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Full text of "Aus dem Schwarzwald, Gedichte;"

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Aus dem Schwarzwald. 


Gedichte 
BEudwig Auerbach. 


(Aus ſeinem Nachlaß.) 


— — 


Herausgegeben 


von 


Friedrich Geſzler und Ernſt Scherenberg. 5 


—— 


J 5 4 
* 2 
Lahe. Ar 


Druck und Verlag von Moritz Schauenburg. 
1889. 


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55 
* 


Inhalt. 
Seite. 
Ludwig Auerbach VI 
Zueignung von Ernſt Scherenberg. 
Enzthal. 

(1860 1878.) 
Schwarzwald gruß 3 
Über dunkeln Schwarzwaldbergen 7 
Schwarzwälder Zeimatlied. ... 9 
D 12 
aao 13 
Wildſchützen laune 15 
„„ 2] 
D 40 2 
Erkennſt dein Bildnis dus 23 
r 24 
Herbſtblätter I.. VW. 27 
In goldener Frühe 36 
o 38 
hh 39 
Bomm, ſtille Nacht 4] 
Wädtlihe Wanderung 43 


ara: ? Bar 


ER r—ů5 — 


Sonntags ᷑ 


Kirchenſtille nun im weiten Wald 46 
Serz und Natur; 47 
Lerißenlos a 48 
Herz, unſterblich iſt die Freude.. 48 
Gd! 51 
O Voͤglein im duftigen Blütengezelt 52 
Goldener Morgen 53 
Nach Jahren 54 
Wieder Fommt ihr füßen Träume 56 
Weihnachten 59 
Die junge Wohlthäterin . - - . » 62 
Winterabendro tr. 67 
Weihnachten im Irrenhauſe 68 
Wer rief den Kriegs . 75 
Nun dreißig Jahre 82 
Vergiß mein Volk die treuen Toten 

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7 
Schutterthal. 
(1878 1882.) 
in Prolog =... Win 5 WER 
Ratferhymme .. 2.214 7 Da 
1 


5 


— IV — 


* 


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Mond am Morgen 


Am Waldſauuum 

Grämlidhes Menſchenkind, blick f 102 
Sonnen zauber 104 
Der Kranke im Herbſt 108 
be verent . . . . .. . . » 197 
r A 109 
Blauduftig die Dogefen . . . . . III 
c 1J3 
Unter den Ruinen von Allerheiligen IIS 
r 117 
Freudige Jugend, du biſt nicht mehr JJ9 
Grau der Himmel 121 
Dichter Nebel hält im Thal . J22 
D 124 
eetreiben 126 

= 5. 
* 
D 128 


Von Friedrich Geßler. 


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wir 


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Ludwig Auerbach. 


geftern jo neu 

—2 Herzen voll Liebe, dem Herzen voll 
Treu’. 

Um alternd Gemäuer floß goldiger Strahl, 

Umglühte die Wälder, die Berge, das Thal; 


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Wir ſchwiegen in Andacht, da ſcholl's von 
den Hoͤh'n: 
„O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du 
fo ſchoͤn!“ 
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* 


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Dein Lied war's, gefungen in Jugend 

und Glück, 

Vom Munde des Volkes nun klang dir's 
zurück; 

Für Jahre voll Täufhung und brennendem 
Hohn 

Dem lauſchenden Dichter der köſtlichſte 
Lohn! 

Wie ſchlürft' er fo durſtig den labenden 
Trank: f 

„O Schwarzwald, o Heimat, wie bring' ich 
dir Dank!“ 


Wo fhäumend Gewaͤſſer die Tanne um⸗ 

rauſcht, 

Da haben wir Seele um Seele getauſcht, 

Da haft du dem Freunde dein Innres 
entrollt, 

So klar wie KXryſtall und fo lauter wie 
Gold, 

Dein Streben und Ringen in Jubel und 
Schmerz — 

O Schwarzwald, o Heimat, wie ſchlug dir 
dies Herz! 


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Nun iſt es gebrochen in Fülle der Kraft, 
Das treu bis zum Tode geſorgt und geſchafft. 
Nun roſtet das Schwert und nun raſtet 
der Stab, 

Wo du es erſehnteſt, dort ward dir dein Grab. 

Draus weht es wie Frieden den Rämpfen- 
den zu: n 

„O Schwarzwald, o Heimat, in dir fand 
ich Ruh'!“ 


Die Lippe verſtummte, doch lebet dein 

Lied, 

Solang noch den Schwarzwald ein Wand- 
rer durchzieht! 

Es rauſcht in den Tannen, es klingt in der 
Luft, 

Schwebt über des Sängers ſchweigende 
Gruft a 

Empor aus den Thälern, herab von den 
Hoh'n: 

„O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du 
fo ſchon!“ 


Elberfeld, im Herbſt 1888. 


Ernſt Scherenberg. 


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1860 — 1878. 


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Schwarzwaldgruß. 


Schwarzwald deiner Tannen Rauſchen 
JIpwingt mit ſüßem Heimatton, 
Wie das Mutterwort den Sohn, 
Immerdar mein Herz zum Lauſchen; 
Ob geweckt von Sturmesmädten 
Wie ein Schlachtenchor es klingt, 
Oder ob es ſtillen Nächten 
Friedensmelodieen ſingt. 
Deiner treuen Schattennacht 
Hab ich ſeit der Kindheit Tagen, 
mild gelenkt von deiner Macht, 
Schmerz und Freude zugetragen. 
Schon des Anaben heiß Verlangen 
Floh des Hauſes düftre Haft, 
Einen Hauch von deiner Kraft, 
Deiner Freiheit zu empfangen. 
Hoch auf deinen freien Höhn, 
Wo die finſtern Tannenrieſen 
Trotzig ernſt im Windes wehn 
Rauſchen um der Halde Wieſen, 


DE Tin 


Y Wo das Auge überfliegt 

A Stolzen Blicks die Welt im Thale, 
Wie der Weih, der ſich im Strahle, 
Goldnen Lichtes drüber wiegt; 

f Und in deinen ſtillen Gründen, 
Im Revier verſchwiegner Klüfte, 
Wo bewegte Abendlüfte 

2 Wunderbare Märchen künden, 
Wo des Bergs zerriſſnen Adern 
Cuſt'ge Quellen laut enttofen, 

. Wo von ſtaͤrren Felſenquadern 
Fröhlich nicken wilde Roſen, 
Wo verſenkt faſt unter Ranken 

4 Burgruinen düfter ragen, 

ji Der Vergänglichkeit Gedanken 
Im zerſprengten Wappen tragen, 

4 Wo die ftillen Schattenräume EN 

ir Noch des Wildes Spur bewahren, 
Wuchſen als dein Offen baren 

7 meiner Dichtung fhönfte Traume! 


Aus des Waldſees Fluten riefen 
4 Sie das Elfenkind der Sage, 
Dem der Nachklang alter Tage 


Funkelt aus des Auges Tiefen. 


% 


— 4 — 


Einen Zug Unendlichkeit 
Tranfen ſie aus deinem RNauſchen, 


i Daß ich über Raum und zeit ; 
Forſchend drang, dem Geift zu lauſchen, 
| Der in deiner Einſamkeit 
Zu mir ſprach in tauſend Jungen, i 
| 


Bis ein Hauch der Söttlichkeit 
Weihevoll mein Herz durchdrungen. 


5 
Jo haft du mich feſtgekettet, h 

Biſt du teuer mir geworden. Bi 

Wie zu eines Eilands Borden 

Sich im Sturm der Schiffer rettet, 

Hat ſich müde, ſchmerzzerſchlagen 

Dir mein Herz auch zugewandt, 

Und du wurdeſt meinen Klagen 

Oftmals ein Erlsſungsſtrand! 

Wie die Stimmen edler Toten 

Sprach dein Flüſtern mir ins Herz, 

Wenn verzweifelt ich im Schmerz 

Trutz dem Kampf der Zeit geboten. 1 

Deiner Friſche einen Hauch 

5 Gabſt du mir zum Troſt und Segen, 
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Daß ich trug das Leben auch 
de Stark und friſch auf dunkeln Wegen. 


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Immer hat dein Zauber bald 
Wieder mir das Herz bezwungen, 
Tief hat mich dein Geiſt durchdrungen, 
Wunderbarer ſchwarzer Wald! 


Ernſt wie du ins Thal hernieder 
Schau ich auf des Lebens Bahn, 


Doch im Innern jubeln Lieder 
Friſch und freudig himmelan! 
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— 


9 


** 


Über dunkeln Schwarzwald- 
beraen. 


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ber dunkeln Schwarzwaldbergen 

Flammt des Mondes Licht empor, 
Freundlich wie ein lieblich Antlitz 
Taucht es aus der Wolken Flor. 
Fröhlich baden ſich die ſchwarzen 
Tannen in dem goldnen Strahl, 
Schimmernd trägt des Stromes Welle 
Sein erheiternd Bild durchs Thal. 


Wie fein füßer Friedenszauber 
Um des Dorfes Hütten fließt 
Und auf tagemüde Stirnen 
Seiner Träume Tau ergießt, 
Quillt aus meiner Seele Tiefen 
Auch empor ein ſtrahlend Licht, 
Aus vergangner Tage Dunkel 
Grüßt ein lieblich Angeſicht. 


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2 


Und ich fühle ſeinen Zauber 
Wunderbar in mir erneut; 
Wie er in mein dunkles Leben ich 
Seiner Wonnen Schimmer ſtreut Er 
Und die finfteren Dämonen 
meines Herzens wiegt zur Ruh — 
O verfläre alle Nächte, 
mondlicht meiner Seele du! 


— — 


Schwarzwälder Seimatlied. 


G Schwarzwald, o Heimat, wie biſt 
du ſo ſchön! 
Wie locken das Herz deine ſchwarz⸗ 
dunkeln Hohn 
Zum fröhlichen Wandern in Hochſom⸗ 
merzeit, 
Zum Raſten in heimlicher Einſamkeit, 
Im traulichen Mühlgrund bei Guellen⸗ 
getön — 
© Schwarzwald, o Heimat, wie bift du 
fo ſchoͤn! 


O Schwarzwald, o Heimat, wohl hat 
mir die Welt 
mit köſtlichen Wundern die Seele ge- 
ſchwellt: 
Die lachende Ferne erſchloß ihre Pracht — 
Doch hab’ ich in Liebe ſtets deiner gedacht, 
Im Traum ſah ich winken die ſchwarz⸗ 
dunkeln Höhn — 
O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du 
fo ſchoͤn! 


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* 
O Schwarzwald, o Heimat, dein 
Rauſchen erklang 
Ins Träumen des Kindes wie Wiegen 
geſang, 
Und fpäter, da gabſt du dein weites 9 
Revier 


Zum Tummelplatz fröhlichſter Spiele 
mir: 
Die lauſchigen Thäler, die ſchauenden 


Höhn — 
O Schwarzwald, o Heimat, wie biſt du 
fo ſchön! 


O Schwarzwald, o Heimat, noch heut 
füllt die Bruſt 
Ein Nachklang der ſchwärmenden brau- 
ſenden Luft, 
mit der du die Stirn mir beim Mai- 
trank befränst, 
Wo Schönheit und Liebe den Becher 


Fredenst, 

Bei Tanz und bei Liedern und Walbd- 
horngetön — 

O Schwarzwald, o Heimat, wie bift du 
fo ſchoͤn! 


ll 


O Schwarzwald, dein Zauber bleibt 

ewig und neu, 

Drum lieb' ich dich innig, dich lieb' ich 
getreu! 

Und kommt einſt mein Stündlein, bei 
dir nur allein — 

Von dir überwölbt will begraben ich 
ſein, 

Wo Waldvogel jubeln von frühroten 


fo ſchön! 


Höhn, — 
N O Schwarzwald, o Heimat, wie bift du 


Tannenbluͤte. 


Nun blüht die Tanne, doch du merkſt 
ees kaum, 
Unſichtbar faft ſind ihre Lenztrophäen, 
Und nur ihr Drängen zu dem Sonnen- 
lichte, 
Ihr leiſes Fluͤſtern in des Windes Wehen 
Verrat dir ihren ſel'gen Maientraum 
Und ihres Blühens duft'ge Lenzge⸗ 
ſchichte. — 
Im ernſten Angeſichte 
Des reifen Mannes, dem ein Gott die Seele 
Noch einmal mit der Liebe Lenz geſegnet, 
Siehſt du auch kaum, welch! Wunder 
ihm begegnet, 
Denn ſorgſam ſucht er, daß er dir's 
verhehle. f 
Nur feines Auges Glanz, fein ruhlos 
Sinnen 
Auf Schöne Thaten kündet dir fein 
Minnen! 


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Der Waldbach. 


wie klar den Himmel tragend 
Ströͤmſt durchs Hochthal du dahin, 
Singſt durch grün bemooste Ufer 
Holde Friedensmelodien. 


Aber dort, wo über Felſen 
Du dich ſtürzeſt toll und wild, 
Da zerſchellt in ſprühnde Funken, 
Kaum gegrüßt, der Sonne Bild. 


Und durch ſchwarzen Tannenſchatten 
Eilſt dahin du ruhelos; 
Wiegeſtillter Sehnſucht Klage 
Gleicht der Waſſer dumpf Getos. 


Wetter nähren deine Fluten, 
Sturmesfreudig ſpringſt du auf, 
Und zerſtörſt des Ufers Blumen 
Schonungslos in deinem Lauf. 


— 13 + 


5-37 


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mögen ſie vergehn und fterben, — 
Ach! dich zwingt's dämonenhaft, 
Todesfroh dich ſelbſt vernichtend, 
Auszuſtürmen deine Kraft! 


