, pane parem flmber, ja hea wäraw on pöllu
lukk — wenn du ein Gutes säest, so setze ein Besseres herum, und
eine gute Pforte ist des Feldes Schloss.
kui teng taskuh, sis tädi turuh (d) — wenn der Groschen in der Ta-
sche ist, so ist die Tante auf dem Markt.
km tö löppeb, sls löppeb leib— wenn die Arbeit aufhört, so hört auch
das Brot auf.
tau t8, nl palk — wie die Arbeit, so der Lohn.
6*
. i
— 84 —
kui tS on tehtud, sla on magus puhata, od. h^a hinnata — wenn
die Arbeit getban ist, so ist süss, od. gut, zu ruhen.
ku| töd teed, sis tee, et tänatakse, kui söd, sls s5, et sülitakse —
wenn du arbeitest, So arbeite so, dass man dankt, wenn du isst, so
iss so, dass man speit.
kuj tözi, sls töusku, kui wale, sls wajugu — wenn es wahr ist, so
erhebe es sich, wenn es Lüge ist, so sinke es.
kui tuleb murd muile puile, sls tuleb kä katk kadakape — wenn
zu den übrigen Bäumen der Bruch kommt, dann kommt das Verderben
auoh zum Wacholder.
kui tuli juba rästas, kes sls enam kustutab? — wenn das Feuer
schon im Dache ist, wer löscht dann.
ku| tfldruk on, sls öige pü, kui naezeks sab, sls lai sü — als Mäd-
chen ein gerader Baum, wenn sie Frau wird, ein breites Maul.
kui hunt karja sös, sls on bifjaks jänud, koerale sfia anda— wenn
der Wolf in der Herde ist, dann ist es zu spät geworden, dem Hunde
zu fressen zu geben.
kui hunti rägitakse, sls hunt on ligi — wenn von dem Wolfe ge-
sprochen wird, so ist der Wolf nahe.
kui hurdast karja-koera s&b , od. sab kafja-koer, sls ebk temast
ka inimene sab — wenn man aus einem Windhund einen Viehhund
bekommt, od. wenn aus einem W. ein V. wird, dann wird vielleicht
auch aus ihm ein Mensch.
kui flks nöu ei ajta, sls katsu teist — wenn ein Rath nicht hilft, so
versuche einen andern,
kuj wakk, nenda, od. nl, käz — wie der Korb, so der Deckel,
kui wanad naezed ndlewad, sls wiskawad wanu sönu pöhjast
wälja — wenn alte Weiber zanken, so werfen sie alte Wörter aus
dem Grunde heraus,
kui wanem öl, nenda laps järel — wie der Vater voran, so das Kind
nach.
kui wats küll rebeneb, ega hüwa toit wöi hukka in in na - wenn
auch der Bauch platzt, eine gute Speise kann doch nicht umkommen.
_ 85 —
Im weäkile oled tnlnnd, jahu pead säma — wenn du zar Mühle ge-
kommen bist, so musst du Mehl bekommen.
kqi wöras nahk ös, kfill sis leikab kahe kausta täie, kui oma, sls
ei lejka ribmakest, od. rihmagi — wenn er ein fremdes Fell vor
bat, so schneidet er sich so viel heraus wie zwei Mittelstreifen, wenn
ein eigenes, so schneidet er aueh nicht ein Riemchen, od. einmal
einen Riemen.
kuida1) emis, nenda pörsas — wie die Sau, so das Ferkel.
kuida jöud, nenda körem, kuida säk, nenda maksud, kuida öigus,
nenda kohns — wie die Kraft, so das Fuder, wie der Ertrag, so
die Abgaben, wie das Recht, so die Verpflichtung.
knida kand, nenda kazu, kuida mänd, nenda wozu — wie der Stamm,
so der Sprössling, wie die Kiefer, so der Schoss.
knida kafjane, nenda kari, kuida walgus, nenda wari — wie der
Hirt, so die Herde, wie das Licht, so der Schatten.
kuida käed teewad, nenda ihu peab kandma — wie es die Hände
machen, so muss es der Leib tragen.
knida känd, od. tamm, es, nenda wözud taga — wie der Stamm, od.
die Eiche, vorn, so die Schösslinge hinten.
kuida känd, nenda k&bi, od. käbad — wie der Stamm, so der Zapfen,
od. die Zapfen.
knida käzi teeb, nenda kael kannab — wie die Hand es jnacht, so
wird es der Hals tragen.
kuida kögi metsa bflab , nenda kostab mets wasta — wie Jemand
in den Wald ruft, so hallt der Wald entgegen.
kuida k$gi omale azet teeb , nenda hingab — wie sich Jemand bet-
tet, so ruht er.
kuida kögi hfiab, nenda kostab (s£) tagasi — wie Jemand ruft, so hallt
es zurück.
kuida kfila münde, od. minuga, nenda mina külale wasta, od. kü-
laga _ wje das Dorf mir, so ich dem Dorfe wieder.
kuida küli, nenda wili — wie die Saat, so die Frucht.
1) Vgl. auch Satze mit kuda, kui.
— 86 —
kuida küli teed, nenda sa leikad — wie du säest, so wirst du ernten,
kuida küFw, nenda leikus — wie die Saat, so die Ernte,
kuida lehm, nenda wazikas — wie die Kuh, so das Kalb,
kuida lennates tuleb, nenda lennates läheb — wie es im Fluge
kommt, so geht es im Fluge.
kuida lind, nenda layl — wie der Vogel, so der Gesang.
kuida lükkad, nenda läheb, kuida tömbad, nenda tuleb — wie du
schiebst, so geht es, wie du ziehst, so kommt es.
kuida mä, nenda maner, od. wiz — wie das Land, so die Sitte.
kuida mä, nenda marjad — wie der Boden, so die Beeren.
kuida metsa bfitakse, nenda kostab metsast — wie in den Wald ge-
rufen wird, so hallt es aus dem Walde wieder.
kuida mos mötleb, nenda mos rägib —wie ein Mann denkt, so spricht
ein Mann,
kuida mos, nenda palk — wie der Mann, so der Lohn,
kuida mina metsale, nenda mets minule — wie ich dem Walde, so
der Wald mir.
kuida möda lönnad on, nenda kannas kä — wie das Garn, so ist
auch das Gewebe.
kuida mötted, nenda teuct — wie die Gedanken, so die Thaten.
kuida näpud jöuawad likuda, seda möda sü jöuab süa - wie die
Finger vermögen sich zu bewegen, so kann der Mund essen.
kujda nörelt harjutud, nenda wanalt tehtud — wie jung gewöhnt,
so alt gethan.
kuida öeldud, nenda neldud, kuida kedetud, nenda södud — wie
gesagt, so verschluckt, -wie gekocht, so gegessen,
kuida paik, nenda prOk - wie der Ort, so der Gebrauch,
kuida pakk, nenda talb - wie der Klotz, so der Keil,
kuida peji, nenda kübar - wie der Kopf, so der Hut.
kuida pere-mes, nenda sulane, kuida pere-naene, nenda ümmar-
daja — wie der Hausherr, so der Knecht, wie die Hausfrau, so die
Magd.
kujda pofö, nenda tiüt - wie der Topf, so die Tinte.
— 87 —
kuida pöld, nenda naired, kuida wanemad, nenda lapsed — wie
das Feld, so die Rüben, wie die Eltern, so die Kinder.
kuida pütt, nenda kän — wie die Schale, so der Deckel.
kuida sa azet teed, nenda sa und näed — wie du dir bettest, so
träumst du.
kuida sa löma toidad , nenda ta weab — wie du das Thier futterst.
so zieht es.
kuida sa lükkad, nenda läheb — wie du stössest, so geht es.
kuida sa metsa hüad, nenda ta wastu kostab, od. nenda kölab
mets wastu — wie du in den Wald rufst, so hallt er, od. der Wald,
wieder.
kuida sa nOrelt kaswad, nenda sa wanalt jäd — wie du in der Ju-
gend aufwächst, so bleibst du im Alter.
kuida sa södad, nenda lflpsad — wie du fütterst, so wirst du melken.
kuida sa södad, nenda söidad — wie du futterst, so fährst du.
kuida sadud, nenda läheb, od. mindud — wie erlangt, so geht es
fort.
kuida sädud, nenda södud — wie erlangt, so verzehrt.
kuida se leib enam flhte hakkab, mis kord katki sänud? — wie
soll sich das Brot wieder zusammen heften, das einmal gebrochen ist.
kuida siga, nenda kfina — wie das Schwein, so der Trog (von Be-
wirthang).
kuida sina, od. sa, mulle, nenda mina sulle — wie du mir, so ich
dir.
kuida tamm, nenda töru — wie die Eiche, so die Eichel.
kuida tibu, nenda terwis, kuida arst, nenda abi — wie der Ferding
— od. das Hähnchen?—, so die Gesundheit, wie der Arzt, so die Hülfe.
kuida tö, nenda palk — wie die Arbeit, so der Lohn.
kuida tulnud, nenda läinud — wie gekommen, so gegangen.
kuida übe nimi, nenda teize tegu — wie des Einen Name, so des
Anderen That.
kuida übest, nenda teizest — wie von dem Einen, so von dem An-
deren.
kuida wakk, nenda kBi — wie der Korb, so der Deckel.
— 88 —
kuida wanemad öl, nenda laps järel — wie die Eltern voran, so das
Kind hinten nach,
kuis wakk, nl käz — wie der Korb, so der Deckel,
kuiw ästa on ahtra lehma est, märg ästa jätab fisna ilma — ein
trockenes Jahr ist so gut wie eine gelte Kuh , ein nasses Jahr lässt
ganz ohne,
kukel ei ole kure jalgu tafwis — ein Hahn bat nicht Kranicbflisse
nöthig.
kukk laste nubtleja — der Hahn ist der Plagegeist der Kinder (das
Abcbuch),
kuld on hinne waras — das Gold ist ein Dieb der Seele,
kuld paistab izegi sitast wälja — das Gold scheint schon von selbst
aus dem Koth hervor,
kuld pörab kuninga möle — das Gold wendet des Königs Sinn,
kulla näga, mulla, od. sita, magu — Aussehen von Gold, Geschmack
von Erde, od. Dreck,
kunagi kaks pead otsa ei kaswa — nie wachsen zwei Köpfe, od. Aeb-
ren, daran,
k unas koti sopp, od. pörgu haud, täjz sab? — wann wird der Zipfel
des Sackes, od. die Hölle, voll,
kunas sepal nuga on ehk king-sepal korraline säbas? — wann bat
der Schmied ein Messer, oder der Schuster einen Stiefel, wie er sein
soll,
kunas söki kufp izumas ehk jöki kipp janumas? — wann hungert den
VorlegelofTel nach Speise, oder dürstet das Schöpfgefäss nach Trank,
kunas suzi soe silma pistab? — wann sticht der Wolf in des Wolfes
Auge,
kuninga jüres on nl suf kui heina-kuhi, aga kui seja sab, sls ei
sä plpu panna — bei dem König ist es so gross wie ein Heuscho-
ber, aber wenn es hieher kommt, so hat man davon nicht so viel, am
es in die Pfeife zu stopfen (das Recht),
kuningas ei s5 kulda, mä-mes ei s5 mulda — der König isst nicht
Gold, der Landmann isst nicht Erde,
kuningas kau gel, jumal körges — der König ist weit, Gott hoch.
— 89 —
kuÄs küJjale, taba teadjale — eine Kunst für den Hörenden, eine ge-
wohnte Sache für den Wissenden.
kurat kulutab küi pari kingi (wahel), enne kui (äks) päf rahwast
kokku sab — der Teufel verbraucht sechs Paar Schuhe dazwischen,
bevor ein Paar Leute zusammen kommt.
kurat tunneb köjki aäju, aga ree-raswa ja naeste-rahwa tahku ej
pea ta wöl tundma — der Teufel kennt alle Dinge, aber Schlitten-
fett und des Weibes Schleifstein soll er noch nicht kennen.
kurati-sugu ej tö head lugu — Teufelsgeschlecht bringt nicht Gutes,
kufg wätab üle madala aja — der Kranich sieht über den niedrigen
Zaun,
kuri ein wähendab ja alandab käest ära koik pubas — ein böses
Leben ? ermindert und verringert Alles in der Hand.
kuri kef on terawam kui nuga — eine böse Zunge ist schärfer als ein
Messer,
kuri koer kaitseb köige paremaste kafja — ein böser Hund beschützt
am besten die Herde.
kuri koer hoiab kafja, od. pere hoidja — ein böser Hund behütet die
Herde, od. den Hof.
kuri mos wananeb paremaks, kuri naene pabemaks — ein böser
Mann wird mit dem Alter besser, eine böse Frau schlimmer.
kuri naene peab maja tilewal, od. korra peal — eine böse Frau er-
hält das Haus in Ordnung.
kuri siga, mönda, od. mitu, wiga — ein böses Schwein, mancherlei
Ausfluchte, od. Gebrechen.
kuri tuleb kutsumata — der, od. das, Böse kommt unge rufen.
kuri toleb kutsumata, wiletsus wilistamata — Böses kommt ohne
Rufen, Elend ohne Pfeifen.
kuri wötab kurbist, paha (söna) pajast — das Böse nimmt aus dem
Vorlegelöffel, das Schlechte, od. ein böses Wort, aus dem Kochtopf
(Unfriede- verzehrt).
kuri wötab pöfwist, paha söna pajast — das Böse nimmt von den
Knien, ein böses Wort aus dem Kochtopf.
— 90 —
kufja hea wastu on mä-ilma vtli — Böses gegen Gutes ist der Welt
Sitte,
kufja köne, od. köle, alt ei sä inimene kuhugi — aus einem üblen
Gerede kann der Mensch nirgend hin.
kufja teu heaf käib rutu merd ja mäd läbi, hea tegu jäb waeze
sauna — der Ruf einer bösen That geht schnell durch Meer und Land,
die gute That bleibt in des Armen Hütte,
kurjad köned rikuwad head kombed — böse Reden verderben gute
Sitten,
kurk kulutab mehel wäga palju — der Hals verbraucht an dem Manne
sehr viel,
kurk kulutab rohkem, kui käed teniwad — der Hals verbraucht
mehr, als die Hände verdienen,
kus haige on, seal on käzi, kus arm on, seal on silm — wo ein
Kranker ist, da ist eine Hand, wo Liebe ist, da ist ein Auge,
kus arm on, seal on silm, kus haige on, seal on käzi — wo Liebe
ist, da ist ein Auge, wo ein Kranker ist, da ist eine Hand,
kus azet ei ole, seal ei ole kä aäja — wo keine Stelle ist, da ist auch
keine Sache,
kus häfg, od. härga, tapetakse, seal weri tilgub — wo der Ochs
geschlachtet wird, ta trieft das Blut,
kus hea pu tahab sigineda, seal lazeb ennast paenutada — wo ein
guter Baum gedeihen will, da lässt er sich biegen,
kus eh i tust, seal kä puru — wo gebaut wird, da ist auch Schutt,
kus ei ole hakatust, od. alustust, seal' ei ole löpetust - wo kein
Anfang ist, da ist kein Ende,
kus ei ole hirmu, seal ei ole armu — wo keine Furcht ist, da ist
keine Liebe,
kus ej ole kaebajat, seal ei ole kä mitte kohtu-möi£tjat — wo kein
Kläger ist, da ist auch kein Richter,
kus ei ole sitakest, sealt ei woi kä saiakest säda — wo kein Mist
ist, da kann man auch kein Brötchen bekommen,
kus ei ole wastu-wötjat, od. w.-wötjaid, seal ei ole wljat, od. wl-
jaid — wo nicht entgegen genommen wird, da wird nicht hin gebracht.
— 91 —
kus enne wett on, senna jökseb wöl wett jure — wo vorher Wasser
ist, dahin Diesst noch Wasser hinzu,
kus inimene ize ei astu , seal kä jälge taha ej ja — wo der Mensch
nicht selbst auftritt, da bleibt auch keine Spur nach,
kus inimene ize ei ole, seal ei sä ta pea pestud — wo der Mensch
nicht selbst ist, da wird sein Kopf nicht gewaschen,
kus inimene ize ennast ei peze, seal ei ole ta ial pestud — wo sich
der Mensch nicht selbst wäscht, da ist er nie gewaschen,
kus kaks kous, seal kolmas süs — wo zwei beisammen sind, da ist
der Dritte im Munde,
kus kaks teine teizega kaklewad, seal on mölemad südlazed 1-
wo zwei mit einander zanken, da sind beide schuldig,
kus kas£i kodu ei ole, seal peawad hired tantsi-pidusid — wo
keine Katze zu Hause ist, da halten die Mause Tanzfeste,
kus kazu ei kaswa, seal ei maksa waewagi — wo nicht Vortheil er-
wächst, da ist es der Mühe nicht wertb.
kus känd, seal wozu — wo der Stamm ist, da ist der Schössling.
kus keletu peazeb, kui meletu pqale paneb? — wo soll der Stumme
hin, wenn der Unvernünftige aufladet,
kus kits kirmi, seal kits kizub ikka — wo die Ziege fest ist, da rupft
die Ziege immer,
kus kl tust, seal laitust — wo Lob ist, da ist Tadel,
kus koer kord lfla sänud, ei ta seal teine kord baugu enam — wo
der Hund ein Mal Schläge bekommen hat, da bellt er ein anderes Mal
nicht mehr,
kus kqera, od. koeral, kodu, (ehk) herise, od. herisel, ö-maja? —
wo ist des Hundes Haus, oder des Schalkes Nachtlager,
kus kogu, seal wäge — wo viel ist, da ist Gewalt,
kus konn sädud, seal konn södud — wo der Frosch gefangen ist, da
ist der .Frosch gegessen,
kus körem langeb, senna ründed jäwad — wo ein Fuder umfällt, da
bleibt Gerülle.
kus köige sügawam roe on , senna lapsed sisse lähewad — wo der
tiefste Roth ist, da gehen die Kinder hinein.
— 92 —
kus kdik lapsed Ema-jöe kaldale säwad? — wo gelangen alle Kinder
an das Ufer des Mutterbaches, d. h. Embachs.
kns könelejaid, seal küljaid — wo Redende sind, da sind Hörer.
kus küb läheb , senna lähewad nöbid kS — wo der Rock hin geht,
dahin geben die Knöpfe auch.
kus küpseb, senna tilgub — wo etwas bratet, da trieft es.
kus lammast nldetakse, seal karw käriseb — wo das Schaf gescho-
ren wird, da knirscht das Haar.
kus lammast nldetakse, senna langet) willu maha — wo das Schaf
geschoren wird, da fällt Wolle zu Boden.
kus lapsi, seal leiba — wo Kinder sind, da ist Brot.
kus lapuline kuzeb, senna töuzewad nögesed, kus käzik kuzeb,
senna kaswawad kapsad — wo ein ungebetener Hochzeitgast harnt,
da erheben sich Nesseln, wo eine Hochzeitsängerin harnt, da wächst
Kohl.
kus lehm, seal wazikas — wo die Kuh ist, da ist das Kalb.
kus lind lennab, senna suled langewad — wo ein Vogel fliegt, dahin
fallen die Federn nieder.
kus löuke rammutab , seal ta kä ammutab — wo die Lerche düngt,
da sperrt sie auch den Mund auf, od. da schöpft sie auch.
kus luid laudas, seal liiid lauda taga kS, od. seal neid kä lapda
taga — wo Gebeine im Stalle sind, da sind Gebeine, od. giebt es
ihrer, auch hinter dem Stalle.
kus mägi, seal möiz, kus kfingas, seal köfts, talud so ja raba
sös — wo ein Berg ist, da ist ein Gut, wo ein Hügel, da ein Krug,
die Bauerhöfe sind in Sumpf und Moor.
kus märe melitab, sqal wanker wurab — wo die Schmiere schmei-
chelt, da saust der Wagen.
kus m&le-pflzimust, seal 'p ole wäzimust — wo Geduld ist, da ist
keine Müdigkeit. .
kus mu wara, seal on mu süda — wo meine Habe, da ist mein Herz.
kus mulda, seal kulda — wo Erde ist, da ist Gold.
kus naene narakas, seal lastel kaltsud kaelas — wo die Frau zer-
lumpt ist, da haben die Kinder Lumpen um.
— 93 —
kns naudi, seal näbrid — wo Geld ist, da sind Nacbbaren.
kos nui lob, senna wai peab minema — wo der Schlage! schlägt, da-
hin mass der Pflock gehn.
kus nurinat, seal hakatis — wo Murren ist, da ist Veranlassung dazu.
kos hobune püherdab, senna j&tab karwa — wo ein Pferd sich wälzt,
da lässt es Haare.
kns on hftrga, seal on sörga — wo Ochsen sind, da sind Hufe.
kns on kott, seal on kohus — wo der Beutel ist, da ist das Recht.
kns (on) lapdas, seal (on) lau da taga — wo im Stall ist, da ist hinter
dem Stall.
kns on mnldne lumi? od. kus muldne lnmi on jänud? — wo ist der
vorigjährige Schnee geblieben.
kns on ohra-iwa, senna ei mahn rukki-iwa — wo ein Gerstenkorn
ist, da hat ein Roggenkorn nicht Raum (ein Trinker isst wenig).
kns (on) paTju wazikaid, senna sab kä paTju bäfgi — wo viele Kal-
ber sind, dahin kommen auch viele Ochsen.
kus on raiska, seal on karnajd, kns on warandnst, seal wargaid
— wo Aas ist, da sind Raben, wo Habe, da Diebe.
kns (on) sitakest, seal (on kä) leiwakest — wo Dünger ist, da ist
auch Brot.
kns on suitsn, seal kä söja — wo Rauch ist, da ist auch Wärme.
kns on tegija, seal on nägija — wo ein Thäter ist, da ist ein Zeuge.
kns on tema surm, seal on tema muld — wo sein Tod ist, da ist
seine Erde (gleich viel, wo man stirbt).
kns holet us es, seal önnetns taga — wo Sorglosigkeit vorn ist, da ist
Unglück hinten.
kns öhtu, seal ö-maja — wo der Abend ist, da ist das Nachtlager (der
Armen).
kns önnis-tegija kiriku ehitab , senna teeb kä kurat kabeli — wo
der Heiland eine Kirche baut, da baut auch der Teufel eine Kapelle.
kns paks läheb, senna läheb wedel kä — wohin das Dicke geht, da-
hin geht das Dünne auch.
kns paTju koere peres, seal jäb risti-rahwas haukumata — wo viel
Hände in einem Gehöfte sind, das bleibt das Gbristenvolk unangebellt.
— 94 —
kus palju on, senna kogub wel jure — wo viel ist, dahin sammelt
sich noch mehr hinzu,
kus pafju päid, seal pafju mötteid — wo viele Köpfe sind, da sind
viele Gedanken,
kus parem jäi? — wo ist das, od. der, Bessere geblieben (so fragt man
spöttisch, wenn einer zu Arbeitenden tritt ohne zu griissen mit dem
gewöhnlichen «jöudu!» Kraft, oder «jumal appi!» Gott zu Hälfe),
kus pädis on, seal ses peab squdma — in welchem Boote man ist,
darin muss man rudern,
kus pea- pistad , seal päewa wldat — wo du den Kopf hinsteckst , da
bringst du den Tag zu (im Sommer),
kus, pörm mäst kaub? — wo verliert sich der Staub von der Erde.
kus pörn maust jäb? — wo bleibt die Milz vom Magen (Gleich und
Gleich),
kus pörn maust, kus, od. ja, roe rattast jäb? — wo bleibt die Milz
vom Magen und der Koth vom Rade,
kus pfld, od. puid, raiutakse, seal langewad lästud mölema pole,
od. sinna lästud pudenewad — wo ein Baum abgehauen wird, da
fallen die Späne nach beiden Seiten,
kus püd pölewad, seal suitsu (lies töuzeb, od. seal töuzeb suits
Qles — wo das Holz brennt, da steigt (der) Rauch auf.
käs raibe mas, seal kärnad kous — wo ein Aas liegt, da sind die Ra-
ben beisammen,
kus raisk es on, sealt koer söb — wo ein Aas vor liegt, da frisst der
Hund,
kus roe köige sügawam, senna lapsed sisse lähewad — wo der
Koth am tiefsten ist, da gehen die Kinder hinein,
kus roe rattast jäb? — wo bleibt der Koth vom Rade,
kus robkem weskid jahwatamas, seal kä ikka ennemine jabu sab
— wo reichlicher Mühlen mahlen, bekommt man auch immer eher
Mehl,
kus rublad es on, senna wörewad wel rublad jure — wo Rubel vor
sind, dahin rollen noch Rubel hinzu.
kus ruske häfg üks kord maganud , tunnukse Uheksa ästat kobta
— 95 —
— wo der rotbe Ochs ein Mal geschlafen hat, erkennt man neun Jahre
die Stelle (eine Feuersbrunst),
kus sa fihe käega paned, seal kabe käega wötta — wo du mit einer
Hand hin legst, da ist mit beiden Händen zu nehmen,
kus se wezi jäi, mis öllele wldi? — wo ist das Wasser geblieben, das
zum Biere gebracht wurde. »
kus silm, seal kfilm, kus söftn, seal soe — wo ein Zwickel ist, da ist
es kalt, wo ein Knoten, da warm.
kus snrm, seal muld — wo der Tod ist, da ist die Erde,
kus sutt maenitakse, seal ta on — wo der Wolf erwähnt wird, da
ist er.
kus tegijaid, seal nägijajd — wo Thäter sind, da sind Sehende,
kus teraw nurk, seal körge torn — wo eine scharfe Ecke, da ist ein
hoher Thurm (Gut macht Muth).
kus tuld, seal suitsu — wo Feuer ist. da ist Rauch,
kus tuwisid on , senna lendab wel tuwisid jure — wo Tauben sind»
dahin fliegen noch Tauben hinzu,
kus tült kfilwatakse, seal tormi Ieigatakse — wo Wind gesäet wird,
da wird Sturm geerntet,
kus tühi kott ial paizul? — wo ist ein leerer Sack jemals aufgebläht,
kus hunt talwel peza teeb? — wo macht der Wolf im Winter ein Nest
(von Faulen),
kus huüti köneldakse, s^al hunt on — wo man von dem Wolf spricht,
da ist der Wolf,
kus wai peazeb, kiii nui pihta annab? — wo soll der Keil hin, wenn
der Klöpfel darauf los schlägt,
kus wann lambaid on , seal kä tallekezi — wo alte Schafe sind , da
sind auch Lämmer,
kus warblazi on, senna lendab wel warblazi jure — wo Sperlinge
sind, da fliegen noch Sperlinge hinzu»
kus wähe tnld, seal pafju suitsu — wo wenig Feuer ist, da ist viel
Rauch,
kus wilja-wihud pfiduwad, seal rabatakse öfgi — wo die Getreide-
garben fehlen, da schlägt, od. drischt, man Stroh.
— 96 —
käst kazu ei kaswa, ei maksa waewa — woraus nicht Vortbeil er-
wächst, da lohnt es der Mühe nicht,
kust köik lapsed Ema-jöe äre sawad? — woher kommen alle Kinder
an den Mutterfluss, d. h. Embach.
käst mina wötan? kas wöta wöi kurati sifmist wälja! — woher
soll ich nehmen? nimm es meinet wegen aus des Teufels Augen,
kust suits töuzeb, seal tuli all — von wo sich Rauch erhebt, da ist
Feuer darunter,
kust tfif, s^alt mel — von wo der Wind, von da der Sinn,
kust tüL sealt naeste möf — von wo der Wind, von da der Weiber
Sinn,
kust Qks hea pü tahab sütidida, s§ annab ennast (bäiti) paenu-
tada — woraus ein guter Baum werden will, das lässt sich gut
biegen,
kust wallast? «saksa wallast» — aus welchem Gebiet? aus dem Ge-
biet einer Herrschaft (wenn man nicht nähere Auskunft geben will),
kust wöetakse , seal wäheneb — von wo genommen wird , da wird es
weniger,
kutsik kilahus, wana pini bärähfis (d) — ein Hündchen kläfft, ein alter
Hund knurrt,
kutsikale ei ole bambaid tarwis — ein kleines Hündchen braucht keine
Zähne,
kutsumata w5rad, teadmata rög — ungebetene Gäste, unbekannte
Speise.
kuza suits u, seal od söja — wo Rauch ist, da ist Wärme,
kuza süred sämad, seal on sflred sömad — wo grosses Einkommen
ist, da ist grosses Essen.
kOlab , et sü ila tilgub — er hört zu , so dass der Mund von Schleim
trieft,
külmas od tözi, nägemas od wale — beim Hören ist es Wahrheit,
beim Sehen Lüge.
kü£ wiga, seitsmes surm — sechs Schäden, der siebente der Tod.
köze kännu peale kaäk kunagi ei kaswa — auf dem' Stumpf einer
Fichte wächst nie eine Birke.
— 97 —
kfila-käija ja magaja oza j&etakse, aga törkuja oza ej jäeta — des
Besuchmachenden und des Schlafenden Portion wird übrig gelassen,
aber des Widerspenstigen Portion wird nicht übrig gelassen.
küla-leib maitseb magusam, od. on magus — fremdes Brot schmeckt .
süsser, od. ist süss.
kflla sömad kfinniksele, oma sBmad otse kohe — fremdes Essen
bis an die Schwelle, eigenes Essen gerade hin (das fremde reicht
nicht zu).
kfilap l) aeg annab katsuda — die Zeit wird wohl erproben lassen.
kölap aeg wälja näitab — die Zeit wird es wohl ausweisen.
kfilap arm aitab, kui usk lödab — die Liebe wird wohl helfen, wenn
der Glaube hofft.
kfilap elu öpetab — das Leben wird schon lehren,
kfilap jumal oma ilmad pörab, peaks meil waestel nl rutuste
sama patust pördud — Gott wird wohl seine Witterung wenden,
mochte man bei uns Armen eben so schnell sich von der Sünde
wenden,
kfilap ka££ kautand möne rämatu wahelt ära — die Katze hat wohl
manchen Brief dazwischen verloren (wenn verschiedene Berichte über
etwas nicht zusammen stimmen).
kfilap keletu peab wedama, mis möletu peale paneb — der Stumme
muss ja wohl schleppen, was der Unverständige auflegt.
kfilap köht ajab taga — der Bauch wird schon treiben.
kfilap kulm silma hoiab — die Braue wird schon das Auge behüten
(ironisch).
kfilap leib töd teeb — das Brot wird wohl arbeiten (Miethlingsarbeit).
kfilap mfigi oma märja kuiwatab%— der Berg wird wohl schon seine
Nässe trocknen.
kölap muld taza teeb — die Erde wird wohl ausgleichen (der Tod).
kfilap oma sQ ikka lizem on kui kana sü — der eigene Mund ist
wohl immer näher als der Hühnermund.
1) Vgl. noch die Sätze mit kttll.
— 98 —
kfilap paraneb, enne kui mebele sad — es wird schon heilen, ehe da
einen Mann bekommst.
kfilap paraneb, enne kui (nöre) naeze säd, od. wötad — es wird
schon heilen, ehe du ein junges Weib bekommst, od. nimmst (bei
Verletzungen von Kindern).
kfilap pitk aeg wägub — die lange Zeit wird wohl auch zu Ende
gehen,
kfilap sad süga paTjugi teba — mit dem Munde kannst du wohl viel
tbun.
kfilap s€ paraneb enne ära, kui sa na$ze wötad — das wird schon
heilen, ehe du ein Weib nimmst.
kfilap so sur sSmine, od. waew on, aga pizukene sämine — das ist
wohl ein grosses Essen, od. eine grosse Mühe, aber ein geringer
Ertrag.
kfilap sina ikka Unna Öue teed — du wirst wohl immer eine Stadt in
deinem Hofe bauen (zu einem Prahler).
kfilap süga jöuab pafju teba — mit dem Munde kann man wohl viel
thun.
kfilap tegijal töd on , magajal und — der Thätige hat wohl schon Ar-
beit, der Liegende Schlaf.
kfilap tö öpetab — die Arbeit wird wohl lehren.
kfilap töbi näeb igase paika — die Krankheit sieht wohl überall hin
(findet überall),
kfileli mes wörksamb (d) — auf der Seite liegend hält ein Mann länger
vor (nicht arbeitend).
kfill aga walge ära s5b, mis must kokku paneb — der Weisse wird
aber wohl verzehren, was der Schwarze sammelt (Winter, Sommer).
kfill azi wöib wöl teiziti minna, od, wasta arwamist tulla — die
Sache kann wohl noch anders gehen, od. wider Erwarten kommen,
kfill bäda ajab palwele — Noth treibt wohl in's Gebet,
kfill häda annab paremat nöuu — Noth giebt wohl besseren Ralh.
kfill häda kölitab targemaks — die Noth wird schon klüger machen,
kfill häda nöuu annab — die Noth wird schon ein Mittel finden lassen.
— 99 —
ktill bäda öpetab eite wätama — Noth lehrt wohl Vorsicht.
kfill häda sab öpetama — Noth wird schon belehren.
kOU h&f g j&nese tabab , kui ep enne , sis katlas — der Ochs wird
den Hasen wohl einholen, wenn nicht eher, so im Kessel,
kfill hea laul, od. lngu, lazeb ennast kaks korda lajilda — ein gu-
tes Lied lässt sich wohl zwei Mal singen,
küll elu-kord sab üles näjtama — das Leben wird es wohl zeigen,
kfill ial wöra lojusest sab lojust, aga wöra leiwast ei sä lejba —
aus dem Thier des Fremden bekommt man wohl einmal ein Tbier,
aber aus dem Brot des Fremden bekommt man kein Brot (geborgtes
Brot verschlägt nicht).
kfill ilm öpetab — die Welt wird schon lehren (wer auf die Eltern nicht
hört),
kfill jumal näeb ilma näitamata ja kuleb ilma külutamata — Gott
sieht wohl, ohne dass man zeigt, und hört, ohne dass man verkündigt,
kfill jumal rikast rinnust kinni peab nl kaua, kui waene järele
sab — Gott hält wohl den Reichen an der Brust so lange fest, bis der
Arme nach kommt,
kfill jumal teeb, kui aimame teba — Gott wird wohl thun, wenn wir
ihn thun lassen,
kfill jumal tfihja jöuule kä jätku annab — Gott wird schon auch der
unzureichenden Kraft Vermehrung geben.
kfill jumalal päjwi , kui aga pere-mehel lejba on — Gott hat wohl
Tage, wenn der Hausherr nur Brot hat (fauler Arbeiter).
kfill kade silm teize önne önnitseks — ein neidisches Auge möchte
wohl des Anderen Gluck angeln.
kfill kg! toidab — die Zunge wird schon ernähren (durch Betrug).
kfill ksletu peab wedama, mis möletu peale paneb — der Stumme
muss schon schleppen, was der Unvernünftige auflegt,
kfill kQer häwa parandab — der Hund wird schon seine Wunde heilen,
kfill koer koera (fira) tunneb — ein Hund kennt wohl den anderen,
kfill k^er oma pere-raehe tunneb — der Hund erkennt wohl seinen
Herren,
kfill leib iks latsi N$d, ent latse' ei sä iks löwä mann (d) - das-
7*
— 100 —
Brot wird schon immer Kinder finden, aber Kinder gelangen nicht
immer zum Brot.
kfill leib sab söja, od. söjale, sai sötkuja, od. sötkujale — das Brot
bekommt wohl einen Esser, das Weissbrot einen Kneter, od. d. B.
kommt wohl zu einem Esser, d. W. zu einem Kneter.
küll lidu nl kaua poistega lipitseb, kui litsiks sab — die Goquette
schwänzelt wohl so lange mit den Burschen, bis sie eine Hure wird.
küll mägi oma märja kuiwatab — der Berg wird schon seine Nässe
trocknen.
küll mos oma mehe tunneb — der Mann wird schon seinen Mann er-
kennen.
küll näfg näütäs, ja oht oppas (d) — der Hunger wird schon zeigen,
-die Noth lehren.
küll omad witsad peksawad — die eigenen Ruthen schlagen wohl.
küll pitk aeg wägub (üks kord hauale) — die lange Zeit stirbt wohl
einmal hin in's Grab.
küll pitk päew jöuab öhtule — der lange Tag gelangt wohl zum Abend.
küll ruh iks tsea lötid, ent tsiga ei löwwä iks ruht (d) — der Trog
findet wohl immer ein Schwein, aber ein Schwein findet nicht immer
einen Trog.
küll (sa) oled nina otsa hakand, aga sa ep ole wel ea otsa ha-
kand — du hast wohl die Nasenspitze erfasst, aber das Lebensende
hast du noch nicht erfasst.
küll sa söd ize oma sülitud kapsad — du wirst wohl selbst deinen
bespienen Kohl aufessen.
küll so azi wöib wöl teist wlzi minna — diese Sache kann wohl noch
anders gehen.
küll so söb, kes löunat magab — der wird es wohl verzehren, welcher
zu Mittag schläft (lachende Erben).
küll suga jöuab palju teha— mit dem Munde kann man wohl viel thun.
küll ta wöib katsuda, kas ta pü-noaga kulda wöib leigata — er
kann wohl versuchen, ob er mit einem hölzernen Messer vermag Gold
zu schneiden.
— 101 —
küll tegijal on töd, magajal und — der Thätige hat wohl Arbeit, der
Liegende Schlaf,
küll tuleb härjale saba tatwis, kui parmud wälja tulewad — wohl
hat der Ochs den Schwanz nöthig, wenn die Bremsen heraus kommen.
kflll bunt wötab kä loetud Jamba, od. lammastes, od. kä loetust —
der Wolf nimmt wohl auch das gezählte Schaf, od. von den gezählten
Schafen, od. von dem Gezählten,
küll wana kä löbib ja aTbib , kui kaerad kutistawad — auch ein
. Alter tändelt und faselt wohl, wenn der Hafer kitzelt.
kflll wanal kä möni kord wel tite-hambad sQs — auch ein Älter hat
manches Mal wohl noch die Milchzähne im Munde,
küll wazika nahk wlakse tum peale nl kui härja nahk — die Haut
eines Kalbes wird wohl auch auf den Markt gebracht wie die Haut
eines Ochsen (auch junge Leute mässen sterben),
küll wöib ta katsuda, kas pQ-noaga kulda wöib leigata — er mag
immer versuchen, ob man mit einem hölzernen Messer Gold schneiden
kann,
kflll w<5ra lojusest sab lojust, aga wöra leiwast ei sä lejba — wohl
bekommt man Vieh von des Fremden Vieh» aber nicht Brot von des
Fremden Brot (vgl. lästu-tuli etc.).
kfllla kflllest enne sab, od. sab enam, kui nälja otsast — von der
Fülle bekommt man eher, od. mehr, als von dem Mangel,
küllus ajab uhkeks — Fülle macht übermuthig.
kfilm ajab käed pöue — die Kälte treibt die Hände in den Busen,
kfllm ajab mehe ree pealt maha, istub ize peale — die Kälte treibt
ilen Mann vom Schlitten, setzt sich selbst darauf.
kfllm kizub kindad karmanist — die Kälte zieht die Handschuhe aus
der Tasche,
kfllm küzib köri käest kazukat — die Kälte verlangt von der Gurgel
einen Pelz (durch Branntweintrinken),
kfllm Mai ja märg Juni täidab keMrid ja aidad laeni - kalter Mai
und nasser Juni füllen Keller und Scheuer bis zur Decke,
kfilm paneb lindude aida-ukse lukku — die Kälte verschliesst die
Speichertbär der Vögel.
— 102 —
külm teeb jalgu alla — Kälte macht Beine unter.
kfllm teeb wette üle sillad — Kälte macht Brücken über die Wasser.
kfilwa head. sTs kaswab head — säe Gutes, se wächst Gates.
ktimne-rublane nimi ja kopikane ammet — ein zehnrubliger Name
und ein Amt eine Kopeke werth.
kü£t läheb metsa, pange pada kummuli; kala-m&s läheb kalule,
pange pada tulele — der Jäger geht in den Wald, kehrt den Kessel
um; der Fischer geht zum Fischen, setzt den Kessel aufs Feuer.
küzija sQ pqale ei 15da, wajd wötja käe peale lüakse — auf des
Fragenden Mund schlägt man nicht, sondern auf des Nehmenden Hand
schlägt man.
kü oli libe, wäga kibe — die Schlange war glatt, sehr scharf.
künla-kuize sula wastab wastla-kü ära — für das Thauwetter im
Februar haftet der Märzmonat (im März friert es wieder).
kflnla-pä sula ja Mareta-pä pQud on nälja ema — Thauwetter zu
Lichtmess und Dürre am Margarethentag sind die Mutter des Hungers.
laen on iga kord lajiza wölg — Geborgtes ist jedes Mal eine offenbare
Schuld.
laen on kerge anda, aga raske tagasi säda — Geliehenes ist leicht
zu geben, aber schwer zurück zu bekommen.
laena nl kaua tei Stele, kui ize laenama lähed — leihe so lange An-
deren, bis du selbst borgen gehst (ironisch).
l$ena perse külase, ja situ ize läbi külle-luid — leihe den Hinteren
aus, und seh.... selbst durch die Rippen.
laenaja leiab enam laitust kui tänu — der Leiber findet mehr Tadel
als Dank.
laenaja on söbr, aga tagasi nöudja, od. laena pärija, on waenlane
— der Leihende ist ein Freund, aber der das Geliehene Zurückfor-
dernde ist ein Feind.
laenamine on hölpsam kui kätte-tömine - Borgen ist leichter als
Zurückbringen,
l^enu-leib ja lästu-tuli — geborgtes Brot und Spanfeuer.
lahti lastud sönal ei ole hända — ein los gelassenes Wort hat keinen
Schweif (zum Zurückziehen).
— 103 —
lahti leigatud wllukas ei kaswa enam kokku — ein abgeschnittenes
Brotstöck wichst nicht mehr zusammen,
lai 80, lad seTg — breiter Mond, breiter Rucken (der Racken muss
büssen).
laisk b&fg säze wirgale jänesele järge (d) — der faule Ochs holt den
raschen Hasen ein (in der Pfanne),
lajsk ei pea leiba kinni , wirgul kott ja köht \%k — der Faule hält
das Brot nicht fest, der Fleissige hat Sack und Bauch voll,
laisk koer, hea önn — fauler Hund, gutes Gluck,
laisk ötab, ku6ni pägw löja läheb — der Faule wartet, bis die Sonne
unter geht,
lajsk petab möne korra uzinat — der Faule betrugt bisweilen den
Fleissigen (kommt zuvor),
lajsk teeb ikka lappa-Öhtu — der Faule macht immer Sonnabendabend,
laiskus ja boletus on kehwuze weanad — Faulheit und Sorglosigkeit
sind die Bruder der Armuth.
lajskus käib pitkamizi el, waezus tuleb kermeste järele — Faulheit
geht langsam voran, Armuth kommt schnell nach,
laiskus läbeb naba wabele — Faulheit geht zwischen die Haut (gewöhnt
sich leicht an),
lajskus on kurati p^a-padi — Faulheit ist des Teufels Kopfkissen,
laitajajd on küll, aga wöta körem oma selga, talu ezite, ja laida
sls teist — Tadler giebt es genug, aber nimm die Last auf deinen
Rucken, trage sie erst, und tadle dann den Anderen.
lamba nfign, huridi tegu — Aussehen eines Schafes, Thun eines Wolfes,
lammas läheb wähi käest willu säma — das Schaf geht von dem Krebs
Wolle bekommen,
laps kätkis, lejb kapis — ein Kind in der Wiege, Brot im Schrank,
laps, kell söna süs, jalg all — ein Kind, welches ein Wort im Munde
hat, einen Fuss unten,
laps, mis files kaswab hirmnta, so sureb auuta — ein Kind, welches
ohne Furcht aufwächst, das stirbt ohne Ehre.
lapse mänöi-azi on pü-pulk ja sita-julk — des Kindes Spielzeug ist
ein Holzpflock und eine Kothfrummel.
— 104 —
lapsed ja narr id uzuwad, et kahe kümne rublale ja kahe kümne
ästale otsa ei sä — Kinder und Narren glauben, dass zwanzig Rubel
und zwanzig Jahre kein Ende nehmen.
Iapsel walutab sörme ots, emal walutab süda — dem Kinde ibut die
Spitze des Fingers weh, der Mutter das Herz.
lapsele lauldakse, mörsja moistku — dem Kinde wird es gesungen,
die Erwachsene mag es verstehen.
lapsest kaswab hifjamine jälle lapse wanem — aus einem Kinde er-
wächst später wieder ein Vater oder eine Mutter.
lapsest kaBwab möni kord wanematele waenlane — aus einem Kinde
erwächst manches Mal den Eltern ein Feind.
last enne sündimist ära rigtitama — das Kind schon vor der Geburt
taufen.
lats ikk wäist, emä ikk last (d) — das Kind weint über das Messer,
die Mutter weint über das Kind.
laula ehk loe tema wasta, se on üks köik — singe oder bete zu ihm,
das ist Alles eins.
Laprits tob ezimezi halge — Lorenz, der Laurentiustag, bringt die er-
sten Holzscheite.
lauzutud söna lagub — ein ausgesprochenes Wort verbreitet sieb.
laze kurat kiriku, sls ta läheb kä kantsli peale — lass den Teufel in
die Kirche, so gebt er auch auf die Kanzel.
laze naerda peale , naer ja perses hambad — lass nur lachen immer-
hin, die Zähne sind in des Lachenden Hinteren.
laze sant sanha, satit taht kä lawwale (d) — lass einen Bettler in die
Badstube, der Bettler will auch auf das Brett.
laze sarit sauna, sant tahab wihta; anna talle wibt, sant tahab
lawale — lass einen Bettler in die Badstube, der Bettler will einen
Badebesen ; gieb ihm den Badebesen , der Bettler will auf die Bank.
laze sädan sauna, kttlap sls kä lawa peale läheb — lass den Teufel
in die Badstube, dann geht er wohl auch auf die Bank.
lästu-tuli ja laenu-leib ei kesta pitkale, od. ei ole pitkalt - Span-
feuer und geborgtes Brot dauern nicht lange.
— 105 —
lftbi leigatud lejb ei taha enam kokku pahkuda — ein durchge-
schnittenes Brot will nicht wieder zusammen backen,
läheb önneks» sls on hea; läheb hukka, sIs sän sua — gluckt es,
so ist es gut; misslingt es, so bekomme ich zu essen (Sprichw. der
Diebe),
l&heb sihnist ja läheb malest kä — es geht aus den Augen, und es
geht auch aus dem Sinn,
läheb hundi est pakku, od. pelgu, leiab kam es, od. kara kahe
pojaga 6s — er flieht vor dem Wolf, und findet einen Baren mit
zwei Jungen.
Iahen ma Sömest Rötsi, flks kcjer ölen igas kobas! — geh ich aus
Finnland nach Schweden, ein und derselbe Hund bin ich überall,
liks, et jalad kuklase löid — er ging, dass die Füsse in den Nacken
schlugen (so eilig),
liks tema sört sama, aga jäme pütus pihku — er ging Grosses zu
erlangen, und Dickes fiel ihm in die Hand,
lehm lüpsab süst, kana mnneb nokast — die Kuh milcht aus dem
Monde, die Henne legt Eier aus dem Schnabel,
lehm on kä ühe silma pärast pime — eine Kuh ist auch eines Auges
wegen blind,
lehmast sab wanandel wöl liha ja nahka — von der Kuli bekommt
man, wenn sie alt wird, noch Fleisch und Haut,
leib wanem! — das Brot ist ein Vorgesetzter, sc. dem man folgen muss
(bei Annahme der Einladung zum Essen).
Ieiba töres leutab, kala töres kautab — rohes Brot erweicht, roher
Fisch bringt Verderben,
leigatud laps hoiab noa est — ein geschnittenes Kind hütet sich vor
dem Messer,
leikuzel on kanad kurdid — bei der Ernte sind die Hühner taub,
lenda, od. mine, körgemale, kui tlwad annawad! — fliege nur hoher,
als die Flügel erlauben (ironisch),
lenda sls wel , kui wezi perse püdub ! — fliege dann noch, wenn das
Wasser an den Hinteren geht (ironisch),
lesk on katuseta hone — eine Wittwe ist ein Haus ohne Dach.
— 106 —
lönt ei söda nl palawalt, kuj ködetakse — die Suppe isst man nicht
so heiss, wie sie gekocht wird,
libe köT, herise, od. keftni, mit — glatte Zunge, Schalkessinn.
Übe köf, kibe, od. kare, möf — glatte Zunge, barter, od. rauher, Sinn,
libe kör on kawal petis — eine glatte Zunge ist ein schlauer Beträger,
libe kör teeb palju söbru, ja paha söna marrab w5ra käe — eine
glatte Zunge macht viel Freunde, und ein böses Wort bricht des
Fremden Hand,
libe köf (ja) tige möf — glatte Zunge, tückischer Sinn.
«
libe tö paneb jala libisema — glatter Weg maeht den Fuss gleiten,
ligi sugu, wies wezi tfiri peal! — nahe Verwandtschalt, das fünfte Was-
ser auf der Dünnbiermaische (ironisch),
liha ei kaswa kondita, ega pO oksteta — Fleisch wächst nicht ohne
Knochen, noch ein Baum ohne Aeste.
liha (-lönt) llpa, od. llbata, pealt, kala (-lönt) käpa, od. kabata,
pöhjast — Fleischsuppe schöpfe von oben, Fischsuppe kratze vom
Boden,
liha oisid, koüdi lejad — Fleisch suchst du, einen Knochen findest da.
liha tob ligidale, kapsad wlwad kaugele — Fleisch bringt nahe, Kohl
bringt weit hin.
liha töres, od. Qdis od. Oi, lihutab, od. leutab, kala töres, od. üdis
od. ü2, kautab — rohes Fleisch macht feist, od. erweicht, roher Fisch
bringt in's Verderben,
lihane köf leikab, od. tapab, luize kaela — die fleischerne Zunge
schneidet den knöchernen Hals ab.
libata wöjb inimene elada, ei mitte lgjwata — ohne Fleisch kann
der Mensch leben, nicht ohne Brot,
linad pitkad liugujale, takud taga-jöksjale, tudrad toa-istujale,
lusted lajza lakkujale (pt) — der lange Flachs dem Gleitenden, die
Heede dem hinten nach Laufenden, die Leindotter dem Stubensitzer,
die Trespe dem faulen Trinker,
lind ei lenda mitte oma peza jürest kaugele — der Vogel fliegt nicht
weit weg von seinem Neste.
lind ei wöi kßrgemale, od. kapgemale, lennata, kuj tlwad kanna-
— 107 —
wad — ein Vogel kann nicht höher, od. weiter, fliegen, als die Flü-
gel tragen.
Hnna-saia sarwed paißtawad ja silma — die Ecken der Stadtweiss-
brote werden schon sichtbar,
frgjulgus lükkab mere pöbja, kelmus keldri — zu grosse Kühnheit
stösst in den Boden des Meeres, Schelmerei in den Keller, d. h. das
Gefangniss.
lig köwerdamine tob mnrdmist — zu starkes Biegen bringt Brechen,
llg palju ajab koti löhki — zu viel macht den Sack bersten,
llgntud kiwü ej ole sammalt — ein bewegter Stein hat kein Moos.
Ilgntud pü ej haljenda — ein Baum, welcher bewegt worden ist, grünt
nicht,
llknw wezi läheb selgemaks, seizaw wezi pahemaks ja haisema —
Wasser in Bewegung wird reiner, stehendes Wasser schlechter und
stinkend.
loe ehk laula tema wastu, so on flks köik — bete oder singe zu ihm,
das ist Alles eins,
loetud raha ei köla warga käppa — das gezählte Geld hindert des
Diebes Hand nicht,
löde-tul on taewa lud — der Nordwestwind ist des Himmels Besen,
löm tnnnistab löja auu ehk bäbi — das Geschöpf bezeug! des Urhe-
bers Ehre oder Schande,
lötus on (kä) hea mSs — Hoffnung ist auch ein guter Mann,
loikas, et jalad all tuld löiwad — er schritt zu (lief), dass die Ffisse
unten Feuer schlugen,
löpetazes iga mos tark — am Ende ist jeder Mann klug,
loa sitatud, löu leigatud — von der Lerche gedüngt, von der Lerche
geerntet (schlechte Düngung),
lftuke tob löune-söja, päzukene päewa-söja, 5-pikk tob ö-söja -
die Lerche bringt • Mittagswärme , die Schwalbe Tageswärme, die
Nachtigall Nachtwarme,
löukene, od. löu, sittab, löukene, od. löu, leikab — die Lerche düngt,
die Lerche erntet,
lnbaja, od. lobadns, hea mos, kinni-pidaja wöl parem — der Ver-
— 108-
sprechende, od. das Versprechen, ist ein guter Mann, der Haltende
ein noch besserer.
lumi oli nenda sügaw, et iga sammu peal oli perse-aze taga —
der Schnee war so tief, dass bei jedem Schritt eine Spur des Hinte-
ren da war.
luäti-pidu ajab möni kord kurja idn — lustgelag treibt bisweilen
einen bösen Keim.
luzikaga antud, kufbiga wöetud — mit dem Löffel gegeben , mit dem
Vorlegelöffel genommen.
lü kaswatab liha, aga liba ei kaswata lud — Knochen erzeugt Fleisch,
aber Fleisch erzeugt nicht Knochen.
lud kondid, od. lü-kondid, (wörewad) walitsejale — die Knochen
rollen zu dem Wählenden.
ltthike au, sQf häbi — kurze Ehre, grosse Schande (von Gestohlenem).
ma ei küle enam oma oiget nime — ich höre meinen eigentlichen Na-
men nicht mehr (von Schimpf werten).
ma ep ole kellegi naba narmast ära wlnud — ich habe von Nieman-
des Haut einen Fetzen weggebracht.
ma ep ole seda ära wötnud, sä tödi mu majase — ich habe es nicht
weg genommen, es wurde mir in's Haus gebracht (Entschuldigung der
Müller, Schneider, Weber, wenn sie stehlen).
ma lä sutta pakko ja löwwä kabro kate pojaga 6h (d) — ich fliehe
vor dem Wolf und finde einen Bären mit zwei Jungen vor mir.
ma lön sind, et punane wälja tuleb — ich werde dich schlagen , dass
Rothes heraus kommt.
ina pean nenda elama, kui minu jäfg näitab — ich muss so leben,
wie meine Lage anzeigt.
ma püan laiska petta, ei laze laisk ennast petta — ich möchte den
Faulen betragen, der Faule lässt sich nicht betrugen (mir einen Gang
ersparen).
ma rfigin kuhja, od. knbjast, sa rägid kuhja aeda, od. ajast — ich
spreche von dem Schober, du sprichst vom Zaun des Schobers.
ma s$in nl märjaks, et ep ole hamba all enam ktriwa kohta — ich
wurde so nass, dass unter dem Zahne keine trockene Stelle mehr ist.
— 109 —
ma tazun so wöla oma pihtadega — ich werde diese Schuld mit mei-
nen Schaltern bezahlen (abarbeiten).
ma teen sinuga wlz imet , ja iga ime ize- wlzi — ich werde fünf
Wunder mit dir machen, nnd jedes Wunder auf eine besondere Weise.
madal aed lazeb hölpsaste file htipata — ein niedriger Zaun lässt
leicht hinüber springen,
madal ma, süred laened — flacher Boden, grosse Wellen«
madal nies sab enne mäzika, od. raarja, mist, kui körge, od. pitk,
t&he taewast — ein kurzer Mann bekommt eher eine Erdbeere, od.
Beere, vom Boden, als ein langer einen Stern vom Himmel.
madal ulu ajab tule klrest katusele — ein niedriges Vordach treibt
von einem Funken das Feuer in's Dach,
madal wezi, sögaw pöhi — niedriges Wasser, tiefer Boden,
madalast aiast kargas egä üts file (d) - über einen niedrigen Zaun
springt Jeder.
Madelena annab häda-leiba, od. -köki, Jägu annab sure kaku —
Magdalene giebt zur Notb Brot, Jacob giebt ein grosses Laib.
Madise-paewal antakse kanale wöti kätte — am Matthäustag fiber-
giebt man dem Huhne den Schlüssel,
madu poetab naha, aga ei poeta paha — die Schlange legt die Haut
ab, aber nicht das Böse,
magab söba, od. saba, (aga) ei raaga söba-, od. sawa-, alune — die
Decke, od. der Schwanz, schläft, aber nicht das, was unter der Decke,
od. dem Schwänze, ist.
magades ei leia kögi leiba — schlafend findet Niemand Brot,
fflagaja jagu pannakse diese — des Schlafenden Portion wird aufbe-
wahrt.
Mgaja ka£6i suhu ei jökse hlri, od. hlf — in einer schlafenden Katze
Mund laufen keine Mäuse, od. die Maus nicht,
roagaja koer ei taba warast — ein schlafender Hund erwischt den Dieb
nicht,
magaja koeral süf pea, jöksja kqeral lai sefg — ein schlafender Hund
hat einen grossen Kopf, ein laufender Hund einen breiten Rücken,
magaja oza pannakse paigale, törkuja oza sttakse ära — des Schla-
— 110 —
fenden Portion wird aufbewahrt, des Störrischen Portion wird auf-
gegessen.
magaja uni ja tegija tö ei löppe — des Schlafenden Schlaf und des
Arbeitenden Arbeit hört nicht auf.
magajal und, tegijal töd — der Liegende hat Schlaf, der Thätige Ar-
beit»
magu müjal, maga o&jal — Geschmack hat der Verkäufer, Geschmack
der Käufer (beiderseitige Zufriedenheit).
magus petab maia ära, od. m<iiast — das Süsse beträgt den Nasch-
haften.
maha jäetud leib läheb (taga järel) magusaks — das nachgelassene
Brot wird hinterher süss.
maias ikka mau pöletab — der Naschhafte verbrennt sich immer den
Magen.
maias maitseb köik, ja käritu katsub — der Naschhafte schmeckt,
und der Ungeduldige versucht Alles.
maja ilma naezeta ku| pere ilma ka&ita, maja ilma meheta kui
Qjie ilma koerata — ein Haus ohne Frau ist wie eine Wirtbschaft
ohne Katze, ein Haus ohne Mann wie ein Hof ohne Hund.
majal muhk, tejzel paize — ein Haus hat eine Beule, das andere eine
Geschwulst.
mä-ilm läheb wanemaks ja päew päewalt ikka targemaks — die
Welt wird älter und von Tag zu Tag immer kluger.
mä külmetand, kärs katki — das Land ist gefroren, der Rüssel wund
(Ausreden des Faulen).
mä-m3s ködab, od. paneb, meri-wett ja jäfw-kala, ranna-mes
meri-kala ja järw-wett — der Landbauer kocht Meerwasser und
einen Seefisch, der Strandbauer einen Meerfisch und Seewasser (viel
und wenig).
mä kfindjat 15 kiwiga pähä, nidu nitjale anna pala leiba — den
Pflüger des Feldes schlage mit einem Stein auf den Kopf, dem Mäher'
der Wiese gieb einen Bissen Brot.
mä nutab, kui ta jäb sCünikuta — der Boden weint, wenn er ohne
Dünger bleibt.
— 111 —
mä peetakse pettuzega kinüi — mit Betrug hält man »ein Landslück
fest,
mä-pind katab koik köweruzed kirini — der Erdboden deckt Alles
Krumme,
mä-pind külmetand, sea kärs katki — der Erdboden ist gefroren, des
Schweines Rössel wand (vgl. oben mä külmetand etc.).
Da pöues ei ole (inimezel) enam w^ewa , od. ühtegi wae wa — im
Basen der Erde hat der Mensch keine Noth mehr.
mä sttles on magna magada — im Scbooss der Erde ist sSss zu
schlafen.
mäd kfintakse mitu korda, aga sSmet kfilwatakse flks kord — das
Land wird viele Mal gepflügt, aber der Same ein Mal' gestreut.
Märja-päew tob keäk-hommiku , ja rukki-wiht wlb ke£k-hom-
miku — der Marientag bringt den Mittmorgen, die Roggengarbe ent-
fährt den Mittmorgen (die Morgenpause in der Arbeit zum Frühstücken),
mäda-mnna peab kä pezas olema — ein faules Nestei muss auch im
Neste sein,
mirjal mal ep ole wihma tarwis — ein nasser Boden hat keinen Re-
gen nöthig.
minne wakakene, sänne käzekene (d) — wie das Gefdss, so der Deckel.
mlritnd ratas jökseb libedam — ein geschmiertes Rad läuft glatter.
mee-kapp-mSs lakub möne korra oma söfmi — der Honighändler
leekt bisweilen seine Finger.
meega pfitakse maiast — mit Honig sucht man den Naschhaften zu
Tangen,
fliehe an on ta kübar peas, naeze au on ta pöfwil — des Mannes
Ehre ist sein Hut auf dem Kopfe, des Weibes Ehre ist auf ihren Knien
(das Kind),
mehe-kout maksab (ikka) raha — Mannes Knochen kostet immer Geld
(ist etwas werth).
flehe pqeg näeb mönda — eines Mannes Sohn sieht Manches,
niehe ruzikas on magusam kui mee-luzikas — des Mannes Faust ist
süsser als ein Löffel Honig.
roehed ikka mölemad — Männer sind sie immer beide.
— 112 —
*
mehel on mehe süda — der Mann hat eines Mannes Herz.
mebest sab, od. kaswab, mes — aus einem Manne wird, od. erwächst,
ein Mann,
mehi ei pea mitte loetama, waid kälutama — Männer müssen nicht
gezählt, sondern gewogen werden,
meie ei ole himude pere-mehed, waid nemad ikka meie pere-me-
hed — wir sind nicht die Herren unserer Begierden, sondern sie
sind immer unsere Herren,
meie kahe patt ei mahu mitte pörgu katla kema, et köb üle —
unser beider Sunde hat nicht Raum im Kessel der Hölle zum Kochen,
denn er kocht aber,
meie persed peksetakse alati nenda palawaks, et sütiniks kar-
tuhwlid nende peal ktipseks teha — unsere Hinteren werden im*
mer so heiss geprügelt, dass man Kartoffeln darauf backen konnte,
meil eß ole metsa enara j an est kattagi — wir haben nicht mehr Wald
auch nur einen Hasen zu bedecken,
mere polt tob kala-säki, mä polt murin kfilma-pakki (pt) — vom
Meere her bringt das Gewitter Fische, vom Lande her Kälte,
merel silmad, metsal körwad — das Meer hat Augen, der Wald Ohren,
meri tapab nOre mehe, kare katkestab nöre häfja — das Meer reibt
den jungen Mann auf, das Rasenpflügen den jungen Ochsen,
mets ja naeste-rahwa perse on iga ühe päralt — Wald und Weiber-
scham gehören Jedem,
mets ön nl paks, et uä£ ei peaze l&bi — der Wald ist so dicht, dass
keine Schlange hindurch kann,
metsa-inös kldab Ohtu, kala-mOs hommiku — der Jäger rühmt am
Abend, der Fischer am Morgen,
metsa püd pannakse westes kokku, aga inimezi ttkski ei tee übe-
suguseks — die Bäume des Waldes werden wohl zusammengelegt,
indem man sie behaut, aber die Menschen macht Niemand gleichartig,
metsal körwad, seinal, od. wäljal, silmad — der Wald hat Ohren, die
Wand, od. das Feld, Augen,
metsal silmad, seinal körwad — der Wald hat Augen, die Wand
Ohren.
— 113 —
mezi peia, wihar naeze-mehe süs — Honig in des Bräutigams, Bitteres
in des Mannes Mund,
mezi süs, aga sapp südames — Honig im Munde , aber Galle im
Herzen,
mes alumine kafp , nagne pealmine kafp — der Mann ist die untere
Schale, das Weib die obere Schale (der Muschel),
mos ei jöua Oheksa hobusega nl palju sisse tüa, kui naene flhe
pöllega wäfja wlb — der Mann vermag nicht mit neun Pferden so
viel herein zu führen, wie das Weib mit einer Schurze hinaus bringt.
mes ikka, kes rägib, aga lits, kes files rägib — ein Mann ist immer,
der da spricht, aber eine Hure, der da verrätb.
mes, kes petab, narr, kes petta lazeb — ein Mann, wer betrügt, ein
Narr, wer sich betrugen lässt.
mos läheb tele, wötab kalmn kaela, ja naene läheb nurka, wötab
kalmu kaela — der Mann geht auf Reisen, nimmt das Grab auf den
Hals , und das Weib geht in den Winkel , nimmt das Grab auf den
Hals (Gefahr droht fiberall).
mes most, mel tark, raha-kukur kfilus, jahn-wakk walge — der
Mann schmutzig, der Sinn klug, der Geldbeutel berühmt und der Mehl-
scheffel weiss.
mes must, öün, od. leib, walge — der Mann schmutzig, das Gluck, od.
Brot, weiss.
mos peetakse sönast (ja) häfg sarwest — der Mann wird beim Worte
gehalten, der Ochs beim Hörn.
mos pfiab hülget, od. merd, aga hfllge, od. meri, püab kä mfist
— der Mann langt wohl den Seehund, od. das Meer, aber der See-
hund, od. das Meer, langt auch den Mann.
mos sab naeze, aga lapsed ei sä ema — der Mann bekommt ein Weib,
aber die Kinder bekommen keine Mutter.
mfcs silestetäs möhke, lats lapjo päle (d) — der Mann wird in den
Brottrog geglättet, das Kind auf die Brotschaufel (d. h. ein Mädchen,
welches den Teig im Brottroge gut glättet, bekommt einen guten Mann,
ein Weib, welches beim Einschieben die Laibe auf der Brotschaufel
gut glättet, bekommt hübsche Kinder).
8
— 114 —
möst arwatakse mütsist, naest tanust — der Mann wird beurtheilt
nach der Motze, das Weib nach der Haube.
mest tuntakse sönast ja härga safwist, od. sörast — den Mann kennt
man am Worte, den Ochsen an den Hörnern, od, am Huf.
mida1) armsam laps, seda kibedara, od. w alusam, wits — je liebe-
res Kind, desto schärfere Ruthe.
mida harwem näed, seda armsam oled — je seltener du siebst (d. b.
besuchst), desto lieber bist du.
mida enam koere kous, seda wedelam, od. lahjem, lake — je mehr
Hunde beisammen sind, desto dünner, od. magerer, ist das Gesöff.
mida enam päid, seda enam tahtmizi — je mehr Köpfe, desto mehr
Willen,
mida enam sa hunnikut silitad , seda enam huntiik haiseb — je
mehr du einen Misthaufen glättest, desto mehr stinkt er.
mida enam sitta sllad, seda enam sitt hgjzeb — je mehr du den
Koth streichst, desto mehr stinkt er.
mida enam tölt, seda enam tuld — je mehr Wind, desto mehr Feuer,
mida kala kegi püab, se ta sab — nach welchem Fische Einer fahndet,
den bekommt er.
mida karusem kQer, seda parem ta on — je rauher der Hund, desto
besser ist er.
mida kapgemal sa öTgi tule öst hoiad , seda wähem wöjwad ne-
mad pölema minna — je weiter man das Stroh vom Feuer hält,
desto weniger kann es anfangen zu brennen. •
mida körgemase tikud, seda sügawamase kukud —je höher du
strebst, desto tiefer fällst du.
mida lindu, seda laulu (d) — wie der Vogel, so der Gesang,
mida m&d, seda marja (d) — wie das Land, so die Beere,
mida mustemad käed, seda walgem leib — je schmutziger die Hände,
desto weisser das Brot.
1) Für mida (je) wird local auch seda gebraucht hier and ia den fol-
genden Sätzen.
— 115 —
midapahem koer, seda parem önri — je schlimmerer Hund, desto
besseres Glück.
mida pahem mos , seda parem ön6 — je schlimmer der Mann , desto
besser das Glück,
•mida pitkem mos, seda pitkem möY — je länger der Mann, desto
grosser die Langmuth.
mida pizem keha, seda sörem sQda — je kleiner der Körper, desto
grosser das Herz,
mida sflrem kefm, seda kuldsem önti — je grösser der Schelm, desto
goldener das Gluck,
mida sörem su , seda laiem olgu piht — je grösser der Mund , desto
breiter sei der Rücken,
mida sörem tuisk , seda parem tüa — je grösser* das Gestöber, desto
besser zu bringen (zu stehlen).
mida sofern hulk , seda wedelam löm — je grösser die Menge , desto
dunner die Suppe.
mida waezem sant, seda sürem kott — je ärmer der Bettler, desto
grösser der Sack,
mida waiksem tüF, seda lähem* tonn — je stiller die Luft, desto näher
der Sturm,
mida wanemaks säd, seda targemaks jäd — je älter du wirst, desto
kluger wirst du:
mida warem, seda parem öpetada rumalutaza; ei wana enam pet7
mizest kule — je früher, desto besser zu belehren nach der Dumm-
heit; ein Alter lässt sich nichts mehr einreden,
mida wäbem jöudu, seda kangem kiuzu — je geringer die Krall,
desto stärker der Trotz.
mida weikem wägi, seda rohkem wiha — je kleiner die Macht, desto
grösser der Zorn,
midagi ei sä nl pimedas tehtud , mis mitte wimaks walge ette gi
tuleks — es wird nichts in so Finsterem gethan, dass es nicht zuletzt
an's Licht käme.
mida sonne' sörutawa', sedä perse' pidäwä' (d) — was die Finger
melken, das haben die Hinteren.
8*
— 116 —
miks sepp pihid peab? — wozu hat denn der Schmied die Zange,
millal seljast hing wälja läheb? — wann geht denn die Seele zum
Rucken hinaus (an Prügeln stirbt man nicht).
mina herra, sina herra, kes on sIs koti-kandja, od. kes pergel
kotti paneb? — ich ein Herr, du ein Herr, wer ist denn der Sack-
trager, od. wer Henker legt denn in den Sack,
mina jän nenda kui tüle peale, ej tfia, kos wöin oma pead wafrju-
tada — ich bleibe wie auf dem Winde, ich weiss nicht, wo ich mein
Haupt schätzen soll,
mina pean nenda olema, kui mu järg näitab — ich muss so sein,
wie meine Lage es anzeigt.
mina tahan sind kita tflhjas kirikus ja kuiwas, od. ölletumas,
körtsus — jch will dich loben in einer leeren Kirche und in einem
trockenen, od. bierlosen, Kruge (scherzw.).
mine adrata kündma, ehk nödata kala pfidma — geh ohne Pflug
pflügen, oder ohne Netz fischen,
mirie ihnuzelt raha laenama! — geh von dem Geiz Geld borgen,
mine kaswata sa huödist karja-kqera! — geh und erziehe aus einem
Wolf einen Viehbund,
mine kopikata körtsi, ehk wihata sajma — geh ohne Groschen in den
Krug, oder ohne Badebesen in die Badstube,
mine kuffi kfizist säki kiskuma! — geh aus des Habichts Klauen die
Beute reissen.
mine kurja waimuga wöitleraa, sls wöta ästane leiwa-kott selga —
wenn du mit einem bösen Geiste kämpfen gehst, dann nimm nur
einen jährigen Brotsack auf den Rucken,
mine mutTist lund taga ajaraa!- geh dem vorigjährigen Schnee nach-
spuren.
mine otsi (sa) önne, kui örin ei otsi sind, od. sind ei otsi! — geh
suche du das Gluck, wenn das Gluck dich nicht sucht.
mine paska paluma, pask laguneb laiemale - geh nur den Koth
bitten, der Kolh verbreitet sich noch mehr.
mine sauna wihata , ehk linna rahata — geh in die Badstube ohne
Badebesen, oder in die Stadt ohne Geld.
117
mine sea perse, kofja kure-mafju — geh in des Schweines Hinteren,
pflücke Rauschbeeren.
mine 8ls ujuma , kui wezi külle all on — dann schwimme , wenn das
Wasser unter der Seite ist.
mine sömata magama, töuze lSmata Öles — geh ohne Essen zu Bette,
steh ohne Schläge auf (wenn Kinder am Abend noch essen wollen).
mine tengäldä kör tsi, ehk wihalda sanna (d) — geh ohne Geld in den
Krag, oder ohne Besen in die Badstube.
mine tfilt kinni pfldma! — geh den Wind fest nehmen.
mine hulluga ölut tegema, jöb olle ja sSb rawa — geh nur mit einem
Tollen Bier machen, er wird das Bier trinken und die Traber essen.
mine hundi äst hqjdma, karu tuleb kallale — geh nur vor dem Wolfe
dich hüten, ein Bär wird über dich her kommen,
mine hundi sfist tagasi wötma ! — geh aus des Wolfes Mund zurück-
nehmen,
mine bundist karja-kqera tegema, ehk sinust in im est! — gehe aus
einem Wolfe einen Viehhund machen, oder aus dir einen Menschen.
mine huriti appi, säd hammustada — geh einem Wolfe zu Hülfe, du
wirst gebissen werden.
mine wihata sauna, ehk rahata linna, sest ep ole kazu Ohtegi —
geh ohne Badebesen in die Badstube, oder ohne Geld in die Stadt,
das ist vergeblich.
minu perse-augu sönis on enam tarkust kui sinn peas — in den
Adern meines Afters ist mehr Klugheit als in deinem Kopfe.
miau söm on södud, minu jöm on jödud — mein Essen ist gegessen,
mein Trinken getrunken (ich werde nicht mehr essen).
minu sonne llkmes on enam tarkust kui sull peas — im Gliede
meines Fingers ist mehr Klugheit als in deinem Kopfe.
minu tfldrukul on tfldruk , minu sulasel on sulane — meine Magd
hat eine Magd, mein Knecht einen Knecht (sie mögen nicht arbeilen),
minule tehakse seitsme abjuga lejba — für mich wird in sieben Oe-
fen Brot gebacken (Prahlerei).
mis aitab, et kidu mökitab, kui kits wastu ej mökita? — was hilft
es, dass das Zickelchen mekert, wenn die Ziege nicht entgegen mekert.
— 118 —
1
mis aitab kitse mekerdama, kui sikk ei mekerda? — was hilft der
Ziege Mekern, wenn der Bock nicht mekert.
mis ajast (läjmid), se arust (läinud) — was ans dem Hof gegangen,
ist aus dem Sinn gegangen.
mis hakkab kufbi külge , so hakkab kondi külge — was an den
Suppenlöffel haftet, das. haftet an den Knochen.
mis Hantsuke, od. Juku, ep ole öppinud, seda Hants, od. Julian,
ei möista — was Häuschen nicht gelernt, versteht Hans nicht.
mis inimene otsib, seda ta leiab, mis ta näha tabab, seda ta näeb
— was der Mensch sucht, das findet er, was er sehen will, das
sieht er.
mis iza korjand fizaga, pQeg pillab bölmaga — was der Vater all-
mählich gesammelt bat, das verschwendet der Sohn mit dem Schoosse,
d. h. mit vollen Händen.
mis jäb ajast, sä jäb arust — was aus dem Hofe bleibt, bleibt aus den
Gedanken.
mis jöuu läbi ei sä, sab ehk nQuu läbi — was nicht durch Stärke er-
langt wird, wird vielleicht durch Klugheit erlangt.
mis Juku on öppinud , seda Juban ej unusta — was Hänschen ge-
lernt hat, das vergisst Jobann nicht.
mis jumal meie südame sisse on tikkinud, seda loeb ta kä ära —
was Gott in unsre Seele gegraben hat, das liest er auch.
mis Jüls ei ole öppinud, seda Juri ej möista, vgl. oben mis Hant-
suke etc.
mis kala kigi püab , seile ta leiab — auf was für einen Fisch Einer
fahndet, den findet er.
mis kaffis, on kaunis — was theuer ist, ist hübsch.
mis kaunis, sä kaffis, mis odaw, se mäda - was hübsch ist, ist
theuer, was billig ist, ist faul.
mis kauniste öitseb, sä rutu näftsib — was schön blüht, das welkt
schnell.
mis kazin, sä kaffis - was hübsch ist, ist theuer.
mis käest kaub, od. kadus, seda bakatakse, od. minnakse, kahetse-
ma — was aus der Hand verloren geht, das Fängt man an zu bedauern.
— 1.19 — '
aiis kögi teab, ei so leiba — was Einer versteht, das isst kein Brot.
rais köletu töab, mis möletu teeb? — was weiss der Stumme davon,
was der Unvernünftige thut (Pferd und Mensch).
mis kirwes otsib, seda kirwes leiab — was das Beil sucht, das findet
das Beil.
mis kits kitsele annab, kui izegi häwa-kört närib? — was soll eine
Ziega der anderen geben, wenn sie selber Espenrinde nagt.
mis koer ei näe , seda kq^r ei haugu — was der Hund nicht sieht,
das bellt er nicht an.
mis koer se od, kes öues ei hapgu? — was ist das für ein Hund, der
nicht im Hofe bellt.
mis koera sawa all on, seda sa töad! — was unter des Hundes
Schwanz ist, das weisst du (so viel verstehst du).
mis kopikuks lödud, so on kopik, mis on tukat, so on tukat —
was als Kopeke geschaffen ist, das ist Kopeke, was als Dukaten, das
ist Dukaten.
mis köhus, s@ körwal, mis watsas, se wafjul — was im Bauche ist,
das ist bei Seite, was im Magen ist, das ist geborgen.
mis körge (on), sest mine möda, mis madal (on), sest astu üle —
was hoch ist, da geh vorbei, was niedrig ist, da steig über.
mis kurel wiga körgustella, kui herned nina all? — warum sollte
der Kranich nicht herrlich leben , wenn die Wicken vor dem Schna-
bel liegen.
mis läheb ajast, so läheb arust — was aus dem Hof geht, das geht
ans dem Sinn.
mis läinud, so lginud — was gegangen, das ist gegangen (hin ist hin).
mis lubamine maksab, kui tegemine püdulik? — was gilt das Ver-
sprechen, wenn das Tbun mangelhaft ist.
mis mos naha pärast hölib ! ega perse kagru ej kaswata — was
kümmert ein Mann sich um seine Haut ! auf dem Hinteren wächst ja
doch kein Hafer.
mis minu külge ei pöleta, seile p^ale mina ei puhu — was nicht
meine Seite brennt, darauf blase ich nicht.
— 120 — ^
mis möiza wlakse, se satub kui tülde, od. so wlakse neoda kui
tfile sisse — was auf den Herrenhof gebracht wird, das gebt in den
Wind, od. das wird so wie in den Wind gebracht.
mis must on, se mustaks jäb — was schwarz ist, das bleibt schwarz,
mis naeste tarkus on? hundi 6st tuppa hoida — worin besteht des
Weibes Klugheit? vor dem Wolfe sich in der Stube zu halten.
mis uör mos teeb, so wana mes rikub — was der junge Mann thut,
das verdirbt der alte Mann (Frost und Thauwetter).
mis nördus kokku paneb, od. korjab, seda wanadus (es) leiab —
was die Jugend sammelt, findet das Alter vor.
mis nörelt haritud , sest wanadus ei wördu — woran man sich jung
gewohnt hat, davon lässt das Alter nicht.
mis nOrnal kokku paneb, seda wanumis leiab — was man jung
sammelt, das findet man im Alter vor.
mis nüd saksa haiguzest räkida? per pöigiti perses , kobe baigas
käes — was ist von der Herrschaft Krankheit zu reden? ein Farz
quer im Hinteren, sogleich ist die Krankheit da.
mis odaw, so mädaw, od. mäda, mis kalTis, so kaunis — was billig
ist, das ist faul, was theuer ist, das ist hübsch,
mis okkaks lödud , on nörelt teraw — was zu einem Dorn geschaffen
ist, ist jung schon spitzig,
mis oma käzi känab, seda oma kael kannab, od. oma pibt köjge
armsamaks peab — was die eigene Hand biegt, das trägt der eigene
Hals, od. das hat die eigene Schulter am liebsten.
mis on lolT laps, sest ei sä midagi mest, aga mis oskab wallatust
teha, se pärast kä wrfsib töd teha — was ein schläfriges Kind
ist, daraus wird kein Mann, was aber versteht Unartigkeiten zu ma-
chen, das hat nachher auch Lust zu arbeiten.
mis on hundi sQs , se on hundi perses — was in des Wolfes Mund
ist, das ist in des Wolfes Hinteren.
mis pärast meie sls kabekezi oleme? ~ warum sind denn wir beide
(prahlend).
mis pärast sls sepp käed tule pistab, kui pihid 6s on? — warum
— 121 —
sollte denn der Schmied die Hände in's Feuer stecken, wenn die
Zange da ist.
mis pea eksib, seda perse peab wastama — was der Kopf fehlt,
mnss der Hintere verantworten,
mis pea teeb, so perse maksab — was der Kopf thut, das busst der
Hintere,
mis pitkalt tuleb, tuleb hä&ti — was langsam kommt, kommt gut.
mis raibe t&na, se raibe homme — was heute ein Aas ist, ist morgen
ein Aas.
mis rikas hölib flhe silma pärast? tejne on taskus, od. m. r. übest
silmast hölib, kellel tejne taskus on? — was kümmert der Reiche
sich um ein Auge? das andere ist in der Tasche, od. was kümmert
der Reiche sich um ein Auge, der das andere in der Tasche hat.
mis rata ei lilhe, läbeb ommeti pitkalt — was nicht schnell geht,
geht doch langsam,
mis sa albiga teed, od. wöid teba? — was thust du, od. kannst du
thun, mit einem Albernen. *
mis sa nörelt öpid , seda wanalt möistad — was du jung lernst , das
verstehst du alt.
mis sa paljast lammast nidad? nida seal, kus willu peal on —
was scherst du ein nacktes Schaf? schere da, wo Wolle ist.
mis sa rägid? sinu sead sötmata — was redest du? deine Schweine
sind noch nicht gefuttert (sagt man, wenn Kinder drein reden wollen),
mis sa tabad, et tejzed peawad sinule tegema, seda sama tee sina
kä teistele — was du willst, dass Andere dir thun sollen, dasselbe
thu du auch Anderen,
mis sa teed, seda sa leiad — was du thust, das findest du.
mis sa teed, seda teed ize enesele — was du thust, das thust du dir
selber,
mis sa teizele teed, seda tehakse sulle jälle — was du einem Ande-
ren thust, das wird man dir wieder thun.
mis sa tfihja kldad, oma aega wldad? kana-kulT sind ära söb —
was rühmst du dich unnütz, verweilst deine Zeit? der Habicht wird
dich fressen.
— 122 —
•
mis sä ttksi teed, kui ieine cj sä wedu weetud? — was machst du
allein, wenn ein Anderer nicht damit zu Stande kommt , die Last zu
ziehen,
mis sajas säkse, od. s^atud (sädud?), so pulmas peetakse, od. pee-
tud — was auf dem Hochzeitszuge erhalten wird , das wird auf der
Hochzeit verbraucht.
mis s$al kfilas sfia ariti? ma sain ikka peialt wastu — was wurde
dort im Dorfe zu essen gegeben? ich bekam immer gegen den
Daumen (etwas).
mis sellega tegu, mis tejze mehe jagu? — was hat man damit zu
thun, was *eines Anderen Antheil ist.
mis sest kazu, kui k<jer kldab, ehk kahju, kui li£s laidab? — was
hilft es, wenn ein Hund (od. Schelm) lobt, oder was schadet es, wenn
eine Händin (od. Hure) tadelt,
mis sest ktill kazu od, kui lehm palju plma annab, aga jälle ja-
laga fimber lob? — was nützt es wohl, wenn eine Kuh viel Milch
giebt, aber wieder mit dem Pusse umwirft.
mis sest teistele bead sab, kes ize enesele head ei tee? — was
soll Anderen Gutes kommen von dem , welcher sieb selbst nichts Gu-
tes tbut.
mis so ajtab istumine, kui ei ajta astumine? — Sitzen, was hilft
das, wenn Gehen nicht hilft.
mis so peab muile bead tegema, kui ei tee ize enesele? — was
soll der Anderen Gutes thun, wenn er es sich selbst nicht Unit.
mis se töab, kes ep ole ühtegi katsunud, od. kes wel midagi ei
ole katsunud? — was weiss der, welcher noch nichts versucht bat.
mis siga teeb, mis hea on? — was thut ein Schwein, das gut wäre.
mis sind ei pöleta, seda sina ei kustuta — was dich nicht brennt, das
lösche du nicht.
»
mis sinu käest ei kttzita, sest pea su kinni — um was man dich
nicht fragt, davon halte den Mund.
mis sinuse ej pudu, sinna ära pista oma nina — was dich nicht an-
geht, dahin stecke die Nase nicht.
— 123 —
mis soe sOh, so soe per seh (d) — was in des Wolfes Maul ist, das ist
in des Wolfes Hinteren.
mis Stile wöetakse, od. suhu pistetakse, se ep ole wargus ega
patt — was für den Mund genommen, od. in den Mund gesteckt,
wird, ist weder Diebstahl noch Sünde.
mis süreks tahab säda, hakkab madalalt peale — was gross werden
will, fangt vom Niedrigen an.
mis sfida täiz (on), sest sü kobrutab, od. seda kobrutab sü — wes
das Herz voll ist, davon schäumt der Mund.
mis sfida wibkab, seda silm ei ihka — was das Herz hasst, darnach
sehnt sich das Auge nicht.
mis südames köb, sest rägib köl — was im Herzen kocht, davon
spricht die Zunge.
mis sfllg suhu tob, seda wälja ütleb — was der Speichel in den Mund
bringt, das spricht er aus.
mis taurf tühjast toast wötab, od. t. talust tabab? — was nimmt die
Seuche aus der leeren Stube, od. dem leeren Hofe.
mis täna tehtad, on homme höletu — was heute gemacht ist, macht
morgen keine Sorge mehr.
mis teie taliate, et teized peawad teile tegema, seda tehke teie
kä teiste wastu — was ihr wollt, dass die Anderen euch thun sollen,
das thut auch ihr den Anderen.
mis teize perse peal wiga liugu laska? — was hindert, auf eines An-
deren Hinteren zu gleiten (auf fremde Kosten sich zu Gute thun).
mis tibu on, od. kälub, täfri wastu? — was ist, od. wiegt, ein Heller
gegen einen Thaler.
mis tuli mind ei polet a, seda ma ei kustuta — welches Feuer mich
nicht brennt, das lösche ich nicht.
mis tuli sind ei pöleta, seda ära mine kustutama , muidu pöletad
ize ennast — welches Feuer dich nicht brennt, das gehe nicht lö-
seben, sonst verbrennst du dich selbst.
mis hundi süs, so (on) buädi köhus, od. nabas — was in des Wolfes
Rachen ist, das ist in des Wolfes Bauch, od. Haut.
— 124 —
mis fihe mölest kuld } so teize melest mald — was nach des Einen
Sinne Gold ist, ist nach des Anderen Sinne Erde,
mis Abele hea, od. öige, od teizele paras — was dem Einen gut, od.
recht, ist, ist dem Anderen passend,
mis wanem öl rägib, seda nörem peab kinüi — was der Aeltere vor
spricht, hält der Jüngere fest,
mis wanemad teewad, seda lapsed näewad — was die Eltern thun,
das sehen die Kinder,
mis warsan opit, toda wanan maletat (d) — was du als Füllen lernst,
dessen erinnerst du dich im Alter,
mis wibaga tehakse, läheb wiltü — was im Zorn gethan wird, geht
schief,
mis wofst on, so wofstiks jäb — was eine Wurst ist, das bleibt eine
Wurst,
mis wöib härjast muidu säda, kui weise-liha? — was kann man von
einem Ochsen sonst haben als Rindfleisch,
mis wötja wötab, kui andja ei anna? — was soll der Nehmer neh-
men, wenn der Geber nicht giebt.
missest sfida täü (on), sest rägib sfi — wovon das Herz voll ist, da-
von spricht der Mund,
mitme naeze sü on nenda, et ta ajaks reed ja rattad oma healega
kurgust läbi — manches Weibes Mund ist so, dass sie Schlitten
und Wagen mit ihrer Stimme durch die Kehle treiben konnte,
mitmed pead, mitmed mötted, mitmed käed, mitmed töd — viele
Kopfe, viele Gedanken, viele Hände, viele Arbeiten,
mitte hamba all enam kuiwa — unter dem Zahne nichts Trockenes
mehr,
mitte koer ei hapgu taga — kein Hund bellt darnach,
mitu a&ja kulla karwa — viele Dinge sehen aus wie Gold,
mölder ei wöi tuleta jahwatada — der Muller kann nicht ohne Wind
mahlen,
möfdri matt ja körtsi m5t olgu maksetud — des Müllers Metze und
des Kruges Maass sei bezahlt,
möfdri matt on möne-sugune — des Mullers Metze ist vielartig.
— 125 —
mftrdri sead ja junkru hobused on ikka lihased — Maliers Schweine
und Verwalters Pferde sind immer feist.
möistlik ette-wätamine on tarkuze ema — verständige Vorsicht ist
die Mutter der Weisheit.
möistlik möistab, ja aruline sab aru — ein Verständiger versiebt, und
ein Einsichtsvoller sieht ein.
möjstiikude wahel peab öle-köfs wastu, aga jöledad kiskuwad
raud-ahelad katki — zwischen Verständigen hält ein Strohhalm,
aber Unverständige reissen eiserne Ketten entzwei,
mdjstmata jagajale jäwad pafjad näpud — dem unverständigen Ver-
theiler bleiben die blossen Pinger.
möjstus ei tule mitte enne aega — Verstand kommt nicht vor der
Zeit,
möistust peab tagant sisse tautama — Vernunft muss von hinten ein-
gepaukt werden,
mönda on näht od, wlmne wöl nägemata — Manches ist gesehen, das
Letzte noch ungesehen.
mönda woib tegijal juhtuda, magajal ej midagi - Manches kann
dem Thätigen passiren, dem Schlafenden nichts,
möni läheb metsast mehele, möni kargab kännu otsast — Manche
beirathet aus dem Walde, Manche springt von dem Stamme herab,
möni läheb pfitsiga, od. kakuga, kannikat otsima — Mancher geht
mit einem Laib ein Stuck Brot suchen.
mu käzi ej ulata köd ega päikest ära kustutama — mein Arm reicht
nicht, den Mond oder die Sonne aus zu löschen.
mu peas ep ole enam seda karwa, mis ta ei oleks söimannd —
auf meinem Kopfe ist kein Haar mehr, das er nicht geschimpft hätte.
mu tfidruknl on tfldruk, mu sulasel sulane — meine Magd hat ihre
Magd, mein Knecht hat seinen Knecht (sie sind arbeitsscheu).
muga wifja, muga waewa — viel Habe, viel Sorge.
muld mädäs, liw leotas (d) — die Erde fault, der Sand erweicht,
muld pärib köik — die Erde erbt Alles.
muldse naeru järele tuleb (möni kord) nutt — nach dem vorigjährigen
Lachen kommt bisweilen Weinen.
— 126 —
muH ep ole müd anno, kui taewa llw ja mä mnld— ich habe sonst
keine Liebe, als des Himmels Sand und der Erde Mulm.
muH ep ole seda llget, od. ihu-karwa, mis tema ep oleks ära söi-
manud — es ist kein Glied, od. Haar, an mir, das er nicht ge-
schimpft hätte.
muH on hea kozilane: kiriku-kir wes , raud-labidas , llWa-Hannus
— ich habe einen guten Freier: die Kirchenaxt, den eisernen Spaten,
den Sandhans, d. h. den Tod.
muH on 8s rutt, sull aga taga — ich habe Eile vorn, du nur hinten
(du kommst zu spät).
muH on kabt sugu rohtu — ich habe zweierlei Arzenei (Lohn und
Strafe).
muH on kaks head kozilast: kiriku-kirwes ja raud-labidas — ich
habe zwei gute Freier: die Kirchenaxt und den eisernen Spaten.
muH on sest kahju, temal kazu — ich habe Schaden davon, er Vor-
Iheil.
mulle sab sest kabju, temale jälle kazu — mir erwächst Schaden dar-
aus, ihm wieder Vortheil.
muna (tabab) targem (olla) kui kana — das Ei will klüger sein als
die Henne,
munad, mis pezast kaugele wörewad, lähewad sagedaste raisku —
Eier, welche weit hin vom Neste rollen, kommen oft um.
munad wörewad (kä) pezas — die Eier rollen auch im Neste,
munad wörewad pezas teine teize was tu, miks sts mitte elus ini-
mezed? — die Eier rollen im Neste gegen einander, warum denn
nicht im Leben die Menseben.
mure ej ajta file mulgu , ega kanna kurwastus küngast kaudu —
Sorge hilft nicht über den Zaun, und Trauern trägt nicht den Hügel
hinan,
muretse öigel ajal, sts on sull häda ajal — besorge dir zu rechter
Zeit, dann hast du zur Zeit der Noth.
murra witsa, kui ta nörk on, sureks kaswanud pü ei laze ennast
enam paenutada — brich die Ruthe, wenn sie schwach ist, der
gross gewachsene Baum lässt sich nicht mehr biegen.
— 127 —
must koer, aga walged hambad sQs — schwarzer Hund, aber weisse
Zahne im Munde.
mnst sörme-kfiz on pizikene, aga nl palju ei sä — ein schwarzer
Fingernagel ist wenig, aber so viel bekommt man nicht.
mustlane pöretas enne jömist wee sisse ja kitis: palju parem kui
pafjas wezi ! — der Zigeuner farzte in das Wasser vor dem Trinken
und rühmte: viel besser als blosses Wasser (von eingebildeten Vor-
teilen).
muzul mulla magu — ein Kuss schmeckt nach Erde.
mü muhk, teine paize — etwas Anderes ist Beule, etwas Anderes Ge-
schwulst (Beobachtung der rechten Namen).
mOd ei ole majas kui tuld ja wet — Anderes ist im Hause nicht als
Feuer und Wasser.
möd kui boia aga urkas — es ist nichts übrig als sich in der Höhle zu
halten (bei grosser Kälte).
mütsiga sa annud, mtitsita käi kätte sämas — mit der Mätze hast du
gegeben, ohne Mätze fordere es wieder zurück (demäthig bittend).
mäzid maja hlrtele httpata, ka&idele karata «- du verkauftest das
Haus zum Hüpfen den Mäusen, zum Tanzen den Katzen (es steht leer).
naene od mehe lukk — das Weib ist des Mannes Schloss.
naene on pere-mebe püksid jalga ajanud — das Weib hat des Haus-
herren Hosen angezogen.
naera, od.narfi, mad üks kord, ta naerab, od.narrib, sind übeksa
korda jälle — verspotte das Und ein Mal , es verspottet dich nenn
Mal wieder (von schlechter Beackerung)\
naeras, et habe wärises — er lachte, dass der Bart zitterte.
naerjal nael perses, kaks teist kümmend pead peal — der Spötter
hat einen Nagel im Hinteren, darauf zwölf Köpfe.
naefsime, et tahtsime südame haigeks naerda — wir lachten, dass
wir das Herz krank lachen wollten«
naefsiwad, et pöksi-nupud pörkazid — sie lachten, dass die Hosen-
knöpfe absprangen.
naernlt tehtud ja töelt peetud — im Scherz gethan und im Ernst ge-
halten.
— 128 —
naeste-rahwa kirn ja u££i kihwt peab üks olema — Weibes Begier
und der Schlange Gift soll eins sein,
naeste-rahwa tö ei löppe elades otsa — des Weibes Arbeil hört im
Leben nicht auf.
naeste-rahwa tS ja wana hobuse söt ei pajsta siftni , od. ei nähta
midagi — eines Weibes Arbeit und eines alten Pferdes Futterung
fallen nicht in die Augen, od. sind gar nicht zu sehen,
naeste rahwal on pitkad hiuksed, (äga) lflhikezed mötted — Frauen-
zimmer haben lange Haare, kurze Gedanken,
naeste-rahwal on pitkemad plehid kui aru — ein Frauenzimmer hat
längere Flechten als Verstand,
naeze pea ja kana pea lähewad (enamiste) übte — eines Weibes
Kopf und eines Huhnes Kopf kommen meist überein.
nairis-mä kaudu otsib öigemat ted — durch das Rübenfeld sucht er
den nächsten Weg (um zu stehlen),
nairis-mäst käib tö otse läbi — der Weg geht gerade durch das Rü-
benfeld. *
najste-rahwa hius pikk, m6I lQhikene, kW pikk ja lagja (d) — des
Weibes Haar ist lang, der Verstand kurz, die Zunge lang und breit,
naffi azi ei lähe mitte kaugele — eines Narren Sache geht nicht weit,
naffi mäd üks kord , ta naf f ib sind fiheksa korda jälle , s. oben
naera mäd etc.
naffi möst, (aga) ära naffi mehe kübarat — spotte aber den Mann,
aber spotte nicht über des Mannes Hut.
naffi naest, aga ära naffi* naeze tanu — spotte über das Weib, aber
spotte nicht über des Weibes Haube,
naffi oma naest, prOgi oma prüti, öpeta oma lapsi (sflzi) söma —
necke dein Weib, gebrauche deine Braut, lehre deine Kinder (Kohlen)
essen,
naffi pöldu üks kord, pöld na ff ib sind tiheksa korda— necke dein
Feld ein Mal, und das Feld neckt dich neun Mal.
natuke kä hea, palju w6l parem — etwas ist auch gut, viel ist noch
besser.
natuke waletama, natuke warastama, se on nl hea kuj pöladra
— 129 —
mad, od. pole adra mä — etwas lügen, etwas stehlen ist so gut
wie ein halber Haken Land.
natnke waletama, natuke warastama on pole adra ofjus, od. aitab
nl palju kui pole adra mä — etwas lugen , etwas stehlen ist die
Frohne eines halben Hakens, od. hilft so viel wie ein halber Haken
Land,
natnkene wargust, od. natukest warastama, aatukene walet, od.
natukest waletama, k(tib pole adra mä est — etwas Diebstahl,
od. etwas stehlen, etwas Läge, od. etwas lügen, gilt für einen halben
Haken Land,
nägu jänes upitab file kiriku — wie ein Hase ansetzt über die Kirche
zu springen (von unnützen, langen Vorbereitungen).
näga pfltt, nenda käi — wie die Schale, so der Deckel.
iurfg ajab hundi, od. soe, ktilase — Hunger treibt den Wolf in's Dorf.
näFg ei jäta nuga tuppe — Hunger lässt nicht das Messer in der Scheide
(zwingt Alles zu verkaufen).
DäTg köhus, uhkus sfidames — Hunger im Magen, Stolz im Herzen.
näTg od köige pa;em kokk — Hunger ist der beste Koch.
näJg paneb, od. sunriib, karu käppa imema — Hunger bringt den
Bären dazu, die Tatze zu saugen.
näljane kQer on kibedam — ein hungriger Hund ist böser.
n&Qane koer salwab, od. hammustab, nägedamaste — ein hungriger
Hund beisst gieriger,
näljane täj hammustab kibedamaste, od. kibedamaste hammustab
— eine hungrige Laus beisst schärfer.
n&fjaste näpud ei sä raswa tilkuma — der Hungrigen Finger werden
nicht von Fett triefen,
näpu-täii tot on parem kui süle-täiz walet — eine Prise Wahrheit
ist besser als ein Schooss voll Lüge,
näri Szel mets wafmis, annab jumal wilja-wödu — in der Neujahrs-
nacht der Wald gefangen, d. h. bereift, giebt Gott reiche Ernte,
nejd on wähe, kes andeks annawad, üks fibeksa bulgas — derer
sind wenig, welche verzeihen, einer von neun.
neli leiba, kolm last — vier Brote, drei Kinder (ein Neujahrswunsch).
9
— 130 —
nemad ei töa 5d ega päewa — sie wissen nicht von Naeht oder Tag
(haben immer zu schaffen).
nenda kaua naeze pea sile, kui mehe rinnus hinge on — so lange
ist der Kopf der Frau glatt, wie in des Mannes Brust Athem ist.
nenda kui hind, nenda kä kaup — wie der Preis, so auch die Waare.
nenda kui linnu heaf (on), nenda ta laulab — wie des Vogels Stimme
ist, so singt er.
nenda kui mina metsale, nenda mets minule — wie ich dem Walde,
so der Wald mir.
nenda kui pütt (on), nenda (kä) kaz — wie die Schale, so ist auch
der Deckel.
nenda kui sädud, nenda läinud — so wie bekommen, so gegangen.
nenda kui sina mulle, nenda mina sulle — wie du mir, so ich dir.
nenda kui tegu, nenda kä palk — wie die That, so auch der Lohn.
nenda kuida sefts, nenda süda — wie die Gesellschaß, so das Herz.
nenda rSmus, kui kaswaks tema rukkil kaks pead otsas — so ver-
gnügt, als ob an seinem Roggen zwei Aehren wüchsen.
nenda teeb töd, et kolm tilka könu otsa 6s — "er arbeitet so, dass
drei Tropfen an der Spitze des Kinnes sind.
nenda wanker jökseb, kui sa takka lükkad — der Wagen läuft so,
wie du von hinten schiebst,
nöd tabad ei jäta seda wlzi, otsiwad ikka sfid — diese Gewohnheiten
lassen diese Art nicht, sie suchen immer Veranlassung.
ned wötsid, et warna enam seina ei jänud — sie nahmen, so dass
kein Nagel in der Wand blieb.
nimi ei riku meid, aga meie teud rikuwad meid — der Name schän-
det uns nicht, aber unsere Thaten schänden uns.
nimi ei riku mest, olgu pada ehk pang, liud ehk luits (d) — der
Name schändet den Mann nicht, sei es Kessel oder Eimer, Schüssel
oder Löffel.
nina häbiga hölma alla pistma — die Nase vor Scham unter denRock-
schooss stecken.
nina mehe nägu — die Nase ist des Mannes Gesicht.
— 131 —
nina nenda süf , et kaks pari sahkn sab — die Nase ist so gross, dass
man zwei Paar Pflugscharen daraus bekommt.
nina otsa näed, aga ea otsa ei näe — die Nasenspitze siebst du, aber
des Lebens Ende siehst du nicht.
nizu-leib ja tfitar-lapsed ej sejza mitte kaua wärsked — Weizen-
brot und Mädchen bleiben nicht lange frisch.
ni awalikult, et pime kepiga wöib ära tunda — so offenbar, dass
ein Blinder es mit dem Stocke fühlen kann.
ni head beinad , et kas haige saks sögu — so gutes Heu , dass eine
kranke Herrschaft es essen mag.
ni ibnas, et mitte satidile kiwi pead peksa ei anna — so geizig,
dass er nicht einem Armen einen Stein giebt, sich den Kopf zu zer-
schlagen.
ni kawwa waderi' kui watska, ni kawwa söbra' kui soira (d) — so
lange Gevatter, wie Kuchen, so lange Freunde, wie Käse da ist.
ni kazinaste, et iga kas£i-poeg neid sawa peal ära kannab — so
spärlich, dass jedes Katzenjunge sie auf dem Schwanz davon trägt.
ni kazu-näljane , et woi sündimata lamba-talled ema ihust wälja
kiznb — so habsüchtig, dass er auch die ungeborenen Lämmer aus
dem Leibe der Mutter reisst.
ni kui ezä härdu , ni poig pillel (d) — wie der Vater erlangte , so
zerstreut der Sohn,
ni kui tüT tob, wezi wlb jälle — so wie der Wind herbei bringt, bringt
das Wasser wieder fort.
ni kfilm, et süda wäriseb — so kalt, dass das Herz zittert.
ni lugu kui nöudmine — die Lage ist so, wie das Streben (wie man
es treibt etc.).
ni pafjo söprust kui soira (d) — so viel Freundschaft wie Käse.
ni pime, et sörmegi suhu pista ei näe — so dunkel, dass man nicht
einmal sieht den Finger in den Mund zu stecken.
ni wagusi, et kärblaze lendamist wöib külda - so still, das« man
das Fliegen einer Fliege hören kann.
m wähe kiji tuluke ja wezi wöiwad kaks w^enlast ühes kons
9*
— 132 —
elada — so wenig wie Feuer und Wasser können zwei Feinde zu-
sammen leben.
nlne wötad, ribma maksad — einen Baststreifen nimmst du, einen
Riemen bezahlst du.
nör koer äffitab, od. algab, wana salwab — ein junger Hund knurrt,
od. fangt an, ein alter beisst.
nör nahk wenib, wana nahk rebeneb, od. löhkeb — junge Haut
dehnt sich, alte Haut reisst, od. platzt.
nör rohi on köik pehme — junges Gras ist alles weich.
nör sitt, wana kotit — junger Koth, alter Knochen (jung aber
kräftig).
nör weri, nör tahtmine — junges Blut, junges Wollen, od. Streben.
nore kü wazikas kozub paremine — ein Kalb von neuem Mond ge-
deiht besser.
nörel nugise, wanal warese silmad — die Junge hat Marder-, die
Alte Krähenaugen.
nöres eas kerge ein, wanas eas kefjamine — in der Jugend leichtes
Letten, im Alter Betteln.
nörikuna piff ja ilu, naizena nälg ja pizarad — als junge Frau Pfeife
und Herrlichkeit, als Weib Hunger und Thränen.
nörte leskede södamed ja kiwi-wägnad on uzinad jahtuma — die
Herzen junger Wittwen und Steinschalen werden schnell kalt.
nödrus nöuab, od. nQuutab, kangus kautab — Schwäche strebt, od.
macht streben, Stärk^ verliert.
llödrus wöidab, kangus kautab — Schwäche gewinnt, Stärke ver-
*
liert.
nöid naerab noida — der eine Zauberer lacht über den anderen,
nöu aitab mest — Verstand, od. Rath, hilft dem Manne.
n$u aitab mest, n8 houst — Verstand hilft dem Manne, ein Nu, d. h.
Antreiben, dem Pferde.
nQuu möda, aga mitte jöuu möda — nach Verstand, aber nicht nach
Vermögen.
n$uuga tehakse parem t5d , kui süre wäega — mit Nachdenken ar-
beitet man besser als mit grosser Kraft.
— 133 —
nQauga tSd tehakse , ei stire wäega — mit Nachdenken arbeitet man,
nicht mit grosser Kraft.
DUga topes läheb ka ära - das Messer in der Scheide geht auch fort.
nuiaga Ifiakse häwu, sönaga Ifiakse lü kaiki — mit der Keule schlägt
man Wunden, mit dem Worte schlägt man den Knochen entzwei,
nutt tuleb , od. töuzeb , mOne korra naerust — aus Lachen kommt
bisweilen Weinen,
nfid elawad köik wöimuzega mä peal — jetzt leben Alle auf Erden
mit Macht (und Rechten).
nüd ma panen sarwed seina — jetzt hänge ich die Homer an die Wand
(bekümmere mich um nichts),
nüd on kits kaewus — nun ist die Ziege im Brunnen (in.Noth).
nfid on kits kapsa-ajas, od. käe all — nun ist die Ziege im Kohlgar-
garten, od. unter der Hand (nun ist man oben drauf).
nfid on kits kotis ja sarwed wäljas - nun ist die Ziege im Sack und
die Homer draussen, od. nfid on kits kotis ja lambad pnnase
wftrawa taga — n. i. d. Z. i. S. und die Schafe hinter der rothen
Pforte (nun stehn die Ochsen am Berge).
nfid on konn kfinka otsas — nun ist der Frosch auf dem Hügel (oben
drauf),
nfid on köjk kanad Örrel — nun sind alle Hühner auf der Stange.
nfid on köik otsas, pane hambad warna — nun ist Alles aus, hänge
die Zähne an den Nagel.
nfid on köik targad töl — nun sind alle Klugen bei der Arbeit (Ironisch),
nfid on köik wargad wabad — nun sind alle Diebe frei.
nfid on röts röal — nun ist Schweden bei der Speise, od. nfid on rö£s-
lazed häfja kallal , od. härga tapmas — jetzt sind die Schweden
beim Ochsen, od. b. Schlachten d. Ochsen (nun stehen die Ochsen am
Berge),
nfid on silmad pihns — jetzt sind die Augen in der Hand (grosse Noth).
nfid on wezi ahjus (ja tule-löke wee-ojas) — nun ist das Wasser im
Ofen und das Feuer im Bache (grosse Noth).
nfid pannakse meid jumalaga wöitlema — jetzt sollen wir mit Gott
kämpfen (beim Wegbessern).
— 134 —
hobene siuk sita päl, ezi istut lawwa takah (d) — das Pferd steht
auf Koth, selbst sitzest du am Tische,
hobune ei wea, kui te ei wea — das Pferd schleppt nicht, wenn der
Weg nicht schleppt,
hobune kommistab kä nelja jala peal — ein Pferd stolpert auch auf
vier Füssen,
hobune köpitseb, od. kommistab, nelja jala peal, sedap mos sls
söna peal — ein Pferd stolpert auf vier Füssen, um so eher ein Mann
auf einem Worte.
hobune osta rikka käest. naene wöta waeze käest — ein Pferd
kaufe vom Reichen, ein Weib nimm vom Armen,
hobusega tuleb, ja härjaga läheb, od. hobusil tuleb, häril läheb —
mit einem Pferde, od. mit Pferden, kommt es, mit einem Ochsen, od.
mit Ochsen, geht es (schnell und langsam),
hobust söda kui wenda ja köida kui warast — ein Pferd futtere wie
einen Bruder, und fessele es wie einen Dieb,
odaw kala, Iah ja lern — billiger Fisch, magere Suppe,
oh sa waene mos , hiljaks sa jöjtdsid ! — o du armer Mann , zu spät
bist du gekommen,
oh saksa sü , oh saksa mokk ! — o deutscher Mund , o deutsehe Lippe
(von Kostverächtern).
oht öpetab, näfg näitab — Noth lehrt, Hunger giebt Anweisung,
hoia ennast ezimeze pleki öst — hüte dich vor dem ersten Flecken,
hoia ize, (sls) hoiab jumal (kä), od. jumal hqjab kä — behüte selbst,
dann behütet auch Gott.
hoia sü kinni, süda jahtub ära — halte den Mund zu, das Herz kühlt
sich ab (vgl. hoidke etc.).
hqjaksin teda oma sü ses , nenda armas — ich möchte es im Munde
halten, so lieb ist es.
hoida honet ehitab, lahke ladu lästub — behüten baut ein Haus, ein
Spalt macht die Scheune verfallen,
boidke oraad mokad lukku , muidu lennab kärbes kurku — haltet
eure Lippen verschlossen, sonst fliegt eine Fliege in den Hals (schereh.
wenn Einer den Mund offen hält, vgl. hoia sü ete.
— 135 —
ole aga lammas , sIs on hundid turjas — sei nur ein Lamm , so sind
die Wölfe auf dem Nacken,
ole ize mos, pea tejst möst meheks kä — sei selbst ein Mann, halte
einen anderen Mann anch für einen Mann,
ole kui pere-mös igas kohas teiste öl — sei als Hausvater üherall
den Anderen voran,
oleks mu k%el nenda paks (olema) kui mu keha, Bis ma wötaksin
oma kaela peale — wäre mein Hals so dick wie meio Leib, dann
würde ich es auf meinen Hals nehmen (unternehmen),
oleksid waäklikul silmad , sIs ta paneks fihel 51 Uheksa ust kinni
— hätte die Blindschleiehe Augen, so würde sie in einer Nacht neun
Tbüren zumachen (Menschen tödten).
ölen nl wihane, et ma tulisid süzi sülitaksin — ich bin so ärgerlich,
dass ich glühende Kohlen speien möchte,
oles muH oza ölewat, kfill s£s külast kapustit (d) — wenn ich nur
Fleisch hatte, so würde ich Kohl wohl schon aus der Nachbarschaft
bekommen.
olge rSmsad römsatega ja nutke nutjatega — seid fröhlich mit den
Fröhlichen und weinet mit den Weinenden.
olgn a$d nl süf , kui ta on, mulk ikka üks — sei der Garten so gross
wie er wolle, die Zaunöffnung ist immer eine und dieselbe.
olgu ka&i-kala peale — mag ein Katzenfisch darüber sein (bei kleinem
Zugeben im Handeln),
olgo kiwi palawam kui palaw, kui teraa peale süütatakse, jahtub
ta ommetigi — sei ein Stein auch noch so heiss, so kühlt er sich
doch ab, wenn man darauf speit,
olgu mis ta on, üks ta ikka on — sei er, was er sei, einer und der-
selbe ist er immer,
olgu ohuks, kui ep ole robuks — mag es als Aushülfe dienen, wenn
nicht als Arzenei.
olgu päew nl pitk kui ta on , od. pitkem kui pitk , ommetigi ta
öhtuks jöjiab, od. läheb ta öhtule, od. (d) siski täll ödang
8tp — sei der Tag so lang, wie er wolle, od. langer als lang, doch
kommt er zum Abend.
— 136 —
olgu peale, otsi raha, lepi kokku, mine sauna — mag es sein, suche
Geld, vertrage dich, geh in die Badstabe,
olgu pime, wigane, kui ta aga izane — sei er blind, ein Krüppel,
wenn er nur männlich ist.
olgu wilets wigane, olgu sant sarnane, kui aga oleks izane — sei
es ein elender Krüppel, sei es ein kränklicher Bettler, wenn es nur
ein Männlicher wäre.
oli nl wara, et haned alles palja jalu käjziwad — es war so früh,
dass die Gänse noch barfuss gingen,
oma aii, oma haiz — eigene Ehre, eigener Gestank,
oma eit eidekene, wöras ejt raisk — eigene Mutter Mütterchen, Stief-
mutter Aas.
oma ema wits ja w8ra ema wöi-leib (on fiks) — der eigenen Mutter
Ruthe und der Stiefmutter Butterbrot ist einerlei,
oma jutuga robket mäd käima ja tuld ke£k järwe tegema — mit
seiner Rede einen reichlichen Weg gehen und mitten im See ein Feuer
anmachen (Prahlerei),
oma karu, oma kaer, od. kaerad — eigener Bär, eigener Hafer (vgl.
unten oma pöld etc.).
oma käzi känd, oma käl kand (d) — eigene Hand biegt, eigener Hals
trägt,
oma kitus haizeb — Eigenlob stinkt.
oma kodu koeradgi tunnewad — zu Hause kennen Einen auch die Hunde,
oma laps on lapsukene, wöras laps on lästukene — eigenes Kind
ist ein Kindchen, Stiefkind ist ein Spänchen,
oma lejb toidab, ja oma rammu toetab köjge rohkem — eigenes
Brot nährt, und eigene Kraft stützt am meisten,
oma leitud, wSras warastud — eigen ist das Gefundene, fremd das
Gestohlene,
oma peza, kuldne peza — eigenes Nest, goldenes Nest.
oma peza on ikka oma peza — eigenes Nest ist immer eigenes Nest,
oma plts, wSras hobune — eigene Peitsche, fremdes Pferd,
oma pöld, oma pörsas — eigenes Feld, eigenes Ferkel (Entschuldigung,
wenn das eigene Vieh in's Feld geht).
— 137 —
oma silm ei peta ära — eigenes Auge täoscht nicht.
oma silm (on mall) kaningas — eigenes Auge ist König.
oma söna sötkub tejze teutust •— eigenes Wort tritt fremden Schimpf
mit Fassen,
oma taf witus on köige parem kubjas — das eigene Bedürfniss ist der
beste Frohnvogt.
oma tödi pölend körukene on parem' kui wöra wöj-leib — des
eigenen Vaters verbrannte Brotrinde ist besser als des Fremden But-
terbrot.
oma tehtud tS on mejster-tö — selbstgemachte Arbeit ist Meisterstück.
oma tönitud leiwal on saja maga — selbstverdientes Brot hat den Ge-
schmack von Weissbrot.
oma toba, oma laba — eigene Stube, eigene Bestimmung (vollige Un-
abhängigkeit).
omad witsad kibedad witsad — eigene Ruthen sind scharfe Ruthen.
omad witsad peksawad köige walusam — eigene Ruthen schlagen am
schmerzlichsten.
omaga sab inimene omale waenlazi — durch sein Eigenthum bekommt
der Mensch Feinde.
omal mal ko$radgi tunnewad, wSral mal kögi ei tnnne — im eige-
nen Lande kennen Einen sogar die Hunde , im fremden Lande kennt
Einen Niemand.
omal mal Öitseb öööi, koda kaswab kazu parem (pt) — im eigenen
Lande blüht das Gluck, zu Hause wächst die Pflanze besser.
omast kohast olgu hftbi,. omast kohast julgus — an der rechten
Stelle sei Scheu, an der rechten Stelle Kühnheit.
hommiknne aeg kuldne aeg — Morgenzeit ist goldene Zeit.
hommikune tö kuld, öhtune t5 muld— Morgenarbeit ist Gold, Abend-
arbeit Erde.
hommikuzel tutinil on kuld sus — die Morgenstunde hat Gold im Munde.
homseks hoia leiba, aga mitte töd — für Morgen bewahre Brot, aber
nicht Arbeit.
on, od. ons, Jamal mind pisku, od. pizukeze, Önnega lönud, sis
pean mina pisku önnega toitma, od. pizukeze önnega elama —
— 138 —
hat Gott mich mit geringem Glücke geschaffen, so muss ich mit gerin-
gern Glücke mich nähren, od. leben.
on nägu söidu-hobused, kui kaeru säwad, sls ei höli paTja beul-
test — es ist wie mit den Fahrpferden, wenn sie Hafer bekommen,
so kümmern sie sich nicht viel am's Heu.
on nl palju, ku| 15 witsaga wette — es ist so viel, wie schlage mit
einer Ruthe in's Wasser (es fruchtet nichts).
on päew lühikene, inimezed wöl hiljamad — ist der Tag kurz, die
Menschen sind noch später.
on siga juba laudast wäljas, sls wast minnakse ust kinni panema
— ist das Schwein schon aus dem Stalle, dann erst geht man die
Thür zu machen.
on sönad löpennd, sls laze käzi käja — sind die Worte zu Ende, dann
lass die Hand gehen.
hopen ei pelgä löki, hopen pelgäs söki (d) — ein Pferd achtet nicht
auf Schläge, ein Pferd achtet auf das Essen.
oras ep ole wöl salwes — das Getreide als Gras ist noch nicht im Korn-
kasten.
orasest wifja näikse — aus dem Grase lässt sich das Getreide erkennen.
ori möistab ofja öpetada ja waras warast nuhelda — der Knecht
versteht den Knecht zu belehren und der Dieb den Dieb zu strafen.
orjast sab oza-jagaja, pere-pojast sab palgaline — aus einem Knecht
wird ein Antheilaustbeiler, aus einem Wirthssohn ein Tagelöhner.
oskab lammast nTta, kui löm käe all on — er versteht ein Schaf zu
scheren, wenn das Thier in seiner Hand ist.
ostab sea kotis — er kauft das Schwein im Sack.
ostad öhtu ja wätad hommiku, sls ei maksa kahte wähki — kaufet
du am Abend und besiehst du am Morgen, so ist es nicht zwei Krebse
werth.
otaw kana, lajh 16m (d) — billiges Huhn, magere Suppe.
otsi ohtu, katsn robtn — suche Hülfe, versuche Arzenei.
höbelda on kergera kui maksta — prahlen ist leichter als bezahlen.
hölas ette-w&tamine pistab Önnetuze silmad wäTja — emsige Vor-
sicht sticht dem Unglück die Augen aus.
— 139 —
boletus ös, önnetus taga — Sorglosigkeit vorn, Unglück hinten.
boletus ja önnetus käjwad seftsis, od. on seftsi-mehed — Sorglosig-
keit und Unglück gehen zusammen, od. sind Gesellschafter.
hölikas ja ozin inimene korjab, ja lajsk selili mäs pßrab päkad
wastu taewast — der Sorgsame und Fleissige sammelt, der Faule
kehrt, auf dem Rucken liegend, die Ballen der Hand gen Himmel.
hör ei uzu höra, waras ei uzu warast — die Hure traut der Hure
nicht, der Dieb traut dem Diebe nicht.
hör ei uzu öiget, port puhast, waras waga — die Hure traut dem
Rechtlichen nicht, die Lüderliche dem Reinen, der Dieb dem Frommen.
höra uhkus ja amrae rikkus ei kesta kaua aega — der Stolz einer
Hure und der Reichthum einer Amme währen nicht lange.
ötaja önge tuleb kala — an des Wartenden Angel kommt ein Fisch.
0 ei ole kellegi söbr — die Nacht ist Niemandes Freund.
ö es, surm sefja taga — Nacht vorn, Tod hinter dem Rücken.
ö-kulT ja koi pelgawad päewa walgust — Eule und Motte scheuen
das Tageslicht.
ö on warga wari — die Naeht ist der Schutz des Diebes.
ö-pikk lebtimata metsas, kerged wihud warda otsas — eine Nach-
tigall im unbelaubten Wald, leichte Garben vor dem Dreschflegel.
ö-töle uzinakene, päewa-töle hiTjukene - zur Nachtarbeit rasch, zur
Tagesarbeit langsam (schlechte Haushälterin).
01 fiheksa poega , päewal mitu mötet — die Nacht hat neun Sohne,
der Tag viele Gedanken.
höälus südab sinuga nl palju, km sa tahad — Schlechtigkeit vermag
so viel bei dir, wie du willst.
höbe pea, kuld nupp, aga käriseb kui kadakas — silberner Kopf,
goldener Knopf, aber prasselt wie Wacholder (von schönen, aber bö-
sen Weibern).
öiete uputaks mind wee-luzika sisse — er möchte mich recht in
einem Löffel Wasser ersaufen.
oige hölma ei hakka ükski, ja waga weri ej werise - des Ge-
rechten Rockschooss fasst Niemand an , und des Frommen Blut zittert
nicht.
— 140 —
öige söbr kälub rohkem kuj kuld — ein rechter Freund wiegt schwe-
rer als Gold,
oigus elab köige wanemaks — Redlichkeit lebt am längsten,
öigus otsas, kohus kotis — die Gerechtigkeit zu Ende, das Recht im
Sack.
Oigus peab ikka Öjguzeks jäma — Recht muss immer Recht bleiben,
öigus püzib, aga üle-kohus lftheb rafsku — Gerechtigkeit besteht,
aber Ungerechtigkeit geht unter,
öiguze wastu ei sä fikski — gegen das Recht vermag Niemand etwas,
hölpsaste tuleb, hölpsaste läheb — leicht kommt es, leicht geht es.
öfi6 lejdjal, kahju kautajal — Glück hat der Finder, Schaden der Ver-
lierer.
Öfi6 wötjal, wili, od. wilja on, wljal, köii kaebajal, od. köii kaeba-
jale kaela — Glück hat der Nehmer, Vortheil der Wegbringende,
den Strick der Kläger, od. der Strick an den Hals des Klägers,
önnelik, kes oma katuse all magab — glücklich, wer unter seinem
eigenen Dache schläft.
Önnelik, kes oma laua taga istub — glücklich, wer am eigenen Tische
sitzt.
Önnelik, kes rahul wöib surra — glücklich, wer ruhig sterben kann.
Önnes peab inimene ette w&tama , ja önnetuzes lötma — im Glück
muss der Mensch sich vorsehen und im Unglück hoffen.
Önnetu, kes, od. on, wendade ori, wilets, kes, od. on, öe palga-
line — Unglücklicher, wer der Brüder Knecht ist, Elender, wer der
Schwester Tagelöhner.
Önnetus ei käi möda kiwa kända, waid mSda inimezi — Unglück
wandelt nicht unter Steinen und Baumstämmen einher, sondern unter
den Menschen,
önnetus ei käi üksi , waid tema järel wöl teizi — das Unglück geht
nicht allein, sondern ihm folgen noch andere,
önnetus ei söida (ial) kellaga — Unglück fahrt nicht, od. nie, mit einer
Glocke.
Önnetus ei söida kellaga, ega wiletsus wilega — Unglück ßhrt nicht
mit einer Glocke, noch Elend mit einer Pfeife.
— 141 —
önnetus söidab ilma kellata — Unglück fahrt ohne Glocke,
önnetus tuleb uksest ja aknast korraga — Unglück kommt durch
Thfir and Fenster zugleich.
önnis, keda sül öpetatakse, wilets waene, keda witsaga kaswata-
takse — ein Glucklicher, wer mit dem Munde belehrt wird, ein ar-
mer Elender, wer mit der Ruthe erzogen wird.
önsam on anda kuj wötta — seliger ist zu geben als zu nehmen.
öpeta seale muru tuhnimist! — lehre ein Schwein das Aufwühlen des
Rasens.
öpeta hundi-poega (eziteks) murdma ! — lehre einen jungen Wolf erst
zerreissen.
öpi ize ennast tundma — lerne dich selbst kennen.
opi nöres eas, kui sa tahad wanas eas tark olla — lerne in der Ju-
gend, wenn du im Alter klug sein willst.
ouel ja toal on wel ukse läwi wahel — Hof und Stube haben noch die
Schwelle der Tbür zwischen sich.
