LEHRBUCH
DEK
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
VON
C. LUDWIG,
PROFESSOR AN DER JOSEPHSAKADEMIE IN WIEN.
ZWEITER, BANTD.
AUFBAU UND VERFALL DER SÄFTE UND GEWEBE. THIERISCHE WÄRME.
LEIPZIG UND HEIDELBERG.
C. F. WINTERSCHE VERLAGSHÄNDLUNG.
1861.
Verfnssor und Voilogor bclinlten sich das Recht der Uebersetzung In ftemde Sprachen vor.
Inhalt des zweiten Bandes.
Sechster Abschnitt.
Seite.
Physiologie der Ernälirang i
I. Blut
Blutzusaminensetzung .1
Blutbewegung 44
II. Absonderungen 202
Epithelien 234
*Nägel 240
Haare 244
Elastisches Gewebe 249
Bindegewebe 251
Seröse Häute 256
Hornhaut 260
Augenwasser 264
Glaskörper 265
Linse 265
Knorpel 269
Knochen 272
Zähne 281
Fettzellen 284
Nervenröhren 289
Hirn und Rückenmark 291
Muskeln 294
Blutgefässwandungen 297
Milz 299
Thymus 306
Leber • . . . . 308
Speicheldrüsen 33G
Schleimdrüsen . 348
Thräncndrüsen 349
•VT Inhalt
Bauchspeicheldrüse 350
Magendrüsen 355
Fettdrüsen - 365
Sch Weissdrüsen . . . ' 307
Nieren 373
Männliche Geschlechtswerkzeuge 434
^ Weibliche Geschlechtswerkzeuge 442
Milchdrüsen 448
Athmung 402
Besondere Athemwerkzeuge 479
Lungen . . . . " 541
Hautathmung 550
Umsetzung des Blutes in den Gefässen 560
III. Blutbildung 561
Aufsaugung aus den Geweben 561
Aufsaugung yon den Blutgefässen ^ 563
Aufsaugung durch die Lymi)hgefässe 567
Zufuhr durch die Speisen (Verdauung) 583
IV. Vergleichung dos Verlustes und Gewinnes an wägbaren Stoffen . .671
Siebenter Abschnitt.
Thierisclie Wärme 7i9
Sechster Abscliiiitt.
Physiologie der Ernährung.
I. Blut.
Zusammensetzung des Blutes.
Die Gefässröliven , die vom Herzen aus und zu ihm zurück-
gehen, sind im Leben mit einem verwickelten Gemenge fester und
flüssiger Stoffe, dem Blute, gefüllt, das nach Zusammensetzung und
Eigenschaften, mit der Zeit und dem Orte seines Aufenthalts wechselt;
um eine Uebersicht zu gewinnen, werden wir zuerst die am besten
gekannte Blutart mögUchst genau beschreiben und dann die Ab-
weichungen der übrigen angeben.
Hautaderblut der Erwachsenen.
Die anatomische ZergUederung zerlegt das Blut des Lebenden
in eine Flüssigkeit , das Plasma , und in Festes , Aufgeschwemmtes,
welches, je nach seiner Gestalt, Blut- und Lymphkörperchen,
Elementarkörnchen, Faserstoffscholle u. s. w. genannt wird.
A. Blutflüssigkeit, Plasma.
Die bekannten Bestandtheile derselben sind: Faserstoff, Eiweiss,
Casein, Oxyprotein, Lecithin, Cerebrin, Olein, Margarin, Cholestearin,
Zucker, Margarin-, Oel-, Butter-, Milch-, Hippur- und Harn-Säure,
Kroatin, Harnstoff, braune Farbstoffe, Kah, Natron, Kalk, Magnesia,
Eisenoxyd, Wasser, Salz-, Schwefel-, Phosphor-, Kiesel- und Kohlen-
säure, Fluor, Sauerstoff- und Stickgas.
1. Faserstoff Aus 100 Theilen Blut gewinnt man ungefähr
0,2 bis 0,3 TheU.
Beim Pferd enthält nach Lehmann das Blut der Vena jugularis 0,45 , das der
Finger- und Sporader 0,04 Faserstoff. Daraus zu schliesson, dass das Blut während
seines Laufes aus den kleinem in die grössem Venen Faserstolf einbüsst, entbehrt jeg-
licher Grundlage, so lange nicht feststeht, ob der Pasorstoirgohalt der kleinen Venen,
Ludwig, Physiologie II. % Aullngc. ^
2
Faserstoff.
aus denen sich das Drosseladerblut sammelt, sich gerade so verhält, wie jener der vor-
hin erwähnten. Gesetzt aber, es sei dieses bewiesen, so würde diese Thatsache immer
noch nicht aussagen, dass sich der Faserstoff vermindert hätte; denn wir müssen den
Faserstoff als einen Bestandtheil des Plasmas ansehen , da aber Blut aus Plasma und
Köi-perchen besteht, so könnte ein abweichendes Verhältniss des Faserstoffs auch auf
eine Aenderung der Relation zwischen jenen beiden Gemengbestandtheilen bezogen werden.
Zur Qewichtsbestimmung wird der Faserstoff auf zwei "Weisen gewonnen. Ent-
weder man lässt das aus der Ader getretene Blut ungestört gerinnen; da in diesem
Falle das durch die ganze Masse des Bluts fest gewordene Fibrin die Blutflüssigkeit
und Blutkörperchen in sich schliesst, indem sich der sog. Blutkuchen bildet, so muss
man dasselbe nachträglich von diesen Beimengungen befreien. Zu diesem Behuf zer-
schneidet man den Blutkuchen in kleine Stücke, füllt diese in ein leinenes oder sei-
denes Tuch und spült sie so lange mit Wasser aus, als dieses noch eine Spur rother
Farbe zeigt; durch Aufhängen des Beutels in destillirtes "Wasser sucht man endlich
auch die letzten Spuren löslicher Stoffe zu entfernen, ein Unternehmen, das jedoch oft
wegen der eintretenden Fäulniss des Faserstoffs nicht zum vollkommenen Ziele geführt
werden kann. — Oder man schlägt auch mit einem Glasstab das aus der Ader gelas-
sene Blut, wobei sich der Faserstoff in Flocken ausscheidet. Das geschlagene Blut
flltrirt man durch eine feine Leinwand und befreit den zurückbleibenden Faserstoff von
den anhängenden übrigen Blutbestandtheilen wie oben. Den auf eine von beiden
Arten gewonnenen Faserstoff spült man vorsichtig von der Leinwand ab, trocknet ihn
bei 120" C. mit aller für hygroskopische Stoffe nöthigen Vorsicht. Darauf pulvert
man denselben , zieht eine gewogene Menge mit Aether aus und trocknet von Neuem ;
der Gewichtsunterschied vor und nach dem Aethcrauszug gibt den Fettgehalt des
Faserstoffs. Schliesslich verbrennt man den entfetteten Anthcil, um seinen Aschen-
gehalt festzustellen. Diese Methode selbst mit aller Sorgsamkeit ausgeführt, gibt nur
ungenaue Ergebnisse, weil durch das Leinwandfilter feine Flocken dringen, und weil
der Faserstoff, auf die eine oder andere Art gewonnen, immer Blut- und Lymphkör-
perchen einschliesst, die durch das Waschen nicht entfernt werden können. Dieser
Einschluss bedingt es, dass man aus demselben Blute verschiedene "Werthe des Faser-
stoffgehaltes erhält, je nachdem man denselben durch Schlagen oder aus dem Blut-
kuchen gewonnen (v. Gorup, Hintcrbeger, Moleschott) *).
"Wenn sich die Erfahrung von Marchai, dass das Blut in höherer Temperatur
mehr Faserstoff ausscheidet als in niederer, bestätigte, so müsste man, was bisher nicht
geschehen, auch Rücksicht auf die Qerinnungstemperatur nehmen. Lehmann bestreitet
übrigens den Eiufluss der Temperatur auf die Menge des abgeschiedenen Faserstoffs.
Wenn das Blutplasma (oder auch das Gesammtblut) einige
Zeit hindurch nicht mehr unter dem Einfluss der lebenden Wand
eines Blutgefässes steht, fällt aus ihm ein Gemenge oder eine Ver-
bindung eines Eiweissstofifes mit Kalk und Magnesiasalzen, der sog.
Faserstoff nieder (Tackrah, Brücke**). Demnach wird Blut,
ohne dass wir eine Veränderung an demselben wahrnehmen, ge-
•) y. Gorup, Vcrglelcheudo Untersuchungen etc. Erlnngen 1850 p. 8. - Molcschott, Phy-
.lologlo des Stoffwecheel,. Erlangen 1851 p. 202 „. 236. - Lohmann, physiolog. Chemie I. 300.
l«RR p', . , "^"'"^ - Llstor Edinburgh medieal Journ. Apr.
1868. ^ Hiehardson the cause of tho Conguhuion of the Blood; London 1868.
Faserstoff.
3
rinnen, wenn es aus der Ader gelassen wird, oder in Gefässen von
grossem Durehmesser vollkommen ruht, oder von Gefässen um-
schlossen wird, dessen Wandungen die Eigenschaft einbUssten, welche
man mit einem vorläufigen Ausdruck lebendige nennt; aber obwohl
Blut unter diesen Umständen sich selbst Uberlassen sicher gerinnt,
so geschieht diess doch nicht momentan und nicht unter allen Be-
dingungen gleich rasch, auch können chemische Zusätze die Ge-
rinnungsfähigkeit des Blutes ganz vernichten. Der Gerinnungs-
beginn wird hinausgeschoben: durch die Entfernung des im Blute
aufgelösten Sauerstoffs, eine niedere dem Nullpunkt nahe positive
Temperatur, durch einen dem normalen Maximum sich annähernden
Salzgehalt des Plasmas, ferner kann er auf Stunden hin verzögert
werden durch einen Zusatz von einigen Neutralsalzen mit alkalischer
Basis, von Zucker und Gummi, durch eine geringere Zugabe von
kaustischem Kali und Ammoniak und endlich durch Eintröpfeln von
soviel Essig-, Salpetersäure u. s. w., dass das Blut schwach sauer
reagirt; durch Neutralisation des angesäuerten Blutes mit Ammoniak
wird die Gerinnbarkeit vollkommen aufgehoben. (Brücke.) Der
Gerinnungseintritt wird näher gerückt durch einen die Blutwärme
um etwas übersteigenden Temperaturgrad, durch Berührung des
Blutes mit mineralischen Stoffen Luft, Erden, Metall, durch Bewe-
gung des aus der Ader gelassenen Blutes. Unabhängig ist dagegen
der Gerinnungseintritt einer weit verbreiteten Ansicht entgegen von
dem Gehalt des Blutes im Faserstoff (Brücke), wie nach dem
Bestehen oder Verlust der Nerven- und Muskelerregbarkeit (Brücke,
List er) und — da zu diesen bekannten auch noch unbekannte
in dem Blut selbst gelegene Gründe den Zeitpunkt der Gerinnung
bestimmen, so lässt sich derselbe nicht allgemein gflltig festsetzen.
Meist jedoch gerinnt jedoch das abgelassene Blut wenige Minuten
nach der Entfernung aus der Ader, das in der Leiche zurück-
bleibende aber hält sich stunden- und tagelang flüssig. Ebenso
kann Pferdeblut eine Temperatur von 0° bis -\- V ausgesetzt
stundenlang flüssig bleiben.
Den Vollendeten Beweis für den durch Tackrah walirschoinlicli gemacliten Satz,
dass die Gefässwandung die Blutgerinnung verhindere, erbrachte Brücke; er nahm
Blut aus den Gefässen. bei einer Temperatui- von nahe 0", setzte es der atmosphärischen
Luft ungefähr 15 Minuten lang aus, füllte dann das Blut in das Herz oder ein grosses
Gefäss des eben getadteten Thiercs zurück, und hing das wohl zugebundene Gefäss
in einen mit Wasserdampf gesilttigtcn Luftraum von mittlerer Zimmerwärme. Auf
diese Welse erhält sich das Blut der Säugcthiore im Herzen derselben vier bis fünf
Stunden hindurch d. h. so lange flüssig als das Herz seine En-egbarkeit behauptet,
1*
^ Faserstoff.
und es gerinnt mit dem Erlöschen des letzteren. Dasselbe leisten Venen und arterielle
Blutgefässe. Lünger, bis zu acht Tagen bleibt das Blut der Kaltblüter im ausge-
schnittenen Herzen flüssig, also länger als sich die Beweglichkeit des Herzens erliält.
Den Unterschied der Gerinnungszeiten zwischen beiden Blutarten begründet ihr Tem-
peraturunterschied und ihre verschiedene IJeigung zu gerinnen ; denn in dem auf 30» C.
erwärmten Amphibienherzen erfolgt zwar die Gerinnung früher, aber immer noch um
viele Stunden später als im Säugethierherzen, und anderseits ist auch das Amphibien-
herz nicht befähigt die Gerinnung des in dasselbe eingefüllten Säugethierbluts aufzu-
halten, obwohl das Herz einer Amphibienart alles andere Amphibienblut flüssig erhält.
Die starke Neigung des Säugethierblutes zum Gerinnen wird auch dadurch bethätigt,
dass es in dem Herzen sehr zählebiger Thiere wie z. B. des Igels schon um ein Kurzes
früher fest geworden ist als- das Absterben der Muskeln vor sich gegangen. Dass nun
aber bei dieser Aufbewahrungsniethode die Gerinnung in Polge einer Wirkung von
Seiten der Waiid ausbleibt, ergiebt sich: weil ein jeder Tropfen Blut, der aus dem
wie oben zubereiteten Qcfass genommen war, alsbald gerinnt; ferner bringt man Luft,
Quecksilber u. s. w. zu dem Blut in das Gefdss, so geiinnt nur der kleine in der un-
mittelbaren Nachbarschaft des fremden Körpers liegende Blutantheil ; schliesst man
endlich einen Theil des im Gefäss enthaltenen Blutes dadurch ab , dass man in das
Blut ein Glasrohr schiebt so findet man nur den Inhalt des (an beiden Seiten offenen)
Glasrohrs geronnen. Diese letzteren Erfahrungen beweisen auch, dass man sich nicht
etwa so ausdrücken dürfe : alle Stoffe, die Gefässwandung ausgenommen, erzeugen durch
ihre Berührung mit dem Blut die Gerinnung, denn dann dürfte das um den fremden
Körper vor sich gehende Festwerden nicht local bleiben und noch mehr es müsste
in einem Gefäss voll ruhenden Blutes die Gerinnung nicht rascher erfolgen als in
einem bewegten. Da dieses aber geschieht, so bedarf das Blut zum Flüssigbleiben
der Waudberührung. Den Beweis hierfür hat List er noch durch die Thatsache ver-
vollständigt, dass das gerinnbare Leichenblut in engen Gefässen länger flüssig bleibt
als in den weitem. Eicha rdson, welcher die durch Athmungsversuche längst be-
kannte Thatsache bestätigt fand, dass sich aus dem Blut bei einer Berührung mit Luft
Ammoniak entwickelt, und sich ebenfalls davon überzeugt, dass eine Zumischung von
einer sehr geringen Ammoniakmenge zum Blut, die Gerinnung desselben zu verzögern
vermag, glaubt sich darum berechtigt, die Ursache der Gerinnung auf den Vorlust der
äusserst geringen Menge von Ammoniakdunst schieben zu düi-fen, welchen das gelassene
Blut erleidet. Wenn man auch die von ihm in den Vordergrund geschobenen That-
sachen als richtig anerkennen muss. so darf man dennoch seiner Folgerung nicht bei-
treten, weil es eine ebenfalls ganz bekannte Erscheinung ist, dass das mit Ausschluss
aller Luft aus der Ader unter Quecksilber aufgefangene Blut dort gerinnt; hierzu kommt,
dass Lister, der seinen eigenen Beobachtungen entgegen der Unterstellung von Kichard-
son anhängt, das in dem Gefässe einer Leiche zurückgehaltene Blut flüssig erhielt,
wenn er auch Luft mit ihm in Berührung brachte, oder wenn er eine blutgefüllte Veno
eines eben getödteten Thieres der Luft so lange aussetzte, dass sich das dunkle Blut
hellroth färbte. Im noch voUkoramneron Widerspruch mit liiehardson's Annahme
steht endlich der von List er ausgeführte Versuch, dass das Blut in den Gefässen
eines lebenden oder eben getödteten Thieres, deren Wandungen er mit kaustischen
Ammoniak bestrich, gerann; dieses erläutert sich nach Brücke einfach daraus, dass
die Lebenseigenschaften der Gefasswand zerstört worden sind.
Wie die der Blutgefässe wirkt auch die Wand der Lymphgcfässe der Gerinnung
des Faserstoffs entgegen; die serösen Häute und die Darmschleimhaut thun es nicht.
■paserstoff. 5
Da der Faserstoff aus der Blutflüssigkeit und nicht aus den
Körperchen ausfällt, (J. Müller*) so setzte man ihn auch schon
im Plasma als einen besonderen Stoff, als flüssiges Fibrin voraus.
Brücke zeigte jedoch, dass zu der letzteren Annahme kein Grund
vorhanden sei, indem ein Blutplasma, welches durch Zusatz von
Essigsäure und einen nachträglichen von Ammoniak am Gerinnen
verkindert wurde, gerade so viel durch Hitze coagulabeles Eiweiss
mehr enthält, als es, wenn es geronnen wäre, an Faserstofl aus-
geschieden hätte. Demnach wäre es am wahrscheinlichsten, dass
im flüssigen Blute der Faserstoff als Blutalbumin nie vorhanden ist.
Als Grund dafür, dass ein Antheil des Bluteiweisses in der Form
von Faserstoff zum Gerinnen kommt, würde sich dann am unge-
zwungensten darbieten, dass ein Theil des Albumins nach seiner
Entfernung aus dem Gefässe mit irgend einem anderen Stoffe des
Plasmas eine natürliche Verbindung eingeht, deren Entstehen u. A.
auch durch eine verdünnte Säure verhütet würde. Hierfür spricht
einmal der negative Beweis, dass die Gerinnung nicht darum ge-
schieht, weil das Blut mit Albumin übersättigt war, weil, wenn
einmal die Faserstoffgerinnnng beendet ist, weder durch Abkühlen
des Blutes, noch durch einen Wasserverlust eine neue Abscheidung
bewerkstelligt werden kann, und positiv lässt sich für jene An-
schauung von Brücke anführen, dass in dem niedergefallenen
Gerinnsel immer noch basisch phosphorsaurer Kalk und Talk ent-
halten ist.
Unter der soeben entwickelten Unterstellung lässt sich auch ein Mechanismus
denken, dessen sich die Gefässwand zur Flüssigerhaltung des Blutes bedient; denn
dann wäre es nur n'dthig anzunehmen , dass eins der chemischen Produkte , die sich
fortwährend in der Gefässwand bilden, in das Blut diffundire, und dort das Ent-
stehen dpr gerinnenden Eiweissverbindung verhüte ; dieser Stoff müsste aber selbst im
Blute verändert werden, so dass nur in dem Maasse, in dem er sich umsetzt, auch die
Gerinnung vor sich gehen könnte. Mit dieser freilich noch gewagten Hypothese steht
es aber im Einklang, dass die Gerinnung nicht momentan, sondern erst einige Zeit
nach der Trennung des Bluts von der Gefässwand beginnt, und dass sie verzögert
wird durch die Bedingungen , welche den Blutumsatz mindern , also durch Tcm-
peraturcmiedrigung , Salzlösungen , Sauerstoffmangel ; diese Hyi)othcse gibt auch einen
Hinweis auf neue Untersuchungen über die Beziehungen der Gefässwand zur Blut-
gerinnung. Die Versuche von Joh. Müller, auf die oben hingedeutet wurde, be-
stehen darin, dass man zum Blute Zucker oder Glaubcrsalzlösung fügt, und es Rllrirl
oder sich die Körperchen zu Boden senken lässt, die Gerinnung geht in der körper-
chenfreien Flüssigkeit vor sich.
•) Handbuch der Physiologie 4. Aufl. I. Bd. p. 117.
6
Albumin.
Nachdem sich der Faserstoif fest ausgeschieden hat, erfährt
er einige Zeit hindurch noch fortlaufende Veränderungen, die sich
augenfällig dadurch äussern, dass er aus einem lockern ein festes
Gefüge annimmt, und dadurch, dass er sich aus einen grösseren
auf ein kleineres Volumen zusammenzieht. Diese Erscheinung
macht den Eindruck, als ob sich der QuellungscoefTizient des Faser-
stoffs während des Zeitraums, der unmittelbar auf die Gerinnung
folgt, ändere. Brücke verweistauf die Aehnlichkeit, die in dieser
und in anderen Beziehungen der Faserstoflf mit dem Eiweissstoff
besitzt, der durch Auswaschen des Kalialbuminats mit verdünnten
Säuren erhalten werden kann. Von den elementaren Formen des
Faserstoffgerinnsels handelt Bd. I. pag. 42.
2. Albumin. Das Eiweiss soll auf zweierlei Art in der Blut-
flüssigkeit vorkommen, als freies und als neutrales Natron eiweiss.
Als freies Eiweiss bezeichnet man dasjenige, welches durch Erhitzung
der Blutflüssigkeit ohne vorgängigen Säurezusatz zum Gerinnen ge-
bracht werden kann. Dieses Eiweiss enthält, nach den überein-
stimmenden Angaben von Rüling und Mulder, 1,3 pCt. Schwefel
und ist somit um 0,3 bis 0,4 pCt. schwefelärmer als das Hühner-
eiweiss. Durch Erwärmen mit Kali ist aus dem Bluteiweiss die
Hälfte des Schwefels abscheidbar, aus dem Hühnereiweisse dagegen
kaum ein Viertel, so dass das letztere fast noch einmal so reich
an festgebundenem Schwefel ist, als das erstere. — Als Natron-
albuminat (eiweisssaures Natron) sieht man die Eiweissmeuge an,
welche aus dem Blutserum erst durch Erhitzung abscheidbar ist,
nachdem man die alkalisch reagirende Blutflüssigkeit genau neu-
tralisirt hat.
Die Behauptung von C. Schmidt*), dass das freie Eiweiss in der Blutflüssig-
keit mit dem Chlornatrium iu einer Verbindung ähnlich dem Kochsalz-Zucker vorhan-
den sei, stützt sich darauf, dass der geronnene Faserstoff in einer wässerigen Lösung
von Kalisalpeter zu einer dem Bluteiweiss ähnlichen Substanz umgewandelt werde,
und dass das Blut nach der beti'ächtlichen Entleerung seiner salzartigen Bestandtheile,
welche es in der epidemischen Cholera erleidet, von seinem NaCl noch ungefähr so
viel zurückhält, als nach gewissen wenig begründeten Annahmen nöthig ist, um mit
dem Eiweiss die bezeichnete hypothetische Verbindung zu bilden.
Der Gehalt der Blutflüssigkeit an Eiweiss, freiem und an
Natron gebundenem, schwankt zwischen 7,9 bis 9,8 pCt.
Das Eiweiss wird aus der Blutflüssigkeit entweder durch Gerinnung in der Hitze
oder mittelst dos Polarisationsapparates quantitativ bestimmt. — Bedient man sich der
ersteren Methode , so muss das Blut , bevor es erhitzt wird , durch Essigsäure genau
neutralisLrt werden (Scherer). Das Coagulum wird filtrirt, gewaschen und bei 120" C.
*) 1. c. p. 1.50.
Andere Eiweissstottb dor Blutflüssigkeit.
7
getrocknet; darauf wird ein Antlieil gepulvert mit Aether ausgezogen, um seinen Fett-
gehalt zu ermitteln, und endlich verbrannt, wodurch der Aschenrückstand gegeben
wird. Die Anwendung dieser Vorsichtsmaassregeln schützt aber doch noch nicht vor
Fehlern, weil das Eiweiss bei seiner Gerinnung, ausser Na Cl, 2NaO PO^ *) und Fetten,
auch noch andere, von dem Gerinnsel nicht mehr zu sondernde Stoffe einschliesst, wie
z. B. die Hüllen der Lymphkörperchen, organische Salze, Farbstoffe u. s. w. Die Ge-
rinnungsmethode würde aber als ganz unsicher zu verlassen sein, wenn sich die An-
gabe von Lieberkühn**) bestätigte, wonach nicht allein Albumin, sondern auch
Casein aus neutralen oder sauren Salzlösungen durch Kochen gefällt wird. — Das Ver-
fahren von Becquerel die Drehung der Polarisationsebene zur quantitativen Eiweiss-
bestimmung zu benutzen, ist von F. Hoppe ***) aufgenommen und verbessert worden.
Statt des Apparates von So 1 eil wendet er den von Yentzke an, und bedient sich
statt der sehr viel längeren Eiweissschicht von Becquerel einer von 100 Mm., bei
gelbgefärbtem Serum sogar nur einer von 25 Mm. Dicke. Das flüssige Eiweiss dreht
nach F. Hoppe ungefähr in dem Maasse links , in welchem der Eohrzucker rechts
dreht. —
Da der Zucker je nach der Spezies (Rohr-, Trauben-, Frucht-, Syrupzucker u. s. w.),
der er angehört, der Zeit, während welcher er gelöst war, der Temperatur, in der er
sich findet, und den Zusätzen, die zu seiner Lösung geschehen, bald rechts, bald links
oder auch gar nicht dreht , so müsste das Eiweiss und seine Modifikationen , welche
im Blut vorkommen, ebenfalls mit Rücksicht auf die bezeichneten Bedingungen geprüft
werden. Einen Theil der hierher gehörigen Versuche hat Hopp e angestellt; nach diesen
behauptet er, dass sich das Drehungsvermögen des gelösten Eiweisses in der Zeit, in-
sofern keine Zersetzung eintrete , nicht ändere : trete eine solche ein , die sich durch
Trübung der Lösung anzeigt, so mindere sich das Drehungsvermögen. Durch einen die
Flüssigkeit aufhellenden Zusatz von Essigsäure kann die frühere Drehkraft wieder her-
gestellt werden. Durch einen Zusatz von Natron zum Bluteiweiss wird sein Drehungs-
vermögen vermehrt, durch Kochen mit demselben wird es anfangs vermindert, dann
aber bleibe es constant. — Zur Graduirung der Ablenkungen braucht er die Bestim-
mung durch Ausfällung in der Hitze; er erklärt sich danach für berechtigt anzuneh-
men, dass, wenn man die quantitative Genauigkeit nicht über 0,1 p. C. treiben wolle,
das entgegengesetzte oder gleichgerichtete Drehungsbestreben anderer in dem Blutserum
gelöster Stoffe nicht zu berücksichtigen sei. Er bestätigt dieses noch dadurch, dass
er das Blut mit Aether und NaCOä schüttelt, wodurch das Eiweiss vollends abgeschie-
den, die andern drehenden Bestandtheile des Serums aber in Lösung bleiben. Dieser
flüssige Rückstand lenke die Polarisationsebene nur um ein Unbedeutendes ab.
3. Anderweite Eiweissstoff e der Blutflüssigkeitf).
In der Flüssigkeit, aus der man noch so vorsichtig und vollkommen
nach den angegebenen Verfahren Faserstoff und Eiweiss heraus-
geschlagen, bleiben Stoffe zurück, die nach den Resultaten der
Elementaranalyse und ihren ßeactionen zu der Gruppe der eiweiss-
♦) Roser, Liebigs Annaion. Bd. 73 p. 334.
") Poggendorf, Annalen. 86. Bd. p. 117 u. 298.
•♦•) Vir c ho WS Archiv XI. Bd. p. 547.
t) Mulder, Versuch einer allg. phys. Chemie. Braunschwelg 1851 p. 1107. — Molesohot t,
Physiologie de» StoRwechsels. Erlangen 1861 p. 240. — P a n u m , Archiv flir patholog. Anatomie.
V. Virchow, III. Bd. 261.
8
Fette und Extracto.
artigen gehören. Ueber die besondere Natur derselben bat man
sehr verschiedene Meinungen aufgestellt, bald hält man sie für
Natronalbuminat, bald ftir Käsestoff, bald für Proteinbioxyd und
endlich erklärt man sie auch für ein Gemenge der genannten und
noch anderer eiweissartiger Stoffe. Bei dem sich stets klarer heraus-
stellenden Mangel an unterscheidenden Kennzeichen zwischen den
einzelnen Gliedern der Eiweissgruppe und den wenigen genauen
Untersuchungen über die fraglichen Körper scheint eine Entschei-
dung zwischen den Tagesraeinungen sehr gewagt. — Nach eigenen
Untersuchungen kann ich versichern, dass zu allen Zeiten ein Stoff
in der Blutflüssigkeit vorkommt von der prozentischen Zusammen-
setzung, wie sie Bd. 1. p. 38. C. angegeben wurde. Der in diesem
Stoffe enthaltene Schwefel ist gleich demjenigen des Proteins durch
Erwärmen in Kaliaufiösung nicht abscheidbar. —
4. Fette*), wahrscheinlich fette Säuren, werden nur in sehr
geringer Menge aus der Blutflüssigkeit gewonnen; sie sind, wie
man vermuthet, entweder an die Alkalien des Bluts, mit denen
sie Seifen darstellen, gebunden gewesen, oder sie sind Zersetzungs-
produkte der phosphorhaltigen Fette (Gobley). Man erhält sie,
wenn man die Flüssigkeit, welche nach Gerinnung des Eiweisses
durch die Hitze zurückbleibt, filtrirt, eindampft und mit Aether
auszieht. — Ausserdem enthalten, wie erwähnt, Faserstoff und
Eiweiss, wenn sie niedergefallen sind, Fette, über deren Ursprung
wir im Unklaren sind ; vielleicht waren sie in den Blut- und Lymph-
körperchen eingeschlossen, welche jene Stoffe beim Coaguliren mit
sich rissen. —
5. Fett ähnliche Stoffe**). Das Cholestearin, welches in
der Blutflüssigkeit vorkommt (Marcet), soll in den Seifen der-
selben gelöst sein. — Das Gemenge fettartiger, für sich in Wasser
unlöslicher Körper, welchem Boudet den Namen Serolin gab, ist
später häufig vriedergefunden; über seine Zusammensetzung und
die Art, wie es im Blutwasser gelöst ist, fehlt eine Angabe. Gobley
zählt unter die Bestandtheile des Serolin : Lecithin, Cerebrin, Olein,
Margarin, eine Angabe, die eine weitere Bestätigung erwartet. —
6. Der Zucker des Plasma's ist gährungsfähig, und wahr-
scheinlich Traubenzucker. Nach der Nahrung, und den Zuständen
der Leber kann sich der Zuckergehalt des Hautvenenblutes von
•) Marcet in Licbigs und Kopps Jahresbericht für 1851. 587.
*») Verdoil und Marcet iu Liebigs und Kopps Jahresbericht ftir 1851, p. 588. —
loy ibid.
G ob.
Minerale.
9
0,5 pCt bis zum gänzlichen Verschwinden ändern; für gewöhnlich
scheint sein Prozentgehalt den Werth von 0,15 nicht zu übersteigen.
Die quantitative Bestimmung gescliieht entweder durch Titrireii mit Kupfcrlösung
oder durch Gährung, beides nach vorgängiger Ausfällung der Eiweissttoffe mit Alkohol.
Diese Methoden geben nur angenäherte Werthe. — Die Sitzungen in den Pariser Aka-
demien sind in den Jahren 1855 und 56 häufig durch Besprechungen über den Zucker-
gehalt des Bluts ausgefüllt worden, an dem sich einerseits Longet, Collin, Figuier
und anderseits Cl. Bernard, Lehmann, Poggiale, Moleschott, Leconte,
Delore betheiligt haben. Bei dem Leberblut und der Leber werden wir auf diese
meist unfruchtbare Diskussion zurückkommen.
7. Harnstoff. Nach Picard**) enthält das !Blut ganz
gesunder Menschen von 0,014 bis 0,017 im Mittel 0,016 pCt. dieses
Körpers; nach einer der Gesundheit nicht wesentlich beeinträchti-
genden Unterdrückung der Regeln ohne bestehende Schwangerschaft
steigt er bis zu 0,030 pCt. Diese Zahlen würden nach den Angaben
V, Recklingbau sen's kein Zutrauen verdienen.
Picard fällt das Eiweiss des Bluts mit Alkohol , presst den schwach angesäuer-
ten Niederschlag wiederholt aus und verdampft dann die filtrirten Flüssigkeiten. Der
Rückstand wird mit Alkohol ausgezogen, noch einmal verdunstet und das Eesiduum
abermals mit einem Gemenge von Aether und Alkohol extrahirt ; dieser Auszug wird
abgedampft und sein Rückstand in Wasser gelöst; aus dieser Lösung werden die noch
vorhandenen Extrakte mit Blei gefällt. Nachdem der Bleiüberschuss mit SH entfernt
wurde, bestimmt er endlich den Harnstoff durch eine titrirte Lösung von salpetersaurem
Quecksilberoxyd nach Lieb ig. Der Quecksilberniederschlag enthält keinen andern
organischen Körper als Harnstoff. Trotz der vielen mit der Harnstofflösung vorgenom-
menen Operationen soll, wie sich Picard überzeugte, bei der Arbeit kein nennens-
werther Verlust vorkommen. — Mit dieser Angabe steht eine Mittheilung von Reck-
11 ng hausen in grellem Widerspruch, welcher in dem durch die Lieb ig' sehe Flüssig-
keit erzeugten Niederschlag des Blutextractes Ammoniak und Natron antraf, und der
in den aus solchem Blut zum Titriren bereiteten Lösung noch ClNa vorfand.
8 — 12. Kreatin, Kreatinin, Harn-, Hippur-undMilch-
säure enthält das Blutwasser in sehr geringer Menge. Die hier auf-
gezählten Stoffe machen, den Zucker- und den Harnstoff einge-
schlossen, wesentlich das aus, was man als den organischen Theil
des Spirituosen Blutextractes bezeichnet, ein Namen, der darum
aufzugeben ist, weil die einzelnen Glieder des Gemenges, weder
' quantitativ, noch qualitativ sich gleich bleiben. —
13. Die mineralischen Bestandth eile der menschlichen
' Blutflüssigkeit hat man bis dahin meist aus der Asche ihres ein-
getrockneten Rückstandes bestimmt, aus diesem Grunde müssen
den Angaben Fehler anhaften über den Gehalt an Chlor, Schwefel-
und Phosphorsäure; und da man bei der Aschendarstellung die
') Do la pr^sence de Vur^e dans lo gung. Strasbourg 1866. — v. Reokllnghaii.sen, Vireliow.i
' Archiv 1868.
10
Minerale.
Vorichtsmassregeln nicht in Anwendung brachte, welche nach den
Versuchen von Er dm aun, Strecker*), H. Rose**), Mitscher-
lich und Heintz***) nothwendig sind, so ist auch der Gehalt an
Kalium und Natrium fehlerhaft bekannt geworden.
Die Veränderungen, welche mit den Blutmineralen bei der Aschenbereitung vor
sich gehen, bestehen darin, dass die Menge der SO3 und unter Umständen die der
PhsO^ vermehrt wird, in Folge einer Oxydation des Schwefels der eiweisshaltigen
und des Phosphors der fettartigen Körper. Die überschüssige Schwefelsäure wird
aber Cl austreiben, was auch schon durch die überschüssige Kohlen- und die bei der
Verbrennung, sich bildende Cyansäure geschehen kann. In höheren Temperaturen ver-
flüchtigen sich die Chloralkalien. Die vorhandenen phosphorsauren Salze, mit zwei
Atomen fixer Basis, werden durch die neugebildete Schwefelsäure zum Theil in saure
verwandelt , aus denen die Phosphorsäure durch die Kohle zu Phosphor reduzirt und
dann verflüchtigt wird; oder es kann auch in höheren Temperaturen das erwähnte
phosphorsaure Salz sich in ein solches mit 3 Atomen fixer Basis umwandeln, wenn
nämlich gleichzeitig ein kohlensaures vorhanden ist.
Verfahrungsarten, die Salze ganz oder theilweise ohne Einäscherung zu bestimmen,
geben Millon****) und Heintz t) an.
Aus der grossen Anzahl bekannt gewordener Aschenanalysen
,von Denis, Lecanu, Marcet, Marchand, Nasse, Weber,
V erdeil und Schmidt ff) wählen wir die des letztern Beobach-
ters aus ; sie kann , wie die übrigen , nur als eine Annäherung an
die Wahrheit angesehen werden; denn die ihr zu Grunde liegende
Asche ist nach einem Verfahren gewonnen, welches dem älteren
R 0 s e 'sehen ttt) sehr ähnlich sieht. Immmerhin scheint sie aber
doch die zuverlässigste.
Nach Schmidt gewinnt man aus lÜO Th. Blutflüssigkeit 0,85 Th.
Asche; diese bestehen aus: Cl = 0,533, 803=0,013, PhO^ =0,032,
CaO = 0,016, MgO = 0,0]0, Ka = 0,031, Na = 0,341, 0 = 0,045.
Diese Asche zählt nicht zu denjenigen, welche alle die mine-
ralischen Bestandtheile enthält, die schon von andern Chemikern
in der Blutflüssigkeit gefunden sind. Namentlich fehlen die häufig
vorgefundenen: COj und Eisenoxyd und die seltener vorhandenen:
Kieselsäure f ttt), Mangan, Kupfer, Blei, und endlich das von Mar-
chand angegebene Ammoniak.
*) Liebigs Annalen. 73. Bd.
**) Poggend. Annalen. 79. Bd.
•»») Zoochemie, Berlin 1853. p. 868,
Annales de chimie et de physique 3ieme s^r. XIX. (de la pr^sencs normal etc.)
t) 1. o. 858,
tt) 1. c. p. 19. p. 31.
ttt) Poggendorfs Annalen 76. Bd. u. 81. Bd. 410.
tttt) Kieselsäure fand Weber im Ochsen -, Henneberg, Enderlin und G o r u p im Vogel-
blut. Da unter die Bestandtheile des Menschenhaars Kieselsäure gehört (v. Laer), so mn«» sie auch
im Menschenblut vorkommen.
Minorale. H
Diese Bestandtheile werden nun nach bekannten Prinzipien
zu Salzen zusammengeordnet; man giebt nämlich der stärksten
Säure die stärkste Base bei, und berechnet ausserdem die phosphor-
sauren Salzen als solche mit 3 Atomen fixer Basis. So erhält man
KOSO3 =0,028; KCL = 0,036 ; Na Cl = 0,554; SNaOPhO^ =0,032;
SCaOPhOs =0,030; 3MgOPli05 0,022; NaO=0,093
Da diese Berechnung namentlich in Beziehung auf die Verbin-
dungen der Phosphorsäure mit Alkalien ganz willkühiiich ist, so
kann sie nicht in der Absicht angestellt worden sein, um den
wahren Ausdruck des Salzgemenges in der Blutasche zu geben.
Aber dennoch ist sie von Wichtigkeit, denn sie zeigt 1) dass die
fixen Säuren SO3, PhOj, CIH nicht hinreichen, um alle Basen zu
sättigen. Dieses Resultat ist nicht in Uebereinstimmung mit den
Angaben anderer Aschenanalytiker ; denn wenn man auch niemals •
saure Blutaschen beobachtete, so fand man doch öfter auch solche,
in denen die Basen grade zur Neutralisirung der angegebenen
Säuren hinreichten. 2) Die Natronsalze überwiegen ausserordentlich,
und unter diesen wieder das NaCl in der Art, dass die Summe
aller übrigen sich zu dem Kochsalz wie 3 und 5 verhält. — Auf
dieses Verhalten hat, wie es scheint, Denis zuerst die Aufmerk-
samkeit gelenkt.
Hiernächst entsteht nun die viel wichtigere Frage, in welcher
Verbindung die in der Asche gefundenen Minerale in der Blut-
flüssigkeit enthalten sind. Leider befinden wir uns nicht in der
Lage, über diesen wesentlichsten Theil der Aufgabe Aufschluss zu
geben; denn 1) wissen wir überhaupt nicht, in welchen gegenseiti-
gen Anziehungen sich die Bestandtheile mehrerer Salze befinden,
die neben einander gelöst sind, mit andern Worten, ob z. B. ClKa
und 2NaOPh05, und wenn sie in ein und derselben Flüssigkeit
gelöst werden, in dieser noch als solche befindlich sind, 2) kennen
wir die Verbindungen der organischen Säuren des Blutes nicht,
insbesondere ist uns die Stellung der eiweissartigen Stoffe, welche
nach Wurtz und Lieberkühn schwache Säuren darstellen, zu
den Basen unbekannt, 3) Ist bis jetzt noch keine Angabe geschehen,
ob in der Blutflüssigkeit schwefelsaure Salze vorkommen und in
welcher Menge. 4) Wie mehrt sich mit der Verbrennung die Menge
der Phosphorsäure? Angesichts dieser Bedenken lässt sich nur Fol-
gendes aussprechen.
Ein Theil des KO oder NaO ist mit den eiweissartigen Stoffen
verbunden, da wie schon erwähnt, diese zum Theil durch Zusetzen
12 Minerale.
einer Sänre ziiui Serum und zwar entweder sogleich, oder nacii
vorgängigem Kochen gelallt werden.
Die phosphorsaure Kalk- und Bittererde ist mit den Eiweiss-
körpern verbunden, und zwar wahrscheinlich als dreibasisch phos-
phorsaure. Diese Annahme gTündet sich darauf, dass in einer
alkalisch reagirendcn Flüssigkeit, wie sie das Blut darstellt, die
erwähnten Salze nur dann löslich sind, wenn sie mit Eiweissstoffen
»verbunden vorkommen; die mit dem Eiweisstoffe des Blutserums
verbundene phosphorsaure Kalk erde (und Magnesia?) ist aber
nach Heintz dreibasische.
Die Blutflüssigkeit enthält wahrscheinlich kohlensaure Alkalien. ^
Denn w.eun man aus der Blutflüssigkeit durch Kochen und die
Luftpumpe alle mechanisch eiugemengte CO, entfernt hat, kann
durch eine zugesetzte Säure eine neue Quantität CO, unter der
Luftpumpe aus ihr erhalten werden*).
Die Gründe, aus denen Lieb ig und Enderlin die Anwesenheit der kohlen-
sauren Salze läugneten, scheinen wiederlegt zu sein. Jene Chemiker stützten sich,
darauf, das.s die Blutasche des Menschen und der Fleischfresser j[wohl aber die der
Grasfresser) mit Säuren Übergossen , nicht brausst. Wir haben schon angegeben , dass
die kohlensäurehaltige oder kohlensäurenfreie Asche weder die Abwesenheit, noch Ani^-
Wesenheit von kohlensauren Salzen in der Blutflüssigkeit beweisen kann. — Lieb ig
macht ausserdem geltend , dass die gekochte und filtrirte Blutflüssigkeit bei Einträui-
fein von fixen Säuren keine CO2 entwickle. Diese Thatsache ist aber ebenfalls nicht
schlagend, weil die COj - freie Flüssigkeit begierig die in ihr entwickelte CO2 absorbirt,
wie Marc band und Mulder darthaten, indem sie zeigten, dass, selbst wenn ein.
Zusatz von NaO OOj zum Blut gemacht war, starke Säuren keine Kohlensäure aus ilu4
frei machten.
Von dem phosphorsauren Natron der Blutflüssigkeit behauptet
man bald, dass es zweibasisches (PhOj , 2NaO, HO), bald, dass
es dreibasisches (PhO 5, 3NaO) sei. Für die letzte Meinung spricht
die Asche, welche kein pyrophosphorsaures Natron enthält. Hiergegen
lässt sich einwenden, dass das zweibasisch phosphörsaure NaO sich
beim Glühen mit kohlensaurem Salze in dreibasisches umwandelt,
woraus sich zur Genüge die Abwesenheit von phosphorsaurem
Natron in der Asche erklärt, selbst wenn zweibasisches Salz in
der Flüssigkeit vorkommt. Die Vertheidiger des zweibasisch phos-
phorsauren Natrons behaupten noch dazu, dass im Blut, d. i. in
einer mit Kohlensäure geschwängerten Flüssigkeit, gar kein drei-
*) Marchand, Journ. für pr. Chomio 37. Bd. p. 321. — Deber die Controverse siehe aaaaSt
der alten Literatur von Gmelin, Ticdemaiin , v. Ensehut u. s. w. — Liehig, Annalen S". Bd.
126. — L eh ma nn , Journal für pr. Chemie. 40. Bd. 133. — Mulder, Schelk. Onderzoek. V.
Deel. 435.
4
Kohlensäure.
13
basisch phosphorsaiires Natron bestehen könne, indem es augen-
blicklich in zweibasisches und kohleusam-es Salz zerlalle. Da auch
diese letztere Behauptung nicht durch unwidersprechliche That-
sachen erwiesen ist, so muss die ganze Frage dahin gestellt bleiben.
Die Gegenwart von NaCl und KaCl ist wohl niemals geläugnet
worden. Die Kieselsäure muss, wenn sie vorhanden, in Verbindung
mit Alkalien vorkommen.
lieber die Art und Weise, wie die Metalle, namentlich die
häufigen. Eisen und Mangan und die seltenen, Blei und Kupfer, ge-
bunden sind, wissen wir nichts.
Den hier 'angezweifelten Beweis für die Zusammenorclnung der einfachen Bestand-
theile zu complizirten glaubt C. Schmidt durch Vergleichung des beobachteten und
des hypothetischen spezifischen Gewichtes der Flüssigkeit gegeben zu haben. Das
hypothetische spezifische Gewicht der Blutflüssigkeit lässt sich aber nach seinen Vor-
aussetzungen ableiten , wenn man weiss , um wie viel die bekannten Volumina des
Wassers und eines löslichen festen Stoffs bei wirklich geschehener Lösung dieses letz-
teren abnahmen, mit andern Worten: wenn man die Verdichtungscoefficienten kennt.
Nachdem er diese letzteren bestimmt hat für alle die Stofi'e , welche seiner Voraus-
setzung naeh in dem Blutwasser gelöst sind, macht er die weitere Annahme, die Ver-
dichtung bleibe dieselbe selbst für den Fall, dass die einzelnen Stoffe, statt in Wasser,
in einem solchen Salz - Gemenge , wie es die Blutflüssigkeit darstellt, gelöst seien. —
Diese 'Voraussetzung ist nun freilich willkührlich ; man könnte sie jedoch dicssmal eine
glückliche nennen in Anbetracht der von ihm gefundenen Ueberstimmung zwischen
dem hypothetischen und dem wirklich beobachteten spezifischen Gewichte. Bei ge-
nauerer Ueberlegung ist aber gerade diese TJebereinstimmung geeignet. Misstrauen zu
erregen. Denn es sind die von ihm angenommenen Stoße der Blutflüssigkeit : KO SO3 ;
KaCl; NaCl; 2NaOPh05; NaO; SCaOPhOs; 2MgOPh05; Albumin, Pibrin. — Wie
man sogleich sieht, sind diese Stoffe zum Theil offenbar gar nicht im Blute vorhan-
den, wie z. B. KOSO''; NaO, und andere übersehen wie das Albumin-Natron, die Fette
u. 8. w. , Umstände, welche im günstigsten Falle beweisen, dass für die Salzbestand-
theile die vorgeschlagene Controle nichts leistet.
14. Die Kohlensäure nimmt der Menge und ihres beson-
deren Verhaltens wegen den ersten Platz unter den difl'usiblen
Gasarten der Blutflüssigkeit ein. Auf die Menge schliessen wir in
Ermangelung einer genügenden Analyse aus dem grossen Absorp-
tionsvei-mögen (der faserstofffreien) Blutflüssigkeit*), welche unter
denf Atmosphärendruck mit CO, gesperrt das anderthalbfache bis
doppelte ihres Volumens von dem Gas aufninmit (Schcrcr **),
Mul der )***). Da H. Nasse diese Beobachtung dahin erweitert
hat, dass ein Blut um so mehr CÜj absorbirt, je reicher seine
') Nucliilcm Sic vorher durch Stehen rtn der tuft Ihre verdunstlmrc COa verloren f
••) Licbigs Annaion. 00. Bd. p. 30.
") Physlolof. Chemie, Brnnn.schwcig llS.'i.
14
Sauerstoff' und Serum.
Asche an NaOCO» ist; da nach der vollkommenen Sättigung mit
CO5, die Flüssigkeit noch alkaliseh reagirt, und da die gesättigte
Blutflüssigkeit mit fixen Säuren versetzt, die Hälfte ihrer CO4 selbst
in einer kohlensäurehaltigen Atmosphäre verliert, so kann man
nicht im Zweifel sein, dass dieser CO, — Antheil durch eins der
alkaUsch reagirenden Blutsalze NaOCO^ oder 2NaOPh05 auf-
genommen und verdichtet wurde. Vergleiche die Gase des Ge-
sammtblutes.
15. Die Gegenwart des Stick- und Sauerstoffs vermuthen
wir, weil die Blutflüssigkeit als eine wässerige Lösung beide Luft-
arteu in geringen Mengen aufnimmt. Wir haben keinen Grund, anzu-
nehmen, dass die Gasarten anders als difFundirt darin enthalten seien,
16. Der Wassergehalt der Blutflüssigkeit ist im Mittel auf
90 bis 93 pCt. gefunden worden.
Serum. Derjenige Antheil der Blutflüssigkeit, welcher zurück-
bleibt, nachdem der Faserstoff ausgeschieden ist, wird altem ärzt-
lichem Herkommen gemäss Serum sanguinis genannt. Dieses
Serurn ist von praktischer Bedeutung für die Blutaualytiker , weil
nur diese, nicht aber das gesammte Plasma der Untersuchung so
weit zugänglich ist, dass spez. Gewicht, Farbe, Consistenz u. s.iw.
beobachtet werden können.
Da in der That die Menge des ausfallenden Faserstoffs sehr
gering ist, und die Eigenschaften desselben, so lange er in Lösimg
befindlich, soweit wir wissen, sich nicht von denjenigen der übrigen
Eiweissstoffe unterscheiden, so Würde eine Uebereinstimmung in
den physikalischen Verhältnissen von Plasma und Serum statuirt
werden dürfen, wenn dieses letztere nur hinreichend rein erhalten
werden könnte. Dies ist aber nur selten der Fall.
Das Serum gewinnt man entweder so , dass man das aus der Ader gelassene Blut
sogleich gerinnen lässt. Der durch die ganze Masse des Blutes vertheilte Faserstoff
sehliesst hei seiner Gerinnung sämmtliche Blutkörperchen sammt der Blutflüssigkeit
ein, so dass unmittelbar nach derselben das Blut einen zusammenhängenden, sehr
lockereu Kuchen bildet. Nach einiger Zeit aber beginnt die Zusammenziehung des
Faserstoffs , so dass nun die Blutflüssigkeit aus dem Kuchen ausgetrieben wird , wäh-
rend ein sehr grosser Theil der Körxierchen des Blutes, welcher auf dem Faserstoff"^
balken aufgelagert ist, den Bewegungen derselben folgt und in dem Kuchen einge-
schlossen bleibt. So unternimmt das Blut selbst eine Filtration , die wir vergebena
künstlich nachzuahmen versuchen. — Begreiflich ist aber auch diese Filtration keine
vollkommene und namentlich tritt ein aufgeschwemmter Bestandthoil, der dem Faser*
stoiT weniger stark zu adhäriren scheint, die sog. Lymphkörperchen , mit dem Serum
aus dem Kuchen. Diese Körperchen sind nun entweder spez. leichter als das Serum,'
sie treten nach oben (und können zum Theil wenigstens abgehoben werden .>) oder sie
Blutscheiben.
15
sind von gleicher Eigenschwere; diese verunreinigen also das Serum. Da das Filter,
welches dem Blutserum noch den Durchtritt gestattet, sie nicht eufückhält, so werden
sie nicht von der Blutflüssigkeit getrennt und bilden immer vorkommende Verunrei-
nigungen derselben. — Zuweilen zieht man es vor, das Blut nach dem Austritt aus
der Ader sogleich zu schlagen zur Abscheidung des Faserstoffs und die zurückbleibende
Flüssigkeit sich selbst zu überlassen ; bei vollkommener Euhe derselben senken sich
dann die rothen Körperchen desselben allmählig zu Boden. Das auf die eine oder
andere Art geschiedene Serum hebt man dann vorsichtig mit der Pipette vom Boden-
satz oder dem Blutkuchen ab.
Das spez. Gewictt des meist gelblich gefärbten Serums wird
im Mittel zu 1028, das des Wassers = 1000 gesetzt, angegeben.
B. Aufgeschwemmte Blutb estandtheile.
Zu ihnen gehören die Blutscheiben, die Lymphkörperchen, die
Molekularkörnchen und FaserstotfschoUen.
a. Die Blutscheiben sind im Blute ungemein zahlreich
vertreten, indem nach den Zählungen von Vierordt*) und
H. Welker**) in einem Cubikmillimeter Blut 4 bis 5,5 Millionen
Stück enthalten sind.
Die Zählung der Blutkörperchen in einem genau gemessenen Blutvolumen ist zu-
erst von' Vierordt ausgeführt; diese mühsame Arbeit ist durch die "Welk er' sehen
Verbesserungen der Technik wesentlich vereinfacht worden. Sie würde nach diesem
letzteren Autor zu einer verhältnissmässig sehr leichten werden, wenn sich die An-
nahme desselben bestätigte , dass die färbende Kraft des Bluts in einer festen Be-
ziehung zu der Zahl seiner Körperchen stände. Wäre dieses der Fall so würden die
Körperchen in einem C.-Mm. Blut gezählt, und zugleich ein anderes bestimmtes Volum
desselben Bluts mit einem gemessenem Volum einer farblosen Flüssigkeit z. B. ver-
dünntem Alkohol zu vermischen sein ; sollte nun der Blutkörperchengehalt einer andern
Blutprobe ermittelt werden, so verdünnt man diese so lange mit derselben farblosen
Flüssigkeit, bis sie die Farbe der ersten Mischung angenommen. Die Blutkörperehen-
zahlen verhalten sich wie die Volumina der Zusatzflüssigkeiten.
1. Anatomisches Verhalten ***). Die Blutscheiben sind kleine
Zellen, deren Inhalt roth oder grün (Brücke) gefärbt ist; obwohl
ihre Form keineswegs als eine beständige anzusehen ist, so stellt
doch die weitaus grösste Zahl derselben Rundscheiben dar, die auf
der Fläche liegend, sich wie eine oben hohle Linse ausnehmen,
während sie auf dem Rande stehend das Ansehen eines Biscuits
darbieten. Auf eine Vertiefung der obern Fläche schliessen wir
aus der Vertheilung, die hier das Licht eines Büschels erfährt,
welches von der untem Fläche her mit parallelen Strahlen in die
Blutscheiben eingedrungen ist; bekanntlich erscheint beim durch-
•) Archiv f. physlol. Hellkunde. XI. 20. 327. 854. Xm. 259.
••) Prager Vlerteljahrsclirlft. XLIV. 11.
•••) Kölliker, Handbuch der Oowebol'ehrc. 5. 08. — Vierordt, Archiv filr pliysiolog. Heil-
kunde. XI. 864.
16
Blutscheiben.
falleudeii Licht die helle Mitte des Blutköi-perchens von eine
leichten Verdunklung umgeben, auf die nach aussen ein helle i
Ring folgt; analysirt man aber den Gang der parallelen Strahlen
1234 Fig. I. durch die plancocavi
Linse aa., so wird man sogleicli
sehen, dass auf der oberen Fläche
die Mitte hell, der ausgebogen«
Theil lichtschwach, und der Kam
wieder lichtstark erscheinen muss
— Die Biscuitform der auf dei
Kante stehenden Blutscheiben be
weist, dass der Rand nicht überall
/ i 3 s 2 / gleich breit ist, denn sonst mUsstt
diese Ansicht ein Rechteck darstellen. — Ausser dieser häufigstei
Gestalt kommen noch andere vor, zuweilen steht die Vei-tiefun;;
excentrisch, oder die Seheibe ist auf beiden Flächen erhaben, oder
die Ränder tragen Zacken.
Die Blutkörperchen der ersten Form kann man in ein kugeliges Gebüde verwan-
deln, wenn man die Blutflüssigkeit, in der sie schwimmen, mit Wasser verdünnt, wo-
durch wahrscheinlich in Folge einer Diifusionsströmung der Inhalt vermehrt wird. —
Die Zackenform erhalten die Körperohen, wenn sie in eine concentrirte Lösung von
Glaubersalz, Zucker u. s. w. gebracht werden. Uebor andere Formveränderungen siehe
bei Lind wurm *), D on ders, Mo 1 e s cho 1 1 **) , Stannius ***), Lehmann f)
Der Inhalt der Blutscheiben ist bald mehr, bald weniger tiel
gefärbt, bald ist er klar, bald noch mit Körnchen und Krümeln
gefüllt.
2. Chemische Beschaffenheit. Um das Blutkörperchen behufs
seiner quantitativen Zerlegung vom Plasma zu sondern, hat F.
Hoppe tt) einen schon von Z i m m e r m an n ff f) angedeuteten Wer
eingeschlagen. Er ist ausführbar an Blut, dessen Körperchen sicli
schon merklich gesenkt haben, bevor die Gerinnung des Faserl•toff^
eingetreten. Von einem solchen Blut schöi)ft man das über dem
rothen Theil stehende Plasma ab, und bestimmt, nachdem die Ge
rinnung in den beiden gewogenen Portionen (der farblosen und
der gefärbten) eingetreten, den Faserstoff. Da man den Faserstofi
als nur dem Plasma angehörig ansehen darf, so gewinnt man au^-
*) ZeitBohrlft v. Henle u. Pfouffor. VI. Bd. 2GG.
• *) Hol Und, Beiträge p. 3G0 ii. Illustr. med. Zcitg. III. 70.
*»•) Bcolmclitg. Uber Vorjiingungsvorgängo. Rostock 1853.
t) Pliysiolog. Chemie. II. 1G4.
tt) Archiv fiir physlolog. Heilltundo. XI. 298.
tft) Vircliows Archiv XII. Bd. 48.').
Blutscheiben.
17
der bekannten Verhältnisszalil zwischen Plasma und Faserstoff und
dem bekannten Faserstoff des Blutkuchens, den Plasmagehalt des
letztern durch Proportionsrechnung. Wäre nun der Blutkuchen und
das reine Plasma weiter zerlegt, so würde man auch die Zusammen-
setzung des im Blutkuchen enthaltenen Plasma's finden können,
und es würde durch Subtraction der ihm angehörigen Stoffe von
den entsprechenden im gesammten Blutkuchen gefundenen die Zu-
sammensetzung der Blutkörperchen zu berechnen sein.
Diese Methode verlangt, was besonders zu betonen ist, dass die Scbeidung von
Plasma und dem gefärbten Blutantheil vorgenommen wird , bevor die Gerinnung ein-
trat; denn ohne diess würde man das wahre Verhältniss zwischen Plasma und Faser-
stoff nicht finden, weil nach Ausscheidung des letztern augenblicklich das difFusive
Gleichgewicht zwischen den rothen Scheiben und der umgebenden Flüssigkeit gestört
sein würde. — F. Hoppe fordert auch, und zwar mit Eecht , eine noch viel ge-
nauere Bestimmung des Faserstoffs als die bisher gebräuchliche , bei der man weder
die geformten Einschlüsse in das Gerinnsel, noch auch dieses selbst ohne Zersetzung
auswaschen kann. Würde das Verfahren zu einem wirklich strengen erhoben, so müsste
es als ein grosser Fortschritt begrüsst werden. Diese Hoffnung steigt um so mehr,
als Brücke uns das Blut sehr langsam gerinnen lehrte. — Alle andern Methoden,
welche zur Sonderung der Blutkörperchen vorgeschlagen sind , beruhen entweder auf
unrichtigen Voraussetzungen oder die an und für sich richtigen Vorschläge sind un-
ausführbar. Sie sind der Eeihe nach aufgezählt:
1. Filtration. Versetzt man ein von Faserstoff befreites Blut mit seinem
mehrfachen Volum einer concentrirten Glaubersalzlösung, und leitet durch dasselbe,
nachdem es auf ein Papierfilter gebracht worden. Sauerstoffgas, so wird nicht allein
die Mehrzahl der Körperchen zurückgehalten, sondern es lässt sich auch durch Glauber-
salz der Rückstand so vollkommen auswaschen, dass die Waschflüssigkeit kein ClNa
und keine organischen Bestandtheile, namentlich kein Eiweiss mehr enthält. (Berze-
lius, Dumas*), Lecanu**)). Diesen ausgewaschenen Rückstand haben einzelne
Chemiker für reine Blutkörperchen angesehen, eine Meinung, welche sowohl die phy-
.sikalische Ueberlegung wie auch das optische Verhalten als unrichtig erweist, indem
die Körperchen, wie wir schon erfuhren, unter dem Einfluss der Salzlösung ver-
jchrurapfen und ihre Form ändern; diese Formänderung, namentlich das Schrumpfen
lerselben, ist nothwendig, wenn man bedenkt, dass der Inhalt durch die für wässrige
Lösungen durchgängige Membran auf diffusivem Wege der Glaubersalzlösung einen
rheil seiner Bestandtheile abgeben und dafür andere empfangen muss. Einen weiteren
'Beweis für diese Behauptung wird man zu liefern im Stande sein, wenn man eine
'iolche mit Glaubersalzlösung gewaschene Blutkörperchenmasse einige Zeit in dieser
jösung aufbewahren und diese letztere auf ihre Bestandtheile untersuchen würde. Diese
üinwcndungen können natürlich dem Filtrations verfahren seinen grossen Werth für die
• ualitativc Untersuchung des Blutkörperchens nicht rauben.
2. Man behauptete zu verschiedenen Zeiten (Dumas-Prevost, C. Schmidt***),
f-ass ein oder der andre Stoft" nur der Blutflüssigkeit oder dem Serum, nicht aber den
*) Compt. rend. XXTI. 900.
") ibid. XXV. 11.
1. c. p. 18.
hiiilwifr, l'liysiologiu 11. 2. Autlago, 2
18
Blutscliciben.
Körperclieil eigen sei. So liiclten Dumas und 1' v c v n s t dafür , die Blutkörpcrclien
seien mit Serum durchtränkte und gefüllte Säcke ; indem somit das Eigcnthümliche
der Blutseheibe nur in ihrer Haut bestehen sollte, sprachen sie ihr allen Wassergehalt
ab. Diese Annahme ist aber durch mancherlei Thatsachen, insbesondere durch die
Untersuchung der filtrirten Blutkörper widerlegt. — C. Schmidt*) nimmt an,
dass das Chlor der Blutscheiben mit Kalium , das des Serums mit Natrium verbunden
sei, so dass also dem einen Bestandtheil das Chlorkalium, dem andern das Kochsalz
abgebe. Diese Annahme ist aber voUkomen willkürlich, weil selbst nach seinen Beob-
achtungen neben NaCl und KaCl noch die Anwesenheit von NaO in den Blutscheiben
und von KaO in dem Serum feststeht. —
3. Zimmermann und Vierordt haben vorgeschlagen, ein Gemenge von
Serum und Scheiben einem Stoff von beliebiger Zusammensetzung beizumischen , für
welchen die Blutscheibeuhülle undurchdringlich sei und der, obwohl er sich im Wasser
löse , weder Wasser , noch irgend einen andern Bestandtheil des Blutscheibeninhaltes
au sich ziehe. Gäbe es einen solchen Körper, so würde die Aufgabe gelöst sein : den
Gehalt einer beliebigen Blutmenge an Serum und Scheiben und daraus die Zusammen
Setzung der letztern zu bestimmen. Denn man hätte zu einem bekannten Gewicht Blut
eine gewogene Menge des fraglichen Stoffs zu setzen, aus diesem Blut Serum zu ge
Winnen und den prozentischen Gehalt desselben an dem zugesetzten Stoff zu ermit
teln; offenbar würde dann aus der eingetretenen Verdünnung die Masse des anwesen-
den Serums gefolgert werden können. Dieser einfache Vorschlag scheitert aber daran
dass es schwerlich einen Stoff von den verlangten Eigenschaften giebt ; nach den bis
dahin vorliegenden Thatsachen über Diffusion, würde nur der Zusatz die verlangten
Eigenschaften besitzen , dessen Zusammensetzung mit der des Serums zusammenfielen
mit andern Worten : ein solcher , der sich schon diffusiv mit dem Dihalt der Blutkör-
perchen ausgeglichen. Dieser Zusatz würde uns aber nichts helfen, denn damit würde
die prozcntischo Zusammensetzung des Serums nicht umgeändert und auf dieser Um
Wandlung beruht die Brauchbarkeit des Verfahrens.
4. Man hat auch den Versuch gemacht, das Volum der Blutkörperchen oder de
Serums zu bestimmen, entweder, indem man die Blutkörperchen eines bekannten Volum
Blut zählte und die Zahl mit dem Volum eines Blutkörperchens multiplizirte , desse
Durclimesser man unter dem Mikroskop bestimmt hatte, oder indem man Scheiben a
dem Blutkuchen schnitt und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Blutkörperche
zu messen suchte u. s. w. Man kann kaum der Meinung sein, dass es mit diese
Vorhaben Emst gewesen sei.
Von quantitativen Bestimmungen liegt nur die des Wassergehal
der Blutkörperchen vor. Er betrug im Blute eines Pferdes, desse
Serum in 100 Theilen = 90,824 Wasser enthielt = 56,5 pC
(F. Hoppe) **).
An andern bis dahin nur qualitativ bestimmten StofiFen sind di
Blutscheiben eigen:
») 1. c. p. 18.
•») Hoppe rechnet nach seinen Beobaohtungszahlen 02,98 pCt. Wasser aus , wozu slo ab
uicht fUUrcu.
Bliitschoibon.
19
Eiweissstoffe*) und zwar als Hülle der Blutkörperchen in
fester und im Inhalt derselben in flüssiger Fonn (Globulin). Die
chemischen Eigenschaften und die Zusammensetzung lässt sich nicht
angeben, da keiner von beiden rein genug dargestellt ist.
Haematin. Der rothe Stofl", gewonnen nach dem Verfahren
von Lecanu, Gmelin und Wittich**) scheint weder rein noch un-
verändert zu sein, doch steht er den unveränderten mindestens sehr
nahe, denn er kann wie der Blutfarbstoif den dichroitischen Zustand
annehmen, d. h. er erscheint bei aulfallendem Lichte roth und bei
durchfallendem grün, wenn seine ammoniakalische AlkohoUösung
mit viel Wasser, oder mit Kali, Natron, NaoCO,, KOCO^,
Amo. COj oder CO 2 versetzt wird (Brücke)***). Ausserdem theilt
er mit dem frischen Blutfarbstoff die Eigenschaft, die Guajactinktur
blau zu färben, wenn er ihr gemeinsam mit altem Terpenthinöl
oder Wasserstoffsuperoxyd zugesetzt wird. Dieses Verhalten stellt
ihn in die Reihe der Körper, welche den gewöhnlichen Sauerstoff
in Ozon umwandeln (His ****), Schönbein).
Haematin und Globulin im Gemenge (Haemin und Hacmatocrystallin) sind neuer-
dings vielfach auf ihre Krystallisationserscheinungen untersucht worden von Kunde,
Funke, Lehmann f)» Teichmann ff), M e c k e 1 ftt)- Diese ungemein interes-
santen Thatsachen sind leider noch von keiner tüchtigen chemischen Hand benutzt
worden, ma uns Aufklärung über die chemische Natur der genannten Stoffe zu ver-
schaffen. — WesentUiche Fehler in den Eesultaten der Lecanu' sehen f-l-ft) Unter-
suchung über die Eigenschaften desselben Gemenges weist "Wittich nach; dem ent-
sprechend verlieren auch die Dumas 'sehen Elementaranalysen der filtrirten und ge-
trockneten Körperchen ihren letzten Werth.
Ein phospho rhaltiges Fett; der ätherische fettartige Aus-
zug der mit Glaubersalz* filtrirten Scheiben hinterlässt 22pCt. einer
sauren phosphorsauren Kalkasche.
Die Asche der Blutkörperchen ist reicher an Eisenoxyd und
phosphorsauren Alkalien und reicher an Kali (H. Nasse §),
Schmidt §§), Weber§§§) und die Summe der Kalien und Erden
•) Oondcm und Mcleschott in den U o 1 lä n d i sc ho ii Beitrügen p. 10 und ebendaselbst
p. 360. — Lehmann, physiolog. Chemie. 11. Bd. 1G&.
»•) Journ. f. prakt. Chemie. 61. Bd. 11. — Pharmaz. Centrulbl. 1854. Nr. 22.
••*) SitznnBBberlcht der Wiener Akademie. XI. Bd. 1070. Pharninz. Centralbl. 1854. Nr. 14.
••*•) Vir che w« Archiv X. Bd. 499.
t) Leipziger akadcm. Berichte. 18r)2 p. 23 und 28. 1053 p. III. Ausgezogen im Journal für
prakt. Chemie. —
tt) Zeitschrift, Hcnlc und Pfenffor N. F. UI. 375.
ttt) Ueber Uacmatoglobulln , Deutsche Klinik 1862.
tttt) l'harmaz. Centralbl. 1852. 708.
§) Wagners Handwörterbuch. 1. Bd. 177 u. 180.
SS) 1. c. p. 30.
HS) Pogg. Annal. 81. Bd. 9).
'2*
20
Blutscheiben.
ist in gleichen Gewichtstheilen Blutkörperchen geringer als in dem
Serum, —
Die Blutkörperchen enthalten endlich auch auf mechanischem
Wege abscheidbare Gase, insbesondere Sauerstoffgas, da die Volum-
einheit eines Gemenges von Körperchen und Serum mehr Sauerstoff
zu absorbiren vermag als die des Serums. (J. Davy, H. Nasse*)
Da die Volümeinheit des Gesammtbluts noch weniger CO^ aufnimmt
als die des Serums, so beweist diess, dass die Körperchen wenig
oder gar keine COj aufsaugen. Leitet man Sauerstoffgas durch
Blut, so nimmt es eine hellrothe Farbe an ; fügt man während, die
Einleitung von 0 fortdauert, dem Blute Rohrzucker, Weinstein oder
essigsäurefreien Alkohol, oder ameisensäurefreien Methylalkohol
oder ölsaures Natron oder kohlensaures Ammoniak zu, so findet
man nach 21 bis 22 Stunden den Rohrzucker und Weinstein gar
nicht die Oelseife nur theilweise wieder, statt des Alkohols und
Essigsäure und statt des Methyls Ameisensäure und statt des Am
moniaks Salpetersäure. Trägt man unter gleichen Bedingungen
die oben erwähnten Stoffe in das Serum ein, so findet man sie
unverändert (K e t z i n s k y **). Hieran schliesst sich die Betrachtung
von Schönbein***), dass eine mit Terpenthiuöl oder Wasserstoff-
superoxyd vermengte Guajactinktur durch einen Zusatz von Blut,
nicht aber durch Serum blau gefärbt wird. Diese Eigenschaft ist
vom Eisengehalt der Körperchen abhängig, da weder Fäulniss
noch Siedehitze, wohl aber Entziehung des Eisens die Erscheinung
aufhebt. — Nach Lothar Meyer f) kann der in das Blut aufge-
nommene Sauerstoff durch Kochen leicht wieder aus ihm entfernt
werden; setzt man aber dem Blut bis zum schwachen Ansäuren
Weinsteinsäure zu, so wird der Ostoff zum grössten Theil so fest
gebunden, dass er nicht wieder ausgetrieben werden kann. —
Endlich beobachtete Harlayff) dass, wenn man mit geschla-
genem Blut atmosphärische Luft 24 Stunden hindurch in Berührung
lässt, dieses Ostoff bindet und CO, in mehr als doppelt so grosser
Quantität ausgiebt, als das Serum unter gleichen Umständen
Alle diese Thatsachen zeigen, dass die Blutkörperchen nicht allein
eine ausgesprochene Verwandschaft zum Sauerstoff besitzen, son-
•) 1. c. 177.
*•) Scherer' s Jahresbericht für physiolog. Chemie für 1854. p. 104.
**•) Münchner aluidemische Denkschriften und Schriften der naturforgchenden Gesellschaft
Ilnsel 1858. II. 9.
t) Henle's und Pfeuffer's Zeitsclirlft. N. F. VUI. Bd.
•jt) Scher er, Jnhresberidit für physiolog. Clieniio nir IHW; p. 1.')7.
Lymphkorperchen.
21
dem noch mehr, dass sie dieses Element auch befähigen, chemische
Verbindungen einzugehen, die ohne ihre Vermittelung nicht zu
Stande gekommen wären.
Schüttelt man das Blut einige Minuten lang mit CO^, so nimmt
es eine dunkle Farbe an, und wird dichi'oitisch. Diese Doppel-
farbigkeit kann ihm durch Berührung mit Ogas wieder entzogen
werden (Brücke). Schüttelt man das stark mit Wasser verdünnte
Blut dagegen ]0 — 15 Minuten lang mit CO,, so wird das Blut
braun und die rothe Färbung kann ihm durch Zufuhr von Sauer-
stoffgas nicht wieder gegeben werden (Heidenhain)*).
Kohlenoxyd treibt das mit den Körperchen verbundene Ogas aus und färbt die-
selben kirschroth, diese Färbung kann durch 0, COi, Kochen und das Vacuum nicht ent-
fernt werden, woraus in Verbindung mit der allbekannten Erfahrung, dass das Athmen
dieses Gases zur Erstickung führt, zu schliessen ist, dass die Verbindung des Blut-
roths mit CO die Aufnahme von 0 verhindert. (F. Hoppe)**), Gl. Bernard,
L.Meyer.)
b — d. Lymphkorperchen, Molekularkörnchen, Fa-
serstoffschollen finden sich neben den farbigen Körperchen im
Blut aufgeschwemmt; da weder über die chemische Zusammen-
setzung und noch weniger über die physiologischen Beziehungen
dieser Stoffe etwas bekannt geworden, so unterlassen wir es hier,
ihre Form darzustellen, welche ausfühi'lich in den Lehrbüchern
;der mikroskopischen Anatomie behandelt wird. Diese Gebilde
zeigen***) (Wharton, Jones, Robin, Lebert, Lieber-
;ktihn, Ecker, Häckel) sehr langsame Bewegungen, in Folge
i deren sie aus der Kugel- in die Stern- und noch manche andere
• Formen übergehen.