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S 


Vildſchüßenlaune. 


Tecra, Walde 5 Abend⸗ 
* ſchein! 
In die Lichtung flutet er voll herein, 
Um das Jagdhaus, vor dem die Linde 
rauſcht 
Die heimlich durchs offne Fenſter lauſcht — 
Wo der Förſter mit feinem Kinde ſitzt, 
Glorienhaft fein Leuchten blitzt. 


Zitternd ſtiehlt ſich ein ſchwaches Licht 
Auch auf des Mannes Angeſicht, 
Der dort am Waldſaum lauernd ſteht, 
Finſtern Blickes um ſich ſpäht, 
Sorgſam prüfend von Zeit zu Jeit 
Den alten Stutzen, ſein treu Geleit. 


„Dem Teufel mag ich verfallen ſein, 
Vergaͤß ich je der Schmach und Pein, 
Die du, Herr Förfter, auf mich gebracht, 
Als höhnend die Waiſe ihr verlacht, 
Die an der Leiche des Vaters geklagt, 
Dem du die Kugel durchs Herz gejagt! 


— 15 — 


„Heut find es gerade fünfzehn Jahr! 

Ich ſeh' noch den Alten mit blutigem 
Haar; 

mit zerſchmetterter Bruſt und mit 
zuckendem Mund 

Lag er im ſtillen Fohrengrund. 

Und konnt' er nicht ſprechen, fein Leiden 
ſchrie: 

„Junge, vergiß der Stunde nie!“ 


„Am Steinkreuz in der Felſenſchlucht 
Begrub ich den Vater, da hab' ich ver⸗ 
flucht 
mein jungfriſches Leben, bis daß ich 
gerächt, 
Was der Herr geſündigt am armen 
Knecht, 
Der nur für die hungernde Rinderſchar 
An fürſtlichem Überfluß Frevler war! 


„Wer wagt's, uns zu eiten TE Kennt 
ihr die Not, 
Die tödlich das Leben der liebsten be⸗ 
droht? 
Der Hunger, der wie ein finſterer Geift 
Auch jegliche Freude von uns weiſt, 


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hegt, 
Und das karge Mahl nur mit Thränen 
netzt? 


„Und draußen — da ladet der freie 
Wald 
Den Armen in ſeine Schatten bald 
Und zeigt ihm in feinem luft ' gen Gefild 
Das fröhlid ſich tummelnde Edelwild; 
Und wir ſollten hungern mit Weib und 
Kind, 


Weil wir in Armut geboren ſind!? — 


„Ihr kennt das Geſetz des Mächtigern 
nur, 
Seid nicht barmherzig wie die Natur, 
Gönnt nicht mal den Abhub vom Über⸗ 
fluß! 
So leb denn die Rache und — Schuß 
um Schuß! — 
Ja, tändle nur, Graubart, mit deinem 
Rind: 
Ich weiß, wo die Wunden gefährlich 
find! 


Den müden Fuß nur nach Nahrung 


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„Ich hab' es erfahren!“ — Und 
fiebernd empor 
Reißt er den Stutzen — da trägt an 
ſein Ohr 
Ein Wort des Kindes die Abendluft, 
Wie zärtlich es „lieb Vater“ ruft: 
Und reglos ruht ſeine Hand am Hahn — 
Lang ftarrt er Kind und Vater an. 


Wie der immer finſtere Jaͤgersmann 
Heute fo huldreich lächeln kann! 
Auf des Kindes lieblichem Angeſicht, 
In der blauen Augen fonnigem Licht 
Ruhet fein Blick fo verklärt und mild, 
Als ſtimm' ihn zur Andacht das lieb⸗ 
liche Bild. 


Sein Herz iſt heiliger Liebe voll: 
Des Haſſes Dämonen und jeglicher Groll 
zogen dahin wie Schatten der Nacht, 
Wann das Frührot über den Firnen 
lacht; 

Seines Rindes trauliches Schmeichel⸗ 
wort, 

Scherzen und Koſen trieb fie fort. 


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Z 


Freudig in ſüßer Vaterluſt 
Zieht er das Kind an die wogende Bruſt, 
Kußt es in innigem Liebesdrang, 
Mochte für feinen Lebensgang 
In ſtummem Gebet ſeines leuchtenden 
Blicks 
Glühend erflehn alle Huld des Geſchicks. 


Plötzlich ein Schuß! und ſieh! in die 
Wand, 
Nah an dem Förfter vorübergefandt, 
Schlägt eine Kugel pfeifend ein. 


| 
Bleich wie im Sturme des Mondes 
Schein 
Springt er empor und birgt geſchwind 
zitternd am Herzen das teure Kind. 
„Vergebung, wenn ich dich aufgeſchreckt, 
Zu rauh dich aus deinem Spiel geweckt, 
Doch wir kennen uns ja — heut jährt 
ſichs Mann! 
Daß du mir den Vater erſchoſſen im Tann! 
Als Knabe ſchon ſchwur ich dir gleichen 
N 
r 


Tod, 
Und niemals hab ich vergeblich gedroht! 


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„Wie zu treffen ich weiß, bewies ich 
im Scherz — 
Doch hat dein Kind mir bezwungen das 
Herz. 
Leb wohl! ich vergebe die ſündige That, 
Frei wandelſt du künftig deinen Pfad, 
Hoch halte dein Kind — dein Rind allein 
Beſchuͤtzte dein Leben und hieß mich ver- 
zeihn!“ — 


Und eh' ſich der Förfter dem finftern 

Traum 

Entriſſen, war hinter Strauch und Baum 

Der Wildſchütz entſchwunden, auf feiner 
Spur 

Horte man Rauſchen des Waldes nur, 

Wie Worte des Segens, für den, der 
im Drang 

Brennenden Haſſes ſein Herz bezwang. 


* 


| 
| 


Vorfrühling. 


Hai und 55’ die weite Au 
Und der Himmel trüb und grau, 
Aber heimlich leiſe 
Unter Schnee und Eiſe 
Webt Natur für alles Land 
Schon ein duftig Lenzgewand. 


Seele, du fragſt manchen Tag, 
Ob dir Glück noch werden mag, 
Siehſt du doch nur Sorgen 
Nahn mit jedem Morgen, 
Dennoch hoffe, müdes Herz, 
Dir auch reift ein Glück im Schmerz. 


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FE 


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* 


— 21 — 


S 


Mü Mürznacht. 


8 Walo Raufchen, Raunen und Wogen 
Wan nan der nächtigen Flur! 
f Sind wach deine Geiſter alle, 


Lenzbrütende Natur? 


Haſt du dich befreit und ſchüttelſt 
Vom Haupte den Winterreſt 


Und bereiteſt nachtverſchwiegen | 


Dein bräutlich Frühlingsfeſt? 


Wild rauſchen des Stromes Wogen, 
Ein ſehnſuchtsvoller Hauch 
Durchflutet die Nacht und löſet 
Die Anofpen an Baum und Strauch. 


Walddroſſel hat es verkündet, 
Als die Sonne ging zur Ruh: 
Freue dich Erde, bald nun 
Grüßeſt den Frühling du! 


} . 


2 
va 


Lrkennſt dein Bildnis du? 


Freiesvotter Frühlingsabend, 
Wie hold verflärft du die Welt! 
Der Himmel hat nach dem Sturme 
Sich freundlich aufgehellt. 


Das Thal ſo ſtill, ſo ruhig, 
Nur Vogelrufen ſchallt, 


Und leifes Schlummergeflüfter 
Weht durch den träumenden Wald. 
Der Strom doch wallet und brauſet, 
Kennt nicht des Abends Ruh 
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Du ruhlos ſtürmende Seele 
Erkennſt dein Bildnis du? 


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1 — 


Maigruß. 


S ſonnenlichte Maienwelt 
Haſt du die ganze Erde 
Verwandelt in ein Blütenzelt, 
Daß ſie recht lieb uns werde? 
Am Strauch und Baum mit Liebesmacht 
Haſt Rofenflammen du entfacht, 
Die aus den grünen Zweigen 
Lenzfroh zum Himmel ſteigen. 


Und droben in dem lichten Blau, 
Wie jauchzt da deine Seele 
Und ſtrömt den friſchen Kiedertau 
Aus heller Lerchenkehle. 
Und erſt im Wald giebt's luſt gen Klang, 
Der Amſel und der Droſſel Sang 
Zieht durch die grünen Räume 
Wie laute Jugendträume. 


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K 


| 


Du märchenhafte Maienluſt, 
Du junges, kräft ges Leben! 
Wie rührſt du dich in meiner Bruſt 
Und willſt dich ſehnend heben, 
Um mit dem erſten Morgenſtrahl 
Raſch über Berg und tiefes Thal 
Bei Glockenſchall mit andern 
Mailuſtigen zu wandern. 


Friſch wie der Strom das Thal durch⸗ 


rauſcht, 

So geht es durch die Auen, 

Und nimmermüd' die Seele lauſcht, 
Die fhöne Welt zu ſchauen. 

Wo ſie entſchleiert ihre Pracht, 
mein Auge glutbegeiſtert lacht, 
Und Gottgedanken ſchweben 
Verklärend durch mein Leben! 


Und kehren wir dann abends ein 
Beim Wirt der Frühlingsgeiſter, 
Dann opfern wir zum Maienwein 
Den duftigen Waldmeiſter. 

In CLichtpokalen ſchäumt fein Blut! 
Schon perlt er an der Purpurglut 
Der ſchönſten Mädchenlippen, 

Die ihn kredenzend nippen. 


BE SE 


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. 


— 26 — 


Und die uns den Pokal kredenzt, 
Die Schöne laßt uns leben! 
Nun wird frohlockend noch bekränzt 
Der Hut mit jungen Reben. 
Dann feiern wir im Rundgeſang 
Bei Hörner- und bei Becherklang 
Bis Mitternacht im Freien 
Die gold'ne Luft des Maien! 


za. REED 


Herbſtblaͤtter. 


LE 


S diefer ſanfte milde Hauch, 
Der jetzt das ftille Thal durch⸗ 
ſchwebt, 
Die letzte Roſe weckt am Strauch, 


+ 
| 
| 
! 
Den letzten Falter noch belebt! 
| 


© dieſer wunderbare Glanz 

Wie Demantfunfeln auf den Höhn! 
Du ſchmückſt dich mit dem letzten Kranz, 
Natur, noch einmal ernſt und ſchön! 


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+ 1 


II. 


Die Sonne glüht, die Waſſer funkeln, 
Und von des Weges Bäumen lacht 
Des Herbſtes Frucht, die farbenſatte, 


B Die Wälder blühn in Purpurpracht. 
Wie lieb' ich dieſe milden Tage 
Voll friſchen Hauchs, voll Sonnenduft, 
Die klar und rein, voll kraft'ger Schöne 
Sich lagern auf des Sommers Gruft. 


Im Herzen welche heitre Stille, 
Und welche Fülle rüſt'ger Kraft! 
Gelöft in anſpruchlos Genießen 
Der wirre Traum der Leidenſchaft! 


O laß mir doch den klaren Frieden, 
Der fonnig dieſen Tag verklärt, 
Laß mir ihn, Genius des Lebens, 
Der dir zu danken fromm mich lehrt! 


= 


III. 


\ Schwabenland, wie biſt du ſchön, 

Wenn von den grünen Rebenhöhn 
Der Herbſtruf in die Thale ſchallt, 
Zur Leſe wandert Jung und Alt! 


In Keltern ſchaͤumend Traubenblut 
Bezeugt des Jahres Sonnenglut; 
Ihr dankt der Winzer fröhlich Herz 
Im hellen Lied, im derben Scherz. 


Welch regſam Leben iſt erwacht, 
Durchwogt den Tag, durchſchallt die 
Nacht: 
Des Böttchers Schlag, der Wagen Zug 
mit Glöckchenſchall und Bänderflug! 


Und abends in des Mondes Glanz 
Flammt auf die Luft im Erntetanz. 
Wie ſtolz der Burſch fein Mädel ſchwingt, 
Wie füß das Wort der Liebe klingt! 


S 


Ein Hauch von dieſer reichen Kuft, 
Strömt mir auch voll in meine Bruft. 
Des Volkes Kraft und Freudigkeit 
Empfind' ich mit zu dieſer Zeit. 


Nach heißer Arbeit Sorg' und Haſt 
Der Ernte Glück, des Friedens Raſt — 
Die jubeln heut auf dieſen Höhn: 

O Schwabenland, wie biſt du ſchön! 


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IV. 


ch! Aus blauen Ätherhöhn 
Wandervögel jingen, 
Wollen, letzte Roſe, dir 
Sceidegrüße bringen. 
Traurig ſenkſt dein Köpfchen du: 
Rlanglos, ohne Lieder 
Blüht dir nun des Lebens Mai, 
Arme Blume, nieder. 


Aber uns, mein holdes Lieb! 

Fielen beſſre Looſe, 

Blühſt du meinem Leben auch 

Selbſt als letzte Roſe; 

Frühlings zauber weckteſt du 

Mir doch im Gemüte, 

Einen vollen Lebensmai, 

Duft und Strahl und Blüte! | 


Und vertrauend darfſt dein Herz 
Du an meines legen; 
s iſt Fein ſchuͤchtern Jünglingsherz 
mit verzagten Schlägen! 


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s ift getauft in Lebensglut, 

Und in Wetterguͤſſen, 

Hat der Schmerzen ſchweren Joll 
Früh ſchon opfern müſſen. 