öjm ei kuku kämmst kaugele — der Apfel fällt nicht weit vom Stamme,
paberi walge kannatlik, ja ilusad sönad ei s5 Ieiba — das Weiss
des Papiers ist geduldig, und schöne Worte essen kein Brot.
pada ei ole iga kord nl must , kui söimatakse — der Kochtopf ist
nicht immer so schwarz, wie er geschimpft wird.
pada naerab katlat, fihed mustad mölemad — der Kochtopf lacht
über den Kessel, gleich schwarz sind sie beide.
pada söimab katlat, katel söimab pada, mölemad on mustad —
der Topf schimpft den Kessel , der Kessel schimpft den Topf, beide
sind schwarz.
pada söimab katlat, kui mölemad mustad on — der Topf schimpft
den Kessel, wenn beide schwarz sind.
pada hurjutab katlat, aga mölemad on mustad — der Topf schreit
den Kessel an, aber beide sind schwarz,
paha ei paranda paba — Bös bessert nicht Bös (Strenge bessert nicht),
paha kef töstab tüli — böse Zunge erregt Streit,
paha koer, parem önn — schlechter Hund, besseres Gluck.
— 142 —
paha Und, paha, od. pahem, lajil — schlechter Vogel, schlechter, od.
schlechterer, Gesang,
paha röm rikub rahwa elu — böse Lust verdirbt der Leute Leben,
paha siga, pafju wiga: kärs kämas, mä külmetand, od. mä kfll-
metand, od. külmenud, kärs kärnane — schlechtes Schwein,
viele Mängel : der Rüssel schorfig , das Land gefroren (bei grundlosen
Ausflüchten).
paha tahtraine leiab igal asjal paha pöhja — böser Wille findet bei
jedem Dinge einen schlimmen Grund.
pahad jüred sigiwad tugewaks — böse Wurzeln gedeihen und werden
stark,
pahal kofjajal pafju wargaid — der schlechte Sammler hat viel Diebe,
pahal hoidjal mönda warast — der schlechte Bewahrer hat mancherlei
Diebe,
pahandus ei tule ühelt polt, waid tuleb ikka kahelt polt — Aerger
kommt nie von einer Seite, sondern kommt immer von beiden Seiten.
pahnr siga, palju wiga — schlechtes Schwein, viele Mängel.
paiguti kui säze säf , paiguti kui hobuse reiz — stellweise wie die
Wade einer Mücke, stellweise wie der Schenkel eines Pferdes (von
ungleichem Gespinnst),
paks kör, wedel plm — dicke Sahne, dünne Milch.
paks nahk tahab kibedat höpi — dicke Haut will scharfen Schlag,
paks päts, padi-wats — dickes Brotlaib, Magen wie ein Kissen,
paks seine kautab, harw seme kaswatab, od. kozutab — dichte Saat
verdirbt, dünne Saat bringt Wachsen, od. Gedeihen.
paksem wen kui wezi — dicker ist das Blut als das Wasser (Verwandte
stehen Einem näher als Fremde).
paksuste palud sa jumalat, ja härad, od. wötad kinni, harwuti
kuratit — viel bittest du Gott, und selten ergreifst du den Teufel.
paku pagari lapsele, od. lastele, saia! — biete doch dem Kin<fe, od.
den Kindern, des Bäckers Weissbrot an.
pafju kiza, wähe, od. wejdi, willu — viel Geschrei, wenig Wolle,
pafju koleb, pizut rägib — er hört viel, spricht wenig.
— 143 —
*
pafju kfilalizi kustatawad löme-paja alt tule ära — viele Gaste lö-
schen unter dem Sappenkessel das Feuer aus.
palju Iambaid, wähe willa — viel Schafe, wenig Wolle.
pafju lapsi, laiad silmad — viel Kinder, breite Aogen (grosse Aufmerk-
samkeit).
paljn naermizest tunnukse rumalat •" möst — am vielen Lachen er-
kennt man den Dummen..
pafju sign lagaatawad lake wedelaks — viel Schweine machen das
Gesöff dünn.
palu jumalat ning tee töd — bete und arbeite.
palwe-maja tönistus on Uks wahe-palake — der Gottesdienst im Bet-
hause ist ein Zwischenessen (keine Hauptmahlzeit).
palwe pärast ja täie pärast — für Bitten und vollen Betrag (Geld und
pale Worte).
pane kämm flmber ehted, sis on känd ilus — lege um einen Baum-
stamm Schmuck, dann ist der Baumstamm hübsch.
pane kftnnule ehted, od. kau nid, amber, sis on känd kena, od. als
ta on Uns — lege Anem Baumstamm Schmuck um, dann ist der
Baumstamm, od. er, schon.
pane kits kfirneriks, küll (sa) sis pafju kapsaid säd — setze eine
Ziege als Gärtner ein, dann wirst du viel Kohl bekommen (ironisch).
pane kläi-kappi, ize wäta emalt— setze es in einen Glasschrank, und
beschaue es selbst von weitem.
pane koer lihale wahiks! — stelle den Hund hin als Wächter für das
Fleisch.
pane koera kaela wofst! — hänge an des Hundes Hals eine Wurst.
pane möistlik mes kas liwa-kfinka otsa, ta elab ; aga pane m$st-
mata kas kulla-poiti, ta ikka on kammitsas — setze einen ver-
ständigen Mann meinet wegen auf einen Sandhügel, er wird leben;
aber setze einen unverständigen meinet wegen in einen Goldtopf, er
wird immer in Fesseln sein,
pane sea selga kald-sadul, od. p. seale kuld-sadul selga, siski jäb
ta seaks — lege einem Schweine einen goldenen Sattel auf, es bleibt
doch ein Schwein«
— 144 —
pane seale kuld rftnnas ninase, kttll ta muda ajab — lege dem
Schweine einen goldenen Ring in die Nase, es wird wohl im Koth
wühlen,
pane sikk kärneriks, küll sis körib puid, od. sls sawad pfid köri-
tud — setze den Bock als Gärtner ein, dann wird er schon die Bäume
schälen, od. dann werden die Bäume geschält,
pane hunt lamba-kafjatseks ! — setze den Wolf als Schafhnter ein.
papi kott ning koti sopp ei sä ial , od. elades , täjz — des Pfaffen
Sack und des Sackes Zipfel werden nie voll.
papi külimit, koti sopp ja pörgu haud ej sä elades täiz — des Pfaf-
fen Metze, des Sackes Zipfel und der Hölle Abgrund werden nie voll.
parem aegsaste ette wädata kui pärast kahetseda — besser zeitig
vorher sehen als nachher bedauern,
parem anda kuj otsida — besser geben als suchen.
parem apuga hauda minna, od. surra, kui häbiga ilmas elada —
besser mit Ehren in's Grab gehn, od. sterben, als mit Schande in
der Welt leben.
parem ästa ödata kui kaks kahetseda— besser ein Jahr lang warten
als zwei bedauern.
parem häda kaugel kui rohi ligi — besser die Krankheit weit als die
Arzenei nahe,
parem hea häfg köhus kui tühja kölgastiku nurgas — besser ist
ein guter Ochs im Magen als in der Ecke der leeren Futterscheune.
parem enne mötelda kui pärast kahetseda — besser vorher bedenken
als nachher bedauern.
parem ette wädata kui pärast kahetseda, od. ojgata — besser vor-
aus sehen als nachher bedauern, od. seufzen.
parem (ikka) senna tuld teha , kus (enne) tule-aze ös on — besser
ist es immer dort Feuer an zu machen, wo schon vorher eine Feuer-
stätte ist.
parem kaks korda küzida kui fiks kord eksitust käja — besser
zwei Mal fragen als ein Mal irre gehn.
parem karta kui kahetseda — besser furchten als bedauern.
— 145 —
parem kämble-laius kodu kui waka-mä wöral mal — besser eine
Handbreite zu Hause als eine Lötstelle in der Fremde.
parem ked kapsaid rahuga kui nüm-häfg rluga — besser ein Ge-
richt Kohl in Frieden als ein Mastochs mit Streit.
parem kiwi nurgas kui pops majas — besser ein Stein in der Ecke
als ein Badstfiber im Hause.
parem kodu körukezed kui woi-leib wöfsis, od. wöfsil — besser zu
Hause Rinden als Butterbrot bei Fremden.
parem korts kannas kui wiFf warbas — besser eine Falte an der Ferse
als eine Blase an der ZeheT
parem külda kui karta — besser hören als fürchten.
parem lahja, od. lahi, laudas kui lihaw metsas — besser ein Mage-
res im Stall als ein Fettes im Walde.
parem lahja laudas kui wägew wäljas — besser ein Mageres im Stall
als ein Kräftiges draussen.
parem lahja rahu kui rammus tüli , od. raswane rld — besser ein
magerer Friede als ein feister Streit, od. fetter Zank.
parem lammas rahuga kui nüm-häfg rluga — besser ein Schaf mit
Frieden als ein Mastochs mit Streit.
parem leiwa-köruke kodu uärida kui saia süa wöra jQres — bes-
ser eine Brotrinde zu Hause zu kauen als Weissbrot bei Fremden zu
essen.
parem lepis muna pölik , kui on waenus wana kana (pt) — besser
ist ein halbes Ei in Eintracht als ein altes Huhn in Hader.
parem lflpsta kui nüfgida — besser melken als schinden.
parem mäs kui sOres pfis — besser auf der Erde als auf einem gros-
sen Baum.
parem mfia kui osta — besser verkaufen als kaufen.
parem naerda kui nutta — besser lachen als weinen.
parem naerja silma wädata kui nutjale — besser in eines Lachenden
Auge sehen als einem Weinenden.
parem natukezega kui üsna ilma — lieber mit Wenigem als ganz ohne.
parem näha jala waewa kui wäe jälgi — besser ist es die Ffisse an-
zustrengen als Spuren der Gewalt zu sehen.
10
— 146 —
parem nöuu kaupa kui jöuu kaupa — besser mit Nachdenken als mit
Kraft,
parem hoida kui oiata, od. ohata, od. öhata — besser sich hüten als
seufzen,
parem oma hagana- kuj wöra selige leib — besser das eigene spreuige
als des Fremden reines Brot.
parem oma rlde soe kui teize mehe t5 soe — besser die Wärme
vom eigenen Kleide als von eines fremden Mannes Arbeit.
parem omast kui wörast käest laenata — besser von eigener als \on
fremder Hand borgen,
parem hommikuni tehtud kui öhtuni möeldud — besser bis zum
Morgen gethan als bis zum Abend gedacht.
parem on elaw wäeti laps kui surnud kuningas — besser ist ein
lebendes schwaches Kind als ein todter König.
parem on kaks lindu pezitelles kui üks lind — besser zwei Vögel
beim Nisten als ein Vogel,
parem on köruke büle käes kui kakuke töle käes — besser ist eine
Rinde im Besitz der Lippe als ein Laib in der Luft.
parem on kufja kannatada kui kufja teha — besser ist Böses erdul-
den als Böses thun.
parem on lüpsis kui tapis — besser ist, sc. eine Kuh, beim Melken als
beim Schlachten.
parem on naerjat wädata kui nutjat — besser ist es einen Lachenden
an zu sehen als einen Weinenden.
parem on oja sulguda kui jöge — besser ist es einen Bach zu däm-
men als einen Fluss.
parem (on) oma haganad, od. baganane, kui wöra seYge leib —
besser ist die eigene Spreu, od. das eigene spreuige, als des Frem-
den reines Brot.
parem (on) oma ema wits kui wöra ema (wöi-) leib — besser der
eigenen Mutter Ruthe als der Stiefmutter Butterbrot, od. Brot. -
parem on oma rlde soe kui wöra tö soe — besser ist die Wärme von
dem eigenen Kleide als von des Fremden Arbeit.
— 147 —
parem od omast kui wöra käest paluda — besser ist es von der
eigenen als von des Fremden Hand zu bitten.
parem on pingi all rahuga kui pingi peal rahuta — besser ist es
unter der Bank mit Ruhe als auf der Bank ohne Ruhe.
parem on söna hammaste taga kui köle peal — besser ist ein Wort
hinter den Zähnen als auf der Zunge.
parem on söna hoida kui pärast oiata — besser ist es sein Wort zu
behüten als hernach zu seufzen.
parem on ukse tagant pörda ümber kui tagant-seinast — besser
ist es bei der Thür umzukehren als von der Hinterwand (vom Ab-
schließen eines Kaufs, oder von der Trauung).
parem on uITi öpetada kui tarka tazuda — besser ist es einen Dum-
men zu belehren als einen Klugen zu beschicken.
parem on Odetand lök kui tuhane perse — besser ist ein bereiftes
Krummholz als ein aschiger Hinterer (eine gute Braut aus der Ferne
geholt).
parem on wana mehe habeme all kui nöre mehe ruzika all — bes-
ser ist es unter dem Bart eines alten Mannes als unter der Faust eines
jungen Mannes.
parem on witsa rag weistel kewade närida kui beina süle-tgii
sfigisel — lieber hat das Vieh im Frühling eine trockene Ruthe zum
Nagen als einen Schooss voll Heu im Herbst.
parem paksu painutada kui pönikest järele wedada — besser ist es
eine Dicke zu biegen als eine Feine nach sich zu schleppen (ein kräf-
tiges und ein schwächliches Weib).
parem pafja jalu kui katkisis kinnis — besser mit blossen Füssen als
in zerrissenen Schuhen.
parem palu- kui paha söna — besser ein Bittwort als ein böses Wort.
parem pazuke peus kui kotkas, od. kufg, katusel — besser eine
Schwalbe in der Hand als ein Adler, od. Kranich, auf dem Dache.
parem pelgama kui kahetsema — besser fürchten als bedauern.
parem pidu rikka koeral kui kehwa sulasel — besser hat es des
Reichen Hund als des Armen Knecht.
10*
— 148 —
parem pitk pönike nälfg kui jäme ja lühike nälfg — besser ein lan-
ger und dünner Hanger als ein dicker und kurzer Hunger.
parem pizuke pere-mßs kui sör sulane — besser ein kleiner Herr
als ein grosser Knecht.
parem pöT muna kui tfihi kör — besser ein halbes Ei , als die leere
Schale.
parem rahuga tigane kui tüliga häfg — besser in Frieden eine Meise
als mit Streit ein Ochs.
parem säze kints kapsas kui tisna ilma liha — besser ein Mucken-
schinken im Kohl als ganz ohne Fleisch.
parem söja surra kui külma kölda — besser ist es an Wärme zu
sterben als an Kälte.
parem sömata roagama minna kui murega tiles töusta — besser ist
es ohne Essen schlafen zu gehen als mit Sorgen auf zu stehen.
parem sSnut sSta kui kölnut, od. koljat, kozutada — besser ist es
einen Satten speisen als einen Todten, od. eine Leiche, pflegen.
parem sü sisse, od. suhu, räkida kui sefja taga — besser in's Ge-
sicht reden als hinter dem Rucken.
parem sü-t$i£ solast kui mau-täi2 magedat — besser ein Mund voll
Salziges als ein Tragen voll Ungesalzenes.
parem suga paluda kui käega wötta — besser mit dem Munde bitten
als mit der Hand nehmen.
parem taza kui wäga — besser leise als sehr.
parem täi kapsastes kui ei raswa räzukest — besser eine Laus im
Kohl als kein Bischen Fett.
parem tehtud kui teutud — besser gethan als verschmäht.
parem tihane kotis kui metsis oksa peal — besser eine Meise im
Sack als ein Auerhahn auf dem Ast.
parem tuhat kaetsejat kui kümme kahetsejat — besser tausend
Neider als zehn Bemittleider.
parem ukse est pögeneda kui taga-nurgast — besser von der Tbur
fliehen als aus der Hinterecke.
parem fiks lind kotis kui kümme metsas — besser ein Vogel im Sack
als zehn im Walde.
— 149 —
parem (flks) warblane peus kui kfimme katase peal, od. katusel —
besser ein Sperling in der Hand als zehn auf dem Dache.
parem waene auuga kui rikas häbiga — besser arm mit Ehre als
reich mit Schande.
parem waene ja waba, kui rikas ja rakendud — besser arm und
frei als reich und in den Strängen.
parem wana habeme all kui nöre pltsa all — besser unter eines Al-
ten Bart als unter eines Jungen Peitsche.
parem weistel witsa rSg kewade närida kui heina süle-täii sti-
gise — besser wenn das Vieh im Frühjahr eine trockene Ruthe zu
nagen hat als im Herbst einen Schooss voll Heu.
parem wöib wirr warba peal olla kui korts kinnas — lieber mag
eine Blase an der Zehe sein als eine Falte im Schuh (von Eitelen).
paremb haTja raauga kui halle mauga sQwwä (d) — besser ist es
unreif Schmeckendes als schimmelig Schmeckendes zu essen.
paremb enne kawada, od. kaeda, kui peräst, od. päle, kahida, od.
kahitseda (d) — besser vorher zusehen als nachher bedauern.
paremb ette köneld kui perrä töreld (d) — besser vorher gesagt als
nachher gezankt.
paremb laih landab kui wägew wälä päl (d) — besser Mageres im
Stall als Fettes draussen.
paremb om abjo wiruzel olla kui lawwa otsab (d) — besser ist es,
auf der Ofenbank zu sein als am Ende des Tisches.
paremb om nüssä, od. nüssetü, kui nirfgi, od. ärä nületü (d) —
besser ist melken, od. gemelkt, als schinden, od. geschunden.
paremb pörs perseh kui peräh (d) — besser das Ferkel im Hinteren,
d. h. im Magen, als hinten nachlaufend.
paremb wana warjon kui nöre ilon (d) — lieber in der Verborgenheit
des Alten als in der Pracht des Jungen.
patt ezite kui fihe hiukse-karwaga hakkab meid siduma, pärast
oleme kui ankru-köies kinni — die Sünde Tängt zuerst an uns wie
mit einem Haar zu binden , nachher sind wir wie mit einem Anker-
tau fest.
patt leikab öiguze kaela maha, wln murrab öiguze pea otsast
— 150 —
ära — die Sande schneidet der Gerechtigkeit den Hals ab, der Brannt-
wein bricht der Gerechtigkeit den Kopf ab.
patt on hirine pere-mös — die Sunde ist Herr in der Seele.
päew lükkab öle, laizad lähewad töle — der Tag neigt sich zur Nacbt,
die Faulen gehn zur Arbeit.
päewal teewad koerust, öze on meles — am Tage thun sie Schalkheit,
in der Nacht denken sie daran (träumen).
päiline wätab päewa p^ale, süda kütab külimitu peale — der Tage-
löhner sieht auf die Sonne, das Herz brennt nach dem Scheffel.
pärast pöua pifwid, pärast ilu itkemist — nach der Dürre Wolken,
nach der Freude Weinen.
pätsiga kaniiika järele wiskama — mit dem Laib nach dem Brotstuck
werfen.
pea nenda kiheleb, ta wist tahab körtsu, od. sauna, hafja — der
Kopf juckt so, er verlangt gewiss nach der Krugs-, od. Badstuben-,
Bärste (wo die Haare gerauft werden).
pea püdjale, saba säjale, kesk-paik kötjale — der Kopf dem Fischen-
den, der Schwanz dem Bekommenden, die Mitte dem Kochenden, d. h.
dem Eigenthümer (sagen die Strandbauern, wenn ein Anderer von
dem Fange viel ab haben will).
pea töuzeb, perse waub — der Kopf erhebt sich, der Hintere sinkt
nieder (wenn es am Morgen schwer ist auf zu stehen).
pea tüdruk kinni, kui peig-mes tuleb! — halte nur das Mädchen fest,
wenn ein Bräutigam kommt (Kauf bricht Miethe).
P<*aga ei peaze kegi seinast läbi — mit dem Kopf kommt Niemand
durch die Wand.
pealt oli näba neitsikene, alt oli ammu naezekene — von oben an-
gesehen war sie ein Jungferchen , von unten war sie lange ein
Weibchen.
peast wädatakse pejgu, jalast neidu — bei dem Burschen sieht man
auf den Kopf, bei dem Mädchen auf die Fasse.
peig-mös lammas, abi-elus hammas — der Bräutigam ein Schaf, in
der Ehe ein Zahn.
pekiga pfitakse hirekezi — mit Speck fängt man Mäuse.
— 151 —
peksmize höbid lähewad keha külge, aga sönade peks l$heb ke-
hast läbi — Prügelschläge gehen an den Körper, aber der Schlag
der Worte geht durch den Körper.
peni om söbr, sfeni kui päd silitetäs (d) — der Hund ist ein Freund,
so lange der Kopf gestreichelt wird.
pere-koergi ei sä haukumata süa — sogar ein Hofhund bekommt nicht
zu fressen ohne Bellen.
pere-mehe hea söna kutsub külalizi sisse — des Hausherrn freund-
liches Wort ruft die Gäste herein.
pere-mehe nüri kirwes leikab enam kui kolrae sulase terawad
kirwed — des Hausherrn stumpfes Beil schneidet mehr als dreier
Knechte scharfe Beile.
pere-mehe silm on wöl enam kui tema käzi — des Hausherrn Auge
ist noch mehr als seine Hand.
pere-mehe silm teeb lömad, od. hobused, rammusaks — des Haus-
herrn Auge macht die Thiere, od. Pferde, feist.
pere-mes, kes pOhku müb, sandi-koti kaela wlb — ein Wirth, wel-
cher Futter verkauft, schafft sich den Bettelsack an den Hals.
pere-mes hulgub, ori magab wäzimust — der Hausherr treibt sich
umher, der Knecht verschläft die Müdigkeit.
pere-möst sozitakse selja tagant, pere-naest naerdakse nurga ta-
gant — über den Hausherrn zischelt man hinter dem Rücken , über
die Hausfrau lacht man in der Ecke,
perse-nahk wäga kitsas, ei sä kummardada — die Haut über dem
Hinteren ist gär zu eng, er kann sich nicht bücken (von Unhöflichen).
petis peksab ize ennast — der Betrüger schlägt sich selbst,
pettuzega maja peetakse, walega naene wöetakse — mit Betrug
wird das Hauswesen unterhalten, mit Lüge das Weib genommen,
pettuzel on löhkine kub — Betrug hat einen löcherigen Rock.
peu-tgi2 näha on enam kui sttle-täi£ külda — eine Hand voll Sehen
ist mehr als ein Scbooss voll Hören.
peze kazukat, aga ära tee teda märjaks — wasche den Pelz, aber
mache ihn nicht nass.
— 152 —
pikalt ilult töuzeb pilfi , naljatuzest näpistusta (pt) — aus langer
Lust ersteht Weinen, aus Scherzen Kneifen, d. h. Bedrängniss.
pikem jalg astub pikemad sammud — ein längeres Bein macht län-
gere Schritte.
pikk piff pikä ilo päle (d) — langes Weinen auf lange Lust.
piükatki, torud kotti, kurat selga, uksest wälja — die Sackpfeife
entzwei, die Bohren in den Sack, den Teufel auf den Bücken, zur
Thür hinaus (es ist Alles aus).
pilT pika ilu peal — Weinen auf lange Lust.
piff hfiab pinu taga, toru hüab toa taga, safw hüab sauna taga,
söfmik hüab sönriiku taga — die Pfeife ertönt hinter dem Holz-
stoss, die Sackpfeife hinter der Stube, das Hörn hinter der Badstube,
die Flöte hinter dem Düngerhaufen (lustiges Leben).
pilTiga wldi, pizarail tödi — mit Weinen, od. mit der Pfeife, wurde es
weggebracht, mit Tbränen wurde es hergebracht.
pifw tuleb ikka ilu peale — eine Wolke kommt immer auf die Lust.
pime ei pea mitte jalutumat naerma — ein Blinder muss nicht über
einen Lahmen lachen.
pime kana leiab kä wahest tera — ein blindes Huhn findet auch bis-
weilen ein Korn.
pime peab, söge sötkub — der Blinde hält, der Nichtsebende tritt mit
dem Fusse.
pini söze pikält peedü, ka££ kawwa armadu (pt) — der Hund frisst
das lange Aufbehaltene, die Katze das lange Gesparte.
pini üte koru' istu kui sajzu (d) — ein Hund ist gleich hoch sitzend*
oder stehend,
piskust tost sab enam kui sQrest seizmizest — von wenig Arbeit
bekommt man mehr als von langem Stehen, d. li. Nichtsthun.
pista mu kQlge, ma naeran kä— stich in meine Seite, ich lache auch,
pista oma nina senna, kus kirp köige kibedam hammustab —
stecke deine Nase dahin, wo der Floh am schärfsten beisst.
pista pörsas kotti, kui pakutakse — stecke das Ferkel in den Sack,
wenn es angeboten wird.
— 153 —
pista sörmed törwa sisse, sls säwad törwaseks — stecke die Finger
in Tbeer, so werden sie tbeerig (wer Pech angreift, etc.).
pitk möT kizub pinna silmast, kannatus kautab *wiha waenu —
Langmuth zieht den Splitter ans dem Auge, Geduld vertilgt bittre
Feindschaft.
pitk wikasti lob laia käre — eine lange Sense schlägt einen breiten
Schwaden,
pizike kiwi lükkab enne körma ümber kui süf kiwi — ein kleiner
Stein stösst eher ein Fuder um als ein grosser Stein.
pizikezest tost sab enam kui sürest sejzust — von kleiner Arbeit
hat man mehr als von langem Stehen, d. h. Nichtsthun.
pizost tule tuli , sönast tttli (d) — aus einem Funken entsteht Feuer,
aus einem Worte Streit,
pizuke mätas 15b wahest enne körma ümber km süf — ein kleiner
Hügel wirft bisweilen eher ein Fuder um als ein grosser.
pizuke sftde teeb süre tule — ein kleiner Fnnke macht ein grosses
Feuer,
pizukezed lapsed, pizuke mure — kleine Kinder, kleine Sorge,
pizukezed lapsed, pizukezed rauretsuzed, süred lapsed, süred
muretsuzed — kleine Kinder, kleine Sorgen, grosse Kinder, grosse
Sorgen,
pizukezed pajad ajawad rutu üle — kleine Kessel kochen schnell
aber,
pizut lapsi, pafju leiba — wenig Kinder, viel Brot,
pizut hullul mölt, sögi targa persest — wenig hat der Narr Verstand,
und auch das ist aus des Klugen Hinteren,
pip on ligem kui naezekene — die Pfeife ist näher als das Weibchen,
plts annab pöled kaerad laiza hobusele — die Peitsche giebt dem
faulen Pferde die Hälfte des Hafers.
plts on laiza hobuse kaera-wöder — die Peitsche ist des faulen Pfer-
des Haferfutter,
poe küll raud-päbkle sisse, aga jumal näeb sind sinnagi - krieche
wohl in eine eiserne Nuss, aber Gott sieht dich auch dort.
1
— 154 —
poistele peab rämatut tagant-otsast sisse taguma — den Jungen
muss man das Lesen vom Hinterende her einpauken,
pqjzid ei wöta tükki su kfillest ära, nemad panewad tüki su
külge — die Bursche nehmen nicht ein Stück von dir ab, sie setzen
dir ein Stück an.
port ei uzu puhast ega waras waga — die Hure traut der Reinen
nicht noch der Dieb dem Ehrlichen.
pöT könud liha külaliste toidus — halb gares Fleisch der Gäste Nah*
rung.
pöra perse kägi pole — kehre deinen Hinteren nach dem Strafpfahl zu,
d. h. empfange die verdiente Strafe,
pöra silm jumala pole, jäta seife wallatuze pole — wende dein Auge
zu Gott, lass den Rücken nach der Zuchtlosigkeit hin.
pögene halwa koha öst, aga mitte halwa, od. kufja, saksa est —
fliehe eine schlechte Stelle, aber nicht einen schlechten Herren,
pölend kass pelgab, od. kardab, tuld — eine verbrannte Katze flieht,
od. fürchtet, das Feuer,
pölend kaSsid kardawad, od. kaä&kene kardab, tuld — verbrannte
Katzen fürchten, od. ein verbranntes Kätzchen furchtet, das Feuer,
pöllu-mös pöline rikas, ammeti-mes ajuti rikas — der Landmann
ein für immer Reicher, der Handwerker zeitweilig reich,
pöllu-mös pöline rikas, ammeti-mes haruti rikas, kaup-mäs kor-
raidi rikas — der Landmann ein für immer Reicher, der Handwer-
ker selten reich, der Kaufmann bisweilen reich,
pöllu nurk kannab leiba, maja nurk wötab leiba — des Feldes Ecke
trägt Brot, des Hauses Ecke kostet Brot (die Entbindung eines Weibes),
pöllust töuzeb, mis ize sisse wiskad, aga pöllus mädaneb, mis
sulane külwab — auf dem Felde geht auf, was du selbst hinein
wirfst, aber auf dem Felde fault, was der Knecht säet,
pörgu haud ja saksa perse, kes neid jöuab täita? — der Hölle Ab-
grund und des Herren Hinterer, wer vermag die zu füllen,
pöua jäljed paranewad, nutu, od. wihma, jäfjed ei parane — die
Spuren der Dürre bessern sich, die Spuren des Weinens, od. des
Regens, bessern sich nicht.
— 155 —
pöua lapsed naerawad, wihma lapsed nutawad — der Dörre Kinder
lachen, des Regens Rinder weinen (Dürre ist weniger nachtheilig als
zu fiel Regen),
pöwwa latse' ej ike nl kui wihma latse' (d) — die Kinder der Dörre
weinen nicht so wie die Kinder des Regens,
prüdi käza-raha katab köik naeze wead kinni — die Mitgift der
Braut deckt alle Mängel des Weibes zu.
pudru ei söda ial nl palawalt, kui teda ködetakse — den Brei isst
man nie so heiss, wie er gekocht wird,
pndru nl kömalt ei söda, kui ködetakse — der Brei wird nicht so
glühend heiss gegessen wie gekocht,
pudruga sab üle aja hüpata, kördiga kfllase minna — mit Brei kann
man über den Zaun springen, mit Grützsuppe in die Nachbarschaft,
od. in das Dorf, gehen,
puhas su (ja) puhas käzi k£ib, od. peazeb, (köik) mä-ilma, od. ma-
ilmast, läbi — reiner Mund und reine Hand kommen durch die ganze
Welt,
pnhu oleme rikkad, teize waezed — ein Mal sind wir reich, das an-
dere Mal arm.
puhu tuluke pilwese! — blase einmal das Feuer in die Wolke (iro-
nisch),
puhub juttu, et habe wahutab süs — er schwatzt, dass ihm der Bart
am Munde schäumt,
purdud koer on, od. ikka, arg — ein gebissener Hund ist immer
furchtsam,
pfi ei kaswa oksata ega liha koädita — ein Baum wächst nicht ohne
Ast noch Fleisch ohne Knochen,
pü tuntakse wiljast, inimene tegudest — den Baum erkennt man an
der Frucht, den Menschen an den Handlungen,
pöß on teize mehe baigus, od. wiga — am Baum ist des anderen
Mannes Krankheit, od. Schade (unbeachtet),
pflha-päew pödew od. püha, esmas-p. edew, teizi-p. tözine od. te-
gija, keäk-nädal kehw od. kidu, neljas-p. näfjane, rede rikas
od. rigti-alune, lau-p. laigk od. ladus — Sonntag heilig od. kränk-
— 156 —
lieh, Montag kokett, Dienstag ernsthaft od. thätig, Mittwoch schwäch-
lich, Donnerstag hungrig, Freitag reich od. Kreuzträger, Sonnabend
faul od. freundlich (Deutung für die an diesem Tage Geborenen).
püksata mos safwita häfg — ein Mann ohne Hosen ein Ochs ohne
Hörner.
raha ajab rattad jöksma — Geld setzt die Räder in Bewegung.
raha jökseb raha jQre — Geld läuft dem Gelde zu.
raha murr ab rauda — Geld bricht Eisen.
raha (on) hinne-waras — das Geld ist ein Seelendieb.
raha-rikkus hinne hukkus — Reichthum an Geld ist der Seele Ver-
derben.
raha tönib mest, aga mes ei wöi raha tönida — Geld verdient den
Mann, aber der Mann kann nicht Geld verdienen.
raha tönida on kergem kui raha hoida ja öigel wlzil prükida —
Geld zu verdienen ist leichter als Geld zu bewahren und auf rechte
Weise zu gebrauchen.
raha kaswatab, tttli kautab — Friede erzeugt, Streit vernichtet,
rahu kozutab, waen, od. tüli, kautab od. körib — Friede giebt Ge-
deihen, Feindschaft, od. Streit, vernichtet od. schadet.
rahu teeb raswaseks ja lahkumine lahjaks — Friede macht fett und
Zwietracht mager.
rahu wöidab raha — Friede besiegt Geld (ist besser),
rahuline möf käib rikkuzest üle — Friedfertigkeit geht über Reichthum.
raiumist ei pea mitte seizma jäetama, enne kui pü langeb — das
Hauen muss man nicht eher nachlassen, als bis der Baum Fällt.
rakk kutsikoh eäni eläs (d) — ein Hund lebt sein Leben lang als
Hund.
rasw petab hlri loksu - Fett lockt Mäuse in die Falle.
raud sulatata tules, sädiks patuse inimeze süda — das Eisen wird
im Feuer geschmolzen, geschweige denn das Herz des sundigen
Menschen.
rapda peab taguma, kui ta palaw on — das Eisen muss man schmie-
den, wenn es heiss ist.
— 157 —
rämat tahab poiste persest wäTja kiskuda — das Lesen muss man
aas der Knaben Hinteren heraus ziehen,
rlgi möst, aga ei nimeta möst — sprich von dem Manne , aber nenne
den Mann nicht,
rlgi, mis tozi, ja so, mis küps on — sprich, was wahr, und iss, was
gar ist.
rebase kawalus wöidab karu — des Fuchses List trägt über den Bä-
ren den Sieg davon,
rebase sitta sajaks pidama — Fuchskoth für Weissbrot halten,
rebasel on enam kui üks auk, od. urgas — der Fuchs hat mehr als
ein Loch,
ree ja ratta sann on tö äres — des Schlittens und Rades Tod ist am
Wege,
regi ja wanker ei lepi fihel töl — Schlitten und Wagen geben sich
nicht mit einem Wege sufrieden.
rikas maksab rahaga , waene maksab nahaga — der Reiche bezahlt
mit Geld, der Arme bezahlt mit der Haut,
rikas mos algab prOtsessi, aga waene löpetab teda — ein reicher
Mann fängt den Process an, aber ein armer beendigt ihn.
rikas peazeb rahaga, waene maksab seQa-nabaga - der Reiche
kommt mit Geld davon, der Arme bezahlt mit der Rückenhaut,
rikas rahwas, rohke and — reiche Leute, reichliche Gabe,
rikas tapab sfire häfja, ei sä manku mekkidagi; ma tapan wana
warese, sealt sän sada worstikest — der Reiche schlachtet einen
grossen Ochsen, und bekommt eine Wurst auch nicht einmal zu
schmecken; ich schlachte einen alten Raben und bekomme hundert
Wurstchen,
rikka surm ja waeze pnlmad on k Ols ad — des Reichen Tod und des
Armen Hochzeit sind berühmt,
rikka töbi ja waeze ölut on külsad aSjad, od. külus — des Reichen
Krankheit und des Armen Rier sind berühmt,
rikkal on enam söbru kui kehwal — der Reiche hat mehr Freunde
als der Dürftige.
rikkal hölpus haige olla — der Reiche hat es bequem krank zu sein.
— 158 —
rikkal raha , waezel lapsed — der Reiche hat Geld , der Arme 'Beine
Kinder,
rikkal süf pea, waezel sOred jalad — der Reiche hat einen grossen
Kopf, der Arme grosse Fasse,
rikkast perest osta hobune, waezest wallast wöta naene — aus
einer reichen Familie kaufe dein Pferd, aus einem armen Gebiete
nimm dein Weib,
rld rikub, rahu rikastab — Streit verdirbt, Friede bereichert,
rohu nina tärkab, kütini-mös ärkab — des Grases Spitze spriesst, der
Pflöger erwacht,
ronk ja ronk on kokku kaks ronka — ein Rabe und ein Rabe sind
zusammen zwei Raben,
roppus ja uhkus kaswawad ühe jure peal — Unfläthigkeit und Stolz
wachsen auf einer Wurzel,
rott käib senni kaua pekki näppamas, kuniii löksu jäb — die Ratte
gebt so lange am Speck zupfen, bis sie in der Falle bleibt,
rög ei ole ial palawam kui sIs, kui tulelt lauale töstetakse — eine
Speise ist nie heisser, als wenn sie vom Feuer auf den Tisch gesetzt
wird,
rots röal — Schweden bei der Speise, d. h. nun stehen die Ochsen am
Berge (vgl. nüd röts etc.).
röwi sqits ja tuki wing on saksa surm, od. hing — der Rauch der
Küche und der Dunst des Feuerbrandes sind des Deutschen Tod, od.
Alhem.
röhutud rind rögib — eine gedrückte Brust keucht,
röm on rahu tütar — Freude ist die Tochter des Friedens,
römsaste ning julgeste nöres eas käiakse — fröhlich und muthig
wandelt man in der Jugend,
rublane nimi, kopikane ammet — der Name einen Rubel, das Amt
eine Kopeke werth (wenig einträgliches Geschäft),
rukis on maja pere-mös — Roggen ist der Wirth im Hause,
ruraal kits on se, kes ei möista pQd körida, kui pü es on — eine
dumme Ziege ist die, welche nicht versteht einen Baum zu schälen,
wenn der Baum vor ihr ist.
15fr
rumal kite (on so), kes püd ej oska körida — eine dumme Ziege,
welche nicht versteht den Baum zu schälen,
rumal näeb paTju waewa — der Dumme hat viel Beschwerde,
rumal siga, kes nabra äre nälga sureb — ein dummes Schwein,
welches neben dem Getreideschober Hungers stirbt.
rumal teeb kahju, kui tuld läheb näitama — der Dumme richtet
Schaden an, wenn er (auch nur) geht um Licht zu zeigen,
rumal uhkas ei kölba mitte koera sawa alla — dummer Stolz taugt
nicht unter des Hundes Schwanz,
rumal waras, kes oma jälgi ei oska kustutada — ein dummer Dieb,
der nicht versteht seine Spuren zu verwischen,
rumala aknad on alati tuhmid — des Dummen Fenster sind immer
trabe,
rumalal ei kaswa ial nl pafju sulgi selga, et lennata wöib — dem
Dummen wachsen nie so viel Federn auf dem Rücken, dass er flie-
gen kann,
rumalal mehel kaswawad head kartuhwlid — dem dummen Manne
wachsen gute Kartoffeln,
rumalaste kflzida on kergem kui targaste kosta — dumm zu fragen
ist leichter als klug zu antworten,
rutembast sät, kajjgembast jät (d) — am eiligsten bereitest du dich,
am weitesten bleibst du zurück,
rutul ep ole lent, maial ep ole oza, kfill laisk petab uzinat — Eile
hat keine Suppe, der Naschhafte keine Portion, der Faule wird wohl
den Behenden überholen.
rutt rattal, (kire kodaral), wana naene wankril — Schnelligkeit hat
das Rad, Eile die Speiche, ein altes Weib ist auf dem Wagen (man
eilt und kommt doch nicht weiter),
sa ei hftbene jumala wifja! — du schämst dich nicht vor Gottes Frucht
(wenn Einer auf dem Rücken liegend isst).
8a ei sä sest nl pafju kui hlf köwasist — du bekommst davon nicht
so viel wie die Maus von einem Schleifstein.
6a küled nl kuj siga pahnas,od. pajus— du hörst so wie das Schwein
auf der Streu, od. im Weidenbusch.
— 160 —
sa hoiad houst, ega sind hobuse naha sisse e| maeta — du scho-
nest das Pferd, man wird dich doch nicht in ein Pferdefell begraben,
sa säd tfina enne sü-täie wlna kui mina — du wirst heute eher einen
Mund voll Branntwein bekommen als ich (wenn Einer früher ein Wort
ausspricht),
sa tahad kaupa polt ilma ja raha wöl tagasi — du willst als Waare
die halbe Welt und noch Geld zurück,
sa waletad nenda, et sa habe pölema läheb — du lugst so, dass dein
Bart in Brand gerathen wird,
saba pidi ei sfinni houst ette panna — mit dem Schweife kann man
ein Pferd nicht vorspannen,
sadusel söidab saks, udusel hulgub haut — bei Regenwetter fährt
der Deutsche, bei Nebelwetter schleicht der Wolf,
saja sfiakse izuta, ölut jflakse januta — Weissbrot isst man ohne
Hunger, Bier trinkt man ohne Durst,
saiad ei saa kuskil taewast — nirgends regnen die Weissbrote vom
Himmel,
saks sätis kqera, kqer ajas saba, saba ajas sawa otsa, ots fltles:
karwad, karake ize! — der Herr schickte den Hund, der Hund
trieb den Schwanz, der Schwanz trieb das Schwanzende, das Ende
sagte: Haare, springet selbst,
saks söidab säniga, talu-poeg reega, mina kehwa kelgnga; takka
tulen, ette lähen— der Gutsherr fahrt mit dem Schlitten, der Bauer
mit der Schleife, ich Armer mit dem Handschlitten; von hinten komme
ich, nach vorn gehe ich.
saksa, od. sakste, katel keb (ikka) salaja — des Deutschen Kessel
kocht immer heimlich (gegen Gebeimthuer).
saksa kel ja höbe-raha käib köik mä-ilma läbi — des Deutschen
Sprache und Silbergeld gehn durch die ganze Welt,
saksa-rahwa tuisk, od. pask (?), on mä-rahwa usk — der Deutschen
Gestöber, od. Roth (?), ist der Ehsten Glaube,
saksa uni on sandi söma-aeg — des Deutschen Schlaf ist des Bettlers
Mahlzeit, od. Essenszeit,
sakste katel, od. wiha, köb, kui kapsad auduwad kftne all; kui
t
I
— 161 —
korra puhkeb, sls on llg — der Deutschen Kessel, od. Zorn, kocht,
wie der Kohl unter dem Deckel gebäht wird; bricht er einmal los,
daon ist es zu viel, od. ist er zu gross.
sala-töl on wahest kä wätajaid — geheime That hat bisweilen auch
Zeugen.
salaja tehakse , sauna wiakse — im Geheimen wird es gethan , in die
Badstube wird es gebracht.
salajalt tehakse, awalikult nähakse — heimlich wird es gethan, öffent-
lich wird es gesehen.
sammaldab kiwi, kui seizab, wereja kiwi haTjendab — ein Stein
bemoost, wenn er in Ruhe ist, ein rollender Stein glänzt.
sandi-kepp ei sada taewase, sldi-rle ei sada pörguse — der Bettel-
stab geleitet nicht in den Himmel, ein seidenes Kleid geleitet nicht
in die Hölle.
sant kana kägutab ize oma peza flies — ein schlechtes Huhn verräth
selbst sein Nest mit Kakeln,
sant palnb enesele kotti — der Bettler erbittet sich einen Sack,
sara-pü sätteb sfldamest — der Eschenbaum verfallt vom Herzen aus
(von inneren Schäden),
sara-pü sfida satikse — des Eschenbaums Herz, d. h. Inneres, zerfällt,
sarnane sarnatsega lepib kohe — der Gleiche befreundet sich sogleich
mit dem Gleichen,
sarwist härga seutakse, sönast m&sta söfrnitakse (pt) — an den
Hörnern fesselt man den Ochsen, an dem Worte bindet man den Mann,
sau pitkem, minust ennast toidab — der Stab ist länger, er nährt
sich von mir (?).
saul soidab saks, ujul hulgnb hutit — im Regen fährt der Deutsche,
im Nebel schweift der Wolf umher,
sä ei keaki raibet römu pftle ja bagana-kotti awwn pftle (d) —
Keiner bringt ein Aas zur Freude, oder einen Spreusack zu Ehren,
sab ezimene uindus, od. uinastus, möda (läinud), küll sls inimene
walwab, od. sTs on inimene walwul — ist die erste Schläfrigkeit
vorüber, dann wacht der Mensch wohl, od. dann ist der Mensch
munter.
11
- — 162 —
sfib JSkobi-p$£W üle, sIs lfiakse rajid-n^el rohu sisse - ist der Ja
cobitag Yorüber, so wird ein eiserner Nagel in das Gras gescblagei
(es ist schwer zu mähen),
sab käed pitkemaks — er bekommt die Hände länger (bei der Gebui
eines Sohnes, welcher bei der Arbeit helfen wird).
sab konn künka otsa ja talu-pqeg saksaks , kumbgi ei sä eneses
enam aru — gelangt der Frosch oben auf den Hagel, und wird dei
Bauer ein Herr, so kennt keiner von beiden sich selbst mehr,
sab sarit, sab sandi poiä kä — bekommt der Bettler, so bekommt de-
Bettlers Knabe auch,
sada koer huüdi-kafja, s^al ta läheb kiskujaks — schicke den Hunt
in eine Wolfsherde, so wird er dort reissend,
säda siga saksa-mäle , peze siga söbiga , (siga tuleb koju) , sigä
jäb seaks — schicke ein Schwein nach Deutschland, wasche ein
Schwein mit Seife, das Schwein kommt nach Hause, das Schwein
bleibt ein Schwein,
sädan ei tule alati säbastega, waid sagedaste sukes — der Teufel
kommt nicht immer in Stiefeln, sondern oft in Strümpfen,
sän (ma) üle koera, als sän (ma) üle sawa kä — komme ich über
den Hund, so komme ich auch über den Schwanz,
sän peksa, sls sän; ega perse kagru ei kaswata — bekomme ich
Prügel, so bekomme ich ; auf dem Hinteren wächst ja kein Hafer,
sapa gigus ikka parem kui paäli jtfgus — des Stiefels Recht ist im-
immer besser als des Bastschuhs Recht,
säpad jalas, warbad wäfjas! — Stiefel am Fuss, die Zehen aussen,
säl es ole enämb belfl es walo (d) — es war dort nicht Laut mehr nicht
Schein (zu sehen und zu hören),
sea-kaup ei kotis süntii, mörsja-kaup ei ukse taga (pt) — der
Schweinehandel macht sich nicht im Sack, der Handel um eine Braut
nicht hinter der Thür.
sea seQas kuld-sadul! — auf des Schweines Rücken ein goldener
Sattel,
s^al ei pqaze hlr ei harakas — da kommt weder Maus noch Elster
durch.
— 163 —
seal olgu, seie kfilugu - dort mag es seio, hieher verlauten (das Un-
glück).
seal padis peab söjidina, kus kögi on juhtunud - in dem Boote
muss Einer rudern, wohin er gerade gekommen ist.
sealap s£ peni-saba aja wahel seizab ! — da ist der Hundeschwanz
zwischen dem Zaun.
seda kohta ei leia , kas magades sfia sab ja riet kanda — eine
solche Stelle wird man nicht finden, wo man schlafend zu essen be-
kommt und Kleider zu tragen.
seda koku sa wead, sinna perse sa löpped — diese Schliche treibst
du, darin wirst du umkommen.
«seda ma knien», ütles üks kurt, kui ta körwa-lopsu sai - das
höre ich, sagte ein Tauber, als er eine Ohrfeige bekam.
seda, mis sa teizele tahad öelda, fitle enne ize enesele — was du
einem Anderen sagen willst, das sage vorher dir selbst. f)
seistes sfia seitse pattu, kttliti sfia komme pattu , pöliti sfia pöh-
jata patt — stehend essen ist sieben Sünden , auf der Seite liegend
essen zehn Sunden, auf den Knien essen bodenlose Sünde.
seitse siga kobe kafja laska, kümne kttnd — sieben Schweine ge-
rade auf die Weide lassen , das Pflügen von zehn (sie wählen so viel
auf).
seitse wenda elawad ühes kous rahus, aga kahe wenna-naeze
keskel kaswab söda — sieben Brüder leben in Frieden beisammen,
aber zwischen zwei Bruderfrauen erwächst Krieg.
seitsmest ahjust on ta juba leiba sönud, kaheksas karask wöl
katsumata — aus sieben Oefen hat er schon Brot gegessen» der
achte Kuchen ist noch ungeprobt.
seizaw wezi- läheb haizema — stehendes Wasser langt an zu stinken.
seizwas wees od madu — in stehendem Wasser sind Würmer.
seil on karwu hambail — der hat Haare auf den Zahnen.
*^
seil on öige jänese-stida sös — der hat recht ein Hasenherz.
1) Andere mit seda, in der Bedeutung »je» anfangende Sprichwörter s.
onier mida.
11*
— 164 —
seil on parem önn kui aru pqas — der hat besseres Glück als i
Kopfe Verstand,
seil on sönu köle peal! — der hat einmal Worte auf der Zunge,
seile a&jaga on enam töd kui tegemist — bei dieser Sache ist mel
Arbeit, Plackerei, als Ausrichten,
seile est ei sä sonne mitte tuhka pista — dafür kann man den Fh
ger nicht in die Asche stecken,
seftsis on segasem, ja hnlgas on ubasem — in Gesellschft ist es ge
mischter, in der Menge angenehmer.
seni om kurg kölu kui sulg sulanu (d) — unterdessen ist der Kranic
gestorben, bis die Stauung aufgetbaut ist.
senna peab talb minema, kus kirwe pöhi ajab — dahin muss de
Keil gehen, wohin ihn der Rücken des Beiles treibt,
senni wötab ltihike, od. lühike wötab, marja mäst, kui pitk kum
mardab — während der Lange sich bäckt, nimmt der Kurze dh
Beere vom Boden auf.
sepist ei kanta sefjas — ein Handwerk braucht man nicht auf dem
Rucken zu tragen,
sepp ei prügi muidu pihtisid , kui raua tulest wälja wötta — der
Schmied gebraucht die Zange nicht anders, als um das Eisen aus dem
Feuer zu nehmen (Nothnagel).
seu kqera kaela worst! — binde nur dem Hunde eine Wurst um den
Hals,
so ajab nägu köba wett kaela — das stürzt gleichsam heisses Wasser
über den Hals (von plötzlichem Schreck),
so armastab ennast wfiga wähe, kes teist wihkab - der liebt sich
sehr wenig, welcher einen Anderen hasst.
so ej aita m$d mitte flle ka&i sawa — das hilft uns nicht über den
Schwanz einer Katze.
s6 ei aita mitte nl pafjn, kui kaääi sawa alt maha kukub — das
hilft nicht so viel, wie unter dem Schwanz einer Katze nieder fallt.
se ei jäta a£ja aja allagi — das lässt die Sache nicht unter dem Zaun.
so ej maksa kellegil silma-hammast — das kostet Keinem einen Au-
genzahn.
— 165 —
s? karjmnine on enam kui will wärt on — diess Geschrei ist mehr
als die Wolle werth ist.
sekef selge, ei söna wöi enam hambaid ega sarwi säda — diese
Sprache ist deutlich, kein Wort kann mehr Zahne oder Hörner be-
kommen.
se koer kizendab, kelle pihta kepp püdub — der Hund schreit, des-
sen Rucken der Stock trifft.
Gammas nldetakse, kellel willad on — das Schaf wird geschoren,
welches Wolle hat.
»se laheb korda», fitles fiks kord wana naene, kui särk seljas pö-
les — das geht schon an, sagte einmal ein altes Weib, als das Hemd,
welches sie an hatte, brannte.
s? leiwa-kannikas, mis on ära leigatud, ei sünni kokku llmida —
das Brotstuck, welches abgeschnitten ist, lässt sich nicht wieder an-
kleben.
5e nüd seizab, kes enne jökseb — der steht jetzt, welcher vorher
läuft.
ce hobune soidab pözaga woitu — diess Pferd läuft mit einem Strauch
um die Wette (von faulen Pferden).
se oleks mulle küranes tö! — das wäre mir die zehnte Arbeit.
$ on küll sönud, kes surnud on — der hat genug gegessen, welcher
todt ist.
s* on nägu karwa peal — das ist wie auf einem Haar (gefährlich).
% on nägu pea tulde pista — das ist, wie den Kopf in's Feuer stecken
(sehr gefahrlich).
$ on nägu wett kerisele, od. hane peale, od. koera selga wizata
- das ist, wie Wasser auf den Ofen, od. auf eine Gans, od. auf den
Rucken eines Hundes werfen (ganz fruchtlos),
ä on nl kerge, et puhuks mäst taewase — es ist so leicht, dass man
es von der Erde in den Himmel blasen könnte,
seonoigus, kuida moistetakse - das ist Recht, wie es entschieden
wird.
a on rumal kits, kes ei moista püd körida, kui pü es on - das
'
— 168 —
ßilmadega ta söb enam, kui sfida wastn wötab — mit den Augen
isst er mehr, als der Magen entgegen nimmt.
silmadega tahaks teda ära süa — er mochte ihn mit den Augen aar-
essen.
silmaga w$ib kttll wädata, käega ei wöi mitte köjk katsuda —
man kann wohl mit den Augen betrachten, mit der Hand kann man
nicht Alles anfassen.
sina ep ole mitte seda wett wärt, mis leiwa sös on — du bist nicht
das Wasser werth, das im Brote ist.
sina ep ole mitte seda wett wärt, mis leiwa tegijal otsa es on —
du bist nicht das Wasser werth, das der das Brot Machende an der
Stirn hat.
sina oled kolm päewa enne sttndimist jnba aewastand — du hast
schon drei Tage vor der Geburt geniest (du bist sehr klug).
sina pead waid olema, kui lamraas peretab, sädik sIs, od. sedap,
kui mos rägib — du musst still sein, wenn ein Schaf farzt, ge-
schweige denn, wenn ein Mann spricht.
sina wanaks, mina nöreks, kü kulla-karwaline — du älter, ich jün-
ger, goldfarbiger Mond (beim Erscheinen des Neumondes).
sind oleks hea surma järele säta, sis oleks aega wel kttll patust
pörda — es wäre gut dich nach dem Tode zu schicken , dann hätte
man noch Zeit genug Busse zu thun.
sind oleks wärt tule ja törwaga pöletada — du verdienst mit Feuer
und Theer verbrannt zu werden,
sinna peab wai, od. talb, minema, kuhu kirwe silm ajab — dahin
muss der Pflock, od. Keil, gehen, wohin ihn der Rücken des Beiles
treibt,
ßinna peazed, sinna käid — dahin kannst du gelangen, dahin gehst du
(sich nach der Decke strecken).
£inna wezi walgab, kns koht köige nögusam — dabin fliesst das
Wasser ab, wo die Stelle am niedrigsten ist.
sinu terwist, minu kurku — deine Gesundheit, in meine Kehle (beim
Zutrinken).
— 169 —
sinul on fiks küb, ja äks Jamal — da hast einen Rock und einen
Gott.
sinnst ei ole mud wöl kui ka&i-kabral — du bist noch zu nichts wei-
ter gut als zu einem Katzenkorporal (zu kleinen Kindern).
sis tsaa rauda, kui raud kam om (d) — dann hämmere das Eisen,
wenn es glühend ist.
sitast ei sä sldi, kana-pazast kalewit — aus Dreck wird nicht Seide,
aus Hfihnerkoth nicht Tuch.
sitika-wilul lähewad laizad töle — in der Mistkäferkühle (d. h. gegen
Abend) gehen die Faulen zur Arbeit.
sitke kannab slti, heldel ep ole helmigi kaelas — der Geizige trägt
Seide, der Gütige hat nicht einmal Perlen um den Hals.
sitkel od sldi-sukad jalas, heldel. ep ole helmigi kaelas ~ der Gei-
zige bat seidene Strumpfe an, der Gütige nicht einmal Perlen um den
Hals.
-sitt kojk sandi palwus, kui ize ei möista — ein Koth ist alles Beten
des Bettlers, wenn er es selbst nicht versteht.
sitt on leib — Koth ist Brot (Düngung).
sif ajab karu pezast wäTja — der Igel treibt den Bären aus dem Nest.
sis kölbab hunt kä öue-koeraks ! — dann taugt auch der Wolf zum
Hofhand.
sis oli siga aja wabel — da war das Schwein im Zaun stecken geblie-
ben (die Ochsen am Berge).
sis on härjal hända tarwis, kui kll kallale tuleb — dann hat der
Ochs einen Schwanz nöthig, wenn die Bremse über ihn her fällt.
sispeawad leiwad walmis olema, ehk siga pölegu jöes! — dann
müssen die Brote fertig sein , oder das Schwein mag im Flusse
brennen.
sis seizab koera kaelas wof st, kui sinu taskus raha seizab — dann
bleibt auch an des Hundes Halse eine Wurst, wenn in deiner Tasche
das Geld bleibt.
sis wiska päisiga kaänika järele — dann wirf mit dem Laib nach dem
Brotstück.
— 170 —
sobige ize keskis, jagage taza — vertragt euch unter einander, theilet
friedlich,
söi, et nahk nurises — er ass, dass die Haut brummte,
so leiba ja 15 söüniku peale sitta — iss Brot, und schlage auf den
Misthaufen Mist.
88, od. sögu, mis kups, rägi, od. räkigu, mis tözi od — iss, od. man
esse, was gar, sprich, od. man spreche, was wahr ist.
so sls senni kiwa, kui kännud kaswawad — iss denn so lange
Steine, bis die Baumstümpfe wachsen (wenn Einer beim Essen mä-
keil).
söb sü, katsub kaks, kolmandal olgu ko^u 6s — ein Mund isst, zwei
schmecken, dem dritten möge ein Haufen vor liegen.
söda kui söbra ja karda kui waenlast — speise wie einen Freund
und Furchte wie einen Feind,
söja on sqastajal — der Sparer hat einen Verzehrer.
sök sünfiib sSgi peale, 15k ei sfinni lögi peale — Speise passt wohl
auf Speise, Schlag passt nicht auf Schlag.
söma-aeg, od. söma-ajal, käzi pitk — zur Essenszeit ist der Arm
lang.
söme kui säme — lassl uns essen, wenn wir bekommen (die Gelegen-
heit benutzen).
sön sfitt ja salwan saue — ich esse Kohlen und beisse Lehm (wenn
nichts schmeckt).
sönud hingab, töbine ojgab — der Satte ruht, der Kranke ächzt.
sötind pöld tahab terawat äest, od. äket — ein vergrastes Feld ver-
langt eine scharfe Egge.
söbr körib näbre, od. söbra, pfiksid, od. kätsad, od. perse — der
Freund zieht des Nachbars, od. Freundes, Hosen aus, od. schindet
den Hinteren (verräth od. übervortheilt).
söbr muretseb söbra, aga jumal köikide öst — der Freund sorgt für
den Freund, aber Gott lur Alle.
söbr oled, kui laenad, waenlane kui kätte küzid — ein Freund bist
du, wenn du leihst, ein Feind, wenn du zurück forderst.
— 171 —
söbr sfllitab söbra tasku — der Freund speit in des Freundes Tasche
(ubervortheilt ihn),
söbr wöttes, waenlane tagasi wies — ein Freund beim Nehmen, ein
Feind beim Zurückbringen,
söbra wöib fiksi-pöjni häda ajal tundma öppida — einen Freund
kann man nur zur Zeit der Noth kennen lernen,
sobrale laenad, waenlaze käest s&d — einem Freunde leihst du, von
einem Feinde bekommst du.
söbrus ei ja wanaks — Freundschaft altert nicht.
söge-silma ja lonkru kaupa sobitakse pimedas — des Blinden und
des Lahmen Handel wird im Dunkeln besprochen,
soimajale jäwad sönad, ja rahu rikkujale rahutu süda — dem
Schimpfenden bleiben die Worte und dem Störer des Friedens ein
friedloses Herz,
sortis tuhat nelja, et tuline pask taga - er ritt in tausend Galopp,
dass heisser Roth hinterdrein war.
sörnmer süf sola jätk, wezi pitk plma jätk — grober Kies ist eine
Verlängerung des Salzes, langes Wasser eine Verlängerung der Milch,
söna murrab meste mele — das Wort bricht der Männer Sinn,
söna peastab, söna koidab — das Wort macht frei, das Wort bindet,
söna pistab, söna peastab — das Wort stiebt, das Wort rettet,
sona sölmib, söna peastab mebe — das Wort bindet, das Wort lost
den Mann,
sönast peetakse mos, sarwest h&tg — beim Worte wird der Mann ge-
halten, beim Hörn der Ochs,
sönast säze töra, pizost säze tuli (d) — aus einem Worte entsteht
Zank, aus einem Funken entsteht Feuer,
sonne küz on pizukene, aga nl pafju ei sä — der Nagel des Fingers
ist klein, aber nicht so viel bekommt man.
sörme otsast külwa, sörme otsast leika — mit der Fingerspitze säe,
mit der Fingerspitze ernte,
sörmed jäwad jagajale — die Finger bleiben dem Verteilenden,
sörmed püduwad möne korra wöra külge — die Finger tasten bis-
weilen Fremdes an.
— 172 —
sörraed wäziwad hölpsamalt tehes kui sü sües — die Finger ermü-
den leichter beim Arbeiten als der Mund beim Essen.
sözar söhnib sönad kokku, wend so räpsib rämatuse (pt) — die
Schwester bindet die Wörter zusammen, der Bruder kritzelt sie in's
Buch.
söludes sab wili sefgcks — durch Sichten wird das Getreide rein.
su käest palutakse pead, sa pakud perset — man bittet dich um den
Kopf, du bietest den Hinteren.
sage houst pealt ja sest — striegele das Pferd von aussen und von in-
nen (futtere gut).
sugulazed omad, kaup wöras — die Verwandten sind Eigene, der
Handel ist ein Fremder.
stii ja tafw taplewad teine teizega, od. t. ikka — Sommer und Win-
ter streiten mit einander, od. immer.
suits ei töuze ilma tuleta — Rauch erhebt sich nicht ohne Feuer.
v^ >■» *«•
sulge pealt ölge peale säma — von Federn auf Stroh kommen.
sali on ikka tark nina — du hast immer eine kluge Nase.
sull on jämedam kael kui keha — dein Hals ist dicker als dein Leib.
sali on wöi körwa-tagused ligedad, nokk kollane, ja tahad teizest
targem olla — du hast noch die Stelle hinter den Ohren nass , den
Schnabel gelb, und du willst klüger sein als der Andere.
sufini sikku, ehk sikk annab plma!— zwinge nur den Bock, vielleicht
giebt der Bock Milch«
surm ei pari aja järele — der Tod fragt nicht nach der Zeit.
surm (on) ligemal, od. lizem, kui säfk (ihu peal) — der Tod ist nä-
her als das Hemd auf dem Leibe.
surm on meil jala all iga päew — der Tod ist uns jeden Tag unter
dem Fusse.
surm sus, kalm kaelas — der Tod ist im Munde, das Grab am Halse.
surma ette ei wöi ükski kätt panna — gegen den Tod kann Niemand
die Hand vor halten.
surma est ei wöi ükski ära jöksta — dem Tode kann Niemand ent-
laufen.
surnu sü ei jöua tuönistada, ja wanfii-tofni müridel ei ole körwu
— 173 —
— eines Todten Mond kann nicht zeugen, und die Mauern des Ge-
fängnisses haben, keine Ohren.
sornast izast enam lugu pidaraa kqi elawast lapsest — auf den
gestorbenen Valer mehr Rücksicht nehmen als auf das lebende Kind.
satt hake', rahha luke' (d) — den Wolf anschreien, Geld zählen,
satt lätt pakku , löüd kahru 6st (d) — vor dem Wolf flieht er, einen
Bären findet er vor sich.
suwe silm ja talwe bammas — Sommers Auge, Winters Zahn (Früh-
lingsfrost b. Sonnenschein).
suwine rand ei pea kaua jäd — sommerlicher Strand hält das Eis nicht
lange.
sozi heit karwa, ei mitte wlzi (d) — der Wolf lässt sein Haar, nicht
seine Weise,
sozi iks soe polt (d) — der Wolf ist immer auf Seiten des Wolfes.
sozi soe polt sönna ei fltle (d) — der Wolf sagt kein Wort von dem
Wolf,
suzi unehus, piai mälehüs (d) — der Wolf vergisst , der Hund erinnert
sich,
sozi uwwelt söze ja kawwehe kargas — der Wolf isst Ungares und
läuft weit,
sü od putsi käe-raha — der Mund , od. Kuss , ist das Handgeld auf die
Scham,
sü on südame möt, od. tulk — der Mund ist des Herzens Maass, od.
Dolmetscher.
sü sat sftlä-täwwe, söä tege terwtizetä, od. rikk terwfize (d) — der
Mund schickt einen Rücken voll, das Herz macht krank, od. verdirbt
die Gesundheit,
sü söb, katsub kaks — ein Mund isst, zwei schmecken,
sü süruk ehitab söre Unna, käzi kange ei tee kana-pezagi — der
prahlende Mund erbaut eine grosse Stadt, die starke Hand macht auch
nicht einmal ein Hühnernest.
sü teeb süre linna, käed, od. käzi, ei tee käu-, od. kana-, od.
kärbse-, pezagi, od. ka&i-sabagi — der Mund macht eine grosse
— 174 —
Stadt, die Hände, od. die Hand, machen nicht einmal ein Kuckucks-,
od. Hühner-, od. Fliegen-, Nest, od. einen Katzenschwanz.
sü teeb süre linna , käzi teeb kärbse-peza — der Mund macht eine
grosse Stadt, die Hand macht ein Fliegennest.
süga teeb süre hulga, kättega ei tee kana-pezagi — mit dem Munde
macht er eine grosse Menge, mit den Händen macht er nicht einmal
ein Hühnernest.
sür jaJg süred säpad, sür käzi süred kindad — grosser Fuss grosse
Stiefel, grosse Hand grosse Handsehuhe.
süf jalg tafwitab sürt säbast, od. kinga — ein grosser Fuss hat einen
grossen Stiefel, od. Schuh, nöthig.
söf jumal on s6 sel'tside walle teinud — der grosse Gott hat diesen
Unterschied der Stände gemacht.
sür laew mingu merde, lötsik jägu ranna ligi — ein grosses Schiff
mag ins Meer gehen, ein Boot bleibe nahe am Ufer.
sür pere, sür köht — ein grosser Hausstand, ein grosser Magen.
sür sugu, warga himu — vornehmes Geschlecht, Diebes Verlangen.
sür sfiakse ära, piskuga elatakse kä — Grosso zehrt man auf, von
Kleinem lebt man auch.
sür tflkk ajab sü löhki — ein grosses Stück zerreisst den Mund.
süf wara, süf mure — grosse Habe, grosse Sorge.
süred sömad, süred sämad — grosse Mahlzeiten, grosse Einkünfte.
sürel mehel od süred püksid — ein grosser Mann hat grosse Hosen.
sürem kiwi litsub wähemat alla — der grössere Stein drückt .den klei-
neren nieder.
sürus suretab, kangus kautab — Grösse bringt Tod, Stärke Verderben.
sürus surutakse, kangus kautatakse, madal ajab ikka mäst läbi —
Grösse wird gedrückt, Stärke vertilgt, der Niedrige schlägt sich im-
mer durch im Lande.
süst läheb, od. läinud, töbi sisse — durch den Mund geht, od. ist ge-
gangen, die Krankheit hinein (von Betrunkenen).
süst sab pea wäfja öeldud, aga ei so nenda uzinaste tagasi ei sä
— es wird wohl bald aus dem Munde heraus gesagt, aber es gelangt
nicht so schnell wieder zurück.
— 175 —
sflgawas kaewus paQu wett, slski löppeb wahest otsa — in einem
tiefen Brunnen ist viel Wasser, dennoch geht es bisweilen zu Ende.
sfigise näed orast kflll, so ep ole aga wel safwis — im Herbst siehst
du wohl das Roggengras, aber das ist noch nicht in den Getreide-
kasten.
sügise on sQred sömized, od. sSmad, kewade on keed kalfid, od.
magusad — im Herbst sind grosse Mahlzeiten, im Frühjahr sind die
Hülsen theuer, od. süss. #
sügise södab, kewade kurnab — der Herbst füttert, der Frühling mer-
gelt aus.
sflgisel on seitse söma-lauda , kewadel ei kakukest — der Herbst
hat sieben Speisetische, der Frühling kein Laibchen.
süld mest, teine hangu, kolmas uppi, sls teeb kolme-sülla-kör-
guze kuhja — ein Faden Mann, ein zweiter Heugabel, ein dritter
Lüpfe o, das macht einen drei Faden hohen Schober.
sfilega wi, pihuga tö — mit dem Schoosse bringe Tort, mit der Hand
zurück (wenn Einer zur Stadt geht).
süüdinud aäju ej woi parate — geschehene Dinge kann man nicht
bessern.
sünnib lapsuke, sls stinnib kä emale plm rindu — entsteht ein Kind,
so entsteht auch der Mutter Milch in der Brust.
süzi hakkab Soest — eine Kohle entzündet sich an der anderen.
sü fibte, patt pöleks — die Schuld zusammen, die Sünde zur Hälfte.
süakse süred sömad , elatakse kä piskuga — man verzehrt die gros-
sen Mahlzeiten, man lebt auch von Wenigem.
Süd, od. sü, katlal, sttd, od. sü, k&nel — Schuld hat der Kessel, Schuld
der Deckel.
Süd, od. sü, rokal, sÜd, od. sü, wazikal — Schuld hat der Trank,
Schuld hat das Kalb.
sües kaswab ßöma-izu — beim Essen wächst der Appetit.
ta l) ei ole mu sü-täiel ega mu leiwal olnud — er ist weder bei mei-
nem Mund voll noch bei meinem Brote gewesen (nichts zu thun gehabt).
1) Vgl. auch die mit «tema» beginnenden S&tze.
— 176 —
ta ei ole seile wee wSft, mis ta lejwa sös söb — er ist das Wasser
nicht werth, das er im Brote isst.
ta ei sa minust nl palju kui hlf köwasist — er bekommt von mir
nicht so viel wie die Maus vom Schleifstein (gar nichts).
ta elab önne ulu all ja magab Märja kaenlas — er lebt unter dem
Dache des Glückes und schläft in Maria's Arm.
ta jöksis nl, et jalad kuklase löid — er lief so, dass die Füsse an den
N&ken schlugen,
ta läheb kannikaga pätsi otsima — er geht mit dem Brotstück das Laib
suchen,
ta läheb kazukat söendama seal, kus tuba pöleb — er geht da den
Pelz wärmen, wo die Stube brennt.
ta Jaks, et püksi-wofdid wälkuzid — er ging, dass die Hosenfalten
blitzten (eilig).
ta lendab körgemase, kui tlwad kannawad — er fliegt höber, als die
Flügel (ragen.
ta nutab mufdist naeru — er weint über das Lachen vom vorigen
Jahre.
ta oleks mind (löme-) luzika sisse uputanud — er hätte mich in ei-
nem Suppenlöffel ersäuft (aus grossem Zorn).
ta on koik söd sofkinud, köik mafjad majtsnud — er hat alle Sümpfe
betreten, alle Beeren geschmeckt.
ta on lödud kaika-aluseks ja teize taga-aetawaks — er ist geschaf-
fen als unter dem Prügel Stehender und von Anderen Nachzutrei-
bender.
ta on nenda ihnus, et ei rätsi nina nuzata — er ist so geizig, dass
er die Nase nicht schnauzen mag.
ta on nl ihnus, et mitte koer tema maja nurka ei nlzuta — er i$t
so geizig, dass kein Hund die Ecke seines Hauses benetzt.
ta on nl uhke ja lad et ta ei mahu enam oma naha sisse — er ist
so stolz und breit, dass er in seiner Haut nicht mehr Raum hat.
ta on nl walge kui ahju rind — er ist so weiss wie der Rand des
Ofens (ironisch).
— 177 —
ta on äks heris oma nahas — er ist ein Schalk in seiner Haut
ta hölib nl patju häbist kiii koer sitast — er macht sich so viel aus
der Schande, wie ein Hund aus dem Koth.
ta pfiab mä-ilma söjaks kütta — er sucht die ganze Welt warm zu
heizen.
ta rägib lahke palgega, aga süda mötleb kurja — er spricht mit
freundlichem Gesicht, aber das Herz sinnt Böses,
ta räkis nl, et «höu» ja «höbi» wahel wahet ei olnud — er sprach
so, dass zwischen Strom und Schlag kein Unterschied war (dass der
Mund schäumte),
ta tahtis sealt leigata, kuhu ta ei olnud külwanud — er wollte da
ernten, wo er nicht gesäet hatte. *
ta tahtis wöra adraga künda — er wollte mit einem fremden Pfluge
pflögen,
ta teeb jöe senna, kus mitte wee-plska ei ole — er macht einen
Bach dahin, wo kein Wassertropfen ist.
ta teeb sinna tuld, kus wezi on — er macht dahin Feuer, wo Was-
ser ist.
ta hüab und tagasi — er ruft den Schlaf zurück (von einem Gähnenden),
ta waletab, et sü siutseb — er lügt, dass der Mund raucht,
ta wlb wilust tüki ära — er bringt von dem Schatten ein Stück weg
(ist ein grosser Dieb),
ta wötnud härja tthte sarwe pidi selga — er hat den Ochsen an dem
einen Hörn auf den Rucken genommen,
taba kelab majast — das Schloss hält vom Hause ab.
taba kSlab warast — das Schloss halt den Dieb ab.
taba hoiab wara — das Schloss bewahrt die Habe,
taga otsid, südlazeks säd — du verfolgst, und du wirst der Schuldige,
taha wiskad, öst leiad — nach hinten wirfst du es, vorn flndest du es.
tahad sa karu-jahile minna, tee sang wafrnis, aga pödra-jahile,
tee pü-säf k — willst du auf die Bärenjagd gehen , so bereite das
Bett, aber auf die Elenjagd, bereite den Sarg.
tahad sa fihe söbra kautada, sis laena temale raha — willst du
einen Freund verlieren, so leihe ihm Geld.
12
— 178 —
talb peab senna minema, kus kirwes ajab — der Keil muss dahin
gehen, wohin das Beil treibt,
talb weab talba — ein Keil treibt den anderen.
toll1) jalg alles nina all, ja tahab tark olla — er hat noch den Fuss
unter der Nase und will klug sein (ein Knirps).
talu-poeg ei töa ömale kui teize, kolmanda walda — eines Bauern
Wissen reicht nicht weiter als bis zum zweiten, dritten Gebiet.
talu-poja sugu ja paju sugu ei löpeta ilkski ära — Bauerngeschlecht
und Weidengeschlecht rottet Niemand aus.
talu-poja tütar mingu talu-pojale naezeks — eines Bauers Tochter
heirathe einen Bauer.
talu-pojast sab küll saksa, aga saksast ei sä enara talu-poega —
aus einem Bauer wird wohl ein Herr, aber aus einem Herren wird
nicht mehr ein Bauer.
taTw ajab ahju taga — der Winter treibt hinter den Ofen.
talw ajab karu pezase — der Winter treibt den Bären in's Lager.
tafw kizub kindad karmanist, od. taskust — der Winter zieht die
Handschuhe aus der Tasche.
talwe selg pörunud katki — des Winters Rücken ist zerbrochen (die
Mitte überstanden).
talwel on kahe mehe jöud — der Winter hat die Kraft von zwei
Männern.
tantsib ikka täiz köht, ej hüppa üi särk — tanzt auch immer ein
voller Magen, ein neues Hemd springt nicht,
targal on igal pöl oma iza»m£ — der Kluge bat überall sein Vaterland,
targem annab järele — der Klügere giebt nach,
tark kutsar, kes nenda moistab soita, et ohjad sönnikuzeks ei sä
— ein kluger Kutscher, der so zu fahren versteht, dass die Zügel
nicht kothig werden,
tarkus läheb taga polt sisse — Klugheit geht von hinten ein.
tarkus on enam kui rikkus — Klugheit ist mehr als Reichthum.
1) Vgl. auch die Satze mit temal.
— 179 —
tarkus od hinne tefwis — Klugheit ist Gesundheit der Seele.
tarkus tuleb taga järele — Klugheit kommt hinten nach.
tau rauda, kui raud küm on — schmiede das Eisen, wenn das Eisen
glühend ist.
tau rayda senni, kui ta palaw on — schmiede das Eisen, so lange es
heiss ist.
taacT tfihjftst tarest midägi wött (d) — die Seuche nimmt aus der
leeren Stube etwas,
tautab tühja tült — er droht mit leerer Luft (vergeblich).
tautamizel ep ole hända taga — Drohen hat keinen Schwanz hinten.
taza ja targu , madalaste ja märgu — sanft und klug , demüthig und
verständig.
tazane siga ikka koti löhub — ein stilles Schwein zenreisst immer den
Sack,
tar sök, tär jök, tär tS kä — Kofent ist die Speise, Kofent ist der
Trank, Kofent ist auch die Arbeit (wie der Lohn so die Arbeit).
täii köht ei kttzi sfia — ein voller Magen verlangt nicht zu essen.
taiz köht ei uzu tühja köhtu — ein voller Magen glaubt einem leeren
Magen nicht,
täii m8t, täiz raha — volles Maass, volles Geld.
t&na helmes, horame mullas - heute eine Perle, morgen in der Erde.
täna kuld, homme muld — heute Gold, morgen Erde,
t&na mnlle, homme sulle — heute mir, morgen dir.
tänamata karu langeb kaewanduse tagasi , kust teda aidati — ein
undankbarer Bär fallt zurück in die Grube, aus der man ihm geholfen
hatte,
tänamata karu lükatakse auku tagasi — ein undankbarer Bär wird
in das Loch zurück gestossen.
tänasid toimetuzi ära wiska homse warna — die heutigen Geschäfte
wirf nicht auf den Nagel von morgen.
teda klta oli nSgu siga wasta päewa sflgada - ihn loben war so
wie ein Schwein gegen den Sonnenlauf kratzen,
tee h$ad ehk kufja, seda leiad est - thu Gutes oder Böses, das fin-
dest du vor.
12*
— 180 —
tee head, sls (sa) lejad h§ad — thu Gutes, dann findest du Gutes.
tee ize, teeta muida, käj ize, karista muida — thu selbst, halte An-
dere an zum Thun, geh selbst, treibe Andere.
tee köhüale head, ehk kaitse kurja karja! — thu einem Schlechten
Gutes, oder hüte eines Busen Herde.
tee kufjale head, ehk kaitse köhna kafja, so on üks — thu einem
Bösen Gutes, oder hüte eines Schlechten Herde, das ist eins.
tee, rais sa teed, head ehk paha, od. karja ehk head, küll sa leiad
est — thu, was du thust, Gutes oder Böses, od. Böses oder Gutes«
9 du wirst es schon vorfinden.
tee öigust, sls ei karda kedagi — thu Rechtes, dann furchtest du
Niemand.
tee Öigust, sls sind kldab jumal ja inimezed, od. inimene — thu
Rechtes, dann lobt dich Gott und Menschen, od. Mensch.
tee sls pulme püst ja otsi auu aja-teibast — dann mache Hochzeit
vom Baume und suche Ehre von der Zaunstange (ironisch).
tee töd higiga, sls söd leiba himuga — arbeite mit Seh weiss, dann
wirst du dein Brot mit Appetit essen.
tee töd ja kinnita wöd; kui s5ma lähed, sls nörgata — arbeite und
zieh den Gürtel fest zusammen; wenn du essen gehst, so lockere ihn.
tee töd ja palu jumalat — arbeite und bete.
tee töd tö ajal ja aja juttu jutu ajal — arbeite zur Zeit der Arbeit
und plaudere zur Zeit des Hauderns.
tegija käest sünnib mönda, aga seizja käest ei sttnni midagi —
aus der Hand des Schaffenden geschieht Manches, aus der Hand des
Müssigen geschieht nichts.
tegijal on ikka sfid, magajal ep ole midagi — derThätige hat immer
Schuld, od. Veranlassung, der Schlafende keine,
tegijal töd, magajal und — derThätige hat Arbeit, der Liegende Schlaf,
tegijale sfionib mönda, magajale ei tthtegi — dem Thätigen geschieht
Manches, dem Schlafenden nichts.
teie pakute armu, aga meie ei wöta wastu — ihr bietet Gnade an,
aber wir nehmen sie nicht an.
— 181 —
tele rägite palju jömast, aga ej ükski rlgi janust — ihr redet viel
vom Trinken» aber Keiner redet von Durst.
teie süst, jumala käest — aus eurem Munde, aus Gottes Hand (erwie-
dert man auf gute Wunsche).
teine ajab piTH, teine toru — der Eine bläst die Flöte, der Andere die
Basspfeife (beide gleich gut),
(teine) häda räkides, teine, od. häda, wait olles — es ist schlimm
zu sprechen, schlimm zu schweigen,
teine h&da teeb teize häda — eine Noth macht die andere.
teine elab kiwi-kangru otsas , teine ei ela , ehk oleks ta nina pidi
wilja-salwes — der Eine lebt auf einem Steinhaufen, der Andere
lebt nicht, und steckte er mit der Nase in einem Getreidekasten.
teine jalg hauas, teine haua äre peal, od. parral — der eine Fuss
ist im Grabe, der andere auf dem Rande des Grabes.
teine käzi kannab teist — eine Hand trägt die andere.
teine käzi pezeb teist — eine Hand wäscht die andere.
tejne naene on ömmardaja — die zweite Frau ist eine Magd.
teine rägib kuhjast, teine kuhja-alusest — der Eine spricht vom
Schober, der Andere von der Unterlage.
teine silm jökseb wett — das eine Auge thränt, = suwe silm etc.
teine talu, teine täf — anderer Hof, anderer Kofent.
teine teeb kuhja, teine kuhja aeda — der Eine macht den Schober,
der Andere den Zaun des Schobers, = teine rägib kuhjast etc.
teistele anna köik andeks, aga ize enesele mitte — Anderen verzeih
Alles, aber dir selbst nicht,
teize häda on (ikka) pü kfilles — des Anderen Noth ist immer am
Baum (unbeachtet).
teize seTjast on hea rihma leigata — aus eines Anderen Rücken ist
gut einen Riemen zu schneiden,
teize silma näed pindu, oma silma ej näe paflri — in des Anderen
Auge siehst du einen Splitter, in dem eigenen Auge siehst du den
Balken nicht,
teize walu on kiwi külles — des Anderen Schmerz ist am Stein (un-
beachtet).
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— 183 —
temal ep ole ill palju mäd, et ta jalga peale paneks — er hat nicht
so viel Land, dass er einen Fuss darauf setze.
temal ep ole nl pafju mäd, et ta tiks kord kuker-palTi üle lazeks
— er hat nicht so viel Land, dass er ein Mal einen Purzelbaum dar-
über schlagen könnte,
temal od enam wölgu kui hiukse-karwu peas — er hat mehr Schul-
den als Haare auf dem Kopf.
temal on raha kui rahka — er bat Geld wie Kies.
temal on sellega enam tSd kui tegemist — er hat damit mehr Arbeit
als Geschäft (er macht sich unnütz zu schaffen).
temal on wlz kawalust körwa taga — er hat Fünf Rauke hinter den
Obren,
temal rejed alles nina all, ja tahab tark olla — ihm hängen die
Beine noch unter der Nase, und er will klug sein (eine Rotznase),
temast ei jänud müd järele kui tuli ja wezi — es ist von ihm nichts
nach geblieben als Feuer und Wasser,
terad teewad, salwed sawad, iza aita maksab hiona — die Körner
machen, die Kornkasten bekommen, des Vaters Speicher bezahlt den
Preis,
terane laps on käfsitu, terane kirwes leiab kiwi — ein scharfsinni-
ges Kind ist ungeduldig, ein scharfes Beil findet einen Stein*.
terane silm, terasem möistus — scharfes Auge, schärferer Verstand,
teraw kirwes kfill kä kiwi leiab — ein scharfes Beil findet wohl auch
seinen Stein,
teraw kirwes leiab kiwi, ja ubkus tuleb enne langemist — ein
scharfes Beil findet einen Stein, und Hochmuth kommt vor dem Falle,
terwel perse kört täj£ — der Gesunde hat den Hinteren voll Sahne
(Wohlbehagen),
tö sant ja jalg lfihikene — der Weg ist schlecht und der Fuss kurz,
töa paTju, aga könele wähe — wisse viel, aber sprich wenig,
tilk ommeti Önestab kiwi — ein Tropfen höhlt doch den Stein,
tltsal ep ole töda öza, hädalizel hända taga (pt) - der Emsige hat
keinen Weg vor sich, der Eilige keinen Schwanz hinten,
toe tugewns tuleb toest , ja süzi — die Festigkeit einer
— 184 —
Stütze kommt von einer anderen Stütze, und eine Kohle entzündet sich
an der anderen.
tö jumal, wl jumal, ära jumal llga tee! — bring Gott, bring fort Gott,
Gott tbu nicht zu viel.
t8 ei häbista kedagi, wajd auustab köiki — Arbeit macht Niemandem
Schande, sondern ehrt Alle,
tö kldab ize ennast — die Arbeil rühmt sich selbst,
tö kldab tegijat, (ja) löra lojat — die Arbeit rühmt den Yerfertiger
und das Geschöpf den Schöpfer.
tö maksab kopikat, ammet kaks — die Arbeit kostet eine Kopeke, das
Geschäft zwei.
tö öpetab ize ennast — die Arbeit selbst wird sich lehren.
tö öpetab tö-tegijat, ja katsndes kaswab rammu — die Arbeit be-
lehrt den Arbeitenden, und mit Versuchen wächst die Kraft.
tö römustab — Arbeit macht froh.
to tänaseks, jöud homseks — Arbeit für heute, Kraft Tür morgen (wenn
ein Theil für morgen bleibt).
tö tegijale teng, höle-kandjale kaks — dem Ausführer der Arbeit eine
Kopeke, dem Sorge Tragenden zwei.
tö tejzele, öpetus omale — die Arbeit für den Anderen, die Belehrung
für sich,
tod on tegijal, und (on) roagajal — Arbeit hat der Thätige, Schlaf der
Liegende,
töl on wiha jüf , aga magus will — die Arbeit hat eine bittere Wurzel
aber eine süsse Frucht,
tost tüdind, waewast wäzind — von Arbeit erschöpft, von Anstrengung
ermüdet (schlagmüde),
töta ei sä kedagi süa — ohne Arbeit bekommt Niemand zu essen,
töbi södab ktill, aga ei kozuta mitte — Krankheit speist wohl, aber
giebt nicht Gedeihen (der Kranke hat keine Esslust).
töbi tnleb houstega, läheb härgega jälle ära — Krankheit kommt mit
Pferden, geht mit Ochsen wieder fort (schnell, langsam).
töde töstab, wale wautab - Wahrheit erhebt, Lüge drückt nieder.
— 185 —
töde töuzeb ikka, nägu rasw wee alt, wälja — die Wahrheit steigt
immer hervor, wie Fett aas dem Wasser.
töde töuzeb, wale waub — Wahrheit steigt, Lüge sinkt,
töe hölma ei hakka kegi kinni — des Redlichen Rockschooss fast Nie-
mand an.
täjne tare, od. talo, toine tär (d) — andere Stube, od. anderer Bauer-
hof, anderer Kofent.
tömba hinge ja tee töd — hole Athem und arbeite.
Tönise-päewal tafw barja peal; leib pöleks, pöhk pöleks — am
Antoniustag culminirt der Winter ; Brot und Viehfutter auf der Hälfte.
törgese jagu kaub, magaja oza tuleb kätte — des Widerspenstigen
Portion geht verloren, des Schlafenden Anlheil kommt in seine Hand.
tosta rorik flle katnse, sls arwab ta ennast üle pilwete seizwat —
hebe den Raben über das Dach, so meint er über den Wolken zu
sein.
töstab hända, aga ei tösta kanda — er hebt den Schwanz, aber hebt
nicht die Ferse.
toatamizel ep ole hända taga — Versprechen hat keinen Schwanz
hinten.
töutus (-mos) ajab safidi ukse est ftra — Versprechen , od. ein Ver-
sprecher, treibt den Bettler von der Thür fort.
%ze flies, ejlne mes wäfjas! kes waras, so jöksku metsa! — steh
auf, der gestrige Mann, d. h. der Tag, ist dat wer ein Dieb ist, laufe
in den Busch.
tözi on kufja, wale (on) nägija — Wahrheit ist hörend, Luge sehend.
tözi on wägew wöi{ja — Wahrheit ist ein mächtiger Sieger.
tözi töusku, wale waugu — die Wahrheit erhebe sich, die Läge sinke.
trfi sulane, önnelik pere-mds, trü flmmardaja, önnehk pere-naene
- treuer Knecht, glücklicher Hausherr, treue Magd, glückliche Haus-
frau.
tsirk körgeh, muna perseh (d) — der Vogel hoch, das Ei im Hinteren.
tsödze' watsa tQjje, ezi sejje — die Tante brachte einen Kuchen, ass
ihn selbst auf.
— 186 —
tuhka-päew wiheldakse liha sefjast maha ja kala selga — am
Aschermittwoch wird das Fleisch ab- und der Fisch aufgequästet.
tuim töle, kerme sule — trag zur Arbeit, schnell zum Essen,
tnle kTrg mönab seile järele, kelle käest tema on waQa peazenud
— die Feuerflamme zieht dem nach, aus dessen Hand sie gekommen ist.
tule in eile, tö mulle, ma tulen teile, anna malle, sfs o lerne ikka
söbra-mebed — komm zu uns, bring mir, ich komme zu euch, gieb
mir, dann sind wir immer Freunde.
tuleb aeg, tuleb nöu — kommt Zeit, kommt Rath.
tttlel on lai käzi — Feuer hat eine breite Hand.
tulel on lai käzi, weel sügaw wagu — Feuer hat eine breite Hand,
Wasser eine tiefe Furche.
tuli ja wezi on kölmata — ■ Feuer und Wasser sind nicht verboten.
tuli töuzeb, wezi waub — das Feuer erhebt sich, das Wasser senkt sich.
tunnukse ikka, mis wee weretud, ei tunta saia södud — man er-
kennt immer, was vom Wasser gerollt ist, gegessenes Weissbrot er-
kennt man nicht.
tuwikeze madalus ja siwwu wiba (d) — Demuth der Taube und Gift
der Schlange.
tül' jskseb külalize jala alt — der Wind läuft unter den Füssen des
Gastes.
tfrf kozutab kana-poja, od. kana-poja kozutab, wiha leht lapse
nöre — die Luft macht das Hühnchen gedeihen, des Badebesens Blatt
das junge Kind.
tüT on teize inimeze abi — der Wind ist die Hälfe eines zweiten Men-
schen (so gut wie ein zweiter Ruderer).
tüf tob terwista temale , pilwed pitka igada (pt) — der Wind bringt
ihm Gesundheit, die Wolken langes Leben.
tüf tönud, wezi wTnnd — der Wind bat es gebracht, das Wasser ent-
führt.
töle tlwul tuleb häda, sitika saramul labkub ta mejlt — mit Flü-
geln des Windes kommt die Nolh, mit dem Schritte des •Mistkäfers
entfernt sie sich von uns.
— 187 —
tüle teetuzel ja käste karastuzel — mit Unterstützung des Windes and
Erquickung des Thaaes.
t ölest ei woi kegi elada — von Luft, od. Wind, kann Niemand
leben.
tfidrukuna tui , naezena nui — als Mädchen eine Taube , als Weib ein
Knättel.
tähi ajab, od. tob, tfili majase — Mangel bringt Unfriede in's Haus,
tühi jutt on kui hundi-sitt must ja karwane — falsches Gerede ist
wie Wolfskotb schwarz und haarig.
tühi, od. tühine, käes, tülike peus — Mangel in der Hand, Streit in
der Hand,
tühi kott ei woi pü£ti sejsta — ein leerer Sack kann nicht aufrecht
stehen,
tühi köht ajab töd tegema — leerer Magen treibt zum Arbeiten.
tfihi köht ja teraw nuga — leerer Magen und scharfes Messer.
tühi köht on köjge parem kokk — ein leerer Magen ist der beste
Koch.
tfihi köht teeb leiwale sgia magu — ein leerer Magen giebt dem Brote
den Geschmack von Weissbrot.
tfihi pea on ilraa terata — ein leerer Kopf ist ohne Schärfe , od. eine
leere Aehre ist ohne Korn.
tfihi teeb, od. tob, tüli, od. toru, majase, od. perese, od. taluse —
Mangel bringt Gezänk, od. Streit, in's Haus, od. in die Familie, od. in
den Bauerhof.
tühikene käes, tülikene peus — Mangel in der Hand, Unfriede in der
Hand.
tühja köhuga on raske wilet puhuda — mit leerem Magen ist es
schwer die Flöte zu blasen.
tühja pea jöttad sa Ära kanda, tühja köhtu mitte — einen leeren
Kopf kann man tragen, einen leeren Magen nicht.
tühja söime kallal l&hewad hobnsed rldu — an leerer Krippe ge-
raden die Pferde in Streit,
tftkalt kui siku safw, tükalt kui hiukse-karw — stöckweise wie- das
— 188 —
Horn eines Bockes, stückweise wie ein Kopfhaar (ungleiches Ge-
spinnst).
tütar kiüb ema kinrias — die Tochtqr geht in den Schuhen der Mutter.
tütar-laps ilma töta on kui tö-käija ilma wöta — ein Mädchen ohne
Arbeit ist wie ein Wanderer ohne Gürtel.
tütar-laps olgu nl kaua kfilas, kui harakas aja-teibä peale maha
lazeb — ein Mädchen bleibe so lange von Hause, wie eine Elster sich
auf die Zaunstange nieder lässt (kurze Zeit).
tütar mehel' tfikkinesa, ema ennast pakkunesa (pt) — die Tochter
verlangte nach dem Manne, die Mutter bot sich selbst an.
tütar pölwe-körgune, od. -körge, od. -körgus, wakk waksa-körgune,
od. -körge, od; -körgus — die Tochter ist kniehoch, der Brautkasten
spannenhoch.
tütar tob pidu perese — die Tochter bringt Festlichkeit in's Haus.
tütre arm jäb ikka enam ema jure kui minija arm — die Liebe der
Tochter bleibt immer mehr bei der Mutter als die Liebe der Schwie-
gertochter.
ubina' ei sata uibost kawwehe (d) — die Aepfel fallen nicht weit vom
Apfelbaum.
uhke läheb hukka, körge läheb körwa, käre läheb kärna, hiljuke
läheb edasi — der Stolze geht in's Verderben, der Hohe geht bei
Seite, der Heftige wird schorfig, der Ruhige geht vorwärts.
hukas on he$d humalad, kahju neist linnaksist — verloren ist der
gute Hopfen, Schade um das Malz.
hukka läinud head humalad, kahju kalTist linnaksist — verloren
gegangen ist der gute Hopfen, Schade um das tbeure Malz.
ukse pealt woib tagasi minna enne kui takka toast — an der Thfir
kann man eher zurück gehen als hinten aus der Stube.
hulgas mönda — unter der Menge giebt es Mancherlei.
hulk kqera teewad wlmaks karule näpistust — eine Menge Hunde
macht endlich dem Bären Bedrängniss.
hulk teeb hulga t5 — eine Menge verrichtet auch die Arbeit einer
Menge.
— 189 —
holk wöiwad fihte, aga flks mitte hulka ajdata — eine Menge kann
wobl Einem helfen, aber nicht Einer der Menge.
uIT ei kttnna ega külwa, ufT ize kaswab — der Einfältige pflügt und
säet nicht, der Einfältige wächst selbst.
bull kldab ofja-töd, laisk kldab lapse-töd — der Thor rühmt eine
Knechtsarbeit, der Faule rühmt eine Kinderarbeit.
ulTi petetakse öunaga, tarka ei jöua täfriga petta — einen Einfilti-
gen verlockt man mit einem Apfel , einen Klugen kann man nicht mit
einem Thaler verlocken,
nffile tflhni9 tetäs, targa' istuse (d) — für den Thoren macht man die
Gefangnisse, die Klugen sitzen darin,
hullu karjatse kannikas on hea ftra süa, od. süakse ikka eziteks
ära — des dummen Hirten Brotstück ist gut aufzuessen, od. wird
immer zuerst aufgegessen,
hullu koera ei tohi nskuda, od. peab kartma — einem tollen Hunde
darf man nicht trauen, od. einen tollen Hund muss man furchten.
hullu last ei paluta pulma — ein dummes, od. des Dummen, Kind
bittet man nicht zur Hochzeit.
hullul sönad hole peal, targal hammaste taga — der Dumme hat
seine Worte auf der Lippe, der Kluge hinter den Zähnen,
omb-rohi on wiza kaduma — Unkraut ist zäh im Verlorengehn.
ummis-kinnad ei pa££i talu pörandale — hohe Schuhe passen nicht
auf den Pussboden des Bauerhauses,
ummis-päine azi ei sä ial selgeks — eine verworrene Sache wird nie
klar,
hnndi est hoidma, karu leidma — vor einem Wolfe sich hüten, einen
Bären finden,
hundi öst hoitud, od. hoidnud, karu leidnud — vordem Wolfe be-
hütet, der Bär hat es gefunden,
hundil on üheksa mehe mef ja ühe mehe rammu - der Wolf hat
die Klugheit von neun Männern und die Kraft eines Mannes,
handist ei sa mud kui nahka — von einem Wolfe bekommt man nichts
als Haut.
— 190 —
une-kotist ei sä ial tö-tegijat — aus einem Schlafsack bekommt man
nie einen Arbeiter,
unest ei sä pätsi — im Schlafe bekommt man kein Brotlaib,
uni ajab (oma) aega taga — der Schlaf verlangt seine Zeit,
uni ei anna üta kübe, magamine raäni sftfki ; uni ajab hulkumaje,
magamine mafsimaje (pt) — der Schlaf giebt keinen neuen Rock,
das Liegen kein zur Erde reichendes Hemd; der Schlaf treibt zum
Umherschweifen, das Liegen zum Gehen,
uni maitseb lapsel magusam kui wanal — der Schlaf schmeckt einem
Kinde süsser als einem Alten,
uni sädab hulkuma, magamine mafsima, tukkumine töda köndima
— Schlaf schickt umher zu schweifen, Liegen zu marschiren, Schlum-
mern einen Weg zu gehen,
hunt ajab küll karwa, aga ammetit ei jäta — der Wolf wechselt
wohl das Haar, aber sein Geschäft lasst er nicht,
hunt ei ole (ial od. iga kord) nl sür kui.kafjutakse, od. öeldakse,
od. hurjutatakse — der Wolf ist nicht immer,, od. jedes Mal, so gross,
wie man schreit, od. sagt.
hunt ei ole kaugel , kui teda nimetatakse — der Wolf ist nicht weit,
wenn er erwähnt wird,
hunt heidab karwa, aga ei kauta kombeid — der Wolf wirft sein
Haar ab, aber er verliert nicht seine Gewohnheiten,
hunt heidab karwa, ei heida inimene haritud kombet — der Wolf
wirft sein Haar ab, der Mensch legt seine gewohnte Weise nicht ab.
hunt hejdab (küll) karwa, aga mitte, od. ei heida, wlzi, od. ham-
baid — der Wolf wirft zwar das Haar ab, aber nicht, od. wirft nicht,
die Weise, od. die Zähne, ab.
hunt jäb hundiks, kui sa teda kä wagaks lambaks nimetad — der
Wolf bleibt Wolf, wenn du ihn auch ein frommes Schaf nennst,
hunt kautab karwa, ei kauta hammast — der Wolf verliert das Haar,
den Zahn verliert er nicht,
hunt lazeb karwu, aga mitte oma wirakid — der Wolf lässt Haar,
aber nicht seine Tücken,
hunt läheb üle wee, peretab, tuleb tagasi, lakub, ütleb: parcni
— 191 —
on kui paljas wezi — der Wolf geht aber das Wasser, farzt, kommt
zurück, leckt, spricht: es ist besser als blosses Wasser.
hont murrab kä loetud lambaid — der Wolf zerreisst auch die ge-
zählten Schafe.
hont pögeneb kurja koera est — ein Wolf flieht vor einem bösen
Hunde.
hunt sawaga mötnud te — der Wolf hat mit dem Schwänze den Weg
gemessen,
hutit söb elu aja oma naha p^ale — der Wolf frisst sein Leben lang
auf Gefahr seiner Haut.
hunt tahab hurjutamist, raha lugemist, saks palumist — der Wolf
will angeschrien, das Geld gezählt, die Herrschaft gebeten werden.
hunti pögeneb pakku, leiab karu est — vor dem Wolfe entflieht er,
einen Bären findet er vor.
unusta und, mälesta mälu, pea nör mos meles — vergiss den Schlaf,*
kaue wieder das Gekaute, behalte im Sinn den jungen Mann (Spruch
beim Hauben der Neuvermählten).
onustab hoidja, aga ei unusta püdja — der Bewahrer vergisst es,
aber der darnach Strebende vergisst es nicht,
unustab hoidja, tabab püdja — vergisst es der Hüter, erwischt es der
Fahndende,
unustad stid lahti, päzuke lennab sisse — du vergisst den Mund zu
zu machen, eine Schwalbe wird hinein fliegen.
UDustamine on parem kui kätte-maksmine — Vergessen ist besser
als Rächen.
unustatud azi lange b lauza wette — eine vergessene Sache lallt in offe-
nes Wasser.
upin ei sata uibost kawwehe (d) — der Apfel fällt nicht weit vom
Apfelbaum.
uzin inimene läheb sigadega magama ja töuzeb kanadega üles —
ein emsiger Mensch geht mit den Schweinen schlafen und steht mit
den Huhnern auf.
uzin läheb hukka, käre läheb kärna, hiTjuke läheb ikka, od. edasi
— 192 —
— der Schnelle geht zu Grunde , der Heftige wird schorfig , der Ru-
hige geht immer, od. vorwärts.
uziuus auustab, laiskus häbistab — Fleiss bringt Ehre, Faulheit bringt
Schande.
uzu sina moste söna, od. juttu, kttlap sls önsaks säd — glaube du
nur dem Worte, od. Gerede, der Männer, dann wirst du wohl gluck-
lich sein (ironisch).
üed ajad, Qed asjad — neue Zeiten, neue Dinge.
üed rattad käiwad ezimest korda ikka raskeste — neue Räder ge-
hen zum ersten Mal immer schwer.
üed rattad on rasked rattad — neue Räder sind schwere Räder,
fielt söl seizab Warnas — neu, od. ungebraucht, hängt das Sieb am
Pflock.
üi kttps wSra rög — neu, d. h. halb, gar des Gastes Speise.
Hi lud pübib häSti (toa pöranda) puhtaks — ein neuer Besen fegt
gut den Fussbodcn des Zimmers rein.
üz lud pfihib ikka puhtama pöranda kui wana lud — ein neuer
Besen fegt immer den Fussboden reiner als ein alter.
üi lud pübib puhta toa — ein neuer Besen fegt eine Stube rein.
üi ratas ei wöre libedaste — ein neues Rad rollt nicht glatt,
üi sukk, wana auk — neuer Strumpf, altes Loch,
ühe ös ta on sita-hurinikas , teize es kulla-tükk — vor dem Einen
ist er ein Misthaufen, vor dem Anderen ein Goldstück.
ühe mehe nou kä|b üle üheksa mehe jöuu — eines Mannes Rath geht
über neun Männer Kraft.
ühe muna sisse ei mahu kaks rebu, ega ühe südame sisse kahe
izanda tönistus — in einem Ei haben nicht zwei Dotter Raum, noch
in einem Herzen zweier Herren Dienst.
ühe noönile palju, kahele pizut - für eine Krähe zu viel, für zwei
zu wenig,
ühe höbiga ei lange pü, ega ühest pafgist ei ehitata honet — von
einem Schlage fällt der Baum nicht, und aus einem Balken baut man
kein Haus.
— 193 —
öhe Önnetus tuleb teizele önneks — des Einen Unglück gereicht dem
Anderen zum Glücke,
öhe sann teize leib — des Einen Tod des Anderen Brot,
ühe tö löpetus sadab teize algatuze — der einen Arbeit Beendigung
bringt den Anfang der anderen.
ühe wädi sös ej wöi mitte kaht sugu ölut olla — in einem Fasse
kann nicht zweierlei Bier sein.
tihed waled (ta) tob, teized ta wlb — eine Lüge bringt er, die andere
bringt er fort:
üheksa ammetit, kfimnes näTg — neun Aemter, das zehnte der Hunger.
üheksa mehe jöud ja ühe mehe nöu on fiks — die Kraft von neun
Männern und eines Mannes Rath ist eins,
ühes kohas ej tehta fiksi leiba ega jöda täri, seda tehakse muial
kä — nicht an einem Orte allein backt man Brot oder trinkt man
Kofent, das thut man anders wo auch,
fihes käidud, fihes pödud — zusammen gegangen, zusammen gehängt,
fihes pütud, fihes pödud — zugleich gefangen, zugleich gehängt,
übest körwast sisse, teizest wälja — zu einem Ohre hinein, zu dem
anderen hinaus.
üht peab tegema, teist mitte tegemata jätma — das Eine muss man
thun, das Andere nicht ungethan lassen.
üht woib nQuda, teist aga mitte nöudmata jätta — das Eine kann
man erstreben, das Andere aber nicht unerstrebt lassen.
ühtegi head ei sä ilma waewata — nichts Gutes bekommt man ohne
Anstrengung.
ühtegi üle lia — nichts in Uebermaass.
üks baige lammas rikub terwe kafja — ein krankes Schaf verdirbt
die ganze Herde,
üks haige lammas teeb pafju haigeks — ein krankes Schaf macht
viele krank.
öks ammeti-mes sab igas kohas, od. paigas, lejba — ein Handwer-
ker erlangt überall Brot,
h&da söb tejse ära — eine Noth verzehrt die andere.
13
. V
— 194 —
üks ei wea teist üle örre — Einer lieht nicht den Anderen Ober die
Stange (beide gleich).
üks ema kaswatab üheksa poega, aga üheksa poega ei toida üht
ema mitte — eine Mutter erzieht neun Söhne, aber neun Söhne er-
nähren nicht eine Mutter.
üks hilp tapab (tabab?) teist — ein Fetzen tödtet, od. erwischt, den
anderen.
üks iza tojdab üheksa last , aga üheksa last ei tqida mitte üks
kord ühte iza — ein Vater ernährt neun Kinder, aber neun Kinder
ernähren nicht einmal einen Vater.
üks iza tqidab üks teist kümmend last — ein Vater ernährt elf Kinder.
üks! juba läks, kaks! karnaps, kolm! körwa-lops, neli! sinu weli,
wiz! Pater Llz, küi! muna üz, seitse! päitsed päkä, kaheksa!
pael kaela, üheksa! üles mäst, kümme! küll sab — eins! giog
schon, zwei! klaps, drei! Ohrfeige, vier! dein Bruder, fünf! P. L.,
sechs! Ei neu, sieben! Halfter auf den Kopf , acht! Schnur um den
Hals, neun! aufgestanden, zehn! ist genug (beim Zählen von Hieben).
üks käzi ej peze (üksi) — eine Hand wäscht nicht allein.
üks käzi pezeb teist — eine Hand wäscht die andere.
üks kord lüga petad, aga leine kord ei peta lihagagi — ein Mal
betrügst du mit einem Knochen, aber das zweite Mal betrügst du nicht
einmal mit Fleisch.
üks köik, kas üks sür wai kaks weiket — einerlei, ob ein Grosses
oder zwei Kleine.
üks köfs huikab teist taga — ein Halm ruft dem anderen nach (dünn
stehendes Getreide).
üks kurat nl hea kui teine — ein Teufel ist so gut wie der andere.
üks kuri patu-kombe söb enam raha ära kui kaks last — eine böse
sündige Gewohnheit verzehrt mehr Geld als zwei Kinder.
üks lammas mägib, koik talled tahawad — ein Schaf blökt, alle Läm-
mer wollen.
üks lind ei ehita ilmaski peza — ein Vogel baut nie ein Nest.
üks lind kautab, od. pillab, peza, kaks koguwad — ein Vogel zer-
stört das Nest, zwei sammeln.
— 195 —
öks lind lendab köjk inä-ilma lftbi, flks kef, tihed suled — ein Vo-
fliegt durch die ganze Welt, eine Sprache, ein Gefieder.
äks lind, mis warblazeks lödud on, sest ei sa ialgi Ö-pikka — ein
Vogel, der zum Sperling geschaffen ist, aus dem wird nie eine Nach-
tigall.
fiks lind pillab, kaks ikka kofjawad - ein Vogel zerstreut, zwei sam-
meln immer.
flks lind pillab peza — ein Vogel zerstört das Nest.
fiks metsa-karu pannakse tantsima, sadik üks inimeze-laps — einen
wilden Bären bringt man zum Tanzen, geschweige denn ein Men-
schenkind.
fiks nael palukest Öiguzega on enam kui ttheksa tile-kohtuga sä-
dut — ein Pfund Bissen mit Gerechtigkeit ist mehr als neun mit Un-
gerechtigkeit erlangte.
fiks näjtab pead, teine perset — der Eine zeigt den Kopf, der Andere
den Hinteren (thut Gutes, Böses).
fiks notin ei noki teize sifmi peast — eine Krähe hackt nicht der an-
deren Augen aus.
fiks norin ei pista teiste silma peast — eine Krähe sticht nicht das
Auge der anderen aus.
fiks ohuks, teine rohuks, kolmas nefjas hiiine-wötja — einer zur
Erquickung, der zweite als Arzenei, der dritte und vierte ein Seelen-
räuber (vom Schnaps).
fiks on hea, teine (on) parem stf — der Eine ist ein guter, der Andere
ein besserer Igel (beide taugen nichts).
fiks on liea, teine wöl parem — der Eine ist gut, der Andere noch
besser (ironisch).
fiks on äks, kaks on kaks , leiwa-koti wöttis, aga peksta ei toli-
tind pölegi — Einer ist Einer, Zwei sind Zwei , den Brotsack nahm
er, aber zu schlagen wagte er durchaus nicht,
fiks pada söiraab teist mnstaks — ein Kochtopf schimpft den anderen
als schwarz,
fiks paha lammas situb köjk hulga ära — ein schlechtes Schaf ver-
unreinigt die ganze Menge.
18^
— 196 —
Qks patt otsib teist taga — eine Sunde verfolgt die andere.
fiks patt tegijal, üheksa pattu pattajal — eine Sande hat der Thater,
neun Sünden der Misstrauische.
Qks patt wötjal, od. wargal, üheksa taga-ajajal — eine Sunde bat
der Nehmende, od. Dieb, neun der Verfolgende, od. Nachforschende,
fiks päew kaebab teist (ikka) taga — ein Tag klagt immer um den
anderen,
fiks päew nöuab teist taga — ein Tag sucht den anderen (vergeht nach
dem anderen),
fiks rägib aita, teine aida auku — Einer spricht von dem Speicher,
der Andere von dem Loch des Speichers (sie verstehen einander nicht),
üks sab kabju, teine kazu — Einer bekommt Schaden, der Andere
Vortheil.
fiks söna seub, teine peastab — ein Wort bindet, ein anderes löst,
fiks sörm on armas kui teine — ein Finger ist lieb wie der andere
(Kind),
fiks talleke m&gib, (teized) köik tahawad — ein Lammeben blökt,
alle anderen wollen,
fiks teeb köigile, köik teewad fihele — Einer thut für Alle, Alle thun
für Einen,
fiks teeb, üheksa kulewad, od. peab kfilma — Einer thut und Neun
hören, od. müssen hören (kommen in Verdacht),
fiks te, kaks a£ja — ein Weg, zwei Geschäfte,
äks tukk ej pole, kui teine ep ole wastas mitte — ein Brand brennt
nicht, wenn nicht ein anderer dabei ist.
fiks tukk suitseb, fiks tukk ei pole — ein Brand raucht, ein Brand
brennt nicht.
fiks bunt ei so, ja kabele ei sä - ein Wolf verzehrt es nicht, und für
zwei reicht es nicht,
fiks hufit teist ei sÖ — ein Wolf frisst deo anderen nicht,
fiks hfiab fiht taga, teine (jälle) teist (taga) - Einer ruft den Einen,
ein Anderer den Anderen (dünn stehende Halme),
üks wanast wäeti, tejne nörest nörk - Einer ist von Alter kraftlos,
der Andere von Jugend schwach.
— 197 —
fiks waras on nl hea kui salgaja, od. warguze wafjaja — ein Dieb
ist so gut wie ein Hehler, od. Verberger des Gestohlenen,
flks waras pQakse wölla, teine töstetakse tölda — ein Dieb wird an
den Galgen gehängt, ein anderer in die Kutsche gehoben,
flks warblane ei süfiüi ilma ja mala tahtmine, Ilatigi sts üks abi-
ein pfif — ein Sperling entsteht nicht ohne Gottes Willen, geschweige
denn ein Ehepaar,
flks wihane naene on Dl kui mäda kondis — ein zorniges Weib ist
wie Fäule im Knochen.
Gks wozu ajab oma kännu järele — ein Schössling artet seinem
Stamme nach,
flkski ei ole nl hea kui kldetakse, ega nl höäl , kuj laidetakse —
Niemand ist so gut, wie er gepriesen wird, noch so schlimm, wie er
getadelt wird,
ükski ei seiza sömata ega, od. fikski ei seiza, jömata — Niemand
besteht ohne Essen, Niemand besteht ohne Trinken,
fikski ep ole nl hea, kui kldetakse, ep ole flkski nl sant, kui lai-
detakse — Niemand ist so gut, wie er gepriesen wird, Niemand ist
so schlecht, wie er getadelt wird,
flkski kiwi ei töuze ilma töstmata — kein Stein erhebt sich, ohne dass
er gehoben wird,
ükski meister ep ole sündimizest sadik meister — kein Meister ist
von Geburt an ein Meister,
flkski Onnetus ep ole nl önnetu, et seal önne jüres ep oleks —
kein Unglück ist so unglücklich, dass nicht ein Gluck dabei wäre,
fikski rebane unes kana kinni ei wOta — kein Fuchs fängt im Schlafe
ein Huhn,
flle-kohtuze, od. üle-kohtuzel, kotil on sflf auk pöhjas — der Sack
der Ungerechtigkeit, od. ein ungerechter Sack, hat ein grosses Loch
im Boden,
üle-kohus ei ja kukruse — Ungerechtigkeit bleibt nicht im Beutel,
flle-kohus ei püzi, od. seiza, kotis — Ungerechtigkeit bleibt nicht im
Sack,
üle-kohus ej seiza kotis; mis luzikaga wöetud, tuleb kutbiga ta-
— 198 —
zuda — Ungerechtigkeit bleibt nicht im Sacke ; was mit dem Löffel
genommen ist, muss mit dem Vorlegelöffel ersetzt werden.
Ürikezeks minule, elu-ajaks omale — auf eine Weile mir, auf Lebens-
zeit sich selber.
Otlezin por tot , pöf pilka , pöT nalja — ich sagte halb die Wahrheit,
halb Spott, halb Scherz.
üts häfg ei anna mitund nahka (d) — ein Ochs giebt nicht mehrere
Häute.
üts lainmas mag, koik säwa', od. tabtwa' (d) — ein Schaf blökt, alle
bekommen, od. wollen.
üts suzi töist ei so, üts ei pista toize silmä (d) — ein Wolf frisst den
anderen nicht, einer stiebt nicht in das Auge des anderen.
hüwwä mäletetäs höäga, kurja mäletetäs kurjaga (d) — des Guten
gedenkt man in Gutem, des Bösen in Bösem.
hfia huriti niine pidi, küll ta tu leb karwu pidi — rufe den Wolf bei
Namen, dann wird er dir in die Haare kommen,
wader on waderi näber — der Gevatter ist des Gevatters Nachbar,
waene ei ole so, kellel wähe on, waid so kes paQu tafwitab —
arm ist nicht, wer wenig hat, sondern wer viel braucht.
waene elab jumalaga, rikas oraa waraga — der Arme lebt mit Gott,
der Reiche mit seiner Habe,
waene raes peab silmist suhu laskma — der Arme muss aus den
Augen in den Mund lassen (seine Thränen trinken).
waene on rikka leiwa-körwaline — der Arme ist des Reichen Brot-
nachbar. »
waene saut (on se), kes (ilma) kotita kerjab — ein armer Bettler,
wer ohne Sack bettelt.
waene sünriib waestega ja wares warestega kokku — der Arme
passt zu den Armen, die Krähe zu den Krähen.
waene tihti wirka lasta, rikas tibti laiska lasta — der Arme gehört
oft zu den rührigen Kindern, der Reiche zu den faulen Kindern.
waenlaste su soetab harwaste kazu-andja pQ — des Feindes Mund
erzeugt selten einen fruchtbringenden Baum.
— 199 —
waest lökatakse auku, rikast töstetakse körgeks — den Armen
stosst man io die Grabe, den Reichen bebt man hoch,
waew teeb wanaks ja mure mustaks — Mühsal macht alt und Sorge
schmutzig,
waewaga tönitud kopikas on arraas kopikas — eine mit Mühe ver-
diente Kopeke ist eine liebe Kopeke,
waga siga koti näber; sab koti ligi, sls törabab löhki — ein stilles
Schwein ist Nachbar des Sackes; kommt es an den Sack, so zerreisst
es ihn.
waga söba, kuri söba-alune — fromme Decke, Lös, was unter der
Decke ist.
waga waest waewatakse, köwer ei tösta körwagi— der sanfte Arme
wird gedruckt, der Schelm hebt nicht einmal das Ohr auf.
waga wazikas imeb kahel udaral , kuri ei ühelgi — ein frommes
Kalb saugt an zwei Eutern, ein böses nicht einmal an einem,
waga weri ei wärise — frommes, od. des Frommen, Blut zittert nicht,
waga wezi, stigaw, od. sflgawam, pöbi — stilles Wasser, tiefer, od.
tieferer, Grund,
wagade käzi käib (nenda), kui mere peal wezi — den Frommen er-
geht es, wie Wasser auf dem Meere,
wagadus on möni kord silma kifjuks, od. wafjuks — Frömmigkeit
ist bisweilen zum Schein,
wagas wees on enam mutikaid kui käredas — im stillen Wasser sind
mehr Insecten als im heftig bewegten,
wagu lambaid malmb palju übte lauta — fromme Schafe haben viele
Raum in einem Stalle,
wagu lambaid sflnnib palju flhte lauta, aga safwik teeb üksi täii
koik lauda — viele fromme Schafe passen in einen Stall, aber ein
Bock erfüllt allein den ganzen Stall,
wagusel wee-pinnal on stigaw pöhi — eine stille Wasserfläche hat
einen tiefen Grund,
wahe kirwes leiab warsi kiwi — ein scharfes Beil findet sogleich einen
Stein.
*ahtis ta pe^le, koi oleks ta tejze silmaga närida ja teizega nö-
i
— 200 —
lata tahtnud — er starrte ihn an , als hätte er mit dem einen Auge
nagen, mit dem anderen verschlingen wollen.
wahtizime, et silmad ära wenisiwad — wir schauten, dass die Augen
verrenkt wurden.
waidlewad wastastiku, et lubi laest maha kukub — sie streiten,
dass der Kalk von der Decke fällt.
waik tsiga kUnd enämb mäd kui röhitaja tsiga (d) — ein stilles
Schwein wählt mehr Land auf als ein grunzendes Schwein.
wajksel weel on sttgaw pöhi — stilles Wasser hat tiefen Grund.
wait olemine on möni kord ka hea wastus — Schweigen ist biswei-
len auch eine gute Antwort.
wale jalad lühikezed — der Lüge Beine sind kurz.
wale-jutud peawad jäma kohtu-toa ukse ette, töe-jutud aga koh-
tu-toa sisse — lügenhafte Reden müssen vor der Thür der Gerichts-
stube bleiben, nur wahrhafte Reden in der Gerichtsstube.
wale-kSf ajab ma-ilma pöleraa — eine lügenhafte Zunge setzt die Welt
in Brand.
wale köik, rannas kala kttll — Alles Lüge, am Ufer sind Fische genug.
wale on jutu jätku, od. jätkuks — die Luge ist eine Verlängerung,
od. dient zur Verlängerung, der Rede.
walel on lühikezed jalad, od. jäfjed — die Löge hat kurze Beine, od.
Spuren. •
waletab, et sü wahutab — er lügt, dass der Mund schäumt.
walge naerab pimeda tod — das Licht lacht aber die Arbeit der Dun-
kelheit.
walitsus kare, rahwas tore — die Regierung streng, das Volk stolz.
wafjud herrad, od. walitsejad, ei walitse (mitte) kaua — die stren-
gen Herren, od. Regenten, regieren nicht laoge.
wafrnista talwe ajal rattaid, sls sui ajal wöid söita — bereite im
Winter Räder, dann kannst du im Sommer fahren.
waln on walmis üle-kohut möistma — der Schmerz ist bereit unge-
recht zu urtheilen.
wana arm ej haffita, od. kustu — alte Liebe schimmelt, od. erlischt,
nicht.
— 201 —
wana annastus ei rösteta — alte Liebe rostet nicht.
wana inimene ja beina-korem on üks — ein alter Mensch und ein
Heufader sind eins.
wana kam ei öpi tantsima — ein alter Bär lernt nicht tanzen.
wana kazukas on ktilma wastu parem kui üi kfib — ein alter Pelz
ist gegen die Kälte besser als ein neuer Rock.
wana kqer aetakse metsa, kus ep ole kutsikat öues — wo kein
HSndeben auf dem Hofe ist , da treibt man den alten Hund in den
Wald (zum Jagen).
wana kont sitkem — alter Knochen ist zäher.
wana kuri kizub seitse pari pastlaid peiu ja neju, od. prüdi ja
peju, wahel ära, enne kuj pari, od. pulma, lähewad — der alte
Böse zerreisst sieben Paar Bastschube zwischen Burscb und Mädchen,
od. Braut und Bursch, bevor sie in die Ehe, od. zur Hochzeit, gehen.
wana mos, aga lapse aru sös — ein alter Mann, aber mit der Einsicht
eines Kindes.
wana mos wareste rög, musta linnu lejwa-kakk, hakkide nina-
alune — ein alter Mann ein Gericht der Krähen, ein Brotlaib des
Raben, eine Speise der Dohlen.
wana mes, warsa möte, od. mötted — ein alter Mann , eines Füllens
Gedanke, od. Gedanken.
wana naene kätki-pakk ja lapse warig — ein altes Weib ein Wiegen-
klotz und eine Gefangene des Kindes.
wana naene käbas , kätki-alune — ein altes Weib ein Grabhügel , ein
Wiegenklotz.
wana nögi on raske maba pesta — alter Russ lässt sich schwer ab-
waschen.
wana nöu nurgas on enam kui wana tö — ein altes Geräth im Win-
kel ist mehr als alte Arbeit.
wana hobune waljaste töttu, wana inimene riete töttu ilus — ein
altes Pferd ist vermöge des Zaumes, ein alter Mensch vermöge der
Kleider schmuck.
wana pead auusta ja hälfe hiuksid tereta — einen alten Kopf ehre
and graue Haare grüsse.
- /
— 202 —
wana söbr on kuj kuld, mis ei rosteta — ein alter Freund ist wie
Gold, das nicht rostet,
wana tö, wana söbr — alter Weg, alter Freund,
wana weab oma lüdega enara kui nöf lihaga — ein Alter zieht, od.
wiegt, mit seinen Knochen mehr als ein Janger mit seinem Fleische.
wanad hobused söwad kä wGl kaeru — alte Pferde fressen auch noch
Hafer,
wanad püd säwad abju-püks, wanad inimezed surnu-lüks — alte
Bäume werden zu Brennbolz, alte Menschen zu Todtengebein.
wanad us ei kaitse mitte jöleduze est — Alter schützt nicht vor Thor-
heit.
wanadus wöidab, ei suda enam t5d teba — das Alter bat die Ober-
hand, man vermag nicht mehr zu arbeiten.
wanal kul rajutakse leht-pu, nörel okas-pü — bei altem Lichte haut
man den Laubbaum, bei neuem den Nadelbaum.
wanal on sitkem hing kui kaSSil — ein Alter hat ein zäheres Leben
als eine Katze,
wanal on wara parem, kirstu kai on kindlam — bei Alten ist die
Habe besser, der Deckel des Kastens fester.
wanal sönal on kuld-sizu sös — ein Sprichwort hat einen goldenen
Inhalt.
wananeb häfg wazikata, miks sls naene ei lastega? — wird doch ein
Ochs alt ohne Kalb, warum denn nicht ein Weib mit Kindern.
wanast ei sä enam nört, aga Hörest küll wana — aus einem Alten
wird nicht mehr ein Junger, aber aus einem Jungen ein Alter.
wanast tödrukust sab möni kord wöl norik — aus einer alten Jung-
fer wird bisweilen noch eine junge Frau.
wanema bof on enam kui nörema tö — des Aelteren Sorge ist me*r
als des Jüngeren Arbeit,
wanne on warga tänu — Fluch ist des Diebes Dank,
wanne salwab oma sünnitajat — der Fluch beisst seinen Erzeuger,
wanus ei teuta kedagi, kui inimene wannst ei teuta — das Alter
schändet Niemand, wenn nur der Mensch das Alter nicht schindet.