Die Zahl der farblosen Körperchen ist viel geringer als die
■ der farbigen ; nach den Zählungen von W e 1 k e r f) sind in
1 Cubikmillimeter Blut zwischen 8000 bis 13000 enthalten, so dass
|nach zwei vergleichenden Zählungen auf 350 bis 500 rothe 1 farb-
I loses kam. lieber die wechselnden Mengenverhältnisse der Lymph-
korperchen sind die Artikel: Milz, Leberblut, Blut während der
j Verdauung nach gewissen Nahrungsmitteln , und über die Bezie-
, hung zwischen Blut und Lymphkorperchen ist der Abschnitt über
' Lymphe nachzusehen. —
•) DIsqaisItiones criticae et o.^pcrinieiitaloa ilo snnguiiiis r]uaiititnto. IlaUe 1857. p. 32.
'•) Virchow» Archiv XI. Bd. 288.
'*) Müllers Archiv 1857. 610. Wiirzbnrifer Vorhandlungen Dezember 1886. —
t) 1. c. p. 34.
22
Blutanalyso.
C. Gesamratblut.
1. Eine erschöpfende quantitative Analyse des Gesammtbluts
kann erst dann zur Ausführung Icommen, wenn es gelungen ist,
die Blutkörperchen von der Blutflüssigkeit scharf zu trennen und
vi^enn uns nicht allein alle Blutbestandtheile, sondern auch eine-
quantitative Bestiraraungsmethode jedes einzelnen bekannt ist. In
Ermangelung einer solchen begnügt man sich mit der annährend
richtigen Bestimmung einzelner Bestandtheile des Bluts, und nament-
lich ermittelt man den Wassergehalt, die Summe der im kochenden
Wasser unlöslichen Bestandtheile (Hüllen der Blutkörperchen, Eiweiss-
stoffe der Körperchen und der Flüssigkeit mit eingeschlossenen
Salzen), der in Aether, in kochendem Alkohol und in Wasser lös
liehen und der unverbrennlichen Bestandtheile, sowie ferner des
Wassergehaltes der Blutkörperchen. Obwohl man auf der von
Hoppe verfolgten Bahn noch weiter vordringen könnte, so kann
doch aus diesen Beobachtungen niemals die ganze Bedeutung des
Bluts und seiner Veränderungen gefunden werden. Damit ist nicht
ausgeschlossen, dass die gewonnenen Erfahrungen über diesen odei
jenen Punkt Aufschluss gewähren.
Unter den Methoden, welche Phisma und Blutkörperchen bestimmen wollen, ist nac!
Princip und Ausführung zugleich die einzig richtige schon erwähnte, welche Zimmer man i
vorschlug ; allen übrigen gelingt es nur die Bestandtheile im G-anzen zu bestimmen
ohne dass sie auf das Plasma oder die Körperchen bezogen werden könnten. Untt :
diesen beschränkteron Vorfahrungsarten zeichet sich, nach übereinstimmenden Angaben
die von Prevost und Dumas, welche Scherer*) verbessert hat, aus. Letzterei
fängt zwei Portionen Blut, jede von Tingefähr 60 Gr. gesondert auf. Aus einer der
selben gewinnt er Serum und bestimmt in diesem das Wasser, das Eiweiss, die Ex-
trakte und die in Wasser löslichen Bestandtheile der Asche,' aus der andern das Wasser
den Faserstoff, das Gemenge -der in kochendem Wasser unlöslichen Bestandtheile dc-
Blutkörperchen und des Serums, die Extrakte, das Pett und die in Wasser löslichei
Bestandtheile der Asche im Gesammtblut. — Indem er dann der Annahme von Pre
VC st und Dumas folgt, dass die Blutkörperchen aus unlöslichen Stoffen bestehen
welche von Serum durchdrungen in dem Blute schwimmen, berechnet er aus dem bekanntet
Wassergehalt des gesammten Bluts und des Serums die sogenannten trocknen Blutkörperehen
Obwohl schon dargethan ist, dass diese letztere Berechnung nicht mehr zulässig ist
so wollen wir doch noch einmal in ganz populärer Eorm unsem Gegenbeweis wieder
holen. Wenn die Flüssigkeit, welche die Blutscheiben durchtränkt, eine andere Zu
sammensetzung als die des Serums besitzt, so kann aus dem bekannten Wassergehnl
des Serums und des Blutes derjenige der Blutkörperchen nicht abgeleitet wcrdei
Offenbar nämlich kann z. B. ein Blut, das in 100 Theilen 20 Theile Rückstand im
dessen Serum in 100 Theilen 10 Theile Rückstand lässt, auf million-fache Weise zu
•) Sohorer, patliolog. chemische Unteisiichiingcn. llacsers Archiv 184S. — A. Otto Bei
trag zu den Analysen des gesunden Bluts. WUrzburg 1848. — Gorup-Besanez. Vorpleichentl
Untersuchungen etc. Erlangen 1850.
Blutanalyso.
23
saramengosetzt gedacht werden und so u. A. einmal in der Art, dass 100 Theile aus
25 Theilen Serum und 75 Theilen Blutkörperchen mit 23,33 pCt. Kückstand oder aus
75 Theilen Serum und 25 Theilen Blutkörperchen mit 54,0 pCt. Kückstand bestehen.
In beiden Fällen würde aber das Serum 10 pCt. und das Gesammtblut 20 pCt. Rück-
stand gegeben haben. — Dieser Einwurf behauptet also , dass innerhalb eines Serums
von gleicher Zusammensetzung Blutkörperchen des allerverschiedenartigsten Wasserge— -
haltes schwimmen können. — Dieser Einwurf ist aber nicht im Entfenitesten unwahr-
scheinlich, einmal, weil ein und dasselbe Blutkörperchen von seinem Auftreten in dem
Blut bis zu seinem Verschwinden wahrscheinlich mancherlei Umänderungen in seiner
Zusammensetzung erfährt und dann, weil selbst unter der Voraussetzung, dass alle
gleichzeitig vorhandenen Blutkörperchen mit einer wässrigen Flüssigkeit von derselben
Zusammensetzung durchtränkt wären, doch das Verhältniss dieser Flüssigkeit zu den
Fetten und der Hülle sehr veränderlich sein kann. Darum gilt auch die Ausflucht
nicht, welche man zur Festhaltung der Dumas-P r ev os t' sehen Berechnung benutzt
hat, die nämlich: dass wenn das Serum gleich zusammengesetzt wäi-e, so müsste auch
jedes Blutkörperchen gleiche Zusammensetzung tragen und demgemäss könnten , wenn
die Eückstandsprozente zweier Blutarten mit gleich zusammengesetztem Serum ver-
schieden ausfallen, die Unterschiede nur bedingt sein durch die ungleiche Zahl der
Blutkörperchen. Dies vorausgesetzt, geben die Analysen allerdings keinen Aufschluss
über die absolute Quantität dieser letztem, wohl aber über das Verhältniss derselben
zwischen den beiden Blutai'ten , und som^t sei die Berechnung auch von relativem
Werth. — Diese erst noch zu beweisende Annahme wird aber ganz willkührlich,
wenn wie gewöhnlich gar auch noch Blutarten verglichen werden , deren Serum von
ungleicher Znsammensetzung ist. In diesem Fall kann unbezweifelbar die Auslegung
auf verschiedene Weise geschehen, auf die nämlich, dass bei gleicher Zusammensetzung
die Zahl, oder bei gleicher Zahl die Zusammensetzung^ oder Zahl und Zusammen-
setzung der Scheiben in den beiden Blutarten abweiche.
Dem Vorschlag von Vierordt*) folgen wir, da er unausführbar ist, nicbt in
seinen vielfältigen Verwicklungen , sondern begnügen uns, die theoretische Grundlage
desselben an einem Beispiel klar zu machen; der Einfachheit wegen denken wir uns
statt des Serums reines Wasser und statt der Blutkörperchen eine mit Wasser gefüllte
Seifenblase in ihm schwimmend, von so zarter Constitution, dass sie ohne zu zerreissen
nicht aus dem umgebenden Wasser genommen werden könnte. Um zu bestimmen, wie
viel Wasser ausser - und innerhalb der Seifenblase gelegen wäre, hatte man nach Vier-
ordt 80 zu verfahren, dass man einen beliebigen Stoff in dem äussern Wasser auflöste,
der die Eigenthümlichkeit besässe, weder durch die Seifenhaut hindurch in das innere
Wasser zu dringen , noch auch durch diese Wasser an sich zu ziehen. Gäbe es einen
solchen Stoff, so würde dies Verfahren einfach zum Ziele führen; denn hätte man
z.B. 1 Gr. des Stoffs in die äussere Flüssigkeit geworfen und nähme man , nachdem
dieses Gramm gelöst und gleichmässig vertheilt wäre, einen gewissen Antheil, z. B.
20 Gr. aus der Flüssigkeit heraus und fände bei der Untersuchung derselben 0,25 Gr.
des Satzes darin, so müsste die ganze Menge der Flüssigkeit 79 Gr. betragen haben. —
Nttn ist aber sogleich ersichtlich, dass es aus bekannten Gründen der Diffusion einen
golchen Stoff nicht geben kann, vorausgesetzt, dass er nicht mit der umgebenden Flüs-
sigkeit gleich zusammengesetzt wäre. Ein solcher Ötoff müsste nämlich die Eigen-
•) Archiv fUr physlolog. Heilkunde. XI. 24 u. 547.
24
Blutanalyse.
Schaft haben , zu dem Wasser der Blase keine , zu dem der flüssigen Umgebung aber
Verwandtschaft zu zeigen.
Wem es anliegt eine voUkonimeno Einsicht in die Unzugänglichkeit der bis dahin
aufgozfthlten Methoden zu gewinnen, den verweisen wir auf die gediegene Diskussion
unseres Gegenstandes, welchen P. du Bois*) vom ganz allgemeinen Standimnkt an-
gestellt hat.
Parchappo**) und Zimmermann***) versuchen die Blutkörperchen einfach
durch Filtration, resp. durch Abtropfen des Blutserums von den Blutkügelchen zu sondern.
Natürlich wird Niemand glauben , dass das auf dem Leinwandfiltor liegende Blutkör-
perchen bis zur ehem. Reinheit von Serum befreit werde. Die Analyse kann also nur
in der Hoffnung unternommen sein, dass bei verschiedenen Blutarten immer ein relativ
gleicher Antheil von Serum an dem Kuchen zurückbleibe. Diese etwas unwahrschein-
liche Unterstellung kann nicht bewiesen werden.
"Wir fühlen uns ausserdem noch veranlasst zu bemerken, dass auf die Arbeiten
von Becquerel und Kodier keine Rücksicht genommen wurde. Den Grund dafür
findet man auf Seite 4 ihrer neuen Untersuchung, übersetzt von Eisenmann. Er-
langen 1847.
a) Zusammensetzung des Gesammtblutes. Nach F. Hoppef)
enthielt das Blut eines Pferdes in 100 Theilen:
Gesamratblut. Körperchen.
Plasma 67,38 Festen Rtickstand 43,50
Körperchen 32,62 Wasser . . . 56,50
Diese Zahlen betrachtet Hoppe selbst nur
als Annäherungen an die Wahrheit.
Plasma.
Faserstoff
Albumin
Fette
Extracte
lösl. Salze
unlösl. Salze 0,17
Wasser 90,84
Für das Menschenblut fanden Sc her er und Otto folgende
Zahlen.
1,01
7,76
0,12
0,40
0,64
Sc
her er:
Serum.
Gesammtblut.
, 91,04
78,31
. 7,41
Fibrin
0,23
. 0,59
In kochendem Wasser)
20,32
0,51
0,88
0,17
Lösliche \Salze . .
. 0,87
unlösliche Bestandtheile)
Lösliche Salze . . .
Fett
») Henle und Pfeuffors Zeitschrift. N. Folge IV. Bd.
••) Gazotto medlcalo 1856. p. 273.
*»•) Die Methode der Blutanalyse. Hamm 1866.
i-) V 1 rc h 0 w 8 Archiv XII. 485.
Blutanalyse.
25
Otto:
Serum. Gesammtblut.
I.
II.
I.
II.
Wasser . . .
90,36 —
91,64
80,57 —
80,34
Albumin . .
8,03-
6,77
Fibrin
0,15 —
0,21
Extracte . .
0,45 —
0/4
In kochendem Wasser)
17,83 —
18,01
Lösliche Salze
1,16-
0,95
unlösl. Bestandtheile)
Extracte ....
0,54 —
0,67
Lösliche Salze . .
0,78 —
0,80
Als Mittelzahlen der Wägungen von Scher er und Otto be-
rechnen sich:
Serum. Gesammtblut.
Wasser ...... 90,66 Wasser 79,06
Albimiin 7,76 Fibrin 0,20
Extracte . . . . . 0,51 In kochendem Wasser) -iq aa
Lösliche Salze . . . 0,94 unlösliche Theile S '
Extracte 0,48
Lösliche Salze .... 0,83
Diese Beobachtungen lassen erkennen, dass das Gesammtblut
in 100 l'heilen sehr viel mehr feste Bestandtheile enthält, als das
Serum, dass diese Vermehrung aber nicht gleichmässig für alle
Stoffe gilt, und dass namentlich das Blut relativ weniger lösliche
Salze und Extracte enthalte, als das Serum. — •
Bei der geringen Ausbeute, die diese Thatsachen für die Phy-
siologen liefern, übergehen wir die ähnlichen Arbeiten von Popp,
Andral u. s. w. u. s. w. — Eine Zusammenstellung der älteren
Beobachtungen findet sich in He nie 's rationeller Pathologie II. Bd.
und eine solche der neueren in den Jahresberichten von Scher er
für physiolog. Chemie.
b. Die Asche des Gesammtblutes hat Verdeil*) nach einer
nicht vollkommen tadelfreien Methode dargestellt und analysirt.
100 Theile Asche bestehen nach ihm aus:
I.
n.
I.
II:
KO
12,70
11,24
Fe.Og -8,06
8,68
Na
24,49
21,87
Gl 37,50
33,70
NaO
2,03
6,27
SO3 1,70
1,64
MgO
0,99
1,26
PhO^ 9,35
11,10
CaO
1,68
1,85
CO," 1,43
0,95
") Lieblgs Annalen. 69. Bd. 89.
26
Blutanalyse.
Die Asche 1. war aus dem Blute eines Mannes, die II. aus
dem eines Mädchens bereitet.
Verdeil hat, um die Asche darzustellen, das Blut bei nicht zu hoher Tempe-
ratur an der Luft verkohlt , die Kohle in der Muffel geglüht und den Eest derselben
endlich durch Zufügen von salpetersaurem Ammoniak verbrannt.
c. Die Gasarten des Gesammtblutes. Ausser den ziemlich
aphoristischen Angaben*) über den Gehalt und die Beziehung von
gasförmigem Sauerstoff, Kohlensäure und Stickstoff zu dem Plasma
und den Körperchen haben wii- noch sehr gründlichen Aufschluss
über das Verhalten dieser Gase zum Gesammtblut von M a gn u s **)
und Lothar Meyer***) erhalten. Ihre Angaben, gleichviel, ob
sie sich auf venöses oder arterielles Blut beziehen, sind hier zusam-
mengestellt.
Nach Magnus und Meyer konnte aus 100 Vol. arteriellen
Bluts durch Schütteln mit CO^ oder durch Kochen im luftleeren
Raum mit und ohne Zusatz von Weinsäure ausgetrieben werden
Beobachtungsthiere.
freies
Gas.
N.
o
o
cm
CD
o §
o
3 t!-
ganzes
Gas.
Beobachter.
Carotidenblut eines
alten Hundes
Carotidenblut eines
jungen Hundes
Defibrinirtes Kalbs- 5
blut
6
Arterielles Pferde- -
blut
20,88
25,50
28,24
17,04
12,43
14,29
(3,79)
18,42
11,55
(5,81)
10,5
bis 10,2
2,83
5,04
(2,94)
4,55
4,40
(4,12)
2,0 bis
3,3
5,62
6,17
5,28
1,09
28,61
28,58
20,97
18,12
34,23
34,75
(27,10)
26,25
19,21
(21,56)
49,49
54,08
(33,84)
49,21
35,16
(31,94)
L. Meyer
Magnus.
Die Gasvolumina sind auf 0" und 0,76 M. Druck berechnet,
bei 1, 2, 4, 5 wurde das Blut erst durch mechanische Mittel luft-
leer gemacht, und dann erst durch Weinsäure von seiner gebun
denen CO, befreit.
L. Meyer liess das Blut der Hunde aus der A. Carotis direkt in das 10 bis
20 fache Volum luftfreien Wassers fliessen, setzte über die Mischung von Wasser einen
luftleeren llaum. und erwännte das Blut gelind, aber bis zum Kochen f) so lange, als
bis aus ihm reiner Wasserdamijf emporstieg, also bis alle Gase aus ihm verdrängt
*) J. Müller, Lehrbuch dor Physiologie. IV. Aufl. I. 'MS.
*») Po Egendorf, Annalcn. 40. Bd. p. 588. und 66. Bd. p. 177.
•»») Ilenle's und Pfeuffor's Zeitschrift. N.F.
f) Was bei dem geringen Druck in einer Temperatur unter dorn Coaguliitionigrad de» Eiwelssos
geschehen kann.
Gasarten des Bluts.
27
sind; darauf setzte er mit besondern Vorsichtsmassregeln einige grosse Krystallo von
Weinsäure au dem Blut, legte ein neues luftleeres Gefäss vor, und kochte von Neuem.
Die erhaltenen Gase werden nach der Methode von Bunsen analysirt. Die genauere
Darstellung des Verfahrens ist in der Abhandlung von L. Moyer nachzusehen.
Von den Blutgasen ist der Stickstoff wahrscheinlich nur absor-
birt, von der CO, und dem 0 ist dagegen ein Theil absorbirt und
ein anderer chemisch gebunden, und zwar ist von der durch Kochen
abscheidbaren Kohlensäure der kleinste Theil gebunden, der grössere
diftundirt, während es sich umgekehrt mit dem Sauerstoffgas ver-
hält. Den Beweis dafür liefern Absorptionsversuche mit unver--
mischtem gasfrei gemachtem Blut ; die von denselben aufgenommenen
Sauerstoff - und Kohlensäuremengen wachsen nämlich mit dem
Druck, unter dem die Aufnahme vor sieh geht, aber nicht in dem
Maass, in welchem der Druck ansteigt, was dem Dalton-Bun-
sen' sehen Gesetz gemäss geschehen müsste, wenn die Gase nur
als solche im Blut aufgelöst wären. Bei Absorptionsversuchen unter
variablem Druck steigt aber die aufgenommene CO^ rascher an,
als der Sauerstoff, woraus sich auf das angegebene Verhalten
schliessen lässt (Magnus). L. Meyer hat in einer eignen Ver-
suchsreihe den Antheil der gebundenen und freien Gase be-
stimmt.
Machen wir die Unterstellung, dass von der in der gesanimten, in der Volura-
einheit Blut aufgenommenen Gasmenge (A) ein Theil durch chemische Verwandtschaft
gebunden werde, dass ein anderer dagegen diffundirt sei, so wird die Menge des ersten
Antheils x, weil sie nur von der chemischen Verwandtschaft bedingt ist, unabhängig
von dem Luftdruck sein , unter welchem das Gas absorbirt wurde ; die Menge der
zweiten wird aber mit dem Druck wachsen ; wäre also y der Absorptionscoeffizient
des Bluts für das zu betrachtende Gas, so wih'de die absorbirto Menge yP sein, wenn
P den Absorptionsdruck darstellt. Demnach wäre also A = x-j-yP. Führt man bei
verändertem Druck mehrere Absorptionsversuche aus, so wird man so viel verschiedene
Gleichungen erhalten, als man Beobachtungen anstellt, und daraus x und y mit grosser
Genauigkeit berechnen können. Dieses ist von L. Meyer für COj und 0 geschehen.
Verhalten der CO, zum Blut. Die Volumeinheit frischen, unver-
mischten, von seinen Gasen befreiten Kalbs - oder Rindsblutes nahm
in einer Atmosphäre von reiner CO, bei einer Temperatur von
11" bis 120 C. und 0,76 M. Druck = 1,783 Vol. CO, auf; hiervdn
waren einfach diffundirt 1,151 Vol. nud gebunden 0,630 Vol. —
Merkwürdiger Weise ist der Absorptionscoeffizient des Blutes für
CO, (1,151) bei 12o ganz derselbe, welchem Bunsen für reines
Wasser bei dieser Temperatur gefunden. Es würde nun interessant
sein zu wissen, wie sich dieser Coeffizient mit der Temperatur
ändert. Diese Frage hat Meyer nicht direkt erledigt.
28
ßasarton des Blutn.
Wenn das aus der Ader genommene Blut vollkommen mit CO,
gesättigt wird, so kann der chemisch gebundene Antheil der
aufgenommenen CO, nicht allein zur Umwandlung des etwa vor-
handenen einfach kohlensauren Natrons in doppelt kohlensaures ver-
wendet worden sein. Wahrscheinlich hat sich ein Theil mit dem 2 NaO
PhOg vereinigt, welches bekanntlich CO, chemisch verbinden kann.
Den vorstehenden Satz beweist L. Meyer folgendermassen. Nachdem er Blut
in luftleerem Raum von Gase befreit hatte, thoiltc er dasselbe in zwei Portionen. Aus
der ersten trieb er durch Weinsäure die ehemisch gebundene COs aus; dieselbe betrug
auf 1 Vol. Blut = 0,338 Vol. — Die zweite Portion sättigte er in einer reinen COi-
Atmosphäre mit diesem Gas und bestimiute dann mittelst des auf der vorigen Seite
geschilderten Verfahrens, wieviel von dieser CO« chemisch gebunden war; er fand dabei,
dass noch 0,630 Yol. COj mit Blut sich verbunden hatte. Wäre nun alle vor der Ab-
sori)tion chemisch gebunden vorhandene COj mit dem Natron zu einfach kohlensaurem
Salz vereinigt gewesen, so hätte das Blut nur noch einmal 0,338 Vol. COj binden
können ; da dasselbe aber in der That viel mehr in chemischen Verband überführte, so
folgt daraus die Richtigkeit der obigen Schlussfolge.
So eben Avurde vorausgesetzt, dass die gebundene CO , im lebenden
Blut als NaO CO^ vorkomme; dieses lässt sich nicht beweisen, wohl
aber lässt sich wider alles Erwarten darthun, dass kein Na02C0j
vorkommt. Wir sagen wider alles Erwarten, weil L. Meyer gezeigt
hat, dass eine Lösung von Soda aus einer Atmosphäre, welche mehr
als 1 pCt. COj enthält, so lange dieses Gas anzieht, bis die ganze
Sodamenge der Lösung in doppelt kohlensaures Salz verwandelt
ist. Nun enthält aber die Lungenluft immer mehr als 1 pCt. des
genannten Gases, also hätte man allerdings das Na02C0s im Blut
emarten sollen. Seine Abwesenheit in demselben geht aber daraus
hervor, dass das für sich gekochte frische Blut, nachdem es einmal
rasch die vorhin erwähnte CO , -Menge abgegeben, selbst während
darauf folgenden Sstündigen Kochens keine CO» mehr fahren lässt.
Diese Thatsache ist aber darum mit der Anwesenheit des NaO 200,
unvereinbar, weil dieses Salz ein Atom CO» der Art gebunden hält,
dass es zwar durch Kochen von ihm getrennt werden kann, aber
nicht durch ein vorübergehendes Aufwallen, sondern erst durch ein
längeres Kochen abzuspalten ist.
Verhalten gegen Sauerstoffgas. 1 Volum defibrinirtes gasfreies
Kalbsblut nahm aus reinem Sauerstoff bei 21,50C. = 0,092 bis 0,095
Vol. dieses Gases auf, wenn der Druck des Gases auch zwischen
0,835 und 0,587 M. schwankt. Die aufgenommene Menge war also
innerhalb der Fehlergrenzen unabhängig vom Druck. Wenn L.Meyer
dennoch aussagt, dass neben dem gebundenen auch noch absor-
birtes Sauerstoffgas im Blute vorhanden sei, so geschieht dieses
Spezifisches Gewicht u. Wärme des Blutes.
29
einmal darmn, weil das Wasser des Blutes einen Absorbenten dar-
stellt, und dann auch -weil das mit Wasser verdünnte Blut in der
That Sauerstoff absorbirt, obwohl es daneben noch immer die Menge
von Sauerstoff bindet, die der mit Wasser vermischte Blutantheil
fllr sich allein verschlingen würde. Wie der Sauerstöff im Blute
gebunden ist, bleibt unbekannt, man kann sich ebensowohl denken,
dass er auf den Oberflächen der Blutkörperchen verdichtet ist, als
dass er irgendwie anders aufgehoben wird, etwa wie das Chlor
im Wasser, welches nach Roscoe darin ebenfalls theilweise
gebunden und theilweise diäundirt ist, , — Sehr auffallend ist es,
dass ein Zusatz von Weinsäure zum Blut den sonst so locker
gebundenen Sauerstoff' soweit befestigt, dass er nun zum grössten
Theil durch Kochen nicht mehr auszutreiben ist. Siehe die Tafel
Seite (26) Beobachtung 3 und 6, in welchen die unter der Rubrik 0
eingeklammerten Zahlen diejenigen 0-Volumina bedeuten, welche
nach Zusatz von Weinsäure ausgetrieben werden konnten. Hierbei
entsteht aber, wie sich L. Meyer überzeugte, keine COj.
Der Absorptionscoeffizient des Stickgases, der am wenigsten
genau bestimmbar, beträgt nach L. Meyer etwa 0,02 Vol. für die
Volumeinheit Blut.
lieber den Unterschied im Gasgehalt des venösen und arteriellen Blutes versuchte
sich Magnus zu unterrichten durch Analyse eines nur geringen Antheils der ganzen
Blutluft. Zu dem Ende fing er Blut über Quecksilber auf, defibrinirte es dort, schraubte
eine luftleere Flasche über das Blut und analysirte den in diese Flasche gedrungenen
Gasantheil. Indem er vermuthete, dass die Luft in diesem Vacuum ungefähr die-
selbe prozentische Zusammensetzung habe, wie die des Bluts, konnte er hoffen, den
Unterschied in der prozentischen Zusammensetzung der Venen - und Arteriengase zu
finden. Diese Annahme hat sich aber nicht bestätigt ; nichts destoweniger dürfte sich die
Mittheilung der voti Magnus gefundenen Zahlen rechtfertigen, weil sie zeigen, dass
< die COi weniger fest als der Sauerstoff am Blute hafte. — Die Luftblase aus venösem
Blut des Kalbes enthielt in 100 Theilen = 76,7 COj; 13,6 0 und 9,7 N. — aus
' arteriellem Blute 72,1 COj; 18,8 0; 9,1 N.
Das spezifische Gewicht des Bluts giebt man imMittel zu
^ 1055 (das des Wassers = 1000) an. — Die Bestimmung dieser Eigen-
• Schaft ist bei einem so complizirten Gemenge wie das Blut im Allge-
meinen von untergeordnetem Werth, da bei gleichem spez. Gewicht
eine bedeutende Variation in der chemischen Zusammensetzung
eintreten kann, je nachdem sich spez. leichte und spez. schwere
Bestandtheile mit einander ausgleichen ; demnach kann ein Ab- oder
Zunehmen des Eigengewichtes zahlreiche Auslegungen erfahren.
Der Wärraegrad des Blutes in den Hautvenen schwankt um
Unehre Grade- der hunderttheiligen Scala; der Abschnitt von der
30
Vorgleichuiig der Blutarten.
thicrischeii Wilrmc wird darauf eingehen, der auch die Wärme der
andern Blutarten behandelt. — Die Wämiekapazität des Blutes ist
von J. Davy*) nach der Miscliungs- und Abkühlung-sniethode be-
stimmt worden und nach der ersteren zu 0,83 und nach der zweiten
zu 0,93 gefunden. Die Versuche scheinen aber kaum mit der
nöthigen Vorsicht ausgeführt zu sein.
Die cliemischen Pathologen bescliäftigen sich vielfach noch mit einigen Erschei-
nungen, z. B. wie fest und wie rasch der Blutkuchen geronnen sei, auf welclies Volum
er sich zusammenzieht, wie rasch die Blutkörperclien sinken u. s. w. Unzweifelhaft
deuten diese Erscheinungen auf besondere Zustände des Bluts; aber es gewähren
uns die bis dahin gewonnenen Erfahrungen keine Einsicht in das Innere des Blutes.
Henle**) und Lehmann***) sind hierüber nachzusehen.
Vergleicbung anderer Blutarten.
Um festzustellen, ob die Abweichungen, welche das Blut von
dem so eben geschilderten, je nach den verschiedenen Gefässen,
Altersstufen, Geschlechtern u. s. w. bietet, in Wahrheit abhängig sind
von dem Fundort und den andern so eben berührten Verhältnissen,
niUssten begreiflich entweder alle übrigen Bedingungen, die auf
die Blutzusammensetzuug Einfluss üben, gleich gemacht werden,
oder es niüsste das Mittel so zahlreicher Analysen verglichen werden,
dass man mit Wahrscheinlichkeit die Annahme machen könnte, es
sei die jeder Blutart unwesentliche Eigenthümlichkeit durch gegen-
seitige Compensation eliminirt worden. Diese Forderungen sind
nicht überall erfüllt und es bleibt schon aus diesem Grunde in den
folgenden Mittheilungen manches Schwankende. Noch mehr aber
aus einem andern. Das Blut ist ein Gemenge aus aufgeschwemmten
und flüssigen Theilen die nicht alle in ein und demselben Behälter
sorgfältig gemischt werden können, bevor die Probe zur Analyse
herausgenommen wird. Also liegt von vorneherein der Verdacht
nahe, dass sich die Mischung von Plasma und Scheiben in ein und
demselben Gefäss in sehr kurz aufeinander folgenden Zeiten merk-
lich geändert hat. Bedenkt mau dazu, dass sich in dem Strom
des Blutes der Flüssigkeit ganz andi-e Widerstände entgegensetzen
als den Körperchen, so muss sogar die so eben gemachte Unter-
stellung eintreten, und es muss sich oft genug ereignen, dass das
aus einer beliebigen Arterie ausgegangene und dort gleichmässig
gemengte Blutvolum in den Venen ungleichgemischt anlange, indem
je nach der Geschwindigkeit des Stroms, aus dem das Blut ge-
*) Sc hw e i gg er's Journal für Clioiuie und Phys. XV. 462.
Rationolle Pathologie II. 15.
•»•) Physlolog. Chem. II. U7.
Arterienblut.
31
uoramen, dieses bald reicher und bald ärmer au Blutkörpercbeu,
also in der Veue uud Arterie constant verschieden sein muss ; daraus
folgt, dass die zu denselben Zeiten an verschiedenen Orten oder zu
verschiedenen Zeiten an demselben Ort aufgefangenen ßlutmengen
sehr verschieden an Zusammensetzung sind, ohne dass irgend welche
chemische Alteration mit dem Plasma oder den Scheiben und Lymph-
körperchen vorgegangen ist. Da nun aber die zur Vergleichung
benutzten Analysen des Gesammtblutes die Scheiben und Plasma
nicht gesondert zerlegt haben, so ist aus der ungleichen procentischen
Zusammensetzung des Bluts nicht zu entscheiden, ob ein Unterschied
an Faserstotf, Salzen, Fetten, Wasser auf Kosten der veränderten
chemischen Constitution eines oder beider Mischtheile oder auf ein
anderes Verhältniss zwischen den Gemengtheilen zu schieben sei.
Die Erfahrung, dass verschiedene Portionen an ein und demselben
Ort unmittelbar hintereinander gelassenen Bluts ungleich zusammen-
gesetzt sind, giebt von Seiten der Erfahrung den vorgebrachten
Bedenken Gewicht.
Der den vergleichenden Blutanalysen gemachte Einwand gilt
aber nicht mehr den vergleichenden Zerlegungen des Serums; hier
lassen sich die etwa vorgefundenen Unterschiede nur auf eine
Aenderung der chemischen Constitution beziehen. Dieser Aufschlusg
ist mchtig, aber er lässt sich, wenn nicht noch andere Hilfsmittel
aufklärend eintreten, nicht benutzen, um die Ursache der Ver-
änderung aufzufinden; denn so lange die Menge und die Zusammen-
setzung der Blutkörperchen unbekannt bleibt, kann man jene che-
mische Umfoi-mung ableiten aus dem Eintritt oder Austritt von
Fltissigkeit oder aus dem Gefäss oder aber aus einer veränderten
Zusammensetzung der Körperchen.
A rterienblut.
Das in den Ai-terien enthaltene Blut des Menschen kann nur
selten gewonnen werden; alle ausführlichen Untersuchungen sind
darum am Thiere unternommen worden. Die Vergleichungen be-
ziehen sich auf dieselbe Spezies und womöglich dasselbe oder die-
selben Individuen.
Das Blut der Arterien*) ist in 100 Theilen reicher an Fibrin
als das Blut der Vena jugularis (Pferd) und Vena renalis (Hund)
•)Nagsc, Arlikel Blut, Wagners Handwörterbuch. I. Bil. Iü8. — Lehmann, physlolog.
Chemie. II. Bd. 228. — Pharmazeutisches Centraiblatt 185«. p. 43a. — Wiss, Virchow, Archiv.
I. Bd. 256. — Funke, Henles und Pfeuffers Zeltschrift, Neue Folge I. Bd. 172. — Cle-
■ ment compt. rend. XXI. 289.
32
Artorienblut.
ärmer dagegen als das Blut der Yen. abdominal, externa, digitalis
und cephalica (Pferd). Das venöse Fibrin ist durch seine Löslich-
keit in Salpeterlösung vor dem arteriellen ausgezeichnet. Die arte-
rielle Blutflüssigkeit enthält etwas mehr Wasser, Extracte und Salze
als die venöse, an Albumin ist es bald weniger und bald ebenso reich.
Diese Angaben stützen sich vorzugsweise auf die Untersuchungen von Nasse,
von Lehmann, (das Blut der Verzweigung der A. carotis und der Vonae jugularis,
cephalica, digitalis, abdominalis externa des Pferdes) und von Wiss (das Blut der
A. carotis und Vena renalis vom Hunde). — Die Unterschiede in den einzelnen Be-
standtheilen sind wie folgend gefunden worden: 100 Theile des Blutes der Arterien
vom Pferde enthalten im Mittel 0,57 pCt., aus der Drosselvene aber 0,49 pCt. Paser-
stoff (Lehmann), das Blut der Venae abdominalis, cephalica und basilica enthielt
im Mittel 0,53 pCt., das der Art. carotis derselben Thiere im Mittel nur 0,35 pCt.;
100 Theile des Bluts vom Hunde, (Carotiden) , enthalten 0,20 bis 0,22 pCt. und das
der Nierenvene 0,16 Paserstoff (W i s s). Dasselbe bestätigt Nasse aus Untersuchungen
am Menschen. — 100 Theile Serum vom Pferdeblut gaben Eiweiss aus der Arterie
9,22 pCt., aus der Vene 11,42 pCt. (Lehmann); in neuern Beobachtungen findet
derselbe Blutanalytiker im »Serum aus den Venae jugularis, abdominalis, digitalis und
cephalica im Mittel 7,02 pCt. , in den Carotiden der entsprechenden Thiere im Mittel
7,01 pCt. Die Extrakte fi.nden sich im Mittel im Serum der Venae jugularis, cepha-
lica, digitalis und abdominalis 0,71 pCt. , im arteriellen aber 0,91 (Lehmann). —
Salze gab das Serum der genannten Venen 0,83, das der Arterien 0,86, Fette, das
erstcrc 0,26, das letztere 0,39 pCt. (Lehmann). — Derselbe Chemiker fand früher
'im Serum der jugularis 86,82, in dem der Art. teniporalis 89,33 pCt. Wasser; nimmt
man das Qeneralmittel aus seinen neuern Versuchen so stellt es sich für das Serum
aller oben aufgezählten Versuche zu 91,428, in dem der Arterien zu 91,205. Es un-
terscheidet sich also nur der Gehalt um wenige Zehntheile eines Prozentes. Werden
nach Lehmann die Verhältnisse verglichen, in welchen Albumin, Salze und Extracte:
Sei-um der Venen (jugularis, abdom. externa, cephalica, digitalis) und Arterien vor-
kommen, so ergeben sie in 100 Theilen trocknen Rückstands der
Arterien Venen Der Eiweissgehalt hat sich nach dem Durchgang
Album. 78,47 . . . 82,11 durch die Capillaren relativ erhöht, der Salz-
Salze 9,94 . . . 9,39 gehalt um ein Geringes, die Extracte um ein
Extr. 11,73 . . . 8,89 Bedeutendes vermehrt. Da auf dem bezeichneten
Wege schwerlich Eiweiss in das Serum gekommen ist, so würde diese Zusammenstel-
lung auf einen absoluten Verlust an Extracten hindeuten. Natürlich lässt es diese Zu-
sammenstellung ungewiss, ob nicht auch Eiweiss und Salze aus dem Serum getreten sind.
Das Resultat, welches aus dem Gesammtmittel aller Beobachtungen gezogen ist,
stimmt übrigens nicht durchweg mit dem Ergebniss der Eüizclbeobachtuugen , in dem
unter ihnen auch Pälle erscheinen, in welchen die Eiweissprozentc des festen llück-
standes aus dem Veuenserum niedriger, und die Extractprozente höher sind als im
Serum der entsprechenden Arterie.
Die Behauptung, dass die arteriellen und venösen Blutkörper-
chen sich rücksichtlich ihrer Zusammensetzung von einander unter-
scheiden, ist nicht erwiesen, da noch niemals ein reines Blutkör-
perchen untersucht werden konnte.
Milzaderblut.
33
Angaben Uber die vergleichende Zusammensetzung des Ge-
samratblutes giebt Lehmann; wegen des zweifelhaften Werthes
solcher Bestimmungen müssen wir den Leser auf die Abhandlung
selbst verweisen.
Beispielsweise erwähnen wir, dass der feste Eückstand des Gesammtblutes der Vena
abdoni. externa im Mittel um 3,C pCt., der digitalis u. cephal. im Mittel um 7,0 pCt. '
geringer war als der der A. carotis ; die festen Stoffe des Blutes der Vena jugularis
waren einmal ura 6,0 pCt. niedriger, und ein andermal um 1,4 pCt. höher als in dem
Carotidenblut
Die arteriellen Blutkörperchen sind im Gegensatz zu den venösen
hellroth und entbehren des Dichroismus. Diese Veränderung ihrer
Farbe verdanken sie dem vermehrten Gehalt an Sauerstoff und dem
veiminderten an COj , da man das Blut eben so wohl durch Zusatz
von COa als durch Auspumpen des Sauerstoffs dunkel und dich-
roitisch machen kann. — Wie im ungemischten Blut verhält sich
auch das Roth eines stark mit Wasser versetzten Blutes. Bruch*).
Die Volumeinheit des aus der Ven. jugularis genommenen Blutes
giebt mit Wasser vermischt eine tiefere rothe Farbe als die Volum-
einheit des Carotiden- Blutes mit derselben Wassermenge. Dieser
Unterschied besteht auch dann noch, wenn das venöse Blut durch
Schütteln vorher hellroth gemacht wurde. H e i d e n h a i n **) schliesst
daraus auf einen grossen Gehalt des venösen Bluts an Haematin,
respective an Blutkörperchen.
Picard fand im arteriellen Blut des Pferdes = 0,029 pCt.
Harnstoff, im venösen desselben Thieres 0,035 pCt.
Blut der Milzader***).
Die zahlreichen Untersuchungen über diese Blutgattung sind
^an dem Inhalt der Milzgef ässe eben getödteter Thiere, insbesondere
der Pferde angestellt.
Die rothen Scheiben des Milzvenenblutes sind kleiner als die
Mes Milzarterienblutes (Funke), oft nicht mehr rund sondern zackig
und oft sehr hellroth bis zum Verschwinden aller Färbung (Gray).
Ihr Inhalt krystallisirt vorzugsweise leicht. An farblosen, kugeligen
[ Elementen (Lymphkörperchen, Körachenzellen) ist das Milzvenen-
blut sehr reich, namentlich im Verhältniss zu den rothen Zellen.
Hirt zählt im Milzarterienblut auf 1 farbloses 2179 gefärbte,
'in den Milzvenen aber auf 1 der erstem iiur 70 der letztern. In
•) Zeitschrift für wissciiscliaftllcho Zoologie. IV. 878.
••) DIsqiiisitlones critlcae u. s. w. Ilallo 1857. '
•■*) Funke, Henle's und PfeulTcrs Zeltschrift. N. F. I. 172. — Beolard, Annales do chlm. et
>hyg. 3. Bör. XXI. 606. — H. G r a y , on the strncturo and use of thc splcon ; Londonl864. p 13» sq. -
lirt, Müllers Archiv 1850. - Vlorordt, Ileiilo's Jahresbericht für 18M p. 4.').
Ludwig, Pliysiologle II, 3
34
Milzadnrblut.
dem ans der Milz gedrückten Blut eines Hingerichteten fand V i e r-
ordt gar nur auf 4,9 gefärbte 1 farbloses. — Weiter weist das
Mikroskop hier auch dunkelroth bis schwarz gefärbte Pigmentkör-
perchen nach, die frei und dann entweder einzeln oder zu KlUmpchen
geballt oder auch in Zellen eingeschlossen vorkommen. Auch er-
scheinen Epithelialzellen (Faserstoffschollen) in dem Milzvenenblute.
Das Serum des Milzvenenblutes unterscheidet sich in seiner
Zusammensetzung den nachstehenden Zahlen gemäss wenig oder
gar nicht vou den andern Blutarten. Die Beobachtungsthiere sind
Pferde:
Arterien.
Wasser.
Eiweiss.
Extracte.
Fette.
Salze.
Beobachter.
Arterialienalis
91,3
6,7
1, 0
0,8
1 Funke.
Vena lienalis
91,4
6,1
1, 3
1,0
Aorta
90,5
8,3
1,0 '
0,03
0,8
Vena jugularis
90,9
7,7
1,2
0,05
0,7
1 Gray.
Vena lienalis
90,7
7,9
1,1
0,10
0,7
Den einzigen ([ualitativen Unterschied begründet Gray durch
die tiefrothbraune Färbung des eingedampften Serumrückstandes.
Sehr auifallend weicht dagegen das Gesammtblut von dem
anderer Gefässe ab. Zuerst durch einen höheren Faserstoffgehalt
(F unke, Gray); denn während er in dem Aorten- und Milzarterien-
blut »wischen 0,17 bis 0,49, in der Vena jugularis zwischen 0,23 bis
0,62 schwankte, bewegte er sich im Blut der Milzvenen zwischen
0,28 bis 1,15 pCt. In ähnlicher Weise wie der Gehalt des Faser-
stoffs zeigte sich auch der des Wassers höher (Beclard, Gray).
Denn während er im Aortenblut zwischen 71,9 bis 83,0 pCt. lag,
steigt er in der Vena splenica auf 88,0 pCt. Als Mittel aus zahl-
reichen Bestimmungen giebt Gray folgende:
Aorta. V. jugidar. V. splenica.
0,22
0,41
0,65
In kochendem Wasser unlöslich
19,9
19,8
15,1
Fette und Extracte
1,0
1,1
1,0
78,9
79,3
83,0
Die einfachste Erklärung, welche dieser Thatsache zu Grund
gelegt werden kann, namentlich unter Berücksichtigung d(?r gleich
zeitigen Vermehrung d'es Wassers und des dem Plasma augehöri
gen Faserstoffs ist die, dass in Folge des im Sterbeakt veränderte
Blutsti-oms die rothen Blutkörperchen in der Milz zurückgehalte
werden, während das Plasma und die farblosen Körperchen noc
Pfortaderblut.
35
anstreten konnten. Andere ErkUirangsweisen dieser jedenfalls be-
aclitenswerthen Thatsachen sind bei der Milz emähnt.
Eine bestimmte Beziehung zwischen der Zeit, in welcher die Nahrung aufgenom-
men wurde, und der Zusammensetzung des Bluts ist von Gray nicht aufgefunden worden.
Wenn man bis dahin im Extrakt keinen Zucker, Harnstofi', noch Harn- und Gallcn-
säure fand, so wird dieses zum Theil wenigstens mit "Wahrscheinlichkeit daher rühren,
dass die zur Prüfung angewendeten Bliitmengen zu gering waren. Das Beobachtungs -
ergebniss zeigt aber wenigstens, dass jene Stoffe nicht in sehr reichlichem Maasse ver-
treten sind.
Blut der Pfort- und Leberader*).
An Faserstoff enthält nach Lehmann das Pfortaderblut der
Pferde 0,42 bis 0,59 pCt. , das der Hunde 0,45 pCt., während
das der Lebervene beider Thierspezies ganz frei davon sein soll. —
Das Serum beider Blutarten verglichen, ergab für das Pferd:
Pferd 5 Stunden nach der
Fütterung getödtet.
Pferd 10 Stunden nach der
Fütterung getödtet.
Pfortader.
Leberader.
Pfortader.
Leberader.
Salze
Extracte und Fette
Die Zusammen!
des war:
Fett
Extracte u. lösl. Salze
Für den Hund
92,26
6,20
0,78
■ 0,76
äetzung von
3,61
14,50
81,96
89,30
7,47
0,70
2,53
100 Theilei
2,68
25,95
71,37
92,17
6,01
0,83
0,98
1 festen Ser
3,76
13,50
82,73
89,42
7,70
0,88
2,00
umrückstan-
2,50
22,33
75,12
In 100 Theilen Serum.
In 100 Theil. Serumrückstand.
Pfortader.
Leberader.
Pfortader.
Leberader.
Extracte und Fette .
Die Extracte d
89,86
8,29
0,97
0,92
er Pfortader
^7,48
8,83
0,87
3,17
enthalten ,
81,21
9,51
9,28
wie Cl. Be
70,52
6,90
23,54
rnard ent-
> während die der Leberader sehr reich daran sind. So fand Leh-
mann in 100 Theilen trockenen Rückstandes vom Pfortaderblut
der Pferde höchstens 0,01 bis 0,05 pCt. Zucker, wälnend die gleiche
•) Lehmann, Leipziger BcrlclUe ; niallienint. pliysik. Kinase. III.
Iilatt 185C. 433.
I.'ll.
Plinnimzeut. Central-
36
Düiindarmadorblut.
Menge trockenen Rückstandes der Leberader 0,63 bis 0,89 pCt.
gaben. Bei Hunden fand er nach 48 stündigem Hungera im Leber-
venen-Blut 0,7 pCt., nach 2tägiger Fleischfüttening 0,8 pCt. und
nach 2tägiger Kartotfelkost 0,8 pCt. Zucker. In allen Fällen ent-
hielt die Pfortader nichts oder nur Spuren von diesem Stoffe.
Dieser Punkt findet noch einmal eine ausführlichere Berücksich-
tigung bei der Leber,
Die farbigen Zellen des Lebervenenblutes sind kleiner und
mehr kugelig, als die der Pfortader; sie werden vom Wasser weniger
leicht ausgedehnt. Neben diesen veränderten farbigen kommen im
Leberaderblut sehr viele farblose Zellen vor. Nach Hirt kommen
auf ein farbloses Körperchen in der Pfortader 524 farbige, in der
Leberader aber 136.
Das Gesammtblut der Thiere, von denen die Serumanalyse
mitgetheilt wurde, enthielt in 100 Theilen:
L n.
Pfortader. Leberader. Pfortader. Leberader.
Pferd. Wasser 76,92 68,64 86,23 74,31
Hund. „ 79,24 71,55 13,76 25,69
Der Eisengehalt in 100 Theilen Rückstand des Gesammtbluts
schwankte bei Pferden in der Pfortader zwischen 0,213 bisO,164pCt.,
in der Leberader zwischen 0,140 und 0,112. Der Fettgehalt des-
' selben Rückstandes betrug im Mittel aus der Pfortader 3,4 pCt.,
aus der Leberader 2,1 pCt. Beim Hunde in der Pfortader 5,0 in
der Leberader 3,0 pCt.
Das Blut aus der Pfortader wurde schon öfter aus dem Blutstrora, meist aber dem
eben getödteten Thier genommen; das der Leberader wurde immer dem todten Thier
entzogen, in welchem also die diffusive Ausgleichung zwischen den Flüssigkeiten der
Leber und des Blutes weiter als im Leben vorgeschritten sein dürfte. — Namentlich
beziehen sich die angegebenen Untersuchungen von Lehmann auf das Blut getödteter
Thiere. — Um die Vermischung der Blutarten in den Gefässen während des Auffangens
zu hindern, muss man nach C'l. Beriiard, vor dem Auslassen des Pfortaderblutes
erst ihre in die Leber gehenden Zweige, und vor dem Entleeren der Leberader die
Vena cava ober- und unterhalb der Vena hepatica unterbinden. Rein wird dann das
Lebervenenblut immer noch nicht sein. —
Blut der Dtinndarmader*).
Vergleichende Bestimmungen des Hundebluts aus der Vena
jugularis und mesaraica gaben (Wiss):
») Virchow's Arcliiv. I. 250.
Niercnaderblut — Veränderung der Blutzusaramenseteung mit der Nahrung. 37
Serum.
Gesammtblut.
Darmader.
Halsader.
Darmader.
Halsader.
91,65
92,23
78,71
78,79
Eückstand ....
8,35
7,77
21,28
21,20
Blut der Nierenader.
Der Wasser- und Faserstoffgehalt des Blutes der Nierenader
(beim Hunde), verglichen mit dem der Carotis und der Nierenarterie
gaben (Wiss):
Gesammtblut.
Serum.
Carotis.
Nierenader.
Carotis.
Nierenader.
91,38
91,17
79,15
78,43
Feste Bestandtheile. .
8,62
8,83
20,08
21,57
Faserstoff ....
0,25
0,16
Nierenarterie.
Nierenader.
Nierenarterie.
Nierenader.
92,68 ^
92,25
77,97
78,45
Feste Bestandtheile .
7,34
7,75
22,02
21,54
Faserstoff ....
0,15
0,15
Picard traf beim Hunde in der Nierenarterie 0,036 und 0,040,
in der Nierenvene 0,018 und 0,02 Harnstoff.
Blut der untern Hohlvene.
Nach Lehmann enthalten 100 Theile Serum vom Pferde:
1 Wasser.
Albumin.
Salze.
Extracte.
Der Hohlvene . .
{ 90,56
7,42
0,82
Ijl6
Der Arterie . . .
1 90,51
T,17
0,84
1,13
Das Verhalten des Gesammtblutes dieser Vene belegt Lehmann am citirten Orte
ebenfalls mit Zahlen.
Die Veränderung der Blutzusammensetzung mit
der Nahrung**).
Bei den Worten Vermehrung und Verminderung ist fortlaufend
ider procentische Werth zu suppliren.
Der F a s e r s 1 0 f f g eh a 1 1 des Hundeblutes nimmt nach Fleisch-
genuss in den ersten sieben Stunden eher ab als zu (Andral,
^Nasse). Nach anhaltender Fleischnahrung wird der Faserstoff
beträchtlich vermehrt (Lehmann, Nasse), rein vegetabilische
•)Niissc, üebcr den Elnfluss der Nntirnngsiiiittül auf tlns Blut. 1880. Pogglnlo, compt.
renil. XXV. IIU. Vardeil, Lieblgg Annaion. C9. Bd. p. 89, — Thomson, London medical.
Ciazetto WT).
38 Verändüruug der Blutzusamnicnsetzun^ mit der Nahrung.
vermindert ihn (Lehmann). Hungern soll nach Andral ihn ver-
mehren, nach Nasse vermindern; der letztere Autor leitet den
Widerspruch zwischen diesen Beobachtungen aus den häufigen
(Faserstoffvermehrung bewirkenden) Aderlässen her, welche Andral
an seinen Thieren behufs der Untersuchung ausführte.
Der Serumrückstand (Eiweiss, Salze und Fett) nimmt einige
Zeit nach der Anfüllung des Magens mit verdaulichen Stoffen zu.
Nach anhaltender vegetabilischer Nahrung und besonders nach
Zucker ist er höher, als nach ausschliesslicher Fleischnahrung;
durch Hunger vermindert (Nasse).
Nach Fleischnahrung enthält das Serum den aus dem ver-
dünnten Blut durch Essigsäure fällbaren Eiweisstoff in grösserer
Menge (Nasse).
Der Fettgehalt des Serums steigert sich vorzugsweise nach
dem Genuss von Schweinefett, Knochenmark und Butter; weniger
nach Oel, Seife, Talg. — Schliesst man aus der Trübung des
Serums durch Fettpartikelchen (Serum -Rahm) auf vennehrten
Fettgehalt, so beginnt die Vermehrung des Fettes eine halbe Stunde
nach der fettreichen Mahlzeit; nach 12 Stunden ist das Ansehen
des Serums meder zu seiner normalen Beschaffenheit zurückge-
kehrt. Zusatz von Mineralsäuren und kohlensaurem Natron ver-
spätet, von phosphorsaurem Natron beschleunigt den Eintritt der
Seramtrtibung nach fettreicher Nahrung. — Das klare Serum kann
aber auch fettreich sein; das Fett des trüben ist flüssiger und ver-
seifbarer, als das des klaren Serums.
Nach Genuss von Brod erscheint im Blute Traubenzucker;
kurze Zeit nach dem Essen ist Zucker deutlicher nachweisbar, als
sonst (Thomson).
Die Zahl der Lymphkörperchen nimmt bei hungernden
Fröschen im Verhältniss zu den rothen Blutkörperchen ab (Wagner,
D 0 n d e r s und Mole schott); ebenso bei Kaninchen. — Beim Men-
schen steigert sich die Zahl nach der Mahlzeit und nimmt wenige
Stunden nach derselben beträchtlich ab (Harting, Kölliker).
Hirt giebt folgende Verhältuisszahlen zwischen weissen und rotheu
Körperchen, die Zahl der ersteren als Einheit gesetzt:
Fi^, nüchtern 10 bis 12 Stunden nach dem Abendessen 716;
V2 Stunde nach dem Frühstück 347; 2'/2 bis 3 Stunden nach dem
Frlihstück 1514; 10 Minuten nach dem Mittagessen 1592; 7-2 Stunde
nach dem Mittagessen 429; 27-2 bis 4 Stunden nach dem Mittag-
Veräiiilorunj; der JUutzusaiumensotzung mit der Nalnung.
39
essen 1481 ; '/i Stande nach dem Abendessen 544; 2'/)bis3'/2 Stunde
nach dem Abendessen 1227.
Das allgemeine Kesiiltat dieser Zählungen bestätigen Mar-
fels*) und L orange**).
In der TabeUe von Hirt fällt es auf, dass nach dem Schlafe die Verhältnisszahl
eine kleinere ist als vor demselben, daraus würde folgen, dass die Zeit, welche seit
der letzten Mahlzeit verstrich , nicht allein über die Verhältnisszahl entscheidet. —
üeber die Veränderung der Verhältnisszahl nach dorn Gebrauch von China, Myrrhe,
Eisen und Quecksilber siehe die citirten Abhandlungen, über die Veränderungen
der absoluten Zahl rother Körperchen S töl zi n g***).
Der Wassergehalt des Ge sammtbluts ist nach Fleischkost
geringer, als nach Brod- und Kartoffelnahrung. Im Mittel betrug
der Wassergehalt nach Fleischdiät 78,4 pCt. und nach Pflanzen-
kost 79,2 pCt. — Entziehung jeglicher (fester und flüssiger) Nahrung
vermindert in den ersten Tagen den Wassergehalt. Entziehung
der festen Nahrung bei Wassergenuss vermehrt in den ersten Tagen
den Wassergehalt, später aber vermindert er sich bei dieser Lebens-
weise ebenfalls (Simon, H. Nasse).' — Vermehrung des Wasser-
genusses bei gleichbleibender Menge fester Nahrungsstoffe ist ohne
Einfluss auf den Wassergehalt des Blutes, Durch Vermehrung der
festen Nahrungsbestandtheile soll der Wassergehalt des Bluts zu
Vennindern sein. — In den ersten acht bis neun Stunden nach der
Mahlzeit soll der Wassergehalt im Abnehmen und dann wieder im
Zunehmen begriffen sein (H.Nasse). Nach Poggiale undPlou-
vier soll durch reichlichen Kochsalzgenuss der Wassergehalt bei
den Wiederkäuern und dem Menschen abnehmen, eine Thatsache
welche Nasse für das Hundeblut ungültig fand.
Der Fettgehalt des Gesammtbluts verhielt sich der Nahrung
entsprechend folgendermassen beim Hunde: nach 4tägigem Hungern
0,26; nach Brodnahrung 0,31; nach Fleisch 0,38; nach Schmalz
und Stärkemehl 0,41 (H. Nasse). Diese Angaben findet Bous-
singault bei Vögeln nicht bestätigt. — Nach Pflanzenkost ist das
Blutfett fester und weisser, als nacTi Fettnahrung (Nasse).
. Das Kochsalz vermehrt sich nach Kochsalzgenuss ; dieser Salz-
überschuss verschwindet b;ild wieder (Poggiale, Nasse); die
Phosphorsäure ist reichlicher nach Fleischkost, als nach Pflanzen-
nahrung (Verdeil, Nasse); Magnesia und Kalk mehr nach
Pflanzen-, als nach Fleischkost. Durch Hunger werden der Kalk
•) Molcschott, Dntersiicliungen zur Naturlohro I. 61.
*•) Virchows Archiv XII. Bd. 117.
•'•) Valentins Jahresbericht für 1856. p. 102.
40
Blut verschicdoncr GeBclilechtcr und Lobeiisalter. Bhitmengo.
und die kohlensaureu Alkalien nicht geändert. — Der Salzgehalt
im Ganzen ist bei der Fleischnahrung grösser als bei Pflanzen-
nahmng. — Ueber relative Veränderungen des Salzgehaltes in der
Asche siehe Verdeil 1. c.
Das Blut der nüchteren und einige Stunden vorher gespeisten
Menschen ist gleich reich an Harnstoff (Picard).
Die Angaben von H. Nasse beziehen sieb, sämmtlich auf das Hundeblut ; die
Vorsichtsmassregeln, die bei den Untersuchungen über die Variation der Blutzusammen-
setzung mit der Nahrung zu nehmen sind, siehe bei diesem Schriftsteller.
Die Veränderungen, welche das Blut durch einen Aderlass erfährt, sind hier noch
namentlich der Untersuchungsraethoden des Bluts wegen zu erwähnen. Das Serum
des Bluts in den verschiedenen Partien eines Aderlasses zeigt ungefähr dieselbe Zu-
sammensetzung; um ein geringes mehrt sich sein procentisches Wasser und dafür min-
dern sich Eiwciss und Extracte (Loh mann). — Im Gesammtblut soll der Wasser-
und i'aserstofTgehalt des Bluts vermehrt werden. (Zimmermann, Nasse, Poppe,
Lehmann*). — Im Gegensatz hierzu findet Brücke**), dass der Procentgehalt des
Bluts an Paserstoff in 4 bis 5 hintereinander aufgefangenen Blutproben eines verblu-
tenden Hundes von 0,224 pCt. bis 0,068 pCt. abnahm. — Die Lymphkörperchen sollen
sich im Verhältniss zu den fai'bigen JCörperchen sehr vermehren (Remak) und die
Zahl der farbigen absolut abnehmen ( V ierordt***). Was mit der Angabe der unver-
änderten Zusammensetzung des Serums .bei -steigendem Wassergehalt des Gesammtblutes
übereinstimmt.
Blut verschiedener Geschlechter und Lebensalter.
Das Blut im kindlichen Alter soll am reichsten, das im höhern
Alter am ärmsten an festen Bestandtheileu sein.
Das Blut der Frauen fand man im Allgemeinen reicher an
Wasser und Fett und änner an löslichen Salzen, als das der
Männer.
In der Schwangerschaft soll- das Blut faserstoff- und wasser-
reicher, dagegen eiweissärmer als gewöhnlich sein.
Blutmengef).
Die Blutmenge des Menschen wird sich im Allgemeinen mit
dem Gewicht des letztern verändern; fraglich bleibt es aber, ob
selbst innerhalb der Grenzen der Gesimdheit die Verhältnisszahl
zwischen Blut- und Körpergewicht eine constante bleibt, da offen-
bar die verschiedenen Organe des Menschen sich einer sehr ungleichen
Blutfillle erfreuen und die verschiedenen Individuen sich von ein-
•) Pharmazeut. Centralblatt 1856. 444.
»») Vircliows Archiv XII. 179.
»*») Archiv f. pliysiol. Heilkunde. XIII. 459.
I) Welltor, Prager Viertcljahrscluift 1854. 4. Bd. — Dcrsolbe, Heiile's ii PfoufTer's Zcltschr.
3. R. IV. Bd. 146. Heiden haln, Dlsqiiisitlones criticae de sanguinis quantitatc 1857. — Valen-
tin, Physiologie. 2. Aufl. I. 494. — Veit, Obsorvattonum de sanguinis quantitatc rccensio 1848.
Blutiiiengc.
41
ander abheben durch ein ungleiches Verhältniss der einzelnen Organe
zu einander.
Nach den vorliegenden Beobachtungen am erwachsenen Men-
schen selbst enthalten 100 Gr, desselben 12,5 Gr. (Ed. Weber»
und Lehmann) bis 7,7 Gr. (Bisch off), der Neugebornen aber
5,2 Gr. (Welker) Blut. — Nach ausgiebigeren Bestimmungen von
Säugethieren enthielten 100 Theile der folgenden Thiere die bei-
geschriebenen Blutmengen. Maus 7,2 — 8,0 (Welker); Kanineben
6^08 — 4,81, im Mittel 5,5; ein schwangeres Thier ohne Junge 6,7
(Heidenhain); die junge Katze 6,2 (Welker); Hund 6,6 bis
8,1, im Mittel 7,4 (Heidenhain). Bei Hunden, welche durch
anhaltende Nahrungsentziehung 20 bis 30 pCt. von ihrem ursprüng-
lichen Gewicht eingebiisst hatten, blieb die Verhältnisszahl zwischen
Blut und Gesammtkörper dieselbe, nämlich 8,1 bis 7,8 (Heiden-
hain). Wesentlich abweichende Zahlen giebt Valentin, indem
er den 100 Theilen Hund 20 bis 25 Theile Blut zuschreibt.
Zur Bestimmung der Blutmenge giebt es drei Methoden : 1) Verfahren von
"Welker mit Verbesserungen von Heidenhain, Sie benutzt die Färbekraft des
Bluts, d. h. den Farbenton, den eine bestimmte Menge von Blut einer bestimmten
Menge von Wasser ertheilen kann. Sind zwei verschiedene Blutvolumiua a u. u. a'
desselben Individuums mit bekannten Wassermengen b u. b' so gemischt, dass beide
Mischungen denselben Farbenton geben, so werden sich vorausgesetzt, dass die Färbekraft
der beiden Blutproben dieselbe war, in beiden Mischungen gleiche Verhältnisse zwischen
a a'
Blut und Wasser finden, also sein. Sind drei Werthe dieser Gleichung be-
a
kannt, z. B. a, b u. b', so wird a'=^b' sein. In der Ausführung wird sich also
die Welker'sche Blutbestimmung so gestalten, dass man ein gegebenes. Gewicht
reinen Bluts mit einer gegebenen Wassermenge vermischt, dann den gesammten Blut-
farbstoff des Individuums (durch Verbluten , Ausspritzen und. Auspressen desselben)
sich verschafft, und diesen so lange mit Wasser verdünnt, bis sein Farbenton der
zuerst bereiteten Blutmischung gleich ist. Die Sicherheit, welche dieses Verfahren
■ bietet, wird abhängig sein : a* von der Genauigkeit, mit welcher die Messungen der Vo-
lumina anzustellen sind; diese können durch Anwendung genau graduirter Maassge-
fässe, respektive einer guten Waage die Grenzen wissenschaftlicher Genauigkeit über-
haupt erreichen ; b" von der Befähigung des Auges , den Farbenunterschied aufzu-
1 decken; diese ist zwar eine sehr grosse, aber nach Heidenhain selbst nach erlangter
I Uebung unter Anwendung möglichst günstig ausgewählter Bedingungen (nämlich im
Verhältniss des Bluts zum Wasser = 1:500 und 1 : 1 000 ; eine Dicke der 7,5 CM. Lösungs-
schicht; eine Yergleichung der Farben, während die mit den Blutlösungen gefüllten
Flaschen vor eine weisse Fläche gehalten werden) eine beschränkte. Unter diesen
Voraussetzungen konnte sich der Fehler belaufen nuf 2,5 bis 4 pCt., d. h. es wurde
•eine Lösung, welche auf 100,000 Wasser 100 Theile Blut enthielt, gleichgefärbt
■erachtet mit einer solchen von 102,5, resp. 104,0 Tlieilon Blut. c". Es fragt sich, ob
die beiden verglichenen Blutproben gleiclie Färbekraft besitzen. Dieses würde unzwei-
42
Dlutniengi
telhatt der i'all sein, wenn man das gan^se Blut des Tliieres, vor der Vermischung
mit Wasser gleichinässig mengen könnte , so dass Uberall das Verliältniss zwischen
Piasraa und Xörperchen dasselbe wäre. Statt dessen muss man sich begnügen,
aus einem oder dem andern Gofäss eine Blutprobe zur Vergleichung mit dem ausge-
'waschenen Blut zu nehmen. Hier erscheint es nun bekannte Thatsache und einer
cigends ausgeführten Bestimmung von Heidenhain gegenüber nicht gleichgültig,
ob man das Blut aus der Vena jugularis oder aus der Arteria carotis wählte; das
letztere besass weniger färbende Kraft als das erstere. Da nun jedes Gefäss Blut von
spczif. Eärbokraft besitzen wird, so würde zu verlangen sein eine Kcnntniss
der Färbekraft aller einzelnen Blutarten, namentlich der Venen (Vena hepatica,
lienalis, renalis u. s. w.) und zugleich der Blutmengen in den einzelnen Gefässab-
schnitten. Stattdessen begjiügtc sich Heidenhain mit dem Mittel aus dem Färbungs-
vermögen des Venen- und Arterienbluts am Halse, zur Vergleichung mit dem des ent-
leerten Blutes. Durch dieses Verfahren ist der Fehler vermindert, aber nicht aufgehoben,
namentlich weil das venöse Blut viel reichlicher vorhanden ist als das arterielle.
Heiden Ii ain, der mit Sorgfalt diese Fehler in Betracht zieht , giebt an , dass er
die Blutmenge des Thieres, wenn er sie auf Grundlage der arteriellen Probe bestimmte,
bis zu 13 pCt. höher fand, als wenn dieses mittelst der venösen geschah. —
d" Das Blut muss immer möglichst auf das gleiche Both zurückgebracht werden, durch
Schütteln mit Luft. — e" Das zum Mischen angewendete Wasser muss immer gleiche
Eigenschaften besitzen , also dostillirtes sein. — f Die Blutproben müssen wegen der
raschen Veränderung ihres Farbstoft's, die um so eher eintritt, wenn das Blut schon
mit Wasser verdünnt war, möglichst bald nach der Entleerung aus den Gefässen ver-
glichen werden. — g" Zur Erschöpfung des Leichnams von Blutfarbstoff lässt man das
Thier erst wie gewöhnlich verbluten, dann spritzt man rasch, und zwar möglichst vor
der Blutgerinnung, die Gefässe mit Wasser durch, und nun erst zerkleinert man das
Thier und laugt es in der Presse mit Wasser aus. Die durchgespritzten und ausge-
pressten Flüssigkeiten werden filtrirt. Dieser Theil des Verfahrens würde die Angaben
über Blutmenge eher zu gross als zu gering machen , da dabei ein Verlust an Blut-
farbstoff kaum zu fürchten- ist, während andere thiorische Farbstoffe sicher in die
Lösung übergehen. Die Umständlichkeit dieser Operation erschwert die Anwendung
auf grosse Individuen, so dass nur Welker und Bischoff die Beobachtungen auf
den Menschen ausdehnen konnten. — Aus diesen Bemerkungen wäre zu schliessen, dass
sich allerdings Welkers Methode um eine noch nicht genau angebbare Zahl von Pro-
zenten ii-ren könne, dass sie aber dennoch eine grössere Genauigkeit gibt, als die
andern bis dahin angewendeten.
2) Valentin geht bei der Blutbestimmung von folgender Betrachtung aus: Ge-
setzt, es sei X die Menge des Rückstandes, welchen das gesammte eingetrocknete Bl
eines Thieres hinterlassen würde , und Y das Wasser dieses Bluts , so würde Y -\-
die Blutmasso dieses Thieres darstellen. 100 Theile dieses Bluts würden eingctroekn ,
hinterlassen R = (1). Fügt man nun zu der Blutmasse X-|-Y ein bekannt"
X-f- Y
Gewicht destillirten Wassers a, so wird die in den Blutgefässen vorhandene Flüssigk
jetzt= X + Y + a. u. R' = ^^y^^ (2).
a R R' ^ ^ (100 — R) R'a . „. . ,
Wii- iintfnTi sntiiit X = und Y = ' r-, ZW« Gleichuii
Wir Jiatten somu a jqO (R — R') 100'
gen, welche zu lösen sind, wenn R und R' bekannt geworden; um sie bekannt
BlutllltMlgO.
43
machen, entzieht man einem Thiere eine kleine Blutmenge, injizirt darauf in die geöff-
nete Vene ein bekanntes Gewicht destillirtou Wassers und entzieht nach einiger Zeit
abermals Blut. Dann bestimmt man durch Eintrocknen den Gehalt beider Blutarten
, an festen Bestiuidtheilen. — Valentin und Veit*) führten eine Keilic solcher Unter-
|y suchungen an Hunden , Katzen , Schafen , Ziegen und Kaninchen aus. Da sich die
!? Blutmengen der Hunde ziemlich übereinstimmend zu '/4 bis Y5 des Körpergewichts
berechneten, so hielt man das Eesultat für ein richtiges. Statt dessen könnte man
»aber sagen, die Fehler der Methode sind constant, ohne dass man über ihre Grösse
r Etwas auszusagen im Staude wäre. — Die Fehler , welche man ihr vorwirft , sind fol-
, gende: Einmal glaubt man, dass das blutverdünuende Wasser in den Gefässen nicht
ii zurückgehalten werde, sondern durch die Nieren, Speicheldrüsen, serösen Häute u. s. w.
austrete. Dieser Vorwurf ist nicht so gegründet, wie er auf den ersten Blick erscheint-,
1 mindestens geht in der ersten halben Stunde nach der Wassereinspritzung keine Stei-
; gerung der Conzentration des Blutes vor sich , selbst wenn das Blut bedeutend ver-
i dünnt worden war (Veit, Kierulf). — Dann kann sich das verdünnte Blut durch
[Diffusion in das Gleichgewicht setzen mit der UrÄgebung , also wird es auch feste
«Stoffe aufnehmen (Donders). — Wichtiger erscheint der Einwand, dass die Mischung
von Blut und Wasser nicht gleichmässig sein könne , da das Wasser nicht auf einmal
mit dem ganzen Blute durchgeschüttelt werde. — Endlich aber, und dieses dürfte bei
Bestimmungen des Wassergehaltes vom Gesammtblut am schwersten iu die Wag-
schale fallen, sind wegen der ungleichen Mischung von Körperchen und Plasma alle
> Wasserbestimmungen am Gesammtblut illusorisch. Irgend welche Geschwindigkeits-
: änderung im Strom des Gefässes , aus dem der Aderlass kam , kann hier grössere Ab-
i weichungen erzeugen als die Wasserinjoction.
3. Ed. Weber Hess Verbrecher vor und nach der Enthauptung wägen. Den
Unterschied gab das nach der Enthauptung entleerte Blut und zu gleicher Zeit be-
tstimmte er den prozentigen Werth des festen Kückstandes in dem ausgeflossenen Blut,
i Ausserdem spritzte er so lange in die Arterien des Kopfs und Rumpfs Wasser , als
iius den Venen noch eine rothgefärbte Flüssigkeit drang. Diese Flüssigkeit vordampfte
rer zur Trockne und wog ihren Rückstand. Aus dem Gewicht dieses letztern und dem
• bekannten Gehalt des Bluts an festen Bestandtheilen konnte berechnet werden, wie
;riel Blut durch das eingespritzte Wasser ausgespült war.
Heidenhain hat später gefunden, dass selbst ein vorsichtiges Ausspritzen'
lamentlich in den Knochen , Nieren , Leber u. s. w. Blut zurücklässt ; und ausserdem
■ .st längst bekannt, dass durch Wasserinjection Oedem eintritt, dass also ein Theil, der
nit fester Masse geschwängerten Flüssigkeit in die Gefässe tritt. Man hätte also er-
warten sollen, dass diese Methode weniger Blut als die Welker 'sehe haben würde
ind doch verhält es sich umgekehrt.
Andere Methoden zur Ermittelung des Blutgchaltes sind entweder sichtlich un-
■follkoramen, oder sie führen zu etwas ganz Anderem, als beabsichtigt. — Dahin ge-
rt die Wägung einer erstarrenden Masse , welche in das Qofässsystem eingespritzt
i ; man erhält hieraus begreiflich nur eine Aussage über die Räumlichkeit der Ge-
isse bei einer bestimmten Spannung der Wände.