Doch es ward kein totes Land, 
Friſch iſt es geblieben, 
Wie ein feurig Jünglingsherz 
Dich, mein Rind, zu lieben; 
Doch auch ſtark mit Manneskraft 
Seine letzte Roſe — 
Dich! — zu ſchützen, ob um ſie 
Lebensſturm auch toſe! 


Kann die Mannesſeele dir 
Jugendreiz nicht geben, 
Rlanglos nicht wird niederblühn 
Drum dein ſchönes Leben. 

Was ein Gott in ſie gelegt 
Soll dein Dafein ſchmücken, 
Einen vollen Blütenkranz 
Auf die Stirn dir drücken! 


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erbſtlich trübes Abenddüjtern 
HBullt in Nebel Wald und Flur. 
Alles ftille; Waldesflüftern, 
Stromesrauſchen hör' ich nur. 
Manchmal auch von Roß und Wagen, 
Wenn fie raſch am Bergabhang 
Schattenhaft vorüber jagen, 


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Hör' ich dumpfen Donnerklang; 
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Doch kein Lied, das ſonſt das Scheiden 
Eines Erdentags verſchönt 

Und die ſchwer bekämpften Leiden 
meines Herzens mild verſöhnt. 


Schöpfermüde ruht die Erde, 
Lautlos in ſich ſelbſt verſenkt, 
Seit von ihrem Gpferherde 
Sie die letzte Frucht geſchenkt. 
Und es lauſcht mein Herz vergebens, 
Ernſter Gramgedanken voll, 
Nach dem tiefen Ruf des Lebens, 


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Der fo mächtig ihr entquoll: 
Wird's dereinſt auch im Gemüte, 
Das ſein friſcher Hauch noch ſchwellt, 
Wenn mein Sommertag verglühte, 
Still und tot wie rings die Welt? — 


Horch! da hör' ich Freudentöne: 
Glöcklein klingen durch die Nacht. 
2 Durch die luſt'gen Winzerföhne 
Wird der erfte Wein gebracht. 
Lichter flammen auf im Thale, 
Lieder ſchallen! Fackelſchein 
Lockt mit düfter rotem Strahle 
Zu der Schenke mich hinein. 
Bald im Kreife froher Zecher, 
Wie verwandelt meine Welt! 
Fröhlich ſchäumt der Wein im Becher, 
freudig iſt mein Herz geſchwellt. 


Aus des Weines duft'ger Süße 

Und aus ſeiner milden Glut 

Schlürf' ich ſtill des Sommers Grüße, 
Der gereift der Traube Blut. 

Sein erloſchnes Sonnenfeuer 

Sprüht in dieſem edlen Naß, 

Weckt zu Lebensluſt, zu neuer, 
Freud'ge Liebe, ſtarken Haß. 


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— 34 — 


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1 Allem Guten, allem Schönen 
Freud'ge Liebe thatbereit, 


Aber allen die fie höhnen, 

Starken Haſſes grimmer Streit. 
Jugend! ſterben kannſt du nimmer: 
Rettend — wie der junge Wein 
Sonnenglut und Sonnenſchimmer — 
Sog ich deine Gluten ein. 


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In goldener Frühe. 


E⸗ taucht der Morgen in Roſenglut 

Die Wipfel der Tannenrieſen; 
Hellglänzende Lichter küſſen die Flut 
Des Waldbachs und tauige Wieſen. 


Aus goldener Ferne Lerchenſang 
Und Stimmen aus jedem Strauche 
Und das erwachende Thal entlang 
Frühglocken im Morgenhauche! 


Ich wandle dahin am Bergesfaum, 
mein Herz trinkt Strahlen und Töne, 
Den ganzen erquickenden Lebenstraum 
Aus dem Becher der Morgenſchöne. 


Da fühlt ſich die Seele gut und rein, 
Da wachſen ihr Adlerſchwingen, 
Da möcht' in die lachende Welt hinein 
Sie edelſte Thaten bringen. 


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Da wird die heiße Sehnſucht Gebet: 
© mög’ es ein Gott mir geben, 
Der Schönheit adelnde Majeftät 
Ju retten für mein Leben; 


Daß wenn der Tag mich wieder um⸗ 
lärmt 
mit des Dafeins Wirrfal und Mühe, 
Ihr Glanz mein ſehnend Herz erwärmt 
Wie im Hauche goldener Frühe! 


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G ſonnenreiner, klarer Morgen 

Nach langer, trüber Regenzeit! 
Wie e falt dein Licht, das lang verborgen, 
Die Erde faft mit Trunkenheit. 


Das iſt ein Gluͤhen und ein Glänzen 
Von Thal und Hohn, von Buſch und Kain. 
Das Dörflein an der Feldmark Grenzen 
Wie lacht's verklärt im goldnen Schein. 


Wie anders ſelbſt die MRenſchenherzen! 
Verdroſſen geſtern, ſtumm und kalt; 
Heut hör' ich fingen, hör’ ich ſcherzen, 
man ruft mir zu von Feld und Wald. 


Strahl auch in mein Herz deinen Segen, 
Du ſüßes ungewohntes Licht, 
Das endlich nun nach rauhen Wegen 
Sieghaft durch alle Schatten bricht! 


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Dämmerung. 


Dunkel wird es im Waldesthal, 

Nun auch des Tages letzter Strahl 
Über des Bergjochs Tannen verglüht 
Und im Strome fein Bild verblüht. 


Heimliche Stille allerwärts, 
Wur der Strom und mein banges Herz 
Pochen und rauſchen immerzu, 
Kennen die Raſt nicht — nimmer die 
Ruh’. 


Auf dem Waldfteg hab' ich gelauſcht, 
Wie die Waſſer dahingerauſcht. 
War’s nicht wie flehender Klagelaut, 
Rufe von Schmerzen, die mir vertraut? 


Stürmende Wellen, wohin? woher? 
Wiege das Moos und Grab das Meer! 
Und dazwiſchen der ruhloſe Streit, 
Dunkel das Ziel, und der Weg fo weit! 


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Nieder vom Himmel als funkelnder 
Tau, 
Aufwärts als ſtürmiſches Wolkengrau, 
Wieder zur Erde, wieder die Bahn 
Wie vordem auch zum Ocean. — 


Bild des Lebens, was ſollſt du nur 
Deuten und fagen der Kreatur, 
Die durch das ewige Einerlei 
Kämpft und ringt mit der Sehnſucht 
Schrei? 


Aber wie lang ich lauſchen mag, 
Bis ſich in Nacht verloren der Tag — 
Raſtlos brauſen die Waſſer fort, 
Bringen mir nicht das erlöfende Wort! 


Bringen ſie's nicht — es iſt doch kein 


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Wahn: 
Einſtens nimmt uns ein Ocean a 
Ewigen Friedens nach dem Lauf 
Ruhlos wogenden Dafeins auf! 
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Komm ſtille Nacht! 


Komm ſtille Nacht, mit deinen Schatten 
Und decke mild die Erde zu, 

Auch über mir, dem Sturmesmatten, 
Laß ſchweben deine Friedensruh'! 
Gerungen hab' ich heiß am Tage 
Für Recht und Pflicht mit Mannesſinn, 
Nun küſſe mir vom Mund die Klage, 
Du aller Müden Tröfterin. 


Führ mich vom Ölberg meines Lebens, 
Wo ich geſchlüͤrft den Kelch der Pein 
Und um Erlöſung bat vergebens, 

Yun in des Friedens Patmos ein; 

Da laß aus des Gefühls Verſteinung, 
Wie Moſes aus der Felſenbruſt, 

Aus dürrer Öde der Verneinung 

Mir quellen friſche Lebensluft! 


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O hauch in deinem heil'gen Schauern 

Ins Herz den Odem junger Kraft, 

Daß ſtark es ſich aus Gram und Trauern 

Zu friſcher Geiſtesthat errafft! 

O laß nach wildem Tagesreigen, 

Laß, wenn der Hände Werk voll bracht, 

Die Seele zu den Sternen ſteigen, 

Du tröſtungsreiche milde Nacht! 


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Nächtliche Wanderung. 


Danrte Nacht im weiten Forſt: 
Keines Sternes Schein 
Leuchtet in die Finſternis 
Holden Blicks herein. 


Nur der Schnee erhellt den Pfad, 
Der unendlich weit 
Sich vor meinen Blicken dehnt 


Durch die Einſamkeit. 


Finſter drängen rechts und links 
Sich die Bäume her, 
Wie die Boten bangen Leids: 
Schweigend, trüb und ſchwer. 


Fernab brauft der Waſſer Fall, 
Tönt unheimlich ſchrill 
Eines Käuzchens Klageruf — 
Still ſonſt alles, ſtill! 


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Wie verdoppelt ſich der Schritt: 
Wilde jähe Haſt 
Treibt mich, als ob Geiſterhand 
Kalt nach mir gefaßt. 


Tru be Mare raunt ins Ohr 
mir der Sorge Pein, 
Furcht für meiner Lieben Wohl 
Schleicht ins Herz hinein. 


— — 


A Gute Genien fhügt mein Haus, 
Stillen Glücks Afyl: 
Kinderaugen lieb und klar, 
meiner Wandrung Ziel! 


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Sonntag. 


Komme wieder, komme wieder, 
Sonnentag voll Licht und Glanz! 
Tauch in deine Feuerfreude 
meine müde Seele ganz! 


Trag mit deinen Glockenklaͤngen 
Aus dem Staube ſie empor! 
Gie b ihr wieder, gieb ihr wieder, 
Was ſie Söttliches verlor! 


Zu des Geiſtes Hochaltaren 
Gönn ihr fromm den Sehnſuchtsflug, 
Laß fie trinken, laß fie trinken 
Ew'ger Schönheit vollen Zug! 


Caß fie ſchauen, laß lie fühlen 
Deinen milden Friedenshauch: 
Tag des Lichtes, Tag der Freude 
Deines Gottes bin ich auch! 


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Kirchenſtille nun im weiten 
Wald. 


Kircenſtle nun im weiten Wald, 
Seiner Vöglein Lieder find verhallt 
Und verſtummt der taufendfältige Laut 
Im Gebuͤſch und Heidekraut. 
Nur der Bach allein 
Mag nicht ſtille ſein, 
Singt bewegt, was ihm Natur vertraut. 


Einſam auf des Ufers Felſen ruh' 
Sinnend ich und hör' den Waſſern zu; 
Ach verſtehen möcht' ich nur einmal, 
Was ſie ſingen durch das ſtille Thal, 

Seit vom Mutterſchoß 


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Sie ſich rangen los, 
Ungeftüm in wilder Sehnſucht Gual. 
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Herz und Natur. 


Dünere Wolfen 
Am Himmelszelt, 
Schatten der Schwermut 
Verhüllen die Welt! 


Bang iſt die Seele — 
Da plotzlich ein Strahl: 
Goldene Sonne 
Durchflutet das Thal! 


Funkelnd und wogend 
Begrüßt fie der Fluß; 
Schauernd empfindet 
Das Herz ihren Kuß! 


Ach, oft ein Lichtblick, 
Ein einziger nur: 
Siehe, verwandelt 
Iſt Herz und Natur! 


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Lerchenlos. 


S ſelige Lerche, o könnt' ich wie du 
Im Sonnenäther mich baden 


Und jauchzen der Erde Schönheit zu 
Hoch über der Menſchheit Pfaden! 
Könnt’ ich den ganzen Jubel der Bruſt 


In Liedern wie deine faſſen 


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Und ſie als ſprühende Funken der Cuſt 
Aufleuchten und ſterben laſſen! 
Nur einmal das heiße ſtuͤrmiſche Herz 
In deine Wonnen tauchen, 


Dann würd' ich der letzten Stunde Schmerz 
In ſeligem Lächeln verhauchen! 


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Herz, unſterblich iſt die Freude. 


Eiferſuchtig deiner Sorgen 
Finſtrer Hüter willſt du fein, 
Doch an einem ſchönen Morgen 


Kehrt der Lenz bei dir auch ein! 


Aufwärts zu dem Born des Lichtes 
Lockt dich feiner Lerche Ruf, 
Und erhellten Angeſichtes 
Schauſt entzückt du, was er ſchuf! 


Seiner Bäume Blütenflocken 
Leuchten feſtlich durchs Gefild, 
Und mit bligendem Frohlocken 
Tragt der Strom der Sonne Bild! 


Wo du gehſt, auf allen Wegen 
Grüßt dich duft'ge Blumenpracht, 
Iſt des Frühlings Blütenfegen 
Zu lebend gem Reiz erwacht! 


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Hell aus dunkelm Tannenwalde 
Bricht der Buchen junges Grün, 
Und das tauige Moos der Halde 
Funkelt in der Sonne Glühn. 


Und aus allen Höhn und Gründen 
Ruft und lockt der Vögel Chor, 
Eine Botſchaft zu verkünden 
Jedes frommen LCauſchers Ohr. 


Herz, unſterblich iſt die Freude, 

Ob ſie auch verſchüttet lag, 

Endlich doch — nach ſchwerſtem Leide — 
Kommt ihr Auferſtehungstag! 


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Slüf. 


träume nur des Glüdes Traum, | 
Wo ’s deine Seele grüßt; 
Und wenn es flücht'ge Stunden kaum 


Das Weltleid dir verſuͤßt. 

Iſt es ein Fremdling nur der Welt, 
Heg's dennoch liebevoll; 
Und wenn es auch nicht Treue hält, 
Verfolg es nicht mit Groll. 


Beſeligend hat doch ſein Strahl 
Dein Haupt einmal berührt, 
Du haſt im Tiefſten doch einmal 
Das Götterfind gefpürt. 


DI Bönlein im duftigen 
Bluͤtengezelt. 