— 203 —
wanos wöidab, aja-tagune tahub - das Alter überwindet, der hinter
dem Zauoe glättet, od. behaut (?).
wanker söiraab talwe — der Wagen schimpft den Winter (wenn man
im Winter mit dem Wagen fahrt).
wara-hommiku-tuntiil on kulda sGs — die Morgenstunde hat Gold im
Munde,
wara on klta, wara laita — es ist zu früh zum Loben, zu früh zum
Tadeln,
warane kana pühib nokka — eine frühe Henne wischt sich den Schna-
bel (findet etwas zu fressen),
warane lind luiskab nina, hiline katsub perset — ein früher Vogel
schleift den Schnabel» ein später greift an den Hinteren,
warane lind pühib nokka, (aga) biline (lind) kratsib perset, od. si-
putab slwu — ein früher Vogel wischt sich den Schnabel, aber ein
später Vogel kratzt den Hinteren, od. schüttelt die Flügel,
warane wazik, hiline tall — frühes Kalb, spätes Lamm.
waras ej läe ilmaski ütsindä lflffl (d) — ein Dieb geht niemals allein
zum Galgen.
waras ikka enese tagant warastab — der Dieb stiehlt immer hinter
sich,
waras jfitab .warna seina , (aga) tuli ei tee sedagi , od. ei jäta se-
dagi, od. teeb köjk tuhaks — der Dieb lässt den Pflock in der
Wand, aber das Feuer thut auch das nicht, od. lässt auch den nicht,
od. macht Alles zu Asche,
waras kidab senrii, kui köü kaela ümber sab — der Dieb rühmt sich,
bis der Strick um den Hals kommt.
waras on nl hea kui salgaja — der Dieb ist so gut wie der Hehler,
waras otsib 5 hölma alt, od. Ost, warju — der Dieb sucht unter der
Decke der Nacht, od. von der Nacht, Schutz,
waras wannnb, od. kidab, senni, kui wlmse pulga peale sab — der
Dieb schwort, od. rühmt sich, bis er auf die letzte Sprosse gelangt,
waras warastab. warga tagant, (söf) jumal naerab ülewalt — ein
Dieb stiehlt hinter dem anderen, der grosse Gott lacht von oben,
warastud king-nael nßlab öiguzega sädud raud-kanna ära — ein
— 204 —
gestohlener Schuhnagel verschlingt eine mit Gerechtigkeit erworbene
eiserne Stange,
waratse aäja wastu ei jöua, od. sä, ükski — gegen eine frühe Sache
vermag Niemand etwas,
warblazed pühiwad oma nokka seile oksa wastu , kus peal nad
seizawad — die Sperlinge wischen ihre Schnäbel an dem Aste, wor-
auf sie stehen.
wares wftgub ize oma peza üles — die Krähe verräth selbst ihr Nest
durch Krächzen,
wargal tiks tö , otsijatel ttheksa ted — der Dieb hat einen Weg» die
Verfolger haben neun Wege.
wargus tuleb oroal ajal walgele — Diebstahl kommt zu seiner Zeit
an's Licht,
warguzel on löhkine küb — Diebstahl hat einen löcherigen Rock,
warsa wädatakse märast, tütart tunüistatakse emast — beim Fül-
len sieht man auf die Stute, die Tochter prüft man nach der Mutter,
waäk on waeze kuld — Kupfer ist des Armen Gold,
wagk waeze kuld, tina kehwa höbe — Kupfer des Armen Gold, Zinn
des Dürfligen Silber,
wastne sadul, wana hobene (d) — neuer Sattel, altes Pferd,
wastsest om sögl waia otsah , wanalt pingi all (d) — neu hängt das
Sieb am Nagel, alt liegt es unter der Bank,
watsk taht walget, pudr sefget (d) — der Kuchen will Weisses, d. h.
Milch, der Brei Reines,
wazikal tuleb, hftrjal läheb — mit einem Kalbe kommt es, mit einem
Ochsen geht es.
wäta otsa peale — schaue auf das Ende hin.
wata tfltar-last, enne kui lähed kozima — betrachte das Mädchen,
bevor du freien gehst,
wätab kaää kuninga silma, sadik (mina) sinu silma — sieht die
Katze in des Königs Gesicht, geschweige denn ich in dein Gesicht,
wätab taewa-söl Eadrina-päewast maha, sls sab pafju tüdrukuid
mehele — sehen nach dem Katharinentag die Plejaden herab, so
werden viele Mädchen verheirathet.
— 205 —
wäe kaupa ei tohi kellegi kiest wötta — mit Gewalt dqrf man von
.Niemandem nehmen.
wäga lihaw elajas läheb kärnaseks — ein zu feistes Thier wird räudig,
waga uhke toit teeb koti tühjaks — zu herrliche Nahrung macht den
Beutel leer.
wägewa weega ei toe Ut£neid mitte — bei tiefem Wasser giebt es
keine Wellen. '
wägise ej woi teist inimest kütkese panna; teizel ep ole safwi,
muH ep ole ktitket — mit Gewalt kann man einen anderen Men-
schen nicht fesseln; der Andere hat keine Hörner, ich habe keine
Fessel.
wägise wldi, bea mölega anti, od. aädsin — mit Gewalt wurde es
fort gebracht, gern gegeben, od. gab ich.
wai-mös püakse wölla, kui naeze ema majas on — der Schwieger-
sohn wird an den Galgen gehängt, wenn die Schwiegermutter im
Hause ist.
wärske kala, hea kala — frischer Fisch, guter Fiseb.
wärsked munad on köjge paremad manad — die frischen Eier sind
die besten Eier.
wäziwad atidjad, ei wäzi wastu-wötjad — ermüden auch die Geber,
die Empfanger ermüden nicht.
wlna sls witsa, kui wits alles pönike on ja annab wänata, aga
mitte sls enam, kui ta jämedaks kaswanud — biege die Ruthe,
wenn die Ruthe noch dünn ist und das Biegen gestattet, aber nicht
mehr dann, wenn sie dick geworden ist.
wlna witsa. kui wits wänata annab. od. kui ta wöl wänub —
biege die Ruthe, wenn die Ruthe sich biegen lässt, od. wenn sie sich
noch biegt.
w&na witsa nl kaua, kui paenub — biege die Ruthe, so lange sie bieg-
sam ist.
*ina witsa (seil ajal), kui wits nödr on, ära mine (sls) w&nama,
kui sitkemaks on kasnud, od. kui sab söreks kaswanud —
biege die Ruthe zu der Zeit, wenn die Ruthe schwach ist, geh nicht
sie dann biegen, wenn sie zäher, od. gross, geworden ist.
— 206 —
i
wäna witsa wözult, ära raine palgilt wänama — biege die Ruthe als «
Schössling, geh nicht sie biegen als Balken.
wea koer wägise metsa ja öta sls, kas ta sulle lindu tob! -
schleppe den Hund mit Gewalt in den Wald und warte dann, ob er
dir Wild bringt.
weega wöib jänu ajada, kiwiga ei wöi mitte izu ajada — mit Was-
ser kann man den Durst vertreiben, mit einem Stein kann man nicht
den Hunger vertreiben.
weel ep ole oksa, laenel ladwa — das Wasser hat keinen Zweig, die
Welle keinen Wipfel.
wenna wits on magusam kui wöra woid-leib — des Bruders Ruihe
ist schmackhafter als des Fremden Butterbrot.
wennaste naestel on sagedaste nägelemist — Weiber von Brüdern
haben oft Zank.
weri langet) ikka were pole — Blut neigt sich immer dem Blute zu
(Verwandte).
weri on (ikka) paksem kui wezi — Blut ist immer dicker als Wasser
(Verwandtschaft).
weri tunneb were waewa — Blut kennt des Blutes Mühe.
weri wihkab werd — Blut hasst Blut (Anverwandte).
weäki laulab seda wlzi mördrile: kinnas kotii, peial raatti — die
Mühle singt so dem Müller: der Handschuh in den Sack, der Daumen
in die Metze.
wezi jätab enam kui Ohte paika jäTgi — Wasser lässt an mehr als
einer Stelle Spuren.
wezi jäb weeks, wili jäb wäeks — aus Wasser wird Wasser, aus Ge-
treide Kraft.
wezi pitka plraa jätku — langes Wasser ist Ergänzung der Milch.
wezine weliste arm, sökline sözaride arm (d) — wässerig isl der
Brüder Liebe, spreuig der Schwestern Liebe.
wöreja kiwi ei kaswata mitte, od. ei sä, sammalt peale — ein rol-
lender Stein bekommt kein Moos.
wörejal ktwil ei ole samblaid seljas — ein rollender Stein hat kein
Moos auf dem Rucken.
— 207 —
wörewa kiwi peale ei kaswa sammalt — auf einem rollenden Stein
wichst kein Moos
werewad kana-munad pezas, s&dik ineje waezed patused — rollen
doch Hühnereier im Neste, geschweige denn wir armen Sünder,
werewad ka kana-munad pezas, sadik abi-elu-rahwas — rollen
doch sogar Hühnereier im Neste, geschweige denn Eheleute,
werewal, od. wöri-, kiwil ei ole sammalt — ein rollender Stein, od.
ein Roll stein, hat kein Moos,
wiga wlzus ja häda rfittes — ein Fehler am Schuh und ein Schaden
am Tuch (überall ist etwas aus zu setzen),
wiha ei kölba a£ja-ajajaks — Zorn taugt nicht als Ausrichter eines
Geschäfts,
wiha minek kahetsuze tulik — des Zornes Gehen ist der Reue
Kommen,
wihawötab, od. wib, wiljamäst, kadedus kalad merest — der
Zorn bringt das Getreide aus dem Lande, der Neid die Fische aus
dem Meere,
wihast sab beji ölle ja pahast sab hea pTbu — aus Hopfen bekommt
man gutes Bier, aus Masern eine gute Pfeife (Wortspiel und scherzb.
Entgegnung auf die Phrase «ära wöta wihaks, od. ära pane pa-
haks» nimm nicht übel),
wihastad sina mind, sIs wihastan mina sind — erzürnst du mich, so
erzürne ich dich,
wihma käest rästa (-wee) alla (jöksma) — aus dem Regen unter die
Traufe laufen,
wihma wärawad jälle lahti — des Regens Thore sind wieder offen,
wile nutma, wile naerma, wöl wiledam wihale säma, od. wihas-
tama — rasch zum Weinen, rasch zum Lachen, noch rascher zum
Zürnen,
wilets peksetakse witsaga, önüis kaswab ize — der Elende wird mit
Ruthen geschlagen, der Glückliche erwächst von selbst,
wilets witsal peksetakse, öMis sül Öpetatakse — der Elende wird
mit Ruthen geschlagen, der Glückliche mit dem Munde belehrt.
wiletsal ikka wiza hing — der Elende hat immer ein zähes Leben.
— 208 —
wiletsus lahkub wingudes — Elend scheidet winselnd.
wiletsus hüppab uksest, astub aknast ja poeb prau wahelt, kui
kogemata raulgu leiab — Elend springt durch die Thür, steigt
durch das Fenster und kriecht durch eine Ritze herein , wenn es zu-
fällig ein Loch findet.
will, mis selge, töstab hinda, kerge kaub tole kätte — Getreide,
das rein ist, hebt den Preis, das leichte verliert sich in den Wind.
wili wäljas ep ole kellegi kotis, se on jumala käe — das Getreide
auf dem Felde ist in Niemandes Sack, das ist in Gottes Hand.
wingrul seal on mitu wiga, mä kfllmetand ja kärs kaiki — ein
quiekendes Schwein hat mancherlei Ausreden, der Boden ist gefroren
und der Rüssel wund.
wirge ema kaswatab pehmed tütred — eine fleissige Mutter erzieht
weichliche Töchter.
wirk wigasid parandab, laisk laiale lautab — der Fleissige bessert
die Mängel, der Faule breitet sie weiter aus.
Wirulane wilja purini, Hafjalane hagana punni — der Wierländer
ist von Getreide dick, der Harrier von Spreu.
wiska kqerale korit sühn, hakkab ommeti pärast jälle uns ema —
wirf dem Hunde einen Knochen tn's Maul, er fängt doch nachher wie-
der an zu knurren.
wiska seda rästa alla nfigu muldne täbt-ramat — wirf das unter
die Traufe wie einen vorigjährigen Kalender (Unnützes).
wiskamize est kaugele hoida on terwizele hea — vom Werfen sich
fern halten, ist der Gesundheit gut.
wi&iste on sinu ots segase weega kastetud — gewiss ist deine Sürn
mit unreinem Wasser benetzt (darum bist du so confus).
witsa wänatakse, kui ta alles nör on — eine Ruthc biegt man, wenn
sie noch juog ist.
wl kqer kiriku elik tö tagasi, ühe-sugu-karwane ikka — bringe
einen Hund in die Kirche oder bringe ihn wieder zurück , er ist im-
mer von einerlei Farbe.
Wieline punnas, pund sola möttes — ein Fünfer im Beutel,- ein Lies-
pfund Salz in Gedanken.
— 209 —
wlmake löppeb kiwine kakk, aga millal löppeb kewadine pfiew?
— zuletzt geht auch ein steinernes Laib zu Ende , aber wann geht ein
Frühlingstag zn Ende.
wTmsest apgust ta wilistab — er pfeift aus dem letzten Loche,
wln od kurati käe-raha — der Branntwein ist des Teufels Handgeld.
wln paneb taplema, wln Iepitab jälle — Branntwein bringt in Streit,
Branntwein* versöhnt wieder,
wina-klazi upub rohkem inimezi ära kui merese — im Branntweins-
glase ertrinken mehr Menschen als im Meere,
wlna-tops paremb kui kezwä-terä (d) — ein Glas Branntwein ist bes-
ser als ein Korn Gerste.
wi£ ammetit, kües nälg, od. kehwus — fünf Aemter, das sechste der
Hunger, od. die Dürftigkeit.
wig wiga wlbijal, kttmme köwwerust köheldajal — fünf Entschuldi-
gungen hat der Zaudernde, zehn Ausflüchte der Säumige,
wölas wezi ej lange iga kord merde, od. merele — fliessendes Was-
ser fallt nicht immer in's Meer, od. nach dem Meere hin.
wön kfizüs wähä käest willo (d) — das Lamm verlangt von dem Krebs
Wolle,
wöhlul e| kazu wtfja, ja kadehel y kazu karja (d) — dem Zauberer
wächst kein Getreide, dem Neidischen wächst keine Herde,
wöi jumal mindki ilma sambaks jätab, od. mind als jätab ilma
sambaks? — lässt denn mich Gott als Säule der Welt (werde ich
denn ewig leben),
wo) köik säwad marja-mäle? muist ikka karja-mäle — gelangen
denn etwa Alle auf ein Beerenland? zum Theil immer auf ein Weide-
land,
wöi taud' tühjast toast midagi wötab? — nimmt denn wohl die Seuche
etwas aus einer leeren Stube,
wöietud wanker ei t&nita — ein geschmierter Wagen schreit nicht.
w5lg, mis enne Jüri-päewa tehtud, se maksab lojus, mis pärast
Jflri-päewa tehtud, maksab pöld — eine Schuld, welche vor dem
Georgstag gemacht ist, bezahlt das Vieh, welche nach dem Georgstag
gemacht ist, bezahlt das Feld (beim Wechsel der Wirthe).
14
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— 210 —
wölg on (ikka) w8ra, od, wSras, oma — eine Schuld ist immer des
Fremden, od. fremdes, Eigenthum.
wölg teeb waeze ofjaks — die Schuld macht den Armen zum Selaven.
wölsiga wöetas naine, pettega peetäs pere (d) — mit Lüge wird
das Weib genommen, mit Betrug der Hausstand gehalten,
wöfeil omma' lühikeze' jala' (d) — Lugen hat kurze Beine,
wöta pihu pezast karwu ehk wähi seFjast willu! — nimm von der
Handfläche Haare oder von des Krebses Rucken Wolle (ironisch).
wöta pörsas (wastn), kuj pörsast pakutakse — nimm das Ferkel an,
wenn ein Ferkel angeboten wird.
wöta sealt, kus sa ei ole pannud! — nimm da, wo du nicht hin gelegt
hast (ironisch),
wöta üht ja wiska tejst — nimm den Einen und wirf ihn nach dem
Anderen (Beide sind gleich schlecht).
wöta waezest kobast naene, ja osta rikkast kohast hobune, od.
rikkast kohast osta hobune — von einer armen Stelle nimm ein
Weib, und von einer reichen Stelle kaufe ein Pferd.
wöta wana inimeze öpetust, aga mitte oza — nimm eines alten
Menschen Lehre aber nicht Antheil.
wöta wana inimeze öpetust, ära so wana inimeze südant — nimm
eines Alten Lehre an, verzehre nicht eines Alten Herz.
wöta wana söna ja ära so wana oza — lass dir von dem Alten sagen,
und iss nicht des Alten Antheil auf.
wöta w&hist, od. wähilt, willu! — nimm von einem Krebse Wolle
(ironisch).
wötja käe peale lüakse, aga mitte paluja ßü peale — auf des Neh-
menden Hand schlägt man, aber nicht auf des Bittenden Mund.
wöra kltus heliseb , oma kltus hgjzeb — des Fremden Lob klingt,
das eigene Lob stinkt.
wöra hobuse seljast töugatakse maha — von eines fremden Pferdes
Rücken wird man hinab gestossen.
wöra walu seizab ikka pü kfllles — des Fremden Schmerz ist immer
am Baum (unbeachtet).
— 211 —
wSrad weised ei seiza raeie karjas — fremde Rinder bleiben nicht in
unserer Herde.
wdras ema püakse wölla, oma töstetakse taewa — die Stiefmutter
wird an den Galgen gehängt, die eigene Motter in den Himmel er-
hoben.
wöras hobune oma plts, (söga wöib bäSti söita) — fremdes Pferd
und eigene Peitsche, damit kann man gnt fahren.
wSras oma nSgti w5ta jxii oma hinne peale mäst files — fremdes
Gnt ist so, wie mit Lebensgefahr eine Schlange vom Boden anf zu
nehmen.
wöras on wölu peres — ein Fremder ist ein Hexenmeister im Haus-
stand (sieht viel).
wöras tob, wöras wlb ; wöras tob kulunud küe , karwa werenud
kazuka — der Fremde bringt her, der Fremde bringt fort ; der Fremde
bringt einen vertragenen Rock, einen abgehaarten Pelz.
wSrast nahast on kerge kingi leigata — aus fremdem Leder ist leicht
Schuhe zu zu schneiden.
wörast weist ikka teized pusklewad — ein fremdes Rind stossen im-
mer die anderen.
n. Umschreibende, bildliche, verblümte Bezeich-
nungen und Redensarten.
An Ausdrücken solcher Art, theils euphemistisch oder scherzweise,
theils in gewöhnlicher Rede gebraucht, ist das Ehstnische sehr reich. Das
Meiste davon hat auch im Wörterbuche Platz finden können, ist aber durch
die Einrichtung eines solchen nur vereinzelt und unter die verschiedensten
Artikel zerstreut. Auch hier kann der Vorrath natürlich nicht erschöpft
Verden, auch wenn er nicht täglich, wie sich Gelegenheit dazu bietet,
noch vermehrt wurde ; aber in einer besonderen , die Uebersicht erleich-
ternden Zusammenstellung wird auch eine Probe davon für den hier vor-
liegenden Zweck genügen. Ich gebe zuerst einige Proben von mehr oder
weniger zahlreichen Gruppen von Ausdrücken für einen und denselben Be-
griff, und dann eine kleine Auswahl von einzelnen.
— 212 —
Der Daumen (p$al, pftkk) wird auch täi-tapja (Laustodter) ge-
nannt, der Zeigefinger (ezimene sörm) auch köre-käpp (Rahmpfote),
köre-nölija, püti-n., poti-n. (Rahmnascher , Büttennascher, Topf na-
scher), koti-nöl (Sacknadel), der Mittelfinger (ke&mine s.) auch
süf, od. pitk, Hindrik, pitk Peter, süf Slm (grosser, od. langer,
Heinrich, langer Peter, grosser Simon), sür tille (grosser Baumler), der
Ringfinger (kuld-s.) auch nimetuze-s. od. nimetis-s. (unbenannter
Finger), nimetis- od. nimetuze-Mats (unbenannter Matthias), kulla-
kafidja (Goldträger), der kleine Finger (weike s.) auch tilu 8., ti-
bakene s. (d) (kleiner Finger), pizike Hants-, weike H., wähe H.
(kleiner Hans), weikene Hindrik (kleiner Heinrich), pizukene Tlu
(kleine Doris), winks od. kaela-winks (Knirps), weike wä£trik (kleine
Bachstelze).
Der Wolf (haut, sazi) heisst halT-kub (Graurock), hau mos
(grauer Mann), haHi-kazuka-mes (Mann im grauen Pelz), halfi-wati-
mös (Mann im grauen Kleide), half saks (grauer Herr), haff-watt
(Graukleid), kazuka-Andrus (Andreas mit dem Pelz), kazuka-k&is
(Pelzärmel),' köwasi-körw (Schleifsteinohr), krlm (Bunter), krlm-silm
(Buntgesicht), krlm-silma-m&s (Mann mit dem bunten Gesicht), laia-kÄpa-
mös (Mann mit der breiten Pfote), lamba-mufdja (Schafzerreisser),
mets '(Wald), metsa - akku (Alter des Waldes), metsa-halT (Grauer
des Waldes), metsa-kqer (Waldhund), metsa-konri (Waldkobold), metsa-
kaisikas (Waldhündchen), metsa-lind (Waldvogel), metsa-löm (Wald-
geschöpf), metsa -mes (Waldmann), mets- Off (Olaus des Waldes),
metsa-onu (Waldoheim), mets-ploni (Waldhund), metsa-saks (Wald-
herr), metsa -sikk (Waldbock), metsa -Tö IT (Starker des Waldes),
metsa -wiha (Waldzorn), metsa -wilu (Waldschatten), metsaline
(Waldbewohner), houste-surmaja (Pferdetödter), paju-wazikas (Wei-
denkalb), pitk-händ (Langschwanz), pitka-sawa-mes (Mann mit dem
langen Schwanz), pfiha Juri kaisikas (Hündchen des heiligen Georg),
sape-nina (Lehmnase), soru-saba, söru-s. (Flachssch wanz) , soru-
sawa-mös (Mann mit dem Flachsschwanz), toru-nina (Rohrennase),
toru-saba (Röhrenschwanz), üks-luine (Ungelenkiger), wana haTI
(der alte Graue), wana julge (der alte Dreiste), wana half kutsikas
— 213 —
(das alte graue Hündchen), wana metsa-mös (der alte Waldmann), wana
pSza-tagune (der Alte hinter dem Strauch), wana TöTC (der alte
Starke), wäriku-izand (Herr des Gebüsches), Willemikene (Wilhelm*
eben), wöza- Willem (Wilhelm im Gesträuch).
Für die Schwangerschaft hat man wohl nur bei Thieren das ein-
fache tlne (trachtig), vom Menschen werden durchaus umschreibende
und verblümte Ausdrücke gebraucht, wie ta an raske (sie ist schwer),
ta on hendas (sie ist in sich), raske jala peal, raske jalaga, rasket
jalga (auf schwerem Fuss), od. raske -jalgne (scbwerfässig) , oma
jäfje peal (in ihrem Zustande), lapse-kandja (eine Kindträgerin),
käima p^al od. käima-pealne (auf dem Gange), kahe-kordne (dop-
pelt), körmas (beladen), last (mit einem Kinde), ötamize od. ötuze
pejl (in der Erwartung), paks (dick), esmas - päewane (montagig),
egä-p|iw&ne (d) (alltägig), ramb (schwach), raske tS peal (auf
dem schweren Wege), kä nT-samane, kä säräne (d) (auch eine solche),
sarnane (ahnlich, schwächlich), täiz (voll), teist wlzi jänud (an-
ders geworden), tugewaks jänud (stark geworden), (ize) ftnnast was-
ta (gegen sich), wäziod (ermüdet), womm (dick), süle-täjega (mit
einem Schoosvoll), tejze od. ize-suguse tö peal (auf einem anderen
od. besonderen Wege), pöles aeges (in halben Zeiten) — tema hau-
dub (sie bratet), klokä (d) (gluckst), kannab last pöues (tragt ein
Kind im Busen) , kftib last (geht mit einem Kinde) , ep ole äks wgjd
kaks (ist nicht ein sondern zwei), ej ole öige terwe (ist nicht ganz
gesund), talub last (trägt ein Kind), on matsu od. höbi sSnud (bat
einen Schlag bekommen), on sSnnd (hat empfangen) — temal on höp
od. häw kttlles (sie hat einen Schlag od. eine Wunde an sich), körem
od. taps kOlles (eine Last od. ein Kind an sich), laps hölmas (ein Kind
im Schoosse), tükk kttlles (ein Stück an sich), maha kukumas (etwas
rom Herabfallen) — tema jalad on lühikezed (ihre Fasse sind kurz),
teda on ödata (sie ist zu erwarten) , tema pöu on täii (ihr Busen
ist voll), laps on pöues (ein Kind ist im Busen), laps on tema ttm-
W (ein Kind ist um sie), laps on ta wS all (ein Kind ist unter ihrem
Gürtel), talub last (sie trägt ein Kind).
Eben so sind auch für das Gebären (ilmale töma) mancherlei bild-
— 214 —
liehe Aasdrücke beliebt, wie ahi od. keris mäs (der Ofen od. die Ofen-
decke liegt darnieder), ahi od. keris lagus ära (der Ofen od. die Ofen-
decke ist eingefallen), ahi nurgas mäs (der Ofen in der Ecke Hegt dar-
nieder), ahju-sü kukus maha (die Ofenmündung fiel nieder)» keris lan-
ges maha (die Ofendecke fiel ein), karu lautas kerise ära (ein Bar
bat die Ofendecke zerstört, von der Geburt eines Knaben), naezel od omad
jäfjed (das Weib hat seine Umstände), Jamal on lahutamist annud
(Gott bat Scheidung gegeben), Jamal on kaks tthest ära lautanud (Goü
hat zwei von einander geschieden), naezel olid sünduzed (das Weib
hat Geburt gehabt), wejkene lükkas wanni külleti (der Kleine hat die
Wanne umgestossen) , pizikene ajand stire nurka (der Kleine hat die
Grosse in den Winkel getrieben), jumal tuli tuppa (Gott kam ins Zim-
mer — nagne j(ü, od. saj, od. tuli maha (das Weib kam nieder), lah-
ku8 ära (hat sich geschieden), langes maha (fiel nieder), läks od.
sgj nurka (ging od. kam in den Winkel), läks pakku (hat sieh ver-
steckt), pudenes (maha) (zerbröckelte), puistas mau-täje (bat des
Inhalt des Magens ausgestreut), läks sauna (ging in die Badstube), on
saunas (ist in der Badstabe), tegi titte (hat eine Puppe gemacht), om
tare-töbine (d) (ist zimmerkrank), läks törise (ist in die Zurackgezo-
genheit gegangen).
Sehr zahlreich sind auch die Ausdrücke für «er ist betrunken»
(jöbnud), wie ta on pufjus od. purjutamas (er ist unter Segelt to-
ru-jommis, poru-j., puru-j. (im Rausch), jönune (trunken), jomise
peaga (betrunkenen Kopfes), jOwastand (berauscht), wlnaga ligunud
od. wettind (mit Branntwein eingeweicht), kifini märitud (verschmiert),
ölg- peaga (mit einem Strohkopf), pohmelijas (berauscht), prirfis
siünil (mit bebrillten Augen), täji kui üks pük (voll wie eine Kröte),
pttha - päe wane (sonntägig) , püha - päewa - öhtune (sonntagabendlich),
räpune (schmutzig), rezine (feucht), sopane (schmutzig), tohletand
(schwammig), p^ast humalane (voll Hopfen im Kopf), wäzind (er-
müdet), poles winnas (halb gespannt, aufgezogen), winnus (im Duost),
wlna sös (in Branntwein), wlnane (voll Branntwein), löffis, lolßs
(betäubt), saksa-mes (ein Herrschaftlicher), mäfja ninaga (mit nasser
Nase), hunüine (voll Schnaps) — ta on sarwede wahele sanud (er
— 215 —
hat zwischen die Hörner bekommen) , tapu ajas käjnud (den Hopfen-
garten besacht), tapa-aja tö p^al kgpmd (den Weg zum Hopfengarten
betreten), wlna sänud (Branntwein bekommen), käest sänud (ans
der Hand bekommen) , ennast jönud (sich getrunken) , ennast hulluks
od. möletumaks jönud (sich unvernünftig getrunken), mfile p$£St ära
jönud (den Verstand aus dem Kopfe getrunken), jönud (getrunken),
nina kastnud (die Nase begossen), ennast, od. süd silmad, tg|i lak-
konad (sieh, od. das Gesicht, voll gesoffen), m&rga s&nud (Nasses
bekommen), mütsi päbft pannud (eine Mütze auf den Kopf gesetzt),
nokka kastnud (den Schnabel begossen), nokastand (gepiokt), en-
nast ära seganud (sich verwirrt), tukastand (geschlummert), palju
humalajd sänud (viel Hopfen bekommen), hunti njgnud (einen Wolf
gesehen)» warju pfthä sänud (einen Schatten in den Kopf bekommen),
nokka weristaud (den Schnabel blutig gemacht), jum&la wilja n&j-
nud (Gottes Frucht gesehen), wlna sänud (Branntwein bekommen),
pea-täje sänud (einen Kopf voll bekommen), huntii sftnad (Schnaps
bekommen), pafju j&nesid ngjnd (tö p^jd) (viel Hasen gesehen auf
dem Wege), tapu-a^da näinud (den Hopfengarten gesehen) — tema
loffitab (er ist trag), ep ole mitte majtsmata (ist nicht ohne ge-
schmeckt zu haben), ej sannd jn walget p$$wa nftha (hat ja den hel-
len Tag nicht zu sehen bekommen), rimmab (lärmt) — temal on natuke
sarwede wahel (er bat etwas zwischen den Hörnern), sarwed pala-
wad (die Hörner heiss), wlna kfllles (Branntwein an sich), kaks
mütsi peas (zwei Mätzen auf dem Kopf), midagi, od. natukene, no-
kas (etwas im Schnabel), nokas wara (Vorrath im Schnabel), kaks
p^d, od. üi pej, otsas (zwei Kopfe, od. einen neuen Kopf), h&äti
fimber peji (tüchtig um den Kopf), seitse silma p$as (sieben Augen
im Kopf, warandust p$as (Vorrath im Kopfe), wari peas (einen
Schatten im Kopfe), wähe wlna külles (etwas Branntwein an sich),
ölle-hyz ninas (Biergeruch in der Nase) — tema silma-wahed on
kirjod od. pnnased (der Raum zwischen seinen .Augen ist bunt od.
roth), tema nokk sitane od. wlnane (sein Schnabel ist schmutzig od.
voll Branntwein), tema prilT raswane (seine Brille ist fettig), tapu, od.
hnmala, wägi on teda w$itnud (des Hopfens Kraft hat ihn bpstegt),
— 216 —
tema p$£ puhkeb (sein Kopf schlägt aus) , jumala wili on teda wöit-
nud (Gottes Frucht bat ihn besiegt) , tema pea soe otsas (sein Kopf ist
wann), harakas pajus (es ist eine Elster im Weidenbuscb), tema nina
on nlske (seine Nase ist feucht), tema mäe-tare om rnmalas l&nnfl
(d) (seine Oberstabe ist dämm geworden).
Am mannichfaltigsten sind die Ausdrücke für «prägein» schlagen
(mit Hand» Stock oder Ruthe)». Zunächst giebt es dafür eine betriebt-
liehe Anzahl einfacher Verba, grossen Tbeils auch schon in übertragener
Bedeutung , andma (eins geben) , harima (bürsten) , atma (d) (sto-
pfen), hälama (anholen, anziehen), ängama (eins wischen), eTpima,
kährima, käjama (schleifen), klobistama, klömmima, kludima (d),
kolkima, kompma (d), kozima (freien), kudama (weben), kupas-
tama od. kupatama (abbrühen), lahtima (schlachten), lajgitama
(schwenken, schuttein), leikama (eins schneiden), leatama (einweichen),
lopsima, Initama, malkama od. malgatama, matardama, matsuta-
ma, mopsima, möglema, mfitsitama (mit einer Motze versehen),
müttima, nodima, nöpima (kuopfen), nuiama, nüskama (schnauzen),
nühkima (scheuern), nfipeldama, panema (eins versetzen), pafkima
(gerben), papgntama, peksma, pltsama, plftnima, popsima, pafki-
ma, rüunama, rohitsema (Arzenei geben), roimaraa (schwenken),
ropsima, rOdama (schwenken), rökima, röskama, röhmama (arbei-
ten), sagima (zausen), safjama (sieben, sichten), saunama (baden), sö-
lama (salzen), sömitsema (schuppen), sadima (arbeiten), sugema
(striegeln), suiama (verkeilen), sflgama (kratzen), taguma (hämmern),
togima, tsihwama (d), tnitama, tukistama (zausen), tampima, tuf-
jama (d) (zausen), tfimeldama od. tümitama (weich machen), hudi-
ma, uhtuma (waschen), wanutama (walken), wa&ima (verknittern,
verwirren), wälgutama (blitzen) , wemmeldama, wimtama (klopfen),
wohweldama; dann zusammengesetzte und umschreibende Ausdrucke,
wie pihta andma od. panema (auf den Rücken geben od. 4egen), pinna
peale andma (auf die Oberfläche geben), kerise peale a. (auf die Ofen-
decke g.), pfinikest hagn selja peale a. (feines Reisig auf den Rucken
g.), saba-rohtu a. (Schwanzarzenei geben), hqa (pnnase) kere-t$ie a.
(einen guten rothen Leib voll g.), sawa alla a. (unter den Schwanz g.),
— 217 —
hea sajma od. kuiwa sauna a. ( (ein tüchtiges od. trockenes Bad g.),
kaela a. (aaf den Hals g.), ühe hea kazuka a. (einen guten Pelz g.),
ühe öhukeze kazuka a. (einen dünnen Pelz g. , einen leichten Buckel
voll), kuiwa meäkit a. (trockene Maische g.), malka od. madjaka a.
(den Knüttel g.), mökli a. (Prügel g.), naha peale od. ühe naha-
pealse a. (auf die Haut g.), keksa a. (Getrippel g.), kere peale a. (auf
(den Korper g.), kozeri a. (einen Trumpf g.), hagu a. (Reisig g.),
augu-täie a. (ein Loch voll g.), kaze- od. tedre-jüstu a. (Birken- od.
Birkhuhnkäse g.), tedre-lejba a. (Birkhuhnbrot g.)v kaze-paelad a.
(Birkenbänder g.), niplisid a. (Spitzen g.), röki od. keha-röki a.
(Schlage od. Korperschlage g.), sagarat a. (Regenschauer g.), sömust a.
(Schuppen g.), tremmi a. (Schläge g.), tubinat a. (den Knüttel g.),
tüpi a. (Schläge g.), okse ümber a. (Aeste herum g.), wurakat a.
(einen tüchtigen Hieb g.), kimpu a. (den Bund, Ruthenbund, g.), päru
od. sära a. (heissen Dampf g.)v kaze-wädikat a. (Birkenruthe g.)9
punast pihta a. (einen rothen Oberrücken g.), witsa a. (Ruthe g.),
wommi a. (Pfiffe g.), wunna a. (Faustschläge g.),*kibedat a. (Bitte-
res g.), kere-helistamist a. (Korpergeläute g.), für das Passiv steht dann
säma statt andraa, oder mit dem Infinitiv der einfachen Verba, also naha
peale säma (geprügelt werden), witsa säma (die Ruthe bekommen),
etc., oder peksta säma, sölata säma etc., so auch tömmata säma,
wötta säma , wovon mir tömbama und wötma nicht einfach als Activa
in diesem Sinne vorgekommen sind; ferner perset harima, äestama,
käpima, körima, kflndma, rökima, sagima, sSma (den Hinteren
bärsten, eggen, schaben, schälen, pflügen, reinigen, zausen, essen), perse
tirjuks tegema, kibedaks tegema (den Hinteren bunt machen , scharf
machen), taga-otsa palawaks tegema (das Hinterende heiss machen),
apgu labti wötma (das Loch auf machen) , naha ära wötma (die Haut
weg nehmen), naha seljast löma (die Haut vom Rucken schlagen),
nahka slluma (die Haut streifig machen), tedre-jüstuga nahka nüh-
kimaja pühkima (mit Birkhuhnkäse die Haut scheuern und reiben),
laze-urwa-pläStrit taga-otsa peale mftrima (Pflaster von Birken-
katzehen auf das Hinterende schmieren), lästusid leikama (Späne schnei-
en), pihad maha wötma (den Oberrücken herunter nehmen), taga-
— 218 —
pOlt kündma (die [Unterseite pflügen), prunti wiratama (den Spant
klopfen), püksa kfipsetama (die Hosen backen), pfiksid tantsima pa-
nema (die Hosen tanzen lassen), püksi-mötu wötma (das Hosen-
maass nehmen), saba sazima (den Schwanz verwirren), selga k$ikaga
öhutama (den Rücken mit dem Prügel anfachen), selga lädima (aof
den Rücken laden), selja kOmaks kütma (den Rücken warm heizen)»
tümaks tegema (weich machen), urwi flies wötma (den Hinteren
herauf nehmen), wett alt wäfja laskiua (Wasser von unten hinaus las*
sen), witsule wötma (zur Ruthe nehmen), kaze-meinga kabistama
(mit Birkenmaien schaben) u. a. m.
Häufig sind auch für Gegenstände statt der einfachen Benennungen
zusammengesetzte und beschreibende, wie in anderen Sprachen auch, theils
scherzhafte, theils ohne weitere Nebengedanken, wie llwa - Hannos
(Sandhans), od. mulla-Madis (Erdmatthias) der Tod, küla-krapp
(Dorfglocke), od. rämata - kandja (Briefträger) Klätscber, libe-kßl
(Glattzunge), od. libe-händ (Glattschwanz) Schmeichler, kdle-kurn
(Zungenfiltrum) Schätzer, sure k<$ra pogg (Sohn eines grossen Hun-
des) Vornehmer, lästu - lakkuja (Spanlecker) Geizhals, litsi lipo-
kafidja (der Hure Fahnenträger), od. tgjze mehe lipa-kaödja (eines
anderen Mannes Fahnenträger) Hahnrei, pitka-toru-wezi (Wasser der
langen Röhre) Branntwein, kükitaja rasw (des Niederhockenden Feit)
Menschenkoth, linnu-pim (Vogelmilch) Honig, prl-ots (Freiende)
Hintere u. a. , wohin auch eine Menge von Thier- und Pflanzennamen
gehören, wie käu sulane (des Kuckucks Knecht) Grasmücke, kin
lehm (des Kuckucks Kuh) Johanniswürmchen, lepa-Trlou (Erlen-
katharine) Marienkäfer, hafK - kazuka - mehed (die Männer mit dem
grauen Pelz) Läuse, punased saksad (rothe Herrschaften) Wanzen,
plma-pizarad (Milchtropfen) Schlüsselblumen, jüdakäpad (Teufels-
pfoten) Knabenkraut, käu-kinnad (Kuckucksschuh) Frauenschuh u. a.;
solche Ausdrücke haben, so weit sie mir bekannt geworden sind, sämmt-
lich schon in dem Wörterbuche Platz gefunden, zum Theil ist diess auch
der Fall mit der folgenden Probe von Phrasen, welche in dieselbe Kate-
gorie gehören.
Ta habe ep ole sest mitte tilkunud (sein Bart bat davon nicht
— 219 —
getrieft) er bat davon nichts gesagt — ma pean neid alati ahelate, od.
ohelika, otsas (ich halte sie immer an der Kette, od. am Halfter) un-
ter strenger Aufsicht — ma ölen ennast senna ahelate, od. oheliku,
otsa anoud (ich habe mich dort an die Kette, od. an den Halfter gege-
ben) verheiratet — ta alati möjzas warda ahingi otsas (er ist im-
mer auf dem Hofe an dem Stecheisen des Dreschflegels hängend) beim
Dreschen beschäftigt — ej muH ole ajta ej awamit (ich habe weder
Vorrathshaus noch Schlüssel), ej ma pane oma pead kirstu käne peale,
ega wl ajda ukse ette (weder lege ich meinen Kopf auf den Deckel
eines Kasten?, noch führe ich vor die Thor eines Vorrathshauses) habe
nichts und bin ohne Sorgen — se ei ole mitte flle aja hüpanud (die
Nt nicht über den Zaun gesprangen) ist reine Jungfrau — ej wQj teda aja
ja arme wahele ajada (ich kann sie nicht zwischen Zaun und Schnee-
i'ilft hinaus jagen) bulflos und mittellos — ei minagi ole aja taga, od.
kotis, kaswanud (auch ich bin nicht hinter dem Zaun, od. im Sacke,
aalgewachsen) in der Dunkelheit und Niedrigkeit — haff k($r heidab
peale (der graue Hund legt sich auf ihn), söjdab halTi (er reitet den
Granen) er hat das kalte Fieber — mioa ej taha sinu hamba-wett
tagasi (ich will dein Zahnwasser nicht zurück haben) den Branntwein,
von dem ein Anderer getrunken — kui ta söna ütleb, sls on tall ham-
bad ja küned, od. sarwed (wenn er ein Wort sagt, so bat es Zähne
«ad Krallen, od. Hörner) Hand und Fuss — minu hambad, od. küned,
ej hakka kuhugi pole enam kinni (meine Zahne, od. Nägel, erfas-
sen nirgends mehr) ich weiss mir gar nicht mehr zu helfen — temal on
pitkad bambad süs (er hat lange Zähne im Munde) er macht sieb an
Jeden — ta heidab hammast ma p^ale (er wirft den Zahn auf mich)
tragt es mir nach — mis sab inimene palja bammaste est? (was
bekommt ein Mensch für die blossen Zähne) umsonst — söna oli rau
kammaste taga (das Wort war hinter meinen Zähnen) schwebte anf
der Zunge — silmad on hammaste wahel (die Augen sind zwischen
den Zähnen), peab s. h. w. (er hält die A. z. d. Z.) merkt scharf auf —
peab paQu oma kelt hammustdtna (man muss vielfach seine Zunge
beissen) schweigend ertragen — taewas on hane-pous (der Himmel ist
im Gänsekropi) grau gesprenkelt — ega ma teda anne wahelt ej labe
— 220 —
wötma (ich werde sie doch nicht aus der Schneetrift nehmen) mittellos,
ohne Aussteuer) — tema hari läheb punaseks (sein Kamm wird rotb>
er geräth in Zorn — otsis malle aaku (er suchte pin Lech für mich)
mir etwas an zu haben — tOT otsib azet (der Wind sucht eine Stelle)
dreht sich hin und her — ta läks azet wätama (er ging eine Stelle
zu besehen) seine Nothdurft verrichten — ta on hämri ja alasi wahel
(er ist zwischen Hammer und Ambos) in der Klemme — häwa paran-
dama (die Wunde heilen), kaku-nädala maksma (die Kuchenweche
bezahlen), höimule minema (zur Verwandtschaft gebn) , kodu-n&dala,
od. koduse n. , tegema , od. pidama (die Hauswoche abhalten) wenn
die junge Frau zum ersten Male wieder auf einige Tage in's Elternhaus
zurück kehrt — luges malle hgid ja paremaid (er las mir gute und
bessere) schimpfte tüchtig — so band olgu söfmis (dein Schwanz sei
in Knoten geschlungen) sei rasch — härja sefjast hobuse selga säma
(vom Rücken des Ochsen auf den Rucken eines Pferdes gelangen) seine
Umstände verbessern — wötan naeze maja healeks (ich nehme ein
Weib als Stimme des Hauses) damit es nicht gar zu still her gehe — abju
taga bauutud eide-muna (ein hinter dem Ofen ausgebrütetes Matterei)
Muttersöhnchen — ma ölen temaga (ela) eland, od. olnnd (ich habe
mit ihm gelebt, od. bin mit ihm gewesen), minu liha on tema lihase
putunud (mein Fleisch bat sein Fleisch berührt), ta on oma elamize
minu sisse ajannd (er hat sein Leben in mich getrieben) wir haben
fleischlich verkehrt — ktill sa annad meile sölaga hernid sfla (da
wirst uns wohl noch Erbsen mit Salz zu essen geben) wir werden auf dei-
ner Beerdigung sein — juba seil on idu perses (der hat schon einen
Keim im Hinteren) ist schon recht alt — ei muH olnnd oma ibu enam
flhtegi (ich halte von meinem Körper nichts mehr) fühlte mich selbst
nicht — kes sinu ila hakkab söma? (wer wird deinen Geifer essen)
was du nachgelassen hast — kus se ilm on ! (wo ist diese Weit) das
ist erschrecklich weit — hing tulewal, teine minewal (eine Seele
kommend, die andere gehend) er fallt aus einer Ohnmacht in die andere —
hing aga luie, od. kotitide, wahel (die Seele ist nur zwischen den
Knochen) er hat kaum das Leben — iza- ja ema-kele palnma (in Va-
ter- und Muttersprache bitten) instandigst — laps lükati ize-leiba (das
— 221 —
Kind wurde auf eigenes Brot gestossen) entwöhnt — mets läheb hlre-
körwa (der Wald wird mausohrig) schlägt aus — raina ölen tema jala
alt läbi käinud (ieh bin anter seinem Fusse durch gegangen) habe in
Allem seinen Wilton gethan — jalad kfttte wötraa (die Fü^se in die
Hand nehmen), j. hüdma panema (d. F. tönen machen, d. h. in Be-
wegung setzen), jalgele riöuu andma (den Füssen Rath ertheilen) da-
von laufen — teine jalg ein pole, teine surma pole (der eine Fuss
nach dein Leben, der andere nach dem Tode hin) mit einem Fuss im
Grabe — pista oma nina oma jalgade wahele (stecke deine Nase
zwischen die Beine) bekümmere dich nicht darum — ma ölen mitu
pahandust oma jalge alla tallanud (ich habe vielerlei Kränkung unter
die Füsse getreten) mit Stillschweigen ertragen — jalust jalgu, peast
pähä (von Füssen zu Füssen, von Kopf zu Kopfe) von Kopfe bis zu Füssen —
mina ei sÖ su hammaste jäTgi (ich esse nicht die Spuren deiner
Zähne) was du angebissen hast — kört, kus jänes läbi jöksis (Suppe,
wo ein Rase durch gelaufen ist), jänes läks läbi kördi (ein Hase ist
durch die Suppe gegangen) eine dünne Suppe — ei ta nfid seiza pü jure
allgi (auch jetzt ist er nicht unter der Wurzel des Baumes) ganz in
Rohe — temal olid jflred all, mis wanast seile pere mfide sös (er
hatte Wurzeln unten, welche von Alters her im Boden dieses Gehöftes wa-
ren) er und seine Vorfahren schon besassen es — söb salaja jüred alt
ära (er frisst heimlich die Wurzeln unten weg) er verläumdet — temal
on jämedam kael kui keha (er hat einen dickeren Hals als Körper)
obernimmt, was über seine Kräfte gebt — ka$la, od. nina, selga aja-
ma (den Hals, od. die Nase, auf den Rücken treiben) übermüthig sein —
oma kaela katki kTtma, kartma, kellegi polt seizma (seinen Hals
entzwei loben, fürchten, für Jemand Partei nehmen) übermässig — mis
kaewns on, se on kaelas (was im Brunnen ist, das ist im Hals) ich
habe nichts als Wasser zum Trinken — kaika rataste wahele pistma
(einen Knüttel zwischen die Räder stecken) Hinderniss in den Weg legen
— lübikeze kaku all pidama (unter einem kurzen Brotlaib halten) den
Brotkorb hoch hängen — bakkame kofjama, enne kui kala wette
lipsab (lasst uns anfangen zu sammeln, bevor der Fisch ins Wasser
sehlupft) die Gelegenheit wahr nehmen — kalkuni-saba kandma, od.
— 222 —
kaswatama (einen Puterschwanz tragen, od. wachsen lassen) eitel sein —
kanda näitama (die Ferse zeigen) davon laufen — laps walitseb ju
kann omast nöuust (das. Kind beherrscht schon die Ruhner nach sei-
nem Sinne) fangt schon an sich zu fühlen — ta läks*jumala karja (er
ging in Gottes Herde) starb — ma ep ole tema pealt karwa pubunud
(ich habe kein Haar von ihm geblasen) nichts zu Leide gethan — must
ka^s oli wahelt läbi jöksnud (eine schwarze Katze war dazwischen
hindurch gelaufen), m. k. oli oma hunniku wahele teinud (eine s.
K. hatte ihren Haufen dazwischen gemacht) sie hatten sich veruneinigt —
ei ma woi teda jumalale kaubelda mitte (ich kann ihn nicht an
Gott verhandeln) ihn sterben sehen — neraad elawad übe mutsi all, od.
übe kazuka, od. särgi sös (sie leben unter einer Mutze, od. in einein
Pelz, od. Hemde) sind ganz einig — oled sa nüd käest ära! (bist du
nun von der Hand weg) bist du nun ganz von Sinnen — käpad, od. kor-
wad, pea alla panema (die Pfoten, od. Ohren, unter den Kopf legen)
sterben — ta toidab ennast kätte pihtadega (sie nährt sich mit Hän-
den und Schultern) lebt von HSndearbeit — käzi tflhi, teine pafjas
(die eine Hand leer, die andere bloss) mit leeren Händen — mebel on
pitkem kere kui toru (der Korper an dem Manne ist länger als die
Rohre) er ist einfältig — keäk-paigast läbi minema (mitten durch ge-
hen), nicht äri möda (an den Rändern hin) offen verfahren — köf pidi
ka taga, od. perse, minema (die Zunge wäre beinahe auch hinterher,
od. in den Hinteren, gegangen) es schmeckte vortrefflich — kelega toit-
ma (mit der Zunge ernähren) leere Versprechungen machen — nenda
kui kellegi kef leikab (so wie Jemandes Zunge schneidet) wie einem
der Schnabel gewachsen ist — kindaga tulema (mit einem Handschuh
kommen) Geschenk bringen — kintsu wiskama (die Schenkel werfen)
umher laufen — ep ole kuninga ktfja majas (es ist keine Schrill des
Königs im Hause) Geld — süda läheb kifjuks (das Herz wird bunt)
mir wird übel — mitte kits, mitte lammas (nicht Ziege , nicht Schaf)
nicht Fisch, nicht Fleisch — kitse nfilgima (die Ziege schinden) huren —
tema käib kitse-kammitsas (er geht in der Fussfessel einer Ziege) steht
unter dem Pantoffel — kitsed lähewad orasele (die Ziegen gehn zum
Roggengrase) der Bart langt an hervor zu kommen — ta tuleb ka oma
— 223 —
kitsega turule (er kommt auch mit seiner Ziege auf den Markt) trägt auch
seine Weisheit vor — mull on kiwi 3Üar wezi jOa (ich habe einen Stein
mm Essen, Wasser zum Trinken) bin ganz arm — hatti kiwiga teine
teist löma (einander mit dem grauen Stein schlagen) mit einander Brannt-
wein trinken — kabe pere kqer (ein Hund von zwei Gehöften) der den
Mantel nach dem Winde trägt — ma ep ole mitte kfila kqer, ma ölen
oma pere kqer (ich bin nicht ein Hund des Dorfes, sondern ein Hund des
eigenen Gehöftes) mir liegt die Sorge ob für mein eigenes Haus — üle koera
säma a&jaga (über den Hund gelangen mit einer Sache) zu Stande kom-
men — kolm koitu enne waresid ölen files töuznud (drei Morgenröthen
Tor den Krähen bin ich aufgestanden) sehr früh — koka-pojg pühkinud
säfgi sawa sisse oma Süd (der Küchenjunge hat in den Schweif des Hem-
des den Mund gewischt) von Kothflecken im Hemde — kudenud konn (ein
Frosch, welcher gelaicht hat) eine gefallene Dirne — kops läks, od. köl-
kus, üle maksa (die Lunge ging, od. bewegte sich, über die Leber),
kops on maksa selga karauud, od. sefjas (die Lunge ist der Leber
auf den Rücken gesprungen, od. auf dem Rücken), kopsud maksud täii
(Longe und Leber sind voll), 8ö läks läbi kopsu maksu (das ging
durch Lunge und Leber) er wurde ärgerlich — kostmas olema (beim
Antworten sein) in der Gonfirmalionslehre — täku saba ep ole wöl kör-
mas (des Hengstes Schweif ist noch nicht im Fuder) er wird noch nicht
zam Fahren gebraucht — pidi oma köhu hölma wötma (er musstp
den Bauch in die Arme nehmen) hungrig zu Bette gehn — mis meie körre
otsast säme, sellega elatame (was wir vom Ende des Halmes be-
kommen, damit fristen wir unser Leben) mit Brot — sa ep ole mitte kör s
körre peale teinud (du hast nicht gethan Halm auf Halm) du hast
nichts gethan — »köfs käzi, köfs jalg (ein Halm die Hand, ein Halm
der Fuss) hager und mager — temal on körw werine (ihr Ohr ist blu-
tig) sie hat einen Freier — kuhja otsast Iflkkama (oben vom Heuscho-
ber stossen) Einen ausstechen , verdunkeln — sai kukru pihta (er be-
kam auf den Beutel) musste zahlen — ta pakkus mulle kulda ja kufja
(er bot mir Gold und Böses) wandte alle Ueberreduogskunst an — tap-
lewad kufbi peale (sie kämpfen um den Suppenlöffel) , kulp on ikka
wel minu (der Suppenlöffel ist immer noch mein) das weibliche Haus*
— 224 —
regiment, wie püksid (Hosen) das männliche — ftra kuluta kingi (ver-
' schleisse nicht die Schuhe) laqfe nicht nnniitz umher — meri on kurb
(das Meer ist traurig) nicht von Wasservögeln belebt — kures olema (im
Kranich sein), kurge jäma (in dem Kranich bleiben) hinter dfeu übrigen
Schnittern zurück — kurnale wett wiskama (auf das Filtrum Wasser
giessen) oft irgend wohin gehen — s%i küze alla (er gelangte unter den
Fichtenbaum) wurde obdachlos — kes mu kfibara, od. mtitsi, wojb seile
p&rast maha lükata, od. wiltu Ifia? (wer kann deswegen meinen
Hut, od. meine Mütze, herunter stossen, od. schief schlagen) mir etwas
an haben — ta on minu küla (er ist mein Dorf) mein einziger Umgang—
s6 nöu jäb külmaks (dieser Plan wird kalt) wird aufgegeben — kör-
wale ktilwaraa (nebenbei säen) die Ehe brechen — küll sa pead kün-
kas olema (du sollst schon auf dem Felsen sein) nicht unbestraft blei-
ben — ta arwab ennast künka otsas olema (er meint oben auf dem
Hügel zu sein) oben darauf — teda peab kfitkes wedama (man muss
ihn an dem Halfter schleppen) mit Gewalt dazu bringen — künal ei nie
ize ennast (das Licht sieht sich selbst nicht) brennt sehr dunkel — ta
on üks küne-mös (er ist ein Klauenmann), temal on hea, od. kau-
nis, küne-ammet (er hat ein jjutes, od. hübsches, Klauengeschäft) er
ist ein Dieb — so jäb labida maksta (das bleibt zum Bezahlen durch
die Schaufel) den Tod — küll körred on rukistel, annaks jumal ladwa
peale (der Roggen hat wohl Halme, gäbe Gott auch einen Gipfel darauf)
die Aehren — laiskust, od. lgiska, petma (die Faulheit, od. den Fau-
len betrügen) sich einen Gang ersparen — laiza körem (das Fuder
eines Faulen) ein zu grosses — täna wlakse lapa otsa (heute wird sie
an das Oberende des Tisches gebracht) verheirathet — ma j&tan jöniize
seia laua otsa (ich lasse das Trinken hier am Tische) verschwöre es
hier vor dem Gericht — so on Laurits (das ist Laurentius) , Laurits
peksab reht (Laurentius drischt in der Scheune) es ist eine Feuers-
brunst — könöib nfld Lauritsa, od. Laratsa, wlzi (er geht jetzt wie
Laurentius) bettelt als Abgebrannter — lehm tuleb koju (die Kuh kommt
nach Hause) die Milch kehrt wieder bei der gelt gewesenen Kuh — l&iba
lüse laskma, od. ajama (das Brot in den Knochen lassen, od. treiben)
in Ruhe das Genossene verdauen — sS on aga söjaks leiwaks (das
— 225 —
ist nar als warmes Brot), verschlägt nichts — ma ölen ikka leiwastlejba
sänud (ich bin immer vom Brote zum Brote gelangt), mit dem Geernteten
bis zar neuen Ernte ausgekommen — lSme-jahuks, od. lutsu-lömeks,
tegema (zu Suppenmehl, od. Quappensuppe, machen), kurz und klein —
mitmes lemes kedetud (in vielen Suppen gekocht), gewandt, mit viel
Erfahrung — Qhe jalaga linnu liba (das Fleisch von einbeinigem Wild),
Pibe — laiska liba kaswatama (faules Fleisch wachsen lassen, ziehen),
faul sein — temal oli wärske liha himu (er hatte Appetit nach fri-
schem Fleisch), war geil — so laps on liha ja juraala polest (diess
Kind ist von Seiten des Fleisches und Gottes), unehelich — koik ma liha
on kontidest lahti (all mein Fleisch ist los voo den Knochen), bin
kraftlos von Schreck, Sorge — iga üks töab, mis tihe tl waga lind on !
(Jeder weiss ja wohl, was ein Vogel mit einem Flügel ist), eine Wittwe —
temal on linnaksid sefjas (er hat Malz auf dem Röcken), die Krätze —
linnaksid höruma (das Malz reiben), sich kratzen — üks llge ei kau-
na teist flies (ein Glied trägt das andere nicht), ganz erschöpft — so ei
weawil last longa kaiki (der zerreisst nicht einen Wollenfaden), ist trag —
lutsu-kabel (die Quappenkapelle), scherzw. Bethaus der Brfidergemeine —
mis sa ajda lügi lahti unustazid? (warum hast du vergessen die Luke
des Vorratshauses zu zu machen), warum hältst du den Mund offen — lü
silme peale ajama (Knochen auf die Augen treiben), dringend bitten —
küla pöles lüks lagedaks ära (das Dorf verbrannte zu Knochen und
Ebene), ganz nieder — lüks puhtaks lagedaks ära söraa (zu Knochen
und reiner Fläche abfressen), glatt und kahl — lüpsab lttpsiku täj£ ja
lob jalaga maha (er melkt das Melkgeföss voll und stösst es mit dem
Fusse um), er widerspricht sich selbst — se kuluks mulle mafja öst,
od. marjaks, ära (das würde mir passen statt einer Beere, als eine Beere),
das wäre mir dringend nöthig, sehr willkommen — Maisi mure! (des
(Matthias Sorge), das schadet nichts, hat nichts zu sagen — tahab kufja
raatteks rainna (er will als Decke des Bösen gehn), sterben — ega so
öle mä mä ole (das ist ja nicht ein Land über das Land hinaus), am
anderen Ende der Welt — päilik läks Mäfja male (die Sonne ging in
Mariens Land), unter — ma ep ole teda lönud mitte mäfja sörmega
ich habe ihn nicht mit einem nassen Finger geschlagen), nicht das geringste
15
— 226 —
Unfreundliche gethan — ega iga märja söna pärast w§i lahutada
(man kann doch nicht wegen jedes nassen Wortes scheiden), jedes unfreund-
lichen — mitte üks jumala tera, od. mark (nicht ein Gottes Koro,
od. Zeichen)« mitte karwa wärt (nicht eines Haares werth), mitte üks
kflf (nicht ein Nagel), ei sittagi (auch nicht einen Dreck), mitte nl
pafju kiii fimber sörme (nicht so viel wie um den Finger), od. kui
must sörme-kfiä (wie ein schwarzer Nagel), ei tajmet (nicht eine
Pflanze), ei sogugi (auch nicht die Art), mitte äks tilk (nicht ein
Tropfen), ei fizagi (auch nicht die Spreu), mitte öhku (nicht ein Hauch),
mitte raärki, tangu, pörmukest, kuiwa pörmu, ndu-pörmn (kein
Zeichen, Korn, Stäubchen, trockener Staub, Nebelstaub), gar nichts — laps
loeb, od. l&heb, möda mättaid (das Kind liest, od. geht, die Rasen -
bugel entlang), nicht fliessend — löm on mättale wldud (das Thier ist
auf den Rasen gebracht), crepirt — mättast mättase säma (von einem
Rasenhügel auf den anderen gelangen), allmählich vorwärts kommen, etwas
tot sich bringen — die meheks, od. mos (sei ein Mann), sei so gut,
habe Dank — meri hakkas ta stidamese (das Meer ergriff sein Herz),
er wurde seekrank — mine metsa ! (geh in den Wald), geh doch , ei
nicht doch — miks sa oma möle metsa lükkazid? (warum stiessest
du deinen Sinn in den Wald), warum hast du dich zum Schlimmen hin ge-
wendet — kas metsa-waras sfiädinud wöj willa-waras? (ist ein
Walddiel geboren oder ein Wollendieb), Knabe oder Mädchen — kfilm
ja tüf kefgitas mä mezilaze-kerje (Kälte und Wind haben den Boden
zu einer Honigwabe gehoben), rissig gemacht — nfid tema mef on per-
ses peast (nun ist sein Sinn im Hinteren aus dem Kopfe), nun ist er ganz
unvernünftig — muH oli möf öige kaelas (mir war der Sinn recht im
Halse), ich war in grosser Noth — ära sa pea enesele fikeksa mölt
halte dir nicht neun Sinne), sei nicht wankelmiithig — küU so haigus
praegu mos on (diese Krankheit ist jetzt wohl ein Mann), grassirt hef-
tig— temal on hejtd, l&iad mokad (er hat gute, breite Lippen), ist ein
Schwätzer — mine , mine , ära nfid möda mftd (geh , geh , miss jetzt
nicht das Land), beeile dich — wana weäki mölder (Muller in einer al-
ten Mühle), junger Mann eines alten Weibes — hobnne oli flks mulla-
kaääikas, od. üks wana muld (das Pferd war ein Erdklos, od. ein
k*L
— 227
altes Erdstuck), abgelebt, schwach — ta on mulgu ju üles tginud, od.
fl. pannud (er hat die Zaunöflnung schon zu gemacht), das Kinderzeu-
gen eingestellt — rau elul on mulk peal (mein Leben hat ein Loch),
mir ist ein Unglück widerfahren — rauna ke£k pezase panema (das
gi mitten in's Nest legen), das Richtige treffen — ei lauzunud musta
ega walget (er äusserte weder Schwarzes noch Weisses), sagte nichts
ei töa, kas enam musta roäd näewad (ich weiss nicht, ob sie noch
schwarzen Boden sehen werden), das Frühjahr erleben — mitte ma nl
palju ei näinud kui ttks kuninga münt raba peal (ich habe nicht so
viel gesehen, wie ein Gepräge des Königs auf dem Gelde), habe gar kein
Geld zu sehen bekommen — se ei pane kellegile mütsi pähä (das
setzt Keinem eine Mütze auf den Kopf) , hilft zu nichts — naba on aze-
melt, od. paigalt, ära (der Nabel ist von seiner Stelle fort), naba on
Sra karanud (der Nabel ist fort gesprungen), man hat sich verhoben —
kahe nabaga saks (ein Herr mit zwei Nabeln), ein Laderlicher — laen
tuleb naeruga tagasi (das Geliehene kommt mit Spott zurück), wird
nicht erstattet — naba peale elama (auf dag Fell hin leben), so leben,
dass man immer das Leben aufs Spiel setzt — tee oma nahk söjaks
(mache deine Haut warm), tummle dich — kuiwa nahaga olin jüres
(mit trockener Haut war ich dabei), bekam nichts zu trinken — perse
nahk wäga kitsas (die Haut des Hinteren ist zu eng), er kann sich nicht
bücken — nahk-püksid jalga säma (lederne Hosen an die Beine be-
kommen), zu Wohlstand gelangen — nahka panema (in die Haut legen),
verzehren, trinken — ei olnud silma p^al nabka (es war keine Haut
auf den Augen), man war wach, aufmerksam — meri körib nairist
(die See schält eine Rübe), es sind kleine Wellen mit Schaumspitzen —
napu otsa pealt oleksin kukkunud (von der Spitze des Fingers wäre
ich gefallen), beinahe, um ein Haar — wöta näpust, w. putkest, w.
wofmist! (nimm vom Finger, aus der Röhre, aus der Form), ja prosit,
warum nicht gar — ei ta tobi oma nina enese pöue pista (er wagt
nicht seine Nase in den eigenen Busen zu stecken), er schämt sich vor
sich selbst — nina lfihendama, od. käfpima (die Nase verkürzen, ker-
ben), einen Verweis geben — oli minu nina otsas (er war an der Spitze
meiner Nase), drang auf mich ein — tema nina kaswab flle katuse
16*
— 228 —
(seine Nase wächst über das Dach), er ist hochmüthig — nina reite
wahel (die Nase ist zwischen den Beinen), er hat die Augen niederge-
schlagen — temal on nina llkumas (seine Nase bewegt sich), er logt
— läbi nldi hinge kiskuma (die Seele durch einen Faden ziehen),
kümmerlich leben — tema noka äred od alles kollased (die Rände^
seines Schnabels sind noch gelb), er ist noch unerwachsen — noka peale
andma (auf den Schnabel geben) , noka- wöiet andraa (Nasenscbmiere
geben), Branntwein zu trinken — ta tuleb kä oma nöziga seia (er
kommt auch mit seiner Ernte her), kramt seine Weisheit au» — teil on
iks pafjo nönno (d) (ihr habt immer viele Nasen), viel drein zu reden —
otsib körwa takka nöuu (er sucht hinter dem Ohr Ratb), peab körwa
ärist n§uu (er berälh sich mit den Rändern des Ohres), kratzt sich hinter
dem Ohr — wiest sonnest tehtud nui (die aus fünf Fingern gemachte
Keule), die Faust — nfihi minekit (d) (scheuere das Gehen) , packe
dich fort — surnu hobuse sefjas söjtma (auf einem todten Pferde rei-
ten), irren — käul odra-okas kurgus (der Kuckuck hat eine Gersten-
granne im Hals), wenn er aufhört zu singen — temal on willased ob-
jad (er hat wollene Leinen), führt ein schwaches Regiment — tema) on
tei$t karwa oimud (er hat Flossen von anderer Farbe), sieht anders
aus — so laps mis olemata oli (das Kind, welches ohne zu sein war),
noch angeboren — oma otsa maha pistma (sein Ende nieder stecken),
sich setzen — kes töab, mis lapsel otsa es on (wer weiss, was das
Kind vor der Stirn hat), wenn es schwer begreift — ei sä otse kokku,
od. wabeliste (er bekommt die Enden nicht zusammen, od. in einander),
er kommt nicht zurecht — so ep ole lödud , 66 on otsitud pü-sepp
(das ist kein geschaffener, das ist ein gesuchter Tischler), ein ungeschick-
ter — ej sänud 5 magu (ich bekam keinen Geschmack von Nacht),
konnte kein Auge zu thun — ei tall ole öd Öks ega päewa pfiewaks
(er hat keine Nacht als Nacht, keinen Tag als Tag), er ist Nacht und Tag
in Anspruch genommen — kus pole tüle öhk, senna pole nöd lange-
wad (wohin des Windes Hauch, dahin neigen sie sich), hängen den Man-
tel nach dem Winde — hölma wo alla pistma (den Rockschooss unter
den Gürtel stecken), sich auf und davon machen — ei ttkski tohi mu
hölmast kinfii hakata (Niemand darf meinen Rockschooss anpacken),
— 229 —
mir etwas anhaben — Örre peale säma (auf die Stange gelangen), auf
einen grünen Zweig kommen — üks ei wea üht öle örre , ega teine
teist (Einer zieht den Änderen nicht über die Stange) , beide sind gleich
schwach, armselig — öue janks jäma (zum Antheil des Hofes bleiben),
ohne Dach und Fach — paja elu-aeg löppes (des Kessels Lebenszeit
ist zu Ende gegangen) , die Hausfrau gestorben — pada läheb pajuse,
od. öue, od. ulitsale (der Kessel gebt in das Gesträuch, od. auf den Hof,
od. auf die Strasse), kocht über — ta paneb seda köjk paela (er legt
das Alles auf die Schnur) , schreibt es binter's Ohr — hing alati pae-
laga, od. paela pidi, od. longa pidi, kaelas (das Leben ist immer mit
einem Faden am Halse), im Gefahr — seile mfil on paelaga kaelas
(dessen Sinn ist mit einem Faden am Halse), er ist nahe daran den Ver-
stand zu verlieren — ej seal paluti jumalat, aina paluti paganat
(da wurde nicht zu Gott gebetet, nur zum Teufel), es war nur Streiten
ond Fluchen — pahmas-korrast oleme läbi sänud (durch die Dresch-
schicht sind wir gekommen), aus dem Gröbsten — laewa pakki pane-
ma (das Schiff unter Druck bringen), beilegen — ära paku oma tegu-
sid teistele (biete nicht deine Thaten Anderen an), schiebe nicht die
Schuld auf Andere — andis enne kihlamist juba ihu patidi kätte
(sie hat schon vor der Verlobung das Pfand des Leibes fibergeben), von
Gefallenen — päew tuleb paku alla, paku peale ja flle paku toa
ette, ja läheb nenda samuti jälle wälja (die Sonne kommt unter die
Schwelle, auf die Schwelle und über die Schwelle vor die Stube, und geht
ebenso wieder hinaus), bei dem Abnehmen und Zunehmen der Tage —
päew pettis möst (die Sonne betrog den Mann), er verschlief den Son-
nenaufgang — so on pfiewa ajal tehtud (das ist bei Tage gemacht),
recht arg böse — teraal on päewa-koer seljas (er hat eine Haarraupe
auf dem Rucken) , der Rücken juckt — päewad käiwad orja pole,
pere-mehe pole {die Tage gehen auf die Seite des Knechtes, des Haus-
herren) , nehmen ab und zu — püha-päewased päewad on tall ikka
peal (die Sonntage hat sie immer noch darüber), sie muss wohl älter sein
— naene on wlmiste päewade peal (das Weib ist auf den letzten Ta-
gen), der Entbindung ganz nahe — p&hä säma (auf den Kopf gelangen),
offenkundig werden — ei jijua päjst ega jalust (er vermag nicht mit
— 230 —
Köpfen noch mit Füssen), er kommt mit nichts vorwärts — seile aäjaga
ma ölen päjwis kflll (mit dieser Sache bin ich wohl in den Tagen), sie
macht mir viel zu schaffen — nüd Otan ikka seda wana päris-peig-
möst (jetzt erwarte ich immer den alten eigentlichen Bräutigam), den Tod
— küll om tili pafjo pä all (d) (der hat wohl viel unter dem Kopf),
trägt die Nase hoch — üle pä ja sü laskma (d) (über Kopf und Mund
lassen), übermässig antreiben — pea seljas, od. röngas (der Kopf ist
auf dem Rucken, od. im Ringe), er ist hochmfithig — tema pea, od.
p^a-lö, tahaks katlas, od.. hobuse-sitaga, köta (sein Kopf, od. Schä-
del, will im Kessel, od. mit Pferdemist, gekocht werden), er begreift
schwer — pidi malle pea-mähkijaks jäma (er sollte mir als Kopf-
einhüller bleiben), mich begraben — eks teie paku ikka pead ja meje
perset (ihr bietet ja immer den Kopf und wir den Hinteren), ihr seid uns
untergeordnet — läheb teize perese (er geht in ein anderes Gehöft),
macht einer Anderer* den Hof — kui aga perse peaks kinni (wenn
nur der Hintere fest hielte), wenn er nur beständig wäre, auf seiner Stelle
bliebe — ta perse on täji (sein Hinterer ist voll), er ist übermüthig —
ehk enne perse külm taga, enne kui temast tqjtjat sab (vielleicht
ist eher der Hintere kalt hinten, als aus ihm ein Ernährer wird), vielleicht
bin ich eher todt — ma teen persega enam kui kättega (ich arbeite
mehr mit dem Hinteren als mit den Händen), arbeite sitzend — flks kahe
persega mos (ein Mann mit zwei Hinteren), ein Doppelzüngiger, Unzu-
verlässiger — se on pole persega tehtud (das ist mit halbem Hinteren
gemacht), fiberhin, nicht sorgfaltig — se on perses (das ist im Hinte-
ren), nüd ma ölen perses (nun bin ich im Hinteren), verloren, es ist
aus — wöta mina külmast persest (nimm aus meinem kalten Hinte-
ren), wenn ich todt bin — perset tagasi kiskuma (den Hinteren zurück
ziehen), sich schonen — juba piugukene, od. pgnike, pihus (schon ist
das Schnürchen, od. das Feine, in der Hand), es geht auf die Neige —
ej mitte, eks oleks mu wasta pöretand (wenn er doch auch nur ge-
farzt hätte gegen mich), er kümmert sich durchaus nicht um mich — ei
anna enam pidu (es gestattet kein Halten mehr) , ist nicht mehr aus zu
halten — hojab sfldant pihus (er hält das Herz in der Hand), ist todt-
krank — tema on pilTi hfldma pannud (er hat die. Flöte zum Tonen
— 231 —
gebracht), ist der Tonangeber — käjb oma könedega ptfwist Iftbi (er
geht mit seinen Reden durch die Wolken), fuhrt hochtrabende Reden —
mitte pime Bona (nicht ein blindes Wort), kein Sterbenswort — pime
korjab ß^al pafju (das Dunkel sammelt dort viel), dort wird viel gestoh-
len — piriri nörati (die Zwicke ist geschnürt)) man ist satt — pingi
peale panema (auf die Bank legen), quälen — tema tat od pitk-gaba
metsas (sein Vater ist der Langschwanz» Wolf, im Walde), ein unehe-
liches Kind — temal on pitkad kfined od. sörmed (er bat lange Nä-
gel od. Finger), t. 6. peial pitkem kui teized sörmed (sein Daumen
ist langer als die anderen Finger), tema llgutab käzi (er bewegt die
Hände), ajab käed pitkale (streckt die Hände aus), prOgib näppusid
(gebraucht die Finger), lazeb näpud kgja (lässt die Finger gehen), er
stiehlt — ehk teje käzi, od. n§u, pitkem (vielleicht ist eure Hand, od.
euer Rath, länger), vielleicht wisset ihr besseren Rath — pizuke löi
stire maha, od. surnuks (der Kleine hat die Grosse nieder, od. todt,
geschlagen), die Hotter ist bei der Geburt gestorben — seile plbu p^l
sä oo (auf dieser Pfeife ist es), das ifct tneiie Berechnung — ema plm
alles kfinte all (der Mutter Milch ist noch unter den Nageln), ta on flks
selige pTma-söfm (er ist ein reiner Milchfinger), ein Muttersöhnchen —
nemad od übe lehma plmaga pestud (sie sind mit einer Kuh Milch
gewaschen) , gleich — 8&b uäha , kas hgge pörab wöj läbeb edasi
(man wird sehen, ob der Kranke umkehrt oder vorwärts geht), sich bes-
sert oder stirbt — pöhi kaub säst ära (der Boden drinnen geht verlo-
ren), es ist ein sehr starker Durchfall — wSraste pöhi lftheb alt ära
(der Boden der Gäste geht unten weg), sie nehmen gar kein Ende —
temal sü pöjgeti nina all (er hat den Mund quer unter der Nase), auf
dem rechten Fleck — surm on ptytes iga p(L$w (der Tod ist im Busen
jeden Tag), ist uns immer nahe — so on üks pSzast, od. metsa&t,
külge hakannd laps (das ist ein vom Strauche, od. Walde, hängen ge-
bliebenes Kind), uneheliches Kind — lapse pSzaste wahele lükkama
(ein Kind zwischen die Sträucher stossen), Verstössen — pea jy pr&eks
päewa kftes (der Kopf wurde zum Braten in der Sonne), die Sonne brannte
auf den Kopf — &e jutt olgu palawa pudru p^jde puhuda (diese Ge-
schichte sei auf einen heissen Brei zu blasen), es ist nichts daran — kes
— 232 —
tema pudral olnud? (wer ist bei seinem Brei gewesen), wer kann wis-
sen, wie alt er ist — pßliti, od. kölleti, od. jala talla alt, läbi poge-
ma (auf den Knien, od. aut der Seite, od. unter der Fusssohle, durch
kriechen), sich demfithigen — nttd ej wöi enam puis ega mais te-
maga olla (nun kann man weder in Bäumen noch Feldern mit ihm sein),
es ist gar nicht aus zu kommen mit ihm — ta ei sä enam puki pcale
(er kommt nicht mehr auf den Bock), auf einen grünen Zweig, zur Herr-
schaft — tema tabab minule pulga perse ajada (er will mir einen
Pflock in den Hinteren treiben), mir schaden, mich verderben — on ju
wimse pulga peal (er ist auf dem letzten Pflock), juba wlmne pulk
käes (der letzte Pflock ist schon da), er pfeift aus dem letzten Loche —
nüd on pulk käes, od. pihus (nun ist der Pflock in der Hand), der
Schmaus vorbei — ei seal wöeta mitte waeze pulka süst ära (dort
nimmt man nicht dem Armen den Pflock aus dem Munde), giebt ihm nicht
zu trinken — külm on mind läbi purennd (die Kälte hat mich durch
gekaut) , ich bin ganz durch gefroren — ta on pü ja pakk (er ist Holz
und Klotz) , stockdumm — ta on pflhke mäel (er ist auf dem Kehricht-
haufen), ohne Dienst, Verstössen — sa mfid täna oma pflksid ära (du
wirst heute deine Hosen verkaufen), es wird dir schlimm ergehen — so
ajab pttksid enesele täji armutumalt (er jagt sich 'unbarmherzig die
Hosen voll), füllt sich die Taschen — kflll ta jätab omad püksid senna
(er wird wohl seine Hosen dort lassen), Schaden haben — naene wöttis
oma jalga pQksid (das Weib nahm die Hosen an ihre Beine), bemäch-
tigte sich des Hausregiments — tema on kä korra möda püksa sä-
nud (er hat auch ein Mal auf die Hosen bekommen), Schaden erlitten —
jänes on pOksis (ein Hase ist in den Hosen) , jänese-nahk on pfiksis
(ein Hasenfell ist in den Hosen), seil on öjge jänese-sfida sös (er bat
recht ein Hasenherz), wezi on pfiksis (Wasser ist in den Ho&en), temal
on enam» pfiksis kui köbus (er bat mehr in den Hosen als im Bauche),
pflksid tölawad (die Hosen windigen), püksid söluwad (die Hosen sie-
ben), pflksid söluwad tuhka, od. liwa, od. püli (die Hosen sieben
Asche, od. Sand, od. Mehl), pflksid löwad kaks tejst kommend (die
Hosen schlagen zwölf), er ist in Furcht — ma wötsin so lapse öjete
hirine rahuks enese jure (ich nahm das Kind recht zur Ruhe der Seele
_ 233 —
zo mir), um meine Sunden zu tilgen — kahe jala ratsa söjtma (auf
iwei Füssen reiten), zu Fusse gehen — rahwal on lai rämat (das Volk
bat ein breites Buch), im Volke giebt es immer Gerede — kas sa rägid
ehk pöretad! (magst du sprechen oder farzen), er kehrt sich an nichts
— teize ree peale heitma (sich auf eines Anderen Schlitten legen),
gemeinschaftliche Sache mit ihm machen — silmad ribawad (die Augen
streiten), mich gelüstet — wahet rikkuma (den Zwischenraum verder-
ben), Unfriede anrichten — nfld ölen ma riäti-izaga kokku juhtunud!
(nun bin ich mit dem Taufvater 'zusammen getroffen), den werde ich so
bald nicht los — teraal ei tule riäti-wett silmi (ihm kommt kein Chri-
stenwasser in die Augen) , er hat kein Erbarmen — seil on willased
römad (der bat wollene Kummetriemen), ist faul — kazi oma römad
(bring deine Kummetriemen in Ordnung), mache, dass du nach kommst —
k&ed on'rozikase kaswannd (die Hände sind in eine Faust gewachsen),
er ist geizig — sawale rQmi andma (dem Schwänze Raum geben),
saba wiskama (den Schwanz werfen) , davon laufen — kargab saba
sefjas (er springt mit dem Schwanz auf dem Rücken), er springt lustig,
ohne Sorgen, umher — temal on saksa-liha (er hat herrschaftliches
Fleisch), ist wollästig — leib knkkus saksa-söla (das Brot fiel in das
herrschaftliche Salz), in den Sand — ta ajab Sil sarikad pfiäti (er rich-
tet die Sparren des Mundes auf), fuhrt grosse Reden — jökseb wastu
seina sarwedega (er läuft mit den Hörnern gegen die Wand), will mit
dem Kopfe durch die Wand — jumal, lö inimezi, lö safwi p&hfi ka!
(Gott, schaffe Menschen, schaffe ihnen auch Hörner an den Kopf)» wie
kann man so einfältig sein — ei so ole safwi elades kiütii pidannd
(der hat im Leben nicht die Hörner fest gehalten), Stich gehalten — tulin
appi sapna höbama (ich kam zu Hülfe die Badstube zu wippen), kam
zu Gevatter — palus mulle sanna-leile (er erbat mir Badstubendampf),
wünschte mir Unheil — laps on rämatu sawa alla pannud (das Kind
bat das Buch dnter den Schwanz gelegt), das Lesen vergessen — kas
tahad sawa taha sada? (willst du einen Schwanz hinten haben), ein
Kind — andis temale sapad jalga (er gab ihm Stiefel an den Fuss),
bat ihn tüchtig betrogen — nttd ma sata tftll sälgä (d) (nun falle ich
ibm auf den Rücken), verfalle ich darauf — temal on sea-töbi (er hat
- 4
— 234 —
die Schweinekrankheil), ist faul — tare selga wötma (das Zimmer auf
den Racken nehmen), ein grosses Geschrei erheben — tahab k§ik ma-
ilma oma selga wötta (er will die ganze Welt auf seinen Röcken neh-
men), vermisst sich zu viel — seljaga ahju kfitma (mit dem Rücken
den Ofen heizen), das Brennholz herbei tragen müssen — talwe selja
katki löraa (des Winters Rücken entzwei schlagen), am Matthäustage,
24. Februar, sich betrinken — hobuse seFjast tehtud (vom Rucken
des Pferdes aus gethan), sörme-otsast tehtud (von der Fingerspitze ge-
macht), überhin, flüchtig — sibulat leikama (Zwiebel schneiden), tüch-
tig aus schelten — must siga ahjus (ein schwarzes Schwein ist im
Ofen), das Feuer darin ist erloschen — ma teen silda alla (ich mache
eine Brücke darunter), nehme einen guten Imbiss vor der Mahlzeit —
sain ikka natukeze silda alla (ich bekam immer etwas Brücke dar-
unter), etwas für den ersten Hunger — sai palawa silgu tasku (er be-
kam einen heissen Strömling in die Tasche), es bekam ihm übel — ta
ep ole nl pafju head teinud, mis silma sisse (er hat mir nicht so fiel
Gutes gethan, dass es in's Auge wäre), ei sänud einet silma wöl wä-
hem sahn pista(ich bekam nicht einen Bissen in's Auge zu stecken, noch
weniger in den Mund), ei antud seal suhu ega silma (es wurde dort
weder in den Mund noch in's Auge gegeben), gar nichts — ma tahan
sulle häbi teha nefja silma es (ich will dich beschämen vor vier Au-
gen), zwei Zeugen — temal silmad pihus (sie hat die Augen io der
Hnnd), weint immer — muldne asta tegi, od. pani, öjete silmad
pähä (das vergangene Jahr hat recht Augen in den Kopf gemacht, od. ge-
setzt), die Augen geöffnet, aufmerken gelehrt — sinn silmad olid perse
all (deine Augen waren unter dem Hinteren), du hast nicht gesehen —
kas silmad taga-otsas? (sind die Augen am Hinterende), bist du denn
blind — silmade wabele, od. kabe silma wahe-kohta, od. silma-
pflri wahe-kohta, jäma (zwischen den Augen, od. in dem Zwischen-
raum beider Augen, bleiben), übersehen, nicht gefunden werden — seil
kirwel ep ole silma, ep ole nina peas {dieses Beil hat kein Auge,
keine Nase am Kopf), taugt nichts — nöla silmast tOdud (vom Oehr
der Nadel gebracht), funkelnagel neu — kas mina ölen sulle flfae si-
nepi-tera-suguse tönud tolles? habe ich dir beim Kommen ein Senf-
■ I
rl
— 235 —
tonartiges mit gebracht), ein Kind — ajab sita-h$|zu taga (er läuft
dem Kotbgerache nach), macht verächtliche Arbeit — sest ep ole enam
km sitika silm (davon bat man nicht mehr als das Auge eines Mistkä-
fers), so gut wie nichts — so wajus ßitta (das versank in den Koth),
daraas wurde nichts — sokku sawast ja mitte saf wist wedama (den
Bock am Schwänze und nicht an den Hörnern fuhren), etwas verkehrt an-
fangen — 80 ja raba peale söwima (auf den Sumpf und Morast wün-
schen), dahin, wo der Pfeffer wichst — ta od sola pandud (ex ist in
Salz gelegt), ein Nothnagel — ega mind seile pärast sola panda (man
wird mich ja darum nicht in Salz legen) , das wird ja den Kopf nicht ko-
sten — sömest ja särest (aus Finnland und von der Insel), von überall
her — 8öe-koti pähft ajama (den Kohlensack über den Kopf legen),
in Unwissenheit erhalten — ta 8Öb mu silmad p$ast ära (er isst
meine Augen aus dem Kopfe) , will mir die Augen auskratzen — laps
flsna södis (das Kind ist ein ganz unaufgebrochener Boden), hat noch
keinen Unterricht gehabt — nöd oliwad flhe lejwa söjad (die waren
Esser eines Brotes), gleichen Gelichters — seda sa pead nurgas söma
(las sollst du im Winkel essen) , daran sollst du keine Freude haben —
wemmalt söma (einen Knüttel essen), verbrauchen, sehr viel Prügel be-
kommen — oma söna ära söma (sein Wort auf essen) , zurück neh-
men) — sömata süga külma (mit nicht essendem Munde an hören),
mit offenem Munde — so peab Qjete sönud mes oleraal keß seda
teeb (das muss ein recht gegessen habender Mann sein, der das thut),
ein recht tüchtiger, kräftiger — tema oksendas sölikad so kaudu
wälja (er vomirte die Därme zum Munde heraus), hatte das Miserere —
töbra-luzikad on ammugi ära pöletatud (die Freundeslöffel sind längst
schon verbrannt), die Freundschaft ist längst aus — jutule sölme peale
heitma (auf die Rede einen Knoten machen), davon abbrechen — jumal,
<>4- wana, söjdab (Gott, od. der Alte, fahrt) , es donnert — pudr söi-
mab katlas (der Brei schimpft im Kessel) , brodelt . — ej uäe sörme
silma pista (man sieht nicht den Finger in's Auge zu stecken), die Hand
vor den Augen — m km sörme otsast pilwete p^ale (wie von der
Fingerspitze auf die Wolken), ganz gerade aus — neu on ühed sörmed
(sie haben lauter gleiche Finger) , Einer ist wie der Andere — ta
- ;
— 236 —
hojab sörmed sirged, köwerad (er hält die Finger gerade, krumm),
ist uneigennützig, eigennützig — sörmede wahelt ära söma (zwischen
den Fingern weg essen), aus der Hand in den Mund leben — kui sab
sörwa peale (wenn er auf den Rand kommt), etwas vor sich bringt —
sflda sölub rahet (das Herz sieb} Hagel), ist sehr bewegt — tema
käis ühel hommikul seitse suitsu (er ist an einem Morgen durch sie-
benfachen Rauch gegangen), ein unglücklicher Freier, der sich so viel
Körbe geholt hat — sulas mä alla (er schmolz unter die Erde)» ver-
schwand — kes ta sule lad was kififii olnud? (wer hat den Gipfel
seiner Feder gehalten), das Papier ist geduldig — ta puhub koik su-
led tule kätte (er bläst alle Federn in den Wind) , ihm fehlt nichts —
teized on enesele sulgi sänud (Andere haben Federn bekommen), sich
bereichert — lapsed sulile panema (die Kinder in Federn legen), be-
kleiden — ei ma oleks rätsinud teda snretada (ich hätte ihn gern
nicht als Sterbenden gepflegt), ihn am Leben behalten — teine snrm
sfldames, teine silma 6s (ein Tod im Herzen, der andere vor Augen),
ein Kind todt, das andere im Sterben — söja surmaga sain senna (mit
warmem Tode kam ich dahin), todtkrank — koti sü alas-pidi (die Mün-
dung des Sackes ist nach unten), er ist verarmt - — tema sü on mind
kutsund tema kallale (ihr Mund hat mich über sie gerufen) , sie bat
mich durch Gezänk zum Schlagen gereizt — ep ole ma elades "fcohtu
sü awatanud (ich habe im Leben nicht den Mund des Gerichtes geöffnet),
bin nie vor Gericht gewesen — ta ei ole mu sü-täjel ega rau Ieiwal
olnud (er ist weder bei meinem Mundvoll noch bei meinem Brote gewe-
sen), ich habe nichts mit ihm zu thun gehabt — ma ei lauzunud süd
ega söna (ich äusserte weder Mund noch Wort), kein Wort — muH on
süd sil m ad häbi täte (ich habe Mund und Augen voll Schande), bin
ganz beschämt — ta annab seaga süd (er küsst sich mit einem Schwein),
ist ein ganz Verworfener — ta sQl ep ole känt p^al (sein Mund bat
keinen Deckel), er schwatzt viel, nimmt kein Blatt vor den Mund — muH
oli sflda 8üs (ich hatte das Herz im Munde), war voll Angst — sfist
snhn räkima (aus dem Mund in den Mund sprechen), unter vier Augen —
mu süda ja weri ei anna enam tema pole (mein Herz und mein Blut
geben nicht mehr zu ihm) , ich habe keine Neigung zu ihm — süda ja
— 237 —
ldhenud (das Herz ist schon geplatzt), er ist schon todt — tall on süda
pihus, od. näpu wahel, od. nftpu otsas (er bat das Herz in der Hand,
od. zwischen den Fingern, od. an der Fingerspitze), tall on süda jänese-
tantsi tantsimas (sein Herz tanzt den Hasentanz), er ist in Furcht —
süda tahab süst wftFja tulla (das Herz will 'zum Munde heraus kommen),
man ist sehr ärgerlich — süda läks mäni (das Herz ging bis auf die
Erde), süda on ptiksis (das Herz ist in den Hosen), der Muth entfiel ihm
— wOtab palukeze sQdame alla (er nimmt einen Bissen unter das
Herz), gegen die Nüchternheit — peasta sfidame alia! (rette es unter
das Herz), nimm das für den ersten Hunger — ma katsunud kfill Su-
dan t ta persest kätte säda, aga ei sänud (ich versuchte wohl sein
Herz aus dem Hinteren zu bekommen, aber bekam es nicht), durch Schläge
, seinen Trotz zu brechen — sls körwa äred sttgelewad (dann jucken
die Ränder des Ohrs), dann ist grosse Noth — sflle (ja) seljaga wastu
wötma, andma, wastu seizma (mit Schoos und Rucken entgegen neh-
men, geben, widerstreben), mit beiden Händen, mit Händen und Füssen —
iikima, mis sülg subu, od. süst wäfja, ajab (sprechen, was der Spei-
chel in den Mund, od. aus dem Munde, treibt), was Einem in den Mund
kommt — taewas tapleb (der Himmel kämpft), es ist ein Nordlicht —
ta wls mind taga-otsa pole (er brachte mich nach dem hinteren Ende
zu), kam aus dem Hundertsten in's Tausendste — tallale jänud, od.
pandud (an der Fusssohle geblieben, od. gesetzt), im Wuchs zurück ge-
blieben — on tallast lahti peazenud (er hat sich von der Fusssohle
frei gemacht), fängt an zu wachsen — ajas talwa otse-kohe pü sisse
(er trieb den Keil gerade in's Holz hinein), traf den Nagel auf den Kopf —
muH ep ole enam kui nöd kQmme talu-poega (ich habe nicht mehr
als diese zehn Bauern), die Finger — tema wist läjnud tarka taga
ajama (er ist gewiss gegangen dem Klugen nach zu jagen), fort gegangen,
veil er schläfrig wurde — ta on mitme täri maitsnud (er hat Manches
Kofent gekostet), oft den Dienst gewechselt — ezimeze teiba muruse
löma (den ersten Pfahl in den Rasen schlagen), sich anbauen, den Grund
legen — muH on tö es kinni (der Weg ist fest vor mir), ich kann
nicht vorwärts kommen mit etw. — ei ole übe linnu tTwad minu
külge sänud (keines Vogels Flügel sind an mich gekommen), kein Mann
— 238 —
— nina siase tot kima (in die Nase stocherp), zuflüstern einem Gefrag-
ten — pitka torni alla minema (unter den langen Thurm geben), ster-
ben — tödud hobune (ein gebrachtes Pferd), ein gestohlenes — übe
trlgi-pö all koik (alle unter einem Streichholze), sie sind Alle gleich —
s£ on fisna teine tubakas*(das ist ein ganz anderer Tabak), etwas ganz
Anderes — tuha-labidaga perse ISma (mit der Aschenscbaufel auf den
Hinteren schlagen), aufs Verächtlichste behandeln — tuhka silma aja-
ma, od. wiskama, od. riputama (Asche in's Auge treiben, od. werfen,
od. streuen), Sand — ma ölen jumala tui (ich bin Gottes Taube), mm-
lerseelen allein — tuld perse andma (Feuer in den Hinteren geben),
treiben, Eile machen — tuld wee-auku tegema (Feuer in ein Wasser-
loch machen), unverschämt lögen — tuld lakka laskma (Feuer in deir
Bodenraum lassen), tuli lakas (das Feuer ist im Bodenraum) , sich erei-
fern — otsitakse tule ja törwaga (es wird gesucht mit Feuer und
Theer), wie eine Stecknadel — ei ole tulele ei weele (es ist nicht für's
Feuer, nicht für's Wasser) , taugt zu nichts — tült kotti ajama (Wind
in den Sack treiben), aufschneiden, lügen — tült taewa pole puhuma
(Wind gen Himmel blasen), überraüthig sein — tflhja tült töutama
(leeren Wind drohen), leeres Stroh dreschen — temal on wäl seitse
tült jala all (er hat noch sieben Winde unter dem Fusse), ihm kann noch
Manches begegnen — ta om sedä tühjä länntt (d) (er ist dem ins
Leere gegangen), dem entgangen — sQ läks hukka (der Mund verdarb),
man versprach sich — tema pani ukse kitini (er machte die Tbur zu),
war das letzte Kind — ej töa bollu ega tarka (ich weiss nicht Dum-
mes noch Kluges), der Verstand steht mir still — oma hullu-sarwed
ära wiskama (seine Tollheitsbörner weg werfen), sich die Hörner ablau-
fen — kfili tema hullu-sarwed säwad käfbitud (seine Toüheitshörner
werden schon gekerbt, beschnitten werden), er wird sich schon die Horner
ablaufen, gewitzigt werden — temal on ju huädi-haiz (sie hat schon
Wolfsgeruch), ist mannbar — hundi-ted minema (den Weg des Wolfes
gehen), sich fortschleichen — ma ep ole bundi-kqgr mitte (ich Mo
kein Wolfshund), auch nicht zu verachten — ei tule uni peale, ei lähe
söma-aeg sisse (der Schlaf überkommt nicht, die Mahlzeit gebt nicht hin-
ein), man bat weder Schlaf noch Appetit — ma ütlen seda uniste kSt-
— 239 —
tega ja nnise söga (ich sage das mit schläfrigen Händen und schläfrigem
Monde), vermuthungsweise, ohne gewiss zu wissen -»— pea sina oma stt
bonnikas (balle deinen Mund in einem Haufen), halt das Maul — hunt
kiskas teda (ein Wolf bat sie gerissen), sie hat mit einem Manne zu tbun
gehabt — hunti söidetakse (der Wolf wird geritten), wenn er ohne
Schaden zu thun durch eine Herde läuft — moiza-wanemate uzu-kin-
intus (der Gutsherrschaft Glaubensstärkung), Prägel — ut leikama (ei-
oen neuen, sc. Pflock, schneiden), anfangen aus dem Yorrathsmagazin zu
borgen — muH on üks tejst kämmend kahju (ich habe elf Schäden),
ich habe viel Schaden erlitten — ülewalt alla paluma, tänama (von
oben nach unten bitten, danken), inständigst — tema oli wlnaga um-
kr-kyja (er war ein mit dem Branntwein Verkehrender), Trinker —
meie ei sänud mitte Qht ümmargust kört heinu (wir bekamen nicht
einen runden Halm Heu), gar keins — nfid läheb lugu üramarguzeks
(jetzt wird die Sache rund), schwierig, bedenklich — ära ole oma hinne
waenlane (sei nicht der Feind deiner Seele), schone dein Leben — ta
söb oma were wagwa (er isst die Mühe seines Blutes), lebt von schwo-
rer Arbeit — kui jumal mulle se waewa-laua on warmistanud,
knst pealt ma pean söma (wenn Gott mir diesen Leidenstisch bereitet
bat, von dem ich essen soll), diess Leiden aufgelegt hat — nfid on walge
wtijas (nun ist das Tageslicht angebrochen), was fehlt Einem nun —
kartus on temal waraks (er hat Furcht als Habe), lebt immer in Furcht
— ta on ja wlmse warba peal (sie ist schon auf der letzten Zehe),
der Entbindung ganz nahe — warblazi pähä panema (Sperlinge in den
Kopf setzen), einen Floh in's Ohr — warna otsas olema (am Pflock
bangen), gleich zur Hand sein — so on alles kälu, od. wäe, od. wägi-
mize, peal (das ist noch auf der Wage), unentschieden — ta sai laia
wälja peale (er kam auf das breite Feld), auf schlimme Wege — oleks
olnud Ytii wärawat, ej kustki oleks wälja läinud (wären auch fünf
Pforten gewesen, sie wäre durch keine hinaus gegangen), wären auch
fünf Freier gekommen, sie hätte keinen genommen — ei tea, kas ta on
wee sisse wajonnd wöi mä mnlda läjnud (man weiss nicht, ob er
ins Wasser gesunken oder in die Erde gegangen ist) , oder eines natür-
lichen Todes gestorben ist — süda nuttis werd seda külda (das Herz
— 240 —
weinte Blut das zu boren), blutete — temal on werct sarwe all, od.
sörmes (er hat Blut unter dem Hörn, od. im Finger), er ist faul — were
peale tenima (auf Blut dienen), ohne Lohn — kflU ma lazen wett su
p$ale (ich werde schon Wasser auf dich lassen) , dir einen Schreck be-
reiten — ei seal sä wett ega wermet ej suhu ega silma (man be-
kommt dort kein Wasser und keinen Streifen weder in den Mund noch
in's Auge), nichts zu essen oder zu trinken — enum ma ölen wett
omast siftnist sönud, kui mina ölen lejba sänud (ich habe mehr
Wasser aus meinen Augen gegessen als Brot bekommen), geweint — ma
ölen wikatise astunud (ich bin in eine Sense getreten), habe mir einen
schlimmen Handel zu gezogen — magab willa-wakas (er liegt im
Wollkorbe), es geht ihm gut — nina kohe winnas (die Nase ist
gleich gespannt), er ist leicht zum Zorn gereizt — wifgib öue wa-
het (er bewegt sich viel durch den Hof), hat Durchfall — ta wiskab
Ole seitsme, od. seitsmema, seina-palgi (er wirft aber sieben, od. den
siebenten, Wandbalken), ist ein grosser Lügner — wln on witsa sSnud
(der Branntwein hat die Ruthe bekommen), ist mit Wasser gefälscht —
nemad on koik fihe witsaga lödud (sie sind alle mit einer Ruthe ge-
schlagen), gleich elend — s<5 laps od aga witsa waewaks (diess Kind
ist nur zur Plage der Ruthe), muss immer die Ruthe haben — nöd ölen
wTmse ära näinud (nun habe ich das Letzte gesehen), das Schlimmste
überstanden — tema wlnu ei wOeti wastu (sein Branntwein wurde
nicht angenommen), sein Heirathsantrag — s£ on Oks kahe otsaga
wofsti tö (das ist die Arbeit einer Wurst mit zwei Enden), eine vergeb-
liche — kahe wörra panema (doppelt zusammen legen), aufheben, be-
seitigen — püha-päewa wastu wötma (den Sonntag empfangen), Feier-
abend machen — lehm on üle wözade läinud (die Kuh ist über die
Sprösslinge gegangen), hat nicht zur rechten Zeit gekalbt.
in. Sprichwörtliche Vergleichungen.
Surm kogub nl kui kuiwe hagu (der Tod sammelt wie trockene
Reiser), es sterben Viele,
must nägu ahju-ots (schwarz wie eine Ofenecke).
r
i
— 241 —
ta on nl Iahe ja mähe kui sola hani-rasw (er ist so freundlich und
süss wie geschmolzenes Gänsefett).
lobiseda wois ta nägu harakas aja-teibas (schwatzen konnte er wie
eine Elster auf der Zaunstange).
ta tali nägu hämer naela pea pihta (er kam wie der Hammer auf
den Kopf des Nagels).
wäriseb kui häwa-leht (er zittert wie ein Espenblatt).
sa oled nägu hämmelgas oma wßrgu &8s (du bist wie eine Spinne
in ihrem Netze)«
häbi sürem kui häfg (eine Schande grosser als ein Ochs),
herra priske kui häfg, prQua ilus kui mäzikas (der Herr frisch
wie ein Ochs, die Frau hübsch wie eine Erdbeere).
se mos ep ole parem kui flks jala-nü£tik, naeze wastu tema ej
sä (dieser Mann ist nicht besser als ein Fuss wisch, gegen das Weib
kommt er nicht auf).
ta on arg kui jänes (er ist furchtsam wie ein Hase).
ta on nägu jänes tite-wödis (sie ist wie eine Hasin im Wochenbette),
geziert,
nödr kui wäTja plgistatud jöhwikas (matt wie eine ausgepresste
Moosbeere),
teda azutati nenda ilusaste kui übe pü jure peale (er wurde so
wohl unter gebracht, wie auf der Wurzel eines Baumes).
ta teab sest wähem kui jüt sea-lihast (er weiss davon weniger als
ein Jode von Schweinefleisch).
k&riseb, od. kärab, nägu (kuiw) kadakas (sie prasselt, od. lärm!,
wie ein trockener Wacholder).
tühi kui mustlaze kael-kott (leer wie der Quersack eines Zigeu-
ners).
kailab nägu kaew (er giesst wie ein Brunnen), von Säufern.
ta läks ära kui kahu (er ging fort wie ein Reiffrost), schnell.
sina oled ahne kui kakardaja (du bist gierig wie ein Taucher).
m kazinaste kui üks Kalewi-pqgg (so nett wie ein Kalewide).
terwe nägu kala wees (gesund wie ein Fisch im Wasser).
16
— 242 —
ta on nenda poiste tags kui kana muna-walus (sie ist so hinter den
Burschen her wie eine Henne im Drange des Eierlegens).
ta on nfigu kana takus (er ist wie die Henne in der Heede), anbe-
hilflich.
t» ej töa sest nl pafju kuj. kana kirjast (er versteht davon nicht so
viel wie ein Huhn vom Schreiben).
läheb möda nägu kana heina-kubjast (er geht vorbei wie die Henne
am Heuschober),
tema leikab rukkid, kui kana teeb peza (er schneidet Roggen, wie
die Henne ein Nest macht), es fordert nicht.
kardab teda kui kana kuffi (er fürchtet ihn wie die Henne den Ha-
bicht).
ineje olime nägu küpsed, od. ködetud, kanad (wir waren wie ge-
bratene, od. gekochte, Huhner), vor Schreck.
meie olime seal ku| hullud kanad (wir waren da wie dumme
Hähner).
ta elab nägu kanad wirja-huiltiiku peal (er lebt wie die Höhner auf
dem Kornbaufen).
berned ilnsad walged kui kana-silmad (die Erbsen sind hübsch
und weiss wie Hühneraugen).
ta kahwatas nägn kana-sitt, od. pask (er wurde bleich wie Hfih-
nerkoth).
oleks olnud kuj kana-waras pafja käega (er wäre gewesen wie
ein Hühnerdieb mit blosser Hand).
sin on mets kui taewaze iza kanepi-aed (hier ist Wald wie des
himmlischen Vaters Hanfgarten).
nl odaw, nagu kanni aja küllest murda (so wohlfeil wie einen He-
bel vom Zaun zu brechen).
sinul on kaks silmad p$as kui karikas (du hast zwei Augen im
Kopf wie ein Kelch).
tema silmad pölesid peas kui kaks kurja waimu karikat (seine
Augen brannten im Kopf wie zwei Kelche des Bösen Geistes).
ta elab nägu karu kaeras (er lebt wie der Bär im Hafer).
— 243 —
oli nägu kaää oleks teda ära sÖnud (es war, als ob die Katze es
verzehrt hätte), spurlos verschwanden.
kui kaä£i-poeg öle-körrega wedada (wie ein Kätzchen mit einem
Strohhalm zu leiten),
sa kftud ära kui käste, et nimigi ei ja (du verschwindest wie der
Thau, so dass auch nicht einmal der Name bleibt).
ta Iftks walgeks kui kaze-toht (er wurde bleich wie Birkenrinde),
seda ta kögutab kui wana kazukat (daran zerrt er wie an einem
alten Pelze),
otsis kui kazuka-nöla peru-tulega (er suchte es wie eine Pelznadel
mit Spanfeuer).
tema oleks wöjnud nl ilusaste elada kui kägu (er hätte so hübsch
leben können wie ein Kuckuck).
elab kärbase wlzi (er lebt wie eine Fliege), kummerlich.
rfibeleb kui kärbes törwa-potis (er arbeitet sich ab wie eine Fliege
im Theertopf).
kinni nägu kärbes törwa sös (fest wie die Fliege im Theer).
ta käis fimber ringi nägu kärbes ümber mödu-pudeü (er ging
herum wie eine Fliege um die Methflasche).
laidab nägu kärbes kiriku-ehitamist (er tadelt wie die Fliege den
Kirchenbau),
teie elate minu küllest kui kärbsed (ihr lebt von mir wie die
Fliegen),
seal istume nüd mölemad kui kärblazed törwas (da sitzen wir
nun beide wie Fliegen im Theer).
ta seizab mu ka$la peal nl kui kärblazed haige silma äres (er
liegt mir auf dem Halse wie die Fliegen beim kranken Auge).
wätas tema peale nägu käfje-mezi päewa peale (er sab ihn an,
wie der Scheibenhonig die Sonne),
sfiünib, od. pa&ib, nägu käzi kinda (es passt wie die Hand in den
Handschah),
plp on nenda sefge ku| Uks kell (die Pfeife ist so rein wie eine
Glocke).
16*
— 244 —
tema köf käib kui u£6i k ö T (seine Zunge bewegt sich wie die Zunge
einer Schlange).
nttd ole ma nl rikas kui Ria kikas (d) (nun bin ich so reich wie
der Hahn in Riga).
se on kui kirbu-sitt (das ist wie Flohdreck), so gut wie nichts.*
tfihi kui esmas-päewane kirik (leer wie eine Kirche am Montag),
waene, od. kehw, od. palja persega, kui kiriku-rott (arm, od. mit
blossem Hinteren, wie eine Kirchenratte).
ta od kuj kits kotis (er ist wie eine Ziege im Sack), ganz blind,
ta jökseb mu järele kui kits kuze järele (sie läuft mir nach wie die
Ziege dem Urin).
ta od nenda himuline poiste peale kui kits kuze peale (sie ist so
begierig nach den Burschen wie die Ziege nach Urin).
ta wahtis a&jade otsa kui kits kü otsa (er sab die Sachen an wie
die Ziege den Mond).
kui ta oma kätt mu peale paueb, sis od so kui kiwi miau peal
wenn er seine Hand auf mich legt, so ist sie wie ein Stein auf mir).
läks nägu kiwi wette (es ging wie ein Stein in's Wasser).
kadus nägu kiwi mere pöhja (es verschwand wie ein Stein in den
Meeresboden).
so oli tall kui kll perses (das war ihm wie ein Keil im Hinteren),
nägu klsk ohne otsas (wie ein Kaulbarsch an der Angel), von Kleinem
neben Grossem,
ta on kimbus nägu koer kirikus (er ist in Verlegenheit wie ein Hund
in der Kirche),
ta jökseb töd kahte pidi nenda kui koer (er läuft den Weg nach
beiden Seilen wie ein Hund).
ta närib sönu kui koer kofita (er nagt an den Worten, wie der Hund
an Knochen).
nagu köwa weega kastetud koer (wie ein mit heissem Wasser be-
gossener Hund).
nfid sa oled kui üks tupa sittund koer (nun bist du wie ein Hund,
der in der Stube gesch.... hat).
— 245 — ,
nT tözine kui fiks kqer keäkmize julga ajal (so ernsthaft wie ein
Hand bei seiner mittleren Kothfrummel).
kargas nägu konn (er sprang wie ein Frosch).
ta puhub ennast täii, od. ta on uhkust täiz, nägu konn säu otsas
(er bläst sich auf, od. ist voll Stolz, wie ein Frosch oben auf dem
Heuhaufen).
ni jäme kui tlne konn (so dick wie ein trächtiger Frosch).
magaa kui üks konts mäs (er lag wie ein Klotz auf dem Boden).
ta lakub kui kopiku-sai (er säuft wie ein Kopekensbrot).
mäda kui kops (verfault wie eine Lunge), durchaus.
so on nägu kork kiwi wastu (das ist so wie Kork gegen Stein).
talu-m€s on nägu wana jahune kott (ein Bauer ist wie ein alter
mehliger Sack),
nägu koti seizab sä azi mu kaela peal (wie ein Sack liegt mir die
Sache auf dem Halse).
tfthi nägu sandi kott enne kirikut (leer wie des Bettlers Sack vor
dem Gottesdienst),
päewad weniwad nägu köie otsas (die Tage schleppen sich bin wie
am Strick),
meie olime nenda targad kui äks köii (wir waren so nüchtern wie
ein Strick),
kuiwand ära nägu üks wana ködu-känd (er ist vertrocknet wie ein
aller morscher Stamm),
köwer kui pagara krinncl (krumm wie des Beckers Brezel),
leiwa-tükk nägu kuke-pea aAti kätte (ein Stuck Brot wie ein Hah-
nenkopf wurde gegeben),
ölen kui fiks wana le£k kurg, 'p ole minust fihtegi (ich bin wie
ein alter vereinsamter Kranich, an mir hat man nichts mehr),
seda wiska nägu hnndi kurku (das wirf wie in den Rachen des
Wolfes),
se faha oli meie käes nägu kflla-kakud (diessGeld war in unserer
Hand wie fremde Kuchen), bald aufgezehrt,
hobused on herned kui künaga maha wlnud (die Pferde haben die
Erbsen niedergetreten wie mit einem Troge).
— 246 —
kqgr aSb nigu tühi kün, mis ilmas §i sä hejnu t$2 (ein Hund
frisst wie eiae leere Scheune, welche nie voll Heu wird).
peab alati pügti seizma kui flks kflnal (man muss immer aufrecht
sein wie ein Licht).
minu süda on nl kOlm kui kfilmem künla-kfi ja wafjem
wastla-kü (mein Herz ist so kalt wie der kälteste Februar und der
strengste März).
n&gu mere laenete seas (wie unter den Wogen des Meeres), so ver-
lassen.
süda tuksus nl kui lamba-saba (das Herz klopfte wie ein Schafs-
schwanz).
ta ei töa sest enam kui lammas pflha-päewast (er weiss davon
nicht mehr als ein Schaf vom Sonntag).
ma ölen nenda teadmata kuj flks sündinud laps (ich weiss so we-
nig wie ein neugeborenes Kind).
nfid on meri nenda waga kui fiks laud ja lina (nun ist das Meer so
still wie ein Tisch und Tischtuch).
otsi ikka leiwa-tüki mödi (suche nur immer wie ein Brotstuck),
sorgfaltig,
pqa walge otsas kui lina-pihu (der Kopf ist weiss wie FlacbsschSben).
wa$ne on kui lind, lendab ühe oksa pealt teize pqale (ein Armer
ist wie ein Vogel, fliegt von einem Ast auf den anderen).
kju flks linnuke tuleb, mina jöksen nldiga (ich laufe am Faden, wie
ein Vögelchen kommt).
jöb n&gu kuiw Hwa-hunnik (er trinkt wie ein trockener Sandhaufen),
flks jutt kaub, tejne töpzeb, nenda kui lojus mäletseb (ein Gerede
verliert, das andere erhebt sich, wie ein Thier wiederkäut),
lajsk kuj wenis willane long (faul wie ein sich dehnender wollener
Faden),
sfl peas lahti nägu lOukezel (der Mund steht offen wie bei einer
Lerche),
köht oli tühi nägu lots (der Magen war leer wie ein Blasebalg),
nl walge kui lumi (so weiss wie Schnee).
V
I
_ 247 —
laps nl lihaw kjg lttts (da» Kind ist so feist wie eine Quappe).
ta t&ab sest nl paQn kuj lttpsi-lehm pttha-päewast (er weiss da-
von so viel wie eine Milchkuh vom Sonntag).
pQ nl kuj lü (Holz wie Knochen).
ta ei ole targem kui lüa-wafs nurgas (er ist nicht klüger als der
Besenstiel im Winkel).
talu-pqeg on kui wana lud, kellega puhta toa pfihitakse, pärast
jälle mnsta jiurka wizatakse (ein Bauer ist wie ein alter Besen,
mit dem man die Stube rein fegt, und den man nachher in den dun-
klen Winkel wirft).
se on nl kui kQera kaelas mari (das ist so wie in des Hundes Halse
eine Beere).
so on nägu mari karu perses (das ist wie eine Beere in dem Hinteren
des Bären).
ta on seda nägu kui mä-alnne (er sieht aus wie ein Unterirdischer).
86 on temale kui karu perses mäzikas (das ist für ihn wie in des
Bären Hinteren eine Erdbeere).
otsib kui mäda kflne alla (er sucht wie Eiter unter den Nagel zu
kommen), ihm etwas an zu haben.
äks wihane naene on nl kui mäda kondis (ein zorniges Weib ist so
wie Eiter im Knochen).
ajab est sisse kuj wana mära-bobnne ja nenda kä takka wälja
(er jagt von vorn hinein wie eine alte Stute, und ebenso von hinten
hinaus).
ta läinud nl haffiks nägu meigas (er ist so grau geworden, wie eine
Holztaube).
seda on nl palju kui kimalaze met (davon ist so viel da wie der Ho-
nig einer Hummel).
Tbö on mulle möle pärast, nägu mezi pulmalizele (das ist mir so an-
genehm wie Honig einem Hochzeitgaste).
so wana na$ne laplab nl ilusaste kqi üks mezilane (dieses alte
Weib singt so schön wie eine Biene),
te sile, wanker wöreb nägu muna p^tl (der Weg ist glatt, der Wa-
gen rollt wie auf einem Ei).
'
— 248 —
sile kui sea muna (glatt wie die Hode eines Schweines).
k§|k oli tfihi nägu muna-köf (Alles war leer wie eine Eiersehale).
se sejzab nl kindlaste kui nael kiwi külles (das ist so fest wie ein
Nagel an einem Stein).
laps on terane kui n&skel (das Kind ist aufgeweckt wie ein Pfriem),
sa oled uhke nägu oleks su nina ära kullatud (du bist so stolz, als
wäre deine Nase vergoldet),
teda oisiti süre hölega taga nägu nöp-nöla pahna söst (man
suchte mit grosser Sorgfalt nach ihm wie nach einer Stecknadel in
der Streu).
tall on nägu nögesed särgi ses (es ist als hatte er Nesseln im
Hemde),
sa istud nftgu nuhi nurgas (du sitzest wie ein Stock im Winkel).
ma olin wait kui nui (ich war still wie eine Keule),
mu p$a on nenda kui fiks nui ja pakk otsas; alati wuhwib ja lob
pifli (mein Kopf ist mir wie eine Keule oder ein Klotz ; immer saust
und braust es),
ma ölen täji nägu oa-kajin (ich bin voll wie eine Bohnenhälse),
sirged mehed kui oblikad (lange Manner wie Ampfer),
öiete kui peiu-pqizi hobune (ganz wie das Pferd eines Hochzeitmar-
schals), munter.
üz kaze-mets kui hobuse-saba (ein junger Birkenwald wie ein
Pferdeschweif),
nl rumal kui qinas (so dumm wie ein Hammel),
ma ölen otse kui oksa peal berra ös (ich bin vor dem Herren wie
auf dem Aste),
se tüdruk on nägu oksa jöksnud (diess Mädchen ist wie auf einen
Ast gelaufen), hat Kinder von verschiedenen Vätern,
tö&is nägu oras pärast wihma pead files (er hob den Kopf auf, wie
das Getreidegras nach dem Regen),
ta paneb tähele nägu oraw (er ist aufmerksam wie ein Eich-
hörnchen),
nl sirge, od. pitk, penike, k\jj ozi (so gerade, od. lang, schlank, wie
eine Binse).
^
249
jökseb nagu oleks sula höbe sukke ses (sie läuft, wie wenn sie
Quecksilber in den Strümpfen hätte).
azi käib n&gu Öle-körre läbi (die Sache geht wie durch einen Stroh-
ha Im), sehr langsam, allmählich.
mu pea on otsas kui üks örilaze-peza (mein Kopf ist wie ein
Wespennest),
tödruk nägu saksa öun (ein Mädchen wie ein deutscher Apfel),
sa istud nenda laialt kui pada minu körwas (du sitzest so bnjit wie
ein Kessel neben mir),
ötama kedagi kui päewa pilwet (Einen erwarten wie Sonne und
Wolke), mit Ungeduld.
ötame teda nägu päikest pilwe alt wäfja (wir erwarten ihn wie die
Sonne unter der Wolke hervor).
hobune paks kui üks päts-ahi (das Pferd ist dick wie ein Back-
ofen).
mis mos s£ on? nägu hobuse pea-kott (was ist das für ein Mann?
wie der Kopfsack eines Pferdes).
so on nägu pead tulde pista (es ist wie den Kopf in's Feuer zu
stecken), so gefahrlich.
sn pea on karune kui kam perse (dein Kopf ist rauh wie der Hin-
tere eines Bären).
mu selg oli nenda kui paa perse (mein Rücken war so wie der
Boden eines Kessels), blau geschlagen.
paks ja punane kui wiheldud papi perse (dick und rund wie der
Hintere eines gequästeten Pfaffen).
Übe kui perse-uää (glatt wie ein Afterwurm),
oli nl t&}£ kui pihu ja pörm (es war so voll wie Spreu und Staub),
es wimmelte,
se on temale kui plbu-eli uäSile (das ist ihm wie Tabacksöl einer
Schlange).
se oli tall kui pind silmas (das war ihm wie ein Splitter im Auge),
mu köbt on nenda tfihi kui mu pihu-peza (mein Magen ist so leer
wie meine Handfläche).
_ 250 —
tema köht on ul tgji kuj plaää (sein Bauch ist so voll wie eia*
Flasche),
mis ma sulle ütlen, so olgu nenda kui pojö tüdrukule (was ich dir
sage, das sei so wie der Bursch dem Mädchen),
ma teen temaga kui poti-sepp sapega (ich thue mit ihm wie der
Töpfer mit dem Thon).
hobune nenda kui üks pödr (ein Pferd wie ein Elen), feist.
ma ölen täiz nägu topitud pörsas (ich bin voll wie ein gestopftes
Ferkel),
ta on nl pizuke kui pöpa- paff (er ist so klein wie ein Maikäfer),
ta hundas hommikust Öhtuni kui paks pudru pajas (sie heulte
vom Morgen bis zum Abend wie dicker Brei im Kessel).
tema waletab kui pulma-hunt (er lügt wie ein Hochzeitwolf).
so oli tall kui punft perses (das war ihm wie ein Spund im Hin-
teren).
terwe nägu pnrikas wees, od. jöes (gesund wie ein junger Hecht
im Wasser, od. im Bache).
tuba oli rahwast täji nägu pQ (das Zimmer war voll Leute wie ein
Baum).
wiza nägu tores pü (zäh wie rohes Holz).
ta on täi2 nT kui pük (er ist voll wie eine Kröte).
pitk ja sirge kui üks pü^i-raud (lang und schlank wie ein Flinten-
lauf).
wabisema nägu püli-kott (zittern wie ein Mühlenbeutel).
temal on raha kui rahka (er hat Geld wie Kies).
sitke kui päf koera-nahksid ranni-rörae (zäh wie ein Paar Ge-
schirrriemen von Hundefell).
s£ oli tema mölest nägu rasw ratta peal (das war nach seinem Sinn
wie Fett auf einem Rade).
sind pakuti kui wana raswa (du wurdest angeboten wie altes Fett),
raeie olime kimbus kui ratas sitaga (wir waren in Noth wie ein Rad
im Kothe).
temä kltsk kui Läti ratas (d) (er Jenirrt wie ein lettisches Rad).
I *
I
— 251 —
ned sönad käizid kuj flks tuline rajid mu sttdamest läbi (tief*
Worte gingen mir durch's Herz wie ein glüheades Eisen).
kiiju kui r&hn (bunt wie ein Specht).
langes maha nagu märg rätik (er fiel nieder wie ein nasses Tuch).
olid märjad nagu rägu-pojäd (sie waren nass wie junge Feld*
rallen).
tema on dt söreline kui sitane rästas (er ist so stolz wie ein Wiede-
hopf).
tema kldab oma köki nenda kui rebane sita-sitikat (sie lobt ihren
Kuchen so wie der Fuchs den Mistkäfer),
ma uzun teda nl wfthe kui rebast linnu-lajidas (ich traue ihm so
wenig wie dem Fuchs im Hühnerstall),
ta sejzab flksi nagu rohu-köfs hejna-mäl (er steht allein wie ein
Grashalm auf der Wiese),
meri od sile, od. waga, nagu röza-pütt, od. röza-plma-poit
(das Meer ist glatt, od. still, wie eine Milchschale),
tema sü od laiem kui tema säfgi saba (ihr Mund ist breiter als der
Schooss ihres Hemdes).
$8 on nfigu sadol sea seTjas (das ist wie ein Sattel auf dem Rücken
eines Schweines),
magawad nl ligistiku kuj kaks säe-lapda (sie liegen so nahe bei
einander wie zwei Sägebretter).
ta nörskas nagu säe-weöki (er schnarchte wie eine Sagemühle),
elawad teine teizega otsegu fihe säfgi sös ja ühe müfai all (sie
leben mit. einander wie in einem Hemd und unter einer Mütze), sehr
vertraulich.
fll ligi söbrad kuj särk persega, od. ja perse (so nahe Freunde wie
Hemd und Hinterer),
soll on süda tiyi kui sea-tapjal (du bist erbost wie ein Schweine-
schlächter).
ta on muH kui söp silraas (er ist mir wie Seife im Auge),
kizendab nagu siga aja wahel (er schreit wie ein Schwein zwischen
dem Zaun).
oige kui siga pahnas (recht wie ein Schwein im Kofen).
— 252 —
sa küled nenda kui siga paus (du hörst so wie ein davon gelaufenes
Schwein), d. h. auf gar nichts.
ta elab nagu siga kartuhwli-ajas (er lebt wie das Schwein im Kar-
loffelgarten).
läks nl sama hea mölega kui siga najri-aeda (er ging eben so gern
wie das Schwein in den Rübengarten),
ta töab houstest nl palju kui siga püha-päewast (er versteh! von
Pferden so viel wie ein Schwein vom Sonntag),
ta od nl pahane kui pahur siga (er ist so ärgerlich wie ein böses
Schwein),
teda klta oli nägu siga wastu päewa sügada (ihn loben war so, wie
ein Schwein gegen den Sonnenlauf kratzen),
neraad on römsad nägu sikk sarwe peale (sie sind vergnügt wie der
Bock über seine Hörner).
kärwawad kui silgud ahjus (sie sterben wie die Strömlinge im
Ofen),
ta oli kirobus nägu silk (palawa) sfitte pe^l (er war in Noth wie
ein Strömling auf glühenden Kohlen).
ma ölen kui fiks kfipsetud silk, köik minu lü liha wäriseb (ich
bin wie ein gerösteter Strömling, mein ganzer Leib zittert).
so laps oli muH kui silmakene peas (diess Kind war mir wie ein
Aeuglein im Kopf).
nl sOr kui si r käse -h arg (so gross wie ein ukrainischer Ochs),
temal on nina napsi pole kui seal sita pole (seine Nase ist nach
Schnaps wie des Schweines nach Roth),
ta on täiz nl kui sitikas (er ist voll wie ein Mistkäfer),
tihe-sugune kui saksa sitt ja wene s£p (so einerlei wie des Deut-
schen Koth und russische Seife),
teda pcab hoidma nSgu sitta pilpa peal (man muss ihn sorgfaltig
halten, wie Koth auf einem Splitter),
nemad on nägu nöda sopa ses (sie sind wie im Zipfel des Zngnelzes),
rings eingeschlossen).
täna nenda kibe külm nagu söl-wezi wastu Aifmi (heute ist so
scharfe Kalte wie Salzwasser gegen das Auge).