•) Obuorvationum de »angainlg-quantltAte rccciisio. Hallo 1848.
44
Blutbeweguiig. Einleitung.
Blutbeioegung .
Einleitung *).
1. Physikalischer Begriff des Wassers. Die Beobachtung lehrt: dass, wenn wir
eine Wassermasse zusammendrücken das Volum desselben sich mindert und zwar in
dem Maasse, in welchen der Druck steigt. Der relative Worth dieser Volumvermin-
derung — , wo v' die Volumverminderung, v das Volum des Wassers vor der Zusam-
menpressung bedeutet, ist aber ein so geringer, dass man ihn mit einer für das all-
tägliche Leben genügenden Genauigkeit vernachlässigen, also das Wasser als unzusam-
mendrückbar ansehen kann. Auch nimmt die Flüssigkeit ihr früheres Volum wieder
ein, wenn sie dem Druck, der auf ihr lastete, entzogen wird. — Die Erfahrung
lehrt ferner , dass der einer ruhenden Wassermasse beigebrachte Druck , wenn er auch
nur einseitig wirkt, sich nach allen Richtungen hin gleichmässig fortpflanzt, so dass,
wenn z. B. ein Druck senkrecht auf das Wasser erfolgte, er sich in diesem auch nach
der wagrechten Richtung ausbreitet. — Ferner steht es fest, dass die Flüssigkeit durch
eine Zunahme ihrer Temperatur sich allseitig gleichmässig ausdehnt und umgekehrt, dass
sie bei Abnahme derselben sich allseitig gleichmässig zusammenzieht. — Die verschie-
denen Querschnitte einer Wassermasse hängen mit einer beträchtlichen, und dazu mit
einer nach allen Richtungen gleichgrossen Kraft zusammen , dabei sind aber die ver-
schiedenen Schichten im Innern der Wassermasse mit Leichtigkeit aneinander verschieb-
bar. Endlich kann, wie die Lehre von der Lösung und Diffusion zeigt, in dem Raum,
der scheinbar schon vollkommen vom Wasser erfüllt war, noch ein anderer flüssiger
Körper eingeführt werden, so dass eine solche Lösung angesehen werden muss als eine
nach allen Richtungen gleich beschaffene Schichtung von Wasser mit dem aufgelösten
Stofl^. — Alle Erfahrungen , welche sich auf die allgemeinen physikalischen Eigen-
schaften des Wassers beziehen , gelten auch für die Lösung nur mit dem Unterschied,
dass die Coeffizienten der Verdichtung, der Ausdehnbarkeit, der Temperatur und der
Cohäsion andere sind, und dass die Ausgleichung des Druckes im Innern des Flüssig-
keitsvolums in einzelnen Lösungen z. B. bei der des Eiweisses, des Zuckers, Gummis
u. s. w. nicht momentan erfolgt, sondern dass eine unter Umständen merkliche Zeit
dazu gehört, bis diese Lösungen die Form angenommen haben, welche der Bedingung
einer allseitigen Druckausgleichung entsprechen. Solche Lösungen nennt man zäh oder
dickflüssig.
Diese unbestreitbaren Thatsachen führen ungezwungen zu einer Vorstellung über
die mechanische Anordnung des Wassers und der wässerigen Lösungen. Nach ihr be^
steht das Wasser aus kleinsten Theilchen, welche sich nicht unmittelbar berühren,
sondern in einem gewissen Abstand voneinander stehen ; der mittlere senkrechte Ab-
stand zweier Nachbartheile ist nach allen Richtungen derselbe, und bei gegebener Tem-
peratur und gegebenem Druck ein. fest bestimmter, er mindert sich dagegen mit der
abnehmenden Temperatur und dem steigenden Druck, dagegen bleibt der Ort, oder
») Franken heim, Dio Cohäsion. 1835. — Krystalllsation und Amorphie. Breslau, ohne Jahr-
xahl (1851). — Dove, Reportorium. I. Bd. 85. 98. 112 u. f. , ibid. VII. Bd. — Berliner Berichto.
II. Jahrg. p. 14 u. f. — Poisson, ^quntions ge'ne'ralea de l'dqnillbre et du mouvomcnt etc. Jour-
nal de l'(!cole polytechuique. 20. Iloft. — Weissbach, Ingenieur und Maschincnmochanil«, 3. Aufl.
1866. — Darcy, sur le mouvoment» des fluides dans tuyaux. Paris 1857. — C Lnd-n-ig und
Stefan. Wiener akadem. Berichte. April 1858. — Magnus, Poggondorfs Amialen 80. Bd.
Spannung des Wassers.
45
anders ausgedrückt die Eichtung, in welcher sich, ein Theilchen zum andern stellt, un-
bestimmt, so dass das eine relativ zum andern unzählige Lagen annehmen kann, wenii
nur der immer gleiche Abstand zwischen beiden gewahrt wird.
Man verlässt dagegen das Gehiet der Thatsachen und begiebt sich auf das der
Hypothese, wenn man bestimmte Yoi-stellungen über die Bedingungen ausspricht, von
■ welche die allseitige gleiche Elastizität des Wassers abhängig ist. Solcher Hypothesen
lassen sich mehrere bilden ; wir wählen, als für unsere Zwecke genügend, die von ihnen,
welche sich am leichtesten aussprechen lässt, ohwohl sie gerade nicht die wahrschein-
! liebste ist; nach ihr sind die Theilchen mit anziehenden und abstossenden Kräften
begabt, welche bei einer bestimmten Entfernung der Theilchen im Gleichgewicht stehen.
Aendert sich der Zwischenraum, so kann dieses nur geschehen, indem anziehende oder
sabstossende Kräfte frei werden.
2. Spannung des AV assers. Ueberlassen wir die Flüssigkeit den Anziehungen
lund Abstossungen , welche zwischen ihr-en Theilchen wirken, so ordnet sich dieselbe
SSO an, dass ein Gleichgewichtszustand zwischen jenen Kräften eintritt; vermindern
oder vemehren wir den Abstand der Theilchen, den sie in dieser Gleichgewichtslage
einnehmen, so werden wir in ihnen das Bestreben hervorrufen, sich wieder bis auf
die frühere Lage zu nähern oder zu entfernen ; dieses Bestreben nennen wir Spannung.
Die Grösse dieser Spannung wächst mit der Entfernung von der Gleichgewichtslage,
und es müsste somit die Spannung durch diese Entfernung gemessen werden. Da
dieses aus technischen Gründen unthunlich ist, so benützen wir statt dessen das
Höhenmaass einer M''assersäule, welche auf die Flüssigkeitsschieht gesetzt werden muss,
um dieser letzten die verlangte Zusammenpressung zu ertheilen» Die Berechtigung
hierfür erweisst sich folgendemiassen : Die zwischen den Theilchen des Wassers ent-
ivickelte Kraft kann man natürlich durch jede andre messen, welche derselben das
Gleichgewicht hält, also auch dm-ch das Gewicht P, mit welcher man die Flächenein-
leit der Wasserschicht belasten muss, damit zwischen den Theilchen die verlangte
Spannung geweckt werde. Als Gewicht kann man nun oifenbar ein Wasservolum
Hufgesetzt denken, dessen Basis gleich ist der Flächen-
jinheit (Q), und dessen Höhe (H) unter Berücksichtigung
ties spezifischen Gewichts (S) des Wassers so hoch ge-
•ommen werden muss, dass P = QHS wird. Gesetzt wir
lätten dieses gethan, und wir hätten ferner das spezi-
>.sche Gewicht des Wassers wie gewöhnlich = 1 ange-
lommen, so würden wir jetzt auch von dem Faktor Q,
Ubsehen können, und nur die Höhe des drückenden Was-
t ervolums als Spannungsmaass in Betracht zu ziehen haben.
3ie Hechtfertigung hierfür liegt in der Eigenschaft des
Vassers, den von einer Seite empfangenen Druck allseitig
ortzupflanzen. Gesetzt, es laste auf der sehr dünnen
Vasserschicht ab cd (Fig. 2.) das Gewicht des prismati-
chen Wasservolums abcdcfgh. Ueberlcgen wir nun,
/eiche Wirkung ein beliebiges Längenstück dieses Volums,
twa a e i k 1 m , in der unmittelbar unter ihm liegenden
btheilung der Wasserschicht erzeugen werde, so finden wir,
«88 es die dort befindlichen Theilchen einander nähern
•ird, so lange bis ihre Spannungen jenem Druck das Gleichgewicht halten werden,
le hierdurch erzeugte Spannung theilt sich nun aber sogleich auch allen übrigen in
4G
Druckmaass des 'Wasacrs. Arbcitsmaoss der Spannung.
ab cd enthaltenen Thcilchen mit, gerade so als ob auch noch der Best des drückenden
Prisma's efghabcd gewirkt hätte. Wenn wir sie uns also noch wirksam denken, so
wird dadurch keine Spannungsverraehrung einti-eten. Nun können wir aber die Grund-
fläche des wirksam gedachten Trisnia aeiklm so klein annehmen, als wir wollen, ohne
an dem spannenden Effekt desselben etwas zu ändern, d. h. also, es ist die Spannung
des Wassers in der gedrückten Schicht hur abhängig von der Höhe der Säule und
dem spezifischen Gewichte ihres Inhalts, dagegen unabhängig vom absoluten Gewichte
derselben.
3. DruckmaassderSpannung. Von dem Spannungsmaass des Wassers müssen
wir unterscheiden das Druckmaass desselben. Ist eine gespannte Flüssigkeit in einem
Behälter mit unnachgiebigen Wänden eingeschlossen, so wird sie vermöge ihrer Elasti-
zität auf die letzteren einen Druck ausüben. Dieser aber wird wachsen mit der
Höhe, der die Spannung ausdrückenden Wassersäule H und der Fläche F, welche das
Wasser benetzt. Also ist der Dnick D = HP d. h. gleich dem Gewicht eines Was-
servolums, dessen Grundfläche durch die Ausdehnung der gedrückten W.mi und dessen
Höhe durch die spannende Säule bestimmt ist. Demnach ist auch der Druck unab-
hängig von dem Gewicht des Wassers welches in der That auf die Wände geschichtet
ist; dieses kann gleich, grösser oder kleiner als das Produkt HP sein.
4. Arbeits maass der Spannung. Die Arbeit, welche eine gehobene Wasser-
säule liervorbringen kann, ist gleich dem Gewicht des gehobenen Wassers (p) multipli-
zirt mit der Höhe (h") , auf welche dieses Gewicht gehoben wurde , also = ph oder,
da das Gewicht gleich ist der Masse (ni) multiplizirt mit der Beschleunigung der
Die Rechtfertigung für die Einführung dieser Werthe in das
wenn man bedenkt, dass die Arbeit das Produkt einer con-
stanton Xraft mit dem Weg ist, den ihr Angrifia-
punkt im Sinne der Kraft während einer beliebigen
Zeit zmilcklcgt. Es kann also von der Arbeit der
Spannung nur insofern die Hede sein , als sie sich
in Geschwindigkeit umwandelt. Indem sie dieses
thut ist aber ersichtlich, dass die Wirkung, die sie
dabei ausübt, proportional sein muss der Anzahl
■von schweren Theilchen, also der Masse (m), dann
aber auch die Grösse des Zuges, welchen die Schwere
(g) auf jedes einzelne Theilchen ausübt und endlich
der Anzahl von Elemementarzügen , resp. der Zeit-
dauer, während welcher die beschleunigende Kraft
wirkte, bevor wir sie in Betracht zogen, also der
Höhe (h), aus welcher die Flüssigkeit herabge*
fallen ist. Dieser Auseinandersetzung entsprechen"*
würde die Flüssigkeit zweier Behälter A und
(Fig. 3.), die wir uns gefüllt denken , zwar an de
Boden gleiche Spannung besitzen , und auf dies
gleichen Druck ausüben , aber dennoch eine gan«
verschiedene Arbeit leisten. ' Denn zur Gleichheit des Dnickes und der Spannung
ist nur nöthig, dass A und B einen Boden von gleicher Grundfläche und eine Seiten-
wand von gleicher Höhe darbieten. Daneben kann sie aber, wie die Figuren zeigen,
ganz verschiedene Wassermassen beherbergen, Nehmen wir nun an, es werde am
Boden beider Behälter eine glcichgrossc Oeffnung angebracht, so worden aus beiden
Schwere (g) auch = mgh.
Arbeitsmaass ergiobt sich,
Fig. 3.
A
Beziehung zwischen Spannung und Geschivindigkeit.
47
Gefiissen die ersten ausfliessenden Tropfen mit gleicher Geschwindigkeit hervorgehen
und also auch gleiche Arbeit leisten, aber bald wird die Höhe in beiden Gefiissen
merklich verschieden sein, weil sich der schmale Hals des Gefässes A rascher entleert
als der weite Bauch von B, und nun wird aus dieser letztern mehr und zugleich dies3fe
Mehr mit einer grössern Geschwindigkeit ausfliessen als aus A. Also leistet A von
jetzt an mehr Arbeit als B.
5. Beziehung zwischen Spannung und Geschwindigkeit. Eine ge-
( drückte Flüssigkeit kann in Spannung oder in Bewegung kommen ; ob das eine oder
1 das andere geschieht, ist nicht vom Druck, sondern davon abhängig, ob die Plüssig-
I keit dem Druck ausweichen oder nicht ausweichen kann. Findet eine gedrückte Flüs-
sigkeit gar keinen Widerstand, so geräth sie in Bewegung, und zwar in der Art, dass
i die bisher vorhandene Spannung verschwindet und die ganze drückende Kraft zur Er-
zeugung von Geschwindigkeit verwendet wird. Die Geschwindigkeit v, welche eine
i Flüssigkeit unter dem Drucke einer Säule von der Höhe h erlangt, ist bekanntlich v= j/2gh,
1 wo g wieder die Schwerkraft bedeutet. Diese Beziehung zwischen Druckhöhe, Schwere und
' Geschwindigkeit ergiebt sich aus den bekannten Fallgesetzen, die ihre Anwendung finden,
• weil die bewegende Kraft auch hier die Schwere ist, und weil die Höhe , die in dem
; freien Fall in Betracht kommt, wegen der Zeit, während welcher der Körper herabsinkt,
• hier bei der unter einem Druck bewegten Flüssigkeit als die Zahl der gleichzeitig von
; der Schwere angegriffenen Theilchen zu nehmen ist. Im physikalischen Vorgang be-
? steht also der Unterschied, dass schwere Körper beim Fall die Orte successiv erreichen,
« welche in der drückenden Säule gleichzeitig von schweren Massen erfüllt sind, und
C dass im fallenden Körper die vorhergegangenen Anziehungen sich als Geschwindig-
Ikeiten zu den folgenden addiren, während die in der drückenden Flüssigkeit über-
f einandergeschichteten schweren Massen der Eeihe nach ihre Spannungen zu einander
a addiren. Bei einer somit gleichhäufigen Wirkung einer gleichstarken Kraft muss ein
uund dasselbe Endergebniss zum Vorschein kommen.
Bei einer gedrückten Flüssigkeit muss es auch vorkommen können, dass der
V Widerstand, welcher dem Druck entgegensteht, zwar geringer als dieser, aber doch
»immer noch merklich vorhanden ist, so dass sich die in Bewegung gesetzte Flüssig-
tkeit selbst noch in einem Spannungszustand befindet. In diesem Fall hat sich also
Rein Theü , der durch die drückende Säule hervorgebrachten Spannung in Geschwin-
idigkcit umgesetzt, während ein anderer noch der Spannung verblieb. Die ursprüng-
liliche Spannung h ist somit als eine Summe zweier anderer Zustände vorhanden, deren
IKräfte im Spannungsmaass , also durch drückende Säulen h' und h" ausgedrückt
rwerden können. Zwischen den Höhen der ganzen Säule und ihren Antheilen, die als
/Geschwindigkeit h' und Spannung h" der geschwinden Masse vorhanden sind, muss
-natürlich die Beziehung bestehen, dass h = h' + h" ist. Mit andern Worten der
izur Geschwindigkeit verbrauchte Kraftantheü der ursprünglichen Spannung (die Gc-
tschwindigkeitsliöhe) und der noch als Spannung übrig gebliebene (die Widerstands-
höhe) sind gleich der ursprünglichen Druckhöhe. Daraus folgt auch, dass h— h" = h'.
0. Arbeitsmaass für die bewegte Masse; lebendige Kraft. Wenn
;3in Gewicht p = mg unter dem Druck h in Bewegung kommt, so dass die Masse
ihre ganze Spannung in Geschwindigkeit v umsetzt, so muss die Arbeit, welche die
•jespannte Masse ausführen kann, gleich sein der, welche von der bewegten zu ver-
lachten ist. Dieses führt zu dem Ausdruck mgh = ^ ; diese Gleichung leitet sich
48
Die bewegte Flüssigkeit.
daraus ab , dass v = j/2 gh also = ^ is* J setzt man ^ statt das Ii in nigh , so
göht dieses über in -— oder in — . Also ist in den beiden Gliedern der obigen
Gleichung derselbe Kraftwerfch durch verschiedene Zeichen, entsprechend den verän-
derten physikalischen Bedingungen ausgedrückt.
7. Die bewegte Flüssigkeit. Die Bahnen, welche die einzelnen Thcilchen
einer bewegten Flüssigkeitsraasse beschreiben, sind entweder geradlinig oder krumm-
linig fortschreitende; im letzten Fall können die Bahnen in sich zurücklaufen; solche'
Bahnen, die entweder geschlossen oder nahezu geschlossen sind, nennt man Kreis-,
Wirbel-, unter Umständen Wellenbahn. —
Die Geschwindigkeit des einzelnen Theilchens kann mit der Zeit und dem Orte
der Bahn veränderlich oder nicht veränderlich sein. Ist sie unabhängig von der Zeit,
so dass die während der ganzen Stromdauer an ein und demselben Orte befind-
lichen Theilchen dieselbe Geschwindigkeit haben, so gehört die Bewegung einem
Strome an, der in den Beharrungszustand getreten. Dieses kann sich nur dann
ereignen , wenn die auf die Bewegung der Thcilchen wirkenden Beschleunigungen und
Hemmungen gleich gross sind. Denn nähmen mit wachsender Zeit die Beschleu- j
nigungon zu , so müsste die Geschwindigkeit der durch den betrachteten Ort gehen-
den Thcilchen steigen , und nähmen umgekehrt die Hemmungen zu , so müsste die j
Geschwindigkeit mit der Zeit sinken. — Verändert sich dagegen die Geschwindig- j
keit der Theilchen, die durch ein und denselben Querschnitt des Stromes, oder den-),
selben Stromfaden zu verschiedenen Zeiten gehen und zwar in der Art, dass die Ge-i
schwindigkeit nach einer regelmässigen Periode steigt und fällt, so nennt man die Be-
wegung eine wellenförmige.
Die bewegende Kraft, welche die Masseneinheit der bewegten Flüssigkei
besitzt , kann auf der Bahn gleich bleiben, zu oder abnehmen. Bleibt die bewegende
Kraft constant, so kann dennoch die Geschwindigkeit, oder die Spannung in einem
Zu- oder Abnehmen begriffen sein. Denn da die ganze bewegende Kraft durch k = p
(ySv
h -j — ~J gemessen wird, wo p die Gewichtseinheit, h ihre Spannung, g die Schwer^
(also — die Masse m) und v die Geschwindigkeit bedeutet, so kann die ganze bew
g
gende Kraft der Masseneinheit dieselbe bleiben, selbst wenn z. B. v abnimmt, vorausgeset
nur dass so viel Kraft, als die Geschwindigkeit verlor, verwendet wurde zur Erhöhun '
der Spannung. Ein solcher Austausch von Spannung und Geschwindigkeit kann sich sowo'^
bei donstantem als beim wellenförmigen Strom ereignen; hei einer stehenden Welle z. B
in der Art, dass die Summe der bewegenden Kräfte eines jeden in einem bestiramto^
Bahnschnitte befindlichen Theilchens zu allen Zeiten dieselbe bleibt, so dass, wenn na"
einer gewissen Periode die Geschwindigkeit desselben abnimmt, die Spannung n'
derselben Periode wächst und umgekehrt. — Bei einem gleichförmigen Strom, desse
Merkmal in einer zu allen Zeiten stets gleichen Geschwindigkeit auf einem gewiss"
Bahnabschnitt besteht, kann die Bedingung gleicher Kräfte trotz ungleicher Geschwin
digkeit nur für jedes Theilchen bestehen, während dasselbe verschiedene Orte der Ba
durchläuft. Betrachten wir z. B. als Masseneinheit einen Gubikraillimeter und denke
wir uns, dass dieselbe beim Durchgang durch die Strombahn bald einen Quersohnit
von einem und bald von zwei Quadratmillimotern auszufüllen habe, so wird die Ge
schwindigkeit eines joden Theilchens in dem Maasse abnehmen, in welcher der Quer
Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen.
49
schnitt der Strombahn zunimmt; dieses aber wegen der Bedingung, dass diB Flüssig-
keitsraenge, welche in derselben Zeit durch die verschiedenen Querschnitte eines con-
itanten Stromes hindurchgeht dieselbe sein muss ; eine Bedingung , welche sich durch
lie Cohäsion und Unzusammendrückbarkeit des Wassers begründet. Bleiben also der
^obersten Forderung gemäss die bewegenden Kräfte des Theüchens auf dem Quer-
schnitt von 1 und 2 □ M.M. gleich , so muss in dem Maasse , in welcher die öe-
Hchwindigkeitshöhe abnimmt, die Spannung zunehmen.
Aus der soeben geführten Erörterung lässt sich für den Fall, wobei die Ki-äfte
uuf der Strombahn in Abnahme begriffen sind, ableiten, dass, wenn die Geschwindig-
it auf allen Orten eines Stromfadens dieselbe ist, die Abnahme der Kräfte durch
Abnahme an den Spannungen gemessen wird , so dass , wenn der Spannungsunter-
ihied, der zwischen zwei auf einander folgenden Querschnitten besteht, bekannt ist,
lieser den Kraftverlust der Flüssigkeit von einem zum andern Querschnitt ausdrückt.
iVSre umgekehrt die Spannung auf allen Orten eines Stromfadens dieselbe , so kann
ilie Abnahme der Kräfte durch den Geschwindigkeitsunterschied zweier auf einander
bigenden Querschnitte ausgedrückt werden. — "Wenn dagegen Spannung und Geschwin-
;ligkeit von Querschnitt zu Querschnitt wechseln, so kann der Kraftunterschied nur
ilann hervorgehen, wenn man aus den in jedem Querschnitt vorhandenen lebendigen
f ind spannenden Kräften eine Summe bildet und die eine von der andern abzieht. Der
• Unterschied bildet jetzt den Kraftverlust, welchen der Strom vom einem Querschnitt
; iuni andern erlitten hat.
Zieht man statt der Geschwindigkeit nur ehies Theüchens oder der eines sehr'
1 einen Fadens, die eines Stroms von endlicher Ausdehnung in Beti'acht, auf dem alle
:. ■'heile gleiche Eichtung verfolgen, so findet man für gewöhnlich, dass die Geschwin-'
iligkeit an verschiedenen Orten eines Stromquerschnittes, der senkrecht gegen die Strom--
iichtung geht, ungleich ist. Der Grund für die ungleiche Geschwindigkeit kann ent-
■'cder darin liegen, dass die Flüssigkeit in die verschiedenen Orte des ersten Strom-
. uerschnitts mit ungleicher Geschwindigkeit einströmte , oder darin , dass sich beim
'ortgang des Stroms den verschiedenen Fäden ungleiche Widerstände entgegensetzten,
. rodurch ungleiche Kraftverluste erzeugt wurden. In solchen Fällen hat es also keinen
'inn mehr, von einer einzigen Geschwindigkeit auf diesem Querschnitt zu sprechep,
: enn man damit nicht den besondem Begriff der mittlem Geschwindigkeit verbindet,
. h. derjenigen, welche, wenn sie allen vorhandenen Fäden untergelegt würde, durch
en Querschnitt gerade so viel Flüssigkeit fördern würde, als es in der That beim
iestehen der besondem Geschwindigkeit jedes einzelnen Fadens geschieht. Da diese
littlere Geschwindigkeit sehr viel leichter zu messen ist, als die Geschwindigkeit der
inzelnen Stromfäden , und ihre Bestimmung zm- Lösung vieler hydraulischer Aufgaben
enttgt, 80 ist dieser Ausdruck sehr in Gebrauch gekommen.
8. Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen.
. Geht der Strom in ein gleichartiges Mittel von andern Bewegungszuständen, z. B
Q eine ruhende Flüssigkeit, so höhlt sich der Strom in dieser, nicht etwa durch Fort-
chieben der vor ihm liegenden Theile ein Bett aus, dessen Querschnitt mit dem des
•tromes übereinkommt, sondern er verändert sein Bett, seine Geschwindigkeit und
3ine Masse. Die Massenveränderang des Stroms kommt dadurch zu Stande, dass ein
.■heil des letztem in die mhende Flüssigkeit und umgekehrt Theile dieser in den
■trom dringen (Magnus). Die Nothwendigkeit dieser Erscheinung leitet sich aus
'er Cohäsion, und der Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit ab. Aus der Massen
'inahme des Stromes folgt dann, dnss seine Geschwindigkeit proportional der Voi'-
Lndwig, Pliysiologie II. 2. Anfinge. 4
50
Mittheilung der Bewegung des Stromes über seine Grenzen.
grösserung des Stromquersehnittes abnimmt. — Was nun für den Strom in eine rubende
Flüssigkeit gilt, findet auch seine Anwendung auf zwei sich berührende Stromfäden
von gleicher Richtung aber ungleicher Geschwindigkeit.
jijg 4 Nehmen wir an , es seien in
Fig. 4 AA' BB' CC drei
y4' flüssige Fäden, jede enthalte
drei Molekeln in dem gegensei-
tigen Abstand, welchen die gerade
'£ vorhandene Spannung verlangt.
Denken wir nun, es seien A und C
^, eine gleiche und B eine doppelt
so grosse Geschwindigkeit er-
theilt, so wird z. B. das Theil-
chen 5 nach 6' gehen, während im obern Faden 1 und 2 zu 1' und 2', und im
untern 7 und 8 zu 7' und 8' gelangen. Damit wird sieh aber der Abstand von 6
zu 1' und 7' vergrössert und zu 2' und 8' vermindert haben; träte dieses aber ein,
so würde vermöge der allgemeinen Eigenschaften der Flüssigkeit 6 an 1' und 7'
ziehen, auf 3 und 9 aber drücken; mit andern Worten, es wird ein Theil der Ge-
schwindigkeit von 6' auf die Nachbarn übergehen. Ueberlegt man sich unter Voraus-
setzung dieses Annahme den Gang der Flüssigkeit noch weiter, so müsste man
erwarten, dass eine ungleiche Geschwindigkeit zweier benachbarter Fäden überhaupt
gar nicht bestehen könnte, weil, wenn ein gradliniger Weg aller Schichten verlangt
wird , die in ihr entlialtenen Thcilchcn nur dann bei der Bewegung in gleichem Ab-
stand bleiben, wenn sie alle dieselbe Verschiebung erleiden. Da aber ungleiche Ge-
schwindigkeiten benachbarter Schichten in der That vorkommen, so muss eine der
Bedingungen , die wir in unserm Beispiel unterlegt haben , die Gradlinigkeit des
Wegs, als unverträglich mit der Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit für den
wirklich vorkommenden Strom keine Geltung haben, dann aber muss das Theil-
chcn eines Fadens bei dem Fortschreiten um die Achse des Fadens hin lind her
schwingen, wodurch Abweichungen von der geraden Linie des Wegs vorkommen, die
allerdings entsprechend dem geringen Abstand der Nachbartheilchen für unsere Beob-
achtungsmittel unmerklich sind. — Jedenfalls geht aus unsem Betrachtungen hervor,
dass durch eine ungleiche Geschwindigkeit benachbarter Fäden eine andere Vertheilung
der bisher bestandenen Spannungen und damit eine TJebertragung von Kräften ein-
treten muss.
Eine andre, mit der eben erörterten innig zusammenhängenden Frage ist die, ob
bei dieser Gegenwirkung ungleich geschwinder Stromfäden auf einander bewegende
Kraft verloren geht. Wäre die Flüssigkeit vollkommen elastisch und ihre Theilchen
vollkommen aneinander verschiebbar, so könnte kein Kraftverlust eintreten, indem
dann jedesmal die Einbusse an Kraft, welche das eine Theilchen erleidet, dem andern
zu Gute kommt. Da es aber Lösungen, wie z. B. die des Eiweisses, Schleims, Zuckers
ü. s. w. giebt, welche unzweifelhaft diesen Bedingungen nicht entsprechen, so ist
die Möglichkeit eines Kraftverlustes durch die sogenannte innere Reibung nicht zu be-
streiten. Die Erfährung hat ihn jedoch noch zu bestätigen.
b. Bewegt sich die Flüssigkeit gegen einen festen ruhenden Körper, so über-
trägt sie auf diesen, insofern er der Richtung des Stroms entgegensteht, immer Ge-
Bchwindigkeiti Diese letzte wird entweder in Spannung der Flüssigkeit oder auch des
festen Körpers umgesetzt, welche unter veränderten Umständen der Bewegung der Flüs-
Constanter Strom in Röhren;
öl
igkeit wieder zu gute kommen kann. — Dass die verlorne ßeschwindigkeitsliöhe sich
uf die bezeichnete Weise umsetzen kann , ist aus der Elasticität der Flüssigkeit und
r er Widerstand leistenden Körper begreiflieh ; daraus folgt auch, dass die herbeigeführte
;pannung auf den Strom wieder übertragbar ist. Um der Anschauung zu Hilfe zu
ommen, wollen wir uns vorstellen, dass ein Strom in einen schon mit Flüssigkeit er-
iillten, aber durch diese nicht ausgedehnten elastischen Beutel geschehe. Der Strom
rird in diesen Beutel also nur insofern eindringen können als er ihn ausdehnt und
aarum nur so lange, bis die Wandspannung desselben den Sti-omkräften das Gleich-
r'Bwicht hält. Würde, nachdem dieses geschehn, der einfliessende Strom unterbrochen,
I ) würde nun aus der Oefiilung des elastischen Sackes ein Flüssigkeitsvolum austreten,
e.elches gleich wäre dem Eäumlichkeitsunterschied des Beutels bei gespannten und
iflgespannten Wandungen. Vorausgesetzt, dass die Elasticität des Beutels vollkommen
iäre, würde dieses Flüssigkeitsvolum auch den ganzen Werth der Kräfte mitnehmen,
fsn es früher als Strom besass, und dann als Spannung in die elastischen Wände
eiederlegte. — In Wirklichkeit erleidet aber der Strom beim Anstoss an feste Körper
»ne wirkliche Einbusse an Kraft, indem sich die Bewegung der wägbaren Masse ent^
»eder in Wärme umsetzt, die beim Zusammendrücken der festen und flüssigen Massen
titwickelt wird; oder der Kraftverlust geschieht dadurch, dass die auf den festen
•Örper übertragene Geschwindigkeit diesem verbleibt oder durch ihn hindurch auf
adre Massen übergeht. Dieser ganze Verlust oder, wie man gewöhnlich sagt, die
iissere Reibung, ist abhängig von der Geschwindigkeit des Stroms, nicht aber von
rjr Spannung desselben, von dem Winkel, unter welchen die Stromrichtung die wie-
rirstehende Fläche trifl't, von der Berührungsfläche zwischen Strom und festem Kör-
rr, von der Elasticität und 0berilächenbe8chafi"enheit der letzten (die Benetzbarkeit
Ilageschlossen), von der Temperatur und chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit.
Die Beziehungen zwischen dem festen Körper und der Flüssigkeit müssen sich aber
Ksentlich ändern, wenn die bisherigen Annahmen dahin umgestaltet werden , dass der
ite Körper sich mit der Flüssigkeit bewegt. Denn dann machen sich ausser den schon
[rfgezählten Umständen noch die Eigenbewegungen des schwimmenden Körpers gel-
ad. Diese können sich darstellen als Drehungen, die von asymetrischer Vertheilung
r Dimensionen um den Schwerpunkt des schwimmenden Körpers, oder von unglei-
«r Geschwindigkeit der auf seine Oberfläche treffenden Stromfäden bedingt sind,
«r als ein Auf- oder Niederstreben des Körpers, bedingt durch ein von der
srigkeit abweichendes Eigengewicht.
9. Constanter Strom in Rohren. Ausser den schon hervorgehobenen allge*
inen Eigenschaften eines jeden Stromes, kommen bei einem solchen in Röhren noch
iiige besondere zum Vorschein, die durch die Gestalt und die Oberflächenbeschaffen-
.t der Wand bedingt sind. — Die Spannung eines jeden in dem cylindrischen Sti-om
thaltenen Fadens, ändert sich mit der Entfernung des In ihm betrachteten Punktes
n Ursprung des Stroms; je nachdem die Spannung mit dem wachsenden Weg ab-
ramt, wird der Unterschied der Spannung, zweier auf einander folgender Punkte ein
oder abnehmender genannt, und zwar ist der Spannungsunterschied nach dem ge-"
'fanlichen Sprachgebrauch abnehmend, wenn die Spannung mit dem wachsenden Wog
1 mindert, im umgekehrten Falle ist er zunehmend. Denkt man sich die auf ein^
1er folgenden Spannungen eines Stromfadens ausgedrückt durch Flüssigkeitssäulen,
l errichtet man dann Fig. 5 auf dem Stromfaden A E als Abszisse, die jedem
kikt desselben angehörige Spannung als Ordinate, h ä' /<" A"' so stellt die Ver»
dungslinie aller obem Endpunkte dieser Ofdinatcn die Curve der Spannungen dar.
4*
52
Constanter Strom in Eöhren.
Diese Curvc kann entweder eine gerade Linie sein; in diesem Fall bleibt der vor
handene Spanimngsunterschied für die Längeneinheit des Stromes also ha, hib der
selbe, oder es kann die Curve eine gebogene Linie sein, wo also der Spannungsnnter
Fig. 5.
schied in zwei auf einander folgenden Längeneinheiten der Strombahn ab oder zunimm
wie bei /»"c hP^d, Endlich kann die Curve sogenannte ausgezeichnete Punkte b
sitzen, wo, wie bei und A'", der Spannungswerth sich plötzlich ändert; obwo'
auch hier zwischen zwei auf einander folgenden Punkten des Stromfadens ein albnäh.
liger Uebergang in der Spannung stattfinden wird, so sieht man doch für gewöhnlio"
die Spannungsänderung als eine plötzliche an. —
Betrachtet man, statt der mit der Länge veränderlichen Spannung eines Strom
fadons, diejenige der vielen Fäden, welche auf einem Querschnitt enthalten sind
der senkrocht gegen die Stromrichtung geführt wurde, so gewahrt man, dass di
Spannung auf einer solchen Normalfläche selbst wieder veränderlich ist. So kommt e
z. B. vor, dass die der Eöhrenachse näher gelegenen Stromfäden mit einer geringe
Spannung behaftet sind, als die gegen die Wand hirigelegenen. Demnach wird m"
die Spannungscurve der Normalfläche einzustellen haben, welche man erhält, wenn m"
sich auf einem beliebigen Eadius derselben als Abszisse, alle Spannungen der Stro^
fäden als Ordinaten aufgerichtet denkt, welche der Eadius bei seinem Hingang' vo
Mittelpunkte nach der Peripherie hin schneidet. Die Spannungsfläche des Norm"
Schnittes wird man aber erhalten, wenn man sich die Spannungscurve desselben um d"
Mittelpunkt der Röhre im Kreis bewegen lässt. Dieses Verhalten der Spann
auf dem Querschnitt verlangt die Sonderung der Begriffe von Theü- und Gesamm
Spannung. Unter der ersten versteht man die Spannung eines einzelnen Fadens, d
in einem gegebenen gradlinigen Abstand vom Mittelpunkte die Normalfläche schneide
Bei vollkommener Symmetrie des Stroms werden die auf einer Kreislinie einschne
denden Stromfäden, die mit demselben Radius aus dem Mittelpunkte des Stromquerschni
beschrieben wurde , unter einander gleich sein. Der Gesammtschnitt kann also in
zählige Kreise gleicher Spannung zerlegt werden. Centraispannung würde die gena
werden, wo der Radius den Werth 0, Wandspannnng die, welche in dem Kre'
herrscht, dessen Radius gleich dem des Röhrenlumens wäre. — Die Gesammtspann"
oder mittlere Spannung der Norraalfläche würde man erhalten, wenn man alle auf d
Normalfläche vorhandenen Einzel - oder Theilspannungen addirte und die Summe d-
den Flächeninhalt dividirte.
Die Geschwindigkeit eines jeden Stromfadens in seinem Verlauf durch die Röhre
tat, alles Uebrige gleich gesetzt, mit dem Flächeninhalt des Querschnitt.<i veränderlich
Constanter Strom in Röhren.
53
oleibt dieser gleich, so Terhält sich auch die Geschwindigkeit durch den ganzen Strom-
K'aden hindurch unverändert, wächst aber der Querschnitt, so soll in demselben Maass
lüe Geschwindigkeit abnehmen. Die umgekehrte Behauptung spricht man bei der Ver-
kleinerung des Querschnitts aus.
Die Geschwindigkeit der Fäden, welche gleichzeitig eine beliebige Normalfläche
■nrehsetzen, ist immer ungleich, die Centraifäden sind immer geschwinder als die
rVandfäden. Man unterscheidet also auch hier die Theil- und die Gesammtgeschwin-
ifigkeit. Unter Gesammt- oder mittlerer Geschwindigkeit würde man aber dem Frühern
gemäss die zu verstehen haben, welche, wenn sie allen Fäden des Normalschnitts gleich-
seitig mitgetheilt würde, durch diese in der Zeiteinheit gerade soviel Flüssigkeit führte,
sls durch ihn vermöge der wirklich vorhandenen Theilgeschwindigkeit getrieben wird.
Methoden zur Bestimmung der Spannung und Geschwindigkeit
lines ßöhrenstroms.
Die Spannung misst man mit dem Druckmesser (Mano - oder Piezometer) , d. h.
korch Eöhren, deren Lumen mit dem der Stromröhre communizirt und die senkrecht
KCgen die Achse der Stromröhre aufsitzen; ihrer Form nach sind sie entweder gerade
lider heberförmig gebogen; gerade, wenn man eine positive Spannung des Stroms durch
ansteigen der in sie eingehenden Flüssigkeit messen will; heberförmige Instrumente
iber gebraucht man entweder, v^enn man negative Spannung durch gleichartige oder die
♦■osilive eines Wasserstroms durch eine Quecksilbersäule messen will. Um die Mano-
meteröffnung mit jedem beliebigen Faden des Querschnitts, auf dem er steht, in Berüh-
long bringen zu können, muss der Druckmesser an seiner Durchbruchsstelle durch die
tVaad der Stromröhre verschiebbar sein.
Zur Auswerthung der Geschwindigkeit wird benutzt 1' das Flüssigkeitsvolum, wel-
i'hes in der Zeiteinheit aus einem Eohr von bekanntem Querschnitt ausfliesst. Da ofFen-
uar das ausgeflossene Volum v = c q ist, wenn c die mittlere Geschwindigkeit in dem
y
s.uerschnitt q ist, so wird die mittlere Geschwindigkeit c = — . — 2* Man misst den
(feg, welchen ein sichtbar gemachter Abschnitt des Stroms in der Zeiteinheit durch-
iinÜ. Dieses geschieht, indem man die Geschwindigkeit eines im Strom schwim-
menden festen Körpers misst. Durch diese Methode kann nach Umständen die
iirtielle oder auch die mittlere Geschwindigkeit gefunden werden, vorausgesetzt,
Jiss der Körper rücksichtlich seiher Bewegung angesehen werden darf wie ein Theil-
len des Stromfadens, in dem er schwimmt, wenn er also dasselbe specifische Gewicht,
id dieselbe Adhäsion an den Flüssigkeitstheilchen besitzt, die diesen unter einander
iikommt, und endlich wenn er ohne Drehbewegungen auszuführen im Strom fort-
uhreitet. Diese Bedingungen werden entweder nur von Flüssigkeit selbst erfüllt oder von
»munetrisch geformten Körperchen, welche sich nur über Stromfäden von möglichst
rieicher Geschwindigkeit erstrocken und dabei aus einem Stoff bestehen, der möglichst
iinig von der Flüssigkeit des Stromes durchtränkt wird. — Benutzt man als Index
■ix die Geschwindigkeit des Stromfadens ein in ihm schwimmendes festes Körperchon,
) genügt es den Weg zu bestimmen, welchen dieses in der Zeiteinheit zurücklegt,
(edient man sich dagegen zur Geschwindigkeitsmessung einer in den Strom gebrachten
Uttasigkeit, so muss man vor Allem auf ein Mittel denken, um diese Flüssigkeit sicht-
:ir zu machen und zwar entweder während der ganzen oder zu Endo der Beobach-
«ngszeit. Hering verfährt auf die letztere Weise; er bringt an einen bestimmten
"tromort zu einer gegebenen Zeit einen Tropfen aufgelösten Blutlaugonsalzcs , und
aprägnirt einen andern Stromort, mit der Lösung eines ISisonialzes, welches mit Cyau-
54
Constanter Strom in llöhrcn.
cisoiikaliuin einen blauen Niederschlag giebt. Leobachtet man nun den Zeitjiunkt, in wel-
phom der Niederschlag eintritt, und kennt man den Abstand zwischen den Applicaüons-
orten von Blutlaugen- und Eisensalz, so hat man damit die Grundlagen für die ver-
langte Messung. — Yolkmann schaltet dagegen in den Strom eine gefärbte Flüssigkeit,
z. B. in den rotten Blutstrom eine farblose Wassersäule von beträchtlicher Länge und
von einem dem Strom möglichst gleichen Querschnitt ein. Indem der Stroni die Säule
vor sich her schiebt, ist man im Stande das Fortschreiten der Grenze von gefärbter
und farbloser Flüssigkeit zu beobachten. Die Methode von Volkmann hat hierbei
mit dem Uebelstand zu kämpfen, dass sich die Grenze nicht scharf erhält, theils we-
gen des ungleichen specifischen Gewichts der F'lüssigkeit , theils wegen des unglei-
chen Fortschreitens der Wand- und Mitteifadon. — 3* Zur Goschwindigkeitsbestimmung
benutzt man femer das Gewicht, mit dem man eine gegen den Strom gestellte Fläche
belasten muss, um sie in einer senkrecht zur Stromrichtung gehenden Lage zu erhal-
ten; oder man hängt ein constantes Gewicht von bestimmter Gestalt derartig in den
Strom, dass es vom Strom um einen gegebenen Mittelpunkt gedreht werden kann und
bestimmt aus dem Ablenkungswinkel, den es durch den constanten Strom erfährt, die
Geschwindigkeit des letztern. Von diesen beiden erwähnten Verfahrungsarten hat nur
die letztere eine Anwendung in der physiologischen Hydraulik gefunden, und zwar
unter der Form des sogenannten Stromquadranten, dem in der Wasserbaukunde be-
sonders Eytelwein und Gerstner*) Eingang verschafft haben. Der Stromquadrant
oder Stronipcndcl besteht, wie die Fig. 6 zeigt, aus dem Viertel einer Kreisfläche, die
Fig. ß.
an dem Umfang in Grade gethcilt ist; an einem im Mit-
telpunkt geschlagenen Stift hängt ein steifer Faden,
{a b), der an seinem entgegengesetzten Ende eine Kugel
hält. Will man das Instrument anwenden , so bringt
man es zuerst in eine solche Stellung, dass der Faden
desselben auf der Null der Theilung einspielt; über-
giebt man nun die Kugel dem Strom, so wird sie,
etwa nach c abgelenkt; die Theorie verlangt, dass die
'Tangente des Ablenkungswinkels (bac) sich verhalten
solle wie die Stosskräfte, und da diese sich verhalten,
wie die Quadrate der Geschwindigkeit, so würden
diese letzteren, wie die Wurzel aus der Tangente des
Ablenkungswinkels wachsen, vorausgesetzt, dass immer
dieselbe Kugel in Anwendung gekommen ist. Diese Voraussage bestätigt die Erfah-
rung nicht und es sind somit von der Theorie nicht alle Bedingungen in Rechnung
Fig. 7.
gebracht; das Instrument verlangt also,
brauchbar zu werden, einer empirischen Gradui-
rung, und es misst mit dieser die durch die
eingesetzte Kugel veränderte Geschwindigkeit
der Stromfäden , in welche sie gehalten wird.
Vierordt, der den Apparat in der Physio
logie einführte, mit der Absicht, die mittlere
Geschwindigkeit auf dem Sti-omquerschnitt z
erhalten, brachte das Pendel p (Fig. 7.) in ei
kubisches Kästchen K K; auf ungleichen Höhe
») Aninnerkugen Uber dss liydromctr. Pendel. Prag 1819.
Constanter Strom in Köhren.
55
zweier gegenüberstehender Seiten desselben öffnen sich zwei cylindrische Köhren
Bit. Dieses Instrument nennt Vierordt Tachometer; die Figur giebt es in natür-
licher Grösse wieder. Seinen Apparat aicht er dadurch, dass er die cylindrischen
Ansätze Bit in einen Strom von gegebenem Querschnitt einschaltet und einerseits
die Ablenkung des Pendels, andererseits aber die Ausflussmenge aus dem Ende des
Stromrohrs und damit die mittlere Geschwindigkeit in dem letzteren bestimmt. Hier-
iiirch gewinnt er eine Beziehung zwischen der mittleren Geschwindigkeit, die im Kohr
besteht, während das Instrument eingeschaltet ist, und der Pendelablenkung. Fraglich
bleibt nur, was durch Versuche entschieden werden könnte, ob Ströme von ungleichen
Durchmessern, aber gleichen mittleren Geschwindigkeiten dieselbe Ablenkung erzeugen,
■".eil es zweifelhaft ist, ob die Störung, die der Apparat veranlasst, nur sich ändert
mit der mittleren Geschwindigkeit, nicht aber mit dem Querschnitt, in welchen er
eingefügt ist. Ein anderes Bedenken bieten Ströme , deren mittlere Querschnittsge-
schwindigkeit mit der Zeit sich fortwährend ändert, so dass dem Pendel dann niemals
eine Kuhelage vergönnt wird, sondern hin und her schwankt. Denn in diesem Fall kommt
^ser der Schwere auch noch die Geschwindigkeit der Pendellinse in Betracht. Vier-
'irdt glaubt für den arteriellen Blutstrom, welcher mit einer veränderlichen Geschwin-
digkeit begabt ist, jenes Bedenken beseitigt zu haben. Siehe die Geschwindigkeit
des Blutstroms. — 4* Die Geschwindigkeitsmessung wurde auch durch das Kohr von
ntot versucht. Dieses ist, wie ^Fig. 8 zeigt, eine mit einer rechtwinkligen Biegung
versehene Glasröhre; die Schenkel derselben
sind ungleich lang; der kürzere wird, wenn
die Messung ausgeführt werden soll, der Art
in das Stromrohr gesetzt, dass die Fläche sei-
r;er Mündung senkrecht auf der Stromrich-
'.ung steht. "Wenn die in diesen Schenkel
mündenden Fäden des Stroms vollkommen zur
Ruhe gebracht würden, so müsste nach der
B ernoulli'schen Theorie die Flüssigkeit in
ni langen Schenkel zu einer Höhe (H) emporsteigen, welche dem Druck entspräche»
ri die botreffenden Fäden vermöge ihrer Spannung (h) und ihrer Geschwindigkeit (h')
ausüben können; es wäre also H: = h-|-h'. Aus dieser Gleichung ist h' oder die Ge-
L hwindigkeitshöhe zu finden, wennh oder die Spannungshöhe bekannt ist ; diese letztere
sann aber auch durch ein senkrecht auf den betreffenden Stromfaden gesetztes Ma-
aometer gefunden werden. So oft bis dahin dieses Verfahren für den Strom in Köhren
lin Anwendung kam, wie z. B. in der ausgedehnten Arbeit von Darcy, hat man die
Pitot'sche und das Manometerrohr nicht in dieselben, sondern in verschiedene Strom-
föden gesetzt und die an beiden Instrumenten gefundene Druckdifferenz als Geschwindig-
-fceitshöhe angesehen; diese Unterstellung ist aber den neueren Untersuchungen gemäss
nicht mehr annehmbar, somit sind die bis dahin erworbenen Kesultate nicht zu ge-
brauchen. Aber selbst eine Verbesserung dieses Fehlers würde immer noch nicht zum
Ziel fuhren, da die Bedingung, dass die in den kurzen Schenkel derKöhre eindringen-
den Fäden vollkommen ruhen sollen, sich nicht herstellen lässt und namentlich bei
gleicher Stromgeschwindigkeit, aber ungleicher Form der Mündung die Höhe des An-
Uteigens sich ändert. Aus diesem Grunde haben die Wassorbaumeister schon seit du
IBuat, das Verfahren entweder bei Seite gesetzt, oder sie graduircn jedes Kohr be-
sonders. Zweckmässige Formen des Rohrs siehe bei Weissbach und Darcy.
56
Geschwindigkeit in geraden Cylinderrohr.
Die Ersclioinungon dos constanton Stromes in Röhren sind aber wiederum verän-
derlich mit der Form und Ecschaflenheit der letztern. In Folgendem sind die wich-
tigsten Fälle behandelt.
10. Wagorechto, gerade, überall gleichweite Röhren. — Die Regeln, nach welchen
der Strom in geraden Röhren verläuft, haben dis dahin nur unter der Bedingung er-
mittelt werden können , dass ein bestimmtes Verhältniss zwischen der Länge und dem
Durchmesser der Röhre bestand. Insbesondere musste die Länge der Röhre in Verhält-
niss zu ihrem Durchmesser um so beträchtlicher werden, je bedeutender der letztere war.
(Girard, Poiseuille)*). Mengt man der strömenden Flüssigkeit sichtbare Theilchen
bei, so bemerkt man in Röhren von genügender Länge, dass die Theilchen nahezu geradlinig
und mit den Wandungen parallel gehen, während sie geschlängelt in den zu kurzen Röhren
verlaufen. Dem entsprechend hält man dafür, dass der Strom in langen Röhren aus gera-
den Fäden bestehe. Für diesen geradlinigen Strom gelten die folgenden Ermittlungen.
Geschwindigkeit. Die mittlere Geschwindigkeit ist auf allen Querschnitten
die senkrecht zur Röhrenachse gelegt werden können dieselbe, dieses folgt mit Noth-
wendigkeit aus der Cohäsion und Unzusammendrückbarkeit der Flüssigkeit. Die Ge-
schwindigkeit der Fäden aber, welche auf einem (.Querschnitt senkrecht stehen, ist mit
ihrem Abstand vom Mittelpunkt veränderlich. Zerlegt man den Querschnitt in unzäh-
lige concentrische Kreise, die sämmtlich vom Mittelpunkt der Röhre aus mit Radien
beschrieben sind, die , von Null an bis zum ganzen Werth des Röhrendurchmessers
wachsen, so wird ein jeder solcher Kreis von Stromfäden gleicher Geschwindigkeit
durchsetzt, und zwar nehmen die Geschwindigkeiten von den kleinen nach den grossen
Kreisen oder vom Centrum nach dem Umfang hin ab. Das Gesotz, nach welchem diese
Geschwindigkeiten in der bezeichneten Richtung abnehmen, ist unbekannt. Namentlich
verdient es der Erwähnung, dass die Beobachtungen von Darcy**) nicht zu dem
gewünschten Ziel geführt haben. Dagegen ist es wahrscheinlich , dass die über einen
Röhrendurchmesser aufgetragene Curve der Theilgesehwindigkeitcn veränderlich ist mit
der Weite und WaudbeschafTenheit der Röhre, ferner mit der mittleren Geschwindig-
keit, der chemischen Eigenschaft, und der Temperatur der strömenden Flüssigkeit. In
ein und demselben Strom soll jedoch die Curve der Geschwindigkeiten, bezogen auf
den Durchmesser der Röhre für alle Querschnitte dieselbe sein , d. h. es soll die
Geschwindigkeit eines Stromfadens vom Beginn bis zu seinem Ende unveränderlich
bleiben ; demnach würde der gradlinige Strom, welcher ein cyUndrisches Rohr ausfüllt,
zusammengesetzt sein aus zahlreichen in einander steckenden Cylinderraänteln , von
denen jeder einzeln eine constante Geschmndigkeit besitzen würde.
Von der mittlem Geschwindigkeit gilt erfahrungsgemäss folgendes: l" die Ge-
schwindigkeit steigt, wie die Druckhöhen, welche auf den Flüssigkeiten lasten, so
dass entgegen dem Ausfluss aus Mündungen durch dünne Platten bei einem Aufsteigen
der Druckhöhen von 1 zu 4 zu 9 zu 16 u. s. w. , die Geschwindigkeiten wie diese
Zahlen und nicht wie 1, 2, 3, 4 u. s. w. anwachsen. — 2" Alles andere gleichgesetzt,
nimmt die mittlere Geschwindigkeit ab, wie die Längen der Röhren zunehmen. —
30 Weniger einfach ist die Beziehung der mittleren Geschwindigkeit zu dem Durch-
messer; im Allgemeinen ist durch mannigfache hydraulische Beobachtungen, insbeson-
dere durch die von Gerstner, Young, Girard, Poiseuille und Volkmann
») M^moires de l'Institut 1813—16. 285. — Poegendorf, Annnlon 1. c.
••) Rocherchoa oxpdrlmontHlcs relatives nu niouvemcnt etc. Par, 1857. (XV. Bd. der Memoiren
der Pariser Altudcmie.)
Spannung in geraden Cylindcrröhren.
57
festgestellt, dass in weiten Eöhren die Geschwindigkeit geradezu abnimmt wie der
Durchmesser, in sehr engen aber wie das Quadrat des Durchmessers ; in Eöhren mitt-
eten Kalibers nimmt die Geschwindigkeit nach irgend einer andern Potenz des Durch-
nessers, die in der Mitte zwischen den erwähnten liegt, ab. Die Grenzen der Durch-
nesser, für welche die eine oder andere Angabe giltig ist, sind nicht ermittelt worden. —
[° Die Geschwindigkeit nimmt zu, wenn die Temperatur der Flüssigkeit wächst, und
-.war in engen Röhren beträchtlicher, als in weiten. Diese Beobachtung Gerstners*)
ist von Girard, insbesondere aber für sehr enge Eöhren von Hagen und Poi-
ieuille erweitert worden, welche für Wasser, in Glas und Kupfer strömend, den
jmpirischen Coefflzienten des TVachsthums gefunden haben. Dieser letztere kann jedoch
lur auf die erwähnten Stoffe und nur für sehr enge Eöhren angewendet werden, da
lach Girard mit der Flüssigkeit und bei weiten Eöhren mit dem Durchmesser sich
uuch der von der Temperatur abhängige Geschwindigkeitsverlust ändert. — 5" Die Ge-
chwindigkeit ist ferner veränderlich mit der Zusammensetzung der Flüssigkeit; Du-
iiuat, Girard**), Poiseuille***). Wesentlich unterscheiden sich die Flüssigkeiten,
e nachdem sie die Eöhxenwand benetzen, oder dieses nicht thun. Wir berücksichtigen
lur die ersteren. Für sie ist festgestellt; a) die Geschwindigkeit in jeder Flüssigkeit
unter Voraussetzung gleicher Druckhöhen und Eöhrenweiten) ist unabhängig von dem
UoiF, aus dem die Eöhrenwand besteht; namentlich hat Poiseuille Glas, Metall
ind die Membranen der Blutgefässe hierauf untersucht. — b) Die verzögernde Kraft
ider, wie man gewöhnlich sagt, die Eeibung einer Flüssigkeit ist unabhängig von dem
pezifischen Gewicht, der Dünnflüssigkeit, der Capillarattraction u. s. w. — c) Die
teibung des Wassers oder Blutserums wird wesentlich geändert durch geringe Bei-
aengung von Salzen, Basen oder Säuren. — Von den besonderen Bestimmungen Poi-
eeuille's heben wir hervor: das Serum des Ochsenbluts fliesst, alles Uebrige gleich-
i-esetzt, nahebei noch einmal so langsam, als reines Wasser, und faserstofffreies (Blut-
örperchen haltendes) Ochsenblut fliesst dreimal langsamer, als Serum. — Im Allge-
leinen erniedrigt ein Zusatz von Neutralsalzen zum Wasser die Eeibung, wahrend sie
lurch Zusätze von Basen und von Säuren (eine Ausnahme machen unter letztem nur
lausäure und Schwefelwasserstofl) erhöht wird ; ein Zusatz von Ammoniak zum Serum
erniedrigt dagegen die Eeibung desselben. —
Spannung. Man hatte bis dahin angenommen, dass der . Seitendruck aller der
tromfäden gleich sei , welche einen und denselben senkrecht zur Strorarichtung ge-
ihrten Querschnitt ausfüllen; diese Annahme hat sich jedoch als fehlerhaft erwiesen;
enn wenn man ein Manometer, dessen dem Strom zugekehrte Mündung senkrecht gegen
ie Eichtung desselben steht, von der Wand aus gegen die Stromachse führt, so sinkt
er Druck hiebei sehr auffallend (Darcy, C. Ludwig und Stefan) f); ebenso kann
uan durch ein Eohr, welches die Wand - und Achsenfäden eines und desselben Strom-
bhnittes verbindet, wie es die Fig. 9 (s. folg. Seite) angiebt, ein Fliessen des Wassers
on der Wand zum Eöhren-Centrum, in der Eichtung des Pfeiles erzielen, und endlich
ann man auf zwei diametral entgegengesetzten Wandstellen verschiedene hoho Wasser-
läulen aufsetzen, ohne dass sich der Druck durch den Strom hindurch ausgleicht,
Ludwig und Stefan).
•) Gilberts Annalen <lcr Physik. V. üd. 100, — Die Uoboroinstimmung zwisclicii dorn Coeffl-
enton von Hagen und Po i s e u 1 11 e ist dargelegt in Dovos Kepcrtorium. V. Ud, p. 135.
•*) M^inoires de l'Institiit. 1816.
••) Annalcs de clilm. et piiysifiun. III. S^r. Hd. 7.
t) Wiener Sitzungsbericlito XXXU. Bd. 1858.
58
Spannung.
Bis dahin ist es noch nicht gelungen, das Gesetz der Druckabnahme von der
Wand gegen das Centrum in ihrer Abhängigkeit von den Dimensionen und Geschwin-
digkeiten des Stroms hinzustellen, weil die in den Strom geführten Manometer in
diesem selbst den wahren Druck sehr merklich ändern ; nur ganz im Allgemeinen lässt
Pig. 9.
sich sagen: bei gleichem Stromdurchmesser wächst der Unterschied des Seitendrucks
zwischen "Wand und Achsenfaden mit der mittlem Geschwindigkeit; denkt man sich
ferner den Durchmesser der Köhre in beliebig viele, aber unter einander gleiche
Stücke zerlegt, so ist immer das der Wand zunächst gelegene Ende eines solchen
Abschnitts mit einem hohem Drack versehen, als das dem Centrura zugewendete, und
der Unterschied des Drucks, den beide Enden gewahren lassen, ist um so grösser, je
näher sich das in Betracht gezogene Stück an der Wand befindet, d. h. es fällt der
Druck in der Nähe der Wand rascher als gegen die Röhrenachse hin ab ; femer ist
OS wahrscheinlich, dass die Curve der Seitendrücke, aufgetragen auf die Eöhrenläng«
als Abszissenachse, in ein und demselben Strom für alle Plüssigkeitsfäden parallel
bleibt, oder anders ausgedrückt, dass, wie entfernt auch der Querschnitt eines Stromes,
den man beobachtet, von der Einflussmündung sein mag, doch immer der Unter-
schied des Seitendrucks zwischen Wand und Achsenstrom gleich gross ist. Da nun
der Wanddruck , mag er an der Einflussmündung noch so hoch gewesen sein , an der
Ausfiussmündung Null wird, der Unterschied zwischen Achsen und Wanddruck
aber, je nach der mittlem Geschwindigkeit, auf hunderte von Millimeter steigete
kann, so muss es im. Verlauf des Stroms immer einen Punkt geben, an welchem der
bis dahin positive Seitendruck des Achsenfadens durch Null hinduroh zu einem nega-
tiven Werth gelangt, der um so mächtiger anschwillt, je mehr sich der Strom seineiü
Ende nähert.
Da man bisher allgemein annahm, dass die einen und denselben Querschnitt durch-
setzenden Stromfäden gleiche Spannung besässen, so hat man sich in allen altem Beob"
achtungen begnügt, dem Seitendruck des Wandfadens, den man sicher und leicht be^
stimmen konnte, zu messen und seine Veränderungen aufzusuchen; aus den bis dahin
gewonnenen Messungen ergiebt sich nun : l* die Spannungen des Wandfadens nehmen
vom Anfang bis zum Ende des Stromes nach einer geraden Linie ab; graphisch würd
sich dieses folgendennassen ausdrücken lassen: gesetzt es läge (Fig. 10) bei A der An
fang und bei E das Ende des gradlinigen Wandstroms A E und man errichtete auf ih-l
hei A, a, a' , a" und ^Manometer, so würde z. B. die den Druck messende Plüssigkeits-
säule in yl bis 3, in a bis b, in a' bis b', in a" bis b" und in ^ um eine nicht
mehr messbare Höhe steigen. Verbindet man die obem Enden aller dieser Höhen durch
eine Linie, so würde man finden, dass dieselbe eine gerade wäre. Hätte man, wie es
hier geschehen, die Manometer in gleiche Abstände gestellt, so würden also die Höhen'
Spaimimg.
59
unterschiede des Wasserstandes in je zwei auf einander folgenden Manometern BC, bc,
b'e', b"c" einander gleich sein. Es bedarf nach diesem kaum der Erinnerung, dass
rig. 10.
C
h
c'
a'
der Spannungsunterschied zwischen den Manometern am Anfang und Ende geradezu
vächst, wie die Länge der letztern. 2" Die Steilheit des Abfalls dieser Graden, oder,
was dasselbe sagt, der Spannungsunterschied für die Längeneinheit wächst mit der mitt-
fieren Geschwindigkeit des Stroms. Nennen wir den Spannungsunterschied auf der Längen-
iiinheit w und die mittlere Geschwindigkeit v, so lässt sich rücksichtlich der Beziehung
fler beiden Grössen noch aussagen : Wenn die Geschwindigkeit des Stromes von 0 bis
löO M.M. in der Sekunde wächst, so ist der Spannungsunterschied w = ar, d. h.
leich der mittleren Geschwindigkeit multiplizirt mit einem empirisch zu bestimmenden
Koeffizienten, der kleiner als die Einheit ist. Wenn dagegen die Geschwindigkeit über
00 M. M. anwächst, so ist der Spannungsunterschied w = av -)- bv^, d. h. gleich der
jeschwindigkeit multiplizirt mit dem frühem Coeffizienten mehr dem Producte aus
lern Quadrate der Geschwindigkeit in eine andere ebenfalls empirisch zu bestim-
nende Zahl, die kleiner als die Einheit ist. — 3° Der Spannungsunterschied
lindert sich femer mit der mechanischen Beschaffenheit der Wandfläche , an der der
l>trom hingeht. Wenn ein Strom von mehr als 100 M.M. Geschwindigkeit an einer
inebenen Wand hingeht, so verschwindet aus der Gleichung für w das erste Glied der
echten Seite, so dass w = bv^ wird. Diese Erfahrung scheint zu bedeuten, dass der
/'oef&zient, welcher mit dem Quadrat der Geschwindigkeit multiplizirt in die Gleichung
bür w eintritt, abhängig ist von den Stössen, welche die Flüssigkeit gegen die Her-
orragung in der Wand ausführt. — Das Verschwinden von av oder das von bv- aus
er Gleichung für w will natürlich nichts anderes sagen, als dass in dem einen oder
ndem Fall der Coeffizient a oder b gegen den andern so klein wird, dass das ihn
nthaltendc Glied in der Rechnung ohne Schaden gegen das andere vernachlässigt wer-
ben kann. — 4" Von der chemischen Beschaffenheit der Röhrenwand, vorausgesetzt,
asB nur ihre Glätte gleich ist, ist der Spannungsunterschied unabhängig. — 5" Der
pipannungsunterschied wächst, alles andere gleich gesetzt, wenn der Durchmesser der
•löhre, in welcher der Strom geht, abnimmt.. Die ältere Foi-mel von Prony erörternd,
aat Darcy, nach seinen ausgedehnten Untersuchungen für dieses Abhängigkeitsvorliält-
iss, folgende Regel aufgestellt ; bezeichnet R den Halbmesser der Röhre und ist in dem
lusdruck av das a = a-f und ^,y2 b = a' -j- — , wo «, /S, a' und /9' em-
R
R'
t irisch zu bestimmende Zahlen bedeuten, so gestaltet sich das Abhängigkeitsvorhält-
iss zwischen w, R und v so, dass Rw = -j- 0 v + + v* wird.
Aus dieser Regel lässt sich auch eine physiologisch wichtige Ableitung machon.
lena wenn der Strom langsam durch eine glatte Röhro läuft, so ist dem obigen (2»)
60
Verlust des Stromes an Arbeit.
entsprechend Rw = ^« -|- y. Wird nun die Röhre eng also R sehr klein, wie
dieses z. B. in den Capillargefässen des Menschen geschieht, so gewinnt in der Rech-
ß
nung das — ein solches Uebergewicht über «, dass das letztere ohne Schaden ver-
nachlässigt werden kann; es geht also die Gleichung in Rw = |- v über, oder es
R
ß
wird w = ^ V. Das heisst in Worten , der Spannungsunterschied wächst in engen
glatten Röhren und bei Strömen geringerer Geschwindigkeit umgekehrt, wie das Qua-
drat des Röhrendurchmessers, ein Ausdruck, welchen die Erfahrungen von Girard,
Hagen und Poiseuille bestätigt haben. Wird dagegen die Röhre weit und der
Strom rasch, so verschwindet (nach 2") das erste Glied der rechten Seite und es ist
(ß'\ ß'
«' "H ^7 ) Da nun aber, wenn R gross wird ^ gegen a' zum Verschwin-
der Spannungsunterschied umgekehrt wie der einfache Durchmesser. — 6" Der Span-
nungsunterschied ist endlich von der Temperatur und der chemischen und mechanischen
Zusamraonaetzung der Flüssigkeit abhängig und zwar wächst er mit den die Reibung
befördernden Eigenschaften der Flüssigkeit, worüber die bei der Geschwindigkeit des
Stroms in geraden Röhren unter 5" mitgetheilten Erfahrungen zu vergleichen sind.
Verlust des Stroms an Arbeit. Der Strom erleidet beim Durchgang durch
die Röhre einen Vorlust an Kräften; die Grösse dieses Verlustes auf der Längenein-
heit ergiebt sich aus dem Unterschied der Ki'äfte, welche die den Querschnitt erfül-
lende Masse &vx Beginn und am Ende der Längeneinheit besitzt. Um den Werth der
Arbeit an beideu Orten zu finden inuss man daselbst die Masse, die mittlere Geschwin-
digkeit und die mittlere Spannung des Stroms kennen. Setzen wir die Masse, welche
wegen der Gleichheit des Querschnitts an beiden Orten dieselbe ist, = m, die mittlere
Geschwindigkeit am Anfangsquerschnitt und am Endquerschnitt, welche ebenfalls dieselben
sein müssen, gleich v, unij, nennen wir die Spannung des Anfangschnitts h und die des
Endschnitts h' und endlich die Beschleunigung der Schwere g, so wird der Verlust an
Arbeit x = m -\- gh^ — m — [- gh'^ = mg (h — h') sein, oder in
Worten, es war die Einbusse an Arbeit gerade zu durch den Unterschied der mittleren
Spannungen auf beiden Querschnitten gegeben. Wollte man nun aber dazu schreiten,
für einen bestimmten Fall den Kraftverlust auszuwerthen, so würde ein solches Unter-
nehmen daran scheitern, dass wir die mittlere Spannung auf einem Querschnitt nich
anzugeben vermöchten.
Die Anordnung der Masse im Innern eines Stromes hat man sich nach den g
machten Mittheilungen so verwickelt zu denken, dass man vorerst darauf verzichte
muss, nähere Angaben über dieselbe zu machen. Die am meisten auffallende Thatsach
dass der Strom nicht durchweg von den Orten höheren zu denen niederen Druck
gerichtet ist, kann wie es scheint ihre Erklärung nur in der Trägheit der die Flüssi
keit zusammensetzenden Massen finden.
2. Gleichweite, gebogene Röhren. Zu den bei geraden Röhren betrachte
ten Hemmungen der Geschwindigkeit kommen noch die Stösse, welche der Stro
gegen die Wandungen ausübt und die von der Centrifugalki-aft herrührenden Pressun
den kommt, so ist hier Rw = «
' v^ und w = ^ V* d. h. es wächst in weiten Röhren
Gleichwoite, gobogeno Röhren.
61
;eTi. Der Einfluss dieses letztern Momentes wächst bekanntlich wie das Quadrat der
Jeschwindigkeit, und umgekehrt, wie der Durchmesser des durchlaufenen Ki-eisbogens.
.)ie Grösse der Hemmung aber, welche von dem Stoss gegen die winklig gebogene
Tandung abhängt, ist veränderlich a) mit der Gradzahl des Winkels, in der Art, dass,
. eiin er von 0" auf 1800 steigt, der Widerstand von einem Maximum auf ein Mini-
lum abfällt. Mit welcher Funktion des Winkels dieses aber geschieht, ist unbe-
annt •) ; b) zum zweiten wächst aber die Stromhemmung in der Winkelbiegung mit
lern Quadrat der Geschwindigkeit, was nach dem Frühem keiner Erörterung bedarf. —
)iä Hemmung ist eine beträchtlich geringere, wenn die Biegung statt eine plötzliche
u sein, sehr allmählig geschieht. Der Grund für diese Erscheinung liegt darin, dass
lei plötzlichen Biegungen (2 3 in der Eöhre A E Fig 11.) hinter der vorspringenden
Fig. 11.
.ante eine wirbelnde Stelle entsteht, die an der Strömung keinen Antheil nimmt; es
rerengert sich demnach das Sti'omrohr gleichsam. —
Dieser verlangsamten Bewegung entsprechend wird die Flüssigkeit in den auf die
Öhre gesetzten Manometern ansteigen und zwar werden, wenn man die Manometer
ifsetzen würde in 1, 2, 3, 4 die Steigungen nach dem Gesetz der unter der Eöhre
Bzeichneten Curve geschehen. Beginnen wir vom Ende des Eohrs (^), so würde von
nach 3 dem Frühem gemäss, je nach der Eöhrenweite und Stromgeschwindigkeit,
Aufsteigen mehr oder weniger allmählig auf der geraden Linie a h erfolgen, dann
L-ürde plötzlich in der Winkelbiegung von h nach c ein sehr rasches Aufsteigen ge-
ühehen, in Folge der besondem Widerstände, die sich hier häufen, und hinter dieser
legung, wenn das Rohr wieder gerade fortläuft, wird sich auch das allmählige Auf-
»igen c d wieder einstellen. In dem Gang der Linie, welche die Nivoaux der Flüs-
fcgkeit in den verschiedenen Manometern verbindet, findet sich also ein plötzlicher
mick, oder wie man auch sagt, ein ausgezeichneter Punkt. —
•) Siehe hierüber fUr einzelne Fälle empirischer Gesetze: Ton du Bunt, bei Eytelwoin,
»«ndbnch der Meclinnik und Hydraulik. 3. Aufl. 1843. 172. — Volkmiinn, Hnemodyimmlk. p. 61.
^WeisHbach, Lehrbuch der Ingenieur - und Mnschinenmochnnlk. 1. Bd. 18.50. 548.
62
Unglcichwoito Röhren.
3. Ungloicli w oite llöhreu. Wir beaclirttiikeii uus auf die Betrachtung der
beiden Fälle, wo eine Erweitung in eine Verengung übergeht, und wo eine Erweite-
rung von zwei verengten Stellen eingeschlossen wird.
a. Die Erweiterung mit darauffolgender Enge (Fig. 12). Die mittlere Geschwin-
digkeit im KohrstUck £ wird zu der in A in dem umgekehrten Verhältniss ihrer Quer-
Fig. 12.
a
schnitte stehen. Diese
verhalten sich aber wie
die Quadrate der Durch-
messer. Beim Ueber-
gang aus dem weiten in
das enge Bohr schiessen
die Flüssigkeitsstrahlen
allseitig zusammen ; wo-
bei sich die Strömung
in den Ecken des gros-
sen Rohrs in Wirbel d
umsetzt. — Die Curvc
b d e
der Spannung aufgetragen auf die Eöhrenachse wird in JB von e bis d gleichmässig
aufsteigen, von d bis b ungleichmässig , aber rascher als in d e, wegen des erwähnten
Zusammenstosses der Theilchen und von b bis a gradlinig, aber viel allmähliger, als
in e d. — Der absolute Werth, welchen die Spannung in dem Abschnitt d b gewinnt,
ist abhängig von der Triebkraft der Flüssigkeit und von dem Verhältniss der Quer-
schnitte von A und B.
b. Erweiterung zwischen zwei Verengerungen (Fig. 13.)- Die Bahnen, welche die
flüssigen Theilchen, so weit man darauf schliessen kann, aus den in dem Strom ge-
worfenen Bärlappsamen, sind in der Fig. 13. durch die getüpfelten Linien angedeutet;
nachdem die Stromfäden im Rohr A parallel der Achse verliefen, erweitert der fort-
schreitende Strom nur allmählig sein Bett bis er das ganze Rohr ausfüllt; in dem
Fig. 13.
d
e
, • 1
5
Trichter, der zwischen der Einflussmündimg in das weite Rohr bis zum Anschluss d
Sti-oms an die Wandungen der letztern liegt, bewegen sich die Theilchen nicht bloss
in, sondei-n auch senkreht gegen die Richtung des Stroms, indem sie annähernd senk-
recht zur Eöhrenachse auf und abschwingen. Zwischen dem Trichter und der Wand
liegen aber stehende Wirbel, deren Längenschnitt bimförinig nach Art der gezeichne-
ten Figuren w w' sich darstellt. Am Uebergang der Erweiterung in die Verengung
Verzweigte llöliren.
