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Full text of "Aus Goethes Archiv"

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~Sm  auftrage  bes  Dorftanbes 
herausgegeben 

Betnfyarb  Supfyan  unb  (£rtd?  Scfymtöt 

23.  Bau 5 


tDeimar 
Pcrlag  öer  (Soetlje  =  <SefeIIfd?aft 

1908 


21  us  (5oetfyes  2lrcfytt> 


Die  erftc  IDeurtarer  (Sebtcfytfcmxmlung 

in  ^acfimiIe  =  tPieöergabe 
herausgegeben 


Bernfyarb  Swptyan  iinb  3ultus  tDaftfe 

R>  1 1 o 

fr  ^oHs- 

Library,  Univ.  of  , 
North  Carolina  J>/t} 

W  e  i  in  a  r 
Perlag  6er  <Soett>e=C5cfelIfdjaft 

1908 


€in  ©tiicl  aus  bem  alten  ©oett)efct)a|e  ben  ^reunben  ©oetfjeä  barpötetett 
tourbe  bie  Sireftion  be§  ©oetfje  =  imb  6djilIer=3lrcB,iby  burdj  gnäbigft 
erteilte  ©eneljmigung  be§  IjoBen  23efit;er§  in  ben  ©tanb  gefegt.  Syrern  t)ot)cn 
^lotcftor,  bem  ©rofjrjetäog  SBüfjelm  @mft,  lütrb  bie  ©oetf)e=©efelIfd)aft 
für  bie  ©eroäljrung,  bie  eine  folcfje  äßeifinadjtgfbenbe  ermöglichte,  freubig  S)an! 
totffen. 

@§  ift  ein  ©tücf,  beffen  Sßert  imb  ßöftlitfjMt  nidjt  au§gefbrodjen  roerben 
fann.  2lu§  ben  erften  Reiten  naä)  ber  lange  erfelmten  6rfcf)lief3ung  be§  ©djatjes 
tft  mir  im  ®ebäd)tni§  geBlie&en,  roa§  äBilfjelm  ©euerer,  fjeimfeljrenb  auä 
Sßeimar,  mir  Bei  erftem  begegnen  jurief  —  er  gebaute  baran,  bafj  e§  bor= 
längft  mir  6ef Rieben  geroefen  toa\,  bem  Siactjlafj  §erber§  einen  barin  ber= 
Borgenen  anfetjnlidjen  S?eftanb  ©oetfyifcfjer  ©ebicfjte  in  urfbrünglicfjer  ©eftalt  ju 
entheben  —  „Sßir  IjaBen  ba§  nun  an§  erfter  §anb!"  $n  bem  ßlange  ber 
Sßorte,  icfj  fjöre  bae  noeft,  unb  füfjlc  e§  nrie  bamal§  mit,  lag  ein  triumb£jieren= 
be§  3auc^3en  unb  ^rofjloefen.  ©o  embfinbe  ict)  e§  nunmetjr  aueft,  al§  ein 
fcfjöne»  ©IM,  ben  greunben  roie  au§  erfter  §anb  ba§  ßleinob  biefer  ©ebidjt= 
Ijanbjcfjrift  übereignen  gu  bürfen  unb  ben  Sßibmungsfbrucf)  baju  ju  fbredjett : 
„2>a§  IjaBt  .ifjr  nun  föftlicB,  in  §änben."  $u  2lf>f drjrtf ten ,  auefj  folgen  bon 
jwberläffiger  öanb,  lonnte  man  tooBl  in  gar  mandjem  galle  unb  fann  man 
immer  fidj  ungläuBig  behalten.  S)e§  3Dicr)tcr§  eigene  §anb  erft  madjt  aud)  baä 
llngeroöfjnlicfjfte  glaubhaft  unb  (toa§  biet  metjr  ift),  fie  giBt  bem  Ureigenen  ballig 


6    

fein  inbiüibuefte§  ©ebräge.  Unb  boIIenb§  cmbetl  nocb,  alz  au§  ber  ©rucfgeftalt 
fbric^t  au§  ber  §anbf(^vift,  fta§  ©oet£)e  bie  „persönliche  ßrjftens"  nennt,  jenes? 
ßtgenfte,  toa§  er  ficfj  felbft  unb  wenigen  Vertrauten  unb  (Singetoeil)ten  bor= 
äübetjalten  wünfdjte,  ol§  er  ficB,  entfdjlojj,  feine  Dichtungen  beut  Weiteren  unb 
Ineiteften  Greife  ju  üBerlaffen. 

6§  barf  für  ausgemalt  gelten,  baft  unfer  öeft  bon  §au§  au§  für  Cfjarlotte 
bon  Stein  beftimmt  mar;  ein  roetcrjer  rofiger  $aben  (e§  fei  geftattet,  Bilblidj  3U 
nehmen,  raa§  finnenfällig  noct)  bortjanben  ift)  berBinbet  biefe  Slätter  mit  bem 
Dcamen  ber  geliebten  ^rau,  ber  ©oetfje  fein  3nnerfte§  evfdt)l[o§  - 

ßannteft  jeben  $ug  in  meinem  Söefen, 
©bätjteft,  tote  bie  tehtfte  Sterbe  ftingt. 

@o  foE  unfre  ©aBe  aucb,  an  fie  erinnern,  bie  ber  ^reunb  al§  ©eBurt»tag§finb 
be§  25.  üDe^ember  Begrübt  Ijat. 

50teiner  alten  Steigung,  ben  ©ntroicKungen  poetifctjer  ©ebilbe  nacfj<5ugeb,en, 
Bin  icr)  mir,  fo  oft  tcr)  ben  33Iicf  auf  biefen  SBIattern  weiten  liefj,  immer  auf§ 
neue  Benntfjt  geworben.  5lBer  mancherlei  9tüdficr)ten  Beftimmten  micfi,  ba^u,  micfj 
auf  23orBeratung  unb  33orBereitung  ber  üpuBtifation  ju  Bekrönten.  <S>ä)on  jaB,re= 
lang  Wibmet  ftcE)  3uliu§  üffiafjle  feI6ft!o§  unb  unberbroffen  bem  mutanten  2ßerfe 
ber  §erau§gaBe  be§  legten  STetI§  ber  ©ebict)te  unb  fammelt  mit  ^leifj  atte  bie 
SSrofamen  unb  Skuc^ftücfe,  bon  benen  aucB,  ba»  Heinfte  BeWatjrt  unb  an  feiner 
©teile  nachgetragen  Werben  muf;.  lim  3lrBett  burcb,  2lrBcit  3U  lohnen,  9Ulüt)faI 
burcf)  ßaBfal  ju  bergelten,  lieft  ftct)  feine  fäjönere  StufgaBe  erfinnen  al§  bie,  ba$ 
altefte  23üct)lein,  ba§  ber  Siebter  „äufammengefdjrieBen",  mit  einer  Uterarifc^en 
SeigaBe  ju  Begleiten. 

3)ie  §erftettung  ber  Stebrobuttion  Würbe,  tute  fcljon  in  jtoei  früheren  gälten, 
ber  9teictj§brucc'erei  übertragen,  unb  bem  Seiter  ifi,rer  ctjalfograpfjifctjen  Abteilung, 


beut  ©erjeimen  SftegterungStat  5Jkofcffor  9ioefe,  finb  Wir  für  bic  Sorgfalt  banfBar, 
Wcldjc  er  Wieberum  ber  gern  ü6crnommenen  SlufgaBe  gugcWanbt  Ijat.  sJUidj  ein= 
gerjenber  Erörterung  mit  biefem  factjoerftänbigften  ^reunbe  tjaBen  wir  barauf 
bevätcOtet,  etliche  jum  Seil  Bis  jut  Unleferltdfjfeit  bcrBIidjcne  mit  SSIeifttft  nacB,= 
mal§  angeBradjte  sJtnberungcn  in  ben  Xejt  aufjunetjmen.  (53  War  3U  Bebcnten, 
ba£  bie§  ben  9tufWanb  Bei  ber  ©röjje  ber  Auflage  unberrjältnigmäfjig  ertjörjt 
Mafien  würbe.  2)em  SSebürfniffe  ftreng  Wiffenfäjaftlicljer  SBenutmng  lief;  fiel) 
buretj  Befcmbere  SßiebergaBe  jener  Wenigen  faft  ftfjattentjaften  9kd)=  unb  ©inträge, 
foWeit  fie  üBerrjaubt  teermifefj  auäfüljrBar  War,  Begegnen;  ber  ©oettjegemeinbe 
ftettt  ficT;  bic  §anbfcf)rift  fo  bar,  Wie  einft  bem  engften  $reunbe§6unbe,  bem  ber 
(SinBiid;  oerftattet  War,  unb  einem  anbädjtig  =  Reitern  Greife  ift  \a  bie  ©aBe 
geWibmet,  bie  in  unfcfjeinBarer  §üEe  ba§  SieBIictjfte  Birgt. 

„Sie  Humen  in  ben  SBintertagen",  fo  lautet  ein§  ber  Keinen  ©cbicf)te  ©oettje§ 
an.  „€ne  finb  ba§  einige  8eBenbig=$ar6ige,  Wa§  in  tiefen  ftarren  unb  grauen 
Sagen  mir  baZ  Stuge  ergötjt",  fagt  ber  Siebter  in  einem  geBruarBriefe  be3  ^aB,re§ 
1830,  banlenb  für  eine  SSIumenfenbung  bon  KeBer  §anb,  bie  iB,m  in§  §au§ 
gekommen  War.  Sie  gegenwärtige  ©penbe  möchte  ben  greunben  ein  SßoB,IgefaHen 
gleicher  SIrt  erWedien. 

Seit  3.  Eqembci;  1908. 