■ •»
— 253 —
so od nfigu sola sohu külwata (das ist so wie Salz in den Morast
säen),
sä wöf- wanker on nenda pitk kuj fiks söma-wahe (dieser Fuhr-
wagen ist so lang wie die Zeit zwischen zwei Mahlzeiten),
on nf sefge kui wl£ sörme (es ist so klar wie fünf Finger), wie der
Tag.
öhtu solas nägo suhkur sOs ära (der Abend verging wie Zucker im
Monde),
ta on nejl nägu suits silmas (er ist ihnen wie Rauch im Auge),
tunneb teda nägu surnud hamba-walu (er kennt ihn wie der Todte
den Zahnschmerz),
üzi asju tuli nägu sfilega (Neuigkeiten kamen wie mit demSchoosse).
ta läks nl wägise kui talb pü sisse (er ging so mit Gewalt wie in
das Holz ein Keil),
ma ölen nenda mäfg nägu tagant imend tall (ich bin so nass wie
ein Lamm, das von hinten gesogen hat),
öige jändrik km tamme-känd (recht derb wie ein Eichenstammei),
sä jökseb kui tatra-weski (der Mund läuft wie eine Buchweizen-
mühle),
targem kui Tara ja karigem kui Kalew (kluger als Tara und stärker
als Kalew).
minu hing on nenda puhas kui ttks täht taewas (meine Seele ist
so rein wie ein Stern am Himmel),
elab kui täi kärna all (er lebt wie eine Laus unter dem Schorf).
sa tuled nl taza kui üks täi huilub (du kommst so leise, od. langsam,
wie eine Laus kriecht),
mets nenda paks kui tina (ein Wald so dicht wie Zinn).
se kadus kui tina tuhka (das verschwand, od. verlor sich, wie Zinn
in der Asche),
nemad sejziwad nägu tindid so ja wee sös (sie waren wie Stinte in
warmem Wasser),
ta elab üksi kui tont majas (er lebt allein im Hause wie ein Geist),
tuleb kftttc kui targale töbi ja afstile haigus (es Fällt zu wie dem
Hexenmeister eine Krankheit oder dem Arzt eine Krankheit).
— 254 —
ttnda köwa südamega kui törre-pöhi (mit einem so harten Herzen
wie ein Bottichboden).
kardawad teda nägu töugud raud-rähni (sie furchten ihn wie die
Wärmer den kleinen Buntspecht),
nemad sütitiiwad nl wähe kokku kui tuhk silmaga (sie passen so
wenig zusammen, wie die Asche mit dem Auge).
kartsin teda nägu kätte tuld (ich fürchtete ihn wie Feuer an die
Hand),
nemad uzuwad teda nl wähe kui tuld taku konlas (sie trauen ihm
so wenig wie dem Feuer am Wergkunkel),
ma pean tema 8st nägu tule öst hqidma (ich muss mich vor ihm
hüten wie vor Feuer),
ta on mu järel nägu tule-paha (er ist hinter mir her wie ein Feuer-
schaden).
ma ölen nl kttlm tema wastu kui tule-raud käsnale (ich bin so
kalt gegen ihn, wie der Feuerstahl gegen den Schwamm),
nemad elasid nägu tuli tSre pG ktilles (sie lebten wie Feuer an ro-
hem Holz),
kiratseb alles nägu tuli töres püs (er quält sich noch wie Feuer in
rohem Holz),
ta läheb kui tuli sördu möda (er geht wie Feuer längst dem Verhack),
raha nenda käest kulub, kui tuli uzin tulema wezi ära minema
(das Geld schwindet so aus der Hand, wie das Feuer schnell ist beim
Kommen das Wasser beim Gehen).
sa oled kui üks tule-tukk mu körwas (du bist wie ein Feuerbrand
neben mir).
paha söna hakkab nöre inimeze kfllge kinni, kui tfima taela külge
tuluke hakkab (ein böses Wort haftet an einem jungen Menschen,
wie an weichem Zunder das Feuer haftet).
nl wiza kui hutidi-liha (so zäh wie Wolfsfleisch),
üksikud pered, nägu hunt sittund (einzelne Hofe, als ob der Wolf
gesch ).
tema on kawal kui kolme walla hunt (er ist listig wie ein Wolf tod
drei Gebieten).
— 255 —
wibkab mind nenda km u§5 aja all (er hasst mich wie eine Schlange
unter dem Zaun),
ma ölen nenda kuf u£& köre wahel (ich bin so wie ein Warm zwi-
schen der Rinde), in Bedrängniss.
ma fön teda nä£i wlzi (ich werde ihn schlagen wie eine Schlange),
mind on kinzatod nT pafju kui uä£i aja all (man hat mich so fiel
verfolgt wie etne Schlange unter dem Zaun),
kadund nägu u£6id kamarikus (verloren wie Schlangen im Haide-
kraut),
ta kSrleb nägu uggikene palawa kiwi peal (er windet sich wie ein
Wärmchen auf einem heissen Steine),
nenda l<u kni wana ümbrik alt (so breit wie ein alter Unterrock
unten),
sinn sü on lajem kui sinu ümbrik alt (dein Mund ist breiter als dein
Unterrock unten),
sinn su ja sinn ümbrik alt on ühe aru p^al (dein Mund und dein
Unterrock unten sind gleich),
ta flpib nägu waenlane (er lernt wie ein Feind), sehr eifrig,
ma olin nägu waha tnle käes (ich war wie Wachs im Feuer),
alasti nagn waha-kfinal (nackt wie eine Wachskerze),
ta on raha järel nägu kuri waim hinne järel (er ist nach Geld wie
der böse Geist nach einer Seele),
nemad on, od. elawad, kni warblazed nizns (sie sind, od. leben,
wie die Sperlinge im Weizen),
wahib öige, nfigu war es wahib hobuse suhu (er lauert gerade, wie
eine Krähe in den Mund des Pferdes lauert).
seizab süres mures nägu kfilma wöetud war es (er ist in grosser
Sorge wie eine erfrorene Krähe),
sadas kni wardast, od. oa-warrest, maha (es regnete wie vom
Dreschflegel, od. von der Bohnenstange, herab),
romal kui köötri wazikas (dumm wie des Küsters Kalb).
so on otsegu wee-tilk pannis, od. ämbri ktilles (das ist gerade wie
ein Wassertropfen im Eimer),
wöral mal inimezed on kui wSrad weised wöra kafja hulgas (in
— 256 —
der Fremde sind die Mensehen wie fremde Thiere in einer fremden
Herde),
temal on ikka oma ammet taskus, öjete kui wenn ad kahekeste
(er hat immer seine Beschäftigung, d. h. die Flasche, in der Tasche,
sie sind beide recht wie Brüder).
ole nenda sqe oma sfldamega, kui su weri ses od (sei so wann mit
deinem Herzen wie dein Blut in dir).
teda topitakse kui weSki-kotti (man stopft ihn wie einen Mühlensack).
kadunud nägu wette wajunud,od. lannenud (verloren wie in's Was-
ser gefallen), spurlos.
ta satub nägu wezi ahju (er kommt wie Wasser in einen Ofen).
kaub nägu wezi sSlast, od. kerisele (er verliert sich wie Wasser aus
einem Siebe, od. auf der Ofendecke).
jutud lähewad nenda temast maba kui hane seljast wezi (Reden
geben so an ihm herunter wie Wasser vom Röcken einer Gans).
nl ligi sugulane kui wies wezi tari p$al (so nahe verwandt, wie der
fünfte Aufguss auf den Kofent).
tözi kui wezi, wale kui wazika-rokk (Wahrheit ist wie Wasser,
Lüge wie Kälbertrank).
nl iga-päjne azi kui wirts karja-ajas (eine so alltägliche Sache wie
Jauche in einer Viehburg).
te nenda mudaue kui üks wirtsa-auk (der Weg ist so kothig wie
ein Mistjauchenloch).
kargas kohe nägu wizatud ömale (er lief sogleich weiter wie ge-
worfen).
sejzab nagu wöi ahju rinnal (er steht wie Butter auf der Ecke des
Ofens).
süäüiwad kokku nägu wöi ja lejb (sie passen zusammen wie Butter
und Brot).
wiluwad kokku kui sula wöi (sie vertragen sich zusammen wie ge-
schmolzene Butter).
lahke ja mähe nägu sula wöi (freundlich und süss wie geschmolzene
Butter).
1'
»
— 257 —
i
teie elate minu kältest kui kfinnu küllest wßzud (ihr lebt von mir
wie von dem Stamme die Schösslinge).
IV. Wünsche, Verwünschungen, Betheuernngen,
Spitznamen.
Andku Jamal h^ad hingamist (gebe Gott gute Rohe) — jätka,
od. jfitkagu, jumal rOga (Gott gesegne die Speise) — Jamal andku
teile elu pitka, auu körget (Gott gebe eueh langes Leben, höbe Ehre)
— j. a. temale hea hinne-azeme ja kergitagu mulda rindade peal
(G. gebe ihm eine gute Seelenstatt und erleichtere die Erde auf der Brust)
— j. a. t. körgest taewast (Gott gebe es ihm vom hohen Himmel) —
j. a. t. kafti llkumize ja wodi heitmize, targa möle ja möistuze
(Gott gebe ihm theures Benregen und Niederlegen in's Bett, klugen Sinn
und Verstand) — j. a. t. kam terwize öhtu wödi heites, hommiku
flies töustes (G. g. ihm theure Gesundheit, wenn er Abends sich zu Bette
legt und Morgens aufsteht) — j. a. t. puhast hingamist (G. g. ihm
reine Ruhe) — Jamal lasku söa-wäge körwal, od. ikka, külda, ej
silraal, od. elades, näba (Gott lasse von einem Kriegsheere mit dem
Ohre, od. immer, hören, nicht es mit dem Auge, od. im Leben, sehen) —
j. 1. tulukeze kitsas paigas olla (G. 1. das Feuer in einem engen
Räume sein) — j. 1. wili tulla tulusale ja magasale (G. 1. das Ge-
treide kommen zum Erspriesslichen und Sassen) — jumal önäistagu
teie jala astumizi (Gott segne die Tritte eurer Fasse) — jumal pidagu
tulukest ja kaitsku kamalus (Gott halte das Feuer und behüte es in
seiner Hand) — j. p. t. wafjulizes kohas (Gott halte das Feuer an
einem sicheren Orte) — jumal römustagu wajmu, od. pärigu hinae
(Gott erfreue den Geist, od. ererbe die Seele) — jumal ülendagu hin-
nekest ja alandagu patukest (Gott erhöhe die Seele und setze die
Sunde herab) — kofjaks mind jumal Ode tuppa (möchte mich Gott
in die neue Stube hinweg nehmen), in den Himmel — neli lejba, kolm
last (vier Brote, drei Kinder), od. pizut lapsi, palju leiba (wenig Kin-
der, viel Brot), Neujahrswunsch — sinu süst ja jumala käest (aus
17
— 258 — '
deinem Munde und aus Gottes Hand), d. b. Amen, wenn Einem etwas
Gutes gewünscht worden — söwin tefwist wana ästat löpetada, üt
hakata (ich wünsche Gesundheit, das alte Jahr zu beendigen , das neue
an zu fangen) u. a.
Jamal ja kurat sulagu flhte (Gott und der Teufel mögen zusammen
schmelzen) — jumal silitagu nl kaua sinu pead, kunöi lud nähakse
(Gott möge so lange deinen Kopf streicheln, bis der Knochen sichtbar ist)
— kadugu sa nenda ma pealt kui käste rohtu pealt (mögest du
Ton der Erde verschwinden wie der Thau vom Grase) — koer sittugu
ta baua peale (ein Hund seh.... auf sein Grab) — kurat sinu sisse
(der Teufel in dich) — kurat wlgu sind, et aga were-tilgad jäwad
maha (der Teufel bringe dich fort, so dass nur die Blutstropfen nach blei-
ben) — kurat wötku sind (der Teufel nehme dich) — langid wötku
sinu möle (die Krämpfe mögen deinen Sinn nehmen) — laze teda Ma-
dis wötta (möge ihn der Matthias, der Teufel, nehmen) — ma köran
su pea kuiwalt otsast fira (ich werde deinen Kopf trocken ab drehen)
— mine, kuza seda teist (geh, wo Solches und Anderes ist), m.
lanki (geh in den Krampf), mine rabase, od. sohu, od. so peale (geh
in den Sumpf), mine söki (geh in's Siechenhaus), mine tfihja kfttte
(geh zum Leeren, d. h. zum Teufel), mine huädale (geh zu den Wolfen)
— oh kanade päralt, kiriwaste päralt, mustlaze päralt (o den
Huhnern, den Bunten, dem Zigeuner Gehöriges) — oh so nende sisse
(o der, sc. Teufel, in sie) — 9h sina sOlatud kurat (ach du gesalzener
Teufel) — oh sfldame nöru-raswa-tallekene (o des Herzens Nieren-
fett-Lämmchen), bei einem Verlust — sSgu teile mitte flks karw kas-
wama (möge euch kein Haar wachsen) — sitta su suhu (Koth in dei-
nen Mund) — su ema ihu mädanegu sind kandmast (deiner Mutter
Leib möge verfaulen dich getragen zu haben) — «su niuded windngu,
ja su köht mingu punni (deine Hüften mögen schwinden, und dein
Bauch an dringen) — wandus minu were tilga ära, kust mina ölen
sttndinud, nöd rinnad, mis ma ölen imenud (er verfluchte den Tro-
pfen meines Blutes, aus dem ich entstanden bin, die Brüste, an welchen
ich gesogen habe) — wandus mulle kaks sarwe pähä ja kolmat
köhu peale (er fluchte mir zwei Hörner an den Kopf und ein drittes auf
— 259 —
den Bauch) — wandus tuhat tulist kuratit kokkn (er fluchte tausend
feurige Teufel zusammen) — tujsk ja tolm laze wötta (Gestöber und
Staub mögen nehmen) — flle metsa flle jfirwe mingu ta oma nahaga
höpis (über den Wald und über den See mag er gehen sammt seiner
Hant) — wötku teda ttihi, kurat, tofit (nehme ihn der Leere, der
Teufel, der böse Geist) — sägu sulle s&ma sawitse' latse', ahjo-
otsa-arwolitse', katla-kOgo-karwalitse', sawwe sömä ja saiba otsa
sitale (d) (mögen dir geboren werden Kinder von Thon, mit Verstand wie
die Ofenecke» von Farbe wie der Kessqlhaken, Lehm zu essen, oben auf
einer Zaunstange zur Nothdurfl zu gehen) u. a.
Ehk mind pandagu tulese (sollte man mich auch in's Feuer legen)
— ehk ma seje samase sulagu (sollte ich auch eben hier schmelzen)
— ebk ma siniseks weeks snlaksin, ma ep ole seda mitte teinud
(sollte ich auch zu blauem Wasser schmelzen, ich habe es nicht gethan) —
ehk oleks tuhat talist kuratit sörwiti wahel (sollten auch tausend
feurige Teufel quer dazwischen sein) — ehk sulagu ma mft pöhja
(sollte ich auch in den Boden der Erde schmelzen) — kurat wötku mu
lud llkmed fira, kui . . . (der Teufel nehme meine Gebeine und Glieder,
wenn . . .) — Jözukene suretagu mind sejna äre (Jesulein lasse
mich neben der Wand sterben) — jumal ftrgu aidaku mind Sit paj-
gast mitte, ega tejzest kolmandamast paigast (Gott helfe mir nicht
von dieser Stelle, noch von einer anderen oder dritten Stelle) — jumal
nfteb filewal, mina sin (Gott sieht es oben, ich hier) — jumal wlgu
minu kfted kfiest fira (Gott bringe meine Hände von mir weg) — ju-
mala nimi kaffis, et muH seda ei ole (Gottes Name ist theuer, dass
ich das nicht habe) — juraala ri&ike olgu mu jüres (Gottes Kreuz-
chen sei bei mir) — kögi ej töa mu kui sür jumal ülewal ja mina
ize (kein Anderer weiss es als der grosse Gott oben und ich selbst) —
mina ei maksa, ehk wötku minn ihn särk seFjast fira (ich bezahle
nicht, und sollte er auch meines Leibes Hemd mir vom Rucken nehmen)
— mina ölen siniseks weeks, tema on warastand (ich bin blaues
Wasser, er hat gestohlen) — mina rftgin tött jumala ja inimeste
wahel (ich rede die Wahrheit zwischen Gott und Menschen) — mina
tunfiistan taewa ja ma wahel (ich bezeuge zwischen Himmel und
17*
— 260 —
Erde) — minu hing on nenda pubas kui fiks täht t%ewas (meine
Seele ist so rein wie ein Stern am Himmel) — nl töeste, kui Jamal
fllewal ja mina sin (so wahr wie Gott oben und ich hier) — sS on
miau ja jumala (das ist mein und Gottes), ganz gewiss mein — sIs
ma tahan sla mft alla lanneta (dann will ich hier unter die Erde sin-
ken) — wannun oma were ja hinne peale (ich schwöre aar mein
Blut und auf meine Seele) — wöite nokkida ma sfidame seljast
wälja, ej teie slski minust Süd leia (ihr könnt mir das Herz aas dem
Rucken hacken, ihr werdet doch keine Schuld an mir finden) — wötku
kurat ma käed küllest ära (möge der Teufel meine Hände von meiner
Seite nehmen) u. a.
Bei der grossen Neigung der Ehsten zu Spott und Satire ist es eine
sehr beliebte Gewohnheit bei ihnen, dass Bewohner verschiedener Gegen-
den und Gutsgebiete sich gegenseitig Spott- und Spitznamen geben, welche
sich auf Auffälliges in der Sprache oder Kleidung, Charakter, Lebensweise
u.s. w. beziehen, auch wohl auf einer Namensverdrehung des Wohnorts be-
ruhen. Sie sind grossen Theils unübersetzbar, und vermutlich ist bei man-
chen der Ursprung und die eigentliche Bedeutung auch denen selbst nicht
klar, welche sie — der Tradition folgend — gebrauchen. Eine Probe davon
sind die folgenden. Einer aus Werpel ist «warb Jane» (Sperling, nach
dem Ortsnamen), — aus der Umgegend von Pernau «laia-perse-mös»
(Mann mit breitem Hinteren , von den breiten Rockschössen), — aus Fel-
lin «Wilandi wibu-nina» (Felliner Bogenoase), — aus Holslfershof
«kuke-sölik» (Hahnendarm), — aus Tarwast «tatt-läritiik» (Rotzbütte)
oder «tatt-lauk» (Rotzblässe), — aus der Umgegend von Werro «tsurk-
lane» oder «ugulane», — aus Neu-Anzen «kiriwä hata poig» (Sohn
einer bunten Hündin), — aus Alt-Anzen «haha hata poig» (Sohn einer
grauen Hündin), — aus der Anzenschen Gegend überhaupt «lätokene»
oder «hatokene», — aus Uelzen «wäblane» (Wespe), — aus Lina-
mägi asetkene», — aus Kergel «kärbläne» (Fliege) oder «körweue»
(wohl nach dem Ortsnamen), — aus Polwe «wetka» (von dem Gebrauche
der Partikel wet rus9. b£ai>), — aus der Umgegend von Dorpat ak&kk»
(Blutklos), — aus Koik «oa-sao söjä» (Esser von dicker Bohnensuppe),
— aus Heiligensee «söliko-arutaja» (der Därme aus einander wickelt),
I
— 261 —
aas Rosenhof «huiokene», — aus Neuhausen «jutik» (sonst* ein Rind
mit weissem Rückenstreifen), — aas Nursi «hatokene», — aus Sennen
«nähkas», — aus Rauge, Hahnhof, Kosse «hftkk», — aus Rogosinski
«witi» (weil sie witi st. wei sprechen, von «widämfi»), — aus Rappin
omähkas, m&kas», — aus Menzen «loks-muän» (Klatschhode), —
Leute aus Tolama heissen «öka-rahwas» (weil sie ö statt om sprechen),
die Ehsten im Gouvernement Pleskau «setu', setuka', setukeze'», Mäd-
chen aus Kannapä «kaput-jalad» (Strumpflüsse) , die in den dörptschen
Kreis eingewanderten Felliner «mulgid», die Letten «läti-kopsud» (Lei-
lenlungen) u. s. w. Auch längere Sprüche, Spottverse kommen dabei vor,
wie von den Leuten in Aozen aAnts-mÖiza rahwas auza rahwas, pe-
räst pikä-päkä- rahwas» (die Leute aus Anzen sind Ehrenleute, naehher
sind sie Leute mit langem Daumen, d. h. Diebe), — in Resthof «minä
Rösto rikas m6s, maka wastse kaska s6n» (ich bin ein reicher Mann
aus Resthof, schlafe in einem neuen Pelz), — in Sommerpalen «pikä
palo pimä-nöjdja, Sömer-palo s$ira-s6jä» (Milchverhexer von der
langen Haide, Sommerpalenscher Käseesser), — in Errastfer «Eräswere
ifwiko', kuiwa löwä köriko', suwel söwä' sitikit, talwel lakwa'
Iutikit» (Errastfersche Grinzer, trockene Brotrinden, im Sommer essen
sie Mistkäfer, im Winter lecken sie Wanzen), — in den vier Kreisen
Ehstlands «Hafju harakas, Wiru wirukas od. wares, Läne lülT,
Järwa junn» (Elster aus Harrien, Langer od. Krähe aus Wierland, Töl-
pel aus Wiek, Knirps aus Jerwen).
Dieser Abschnitt, wie die beiden vorhergehenden hat selbstverständ-
lich nur einige Proben ehstnischer Rede- und Ausdrucksweise geben wol-
len und können, vieles dahin Gehörige giebt auch noch das Wörterbuch.
Y. BäthseL
I
r
Bei Weitem der grösste Theil der Räthsel hat dieselbe Form wie auch I
bei den östlichen finnischen Stämmen, d. h. es sind kurze, verblümte Be- 1
i
Schreibungen irgend eines Gegenstandes, welcher aus dieser oft mehr ver- '
hallenden als deutlich machenden Bezeichnung errathen werden soll, erst j
in neuerer Zeit hat man dem Deutschen nachgebildete Räthsel versucht,
— 262 —
auch Bachstaben- und SylbenrSthsel. Jene Mehrzahl ist zum Theil wohl
wirklieh alt, aus einer Zeit, da die Ehsten noch mit ihren entfernten öst-
lichen Stammesgenossen auf gleicher Bildungsstufe standen, zum Theil,
wenn auch später gemacht, doch der alten Form angelehnt. Das Alter
zeigt sich auch darin, dass über die Bedeutung manches darin vorkommen-
den Wortes das jetzige Geschlecht nicht mehr Auskunft zu geben weiss,
obgleich das Räthsel selbst sich in der überlieferten Form noch erhalten
hat; auch die Lösung ist bei manchen unsicher geworden oder auch wohl
ganz verloren gegangen 1). Einige sind unübersetzbar oder nur nach dem
Sinne im Allgemeinen wieder zu geben, wegen der hier sehr beliebten
Parallelwörter (vgl. § 44 der Grammatik), wofür dem Deutschen oft das
Entsprechende fehlt. Der Inhalt ist oft recht treffend und witzig, manches
Mal auch wohl recht derb bis zum Obscönen. Eine oder die andere Um-
schreibung aus dem II. Abschnitt konnte vielleicht aueh als Räthsel ange-
sehen, so wie Anderes zu dem I. Abschnitt gestellt werden, und wie dort
das Sententiose, Didaktische des Inhalts das Unterseheidende gewesen ist,
so wird es hier die Absicht sein, ob nämlich eine Umschreibung ausdruck-
lich zur Prüfung des Scharfsinnes der Zuhörer und zum Errathen gemacht
ist, oder ob sie ohne eine solche Absicht nur nach dem Geiste der Sprache
überhaupt gebraucht wird. — Räthsel in ausgedehnterer Form geben die
RSthsellieder , Wechselgesänge von Aufgebenden und Losenden , wovon
Proben in den Ehstn. Volksl. von Neus, As 404.
Aed all, tejne peal, libe kala keskel (ein Zaun unten, ein anderer
oben, ein glatter Fisch in der Mitte), Aufschlag und Weberschiffchen.
ajt all, lök peal (ein Vorrathshaus unten, ein Krummholz oben), ein
Kessel.
ajt nelja tulba peal (ein Vorrathshaus auf vier Pfosten), ein Thier.
ajt wafgid lambajd täii (ein Vorrathshaus voll weisser Schafe), der
Mund mit den Zähnen.
haff häfg, auk seTjas, sefjast söb ja küljest situb (ein grauer Ochs,
1) Die Sammlung hier giebt auch einige Beispiele von solchen unverständ-
lichen und unlöslichen R&thseln.
— 263 —
ein Loch im Röcken, am Racken frisst er, an der Seite seh.... er),
die Handmühle.
halT hftfg nurgas, seljast s5b, küFjest situb (ein grauer Ochs im
Winkel, am Racken etc.), dass.
alt haljas jänes, peak kürakas rebane (unten ein glänzender Hase,
oben ein buckliger Fuchs), der Pflug.
alt jökseb haH koer, pealt kfirakas rebane (unten läuft ein grauer
Hand, oben ist ein buckliger Fuchs), die Handmühle.
alt söb, pealt sitnb (unten frisst es, oben seh.... es), der Bohrer.
haned tulewad Öze öue, ninad tilguwad wett (Gänse kommen Nachts
in den Hof, die Nasen triefen von Wasser), Wassereimer.
hani haljas , p$a pafjas (eine grüne Gans , der Kopf kahl) , der Bade-
besen.'
hani ujub meres, tlwad tilguwad werd (eine Gans schwimmt im
Meer, die Flügel triefen von Blut), ein Boot.
harakas aidas, saba rftstas (eine Elster im Vorrathshause, der Schwanz
auf dem Dache), der Schlüssel des Vorratshauses).
harakas linnas, saba wäFjas (eine Elster in der Stadt, der Schwanz
aussen), die Balkenenden an der Ecke des Hauses.
harakas sea seFjas (eine Elster auf dem Rucken eines Schweines) , ein
Kind, welches das andere lauset.
hark all, hafgi peal paun, papna peal ri$t, riäti p$al nupp, nupu
peal mets , metsas elawad elajad (unten eine Gabel , auf der Ga-
bel ein Ranzen, auf dem Ranzen ein Kreuz, auf dem Kreuz ein Knopf,
auf dem Knopf ein Wald, im Walde leben Thiere), der Mensch.
hark all, paun peal, pauna peal ri£t, riäti pejil nupp, nupu peal
mets , metsas sead , laia lakiga pojä ajab sead metsast wälja
(unten eine Gabel, darauf ein Ranzen, auf dem Ranzen ein Kreuz,
auf dem Kreuz ein Knopf, auf dem Knopf ein Wald, im Wald Schweine,
ein Junge mit breitem Hut treibt die Schweine aus dem Walde), der
Mensch und die Kopfburste.
hftfg laudas, hattikas seljas (ein Ochs im Stall, ein Quell auf dem
Rucken), ein Bierfass.
— 264 —
häfg laudas, safw w&fjas (ein Ochs im Stall, das Hörn draussen), ein
Degen,
hftfg lapdas, sarwed wäfjas (ein Ochs im Stall, die Homer draussen),
die Balkenenden an der Hausecke.
hÄrg töakse koju, od. h. kodu, sOled j&wad metsa, od. s. metsas
(ein Ochs wird nach Hanse gebracht, od. ist zu Hause, die Einge-
weide bleiben, od. sind, im Walde), ein behauener Balken.
häfg magab mäs, aze seizab seitse ästat (ein Ochs liegt auf dem
Boden, die Stelle bleibt sieben Jahre), eine Penerstelle.
ej raa kola kurikat, ega karda katlat, sauna leil raind sandiks
teeb (auf das Klopfholz höre ich nicht und den Kessel furchte ich
nicht, der Dampf der Badstube macht mich elend), die Laos.
ei seda närita ega nelata, ega sula ta süs ära, ja siski mitmele
wäga magus (es wird weder gekaut noch verschluckt, noch schmilzt
es im Munde , und dennoch ist es Vielen sehr wohlschmeckend) , der
Rauch der Tabakspfeife.
elaw surnu rejte wahel (ein Lebendiges zwischen den Beinen eines
Todten), das Spinnrad.
hele kukk, kole tamm rikka mehe l&we all (ein heller Hahn, eine
düstere Eiche unter eines reichen Mannes Schwelle), die Sackpfeife.
hele pQ , hele tamm , seal on kulda , seal on höbedat (ein heller
Baum, eine helle Eiche, da ist Gold, da ist Silber), eine Kirche.
heli ös, tali taga, kfikits peal, nakits peus (eine Stimme vorn, der
Winter hinten, ein Hockender darauf, eine Peitsche in der Hand), ein
Schlittenfahrer.
ema istub, iza pistab, ttttar töHitab (die Mutter sitzt, der Vater sticht,
die Tochter baumelt), ein Ziehbrunnen,
emal 1%} magu, izal pitk sammas, lapsed köik fimmargazed (die
Mutter hat einen breiten Bauch, der Vater einen langen Pfahl, die
Kinder sind alle rund), Ofen, Ofenkrucke und Brote,
enam auka m&s kui tähti t^ewas (mehr Löcher auf der Erde als Sterne
am Himmel), ein Stoppelfeld.
Hetidrik tagwas, taba löukas, Mart mas, paft sus (Heinrich im
— 265 —
Himmel, das Schloss im Herdloche, Martin an der Erde, eine Ente
im Munde), der Kesselhaken.
enne pojad pufjutawad, enne kui iza ilmale süütiib (eher segeln die
Söhne, bevor der Vater zur Welt kommt), Kornschober und Garben.
et mu sugu-aru kfill kaunis perekas, siski ep ole nad mind sla
male binAe-kifja flies wötnud; ma ölen weike nime polest,
wel wäbem kere polest, ma istun alati kohtu-lauas, kus minu
käest wimist aru nOuutakse, kä toa-tfidrukud ja kögi-naezed
on alati mu jäfjes (obgleich mein Geschlecht sehr zahlreich ist, so
bin ich doch bisher noch nicht in das Seelenverzeichniss aufgenom-
men; ich bin klein von Namen, noch kleiner von Korper, ich sitze
immer am Gerichtstisch, und von mir fordert man die letzte Entschei-
dung, auch Stubenmädchen und Köchinnen sind immer hinter mir her),
die Sandbuchse. -,
est kui oda, od. ora, keskelt kui kera, tagant kui tambi-lasn (vorn
wie ein Speer, od. Pfriem, in der Mitte wie ein Knaul, hinten wie
eine Stampfschaufel), das Huhn.
hiline ös ja taline taga, pökats peal ja nokats käes (ein Langsamer
vorn und ein Winterlicher hinten, ein Stosser darauf und ein Hacker
in der Hand), ein Schlittenfahrer.
ilma hlta kongerdab (ohne Knochen geht es), die Zunge.
hinnega, od. hinneline, all, hinnega, od. hinneline, peal, binnetu
wahel (Belebtes unten, Belebtes oben, Lebloses dazwischen), od.
hinneline all, hinnetu wahel, tunneline peal), Pferd, Reiter und
Sattel.
iza ilma stiridijjiata, lapsed tafitsiwad juba katusel (der Vater ist
noch ungeboren, die Kinder tanzen schon auf dem Dache), Feuer und
Rauch.
izaluakse, poeg köänib (der Vater wird geschaffen, der Sohn wan-
delt), dass.
iza Öige, ema köwer, pqgg pohla-mä kuningas, tfltar laj kuj lati-
kas (der Vater gerade, die Mutter krumm, der Sohn ein König von
Polenland, die Tochter breit wie ein Brachsen), der Hopfen.
— 266 —
iza pitk, ema Igj , öde söge, wend pörane (der Vater lang, die Matter
breit, die Schwester blind, der Broder verkehrt), die Welt,
iza pitk ja pönike, ema lai ja lübike, lapsed köjk ühe-sugused,
ümmarguzed (der Vater lang und dünn, die Mutter breit und kurz,
die Kinder alle gleich, rund), Brotschaufel, Brottrog und Brotlaibe,
iza pitk, pönike, ema lai, latakas, pojad köik ümmarguzed (der
Vater lang, dünn, die Mutter breit und flach, die Sohne alle rund),
der Hopfen,
iza sirge, ema köwer, tfitar 1%j, latakas, pQeg taga puper-paFH (der
Vater gerade , die Mutter krumm , die Tochter breit und flach , der
Sohn hernach rund), dass.
iza sirge, ema köwer, tfitar lgj lutikas , pqeg punase mfitsiga (der
i
Vater gerade, die Mutler krumm, die Tochter eine breite Wanze, der |
Sohn mit rolher Motze), dass.
izand haistab emanda moldi (der Herr riecht an der Mulde der Frau), I
der Eimer, welcher aus dem Brunnen Wasser holt.
i
ize ime, ize pime, ize ma-ilma tark (selbst ein Wunder, selbst blind, j
selbst ein Weiser der Welt), der Besmer, die Handwage.
ize köletu, ize möletu, ize ilma mä rakendaja (selbst ohne Sprache,
selbst ohne Verstand, selbst aller Welt Flicker), die Nadel. j
jalutu Juhan, od. jaluti Jan, od. jaluta Jan, läbeb seina kajidu j
üles (ein Jobann ohne Fasse geht an der Wand hinauf), der Rauch. |
jäitsikas tantsib ja peal, lgi lakk peas, kala-nlsk süs (ein Eisstück !
tanzt auf dem Eise mil einem breiten Hut auf dem Kopfe und einer
Fischmilch im Munde), od.
jänes tantsib ja peal, ej tunne jäTgi (ein Hase tanzt auf dem Eise,
man merkt keine Spuren), die Spindel. * i
i
jökseb ristimata, ja ommeti on kaks korda sütidinud (es läuft un-
getauft, und ist doch zwei Mal geboren), das Huhn.
kahed karwad wast&stiku (zwei Partien Haare gegen einander gerich-
tet), Wollkratzen.
kaks h&rga kfinnawad, tihes ikkes weawad, tejne künnab sö-mäd
teine aru-m&d (zwei Ochsen pflügen, ziehen in einem Joche, der
— 267 —
eine pflögt Sumpfland, der andere trockenes Land), die Eimer am Rad-
brunneir.
kaks härga pfidbid tapelda, mftgi oli wahel (zwei Ochsen versuchten
zu kämpfen, ein Berg war dazwischen), die Augen,
kaks kam, kam kok, kögu tfi{ ja tildi knaps (?).
kaks knkke kakle wad, teine tejzel pol iniige, aga kokku ej sä
eladeski (zwei Hahne streiten , einer auf der einen , der andere auf
der anderen Seite des Berges, aber zusammen kommen sie im Leben
nicht, od. kaks knkke, teine teizel pol mäge, taplewad, ej sa
ial fihte), die Augen.
kaks läüast flhe pauna s38 (zwei Letten in einem Ranzen) , eine Un-
sensehote.
kaks lehma, teine tlne, teine aber, ja ühtlazi pQ$gewad mOlemad
(zwei Kühe, eine trächtig, die andere gelt, und beide kalben zugleich),
Roggen- und Gerstenfeld.
kaks möst weawad flle pussu-mäe nOta (zwei Männer ziehen über
den Farzhügel ein Zugnetz), das Anziehen der Hosen. *
kaks Ort, od. kahed örred, walgid kanu t§ji (zwei Stangen voH weis-
ser Hühner), die Zähne,
kakspead, kolm silma, küi jalga, kaks putsi, fiks band (zwei
Köpfe, drei Augen, sechs Fasse, zweierlei Scham, ein Schweif), ein
einäugiges Weib reitend,
kaks tömanti-kiwi , üks höbe-ora (zwei Diamanten, ein silberner
Pfriem), Auge und Nase.
kaks wanakest , od. wenda, flhe sidemega kons (zwei Greise, od.
Bruder, mit einem Bande verbunden), ein Paar Zaunstaogen.
kaks wennaksid, flhe sidemega seutakse (ein Brüderpaar, mit einem
Bande werden sie gebunden), dass.
kangas ei koeta, wöllas ei wöfgita, seQas sflnäib pidada (auf dem
Webstuhl wird es nicht gewebt, auf dem Baum nicht gestrickt, auf
i dem Rücken kann man es tragen), ein Pelz.
kam köüsib te kapda, karwad poewad maha (ein Bär wandelt den
Weg einher, die Haaro fallen nieder), ein Heufuder.
kas sa wOtad seile, mis mäe p^al mänfiib, w§i seile, mis sGs soT-
i
— 268 —
gib? (nimmst da den, welcher auf dem Berge spieh, oder den, wel-
cher im Sumpf plätschert), Schlange and Fiseh.
ka& ahjus, kapp wÄljas (eine Katze im Ofen, die Pfote draussen), der
aas der Nase hängende Schleim,
käzitu ja jalutu jökseb nurka möda ttles (ein Hand- and Fossloser
läuft an der Ecke hinauf), der Rauch,
kehata nähtaw (körperlos sichtbar), der Schatten,
kelle selg ei wQi mitte fiht llwa tera kanda, aga korraga wöib
mitn sürt maja kanda? (wessen Racken kann nicht ein Sandkorn
tragen, aber auf ein Mal kann er viele grosse Häuser tragen), das
Meer,
kerged silmad ja kerged jalad (leichte Augen und leichte Füsse), der
Dieb,
kes könnib ümber-kaydu ilma majast minemata? (wer wandelt um-
her ohne aus dem Hause zu gehen), die Schnecke,
kes oli pitkas säre-paelas? (wer war in einer langen Fussbinde), die
Weide. •
kes on halTi mantliga? (wer ist mit einem grauen Mantel), die Espe,
kes on häwiku emanda? (wer ist Hausfrau des Espengebusches), der
Fachs,
kes on kirbu-sürune aga häfja-raskune? (wer ist so gross wie ein
Floh, aber so schwer wie ein Ochs), ein Funke,
kes on körwe kaf jane? (wer ist der Hüter des tiefen Waldes), der Bär.
kes on kullast kObaraga? (wer ist mit einem goldenen Hute), die
Fichte,
kes on küziku kuningas? (wer ist Konig des Fichtenwaldes), der Wolf,
kes on laia lakiga? (wer ist mit breitem Hute), die Kiefer,
kes on nömme neitsike? (wer ist das Jfingferchen der Haide), der
Hase,
kes on walge kazukaga? (wer ist mit einem weissen Pelz), die Birke,
kes seal pözas pöksub, naksub? (wer klopft and klappert dort im
Strauch), der Igel,
köletu, möletu, ilma ma tark (sprachlos, sinnlos, aller Welt weise),
die Handwage, der Besmer.
— 269 —
kßletu, meleta, mä-ilma rakendaja (sprachlos, sinnlos, aller Welt
Flicker), die Nadel,
körleb (ja) wdrleb, km otsa sab, (ßls) muneb (es dreht sieb, win-
det sich, wenn es auf den Gipfel kommt, legt es Eier), der Hopfen,
kibab ja kabab , s&b säre peale , eis sejzab (es zappelt und rappelt,
wenn es auf die Insel Itommt, bleibt es stehen), der Schnee,
kiberik köberik, kükitab mfte kfilge peal (krumm und gewunden,
auf den Seiten eines Berges hockt es), das Ohr.
kikri kakri , kiwerik köwerik , pazandab köjk wäfja täji (klipp,
klapp, krumm und gewunden, das ganze Feld seh.... es voll), die
Sichel,
kirbu sürns, härja raskus (des Flohes Grösse, des Ochsen Schwere),
ein Funke,
kirbul läheb ja luikel tuleb (als Floh gebt es , als Schwan kommt es),
ein Kohlkopf,
kiri kari, walge wäli, must karja kaiisja (bunte Herde, weisses Feld,
schwarzer Hüter der Herde), Gemeine, Kirche, Prediger,
kiri kari, walge wäli, tuhmid, targad taga-ajajad (bunte Herde,
weisses Feld, trübe, kluge Treiber), ein Buch,
kiri lehm, kikis sarwed (eine bunte Kuh, niedergeduckte Hörner), das'
Spinnrad,
kits kefdris , köf wäfjas (eine Ziege im Keller , die Zunge draussen),
die zum Ofen herausschlagenden Flammen,
kitu söidab sördu mSda, kitu karwad wasta oksa (eine Ziege fahrt
längs dem Verhau, die Haare der Ziege sind gegen den Ast), ein
Heufader,
kiwene nurm, rawwane adr, köo-püst söme (d) (ein steiniges Feld,
ein eiserner Pflug, vom Birkenbaum der Same), das Feuerzeug.
kiwist safw, püst will sös (von Stein der Kasten, von Holz das Ge-
treide darin), das Aschenloch und die Asche,
kiwist wakk, püst jahud (von Stein der Scheffel , von Holz das Mehl),
kizub, käpab, sab sare, sls muneb (es reisst und scharrt, kommt es
auf die Insel, so legt es Eier), die Egge.
— 270 —
klpab, kftpab, sab sare, sls seitab (es scharrt und kratzt, kommt es
auf die Insel, so steht es), der Besen,
kltsakas lendab üle kiwi, tiwad tilguwad werd (eine Bister fliegt
aber einen Stein, die Flügel triefen von Blut), das Feuerzeug.
koda kolme nurga peal (ein Hans auf drei Ecken), ein dreifassiger
Kochtopf.
kqer baugub läbi raud-wärawat (ein Hund bellt durch eine eiserne
Pforte), ein Mensch spricht.
kole kü§k, bale tamm rikka mehe läwe all (eine düstere Fichte,
eine helle Eiche unter der Schwelle eines reichen Mannes), die Sack-
pfeife.
kolme-jalgne kurat, raud-hambad süs (ein dreibeiniger Teufel mit
eisernen Zähnen im Munde), der Spinnrocken.
kOrem w&zib, körma kandja ei wäzi (die Last ermüdet, der Lastträ-
ger ermüdet nicht), ein Stuhl.
köhu p^ale kopsitakse, od. kobiseb, naba p^le napsitakse, od.
nabiseb, läheb sisse silpsti (auf den Bauch wird geklopft, auf dem
Nabel raschelt es, hinein geht es wupp), Schloss und Schlüssel.
köhust söb, ktifjest situb (aus dem Bauche isst es, aus der Seite seh....
es), ein Licht.
köige päewa käib, ei tule ial lana otsa (den ganzen Tag geht es , an
den Tisch kommt es niemals), die Thür.
köigub ja koigub, läbi aja l^igub (es schwankt und wackelt, durch
den Zaun schwappt es), eine Kornähre.
köjk armastawad teda, ja ükski ilma temata ei wöi elada, ja siaki
kardawad teda koik (Alle lieben es, und ohne dasselbe kann Kei-
ner leben, und dennoch furchten es Alle), das Feuer.
köjk kardawad teda, ja kQik, kes hukka lähewad , lähewad tema
läbi hukkay ja slski armastawad enamiste köjk teda (Alle furch-
ten es, und Alle, welche umkommen, kommen dadurch um, und doch
lieben es fast Alle), die Sünde.
köjk pere murrawad musta köki (das ganze Hausgesinde bricht einen
schwarzen Kuchen), die Stubenthür.
körgem kui kirik, madalam kui regi, mustern kui süzi, walgero
— 271 —
t-
kui lumi (höher als eine Kirche, niedriger als ein Schlitten, schwär-
zer als Kohle» weisser als Schnee), eine Elster.
körgem kui hobune, ja magab hire azemel (höher als ein Pferd und
schläft auf der Stelle einer Maas), die Thür.
körgem kui hobune, madalam koi siga, mustern kui karu (höher'
als ein Pferd, niedriger als ein Schwein, schwärzer als ein Bär), ein
Sattel.
körgem kui sitikas, madalam kui hlf, ja enam aknajd kui ku-
ninga toal (höher als ein Mistkäfer, niedriger als eine Maas, und
Fenster hat es mehr als das Haus des Königs), ein Fingerhut.
kui sa näed miud, sls ma naffin sind, kui mu uime kirja paned,
kolm polt söna sls mulle annad, wlmse pole kui ära hejdan,
natukeze sls tö-möst aitan; tahad mu pgale lötust panna, sls
mulle s wöl taha anna, sls wöin an da sulle tqidust, raha kflll
(wenn du mich siebst, so necke ich dich, wenn du mich nieder
schreibst, so giebst du mir drei Sylben, wenn ich die letzte ab werfe,
so helfe ich etwas dem Arbeiter; willst du auf mich Hoffnung setzen,
so gieb mir noch ein s hinten , dann kann ich dir Nahrung und Geld
genug geben), orawas, ora, oras (Eichhörnchen, Pfriem, Getreide-
gras.
kui sa wötad, sls läheb sOremaks, kui paued, sls läheb w&he-
maks (wenn du nimmst, so wird es grösser, wenn du legst, wird es
kleiner), ein Loch.
kui wöetakse, sls flleneb, kui pannakse, sls alaneb (wenn man
nimmt, so nimmt es zu, wenn man legt, so nimmt es ab), dass.
kui wötad, sls kaswabx kui paned, sls kahaneb (wenn du nimmst,
so wächst es, wenn du legst, nimmt es ab), dass.
kms wöiwad wtä inimest wi£ muna jagada, et flks wöl w&gnase
jftks? (wie können fünf Menschen fünf Eier verteilen, so dass noch
eins in der Schüssel bleibt), Einer nimmt eines mit der Schussel zu-
gleich.
kukk laulab kuhja otsas, händ ujub mäs (ein Hahn kräht oben auf
einem Schober, der Schwanz schwimmt am Boden), od. kukk lau-
— 272 —
> lab kOze otsas, saba (ripub) m&8 (ein Hahn kräht oben auf einer
Fichte, der Schwanz hängt herab), die Kirchenglocke,
kumm all, kumm p^al, kummi wahel kulla-tükk (ein Gewölbe un-
ten, ein Gewölbe oben, zwischen den Gewölben ein Goldstuck), die
! Butterschachtel.
i
kuninga jfires on sür kui heina-kuhi, aga kui seia s&b, sls ei sä
pTpu panna (beim König ist es so gross wie ein Heuschober, aber
wenn es hieher kommt, so hat man nicht so viel um es in die Pfeife
zu stopfen), das Recht.
kuningal kuhja kaup, mejl ei kanna peu pealt pubkuda (bei dem
Könige, wie ein Schober, bei uns beträgt es nicht so viel , um es von
der Hand zu blasen), dass.
kuningas istub oma sita sös (ein König sitzt in seinem Roth), ein Licht.
kuniägas, saks, talu-poeg, köjk sSwad, ei pane elades lajia peale,
ej leika noaga (der König, die Herrschaft, der Bauer, Alle essen
es, aber setzen es nie auf den Tisch, schneiden es nie mit dem Mes-
ser), die Muttermilch.
kurat kolme jalaga, raud-hambad süs (ein Teufel mit drei Beinen,
eiserne Zähne im Munde), der Spinnrocken.
kure kael üle mere (eines Kranichs Hals über dem Meere), der Henkel
des Kessels.
kurikast ei ma kfilagi , ködu-paas kui pulmas , sauna lejlist ma
saatan (den Waschbläuel achte ich nicht, im Kessel ist es mir wie
auf einer Hochzeit, den heissen Dampf der Badstube verwünsche ich),
od. kurikast ma ei kfilagi, ködu-pada ma kTdan, aga sauna
lejlist ma ej salTi (den W. achte ich nicht, den Kochtopf rühme ich,
aber d. h. D. d. B. leide ich nicht), die Laus.
kurja-tegija ajdas ja hea-tegija aida taga (der Uebelthäter ist in dem
Speicher, der Wohlthäter hinter dem Speicher), die Flinte und der
Pflug.
kus on kukk nl kärmeste laulnud, et köjk m&-ilm seda külis?
(wo bat der Hahn so laut gekräht, dass die ganze Welt es hörte?), od.
kus so oli, kus kukk laulis, ja köjk m&-ilm külis? (wo war es,
dass der Hahn krähte, und die ganze Welt es hörte), in Noas Arche.
— 273 —
kas raske härg sab fiks kord maganud, tunnukse üheksa ästet
kohta (wo ein rother Ochs ein Mal gelegen hat, erkennt man die
Stelle neun Jahre), eine Feuerstelle.
Ljs tulewad lapsed wanemate warrule kokku? (wo kommen die
Kinder zur Taufe der Eltern zusammen), die kleinen Heuhaufen und
der Schober,
küm kiwi aida all (ein heisser Stein unter einem Vorrathshause), das
Euter einer Kuh.
kämme kitse kaksewad ühe heina-kuhja kallal (zehn Ziegen rupfen
an einem Heuschober), die Finger am Kinn.
lagi all, lagi peal, lae peal lapldakse (Decke unten, Decke oben, auf
der Decke wird gesungen), die Harfe.
lagi all, lagi peal, lae wahel lapldakse (Decke unten, Decke oben,
zwischen der Decke wird gesungen), die Zunge.
lammas häfja köhus (ein Schaf im Bauch eines Ochsen), der Strumpf
im Schuh,
lapsed jöksewad möda lagedat wäFja, ema alles lömäta (die Kinder
laufen die weite Wiese entlang, die Mutter ist noch unerschaffen),
die kleinen Heuhaufen und der Schober.
lapsele ma ölen mänraks, wanale abiks (dem Kinde bin ich zum Spiel,
dem Alten zur Hülfe), der Stock.
lapsi laiad wäfjad täiz, iza ema lömata (die weiten Felder sind voll
der Kinder, Vater und Mutter sind unerschaffen), Garben und Korn-
schober.
laud hulTib ja, od. laud, hälfib, ei laud maha lange, od. aga laud
ei kuku maha (ein Tisch schwankt und schaukelt, aber der Tisch
fallt nicht), der Rauch.
laud a -täiz lambaid, ja ühegil ep ole saba taga (ein Stall voll Schafe,
und keines hat einen Schwanz hinten), die Brote im Ofen.
laut häfgi täte ja köik punased häfjad, must häfg läheb lajita,
ajab köik punased häfjad wäfja (ein Stall voll Ochsen und lauter
rothe Ochsen, ein schwarzer Ochs geht in den Stall, treibt alle rothen
Ochsen hinaus), ein Ofen voll glühender Kohlen und die Ofenkrücke.
18
— 274 —
tejrt lanrbgpd tgpi, kena ojnas keskel (ein Stall voll Schafe, eis schö-
ner Bock in der Mitte), die Sterne und der Mond,
lajit walgid lamb^Jd t(ij£, punane kukk keskel (ein Stall voll weisser
Sehafe, ein rotber Hahn in der Mitte), die Zähne and die Zunge.
Iftheb weele, köht jäb koja (es geht zum Wasser, der Bauch bleibt zu
Hause), eine Kissenüberziehe.
Iahen togas flle m5, kätte mind ei flkski sä (im Bogen gehe ich aber
das Land, in die Hand bekommt mich Niemand), der Regenbogen,
leblne tötfik, raud-wits (d) (ein fleischernes Tonnchen, ein eiserner
Reif), der Finger und der Ring.
l@ka karwad kaksi-pidi, wöta magus ke£k-pajgast (schneide die
Haare aus einander, nimm das Süsse aus der Mitte), eine Nuss.
lendab kui lind, k{gb kui karu , tönnnb kuj siga (es fliegt wie ein
Vogel, geht wie ein Bär, wählt wie ein Schwein), od. lendab kui
lind, möjrab kui härg, tönnnb knj siga (e. f. w. e. V., brüllt
wie ein Ochs, w. w. e. S.), der Mistkäfer,
lepp Unna Ulitsal, tamm Tartn rajal, übte jured jöksewad, ühte
ladwad langewad (eine Erle auf der Strasse der Stadt, eine Eiche
auf der Grenze Dorpats, die Wurzeln laufen zusammen, die Wipfel
neigen sich zusammen), Braut und Bräutigam,
libe all, libe p^al, libe kala keskel (Glattes unten, Glattes oben, ein
glatter Fisch in der Mitte), das Weben,
lidu lina, pund pujd, kere-were rapda (?).
liha all, lü peal, elusalt must ja kedetud werew (das Fleisch unten,
der Knochen oben, lebend schwarz, gekocht roth), der Krebs,
liha katlas, lern pilpa otsas (das Fleisch im Kessel, die Suppe am Ende
eines Splitters), ein Boot,
liha sfiakse, nahk mfiakse , kondid ej kölba kqertelegi (das Fleisch
wird gegessen, die Haut verkauft, die Knochen taugen nicht einmal
für die Hunde), der Flachs,
liha wSgnas, 18m wardas (das Fleisch in der Schussel, die Suppe am
Spiesse), ein Boot,
liha w&Fjas-pöl , säf k sös-pöl (das Fleisch aussen , das Hemd innen),
ein Licht.
275
lihane all, lihane p$al ja puine keskel (Fleischernes unten, Fleischer-
nes oben und Hölzernes in der Mitte), Pferd, Reiter und Sattel.
lihane «katel ködab rapdist roga (ein fleischerner Kessel kocht eiserne
Speise), der Mund.
lihane pfigg lazeb kandn, oskab ninase (eine fleischerne Flinte schiesst
auf die Fersen, trifft in die Nase), ein Farz.
lihane pfltt, höbe-, od. wa£k-, witsad (eine fleischerne Tonne, silberne,
od. kupferne, Reifen), der Finger und die Ringe.
lihane töf s, r^udne wits (ein fleischerner Bottich, ein eiserner Reifen),
dass.
lind lendab, pugu pgzub (ein Vogel fliegt, der Kropf schwillt), ein
segelndes Schiff.
lind lendab file mere, tlwad tilguwad werd (ein Vogel fliegt uber's
Meer, die Flügel triefen von Blut), ein Boot und die Ruder.
lipp lipi peal, läpp lapi peal ilma nölaga pistmata (Flick auf Flick,
Lappen auf Lappen ohne mit der Nadel zu stechen), ein Kohlkopf.
llgub ja klgub ja maha ei lange ial (es bewegt sich und schaukelt,
und fallt nie herab), der Rauch.
llgub ja klgub, läbi aja läigib (es bewegt sich und schaukelt, schwappt
durch den Zaun), ein Getreidefeld.
lqjuse jala sisse mahub, lojuse lauta ei mahu (in des Thieres Fuss
hat es Raum, in des Thieres Stall nicht), eine Hopfenstange.
Mked lendawad file Que, tlwad tilguwad werd (Schwäne fliegen
über den Hof, die Flügel triefen von Blut), Wassereimer.
ma hakkan igast kohast ja löppen iga kohta, ja ölen slski köige
pitkem azi mä-ilmas (ich beginne überall und höre fiberall auf, und
bin doch das längste Ding in der Welt), der Weg.
ma ölen üks lind , kake pole sönaga kirjutad mind , wöta e mu
wimse est ära, sts on ma ema üks mära; kuj sls snll himu
wöl pflda ja p^alegi kefiniks mind hfida, laze ots sls pggale
j&da, katsa a ta ette seada (ich bin ein Vogel, mit zwei Sylben
schreibst du mich, nimm e vor meinem Letzten weg, so ist meine
Mutter eine Stute ; hast du dann Lust nach mehr zu streben und aus-
serdem mich einen Schelm zu nennen, so lass das Ende bleiben und
18*
— 276 —
* versuche a davor zu stellen), wares, wars, waras (Krähe, Folien,
Dieb).
ma panen elawaid sorema ja surnujd elama, teen waezed rikkaks
ja rikkad waezeks, ja iga mos jftb ommeti, mis ta oli (ich
mache Lebende sterben und Gestorbene leben, ich mache die Armen
reich und die Reichen arm , und Jeder bleibt doch, was er war), der
Traum.
ma panen silmad nutma ja jätan sfidame llkumata (ich mache die
Augen weinen und lasse das Herz unbewegt), der Meerrettich.
ma wamste waewa wähendan ja rikast tihti hirnratan, snll wojn
ma rözi-lilleks olla, sind pörgu plna tundma panna, sest ela
bellalt minnga, tee Öigust ligimezega (ich vermindere die Last
des Armen und schrecke oft den Reichen, dir kann ich eine Blume
sein und der Holle Qual dich fühlen lassen, darum lebe zart mit mir,
thu Recht dem Nächsten), das Gewissen.
mä-mös wiskab maha, saks pistab tasku (der Bauer wirft es auf die
Erde, die Herrschaft steckt es in die Tasche), Schleim aus der Nase.
mast töuzeb manner-pü, manner-püst kausta-pü, kausta-püst süf
mets (aus der Erde steigt ein Festlandsbaum, aus dem Festlands -
bäum ein Schlittenholz, aus dem Schlittenholz ein grosser Wald), Erb-
senstengel.
mast %zeb manner-pü, manner-püst sab kapsta-pü, kansta-pOst
sab süf mets, sürest metsast sab oks, oksad täjzi orawajda,
lehed laulu-lindusida (aus der Erde steigt ein Festlandsbaum, aus
dem F. wird ein Schlittenholz, aus dem S. wird ein grosser Wald,
aus dem g. W. wird ein Zweig, die Zweige sind voll Eichhörnchen,
die Blätter voll Singvögel) ?
mägar männib mäe otsas, perse tolmab taga (ein Dachs spielt oben
auf dem Berge, der Hintere stäubt hinten), die Egge.
meje näeme iga päew, knningas näeb harn, jumal ei näe elades
(wir sehen es alle Tage, ein Konig sieht es selten, Gott siebt es im
Leben nicht), seines Gleichen.
meil on mnst, tejl on mnst, igas peres ize-must (bei uns ist ein
— 277 —
Schwarzer, bei euch ein Schwaner, in jedem Gehöfte ein eigener
Schwarzer)« der Kochtopf,
mekk-mekk m&e otsas , neli sarwe peas (ein Meckerer ist oben auf
dem Berge, am Kopfe sind vier Homer), eine Windmühle,
mere-nokk, metsa-kukk, walgem knj waha-künal (Meereszier,
Waldhahn, weisser als ein Wachslicht), ein Schiff,
mere-sikk, metsa-kukk, te-liba, ma-suga (Meeresbock, Waldhahn,
Weglecker, Erdstriegel), Krebs, Hahn, Schlitten, Egge,
meri nefja tulj>a peal (ein Meer auf vier Pfählen), der Himmel,
metsas sead, wejke raud-kazukaga poizike ajab sign taga (im
Walde sind Schweine, ein kleiner Junge mit eisernem Pelz verfolgt
die Schweine), Läuse,
mos istub tö äres, walge kübar p$as (ein Mann sitzt am Wege mit
einem weissen Hute auf dem Kopf), ein beschneiter Baumstumpf,
mes kfinnab pQllul, od. 5dja päewad, ilmas ep ole wagu taga
(ein Mann pflügt auf dem Felde, od. Nächte und Tage lang, nie ist
eine Furche hinter ihm), ein Schiff,
mos läheb lakka, liha- wägen peas (ein Mann geht auf den Boden,
eine Fleischschüssel auf dem Kopf), der Hahn,
mes läheb metsa ilma noata ja ilma kirweta, teeb kaks külimitu
flhe höbiga (ein Mann geht in den Wald ohne Messer und ohne Beil,
macht zwei Motzen mit einem Hiebe), eine zerbissene Nuss.
mö: läheb metsa, ja sölika-kimp sefjas (ein Mann gebt in den Wald,
und ein Darmbündel ist auf dem Rücken), ein zusammengelegter
Strick,
mes läheb metsa, köht, Dd. kaks köbtu, koju pole (ein Mann geht
in den Wald, der Bauch, od. zwei Bäuche, nach Hause gewendet),
die Waden,
mes läheb metsa, 18b waja tö äre (ein Mann geht in den Wald, schlägt
einen Pflock in den Rand des Weges), seine Nothdurft verrichten,
mes läheb metsa, naba koju pole (ein Mann geht in den Wald, der
Nabel ist nach Hause gerichtet), od. m. 1. m., naene naba pidi
seFjas (e. M. g. i. d. W., das Weib am Nabel auf dem Rücken), ein
Arbeiter mit dem Milcblägel.
278
mäs Uheb metaa, pale pgstab kojn pole (ein Mann gebt in de» Wald,
die Wange scheint nach Hause hin), ein Arbeiter mit dem Befl auf
der Schulter.
mos l&heb metsa, selg teityyd tg£ (ein Mann geht in den Wald, der
Rücken ist voll Zaunstangen), ein Schwein.
mos läbeb toa peale, liha-wfigen pejts (ein Mann geht auf den Boden,
eine Fleischschüssel auf dem Kopfe), der Hahn.
mos must, möf tark, raha-kukur külus, jahu-wakk walge (der
Mann ist schwarz, der Sinn klug, der Geldbeutel berühmt, der Mehl-
scheffel weiss), ein Baum.
mos nargas, tilk kella, od. munüi, otsas (ein Mann in der Ecke , ein
Tropfen am Ende des Gliedes), das Kofentgeschirr.
mos raiub 8d ja päewaÖ, ej sä lastet ial wälja (ein Mann haut Nächte
und Tage lang, nie bekommt er einen Span heraus), die Glocke am
Halse eines Thieres.
mos tahab mind, slski ajab ta mind jftlle ära; aga mida enam ta
mind ajab, seda kangemaks ma jän (der Mann wünscht mich,
dennoch treibt er mich fort, aber je mehr er mich treibt, desto stärker
werde ich), der Bart.
mida müris müriseb, alla paja papgutab? (was lärmt in der Mauer,
klappert unter dem Kochtopf), die Hausgrille.
millal sünnib sölaga wett kanda? (wann kann man mit dem Siebe
Wasser tragen), wenn es gefroren ist.
mina panen walge köhu musta köhu peale, mina lazen walge
rlsta musta apku pöma (ich lege einen weissen Bauch auf einen
schwarzen Bauch, lasse ein weisses Geräth in ein schwarzes Loch
hängen), ein gepichtes Fass und dem Zapfen.
minu peal sfiakse, mind süakse, mina sön, ji minn all sfiakse (auf
mir wird gegessen", ich werde gegessen, ich esse, und unter mir wird
gegessen), ein Weib zu Pferde mit ihrem Brustkinde unter einem
Baume essend.
mis ilma otsas jaluta jökseb? (was läuft am Ende der Welt ohne
Ffisse), die Wolken.
— 279 —
mjg ilma tegemata süfinib? (was entsteh angemacht), eine Ritze in
der Wand.
mis ilma tftmiseta kefgib? (was gebt auf ohne Hefen), Daunen.
miß k®k rahwas flhtlazi teewad? (was thnn alle Leute gleicbmässig),
sie werden älter.
mis on iga Qbe külles kinni? (was ist an Jedem fest), der Name.
mis on kehata nfthtaw? (was ist ohne Korper sichtbar), der Schatten.
mis on magusam mett? (was ist süsser als Honig), die Muttermilch.
mis on metsas mädalikus? (was ist im fauligen Walde), die Schlange.
mis on tttmem padja? (was ist weicher als ein Kissen), der Mutter-
scbooss.
(mis so on), mis mullas ej m&dane, wees ej upu ja tules ej pole?
(was ist es, das in der Erde nicht fault, im Wasser nicht ertrinkt und
im Feuer nicht verbrennt), der Name.
mis süridimata ilmale toleb? (was kommt ungeboren zur Welt), ein Ei.
mis töttu mehed mustad, mis töttu tammed tfihjad, mis töttu m&
punane, mis töttu s9 sinine? (wodurch sind die Männer schwarz,
w. s. die Eichen leer, wodurch ist das Land roth, w. i. der Sumpf
blau), durch die Sorge, den Winter, die Beeren, den Regen.
mis wares als teeb, km ta kahe-tejst-kümne-ästazeks sab? (was
thut die Krähe, wenn sie zwölf Jahre alt wird), sie tritt in's drei-
zehnte.
mitme-karwa-wTraline, kena-liädi-trtbuline (vielfarbig gestreift, von
schönen Bändern streifig), der Regenbogen.
mu iza ta oli, ta emaks ma sajn , so laps mis ma imetazin , so oli
mu ema m6s (mein Vater war er, seine Mutter wurde ich, das Kind,
welches ich saugte, war meiner Mutter Mann), die Tochter, welche
den gefangenen Vater säugte,
mu sflda mu sest w&natud, mulle pafjas nabk on jäetud, mu sü
on wiltu lejgatud, mulle apk on selga täfgitud, ma winnun
torelt tole kftes, ma kortsun kokku kuiwa käes, ku} mahla
hakatakse jöma, sls minnakse mind metsast töma (mein Inne-
res ist mir heraus gedreht, die blosse Haut ist mir gelassen, mein
Mund ist sehief geschnitten, ein Loch mir in den Rucken gekerbt, ich
— 280 —
pfeife roh im Winde , ich schrumpfe zusammen in der Trockenheit,
wenn man anfangt Baumsaft zu trinken, dann geht man mich aus dem
v Walde zu holen), eine Weidenflöte.
muidu wezi kustutab tuld, mind ta paneb pölema (sonst loscht Was-
ser das Feuer, mich setzt es in Brand), ungelöschter Kalk.
muH on übe, od. sile, sü ja übe, od. sile, k5f, aga enne ma ei
laula, kui mind lüakse (ich habe einen glatten Mund und eine
glatte Zunge, aber ich singe nicht eher, als bis man mich schlägt),
eine Glocke.
mure-lind istub püris, näeb kaks kolmat wedawat, kolm pead ja
kaheksa jalga (ein Trauervogel sitzt im Bauer, sieht zwei einen
Dritten schleppen, drei Kopfe und acht Füsse), ein Gefangener sah
zwei Krähen ein todtes Ferkel wegschleppen, und bekam nach der
Sage die Freiheit für das Räthsel.
must häfg, mugalazed sarwed , käib libase Unna fimber ja wötab
lihase Unna selga (ein schwarzer Ochs, mannichfache Hörner, gebt
um eine fleischerne Stadt und nimmt die fleischerne Stadt auf den
Rücken), der Floh.
must ja hafjas, sile ja pafjas, ta kargab ja lonkab, ta tulitab mind;
kui ma teda kätte san , ma tapan teda ära (schwarz und glän-
zend, glatt und kahl, es springt und hinkt, es macht mir Feuer, wenn
ich es in die Hände bekomme, so tödte ich es), der Floh.
must kaää, aida-waras (eine schwarze Kntze, ein Speicherdieb), der
Kochtopf,
must kukk, kuldsed söned, od. suled (ein schwarzer Hahn, goldene
Därme, od. Federn), die Harfe.
must kukk meres, händ wäljas (ein schwarzer Hahn im Meere, der
Schwanz draussen), der Suppenlöffel im Kessel.
must mulk, punane, od. werew, pulk (ein schwarzes Loch, ein rother
Pflock), eine Mohrrübe,
must siga läheb lauta , ajab punased pSrsad wäQa (ein schwarzes
Schwein geht in den Stall, treibt die rothen Ferkel hinaus), Ofenkrücke
und Kohlen.
— 281 —
mustad mörid, walged wärid (schwarze Mütterchen, weisse Väterchen),
das Fenster.
mustern kui sttzi, sinisem kui saks, lendab kui lind ja möirab kui
häfg (schwärzer als Kohle , blauer als eine Herrschaft , fliegt wie ein
Vogel und brüllt wie ein Ochs), der Mistkäfer.
mustern kui sözi, walgem kui lumi, körgem kui kirik (schwäner
als Kohle, weisser als Schnee, höher als die Kirche), eine Elster.
mü must, hüled, od. äred, pnnased (das Uebrige schwarz, die Lippen,
oder die Ränder, roth), die Strumpfbänder der Wierländerinnen.
nahk-ait ja pü-lukk (ein lederner Speicher und ein hölzernes Scbloss),
eine Wurst.
nahk-pfl££, tüle-löd' (eine lederne Flinte, eine Windkugel), ein Farz.
neitsit istnb kiwi otsas, od. mäel, neli pölle es, od. wöl (eine Jung-
frau sitzt auf einem Steine, od. Berge, hat vier Schurzen vor, od. am
Gürtel), eine Windmühle.
nejtsit sölub, neli pölle es (eine Jungfrau siebt, hat vier Schürzen vor),
dass.
neli annawad, neli kannawad, kaks hgjawad kQera, flks peksab
fimber sita-tanni (vier geben , vier tragen , zwei halten den Hund
ab, eines schlägt um den Kothbottich), die Kuh.
neli annawad, neli kannawad, kaks wahiwad taewa pole, ja flks
kaitseb kqere (vier geben, vfer tragen , zwei blicken gen Himmel,
eines hütet die Hunde), dass.
neli kaödjat, neli andjat, kaks ngjtawad tald, kaks hojawad kqere
pealt, flks parmu-plts (vier Träger, vier Geber, zwei zeigen Licht,
zwei halten von oben die Hunde ab, eins eine Bremsenpeitsche), dass.
neli mSst m&ngizid teine teizega köige 5 läbi , ja iga flks oli sest
kazo sftnud (vier Männer spielten mit einander die ganze Nacht hin-
durch, und jeder hatte dabei gewonnen), vier Musiker,
neli nejtsit kuzewad flhte kannu, od. flhe poti sisse (vier Jungfrauen
harnen in eine Kanne, oder in einen Topf), das Melken,
neli nejisit, od. neifaikest, lähewad nnttes flle nurme (vier Jung-
frauen gehen weinend über das Feld), ein Wagen mit knarrenden
Rädern.
— 282 —
neu nejtsit flhe oju all (vier Jungfrauen unter einem Schleier) v die
Zitzen der Kuh.
neli honst talfis, wies jökseb ümber tain (vier Pferde im Stall , das
fünfte läuft um den Stall), die Stricknadeln.
neli täkku talfis, wies tafitsib ümber tafll , ed. kgf b ümber (vier
Hengste im Stall, der fünfte tanzt um den Stall, od, geht hemm),
dass.
neli teewad wödit, kaks n&tawad tuld, ja üks heidab peale (Tier
machen das Bett, zwei zeigen Licht, einer legt sich darauf), der Hund,
wenn er sich niederlegt.
neli toas, kaheksa öjies (vier in der Stube, acht draussen), die Winkel
des Hauses,
niker naker ninest tehtud, paker paker püst tehtud, soku sari
on sauest tehtud (?).
ninake niris, karwakezed käSSis (Naschen gerümpft, Härchen ver-
wirrt), der Igel.
noaga ej lejgata, laua p^ale ej panda, köjge ilma inimeste tojt
(mit dem Messer wird es nicht geschnitten , auf den Tisch nicht ge-
setzt, ist der Menschen Nahrung in der ganzen Welt), die Muttermilch.
hobu hirnub Hlu-mäl, külukse Säre-m&l (ein Pferd wiehert in Dag5,
mau hört es in Oesel), od. hobqae hirnub Hlu-mäl, suiste kölin
külukse sla male (e. P. w. i. D. , das Rasseln des Zaumes hört
man bis hieher), od. hobune hirnub Hlu-mäl, heaT külukse Un-
na male, waFjad on wene-mäl (e. P. w. i. D., die Stimme bort
man bis hieber, der Zaum ist in Russland), der Donner.
hobune jökseb, ohjad sgjzawad (ein Pferd läuft, die Zügel stehen),
ein Bach,
hobune metsas, saba sefjas (ein Pferd ist im Walde , der Schweif auf
dem Rucken), das Eichhörnchen.
hobune ohjata, mos pitsata, tö tolmuta (ein Pferd ohne Zügel, ein
Mann ohne Peitsche, ein Weg ohne Staub), ein Schiff.
hobune ohjata, te pörmuta, mos möleta (ein Pferd ohne Zügel, ein
Weg ohne Staub, ein Mann ohne Sinn), ein Schiff.
— 283 —
bobnne söb lftbi rapdse kartea (ein Pferd frort durch eine eiserne
Raufe), ein Schloss. v
bobnne söjdab, ja liha weab wähemaks (ein Pferd lauft, und das
Fleisch wird weniger)» das Spinnen.
bobnne talfis, saba r&stas (das Pferd im Stall, der Schwanz am Dach-
rande), der Ranch.
bobnne tlne, teine aber, ja ühtlazi kannawad (ein Pferd trächtig,
das andere gelt, und zugleich gebären sie), Roggen und Gerste.
otsast kn| ora, keskel kuj kera, walgem kni lnmi, mustern kuj
sfizi, taütsib ky emand (am Ende wie ein Pfriem, in der Mitte
wie ein Knaul, weisser als Schnee, schwärzer als Kohle, tanzt wie
eine Frau), die Elster.
otsast ora, keskelt kera, tagant lg kuj labidas (am Ende ein Pfriem,
in der Mitte ein Knaul, hinten breit wie eine Schaufel), das Huhn.
ota mind, kntsn mind, wöta mind (erwarte mich, rufe mich, nimm
mich), die Gerste auf dem Felde.
8-pikk, mS-knkk, walge wäli, kiri kari, tark kafja kajisja (eine
Nachtigall, ein Landhahn, ein weisses Feld, eine bunte Herde, ein
kluger Huter der Herde), Orgel, Küster, Kirche, Gemeine, Prediger.
öze törest liha tgjz, pä$wa tflbja tfllt t$£ (Nachts voll rohen Flei-
sches, den Tag über voll leeren Windes), das Bett.
örkn törkn töllakile, slpa 88pa töllakile, wirn kttrn töllakile (?).
paks pnis pingi all (eine dicke Scham unter der Bank), ein Schleifstein
m hölzerner Fassung,
palakas pöleb ära, äred jäwad järele (ein Betttuch verbrennt, die
Ränder bleiben nach), ein Feld wird gepflügt, die Raine bleiben.
p&$wa törest liha tgi£, öze tühja tOlt täji (den Tag über voll rohen
Fleisches, Nachts voll leeren Windes), der Schuh.
p&ewa wofst, ja öze sölikas (den Tag über eine Wurst und Nachts ein
Dann), der Strumpf,
päewal tgji liha ja werd, öze sejzab sQ lahti (am Tage voll Fletsch
und Blut, Nachts steht der Mund offen), ein Boot.
P3$d lüakse, od. süakse, nabk müakse, lad ei kölba k<$rtelegi
— 284'-^
(der Kopf wird geschlagen, od. gegessen, die Haut verkauft, die Kno-
chen taugen nicht einmal für Hunde), der Flachs.
p^al södab sür söda, kus ei mahu koera-saba (oben wird ein grosser
Krieg geführt, wo kein Hundeschwanz Raum hat), ein Vogelnest.
pealt söb (ja) küllest situb (oben frisst es, zur Seite seh.... es), die
Handmühle.
peiber llber 15b peialt, ajab raustad rilfid tantsima (?).
pere söb, laud laulab (dass Gesinde isst, der Tisch singt), eine Sau
mit ihren Ferkeln.
pen-tätä pafjast, kamalu-täi£, od. künar, karust (eine Hand voll Kah-
les, zwei Hände voll, od. eine Elle, Rauhes), der Badebesen.
pen-tätä siledat, kamalu-täü karust, od. karwu (eine Hand voll Glat-
tes, zwei Hände voll Rauhes, od. Haare), dass.
peu-tä}£ silet, kaks karust (eine Hand voll Glattes, zwei Rauhes), dass.
peuse mahub , merde ei mahu , od. ei mahu raerese mitte (in der
Hand hat es Raum, im Meere nicht), eine Blase.
peuse mahub, pütta ei mahu (in der Hand hat es Raum, in einer Tonne
nicht), eine Ochsenruthe.
pika paka pOst tehtud, nika naka nlnest tehtud, soku sari sauest
tehtud (?).
pitk wits pihelgane, üle ilma öjz-püne (eine lange Ruthe von Eber-
eschen, über die Welt von Wasserhollunder), der Regenbogen.
pitk wits, pihl-pQ, üle aja ö|i-pQ (eine lange Ruthe, eine Eberesche,
über dem Zaun ein Wasserhollunder), dass.
pitkem (muid) puid , madalam mä rohtu (länger als die anderen
Bäume, niedriger als das Gras des Feldes), der Weg.
pitkem poid, pitkem maid, madalam rohto (länger als Bäume, län-
ger als Felder, niedriger als Gras), dass.
pitkem ptüst, pitkem majst, madalam kui mä rohi (länger als
Bäume, länger als Felder, niedriger als Gras des Feldes), dass.
pizikene piperdaja, känikene kakerdaja, ize rahwa rakerdaja
(kleiner;Pfefferer, hubscher Watscheier, selbst ein Beisser der Leute),
die Nessel.
— 285 —
pizikene poizikene ja kiwist kaznkakene (ein kleines Bürschchen und
ein steinernes Pelzehen), eine Nuss.
pizikene pojzikene, fihe jala peal seizab, ja lakikene peas (ein
kleines Burscheben, auf einem Fusse steht es, und auf dem Kopf ist
ein Hutchen), eine Pilz.
pizuke mos, kiwine, od. rapd-, kazukas (ein kleiner Mann, ein stei-
nerner, od. eiserner, Pelz), eine Nuss.
pizut on, kes teda armastawad, ja palju wihkawad teda, siski
auustawad teda köik (Wenige sind , die es lieben , und Viele has-
sen es, dennoch ehren es Alle), die Frömmigkeit.
poizikene pajus, lakikene peas (ein Bfirschchen im Weidenbuscb, ein
Hutchen auf dem Kopfe), eine Schirmpflanze.
punane rakk haugub i^bi luize aja (ein rothes Händchen bellt durch
einen beinernen Zaun), die Zunge.
pü-jumal läheb wee-jumalale kosja, tühjalt läheb ja täjelt tuleb
(der hölzerne Gott geht zum Wassergott auf die Freite, leer geht er
und voll kommt er), das Wasserschöpfen aus dem Brunnen.
pü pikkus, pilfi-röu jämedus (die Länge eines Baumes, die Dicke
eines Rohres), das Mark im Baume.
pü-pü&£ ja wezi-lukk, lind läks läbi, kütt jäj paela (eine hölzerne
Flinte, ein Schloss von Wasser, das Wild ging durch, der Jäger blieb
in der Schlinge) (?).
pfiha mägi (ein heiliger Berg), eine Kirche.
pütt tOrest liba täji, knmmaski otsas ep ole pöhja, od. mölemad
otsad lahti (eine Tonne voll rohes Fleisch, an keinem von beiden
Enden ist ein Boden, od. beide Enden sind offen), ein Ring.
raudne ka&£, wilne band (eine eiserne Katze, ein wollener Schwanz),
eine Nadel mit Wollenfaden.
rlksüb raksnb rikka mehe toa taga (es rasselt und prasselt hinter
des reichen Mannes Tbfir), eine Windmühle.
riäti kannan sejzu ajal, pufjus ölen söidu ajal, olgu kuiw aeg ehk
mäfg aeg, tiks tolm muH ikka (ein Kreuz trage ich zur Zeit der
Ruhe, jn Segeln bin ich zur Zeit der Bewegung, sei es trockene oder
nasse Zeit, einerlei Staub habe ich immer), dass.
• _ 286 —
ruske häfg magab m&s, od. metsas, sejtse äßtat azet tannukse,
od. sejzab aze (ein rother Ochs Hegt an der Erde, od. im Walde,
sieben Jahre erkennt man die Stelle, od. bleibt die Stelle), eine
Feuerstelle.
sada ja sada flhe sidemega seutakse (hundert und hundert werden mit
einer Binde gebunden), ein Bund Stroh.
sada sada, tuhat tuhat tihe w5ga kiüüi (hundert Hunderte, tausend
Tausende mit einem Gürtel befestigt), ein Heuschober.
sada ja tuhat jöksewad nlnest silda mSda Unna sisse (hundert und
tausend laufen auf einer bastenen Brücke in die Stadt), Erbsen im
Siebe in den Kessel getragen.
#
sada Jänust, tuhat Jänust, fiks pitk pojß Janus (hundert Janusse,
tausend Janusse, ein langer Bursch Janus), die Bienen.
sada sörme riStis (hundert Finger gefaltet), die Balkenenden an der
Hausecke,
saks pistab tasku, talu-pQeg wiskab maha (die Herrschali steckt es
in die Tasche,* der Bauer wirft es auf den Boden), der Schleim aus
der Nase.
sab otsa, sIs höleta, sab wastu, sis waewata (geht es zu Ende, so
ist man ohne Sorge, hält es vor, so ist man ohne Noth), das Ver-
mögen,
säfk, od. harne, all, liha peal (das Hemd unten, das Fleisch oben), ein
Talglicht,
säze-waks särt ja rapd-sild laba-jalga (eine Muckenspanne Wade und
eine Eisenbrücke Fussblatt), der Bauerschlitten.
seal kuld-sadul sefjas (ein Schwein bat einen goldenen Sattel auf dein
Rucken), die Sonne,
sejzab pu ses, walge tanu peas (es steht in einem Holze, hat eine
weisse Haube auf dem Kopfe), gärendes Bier.
sefjast söb, kfiQest situb (auf dem Rucken isst es, aus der Seite mistet
es), die Handmühle.
so nägu mis muH on, mulle ikka jäb (das Aussehen, welches ich
habe, bleibt mir immer), ein gemaltes Bild.
— 287 —
sftt karone, pealt karune, flheksa sälda fimbert karune (von in-
nen rauh, von aussen raub, neun Faden hemm rauh), ein Heuschober.
säst, od. sihest, slru-wlruline, pealt kulla-karwaline (innen streifig,
aussen goldfarbig), eine Zwiebel.
siga hingab iga fihe harjase wahelt (ein Sehwein athmet durch jede
Borste), die Ofendecke.
siga Iftheb lauta, sibul seljas (ein Schwein geht in den Stall, eine
Zwiebel auf. dem Rucken), die Brotschaufel mit einem Brote.
siga sinn ab, od. wirinub, sitt süs (ein Schwein quiekt, Koth im Munde),
ein Bohrer.
sile köf silla all, kare kör küze all, tihane pädaka all (eine glatte
Rinde unter der Brücke, eine rauhe Rinde unter der Fichte, eine
Meise unter der Kiefer), eine Schlange.
sile lftheb karnse sisse (das Glatte geht in das Rauhe), Hand und
Handschuh,
sldi-lönnast seutud, kulla-lönriast koutud, istun ilma hafja peal
(aus Seidenfaden gebunden, aus Goldfaden gewebt, sitze ich auf dem
First der Welt), der Regenbogen.
alwuta lendab ja bambaita salwab (ohne Flügel fliegt es und ohne
Zähne beisst es), eine Flinte.
soniiib kui siga, lendab kuj lind ja möjrab kuj häfg (es wühlt wie
ein Schwein, fliegt wie ein Vogel und brüllt wie ein Ocbs), der Mist-
käfer.
SO fimber toa (ein Morast um die Stube), das Moos zwischen den Wand-
balken.
söda södib ranast silda mSda (der Krieg lärmt auf einer eisernen
Brücke), Erbsen im Kessel.
söda södib, od. söidab, p$a sinetab (ein Krieg lärmt, od. ffihrt, der
Kopf schimmert blau), Flacbsblüthen im Winde.
sudi mudi kera, seitse apku s8s (ein derber, runder Knaul, sieben
Locher darin), der Kopf.
soine pojzikene, sada-kordne kaznkas (ein sommerliches Burschchen,
ein hundertfacher Pelz), ein Kohlkopf.
— 288 —
suwe sakes ja talwe palja jalu (den Sommer in Strumpfen, den Win-
ter barfuss), der Pflug.
80 suitseb, habe wäriseb, lQuad lodisewad, hambad kärisewad
(der Mund raucht, der Bart zittert, die Kinnladen wackeln, die Zähne
knirschen), eine Säge.
stindis ja ej surnud, ej süüdinud ja suri (er wurde geboren und starb
nicht, er wurde nicht geboren und starb), Elias, Jesus.
tamra Tartu raja peal, od. rajal, lepp Unna Qlitsal, jured kokku
joksewad, ladwad kokku lange wad (eine Eiche auf Dorpats Grenze,
eine Erle auf der Strasse der Stadt, die Wurzeln laufen zusammen,
die Wipfel neigen sich zusammen), Bräutigam und Braut.
tamme-läst mere pöhjas elades ei mädane (ein Eichenspan im Boden
des Meeres fault nie), die Zunge.
täkk taflSs, saba rästas (ein Hengst im Stall, der Schweif auf dem
Dache), der Rauch.
tejne häfg kfinnab sö-mäd, teine aru-mäd (der eine Ochs pflügt
Morastland, der andere trockenes Land), Wasserrad und Kammrad in
der Mühle.
teine kukk teine pöl ort (ein Hahn auf der einen, der andere auf der
anderen Seite der Stange), die Augen.
tejste-püde-pitkune, ömblns-lönna-jämane (so lang wie andere
Bäume, so dick wie ein Nähefaden), das Mark im Baume.
tejzes ilmas rajutakse, l&stud kuknwad sla ilma (in der anderen
Welt wird gehauen, die Späne fallen in diese Welt), das Schneien.
tema minu iza, mina tema ema, keda ma imetan, on minu ema
mos (er mein Vater, ich seine Mutter, wen ich säuge, der ist meiner
Mutter Mann), die Tochter, welche ihren zum Verhungern eingeker-
kerten Vater säugte.
tihti ölen mina härja-pölwene, als jälle KoTjati-stlrune; jöks ja
körlemine on minu Olem tS, slski ei ole muH jalgu ega sefja-
rödu; arud on mall küll, aga ilmaski käzi; minu ihus elawad
tuhanded hfirilized, aga flkski ei maksa malle kro^igi (°ft
bin ich zwerghaft, dann wieder so gross wie ein Goliath; Laufen oni
Drehen ist meine Hauptarbeit > und doch habe ich weder Fusse noch
— 289 —
Ruckgral; Zweige habe ich wohl aber niemals Hände; in meinem
Leibe leben Tausende von Miethern, aber keiner zahlt mir aach nur
einen Groschen), ein Fluss.
tillukene rakikene haugub , raud - saba jalge wahel (ein kleines
Händchen bellt, hat einen eisernen Schwanz zwischen den Beinen),
eine Flachsbreche.
tipit-tapit tuli tuppa, pubub mulla, lejab kulla, pistab seina prau
wabele (ein Trippelnder kam in die Stube, bläst die Erde auf, fin-
det das Gold, steckt es in eine Ritze der Wand), ein Ferkel kommt
in die Stube und findet ein Brotstückchen.
titt nutab Tirelu mäel, küinrae roöst kirjutawad (ein Kindchen weint
auf dem Tirelu Berge, zehn Manner schreiben), die Sackpfeife.
tömuSt, wT must, pane must löga (hol den Schwarzen, bring den
Schwarzen, lege den Schwarzen an den Strick), ein Kochtopf.
tömmu lehm ja kötsa-wats, igas watsas wazikad, igas murdes
raulTikas (eine schwarzbraune Kuh und ein Hängebauch, in jedem
Bauche Kälber, in jedem Bruche junge Kühe), der Flachs und die
Samenkorner in den Kapseln.
töps könriib töd kaudu , töpsi karwad kaksi-pidi (ein Haufen wan-
delt den Weg entlang, die Haare des Haufens sind nach beiden Seiten
gerichtet), ein Heufuder.
tuba tuttawaid täii, üks ei tunne teist (mitte), od. flks ei tunne
flht, teine ei tunne teist (eine Stube voll Bekannter, einer kennt
den anderen nicht), Spuren.
tuhat lippu toa peal , sada lippu sauna peal , höbe-lipp Qjie peal
(tausend Fahnen auf der Stube, hundert Fahnen auf der Badstube,
eine silberne Fahne auf dem Hofe), die Sterne und der Mond.
tuhat hobu9t töl, ei kaerust ei hejnust mnret, slski uzinad käigile
(tausend Pferde auf dem Wege, für Hafer und Heu wird nicht gesorgt,
dennoch sind sie schnell im Laufe), Schneeflocken.
tuhat tubat, sada sada jöksewad nlnist silda kaudu raudse linna
(tausend Tausende, hundert Hunderte laufen über eine bastene Brücke
in eine eiserne Stadt), Erbsen werden aus einem Siebe in den Kessel
geschüttet.
19
— 290 —
tuhat tuhat, sada sada söidawad raudse Unna sös (tausend Tausende,
hundert Hunderte fahren in einer eisernen Stadt), Erbsen im Kessel.
tuhat tuhat, sada sada Ohe wöga ja kahe otsaga (tausend Tausende
und hundert Hunderte mit einem Gürtel und zwei Enden), ein Bund
Stroh.
tnhat tQde lüde, sada auku sambas, od. tuhat-tflde-lüdeline, sada-
auku-sambaline (unverständlich), eine Egge, nach Anderen ein Schei-
terhaufen.
tnld söb ja werd jöb (Feuer isst es und Blut trinkt es), eine Flinte.
tnles ei pole, raäs ei mädane, meres ei upu (im Feuer verbrennt es
nicht, in der Erde fault es nicht, im Meere ertrinkt es nicht), der
Name.
tules ei pole, wees ei upu, mullas ei mädane (im Feuer verbrennt
es nicht, im Wasser ertrinkt es nicht, in der Erde fault es nicht),
dass.
tuline töld tuleb mäge möda alla , seal peal istub jalntu , pime ja
alasti; jänes juhtub neile ette, pime näeb teda, jalutu wötab
kiüüi, ja alasti paneb oma pQjie (eine feurige Kutsche kommt am
Berge herab, darauf sitzt ein Fussloser, ein Blinder, ein Nackter;
ein Hase begegnet ihnen, der Blinde sieht ihn, der Fusslose fängt ihn,
und der Nackte steckt ihn in den Busen), die untergehende Sonne,
die Nacht, die Morgenröthe, der Mond.
tüle wuhinal, metsa kahinal, ja kinnem kui kiwine kirst (im Sau-
sen des Windes , im Rauschen des Waldes , und fester als eine stei-
nerne Kiste), eine Nuss.
tnle tuhinas, metsa mfihinas, kindlas hönes, waskses kambris (im
Sausen des Windes, im Rauschen des Waldes, in festem Hause, in
eherner Kammer), ein Nusskern.
tflgas, od. tu, od. tüwik, üles-pidi, ladw alas-pidi (das Wurzelende
nach oben, der Wipfel nach unten), ein Kubschwanz.
u& söb, ma mahandab, wezi hölab omast kohast (der Wurm frisst
es, die Erde nimmt es auf, das Wasser besorgt es seiner Seils), der
Mensch im Grabe.
— 291 —
übe wöga ömbert kihni (mit einen) Gürtel umschlossen), od. übe w5ga,
kahe otsaga (mit einem Gürtel, mit zwei Enden), ein Bund Stroh.
fihel on kiteas, kabel on paras, kolinel wäga lai (für einen ist es zu
eng, für zwei eben recht, für drei zu weit), ein Geheimniss.
öhes oleme kaks, ja kui kokku läheme, teme kaheks, mis wahele
tuleb (zwei bilden wir eines, und wenn wir zusammen gehen, so
machen wir zu zweien, was dazwischen kommt), eine Schere.
fits warik oll, warikoh oliwa' tsea', fits kährä päga poizikene aijo
oeid wäfja (d) (es war ein Gebfisch, im Gebüsch waren Schweine,
ein Burschchen mit krausem Kopf trieb sie hinaus), Haar, Läuse, Kopf-
bürste.
flks ajt, kaks pü-lukku ös (ein Speicher, zwei hölzerne Schlösser da-
vor), eine Wurst.
fiks halg kütab kaks ahju (ein Scheit heizt zwei Oefen), die Zunge des
Rindes, welche in beide Nasenlöcher geht.
flks hani, neli nina (eine Gans, vier Nasen), ein Kissen.
flks ema, üheksa kätkit, igas kätkis kaks last, köiki ize klgutab
(eine Mutter, neun Wiegen, in jeder Wiege zwei Kinder, alle wiegt
sie selbst), Linsen.
flks hlf, kaks saba, od. hända, taga (eine Maus und zwei Schwänze
hinten), ein Bauerschub.
flks pizukene mos, kange, ja kannab süremat kormat kui ta ize
on, kftib kuramuliste körma all, aga karu nGlab teda höpis
pezaga ära (ein kleiner Mann , stark , und trägt ein Fuder grösser
als er selbst ist, geht gebucht unter dem Fuder, aber der Bär ver-
schlingt ihn sammt seinem Neste), die Ameise.
flks pütukene, kahe-sugust märga sös, kfikikil, ep ole puririi-auku
(ein Fässchen mit zweierlei Nass darin, hockend, ein Spundloch ist
nicht), ein Ei,
fiks sant, sada m&ätlit ilma nöla pistmata (ein Armer, hundert Män-
tel, ohne dass eine Nadel gestochen hätte), ein Kohlkopf.
flks saun ja sada auku (eine Badstube und hundert Löcher), ein Klafter
Holz.
flks tamm, kaks tejst kümmend aru, igas arus on neli linnu-peza,
19*
— 292 —
igas pezas seitse muna (eine Eiche, zwölf Aeste, auf jedem Aste
sind vier Vogelnester, in jedem Neste sieben Eier), das Jahr.
flks teeb timp tamp, tejne teeb timp tamp, kolmas teeb timp
tamp, nefjas teeb timp tamp, wies teeb karwihti (Einer macht
trap trap, der Andere macht trap trap, der Dritte macht trap trap, der
Vierte macht trap trap, der Fünfte macht schwip), ein Pferd.
flks tuba kindlas kambris, ei senna püdu tült, päewa, ei tihtegi
(eine Stube in fester Kammer, dabin reicht nicht Wind, Sonne, nichts),
eine Nuss.
üks tuba, od. uks, wli kambrit (eine Stube, od. Thur, fünf Kammern),
der Handschuh.
flks uks läbeb Wide kambri (eine Thfir fuhrt in fünf Zimmer), dass.
flks ütleb «5 pitk», teine ütleb «päew pitk», kolmas ütleb «mulle
flks köik» (der Eine sagt «die Nacht ist lang», der Andere sagt «der
Tag ist lang», der Dritte sagt «mir Alles eins»), das Bett, der Stuhl,
der Fussboden.
flks ütleb «päewal muH waewa», teine ütleb «özel muH waewa»,
kolmas ütleb «flks mulle köik» (der Eine sagt «am Tage habe
ich Plage», der Andere sagt «in der Nacht habe ich Plage», der
Dritte sagt «mir Alles eins»), der Stuhl, das Bett, der Fussboden.
flks ütleb «sui (on) hqa», teine ütleb «talw hea», kolmas (ütleb)
«flks (mulle) köik» (der Eine sagt «der Sommer ist gut», der An-
dere sagt «der Winter ist gut», der Dritte sagt «mir Alles eins»),
Kuh, Ochs und Pferd, oder Schlitten, Wagen, Pferd.
flks ütleb «sui pitk», tejne titleb «talw pitk», kolmas ötleb «olgu
sui ebk talw, mulle flks köik» (der Eine. sagt «der Sommer ist
lang», der Andere sagt «der Winter ist lang», der Dritte sagt «sei es
Sommer oder Winter, mir Alles eins»), Wagen, Schlitten, Pferd.
üks ütleb «tuleks ö», teine ütleb «tuleks päew», kolmas fitleb
«mulle üks kSjk» (der Eine sagt «käme die Nacht», der Andere
sagt « käme der Tag » , der Dritte sagt « mir Alles eins ») , der Stuhl,
das Bett, das Zimmer.
flks wät, kahte sugu ölut sös (ein Fass, zwei Arten Bier darin),
ein Ei.
— 293 —
flle ilma pihlakas (über die Welt hin ein Vogelbeerbaum) , der Regen-
bogen.
walge kont ke£k koplit (ein weisser Knochen mitten im Koppel), eine
Kirche.
walge pöld, mustad sömned (ein weisses Feld, schwarze Saat), be-
schriebenes Papier.
walge pöll, mustad äred (eine weisse Schurze, schwarze Ränder), das
Fenster.
walge wäli, kifju kari, tark karja kajtsja (ein weisses Feld, eine
bunte Herde , ,ain kluger Huter der Herde), Kirche, Gemeine und
Prediger.
walget söb, musta situb (Weisses frisst es, Schwarzes seh.... es), ein
brennender Kienspan.
wana häfg magab m&s, sOled llguwad (ein alter Ochs liegt am Boden,
die Eingeweide rühren sich), ein bewohntes Haus.
wana härg, wasksed söled (ein alter Ochs, metallene Därme), die
Harfe,
wana izand istub wäre peal, neli neitsit tantsiwad wäljal (ein alter
Herr sitzt auf eitiem Steinhaufen, vier Jungfrauen tanzen auf Sem
Felde), eine Windmühle.
wana mos istub nurgas, tilk njna otsas (ein alter Mann sitzt im Win-
kel, ein Tropfen an der Nase), das Dünnbiergefass.
wana mos könnib toa peal, üha-taldrik pea p^al (ein alter Mann
wandelt auf der Stube, ein Teller mit Fleisch auf dem Kopfe), od. w.
m. k. tuba kaudu, liha-wägen peas (e. a. M. w. die Stube ent-
lang, eine Schüssel mit Fleisch auf dem Kopfe), der Hahn.
wana mos huilgab kahe mäe wahel (ein alter Mann schleicht zwischen
zwei Bergen), ein Farz.
wana naene (istub) nurgas, sflli saiu täte (ein altes Weib sitzt im
Winkel, der Scbooss ist voll Semmeln), der Ofen,
wana tat nurgas , tilk tttra otsas (ein alter Vater in der Ecke , ein
Tropfen am Ende des Gliedes), das Kofentgeschirr.
wana wakk, (igas ästas) üi k&i (pqal) (ein alter Korb f jedes Jahr ein
X
\
— 294 —
neuer Deckel darauf), das Meer oder ein Bach, Teich, wenn sie zu-
frieren.
wäre all, wäre peal, (kure-) mnnad keskel, od. wäre all munad
keskel (ein Steinhaufen unten, ein Steinhaufen oben, Kranicheier in
der Mitte, od. unter dem Steinhaufen Eier in der Mitte), ein Backofen
mit Broten.
wazikas magab rand-härja rinna all (ein Kalb liegt unter der Brust
eines eisernen Ochsen), das Aschenloch vor der Ofenmünduig.
wät wSdi peal, tünder tündri peal, pOlik pöliku peal, orawa-saba
köige otsas (Fass auf Fass, Tonne auf Tonne, Halbfass auf Halbfass,
ein Eichhornschwanz am Ende von Allem), ein Schilf ha Im.
wäh*m kui kirp, raskem kui häfg (kleiner als ein Floh, schwerer als
ein Ochs), ein Feuerfunke.
werrew lehm, jöhwine löüg (d) (eine rothe Kuh, ein pferdehaarener
Halflerstrick), die Moosbeere.
wintlik, wäntiik, file metsa heitlik (hin und her sich wendend, ober
den Wald sich werfend), der Wind.
wiakse wälja kui kirp, tüakse jälle kui wagen (es wird hinaus ge-
bracht wie ein Floh, zurück gebracht wie eine Schussel), eine
Rübe.
wl2 kitse näriwad Ohe kuhja all (fünf Ziegen kauen unter einem Scho-
ber), das Stricken.
wTg möst kaduwad übte kaewu (fünf Manner verlieren sich in einem
Brunnen), das Stricken.
wli nirki joksewad ilma nlti , Oks ej sä tejst kätte (fünf Marder
laufen ohne Faden, einer holt den anderen nicht ein), das Strik-
ken.
wQjb önne sulle külutada, sind önne kafjust nibutada, kui kuke
pea ta punab ja lume wärwi kannab (es kann dir Gluck verküo-
den, von des Glückes Felsen dich schieben , es ist roth wie der Kopf
eines Hahnes und trägt die Farbe des Schnees) (?).
wOta arud lajale, pane karune wabele (nimm die Zweige ans einan-
der, lege das Rauhe dazwischen), schirre das Pferd an.
— 295 —
VI. Deutung von Vogelstimmen und anderen
Tönen, der Buchstaben.
Die Nachtigall siogt: must, must! küt! tüdrik, tfidrik! tö
pits, tö plts, tö plts! (Schwarzer, Schwarzer! Streifiger! Mädchen,
Mädchen! bring die Peitsche), oder kiri-kiut, kiri-kiut! päjts-lauk,
päits-layk! tütrik maka, tütrik maka! tö pltsk, tö pltsk! süf hä-
bü, süf häbü! häbü sägu tejle, h&bfi sägu teile (d) (Buntstreifiger,
Buntstreifiger! Blässe, Blässe! das Mädchen schläft! bring die Peitschet
grosse Schande! Schande euch), oder 5 pikk, 5 pikk! laisk, laisk!
tüdruk, tüdruk! tö plts, tö plts! küt-must, küt-must! waule,
waule! tsäh, tsäh! (die Nacht ist lang! faul, faul! Mädchen, Mädchen!,
bring die Peitsche! Schwarzstreifiger! in die Furche! schwipp!), oder tü-
druk, tüdruk! pltsa, pTtsa, pltsa! lüpsik, lüpsik, lüpsik (Mädchen!
Peitsche! Melkeimer!).
Die Schwalbe: sTdi wiss wöttis, puss löttis kä iss maul. To-
me läkkn, löme lakku ja pealt kokkn. Ta kipab ikka, noh kötse
klopp ärr! (unverständlich), oder sldi kissen, lldi kassen, kätteneks
sarr (unverständlich), oder läks sulasele kübe tegema, läks taluse
sftrr! (ging dem Knechte einen Rock machen, ging in's Gehöft, särr!),
oder TöFbi Jägul olid head elud majad , köik olid head elud ma-
jad, nfid 'p ole übt, paFjas hütt wöl! siöt siSti nukki, kala kaki
nukki, sist sissera nassem när (Jacob Dummkopf hatte gute Wohnge-
bäude, alle waren gute Wohngebäude, jetzt ist keins mehr, nur noch eine
Hatte! etc.), oder hanksi willo, hanksi willo, naksi pojale säfki te-
gema, pani ahjo otsa kuioma, satte tulle, paffi &r\ tser! (d) (ich
schaffte Wolle, fing an dem Sohne einen Rock zu machen, legte sie auf
den Ofen zum Trocknen, sie fiel in's Feuer, verbrannte), oder ui tui tui-
to! lats tappe ka&i, teje Kajele kazaka, raeje Mannile köriko,
Annele alus-undreku (d) (...das Kind tödtete eine Katze, eurer Kai einen
Pelz, unserer Mai einen Rock, der Ann einen Unterrock), oder witser
witeer wennikene! wöti sulaze, wöti näüdsiko, sädi teule, Ute
pakku, s& kätte, k&ni k&la kate körra, sälä-lfi sejtsme körra,
wen w&fja, tsirr! (.. Brüderchen! ich nahm einen Knecht, ich nahm
— 296 —
eine Magd , ich schickte ihn an die Arbeit , er lief davon , ich bekam ihn
wieder, drehte den Hals doppelt, den Rückgrat siebenfach zusammen, Blut
heraus, zirr).
Die Schneeammer: lirts, lirts! (spritzender Strahl).
Der Fink: hästi, hääti! wilu, wilu! mis so on? sah! (gut, gut!
kühl, kühl! was ist das? da!), oder est, est, est ära! muH ep ole
paTju aega! fldik, tikk, tikk! (vor weg, vor weg! ich habe nicht viel
Zeit! etc.), oder bei schlechtem Wetter jurts, jurts!
Die Grasmücke: silts solts! oder sifk soft!
Die Möwe: et audulit!
Die Kronschnepfe: kilkolkil!
Die Schellente: klä, kla!
Der Taucher (sauna-raös) : säks sauna! (käme ich in die Bad-
stube).
Der Uhu: huh, huh!
Der Regenpfeifer: tö tu! türtil, türtil!
Die Pfuhlschnepfe: wlgle, wlgle!
Die Nachtschwalbe: sorr, sorr!
Der Kuckuck: kuku, kuku! ämmäk mo ärä tappe, weli mo
were jöi, kuku, kuku! sözar mo sonne' sei, ämmäkule kiwiga,
kuku, kuku! (kuku, kuku! die Stiefmutter tödtete mich! der Bruder
trank mein Blut, kuku, kuku! die Schwester ass meine Finger, der Stief-
mutter mit einem Stein, kuku, kuku).
Der Hahn: kukelöku! oder tapa tat ära (schlachte den Vater ab)
Die Holztaube ruft der Krähe zu: wl2, wl£ werist wäntsa! küi,
ku£ kullast poega! (fünf, fünf blutige Knirpse! «echs, sechs goldene
Sohne), d. h. die Jungen der Krähe und die eigenen.
Melodie der Sackpfeife: külle-lü, külle-lü, külle-lüü! säre-lüü,
säre-lüü! teine külle-lü, teine säre-lü! teine wift-kinnas, tejne
laba-kinnas! teine suka-säf, teine wana poid, üü! (Rippenbein,
Rippenbein! Schienbein, Schienbein! eins ein Rippenbein, das andere eia
Schienbein! eins ein Filzhandschuh, das andere ein Fausthandschuh! eins
ein Beinling des Strumpfes, das andere ein alter FOssling, uu), oderLuht-
Ann löi lugu-pilTi, Kork-Ewa tgi kubu öfgi! Luht-Anne saba,
— 297 —
Ptffi-Mäfdi naba löjd toru-pifH-tantsu : sahwi urr urr, sehwi urr
urr! sahwi kriuhkadi, sehwi kriuhkadi! (L. A. spielte die Rede-
pfeife, K. E. brachte ein Bond Stroh I die Schleppe von L. A., der Nabel
von P. M. spielten den Sackpfeifentanz etc.).
Das Wagenknarren am Montagmorgen klingt dem Knechte wie:
miks mind Mlgu-Madis tegi! (wozu hat mich M.-M. gemacht), oder
kes täb (t€ah), mis näh (näeb)? (wer weiss, was er sehen wird).
Bezeichnung der Buchstaben: a saksa-lök (ein deutsches Krumm*
holz), d kelgu-jalas (eine Schlittensohle), e nagu wana ema üks silm
peas (wie der alten Mutter eines Auge im Kopfe), g nagu katla-kök
(wie ein Kesselhaken), % nägu künal (wie ein Licht), J nägu tuluse-
raud (wie ein Feuerstahl), k aida-wöti (ein Speicherschlüssel), K nägu
hobuse-rarinid (wie Pferdegeschirr), l kui wersta-po£t (wie ein Mei-
lenpfosten), m kolme tulbaga (mit drei Säulen), n kahe tulbaga, pealt
kinni (mit zwei Säulen, oben fest), p tthe jalaga nägu wana tont (mit
einem Fuss, wie ein alter böser Geist), r nägu wana kefjates tuleks,
kott seljas (wie wenn ein Alter bettelnd käme mit einem Sack auf dem
Rucken), f nägu kaewu-kök (wie ein Brunnenhaken), oder iza naskel
(der Pfriem des Vaters), 8 kana-silm (ein Höhnerauge), s nägu kiri
kana-silm (wie ein buntes Höhnerauge), t nägu woki käzi-pü (wie das
Holz am Spinnrade, um welches die Heede gewickelt ist), u kahe tul-
baga, alt kitini (mit zwei Säulen, unten fest), ä, ö, ü = a, 0, u tilk
otsas (mit einem Tropfen an der Stirn).
VE. Spiele.
Karlenspiele. 1) Unna, od. möiza, od. Riga, pöletama
(die Stadt, od. das Landgut, od. Riga, verbrennen), Hausbrand, ein Kin-
derspiel, wo jeder der beiden Spieler die Hälfte der Karten bekommt und
eine nach der anderen vor sich aufdeckt; wer die grossere hat, sticht und
nimmt die Karte des Anderen. — 2) Paris-turakas (Paarendurak, v.
mss. Aypam>). Jeder Spieler hat fünf Karten, die übrigen bleiben liegen
mit einer Aufscb lagkarte als Trumpf; jeder spielt dem nächsten eine ein-
— 298 —
zelne Karle aus oder ein oder zwei Paar gleiche nebst einer Beigabekarte,
wer das Ausgespielte stechen kann, spielt eben so dem folgenden ans»
wer nicht Alles stechen kann, nimmt das Uebrige auf, und der folgende
spielt weiter aus; die Stiche werden weg geworfen, und wer nach dem
Ausspielen weniger als fünf Karten in der Hand behält , ergänzt die Zabl
aus dem liegen gebliebenen Haufen. — 3) Kimbu-turakas (Haufen-
durak), ähnlich dem vorigen, doch wird immer nur eine Karte ausgespielt,
und die Stiche werden nicht weg geworfen , sondern bilden einen Haufen,
welchen derjenige zu sich nehmen muss, der nicht stechen kann; in bei-
den Spielen hat derjenige verloren , welcher mit Karten in der Hand nach
bleibt. — 4) Pörsa-saba (Ferkelschwanz). Eine ausgezogene Kaite
wird aufgedeckt, die übrigen werden unaufgedeckt im Kreise darum ge-
igt, und die Spielenden ziehen aus diesem nach der Reihe so viel ein-
zelne Karten, welche sie in einen Haufen vor sich hin legen , bis eine auf
die ausgelegte oder resp. die zuletzt darauf gelegte passt als die nächste
der Grosse nach ; sind alle Karten aufgenommen , so wird von den einzel-
nen Haufen eben so weiter gespielt, bis Einer mit einem nicht ganz abge-
spielten sitzen bleibt. — 5) Klüsti-mäng, ein Hazardspiel. Jeder
Spieler bekommt vier Karten, und wer alle von einer Farbe hat (klügt),
gewinnt den Einsatz, wenn nicht etwa ein anderer eben solche vier mit
höherer Augenzahl hat; sind nur drei oder zwei gleichfarbige Karten, so
entscheidet eben so die Augenzahl , doch gelten drei Karten immer mehr
als zwei. — 6) Wilukas (v. russ. 4>Miora). Zuerst wird ein Einsatz
gemacht, dann werden je vier Karten ausgegeben, und von der Vorhand
an legt Jeder, welcher sich getraut das Spiel mitmachen zu können, so
yiel zum Einsatz hinzu wie sein Vormann oder mehr, und von denen, die
das Spiel behalten, nimmt dann der Gewinner den ganzen Einsatz. —
7) Kupki (v. russ. Kyna, Kynotct). Es werden aus dem Talon so viel
umgekehrte Haufen gemacht, wie Spieler sind, und wer unten die höchste
Karte hat, nimmt den Einsatz. — 8) PoTs-pagg (polnisch Pasch), ähn-
lich dem deutschen Solo, mit wenig Karten gespielt. Höchste Karte ist
Treffbube, dann Piquebube, dann Treff- und Piquedame, darnach Garreau,
zuletzt Coeur. Von den vier Spielern spielen je zwei und zwei zusammen,
und jeder bekommt fünf Karten ; wer die beiden schwarzen Buben oder
— 299 —
die meisten Werthkarten hat, bestimmt den Trumpf, entweder Treff oder
eine beliebige andere Farbe, und welche Partie wenigstens drei Stiche
macht, hat gewonnen. — 9) Süsta-korku (v. russ. «ucraii ropna)
wird mit einem Einsatz und ohne Trumpf gespielt. Jeder bekommt drei
Karten, wer die ausgespielte Karte nicht stechen kann, wirft zu, und die
weg gegebenen Karten werden aus dem aufgestellten Talon ergänzt. —
10) Krugawo) (v. dem russ. kpjtoboh) od. taga peale (hinten nach),
ähnlich dem Haufendurak (s. 2), aber mit nur drei Karten. — 11) Trin*
ka oder trllista (v. russ. TpH ncra), ein Spiel, wo es darauf ankommt
drei gleieh hohe Karten zu bekommen (trinka), oder auch, was der
trinka gleich gilt, zwei Sechse oder Siebene neben der dritten Karte (wi-
lukas). — 12) Wentsel od. sarwentsel, das deutsche Scharwen-
zelspiel. — 13) Wenelazed säewad (die Soldaten sägen). — 14)
Kuniriga-mäng (das Königsspiel) unter fünf Spielern mit Karten und
Plumpsack; eine ausfuhrliche Beschreibung giebt Rosenplänter in den
«Beitragen» Heft XI S. 80 und ff.
Tänze sind ausser dem gewöhnlichen Walzer, wo aber die Tanzen*
den sich anders anfassen als etwa unter den Deutschen, noch kazar, von
zwei Solotänzern getanzt, polka und perl in.
Kraftproben sind hanku od. sörme wedama, sörm-köku
kisknma (den Haken oder Finger ziehen, den Fingerhaken ziehen), wo
zwei Männer mit den Füssen gegen einander auf dem Boden sitzen und
mit eingehakten Mittelfingern gegenseitig sich herauf zu ziehen bemüht
sind. Aehnlich ist wägi-kaigast wedama (den Kraftkniittel ziehen),
nur dass die Spielenden dabei mit beiden Händen einen quer vorgehalte-
nen Knüttel fassen. Härga wedama (den Ochsen ziehen). Zwei Man«
ner, Rucken an Rucken mit einem um den Hals geschlungenen Strick,
suehen, sich nieder bückend, einander zu sich herab zu ziehen.
Vorzugsweise Kinderspiele sind folgende: Nöklo tsn&kma (d)
(Nadeln einstecken, mit Nadeln stechen). Kinder sitzen im Kreise und
bilden einen Schooss mit ihren Kleidern ; eins geht herum, sticht mit einem
Holzchen (der Nadel) in den Schooss der einzelnen und lässt es unbemerkt
stecken. — Hundi-ratast mängima (den Wolfring spielen). Knaben
ziehen einen Kreis auf der Erde, hocken sich, die Wolfe vorstellend, da
V
— 300 —
•
herum und wälzen sich, und versuchen ein kleines Mädchen, das durch
den Kreis laufen muss, zu fangen. — Wigala kuhja tegema (den
Fickelschen Schober machen). Kinder werfen sich in einem Haufen über
einander, oder werden von Jemandem so hingeworfen. — Tsöri-ra
tast lömä (d) (das Kreisrad schlagen). Zwei Parteien werfen sieb, ein-
ander gegenüberstehend, eine runde Scheibe zu, welche aufgefangen wer-
den muss, und suchen sich so gegenseitig zurück zu drängen. — Härga
jöksraa (den Ochsen laufen) od. rebast ajama (den Fuchs treiben).
Ein Paar Knaben kriechen auf Händen und Füssen, und der eine sucht den
anderen einzuholen. — Petu-mäng (Verstecken). Einer wirft einen Stock
über ein Dach und überwacht einen Zweiten, welcher geht ihn aufzusuchen.
Hat er ihn gefunden, so muss er die Uebrigen suchen, welche sich unter-
dessen versteckt haben, und der Erste, welchen er findet, muss dann wie-
der die Rolle des Suchens übernehmen. — Kaigast wiskama (den
Knüttel werfen). Zwei Knaben errichten gegenseitig in einem umgrenzten
Räume ein Häufchen handlanger, cylinderformiger Klötzchen (kurnid), und
suchen diese, abwechselnd mit Knütteln darnach werfend, aus dem Bezirke
hinaus zu schlagen. — Mezi-käppa llgutama (die Honigpfote, d. b.
den Bäreiij bewegen) (?). — Ka££i-kannast kuduma (das Kaöen-
gewebe weben). Zwei Kinder nehmen gegenseitig einen langen Faden
schleifenformig zwischen die Zähne, und fahren darauf mit dem Finger hin
und her. — Wuri-kofit od. wurila-k. (Brummknochen). Durch einen
Knochen sind ein Paar Schnüre so geführt, dass weno man sie abwech-
selnd anzieht und nachlässt, der Knochen mit Sausen sich rechts und links
herum dreht. — Lutsu wiskama (eine Quappe werfen). Ein flacher
Stein wird gegen die Oberfläche eines Wassers so geworfen, dass er
möglichst viele Male ricochetirt. — Kübärit warastama (d) (Hüte
stehlen). Knaben in der Pferdehütun'g legen ihre Mützen zusammen bei
einem in die Erde gesteckten Pflock, eine» wird mit einem ein Paar Fa-
den langen Strick an diesen Pflock befestigt, und muss nun von den an-
deren, welche ihm die Mützen zu entwenden suchen, einen fangen, welcher
dann an seine Stelle tritt, oder wird von den Kameraden verhöhnt wegen
seiner Ungewandtheit. — Piho peijo ajama (d). Ein Knabe, welcher
zum ersten Mal in der Hütung ist, wird von den anderen gehänselt. Sie
— 301 —
versprechen ihm einen Pirol (piho) in die Hand zu geben, er wird mit
verbundenen Augen weg geführt, und man legt ihm weichen Koth in die
Hand, indem man ihn auffordert, die Hand fest zuzudrücken, damit der
Pirol ihm nicht entschlüpfe. — Foppi wiskama (v. dem russ. öaßKH).
Zwei Spielende stellen jeder einige Knöchelchen aus Schweinsfüssen in
einer Reibe auf die Erde, und werfen darnach mit einem eben solchen. —
Kana-mäng od. kulTi-m,, kuTfikeze-m. (Hühnerspiel oder Ha-
bichtsspiel). Ein Kind, als Habicht, versucht von den anderen, welche die
Hohner vorstellen, eines zu fangen, wenn sie den Stall verlassen. —
Linna-märig (Pestungsspiel). Knaben erbauen aus Steinen ein Thürm-
chen, und werfen dann mit Steinen darnach, um es wieder zu zerstören.
— Püza peale löma (auf die Hüfte schlagen). Ein Paar Knaben sprin-
gen auf einem Bein, und versuchen, mit den Hüften gegen einander stos-
send, den Gegner umzuwerfen oder zu nöthigen, dass er mit beiden Füs-
sen auftritt. — Söge-sikku od. pirae-sokku ajama od. man-
gima (den Blindbock treiben oder spielen), Blindekuhspiel. — Tött
wahtima (auf den Ernst lauern). Zwei sehen einander an, und jeder
versucht den Gegner zuerst zum Lachen zu bringen. — Ilärä-pilTi
ajama (d) (die Ochsenflöte blasen), ein obscönes Spiel der Hüterknaben,
wie oben piho peijo ajama, um einen neu hinzu gekommenen zu hän-
seln. — Palfi-mäng (Kugelspiel), Butterloch. Eine Anzahl Knaben
steht im Kreise, jeder mit einem Stocke bewaffnet, welcher in ein kleines
Loch gestellt ist, und einer bemüht sich, ebenfalls mit einem Stocke, eine
hölzerne Kugel in ein grösseres Loch im Mittelpunkt des Kreises, das Büt-
terloch, zu treiben; die anderen suchen diess zu verhindern und die Kugel
zurück zu schlagen, und wenn es dabei dem Treibenden gelingt seinen
Stock in eines der ledigen Löcber zu stellen , so muss der frühere Inhaber
desselben das Treiben der Kugel übernehmen. — Oina-mäng (Wid-
derspiel). Eine Reihe Kinder sitzen einander im Schoosse. — Plri-
mäfig (Kreisspiel). Eine Anzahl Kinder bewegen sich im Kreise um
ein in der Mitte stehendes, und dieses muss dabei eines von den
anderen zu erhaschen suchen. — Kanazit oder lambit tegemä
(d) (Hühnchen oder Schafe machen). In grosse Weidenkätzchen wer-
den Holzsplitter als Füsse gesteckt, und sie stellen dann Hühner oder
1
— 302 —
Schafe vor. — Oder Einer ist Wolf, die Anderen sind Schafe, zwischen
beiden Parteien ist eine Grenze gezogen, und die Schafe bemühen sich
unbemerkt in das Gebiet des Wolfes zu dringen; gelingt es diesem eines
dabei zu erhaschen, so muss es an «eine Stelle treten.
Andere Spiele noch, woran mehr oder weniger die Erwachsenen Theil
nehmen, sind die folgenden. Pflrid wöj llad (Paare od. Ueberschusse),
od. päristiku wöj fiks llaks (paarweise oder eins darüber). Einer
nimmt eine Anzahl Nüsse u. d. gl. in die Hand, und ein Anderer muss
ralhen, ob ihre Zahl eine gerade oder ungerade ist ; erräth er, so bekommt
er das in der Hand Befindliche, bat er falsch gerathen, so muss er dem
Ersten eben so viel geben. — Nukknjöksma (die Puppe laufen), ein
Spiel am Johannisabend , auch mit Gesang oder Musik begleitet. Ein be-
sonders ausstafirtes Mädchen ist «nukk», läuft in den Wald und wird von
den nachlaufenden jungen Burschen gehascht mit dem Refrain nukke,
nukke, neitsikene (Pöppchen, Puppchen, Jungfräulein). — Söira wao-
tama (d) (den Käse pressen). Einer wird auf die Erde gestreckt, ein
Anderer legt sich auf ihn, ein Dritter auf diesen und so fort, bis es dem
unten Liegenden endlich zu viel wird. — Tsfitstttämft (d). Eine An-
zahl Personen sitzt im Kreise und ein Gegenstand wird, wie beim «Tha-
lerwandern» versteckter Weise dem Nachbar in die Hand gelegt und so
in Umlauf gesetzt mit dem Refrain atsü, tstt»; ein in der Mitte Ste-
hender muss ihn auf diesem Umlauf ertappen , worauf dann der, bei wel-
chem er gefunden wurde, an seine Stelle in die Mitte treten muss. —
Paääi löma od. patsi löraa (den Pass od. die Strohdocke schlagen),
ein Weihnachtabendsspiel. Zwei Männer mit einem aus Stroch geflochtenen
Plumpsack verseben treten gegen einander, der eine fragt «kus pa££?»
(wo ist der Pass), Antwort «paää perses» (der Pass ist im Hinteren),
darauf der erste wieder «näita wälja» (zeig ihn vor), der andere bebt
ein Bein in die Höhe und bekommt einen Schlag mit dem Plumpsack, und
so abwechselnd Schlag um Schlag; man bezeichnet mit demselben Namen
auch das folgende. — King-sepa-mäng (das Schusterspiel). Drei
Plumpsäcke aus Stroh werden an dem einen Ende zusammen gebunden
mit kleinen krummen Strohzöpfchen, plbnd (Pfeifen) genannt, unter der
Binde, und hingestellt als «king-sepp», dann stellen sich zwei Knaben mit
— 303 —
dem Bücken gegen einander gekehrt zur Seite mit einem fadeniangen
Stocke, welcher ihnen zwischen den Beinen durch geht, und halten ein
Zwiegespräch: A. tere tere, king-sepp, kas kingi malle teed? (gu-
ten Tag, Schuster, wirst du mir Schuhe machen) — B. ei tee (ich werde
nicht machen) — A. kui mitte ei tee, sls pistan sinu silma peast
wälja (wenn du nicht machst, so steche ich dein Auge aus) — B. pista,
kui oskad (stich, wenn du triffst). Darauf stosst der Erste rückwärts mit
seinem Stocke nach dem kihg-sepp, der Andere sucht eben so den Stock
des Ersten seitwärts zu lenken, bis es jenem zum grossen Jubel der Um-
siehenden doch gelingt. — Noch ein Spiel am Weibnachtabend ist re-
base-mäng (Fuchsspiel). Mit Nässen, Bohnen oder Erbsen wird auf
dem Tisch die Gestalt eines Fuchses fingirt, dann deutet Einer der Um-
stehenden auf die einzel- k k nen , vom Kopf (p) bis
zor Schwanzspitze (o) fort k|k k|k schreitend, und ein unter
dem Tische Befindlicher P * ■ <> muss die Theile nennen,
pkkkssshhho
l)P«a, pea>pea(Kopf), p B 8 0 2) kael, kael, ka$l
(Hals), 3) links saps, ksk ksk saps, saps (Bein), 4)
kapp , kapp , kapp k k (Pfote), 5) rechts saps,
saps, saps, 6) kftpp, kapp, kapp, 7) selg, seljg, seTg (Rücken), 8)
links saps etc., 9) kapp etc., 10) rechts sapp etc., 11) kapp etc.,
12) band, händ, hSnd (Schwanz), 13) hänna otsa-klump (Endbü-
schel des Schwanzes); wenn er, ohne irre zu werden, Alles richtig be-
nannt hat, so bekommt er das, woraus der «rebane» gebildet war.
