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Full text of "Ausstellung von Fundstücken aus Ephesos im unteren Belvedere"

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KUNSTHISTOR ISCHE   SAMMLUNGEN 
DES  ALLERHÖCHSTEN   KAISERHAUSES 


AUSSTELLUNG  VON  FUND- 
STÜCKEN AUS  EPHESOS 
IM  UNTEREN  BELVEDERE 


WIEN 

ADOLF    HOLZHAUSEN 

1905 


KUNSTHISTORISCHE    SAMMLUNGEN 
DES  ALLERHÖCHSTEN   KAISERHAUSES 


AUSSTELLUNG  VON  FUND- 
STÜCKEN AUS  EPHESOS 
IM  UNTEREN  BELVEDERE 


WIEN 
ADOLF    HOLZHAI  SEN 

i9°5 


Die  gegenwärtige  Ausstellung  ephesischer  Fund- 
stücke tritt  jener  im  sogenannten  Theseustempel  des 
Volksgartens  ergänzend  zur  Seite  und  ist  gleich  ihr 
ein  Provisorium.  Demi  das  im  Kataloge  des  Theseions 
gegebene  Versprechen  einer  einheitlichen  und  systema- 
tischen Ordnimg  sämtlicher  Funde  aus  Ephesos  kann 
erst  dann  seine  Erfüllung  finden,  wenn  die  Ausgra- 
bungen an  Ort  und  Stelle  abgeschlossen  und  eine  Reihe 
von  Sälen,  die  jetzt  die  «.Moderne  Galerie»  besetzt 
hält,  dasein  Zwecke  verfügbar  sein  werden. 

Den  Anlaß  zur  jetzigen  Veranstaltung  gab  der 
Fund  kolossaler  Reliefblöcke,  die,  nach  ihren  Dar- 
stellungen zu  schließen,  einem  zu  Ehren  Kaiser  Marc 
Aureis  errichteten  Monumente  angehört  haben.  In 
den  gewaltigen  Dimensionen,  in  der  mächtigen  Aus- 
ladung des  Bildwerkes,  in  den  kühnen  Stellungen  und 
Verkürzungen  der  Figuren,  in  der  effektvollen  vir- 
tuosen Mache  scheinen  diese  Reliefs  wie  im  Wetteifer 
mit  der  Gigantenschlacht  des  pergamenischen  Altares 
geschaffen  zu  sein  und  sie  bezeugen  eindringlich,  daß 
noch  zur  Zeit  der  Antonine  ein  eigenartiger,  von  der 


IV  Einleitung 

Stadt  römischen  Kunstrichtimg  unabhängiger  «asiaui- 
scher»  Stil  in  den  reichen  Städten  Kleinasiens  ge- 
blüht hatte.  Ihrem  künstlerischen  Werte  gesellt  sich 
das  historische  Interesse.  Allem  Anscheine  nach  be- 
ziehen sich  die  Darstellungen  auf  den  Feldzug  Marc 
Aureis  gegen  die  Parther  1O1 — 165  n.  Chr.  Es  darf 
als  glückliche  Fügung  gelten,  daß  die  Reste  seines 
Siegesdenkmals  sich  nun  in  die  Sehenswürdigkeiten 
jener  Stadt  einfügen,  in  der  der  Kaiser  sein  ent- 
sagungsvolles und  tatenreiches  Leben  am  ij.  März  180 
beschloß. 

Die  Blöcke  kamen  im  Herbste  igo^  zum  Vor- 
schein, doch  standen  sie  nicht  au  ihrem  ursprüng- 
lichen Platze,  den  man  aber  ihres  großen  Gewichtes 
halber  wohl  in  der  Nähe  vermuten  darf,  sondern  sie 
waren  in  ein  Wasserbassin  verbaut,  das  in  spätantiker 
Zeit  an  Stelle  der  Freitreppe,  die  in  die  Bibliothek  des 
Celsus  fs.  unten)  führte,  angelegt  "wurde  und  dem 
sie  zum  Schmucke  dienten.  Sie  langten  im  Winter 
i </<>_/.  in  Wien  an.  Im  darauf  folgenden  Sommer 
fügte  der  Bildhauer  Herr  A.  Rothmund  im  Atelier 
des  Herrn  Prof.  K.  v.  Zumbusch  die  abgebrochenen 
Theile  an  und  entfernte,  wo  es  nötig  zvar,  die  Sinter' 
schichte. 

Nach  Maßgabe  des  übrigen  Baumes  wurden 
in  die  gegenwärtige  Ausstellung  noch  andere  Bild- 
werke eingereiht,  die  sämtlich  in  Ephesos,  doch  an  ver- 
schiedenen Stellen  zu  Tage  kamen. 


Einleitung  V 


'o 


Die  in  Ephesos  bis  igoi  aufgedeckten  Bau- 
complexe  sind  in  der  Einleitung  des  Theseion- Kata- 
loges  S.  IX ff.  angeführt.    Es  sind : 

i.  die  römische  Agora  mit  ihren  Hallen  und  Sälen; 
2.  die  Prunkanlagen  am  Hafen; 
■■>.  die  Hallenstraße  zivischen  Theater  und  Hafen 
(wie  eine  Inschrift  dezeugt,  in  ihrer  letzten  Aus- 
gestaltung nach  Kaiser  Arkadius  [ßg5 — 408] 
Arkadiane  genannt); 

4.  das  Theater; 

5.  der  Rundbau  am  Panajirdagh. 