Bernfyarb  Supfyan. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2012  with  funding  from 

University  of  North  Carolina  at  Chapel  Hil 


http://archive.org/details/ausgoethesarchivOOgoet 


VtAte  bie  tooriäfjüge  ©aBe  bei  ®oetIje=@efeIIftfjaft  gilt  aud)  bie  be§  Safjre» 
lA>S  1908  bcm  „jungen  ©oettje".  ©ort  toar  e§  bie  traftgenialifcfje  ©d)toetaer= 
reife  (1775),  beren  SrleBniffe,  burdj  Bilblicfje  SßiebergaBe  bon  £>ofumenten, 
Zeichnungen,  ülageBudjBIättera ,  Skiefen,  faft  Bis  jur  3?rifcfje  berfönlicfjer  1eil= 
nannte  anfcf)auticf)  gemalt  nrnrben;  tjier  ftnb  e§  bie  Reiten  furj  bor  unb  nad) 
biefer  Seife,  bie  au§  ber  9lact)bilbung  eines  alten  ©ebicrjtB,efte§  einbringlicfi,  ju 
bem  39efcrjauer  reben.  Qu  beut  älteften  SSeftanb  öon  ©oett)e§  Streit)  gehört  ein 
in  einen  grauBIauen  Umfcfylag  gefülltes  öuartfjeft  au§  leicht  bergilBtem  ^abier, 
aus  brei  Sagen  ju  je  bicr  Sogen  Bcfteljenb,  mit  einem  rofa  ©eibenfaben  geheftet. 
3fn  eigenfjänbiger  9?ieberfcljrift  be§  SHdjterS  bietet  eS  eine  Sieifje  bon  ©ebtcrjten, 
bie  ättefte  eigenfjänbige  ©ebic^tfammlung,  bie  ftcr)  erhalten  f)at.  S)ie  Sßorberfeite  be§ 
UmfcfjIagS  trägt  bon  ber  öanb  beS  ©etretärS  Kräuter  ben  Xitel*):  „(Signe  fcfyou 
aBgebructte  ©ebict)te",  ber  fbäter  (bon  5ftuSfuluS,  ber  an  ber  SSerloaltung  bon 
©oettjeS  ^tacfytafi  mit  Beteiligt  toar)  burdj  ben  3ufa!3  „Worunter  nod)  einige  un= 
gebrachte  BefinblicB/'  ergänzt  toorben  ift.  SSon  ber  SMfeite  be§  llmfdjIagS  ift  ber 
größere  Seit,  etloa  bier  fünftel  abgetrennt,  eBenfo  ift  ba§  erfte  SSIatt  beS  §efte§ 
Bis  auf  einen  ©treffen,  ber  nodj  geringe  ämdjftaBenreftc  aufftieift,  BerauSgefd)tütten. 
itber  bie  5lrt,  tüte  bic  §anbfcr)rtft  ,utftanbe  ge!ommen  ift,  fonrie  üBer  ifjreu 
3toecE  taffen  ficfj  nur  Vermutungen  äußern.  Sie  2lBfict)t  einer  §erauSgaBe  feiner 
©ebtcrjte  lag  ©oetfje  lange  3eit  fern;  cS  toiberftreBte  ifjm  fogar,  gerabe  biefcuigen 
feiner  ©rjeugniffe,  an  benen  baS  5ßerfönlict)e  am  ftärfften  rjaftete,  bie  lofen  SSIatter, 
benen  er  ba§  MbenfdjaftUdje  ©tammeln  feines  ^er^enS  eingefctjrieBen  Bjatte ,  in 
eine  Sammlung  ju  Bringen  unb  bem  guten  Sefer  unter  (Siner  ©ede  in  bie  §anb 

*)  3lu§  bem  Safjte  1822,   too  Äränter  ba§  „3ie(jertoriiim  über  bie  ©oert)eftf)c  9}epofihu" 
aufnahm.    2luf  bie  9iacI)Mlbimg  ber  SCuffd^xift  ift,  ba  fie  jo  jpätct  Seit  angehört,  Uerjtdtitet  hjotben. 


10    

gu  geben  (SortTage,  1815).  9locT)  im  gjafjre  1786,  al§  er,  um  bem  freien 
9fodjbruct  feiner  ©Triften  burdj  eine  rechtmäßige  2Iu§gaBe  §u  fteuem,  feine 
©cbiäjtc  für  ben  3)ruct  borBercitete,  flagte  er,  baß  e§  itjm  bon  jefjer  eine  unan= 
genehme  (Smbfinbung  geWefen  fei,  »nenn  S)inge,  bie  ein  einjelneS  ©emüt  unter 
Befonbcrcn  llmftänben  Befestigen ,  bem  $uBKco  IjingegeBen  werben  foHett  (an 
3acoBi,  12.  3uß).  SotooßJ  ber  Mangel  an  SBoIIftänbigleit  —  e§  feBJcn  (aBgefetjen 
bon  älteren  ©ebicTjten)  „Slbler  unb  £auBe",  „£>a§  Seilten",  „©eifteSgruß", 
„2)er  $önig  in  Srmle",  „ßünftler§  SIBenblieb",  bie  Stli-Sieber,  „£erBftgefüf)i" 
unb  anbere§  —  al§  aucB,  bie  meljr  anfällige  benn  auf  fünftlerifdje  ober  fac£)üc(je 
©rubbierung  aBgteleribe  9lrt  ber  5lnorbnung  geigen,  baß  unfer  §eft  ntcfjt  für  bie 
Öffcntlidjfeit  Beftimmt  War.  ©ein  3nB,aIt,  ba§  9lu§feB,en  be§  5ßabier§  foWie  bie 
©eftalt  ber  Sdjriftgüge  Weifen  e§  in  bie  erften  3fa^re  be§  2Beimarifcf)en  3Iufent= 
l)alt§,  in  jene  3aft,re,  Wo  fitfj  bie  35anbe,  bie  ©oettje  an  <5fi,arIotte  bon  Stein 
fnübften,  immer  fefter  unb  enger  äufammengogen.  9lm  1.  Suni  1777  fenbet  er 
ber  ©elieBten  ein  berfiegelteS  üpafet,  Worin  „allerlei  ScfjreiBereien  meiner  erften 
3aB,re,  bie  Sie  jum  SB,eiI  unterhalten  Werben"  eingefäjloffen  finb.  @r  enthüllte 
ifi,r  alfo  feine  literarifcfje  33ergangenB,eit ,  unb  al§  eine  gortfeiumg  biefer  S5eid§te 
bom  1.  3uni  bürfen  mir  un§  ba§  grauBIaue  §eft  benfen,  ba§  bielleiäjt  in  ber 
^Weiten  §älfte  1777  gufammengefctirieBen  ift.  @ine  SSeftätigung  biefer  5tnfid)t 
Bietet  ein  im  Stadjlaß  ber  $rau  bon  (Stein  auf  Scfjloß  ßoiifjBerg  aufBeWatjrter 
gieriger  QfrangBanb  in  Hein  Quart,  ber,  urfbrünglicB,  ju  SngeBmfiaufäeictmungen 
Beftimmt,  3lBfd)riften  ©oett)ifdjer  ©ebicljte  enthält,  unb  gtoar  nicfjt  etma  ber 
©ebidjte,  bie  al§  3ma,m  feiner  SieBe  3U  ifjr  in§  §au§  geWanbert  froren,  fonbern 
eBen  berjenigen,  bie  ben  3nft,alt  unfere§  £>efte§  ausmachen;  nur  Beginnt  $rau 
bon  Stein  mit  ber  Bei  un§  feljlenben  „^arjreife  im  äßinter"  (SejemBer  1777), 
woran  ficB,  bie  „greuben  be§  jungen  3BertB,er§"  (in  ©oett)e§  Sammlung  in 
ber  5 Weiten  §älfte  eingereiht)  anf fließen,  unb  ben  Sdjluß  ifjrer  2l6fd)rift 
Bilben  123  SSerfe  au§  „§an§  Sacf)fen§  boetifdjer  Senbung",  bie  unferem  §efte 
mangeln.*)    Sonft  ftimmt  bie  Slnorbnung  foWie,  Bis  auf  einige  unWefentltdje 

*)  Sünder,  3)ie  fjanbfcftriftücfje  Sammlung  ©oetfjefdjcr  ©ebidjte  bon  Sljarlotte  Bon  Stein 
(9h-d)iu  für  ßiteraturgefdjicbte  6,  96ff.).  —  Über  eine  ]d)x  roertbottc  2Iufd)rift  bon  ©ebidjten  ©oetljeS 
bon  ber  Jpanb  §erber3,  bie  btä  in§  Saljr  1780  reidjt  unb  fidj  äum  Seil  mit  bem  Qnfjalt  uufereS 


11   

SlBtocicfmitgen,  bte  luofjl  SSexfc^cit  ber  9tBfcB,reiBerin  ftnb,  audj  bei  SBorttout 
üBerein.  SBemt  ©oetlje  bann  am  30.  ©e^emte  1777  bon  ber  greunbitt  feine 
©ebtdjte  «Bittet,  um  etwa§  cinjufdjreiBen,  \o  motten  tuir  glouBen,  baf?  c3  unfer 
§eft  war,  bo§  jte  ifjm  <mrücffanbte.  2)amal3  totrb  er  bte  eBcit  entftanbene 
„§arjrafc"  nachgetragen  fjaBen,  auf  blättern,  bic  tu  fetner  eigcnf)änbigen  9tieber= 
fdjrift  mcf)t  mefjr  erhalten  ftnb,  unb  fo  bereichert  ift  ba§  .freft  ju  feiner  33efi|erin 
jurüdgetoanbert,  bte  je|t  erft  eine  2IBfcf>rift  ber  ©ebidfjte  genommen  fjaBen  Wirb, 
au§  gurdjt  Uiellctc^t ,  fic  für  ben  $alt,  bafj  ber  Sinter  feiner  5licberfd)rtfteu 
nodjmal§  Bebürfe,  ntcr)t  hrieber  ju  erhalten.  äöirflict)  berlangt  er  im  Wai  1780 
feilte  „3ufammcngef(f)rieBenen  ©ebidjte"  aBermalS  jurücf,  um  einige  barau»  für 
fief)  fobieren  ju  laffen.  5cocr)  im  3faljre  1782  Befa£  ßljarlottc  eine  2T6fcf>rift, 
unb  ©oetlje  fcfjictte  it)r  einzelne  Sogen  pr  SSerboEftänbigung  berfelBen.  Sabott 
tjat  ftcf»  nichts  erhalten.  3)a£j  $rau  bon  ©tein  6nbe  1777  mit  bem  StBfcfireiBen 
aufgef)ört  B,at,  ftimmt  ja  ber  sÄnnaB,me,  ba£  unfere  ©ammlung  if)re  SSortage 
gerttefeu  fei;  ba|  fie  für  eine  $rauenf)anb  Beftimmt  toat,  ober  au§  ^raucnljanb 
lam,  bafür  bürfte  aueft,  ber  rofa  ©eibenfaben  ein  $eugc  fein. 