63
erhalten sich die Bewegungsrichtungen, wie sie auch schon in der vorigen Figur an-
ägeben wurden. — An der Grenze des engen und weiten Rohrs, bis zur grössten
r rweiterung des Stromtrichters , gestaltet sich der Druck in einer zur Eöhrenachse
i: nkrechten Eichtung so, dass er innerhalb der beiden Grenzwirbel beträchtlich höher
(,3 im Stronitrichter ist. Setzt man aber fortlaufend auf die Wand den Manometer a
•defg, so erhält man Druck, welcher nach dem in der Curve 1, 2, 3 ... 7 darge-
'.?Uten Gesetz sich ändert. Eine Theorie für dieselbe läset sich nicht geben.
Aus diesen Mittheilungen lassen sich mancherlei Folgerungen ziehen, von denen
rir zwei wegen ihrer praktischen Bedeutung hervorheben. Sie beziehen sich auf die
'aränderungen , welche ein Strom in einer Eöhre erfährt, dessen Aus- oder Einfluss-
uiindung verengert worden ist.
Setzen wir also, es sei in einem überall gleichweiten Eohr Spannung und mittlere
rtschwindigkeit bestimmt worden, und es werde nun plötzlich die Ausflussmünduug
■ s Eohrs verengert, während die am Einfluss desselben wirksamen Kräfte unverändert
toalten würden , so wird offenbar in dem Eohr die Stromgeschwindigkeit abnehmen
dd dafür sich die Spannung erhöhen. In der verengten Ausflussmündung muss da-
IS|en die Geschwindigkeit steigen, jedoch nicht in dem Verhältniss, in welchem der
Me^sohnitt abgenommen hat , so dass der nun raschere Strom aus der engen OelFnung
kiht soviel Flüssigkeit fördert, als dieses der langsamere aus der weiten vermochte.
6 Nothwendigkeit dieses letztern Ergebnisses sieht man gleich daraus ein , weil in
1 m. Theil der Eöhre , dessen Durchmesser unverändert erhalten wurde , die Strorage-
nwindigkeit abgenommen hat. Der physikalische Grund hierfür ist aber darin zu
sjhen, dass die Flüssigkeit in der engen Mündung durch Eeibung mehr an ihrer
elendigen Kraft einbüsst, als dieses in der weiten geschah. — Verengert man aber,
uhrend in dem Eohr von den bezeichneten Eigenschaften die Ausflussmündung un-
iiändert erhalten wurde, die Einflussmündung, so wird in dem unveränderten Stück
unnung und Geschwindigkeit abnehmen, und zwar darum, weil die lebendigen Kräfte
jbs einzelnen eintretenden Theilchens durch Eeibung mehr, als früher abgeschwächt
cfden, und weil zugleich die Masse der Flüssigkeit, welche an der Einflussmündung
fragt wird, abnimmt.
4. Verzweigte Eöhre n. Von den zahlreichen Formen, welche durch die
fzweigung der Ströme hergestellt werden können, berücksichtigen wir nur diejeni-
, , bei denen ein ursprünglich einfaches Eohr sich theilt und wieder in ein ein-
«es Busammenläuft. Die mitgetheilten Thatsachen sind von Volk mann beobachtet.
Vergleicht man die Erscheinungen eines Stroms im verzweigten Eohr mit denen
1 unterzweigten , so kann man behaupten, dass ein und dieselbe Menge Flüssigkeit,
tehe mit gleichen lebendigen Kräften begabt, an der Einflussmündung anlangte, auf
um Lauf durch ein gleich langes Wegstück des verzweigten Eohrs mehr von ihren
wndigcn Kräften einbüsst, als in einem uuverzweigten. Dieses ergiebt sich sogleich,
I Iii man bedenkt, dass im verzweigten Eohr im Verhältniss zum Inhalt eine grössere
dodflächc vorhanden ist, als im unverzweigten, und ferner, dass im verzweigten
ir nothwendig Winkelbiegungen vorhanden sein müssen, die dem unverzweigten
t.en können. Dieser einfachen Betrachtung entsprechend wird die Hemmung in
um Eöhrensystem von gleichem Querschnitt und gleicher Länge in einem raschen
Mltniss steigen mit der Anzahl der Einzelröhron , auf welchen dieser Querschnitt
«heilt ist. /
f Eücksichtlich des Verhältnissos der Geschwindigkeit gilt in einem verzweigten
►rensystcm allen das, was fUr das un verzweigte behauptet wurde, d. h. es nimmt in
64
Verzweigte Röhren.
dem Strom die Geschwindigkeit ab, wenn der Querschnitt zunimmt und un
gekehrt.
a. Ebenmässig verzweigte Köhren (Fig. 14). Wir nehmen an, dass die
einzelnen Stromglieder ABOB von tiberall gleichem Querschnitt seien und dass die
Schenkel B und C gleiche Krümmung und gleiche Länge besitzen. — Da der Strom
grosses Bett, als in A oder B hat, so wird er in dem
in BC ein noch einmal so
letzten Abschnitt doppelt
so geschwind wie in B
und C laufen. — Ver-
folgen wir die Curve der
Spannung , indem wir
hierbei vom Ende di -
Stückes B ausgehci.
so werden wir finden
dass sie in B aUmählig i
anwächst (von / bis e), 1
dann hinter der Müii
dungsstelle beider KöL
ren in dem einfachei
Hohr (bei d e) plötzlich
ansteigt, weil hier die
Ströme zusammenstossen ; durch C und das gleichartige B wächst sie aUmählig wegen
der geringen Geschwindigkeit {d bis c). Bei b c kreuzen sich nun die Einflüsse; ein-
mal nämlich stösst sich der aus A kommende Sti-om an die entgegenstehende Wanduni
und darum muss die Spannung hier steigen, dann aber erweitert sich auch der Strou
plötzlich und darum muss an diesem Orte die Spannung sinken ; je nach dem Ueber-i
gewicht des einen oder andern Momentes muss also hier eine Steigerung oder eiii
Sinken der Spannung resultiren. In der gezeichneten Curve ist darum dieser Abschnit]
mit einer horizontalen Linie dargestellt. In dem Stücke A endlich muss die Spannu
wieder wie in B anwachsen.
b. Asymetrische Eöhren Verzweigung (Fig. 15 und Fig. 16). — In den
ersten Fall geben wir allen Eöhrenstücken gleiche "Weite. Um Wiederholungen zu ver
meiden, betrachten
nun das verzweigt^
Stück von dem Punkt <
bis zu b, d. h. von ded
Stellen, wo sich di^
Ströme trennen, bis
dem, wo sie aufeinanl
derstossen. — An de
beiden Enden de|
Schlinge ist offenba
die Spannung der aui
beiden Köhren komme:
den Flüssigkeitsmassel
ausgeglichen. Geset
es sei uns der Werth dieser Spannung bei a und b gegeben, so würden wir
zwei Abszissenachsen von der Länge der Röhren B und C = ab und ab' legen, un
Verzweigte [{öliren.
65
uf Jen Endpunkten a, b, b' die gegebenen Spannungen auftragen. Eine Verbin-
ungslinie von b und b' nach a würde eine ungefähre Vorstellung von dem Ver-
ruf der Spannung auf dem langen und kurzen Rohrstück geben. Wir sagen eine
ifigenäherte Vorstellung, weilin dieser Curve einige besondere Punkte nicht berück-
chtigt sind, welche sich durch Zusaramenstoss und Auseinanderweichen der Flüssig-
eiten u. s. w. bilden. — Das Verhältniss der Geschwindigkeit in den beiden Armen
it dadui-ch bestimmt, dass die Curve der Spannung in dem Röhrenstück C steiler aus-
illt , als in B ; sie muss in C grösser sein , als in B , weil im Rohre von gleichem
uuerschnitt die Steilheit der Spannungs-Curve wächst mit der Geschwindigkeit.
in dem andeni Fall (Fig. 15.) ist den verzweigten Stücken gleiche Länge, aber
n ungleicher Durchmesser gegeben worden.
Bei einer ähnlichen Anordnung, welche Volk mann beobachtete, fiel die Curve
er Seitendrücke von a nach d in B zuerst (zwischen a und e) allmählig und gegen
HS Ende (zwischen c und d)
Rohrs sehr steil ab ;
C fiel sie zuerst sehr
feil, dann langsamer als
. B und schliesslich wie-
\vc sehr steil , aber aber-
als weniger rasch als in
ir entsprechenden Stelle
)n B ab.
Die vorliegenden Beob-
htungen genügen , um
zuleiten , was eintritt,
nun man in einem ver-
'feigten Rohr plötzlich
neu Ast verstopft, oder
• neu bis dahin verstopften öffnet; vorausgesetzt, dass die Kräfte, welche an der Ein-
issstelle wirksam sind, unverändert bleiben. Wir wollen zur beispielsweisen Betrach-
ng ein symmetrisches pjg
)hr (Fig. 17.) wählen,
f enn dem Strome beide
ihren geöffnet sind, so
.rd die Curve der
«annung bekanntlich
Fig. 14.) das durch
■» e d dargestellte Ge-
iz, inne halten, wobei
.8 Stück bc gleich-
ässig für die beiden
t38te B und C gilt.
■3rschlie88t man dar-
f den Anfang von 0
i Z, so muss der
rom nun durch B
hen und die Flüssigkeit in O zur Ruhe kommen ; in diesem letztern Schenkel wird
mnach die Spannung überall einen gleichen Werth annehmen und zwar denjenigen,
Ludwig, Physiologie II. 2. Aiiilnge. 6
66
Elastische Röhren.
welchen der Strom ABB & n der Stelle besitzt wo der todte Schenkel 6' in ihn
mündet; pr wird sich ganz wie ein Manometer verhalten. In dem Rohr ABL wird
nun der Strom, da er in einem überall gleichweiten Bett fliegst, eine Spannung an-
nehmen, die annähernd vom Anfang bis zu Ende nach einer geraden Linie etwa wie
ad abfällt; das einzige unbestimmte , welches nun noch bleibt, liegt in der Steilheit,
mit welcher a d absteigt. Die Erfahrung hat nun dafür entschieden (Volkmann),
dass, wenn im unverstopften Rohr die Spannungscurve wie a bc d, sie im verstopften
wie aed läuft, d.h. es ist nach der Verstopfung die Spannung in allen den Röhren-|
atflcken, die zwischen der Einflussmündung und dem verstopften Orte liegen, erhöht,]
und es erstreckt sich diese Erhöhung auch noch ein Stück jenseits der letzten Stelle;!
von da ab fällt dann die Spannung unter diejenige, welche der Strom im unverstopf-l
ten Rohr besass. Die theoretische Rechtfertigung hierfür ist dadurch gegeben, dassl
die Stromgeschwindigkeit in dem unverstopften Rohr wegen der relativ geringeren!
Menge von Hemmungen grösser als in dem verstopften ist. Bleiben sich aber in bei-l
den Fällen die an der Einflussmündung wirkenden Kräfte gleich , so muss der Kraft-l
antheil, der zuerst auf die Geschwindigkeit verwendet wurde , nun als Spannung auf-j
treten.
Bei einigem Nachdenken dürfte es nun gelingen , auch andere verwickelte PällS
abzuleiten, wenn die Bedingungen derselben mit hinreichender Genauigkeit gegeH
ben sind.
5. Ströme durch elastische, leicht dehnbare Röhren*). Bis dahinl
sind nur Ströme durch Röhren in Betracht gezogen, deren Wandungen, wenn ausU
elastisch, doch so wenig ausdehnbar angenommen werden konnten, dass die VeränH
derung des Durchmessers, welche sie durch die Spannung der strömenden PlüssigkeiS
erfuhren , vernachlässigt werden konnte. Anders verhalten sich die Ströme, welche im
Rohr mit ausdehnbaren Wandungen verlaufen. Indem wir zu diesen letztem übew
gehen, werden wir aber nicht, wie bisher, unsere Untersuchung beschränken aiu
Ströme von einer während der Beobachtungsdauer gleichbleibenden Spannung und Qe-j
schwindigkeit , sondern zugleich Ströme, in denen diese beiden Eigenschaften verätt]
derlich sind, in Betracht ziehen.
a. Gleichmässige Ströme in ausdehnbaren Röhren. Wenn wir vorJ
aussetzen, dass das elastische Rohr vor Beginn des Stroms in Ruhe gewesen sei, mil
andern Worten , dass es den Durchmesser und die Länge angenommen habe , welchJ
ihm in Folge seiner elastischen Kräfte zukonunen, so muss mit dem Beginn des StioJ
mes sich der Dnrchmesser und die Länge des Rohrs ändern , und zwar in Folge dei
Spannung, welche sich jedesmal in einer Flüssigkeit entwickelt, die sich in eine
von Wandungen umgebenen Raum bewegt. Der Umfang dieser Ausdehnung wird ab«
abhängen von der Grösse der Spannung, der Ausdehnung der Wandung und dem Wen
ihres Elastizitätscoefflzienten.
Die Grösse der Spannung in der Flüssigkeit ist , wie wir wissen , zu bemesse
nach den Triebkräften , welche die Flüssigkeit in Bewegung setzen , ihrer Reibungl
ihrem Anstoss gegen die Röhrenwand u. s. w. - — Die Ausdehnung der Röhrenfläche
Icommt aber in Betracht, weil hierdurch die Summe der Drücke, oder anders ausgej
'' ■
iji,' *)>E. H^mnd.W. Weber, Wellenlelire nncli Versuche». Leipzig 1825. — H. Frey
' einer ./lliÄfi^aS'äWellenb^ ........ u....
;"SS*p''?80. — i^^H.iAV e b e'i'"'{^^ Anwendung der Wellenlehre
*■ oische Cla3He™K
Versucl
MUllers Archiv. 1845. — Volk mann, HaemodynamU
Leipziger Berichte. Matheniat. phJ
Ungleichinässiger Strom in dehnbaren Eöhren.
67
drückt, das Gevricht bestimmt wird, welches die Röhrenwand nach Länge und Quere
zieht; denn es ist dieses Gewicht gleich dem Produkt der Spannung in der Flächen-
j ausdehnung , auf welche der Druck wirkt. — Dass schliesslich die Ausdehnbarkeit in
i Betracht gezogen werden muss , versteht sich von selbst. Insbesondere ist aber auch
• noch Rücksicht zu nehmen auf die Veränderlichkeit derselben mit der wachsenden
Spannung (siehe Bd. I. p. 53.) und auf die Ungleichheit der Ausdehnbarkeit nach ver-
sschiedenen Richtungen (der Länge und dem Umfang des Rohrs), wie sie sich in un-
V gleich angeordneten, festen Massen immer vorfindet. — Die Gestalt, welche die ge-
• spannte Röhre annimmt und die Ausdehnung, welche sie unter einer gegebenen Span-
:!nung erfährt, hat Ad. Fick*) unter besonderen Bedingungen in Erwägung gezogen.
Von dem Augenblick an, in welchem der Strom in dem ausdehnbaren Rohr zu
«seinem Beharrungszustand , d. h. zu der Spannung und Geschwindigkeit gelangt ist,
«welche ihm während seiner Dauer gleichmässig eigen sein soll, wird er sich nun ver-
bhalten wie in einem festen Rohr von gleichen Dimensionen und gleichem Reibungs-
i'.coeffizienten. — Der Unterschied zwischen einem Strom in der ausdehnbaren und
micht ausdehnbaren Röhre bezieht sich also wesentlich auf die dem Strom sich anpas-
iisende Ausdehnung des Rohrs. Dieses schliesst die Folge in sich, dass das Ausströmen
iaus dem Röhrenende nicht in dem Momente erfolgt, in dem das Einströmen in den
»Röhrenanfang geschah, und ebenso, dass nicht in dem Augenblick das Ausströmen aus
l«dem Röhrenende aufhört, in dem das Einströmen in den Röhrenanfang unterbrochen
rwird. Man sieht den letzten für uns bemerkenswerthen Erfolg sogleich ein, wenn man
rerwägt , dass der Strom aus der Röhre auch nach geschlossener Einflussmündung erst
kdann aufhören kann, wenn sich dasselbe wieder um soviel verkürzt und verengert hat,
Iiis es durch den von der Einflu.ssmündung her erregten Strom erweitert und verlängert
t worden war.
b. Ungleichmässiger Strom in ausdehnbaren Röhren. Ein Strom
lin leicht dehnbaren Röhren kann aus vielerlei Gründen und auf mannigfache Art un-
: gleichförmig werden. Indem wir uns vom physiologischen Bedürfniss leiten lassen,
"beschränken wir uns auf die Betrachtung der Fälle, in denen eine rhythmisch wieder-
i'kehrende Steigerung oder Minderung der an der Ein- oder Ausflussmündung des
IRohrs wirkenden Kräfte, die Geschwindigkeit, Spannung und den Querschnitt des
iJJtroms nach einer regelmässigen, wiederkehrenden Zeitfolge ändern. Unsere etwas
'f erwickelte Betrachtung zergliedern wir in der Art, dass wir die Erscheinungen,
rwelche an der Wandung beobachtet werden, gesondert schildern von denen, welche
Ider Flüssigkeit eigen sind. Hierbei behandeln wir jedesmal gesondert die Vorgänge,
welche in zeitlicher Reihenfolge in ein und demselben Wandumfang oder Stromquer-
«jchnitt auftreten und darauf diejenige, welche gleichzeitig an verschiedenen Orten des
ötromrohrs sich geltend machen.
«. Die Voraussetzungen, die wir zuerst als erfüllt annehmen, bestehen darin,
«dasB in die Einflussmündung eines am Ausflussende stets offenen Rohrs eine mit der
iwachsendcn Zeit veränderliche Flüssigkcitsmengo einströme. Insbesondere soll die ein-
atrömende Menge mit der Zeit so veränderlich gedacht werden, dass während der be-
liebigen Zeiteinheiten, in welche die ganze Stromdauer zerfällt werden kann, die in
das Rohr gelangende Flüssigkeitsmenge mit dem Beginn einer jeden Zeiteinheit Null
ist, von da bis zur Hälfte der Zeiteinheit zu einem Maximum anwächst, und dann in
der zweiten Hälfte der Zeiteinheit wieder bis zu Null abnimmt. Die Kraft, welche
•) Med. Hiyitik |i. 7«.
5*
68
Wellenbewegung im elastischen Kohr.
während dieser Zeit jeder in das Kohr geworfenen Masseneiuheit zukommt, soll , wenn
nicht das Gegentheil angegeben, als gleich gross angesehen werden. — Die hier ver-
langten Bedingungen würden u. A. verwirklicht sein, wenn man einen horizontalen
Schlauch aus vulkanisirtem Xautschouk au eine steife Eöhre gebunden hätte, welche
in einen grossen Wasserbehälter mündete. Das Verbindungsstück zwischen dem Was-
serbehälter und dem Kautschouk müsste noch mit einem Hahn versehen sein, der in
regelmässiger Zeitfolge geöfiriet und geschlossen würde , während das Niveau der Flüs-
sigkeit in dem Behälter unveränderlich bliebe.
Erfahrungsgemäss erweitern und verlängern sich die der Eiuüussmündung zunächst
gelegenen Röhrenabschnitte, während ein solches Einströmen geschieht, mit dem
Ansteigen der eingeworfenen Flüssigkeitsmenge; sie verkürzen und verengem sich da-
gegen wiederum bis zu ihrem ursprünglichen Umfang, wenn in der zweiten Hälfte
der Zeiteinheit das eingeworfene Wasserquantuni wieder abnimmt. Auf dieser letztem
Lage verharren sie ruliig, vorausgesetzt, dass sie nicht durch einen neuen Stoss aus
derselben getrieben werden. In Folge dieser Bewegung der Wandtheilchen von dem
Ort, den sie bisher einnahmen, zu einem andern und ihrer Rückkehr zu der alten
Stelle, verändert sich zugleich die Spannung zwischen zwei zunächst gelegenen Theil-
chen, entsprechend der Ausdehnung und dem Ausdehnbarkeitsmaass der erweiterten
Wandungen. — Die so eben geschilderte Bewegung in den Wandtheilchen, welche der
Einflussmündung zunächst gelogen sind, pflanzt sich nun allmählig durch das ganze
Rohr hindurch fort in der Art, dass die von der Eiuflussmündung entfernten Theil-
chen immer etwas später gerade dio Wegrichtung einschlagen , in welcher kurz vorher
die vor ihnen liegenden gingen , so dass nach der Ausflussmündung hin die Wand
immer noch in Bewegung begriffen ist, wenn sie au der Eiuflussmündung schon zur
Ruhe kam. Bekanntlich nennt man eine solche Bewegung eines jeden Punktes eine
Schwingung, die Gesamnitheit aller durch einen Stoss von bestimmter Dauer gleich-,
zeitig in Bewegung gesetzter Theilchen aber eine Welle. — Die Länge des Wegs (der
Schwingungsumfang) , welchen jeder einzelne Wandtheil bei einer Wellenbewegung zu-
rücklegt , wächst mit der Nachgiebigkeit der Röhrenwand , mit der Geschwindigkeit^
und dem Volum der eingestosscnen Flüssigkeit (d. h. der Stärke des Stesses, den dasi
Theilchen empfangen kann) und den Widerständen für die Fortbewegung der letztere!«
im Rohre. — Obwohl sich nun , wie wir erfuhren , die Schwingung , vTelche ein ein-S
/.eines Theilchen ausführt , mit der Zeit verbreitet über alle übrigen , so erreicht sie«
doch nicht überall denselben Umfang; insbesondere steht fest, dass die Röhrenstücke,!
welche von der Flüssigkeit zuerst gestossen werden , eine grössere Ausdehnung erfah- I
ren, als diejenigen, welche gegen die Ausflussmündung liegen ; oder anders ausgedrückt,
es nimmt die Excursion der Welle von der Einfluss- zur Ausflussmündung des Rohrs
allmählig ab. Diese Abflachung der Welle bei ihrem Fortschreiten ist in engen und
gespannten Bohren merklicher, als in weiten (E. H. Weber). — Die Zeit, welche
vergeht zwischen dem Auftreten der Bewegung an einem gegebenen Orte und einem
andern von bekannter Entfernung (Fortpflanzungsgeschwindigkeit) scheint nur innerhalb
enger Grenzen abhängig zu sein von der Spannung der Wandung. Man schliesst hier-
auf aus den Beobachtungen von E. H. Weber, wonach in einem vulkauisirten Kaut-
schoukrohr von 27,5 MM. Durchmesser der von der Wellenbewegung in der Sekunde
durchlaufene Weg 11,470 Meter betrug, gleichgiltig , ob das Rohr unter dem Dmck
einer 3,5 oder 0,008 Meter hohen Wassersäule gespannt war. In einem Schaafdann
fand er dagegen dio Fortpflanzungsgeschwindigkeit so gering, dass der Wcitergaiig der
Welle mit dorn Auge beobachtet werden konnte; ähnlich wie im letzteren Fall vorhält
Bewegung der Wassertheilchen in den Schlauchwellen. 69
sich auch die Sache in einer weiten, dünnwandigen Kautschoukröhrc. — . Die Fort-
pflanzungsgeschwindigkeit ist, wie besonders hervorzuheben, an den dickwandigen Kaut-
.schoukröhren unabhängig von dem Volum und der Geschwindigkeit der in das Eohr
;-?estossenen Flüssigkeit. — Die Länge der Welle, oder der Abstand jener Wandtheil-
.:hen, welche genau in derselben Bewegungsphase, z. B. auf dem Maximum ihrer Er-
loebung , begriflen sind, ist abhängig von der Zeitdauer, während welcher der Stoss
iffirksara ist, und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit.
Die Kichtung, nach welcher sich die Wassertheilchen in Folge des wellen-
nrzeugenden Stesses in der Röhre bewegen, kann niemals der Längenachse dieser letz-
eeren parallel laufen , weil sich die Eöhre erweitert und verengert, indem die Flüssig-
keit in sie und aus ihr dringt; die Abweichung der Bewegungsrichtung von der grad-
r.inigen wird aber nur in dem besondern Fall bedeutend sein, wenn die Widerstände,
riirelche die Flüssigkeit nach der Längenachse des Eohrs findet , auffallend sind , wäh-
rend zugleich die Wand sehr nachgiebig ist. — Die Geschwindigkeit, welche dem
ninzelnen Theilchen , während es in einer Welle schwingt, zukommt, ist eine mit der
lieit veränderliche. In allen Fällen nimmt die Geschwindigkeit der Wassertheilchen an
«ler Grenze zwischen dem elastischen und dem steifen Zuflussrohr mit der steigenden
Oeffnung des Hahns zu und mit der beginnenden Schliessung wieder ab. Diese von
"füll zu einem Maximum aufsteigende und von da wieder zu Null abfallende Geschwin-
.ligkeit verbreitet sich nun allmählig durch den Inhalt des Rohrs und zwar den Ge-
setzen der Stossübertragung entsprechend , so dass in dem Maasse , in welchem neue
«fassen nach der Seite der Ausflussmiindung hin -in die Bewegung eintreten , andere
a)isher in ihr begrifiene zur Ruhe kommen. Indem sich nun die Bewegung vom An-
fang zum Ende des Wellenrohrs fortpflanzt, ändern sich aber die Unterschiede in der
iJesch windigkeit, welche dem einzelnen Theilchen zu verschiedenen Zeiten zukommen,
End zwar beobachtungsgemäss in der Art, dass mit dem Fortschreiten der Bewegung
tas Maximum der erreichten Geschwindigkeit geringer wird , mit andern Worten , es
i ähert sich die ungleichförmige Bewegung mehr und mehr der gleichförmigen an ;
äese Umwandlung der Bewegungsart geschieht, sovveit wir wissen, in engen Röhren
• oUkommener , als in weiten. — Die Grösse des Wegs , welchen ein Theilchen nach
■ er Längenachse des Rohrs zurücklegt , ist abhängig von dem Verhältniss des einge-
worfenen Flüssigkeitsvolums zu der Räumlichkeit des Röhrenquerschnitts. Da nun das
'ber die Wellenlänge und der Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Wandtheilchen Aus-
esagte zusammenfällt mit demjenigen des Röhreninhalts , indem die betrefi'enden Ver-
lältnisse der letzteren die der ersteren .bedingen, so ist es klar, dass die einzelnen
Ittssigkeitstheilchen in der Zeiteinheit einen viel kürzeren Weg zurücklegen, als die
Teile selbst. So wird z. B. , wenn wir annehmen , es sei in einer Sekunde so viel
lüssigkeit in das Rohr, wie es Weber benutzte, geworfen, dass sein Inhalt um
1,1 M. vorwärts geschoben worden wäre, in dieser Zeit die Bewegung durch Mitthei-
tmg des Stesses von einem zum andern Querschnitt um Ii, 7 M. fortgeschritten sein.
- Mit der Bewegung der Flüssigkcitstheilchen findet sich aber zugleich auch eine
-pannung zwischen ihnen ein , die aus bekannten Grundsätzen mit der steigenden Ge-
;jhwindigkeit zunimmt. Somit wandert auch durch die Flüssigkeit allmählig eine zu-
•nd abnehmende Spannung, wenn eine Wellenbewegung durch dieselbe läuft.
Nachdem wir uns das Wesentlichste des Thatsächlichen bemerkt haben, welches
1 einem möglichst einfachen Wellenschlauch vorgeht, wenn er von einer sog. Berg-
elle durchlaufen wird, wollen wir den inneren Zusammenhang der Erscheinungen,
isofem er für die Welle des Schlauchs ein besonderer ist, klar zu machen suchen.
70
Theorie der Schlauchwcllcn.
— Die erste Frage, welche wir uns vorlegen, besteht darin, warum und wie erweitert
sich durch die eingeworfene Flüssigkeit der Schlauch , und auf welchem Wege kommt
das Fortschreiten der Erweiterung zu Stande, während die zuerst bewegten Stellen
annähernd in ihre erste Lage zurückkehren, um dort in Kuhe zu verharren.
Nehmen wir an, es sei in die schon angefüllte Röhre aa' kk' (Fig. 18.) von
Neuem Flüssigkeit eingcstosscn , welche im Beginn des Einflusses über den ersten, in
Fig- 18. horizontaler Richtung nicht
verschiebbaren Querschnitt aa'
hinaus nach e e' gedrungen
sei, so muss sich aus bekann-
ten Gründen eine von e nach
a zunehmende Spannung ent-
wickeln. Dem entsprechend
wird sich das Wandtheilchen
a auf den Weg nach c hin
O begehen und nach Beendigung
des ersten Augenblicks etwa
in b angelangt sein. Dringt nun im zweiten Augenblick abermals ein Strom durch
den Querschnitt 66' so muss sieh zwischen 6 und e die Flüssigkeit beträchtlich mehr
spannen, als dieses im ersten Augenblick der Fall war. Denn einmal bestehen alle
frühem Gründe für das Entstehen der Spannung und dann aber ist auch jetzt die
Wand schräg gegen die Stromrichtung gestellt. Indem also 6 wiederum gegen c auf-
steigt, wird es während derselben Zeit- in dieser Richtung einen grossem Weg zurück-
legen, als vorher; wie wollen annehmen es gelange auf ec'. Die nothwendige Folge
dos andauernden Einströmens von a her ist aber die , dass sich die Flüssigkeit über
ec' etwa nach hh' hin verbreitet; auch in diesem Abschnitt des Stroms wird sich
eine Spannung einstellen, welcher im zweiten Augenblick des Stroms ungefähr der
Werth zukommen wird, den 66' ec' im ersten bosass. —
,„ Gesetzt, wir hätten nun aber, als das
Flg. 19. '
Bohr in Fig. 19. die Gestalt cf/i cfh
angenommen hatte, die Einflussmündung
bei cc geschlossen, so ist es zunächst klar,
dass ein Strom in der Richtung des Pfeils
statt finden muss , da bei c c eine be-
trächtliche, bei hh aber gar keine Span-
nung stattfindet. Ueberlegt man sich aber
genauer, wie sich die Kräfte verhalten in
den Querschnitten, die man durch die
Punkte c c, ff, h h, des Rohrs legen kann,
sieht man ein, dass die Unterschiede der Spannungen zwischen //' und cc' grösser, aU
zwischen Jih' und //' sind. Da sich nun auch zugleich das Rohr von o nach /* ver-
engt, so ist auch die Mündung, durch welche die Flüssigkeit von c nach / strömt^
weiter als die, durch welche sie von / nach i ausfliesst. Es sind also hinreichende
Gründe dafür vorhanden, dass mehr Wasser nach /hin-, als von / wegströmt.
Wenn sich somit die Flüssigkeit in / anhäuft, so muss auch der Punkt / nach g
hin steigen, während c gegen a hin zurückgeht. — Dieses Zurückgehen des Punktes
von c nach a und das Aufsteigen des Punktes / nach g hin muss aber so lange dauern,
bis in dem Querschnitt / / die in der Richtung von a c wirksamen Kräfte denen
Theorie der Schlauchwellen.
71
ler Richtung e h thätigen das Geichgewicht halten. Dieses ist aber offenbar noch
tcht eingetreten, wenn die elastische Spannung des Kreisumfangs, auf dem // liegen,
leioh ist derjenigen, welcher c c angehören. Denn es haben dann noch die Punkte c c
ime Geschwindigkeit nach der Köhrenachse hin , während die Punkte // eine solche
ach g g hin besitzen, so dass demnach wegen der Beharrung beide Stücke noch eine
«itlang in entgegengesetzter Eichtung gehen. Dem entsprechend wird sich die Röhre
' Form a g i annähern. — Hat nun aber einmal das Rohr diese Stellung (Pig. 20.)
<igenommen, so wird die Yertheilung der Kräfte in ihm etwa folgende sein. Auf
lam Querschnitt b b kommt der Flüssigkeit Pig. 20.
qegen des ursprünglich empfangenen Stesses
»ne Geschwindigkeit zu in der Richtung — -A.
S38 Pfeils, und ausserdem hat sie eine Span-
nng , Tennögen deren sie ebensowohl nach a a,
s nach cc getrieben wird. Die Strömung nach ^
% wird gehemmt durch die in entgegengesetzter äCZ --^^c
dehtung wirkende Geschwindigkeit, die Strö-
;nng nach cc wird dagegen durch dieselbe Ge- ^
k.h.windigkeit unterstützt und es wird somit ein
-jschleunigter Strom nach cc gehen, während die Flüssigkeit in «« zur Ruhe kommt.
• ie an diesem Ort beruhigte Flüssigkeit wird jedoch einen merklichen Grad von Span-
ang mehr besitzen, als er ihr vor Einleitung des Stroms eigen war, und darum wird
cach das Rohr hier um etwas weiter bleiben, wenn auch die Bewegung von da nach
■em Eöhrenende weiter fortgeschritten ist.
Eine zweite Erscheinung, auffallend für eine Beugungswelle des Wassers, besteht
nrin, dass die Fortleitungsgeschwindigkeit unabhängig von dem Volum der einge*
NOBsenen Flüssigkeit, von der Geschwindigkeit des einzelnen Flüssigkeitstheilchen, und
weiten Grenzen auch unabhängig von der Wandspannung ist. Wir sind hiermit
Rzwnngen, das Rohr und seinen Inhalt als ein zusammengehöriges Stück aufzufassen,
dem die Welle nach Art der Schallwellen fortschreitet. Wie man sich das Zustande-
HHunen dieser Erscheinung aber zu denken habe, ist schon früher Bd. 1. p. 355 aus-
knandergelegt. Wenn aber das Rohr sehr nachgiebig wird, sodass gleichsam das in
m enthaltene Wasser mit einer freien Oberfläche versehen ist, so müssen nun auch
tf das Fortschreiten der Welle im Wasser die Gesetze giltig sein, welche E. H. und
'. Weber in ihrer Wellenlehre*) dafür entwickelt haben.
Die Gründe, weshalb sich die Welle während ihres Fortgangs durch das überall
eichgestaltete Rohr abflacht, können allgemein nur darin liegen, dass die Geschwin-
gkeit der Wassertheilchen , welche sich jeweilig an einer Welle betheiligen, in einer
bnahme begriffen ist, denn nur hiervon kann eine Aenderung in der Spannung ab-
»ingig sein. Diese Verminderung der Geschwindigkeit kann und wird, wie es scheint,
Iif zweifache Weise zu Stande gebracht werden. Einmal verlangsamt sich das schwin-
mde Theilchen darum, weil sich wegen der Aenderung des Röhrenquerschnitts das
olum der Welle beim Fortgang durch das Rohr vergrössert; da nun aber die Welle
tir über ein bestimmtes Kraftmaass disponirt, so muss nothwendig die Geschwindig-
rit des einzelnen Theilchens abnehmen, wenn die Zahl der bewegten zunimmt. Neben
■esem Grunde, der auf einer andern Yertheilung der lebendigen Kräfte beruht, steht
n anderer, der sich von einem Verlust an Kräften herschreibt. Dass bei der Bewe-
•) p. 166.
72
Mittlere Spannung und Geschwindigkeit der Schlauchwelle.
gung des Wassers in einem Wcllensclilauch Verlust an Kraft stattfinden iiiuss, ergiebt
sich daraus, weil auch hier eine Forthewegung dos Wassers an den Wandungen, also
Reibung, statt findet, Aveil sich die einzelnen Wassertheilchen im Innern des Rohrs
mit ungleicher Geschwindigkeit bewegen, sich also von einander losreissen müssen
und endlich, weil sich die Theilchen der Wandung gegeneinander bewegen, wobei
ebenfalls Kräfte durch innere Reibung verbraucht werden. — In Ermangelung einer
Theorie hat Volk mann Versuche angestellt, um die Beziehungen zu ermitteln, welche
bestehen zwischen der mittleren Spaminung und der mittleren Geschwindigkeit. Zu
diesen bediente er sich der in Fig. 21. dargestellten Einrichtung. K stellt einen
Fig. 21.
Wasserbehälter vor, in dessen einer Seitenwand nahe über dem Boden ein mit ei
Hahn verschliessbares Rohr H eingefügt ist; an dieses Rohr ist ein Damistück I) ein-
gebunden, in dessen Seitenwand eine senkrechte Glasröhre angebracht ist, deren Lumen
sich in der Darmhöhle öffnet. An das Ende des Danns S ist ein messingenes Ausflussrohr
eingefügt. Nachdem der Behälter bis zu einer beliebigen, aber genau bekannten Höhe
mit Wasser gefüllt ist, öffnet und schlicsst man in regelmässiger Wiederkehr den Hahn,
sodass das Wasser in steigender und abnehmender Menge in den Darm eindringt
Wenn der Spiegel des Wassers auf gleicher Höhe erhalten wird und die Umdrehung
des Hahns nach einer sich gleichbleibenden Regel geschieht, so geht durch den
Schlauch eine Reihe gleichgearteter Wellen, und in Folge dessen wird die Spannung,
welche in H abgelesen werden kann , und der Äusfluss aus der Mündung S innerhalb
bestimmter Grenzen schwanken. Kennt man nun das Flüssigkeitsvolum, welches in der
Zeiteinheit aus dem Rohr strömt, so erhält man daraus auch sogleich die mittlere Ge-
schwindigkeit der Flüssigkeit in der OefFnung. Indem man die Mitte nimmt aus dem
Thalwellcn.
73
sten und niedersten Stand der i'lüssigkeit in der spaunungsanzeigenden ülasröhre,
hilt man auch zugleich die mittlere Spannung in dem Darm an der Stelle, in wel-
ilie Glasröhre eingefügt war. Indem Volkmann diese beiden mittleren Warthe
. erschiedonen mittleren Geschwindigkeiten, oder was dasselbe bedeutet, für ungleich
■!,■ AVasserstände in dem Xasten verglich, kam er zu der Regel, dass sich für jedes
iiohr zwei Cocffizienten a und b finden lassen, welche die Spannung in diesem
lien, wenn man den einen von ihnen mit der einfachen Geschwindigkeit und den
li rn mit dem Quadrat derselben multiplizirt. Mit Zeichen ausgedrückt war also,
■nn ü) den mittleren Spannungsunterschied in der Längeneinheit und v die mittlere
liwiudigkeit bedeutet, oj = a v -|- b v*. Es kann demnach, wie man sieht, der
iimenhang z'wischen Spannung und Geschwindigkeit auf scheinbar denselben
:-druck gebracht werden, welcher ihn auch für steife Röhren und parallele
1 'ine darstellte. — Diese Uebereinstimmung hat insofern nichts Auffallendes, als
! wie dort die hemmenden Ursachen (Reibung und Stösse) zugleich in dem ein-
n und dem quadratischen Verhältniss der Geschwindigkeit steigen. Der
' schied zwischen beiden Vorgängen' rauss dagegen in dem Coeffizienten gele-
. sein.
ß. Die zweite Bedingungsreihe, durch welche wir eine Flüssigkeitsbewegung in
lem dehnbaren Schlauche ungleichmässig zu machen gedachten, würde z. B. erfüllt
in : durch die Anwesenheit eines durch Flüssigkeit ausgedehnten elastischen Schlauchs,
r an beiden Enden verschlossen wäre, aber an einem von beiden auf beliebige Weise,
B. durch einen eingesetzten Hahn, vorübergehend geöffnet werden könnte; oder
'ch dadurch, dass man an der Ausflussmündung eines elastischen Rohres, welches
n einem constanten Strom durchflössen wird, wechselnd eine Erweiterung oder Ver-
gärung von beträchtlichem Umfang anbringt. Der Einfachheit wegen wenden wir
s zu dem Apparat mit ursprünglich ruhender, aber gespannter Flüssigkeit. Gesetzt,
^ sei das bis dahin geschlossene Rohr AA, BB (Fig. 22.) bei 5 JS plötzlich geöffnet,
Fig. 22.
11 —
Fig. 23.
id nachdem eine kleine F^üsssig
itsmenge ausgeflossen sei, wieder
schlössen worden, so nimmt das
bihr erfahrungsgemäss während der
irzen Zeit des Ausfliessens die Form
Ä, C'C an. Nach dem Schluss der
indung strömt nun aus dem nächst
.egenen Stück des Rohrs, welches
her als das Ende gespannt ist,
assigkeit in dieses abgespannte
ide, sodass, während sich dieses
■ztere wieder anfüllt, das erstere
sammenfällt. Es geht somit, wie
! Flg. 23. dargestellt ist, die Abspannung in der Richtung des Pfeils AA durch die
hrenwand fort , während die Flüssigkeit durch das Rohr in der entgegengesetzten
fcchtung nach der des Pfeils B weiter bewegt wird. Diese Welle, welche im Gegon-
a zu der früher beschriebenen mit einer Einbiegung des Rohrs verbunden ist, nennt
.n die negative oder die Thalwelle. Die Erscheinungen, welche diese Welle aussor-
m noch bietet , und somit auch die Theorie derselben , treffen ganz zusammen mit
men der Bergwelle, wie man nach einer kurzen Uebcrlegung einsehen wird.
74
E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs.
Da auf die Wellen des Schlauches alle allgemeinen tirundsätüc, nach welchen die
Wellenbewegung zu beurthoilen ist, anwendbar sind, so müssen nothwendig auch die
Eeflexion, die Beugung und das Durcheinanderschreiten beobachtet werden. In dem
letztem Fall wird eine Steigerung oder Verminderung des Bergs oder des Thals ein-
treten können, je nachdem durch das Jlohr gleichartige oder ungleichartige (Berg- und
Thalwellen) laufen.
E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs. —
Nach allem diesen wird es, bevor wir die Erscheinungen des Blutlaufs selbst
schildern, noch von Nutzen sein, das lehrreiche Schema desselben, welches E. H. Weber
gegeben hat, zu erklären. Dieses (Fig. 24.) setzt sich aus zwei elastischen Röhren zu-
Fig. 25.
sammen, einer kürzeren a e
und einer längeren Ärfe. Jede
dieser beiden Köhren ist an
dem einen ihrer Enden mit
einem Röhrenventil versehen,
dessen Einrichtung durch
Fig. 25. dargestellt wird. Ein
solches Ventil wird hergestollt, indem man zwei steife Röhren a und b ineinander
steckt; an die innerste derselben tia ist ein Darmstück c angebunden, von dessen freiem
Rand die Fäden ausgehen, die an der äussern Röhre angeknüpft sind; verläuft in den
Fig. 24.
4
Röhren ein Wasserstrom, so wird er je nach seiner Richtung das Ventil cc schliessen
oder öffnen, und zwar wird das letztere geschehen, wenn der Strom nach der Rich-
tung des Pfeiles /, das erstere , wenn er in umgekehrter Richtung geht. Damit bei
diesen verschiedenen Strömen der Rand des Ventils nicht in b eingestülpt, oder genau
an angepresst werde, sind die Fäden an Ränder angeknüpft, welche dem Spielraum
der Bewegung gewisse Grenzen anweisen. Kehren wir nun zurück zu Fig. 24. Die
beiden Darmstücke, das kürzere und das längere, werden so in einander gesteckt, dass
die Ventile einen fortlaufenden Strom durch den in sich zurücklaufenden Bogen acd
gestatten , wie ihn in unserer Figur die kleinen Pfeile anzeigen. Darauf wird durch
eine verschliessbare Seitenöffinung , z. B. den Trichter bei a , der Darm bis zu einem
bestimmten Grade mit Wasser gefüllt. Drückt man, nachdem dieses geschehen ist, das
freiliegende Stück v der kurzen Darmabtheilung zusammen, so wird sein Inhalt, da er
nach e hin nicht ausweichen kann, durch c in die grosse Röhre treten und in dieser
eine fortschreitende Bergwelle erzeugen, welche in der Richtung des Pfeils nach a hin
laufend, successiv die Flüssigkeit in dieser Richtung weiter führt. Löst man nun
aber den Druck, welchen man auf v angebracht hatte, plötzlich, so wird die Flüssig-
in diesen Raum von der gosammten Umgebung eingedrängt; dieses wird aber, wegen
der Ventile, nur von a nach e gelingen, und dadurch wird eine Beugungswelle erzengt,
die von a durch d nach e fortschreitet und demnach die Flüssigkeit in der Richtung
E. H. Webers Schema des Blutkreislaufs.
75
i, c nach -rt fortführt; d. h. in derselben, in welcher sie auch durch die Bergwelle,
von e nach a lief, getrieben wurde. So kann also durch eine Wellenbewegung die
esigkeit in einer in sich geschlossenen Köhre herumgeführt werden. Vorausgesetzt
, dass das Lumen des Darmrohrs überall von normaler Weite sei , so werden sich
. in ihm erregten Wellen sehr rasch durch das ganze Eohr hindurch verbreiten und
. somit auch die Ungleichheit in der Spannung, welche durch das Zusammenpressen
V eingetreten war, ausgleichen. Bringt man dagegen irgendwo im Lichten eine
Hcngerung an, z. B. dadurch, dass man bei d einen Badeschwamm einlegt, so wird
' Ton e herkommende Flüssigkeit nur sehr allmählig über die verengerte OefFnung
OTsdringen ; die Welle aber wird, wenn die Oeflhungcn in dem Badeschwamm eng
. wenig zahlreich sind, sich gar nicht über d fortpflanzen. Wenn aber die Flüssig-
ssmenge, welche in das Eöhrenstück e d geworfen ist, sich nicht sogleich wieder
. üun entleeren kann, so muss sie sich in seinem Eaum vertheüen und die Spannung
e.er Wand erhöhen. Umgekehrt muss dagegen in dem Stück de die Spannung ab-
nnen, weil dieses einen Theil seines Inhalts in das vorhin entleerte « geworfen hat.
■nöge dieses Spannungsunterschiedes wird nun auch ein Strom durch d hindurch,
< ed nach de gehen und zwar so lange, bis die Spannung beider gleich geworden
i ein Strom, der somit auch noch fortdauert, wenn längst die Welle verschwunden ist.
In dem Kohr besteht, bevor irgend eine Welle darin erregt worden ist, durch die
LniUung desselben eine Spannung, die in jedem Ort der Köhre und somit auch
»rall in der AVandung gleich ist, Die Summe dieser Spannungen, welche auf der
.nd lastet, wird demnach zu finden sein, wenn der auf ihrer Flächeneinheit ausgeübte
ick (p) multiplizirt wird mit der Anzahl der Flächeneinheiten (q), die sie enthält.
rd nun eine Welle erregt dadurch, dass die Wand an einer Stelle zusammengepresst
id, so muss sich diese an andern erweitem; und weil eine Ausdehnung oder ein
Lammendrücken der Wand gleichbedeutend ist mit einer Ent-, resp. einer Belastung,
nmüssen nun die Spannungen, die auf verschiedenen Orten der Wandung liegen,
ileich werden. Belegen wir nun die verschiedenen Spannungen mit p', p" u. s. w.
die Wandflächen, auf denen die bezeichneten Spannungen vorkommen, mit q', q"
. i. w. — so wird die Summe der veränderten Spannungen gleich sein der Summe
+ q" P" 1. s. w. — Es ist nun die Frage, ob q' p' + q" p" = p q sei,
<
•f mit Worten, ob die Summe der Spannungen in dem Rohre nach der eingeleiteten
llenbewegung im Vergleich zur früher bestandenen sich unverändert erhalten, ver-
•äsert oder verkleinert habe. Diese Frage ist leicht zu entscheiden. Da die wässe-
'!n Flüssigkeiten sich nicht merklich zusammendrücken lassen, so wird das Volum
• selben vor und nach ihrer Lagen Veränderung unverändert geblieben sein. Setzen
also voraus, dass R der mittlere Durchmesser des Kohrs vor der Umlagerung der
•ssigkeit gewesen sei, und dass L die Länge desselben sei, dass aber R + r und 1
gleichen Bedeutungen für das durch die Umlagerung erweiterte; R — (> und 1'
r dieselben Eigenschaften des abgespannten Stückes besitzen, so muss (R — p)* n V -\-
-f-r)*™ 1 = R* n L sein. Nehmen wir nun der Einfachheit wogen an, dass 1 = 1'*)
i somit L =21 sei, so ändert sich nach Weglassung von 1 und n, welche allen Glie-
n zukommen, die Gleichung in (R — p«) -]- (R -)- r)2 = 2 R". Setzt man in
• •) Eine Unterstellung, die wegen der annähernd gloiclicn Liingo des Venen- und Aitorien-
«enw für das Schema des monschliclicii Kroislnufs gemacht werden darf.
76
Inhalt der Herzkammern.
diesem Ausdruck q = r, so führt derselbe zu der widersinnigen Behauptung, das«
o = 2 r- sei. Daraus geht also hervor, dass die Zunahme der Peripherie in der ge-
spannteren Seite nicht so gross sein kann als die Abnahme in dem abgespanntem
Führt man nun die Betrachtung in ähnlicher Weise weiter , so kommt man auf die
Folgerung, dass wenn die Radien der beiden Stücke von Anfang an ungleich gewesen
sind, und dann aus dem engern Eohr Flüssigkeit in das weitere geworfen wird, ij
diesem letzteren eine absolut geringere Zunahme des Umfangs stattfindet, als die Ahr
nähme des engem Rohrs beträgt, während im \imgekehrten Fall (bei grossen Unteri
schieden) natürlich das Umgekehrte Statt finden kann. Setzt man nun die Elastizitäts-
coeffizienten der Wandung des engern und weiteren Rohrs einander gleich, so würde
daraus folgen, dass beim Uebertritt der Flüssigkeit aus dem engen in das weite Rohr
jedenfalls weniger spannende Kräfte verbaucht wurden, als im umgekehrten Fall. Aui
dieser Betrachtung werden wir demnächst ableiten, dass beim Uebertritt des Bluts aui
dem weitern Venensystem in das engere arterielle ein beträchtlicher Antheil der Hcra-
kraft zur Spannung des Bluts verbraucht werden muss.
In den zunächst folgenden Stücken werden im Gegensatz zu
einer natürlichen Anordnung des Stoffs, das Herz und die Gefässe
vorab, losgetrennt aus dem logischen Zusammenhang behandelt
Da dieses ohne Eintrag für das Verständniss geschehen kann, so
mögen Gründe der Zweckmässigkeit die Inconsequenz entschuldigen.
Das Herz und seine Bewegungen.
1. Inhalt der Herzkammern. Das Blut, welches die bei
den Herzkammern eines Erwachsenen im erschlaiften Zustand faf?
sen kann, schätzt man nach den genauesten Messungen von
Krause*) auf 170 Gr. Volkmann**) bestimmt die Blutmenge,
welche durch eine Zusammenziehung von mittlerem Umfang aus
einem Ventrikel von mittlerer Räumlichkeit in die Gefässe entleert
wird, bis zu 188 Gr., Vi er or dt***) zu 180 Gr. In Anbetracht
dessen, dass es sich hier nur um Mittelzahlen handelt, ist die Uebei-
einstimmuug derselben um so bemerkenswerther , als die drei ge
nannten Beobachter auf wesentlich verschiedenen Wegen zu ihrem
Ziele gelangten. — In welchen Grenzen dieses Verhältniss zwi
sehen dem mittlem Kammerinhalt und dem Körpergewicht schwan
ken und in wieweit der Kammerinhalt vom sogenannten mittlem,
ohne die Gesundheit zu gefährden, abweichen kann, bleibt nocli
zu ermitteln.
Den Inhalt der Kammer bestimmt man meistentheils durch AnfüUung derselben
mit Flüssigkeit. Da das Herz einen elastischen Beutel darstellt, so wird sein Inhal'
veränderlich sein mit dem Druck, unter dem es gefüllt ist, der Ausdehnung, der Dicke
dem Elastizitätscoeffizienten seiner Wandung und endlich mit dem Widerstand seiner
•) Krause, Hnndbuch der mensdilichen Anatomie, i. Aufl. I. 787.
•») Hnemodynamik nacli Versuclien. Leipzig 1850. p. 206.
•»•) Die Erscheinungen und Gesetze der Stromgescliwlndlgkeiten. 1858. p. 1Ü3.
Inhalt dor Herzkammern.
77
iTL-bung. Sollten also die Ausmessungen des Cubikinhaltes seiner Höhle werthvoll
1 1, so mUssten sie am todteu aber noch nicht todtenstarreii Herzen als eine Funktion
ser Umstände bestimmt werden und darauf müsste man zu ermitteln versuchen,
er welchem Druck u. s. w, das lebende Herz gefüllt wird , wenn man die Er-
;nisse des todten auf das lebende Herz übertragen wollte. Dieses ist bis
i'in nicht geschehen, somit geben die Beobachtungen nur angenäherte Werthe. —
Ikmann*), der, wie wir erfahren werden, die mittlere Geschwindigkeit des
ites in der Aorta schätzen lehrte, benutzte diese Beobachtung zui- Erledigung der
;htigeren Frage, wieviel Blut mittelst eines jeden Herzschlags aus der linken Kam-
■ getrieben wird. Kennt man nun die Weite der Aorta, die Geschwindigkeit, mit
eher sich das Blut in ihr bewegt, so weiss man natürlich, wie viel Blut das Herz
äiner gegebenen Zeit, z.B. in der Minute, entleert; daraus berechnet sich nun auch
.:ch die Menge, welche jeder einzelne Herzschlag liefert, wenn man die Zahl der
;'zschläge in dieser Minute gezählt iat. Nachdem er eine grössere Zahl von solchen
bachtungen an Hunden, Schafen , Ziegen und Pferden ausgeführt hatte , verglich er
I Gewicht einer Yentrikelentleerung mit dem eigends ermittelten Gesammtgewicht
• Beobachtungsthiere. Diese Vcrgleichung führte zu dem Ergebniss , dass mit Aus-
■ me von zwei ganz abweichenden Fällen das aus dem linken Ventrikel entleerte
-tgewicht den 0,003 bis 0,002ten im Mittel also den 0,0025ten Theil vom Gesammt-
icht des Thiers ausmachte. Erlaubt mau sich nun diese Verhältnisszahl auf den mitt-
. erwachsenen Menschen zu übertragen, dessen Gewicht zu 75 Kilogramm angenommen
■den kann, so gelangt man zu obiger Annahme. — Vierordt legt seiner Schätzung
Grunde die von ihm bestimmte mittlere Geschwindigkeit der Carotis, und die von
luse und ihm gemessenen Querschnitte der Art. carotis, subclavia, anonyma und
.iArc. aortae, des Menschen und die Voraussetzung, dass sich die mittleren Geschwin-
cieiten umgekehrt wie die Querschnitte verhalten.
Ueber das Verhältniss des Rauminhaltes der beiden Kammern
'es und desselben Herzens lässt sich mit Wahrscheinlichkeit aus-
ren, dass die rechte Kammer etwas mehr Blut zu fassen ver-
;ge, als die linke. Hierfür sprechen wenigstens die Ausmessun-
. des todten Herzens, denn wenn die beiden Herzhälften selbst
er Wasser, also mit Vermeidung alles Druckes, gefüllt wurden,
ergab sich doch constant ein Ueb ergewicht des rechten Inhaltes
IT den linken. — Dagegen muss der Theil des Inhalts, welcher
larend des Lebens in das Gefässsystem strömt, für beide Ventrikel
• selbe sein; denn es entleert sich ja mit mancherlei Umwegen
iliesslich der eine Ventrikel in den andern, und somit würde eine
aäufung des Bluts rechts oder links geschehen, wenn nicht fort-
brend aus beiden Höhlen gleichviel ausgestossen würde. —
2. Anordnung und Wirkung der Muskelröhren**).
I Vorhöfe werden bekanntlich von einer dünnen, nicht überall
) Haemodynamlk nach Vorsuchen. Leipzig 185U. p. 206.
') C. Ludwig, Ilenle u. Pfouffcrs Zeitschrift. VII. 189. — Donders Pliysiologle des
choii I. Bd. I. png. II. h. f. — K ii 1 1 1 1« p r , iniluo.tkopisclie Aii.ilninic. II. »d. 48:!. — Cli a-
78
Anordnung und Wirkung der Muskolröhrcn des Herzens.
vollständigen Lage von Muskelmasse umzogen, die an keinem Orii
in die Muskeln der Kammern übergeht (Donders); an einzelne)
Stellen läuft die Faserung annähernd parallel, an andern senki-ecli:
mit der Längenachse des Herzens, nur an wenigen Orten kommeiii-
gleichzeitig Fasern von beiden Richtungen vor. Die Fasern beidenl
Vorhöfe gehen an der vordem Fläche ineinander über. An deil
Venenmündungen finden sich Ringfasern. Nach allen diesen müslr
sen bei der Muskelverkürzung die Vorhöfe zusammengezogen wer '
den; die Höhle eines jeden einzelnen Vorhofs kann nicht überal:
in zwei aufeijiander senkrechten Ebenen verengert werden; de
Durchmesser der Venenmündungen wird verkleinert, derjenige de« In
arteriellen (ostia atrioventricularia) bleibt dagegen unverändert. p
Die Kammern, a. Ihre Fasern gehen nur in Sehnen überiL
entweder geradezu in dem fibrösen Kranze, welcher die an de:
Kammerbasis gelegenen Oeffnungen umgiebt, oder in solche, welcli
in diesem Kranze ein Ende nehmen. Zwischen diesem Anfang um
Ende umspannen sie jedesmal eine, öfter auch zwei Kammern, si
bilden also Schleifen, die, wie die freilich unvollkommene Her/
präparation wahrscheinlich macht, häufig sogar in sich zurücklaufei
Fig. 26 A. Fig. 26 S.
indem Ursprung und Ende einer Faser an demselben Ort zu lit
gen scheinen. — b. Für sehr viele Fasern ist es sehr wahrscheii
lieh, dass sie nicht blos mit einfacher, sondern mit doppelte
Schlinge den Herzkegel umschliessen, indem sie einen 8 förmige
veauu. Falvre. Gazette mMicnle de Paris 1856. 407. — H a ni m e r n i l{ , das Herz u.
wegungen. Prag 18ö8.
Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.
79
lugang machen wie dieses die schematischen Figuren 26 A. und B.
iideuten. Die von links nach rechts gehenden Richtungen dieser
asern liegen im Allgemeinen näher gegen die äussere Herzober-
iche, die umgekehrt laufenden aber näher gegen die Höhlenober-
lehe. Zu dem scheint noch die Anordnung zu gelten, dass die
erflächlichsten Fasern, welche rings an der Herzbasis (gleichgil-
j , ob von dem Rand des Ostiura venosum dextrum, oder sinistrum)
uspringen, durch den an der Spitze des linken Herzens gelegenen
iibel hindurch auf die innere Oberfläche des linken Ventrikels
iiigen, und an dieser emporlaufen. — c. Die zunächst den Herz-
)erflächen gelegenen Fasern laufen am meisten steil, und sie sind
e einzigen, welche die Herzspitze erreichen, die Fasern aber,
eiche mehr im Innern der an der Basis dickern Herzwand liegen, ver-
uf'en weniger steil. — d. Aus dem
sher angegebenen Verhalten folgt,
\ss an allen Orten der Kammer-
andung sich Fasern von der ver-
■hiedensten Richtung finden, wie
eses an dem in Fig. 27. dargestellten
•hema durch die gezeichnete Faser
IS versinnlicht wird. Die Fasern
n der Richtung, welche a enthält,
rlaufen zunächst unter dem Pericar-
Luii, diejenigen, welche dem Zuge
l'olgen, grenzen an das Endocardium
1. — e. Ein grosser Theil von den
|.'isem, welche der Herzhöhle zu-
gehst laufen, erreicht sein Ende in
ihnen, welche erst durch die Klap-
Bn hindurch zu den sehnigen Rän-
ra der venösen Kammermtindungen
«langen. — Mehrere solcher auf der
•nern Herzfläche frei hervorragender
•Qskelenden (Papillarmuskeln), deren
•isammenhang mit den äussern Fa-
'rn Fig. 28. erläutert, convergiren
•geneinander (a 6). Sie können somit
} Stücke eines unvollkommen vor-
ndenen inneren Herzkegels angesehen werden, der seine Spitze
ch der Basis des äussern kehrt. Die Sehnen dieser Muskeln
/
Fig. 28.
80
Aiiordmiiig und Wirkung der Muskel röliren des Herzens.
welche in die Klappen dringen, fahren nach verschiedenen Rieh
tungen hin auseinander und enden niemals säuimtlich in einei
sondern jedesmal in zwei benachbarten Klappen, wie dieses durch
Fig. 29. dargestellt ist. Jeder Hauptlappen einer Klappe empfänK*
durch die Betrachtung der gegenseitigen Lagerung beider Herz
höhlen; auf einem zur Längenachse des Herzens senkrechtei
Querschnitt erscheint nemlich die rechte um die linke herum gt
krümmt. Die auf der zur rechten Herzhöhle zugewendeten Scheide
wandfläche verlaufenden Fasern verhalten sich aber zum linkei
Herzen wie diejenigen, welche auf der Herzoberfläche verlaufen.
Ein System so verwickelter Muskelröhren, wie das beschric
bene, wird bei seiner Zusammenziehung je nach der Vertheiluii;
seiner Masse, der relativen Verkürzung einzelner Theile u. s. w
die mannigfachsten Erscheinungen bieten, die sich bis in ihre Ein
zelheiten in keinem Falle werden voraussagen lassen, theils wei
die Verflechtung der Fasern zu complizirt, theils auch noch t
wenig bekannt ist, um sie mittelst der mechanischen Theorie z
behandeln. Wir sind darum auf die Beobachtung des lebende
Herzens angewiesen, wenn wir erfahren wollen, wie es sich, ^viil
rend es im Kreislauf thätig ist, bewegt. Die Beobachtung di
Bewegung wird aber, weil die Untersuchung rein im technif^i in
Fig. 29.
somit aus zwei Papilla:
muskeln seine Chorden
auf denen er im ausgi
spannten Zustand wie au
einem Kniegebälke rulii
(Fig. 29. a a im Durcli
schnitt). — f. Der bei wei
tem grösste Theil der Fa
Sern, welche sich in dei
freien Wand des rechte i
Ventrikels vorfinden, i>
schon einmal Bestandthei
der freien Wand des lin
ken Ventrikels gewesen
sodass die Muskelschleifei;
welche sich um die rechtt
Kammer begeben, auch di'
linke einschliessen. Diese
Verhalten wird schon kla
Anordnung und Wirkung der Muskelröhren des Herzens.
i;iteresse uuternommen wird, nur dann werthvoll sein, wenn sie
iater den mittleren Bedingungen des normalen Lebens angestellt
t. Dahin zählen wir aber: einen ungestörten Kreislauf des Bluts,
me ungeschwächte Muskelkraft und eine der Norm möglichst an-
cnäherte Lage.
Die Erscheinungen, die das bewegte Herz für sich, abgesehen
i>n .'der Veränderung seiner Gesammtlage, bietet, sind: a. die
?erzkammer übt bei ihrer Zusammenziehung auf ihren Inhalt
derall, ausgenommen von der arteriellen Mündung her, einen
iruck aus. Die Möglichkeit, dass das zusammengezogene Herz
üch von seiner venösen Mündung her gegen den Inhalt drückt,
; durch die PapiUarmuskeln und deren Anheftung an die venösen
sappen gegeben. Denn da der Papillarmuskel frei in die Herz-
bhle ragt, so wird er bei seiner Verkürzung sich gegen die Wand
rrückziehen und somit einen Zug von innen und oben nach
•■tssen und unten gegen die Klappen üben. Da aber jede Klappe
t?ei PapiUarmuskeln besitzt, welche einander gegenüberstehen, so
■ rd der aus beiden Zügen resultirende Weg der Klappe gerade
:gen die Mitte der Herzhöhle fallen. Wenn z. B. in Fig. 30. AA
iien freien Klappenrand der linken venösen Herzmündung dar-
lillt, so werden sich die beiden PapiUarmuskeln mit zwei einan-
rr entsprechenden Sehnen nach dem Schema a b und c an ihn
Usetzen. Ziehen sich die PapiUarmuskeln Fig. 30.
isammen, in der Ai-t, dass sie ihren Sehnen
der Richtung von b nach a und d nach c
«en Zug ertheilen, so wird die Klappe in
•r Piichtung des PfeUs p gehen, wie dieses
r Grundsatz vom ParaUelogramm der Kräfte
Hangt. Das, was hier für die zugehörigen
ihnen zweier PapiUarmuskeln bewiesen
rjde, gilt bei dem symmetrischen Ansatz
tfselben auch für aUe übrigen. Die Papil-
muskeln werden aber durch ihre Sehnen
Q Klappen nur dann einen Zug mittheilen können, wenn diese
Izteren in einer annähernd senkrechten Richtung zur Längen-
i-ise des Herzens stehen, wenn also, um mit den Aerzten zu
den, die Klappen gestellt sind. Denn nur in diesem Falle span-
1 sich die winklig abgehenden Sehnen (zweiter und dritter Ord-
41g) zwischen Klappe und Papilhiramskel aus. — b. Indem sich
) Ilcrz allseitig verkürzt und verschmälert, sucht es dabei
Ludwig, Thyolologie II. 2. Auflage, (J
Anordnung und Wirkung der Muskelröliren dos Herzens.
zugleich eine ganz bestimmte Form auzunebraen. Die Basis des
Herzens wird nemlicii auf dem Querschnitt annähernd kreislomig,
und die Spitze sucht sich dem Mittelpunkt dieses Kreises in einem
ganz bestimmten Abstand gegenüber zu stellen, mit einem Worte,
das Herz zieht, sich selbst überlassen, sich zu einem regelmässigen
Kegel zusammen. Hierbei wird das Herz zugleich sehr hart, so dass
nur durch beträchtliche Drücke die Form des zusammengezogenen
Herzens merklich geändert werden kann. — Der Grund fUr die
Erhärtung des zusammengezogenen Herzens liegt in der besonde-
ren Muskelanordnung, vermöge deren die einzelnen Fasern sich
nach einer Richtung hin unterstützen, nach der andern aber hem-
men, oder anders ausgedrückt, sich gegenseitig spannen. Diess
ist ohne weitere Auseinandersetzung sogleich einleuchtend, wenn
man die Wirkungen zweier oder mehrer nebeneinanderliegender
Fasern des Schemas (Fig. 27.) zergliedert. — Die Kegelgestalt
des zusammengezogenen Herzens wird wahrscheinlich dadurch
veranlasst, dass vom ganzen Umfang der Herzbasis Fasern gegen
die Spitze, zusammenlaufen, welche durch ihre Gegenwirkungen
dieser letzteren eine bestimmte Stellung zu der ersteren anweisen
müssen. Zugleich darf im Allgemeinen vorausgesetzt werden, dass
die mehr gegen die Spitze liegenden Muskelmassen das Herz ver-
kürzen, während die an der Basis gelegenen seinen Umfang min-
dern; denn dort läuft die überwiegende Zahl .annähernd parallel
und hier annähernd senkrecht gegen die Längenachse des Her-
zens. — Die Zusammenziehung beengt, soweit aus der Beobachtung
ersichtlich, die arteriellen Mündungen nicht; es ist noch nicht klar,
wie diess geschieht.
Da die Bewegungen des Herzens sehr rasch erfolgen und der zusammengezot;
Zustand desselben nur sehr kurze Zeit anhält, so ist es unmöglich, die Form des
samraengozogenen Säugethierherzens anders aufzufassen, als mittelst Einrichtungen,
welche alle oder einige Punkte desselben graphisch fixiren. Eine der vielen möglichen
solcher Einrichtungen ist von mir zur Bestellung der obigen Thatsachen benutzt wor-
den. Ein ungefähi-es Bild des Hergangs kann man sich auch an einem frisch heraus»!
geschnittenen , noch schlagenden Säugethierherzen verschaffen. Hebt man ein solche»!
.scliwebend, indem man es mit der Pinzette an dem Vorhofe oder den grossen Gefässe^
fasst, so sieht man, wie sich die Spitze der Basis nähert; legt man es dagegen au
die Basis, so dass die Spitze der erschlafften Kammern herabfällt, so entfernt sici
jedesmal bei der Zusammenziehung die Spitze von der Basis, sodass sie sich steit|
emporstellt. Legt man es aber auf eine ebene Unterlage, wobei in der Erschlaffung'
die Wandungen an der Peripherie zusammenfallen, sodass sich der Durchmesser def.'l
Basis nach der einen Ilichtung verlängert und nach der andern verschmälert, währeudj
die SpitM schief gegen die Unterlage fällt, dann wölbt sich wäJirend der ZusammeiiVl
y.u']nms die zusaramongefallene Wand an der Basis, indem ihr Querschnitt aus
Herzstoss.
83
.lliptischen Form in die runde übergeht und zugleich hebt sich die Spitze um etwas
on der Unterlage ab. — Die Angaben, welche das blutleere, aus der Bi-usthöhle ge-
rhnittene oder auf besondere Weise in ihr befestigte Herz über die Form macht,
reiche es in der Zusamraenziehung annimmt, sind brauchbar auch für das normal
lelagerte und gefüllte Herz, weil sich bei der Zusammenziehung die Herzfasem gegen-
■oitig spannen und somit ihre Form selbst bestimmen. Die einzige Voraussetzung,
•elohe von den oben verlangten hier bestehen muss, ist also die, dass die Erregbar-
tüit des Herzens auf einer normalen Stufe steht.
Herzstoss. Während der Zusammenziehung verändert das
terz seine Lage und drückt dabei auf die Theile seiner Umgebung,
reiche sieh dieser Lagenveränderung entgegensetzen, und nameut-
ceh übt es einen flihlbaren Stoss gegen die Brustwandung aus.
üeser letztere, der sogenannte Herzstoss, wird unter sonst gleichen
Bedingungen mit der Ausgiebigkeit der Herzzusanunenziehung und
i der Exspirationsstellung des Brustkorbes stärker empfunden. —
i»ie Bewegungen, welche das Herz hierbei ausführt, werden bald als
nrtschreitende und bald als drehende geschildert. Wenn das Fort-
bhreiten gleichzeitig alle Theile des Herzens ergreift, so soll es
üon oben und hinten nach vorn und unten geschehen; beschränkt
»ch die Bewegung nur auf einzelne Herzstücke, so soll sie bald
iir die Spitze gegen die feststehende Basis hinaufführen oder um-
fekehrt, es soll die Basis gegen die Spitze wandern, oder es sollen
jdi an der Basis die beiden Wände von einander entfernen. Bei
Drehbewegungen liegt die Achse entweder in dem Längen- oder
iem Querschnitt des Ventrikels, im letztern Fall kreuzt sie die
e, welche die Centra der beiden arteriellen Mündungen verbindet.
Vergegenwärtigt man sich, dass die Masse, (wegen der ver-
srlichen Anfüllung der Höhlen), die Lage des Schwerpunkts, die
tizität und die Unterstützungsflächen des Herzens fortwährenden
inderungen unterworfen sind, so versteht es sich von selbst,
die Lagenverschiebungen dieses Organs unzähhge sein kön-
, so dass es hier, wie es scheint, nur von Interesse ist, ganz
jmein die Bediogungen aufzusuchen, von welchen die Verschiebung
ängig sein kann. Wären sie allseitig erkannt, so würde man
n vielleicht die einzelne, gerade beobachtete Veränderung auf
Q wahren Grund beziehen können. In dieser Richtung sind
ende Fortschritte gemacht worden: 1" als eine Verschiebungs-
,che sind anzusehen die Form und Elastizitätsänderung, welche
Herz durch die Verkürzung und Ausdehnung der Muskeln er-
t. Wenn das Herz an der Brustwandung nicht insgesanunt fort-
eilet, sondern nur theilweise Verschiebungen und Drehungen
\
- . HerzstoKS. J
erfährt so lässt sich aus dem ebengenannten Umstand sein An
schlagen an die Brustwand leicht erklären. Nun findet aber be'
Säugethieren, namentlich bei Kaninchen, das eben Angeführte statt
wie dieses nach dem Vorgang von Kiwis eh dadurch zu beweise
ist dass man lange Nadeln durch die am kräftigsten gestossene
Stelle der Brustwand in das Herz einsticht, ihre Bewegung wäh-
rend des Herzschlags beobachtet und nach dem Tod den Ort des
Herzens aufsucht, in welchen die Nadel eingedrungen ist. Die;
Nadel trifft entweder den Umfang der Basis oder die Spitze. Ist!
das Letzte geschehen,- so beschreibt das freie Ende der senkrech
eingestochenen Nadel weder einen Bogen nach oben oder unten, so»
dern bleibt senkrecht, also hat die Spitze während des Herzstosse
sich an der Brustwand nicht verschoben. Ein ähnliches Verhalten wie'
wenn auch nicht mit derselben Sicherheit Jos. Meyer*) am Me
schenherzen nach; bei sterbenden Menschen färbte er die vo
Herzstoss emporgehobene Stelle und nach dem Tode senkte
durch den markirten Ort eine Nadel in das Herz; dieses Verfahre
leidet darum an einer gewissen Unsicherheit, weil sich nach
gäbe einer im Leben eingestochenen Nadel die Lage des Herze"
beim Kaninchen wenigstens mit dem Tode ändert. Lässt man di
von Ki wisch gewonnenen Voraussetzungen gelten und erw"
man, dass die schlaffen und weichen Wandungen der nicht zusa"
mengezogenen Kammern innerhalb weiter Grenzen formverände
den Einflüssen folgen, und dass die Kammern insbesondere in de
menschlichen Brustraum geformt werden durch den Dnick des e'
strömenden Bluts, die eigene Schwere und die drückenden u
ziehenden Wirkungen der umgebenden Brustwand, so dtii-ften
der Diastole die Herztheile eine andere Lage zu einander ann
men, als sie ihnen durch die Zusammenziehung des Herzens geh
ten wird. Stellen sich danach die Brustwandungen den Formv
änderungen entgegen, welche das Herz in Folge seiner Zusamm
Ziehung anzunehmen strebt, so wird letzteres bei seiner Verk
zung, wenn es sonst nicht ausweichen kann, die Brustwand Vi
sich hertreiben. Dieser Druck gegen den Zwischenrippenraum vr \
alles Uebrige gleichgesetzt, um so fühlbarer sein, je inniger sich
Herz an die Brust anlegt. Aus diesem Grunde wird in der Insj^
ration (wobei die Lungen die vordere Herzfläche zum grossd
Theil von der Brustwand trennen), der Stoss diese letzteren weil
*) Virchows Aicliiv III. 2r,r,.