Seitdem  sind  fünf  weitere  Komplexe  unter  der 
Leitung  des  Sekretärs  des  k.  k.  archäologischen  In- 
stitutes, Professor  Dr.  Rudolf  Heberdey,  ausgegraben 
und  untersucht  worden,  und  zwar: 

6.  östlich  an  die  römische  Agora  anschließend  ein 
Hof  von  rechteckiger  Form  (ca.  200  m  zu  240  mj, 
umgeben  von  zwei  Parallelhallen,  zwischen  den,  n 
eine  offene  Straße  verlief,  wahrscheinlich  aus 
der  Zeit  Kaiser  DomiUans,  aber  unter  Hadrian 
von  Caius  Claudius  l  'erulanus  glänzender  aus- 
geschmückt; 

-.  die  hellenistische  Agora,  südlich  vom  Theater  ge- 
legen, ein  von  Säulenhallen  umgebener  Hof  von 
etwa  230  m  im  Gevierte,  in  dessen  Mitte  ein  Uhr- 
turm (HorologionJ  sich  erhob.  Im  Westen  ver- 
mittelte ein  in  römischer  Zeit  umgebautes  Tor 
durch  eine  Freitreppe  den  Aufgang  von  einet 


VI  Einleitung 

westlich  bis  an  den  Hafen  verlaufenden,  von 
Hallen  begleite/en  Verkehrsstraße.  Ein  zzveiles 
Prachttor  von  eige?iartigem  Grundriß,  zu  Ehren 
des  Augustus  und  des  Agrippa  von  derett  Frei- 
gelassenen Mazaeus  und  Mithridates  im  fahre 
4  v.  Chr.  vollendet,  führt  auf  eiiien  kleinen  Platz 
im  Süden  der  Agora; 

8.  die  Bibliothek  des  Cclsus,  die  sich  an  der  West- 
seite dieses  kleinen  Platzes  erhob  und  ursprüng- 
lich über  einer  breiten  Freitreppe,  die  in  spiit- 
römischer  Zeit  durch  ein  davor  angelegtes  Wasser- 
bassin außer  Gebrauch  gesetzt  wurde,  zugäng- 
lich war.  Tiberius  Julius  Aquila  erbaute  sie 
unter  der  Regierung  Trajans  zu  Ehren  seines 
Vaters  Tiberius  Julius  Celsus  Polemaeanus  (Con- 
sta (j-2  n.  Chr.  u?id  Statthalter  der  Provinz  Asia 
106—ioyn.  Chr.  [vgl.  die  Abbildung  auf  'S.  VII] J; 

g.  ein  dreibogiges  Prunktor  und  zwei  dem  Rund- 
bau vom  Panajirdagh  verwandte  Monumente, 
an  der  Südseite  der  vom  Theater  zum  magne- 
sischen  Tore  führenden  Straße; 
id.  die  sogenannte  Doppelkirche.  Mitgefundene  In- 
schriften bezeugen,  erstens  daß  sie  der  heiligen 
Jungfrau  Maria  gezueiht  ivar,  woraus  zu  fol- 
gern ist,  daß  das  Konzil  vom  Jahre  4^r  hier 
tagte,  und  ziveitens  daß  sie  als  Doppclkirche 
bereits  in  der  Zeit  Kaiser  Justinians f52y — 566) 
bestand. 


^  HI  Einleitung 

Ausführliche  Fundberichte  sind  im  Anzeiger  der 
philosophisch-historischen  Klasse  der  kais.  Akademie 
der  Wissenschaften  in  Wien,  i8gj,  Nr.  V — VI,  i8q8, 
Nr.  VII— VIII,  XXVII,  iqoo,  Nr.  V,  1902, 
Nr.  VII,  i[)04,  Nr.  IX  und  im  Beiblatte  der  fahres- 
hefte  des  österr.  archäolog.  Institutes  in  Wien  I,  54  ff., 
II,  37 ff.,  III,  83  ff.,  V,53ff.,  VII,  5, 38  ff.  gegeben. 

Wien,  im  August  ioo5 


Der  Direktor  der  Antikensammlungen , 
Robert  von   Schneider 


KATALOG 


VERZEICHNIS 
DER  AUSGESTELLTEN  SKULPTUREN 


Das  Material  der  Skulpturen  ist,  zvenn  nicht 
anders  ausdrücklich  angegeben,  iveißer  Marmor. 

Der  Pfeiler,  auf  dem  der  Torso  Nr.  i5  steht, 
und  die  sieben  Säulen,  die  die  Köpfe  Nr.  -,',  4,  16, 
i-,  18,31,  SV?  tragen,  sämtlich  aus  farbigem  Marmor, 
stammen  aus  den  ephesischen  Ausgrabungen  und  wur- 
den mir  zugeschnitten  und  neu  überschliffen. 


i.  Fries  aus  dem  Theater.  Zwischen  drei  tra- 
gischen Masken  zwei  von  Binden  umwickelte  Frucht- 
und  Blumengehänge.  Die  zwei  Masken  links  bart- 
los, die  mittlere  weiblich,  die  rechte  bärtig.  2-66 
lang,  0*58  hoch. 

2.  Überlebensgroßes  Standbild  des  Tiberius 
Julius  Celsus  Polcmacanus,  92  n.Chr.  Konsul,  seil 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  5 

106/107  n.  Chr.  Prokonsul  der  Provinz  Asia  und 
wohl  bald  darauf  gestorben,  von  der  Freitreppe  der 
ihm  zu  Ehren  von  seinem  Sohne  Tiberius  Julius 
Aquila  gestifteten  Bibliothek,  unter  der  er  begraben 
lag.  Torso  und  Beine  wurden  in  Trümmern  an  dem 
ursprünglichen  Standplatze  der  Statue  ausgegraben, 
der  Kopf  und  Teile  des  Oberkörpers  davon  getrennt 
an  der  Nordostecke  des  freien  Platzes  vor  der 
Bibliothek.  Die  Statue  ist  aus  9  Stücken  von  Wilh. 
Sturm  jun.  zusammengesetzt  worden.  Es  fehlen  an 
ihr  das  Hinterhaupt,  die  rechte  Schulter  und  der 
rechte  Arm. 