9lu§  ben  djaratterboHen,  Balb  fjaftig  Bingetoorfcncn,  Balb  borncB,m=3ierlidjen 
©djriftäügett  be§  §efte§  Bli|t  unB  ba§  geuerauge  be§  jungen  ©oetB,e  mit 
bem  bon  „fcfytoeüenber  SeBenStoonne"  trunleneit  SBtic!  entgegen.  3)a§  jüngfte 
©ebicf)t  „3u  einem  gemalten  33anbe",  mit  bem  ba§  9Jcanuffribt  fc^Iie§t,  gehört 
bem  $rüB,Iing  1771  an  unb  ift,  mit  feinem  3arten  2In£)aucf)  bon  9iofofo= 
ftimmung,  eine  ber  toftlictjften  Saluten  am  Üiofenftraud)  ber  grieberitenlieber. 
£>a§  fbätefte  batierte  ©ebiäjt  ift  „Seefahrt",  bom  11.  ©ebtemBer  1776,  unb 
ungefähr  berfelBen  3^tt  mögen  bie  bon  gleicher  9Jkcf)tembftnbung  getragenen 
SSerfe  „WenfcfjengefüBt",  „@iöle6en3  Sieb"  (fbäter  „Wutfi,"  genannt)  unb  „ßöniglicfi, 
©eBet"  angehören.  Sie  28  ©ebicBie,  bte  f)ier  bereinigt  borliegen,  finb  alfo  in 
einem  Zeitraum  bon  ungefähr  fünf  3faB,ren  entftanben  unb  finb  in  ben  §aubt= 

£>efte§  beut,  bertdjtet  ©upfjan,  ©oettjifdje  ©ebic£)te  nuä  ben  fieöstger  "nb  ad^taigex  fahren  in 
äüeftcr  ©eftalt  (3eitfd)rift  für  beutle  $f)t(oIogte  7,  208  ff.)  unb  ältere  ©eftotten  ©oettje'fdjer  ©ebidjte 
(®oetI)e  =  3af)ruud)  2,  103  ff.). 


12     

ftüden  ber  eintjeittictje  Itjrifctje  2lu3bruct  tiefer  ßbocfje,  in  ber  ein  fieBertjafter 
$robuttion§brang  bie  ©eele  be§  jungen  S)ictjtet§  aufwühlte,  unb  ba§  bon  ßeiben= 
fc^aften  unb  ejattierten  ©emüt§3uftänben  gequälte  §erj  erft  in  bicfjterifctjer  Setzte 
(Srtofung  fanb.  9JeBen  ben  grofjen  unb  Meinen  SSerfen,  bie  in.  jenen  Sagten 
reiften,  neBen  ben  anberen,  bie  im  ©litten  f oxtleintten ,  geben  fie,  wenn  aucf) 
ntc^t  ben  botten  Itjrifcfjen  Ertrag,  fo  boctf  ein  lonjentrieiteg  SIBBitb  biefer  Seit 
ber  ctjaotifctjen  ©äfjrung,  be§  tetbenf d^af tli c^en  ü£umutt'e§,  ber  genialen  Slnmafjung, 
ber  titanifcrjen  5(uflefjnung  gegen  berfjafjte  Autorität  unb  gegen  bie  brücfenben 
fjeffeln,  bie  eine  engBrüftige  Seit  altem  ©enien,  gfiifjlen  unb  öanbctn  angelegt 
tjatte,  ein  2t6Bitb  be§  bumbfen  Bingens  mit  bämonifdjen  9Mcfjten  im  eigenen 
§erjen,  be§  ferjnfüd^ttgett  2Iuffi^toung§  einer  nacfj  ^öfjentuft  gierigen  ©eele,  be§ 
trunt'enen  IRaufcfjeS  ber  ^reube  üBer  ba§  Setoufjtroerben  ber  göttlichen  ßräfte 
im  Innern,  be§  2)range§  naci)  meitefter,  ja  fctjranfenlofer  2tu§Breitung  unb  @nt= 
faltung  ber  5perföntict)feit.  9lu§  berworrenen  Suftänben  innerer  Serriffenfjeit, 
hrie  fie  au§  bieten  SSriefen  jener  S^  tn  Beweglichen  Magen  B,erborBrid)t,  Qu= 
ftänben,  in  benen  fogar  ein  fcfjleictjenber  SeBengüBerbrujj  ©oetfi,e§  ©ecle  aeittoeitig 
berbunfett,  Bricht  immer  toieber  ein  juBetnber  SeBen§mut,  eine  entfctjtebene 
$reube  am  S)ie§feit§,  ein  35elenntni§  gum  memento  vivere  B,erbor.  ©o  hrirft 
tfjn  feine  Statur  immerfort  bon  einem  ©jtrem  in§  anbere,  unb  ber  ©djmer§  üBer 
bie  Unfähigkeit  feine  Seibenfctjaften  ju  äugeln,  brejjt  itjm  nocfj  im  ^afjre  1775, 
nadjbem  bodt)  fctjon  eine  genriffe  SSerufjigung  eingetreten  mar,  bie  ßlage  aB: 
„llnfetige§  ©ctjicffal  ba*  mir  feinen  TOittetjuftanb  erlauBen  tottt.  ©nttoeber  auf 
einem  5punn,  faffenb,  feftflammernb,  ober  ©djtoeifen  gegen  alte  bier  Söinbe." 

5Die  meiftcn  unb  größten  unter  ben  ©ebicfjten  unfere§  §efte§,  bie  eigent= 
licfjen  9tebräfentanten  ber  ©eniegeit,  getjören  ben  ^atjren  1772  unb  1774  an; 
boctj  ift  e§  ntdtjt  möglief),  alle  feine  ©ebicfjte  genau  unb  ftct)er  3U  fixieren. 
3)em  ^rüfjting  1772  (biefteicfjt  fcrjon  bem  §erBft  1771)  entftammen  „2Banberer§ 
©turmlieb"  unb  „S)er  Söanberer";  ba§  erftere  beilegt  ©oetfje  in  SMcfjtung  unb 
SßaB,rt)eit  in  bie  ^eit  furj  bor  bem  SIBgang  nacfj  SOßetjIar,  in  ben  Slbrtt  1772. 
„WtafytmttS  ©efang",  „®ünftler§  9!Jlorgenfieb"  unb  „@in  @Iei<$ni&"  („®j  fjatt' 
ein  $naBe",  nadjmals  „Dilettant  unb  drittlet"  üBerfcrjrteBen),  bürften  mof)t  um 
bie  SBenbe  1772  auf  1773  angufelen  fein.    21u§  bem  3afjr  1773  finb  „6atedjt= 


—     13    

fation"  unb  „®in  ©leid)ni£"  („ttBcx  bie  Söiefe",  fpätet  „lutoten"  Betitelt).  Da§ 
probuftibfte  Sarjr  ift  1774;  in  itjtn  finb  entftonben:  „Der  neue  2lmabi§",  „9ln 
©tjrijtel",  letzte  ©piele  neBen  ben  grofeen  SBürfen  „Sin  ©djroagcr  $vono§", 
„$rometf)eu§";  fetner  bte  $unftgebid)te  „Kenner  unb  ßünftter",  „Sin  ßenner 
unb  £ie6t)aBer"  (fpätet  „Monolog  bei  £iefif)aBet§"  Betitelt),  „Stnefbote  unferer 
Sage"  (fpäter  „fienner  unb  ©ntfjufiaft"  üBerfdjrieBen).  „©antymeb"  roirb  Bon 
einigen  gorfctjern  beut  griit)ling  1774  jugetotefen,  neuerbingS  mürbe  berfudjt 
itjn  um  ein  Sfaljt,  ja  fogar  um  jroei  3aljre  jjutMjuberlegen.  Sie  anbeten 
©ebidjte  finb  au§  bem  ^arjte  1775,  borroeimarifdj  „6in  lutrjcrifdjet  ©eiftltdtjev 
fpridjt"  unb  „gteuben  be§  jungen  2Jßertrjet§",  boeimattfd)  bie  üBrigen. 

SSergleidjt  man  bie  Beiben  älteften  ©ebidjte  be§  §efte§:  „3u  einem  gemalten 
SSanbe"  unb  „£ßanberer§  ©turmlieb"  miteinanber,  fo  fiet)t  man  ftauncnb,  meldte 
Skranberung  in  bet  lut^en  Qät,  bie  jroifdjen  Betben  ©ebidjten  liegt,  in  ber  ©eele 
be§  Jungen  5)id)ter§  borgegangen  tft.  ,3roifd)en  itjnen  liegt  ber  91Bfd)ieb  bon 
grieberife,  liegt  ba§  quälenbe  SSeloitfjtfetti  ber  ©djulb,  bie  er  burcfj  bie  Trennung 
auf  fid)  gelaben  tjat.  Sie  angeBotene  Seibenfdjaftlid)ieit  fteigett  biefen  ©eetcn= 
juftanb  in§  Unerträglidje.  6t  fudjt  §ilfe  in  bet  Slufjentoelt.  2ßie  fpätet  gauft 
in  gleitet  ©eclcnpein  al§  Qflüd)tling,  al§  llnBetjaufter  umherirrt  unb  am  33ufen 
bet  Statut  23eruf)igung  fud)t,  fo  flüchtet  aud)  et  ju  ifi,t,  bie  ifjm  jettleBenS  .'geiferin 
unb  Slröfterin  geroefen  ift.  $n  Sichtung  unb  2Baf)rB,eit  er^ärjlt  et  bon  ben  grofjen 
SBanbetungen  in  unb  aufjetfialB  £Jranffurt§ ,  burd)  bie  et  ben  ttm  betfolgenben 
©ebanlen  entfliegen  möchte;  feine  Gelaunten  nannten  itjn  be§B,al6  bamal§  ben 
„äßanbetet".  „Unterwegs  fang  idj  mir  feltfame  §t)mnen  unb  2)ittjb,ramBen, 
roobon  nodj  eine  unter  bem  Xüel  Söanbererg  ©turmlieb  üBrig  ift.  3id)  fang 
biefen  §alBunftnn  leibenfdjaftlid)  bor  mtdj  f)tn,  ba  mid)  ein  fdjrecttidjes  Sßetter 
untertoeg§  traf,  bem  idj  entgegengehen  mufjte."  Die  Beiben  Stngeln,  in  betten  fid) 
ba§  ©ebidjt  Bewegt,  finb  ber  uralte,  je|t  neu  entbectte  ©lauBe  an  eine  im 
Mnftler  roirlertbe  gefjeimniSbolle  ©eetenfraft,  an  einen  itjn  teitenben,  Beratenben, 
fief dnttjenben ,  Begeifternben  ©eniu§,  unb  bie  neue  OffenBarung,  bafi  alles  fünft = 
lerifdje  ©djaffen  au§  bem  ^erjen,  au§  bem  ©efütjl  fjerborquille,  bajj  innere 
Sßärme,  ©eelentoärme  ber  5Diittelpunlt  alle»  8eBcn§  fei.  3m  3?efi|  biefer  Beiben 
©aßen  glauBt  fid)  ber  Sßanberer  gefeit  gegen  bo§  äßibettoattige  unb  ©emeine  be§ 