■6
Horzstoss.
85
Fig. 31.
r.r heftig treflfen, als in der Exspiration. — Nach den von Ki-
isch, Jos. Meyer ii. A. gemachten Angaben und aus der be-
mnten Form des zusammengezogenen Herzens muss man sich
SS Zustandekommen des
srzstosses nun auf fol-
mde Art denken. — —
Stoss durch die
lammerbasis. — Das
ihlafiFe Herz wird durch
P3 Brustwandung (Fig. 31.)
:B so zusammengedrückt,
Gtss seine Peripherie eine
ijpse H H darstellt, de-
II kleiner Durchmesser
rrzer ist, als derjenige
Kreises K, welchen
r Kammergrund bei seiner Zusammenziehung einzunehmen
ibt; es muss dieser also die Brustwand aufwölben. Auf diese
t hat Fr. Arnold zuerst den Herzstoss erklärt. — b. Spitz en-
3 SS. Drückt dagegen (Fig. 32.) die Brustwandung die Herz-
;ze während der Erschlaffung nach unten und hinten, so dass
nicht mehr senki'echt über dem Mittelpunkt der Kammerbasis
t, so wird, indem bei der Zusammenziehung die Herzfoiiji aus
IH S in HRP überzugehen sucht, die Spitze sich gegen die
instwand mit Gewalt andrängen (C. Ludwig). Gegen diese
»einandersetzung wendet Hammernik*) ein, dass die Herz-
ize an der menschlichen Brustwand nie anschlagen könne, weil
II zwischen beide immer Lungengewebe einschiebe.
Zur Aenderung der Herzlage kommt weiter in Betracht der
ick, welchen die den Arterienmündungen gegenüber liegenden
Hidflächen zu ertragen haben, wenn das gespannte Blut aus ihren
pnungen ausfliesst — Rückstoss — (Gutbrod, Scoda,Hiffels-
im). Aus der physikalischen Anschauung heraus hat man die
^lichkeit eines solchen Rttckstosses bestritten, weil es undenkbar
dass die hinter dem Blutstrom herschreitende und ihn eben
veranlassende Herzwand zugleich vom Blut in entgegenge-
ter Richtung bewegt werden solle; dieser Einwurf würde richtig
i, wenn die den Ostia arteriosa gegenübergelegenen Wandflächen
86
Hurastoss.
gerade so rasch ibrtschrittcn wie das Blut in der Mündung; da, die-
ses aber nicht eintrifft, also in der Arterienmlindung die Spannung
immer niederer sein muss als zwischen dem Blut und der Herz-
Fig. 32.
wand, so wird auch der Rückstoss nicht ausbleiben können; Hi
fei s heim ■=) der das Herz durch einen unter Druck gefilUten Gumm
schlauch und die Aorta durch ein aus ihm heiTorgehendes Gum
rohr ersetzte, zeigte denn auch in der That sein Bestehen nnt
diesen den Herzbewegungen sehr analogen Bedingungen. Bei d
Bewegungen, welche das Herz vom Rückstoss getrieben ausfü"
mussen also die gesammten Herzkammern in einem dem Blutstro^,
entgegengesetzten Sinne fortschreiten ; S c o d a und D o n d e r s habeÄ
m der That an freiliegenden Herzen des Menschen und Hundes dieatf
•) Compt. rend. D^comb. 1854. AoQt. 1855.
Reihenfolge der Herzbewegung.
87
pewegung gesehen; am Kaninchen konnte ich bis dahin keine
lolche Bewegung darstellen, selbst wenn das Herz nach Eröffnung
[iBmes Beutels auf einer sehr leicht beweglichen an langen Fäden
Bängenden Unterlage ruhte, und seine Spitze auf passende Weise mit
mem Fiihlhebel in Verbindung stand. Ebenso vermissten sie
iaivre und Chauveau*) beim Pferde. — Wenn nun aber bei
fldern Thieren als dem Kaninchen die Wirkung des Rückstosses
«cht bestritten werden kann, so darf man aber auch nicht ver-
»ennen, dass füi- gewöhnlich das Herz nicht einmal vorzugsweise,
US diesem Grunde gegen die Brustwand stösst, da es auch blut-
ser diesen Druck kräftig ausführt. — c. Das Verlängerungsbestreben
»r dm'ch die Systole gefüllten grossen Arterienstämme, die aus
iem Herzen hervorgehen, soll die Ventrikel nach unten verschie-
«n (Bamberger**). Da die Art. pulmonalis und Aorta auch
»iralig gewunden sind um eine Achse, die annähernd mit dem
Dngsten Durchmesser der Ventrikel parallel läuft, so sollen sie bei
nrer An- und Abschwellung auch das Herz um seine Längsachse
relien, vorausgesetzt, dass die Zahl der Winkelgrade, welche die
ipiralwindungen einschliessen bei der Anfüllung vennehrt werden,
idt andern Worten, dass sich die Spirale bei der Herzsystole zu-
«d bei der Diastole abwickelt (Kornitzer***), Diese Achsen-
«dingung bedarf vor Allem einer genauem Untersuchung, ehe sie
i& berechtigt aufgenommen wii'd. Gegen die alleinige Abhängig-
«it des Herzstosses von diesen Bedingungen gilt abermals der aus
wn blutleeren Herzen hergenommene Einwand. — d. Neben diesen
m dem Herzen und seinen Gefässen abgeleiteten Verschiebungs-
»sachen ist genaue Rücksicht zu nehmen auf den Zustand der
ungen, der Brustwand und des Zwerchfells, weil diese die Lage
«8 Herzens wesentlich mit bestimmen; es ist hierauf um so mehr
dringen, als dasselbe Verschiebungsmoment dem Herzstoss eine
inz verschiedene Stärke ertheilen kann, je nach der Lage, in
rr sich das Herz befindet ; und dieser Umstand scheint gerade für
«ztliche Zwecke von Bedeutung.
3. Rhythmus der Herzbewegungf). Die Muskeln des
»öenden Herzens gerathen nach einer ganz bestimmten, örtlichen
■ •) Gazette m^d. de Paris 1866. 469.
Vlrchow'g Archiv. IX. Bd. .•J28. ^
"••) Wiener Akad. Hltzungsbcrlclite XXIV. Bd. 12(1.
tt) Volkmann, Hacmodynnmlk. p. 369. — Ludwig und Hoff a, H c n I e u. Pf e u f f er's
»faichrift, IX. Bd. 102. — Stsnnins, Mililers Archiv. 1862. p. 85. — Bidder, ibidem. 1852.
168 Wagner, Handwörterbuch d. Physiologie. HI. Bd. 1. Abtholl. 407. — Holdonhaiii,
88
Reihenfolgo dor Herzbowegung.
und zeitlichen Keihenfolge in Zusammenziebungen , welche von
Zeiten der Erschlaffung unterbrochen werden.
a. Reihenfolge der Bewegungen. Der Schlag des Herzens
von einem vollkommen lebenskräftigen Thiere beginnt nach voraus-
gegangener Ruhe aller seiner Theile mit der gleichzeitigen Zusara-
menziehung beider Vorhöfe; nach der Beendigung oder kurz vor
der Beendigung ihrer Bewegung tritt dann jedesmal die Zusammen-
ziehung beider Kammern ein. Diese verlassen darauf ebenfalls
nach kurzer Zeit den verkürzten Zustand, so dass schliesslich wie-
der ein Zeitraum besteht, in welchem alle Theile des Herzens, Vor-
höfe und Kammern, sich in Ruhe befinden. Den Akt der Zusam-
menziehung belegt man gewöhnlich mit dem Namen der Systole
(Vorhof- und Kammersystole), den der ErschlaflFung mit dem der
Diastole oder Pause. Diese ebengeschilderte Reihenfolge der Be-
wegungen ist jedoch keine nothwendige; denn es können erfah-
rungsgemäss, namentlich wenn das Herz im Absterben begriffen
ist, entweder mehrere Bewegungen der Vorhöfe hintereinander fol-
gen, ohne von einer Bewegung der Kammern unterbrochen zu wer-
den, so dass in gleichen Zeiten die Vorhöfe zwei-, drei- und mehr- '
mal so viel schlagen, als die Kammern; oder es kann gar auch
vorkommen, wie namentlich nach Einträufeln von Opiumtinktur in :
die Höhlen, dass nach der Ruhe des ganzen Herzens zuerst die
Herzkammeni und dann erst die Vorhöfe in Zusammenziehung kom-
men, so dass sich die Reihenfolge der Bewegungen umkehrt
(Hoffa, C. Ludwig). Die Gründe sind nicht anzugeben, aus
welchen die Nothwendigkeit der einen oder andern Reihenfolge der |
geschilderten Bewegungen hervorginge. ' |
b. Relative Dauer der Bewegung und Ruhe von Kammer und i
Vorhof. Da das Herz in der Minute eine beträchtliche Zahl von
Schlägen ausführt, so wird die Dauer eines jeden einzelnen Be-
wegungsaktes sehr kurz ausfallen, und offenbar im Allgemeinen um
so kürzer, je häufiger die Herzbewegung in der Zeiteinheit vdeder-
kehrt. Wegen der so sehr verschiedenen Zahl der Herzschläge in
der Zeiteinheit, ist es unmöglich, eine allgemein giltige Angabe
über die absolute Dauer der Zusammenziehung und der Erschlaf-
fung zu machen. Es hat dagegen einen Sinn, die relative Bewe-
Disquisitiones de nervis etc. centrallb. cordis. Berlin 1854. — Eckhard. Beiträge zur Anatomie u.
Physiologie, Glessen 1858. p. 145. -t. Bezold, Vlrchow's Archiv XIV. Bd. - A r n o 1 d , di«
physiol. Anitalt der Universität Heidelberg 1858. p. 98,
Erregbarkeit des Herzons.
89
unngs- und Ruhezeit der einzelnen Herzabtheilungen zu messen.
\ olkmann, der in dieser Richtung genaue Beobachtungen am
Menschen angestellt hat, giebt an, dass die Zeit, während welcher
lic Ventrikel im zusammengezogenen Zustand verharren, genau so
rioss ist, als diejenige, welche die Zusammenziehung der Vorhöfe
nd die Erschlaffung des ganzen Herzens umfasst. Diesem Be-
l)achtungsresultat dürfte jedoch, wenn die hier in Betracht kom;
iienden Erscheinungen bei Menschen und Säugethieren an-
uihernd sich gleich verhalten, keine allgemeine Giltigkeit zuzu-
i'hreiben sein, da sich bei letztern mit einem Wechsel in der
'.eschleunigung des Herzschlags dieses Verhältniss ändert, indem
lei langsamem Herzschlag die Zeit der Herzpause beträchtlich
iberwiegt über die der Ventrikularkontraktion, während umgekehrt,
lei sehr beschleunigter Herzbewegung auch die Zeit der Kammer-
usammenziehung die der Herzpause übertreffen kann (C. Lud-
vig). Mit andern Worten, es schwankt, wenn sich die Zahl der
lerzschläge beträchtlich ändert, der Zeitraum der Diastole viel be-
leutender, als derjenige der Kammernsystole. — Die Dauer der
v'orhofssystole ist immer nur ein kleiner Bruchtheil von derjenigen
, ler Kammerzusammenziehung.
Volkmann benutzte zu seinen Messungen die Töne, welche das Herz bei seinen
Bewegungen hervorbringt, ein anwendbares Verfahren, da der erste beim Herzschlag
».örbare Ton gerade so lange anhält, als die Kammersystole. Die Dauer des ersten
i. 'ons maass er aber dadurch, dass er einen Pendel mit verschiebbarer Linse so lange
einstellte, bis seine Schwingungszeit gerade so lang war, als die des (mit dem Ste-
(tioskop) gehörten Tons. — Eine andere Methode (Fühlhebel und rotirender CyUnder),
e'elche am blossgelegten Herzen des Thieres angewendet wurde, s. bei Ludwig*). —
c. Erregbarkeit des Herzens. Man pflegt sie zu schätzen :
ii. iirch die Zahl der Schläge in der Zeiteinheit, durch den Umfang
luf den sich der Herzmuskel zusammenzieht, und zwar entweder
mrch jeden der beiden Umstände für sich allein oder durch Combi-
«lation beider, so dass ein Herz, welches schnell und wenig aus-
giebig schlägt, ftir ebenso, wenn nicht für weniger erregbar
l^ilt, als ein solches, welches seltener, aber jedesmal kräftiger
Ichlägt. Man beraisst die Erregbarkeit ferner nach der Intensität
'.er Erreger, die nothwendig, um ein schon zur Ruhe gekommenes
flerz wieder in Bewegung zu setzen, und endlich nach der Zeit-
i.auer, während welcher ein Herz seine Schlagfähigkeit zubewahren
•) 1. c. p. 108.
90
Erregbarkeit dos Herzens.
vermag unter Umständen, die seinen Lebenseigenschaften erfahrungs-
gemäss entgegenwirken.
Da ein ausgeschnittenes Herz, auch ohne dass es von aussen
her gereizt wird, fortführt zu schlagen mit andern Worten, da es
also ausser erregbaren Nerven und Muskeln auch noch reizende
(automatische) Einrichtungen besitzt, so umfasst nach den obigen
Auseinandersetzungen der Begriff der Erregbarkeit die Arbeits-
fähigkeit der automatischen und reflektorischen Organe gleich-
zeitig mit denen der Nerven und Muskelröhren. Die Aufgabe, die
Erregbarkeit eines jeden dieser Organe gesondert zu schätzen, ge-
lingt nur für den Fall, dass die Nerven und Muskeln ihre Erreg-
barkeit behaupten, während sie die automatischen Massen einbüssen,
denn nur hier, nicht aber beim umgekehrten Verhalten giebt es
Prüfungsmittel für die erregbar zurückgebliebenen Bestandtheile.
Viele der Bedingungen, durch welche die Erregbarkeit der
cerebrospinalen Muskeln und Nervenmassen erhalten wird, wirken
in gleicherweise auf das Herz; so verlang-t das letztere namentlich
sauerstoffhaltiges Blut, gewisse Temperaturgrenzen, eine gewisse
Andauer der Ruhezeiten zwischen den vollführten Anstrengungen;
das ausgeschnittene Herz schlägt in einem mit Wasser gesättigten
Räume länger als in trocken erhaltener Luft u. s. w.
Ein ausgeschnittenes oder das in der Brusthöhle befindliehe Herz eines Säuge-
thiers, dessen Hirn und Rückenmark abgestorben ist, schlägt, sich selbst überlassen,
nur noch kurze Zeit fort; die Zeitdauer seiner Bewegungen kann aber beträchtlich
vergrössert werden, wenn man entweder in die Lungen des getödteten Thieres Luft
einbläst, oder aber wenn man durch die Kranzgefässe des ausgeschnittenen Herzens
einen arteriellen Blutstrom leitet (C. Ludwig)*). Ein ausgeschnittenes Proschherz
erhält dagegen seine Bewegungen stundenlang nur mit Zuthun des Bluts oder der
Ernährungsflüssigkeit, welche in seinem Gewebe enthalten ist. Bringt man ein sol-
ches Herz in eine reine Sauerstoflatmosphäre, so schlägt es um viele Stunden länger
und kräftiger, als in der atmosphärischen Luft (Gas teil), führt man es dagegen in
den luftleeren Raum (Pontana, Ti e d e m an n **), Pickford)***), in Wasserstoffgaa
(Schulzf), Castell)tt), Stickgas, Kohlensäure, Schwefelwasserstoff und luftleeres'
Wasser (Gas teil), so hört das Herz früher zu schlagen auf. Während seines Auf-
enthaltes in den beruhigenden Mitteln haben die gewöhnlichen Erreger der Nerven
ihre Wirkungskräfte verloren; bringt man aber dann das Herz, dessen automatisch»'
Erregung und dessen Erregbarkeit ganz verloren, wieder an die atmosphärische Luf^'
so beginnt die selbstständige Bewegung von Neuem. Beiläufig ist iier noch zu be-
*) Henlo u, Pfeufer. 1. Heihc. V. Bd. p. 76.
*») Müllers Archiv. 1847, 490.
'*•) Henle u, Pfeufer. Neue Folge. I. Bd. 240.
■f) De motu coidis ranao. Berlin 1849.
tt) Müllers Arcliiv. 1854. 226.
Eigenthüiiilichkeiton der Herzerregbarkeit.
91
merken, dass die erwähnten Umstände und Gase nicht in gleichen Zeiten die Bew6-
.gung unterbrechen. Länger dauert der Herzschlag in Stick- und Wasserstoffgas, kür-
zer in Kohlensäure und Schwefelwasserstoff; ebenso schlägt das Herz länger unter der
ILuftpumpe, wenn in den Eezipienten noch ein Behälter mit ausgekochtem Wasser
■steht ; kürzer wenn ein Gefäss mit CaCl darin enthalten ist. (Arnold). Das ausge-
ichnittene Herz eines Frosches, welches zwischen zwei aufeinandergepassten Uhrglä-
iem liegt, verlangsamt seine Schlagfolgo um ein Beträchtliches , wenn man es auf Eis
letat, während es umgekelu't dieselbe sehr beschleunigt, wenn man es auf einen er-
nränuten Gegenstand bringt. — Aus ähnlichen Gründen hat auch Bezold einen durch
aus der Vergessenheit gezogenen Versuch Humboldts zu erklären gewusst.
(in Herz, das an den zugebundenen Arterien aufgehängt ist, schlägt rascher und läiger,
ein solches, das unter gleichen Bedingungen auf eine Glastafel so gelegt wird,
ass seine Sinus mit den Unterlagen in Berührung sind. Die Ursache dieses verschie-
enen Verhaltens liegt in der Ansammlung schädlicher Flüssigkeiten in der Nähe der
Sinus und nicht in der Lage als solcher, wie Bezold durch verschiedene Versuche
.arthut. — Verlängert man die Herzpausen durch Erregung der NN. vagi und leitet
arauf durch Berührung des Herzens eine Bewegung ein , so ist diese dem Anschein
,ch kräftiger als vor der Vagusreizung, wo die Herzschläge schneller aufeinander-
'olgten. Wenn man aber umgekehrt mittelst des Elektromotors die Herzschläge sehr
iOBchleunigt, so wird jeder einzelne derselben so schwach, dass sich trotz seiner un-
lählbaren Schlagfolge das Herz immer weiter ausdehnt, bis es endlich stillsteht.
Auf diese Weise gelingt es leicht ein Thier zu tödten. ( C. Ludwig.) Ein andres
eispiel hierfür giebt Bezold; wenn ein Herz im Absterben begriffen ist, so schlägt
'emeinigUoh der Ventrikel seltener als die Vorkammern ; werden nun durch Vagus-
eizung beide Herzabtheilungen für einige Zeit zur Buhe gebracht, so kommt beim
iederbeginn der Schläge auf jeden Vorhof auch eine Kammerzuckung, und zugleich
Igen jetzt die Schläge des ganzen Herzens so rasch aufeinander wie vor der Vagus-
;nng die der Vorhöfe ; während der längeren durch Vagusreizung eingeleiteten
.uhezeit hat sich also die Erregbarkeit der Vorkammer erhöht. — Hierher scheint
saeh die Beobachtung von Czermak u. Piotrowsky*) zu gehören, welche fanden,
ass das ausgeschnittene Herz des Kaninchens seine Schläge später einstellt, wenn
cor dem Tode des Thieres die NN. vagi gereizt, früher, wenn sie vorher durchschnitten
aren. In welchem Verhältniss mit der Ruhezeit die Erregbarkeit steigt, ist unbe-
lannt; unter günstigen Verhältnissen genügen zur Wiederherstellung der letztern sehr
nrze Pausen, wie z. B. nach Durchschneidung der NN. vagi sehr kräftige Schläge
der sehr rasch folgen.
d. Eigenthümlichkeiten der Herzerregbarkeit. Neben
en genannten Uebereinstimmungen bietet aber die En'egbarkeit
es Herzens aucb viel Abweichungen von andern Nerven und Mus-
ieln. Dahin gehört; 1) die Schläge eines Induktionsapparats, welche
enügend sind, jeden andern Nerven und Muskel in Starrkrampf zu
ersetzen, vermögen das lebende noch vom nomalen Blut durch-
ömte Herz nur zu beschleunigten Bewegungen zu veranlassen.
0 verhindern die Erregbarkeitszustände des Herzens, dass es
•) wiener Akäd. 8itzong»berlchte XXV. 431.
gg Erregung des Herzons.
in Tetanus kommen könne. Diese Erscheinung ist um so auffal-
lender; als man durch heftige Induktionsschläge an einzelnen Ab-
schnitten des Herzens weisse wulstförmige Hervorhebungen erzeugen
kann, welche anscheinend grosse Aehnlichkeit mit dem lokalen Te-
tanus der Rumpf- und Darm-Muskeln darbieten. 2) Ein constan-
ter elektrischer Strom, gleichgiltig in welcher Richtung er durch
das Herz fliesst, vermag den bestehenden Herzschlag nicht zu be-
ruhigen ; im Gegentheil regt er das durch Ausschneidung der Vor-
hofsscheidewand beruhigte Herz wieder zu Bewegungen an (Eck-
hard*). Da das Herz in seiner Gesammtheit durch ein anhalten-
des Erregen nicht tetanisch wird, und da anderseits Pflüg er
nachgewiesen, dass auch ein constanter Strom von sehr geringer
Intensität einen Rückenmarksnerven und zwar tetanisch erregt, so
könnte man geneigt sein, statt eines Gegensatzes durch diese That-
sache eine Uebereinstimmung zwischen den Erregbarkeiten des Her-
zens und anderer Nerven zu finden. Hierbei wäre nur zu bedenken,
dass jene Ströme, welche das ruhende Herz erregen, zu den kräf-
tigen gehören, welche auch die Rückenraarksnerven vollkommen
in Ruhe lassen, resp. je nach ihrer Richtung die Wirkungen an-
derer Erreger herabsetzen. 3) Curare, welches die motorischen
Nerven der Skeletmuskeln lähmt, geht an dem des Herzens ohne
alle Wirkung vorüber (Kölliker, Bernard.) '
d. Erregung des Herzens. «. Die Zahl der Herzschläge
in der Zeiteinheit ändert sich mit den Zuständen der Selbsterreger
im Herzen. Unzweifelhaft geht überhaupt von einer im Herzen ent-
haltenen an besondern Orten eingebetteten Vorrichtung die Anre-
gung zur Bewegung aus, da einerseits das ausgeschnittene, blut-
leere, den von aussen her dringenden Reizen entzogene Herz
noch in regelmässiger Zeitfolge schlägt und da anderseits ein aus-
geschnittenes Herz oft bis zum vollkommenen Absterben in Ruhe
bleibt, aber augenblicklich einen regelrechten Schlag ausführt, wenn
irgend ein Theil seiner Oberfläche mit einer Nadel berührt wird.
Wie der erstere Erfahrungssatz den Beweis dafür liefert, dass im
Herzen selbst alle Bedingungen für das Eintreten seiner Bewegungen
enthalten sind, so thut der zweite dar, dass das Bestehen der
Nerven- und Muskelerregbarkeit für sich noch nicht gentigt, um
die rhythmische Bewegung einzuleiten.
•) Beiträge zur Anatomie u. Physiologie I. Bd. p. 146.
Erregung des Herzens. 93
lieber den erregenden Vorgang selbst sind wir vollkommen im
lünklaren; den Ort, an denen er sich entwickelt, verlegen dagegen
odie meisten Physiologen in die GangHenhaufen des Herzens, na-
imentlich in die am Beginn der Arterien und Kammern gelegeneu.
((Bidder, Bezold.)
Nach den vorliegenden Beobachtungen am Proschherzen sind vorzugsweise
;lie Ganglienhaufen am Beginne der Scheidewand des Vorhofs und an der Furche
ii<wisch9n letzterm und dem Ventrikel als die Stätten des selbsteri'egenden Vorganges
[anzusehen. Denn ein Ventrikel, der unterhalb der letzten Grenze abgeschnitten ist,
ibleibt, wenn er nicht von aussen her gereizt wird, meist bewegungslos bis zum Tod
Stiegen. Diese Erscheinung erleidet jedoch zahlreiche Ausnahmen ; wii-d ein solcher
•Stumpf in Froschblut zwischen zwei luftdicht schliessenden Ulirgläseni aufgehoben
und dann etwa V« bis Vi Stunde nach seiner Trennung von den Ganglienhaufen mit
•einer Nadel bestrichen, so kehrt sehr häufig rhythmische Bewegung durch längere Zeit
Hindurch wieder (Hoffa). Obwohl diese Erfahrung darthut, dass die abgeschnittenen
uonglien nicht allein die automatischen Organe sind, so bleibt es doch immer bemer-
Kenswerth, 1" dass sehr viele Herzen ohne Zuthun äusserer Eeize bewegungslos ab-
sterben, wenn man die Ganglien an den obem Theil der Scheidewand durch einen
umgelegten Faden gequetscht (Stannius), oder ausgeschnitten (Bidder), oder galva-
'lokaustisch (Eckhard) zerstört hat; 2° dass aber nach Unterbindung der Scheide-
\andganglien die Bewegung für längere Zeit wiederkehrt, wenn man einen Faden um
lie Gegend von Vorhof und Herzkammer schnürt (Stannius). Siehe hierüber noch
! leidenhain und Eckhard 1. c.
I ß. Die Zahl der Herzschläge mindert sich, wenn der n. vagus,
.foevor er in das Herz tiitt, erregt wird (Ed. Weber).
Hier sind die Thatsachen zusammenzustellen, welche sich auf
bine Veränderung des Herzschlags durch Erregung des Vagus be-
|ii iehen. — 1) Die Bewegungen des Herzens werden um so anhal-
iit ender unterbrochen, je intensiver die Erregungen des n. vagus
iiind. Diese Behauptung begiUndet sich dadurch, weil ein Erre-
; Lr ungsmittel von sehr geringer Stärke, das, auf den ungeschwächten
' ;i . vagus angewendet , noch eine Verlängerung der Pause erzeugt,
jiiich in dem ennüdeten nicht mehr als wirksam erweist; weil inner-
halb enger Grenzen je nach der Stärke des Erregers eine kürzere
i der länger dauenide Pause erzeugt wird, weil dasselbe Erreguugs-
i littel von immer gleicher Intensität, wie z. B. die elektrischen
^ ichläge, zuerst, so lange das zwischen den Drahtenden liegende
! [ervenstück noch unversehrt ist, die Pause des Herzens beträchtlich
i erlängert, während mit andauernder Erregung, d. h. mit steigen-
er Veränderang des durchströmten Nervenstückes die Herzpause
lehr und mehr an Dauer abnimmt u. s. w. Demnach kann man
•i einer passenden Anordnung der Erregungsmittel die Herzpause
IS zur Dauer vieler Sekunden verlängern, z. B. wenn man an
Erregung des Herzens.
einem langhaJsigen Hunde den nerv, vagus dermaassen in den
Kreis eines Induktionsstroms bringt, dass man das vom Strom
durehfiossene Stück ganz allmäblig und stetig verlängert, so dass
fortwälirend neue von der durchströmenden Elektrizität noch nicht
umgewandelte Nervenelemente in den Kreis aufgenommen werden.
— 2) Die gleichzeitige Erregung der beiden n. vagi scheint, alles
Andere (Stärke des En-egers, der Erregbarkeit und die Länge des
erregten Nervensttickes) gleichgesetzt, die Zusamraenziehung des
Herzens anhaltender zu unterbrechen, als die eines einzigen. Zur
Bestätigung dieses Satzes bedarf es jedoch noch genauerer Ver-
suche. 3) Hat man die n. vagi eines Säugethiers 6 bis 15 Mi-
nuten mittelst des elektrischen Induktionsstromes erregt, so hört
mit der Entfernung der stromführenden Drahtenden nicht momentan
die in Folge der Erregung vorhandene Verlangsamung des Herz-
schlages auf, sondern es verbleibt noch eine mehrere Minuten an-
dauernde Nachwirkung, so dass erst nach Verfluss derselben die
Herzschläge wieder mit derselben Geschwindigkeit einander folgen,
die sie vor aller Erregung besassen (Hoffa). — 4) Hieran reiht
sich, dass eine Anzahl von elektrischen Schlägen, die viel zu selten-
aufeinander folgen, um in einem gewöhnlichen Muskelnerven Teta-
nus zu veranlassen, einen dauernden (tetanischen) Ruhezustand des
Herzens durch den n. vagus einleiten können; 70 — 120 einfache
Oeifnungs- und Schliessungsschläge in der Minute brachten ein
Froschherz auf mehre Minuten zur Ruhe. Diese letztere tritt jedoch
nicht plötzlich ein, sondern mit dem Beginn und dem Fortschritte
der Reizung werden zunächst die Pausen zwischen je zwei Herz-
schlägen länger und länger. Daraus folgt nicht allein, dass ein je-
der einzelne Reiz eine Nachwirkung hiuterlässt, die sich noch jen-
seits einer ausgeführten Herzbewegung erstreckt, sondern auch, dass
sich die von mehrern aufeinander folgenden Reizen heiTührenden
Nachwirkungen summiren. (Bezold). — Für die Zwecke des Ex-
perimeutirens folgt aus dieser Beobachtung, dass man den n. vagus
am schonendsten durch solche seltener aufeinander folgende Schläge
reizt. — 5) Die Anzahl der einzelnen elektrischen Schläge, welche
in der Zeiteinheit nothwendig ist, um die Pause auf Minutenlänge
zu steigern, sinkt, wenn die Elektrizitätsmenge, die sich durch
jeden Schlag ausgleicht, wächst. Die Anzahl der Reizungen muss
sich mehren in dem Maasse, in welchem die natürlich vorhan-
denen Thiere Zusammenziehung erweckenden Vorgänge des Her-
zens überwiegen über die beruhigenden; ^ilso ist beim Bestehen
Erregung des Herzens.
95
üner grossen Zahl energischer Herzkontraktionen eine grössere Zahl
«ra Einzelreizen in der Zeiteinheit nöthig, als bei einem im Absterben
legriltenen Herzen. (Bezold). — 6) Erregt man mittelst des Induk-
lonsstroms den Vagus nach seinem Eintritt in das Herz, so ver-
lingert sich nicht die Pause aller Öerztheile. In unveränderter
teschwindigkeit schlagen nemlich die Theile, welche ihre Nerven
HS dem Stücke des u. vagus erhalten, das oberhalb des erregten
nrtes liegt, während die Pausen aller der Herzabtheilungen sich
BrlängeiTi, deren Nerven erst unterhalb des erregten Ortes aus dem
tamme treten (Hoffa). — 7) Wenn man während einer durch
te Erregung des n. vagus verlängerten Pause die Herzoberfläche
tOckt, elektrisch schlägt u. s. w., so erfolgt jedesmal eine Systole,
«araus folg-t auch, dass, wenn man durch die Oberfläche des
lerzens elektrische Schläge dringen lässt, die hierdurch hervorge-
hen en Bewegungen durch Vaguserregung nicht beruhigt werden
tonen. — 8) Im gewöhnlichen Verlauf des Lebens ist bei Hun-
Vt, Pferden u. s. w. innerhalb des Hirns der n. vagus einer ge-
iden EiTCgung ausgesetzt. Wir schliessen hierauf, . weil bei den
irwähnten Thieren nach Durchschneidung des n. vagus, oder
eJoh Einleitung eines lähmenden Stroms (Heidenhain) der
srzschlag plötzlich ausserordentlich viel rascher wird, als vor
•rselben. Nach der soeben (ß. 4) mitgetheilten Erfahrung,
«BS zeitlich gesonderte Erregungen des Vagus den Zustand des
»rzens dauernd ändern können, ist es erlaubt zu vermuthen,
ass auch vom verlängerten Mark nicht stetige, sondern durch
«rkliche Zeiträume unterbrochene Erregungen in den n. va-
?s gelangen. (Bezold). — 9) Einen besondem Abschnitt ver-
»nen die Eeizungs- und Durchschnei dungsversu che am Frosch-
rrzen. Zu ihrem Verständniss diene, dass die NN. vagi die einzigen
«rvenstämme sind, die von aussen her in das Froschherz verfolgt
irden können ; sie laufen auf den Ingularvenen bis zu den Stamm
ff venae pulmonales, durchbohren neben diesen den Venensack,
id gelangen dann auf die linke Fläche der Vorhofsscheidewand,
iler tauschen sie neben der Einmlindungsstelle der vena pulmonalis
isern aus und gehen von da in zwei gesonderten Strängen zum
iheftnngsort der Scheidewand in die Kammerbasis, um dort in
13 Kammei-fleisch Itberzutreten. Auf diesem Wege geben sie zuerst
Bte an den Venensack, die mit einzelneu Ganglienkugeln belegt
dd; neben der Lungenadermllndung in den Winkeln, ans denen
• Fasern zum Plexus hervorgehen, treten dngegen zuerst massen-
gg Erregung des Herzens.
I
hafte Gaiiglieiuinliäul'u ugeu auf und ebenso sind die Stämme auf der
Herzscheidewand, wie die Zweige, welche von hieraus in Vorhofs-
muskehi gehen, reichlich mit Ganglienkörpern versehen, die endlich
wieder zu grösseni Haufen vereinigt in der Furche zwischen Kammer
und Vorhof aufti-eten, wo die Stämme der Vagi aus der Scheide-
wand in das Kammerfleisch Ubergehen; auch sind die Aeste für
das letzte am Beginn wenigstens mit Ganglien versehen.
Eine festzugeschnürte Schleife um die obersten Vorhofgang-
lien (Stannius) oder ein Ausschneiden derselben (Bidder) be-
dingt einen 5 — 10 Minuten langen Stillstand des ganzen Herzens.
Schneidet man statt auf einmal successiv den Venengack ab, so
verlangsamt sich mit dem Fortschreiten des Schnittes die Herzbe-
wegung, aber erst, wenn man die Grenze zwischen Venensack
und Vorhof überschiitten hat, tritt plötzlich der Stillstand ein
(Bezold). — Wenn nach Austilgung der obern Vorhofsganglienl
und während des dadurch erzeugten Stillstandes eine Schnur um die
Grenze zwischen Kammer und Vorhof gebunden wird (Stannius)
oder wenn in der Begrenzungsfm-che die Kammer abgeti-agen wird,
so beginnt die Kammer von Neuem zu schlagen, während der Vor
hof ruht. Wird dagegen unter denselben Umständen der Schnitt!
unterhalb der Trennungsfurche im Kammerfleisch selbst geführt,]
so beginnen meist der mit dem Vorhof in Verbindung gebliebem
Fleischring der Kammer und der Vorhof ihre Bewegungen wiedei
und zwar in solcher Reihenfolge, dass zuerst der Kammerrest um
gleich nachher der Vorhof schlägt. — Ein Reiz, der das Herz trifft,
während es in Folge eines Schnittes unterhalb der obern Vorhofs
ganglien stillsteht, bedingt eine totale Zusammenziehung, die meisj
an der Herzabtheilung beginnt, welche vom Reiz (einen Nadelstich'
getroffen wurde. — Die ganze Reihe der Erscheinungen lässt sich a;
dem Herzen eines Frosches hervorbringen, der mit Curare vergiftet is'
y. Die Zahl der Herzschläge mehrt sich, wenn diejenige]
Einflüsse, welche früher als nervenerregende bezeichnet wurden,
wenn auch beschränkt, auf das Herz wirken, • also nach elektrischen,
mechanischen, einer bestimmten Zahl chemischer Eingriffe, Temp
raturerhöhungen u. s. w.
Der Beweis, dass die angegebenen Mittel das Herz zur B
wegung anregen, ist entweder nur so zu geben, dass sie zu einer
Zeit ihre Wirksamkeit für das Herz entfalten, in der das Her
ohne ihre Gegenwart still stehen würde (z. B. in der langen Pausi
während der Vaguserregung, oder kurz vor dem vollkommene!
Erregung des Herzens.
97
^Absterben des Herzens), oder dass sie die Zahl der Herzschläge
ifHr längere Zeit beträchtlich zu vermehren im Stande sind. — Mit
ißücksicht auf die Wirkung der genannten Erreger ist noch zu be-
uiierken: 1) Der Werth ihrer erregenden Wirkung wechselt mit
lern Ort, auf den sie angewendet werden; so erzeugt, namentlich
jach ßidder, ein Nadelstich sicherer eine Herzbewegung, wenn
i-r auf die äussere Fläche der Ventrikel, als auf die der Vorhöfe
ingewendet wird; im Allgemeinen erweckt ein Erregungsmittel, auf
lie inneren Flächen des Herzens gebracht, leichter Bewegung, als
iou den äussern her. — 2) Eine einmalige, sehr vorübergehende
lurreguug des Herzens (auch wenn es ausgeschnitten und blutleer
«t) ist nicht allein im Stande eine einmalige Zusammenziehung
desselben zu erregen, sondern auch längere Zeit hindurch die Pause
iiu verkürzen, mit andern Worten, die Zahl der Herzschläge in der
t'eiteinheit zu vermehren. Diese Erscheinung tritt in sehr auffallen-
eier Weise öfter an dem Ventrikel des Froschherzens auf, der in
ler Querfurche von den .Vorhöfen getrennt ist. Ohne Zuthun eines
nlrregers liegt derselbe meist vollkommen ruhig ; bestreicht man ihn
■>,ber mit der Spitze einer Nadel, so geräth er in viele rasch auf-
linander folgende Zusammenziehungen. Wie hier ein rasch vortiber-
^ehender Erreger eine Nachwirkung hinterliess, so kommt diese
le mter andern Umständen erst zum Vorschein, wenn der Erreger,
ir las Herz längere Zeit hindurch angegriffen. So muss ein möglichst
IC libenskräftiges Herz anhaltend, mehrere Sekunden hindurch von
■en Schlägen eines starken Induktionsstromes getroffen werden,
's- eenn auch das Herz nach der Entfernung desselben die ausser-
lät ordentliche Zahl von Schlägen (bis zu 600 in der Minute) zeigen
Dil, die der Strom bei seiner Anwesenheit erweckt. — 3) Eine
u iidauernde elektrische Erregung, die in allen andern Muskeln teta-
•ische Krämpfe erzeugt, bringt das Herz im Ganzen nur zu schnel-
fj nren Bewegungen, aber nicht in eine tetanische Zusammenziehung.
jB dagegen wird die Muskelsubstanz in einem beschränkten Umfang
n den BerUhrungsstellen des Herzens mit den Poldrähten zu einer
'.tanischen Zusammenziehung veranlasst, welche sich noch viele Mi-
mten nach Entfernung des Erregungsmittels erhält. — 4) DieAuflö-
ung vieler chemischer Stoffe, namentlich des Opiums, Strychnins, des
Ukohols u. 8. w., welche in die Herzhöhle gebracht wurden, be-
|Ähleunigt für kürzere Zeit den Herzschlag, verlangsamt ilm aber
üi^^P' endlich das vollkommene Absterben des Herzens
Aedingt. — Ein Froschherz > welches in eine reine Sauerstoff'atmo-
■ Ludwig, Physiologie H. 2. Annage, 7
gg Krrcgung (los Iferüens.
Sphäre gebracht wird, schlägt rascher (C asteil). Ein Gemenge
von Ct)j nnd atmosphärischer Luft soll den Herzschlag kräftigen
(Brown-S6quard).
Aus den niitgetheilten Beobachtungen sind einige Ableitungen
über die Abhängigkeit der rhythmischen Herzzusamrnenziehung von
den in ihm eingebetteten Nerven hervorgegangen, welche wenigstens
als Ausgangspunkte neuer Untersuchungen erwähnenswerth sind. -
f)'. Die Ruhe sowohl wie die Zuckung des lebenden Herzens
sind Folgen einer im Herzen stattfindenden Erregung; beide Er
regungsarten sind an räumlich getrennte Organe geknüpft, welche
wahrscheinlich durch die Ganglienkörper dargestellt werden. Im
Froschherzen, das aus Venensack, Vorhof imd Kammer besteht,
überwiegen die Organe, welche Zuckung erregen; in der Combi
nation, die nur noch aus Vorhof und Kammer besteht, halten sich
die bewegenden und beruhigenden das Gleichgewicht; in der los-
getrennten Kammer endlich überwiegen wieder die bewegenden
Kräfte. Dieses folgert man : weil ein Reiz , der das gesammte
Herz trifft, nicht tetanus, sondern wechselnde Bewegung erzeugt,
obwohl die einzelnen Muskelfasern tetanisirt werden können; weil
der Anschnitt der obern Vorhofsganglien Ruhe, und das Ab-
schneiden des Vorhofs wieder Erregung erzeugt. Setzt man hinJ
zu, dass durch einen starken constanten elektrischen Strom niJj
die beruhigenden Nervenmassen in ihrer Erregbarkeit beeinträclM
tigt werden, so würde es auch begreiflich, warum ein solchdj
Zuckungen einleitet. — jl
Die Eigenthümlichkeit, dass ein vorübergehender Reiz ava
das Herz Avie auf den n. vagus in grösserer Zahl aufeinander fol-j
gender Bewegungen oder die eine längere dauernde Ruhe erzeugt!
soll sich ableiten aus der Verbindung jener Nerven mit den GangJ
lien, da es gegen die Analogie verstösst, dem Nervenrohr diesel
Eigenthümlichkeit zuzuweisen. Das Nähere geben die angezogeneJ
Schriften von Bidd er, Eckhard, Bezold, Hoffa, Heidenhainl
£. Eine auffallende Beschleunigung des Herzschlags soll erJ
zeugt werden durch Erregung der in das Herz tretenden ZweigJ
des n. sympathicus, oder seiner Ursprünge in dem Hirn un/
Rückenmark. Diese Behauptung scheint nicht für alle Thiere in
gleicher Weise zu gelten. Mit Sicherheit lässt sich behaupten,
dass eme Erregung des Grenzstrangs am Halse und in der obern
Brustgegend beim Kaninchen den Herzschlag nicht beschleunig'
Erregung des. .Herzens.
99
- (Weinniann). Henle*) hat beim Menschen und Cl. Ber-
nard**) beim Hunde nach Reizung des ersten Brustganglions
eine Beschleunigung gefunden. Budge endlich konnte beim
Frosch die im Erlöschen begriffene Herzbewegung wieder anregen
durch Reizung des vom Schwanzbein bis in die Nähe des Herzens
verlaufenden Grenzstranges, vorausgesetzt dass vorher die vagi
dunihschnitten oder die med. oblongata zerstört war. Don-
ders***) bestätigt diese sehr merkwürdige Erscheinung. Die
entgegengesetzte Ansicht, welche R. Wagnerf) vertritt, die nem-
lich, dass die Erregung des Sympathicus eine Verlangsamung er-
zeugen kann, ist weder durch Wein mann, noch durch Heiden-
hain auf dem Wege des Versuchs bestätigt worden.
Die älteren Versuche, welche in der Absicht angestellt wur-
den, um den Beweis zu liefern, dass mit der Bewegung des Hiras,
Rückenmarkes oder des sympathischen Grenzstranges die Herzbe-
wegung beschleunigt, oder mit Zerstörung der emähnten Theile
verlangsamt, resp. vernichtet werde, leiden an so vielfachen Feh-
1 lern, dass es vollkommen unmöglich ist, ihnen noch irgend wel-
« eben Einfluss auf die Bildung eines Urtheils zu gestatten. Zu-
I nächst übersah man meist, dass das blossgelegte Herz eines
: absterbenden, mangelhaft oder gar nicht mehr athmenden Thieres
aus Gründen, die zunächst in der veränderten Zusammensetzung
des einströmenden Blutes liegen, in sehr unregelmässiger Weise
schlägt. Volkmannft) hat hierauf zuerst die Aufmerksamkeit
gelenkt. — Da nun auch ausserdem den Vivisectoren bis auf Ed.
Weber und Budge die besondere Art des Einflusses, welche der
n. vagus auf das Herz übt, entgangen war, so befanden sie sich
ausser Stande, zu entscheiden: ob die Veränderung, welche nach
Erregung oder Zerstörung einzelner Theile des Hirns, Rücken-
markes oder des peripherischen Nervensystems eintritt, die Folge
einer directen Beziehung zwischen jenen Theilen und dem Herzen
waren, oder ob sie es nur mit einer Veränderung zu thun hatten,
welche an den Ursprungsstellen des n. vagus auf irgend welchem
Umweg erzeugt war.
•) Henle In seiner und Pfeufers Zeitsclirlft. Neue Folge. II. Bd. p. 300.
••) Le^ona de Physiologie exporlmentale II. 430.
•") Physiologie dos Menschen. Lcipüig 185U. p. 55.
■f) Güttinger gelehrte Anzeigen. IKSl. 5121.
tt) MUllers Archiv. 1845.
7*
]f)0 U"!""' Häufigkoit (IcR Herzschlags beim Mcnsolicii.
Eine ausftihrlicliere Bespreclnmg der älteren Versuche von
Humboldt., Legallois, Brächet u. s. w. siehe bei Johann
Müller und Longet*).
TJeber die Häufigkeit des Herzschlags beim Men-
ge jjen. — Da die Orte des Hirns, 'aus welchen der n. vagus sei-
neu Ursprung nimmt, durch Seelenzustände, Reflexe oder N'erän-
derungen in der BlutzusammensetzAing in vielfach abgestufte Erre-
gung kommen können, da die wechselnde Zusammensetzung des
Bluts, die Bewegung des Brustkastens, der verschiedene Wider-
stand des vom und zum Herzen strömendeu Blutes u. s. w. man-
nigfache Grade der Erregung und Erregbarkeit des Herzens selbst
bedingen können, so lässt sich voraussehen, dass die Zahl der
Schläge, welche das Herz des lebenden Menschen in gegebener
Zeit vollführt, keine sich gleichbleibende sein wird. Eine sorg-
samere Beobachtung der Herzschläge des lebenden Menschen hat
nun in der That nicht allein die Schwankungen in den Zahlen der
Pulsschläge erwiesen, sondern auch diese zu gewissen Lebensver-
hältnissen in Beziehungen zu bringen gewusst, so namentlich, dass
die Beschleunigung des Pulses veränderlich sei mit dem Genuss
der Nahrungsmittel, der Muskelbewegungen, dem Alter, Geschlecht,
der Körpergrösse, dem Blutgehalt u. s. f. — Nach dem Mechanis-
mus, durch den diese Umstände den Herzschlag umändern, hat
man bis dahin nicht weiter gesucht, und es ist dämm nicht zu
entscheiden, durch welche der eben bezeichneten Weisen sie wirk-
sam sind und ob dieselben die einzigen sind, welche den Herz-
schlag eines lebenden Menschen umändern können.
Da der Pulsschlag für den Arzt von grosser Bedeutung ist,
so wird die Angabe der Regeln, nach welchen die Pulsverändenuig
zu beurtheilen ist, nothwendig sein. —
1. Die Zahl der Pulse in der Minute ändert sieh mit der Tageszeit, und zwar
unabhängig von der Nahrung und den Körperbewegungen. Fröhlich und Lichten-
fels*) fanden, dass frühmorgens, 10 Stunden nach dem letzten Essen, die Pulszahl der
Minute 69,3 betrug, 16 Stunden nach dem letzten Essen war sie auf 50 gesunken
und 20 Stunden nach dem bezeichneten Zeitpunkt, war sie wieder auf 53,.3 gestiegen.
Die genauere Veränderlichkeit der Pulszahl mit der Zeit an dem Hungertage giebt
die beistehende Curve (Fig. 33); auf die y sind die Pulszahlen, auf die x die Zeiten
in Stunden nach der letzten Nahrungsaufnahme verzeichnet.
du »"v,,t?^"' deux. p. 192. 211. 347. - Anatomie et ptn-siologie
uu systftme nerveux. II. 597. ^
*•) Wiener Ak«dcm. Denkschriften. III. 121.
Uebor die Häufigkeit des Herzschlags beim Menschen.
101
Fig. 33.
2. Die Zahl der l'ulsschläge ändert sich mit dorn Genuss der Nahrungsmittel.
Fröhlich und Lichtenfels geben an, dass nach dem Genuss eines Frühstücks aus
Kaffee der Puls rasch ansteige, dann allmäh-
lig bis zum Mittagsessen sinke, von hier
wieder, jedoch nicht so hoch wie früher,
ansteige, bis zum Abendbrot falle, nach die-
sem abermals steige u. s. f. Dieser Gang
wird durch die Curye (Fig. 34.) genauer dar-
gestellt. In dieser Curve sind auf der Achse
X die Zeiten nach Stunden aufgetragen, in
der Art, dass zugleich die Zeitendes Essens
angegeben sind ; auf die erste 0 fällt das
Frühstück , auf die zweite das Mittagsessen
auf die dritte der Abendkaffee und auf die
letzte das Nachtessen ; unter diesen die Essens-
stunde bezeichnenden Zahlen sind die fortlau-
fenden Tagesstunden aufgetragen von 7,5 Uhr
Morgens bis 11,5 Uhr Abends. Auf der
Achse y ist die Anzahl der Schläge aufge-
zeichnet, um welche sich in der Minute der
Puls zu der bezeichneten Zeit vermehrt oder
rermindert hatte. Um die ganze Zahl der Pulsschläge zu finden, muss man also je-
desmal die in der Curve verzeichneten zufügen oder abziehen zu oder von denen,
welche sich nach lOstündigem Enthalten von aller Nahrung vorfanden. In dem vor-
gezeichneten Beispiel betrug dieselbe aber 69,3 Schläge. Aehnliche Beobachtungen
giebt Vierordt*).
Fig. 34.
3
—
8 —
^ —
9 —
y —
» —
»—
ar.
r i
r 1
y 1
7 y
9 1
9 U.
?
—
IT
O
s n,
'/,S
Mit einer Verlegung der Mahlzeiten muss diese Curve natürlich sehr verschiedene
Gestalten annehmen. — Ein jedes Nahrungsmittel wirkt aber nicht auf gleiche Weise.
•) Vierordt, Physiologlo d. Atlimons. 1845. p. 6«.
102
Ucber dio Ilnufigkeit des Herzschlags beim Menschen.
Bei Fleischnahrung soll der Puls rascher sein, als bei vegetabilischer (öuy). - Nach
dorn Goimss von Alkohol (Bier, Wein, Branntwein) steigt in den ersten Minuten die
Zahl der Pulsschläge weit unter diejenige vor dem Genuss dieser Mittel, in den darauf
folgenden aber erhebt sie sich hoch über die ursprüngliche Zahl, sinkt und steigt
wieder, und kehrt so allmählich mit Schwankungen zu der alten Zahl zurück. — Koh-
lensäure (nach Genuss von Brausepulver) bringt den Puls gegen 20 Minuten lang zum
Sinken, ebenso kaltes Wasser, während warmes Getränk, namentlicli Kaffee, umgekehrt
ihn zunächst steigen macht u. s. w. — Weitere Beobachtungen über Arzneistoffe siehe
bei Lichtenfels und Fröhlich, Blacke*), Stannius**), Lenz**»), Brun-
ner t) und Traubett)- Indem wir die ausführliche Erwähnung dieser Beobachtungen
den Lehrbüchern der Heilkunde überlassen müssen, können wir uns nicht versagen,
hervorzuheben, dass durch die genauen Versuche von Traube dem Digitalin eine
eigenthümliche Stellung angewiesen ist. Dieses Gift erzeugt, wenn es in kleinen Dosen
in den Kreislauf eingebracht wird, eine Verlangsamung, wenn es aber in grossen Dosen
gegeben, so bedingt es eine Beschleunigung des Herzschlags; Traube erläutert diese
Erscheinung daraus, dass das Digitalin vermöge seiner besondern Verwandtschaften auf
die Hirnabtheilung wirkt, von welcher die Herzzweige des n. vagus erregt werden.
In kleinen Mengen soll nun , nach Analogie vieler chemischer Erregungsmittel , das
Gift erregend, in grossen Gaben vernichtend wirken, so dass das Herz im erstem Fall
unter dem Einfluss des erregten , im letztem unter dem Einfluss des Vagus schlüge,
der seiner normalen Erregung entzogen wäre. — Diese Erklärang wird bestätigt durch
die Erfahrung, dass die den Puls verlangsamende Wirkung des Digitalins meistentheils
augenblicklich aufgehoben wird nach einer Durchschneidung der n. vagi. Neben dieser
Wirkung durch den n. vagus hindurch besitzt das Gift noch eine zweite, direkt ge-
gen das Herz gehende, wie uns dieses die Versuche von Stannius und Traube
bestätigen.
3. Die Zahl der Pulsschläge ändert sich mit den Zustäden aller übrigen Muskcl-
masscn des zugehörigen Individuums, resp. mit ihrer Ruhe, Zusammenziehung, Emiü-
dung. — Fröhlich und Lichtenfels geben an, dass, wenn die Muskelmasse des
Armes durch das Anhängen eines Gewichtes von 10 Pfund ausgedehnt worden, der
Puls um ein weniges steigt; um mehr, wenn man den Arm bis zur Ermüdung ge-
streckt hält; und noch beträchtlicher, wenn man ein schweres Gewicht möglichst rasch
hin- und hcrsehwingt. Diese Steigerungen erhalten sich nur kurze Zeit, minutenlang,
während sie stundenlang andauern nach starken Ermüdungen der Muskulatur des Geh-
apparates. Daraus ergiebt sich, dass der Puls im Stehen ein anderer ist, als im Sitzen
und hier ein anderer, als im Liegen. Bei vielen Menschen wird schon durch Kiefer-
bewegung der Pulsschlag beschleunigt. ~ Nach Guy*) soll mit passiven Bewegun-
gen des Körpers die Zahl der Pulsschlägo wachsen und durch Niederhängen des
Kopfes abnehmen. Im Schlaf nimmt aus hier zum Theil entwickelten Gründen die
•Zahl der Pulsschläge ab.
•) Archive gene'ral. 1839. VI. Bd.
•») Arcliir f. pliysiolog. Heilkunde. X. Bd.
•»•) Experimentu de raüono intor piilsus froriucntiam otc. Dorpat, 1853.
t) Ueber mittlere Spannung im Gcfässsystcm. Ziiricli 185i.
tt) Annalen des Charitc'ltrnnkenhausos. 1851 u. 1852.
ttt) Valentins Jalircsbcricht Uber Physiologie. 1848. p. 123.
lieber die Häutigkeit des HerzschlaRs beim Menschen.
103
4. Ein Sturz- oder Kcgenbad von -f- 4 3o bis 23» C. u. von kurzer Dauer än-
rt den Puls nicht; in einem solclien von kurzer Dauer mit Wasser von -)- 8" C.
1 I ii der Puls klein, aber er ändert seine Zahl nicht. — Bei einem anhaltend wirken-
n Sturzbad von -|- llo bis 21» wird der Puls zunächst schwach, langsam und unre-
liiiässig; tritt in Folge des Bades allgemeines Zittern ein, so wird der Puls schwach,
-setzend und zuweilen unfiihlbar. Diese Erscheinungen bleiben aus, oder mit andern
• irten der Puls bleibt nach Zahl und Stärke unverändert, wenn statt der allgemeinen
uchc nur der Arm gespritzt oder gebadet wird, wie auch die Temperatur des Was-
, » beschaffen sein mag (Bence Jones und D i c k i n s o n) *).
5. Bei höhern Temperaturen der Umgebung wird die Pulsfolge rascher als bei
lern.
(). Nach Yolkmann**) und Guy nimmt in den ersten Jahren die mittlere
ilszahl rasch ab, dann aber allmählig bis zur Zeit der Pubertät zu, von da an er-
It sie sich constant bis in das höhere Greisenalter, wo sie sich wieder um etwas
l't. Die Beobachtungen, welche diesen Behauptungen zu Grunde liegen, sind sämmt-
h im Sitzen vor dem Mittagsmahl genommen ; wie lange nach dem Genuss von
ihrung oder nach Bewegungen , ist nicht angegeben. Ueber den Puls Neugebomer
he Seux«**).
7. Mit der Körperlänge nimmt der Puls ab, so dass namentlich das grössere
!»or zwei gleich alten Individuen einen langsameren Puls hat, als das kleinere. Ver-
i he , Pulszahl und Körperlänge durch eine empirische Formel in Zusammenhang zu
ingen, siehe bei Volkmannf), Rameaux und Serrusft) etc.
8. Der Puls der Frauen ist im Allgemeinen schneller, als der der Männer bei
iihheit des Alters, der Lebensart und KÖrpergrösse. Im Kindesalter tritt die Dif-
nz weniger zu Tage, als im spätem.
9. Nach einem voluminösen Aderlasse belebt sich die Schlagfolge des Herzens
1 1km an n) tt+)-
lieber die Beziehungen zwischen Athemzügen und Pulsschlägen, siehe die Athem-
wegungen.
4. Ueber die Gleichzeitigkeit der Bewegung in
i n Elementartheilen der einzelnen Abtheilungen des
erzen 8. — Da das Herz aus einer grossen Zahl getrennter nur
Berührung befindlicher nervöser und muskulöser Elementartheile
steht, so kann die gleichzeitige Bewegung der beiden Vorhöfe
id der beiden Kammern sich nur erläutern aus einer gegensei-
ien Mittheilung der inneren Zustände der Elementartheile, aus
' Ichen sich die erwähnten Abtheilungen zusammensetzen. Die
> (lingungen, welche zum Zustandekommen dieser gegenseitigen
•) Brown Sdquard, Journal de la Physiologie. I. Bd. 72.
• •) Haemodynnmik. p. 433.
") Valentina Jahresbericht Uber Physiologie für 1855. p. 89.
^) I. c. p. 4.10.
^) Bulletin de l'academie dcBruxcllea, 1839.
tt) 1. c. p. 371.
, , Herztöne.
104
Mittheilung gehören, bestehen: a. In der unmittelbaren Berührung
der einzelnen Theile. Schneidet man nemlich ein schlagendes
Froschherz in mehrere Theile, so pulsirt jeder derselben zwar fort,
aber die einzelnen Stücke bewegen sich nicht mehr gleichzeitig,,
(Volkmann*)). — b. Die einzelnen Abtheilungen müssen sich in
annähernd gleichem Erregungsznstande befinden, denn es verlieren
auch an dem unversehrten Herzen die einzelnen Muskelbündel der
Kammern die Gleichzeitigkeit ihrer Bewegung, wenn man schäd
liehe Einflüsse in beschränkter Ausdehnung auf sie wirken Hess
Namentlich geschieht dieses, wenn man anhaltend elektrisches
Schläge durch die Kammern sendet; hierdurch zieht sieh bald die-
ser und bay jener Theil der letztern zusammen, ohne Betheiligung
der übrigen. — c. Die Orte, an denen diese Uebertragung statt-
findet, lassen sich nicht angeben; es ist nur zu behaupten, dass
sie sehr verbreitet im Herzen vorhanden sein müssen, da jedes
Stück eines zerschnittenen Herzens in Folge einer beschränkten
Berührung, z. B. eines Nadelstichs, noch in eine totale Zusammen-
ziehung gerathen kann.
Herztöne**). — Das mit Blut erfüllte, noch in normaler
Verbindung mit seinen Arterien befindliche Herz erzeugt bei sei'-
ner Zusammenziehung zwei Töne, welche ebensowohl bei unver-
sehrter Brustwandung gehört werden, wenn man das Ohr in der
Nähe des Herzens auf die Brustwand legt, als auch, wenn man
nach eröffneter Brusthöhle das Ohr mit dem freigelegten Herzen
in Berührung bringt. —
Der erste dieser Töne, von dumpfem Klang, hält gerade so.
lange an, als die Zusammenziehung der Kammern währt, der
zweite aber ist höher und kürzer, und erscheint als ein heller
Nachschlag zum ersten, also gerade nach Schluss der Kammer-
systole. Die beiden Töne ändern sich, wenn die venösen und
arteriellen Klappen der Ventrikel irgend welche Umwandlung ihrer
Form oder ihrer Elastizität erfahren haben, und namentlich soll
der erste mit der Veränderung der venösen, der zweite mit
derjenigen der arteriösen (Semilunar-) Klappe nach Klang und
Höhe wechseln. Daraus schliesst man, dass der erste Ton ent-
•) Müllers Archiv. 1844. - Biddcr, Ibitlem. 1852. p. 163.
••) Kiwiscli T. Rotternu, Würzburger Berichte. I. Bd. 9. —
nlss n. a. w. Breslau 1852.
NegB, Beiträge zur Kennt-
Blutgefässe.
105
tehe durch Wellenbewegungen, die das strömende Blut in den
>v läppen und Chorden einleitet, welche die venösen Mündungen
lecken, der zweite aber durch das plötzliche Zusammenschlagen
1er arteriellen Klappen, die, wie wir später erfahren werden,
I der That am Ende der Systole entfaltet werden. Diese Annah-
len werden auf excUisivem Wege bestätigt durch die Erfahrung,
ass sich innernalb eines Stroms tropfbarer Flüssigkeit, der in
teifen Wänden durch unebene Oetfnungen dahin geht, nur sehr
chwer Töne erzeugen; im Herzen liegt somit gar keine andere
lögUchkeit des Tönens vor. Zudem finden sich, wie es scheint,
iie Sehnen und Klappen in einer zum Tönen hinreichenden
>pannung.
Blutgefässe.
Vom hydraulischen Gesichtspunkte aus sind die Wandungen
lud die Binnenräume der Gefässe bedeutungsvoll.
1. Bau der Wandungen. — Sie sind, wenn ihr Bau die
iTösste Complikation zeigt, ein Geftige aus elastischem, zelligen
md muskulösem Gewebe, das auf der dem Lumen zugekehrten
'lache mit Epithelien versehen ist (Henle). — a. Das ela-
tische Gewebe ist insofern der Grundtheil der Gefässwandun-
,en, als es keiner Abtheilung desselben fehlt und einzelne wie
. B. die meisten Capillaren, nur aus demselben gebildet sind. —
)ieses Gewebe zeichnet sich durch seine Dichtheit, Dehnbarkeit
ind seine Fähigkeit aus, sowohl in Faser- als in Plattenform er-
cheinen zu können. Unter Dichtheit (oder Porosität) verstehen
vir den Widerstand, den es dem Durchritt von Flüssigkeit ent-
egenstellt, welche auf dem Wege der Filtration, also in Folge
ines beliebigen Druckes, durch das Gewebe getrieben werden
ollen. Rticksichtlich dieser wichtigen Eigenschaft ist es noch nie-
II als einer genauen Untersuchung unterworfen worden, die mit be-
ondern Schwierigkeiten verknüpft ist, weil wir bis jetzt noch
vcinen Fundort eiinittelt haben, an dem man grössere Stücke ho-
iiogener, nicht von groben Löchern durchbrochener Platten gewin-
icn konnte. Wir wissen nur, dass selbst sehr dünne Platten der
ogenannten innersten Arterienhaut einen nicht unbeträchtlichen
Jruck einer überstehenden Wassersäule vertragen, bevor Wasser
iiit einer merklichen Geschwindigkeit durch sie dringt, und dass
)ci gleichen Drücken die Durchgangsfähigkeit der Membran mit
1er chemischen Zusammensetzung der Flüssigkeit wechselt und
I^^ß Blutgefässe.
dass namentlich Salz- und Eiweisslösungen schwieriger filtriren,
als reines Wasser. — Die elastischen Eigenschaften des homogenen
Gewebes haben ebenfalls aus Mangel desselben noch nicht unter-
sucht werden konneu. Aus Versuchen, die mit möglichst reinen
Fasernetzen angestellt worden sind, darf man schliessen, dass das
durchfeuch'tete elastische Gewebe Theil nimmt an den bemerkens-
werthen Eigenthümlichkeiten vieler durchtränkter thierischer Sub-
stanzen, die auf p. 109 dieses Bandes erörtert sind. — Mit der
Abnahme des Wassergehalts, oder der Gegenwart von Salzlösung
in seinen Poren ist der absolute Werth der Coeffizienten in einer
Zunahme begriffen. — Bei der Beurtheilung der elastischen Eigen-
schaften eines besondern Stückes unseres Gewebes kommt es
natürlich auch darauf an, ob dasselbe aus einer homogenen
Platte, oder aus Fasern besteht; in dem letzten, dem häufigst
vorkommenden Falle, Avird namentlich zu berücksichtigen sein,
nach welchen Richtungen die Fasern verlaufen, und wie die
Unterbrechungen angeordnet sind. — Da endlich das elastische
Gewebe ebensowohl als eine vollkommen gleichartige Platte wie
auch als ein Netz von Fasern der verschiedenartigsten Feinheit
erscheinen kann, so ist dasselbe geeignet, einerseits vollkommen
geschlossene Röhren von beliebigem Durchmesser und andrerseits
auch ein die Wandungen derselben verstärkendes Netzwerk dar-
zustellen.
ß. Die Muskel sc hiebt*) der Gefässe besteht überall aus
der muskulösen Faserzelle; da die Eigenschaften derselben schon
abgehandelt sind (I. Bd. p. 474.), so werden wir uns hier zu be-
schränken haben auf die' Folgen, welche aus der besondern An-
ordnung derselben an den Gefässen hervorgehen. Zunächst ist
hervorzuheben, dass die Muskeln nicht an allen Gefässen vor-
kommen; namentlich fehlen sie vielen Venen und durchgreifend
den allerfeinsten Röhren. Wo sie erscheinen, kommen sie ent-
weder nur als Ringlagen, wie in den Arterien (Henle), oder
nur als Längsschicht, wie in den Venen, oder zugleich in beiden
Lagerungen vor, wie in den meisten mitteldicken Venen (Köl-
liker). —
Das Bindegewebe und die Epithelien der Gefässe geben zu
keiner weitern Betrachtung Veranlassung.
•) KöUikcr, lliindbucli der Gewebelehre. 18D2. p. 555. u. f.
Verknüpfung der Gewebe unter einander.
107
Verknüpfung der Gewebe unter einander. Auf
de schwierige Frage, wie diese Baumittel in der Gefässwand zu-
lammengefiigt sind, hat zuerst Henle*) Antwort gegeben.
Alle Gefiisse, weite wie enge, Arterien und Venen, enthalten
ine Lage gleichartiger elastischer Substanz, welche an das Lumen
'sr Röhre entweder unmittelbar angrenzt, z. B. in den Arterien
fsten Ranges, oder nur durch das Epithelium von ihm geschieden
It ; sie stellt gleichsam das Grundrohr dar, an welches sich die
iodera StotFe anlehnen. Zu diesen kommen in den Arterien
öch weitere Lagen von elastischen Netzen und Muskeln. Die
jastischen Netze enthalten um so breitere Fasern und demnach
m so geringere Mengen von Oeffnungen, je weiter nach dem
anern sie liegen; diese dichten Lagen sind im Ganzen als innere
sefässhaut beschrieben und ihre einzelnen Blätter hat man als
'jensterhäute u. s. w. bezeichnet. Je grösser der Durchmesser der
tefässe, um so stärker ist auch im Allgemeinen diese Haut,
tfeiter gegen den Umfang hin finden sich weitmaschige Faser-
tetze, welche zuerst von Muskeln und dann weiter nach aussen
lon Bindegewebe durchzogen sind. Bekanntlich nennt man die
me dieser Schichten die mittlere Arterienhaut, oder auch t. mus-
hlo-elastica ; die andere aber die Zellhaut oder auch t. elastico-
»njunctiva. Die Mächtigkeit dieser beiden letztern Gewebeabthei-
mgen zusammengenommen wächst im Allgemeinen mit dem
ixirchmesser der Arterienhöhle, eine Regel, die nur dann eine
aisnahme erleidet, wenn das Gefäss, statt wie gewöhnlich in
naer Umgebung von lockerem Bindegewebe, durch steife, wider-
landleistende Substanzen, z. B. durch Knochen dahin läuft. Im
mzelnen soll dagegen die Dicke der beiden Schichten im umge-
fehrten Verhältniss stehen, so dass, wenn die mittlere Haut ab-
■nmt, die äussere im Zunehmen begriffen ist '(Kölliker).
8. Menge der Muskeln. Schliesslich sind die Schwankungen
' den relativen Mengen der Muskeln und elastischen Substanz zu
Rwähnen. Im Allgemeinen überwiegt in den Arterien geringsten
nrchmessers in der mittlem Haut die Muskelsubstanz in einem
sieben Grade, dass man, ohne merklichen Fehler, sie geradezu
i eine Muskelhaut bezeichnen kann, während in den stärkeren
Allgemeine Aimtomlc. Leipzig 1841. p. 4yO u. f. - Doiiders und Jansen, Arcliiv für
Wolog. Hellknnde. VI. p. 361.
108
rhysikalischo Eigonschafton der Gcfässwand.
Geissen f^'c elastische Schicht ebenfalls beträchtlich vertreten ist.
In den letzten Gelassen, den sogen. Arterienstämmen und Zweigen
erster Ordnung finden sich jedoch mannigfache Verschiedenheiten;
nach Don der s und Jansen Uberwiegt in den aa. aorta, ano-
nyraa, carotides, subclaviae, axillares und iliacae die elastische,
in den aa. vertebrales, radiales, ulnares, coeliaca, mesaraicae, re
nales, crurales, popliteae die muskulöse Substanz.
Die feinsten Gefässe, oder Capillaren enthalten in der
Grundhaut noch eine Kernschicht.*)
In den Venen**) sind die elastischen und muskulösen Be-
standtheile in viel geringerer Menge enthalten, als in den Arterien
von entsprechendem Durchmesser; aber auch hier gilt die Regel,
dass die Wandungsdicke im Zunehmen begriffen ist, wenn der
Durchmesser des Lumens wächst. Zudem sind die Wandungen
der Venen in der unteren Körperhälfte im Allgemeinen denen in
der obern überlegen. Die weiten Venen enthalten auch verhält-
nissmässig weniger Muskeln, als die engern; nach Wahlgren
haben in allen grössern Venen die nach der Länge des Gefässes
laufenden Muskeln das Uebergewicht, in der Art, dass nur die
vena portarum, pulmonalis und die grösseren Extremitätenvenen
merkliche Lagen von Quermuskeln tragen. Alle Venen unter
1 MM. Durchmesser sind dagegen von Längsmuskeln vollkommen
entblösst.
Muskelfrei sind nach KöUiker die Venen und Sinus der
Retina und der Schädelhöhle, der corpora cavernosa penis lind der
Milz. Der Bau der Klappen, av eiche allen Venen zukommen, mit
Ausnahme der in den Lungen, dem Darm und dem Hirn vorhan-
denen, kann als bekannt vorausgesetzt werden.
2. Physikalische Eigenschaften der Gefässwand. —
Da die Ableitung der Eigenschaften des Gemenges aus denen der
einzelnen Bestandtheile nicht geschehen kann, so hat man zuweilen
versucht, die der Gefässhaut insgesammt zu bestimmen und na-
•)Herr Prof. Meissner hat in seinem danlvcnswertiien Jahresbcriclit fiir 185C. p. 305 gcgtjn
den in der ersten Anfinge des Werkes [frUlier molir als jetzt] gebraucliten Aiisdrnck Epitlielial-
8 Olli cht fiir Zellen oder Kerne, welche durch eine elastische Platte oder Faser verschmolzen sind,
lebhaft protestirt. Die Form seines Auftretens wird er mindestens bedauern, wenn er S. 76, Zeile W
von unten in der 1. Auflage dieses Werkes gelesen.
•) Schrant, ovcr do aderligko blootv.itcn u. s. w. — Wahlgren, frainstäUning af Voncn-
systenis alltnUnna anntomie. Beide in Ilonle's Jahresbericht für 1851. p. 31. u. as.
Elastizittttscoefüzieiit.
109
ontlich - den Reibinigscoeffizienten, der zwischen der
iiern Membran und einer vorUbergleitenden Flüssigkeit bestellt,
an vermutliet, dass er bei der Glätte und der vollkommenen
Dehnbarkeit derselben nicht beträchtlich sei. — Die Cohäsion der
lenen fand Werth he im viel beträchtlicher, als die der Arterien,
Mch hat er beim Menschen nur die vena saphena und arteria
Hnoralis verglichen; da er die Untersuchung begann, als dieMus-
sln schon in Fäulniss begriffen waren, so möchten seine Angaben
«rade nicht sehr werthvoll sein. Seinen Beobachtungen wider-
«richt auch Volkmann*).
Elastizitätscoeffizient. Bei einem Gewebe, dessen Ela-
izität, weil es vorzugsweise durch diese Eigenschaft wirksam ist,
dederholt der Gegenstand eigner Untersuchungen geworden, dürfte
1 erlaubt sein, die neuen Angaben von Wundt**) über die Ela-
lizität der thierischen Stoffe überhaupt einzuschalten.