Celsus  ist  dargestellt  aufrecht  stehend  in  einer 
prachtvollen  metallenen  Rüstung,  deren  Brustteil 
mit  der  Gorgomaske  und  zwei  einander  gegenüber- 
gestellten Greifen  verziert  ist.  Darüber  ist  die  Feld- 
binde geknüpft.  Die  rechte  Achselklappe  zeigt  in 
Relief  ein  Blitzbündel.  Sogenannte  Pteryges  mit 
Masken  und  Rosetten  besetzen  in  doppelter  Reihe 
den  unteren  Rand  des  Panzers,  an  dem  noch  tiefer 
befranste  Lederstreifen  angebracht  sind,  unter  denen 
der  Saum  der  Tunika  sichtbar  wird.  Auf  der  linken 
Schulter  liegt  das  Paludamentum.  Reiches  Schuh- 
werk hüllt  die  Füße  ein.  Der  Kopf  des  Konsuls  ist 
mit  Lorbeer  bekränzt.  Er  trägt  den  Bart  in  der  Art 
des  Kaisers  Hadrian,  dem  er  auch  sonst  entfernt 
ähnlich  sieht.  In  der  erhaltenen  Linken  halt  er  das 
Schwert.  Auf  der  Basis  liegt  zur  Stütze  der  Statue 
ein  griechischer  Helm  «korinthischer»  Form,  die  in 
der  Kaiserzeit  längst  nicht  mehr  gebräuchlich  war. 
I  lohe  2-45- 


6  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

3.  Porträtkopfeines  jungen  Römers,  von  einer 
Statue.  Das  glatte  Haar  ist  in  die  Stirne  gestrichen, 
ein  leichter  Bartflaum  bedeckt  die  Oberlippen,  die 
Wangen  und  das  Kinn.  Unter  der  Unterlippe  steht 
eine  kleine  «Bartfliege».  Wohl  aus  spättrajanischer 
Zeit,  in  der  es  in  der  eleganten  Welt  wieder  Mode 
wurde,  den  Bart  wachsen  zu  lassen.  Etwas  bestoßen 
an  Nase,  Kinn  und  Ohren.  o-36  hoch.  Gefunden 
im  Schutte  nahe  dem  Nordflügel  des  Theaters. 

4.  Porträtkopf  des  Kaisers  Hadrian  (117 — 
i38),  von  einer  Statue.  Die  Nase  ist  stark  bestoßen, 
das  Kinn  abgebrochen.  Die  bartlosen  Teile  des 
Gesichtes  sind  antik  poliert.  0*28  hoch.  Gefunden 
im  Schutte  des  Mithridatestores. 

5—14.  Historische  Reliefs  von  einem  Ehren- 
denkmal, wahrscheinlich  auf  den  parthischen  Feld- 
zug Kaiser  Marc  Aureis  (165  n.  Chr.)  bezüglich. 
Vgl.  Einleitung  S.  III  f. 

(5.)  Kampfszene.  Fast  die  ganze  Breite  des 
Blockes  nimmt  ein  mit  einem  Wolfsfell  gesatteltes 
Pferd  ein,  von  dem  ein  junger  barbarischer  Reiter- 
führer zu  Tode  getroffen  herabsinkt.  Der  fehlende 
Pferdekopf  war  nach  vorne  gerichtet  und  wahr- 
scheinlich von  dem  hinter  dem  Pferde  befindlichen 
Römer  mit  seiner  Linken  an  der  Mähne  ergrillen. 
Der  Römer  ist  mit  dem  Thorax  und  Paludamentum 
bekleidet  und  trägt  am  linken  Anne  den  Schild; 
seine  fehlende  Rechte  führte  wohl  die  Walle.  Rechts 
vom  Pferde   flieht  zurückgewandten  Hauptes  ein 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  7 

Barbar  mit  dem  Schilde  an  einem  Gurte.  Er  sucht 
mit  der  Rechten  einen  auf  den  Boden  gesunkenen 
Gefährten  aufzurichten,  der  mit  krampfhafter  An- 
strengung einen  Pfeil  aus  seinem  Nacken  zu  ziehen 
sucht.    In  flacherem  Relief  erscheint  etwa  in  der 


Mitte  des  Blockes  der  behelmte  Kopf  eines  römi- 
schen Tubabläsers.  2*07  hoch,  170  breit. 

(6.)  Bruchstück  einer  Opferszene.  Der  Opfer- 
stier  (Hörner,  Schnauze  und  Beine  abgebrochen) 
wird  von  einem  Diener  rechts  herbeigeführt;  links 
schreitet  der  bärtige  Victimarius  heran.  Bei  beiden 


8  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

fehlen  die  Hände  mit  den  Attributen.  Der  Diener 
träet  die  Exomis:  der  Priester  ist  mit  einem  über 
die  Knie  hinaufgezogenen  Mantel  bekleidet.  Im 
Hintergrunde  von  links  nach  rechts  erscheint  der 
Camillus  mit  der  Kanne,  der  Flötenbläser  und  sie 
überragend  ein  bärtiger  Tubabläser.  2'o5  hoch. 
1-25  lang. 

(7.)  Zwei  Frauenfiguren  (Göttinnen,  vielleicht 
Personifikationen  der  Landschaft),  aufrecht  nach 
vorne  stehend  in  Unter- und  Obergewand,  mit  kunst- 
voll verzierten  Sandalen.  Ihre  Köpfe  und  Vorder- 
arme fehlen.  Die  eine  hält  in  der  Linken  eine  stili- 
sierte Blume  (?).  Zwischen  beiden  oben  in  llachem 
Relief  ein  mit  Ähren  gefüllter  Korb.  Unten  die 
Halbfigur  eines  bärtigen  Flußgottes  wild  erregt 
aufblickend,  Brust  und  Schulter  mit  Seetang  be- 
deckt, in  der  Linken  einen  Fisch  haltend  (wahr- 
scheinlich der  Euphrat).    2-o8  hoch,   1*40  lang. 

(8.)  Weibliche  Idealfigur  nach  einem  griechi- 
schen Originale  des  5.  Jahrhunderts  (Demeter 
mit  einem  Reifen  im  Haar,  das  in  freien  Locken  auf 
die  Schultern  herabfällt,  im  dorischen  Chiton  mit 
Diploi'dion  und  einem  über  beide  Schultern  ge- 
worfenen Mantel,  in  der  Rechten  ein  Skeptron 
haltend,  von  dem  ein  großes  Stück  in  der  Hand 
erhalten  ist  und  dessen  Knauf  links  oben  eine  deut- 
liche Spur  zurückließ.  Die  Linke  hielt  den  von 
der  Schulter  herabfallenden  Mantel.  z-o8  hoch, 
o'go  lang. 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  9 

(9.)  Die  Mondgöttin.  Auf  einen  zweiräderigen, 

von  vier  Hirschkühen  gezogenen,    reich  verzierten 
Wagen    tritt    Selene    in    der   Tracht   der   Artemis 


•,  f 


mit  kurz  geschürztem  Chiton,  um  den  Leib  ge- 
schlungenem, hinten  vom  Winde  aufgewehtem  Man- 
tel, den  Köcher  am   Rücken.    Ihr   Kopf  isi   abge 