14    

SIEtagS.  9Jcit  ftolg  gerjofienem  Raupte,  mit  fütjn  auggreifenben  ©abritten  ftürmt 
er  im  Unwetter  bafjin,  Ütegen,  ©clEofjenfdiauer  unb  ßälte  tonnen  bem  bon  feinem 
©eniuS  ©efürjrten,  bon  innerer  ©lut  ©rtoärmten  nichts  anraten.  StuS  jeinem 
Stuge  ftra^It  ba§  ftarte  ©elfcfigefü^I,  bie  unoeugfame  SBiEenSfraft,  aE  ber  Überfluß 
bon  fdjtoeEenben,  fjodj  aufgerichteten  SeBenSgefüfjIcn,  bie  feine  ©eele  in  feurigem 
Sluffcfjroung  emportragen  p  P)ö6u§  StboEo,  bem  äMrmefbenber  ber  SBelt,  3U 
ttjm,  bem  er  in  ber  ©eroalt  ber  SBärme  gleichen  möäjte.  9tur  ju  Balb  folgt  biefer 
Oerroegenen  ^üfjnfjeit  ber  |ftü(Jf(^Iag,  unb  roie  gouft  bor  ber  Srf Meinung  be§ 
@rbgeifte§,  bem  er  in  titanifdjer  Söermeffenrjeit  ftä)  gleicfjftellt,  in  feiner  ganzen 
9>Hc{)tigfeit  aufammenftürgt,  fo  muf?  fict)  ber  Söanberer  bor  ^ubiter  *ßlubiu§  unb 
feiner  überlegener  Wafyt  Beugen.  3»n  bem  91acf)Iaffen  ber  brjbfifäjen  ßraft  liegt 
jebocrj  tein  fcb>äcf)Iicr)e3  ©ntfagen,  in  ber  Unterwerfung  unter  eine  t)öfjere  9totroenbig= 
teit  tein  ^offnung§Iofe§  SSerjiditen  auf  bie  tjofjen  3iele  be§  2eben§,  unb  ber  ftfjeinbar 
beffimiftifcrje  3lu§gang,  in  ben  ein  roefjmütig  Iäcr)elnber  3ug  bon  ©elbftberfbottung 
fiel)  mifcrjt,  nimmt  bem  ©ebictjt  nid)t§  bon  feiner  ©ri%.  Diefen  leifen  5Eon  ber 
©eloftironie  fjbren  mir  taum  nad)  bem  getoaltigen  SSraufen  ber  ©crjlufjfuge ,  bie 
ben  f>lrotnu§  auf  bie  fturmatmenbe  ©otttjeit  beroinbet  mit  einem  Ditrjbrambug 
auf  ben  £)ict)ter,  bon  beffen  ©dfjroung  unb  ßraft  bamal§  bie  ©eele  be§  Jungen 
©oetfje  ganj  erfüllt  roar.  5tRtt  leibenfdjaftücrjer  ^nbrunft  tjatte  er  fiä),  bon 
•Berber  angeregt,  an  Pnbar  gelängt,  unb  feinem  „bitrjtjramBifcrjen"  ÜtfjbtrjmuS 
(roie  ü)n  ber  jünger  £>erber§  auffaßte)  berbanlt  er  neben  Mobftoct  bie  bon 
ben  §effeln  eine§  ftrengen  9Jfetrum§  unb  be§  9teime§  entounbene  freie  ^orm, 
in  bie  fidj  ber  ©ctjroung  unb  bie  $üEe  feine§  pjantafie  =  unb  ©efüb,Meben§ 
ungehemmt  ergießen  tonnten.  „Sticht  Ijab  iü)  fie ,  fie  tjaoen  mieb,  gebietet", 
fagt  ©oetlje  einmal  im  ^rinbliä  auf  feine  Ibrifdjen  2)ic§tungen.  Sßon  teiner 
gilt  bie§  meb,r  al§  bon  „2ßanberer§  ©turmlieb",  bem  ttjpifctjen  3tu§brut!  be§ 
©enieium§,  in  bem  fieb,  aEe  ©eiten  be§felben  fbiegeln,  nid)t  jum  minbeften 
bie,  bie  ber  alte  ©oetb,e  meinte,  roenn  er,  bon  ber  §öf)e  feiner  geHärten  ßeben§= 
anfetjauung  t)aI6  mitteibig,  [a  nierjt  orme  TOifjberftänbniä  auf  getoiffe  Srfd^einungen 
feiner  ^ugenb  fjerabfefjenb,  biefe§  in  3nrjalt  unb  gorm,  in  ©efübj  unb  2Iu§bruct 
jroar  übertreibenbe,  aber  boerj  im  boEen  ©inne  be§  2öorte§  geniale  $Probutt  einc§ 
fjodfjgefbannten  Seben§gefü()l3  einen  „^atounfinn"  nannte.    3ti§  folgen  unb  batjer 


15    

als  nidjt  brucfmürbig  mufe  er  es  aber  fdjon  Betrautet  fjaben,  al§  er  bie  erfte 
Ausgabe  feiner  Eäjriften  jufammcnfteUte,  benn  es  fetjtt  unter  beu  1789  gcbrucften 
©ebidjteu.  ©rft  nacfjbem  es  1810  tion  unberufener  §anb  tierö  ff  entüäjt  morben 
mar,  Ijat  es  ber  3)id)tcr  1815  in  biejenige  SteuauSgabe  feiner  Sßerfe  aufgenommen, 
bte  glctcfjfam  als  S£ejt  ju  bem  tjiftoriftijen  Kommentar  feiner  ©elbftbiogratibje 
gebadjt  mar. 

©äjon  burd)  bte  Überfdjrift  mit  biefem  ©ebidtjte  tierbunben  ift  „©er  2Banbc= 
rer".  3tber  tnnerlid)  mie  äufserlid)  ift  es  ein  ©egertftücf  baju  unb  geigt,  tion 
tote  miberftreitenben  ©mtifinbungen  bte  S3ruft  beS  jungen  ©oetlje  erfüllt  mar. 
Sßir  fefien  itidjt  einen  ©türmeuben,  ber  feine  ßeibenfcfjaften  in  (jeftigen  3nter= 
jeftionen  in  bie  3Mt,  in  bie  Statur  fjinausruft,  fonbern  einen  rufjig  befdmulidjcn 
SBanbcrer,  ber  bie  S)inge  ber  Slufjentoelt  mit  offenen  Slugen  in  fict)  fangt  unb  in 
ein  reines,  öom  ©djauen  beglücktes  ©cmüt  überfliegen  läfjt.  ®oetf)e,  ber  1770  in 
Slieberbronn  bei  ©trafjburg  3um  erftenmal  tiefte  römifdjer  SSautunft  gefefjen, 
beffen  ©eele  ftdt)  im  Sluguft  1771  an  ben  Slbgüffen  beS  SJtannfjcimer  9tntifenfnals 
entjjünbct  fjatte,  fdjilbert  einen  Sßanberer  auf  ftaffifdjem  Sßoben,  ber  ahnungslos 
3roifcb,en  bie  krümmer  eines  alten  Stempels  gerat.  §ier  erlebt  er  ein  burd) 
teinen  Ieibenfct)aftltd}en  2on  geftörteS  3bt)E  tion  bejaubernber  3tnmut.  2tus 
biefer  Üvutje  tjeben  fiefj  bie  uretoigen  SHffonan^en  unb  ©cgenfätje  Don  äkrgangcntjeit 
unb  ©egenmart,  Statur  unb  ßultur,  Hob  unb  Seben,  naitiem  Sßeltemtifinben  unb 
fentimentaler  ©djraärmerei.  Familie  unb  ©infamfeit,  ©efjtjaftigfeit  unb  3Banber= 
trieb,  tion  jerftörenben  unb  erfd)affenben  Staturfräften  fjeraus;  nid)t  etroa 
fämtofenb,  fonbern  leife  tneinanber  toebenb  finben  fie  itjre  Stuflöfuitg  in  einem 
.•ptjtmtus,  mct)t,  toie  man  tiermuten  foltte,  auf  bie  ßunft,  fonbern  auf  bie  emig 
feimenbe  Statur,  bie  jeben  jum  ©enufj  beS  Sebens  fdjafft.  ©iefe  Statur  ift  mit 
gang  anberen  2Iugen  gefefjen,  mit  gang  anberem  ^pergen  empfunben  als  in 
anberen  ©ebtcfjten  unferes  §efteS:  rein  bifblid),  maferifd),  ofjne  ®ant)tncb= 
Stimmung,  feft.an  ber  (Srbe  fjaftenb,  ofjne  ©efjnfudjt  barüber  fjinaus.  2lus 
ifjrem  Sßefen  fdjötift  ber  Sßanberer  eine  ruhige  aber  beftimmte  SebenSjutierfid^t. 