) Döglein im duftigen Blütengeselt, 
7 Wie ift dir in diefen Tagen? 
Du trillerſt und jubelft, als müßteft der 
Welt 
Von ſeltenen Wundern du ſagen. 


In Rofenflammen dein Apfel baum, 
Dein Neſt in Blüten begraben — 
Wie follte dein kleines Herz da noch Raum 
Für all dieſe Wonnen haben? 


Drum ſchmettert ſo machtvoll in 
jubelndem Klang 
Dein Lied aus den ſchauernden Zweigen, 
Als müßteſt ausftrömen der Freude 
Drang 
Du aufeinmal — und ſelig dann ſchweigen! 


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Goldner Morgen. 


Gaiden lacht und glüht der Morgen 


N Uber maiengrünen Höhn — 

| Und du, Seele, ſinnſt voll Sorgen, 
Und die Welt iſt doch fo ſchoͤn! 

Glocken rufen, Vöglein ſchlagen, 

Blütenlicht durchflammt das Land. 


Wirf dein Jagen und dein Klagen, 
Herz, in dieſen Freudenbrand! 


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Nach Jahren. 


Du lieber Wald, wie lange 

mied ich dein traut Revier; 
Nun klang wie fröhlich Grüßen 
Dein Rauſchen über mir. 


mir war's, als müßt' ich ſchmiegen 
mich feſt an jeden Baum, 
mich mit den Wipfeln wiegen 
Und träumen alten Traum. 


Be zaubert ſtand ich lange, 
Wo aus der Felſenbucht 
weißſchaäumend, freiheitsſelig 
Hinbrauſt der Waſſer Flucht. 


Im ernſten Hochthal fühlt' ich 
Wie einſt in alter Zeit 
Durch meine Seele ſchauern 
Den Geiſt der Einſamkeit. 


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Dann droben auf der Halde 


Sah ich des Tags Verglühn, 
Um deine dunkeln Wipfel 
Sein goldnes Feuer ſprühn. 


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— 55 — 


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Wieder kommt, ihr ſüßen 
Traͤume. 


Wieder kommt, ihr ſüßen Träume, 
Die die Jugend mir beſeelt, 
mir ſo wunderbare Mären 
Von der weiten Welt erzählt. 


Ach, ich hatte längſt vergeſſen 
Euch zu lauſchen andachts voll 
In dem wilden Kampf des Tages, 
Der ans Ohr mir dröhnend ſcholl. 


In dem Wirrſal dieſer Stürme 
War die Sehnſucht bald erſtickt, 
Die mit frommen Kinderaugen 
Nach der Schönheit Blume blickt. 


Hat ſie auch nach heißen Tagen 
Oft noch ſchüchtern angepocht, 
Ach ich hab' ſie ſtrengen Geiſtes 
Weltbefangen unterjocht. 


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War ich doch mit allen Sinnen 
In des Nutzens harter Fron: 
Unbeliebter Arbeit Sklave, 
Sprach ich meinen Göttern Hohn. 


Raſch erwerben, raſch genießen 
Schien auch mir ein klug Gebot, 
Doch in dem bacchant'ſchen Taumel 
Schrie oft wild des Herzens Not. 


In dem Wettlauf nach dem Glücke 
Pries man oft als Sieger mich, 
Während mir ein bittres Weinen 
Heimlich durch die Seele ſchlich. 


Heimatlos im eignen Herzen, 
Fand ich nirgends volle Ruh', 
Lachte mir vom Tiſch des Lebens 
Wie ein voll Behagen zu. 


Wieder kommt, ihr ſüßen Träume 
Gottbeſeelter Jugendzeit, 
Mich von neuem zu beglücken, 
Seit das Herz in mir befreit. 


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— 57 — 


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Treu will ich nun zu euch halten, 
Genien der Schönheit, lehrt 
Euren Gottesdienſt mich wieder 
Und des Herzens heil'gen Wert! 


UÜberglänzt mein künftig Leben 
Wie ein ſanftes Sternenlicht — 
Eurer würdig es zu formen, 

Sei mir Wonne, Troſt und Pflicht! 


— 88 — 


Weihnachten. 


Komm, heil ge Nacht, mit deiner 
Sternenleuchte, 

mit deiner Kerzen freudigem Gefunkel! 

O komm brich aller Leiden truͤbes Dunkel, 

Das gütig oft dein göttlich Licht ver⸗ 


| 
| ſcheuchte! 
| Noch währt dein Zauber — ewig unver- 
| alter — 
| Trotz aller Zweifel, kritiſchem Verneinen: 
ö Mit Jubel grüßt das Herz doch dein 
Erſcheinen 
| Und jeden Ort, wo deine Feier waltet; 
Zum Paradies geſtaltet 
N Dein Geiſt des Hauſes Herd auf kurze N 
Stunden: 
Wo Kinder jauchzen um den Weihnadts- 
baum, 
Rührt ſelbſt der Alten Herz ein Freuden⸗ 
traum, 
Wie reiner es noch keinen hat empfunden, 


Daß tief und dankend es erkennt: noch 
immer 

Iſt unſrer Welt ein Engelgruß dein 
Schimmer! 


Ein Nachglaͤnz jenes Lichts, das um 

die Hirten 

Vor Bethlehem einſt wetterleuchtend 
flammte, 

Prophetiſch ſprach von des Erlöfers Amte: 

Das Heil des Lichts, der Liebe, der ver- 
irrten 

Unſel'gen Menſchheit gnadenvoll zu 
ſpenden — 

Iſt deinem Leuchten, heil'ge Nacht! ver- 
blieben. 

In deinen Sternen ſteht es hell geſchrieben: 

Woch will den Heiland Gott euch allen 
ſenden, 

Woch will die Not er wenden, 

Die ſchwer bedrückt fo viele Erdenföhne, 

Drum geht ſein Engel leis von Haus zu 
Haus, 

Und teilt der Liebe fromme Gaben aus, 

Daß Liebe bitt'rer Armut Leid verſöhne, 


ZZ ² ! Zu 


Daß heute ſie nicht weint in Gram verloren: 
Nur uns iſt nicht der heil ge Chriſt geboren! 


O doch, der Heiland echter Liebe wird 

geboren, 

Mag auch die Selbſtſucht taglich Sklaven 
werben, 

Manch Hochgefühl in ihrem Gifthauch 
ſterben, 

Mag ſie den Edlen werfen zu den Thoren; 

Mag ſie des Geiſtes heißen Rampf ver- 
höhnen 

Undeinen kurzen Tag das geld des Lebens 

Beherrſchen und das Ziel des Menfchen- 
ſtrebens: 

Der Sieg bleibt doch des Geiſtes treuen 
Söhnen! 

Das klingt mit Engelstonen 

In jedem Herzen nach als Troſt und Segen, 

Dem du die Weihe gabft, hochheil ge Nacht! 

O komm und übe deine Jaubermacht 

In Hütten und Paläften allerwegen, 

Daß Liebe wird zum Prieſtertum erkoren 

Und jede Seele jauchzt: Chriſt iſt geboren! 


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* N 2 CN — . zes. 5 1 
| Die junge Wohlthäterin. 


Von Dome Feierabendglockenklang; | 
Dort aus den lichtdurchſtromten 
Sälen tönen 5 
Bacchantiſche Muſik und luſtiger Geſang j 
Und helles Lachen ſiebzehnjähriger 
Schönen. 


Wie ſchaukelt auf den Wellen der Muſik 
Die Seele ſich in wonnigem Behagen; 
Vom Lichtesglanz durchſonnt den frohen 

Blick, 
Fühlt ſie ſich wohl von Genien getragen! 
7 


Wie blitzt das Auge! Wie die Lippe 
ſchwärmt! 
Wie rauſchen ſtolz die prangenden Ge- 
wandel 
Wie ift es möglich, daß ein Herz ſich harmt 
In dieſem wonneduft'gen Feenlande! 


Es blitzt das Auge, doch es ſtrahlt 
nur Hohn! 
Die Lippe ſchwärmt, das kleine Ich zu 
Frönen; 
Die Lüge lauſcht im Wort wie ein Spion, 
Verrat zu üben an dem Hohen, Schönen! 


Der Jungfrau Herz wird hier zu Markt 
gebracht, 
Um das die Tänzer, wie um Ware lofen — 
Du reines Kind! der Froſthauch ſolcher 
Nacht 
Bricht oftmals deiner Seele ſchoͤnſte Roſen! 


O komm mit mir fort aus dem lichten 
Saal! 
In dunkle Straßen führen unſre Pfade. 
Hier wohnt der Paria, der Not und Qual 
Sein Leben nennt, und Sterben Luſt 
und Gnade. 


Sieh in dies Stübchen! — Sieh die 
Gruppe dort — 
Der Kinder Jubel um die junge Dame! 
Wie lauſchen fie mit Gier auf jedes Wort, 
DasfihvertrautverrätmitihremGrame! 


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Sieh, wie fie jedem eine Gabe bringt, 

Und wo die Gabe nicht vermag zu lindern, 

Da iſt ihr Wort, dem Heilung oft gelingt, 

Ein Engelgruß den Alten und den 
Kindern! 


Und mit der Geberin ſtillſegnend gehn 
Die Genien des Friedens in die Hütte. 
Die arme Frau empfindet wohl ihr Wehn 
Und ordnet Hausgeräͤt und Lagerſchütte. 


Die junge Dame, welcher Gott es gab, 
Um auch, wie du, recht fröhlich fein zu 
dürfen, 
Entfernt die Dornen von des Bettlers 
Stab 
Und nennet dies: des Lebens Wonne 
ſchluͤrfen. — 


Du, die noch nie in deiner Freuden Traum 


Geahnt der Brüder ſchmerzliches Ent⸗ 
behren, 

Und Not und Armut kennt als Sage 
kaum — 

Willſt du nicht auch ein dunkles Los 
verflären? 


Anm 


Willſt du nicht an der Menſchlichkeit Altar 

Das Opfer bringen thatbereiter Güte? 

Wicht für die Dulder pflegen immerdar 

Des Mitleids keuſche heil ge Wunder⸗ 
blüte? 


O lerne dieſe Luft, die nicht ein Rauſch 
Entſchwindet mit der Nacht, die ihn 
geboren 
Gewiß, du ſegneſt dieſen Freudentauſch 
Verachtend kalt den Hohn von ſeichten 
Thoren! 


Doch wenn du von der Armen Segens- 
wort 
Begleitet und von heißen ſchoͤnen 
Thränen, 
Einſt ziehſt vorbei an jenem Freudenort — 
Wird er nicht wecken dir geheimes 
Sehnen? 


O nein! du traͤgſt im Herzen eine Welt, 
Die lichter ſtrahlt als dort die Flammen 
alle! 
Vom Licht der Liebe iſt dein Herz erhellt 
Und weiht es ein zur ſel gen Gotteshalle! 


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Und wenn ſich andre müd und feelen- 


wund 

Enttäuſcht mit Thränen in die Kiffen 
ſchmiegen, 

Wird ſelbſt im Traume noch auf deinem 
Mund 

Des Friedens Kuß, ein ſelig Lächeln 
liegen! 

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— 686 — 


Vinterabendrot. 


Wie ruhſt du auf der Winterflur h 
So bang verglühend, 
| Wie dich um einen einz gen Lie bes blick 


Vergeblich mühend! 


Du löfeft nicht den ſtarren Bann, 
Dem ſie verfallen; 
Dein Strahl weckt nur den ſeelenloſen 
Glanz 
In Eiskryſtallen. 


Ob auch in deinem letzten Licht 
1 Ihr Schneekleid flimmert, 
Der Leiche gleicht fie, drauf der Kerzen 
Strahl 
Wehmütig ſchimmert. 


[91] 


— 67 — 


Iſt fie erſtarrt wie Niobe 
Zu Mutterſchmerzen, 
Als ihr der Herbſt die Blumenkinder riß 
Vom treuen Herzen? 


| Dann laß fie ruhn: ihr Winter bann 


Ward ihr zum Segen! 

Wer will nicht, wenn ſein Liebſtes er 
verlor, 

Sich ſchlafen legen? 


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1 Weihnachten im Irrenhauſe. 


9 Es iſt doch keine Hätte jo ſchlecht, 
\ Wo heut nicht Chriſtus wäre! 


Hans Wachenhuſen. 


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Weinnadrsabens! Der Glocken Ton 
Wogt durch die Lüfte feierlich 
ſchon; f 

Freudig bewegte Menſchen ziehn 
Durch die beſchneiten Straßen hin. 
Da und dort in ihr myſtiſch Dunkel 
Bricht eines Chriſtbaums hell Gefunfel 
Tönt ein aufjauchzender Freudenſchrei 
Seliger Kinder — aber vorbei 

Unaufhaltſam zieht x 
Heute mein ſeltſam Weihnachtslied. 


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N — 69 — 5° 


Sieh! — da hält es am ösdeſten Haus, 
Wo ihres heiligen Seelentau's 
Balſam die Freude ſelten ſchenkt, 
meiſt ſie den Flug vorüber lenkt; 
7 Aber heut iſt ſie doch geladen, 
Dürftende Herzen zu begnaden. 
Tritt nur ein mit mir in den Saal, 
in Feſtlich erhellt von der Kerzen Strahl, 
Und ſieh! wie ſie heut 
Wonnen mit vollen Händen ſtreut! 


je Mädtig erbrauft der Orgel Klang, 
Jubelt wie Siegsruf der Weihnadts- 
geſang: 
PN „Chriſt ift geboren! — o felige Zeit! 8 
Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“ 
Und doch grüßen die Weihnachtskerzen 
4 In den Sängern — verlorene Herzen, R 
Irre Geifter nur — und es ſchallt 
Herzerſchütternd des Lieds Gewalt: 
„O ſelige Zeit! * 
Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“ 


4 


4 — Fr nt 585 ee — 


Sieh, wie der Andacht Sonnenlicht 
Leuchtet auf jedem Angeſicht, 
Als nun der freundliche Prieſtergreis 
Spricht von der Weihnacht Segen und 
Preis. 
Betend falten ſie ihre Hände — 
Hat auch ihnen die Sonnenwende 
Ihres Geiſtes aus ſtarrer Nacht 
Finſtern Wahns das Lied gebracht, 
Das ſiegend durchbrach 
Geiſter erlöfend der MRenſchheit Schmach? 