Mannichfaltig sind bei der Jugend Spiele mit Gesängen. Ausser den
von Neus schon publicirten (Ehstn. Volksl. S. 383 und 417) kenne ich
noch folgende von den Inseln her mitgetheilte.
1) Eines sitzt in der Mitte, die Anderen geben um dasselbe herum, und
jedes Mal, wenn ihr Lied zu Ende ist, giebt Eines dem in der Mitte Sitzen-
den ein Pfand ; haben Alle auf diese Weise ihr Pfand abgegeben, so wer-
den die Pfänder ausgelöst. Sin od meie kaningas, — Meje kuning
Pät>elon , — Kuning kulda-kröniga. — Miks sa 's tulnud mullu
meile, — Ehk kft tulnud tu na- mullu? — Mullu meil olid mus-
tad rünad, — Tuna- mullu tumed lepud, — Seaste meil sini-
hariid. — Nfld sina tuled kewadizel, — Kewadizel kehwal ajal,
— 304 —
— Nfid sina rizud nded seQast, — Katked kaela kudruksefd. —
Kelle kord on pariti anda, — Seile kord on süd anda (Hier ist un-
ser König, unser König Pabelon, der König mit goldener Krone. Warum
bist du nicht im vorigen Jahre gekommen , oder auch im vorvorigen? Im
vorigen Jahre hatten wir schwarze Wallache, im vorvorigen dunkle Füchse,
in diesem haben wir blaugraue. Jetzt kommst du zur frühjahrlichen , zur
ärmlichen frübjabrlichen Zeit, nun raubst du uns die Kleider vom Leibe,
reisst die Halsperlen ab. Wessen Reihe ist ein Pfand zu geben , dessen
Reihe ist es einen Kuss zu geben).
2) Das Ringspiel ist wie bei den Deutschen, man singt dazu: Sör-
mus peab ümber.käima — Übe käest teize kätte, — So on hea,
so on kena , — Seda ej pea sa mitte leidma (der Ring muss herum
gehen aus der Hand des Einen in die Hand des Anderen» das ist gut, das
ist schön, den sollst du nicht finden).
3) Küle sina kulda-kukke, poizikene, — Eks sina tulnud
mullu mgjle, — Ehk kä tulnud tuna-mullu, — Kui nöd jöed ölut
jöksid, — Wlna hatTikad arudes, — Mitn aru möizades? — Nfid
sina tuled kewadizel — Kewadizel kehwal ajal, — Rizud rfde
ehtekezed, — Katked kaela kudruksed (höre, du Goldhahn 9 Bürsch-
.chen, warum kamst du nicht im vorigen Jahre zu uns, oder auch im vor-
vorigen , als die Bäche von Bier flössen , auf den Wiesen die Quellen von
Branntwein, viele Wiesen auf den Gütern? Nun kommst du zur frühjahr-
lichen, zur frühjahrlicben ärmlichen Zeit, raubst den Schmuck des Kleides,
reisst die Halsperlen ab). Die Spielenden sitzen im Kreise, Eines singt
diess, und bei jedem Worte zeigt es auf Einen, und auf wen das letzte
Wort fällt, der muss ein Pfand geben.
4) Ma käizin reizi reizimas. — Ai rode rilla rahwas ! — Sis
tuli wastu trahter muH', — Üks nejtsit istus töli peal, — Tall
sukru-wlna kläi oli käes. — Mis maksab sukru-wlna kläz? —
Wl£ kopik' sukru-wlna kläi — Sis kalla raulle wäQa ezimene
kläi, — So annan oma izale; — Sis kalla raulle wäTja teine kläi,
— So annan oma emale; — Sis kalla raulle wäfja kolmas kläi, —
Se annan oma Öele (wennale); — Sis kalla mulle wälja neljas
kläi, — Se annan oma söbrale; — Sis kalla malle w&fja wies
— 305 —
kläz, — So annan oma prüdile (peiule); — Sls kalla malle wftfja
kües klftg, — So wältan ize oraale (ich machte eine Reise , da
kam mir eine Schenke entgegen, eine Jungfrau sass auf einem Stuhl , sie
hatte in der Hand ein Glas Zuckerbranntwein. Was kostet" das Glas Zucker-
branntwein? Fünf Kopeken das Glas Zuckerbranntwein. Dann schenke
mir ein das erste Glas, das gebe ich meinem Vater, u. s. w. das zweite
Glas . . meiner Mutter . . das dritte meiner Schwester (meinem Bruder) . .
das vierte . . meinem Freunde . . das fünfte meiner Braut (meinem Bräuti-
gam) . . das sechste . . damit behelfe ich mich selbst). Eine sitzt im Kreise
mit einem Branntweinsglase in der Hand, die Anderen singen dieses Lied.
5) Wät' sin ned kefinid istuwad, — Seal teine teize töli peal,
— Nad kätt ja südant annawad, — Ja lugtist r5mu tunnewad. —
Andkem süd, andkem süd — Südamest ja melest kä (sieh hier
sitzen die Schelme, dort Einer auf des Anderen Stuhl, sie geben Hand und
Herz, und empfinden Freude und Lust. Wollen wir küssen von Herzen
und Sinnen).
6) Viele bilden, sich an den Händen haltend, einen Kreis und singen:
meie tantsime rinki ja rinki, — Küla neidu on keskel ja keskel
(wir tanzen im Kreise und im Kreise, das fremde Mädchen steht in der
Mitte und in der Mitte). Eine in der Mitte Stehende nimmt Eine aus dem
Kreise zum Tanzen auf, tanzt aber mit einer Anderen, und geht dann hin-
aus, worauf die zuerst Aufgeforderte es eben so macht, und so fort.
7) Oh mina waene wSral mal, — Wöral mal, — Sure, raske
risti all, — Riäti all, — Sin tulin seftsi oteima, — Otsima, —
Annas söbr, tule sa, — Tule sa, — Sa mulle seftsiks olema, —
Olema , — Sest sin ennast alandan , — Alandan , — Sinu ette
pölweli, — Pölweli, — Kätt sull' annan köwaste, — Köwaste,
— Sud suir annan südamest, — Oh ma palnn, oh ma palun, —
Ära jäta maha mind! — Ei mina j&ta, ei mina jäta, — Ei mina
jäta maha sind (o ich Armer im fremden Lande, unter grossem, schwe-
rem Kreuz, hi$r kam ich einen Gefährten mir suchen, lieber Freund, komm
du, du mir als Gefahrte , darum demfithige ich mich hier vor dir auf den
Knien, gebe die Hand dir festiglich und einen Kuss von Herzen, o ich
bitte, verlass mich nicht. Ich werde dich, ich werde dich nicht verlassen).
20
r» -»
— 306 —
8) Meie taütsime rinki ja rinki , — Küla nejdu on keskel ja
keskel. — Aland-alandagem nejdu ja nejdu, — Sa iza on ju sur-
nud, — Aland-alandagem neidu ja neidu, — Sinn ema on ja
surnud, — A.-a. n. j. n., — Sinn wend on ju surnud, — A.-a.
n. j. n., — Sinu öde on ju suraud, — A.-a. n. j. n., — Sinu pqeg
on ju surnud. — Meie taätsime rinki ja rinki, . — Küla neidu
on keskel ja keskel. — Ülen-ülendagem neidu ja neidu, — Sinu
iza on ju hinnes etc. etc. (wir tauen im Kreise, das fremde Mädchen
ist in der Mitte. Wollen wir das Midchen demüthigen, dein Vater ist schon
gestorben , u; s. w. . . . deine Matter . . . dein Broder . . . deine Schwe-
ster . . . dein Sohn . . . Wir tanzen im Kreise , das fremde Mädchen ist in
der Mitte. Wollen wir das Mädchen erheben, dein Vater ist schon lebend
etc. etc.). Um eine in der Mitte Stehende , welche mit einem weissen
Tuche bedeckt ist, bewegen sich dieüebrigen im Kreise; jedes Mal, wenn
«alandagem» gesungen wird, bückt sie sich immer mehr, bis sie zuletzt
ganz an der Erde ist, und wird dann wieder «ülendagem» gesungen, so
erhebt sie sich eben so allmählich wieder. Ist das Lied zu Ende gesungen,
so deckt sie das Tuch über eine Andere, mit welcher sich das Nämliche
wiederholt.
9) ROzi-fttses (die Rose). Sin on ätses, kena fttses, — Kena
ätses, rözi-ätses, — Sehest siru-wiruline, — Pealt kulla-karwa-
Hne, — Wabelt waze-warreline. — Sin ep ole mullu mulku j&e-
tud, — Tuna-mullu tuter-mulku, — Mina tahan sla raulgu jfitta,
— Mulgu jfitta, apgu wötta (hier ist eine Blume, eine schone Blume,
eine schone Blume, eine Rose, innen streifig, aussen goldfarbig, dazwischen
kupferstengelig. Hier ist im vorigen Jahre kein Loch gelassen , im vorvo-
rigen kein ... (?) Loch, ich will ein Loch hier lassen, ein Loch lassen,
ein Loch nehmen). Die Spielenden stehen im Kreise um eine in der MiUe
auf einem Stuhl Sitzende, welche von einer Anderen fest gehalten wird,
und zwei gehen herum und singen. Jedes Mal, wenn das Lied aus ist,
nehmen sie Eine aus dem Kreise heraus, und die geht hinter ihnen her,
bis endlich Alle aus dem Kreise genommen sind, dann gehen Alle die
Rose, d. h. die in der Mitte Sitzende, auszureissen.
10) Die Spielenden bilden, sich an den Händen fassend, einen Kreis
— 307 —
und singen: Hirou, hirnu, hlre-haffi, — Katsu aeda, kas säd
w&fja; — Kiri säd walja, sls säd kaern, — Kui jäd sisse, sls jäd
n&lga (wiehere, wiehere, Mausfarbener, probire den Zaun , ob du heraus
kommst; wenn du heraus kommst, bekommst du Hafer, wenn du drinnen
bleibst, bleibst du hungrig). Ein Spieler ist in der Mitte und versucht
"durch den Kreis zu springen; gelingt ihm das, so muss derjenige, dessen
rechte Hand los gelassen hat, an seine Stelle treten.
YUI. Gebräuche bei Vorkommnissen des
Familienlebens.
Bei der Geburt eines Kindes hatte früher noch mehr als jetzt die
Mutter zu leiden unter der unverständigen und rohen Behandlung der hel-
fenden Weiber. Sie wurde bei schweren Geburten geschüttelt und gerüt-
telt, unter den Armen aufgehängt, man Hess sie Purzelbaume schlagen
u. d. gl.
Bei der Geburt legt die Hebamme etwas Grütze und Hopfen in ein
Gefass mit Wasser und besprengt damit die Anwesenden. Während das
Neugeborene gebadet wird , muss Salz auf den Ofen geworfen sein , sonst
bekommt das Kind Ausschlag. Das Badewasser, in welehes Einige einen
Gegenstand von Silber legen, darf keinem Thiere zugänglich gemacht wer-
den; es wird im Zimmer unten an den Wänden umher gespritzt, das übrige
giesst man heimlich fort an eine Stelle, wo «der Wind nicht darüber geht».
Einige werfen es , wenn das Kind ein Knabe ist , in die Höhe , damit er
gross werde, wenn ein Mädchen, breit aus einander, damit es viele Freier
bekomme, oder gegen die Sonne auf das Dacb, damit es gerühmt und jung
verheiratbet werde. Andere sprengen davon vor dem Weggiessen auf die
Fenster, damit nicht Dämmerschein und Mondlicht dem Kinde schade.
Nach dem Waschen muss ein Vaterunser gebetet und ein Kreuz geschlagen
werden gegen Nachstellung des Teufels. Die Wöchnerin muss schwarze
Kleider tragen, damit ihr der böse Blick nicht schade. Die Frauen? welche
ihr einen Wochenbesuch machen, bringen ihr einen Brei mit, worauf vier
gekochte Eier umher gelegt sind mit einem fünften in der Mitte, auch Geld,
— 308 —
«hamba-raha» (Zahngeld); das Letzte Üron auch die Taufgäste. So lange
ein Kind ungetauft ist, darf man es nicht allein lassen, und es muss ein
Licht Sei ihm brennen, «riäti-tuluke» (Kreuzfeuer), sonst kommt der Böse
und vertauscht es mit einem Kinde von Erlenholz. Die Mutter hält es eben
deshalb auch so viel wie möglich im Arm nnd bekreuzigt es.
Findet die Taufe zu Hause Statt, so muss^der Vater das Wasser
bringen , er darf aber nichts davon verschütten , damit der Täufling nicht
vomire. Gewöhnlich aber ist die Taufe in der Kirche, und kann die Mutter
selbst nicht dabei sein, so nimmt ein anderes säugendes Weib das Kind
an ihre Brust und fahrt oder reitet damit zur Kirche. Dort werden dem
Kinde die Hände aus den Wickeln los gemacht, es wird in die Höhe ge-
hoben und gehätschelt, damit es zur Arbeit kräftig werde. Man giebt ihm
in der Mutze oder in den Strumpfen oder in dem Wickeltuche Schwefel
oder Asa foetida mit oder räuchert es damit, gegen Verzauberung und böse
Geister, man steckt ihm eine Brotrinde in den Busen, nimmt auch, wenn
es gerade Sonntag ist, Brot mit für die Kirchenbettler, damit es dorn Täuf-
ling später im Leben nicht an Brot fehle. Die Mutter giebt nach der Taufe
dem Kinde etwas davon, damit es klug werde. Wenn man von der Taufe
nach Hause kommt, so müssen die Gevatter schnell die Röcke ausziehen,
auch umher tanzen und singen, dann wird das Kind munter und behend
sein. Sie bringen den Eltern den Grass «jumal sätis pafju terwist ja
kftäkis Japse ilusaste üles kaswatada iza ema römuks ja süre ju-
mala auuks» (Gott lässt vielmals grüssen und befiehlt das Kind gut zu er-
ziehen den Eltern zur Freude und dem grossen Gotte zur Ehre), worauf
sie etwas Brot mit Salz bekommen. Ist das Kind ein Mädchen , so wird
nur ein Schooss voll Holz in den Ofen gelegt, und man wirft Strumpfe,
Handschuhe u. a. auf den Ofen, damit es flink und arbeitsam werde.
Den Tag nach der Taufe gehen Alle in die Badstube , und die Tauf-
mutter oder die Hebamme giebt bei dieser Gelegenheit dem Vater tüchtig
Ruthen für die Schmerzen, welche er der Gebärenden veranlasst hatte.
Alle müssen sich beim Baden den Kopf tüchtig nass machen, das benimmt
dem (finde die Thränen. Als Namen giebt man dem Kinde gern den des
nächst folgenden «täht-p&ew» (bedeutungsvoller Tag, vgl. XI), damit es
langmfitbig wird, und man den Geburtstag besser behält. Dem ersten Sohne
— 309 —
giebt man den Namen des Grossvaters, damit er sich seines Vorfahre er-
innere ond ihn ehre. Die erste Tochter ist nejtsi-laps (Jungfernkind), die
letzte. tuha-kott (Aschensack), so wie der letzte Sohn tädi tuha-kott
(des Vaters Aschensack). Diese letzten Kinder bekommen den Namen der
Mutter resp. des Vaters, und sollte nachher noch ein Kind geboren werden,
so ist das wlmne tuha-kotf (der letzte Aschensack).
Wenn es zum Sterben geht mit einem Kranken, so legt man ihn,
um den Tod zu erleichtern, neben das Bett auf Stroh, dessen Halme der
Lange nach liegen müssen (daher pitkad Öled , langes Stroh) , mit dem
Kopfe niedrig, wäscht ihm den Todesschweiss mit kaltem Wasser ab, fegt
den Fnssboden, streut Blumen darauf, öffnet die Tbur, damit die Seele
ungehindert hinausgehen könne, und wartet nun den Tod ab. Weht draus-
sen ein Wind, wenn drinnen Jemand verscheidet, so nennt man das hinne-
tüf (Seelenwind). Ist im Zimmer ein Spiegel, so wird er verhängt, damit
oicht der Tod daraus hersorschaue.
So lange eine Leiche noch nicht beerdigt ist , darf im ganzen Dorfe
Niemand arbeiten, daher ruft man den Tod eines Bewohners desselben so-
gleich einander zu in die Häuser. Ist der Todte sehr geliebt worden, so
legt man ihm Wolle in den Sarg und bindet um das Kopfende einen Faden
kreuzweise. Sonst legt man in den Sarg auch noch, wenn ein Mann ge-
storben ist,' Branntwein, ein Beil, das Rasirmesser und anderes Geräth,
das ein Ueberlebender doch nicht gebrauchen durfte, wenn es ein Weib
ist, einen Arm voll Späne, eine Nadel, Zwirn und Lappen zum Ausbessern
ihrer Kleider auf dem Wege, beiden Geschlechtern ein Kreuz auf die
Brust von Strohhalmen oder Spänen, Seife, Kopf bürste, Badebesen, etwas
Geld (walgast, d. h. Weisses), womit man, bevor man es neben die
Leiche legt, einen Kteis um Kopf und Hände beschreibt, auch Speise
(eiad) und Sachen, die dem Verstorbenen im Leben lieb gewesen sind.
Man zieht ihm das Hemd an , in welchem er gestorben ist , Eheleuten das
Hochzeitshemd , und giebt ihm einen angebrannt gewesenen Kienspan in
die Hand, damit er sehen könne durch das dunkle Todesthal zu gehen.
Die Nadel , mit welcher das Leichentuch um die Leiche zusammen genäht
ist, bleibt darin. Wenn der Sarg zugenagelt wird, so schlägt Jeder noch
em Paar Mal auf den Nagel , und wer nicht selbst schlagen kann (wie
— 310 —
<
Kinder), dem leitet man die Hand dazu. Wenn der Sarg zum Hinausfahren
auf den Wagen gelegt ist, so nimmt man zuletzt noch einen Hahn und haut
ihm hinten auf dem Wagenbrette mit einem Beile den Kopf ab , damit der
Todte die Naehbieibenden io Ruhe lasse und nicht wieder zurück komme;
zu demselben Zwecke giesst man auch dem abfahrenden Wagen einen
Eimer Wasser nach, oder schiigt, wenn der Sarg hinaus getragen wird,
einen Nagel in die Thürscb welle , was zugleich zur Uebersicht dient, wie
viel Todte aus dem Hause getragen sind. Ist der Wagen inYThor gekom-
men, so wirft man mit der Kanne Bier oder mit einem Glase Branntwein
unter die Räder, damit der Gestorbene nicht in jener Welt sich auf den
Trunk lege. In Allentaken sass die Tochter auf dem Sarge des Vaters und
rief: warum bist du gestorben? hattest du nicht alles Nöthige, Brot, Fleisch,
Erbsen u. s. w. — Wenn im Winter der Leichenzug einen Richtweg über
einen Acker zu nehmen hat, so machen die Begleiter lieber den Umweg
auf der verschneiten Landstrasse, sonst konnte das Getreide grossen Scha-
den leiden. Vor dem Wegführen der Leiche darf man nicht die Stube
fegen, Wäsche waschen oder die Badstube heizen ; nachher stellt man eine
kleine Pichte neben die Hausthur. Das Stroh, worauf Einer verschieden
ist, und die Bretter, auf welchen die Leiche gelegen hat, müssen sogleich
nach dem Fortbringen des Sarges hinaus getragen und auf dem Wege,
den der Leichenzug eingeschlagen hat, verbrannt werden, sonst stirbt bald
wieder Jemand im Hause. — An einigen Orten bat man auch anf das
Grab Gaben für den Verstorbenen nieder gelegt, Flaschen mit Branntwein,
Kopf bärsten, Blumen u. a. Das auf dem Grabe errichtete Kreuz wird mit
bunten Fäden bewickelt. In das Trauerhau szuruck gekehrt, schwingen die
Begleiter der Leiche die auf dem Rückwege abgeschnittenen Zweige und
rufen den Hausgenossen zu : sterbet nicht, es ist auf dem Gottesacker kein
Raum für euch! —
Freierei und Hochzeit sind wohl von allen Begebenheiten im häus-
lichen Leben der Ehsten diejenigen , welche am wenigsten von dem alten
dabei beobachteten Ceremonial eingebüsst haben, und verhältnissmäasig am
meisten scheint sich davon auf den Inseln erhalten zu haben , von wo ich
auch die vollständigsten und ausführlichsten Schilderungen habe, und viel-
leicht noch sonst in den von Städten abgelegenen Gegenden. Die Gebrauche
— 311 —
dabei sind nicht fiberall dieselben» und was ich hier gebe, umfasst beson-
ders das auf den Inseln und an der gegenüber liegenden Küste Gebräuch-
liche, und man mag damit die Schilderungen Anderer vergleichen, auf
welche in den cEhstniscben Volksliedern» von H. Neus S. 272 hinge-
wiesen ist, namentlich die ausführliche Beschreibung der Hochzeitsge-
bräuche im Inneren von Ehsüand (Wierland) von Dr. F. Kreutzwald im
«blande» 1852. Den von Neus genannten Schriften können noch hinzugefugt
werden Dr. J. W. L. von Luce «Wahrheit und Muthmassnng, Beytrag zur
ältesten Geschichte der Insel Oesel», A. W. Hupel «Topographische Nach-
richten von Lief- und Ehstland» Bd. II, J. H. Rosenplänter «Beiträge zur
genaueren Kenntniss der ehstnischen Sprache» Heft XI, Holzmayer «Osi-
liana» (Bd. VII Heft 2 der Verhh. der gel. estn. Gesellschaft in J)orpat).
Im Alterthum wurden die Mädchen geraubt, und auf der Insel Mohn
wird noch jetzt jährlich ein «tömbamize aeg» (Entfuhrungszeit) mit Trin-
ken gefeiert. Konnten die auf das Geschrei der Geraubten Nachsetzenden
sie nicht befreien, so blieb sie die Nacht mit dem Räuber zusammen und
durfte am anderen Morgen entscheiden, ob sie definitiv bei ihm zu bleiben,
oder in das Elternhaus zurück zu kehren vorzog.
Auch gegenwärtig geschieht die Freierei im Dunkeln, «damit es Nie-
mand merke», meist zur Zeit des Neumondes, an einem Dienstag, Donners-
tag oder Sonnabend. Ist der Antrag des Brautwerbers (nina-mös) ge- '
nehm, so zündet der Hausvater einen Kienspan an, weckt das Gesinde und
mit die Umworbene , welche einige Mal vor dem Brautwerber auf und ab
zu gehen sucht, um damit das Hausregiment zu erlangen. Bald nachher1)
erscheint er an einem eben solchen Tage ebenfalls am Abend wieder in
Begleitung des Bräutigams, mit einer Branntweinsflasche und Weissbrot.
Er muss irgend eine Geschichte erdichten und seinen Antrag in verblüm-
ter Weise vorbringen, als käme er um eine verlorene Kuh zu suchen u. d.
gl. Man nimmt ^e höflich auf, deckt den Tisch und die beiden Ankömm-
linge schicken sich an mit dem Branntwein zu bewirthen; die Annahme
bedeutet das Jawort. Der Bräutigam lässt der Braut Geld zum Pfände,
und sie giebt ihm eine Schurze und ein Tuch, womit das Geschäft abge-
flossen ist. Am nächsten Sonntag wird der Kirchgang gehalten. Die
j — i
1) Zum Theil beginnt die Freierei auch mit diesem «weiten Act
— 312 —
Braut sitzt mit dem Begleiter des Bräutigams (iza-mös, säe, saja-wa-
nem c Bräutigamsvater ») in dem einen Wagen, der Bräutigam mit der
Begleiterin (körwane) der Braut in dem zweiten, der Bruder der Braut
(oder dessen Stellvertreter, wenn sie keinen hat) beschliesst den Zug zu
Wagen oder zu Pferde; auf der Ruckfahrt sitzen Braut und Bräutigam zu-
sammen. Früher waren alle diese Personen beritten. Einige nehmen eia
Brot mit für die Kirchenbettler, Andere etwas Brotkrume, Schwefel und
Asa foetida gegen Verhexung. Alle haben Handschuhe an, und beim Wech-
seln der Ringe werden auch die Handschuhe gewechselt. Vor der Abfahrt
verabschiedet sich die Braut von ihren Eltern, und es werden einige Verse
gesungen. Bei der Rückkunft wünscht man den Zurückgebliebenen von
Seiten des Gotteswortes gute Gesundheit , die Braut schenkt dem « Bräoti- '
gamsvater» ein Paar Handschuhe, und dann wird bis zum Abend fröhlich
geschmaust, wobei in der Regel eine Biersuppe nicht fehlen darf. Davon
nimmt zuerst der Bräutigam einen Löffel voll , dann eben so die Braut mit
demselben Löffel, worauf sie ihn zu Boden wirft, und der Bräutigam mit
dem Fusse darauf tritt; zerbricht der Löffel nicht, so ist das eine Vorbe-
deutung davon, dass die Ehe nur kurze Zeit dauern wird. Gegen die Nacbt
beschenkt der Bräutigam die künftige Schwiegermutter und begiebt sich
nach Hause , oder er bleibt auch wohl zur Nacht mit der Braut auf dem
Bodenraum des Hauses und geht erst am Morgen fort, mit eben so viel
Brot beschenkt, wie er mitgebracht hatte.
Die Verlobungen sind gewöhnlich im Frühjahr, die Hochzeiten erst im
Herbst darauf. Zur Erntezeit holt der Bräutigam die Braut auf dem Pferde
hinter sich für einige Tage in sein Haus ab, damit sie ihm bei der Ernte
helfe, und er beobachten kopne, ob sie eine tüchtige Arbeiterin ist. In der
Zwischenzeit zvnschen Verlobung und Hochzeit bringt er ihr auch ein Pfund
zum Schnupfen zerriebenen und einige Pfund zum Rauchen zerschnittenen
Tabak. Die Braut macht sich dazu ein verziertes Hörn für den Schnupf-
tabak und einen hübschen Tabaksbeutel , um damit in den Dörfern umher
zu gehen und sich gezupfte Wolle zu erbetteln 1). Sie sucht sich dazu eine
1) Einige kommen auf dieser Wanderung von der Insel Mohn wohl auch
bis nach Dago.
— 313 —
vod dem Bräutigam bezahlte Gesellschafterin (kaza-naene, ©l-käjja), und
während sie selbst immer schweigend emsig strickt, wendet ihre Begleite-
rin alle Schmeichel- und Redekünste an, um die Leute zum Geben zu be-
wegen, auch wohl mit Gewalt von ihrem Tabak in die Nasen und Pfeifen
stopfend. Auf dem Festlande ist statt des Tabaks Branntwein gebräuchlich'
oder der kozija-kakk (Freierskuchen). Sie führt einen Sack mit sich
für die Wolle und andere Geschenke (Flachs, Zeug, Strumpfbänder, Hand-
schuhe) , und die künftige Schwiegermutter schenkt der Braut wohl auch
noch ein Pfund blaues Wollengarn. Zuletzt, im Herbst, kaufen Braut und
Bräutigam gemeinschaftlich den Brautstaat ein. Von der erbettelten Wolle
wird eine Decke gewebt und strickt die Braut die Geschenke, weiche sie
auf der Hochzeit an die Gäste von Seiten des Bräutigams vertheilt. Das
Bett muss der Bräutigam mit seinem Vater beschaffen und zwar ein recht
starkes, damit es nicht zerbricht bei der Probe, welche der Bruder 4er
Braut damit macht.
Nachdem die vorhandenen Brautpaare bei dem Prediger noch ein Exa-
men im Lesen und im Katechismus bestanden haben, werden sie an einem
Sonntage in der Kirche getraut, die Hochzeit im Hause ist bisweilen erst
mehr oder weniger Tage später, die Gäste dazu müssen aber schon vor
dem ersten Aufgebot geladen werden, besonders die Brautjungfer, welche
der Braut beim Stricken der Geschenke behülflich ist. Beim Brauen des
Hochzeitbieres wird mancherlei beobachtet. Wenn der Hopfen in den Kes-
sel gelegt wird, ruft der Hausvater «Qjtsa qeh!» (heisa he), damit das
Bier stark werde, und die dabei Beschäftigten haben rothe Handschuhe an.
Wird das Gekochte in den Bottich gegossen, so legt man drei glühende
Kohlen auf den Boden gegen Heierei, und Niemand darf dabei sprechen,
bis das Bier gärt. Kurz vor der Hochzeit wäscht die Braut das Hemd des
Bräutigams in dessen Hause.
Das Hochzeitfest beginnt schon in der Nacht mit dem Abholen der
Braut und des Brautkastens. Dazu geboren folgende Hauptpersonen und
Functionlre von Seiten des Bräutigams: 1) dieser selbst (pejg-mös), 2)
der «Bräutigamsvatert (saja-wanem, säe, iza-mSs), 3) die «Bräutigams-
mutter» (s&ja-na$ne), 4) der Marsehai (pe}u-pg£), 5) die Brautjungfer
(pmt-tüdruk, kOrwane, saja-nadu), 6) der Kastenfuhrer (kirstu-mös)
— 314 —
und 7) der Spielmano (piHi-mfts, mftnni-mdfi). Alle Theilnehmer an
dem Zage werden von dem Bräutigam mit Pissen versehen (Felktückchen
u. d. gl.). Etwa eine halbe Werst vor dem Gehöft, wo die Braut wohnt,
machen sie Halt, und zwei Berittene mit Degen an der Seite and Bier-
kannen in der Hand gehen als Späher voraus. Sie finden Alles verschlos-
sen und verbaricadirt, man jagt sie fort und schiesst mit Flinten hinter
ihnen her. Sie kommen aber wieder, und das dritte Mal lässt man sie ein,
worauf dann die Uebrigen folgen. Auch sie finden Anfangs Widerstand,
ihr Schiessen wird von dem Vater der Braut und ihren Gästen, welche die
Festung vertheidigen , erwiedert. Da die Ueberrumpelung somit nicht 'ge-
lungen ist, so legen sich jene auf's Bitten. Sie mochten nur eine Kuh
suchen oder sonst etwas, oder bitten als Fremde um ein Nachtlager. Man
entschuldigt sich mit Mangel an Raum und sucht sie durch allerlei Kreuz-
fragen zu verwirren. Nachdem unter mancherlei Scherz- und verblümten
Reden der grösste Theil der Nacht vergangen ist, erscheint endlich der
Hausvater mit einer grossen Kanne voll Bier, dem «Pass». Der kirstu-
mös (Kastenföhrer) , welcher die Verhandlung führte, lässt Alle davon
schmecken, und den Rest bekommen die Zuschauer. Nun ziehen die Frem-
den ein, die Braut begiebt sich auf den Hof unter die zuschauenden Mad-
eben und wird unter Wechselgesang mit diesen von der saja-naene (Brau*
tigamsmntter) hervor geholt. Die beiden mit Degen Bewaffneten (s. oben)
stellen sich , diese kreuzend , an die Thür, die Braut muss drei Mal unter
denselben durchlaufen und sich dann verstecken, während die saja-na$ne
jedem der Zuschauenden ein Stuck von dem Brautkuchen abschneidet.
Qie in ein mit Spangen befestigtes weisses Betttuch gehüllte Brautjungfer
wird von dem «Bräutigamsvater» an den Eingang geführt und begiebt sich
zu der Braut. Nach dem Morgenimbiss fährt man zur Trauung. Die saja-
na^ne steckt der Braut heimlich von allen Speisen etwas in die Tasche,
und auf der Rückkehr aus der Kirche isst sie davon etwas (leiba ja leiwa-
kOrwast Brot and Zubrot), dann wird sie während der Schwangerschaft
nicht von Uebelkeit geplagt werden. Beim Hineingeben in die Kirche hal-
ten sich Alle dicht an einander, eben so Braut und Bräutigam bei der
Trauung, damit nicht der Teufel oder bäse Menschen darwischen kommen.
Beide müssen vor dem Akare zugleich niederknien, wer es früher thot,
315 —
stirbt eher, eben so wer nach der Trauung zuerst einschläft. Wenn wäh-
rend der Trauung die Braut den linken Fuss auf den rechten des Bräuti-
gams oder beim Eintritt in's Haus den Fuss zuerst auf die Schwelle setzen
kann, so wird sie das Hausregiment fuhren. Beim Hinausgehen aus der
Kirche lässt sie ein unter der Achsel gehaltenes Stück Geld fallen gegen
Zauberei und böses Auge. Sie nimmt auch Brot mit in die Kirche, ver-
teilt es, nimmt den Rest nach Hause und giebt ihn dem Vieh, damit die
Ehe mit Brot gesegnet sei und das Vieh gedeihe. Mädchen, welche mit
ihrem Kleide in der Kirche an das der Braut streifen, sollen bald selbst
Bräute werden. Bei der Trauung sucht die Braut, während sie vor dem
Altare knien, den Rockschooss des Bräutigams unter ihr Knie zu bekom-
men, damit, wenn sie schwanger wird, die Belästigung dabei auf den
Mann falle. Wenn bei dem Ruckweg durch die Kirche Jemand zwischen
ihnen hindurch gebt, so werden sie uneinig leben.
Ist die Gesellschaft aus der Kirche zurück gekehrt, so wird wieder
gegessen. Bevor man sich zu Tische setzt, wird gesungen, und die saja-
naene bestreicht ein Stuck Brot mit Butter, giebt jedem der beiden Ver-
mählten die Hälfte davon und fugt dazu einige Ermahnungen zum einigen
Zusammenleben. Die Neuvermählten bekommen auch einen gemeinschaft-
lichen Napf voll Suppe zum Auslöffeln , und wer dabei die meisten Löffel
>oll genommen hat, wird den Anderen überleben. Diejenigen , welche ge-
gessen haben, räumen ihren Platz den später Gekommenen ein. Etwas
später gegen Abend kommt noch die Hauptmahlzeit, bei welcher eine
Fleischsuppe mit KlSsen, Kartoffeln und Erbsen die Hauptspeise bildet.
Männer und Weiber sitzen an verschiedenen Tischen, bei den Letzten aber
befindet sich auch der Marschal der Braut (sadik, Begleiter) und der
Führer des Brautkastens. Nach dieser zweiten Mahlzeit oder auch nach
der ersten wird der Braut die Haube1) aufgesetzt, entweder von ihrer
Matter oder von ihrem Marschal, mit den Worten: unusta und ja mft-
lesta mütsi (vergiss den Schlaf und denke an die* Haube). Vorher wird
1) Die Haube oder Mfitse ist das Wahrseichen der Frau, nur Mädchen
Sehen mit unbedecktem Kopfe, and wenn eines schwanger geworden ist, so wird
3hl ebenfalls die Haube aufgesetzt, aber von unten, bei den Frauen geschieht es
▼on oben.
316
die Haube ihr drei Mal unter den Füssen hindurch gezogen, oder sie
sie auch zwei Mal zu Boden und behält sie erst das dritte Mal auf dem
Kopfe. Auf dem Fesüande bekommt sie auch eine Schürze, und diess
wird wieder eine Veranlassung "zum Geldgeben; man ^agt: andke pöl-
lele auu (erweist der Schurze Ehre), oder pöllel on auk, andke pölle-
lappi (die Schurze hat ein Loch, gebt einen Schürzenlappen). Während der
Geremonie des Haubens sitzen Braut und Bräutigam auf Stuhlen, unter
welchen ein Badebesen und eine alte Kupfermünze liegen. Zum Mahle
wird die Braut, mit dem Tuche der saja-nadu (s. oben) verhüllt, von dem
saja-wanem gefuhrt, und sie wird unter diesem Tuche von der neben ihr
sitzenden Brautjungfer gespeist. Nach Beendigung des Mahles nimmt die
löme-mof (Suppenmutter), welche die Suppe gekocht hat, einen Gänse -
flöge!, wischt damit, nachdem die Speiserester abgeräumt sind, den Tisch,
die Gäste aber werfen, von ihr zum Geben ermahnt, unter allerlei gegen-
seitigen Witzworten Geld auf den Tisch, welches sie für ihre Bemühung
einstreicht. An dem hierauf folgenden Tanzen darf die Braut nicht Tbeil
nehmen, sonst würde es ihr bei der ersten Niederkunft schlecht gehen.
Die Tische werden wieder mit Speise besetzt, und wer will, isst davon.
Wenn die Zeit heran kommt, wo die Braut in das Haus des Bräutigams
gebracht werden soll, so steckt der Marschal des Bräutigams einen ihrer
Schuhe an seinen Degen und reicht ihn umher, damit man Geld für sie
hinein lege, und die Braut selbst hat dabei einen Stein unter den Füssen,
damit sie ein starkes Herz erlange, oder es geschieht diess auch am an-
deren Morgen durch den Marschal der Braut im Hause des jungen Ehe-
mannes. Nach dieser Geldsammlung wird sie an den Tisch geführt und
bekommt von dem saja-wanem ein Stuckchen Brot und einen kleinen
Teller mit Butter. Nachdem sie gegessen, wird der Teller zerbrochen, und
man wünscht, dass sie keinen grosseren Schaden haben möge als diesen.
Bevor sie der Marschal mit dem Degen in der Hand hinaus fuhrt, hat die
Braut einige Brotrinden zu sich gesteckt , auch von dem Ofen sich zärtlich
verabschiedet, damit das Gluck ihr aus dem Elternhause in die neue Hei-
math folge. Beim Hinausgehen erhält sie hinten einen Schlag mit einem
Siebe, und man wünscht ihr so viel Kinder, wie Löcher darin sind. Ihr
Marschal bekommt eine mit Bier gefüllte Kanne mit , wovon er unter We-
— 317 ±-
ges nichts verschütten darf, sonst wurde sie eine kinderlose Ehe führen.
Von dem Hochzeitspersonal von ihrer Seite folgen ihr nur ihr Marschal und
ihre Brautjungfer.
Der Brautkasten muss mit etwas Geld (kirstu-lunastus) erkauft wer-
den. Der Brautmarschal sitzt dabei mit einem Degen auf dem Kasten, und
der iza-mös fragt nach dem Preise, worauf die Antwort lautet: wl£ wa-
na, küi köwa, sada saksa-tälrit (fünf alte, sechs harte, hundert deut-
sche Thaler). Ist das Geld bezahlt, so zieht die Braut den Sohlüssel ab und
ubergiebt ihn dem Bräutigam, welcher erst das eine, dann das andere
Ende des Kastens aufhebt. Man legt auch ein Brot hinein, auch wohl But-
ter, Fleisch und eine Flasche Branntwein ; es hängt auch ein Gurt daraus
hervor, welcher nachher einem Armen geschenkt wird. Der kirstu-mös
(s. oben) spricht, indem er damit fort fährt: tflhjalt ma tulin, tflkki ma
wid, harw mina käin, augu ma jätan (leer kam ich, ein Stück bringe
ich fort, selten komme ich, ein Loch lasse ich zurück). Auf dem Festlande
wird der Kasten auch erst am folgenden Morgen nach gesandt und in der
Wohnung des Bräutigams nach einer scheinbaren Auction endlieh den Dor-
tigen überlassen. Die Braut nimmt nun weinend Abschied von den Eltern,
während die Gäste fröhlich singen , wird in ein Betttuch gehüllt und von
dem Bräutigam fort geführt, in dessen Haus die beiden Marschäle voraus-
geeilt sind, um das Bett zu prüfen, indem sie darauf springen1), und für
den Fall, dass es brechen sollte, wird noch eine Bank dazu in Reserve
gehalten. Bereitet wird das Lager von der saja-naene und dem peiu-
poi£, und der Letzte bleibt als Wächter dabei, damit keine Hexerei damit
vorgenommen werde. Wenn die Braut vom Schlitten oder Wagen gehoben
wird, so schüttet man ihr Hafer über den Kopf, damit die Hausthiere ge-
deihen, auf den iza-mös und die Pferde giesst man Bier, und die Braut
wird zum Brunnen gefuhrt, wo sie drei Eimer Wasser mit dem Fusse um-
stossen muss. Der pilTi-mäs oder pilTi-puhuja (Spielmann), welcher in
keinem Hochzeitszuge fehlen darf (s. oben), wirft an einigen Orten dem
Pferde des Bräutigams eine Kanne Bier entgegen, der löga-tOmbaja
(Krummholzzieher) nimmt ihm das Krummholz ab, und Beide bekommen
1) Anden wo that diess auch der Bräutigam selbst.
— 318 —
dafür ein Extragesehenk, eben so der, welcher der ia's Hans tretenden
Braut ein Tuch vor breitet. Die Braut muss unter Weges die Augen ge-
schlossen halten , damit keine Hexerei an ihr hafte , und sie darf in ihre
neue Heimath weder Nadeln noch Stricknadeln mit nehmen, sonst wurde
sie unter den Stichelreden der Hausgenossen zu leiden haben. Den Ginzug
hält sie, von dem Bräutigam geführt, durch die «Riege», denn von daher
soll alles Gluck kommen, von dem saja-wanem erwartet in Handschuhen
und mit einem Besen, welchen er vor die Pferde wirft. Voran schreitet
dem Paare der Brautmarschal , welcher mit dem Degen in der Thür ein
Kreuz schlägt und sich dann vor die OfenöDhung (kolde-müril) setzt,. um
zu verhindern, dass Jemand Feuer von dort nehme. Darauf setzt man sich
wieder an den Tisch, auf welchem zwei Lichte brennen, das eine für den
Bräutigam, das andere für die Braut, und man giebt Acht, wessen Liebt
zuerst aus brennt, denn derTbeil wird zuerst sterben. Bevor die Braut sich
nieder setzt, hat sie für sich allein in des Bräutigams Zimmer ausschliess-
lich Trockenes gegessen , und wird ihr von den Weibern unter Gesang
das Tuch abgenommen. Ueber Tische wird ihr ein kleiner Knabe (sflle-
poj£) in den Schooss geworfen. Nachdem noch getanzt worden, geht das
junge Paar zu Bette. Der saja-wanem nimmt mit dem Degen der Braut
ihren Schleier ab, und steckt den Degen dann in die Decke des Zimmers
zum Schutz gegen die bösen Geister. Der Bräutigam legt sich zuerst ins
Bett, die von den beiden Brautjungfern entkleidete Braut steht vor dem-
selben, bis der saja-wanem oder auch einer von den jungen Männern sie
hinein legt. Dann verlässt man das Paar, und es wird noch ein geistliches
Lied gesungen.
Am folgenden Morgen werden die Neuvermählten von den Weibern
mit Gesang geweckt, die saja-nadu bringt ihnen Wasser, und beim Ge-
sicht waschen besprengen sie sich gegenseitig, damit sie lange bei einander
leben und geduldig sein mögen. Während dessen suchen die Weiber im
Bette nach den kifjad (vgl. das Lexikon) oder, wie Andere sagen, nach
den kirbud (Flohen), und finden einige für sie dort zurück gelassene
kleine Münzen. Nach dem Waschen stösst die junge Frau (nOrik) mit
dem Fusse das Waschgeßss um , worin sich dann wieder etwas Geld fin-
det für die Magd; gelingt ihr das eher, als es der Ehegatte tbut, so wird
— 319 —
sie das Hausregiment fahren. Aehnlfeh ist nachher beim Essen die Probe,
wer von Beiden am schnellsten ein zwischen sie gelegtes Stück Brot zer-
kaut. Wenn es zum Essen geht, so bindet die saja-naene jedem der
beiden Marschale ein Paar Handschuhe an den Degen, and der peiu-poi£
fuhrt die junge Frau zum Tische an die Seite des Mannes, und beide essen
mit demselben Löffel. In Mohn gebt noch vorher das Aufsetzen der Wei-
bermätze. Ein älteres Weib geht voran mit dem Schleiertuche und der
Motze auf einer Stange und singt, unter dem Vordache hindurch schrei-
tend: öde wöi madalakene, nüd on oju sulla olnud, mis sull enne
mitte 'p olnud. Enne so katus kadugu, enne se rästas r&paku,
enne majad mandugu, knd säd üeste ojule, tejsta korda nSrikuks
(Schwester kleine, nun hast du den Schleier gehabt, den du früher nicht
gehabt hattest. Eher mag diess Dach schwinden, eher dieser Dachrand
vermodern, eher mögen die Gebäude untergeben , als du von Neuem zum
Schleier gelangst, zum zweiten Male eine junge Frau wirst). Darauf setzt
sie der jungen Frau die Mutze auf, schlägt sie mit wechselnden Händen
auf beide Ohren und spricht : pea tanu pfts , ä jätak mehe kttfje alla
mitte (behalte die Mutze auf dem Kopf, lass sie nicht unter der Seite des
Mannes).
Nach dem Morgenimbiss beginnen die Verbandlungen über die Ge-
schenke der jungen Frau zwischen dem Männer- und Weibertisch des
vorigen Tages (s. oben). Der Kastenführer, welcher dazu ein guter köle-
m£s (Zungenmann) sein muss, ist dabei, von einigen witzigen Weibern
unterstützt, der Hauptspassmacher. Nach dem Mittagessen begiebt sich die
Gesellschaft in die «Klete» (Vorratbshaus), wo der Brautkasten sich befin-
det und in diesem die Gaben. Bevor der Kasten geöffnet wird, springt ein
Barsch drei Mal auf den Deckel, und die Weiber singen einen ermahnen-
den Gesang. Bei der Verkeilung der Gaben hat der sädik od. prüdi
wend (Brautmarscbal od. Bruder der Braut) die Hauptrolle. Nach man-
cherlei Scherzen und Hin- und Herreden giebt er «den Pass zu lesen»,
d. h. er zieht aus defti Busen einen Teller, auf dessen Boden das Wort
«raha» (Geld) geschrieben steht, und Jeder wird so lange wiederholent-
lich angegangen Geld darauf zu legen , bis nichts mehr zu erlangen ist.
Darauf werden nun die Geschenke vertheilt mit scherzhaften Entschuldi-
— 820 —
gongen, dass sie nicht besser ausgefallen sind. Der Brautmarschal ober-
reicht an der Spitze des Degens Jedem das für ihn bestimmte, zuerst der
Hausherrschalt, darauf den Uebrigen, auch dem 8file-poiä (Schoossknaben,
s. oben), Strümpfe, Handschuhe, Gürtel, Strumpfbänder. Für jede Gabe
muss wieder gezahlt werden, der Marschal schlägt mit dem Degen auf den
Tisch und fordert «der Schwester Fingergeld», und der Aufgerufene giebt
etwas Kupfergeld. Anders wo findet das Entrichten des Geldes, wozu dann
mit einer Glocke zusammen geklingelt wird, etwass später Statt, nachdem
die junge Frau von der Schwiegermutter in den Gebäuden umher gefuhrt
worden. Geht der Gaben vorratb zu Ende, bevor Alle beschenkt sind, so
kommt ein Mann , scbliesst den Kasten und verbietet ein weiteres Schen-
ken, «um der jungen Frau die Schande zu ersparen». Nach dem waka-
tatitsimine (Brautkastentanze), wie man die Gaben vertheilung nennt, wird
die junge Frau zwischen saja-wanem und saja-naene gesetzt, und es
kommt das tanu-näjtamine (Zeigen der Haube), d. h. die junge Frau
hat die Haube flach auf dem Kopfe und ein Tuch darüber, der saja-wa-
nem ruft den jungen Ehemann «nört küd wStama» (den Neumond zu
sehen), und er oder die saja-naene lüftet das Tuch ein Wenig, so dass
der Rand der Haube zu sehen ist , und die junge Frau hält dabei mit der
anderen Hand ein Tuch vor den Augen wegen der mancherlei , auch ob-
scönen Spässe, die dabei zum Besten gegeben werden. Den übrigen Män-
nern wird jedem nach seiner Beschäftigung scherzweise eine gute Lehre
gegeben, wofür er nicht nur zu danken, sondern auch wieder Geld zu ent-
richten hat auf einen Teller, welcher auf dem Tische steht. Der Schwie-
gervater fuhrt die Schwiegertochter in die Riege und schenkt ihr einen
Ochsen oder eine Kuh, und sie bindet dem Thier ein Paar Handschuhe an
die Hörner für den Schenker. Anders wo wird sie von den beiden Schwie-
gereltern in die Viehburg geführt, wo man ihr alles Vieh zeigt, und sie
sucht dabei zu entlaufen; gelingt es ihr, so muss ein Pferd angespannt
werden um sie zurück zu bringen, was grosses Gelächter erregt.
Hierauf wird der Kehraus getanzt (pulmad kitki tantsima). Zuerst
tanzt Einer mit der jungen Frau allein, wofür er ein Paar Handschuhe be-
kommt, ein Anderer zieht ihr das Kamisol (waramus) aus, wobei Bänder
oder Handschuhe, auch wohl Geld, heraus fallen , was er zum Lohn be-
— 321 —
kommt.. Jeder Tänzer muss wieder etwas Geld zahlen, welches die Braut-
jungfer mit einem Teller einsammelt, und ausserdem muss noch auf die
Stelle der jungen Frau Geld gelegt werden ; wer nicht will, wird mit Ge-
walt dahin geschleppt. Anders wo hat man noch andere Mittel Geld her-
aus zu pressen. Die Neuvermählte und ihr Marscbal fegen die Stube, die
Gäste werfen scherzend immer wieder Spreu auf den Boden und etwas
Geld dazu; dann werden sie zur Reinigung vom Staube gebadet, d. h.
Einer nach dem Anderen steigt auf den Ofen , wo er aus einer Kanne
einen Schluck Bier und mit einem trockenen Badebesen einige Schläge
empfängt und dafür in einen Eimer voll Wasser etwas Kupfergeld wirft.
Ausser allen diesen Zahlungen, die freilich immer nur in einer Kleinigkeit
besteben, fordert der Brautmarschal wohl noch ein besonderes Hochzeitge-
schenk, wiederum etwas Geld oder auch ein einstweilen nur versproche-
nes kleines Hausthier.
Sind die Gäste fort gegangen, so schneidet die junge Frau noch von
dem Brote in ihrem Brautkasten (s. oben) jedem Gesindegliede ihres neuen
Hausstandes ein Stuck ab, damit sie Alle in gutem Einvernehmen bleiben.
Am folgenden Morgen futtert sie selbst die Hausthiere und legt einige von
ihren gestrickten Geschenken für die Schwiegermutter auf das Futter.
Ebeo so beschenkt sie auch die Dienerschaft bei der erstmaligen Arbeit
derselben, und dann bringt ihr die Schwiegermutter alle zerrissenen Hosen
im Hause , welche sie flicken muss. Bisweilen kommen die Gäste auch
noch diesen Tag wieder hin und den folgenden, und es wird dann wieder
geschmaust und getanzt.
Alle die genannten Gebräuche kommen natürlich auch in dem hier
besonders in's Auge gefassten Theil des Landes, den grossen Inseln, nicht
auf jeder Hochzeit sämmtlich vor, sondern es fehlt auch ein Mal der eine,
ein anderes Mal der andere, und es kam hier nur darauf an ein umfassen-
des Gesammtbild zu geben. Dagegen hat auch wieder manche Gegend
etwas ganz Besonderes, das den anderen fremd ist. Dahin gehört z. B.
die wunderliche Geremonie in Mohn , dass der Brautmarschal den singen-
den Weibern einen Priapus (munÄ) überreicht, welcher aus einer Mohr-
rübe (Burkane) mit zwei daran gebundenen kleinen Aepfeln besteht. Sie
lehnen die Gabe ab und singen :
21
322
AitOmal, n@u wenda,
Neju wenda, nejtsi wenda,
Aitümal, ajikübara,
Mulle munni andamasta.
Ma 'p ole muntii tejlt palunud,
So olga sinu omale,
Olgu soll püksiß pörmizeks,
Lapi lahti wötmizeks;
Ehk wl ta labi Lihnla
Ehk wl ta taha Tallina,
Sil on neiud nende näfjas,
Anna säl n^stel naela kappa,
Tüdrikutel tükf kaupa,
Poistel näjta kopiku est
Seda kail sala hojtud möst.
Schönen Dank, Bruder der Braut,
Bruder der Braut, Bruder der Jung-
frau,
schönen Dank, Ehrenhut,
dass du mir den Priapus giebst.
Ich habe euch nicht um den Priapus
gebeten,
mag er dein eigen sein,
mag er dir in der Hose sein zum
-Drehen,
zum Oeffnen des Hosenlatzes;
oder bring ihn durch Leal,
oder bring ihn hinter Reval,
dort haben die Mädchen Verlangen
darnach,
gieb dort den Weibern pfundweise,
den Mädchen stuck weise,
den Burschen zeige für eine Kopeke
diesen wohl heimlich gehaltenen Mann.
Eben dort findet auch etwa eine Woche nach der Freierei das Läget-
fest (lähkri- od. topa-jOm) Statt. Die Eltern der Braut bitten ihre Ver-
wandten zusammen an einem Sonnabend- oder Sonntagabend, damit sie
Geschenke bringen für die Gabenvertheilung auf der Hochzeit. In der
Nacht kommt auch der Bräutigam mit einigen Männern und Geschenken
an Bier, Branntwein, Brot u. d. gl. Nachdem zuerst der iza-mös hinein
gegangen ist um Einlass zu bitten, treten auch die Anderen ein, und der
Bräutigam übergiebt seine mitgebrachten Gaben der Hausmutter. Er zieht
den Zapfen aus dem Biergefässe, füllt eine Kanne und stösst dann schnell
den Zapfen wieder ein, jedoch so, dass er nicht knarrt, sonst wird er wei-
nerliche Kinder haben. Die Braut trinkt zuerst und giebt dann den fiebri-
gen zu kosten. Darauf schneidet er vom l&hkre-kakk (Lägelbrot) ein
Stückeben, beisst die Hälfte davon ab und giebt die andere der Braut.
Hierauf wird das Brot zertbeilt und die Braut vertheilt es. es darf aber
— 323 —
nicht das zuerst abgeschnittene Stuck ein grosses sein, sonst werden die
Kinder grossmaulig. Dann gebt es zu Tische , wo ein Kronleuchter bangt,
bisweilen mit vier und zwanzig Lichten. Zum Schlafen wird dem Bräuti-
gam eine gute Stätte bereitet, wo er auch die Braut schon vor findet. Hat
diese vielleicht vorher einem Anderen einen Korb gegeben, so sucht man
sie jetzt zu rauben , und das Brautpaar befindet sich an einem wohl ver-
wahrten Orte auf dem Bodenraum des Hauses. Gelingt es dennoch, so
wird der Bräutigam geprügelt, und mit der Braut wird allerlei derber
Spass getrieben. Am anderen Morgen ist Musik und Tanz, und um zehn
Uhr etwa begiebt sich der Bräutigam mit seiner Gesellschaft nach Hause,
wo noch manche Lust getrieben wird. Beim Weggehen werden seine Be-
gleiter beschenkt, und sie ihrer Seits zahlen reichlich dafür.
Zum Theil ist es gebräuchlich, dass die junge Frau bald nach der
Hochzeit auf eine Woche wieder in's Haus der Eltern zurück kommt (höi-
mule tulema od. kodu-tütreks tulema), um ihnen Dienste zu leisten.
Es ist in dem Vorstehenden mehrmals des Singens erwähnt. Das Ge-
sungene ist dreierlei. Einmal sind es geistliche Lieder, welche wie die
Gebete zur geistlichen Weihe des Festes gehören und entweder aus dem
Gesangbuche oder auswendig gesungen werden; dann sind es ebenfalls
wohl Verse von Gesangbuchsliedern , welche aber gewissermaassen paro-
distisch auf die vorhandene Situation angewendet werden, worin die ernster
Gesinnten aber einen Missbrauch des Gotteswortes sehen. Dahin gehören:
JE 180 V. 8 k$k, keda kogund enesele, nejd wöta Cnnistada, ja
anna, mis neil püdub wöl etc. (Alle, die du zu dir gesammelt hast,
wolle segnen, und gieb, was ihnen noch fehlt), wenn die Geschenke zum
Vertheilen gebracht werden, — JE 333 V. 4 jätke rahule, arge kü-
zige (lasset in Ruhe, fraget nicht), von der saja-naene gesungen, wenn
alle Gaben vertheilt sind, — JE 160 V. 7 nl ehitakse honet salaja
seal talle prödil' elama, ja sinna sisse pejgu kutsutakse, seal oma
prüti armsaks pidama (so wird heimlich das Haus geschmückt der
Braut des Lammes dort zu wohnen , und da»wird der Bräutigam hineinge-
raten die Braut dort zu lieben), wenn das junge Paar in die Brautkammer
gegangen ist, — JE 179 V. 6 oh löge kannelt mängijad laul-
gem, tehkem römustamist, auustamist kozijale (o schlaget die Harfe,
21*
324
Spielleute, .... lasst uns singen, Freude und Ehre machen dem Freier),
wenn es nach dem Hochzeitmahle zum Tanze geht. Endlich noch drittens
sind es weltliche Lieder, zum Theil von besonders dazu bestellten Weibern
•(käzikud) gesungen, in so fern es nicht Wechselgesänge bestimmter Per-
sonen sind. Der Inhalt dieser Gesänge ist im Allgemeinen freilich schon
immer gegeben durch die Situation und das Stadium des Festes, doch wird
dabei auch viel improvisirt, und durch solche, spätere, allmählich stereotyp
gewordene Improvisationen mag vielleicht der neben der Alliteration häufig
vorkommende Reim hineingebracht sein. Neus hat (a. a. 0. S. 273 ff.)
solche Hochzeitgesänge gegeben und vorher bemerkt, dass im Westen des
Landes dieses Singen schwinde. Es wird daher vielleicht von Interesse
sein, wenn ich hier auch aus dem äussersten Westen, von den Inseln Dago
und Oesel, einige Proben gebe.
Wenn die saja-naene nach der Ankunft des Bräutigams die Braut
suchen geht, welche sich draussen unter den Zuschauern (pulma-wäta-
jad) versteckt hat (s. oben), so singt sie :
Ärest ma wötan öjgemajd,
Seast ma wötan sirgemjud,
Wahelt ma wötan walgemaid,
Keskelt köjge kenamajd.
Wenn sie die Braut gefunden
Ära ma pölgan pftnderikud,
Jälle ma ja tan jänderikud,
So muH' süfitiib sfilese,
So muH' mahub majase,
So teeb tSd kui tihane,
Näeb waewa kui warblane,
Seilei padj'ad pönikezed,
Sellel linad löuendized, •
Sellel tekid tikitud,
Sellel9 annan kenad kambrid,
Senna sisse sldi-sänni,
Vom Rande nehme ich Geradere,
aus dem Haufen nehme ich Schlankere,
dazwischen her nehme ich Weissere,
aus der Mitte die Allerschönsten.
hat:
Ich verschmähe die Knirpse,
lasse zurück die Verwachsenen,
diese passt mir auf den Schooss,
diese passt mir in 's Haus,
diese arbeitet wie eine Meise,
mäht sich wie ein Sperling,
diese hat feine Kissen,
diese leinene Betttücher,
diese gesteppte Decken.
Dieser gebe ich die schönen Kammern,
da hinein ein Seidenbett,
325
Sellel' annan priske peja,
So mall' armas ajnus neidu.
Die Zuschauerinnen:
Ilus nejdu n&u polest,
Kena Kadri keha polest,
Kas sa töad ta kombetest?
Ehk ta wlzid wina-püs,
Kombed körtsu kamberis
Ehk ta elab hOra-elu,
Peab pordu-pölwe pidu.
Die Brautmutter:
Mis sa sitt seal sorised,
Pori-kärbes porised?
Warese-warbad silma nurgas,
Haraka-händ on hiuste tukas,
Oled kollane kui köfja,
Ükski pea sOga nafja,
Oled lödi m kui llwa,
Oled musta ni kui mulda,
Wana-kännu-kar waline ,
Pea siku-sarweline.
Kes sin pakub su öst kulda?
Ehk sa lähed enne mulda.
Die Zuschauerinnen:
To mulle kirstust kiätiitust,
Käne alt ka kannatust,
dieser gebe ich den wackeren Bräu-
tigam,
diese ist die einzige mir liebe Jung-
frau.
Schön ist die Jungfrau von Angesicht,
hübsch die Katharine von Korper,
weisst du aber auch von ihren Sitten?
Vielleicht ist ihre Weise am Wein-
stock,
* ihre Sitten in der Schenke Kammer,
vielleicht lebt sie ein Unzuchtleben,
fuhrt ein Leben im Hurenstande. .
Was zischelst du Dreck dort,
was summst du Kothfliege?
Runzeln hast du an der Ecke des
• Auges,
einen Elsternschwanz im Schopf der
Haare,
bist gelb wie eine Leiche,
Niemand scherzt mit dir,
bist gelblich wie Sand,
bist schwarz wie Erde,
von der Farbe eines alten Baum-
stumpfs,
der Kopf bockshornig.
Wer hier bietet Gold für dich?
Gehst wohl eher in die Erde.
Bring mir aus dem Kasten Stärkung,
unter dem Deckel her Ausdauer,
326
Tee mu sü sölaseks,
Süda sülla rSmsamaks.
MbH on kurwastuze-päewad,
Seda köik mu öed näewad,
Ölen nl kui üksik lind,
Kedagi ei türme mind,
'P ole muH sänni-sädijat,
'P ole muH padja-pörajat,
'P ole muH lina-lautajat,
Teki-peale-panijat.
Pöran kttfje, leian külma,
PÖran seQa, lejan sejna,
Pöran köhu, leian pöhu,
'P ole lejda ial ihu.
Die Brautmutter:
Ära nenda liast' lejna,
Ehk su sängi tödud tejne
Ehk sänd wlmaks wana leze.
Küll se täidab sinu tnska,
Ees sind wötab süle siase,
Ehk ta wlb sind oma sängi,
Kall ta seal teeb sulle mängi,
Et sad tite tTwa alla,
Äbariku hölma alla,
Sls on sinu urore lg|nud,
Mis sali' nfid wöl waewa te|-
nud.
mache den Mund mir safeig,
das Herz um einen Klafter fröhlicher.
Ich habe Trauertage,
das sehen alle meine Schwestern,
bin so wie ein einsamer Vogel,
Niemand kennt mich,
habe keinen Bettbereiter,
habe keinen Kissenwender,
habe Keinen, welcher das Betttuch
ausbreitet,
die Decke auflegt.
Wende ich die Seite, finde ich Kälte,
wende ich den Rücken, finde ich die
Wand,
wende ich den Bauch, finde ich die
Streu,
niemals ist ein Leib zu finden.
Trauere nicht so gar zu sehr,
vielleicht ist in dein Bett gebracht
ein Anderer,
vielleicht hast du endlich einen alten
Wittwer bekommen.
Der wird schon dein Verlangen stillen,
der dich in den Arm nimmt,
oder er bringt dich in sein Bett,
dort wird er schon mit dir spielen,
dass du ein Kindchen bekommst un-
ter den Flügel,
einen Spätling unter den Schooss,
dann ist deine Sorge vergangen,
welche dich jetzt noch gequält bat.
327
Wenn der Bräutigam mit seinem Gefolge eingezogen ist, so singen
die Weiber unter den Gästen der Braut:
Meil oli Ques kofmi wahti,
Üks oli hOlas ukse- wahti,
Teine oli wirku wärawa-wahti,
Kolmas oli tarka pöllu wahti;
La&sid saja salaja tulla.
Neidu läks kaewust wetta
töma,
Wöttis kuldsed körendida,
Höbedazed ämbrikezed.
Ta küln'd peiu pilTi h^ale,
Heitand höbe-ämbrikezed,
Ja ned kuldsed kogukezed.
PSzas oli pöllale pageda,
Wäraw oli wäljale walada,
S§al olid huizud Ctamajes.
Saja läind mureldes Mahuse,
Üle wette Hiu-m&le,
Taha wette Tartu-mäle.
Hlu-mäl eile n&htud,
Pernu-jöel pesnud paleta,
Sak- (Saksa-?) mal oli saunas
käjnud.
Km tabate taga ajada,
Pange sls lakid laewadeks,
Pölled pange pufjudeks,
Wir hatten im Hofe drei Wächter,
einer war der sorgsame Thürwächter,
der andere der aufmerksame Thor-
wächter,
der dritte wjr der kluge Feldwächter ;
Liessen den Hochzeitzug heimlich
kommen.
Die Jungfrau ging aus dem Brunnen
Wasser holen,
nahm. die goldenen Stangen,
die silbernen Eimerchen.
Sie horte den Klang von des Bräuti-
gams Sackpfeife,
warf hin die Silbereimerchen, *
und jene goldenen Tragestangen.
Ein Gesträuch .war da auf's Feld zu
fliehen,
eine Pforte war da hinaus zu schlupfen,
da warteten die Böte.
Der Hochzeitzug ging voll Sorge nach
Mohn,
über die Wasser nach Dago,
hinter die Wasser nach Dorpatland.
In Dago war sie gestern gesehen,
im Pernäuflusse hatte sie das Gesicht
gewaschen,
in Sackland (Deutschland?) die Bad-
stube besucht.
Wenn ihr sie verfolgen wollt»
so nehmt die Hute zu Schiffen,
die Schürzen nehmt zu Segeln,
— 328
Pölle-p^lad köieteks.
*
Pange sörmed söudamaje,
Käzi-warred wafpimaje.
Das Bräutigamsgefolge:
Mis te muidu kl tele te,
Oma aega wltelete!
Neidu 'p ole kuzagile Hunnd,
Neidu hoitse hönetesa,
Saa tammide tagasa,
Wlna-wätide wilusa,
Ölle-nöude otsa alla.
Sla mu wend on wTna tönud,
r
Kaela-rahad ja kinkinud,
Ta mälind näu pifdi peale,
Pistnud pildi pöuedese.
die Schürzenbänder in Seilee.
Stellt die Finger an zum Rudern,
die Arme zum bugsiren.
Was prahlt ihr ohne Grund,
was verweilet ihr eure Zeit!
Die Jungfrau ist nirgends bin gegangen,
die Jungfrau wird in den Häusern
gebalten,
hinter hundert Dämmen,
im Schatten der Branntweinßsser,
unter den Enden der Bierge fasse.
Hieher hat mein Bruder den Brannt-
wein gebracht,
die Halsmünzen schon geschenkt,
er hat das Gesicht in ein Bild gemalt,
das Bild in den Busen gesteckt.
Wenn der Hochzeilzug sich zu Tische gesetzt hat:
1. Sae-wanem, sldi-säfki,
Sldi-säfki, kulda-kübe,
Höbe-mantelid madalad!
Eui tulid täna kodunta,
Ktü walus kojdu kumulta,
Kas töjd kannu kaenalasa?
Me oleme jflmale jänunud.
1. Bräutigamsvater, Seidenhemd,
Seidenhemd, Goldrock,
niedrige Silbermäntel!
Als du heute von Hause kamst,
da es hell war vom Schimmer der
Morgenröthe,
brachtest du eine Kanne unter dem
Arme?
wir sind durstig nach Trinken.
2. Aitümal jOa andamasta, 2. Habe Dank, dass du zu trinken
gegeben,
Kannu kapgelt kandamasta! die Kanne von Weitem gebracht hast!
329 —
Me 'p ole jömale j&nnnud,
Ölut me Jörne, teist me teeme,
Kolmas meil kärib kelderis.
Sae-wanem, sldi-säfki,
Sldi-säfki, kulda-kübe,
Höbe-mantelid m adalad!
Kai tulid tftna kodnnta,
Peju pätsu p^a-walula,
Kas tö|d kaku kaenalasa?
Me oleme sSmile izunnd.
Wir sind nicht durstig nach Trinken,
Bier trinken wir, anderes machen wir,
ein drittes gärt uns im Keller.
Bräutigamsvater, Seidenhemd,
Seidenhemd, Goldrock,
niedrige Silbermäntel!
Als da heute von Hause kamst,
bei Kopfschmerz des Füllens des Bräu-
tigams,
brachtest du ein Brot unter dem Arme?
wir sind hungrig nach Essen.
3. Aitümal, sae-wanemikene,
AitOmal kakku andamasta!
Me 'p ole sömile izunnd,
Ize me lejbade tegijad,
Ize me kakknde kandajad,
Ommarguste höritajad.
Sae-wanem, sldi-säfki,
Sldi-sfifki, kuld-kübe,
Höbe-mantelid madalad!
Kas töjd pakki Paide linnast?
Plbu-pakki me palume,
Nina-nüsku me nurume.
3. Habe Dank, Bräutigamsväterchen,
habe Dank, dass du das Brot gege-
ben hast!
Wir sind nicht hungrig nach Essen,
selbst sind wir Verfertiger von Broten,
selbst sind wir Träger der Laibe,
Dreher der runden.
Bräutigamsvater, Seidenhemd,
Seidenhemd, Goldrock,
niedrige Silbermäntel!
Brachtest du Tabak aus Weissenstein?
Pfeifentabak bitten wir,
auf Schnupftabak dringen wir.
4. Aitttmal pakki andamasta,
Pakk maksab palju rahada!
Kas t$d ratsula rafcada,
Kimblila ktffingida,
Wezi-harTil weringid?
Ega ma lanla rahata,
4. Habe Dank, dass du Tabak gege-
ben hast,
der Tabak kostet viel Geld 1
Hast du zu Pferde Geld gebracht,
mit dem Schimmel Schillinge,
mit dem Wassergrauen Ferdinge?
Ich werde doch nicht singen ohne Geld,
330
Kelt ei peksa kiffingita!
Eppik sä kulutamine,
KilTihg köle peksamine.
die Zunge bewegen ohne Sehillingl
eine Kopeke das Verschleissen des
Mondes,
ein Schilling das Bewegen der Zange.
5. Aitfimal, sae-wanemikene,
Raha kaugelt kandamasta!
Kui tulid täne kodunta,
Batas jöksis rabada,
Pöwad pSfsid penöingida,
Rünad jöksid roblasida.
Kflla sali noppis kiffingida,
Pere sull noppis pefiningida,
Oma prüf noppis rublasida.
S. Habe Dank, BräutigamsvätercheD,
dass da von Weitem das Geld gebracht
hast!
Als da heute von Hause kamst,
lief das Rad Geld,
drehten die Felgen Pfennige,
liefen die Wallache Rubel.
Das Dorf pflockte dir Schillinge,
das Gesinde pflückte dir Pfennige,
die eigene Braut pflückte Rnbel.
IX. Haushalt
a) Regell ni Gebriiche 1).
Wenn der ungebildete Ebste bei Vornahme seiner ländlichen Arbeiten
auf Feld und Wiese, im Walde and Hofe auf feuchtes oder trockenes, kal-
tes oder warmes Wetter siebt , so befindet er sich dabei auch mit dem
rationellen Landwirthe wohl in Uebereinstimmung, weil da der Zusammen-
hang der Folgen mit dem Vorhergegangenen leicht in die Augen springt.
Er thut aber ausserdem auch noch vieles Andere, wobei der Gebildete an
einen solchen Zusammenhang nicht glauben mag, und was man daher
vielleicht zum Abschnitt XVIII stellen mochte. Manches ist auch wirklich
dahin gestellt worden , Anderes gründet sich indessen in der Anschauung
des einfachen , immer in der freien Natur lebenden Landmannes auf —
wenn auch zum Theil wohl nur vermeintliche — Erfahrung, und ist in so
1) Manches hieber Gehörige steht auch, in so fern es sich an bestimmte
Tage im Jahre knüpft, in Abschnitt XI.
— 331 —
fern doch nicht mit den in ganz dunkelem und unbestimmtem Aberglauben
erwarteten Wirkungen zusammen zu werfen. Eine bestimmte Grenze hier
zu ziehen, wird freilich nicht möglich sein. Das Gute oder Schlimme, das
ihn selbst oder einen Andern getroffen hat, wenn er gewisse Arbeiten bei
diesen oder jenen Luft- und Bodenzuständen, bei diesen oder jenen gleich-
zeitigen Vorgängen in der Natur unternahm, hat er sich gemerkt, und er
sacht einfach die gemachte Erfahrung zu verwerten, wenn er auch nicht
Rechenschaft zu geben weiss über den Zusammenhang zwischen den Ur-
sachen und den erwarteten Folgen. Die Landleute machen es auch in an-
deren Ländern ja vielfach eben so. Hieher gehört besonders das Beachten
des Mondlichtes und der Windrichtung, aber auch noch Anderes.
Der beim Hausbau gebrauchte Lehm wird bei altem Mondlicht ge-
bracht, damit nicht Heimchen in's Haus kommen; vielleicht wirkt hierbei
auch noch der Glaube , dass das Heimchen nichts weiter sei als die in's
Haas geschlüpfte Feldgrille. — Ein Dach muss bei altem, ein Zaun da-
gegen bei neuem Licht gemacht werden, wenn sie dauerhaft sein und
oicht bald faulen sollen. — Zu Nutzholz wird Nadelholz bei neuem, Laub-
holz bei altem Licht gefallt. — Zu einer Pflugschar muss das Holz bei
allem Licht gefällt und verarbeitet werden, damit es nicht zu schnell ein-
trocknet und wackelig wird. — Das Abhauen von Gesträuch, dem ge-
wöhnlichen Heizmaterial, nimmt man bei neuem Lichte vor, weil dann
alles Abgehauene und Abgeschnittene (auch Haare und Nägel) schneller
wieder nachwächst und ersetzt wird. — Das Eisen zu einer Sense wird
bei neuem Lichte geschmiedet, weil dann ebenfalls das Gras gut wieder
nach wächst, eben so das Pur die Schar des Saatpfluges, damit das Gesäete
gut wachse; soll dagegen der Pflug zum Aufpflügen eines Brachfeldes
dienen, so wird das Schareisen bei altem Lichte geschmiedet, damit das
Feld nicht zu stark wieder vergrase. — Kälber werden, so wie Kinder,
bei altem Licht entwöhnt. — Junge Pferde werden bei neuem, alte Pferde
bei altem Licht beschlagen, damit die Hufeisen länger haften. — Das
Sehlachten der Thiere geschieht bei neuem Licht. — Flachs darf nicht
gesäet werden bei neuem Licht , oder wenn Sonne und Mond zugleich am
Himmel sichtbar sind. — Wurzelgemüse säet man hei altem, anderes Ge-
müse bei neuem Licht; Andere meinen, dass bei neuem Licht gesäete
— 332 —
Erbsen wohl stark blühen, aber wenig Korner ansetzen. — Die Dünger-
fuhr muss bei neuem Licht vorgenommen werden, Andere halten jedoch
die Zeit des alten Lichtes Pur die geeignetere. — Mehl und Grütze, welche
zum Aufbewahren bestimmt sind, werden bei altem Lichte gemahlen, da-
mit nicht Milben hinein kommen. — Das Freien geschieht zwar am besten
zur Zeit des Neumondes (vgl. VIII), das Heirathen aber bei altem Lieht,
damit nicht die Ehe kinderlos bleibe. — Lichte macht man zur Zeit des
Vollmondes, damit sie recht hell brennen. — Eben so ist bei Vollmond
auch die beste Zeit für die Saat von allerlei Getreide.
Das Schlachten nimmt man gern bei Sud- oder Westwinden vor. —
Gegen den Wind, welcher am Matthiastage (24. Februar) geweht hat,
säet man wohl Flachs, aber nicht Gerste oder Weizen; für die Flachssaat
wird auch der Nordwind als günstig angesehen, aber nicht für die Saat
von Hülsenfrüchten. Gemüse soll man nicht bei Nordwind säen, weil es
dann beim Kochen hart bleibt.
Zur Ausfuhr des Düngers wählt man einen Tag, wo milder Wind
weht, weil bei Nordwinde ausgeführter nicht so leicht verrotten soll.
Den Schweinen streut man Spiessglanz auf das Futter, damit sie feU
werden, macht ihnen das Futter mit der Hand zurecht, «weil das Schweine-
fleisch, welches gegessen wird, ja doch auch in die Hand genommen wird».
Von den Frühlingsarbeiten gilt der Spruch : ktinla-päewast seitse
seuse, kaheksa kafja, kümme kündi, flks tejst kümmend Jürgi
(von Lichtmess sind sieben, sc. Wochen, bis zum Schweinehüten, acht bis
zur Viehhütung , zehn bis zum Pflügen , elf bis St. Georg) , doch mochten
in gewöhnlichen Jahren die Termine, bis auf den letzten, wohl etwas spa-
ter fallen , denn in der Regel gilt wohl z. B. der St. Georgstag als der,
wo die Herde zum ersten Mal auf die Weide getrieben wird.
Getreide , das gesäet werden soll , probirt man zuvor im Wasser, um
seine Keimkraft zu ermessen. Nehmen alle Körner eine senkrechte Stel-
lung an, so werden sie gut keimen, stellen sie sich schräg, so werden sie
kümmerlich keimem, bleiben sie horizontal, gar nicht.
Bei Regenwetter darf man nicht säen, weil dann auch das Unkraut
im Getreide gedeihen würde.
i
L ,
— 333 —
Dichte Saat hält man für schädlich , dünne soll dem Wachsen förder-
lich sein.
Wenn im Frühjahr der Mistkäfer Milben — der Ebste hält sie für
die Jungen — am Yordertheil des Körpers hat, oder wenn der Schnee
zuerst innerhalb des Zaunes schmilzt, so muss man das Sommergetreide
früh säen , spät dagegen , wenn die Milben am Hinterkörper sitzen , oder
wenn der Schnee zuerst ausserhalb des Zaunes schmilzt.
Sommerweizen ist gut zu säen, wenn die Traubenkirsche' (Prunus
Padus L.) Muht.
Sommergetreide ist in «eine Lache» zu säen, Wintergetreide in
«Asche», d. h. in nassen und in trockenen Boden.
Alte Roggensaat muss man früh (10. August) in schweren Boden säen,
frische spät (24. August) in leichten Boden, und alle Roggensaat «will
immer den Himmel sehen», d. h. sie darf nicht tief in der Erde liegen.
Wenn man Sommerroggen spät, zwei Wochen vor Johannis säet, so
erst im folgenden Jahre erntet und diess mit dem Geernteten noch zwei
Mal wiederholt, so verwandelt er sich in Winterroggen.
Den Flachs säet man gern in neu aufgebrochenes Land, um ihn von
Leindotter frei zu erhalten.
Gemüse säet man auf niedrigen Boden , wenn im Frühjahr die Wege
löcherig wurden und niedriger als die Seiten, auf hohen Boden, wenn ne-
ben den Wegen der Schnee früher schmolz, und diese erhöht waren. Boh-
nen säet man am liebsten dann, wenn die Engerlinge aus der Erde hervor
kommen, weil dann kein Frost mehr zu besorgen ist.
Das Versetzen der Kohlpflanzen darf nicht bis nach der Sonnenwende
verschoben werden, sonst bilden sie keine Köpfe mehr. Die Erdflöhe ver-
treibt man von ihnen mit einer Abkochung des Sumpfposts (Ledum palu-
sfc L.) , die Raupen mit dem Rauch von Wacholder, welcher von eines
dritten Herren Gebiet genommen ist, oder von der verbrannten Weihnachts-
streu; gegen die Raupen auf Bäumen hängt man zwischen die Zweige Bü-
schel vom Sumpfpost.
Von der Erntezeit hat man den Spruch: Madelene, od. Mad'li, tob
häda-leiba , Jägub annab sQre kaku (Magdalena bringt Nothbrot, Ja-
cob giebt ein grosses Laib), d. h. am Tage Maria Magdalena (22. Juli)
— 334 —
hat man zur Noth schon Brorvon frischem Getreide, zu Jacobi (25. Juli,
dem ordentlichen Termin des RoggenschniUs) hat man schon reichlich;
vielleicht auch mit dem Hintergedanken, dass die Ernte spärlicher ist,
wenn durch Dürre die Reife zu früh eintritt. Andere nennen statt jener
beiden Tage auch Mareta-päew und Olewi-päew (13. and 29. Juli).
b) Onlnt für den ländlichen Haushalt
Sind im Winter die Wege höher beschneit als andere Stellen (te
hafjas der Weg dachförmig), so giebt es im nächsten Sommer gutes
Sommergetreide.
Wenn es um Martini (10. November) zaunhohe Schneetriften giebt,
so wird im folgenden Jahre die Gerste gut gedeihen.
Wenn im Frühjahr am Dachrande viel Eiszapfen hängen , so wird das
Getreide gut wachsen.
Wenn es zu St. Georg (23. April) regnet, besonders bei Nordwind,
so misslingt die Roggenernte.
Von einem trockenen Jahre ist doch noch etwas zu erwarten, ein
nasses ist ein Hungerjahr (vgl. in I. die Sprichwörter Kuiw ästa ou
abtra lehma öst, mäfg ästa j&tab üsna ilma, Pöua lapsed naera-
wad, wihma lapsed nutawad, Pöua jäljed paranewad , wihma jal-
jed ei parane, Pöwwa latse' ei ike ni kui wihma latse').
Wenn im Anfang des Jahres viel Rauhreif ist, so wird es ein gutes
Getreidejahr, eben so wenn zu Neujahr die Bäume mit Schnee bedeckt
sind, oder wenn es am Matthiastag (24. Februar) tüchtig stöbert.
Hat ein Pferd Nisse nach dem Kopfe zu, so bedeutet es ein korn-
reiches Jahr, nach hinten, das Gegentheil.
Wenn es zu Lichtmess thaut, so wird die Gerstenernte schlecht sein.
Wenn es am Markustage (25. April) nicht friert, so wird auch der
Gerste der Frost nicht schaden, und sie wird gut reifen.
Wenn im Frühjahr der Froschlaich erfriert, so erfriert auch das Som-
mergetreide im Herbst.
Wenn am Martinstag (10. November) die Plejaden hell untergehen,
so folgt ein gutes Jahr.
— 335 —
Regen vor Johannis thut gut, nach Johannis ist er nachtheilig.
Regen im Frohjahr and bei neuem Licht bringt Gedeihen, im Herbst
und bei altem Liebt Schaden.
Wenn es am Margarethentage (13. Juli) trockenes Wetter ist, so giebt
es einen schönen Herbst.
Ist das Brachfeld sehr hart zu pflügen, so giebt es kornerreichen
Roggen.
Gewitter von der Seeseite bringt Fische, von der Landseite Kalte,
Gewitter vor St. Georg bedeutet Kälte und verspricht eine gute Getreide-
ernte.
Wenn am Quatember der Wind von daher weht, von wo die Fischer
Fische erwarten, so lässt das auf einen guten Fischfang hoffen.
Der Nordwestwind ist ein c Himmels- und Meeresbesen», er fegt die
Wolken und die Fische fort.
Wenn vor St. Georg sich Thau auf dem Boden zeigt, so wird der
Roggen vor Jacobi (25. Juli) reif sein.
Wenn in der Weihnachtsnacht Sterne am Himmel zu sehen sind, so
wird das Vieh sich vermehren, wenn es trüb ist, so bedeutet es gute Ge-
treideernte, ist aber Kahlfrost, so wird es in beiden Stücken knapp sein.
Dürre am Margarethentage, so wie Thauwetter zu Lichtmess, bedeutet
ein Hungerjahr.
Wenn es zu Lichtmess (nach Anderen am Antoniustag 17. Januar oder
am Siebenbrüdertag 10. Juli) auch nur so viel Sonnenschein giebt, dass
ein Mann während dessen zu Pferde steigen kann, so wird das Heu trocken
eingebracht werden.
Laurentius (10. Aug.) breitet die Blätter des Kohls aus, Bartholomäus
(24. Aug.) dreht sie in Kopfe zusammen.
Wenn die Hänflinge im Frühjahr erscheinen, so «zertreten sie das Eis»,
und wenn diess früh geschieht, so wird der Flachs gut gedeihen.
Ist zu Fastnacht der Mond drei Tage alt , so wird es ein gutes Jahr,
ist er schon im ersten Viertel, ein schlechtes.
Wenn die Kraniche früh weg ziehen, so ist günstige Zeit für die Rog-
gensaat.
— 336 —
Wenn im Sommer viel Fliegen da sind, so bedeutet das eine reiche
Roggenernte.
Wenn die Schnarrwacbtel sieb auf der Wiese hören lässt, so verkün-
det sie eine gute Heuernte, wenn im Felde, eine gute Getreideernte.
Der Kibitz bringt einen Handschuh voll Heu, die Kronschnepfe ein
Fuder oder einen Sack voll, der Kranich einen Schober; nach Anderen
bringt die Kronschnepfe ein Fuder Heu, der Kibitz kable Hügel.
Wenn der Steinschmätzer (Oenanthe Saxicola) einzelne Pfiffe boren
lässt , so wird das Getreide missrathen , lässt er sich in doppelten Pfiffen
hören, so wird die Ernte gut sein.
Wenn die Lerche im Februar bei altem Licht erscheint, so bringt sie
gute Botschaft, d..h. verspricht ein fruchtbares Jahr.
Wenn ein Kalb bei neuem Licht geboren ist, so wird es besser ge-
deihen, als wenn bei altem.
Erscheint der Kuckuck bei schon belaubten Zweigen, so wird es ein
Hungerjahr sein, bei noch unbelaubten, ein reiches; umgekehrt ist es mit
der Nachtigall.
Wenn zur Zeit der Roggensaat viel Spinngewebe auf der Erde liegt,
so wird das Roggengras gut wachsen.
Wo unter einem Steine schwarze Ameisen sind, da ist es gut ein
Haus zu bauen.
Wenn vor St. Georg dem von der Weide kommenden Vieh am Maul
Strohhalme hängen, so wird ein schlechtes Getreidejahr sein, wenn Heu-
halme, ein schlechtes Heujahr.
Wenn im Frühjahr die Espen stark blühen, so wird die Haferernte
gut* sein.
Giebt es im Frühjahr viel hängende Erlenkätzchen (von Alnus incana),
so bedeutet es eine gute Roggenernte , wenn viel rundliche (pabala-ur-
wad, odra-urwad, von Alnus glutinosa), eine gute Gerstenernte; sind
beide wenig vorhanden, so bedeutet es ein Hungerjahr, nach Anderen auch,
wenn die letzten allein reichlich vorhanden sind (nälja urwad, Hunger -
kätzeben).
Trägt die Eberesche (Sorbus Aucuparia L.) wenig Beeren, so wird
die Gerstenernte schlecht ausfallen.
— 337 —
Wenn die Blüthe der Obstbäume in zwei Monate fallt, so wird es
reichlich Obst geben.
Sind die Fichten voll Zapfen, so verheissen sje eine reiche Kartoffel-
ernte.
Wenn ein Roggenfeld zur Blüthezeit raucht, so wird es kornreiche
Aehren geben.
Der Becherschwamm (küfwi-wakk) bezeichnet, wenn er mit Samen -
schlauchen gelullt ist, eine gute Ernte für das folgende Jahr.
Wenn der Wald sich schnell belaubt, so muss der Landmann eilen
mit der Saat.
Das Wetterleuchten säet Pilze aus und zeitigt das Getreide; man giebt
ihm darnach verschiedene Namen (suwe-wtfja-pälk, talwe-wifja-p.,
söne-p.).
Um Martini soll ein grosser Stern dem Vollmond entweder vorangehen
oder nachfolgen , die Ehsten sagen davon : pere-mös otsib sulast taga
(der Hausvater sucht den Knecht) und sulane otsib pere-mest, od. lei-
ba, taga (der Knecht sucht einen Herren, od. Brot); das Erste soll ein
fruchtbares, das Zweite ein unfruchtbares Jahr prophezeien.
X. Witterangsomina.
Wenn es am Siebenschläfertag (27. Juni) regnet, so wird es noch
sieben Wochen, sieben Tage und sieben Stunden regnen; nach Anderen
am Siebenbrüdertag (10. Juli).
Wenn der kräunuja kulT (Pirol, Oriolus Galbula) schreit, so kommt
Regen; man schilt ihn auch: mis sa kräunud? kas wihma küll ej ole
sänd? (was schreist du wie eine Katze? ist nicht schon genug Regen ge-
wesen). Eben so ist es mit dem Geschrei des Kibitzes.
Wenn bei Sonnenaufgang eine Wolke der Sonne gegenüber steht, so
wird es regnen; nach Anderen, wenn es der Sonne gegenüber blau ist.
Wenn die Sperlinge im Sande oder im Wasser baden, so kommt
Regen.
Bilden sich Wolkenstreifen am Himmel, so verkündet es Regen.
22
— 338 —
Wenn der Kienspan beim Brennen stark raucht, so ist Wind und Re-
gen zu erwarten, eben so, wenn die Wolkenstreifen am Himmel zusammen-
ffiessen.
Wenn die Hühner sich rupfen und spät schlafen gehen, so wird es
den folgenden Tag regnen ; eben so, wenn die Schweine am Abend grun-
zen, Stroh auf ihr Lager bringen und sich spät zum Schlafen begeben, oder
wenn die Spinnen sich tief verkriechen.
Wenn ein heller Fleck (Galle) vor der Sonne sich befindet , so ist der
Regen vorüber gegangen und gutes Wetter zu erwarten , wenn hinter der
Sonne, so wird es regnen.
Wenn in der Heuzeit ein Rechen auf dem Rücken liegt, so kommt
alsbald Regen.
Wenn ein Regen am Vormittag anlangt, so regnet es den ganzen Tag.
Nach einer Windhose kommt starker Regen mit Wind.
Wenn die Eberesche (Sorbus Aucuparia L.) stark blüht, dann giebt es
im Herbst viel Regen und Wind.
Wenn die Möwe schreit , oder wenn die Kraniche fort ziehen , so tritt
schlechtes Wetter ein.
Wenn es auch die ganze Woche regnet, so pausirt der Regen doch
am Freitag.
Wenn bei schlechtem Wetter die Schweine Stroh aus dem Stalle brin-
gen, so wird es gutes Wetter.
Wenn es am Siebenbrüdertag (10. Juli) auch nur so lange Sonnen-
schein giebt, dass ein Mann unterdessen zu Pferde steigen kann, so wird
es noch trockenes Wetter geben.
Wenn im Sommer der Hund Gras frisst oder das Schwein sich er-
bricht, so ist schlechtes Wetter zu erwarten.
Sonnenschein am Gründonnerstag giebt zwei Wochen trockenes Wetter
vor Jobannis, am Charfreitag, nach Johannis.
Wenn es am Margarethentage (karuse-päew, 13. Juli) trockenes
Wetter ist, so folgt ein schöner, trockener Herbst, wenn viel Preisselbee-
ren sind, ein feuchter.
Lammerwolken bringen gutes Wetter.
— 339 —
Wenn der Wind von Westen aber Norden nach Osten herum geht,
so kommt klares Wetter.
Wenn es den Tag Ober trab gewesen ist, aber vor dem Untergeben
die Sonne hinter den Wolken hervorbricht, so bedeutet das gutes Wetter;
die Ehsten sagen: päew wätab tagasi (die Sonne sieht sich um).
Wenn das Feuer raucht, so bedeutet das Wind.
Wenn im Sommer reichlich Vogelbeeren (Sorbus Aucuparia) wachsen,
so folgt im nächsten Jahre ein windiges Frühjahr.
Wenn eine Katze scharrt, so kommt Wind.
Sternschnuppen bedeuten Wind von jener Seite her.
Wenn der Wind gegen den Sonnenlauf umspringt, so kommt windiges
Wetter.
Wenn das Meer dampft (mere pöleb, suitsub, meres on tuld), so
, wird bald ein Sturm aus Westen kommen.
Wenn die Meerelster oder die Möwe schreit, so kommt stürmisches
Wetter.
Wenn die Katze mit den Krallen Holz oder sonst etwas zu sich zieht,
so wendet sieh* alsbald der Wind dahin , wohin dabei ihr Schwanz gerich-
tet ist.
Wenn im Winter die Huhner sich in eine Ecke drängen und auf dem
Bauche liegen, so kommt Stöberwetter.
Strahlen um die Sonne verkündigen grosse Wärme.
Wenn die Singdrossel bei ihrem Erscheinen hoch im Wipfel eines
Baumes singt, so kommt ein warmer Frühling, eben so, wenn am Früh-
lingsquatembertag der Wind von der weichen Seite weht (Süd und West),
und der Kuckuck sich zuerst in einem belaubten Laubwald hören lässt,
hört man ihn aber in einem unbelaubten oder in einem Nadelwalde, so
wird es ein kaltes Frühjahr.
Ein rother Himmel bedeutet Wärme.
Wenn die Nachtschwalben anfangen sich hören zu lassen, so kommen
warme Nächte.
Die Lerche bringt warme Mittage, die Schwalbe warme Tage, die
Nachtigall warme Nächte.
22*
— 340 —
Wenn das Birkhuhn beim Neumond auf einem Aste falzt , so wird es
beim nächsten Neumond auf der Erde falzen» d. h. es wird Sommer sein.
Frühlingsnebel bedeuten Kälte, Herbstnebel Wärme.
Wenn im Herbst um Bartholomäi (24. Aug.) die Kiefernadeln ab-
fallen, so ist die warme Zeit vorüber, und um dieselbe Zeit des folgenden
Monats beginnt der Winter. — Wenn im Februar die Fichtennadeln ab-
fallen, so langt im März der Schnee an ab zu gehen.
Wenn der brennende Kienspan knattert, so wird es kalt werden, wenn
er eine lange Schnuppe hat, so wird es thauen.
Wenn die Birke rauscht, so wird es Tbauwetter, eben so, wenn die
Ohren jucken, wenn die Hühner auf dem Bauche liegen und baddeln, oder
wenn durch kleine Locher und Spalten der Schnee hereingeweht wird.
Wenn der Hahn auf dem einen Fusse steht, so wird es frieren.
Wenn der «tuhka-nina-töfs» (ein Meeresstrudel an der Küste von
Oesel) brüllt, so verkündigt er Kälte.
Wenn es die Nacht vor und nach Maria Verkündigung friert , so wird
es noch vierzig Nächte frieren , das Frühjahr kalt sein aber der Herbst
warm, wenn nur in der Nacht vorher, fast alle Frühlingsnacbte ; thaut es
in beiden Nächten, so giebt es ein warmes Frühjahr, aber im Herbst tritt
die Kälte früh ein.
Wenn das letzte Viertel des Mondes Kälte bringt, so ist sie bleibend.
Wenn im Frühling die Blätter lange in den Knospen bleiben, so wird
der Winter früh eintreten, fallen sie im Herbst früh ab, so kommt er spät.
Wenn im Herbst die Wölfe oft heulen, so kommt ein strenger Winter.
Wenn der Kuckuck noch nach Johannis sich hören lässt, so tritt der
Winter erst spät ein, wenn er schon vor Johannis aufhört, früh.
Wenn zur Zeit des Herbstquatembers der Wind aus Westen oder Sü-
den weht, so kommt ein milder Winter, wenn aus Norden oder Osten, ein
strenger.
Wenn es vor St. Georg gewittert, so wird der Sommer kühl sein.
Wenn im Herbst der Aipenhase weiss wird, so giebt es bald Scboee.
Wenn die Gänse fort ziehen, so kommt Reiffrost, wenn die Schwäne,
Schnee.
— 341 —
Wenn im Herbst die Zugvögel hoch fliegen, so wird im Winter tiefer
Schnee sein.
«Nach Maria Verkündigung schlägt der Prost kein Hühnerei mehr
entzwei».
Wenn zu Lichtmess der Ochs unter der Dachtraufe zu trinken findet,
so findet der Hahn am Marientage (25. März) nicht so viel, um mit dem
Schnabel zu nippen; oder «künla-kuize sula wastab wastla-kü ära»
(für Thauwetter des Februars verantwortet der März).
Wenn es am Martinitag friert, so wird Weihnacht mildes Wetter sein.
Wenn die Bachstelze (nach Anderen der Hänfling) im Frühjahr er-
scheint, so soll das Eis anfangen abzugehen, denn es ist ein «ja tallaja
lind oder ja pöritaja lind» (ein das Eis zertretender od. umkehrender
Vogel); oder lina-wästrik tallab kewade jöed jälle lahti, ja löuke-
zed sulatawad lume wäljalt ära (der Hänfling tritt im Frühjahr die
Flüsse wieder los, und die Lerchen schmelzen den Schnee von den Feldern.
Ein Omen Tür den Winter nimmt man aus der Milz der Schweine: ist
sie vorn dünn, so ist der erste Theil des Winters schneearm, ist sie dick,
schneereich; — oder aus der Milchstrasse: wenn an dem östlichen Ende
die Sterne dicht sind , so kommt der Winter schnell , wenn am westlichen
Ende, so ist die zweite Hälfte kalt, ist sie fleckig, so wird der Winter
mild sein, wenn im Herbst die Milchstrasse zu beiden Seiten des Himmels
niedrig ist (?), so kommt der Winter früh, ist sie in der Mitte breit und
hell, so wird ein schneereicber Winter sein.
Die zwölf Tage von Weihnacht bis zum Dreikönigstag gelten als Vor-
bedeutung für die Witterung der zwölf Monate des nächsten Jahres.
Die Sternkundigen beobachten von Marffi Himmelfahrt bis Weihnacht
die vier Gestirne der Miichstrasse (Perseus, Fuhrmann, Cassiopeja, Schwan)
und entnehmen einem jeden ein Omen für einen besonderen Theil des
Winters, besonders was die Schneemenge betrißt.
Aus Form und Stellung des Neumondes entnimmt man Verschiedenes.
Sind die Hörner spitzig (terane), so bedeutet es Kälte, stumpf (unine
eigentl. schläfrig), so bedeutet es Wärme, zugleich auch ungesunde Witte-
rang, Krankheiten und Sterben. Ferner: kuri k?l on kummuli, hea ku
on seTjali (böser Mond liegt vorn ober, guter Mond auf dem Rucken), oder
— 342 —
sqe kü sörweti, külm kü külleti (warmer Mond auf der Kante, kalter
Mond auf der Seite), als Vorbedeutung von Wärme und Kälte.
Wenn nach Sonnenuntergang der Hahn auf seiner Stange noch kräht,
so ändert sich am folgenden Tage das Wetter. „
Wenn die Lerche bei Neumond erscheint , so wird im Frühjahr das
Wetter unbeständig sein.
Wenn eine Hagel- oder Gewitterwolke einem Gebfische nahe kommt,
so verändert sie ihre Richtung.
Sprüche. Jöulu-ku ütles: ma ölen külm küll, aga üks jalg Ion-
kab (der Decembar sagte: ich bin wohl kalt, aber ein Fuss ist lahm),
wegen der wechselnden Witterung. Näri-ku ütles: ma ölen koige
kfilmem (der Januar sagte: ich bin der kälteste). Eünla-kO ütles: ma
oleksin külmem kui sina, aga üks silm jökseb wett (der Februar
sagte: ich wäre kälter als du, aber ein Auge trieft), weil die Sonne schon
wirkt. — Kai Märt ei mäetä, sis Kadri kaotas, Simmu säd silda
(wenn Martin nicht Fäulniss bringt, so zerstört Katbarine und baut Simon
die Brücke). — Märt matab, Kad'ri katab, Andres arutab, Nigu-
las nedab (Martin deckt zu, Katbarine bedeckt, Andreas trennt auf, Nico-
las nietet), d. h. M. macht den Boden fest, K. deckt Schnee darauf, A. lost
die Höcker auf und füllt die Zwischenräume, N. macht Land und Weg
gleichmässig fest und hart. — Kad'ri kuzeb, Andres paneb pulga
ette (Katharine harnt, Andreas steckt den Pflock vor), kui Mart kapsib
kazukaga, sis Kad'ri ripsib rldega (wenn Martin im Pelz einher lauft,
so spritzt Katharine das Wasser aus dem Kleide).
XL Bedeutung gewisser Tage und Zeiten im Jahre
und was dann gethan oder unterlassen werden
muss.
Gedruckte Kalender in mehrfachen Editionen sind jetzt überall bei den
Ehsten gebraucht und verbreitet, an der Küste aber, wo die Bevölkerung
mm Tbeil aus Schweden und ehstnisch gewordenen Schweden besteht,
— 343 —
kennt man auch noch den alten nordischen Kalender, aus vier mit einem
Riemen verbundenen Holzstäben mit eingeschnittenen Zeichen bestehend 1).
in alter Zeit soll das Jahr dreizehn Monate gehabt haben, die Guts-
herren aber haben einen davon escamotirt, damit sie für einen Monat we-
niger Abgaben zu zahlen hätten. — Die einzelnen Tage im Jahre, wel-
chen, ohne dass sie christliche . Festtage wären, besondere Bedeutung bei-
gelegt wird, an welchen diess oder jenes geschieht, vorgenommen werden
muss oder nicht vorgenommen werden darf, heissen überhaupt täht-päe-
wad (Zeichentage, bedeutsame Tage). Es sind nebst den Festtagen die
folgenden, mit Weihnacht beginnend wegen der mancherlei Beziehungen
dieses Festes zu Neujahr und Epiphanias.
Am Weihnachtabend legt man zwischen die Steine der Handmühle
zwei Hölzchen, so dass man von allen Esswaaren und Getränken etwas
dazwischen legen kann, und diess bleibt so der Mühle zur Speise bis nach
Epiphanias. — Es wird Heu oder Stroh in die Stube gebracht und aus-
gebreitet , zum Andenken an das Stroh , auf welchem das Christkind gele-
gen hat, die Tragenden fragen vorher durch die halb geöffnete Thür, ob
man «jöulud» (Weihnacht, das nordische Julfest) aufnehmen wolle. Der
Wirtb steht mit dem rehe-papp (der von ihm selbst bei der letzten Ernte
geschnittenen und gebundenen ersten Korngarbe, welche an der Decke
aber dem Esstische ungedroschen aufbewahrt wird), und der, welcher das
erste Strohbund trägt, fragt ihn hinter der Thür über allerlei Dinge aus,
und die Garbe giebt dem darinnen Weisheit richtig zu prophezeien. We-
gen der Spiele, die dann vorgenommen werden, vgl. VII. — In Erwartung
der Ankunft des Christkindes bleiben die Leute die ganze Nacht hindurch
in den Kleidern wach, es wird Licht gebrannt, es steht Essen, traditionell
«
I) Etwas Aehnliches sind die jetzt auch allmählich weniger gebrauchten
Stäbe, welche ah Quittung oder Schuldverschreibung dienen. Wenn z. B. Jemand
aus dem Vorrathsmagazin Getreide borgt, so wird das Geborgte auf zwei gleich
lange, glatte Stäbe zugleich in derselben Entfernung vom Ende mit einem Ein-
schnitt vermerkt, und der Empfanger behält den einen, der Ausgeber den ande-
ren. Das Eingeschnittene kann nicht vertilgt werden, und wenn es in des einen
Theiles Interresse liegt, die Zahl der Einschnitte zu vermehren, so konnte diess
leicht durch die Controle mit dem Zwillingsstabe vereitelt werden. Eben so wird
»ach Rechnung geführt aber geleistete Arbeit und Anderes.
r/
."*
■i*^p.
— 344 —
namentlich Kobl in Wurstbrühe gekocht, auf dem Tisch, das fwheissene
Himmelsbrot bezeichnend, auch auf jeder Ecke des Tisches ein Häofehen
Salz, und man isst davon neun Mal. Salz, als ein antiseptisches Mittel
auch sonst zu abergläubischen Zwecken angewendet, wird nachher am
Weihnachtmorgen auf das Viehfutter, am Abend vor Neujahr in Bronnen
und Bäche gestreut. — Zu Weihnacht wird ein tize-leib» (ein besonde-
res, kegelförmiges Brot) gebacken , man macht drei Eindrücke darauf mit
einer Spange oder einer Kohle oder drückt mit einem Schlüssel oder Fer-
kelknochen ein Kreuz darauf, und diess heisst jöulu-orikas (Weihnachts-
eber). Es wird ebenfalls mit einem hineingesteckten Licht auf den Tisch
gestellt und dort die Feiertage über unberührt gelassen. Am Neujahrs-
und Dreikönigstage vor Sonnenaufgang wird etwas davon mit Salz dem
Vieh vor gebrockt, das Uebrige wird im Kasten aufbewahrt bis zu dem
Tage , wo das Vieh zuerst auf die Weide getrieben wird , dann legt man
es dem Hüter in den Sack und vertheilt es am Abend an das Vieh, um es
vor Zauber und allem Schaden zu bewahren; anders wo isst zur Zeit der
Gerstensaat das Gesinde davon und das Vieh, damit das Feld reichlicher
trage. — In der Nacht vor Weihnacht müssen die Fenster verdeckt sein,
sonst kommt der Teufel herein, wenn er das Licht (s. oben) sieht, oder
wo es auf das Feld hinaus scheint, da wächst kein Getreide. — Am
Weihnacbtabend macht man mit Kreide, Kohle, Theer u. a. ein Kreuz
(auch drei Kreuze wegen der Dreieinigkeit) aussen über die Thür, auch
auf Schlitten und Wagen, um den Teufel abzuhalten, und Neujahr verbin-
det man die Spitzen mit einem Kreise (tara), zum Zeichen, dass das Jahr
seinen Kreislauf beendigt hat. — Die Mädchen bringen vom Scheiterhau-
fen ungezählt Scheite in die Stube , dort zählen sie sie , und ist es eine
paarige Zahl, so bekommen sie bald einen Mann. Man wirft auch, mit
dem Rücken zur Thür gewendet, einen Schub zwischen den Beinen hin-
durch oder über die Schulter; ist die Spitze des Schuhes zur Thür gewen-
det, so wird die werfende Person im nächsten Jahre aus dem Hause ge-
hen, ist es der Hacken, so bleibt sie darin. — Man wirft auch Strohhalme
gegen die Decke wie am Sylvesterabend (s. unten). — Wer am Weih-
nachtabend Heu stiehlt, dessen Thiere werden gedeihen, und er kann,
wenn er dabei nicht ertappt worden, ohne Gefahr das ganze Jahr stehlen. —
— 345 —
Man legt — eben so auch am Abend vor Neujahr — ein Beil vor die
Thür des Viebstalles und einen Bohrer vor die des Pferdestalles, damit
der Tod nicht hinein komme. — Am Weihnachtmorgen legt man in das
Waschgefäss eine Spange oder sonst etwas Silbernes und wäscht mit die-
sem Wasser das Gesicht, auch in das Trinkgefäss des Viehes, und das
heisst höbe-walget panema kalTil päewal (Silberweiss legen am theu-
ren Tage). — Am Morgen des Weihnachts- oder Neujahrs- und Epipha-
niasfestes wird das Vieh früh bei Licht beschickt besser als sonst, und
wenn es hell geworden ist noch ein Mal (also ein Mal mehr als an ande-
ren Tagen), auch dag Trinkwasser ihm in den Stall getragen; man
wirft auch wohl den Vögeln Getreide hinaus. — In der Nacht muss man
Strumpfe und Schuhe an bebalten, sonst entstehen Geschwüre an den Füs-
sen. — Niesen am Weihnachtstage bedeutet Gluck, besonders Gedeihen
des Viehes , von übler Vorbedeutung aber ist es , wenn man unversehens
von jemand gestossen oder auf den Fuss getreten wird. — Am Morgen
noch vor Sonnenaufgang macht Gross und Klein Besuche bei den Nachba-
ren. — Wolle zu kratzen fängt man nicht eher an als zwischen Weihnacht
und Neujahr, damit die Schafe immer gute Wolle tragen. — Der «näri-
sokk» (s. Neujahr) erscheint bei Einigen auch zu Weihnachten als jöulu-
pukk (Weihnachtsbock), auch eine jöulu-hani (Weihnachtsgans) in einem
Pelz, mit langem Hals, welehe wohl getrankt und gespeist wird und die
Leute im Hause dafür mit der Ruthe schlägt.
Am Sylvesterabend stösst man einen Stock in den Schnee; wessen
Stock am Morgen umgefallen ist, der stirbt in diesem Jahr. — Nach Son-
nenuntergang wird die Stube gefegt , den Kehricht legt man in ein Sieb,
tragt ihn vor das Fenster oder auf das Feld und deckt das Sieb darüber.
Um ein Uhr in der Nacht setzt sich der Hausvater auf den Boden des Sie-
bes, dann erfahrt er, wie es auf seinen Feldern gehn wird u. a. Bretterge-
räusch, welches er hört, bedeutet Sterben, eine Stimme die Geburt eines
Kindes u. d. gl. — Am Abend befestigt man den Ofenbesen an den Fuss und
eggt so sein Feld, dann fressen die Vögel nicht das Getreide weg. — In
der Nacht nach zwölf Uhr geht man hinaus und fragt die zuerst entgegen
kommende Person: mis sull nimi? (wie heisst du). Den Namen, welchen
man zu hören bekommt, wird der Mann resp. die Frau fuhren, welche
— 346 —
man heirafben wird. — A> der Dämmerung heizt man den Ofen» und wenn
er ausgebrannt ist, stellt man den Esstisch mitten in die Stube und ein
brennendes Liebt darauf. Dann bringt man Stroh berein, welches «nSr»
genannt wird, wohl vom seandinavischen ny är (Neujahr), der Hausvater
nimmt von den härtesten Halmen und wirft sie gegen die Decke; wenn
viel davon hängen bleibt in den Ritzen und zwischen den Balken, so wird
im nächsten Jahre gute Roggenernte sein. Dasselbe wiederholt er dann der
Reihe nach für Gerste, Hafer, Erbsen, Kartoffeln etc., oder er wirft auch
eine Hand voll von jeder Getreideart an die Decke und ruft: Gott lasse in
diesem Jahre den Roggen etc. so hoch wachsen. — Es wird «Gluck ge-
gossen», d. h. in einem Löffel geschmolzenes Zinn in Wasser geschattet.
Aus der Gestalt des erkalteten Klumpens werden dann Omina entnommen,
namentlich wird, wenn er recht rauh und kraus ist, derjenige, auf dessen
Namen gegossen wurde, gutes Glück und Reichthum haben; auch für das
Vieh und dessen Gedeihen wird Glück gegossen. Das Wasser wird zuletzt
nach Norden unter eine Zaunstütze ausgegossen, man setzt den linken Fuss
darauf und horcht auf Geräusch, welches sich etwa vernehmen lasst, wor-
aus dann wieder Vorbedeutungen genommen werden. Brettergeräusch be-
deutet Sterben, Pferdegetrappel oder eine Sackpfeife Bräute, Sicbelklingen
schlechte und Sichelrascheln gute Ernte, Thieregebrüll deren Sterben.
Wenn man beim Hinaustragen des Wassers irgend wo einen Hund bellen
hört, so kommen Freier dahin. — Spiele werden vorgenommen, auch die
Fenster verhängt, wie am Weihnachtsabend (s. oben). — Hat man sich
genug belustigt, so nehmen die Aelteren die Gesangbücher zur Hand, sin-
gen und lesen einige Lieder und Gebete , darauf speist man und lässt das
Licht bis zum Morgen brennen, Einige stellen auch Brot und Salz daneben,
damit im folgenden Jahre immer reichlich Brot vorhanden sei. — Manche
beobachten noch Anderes an diesem Tage. Sie schliessen, wenn es dunkel
wird, alle Thore, sonst werden die Mädchen nicht verheiratet, stellen
iwei oder drei Stangen kreuzweise vor die Zaunöffnungen (mulgud), da-
mit der Böse nicht herein komme, legen unten an die Stallthür und bei
dem Scheuerthor ein Beil in den Mist, damit anderer Leute böses Wort
oder Zauber dem Vieh nicht schade , streuen Salz in das Eisloch auf dem
Bache , woraus Wasser geschöpft wird für Menschen und Thiere , bangen
— 347 —
an die Wand des Schafstalles ein Paar bunte Handschuhe, damit die Schafe
gute Wolle haben, bringen alles Pferde- und Ocbsengeschirr und sonstiges
Geräthe, das draussen ist, herein, schlagen zwischen den Ochsen im Stalle
#
ein Beil in die Wand, dann giebt es immer etwas zu schlachten. — Ist
am Sylvesterabend der Himmel heiter, so erwartet man fröhliche, ist er
trüb , traurige Zeit. — In der Sylvesternacht darf man nicht reisen , weil
da die mä-alused (Unterirdischen) den Menschen sichtbar werden und sie
necken und erschrecken. — In Oesel werden die Geister der abgeschie-
denen Verwandten bewirlhet. Es wird dazu besonders ein grosses Brot
gebacken, und nachdem alle Uebrigen sich zum Schlafen niedergelegt ha-
ben, legt es der Hausvater auf den Tisch , giesst etwas Bier und Brannt-
wein auf den Boden und ruft die Abgeschiedenen herbei. — Anders wo
sitzt der Hausvater am Sylvesterabend mit einem verkehrt um den Hals
gelegten Kummet bei Tische und spricht kein Wort. — Die Asche im
AschenJocb wird geebnet, und Niemand darf darin stören. Am Morgen
darauf sieht man dann , ob sich Spuren von Menschen oder Thieren darin
zeigen, was ein Sterben in diesem Jahre bedeutet; eine grosse Spur deutet
aal einen erwachsenen Menschen oder ein grosses Thier, eine kleine auf ein
Kind oder ein kleines Thier. Eben so tbut man auch am Weihnachtsabend.
— Der Traum der Sylvesternacht ist bedeutsam ; wer auf dem Ofen schläft,
träumt viel. — Böse Schuldner bezahlen am leichtesten am Sylvestertage.
— Wenn ein Mädchen in der Sylvesternacht in den Schafstall geht, und
das zuerst von ihr erfasste Thier ein Widder ist, so werden in diesem
Jahre Freier zu ihr kommen.
Neujahr (näri-päew, fled jQulud) und Epiphanias (kolme-ku-
ninga-p.) beissen «üed pühad» (neue Feiertage); zwischen beiden darf
im Hofe kein Span von einem Holz gehauen , auch nicht gesponnen wer-
den. — Am Neujahrsmorgen laufen die Mädchen um die Wette in den
Schafstall, und welcher es gelingt zuerst das Scrotum eines Widders zu
erfassen, die wird in diesem Jahre Braut. — Der Hausvater steckt einen
silbernen Ring an den Finger und bringt so das Waschwasser herein. —
In den Tränketrog des Viehes legt man etwas Eisernes, meist einen Kes-
selhaken oder einen Bohrer, und lässt das Vieh so trinken. — Am Mor-
gen geht man mit einem brennenden Lichte in den Schafstall und beschreibt
_ 34& —
damit, dem Sonnenlaufe folgend, drei Mal einen Kreis um den Kopf der
Thiere, damit der Wolf sie nicht zerreisse. Man bringt auch alle Knochen
von dem Essen der vorhergegangenen Nacht vor die Thfir ; wessen Knochen
der Hund zuerst nimmt, der stirbt in diesem Jahr, ist es aber ein von
einem Mädchen gebrachter Knochen, so wird es verheirathet. — Wenn
man am Vormittag aus der Kirche kommt, so eilen die Abergläubischen
sehr nach Hause zu kommen; wer fürchtet, dass ein Anderer ihm doch
zuvorkommen möchte, der sucht wenigstens einen Handschuh früher in
seinen Hof zu werfen. Man eilt, um früher als Andere auf den Heuboden
zu gelangen und kleine Heuhaufen zu machen (säud, kokad), auch allerlei
Arbeitsgerät!) in die Hand zu nehmen, weil man dann im Sommer auch
mit der Heu- und Feldarbeit den Anderen zuvorkommen wird; man mäht
auch mit der Ofen knicke u. d. gl. die Strohhalme (vgl. oben) von der
Decke. — Wenn am Neujahrstage zuerst eine Mannsperson in's Zimmer
tritt, so bedeutet das Gutes, wenn ein Frauenzimmer, Schlechtes. — Vor
die Thür des Viehstalles legt man ein Beil und ein Ei ; welches Thier auf
das Ei tritt, das werden die Wölfe zerreissen, welches auf das Beil, das
wird sterben im Laufe des Jahres; es wird daher' schon sogleich gemästet
und geschlachtet. — Am Morgen kommt aus einem anderen Hofe ein
Mann mit einem Bierkruge in der Hand und spricht in der Thor: tere
hommikut! wädake, «Näri-Jäk» tuleb (guten Morgen! seht der «Neu-
jahrsjacob» kommt). Er giebt dann dem Hausvater den Bierkrug, wünscht
Allen Glück, man giebt ihm zu essen und zu trinken, die Mädchen bringen
ihm Nüsse, die Hausfrau Handschuhe. — Am Abend, wenn Alle fröhlich
mit einander sind, macht man den näri-sokk (Neujahrsbock). Ein Mann
steckt die Beine durch die Aermel eines umgekehrten Pelzes, hüllt sieb
ganz in zwei andere daran genähte, legt sich zwei aus Stroh gedrehte
Hörner an, nimmt ein Krummholz zwischen die Beine, an dessen einer
Spitze ein grosser, beblätterter Besen steckt. In diesen giesst er, wenn
Alle herbei treten um ihn zu besehen, Wasser und benetzt und beschmutzt
sie damit, was viel Spass macht. Er stösst auch, jagt den Kindern nach,
ein Mädchen hängt ihm Handschuhe oder Strumpfbänder als Geschenk an
die Hörner. — Einige haben zu Mittag ein kegelförmiges Brot auf dem Ti-
sche, das aber nicht jetzt gegessen wird, sondern erst am Fastnachtstage. —
— 349 —
Anders wo geht man auf einen Berg, singt, fahrt in kleinen Schlitten hinab,
wodurch man erlangt, dass der Flachs lang wird. — Wenn es am Neu-
jahrstage Morgens regnet, so wird ein Kind in diesem Jahre sterben, wenn
am Abend , ein Alter. — Damit die Hubner ihre Eier alle in dasselbe
Nest legen, macht man einen Ring aus Stroh, schüttet Korn hinein und
rattert sie daraus am Mittag des Neujahrs- oder auch des ersten Weih-
nachtstages.
Am Tage der heiligen drei Könige (kolme-kuninga-päew, kol-
mandamad jöulud) wird, ausser dem früher schon Erwähnten, noch
Manches beobachtet, was anders wo am Sylvester- oder am Neujahrstage
vorkommt, als das Hereinbringen von Stroh, Glückgiessen , Brennen eines
Lichtes die Nacht hindurch. — In der Nacht des Epiphaniastages soll
«der Adler vom Baume fallen».
Korjuze-päew (14. Januar), da fangt der Buntspecht an zu
schreien.
Tönise-päew, Tönrii-päew, Tennüs-päiw (17. Januar)
beisst auch jöulu ema-päew (der Muttertag von Weihnacht) und wird
hoch gehalten. Man bewahrt Bier und Branntwein dazu und bereitet Weih-
nachtsspeisen. Es wird auch ein kleines Brot gebacken, welches man mit
einem hineingesteckten Lichte am Abend auf den Tisch stellt und härja-
kakk (Ochsenbrot) nennt. Man bewahrt es, bis im Frühjahr das Vieh zum
ersten Male auf die Weide getrieben wird, dann muss es der Viehhüter
den ganzen Tag in einem Sack am Halse tragen. Wenn er am Abend
nach Hause kommt, so zerschneidet man es und giebt jedem Thier ein
Stückchen, tbeils eines gedeihlichen Fischfanges wegen, theils um das
Vieh gegen Seuchen zu bewahren. — An diesem Tage ist die Mitte des
Winters, das Vieh bedarf noch die gleiche Zeit lang der Stallfutterung, der
Mensch die doppelte bis zur neuen Ernte; Jas Meer fangt an zu dampfen,
das Wasser in den Brunnen wärmer zu werden; von dem Tür den Winter
bestimmten Schnee ist die Hälfte noch zu erwarten; der Bär in seinem
Winterlager legt sich auf die andere Seite, und wenn man ihn jetzt auf jagt,
so richtet er viel Schaden an. — Der Tag hat Beziehung auf die Schweine,
und Einige meinen, der Tonis sei ein Schweinegott gewesen, d. h. habe
die Schweine unter seinem besonderen Schutz gehabt. Es wird ein Schwein
1
— 350 —
geschlachtet 9 an diesem Tage selbsl aber nur der mit Grütze zubereitete
Kopf gegessen. Beim Schlachten ist folgendes Gebet: ptiha Tönise-
kene, hoja mu orikakest, kaitse mu kafjakest! puhas, pühaTöni-
sekene, ole mu sötja ja jötja! ole sa hoidja ning warjaja ning
anna meile armu ning hejda heldust oma armu armuga , kuis sa
oled mejle annud ja armu hejtnud ! (heiliger Antonius, behüte meinen
Eber, schütze meine Herde I reiner, heiliger Antonius, sei mein Speiser
und Tränker! sei du mein Behüter und Schutzer und gieb uns Gnade und
sende uns Gute mit der Gnade deiner Gnade, wie du uns gegeben and
Gnade gespendet hast). Wenn man unterlässt an diesem Tage einen
Schweinskopf zu kochen, so gedeihen die Schweine nicht, und man muss
ihn am Abend essen, nicht am Tage, sonst werden die Schweine im Som-
mer unstätt sein. — Vor diesem Tage sieht das Schwein die Sonne nicht,
weil es kleine Augen hat, und die Sonne niedrig steht; von nun an sehen
die Schweine zuerst einen Rand der Sonne und dann allmählich immer
mehr, man bringt sie auch an diesem Tage hinaus, damit sie die Sonne
recht deutlich sehen. — In der Gegend von Fennern wird Antoniustag
besonders hoch gefeiert mit Bier und guten Speisen, und man bewirthet
auch Andere, die aber weder grossen noch danken dürfen, sondern beim
Weggehen sprechen müssen : kurat wötku Töriiii ja tema atitii (der
Teufel hole den Antonius und seine Gabe). — Man muss an diesem Tage
das Feld eggen , dann wird das Getreide gut wachsen , und man darf nicht
spinnen, stricken, nadeln, flicken, sonst kriechen im Sommer die Schweine
durch den Zaun und richten Schaden an. — Man geht auch am Abend in
den Krug und trinkt Branntwein, was man «talwe selga katki murdma»
(den Röcken des Winters zerbrechen) nennt. — Kohl darf nicht gekocht
werden, sonst verzehren im Sommer Raupen den Kohl. — Wenn an die-
sem Tage so viel Sonnenschein ist, dass ein Mann dabei zu Pferde steigen
kann, so wird das Heu gut gerathen.
Päwli ümber-pöramize-päew (25. Januar) ist nach Einigen,
statt des 17ten, die Mitte des Winters, wo das Meer anfangt zu dampfen,
das Wasser in den Brunnen wärmer zu werden.
Künla-päew od. künla-Märja-päew (2. Februar). An die-
sem, oder nach Anderen an dem folgenden Tage muss man sich betrinken
— 351 —
oder wenigstens in den Krug gehen und Bier and Branntwein trinken,
damit man im Sommer immer frisch und roth aussieht. Diess heisst kflnla-
päewa puna jöma (die Rölhe von Lichtmess trinken). Die Marid und
Märjad müssen den Trank darreichen. Anders wo thut man diess am
25. März (Pästu-Mäfja-päew). — Andere thun es, um im Sommer
nicht von den Fliegen belästigt zu werden. — An diesem Tage, nach An-
deren am Matthiastage (24. Februar), ubergiebt man den Hennen den
Schlüssel, wie den Schweinen am 25. März, d. h. man lässt sie nun frei
sich selbst ihre Nahrung suchen.
Lü-walu-päew (9. Februar), da muss Jeder seine «Knochen und
Glieder» ausruhen lassen.
Neitsi-päew, Tina- od. Waustlna-päew (15. Februar). Man
darf am Abend dieses Tages kein Licht anzünden.
Pötri-päew od. Pötri helis-päew (22. Februar). Die Quellen
faogeo an zu rauschen und zu klingen (helisema) und die Steine im Was-
ser mit dem Eise zusammen zu frieren.
Madise-päew od. Matsi-p. (24. Februar). Ungeziefer, welches
sich in die Erde verkrochen hatte, fangt an sich zu regen. — Spindeln
und Spinnräder werden in Strohschober versteckt, weil man, wenn man
sie sieht , im Sommer viel Schlangen resp. Wölfe sehen wird ; auch alle
Waschgeräthschaften versteckt man, und man kämmt und wäscht sich nicht.
— Wer an diesem Tage näht oder strickt, den beisst die Schlange in
den Fuss, oder sein Vieh wird hinken, wer spinnt, den plagen im Sommer
Fliegen und Mücken , dasselbe erfolgt , wenn die zuerst eintretende Person
ein Frauenzimmer ist. — Wenn man siebt oder mahlt, so werden viel Flie-
gen und Mücken sein, wenn man aus dem Walde Holz einführt, so führt
man sich viel Schlangen , Fliegen und Mücken in den Hof, wenn man da-
gegen stäubt, so wird es wenig Fliegen geben. — Der Matthiasschnee ver-
zehrt den alten Schnee, und wenn ein tüchtiges Schneegestöber ist, so lässt
das eine gute Ernte hoffe o. — Wenn es an diesem Tage wenig schneit,
so t schneit es Ungeziefer auf den Sommer», schneit es aber viel, auch
nur so viel wie eines Strohhalmes Dicke, so schadet es nichts. — Der an
diesem Tage wehende Wind wird wohl beachtet. Wenn man bei demselben
Winde Erbsen säet, so werden sie durch Ungeziefer Schaden leiden oder
— 352 —
•
unter den Erbsen finden sich viel harte, oder wenn man Flachs säet, so
hat er wenig Pasern und Samenkapseln. Wer Bienenstocke hat, hütet sieb,
bis zum Frühjahr bei diesem Winde irgend etwas mit ihnen vorzunehmen,
sonst würden später alle jungen Schwärme davon fliegen. Wenn man da-
bei ein Schwein schlachtet, so schwindet das Fleisch sehr ein im Kochen.