@in  ©runbton  religiöfer  SSegeifterung  ift  beutfid)  tiemerjmbar  in  „Sßanberers 
©turmfieb",  als  tiolter  unb  tiefer  ßlang  befjerrfdjt  er  „SJcafjomets  ©efang". 
©iefe  in  unferem  .'peft  3uerft  auftaudjenbe  Überschrift  —  im  erften  2>rucf  tautet 


16     

fie  Blofj  „©efang"  —  fjat  bielfacfj  ju  einet  irrigen  2tuffaffung  oerfü^rt;  ba  ber 
Sßrabljet  nidjt  ber  ©änger  beS  §imtnuS,  fonbern  ber  ©egenftanb  ber  23erljerr= 
lidjung  ift,  mufj  fie  als  ©efang  auf  9Jlatjomet  gebeutet  Werben:  9ttaIjometS=©efang. 
2Iudj  bie  $orm  ift  im  erften  ©rucf  anberS,  als  Wie  fie  in  unferem  §eft  jum  erftcn= 
mal  erfdjeint:  al§  ^toiegefpräd^  ift  bie  §t)mmne  geteilt  gtoifd^en  9JtaB,ometS 
leibenfdjaftltdjem  2tnt)änger  unb  ©cljwiegerfofjn  9lli  unb  fetner  ülodjter  $atema. 
3in  ©idjtung  unb  SBaljrljeit  Ijat  ©oettje  iljr,  in  ungenauer  Erinnerung,  eine  Be= 
ftimmte  ©teile  in  bem  Fragment  geBIieBenen  9JlaIjomet=3)rama  angeWiefen:  auf 
bem  rjödjften  fünfte  bei  ©elingenS,  lur^  bor  ber  llmWenbung  foEte  2llt  gu  @6,ren 
be§  9tteifterS  baS  5preiSlieb  Vortragen,  ©oetlje  fjat  Ijier,  inbem  er  9JtarjometS 
£erbortreten ,  baS  2lnWad)fen  feiner  (Srfolge  unb  ben  ©iegeSlauf  feiner  Seljre 
unter  bem  ©bmBol  eines  ©tromeS  barfteEt,  äugleicB,  ein  SSilb  entworfen  bon  bem 
SeBen  unb  ©Raffen  ber  großen,  bon  göttlichem  ©eift  erfüllten  Setter,  gürjrer  unb 
Setter  ber  5!Jlenf cr)t)ett ,  ber  genialen,  fdjaffenben  5PerfönIiü)i'eiten ,  bercn  fegenS= 
rei^e§  Söirten  „freubeBraufenb"  borten  einmünbet,  bon  wo  es  ausgegangen: 
inS  ©öttlidje.  Unb  bamit  cjat  er,  gang  aus  bem  UnBeWufjten  fjerauS,  in  genialer 
SSoratjnung  beS  künftigen,  fein  eigenes  SeBen  bargefteEt,  ba§  ju  einer  ftromartigen 
SSreite  menfdjlidjen  unb  geiftigen  SBadjStumS  anfdjWeQen  foEte. 

äBärjrenb  „SBanbererS  ©turmlieb"  ber  SluSbrucf  eines  borüBergeft,enben 
3tiftanbeS,  einer  augenBIicflidjen  ©timmung  tft,  erljeBt  fidj  „SßromettjeuS", 
oBwoB,!  aus  bemfelBen  llrgefüljl  entfbrungen,  bodj  gur  §öfje  einer  3lbee,  einer 
SMtanfdjauung;  unb  wenn  in  „9JtaIjometS  ©efang"  baS  religiöfe  (Smbfinben 
al§  foldje»,  ofme  Befottberen  SSejug  jur  ©ottrjeit  auSgefbrocfjen  Wirb,  fo  Bebeutet 
„*Prometrjeu§"  eine  ftreitBare  5luSeinanberfe|ung  be§  9Jtenfd)en  mit  ber  ©ottljeit. 
©ett  1772  fjatte  fidj  ©oetlje  bon  bem  ßfjriftentum  ber  SSrubergemeinbe ,  ja  bon 
jebem  bogmattfäjen  unb  lirdEidjen  (priftentum  üBerfjaubt  aBgelöft.  ©binogaS 
Seljre  bom  9tCIgott  fafjte  bamalS  Bereits  SBurgel  in  ber  ©eele  beS  jungen  3)id)terS, 
aus  ber  ber  ©lauBe  an  einen  aufjerWeltlidjen  ©ott  geWidjen  War.  ©er  mafEofe 
©eift  ber  Slufleljnung,  ber  titanifäjen  ©elBftüBerfjeBung,  bie  ÜBerjeugung,  bafe  bon 
broBen  feine  §ülfe  gu  erwarten  fei,  bafj  jeber  9Jlenfä)  unter  bem  $Wange  beS 
©djicffalS  fein  eigener  Reifer  fein  muffe,  aE  baS  jufammen  bertörberte  fict)  in 
ber  ©eftalt  beS  mtitljifdjett  9ieboIutionar§.    316er  audj  nadj  einer  anberen,  als  ber 


17    

religiöfen  Seite  fbiegelt  fiel)  ©oetbe§  3(dj  in  ber  $igur  be§  SHtanen.  @r  fdjilbert 
fidj  in  Sichtung  unb  äöaljtljeü  al§  einen  fäjon  fri%itig  9lüetnfteb,cnben,  gang 
auf  fiä)  fclbft  StngeWiefenen.  S)ie  fidjerfte  SSeftätigung  biefer  ©elbftanbigfeit  fanb 
er  in  feinem  brobuftiben  Salent,  unb  bie  SSorfteüung  bcäfelben  „berWanbclte  fiel; 
in  ein  SBilb,  bie  alte  mt)t^ologifc£)e  $igur  be§  5ßromet'ljeu§  fiel  mir  auf,  ber, 
abgefonbert  bon  ben  ©öttern,  bon  feiner  äöerlftätte  au§  eine  2Mt  bebblferte". 
©o  Wirb  !ßrometb,eu§  pm  ©tjmbol  ber  fjöcbjten  ©cfjöbferfraft,  wie  er  fidj  fdjon 
1771  in  ber  ütebe  „3um  ©b>fe§bear§  Sag"  bargeftettt  chatte.  3um  Srama 
geftaltete  fidj  ber  alte  9Dtl)tf)U§  1773,  Wudj§  aber  nict)t  über  aWei  Stlte  f)inau§. 
®iefe§  ©toefen  fjat  ©octf)e  fbäter  bamit  begrünbet,  bafj  ber  titanifcl) =gigantifcr)e 
bjimmelftürmenbe  ©inn  feiner  3)idjtung§art  deinen  ©toff  bertietj;  unb  fo  bauen 
fidj  ©ebanfen  unb  ©efufjte,  bie  im  S)rama  ntdjt  ausreifen  burften,  1774  in  ben 
Itjrifdjcn  Monolog  Rammen,  ben  ©oetlje,  al§  er  1830  ba§  bramatifdje  Fragment 
beröffentüdjte,  geWaltf  am  an  biefeS  anhängte.  2ßa§  bem  ©ebicr)t ,  in  bem  man 
feit  3acobi§  Reiten  bielfadj  einen  au§gefbrodjenen  5ltljei§mu§  b,at  erfennen  motten, 
feinen  etl)if(fien  ©efjalt  gibt,  ift  ba§  S5elenntni§  311  einem  tatlraftigen,  teben§= 
mutigen  Dbtimi§mu§,  ba§  ©efütjl,  mit  biefer  6rbe,  au§  ber  unfere  greuben  unb 
Seiben  quitten,  berWadjfen  ju  fein.  SJkomettjeu»  jubelt,  baf}  fein  tjeilig  glüfjenbeS 
§erj  atte§  felbft  bottenbet  b,abe.  §ier  bereits  brebigt  ©oettje  fein  (Sbangelium : 
bie  £at  ift  atte§. 

£)er  mit  Itammernben  Organen  an  ber  (Srbe  Ijaftenbe  Sprometb,eu§  mufjte 
frei  fein  bon  ber  ©eljnfudjt  nadj  aufjerirbifdjen  9Mdjten.  3sn  bem  Sinter  aber 
Wotjnte  audj  bie  anbere  ©eele,  bie  bem  Slbler  unb  bem  ßranidj  bie  f^ügel  neibet. 
SDie  jugenblidje  grül)Ung§f e^nf ucl}t ,  bie  fidj  ^ufammenbrängt  in  ben  Sßunfdj, 
enttorbert  in  ben  SBeltraum  aufzufliegen,  ift  nie  fdjWärmerifdjer,  inniger,  jarter, 
reiner  au§gefbrodjen  Worben  al§  in  „©antjmeb".  Sßie  ber  S)ict)ter  in  ber  ©elbft= 
biograbtjie  erjagt,  mar  in  ib,m  eine  munberfame  äkrWanbtfdjaft  mit  ben 
einzelnen  ©egenftänben  ber  5Jtatur  erWadjt,  ein  innige?  Slnttingcn,  ein  2ttitftimmen 
in§  ©an3e.  ©antimeb  ift  baB  ©tjmbol  biefe§  tiefen  S)range§  nadj  @infül)tung  in 
bie  9latur,  biefer  fdjWarmerifdjen  ®erjnfucr)t,  über  ba§  3>rbifdje  b,inau§3uWad)fen, 
im  5lttteben  ber  Statur  aufsugetjen,  biefeS  enge  ©afein  Ijier  jur  ©Wigfeit  ju 
erweitern. 

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18     

Sine  in  fidj  gesoffene  ©rubbe  bon  ©oetrje§  3fcgenbbidjtungen  Bilben  bie 
ßunftgebütüe,  bon  benen  nur  biet  in  unfer  §eft  übergegangen  finb:  „®ünftler§ 
9JtorgenIieb",  „Kenner  unb  ßünftler",  „3ln  ßenner  unb  £ie6f)aBer",.  „Stnefbote 
unferer  Sage". 