Als nun das prieſterwort verhallt, 
Silbernen Tons ein Glöckchen ſchallt, 
Und ein liebliches Chriſtkind tritt 
Unter die Irren mit leiſem Schritt. 
Wie ein ſegnender Engel der Freude 
Strahlt es in golddurchwobenem Kleide, 
Und es ruft ſie beim Namen all', 

Leitet ſie unter des Glöckchens Schall 
Von Tiſch zu Tiſch, 
Spendend der Gaben buntes Gemiſch. 


i 
| 
| 


. 2 2 — nu nu * 


Dort dem mann mit dem wirren 
Haar — 
Düfter funkelt fein Augenpaar — 
Reicht eine Geige das Kind und ſpricht: 
„Wackrer Maäftro! nun zögere nicht! 
Deine Freundin ſchenk' ich dir wieder, 
Gieb uns dafür bald neue Lieder!“ 
Zitternd der Meifter weint und lacht, 
Reißt die Geige an ſich mit Macht 
Und eilt davon, 

Heimlich zu prüfen ihren Ton. 


Horch! ein erſchütternder Jubelſchrei! 
Bebend ftürst dort ein Weib herbei, 
Fliegenden Haars mit wilder Haſt 
Hat es des Chriſtkinds Geſchenk erfaßt: 
Eine Puppe! — mit lachenden Augen 
Hält es, als gält' es ein Leben zu 

ſaugen, 
Küffe verſchwendend die Lippen feſt 
Auf die Lippen der Puppe gepreßt: 
„mein Kind! o mein Rind! 
Wie mir die Heiligen gnädig find!“ 


FP 


— 72 — 


— 


Dort der Jüngling mit Scepter und 
Kron 
Träumt ſich zum mͤchtigen Rönigsfohn. 
Dort der Greis mit dem ſchwärmenden 
Blick 
KRündet prophetiſch der Welt Geſchick, 
Hält in der Rechten eine Wage: 
„So wird der Herr am jüngſten Tage 
Wagen die Sünden der argen Welt, 
Aber uns iſt ein Retter beftellt, 
Aus Davids Stamm, 
Preiſet, o preifet das Gotteslamm!“ 


Sieh! dort die Jungfrau — der 
Kerzen Licht 
Zeigt dir das lieblichſte Angeſicht! 
Feſſelt dich nicht ihrer Schönheit Glanz, 
Nicht ihr wehmütiges Träumen ganz? 
Träumt fie vom Kranz in ihren Locken? 
Hort lie den Schall von Hochzeitglocken? 
Sinnend betrachtet fie einen Ring: 
„Ach, daß ſo weit er wandern ging! 
Doch übers Jahr 

Führſt du dein Bräutchen zum Altar!“ 


an 
wer 


Und an die Lippen den Ring geſchwind 
Führt glückſelig das arme Kind, 
Singt dann mit leiſem, gebrochenem Laut 
Weiter das Lied der verlaſſnen Braut. 
Träume, Ophelia-Margarete, 

Träume ſind ja die heilige Lethe, 
Die deines Lebens Nachtſtück begräbt, 
Daß ſich erlöft deine Seele hebt 

Aus dem Abgrund voll Schmerz! 
Träume nur, träume, verlorenes Herz! — 


Wo du auch wandelft, rings um dich her, 
Ob dir Fauſt oder Ahasver, 
Hamlet erſcheint oder König Lear — 
Freudige Herzen begegnen dir, 
Welche des Chriftfinds Gabe beglückt, 
Flüchtig in Träume des Lichts entrückt, 
Daß auch durch dein Herz mit Sieges 

macht 8 | 
Jubelt der Hymnus der heiligen Nacht: 
O ſelige Zeit! 

Freue dich, freue dich, Chriſtenheit!“ 


* 


* 


* 


Ver rief den Krieg? 
1870.) 


Und wer ſeid ihr? — Bethört von ſeinem 
Glüde 
Die Zwerge, die des Riejen Harniſch 


tragen! . 
£udwig Seeger. 


Serien des Tages, Föniglidde Sonne! 
Wie ftrömeft du aus deines Lichtes 
Born : 
Auf unſer Heimatland der Schönheit 
Wonne: 
Hier glänzt die Rebe, dort das goldne 
Korn! 


Um Bergesſtirnen loht's wie Opfer: 


brände, 
Und funkelnd blitzt der Strom durchs 
Thalgelände. 


— 75 — 


e 
nu 
| 

* 


* 


1 = — — 3 2er — — {2 


Und dennoch reihft du an die alte Kette 
Des mMenſchenelends nur ein neues 
Glied: 
Statt Erntetanz — des Krieges Schaͤdel⸗ 
Ir ftätte 
% Und Schlachtgeſänge ſtatt des Friedens 
Lied! 
gi Statt Freudenfeſte herbe Kummer: 
mahle 
ö Und Leidenskelche ſtatt des Frohſinns 
9. Schale! 


We 
a 


gt Ja „Krieg!“ erſchallt's durch deinen 
heitern Frieden: 
Dort weint die Mutter, dort das Kind, 


$ die Braut 
Dem Kämpfer nach, der trauervoll ge⸗ 

ſchieden 

Vom trauten Heim, das einft fein Gluck 
geſchaut, 

Von feiner Arbeit Feld, drauf er ver- 
gebens 

Erhofft die Ernte ſeines treuen 


Strebens! 


. 


. 


Doch hat das Vaterland in ihm ge- 

funden 

Den Mann, der feine Thrane raſch zer⸗ 
drückt, 

Der freudig opfert, gilt's auch Blut 
und Wunden! — 

Doch wer, — wer hat zuerſt das Schwert 
gezückt? 

Wer hat — in Blut ihr Thränenkleid 
zu baden — 

Die Furien des Kriegs zu uns ge⸗ 
laden? 


Im Babel an der Seine, wo ſich 
gatten 
In einem Bild der Erde Reiz und 
Glanz, 
Dort wo des großen Korfen kleiner 
Schatten 
Nachäffend taſtet nach des Ruhmes 
Kranz, 
Wo über einem wahnberauſchten Lande 
Das Scepter führer die gefrönte 
Schande. 


Dort ift der ſchreckenvolle Ruf er- 
ſchollen 
Des wanfenden Cäfaren bleichem Rund. 


weil über ihm des Aufruhrs Donner 


rollen 
Beſchwört den Krieg er aus der Erde 
Grund, n N N 
Des eignen frech zertretnen Volks 
Emporen 


In einem Völkerbrande zu zerſtören! 


Unein'ge Söhne eines Mutter- 
landes — _ 
Haft du gehofft, uns ewig zu ent- 
zwein — 


Doch ſieh! im Flammenſturm des volker 


brandes 


Siehſt du ganz Deutſchland als die 


Wacht am Rhein, 
mit Blut und Eiſen jeden Schimpf zu 
rächen, 


Bis deiner Herrſchſucht letzte Stützen 


brechen! 


ya 


Drum hüte dich, der kalt du Millionen 
Mit frechem Hohn das Friedensglück 


zerſtoͤrt: 

Der Weltgeiſt bricht in Scherben auch 
die Kronen, 

Wenn ſich zertretner Volker Herz em⸗ 
pört! 

Noch immer ift der Rache Tag er- 
ſchienen — 

Auch du führſt deinen Baaltanz auf 
Ruinen! 


zwar hoffſt du noch in deiner zwölften 


Stunde 
Wie ein verlorner Spieler auf dein 
| Glück, N 
3 Das mit dem Abenteurer einſt im 
| Bunde 
Sich kalt und feindlich zog von dir 
zuruck: 
Du wagſt den höͤchſten Einſatz, laß die 
Geiſter 
Des. Glücks ſich beugen ihrem Herrn 
und meiſter! 


Doch nichts gewinnt! wohl haben dich 
erhoben 

Zum Thron des Glückes Geifter toll 
gelaunt: 

Doch deinen Purpur hat der Tod ge— 
woben, 

Der leiſe jetzt aus jeder Falte raunt: 

„Ich hole wieder, was ich einſt gegeben 

Mein iſt dein Name, Stamm und 

Thron und Leben!“ 


Drum friſch und drauf, mein Volk! Für 

Deutſchlands Ehre 

Setzſt du dein Heiligſtes und Höchſtes 
ein: 

Vorwandelnd deinem ſieggewohnten 
Heere, 

Wird dir dein heilig Recht Beſchützer 
ſein! 

Du wirft das Heer der Knechtſchaft und 
der Lüge 

3ertrümmern durch der Wahrheit Sie- 


gesflüge! 


menen nn 


Und trinken Tauſende auch aus der 
Schale 
Des Opfertods dich ſchreckt es nimmer⸗ 
mehr: 
Berufen biſt du doch zum Siegesmahle, 
Unſichtbar ſchweben um dein Helden heer 
Die Geifter derer, die bei Leipzig ftarben 
Und die bei Waterloo uns Sieg er⸗ 
warben! 


Erſt, wenn vernichtet des Tyrannen 

Machte 

Und er gefunden ſein St. Helena, 

Erſt wenn mit Sieg erkannt ſind Deutſch⸗ 
lands Rechte, 

Erſt dann, mein Volk, iſt auch dein 
Raſttag da: 

Erſt wenn der Holle Dämon iſt zertreten, 

Sollſt du für deiner Kampfer Heimkehr 
beten. 


Stun dreißig Jahre! 


(Am 5. September 1870). 


5 


Eee 


Nun dreißig Jahre! ach, ich faſſ es 
kaum, 

Daß ſchon der Jugend Mai hinab⸗ 
geblüht! 

Vorbei der Hoffnung blütenreichfter 
Traum, 

Und bittrer Täufhung Froſt ſchon im 
Gemüt! 

O Jugendzeit! in deinem Blütenhage 

Kehrt die Erinnrung heute ſelig ein. 

Mein Sommer kommt — er bringt wohl 
heiße Tage — 

Dann wird erfriſchend mir dein Nach⸗ 
klang ſein! 


N 


Nun dreißig Jahre! — heut vor einem 

Jahr 

Empfing ich noch des Herzens Feſtes⸗ 
gruß, 

Das meiner Kindheit frommer Genius 
war — 

Empfing ich einer teuern Mutter Kuß. 

O liebe Mutter du! ach, heute trage 

Ich einen Kranz auf deines Grabes Stein; 

Mein Sommer kommt, — er bringt mir 
heiße Tage, 

Doch wird dein Segen, Mutter! mit mir 
ſein. 


Ihr meiner Jugend fröhliche Ge⸗ 

noſſen, N 

Wo ſeid ihr? — auf dem Erdenrund 
verſtreut! 

Viel andre haben ſchon das Aug' ge⸗ 
ſchloſſen, 

Das ſich mit mir am Spiel der welt 
erfreut. 

Und andern ward der Freundſchaft 
Wort zur Sage — 

Doch einige noch nenn' ich freudig mein. 


— 83 — 


Nein Sommer Fommt — er bringt mir 
heiße Tage — 

Ihr letzten noch — ihr werdet treu 
mir ſein! 


Und ſieh! was drängt ſich freudig auf 

mein Knie? 

mein Töchterlein — der wilde Geiſt vom 
Haus! 

mit Kuß und Schmeichel worten bietet fie 

Zum Feſtgruß einen wahren Rieſen⸗ 
ſtrauß! 

Da naht mein liebes Weib! Fort jede 
Klage! N 

Iſt doch der Liebe traute Heimat mein! 

mein Sommer kommt — es nahen heiße 
Tage — 

Für euch, ihr Lieben, will ich ruͤſtig fein! 


Horch, Glockenklang und lauter Jubel 
ton, 
Ein Hurra brauft dem andern ſtüͤrmiſch 
nach: 
„Gefangner Deutſchlands ward Napoleon 
Vor Sedan, wo des Frevlers Macht 
zerbrach!“ 


© welch ein Feſttagsgruß! mit Jubel 
trage 

In meines Lebens Buch ich ſtolz dich ein: 

mein Sommer kommt — bringt er auch 
heiße Tage, a 

Herr Gott! Welch Glück, ein deutſcher 


— 


— 88 — 6* 


7 
9 


Vergiß, mein Volk, die treuen 
Toten nicht. 


(J87J.) 


A ga,» A die treuen Toten nicht und 
tüde 


Auch ihre Urne mit dem Eichenkranz. 
Th. Körner. 


Leu nur der Freude Becher bis zum 
ff ” Grunde, 

Den deiner Helden Siegeslauf dir bot, 
gt Und ſonne dich in feiervoller Stunde 


* In deines Ruhmes praͤcht' gem Rorgenrot. 
Laß Fahnen rauſchen, hohe Lieder 
9 ſchallen — 
* Dir ward die Freude ja zur EUR 
pflicht — 


Vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht! 