10 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


brochen,  über  den  Schultern  erscheinen  die  Reste 
der  Mondsichel.  Der  erhobene  rechte  Arm  hielt 
wahrscheinlich  den  Bogen,  in  der  gesenkten  Linken 
ist  noch  ein  Stück  des  Zepters  erhalten.  Frei  über 
den  Hindinnen  schwebt  Hesperos  in  der  Gestalt 
eines   schlanken  Knaben,  den  Kopf  nach  aufwärts 


v$& 


gerichtet,  mit  der  Chlamys  bekleidet,  sonst  nackt, 
das  jetzt  fehlende  rechte  Bein  erhebend,  mit  den 
Zügeln  des  Gespannes  in  den  Händen.  Sein  rechter 
Arm  mit  der  Schulter  fehlt.  Über  die  Rücken  der 
vielfach  gebrochenen  Hindinnen  liegt  das  Joch;  sie 
sind  mit  verzierten  Hals-  und  Brustbinden  ge- 
schmückt.     Unter     ihnen     lange    hingelagert    die 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  '  I 

jugendliche  Gestalt  der  Thalassa  (Meer)  mit  feuch- 
tem Haar,  die  Beine  in  ein  Gewand  stück  gehüllt, 
in  der  Linken  ein  Steuerruder,  den  Lllenbogen 
auf  ein  phantastisches  Seewesen  stützend,  dessen 
Schwanzriosse  links  sichtbar  wird.  Ganz  rechts 
die  verhüllte  Gestalt  der  Nyx  (Nacht).  1-85  hoch 
(das  Gesimse  fehlt;  es  war  aus  einem  eigenen 
Stücke  gearbeitet),  2-90  lang. 

(10.)  Kampfszene.  Links  sprengt  ein  mit  Helm 
und  Thorax  bekleideter  Römer,  dem  Beschauer  den 
Kücken  kehrend,  nach  rechts;  unter  den  Vorder- 
hufen seines  Pferdes  liegt  ein  junger  Barbar  mit 
seinem  Pferde  zusammengesunken,  während  ein 
anderer  voll  bekleideter  Barbar  vor  ihm  flieht. 
Ganz  links  kniet  ein  bärtiger  Barbar,  mit  gezücktem 
Schwerte  zum  Stiche  gegen  einen  jetzt  fehlenden 
Gegner  ausholend.  Weiter  nach  rechts  ein  Römer 
zu  Fuß  mit  von  der  rechten  Schulter  gelöster 
Tunika,  der  einen  in  die  Knie  gesunkenen  Bar- 
baren an  den  Ilaaren  ergreift.  Sein  Kopf  wie  sein 
rechter  Arm,  der  zum  Schlage  ausholte,  fehlen. 
Aus  dem  Hintergründe  sprengen  zu  Pferde  zwei 
Kömer,  der  links  im  reich  verzierten  Thorax  (sein 
Kopf  fehlt),  der  rechts  mit  einem  Helm  auf  dem 
bartlosen  Haupte.  Die  beiden  Reiter  werfen  Bar- 
baren nieder,  wovon  der  eine  kopfüber  im  Sturze 
begriffen  ist,  während  der  andere,  aufrecht  stehende 

Haupthaare  von  dem  wütenden  Pferde  des 
Römers  mit  den  Zähnen  ergriffen  wird.  Die  Bar- 
baren haben  zum  Teile  phrygische  Mützen,  einige 

2' 


12 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


tragen  Hosen,  einer  erscheint  in  heroischer  Nackt- 
heit.  2"o5  hoch,  2-95  lang. 

(n.)  Die  Caesaren.  Vier  erwachsene  Gestalten 
aufrecht  stehend  und  dazwischen  ein  etwa  zehn- 


fk ■ 


II 


jähriger  Knabe,  sämtlich  in  der  Toga.  Sichtlich 
ausgezeichnet  treten  die  zwei  mittleren  heraus, 
ohne  Zweifel  die  beiden  Kaiser,  von  denen  wieder 
der  links  stehende  durch  das  Zepter,  das  in  seiner 
linken  Armbeuge  ruht,   als   der   erste   unten  ihnen 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  !■> 

gekennzeichnet  wird.  Indem  seine  Hand  auf  den 
Schultern  des  Knaben  liegt,  stellt  sich  dieser  als  sein 
Sohn  dar.  Beide  Caesaren  zeigen  die  Barttracht 
der  antoninischen  Zeit  und  verrät  sich  auch  in 
dem  besser  erhaltenen  Kopfe  des  Caesars  links 
keine  weitgehende  Porträttreue,  so  darf  man  in  ihm 
doch  Marc  Aurel  erkennen.  Danach  wäre  der  Mit- 
kaiser Lucius  Verus,  der  Knabe  Commodus;  die 
beiden  zurücktretenden  Figuren  bezeichnen  das 
Gefolge.  Da  beide  Kaiser  ihr  Hinterhaupt  verhüllt 
haben,  sind  sie  wohl  in  einer  Opferhandlung  be- 
griffen, weshalb  in  der  fehlenden  Rechten  Marc 
Aureis  die  Opferschale  ergänzt  zu  denken  ist. 
Vielleicht  stand  dieser  Block  ursprünglich  neben 
Nr.  6.    2'05  hoch,  1-50  lang. 

12.)  Kampfszene.  Vorne  erscheinen  die  Pferde 
einer  Biga.  Reste  der  Deichselstange  sind  links 
unten,  des  Kriegers  auf  dem  Kampfwagen  am  Rande 
darüber  erkennbar.  Über  den  Rücken  der  Pferde 
erscheint  ein  Römer  und  ein  Barbar  mit  verzerrten 
Zügen  im  Handgemenge.  Unter  den  Pferden  liegt 
ein  Barbar,  der  einen  Pfeil  aus  seiner  Wunde  zieht, 
ein  gestürztes  Pferd  und  daneben  knieend  ein  noch 
unverwundeter  Barbar,  der  mit  seinem  Schwerte 
zum  Angriffe  ausholt.  Rechts  dem  Beschauer  ent- 
gegen stür/t  ein  römischer  Krieger  vor  mit  ge- 
zücktem Schwert  (es  ist  allgebrochen  wie  auch 
sein  Kopf).  Im  Flachrelief  darüber  ein  Römer  und 
ein  Barbar  im  Zweikampfe,  letzterer  mit  einem 
Steine  zum  Wurfe  ausholend.    2*05  hoch.  2"35  lang. 