Wenn ein bis dahin unbelastetes Gewebe durch ein angebängtes Gewicht ver-
Qgert wird, so nimmt es die Länge, welche ihm unter dem Einfluss des Gewichtes
.kommt, nicht augenblicklich, sondern nur allmählig an, wie schon Bd. I. p. 430 für
n Muskel erörtert wurde. Demnach unterscheidet man eine augenblickliche (Anfangs-),
e eine nachträgliche (Schluss-) Dehnung. Dieser Ausdruck darf jedoch nicht zu
r Annahme TerfUhren, dass die Bewegung, welche in der elastischen Masse die
rmreränderung bedingt , in zwei zeitlicli getrennten Absätzen geschehe ; da im
gentheil die Bewegung eine fortlaufende ist, deren Geschwindigkeit mit der fort-
nreitenden Zeit ungemein rasch abnimmt, offenbar darum, weil die Widerstände,
liehe sich in der Masse der Form Veränderung entgegensetzen , mit der steigenden
hnung sehr rasch zunehmen. Entlastet man die gedehnte elastische Masse , so
irebt sie ihrer alten Form wieder zu, und erreicht dieselbe auch, vorausgesetzt, dass die
.sdehnung , welche die Längenheit der Masse erfuhr , nicht allzu beträchtlich ge-
gen, oder wenn, wie man sich gewöhnlich ausdrückt, die Elastizitätsgrenze durch die
sdehnung nicht überschritten wurde. lieber den zeitlichen Verlauf dieser Dehnung
;ilt Wundt mit: 1. Wird eine eingeleitete aber noch nicht vollendete elastische
wegung durch einen Einfluss unterbrochen, der in einem zur bestehenden Bewegung
igegengesetzten Sinne wirkt, wird also z. B. die Belastung entfernt, bevor der Kör-
• die Länge angenommen, welche dem Gewicht entspricht, und umgekehrt, so ändert
I in Folge des vorher vorhandenen Einflusses bestehende Bewegungsbestreben
i Gang der neuen Bewegung nach einem noch unbekannten Gesetz ab. — 2. Der
thche Verlauf der hin- und der rückgehenden Bewegung entspricht sich nnr dann
iiau, wenn von dem belasteten Körper erst das Gewicht abgenommen wurde, als er
Gleichgewichtslage vollkommen erreicht liatte , welche ihm in Folge der Last zu-
n. Im andern Fall Uberdauert die Zeit der Verkürzung die der Ausdehnung. —
Die Geschwindigkeit, mit welcher die Pormveränderung fortschreitet, ist nicht pro-
I* •) Haemodynamik. 289 u. 290.
110
Elastiüitätscot'ffiiciont.
portional doii Unterschied der Längen, welche der ausgedehnte Körper schon ange-
nommen und derjenigen, welche er dem angehängten Gewicht gemäss annehmen sollte. —
4. Die Geschwindigkeit ist abhängig von der schon vorhandenen Dehiiung, so dass,
wenn zwei gleiche Gewichtszusätze dieselbe schliessliche Ausdehnung erzeugen , diesi
IVilher erreicht wird, wenn die Bewegung vom Ruhezustand, später, wenn sie von
der Dehnung durch ein schon vorhandenes Gewicht ausgeht.
Soll also der Elastizitätscoeffizient , d. h. das Gewicht gefunden werden, weichet
die Querschnittseinheit eines Köi-pers zu seiner doppelten Länge ausdehnen würde, so
muss die gesammte Dehnung abgewartet werden. Da dieses bei thierischen Geweben
wegen ihrer grossen Veränderlichkeit nicht angeht, so hat man sich mit einem Kähe-
runicsverfahren zu begnUgeu, indem man den Schluss der Dehnung, dann als einge-
treten ansieht, wenn sich während fünf Minuten selbst durch das Mikroskop kein
Längenzuwachs mehr nachweisen lässt; dieses Mittel ist aber nur unter der Voraus-
setzung anwendbar, dass bei jeder Belastung von demselben Euliezustand ausgegangen
yifiri, Ausserdem ist bei der grossen Ausdehnbarkeit der thierischen Gewebe noch
zu bedenken, dass man, um ein Elastizitätsmaass innerhalb der Elastizitätsgrenze zu finden,
sich nur kleiner Belastungen zu bedienen hat. Denn die Elastizitätsgrenze kann nur
innegehalten werden innerhalb gewisser Formveränderungen ; sie ist also allgemein
nicht von der Grösse des Gewichts, sondern von der Ausdehnbarkeit abhängig. lieber
die Einzelnheiten der Methode ist auf die Abhandlung von Wundt zu verweisen.
Die von AVundt den feuchten thierischen Geweben allgemein
zugeschriebeneu elastischen Eigenschaften sind: 1° Innerhalb ge-
wisser Grenzen ist die Verlängerung den dehnenden Gewichten
proportional. Dieser Satz widerspricht den von "Werthheini
(1. Bd. p. 52.) aufgestellten; der Widerspruch scheint wesentlich
darin begründet, dass der letztre Physiker nur die augenblickliehe
Dehnung gemessen und wahrscheinlich nicht jedesmal von der-
selben Ruhelage aus gemessen hat. — Als Beispiel flir das Ela-
stizitätsmaass für 1 □ M. M. Querschnitt giebt Wundt für die Ar-
terienhaut 72 Gr., für die Sehne 1669 Gr., den Nerven 1090 Gr., den
todtenstarren Muskel 273 Gr., die drei ersten dieser Zahlen be-
ziehen sich auf Theile des frischgetödteteu Kalbes, die letzten auf
einen Muskel des Rindes. — 2" die Elastizitätsgrenzen sind flir ver-
schiedene Gewebe verschieden, gross fth- Sehne und Venenhaut,
klein für den Muskel. — 3" Alle Gewebe sind durch eine grosse
Dehnbarkeit und eine beträchtliche elastische Nachwirkung und
zugleich durch die grosse Veränderlichkeit derselben ausgezeich-
net. — 40 Jenseits dfer Elastizitätsgrenzen nimmt wie bei allen
Stoffen, die Ausdehnbarkeit mit den wachsenden Gewichten ab. —
Die für den quergestreiften Muskel insbesondere geltenden Gesetze würden für
unsern Fall von Belang sein, wenn die Gleichartigkeit des Verhaltens zwischen ihm
und dem glatten Muskel feststünde. In Ermangelung dieses Nachweisses dürfte es ge-
rathcn sein , nur den einen Umstand hervorzuheben , dass der vom Blut durchstriJmte
Einüuss der Muskeln.
III
t'roschmuskel ein geringes Elastizitätsmaoss besitzt , als das vom Blut befreite , wenn
auch noch reizbai-e Fleisch. Diese Thatsache muss gegen den Werth aller vorliegen-
:.n Bestimmungen den ElastizitütscoL'flizienten der gcsainmten Gcfiisshaut Zweifel er-
logen. Die Ausdehnbarkeit der Ärterienhaut und insbesondere der Aorta fand Har-
le ss*) nach Länge und Breite gleich gross, während andere Beobachter und nanient-
iih Yolkmann die Arterienhaut nach der Länge ausdehnbarer antrafen, als nach
'icT Quere. Von der Menge, welche ein Gefäss unter steigendem Druck fassen kann,
liandeln Donders**) u, öunning.
Sichere Angaben über die Ausdehnbarkeit der freien Gefäss-
wand würden übrigens noch nicht hinreichen, um einen Schluss
auf ihre Wideratandsfähigkeit innerhalb des Körpers zu ermög
liehen, da offenbar diese ebenso durch die mehr oder weniger
i;rosse Nachgiebigkeit der Umgebung des Gefässes wie durch den
zeitweiligen Verkürzungsgrad der Muskeln in der Gefässwand be-
ilingt ist.
Aus allen vorliegenden Thatsachen kann aber mindestens
(las abgeleitet werden, dass die Arterien von grösserem Quer-
schnitt, bevor sie zerreissen, einen stärkern Druck zu ertragen
vermögen, als alle übrigen Gefässe, und zugleich werden sie den
rtltrirenden Flüssigkeiten den bedeutendsten Widerstand entgegen-
setzen.
3. Einfluss der Muskeln. Eine von dem Druck des In-
li altes und der Umgebung unabhängige Veränderung ihres Durch-
messers werden nur die Gefässe erleiden können, welche mit
Muskeln versehen sind***). Dem anatomischen Befunde entspre-
' hend, verengern sich nun in der That unter dem Einfluss der
elektrischen Schläge eines Induktionsapparates die Capillaren gar
nicht (vorausgesetzt, dass sie nicht in muskelhaltigem Gewebe
sich verbreiten), wenig die Venen und grossen Arterienstämme,
im meisten aber die engeren und engsten Arterienstämme, welche
ich bis zum vollkommenen Verschwinden ihres Lumens con-
lahiren können (E. H. und Ed. Weber). Diese Zusammen-
'iehungen der Gefässe treten, den Eigenschaften der Muskeln eut-
prechend, in Folge der erregenden Einwirkungen nur sehr allmäh-
iig ein und erhalten sich auch noch lange Zeit nach Entfernung
les EiTegers. — Die Muskeln sind übrigens nicht allein von Be-
•) Valentins Jahresbericht für 1858. p. ^M.
"*l "olliiiKlischen von Tlieile. Leipzig J85ß.
) Hilrto brau (Iis Anatomie, Ansgabc von E. H. Weber. UI. Bd. 7». - E. II. «. Ed
l ; *,'.!! 'T' - KUlUker n. Vlrchow in den Wilrzbnrgor Verband-
112
Nerven der GefiisswanduTiK.
deutung durch ihre Fälligkeit, sich zu verkürzen, sondera auch
durch ihre elastischen Kräfte; denn die vorzugsweise muskelhal-
ti"-en Gefässe werden durch denselben Blutdruck in ganz verschie-
dener Weise ausgedehnt, je nachdem ihre Muskeln in Folge einer
heftigen und anhaltenden Zusammenziehung ermüdet waren, oder
je nachdem sie im vollkommen erregbaren Zustand sich befanden.
Entsprechend der Beobachtung, dass der Elastizitätscoeffizient der
ermüdeten Muskeln niedriger ist, als der erregbaren, dehnt sich in
den erstem der bezeichneten Fälle das Gefäss durch denselben
Druck viel weiter aus, als in letzteren (E. H. und Ed. Weber).
Diese Thatsache könnte allerdings neben dieser auch noch die
andere Auslegung erfahren, dass die Nerven desselben für ge-
wöhnlich eine tonische Erregung in die Muskeln senden; ja es
wird diese letztere Annahme sehr viel wahrscheinlicher in Anbe-
tracht des Umstandes, dass Gefässe deren Nerven durchschnitten
sind, sich auf die Dauer ausweiten. — Indem aber die Muskeln
zeitweise in den Zustand einer stärkeren Zusammenziehung treten,
werden sie zugleich die bleibende Verlängerung oder Reckung
auflieben, welche in allen elastischen Stoffen vorkommt, die einem
Constanten Druck ausgesetzt sind; denn während einer Zusammen-
ziehung der Muskeln werden die elastischen Gewebe gleichsam
entlastet, und es wird ihnen somit Zeit gegeben, sich wieder auf
ihre wahre Länge zu verkürzen. Alle Gefässe, deren Muskeln,
resp. Nerven, den natürlichen Erregern entzogen sind, werden
darum sich allmählig erweitern.
4. Die Nerven der Gefäss wand ung*). Die cerebrospi-
nalen Bahnen derselben sind: die n. n. trigeminus, facialis ('?), va-
gus (■?), spinales, sympathicus. Aus dem Trigeminus giebt es
Aeste für die Gefässe der conjunct. bulbi und Iris, vielleicht auch für
die der Schleimhautdecke des Oberkiefers (Magendie). — Aus dem
facialis für die Haut des Ohrs (?) (Bernard). — Aus dem Va-
gus für Ohr (Schiff) und Lungengefässe (?) — Aus dem plex.
cervicalis zuweilen Haut des Ohrs und Hinterhaupts (Schiff). -'
Aus dem plex. brachialis für die Gefässe von Haut und Muskeln
•) Günther, Untersuchungen und Erfuhrungen im Gebiete der Anatomie etc. Hannover
1837. — Cl. Beruard Recherches experimentalos sur le grand Sympntliique. Paris 1884. —
Pflliger, Allgemeine mediz. Centralzcitung 1855. Stiicli. 68 u. 76. 1856. StUcl«. 32. — Schiff
ncurolog. Untersucliungen. Frnnitfnrt 1855. — Sn eilen, Archiv flir hoüünd. Beiträge. Utrech
18D7. I.Bd. 20«. Gunning, ibid. 305. - Bernard, Gazette niddicale 1858. p.428.— v.Bezold
Ueber die gckreutzten Wirltungen des Rückenmarks. Zeitsclirift für wl,s. Zoologie 1858.
Nerven der Qefässwandung.
113
ider obern Extremität (Schiff). — Aus den Dorsal- und Lumbal-
nerven die Gefässc der Eumpfhaut (?) — Aus denen der plex.
inbalis und sacralis die Gefässe der untern Extremität (Pf lii-
er, Schiff). — Aus dem Sympathieus und zwar dem Hals-
strang fiir die Gefässe: der Hirnhaut (Donders) der Conjunctiva
and Chorioidea bulbi, (Sn eilen) der Iris (?), der Kopf- und Ge-
ichtshaut (Budge, Bernard, Waller), der Speicheldrüsen
Bernard). — Aus dem Bruststrang für die Gefässe der obern
xtremität (Schiff) und die Zweige der a. coeliaca. — Aus dem
endenstrang für die Darm-, (Pflüger) Nieren-, Leber-, Milz-,
enisgefässe (Günther). — Aus dem Kreuzbeinstrang für die
etasse der untern Extremitäten.
Die in den spinalen und sympathischen Bahnen enthaltenen
efässnerven lassen sich durch das Rückenmark hindurch bis in
as verlängerte Mark hinein, aber nicht darüber hinaus verfolgen
Nasse, Budge, Br o wn - Sequard, Schiff, Pflüger, Be-
old) ; denn nur eine Durchschneidung des Rückenmarkes trennt sie
on ihren natürlichen Erregern. Schiff giebt an, dass die Gefäss-
leiTcn der Füsse und Unterschenkel in das Rückenmark eintreten
nd dort auf derselben Seite bis in das verlängerte Mark lau-
n; die füi- den Oberschenkel sollen wahrscheinlich erst in das
liiTistmark eingehen; die Gefässnerven für den Kopf und die
bere Extremität treten in das obere Brust- und das untere Hals-
aark. (Budge). Im verlängerten Mark selbst sollen sie nach
chiff so liegen, dass die des Kopfs, des Vorderarms und Unter-
chenkels, der Vorder- und Hinterfüsse auf der gleichnamigen, die
es Rumpfes, der Schultern des Oberarms und Unterschenkels
ber auf der entgegengesetzten Markhälfte zu finden seien. Be-
old bestreitet, dass es nöthig sei, eine gekreuzte Lage der zu-
tzt genannten Gefässnerven im Mark anzunehmen.
Als Kennzeichen für die Abhängigkeit eines Gefässbezii-ks vom betreffenden Ner-
n diente die mit blossem Auge oder durch das Mikroskop sichtbare Verengung der
efiissstämme , oder die Entleerung des aus jenen Stämmen gespeisten Capillarbezirkes
Irblassen), Beides in l'olgc einer bestehenden En-egung der zugehörigen Nerven (Budge,
er). Abgesehen von den allgemeinen Vorsieh tsmaassregeln gegen die bei der
lg sich einschleichenden Fehler ist hier noch für besondere Fälle, namentlich die
xtremitäten zu beachten, dass auch ein zusammengezogener Skelet-Muskel einen grossen
ifiisastamm zusammendrücken und dadurch das Erblassen des von jenem Stamm ab-
ngigen Gefässgaues erzeugen könnte. Man muss sich also zu vergewissern suchen,
SS in solchen Fällen das Erblassen auch noch eintritt, ohne dass eine Zusammon-
hung solcher Muskeln ins Spiel kommt (T flüger). — Als Merkmal der Abhängig-
it dient femer, dass einige Zeit nach erfolgter Durchschncidung die feinsten Aeste
•Ludwig, Physiologie II. 2. Annage. 8
114
Nerven der Gefässwandung.
des zugoMrigen Gefässbaumes sich strotzend füllen (Hausmann), so dass ihre Ge-
biete nach kleinen Verletzungen (Nadelstichen) stark bluten (Türck), und diese letz-
tern auch das Blut warm erhalten trotz solcher EinflUsse, die in wie gewöhnlich durch-
strömten Bezirken eine merkliche Abkühlung erzeugen (Bernard). Letzte beiden
Hilfsmittel gewähren bei undurchsichtiger Oberhaut scliätzbare Auskunft. — Mit der
Steigerung der Temperatur in den Provinzen, deren Qefässnerven durch den Schnitt
gelähmt sind, geht meist eine Abkühlung der gleichnamigen in der entgegengesetzten
Körperseite Hand in Hand. — Versorgen gleichzeitig zwei Qefässnerven ein Körperstück,
und sind dessen Gefässe der unmittelbaren Anschauung zugängig, so soll man dadurch
ein Resultat gewinnen, dass die beiden Nerven nicht unmittelbar nacheinander, son-
dern nach einer grossem Zwischenzeit durchschnitten werden ; die Gefässcrwciterung
und ihre Folgen, welche nach der Durchschneidung des ersten Nerven eintreten, ver-
schwinden nämlich unter dem Einfluss des noch vorhandenen und kommen nun erst
wieder nach Durchschneidung des zweiten und zwar verstärkt und dauernd zum Ver-
schwinden (Schiff). — Eine eigenthümliche Verwicklung bietet die Durchschneidung
des obersten Halsmarkes; sie ist begleitet von dem Steigen der Temperatur in den End-
theilen der gleichseitigen Gliedmaassen , während die Temperatur des Eumpfs , des
Oberarms und der Oberschenkel auf der verletzten Seite etwas unter die der ent-
gegengesetzten sinkt. Schiff schloss hieraus sogleich, dass alle wärmern Theile ihre
Gefässnerven aus der durchschnittenen Markhälfte empfingen, die kälteni aber aus der
entgegengesetzten. B e z o 1 d giebt mit Recht zu bedenken , dass die abgekühlte Haut
über Muskeln sich ausbreite, welche durch den Markschnitt gelähmt und somit niedri-
ger temperirt sind , so dass sich die Tcmperatureniiedrigung der Haut auch aus der
Berührung mit der kühlem Unterlage erklären lasse.
Die Erregungen welche die Gefässnerven im gewöhnlichen
Verlauf des Lebens empfangen, sind ihrem zeitlichen Verlaufe
nach tonische oder vorttbergehende. Dafür dass der Durchmesser
der Gefässe, wie er beim mittleren Stand des Lebens erhalten
wird, in der That von einer dauernden Nervenerregung abhäug-t,
spricht unwiderleglich die Thatsache, dass nach Durchschneiduiig
eines Gefässnerven die von ihm abhängigen Gefässe sich erweiten),
ohne dass etwas Aehnliches in andern Gefässen mit unverletzten
Nerven vorgeht. Die Veranlassung zur tonischen Erregung geht in
allen uns bekannten Fällen vom centralen Mark und nicht von den in
die Gefässnerven eingesti-euten Ganglien aus, da sich der Erfolg
der Lähmung gleichbleibt, ob man das verlängerte Mark, oder die
Nerven unmittelbar nach dem Austritt aus letzterem, oder nach
ihrem Durchgang durch die Ganglien durchschneidet. — Die tonische
Erregung der Nerven für die Gefässe der Cutis macht Dondei^
abhängig von der Temperatur des Bluts; mit der steigenden
Wäi-me desselben sinkt und mit der abnehmenden steigt die Zu-
sammenziehung der Gefässmuskeln. Aber dieser Erfolg ist kein
nothwendiger; denn im Kältestadium des Wechselfiebers ist die
Blutwärme gestiegen und zugleich ein heftiger Krampf in den
Nerven der Gefässwandung.
115
lUutgefiissen der Haut zugegen. — Die voriibergeliende Reizung
»der Mindernng der tonischen Erregung kommt zu Stande ent-
weder «) automatiscli; das deutlichste Beispiel liefert hierfür das
il>hr des Kaninchens, in welchem die Gefässe nach einer sehr un-
jgelmässigen Zeitfolge sich verengern oder erweitern; diese rhyth-
mische Erregung findet sich am leichtesten ein, wenn die, Gefäss-
nuskelu in einem mittleren Grad von Zusammenziehung sind, also
iicht am blassen und auch nicht am gepurpurten Ohr (Schiff);
) durch leidenschaftliche Erregung, wie Jedennann z. B. die Angst-
ässe bekannt ist; — y) durch Mitbewegung, d. h., wenn die
t'erven willktihrhcher Muskeln erregt werden, so ziehen sich auch
iie Gefässe zusammen, deren Nerven in einem gemeinsamen
;amme mit denen jener Muskeln laufen. Diese Zusammenziehung
schieht au Orten, an welchen sie nicht durch ein Zusammen-
cken von Seiten der Muskeln erklärbar wird, z, B. nach Be-
egung der Schenkelmuskeln ip der Schwimmhaut des Frosches
iGunning). Siehe hierüber noch: Muskelernährung. — ß) Auf
iflektorischem "Wege nach Erregung der sensiblen Nerven, welche
i der Nähe eines Gefässbaums enden. So z. B. die Gefässe im
ihr des Kaninchens nach vorgängigem Kneifen dieses Organs
3 n eilen); es würde vielleicht für den Praktiker von Belang sein,
e reflektorischen Beziehungen der einzelnen Gefässgauen festzu-
üen.
Die bisher geschilderten Erregungen erzeugen sämmtlich eine
rengerung der Gefässe wie sie die Zusammenziehung ihrer ring-
igen Muskeln verlangt. Wenn diese Zusammenziehung längere
feit hindurch in hohem Grade bestand, so folgt gewöhnlich eine
üdung der Nerven und Muskeln und in Folge dessen eine über
Iis gewöhnliche Maas hinausgehende Erweiterung der Gefässe.
Im Gegensatz zu dieser nachträglichen beschreibt Gl. Ber-
ard auch eine ursprüngliche Erweiterung der Gefässe unter dem
usse der Nervenreizung. Sie ereignet sich, wenn die vom
m ling. trigemini zur Unterkieferspeicheldrüse veriaufenden
rven gereizt werden, und äussert sich durch ein rascheres Aus-
ömen von Blut aus den Speichelvenen. Wenn diese Erschei-
,ng eine unmittelbare Folge der Nervenreizung ist, so konnte sie
ir durch die Erschlaffung der gewöhnlich tonisch angespann-
Q Muskeln nach Analogie der Vaguswirkung auf das Herz erklärt
rden. Unter diesem Gesichtspunkt kommen viele Gefässerwei-
ngen, wie z. B. die Schaamröthe, die Röthung des Pankreas
116
Gefiissräumlichkoit.
während seiner Absonderungszeit, die Hautreithungen bei Neural-
gien u. s. w. in ein neues Licht. —
Ausser den durch Vermittlung des Hirn- und Rückenmarkes
erzeugten Gefässveränderungen treten viele in Folge örtlicher Ein-
wirkungen auf; die Zuriickflihrung derselben auf ihre wahre Ur-
sache ist oft schwierig, weil sich neben der unmittelbaren Betbei-
ligung der Nerven und Muskeln auch noch die Wirkungen des ,
veränderten Blutstroms einstellen; dieser letztere kann aber durch
Umstände alterirt werden, welche zugleich Nerven- und Muskel-
reize sind, wie z. B. durch Wärme, die den Reiz mindert; durch |
Salze, welche die Blutflüssigkeit verdicken (Virchow); durch i
Säuren und Alkali, welche die Gefässwand tödten und das Blut j
gerinnen u. s. w. Es ist daher für unsere Zwecke nothwendig, i(
bei örtlicher Anwendung der Reize zuerst den Blutstrom durch Un-
terbindung grösserer Gefässe zu beseitigen, wie dieses von H. We-
ber und Gunning geschehen. Von den auf diesem Gebiete ge-
wonnenen noch spärlichen Erfahrungen heben wir hervor, dass nach
örtlicher Anwendung der Electrizität die Zusammenziehung der
Gefässe öfter peristaltisch weiterschreitet, und nach Entfernung des
Reizes oft noch länger als eine halbe Stunde stehen bleibt
(Wharton, Jones, Gunning). —
Eine ganz eigenthümliche zeitweise wiederkehrende Bewegung
bemerkte Gunning in der Schwimmhaut junger Frösche; sie er-
regt dadurch unsre Aufmerksamkeit, dass sie auch in einem Thiere
beobachtet wurde, welchem 14 Tage vorher der plex. ischiadicus
und die sympathischen Zweige durchschnitten waren.
5. Gefässräumlichkeit. So wenig es von Belang sein
würde, den mittleren Gesammtraum, der von den Gefässwänden
umschlossen wird, und die Veränderungen desselben durch den
steigenden Druck des Inhalts oder die Zusammenziehung der
Wand anzugeben, ebenso wichtig dürften die Fragen sein: wie
verhält sich der Inhalt der einzelnen Gefässarten zu einander, der
Arterien zu den C.apillaren, zu den Venen; oder wie stellt sieb
zueinander die Räumlichkeit der einzelnen Abtheilungen des Ge-
fässsystems, z. B. der Lungen- zu den Körpergefässen, zu den
Darm-, den Nieren-, Leber-, Hirn- u. s. av. Gefässen; in welchem
Verhältniss variirt die Räumlichkeit der einzelnen Gefässarten und
Abtheilungen mit dem veränderlichen Drucke der einströmenden j
Flüssigkeit u. s. w.
Lumenve'rändorung mit der Gofässyörtheilung.
117
Die hier berührten Fragen sind wiederholt aufgeworfen, num Theil ist sogar ihre
l.(isuug versucht, aber mit nicht hinreichenden Hilfsmitteln. Namentlich hat man
er die Gofiisse mit erstarrenden Massen ausgespritzt und aus der Menge und dem
/ifischen Gewicht dos hierzu verbrauchten Materials das erfüllte Volum berechnet.
>ieso Versuche, die man meist zu andern Zwecken angestellt hat, würden für den
Inliegenden brauchbar sein, wenn man darauf bedacht gewesen wäre, entweder das
anzo , oder nur eine bestimmte Abtheilung des Gefässsystems vollkommen zu füllen
lul wenn man den Druck, unter dem die Füllung geschehen wäre, gemessen hätte *). —
Dem Augenschein nach ist im Körperkreislauf ganz unzwei-
elhaft das Gesammthimen der venösen Gefässe dem der Arterien
usserordentlich überlegen, da die Länge der den beiden Abtheilun-
,en zukommenden Gefässe mindestens gleich, die Stämme und
veste im Venenbereich aber zahlreicher vorhanden und zugleich
i>n grösserem Durchmesser sind; da die Venen, mit den Arterien
erglichen, dünnwandiger sind, und da ein sehr beträchtlicher
rheil derselben in der Haut, d. h. in ein sehr nachgiebiges Ge-
vebe eingebettet ist, so werden hydrostatische Drücke von glei-
hem Werth die Venen weiter ausdehnen, als die Arterien. — Im
jingenkreislauf sind dem Augenschein nach die Unterschiede zwi-
chen dem Venen- und Arterieninhalt nicht so beträchtlich; nach
!en Messungen von Ahegg soll hier sogar die venöse Abtheilung
. eniger räumlich, als die arterielle sein.
Wie sich die Räumlichkeiten der Capillaren verhalten mögen,
I gt ganz im Unklaren. Jedenfalls muss die Veränderlichkeit der-
Iben in der innigsten Beziehung stehen zu der Nachgiebigkeit
i s Gewebes, in dem sie verlaufen, da sie sich an das Lager eng
ischliessen, in das sie eingebettet sind.
Veränderung des Lumens mit der. Vertheilung der
c fasse. Eine dem Hydrauliker ntttzUche Beschreibung der Ge-
sslumina fehlt noch gänzlich; es lassen sich nur wenige wichti-
■le Bemerkungen aus den bis dahin gelieferten Beschreibungen
( hen. a. Die mittlere Länge eines Gefässes ist im Allgemeinen
II so geringer, je kleiner sein mittlerer Durchmesser ist. — Aus
t'sem Gesetz folgt, dass die Capillaren nach beiden Seiten hin
kurze Stämmchen zusammenlaufen, welche möglichst rasch zu
iiner weitern und längern sich vereinigen; die relative Länge der
nzelnen Stücke ist noch nicht gemessen worden. — ß. Bei der
rästclung der Arterien gilt die Regel, dass jeder Zweig, der aus
') Lilcrntiir siehe bi-i Valentin, Lehrbuch. I. Bd. U. Aull. ji. VH u, iWo. iiiul Abbog in
Icntlns Jahresbericht Uber Physiologie fUr 1848, p. l'^O,
118
Lumonveränderung mit der Gcfdssvcrtheilung.
einem Stamme hervortritt, einen geringeren Durchmesser besitzt,
als dieser. Zählt man dagegen die Querschnitte sämmtlicher Aeste
zusammen, welche von einem Stamme abgehen, so ist die hieraus
hervorgehende Summe grösser, als der Querschnitt des Stammes
vor der Verästelung. Von dieser Regel sollen nach Paget, Ben-
ders und Jansen*) nur eine Ausnahme machen: das Aortaende
und die iliacae, indem von dem erstem zu den iiiacis, und von den
iliac. commun. zur externa und interna das Lumen enger werden
soll. Die Zahlen der folgenden Tabelle, welche das Verhältniss
der Querschnitte ausdrücken, verdeutlichen dieses.
Bogen der Aorta
zu
den Aesten
= 1
1,055
Carotis communis
= 1
1,013
Subclavia
»
)}
= 1
1,055
Hiaca commun.
= 1
0,982
Innominata
= 1
1,147
Carotis extern.
= 1
1,190
Aorta abdominalis)
V
= 1
0,893
über den Iliacae)
Hiaca extern.
))
= 1
: 1,150
Das erwähnte verhalten des Strombettes an der Gabel der
Bauchaorta fand auch Polmer**) ausnahmslos bestätigt; er be-
streitet dagegen, dass bei allen andern Theilungen ebenso aus
nahmslos die Erweiterung gelte; so fand er
das Plussbett der anonyma in 9 Fällen durch Theilung nur 8 mal vergrössert
„' „ carotis comm. in 14 „ „ „ „ 4 ,,
„ „ iliaca comm. in 18 „ „ „ „ 3 „
„ „ cruralis in 12 „ „ _ „ „10 „
II „ coeliaca u. renalis in allen untersuchten Fällen vergrössert.
Der Gesammtquerschnitt der Capillaren übertrifft höclist wahr-
scheinUch den des Arteriensystems im Beginn um ein sehr Be-
trächtliches. In den verschiedenen Körpertheilen stellt sich aber
offenbar das Verhältniss der Querschnitte zwischen den zuführett-
den Arterien und den aus ihnen hervorgehenden Capillaren
sehr verschieden. Innerhalb des Capillarsystems selbst, d. h. so
lange jedes einzelne Gefäss seinen mittleren Durchmesser nicht
verändert, finden sich, wie später im Einzelnen dargethan werden
soll, offenbar ebenfalls Schwankungen im Gesammtquerschnitt. —
Bei der Sammlung der vielen Einzelquerschnitte in die wenigen
•) Dondors u. Baiidiiin, Handlciding tot do natuurkundc. II. a. p. 91. —
'•) Valentina Jahresbericht für 185C. etc.
Lumenveränderung mit der Qefassyertheilung.
119
der grössern Venen sollen sich die Verhältnisse gestalten wie in
den Arterien, d. h. es sollen in der Richtung nach den grössern
\'enenstämmen hin die Gesammtquerschnitte in einer Abnahme be-
!;iiften sein.
Den Gefassquerschnitt findet man am todten oder mindestens am blossgelegten
lefäss entweder aus dem Umfang des aufgeschnittenen oder aus dem Durchmesser des
, I schlossenen durch Blut ausgedehnten oder mit einer Pinzette plattgedrückten Gefässes.
Im letztem Fall zieht man von der Bruttozahl die doppelte "Wanddicke ab. Zur
Krmittlung der letztem bedient sich Vierordt einiger besonderer Hülfsmittel. —
t'denfalls würden solche Messungen der Wissenschaft noch nützlicher sein, wenn sie
Uitt eines die verschiedenen Werthe des Durchmessers angäben, welchen das Gefäss
hei wechselndem Druck und bei gleichem Erregungszustand der Muskeln oder bei
jjleichem und wechselndem Zusammenziehungsbestreben der letztern annimmt. — Den
Durchmesser der lebenden und zugleich bedeckten Gefässe sucht Vierordt*) durch
Rechnung und Messung auf. — Im erstem Fall setzt er auf eine Schlagader, die
über einen Knochen hingeht, ein leichtes Plättchen mit einem senkrecht gehaltenen Stab
auf, und bestimmt, um wieviel sich das obere Ende des letzteren senkt, wenn nun das
Plättchen soweit belastet wird, dass sich die innern Gefässwandungen berühren.
Obwohl dieses Verfahren vom Erfinder selbst nur als Schätzung bezeichnet wird , ist
PS doch unzweifelhaft namentlich als Fingerzeig von Werth. — Die zweite Methode
zieht den Satz zu Hilfe , dass sich innerhalb eines Köhrensystems von veränderlicher
Weite an den verschiedenen Abschnitten desselben die Geschwindigkeiten eines sie
ilurchkreisenden Stromes umgekehrt verhalten müssen, wie die Querschnitte. Würde
also die mittlere Geschwindigkeit in der Aorta oder einem beliebigen Arterienstamm
bekannt sein, und ferner der Durchmesser, der ihr während der beobachteten Strora-
;,-eschwindigkeit zukommt , und zugleich die Geschwindigkeit eines Stroms, welcher zu
derselben Zeit in allen Aesten. der Aorta oder des beliebigen Stammes vorkäme, so
könnte man daraus die Gesammtquerschnitte dieser Aeste berechnen. Alle diese Vor-
kenntnisse, so weit sie vorhanden, sind aber mit so grossen Fehlern behaftet, dass
faktisch die Methode nicht anwendbar ist.
Die kleinern Abtheilungen des thierischen Körpers (Organe
und Gliedstücke) erhalten aus verschiedenen Stämmen oder Aesten
der Arterien gleichzeitig Gefässe; diese Gefässe verbinden sich
nun entweder (wie im Hirn, der Hand, den Mesenterien), bevor
sie zur Capillarvertheilung schreiten, so dass aus den grossen Ver-
bindungsbogen erst die Arterien der letztern Ordnungen ausgehen,
oder es verästeln sich die einzelnen Arterien isolirt bis zu den
letzten Zweigen, die dann erst unmittelbar vor oder innerhalb des
Capillarsystems sich verbinden. In der ausgedehntesten Weise
l)ilden sich dagegen Capillar- und Venennetze. — Ö. Da der Blut-
stroni nur vDn einem Ort ausgeht und wieder zu ihm zurück-
kehrt, da die Aeste auf ihrem Wege noch anastomosiren , so müs-
•) Die Erscheinungen u. Gcaetzo der Stromgcschwindlglieit. Frankf. 1858. 64. ti, 1. c. p.G5. u. f.
120
Von dorn Vorhalten des Blutes in den Gofasscn.
seil in dem Geflisssystem unzählige Bogen und Winkel liegen,
deren Wcrthc veränderlich werden mit den Körperstellungen und
den Spannungen innerhalb des Gefässsystems. Man rnuss sich
darüber verständigen, dass diese Bogen und Winkel und deren
Variationen unter den bezeichneten Verhältnissen mit wenigen Aus-
nahmen nicht messbar sind, dass aber die Bestimmung dieser we-
nigen zu keinen für die physiologische Hydraulik wichtigen Auf-
schlüssen führen kann. —
Von dem Verhalten des Blutes in den Gefässen,
1. Spannung des ruhenden Blutes in den Gefässen.
— Wenn alle Bewegungsursachen des für gewöhnlich bestehenden
Blutstroms ausser Wirksamkeit gesetzt sind, so muss nach Verfluss
einer gewissen Zeit unzweifelhaft im Gefässsystem ein Zustand der
Ruhe eintreten, der sich dadurch markirt, dass die Spannung des
Blutes, insofern sie nicht von der Schwere abhängig ist, überall
die gleiche ist. Es fragt sich nun, ob nach dem Eintritt dieser
Ruhe sich das Blut an jedem beliebigen Ort in der Spannung be-
finde, welche ihm vermöge der Schwere, resp. der auf ihm lasten-
den Blutsäule, zukommt, oder ob diese Spannung eine höhere oder
niedrigere sei. — Diese wichtige Frage, welche E. H. Weber
angeregt hat, kann einer bestimmten Erledigung am lebenden Thier
entgegen gehen, wenn man im Stande ist, die Spannung des Bluts
zu messen, während man die Bewegung des Brustkastens, des
Herzens und der Gliedmassen zum Stillstand gebracht hat. An-
nähernd gelingt dieses wenn man die unteren Enden der durch-
schnittenen nervi vagi mittelst elektrischer Schläge erregt, während
die Thiere durch Opium oder Chloroform in den Schlaf versetzt
worden sind. —
Die Ausführung dieses Versuchs lässt erkennen, dass das
Blut auch in der Ruhe noch einer Spannung unterworfen ist,
welche aber nach den Ergebnissen der Beobachtung und der
Ueberlegung keineswegs für ein und dasselbe Thier von gleichem
Werthe ist (Brunner)*). — Der Grund dieser Spannung ist
nemlich nur darin zu suchen, dass der Cubikinhalt des inneren
Gcfässraumes, vorausgesetzt, dass seine Wandungen in elastischem
Gleichgewicht sind, kleiner ist als das in Wirklichkeit in ihnen
enthaltene Blutvolum, so dass dieses letztere nur nach einer
vorausgegangenen Ausdehnung der Gefässwand im Gefässraum
•) Debcr ilio mittlere Spannung Im Gefässsystem. Zürich 1851.
Spannung des ruhenden Blutes.
121
Hund von mitt-
lerer Grösse
Platz linden Itann. Unter dieser Voraussetzung ist die Grösse
der Spannung in den Gcfässen abhängig a) von dem Verhältniss
des Gefässraums und des Blutvoluniens, und insbesondere muss
bei ein und demselben Tliier die Spannung mit seiner Blutmenge
abnehmen. Die Beobachtung ergab folgende Spannungen des
Bluts in der Carotis von Hunden, deren Vagi erregt M^urden, wäh-
rend sie mit Opium narkotisirt waren:
Spannungen des Bluts
Tliier. in MM., Quecks. Bemerkungen.
110,4 Unveränderte Blutmenge.
19,0 Nach Injektion von 280 Gr. Blut.
8,5 Nach Entziehung von 256 Gr. Blut.
15,2 Unveränderte Blutmenge.
22,0 Nach Injektion von 487 Gr. Blut.
12,5 Nach Entziehung von 609 Gr. Blut.
Die Blutmenge, die das Gefässsystem aber beherbergt, muss in
der Zeit veränderlich sein, weil zu dem vorhandenen Blute mittelst
der Ernährung stets neue Massen zugeführt und aus ihm auf dem
\ Wege der Absonderung andere entfernt werden. Je nach dem
l Uebergewicht des einen oder andern Hergangs wird also auch die
I Blutmenge zu- oder abnehmen. — b. Die Spannung in der Ruhe ist
kbei gleicher Anordnung der Gefässröhren von der Ausdehnbarkeit
der Röhrenwand abhängig , indem sich nach dieser die für die
verlangte Ausdehnung nöthigen Drücke bestimmen. Weil nun die
Gefäss Wandung im engern und weitern Wortsinn wegen ihres Ge-
haltes an Muskeln die verschiedenartigste Dehnbarkeit darbietet,
je nachdem diese letzteren zusammengezogen oder erschlafft sind,
nnd je nachdem wir den Gliedmassen diese oder jene Stellung ge-
geben haben, so kann die Spannung des Bluts bei unveränderter
Menge derselben sich nicht unverändert erhalten. Die Aufgabe des
Versuchs mit Rücksicht auf diese Fakten stellt sich also dahin, die
Spannung zu bestimmen, einmal während die Gefässhöhlen durch
Muskehvirkung, soweit als dieses überhaupt möglich, beengt und
zugleich die Wandungen möglichst Aviderstandsfähig sind, und das
anderenial während gerade das Gegentheil beider Umstände vor-
handen ist, weil mit diesen Angaben die Grenzen der möglichen
Spannung gegeben wären. Die Bedingungen für diesen Versuch
ind aber nicht mit genügender Schärfe zu erhalten und zudem
irdc sein Ergebniss doch nur individuelle Giltigkeit haben. —
US diesen und ähnlichen Gründen müssen wir es ableiten, wenn
122
Spannung dos ruhenden Blutes.
bei ein tind demselben Thier, während seine Blutmasse ungeän-
dert bleibt, der Werth der Spannung wechselt^ je nachdem es nur
mit Opium, welches die Nerven nicht lähmt, oder mit Chloroform
in den Schlaf gebracht, oder, durch letzteres Mittel getödtet, dem
Versuch unterworfen würde.
Thier.
Spannung in MM. Quecks.
Carotis.
Hund
Bemerkungen.
Mit Opium eingeschläfert.
Chloroforminhalation,
Im Augenblick des Todes.
Wir müssen wegen der Einzelheiten des Verfahrens auf die Brunner' sehe Ar-
beit verweisen. Hier soll nur der allgemeinen Wichtigkeit wegen die Bestimmung
27,5
21,8
2,8
Fig. 35.
des Blutdrucks über-
haupt angegeben wer-
den. — Haies, wel-
cher den Blutdruck zu-
erst bestimmte, bediente
sich des Verfahrens,
welches die Hydrauli-
ker bei Wasserströmen
gewöhnlich anwenden ,
einer einfachen, geraden
Glasröhre. Diese etwas
gröbliche Methode wurde
von Poiseuille zu-
erst dahin verbessert,
dass er die in das Ge-
fäss eingefügte Glas-
röhre (a b c Fig. 35.),
deren Schenkel ab und
b c gleichen Durchmes-
ser besassen , hebertor-
mig bog. In die Schen-
kel füllte er, etwa so-
weit der schwarzbe-
zeichilcte Inhalt des
Eohres geht, Quecksil-
ber, und auf dieses in
dem kürzern , dessen
Ende mit einem Mes-
singhahn versehen ist,
kohlensaures Natron. —
Darauf fügt er die
Dille d, während der
Hahn geschlossen ist,
in das BlutgefEiss, in dem er die Spannung messen will , stellt das Rohr senkrecht
Eichtung eines dauernden Blutstroms.
123
und öffnet nun den Hahn, so dass das Lumen des Gefässes und des gebogenen Rohres
communiziren. Iif'diesem Moment suchen sich auch die Spannungen der Flüssigkei-
ten in beiden Eöhrensystemen in das Gleichgewicht zu setzen , so dass, wenn die
Spannung des Blutes höher als die des Röhreninhaltes ist, Blut aus dem Gefäss in
das gebogene Messrohr eindringt, und das Quecksilber aus dem kurzen in den langen
Schenkel eintreibt. Man erhält dann, mit Hilfe einiger Correkturen, aus dem Niveau-
unterschied des Quecksilbers in beiden Schenkeln den Druck, den das Blut ausübt.
Da nun aber der Blutdruck im Verlaufe der Zeit oft so beträchtliche Veränderungen
erfährt , dass das Auge der auf- und absteigenden Quecksilbersäule nicht zu folgen
vermag, so verband C. Ludwig mit den Messröhren ein Schreibzeug, vermöge '
dessen die in der Zeit veränderlichen Quecksilberdrüeke sich selbst aufzeichneten.
Diese Einrichtung beruht auf einem Prinzip, welches der berühmte Mechaniker ..Watt
zuerst in Anwendung gebracht haben soll. Man setzt nämlich auf den Spiegel des im
Schenkel h 'c vorhandenen Quecksilbers einen schwimmenden Stab cf auf, dessen freies
Ende an einem Querholz einen Pinsel g trägt , der sich sanft gegen einen Cylinder A
anlegt; dieser wird mittelst des Uhrwerkes ii in gleichmässiger und bekannter Ge-
schwindigkeit herumgedreht. Da der mit Papier überzogene Cylinder während des
Umgangs fortlaufend andere Orte mit dem Pinsel in Berührung bringt, so schreibt
dieser seine etwaigen auf- und absteigenden Bewegungen in Form einer Curve auf.
Das Genauere dieses Verfahrens, das in seinen Einzelheiten zahlreicher Modificationen
fähig ist, siehe bei Volkmann*), der einige wesentliche Verbesserungen in der
ersten Angabe angebracht hat. Inwiefern der Apparat zur Messung rasch veränderlicher
Spannungen dient, siehe bei den absoluten "Werthen der veränderlichen Spannungen des
Blutstroms. —
Bei der besonderen Anwendung füi- die Spannung der Ruhe muss man annehmen,
dass das Gleichgewicht im Gefässsysteme hergestellt ist, wenn entweder der Pinsel
längere Zeit hindurch eine horizontale Linie auf das Papier des Cylinders anschreibt,
oder, was wegen der langsamen Ausgleichung niederer Drücke durch die Capillaren
hindurch sicherer ist, wenn der Druck in einer Vene und Arterie, die beide dem
Herzen möglichst nahe liegen (carotis und vena jugularis), derselbe geworden ist.
2. Von der Eichtung, welche ein dauernder Strom
im Gefässsystem nehmen muss. Das Gleichgewicht der
Spannung, von dem soeben die Rede war, besteht im Blute des
Lebenden niemals, da fortlaufend Umstände auf dasselbe einwir-
ken, welche seine Spannung an verschiedenen Orten ungleich
machen. Diese Ungleichheiten, wie und wo sie auch entstanden
sein mögen, können zur Ausgleichung gelangen durch einen Strom
von nur einer Richtung, eine Richtung, die demgemäss ein jeder
in dem Gefässsystem erregte Strom einschlägt. Diese Erschei-
nung ist begründet in der Anwesenheit von Klappen, welche
sämmtUch so gestellt sind, dass sie durch den Stoss nach der
einen Richtung geöffnet und durch den entgegengesetzten zuge-
schlagen werden. Diese Richtung geht nun, wenn wir von der
') Hacmodynamik. p. 148.
J;24 Störungen dos Gleichgewiclits der Spannung.
linken Herzkammer « (Fig. 36.) beginnen, durch die grosse Blulr
bahn, d. h. die Capillarcn und Venen des Körpers, zu dem rech-
ten Vorhof b und tritt dann in die kleine Blutbahn über, indem
sie in die rechte Kammer c und von dort durch Arterien, Capil-
pjg 3^ laren, Venen der Lungen zurück in
den linken Vorhof d kommt. — In-
dem man das beistehende Schema
betrachtet, in welchem der Einfach-
heit wegen die Venenklappen weg-
geblieben und nur die gleichgerich-
ten Ventile der Herzmündung aß yS
dargestellt sind, sieht man, dass sich
diese letztern sämmtlich nach der
Richtung des Pfeils öffnen. Würde
also durch irgend welchen Umstand
ein Strom in der entgegengesetzten
Richtung eingeleitet, so würde sich
dieser nur bis zur nächsten Klappe
erstrecken können, da durch diese Strömung jene geschlossen
würde. Der Strom würde dann von dieser Klappe reflektirt wer-
den und in umgekehrter Richtung, durch nichts gehindert, weiter
schreiten, so lange noch eine Strömungsursache vorläge.
Gewöhnliche Veranlassungen zur Störung des
Gleichgewichts der Spannung. — Zu den wichtigeren zählt
man die Bewegungen des Herzens, der Brust- und Bauchwandun-
gen, zu den untergeordneteren die Bejveguugen der Gliedmaassen
und der Gefässwaudungen, die Schwere des Bluts, den Lymph-
strom aus dem ductus thoracicus und die Absonderung in den
Drüsen.
3. H e r z b e w e g u n g. Indem wir die Bedeutung des Herzens
für den Blutsti-om erläutern, gehen wir von den Voraussetzungen
des lebenden Zustandes aus. Dieser verlangt aber, dass ein ste-
tiger Strom von Seiten der Venen gegen die Vorhöfe gehe und
dass die Aorta stets mit Blut gefüllt sei.
a. Vorkammern. Die Erscheinungen, welche sich während
des Blutkreislaufs innerhalb der Vorhöfe ereignen, sind für beide
nur bis zu einem gewissen Punkte dieselben. — Nachdem sie
während ihrer Diastole durch den Venenstrom strotzend mit Blut
gefüllt sind, ziehen sie sich in der früher beschriebenen Weise zu-
sammen und treiben damit ihren Inhalt sowohl gegen die venösen
Störungen des Gleichgowiclits dov Spannxiiig.
125
wie gegen die ventrikiilfiren Mündungen. Dieser Stoss erzielt an
; beiden Orten verscliiedene Effekte. — In den venösen Mündungen
; trifft unser neuer Strom, der vom Vorhof gegen die Venen dringt,
Ii auf den alten entgegengesetzt verlaufenden, und es wird darum
j; jedenfalls die Flüssigkeit am äussersten Ende der Venen in eine
Lgesteigerte Spannung gerathen. Zu gleicher Zeit wird auch ihre
Htrömung verändert und zwar jedenfalls in der Geschwindigkeit,
( vielleicht auch in der Richtung. Denn es wird, selbst wenn der
i'Vorhofsstoss unbedeutend ist, jedenfalls die Geschwindigheit des
[■alten Venenstroms vermindert; sind dagegen die Kräfte des Vor-
I liofs bedeutend, so wird das Blut in die Venen zurückgeschleudert
iiuud es kehrt sich also die alte Stromrichtung um. Erfahrungs-
[-gemäss dürfte häufiger das letztere als das erstere eintreten, und
es würde sich für gewöhnlich der Rückstrom des Bluts bedeutend
, geltend machen, wenn sein Querschnitt an der Venen-Vorhofsgrenze
nicht beschränkt würde. Dieses besorgen aber die muskulösen
( Ringe der Venen, welche, indem sie sich mit den Vorhofsmuskeln
[ gleichzeitig zusammenziehen, die Mündungen jener verengen. Die
1 Wü-kung dieser Verengerung, also die Hemmung des Rückstroms,
; wird an dem rechten Herzen durch die Klappen unterstützt,
[ welche entweder, wie in der vena cava superior, etwas entfernt
j vom Herzen in dem Venenlumen liegen , oder, wie an der vena
! cava inferior und coronaria cordis, unmittelbar im Herzen sitzen.
Diese letzteren beiden Klappen sind namentlich darauf berechnet,
i die Mündungen der erwähnten Venen zu schliessen, wenn die-
selben schon um einen gewissen Antheil ihrer Weite verengt
-sind, und ausserdem sind sie mit kleinen Haftfäden versehen (ge-
vwöhnlich beschreibt man sie als durchlöchert), welche es verhüten,
I dass der Vorhofstoss die Falten in die Venenöffnung hereiutreibt.
! — Wir schreiten zur Beti-achtung der Vorgänge, welche die Vor-
j hofszusammenziehung gegen die Ventrikularmündungen veranlasst.
I Die Kammern sind, wenn die Zusammenziehung des Vorhofs be-
1 ginnt, ebenfalls schon mit Blut angefüllt, und zwar muss das Blut
I aus naheliegenden Gründen in den Vorhöfen und Herzkammern
I dieselbe oder wenigstens annähernd dieselbe Spannung besitzen.
I Wenn nun plötzlich das Blut in den Vorhöfen eine höhere Pres-
{ sung erleidet, so wird ein Strom von diesem gegen die Hcrzkam-
i mer geschehen, der eine merkliche Dauer haben wird, weil die
1 Kamnierwandungen ausdehnbar sind. Er kann also so lange an
! halten, bis die elastische Spannung, welche diese Wandungen
126
Zusammonziehung der Vorhöfe.
vermöge ihrer Ausdehnung annahmen, gleich dem Druck ist, den
die Muskehl des Vorhofs dem Blute mittheilen. Da aber die
Ausdehnbarkeit mit der Dicke der Wandung abnimmt und umge-
kehrt mit dem Querschnitt des Muskels die von seiner Zusammen-
ziehung ausgehende mechanische Leistung wächst, so ist es von Be-
deutung , dass der linke Vorhof, der den dickwandigem linken
Ventrikel auszudehnen hat, auch stärkere Muskelmassen besitzt,
als der rechte Vorhof, der auf die dünnwandige rechte Kammer
wirkt. — Die Zusauimenziehung der Vorhöfe wird nun, entspre-
chend allen uns bekannten Muskelwirkungen, nicht während der
ganzen Dauer ihres Bestehens mit einer gleichen Kraft geschehen;
sie wird im Gegentheil allmählig gegen ein Maximum anwachsen
und ebenso allmählig von diesem Maximum absinken; demgemäss
wird sie ihrem Inhalt eine allmählig steigende und dann auch
wieder abnehmende Spannung mittheilen, und somit wird zuerst
das Blut in den Ventrikel einströmen, dann wird, wenn die Vor-
hofskontraktion nachlässt, die elastische Spannung des Ventrikels
das Blut wieder gegen den Vorhof zurücktreiben, wobei sich aber
die Zipfelklappen der Ventrikelmündungen schliessen werden
(A. Baumgarten)*). Hierbei wird also ein geringer Theil des
Blutes, der aus dem Vorhofe in die Herzkammer getrieben wurde,
wieder in sie zurückgehen. Die Bedeutung, welche den Vorhöfen
gegenüber den Herzkammern zukommt, wird also eine zweifache
sein. Sie machen nemlich einmal den Füllungsgrad dieser letz-
tern unabhängig von der bald grössern oder geringem Geschwin-
digkeit und Spannung, welche dem Strom zukommt, der von den
Venen in das Herz hinein geschieht, so dass von diesem Ge-
sichtspunkte aus mit E. H. Weber die Vorhöfe als Regulatoren
der KammerfUllung angesehen werden dürfen. Zum andern aber
besorgen sie den Klappenschluss an der Venenseite der Ventrikel,
so dass sogleich mit dem Beginn der Ventrikularzusammenziehung
sein Inhalt auch eine Pressung von Seiten dieser Mündung er-
fahren kann.
Wenn nun die Zusammenziehung der Vorhöfe ganz nachlässt,
so wird sich wegen der Entleerung eines Theils von ihrem Inhalt
auch ihre elastische Spannung erniedrigt haben, so dass dann die
in den Venen gespannte Flüssigkeit mit Leichtigkeit in den Vor-
hot einströmt. Diese plötzliche Entleerung wird aber eine Beu«
') Commentntio de meelianismo, quo Talvulae vcnosne etc. Marbnrgi J843.
Zusammonziehung der Herzkammern.
127
imgswelle in den Venen erzeugen, die sich von dem Herzen ge-
eii die Peripherie fortpflanzt. Diese Beugungswelle soll später
ühaudelt werden.
b. Herzkammern. Die Betrachtung der Ventrikel beginnen
ir mit der Zeit, in welcher ihre Höhle noch auf dem Maas der
usdehnung beharrt, die sie durch die eben beendigte Zusammen-
chung der Vorhöfe erhalten ; dann decken auch gerade die venö-
■n Klappen ihre zugehörigen Mündungen der Art, dass die win-
L'lförmig gebogenen Sehnen, welche ans den Papillarmuskeln in
ie Klappensegel treten, ausgespannt sind. In diesem Augenblick
nd während des Lebens auch die halbmondförmigen Klappen
schlössen, da von der Arterienseite her noch ein stärkerer
'l uck auf ihnen lastet, als von der Herzseite. So wie dieser Zu-
and eingetreten ist, beginnt aber sogleich auch die Zusammen-
lehung der Kammermuskeln, welche dem Inhalt von überall her,
lit Ausnahme der arteriellen Mündung, einen erhöhten Druck mit-
leilt. Diese Pressung schleudert den Inhalt in die Arterie nach
»efirrnng der halbmondförmigen Klappen und drückt sie zugleich
egen die Wand der Sinus Valsalvae, wodurch in der Regel die
[ündungen der aus den Sinus entspringenden Art. coronariae
eschlossen werden. Dieser letztere Umstand gewährt den mecha-
i sehen Vorth eil, dass die Muskelfasern während ihrer Bewegung
egen die Höhle hin nicht zugleich durch die vom Blutdruck aus-
espannten Herzcapillaren nach entgegengesetzter Richtung hin ge-
■rrt werden. — Ob sich bei seiner Systole der Ventrikel ganz entleert,
ird abhängig sein einerseits von dem Umfang oder der Kraft seiner
iisammenziehung und andrerseits von dem Widerstand, den das Blut
i der Ai-terienmündung findet. Wenn dann die Zusammenziehung
achlässt, so werden, weil in den Arterien jetzt die Spannung des Bluts
lösser, als in den Ventrikelhöhlen ist, die Semilunarklappen sich
or die ostia arteriosa der Vorkammer legen, so dass aus den
rterien kein Rückfluss in den Ventrikel geschieht. Hiermit wer-
en aber die Mündungen der Coronararterien sich öffnen, und sich
un ein Strom durch sie bis in die Capillaren ergiessen. Von
(iiten der Vorhöfe wird dagegen mit dem Eintritt der Er-
•lilaff"ung des Ventrikels ein Strom in dieselben gelangen; denn
nmal haben sich die Zipfelklappen, nachdem das ausspannende, , "
.11 den Ventrikeln gegen die Vorhöfe drängende Blut entfernt ist,
■öffnet, und dann hat sich das Blut in den Vorhöfeu während
er Ventrikulaikontraktion angesammelt, so dass jene nun im
128
Zusammenziehuiig der HerzkaniTncni.
Maximüm ihrer Ftilluug sich hefinden. Die ausgedehnten Vorhöfe
treiben somit das Blut in den schlafi^n, widerstandslosen Ventrikel,
dessen Erweiterung noch begünstigt wird durch die gerade jetzt
stattfindende Ausdehnung der Blutcapillaren (Marshall Hall,
Brücke)*).
Die Annalmie, flass sich die Klappen während der Kammersystole in den Sinus
Valsalvae bis zum Verschluss der Kranzai-teric einlegen , hat man aus mehrern Grün-
den bestritten. Zuerst sollte der Urspning der art. coronariae aus dem Sinus nicht
tief genug erfolgen , um noch von den Klappen gedeckt werden zu können. Nun er-
giebt sich aber, dass nur bei vier bis fünf pC. aller bisher untersuchten Aorten jene
Gefässe über den Sinus Valsalvae entspringen , eine Beobachtung , die gerade zcigt^
dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, die Klappe hoch genug hinaufreicht. ~
Aber selbst, wenn die Arterie den gewöhnlichen tiefen Ursprung nehmen, kann die
Klappe am todtenstarrcn Herzen nicht bis über die MünduTig der Kranzarterie hin-
aufgezogen werden ; hierauf dient zur Antwort, dass dieses nur bei den Klappen nicht
gelingt, wo der Grund ganz oder halb an das Herziieisch angewachsen ist, während
mit den freien dieses leicht auszuführen ist. Solcher angewachsener Klappen haben nur
einzelne Säugethiere , wie z. B. das Schwein nur eine, andere wie der Hund zwei.
Hier ist nun leicht einzusehen , dass das weiche lebende Fleisch der Klappen eine
Beweglichkeit erlaubt, die das todtenstaiTC unmöglich macht, so dass, eine Nachgiebig-
keit dos Fleischgrundcs vorausgesetzt, auch hier die Deckung möglich wird. — Auch
sollte die Klappenfläche nicht genügen, um sich dem durch den systolischen Blutdruck
ausgedehnten Sinus überall anzupassen, und namentlich sollte der freie Klappenrand
nach Art einer Chorda durch den ausgedehnten Sinus hergezogen sein (Hyrtl, Ru-
dingo r). Die Entscheidung hierfür ■ kann nur durch eine .Messung des Längenver-
hiiltnisscs zwischen den freien lländcrn und dem Sinusumfange gegeben werden während
einer Stellung , wie sie durch eine hohe
Spannung verlangt wird. Zu dem
Zwecke füllte Brücke in menschliche
Aorten flüssigen Gyps unter Dräcken
von 0,18 bis 3,17 M. und zwar so,
dass sich die Taschen entfalten muss-
ten. Nachdem der Gyps erhärtet war,
lösste er die Ärtericuhaut vorsichtig
ab , und schnitt am Bulbus der Aorta
eine dreiseitige Pyramide an, deren
Kanten gebildet wurden durch die Be-
rührungslinie je zweier Klappen, de-
ren Flächen bestimmt waren durch die
Ebenen, in welcher die fi-eien Ränder je
einer Klappe lagen , und deren Spitze
endlich am Vereinigungspunkt der drei
Klappen lag; die Fig. 37 giebt eine Anleitung zur Führung der Schnitte.
») E. B r ii ck e; Verschluss der Krnnzsclilng.idoni rtiircli il. Aortcuklnppen. Wien 1855; J. H yrtl Hb.
a. Selbststeuerung il. Herzens. Wien 1855. — W i tt ich ; Posners Allg. med. Centrnlztg. 1857. 5. Stck.
Verschluss dnr Kranzarterien durch die Semiluiiar-Klappen.
129
Fig. 38 (welche die Pyramide von der Spitze gesehen darstellt) muss also
c -|- c b grösser oder so gross wie a b sein , wenn der freie Klappenrand die Sinus-
ncht ausfüllen soll. Diese Länge wird jener Rand aber nur dann erreichen, wenn
lie Spitze c über der Ebene des Sinusringes a b her-
orsteht, und zwar natürlich um so eher, je weiter sie
unaustlillt; in dorn Maasse , in dem dieses geschieht,
ird aber auch der Winkel ach kleiner werden. Nach-
lem Brücke durch Rechnung gefunden, dass der Winkel
cb nicht über 111 — 112" steigen dürfe, wenn a c -|-
b gleich lang mit a b bleiben soll, fand er, dass in der
nter so verschiedenem Druck gefüllten Aorta der
.Vinkel sich zwischen 92 — 100" bewegte und diesen
rCerth niemals überschritt. Hierbei stellte sich auch
och heraus, dass der Winkel keineswegs in den be-
leiehneten Grenzen mit dem Füllungsdruck wuchs, sondern dass er öfter kleiner
ar bei geringerem als bei grösserem Druck. Somit genügt auch die Ausdehnung der
iLlappen von rechts nach links, um den Sinus auszukleiden. —
Diese aus dem Bau hergenommenen Beweise für die Möglichkeit des Klappen-
chlnsses hat Wittich durch einen einfachen Versuch vervollständigt, in welchem der
trom des Blutes aus der Kammer in die Aorta möglichst nachgeahmt wird. Ich
ehme mir die Erlaubniss , den Versuch so zu beschreiben , wie ich ihn wiederholt in
orlesungen und Cursen mit günstigem Erfolg ausgefühi't habe.
An einem (absichtlich zu gross gezeichneten) ßchweineh erzen in Fig. 39 bindet man
16 art. coron. destra zu und setzt ein Röhrchen (b) in die linke ein , vor welcher
ine freie Klappe steht. Hierauf -fügt man ,an das Ende des Bogens der Aorta*)
m Gummirohr (c) etwa von der Weite der Aorta und in den linken Vorhof endlich
jtzt man ein Rohr (d), das durch einen Hahn verschliessbar ist. Derselbe hat eine
aderthalb fache Bohrung, vermöge welcher bald ein Strom nach der Längenrichtung des
ohres und bald ein solcher senkrecht auf dieselbe durch die freien Mündungen e e
der Seitenwand des Rohres gehen kann. Es soll hier gleich bemerkt werden, dass
lese letztere Einrichtung dazu dient, bald um das Herz durch den Strom aus einem
asserbehälter zu füllen, bald um den vom Wasserbehälter abgeschlossenen Vorhof
ieder theilweise zu entleeren, weil dieses wegen des Schlusses der Semilunarklappen
die Aorta nicht möglich ist. Dieses so vorgerichtete Herz stellt man dann nach An-
litung der Fig. 39 auf; in dieser bedeutet f ein kleines Holzgefäss zur Aufnahme
s Ventrikels, g einen Halter zur Fixirung des Aortenstumpfs, h h ein (mit Einschluss
8 Hahnrohres) 1,9 M. langes Zuflussrohr, das aus einem obem Behälter gespeisst
rden kann , und i einen Wasserzuber, der um einen halben Meter über dem Aorten-
fang erhaben ist und auf dessen Boden sich eine Schicht Wasser befindet, unter
dches das Rohr c mündet. Oeffnet man nun, nachdem alles mit Wasser gefüllt ist,
tn Hahn d, so dass der volle Strom das Herz durchsetzt und rasch aus dem Kaut-
«oukrohr in den Wasserzuber fliesst, so tritt nichts aus dem Röhrchen b, welches
8 der Kranzarterie hervorgeht, während, wenn man den Hahn schliesst, plötzlich ein Strahl
8 der Coronaria hervorgeht, der durch den Druck des erhobenen Kautchoukrohres
■igcleitet wird, ein Druck, unter dem sich auch die Aortenklappen entfallen. Dieser
•) Wird die Aorta nicht am Bogen sondern kürzer nbgcsclniittcn, so gelingt der Versucli meist
ibt.
Ludwig, Physiologie II. 2. Aullago. 9
130
Verschluss der Kranzarterien durch die Klappen.
sehr schlagende Versuch gelingt jedoch nicht immer und zwar versagt er, was heson-
ders zu erwiihuen, zuweilen an einem Herzen, an dem er so eben noch gelungen
war uud nn dem er sich dann auch später wieder erfolgreicli lierstellen lässt. Eg
Fig. 39. scheint, als ob kleine Verän-
derungen in der Klappenstel-
lung durcli ZeiTcn, Zusam-
menschieben u. s. w. die
Schuld an dem Misslingen
tragen. Dieser Versuch be-
seitigt auch die wiederholt
ausgesprochene Bcilirchtuiir;,
als ob die an den Sinus-
rand angelegte Klappe durch
den Rückstoss des Bluts aus
der Aorta nicht ■wieder her-
vorgeholt werden könnte.
Eine Hindeutung darauf,
dass sich auch während des
Lehens die Klappen an die
obeni Begrenzungen der Si-
nus anlegen, findet Brücke
endlich in den Klnppenspuren,
kleinen linearen Eindrücken an
der Innern Fläche jener Si-
nus , in welche die Klappen-
ränder mit ihren kleinen
Vertiefungen und Erhaben-
heiten oft auf das genaueste
hineinpassen, die also ver-
muthlich durch das An-
sclilagen der Klappen an die
Sinuswand entstanden sind.
Das einzige Unbestimmte,
was dem beschriebenen Vor-
gang noch anklebt, be-
zieht sich auf die Zeit, in
welcher das Anlegen der
Klappen an die Sinus vollen-
det ist und die Vorgänge, welche in dieser Schliessungszeit eintreten. Denn wenn diese
Zeit eine merkliche ist, so bleibt in dieser dem Blut, welches zwischen Klappe und
Sinus steht, ausser dem Weg in die Aorta, auch noch ein andrer in die a. coronaria
übrig. Ganz in TJcbereinstimmung mit dieser Unterstellung sieht man zuweilen bei
dem Versuch mit dem todten Herzen, dass in dem Moment des beginnenden Stroms
durch die Aorta nicht auch sogleich der Strahl aus der art. coronaria, sondcni merk-
lich später unterbrochen wird. In andern Fällen hört dagegen momentan mit der
Drehung des Hahnes d der Strahl aus der coronaria auf, woraus hervorgeht, dass die
zum Anlegen nöthigo Zeit sich merklich verschieden stellen rauss.
Folgen der Herzbewegung in den Gefiissen.
131
Nach allen diesen Beweisen und Einsichten halte ich die Bestätigung oder "Wider-
•'.jung der Annahme von Marshall und Brücke durch die Vivisektion nicht allein
r unnöthig, sondern sogar für unthunlich, da schon die geringsten Verzerrungen
I lud Verschiebungen des blosgelegten Herzens den Erfolg gefährden können.
ii Die Annahme, dass sich die Höhle der Hcrzventrikel, bevor diese in die Todton-
itarre übergegangen sind, beim Eintritt der Diastole auch ohne Beihilfe des einströ-
(iwnden Bluts , etwa in Folge der Elastizität ihrer Wandungen , erweitern kann , ist
im bündigsten durch L. Fick*) widerlegt. Im wahren Wortsinn genommen, giebt
s also keine Aspiration der Vorhöfe. Die Erscheinung, welche zu ihrer Annahme
ihrt, und die neuerdings genauer von Wey rieh und Bidder untersucht wurde,
Irird insofern dieses nicht schon bei der Betrachtung des Stroms durch die a. coronaria
:eschehen, noch Bei-ücksiehtigung finden. — Das tuberculum Loweri, ein Muskelhöcker,
er an der Scheidewandsilnche zwischen vena cava superior und inferior liegt, soll
.ureh Ablenkung des ursprünglich senkrechten Stroms beider Venen aufeinander be-
eutsam sein ; er soll verhüten , dass wenn , wie wahrscheinlich , eine Ungleichheit in
.er Geschwindigkeit und Spannung des Bluts in den beiden Strömen besteht, die
itesultante ihrer Geschwindigkeiten nicht in eins der beiden Venenlumina, sondern ge-
^en den Vorhof gerichtet ist. Diese Annahme steht auf zweifelhafter Basis. —
c. Folgen der Herzbewegiing in den Gefässröhren. Die Blut-
mengen, welche der Ventrikel in die grossen Arterien wirft, wer-
den dort einen Strom erzeugen, der die in Fig. 3ß gegebene
Ülichtung einhält. Da sich die beiden Herzkammern immer gleich-
leitig zusammenziehen, so erscheint die stromerzeugende Ur-
lache innerhalb des Gefässsystems immer zugleich an zwei Orten,
lemlich dem Anfang der grossen und kleinen Blutbahn. Bei einer
lolchen Anordnung stellt sich, abgesehen von allen übrigen Eigen-
Ichaften, die Forderung, dass aus jeder Herzhälfte immer gleich-
riel Blut ausströmen müsse, weil der eine Ventrikel dem andern
(üe Flüssigkeit zusendet, so dass, wenn dem nicht Genüge ge-
"teistet würde, sehr bald die eine Abtheilung ihren Gesammtinhalt
1 die andere entleert haben würde.
Der Strom, welcher vom Herzen aus erregt wird, pflanzt sich
i der entsprechenden Gefässabtheilung bis zum Herzen zurück
turch Wellenbewegungen, Spannungsunterschiede und
las Beharrungsvermögen fort. Obwohl diese Vorgänge
■amentlich in den Arterien, durcheinander greifen, so müssen sie
och gesondert behandelt werden. Zunächst wenden wir uns zu
;en Wellen.
Da an der Grenze des Herzens und der grossen Gefässe die
ledmgungcn für die Wellenbewegungen vorhanden sind, welche
rfe theoretische Auseinandersetzung (p. G7.) für ihre Entstehung
•) L. Fick, MUllcrg Archiv. 1849. p. 283.
9»
132
BlutrwcUen, Simnnungsunterschiedo.
verlangte, so mllssen sie auch entstehen. Und zwar hildet sich
eine Bergwelle in den Arterien gegen die Capillareu, hinter der
im Arteriensystem keine Thalwelle herschreitet; in den Venen da-
gegen bildet sich eine Thalwelle, die wiederum, ohne dass eine
Spannuugswelle auf sie folgte, gegen die Capillaren hinschreitet.
Der Grund, aus dem die Thalwelle nach der Arterienseite hin
ausbleibt, liegt darin, dass die Semiluuarklappe die Höhlung der
Arterien und des Herzeus abschliesst, sodass keine Entleerung dt i
Arterien gegen das Herz hin stattfinden kann; nach der Venen-
seite kann aber vom Herzen aus keine Bergwelle erregt werden,
weil das in die Ventrikel eingestürzte Blut wegen des Schlusses
der Zipfelklappen nicht wieder direkt in die Vene zuriickgeschlcu-
dert werden kann. Das Hervorstechende für die Bewegung der
Flüssigkeit in einer solchen Welle bestand darin, dass jedes m
dem elastischen Rohr enthaltene Theilchen in der Richtung der
Längenachse des Rohrs eine Geschwindigkeit erhielt, die vou
einem Minimum zu einem Maximum anwuchs und dann wieder
absank. Diese verschiedenen Stadien der Geschwindigkeit erlang-
ten nun aber die Theilchen nicht sämmtlich gleichzeitig, sondeni
successive, sodass, wenn z. B. die dem Herzen zunächst gelegeneu
FlUssigkeitsabschnitte eine erhöhte Geschwindigkeit empfangen
haben, diese den entfernteren noch nicht zukommt, und umge-
kehrt, dass, wenn die vom Herzen entfernteren noch mit irgend
welcher geringem oder grossem Geschwindigkeit begabt sind, die
dem Herzen näher liegenden schon zur Ruhe gekommen waren.
Durch eine solche Welle rücken nun alle Theilchen um eine ge-
wisse Wegstrecke in dem Lumen der Gefässe weiter, und zwar ge-
langen sie durch die Bergwelle in den Arterien von dem Herzen
gegen die Capillaren, durch die Thalwelle in den Venen von
den Capillaren gegen das Herz hin. Obwohl demnach beide Wel-
len eine Bewegung der Flüssigkeit in gleichem Sinne erzeugen,
reichen sie doch erfahrungsgemäss nicht zur Erhaltung des Stromes
in den Gefässröhren hin, da sie auf ihrem Wege durch dieselben
vernichtet werden. Der Grund dieser Vernichtung liegt in dem
Kraftverlust, der durch den kraftübertragenden Stoss und die Rei- ;
bung an den Wandungen bedingt wird. Da in unserem Röhren- |
werke aber die Biegungen, Theilungeu und der Umfang der Wand- ]
flächen selbst gegen die Capillaren hin in ausserordentlicher Zu- |
nähme begriffen sind, so müssen auch die in der Welle vorhandenen :
Bewegungen der Flüssigkeit in den unmittelbar an die Capillaren
Blutwellen, Spannungsuntorschiede.