Flachs säet man bei diesem Winde um ihn von Leindotter frei zu halten,
auch Kohl, aber nicht Gerste oder Weizen, sonst würden Wärmer den
vierten Theil verzehren. Fischer berücksichtigen diesen Wind auch beim
Strömlingsfang. Weht ein Landwind, so «treibt er die Würmer ins Meer».
— Von diesem Tage an fangen Halme und Spreu, die auf dem Boden lie-
gen, an den Schnee zu hassen, d. h. er fängt an unter ihnen abzuthauen.
— Am Morgen giebt man den Hühnern Grütze und Erbsen und damit den
Schlüssel, den sie fortan unter dem Flügel tragen, d. h. sie müssen sich
selbst ihre Nahrung suchen. — Man soll viel Bier und Branntwein trin-
ken, damit der Flachs gedeihe. — «Matthias bringt oder bricht Eis». —
Man darf auch an diesem Tage, wie am 15. Februar, weder ein Licht
noch einen Kienspan anzünden, sonst werden Hausgesinde oder Kinder
krank.
Tali-hafja-päew (12. März), d. h. Firsltag des Winters, weil
an diesem Tage der Schnee anfangen soll abzugehen, und nur noch die
Wegstellen damit bedeckt bleiben.
Fastnacht. Fastnachtspeise ist Grützsuppe mit Fleisch, oder noch
verbreiteter Erbsensuppe mit im Herbst eingesalzenen Schweinefussen, und
wenn diese auf's Feuer gesetzt ist, so pflegt man nicht mehr zu arbeiten,
wenigstens nicht zu spinnen. Wenn etwas von der Speise über kocht, so
wird es am Tage der Düngerfuhr regnen. Die gesammelten Knochen von
den Schweinefussen bringt man am anderen Morgen in den Schweinestall
und spricht zur Sau: tee mulle nl mitu poega kui konti sin (gebare
mir so viel Junge , wie hier Knochen sind) ; oder der Jüngste am Tische
muss sie einzeln im Munde auf den Boden des Hauses oder in den Wald
tragen, damit die Schweine im Sommer gedeihen und sich nicht verlau-
fen. — Wenn man am Morgen das Haar beschneidet, besonders mit einer
Schafschere über dem Boden eines Siebes, so wird es gut wachsen und
nicht ausfallen; dasselbe geschieht, wenn man von einer Wittwe, welche
353
selbst starkes Haar hat, sein Haar am Abend sieben Mal im Kreise stutzen
lässt. Aach Mähnen und Schweife der Pferde stutzt man in derselben Ab-
siebt. — Armen darf an diesem Tage kein Getreide gegeben werden/
sonst schwindet es im Kornkasten. — Damit der Flachs gut wachse, glei-
tet man auf kleinen Schlttten von einer Anhöhe herab, und wessen Schiit-
•
ten am weitesten geht, dessen Flachs wird der längste sein. Dabei singt
man: linad linu-la£kjale* takud takka lükkajale, -tudrad tuppa
istnjale (der Flachs dem Gleitenden, die Hede dem Nachschiebenden, die
Leindotfer dem in die Stube sich Setzenden), oder linad linu-laäkjale,
tudrad toa-istujale, takud taga-wätajale, wares-kaerad wahtijale
(der Flachs dem Gleitenden, die Flachsdotter dem Stubensitzer, die Hede
dem Nachblickenden, die Trespe dem Gaffer). — Um das Haus wird
Asche gestreut, dann kommen in diesem Jahre keine Schlangen hinein. —
Man darf an dfesem Tage kein Licht anzünden, sonst werden die Ochsen
im Sommer asthmatisch, auch nicht Dänger ausfuhren; Andere meinen,
dass es dem Getreide Gedeihen bringt, wenn man ein Fuder Dünger auf's
Feld fuhrt. — Wenn am Fastnachtstäge der Mond drei Tage alt ist , so
wird es ein gutes Jahr, wenn er schon im ersten Viertel ist, ein schlech-
tes. — Am Abend maeht man eine Strohpuppe, «metsik» (Waldgeist)
genannt, das eine Jahr mit einem Männerhute und einem alten Rocke, das
andere mit einer Haube und einem Weiberrocke bekleidet, steckt sie auf
eine lange Stange, trag) sie mit Jauchzen und Geschrei über die Gränze
des Dorfes oder Gutsgebietes oder Kirchspiels hinaus und bindet sie im
Walde an einen Baumgipfel ; diess soll ein Schutz sein gegen allerlei Un-
heil. — Am Fastnachtstage eingeführtes Brennbolz soll .bei der Getreide-
darre besonders gunstig sein, und man bewährt davon auf für den Herbst,
wo das erste Getreide in die Darrscheune gerührt wird. — Junge Ochsen,
welche zur Arbeit dressfrt werden sollen , werden an diesem Tage zum
ersten Male angeschirrt.
Aschermittwoch. Man darf an diesem Tage kein Brot backen, sonst
wird es das ganze Jahr schimmelig, keinen Ochsen anschirren, sonst wer-
den seine Hörner taschig», d. h. bröckeln und schuppen sich ab, nicht den
Kopf kämmen, sonst wird er schinnig, auch kein Licht anzünden eben so
wie den Tag vorher. — Wer am Aschermittwoch nicht in die Badstube
28
— 354 -^
•
geht, dem wird das Brot schimmelig werden. — Die Asche aas dem
Aschenloch wird gesiebt, damit sie das Jahr hindurch gehörig darin
bleibe. — Einige geben auch an diesem Tage den Hühnern «den Schlüs-
sel» ab (vgl. 2. Februar).
Pästu- od. Päst-Marja-päew (25. März). An diesem Tage
«übergiebt man dem Schweine die Schlüssel» (vgl. 2. Februar), denn das
Schwein sagt: Märja-päewast parigu raind seitsme pörsaga ajaja
arme wahele, ma ei sure mitte ära, toidan ennast ja oma pörsaid
kä (von Maria Verkündigung an setze man mich mit sieben Ferkeln zwi-
schen Zaun und Schneetrift, ich werde nicht sterben, sondern mich und
auch meine Ferkel ernähren). Die Procedur ist dabei diese: man bewahrt
von Fastnacht her Knochen von den Schweinsfüssen (s. oben), legt sie am
Marientage unter Gerste oder Hafer, bringt diess hinter die Pforte, legt
einen Strick herum und treibt dann die Schweine zum Fressen herbei;
der Ort bedeutet, dass die Schweine den Sommer über ausserhalb des
Hofes fressen,' und der Strick, dass sie sich nicht von einander verlaufen
sollen. Wer am Morgen vor Sonnenaufgang noch drei Hände voll Gerste
dahin bringt, wo er im Sommer seine Schweine haben will, dessen
Schweine bleiben dort und richten nicht anders wo Schaden an. — Auch
am Morgen dieses Tages geschiebt wohl das Einsammeln des «Schwanz-
geldes» durch den Viehhirten, vgl. unten 23. April. — Wer früh, vor
Sonnenaufgang Hobelspäne in die Stube bringt , wird viel Vogelnester fin-
den. — Man muss am Abend ohne Licht zu Bette gehen, damit nicht Wan-
zen und anderes Ungeziefer sich zu sehr vermehren. — Man soll auch
an diesem Tage kein Feuer anzünden , sonst verdor/t das Roggengras oder
wird zu schnell gezeitigt. — Wenn ein Frauenzimmer zum Besuch kommt
(eben so am Gharfreitag und ersten Ostertag), so wirft man ihr beim Weg-
gehen Asche nach , um nicht grossen Schaden zu haben auf Feldern und
Wiesen. — Wer nicht vor Sonnenaufgang auüstebt, dem bleibt ein «Bä-
renseblaf». — Die Weiber trinken sich die «Marienröthe» zu. — Man
bereitet das Land für die Kohlpflanzen , damit Maria sie gegen die Kälte
schütze. — Wer an diesem Tage fischen geht, wird immer reichlich fan-
gen. — Am Abend vorher legt man ein Ei auf den Holzhaufen; ist es am
Morgen darauf noch ganz , so wird Frost dem Getreide nicht schaden. —
•_ 355 —
Wenn am Marientage noch Schnee auf dem Dache Hegt, so wird zu St.
Georg (23. April) noch Schnee am Zaun liegen. — Von den Nächten vor
und nach Maria Verkündigung scbliesst man auf die Witterung des Jahres.
Thaut es, so wird der Frühling warm sein, aber im Herbst das Sommer-
getreide vom Froste leiden , friert es, so wird umgekehrt der Frühling kalt
sein, aber das Sommergetreide gut reifen. — Auf neun Tage und Nächte
geht die Sonne in die Schneetrift (ang), und diess heisst arine-aeg, dar-
aufgeht sie auf eben so lange Zeit in's Wasser, und diess fangt an warm
tu werden. '
Ambruse-päew (4. April). Der Hecht und der Sein (Kühling,
Cyprinus Idus) fangen an zu steigen.
Charwoche. Am Palmsonntag geht man in den Schafstall und setzt
sich auf den die Abtheilung für die Lämmer bildenden Zwischenzaun, da-
mit die Schafe gut gedeihen. — Am Morgen des Gründonnerstags legt
man für die. jungen Mädchen ein Ei in's Wasser, damit sie immer jung
uod schon bleiben, für die Männer Silbergeld, damit .sie auf Reisen Alles
trinken können ohne zu erkranken. Am Morgen dieses Tages selbst darf
man übrigens durchaus nicht eine Reise antreten, allenfalls später im Ver-
lauf desselben. — Am Gründonnerstag und Gharfreitag machen die Fischer
ihre Netze zurecht und räuchern sie, die Jäger machen die Lockpfeifen,
die Kinder bringen Gesträuch und Späne in's Zimmer, damit sie im Som-
mer viel Vogelnester finden. — Am Morgen muss man beim Aufstehen aus
dem Bette drei Mal auf Eisen treten und sprechen: jalad nl köwad ja
wi&id kui raud ! (die Füsse so hart und fest wie Eisen) , dann bleiben
die Füsse gesund. — Wer- nicht am Gharfreitag vor Sonnenaufgang den
Kehricht aus der Stube verbrennt, wird viel von Fliegen zu teiden haben. —
Wer an diesem Tage (oder am Gründonnerstag) sein Pferdegeschirr flickt,
dessen Pferde ermüden nicht bei der Frühlingsarbeit, und ein dann aus-
gebessertes Schiff ist sicher vor Beschädigung' auf dem Meere. — Wer am
Gharfreitag oder Neujahr seine Netze aufschlägt, der wird reichlich Fische
damit fartgen. — Man darf am Gründonnerstag und Gharfreitag nicht Wa-
sche klopfen, sonst werden schwere Gewitter sein (vgl. St. Georg). —
Madchen müssen «armastuze-rohtu» (Philtra) kaufen, damit eher ein
Bräutigam kommt. — Bienenbesitzer gehen in der Nacht vor Gharfreitag
23*
— 356 — .
um den Zaun des Bienengartens und stecken immer Wacholder- und Eber-
eschenzweige hinein , damit die Bienen gut schwärmen und nicht fort zie-
hen, und damit sie, wenn Jemand in böser Absicht hinein geht, ihn tüch-
tig zerstechen.
Ostern. Am Morgen des ersten Ostertages soll die Sonne vor Freude
über die Auferstehung tanzen, d. b. auf und nieder schweben. — Man
kämmt und wäscht sich nicht, eben so wie am Matthiastage. — Wenn
ein fremdes Weib in den Hof kommt, so muss man ihm beim Weggehen
Asche nachwerfen, sonst konnte, man grossen Schaden auf Feldern und
Wiesen haben (eben so am Charfreitag und Maria Verkündigung). — Wer
vor Tagesanbruch die Ruthe eines jungen Bullen betastet, wird im Sommer
viel Vogeleier finden (eben so am Charfreitag und St. Georg).
Künni-päew (14. April). Das Feld fangt an zu grünen und das
Pflügen muss beginnen; wenn die Witterung es nicht erlaubt, so ist es ein
grosses Leidwesen. Kommt der Pfluger von diesem ersten Pflügen nach
Hause, so wirft man' ihm mit einem kleinen Gelasse Wasser in's Gesicht,
dann soll er im Sommer nicht hinter dem Pfluge einschlafen.
Jflri-päew (23. April) ist einer der bedeutungsvollsten Tage für
den Landmann. St. Georg ist der Termin, von welchem regelmässig die
Landpachten, auch andere Verträge, beginnen.
Nach einer Sage soll an diesem Tage die Erde sich geöffnet and aus
dem Spalt übelriechende Dunste ausgebaucht haben, da soll ein Mann Na-
mens Juri (Georg) den Spalt zu geworfen und damit dem Verderben Ein-
*
halt gethan haben; daher die Feier des Tages unter seinem Namen. Er
wird als ein grosser Feiertag angesehen ; wer irgend kann, schlachtet
etwas und braut Bier, oder bringt es sich wenigstens aus der Schenke,
und singt und schmaust fröhlich.
An diesem Tage muss in einem normalen Jahre schon junges Gras
auf den Wiesen sein, daher, wenn irgend möglich, das Vieh auf die Weide
getrieben wird, und das Roggengras muss schon sp hoch sein, das£ es eine
in der Furche sitzende Krähe verdeckt, man darf aber nicht früher hinaus
geben sein Roggenfeld zu besehen. — Die Baumrinde löst sich durch den
Zufloss des Saftes, was die Knaben zur Verfertigung ihrer Weidenflöten
— 357 —
benutzen. — Die Rothfeder (Leuciscus rutilus L.) fangt an in den Bächen
aufwärts zu ziehen.
Wenn man an diesem Tage barfuss in den Hof eines Bienenbesitzers
geht, so wird die Bienenbrut ihn verlassen. — Wer die Ruthe eines Bul-
len betastet, wird viel Vogelnester finden. — Wenn am Morgen sich Thau
findet, so wird der Roggen vor St. Jacobi (25. Juli) reifen. — Wenn dem
nach Hause kommenden Vieh Strohhalme am Maul hängen, so wird es ein
schlechtes Getreidejahr sein, wenn Heuhalme, ein schlechtes Heujahr. —
Wenn eine Hüterruthe nach Hause gebracht wird , so verwandelt sie sich
in eine Schlange. — Wenn es vor St. Georg gewittert, so wird der Som-
mer kühl sein. — Wer vor St. Georg einen Frosch sieht, dem werden
den ganzen Sommer über die Zehen nicht verbäht. — Wer drei Tage vor
St. Georg in einen Ameisenhaufen spuckt, dem wird die Sonne im Som-
mer das Gesicht nicht verbrennen. — Wer vor St. Georg nächtern einen
Kuckuck rufen hört, hat in diesem Jahre Schaden durch Feuer zu be-
fürchten.
Da der heilige Georg für den Hüter und Beaufsichtiger der Wolfe gilt
(vgl. XVI), so steht sein Jahrestag naturlich in vielfacher Beziehung zu
diesen. Am Morgen dieses Tages bekommt der Wolf einen Ring um die
Schnauze und eine Halfter um den Kopf, wodurch er bis Michaelis we-
niger gefährlich ist; wenn jedoch St. Georg auf einen Freitag des Neu-
mondes fallt, oder wenn man vor diesem Tage mit zwei Waschbläueln die
Wäsche klopft, so ist das Vieh durch den Wolf sehr gefährdet. Noch vie-
les Andere ist zu beobachten, resp. zu vermeiden, um die Schädigung der
Herde durch die Wölfe abzuwenden. Die Hüterknaben dürfen vor St. Georg
nicht Fleisch oder Butter essen bei der Herde , sonst wird der Wolf viel
Thiere rauben, und die Butter wird nicht zusammen geben, auch nicht
Feuer anzünden, damit der* Wolf nicht c feurige Zähne» bekomme. Vieh-
glocken darf man nicht vor St. Georg machen und dem Vieh anhängen,
sonst wird der Wolf dadurch herbei gerufen; eben so darf man auch Zäune
nicht vor St. Georg machen, damit der Wolf nicht hindurch kommt. Wenn
man am Morgen dieses Tages näht , so bleiben die Jungen des Wolfes
blind. Man sucht in der Nacht vor St. Georg Wolfskoth, verbrennt ihn zu
Hanse und räuchert das Vieh damit, oder man sammelt Knochen auf den
— 358 —
Weiden und verbrennt si&auf einem Kreuzwege, was auch sonst nach
gegen Krankheiten durch Zauber oder böse Geister gut ist. Man schärft den
Kindern ein , nicht mit einem Stocke in der Erde zu stochern oder sonst
Unart zu treiben; man geht vor Tagesanbruch auf eines fremden Herren
Gebiet und stört in einem Ameisenhaufen; man trägt eine Menge Gesträuch
zusammen, zündet es an und macht einen grossen Rauch, aber frisches
Holz hauen oder Aeste abbrechen darf man nicht. Anderes noch kommt
vor bei dem ersten Austreiben der Herde auf die Weide, wovon sogleich
unten.
Eine von vielen Geremonien begleitete und mit vielen Vorschriften
verclausulirte Hauptaction ist dieses erste Austreiben der Herde, was, wean
nur irgend möglich, an diesem Tage geschieht (vgl. IX, a), sollten auch
die Thiere bisweilen hungriger nach Hause zurück kehren als sie ausge-
gangen sind. Ohne Zweifel hat diess seinen Grund in der Beziehung, in
welche der h. Georg zu dem Wolfe gedacht wird. Am Morgen , vor dem
Austreiben giebt der Hirt den Hausvätern und Hausfrauen zu trinken, da-
mit der Wolf die Thiere nicht beschädige, und empfangt dabei für jede
Kuh das so genannte • Schwanzgeld ». Der Hausherr beschreibt mit dem
Gelde einen Kreis um den Kopf des Thieres und- legt es dann auf den
Dungerhaufen nieder. Der Hirt steckt seinen Stock in die Erde , legt sei-
nen Hut darauf, betet drei Vaterunser und gebt drei Mal um das Vieh
herum; wenn er zum dritten Mal wieder zu seinem Stocke gekommen ist,
so treibt er die Thiere hinaus, jedoch ohne sie zu schlagen. Mancher holt
sich den Stock, gewöhnlich von Ebereschenholz, von dem Boden eines an*
deren Herren, Mancher legt auch in ein verspundetes Loch desselben etwas
Quecksilber. Die Thiere schmiert man mit Theer, damit sie gesund blei-
ben; man steckt ihnen auch Brot, Salz, Schiesspulver in den Hals, und
im Thor wirft man ihnen Salz auf den Rücken gegen « rabandus» (plöci-
liche Krankheit) , und damit sie kräftig seien. Wenn man einem Thiere
die Glocke anhängt, so legt man vorher Salz und Brot hinein und giebt
von diesem Brote auch den anderen Thieren , dann halten sich alle nach
dem Klange der Glocke bei einander. Während die Kühe aus dem Stalle
kommen, muss die Hausfrau recht oft sprechen: sitt ja kuzi küla-rah-
wale, wöi ja plm meile (der Koth und der Harn den Nachbarsleutea,
— 359 —
die Butter und die Milch für uns). Man beräuchert das Vieh mit Asa foe-
(ida oder Schwefel gegen Hexerei und böse Dünste. Man schneidet mit
einer Sense ein Kreuz in die Pforte. Man legt vor die Stallthür oder vor
die Pforte Eier oder ein scharfes Werkzeug (Sense, Beil), und welches
Thier dann ein Ei zertritt oder sich beschädigt, das wird von dem Wolf
zerrissen werden oder sonst den Winter nicht erleben, und Mancher schlach-
tet es daher schon lieber sogleich, um wenigstens das Fleisch zu retten.
m
Man legt auch überhaupt etwas Eisernes, eine Brechstange oder den Kes-
selhaken, vor die Thür als ein Schutzmittel. — Statt des oben beschriebe-
nen Stockes bat der Hüter auch eine gedrehte Birkenruthe, und wenn er
diese beim Austreiben zu den Thieren wirft, so verlaufen sie sich auf der
Weide nicht. Oder er läuft mit einem Stein in der Hand drei Mal um die
Herde und wirft dann den Stein mitten in dieselbe, dann bleibt sie eben-
falls beisammen. Anders wo .läuft auch die Hausfrau selbst, wenn das
Vieh zur Hofpforte hinaus gegangen ist, drei Mal um dasselbe zu dem näm-
lichen Zwecke. Sie begleitet wohl auch selbst ihre Thiere, welche dann
nur kurze Zeit auf der Weide bleiben. Dazu hat sie von den Weihnachts-
broten (s. oben) eins aufbewahrt , diess nimmt sie in einem Sack auf den
Rucken, dazu Salz und ein Ei in einem Handschuh und den Kesselhaken, geht
drei Mal in der Richtung des Sonnenlaufs um das Vieh, betet ein Vater-
unser, legt Ei und Kesselhaken vor die Pforte und treibt dann die Thiere
hinaus. Während sie auf der Weide sind , hat sie immer den Sack auf
dem Rücken und ein Buch in der Hand , und wenn die Herde nach Hause
kommt, so vertbeilt sie das Brot gleichmässig unter die Hausgenossen. —
Der Hüter muss immer bei der Herde sein und Acht geben , dass keine
Hexe dazu kommt, und so wohl er wie die Hüterknaben dürfen ja keinen
Zweig abbrechen (vgl. oben). Diese letzten müssen fasten, und sie be-
kommen kein eisernes Werkzeug (Beil oder Messer) mit, sonst würde das
Knebeln des Wolfes durch den heiligen Georg (s. oben) nichts helfen, son-
dern nur einen Stock, welchen sie am Abend zurück bringen müssen. —
Wenn die Herde von dem ersten Gange auf die Weide zurück gekommen
ist, so wirft man dem Hüter Wasser über den Kopf, damit er den ganzen
Sommer über aufmerksam sei. Die Ruthe^ mit welcher er die Thiere aus-
getrieben hat, steckt er in den Rand des Daches, dann bleiben sie den
— 360 —
ganzen Sommer ruhig auf der Weide, und jedes Stück kommt richtig wie-
der nach Hause. — Wenn ihre Kühe zum ersten Male nach Hause kom-
men, so eilt die Hausfrau ihnen entgegen, um alle Butter von ihnen zu
bekommen.
Noch vielerlei Anderes wird mit Rücksicht auf den Georgentag gethan
oder nicht gethan. Man lässt einen heissen Stein in's Wasser hinab , um
das Weiter warm zu machen ; die entgegengesetzte Wirkung hat es, wenn
man vor St. Georg im Freien Feuer anmacht. — Man verbrennt das Stroh
des Weihnachtsabends (s. oben) im Kohlgarten und räuchert mit Wacholder
von dreier Herren Gebiet zum Schutz gegen Raupen. — Wenn es ge-
wittert und man während dessen drei Purzelbäume schlägt, so wird zur
Erntezeit der Rücken nicht schmerzen. — Wenn man (beim Weben, Wa-
schen oder sonst) klopft, so werden viele Gewitter und Ungeziefer sein;
anders wo indessen hält man gerade darauf, dass die Hausfrau beim We-
ben tüchtig mit der Lade klappert. — Vor St. Georg darf nicht ein
Frauenzimmer mit Stricknadeln oder Jemand mit blossen Füssen in einen
fremden Hof gehen, sonst thun die Schlangen dort Schaden. — Wer an
diesem Tage ein Eisen auf der Erde findet, wird das ganze Jahr gesund
bleiben. — Man darf keine Feldarbeit mit Rindern verrichten, damit
nicht dir Hagel das Getreide zerschlage. — Am Morgen geht man aufs
Feld hinaus und schlägt mit Dreschflegeln auf den Boden, als wäre man
beim Dreschen, dann wird man im Herbst reichlich zu dreschen haben.
Auch lässt man aus dem Ringfinger der linken Hand auf jede der vier
Ecken des Feldes drei Tropfen Blut fallen unter Anrufung des Lijon (s.
XV). — Wenn man mit Schweinekoth im Munde drei Mal barfuss um die
Stube geht, so wird man viel Vogelnester finden.
Noch geschieht endlich an diesem Tage, zugleich auch am Johannistag
und am Donnerstag zwei und eine Woche vor Himmelfahrt (ezimene ja
teine ri6ti-päew), Manches, wodurch man Vortheil zu erlangen und Scha-
den abzuwenden oder anzurichten meint, ohne dass ich genau erfahren
hätte, worin diese eigentlich bestehen. So kriecht man ohne Hosen und mit
einem Kummet um den Hals unter einer Zaunstütze hindurch; man legt
Tabak, Steine, Feuerbrände, Kohlen in das Getränk des Viehes, in Troge
— 361 —
und Ställe , oder man . vergräbt sie auf Feldern oder in den Vorratshäu-
sern ; in der Nacht melkt man fremde Kühe aus , besprengt sie mit Blut,
beschert Pferde und Schafe ; man setzt Pferden ein Haarseil oder beschmiert
sie mit Koth, bringt in fremde Wohnungen Eier, Fleisch, Fett, Eingeweide,
Salz. Zu den letzten Proceduren, wobei ohne Zweifel ein böser Zauber
beabsichtigt ist, vergleiche man XIII.
Markuse-päew (25. April). Man darf nicht pflügen, sonst stirbt
das Vieh plötzlich, daher auch surma-päew od. äkk-surma-päew (Ster-
benstag, Tag des plötzlichen Sterbens). — Wenn es an diesem Tage
nicht friert, so hat im Herbst die Gerste nichts vom Frost zu furchten.
Koige tarkade od. k. nöidade päew (der Tag aller Klugen,
d. h. Zauberer, oder Hexen), Wofbri-p., Wilpuze-p. (4. Mai). An
diesem Tage müssen die Erbsen gesäet werden. Es darf nicht geheizt
werden, weil das den Blitz anzieht.
Ri£ti-pä£w (Himmelfahrt), od. Sür riäti-päew zum Unter-
schiede von den drei vorhergehenden Donnerstagen, welche ebenfalls
riäti-päew (Kreuzestag) heissen, nämlich tiUe-riäti-päew, linnu-r.-p.,
lehe-r.-p. Zur Feier des Tages wächst das Gras eine Stunde lang nicht.
— Das Vieh kommt zum ersten Male zu Mittag nach Hause, eine «nö|d»
(Hexe) geht ihm mit einem Stöckchen (nöja-kepp) entgegen, berührt die Kühe
damit und spricht: Sit wöid, Sit plma (von hier Butter, von hier Milch).
— Am Donnerstag eine Woche vorher (tüle-ri$ti-päew) darf nicht ge-
säet werden, damit nicht später der Wind das Getreide durch einander
wirre, und damit die Schafe mehr Wolle geben. Damit die von Lappland
wehenden bösen Winde das Vieh nicht beschädigen, darf es am ersten
«ri&ti-päew» den ganzen Tag, am zweiten den Vormittag, am dritten
ohne gefüttert zu sein nicht hinaus gelassen werden.
Eriku-päew (18. Mai) ist der Tag, an welchem die Roggenähren
erscheinen.
Neli-pühad, neli-pfihi (Pfingsten) wurde früher vier Tage lang
gefeiert, daher der Name (Vierfest).
Wltuse-päew(i5. Juni) ist der Tag, an welchem die Kohlpflan-
zen versetzt werden müssen.
— 362 —
Jäni-päew (24. Juni). Die Feier des Johannistages geschieht sehe«
am Abend und in der Nacht vorher. Das Johannisfeuer soll die Hexen
vom Vieh ab halten. Man nimmt dazu mit brennbaren Stoffen gelallte Tbeer-
tonnen auf Stangen oder einem abgehauenen Baum, welchen man aufrichtet
und in Form eines Thurmes oder einer Pyramide mit Wacholder umgiebt.
Aus jedem Hofe wird eine Person geschickt um Wacholder zu hauen , und
es werden wohl bis zehn Fuder davon zusammen gebracht. Um dieses
Feuer versammelt sich Alt und Jung, und es wird gescherzt und gejubelt
mit Gesang und Musik bis zum Morgen. Jeder hinzukommende bringt
noch etwas mit in's Feuer zu werfen, damit es länger erhalten wird, Holz,
Wacholder, Stroh. Man singt: iga üks nüd kokku tuleb Sin, kus
Jäni-tuli pöleb; Kes ei tule Jänitulele, Seile odrad ohakazed,
Kaerad on kaste-hejnased (nun kommt Jeder zusammen hier , wo das
Jobannisfeuer brennt; wer nicht zum Johannisfeuer kommt, dessen Gerste
ist voll Disteln, der Hafer voll Th au gras). Man wirft auch drei besondere
Klotzchen hinein, bei dem ersten sagt man «tudrad tnlese» (die Leindotter
in's Feuer), bei dem zweiten «kaste-heinad kargele» (das Thaugras auf
das ungepflegte Land), bei dem dritten «linad nrinu pöllu peale» (der
Flachs auf mein Feld). Stellweise wird zum Johannisfeuer Reisig um
einen Baum geschichtet , auf dessen Gipfel ein Fähnchen steht , und man
versucht es mit Knütteln herab zu werfen , ehe es von der Flamme er-
griffen wird ; wem diess gelingt, der erwartet Glück dafür. Mancher zün-
det auch noch besondere Feuer an den Feldrändern an , damit der Rauch
über das Feld hin ziehe und das Unkraut vertilge. Ein besonderes, mit
Musik und Gesang verbundenes Spiel am Johannisabend ist nuku-mfirig
od. nukku jöksma, wobei ein in den Wald laufendes Mädchen von den
verfolgenden Burschen gehascht wird (vgl. VII); auch sonst ziehen sich junge
Paare in den Wald zurück, wobei es nicht eben decent hergeht. — Sehr
beliebt ist es, am Jobannisabend , auch wohl noch am Johannistag selbst,
aber nicht später, neunerlei Kräuter zu sammeln, welchen besondere
Kraft beigelegt wird; immer befinden sich darunter jäni-rohj, sala-koi-
rohi, poi-rohi, rawanduze-rohi und kaetis-rohi (vgl. d. Lexikon).
Sie dienen theils als Heilmittel für Menschen und Thiere, theils zu ver-
schiedenem abergläubischen Gebrauche. Man steckt sie als Glucksblomen
— 363 —
üi's Dach oder in die Wandritien oder hingt sie in Kränzen an die Wand
auf den Namen der einzelnen Bewohner des Hauses ; wenn die einem
Midehen geweihten dort wachsen, so wird es bald heirathen, wenn die
ffir alte Leute angebrachten vertrocknen, so sterben diese1). Man giebt
sie auch dem Vieh, wenn es ausgetrieben wird, und beräuchert Vieh un*
Fasel und Bienenstöcke (gegen Raubbienen) damit, wozu dann auch Späne
aus den Thurschwellen gelegt werden. Man hängt auch Büschel davon
um das Haus, um böse Geister abzuhalten; Mädchen legen sie unter das
Kopikissen, um ominöse Träume zu haben. Man sammelt auch Nesseln
und andere Krauter, fegt mit dem Besen Kohlen darunter und giebt davon
im Winter den Kühen zu fressen. — Man bringt am Abend Knochen auf
den Anger, um das Vieh vor Schaden zu bewahren. In der Nacht geht
man auch auf das Feld und steckt belaubte Zweige hinein , man reitet um
die Grenzen seines Grundstückes, bis die Sonne aufgeht. — In dieser
Nacht soll auch über den in der Erde verborgenen Schätzen ein Feuer
brennen. — Melkt man heimlich Kühe, so wird ihr Eigentümer im Som-
mer keine Milch von ihnen haben. — Damit die Bohnen nicht vom Rost be-
schädigt werden, wirft man alle scharfen Werkzeuge im Hause in den
Bohnengarten. — Am Johannistage lüftet man die Kleider, welche nicht
im gewöhnlichen Gebrauch sind, und meint, dass der Johanniswind sie
gegen Motten bewahre. — Vor Johannis ist die Butter gelb; von Jphannis
an nimmt die Milch ab, denn, sagt man, Jan wötab püti, Karus kaks,
Olew höpis (Johannes nimmt eine Schale, Karus, d. h. der Margarethen-
tag, 13. Juli, zwei, Olaus, 29. Juli, Alles). — Man bereitet am Johan-
nistag eine besondere Festmahlzeit, Jäni-kahi, von welcher nichts nach-
bleiben darf; die Reste giebt man den Hunde/i, und was diese nach lassen,
verbrennt man. — Die Nacht vor dem Johannistage ist auch die Zeit, in
welcher die Hexen besonders beschäftigt sind Böses anzustiften. — Wer
am Morgen des Johannistages durch das Kummet eines schwarzen Hengstes
zam Giebelloch hinaus sieht , der siebt den Teufel mit seinem Gelde be-
1) Zu solchen Glücksblumen oder Kränzen dient, wie bei den Letten, na-
mentlich das Haualaub (Sempera vum) oder andere Crassulaceen, welche die Ei-
genschaft haben, eine Zeitlang auch von der Luft allein zu leben.
1
— 364 —
schäfligl, und wenn er mit einem Ochsenjoch darauf wirft, so wird das,
was darunter bleibt, sein Eigenthum.
Hejna-Mäfja-päew od. Puna-Mäfja-päew (2. Juli). Der
erste Name (Heumarientag) bezieht sich darauf, dass dann die beste Heu-
zeit ist, der zweite (Rothmarientag) darauf, dass dann die zum Rothfarben
gebrauchten Kräuter von den Weibern gesammelt werden. — Der Tag
wird als ein halber Feiertag angesehen, und man macht nur Nebenarbeiten
an demselben. — Er ist derjenige, an welchem zuletzt noch durch einen
Regen der Schade eines dürren Sommers gut gemacht werden kann. —
Man darf nicht Heu trocknen oder in Schober stellen, damit nicht der Blitz
es verbrenne. — In den Kästengegenden brennt man auch Freudenfeuer
wie am Johannistage. — Man muss Branntwein trinken, «Märja-puoa»
(Marienröthe), sonst wird man sehr von den Flöhen geplagt.
Mareta-pSew, Karuse-p. (13. Juli). Maret ist Beschützerin
der Kindbetterinnen. — Wer krankes Vieh oder sonst ein Ungemach hat,
geht rücklings an ein nach Osten gerichtetes Fenster und wirft dort alte
Kupfermünzen u. a. als Loskaut hin. — «Mareta-päewal sab häda-
lejwa, Olewi-päewal sab laja leiwa» (am Margarethentag bekommt man
ein Nothbrot, am Olaustage ein breites Brot), vgl. d. Folgende und IX, a.
Mäfja-Mädalena-pä£W, Madli-p. (22. Juli). «Madleke
tob häda-leiba, od. köki, Jfigu tob süre kaku» (Magdalencben bringt
Nothbrot, Jakob ein grosses Laib), vgl. IX, a.
Jäkobi-päew (25. Juli), vgl. die beiden vorstehenden Tage. —
«Nfid wikat warna, sirp kätte» (jetzt die Sense an den Nagel, die
Sichel in die Hand), denn in der auf den Jacobitag folgenden Nacht soll
ein eiserner Nagel in das Gras geschlagen werden , so dass es schwer zu
mShen ist. Andere sagen, mit dem Jacobitag werde die Sense für Morast-
heu an den Nagel gehängt und die für Wiesenheu zur Hand genommen,
denn «öze 15b träti sö-heina sisse» (in der Nacht fährt Draht in das
Sumpfheu). — Wenn man an diesem Tage einen Schober macht, so wird
der Blitz ihn anzünden, vgl. 2. Juli.
Olewi-pägw, Olepi-p., Olu-p., Oli-p. (29. Juli). Wer
irgend kann, schlachtet an diesem Tage ein essbares Thier. Wer nicht
ein Schaf schlachtet, dem wird das beste Thier der Herde sterben. — Die
— 365 —
letzte Heuarbeit wird getan, der letzte Heuschober beendigt, und die
Feldarbeit beginnt, «sls härjad ikke, rönad rakke» (dann die Ochsen
in 's Joch, die Pferde infs Geschirr).
Lauritse-päew (10. August). Es darf zwischen Aufgang und
Untergang der Sonne weder geheizt noch gekocht werden, um gegen
Feuersbrunst bewahrt zu sein. Einige geben als Grund für diesen Glauben
an, dass zwei Mal am 10. August der Tempel zu Jerusalem verbrannt
sei. — Wenn es an diesem Tage trockenes Wetter ist, (nach Anderen,
wenn es regnet), so werden viele Feuersbrünste sein. «Laurits peksab
reht» (Laurentius drischt in der Scheune) sagt man, wenn man eine
Feuersbrunst sieht. — Man geht nicht aufs Feld zur Arbeit; nach Ande-
ren beginnt an diesem Tage die Saat. des Winterroggens (vgl. 15. August),
und zwar für altes Saatkorn bei schwerem Boden.
Rukki-Mäfja-päew, ktili-M.-p. (15. August), so genannt,
weil der Tag von Maria Himmelfahrt mitten in die Zeit der Roggensaat
fallt.
Pärtli-päew, Pärkmize-p. (24. August) ist der Tag der Rog-
gensaat mit neuem Getreide in leichten Boden (vgl. 10. August). — Es
werden Bocke geschlachtet. — Wenn an diesem Tage die Sonne scheint,
so wird es viel Feuersbrünste geben. — Am Bartholomäustag sagt man
«nael heina,-kiwi kaewu» (ein Nagel in's Heu, ein Stein in den Brun-
nen), d. h. das Heu wird hart, das Wasser im Brunnen rein, weil es an-
langt kühl zu werden.
U6si-Mäfja-päew, pizikene M.-p. (8. September). An die-
sem Tage sollen sich die Würmer verlieren, welche dem Roggen schaden.
Matteuze-päew (21. September). Da verlieren sich Mucken und
Fliegen , und alle schädlichen Thiere gehen in ihr Winterlager. — Wer
an diesem Tage Feuer anmacht, dessen Kinder und Gesinde werden
kränklich.
Mihkli-päew (29. September). Einige nehmen an diesem Tage
das Schlachten eines Schafes vor (vgl. 29. Juli), Andere verlegen auf ihn
die Feier des Georgentages (23. April). — Von welcher Seite der Wind
webt, von da wird er im ganzen Jahre oder vom Winter bis Jobannis
herrschen. — Wenn Einer ein Schaf an diesem Tage schlachtet, so muss
— 366 —
es bis zum Abend vollständig verzehrt sein. Mit dem Schaum von dem
gekochten Fleische bespritzt man die Wände des Schafstalles. — Wenn
der Michaelistag bei Neumond eintritt, so wird das Viehfutter nicht aus-
reichen. — In der Nacht sollen die Kohlköpfe um so viel wachsen, dass,
wenn man einen wollenen Faden darum gebunden hat, dieser zerreisst. —
Die Zeit von Michaelis, wenn es auf einen Montag Fällt, oder von dem
Montag darauf 4 Wochen lang ist eine Art Festzeit, hingede-aeg ge-
nannt, während welcher Manche keine Hülsenfrüchte essen und nur drei
Tage in jeder Woche zum Arbeiten geeignet finden, Andere nur an den
Montagabenden feiern. Wenn zu Ende dieser Zeit freundliches und gelin-
des Wetter ist, so erwartet man Fruchtbarkeit für das nächste Jahr, wenn
es schneit und windig ist, Misswachs. Andere sagen, wenn die Geister
im Wagen kämen und im Schlitten ab zögen , so bedeute das ein gutes
Jahr, umgekehrt ein schlechtes. — Jeden Montag Abend wird ein Aller-
seelenfest gefeiert, wie unter dem 2. November geschildert ist, am höch-
sten den ersten und letzten Montag, den Tag über aber kann gearbeitet
werden. Am ersten Montag bewirthet man die Geister mit Brei und Wei-
zenbrot von diessjähriger Ernte; der letzte Montag heisst humalate-päew
(Hopfentag), und an diesem werden ihnen Hühner oder ein Schaf geschlach-
tet. Im Süden ist der Gebrauch, jeden Sonnabend «kilt-sanna käkf» zu
feiern, d. h. Mädchen sammeln allerlei Esswaaren ein, davon wird in
irgend einer Küche oder Badstube ein Tractament angerichtet, zu welchem
die jungen Bursche aus der Umgegend zusammen kommen, und es wird
allerlei anständiger und unanständiger Scherz getrieben. — Auch der Tag
eine Woche nach Michaelis ist ein Feiertag unter dem Namen kolme-
ingü-päew (der Dreiengelstag). — Wenn man vor Michaelis die Ziegen
um einen grossen Stein führt, so kommt bald Schnee.
Kolletamize-päew (14. October) wird so genannt, weil dann
das Getreide anfangt zu welken.
Hingede- od. hinge-päew, hinnekeste-p. (Seelentag r 2.
November). Die Seelen der Verstorbenen dürfen. an diesem Tage umher
gehen, daher wird ihnen eine Mahlzeit bereitet, zu welcher sie mit Namen
beim ersten Hahnenschrei eingeladen werden» während die Hausgenossen
hinaus gehen. Beim zweiten Hahnenschrei bittet der Hausvater sie wieder
— 367 —
fort zu geben, aber nicht sein Roggengras zu zertreten oder die Wurzeln,
zu beschädigen, leuchtet ihnen hinaus, weht jedem mit einem weissen
Tuche nach und bittet sie, im nächsten Jahre wieder zu kommen. Anders
wo treibt man sie auch wohl mit einem Besenstiel hinaus, wenn man
meint, dass sie genug haben. Manche stellen das Essen auch auf den. Bo-
den über dem Zimmer, damit Geister und Hausgenossen aus einander ge-
halten werden. Wenn man am anderen Morgen zu bemerken glaubt, dass
etwas davon genossen ist, so freut man sich, im Gegentheil hält man die
Verstorbenen für erzürnt; in beiden Fällen verzehren nachher die Hausbe-
wohner das Angerichtete (vgl. 9. December). — An diesem Tage gehen
die Bären und andere einen Winterschlaf haltende Thiere in ihr Winter-
lager.
Mafdi-päew (10. November). Am Abend vorher gehen die «Mar-
did», eine Anzahl Bursche, mit Singen auch Violinspiel und in mancher-
lei Verkleidungen umher, um allerlei Gaben einzusammeln. Nach der Le-
gende existiren sie seit Luther, haben ihr eigenes Land , und dürfen sich
Dicht am Tage zeigen , um nicht zu sehr die Leute zu erschrecken , weil
sie gar zu «karused» (rauh) sind. Es gehen ihrer ungefähr ein Dutzend,
ein «Vater» und eine «Mutter» (ebenfalls ein Burscb) mit ihren «Kindern».
Der Vater, auch Mafdi-pukk genannt, ist in einen umgekehrten Pelz
gehüllt mit einem Strohgürtel, anders wo auch ausstaifirt wie der nftfi-
sokk (s. Neujahr), die Mutter, aych Mafdi-nörik genannt, trägt Frauen-
kleider und in der Hand ein Stuck Hede , woraus sie Fäden dreht , die
Kinder sind in alten Kleidern mit Barten aus Hede. Der Vater ist angeb-
lieh zu arm um sie zu ernähren und muss daher betteln gehen. So zieht
die Gesellschaft von einem Hause zum anderen und singt1): Tere, tere,
perekene! Tere, tere, tadikene! Tere, tere, eidekene! Eas on
luba tuppa tulla, Alla rästade ajada? Kai 'p ole luba tuppa tulla,
Alla rästade ajada, Sls wöta pinda parresta Ja puhu sa tuli tu-
baje. Mardi kflned külmetawad, Warba-lüd walu teewad, oder
1) Varianten hiervon 8. in dem ersten Jahrgang des « Eesti kirjameette
seltai ajaramat» (Jahrbuch des ehstnischen Literaten- Vereins) Dorpat 1873, wo
S. 67 u. ff. auch eine Beschreibung dieses Gebrauches gegeben ist, und Neus a.
i. 0. S. 93 u. ff.
— 368 —
I
•
Mafdi warbad walutawad (sei gegrüsst, kleiner Hof! sei gegrüsst Vä-
terchen! sei gegrüsst Mütterchen! ist es erlaubt in die Stube zu treten,
unter das Vordach zu kommen? wenn es nicht erlaubt ist in die Stube zu
treten, unter das Vordach zu kommen, so nimm Splitter von der Stange,
blase ein Feuer an in der Stube, Martins Nägel frieren, die Zehenknocben
schmerzen, od. Martins Zehen schmerzen). Oder: Mart ei tule maki pä-
rast, Mart tuleb oma seadust möda, Mart ei tule söma pärast,
Maft tuleb lapsi hirmutama, Mart ei tule jöma pärast, Mart tu-
leb kafja önne pärast. Tuppa tema wiskab wifja önne , Katusele
kafja önne. Mart ei wöta midagi, Kui ej anta temale. Laske
Mardid sisse tulla, Mardi ktined külmetawad, Mardi warbad wa-
lutawad. Mafdid käjwad igal pol, Marti ei wöi fikski kelda, Ees
sfs kelab, Mart sls maksab. Kui ej anta makkisi, Mart sls pek-
sab h&öti (Martin kommt nicht wegen der Wurst, M. kommt seiner Vor-
schrift gemäss , M. kommt nicht des Essens wegen , M. kommt die Kinder
zu schrecken, M. kommt nicht des Trinkens' wegen, M. kommt wegen des
Gedeihens der Herde. In die Stube wirft er das Gedeihen des Getreides,
auf das Dach das Gedeihen der Herde. Martin nimmt nichts, wenn es 1hm
nicht gegeben wird. Lasset die Martine hinein kommen, Martins Nagel frie-
ren, Martins Zehen schmerzen. Die Martine gehen überall, den Martin
kann Niemand hindern, wer ihn dennoch hindert, dem vergilt er es. Wenn
man nicht Wurste giebt, so prügelt er tüchtig). Sie haben dazu schon Ru-
then in den Händen, mit welchen sie tüchtig zuschlagen; auf dieselbe
Weise erbitten sie -sich Bänder, Garn u. a. — Oder der <* Mardi -iza»
(s. oben) wirft eintretend eine Hand voll «Unterkorn» (das schlechteste
Getreide) in die Stube und spricht: sisse wiskan s6me-wiTja, head
odrad, kapnid kaerad, wfcl paremad rukkid (hinein werfe ich das Saat-
korn, gute Gerste, schönen Hafer, noch besseren Roggen). Beim Hinaas-
gehen tanzen sie und singen Gluck wünschend: seie tQusku tömmud
häfjad, sead pitkad slukad, lambad lahke willaga (hier mögen
erstehen schwarzrothe Ochsen, Schweine lang und schlank, Schafe mit wei-
cher Wolle). — In einigen Gegenden backt man besondere Mafdi-kaknd
(Martinsbrote) von Gerste Und Weizen, eins für die 'Martinsbettler, die
übrigen für das Hausgesinde. Ausserdem giebt man ihnen auch ein Licht,
— 369 —
einen Flachszopf, Kartoffeln/ Bohnen, Erbsen, Schinken u. a.; Einige bit-
ten auch am «enne-Jäni-päewast päitsik-lehma üdi» (Mark der weiss-
stirnigen Kuh von vor Johannis her) d. h. Butter. — In der Zeit zwischen
Martini und Weihnachten hält man «männi-toad» (Spielstuben), Kränz-
chen mit Tanz, Spiel und Trinken.
Kad'ri -päew, Kad'rina-p. (25. November). Einen ähnlichen
Umzug, wie die jungen Bursche vor Martini, halten die Weiber am Abend
m dem Katharinentage. Sie haben eine Fahrerin, Kad'ri, diese harnt in
der Stube auf einen Besen (vielleicht eine Anspielung auf das an diesem
Tage gewöhnlich Statt findende Thauwetler, vgl. X), und spinnt einen
Faden mit einer Spindel oder einem Spinnrocken, welche mitgenommen
sind, die Anderen treiben allerlei Posseif und singen, wie: Kad'ri tulnud
kaugeelta Läbi so ja läbi raba, Nfid Kad'ri kfined külmetawad,
Kad'ri warbad walutawad, Sörme-otsad ßöjtelewad. Kadril kas-
kene hobune, Rämmelgane reekene, Pihlakane pUsukene, Tö-
mingane lögukene, Sakad söftnitud jalas, Kindad käpardi käes
(K. ist von weitem her gekommen durch Sumpf und durch Moor, jetzt
frieren K. Nägel, K. Zehen schmerzen, ihre Fingerspitzen beben. K. hat
ein Pferd von Birken, ein Scblittchen von Weiden, ein Peitschchen von Vo-
gelbeeren« ein Krummhölzehen yon Traubenkirschen) die Strümpfe sind ver-
knotet am Fuss, die Handschuhe zusammengeballt an der Hand). Man
giebt ihnen reichliche Geschenke an Wurst, Fleisch, Brot, Butter u. a.,
denn in ihrer Hand, ruht zum Tbeil das Glück des Hauses, da Katharine
die Beschützerin der Herden ist, und wenn sie nicht befriedigt werden,
so schimpfen und fluchen sie. — Anders wo kommt Kadri-hani (Katha-
rinengans) vor, d. h. sie machen eine Gans aus Stroh mit Federn umge-
ben, gehn damit in die Häuser und lassen die Kinder lesen, wofür sie
dann Gaben bekommen, wie oben. < — Weil Katharine Patronin der Herden
ist, so werden an diesem Tage die Schafe geschoren. — Spinnen darf
man nicht an diesem Tage und dem vorhergehenden, weil das den Schafen
Schaden bringe? würde, und Jäger mögen kein Wild schiessen, weil sonst
in diesem Jahre die Flinte nicht gut treffen würde. — Wenn nach dem
Katharinentag die Plejaden c herunter sehen» (?), so werden viel Mädchen
verheirathet werden.
24
^ 370 —
se-P*** wr**1* ***öse',e,,• Das Thauwetter des Ka-
, 2*""ü£» "*"" (,gl- X)-
w i*aes s0* ° ,« neeember). Nicolas wird als Palron der Rinder-
W1*'1 ^ Äther beim Verschneiden der Ochsen um Hülfe zom
h nJe* **&*****(' *. — - Dieser Tag bildet den Schlussstein des eingetrete-
Geil*ibeB '* * .«# wo a° der Boden gründlich und dauernd fest und hart
/*^ üM.tfitfja-päew (8. December). Mit dem Tage nach Maria
r itniss beginnt anders wo (vgl. 2. November) hinge-aeg, h.-päe-
a /Zeit oder Tage der Seelen). Zugleich berücksichtigt man dabei den
ilöü (Donner), Man breitet Stroh über den Fussboden und vermeidet Ge-
~ii5cJi m' geräuschige Arbeit, sogar lautes Sprechen, weil sonst im nach-
jefl Sommer Köu mit häufigem Gewitter strafen würde.
Lütsinaipäew, Lütsna-p. (13. December). An diesem Tage
jjüteo sich Einige davor ihre Ochsen an zu schirren, damit nicht die Herner
sich abreiben und abbröckeln (vgl. Aschermittwoch). — Ein besonderer
Scherz ist aLütsinat lakast kotti ajama» (Lucie vom Boden des Hauses
in den Sack stecken), womit nach Einiger Meinung zugleich alles Böse
von dem Boden weg geschafft wird. Er besteht darin , dass man Einen,
der die Sache noch nicht kennt, heisst einen Sack mit der Mündung nach
oben unter der Luke des Bodens bereit halten, um die Lucie auf zu fangen,
und dass man ihm , während er wartet , einen Eimer Wasser über den
Kopf giesst mit dem Vorgeben, tLfitsia sei geplatzt».
Töma-päew (21. December). «Der schmutzige Thomas wird bin-
ausgetrieben», d. h. das Haus wird gründlieh gereinigt fiir's Weihnacht-
fest. — Der Thomas wird auch als Verderben und Tod bringend ange-
sehen, daher «töne-Tömas mind pärib» (der Todesthomas erwirbt mich),
d. h. ich werde sterben. «Töma karige käzi» (des Thomas starke Hand)
ist die Pest; «Tomas ei püdu» (Thomas berührt nicht) sagt man, wenn
Einer nicht von der Pest ergriffen ist; «Tomas läind tönte» (Thomas ist
in den Bottich gegangen), darum wagt man nicht an diesem Tage Bier zu
brauen. — Anders wo thut man diess gerade und bewirthet die Nachba-
ren, damit die Pferde und auch die anderen Hausthiere gedeihen. — Man
— 371 —
kocht nicht Suppe mit Kartoffeln oder anderem Gemüse , sonst werden im
Sommer die Hähner den Kohl weg fressen. — Es wird auch an diesem
Tage ein Ziegenbock geschlachtet mit besonderen. Geremonien. — Dieser
Tag wird auch nögi-kuke-päew genannt, weil aller Russ (nögi) und
Staub hinaus gefegt werden sollte. Eine Person, nögi-kikas (Russhahn)
genannt, ging von Haus zu Haus und überzeugte sich, dass die Reinigung
gehörig vorgenommen war.
Der Monat von Michaelis bis Simon Juda (29. Sept. bis 28. October)
beisst hinge-kü od. hingede-ku (Seelenmonat) ; wer in dieser Zeit nicht
die Seelen der Gestorbenen bewirthet (vgl. 2. November und 9. Decem-
ber), dem gedeiht die Feldarbeit nicht.
Der Februar wird bezeichnet als huridi-jöksu-kü (Monat, wo die
Wolfe läufisch sind), und von den in diesem Monat Geborenen meint man,
dass sie nicht recht beim Gebrauch ihres Verstandes sind. — Vom Fe-
bruar an wird nicht mehr gefreit, weil man sonst immer frieren würde.
Während der Saatzeit im Frühjahr darf man kein Kleidungsstück nach
Sonnenaufgang waschen, sondern nur vorher, auch nicht in die Badstube
gehen.
Auch den einzelnen Wochentagen wird ihre besondere Bedeutung bei-
gelegt. Von den an ihnen geborenen Kindern hat man den Spruch : püha-
päew püha od. pödew, esmas-p. edew, teizi-p. tözine od. tegija,
kesk-nädal kehw od. kidu, neFjas-p. näFjane, röderikas od. riäti-
alune, lau-päew laisk od. ladus (Sonntag heilig od. kränklich, Montag
kokett od. voreilig, Dinstag wahrhaft od. arbeitsam fc Mittwoch arm od.
schwächlich, Donnerstag hungrig, Freitag reich od. ein Kreuzträger, Sonn-
abend faul od. freundlich).
Am Montag wird keine Arbeit begonnen, keine Reise angetreten, kein
Kind zur Taufe gebracht, man geht nicht zur Verlobung, zieht nicht in ein
neues Haus, bringt kein Thier aus einem Stall in den anderen, fangt kei-
nen Hausbau an, hält nicht Hochzeit, bringt nicht die Braut in einen an-
deren Hof, nimmt nicht Knechte oder Mägde, Hunde oder Katzen an, treibt
im Frühjahr nicht das Vieh aus, bringt es nicht im Herbst in den Stall. —
Dienstag, Donnerstag und Sonnabend gebt man freien. — Mittwoch setzt
man kein Huhn zum Brüten , bevor die Herde nach Hause gekommen ist,
24*
— 372 —
sonst werden die Eier faul. — Am Donnerstagabend arbeitet man nicht,
namentlich wenn man spinnt, so gedeihen die Schafe nicht, sie bekommen
die Drehkrankheit, oder der Wolf frisst sie, man darf auch überhaupt kein
Rad drehen, sonst bekommen sie auch die Drehkrankheit. Der Donners-
tag wurde früher wie ein Sonnabend angesehen, die Feier begann am
Abend nnd dauerte 24 Stunden, wie der jüdische Sabbath um einen Tag
später; was in dieser Zeit gearbeitet wird, kommt dem Jodas (Teufel)
zu Gute. Früher spielte man nur am Donnerstag die Sackpfeife. Man darf
nicht in die Badstube gehen, sondern thut diess statt dessen am Mittwoch.
Man darf nicht freiwillig mit einem Pferde arbeiten, sonst bekommt es
einen Schaden; auf Befehl der Gutsherrschaft verrichtete Arbeit schadet
nicht. Man darf nicht pQügen , sonst verlieren die Ochsen die Hörner (vgl.
noch XII, XIII, XIV, XV). — Freitag ist ein Unheilstag, an welchem man
auch Alles vermeidet, was oben bei Montag angegeben ist; aber doch
wird, wer immer an diesem Tage die Nägel beschneidet, von Zahnsehmerz
verschont bleiben. Wenn man an diesem Tage eine Viehmagd annähme,
so würde der Wolf der Herde Schaden thun , und wenn man in die Bad-
stube ginge,, so würde sich das Wasser in Blut verwandeln; nach Ande-
ren geschieht diess am Sonnabend Abends für den, welcher der Letzte ist,
oder wenn es ein Frauenzimmer ist, so wird es der Teufel sich zum
Weibe nehmen; nach Anderen wird, wenn man Sonnabends in die Bad-
stube geht, das in den Gelassen zurückgebliebene Wasser zu Blut, wenn
man sie nicht umkehrt. Am Sonnabend darf man auch Abends keinen
Strumpf stricken. — Das Verkaufen eines Thieres darf nur an einem
Werkeltage geschehen.
Viel EinBuss schreibt man bei allerlei Handlungen der Zeit des wach-
senden oder abnehmenden Mondes zu, worüber IX, a zu vergleichen ist.
XII. Heilmittel, natürliche nnd sympathetische.
Die Ehsten wenden gegen Schäden und Krankheiten dreierlei Mittel
an, 1) magische, Zaubersprüche, von welchen weiter unten (s. XIII) die
Rede sein wird, und von welchen schon 1854 Dr. Kreutzwald und
— 373 —
Neue eine beträchtliche Anzahl bekannt gemacht haben in ihren »Mythi-
schen und magischen Liedern«, — 2) sympathetische, wo wirklich etwas
Substantielles angewendet wird, das aber keinen wirklich physischen Ein-
fluss auf den Organismus haben kann, — 3) wirkliehe Arzeneien, wie sie
auch die Pharmacopöe anderer Völker hat. Es ist indessen nicht immer
leicht and sicher, diese drei Kategorien zu unterscheiden und zu bestim-
men, wohin ein gewisses Heilverfahren eigentlich gehöre, denn auf der
einen Seite tritt öfters tu körperlichen Mitteln das Wort, die Zauberformel,
noch hinzu; auf der anderen Seile mag auch der Ehste bei manchem Mit-
tel, dessen physische Wirkungslosigkeit dem Gebildeten wohl einleuchtet,
doch vielleicht auch an eine wirkliche medieinische Einwirkung im engeren
Sinne glauben, z. B. wenn er. Wanzen in Branntwein eiogiebt oder gegen
Augenkrankheit ein Stückchen gebranntes Leder auflegt; oder es bekommt
häufig das natürliche Mittel durch Zeit und Ort des Erlangens und andere
Nebenumstände zugleich die Bedeutung eines sympathetischen. So mag
denn auch bei der hier gemachten Scheidung Mancher im Einzelnen an-
derer Meinung sein.
a) Natlrllehe Heilmittel »).
Bei Augenkrankheit wird (wohl wenn es Trachom ist), das Augenlid
mit dem Staube von einem Schieferstift gerieben oder Morgens mit dem
eigenen Urin gewaschen. Gegen Entzündung verreibt man ein kleines
Stückchen Seife im Augenwinkel, räuchert mit Siegellack, der über das
Meer gekommen ist, oder legt eine Auflösung von Kupfer- oder Zinkvitriol
oder von Wundstein (Lapis divtnus) darauf. Bläschen auf dem Auge und
Gerstenkörner (marjad) werden mit Zucker abgerieben.
Gegen Ausschläge gebraucht man eine Salbe aus den Blülhen des
Wollkrautes (Verbascum Tbapsus) oder der Ringelblume (Calendula offki-
nalis L.) mit saurer Sahne. Kopfausschläge wascht man mit der Lauge
aus Asche, welche von drei Feuerherden genommen ist.
Auf die blaue Blatter legt man in Asche gebratene Zwiebeln oder
1) Zum Theil Dach J. W. L. v. Luce -.Wahrheit und Muthmaassmig« und
■ Topographische Nachrichten von der Insel Oeael».
— 374 —
einen Umschlag des zerquetschten Krautes der Einbeere (Paris qnadri-
folia L.).
Bei Blatuüg frischer Wunden streut man pulverisirte Birkenkohle auf.
Gegen Bräune wendet man Schröpfen an.
Auf Brandschaden legt man Kuhmist oder einen von Krant nid
Bläthen des Hartheus (Hypericum perforatum L.) bereitetes Cataplasma.
Bei Brächen von Armen oder Beinen wird neben der iusserlichen
Behandlung auch gefeiltes Silber oder Messing eingenommen , und man
versichert, dass davon sich ein Bing um die Bruchstelle bilde.
Gegen Durchfall nimmt man rothen Bolus ein, oder pulverisirte
Steinkohle in Brei , pulverisirten Birkenschwamm oder Kieferrinde in
Branntwein, Nux vomica.
Auf durchgesogene Brustwarzen legt man die Salbe von Bläthen
der Ringelblume (vgl. Ausschläge)..
Eingezauberte Schlangen, Frösche etc. werden abgetrieben mit
einem Decoct von Bärlapp (Lycopodium clavatum L.) in Bier.
Entzündung der Drüsen curirt man mit einem Umschlag von
Kuhmist.
Bei starker Erkältung muss der Kranke sich nackt mit einem Laken
bedeckt über einen eisernen Topf beugen , in welchem Leinsame in Essig
und Wasser kocht; durch den Dampf entsteht bald ein starker Seh weiss.
Bei hitzigem Fieber giebt man Schiesspulver in Wasser oder
Branntwein, auch Schafmist in einem Säckchen in das Getränk gehangt.
Beides um die Hitze zu lindern.
Gegen das kalte Fieber giebt es vielerlei Mittel, wie Nostoc (Tre-
mella Nostoc L.), Aufguss von Branntwein auf Wermuth, die pulverisirten
Schoten des türkischen Pfeifers mit Branntwein, Spinngewebe auf Butter-
brot, Harlemer Oel, scharfen Hahnenfuss (Ranunculus acris L.) in Bier
gekocht und gegeben, wenn der Paroxysmus da ist, Bärlapp gekocht in
dem Urin eines schwarzen Hengstes und der Milch einer weissen Ziege,
zu drei Malen neun zerdrückte Wanzen in Branntwein , die in der Pferde-
striegel zurückgebliebene Unreinigkeit oder die Milz eines Füllens mit
Honig.
— 375 —
• *
f
<j*gen Flage (epileptische Krämpfe der Kinder) giebt man das Blut
von einem schwarzen Hahn oder einer schwarzen Katze. Um sie zu ver-
hüten, muss man von drei linsengrossen Bläseben im Gaumen der Kinder
das mittelste zerkratzen, und die damit sich befassenden Weiber heissen
«kinni-rikkujad» (Bläschenzersturerinnen). * " -
Flechten werden gerieben mit der frischen Wurzel vom krausen
Ampfer (Rum ex crispus L.), oder man legt darauf das Kraut des Bruch-
krautes (Herniaria glabra L.), oder Epheublälter, eine Salbe aus den Stief-
müttercbenblüthen mit saurer Sahne, eine Abkochung von Ehrenpreis (Ve-
ronica officinalis L.) in Bier, oder man wäscht sie mit Stutenmilch > am
besten, wenn das Fällen ein männliches ist.
Gegen Gelbsucht gebraucht man pulverisirten Gänsemist, eine Hand
voll Hopfen in einem Stof Bier gekocht.
Geschwulst vertreibt man mit einem Umschlag von Pfafifenrohrlein
(Taraxacum offic. Wigg.) in Bier gelacht, von Kuhmist oder von zer-
quetschtem Stinkgeranium (Geranium Robertianum L.), oder mit aufgeleg-
ten Blättern von Huflattich (Tussilago Farfara L.).
Gegen Gicht hat man Spiessglanz, Steinöl, Terpentinöl äusserlich
und innerlich, Kampfer in Branntwein gelost, Theer besonders Eschen -
theer, ein Bierdecöct vt>n Hauhechel (Ononis hircina Lu), Ehrenpreis oder
scharfem Hahnenfuss, Schwitzen in der Badstabe.
Den Grind wäscht man mit Gerberlohe und schmiert ihn darauf mit
ungesalzener Butter, oder man wendet' einen Umschlag an von Schöllkraut
(Chelidonium majus L.) in Kofent gekocht, oder die Beeren und Blätter
des Kreuzdorns (Rhamnus Gathartica L.) mit Stutenmilch zu einem Brei
gekocht, oder Kreuzblume (Polygola amara L.), Quendel (Thymus Serpyl-
lam L.), Bittersäss (Solanum Dulcamara L.).
Bei grünem Stuhlgang der Säuglinge giebt man diesen selbst und
der Mutter Wermuththee.
Auf Hämorrhoidalknoten legt man einen Umschlag von Kuhmist.
Wenn die Hände aufgesprungen sind, reibt man sie mit Wachol-
dergallerle (Tremella juniperina).
Gegen Harnverhaltung gebraucht man eine Abkochung von Tau-
benkropf (Silene inflata Sm.).
— 376 —
Aar Hühneraugen legt man ein Scheibehen Speck vom Seehund
oder Delphin.
Bei Hühnerblindheit muss man starr in die eben untergehende
Sonpe blicken , bis sie verschwunden ist , eine Kalber- oder Rinderleber
ungesalzen essen , oder ein auf Kohlen -geröstetes Stack Juftenleder warm
auf das Auge legen.
Gegen Husten gebraucht man die Blüthen von Verbascum Thapsus
L. oder Calendula offic. L., in geschmolzener Butter aufbewahrt, oder La-
kritzensaft, schmiert die Füsse mit Gänsefett, legt Bockstalg auf die Brost ;
gegen langwierigen, schwindsüchtigen Husten hat man ein Absud von der
Wurzel des Engelsüss (Cystopteris fragilis Bernh.) versucht,
Gegen Hysterie nimmt man die getrockneten und pulverisirten Bee-
ren des Gbristophskrautes (Actaea sptcata L.).
Gegen Krämpfe gebraucht man ein Absud von Schachtelhalm (Equi-
selum sylvaticum L.), bei Kindern Bibergeil.
Bei Krätze badet man sich mit Besen von Taxus, oder reibt sich ein
mit Theer oder Schwefelsalbe, wäscht sich mit Theerseife.
Gegen Kreuzschmerzen gebraucht man innerlich und äosserlich das
Jacobskraut (Senecio Jaoobaea L.).
Gegen Leibschmerzen nimmt man die Nur vomica, schwarzen oder
weissen Pfeffer mit Branntwein, einen Aufguss von Branntwein auf Wer-
muth; auch ein Bierabsud von Ehrenpreis, Goldruthe (Solidago Virga aurea
L.) oder Teufelsabbiss (Scabiosa Sftccisa L.). Wenn man den Grund der
Schmerzen darin sieht, dass «der Nabel sich verschoben hat» (naba aze-
melt ära), so wird trockenes Schröpfen augewendet. Dazu wird um ein
Stöckchen etwas Hede gewickelt, diese angezündet, und dann ein Topf
(naba-pott) darüber gestülpt, welcher sich vermöge der erwärmten und
verdünnten Luft anzieht , und den man stehen lässt , bis er von selbst
abfallt.
Wenn die Menstruation stockt, so giebt man ein Bierabsud von
Labkraut (Galium boreale L.) oder Hartheu (Hypericum perforatnm L.).
Bei Ohrenschmerzen und Ohrensausen wird Bernsteinöl auf
Wolle oder Baumwolle getröpfelt in's Ohr gesteckt oder man räuchert
mit Pasern eines Kirchenglockenstranges oder einem Stück von dem Rie-
1
— 377 —
men, woran die Glocke befestigt ist, und lässt den Rauch in's Ohr gehen,
oder man macht einen ohrßrmigen Stein (körwa-kiwi) heiss, legt ihn in
süsse Milch und hält das Ohr aber den Dampf. Auch Abendmahlswein soll
Ohrenkrankheiten heilen 1).
Auf Quetschungen legt man einen Umschlag von Kraul und Blüthen
des Hypericum perfor. L.
Bei rheumatischen Schmerzen trinkt man fünf Mal täglich ein
Absud von EscheD blättern, welche zu Ende des Julimonats gesammelt und
an der Luft getrocknet sind, oder ein Absud von Epheu, oder man ge-
braucht die Schwitzbad slube, das Schröpfen, oder räuchert mit Bernstein.
Bei der Rose, von welcher es neun Arten geben soll, legt man Ha-
senfell auf, oder man gebraucht viel gewöhnlicher sympathetische Mittel
und Besprechungen.
Gegen die Ruhr hat man vielerlei Mittel, Nux vomica, Speck von
Delphinen mit Warmbier, gepulverte Bifkenkohle mit Branntwein, pulve-
«
risirten lllutstein in Bier oder Branntwein» die gepulverte Wurzel des
krausen Ampfers (Romex erispus.L.), einen Aufguss auf Wermuth.
Auf Wunden vom Schlangenbiss legt man Erde, oder man wäscht
sie aas.
Bei Schmerz im Munde nimmt man die Nacht über eine Silber-
oder Kupfermünze, woran etwas Grünspan ist, in den Mund.
Schwielen werden mit Seehundsthran eingeschmiert.
Bei Schwindsucht gebraucht man den Thee von Hypericum perfor.
L. oder ein Bierabsud von Ehrenpreis (Veronica ofBc. L.).
Sommersprossen wäscht man mit kaltem Wasser, worin Frosch-
laich ist.
Bei schwarzem Star werden Staubfäden der grossen Osterblume
(Anemone nemorosa L.) in Wasser gekocht, und davon einige Mal täglich
etwas in's Auge getröpfelt. Gegen grauen Star schabt man von einem
1) Auch der Honigachaum, welcher von den Kirchenlichten abgenommen
wird, wird als Heilmittel gebraucht, ich habe aber nicht genauer erfahren können,
wogegen er angewendet wird.
V
— 378 —
Schleifstein den Staub in's Auge oder legt ibn»mit einem in Oel getränk-
ten Stack Baumwolle darauf, oder zu Asche verbrannte Regenwürmer.
Bei Steinscbmerzen trinkt man einen Aufguss aufgetrocknete, ge-
röstete und gemahlene Früchte der Traubenkirsche (Prunus Padus L.).
Gegen Syphilis trinkt man einen Aufguss auf Sussholz oder Species
lignorum der Apotheke; syphilitische Geschwüre im Halse werden gepin-
selt mit einer Salbe aus Kupfervitriol und saurer Sahne.
Unruhigen kleinen Kindern giebt man Grünspan oder zerstossenes
Glas.
Gegen Verdunkelung der Hornhaut gebraucht man den Saft von
Schöllkraut (Chelidonium majus L.) mit Eiweiss gemischt.
Beim Verheben kocht man drei Wurzeln des Bilsenkrautes (Hyoseya-
mus niger L.) mit drei Quartieren Kofent und einem Quartier Oel, nimmt
es heiss ein -und bestreicht damit die schmerzende Stelle; oder man nimmt
einen Absud von Arnica in Bier.
Gegen Vertaubung wird Schröpfen angewandt.
Warzen betupft map mit dem Safte des Schöllkrautes, fjpr man
lässt Heuschrecken hineinbeissen und sie mit ihrem •Safte bespritzen.
Gegen Wassersucht gebraucht man Ameisenbäder, innerlich die ge-
pulverte Wurzel der Schellbeere (Rubus Chama&morus L.) , der Seerose
(Nymphaea alba L.) oder der Teichrose (Nuphar luteum Sm.).
Gegen weissen-Fluss wendet man den wilden Majoran (Origanam
vulgare L.) an.
«Wölmed» sind eine Krankheit, welcher nicht ein einfacher Name
in der Pathologie der Gelehrten entspricht. Man bezeichnet damit eine
schmerzhafte Spannung und Anschwellen am Unterleibe durch geschwollene
Drüsen oder sonst, und je nach der Stelle unterscheidet man köhu- wöl-
med, naba-w., südame-w., kubeme-w., piha-w., nennt sie auch
wohl «hlred», in so fern es geschwollene Drusen sind. Ausser den ma-
gischen Mitteln wendet man dagegen gewöhnlich äusserlieh Drucken und
Streichen an, nimmt auch wohl Butterlake ein; nach dem Namen (wölme-
rohi) zu schliessen, gebraucht man wohl auch die Hundszunge (Cynoglos-
sum officinale L.). Es giebt Personen, welche sich besonders auf die äus-
serliche Behandlung dieses Uebels verstehen und sich damit ab geben,
— 379 —
«trlkijad» (Streicheriiineii) genannt. Am besten soll das «Streichen» Er-
folg haben bei Vollmond.
Gegen Wärmer bei Kindern giebt man Knoblauch, so wohl innerlich
als auch zerquetscht auf den Nabel gelegt, Blüthen und Samen von Rain-
farn (Tanacetum vulgare L.), Samen von Thurmkraut (Turritis glabra L.)
und Zetwersamen der Apotheke. — Gegen Würmer in holen Zähnen
knetet man Samen von Beifuss (Artemisia vulgaris L.) oder Bilsenkraut
(Hyoscyamus niger L.) in Wachs, formt daraus Lichte und lässt, nachdem
diese angezündet sind, durch einen Trichter den Dampf in den Zahn geben,
was hambgjd pöletama (die Zähne brennen) genannt wird.
Gegen alte Wunder*, Geschwüre, wendet man vielerlei Mittel an,
wie Scheidewasser, Wundstein (Lapis divinus), Grünspan, die Blätter des
grossen Wegerichs (Plantago major L.) oder Tabaksblätter, gepulverte
Blätter und Blüthen von Wermutb, Seifenschaum, Delphinspeck, Salbe aus
Kupfervitriol und saurer Sahne, den Saft der Gundelrebe (Glechoma hede-
racea L.), Umschläge vonGoldruthe (Solidago Yirga aurea L.) oder Hartheu
(Hypericum perfor. L.), Kraut und Blüthen der Schafgarbe (Achillea Mille-
folium L.) in Bier gekocht.
Gegen Zahnschmerz gebraucht man Schröpfen, Auflegen von Ta-
baksblättern, ein Decoct von Teufelsabbiss (Scabiosa Succisa L.) oder
Barläpp (Lycopodium clavatum L. , drei Enden, jedes mit drei Spitzen),
im Munde gehalten, oder Blätter und Samen von Bilsenkraut in Brannt-
wein zerquetscht und mit Baumwolle davon auf den Zahn gelegt.
b) Sympathetische Heilmittel.
Ein sympathetisches Mittel wird mit dem Worte «oht» bezeichnet,
und man unterscheidet es so wohl von «rohi» (Arzenei) als von «kunst»
(Zaubermittel), daher die Redensart «ma ölen köik ohud ja rohud ära
katsumid» (d. h. ich habe alle möglichen Mittel versucht).
Es giebt dreierlei auf ungewöhnlichem Wege gekommene Krankhei-
ten, gegen welche auch besonders die unnatürlichen Mittel gebraucht wer-
den. Ist sie «mäst sänud» (von der Erde bekommen), so findet beson-
ders das «walgustama» (Schaben von Silber) Statt. Ist sie «kufja ini-
— 380 —
meze tehtud» (von einem bösen Menschen angethan), so sucht man
etwas dem Thäter Gehörendes, am besten Haare, sich zu verschaffen und
räuchert damit den Kranken. Ist sie «kfinlast» (vom Licht), auch «hlest,
ku ratist» (von einem bösen Geiste), so soll man Matth. IV lesen, oder
man bringt dem Töün (s. XV) Geschenke, etwas Geld, oder was mit dem
Sitz der Krankheit in Verbindung steht, wie Handschuhe, wenn die Hände,
Strümpfe oder Hosen, wenn die Füsse krank sind, Lebensmittel, wenn
der Bauch leidet u. s. w. Hilft das nicht, so wird ihm mit einem Schwamm
Feuer zugeworfen , wirkt auch das . nicht , so ladet ein Zauberer bei dem
Rauche von Birlapp und mit mancherlei Zauberworten eine Flinte an einem
Donnerstag bei altem Licht, und schiesst dahin, wo man meint, dass Tonn
sich aufhalte, und hilft ein Schuss nicht, so wiederholt man diess npch an
zwei Donnerstagen. — Aber auch gegen viele gewöhnliche' Krankheiten
werden sympathetische Mittel angewendet neben den im Vorstehenden an-
gegebenen naturlichen. Sehr wirksam gegen verschiedene Uebel soll eine
zufallig gefundene Schlangenhaut sein, der Strick der Kirchenglocke, der
Honigschaum von Kirchenlichlen, auch das ausgeträufelte Fett einer schwar-
zen Schlange , welche man vor St. Georg gefangen und aufgehängt hat ;
ferner Branntwein, welchen man in der Kirche bei sich gehabt hat, um
«Gottes Wort darüber gehen zu lassen».
Ein prophylaktisches Mittel gegen Ansteckung mit Ausschlägen,
Syphilis, Krätze in der Badstube ist das Salz; man legt es in das Bade-
wasser und wirft einige Körner auf die Ofendecke.
Gegen Alpdrücken nimmt man Abends, wenn der Mond scheint,
etwas aus der Tasche , drückt es an drei Stellen wiederholt gegen die
Stirn, zeigt es dann dem Monde und spricht: iza, pqeg ja püha waim
(Vater, Sohn und heiliger Geist).
Bei Appetitlosigkeit muss man vor einem Brünnen drei Mund voll
essen, dann kommt die Esslust sogleich wieder.
Gegen Augenkrankheiten soll Kirchenwein heilsam sein, oder das
Wasser gewisser Quellen.
Ausschlag (feiner, juckender) entsteht durch den Hauch der «m&-
alazed, mailazed» (Unterirdischen, s. XV) und wird curirt, indem man
diese gewinnt, mit (s. XIV) und ohne besonderen Spruch. Man legt in
— 381 —
Wasser etwas Asche aus drei Aschenlöchern, Kohlen und Silber, und
wäscht damit den Ausschlag an drei Donnerstagen; oder man umschreibt
den Ausschlag mit Wasser, worein man Kohlen geworfen und etwas Silber
geschabt bat; oder man umschreibt ihn mit einer silbernen Spange an
einem Donnerstag Abends, schabt auch etwas Silber darauf und wäscht
mit d$m Wasser von mailaze-rohi (vgl. d. Wörterbuch). — Ausgeschla-
gen Lippen wäscht man ebenfalls mit Wasser , worein neun Kohlen ge-
worfen sind.
Bei Besessenheit muss man in den Ringfinger ein Kreuz schneiden,
die Kleider in's Feuer werfen, aus drei Quellen Wasser nehmen und ins
Kreuz auf den Kranken sprengen.
glasen entstehen am Körper kleiner Kinder, wenn von dem Bade-
wasser etwas in's Feuer geht. Man nitbmt dann neun glühende Kohlen,
wird sie nach einander in Wasser, legt etwas Salz dazu und wäscht da-
mit; das Wasser wirft man dann auf die Ofendecke (keris).
Bei einem Darmbruch bei Knaben drückt man die Stelle mit einem
aas der Hausecke geschnittenen Stück Holz , worin vier Aeste sich kreuz-
weise befinden, und mit je einem aus neun Schoberböden genommenen
Schoberholze (knhja-klupp).
Geschwollene Drüsen drückt man mit der Kinnlade eines Hechtes,
oder man schabt Silber darauf.
Gegen Durchfall werden Kinder gewaschen mit dem Wasser, worin
ungebleichtes Garn gewaschen ist.
Gegen Epilepsie giebt man das Blut von drei verschiedenen Thieren
ein (gewöhnlich Katze, Hund und Hahn), oder man lässt, wenn der Anfall
zu kommen droht, von dem Wasser trinken, worein etwas von einem Tod-
tenschadel geteilt ist, oder von dem Brote essen, das ein Anderer gefun-
den und dem Kranken gegeben hat.
Bei Erkältung, wenn kalter Wind (Zugwind) an den erhitzten Kör-
per gekommen ist (apaha tüHäind üle»), räuchert man mit Schiesspul-
ver, nimmt auch etwas davon ein, oder mit Lappen oder mit Abgeschabtem
von der Schwelle, über welche der Wind gekommen war; wenn der
Kranke darnach anfangt zu niesen, so wird er besser.
— 382 —
Gegen kaltes Fieber lässt man den Kranken unter einer Zaunstutze
durch kriechen, oder steckt ihn, wenn der Anfall kommt in den Leib eioes
erepirten Thieres, oder man nimmt von den Schwielen am Pferdefass, .
neunerlei Haare, Läuse vom ersten Kinde, wickelt Alles in ein Stuck Zeug
und legt es auf einen Sparrenhalter und unter die Brust (vgl. noch XV
«Harr»).
Flechten entstehen, wo der Hauch eines rülpsenden Thieres darüber
gegangen ist, wenn man versäumt hat es zu schelten oder dagegen auszu-
speien. Man streicht sie mit Salz und wirft dann dieses in alle vier Winde,
oder man drückt mit dem Ringfinger der linken Hand einen Drudenfuss
(Pentagramm) darauf, oder man beschreibt einen solchen mit einer Steck-
nadel, welche darnach krumm gebogen und gegen Norden gerichtet #wird,
oder man macht an einem Donnerstagabend einen auf einen Schleifstein
und drückt damit die Flechte. Eine etwas umständlichere Kur ist diese.
Man beschneidet alle Finger und Zehen, macht auf jeden Schnitzel mit
einem scharfen Messer drei Kreuze und verbrennt sie dann an einem
Sonnabend Abends auf einem Stein , indem man , bis Alles zu Asche ge-
worden ist, mit dem Ofenbesen umherficht, damit nicht etwa der Teufel
eins von den Schnitzeln stiehlt. Die Asche nimmt man darauf zusammen
und streut sie auf die Flechte. Oder man schält von einer Birke ein Stuck
Rinde ab, stiehl damit mehrmals die kranke Stelle und wirft dann über
die Schulter das Rindenstück in den brennenden Ofen, läuft aber auch
schnell fort, damit man das Knistern der brennenden Rinde nicht hört.
Ein franker Fuss wird besser, wenn man auf ein Grab tritt.
Bei Geburtswehen wird die Geburt erleichtert und beschleunigt
durch Kirchenwein.
Bei Gelenkschmerz, Schwäche und Knarren im Handgelenk, wo-
durch die Hand kraftlos wird, wickelt man mit Labkraut roth gefärbtes
Garn oder die Pfeifenkette um die Hand.
Gewächse am Leibe drückt man mit einer Todtenband, oder man
wäscht sie mit der Seife, welche beim Waschen einer Leiche ist gebraucht
worden, damit sie nicht weiter wachsen.
Grüner Stuhlgang bei kleinen Kindern entsteht dadurch, dass die
ausgehängten Windel von der Abendrothe beschienen sind. Um das Hebel
— 383 —
zo keilen, muss man die Windel so aufhangen, dass m von der Morgen-
sonne beschienen werden.
Gegen Hasenscharte, welche dadurch entsteht, dass die Mutter in
der Schwangerschaft durch einen Hasen ist erschreckt worden, räuchert
man das Kind mit Hasenhaaren.
Bei Hodengeschwulst der Kinder beisst man sanft die Stelle und
denkt drei Mal hinter einander: mis sa närid? Närin rlzi. Näri nenda,
et abi sab. Jamal aidaku (was kaust du? Ich kaue eine Geschwulst.
Kaue so, dass es hilft. Gott helfe). Darauf schabt man etwas von dem
messingenen Hosenknopf eines Mannes, mischt es mit Kreide in Milch und
giebt diess dem Kinde ein.
Wer Hüftweh hat zur Zeit der Ernte und dann Würmer im Roggen
findet, muss seinen Gürtel abnehmen und einen Wurm darüber gehen
lassen.
Hundekrankheit (kqera-töbi) wird die Atrophie oder englische
Krankheit genannt, weil sie angeblich durch den Schreck der schwangeren
Mutter aber einen Hund entsteht. Es wird dagegen das Kind in ein Hunde-
feil gewickelt, oder mit Hundehaaren geräuchert, oder auf der Stelle, wo
ein Hund sich gewälzt hat, gerollt, aber in umgekehrter Richtung, oder
gebadet, während auf der Ofendecke ein Hundeschädel liegt, oder von
einer Wittwe an drei Donnerstagen in ihrer Schurze mit der Hand wage
gewogen, und wenn es in dieser Zeit zugenommen bat, so wird es leben
bleiben, wenn es aber abgenommen hat, so wird es sterben.
Gegen Hundswuth schreibt man auf neun Papiere fünf Mal den
Spruch «sator Arepo tenet opera rotas», und giebt an drei Tagen
Morgens, Mittags und Abends dem Gebissenen je eins dieser Papiere* ein.
Bei Knocheoschmerz wird die schmerzende Stelle mit einem Tod-
tenbeine gedruckt und gerieben.
Bei Kopfschmerz klopft man drei Mal mit einem Stein gegen die
Stirn und sagt: sägu köwa kui kiwi (es werde hart wie Stein).
Lause vertreibt man dadurch, dass man drei Mal mit Feuer um den
Kopf einen Kreis beschreibt.
Gegen Obstruction gebraucht man den von den Krummhölzern ab-
geschabten Pferdeschweiss.
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Bei Ohrenfluas und Schwerhörigkeit lässt man aas einer Federspule
etwas Quecksilber in's Ohr laufen.
Mit «rabandus» wird jede plötzlich anfallende und der Einwirkung
voi Geistern zugeschriebene acute Krankheit genannt, mehr noch bei Thie-
ren als bei Menschen. Man trinkt dagegen drei Schluck Wasser aus dem
Hacken des Schuhes vom linken Fuss, oder man schiesst kaltes Wasser
aus einer Flinte, eben so Zinn drei Mal, reibt es fein und nimmt beides
ein, oder man streut unter drei Thüren genommene Erde auf heisses Eisen
und räuchert damit, oder man gebraucht einen Donnerkeil (pitkse-kiwi
s. XVI), doch habe ich nicht erfahren .können, in welcher Weise.
Die Rose umgränzt man durch einen mit einem Bleislift auf die Haut
gezeichneten Kreis und schreibt in diesen ebenfalls mit Bleistift «rözapilla,
»
allipäzor» oder «sint si sitst». — Man trägt als Amulett ein Zettelcben
mit den Worten «sator Arepo tenet opera rotas».
Schielende werden curirt, wenn man sie an einem Donnerstag
Abends in den Wald fiihQ und dort ruß: suzi mötsa, lats kodu (der
Wolf in den Wald, das Kind nach Hause).
Bei Schlange n bis s wird die gebissene Stelle mit der Kinnlade oder
dem Zahn eines Hechtes gedrückt, oder es wird Silber darauf geschabt,
oder der Gurt darum gewickelt, welchen eine Braut bei der Trauung ge-
tragen hat.
Die Schlangenkrankheit (usät-wiga) zeigt sich bei neugeborenen
Kindern, wenn die Mutter während der Schwangerschaft durch eine
Schlange ist erschseckt worden. Das Kind liegt den Kopf auf dem Rücken,
streckt dabei die Zunge häufig aus dem Munde hervor und spielt damit
wie Hie Schlange. Man wendet verschiedene Guren dagegen an, als: man
legt, wenn das Kind gebadet wird, einen Riegenrechen, einen Strick und
eine Spindel auf die Ofendecke; man räuchert es mit einer Schlangen -
haut; man legt den Kopf einer Schlange unter eine Schale mit Wasser,
wäscht mit diesem Wasser das Kind und sprengt darauf noch .mit dem
Ringfinger neun Tropfen von diesem Waschwasser in den Mund des Kin-
des; man legt an einem Donnerstag am Morgen Stroh an den Rand eines
Brunnens, das Kind in Windeln darauf, und schlägt diess dann sanft mit
einem Knüttel, womit vor St. Georg eine Schlange ist erschlagen worden.
— 385 —
Wenn durch Schreck ein kleines Kind sehr unruhig geworden ist,
so legt man es in die Wiege auf ein reines Tuch, zwei Wittwen drehen
die Enden desselben zusammen, dass das Kind darin ist, und lassen es
drei Mal um die Wiege gehen; hilft das nicht, so wird das Kind gebadet,
daon legt man es an der Thfir nieder, die Kleider daneben und lässt einen
Hund drei Mal darüber springen.
Wenn man Sodbrennen hat, so muss man die Brustspange umge-
kehrt an der Brust anlegen.
Um Sommersprossen zu vertreiben, reibt man sie mit Erde, welche
an der Stelle genommen ist, wo man im Frühjahr zum ersten Mal eine
Schwalbe gesehen hat.
Bei grauem Star legt man ein silbernes Geldstück mit recht schar-
fem Gepräge auf das Auge.
Gegen Stiche kaut man die Spitze eines Gänseschnabels (hane-
hammas), oder man zerstampft sie und nimmt sie ein.
Gegen Verheben nimmt man in Bier etwas Blut aus dem Herzen
eines schwarzen Ziegenbockes.
Bei Verrenkungen umbindet man das beschädigte Glied auf beson-
dere Weise mit Bändern.
Warzen, streicht man mit einer Todtenhand l) , oder man wascht sie
mit dem unter einer Pforte zusammengeflossenen oder auf Rindermist ste-
henden Wasser, oder man zeichnet einen Drudenfuss (Pentagramm) dar-
auf, oder ein Anderer zählt sie genau heimlich, ohne dass der damit Be-
haftete es bort, schlägt in einen feinen Faden so viel Knoten, wie es War-
zen sind , und vergräbt diesen an einer Stelle , wo er leicht faulen wird ;
ist er verfault, so schwinden auch die Warzen. Die. beste Zeit. für diese
Cor ist bei abnehmendem Mondlicht.
Die Wolfskrankheit (hundi-wiga) entsteht auf analoge Weise, wie
die Schlangenkrankheit (s. oben). Das Kind schnappt dabei häufig mit dem
Munde und scheint gar nicht satt werden zu können; es wird dagegen mit
1) Aach sonst Schäden am Leibe werden mit einer Todtenhand berührt, and
man bittet den Todten, sie mit sich in die Erde zu nehmen.
25
— 386 —
Wolfshaaren geräuchert, oder man bringt es an drei Donnerstagen Abends
auf einen Kreuzweg und schreit dort jedes Mal drei Mal den Wolf an.
Gegen «wölmed» (s. o.) entwendet man aus einem anderen Hause
den hölzernen Ring eines Ofenbesens, verbrennt ihn und legt die Asche
auf, was besonders kräftig wirken soll, wenn aus jenem Hause dem Ent-
wendenden tüchtig nach gescholten wird; oder man nimmt einetf Stein
vom Anger oder Brachfeld und drückt damit.
Bei Wunden von Beilhieben kocht man Eisen und trinkt dieses Was*
ser zur Stillung des Schmerzeos.
Bei Zahnschmerzen wird der Zahn mit einem Todlenzalm gerieben,
an dessen Stelle man auf dem Gottesacker ein Geldstück gelegt hat. Oder
man legt eine eiserne Schaufel , eine Pflugschar und einen Pfluglöffel in's
Feuer und unter drei Thüren genommene Erde auf den Rand des Ofens;
wenn die Erde warm geworden ist und die Eisen glühen, so legt man sie
in Wasser und lässt den Dampf an den schmerzenden Zahn gehen.
Die Veterinärkunde der Ehsten ist ziemlich einfach, und die in Krank-
heiten der Thiere angewandten Mittel fallen in dieselben drei Kategorien
wie die gegen Krankheiten der Menschen gebrauchten.
Wenn ein Thier erkrankt und man das Uebel noch nicht genauer er-
kennt, so sucht man einen Hexenbesen (tflle-pSzas) und räuchert es da-
mit. Bei Schwäche und Abmagerung ohne sichtbare Veranlassung giebt
man einer Kuh das Wiedergekäute von einer gesunden , jedoch . nicht zu
viel, sonst würde* diese selbst krank werden.
Bei Blutharnen giebt man ein Decoct von Schöllkraut (Chelidonium
majus L.) oder einen Goldkäfer (Scarabaeus auratus L.), — gegen Bräune
der Schweine Antimon, — gegen Druse der Pferde das Kraut des Rain-
farns (Tanacetum vulgare L), gegen Durchfall Goldruthe (Solidago Virga
aurea L.) oder rothen Bolus. — Die Pinnen der Schweine erkennt man
daran, dass die Tbiere sich erbrechen, wenn sie mit dem Putter eine
Portion von der Wurzel der schwarzen Niesswurz (Helleborus niger L.)
bekommen haben; man giebt ihnen dagegen die Wurzel des Adlerfarns
— 387 —
(Pteris aquilina L.), pulverisirt und auf das Futter gestreut. — Läuse,
welche dem Verhexen zu geschrieben werden, vertreibt man mit einem
Aufguss von Branntwein auf Bärlapp (Lycopodium clavatum L.) oder durch
Einreiben einer Salbe aus Quecksilber und irgend einem Fette. — Gegen
Lungensucht giebt man die Wurzel des Wollkrautes (Verbascum Thap-
sns L.). — Gegen «rabandus» (vgl. oben) wendet man verschiedene
Mittel an: man räuchert mit vor St. Georg gesammelten Schlangenhäuten;
man lässt auf drei Stellen eines Stuckes Brot etwas Blut aus dem ange-
schnittenen Ohr des kranken Thieres tröpfeln und giebt es ihm zu fressen;
man bedeckt ihm den Kopf und lässt es den Rauch von Theer durch die
Nase einziehen ; das Thier wird drei Mal mit dem oberen Gliede des Dau-
mens gemessen unter Hersagung gewisser Worte; man betet in einem
Athem drei Vaterunser und drei Mal das TaufTormular über etwas Salz und
blast es drei Mal in die Nase ; man misst zwei Mal mit der Spanne von
der Nase an der Länge nach» dann in die Quere, darauf bläst man ihm
Luft ein und giebt fein gestampfte glühende Kohlen mit Brot ein. — Bei
Schlangenbiss legt man einen lebendigen Frosch auf die Wunde oder
einen Umschlag von zerquetschten Blättern des Liebstock (Levisticum offi-
cinale Koch.), oder man drückt die Stelle drei Mal mit dem Gesangbuche;
— bei Schwinden und Abmagerung beisst man in einen Baum, dann
vertrocknet dieser, nicht das Thier; — gegen Vernagelung macht man
Umschläge von der Bluthe des Wollkrautes. — Leidet ein Thier an Ver-
stopfung, so macht man eine eigentümliche dreifache Schlinge, welche
auf einen einzigen Zug aufgebt , und rieht diese auf über dem Rücken des
kranken Thieres. — Gegen Verwundungen wendet man den Speck von
Seehunden oder Delphinen an; — gegen Wanzen im Magen (?) giebt
man Branntwein, worüber ein Mal in einem Alhem das Vaterunser und
die Taufformel her gesagt ist, oder man kocht stark ein altes Stuck Rind-
fleisch und giebt dem kranken Thiere das Wasser davon ein nebst dem
zu Kohle verbrannten Fleisch. — «Wölmed» bei den Pferden, eine
auch tlrud genannte Drüsenanschwellung, werden wie an den Menschen
mit Drücken und Kneifen behandelt.
25*
388
XTTT. Zauber und Mittel dagegen.
Zauberer und Hexen (die Ehslen unterscheiden das Geschlecht sprach-
lich nicht) giebt es verschiedene, mit mehr oder weniger Macht ausge-
rüstet «Söla-targad» (Salzweise) oder asöla-puhujad» (Salzbläser)
bedienen sich des Salzes bei ihren Zaubereien, «söna-targad» (Wort-
weise) oder «lauzujad» (Sprecher), «pöbisejad» (Murmeler) gesproche-
ner Zauberformeln, «tüle-targad» (Wind weise) haben über" den Wind
Macht, «mana-targad» (vgl. mana XV), im Volksliede öfters erwähnt,
erscheinen als besonders mächtig, «kiwi-targad» (Steinweise) verstehen
die geheimsten Dinge von den Steinen zu lesen. Jeder Stein — besonders
reichlich Kalksteine — ist mit wunderbaren Schriftzeichen versehen, aber
nur Wenige verstehen sie zu entziffern. Auf ihnen steht das Schicksal
jedes einzelneu Menschen geschrieben. Diess erklären die kiwi-targad
so: als Moses die Gesetztafeln an dem Berge Sinai zerbrach, verwebte
der Wind den Staub über die ganze Erde, aus jedem Stäubchen erwuchs
ein Stein, und auf jedem ist das Gesetz und die Zukunft der Menschen
verzeichnet.
Die Festländer in Ehstland scheuen sich sehr mit den Insulanern in
Streit zu gerathen , weil sie als Zauberer gefürchtet sind , besonders die
Sörulazed (von der Halbinsel Sworbe auf Oesel) und die Köplazed (von
der Halbinsel Köppo auf Dago).
Die Zauberer begeben sich in der Sylvesternacht an eine solche Stelle,
wo drei Zäune zusammen stossen, d. h. das Ende eines von der Seite senk«
recht auf einen anderen ausgeht; dort erfahren sie, was in dem beginnen-
den Jahre geschehen wird. — Sonst ist die Johannisnacht die Zeit, in
welcher Heien und Zauberer besonders thätig sind, mit ihrer Kunst Ande-
ren zu schaden.
Wenn man zu einem «tark» kommt, so singt er: mina lauzun ehk
ej lauzu, raha wötan, mitte ei jäta (ich werde sprechen oder auch
nicht sprechen, das Geld nehme ich, lasse es nicht).
Die Hexen sollen auf Ziegenböcken reiten und so sich zu ihren Ver-
sammlungen begeben.
— 389 —
Anstatt «jumal appi» (Gott zu Hülfe) sagen die Hexen als Gross
«teie to ja minu jöud» (eure Arbeit and meine Kraft).
Eise Hexe rief bei der Wasserprobe : nöre ku laps , nöre kü laps
ei waju alla (das Kind des Neumondes geht nicht unter).
Wenn ein Weib eine Kröte im Busen trägt und an der Brust saugen
lässt, so wird sie eine Hexe, sie kann dann Gutes und Böses zu fugen,
krank und gesund machen etc. — Wer an drei Donnerstagen Abends un-
ter dem Schweife einer weissen Stute hustet, erlangt ebenfalls die Zau-
berkraft.
Sonst wird die Zauberkunst auch erlernt, und sie wird von Vater oder
Mutter auf die Kinder fibertragen, auch auf Andere, aber nur auf je Einen,
und möglichst kurz vor dem Tode. Ein Zauberer, welcher das verabsäumt,
hat einen qualvollen Tod.
Mancher hat den «bösen Blick» und kann schon durch blosses Anse-
hen Schaden zu fügen. Er ist ein «säratse werega inimene» (ein Mensch
von solcher Constitution), und weiss oft selbst nicht, dass er diese Be-
schaffenheit hat. Wenn ein « böses Auge» zu sieht oder ein «böser Mund»
etwas erwähnt oder davor warnt, dann gelingt etwas nicht, oder dann ge-
schieht gerade das Unheil.
Die Mittel zum Verzaubern sind mannichfaltig. Das Blut einer Fleder-
maus hat Zauberkraft, weil der Altvater, ah er eine Hexe zur Strafe in
eine Fledermaus verwandelte, vergass ihr Blut um zu wandeln. — Schweins-
hauer sind ein Zaubermittel, doch habe ich nicht genauer erfahren können,
wie und wann sie verwendet werden. — Geheiligtes Altarbrot, wenn man
es bei der Gommunion nicht zerkaut und verschluckt, sondern aus dem
Munde zurück nimmt, bringt grosses Glück und wird bei Zaubereien ge-
braucht. — Fleisch, Knochen, Eier, Federn, Krebsscheren dienen häufig
dazu. — Die Nabelschnur der Kinder wird ebenfalls dazu aufbewahrt,
auch zu Asche verbrannt und eingenommen. — Salz wird in ein Läppchen
gebunden und mit «sönad» (Zauberworten) zu dem getragen, welchem
man schaden will ; wer so etwas findet, beeilt sich es zu verbrennen, wo-
bei es dann einen starken Knall giebt. Auf der anderen Seite ist aber
Salz an sich auch ein viel gebrauchtes Mittel gegen Verzauberung; Salz-
säckchen trägt man auch bei sich um sich fest zu machen. — Holzsplitter
— 390 —
in's Kreuz gelegt werden gebraucht um sin dem Geben auf einem. Wege .
zu hindern. — «Niduma» ist ein hexendes Binden von Bändern.
Wenn man bei starker Kille das Wetter milder . machen will , bringt
man drei kleine , heisse Steine auf die Spitze einer Schneetrift , und nennt
diess «pakase munna pöletama» (die Hoden der Kälte verbrennen).
Ein faules Et Jemandem hin gelegt, bringt ihm Unglück, Knochen aller
Art zusammen gebunden Krankheit. Krankheit bringt man auch dadurch
bei, dass man die Spur eines Menschen mit einem Stöckeben ausmisst und
dann dieses vergräbt, oder dass man die Kleidungsstücke verhext.
Die Ernte schädigt man auf verschiedene Weise. Man bestreicht Je-
mandes Pflugeisen mit dem Blute der Fledermaus, dann tritt sicher Miss-
ernte ein, auch Sichel, Sense, Beil, und wo dann mit diesen geschnitten
oder gehauen ist, wächst nichts wieder. — Man sucht sich von dem neuen
Getreide und dem daraus gebackenen Brote eines Anderen etwas zu ver-
schaffen und legt diess in den Rauch zum Trocknen, eben so auch Milch,
damit dem Anderen Brot und Milch schwindet, bei dem Thäter aber zu-
nimmt. — Wenn ein Anderer zum ersten Mal Getreide zum Darren auf
gestellt hat in der Dreschscheune, so legt man ihm Eier auf die Ofendecke,
um ihm zu schaden.- — Man knotet auf seinem Felde mehrere Halme zu-
sammen.
Will man machen, dass die Kühe eines Anderen nicht mehr milchen,
die eigenen aber desto besser, so nimmt man heimlich von der Pforte und
an der Schwelle der Viehburg und des Stalles gekreuzte Strohhalme und
kocht sie mit dem Heu. — Um überhaupt das Vieh zu beschädigen, gräbt
man in einen fremden Düngerhaufen oder unter der Schwelle des Stalles
etwas Fleisch ein, oder schmiert die Pforten mit Hexensalbe, oder man
verbrennt in der Grilndonnerstagsnacht Knochen auf den Wiesen und streut
das Pulver vor die Thfir des Viehstalles. — Ein Viehhüter kann dem an-
deren durch Zauber den Wolf zu schicken.
Menschen und Thiere, wenn auch nicht gerade zu todten, aber doch
krank zu machen und zu peinigen, dienen die Hexeneier, Eier von Huh-
nern, Gänsen, Enten oder nach Einiger Meinung von den Hexen selbst
verfertigt, über welche diese Formel ausgesprochen ist: sägu sulle hftda
ja raulle önfi, sina oled mulle kufja teinud, kuri waim külgu
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mind, so muua od sest tähenduzeks, sest pead kurba inelt säma
(möge dir Nolh werdeo und mir Glück, du hast mir Uebles gethan, der
bö9e Geist bore mich, diess Ei sei die Bezeichnung davon, dadurch sollst
du Trauer haben). Ein solches Ei bringt die Hexe dahin, wo Menschen
und Vieh viel gehen , und wer dann es zertritt , Mensch oder Thier, auf
den kommt die Krankheit. Findet der Bedrohte ein solches Ei, so muss er
es, ohne es mit der Hand oder sonst zu berühren, vorsichtig mit einer
eisernen Schaufel auf nehmen und damit in das Loch von einer Zaunstange
tragen, aber so dass es beim Hineinfallen nicht zerbricht, und es mit
Erde zu decken. Will er den Schaden auf den Zauberer selbst wenden, so
muss er das Ei auf dieselbe Weise in eine Radnabe gleiten lassen , und
diese, nachdem sie mit einem Pflock aus Ebereschenholz verstopft ist, mit
ihrem Inhalte in eine Quelle bringen. Die Nabe muss an einem Donners-
tagabend mit Reifen von Ebereschenholz gebändert sein.
Um zu hindern , dass der Brotteig aufgehe , legt man in den Brottrog
den abgeriebenen Staub von einem Schleifstein.
Will man ein Mädchen verheien, dass es nicht verheirathet wird, so
legt man einen Hasenschädel unter die Pforte.
Liebeszauber hat man mancherlei. Man tödlet eine Schlange, sticht
mit einer Nadel drei Mal in die Augen derselben und versucht dann mit
dieser Nadel durch den Rocksaum eines Frauenzimmers zu stechen; ge-
lingt diess, so folgt es Einem überall hin. — Wenn man ein Paar Frösche
in der Paarung findet, so legt man sie in einen durchlöcherten Kasten und
vergräbt diesen in einen Ameisenhaufen. Nach einiger Zeit sind sie von
den Ameisen zu Skeleten ab gefressen, und an diesen finden sich ein Paar
Knochen in Gestalt eines Hakens und einer Gabel, und diese dienen als
Philtrum. — Man kocht Haare aus der Achselhöhle, und bringt sieben
Tropfen davon mit Speise oder Trank dem Frauenzimmer bei, dessen Liebe
man erwerben will. — Ebenfalls Haare aus der Achselhöhle und von der
Scham werden in Schweiss getaucht in Brotteig zu einem Brötchen (kar-
wa-kakk oder karwa-kök genannt) gebacken, während der Verschmähte
ein obscönes Lied singt; wenn er von diesem Brote dem Mädchen zu essen
geben kann, so ist er ihrer Liebe sicher. — Ein Mädchen gewinnt die
Liebe eines Mannes, wenn es drei Sonnabende Abends in die Badstube
.u
— 392 —
geht, dort von dem ganzen Korper, ohne ihn ftass zu machen, mit einem
wollenen Läppchen den Schweiss ab wischt, und dann, wenn es Gelegen-
heit hat dem geliebten Manne Wasser znm Trinken zu bringen , diese drei
Läppchen in das Trinkwasser taucht und da hinein wieder auspresst.
Wenn man am Weihnachts- oder Neujahrsabend fremden Schafen
etwas Wolle abschert, diese verspinnt, und davon Fäden in den Rock ein-
zieht, so bewahrt diess gegen den Zorn der Herrschaft und schafft Einem
immer Recht vor Gericht. Ein Mittel gegen den Zorn der Herrschaft (saksa
wiha) ist es auch, wenn man drei Mal in einem Athem das Vaterunser
betet.
Einen Schuldigen, namentlich einen Dieb ausfindig zu machen, hat
man besonders zwei Wege: 1) «Käluma od. arpu katsuma». Ein
Schlüssel, in dessen Bart ein Kreuz ist, wird in ein Gesangbuch gelegt
und eingeklemmt, indem man die "Haken zumacht, dann wird an den Griff
ein Faden gebunden und das daran hängende Gesangbuch gedreht; wohin
nun der Schlüsselbart zuletzt zeigt, da ist der Uebelthäter. Oder man hält
den Schlüssel, an dem Faden hängend, über einem Gesangbuch, und lässt
ihn allein sich drehen. Oder man befestigt eine Spange mit dem Dorn an
einen Faden, lässt ihn so an einem Finger hängen, und spricht dabei:
arwa, arwa, arbukene! käi, käi, prözikene! käi kümne tüle pole,
käi jögede pole, järwe pole etc. (sinne, sinne kleines Loosl bewege
dich, kleine Spange! bewege dich nach zehn Winden hin, bewege dich nach
den Bächen, nach dem See etc.); dabei denkt man sich die verschiedenen
Namen, und bei welchem die Spange sich dreht, dahin ist das Gestohlene
gebracht, oder von da her ist der Schade gekommen. Oder man hält den
Ring des in's Gesangbuch eingeklemmten Schlüssels ganz locker auf den
Spitzen der beiden Ringfinger; wepn nun bei einem der verschiedenen
Personen, welche der Zauberer nennt, oder an welche er denkt, das Buch
sich dreht und sammt dem Schlüssel nieder fallt, so ist das der Schuldige.
Oder der Zauberer hält einen silbernen Ring an einem Faden hängend,
und der Bestohlene nennt verschiedene Personen, welche den Diebstahl
begangen haben könnten, und bei wessen Namen der Ring sich dreht, der
ist der Uebelthäter. Oder man steckt den Verdächtigen Strohstuckeben von
gleicher Länge in den Mund, und bei wem das Stückchen im Munde ge-
— 393 —
wachsen ist, der ist der Schuldige. — 2) aWlnaga katsuma». Der
Zauberer bringt Branntwein durch Schwanken und Schütteln in Bewegung,
dann zeigt sich auf demselben d^s Gesicht des Diebes. Oder er bespricht
Branntwein in der Flasche, giebt dem Bestohlenen davon zu trinken, trinkt
auch selbst, dann erscheint darauf das Bild des Diebes; ist dieser aber so
klug gewesen, beim Aufbrechen des Kastens oder Schrankes diesem den
Rucken zu zu kehren, so zeigt sich auf dem Branntwein sein Bild ebenfalls
von der Rückseite.
Man kann auch den Dieb so quälen, dass er selbst das Gestohlene
zurück bringt um Ruhe zu haben. Ein Zauberer bespricht dazu Brannt-
wein, und giebt solchen Personen davon zu trinken, welche der Bestohlpne
in Verdacht hat. Oder man beschneidet die Nägel an der rechten Hand
and dem linken Fuss, dann an der linken Hand und dem rechten Fuss, so
dass man bei dieser Operation ein Kreuz vor sich macht. Einen Tag später
verbrennt man die Schnitzel und giebt sie dem vermeintlichen Dieb ein;
bat man den Rechten getroffen, so bringt er das Gestohlene selbst zurück.
Den Viehhütern verkaufen Zauberer Hirtenstäbe, durch welche das
Vieh vor allerlei Schaden geschützt ist. Es sind ziemlich dicke Knüttel aus
Ebereschenholz mit verschiedenen eingeschnittenen Zeichen. Die mit Geld
erkauften haben ihre Wirkung das eine Jahr hindurch, die mit einigen
Tropfen Blut erkauften für immer.
Gegen den bösen Blick und das Wort des Neidischen (käde od. saiit
silm, kaehtaja) sucht man sich auf verschiedene Weise zu schützen.
Man tragt Asa foetida unter der Brustspange (söfg); man haut von der
Schwelle der Thür, durch welche ein solcher Mensch gegangen ist, etwas
ab und verbrennt es, oder man verbrennt etwas von seiner.Kleidung; man
speit drei Mal aus gegen ihn ; man schüttet heisse Asche auf seine Fuss-
tapfen, Wenn er fort geht; wenn ein böses Auge oder eine böse Zunge
über, ein Kind gegangen ist, so lässt man es durch drei Garnsträbnen
kriechen und badet es mit «kaetuze-rohi» d. h. Thymian (Thymus Ser-
pyllum L.). Wenn man Bienen hat, und ein neidisches Auge dessen,
welcher keine hat, darauf gesehn hat, so bringt man in dessen Vorrats-
haus Hühnerfüsse und -Flügel, Knochen, Krebsscheren, und legt davon
auch um seine Bienenstocke. Für übelwollenden Neid hält man es nicht
— 394 —
bloss, wenn Jemand das rühmt, was man bat, sondern auch wenn er über
seine eigenen Umstände klagt, wobei man annimmt, dass er sie dem An-
deren an wünscht; in einem solchen Fall muss man aas speien und sprechen:
süst wäfja nina risse! (zum Munde heraus in die Nase). Gegen das
Bewundern des Kindes legt man einen Stein von der Ofendecke (keris) in
Wasser, schiebt das Kind drei Mal durch die linke Hose und tröpfelt von
dem Wasser drei Mal mit dem linken Ellenbogen auf dasselbe ; oder man
wäscht einen eisernen Kessel rein, macht ihn über dem Feuer recht heiss,
giesst dann etwas Wasser hinein, nimmt den Kessel vom Feuer, deckt ein
umgekehrtes Sieb darüber , Jegt das Kind darauf in den Dampf und räu-
chert es zugleich mit Thymian (Thymus Serpyllum L.) und drei Strohhal-
men, welche man aus dem Dachrande an der Nordseite genommen bat.
Damit keine Hexe in's Haus komme, schlägt man drei Hufnägel in
die Thürsch welle.
Wenn ein Hochzeitszug sich nach der Kirche in Bewegung setzt, so
muss der saja-wanem (s. VIII) mit dem linken Fuss ein Kreuz vor dem
Pferde beschreiben und bei sich sprechen: im Namen des dreieinigen
Gottes. Dann verliert der oll angewandte Zauber seine Macht, wodurch
die Pferde des Zuges störrisch werden. und nicht vom Flecke wollen» aber
doch so angegriffen sind, als ob sie die schwerste Last gezogen hätten.
Auch dem, welcher den Brautkasten fuhrt, wird oft das Fuder durch He-
ierei unerträglich schwer gemacht. Dann muss er absteigen, vor das
Pferd gehen, seine Hemdspange abnehmen und durch diese und zugleich
zwischen Kummet und Hals des Pferdes hindurch nach dem Kasten sehen ;
dann erblickt er die Hexe mit einem grossen Stein im Scboosse auf dem
Kasten sitzend.
Wenn beim Säen der Säemann einen goldenen oder silbernen Ring
trägt und Schuhe an tat, so kann keine Hexerei dem Felde schaden.
Gegen Verhexung des Viehes nimmt man ein Stof Salz , betet darüber
in einem Athem drei Mal das Vaterunser nebst der Taufformel, geht damit
drei Mal um die Viehburg und lässt immer etwas davon aus der Hand
laufen , bis es zu Ende ist. Oder man legt unten an die Tbür, durch
welche die Thiere hinaus geben , und in ihr Ohr etwas Salz. Oder man
beschreibt mit einem Stücke Geld einen Kreis um den Kopf des Thieres.
— 395 —
Oder wenn man in der Nähe des Viehstalles «almused» fiodet, d. b. zum
Verheien dort hingelegte Eier, rohe Fleischstücke, Faden etc. (s. oben),
so fasst man sie vorsichtig mit zwei Holzchen und tragt sie drohend und
scheltend auf einen Ameisenhaufen, in den Ofen, in die Nabe eines Rades,
welche man mit Ebereschenbolz verschliesst, und fugt hinzu : tule homme
seda a£ja oisima, mis muH ei ole (komm morgen die Sache suchen,
die ich nicht habe). Eben so muss man die mit Hexeosalbe beschmierten
Stellen sorgfältig wegschaffen und verbrennen. Oder man schiesst auf
solche Stellen und Gegenstande mit einer Ladung von grobem Salz, wel-
ches dann dem Schuldigen in den Hinteren fährt. Oder man bringt das
durch Verhexung gestorbene Thier auf eine sandige Anhöhe, haut ihm die
Fusse ab, holt aus dem Walde ein Stuck Kieferholz, haut es in neun
Stöcke und vergräbt es, dann wird der Zauberer grossen Schaden haben;
will man seinen Tod , so haut man auch den Kopf ab. Oder man nimmt
Herz, Lunge und Leber des, wie man meint, durch Verhexung gestorbenen
Thieres heraus, sticht drei grosse , neue Nadeln in's Herz und kocht dann
Alles verdeckt; wenn der Schuldige an fangt dadurch Schmerz zu leiden,
so kommt er und sucht aus dem geschädigten Hause etwas zu kaufen oder
zu leihen, wodurch das angewandte Mittel seine Kraft verlieren würde,
man darf ihm aber nichts geben , damit er durch den Schmerz genothigt
wird den Zauber auf zu heben, wodurch man wenigstens fernerem Schaden
entgeht. — Wenn Ferkel geboren sind, so muss man sie mit unter derThür
genommener Erde und mit Stroh aus dem Schweinestall selbst räuchern,
dann schadet ihnen kein Zauber. — Wenn das Vieh Läuse hat, so schreibt
man das ebenfalls der Verhexung zu. Der zu Hülfe gerufene «tark»
nimmt dann neun Läuse , ladet sie in eine Flinte und schiesst sie gegen
Norden, dann kehren sie zu dem Verzauberer zurück, und er wird sie nie
wieder los; der Schiessende muss sich aber unmittelbar nach dem Schuss
schnell um wenden, sonst kommen die geschossenen Läuse in seine Augen
und machen ihn blind. — Pferde schützt man gegen Verzauberung da-
durch, dass man einen todten Raubvogel im Stalle auf hängt.
Ist die Milch verhext, so bohrt man in Ebereschenholz einem Aste
gegenüber ein Loch , giesst Milch hinein , spundet es fest zu und legt das
Holz auf den Ofenherd in's Feuer; dann kommt der Schuldige und be-
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kennt selbst seine That. Ist das Milchgefäss verhext, so wascht man es
mit einem Krugsbesen.
Wenn ein anderes Weib das Gefäss zum Buttern verhext hat, dass
die Butter nieht zusammen geht, so muss man das Melkgeschirr dem Ballen
zum Beschufleln bringen.
Ist das Kofentgefass verhext, däss das Getränk nicht sauer wird, so
lässl man ein Pferd hinein messen, oder man maischt mit einem Bettel-
stabe.
Ist der Brottrog verbext, dass der Teig nicht auf geht, so deckt man
die Hosen eines Burschen darüber, oder man lässt ein Ferkel darin
fressen.
Ist der Braubottich verhext, dass das Bier nicht gären will, so lässt
man ebenfalls ein Ferkel daraus fressen.
In Butter, Getreide, Salz und Anderes in einem Gelasse muss man
ein Kreuz drucken, damit kein Zauber damit vor genommen werde, and
damit es gut aus reiche.
Ist die Flinte verhext, so legt man sie unter die Schwelle, nimmt
Erde vor der Thür, wo Alles hinüber gegangen ist, und Asa foetida und
räuchert damit die Flinte. Oder um den Uebelthäter zu strafen vermacht
man das Zündloch au der Flinte mit einem Holzsplitter, giesst Wasser in
den Lauf, verstopft diesen mit einem Pflock von Ebereschenbolz und legt
die Flinte über der Oeffoung auf den Ofen, wo man sie während drei
Heizungen liegen lässt, danta wird den, welcher die Flinte verhext hat,
Obstruction befallen. Gleiches erreicht man überhaupt, wenn man von dem
Verzauberer ein Kothstifckchen vergräbt und darüber einen Keil ein schlägt ;
der Schuldige muss , um sein Leiden los zu werden , kommen und den
Keil heraus ziehen, wodurch er sich selbst verräth.
Wenn man durch Branntwein, welchen ein Anderer giebt, nicht ver-
hext werden will, so muss man, bevor man ihn hinunter schluckt, etwas
davon aus speien.
Wenn man eine Schlange und einen Frosch im Streit sieht, sie trennt,
und dann noch drei Mal zwischen ihnen hindurch geht, so ist das ein
allgemeines Mittel gegen Verhexung von Glück und Gedeihen im Haas-
halte.
— 397 —
Ein allgemeines Mittel, eine Verzauberung zu beben, ist aucb das
Blut des Verzaoberers, der blutig geschlagen werden muss.
Bei den Zauberformeln, den Beschwörungen ist das allein oder doch
vorzugsweise Wirkende, wenn auch bisweilen noch eine bestimmte Hand-
lung damit verbunden ist, in das gesprochene Wort gelegt, ehstn. «sönad»
(Worte). Sie werden grossentheils zur Heilung von Krankheiten und Schä-
den an gewandt (vgl. XII), aber auch bei verschiedenen anderen Gelegen-
heiten, auch um Schaden zu zu lugen, wie die oben besprochenen Zauber-
mittel, und als Verwünschungen. Eine grosse Anzahl derselben ist schon
bekannt gemacht und commentirt in den von unserer Akademie herausge-
gebenen «Mythischen und magischen Liedern» von Kreutzwald und Neus
1854, und ausser diesen und den hier mitgeteilten giebt 63 wohl noch
viele andere, denn die Wissenden und Gebrauchenden halten damit sehr
geheim, so dass es nicht leicht ist, sie zu erfahren. Die sudlichen Ebsten
glauben , dass in der Universitäts-Bibliothek .zu Dorpat noch ein sechstes
und siebentes Buch Mosis auf bewahrt werden , die man den Leuten aber
nicht in die Hände gebe, und darin sollen Zaubersprüche aller Art ent-
halten sein, pahuze-söna' (zum Besprechen der Rose), maru-s. (Wind-
segen), tule-söna' (Feuersegen), tfihüze-8. (gegen Stiche) etc., auch
besondere wannutamize-s. (beim Schwören lassen), welche bewirken,
dass der Meineidige sogleich hin fallt und stirbt.
Bemerkenswertb ist es, dass in den Zaubersprüchen selten die Hülfe
des Teufels und böser Geister angerufen wird, sondern dass der Mensch
selbst mit seinem Zauberwort als mächtig genug erscheint oder sich an
Gott und die Jungfrau Maria auch wohl an Heilige .wendet. Zu manchen
Heilungen dient geradezu das Vaterunser, die Tauflbrrael, die Anrufung
der Dreieinigkeit (vgl. XII) ; dass in den Zauberformeln die Zahl drei viel-
fach vor kommt, soll darin seinen Grund haben, dass Christus in Gethse-
mane drei Mal gebetet hat. Dem Zauberworte wird solche Kraft bei gelegt,
dass z. B. mancher «tark», welcher einen blutstillenden Spruch kennt,
sich scheut seine Thiere zu sehlachten, weil, wenn die Zauberworte ihm
— 398 —
zufällig dabei io den Sinn kämen, auch bei diesen das Blut auf boren würde
zu fliessen.
So wie auf der einen Seite also die Worte schon wirksam sind, weuii
sie bloss gedacht werden, so ist auf der anderen Seite bisweilen auch die
Form eines Zwiegesprächs nothig, was ich auch bei den stammverwandten
Liven gefunden habe. Vielleicht ist aber in dem letzten Falle das Wort
nicht eigentlich als Hauptagens , nicht als wirkliche Zauberformel an zu
sehen , sondern nur als die solenne Beigabe zu dem Heilmittel , wie auch
sonst ohne die dialogische Form (vgl. XII). So wird bei der Atrophie das
kranke Kind an drei Donnerstagen, iu die Schürze einer Wittwe gebunden,
mit der Handwage gewogen, entweder einfach so (vgl. XII tHundekrank-
heit»), oder mit diesem, drei Mal wiederholten Zwiegespräch begleitet:
A. mis sa mSdad? B. ma mödan koera-töbelist last. A. moda
nenda et abi sab. B. jumal aidaku (A. was wägst du da? B. ich
wäge ein hundkrankes Kind. A. wäge es so, dass Hülfe wird. B. Gott
helfe), vgl. XIF, b, Hodengeschwulst.
In den von einer Generation der anderen überlieferten Formeln scheint
manches Wort corrumpirt zu* sein; manches ist ganz unverständlich, gewiss
auch denen selbst, welche sie gebrauchen. Spruche bei den manniebialtig-
sten Veranlassungen giebt es unzählige, und sie würden allein schon ein
ansehnliches Heft füllen; es kann hier nur eine verhältnissmässig kleine
Probe davon gegeben werden.
t) Sprüche zum Hellen von. Krankheiten, Verletzungen und
Schmerzen *).
Gegen Brandschäden. Waresele walu, barakale haigus, käf-
bile kibedat, musta linnule muid töbesid, lapse sörmi kohe ter-
weks (der Krähe den Schmerz, der Eisler die Krankheit, dem Marder
Schmerzendes, dem schwarzen Vogel andere Krankheilen, des Kindes Fin-
ger sogleich gesund).
1) Es ist in diesen wie in den folgenden der Locatdialekt der Aufzeichnung
beibehalten.
— 399 —
Gegen Geschwulst. Man druckt darauf und spricht: kau, mnbk!
kahene, muhk! waju, muhk! kui ej kahene, katki l&hed, tttbjast
oled tulnud ja tühja lähed (verschwinde , Geschwulst I nimm ab, G. !
senke dich, G. ! wenn du nicht ab nimmst, so wirst du entzwei gehen, aus
dem Leeren bist du gekommen, in's Leere wirst du gehen).
Gegen Krämpfe der Kinder (Flage). Ära nTdan nifgi silmad,
kastan kadeda silmad, sihin sili karwasida, pfian paftsi pitsasida.
Kaibus kadugu, laul lämmatägu! Mina söjman sönaust, mina
kaiban kaibust, mina teen last terweks, sftdan tgiste sarnatseks.
Hawi köf, hawi möf! Jumala rifit ette, jnmala riit taha, jumala
rist roäst taiwa. Amen (weg schneide ich die Augen des Wiesels, be-
netze des Neidischen Augen, ziele nach den Haftren des Igels, fahnde nach
den Peitschen der Ente. Die Klage verschwinde, der Sang ersticke sie!
leb schelte die Besprechung, ich klage die Klage, ich mache das Kind
gesund, schaffe es den anderen gleich. Hechtes Zunge, Hechtes Sinn!