'4 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


(i3.)  Kampfszene.  Fast  ganz  erhalten  ist  die 
Figur  in  der  Mitte,  der  augenscheinlich  ein  vor- 
treffliches griechisches  Vorbild  zugrunde  liegt:  ein 


ij 


jugendlicher  Krieger  mit  Helm  und  Schild,  nach 
rechts  ausschreitend,  in  gegürteter  Tunika,  mit 
Stiefeln  an  den  Füßen,   die  die  Zehen  frei  heraus- 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  15 

treten  lassen;  er  erhebt  sich  umblickend  die  Rechte 
zum  Schwerthieb.  Links  kniet  sein  in  das  Knie 
gesunkener  Gegner  mit  einem  eckigen  Schilde  am 
linken  Arme  und  gezücktem  Schwerte  in  der  Rech- 
ten. Über  ihm  erscheint  der  Kopf  eines  Pferdes, 
dessen  Zunge  aus  dem  Maule  hängt,  rechts  der 
Rest  eines  nach  rechts  gewendeten  Reiters  (Kopf 
abgebrochen),  seiner  Rüstung  nach  ein  römischer 
Feldherr.  Darunter  das  Bein  eines  Gefallenen  und 
über  seiner  Schulter  die  ausgestreckte  Hand  einer 
anderen  verloren  gegangenen  Figur.  2*05  hoch. 
i'55  lang. 

(14.)  Der  siegreiche  Kaiser  auf  dem  Sonnen- 
wagen. Vier  nach  rechts  sprengende  Pferde  ziehen 
einen  zweiräderigen  Wagen,  auf  den  der  Imperator 
in  einer  reich  verzierten  Rüstung  mit  Greifen  in 
Flachrelief  auf  dem  Brustteile,  der  Feldbinde  dar- 
über und  mit  dem  Paludamentum  zu  treten  im  Be- 
griffe ist.  Die  Siegesgöttin  hält  in  der  Linken  die 
Zügel  des  Gespannes  und  reicht  die  Rechte  dem 
Imperator,  wie  um  ihm  auf  den  Wagen  hinauf- 
zuhelfen. Vor  dem  Gespanne  schreitet  eine  weib- 
liche Figur,  bekleidet  mit  Stiefeln,  Mantel  und 
Chiton,  der  die  rechte  Brust  und  das  rechte  Bein 
nach  Amazonenart  unverhüllt  laut.  Sie  scheint 
mit  der  Rechten  die  Zügel  der  Pferde  zu  ergreifen 
und  hält  in  der  Linken  das  im  Gewände  irerhüllte 
Schwert  (Roma  oder  Virtus).  Im  Hintergründe  in 
flachem  Belief  erscheint  der  obere  Teil  des  mit 
Chiton  und   Chlamys   bekleideten    Helios,    Kennt- 


16 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


lieh  an  der  Strahlenkrone  über  seinem  Haupte. 
In  seiner  Anwesenheit  drückt  sich  der  Gedanke 
aus,  er  habe  den  Sonnenwagen  dem  Sieger  über- 
lassen, der  ihn  nun  besteigt,  um  in  seinem  Laufe 
die  Erde  zu  beglücken,  denn  unter  den  Pferden 
liegt  die  mit  Chiton  und  Himation  bekleidete  Tel- 


M 


lus,  auf  das  Haupt  eines  Ackerstieres  gestützt  und 
mit  einem  mit  Früchten  gefüllten  Füllhorn  in  der 
linken  Hand.  In  der  in  den  Schul.!  gelegten  Rechten 
hält  sie  ein  Blumengewinde.  Ein  knabchen  bringt 
ihr  im  Schurze  Granatäpfel  und  andere  Früchte. 
2-07  hoch,   3"  10  lang. 

15.  Torso  eines  Kithaiöden,  mit  dem  Hima- 
tion   über   dem    Untergewande   bekleidet,    mit   der 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  17 

gesenkten  Linken  eine  Kithara  am  Stege  haltend. 
o-3g  hoch.  Gefunden  auf  der  Straße  vor  dem 
Theater. 

16.  Kopf  eines  Kentauren  aus  rotem  Marmor, 
bärtig,  von  wildem  Ausdrucke,  mit  über  der  Stirn 
in  einzelnen  Büscheln  gesträubtem  Haar,  Tierohren, 
geöffnetem  Munde.  Die  Augen  waren  aus  anderem 
Materiale  in  die  jetzt  leeren  Augenhöhlen  einge- 
setzt. Nase,  Bartspitzen  und  sonst  stark  bestoßen; 
das  Hinterhaupt  fehlt.  Sehr  gute  Arbeit.  o-3i  hoch. 

17.  Kopf  der  Athena,  geradeaus  blickend,  das 
Haar  wellig  über  die  Ohren  zurückgestrichen  und 
im  Nacken  in  einem  Schöpfe  herabfallend.  Über  der 
Stirne  der  diademartige  Helmstulp,  dessen  Mitte 
ein  brennender  Altar  in  Flachrelief  ziert.  Die  Kappe 
des  Helmes  hätte,  aus  einem  besonderen  Marmor- 
stücke gearbeitet,  über  dem  rauh  gelassenen  Schä- 
del angefügt  werden  sollen.  Unfertig  gebliebene 
Arbeit.  Ergänzt  ist  ein  Teil  des  Haares  und  des 
Stulps  rechts  sowie  ein  Stück  des  Halses.  0*41  hoch. 
Gefunden  beim  Südtor  der  Verulanushallen. 

18.  Porträtkopf  eines  kahlköpfigen  älteren 
.Mannes  von  höchst  lebensvoller  Autfassung  in  der 
Wiedergabe  der  Augen,  des  großen  Mundes,  der 
fleischigen  Wangen  und  des  hängenden  l  nterkinns. 
Das  Haar,  spärlich  über  der  Stirne,  noch  reichlich 
an  den  Schläfen  und  am  Hinterkopfe,  ist  schlicht 
nach  abwärts  gekämmt.  Die  Brauen  und  Augen- 
sterne   sind    plastisch    angegeben.     Nase,     kippen 


lo  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

und  Kinn  sind  bestoßen,  ein  Stück  des  Halses  er- 
gänzt. rr33  hoch.  Der  Kopf  gehörte  zu  einer  Statue. 
Gefunden  in  der  Bibliothek. 