©er  5protnet^eifc^e  6d)öbfung§trieB  be§  ©idjter§  rang  nach"  Erfüllung  niäjt  BIo^ 
in  ©eBitben  bicrjterifc§er,  fonbern,  mit  niäjt  toeniger  ßetbenfc^aft,  in  ©ctjöbfungen 
fiübenber  Cßtjantafie.  6§  haar  bie  3eit,  too  in  iljm  bie  Beiben  SSerufe,  ber  be§ 
bictjtenben  unb  ber  be§  Bilbenben  $ünftter§,  fo  heftig  um  ben  23orrang  fämbften, 
bajs  er  bie  (Sntfcfjeibung  fogar  einem  DraM  antjeim  gehen  rooEte.  Sitten  unb 
Silben  gingen  Bei  ihnt,  roie  er  in  ©idjtung  unb  2Bat)tf)eit  erzählt,  bamat§ 
unaufhaltsam  miteinanber.  @r  geicljnete  unb  matte  in  öl;  aBer  ba§  Unjülanglicrje 
biefer  SSemüfjungen  Balb  erfennenb,  griff  er  roieber  ju  Sprache  unb  9tf)t)tB,mu§, 
bie  it)m  Beffer  p  ©ehote  ftanben,  unb  geftattete  feine  ßunftanfcrjauungen  in 
einzelnen  ©ebichlen,  roelcfje  „bie  ßunftnatur  unb  bie  ÜJtaturfunft"  bertünbeten. 
Jtatur  unb  ßunft  finb  berroanbt,  gleiche  Gräfte  unb  ßeime  treiBen  in  Beiben  jur 
Entfaltung.  Sßor  ben  Sßerten  Beiber  ftetjt  ber  ßnnftler  mit  bem  @ntft,ufia§mu§ 
religiöfer  2lnbact)t,  ber  au§  Beiben  gefcrjöbfte  ©enufj  fefet  fict)  in  malerifäje  2In= 
fcfjauung,  in  fünftlerifctje  SEat  um.  Sern  bon  ©mbfinbnng  gtüfjenben  §erjen 
wirb  aud)  Bier  uneingefdjränft  bie  ^errfcrjaft  juerlannt,  ba§  9Jtt)fterium  be§ 
fünftlerifcrjen  ©d)affen§,  ba§  geB,eimni§boHe  ÜBerftrömen  be§  ©efüht§  au§  bem 
§erjen  in  bie  gingerfbihen  wirb  mit  bem  5CRt)fterium  be§  animaUfcrjen  geugenS  in 
parallele  gefegt.  S)en  intenfibften  2tu§bruäi  IjaBen  biefe  2tnfcfjauungen,  ju  benen 
§erberfc^e  ©ebanten  üBer  ba§  Sßefen  ber  5ßlaftit  ben  jungen  ©oetfje  mit  angeregt 
fjahen,  in  ätbei  gleichzeitigen  ©ebicfjten  gefunben,  bie  in  unfere  Sammlung  nidjt 
aufgenommen  finb:  „ßünftlerS  SIBenblieb"  unb  „©enbfctjreiBen".  ©leictj  weit  roie 
bom  talten,  nüchternen  ßenner,  ber  ben  ßünftler  ^war  äufjerltct)  förbern,  itjn  aBer 
üBer  ba§  innerfte  SBefen  ber  ßunft  niäjt  aufftären  fann,  fühlte  fict)  ©oeth,e  entfernt 
bon  bem  Bitbenben  ßünftler  fetBft.  @r  ftefjt  gttjif^cn  Beiben  at§  enttjufiaftifetjer 
SieBIjaBer,  ber  tief  fdjmerälict)  embfinbet,  bafj  ih,m  bie  le|te  SBeitje,  bie  gottgegeBene 
©crjöbfung§fraft  fehlt.  5tüe  feine  ^Bemühungen  roaren  nur  ein  gittern,  nur  ein 
©rammeln,  leine  (Srjeugniffe  ber  3Jleifterf(|aft,  ber  SSirtuofität ;  biefe  begriffe, 
bie  ifi,m,  tote  er  1772  an  Berber  fctjreiBt,  biträ)  ba§  ©tubium  $pinbar§  aufgegangen 


19     

Innren,  finb  ifjm  in  ber  £>id)tung  praltifdj  geworben,  nidjt  oBer  in  ber  Bilbcnbcu 
Sanft.  Unb  ba  ttjnt  Bei  gereiften  (Stnfid^ten  bie  §al6roarjvf)ett  ber  im  ©ötj  bon 
23ertid)ingen  au§gefbrocr}enen  ©entenj,  ba§  bon  einer  ©mbfinbung  botte  §erjj 
madje  ben  Dichter,  üBerfjaubt  ber  Setjre,  ba§  bie  ßünftlerfdjaft  gan,}  unb  nur  aus 
bem  ©efüfjt  fließe,  tlar  geworben  war,  fo  lonnte  er  f  bäter  ben  bagen  unb  un= 
Beftimmten  ^ugenbanfdjauungen  ben  bräjifen  ©aij  entgegenftelten :  „2)ie  $unft 
wirb  niemanb  förbcrn  aU  ber  9Dteifter.  ©önner  förbern  ben  ßünftter,  ba§  ift 
recrjt  unb  gut;  aBer  baburcB,  wirb  ntcr)t  immer  bu  Sunft  geförbert." 

(Sine  3?erB,errücB,ung  be§  SeBenS,  eine  äkrB,errücB,ung  alter  (Eigenfcfjaften,  bie 
c»  311  fteigern  im  ©tanbe  ftnb,  ba%  ift  ba§  SBef entließe,  ba*  alten  Bi§tjer  auf= 
geführten  ©ebidjten  gemeinfam  ift.  3'n  °i^r  Söetfe  fjatte  nocB,  lein  beutfetjer 
©icfjter  gefbrocfjen.  Sugenb,  ÜBermacfjt  ber  ©mbfinbuug,  ba§  35eWufjtfein  eine§ 
fcfjier  unerfcrjöpftiäjen  inneren  9teict)tum§  erB,e6en  ben  2Iu3brucf  unb  bie  Qform  biefer 
Oben  3U  einer  Bi§  baB,üt  in  beutfcr)er  ©brache  noer)  nidjt  gehörten  £eibenfcrjaft= 
tidjfeit,  ja  treiben  itjn  gelegentlich,  Wie  in  „2ßanberer§  ©turmlieb"  Bi§  tjart  in 
bie  -Kätje  ber  gormtofigfeit.  SBie  ein  ^uBelruf  erllingt  ba§  tjofje  Sieb  bom  SBerte 
be§  SeBen§  in  bem  ®itB,bramBu§  „Sin  ©djWager  Sronoä",  ben  ©oettje  am 
10.  OftoBer  1774  gebidtjtet  fjat,  tjeimfetjrenb  bon  einer  üteife,  auf  ber  er  Ä'tobftod; 
bon  granlfurt  nad)  $art§ruB,e  Begleitet  Blatte,  $n  ber  $B,antafie  be§  Oteifenben 
geftaltet  fid)  bie  garjrt  $u  einem  neuen  ©bmBot  für  ben  2Ibtauf  be§  2)afein§, 
ifjre  einjelnen  SIBfdmitte  6i§  jum  raffelnben  (SinroKen  ber  ßutfdje  in§  bunlle 
©tabttor  Werben  ju  granbiofen  Söttbern  bom  SeBen  unb  bom  ü£obe  umgebidjtet, 
forbertidje  SeWegung  unb  §anbtung,  äußere  unb  innere  Vorgänge,  2ßirfüd)f'eit 
unb  Sichtung  ftiefjen  WunberBar  ineinanber.  S)er  ©rang  be§  gatjrenben  bor= 
Wärt«  3U  lommen,  ift  fo  tjeftig,  bafj  fogar  bie  ©djnettigfeit,  in  ber  bie  3eit 
bafjin  eilt,  ifjm  nidjt  genügt;  er  feuert  ben  at§  Sutfctjer  gebuchten  (Sott  ber  ßeit 
6f)rono§  —  nur  in  ber  ©djreiBung  berWetfjfelt  mit  ßrono§,  bem  Titanen  —  3U 
größerer  ©tfe  an.,  „Wein  nisus  borWärt»  ift  fo  ftarl,  baft  terj  feiten  mid) 
zwingen  fann  Sltem  nt  fjoten  unb  rüctwärt§  §u  ferjen",  fct)retBt  ©oett)e  fdjon 
im  StobemBer  1771.  3Ba§  ba§  SeBen  an  ©enufj  unb  ©djönl)eit  Bietet,  Witt  er 
an  fietj  reiben,  bie  t)öcr)ften  ©ibfet  Witt  er  „ftrebenb  unb  B,offenb"  erltimmen, 
bie  ganje  gütte  be§  SeBen§  Witt  er  au§toften,  oB,ne  Raufen,  oBne  9tuf)e,  ofjne  Be= 


20     

bädjtig  aBWägcnbe§  ^DlafsB,  alten  unb,  Wenn  e§  ba3  ©cfnäfal  geBeut,  in  tuentge 
3iaf)re  3ufammengebreJ3t,  um,  elje  ir>n  ba%  Sllter  311  einem  tatenlofen  §in= 
bammeln  berurteilt  al§  fjürft  3U  ben  dürften  im  Drtu§  einjufarjren.  „©ottf 
idj  Inidern,  Wenn'3  um  ben  gangen  SBett  be§  SeBen§  gefjt?"  jagt  (Sgmont; 
unb  an  ben  @cf){uJ3  feinet  SelBftBiograbfjie ,  bic  ja  nur  bie  (Säuberung  feiner 
Sugenb  ift,  fei$t  ber  Stfdjtet  bie  rjerrliäjen  Sßorte,  mit  benen  (Sgmont  ben  ängft= 
liäjen  SBarnungen  feine§  @etretär§  Begegnet:  „SBie  bon  unfidjtBaren  ©eiftem 
gebeitfcfyt,  gefjen  bie  ©onnenbferbe  ber  $ett  mit  unfre§  <5i<ffat§  leidstem  SBegen 
burä) ,  unb  un§  BteiBt  nichts  at§ ,  mutig  gefaxt ,  bie  3ügel  feft^u^alten ,  unb 
Balb  redjt§,  Balb  Iint§,  Dom  Steine  rjier,  bom  Sturze  ba,  bie  Stäber  Weg= 
julenlen." 