$ Doch in des Jubels trunknem Über- 
| wallen 
ar 


| 


Erz 


——ů— 


Die Lebenden begrüßt dein Dank, dein 
Segen, — 

Der ſchoͤnſte winkt an ihrer Lieben Herz! 

Und tauſend weiche Hande wollen pflegen 

Und tröftend lindern wunder Krieger 

Schmerz. 


Die Toten aber ruhn in fremden Gauen 
Den Kranz der ihre bleiche Stirn umflicht, 
Kann nur des Himmels Thräne noch 


betauen — 

Vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht 
Sie warfen ihre Bruſt dem Feind ent⸗ 

gegen, 

Ein Schutzwall dem bedrohten Vater- 

land! 

Sie ftürmten vorwärts trotz Granaten- 

regen, 

Bis heißer Tod den weg zum Herzen fand! 

Sie fragten nicht: wer wird die Lieben 

fügen, 

Wann des Beraters Aug’ im Tode bricht? 

Sie riefen: Vorwärts! Deutſchland wird 

fie ſchützen! — 

Vergiß, mein Volt die treuen Toten nicht! 


— — un ur. 


1 


Was ſterbend — doch als Sieger! — 

fie erwarben, 

O fhüg es als ein unantaftbar Gut: 

Der neue Bund, für den fie jauchzend 
ftarben, 

Der Einheit Bund, getauft in Heldenblur! 

Reizt Wahnwitz dich aufs neu’ zu 
innern Fehden, 

Ruf ihre Geiſter auf zum Volksgericht 

Daß zu den Lebenden die Toten reden! — 


vergiß, mein Volk, die treuen Toten nicht! ! 


— ee ee en 


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5 


Scchutterthal. 


18781882. 
9 
J 
> — rauen — * 5 


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* r 


* en . 


Lin Prolog. 


Erfiuana ward des Volkes heißem 
Sehnen: 
Aufwuchs aus Blut und Thränen 
Groß und gewaltig unſer Vaterland; 
Und ſtrahlend leuchtet über Land und 
Meere 
Das Banner ſeiner Ehre, 
Von feinem Schwert geſchuͤtzt in ſtarker 
Hand. 


u u u = 


Und doch nach unfrer Adler kühnem 

Fluge, 

Nach unſrem Siegeszuge 

Kein Frohgefuͤhl in unſres Volkes Kreis! 

Ein kurzer RNauſch in nie geahnten 
Wonnen, 

Der wie ein Traum zerronnen, 

Nun allwärts Kampf und mühſal, 
ſchwer und heiß! 


. 


* 


2 


Händen — 
An Heroſtratosbränden 
Schürt's heimlich und ein boͤſer Dämon 

lacht. 


Und ach! in unſres Glückes kurzen Tagen, 
Die ruheloſes Jagen 
Nur nach Gewinn und nach Genuß 


Die Taube fehlt, die uns den Glzweig 
* brächte! 
Wer zählt die bangen Nächte, 
Die ſchlafentwöhnt fruchtloſer Fleiß 
durchwacht? 
Der Hammer raſtet in viel tauſend 


gekannt, 
Verloren ging das Meiſterwort, das 
ſiegend 
Den Haß, den Neid bekriegend, 55 
Den Daͤmon in der Bruſt der e 
heit bannt. 
f Y 
O nimmer wird der Waffe Blitz ihn 
ſchrecken, — 
Ihr müßt das Herz erwecken 
Tief in euch ſelbſt und in der Armen 
Bruſt! 


r 


Den Born erſchließt der Menfchheitsideale 
Und tränft aus voller Schale 
Die Leidenden mit hoher Liebesluſt! 


Lernt jedes dunkle Renſchenlos ver- 

klaren 

Und lehrt, daß im Entbehren 

Des äußern Glücks uns oft ein innres 
reift. 

Das Herz iſt reich an Wundern und an 
Gnaden — 

Nrühfelig und beladen 

Seid ihr nicht mehr, wenn ihr fie nur 
begreift! 


So kommt, wenn nach des Tages 

heißem Ringen 

Die Feierglocken klingen, 

Ein heimlich trauter Garten ladet ein. 

Da grüßt verſöhnend euch der Schön— 
heit Blüte, 

Da quillt in das Gemüte 

Verjuͤngend ſtiller Freuden Sonnenſchein. 


. m a 


EEE 


| 


. 


Nicht Lieder, die entzweien und zerſtoͤren 
Und läuten zum Empören, 
Wicht Bilder einer kranken Phantaſie! 
An Bild und Klang ſoll euer Herz ſich 
freuen, 
Die Dichtung ſoll erneuen, 
Was Holdes euch das Leben je verlieh! 


Doch nicht den Schlummermohn im 

Kampf der Tage 

Kredenze Lied und Sage, 

Nein, einen friſchen vollen Lebenstranf! 

Es ſoll die Kunft erheitern, doch auch 
ſtählen, 

mit Kraft und Mut beſeelen — 

Nur dann zollt ihr das Leben freud'gen 
Dank. 


4 — 


ee. 


Kaiſerhgmne. 


Deurſchland rief in dunkeln Tagen: 1 


„Wann, o wann erſcheint der Mann, 
Der den alten Hader ſchlichten, 
Der das Reich errichten kann?“ 55 
Du im Sturme wilder Schlachten 
Biſt gekommen, greiſer Held: 


Baifer Wilhelm, Deutſchlands Stämme 2 
Einteſt du im blut ' gen Feld! 
Nord und Süd verbrüdert ſtürmten 
Von Germanias wunder Stirne 
an 


Deinem Schwerte jauchzend nach; 
Sank der Dornenkranz der Schmach. 
Frei und ſtolz im Rat der Völker 
Schlägt fie nun das Aug’ empor; 
Kaiſer Wilhelm, Deutſchlands Ehre 
Strahlt, ein Stern, wie nie zuvor! 


Deutſchlands Schirmherr, Deutſch⸗ 


} 
J lands Führer, 
Wie du ftandeft im Orkan, 
Leuchte du der deutſchen Arbeit 
Auch im Frieden hell voran! 
Schirm, was deutſcher Geiſt geſchaffen, 
Was des Bürgers fleiß' ge Hand! 


Raifer Wilhelm, ſegnend walte 
Lang noch über deutſches Land! 


Mond am Horgen. 


— — 


Was fäumft du noch, 


Du bleicher Nachtgeſelle? 
Längft trat der junge Tag 
Auf feine Roſenſchwelle. 


Die Erde glüht, 5 
Berauſcht von ſeinem Schimmer: 
Des Freundes, der die Nacht 
Verklärte, denkt ſie nimmer. 


Du blickſt ſie an 
Wie ein verfhmähter Freier, 
Der die verlorne Braut 5 
Erblickt im Hochzeitsſchleier. 


Du mußt es fehn, 
Wie an dein innig Lieben 
Auch nicht ein Hauch 
Erinnerung geblieben. 


Und dennoch Fannft 


Den Anblick du nicht meiden, 
Zu ſchon iſt fie: ihr Reiz 


re 


— . Mess” _ nase. 2a 


Bezwingt dich noch beim Scheiden. 


N 


Htundenlang bin ich im weichen Moos N 
Droben am Waldſaum gelegen, 
Schlürfte wie der atmende Wald 
Himmliſchen Sonnenſegen. 


Jah in der Ferne dammerndem Blau * 
Himmel und Erde ſich einen: 2 

© ein beglüdendes Paradies 
Wollte die Welt mir fcheinen. 


0 
0 
% 
Am Wald ſaum. 


Lachend in roſigen Blüten, 
Schien fie nur ein beſeligt Geſchlecht 
Liebend zu hegen, zu hüten! 


1 
Uberſchüttet mit Licht und Duft, N 


Aber ich wußte: Tauſende dort 
Fluchen dem Weh des Lebens — 
Sagt mir, ihr Glückverlaſſenen, grüßt 
Euch der Frühling vergebens? 


Glaubt mir: den Becher bitterſten 
Wehs 
Hab' ich mit Thränen getrunken, 
Bin auch in mancher dunklen Nacht 
Zagend zur Erde geſunken; 


Aber aus toſender Sturmflut hab' 
Eines ich mir gerettet, 
Was an dies ernſte Leben mich 
Freudigen Sinnes kettet: 


Heute noch durch mein tiefſtes Herz 
Wogt ein bräutlich Entzücken, 

Wenn die Wunder des Fruͤhlings aufs neu 
Himmel und Erde ſchmücken. . 


Heute noch ſchenkt mir manchen Tag 
55 Unſere Zauberin Sonne, 

Wenn ſie erwacht, wenn fcheiden fie geht, 
Tief erquickende Wonne. 


Ba a a 


a » — 


Mag drum dich verklagen der Wahn 
Als die ſchlimmſte der Welten, 
mag die Armut des Herzens dich 
Gleißende Lügnerin ſchelten; 


= 


mir doch bleibſt du fhön und groß, 
Mutter des Lebens, o Erde, 
Will mich deiner freuen, bis einſt 
Schlafen in dir ich werde! 


ee 


— 101 — 70 


Grümliches Menſchenkind, 


f blick auf! 
I Sränlices menſchenkind, blick auf: 


Leuchtender Frühling zieht herauf! 


Lange die Erde gefeſſelt lag, 
Endlich kam der erlöfende Tag. 
4 
; F Funkelnd quillt's aus der Sonne Born, 
Weckt in der braunen Furche das Korn; 
N Weckt in den Änofpen der Buchen Grün, 
Gräfer ſproſſen und Veilchen blühn. 
4 
x Rieſelnde Quellen und Wildbachflut 
Stürzen zu Thal ſich in freudigem Mut. 
1 


* 


Amſeln und Droſſeln im Fichtenhain 
Flöten und jubeln im Abendſchein. 


Feſtlich brauſet der Wald dazu: 
\ Keuchtender Frühling, gegrüßt feift du! 


| 
| = 
u. | 
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— 103 — 


905 
1 
5 
rar» Zune 


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* 


Sonnenzauber. 


Suberhelle Lichter flimmern 

Durch die grüne Waldesnacht, 
Und die alten Stämme ſchimmern 
In geheimnisvoller Pracht. 


. Blumen leuchten, Zweige funkeln 
Taufriſch in des Morgens Glut. 
In der Tiefe zwiſchen dunkeln 
Föhren glänzt des Baches Flut. 


Falter blitzen und Libellen 
Um den ſonnenduft'gen Rain, 
Und des Lichtes goldne Wellen 
Zittern überm Felsgeſtein. 


. 


R 
e 


Selbſt im Mooſe ſprüht's wie Funken, 
Und ein wonnig Schauern rinnt 

Durch den Wald, der ſonnentrunken 
Sich in ſel ge Träume ſpinnt. 


Seine Voglein auch verſtummen — 
N Vom Gebüuſch am Bergeshang 
g Tönt ein Flüſtern, tönt ein Summen 


Heimlich nur wie Wiegenſang. 


* WER 


4 j 


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Sen 


Der Kranke im Herbſt. 


Du goldig ſchimmernd Laub am 
Buchenbaum, 

Wie traͤumſt du ſelig deinen letzten Traum 

Und ſpielſt bewegt im leiſen Windes 
wallen. 

Hat dich berauſcht das warme, goldne 
Licht, 

Und ahneſt du die nahe Stunde nicht, 

Wo du mußt fallen? 


Den milden Hauch trinkt meine kranke 
Bruſt 

Wie einen letzten Traum der Lebensluſt: 

Mir iſt ſo wohl im herbſtlich ſtillen Walde. 

Vergeſſen will ich ſelig auch wie du, 

Daß mir vielleicht zur letzten tiefen Ruh 

Ein Glödlein ruft: wer weiß wie balde! 


— 108 


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u 


5 Im Tode vereint. 


€: hielt ihre fiebernden Hande, 
Sah unverwandt fie an, 
Bis ſie zum ewigen Schlummer 
Die Augen zugethan. 


Er weinte nicht, wie die Leute 
Es fordern als Liebespflicht; 
Ein rührendes Lächeln ſelber 
Verflärte fein Angeſicht. 


Die Freunde kamen am Abend, 
Der Toten Wachter zu ſein; 
Er dankte; er hieß ſie gehen: 
„Die heiligſte Nacht iſt mein!“ 


. 
S use rere 


Sie Famen am andern Morgen; 
Sie pochten; fie öffneten zag — 
Da neben der toten Gattin 
Der Greis entſchlummert lag. 


9 Er hielt ihre ſtarren Hände, 

Die Lippen darauf gepreßt; 

Nun läutete draußen die Glocke — 
Ein zweites Vermählungsfeſt. 


* 


i Abendtroſt. 
A — 
A wie lang habt ihr verborgen, 


Düftre Sorgen, 
mir des Maienabends Pracht. 
Plötzlich klang aus blüh'nden Zweigen 
In mein gramvoll duͤſtres Schweigen 
Eines Vögleins heller Jubel — 
) Und mein Herz iſt aufgewacht. 


“ei 


i N Jah die letzten Sonnentraume 
Um die Säume 

maiengrüner Waldeshohn, 
Junger Saaten üppig Wogen, 
Stromesfluten, überflogen 

Von den abendroten Strahlen — 
O wie war die Welt fo ſchon! 


* 


„ir 


— 109 — 


KKK ; Aal . ͤůd ůNM' 2 u a Di 


* 


In der Vöglein Feſtfrohlocken 


Klang der Glocken 0 

Feierlicher Abendchor; 7 $ 
Und ich rief: O Mutter Erde, 

Reifſt du Pein auch und Beſchwerde, 1 

Deiner Schönheit Zauber tragen Bi 


Rettend aus dem Staub empor! 