19.  Gipsabguß  eines  Friesreliefs  unbekannter 
griechischer  Herkunft,  früher  auf  Schloß  Cataio 
bei   Padua  (Dütschke,  Antike  Bildwerke  in  Ober- 


18 


Italien  V,  Nr.  472,  jetzt  in  der  Sammlung  Sr.  k. 
und  k.  Hoheit  des  Erzherzogs  Franz  Ferdinand  in 
Wien,  III..  Beatrixgasse  25,  Nr.  3i.  Hier  eingereiht 
zur  Erklärung  von  Nr.  20.  Dargestellt  ist  ein 
Frauenraub.  Links  sucht  ein  Jüngling  eine  Frau 
vom  I Soden  zu  heben.  Ks  folgen  nach  rechts:  eine 
kniende,  wie  in  der  Flucht  gestürzte  krau  und  eine 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


Kl 


'9 


-    -»       —•■  ■     -  ^ir* 


20 


toi  teilende  mit  einem  Kinde  auf  der  linken  Schulter 
und  schließlich  die  auf  Nr.  20  wiederholte  Gruppe: 
eine   kniende   Frau  klammert  sich  an  einen  runden 


20  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

Pfeiler,  von  dem  sie  ein  junger  Krieger  loszureißen 
sucht.  Die  alte  Deutung  dieser  Figuren  auf  Ajax 
und  Kassandra  kann  um  so  weniger  gelten,  als  das 
dann  auf  dem  Pfeiler  vorauszusetzende  Bild  der 
Athena  nicht  nur  hier,  sondern  auch  auf  Nr.  20 
fehlt.  Köpfe  oder  Gesichter  sind  am  Original  in 
Gips  ergänzt.  0*47  hoch.  o-o3  lang. 

Das  Relief  gehört  zu  einer  Serie  anderer  Fries- 
stücke, von  denen  eines  sich  unter  Nr.  174  in  der 
erzherzoglichen  Sammlung  befindet,  drei  aus 
Palazzo  Giustiniani  in  Venedig  in  das  kgl.  Museum 
zu  Berlin  gelangten;  vgl.  Jahrbuch  des  k.  deutschen 
archäol.  Instituts,  Bd.  XVIII  (1903),  S.  91  f. 

20.  Fragment,  oben  und  links  abgebrochen, 
mit  den  Resten  einer  Gruppe  wie  rechts  an  dem 
Relief  Nr.  19.  Die  Figur  des  Mannes  ist  hier  ab- 
gearbeitet worden,  läßt  sich  aber  in  den  Umrissen 
noch  deutlich  verfolgen.  Unten  und  rechts  ist  der 
abgeschrägte  Rahmen,  der  die  Darstellung  einschloß, 
erhalten.  o-43  hoch,  0^44  lang.  Gefunden  an  der 
Südfront  des  Marmorsaales  der  römischen  Agora. 

21.  Herme  des  Dionysos.  An  dem  edlen  Kopfe 
des  Gottes,  einer  schönen  Arbeit  aus  römischer 
Zeit  nach  vortrefflichem  griechischen  Originale, 
ist  der  lockige  Bart  eckig  zugeschnitten  und  das 
Haar  über  einen  Reifen  künstlich  angeordnet.  Es 
fällt  in  sechs  Strähnen  breit  über  i\cn  Nacken  und  in 
zwei  Locken  auf  die  Schultern  (letztere  zum  Teile 
ausgebrochen,  rechts  unten  ergänzt).  Der  Mund 
ist  geöffnet,  die  Unterlippe  leicht  vorgestellt.    Ob- 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


21 


gleich  an  Nase  und  an 
anderen  Stellen  bestoßen, 
ist  der  Kopf  sonst  gut  er- 
halten, das  sorgfältig  aus- 
geführte Ohr  z.  B.  links 
völlig  intakt.  Der  Her- 
menschaft war  entzweige- 
brochen; ein  großes  drei- 
eckiges Stück  links  ist  an 
ihm  in  Steinkitt  ergänzt. 
Beiderseits  (links  antik, 
rechts  neu)  sind  rechteckige 
Eintiefungen  für  die  hier 
eingefügten  „Arme"  und 
darunter  läuft  links  der 
Länge  des  Pfeilers  folgend 
ein  mit  dem  Spitzeisen  zu- 
gerichtetes Bett  zum  Ein- 
setzen eines  steinernen  Ge- 
länders. Die  in  die  Vor- 
derseite des  Schaftes  ein- 
geschnittenen Rechtecke 
sind  ihrer  nicht  sehr  sau- 
beren Arbeit  nach  wohl  erst 
aus  später  Zeit,  als  man  die 
Herme  nach  Entfernen  ihres  männlichen  Abzeichens 
als  Türsturz  neu  verwendete.  r37  hoch.  Gefunden 
zwischen   dem  Mithridatestore  und  der  Bibliothek. 

22.  Statue  derArete  von  der  Front  der  Biblio 
thek.    Den  majestätischen  Körper  hüllen   samt  den 


21 


22 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


Armen  faltenreiche  dünne  Kleider  ein.    Das  Hiraa- 
tion  ist  als  Schleier  über  das  Hinterhaupt  gezogen. 


22 


Die   linke   Hand  war  gesenkt   und  die   rechte  vor 
die   Brust  gelegt.    Das   schlangenförmig   gebildete 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  2J 

Armband  am  linken  Oberarme  ist  durch  das  feine 
Himation  deutlich  erkennbar.  Eigentümlich  und 
bisher  unverständlich  sind  die  kreuzförmig  ver- 
laufenden Linien  daneben. 