3u  einer  fatirifcfj  =  ljumoriftifctjen  ©rubbe  treten  einige  Heinere  ©ebidjte 
jufammen.  „©er  §umor  ift  eine§  ber  Elemente  be§  ©enie§".  ©er  @a|  ftnbet 
fttfj  in  ben  5)lajimen  be§  alten  ©oetfi,e.  (Sin  wie  reiä)e§  unb  töftliäje§  (Clement 
er  in  bem  ©enie  be§  jungen  ©oettje  mar,  babon  gibt  unfere  Sammlung  leinen 
boEen  ©efäjmact  2km  ben  Beiben  „Sin  ©leicfmifj"  üBerfctjrieBenen  ©ebitfjten 
roenbet  fiäj  ba§  eine  gegen  bie  fftejenfenten,  ba§  anbere  gegen  gefdjäftgtunbige 
Tutoren.  „Gatedjifatton",  im  erften  3)ruct  (1773)  „Sateäjetifcfje  ^nbuction" 
üBerfdjrieBen,  Betjanbelt  ba§  5|3roBIem  be§  (Sigentum§,  ba§  in  ben  roa^rfäjeinlicfi, 
ftfjon  in  bie  SBeimarifdje  Qtit  gehörigen  SSerfen  „@in  föeiäjer  bem  gemeinen 
Sßefen  §ur  Stacfjricfjt"  mit  einer  berBen  SBenbung  Wieber  aufgenommen  Wirb. 
@in  kräftiger  ^ßeitfdjenfjieB  trifft  ben  Püffen  be§  5ßrjiltfter§  -JHcoIai,  ber  ftdj  mit 
einer  üßarobie  an  feinem  SBerttjer  berfünbigt  tmtte.  Sie  fatirifäjen  35erfe  „Gin 
lutfjeriftfjer  ©eiftlitfjer  fbricfjt"  fcfjeinen  Wegen  ftjnlidjfeit  be§  ©eban!en§  mit 
einigen  SSerfen  im  ©Wigen  3uben*)  in  bie  jeitlidje  ÜJläfje  biefe§  $ragment§  ju 
rücfen.  Sitter  fatirifäj  ift  bie  „ßegenbe",  unb  „S)er  neue  3lmabi§"  giBt  mit 
tänbelnbem  §umor  eine  Serfbottung  be§  jugenblicf)en  9JtärctjengIauBen§. 

3lBfeit§  bon  biefen  brei  ©rubben  ber  borWeimarifa*)en  3^tt,  ben  Oben,  ben 
$unftgebicf)ten  unb  ben  ©atiren,  fteljt  ba§  teibenfäjaftlicfje  SieBe§gebicB,t  „9ln 
©Kriftel"  in  einer  älteren  <&anbftf)rift  „2ln  ©fjrtfttane  9t."  üBerfdjrieBen. 


*)  Wmox,  ©oetfjeS  gragmentc  l'om  etoigcit  Rubelt  ©,  140. 


21     

„3Birb  mein  §er,5  einmal  in  ergreifenbem  WaBren  ©enufj  unb  Seiben  bie 
©eeligfeit,  bie  SQtehfdjen  gegönnt  warb,  cmjjftnben  unb  nufjt  immer  auf  ben  SBogen 
ber  (SinBilbungStraft  unb  üBerfpannten  ©innlidjfeit  §immel  auf  unb  Rotten  ao 
getrieBen  Werben."  ©o  üagte  ©oetfje  im  ©cbtemBcr  1775  in  einem  SSrief  an 
Stugufte  tion  ©toIBerg.  2)ie  geit  war  nic^t  mef)r  fern,  Wo  biefe  tiefe  ©efjnfucfjt 
ber  Erfüllung  na^e  geBracrjt  Werben  foEte.  SBenige  SBocBen  barnacB,  traf  ©oettje 
in  Sßeimar  ein.  S)ie  grofje  UmWanblung  feine§  inneren  War  Bereitä  borBereitet. 
£>ie  fonbulftben  Spannungen  feiner  Keinen  närrifajen  ßombofition  rjatten  fcB,on 
in  ^rantfurt  angefangen  nadjntlaffen  unb  ber  „©eift  ber  9tetnt)ett"  ftiefj  nactj 
unb  nact)  ba§  grembe  auä  iBm  ^erau§.  (9In  Slugufte  bon  ©toIBerg,  ©ebtemBer 
1775.)  $ein  3^«fel,  bafj  er  unter  bem  „gremben"  bie  TOafelofigfeit  feiner 
SeBenSfüBrung,  bie  2lu§fcf)Weifung  feines  ©efüfjl3leBen§,  ben  SJlangel  an  ©clBft= 
Berjerrfctjung  meint,  unb  nicB^t  gute^t  bie  ÜBertreiBungen,  benen  fici)  feine  fünft = 
lerifdje  Pjantafie  Bisher  BingegeBen  Bitte.  .£)ier  in  SBeimar  Begann,  geförbert 
burcB  ben  (Sinflufj,  ben  bie  „©eelenfürjrerin"  (Jrjartottc  bon  ©tein  auf  tt)n  au§üBte, 
bie  ftrenge  ©elbftjUtcrjt,  bie  ßonjentration  feiner  Gräfte,  bie  §inlentung  feine§ 
SeBen§fcf)iffe3  auf  fixere  Qkte.  2)ie  SeBen§anfcfjauung,  bie  „2Banberer§  ©turm= 
lieb"  unb  „3ln  <Sd)Wager  ®rono§"  berfünben,  Wirb  in  bem  ©ebidjt  ,,©eefar)rt" 
in  einer  neuen  Spiegelung  Wieberfjolt,  aBer  im  gebantlicrjen  ©et)att  Wie  in  ber 
$orm  bertieft  unb  berebelt.  2)iefe§  ©ebidjt  ift  in  geWiffem  ©inne  eine  SIBfage 
an  bie  33ergangent)eit,  an  ben  ©eift  be§  ©turme§  unb  3)range§.  $ein  teiben= 
fif)aftlicr)er  Jüngling  fbricljt  Biet,  ba§  finb  5£öne  au§  ber  Sruft  eine§  5Jlanne§, 
ber,  feiner  felBft  fidjer,  ba§  ©teuer  feine§  SeBen§  feft  in  ber  §anb  Bat.  ®en  ^reunben, 
bie  angftboE  irjn  bie  neue  8eben§Batm  Befdjreiten  feBen,  giBt  er  bie  tröftenbe  33er = 
fidjerung,  bafj,  Wie  feinen  $ßrometBeu§ ,  nunmeBr  aucB,  iBn  felBft  bie  allmäcrjtige 
3eit  3um  5Jlanne  gefdjmiebet  BaBe,  bafj  er  im  tiefften  ©inne  .^err  feine§  @ä)tÄ= 
fal§  fei.  Unb  ba§  gleite  ßraftgefüBI  felBft  geWoEter  SeBenSfüBrung  Hingt  nac§ 
in  ben  Heineren  ©ebtcrjten  „TOenfcB.engefüBl",  „@i§IeBen§  Sieb"  unb  „ßönigUcfi, 
©eBet". 

©er  SßeimarifcBen  3eit  geBören  nod)  an:  bie  SSerfe  „§t)bocBonber",  bie 
fatirifetje  „Segenbe",  bie  SSaEabe  „33or  ©erterjt".  £>a§  auf  bie  SSerma'Btung  be§ 
Pfarrers  (SWaib  31t  OffenBacB,  a.  Wl.  (10.  ©ebtemBer  1775),  alfo  bor  ber  l'tBer= 


22     

fiebelung  nadj  SBeimar  gebidjtetc  „SBunbesIieb"  gefeilt  fitfj  in  feiner  Umarbeitung 
ber  SBeimarifdjen  ©nippe  ju.  „3[äger§  Stadjtlteb",  in  bent  man  früher  eine  6rinne= 
rung  an  Sili  gefetjen  tjat,  Wirb  neuerbings  auf  grau  bon  (Stein  Belogen.  S)er  äußere 
©runb,  ba§  e»  in  unferem  §eft  enthalten  ift,  fäjeint  für  bie  alte  Sluffaffung  ju 
fpreäjen.  SBäre  e§  totrfltäj  ein  2lusbruä  feiner  bautaligen  Smpfinbungen  geWefen, 
fo  rjätte  ©oetlje  es  WobJ  laum  in  biefen  3ufammenb,ang  geftettt;  unb  ein  an  fie 
gerichtetes  ©ebiajt  r^ätte  grau  bon  Stein,  bie  es  übrigens  in  bes  ©idjters  9tieber= 
fdjtift  befafj  —  am  11.  9<iobember  1777  bittet  er  fie,  es  ib,m  ju  fdjitfen  — 
fajWerlid)  in  biefem  3ufammenf)ang  abgefdjrieben. 

%U  ©oetlje  bie  ©ebicfjte  aus  älteren  §anbf Triften ,  au»  ^Rufenalmanadjen, 
9Jtonatsfd)riften  unb  fonftigen  Sßerten,  Wo  fie  juerft  gebrückt  Worben  waren,  für 
bie  greunbin  abfdjrieb,  waren  irjnt  manche  ber  barin  ausgebrühten  @mpftnbungen 
nur  noä)  ein  ^Jtaäjflang  frorj=  unb  trüber  3eit.  @*  fct)rte6  mit  fübjerem  §er^cn, 
unb  fo  tonnte  bie  fünftlerifdje  ©infiäjt  freier  Walten  in  ber  SSefwnblung  bes 
Söortes.  3Jn  ben  Wefentliäjen  ,3ügen  lonnte  unb  Wollte  er  freilieb,  an  feinen  ©e= 
biegten  nichts  änbern,  aber  im  einzelnen  legte  er  bie  geile  an,  um  ba  eine 
rt)t)tljmifcf)e  §ärte  ju  befeitigen,  bort  einen  Slusbrucf  prägnanter  gu  geftatten, 
balb  eine  grammatifalifetje  Unebenheit  gu  glätten,  balb  naturaüftifdje  6igen= 
WiEigfeiten  bes  ©enieftils  ju  milbern.  Sßon  ber  llmgeftaltung  bes  3Wiegefangs 
auf  Matjomet  War  bereits  bie  9tebe.  Sßotjl  nur  buret)  ein  SSerferjen  beim  Slbfä^reiben 
finb  3Wci  fdjöne  Sßerfe  ausgefallen:  im  „SBanberer"  ber  SBers  „£)u  meines  Sebens 
Hoffnung"  (auf  ber  28.  Seite  bes  §efte§  naä)  „§aft  bu  gefdjtafen  Iiebe§  §er-ä?"), 
in  „Senner  unb  ßünftler"  nad)  ber  3.  geile  ber  SSers  „2)er  5Jtunb  •  noä)  auf= 
gefdjWoHen".  9ftit  ©oetrjes  Neigung,  ber  StufjenWelt  fein  inneres  gu  berbergen, 
f)ängt  es  ^ufammen,  bafj  er  bieten  feiner  ©ebiäjte  bor  ber  Skröffentüdjung  bas  ^nbt= 
bibuette,  Woburdj  fie  an  ber  ©etegenb,eitsurfac£)e  f efttjaf teten ,  bas  Momentane, 
^erfönlidje  nafyu,  bafj  er,  Wie  er  fidt)  einmal  an  gelter  au§brüdt  (27. 9Mrj  1830) 
bas  Speciale  feiner  ©ebidjte  ins  SIEgemeine  emporhob,  bamit  es  bie  ßefer  Wieber 
in  ifjre  eigene  Spezialität  ob,ne  Weiteres  aufnehmen  tonnten.  So  ift  aus  bem 
„SSunbesIieb",  bas  jur  §ocbjeit  eines  befreunbeten  Haares  gebietet  Worben  War, 
burä)  §erausfä)Wingen  bes  5ßerfönlicf)en  —  audj  einer  3lnfpielung  auf  ben  llrnjug 
naef)  Sßeimar  —  ein  für  jebe  fröb^Iic^e  ^Bereinigung  paffenbes  geftlieb  geworben. 