* 
HER 
a 


an 
en 


— 


0 
N 


Slauduftin die Vogeſen. 


lauduftig die Vogeſen — 

Purpurner Abendſchein 
Guillt über ihre Stirnen 
Aufglühend in den Rhein. 


Seltſame Wolkenbilder 
3iehn durch die Himmelsaun 
Wie Träume meiner Sehnſucht, 


Ich kann nicht ſatt mich ſchaun. 8 


Mir iſt, als müßten ſich öffnen 
Die Wolkenthore weit N 
Und leis der Vorhang ſinken 
Vor der Unendlichkeit; 


Als dürft’ ich einmal ſchauen 
Unnennbar hoch beglückt, 
Was meiner Seele Verlangen 

mit brennenden Farben ſchmückt; 


8 Nach langer Irrfahrt dürft’ ich 
Begrüßen erſehnten Strand 

95 Und wie ein ſeliger Schiffer 
*Aufjubeln: endlich Land! 


— 112 — 


u — 


Wohin. 


We lautlos ſtill ſind Wald und Flur! 
Ihr Voͤglein all, wo ſeid ihr nur? 
Was leis durchs Herz der Erde klang, 
Das jauchzte laut in eurem Sang; 
Nun ſchweigt die müde Traumerin. 
Euch aber zog der Wanderdrang 
Wohin, Wohin? 


Du Roſe, die voll Glut und Duft 
Erblüht in weicher Sommerluft, 
Nun hat der Nord mit ſcharfem Hauch 
Vernichtet deine Schönheit auch. 
Der Blumen holde Königin 
Riß gnadenlos der Herbſt vom Strauch 
Wohin, wohin? 


113 — 


— 


, 


0 

Ich wandre durch den Buchenhain, 
Wie leidverſunken ſtarrt er drein. 

Was ihn verſchont, fein glänzend Laub, Bi, 

Es ſank verwelft, verdorrt in Staub. | 


Das oft erheitert Aug’ und Sinn, 
Im Wirbel treibt's, der Winde Raub — 
Wohin, wohin? 


Du meine Seele, heiß erregt, 
Haſt kühnes Hoffen einſt gehegt, 
a Den höchſten Zielen flogſt du zu. 
2 Wie bald ertönt's auch dir: zur Ruh’! 
| Friedloſe Erdenpilgerin, 
Wie Lied und Blüte gehſt auch du — 
$ Wohin, wohin? 


N 


1 


— 114 — 


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7 2 
f 


Unter den Ruinen von 
Allerheiligen. 


Nu Ruinen ſaßen wir 
Träumend im Abendſcheine. 
Oftmals im Kreife ging der Pokal, 
Funkelnd von köſtlichem Weine. 


Waldesduft und des Abends Licht 
Weckten uns fröhliche Lieder, 
Sangen von Liebe, Lenz und Wein, 
Echo ſang es uns wieder. 


Aber mitten in all der Luft 
Faßte mich heimliches Trauern: 
Saßen nicht Tauſende fo wie wir 
Unter den brödelnden Mauern? 


et 


Hing ihr Auge nicht auch verklärt 
An der verglühenden Sonne, 
Jog nicht durch ihr beſeligt Herz 
Schwärmende Lebenswonne? 


* 


A 
* * 


Wo nun ſind ſie? der Abendwind 
Flüſtert: begraben, vergeſſen! — 
Wähnſt du, du dürfteſt unendlich den 

Traum 
Irdiſchen Glückes ermeſſen? 


Ach, vergangen iſt, was du kaum 
Eben noch glühend empfunden; 
Sehnſucht bleibt nach künftigem Glück, 


Heimweh nach dem, was entſchwunden. 


Eh' du's gedacht, iſt Abend und Tod 
Dir und den Freunden erſchienen. 
Wo du auch wandelft, grüßen dich ſtumm 
Welfendes Laub und Ruinen! 


r Be ee ee ee ee 


Nachwinter. 


Ne herrſcht der Winter auf der Flur, 5 
Doch iſt dahin fein Schneegewand. Fi 
In graue Webelflöre nur 
Hüllt fröſtelnd ſich das öde Land. 


Wie fleh'nde Arme ſtreckt der Baum 
Sein kahl und dürr Gezweig empor. 
Und wie ein ſchwerer dunkler Traum 
Fliegt dort ein Rabe übers Moor. 


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weh dem, der glücklos und verwaiſt a 
Jetzt einſam ſeine Straße zieht! k 
Ihm ſingt der Schwermut finſtrer Geift 
Bethörend fein Sirenenlied. 


Erſtarrend fährt der Wind ihn an 
Wie Grabesodem feucht und kalt, 
Und ſchaudernd fühlt er unterthan 
Sein Herz dämoniſcher Gewalt. 


— 117 


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Aufſteht vor ihm verjährte Schuld 
Und foltert ihn mit wilder Pein. 
Die Sorge drängt mit Ungeduld 
In der Verzweiflung Wacht hinein. 


905 Verlockend rauſcht der Bach ihm zu: 
„Komm, komm, ich ende deine Not! 

8 Was kämpfeſt und was duldeſt du? 
995 Komm, komm! Erlöſung bringt der Tod!“ 


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Freudige Jugend, du biſt 
nicht mehr. 


Feber über Stoppeln der Wind 
daher, 
Wird mir das Herz ſo bang, fo ſchwer. 
Wogte das Korn in goldenem Glanz, 
Blitzte darin der Cyanen Kranz, 
Jubelten Lerchen darüber her — 
Zierde der Fluren, du biſt nicht mehr! 


Roſen erwachen noch jeden Tag, 
Aber es welkt auch in Flur und Hag. 
Leis in den Lüften klingt ein Ton — 
Will denn die Lerche ſüdwärts ſchon? 
Schleicht ſchon heimlich der Herbſt daher? 
Sprühender Sommer, du biſt nicht mehr! 


Friſch noch das Herz, und das Auge 
Far, 
Troge dem Leben noch immerdar! 
Aber die ſeligſten Träume — wie fern 
Aber mein Hoffen ein ſinkender Stern! 
Kämpfe ringsum und Sorgen ſchwer — 


* 
Freudige Jugend, du biſt nicht mehr! 


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Grau der Himmel. 


Grau der Himmel, grau die Berge, 

Und es regnet ſtill und fahr — 
Plöglih bricht herein von Weſten 
Abendliche Sonnenpracht. 


Tief und machtvoll iſt ihr Gluͤhen, 
Überwältigend ihr Glanz, 
Um der Wolken Nacht verzehrend 
Schlingt fie ihrer Strahlen Kranz. 


Von den Bäumen, von den Wegen 
Blitzt es auf wie Demantſchein — 
Jubelnd ſchmettern von den Zweigen, 
Lichtgeküßt die Vögelein. 


Und es glüht die Erde trunken 
In dem wunderbaren Licht, 
Wie ein Antlitz draus das Leuchten 
Plötzlichen Entzückens bricht. 


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Dichter Nebel hält in Thal 


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Dice Webel hält im Thal 
Wald und Flur umwoben, 
Doch ein zager Morgenſtrahl 
Dämmert ſchon von oben. 


mühſam meinen Wanderpfad 
Mußt' ich fürbaß ſchreiten, 
Doch ich weiß, die Sonne naht, 
Wird ihr Feld erſtreiten. 


Mälig aus dem finſtern Grau, 
Rörperlos wie Träume, 
Tauchen in der Wieſenau 
Sträucher auf und Bäume. 


ROBIN 


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Endlich auch des Dörfleins Bild 
Und des Fluſſes Wogen — 
Plötzlich leuchtend durchs Gefild 
Kommt ein Blitz geflogen. 


Geiſtern gleich zum Waldes ſaum 
Fliehn die Nebelſchatten, 
Flutet goldner Sonnentraum 
Auf die grünen Maten. 


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Bac in grauen Nebeln 
Starb der Abendſtrahl, 
Und nun rieſelt's nieder 
Traumhaft leis ins Thal. 


Weiße, duft'ge Flocken 
Glänzen durch die Nacht, 
Hüllen Wald und Fluren 
Weich in Silberpracht. 


Seid willkommen, Boten 
Süßer Winterruh', 
Deckt der müden Erde 
Starres Antlitz zu. 


Ihre Blütenrefte, 
Jeden Dornenkranz 
Überflute lin dernd 
Euer Friedensglanz. 


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Laßt in ihm vergehen 
Rlagelos und ſtill 
Was, vom Herbſt gebrochen, 
Mus nun ſchlafen will. 


Atmet duft ge Kühle 
Heißen Stirnen zu, 
Und in müde Herzen 
Süße Winterruh'! 


— 125 — 


Schneetreiben. 


Die Luft iſt grau, und es wirbelt 
In dichten Flocken der Schnee. 

Und wie durch Nebelwallen 

Ich Wald und Dörflein ſeh. 


Die Straßen ſind verlaſſen, 
Nur ſelten ein Gefpann, 
Nur ſelten ein verſchneiter, 
Verdroſſner Wandersmann. 


Ich bin wie auf einſamer Inſel, 
mitten im grauen Meer, 
Verſunken die Welt, vergeſſen, 
Was ſonſt ſich vergißt ſo ſchwer. 


a 


Von keinem Traum des Glückes, 
Der Hoffnung mehr erregt, 
Blick in den Tanz der Flocken 
Ich kühl und unbewegt. 


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Als drückten Geifterfinger 
Mir heimlich die Augen zu, 
Beſchleicht mich ſüßes Müdſein, 
Ein Ahnen unendlicher Ruh'. 


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Memento. 


60 ( ine anſehnliche Zahl guter Freunde 
—— hat es ſich angelegen ſein laſſen, 
dem heimgegangenen Dichter Ludwig 
Auer bach durch die Sammlung, Sichtung 
und Herausgabe feiner in Tagesblättern, 
Jeitſchriften, Almanachen u. ſ. w. zerſtreut 
erſchienenen lyriſchen Gedichte ein litte— 
rariſches Denkmal zu ſchaffen, ein Mal, 
damit fein Gedaͤchtnis in der Welt bleiben 
möge, wie es die Freunde in ſich tragen, ein 
Troſt für Frau und Kind, die er in jungen 
Mannesjahren verlaſſen mußte, um unter 
die Erde zu gehen. Ein begnadetes Dichter⸗ 
leben it in Cu dwig Wilhelm Auer⸗ 
bad erftanden, der nach feinem Taufſchein 
am 5. September 1840 in der Schwarzwald⸗ 
ſtadt Pforzheim zur Welt kam. Ein reiches 


Gemüt, eine Geſinnung voll Adel und Hoheit, 
eine Seele voll Feuer und Lebens begier iſt mit 
ihm geworden, um nach kurzem aber heißem 
Kampfe mit den Mächten des Lebens, mit 
der firengen Realitat der irdiſchen Dinge 
des Kampfes müde von dannen zu gehen, 
ehe die reichen Anfäge ſeines dichteriſchen 
Gemütes ſich organiſch entfalten und nach 
allen Seiten Blüte und Frucht treiben 
konnten. Der Vater Ludwig Auerbachs 
war kleiner Bijouteriefabrikant in Pforz⸗ 
heim zu einer Zeit, da dieſer Induſtriezweig 
in der Enzſtadt noch nicht jene Dimenſionen 
angenommen hatte wie heute, da er noch 
auf der Grenze zwiſchen Haus- und Fabrik⸗ 
betrieb ſtand. Aber das Gold hatte ſchon 
damals, wie zu allen Zeiten, feine gleißende 
und berückende Nacht. Der Knabe Auer- 
bach mußte gegen feinen Willen in das väter- 
liche Geſchaft eintreten, gegen ſeine Neigung, 
die ihn auf einen Lebensberuf mit vor⸗ 
gängiger akademiſcher Bildung gewieſen. 
Auerbach hat ſeiner Familie das Opfer 
gebracht, wurde Kaufmann und Fabrikant, 
und ſelbſt das edelherzige Anerbieten des 


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7 * 


Großherzogs Friedrich von Baden, 
der durch ein Gedicht aufmerkſam gemacht, 
dem jugendlichen Autor die Mittel zum 
Univerſitätsſtudium bot, vermochte nicht, die 
Beſtimmung des geſtrengen Vaters zu 
ändern. b 
Die Bijouteriefabrikation ift ein haſtiger 
und nervöſer Induſtriezweig, das mußte 
der Dichter erfahren, der fie zum Lebens- 
beruf gewählt. Ruhe und Sammlung 
wurden ihm fpärlidy zuteil, nur dann, wenn 
er auf Stunden dem Pult Valet ſagen und 
hinauseilen konnte in den herrlichen Tannen⸗ 


wald, der bei Pforzheim gleichſam den 


Eingang zum Schwarzwaldgebirge bildet. 
Die Natur wurde dem Dichter Tröſterin 
und Führerin in ſeinen Lebenstagen. An 


ihrer Sprache bildete er die ſeinige, auf 


ſie übertrug er die Regungen ſeiner Seele, 
ſie war ſeine vornehmſte, ſeine geliebteſte 
muſe. 

Unſer Dichter hat die Wechſelfaͤlle zeit- 
lichen Glückes erfahren müffen. Der Dämon 
Gold hat ſich ihm gezeigt und iſt ihm ent⸗ 
ſchwunden: er war ja nicht geſchaffen, dieſen 


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— 130 — 


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Dämon mit gieriger und eigennuͤtziger Hand 
zu faſſen und zu halten. Sein Reichtum lag 
darin, andere freudig und beglückt zu ſehen, 
und er lebte darnach. 