Gottes Kreuz vorn, Gottes K. hinten, G. K. von der Erde zum Himmel.
Amen). Beim Hersagen wird vor jeder Zeile das Vaterunser gebetet, und
ausserdem müssen bei den drei ersten Sprüchen nach dem Amen die Zah-
len von neun bis eins gezählt werden.
Gegen «rabandus» (Dracbenschuss, plötzliche heftige Krankheit)
der Thiere. Annas izand, mina tulen sinu palwele, minu hobune
etc. on haige, temal on rabandus (lieber Herr, ich komme dich zu
bitten, mein Pferd etc. ist krank, hat einen R.), dann drei Vaterunser, am
besten in einem Athem, oder wenn das nicht geht, so wendet man wenig-
stens den Mund beim Athemholen zur Seite. Diese Worte spricht man
ober ein Stuck Brot, welches man dann dem kranken Thiere zu fressen
giebt.
Mine ära, höäl, möda mäd metsa sisse, näri häwa, näri bäwa-
püd, wiska wiha, wiska wiba, wiska w. tamme sisse, heida armu
waeze lojuse peale (geh fort, Böser, an der Erde bin in den Wald, nage
eine Espe, nage einen Espenbaum, wirf deinen Zorn in eine Eiche, habe
Erbarmen mit dem armen Vieh).
Kus Jesus Kristus riStiti? Jordani jöe Eres, punase mere
s£s. Tagane ära, röjane waim, file tuhande, sadande peni-kOrma
— 400 —
taga ! tole nfid öiguze ja önnistuzega Jözuse Kristuse sönade l&bi,
sls p^asta nüd so inimene (elajas) ära sürest hädast. Amen (Wo
wurde Jesus Christus getauft? Am Flusse Jordan, im rothen Meer. Weiche
zurück, unreiner Geist über tausend, hundert Meilen weit! komm nun mit
Gerechtigkeit und Segen durch die Worte Jesu Christi, dann rette jetzt
diesen Menschen, dieses Thier, aus. grosser Noth. Amen).
Gegen Gelenkrheumatismus. Den Leidenden müssen drei Knaben
drei Mal in's schmerzende Gelenk beissen, und jeder muss dabei sprechen:
kidzi purus, käzi köwas, pure iks, pure kitsi, kidzi iks purus,
käzi köwas (der Gelenkschmerz zermalmt, die Hand fest, beisse immer,
beisse den G., der G. immer zermalmt, die Hand fest).
Gegen Knochenbrucb. Seu sinise lönnaga, pö punase lönnaga,
lQ kokku, kopsti! (binde mit blauem Faden, hänge mit rothem Faden,
Knochen zusammen, kops).
Gegen die Rose. Käj nenda kui lepp, kä} nenda km kaäk, käi
nenda kui tär (geh so wie eine Erle, geh so wie eine Birke, geh oder
gare so wie Dünnbier); darauf betet man drei Mal das Vaterunser und
macht ein Pentagramm auf die Rose.
Gegen Fieber, Man nimmt den Stiel eines Ofenbesens und reitet an
drei Mittwochen und vier Donnerstagen darauf umher, indem man spricht :
kolm kolma-päiwä ödagut, neli nelä-päiwä ödagut, kirrew kiwi,
kikka-hari, ajd-sgiwas, sara-pü-puhm, ahjo-lfld, röbi-hand, harr
page mant (drei Mittwochabende, vier Donnerstagabende, bunter Stein,
Hahnenkamm, Zaunstange, Haselstrauch, Ofenbesen, Ofenkrackenstiel,
Grauer fliehe fort).
Gegen Schmerz. Härdke rao halu, wötke mo walu, tömmake
mo töpe, köjge sürembat surma (fasset meinen Schmerz, nehmet
meinen Schmerz, ziehet meine Krankheit, den allergrössten Tod).
(Bei Kindern). Harakale halu, waresele walu, mustale lehmale
mü töbi (der Elster der Schmerz, der Krähe der Schmerz, der schwarzen
Kuh das übrige Leiden).
(Von der Ruthe). Tule tülesta, kurati, flle üheksa kiriku, wl
ära witsa walu (komm aus dem Winde, Teufel, aber neun Kirchen her,
bring fort den Schmerz von der Ruthe).
— 401 —
(Von frischer Wunde, nachdem man sie vorher vom Blute gereinigt
hat). Oh sa randa r au dasein, oh^sa randa rau dasein, oh sa rauda
raudaseni! mötlezid puise pQtumaje, mötlezid puise pütumaje,
mötlezid puise pötutnaje! pütuzid mulda ja ihuje, pötuzid mulda
ja ihuje, pütuzid ttiulda ja ihuje! (o Eisen, mein Eisenchen! meintest
Bäume zu treffen ! trafst die Erde und den Leib). Zuletzt speit man etwas
darauf.
Gegen Sodbrennen. Palotaja söp minno, mina so palotajat,
häfg haljast haina, suzi werist liha (das Sodbrennen isst mich, ich
esse das Sodbrennen, der Ochs grünes Gras, der Wolf blutiges Fleisch),
neun Mal in einem Athem.
Gegen Stiche. Pista, pista! mis sa pistad? Sina pistad üksi
korda, mina pistan kaksi korda. Sina pistad, mis sa pistad? Sina
pistad kaksi korda, mina pistan kolmi korda. S. p., m. s. p.?
Sina pistad kolmi korda, mina pistan küzi korda. S. p., m. s. p.?
Sina pistad neu korda, mina pistan kaheksa korda. Sina pistad
wlzi korda, mina pistan übeksa korda (stich nur stich! was stiebst
du? du stichst ein Mal, ich steche zwei Mal. Du stichst, was stichst du?
du stichst zwei Mal, ich steche drei Mal- D. st., w. st. d.? D. st. drei
Mal, i. st. sechs Mal. D. st., w. st. d.? D. st. vier Mal, i. st. acht Mal.
D. st. fünf Mal, i. st. neun Mal). Diess muss in einem Athem gesagt
werden und zwar drei Mal hinter einander, zwischen je zwei Malen schöpft
man drei Mal Luft, dabei hat man ein kleines Trinkgefass (tops) mit
Branntwein in der Hand und sticht mit einer Nadel in den Branntwein so
viel Mal, wie man in jedem Satze sagt.
Ein etwas einfacheres Mittel gegen Stiche ist das Vaterunser drei
Mal rückwärts gesprochen.
Gegen Verrenkung. Man streicht die Stelle mit beiden Daumen,
schlingt in einen schwarzen oder rothen Wollenfaden neun offene Knoten
und spricht darüber drei Mal: nahk naha wasta, weri were wasta,
liha liha wasta, sOned sönte wasta (Haut gegen Haut, Blut gegen
Blut, Fleisch gegen Fleisch, Sehnen gegen Sehnen). Darauf zieht man
mit einem Ruck alle neun Knoten zusammen, und bindet diesen Faden um
die verrenkte Stelle nebst dem gestohlenen Ringe von einem Ofenbesen.
26
— 402 —
Jßzus ja Petras käizid kahekezi kiriku tSd, nende öili jalg
nikatas ära. Jßzus titles: öta ot'! ma tahan nikatust aidata.
La 10 azemele, sOn söne azemele, liha liha azeraele, häw häwa
azemele (Jesus und Petrus wandelten selbander auf dem Kirchenwege,
ihr Esel verstauchte seinen Fuss. Jesus sagte: warte, warte! ich will
die Verrenkung heilen. Knochen au Stelle des Knochens, Sehne an
Stelle der Sehne, Fleisch an Stelle des Fleisches, Wund« an Stelle der
Wunde).
Jezus söit raäke mödä, warsa jalga waperdama; söne9 kokko
jo sobigu, weri kokko jo wedägu, sä zu sisse jo sädgu, lü liha
loperdagu. Pühä Petri, tule toes, astu abis, tee s6 haige terwes,
wota walu ära. Amen, amen, amen. Jezus soit ted mödä, hobeze
jalga niksahti; söne' kokko jo sobigu etc.. Jezus soit silda mödä,
Jordan i jöke mödä, rüna jalga raksahti; söne' kokko sobigu etc..
(Jesus ritt den Berg entlang, des Füllens Fuss wackelte ; die Sehnen mögen
sich nun zusammen fugen, das Blut sich zusammen ziehen, das Mark sich
hinein ordnen, Knochen und Fleisch arbeiten. Heiliger Peter, komm zur
Stütze, tritt zur Hülfe, mache diesen Kranken gesund, nimm den Schmerz
weg. Amen, amen, amen. Jesus ritt den Weg entlang, des Pferdes Fuss
verstauchte sich; die Sehnen mögen sich zusammen fugen etc. . . . Jesus
ritt die Brücke entlang, den Fluss Jordan entlang; des Wallachs Fuss
knackte ; die Sehnen mögen sich zusammen lugen etc. . . .).
b) Sprüche zun Schutz.
Gegen Bewundern. Kes sönab? mos sönab! ma sönan sönaja
kätte. Kes sönab? naene sönab! ma sönan sönaja fcätte. Kes sö-
nab? poiä sönab! nja sönan sönaja kätte. Kes sönab? tfidruk sö-
nab! ma sönan sönaja kätte (wer spricht? ein Mann spricht! ich spreche
dem Sprechende zu. Wer spricht? ein Weib spricht! etc. etc., ein Bursch
etc., ein Mädchen etc.). Diese Worte werden drei Mal, wenn es ein jun-
ges Thier betrifft, über süsse Kuhmilch, wenn es ein Kind betrifft, über
die eigene Muttermilch gesprochen, und das Bewunderte damit getränkt.
Gegen Verläumder. Sorija surma, kärataja kärna, talle ize
_ 403 —
wli wiYIl kele peale (der Verläumder in den Tod, der Schellende in die
Krätze, ihm selbst fünf Blasen auf die Zunge).
Gegen Bienenstich. Linnu izake, linnu emake, linnu sögle-
wad sözarad, linnu pöue-pörsukezed, linnu weik'sed wennakezed,
jätke minda (oder der Name) mäfkimata, weri hafjas kärpimata
(Bienenväterchen, Bienenmülterchen , der Biene bewegliche Schwestern,
der Biene Busenferkelchen , der Biene kleine Brüderchen , lasst mich un-
gezeichnet, das glänzende Blut ungekerbt).
Gegen Feuer. Jumal pidagu tuld kitsas kohas, oder jumal pi-
dagu tulukest oma pibu sös (Gott halte das Feuer an einem engen
Ort, oder Gott halte das Feuerchen in seiner Hand).
Gegen Neid. Kade kaugu, war waugu, noia-silma selja taade,
sitta suhu, sola silma, sawwuga tarest, tulega ussest (der Neidi-
sche schwinde, der Falsche sinke, das Zauberauge hinter den Rücken,
Koth in den Mund, Salz io 's Auge, mit Rauch aus der Stube, mit Feuer
aus der Thfir).
Silma , sitta , ninna muta, hommen pini persehe, taas-pädi
käfimä kui mästa wee wähk (in's Auge Dreck, in die Nase Koth, mor-
gen in den Hintern eines Hundes, rückwärts zu gehen wie aus der Erde
der Krebs des Wassers).
Gegen Yerhexung der Kinder. Minä arsti, minä sobi, Jumal
appi! .arsti käzi, riSti wezi, pühä rigtikene! awita sedä last (ich
heile, ich beschwichtige, Gott zu Hülfe! Hand des Arztes, Wasser der
Taufe, heiliges Kreuzchen! hilf diesem Kinde).
Gegen den Wolf. Kiri karja keskel, Jözus käib karja el, Märja
ajab karja järele, mina ize tecn aeda kafjale ümber. Kui körge?
nl kui mäst taewase. Kui tihe? nl kui jöhwi-söl. Kui lai? nl kui
kirwe laba. Sutte sttda metsas nl pehme kui päss-kinnas, sutte
silmad nl punased kui konn metsas, sutte hambad nl pehmed kui
ueitsi niza-ots (die bunte Herde in der Mitte, Jesus schreitet der Herde
voran, Maria treibt die Herde nach, ich selbst mache einen Zaun um die
Herde. Wie hoch? so wie von der Erde. in den Himmel. Wie dicht? so
wie ein Haarsieb. Wie breit? so wie die Fläche eines Beiles. Der Wölfe
Herz im Walde so weich wie ein Fausthandschuh, der Wölfe Auge so roth
26*
— 404 — - '
wie der Frosch im Walde , der Wölfe Zähne so weich wie einer Jungfrau
Brustwarze).
Metsa sikku, metsa akku, kuldne kuningas, metsa haffi,
harwa löuga! ära sa salaja salwa, nägemata näpista! ärapOtu
minu puffi, ära katsu minu kafja! suzi süri, pea jämeda, mine
söd solgataraa, läbi länete laduma! mine puid murdama, kiwi
külge kiskuma (Bock des Waldes , (Tbier) l) des Waldes , goldener Kö-
nig, Grauer des Waldes, Dünnschnauze ! beisse nicht heimlich, kneife
nicht ungesehen! berühre nicht meinen Bullen, versuche nicht meine
Herde! grosser Wolf, dicker Kopf, geh in dem Sumpf patschen, durch
die Wälder streichen! geh Bäume zerbrechen, an den Steinen reissen).
Metsa uffi, metsa haffi, metsa kuldane kuningas, metsa ojar-
mu emanda! ob Peter, pfiha sulane! pane koerad käleeie, hur-
dad umbe röngaeie, säda sqjeje minema, kfined kütije wajuta.
Amen (des Waldes Kindchen, des Waldes Grauer, des Waldes goldener
König, Herrin der Schneetriften des Waldes! o Peter, heiliger Knecht!
versetze die Hunde in den Star, die Windhunde in den festen Ring, schicke
sie in die Moräste, drücke die Klauen in ).
Man nimmt im Walde die alten Sandalen von den Füssen , wirft sie
irt's Gebüsch und spricht : suzi sah silma-pajk, kui sa meie kafja tu-
led , sls pane silma ette , kui sa küla kafja tuled , sIs wöta kaeia-
kotis, kui sa walla kafja tuled, sls wöta wahete peal; sugi, sah
silma-paik (Wolf, da hast du einen Augenlappen! wenn du in nnsre
Herde kommst, so lege ihn vor das Auge, wenn du in die Dorfsherde
kommst, so nimm ihn im Quersack, wenn du in die Gutsherde kommst,
so nimm ihn auf dem Zwischenraum der Augen ; Wolf, da hast du einen
Augenlappen!).
Gegen Schlangen. Der Gebissene darf nicht in ein Haus mit einer
Feuerstelle gehen oder sich auf einen Stein setzen , sonst ist ihm nicht zu
helfen. Sprüche zur Heilung oder Verhütung des Bisses giebt es sehr viele,
z. B. u&ikene, hullukene, ftra salwa mind salaja, balu s6s awa-
lik; keri ennast kerase, nxäzi mätaste wahele; mu käed törwa-
1) Vgl. fian. akko.
— 405 —
okstest, mu jalad törwa-kandudest, ma ize törwa-tünder (kleine
Schlange, kleine Tolle, beisse mich nicht heimlich, (ler Schmerz drinnen
ist offenbar; drehe dich in einen Knaul zusammen, winde dich zwischen
die Rasenhügel, meine Hände sind von Theerästen, meine Fasse von
Theerstumpfen, ich selbst bin eine Theertonne).
Enrii änrii ohma tukk, efri äfri röma tukk! mado must, mä-
alone, kirjo-pä, kiwi-alone! löpku so walu kui külmä kiwi ajtr,
ni löpku so walu kui lämmä kiwi toss, alt t6, alt mä, alt kiwitse
kiriko ( ! Schlange schwarze, unterirdische, Buntkopf unter demv
Stein! möge dein Schmerz aufhören wie der Dunst eines kalten Steins,
möge so dein Schmerz aufhören wie der Dampf eines warmen Steins, un-
ter dem Wege, unter der Erde, unter der steinernen Kirche bin).
Äkiline, äkiline, madu musta, ma-alune! muH on mustad
tSrwa-hambad ! mäherila mätta alla, keherila kännu alla! aja kar-
wa, anne karwa, kiwi karwa, kifju karwa, lehe karwa, lepa kar-
wa, m&e karwa, männiku karwa, so karwa, sara karwa (hellige,
heftige, Schlange schwarze, unterirdische! ich habe schwarze Theerzähne!
.... unter dem Rasen, .... unter dem Baumstumpf! zaunfarbige, schoee-
triftfarbige, steinfarbige, buntfarbige, bla Afarbige, erlenfarbige, bergfarbige,
tannenwaldfarbige, sumpffarbige, haselfarbige).
Sina muistne kiwi-alone, sina kirjane kirulane! waäk-wlr
nina peal, wask-kindad käes, waäk-kapukad jalas! kes seizab
wastu tulist muri? (du von Alters her unter Steinen Wohnende, mit
Streifen gezierte Buntfarbige! ein Kupferstreifen auf der Nase, kupferne
Handschuhe an den Händen, kupferne Socken an den Füssen! wer steht
gegen die feurige Mauer). Dazu neun Vaterunser.
Siug, sille pä, waSklik wajp, kulo ak kaStja, paiu alt piätja,
piTfi ronst pandja! kost ölet tulnu, sinna mingu (Schlange, glatter
Kopf, kupferne Decke, unter dem vertrockneten Grase her spritzend, unter
der Weide her stechend, aus dem Schilfrohr her verwundend! von wo du
gekommen bist, dahin mögest du gehen).
Siug sajz so all, hope päle hltunu, kuld päle kukkunu. Kuld
tsuskas kulo alt, höpe salw so alt, ma tsuska sfst, sält, ni pikalt
walu kui ojah wett (die Schlange liegt unter dem Moor, Silber hat sich
— 406 —
auf sie gelegt, Gold ist auf sie gefallen. Das Gold stiebt unter dem dür-
ren Grase her, das Silber beisst unter dem Morast her, ich steche von
hier von da, so lange der Schmerz wie im Bache Wasser).
Gegen Zorn der Herrschaft. Tere, tere herra (od. hopmann)!
herra seaks, lambaks laute, mina kukeks lakka! herra, mnsta
mä-alune, kiriwa-kiwi-tagnne, mis sina sala suhised, nägemata
näpisteled? tagane ära, röjane waim, anna ptihale waimule t&d.
Amen (guten Tag, guten Tag Herr od. Amtmann I der Herr als Schwein,
als Schaf in den Stall, ich als Hahn auf den Hausboden! Herr, schwarzer
Unterirdischer, hinter dem bunten Stein' Weilender, was zischest du heim-
lich, kneifst ungesehen? weiche zurück, unreiner Geist, gieb dem heiligen
Geiste Weg. Amen).
Oder auch drei Mal in einem Athem das Vaterunser gebetet.
c) Verschiedene Sprüche.
Beim Quasten in der Badstube. Wihake, weidike, wöideks,
sauna lejnike salwiks! nenda armas moste mölest, kui löpnud
lammas kqerte mölest! öitse-lejni, önne-lejni, kafja-leini, kazu-
lejni! säki, saki, saunake, säki, sauna leinike! kuda tibn, nenda
tefwis, kuda afst, nenda abi! säki, säki, sannake, säki, sauna
lejnike! hirmu-kakk, armu-kakk, läbi reite Rejnu kakk! hundi-
sawaga wihelda, rebase-sawaga wöida (Kleines Besenchen zu Schmiere,
kleiner Dampf der Badstube zu Salbe ! so lieb nach der Männer Sinn, wie
ein gestorbenes Schaf nach der Hunde Sinn! Blutbendampf, Glucksdampf,
Herdendampf, Yortheildampf! Gewinn, Gewinp, Badstöbehen, Gewinn,
Dampf der Badstube ! wie der Groschen, so die Gesundheit , wie der Arzt
so die Hälfe! Gewinn etc. etc. Schreckensbrot, Liebesbrot, zwischen den
Beinen hindurch Reins Brot! mit einem Wolfschwanz zu quästen, mit
einem Fuchsschwanz zu streichen). Soll den kleinen Madehen später Freier
verschaffen.
Dem Jäger zu schaden. Liha metsa, karwad kotti (das Fleisch
in den Wald, die Haare in den Sack), oder lind metsa, kiwi kotti (das
— 407 —
Wild in den Wald, ein Stein in den Sack). Das Wild kommt davon, wenn
es auch noch so schwer verwundet war.
Beim Buttern, damit die Butter zusammengeht. Taewast tulgu,
pulku mingu, üraber männa mässagu (vom Himmel komme es, in
das Buttergefass gebe es, um den Quirl wickele es). — Oder: kokka,
kokku, kOrekene! taewast tulgu, kirnu mingu, möda mända
mlitta mätta, laua peale latakida, leiwa peale llstakida! kokku,
kokku körekene (zusammen, zusammen, Sahne! vom Himmel komme
es, in das Buttergefass gehe es, an dem Quirl hin tipp tapp, auf den Tisch
breite Klumpen, auf das Brot Scheiben! zusammen, zusammen, Sahne).
Hilft das nicht, so wird das Buttergefass mit Ruthen geschlagen.
Gutes Wetter zu erlangen. Ehi, ehi, ilmakene, pädi, pädi, päj-
wäkeue! ehi nöjde ehtilä, pädi nöjde pätilä; töna' o flehte ilosa,
päte' päiwäl walusa (schmucke dich, schmücke dich, Wetterchen! ziere
dich Tag! schmücke dich mit dem Zauberschmucke, ziere dich mit den
Zaubertroddeln; neulich hattest du schönen Schmuck, der Tag eine glän-
zende Troddel).
Den Habicht zu verscheuchen. KuIT, kulT, kana-waras, üle aja
ute-waras, meie mamma nldi-waras (Habicht, Habicht, Hühnerdieb,
Schafdieb über den Zaun, unserer Mutter Garndieb).
Dass die Heuschrecke ihren Saft auf die Warze speie. Rohu-rit-
sik, anna safwi! kui ei anna, tapa so (Heuschrecke gieb Salbe, wenn
du nicht giebst, so tödte ich dich).
Wer einen Hasen mit der Hand fangen will, muss ihm nur vorher
zurufen: kfikka maha, kOkka maha (hocke dich nieder, hocke dich
nieder).
Damit Kraniche nicht entfliehen, sondern springen, gebraucht man
den Spruch: Kurekeze' karake, pikä' söre' pilake, Jü-sere' lungake;
küll ma kurele kukli kfidzä, pikäle sßrele plrako (Kraniche sprin-
get, Langbeine machet Possen, Knochenbeine hinket; ich werde dem Kra-
nich ein Brotchen backen; dem Langbein einen Kuchen).
Dass die Schnecke ihre Hörner zeige. Sea-tigu, hajna rigu,
nftjltft mulle safwi, t6 mino tulo kätte, anna mino au kätte
— 4QB —
(Schnecke, Scheusal des Grases, zeige mir deine Homer, bringe mir meinen
Vorlheil, gieb mir meine Ehre).
Schlangen aus dem Walde zu rufen. Oh tule, lind, ma öda
sinno kui j um mal taiwan hinge, ma sä so wasta wötma, röm söa-
men so sätma (o komm, Wild, ich warte auf dich wie Gott im Himmel
auf eine Seele, ich werde dich empfangen, mit Freude im Herzen dich ge-
leiten).
Schlangen zum Stehen zu bringen. Mos, mos, öda nl k$wwa,
kui mörsja ehitahas! tö sufgi ja sldi, ehi, ehi, mOrsjakene! öda,
mörsja, peig-mes rühip (Mann, Mann, warte so lange, wie die Braut
geschmückt wird! bring Federn und Seide, schmücke dich, schmucke
dich, Bräutchen! warte, der Bräutigam eilt).
Beim Erbsensäen. Man legt ein altes Sandalenstück an den Fuss
und spricht: udzu-nukk, kü karga nukku, herne' kötra, lStsa-nahka
(Nebelspitze, Mond laufe in die Spitze sc. der Sandale, die Erbsen in die
Schote, in die Blasebalgbaut).
Schützenspruch. Wenn der Jäger auf die Jagd geht, so nimmt er
einen Schlangenkopf, streicht damit drei Mal über die Flinte und spricht:
olgu, mis om, mots wai mä, sammel wai so, hain wai nit, wili
wai nurm, lind tule wäTjä! (sei es, was es sei, Wald oder Fläche,
Moos oder Moor, Gras oder Wiese, Getreide oder Feld, Wild komm
hervor).
Fischerspruch. Man nimmt einen gewissen hakenförmigen Knochen
des Frosches, streicht damit über das Fischereigeräthe und haucht drei
Mal darauf mit delfWorten: olgu wezi wai hain, oja wai jögi, läte
wai soft, tlk wai jäfw, kala tule wäljä! (sei es Wasser oder Gras,
Bach oder Fluss, Quell oder Ader, Teich oder See, Fisch komm hervor).
Gelt gewesene Kühe zum Milchen zu bringen. Man zieht an den
Zitzen und spricht: söru, söru, lehmäkene, mälu, mälu, marjakene!
söru malle söira-pimä, mäln malle marja-plraä. Mall om pere'
pimä tahtmah, wöras pere' wöidu tahtmah; ej ma wahi wädi-
täüt, ei ma püwwä pütü-täjit, anna mino annom täüi, nüssä mino
nüssik täfii (milche, milche, Kuhchen, milche, milche, Beerchen! milche
mir Käsemilch, milche mir Beerenmilch. Mein Gesinde will Milch, frem-
— 409 —
des Gesinde will Butter; ich erwarte nicht ein Fass voll, ich strebe nicht
nach einer Tonne voll , gieb mein Gefäss voll , milche mein Melkgefass
voll).
XIV. Bedeutsame und heilige Stellen. Opfer.
Eine besondere Bedeutung haben für die Ehsten theils solche Stellen,
an welche sich irgend eine Sage aus der Vorzeit oder das Andenken an
eine dort vorgefallene Begebenheit knüpft, theils solche, an welchen in der
heidnischen Zeit Opfer dar gebracht worden sind, resp. auch noch dar ge-
bracht werden. Der ersten, besonders von der .zweiten Hälfte, giebt es
eine grosse Menge , und ich beschranke mich darauf nur einige an zu fuh-
ren um zu zeigen, von welcher Art sie sind; eine Vollständigkeit in der
Aufzählung derselben wäre für die Charakteristik des Volkes nicht nöthig.
Die Opferstellen werden am besten mit den Opfern zusammen erwähnt
werden.
Bei dem Pastorate Röthel und dem Gute Berghof in Ehstland zeigt
man auf zwei grossen Steinen die eingedruckten Spuren des Teufels,
welcher in riesengrosser Gestalt einen gewaltigen Felsen in's Meer
schleuderte, als er zwischen Mohn und dem Festlande einen Damm hatte
bauen wollen. — Im Kirchspiel Anzen in Livland ist ein Stein, der Jüda
jala kiwi, auf welchem man noch die Spuren von den Füssen des Teu-
fels (jfidas) zeigt, welcher von da aus auf's Pferd gestiegen war. — Zwei
Steine an den entgegengesetzten Enden eines Sees in derselben Gegend
röhren daher, dass zwei böse Geister (toridid) eine Brücke über den See
bauen wollten, dabei in Zank geriethen und mit grossen Steinen nach ein-
ander warfen. — Man vgl. noch XV unter Kalewi-poeg und Toll.
In verschiedenen Gegenden des Landes finden sich Stellen, wo von
Steinen, Stocken, roh gebildeten Kreuzen und. anderem «rihu» (s. d.
Wörterbuch), die jeder Vorübergehende dahin wirft, sich grössere oder klei-
nere Haufen gebildet haben, rek-mägi, reu-nömm eto. genannt. An diese
knöpft sich die Sage von irgend einem dort begangenen Verbrechen, wie
Mord, Schändung etc. So ist in Oesel ein solcher reu-tiömm, wo in alter
— 410 —
katholischer Zeit sich zwei Hochzeitszuge begegnet und in Streit geratben
sind, wobei der eine Bräutigam getödtet wurde. Um nicht von dem Geiste
des Getödteten verfolgt zu werden, wirft, wer vorüber gebt, eia Stück
Holz oder einen Zweig dahin, und wer diess ein Mal angefangen hat,
muss damit fort fahren. Hüterknaben verbrennen von Zeit zu Zeit den so
entstandenen Reisighaufen, daher die Feuerstelle darunter.
An der Nordseite Ehstlands in der Nähe des Pastorats Kusal war ein
ähnlicher Platz, reu-mägi, auf welchen jeder Vorübergehende einen
Stein warf. Darauf wurden bisweilen Knaben gesetzt und gehänselt. Vor
einiger Zeit ist diese Stelle zerstört worden.
Hier und da wird das Andenken an Verunglückte dadurch erhalten,
dass die Vorübergehenden kleine roh aus Holz gefertigte oder aus Ruthen
geflochtene Kreuze auf die Stelle, wo jene um gekommen sind, auf pflan-
zen oder bin werfen.
Grosse Steinhaufen (wared) an manchen Stellen in Oesel werden
von den dortigen Ehsten so erklärt, dass in alter Zeit Hochzeitszüge hier
zusammen kamen, mehrere Wochen Hochzeit hielten und dabei um die
Wette solche «wared» errichteten.
Bei dem Dorfe Meks, etwa drei Werst von dem Schlosse Neuhausen
ist eine Fichte sehr in Ehren, und wird für heilig angesehen, weil sie
durch einen hinein gefahrenen Blitz geweiht sei. Die Vorübergehenden
verneigen und bekreuzigen sich vor ihr und sprechen: pfiba pikne! hoia
ez* jumala wiha äst, wiha est ja witsa äst! hoia koige kurja est,
tö äst ja teo est! sür jumal, säda meid helduzega edazi! (heiliger
Donner! bewahre du selbst vor Gottes Zorn, vor Gottes Zorn und Ruthe!
bewahre vor allem Bösen, vor Arbeit und Frohne ! grosser Gott, sende uns
mit Freundlichkeit vorwärts). Auch werden Leichen aus der Nähe vor der
Bestattung Tür einige Zeit unter diesen Baum gestellt.
Die Opfer wurden, so lange die Schweden im Lande herrschten, als
schwere Verbrechen verfolgt und unnachsichtlich vertilgt. Später haben die
Geistlichen fortgefahren mit Wort und That dagegen zu eifern, wenn auch
der Arm der weltlichen Macht allmählich weühger hinein griff. Dadurch
ist es geschehen, dass die Opfer sich, wenn auch in der neuesten Zeit
noch nicht ganz verloren, so doch in die Verborgenheit zurück gezogen ha-
— 411 —
beo; nur bei den Pleskauschen Ehsten sieht man sie noch ganz offen, vor
den Augen der Geistlichen selbst, geschehen. Zum Theil sind jetzt die
Opfer nur Ceremonien, von denen der Opfernd^ selbst sich wohl keine
klare Rechenschaft zu geben weiss, oder sich bewusst ist, wem das Opfer
gelten soll; zum Theil aber haben sie dabei auch jetzt noch übermensch-
liche Wesen im Sinn, deren Gunst sie erwerben oder deren Zorn sie ab
wenden wollen, oder von denen sie bestimmte Gegenleistungen, wie Ge-
sundheit, Gedeihen des Viehes, und der Felder u.d. gl. erbitten und erwar-
ten. Manche Opfer sind auch noch an besondere Opferstellen, heilige Plätze
und Gegenstande gebunden, von welchen am Schluss dieses Abschnitts
eine kleine Zusammenstellung gegeben ist. — Im Alterthume scheinen
'auch Menschenopfer, vor gekommen zu sein.
- Manche Seen und Flusse nehmen sich selbst alljährlich ihr Opfer, und
man darf einen darin Ertrunkenen nicht vor dem dritten Tage heraus
ziehen, sonst würden sich die Unglücksfälle noch mehren.
Wenn aus Dago die Fischer im Frühjahr an den Pernauschen Strand
sich begeben, so giessen sie von dem mitgenommenen Bier das erste Ge-
fass voll in das Boot mit den Worten: sah, anDame poizile esmalt (da,
wollen wir dem Burschen zueTst geben). Wenn sie auch unter dem
apoig» jetzt vielleicht nur das Boot meinen, so galt das Trinkopfer wahr-
scheinlich doch wohl ursprünglich einer Gottheit , welche ihnen günstige
Fahrt und guten Fang verleihen sollte (vgl. unten das Opfer auf dem Pank
in Oesel und wana-poiä = Teufel).
Wer auf einem Gottesacker trinkt, muss auch Tür die Todteo etwas
auf die Erde giessen.
Zum Schutz des Hauses legte man in die Asche vor der Ofenmündung
Opfer an Eiern und Geld, und wenn das Aschenloch geräumt wurde, so
trug man die Asche auf die Wiese hinaus zu einem Haufen.
Beim Schlachten, namentlich am Olaustage (s. XI), giesst der Haus-
vater etwas von dem Blute im Hofe aus; eben so wird auch beim Kochen
und Brauen etwas in's Feuer oder an einen anderen Ort gegossen.
Am Michaelistage opfefte man auf einem Altar unter einer Linde einen
Hahn. Der Hausvater schlachtete den Hahn , die Federn , Füssc und das
Eingeweide wurden verbrannt und darauf der Hahn gekocht. Bis das
/
— 412 —
9
Fleisch gar war, durfte Niemand die Speise berühren. Dann wurde mit
entblössten Knien ein Theil des gekochten Hahnes auf den Altar gebracht,
das Uebrige verzehrte dar Hausvater allein.
Am Abend vor Johannis setzten sich die Ehsten auf eine Anhöhe und
hielten im Schatten alter Bäume ein Mahl, nachdem sie vorher Opfer an
Butter, Milch , Brot und anderen Esswaaren in die Erde vergraben hatten,
damit die Kühe reichlich Milch geben möchten.
In der Pernauschen Gegend wird den «kiwi-saksad» (Steinherr-
schaften), Laren, welche den* mahjas kungi der Letten entsprechen, zu
St. Georg und Michaelis geopfert.
Von jedem Erstlingsertrag brachte man sonst als Opfer etwas in den
Wald, auf Steintrümmer oder Hügel oder auf die Wurzel eines Baumes.
Wurde ein Kind geboren , so brachte die Mutter etwas von ihrer eigenen
Milch; auch bei neu geborenen Thieren that man das Entsprechende, denn
wenn man das Junge vorher von der Muttermilch saugen liess, so musste
man gewärtig sein, dass es bald umkommen wurde.
Wenn Einer eine weitere Reise unternahm, so verbrannte er vorher
Opfer und deckte die Stelle darauf mit Steinen zu.
Toiidi-wakk oder Tondi-kogu (Paudel oder Sammlung des tont,
s. XV) war ein aus Rinde verfertigter Korb, welcher im Walde oder an
wenig besuchten Stellen in Gebäuden versteckt gebalten wurde, und in
welchen mancherlei an sich werthlose Dinge als Opfer gelegt wurden, wie
Lappen, Stucke von Schuhen, ganz kleine Silbermünzen. Man vgl. dazu
den ähnlichen Töriiii-wakk in XV.
Von dem den «mä-alused» (s. XV) dargebrachten Opfer ist auch
unter den Heilmitteln schon Erwähnung geschehen (s. XII). Man betet:
mä-izandakezed, mä-emandakzed ! andke minu terwis kätte, mina
annan teile höbe-walgust (kleine Herren, kleine Frauen der Erdet gebt
meine Gesundheit mir, ich gebe euch Silberhelle). Dann nimmt man ein
Stück Silber (eine Münze , Spange etc.) , beschreibt damit drei Kreise um
den Kopf, drückt es drei Mal auf die kranke Stelle , schabt dann überall
hin etwas davon mit einem Messer, in die Winkel, auf den Weg, drückt
dann wieder drei Mal, der Kranke speit drei Mal darauf und spricht: kost
te' otete tulnud, senna minge, ja mina sagu oma terwis kätte
413 -
(woher ihr gekommen seid, dahin gehet, und ich möge meine Gesundheit
wieder bekommen).
Was die heiligen Stellen betrifft, wo die Opfer dar gebracht wurden,
so waren es im Allgemeinen Bäume, Steine und Quellen. In die letzten
wird besonders Geld geworfen. Heilige Bäume gab und giebt es an vielen
Orten. Schon in dem Liber census Daniae (4231 — 1254) wird in der
Nähe des Dorfes Wärkäla (jetzt Werkla) des Gutes Paddas in Ehstland
eines «lucus sanctus» erwähnt; eben so sprechen auch die Chronisten da-
von. Olearius sah auf seiner Reise durch Ehstland an verschiedenen
Stellen, besonders auf Hügeln, Bäume, welche bis in den Wipfel ausge-
schnitzelt und mit rothen Bändern umwunden waren, und unter welchen
das Volk Gebete hielt und Opfer dar brachte. In Dago waren noch vor
einem halben Jahrhundert «hle-metsad» (heilige Gebüsche), von welchen
Niemand auch nur einen Zweig zu nehmen wagte, weil das Menschen
und Vieh Unglück gebracht hätte ; ungeachtet des dort herrschenden Holz-
mangels Hess man das abgefallene Reisig in dichten Schichten modern.
Unter solchen Bäumen opferte man am St. Georgstag ein Ei, ein Geld-
stück und ein Büschel Pferdehaare mit einem rothen Faden umwunden,
was in die Erde vergraben wurde um Schutz und Gedeihen für die Pferde
zu erlangen. Ebenfalls auf Dago gab es eine grosse bohle Kiefer, in welche
man an Donnerstagen bei altem Lichte im Abenddunkel , dass Niemand es
sah, Geld und Lappen legte. Das Geld wurde sorgfältig versteckt und be-
deckt, damit es Niemand fände, von den Lappen aber glaubte man, dass,
wenn Jemand sie weg nähme, Krankheit, Schaden oder sonst Unheil, die
man hatte, auf diesen über gingen. Wenn Jemandem ein Unfall zu stiess,
so versprach er diesem Baume Gabei* zu opfern, wenn das Uebel von ihm
wiche, und wenn diess geschehen war, so hielt er gewissenhaft sein Wort.
Bei den festlichen Versammlungen zum Zwecke von Opfern brannte
ein Feuer, in welches man auch Gaben warf. Noch vor hundert Jahren
begruben die Ehsten gern, wenn es sich irgend heimlich thun Hess, ihre
Leichen an den heiligen Slajten.
Opfersteine kennt das lebende Geschlecht noch an verschiedenen Stel-
len. Hupel beschreibt in seinen «topographischen Nachrichten» einen sol-
chen aus seinem Kirchspiel bei dem Gute Kawershof. Er ist roh aus Granit
T
*
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gehauen, gegen 2 Ellen hoch und lang, eine Elle breit, der Fuss beginn'
drei Pinger breit von der oberen Fläche zurück tretend und spitzt sich
nach unten zu. Dieser Altar steht unter einem Baume, in dessen Höhlung
man noch jetzt bisweilen kleine Opfergaben findet. — Der kitse-kiwi
(Ziegenstein) im Gebiete des Gutes Hahnhof im südlichen Livland, soll so
genannt werden , weil man dort vormals Ziegen schlachtete und ihr Blut
als Opfer verbrannte. Man goss von frisch bereiteten Speisen oder Bier
oder von dem Blut geschlachteter Thiere aus, was «walgust wlma» (Hel-
ligkeit bringen) hiess, gelobte ihnen auch* in besonderen Fällen Opfer, was
man gewissenhaft hielt, weil man sonst hätte sterben müssen. — Auf dem
«parik», der hohen Felsenküste O&sels, ist eine Stelle, wo der Meeres-
gottheit Bier und Branntwein geopfert wird.
Vier Werste von dem Schlosse Neuhausen bei dem Dorfe Hiniala ist
der «päiwä-pöramize-mägi» (Hügel der Sonnenwende), auf welchem
früher Opfer dar gebracht und Gebete an die Sonne gerichtet wurden, deren
Formeln sich noch in der Tradition erhalten haben, z. B. päiwäkene, pfi-
käkene, tule wäTjft! ma otsi sino oraga, kae sino kafja-witsaga
(kleine Sonne, Däumchen, komm hervor! ich suche dich mit der Pfrieme,
ich sehe nach dir mit der Hirtenruthe). Die Sage erzählt, die Mutter
Gottes sei auf den Berg gestiegen mit einem Siebe auf dem Kopfe und
einem Eimer voll Wasser in der Hand, die Dorfbewohner aber hätten sie
vertrieben , und sie sei von da in das russische Städtchen Petschur gegan-
gen, wo sie eine Kirche baute, pUhä Märja kirk.
Auflallender Weise sind auch Orte christlicher Gottesverehrung als
Opferstätten gebraucht worden, wobei sich, wie es scheint, mit den heid-
nischen Gebräuchen Erinnerungen aus der katholischen Zeit vermischt ha-
ben. So fand der oben schon erwähnte Olearius in der Nähe vonKunda,
an der Nordküste Ehstlands, eine verfallene Gapelle, wohin am 25. März
das Volk häufig wallfahrtete. Wenn man. auch hierin vielleicht nur einen
bloss katholischen Gebrauch sehen will , der sich in dem damals schon
lutherischen Lande noch erhalten hatte, so ist q; wohl anders gewesen mit
der Kreuzkirche, einem Filiale von Gross -Johannis in der Fellinschen Ge-
gend, zwei Werste von dem Gute Wastemois bei dem zum Schloss Fell in
gehörenden Dorfe Wanamois. In einem Protocolle von 1713 werden aus-
\
— 415 —
drücklich Opfer erwähnt, welche dort neun Tage vor St. Georg gebracht
worden; in Folge davon wurde die damals schon in Ruinen liegende Ga-
pelle endlich ganz ab getragen. Die Feier hatte manche Aehnlichkeit mit
der sogleich folgenden der Pleskauschen Ehsten. Es kamen in der Nacht
wohl aber tausend Menschen beiderlei Geschlechts, alte und junge, zusam-
men und zündeten ein grosses Feuer an innerhalb des vier Faden langen
und drei Faden breiten Gemäuers. In dieses Feuer wurden Gaben gewor-
fen, und die darum sitzenden Bettler, welche es unterhielten, bekamen
auch ihren Theil von diesen Gaben. Andere Opfer in Gestalt kleiner Wachs-
figuren worden in die Fenster gestellt, und unfruchtbare Weiber tanzten
nackt um die Ruine um fruchtbar zu werden.
Der Johannistag wird von den Pleskauschen Ehsten sehr hoch gefeiert
bei dem pilhä Jäni kiwi (dem Steine des heiligen Johannes) in der Nähe
des Dorfes Meks bei Neuhausen. Der Stein liegt auf der Inländischen
Seite etwa 20 Schritte von dem Grenzflüsschen (Jäma-jögi oder Meksi-
oja), und eine Viertelwerst südlich davon ist ein Wald Jüda-kond (Teu-
felsbezirk) genannt. Schon um Mitternacht versammelt sich ein Haufe Bett-
ler, welche mit entblössten Köpfen um den Stein sitzen und sich flüsternd
unterhalten. Gegen Sonnenaufgang strömt das Volk zusammen aus Meks,
und aus weiterer Entfernung, aus der Pleskauschen und Ostrowschen Ge-
gend. Aus dem Bethause des Dorfes werden Wachslichte gebracht, ange-
zündet und auf den Stein gestellt. Die Bettler singen darauf im Ghor, und
die Gläubigen legen ihre Gaben auf den Stein zu hohen Haufen , Butter,
Käse, Buttermilch, Käsemilch, Tuch- und Zeugstücke, Strümpfe, Bänder
etc. Sich bekreuzigend kniet das 'Volk um den Stein und flüstert Gebete.
Sind die Lichte ausgebrannt, so nimmt jeder seine Gaben, schreitet, sich
verneigend, drei Mal um den Stein und vertheilt seine Opfergaben an die
Bettler, von den Nahrungsmitteln jedoch nur drei Löffel voll. Darauf baden
Viele (Männer, Weiber und Kinder) im Bache, von dessen Wasser sie
seiner vermeintlichen Heilkräfte wegen auch noch mitnehmen, «pühä täte
wezi» (das Wasser der heiligen Quelle). Beim Heraussteigen werden sie
von den Bettlern beglückwünscht, denen sie ihr altes Hemd schenken.
Einzelne tragen von den umherliegenden Bruchstücken eins auf einem
kranken Theile des Körpers drei Mal um den Hauptstein und legen es
— 416 —
dann wieder an seine Stelle. Dieser Hauptslein ist etwa drei Fuss lang,
zwei Fuss breit und einen Fuss hoch. Zu Mittag zieht Alles zu dem etwa
eine Viertelwerst vom Stein entfernten Kruge, wo getanzt, gesungen und
gejubelt wird. Die Milch, welche zur Bereitung der Butter und Käsemilch
gebraucht wird , muss an vier Donnerstagen kniend gemolken sein , wobei
folgendes Gebet gesprochen wird: puhas pflhä Jänikene! hoia mino
karja töbrast kodu tullen, kodu tullen karja minnen! Öpeta sa
puhma taaden karja hafjast haina sömä, hoia mötsau kahju est,
mötsan kufja eläjä est! puhas, pühä Jänikene, luba lehmile plma
(reiner, heiliger Johannes ! behüte meine Herde und mein Vieh nach Hause
kommend, nach Hause kommend und auf die Weide gehend! lehre du hin-
ter dem Gesträuch die Herde das grüne Gras fressen, behüte es im Walde
vor Schaden, im Walde vor dem bösen Thiere! reiner, heiliger Johannes,
versprich den Kühen Milch).
Die Bewohner der Dörfer Wäk-säf und Sufbi gehen am 24. Juli
auf den nahen Anne-mägi (Annenberg), drei Werst östlich von dem schon
oben genannten Beigute Meks, mU Opfern an geräucherten und gekochten
Schafbocksköpfen und -Füssen und Wolle. In dem Bethause des Dorfes
SuTbi besprengt ein' Priester diese Opfergaben mit Weihwasser, behält
einen Theil für sich und vertheilt das Uebrige an Bettler, zuerst die ganzen
und halben Köpfe, dann die Füsse, zuletzt die Wolle. Beim Schlachten
der hierzu bestimmten Thiere wird folgendes Gebet gesprochen: puhas,
pflhä Ann! hoia ja wafja, siita ja soeta, nöruta nörekejzi, wäeta
wanakeizi! hoja ezi pü-tagast ja puhma- tagast, kiwi-tagast ja
kannu-tagast! Ole ezi lamba-kafjuzes, uma' karjuze' ommawa'
uffis! ole ezi,- puhas Anne* karjuze üle-kaeja, hoia ezi Qle suwe
kari mötsan kufja äst, wafja kari wiha äst, kodun kari kahju
äst (reine, heilige Annal behüte und bewahre, mache fruchtbar und ver-
mehre, verjünge die Jungen, kräftige die Alten! behüte das hinter dem
Baum und hinter dem Strauch, hinter dem Stein und hinter dem Stumpf
Befindliche! Sei selbst Schaf hüterin, die eigenen Hüter sind Dummköpfe!
sei du selbst, reine Anna, Aufseherin des Hüters, behüte selbst den Som-
mer über die Herde im Walde vor dem Bösen, schütze die Herde gegen
den Zorn, zu Hause die Herde vor Schaden).
— 417 —
i
ZwSlf Werste von Petschur in der Nähe des Peipus befindet sich eine
Kirche, Redine oder Satserina kirk genannt. Auch hieher bringt man
drei Tage vor Jacobi Opfergaben an Käsemiich und Butter. Die Milch zu
diesen wird auf dieselbe Weise gemolken wie die zur Johannisfeier (s.
oben), aber mit folgendem Gebet: oh pühä' püzlikeze', oh hellä' eng-
likezeM oh hidake ja hirmutage puhma-tagast ja pü-tagast, pü
ja puhma warju-tagast! hoitke ja wafjake, hellä' ehglikeze'! löge
ja lnnastage pühä Rödi, Satserina pühä Rödikene! hoitke ja waf-
jake pühä Rödi halwast sönast, hast silmast ja kurjast mottest
(o heilige Bilderchen (vgl. XV ükko), o zarte Engelchen! o schrecket
und scheuchet den hinter dem Strauch und hinter dem Baum, den hinter
dem Schatten von Baum und Strauch Befindlichen! behütet und schützet
zarte Engelchen ! schaffet und erlöset das heilige Rödi , das heilige Redi
von Satserina! behütet und schützet das heilige Redi vor schlimmer
Rede, dem bösen Auge und böseta Gedanken).
Die drei zuletzt geschilderten Opferfestlichkeiten der pleskauschen
Ehsten haben freilieb ein ziemlich christliches Gewand, daher auch die
Geistlichen sie nicht nur nicht verbieten oder hindern, sondern sogar sich
dabei betheiligen, die Gebete sind auch an Heilige ihrer christlichen Kirche
gerichtet, doch fehlt es dabei auch nicht an Zügen des Aberglaubens, selbst
an Erinnerungen aus dem Heidenthum, wie namentlich die Verehrung des
Opfersteines.
XV. Uebermenschliche Wesen.
Dahin gehören theils durch den noch fortdauernden Einfluss des Kalho-
licismus die Heiligen und die Jungfrau Maria, die letzte besonders als Be-
schützerin der Schwangeren und Gebärenden in Kindesnötben an gerufen,
die ersten, wenn auch nicht mehr verehrt im kirchlichen Sinne, so doch
vielfach berücksichtigt und als Helfer an gerufen bei verschiedenen Veran-
lassungen, so Nikolas, als Beschützer der Ochsen, beim Gastriren der
Bullen (vgl. darüber noch den Abschnitt XI) ; theils verschiedene neckische
und helfende Elementargeister, Personificirungen von Naturkraften und
27
— 418 —
Krankheiten; iheils endlich Gottheiten und Helden des alten Heidenthums,
von welchen sich noch Erinnerungen erhalten haben, namentlich in den
Volksliedern, wenn auch nicht so viel, um eine vollständige Mythologie
jener Zeit zusammen zu stellen. Wir haben es hier nur mit den beiden
letzten Kategorien übernatürlicher Wesen zu thun, als dem eigentlich
Volkstümlichen bei diesem Gegenstande.
Sie haben zwar Macht den Menschen zu helfen und zu schaden, und
man. sucht daher theils ihr Wohlwollen zu gewinnen , theils sich gegen sie
zu schützen und sie ab zu halten, jedoch werden sie in beiden Hinsichten
lange nicht so hoch gestellt, wie der Gott und Teufel des Christenglaubens ;
dem Donnergott wird z. B., während er schläft, sein Donnerinstrument gestoh-
len, und erst mit Hülfe eines Zauberers gelingt es ihm sieb es wieder zu
verschaffen, der Teufel des Volksglaubens wird nicht nur von Sterblichen in
Kraftproben besiegt, sondern erscheint in Sagen und Mährchen sehr oft als
der dumme Teufel, welcher von gewöhnlichen Menschen betrogen und
gehänselt wird ;, manche geisterhafte Wesen werden von Wolfen gefressen
o3er mit silbernen Kugeln erlegt, oder dadurch ab gehalten, dass unter den
Hausthieren sich eine schwarze Katze oder ein schwarzer Hahn befindet,
oder dass an den Thüren gemalte Kreuze und Drudenfüsse sind u. d. gl. —
Die einzelnen, von welchen ich Kunde bekommen habe, sind in alphabeti-
scher Ordnung die folgenden. Vielfach sind die mit verschiedenen Namen
genannten Wesen wohl identisch, oder es ist im Laufe der Zeit eines mit
dem anderen confundirt, und man hat dem einen zu geschrieben, was von
einem anderen galt (vgl. Kratt, Lendwa, Onne-töja, Pük, Tülis-pask).
Ich führe sie an, wie sie mir genannt sind, ohne eine eigene Classification
zu versuchen, welche Jeder nach seiner Ansicht machen mag.
Ahju-pealne s. soend.
Ahti soll nach der Volkssage eine Wassergottheit gewesen sein, von
welcher der Ahi-jäfw am Pusse des Muna-mägi den Namen habe.
Haff (der Graue), das Fieber, reitet auf einem grauen Pferde, wenn
es kommt, daher der Name. Es giebt deren mehrere, theils männliche
(wörgutajad) , theils weibliche (walged wörgntajad), Brüder und
Schwestern, unter einem fllem (Oberhaupt). Sie wandeln in allerlei Ge-
stalten, auch in Menschengestalt, umher und suchen durch mancherlei
— 419 —
in die Menschen zu fahren. Von dem Fieberkranken hat man verschiedene
Ausdrücke, welche theils bedeuten, dass das Fieber ihn, theils dass er
das Fieber reitet (vgl. d. Wörterbuch unter hall).
Gegen Anfälle des Fiebers kann man sich schützen, wenn man allein
in ein Zimmer oder in die Badstube geht, die Tbür zu macht und alle
Locher mit Ebereschen- oder Wacholderzweigen verstopft; oder man läuft
so schnell davon» dass das Fieber Einen nicht einholen kann; oder man
versteckt sich an einem einsamen Ort, oder verkriecht sich in einen Ka-
sten, dessen Deckel man zu macht, oder in einen Schweinestall oder war-
men Ofen, wohin das Fieber nicht zu folgen wagt. — Will man den Haff
sehen, so bohrt man in den Boden seines Bettes ein Loch. Wenn nun,
wahrend man darin liegt, das Fieber an fangt Einen zu schütteln, so wird
schnell in das Loch ein Pflock von Ebereschenholz geschlagen, dann wird
der Haff sichtbar. — Wenn man sauren Brei . (kissel) isst , so muss
man die Haut, welche sich darauf gesetzt hat, vorher ab ziehen, sonst wird
man von dem Haff ergriffen , welcher darunter sich auf zu halten pflegt.
Die abgezogene Haut muss man schnell in ein Säckchen legen, an die
Zimmerdecke in den Rauch hängen und dann nach Jahr#und Tag weg
werfen.
Harr mos (der graue Mann), ein guter Geist (jumala-waim), wel-
cher im Traum warnt. Er weist ein Mal einen verirrten Knaben auf den
rechten Weg. Er hat keine Füsse (vgl. katk).
Haffijad, haldjad, halgjad, Geister, welche in Gewässern
wohnen (wee-h., haffika-alused, jöe-alused, jöe-kuffid), oder im
Walde (mets-h.), im Hause (maja-h.), im Höre (öue-h.). Sie thun zwar
auch Gutes, namentlich die beiden letzten, öfter aber sind sie neckend
oder schreckend. Die Wassergeister zernagen die Mühlenräder; damit sie
die Kinder nicht in's Wasser locken , stellte man an das Ufer des Baches
oder Sees eine fusslange, hölzerne, menschenähnliche Puppe (haffija-
kuju od. h.-nukk). Der Waldgeist, auch köwer-silm (Schielauge ge-
nannt) zeigt sich bisweilen als schreckende Erscheinung, meistens als ru-
fende Stimme (das Echo), welche den Wanderer im Walde irre zu führen
sucht; um sich gegen seinen Trug zu verwahren, muss man ein lustiges
Lied pfeifen. Wenn man im Walde ruft, so ruft er entgegen, bis er in
27*
— 420 —
Gestalt eines starken Mannes mit langem Bart mit dem Menschen zusam-
men trifft. Er schlägt bald eine Kraftprobe vor, und lässt man sich darauf
ein, so ist er, glatt wie ein Aal, immer oben, und umfasst er Einen, so
knacken alle Knochen, und es bleiben blaue Flecke. Ist Mondschein, so
ist immer derjenige Sieger, welcher im Schatten des Anderen steht. Bei
Nennung des Namens Gottes verschwindet er.
Äba-jalg, ein Luftgeist starker als der tüiis-pask (s. unten),
welcher als Windhose erscheinend Gegenstände (bleichende Leinewand,
Heuschober u. a.) von der Erde reisst und in die Luft fuhrt.
Ai und äjätär, bei den südlichen Ehsten. Der erste ist gleichbe-
deutend mit jüdas (Teufel, s. unten), z. B. äi tedä tftd (der Teufel mag'
es wissen) , im Norden kurat teda töab , äijo od. äjole (geh zum Teu-
fel), und in anderen Phrasen gehört, auch als Schimpfwort gebraucht, wie
von den Letten weis. Das zweite , in der in ähnlichen Fällen auch im
Finnischen vorkommenden Form, bezeichnet einen weiblichen Teufel =
jQda-ema oder juda-tfltar, nach Anderen auch den wana jüdas selbst.
Äike s. köu.
Häfja-pölwelazed (bis zur Hohe eines Ocbsenknies Reichende),
Zwerge, s. mfi-alused.
Empli, wana empli (d) = pOk. %
Ilmarine, eine der ersten Schöpfungen des Altvaters Tär (s. d.),
war sehr kunstfertig, namentlich -in Metall arbeiten. Er schmiedete, wäh-
rend Tär schlummerte, das Firmament aus Stahl und setzte die Gestirne
daran; er machte der Jutta (s. d.) einen goldenen Schleier, welcher ihr
alle vergangenen Dinge wieder vor die Seele brachte.
Ime wird von Dichtern als ein Gott der Liebe genannt.
Imetaja (der Saugende), ein Geist, welcher den Kühen die Milch
aussaugt (=pük s. unten). Mancher Mensch kann sich zeitweilig in ein
solches Wesen verwandeln, um seinem Nächsten Schaden zu zu fugen, so
wie in einen Wärwolf.
Jänes s. tülis-p^a.
Jutta oder Endla-plga (die Jungfrau von Endla), die Tochter
des Wanemuine. Sie hat von Ilmarine (s. d.) einen künstlichen golde-
— 421 —
nen Schleier, den sie aucb manches Mal den Menschen leiht, welche da-
durch alles in der Vergangenheit Geschehene erfahren.
Judas, jetzt einer von den Namen des Teufels, ist wohl, identisch
mit dem lettischen johds , ursprünglich der Name • für den Oberen der
Kriegergeister gewesen, deren Kämpfe den Erdbewohnern als Nordlicht
erscheinen (vgl. XVI t Nordlicht»).
• Des Kalewi-pqgg und seiner Genossen Thaten und Schicksale
sind ausführlich von dem Dr. Kreutzwald bekannt gemacht in den «Ver-
handlungen» der gelehrten ehsnischen Gesellschaft in Dorpat und später in
einem stellweise etwas verkürzten Separatabdrucke ohne die Uebersetzung
Kuopio 1862. Er hat die einzelnen davon handelnden Fragmente von
Volksliedern und die von ihm selbst in poetische Form gebrachten Sagen
so künstlich und geschickt zu verbinden gewusst, dass das Ganze in Form
eines Epos von zwanzig Gesängen erscheint, das auch im Auslande schon
mehrfach Berücksichtigung und Bearbeitung gefunden hat. Ich begnüge
mich daber, hier nur Einzelnes, das gerade mir noch als in der Volkssage
lebend vorgekommen ist, hier mit zu theilen, theils als Beleg, theik als Er-
gänzung des in dem erwähnten grossen Werke Enthaltenen.
Kalewi-poeg kämpft gegen den Teufel mit zwölf Dutzend Brettern,
und da diese beim Schlagen eins nach dem anderen zersplittern, so räth
ihm ein Igel mit den Kanten zu schlagen anstatt mit den Flächen, und so
bleibt er Sieger. Um den Igel vor dem Teufel zu verbergen, überschüttet
ihn K. mit Tannennadeln, wodurch er stachelig geworden ist; nach Ande-
ren ist es dadurch gekommen, dass K. ein Stück von dem Pelze, den er
gerade an hatte , auf ihn warf. Nach Anderen schlug er zuerst mit den
Brettern, dann, als diese verbraucht waren, mit Bäumen, welche er an
den Wipfeln aus riss, und als auch diese zersplitterten, fand er eine grosse
Eiche, von welcher, als der Wipfel ebenfalls verbraucht war, zuletzt doch
noch ein sechs Faden langes Stück des Stammes als Keule übrig blieb,
und mit dieser siegte er. Ein anderes Mal kämpfte er mit drei Teufeln.
Den einen schlug er sogleich bis zu den Knien in die Erde, den anderen
in drei Theile, den dritten zu Wasser (vgl. unten mä-alused); diess ge-
schah auf einem grossen runden Plitz auf einer Wiese des Gutes Ladig-
fer. — Beim Ringen stampft er den TeufePbis an die Knöchel in die
— 422 —
Erde, jener ihn bis an die Knie, nach Anderen geschah es umgekehrt. —
Er hatte ein riesiges Pferd, mit welchem er auf den Borkholmschen Ber-
gen ritt, und wohin das Pferd trat, da blieben tiefe Spuren im Boden,
welche noch zu sehen sind. Eben so zeigt man noch die Locher von sei-
nen Sprüngen, als es ein Mal an den Fassen gefesselt war. Mit seinem
Pferde hat er an verschiedenen Stellen das Land aufgepflügt. Die «mör»
fikud» (unfruchtbare Stellen mit grauem Thon) sind .durch das Pfluge^
mit einem hölzernen Pfluge entstanden. Den Sumpf Amiku-sö, zum Gute
Udrich gehörig, soll er ebenfalls gepflügt haben ; dort sind Rasenhügel mit
grossen, breiten Löchern dazwischen, seines Pferdes Spuren, und dort soll
ein Mal ein ungeheures Hufeisen gefunden sein. Als es gestorben war,
breitete K. dessen Haut aus, und davon entstand das sumpfige Uferland
(luht) im Gebiete des Gutes Asema; der maksa-mägi (Leberberg) im
Kirchspiel Simonis bezeichnet die Stelle, wo die Leber liegen blieb. — An
der Nordseite von Ehstland ist westlich von der Landspitze Jummida im
Meere eine 60 Fuss tiefe Stelle, Onni-haud, wo dem Kalewi-poeg ab
er durchs Meer von Reval kam, das Wasser bis über die Sliefelschäffe
reichte ; von Loksa aus wollte er mit seinem Speer einen Stein an der
Jummidaschen Spitze treffen (painu-kiwi), traf aber viel weiter einen an*
deren Stein zwischen den Spitzen Süf-pea und Päris-pea (den oda-kiwi)
und schlug ein Stuck davon ab ; an der Spitze von Turba-nöm, zum Gute
Palms gehörig, nicht weit vom Ufer, liegt der Stein sadul-kiwi oder Kar
lewi-poja sadul (des K. Sattel); eine Gruppe von Steinen bei Jummida
heisst Kalewi-neitsi pölle kiwid (die Steine der Schurze der Kalewi-
jungfrau). Zwischen Torma und Bartholomäi in Livland ist an einem Bache
Kalewi-poja wödi (das Bett des K.), ein grosser Stein auf einer Anhöhe,
von welchem, als er darauf sass, seine Füsse in's Wasser reichten l). —
Der Kalewi-poeg war Jesu Taufkind und Anfangs j;ut, später wurde er
übermflthig. Da wurde er von Jesus, an den Schamtheilen gefasst, in
einen Morast geschleudert, und als er sogleich wieder hervor kam, io
einen Fluss gebannt und in einen «otta» (Bären?) verwandelt. Zuletzt
1) Ueber verschiedene an den Kalewi-poeg erinnernde Stellen in dersel-
ben Gegend vgl. «Wagien» von Dr. Bertram S. 5 ff.
\
— 423 —
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wurde er in die Hölle Verstössen, und als er dahin geführt wurde, winkte
er noch mit der Hand einen Scheidegruss. — In der Wiek sagt man noch
sprichwortlich «nl kazinaste kui üks Kalewi-poeg» (so nett wie
ein K.).
Katk (die Pest) hatte keine Fasse und musste daher fahren oder
sich tragen lassen. Bei einem Dorfe brach ihm ein Mal ein Rad, der Be-
sitzer des nächsten Bauerhofes lieh ihm ein anderes , und das Dorf wurde
dafür verschont. Wenn er in einem Hause war, so durfte Niemand aus
einem anderen dahin gehen, damit nicht Katk ihm in die Tasche kroch oder
sich irgend wo an hängte, und sich so in ein noch gesundes Haus bringen
liess. Wenn es in einem Dorfwege zu kothig war zum Fahren, so ver-
wandelte er sich in einenHund, ein Schaf oder eine Ziege um zu Fusse
zu gehen, oder ritt, wie Einige meinen, auf einem solchen Thiere, weil
er selbst keine. Fasse hatte. Kam er vor eine Thfir, so versuchte er
sogleich mit den Leuten zu sprechen, konnten aber diese, bevor er ge-
redet hatte, etwas erwiedern, so konnte er ihnen nichts an haben und be-
gab sich sogleich weiter. — Zur Zeit der letzten Pest lag ein Bauerwirth
des Silmsschen Gesindes mit seiner ganzen Hausgenossenschaft auf der
Streu. Da öffnete sich um Mitternacht die Thür und Katk trat herein
als ein Mann in schwarzem Frack, kurzen Hosen, weissseidenen Strümpfen,
Schuhen , mit einem dreieckigen Hute auf dem Kopfe und einem langen,
weissen Stabe in der Hand. Alles erschrak bei seinem Anblick, denn so
pflegte er jeden Abend umher zu gehen und durch Berührung mit dem
Stabe diejenigen zu bezeichnen, welche am folgenden Tage sterben sollten.
Der Wirth legte den Arm um den Hals seines Weibes und bat: lieber
Katk, verschone mein liebes Weib, das Gluck meines Lebens! Darauf
berührte Katk alle anderen Personen, indem er leise mit seinem Stabe
auf Jeden tippte. Als er den Hof verliess, guckten ihm Alle nach und
sahen, dass er gerade in das Pauenktilsche Dorf ging, wo auch alle Ein-
wohner starben bis auf einen einzigen Hof. — Diese letzte Schilderung
der Pest aus dem Norden, verschieden von der obigen der sudlichen Eh-
sten, stimmt überein mit der der Schweden an der ehstlindiscben Küste
(vgl. Eibofolke von G. Russwurm).
Käp-jarig s. kodu-kgja.
— 424 —
Kodu-jumal (Hausgott), eine kleine hölzerne Figur von mensch-
licher Bildung in der Gegend von Pennern im Pernauscben Kreise, ist
wahrscheinlich eine Darstellung von Tonn (s. unten).
Kodu-käijad (Heimathbesucher) und külm-kinnad (Kalt-
schuhe) oder käp-jalad (Scharrfusse) sind Geister von Abgeschiedenen,
welche in sichtbarer Gestalt wieder auf der Oberwelt sich zeigen. Der
Glaube an ein Fortleben im Grabe zeigt sich in den Volksliedern öfters
in den Gesprächen der Nachgebliebenen mit den Verstorbenen auf dem
Grabhügel derselben. Auch jetzt noch findet sich der Glaube, dass man,
wenn man etwas Grosses begangen hat und sich vor Gericht verantworten
soll, drei Mal auf das Grab des kodu-käija gehen muss, wo er dann
Rath ertheilt, wie man der Verurteilung entgehen kann. Oder man geht,
wenn man in Noth ist und Rath gebraucht, an einem Donnerstag Abends
in den Wald, setzt sich auf einen Baumstumpf und hält eine Abendmahls-
oblate vor dem Munde, die man bei der Gommunion nicht auf gegessen,
sondern versteckt hat, dann kommt der kodu-käija und ertheilt Rath.
Die ungerufenen Geister aber sucht man von sich ab zu halten, und man
flieht vor ihnen, besonders vor den külm-kinnad, welche nicht in ihr
Haus zurückkehren, sondern überhaupt nur um gehen um zu schaden und
zu schrecken. Dass die Geister nicht Ruhe im Grabe haben, hat ver-
schiedene Ursachen. Einige meinen, jeder Todte käme erst zur Ruhe,
wenn für ihn das Kirchengebet gehalten und die Kirchenbettler beschenkt
worden. Wer sich selbst entleibt, muss so lange um gehen, wie er noch
gelebt haben wurde, wenn er den naturlichen Tod abgewartet hätte. An-
dere sind von strengen Hausherren, welche kommen das Gesinde zu stra-
fen, wenn es nicht seine Pflicht thut, oder die Kinder, weil sie ihnen nicht
einen gebührenden Todtenschmaus (eiad, s. oben XI) bereitet haben.
Noch andere sind von verstorbenen Gatten, welche nicht leiden wollen,
dass der hinterbliebene Theil wieder heirathet. Wenn die neue Liebe
entsteht, so kehrt sich der Verstorbene im Grabe um; hilft das nicht, so
kommt er drei Mal hervor und klopft an das Fenster; hilft adch das nicht,
so erscheint er vor dem Bette, und damit kommt Unglück in's Haus; hei-
rathet aber der Hinterbliebene nicht, so tbut der kodu-k£ija auch Gutes,
heilt Seuchen u. a. Noch andere endlich haben ihrer eigenen Sunden we-
— 425 —
gen keine Rahe im Grabe und beschweren um gehend die Lebenden,
denen sie Unrecht gethan haben, weil sie «hinne-armu» (Seelengnade)
suchen, und erst, wenn sie drei Mal vom Gewitter getroffen and drei Mal
von Wolfen gefressen sind, kommen sie' zur Ruhe. Dabei aber furchten
sie gerade Beides, und man kann einen külm-king verscheuchen mit
dem Rufe «hundale, hundale» (den Wölfen, den Wölfen). Einige mei-
nen, dass die Wölfe, welche sie sehr gierig verfolgen, keine naturlichen
Wolfe seien, sondern aus «hundi-sau» (Wolfslehm, <£ h. blauem Lehm)
entstandene; Einige sagen, dass deshalb die külm-kinnad am liebsten
auf Mohn seien , auf welcher Insel es keine Wölfe giebt. Am Abend Ge-
storbene gehen nicht um, sie werden im Todtenreiche selbst so lange ge-
quält, bis sie ihre Uebeltbaten bereuen. Es giebt manche Mittel das «Heim-
kehren» zu hindern, d. h. so wohl zu machen, dass der Todte die (unter-
bliebenen Seinigen nicht heim sucht, als auch, dass er überhaupt im Grabe
bleibt, wenn er nicht gerade der eigenen Sunden wegen um gehen muss.
Man opfert bei dem Wegführen der Leiche einen Hahn oder wirft dem
weg fahrenden Wagen einen Eimer Wasser nach (vgl. oben VIII)» man
schlägt unter Weges ein hölzernes Kreuz an einen Baum, man legt in den
Sarg zugleich das Maass des Sarges , man streut Salz in die Gruft , man
stampft drei Mal mit dem linken Fuss auf den Grabhügel des eben Begra-
benen und ruft «sin sa pead magama» (hier sollst du schlafen), man
rollt and rüttelt seinen Körper, indem man bei der Fahrt über Steine fährt,
mm seinen Kopf zu betäuben», so dass er den Weg vergisst, man schlägt
nahe bei der Thür einen Nagel ein, hat der Leichenzug irgend wo auf
dem Wege anhalten müssen, so macht man Kreuze dahin. Der von ihm
Angeredete muss auf dem Grabe drei Vaterunser beten und ihm Ruhe
wünschen, was man «hinrie-rahu andma» (Seelenruhe geben) nennt.
Die Zeit des Umgehens ist besonders der Donnerstagabend. Ein neben
einen Alten beerdigtes Kind nennt man «wana jala-peaStja» oder «kttlm-
kinna pgjzike» in der Idee, dass es dem Alten, wenn er das Grab ver-
lässt , die Füsse bekleidet. Wenn man auf das Grab , welches ein kodu-
käjja verlassen hat, Schweinekoth legt, so kann er nicht wieder hinein,
sondern muss um gehen , bis ihn der Wolf frisst. Der Geist zeigt sich in
verschiedener Gestalt, meist in der, welche er im Leben hatte, aber auch
— 426 —
als kleines Männchen , welches in Wildern die Wanderer irre fahrt , oder
die Schiffe von ihrem Cours ab lenkt, bisweilen auch als Thier, als wan-
delnder Strauch u. a. Der kfllm-king soll spitzige Füsse haben, auf dem
Schnee daher nur mit Schneeschuhen gehen können, und man will biswei-
len die Spuren seines Ganges auf dem Schnee bemerkt haben. Wer sei-
nen Weg kreuzt, wird krank, eben so werden auch dem, über welchen
sein Schatten gegangen ist, die Sinne gelahmt, und es folgen langwierige
Krankheit oder Tod. Wof ihm begegnet und von ihm angegriffen wird,
sucht sich daher im Mondschein so zu stellen, dass der eigene Schatten
auf den kfllm-king fallt, dann mag er wohl den Sieg behalten ; auch durch
einen Schuss kann man ihn verscheuchen und mit einer silbernen Kugel
erlegen. Wer ihn furchtet, aber aus Schreck vor dem Anblick nicht von
der Stelle kann, der muss seine Bastelschnur zerschneiden, dann vermag
er zu entfliehen. Eine schwangere Frau, welche im Walde eine verlorene
Kuh suchte, musste ihm versprochen, was sie unter der Brust trug, betrog
ihn aber nachher so , dass sie ihm nicht das Kind , sondern die Schürze
gab. Man erzählt auch von lebenden Menschen, welche als kfllm-king
um geben die Menschen zu necken und zu schrecken, und welche man
plötzlich gestorben findet, wenn der Wolf das Gespenst gefressen hatte. —
Einige schreiben es einem kfllm-king oder dem Kreuzen seiner Spur zu,
wenn man im Walde oder gar an sonst ganz bekannten Stellen sich verirrt
Kqera-könlazed oder peni-nuki-rahwas (Leute mit Hunde-
schnauzen) sind zwar keine geisterhaften aber doch mythische Wesen. Es
sind Krieger, welche in den mittelalterlichen Kriegen mit den russischen
Heeren kamen, und deren Gesicht halb menschlich halb eine Hunde-
schnauze war, oder welche solche Larven trngen um den Menschen Furcht
ein zu jagen ; man nennt sie auch «söda-persed», weil sie im Gefolge des
Krieges kamen. Sie wussten besonders die Unglücklichen, welche bei der
Annäherung des Feindes sich in Höhlen u. s. w. versteckt hatten, auf zu
spuren und tödteten sie grausam. Wegen ihrer Wildheit wurden sie bis-
weilen gefesselt mit geführt und, wenn es nothig schien, gegen die Feinde
gelassen.
KoH, koll ist ein böser Hausgeist, mit dem man als Popanz die
Kinder schreckt und bedroht.
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Kol (der Tod) erscheint in den Märchen der pleskauschen Ehsten
personificirt (vgl. katk). Durch die List eines alten Mannes, den er todten
will, wird er in einen Sarg gelockt und in's Meer geworfen, wo er bei-
nahe selbst umkommt, aber endlich von dem wftr-jnmal gerettet und
mit zwei Hämmern versehen wird, womit er von nun an die Menschen an-
greifen soll (die Krankheilen).
Konri = tont, s. Teufel.
Köu (Gewitter), auch wana köu, köuu-tät, pilwe-tat, müristaja
tat, äjke, piker, pikne genannt, ist der Donnerer oder Donnergott, bald
mit dem wana iza od. wana tat (Altvater) zusammen geworfen, bald von
diesem unterschieden, so wie auch bei den anderen Namen die Vorstellun-
gen schon etwas confus sind. In seinem Dienst ist paristaja pq£g (der
Sohn des IVsselnden), welcher ihm zu dem durch den Teufel gestohlenen
Ponnerinsirument verhalf. Diess ist ein Blasinstrument und sein Ton so
gewaltig , dass der Teufel , mit welchem der Donnerer seit Anbeginn der
Welt in Kampf ist, davon zu Boden geworfen wird. Ausserdem hat er
einen Bogen, mit welchem er pikse- nöled (Donnerpfeile), Blitze, scbiesst,
welche tief in die Erde fahren, aus der man sie bisweilen noch heraus
gräbt. Eine Tochter des köu ist ilma-neitsit (Wetterjungfrau). Als Blä-
ser des Donnerhornes (ptyigahuze-saf w) nennen die sudlichen Ehsten den
pikse-pois (Donnerburscb). Einige bezeichnen das Donnerinstrument als
eine Trommel. Bei grosser Dürre wurde Bier drei Mal um sein Opferfeuer
getragen und dann in die Flammen gegossen, mit der Bitte, der Donner-
gott möge doch endlich regnen. — Von den pleskauschen Ebsten wird
noch jetzt der pikne angerufen unter einer heiligen Fichte in der Nähe
des Annenberges bei Mecks (vgl. XIV): pfiha pikne, hqia ezi jumala
wiha est ja witsa est ja köjge kufja inemize töjst ja teast (heili-
ger Donner, bewahre selbst vor Gottes Zorn und Ruthe und vor den Tha-
ten und Handlungen jedes bösen Menschen).
Kraft (schwed. skratt), krätt, raha-rett ist ein Geist oder
Kobold, welcher seinen Besitzer an Uebelthätern rächt und ihm Glück und
Wohlstand bringt, indem er Anderen ihre Habe entwendet, denen er auch
die Milch der Kühe aus saugt (vgl. unten önne-töja und pOk) und Milch
und Butter verdirbt. Er ist eigentlich die auf der Erde umher irrende Seele
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eines Menschen und dreifiissig, erscheint den Menschen nur im Wirbel-
wind, als eine vorn dunkele und hinten feuersprühende Masse, darum
auch tulik (der Feurige), tale-haga (Feuerbesen) oder tule-händ (Feuer-
schweif), d. pizo-hand (Funkenschweif) genannt. Sein Bruder soll tü-
lis-pask (s. unten) sein, welcher jedem Dinge «jätku tob» (Ausreichen
bringt), so dass man immer von dem Vorrath nehmen kann, ohne dass er
zu Ende geht. — Ein kratt erbot sich einem Bauer ihm zu dienen,
wenn er ihm gäbe, was aus dem Munde kommt, d. h. Verehrung. Der
aber antwortete: was aus dem Munde kommt, das sei für Gott, was aber
von hinten kommt, das sei für dich. Darauf verliess ihn der kratt ärger-
lich. Diejenigen, welche ihn besitzen, bewahren ihn, wenn er nicht ge-
rade in Geschäften aus ist, als eine Schlange, raha-us£ (Geldschlange)
oder ein Insekt in einem Kästchen in Baumwolle.
Kurat, kuri-waim s. Teufel.
Külm-king s. kodu-käija.
Lämmeküne s. Tär.
Lendawa, lendwa (der Fliegende, Drache) oder wedaja (der
Schlepper) mögen vielleicht nur andere Namen für den kratt sein. Er
ist ebenfalls ein Geist, welcher seinen Freunden Habe und Schätze zu tragt,
Anderen aber schadet. Man kann sein Vorhaben dadurch hindern, dass
man, wenn er vorbei zieht, ihm schnell den entblössten Hinteren zeigt und
zwischen den Beinen zuruft: ich zeige dir meine Stadt, oder mein Gut,
zeige mir deine Stadt, oder dein Gut. Oder man schlägt mit einem Stahl
an einem Feuerstein drei Mal Funken und sagt: ich zeige dir Gottes Feuer,
zeige mir dein Feuer. In beiden Fällen verbrennt das Haus, wo er hinein
fährt, und damit dem eigenen Hause nicht ein Gleiches geschehe, muss
der, welcher so thut, selbst im Freien stehn, nicht unter Dach. Lässt man
ihn vorüber ziehen , ohne ihm den Hinteren zu zeigen , so wird man voll
Läuse, und dagegen hilft nichts Anderes als ein Frauenhemd an zu ziehen. —
Wenn man ihn vorüber ziehen sieht und schnell die Schnur am linken Ba-
stelschuh durch schneidet, so lässt er einen Tbeil der Schätze, welche er
führt, fallen.
Liba-hunt s. soend.
Lijon war nach der Sage ein Fischer, welcher durch die Hülfe, die
— 429 —
er zur Wiedererlangung des durch den Teufel entwendeten Donnerhornes lei-
stete, dem Donnergotte so lieb wurde, dass er hinfort als Vermittler zwischen
Göttern und Menschen diente. Nach einer Mittheilung in den c Mythischen
und magischen Liedern der Ehsten» (Einl. S. 13) konnte man nur drei
Mal im Jahre unmittelbar zu dem höchsten Gotte beten, sonst durch Ver-
mittelung anderer Götter oder des «Lijoni innel», und dieser soll sein
«ein Gott auf der Erde, welcher mit dem Gewitter zusammen wandelt»
(ibid. S. 10).
Lü-paenaja, lü-paene, lü-painija s. paenaja.
Mailazed s. mä-alused. fc
Maja wafjajad, maja hoid'jad, maja pere-mehed s.
hone hqidjad.
Mana = Toni, der Todtengott, der Beherrscher des Aufenthaltes
der Gestorbenen, der Unterwelt. Von ihm selbst ist gar nicht oder viel-
leicht wenig die Rede, dahin aber gehören ohne Zweifel die in der Volks-
poesie vorkommenden mana-tark (Zauberer) und mana-sönad (Zauber-
spruch) und das folgende.
Manalane, Bewohner von manala, dem Reiche des mana, Unter-
irdischer. Man hält sie für gute Geister, welche Glück bringen, und welche
daher Jeder gern sehen möchte. Man sagt auch von einem recht Guten
und Frommen: ta on waga kui manalane (er ist fromm wie ein M.).
Mardus od. Margus, ein geistiges Wesen von ziemlich unsiche-
rer Beschaffenheit. Im Volksliede ist öfters davon die Rede, dass es Un-
heil bedeute, wenn er sich vernehmen lässt. Er erschien ein Mal als «zwei-
tes Gesicht» einem Fischer, und wiederholte an gerufen immer nur diesel-
ben Worte, aber nicht das Amen des Vaterunsers, welches der Fischer in
seiner Angst betete. Als der Fischer drei Mal «Amen» rief, verschwand
der Geist, indem • etwas wie ein Heuhaufen längs des Bodens sich von dem
See nach dem Walde wieder zurück schob». — Auf der Insel Oesel giebt
es einen Bach Marduse jögi.
Maru-memm s. tnle-ema.
Mä-alused (die Unterirdischen), oder mailazed, euphemistisch
auch ülal-käyad (die Obengehenden), sind meist zwerghafte geistige We-
sen unter der Erdoberflache, ihrer Kleinheit wegen auch härja-pölwela-
— 430 —
zed (Leute von der Höbe eines Ochsenknies). Einige sind ohne Kopf
(Galgenmännchen), einige sind Schmiede und müssen anter Aufsicht eines
Oberen von höherer Gestalt, welcher als Stab einen jungen Tannenbaum
fuhrt (wie Rübezahl), Gold- und Silberbarren schmieden, von welchen sie
je nach Bedürfniss den -Menschen kleine Portionen zu kommen lassen. Sie
schmiedeten ein Mal einem Manne eine Sense, welche erst dann stumpf
wurde, als er seinem Bruder gesagt hatte, dass er sie von den mfi-alused
hatte. Bisweilen« wie in der Neujahrsnacht, kommen sie aus ihrer unter*
irdischen Behausung hervor um siebtbar die Menschen zu necken. Ein
Mann kam in der Neujahrsnacht an einem See vorüber und sah zwei
Jungfrauen, welche mit Lichten in der Hand dort gingen und dem Manne
sagten, dieser See bestehe aus den Thränen der Waisen. Auf seine Frage,
wer sie seien, antworteten sie, sie seien mä-alused, und hatten in dieser
Nacht Erlaubniss hieher zu kommen , und sie lebten von dem , « was vor
und nach der Sonne sich erhebe» (Thau). Obgleich schon der Hahnenschrei
nahe war, wo ihr Urlaub ab lief, brachten sie ihn doch noch in ihre Behau*
sung, in ein schönes Zimmer, wo sie ihm zu trinken gaben. Dann öffnete
sich ihm die Thür, und unversehens war er wieder, wo er früher gewesen
war. — Wenn man an einer Stelle , unter welcher mä-alused wohnen,
schläft oder sich nieder setzt , ohne vorher drei Mal darauf zu spucken , so
bekommt man von dem kuri od. paha tüf (böser Wind) oder der Aus-
dünstung Ausschlage und Flechten, Andere meinen es käme daher, dass
sie mit ihren Hämmerchen die Schlafenden picken. Auch aus einer fremden
Quelle Wasser zu schöpfen oder an einer fremden Stelle zu harnen ist nicht
rathsam ohne vorheriges dreimaliges Ausspucken, sonst kann man ebenfalls
Ausschlag um den Mund od. resp. die Steinkrankheit bekommen; wenn sich
der Speichel auf dem Wasser ausbreitet , so ist es ein Zeichen , dass es
unschädlich ist. Das Ausspucken allein hilft auch nicht immer, dann muss
man Fetzen von Kleidern oder Haare auf die Stelle werfen. Um sich von
den üblen Folgen zu befreien, wenn «der böse Wind über Einen gegangen
ist», ist «walgustaraa» (weiss machen) nöthig, d. h. man schabt mit
einem Messer von einer Silbermünze etwas ab auf die Stelle, wo die mä-
aluzed wohnen, oder man legt das Abgeschabte unter die Schwelle; noch
ein anderes Mittel ist Räuchern mit Scbiesspulver oder mit Lappen und
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von der Sehwelle abgeschabten Spänchen, oder man nimmt auch etwas
Schiesspulver ein, and wenn der Kranke nach diesen Proceduren niest,
so wird es besser mit ihm werden.
Melk, bei den sudlichen Ehsten ein Geist aas der Kategorie der
kodu-käijad, welcher den Kühen die Milch aussaugt (vgl. pük).
Mere-waim (Meergeist) and Mere-ema (Meermutter) sind Gei-
ster des Meeres, welche bisweilen Menschen sich zum Opfer nehmen, und
welche man durch freiwillige Libationen an Bier und Branntwein gunstig
zu stimmen meint, damit die auf dem Meere Schiffenden von Uniallen ver-
schont bleiben oder auch mit reichem Fischfang heim kehren.
Metsik, eine Waldgottheit, welche jährlich ihr Geschlecht wechselt
(männlich und weiblich), vielleicht dasselbe, was metsa-haflijas oder
metsa-torit. Man vgl. noch XI bei «Fastnacht» den Gebrauch mit der
als Metsik bezeichneten Strohpuppe.
Mond, Stern und Sonne erscheinen in der Volkspoesie personificirt
als Gottheiten oder doch übermenschliche Wesen. Man vgl. hierzu auch
noch den grossen Einfluss, welcher dem Monde bei mannichfachen Gelegen-
heiten zugeschrieben wird , worauf hier an vielen Stellen hingewiesen ist.
Muru-ejt (Rasenmutter), eine weibliche Gottheit, welche Gärten
und Höfe schützt. In der Volkspoesie (z. B. Kalewi-poeg XVII, 757 u.
ff.) ist auch von ihren Töchtern die Rede, unseren Elfen ähnlichen Wesen,
und dahin gehören vielleicht, auch die unter mä-alused erwähnten Jung-
frauen, oder zu den «näkid» (s. unten).
Mustu, wana mustu ist bei den südlichen Ehsten ein gespensti-
sches Wesen, welches in den Riegen (Darrscheunen) wohnt.
Mögad (Mönche). Mit diesem Namen bezeichnet man die mythisch
gewordenen Ritter des Schwertbruder- und deutschen Ordens. Sie waren
grösser als gewöhnliche Menschen, kamen aus Deutschland, hatten als
Waffen Speere und zweischneidige Schwerter, schleuderten auch Steine
so gross, dass ein Ebste sie nicht auf heben konnte ; von ihrer Kraft zeugen
auch die müga-mürid (Mönchsmauern), d. h. Schlossruinen , kaum zer-
störbar, aus unbehauenen Steinen bestehend. Eine ihrer Frauen nahm ein
Mal einen Bauer sammt Pflug und Ochsen in ihre Schürze und brachte sie
— 432 —
ihrem Sohne als Spielzeug nach Hause (vgl. ein Seitenstück dazu K. XVI,
796 u. ff.).
Müristaja tat s. köu.
Näkk ist ein im Wasser lebender böser Geist. Bei dem Kampfe des
Erzengels Michael mit dem Drachen (Apocal. XII, 7) sind vierzig Tage
lang Teufel auf die Erde gefallen, und aus denen, die in's Wasser fielen,
sind die näkid geworden. Man vermuthet einen Näkk besonders da, wo
das Wasser strudelt; Badende, welche in die Nähe kommen, werden dort
von ihm hinab gezogen. Es giebt männliche und weibliche näkid, sie er-
scheinen in menschlicher Gestalt, nackt oder mit einem seidenen Tuche
bekleidet, sich waschend, aber auch als Pferd, Kuh u. a. , können sich
auch in leblose Dinge verwandeln, so in ein Krummholz, in einen Ring.
Sie gehen eifrig darauf aus Menschen zu fangen. In Werder todtete der
näkk ein Mal ein junges Mädchen bei der Schafwäsche und . brachte es
unter das Wasser; dort fand man es mit abgenagten Wangen. Bisweilen
sieht man ihn mit Feuer fischen , er hat aber das Feuer nicht in einem
Boote, sondern auf einer Steinplatte. Wenn man ihn scheltend an ruft oder
ihn nennt, auch wohl wenn man nur auf ihn los geht , so verschwindet er.
Knaben, welche beim Hüten des Viehes waren, gingen ein Mal an das
Ufer eines Baches um zu spielen. Da kam ein Pferd daraus hervor, und
sie setzten sich auf dessen Racken. Für einen Knaben war nicht mehr
Platz und er sagte: wartet, ich setze mich auf den Hinteren des näkk.
Da verschwand der Geist, und Alle standen plötzlich mit gespreizten Bei-
nen am Ufer. Sonst sollen auch je nach der Zahl der aufsitzen Wollenden,
Pferd und Sattel sich verlängern. Wenn das Wasser gefroren ist und fallt,
so dass das Eis auf dfen Steinen dachförmig liegt, so sagt man : der näkk
hebt den Kopf empor und sieht hervor. Vor Alters fanden die Leute auf
einer Insel in jedem Herbste Flachs auf einem Stein im Meere; um den
näkk zu besänftigen und das häufige Ertrinken der Ihrigen ab zu wenden,
verspannen sie den Flacbs und legten das Garn immer wieder auf densel-
ben Stein. Auf der Insel Dago ist ein grosser See, in welchem man noch
Ueberbleibsel von Häusern sieht. Dort war früher ein Dorf, an dessen
Stelle plötzlich in einer Nacht der See entstand, in welchem der näkk
haust; vorher ging drei Tage ein grauer Bock um das Dorf und sagte:
— 433 —
Leute» zieht euch zurück! es kommt ein See. — Weniger bos ist die
Wasserjungfrau, näki-neitsit oder wee-ema tütar (Tochter der Wasser-
in uüer). In Dago trieb eine öfters graues Vieh an's Land und weidete es
da; als es aber Einigen gelang, einen Theil davon zu stehlen, verschwand
sie mit den übrigen Thieren weinend in der See. Man zeigt von diesem
grauen Vieh noch jetzt Nachkommen. Ein junger Bursch kam ein Mal
dazu, wo eine Wasserjungfirau wusch. Sie verbot ihm davon zu sprechen
und schenkte ihm ein Hemd, welches nie schmutzig wurde, bis der Bursch
den Vorfall dennoch erzählte. Man sieht die Wasserjungfrau öfters auf
einem Steine sitzend und ihr gelbes Haar mit einem goldenen Kamme
kämmend , wenn man sich aber nähert , so schwimmt sie als Schwan da-
\on oder versinkt in1s Wasser. Sie entfuhrt wohl auch junge Männer, aber
nicht um ihnen zu schaden, sondern aus Zuneigung zu ihnen. Eber lebte
eine Zeit lang herrlich und in Freuden mit ihr in ihrem unterseeischen
Schlosse , als er aber der Neugier nicht widerstehen konnte und sie an
einem Donnerstag belauschte, wo sie immer von ihm abgesondert als Halb-
fisch leben musste , so verschwand plötzlich alle Herrlichkeit , und er be-
fand sich wieder an dem Ufer, aber in den Paar Jahren — wie es ihm
vor gekommen war — , dass er im Wasserschlosse gelebt hatte, war er
nun ein Greis geworden, und seine Angehörigen waren schon aus gestor-
ben. — Wenn der Näkk auch in Menschengestalt erscheint, so ist er
doch, wenn man Gelegenheit hat ihm in den Mund zu sehen, immer daran
kenntlich, dass er Fischzähne hat. — Einige schreiben dem Näkk, wie
den Mä-alused, auch das Vermögen bei Ausschläge zu erzeugen.
Hone hoidjad, maja warjajad, m. hojdjad, m. pere-mehed
(Behfiter od. Herren des Hauses) sind Geister, welche Häuser und Woh-
nungen schützen. Um ihre Gunst zu erwerben, opfert man ihnen bei Fest-
lichkeiten von Speise und Trank, und giesst aus den Bierkannen den
Schaum für sie auf den Boden.
Onk pl. origad werden als Haus- und Poltergeister neben den tori-
did in seltenen Fällen genannt.
Önne-töja (Glückbringer), Heckemännchen, trägt dem Besitzer
Schätze zu (vgl. krati, pük). Er wird an drei Donnerstagen auf Kreuz-
wegen gemacht, und wenn man ihn wieder los werden will, so muss man
28
— 434 —
I
ihn am Gründonnerstag in einen Flnss werfen. — Die Hexe, welche ihn
an fertigt nimmt zum Leibe einen allen Besen, zum Rücken einen Pferde-
schädel, zu den Beinen ein Paar Spindel und zu den Armen ein Paar
Beinknochen von Pferden, Alles mit rotbem Zwirn bewickelt, was die
Adern vorstellen soll, dann setzt man dem Gebilde einen alten Hutboden
auf und macht ihm Hemd und Hosen. Am Abend des dritten Donnerstages
wird es belebt. Dazu geht man auf den Kreuzweg, bläst der Puppe drei
Mal Athem ein , tröpfelt aus einem Schnitt in den kleinen Finger der lin-
ken Hand drei Tropfen Blut darauf, ruft den Teufel an, und verspricht ihm
die eigene Seele als Bigentbum.
Paha reit, paharet s. Teufel
Paenaja (der Druckende), lfi-paenaja, l.-painija, lü-paene
(Knochendrücker), der Alp, welcher Menschen und Thiere quält. Er bat
Menschengestalt, kann sich aber, um der Entdeckung zu entgehen, in aller-
lei, auch leblose Gegenstände verwandeln, um so unbemerkt zu bleiben
und später zu entwischen. Er kommt nämlich in der Nacht um Menschen
und Thiere, besonders Pferde, zu drucken (tallama, eigentl. treten), und
wenn man plötzlich mit einem Lichte dazu kommt, so entflieht er; hat man
aber vorher alle Oeffnungen sorgfältig verstopft, dass er nicht hinaus kann,
so verwandelt er sich einstweilen in irgend einen unscheinbaren Gegen-
stand. Kommt der Gequälte zur Besinnung, und gelingt es ihm die grosse
Zehe des linken Fusses zu bewegen, so moss der Alp von ihm ablassen;
oder er nennt alle Personen, von welchen er voraussetzt, dass sie als Alp
um geben können, und wenn das nicht hilft, so liegt es nur daran, dass er
nicht auf den richtigen Namen verfallen ist. Einer versuchte sich dadurch
gegen den Alp zu schützen, dass er sich eine Hechel auf den Bauch legte ;
aber der Alp kehrte sie um, und so war es noch schlimmer. Findet man
den Gegenstand, in welchen der Alp sich verwandelt hatte, weil er nicht
entfliehen konnte , und drückt oder beschädigt ihn , so bleibt der Mensch,
welcher in dem Alp steckte , gebrechlich ; oder man befestigt ihn an die
Wand, und findet dann am Morgen, wenn es hell geworden ist, den Thäter
in seiner Menschengestalt. So fand man im Stalle eine alte
stiess sie mit den Zinken in die Wand, und am anderen Morgen fand
einen jungen Burschen, den künftigen Schwiegersohn. Ein anderes Mal
— .435 —
lud man ein Espenblalt und nagelte es an die Wand; am folgenden Mor-
gen war es ein junges Mädchen, welches, mit dem Ohr angenagelt, um
Erlösung bat und gestand , aus Liebe zu einem jungen Burschen ihn als
Alp besucht zu haben. Wieder ein. Mal war e$ eine Stopfnadel, welche
man zusammen bog. Als man darauf in das Haus der Verdächtigen ging,
fond man sie zusammen gekrümmt mit den Zehen im Munde , und erst als
man die Nadel wieder gerade machte, wurde das Weib gerade. Ein Mann,
«elcher vom Alp gequält wurde , verschloss ein Mal alle Oeffnungen und
Ritzen in seinem Zimmer, bis auf ein Bohrloch. Als der Alp da war, ver-
stopfte ein anderer nach Verabredung das Bohrloch und holte ein unter
einem Gefass versteckt gewesenes Licht hervor. Da fand sich ein hübsches
junges Mädchen, welches der Mann sich zum Weibe nahm. Er zeugte
drei Kinder mit ihr, und sie war immer sehr ruhig und ernst, nur ein ein-
ziges Mal sah er sie in der Kirche lächeln. Als er sie nachher um die
Ursache fragte, so sagte sie: der Teufel ging umher und schrieb auf ein
Pferdefeil die Namen derer, welche schliefen oder plauderten. Als schon
Alles beschrieben war, wollte er das Fell aus recken um noch etwas Raum
zu gewinnen, aber die Hände glitten ihm aus, und er fiel auf den Hinte-
ren. (Sie konnte nämlich Geister sehen t welche den gewöhnlichen Men-
schen unsichtbar waren.) Einst nahm der Mann den Pflock aus dem Loche
und sagte : aus diesem Loche habe ich dich bekommen. Da verschwand
dasWetb durch dasselbe Loch, und der Mann behielt nur die drei Kinder. —
Die Pferde , welche in der Nacht vom Alp gedrückt wurden , sind am an-
deren Morgen zitternd, mit Schweiss und Schaum bedeckt, wie abgejagt.
Um die Thiere zu schätzen, legt man, wenn der Stall gebaut wird, ein
Stuck Fleisch hinein, oder man giebt drei Donnerstage hinter einander
dem Pferde drei tüchtige Hiebe mit einer achtknotigen Peitsche oder mit
einer solchen, die man vorher in Lehmwasser getränkt hat, und im letzten
Falle siebt man oft noch die Streifen von den Schlägen , wenn die Person,
welche als. Alp um geht, schwarze Kleider trägt. Man schlägt auch das
Pferd mit einem scharfen Werkzeug, oder mit einem Kesselhaken, oder mit
dem Gurt eines Weibes, welches drei Mal ist getraut worden. Wenn der Alp
auf dem Pferde sitzt, und man ein Betttuch um nimmt und ein Kummet ver-
kehrt, mit dem Polster nach aussen, um den Hals legt (vgl. S. 347), so kann
28*
i
— 436 —
man den Alp leibhaftig sehen. Dasselbe geschieht auch, wenn man an drei
Donnerstagabenden je eine Ruthe nimmt, drei Knoten hinein bindet und mit
diesen drei Ruthen zusammen drei Donnerstage hinter einander dem gequäl-
ten Thier je drei Hiebe giebt. Wenn der Alp sich in eioen Stall schlei-
chen will, so sieht man ihn bisweilen als schwarze Katze oder als schwar-
zen Vogel umher schieichen. — Einige glauben, der Sache etwas naher
kommend, dass der Alp nur in dem Blute der Gequälten stecke und durch
den Zorn eines bösen Menschen entstehe, welcher dem Anderen diess Ue-
bel an gewünscht hat. *
Pak an e, der Frost, erscheint im Märchen personificirt als Sohn
einer alten Frau (Tüle-ema?). Man vgl. auch die- Redensart pakase
munna pöletama unter XIII (S. 390).
Palu-nÖid (Haidenbexe) , d. b. das Irrlicht, täuscht den Menschen,
läuft immer weiter, wenn man darauf los geht und zu einer Behausung
oder zu Menschen zu kommen gedenkt, und macht endlich, dass der Nach-
folgende in einen Sumpf geräth und darin umkommt.
Peni-nuki-rahWas s. koera-könlazed.
Pergel, pörgel, pörgulane, pörguline s. Teufel.
m Piker, Pikne, Pikse-poiS s. köu.
Pilwe-tät s. köu.
Pizo-hand s; kratt.
PoTt-harakas (Bolzenelster), poft-wares (Bolzenkrähe) Siegt
durch Thiere und verursacht ihnen so den so genannten Drachenschuss.
Man gebraucht diese Namen auch als Schimpfwörter gegen vermeinte
Hexen.
Purask s. Teufel.
Pük (eigentl. Kröte, Baumlaus, Haarwurm im Wasser), imetaja, d.
auch wana empli, ist ein Geist, welcher in der Johannisnacht den Kühen
die Milch aussaugt, aber auf der anderen Seite seinem Besitzer auch wie-
der Schätze zu trägt, die er den Reichen, besonders den Gutsbesitzern,
raubt. Wer ihn mit seiner Habe davon ziehen zieht, muss das Vaterunser
von hinten hersagen, dann lässt der pük fallen, was er trägt, uod der Ei-
genthümer bekommt das Seinige wieder. Will man einen pük haben , so
muss man drei Donnerstagabende bei Vollmond auf einen Kreuzweg geben
— 437 —
und das Vaterunser beten» Beim dritten Mal kommt der pflk, und dann
muss man von der linken Hand ihm so viel Blut geben , dass damit der
Name des Begehrenden geschrieben werden kann (vgl. oben önne-töja).
Nach anderen Angaben kann man den pfik in einer leblosen Form kaufen,
besonders in. Riga. Einer, welcher einen pük gekauft hatte, sah unter
Weges nach, was es war, und fand nur einen Besenstumpf, den er weg
warf. Zu Hause schalt ihn sein Weib dafür und schickte ihn wieder nach
dem weg geworfenen pük, welcher unterdessen schon viel Geld zusammen
getragen hatte. Solches Geld soll nur dem Besitzer sichtbar sein. Bei der
Anfertigung des pök spricht man: sünni, sfiäni, pugikene, oma iza
hinne peale, sünni, sünni, tödukene! (werde, werde, P., auf deines
Vaters Seele, werde, werde, T.). Ein junges Weib fand ihn ein Mal,
ohne ihn zu kennen , in Gestalt eines schwarzen Hahnes auf dem Kornka-
sten im Vorrathshause sitzend und wollte ihn mit einer Ruthe schlagen,
um ihn zu verjagen. Der pük flog auf den Dachfirst des Vorratshauses,
fing zornig an die Federn zu sträuben, so dass Feuerfunken daraus auf das
Dach flogen. Zum Glück kam die Schwiegermutter, welche von dem pük
wusste, dazu und rief ihn herunter und besänftigte ihn, indem sie sagte:
tlde llde tule maha, egft näütsi nime tlä, preili sino perä-haro
(d) (t. 1. komm herunter, die Jungfrau weiss deinen Namen nicht, das
Fräulein nicht deine Herkunft). So kehrte der Hahn in die VorrathskaiQ-
mer zurück , und das Haus blieb stehen. — Die fremden Kühen ausgeso-
gene Milch soll der pük seinem Besitzer auch als Butter wieder von sich
geben, und was die Ehsten «pügi-pask» (Krötenkotb) nennen, der sog.
Kuckuckspeicbel, und ein weicher gelber Pilz auf faulenden Baumstumpfen
soll die Butter sein, welche er unter Weges aus dem überladenen Magen
Yon sieh gegeben hat.
Raha-rett s. kratt.
Safwik s. Teufel.
Soend, lfba-huüt, ahju-pe&lne, der Wärwolf, ist ein Mensch,
welcher entweder sich selbst willkührlich in einen Wolf verwandeln kann
um Anderen zu schaden, oder von einem Zauberer in einen solchen ver-
wandelt ist; ein abgewiesener Bettler machte ein Mal eine ganze Hochzeit-
gesellschaft zu Wolfen. Hunde greifen ihn nicht an, weil er ihnen in sei-
— 438 —
ner menschlichen Gestalt erscheint, und eine Flinte tödtet ihn nur, wen
er sie nicht sieht, und wenn sie mit einer, silbernen Kugel geladen ist.
Wenn der Verwandelte in seinem Versteck ist, so zieht er die Hant aus wie
einen Pelz und erscheint als nackter Mensch. Schreckt man ihn dann plötz-
lich auf, so entflieht er, lässt seine Haut liegen und wird wieder Mensch;
dasselbe geschieht auch, wenn er nach dreitägigem Pasten Brot bekommt.
Eben so erscheint auch der getödtete Wärwolf als Mensch, wenn man ihm
die Haut abzieht. Wenn ein »Wärwolf ungesehen in eine Herde fallt, so
isst er das Fleisch roh, wenn man ihn sieht und an schreit, so soll dadurch
das Fleisch gar werden. Wenn der Hirt ihn vertreiben will, so fällt er
auch diesen an. Wer sich selbst in einen Wärwolf verwandeln kann, thot
es auch wohl , um Anderen Schafe zu rauben und sie nachher als Mensch
zu verzehren. Ein Besitzer des Gutes Machters soll öftere als Wärwolf
seine eigene Herde an gefallen und dann den Huter bestraft haben, weil
ein Schaf zerrissen war. Dieser aber lauerte ihm auf und scboss auf ihn,
worauf er entfloh. Als man der Blutspur folgte, kam man in*s Hans, wo
man den Hausherren in seinem Blute fand, der auch bald nachher starb. —
Wer sich in einen Wärwolf verwandeln will, muss an drei Donnerstagen
bei altem Licht auf einem flachen, mit dem Erdboden gleich hohen Stein
sich herum wälzen und sprechen: nlbes näbes nabk peale, klbes k5-
bes körwad pähä, slbes säbes saba taha (n. n. Haut auf, k. k. Oh-
ren an den Kopf, s. s. Schwanz hinten).
Sonne s. Mond.
Söko (d) soll ehemals ein Windgott gewesen sein. Wenn derjenige,
welcher in der Dreschscheune das gedroschene Korn windigt, nicht Wind
genug dazu hat, so pfeift er und ruft den Wind: Söko, Söko!
Stern s. Mond.
Taewa täi s. Tär.
UeberTfir, Tör oder wana iza, wana tat, wana a{t (alter Va-
ter, Grossvater), taewa tat (Vater des Himmels), die oberste Gottheit im
heidnischen Glauben, lepingu-usk (Versöhnungsglauben), der alten Einten,
über seine Verehrung und die ihm gebrachten Opfer ist ausführlich ge-
sprochen in den € Mythischen und magischen Liedern»,' und die dort ver-
zeichnete Mittheilung aus dem Munde eines Ehsten der Jetztzeit beweist,
— 439 —
dass er auch in dem jetzt lebenden Geschlecht noch nicht vergessen ist.
Es werden noch an verschiedenen Orten ihm geheiligte Plätze genannt,
Dorpat heisst Tara pajk (Thors Ort), bei Neuhausen ist ein Tara pä-
dftstiko mägi (Berg von Thors Kieferwald), ihm war die Eiche geheiligt.
Er erschuf zuerst den Sänger Wanemiyne, den Schmied und Baumeister
llmarine und den immer fröhlichen Lämmeküne, seine «Kinder» und
Gesellschafter, dann die Erde, welche, während er, von seiner Arbeit er-
müdet, schlief, von seinen Kindern noch verschönt und ausgebaut wurde.
Darauf schuf er Tbiere und Merischen auf die Erde. Mit dem von Natur
schwachen Menschen sollten seine Kinder ein Geschlecht erzeugen, wel-
ches stark genug wäre, das Böse zu überwinden. — Ein Chronist erzählt,
dass bei der Eroberung des Ehstenscblosses Wolde auf Oesel befohlen
wurde, Tör, den «Hauptgötzen* der Ehsten, hinaus zn werfen.
Der Teufel erscheint in der Volkssage und in dem Volksglauben nur
selten mit dem Namen kurat oder noch seltener sfidan des Christenglau-
bens, gewöhnlich heisst er Judas (vgl. litauisch judas schwarz und lett.
Johds), oder noch gewöhnlicher wird sein Name überhaupt vermieden
und dafür eine euphemistische Umschreibung gebraucht, wie wana konö
(alter Kobold), wana köhn (alter Böser), wana must (alter Schwarzer),
wana poi6 (alter Bursche), wana pömm (?), wana tunus (?), wana
tfihi (alter Eitler) , wana totit (alter böser Geist) , kuri w$jm (böser
Geist), wette wgm (Geist der Gewässer), purask, wana purask (Mei-
se!?), pergel, pörgel, pörgulane, pörguline (Höllenbewohner), paha-
ret d. h. pataa reit (s. oben kr&tt), sarwik od. wana safwik (der Ge-
hörnte) u. a. Seine unterirdische Wohnung ist pörgu (Halle), die mit
grosser Pracht und Reichthümern ausgestattet ist. Sein Wille ist zwar bös,
aber seine Macht nur gering, er wird in der Volkssage oft von Zauberern
besiegt, und ausserdem von gewöhnlichen Menschen oft betrogen und über-
tölpelt, denn er ist, wie es dort heisst, küla-wazika sarnane rumal
(dumm wie ein Dorfskalb). Unter ihm steht ein ganzes Heer böser Gei-
ster, welche tbeils auf seinen Befehl, theils auf eigene Hand so viel scha-
den und Böses thun , wie möglich. Tondid (s. unten) scheint der allge-
meine Name für sie zu sein, und zu ihnen mögen auch wohl andere in
diesem Abschnitt unter besonderen Namen aufgeführte Wesen gehören.
— 440 —
Dass der Teufel bei der Sündfluth nicht mit umgekommen ist, erklärt sich
der Volksglaube dadurch, dass Noah, als er sein Schiff auf einem Fers
zimmerte, in der Trunkenheit mit dem Beil in den Stein gehauen und aus
Aerger den Teufel geruren habe; dadurch sei der owaua tonst» mit den
übrigen Geschöpfen in's Schiff gekommen. Der Teufel ist zwar unermess-
lieh reich, so dass er mit seinem Reichthum manche Seele, die sich ihm
mit ßlui verschrieben hat, ins Verderben verlockt, aber doch vom Geiz
besessen (der Wurzel alles Ucbelsl). Durch den Geiz wird er bisweilen
zum Stehlen veranlasst, was ihm dann nachher mit Hülfe eines Zauberers
sehr übel eingetränkt wird. Grosse Furcht hat der Teufel und seine ganze
Sippe vor dem Wolf und vor dem Donner, wofür die Sage folgende Gründe
weiss. Als Tar dieThiere schuf, wollte der Teufel sich auch darin versu-
chen. Er bildete aus blauem Thoniiiuiidi-sau, vgl. S. 425) sich einen Hund,
verstand aber nicht ihm auch Leben i' inzuflössen, da wandle er sich an di<;
Gottheit mit der Bitte sein Geschöpf zu beleben, und die sagte-: hunt,
töuze üles, murra kurat ära (Wolf, erhebe dich, zerreisse den Teufel).
Nach Anderen hat der Teufel selbst sprechen müssen: sqzi, so kuradi'
ärä (Wolf, friss die Teufel auf). Man droht dem Teufel mit dem Wolfe,
um ihn ein zu schüchtern und zu verscheuchen. Der Blitz verfolgt den
Teufel, wenn er seine Hölle verliisst, und wo der Blitz einschlagt, da hat
er den Teufel treffen wollen. Im Wasser und in tiefen Höhlen erreicht
ihn der blitz nicht, aber der Donner quält und ängstigt ihn immer. Von
seinem Unternehmen, das Donnerinslrument zu stehlen s. oben unter köu.
Ueberrascht ihn das Gewitter da, wo ef ihm nicht entgehen kann, so sucht
er wenigstens sich zu verstecken. Man darf daher beim Gewitter nicht
leere Taschen haben, oder ein Kleidungsstück gegen' das Nasswerden auf
heben, oder den Busen des Rockes nach oben offen halten, sonst kriecht
der Teufel in die Tasche oder in die Palten des Kleides, und man kann
von dem verfolgenden Blitz erschlagen werden. Auch die Enden der Ruthen,
mit welchen die Zaunsiangrn gebunden werden, darf man nicht lang her-
vorstehend lassen, der Judas geht sonst I iruater.'und der Blitz kann ihn
dann nicht treffen. Teufel kann man, wie schon von anderen Geistern er-
wähnt worden, auch mit einer silbernen Kugel erlegen. Den Hahnschrei
mag der Teulel auch nicht, und er wird dadurch verscheucht,- vor dem
— 441 —
Hahnscbrei, im Anfang der tyacht, aus zu geben ist daher gefährlich. Wenn
der Hahn kräht,- so soll er den Bösen selbst sehen. Wenn Einem ein Ochs
entgegen kommt und brüllt, so ist das ein Zeichen, dass der Böse in der
Nahe ist und einen Angriff im Sinne hat; man muss dann drei Mal um den
Ochsen herum geben nnd drei Mal gegen ihn aus spucken. Der Teufel
vertauscht gern Kinder, so lange sie noch nicht getauft sind (vgl. VIII) ;
ist ihm das gelungen , so muss man den Wechseibalg (ikune ja pödeja)
in den brennenden Ofen werfen , dann bringt er das rechte Kind turück ;
oder man quästet bei drei Neumonden Donnerstags den Wechselbalg in
der Badstube bei starker Hitze, dann bringt beim dritten Male der Teufel
das geraubte Kind zurqck; oder die Mutter bringt es an drei Donnerstag*
abenden auf einen Kreuzweg, quästet es tüchtig mit einer Ruthe von Eber-
eschen und spricht: Judas, sah sincHats! ma södi ted& oma maja
maguzaga ja külä-naiste körega; kui oles olnu oma lats, oles
olnu wao laiu' ja ödagutse warjo piu\ Judas, tö mino lats ta-
gazi! (d) (Judas, da hast du dein Kind! ich habe es gespeist mit dem
Süssen des Hauses, mit der Sahne der Dorfsweiber; wäre es mein eige-
nes Kind, so wäre es so breit wie eine Furche, so lang wie der Abend-
schatten. Judas, bring mein Kind zurück). Am Abend des vierten Donners-
tags bringt dann der Teufel das rechte Kind und nimmt sein Kind wieder
fort. — Wie dem Altvater Tär die Eiche , so ist dem Teufel der Seidel-
bast (Daphne Mezereum L.) besonders zuständig, und wer diesen Strauch
verbrennt, bringt Unheil über sich und sein Haus. — Schützen wissen
sich bisweilen mit Hülfe des Teufels Freikugeln zu verschaffen , mit wel-
chen sie Alles treffen, wornach sie schiessen.
Tofit scheint, wie schon bemerkt wurde, eine allgemeine Bezeich-
nung für böse Geister zu sein , nicht eine besondere Persönlichkeit zu be-
deuten. Die tondid halten sich gern in allerlei Thiergestalten (als Bocke,
Hunde, Katzen u. a.) bei unbewohnten Gebäuden auf, namentlich bei
Dreschscheunen, wo sie bisweilen versucht haben, den Aufseher («Riegen-
kerl») in den Ofen zu schleppen. Wenn Einem ein tont erscheint, muss
man ihm den entUössten Hinteren zeigen und zwischen den Beinen hindurch
ihm zurufen «zeige deine Stadt, ich zeige meine Stadt», und Weiber müs-
sen die Kleider auf beben und ihre Scham zeigen, so verschwindet er
— 442 —
wieder. Gegen den Schreck vor seinem Anblick muss man aus einem
verschlossenen Gefäss neun oder fünf Körner Leinsaat in einigen Bissen
Brot zu sich nehmen. Der Wolf verfolgt die bösen Geister, wo es daher
keine Wölfe giebt, da sollen toödid sein. Der metsa-tont (böser Wald-
geist), welcher sich bald in Menschen-, bald in verschiedenen Thiergestal-
ten zeigt, mag wohl dasselbe sein wie mets-haHijas (vgl. oben haT-
fijad).
Toni (s. mana), davon tönela, die Unterwelt, der Aufenthaltsort
der Gestorbenen.
Toll oder sflf TöU (der grosse T.); ein auf dem Festlande nicht be-
kannter, vielleicht von den Skandinaviern entlehnter mythischer Volksheld
ahnlich dem Kalewi-pQeg, welcher übrigens, auf den Inseln ebenfalls be-
kannt ist. Er hatte seine Wohnung in dem jetzigen Töllist und war so
stark, dass er ein Mal mit einem Finger, welchen er durch das Deichsel -
loch steckte, einen Wagen umher wirbelte. In einem Kampfe richtete er
mit einem aus einer Scheune gerissenen Streckbalken als Waffe ein sol-
ches Blutbad unter den Feinden an, dass ein Füllen in der Blutlache er-
trank. Als ihm endlich der Kopf ab gehauen wurde, schleuderte er den
Balken noch gegen die Feinde , und dieser fuhr weit von ihnen weg in
einen Sumpf, wo er noch aufrecht stehn soll. TöU selbst zog, den Kopf
auf der Degenspitze haltend, fort. Als er, von Blutverlust geschwächt, den
Degen nicht mehr aufrecht halten konnte , fiel der Kopf nieder und nicht
weit davon auch der Leib, wo man noch jetzt sein Grab zeigt, eine Ver-
tiefung etwa zwei Faden lang- und einen Faden breit, wo man beim Nach-
graben nur einige grosse Knochen gefunden hat. Die Stelle ist in einem
zum Gute Garmel-Grossenhof gehörigen Bauerlandfr. Nach der Sage ver-
sprach er meinen Landsleuten ., wenn sie in Kriegsnoth waren, zu Hülfe zu
kommen, man sollte nur rufen: TöU, Toll! UJpze Öles (T., T.l steh
auf). Als diess ein Mal ein Hirtenknabe aus Muthwillen gethan hatte, er-
hob sich TöU in halber Leibeshöhe mit blutrothen Händen aus dem Grabe
und fragte, wo der Feind sei. Als er aber sah, dass er nur geneckt war,
so sprach er die Verwünschung aus, dass Taubheit, Unzucht und Diebstahl
bei seinem Volke nie auf hören sollten , und verhiess erst dann wieder zu
erscheinen, wenn der Wacholder nicht mehr Nadeln sondern Blitter trüg».
— 443 —
— Auch Toll hatte, wie Kalewi-p<$g, zwei Brüder, von welchen einer
auf Dago wohnte.
Tonn, auch Töüis, bei den westlichen Ehsten Name einer Gottheit
oder eines Geistes, welcher als Schirmer des Hauses und der Haushaltung
angesehen wird. Eine aus Reisern und Lumpen gebildete Figur, welche
ihn vorstellen soll, ist im Hause als Lar aufgestellt, und ihm werden als
Opfer dargebracht Erstlinge von jeder Frucht, etwas Bier vom neuen Ge-
hrito und Blut von geschlachteten Thieren , kleine Kupfermünzen für neu
geborene Thiere und etwas Silbergeld für ein neu geborenes Kind, etwas
von der ersten Milch einer Kuh nach dem Kalben und von 'der Wolle eines
lum ersten Mal geschorenen Schafes. Zur Aufnahme dient der «Tötöi
wakk», ein Korb oder Paudel, welcher zu einer bestimmten Zeit jedes
Jahr geleert und gereinigt wird, indem der Inhalt sogleich vergraben wird
um Raum für die Gaben des folgenden Jahres zu schaffen. Dieser Tag ist
ein grosses Fest, «Tönni püha», an welchem man Bier braut und Thiere
schlachtet. Beschädigt Jemand den Töntii wakk oder entwendet er gar
etwas daraus, so verfallt er zur Strafe in eine schwere Krankheit und wird
nicht eher wieder gesood, als wenn er unter neun Ameisenhaufen Erde
nimmt und sich auf dieser in der Badstube qoästet. — Tönise ati (Vater
des T.) soll der Stammvater der Ehsten sein.
Tale-haga, tule-hftnd, tulik s. kraii.
Turis, der Kriegsgott, lebt nur noch in Liederfragmenten (vgl. Neus
ebstn. Volksl. S. 62).
Tüle-ema od. mara-memm (Windmutter, Sturmmutter), tüle-
jumal (Windgottheit), nach Einigen = tülis-pask (s. d. folg.), herrscht
über die Winde nnd bringt auch Kranken Hülfe. Bei starkem Winde sagt
man: tüle-ema nutab (die Windmutter weint od. heult). Um elf Uhr
(nöre lQjrna ajal) pflegt sie am liebsten einher zu gehen, und dreht dann
bisweilen Halme und andere leichte Gegenstände im Kreise umher (Wir-
belwind).
Ttilis-p^, tülis-pask, tüle-wOd, jänes, der Windwirbel,
ein toüt (s. d.), oder nach Anderen zwei tonti, Herren zweier Landseen,
welche, wenn sie zusammen kommen, sogleich in Streit gerathen. Es ist
die Seele eines alten Weibes, welche um geht, um etwas zu erwerben
— 444 —
oder um einem Anderen zu schaden ; der Körper liegt unterdessen irgend
wo wie todt, wenn man ihn umkehrt, so kann die zurückgekehrte Seele
nicht wieder hinein , und man hört sie winseln , bis der Körper wieder in
die frühere Lage gebracht ist. Der tülis-pea stiehlt das Gesäete vom Felde
oder entfuhrt auch wohl Heu von der Wiese» Stucke Leinewand aus dem
Bleichgarten. Wenn man ihn sieht, muss man ausspeien, oder man sieht
zwischen den Beinen hindurch und wirft ein Messer oder sonst ein schar-
fes Werkzeug nach ihm, z. B. Sichel oder Sense, wenn er gerade dabei
ist ein Feld zu bestehlen, oder man ruft ihm zu: tülis-pask, tuha-kott!
wöta ni palju, kui Jamal annab, sitta suhu, paska parda (T.,
Aschensack! nimm so viel, wie Gott giebt, Dreck in den Mund, Koth in
den Bart). — Ein Weib ging ein Mal in den Garten Kohl säen, ein anderes,
das als talis-pask um ging, riss ihr die Saat aus den Händen. Das erste
ging nach Hause, berieth sich mit Anderen, und kam dann zurück, worauf
sich dasselbe wiederholte. Aber nun hatte sie ein gutes Messer mit, fasste
das wie einen Dolch (tagasi kfttt) und §tach damit in den Wirbelwind
hinein, welcher sich darauf verlor von dem Saatbeete. Darauffand man
das schuldige Weib zu Hause im Stall bei der Ziege, den Kopf voll Wun-
den, woran es auch an derselben Stelle starb. Darauf kam sie noch als
kodu-käija (s. oben) und verübte allerlei Schabernack, leckte den Schwei-
nen das Futter aus dem Trog, bis endlich ein alter Mann in der Nacht
kam und den Geist bannte. Ein Bauer fand einst einen tülis-pask auf
einer Anhöbe schlafend mit einer starken Glatze und entblösstem Hinteren,
worüber er so zu lachen an fing, dass der tülis-pask erwachte und ihn
aus A erger so mit gewirbeltem Stroh und Heu peitschte, dass er die Au-
gen nicht auf machen konnte.
Ukko wird, wie Turis, nur noch in Liederfragmenten erwähnt (vgl.
Neus a. a. 0. S. 63). Itp Alterthum soll das Volk im Walde grosse
Bilder von ihm gehabt haben (püzlik), später machten sieb die Leute klei-
nere, um sie besser vor den Priestern verbergen zu können (pdzlikene);
von den zum Ghristenthum Uebergegangenen wurden diese «pfizlikezed»
in ainglikezed» (Engelchen) um benannt. Im Gebiete des Gutes Lina-
mägi im sudlichen Livland zeigt man noch einen Ukkostein.
Une-waim (Schlafgeist), une-kurat (Schlafteufel) schläfert die
— 445 —
Leute in der Kirche und die Herrenhuter in ihren Versammlungen ein,
damit sie nicht Gottes Wort hören, und notirt dann die Schläfer aof einer
Ochsen- oder Pferdehaut (vgl. oben päenaja).
Ülal-käjjad s. mä-alused.
Wana att, wana iza s. TSr.
Wana must, wana pojö, wana purask, wana sarwik s.
Teufel.
Wana söke (der alte Blinde) oder wana tike (der alte Boshafte),
auch = äi, ein böser, neckender Waidgeist bei A«n südlichen Ehsten,
welcher die im Walde Gehenden irre fuhrt, (den Beet ^ Sammelnden ihre
Beeren verstreut u. d. gl. Bei Neuhausen giebt es zwei Wälder tike-
kond und Jüda-kond. Wenn der tike sich nähert, so läuft ihm ein Hase
voraus. Dann hören die Hirten einen Ruf im Walde «äio karile wasta»
(Äio der Herde entgegen) , und ihre Herde wird scheu und verläuft und
verirrt sich. Des tike Tochter (wohl = äiätär) kommt auch m mensch-
liche Wohnungen um dort zu schaden.
Wana tat s. Tär.
Wana tike s. wana söke.
Wana tont, wana tühi s. Teufel.