Allem  Anscheine  nach  ist  dieses  Stück  ein 
hellenistisches  Originalwerk,  das  man  seiner  ersten 
Bestimmung  als  Ehren-,  Grab-  oder  Yotivstatue  ent- 
zog, um  es  am  Bibliotheksbau  neu  zu  verwenden. 
Man  ersetzte  hierbei  den  ursprünglichen  Porträt- 
kopf durch  das  gegenwärtige  Antlitz  mit  dem  Halse, 
das  in  der  sehr  weichen  Behandlung  einen  völlig 
anderen  Stilcharakter  zeigt  als  der  Torso,  und 
wählte  hierfür  einen  weißen  Marmor  von  gelbem 
Schimmer,  der  sich  wirksam  von  dem  für  den 
Torso  verwendeten  bläulichen  abhob.  Neben  diesem 
Bilde  der'ApEr^  (Tugend  im  antiken  Sinne)  standen 
nach  dem  Zeugnisse  von  Inschriften  Personifi- 
kationen der'EwGr/ffjiVj  (Wissenschaft),  l;v!x (Weis- 
heit) und  E'jvc.a  (Gunst). 

Infolge  eines  natürlichen  Risses  im  Marmor- 
blocke löste  sich  der  ganze  vordere  Teil  am  Torso 
los  und  wurde  nicht  wieder  gefunden.  Es  fehlen 
auch  die  besonders  gearbeiteten  Hände,  die  mittels 
eiserner  Zapfen  befestigt  waren.  Das  schleierförmig 
über  den  Hinterkopf  gezogene  Gewandstück  ist 
abgebrochen,  der  Gesichtsteil  war  aus  seiner  Bet- 
tung gefallen.  Das  Haar  daran  rechts  ist  neu  er- 
gänzt.   Höhe  der  Statue  2"oo. 

23.  Lehnstuhl  aus  dem  Theater,  mit  halb- 
runder   Lehne,    eingeschlossen    in    einem   Würfel- 


24 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen 


förmigen  Blocke.  Die  beiden  Seitenwangen  sind 
in  Flachrelief  in  den  Hauptzügen  gleichmäßig  ver- 
ziert durch  einen   nach  vorne  ausladenden,  orna- 


13 


mental  behandelten  Greif  mit  mächtig  geschwun- 
genem Flügel,  unter  dem  der  Raum  mit  Ranken 
ausgefüllt  ist.  Vorne  und  an  den  Rändern  vielfach 
bestoßen.   0-97  hoch,  0-69  breit,  075  tief.    Der  ver- 


Verzeichnis  der  aasgestellten  Skulpturen.  25 

mutlich  aus  dem  hellenistischen  Theater  stam- 
mende Stuhl  wurde  freistehend  in  den  Unterbauten 
der  domitianischen  Bühne  gefunden. 

24.  Torso  einer  Ehrenstatue  im  Motive  des 
sogenannten  Antinous  vom  Belvedere.  Die  Figur 
stand  auf  dem  rechten  Reine  und  stützte  den  linken 
Arm  in  die  Hüfte.  Auf  der  linken  Schulter  liegt 
zusammengeballt  das  Gewand,  das  auch  über  den 
Vorderarm  geschlagen  ist.  Außer  dem  Kopfe  fehlen : 
der  linke  Arm,  die  untere  Hälfte  des  rechten  Vorder- 
armes mit  der  Hand,  beide  Beine.  i'oö  hoch.  Ge- 
funden an  der  Südseite  der  Arkadiane. 

25.  Fragment  einer  circensischen  Darstellung. 
Erhalten  sind  die  Köpfe  und  die  Leiber  zweier 
springenden  Pferde  und  Teile  ihres  Lenkers,  der 
auf  dem  Rücken  eines  der  beiden  Pferde  steht. 
Allseitig  gebrochen.  0-395  hoch,  0*25  breit.  Aus 
Ajasoluk. 

26.  Grabstele.  Nach  einem  auf  kleinasia- 
tischen Grabsteinen  ungemein  häufig  wiederholten 
Typus  ist  auch  hier  der  heroisierte  Tote  zu  Pferde 
dargestellt  und  reitet  gegen  einen  brennenden  Altar 
und  einen  daneben  stehenden  Raum,  um  dessen 
Stamm  sich  eine  Schlange  windet.  0-35  hoch,  0^4 
breit.   Aus  Ajasoluk. 

27.  Kreisrundes    Mittelstück     eines     Mosaik- 
bodens  mit  der  Darstellung  des  Eros,  der  auf  einem 
von  zwei  Delphinen  gezogenen  zweiräderigen  Wa 
gen  Über   das  Meer   fährt.    In   der   Rechten    hält    er 


26  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

die  Peitsche,  in  der  Linken  die  Zügel  des  Gespannes. 
Kleine  Lücken  in  der  Mosaik  wurden  ergänzt,  das 
Ganze  ist  neu  überschliffen.  Durchmesser  o'98. 
Gefunden  in  einem  spätantiken  Hause  über  den 
Verulanushallen. 

28.  Torso  eines  Apollon.  Der  rechts  durch 
einen  Baumstrunk  gestützten  Statue  fehlen  nebst 
dem  Kopfe  Stücke  der  Arme,  die  Finger  der  linken 
Hand  und  der  linke  Fuß  sowie  der  größte  Teil  des 
mit  der  Linken  gefaßten  Attributes,  das  dem  gerin- 
gen Überreste  zufolge  ein  durch  die  Puntelli  auf 
der  Schulter  des  Gottes  oben  und  am  Baumstrunke 
unten  gestütztes,  mit  Binden  umwickeltes  Lorbeer- 
bäumchen gewesen  sein  dürfte.  Ergänzt  bis  zu 
drei  Viertel  seiner  Höhe  ist  der  Pfeiler  links,  auf 
dem  der  rechte  Arm  der  Statue  ruhte,  und  fast  ganz 
die  Plinthe.  Mit  letzterer  ist  der  Torso  r88  hoch. 
Aus  dem  Theater. 