23    

„3u  einem  gemalten  93anbe"  lefen  mir  in  unferem  §eft  fä)on  in  ber  ^bfdjtoaetmng 
unb  äkratlgemeinerung  be§  erften  2)rucfe§. 

ÜJtoct)  ftrenger  berfüfjr  ©oetfie,  al$  er  für  bie  erfte  2lu§gabe  feiner  Sßerfe  bie 
©ebidjte  einer  abermaligen  Surcfjfidjt  untertnarf.  2)afj  er  baM  bie  ältere 
(Sammlung  311  State  30g,  babon  ^etgt  unfer  §eft  an  mehreren  ©teilen  beutlictje 
©buren.  (Sine  frembe  §anb  tjat  babei  mitgehrirft;  bon  ib,r  rnfjren  fjer:  in 
„9JM)omet§  ©efang"  (6.  2)  bie  ftnberung  „meitberbreiteten" ;  in  „äßanberer§ 
©turmlieb"  (©.16)  bie  ftnberung  „5ßb,öbu§";  im  „$rometf)eu§"  (©.16)  ba§ 
über  ber  $äh  nachgetragene  „bu";  in  „9Jtenfcb,engefüb,l"  bie  ortfjograpfjifdjen 
Stnberungen  „grofje"  unb  „liefen" ;  ferner  ein  ©trieb,  („2ßanberer§  ©turmlieb") 
unb  jwei  ßreuje  am  9tanb  (bor  „9Jtenfcf)engefüb,r  unb  „^öniglicb,  ©cbet"  -- 
beibe  ©cbict)te  fehlen  in  ber  ©ammlung  1789).  2lud)  bie  feb,r  mangelhafte 
3'nteröunltion  —  ©oetlje  fjatte  bafür  feinen  ©inn  unb  überlief;  gern  anberen 
bie  ©orge  für  bie  Unterfa)eibung§3eicf)en  —  ift  bon  einer  fremben  §anb  gebelfert 
unb  bereichert,  ©ie  ©atjjeicfjen  in  unferem  §efte  tonnten  bon  §erber  tjerrüfjren, 
beffen  Dtat  unb  §ilfe  ©oettje  in  §infid)t  auf  Drtljograbfjie  unb  ^nterbuuftion 
für  bie  erfte  2tu§gabe  feiner  ©Triften  in  Slnfbrud)  nai)m;  bie  anberen  6in= 
tragungen  jeigen  nicfjt  ba»  ©ebräge  feiner  §anb.  ©ollte  äßielanb  fjier  im  Meinen 
beteiligt  fein? 

2ln  einigen  ©teilen  fjat  ©oetfje  a5leiftiftforretturen  borgenommen,  bie  auf 
ben  Sejt  ber  ©ammlung  1789  tuntoeifen.  ©er  2tnberung3borfcl)lag  p  „5Jcab,omet§ 
©efang" 


ift  nidjt  ausgeführt,  toorben;  ber  3Ser§  lautet  fe|t:  „Unauffjaltfam  raufdjt  er 
meiter".  3)ie  erfte  $eile  bon  „ÄünftlerS  lltorgenlicb"  ftimmt  mit  bem  35eiftift= 
eintrag  überein. 


24 


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3n  ben  legten  btei  $t\lm  ber  erften  ©tropfe  be§  „£Bunbe§Iiebe§"  laufen  berfcfjiebene 
9fnberung§üerfuct)e  ineinanber; 


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ou§  „35on  (bann  „9)ttt")  reinen"  rourbe  „bie  treuen"  unb  bie  ßorrectur  ber 
legten  3eite  f|ie^  erft  „§at  er  gut  (?)  angefacht",  roorau»  bie  jetzige  Sefung  rjergefteHt 
toorben  ift.    Qm  bierten  ©trotte 


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25 

ift  fdjon  bie  Icijtroittigc  Raffung  „llnb  at(e§  roa§  Begegnet  erneuert  unfer"  an 
ben  9Janb  gefäjrieben.    %n  bk  ©djlufijeile  ift  bie  (Eorrectur 


aufgenommen  toorben.  „5tn  ©djroager  firono§"  enthalt  unfer  §eft  in  ättefter 
©eftalt ;?  tjier  lefen  mir  noct)  ba%  alte  öolfStümlictje  „Räubern"  (im  Sofjnfurjrroert 
6eförbem)  für  „Räubern",  ba§  öroöinjielle  „fäjlocternbe"  ftatt  „fdjtotternbe",  bie 
malenben  SSerfe  „^rifti),  ben  rjotöernben  ©tocf,  äßurjein,  Steine  ben  Srott".  %n 
ber  4.  3«ie  be§  3.  2lbfa|se§  fyaben  §erber  unb  grau  öon  Stein  fälfdjtict)  „SIBer" 
abgefdjrieben  ftatt  „Über".  S)a§  gewaltige  ©cfjlufcbiib  öon  bem  (Smöfang  be§ 
neuen  3lnfömmüngs  im  örtuS  burd)  bie  öon  ifjren  ©i|cn  fitf}  tüftenben  ©etoai= 
ttgen *)  ift  in  ber  letjten  Raffung  einem  mitberen,  freunblidjeren  gemieden,  t)at 
aber  baburti)  an  ©rbfse  unb  öaetenber  ßraft  öerloren;  ben  erftett  ^tnfat;  jur 
sJtnberung  bietet  unfer  §eft  in  einer  SSIeiftiftfti^e,  bie  bereits  fo  üerhrifdjt  ift, 
bafj  eine  9teörobultion  fiti)  nidjt  fjerftetten  tiefj.     ©ie  tautet: 

toir  fotnmen 

llnb  gteidt)  [barunter  geftridjen:  ber  freunblid)] 

S)er  2Birt  un§  freunblid)  empfange 

2Ke  ©ebitfjte  „®er  neue  2lmabi§",  „2In  Kriftel",  „SunbeSlieb",  „3äger§ 
9lati)tlieb"  unb  „3u  einem  gemalten  Sknbe"  Fjat  ©oetf)e  mit  SSIei  burdjgeftridjen. 
©ie  finb,  mit  5lu§nab,me'be§  8iebe§  „3tn  Kriftel",  ba%  ©oettje  auf  Saroline  §erber§ 
Dtat  öom  Srutf  au»gefcb>ffen  Ijat,  in  ber  erften  Abteilung  ber  ©ebitfjtfammlung 
1789  gebruett,  bie  rein  Kebartigen  Sfjaratter  ^at.    3n  bie  jroeite  finb,  mit  2tu§= 


*)  ©upfjan  fte^t  barin  eine  öfeminifeenj  an  SSerfe  in  filopftocK  SJieffiaä  uub  roeifi  je£t  in 
3e[aia§  14,  9  bie  UrfMe  für  biefeä  SSilb  nad);  filuge  (<5Soetf)e  =  ;3raf)r()ud)  21,  262 f.  unb  23,  205) 
erinnert  nu  altgermanifdje  äßalfiaHariorftellungen. 


26     

nafjme  bon  „2Banberer§  Sturmlieb",  bie  großen  Oben  unb  ®unftgebid)tc  auf= 
genommen,  aber,  fo  ätoifctjen  bie  geftärten,  erratenen  §tjmnen  bei;  SBeimarifcfjen 
3eit  »erteilt,  bafj  i^re  ßeibenftfiaftli^feit  nun  um  einige  Slöne  gebämbfter  Hingt. 
@ine  Steige  ber  fiter  belüften  fragen  l)at  Bereits  SSernljarb  ©uütjan  in  ben 
gitterten  Sluffä'tien  beljanbelt.  @r  b,at  guexft  auf  ben  b,otjen  fReij  ältefter  ©eftalten 
©oett)ifct)er  ©ebnete,  toie  er  fie  in  Jperber§  ÜRadtfcifj  entbecft  rjatte,  bingetoicfen 
unb  bm  SBert  be§  ilrfbrünglictjen  an  einer  2ln3af)t  ber  bebeutcnbftcn  ^Belege  ertt= 
toitfett.  Seine  freunblictje  fyürforge  ift  üudj  ber  öorliegenben  3ßubHtation  ju  gute 
gefommen. 

S)a§  SSoranftetjenbe  möge  al§  ba§  Eingenommen  toerben,  al§  toa§  e§  gebaut 
ift:  al§  ein  leichter  SSerfuct),  für  jebe§  (Sebicfyt  mit  uirjen  ©trieben  bie  Stimmung 
anjubeuten,  bie  üjm  eigen  uub  itjm  jmgleict)  mit  ben  übrigen  gemeinfam  ift. 
3Jtöglic§ft  toenig  gelefjrte§  SSeitoerf  fottte  ähnfdjen  ©oetfjeS  ©tfjriftaüge  unb  ben 
Sefcr  treten.  S)enn  bem  ©enufj  unb  ber  Erbauung  foll  bie  ®abe  getoibmet 
fein,  bie  toir  bringen.  Söie  ber  Sinter  einft  in  feinem  tjeiligen  §omer,  fo 
mögen  ©oetfje»  greunbe  in  biefen  blättern  tefen:  „3lnbact)t  lüurgfdjer  Seition." 

3ulius  IDafyle. 


Bei  mar.  —  $of  =  SudiDvitcf  crei. 


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