Mitte der Siebziger Jahre forderte eine 
tiefgreifende geſchaftliche Kriſis nach hoch⸗ 
gehenden Wogen des Erfolgs auch bei Lud- 
wig Auerbach materielle Opfer wie bei ſo 
vielen in feiner Heimat. Er entfagte darauf 
feinem ſeitherigen Berufe, verließ im Jahre 
1877 feine Heimatſtadt und ihr erregtes 
Leben, ſiedelte von dem rauſchenden Enz 
thal in das ſtillere Schutterthal im badi- 
ſchen Oberlande über, wo er erſt in Lahr, 
fpäter in Seelbach Wohnftätte nahm. Hier 
hat er als eifriger Geſchaͤftsmann in einem 
neuen Berufszweige neue Bahnen mit raſt— 
loſer Thätigkeit erſchloſſen und in ſtillen 
Stunden innerer Sammlung war ihm die 
Muſe mit vollendeten Gaben getreu. Nur 
das Glück warf ihm keine ſonnigen Blicke 
zu: harte Tage waren ihm auch da beſchie⸗ 
den, und als der Erfolg feines übermäßigen 
Ringens endlich anhub, ſich zu zeigen, da 
war's zu fpät, da ſchnitt die finſtere Schick⸗ 


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falsgöttin feinen Lebensfaden entzwei. Es 
war am 22. Juli 1882. Der Dichter war 
nicht volle 42 Jahre alt geworden. Eine 
Witwe, der nun die Lebensſtütze genom⸗ 
men, trauerte mit zwei unerwachſenen 
Rindern an der Bahre des geliebten 
Toten. In Pforzheim, feiner Vaterſtadt, 
hat der Dichter ſeine letzte Ruhe gefunden 
und treue Freunde, deren er ſo viele beſaß, 
haben feine Grabftätte mit einem Denkmal 
geſchmückt, das feine Züge in einem bron— 
zenen Reliefbildnis trägt. Ernſt Scheren 
berg, der Mitherausgeber diefer Samm- 
lung, ein naher Freund des Verſtorbenen, 
hat dem Grabdenkmal folgende Strophen 
als Inſchrift gewidmet: 


Der Heimat ſchlug dein Herz, 
Erklang dein Wort, 

Des Schwarzwalds Sänger 
Lebſt du in ihm fort. 


Wo ift in einer Dichternatur, insbeſondere 
bei einem &yrifer, die Grenzlinie zu finden, 
wo der Menſch mit feinen allgemeinen 


— 132 — 


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Eigenſchaften aufhört und der Dichter 
anfängt? — Nur der ganze Menſch iſt 
der Dichter und wenn hier zunächſt ein 
Wort über den Menſchen Auerbach folgt, 
ſo wird dasſelbe imſtande ſein, auch den 
Dichter erklären zu helfen. Selten hat 
wohl ein Renſch eine ſolche Anzahl guter 
und begeiſterter Freunde gefunden und auf 
Erden zurückgelaſſen, ſelten hat einer fo 
wenig Feinde und Widerſacher gehabt, als 
unſer Dichter. Nicht als ob ſein Charakter 
und ſeine Art von ſolch weicher An⸗ 
empfindungsfähigfeit geweſen wäre, daß 
er ſich jeder zeit willig andern anzuſchmiegen 
oder unter zuordnen gewußt hätte, im Gegen: 
teil, er blieb ſtets ſo und das, was er vor 
ſich zu bedeuten glaubte, allein ſein Gemüt 
war ſo ſehr von dem Sonnenlichte des 
Wohlwollens und der MRenſchenfreundlichkeit 
durchglüht und es war ihm gegeben, ſein 
edles Herz und ſeine Menſchenliebe ſtets 
vor feine wenn momentan auch entgegen 
ſtehende eigene Empfindungsrichtung zu 
ſtellen, daß fein Bild im Gedächtnis aller, 
die ihn kannten, ein mildes und liebewertes 


1 . . . 


ſein wird. In ſeinem Naturell war der 
Ernſt ſchwäbiſchen Weſens, ein Erbteil von 
der Mutter her, übergoffen von der leben 
ſprühenden Beweglichkeit fränkiſcher Art, 
die ein väterliches Uberkommnis war. So 
kam ein fauftartiger Zug in fein Naturell, 
eine heiße Begier, alle Erſcheinungen geiſti⸗ 
ger, politiſcher und ſozialer Beſtrebungen 
feiner Zeit zu erfaſſen, zu ergründen und 
in ſich aufzulöfen, aber der lebhaft erregte 
Wille vergaß oft das Maß, das jeder 
menſchennatur zur Verfügung ſteht, und 
ſein Begehren, der Wahrheit näher zu 
kommen, nahm oft Schimmer und Schein 
für das Licht ſelber, und war das Er⸗ 
gebnis alsdann auch eine Taͤuſchung, fo 
blieb feine ſanguiniſche Seele doch weiter 
ohne Schaden. 

Ludwig Auerbach war ein ſeelenguter 
und hilfreicher Renſch; fein Rat war 
die That und fein Können oft einzig 
das Maß ſeiner Hilfe. Es wurde ihm 
nicht immer gelohnt, wie er's verdient: das 
hat ihn nicht verdroſſen, weiter hilfreich 
und edel zu fein. Er trug angeborenes 


Freimaurertum in ſich, und manche Saat, 
die er geſaͤet, keimt jetzt erſt zu feinem An⸗ 
denken auf. 

Das lyriſche Gebiet war die dichteriſche 
Domäne Auerbachs. Er hat zwar mit 
einem kleinen Epos: „Bellrem von Weißen- 
ſtein debutiert, einem Werke, das dem 
Jechzehnjahrigen, als welcher Auerbach die 
kleine Dichtung geſchrieben, alle Ehre macht, 
allein fpäter hat er ſich nur zur Lyrik 
gefunden, und wenn er je einmal Gelegen 
heit nahm epiſches Gebiet zu ſtreifen, jo war 
zu erkennen, daß die ſtrengere Form, die 
objektive Haltung der erzählenden Dichtung 
zu der ſtark betonten Subjektivität ſeines 
Weſens wenig paßte. Seine Tugend war, 
daß er ſich in ſeinem dichteriſchen Schaffen 
auf das Gebiet beſchraͤnkte, welches er als 
das ſeinige richtig erkannt hatte. Natur 
und Neigung gingen in feinem Weſen bei- 
nahe entgegengeſetzt auseinander, aber er 
folgte der erſtern getreu und hat der 
letztern nur in jüngern Tagen Konzef: 
ſionen gemacht. 

So fühlte er ſich mit inniger litterariſcher 


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* 


Neigung zu dem Dichter Rudolf von 
Gottſchall hingezogen. Die Grandiloquenz 
der dichteriſchen Sprache dieſes Mannes 
der ſtolze Gang ſeiner Strophen, feine 
kühnen und reichen Bilder wirkten mächtig 
auf Auerbachs Phantaſie, aber er hat 
trotz dieſer ſtets betonten Neigung, trotz⸗ 
dem ihm ein ähnlicher Ton zu Gebot war, 
ſelten — einige Gedichte dieſer Samm⸗ 
lung aus jüngern Tagen geben Zeugnis von 
Neigung und Folge — den Pfad verlaſſen, 
den ihm ſein innerſtes Weſen wies. 

Wie ſchon oben erwähnt, war die Natur 
in ihren Wandelungen, waren Wald und 
Flur Auerbachs vornehmſte Mufe. Zu ihr 
flüchtete ſich der geplagte Geſchaftsmann 
nach den Tagesſtunden ſchwerer Arbeit, 
an ihr beruhigte er ſein erregtes Herz, auf 
ſie trug er über, was ihn bewegte, und er 
formte alsdann Gedanke, Empfindung und 
Bild nach den Schwingungen ſeiner Seele 
in leicht gebundene von keiner ſtrengen 
Regel gefeſſelte Rhythmen. So iſt er 
auch ſeltener auf den Ausdruck des Liedes 
gekommen und doch war er bedeutend auf 


S 


dasſelbe veranlagt, wofür „O Schwarz 
wald, o Heimat“ Beweis iſt, ein Lied, das 
vielfach komponiert iſt und im Schwarz 
wald und am Oberrhein als Volkslied ge- 
ſungen wird. 

Die idealen Kämpfe, an welchen Ludwig 
Auer bach teilnahm, die ſozialen, veligisfen 
und politiſchen Beſtrebungen feiner Zeit, 
welchen er mit feuriger Seele anhing, 
haben ihn als Dichter ſeltener beſchäf⸗ 
tigt. Er war ein glühender Vaterlands— 
freund, die großen Tage von 187071 
haben ihn mit offenem Herzen und offener 
Hand getroffen und feine herrliche „Raifer- 
hymne“ iſt ein hervorragend ſangbaͤrer 
Ausdruck ſeines edlen Patriotismus und 
feiner verehrenden Liebe für des ehr— 
würdigen Raifers Wilhelms I. erhabene 
Heldengeſtalt. 

In der poetiſchen Natur Auerbachs 
waren zwei Kräfte thätig: er war ebenſo 
ſinniger Dichter, der nur den Eingebungen 
feines Genius lauſchte, als glänzender Im— 
proviſator, der, vom Augenblicke erregt, 
dem Augenblick feine poetiſche Gabe in über- 


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raſchender Form und Weiſe bot. Das im- 
proviſatoriſche Talent iſt dem des Dichters 
gefährlich: Der Improviſator hat die Form 
bereit und bildet nach ihr den Inhalt, der 
Dichter hat den Inhalt und ſucht die 
adaequate Form, wer aber in der Form 
Virtuos iſt, der wird leicht geneigt fein, fie 
über den Inhalt zu heben, und an die Stelle 
ſtrenger Runftübung, welche mit dem Auf⸗ 
wand aller Seelenkräfte dichtet, tritt der 
gewandte Formalismus, welcher leichthin 
Gedichte macht. Seinem formalen Talente 
hat auch unſer Dichter große Opfer gebracht. 
Die Geſelligkeit iſt begehrlich nach ſolchen 
Talenten und der Erfolg des Augenblickes 
für ſie verlockend: Auch Auerbach hat das 
Gelegenheitsgedicht — im landläufigen, nicht 
im Goetheſchen Sinne — gepflegt, fo oft 
der Anlaß kam, den feine heitere und gefell- 
ſchaftliche Natur, fein entgegenkommendes 
Weſen leicht gefunden. 

Die vorliegende Sammlung, die nur den 
Dichter aufzeigen ſoll, hat auf das Gelegen 
heitsgedicht keinen Bedacht genommen und 
nur das Charafteriftifche aus feinem Werde⸗ 


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gang neben dem Beſten aus feinen reifern 
Jahren gewählt, ſo daß das daraus ent⸗ 
ſtandene Bändchen ein beſcheidenes geblie⸗ 
ben iſt. Dasſelbe wird jedoch ein Bild ſeines 
Schaffens geben aus den Tagen ungeftümer 
Jugendkraft und -Luft bis zu den Stun⸗ 
den, wo er die leiſen Schritte des nahenden 
frühen Todes verfpürte und im Gedicht an- 
ſagte. Beine gewaltige, aber eine ſympa⸗ 
thiſch blickende Dichterphyſiognomie ſchaut 
uns aus den Dichtungen entgegen, wie ſie 
uns aus feinem Porträt entgegenblickt, das 
der Direktor der Großh. Kunſtgewerbeſchule 
Karlsruhe. Hermann Götz, ein treuer 
Freund des Dichters, für dieſes Buch ge⸗ 
zeichnet hat. 

Auf einer Anhöhe über feiner Vater⸗ 
ſtadt liegt der Kirchhof, in welchem Ludwig 
Auerbach feine letzte Ruheſtätte und das 
von Freundeshand errichtete Denkmal ge⸗ 
funden hat. Jenſeits erheben ſich die dunkeln 
Schwarzwaldberge, in der Tiefe lagern ſich 
die Tannenwälder, rauſchen die Schwarz 
waldfluͤſſe, die er in Lied und Leben fo innig 
geliebt. 


— — 2 


— 139 — 


Dort ruft die Klage um den dahin⸗ 
gegangenen Freund: 


Ich habe deinen Schatten oft geſucht 
Im wieſenthal, in kühler waldesſchlucht, 
wo wir in ſchoͤnen Stunden einſt gegangen, 
Auf Bergeshoͤh' — wo du fo gern erſchaut, 
wie Abendfriede auf die Lande taut — 
Ach, Fried' und Ruh' erſehnte deine Seele, 


Zier iſt die Erde, die dich liebend deckt, 
Da unten ruhſt du! wie der Schlaf doch 
ſchmeckt 
Dem müden Mann, der ſchweres Los gu 
tragen. 
Es regt ſich nichts, nicht Blüte und nicht Blatt, 
Mir iſt, als ob die welt zu ſchweigen hat, 
wo die Gerechten und die Guten ſchlummern. 


Auf jener Straße wandern viele hin; 
Ich mein’, da muͤßteſt du auch wieder ziehn, 
Und oftmals glaub' ich dich von fern zu 
ſehen — 
Ich eil' beglückt, ich rufe ſchon; woher, 


woher, mein Freund? Da iſt die Straße 


leer — 
Vielleicht haſt du dich mir erzeigen wollen! 


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er 


= Und treff ich dich auf Erden nirgends an, 
j Ich hab’ dich doch, es iſt nicht Traum und 
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Ich hade dich und will nicht von dir laſſen! 
Oft hör’ ich, wie ein Lied fo ſeltſam klingt, 
9 Weltfern, melodiſch, — der von drüben ſingt, A 
O, das diſt du, ich kenne deine Stimme! 


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Lahr, im Herbſt 1888. 


Friedrich Geßler. 


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