133
grenzenden Arterienstttcken auf gleich langen Stücken viel be-
I iichtlicber abnehmen, als in den grossem Gefässen. Und weil
ie Kräfte, welche die Welle in der Arterie erzeugen, sehr viel
cdeutendev sind, als die, welche das Zusammenfallen der Venen-
ufänge erzeugt, so wird die arterielle Welle kräftiger sein, als
ie venöse, und diese somit auch eher (d. h. entfernter von den
apillaren) schwinden, als die erstere. —
Wenn die Wellenbewegung, welche den Theilchen des Inhalts
1 den grossen Arterien eigen war, gegen die Capillaren hin er-
seht, so müsste offenbar, wenn die Blutbewegung allein abhängig
,iire von der Wellenbewegung, der Herzinhalt nur bis zu den
apillaren, aber nicht durch sie hindurchdringen; und aus dem-
Ahen Grunde könnte die Beugungswelle das Blut, welches sie
ihliesslich in das Herz wirft, nicht aus den Capillaren beziehen,
leides trifft nun aber nicht ein, indem thatsächlich in den Capil-
ueu ein ruhiger und gleichmässiger (nur unter ganz besondern -
luständen ungleichförmig beschleunigter) Strom von den Arterien
u den Venen dringt. Die erste Veranlassung dieses Stroms liegt
1 den Spannungsunterschieden, Avelche den Flüssigkeitsth eil eben
uf den verschiedenen Abschnitten der Bahn vom Herzen aus bis
urück zu ihm zukommen. Dieselben entstehen aber folgender-
laassen: Durch die Herzmiindung dringt mit jeder Zusammen-
iehung der Kammermuskeln in einem kurzen Zeitraum, also mit
osser Geschwindigkeit, der Herzinhalt ein, und da dieser auf
einem Wege bis zu den Capillaren, seine Geschwindigkeit einbtisst,
0 muss er sich in dem arteriellen System anhäufen. Dieses kann
uu aber nur durch eine Ausdehnung des Plohlraums der Arterien,
Iso durch eine Ausspannung ihrer Wandungen geschehen, welche
■Tztere aber relativ eine sehr beträchtliche sein muss, da der In-
alt der Arterien im Verhältniss zu dem der Ventrikel nicht gerade
edeutend ist; bedenkt man noch, dass der bedeutendste Theil der
rteriellen Gefässwandung wegen ihrer Dicke weniger ausdehnbar
't, so ist ersichtlich, dass Kräfte von einem nicht unbedeutenden
G erthe dazu gehören, um die arterielle Gefässhöhle bis zu dem
mfang zu enveitern, dass sie zu ihrem normalen Inhalt auch
nch den des Herzens aufnehmen kann. Mit andern Worten, es
erden die ausgedehnten Membranen, weil sie nach der Ausdeh-
iing wieder ihren ursprünglichen Flächenranm einzunehmen stre-
cn, einen Druck auf ihren Inhalt ausüben, der den Druck im
i'.lienden Blut beträchtlich tibersteigt. — Im umgekehrten Verhält-
134
Spannungen dos strömenden Bluts.
nisse finden sich nun gerade die Venen. Durch die l^lntmenge,
welche nach der Ilerzkontraktion aus ihnen strömt, wird ihre ur-
sprüngliche Spannung vermindert, eine Verminderung, die nach
einer einmaligen Zusnmmenziehung allerdings nicht sehr auffällig
sein kann, da der Inhalt des Herzens im Vergleich zu dem der
Venen sehr unbeträchtlich ist.
Nun kann aber in der sonst gleichbeschaffenen Flüssigkeit
innerhalb eines zusammenhängenden Röhrenwerks kein ungleicher
Druck bestehen, ohne das Bestreben einer Ausgleichung zu wek-
ken, d. h. ohne dass die gespanntere Flüssigkeit gegen die minder
gespannte hinsrömte, und somit muss von den Arterien durch die
Capillaren hindurch eine Strömung eintreten, welche auch dann
noch fortdauert, wenn schon die Herzkontraktion beendet ist.
Der einmal eingeleitete Strom verfolgt aber seine ursprüng-
liche Richtung der Trägheit wegen weiter, selbst wenn die
Drücke in den Stromrichtungen zunehmen, statt abzunehmen, wie
dieses in der allgemeinen Einleitung gezeigt wurde (p. 60). —
Dieser Umstand muss sich also auch im Kreislauf geltend machen,
wie wir noch sehen werden. — Da nun aber die vorhandene Ge-
schvdndigkeit im Blutstrom immer vorher als Spannungsunter-
schied bestand, so können wir diese im Allgemeinen auch als die
wesentliche Bedingung des Stroms ansehen.
d. Spannungen des strömenden Blutes. Was von ihnen
bekannt ist, bezieht sich immer nur auf die Wandspannung, da
man bis dahin noch nicht daran denken konnte, die mit dem
Querschnittsort veränderliche Spannung zu bestimmen. Obwohl
diese Lücke vom theoretischen Gesichtspunkte aus zu beklagen
ist, so ist sie doch für den praktischen Physiologen weniger fühl-
bar. Die wichtigsten Folgen des Drucks, die Berührangsfläche des
Bluts mit den Geweben (Ausdehnung der Gefässwände und ihrer
Poren), und der Einfluss der Spannung auf die Bewegungen der
Flüssigkeit innerhalb der Poren sind von dem Wanddruck ab-
hängig.
Die Spannung, die in einem jeglichen Gefässabschnitt herrscht,
ist unzweifelhaft abhängig von der Ausdehnbarkeit seiner Wandung
und der Ausdehnung, die seine Wandung wirklich erfahren, mit
andern Worten: bei gegebenem Elastizitätscoeffizienten von dem
Flüssigkeitsvolum, das er mehr enthält, als er im Ruhezu-
stand fassen kann. Die Ausdehnbarkeit wechselt an demsel-
ben Gefässquerschnitt mit dem Zustand (der Erschlaffung oder
Spannung in dem Anfang des Artorionwerkes.
135
^iisammenzielmug) der Waudmuskelu und noch mehr in dem Ver-
;iaf des Systems von einem Ort zum andern. Das Volum des
'liissig'keitszuvvacLses ist abhängig von dem Vcrhältniss zwischen
'lufhiss und Abfluss. — Der Zufluss ist bedingt durch die Zahl
md den Umfang der llerzzusammenziehungen, der Abfluss durch
lie Widerstände in dem betreffenden Abschnitt und an den Gren-
cn desselben, das will sagen: durch die Spannungsunterschiede,
velche bestehen an der Einfluss- und Ausflussmündung des betrach-
ten Abschnitts und das Verhältniss der Ein- und Ausflussöffnung.
Aus allem diesen, in Combiuation mit dem, was schon über
ion Bau des Gefässsystems, die Herzschläge und deren Variation
itigebracht ist, ergiebt sich, dass die Mannigfaltigkeit der Span-
lungeu, welche in dem Gefässsystem eines Menschen entweder
deichzeitig an verschiedenen Orten, oder an demselben Orte zu
verschiedenen Zeiten erzeugbar sind, unendlich sein kann; zu-
;leich ist ersichtlich, dass eine theoretische Voraussicht der ein-
zelnen Fälle unmöglich ist.
Sehr zahlreiche Erfahrungen, die über die durch den Herz-
^ehlag veränderten Spannungserscheinungen vorliegen, erlauben
iber dennoch einige allgemeine Bemerkungen von praktischer
Wichtigkeit; wir werden bei ihrer Aufzählung den Weg einschla-
en, dass wir an verschiedenen Orten der Keihe nach die mit den
icrzzuständen wechselnden Spannungen in das Auge fassen, —
Die Thatsachen werden in der anschaulichen Form, in der sie ge-
-vonnen sind, der Betrachtung zu Grunde gelegt, nemlich als Cur-
v eu, wie sie der in Fig. 35. dargestellte Spannungszeichner He-
erte. Die Achse der X von dem Coordinatensystem, in dass sie
■iugetragen sind, giebt die Zeit, die der Y dagegen die Spannun-
gen an, gemessen durch die in Millimetern ausgedi-ückte Höhe
iner Quecksilbersäule.
A. Anfang des arteriellen Systems; insbesondere
Ja. carotis oder a. cruralis. Zuerst werden wir den Fall be-
(handeln, in welchem sehr kräftige Herzschläge in langen Pausen
leinander folgen, wie man sie erhält, wenn man die nervi vagi in
eine gelinde En-egung versetzt; und zwar darum, weil die Folgen
tder Herzwirkung an ihnen am deutlichsten hervortreten. Mässigt
iman, nachdem die n. vagi so anhaltend und kräftig erregt sind,
dass das Herz längere Zeit vollkommen stillstand und das Quck-
lailber des Manometers endlich auf einer Höhe, die sich für längere
*Zeit constant erhielt, anlangte, die Schläge des Induktionsappa-
136
Spannungswechsol boi verschiedener Schlagfolge des Herzens
rates, so schreibt der Druckzeicliner die Curven von beistehender
Foiin. Mit dem Eintritt des ersten Herzschlags erhebt sich der
Druck, von dem der Kuhe (Fig. 40.) y', und zw^ar zuerst sehr
rasch, dann aber allmähli-
ger, bis er auf das Maxi-
mum seines Werthes ange-
langt ist; von hier fällt er
dann, und zwar zuerst
rasch, dann aber immer
langsamer, je näher er der
Höhe kommt, von vyelcher
der Druck bei Beginn des
Herzschlags ausging , wie
dieses an den Unterschie-
den der Ordinaten ah cd. efrj
in den gleichen Zeitabstäuden 1234567 zu sehen ist. Folgen
nun die Herzschläge in nicht gar zu langen Pausen aufeinander,
so werden, bevor die Einwirkungen des ersten von ihnen ver-
schwunden sind, die des zweiten eintreten und das Ansteigen, das
der zweite veranlasst, somit von einem höhern Druck beginnen.
Bleibt sich nun der Umfang und der zeitliche Abstand dieser und
der folgenden Zusammenziehungen gleich, so wird dieses auch
mit den im zeitlichen Verlauf erscheinenden Drücken der Fall sein.
Genauer ausgedrlickt wird also die constante Gefässspannung
von ?/o bis y'" vorhanden sein, so dass sie unter diesen Werth zu
keiner Zeit herabsinkt; ausserdem aber wird in constanten Gren-
zen von y" bis y"" ein variabler Ueberdruck vorhanden sein, des-
sen Maximum und Minimum für jeden Pulsschlag dasselbe bleibt,
und endlich wird die mittlere Spannung*) y" y'", die sich aus
den Spannungsschwankungen von einem zum andern Herz-
schlag berechnen lässt, für alle Herzschläge o t, t t" u. s. w.
gleich sein.
Wenn sich nun die Herzschläge statt des bisher innegehalte-
nen Rhythmus sehr beträchthch beschleunigen (was jedesmal ein-
tritt, wenn man nach den vorigen Versuchen die Erregung des
*) Mittlere Siiannung bedeutet also hier die Spiinnung, welche man erhalten würde, wenn niBii
die in den einzelnen Zeittheilchon bestchehcndc Spannung addirte und durch die Summe der Zelt-
thellchen dividirte. —
in den grossem Arturien.
137
. vagus beendet), so erscheint die Ciirve, welche Fig. 41. wiedcr-
liebt. Bei einer Vergleichung- derselben mit der vorhergehenden
it sogleich einleuchtend, dass der constante Druck ?/o 7/" ganz
Hisserordeutlich gewachsen ist im Ver-
Jeich zum variablen; die Folge davon
t u. A. auch die, dass die Werthe des
itteldrucks und des constanten Drucks
¥ig. 41.
7\/^/\/\/^/^/A/\/v
ch sehr nahe kommen, indem die
i renzen des schwankenden Ueberdrucks
' berhaupt sehr nahe bei einander lie-
: sn. — Was die Form der Curven-
iicke, die während je eines Herz-
•hlags erzeugt werden, anlangt, so be-
erkt man, dass sie sich sehr derjeni-
en des Gipfels in Fig. 40. annähert;
enn der kurze aufsteigende Theil Avird
'gleich stark convex nach oben und
cY absteigende besitzt nur den steil ab-
illenden Abschnitt.
Die zwischen- diesen beiden Exti-emen liegenden Pulszahlen
■zeugen Curven, welche sich mehr und mehr von der letztern
u- erstem Form annähern, so dass man, wenn die Zahl Üer
nlsschläge gegeben, ungefähr die Keihenfolge der in der Zeit
chselnden Spannungen angeben kann.
Wir haben demnach die, allgemeine Form der zeitlichen Span-
ingscuiTe abhängig gefunden von der Zahl der Herzzusammen-
.'hungen. Anders verhält es sich mit den absoluten Werthen der
)annnngen und namentlich derjenigen, welche wir mit dem Na-
en der mittleren belegt haben; sie wechseln an demselben Thier
)tz einer gleichen Zahl von Herzschlägen. Mit Sicherheit lässt
ch angeben, dass der Werth der mittlem Spannung, alles übrige
cichgesetzt, steige, wenn sich die AufüUung des Gefässsystems
it Flüssigkeit überhaupt mehrt; wenn die Widerstände zwischen
r beobachteten Stelle und den Capillaren zunehmen; wenn der
iiifang oder die Intensität der Herzzusammenziehungen sich stei-
■ra. Den Nachweis für diese Behauptungen kann man sehr
icht führen, weil man mittelst einer vorsichtig geleiteten Erre-
lug der n. vagi die Zahl der Schläge annähernd auf einer he-
mmten Zahl festhalten, zugleich aber durch Ablassen oder Ein-
llen des Bluts aus den Gelassen, duich Unterbindung einiger
138
Spannungswechsol bei verschiedener Schlagfolgc^ dos Herzens.
Artcrienstämrae u. s. av. die Normalspannung und den Widersland
in- einem Tliier verändern kann. Weil nun aber trotz gleichblei-
bendem Widerstaude und unverändertem Normaldruck und gleicher
Zahl der Herzschläge die mittlere Spannung steigt, so schliessen
wir daraus, dass auch der Umfang der Zusammenziehung des
Herzens wechselvoll sein möge.
Wenn ein Mitteldruck von bestimmtem Werth, welcher wäh-
rend einer gewissen Zeit hindurch unverändert bestand, übergeht
in einen solchen von anderm Werth, so muss nothwendig während
dieser Uebergangszeit der Mitteldruck von einem Herzschlag zum
andern in einer Schwankung begriffen sein; dieser Uebergang, mj
mannigfaltig er auch sein kann, führt aber doch jedesmal zu einem
neuen Zustand dynamischen Gleichgewichts, bei dem nemlich der
Mitteldruck für die Zeit eines jeden Herzschlags gleich ist; dem-
nach darf man behaupten, es bestehe für eine jede Combination
von Herzzusammenziehungen, Widerständen und Gefässfüllungen
ein Zustand, in dem die Menge der in der Zeiteinheit zu den Ar-
terien strömenden Masse das Gleichgewicht hält der ausströmen-
den, so dass mit der Geschwindigkeit des Zuflusses auch die des
Abflusses steigt.
B. Ende des arteriellen Systems. Wie sich in den
feinen Arterien während der einzelnen Phasen des Herzschlags die
Spaunungscurve gestaltet, hat noch nicht untersucht werden kön-
nen. — Mit Sicherheit ist dagegen ermittelt, dass die der Systole
Kg- 42. und Diastole des Her-
zens entsprechenden Mar
xima und Minima der
Spannungswerthe sich ein-
ander immer mehr nähern,
je enger die Arterien
sind, in welche der
Strom eindringt, bis end-
lich in den Capillar-
netzen die Unterschiede
ganz schwinden, so dass
an diesem Ort während
der ganzen Herzschlags-
dauer die Spannung im- \
verändert dieselbe bleibt. Um eine Vorstellung von dieser Tliatsachc
zu erhalten, hat Volkmanu die nebenstehende Cm've (Fig. 42.)
Aufhören dos Pulses in den kleinsten Arterien.
139
«ntworfen. Es ist dieselbe in ein Coordinatensystem eingetragen
lassen Abszissenachse A x die Achse eines Gefässrohrs von sei-
1 cm Beginn am Herzen bis zu den Capillareu hin darstellt, so dass
;. I>. bei A der Wandi)unkt des Durchmessers von einem beliebi-
gen Stück Aorta, bei D derjenige eines kleinsten Arterienastes
elegen wäre. — Die Ordinaten Y bedeuten die Wandspannungen
ach der schon früher festgestellten Uebereinkunft. Wenn nun
ic Spannung in der Aorta in Folge einer Herzzusammenziehung
Ulf A Y gestiegen wäre, so würde sie in einem Aste ersterer
»idnung hierdurch etwa auf B Y, in einem Aste dritter Ordnung
(her nur auf C Y und in einem Aste letzter Ordnung endlich nur
Ulf D Y kommen. Während der darauf folgenden Herzpause
vürde in A die Spannung bis auf A y herab gehen, in den Aesten
ister Ordnung schon um weniger und in den darauf folgenden
loch weniger, bis endlich bei V die Spannungen der Systole und
Diastole zusammenfallen. — Mit dieser Abnahme der Spaunungs-
lifferenzen nimmt aber zugleich die mittlere Spannung ab. Die
ingefahre Lage dieser Mittelspannung ist durch die Ordinaten.
\ M, BM, CM angedeutet. —
Mit Eücksicht auf diese Thatsacheu wäre nun zuerst zu tiber-
egen: Woher rührt dieses Verschwinden der Spannungsunter-
'■liiede, oder anders ausgedrückt, warum strömt in den Quer-
chnitt bei D zu jeder Zeit so viel ein als aus, obwohl am Röhren-
uifang ein unterbrochenes Einströmen stattfindet. Wenn die
^pannungsunterschiede daher rühren, einmal, das plötzlich alle
l'lieilchen eines Querschnitts einen Stoss bekommen, der sie gegen
liejenigen eines nächstgelegenen hineinzudrängen suchte, und
usserdem daher, dass in einen Querschnitt plötzlich mehr Flüs-
igkeit eingeschoben werden konnte, als aus ihm austreten konnte,
') wird unsere Erscheinung erklärt sein, wenn sich zeigen lässt,
l;iss die Wellenbewegung, d. h. die von Molekel auf Molekel
ortgepflanzten Stösse im Verlauf des Röhrensystems verschwin-
Icn, und wenn ausserdem nachgewiesen wird, wie sich das tu-
iinltuarische Einströmen der Flüssigkeit in den Beginn des Arte-
icnsystems in diesem allmählig in einen gleichförmigen Strom
uiiwandclt, — Beides ist aber in der allgemeinen Betrachtung der
"lüssigkeitsbewegung durch elastische Röhren geschehen (vergl.
). 60 u. f.). Denn es ergab sich dort schon, dass die lebendige
xraft, welche die Welle besass, von Beginn gegen das Ende des
Johres hin abnehmen musste, weil die Welle mit einer Bewegung
140
Die Abnahme der mittleren Spannung.
der in ihr enthaltenen Theilchen verknüpft war, so dass eine Rei-
bung und damit ein Vcrhist an Kräften entstand. — Zugleich ist
aber auch ersichtlich, dass eine jede Geschwindigkeit, bevor sie
in dem Rohr eine constante geworden ist, sich beim Verlauf der
Flüssigkeit durch die Röhrenlänge verlangsamen muss; dieses
Avürde also die nothwendige Folgerung in sich schliessen, dass,
wenn ein und dasselbe Flüssigkeitsquantum durch denselben
Querschnitt strömt, es am Ende des Rohrs hierzu längere Zeit nö-
thig hat, als am Beginn desselben. Wendet man diese Betrach-
tung auf die arteriellen Röhren an, so würde die eben vorgelegte
Thatsache nichts anderes sagen, als: Es ist die Geschwindigkeit
der Flüssigkeit am Ende des Arteriensystems so verlangsamt, dass
vom Beginn eines Herzschlags zum andern durch den viel grössern
Gesaramtquerschuitt gerade so viel strömt, als während der Dauer
einer Herzzusammenziehung durch die AortcnmUndung floss. In-
dem dieses geschieht, muss aber endlich eine Geschwindigkeit der
in einen beliebigen Querschnitt einströmenden Flüssigkeit erreicht
.werden, welche gerade so gross ist, als die der ausströmenden. —
Der Ort im Gefässystem, an Avelchem sich der Strom mit steigen-
der und fallender Spannung umsetzt in einen solchen mit gleich-
förmiger, hat erfahruugsgemäss keine feste Lage; er rückt unter
Umständen nicht allein weiter hinaus, z. B. in das Capillarensy-
stem hinein, sondern es kommt zuweilen ein Ort gleichförmiger
Spannung gar nicht zu Stande. Die Theorie behauptet, es müsse
das liinausrücken des Ortes von gleichmässiger Spannung ge-
schehen entweder, wenn bei gleichbleibenden Verhältnissen an der
Herzraündung die Widerstände, die sich dem Abfluss in die Ca-
pillaren und Venen entgegensetzen, vermehrt werden, oder wenn
bei gleichbleibenden Widerständen an letzterer Stelle der Umfang
und die Geschwindigkeit der Herzschläge in der Weise sich än-
dern, dass in gleichen Zeiten mehr Flüssigkeit in die Aorta dringt.
In der That wird dieses von der Erfahrung bestätigt, insofern
z. B. Arterien plötzlich zu pulsiren beginnen, die es vorher nicht
thaten, wenn entweder ihre Abflussröhren verstopft sind (bei sog.
Entzündungen), oder wenn das Herz in grosser Aufregung sich
bewegt. — ■ Die Erscheinung, dass irgendwo im Gefässrohr ein
Ort gleichbleibender Spannung zum Vorschein kommt, muss dage-
gen ganz ausbleiben, wenn die Herzschläge so spärlich aufeinan-
der folgen, dass es Zeiten giebt, in denen überhaupt keine Bewe-
gung im Gefässrohr mehr stattfindet. Dieses tritt aber gewöhnlich
Folgen der Herzbewegung. Spannung in den Capillarcn und Venen.
141
■ist beim Absterben eines Thieres ein, weshalb auch dort noch
in wenn auch schwaclier Puls in den Capillarcn beobachtet wird.
Die Curve (Fig. 42.) thut demnächst dar, dass die mittlere
■Spannung in den Arterien von der Aorta nach den Capillarcn in
Vbnahme begriffen sei. Diese Thatsache ist sogleicli begreiflich,
enn man erwägt, dass die mittlere Spannung nichts anderes ist,
Is ein Ausdruck für das Maass der spannenden Kräfte, welche in
■m gerade betrachteten Querschnitt von einer zur andern Zeit
\ irksam sind. Dass sie dieses aber bedeutet, geht aus der Deli-
ition der mittleren Kraft selbst hei-vor. Denn sie wird gefunden,
> enn man alle die verschiedenen Spannungen addirt, welche an
inem Ort während einer bestimmten Summe von Zeiteinheiten be-
toheii, und die hieraus gebildete Gesammtzahl dividirt durch die
'umme der genannten Zeiteinheiten. Nun sind aber alle Ordina-
en unserer Curve aus gleichlangen Zeiten abgeleitet, d. h. es sind
ille die Spannungssummen dividirt worden durch dieselbe Zahl;
las Verhältniss zwischen den mittleren Spannungen verschiedener
'rte ist also gleich demjenigen der Spannungssummen. In einem
eden Strom nehmen aber die bewegenden und damit auch die span-
rnden Ki-äfte von dem Anfang zum Ende hin ab, wegen des
erlustes durch Keibung u. s. w. Der Verlauf dieser mittleren
urve bedeutet also, dass der Strom im Arteriensystem unter die-
i;s allgemeine Gesetz fällt. Wir kommen hierauf bei einer andern
Gelegenheit noch zurück.
Unsere Curve lässt endlich schliessen, dass es Zeiten geben
liisse, in welchen die Spannung in den vom Herzen entfernter
i'genden Gefässabschnitten eine höhere sei, als diejenige, welche
leichzeitig in den dem Herzen näher liegenden Theilen vorkom-
itn. Wir brauchen nur anzudeuten, dass diese Erscheinung mit
■r Wellenbewegung und der Trägheit in Verbindung steht, indem
<■ die Folge einer raschen, durch das System fortschreitenden
■••wegung ist.
C. In den Capillarcn und den Venen, wenn letztere nicht
11 zu nahe amHerzen liegen, leitet die Herzbewegung einen gleich-
■ ässigen Strom ein, der nach allgemeingiltigen Regeln in seinem
I laufe mehr oder weniger rasch an Spannung verliert, je nach
'11 Widerständen, die er in den einzelnen Abtheilungen findet.
'<.r absolute Werth der Spannung in jedem Querschnitt wird na-
11 lieh bestimmt durch die bewegenden Kräfte des Stroms am Be-
nin des Capillarsystems. — In den Venen dagegen, welche nahe
142 Folgen der Hcrzliowoguiig. Spannung in den Capillaren und Venen.
am Herzen gelegen sind, wird jedesmal während der beginnenden
Herzerschlaffimg eine Tlialwelle erregt, welche nach der Peripherie
hin fortschreitet. Sie wird, offenbar weil ihre lebendigen Kräfte ge-
ring sind, rasch zerstört, so dass sie selbst mit feinen Mitteln nicht
jenseits der grossen Kopf- und Armvenen sichtbar zu machen ist
Diese Thalwelle hat man früher davon ableiten wollen, dass sich
das Organ nach seiner Zusammenziehung vermöge seiner elastischen
Kräfte erweitere. Diese Eigenschaft kommt aber in der That dem
Herzen nicht zu, und zudem liegen andere Erklärungen auch nalie.
Während der Vorhofszusaramenziehung sind die Venen, weil sie
sich nicht entleeren können, bedeutender gespannt worden. Löst
sich nun die Zusammenziehung des Vorhofs und rasch hinterher
die der Kammern, so wird die gespannte Flüssigkeit in den wenig
Widerstand bietenden Raum plötzlich herausstürzen, wodurch in
hydraulischer Beziehung dasselbe erzielt wird, als ob sich das
Herz erweitert habe.
In allen Fällen, in welchen die Semilunar-Klappeu die Mün-
dungen der Kranzarterien während der Systole des Herzens ver-
schlicssen, kann nach Beendigung der letztern eine plötzliclie
Ausdehnung der Herzhöhle entstellen durch das Blut, welches nach
Entfaltung der Klappen plötzlich in die kleinen Aeste der Kranz-
arterien eindringt. Diese Wirkung des Stroms lässt sich an
einem todten schlaifen Herzen nachahmen in dessen Coronararte-
rien Flüssigkeit unter einem Drucke gefüllt wurde, der dem ge-
wöhnlichen der Aorta gleichkommt. (Brücke).
Wie sich die Geschwindigkeit des Blutstroms imter dem
Einflüsse des Herzens allein gestalten würde ist uns unbekannt.
2. Bewegungen des Brustkastens und seiner Ein-
geweide*). Da das Herz und die grossen Gefässe von den
Lungen und demnächst von den Brustwandungen umschlossen
werden, so müssen deren Spannungen und Bewegungen von einem
wesentlichen Einfluss auf den Blutlauf sein. —
a. Die Beziehung der elastischen Kräfte der Luugensubstanz
auf den Blutstrom erläuterten wir zunächst für den Zustand des
Brustkastens, in welchem er sich findet, nach der Ex- und vor der
Inspiration, in welchem er also die Stellung eingenommen hat, die
*) Dondorg, Honlo's und Pfeufor's Zeifsclirift. N. P. HI. 287. und dessen wichtige Ab-
handlung, ibid. IV. Bd. 241. — Ilnndlelding. II. Cd. a. .SOG. — C. Ludwig, Müllers Archiv.
1847. p. 242. — Ed. Weber, Lcipz. Berichte; mnthemat. physik. Clnsse. 1850. p. 29.
Einfluss der Brustbewegung auf den Bliitstrom.
143
hm vermöge der elastischen Kräfte seiner Bestandtbeile zukommt.
In dieser Zeit wiril auf die Lungenoberfiäcbc von Seiten der Brust-
\and kein Druck ausgeübt; denn es feblt jede selbstständige Be-
vegung des Brustkastens, und es ist ausserdem die Wandung des-
t'lben steif genug, um nicbt bewegt zu werden von einem mässi-
on Unterschied des Luitdrucks, der auf der innern und äussern
lache der Brustwand etwa vorhanden wäre. Die Lungenober-
(iiche, welche an der Brustwand anruht, ist darum nur zwei Kräf-
L'U ausgesetzt : dem Luftdruck und den elastischen Spannungen
1er Lungensubstanz. Diese beiden Kräfte wirken aber in entge-
ceugesetzter Kichtung. Die Luft neralich, die nur durch die
Trachea, nicht aber von Seiten der innern Brustfläche drückt, ent-
erut die Oberfläche von der Wurzel der Lunge, indem sie die
junge entfaltet. Die elastischen Kräfte der Lungensubstanz wir-
ken dagegen von der Oberfläche der Lunge gegen die Wurzel
lin; sie suchen die entfaltete Lunge zusammenzudrücken. Der
leweis dafür, dass diese Kraft, und zwar in der angegebenen
;ichtung, vpirkt, liegt darin, dass eine möglichst gesunde Lunge,
velche man aus der Brusthöhle herausgenommen und zu dem Vo-
nm aufgeblasen hat, das sie in der Brusthöhle einnimmt, augen-
)licklich zusammenfällt, sowie man die Trachea öffnet, d. h. den
.utldruck aller Orten gleichmacht. Die Lunge kann in ihrer na-
iirliohen Lage also nur darum ausgespannt erhalten werden, weil
1er Luftdruck das Uebergewicht besitzt über die elastischen Kräfte
1er Lunge. Dieses Uebergewicht ist durch Messungen nachge-
wiesen, indem Donders durch ein besonderes Verfahren ermit-
clte, dass, im hydrostatischen Maasse ausgedrückt, die elastischen
vi äfte der Lunge im Maximum 30 MM. Quecksilber betragen, wäh-
end der Luftdioick in den bewohnten Gegenden sich meist über
'00 MM. hält. — Aus allem diesen folgt nun, dass die Theile,
velche innerhalb des Brustkastens an der von der Pleura umklei-
leten Lungenfläche anliegen, einen geringem als den Luftdruck zu
■itragen haben, und zwar einen um das Maas der elastischen
>ungenkräfte veiminderten Luftdruck. Diese Verminderung des
Druckes vnrd sich an der Grenze zwischen Brustwand und Lunge
inr als Spannung äussern können, da jene, wie erwähnt, zu steif
st, um durch einen Druckunterschied von wenigen MM. Hg. be-
vegt zu werden. — Anders gestalten sich dagegen die Dinge an
Icr Grenze zwischen den Lungen und dem Herzen mit seinen Ge-
assausläufern. Der Inhalt dieser hohlen Organe steht nemlich
144
Einathiiiungsbewogunu.
unter dem Luftdruck, da er in unmittelbarer Berührung steht mit
dem Blut, welches sich in den Geiassen ausserhalb des Brustka-
stens findet, die diesem Drucke zugänglich sind, und ausserdem
ist er noch in einer Spannung, welche von der Ueberflillung der
Gefilssröhren mit Blut herrührt. Von diesen Kräften wirkt nun der
Luftdruck demjenigen entgegen, welclier von der LängenoberfläcLe
her auf das Herz trifft; sie würden sich also aufheben, vorausge-
setzt, dass beide Drücke gleichen Werth besässen. Da nun aber
der von der Lunge her treibende Luftdruck vermindert ist um den
Werth der elastischen lü-aft in der Lunge, so gewinnt der von
dem Blutbehälter her wirkende Druck das Uebergewicht. Er
sucht somit diese letztern auszudehnen. Da zu diesen ausdehnen-
den Kräften sich auch noch die hinzuzählen, welche von der
Spannung des Bluts in den Gefässen herrühren, so müssen unzwei-
felhaft die in den Lungen eingebetteten Blutbehälter ein Ausdeh-
nungsbesü-eben besitzen. Diesem Bestreben kann aber in diesem
Falle Folge geleistet werden, da die Wandungen der Herz- und Ge-
fässhöhleu in der That sehr nachgiebig sind. Der Bewegung, welche
durch diese Mittel eingeleitet wird, ist erst dann eine Grenze ge-
setzt, wenn unsere Gefässe so weit durch Blut . ausgedehnt sind,
dass die elastische Spannung, in die ihre Wandungen treten, den
ausdehnenden Kräften das Gleichgewicht hält. Zu diesem Grade
der Spannung scheinen aber die venösen Wandungen der Gefässe
niemals zu kommen, indem aus ihnen nach jeder Herzbewegung
schon wieder Blut entleert wird, bevor es sich in dem verlangten
Maasse aufgehäuft hat. Wir schliessen hierauf, weil im Leben
immer Luft durch die vena jugularis in das Herz eindringt, wenn
man sie biosgelegt und ihre Wand so durchschnitten hat, dass die
Oeffnung klaffen kann; es muss also die Spannung, welche ihrem
Inhalt zukommt, niedriger sein, als die der Luft. Um diese für
den Kreislauf bedeutungsvolle Einrichtung zur Anschauung zu brin-
gen, ist die Fig. 43. gezeichnet worden, welche ohne weitere Er-
klärung verständlich sein muss. Die Pfeile in der Herzhöhle und
auf der Lunge deuten die Richtung an, nach welcher die ela-
stischen Kräfte der Lunge wirksam sind, den Lungeninhalt pres-
sen und den Herzinhalt auseinanderziehen.
Diese Saugkraft der Lunge muss aber den Blutstrom, welcher
schon in Folge der Herzthätigkeit besteht, modifiziren, und zwar
dadurch, dass sie alle Strömungen aus dem Brustkasten hemmt,
indem sie die Zusammenziehung der Aorta hindert, dagegen alle
Bedeutung der Einathmuug für den Blutatrom.
Fig. 43.
-Strömung nach dem Brustkasten fördert, indem sie in die Venen
lesselben den Ort der niedrigsten Spannung legt, wohin selbst
lanu noch Flüssigkeit läuft, wenn auch die vom Stoss des Her-
/.cns und der Spannung der Gefässwände herrührenden Kräfte ver-
zehrt sind. — Nun ist aber nicht zu verkennen, dass der letztere
Kflect seinem Werth nach das Ueb ergewicht über den ersteren
hat; denn da die Venen eine grössere Flächenausdehnung haben,
als die Arterien, so muss ihr Hohlraum durch dieselben Zugkräfte, die
III mehreren Orten wirken, offenbar vielmehr erweitert werden, als
1er der Arterien; zudem sind die Ai'terienwandungen auch viel
4(;ifer, als die der Venen. Man kann also sagen, es werde die
l'.lutströmung durch diese Einrichtung unterstützt.
Ludwig, Physiologie II. 2. Anfinge. 10
146
BedoutuDK der Aiisatlimutig für den Blutstroiii.
b. Einathmungsbewegung. Diese Bewegung verbreitert und
verlängert den Brustrauni; sie wird auf verBchiedene Weise ftlr
die grossen Blutbehälter in der Brust wirksam. 1) Da das Herz
und die Gefässe an der Brustwand selbst angewachsen sind, so
werden sie geradezu durch die Bewegungen ausgespannt. 2) Die
Lungenoberfläche folgt der innern Brustfläche, und damit mindert
sich noch der Widerhalt, den die Lunge den grossen Gefässen bie-
tet. Diese Verminderung des Widerhalts rührt nun nicht etwa
daher', dass während der Einathmung eine merkliche Differenz der
Dichtigkeit in der äussern und innern Luft vorhanden wäre. Denn
in der That ist die Verbindung der äussern mit der Lungenluft
ergiebig genug, um es dahin zu bringen, dass in dem Moment,
in welchem eine Luftverdünnung in den Lungen einti-itt, sie auch
durch Nachströmen aus der Atmosphäre ausgeglichen wird. J'^s
rührt die Verminderung des Widerstandes, welche die äussere
Gefässfläche erfährt, vielmehr von der grössern Ausdehnung der
Lunge her. Denn in Folge dieser Ausdehnung wird auch ihre
zusammenziehende Kraft vermehrt und darum vernichtet sie einen
grössern Antheil des Luftdruckes, der durch ihre Oberfläche hin
durch auf die äussern Gefässflächen wirkt. Diese beiden Gründe
vereinigen sich somit wiederum, den Strom des Bluts aus der
Brust zu hemmen und den nach der Brusthöhle hin zu för-
dern. — Donders hat darauf aufmerksam gemacht, dass diese
Folge ebenso giltig ist ftir den kleinen, als für den grossen Kreis
lauf, da in beiden Fällen die Capillaren desselben in Flächen lau
fen, die unmittelbar dem Luftdruck ausgesetzt sind. — Von be-
sonderer Wichtigkeit wird aber die Inspirationsbewegung ftir
den Kreislauf in der Unterleibshöhle, weil mit der Erweiterung
der Brusthöhle der Inhalt der Unterleibshöhle zusammengepresst
und hierdurch vorzugsweise die Enleerung der Bauchvenen be-
günstigt wird.
c. Ausathmungsbewegnng. Da diese Bewegung im Gegensatz
zur Inspiration den Brustkasten zusammendrückt, so wird sie auch
für die grossen Blutbehälter der Brust im entgegengesetzten Sinne
wii'ken, indem sie nicht allein die Ausdehnungsfähigkeit derselben
beschränkt, sondern auch geradezu dieselben auspresst. In Folge
davon wird das Blut durch die Arterien mit gesteigerter Kraft aus
dem Brustkasten geworfen und zugleich auch in die Venen zu-
rückgeschleudert, resp. wegen der anwesenden Klappen gestaut
werden. — Unter günstigen Umständen kann durch diese Stauung
Einwirkung der Bauchwiindc und der Schwere auf den Blutstrom. 147
iine so vollkommene Unterbrechung des Einströmens von Blut in
ne Brusthöhle stattfinden, dass dadurch für längere Zeit eine voll-
ommene Unterbrechung des Kreislaufs bedingt vs^ird. Dieses tritt
i«ch Ed. Weber ein, w^enn man tief inspirirt, die Stimmritze
fehliesst und dann eine kräftige Ausathmungsbewegung ausführt,
we comprimirte Luft kann die Venen vollkommen zuschliessen.
lan wird nach diesen Auseinandersetzungen erkennen, dass die
Bewegungen des Brustkastens im Ganzen und Grossen ganz das-
felbe leisten, was auch die Herzbewegung vermag, denn auch sie
pmpen das Blut aus den grossen Stämmen gegen die Peripherie,
■eben dem unwesentlichen Unterschied, dass für gewöhnlich die
irustbewegungen länger anhalten und seltener wiederkehren, als
lie des Herzens, besteht aber noch der eingreifendere, dass sie an
En Arterien und Venen jedesmal in gleichem Sinn die Spannung
mdem; denn die Inspiration minderte, die Exspiration mehrte sie
i beiden, während das Herz für beide gerade im ungleichen
änne wirksam war. — Die besondern Hergänge, welche die
■nrch die Brustbewegung veränderten Spannungen in dem Blut-
crom einleiten, sind nach den früher mitgetheilten Regeln zu be-
Hheilen. Versuche, die den Einfluss der Respirationsbewegung
fif das Blut, gesondert von der des Herzens, bestimmen, sind
icht ausgeführt.
3. Die Verkürzung oder Erschlaffung der Bauchmus-
ßln, wodurch der Inhalt der Unterleibshöhle sehr verschiedene
|)annungen erfährt, muss natürlich auch unterstützend oder
limmend auf den Blutstrom wirken, da in der Unterleibshöhle
rosse Gefässe eingeschlossen sind. Die Beurtheilung der Ver-
Ütaisse bietet keine Schwierigkeit. Auf einige kleine Besonder-
sten werden wir noch später die Rede bringen, z. B. bei der
feher.
4. Die Schwerkraft. Man sollte auf den ersten Blick
Bnken, dass durch eine Lagenveränderung einzelner Theile eines
Öhrenwerks von den Eigenschaften des Blutgefässsystems gar
eine Bewegung erzeugt werden könnte. Betrachten wir in der
ihat ein System (Fig. 44.), welches sich dadurch hervorhebt, dass
m demselben Punkte , dem Herzen II aus, Röhren ausgelin und
i ihm zurückkehren, so kann, vorausgesetzt, dass die Wandungen
nnachgiebig sind, keine Bewegung dadurch eingeleitet werden,
asK die einzehien oder die Gesammtzalil der Röhren in eine
kdere Lage übergeht. Setzen wir z. B., dass der Röhrenbogeu
10*
148
Jiliit.strömniiKcii in Folge der Schwerkraft.
Fig. 44.
A V aus der gehobenen Lage / in die gesenkte II tibergellt, so
wird nun allerdings die Flüssigkeit der Spitzen bei II, die vdr
her keine Last von Seiten der Schwere zu ertragen hatte, ge-
drückt werden durch eine Säule von der senkrechten Höhe o q.
Aber dieser Druck wird mit gleichem Werth ebensowohl durch
den Zweig A als durch den von V hindurch auf die Spitze ausge-
übt, und somit ist die Bewegung unmöglich. Wenn aber, wie in
unserm Röhrensystem, die Wandungen ausdehnbar sind, so muss
beim Uebergang aus der einen in die andere Stellung unzweifel-
haft eine Bewegung auftreten; denn in der ersten Stellung lastete
auf der Spitze des Röhrensystems kein Druck, wohl aber auf dem
Beginn desselben ein solcher von dem Warthe o p. Gerade umge-
kehrt verhält sich die Sache bei der Stellung von II, wo die
Spitze unter dem grössern und der Anfang der Schlinge unter dem
geringeren Druck steht; somit wird sich in dem erstem Fall der
Anfang, in dem letztern die Spitze erweitera, und dieses geschieht
dadurch, dass beim Uebergang aus / in II ein Strom von dem
Anfang gegen das Ende der Schlinge und bei Ueberragung aus
Blutstlönie durch Wirkung der Gefässmuskeln.
149
/ in I das umgekehrte eintritt. Dieser Strom kann jedoch nur
0 lange andauern, bis die beta-effende Stelle zu einer dem Druck
iitsprechenden Erweiterung oder Verengerung gekommen ist.
ibensowenig kann, wenn die neue Vertheihmg des Inhalts einmal
eschehen ist, durch den eben betrachteten Uebergang aus einer
1 die andere Stellung einer andern Bewegungsursache, die an der
liindung eines ßohrs wirkt, eine Hemmung oder Begünstigung
iigefiigt Averden, da die Schwere immer nur gerade so viel die
ndern treibenden Kräfte in dem absteigenden Röhrenstück Stei-
erl, als sie dieselben in dem aufsteigenden mindert.
5. Verkürzung der Muskeln in der Gefäs s wan d und
11 den Umgebungen der Gefässe. Diese Muskeln können .
lotz ihrer verschiedenen Lagerung ihrer Wirkung nach doch ge-
neinsam behandelt werden, wegen der zahlreichen Analogien in
lieser Richtung. — Die Zusammenziehung dieser Muskeln erzeugt
unächst in allen Fällen eine Verengerung des Gefässlumens, und
nsofern müssen durch dieselbe, vorausgesetzt, dass sie sich nicht
il)er das ganze, sondern nur über einen grössern oder kleinern
rheil der Gefässe erstrecken, Blutbewegungen eingeleitet werden,
reiche ganz den Charakter der durch die Herzbewegung einge-
• iteten tragen. Denn es ist ersichtlich, dass durch eine mehr oder
veniger plötzliche Verengerung, die die Gefässe in beschränkter
Vusdehnung erleiden, eine Welle entstehen muss, dass ferner we-
ren eintretender Spanuungsungleichheit ein Strömen beginnt, und
nidlich dass wegen der Ventile, die in das Röhrenwerk gelegt
ind, der Strom die der Blutbewegung allgemein zukommende Rich-
ung annehmen muss. — Trotz alle dem muss aber doch dem
■^trom aus diesen Gründen eine nur untergeordnete Bedeutung zu-
rcschrieben werden. Denn einmal erfolgen diese Bewegungen zu
-inregelmässig, und namentlich fehlen sie oft lange Zeit, wie z. B.
iin Schlaf u. s. w. Dann aber erfolgen die Bewegungen der
I befasse, da sie von glatten Muskeln ausgeführt werden, sehr all-
luählig, und noch mehr die einmal eingetretene Verkürzung bleibt,
wie die nun schon sehr zahlreichen Erfahrungen an theils
l)los8gelegten, theils durch die Haut sichtbaren Gefässen erwei-
sen, sehr lange stabil, so dass eine dauernde Veränderung des
l>nmens besteht. Endlich aber, und dieses ist besonders zu beto-
nen, hemmen die verengerten Stellen den von dem Herzen aus-
-xhenden Strom, so dass die Zusammenziehungen eher als Be-
^chränkungs-, denn als Förderungsmittel des Blutstroms anzusehen
150 Strömung wegen ilos AuBtritU v<iii Flüssigkeiten durcli die Gefasswand.
siud. Diese Beuierkuugen schliessen den bekannten Satz nicht
aus, dass die Gefässmuskeln von Wichtigkeit für die Blutver-
theilung sind.
6, Ein- und Austritt von Flüssigkeiten in die 6e-
fässlumina. Während des Lebens treten ununterbrochen in die
Gefässröhren Flüssigkeiten; am hervorragendsten geschieht diese«
durch einen bald stärkern, bald schwächern Einfluss in die venae
jugulares aus den Lymphgängen, und durch Diffussion in die
Darmvenen während der Verdauung. Nicht minder entlässt auch,
insbesondere durch Verdunstung auf Lungen und Haut und durcli
flüssige Entleerung in den Nieren-, Speichel-, SchweissdrUsen u. s. 1.,
das Gefässlumen einen merklichen Theil seines Inhalts. Durch
den Eintritt wird unzweifelhaft an dem einen Orte die Spannung
erhöht und durch den Austritt an dem andern erniedrigt, und so-
mit mtlsste auch ohne Zuthun anderer Hilfsmittel ein Sti'om von
den ersteren zu den letzteren Stellen gehen. Diese Strömungen
können aber neben den andern intensiven Störungen des Gleich-
_gewichts nur von untergeordneter Bedeutung werden, um so mehr,
als der Zu- und Abfluss, den sie veranlassen, nur sehr allmählig
geschieht. Sie sind dagegen, wie schon oben bemerkt wurde,
entscheidend für die Erhaltung der Gesammtspannung der Strom-
röhren, resp. ftir die Anftillung derselben mit Flüssigkeit über-
haupt.
Ausser diesen Hilfsmitteln , welche mit messbaren Kräften zur Erhaltung des
Kreislaufs beitragen , glauben viele Schriftsteller älterer und neuerer Zeit noch zu der
Annahme anderer gezwungen zu sein. Sie begründen diese Forderung entweder mit
einem physikalischen Missverständniss , oder durch meist sehr verwickelte, zum Theil
pathologische Vorgänge. Ein physikalisches Missverständniss, auf welches hier ange-
spielt wird, liegt der Behauptung zu Grunde: dass die Kräfte des Herzens und des
Brustkastens niclit hinreichen, um die Keibungs- und sonstigen Widerstände zu über-
winden, welche sich dem Blutstrom in den kleinsten Gefässen entgegensetzen. Indem
man dieses aussprach , bedachte man nicht , dass alle Widerstände , welche sich in
einer beliebigen Röhre am Strom entgegenstemmen, mit den lebendigen Kräften dieses
letztern steigen und fallen, so dass ein langsam und mit geringer Spannung fliesscnder
Strom auch geringe Widerstände zu überwinden hat. Dorum kann behauptet werden,
dass die Bewegungen der Herz- und Bmstmuskeln, auch wenn sie tausendmal weniger
Kraft entwickelten , als sie in der That ausüben , doch einen Strom vom Herzen bis
zurück zu ihm erzeugen würden, vorausgesetzt nur, dass diese Bewegungen hinreichten,
um einen Spannungsunterschied der Flüssigkeit im arteriellen und venösen System
hervorzurufen. Der ßtrom wüi-de dann freilich mit einer viel geringeren Geschwindig-
keit und Spannung dahin gehen. — Eine andere Reihe von Autoren giebt jenen
Grund preis , beruft sich aber auf den reiclilicheren Zufluss von Blut , welcher zu den
Körpertheilen zu Stande kommt, in denen eine vermehrte Absonderung von Flüssig-
Uebcr aiidero Strömiingsursachoii. 1 51
kuit, eine gestoigorte Neubildung von Gewcbsbestandthoilen , oder eine Entzündung
vorkommt. Man glaubt diese Steigerung der Blutzufuhr erklären zu müssen aus einer
Anziehung, welche sich entweder zwischen dem thätigern Gewebe und dem Blute neu
entwickelt hat, oder aus der Steigerung einer schon bis dahin nur im schwächeren
Grade bestehenden Verwandtschaft. Wenn man nicht in ganz -willkührliche Annahmen
\ orfallen will, so kann man mit dieser Verwandtschaft entweder nur eine partielle
Stockung des Blutstroms erklären, oder eine sehr unbedeutende Vermehrung des
Stroms von den Arterien zu den Capillaren, verbunden mit einer Schwächung dessel-
ben von den letztern Gefässen zu den Venen. Das erstere würde eintreten, wenn die
auf das Blut wirkende Anziehung ihren Sitz an der inneni Wandfläche des Gefässes
besässe; sie würde die unmessbar dünne Wandschicht des Stromes hemmen, die Mittel-
schicht desselbeli dagegen ungestört strömen lassen, da alle chemischen Anziehungen
nur in unmessbar kleinen Entfernungen wirken. — Der andere I'all aber wüi-de ein-
iroten, wenn die anziehende Substanz an der äussern Wandfläohe gelegen wäre; sie
würde dann aus der Wand die betretfenden , in sie eingedrungenen Blutbestandtheile
anziehen , und ihre Wand würde sich dann wieder aus dem Blute mit Flüssigkeit
tränken und somit einen Zweigstrom durch die Wand hindurch bedingen. Hierdurch
würde die Spannung des strömejulen Bluts an der Stelle des Eohrs erniedrigt, an
welcher der Austritt von Flüssigkeit stattgefunden, und somit auch der Widerstand,
welcher sich dem vom Herzen nachdrückenden Blut entgegensetzt. Zugleich aber wür-
den mit der Wegnahme bewegter Flüssigkeit aus dem Eohr die lebendigen Kräfte der
Müssigkeit innerhalb der absondernden Eöhren vermindert und damit die Triebkraft für
<len Strom von dieser Stelle aus geschwächt. — Wollte man beides, einen gesteigerten
Zu - und Abfluss erklären mit Hilfe solcher Kräfte , die au und in der Wand thätig
sind, so wäre man genöthigt, anziehende und abstossende Wirkungen in kurz aufeinan-
derfolgenden Zeiten abAvechselnd von demselben Orte ausgehen zu lassen. — Bevor
man nun die einfacheren Wege , welche zu einer Erklärung führen , verlässt und sich
zu dunklern wendet , wäre , wie billig, der Hergang, der zu solchen Annahmen führte,
Rcnauer zu untersuchen gewesen. Da man diese Bedingung bis dahin nur sehr mangel-
liaft befriedigt hat, so lässt sich der einen nur die andere Hypothese entgegenstellen.
Indem man sich hierzu versteht, kann man wahrscheinlich machen, dass die An-
ziehungen^ (ihr Bestehen vorausgesetzt) gar nicht im Stande sind, den Blutstrom in der
iiuffallenden Weise zu verändern, in der dies raeist in entzündeten, hypertropischen,
-tark absondernden Organen gcscliehen ist. — Zuerst übersehen wir, indem wir die
Abhängigkeitsverhältnisse zwischen Stromwandung und anziehenden Kräften überlegen,
'liiss der Strom in den Arterien in dem Maasse an Geschwindigkeit zunehmen musste,
in welchem durch die Anziehung Flüssigkeit aus dem Gefässlumen herausgezogen wird-
Wir sehen nun aber sogleich, dass in den meisten Fällen, besonders in allen Ent-
zündungen fester Theile , die aus der Gefäs.shöhle gefülu-te Flüssigkeitsmenge nur sehr
.;enng .sein kann und dass sie unter allen Umständen verschwindet gegen das Flüssig-
kcitsvolum, was aus andern Gründen durch das Stromrohr geführt wird. Also muss
auch die beschleunigende Wirkung der Anziehung verschwinden. — Dann aber
ist ersichtlich, dass die Spannung in der zufülirenden Arterie in den erwähnten
Fällen immer niedriger als im' Normalzustände sein müsste, wenn in Folge der An-
ziehung Blutflüssigkeit aus den Capillaren ontleei-t würde , und dass sie nur um ein
iinmessbarcs erhöht sein dürfte, wenn durch die Anziehung die stockende Wandschicht
des Stroms an Durchmesser zunähme. Nun sehen -wir aber, dass auch Absonderungen
insofern sie von einer Aenderung dos Blutstroms begleitet sind, immer eine erhöhte
152
Wesentliche und unwesentliche Triebkräfte.
Spannung in dun zviführcndon Artorion mit sich bringen. Diese Erscheinung macht
also sogleich die Anziehungshypothose unwahrscheinlich, indem sie ihren Folgerungen /
widovspricht. — Viel annehmbarer erscheint darum die Behauptung, dass die Ver-
änderung des Stroms sich erst einfindet, wenn aus irgend welchen Gründen eine Ver-
engerung oder Erweiterung der leicht beweglichen Gefässröhren des entzündeten oder
absondernden Organos eingetreten ist. Dass aber hieraus wesentliche Veränderungen
dos gewöhnlichen Stromes entstehen können, werden wir, soweit dieses nicht schon
geschehen ist, demnächst noch zu sehen Gelegenheit haben.
Wir haben einem alten Gebrauch zufolge*) wesentliche und un-
wesentliche Triebkräfte des Blutstroms unterschieden. Nach unserer!
Mittheiluugen kann sich diese Trennung nur beziehen auf den An
theil, welchen die einzelneu Bewegungsursachen an der Gesammt-
kraft des Stromes besitzen , so dass wir die Kräfte , denen der Sti-om
den grössten Theil seiner Spannung und Geschwindigkeit verdankt,
die wesentlichen nennen. Als wesentliche wurden aber bezeichnet
die Herz - und Brustbewegung, weil erfahrungsgemäss der Blutstrom
den bei weitem grössten Theil seiner Spannung und Gcsclnvindig-
keit verliert, so wie diese bewegenden Kräfte ausfallen. Die Ver-
suche, auf welche sich dieser Ausspruch stützt, sind vollkommen
beweisend, wenn sie auch nicht bis zu dem Grade von Genauig-
keit geführt werden können, um den Einfluss eines jeden einzelnen-
Einflusses in scharfem Maasse anzugeben. — Denn wenn man
z. B. durch Vaguserregung das Herz zum Stillstand zwingt, so
sinkt alsbald die Spannung in den Arterien fast bis zur Spannung '
der Ruhe, der Strom in den Capillaren wird so, langsam, dass in
ihnen keine Bewegung zu sehen, selbst wenn die etwa bestehende
Geschwindigkeit durch das Miki-oskop um mehrhundertfach ver-
grössert wird, und die Spannung in den Venen mehrt sich in der
Ruhe, Spannuugsunterschiede und Geschwindigkeiten kelu-en aber
wieder zurück in dem Maasse , in welchem die Herzschläge wieder-
kehren. Nichts ähnliches tritt ein, wenn wir die Gliederbeweguug
aussetzen, die Diffussionen und Absonderungen beschränken, wäh-
rend das Herz schlägt. — Nächst dem Herzen setzen wir den
Brustkorb, einmal darum, weil für gewöhnlich dieses Gebilde in
die Gefässbahn einen Ort von sehr niederer Spannung bringt, dann
aber auch, weil die Bewegungen des Brustkastens, wenn sie ener-
gisch sind, dem Blut sehr kräftige Stösse zu geben im Stande sind,
wie uns das die Messungen noch zeigen werden. Wir sind leider
nicht im Stande, die kräftigen einander rasch folgenden Brustbe-
') Volkmnnn, Haomodynamik. p. 292.
Absolute Wcrthe dor Stroitispaiinmig. 153
\ eg-ung-cn herbeiznftiliren, wenn der Herzsehlag steht. — Aehnliclie,
!l)cr schon untergeordnete Wirkungen zeigen die Bewegungen der
Iiiskeln am Bauch, den Gliedmaassen und den Gefässwänden. —
\'enig einflussreich können der Natur der Sache nacli auch die
j-ätte sein, welclie durch die Gcfässwandungen hindurch Flüssig-
(it aus dem Gefässsystem ausziehen oder in dasselbe treiben,
ic gross diese Kräfte auch an und für sich sein mögen, sie sind
r den Blutstrom nm- in so fern von Bedeutung, als sie im Stande
id, den Inhalt der Gefässröhren zu mehren oder zu mindern, oder
iiders ausgedrückt, durch die Geschwindigkeit und den Umfang
OS Stroms, welchen sie durch die Gefässwand führen, denn es
lan von den übrigen Gefässproviuzen in die absondernden nur
1 viel einfliessen, als aus diesen letzteren durch die Absonderung
itfernt wird. Nun treten in der That aus den Nieren oder den
iingen täglich nur einige Tausend Cubikcentimeter Flüssigkeit
US, der Blutstrom führt durch diese Organe, wie uns eine über-
•hlägliche Rechnung zeigt, aber täglich Millionen von Cubikcenti-
.>ter Blut; es verschwindet also der Sekretionsstrom gegen den,
I iehen die andeni Kräfte erzeugen.
Man bat zuweilen neben diesem hier hervorgehobenen Unterschied die erzeugen-
II Kräfte des Blutstroms auch danach geschieden , ob sie im Stande wären , den
m nur durch einzelne, z. B. die Arterien, Venen u. dgl. , oder auch sämmtliche
-Lhnitte des Gefässtystems zu führen. Dieser Unterscheidung ist aber kein Werth
izulegen, da jede Kraft, welche zwei Orten, die durch eine Klappe getrennt, eine
-leichc Spannung zu ertheilen vermag, auch einen Strom durch das ganue System
lieiführen muss. Es würde hierzu also eben so wohl die Saugkraft der Brust als
Stosskraft des Herzens hinreichen, weil im kommunizirenden Eöhrensystem sich
ungleichen Spannungen des Inhalts ausgleichen.
Die absoluten Werthe der Spannungen im Blutstrom.
Die Versuche, welche die Spannungen im Blutstrom und die
•ränderungen in der Zeit zu messen oder zu schätzen trachteten,
id meist so angestellt worden, dass der Autheil, den die ein-
Inen stromerzeugenden Kräfte an ihnen nehmen, nicht gesondert
bemessen ist. — Die Hilfsmittel, welche man beim Menschen
Rathe ziehen kann, um den Werth der bestehenden Spannung
messen , sind so imvoUkommen , dass sie niemals mehr als ganz
)be Unterschiede zweier verschiedenen Werthe erkennen lassen;
er die absoluten Werthe der verglichenen Spannungen erhalten
r aber durch .sie gar keinen Aufschluss. Genaue aber weitaus
ht überall genügende Messungen dieser Verhältnisse lassen sich
ich das Manometer bei Thieren gewinnen. — Gewisse Eigen- '
154
MoKsuiit; der Stromspannung; Sphygmograpli.
thiiniliclikcitcn der zeitlichen Veränderungen in den Drücken sind
dagegen beim Mensclien und in noch ausgedehnterem Maasse bei
Thieren scharf zu bestimmen.
Ueber die Spannung des menscbliclien Blutes kann man, seltene Ausnahmen abgc-
i-uchnet, nur Erfahrungen sammeln durch die Veränderungen, welche in Folge dessel
FiR. 15.
ben die Gefässwandungen erleiden. — Hierzu bedient
man sich am schmucklosesten des Fingers , welcher den
Widerstand schätzt, den ein Gefäss der Zusammenpressung
entgegenstellt , oder auch der sichtbaren Ausdehnung und
Farbenveränderung gewisser Gefassregionen. Diese Beob-
achtungsweise hat man zu vervollkommnen getrachtet durcli
die Auwendung eines Glasröhrchens, . das an seinem obern
Ende zu einer offenen Capillare ausgezogen, an seinem
untern aber mit einer nachgiebigen Blase geschlossen
war. Man soll dieses Gefäss mit Flüssigkeit füllen, die
Blase auf die Haut setzen, welche über eine Arterie weg-
läuft, andrücken, und das Spiel der Flüssigkeit, welches
durch das Klopfen der Arterie herbeigeführt wird, in dem
engen Ausläufer vergrössert beobachten (Herls son). —
Weit vollkommener als hierdurch gelingt die Nachweisung
wesentlicher Eigenschaften des Pulses durch den schreiben-
den Fühlhcbel, dem Vierordt*) als Sphygmograph
(Fig. 45) folgende Einrichtung gegeben hat. Auf die
Haut, welche eine leicht zugängliche Arterie bedeckt, legt
er ein Plättchen («), von dem ein Stäbchen senkrecht zu
dem Ende des kurzen Arms eines Fühlhobels bc aufsteigt,
an dem es sich befestigt. Der lange Arm des Hobels de,
der die Ausschläge dos kurzen 10 bis 30 mal vergrössert,
ist am freien Ende mit einer der zarter gehenden Vorrich-
tungen in Vorbindung, welche die Kreisbewegung die-
ses Endes in eine gradlinige übersetzen ; diese Einrichtung
trägt ein Menschenhaar c, das die Auf- und Abgänge des
• Hebels auf ein bcrusstes Papier fixirt , welclies über den
b'infang eines mit bekannter Geschwindigkeit sich drehen-
den Cylinders gespannt ist.
Um den Gang des Hebels von mancherlei andern
Bewegungsursachen unabhängig zu machen, die sich hier
einmischen könnten, gicbt Vierordt zahlreiche Vorschrif-
ten; so stellt er die Gliedmaasse fest, welche die Arterie
trägt, und überzeugt sich durch ein sicheres Verfahren,
dass ihm dieses gelungen; die Schwingungen in Folge
der Trägheit beseitigt er dadurch, dass er sowohl die
üesammtmasse des Hebels durch Auflegen von Gewichten
als auch den Druck, welche dieselbe auf das Gefäss ausübt,
so lange (durch Ac,|«iUvriren des entgegengesetzten Armes) regelt, bis der Hebel mit
der gewünschten Geschwindigkeit aufgehoben wird. Nicht mindere Aufmerksamkeit
*) Dio Loliiu vom Ailciieniiuls. Braunsuliweib' IBü».
Uebcr die Messung durch das registrirendc Manometer.
155
schenkt er der Verbindung zwischen Haut und Plättchen, um die erste so nachgiebig
zu machen, dass das letztere jeder Pulslage auch wii-klich folgen könne. Eine Ein-
richtung ist Vierer dt jedoch noch nicht gelungen, nämlich die Herstellung einer
solchen Verbindung, dass in zwei verschiedenen Versuchen aus der Grösse des Hebel-
Ausschlages die Durchmesser- Vermehrung der Arterien abgeleitet werden könnte.
Unter vorsichtiger Benutzung in sachverständigen Händen wird dieses Instrument
ebensowohl den Zeitraum bestimmen, der zur Vollendung sei es einer ganzen oder nur
der auf- oder absteigenden Pulsbewegung verbraucht wird, und unter Umständen auch
die Abhängigkeit darstellen, in welcher das AVachsthum des Arterien-Durchmessers zur
Zeit steht. Dieses ist natüi-lich niclit gleiclibedeutend mit dem Wachsthum des Blut-
drucks, wegen der bekannten Eigenschaft der Arterienwand, sich nicht direkt proportinal
mit der steigenden Belastung auszudehnen, vorausgesetzt, dass diese letztere nur kürzere
Zeit hindurch einwirkt. Aus diesen und andern Gründen ist das Instrument auch
nicht geeignet, relative oder absolute Angaben über den Blutdruck zu machen, voraus-
gesetzt, man wollte über die Angaben hinausgehen, dass einem grösseren Durchmesser
der Arterie eine höhere Blutspannung entspreche als einem geringeren.
In einzelnen Fällen ist es* auch vortheilhaft gewesen, das Metronom zu ge-
brauchen, um ein ungefähres Maass für den zeitlichen Abstand zweier Pulsschläge °zu
erhalten. Donders stellt das Instrument so ein, dass die Schläge desselben mit
denen des Pulses zusammenfallen. Wird nun durch irgend welchen Umstand die
Schlagfolge des Herzens vorübergehend geändert, so ist aus der Vergleichung mit dem
Metronom leicht anzugeben, ob die Herzpausen verlängert oder verkürzt sind.
Zur Messung der Spannungen bei Thieren bedient man sich auch hier des Druck-
zeichners (Fig. 35). Er hat vor allen übrigen denkbaren Instmmenten den Vorzug
dass die Blutspannung durch eine Flüssigkeit gemessen wird, so dass die Angaben de.s
Messinstruments sogleich brauchbar sind, ohne irgend welchen Umsatz in ein anderes
Maass erfahren zu müssen.
Wenn nun aber das registrirende Manometer dazu benutzt wer-
den soll, um Drücke zu messen und aufzuschreiben, die mit der
steigenden Zeit in sehr auffallendem Grade wachsen und sinken
so ist eme besondere Betrachtung nöthig, ob die vom Instrument
gegebene Curve das wahre Spiegelbild des Vorgangs in dem Ge-
fasse ist, mit andern Worten ob in der That der in jedem Augen-
bhck aufgezeichnete Druck auch im Gefäss als solcher vorhanden
ist. Diese Voraussetzung würde erfüllt sein, wenn der Druck im
Blute und im Glasgefäss sich momentan ausgleichen könnte und
wenn das Quecksilber sich nur unter dem Einfluss des jeweilig
vorhandenen Blutdruckes bewegte.
Indem wir zuerst den letzten Punkt ins Auge fassen, leuchtet
sogleich em, dass das Quecksilber, welches bisher unter dem Ein-
tluss cler stets geänderten Blutdrücke auf- und abgeht, vermöge
semer iragheit auch noch dann mit seiner bisherigen Geschwindig-
keit tortschreiten würde, selbst wenn es dem Einflüsse des Blut-
druckes entzogen wäre. Demnach würde also die wahre Bewegung
156
Das registrirondo Manometer.
die das Quecksilber in jedem Augenblick annimmt, abhängen von
dem Stoss, den es in ihm empfäng-t und dem Bewegungsbestreben,
welches ihm seiner Trägheit wegen noch anklebt. Hieraus leuchtet
sogleich weiter ein , dass die Bewegung des Quecksilbers nur dann
dem Gange des Blutdruckes entspricht, wenn es gelingt, den ihm
Avegen der Trägheit anhaftenden Stoss der bewegenden Kräfte ver-
schwindend klein zu machen gegen denjenigen, der hervorgeht aus
dem in jedem Augenblicke neu hinzukommenden positiven oder
negativen Spannungszuwachs. Diese Forderung lässt sich aber
auf genügende Weise befriedigen. Zu dem Ende rauss die Masse
des im Manometer aufgehäuften Quecksilbers möglichst gering ge-
nommen werden; eine Älaassregel, die jedoch bald darin ihre Grenze
findet, dass die Länge der Quecksilbersäule nicht unter einen be-
stimmten Werth herabsinken darf, soll sie anders dem Blutdrucke
noch das Gleichgewicht halten, und dass sich der Anwendung
des zeichnenden Schwimmers . Schwierigkeiten in den Weg setzen,
wenn ihr Querschnitt unter 2 — 4 Mm. Durchmesser absteigt. Daraus
folgt, dass in die Röhre 25 bis 50 Gr. Quecksilber gefüllt werden
müssen. In der That kann aber au(;h bis zur letzten Gewichtsmenge
gestiegen werden, vorausgesetzt, dass man den Blutdi-uck einer
grösseren Arterie bei Hunden von mittlerem Körpergewicht messen
will. — Zweitens müssen die Wandungen der Verbindungsröhre
zwischen Blut und Quecksilber aus steifen Stoffen (Messing, Blei
oder Zinn) gebaut und ihr Hohlraum, durchaus nur mit tropfbarer
Flüssigkeit gefüllt und somit alle Luftblasen veimieden sein. Der
Vortheil , welchen diese Verbindungsart bietet , besteht darin , dass [
sich dann das Quecksilber nur in so weit bewegen kann, als Blut
aus den Gefässröhren nachdringt oder dorthin ausweicht. Hierdurch
vsard aber offenbar die Bewegung des Quecksilbers mit allen den
bewegungsverzelii-enden Widerständen behaftet, welche sich dem
Blutstrom selbst entgegen stellen. Es würde darum sehr fehlerhaft
sein , wenn man Luftblasen in dem Instrument dulden oder gar
das Blutgefäss mit dem Glasrohr durch einen leicht in Schwingungen i
zu versetzenden Kautschoukschlauch verbinden wollte. — Endlich \
muss in das Verbindungsrohr zwischen Blut und Quecksilber ein
Hahn eingesetzt werden, um die Ausgleichungsgeschwindigkeit desi
Drucks zwischen den beiden genannten Flüssigkeiten gewisse Gren-
zen nicht Ubersteigen zu lassen; denn offenbar ist es eine Be-
dingung für die brauchbare Messung, dass die Geschwindigkeit, |
mit der das Quecksilber im Glasrohr ansteigt oder absinkt, niemal-1
Beseitigung der Einwände gegen den Druckzeichnor. 157
einen allzubeti-ächtlichen Werth annimmt. Die Erfahrung hat ge-
lehrt, dass eine Spiegeländerung von 20 — 40 Mm. in 0,3 bis 0,4 Secd.
unschäcUich ist; man könnte aber durch Stellung der Hahnötfnung
das Ansteigen und Absinken noch weit langsamer geschehen lassen.
AVendet man diese selbstverständlichen Vorsichtsmaassregeln
an, so wird man sicher sein, dass sich das Quecksilber im Mano-
meter und der Druck in den Arterien immer im gleichen Sinne
ändern, und dass namentlich, wie man behauptet, im Manometer
niemals mehr Wendepunkte des Drucks, als Pulsschläge geschehe;!
sind, vorkommen. Um mich zu überzeugen, dass diese Vorsichts-
maassregeln genügen, um den Gang des Quecksilber- und Blut-
iruckes in zeitliclie Uebereinstimmung zu bringen , wendete ich in
Heiner vor 12 Jahren erschienenen Arbeit über den Druckzeichuer
mehrere Prüfuugsmittel au. So legte ich zwischen die innere Bi-ust-
wandfläche und das Herz des Thieres, dessen Blutdruck untersucht
«Verden sollte, ein kleines mit Wasser gefülltes Bläschen luftdicht
ein, führte aus demselben ein steifes Rohr in ein mit Quecksilber
eftilltes Manometer, dessen Schwimmer auf die rotirende Trommel
schreiben konnte. 'Da sich das Herz bei der Systole der Brustwand
lähert, bei der Diastole von ihr entfernt, so wird das Bläschen
lazu dienen können, Senkungen und Erhebungen des Quecksilbers
m Manometer zu veranlassen, die gleichzeitig mit dem Steigen und
-fallen des Druckes in der Arterie gehen. Hat man nun gleich-
'.eitig aus dem Bläschen und einer Arterie zwei Curven schreiben
assen, und legt man dann die zu einander gehörigen Stücke der
)eiden Curven übereinander*), so ist die Zeit, welche zur Vollendung
äner Herzbewegung gehört, in der Herz- und Arteriencurve ganz
dieselbe. Es finden sich dagegen Unterschiede rUcksichtlich der
lüittheilung dieser Gesammtzcit auf den auf- und absteigenden
fheil einer jeden Herzcurve, was nicht anders sein kann~ da sich
n dem arteriellen Blut noch die Respirationsstösse ausprägen, die
n dem auf das Herz gelegten Beutelchen nicht ganz fehlen, aber
I loch weniger merklich sind. Da nun aber die Excursionen der
om Herzen geradaus gezeichneten Curve oft um das neunfache
■••'ngcr smd, als die des arteriellen Manometers, so folgt eben
n-aus, dass die Vollendungszeit einer Schwankung unabhängig
■ir von der Elongation, die sie besass. — Eine andere Probe
'vvanu ich dadurch, dnss ich gleichzeitig auf Carotis und
•) I. <■. In Mllll,.r.ArHMv 1«.(7. p. -im. Die Znhlen ,lor Tnl.oll,. XIII. Kl«. 21 ,,. T.if. XT. Fip. l:).
158
Tlieorie des Druckzeichners.
Cruralis oder zwei Carotiden u. s. vv. zwei Manometer mit ungleichen
Quecksilbermeng-en und Hahnöifiiungen einsetzte; hierdurch erhielt
ich Curveii, deren variable Ordinaten sehr ungleich hoch waren,
und doch deckten sich beide zeitlich vollkommen*).
Diesen aus der Erfahrung geschöpften Beweis flir die Be-
hauptung, dass der Druck des Blutes und des Quecksilbers gleich-
viel Hebungen und Senkungen macht, hat Redtenbacher **) auf
theoretische Betrachtungen gestiizt, angezweifelt. Die N'oraus
Setzungen seiner Rechnung fallen aber mit denen des Manometei.s
nicht zusammen. Denn während das Insti-ument gerade auf einer
vorsichtigen Benutzung der Reibung des Bluts im Gefässsystem und
auf der Regelung der Ausgleichungszeiten der Drücke in dem Gefäss
und Glasrohr beruht, wendet er auf dasselbe die elementaren Sätze
an, welche ftir die ^Verflechtung zweier Schwingungsursachen giltig
sind. Demgemäss muss er zu Folgerungen kommen, die ein passeud
eingerichtetes Manometer niemals bestätigen kann. — Ad. Fick ***)
hat das Versehen von Redten ba eher in so fern verbessert, als
er in seine Formel einen die Reibung bezeichnenden Ausdruck ein-
setzt, wodurch sich, wenige Umformungen abgerechnet, die Betrach-
tung gerade so gestaltet, wie sieSeebeckf) für die Trommelfell-
bewegung gegeben hat. Unter dieser ganz allgemeinen Voraus-
setzung stimmt nun auch schon Erfahrung und Rechnung besser. —
Vom praktischen Standpunkt aus hat V i e r o r d t und nach ihm Va 1 en-
tin Bedenken gegen das Manometer erhoben; unbestreitbar giebt
es Einrichtungen, die nicht das Gewünschte leisten, obwohl sie
nach dem Schema der Manometer gebaut sind. Bevor also eine
Besprechung jener Bedenken fruchtbar werden könnte, müsste der
Bau und die Anwendungsweise ihrer Instrumente bekannt seiu.