29.  Grabstein.  Innerhalb  des  vertieften,  rechts 
und  links  von  einem  Pilaster  begrenzten  Bildfeldes 
sitzt  rechts  eine  Frau  in  einem  Korbstuhle.  Sie 
hält  in  der  in  den  Schoß  gelegten  Linken  eine 
Binde  und  greift  mit  der  Rechten  nach  einem 
Gefäße,  das  nebst  anderen  Vasen  und  Speisen  auf 
einem  runden  Tischchen  links  steht.  Die  Tischplatte 
ruht  auf  drei  tierartig  gebildeten  Füßen.  An  der 
Wand  über  dem  Tische  hängt  an  einem  Nagel  mittels 
einer  Schnur  ein  Kästchen  mit  Deckel  und  Schloß. 
Auf  der  Rückseite  des  Marmorblockes  die  Reste 
einei  Inschrift.  0*45  hoch,  0-47  breit.  Aus  Ajasoluk. 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  -7 

3o.  Grabstein  der  Tochter  des  Diphilos 
lomede.  In  dem  stark  eingetieften,  von  zwei 
Pilastern  flankierten  und  mit  einem  Giebel  be- 
krönten Bildfelde  steht  rechts  die  Verstorbene 
in  dem  ungegürteten  Kleide  eines  noch  nicht 
mannbar  gewordenen  Mädchens.  Während   es   in 


der  linken  Hand  einen  undeutlichen  Gegenstand. 
vielleicht  eine  Puppe,  hält,  wendet  es  sich  auf- 
blickend nach  links  und  erhebt  die  Rechte,  um 
von  den  Zweigen  eines  hinter  einer  Mauer  be- 
findlichen Baumes  zu  pflücken.  An  den  Oberarmen 
trägt  es  schlangenförmige  Armspangen.  Links  lehnt 
die  winzige  Figur  einer  Frau   in  der  Gewandung 

3* 


28 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


einer  Erwachsenen  und  deshalb  wohl  trotz  der 
Kleinheit  als  Wärterin  der  Verstorbenen  zu  fassen. 
Auf  dem  Architrave  die  Inschrift  'Io[/.^Syj  A'.cpiXou. 
Aus  hellenistischer  Zeit.  Architektur  wie  Figuren 
sind  stark  beschädigt.  o-83  hoch,  0*50  breit.  In 
Ajasoluk  erworben. 


3i 


3i.  Porträtkopf  eines  griechischen  Philo- 
sophen mit  dichtem  Haupthaar,  langem  Vollbarte, 
zahnlosem  Munde.  Sehr  sorgfältige  Arbeit  nach 
einem  Bronzeoriginale.  Aus  vielen  Fragmenten  zu- 
sammengesetzt; die  Nasenspitze,  der  untere  Teil 
des  Bartes  und  das  linke  Auge  sind    ergänzt,  die 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen.  -9 

Ohren  bestoßcn.  o-33  hoch.   Gefunden  im  Marmor- 
saale der  römischen  Agora. 

32.  Altar.  Vorne  zwei  Siegesgöttinnen  mit 
Opfertieren  in  Flachrelief.  Beide  Niken  sind  mit 
dem  Chiton  bekleidet  und  mit  mächtigen  Flügeln 


32 


versehen.  Die  erste  faßt  einen  springenden  Widder 
an  den  Hörnern,  die  zweite  führt  mit  der  Rechten 
einen  sich  sträubenden  Ziegenbock,  während  sie 
in  der  Linken  ein  Weihrauchgefäß  (Thymiaterion) 
trägt.  Seltsamerweise  stehen  die  ligurcn  auf  einer 
Art  niedriger  Basen.    Fein  empfundene  Arbeit  aus 


3o  Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 

dem  4.  Jahrhundert  v.  Chr.  In  dem  stark  ausla- 
denden oberen  Gesimse  eine  später  ausgearbeitete 
Rinne.  Der  hintere  unverzierte  Teil  des  Altars 
wurde  abgemeißelt.  Die  Basis  ist  zum  Teile  er- 
gänzt. 0*65  hoch,  o'go  breit  gemessen  an  der  obe- 
ren Ausladung.  Gefunden,  als  Säulenbasis  ver- 
wendet, auf  der  Arkadiane. 

33.  Kopf  der  Aphrodite,  das  Haar  auf  dem 
Scheitel  in  eine  Schleife  gebunden.  Das  Halsstück 
war  zum  Einsetzen  in  eine  Statue  zugearbeitet,  der 
Hinterkopf  fehlt.  Ein  im  Nacken  eingelassener 
Eisenzapfen  färbte  den  Marmor  mit  gelben  und  brau- 
nen Rostflecken.  Sorgfältige,  aber  manierierte  Ar- 
beit. 0-37  hoch.  Gefunden  in  den  Verulanushallen. 

34.  Torso  der  Aphrodite.  Die  Göttin  entsteigt 
dem  Bade  und  hält  vor  die  Scham  das  Gewand  mit 
der  Rechten.  Es  fehlen  der  Kopf,  der  ganze  rechte 
Arm  und  der  linke  von  der  Schulter  abwärts.  Die 
rechte  Brust  und  die  Plinthe  mit  den  angedeuteten 
Füßen  sind  ergänzt.  Gute  Arbeit.  1*47  hoch  mit 
der  Plinthe.  Aus  dem  Theater. 

35.  Ganymedes  vom  Adler  des  Zeus  entführt, 
stark  fragmentierte  (huppe.  Der  Adler  ergreift  den 
jugendlichen  Leib  des  auf  einem  Fels  knienden, 
nur  mit  einer  Chlamys  bekleideten  Ganymedes  mit 
den  längen,  um  ihn  in  die  Lüfte  zu  heben.  Tiefer 
steht  ein  Hund  (mit  Hals-  und  Brustband),  der  mit 
den  Vorderbeinen  niedergeduckt  den  Kopf  bellend 
erhob.    Ein    Baumstamm   dient    hinter  der   kühn 


Verzeichnis  der  ausgestellten  Skulpturen. 


3i 


komponierten  Gruppe  zur  Stütze.  Es  fehlen:  der 
Kopf  und  der  rechte  Flügel  des  Adlers,  der  Kopf, 
die  beiden  Arme,  das  rechte  Bein  des  Ganymedes 


33 


sowie  Stücke  seiner  Chlamys,  der  Kopf  des  Hundes. 
170  hoch.  Die  Gruppe  füllte  die  Lücke  am  Südende 
der  Reliefserie  (Nr.  5 — 14'  vor  der  liihliothek. 


v' 


27 


Erratum 

Auf  S.  19  Zeile  1  sind  nach  dem  ersten 
Worte  zwei  andere  im  Drucke  ausgefallen.  Es 
muß  heißen:  «eine  forteilende  männliche  Figur 
mit  einem  Kinde».