Wanemuine, der von dem Altvater, Tär, geschaffene Gott des Ge-
sanges. Von der Wirkung seines Gesanges berichtet die Sage Aehnliches
wie beim Orpheus (vgl. «Verhandlungen» der gel. ehstn. Gesellscb. in
Dorpat Bd. I). Seine Tochter ist Jntta, auch Endla-pTga (die Jungfrau
von Endla) genannt, weil sie am Endlasee um den Geliebten trauerte.
Wär-jumal (Abgott, falscher Gott), kommt in den Märchen der
pleskauschen Ehsten neben dem eigentlichen «jumal» vor. Er bat aus
Sand die Schlange geschaffen und rettet den Tod vom Ertrinken (s. köl).
Wedaja s. lendawa.
Wee-ema (die Wassermutter) bekommt bei Hochzeiten Opfer;
Braut und Bräutigam werfen ihr Geld in den Brunnen, was kaewu-anne
(Brunneogabe) genannt wird. — Pabst (Emma rediviva, Reval 1852)
hat nach zu weisen gesucht, dass in der alten heidnischen Zeit Erna eine
Göttin der Erde war, coordinirt dem Gott des Himmels Ukko.
— 446 —
Wellamo soll nach der Volkssage eine Wassergottheit gewesen
sein, nach welcher der Wella-mägi benannt sei.
Wettc-waim s. Teufel.
Wilja-neitsid, wohl in die Klasse der Haffijad gehörend, sind
weibliche Wesen, welche zur Erntezeit das Getreide schädigen sollen.
Wirus-kundre od. w.-kundra, bei den südlichen Ehsten ein
Baasgeist oder Popanz, der seinen Aufenthalt oben auf dem Ofen bat, wo-
her der Name. Man macht Kindern bange mit ihm, und wem ein schlech-
ter Zahn aasfallt, wirft ihn auf den Ofen, damit wirus-kundre ihm einen
guten an die Stelle gebe.
XVI. Abergläubische Vorstellungen von natür-
lichen Wesen und Naturerscheinungen1).
Früher haben nicht allein die Thiere gesprochen, was in Volksliedern
nicht selten vorkommt, sondern auch die Bäume.
Gewisse (neunerlei, Tgl. XI) am Johannisabend gesammelte Kräuter
haben besondere Kraft, theils zum Heilen von Krankheiten, theils böse
Geister ab zu halten.
Der Wacholder ist gut gegen neun und neunzig Krankheiten. Der
Rauch von Wacholder von eines dritten Hefren Gebiet vertreibt die Rau-
pen im Kohlgarten.
Der Seidelbast ist des Teufels Strauch und darf nicht verbrannt
werden, sonst fängt der Teufel an das Haus an zu zünden und ihm Schaden
zuzufügen. Den Pferden, welche ihre Stricke zerbeissen, dreht man welche
aus dem Bast des Seidelbastes.
Wenn ein Feld viel Disteln trägt, so vertilgt man sie dadurch, dass
ein Mann nackt drei Furchen mit dem Pfluge darüber zieht.
Unter dem Farnkraut verbirgt sich der Judas (Teufel), wenn er in
1) Wegen der von ihnen entnommenen Omina vgl. XVII. Was sich an die
Behandlung der Hausthiere, der Feld- und Garteiifrüchte knüpft, ist in XVIII
enthalten.
— 447 —
Noth ist. — Der Farn treibt um Mitternacht, wenn man auf einen Morast geht
so weit, dass man keinen Hahnenruf mehr bort, und wenn man mit einem
Stabe von Vogelbeerholz um sich und den Farnbusch ^ einen Kreis zieht,
eine gelbe Blüthe. Wenn man diese ab pflückt und zu etwas Heiligem
legt (in die Bibel u. d. gl) , so verleiht sie Glück und Stärke. Unzählige
böse Geister kommen zwar dazu, um sich dieser Blüthe zu bemächtigen,
allein man braucht sich vor ihnen nicht zu fürchten und kann ruhigen
Schrittes naoh Hause gehen.
Der Eberesche (Sorbus Aucuparia L.) werden grosse Kräfte zuge-
schrieben. Sie sichert gegen Schlangenbiss und dient vielfach gegen Ver-
zauberung (vgl. XIII).
Das Erlenholz ist gut als Änzöndungsbolz (süde), denn es brennt
nicht nur selbst leicht, sondern facht auch anderes Holz an.
Die Drachen würz (Calla palustris L.) hatte Gott als Surrogat des
Brotes geschaffen und ein Fauler lebte ein Mal davon allein. Da kam der
Teufel zu ihm und sagte : du magst nicht arbeiten und gesellst dich auch
nicht zu mir, wovon nährst du dich denn? Von dem; was hier ist, war
die Antwort. Da setzte sich der Teufel auf den gesammelten Vorrath , und
seit dem' ist die Wurzel scharf und giftig geworden. Der Mann aber ge-
sellte sich doch nicht zu ihm, sondern fing an zu arbeiten.
Die den Kohl Pflanzenden müssen weisse Kleider an haben, dann
wird der Kohl weiss, er darf aber nicht am Freitag gepflanzt werden,
sonst wird er bitter. Die während des Pflanzens Vorübergehenden wün-
schen Glück: süri p(tid ja lakjo lehti! (grosse Köpfe und breite Blät-
ter). Antwort: waja (nöthig). Man pflanzt auch • Glückskohl» für ein-
zelne Personen, und wenn die Pflanze gut wächst, so bedeutet das Glück
für dieses Jahr.
Manches Holz ist gefährlich, weil es Feuersbrunst erregt, und es
darf daher weder als Brennholz noch zum Häuserbau noch zu Zäunen ge-
braucht werden; es ist daran kenntlich, dass es auf der horizontalen
Durchschnittfläche in der Mitte bläulich gefärbt ist und schwärzliche Adern
zeigt.
— 448 —
Einige essen das Blut der Thiere nicht , weil die Seele darin enthal-
ten sei.
Ein Ertrunkener liegt so lange auf dem Gesichtö am Boden , bis die
Gallenblase geplatzt ist, dann steigt er wieder an die Oberfläche.
Ein Jüngstgeborener ist am geschicktesten dazu ein verrenktes Glied
wieder einzurichten.
Es giebt zwei Kategorien von Menschen, die pferdeartigen (hobase
seftsi) und die marienartigen (Mäfja seftsi); die Letzten sind schwäch-
lich, die Ersten robust, nichts ficht sie ao. Die Weiber dieser Kategorie
haben etwas Männliches, sind kraftigen Geistes und gebären sehr leicht.
Früher sprachen alle Thiere, so lange die Steine noch weich waren
und wuchsen.
Die Butte wurde stumm, weil sie Jesus nach gespottet hatte.
Manche Thiere werden als Gesellschafter des Teufels an gesehen, so
das Schwein, der Frosch, die Eidechse.
Die Meermenschen sind diejenigen, welche ertranken, als Pharao
mit seinem Heere im rothen Meere um kam.
Ein Hund, welcher im Schlafe die Vorderbeine kreuzweise hält, wird
nicht vom Wolf gefressen. — Wer sich einen Hund bringt, muss ihn drei
Mal am Schwanz zwischen Zaunstangen hindurch ziehen, dann wird er
nicht bös. — Wer sich einen jungen Hund von anders woher zum Vieh-
hund auf ziehen will, muss ihn in einer alten Hose auf die Handmühle
legen, drei Mal den Stein um drehen und dabei sprechen: ma jahwatan
sind kufjaks (ich mahle dich zu einem bösen). Dann nimmt er ihn her-
aus und bringt ihn in den Viebstall, und er wird nun das Vieh gut be-
wahren.
Den Seehund mag man eben so wenig bei seinem eigentlichen Na-
men nennen wie den Wolf oder den Bären. Beim Fang wird die grösste
Heimlichkeit beobachtet, so dass auch diejenigen, welche den Fängern
Proviant bringen, diesen stillschweigend durch ein Loch in die Fischerhütte
schieben. Auch muss das Herz bei dem Fange sein, so dass man z. B.
nichts fängt, wenn man vor Kurzem geheirathet bat und beim Fange an
die Frau denkt.
— 449 —
Den Wolf hat Gott nicht geschaffen das Vieh zu schädigen» sondern die
kfilm-kinnad (s. XV) zu vertilgen; welche er denn auch eifrig verfolgt.
Wer sieb selbst entleibt hat, kommt nicht eher zur Ruhe, als bis er doreb
einen Wolf gegangen ist. — Die Wolfe sind die Hunde des heiligen Georg
(pflha Juri kutsikad), und werden durch diesen im Winter ein Mal mo-
natlich vom Himmel herab gespeist. Sie liegen dann auf dem Bauche« er-
heben ein eigentümliches Geheul und richten den Rachen in die Höhe
am ihre Speise zu empfangen. Diese ist weiss, wolkenartig, zitternd (Tre-
mella Nostoc?), und soll nach Zucker schmecken. Ein Mädchen wollte sie
dabei belauschen, wurde jber von ihnen bemerkt und zerrissen; man fand
nachher von ihr nur die grosse Zehe des linken Fusses. — Um sich stär-
ker zu machen, sollen die Wolfe blauen Thon fressen aus Bächen und
Lochern, daher der Name dafür (hundi-sau). — Im Frühling heulen die
Wölfe , damit man das Winseln ihrer von Mucken geplagten Jungen nicht
höre. Um das Nest zu finden, steigt man Nachts- auf das Dach, und dann
sieht man von der Stelle im Walde , wo es sich befindet , Rauch auf stei-
gen: — Wenn man in der Nacht Wolfskoth findet, so bringt man ihn nach
Hause, verbrennt ihn, räuchert das Vieh damit, und glaubt, dass der Wolf
es nun den Sommer über nicht sehen wird, auch wenn er mitten durch
dasselbe bin ginge. — Einen Wolf aus einem fremden Kirchspiel darf
man nicht an tasten oder an schreien, sonst wird man ihn nicht mehr los.—*
Mit einem Stein darf man nach einem Wolf nicht werfen, sonst wird er
noch wutbender und gefährlicher, denn sein Herz soll ein Stein sein. Be-
gegnet man linem, so muss man sagen «Küla-mes, pol töd sulle, tejne
pol mulle» (Gevatter, der halbe Weg für dich, die andere Hälfte für
mich), oder «käna sa oma töd, mina laben oma töd» (wende du dich
auf deinen Weg, ich gehe meinen Weg), dann geht er zur Seite. — Wenn
der Wolf durch das Vieh hindurch geht ohne es zu beschädigen, so sagt
man, er trerde geritten. — Ein zwischen den Stangen befindliches Pferd
oder einen Ochsen an der Deichsel darf der Wolf nicht zerreissen. Als
einer es doch gethan hatte, musste er dessen Stelle vor dem Wagen ein-
nehmen, und der Wagen wurde so zur Warnung an den Himmel gesetzt
(im Gestirn des grossen Bären). — Hat ein Wolf ein Thier zerrissen, so
msss er sich sorgfältig vom Blute rein scheuern; ist diess zu riechen,
29
450
wenn er unter andere Wolfe gebt, so wird er von ihnen zerrissen. — Be-
kommt ein Wolf im Winter kein Hundefieisch zu essen, so bat er im Som-
mer keine Jongen. — Wirft man dem Wolf ein wollenes Kleidungsstück
nach, so lisst er das ergriffene Schaf fallen; droht man ihm aber mit einem
eisernen Werkzeug, so wird er nar desto erbitterter. — Ein Thier, wel-
ches sich verlaufen hat, zerreisst der Wolf nicht, and ein Thier, welches
drei Mal von ihm ist an gebissen worden ohne getodtet zu werden , greift
er auch nicht mehr an. — - Der Wolf hat keine Höhlung im Kopfe. —
Wenn er vor Sonnenaufgang den Rachen nicht öffnet, so muss er ihn den
ganzen Tag lang geschlossen halten. — Wenn der Wolf kommt, so ist er
klein, bringt Schlaf, raubt die Stimme, wenn er fort geht, ist er gross wie
ein Füllen. — Ausser den naturlichen Wolfen giebt es auch unnatürliche.
Einige sind durch den Zauber böser Menschen in Wolfe verwandelte Men-
schen. Solche Wolfe haben vor dem Menschen keine Scheu, laufen ddn
Fahrenden nach, kommen so gar in die Hofe, und wenn sie dort einen
Menschen treffen, so beschnuppern sie ihn nur, freundlich mit dem Schwänze
wedelnd, ohne ihm Uebles zu thun. Dagegen aber schadet es ihnen auch
nicht, wenn man auf sie schiesst. — Von den aus blauem Lehm entstan«
denen Wolfen s. XV unter kodu-käjjad, von dem Wärwolf unter soend.
Das Wiesel oder den Marder (lahits, nifk) darf man in einem
Hause mit einer Feuerstelle nicht nennen. Wo sie sich finden, da muss
man Hausthiere von ihrer Farbe halten, welche dann gedeihen.
Wer eine Katze tödtet, dem zittern die Hände. Wenn ein Kutscher
es thut, so gedeihen die Pferde nicht. — Wenn man eine Katze auf den
Wagen nimmt, so ermüden die Pferde bald. — Wenn ein Mädchen ge-
gen eine Katze unfreundlich ist, so. wird es an seinem Hochzeitstage
schlechtes Wetter haben.
Die Ziege ist des Teufels eigenstes Thier, daher furchtet sie sich
auch mehr als andere Thiere beim Gewitter, durch welches der Teufel
verfolgt wird (s. XV).
Die Mäuse vermeidet man zu nennen, damit sie nicht schaden; man
bezeichnet sie euphemistisch mit dem Namen jöksjad (Läufer).
Die Kuh hat ursprünglich Zitzen am ganzen Bauche gehabt, die Katze
aber hat sie ab gefressen bis auf die vier, welche der Hund mit seinen
— 451 —
Pfoten bedeckte; darum giebt man auch die erste Milch von einer frisch
milchenden Kuh einem Hunde.
Von dem Pferde verlangte einst der Herr, da er noch auf der Erde
wandelte , es sollte ihn aber einen Fluss tragen, aber es erwiederte: ich
habe nicht Zeit, ich muss fressen. Eben so weigerte sich auch das Schaf,
ab$r der geduldige Ochs trug ihn hinüber. Dafür kann nun der Ochs im-
mer während der Zeit des Ruhens von der Arbeit sich satt essen, Pferd
und Schaf aber müssen immer grasen, ohne sich sättigen zu können.
Als der Hase einmal fluchtete, erschreckte er durch seine Hast eine
Herde Schafe so, dass sie aus einander stob. Diese Furcht vor einem Ha-
sen kam dem Hasen selBst so komisch vor, dass er in ein unmässiges Ge-
lächter ausbrach, wovon ihm die Oberlippe platzte.
Wenn man einen Bären in einen Stall fuhrt, so gedeihen die Thiere
gut, und das böse Auge kann ihnen nicht schaden. Man nimmt daher
einen Bärenführer mit seinem Thiere sehr gern auf. Will der Bär nicht
in den Viehstall gehen, so ist dieser verhext, mistet er aber darin, so ist
Alles in gutem Zustande. Auch einem jungen Ehepaar bringt es Glück,
wenn in dessen Ehebette ein Bär geschlafen hat. — Ein junges Mädchen
spottete einst über das minder hübsche Aussehen einer Gottheit und wurde
dafür in einen Bären verwandelt. Ein abgehäuteter Bär hat darum grosse
Aehnlichkeit mit einem Mädchen, besonders an Brust, Hüften und Beinen.
Eine Fledermaus bringt Unglück oder Zwietracht in das Haus, wo
sie nistet. — Wenn man mit ihrem Blute den Pflug bestreicht, so wächst
das Getreide nicht. Sie gilt überhaupt für ein Unglückslhier, und man
bittet Gott, Einen davor zu behüten, dass man sie sehe.
Wenn man den Eiern oder Jungen eines Vogels im Nest die Zähne
zeigt, so verlässt sie die Mutter.
An ein todtes Thier machen sich Vogel nicht eher, als bis eines Men-
schen Auge darüber gegangen ist.- *
Einige Vögel — Kuckuck, Pfau, Schwalbe, nach Einigen auch die
Taube — sind aus Menschen entstanden.
Im Frühjahr darf man nicht ans dem Hause gehen ohne etwas geges-
sen oder getrunken zu haben, denn wenn man nüchtern etwas hört, «was
im Winter nicht zu hören gewesen ist», wie die Stimme eines Vogels,
29*
— 452 —
so ist das schädlich. Man nennt das «linnu petet söma» (etwas als Vo-
gelbetrag essen), das heisst damit den Vogel betrügen, ihm zuvor kommen,
und lind petab (der Vogel betrugt) ; eben so heisst es auch z. B. safw
petab (das Hörn betragt), wenn man vor St. Georg nüchtern das Kuhhorn
des Hirten hört. Wer sich von einem Vogel so hat betrugen oder über-
tölpeln lassen, der muss während des Jahres auf allerlei Missgeschick ge-
fasst sein (vgl. unten), war es namentlich ein Kackuck, so darf er kein
Thier futtern oder im Herbst zuerst an binden, sonst gedeiht es nicht, son-
dern magert ab u. d. gl. , oder er wird selbst kränklich und stirbt aueh
wohl vor dem nächsten Frühjahr. Man schützt sich dagegen dadurch, dass
man einen Baum umfasst oder drei Mal um denselben geht und jedes Mal
in die Rinde beisst oder mit den Zähnen etwas davon ab reisst; dann geht
das Unglück auf den Baum über, und er verdorrt. — Mancher nimmt,
um nicht überrascht zu werden , schon Abends ein Stück Brot in's Bett,
damit er schon vor dem Aufstehen etwas zu gemessen bat.
Auch umgekehrt wird der Vogel selbst betrogen und zwar von der
Sonne, wenn er den Sonnenaufgang verschlafen hat; er soll dann an die-
sem Tage nicht fliegen können.
Mythische Vögel sind sini-slbu-tsirk (d) (Vogel mit blauen Flügeln),
mit gelben Füssen, welcher als Botschafter aus tönela (s. XV, tönii To-
desnachrichten bringt, und hüpre (d) im Flusse Wo oder Wöhand , wel-
cher schlechte Zeiten, besonders Hungersnoth verkündigt, wenn er den
Schnabel heraus streckt und neun Mal «hfip» ruft (ist wohl die Rohrdom-
mel, hfip oder Tiüpel).
Der Baum, auf welchem ein Adler nistet, wird zum Schiflskiel ge-
nommen.
Wenn man die Beccasine nüchtern im Frühjahr zuerst hinter sich
wiehern (hirnuma) hört, so wird man im Sommer seine Pferde nicht
finden können, wenn vor sich, so wird man einen lustigen Sommer haben
und viel lachen; hört man sie meckern (tikutama), so wird man seine
Zehen gegen einen Stein stossen. Andere sagen: wenn sie wiehert, so
wird man viele Hölzer an der Pflugschar" verderben, wenn sie meckert,
so wird es ein froher Sommer werden. Noch Andere (im Süden) distin-
guiren noch genauer und sagen: hört man im Frühjahr die Beccasine zu-
— 453 —
erst «wettelago, wettelago» singen, so hat man im Sommer Glück bei
jeder Arbeit; ist es «wetterpifö, wetterpilTi», so wird es Hochzeit ge-
ben; ist es «rikut, rikut», so wird man bei jeder Sache Unglück haben.
Wenn Gänse (auch Schwäne oder Kraniche) beim Ziehen unordent-
lich fliegen, und man ihnen zuruft «handa, handa, handa» (in die
Reihe), oder «hanikeze' handa, em& ezä ette ja latse' poja' perrä»
(d) (Gänschen in Reihe, Mutter und Vater voran» Kinder und Junge hinter
drein), so ordnen sie sich so gleich.
# Wenn ein Fink einem Thier unter dem Bauche hindurch fliegt» so
wird es Blut harnen; dasselbe geschieht, wenn man ein Finkennest zer-
stört.
«Betrugt» der Kuckuck, so tritt namentlich das oben Angegebene
ein. Er lässt seinen Ruf hören so lange, bis die Gerste Fructil bildet;
dann fahrt ihm eine Gerstengranne in den Hals, ujid er wird zum Ha-
bicht. — Wenn der vom Kuckuck «Betrogene» im Allgemeinen mit sei-
nem Vieh kein Gluck hat, so soll diess sonderbarer Weise bei den Schweine-
züchtern gerade umgekehrt sein. — Der Kuckuck ist aus dem Herzen
eines Waisenkindes entstanden (vgl. VI).
Wen die Nachtigall «beträgt», der wird im Sommer oft seine Klei-
der an brennen.
Der Pirol allein wollte nicht, wie die anderen Thiere thaten, bei dem
Graben des Embachflusses mit helfen, dafür darf er nun nicht von der Erde
oder aus dem Bache trinken, sondern nur mühsam von den Blättern. Wer
ihn im Frühjahr zuerst noch nüchtern hört, 4er wird mancherlei Verlust
in diesem Jahre haben, namentlich bei der Flachsernte.
Der Rabe, auch walge lind (weisser Vogel) genannt, war wirklich
weiss geschaffen , und erst später, nachdem er Aas gefressen , oder nach
Anderen weil er, um sich nicht zu beschmutzen, nicht mit helfen wollte,
als Gott die Flusse ausgrub, bekam er zur Strafe ein schwarzes Kleid,
indem er von dem Altvater in eine Theertonne gesteckt wurde , während
die Elster nur einige Schläge mit der eisernen Ruthe erhielt. Er hat nur
noch eine einzige weisse Feder im Flügel , die er aber sorgfaltig verbirgt
und, wenn er geschossen wird, weg wirft oder abnagt. Wer sie bekom-
men kann, erlangt damit «köjk mä ilma tarkus» (aller Welt Weisheit),
— 454 —
und was er damit schreibt, hat die Kraft Alle zu überzeugen. — > Wer
Am werden will, muss am Gründonnerstag Morgens die Eier aus dem
Nest eines Raben nehmen, sie kochen und wieder hinein legen. Wenn
der Rabe zurück kommt und die Eier gekocht findet, so fliegt er wieder
fort und bringt einen Stein , welcher die Kraft hat 'die Eier wieder roh zu
machen. Dann geht man Nachmittags wieder hin und nimmt den Stein,
wit welchem man Kranke gesund und sogar Gestorbene lebend machen
kann. — Fliegt ein Rabe über den Weg, so muss man die Pferde oder
sich selbst drei Mal um drehen und aus speien, dann erst darf man die
Reise fort setzen.
Störche bedeuten Unglück. Wo einer in der Nähe nistet, da kommt
Viehsterben, oder es stirbt ein Mensch. Man sucht sie daher zu verjagen,
*
wenn sie sich zeigen.
Die Taube ist früher ein frommes Mädchen gewesen, welches sich
im Walde verirrt hatte; ein Engel gab ihm ein Federkleid, däss es empor
fliegen und so sich hinaus finden konnte.
Mit dem Höcker des Frosches hat es folgende Bewandtniss. Er ver-
klagte einmal bei dem Altvater Kinder, welche im Walde gegessen und
dabei Brosamen auf die Erde gestreut hatten, die Spinne aber rechtfertigte
die Kinder damit, dass sie ja dort keinen Tisch gehabt hätten. Da warf
voll Aerger der Altvater den boshaften Ankläger auf die Erde, der dabei
auf einen Stein fiel und das Genick brach, die mitleidige Spinne aber Hess
er sanft an einem Faden hinab ; darum soll man noch jetzt der Spinne
kein Leid thun, einen Frosfch aber anbedenklich überall erschlagen dürfen.
Die Kröte ist eine Tochter des Judas (s. XV), und man kann sie
nur tödten durch Spiessen auf eine Stange. — Sie hefcst pada-konn
(Kesselfrosch), weil sie in die Erde vergrabene Schätze (ehstn. raha-pada)
anzeigt aus Dankbarkeit für empfangene Woblthaten. — Sie lebt im Schmutz,
weil sie, als ein Nagel von dem Kreuze des Erlösers herab fiel, aus rief:
der Nagel ist in den Koth gefallen. — Die Kröten "bringen Kühen Glück,
wo sie im Stalle sind, da geben die .Kühe viel Milch , und die Hausfrauen
bringen daher welche hinein ; anders wo sagt man ihnen nach , dass sie
gerade den Kühen die Milch aus saugen (vgl. XV, pük).
Schlangen hielt man früher in den Häusern als Glück bringend
— 455 —
(vgl. XV, krait) ; auch in neuester Zeit noch haben Seefahrer sie mit sich
geführt als Schutz gegen Unfälle and um günstigen Wind zu haben. Nach
Adam von Bremen sollen im Alterthum die Ebsten bei der Schlangen-
Verehrung sogar Menschenopfer begangen haben« — Unschädlich kann
man die Schlangen dadurch machen , dass man ihnen Tabaksol in's Maul
schmiert. — Eine Schlange wollte eine Viehhüterin, welche mit. Nähen be-
schäftigt war, beissen; diese stiess, als einzige Waffe» ihre Nadel in die
Schlange und entfloh. Als sie am folgenden Morgen wieder dahin kam,
fand sie, dass die Schlange sich in eine goldene verwandelt hatte, und
wurde sehr reich. — Wer eine gewisse Schlange, wenn sie aus der Erde
kriecht, fangt', in einem verschlossenen Kessel kocht und von ihr isst, der
versteht die Sprache der Thiere. — Die Blindschleiche l) hatte sich ver-
messen in einer Nacht die Augen von neun Menschen zu zu machen (d.h.
sie zu tödten), dafür. wurde sie blind; sie wird aber wieder sehend, wenn
es ihr gelingt in die Nabe eines zerbrochenen Rades zu kriechen, was man
daher zu verbäten bestrebt ist. Ist sie durch einen Schlag in Stucke ge-
sprungen, so trägt die Eidechse diese wieder zusammen, und sie fliessen
dann Begleich wieder zusammen ; daher muss man immer wenigstens ein
Stuck vernichten oder entfernen. — Die Schlangen haben einen König
mit einem Kamm auf dem Kopfe; wer einen solchen Kamm isst, der ver-
steht alle Vogelsprachen , der Kamm muss aber verdeckt gekocht werden,
dass der Dampf nicht entweicht. Nach Anderen hat der Schlangenkönig
zwei Köpfe. Wenn man diese vor St. Gäorg ab haut und bei sich tragt,
so bringen sie Gluck» behüten vor Krankheit, machen gesund etc., wer
aber die Schlange selbst in's Haus bringt, hat Unglück davon. Nach noch
anderen Angaben hat der Schlangenkönig einen goldenen Ring um den
Hals« Wirft man ein wollenes Kleidungsstück, darauf, so füllt er ab , und
giebt dem, welcher ihn bekommt «aller Welt Weisheit». Man kann den
Ring auch bekommen, wenn man den Schlangenkönig mit einem Schlage
tödtet, so dass er den Ring nicht verschlucken kann. Es ist aber sehr ge-
fahrlich, denn wenn er nur einen Laut von sich geben kann, so eilen so-
ll Diese gilt unter dem Namen wa£k-U&, waSklik (Kupferschlange) ganz
unschuldiger Weise für die allergef&krHchste Schlange.
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— 457 —
Der Haar wurm soll da, wo Pferde geschwemmt werden, aus ihren
Haaren entstehen. , «
Die Steine sind ans den zerbrochenen Gesetztafeln Mosis entstanden.
-Der Wind verwehte den Staub, als sie zermalmt wurden, über die Erde,
und aus jedem Staubkorneben erwuchs ein Stein. Die t Weisen • wissen
aus der ebenfalls auf ihnen zerstreuten Schrift noch allerlei heraus zu
lesen, namentlich das Schicksal der Menschen. "Besonders reich an Schrift
sind oft Kalksteine, in diesem Falle Märja-kiwid (Mariensteine) genannt.
Beim Gewitter fahrt der Prophet Elias im Himmel mit einem eher-
nen Wagen , Andere erklären das Geräusch dadurch , dass der Donner mit
gläsernen oder steinernen Kugeln rasselt; sie sollen wie ein grosser Garn-
knäuel an der Erde bin rollen, und man hat versucht mit einer Sense hinein
zu schlagen. Beim ersten Gewitter im Jahr ruft man «kus kiwi, kos kiwi»
(wo ist ein Stein) und klopft mit einem Stein oder sonst etwas Hartem
drei Mal gegen die Stirn, dann ist man sicher, in diesem Jahre nicht vom
Blit zugetroffen zu werden. Während des Gewitters* darf man sich nicht
unter einen Baum begeben, keine leere Tasche haben, nicht Schürze oder
Rock auf heben, keinen leeren Lägel ohne Stöpsel und keine leere Messer-
scheide (worin die Insulaner immer ein Messer zu tragen pflegen) bei sich
fuhren etc., damit nicht der im Gewitter von Gott verfolgte külm-kirig oder
Teufel (vgl. XV) eine Stelle finde, wohin er sich fluchten und eventuell den
Blitz nach sich ziehen konnte. Der Blitz ist des Donners Vorläufer, und mit
ihm wirft das Gewitter eine Kugel oder einen Keil, pitkse nöT (Pfeil des
Donnerers) , welche Alles zerschmettern ; sie fahren da , wo der BKtz ein-
schlägt, sieben (nach Anderen neun) Faden tief in die Erde hinein, und
steigen dann jährlich um einen Faden wieder herauf. Man findet sie dann,
wenn sie auf die Oberfläche oder nahe an die Oberfläche gekommen sind,
bisweilen und wendet sie bei Zauberei oder als Medicin an gegen «ra-
bandos» (s. XII), Wo ein Blitz gezündet hat, da kann man nichts heraus
tragen und den Brand nur mit süsser Milch löschen; Einige meinen, man
dürfe gar nicht versuchen zu loschen, weil Gott selbst das Feuer ange-
zündet habe. Wenn Rauch in der Stube ist , so schlägt der Blitz' nicht
hinein. — Wenn es gewittert, so furchten sich besonders die Ziegen aus
Sympathie Für den Teufel, dessen besonders eigene Thiere sie sind.
— 458 —
Die Flecken im Monde werden verschieden erklärt. Sie stellen Kain
un* Abel vor, der Erste hat eine Keule in der Hand, der Andere liegt auf
dem Rücken vor ihm; oder zwei Diebe wollten den Mond beste Wen, stie-
gen mit einer Leiter hinauf, durften aber nicht mehr zurück kehren and
sind jetzt noch dort zu sehen ; oder ein Holzdieb nahm, um nicht bei dem
bellen Mondschein bemerkt zu werden, einen Eimer voll Theer and stieg
zum Monde hinauf um ihft mit Theer zu überschmieren, wurde aber auch
sammt seinem Geräth dort zurück bebalten. — Im Mondschein darf man
nicht schlafen, sonst wird man mondsüchtig, «kü wafjab ära». Schwäch-
liche Kinder werden im Mondschein gewogen , dann sollen . sie besser ge-
deihen. — Den Neumond begrusst man mit den Worten: sina wanaks,
mina nöreks (du mögest alt werden, ich jung). — Auf den Mond (oder
auf einen Stern) darf man nicht mit dem Finger zeigen , sonst fault der
Pinger ab, oder (nach Anderen) sonst wird man zu ihm hinauf gezogen.
Mond und Sonne sind persönliche Wesen, und päewa-wari (Sonnen-
schein) und kfi-wari (Mondschein) ihnen untergeordnete. Sie haben biswei-
len mit Ungeheuern zu kämpfen, von welchen sie ganz oder zum Theil ver-
zehrt werden, worauf sie dann sogleich wieder von neuem geschaffen wer-
den; wenn man es sehen will, so braucht man nur einen Eimer voll Wasser
hinaus zu bringen, in welches sich der Mond oder die Sonne ab spiegeln,
dann kann man sehen, wie sie von grossen Schlangen gefressen werden.
Wenn eine Mondfinsterniss eintritt, so soll das für Schützen und Fischer
eine sehr gunstige Zeit sein an ihr Geschäft zu geben. — Einige meinen,
wenn die Sonne unter gehe, so verfaule sie, und am anderen Morgen er-
scheine dann wieder eine andere.
An der Deichsel des Wagens im grossen Bären ist ein kleiner Stern
(Reiterlein) dicht bei einem grösseren; diess ist ein Wolf, welcher den
einen von zwei Stieren an der Deichsel zerriss, und nun selbst an dessen
Stelle neben dem anderen ziehen muss.
Gometen bedeuten Unglück.
Wenn eine Sternschnuppe fallt, so stirbt zugleich irgend wo ein
Mensch.
Das Nordlicht bilden Kämpfer der Oberwelt mit feurigen Schwer-
tern aus welchen, wenn sie an einander geschlagen werden, Funken sprü-
— 459 —
hon, and Manche wollen auch das Geklirr gehört haben. Sein Erscheinen
verkündigt Unheil; Einige meinen auch, das dorthin wärts, wo es sichtbar
ist, Kampf und Krieg ist.
Das Irrlicht ist ein «raha-tuli» (Geldfeuer), der Schein von einem
in der Erde verborgenen Schatz. Bei vergrabenem Golde ist der Schein
gelb, bei Silber weiss oder grünlich, und er zeigt sich in der Weihnächte-,
Neujahrs- und Epiphaniasnacht. Gelingt es Einem, etwas Silbernes oder
Kupfernes in diess Feuer zu werfen, so bekommt er den Schatz. Das Geld-
feuer brennt erst, wenn die Abendröthe erloschen ist.
*
Die Landseen wandern zuweilen hoch in der Luft von einem Ort zum
anderen, wobei auch Fische auf die Erde herab fallen. Die Seen erscheinen
dann als eine grosse, schwarze Wolke, voran schreitet ein schwarzer Stier,
welcher mit seinen goldenen Hörnern das neue Bett gräbt. Im sudlichen
Livland ist ein kiriku-mäe järw (Kirchbergsee), welcher auf solche
Weise sich da nieder Hess, wo eine Kirche stand, deren Glocke noch jetzt
sich hören lässt, wenn ein Unwetter eintreten wird.
Wenn der Wind beult, so sagt man, dass die Kinder des Windes
• • *
weinen, oder dass auf dem Meere ein grosses Schilf untergehe.
Das Schäumen des Bieres beim Gären kommt daher, weil Noah mit
dem Schaum eines Ebers zuerst das Bier zum Schäumen gebracht hat.
XVII. Abergläubische Vorstellungen von Andeu-
tungen dessen, was geschieht oder geschehen
wird (Omina, Orakel)1).
Gutes geträumt bedeutet im Allgemeinen Schlimmes und eben so um-
gekehrt. Wer im Traum gelacht bat, wird weinen. — Wenn man träumt,
dass Bienen um das Haus fliegen, so wird Feuer ausbrechen oder Schnee
fallen. — Träumt man von Mäusen, so werden bald Diebe kommen. —
1) Manches der Art findet sich auch noch in anderen Abschnitten , wo von
dem Gegenstande auf welchen sich das Omen bezieht, oder dem es entnommen
ist, insbesondere gehandelt wird (vgl. VIII, IX, X, XI, auch XVI).
— 460 —
Vom Wolf träumen bedeutet mit Deutschen zu tbun haben ; im Traum mit
Verstorbenen zusammen sein oder von ihnen hören bedeutet Veränderung
des Wetters; im Traume donnern hören bedeutet einen kaiserlichen Be-
fehl ; im Wasser sein oder damit zu thun haben droht Krankheit dem Träu-
menden selbst oder einem Anderen , von dem er dabei zugleich geträumt
hat. — Vogeleier im Traum gesehen bedeuten öffentlichen Streit, Tumult ;
Sturm, Regen, Schneegestöber bedeuten lügenhaftes Gerede oder grund-
lose Aufregung. — Wilde Thiere (Hasen, Eichhörnchen, Fuchse) im
Traume jagen oder fangen verspricht das Herauskommen eines Diebstahls.
— Wer einen Soldaten gesehen hat, wird im Jahre auf Wölfe stossen,
wer einen Wolf, der wird viel Getreidp haben. — Wenn ein Mädchen
einen Wolf ein Schaf weg bringen sieht, so wird es beirathen. — Geld
• empfangen bedeutet Husten, lange Reisen bedeuten Krankheit. — Der
Bau eines neuen Hauses, Wegräumen von Hausgeräthe, Fegen der Stube,
Einsturz von Häusern, das Fallen von Gegenständen deutet Sterben an in
dem Hause, von welchem man geträumt hat ; im Winter kündigt das Bauen
ein Nachlassen der Kälte und baldiges Eintreten von Thau weiter an. — Wer
im Traum Handschuhe findet, dem werden Lämmer geboren werden, wer
Handschuhe verliert, dem werden Schafe um kommen. — In die Badstube
gehen bedeutet krank werden, viele Fische fangen kaltes Wetter, ein ro-
tbes Pferd sehen eine Feuersbrunst. — Wer träumt, dass er im Walde
oder auf der Wiese ist, wird mit vielen Menschen zusammen kommen. —
Wer im Traume auf einem schwarzen Pferde geritten hat, wird viel Sor-
gen haben, «ben so wer zerrissene Stiefel an gehabt hat, wer aber neue
Stiefel bekommen hat, dem wird allerlei Neues zu fallen. — Hat man im
Traum ein Feuer aus gelöscht, so kommt Thauwetter. — Hat man ge-
träumt, dass Holz gehauen wurde, so wird Jemand sterben, und zwar eine
Mannsperson, wenn es Tannenholz, ein Frauenzimmer, wenn es Birken-
holz war. Eben so bedeutet es einen Todesfall , wenn man von Pflügen
oder Dängerfuhren geträumt hat. — Wer von Blut geträumt hat, wird mit
Verwandten zusammen kommen. — Wer im Traum eine Schlange ge-
sehen hat, dem werden Thiere geboren werden, wer eine Schlange er-
schlagen hat, dem werden Thiere sterben. Wer von einer zischenden
Schlange träumt , bat sich vor hinterlistigen Angriffen zu hüten. — Ster-
— 461 —
*
ben wird, wer im Traum einen verstorbenen Freund oder Verwandten,
oder den ein Anderer in weissen Kleidern gesehen hat, oder wer dem
Heiligenbilde Lichte angesteckt hat.
' Von dem Tode giebt es noch sonst eine Menge Andeutungen. Dahin
gebort das Picken der Todtenuhr, — wenn ein Kranker bald nach dem
für ihn gehaltenen Kirchengebet sich besser fühlt oder während des Gebe-
tes sehr ruhig liegt, — wenn, während der Pastor dem Kranken das
Abendmahl giebt, sein Pferd draussen den Kopf hängen lässt, oder wenn
dem Pastor bei seinem Fortgehen die Lichtflamme sich zuneigt, — wenn
Nachts in der Nähe des Hauses eine Eule schreit (nach Anderen kommt
dann ein Kind in's Haus), — wenn Einen der Kuckuck «betrügt» (s. XVI)
oder wenn er nahe bei dem Hause singt, — wenn das Brot im Ofen
platzt, — wenn die Nasenspitze juckt, — wenn noch nach Sonnenunter-
gang ein Huhn umher läuft und kakelt, — wenn ein Hund heult und da-
bei den Kopf neigt oder nach dem Gottesacker wendet, — wenn man in
der Nacht, besonders in der Neujahrsnacht Geräusch von Brettern hört.—
.Wenn ein Hahn einen Strohhalm oder Hobelspan nach sich schleppt, so
wird man von dem Tode eines Mannes, wenn eine Henne, von dem eines
Weibes hören. — Wenn man in der Nähe eines Baches oder Sees Wei-
nen zu hören glaubt, so wird dort bald Jemand ertrinken. — Wenn die
innere Handfläche rothe (flechtenartige) Flecke bekommt (15b röste), so
ist das eine Andeutung von dem Tode naher Angehörigen. — Wer sich
beim Einmachen des Kohls verwundet, wird sterben , ehe er davon geges-
sen. — Von welcher Seite man während des Glückgiessens am Sylvester-
abend (vgl. XI) Geräusch hört, von der wird man im Laufe des Jahres
eine Todesnachricht empfangen. — Wenn des Verstorbenen Wangen lange
weich bleibbn, so wird bald ein Verwandter von ihm sterben. — Wenn
die Dohlen aufs Land kommen, so bringen sieSterbeir. — Hört man in der
Nacht vor Weihnacht oder Neujahr ein Krachen, so «gräbt der Tod Grä-
ber», hört man Beilhiebe, so «bebaut er Sargbretter». — Löscht ein Licht
plötzlich aus, so wird derjenige sterben, welcher in der Nähe ist, eben
so, wenn anter dem Löffel ein Salzkorn geschmolzen ist. — -Sieht man
auf der Ascbe Menschenspuren, so wird Jemand im Hause sterben. —
Sieht Jemand in der Nacht vor Weihnacht durchs Fenster in eine Stube,
— 462 —
so erblickt er denjenigen ohne Kopf, welcher im bevorstehenden Jahre
sterben wird. — Am Hochzeittage zündet man für Braut und Bräutigam
zwei Lichte an; wessen Licht zuerst aus brennt, der wird zuerst sterben»
Wer von dem jungen Paare am ersten Abend zuerst ein schläft, wird vor
dem Anderen sterben (vgl. VIII). — Wenn einem Bräutigam anf dem
Wege zur Trauung am Geschirr etwas zerreisst oder zerbricht, so wird
die Braut bald sterben ; wenn der Braut etwas Besonderes begegnet, der
Trauring zu Boden fällt u. d. gl., so wird sie bald WiHwe werden. —
Wenn beim Einschieben des Brotes in den Ofen ein Pinger in's Brot fahrt,
so wird in dem Hause Jemand sterben, ehe das Gebäck verbraucht ist.—
«Sumu- od. surma-kindad» (Leichen- od. Todeshandschuh*) oder «kai-
mu-kindad» (Grabeshandschuhe), d. h. wenn von langer Geburtsarbeit
ein neugeborenes Kind bleiche, blutlose Hinde (oder Füsse) hat, sind ein
Vorzeichen seines baldigen Todes, und zwar wird es um so eher sterben,
je kurzer die Weisse ist. — Wenn ein Kuckuck auf einem Baum im Hofe
oder gar auf dem Dache singt und nach der Kirche zu fliegt, so wird ein
Mensch im Hause sterben, wenn nach dem Walde, so wird dem Vieh dort
ein Schade geschehen. — Wenn der Ofen pfeift/ so werden irgend wo
Vater und Mutter sterben und Waisen hinterlassen» — Wenn das Kinn
juckt, so wird ein bärtiger Mann sterben. — Wenn beim Nahen des Hem-
des für einen Todten der Faden sich verknotet, so wird es bald wieder
eine Leiche geben. — Wenn man einen zu Bett liegenden Kranken be-
sucht, und er auf der rechten Seite zuerst Hand oder Fuss bewegt, so
wird er leben bleiben, wenn auf der linken, so wird er von dieser Krank-
heit nicht mehr auf kommen. — Von dem Geschlecht der Person, welche
zuerst dem vom Gottesacker rückkehrenden Leichengefolge begegnet, wird
die nächst folgende Leiche sein. '
Manche andere Omina drohen, wenn auch nicht gerade oder' nicht
immer den Tod, so doch Unheil. Einige Tage sind vorzugsweise Unglücks-
tage. An diesen geborene Kinder werden unglücklich oder leben nicht
lange, Mädchen, welche sich verloben oder beirathen, haben eine unglück-
liche Ehe, leben in Uneinigkeit mit ihren Männern und haben keinen Se-
gen im Hause ; an diesen Tagen Erkrankte kommen schwerlich auf, Alles,
was man an ihnen unternimmt, misslingt, man darf nicht in eine neue
— 463 —
Wohnung ziehen, keine Reise unternehmen u. d. gl. Diese 45 Unglücks-
tage in jedem Jahre sind der 1., 2., 6., 11., 14., 18. Januar, 8., 16.,
17. Februar, 1., 3., 12., 16. Märt, 1., 3., 12., 16., 18. April, 8.,
40., 17., 30. Mai, 1., 7., 12., 13. Juni, 1., 5., 16. Juli, 1., 3., 17.,
18. August, 12., IS., 18., 30. September,. 12., IS., 17, Oclober,
11., 17. November, 1., 17., 18. December. Unter diesen sind drei, der
1 . April (wo Judas den Heiland verkaufte), der 1 . August (wo der Teufel
ms dem Himmel geworfen wurde) und der 1 . December (wo Sodom und
Gomorrha unter gingen), in besonderer Weise unglücklich, da verliert man
vor Gericht jede Sache, Gewachse, welche man pflanzt, geben aus, die
dann geborenen Kinder sterben eines schweren Todes. — Wenn es am
Laurentiustage (10. Aug.) trockenes Wetter ist, nach Anderen wenn es
regnet, so werden viele Feuersbrünste sein. — Wenn Schafe schwarze
Lämmer gebären , so bedeutet es Sorgen. — Sind Ameisen in ein Haus
gedrungen, so bringen sie Unglück, besonders Tod. — Wenn der Neun-
tödter lange nach einer Gegend, einem Hause bin siebt oder schreit, so
bedeutet es ein wichtiges, meist trauriges Ereigniss, wie Tod; eben so,
wenn man den Wiedehopf hört, so kommen schlechte Zeiten, oder Tod. —
Wenn im Frühjahr die Rohrdommel neun Mal ihren Ruf hören lässt, so
verkündet sie ein Hungerjahr. — Wenn ein Eichhörnchen zu einer Woh-
nung kommt, so droht es eine Feuersbrunst. — Wenn ein Hase oder
Eichhörnchen über den Weg läuft, oder ein (altes) Weib Einem begegnet,
so bedeutet es Unglück, ist aber der erste Begegnende ein Mann, beson-
ders ein Militair, so ist es ein gutes Omen für eine Reise. — Wenn' in
einem Hause ejn Pferd mit der Todtengrube crepirt, so werden ihm noch
zwölf folgen. — Wenn von dem Wagulasee bei Werro starke Winde, we-
hen, so werden in dem Jahre viel tolle Hunde sein. — Wenn Raben oder
Krähen über einen Hof fliegen und sich streiten, so bedeutet das Zank
unter den Eheleuten. — Wenn ein Rabe von Norden nach Süden fliegend
kommt und traurige, glucksende Töne (lonk, lohk) boren lässt; so bringt
er traurige Botschaft. — Fliegt ein Rabe über den Hof, so bedeutet es
Unheil , begegnet ein krächzender einem Reisenden , so muss dieser so-
gleich das Pferd um kehren uqd drei Mal aus spucken, dann kann er ohne
Furcht vor dem sonst drohenden Schaden seine Fahrt fortsetzen. — Wenn
— 464 —
eine Elster schreiend aber eine Herde fliegt, so ist der Wolf nicht weit,
schreit sie Vor der Thür, so kommt der Frohnvogt, am zur Arbeit zu trei-
ben. — Wenn ein Storch aber den Hof fliegt, so kommt Viehsterben. —
Wenn ein Hund in der Weihnachtsnacht heult, so wird er im nächsten
Jahre toll werden. — Wer im Versehen den Rock verkehrt anzieht, wird
Prügel bekommen, und wer am Montag Prägel bekommen hat, bekommt
die ganze Woche welche. — Wenn beim Nähen eines Kleides Zwirn
übrig bleibt, so wird der Eigentümer es nicht tragen, sei es nun dass er
selbst stirbt oder das Kleid gestohlen wird oder verbrennt.
Wenn hei der Abfahrt ein Pferd nickt, so ist es ein gutes Zeichen,
wenn es mistet, ein schlechtes. — Wenn eine Leiche fort gebracht wird,
und der Wind nach derselben Richtung weht, so geht das Gluck aus dem
Hause, ist er entgegen, so bleibt es (Andere meinen auoh* umgekehrt). —
Wenn das linke Auge juckt, so wird man an dem Tage weinen, wenn
das rechte, lachen; Andere meinen, dass das Jucken der Augen überhaupt
Weinen bedeute. — Wenn ein Kind bei der Taufe weint, so wird es ein
böser Mensch, wenn es still ist, ein guter. — Das so genannte Blähen
der Nagel bedeutet Reichthum, Neidnägel Armuth. — Sieht man im Früh-
jahr einen Mistkäfer zuerst briechend oder liegend, so wird man kränklich
oder ganz krank sein, sieht man ihn zuerst fliegend, so wird man den
ganzen Sommer hindurch frisch und gesund sein. — Wenn Einem auf der
Reise ein Rabe von links nach rechts über den Weg fliegt, so bedeutet es
Glück, wenn in umgekehrter Richtung, Unglück. — Wenn einem Aus-
gehenden zuerst eine Mannsperson begegnet, so wird ihm das Beabsich-
tigte gelingen, wenn aber ein Frauenzimmer, dann nicht. — Wenn die
Masern in einem Hause zuerst einen Knaben befallen, so werden sie gut-
artig sein , wenn ein Mädchen , bösartig. — Wem auf einem -Gange ein
Schwein begegnet, der wird Glück haben, wem ein Weib oder gar eine
alte Jungfer, Unglück, ausser wenn sie etwas unter dem Arme trägt. —
Wenn an einem ersten Feiertage zuerst ein Mann herein tritt, so bedeutet
es Glück, wenn ein Weib, Unglück. — Wenn nach dem Einlegen der
Hefe in die Maische starke Gährung eintritt, so bedeutet es Glück, wenn
schwache, Unglück. — Wenn Einer zum Fischfang oder zu einer Arbeit
geht und mit dem linken Fuss anstosst, so wird er kein Gluck haben.
— 465 —
Wenn während des Wegföhrens der Leiche das Wetter sich auf heitert,
so wird der Verstorbene selig. — Wenn man am Morgen das Hemd eines
kranken Kindes über dem Feuer schüttelt, und es raschelt, so wird es
gesund. — Wenn auf einer Besuchfahrt die Pferde unter Weges prusten,
so wird man willkommen sein. — Wenn eine Katze einen Strömling am
Kopfe zu fressen anfangt, so wird man viel Fische fangen.
Wenn beim Tuchwalken in das Tuch ein Knoten kommt, so werden
die walkenden Mädchen verheirathet werden. — Welches Mädchen bei
der Heuarbeit seinen Schwaden zuerst an den Schoberboden (kuhja lawa,
k. peza) treibt (kuhja lawa lahti nldab od. ajab), wird in diesem
Jahre zuerst verheirathet. — Wenn die Eberesche (Sorbus Aucuparia L.)
*
stark blüht, so wird es im Herbst viel Freier geben. — Wenn beim Korn-
schneiden die letzte Garbe von einem Mädchen gebunden wird , so wird
dieses heirathen. — Wenn die Lippe juckt, so wird man von Freien hören.
— Wenn im Herbst die hohen Birken früher ihre Blätter verlieren als
die Sumpfbirken, so werden im Winter darauf mehr Wirthstöchter als
Mägde verheirathet werden und umgekehrt. — Wenn die Lämmer, welche
geboren werden, bunt sind, so wird es viel Bräute geben. — Wenn in
der Nähe des Hauses der Uhu schreit oder eine Eule an's Fenster fliegt,
so ist eine Hochzeit zu erwarten oder die Geburt eines Kindes.
Wer einen Adler schreien hört, dessen Tochter wird ein Kind ge-
bären.
Wenn die Kniescheibe (nach Anderen die Nase) juckt, so wird man
von Kindbetterinnen boren.
Wenn die rechte Handfläche juckt, so wird man Geld bekommen,
wenn die linke, so wird man Geld aus geben (nach Anderen Schelte be-
kommen).
Wenn das Kreuz juckt (nach Anderen die Nase in der Querrichtung),
so wird es Kindtaufe geben.
Wenn der Mund prickelt, oder die Oberlippe juckt, so wird man Brot
geschenkt bekommen.
Wenn am' brennenden Lieht Fettspäne stehen bleiben, so wird der,
nach dessen Seite hin sie stehen, einen Brief bekommen.
Wenn ein Hund sich streckt in der Richtung nach einem Alten hin,
so
— 466 —
so wird dieser Branntwein bekommen , wenn nach einem Kinde hin , so
wird es die Ruthe bekommen. — Wenn ein Viehhund sich wälzt, so wird
der Wolf die Herde an fallen , wenn man nicht einen Stein auf die Stelle
legt. — Wenn an einem nebeligen Morgen der Hüter schläfrig wird, so
bedeutet diess, dass ein Wolf in der Nähe ist.
Ist eines Mannes erstes Taufkind ein Mädchen, so wird er ein glück-
licher Bräutigam sein , ist es aber ein Knabe , so kann er ein alter Jung-
gesell bleiben; eben so analog bei einem Mädchen.
Wenn ein Mädchen bei der Wäsche sich -vorn sehr nass gemacht bat,
so wird es einen Trinker zum Manne bekommen.
Wenn beim Zwirnen beide Garnknäule ungleich zu Ende gehen, und
der Zwirn doch zu dem Zwecke ausreicht , ab wird die Zwirnende in die-
sem Jahre das Haus verlassen, sei es durch Verheirathung oder durch Tod.
Ist der erste Schmetterling, den man im Frühling siebt, weiss, so
werden den Sommer über die Augen gesund sein, oder die Kühe werden
reichlich Milch geben, oder man wird ein ruhiges Leben haben; ist er
bunt, so bedeutet das kranke Augen oder ein buntes Leben; ist er gelb,
«
so wird die Butter schön gelb sein.
Wenn ein Ochs, mit welchem die Saat ein geeggt ist, beim Ausspan-
nen den Fuss oberhalb des Knies leckt, so wird das Getreide hoch wer-
den, wenn unterhalb, niedrig.
Wenn sich die Katze wäscht, so werden Gäste kommen. Will man
wissen, ob männliche oder weibliche, so nimmt man die Katze und schlägt
sie drei Mal gegen die Thürsch welle ; läuft sie nach dem Löslassen in die
Kammer, so kommt weiblicher Besuch, in die Stube, männlicher.
Wenn sich in einem Hause die Mäuse sehr vermehren, so wird dort
eine Veränderung geschehen durch Ausziehen, Sterben etc.
Wer im Frühjahr den Hänfling zuerst fliegend oder an einer hoben
Stelle erblickt, dessen Flachs wird lang wachsen, sieht man ihn zuerst
auf der Erde sitzen, so wird der Flachs kurz sein, sieht man ihn auf einem
Steine, so werden viel Schaben im Flachse sein, und siebt man ihn auf
einem Strohdache, so wird der Flachs fleckig.
Es giebt Omina nicht bloss für das Zukünftige , sondern auch für das
Gegenwärtige. Wem beim Durchgehen durch eine Thür ein Fuss hängen
— 467 —
bleibt, von dem wird dort im Hause viel Uebles geredet. — Wenn der
Wind heult, so geht eben ein grosses Schiff unter. — Das Schlucken be-
deutet, dass man irgend wo erwartet wird. — Wenn einem Weibe der
Gurt auf geht, so besucht der Mann ein anderes Weib. — Wenn das
Strumpfband auf gebt (nach Anderen wenn der Puss ein knickt) , so wird
Einem Uebles npch geredet, oder der Mann liebt ein anderes Weib. —
Wer mit der Handwage («Besmer») wägt, ohne dass diese zur Ruhe kom-
men will, der ist ein grosser Lugner. — Wenn man ohne Veranlassung
niest, so wird eben von Einem gesprochen; niest Einer in einem fremden
Hause, so wird er zu Hause erwartet ; wenn man etwas spricht oder denkt
und niest darnach, so ist es wahr. — - Wenn die Kohle an dem brennen-
den Kienspan sich spaltet und seitwärts auf rollt, so bat Einer der Anwe-
senden Sodbrennen. — Wenn bei einer Feuersbrunst der Himmel Hut-
roth ist, so ist es ein Zeichen, dass Thiere darin um gekommen sind;
zeigt sich ein rothes Kreuz (nach Anderen eine Säole), so ist ein Mensch
verbrannt. — Wenn Jemand etwas lobt, das einem Anderen gehört, so
ist es ein Zeichen, dass er neidisch ist, und gerade das Gegentheil wünscht.
— Wenn der Bauch juckt, so sind eben alte Weiber in der Badstube.
Omina entnimmt man auch nicht bloss von Ereignissen, sondern auch
von Beschaffenheiten. Ein neugeborenes Kind mit verwickelter Nabelschnur
wird gedeihen, eins mit glatter nicht; einem Knaben ist es nicht gut, wenn
die Nabelschnur um den Hals liegt, er wird dann Soldat werden oder deli-
riren, einem Mädchen aber wohl», denn es wird reich werden und silbernen
Halsschmuck tragen. — Will man wissen, ob eine Schwangere einen
Knaben oder ein Mädchen gebären wird, so lässt man durch ein altes Weib
Milch aus ihrer Brust satigen; ist diese Milch Mass und wässerig, so ist
es ein Knabe, ist sie dick, ein Mädchen. Oder bei der Schwangerschaft
mit einem Knaben ist der Hof um die Brustwarze dunkelblau , mit einem
Mädchen roth. — Eine Tochter, welche dem Vater, und ein Sohn , wel-
cher der Mutter gleicht, werden Glück haben. — Gewisse Linien in der
Hand lassen erkennen, dass Jemand verbrennen wird oder vom Blitz er-
schlagen werden. — Thiere haben bei der Geburt Zeichen an sich, woran
sich erkennen lässt , ob sie sich zum Aufziehen eignen , oder ob der Wolf
sie. rauben 'wird ; um das, was kräftig wächst, und um ein Fällen, das
30*
— 468 —
nach Sonnenuntergang noch am seine Matter springt, hat man Ursache be-
sorgt zu sein. — Ein Balken, welcher beim Fallen oder Behauen Fanken
giebt oder fiel knackt, eignet sich nicht zum Haasbau, er «zieht das Feuer
an». — Wer haarige Arme und Schienbeine hat, ist ein glücklicher Mann.
— Wer als Kind viel Läuse hat, wird ein reicher Mann. — Wer eine
grosse Gallenblase hat (Mensch od. Thier), ist zornig. — Wer viel Schleim
in der Nase hat, ist klug. — Wer undichte ZShne hat, ist freundlich (nach
Anderen ein tüchtiger Leser). — Wer grosse Ohren hat, ist freundlich
(oder klug). — Wer einen grossen Kopf und kleine Ffisse hat, wird reich.
— Wer Suturen an der Hirnschale hat, ist geschickt beim Lesen. — Wer
zwei Wirbel auf dem Kopf hat, ist geschickt im Reden und Processiren. —
Wer straffe Haare hat, ist bös. — Wer weiche Hände hat, ist gutmüthig.
Wenn die Hefen in die Wirze gelegt werden , und diese hoch gärt,
so deutet das auf eine glückliche Zeit, gärt sie unordentlich, so ist das
eine schlechte Vorbedeutung.
Absichtlich herbei geführte Omina (Orakel) giebt es und gab es ver-
schiedene. Wer im Frühjahr den Kuckuck zum ersten Male bort, fragt:
Kuckuck, wie viel Jahre habe ich noch zu leben? Und wie viel Mal als
Antwort .darauf der Kuckuck seinen Ruf boren lässt , auf so viel Jahre ist
zu rechnen.
Man wickelt für sich besonders in Lappen, so dass der Inhalt nicht
unterschieden werden kann, etwas Erde, eine kleine Puppe aus Lappen
und einen Ring. Greift nun Jemand nach der Erde, so wird er sterben,
nach der Puppe, so wird er ein Kind bekommen, nach dem Ringe, so
wird er heirathen.
Wenn unter Fischern einer einen Diebstahl begangen bat, so nimmt
der Bootsschiffer, nachdem Alle das Boot verlassen haben, von den wari-
kalad (den beim Aufnehmen des Netzeä von selbst heraus fallenden Fi-
schen), welche seinen Antheil bilden, und legt auf die immer unverändert
bleibenden Sitze der Fischer je einen Strömling; von wessen Platz nun
die Vögel den Fisch nicht weg bringen, sondern nur zerhacken, der ist der
Schuldige.
— 469 —
Wenn ein Kind erst ein oder zwei Jahre alt ist, so legt man ihm ver-
schiedene Dinge vor, und wornach es zuerst greift, daß bezeichnet sein
künftiges Geschäft. Nimmt es eine Schere, ein Buch etc. , so wird es ein
Schneider, ein Gelehrter etc.
Um zu wissen ob ein Kranker genesen wird («kas pörab wöj läheb
edasi»), giesst man rasch Wasser in ein Gefass; dreht es sich rechts, so
ist es ein gutes Zeichen, dreht es sich links, so wiederholt man den Ver-
such so lange, bis er günstig ausfallt. Dann wirft man noch neun glühende
Kohlen hinein; wenn alle oben schwimmen, so ist es ein gutes Zeichen,
je mehr unter sinken, desto bedenklicher ist die Krankheit.
Will man wissen, ob ein schwächliches Kindchen am Leben bleiben
wird, so zieht man es an einem Donnerstagabend bei Vollmondlicht von
Westen nach Osten durch ein Loch, welches vorher durch einen Eichen-
stamm gebohrt ist, und lasst beim letzten Mal die Kleider und etwas Queck-
silber darin und entfernt sich schnell ohne sich um zu sehen. Wenn der
Baum gut fort wächst, so bleibt auch das Kind am Leben, ist aber nach
einiger Zeit der Baum ab gestorben, so wird auch das Kind bald sterben;
im ersten Falle werden auch die zurück gelassenen Kleider so überwach-
sen, dass sie nicht mehr zu sehen. sind. '
Hat eine Kuh gekalbt, so kocht man die Milch und wirft eine glühende
Kohle hinein. Wenn diese erloschen ist, so wirft man sie über das Dach,
und wenn sie glücklich hinüber geht, so bleibt d^s Kalb am Leben, wenn
sie zurück fallt, nicht. — Will man wissen, welchen Geschlechtes das
nächste Kalb dieser Kuh sein wird, so melkt man beim ersten Melken drei
Mal durch einen silbernen Ring und wirft ihn in die zum Essen auf getra-
gene Milch. Wenn nun beim Essen der Milch eine Mannsperson den Ring
findet, so wird es ein Ochskalb sein, wenn ein Frauenzimmer, ein Kuh-
kalb.
Wenn man eine Stelle für ein neues Haus sucht, so füllt man in drei
Handschuhe Getreide, Erde und Kohlen, und schickt ein Kind ab um einen
davon herbei zu holen. Ist es der Kohlen enthaltende Handschuh, so baut
man nicht dahin, denn das Haus würde ab brennen. — Beim Bau eines
neuen Stalles stellt man auf die -erste Balkenschicht in der hinteren Ecke
das abgebrochene Hörn eines lebenden Thieres mit Wasser gelullt; wenn
i
— 470 —
in drei Tagen das Wasser nicht ans getrocknet ist, so ist die Stelle gut
gewählt, und das Vieh wird in 'dem Stalle gedeihen. — Man wirft auf die
Stelle einige Lappen, und findet man nachher schwarze Ameisen darauf,
so ist die Stelle gut, rothe bedeuten Untauglichkeit derselben; oder man
stellt dahin, wo man zu bauen gedenkt, einen neuen Eimer, und wenn sich
nach einiger Zeit Ameisen darunter finden, so ist die Stelle gut gewählt«
Wenn im Frühjahr das Vieh zum ersten Mal auf die Weide getrieben
wird, so wirft man ein Ei darüber, und wenn diess nicht zerbricht, so
freut man sich dessen als eines guten Zeichens.
Man reiht neun Strömlinge auf einen Messingdraht und hängt sie in's
Meer; wohin Wind und Wasser sie fuhren, nach der Seite hin ist es gut
s zu fischen.
Beim Werfen des Strohes an die Decke am Weihnachtsabend (vgl. XI)
denkt man sich auch allerlei Fragen, und wenn viele Strohhalme an der
Decke hängen bleiben, so ist das eine Bejahung. — In alter Zeit hatte
man für das Ja und Nein noch ein Paar andere Orakel. Man Hess ein
Pferd oder einen Ochsen über eine auf der Erde liegende Stange treten;
geschah diess mit dem rechten Fuss, so bedeutete «s «ja», mit dem
linken «nein». Oder man todtete einen Ochsen mit einem Schlage auf den
Kopf, und ob er rechts oder links hin nieder fiel, hatte dann dieselbe Be-
deutung.
Nach beendigtem Roggenschnitt werfen die Mädchen, in einer Reibe
stehend, singend1) ihre Sicheln über den Kopf hinter sich; wessen Sichel
am weitesten geflogen ist, die wird zuerst verheirathet werden. Oder es
nimmt ein Mädchen eine Portion Sicheln, geht damit auf einen ebenen
Platz und wirft Orakel für verschiedene Personen, nachdem sie die Sichel
singend hin und her geschwungen hat. Fährt die Sichel mit der Spitze in
die Erde, so wird die betreffende Person in diesem Jahre sterben, wessen
Sichel mit der Schneide nach aussen fallt, wird verheirathet werden, wes-
sen mit den Rücken nach aussen, bleibt in unveränderter Lebensstellung.
— Oder die Mädchen setzen sich für einige Minuten auf die auf dem
l) Vgl. Neus ebstn. Volksl. S. 74, 76.
— 471 —
Felde noch liegenden Garben und sehen dann nach, was sich darunter be-
findet, um daraus Schlüsse äfcf ihre Zukunft zu machen»
Wenn man von Hause abwesend ist und wissen will, was zu Hause
gekocht wird, so braucht man nur sein Messer mit der Spitze voran von
oben auf den Tisch fallen zu lassen; bleibt es gerade stehen, so ist es
Suppe, schief, so ist es Brei, haftet es gar nicht im Tisch, so wird nichts
gekocht.
Heirathslustige Frauenzimmer hängen in der Georgennacht ihr Hemd
an einen Zaun, und beobachten dann am anderen Morgen, wenn die Herde
aus getrieben wird, was für ein Thier das Hemd beschnüffelt. Ist es eine
Kuh, so bleibt die Besitzerin in diesem Jahre noch unverheirathet, ist es
ein Ochs, so bekommt sie einen Wittwer, ist es ein Bull, einen Jungge-
sellen. — Oder sie halten ein Marienkäferchen (Goccinella) auf dem Fin-
ger und sprechen: lepa-trlnu, lepa-trlnu, kust polt peig-mös tu-
leb? TalTina polt wöjTartu polt? (Marienkäferchen, Marienkäferchen,
von welcher Seite wird der 'Bräutigam kommen? von Reval oder von Dor-
pat her?); die Richtung des Fluges ist dann die Antwort. — Oder sie
sitzen in der Neujahrsnacht drei Stunden ohne sich um zu sehen vor einem
Spiegel, dann geht der Bräutigam im Spiegel vorüber. — Oder sie backen
am Weihnachtsabend ein Brot mit viel Salz, so dass sie in der Nacht dur-
stig werden, dann giebt ihnen der Bräutigam im Traum zu trinken.
XVIII. Verschiedene abergläubische Gebräuche
und abergläubische Vorstellungen von Ursachen
und Wirkungen.
Eine Frau darf sich nie auf einen Eimer setzen , sonst werden ihre
Kinder ertrinken. Ertrinken wird auch ein Kind, welches durch eine Sieiss-
geburt auf die Welt gekommen ist, wenn nicht die Hebamme einen Eimer
voll Wasser bringt und das Kind drei Mal unter dem Griff hindurch zieht.
Eine Andere muss dabei sprechen «upub ära» (es wird ertrinken), sie
aber muss antworten «laku perset, ei upu» (lecke den Hinteren, es
wird nicht ertrinken).
1
— 472 —
Wenn ein Mädchen geboren wird, so muss man es in ein Mannshemd
wickeln und durch eine Mannsbose ziehen, dfenn werden später die Min-
ner daran Gefallen finden, und es wird jung verheirathet werden.
Wenn man bei der Geburt eines Knaben die Nabelschnur mit einem
Beile durch haut, so wird ein starker Mann aus ihm.
Wenn man einen Knaben durch der Mutter Hemd zieht, so werden
später die Mädchen an ihm Gefallen finden und ihm nach laufen.
Einen Knaben darf man nicht in einen Weibergurt wickeln, sonst wird
er weibisch.
Wer von einem Besen die Ruthenspitzen ab schneidet, wird lispelnde
Kinder bekommen.
Den Stubenkehricht darf man nicht in den Ofen werfen, sonst bleibt
die Ehe kinderlos.
Ein Weib, welches hübsche Brote macht, bekommt auch hübsche
Kinder, und wer Kinder mit langen Haaren haben will, muss beim Ein-
teigen reichlich Mehl auf streuen.
Aus dem Brotsack darf man nicht Brot "Schneiden, sonst werden die
Söhne Kahlköpfe.
Wer den letzten Rest aus der Bierkanne trinkt, wird einen Sohn be-
kommen.
Wenn ein Kind getauft wird, so legt man bedruckte Blätter zwischen
die Windeln, dann wird es leicht lesen lernen.
Wenn ein Kind anhaltend schreit, so muss bei der Taufe etwas ver-
seben sein.
Ein kleines Mädchen, das sich bei der Taufe verunreinigt, wird eine
Hure werden, wenn nicht die Hebamme ihm drei Mal mit der Windel über
den Mund wischt.
Ist der Täufling aus der £irche zurück gebracht, so legt man ihn zu
der Mutter in's Bett, und diese legt die Ffisse darauf, dann wird^s ein
ruhiges Kind sein und nicht viel schreien.
Die Haare, mit welchen ein Kind geboren wird, ema-hyiksed (Mut-
terhaare) oder tite-higksed (Kleinkinderhaare), müssen sorgfältig weg
geschafft werden. Die Mutter milcht dazu auf diese Haare und wickelt
den Kopf in ein Tuch , dann fallen sie leicht aus. Unterlässt sie das , so
itfr
— 473 —
wird das Kind später den «bösen Blick» bekommen, and alles Böse wird
geschehen, was es Anderen wünscht.
So lange die Matter ihren Kirchgang nicht gehalten bat, darf sie keine
Schurze vorlegen, um nicht ihrem Kinde zu schaden.
Eine Wiege darf man nicht schaukeln, wenn das Kind nicht darin liegt,
sonst wird, dieses unruhig, oder (nach Anderen) ein Schwätzer und Lügner.
Wenn ein Kind zum ersten Mal in der Badstube gebadet wird, so
schiigt man ihm mit dem Badebesen auf den Mund, damit es nicht seine
Kleider zerreisst und einen breiten Mund bekommt.
Wenn man zum ersten Male Brei für ein Kind kocht, so muss der
Rührstock fönfastig sein, dann braucht es den «bösen Blick» nicht zu
furchten.
Wenn ein Kind die Gewohnheit an nimmt sich nass zu machen, so
schlagt man es mit dem Bügel des Wassereimers, dann lässt es davon ab.
>
Wenn mehrere Kinder in frühem Alter sterben, so nennt man die fol-
genden Adam und Ewa, dann bleiben diese am Leben.
Wenn ein Kind nicht zur gewöhnlichen Zeit an fangen will zu gehen,
so pflügt und eggt man an einem Donnerstag , lässt das Kind auf der so
bearbeiteten Stelle sitzen und säet dann Hanf darüber, wobei der Säende
spricht: kanep kazuma, laps laduma (der Hanf soll wachsen, das Kind
laufen).
Wenn ein Kind klein, schwach und kränklich ist,- lange nicht an fan-
gen will zu sprechen oder zu gehen, so ist es ein Wechselbalg; man kann
dann durch gewisse Proceduren den Teufel zu einem Rücktausch zwingen
(fgl. XV unter «Teufel»).
Ein Kind wird öfters drei Jahre gesäugt, wenn aber in diesen Termin
drei Gharfreitage fallen sollten, so muss es früher entwöhnt werden, sonst
wird es ein Zauberer (eine Hexe), und alles Böse, was es wünscht, ge-
schiebt.
In den ersten Jahren darf ein Kind nicht bei seinem Namen, sondern
nur titt od. laps (Kind) genannt werden, und wenn es zur Taufe gebracht
wird, so raunt man den Namen nur in's Ohr. Ebenfalls in den ersten Jah-
ren bekommt es nur Kleider aus altem , getragenem Stoff, damit es nicht
später im Leben zu viel Kleider verbraucht.
— 474 —
Kinder bekommen gute, starke Zähne, wenn sie die ausfallenden
Milchzähne auf den Ofen werfen und sprechen: kifk, anna malle raad-
hammas, mina anan solle lü-hammas (Heimchen, gieb mir einen ei-
sernen Zahn, ich gebe, dir einen knöchernen Zahn).
Wenn ein Kind zum ersten Male die Kirche besucht, so muss es Geld
in den Klingbeutel legen und von dem Küster mit diesem Beutel drei Mal
um den Kopf geschlagen werden, dann wird es gut in der Schule lernen
und klug werden.
Wenn man Kinder mit einem mehligen Sacke um den Kopf schlägt,
so bleiben sie dumm und unbehulflich ; «jahu-pea» (Mehlkopf) bedeutet
einen Dummkopf.
Kinder darf man nicht auf einem bohlen Schlüssel blasen lassen, sonst
werden sie Lügner.
Uneheliche Kinder haben im Leben mehr Glück und Klugheit als in
der Ehe geborene.
Welches Mädchen von den Gonfirmandinnen vor den anderen an den
Altar tritt, wird auch vor den anderen verheirathet .werden.
Wenn ein Mädchen die Stricknadel nicht ausstrickt, so kehren die
Freier wieder um.
Wenn es nicht fleissig den brennenden Kienspan schnauzt,, so bekommt
es einen langnasigen Bräutigam.
Wenn es Asa foetida unter seiner Brustspange trägt, so bekommt es
bald einen Mann.
Wenn ein Gast nicht den Sitz, bevor er sich niedersetzt, anders wo-
hin stellt, oder wenn er nicht die Handschuhe unter sich legt, so werden
die Mädchen im Hause nicht verheirathet.
Wenn ein Mädchen nicht rasch ist beim Abwischen des Esstisches, so
werden keine Freier kommen.
Wer am Trauungstage vor der Trauung Einen grüsst, bekommt einen
bösen Mann.
Wenn eine Braut in das Haus des Bräutigams Strick- oder Nähnadeln
mit sich nimmt, so wird dort mit Worten auf sie gestichelt werden.
— 47S —
Als man noch die Braute raubte, so geschah diess, wenn die Mädchen
nackt aus der Badstube kamen; es wurde ihnen dann sogleich das Hafcr
ab geschnitten, worauf sie nicht mehr zurück kehren konnten.
Um langes Haar zu bekommen, lassen die Mädchen ihr Haar von
einem Junggesellen , der selbst gutes Haar haben muss , bei neuem Licht
beschneiden und gehen gleich darauf einen Pferdeschweif besehen.
Mädchen, welche hochbusig werden wollen, müssen das erste und
letzte Stack von einem Brotlaib essen.
Wenn die Frauen im Dorfe von einem Mädchen meinen, dass es nicht
züchtig lebe, aber doch keine Folgen davon sichtbar sind, so nimmt eine,
die selbst schwanger ist, den Gürtel ab und schlagt damit drei Mal die
Verdächtige, ohne dass diese es merkt (hinterrücks oder im Schlaf), dann
wird eine geheim gehaltene Schwangerschall sogleich offenbar.
Erbsen oder Bohnen , welche beim Säen auf der Oberfläche der Erde
geblieben sind, darf man nicht essen, sonst werden die Zähne schmerzen
und verderben.
• Ausschläge entstehen bei Männern, wenn sie mit Weibern baden,
welche ihre monatliche Reinigung haben, auch wenn man eine solche
Weibsperson berührt, oder ihre Kleider trägt, oder das Blut erblickt; man
verbrennt daher auch wohl die Kleider solcher Kranken. Das Wasser, wo-
mit die so entstandenen Ausschläge gewaschen sind, muss von dem Weibe
getrunken werden, dann wird die angesteckte Person wieder gesund.
Wenn Jemand sich nach einem Anderen in der Badstube quästet und
meint, dass dieser krätzig sei oder sonst eine ansteckende Krankheit habe,
so muss er, um gegen die Ansteckung gesichert zu sein, drei Mal mit den
Fingerspitzen etwas Salz auf den «keres* (die Steine auf der Ofendecke)
werfen.
Die Ruthen zu einem Badebesen darf man nicht von einer Birke
schneiden, auf welcher Ameisen sich nieder gelassen haben, oder von
einer Sumpfbirke ; quästet man sich mit einem solchen , so bekommt man
die Krätze.
Wenn man mit einer Krankheit, namentlich mit einem Ausschlage
— 476 —
behaftet zur Communion oder zur Trauung geht, behält man sie auf Le-
benszeit.
Wenn man eine Schwangere mit Hasenfleisch wirft, so wird das von
ihr geborene Kind eine Hasenscharte haben.
Ein schon gar gewordenes Brot darf man nicht an schneiden, so lange
noch nicht alle Brote aus dem Ofen genommen sind, sonst bekommt die,
welche den Teig geknetet hat, kranke Hinde.
Zum Trocknen aufgehängtes Kinderzeug darf man nicht von der
Abendröthe bescheinen lassen, sonst bekommt das Kind den Durchfall
(grünen Stuhlgang).
Wenn das Wasser zum Baden eines Kindes kocht, so bekomipt es
nach dem Baden Blasen am Leibe.
Wer in's Feuer spuckt, bekommt Blasen an die Zunge.
Wenn ein Insect von einem todten Krebs frissl und darauf einen Men-
schen sticht, so bekommt dieser den Krebs (die Krankheit).
Einen alten Baum darf man nicht ab hauen oder seit langer Zeit ru-
hendes Land auf pflügen, sonst wird man kränklich.
Kinder und schwächliche 'Personen dürfen nicht am Fussende einer
Leiche stehen, so dass die Augen der Leiche auf sie gerichtet sind, sonst
werden sie kränklich und sterben bald.
Während einer Krankheit darf man nicht die Wäsche wechseln oder
sich waschen, sonst erneut sich auch die Krankheit wieder.
Wer ein Waisenkind schlägt, dem verkrüppelt die Hand.
Das Einrenken verrenkter Glieder geschieht am besten durch Einen,
welcher seiner Eltern jüngster Sohn ist.
Wer aus einer Quelle Wasser nimmt, das ihn von einer Krankheit
heilen soll, muss dafür wieder etwas hinein werfen, sonst ist das Wasser
unwirksam.
Wer einen Scheuerlappen aus dem Scheuergefäss stiehlt, dem hilft,
wenn er später krank wird, keine Medicin.
Ein Schlangenbiss wird unheilbar, wenn der Gebissene sich auf einen
Stein setzt oder in ein Haus mit einer Feuerstelle geht.
— 477. — '
Wenn die Ernte beginnt, so muss man die erste Garbe quer über ein
Feldbeet legen und längs des Beetes einen Purzelbaum darüber sehlagen,
dann bleiben die Hüften gesund.
Wer vor Leichen Seheu hat, muss drei Mal an einer Leiche die grosse
Zehe des linken Pusses bewegen, dann verliert er diese Scheu.
Wer beim Tanzen eine Tänzerin so schiebt, dass sie rückwärts gehen
muss, der macht, dass ihre Mutter sterben wird.
Wer zum Scherz auf zwei Stocke gestutzt oder auf allen Vieren geht,
verschuldet damit den bald erfolgenden Tod seiner Eltern.
Wer die Feldraine und Wege zu schmal ab pflügt , der wird einen
schweren Tod und lange Agonie haben; eben so ein Brunnenfinder oder
ein Zauberer, wenn sie nicht vorher ihre Kunst einem Anderem gelehrt
haben.
Wenn Kinder ungetauft sterben, so kommen sie an einen* nebeligen
Ort und haben es schlechter als die getauften.
Der Verstorbene hat es weniger gut und im Grabe keine Ruhe , so
lange nicht für ihn das Dankgebet in der Kirche gehalten und die Kirchen-
bettler beschenkt sind.
Wer es auf Erden schlecht gehabt hat , wird es dafür nach dem Tode
besser haben. *
Einem Gestorbenen darf man nichts mit geben , was ein Anderer ge-
lragen hat, sonst wird dieser bald nachher sterben.
In die Kleider einer Leiche darf man keinen Knoten machen, das
wurde bei der Auferstehung hinderlich sein.
Wessen Thranen auf einen Gestorbenen fallen , der zieht sich dadurch
Unheil zu.
Ehegatten gehen nicht einander beerdigen, und einem Kinde folgen
nur beide Eltern gemeinschaftlich, sonst müsste der Nachfolgende selbst
auch bald sterben.
Wenn einer Leiche der Mund schäumt, so ist das daher, weil der
Verstorbene Seife gestohlen hat, und wer den Deckel der Bierkanne nicht
zu zu machen pflegt, dessen Zähne bleiben sichtbar, wenn er Leiche ist.
— 478 —
Abgeschnittene Haare muss man bewahren und dem Gestorbenen mit
in den Sarg legen, damit er bei der Auferstehung Alles beisammen hat.
Nach dem Genüsse des Abendmahls wird der Kranke bald entweder
sterben oder sich bessern.
An dem Kreuze auf einem Grabe darf das Kreuzholz nicht mit einem
Nagel befestigt werden, denn dieser wurde den Kopf des Gestorbenen tref-
fen und ihm grossen Schmerz verursachen ; unten in den Fuss des Kreuzes
aber muss ein grosser Nagel geschlagen sein, damit der Gestorbene sich
daran fest halten kann, wenn ihn der Teufel in die Holle schleppen will.
Wer Blutklöse (oder überhaupt Blut isst) , in den kommt die Seele des
geschlachteten Thieres, von welchem das Blut genommen ist. r
Schlachten darf man nicht bei Nord- oder Ostwind, sonst geht das
Fleisch beim Kochen zu sehr zusammen. — Wenn man vor dem Schlach-
ten das Thier drei Mal in der Richtung des Sonnenlaufs um kehrt, und
wenn während des Schlacbtens der Kopf nach Westen oder Süden gerichtet
ist, so wird das Fell gut sein, und das Fleisch sich weich kochen lassen.
Wenn der Erbe zur Beerdigung des Gestorbenen Tbiere zu schlachten
hat und es unterlässt, so gedeihen diese nicht.
Wenn man Thiere weg giebt zum Aufziehen, so muss die Zahl der-
selben unpaarig %sein, sonst verliert man selbst das Glück mit seinen Haus-
thieren.
Wer aus der Nachbarschaft sich einen Hund mit nimmt, muss ein Stof
Salz dafür zurück lassen, wer eine Katze, eine Nadel, wer ein Ferkel,
ein Stück Brot, dann gedeihen die mitgenommenen Thiere gut.
Wer für sein Pferd eine neue Peitsche macht, muss damit den Ofen
schlagen und dabei sprechen «hobune kui ahi, plts kui raud» (das
Pferd wie der Ofen , die Peitsche wie Eisen) , dann werden beide tüchtig.
Wenn man beim Kaufe eines Pferdes (auch eines anderen Hausthieres)
sich alle Fehler desselben sagen lässt, so lässt es davon ab.
Ein Pferd darf nicht aus einem Kessel getränkt werden, sonst wird
es beim Fahren bald nass.
Um Pferde kräftig zu machen, wischt man sie mit einem Besen ab
— 479 —
*
und räuchert sie mit in einem streifigen Unterrock (sölik) verbrannten
Splittern aus einem Pfluge , einem Wagen , einem Krummholz und einer
Egge — drei von jeder Art.
Man siebt den Pferden Asche auf den Rucken , damit sie das Haaren
schnell überstehen und wieder ein gutes Ansehen bekommen zum Ver-
handeln.
Wenn man ein Pferd (auch sonst ein Thier) kauft, so muss man aus
dem fremden Hofe einen Stock oder sonst etwas mit nehmen , sonst ver-
langt es immer wieder dahin zurück ; man zeichnet auch dem Pferde einen
Drudenfuss unter den Huf.
Wenn man mit einem Pferde eine weite Reise vor hat, so fasst man
es um den Hals und betet ein Vaterunser, dann wird die Reise glücklich
von Statten gehen.
Wenn man von einem ganzen Laib Brot ein Stück nicht ab schneidet,
sondern ab bricht, so macht man, dass dem Pferde der «köhr» (der Hök-
ker auf dem Rücken, wo der Hals an fangt) bricht, von einem schon ab-
geschnittenen Stücke aber darf man unbedenklich etwas ab brechen. Das-
selbe widerfahrt dem Pferde, wenn ein Weib über die Deichsel geht, da-
her bindet man auf Jahrmärkten, wo ein Menschengedränge ist, die Deich-
sel in die Höhe, um dieser Gefahr zu entgehen. Manche dulden es über-
haupt nicht, dass ein Weib über irgend ein Stück des Pferdegeschirres
tritt, damit das Thier nicht Schaden leide.
Ein Füllen muss gleich nach der Geburt durch ein Kümmel getrieben
♦
werden, dann kann ihm später der Wolf nicht schaden.
Wenn der Schweif eines Pferdes auf gebuqden ist, so gewinnt man
auf je neun Schritte immer einen.
. Wenn man ein Thier mit einer Ruthe schlägt, deren Zweige von oben
nach unten ab gestreift oder ab geschnitten sind, so bekommt es Blut-
harnen.
Wenn man im Winter das Vieh tränkt, so legt man eine Zange in
das TrinkgefSss, damit die Thiere stark werden.
Wenn man im Frühjahr einer Kuh einen gelben Schmetterling ein
giebt, so wird die Butter schön gelb sein.
Der Hüter darf, besonders beim ersten . Austreiben des Viehes im
— 480 —
Frühjahr , seinen Stock nicht verlieren , damit sich nicht Thiere von der
Herde verlieren; er darf auch keinen Zweig ab brechen, sonst beschädigen
die Thiere ihre Hufe. Man vgl. noch wegen vieler Dinge, die beim ersten
Aastreiben beobachtet werden, XI unter 23. April.
Wenn ein Fink unter einer Kuh hindurch fliegt, oder wenn man ein
Finken- oder Schwalbennest zerstört, so wird die Milch blutig.
Wenn man die erste frische Milch nach dem Kalben kochen will, so
legt man unter den Kessel, bevor man die Milch hinein giesst, einen sil-
bernen Ring und eine kleine Schale , damit der Kuh Euter gesund bleibt
und die Milch nicht schlecht wird.
Wenn beim Kochen die Milch in's Feuer über kocht, so werden die
Zitzen der Kuh krank.
Wenn man Jemandem Milch zu trinken giebt, und der Empfänger,
Uebles denkend , darauf blast , so wird die Milch reckig und es kommen
kleine Wärmer hinein; dasselbe geschieht auch, wenn die Kuh selbst ihre
Milch im Melkeimer beschnuppert.
Wenn jnan einen Frosch auf dem Trockenen sieht , so muss ein An-
derer ihn in's Wasser tragen, das vermehrt dftn Kuben die Milch.
Wenn eine Kuh trächtig wird, so suchen die Weiber die Milch zu be-
kommen, um ihre eigene Milch zu vermehren.
Wenn eine Kuh zum ersten Mal trächtig wird , . so muss ihre Herrin
die Haube verkehrt auf setzen, dann wird sie viel Milch haben.
Neugeborenen Kälbern muss 'man den Mund mit Fett verschmieren,
dann verschmähen sie, wenn sie gross geworden sind, keinerlei Futter.
Einem Kalbe darf man nicht Brot über die Thür reichen , es wurde
dann nicht gedeihen, man darf ihm auch nicht Stroh unter legen, worauf
ein Mensch geschlafen hat, sonst wird es lausig.
Abends darf kein neues Brot an geschnitten werden, damit nicht die
Kühe in der Nacht kalben; wenn daher eine achtsame Wirthin berechnet,
dass es nöthig werden konnte, so schneidet sie schon am Mittag ein Stuck
davon ab.
Wenn im Herbst zum ersten Mal irisches Fleisch gekocht wird, so
muss man von dem Blutschaum drei Mal etwas ab schöpfen und in's Fever
giessen, dann ist das Vieh gegen allerlei Schaden geschützt.
— 481 —
Hat ein Stück der Herde sich im Walde verlaufen, so muss man von
aussen ein Beil stark in die Wand schlagen , und Niemand darf es heraus
ziehen, bis das Tbier gefunden ist; damit verstopft man dem Wolfe das
Maul, dass er es nicht zerreissen kann.
Man darf kein Thier der Herde mit einer gedrehten Ruthe schlagen,
sonst verkümmert es, auch keine Kuh mit einer Peitsche, sonst verwirft
sie ihr Junges.
Beim Viehkauf wird das gekaufte Stuck drei Mal um ein Waschholz
geführt, dann lässt man aus dem Schwanzende etwas Blut auf die linke
Hand Messen und streicht mit dieser über das Kreuz des Thieres, dann
verlangt es nicht mehr zu seinem früheren Eigentümer zurück.
Wer zum ersten Mal seine Schafe auf die Weide treibt, lässt sie Was-
ser trinken, in welches ein Stück Silbergeld gelegt ist, und meint, dass
dann kein Unglück sie trifft. — Man kerbt ihnen auch das rechte Ohr,
oder legt ein scharfes Werkzeug vor die Stallthür, um sie gegen Wölfe
zu sichern. — Wer dem Schäfer am Abend gut zu trinken giebt, dessen
Schafe sollen ebenfalls gut gedeihen.
Wenn man läufische Schafe mit der Hand über den Rücken bis zum
Steiss streichelt, so werden sie zwei Lämmer haben, wenn bis über den
Schwanz, drei.
Wenn eine Neuvermählte bei der Ankunft in ihr Haus ein Paar Hand-
schuhe auf die Umzäunung im Schafstalle legt, so werden die Schafe gut
fressen und gedeihen.
Man darf nicht mit einem wollenen Zeug den Tisch ab wischen oder
den Wollkorb mit dem Pusse stossen, sonst verstosst das Schaf sein Lamm.
Ist es dennoch geschehen, so gehtjiie Hausfrau in den Stall, wartet dort,
bis ein Fremder vorüber geht, grüsst ihn ungesehen und ruft ihm zu: «ich
habe selbst ein Schaf, das sein Junges ryerstössU. Dann nimmt das Schaf
sein Lamm wieder an.
Wenn der, welcher eine Sau zum Eber bringt, im Sack ein in Matten
gewickeltes Beil mit hat, so werden alle Ferkel männlich sein.
Ein Ferkel muss man drei Mal auf den Ofenrand heben, dann wird
es gross.
31
— 482 —
Wenn man neugeborene Ferkel durch eine Hose zieht, so wird ihnen
der «böse Blick» nicht schaden.
Schweinen darf man nicht Stroh unter breiten , worauf ein Mensch
geschlafen hat, sonst verschlafen sie ihre Ferkel.
Kopfbürste und Kamm darf man nicht auf dem Tische liegen lassen,
sonst richten die Schweine im Sommer Schaden an, und wenn man sich,
dem Sonnenlaufe folgend, den Kopf burstet, so werden die Ferkel blind.
Wenn der Schweinehüter mit dem Schöpflöffel (kulp) isst, so gehen
seine Schweine in den Roggen.
Hunden muss man ihr Futter mit einem Stöckchen zurecht machen,
nicht mit der Hand wie den Schweinen, sonst werden sie faul und un-
ordentlich.
Wenn man einen in's Haus gebrachten jungen Hund von einem Beile
lecken lässt, so wird er böse; dasselbe geschieht auch, wenn man einem
Hunde mit der Messerspitze Brot reicht.
Hundejungen zieht man, so lange sie noch blind sind, durch eine Rad-
nabe, dann werden sie gross.
Wenn ein Hund ein Stück Fleisch fr isst, das einem Raben aus dem
Schnabel gefallen ist, oder ein «pilwe-tükk» (Wolkenstück, d. h. Gallert-
pilz, Nosloc), so wird er toll.'
Wenn in einem Hause eine Katze Junge bat, so darf man nicht einem
Nachbar Feuer aus dem Hause geben, sonst bleiben die Kätzchen blind.
Wenn ein Huhn nicht anfangen will Eier zu legen, so treibt man Hahn
und Huhn durch die Hose eines Wittwers.
Wenn man junge Hühnchen drei Mal durch eine Radnabe geben lässt,
so wird keines von ihnen verunglücken.
Zum Brüten setzt man Hühner am besten dann , wenn das Vieh von
der Weide nach Hause gekommen ist.
Einen vertragenen Bastelschah darf man nicht durch das Fenster oder
unter die Dachtraufe werfen, sonst wird der Habicht die Hühner rauben.
Um sie gegen den Habicht zu sichern, muss man die Hühnchen in ein
Sieb legen und sie mit dem darunter verbrannten Neste beräucbern.
Wer die Heimchen im Hause vertilgen will, muss an einem Donners-
tagabend eine fangen, in ein Läppchen gewickelt zwischen zwei Sandalen
483
legen, so dass die vom rechten Fuss unten und vom linken oben ist, diese
fest zusammen binden , mit dem Hackenende voran auf einen Kreuzweg
tragen und dort bei Gesang eines Begräbnissliedes verscharren. — Andere
nehmen auch moderndes Gebein von drei Pferden, Sumpfpost und Ebereschen-
holz, und machen damit, indem sie Alles zusammen im Ofen verbrennen,
einen tüchtigen Rauch.
. Während des Säens muss Jeder sich stillschweigend verhalten, sonst
hören es die Vögel und fressen das Gesäete weg. Sonst noch ist beim
Säen Vieles zu beobachten, damit das Gesäete gut wächst und gute Ernte
giebt. In den Samensack legt man Salz, damit nicht der Böse hinein
kriecht und das Keimen stört. — Man hält auch in demselben oder in dem
Samengefasse Eisen, Stahl oder Silber, um das Feld gegen Würmer und
anderen Schaden zu bewahren ; auch darf man beide nicht in ein Gebäude
mit einer Feuerstelle bringen. — ' Ist der Sack mit dem Saatkorn auf das
Feld gebracht, so legt man ein Stück Rasen darauf gegen das Unkraut. —
Der Säemann muss einen silbernen Ring am Finger und ein Beil im Gür-
tel haben und drei Mal mit der linken Hand werfen. — Ein probates Mit-
tel zur Erlangung einer guten Ernte soll auch diess sein: man legt'in ein
Gefass etwas Saatkorn, Salz, Erde und Wasser, betet darüber drei Vater-
unser in einem Athem und so, dass der Athem darüber bin geht, und diess
mischt man dann unter den Samen.
Beim Hanfsäen muss man, damit die Thiere nicht Schaden darin an-
richten, zuerst drei Handvoll seitwärts werfen als «ka&i jagu, kana jagu
und roti jagu» (Antheil der Katze, der Henne, der Ratte); der Säende
bindet sich den Sack mit dem Samen an's Bein und spricht im Gehen;
höppa kotti, karga wakka (hüpfe Sack, od. in den Sack, springe Schef-
fel, od. in den Scheffel). — Man darf, wenn man zum Hanfsäen fahrt, das
Pferd nicht zurück ziehen, sonst vertrocknet der Hanf.
Eben so muss man auch beim Flachs- oder Gerstesäen drei Handvoll
über die linke Schulter werfen und sprechen: tudrad metsa ja linad,
od. odrad, pöllule (das Unkraut in den Wald und der Flachs, od. die
Gerste, auf's Feld). — Wenn man den Flachs in der Nacht ganz nackt
31*
» -»
— 484 —
säet, so wird er gut geraden, wenn aber die Frau, während der Mann
säet, zu Hause wäscht, so Wird der Flachs missrathen. — Den Flachs
darf man nicht säen mit der Pfeife im Munde, sonst wird er schwarzfleckig
(törwa-plekiline). — Es ist gut ihn zu säen, wenn am Himmel Wolken-
streifen sind, oder an einem Wochentage, wo es im Herbst geglatteist bat.
Gerste dagegen muss an einem Wochentage gesäet werden, wo im
Herbst starker Reif gewesen ist, und wenn man zur Zeit der Gerstensaat
einen Scbweineschwanz isst, so wird sie hoch wachsen.
Erbsen wachsen gut, wenn man beim Säen die ersten davon gegen
Norden wirft.
Ist von einem Felde gestohlen, so ist es «rikutud» (verdorben), d. h.
unfruchtbar geworden. Um es wieder fruchtbar zu machen, muss der Ei-
gentümer das in der Weihnächte- oder Neujahren acht auf den Boden ge-
breitet gewesene Stroh (s. XI) auf dem Felde verbrennen oder dieses ganz
nackt mit umgekehrter Egge und rückwärts gebend eggen.
In älterer Zeit wurde , wenn nach der Saat längere Zeit der Regen
aus blieb, Geld und Getreide collectirt, ein Fass Bier dafür gekauft, dieses
aufs Feld geführt und unter Beten und Singen aus getrunken; etwas da*
von wurde in die Hohe geworfen , damit so , wie diess zurück fiel , auch
der Regen kommen mochte.
Auf einem besäeten Felde darf man nicht essen oder mit blossen
Füssen geben, um nicht die Ernte zu schädigen.
Gott lässt das Getreide jetzt nicht mehr so gut wachsen wie in frühe-
ren Zeiten, weil man jetzt Alles aberntet und nicht, wie sonst, für die Vo-
gel und für die Armen etwas stehen lässt.
Wenn die Saat vom Wurm beschädigt ist, so muss man die beschä-
digte Stelle mit eingeschlagenen Pflöcken eingränzen , oder sie wird um-
gangen von einem Manne, welcher das von der Menstruation befleckte
Kleid eines Weibes trägt oder welcher einmal von einer Schlange ist ge-
bissen worden, oder man macht von dem schwarzen Rock eines lüderlichen
Weibes einen Lockvogel, wie ihn die Jäger bei der Birkhühnerjagd ge-
brauchen , darauf sollen dann die Birkhühner kommen und das Ungeziefer
▼erzehren.
— 485 —
Ist das Roggengras im Frühling von Schnee entblösst, so darf man
Abends kein Feuer auf machen, sonst verdirbt der Roggen.
Soll der Roggen geerntet werden, so muss man in's Kreuz harnen,
dann geht die Ernte gut von Statten. — Noch sonst werden manche Ge-
bräuche beobachtet in der dunkelen Vorstellung, dass dann die Ernte gut
aus fallen, und das Geerntete aus reichen werde. Bei der Roggenerate
geht der Hausvater zuerst aufs Feld, schneidet drei Halme ab, legt sie
um seine Hafte und spricht dann , mit der Sichel drei "Mal auf den Boden
schlagend : selg nl pehmeks kui köht (der Rücken so weich wie der
Bauch). Nachdem er diess drei Mal gethan, so dass es Niemand sieht oder
hört, schneidet er eine Garbe, bindet sie und bringt sie «pafsile» (auf
die Stangen an der Decke). Diese Garbe, rehe-papp (Riegenaufseher) ge-
nannt, bleibt dort so lange, bis aller Roggen gedroschen ist. — Anders
wo schneidet vor allen Anderen erst der Hausvater neun Garben, jede zu
neun Handvoll, welche zu einem besonderen kleinen Schober zusammen
gestellt werden. Nachdem alles Andere gedroschen ist, werden auch diese
neun Garben gedroschen. Das Getreide wird sogleich an demselben Tage
gewindigt und zur Mühle gebracht. Wird das Mehl von der Mühle ab ge-
holt, so naht der Hausvater den Sack zu und bewahrt ihn. Aus diesem
Mehle werden dann die Weihnacbtsbrote gebacken (vgl. XI).
Die erste geschnittene Garbe darf nicht los liegen bleiben, sondern
muss sogleich gebunden werden, damit nicht den Schneidenden der Rücken
schmerzt.
Auf die Stelle , wo ein Schober errichtet werden soll , muss man vor-
her harnen, dann thun die MObse dem Getreide keinen Schaden.
Wenn das Saatkorn zum Darren und Dreschen auf gesteckt ist, so
hängt man eine Distel aussen an die Scheunenthür, dann soll das Getreide
von dieser Saat eben so stark wachsen wie die Disteln. In der Dresch-
scheune (Riege) selbst darf in dieser Zeit nicht gegessen werden , sonst
frisst der Wurm nachher das Gesaete.
Wenn Flachs nach einem Walde zu gerauft wird , so wird er schlecht
und fault«
Zur Zeit des Heuaufnehmens, wo trockene Witterung nöthig ist, darf
man einen Rechen nicht auf dem Rücken liegen lassen mit den Zähnen
ä
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nach oben, denn so bittet er den Himmel um Regen, welcher aoch nicht
aus bleiben würde.
Die Spitze eines Heuschobers darf man nicht nach Hause bringen,
sonst würde Heumangel kommen.
Wer im Sommer auf Feld oder Wiese arbeitet, muss den Brotsack
offen halten , dann geht die Arbeit besser von Statten.
Wer Kohl pflanzt , darf auf den Gruss oder sonstige Rede eines Vor*
übergehenden nichts erwiedern, sonst fressen die Raupen den Kohl.
Wer Bohnen säet, muss ein Stück Eisen auf der Brust tragen, dann
schadet der Rost ihnen nicht.
• Wenn man Erbsen säen will, so muss man den Sack, der sie enthält,
drei Mal über den Kopf werfen , dann werden sie gute volle Schoten tra-
gen. — Erbsen darf man nicht zwischen den Stangen hindurch ab pflük-
ken, sonst kommen «naelad» (Nägel), d. h. harte Körner, hinein.
Von dreier Herren Land gestohlene Pflanzen gedeihen gut. *
Wenn es hagelt, so muss man Brotschaufel, Ofenbesen und Ofenkrücke
hinaus bringen und auf die Nordseite des Daches- oder auf einen Zaun le-
gen, oder einen eisernen Kochtopf umgekehrt auf den Rasen hinaus stellen,
dann zieht der Hagel weiter ohne grossen Schaden an zu richten.
Wenn man einen Zaun macht , so darf man nicht versäumen die Bin-
deruthen glatt ab zu hauen, sonst verbirgt sich der BSse darunter, oder es
kommen starke Gewitter.
Zaunstangen darf man nicht an nur einer Seite zuspitzen, sonst kriecht
eine Schlange daran hinauf, zerbeisst die Wolkenfäden, und die Wolken
fallen herab. *5
Zum Hausbau darf man nicht Holz von zwei zusammen gewachsenen
Bäumen nehmen, sonst wird das Haus verbrennen. Dasselbe wird auch
geschehen , wenn das Haus auf eine Wasserader gebaut ist. — ist ein
Haus ab gebrannt, so baut man das neue dahin, wo schwarze Ameisen
sind, damit es nicht wieder ab brenne.
Um eine gute Stelle zum Anbauen zu finden legt man zwei Späne in
die Erde, und wo man nach drei Tagen rothe Ameisen unter dem Span
findet, da erbaut man das Wohnhaus, wo schwane, den Viehstall.
Unter das Fundament des Neubaues legt man Geld, dann wird man
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Glück im Hanse haben. Zum Schatz gegen das Abbrennen macht man in
einer Ecke der ersten Balkenschicht ein Kreuz, oder man legt in das Dach
einen Schafskopf.
Ein Arbeiter darf Abends nicht mit leerem Brotsack nach Hause ge-
hen, damit es ihm nicht ein anderes Mal an Speise fehlt; er hungert lieber,
. als dass das nothige Stuck von jeder Gattung fehlen sollte.
Ein Landmann darf nie mit dem Hute auf dem Kopfe essen , wenn
(beim Liegen) nach der Seite seines Kopfes ein Feld ist, denn das Feld
wurde diesen Mangel an Rücksicht mit Misswachs strafen.
Wenn ein Jäger im Frühjahr einen todten Frosch findet, so muss er
ihn nach Hause nehmen, trocknen, zu feinem Pulver zerreiben und von
diesem Pulver etwas zu sich stecken, so oft er auf die Jagd geht, dann
wird er Gluck haben.
Die beste Zeit ein Netz auf zu schlagen ist , wenn der Mond bei den
Plejaden steht, oder am ersten und zweiten Tage des Jahres. Wenn wäh-
rend des Strickens ein Mann herein tritt, so ist es gut, wenn aber ein
Weib, nachtheilig, und man muss dann, um den Schaden ab zu wenden,
Ton dem zuletzt Gestrickten ein Stuck ab schneiden und in's Feuer werfen.
Will man ein recht gutes «maimik» (Netz zum Fangen kleiner Fische)
haben, so muss man es an demselben Tage, wo es angefangen wird, auch
beendigen und dann noch denselben Abend damit fischen gehen. Wenn
man damit in's Wasser geht, so muss man erst darauf harnen. Das Holz,
welches daran ist, muss von einem Kreuzwege in der Nähe eines Amei-
senhaufens gehauen, der Stein, welcher an dem unteren Rande hängt, von
einem Brachfelde genommen sein.
Soll ein Schiff gut und gluckbringend werden, so muss man zum Kiel
einen Baum wählen , auf welchem ein Adler nistet, oder wenigstens einen
Baum dazu nicht bei Nordwind fallen.
Einen reichen Fang macht ein Fischer, wenn er vorn in den Boots-
steven etwas Quecksilber giesst.
Wenn in einem Fischerboot einer der Fischer einen Diebstahl began-
gen hat, so werden sich so lange die Netze immer verwählen, bis der
Dieb gefunden und bestraft wird, denn ameri tahab puhast ja selget
a£ja» (das Meer will reine und klare Sache).
— 488 —
Wenn Mannspersonen ihre Kleider auf das Brotgeschirr legen, so
konrimt der Zorn der Herrschaft über sie.
Wenn man beim Broteinteigen trinkt, so wird das Brot wässerig, wenn
man sich kratzt, so geht es nicht auf, wenn man fiestet, so bekommt es
einen schlechten Geschmack.
Wenn ein Weib, welches seine Regel hat, das Brot einteigt oder sich
auf den Brottrog setzt, so verdirbt das Brot.
Wenn beim Brotmachen ein Mädchen den Teig im Troge gut glättet,
so bekommt es einen guten Mann , wenn ein Weib beim Einschieben die
Laibe gut glättet, so bekommt es gute Kinder, nach dem Sprichworte
«m£s siletetäs möhke, lats lapjo päle» (der Mann wird in den Brot-
trog geglättet, das Kind auf die Schaufel).
Wer den Ofen verschmiert, muss, wenn er heraus kommt, den Ofen
küssen, dann geben die Brote immer gut auf. Zu demselben Ende muss
man, wenn man die Brote aus dem Ofen nimmt, immer etwas hinein wer-
fen und drei Mal mit dem Finger etwas Wasser darauf legen; das Letzte
hat in alten Zeiten das Brot selbst befohlen.
Nachdem das Brot aus dem Ofen genommen ist, muss man aus Schei-
ten oder Spänen einen kleinen Steg hinein bauen; auf diesem Stege wird
man dann nach dem Tode in den Himmel gelangen.
Wer beim Einschieben des Brotes auf den Stiel der Brotschaufel tritt,
der schiebt seine Ehre in den Ofen.
Wenn ein Brot durch geschnitten wird, so macht man auf beide
Schnittflächen ein Kreuz, dann kann der Teufel das Ausreichen nicht hin-
dern.
Brot darf man nicht mit der Schnittfläche nach aussen auf den Tisch
legen oder «selja peale» (auf den Rücken), d. h. mit der Schnittfläche nach
oben, sonst kommt Brotmangel in's Haus.
Auf etwas, das im Brote ist, darf man nicht zeigen noch davon spre-
chen, sonst beschämt man das Brot, und es würde Einen dafür ein anderes
Mal wieder beschämen, d. h. mangeln.
Wenn man einen Schleifstein oder den Wetzspan der Sense neben das
Brot auf den Speisetisch stellt , so wird es hart ; auch die Milch verdirbt
dadurch, wenn ein Schleifstein in ihrer Nähe ist.
— 489 —
Brotschaufel und Ofenbesen darf man nicht, so lange sie noch warm
sind, hinaus bringen, sonst dringt der Wolf in den Hof.
Holz darf man nicht mit dem Gipfelende voran in den Ofen oder unter
den Kessel schieben, sonst fahrt man mit dem Kopf voran in die Hölle,
oder wird gefangen, wenn man Waldfrevel begebt.
Wenn ein Feuer von selbst aus löscht, so darf man es nicht so stehen
lassen, sondern man muss es wieder an zünden und dann aus loschen, sonst
folgt Unheil, besonders Tod.
Die Hausfrau muss aus dem Aschenloch vor dem Ofen (kolle) sorg-
faltig alle Steinchen und allen Graus heraus suchen, sonst treiben sie das
Feuer an die Decke.
Auf einen Feuerbrand darf man sich nicht setzen, sonst beissen Einen
die Hunde in's Knie.
Am Abend, wenn man schlafen geht, muss man den Kienspan bren-
nen lassen «elu pitkendamizeks» (zur Verlängerung des Lebens), oder
für die Jungfrau Maria, wenn sie« während Alles schläft» kommt das Jesus-
kindlein zu wickeln.
Wer mit dem Fusse in's Feuer stösst, wird eine Feuersbrunst sehen.
In einem Hause mit einer Feuerstelle (tuli-höne) darf man nicht
pfeifen, sonst geräth es in Brand.
Ein Haus, in welchem schon drei Mai Feuer ausgebrochen und wieder
gelöscht ist, wird nicht ab brennen.
Durch wen eine Feuersbrunst verschuldet ist» nach dem wendet sich
die Flamme hin; daher sucht man seiner habhaft zu werden, um durch
ihn das Feuejr von Gebäuden ab zu wenden und dahin zu richten, wo es
nicht weiter um sich greifen kann.
Vielerlei Dinge müssen beobachtet werden, damit der Segen im Hause
bleibe und nicht Mangel eintrete. Wenn eine Hausfrau für etwas, das aus-
ser dem Hause gearbeitet ist, Victualien zahlt (Mehl, Grütze, Salz u. d.
gl.), so muss sie von dem Gegebenen immer drei Mal etwas zurück neh-
men. — Wenn man Anderen Milch giebt, so muss man etwas Salz hinein
legen. — Wer Abends nach Sonnenuntergang fegt und den Kehricht hin-
aus wirft, fegt flies Gluck aus dem Hause. — Draussen auf Feld und
Wiese soll man nicht nach Sonnenuntergang arbeiten, das ist «tofidi-t5»
— 490 —
(Geisterarbeit). — Wer sich in der Badstube trocknet, wischt sein Glück
weg. — Brot darf man nicht ans ungesiebtem Mehle machen oder unge-
wogen aus dem Hause geben. — Wenn man Brot aus dem Hause giebt,
gleich viel in welcher Weise, so muss man davon etwas ab schneiden und
zurück behalten. — Den letzten Tropfen Suppe darf man nicht aus dem
Kessel schöpfen. — Aus einem Gefässe (Sieb, Pandel u. d. gl.) darf man
nichts über die Verbindungsstelle des Umlaufs giessen oder schütten. —
Von einem Haufen gewindigten Kornes darf man Niemandem etwas geben.
— Während des Essens darf Niemand hinaus gehen , sonst bringt er den
Segen mit fort. — Wenn man in ein neues Gefass etwas legt, so muss
man vorher ein Kreuz hinein schlagen, sonst raubt der Böse das Gedeihen
des daraus Gegessenen. — Damit die Milch gesegnet bleibe, darf man,
wenn man frische Milch kocht, den Kessel beim Abheben nicht auf die
Erde stellen, sondern man mnss etwas darunter legen (ein Kleidungsstück,
Stroh u. d. gl.). Zuerst giebt man dann davon einem Hunde, darauf den
Menschen, diese müssen aber, bevor sie davon essen, auf ein Messer beis-
sen ; Einige setzen dabei auch die Mütze auf, damit sich viel Sahne an*
setze. — Nach dem Schlachten schiigt man das Scblachtwerkzeug in
einen Baum oder in eine Wand , dann wird es immer etwas zu schlachten
geben.
Wenn man, während Würste kochen, unter den Kessel bläst, so
platzen sie sogleich ; wenn man dagegen auf den Bügel des Kessels stark
klopft, so bleiben sie alle ganz.
Wenn man Seife kocht, und ein dazu Kommender fragt, was gekocht
wird, so darf man es nicht sagen, weil sonst die Seife missrathen würde,
sondern man muss antworten: takku ködetakse {es wird Hede gekocht).
Wenn zum Biere das Wasser* gekocht wird , so darf man davon nicht
sagen «wezi käb» (das Wasser kocht), sondern «wezi mänriib» (das
Wasser spielt) , sonst wird das- Bier zu heiss glren ; repariren kann man
ein Verseben in dieser Beziehung, indem man kaltes Wasser dazu
giesst.
Wenn beim Buttern die Sahne nicht zusammen geben will, so giebt
man den Kuben die grosse Fetthenne (Sedutn Telephium L.) zu fressen.
Wenn eine Frau buttert, und plötzlich Jemand berein kommt and die
— 491 — -
Reifen des Butterfasses von outen nach oben und darauf wieder von oben
nach unten zählt, so geht die Butter nicht zusammen.
Wenn eine junge Frau zum ersten Mal ihre neue Heimath betritt , so
muss sie unbemerkt die Balken an der Decke zählen, dann wird das We-
ben darin gut von Statten gehen.
Wer beim Weben isst, bekommt Läuse in's Hemd.
Wenn man die beim Kämmen im Kamm oder in der Bärste zurück
gebliebenen Haare unter den Füssen lässt, so wird man bald sein Kopf-
haar verlieren.
Wenn man die Zehen- und Fingernägel beschneidet, so muss man die
Schnitzel in den Busen stecken, dann hat man am jüngsten Tage keine
Verantwortung ihret wegen. .Wirft man sie auf die Erde, so sammelt sie
der Teufel (wana tont) und macht sich einen Mützenschirm daraus, und
wenn dieser fertig wird, so bat er wieder volle Freiheit den Menseben zu
schaden ; hat man indessen vor dem Hinwerfen ein Kreuz darüber geschla-
gen, so hat der «wana tont» keine Macht darüber. — Andere sagen,
die Nagelschnitzel von den Fingern müsse man in den Ofen werfen, denn
die Finger seien «köitjad» (Fesselnde), weil mit ihnen mancher Fliehende
gefangen wird, die von den Zehen aber müsse man in den Busen stecken,
denn die Zehen seien «peaitjad» (Rettende), weil sich mit ihrer Hülfe
mancher Flüchtling seinen Verfolgern entzieht.
Ein Messer oder sonst etwas Scharfes darf man nicht auf dem Rücken,
mit der Schneide nach oben, liegen lassen, sonst starrt der Böse den Men-
schen an, oder der Wächter am Höllenthor schläft ein, oder es zerschnei-
det die Bande des Teufels in der Hölle, und das hat dann allerlei Unglück
zur Folge.
Die Speise am Abend wird von dem Körper zur Kräftigung verbraucht,
die dm Tage genossene wird wieder hinaus geschwemmt.
Gott soll Adam gefragt haben, wie oft er essep wollte, ein Mal jähr-
lich, oder monatlich u. s. w. Es blieb endlich bei drei Mal täglich und
owahe-palukene kä!» (ein Zwischenbissen auch noch). Darüber haben
nun die Armen jetzt noch oft zu klagen.
Der Badstubendampf muss mit Ehrerbietung behandelt werden , damit
492
3ai zqr wirte: an betet sich vor schlechten Worten beim Baden
mi ^pim riß Emfer beim Quasten.
W» ji «er Bafefcibe sich Wanzen finden , so kommt diess daher,
n&s» aaa xnm Etat las Maos zum Verstopren der .Wände unter Wachol-
W-m an EruLK* fertig gegraben ist, so wirft man sieben Hände
5*j: lineim ihn wird er gutes Wasser haben.
* j Wxs^srmK-^ bt, da Boss man am Tage vor Neujahr mit einem
incMnuf ns einer Quelle Wasser schöpfen , und wo man diesen
*arz BehsrLetr- £a entsteht eine Quelle.
'%>*
%«■ ai!« W^Ji^f eiie Quelle reinigen, so kommt Regen.
W-üb aaai mit einer Ruthe auf den Boden schlagt, so wird es windig.
Ta vjjgmt Seine her man den Wind wünscht, da hängt man eine
^ mwanTtm mf biu *ier na sehlagt ein Beil in die Wand, oder man pfeift
lud mr.
Tk^aa bau i*a fcebel «der Drehriegel (pör) hinter der Thor um-
ir^uu su pralle* £e im Baase Befindlichen in Streit unter einander.
W-jt s*ut GeM uedi den Erben lassen , sondern nach dem Tode noch
S^artaMr £1**1 Weflbea will, der vergräbt es heimlich und spricht da-
W $S H-«* w$*ka, kes on pannud (die Hand nehme es, die es hin
V*r £* Atgea von einem Strömling isst, der • bekommt Augen wie
4in IVatefcer»; «weikezed silgud» (kleine Strömlinge) ist ein Spitzname
fir iw Kader ein« deutschen Gutsverwalters.
Wer msthimmehes Brut isst, wird Geld finden.
Weia man beim Knien den Strumpf hinunter schiebt und auf dem
****** Kit* E«gt, so wird das Gebet erhört werden.
Wer Kr&e* aachspottet, dem werden die Zähne schwarz und schief.
Em* Miner darf ihre Schürze, wenn sie zerreisst, nicht flicken, sonst
mi die T*tar Kderikh.
Weaa man Kgt, so rauchen die Ohren.
yXMi ^Weib aber die Reifen geht, womit man ein Geßss bindert,
War ät Bibel ganz bis zu Ende durch liest, wird dumm.
£-.
— 493 —
WeDD man einem segelnden Schiffe den Hinteren zeig! , so gehl es
unter.
Die Sackpfeife ist vom Teufel, die Violine von den Engeln erfunden,
daher wird von den Strenggläubigen das Tanzen nach der letzten für we-
niger sündlich gehalten.
Wenn man während der Predigt eine Viehglocke macht, so wird sie
einen guten Klang haben.
Die Fensler der Leichencapellen werden darum vermauert, damit die
dort Begrabenen, welche mit einander Karten spielen, nicht heraus kom-
men und die Lebenden erschrecken können.
So lange in einem Hause eine Leiche oder ein ungetauftes Kind ist,
darf man nichts aus demselben weg geben, sonst kommt der Böse dazu.
Einem Ante muss man, ohne zu fragen, so viel geben, dass er zu-
frieden ist, sonst hilft die Arzeuei nicht.
Wer Vater oder Mutter schlägt, dessen Hand wächst aus dem Grabe
hervor.
Bei einer vorsätzlichen Tödtung erbt der Mörder die Sünden des Ge-
mordeten, welcher dadurch selig wird.
Viele Trauungen und Taufen auf ein Mal sind nicht gut, weil der Se-
gen doch nur auf eine kommen kann.
Wer bestohlen ist, bemüht sieb etwas von dem Diebe Zurückgelasse-
nes zu finden und hängt es an die Kirchenglocke, dann wird der Thäler
bald offenbar werden.
Wer einen Felddiebstabl begebt, macht einen Einbruch in Goite.s
Speicher und hat daher ausser der irdischen noch eine schwere göttliche
Strafe zu erwarten.
Wenn Eheleute in einer Scheidungsklage begriffet: sind und einTheil,
von der Scheidungssache sprechend, die Hand auf die Schulter legt, so
kann das Gericht sie nicht scheiden.
Wer im Gericht immer obsiegen will, muss einen Schlangenkopf bei
sich tragen.
Bei einem Gelage darf man nicht die Reste aus den Kannen zusam-
men giessen, sonst entsteht Streit unter den Trinkenden.
— 494 —
Wenn bei einer Hochzeit der Esstisch nicht abgeräumt wird, so blei-
ben die Gäste zur Nacht.
Geht ein Gast fort ohne gesessen zu haben, so nimmt er das Gluck
mit sich fort.
Wenn man Jemandem aber die Schwelle etwas giebt, so hat auch
der Teufel Theil daran, besonders wenn es eine Gottesgabe ist.
Wenn Menschen sich über die Schwelle begrüssen, oder wenn Einer
dem Anderen ein schneidendes Werkzeug schenkt , so zerstören sie ihre
#
Freundschaft.
Wenn Jemand Einem etwas Neues vom Jahr schickt, so darf man das
Gefass nicht leer zurück schicken, sonst verunglückt dem Sender das,
wovon er geschickt hat.
Wenn man zum Hause hinaus geht, so muss man sich bekreuzigen,
sonst kann Einem leicht ein Unglück widerfahren.
Wer auf seinem Gange zusammen gebundenes Stroh findet und es
auflöst, befreit einen Gefangenen.
In den Spuren eines Anderen darf man nicht gehen; wer es tbut, in
dessen Spuren geht wieder der Böse.
Man darf auch nicht mit den Händen auf dem Rücken gehen, sonst
setzt sich der Böse darauf.
Wenn sich Jemand auf einem Wege verirrt hat, so muss er die Mütze,
einen Strumpf oder einen Handschuh um kehren und so wieder auf setzen
oder an ziehen, dann kommt er wieder auf den rechten Weg.
Wer, wenn er am Abend den Hahn zum ersten Mal krähen hört, ein
Kreuz schlägt und spricht «juroal iza, pojake, püha waimuke» (Gotl
Vater, Sohn, heiliger Geist), der ist sicher sich nicht zu verirren.
Wer am Morgen über einen Kreuzweg geht, der muss dasselbe thun
und sprechen, sonst würde der Teufel ihm oder dem Pferde die Füsse
halten, dass er picht weiter könnte. *
Wenn es blitzt, so muss man es eben so machen, dann wird Einem
das Gewitter nicht schaden.
Wenn man beim ersten Male, wo man gewittern hört, drei Purzel-
bäume schlägt, so wird Einem später bei der Ernte der Rücken nicht
schmerzen.
— 495 —
ß
9
Wer, wenn er im Frühjahr zum ersten Mal den Kuckuck hört, gerade
Geld bei sich hat, damit dem Vogel entgegen klimpert und sagt «sieh,
goldeqer Kuckuck, ich habe Geld genug», der wird das ganze Jahr hin-
durch immer Geld haben, wer keines bei sich hat, dem wird es das ganze
Jahr daran fehlen.
Manches noch wird nach Tradition auch beobachtet, wohl immer um
etwas Gutes zu erlangen oder etwas Schlimmes ab zu wenden, aber, wie
es scheint, schon ohne klare Vorstellung, worin diess Gute oder Schlimme
bestehen soll. So darf ein Weib, besonders zur Nachtzeit, nirgends ohne
Mütze oder Haube gehen, und wenn diese gerade nicht zur Hand sind, so
muss sie wenigstens/ um nicht barhäuptig zu sein, das Ende ihres Gurteis
auf den Kopf legen» — Wenn man zum h. Abendmahl geht, so muss man
Handschuhe an haben und die rechte Hand vom Altar ab kehren. — Eine
Weibsperson, welche ihre Regel hat, darf nicht in die Kirche gehen. —
Wenn man die Kirchenglocken läuten hört, so schlägt man an die Brust
und biegt die Knie. — Den Verkauf von Thieren nimmt man am liebsten
an einem Werkeltage vor und bei Westwind.
Noch vieles' dem Wesen nach wohl ebenfalls hieher Gehörige findet
sich auch in vorhergehenden Abschnitten, namentlich XI, wenn das Vor-
genommene in dem besonderen Tagen zugeschriebenen Einflüsse seinen
Grund hat, auch IX, XU. XIII, XIV, XV.
Berichtigungen.
9 Z
. 2 v. u. I. übe st. libbe.
18 i
9 > »1. keägi st. kejlge.
21 .
4 i » 1. süf st. sur.
22 .
13 » » 1. nichts st. Diebs.
34 ,
6 1. eines St. eiuas.
43 .
16 v. u. 1. selbst st. selbst.
48 .
12 ■ > fehlt eine Klammer.
53 .
4 > > 1. killt st. käut.
5S .
3 ■ • 1. Schläge st. Schlüge.
58 .
5 1. Bidet st. Heilet. .
59 .
3 1. pöhjast st. pobjast.
81 .
11 I. 7-ii machen st. zumachen.
91 »
9 ?. u. 1. S st. 0.
127 .
12 1. wett st. wet.
.
15 v. n. nach amehe» und «Mannes» 1. «od. inaja» und
■ od. des Hauses».
129 ■
7 !. natnkene st. uatukeae.
180 »
1 1. vor finden st. vorfinden.
224 ■
1 1. kingi st. kirjgi.
278 .
7 v. u. 1. der sl. dem.
285 •
5 1. ein st. eine.
286 •
10 t. u. st. nsäze-waks» und «raud-sild» wiire wohl
gemessener nsäzi-waks» und «raud-slild» (vgl. das
Wörterbuch).
.
S. 290
291
293
310
375
379
396
399
406
412
415
426
455
Z.
0
8 v. u. 1. waäkses st. waskses.
5 1. teeme st. teme.
16 1. waäksed st. wasksed.
10 v. u. 1. Trauerhaus zurück st. Trauerhau siurück,
9 » > 1. Polygala st. Polygola.
6 1. hohlen st. holen.
7 1. niesen st. niessen.
15 v. u. 1. an st. au.
8 st. söiman vielleicht richtiger sönan.
S 1. Theerstumpfen st. Theerstumpfen.
8 v. u. 1. emandakezed st. emandakzed.
5 » » 1. lfttte st. läte.
9 • » I. trugen st. tragen.
16 » » 1. sogleich st. segleicb.
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