Vi er or dt gebührt jedoch das Verdienst, gezeigt zu haben, dass
das Manometer nicht in Jedennanns Hand ntitzlich werden muss;
er hat damit hoifentlich den Gebrauch des Instruments heilsam
eingeschränkt. —
Die bisherigen Betrachtungen haben ungesucht den Beweis ge-
liefert, dass die Quecksilberdrücke den jeweilig vorhandenen Blut-
drücken nicht entsprechen, weil absichtlich die Ausgleichung der
») 1. c Taf. 14. FIp. 2C.
Vicrorilt, Lelire fmw Arterlenpuls p. 11, ^
***) Med. Physik p. 4C8.
1) Dieses Lehrbiicli I. Ril. p. 3G3.
Beobachtete Spannungen in den Arterien.
159
)rtlaufencl sich ändernden Bhitditicke gehemmt wurde; es wird
Iso die Hg-säule im Manometer nie so hoch steigen und sinken,
Is der Bhitdruck fordert. Dieser Umstand verhindert es aber nicht,
ass aus den forthiufend veränderten Höhen, welche das Queck-
Iber erreicht, der wahre Mitteldruck des Bhits gefunden werden
ann , weil nämlich die Einflüsse, welche die Ausgleichung hindeini,
ch in ganz derselben Weise für das Auf- wie das Absteigen gel-
ind machen.
Aus der gelieferten Curve findet man nun den Mitteldruck ent-
eder durch Wäguug des Papierstückes, welches die Curve um-
grenzt oder durch das Planimeter, Avorüber auf die medicinische
ihysik von Ad. Fick*) zu vei-weisen ist.
Ueber die Verbindungen des Manometers mit dem Gefäss je nach der Messung
3 Seiten- oder Achsendrueks und je nach der Messung in Arterien und Venen siehe
Ludwig und Volkmann**).
Beobachtete Spannungen in der grossen Blutbahn.
Arterien.
1. Puls. Jede Zusammenziehung des Herzens bedingt in den
«rterien eine rasch vorübergehende, durch das ganze System fort-
iufende Erweiterung, welche als Folge der Welle angesehen wer-
üu muss, die vom Herzen erregt wird. — Die Ausdehnung der
terie geschieht, wie dieses namentlich an einem blos gelegten
■tässe sichtbar wird, eben so wohl nach der Länge als nach dem
u chmesser. Die Auswellung nach der letztern Richtung ist jedoch
'uiger augenfällig, .als die Verlängerung, welche sich durch eine
w egung der bisher gestreckten Gefässe besonders einleuchtend
>sert. Dieser Unterschied ist einmal begründet in der meist ge-
.i^ern Dehnbarkeit nach der queren Richtung und nächstdem
'lurch, dass das blossgelegte Gefäss nach der Länge hin in
isserer Ausdehnung sichtbar ist, als sie der Peripherie der Ar-
ie zukommt; wenn also die Ausdehnung, welche die Arterien-
iid nach beiden Richtungen hin erfährt, relativ gleich gross ist,
wird doch die nach der Länge absolut bedeutender sein.
I'oiseuille***) hat in einigen Fällen bei Thieren die Vermehrung der Rüumlicli-
gemessen, welche ein aliquoter Absclinitt einer Arterie erführt ; leider iehlen gleich-
ige Druckbestimraungen , so dass das Rosultat auf kein allgemeines Interes.se An-
xli maclien kann. — Ueber den Streit, ob die Ausdehnung noch der Länge allein
nach beiden liichtungen erfolge, siehe E. H. Weberf).
) p. 464.
•) M.igk, Henlc u. Pfcufer'« Zeitschrift. III. 11,1. ^- HucmodynR.i.lk. 14.').
Valentin, Lchrbiicli iler Physiologie. 2. Aull. I. p. HH.
> llililebrBnil'» Annlonile. III. Bd. p. 73.
160
Beobachtete Spannungen in den Arterien der grossen Blutbahn.
Wenn die Erweiterung der Arterien beim Pols die Folge der
fortschreitenden Wellenbewegung ist, so muss derselbe, wie dieses
auch thatsächlich der Fall, in jedem dem Herzen näher gelegenen
Arterienabschnitt früher erscheinen, als in den entfernteren. Kennt
man nun die Zeit, welche nothweudig, damit das Maximum der
Erweiterung von einem Ort zu einem andern von bekannter Ent-
fernung fortschreitet, so ist damit die Geschwindigkeit des Fort-
schreitens der Welle im Arteriensystem gegeben. E. H. Weber*)
hat mit der Tertienuhr eine solche Bestimmung an sicli ausge-
lülirt und gefunden, dass die Welle in 1 Sekunde um 11,250 Me-
ter = 34,5 Fuss fortschreitet. Bemerkenswerther Weise stimmt
diese Fortleitungsgeschwindigkeit mit der von ihm am Kautschouk-
rohr beobachteten ilberein, — Macht rann nun die Annahme, dass
in einer Arterie die Wellen von einem zum andern Herzschlag an-
dauern, so muss die Wellenlänge gefunden werden, wenn man
diese Zeit mit der Fortleitungsgeschwindigkeit multiplizirt. Aus
einer solchen Bechnung geht hervor, dass selbst bei einem sehr
rasch auf einander folgenden Herzschlag die Länge der Arte-
rienwelle die des menschlichen Körpers weit übertrifft.
2. An einer und derselben Gelassstelle erscheint die Wider-
standsfähigkeit der pulsirenden Arterie dem drückenden Finger
veränderlich mit der Blutfülle des ganzen Gefässsystems, mit der
Zahl und Kraft der Athem- und Herzbewegungen, mit dem Ein-
tritt von Stromhemmnissen im Allgemeinen, oder solchen, die dies-
seits und jenseits der untersuchten Stelle gelegen sind.
Den genauen Ausdruck für diese Thatsachen liefert der Druck- 1
Zeichner; die folgenden Beobachtungen beziehen sich auf die ait !
carotis, wenn nicht das Gegentheil bemerkt wird.
a. Veränderlichkeit des Mitteldrucks eines Blut-
stroms mit der Blutfülle**). Nach einer Injection von er-
wärmtem und geschlagenem Blut eines Thiers in die Adern eines
gleichartigen andern pflegt, wie Volkmann, Göll u. A. erwiesen
haben, die mittlere Spannung des Stroms in der Carotis zu stei-
gen, während sie abnimmt nach grossen Aderlässen. Dieser Er-
lbig muss jedoch nicht nothwendig eintreten, da eine Vermehrung
oder Verminderung in der Beschleunigung und in dem Umfang der
*) Leipziger Berichte. Mnthemntisch-pliysischo Clnsso. 1861. lOG u. 118.
»•) V (1 1 It Hin 11 11 , IlneiiiiKlyiiaiiiilc. p. 4M. — Göll, H o ii 1 c ii. Pfc u fcr ' s Zeitschrift.
IV. p. 78. — Bruiinor, I. c,
I
Veränderlichkeit der Stromspannung mit der Athcmhewegiin,!?.
161
Herzscliläge corapensirend auftreten kann. Diese Compensation
mnss jedoch innerhalb gewisser Grenzen eingeschlossen sein, die
ich aber vorerst nicht näher bezeichnen lassen. — Während eines
Vderlasses mnss nach den Versuchen, welche Volkmann an
tarren Eöhren anstellte, die Spanmingsabnahme am gross-
en sein in den Gefässen, welche der Oeffnung zunächst liegen,
and namentlich in denjenigen, welche zwischen diesen letzfern und
en Capillaren sich befinden.
Nach einer merkwürdigen Beobachtung von |Vierordt und
\.berle*)hat die a. radialis der lebenden Menschen vor dem Mittags-
kissen einen geringeren Durchmesser als nach demselben ; das bela-
itete Stäbchen (p. 154) fand im Mittel den Durchmesser der Arterie
lach Tisch = 2,9 MM.; vor Tisch aber = 2,3 MM. Dieses Span-
mngswachsthum des Bluts kann abgeleitet werden aus einem
urch die Verdauung vermehrten Inhalt des Gefässsystems , aus
1er Stammg, welche die zu jener Zeit zahlreich vorhandenen
arblosen Blutkörperchen in den Capillaren erzeugen, oder sie
Kann Folge einer Mischung beider Ursachen sein.
b. Wie sich unter dem Einfluss der veränderten Herz-
»ewegung die Spannung ändert, ist schon früher mitgetheilt
worden, siehe pag. 131.
c. Veränderlichkeit der Spannij^ng mit den Athem-
ewegungen**). Der Einfluss der Athembewegung auf die Span-
ung des arteriellen Blutes fällt bei verschiedenen Thiergattungen
nd bei denselben Individuen unter abweichenden Umständen sehr
erschieden aus. Wii- betrachten hier als Prototype die Erschei-
ungen beim Hund und dem Pferd.
Hund. Hier ist zu unterscheiden: a. Jeder einzelne Akt einer
.tbembewegung (eine In- und eine Exspiration) besitzt die Dauer
lehrer Herzschläge; die Zahl dieser letztern in der Minute ist
ine mittlere (keine beschleunigte). — In diesem Fall gewinnt die
ipannungscun e das in Fig. 46. wiedergegebene Ansehen. Mit der
■eginnenden Exspiration folgen die Zusammenziehungen des Her-
ens einander sehr rasch (1 bis 6). In dieser Zeit (^E bis K)
teigt die mittlere Spannung sehr beträchtlich, so dass selbst wäh-
8nd der zwischen zwei Zusammenziehungen gelegenen Erschlaf-
mg des Herzens entweder gar kein oder ein nur sehr nnbedeu-
Die Messung .Ics Artfirlcii.Iurclimesscr. Tlibingun 185«.
*•) C. Lu.lwig, MUllei's Archiv. 1847. — üoiiilors nn den nugefülirton Orten.
Ludwig, Physiologie II. 2. Auflnge. 11
1()2 EinihiBs der Atheinbeweguiig beim Iluud.
tencles Sinken der Spannung zu Stande kommt. Jeder neue Herz-
sclilag trifft also eine höhere Spannung an, als der vorhergehende.
Mit Vollendung der Exspirationsbewegung (R), wenn der verengte
Thorax zu seiner normalen Weite zurückkehrt, tritt nun plötzlich
eine lange Herzpause ein, während welcher die Spannung sehr he-
i'ig. 46 beträchtlich herabsinkt; auf
diese folgen dann die Herz-
schläge seltener. In der dar-
auf eintretenden Inspiration
( 7") ereignet es sich nun, dass
während jeder Herzsystole die
Spannung weniger steigt, als
sie in der zugehörigen Dia-
stole sinkt, so dass jeder fol-
gende Herzschlag die Span-
nung auf einem niederen
^ — 7 ■ Grade antrifft, als der vorher-
gehende. ■ — Um eine Vor-
stellung davon zu erhalten, wie sich der Mitteldruck von eineiu
Herzschlage zum andern in einer vollendeten Respirationsbewegung
ändert, ist es notliwendig, die Curve MM aus der unmittelbar ge-
wonnenen dadurch zu construiren, dass man aus den während-
einer Ilerzzusammenzieliung bestehenden Spannungen das Mittel
nimmt, diese mittleren Werthe auf die halbe Zeit zwischen Anfang
und Ende der Ilerzbewegung aufträgt und darauf die Punkte
durch eine Linie verbindet.
Diese Werthänderungen der mittleren Si)annung hängen nach-
weisslich von zwei Umständen ab, einmal von den Herzkräften
und dann von dem Spannungszuwachse, welchen das Blut in der
Brusthöhle durch die Bewegungen der Brustwandungen erhält. Der
Beweis für die Behauptung, dass den Bewegungen der Brustwan-
dung ein Antheil an den Veränderungen der mittleren Spannung
zugeschrieben werden müsse, liegt schon darin, dass eine Propor-
tionalität besteht zwischen den Spaunungsveränderungen des In-
halts der Brust und der Arterien; denn erfahrnngsgemäss steig'
die arterielle Spannungscurve gerade so lange an, als die Exspi-
rationsbewegung anhält, und nicht minder steigt und sinkt dieselbe
um so beträchtlicher, je umfänglicher die Aus- oder Einathmniig
geschieht. — Den Zuwaclis, welchen die mittlere Spannung des
Bluts während der Dauer einer Ausathmung erfährt, kann man
Einfluss dor Athcmbo-wegung beim Pferd.
163
^ sich aber nicht allein abhiingig denken von dem Druck der zu-
[• sammenfallenden Brust. Dieses vorausgesetzt, mflsste offenbar die
|- Spannung, welche vt^ährend der Exspiration zwischen Brust und
der äussern Fläche der Gefässwand besteht, gleich sein dem Zu-
wachs der Spannung in den Binnenräumen der Gefässe. Dieses
'ist aber nicht der Fall; denn eine Messung dieser Spannung in
dem verschlossenen Brustkasten ergab, dass diese immer geringer
lals der Spanmmgszuwachs in den Arterien war (C. Ludwig). —
Die Veränderung in der Zahl der Herzschläge kann bedingt sein
entweder von einem erregenden Einfluss, welchen der zusammen-
fallende Brustraum auf das ausgedehnte Herz übt, oder von Erre-
:gnngen des n. vagus. Die Annahme, dass der zuletzt erwähnte
^Nen- hierbei im Spiel sei, wird durch die Thatsachen des folgen-
den Satzes bestätigt.
ß. Jeder einzelne Akt einer Athembewegung besitzt die Dauer
mehrerer Herzschläge, die Zahl der letzteren ist eine beschleunigte.
Diesen Fall kann man künstlich erzeugen, Fig. 47.
wenn man die n, vagi durchschneidet.
»Die Erscheinungen, welche in Fig. 47.
;dargestellt sind, unterscheiden sich von
den vorhergehenden dadurch, dass die
"Dauer und die Intensität der einzelnen
Serzschläge in der Ausathmung von denen
n der Einathmung nicht abweichen; der
jpannungszuwachs ist somit nur abhängig von dem Druck der
Si-ustwandung, was die direkten Messungen bestätigen.
y. Die Athem- und Herzbewegungen sind ungefähr gleich an
'nhl; bei dieser Combination sind an der arteriellen Spannungs-
urve die einzelnen Phasen der Athembewegung nicht mehr zu er-
vcnnen, obwohl ihr Einfluss offenbar noch vorhanden sein muss.
Pferd. Bei diesem Thiere gestalten sich die Erscheinungen
larum sehr viel einfacher, weil die regelmässige Wiederkehr des
Icrzschlags durch die Bedingungen, welche die Athembcwegungen
■inleiten, nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Es bezichen sich
lenmach die durch die letzteren erzeugten Veränderungen in der
i tencllen Spanmmgscurve nur auf eine Steigerung oder Minderung
'T durch die Hcr/kräftc erzeugten Dilicke, so dass während der
lerzpaiise die Spannung beträchtlich abnimmt, wenn sie sich zu
iner Inspirationsbewegung gesellt, während keine oder nur eine
11*
104
Eiiifluss dor Athcimbcwegimg Iioiiii Monsclicn.
geringe Abnahme bemcrklicla ist, wenn eine Herzpause und eine
Exspirationsbewegung zusammentreffen. Das Umgekehrte aber
gilt von dem Steigen während der Herzzusammenziehung. — Diese
Alteration der arteriellen Spannungscurve ist nun aber bemerkens-
werther Weise nur dann wahrzunehmen, wenn die Herzzusammen-
ziehungen wenig umfangreich sind und rasch aufeinander folgen
und zugleich die Athembewegungen sehr intensiv werden. Im an-
dern Falle ist ein Eiufluss der Bewegungen der Brustwandung
nicht bemerklich.
Mensch. Bei ruhigem ungehemmtem Athmen sind die am Puls zu
beobachtenden Aenderun^en, wenn sie vorkommen, was aber nicht
immer geschieht, so geringfügig, dass sie nur der schreibende Fühl-
hebel darthun kann. Sie beziehen sich auf die Pulsdauer (die
Geschwindigkeit der Pulsfolge), auf die Pulsschnelle (das Verhält-
niss Zöschen Ausdehnungs- und Verengerungszeit des Gefässes),-
und auf die Pulsgrösse (Durchmessoründerung). — - Verändert sich
die Pulsfolgc, so beschleunigt sie sich in der beginnenden Exspi-
ration am meisten, wälirend sich mit der beginnenden Inspiration
das Gegentheil ereignet, und es fallen die Unterschiede bei lana
sanier Athemfolge mehr in das Auge als bei rascherer. In den
extremsten Fällen ist die kürzeste exspiratorische Pulsdauer 97,
wenn die längste inspiratorische 100 ist. — Erleidet die Aüsdeh-
nungsgeschwindigkeit des Pulses eine Aenderung, so geschiebt
dieses immer so, dass sie in der ersten Hälfte der Exspiration am
grössten und in der gleichen Hälfte der Inspirationsdauer am ge-
ringsten ist. Benutzt man als Maass der PulsschneUe den Bruch,
der aus der Division der Ausdehnungszeit in die Verengerungszeit
der Arterie hervorgeht, so verhalten sich die beobachteten
Extreme der Pulsschnelle wie 1,00: 1,05 — Was endlich die
Umfangsänderung des Pulses anlangt, so ist sie in der In-
spiration grösser als in der Exspiration. Diese von Vier-
ordt*) hingestellten Thatsachen sind, soweit eine Vergleichuug
^ulässig ist , in voller Uebereinstimmung mit den am Hund
beobachteten. — Bei sehr tiefer und angehaltener Athmung stel-
len sich die Erscheinungen nach den Erfahrungen und Erör-
terungen von Donders und Ed. Weber merklich anders. — Bei
sehr tiefer Inspiration wird der Puls langsamer und weniger ftihl-
♦) Die Lehre vom Ai-lci ieiipuls. Brnunschwelg 1ST>!>, p. lUd,
I
Einfluss der angehalteneu Einathmunf?-
165
bar, indem häufig der Herzschlag so schwach wird, dass man seine
Töne mittelst des aufgelegten Ohrs nicht mehr zu hören ver-
mag. Diese Erscheinungsreihe wird beobachtet, gleichgültig, ob
iMund und Nase während der Erweiterung des Brustkorbs ge-
schlossen oder geöffnet war. — Geht nun eine Inspiration in eine
Exspiration über, so wird der Pulsschlag schneller und voller, vor-
lausgesetzt, dass aus dem verengten Brustkorb die Luft ent-
(weichen konnte. Schliesst man dagegen nach einer tiefen In-
.spiration Mund und Nase, und presst dann die Luft in der
^ Brusthöhle mittelst einer Exspirationsbewegung zusammen, ohne
ida^s sie entweichen kann, so wird der Puls zwar ebenfalls
•schneller, aber die Herzschläge werden dabei so schwach,
idass bei vielen Individuen Puls und Herztöne gänzlich zum Ver-
schwinden kommen. Der innere Zusammenhang, der den zuletzt
mitgetheilten Thatsachen gemäss zwischen Athem- und Herzbe-
iwegungen besteht, ist noch nicht überall klar; so viel scheint je-
doch festzustehen, dass er zum grossen Theil bedingt wird durch
die veränderten Pressungen, unter welche die Blutbehälter des
; Brustkastens gesetzt werden, — In der tiefen Inspiration werden
die Saugkräfte der Lungen vermehrt; indem sich nun das Herz
izusammenzieht, muss der linke Ventritel nicht allein die Gewalt
überwinden, mit welcher das in der Aorta gespannte Blut die ar-
terielle Mündung zupresst, sondern auch noch den Unterschied des
.Luftdrucks, welchem die äussern Herzflächen und der Aorteninhalt
ausgesetzt sind. Es ist denkbar, dass die Summe dieser beiden
'Drücke gross genug wird, um die Entleerung des Plerzens unmög-
lich zu machen. — In der Exspiration, und insbesondere wenn die
Zusammenziehung des Brustkastens energisch ist, während die
Stimmritze geschlossen und die Lungen mit Luft erfüllt sind, wird
eine so starke Pressung auf die grossen Körpervenen in dem
Brust- und Bauchraum ausgeübt, dass es denjenigen des Bluts in
den grossen Kopf- und Extremitätenvenen übertrifft; das Blut wird
also aus ihnen nicht mehr nachströmen können, und wenn dann
das Herz den Vorrath an Blut, den es in der Brusthöhle findet,
erschöpft hat, so wird es bei weiteren Zusammenziehungen kein
Blut mehr aus der Brusthöhle entleeren können, so dass dann der
*Puls8chIag verschwinden muss.
Die Beschleunigung, welche die Herzschläge erfahren, kann
kman sich abhängig denken zum Theil von den Erregungen, welche
Idas Herz durch das Zusammendrücken des Brustkastens empfängt,
166
Spannungsänderuiig nach Artcricnuntorbindung.
zum Tlieil aber auch von den Reflexen, welche der n. vagus iu
Folge der veränderten Erregungsverhältnisse seiner peripheren
Enden auslösst. ^
d. Der Verschluss*) einer oder mehrerer Arterien
ändert, selbst wenn alle andern Strombedingungen dieselben
bleiben den Mitteldruck im ganzen Arterienbereich. Im Allgemei-
nen wird in der unterbundenen Arterie zwischen Herz und der
Unterbindungsstelle und ebenso in allen andern nicht unterbundenen
Ai-terien der Wanddruck steigen, während er in der geschlossenen
Arterie und ihren Aesten zwischen der Ligatur und Capillarver-
theilung abnehmen wird. — Die einfachste ~ Ueberlegung lässt
erwarten, dass in der Aorta und ihren Zweigen die Druckvermeh-
rung wachsen werde mit der Zahl und dem Umfang der geschlos-
senen Arterien d. h. mit der Ausdehnung der verödeten Abzugs-
röhren. Magendie und-Goll haben diese Voraussicht thatsäch-
lich bestätigt; so fand u. A. der Letztere, dass in der Art. carotis'
des Hundes der Druck von 122 MM. zu 157 MM. aufstieg, als
gleichzeitig beiderseits die Carotiden, die Schenkelarterie, die linke
Unterschllisselbeinarterie und die rechte quere Halsarterie unter:
bunden Avurden; nach Lösung aller dieser Ligaturen ging der
Druck auf 129 MM. zurtick. — Da bestätigende Versuche fehlen,
so lässt sich weiterhin nur als wahrscheinUch aussagen, dass der
di'ucksteigernde Einfluss der Unterbindung um so grösser sein
wird, je näher der in Beziehung hierauf untersuchte Stromort dem
geschlossenen Querschnitt liegt; so dass z. B. nach Unterbindung
der Carotis die Spannung in dieser höher gebracht wird als iu der
andern a. carotis oder gar in der a. cruralis ; denn es ist wohl an-
zunehmen, dass sich der Blutüberschuss welcher der Aorta wegen
VerSchliessung einer Abzugsröhre verbleibt sich vorzüglich auf die
der letztem nahestehenden und noch offen verbliebenen Arterien
vertheilt. — Fragen wir noch etwas näher nach der Druckver-
mehi-ung, welche im geschlossenen Gefäss vor dem Unterbindungs-
faden eintritt, so wird man im Allgemeinen behaupten dürfen, dass
sie um so grösser ausfalle, je geschwinder der Strom war, der
durch die Unterbindung zum Stillstand gebracht Avurde, und je
grösser bei noch bestehendem Strom der Druckunterschied zwischen
dem nun unterbundenen Gefäss und demjenigen ist, aus welchem
es gespeist wurde. Die erste Position gilt darum, weil sich in der
•) Spengler, Milllor's Archiv. 1844. — Volkmnnn, 1. c. p. 44Ü. — Göll, 1. c. p.
Spannungsänderuiig in clor gescMossenen Ärtorie.
167
Unterbindung- die Kraft, welche sieh bis daliin in Geschwindig-
. keit äusserte, in Spannung umsetzt, und die andere desshalb, weil
das unterbundene Gefäss ein todter Anhang der nächst höherge-
legenen wu-d, so dass seine Spannung nun gleich wird dem in
: dem ersteren Gefäss A^orhandenen Seitendruck. Die bis dahin vor-
liegenden Beobachtungen machten es wahrscheinlich, dass die Un-
terbindung in kleineren Arterien eine beträchtlichere Druckstei-
, gerung hervorbrächten als in grösseren; weil man nämlich voraus-
. setzen nmste, dass der Druckunterschied zwischen dem Strom in '
einer Arterie erster und zweiter Ordnung geringer sei, als zwi-
schen dem in Arterien zweiter imd dritter, dritter und vierter u. s. w.
und weil der geringe aus der Geschwindigkeitsunterdrückung her-
vorgehende Spannungszuwachs überhaupt der Messung nicht mehr
zugänglich sei. Den thatsächlichen BcAveis für diese Unterstellung
fand man darin, dass kleine Arterien, wenn sie durch Schnürfaden
oder Blutpfröpfe verstopft waren viel lebhafter als früher pulsirten,
während Spengler ausgesagt hatte, dass der Mitteldruck in dem
Herzende der Carotis sich nicht änderte, mochte sie unterbunden
oder offen sein. Diese letztere Angabe scheint aber auf der
mangelhaften noch ohne Schreibschwimmer ausgeführten Manometer-
beobachtung zu beruhen, da der Druckzeichner jedesmal angiebt,
dass die Spannung merklich steigt, wenn man die bis dahin offene
Carotis gegen die Capillaren hin abschliesst. In einer von W.
Müller und mir gemeinsam ausgeführten Beobachtung stieg der '
i Mitteldruck der Carotis des Hundes beim Schliessen von 105 Mll,
auf 128 MM. und bei demselben Hund ein anderes Mal von 115 MM.
auf 131, also um 23 resp. 16 MM. Bei einem zweiten Hund än-
derte sich unter denselben Bedingungen der Mitteldruck von
124 MM. auf 135, also um 11 JIM. Dieses Resultat ist in der
That so constant und auffällig, dass ich seit mehren Jahren den
Versuch unter die in der Vorlesung aufzeigbaren aufgenommen
habe. Die Entscheidung der obigen Alternative muss also einst-
weilen dahingestellt bleiben. —
Im Gegensatz zum bisherigen nimmt dagegen der Druck un-
terhalb der Unterbindungsstelle, d. h. zwischen dieser und den
Capillaren ab. Diese Druckminderung wird abhängen von dem
Spannungswerth, welchen der Strom in dem Gefäss vor der Unter-
bindung besass, und von dem Querschnitt und der Spannung der
arteriellen Strömungen, welche unterhalb der Unterbindung aus
dem noch wegsamen in den verödeten Bezirk fülu-en. Ein gutes
168
Veränderung des Mittoldrucks mit der Entfernung vom Herzen.
Beispiel für dieses Vorkommen liefert das Hchlagaderwerk des
Kopfes, welches aus den beiden Carotiden und einem Antheil der
Subclavien gespeist wird. Aus einer mit W. Müller angestellten
Versuchsweise führe ich an, dass: der Seitendruck in der a. caro-
tis des Hundes vor der Unterbindung 108 MM. betrug, unmittel-
bar nach Anbringung der Ligatur in einem dem Herzen näher ge-
legeneu Ort sank der Druck auf 88 MM. und nach Unterbindung
der entgegengesetzten Carotis auf 78 MM. — Bei einem andern
Hund ergab sich: Seitendruck der wegsamen Carotis = 120 ÄIM.,
nach Unterbindung des Herzendes derselben — 76; nach Schlies-
sung der entgegengesetzten carotis = 71 MM. Unterbindet man
nach Schliessung einer oder beider Carotiden derKeilie nach noch
die Aeste, welche aus der Carotis hervorgehen, deren Druck beob-
achtet wurde, so steigt nach der Ligatur der einen der Druck
wieder an und nach der der andern mindert er sich wieder. Die-
ser Gegensatz kann wohl nur dadurch bedingt sein, dass die
Aeste, deren Verschluss das Steigen im Carotidenstumpf erzeugt,
vorzugsweise Blut nach den Capillaren hin abführen, während
die sich entgegengesetzt verhaltenden überwiegend Verbindungs-
zweige mit den lebendigem Stromarmen sind.
e. Veränderlichkeit des Mitteldrucks mit der Ent-
fernung des Arterienquerschnitts vom Herzen*). Die
Versuche, durch welche man festzustellen sucht, welche Spannun-
gen gleichzeitig in verschiedenen Arterien bestehen, gehören zu
den schwierigem; nach eigenen vielfachen Erfahrungen ist nur
denjenigen Resultaten ein Werth beizulegen, welche mittels des
Druckzeichners gewonnen sind, und, wie sich von selbst A^ersteht,
nur denjenigen, bei welchen die untersuchten Arterien in gleichem
Niveau gelegen sind, so dass die von der Schwere des Bluts her-
rührenden Spannungsungleichheiten als eliminirt anzusehen sind.
Die unter diesen Bedingungen gewonnenen Erfahrungen sind noch
sehr wenig zahlreich. — Aus ihnen scheint aber mit Sicherheit
hervorzugehen, dass in den grossen Arterien mit der wachsenden
Entfernung vom Herzen die Spannung sehr wenig abnimmt, wäh-
rend in den Arterien kleinen Kalibers dieselbe sehr merklich ab-
nimmt im Vergleich zu der in den grössern. Insbesondere ist
festgestellt, dass die Spannung in der art. cruralis trotz ihrer be-
trächtlichen Entfernung vom Herzen doch eben so gross ist, als in
•) C. Ludwig, 1. c. p. 224 und 300. — Volkmnnn, Hncmodynaniik. p. 173 u. f.
Schlüsse über Spannung aus dem Pulsfühlen. 169
er art. carotis. Die Erläuterung dieser Erscheinung hat keine
ehwierigkeit, wenn man erwägt, dass der Strom in den Arterien
eder sehr rasch ist, noch auch, dass die Stösse und die Reibun-
en in der Aorta bis zur art. cruralis hin sehr beträchtlich sind,
i Anbetracht der Thatsache, dass das Blutgefässwerk ein sehr
jrwickeltes Zweigsystem darstellt, lässt es sich sogar denken,
ass der Druck in der Cruralis noch höher als in der Carotis sei,
ie dieses in der That wiederholt beobachtet wurde. In den kiel-
en Arterien findet sich dagegen nach Volk mann die Spannung
)nstaut sehr viel niedriger als in den grössern; aber auch hier
illt sie keineswegs in dem Maasse, in welchem der Abstand des
efässes vom Herzen zunimmt. Beispielsweise führen wir an, dass
;i einem Kalb der Mitteldruck in der a. carotis 165,5 MM. und
eichzeitig in der a. metatarsi 146 MM. Quecksilber betrug.
f. Ueber die Ergebnisse des Pulsfiihlens. Ein ge-
tbter Beobachter soll mit dem Finger ausser der Häufigkeit der
iederkehr an dem Puls unterscheiden: ob er rasch oder allmäh-
; anschwillt (p. celer und tardus); wie weit dabei die Arterie
jsgedehnt sei (plenus und vacuus) und in welchem Grade von
t'ttlerer Spannung sich hierbei das Gefäss befindet (p. moUis und
irus). Wenn der Arzt das Zugeständniss macht, dass selbst ein
iir feiner Finger nur grobe Unterschiede feststellen kann, so wird
jrjenige, welcher den Strom mit scharfen Mitteln zu messen ge-
nhnt ist, in der That nichts einwenden gegen die Glaub wüi'dig-
it der Behauptung; um so weniger, weil die obigen Angaben
Zeichnungen wirklich vorkommender Zustände enthalten. — Denn
er oder tardus kann der Puls werden, wie die Curven des
uckzeichners darthun; der ansteigende oder absteigende Curven-
; braucht zu einer gleichen Erhebung oder Senkung oft sehr
rschiedene Zeit. Der Puls muss aber darum celer oder tardus
;rden können, weil z. B. das Herz erfahrungsgemäss einen glei-
3n Umfang der Verkürzung zu verschiedenen Zeiten in ungleich
Igen Zeiten durchläuft. — Dass die pulsirende Arterie bald ge-
I It und bald leer sein kann, versteht sich nach einer ganzen
? ihe von Mittheilungen Uber den Puls von selbst. Dass aber die
•x terien in gefülltem Zustande auch weich und im leeren auch
i -t sein können, lässt sich nicht bestreiten, weil der Spannungs-
f. id, abgesehen von der Füllung, auch abhängig ist von dem
I. .stizitätscoeffizientcn der Wandung, so dass, wenn die Getass-
170
Untorsucliuiig des Pulsos durph den Sphygraograph.
Wandung schon an und für sich steif ist, auch die wenig gefüllte
Arterie sich sehr hart anfühlen kann.
Der Pulshebel von Vierordt*) hat unser empirisches Wissen
über den Puls beträchtlich bereichert; er lieferte darüber Nach-
weise, 1) dass unter scheinbar gleichen Verhältnissen die Dauer
der einzelnen unmittelbar aufeinander folgenden Schläge eine merk-
lich ungleiche sein kann; 2) dass das Verhältuiss zwischen der
Ausdehnungs- und Zusammenziehungszeit zweier Pulse wesentlich
von einander abweichen kann, selbst wenn ihre Gesammtdauer die-
selbe war; 3) dass er annähernd das Gesetz entwickelte, nach wel-
chem sich die Ausdehnung sowohl wie die Zusammenziehung der Ar-
terienwand mit der wachsenden Zeit ändert. Endlich lehrte er
4) auch Beziehungen kennen zwischen der Dauer der Celerität
und dem Wachsthumsgesetz des Pulses, worüber die Abhandlung
von Vierordt nachzusehen.
Aus Yierordts Werk haben wir folgende den Gesunden betreffende Zahlen:
Setzt man die Dauer des kürzesten Pulses = 1, so ist die des längsten im Mittel zu
1,37, in den Extremen zu 1,17 und zu 1,62 gefunden worden. In einer jeden vom Puls-
hebel geschriebenen Curvo liegen Unregelmässigkeiten der Pulse vor; sie scheinen aber
bei raschem Puls, z. B. nach Tisch, sich in engere Grenzen einzuschliessen, als bei lang-
samem Puls. — Die Yorgleichung aller Erweiterungszeiten' und andererseits aller Ver-
cngerungszoiten einer Pulsroiho unter einander ergiebt, dass die ersten grösseren Un-
regelmässigkeiten unterworfen sind als die letzteren. — Die relative Schlagfertigkeit
des Pulses (Celeritas) drückt Vierordt so aus , dass er die Erweiterangszeit immer
= 100 setzt, also drückt er die Variation der relativen Geschwindigkeit, mit weichet
die Erweiterung vollendet wird, durch die Veränderung der Verengungszeit aus, woraus
folgt, dass mit der wachsenden Verhältnisszahl die relative Erweiterungsgeschwindigkeit
zunimmt. Verfolgt man nun die Resultate, so stellt sich heraus , dass im Allgemeinen
die Erweiterungszeit kürzer dauert als die Verkürzungszeit, dass aber auch das umge-
kehrte Verhältniss eintreten kann. Die Mittelzahl für die Schlagfcrtigkeit ist 106; ihre
Grenzen liegen von 86 bis 143 ; während der Verdauung und des angestrengten Athmens
ist die relative Pulsschnelle am grössten. Je kürzer die ganze Pulsdauer, um so grösser ist
auch die relative Schnellkraft des Pulses, d.h. es nimmt bei rascher Pulsfolge die Dauer
der Verengung weniger ab als die der Erweiterung. Vierordt theilt die Erwcitcrungs-
und Verengerungszeiten der Pulse (die Abszissen der Curven) in je 5 Theile und
misst den positiven oder negativen Durchnicsserzuwachs der Arterion in einem solchen
Zeitraum. Die hier gefundenen Werthe zeigen, dass die positive und negative Aus-
dehnungsgcschwindigkeit bis zu jenen 3 Zeiträumen wächst, dann aber abnimmt. —
jn diesem letzten Gebiet dürfte der Sphygmograph an die Grenze seiner Leistungsfähig-
keit gelangt sein. ^
g. lieber die zeitliche Abhängigkeit der Herz- und
Puls Schläge; pulsus dicrotus. Alle Betrachtungen, die wir
•) Dio Loliio vom Ailcrionpiils. Braiinschwcig 1855.
Tulsus dicrotus.
171
bis daliiu anstellten, führten darauf, dass in bestimmten Zeitab-
schnitten die grössern Ai-terien mindestens so vielmal piilsiren
müssen, als während derselben das Herz geschlagen hat. Diese
Behauptung wird so sehr durch die Erfahrung bestätigt, dass Alles,
was früher über die Schlagfolge des Herzens angemerkt ist, auch
für die Pulsfolge der Aiierien gilt. Diese Behauptung schliesst
aber die Möglichkeit nicht aus, dass auf einen Herzschlag mehrere
Pulsschläge fallen, eine Möglichkeit, die erfahrungsgemäss besteht,
indem sehr häufig bei einzelneu Thieren (z. B. beim Pferd) und
zuweilen wenigstens beim Menschen auf je einen Herzschlag zwei
Pulsschläge beobachtet werden, von denen der eine gewöhnlich
weniger kräftig und kürzer dauernd ist, als der andere. Diese
Erscheinung ist unter dem Namen des pulsus dicrotus berühmt. —
Diejenigen Eigenthümlichkeiten dieses Doppelschlags, welche be-
kannt sein müssten, wenn der Mechanismus ihres Zustandekom-
mens erklärt werden sollte, sind leider noch nicht beobachtet. Es
bleibt also nichts übrig, als einige Möglichkeiten zu erörtern und
daraus abzuleiten , auf welche Eigenthümlichkeiten sich künftighin
die Aufmerksamkeit zu richten hat.
Mit Hilfe des Apparats, der Seite 72 abgebildet wurde, lassen sich für eine
•Hahnöffnung auf verschiedene Weise Doppelschläge in dem pulsirenden Rohr
tiervorbringen. 1) Die zweite Erhebung des Doppelschlags ist die Folge der elastischen
^Xachwirkung des ersten. Diese Nachschwingung ereignet sich jedesmal in einer aus-
[' geprägten Weise, wenn man den Wasserbehälter bis zu der Höhe von ungefähr 1 Meter
i nit Wasser gefüllt, das elastische Eohr und den Wasserbehälter mittelst eines Hahns
l roxi weiter OefFnung in Verbindung gebracht und diesen letzteren sehr rasch geöffnet hat.
«Oer Lehre von der Erhaltung der lebendigen Kräfte und der Trägheit gemäss muss die
Flüssigkeit in der Schlauchwelle zu einer höhern Spannung als in dem Wasserbehälter
' fclangen. In Folge hiervon wird sich die Schlauchwand mit einer grossen Geschwindig-
> leit ausdehnen- und ebenso rasch wieder zusammenfallen ; wenn nun die Schlauchwand
lach der einen Seite hin vermöge der Beharrung sich über den Grad von Ausdehnung
ipannte, der ihr vermöge des Drucks aus dem Wasserbehälter her zukam, so fällt sie
luch bei dem Eückgang aus dieser Spannung beträchtlicher zusammen, als es ihr, ohne
lic grosse Geschwindigkeit ihrer Bewegung, die Widerstände der umliegenden Wand-
;hcile möglich machen würden. Hat sich aber die Geschwindigkeit eben in Folge
lieser Widerstünde erschöpft, so wird sie durch die Spanuung der Umgebung nun
vieder aufwärts getrieben; dann erst entleert sich das liöhrenstück, vorausgesetzt, dass
Icr Hahn geschlossen bleibt, allmählig. Der zweite Schlag ist also jedesmal weniger
ncrgisch, als der erste. — Würde nach Analogie dieses Vorgangs der pulsus dicrotus
aftretcn, so müsston: die Herzschläge nicht allzurasch einander folgen, damit sich die
irteric während der Herzpause bedeutend abspannen könnte, so dass die BoAvcgung
er Artcrienwand vom Boginn bis zum Ende des Herzschlags eine grosse Goschwindig-
oit zu erlangen vermöchte ; die Herzzusammenziehung selbst niüsste aber sehr umfänglich
Jid dabei rasch vollendet sein; der zweite Schlag müsste dorn ersten an Kraft nach-
172
Pulsus dicrotus.
stelioii und in den vom Herzen entfernteren Ärlcriensliicken suLwächer als in den iliin
nülioren gefühlt werden. — 2) In dem elastischen llolir erfolgt ein Doppelschlag, wenn
die Geschwindigkeit, mit welcher der Hahn geöffnet wird, eine ungleichförmige ist.
Also z. B. wenn man die erste Hälfte der Hahnmündung geschwind öffnet, dann sclir
kurze Zeit langsamer weiter dreht und darauf zur frühem Umdrehungsgeschwindigkeit
zurück kehrt. In Folge dieser Art zu drehen, steigt die Spannung in dem Köhrun-
umfang in kurzer Zeit zuerst sehr bedeutend , dann vermindert sich die Plötzlichkeit
derselben, um beim letiten Akt der Halmdrcliung wieder rasch zu steigen. Damit er-
hält der Sohlauchpuls eine fühlbare Einbiegung , die unter günstigen Umständen einen
deutlichen Doppclschlag zum Vorschein bringt. — Wenn sich im menschlichen Kreislauf
dieses ereignen sollte, so müsste die Zusammenzichung der Kammern mit einer während
ihrer Dauer variablen Geschwindigkeit erfolgen ; die Erscheinung würde wahrscheinlich
sehr deutlich hervortreten. Man würde auf diesen Mechanismus des pulsus dicrotus
schliossen dürfen, wenn der erste Schlag desselben die Arterien zu einer geringem
Spannung führte, als der zweite, so dass er gleichsam als ein Vorschlag des ersten er-
schien. Eine Bestätigung für die Annahme, dass der pulsus dicrotus auf diese Wii -
erzeugt sei , würde darin liegen , dass der erste Herzton , der durch die Zusammeu-
ziehung der Kammern ensteht, sehr anhaltend und mit schwankender Intensität gehört
würde. — 3) Endlich kann man durch Wellenreflexion einen Doppelschlag hervorbringen,
vorausgesetzt nämlich, dass man in das Eohr einen Widerstand, z. B. einen das Lumen
desselben zum grossen Theil erfüllenden und zugleich feststehenden Körper einfügt,
der die Bcrgwellen zurückzuwerfen vermag. Auch in diesem Fall ist der zweite Schlag
schwächer, als der erste, er folgt aber diesem um so rascher, je näher das Eöhrcn-
stück an dem rcflcktircndon Widerstand liegt. Durch diese letztere Eigenschaft, durch
den Nachweis dos roüektironden Widerstandes, und schliesslich dadurch, dass der pulsus
dicrotus nur einzelnen, nicht aber allen Arterien zukäme, würde sich im Leben diese
Art von Entstehung eines Doppelpulses erkennen lassen. — Volkmann*) hat die
unter den Bedingungen l)und 2) entstehenden Doppelschläge verrauthungsweise abgeleitet
aus Interferenzen zweier ungleich rasch fortgepflanzter W ellensysteme, deren Vorhanden-
sein er -im Schlauehe statuirte. Der eine von diesen Wellenzügcn sollte in der Schlauch-
wand y der andere in der Flüssigkeit fortschreiten. Abgesehen davon, dass überhaupt
kein Grund zur Annahme gesonderter Wellensystemo vorliegt, bleibt dieselbe immer
^ noch die Erklärung dafür schuldig , warum nur unter den geschilderten Bedingungen
die Welle des Schlauchs und der Flüssigkeit unabhängig von einander werden. — Die
älteren Pathologen , welche der Ansicht zuneigten , dass die Muskeln der Gefässwand
sifh ebenso rythmisch contrahirten , wie die des Herzens, erklärten den pulsus dicrotus
aus einem eigenthümlichen Ilythmus der Gefässbewegung. Diese Annahme bedarf keiner
Widerlegung mehr, seitdem die BcAvegungen, welche in der arteriellen Gefässwand vor-
kommen können, genauer untersucht worden sind. —
2. Mittelzahlen für die Spannung des Bluts in
den gros Sern Arterien**). Aus zahlreichen Beobachtun-
gen , welche sich meist auf eine minutenlange Beobachtmigs-
zeit beziehen, geht hervor, dass der Mitteldruck schwankte beim
*) Hacmodyiiiimik. 118 ii, f.
*») Volk mu n n , 1. c. p. 177. — II o ii t n or , Hcn 1 o und Pfouf er's Zdtscliria. Neiio Folge.
II. Blind.
Zahlenangaben über mittlere Spannung.
173
Pferd zwischen 321 bis 110 MM. Hg., beim Schaaf zwischen
20ß bis 98 MM., beim Hund von 172 bis 88 MM. Hg., bei der
Katze von 150 bis 71 MM. Hg, beim Kaninchen von 90 bis 50 MM.
Hg.*). — Diese Erfahrungen lehren, dass zwar im Allgemeinen
die Grösse des Thiers und der mittlere Blutdruck in der a. carotis
abnehmen, aber keineswegs so, dass das bei einer kleinern Thier-
art beobachtete Maximum unter das bei dem grösseren gefundene
Minimum herabsinkt. Die auf den ersten Blick auffallende Er-
scheinung, dass Thiere von sehr verschiedener Grösse, wie Katzen
und Pferde, einen so annähernd gleichen Blutdruck darbieten, be-
Aveist, dass in ihnen die den Blutdruck bestimmenden Umstände:
Herzkraft, Blutmenge, Gesammtblut der Arterien, Wandungsdicke
im Verhältuiss zum Lumen, Widerstände u. s. w. in den Kreis-
laufsapparaten der einzelnen Thiere jedesmal in der Weise gegen-
einander geordnet sind, dass aus ihnen ein annähernd gleicher
Werth des mittleren Druckes resultirt.
Es darf nun als wahrscheinlich angenommen werden, dass der
absolute Werth des Mitteldrucks in der a. carotis des Menschen
ebenfalls in die für die Säugethiere festgestellten Grenzen fällt;
ndem man dieses anerkennt, wird man aber zugleich die Unmög-
ichkeit des schon öfter unternommenen Beginnens einsehen, eine
Wir den Menschen allgemein giltige Zahlenangabe zu machen;
!Ienn offenbar wird beim Menschen gerade wie in den einzelnen
rhiergattungen der Spannuugswerth innerhalb sehr weiter Gren-
zen schwanken können. Um sich unmittelbar von der Rich-
i igkeit jener Voraussetzungen zu überzeugen, führte Faivre**)
nit Zustimmung der Aerzte des Hotel-Dieu in Lyon Versuche an
Irei amputirteu Männern aus. Die arter, brachialis eines hinfäl-
igen Alten von 60 Jahren und die a. femoral, eines muskelkräf-
:igen Mannes von 30 Jahren zeigen übereinstimmend einen unge-
ahren Mitteldruck von 120 MM. mit Respiration sschAvankungen
/on 10 bis 20 MM. u. Herzschwankungen von 2 bis 3 MM. — An
ler Annarterie eines 23jährigen durch tumor albus herabgekom-
nenen Mannes erhob sich die Säule auf etwa 110 MM. Wie gross
lier Blutverlust vor der Einfügung des Instrumentes gewesen, ob,
*) Dem weniger . Oclibleii wird iler betriielitliclio Wertli der Drücke, iiin die es sicli linndcll,
iellciclit lebhafter werden, wenn er sich den Quecksilber- in den Wasserdruck tibersetzt, was in
idem Fall geschieht, wenn er die obigen Zahlen mit VJ,l, IMM. multipMzirt.
••) Oaüetlc nu'dicnic 185« p. 727. u f.
174
Spannung in den Haargcfässcn.
wie doch wahrscheinlich, Chloroforainarkose verbanden gewesen
ist nicht angegeben.
lieber Spannungsminderungen nach dem Einfuhren von Arz-
neistoffen (Neutralsalzen, Digitalin, Chloroform, Brechweinstein)
geben die schon erwähnten Arbeiten von Blake, Brunner und
Lenz Aufschluss.
Spannung in den Haargefässen.
Ihre durch Gesicht und Gefühl bestimmbare Ausdehnung, oder,
was dasselbe sagt, die Spannung ihres Inhalts in ein und der-
selben Provinz wechselt mit dem Blutdruck in den Arterien und
Venen, mit dem Durchmesser der Arterien und Venen und nament-
lich der zu- und abführenden, mit der Widerstandsfähigkeit und
den Bewegungen der sie umschliessenden Gewebe. Dem ent-
sprechend strömt wahrscheinlich für gewöhnlich das Blut in den
verschiedenen Abtheilnngen des Capillarsystems unter verschiede-
nen Spannungen.
a. Wenn die Spannung in den Arterien steigt, so ist damit
zugleich die Kraft gewachsen, welche den Einfluss in die Capil-
laren bestimmt, und damit nach bekannten Grundsätzen die Span-
nung des Bluts in diesen selbst. Bestätigungen hierfür finden wir an
leicht ausdehnbaren Gefässregionen ; so dehnen sie sich aus, d. h.
die von ihnen versorgten Hautstücke röthen sich, wenn das Herz
rascher und intensiver schlägt, oder wenn in anderen als den zu-
führenden Arterien der Strom unterbrochen ist; nach einem Ader-
lass dagegen werden die Capillarprovinzen blass u. s. av. — Gestützt
auf die Theorie , dürfen wir vermuthen, dass die Spannung in den
Capillaren nicht direkt proportional mit derjenigen in den grösse-
ren Arterien steige, sondern immer weit hinter derselben zurück-
bleibe. Denn wenn in Folge eines Spannungszuwachses in den.
Arterien das Einströmen in die Capillaren auch beschleunigt wird,
so kann dieses doch nicht in dem Maasse geschehen, in dem der
Druck gestiegen ist, da in den engen und gebogenen Zuleitungs-
röhren (den feinsten Arterien) der Widerstand mit der steigenden
Stromgeschwindigkeit ungeheuer wächst.
b. Steigt dagegen die Spannung in den Venen, so muss in
demselben Verhältuiss auch diejenige in den Capillaren wachsen,
welche die betreffenden Venen als Abflussröhren benutzen. Dieses
ist sogleich einleuchtend für den Fall, dass alle Venen, die den
Abfluss aus einem Capillarengau besorgen, verstopft sind, denn Mti
dann werden offenbar die Capillaren ein blindes Anhängsel an den 1m\
Spannung in den Haargofässen.
175
zuflilircnden Arterien darstellen mid es rauss darum hier die
"Spannung so hocli steigen, als sie in der Arterie selbst stebt. Da
wir nun aus der Tbeorie scbliessen dürfen, dass im nonnalen Zn-
sstand in den Capillaren die Spannung eine viel niedrigere sei, als
sselbst in den letzten Arterieuästen , so muss unter den bezeichne-
iten Umständen die Spannung in den erstem sehr beträchtlich an-
wachsen. In vollkommener Uebereinstimmung hiermit sehen wir
.denn auch, dass", wenn einigermaassen beträchtliche Hemmungen
in den abführenden Venen eines " Capillarcusystems eintreten, die
Spannung in diesem ungemein ansteigt; so schwellen z. B. die
l-Fiuger nach Umlegung einer Ligatur um dieselben sehr beträcht-
lich an.
c. Mit der Verengerung des Durchmessers der kleinen in das
Capillarensystem führenden Arterien muss unzweifelhaft die Span-
nung in den erstem niedriger werden, weil unter diesen Umstän-
den die in dasselbe strömende Blutmasse abnimmt; der Grund
hierfür liegt in der bekannten Thatsache, dass eine strömende
Flüssigkeit beim Durchgang durch enge Röhren an ihren leben-
digen Kräften mehr einbüsst, als beim Fliessen durch weite. Diese
theoretische Folgerung hat man gewöhnlich bestritten unter An-
iführung der ebenfalls feststehenden Beobachtung, dass, wenn man
innerhalb eines Röhrensystems statt eines vorher vorhandenen wei-
lten Stückes ein enges einfügt, während man die Kräfte, welche
Idie Flüssigkeit in den Anfang des Röhrensystems eintreiben, un-
i^erändert erhält, in dem engen Stück die Flüssigkeit nun ge-
schwinder fliesst. Die obige Behauptung steht aber in gar keinem
'Widerspruch mit dieser letzten Thatsache; denn die aus dem engen
•Stück hervorti-etende Flüssigkeitsmenge ist ein Produkt aus dem
.Querschnitt der Röhre in die Geschwindigkeit des in ihnen vor-
gehenden Stroms, und sie behauptet darum nur, dass die Ge-
schwindigkeit nicht in dem Maasse steigt, wie der Röhrenquerschnitt
abnahm, eine Annahme, welche durch die hydraulischen Untei'-
f suchungen als vollkommen feststehend anzusehen ist. — Hieraus
mUsste man nun folgern, dass, wenn eine Verengerung in den
kleinen Arterien einträte, die zu ihnen gehörigen Capillaren leerer
ind die von ihnen durchsetzten Gewebe somit blasser werden
iiüssten. Dieser Erfolg würde unmöglich ausblcil)cn können, wenn
las Blut statt eines Gemenges aus flüssigen lind festen Stoffen
.'on ungleicher Figenschwere eine homogene Flüssigkeit darstellte.
3ei der berührten mechanischen Zusammensetzung kann aber eine
176 Spannungen nacli Ypriinderungen im Durchmesser kleiner Arterien und Venen.
verminderte Spannung, selbst wenn sich die Zuflussrühren veren-
engert haben, nur kurze Zeit bestehen, und zwar bis zu einem
gewissen Grad um so kürzere Zeit, je beträchtlicher die kleinen
Arterien verengert sind. Denn in dem langsamen Strom, der dann
durch das Capillarsystem geht, müssen sich die schweren Blutköi-
perchen anhäufen und zusammendrängen, also muss wegen des
gesteigerten Widerstandes die Spannung wieder steigen. Diese
Folgerung ist zuerst von Brücke*) gezogen worden, obwoli!
schon Poiseuille**) den Hergang mit dem Mikroskop beobach-
tet hat, als er künstlich den Zufluss in ein Capillarsystem
minderte.
Mit der Erweiterung der kleinen Arterien muss dagegen die
Spannung des Bluts der Capillaren zunehmen, da hiermit sich die
Menge der in sie einströmenden Flüssigkeit mehrt. Diese Stei-
gerung der Spannung scheint beträchtlich werden zu können,
wie man dieses z. B. nach Durchschneiduug der Gefässnerven
sieht. — Verbinden sich Arterienerweiterungen und ein kräftiger
Herzschlag, wie dieses bei Uebernährung des Herzens beobachtet
wird, so ereignet es sich zuweilen, dass sich der Pulsschlag noch
bis in die Capillaren fortsetzt, so dass jedesmal unmittelbar nach
einer Herzzusammenziehung eine vermehrte Röthuug derjenigen
llautstellen eintritt, in welche sich die Capillaren mit erweiterten
Zuflussröhren begeben.
Die Erscheinungen werden sich nun, wie ohne weiteres klar
sein wird, gerade in umgekehrter Weise einfinden müssen, wenn
sich die kleinen Venen, in die die Capillaren übergehen, verengern
oder erweitern; denn oifeubar wird in dem erstem Fall der Ab-
fluss beschränkt, in dem letztern begünstigt und somit die Span-
nung in dem einen steigen, in dem andern aber sinken müssen.
Bei den wichtigen Folgen, die eine veränderte Spannung des
Bluts in den Capillaren für die Absonderungserscheinungen und
den Wärmeverlust mit sich führt, ist es von Bedeutung, dass ge-
rade die den Capillaren zunächst gelegenen Arterien und Venen
mit Muskelfasern begabt sind, mit deren Zusammenziehuug und
Erschlaffung der Durchmesser dieser Gefässe beträchtlichen
Schwankungen unterworfen ist; hierdurch ist ein regulatorischer
Apparat gegeben, der den Stromlauf in der einen oder andern
») Uebor die Mechanik des EntzUndungsprozesscs. ArcliiT f. pliysiolog. Heilkunde. IX. Bd. 493.
•*) Reoherclics sur lea causes du mouvoment du snng ilnns les viilsseaux caplllaires. Purls. 1835.
Spannung in der vena jugularis.
177
Capillareuabtlieilimg bis zu einem gewissen Grade unabhängig- von
allen übrigen erhalten kann; und in Wirklichkeit deuten viele Er-
scheinungen, die p. III bis 115 schon erwähnt wurden, darauf hin,
dass er diese Aufgabe auch erfüllt.
d. Die steigende oder abnehmende Widerstandsfähigkeit der
Gewebe, in welchen die Capillaren verlaufen, ändert nothwendig
I den Durchmesser ihres Querschnitts und dem entsprechend nach
' bekannten Gnindsätzen ihren Strom. Beispiele für dieses Verhal-
;ten hefert die Gänsehaut, Verlust der Epidermis, Erschlaffungen
der Haut, Wasserergüsse in das Bindegewebe u, s. w.
Die Annahme, dass an den verschiedenen Orten desselben
i Capillarensystems, und noch mehr, dass in verschiedenen Capilla-
rrensystemen die Spannungen wechseln, gründet sich weniger auf
messende oder schätzende Versuche am Strom selbst, als auf die
Vergleichung der Formen der Capillaren und auf die Anwendung-
hydraulischer Prinzipien für diese; bei den einzelnen Organen wer-
den wir des genauem hierauf eingehen.
Zu Messungen über den wahren Werth der Spannung des
Blutes in den Haargefässen fehlt es bis dahin an einer Methode.
Beobachtete Spannung in den Venen.
Die Spannung in den Venen ist erfahrungsgemäss veränder-
lich mit der Blutfülle, der mittleren Spannung im arteriellen System
lund ausserdem noch mit den Herzschlägen, den Respirationsbe-
wegimgen, den Bewegungen und Stellungen der GHeder; da aber
i diese Umstände nicht in jeder Vene sich gleich geltend machen,
so werden wü- ihre Folgen zunächst in einer derselben, der vena
1 ugularis externa angeben und darauf die Variation der Erschei-
:aung, so weit sie an andern Venen beobachtet ist, folgen lassen.
Wir bemerken im Voraus, dass über die Folgen der veränderlichen
;Blntftüle zu den wiederhx)lt mitgeth eilten Bemerkungen nichts Wei-
teres zuzufügen ist.
Vena jugularis. a. Wenn die vena jugularis sich in
Mittlerer Fülle befindet und die Herzschläge kräftig sind, so ist
iin ihr jede Vorhofsbewegung sichtbar, indem die Vene mit
1er beginnenden Zusammenziehung an- und mit der eintretenden
Diastole abschwillt; in allen, selbst in den günstigsten Fäl-
en, ist die sichtbare Veränderung in dem Gefässdurchmesser
^dcht eben beträchtlich. Wey rieh*) fand, dass die Spannungs-
•) De cordio adspirutlono cxperlmontn. Doipnt. 1853.
LndwlB, Physiologie U. 2. Auflngo.
12
178
Spannung in der v. jugularis.
abnähme, welche während der Diastole des Herzens eintritt, höch-
stens einigen MM. Quecksilber entspricht. Hammernik*) giebt
an, dass die Erweiterung der Venen bei der Vorhofszusammen-
ziehung am Halse des Menschen niemals merklich sei, vorausge-
setzt, dass die Klappen in den Gefässen hinreichend schliessen.
b. Die analogen Wirkungen der Brustbewegungen treten be-
deutsamer hervor, indem die Vene bei kräftiger Exspiration jedes-
mal deutlich anschwillt, während sie in der vorhergehenden Inspi-
ration ebenso bedeutend zusammenfällt. Das Uebergewicht dieser
Schwankungen über die vorhergehenden prägt sich nun auch in
dem mit dem Lumen der Venen communizirenden Manometer aus.
Es schwankt nemlich bei einer gewöhnlichen Einathmung der
Druck um das doppelte und bei einer tiefen Inspiration um mehr
als das vierfache von dem, um welches ihn die Herzbewegung ver-
änderte. Schwerlich dltrfte es jedoch gelingen, den absoluten
Werth der Druckschwankungen zu erhalten, da sie meist in zu
rascher Folge wechseln, als dass eine vollständige Ausgleichung
der Spannung im Manometer und in der Vene erreicht werden
könnte.
c. Die eben erwähnten Wirkungen des Herzschlags und der
Athembewegung geschehen offenbar unmittelbar durch die hohlen
und ungenannten Venenstämme auf die Drosselvene. Von der
anderen Seite her durch die Capillaren und die Venenzweige nie-
derer Ordnung müssen sich dagegen beide Bewegungen geltend
machen, insofern sie die Spannung in den Arterien bestimmen.
Auf diesem Wege erzeugen sie allerdings ebenfalls Druckverän-
derungen in dem Blute der Jugularvene, jedoch keineswegs solche,
welche zeitlich oder der Grösse nach genau den in den Arterien
bedingten entsprechen, so dass man noch die einzelnen Herz-
schläge und Respirationsbewegungen unterscheiden könnte. Im
Allgemeinen ändert sich nur, wenn während längerer Zeit hindurch
eine mittlere Spannung in der Ai-terie constant bleibt, auch die-
jenige der Vene. Als eine im Wesentlichen richtige Regel kann
hier nach den Untersuchungen von Brunn er angegeben werden,
dass, wenn längere Zeit hindurch 'die Spannung in den Arterien
herabsinkt, sie in der Jugularvene zunimmt und umgekehrt; der
absolute Werth, um welchen die Spannung in den Venen hierbei ge-
ändert wird, ist immer sehr gering gegen den, um welchen sie in
•) Prager Vlcrteljahrsclirlft.. 1863. III. Bd. p. 08.
Einfluss der Brust- und Herzbewegung auf dieselbe.
179
den Arterien schwankt. So wurde z. B. der mittlere Druck in der
art. carotis eines Hundes, dessen n. vagi durchschnitten waren, auf
122,4 MIVI. Quecksilber, der gleichzeitige in der Vene über dem
Stenium zu 1 bis 1,9 MM. Quecksilber bestimmt. Als nun die mit
den Herzen in Verbindung stehenden Enden der n. vagi ungefähr
30 Sekimden hindm-ch erregt wurden, so dass in dieser Zeit gar
keine Herz- (und auch keine Athem-) Bewegung zu Staude kam,
fiel der Druck in der Arterie auf 13,3 MM., in der Vene stieg er
aber auf 3,8 ÄIM. Während er also in der Carotis um 109,1 MM.
gesunken, hatte er sich in der Vene nur um 2,8 bis 1,9 MM. er-
hoben. Diese Erscheinung ist daraus erklärlich, dass die Anfül-
lung des arteriellen Hohlraums nur auf Kosten des venösen ge-
schehen kann und umgekehrt; es muss also, wenn der Druck in
dem einen System sinkt, nothwendig im andern ein Steigen eintre-
ten (Ed. Weber). Dieser Verlust der einen Seite kann aber dem
Gewinn auf der andern nicht gleich sein, weil das arterielle Ge-
sämmtlumen im Vergleich zum venösen enger ist, so dass, was dort
eine beträchtliche Quote des Gesammtinhalts darstellt, hier nur als
eine geringe beti-achtet werden muss, und weil eine Ausdehnung
ides arteriellen Lumens wegen seiner starken elastischen Wandun-
:gen mehr Kraft erfordert, als die dünne Venenwand verbraucht.
d. Die Bewegungen der Muskeln in den Fortsätzen des
i Rumpfs, dem Hals, Arm u. s. w. bringen eine merkliche Steigerung
'der Spannung in der Jugularvene hei-vor; diese ist um so bedeu-
::ender, je gefüllter die Venen der bewegten Körpertheile sind, und
'ie rascher und je mehr ihre Lumina durch die Bewegungen zu-
i'jammengedrückt werden.
Die Spannungserscheinungen in den übrigen Ve-
len. Die mittlere Spannung nimmt in den Venen von den Zwei-
i;en gegen die Stämme hin nach Versuchen an Pferden, Kälbern,
Ziegen und Hunden ab.
In der Hohlvene des Hundes selbst ist die mittlere Spannung
;ermger als der Luftdruck gefunden worden (Volkmann, C.
-.udwig)*), eine Thatsache, die in vollkommener Uebereinstim-
nung steht mit der von Donders gegebenen Entwickeluug über
•lie Spannung in der Brusthöhle ausserhalb der Lungen (p. 143.);
•teim Hunde schwankt nach zahlreichen Versuchen der Mitteldruck
•a der vena jugularis von 2 bis zu 15 MM. Hg, in den venae
') Haemodynamik. p. 356.
12»
180
Spannungen anderer Körpervencn.
brachialis und cruralis von 10 bis zu 30 MM. Hg Mogk*); Volk-
mann**) fand ihn in der ven. facialis der Ziege zu 41 MM. Hg
und gleichzeitig in der vena jugularis desselben Thiers aber zu
18 MM. Hg.
Die Wellen, welche der Herzschlag von den Vorhöfen her er-
zeugt, erstrecken sich beobachtungsgemäss niemals weit in die
Zweige der obern Hohlader hinein; sie sind z. B. nur in seltenen
Fällen bis in die vena axillaris zu verfolgen. — In grösserer Aus-
dehnung sind aber die von den Brustbewegungen abhängigen
Spannungen nachweisslich , namentlich beobachtet man sie
noch in den Hirnvenen (Ecker***), Donders)!) und in der
vena cruralis, auf welche wahrscheinlich die mit dem Ath-
men zusammenhängenden Bewegungen der Baueheingeweide ver-
mittelnd wirken. Dass ihre Wh-ksamkeit sich beim Menschen
nicht weniger weit erstreckt, geht daraus hervor, dass die Kopf-
und Halsvenen bei tiefer Exspiration anschwellen und bei tiefer
Inspiration zusammenfallen. Das Volum des Arms soll ebenfalls
bei tiefer Inspiration geringer werden. Hammernik ff). — Zu-
samnienpressungen der Venen durch die Muskeln der Glieder, in
welchen sich dieselben verbreiten, mtissen selbstverständlich vor
zugsweise in den Venen der Extremitäten und der Rumpfwandun-
gen vorkommen. Diese Pressungen werden nun offenbar den
Röhreninhalt zugleich nach dem Herzen und den Capillaren hin-
treiben; dieser letzte Weg wird dem Strom aber durch die Klap-
pen abgeschnitten, die in den erwähnten Venen besonders zahl-
reich vorkommen.
Beobachtete Spannungen innerhalb der kleinen
Blutbahn.
1. Die Spannungswerthe des arteriellen Blutes in den Lungen
können gemessen werden: a) nachdem der Brustkasten vorher er-
öffnet ist und der zum Leben nothwendige Luftwechsel in den
Lungen durch einen in die Luftröhre eingesetzten Blasebalg (künst-
liche Athmung) erhalten wird (Beutner) fff), b) Ein Troicart
wird durch die sonst unverletzte Brustwandung in die art. pul-
») Honle und Pfeufor. m. Bd. p. 73.
••) 1, c. p. 173.
•»•) physiologlscho Untersuchungen über dlo Bowogungen des Gehirns etc. Stuttg. 1845.
t) Do bowegingen der horsenen. Noderl. lancct 2- Serie. 1850.
tt) 1. c. p. 57.
ttt) Ilonlo's und Pfoufor's Zeitschrift. N. F. II. Bd.
Spannungen in der kleinen Blutbahn.
181
monalis gestochen; nach Entfernung des Stichels wird in die lie-
. gengebliebene Scheide der Druckmesser eingesetzt (Chaveau). —
tc) Durch die vena jugularis dextra schiebt man einen mettallenen
iCatheter in das ost. venosum des rechten Ventrikels (Faivre*). —
. d) an einem Thier, dessen Herz in Folge eines Bildungsfehlers
wor der Brustwand liegt, konnte das Verbindungsrohr zwischen
IBlut und Messwerkzeug unmittelbar durch das Herzfleisch in die
Wentrikelhöhle gebracht werden (Hering**). — Vermöge der be-
ssondern An wen dungs weise des Druckmessers im erstem und letz-
ttern Verfahren erhalten wir keinen Aufschluss über die span-
rnenden Wii'kungen des Brustkastens, sondern nur über die des
i Herzens. Nicht minder liegt ausser besondern Fehlern in allen
[Fällen der Verdacht nahe, dass wesentliche Störungen in der Herz-
thätigkeit eingeführt werden; darum muss jedesmal gleichzeitig
mit dem Druck in den Lungenkreislaufe der in der Carotis be-
stimmt werden, so dass die Spannungen beider mit einander ver-
glichen werden können.
Als Beutner den Dnickmesser gleichzeitig in die artt. pul-
monahs und carotis einsetzte, fand er das Verhältniss des Mittel-
idi'ucks in der a. pulmonalis zur a. carotis bei Kaninchen wie, 1:4,
»bei Katzen wie 1 : 5, bei Hunden wie 1:3. — In diesen Ver-
suchen näherte sich die Spannung in der a. carotis deijenigen sehr
lan, welche man auch bei unerötFneter Brusthöhle erhält; darum
'darf angenommen werden, dass mindestens die Herzkräfte keine
; Schwächung erlitten hatten; dagegen war durch Einsetzung der
Ganüle in einen grossen Ast der Pulmonalarterie offenbar die
•Spannung in dieser weit jenseits der normalen Grenzen gesteigert.
Demnach kann man wohl, ohne einen zu grossen Fehler zu be-
gehen, 'behaupten, dass eine über das gewöhnliche Mittel gestei-
gerte Spannung in der Lungenarterie, so weit diese von der Herz-
kraft abhängig ist, sich verglichen habe mit der annähernd nor-
malen in der Carotis. —
Die für den Mitteldruck gefundenen Zahlen beti-ugen an Kanin-
chen 22 MM., an Katzen 17 MM., an Hunden 29 MM. Queck-
silber.
Beutner hat auch für einen Fall die Spannung in den Luu-
?envenen der Katzen untersucht und sie zu 10 MM. Hg. ge-
unden.
•) Gazette mddicale de Piiris 1856. p. 729.
••) Archiv für phyglolog. Heilkunde. IX. Bd.
182
Siiannnngcn in der kloinen Blutbalin.
Hering, welcbev seine Beobachtungen an einem Kalbe an-
stellte, das die angegebene Bildungsbemmung (ectopia cordis)
zeigte, brachte seine Messröhren unmittelbar in die linke und
rechte Herzkammer. In diesen Röhren, welche wasserdicht von der
Muskelsubstanz umschlossen wurden, stieg die Flüssigkeit in einem
Verhältniss von 1 : 1,7, die grössere Zahl gehörte dem linken Ven-
trikel an.
Faivre, der sich der Methode vonChaveau bediente, giebt
an, dass beim Pferd der Druck in der a. pulmonalis etwa ein
Drittheil von dem in der a. carotis betragen habe.
Da nun der Einfluss der Brustbewegung auf den Lauf des Lun-
genblutes dem Versuch noch nicht zugängig gewesen ist, so können
Avir zur Aufhellung dieser wichtigen Verhältnisse nur gelangen
durch theoretische Schlüsse über die Verändeiningen , welche die
Athembewegungen an dem Verhalten der Gefässe erzeugen. —
Mit Rücksicht hierauf ist zweierlei zu unterscheiden. Einmal
nemlich ändert sich die Länge der Gefässe und insbesondere der
Capillaren dadurch, dass sich die Lungenbläschen bei der Inspi-
ration ausdehnen, während sie bei der Exspiration zusammen-
fallen; die wesentliche Frage, ob sich hierbei die Widerstände än-
dern, indem mit der Ausdehnung der Lungenbläschen sich die
Capillaren verlängern und verengen, hat Pols euille auf verschie-
dene Art zu erledigen gesucht. Zuerst injicirte er mit einer in der
Kälte erstarrenden Masse die erwärmten Lungengefässe, dann bües
er einen Lappen der Lunge durch den Bronchus auf und unterband
den letztern; die andern blieben im zusammengefallenen Zustand.
Die mikroskopische Messung der Capillaren in der erkalteten
Lunge ergab einen grösseren Durchmesser für die zusammenge-
fallenen, einen kleineren für die aufgeblasenen Lungenmassen. — ■
Dann bestimmte er die Ausflussgeschwindigkeit eines Sti-omes, der
unter constantem Druck in die Lungenarterie ein- und durch die
Lungenvene ausging. In der zusammengefallenen Lunge war der
Strom geschwinder als in der massig aufgeblasenen und m dieser
wiederum rascher als in der stark aufgeblasenen. Auf diese That-
sachen kommt die Respirationslehre noch einmal zurück. — Nächst-
dem ändert sich aber auch mit der Brustbewegung die Spannung
der grossen Lungengefässe, welche ausserhalb des Pleurasackes
gelegen sind. Auf sie ist nemlich offenbar alles das anwendbar,
welches für die grossen Gefässe des Aortenwerkes innerhalb der
Brusthöhle galt, so dass in den Venen und Arterien der Lungen
Geschwindigkeit des Blutstroms.
183
die Spannung mit der Exspiration steigt, mit der Inspiration aber •
abnimmt.
2. Verbindung zwischen Lungen und Körperkreislauf. Eine
besondere HeiTorhebung verdient schliesslich noch die eigenthtim-
liche Verbindung, welche zwischen dem Aorten- und Lungenwerk
durch die a. bronchialis besteht ; diese bezieht, wie bekannt, ihr Blut
aus der Aorta und liefert es theilweise wenigstens unmittelbar in
die V. pulmonalis. Diese Gefasse dürften vielleicht angesehen wer-
den als Mittel, durch welche relative Ueberfüllungen der einen
oder andern Abtheilung ausgeglichen werden können.
Die G-eschwindigkeit des Blutstroms.
Die Geschwindigkeit, welche den einzelnen im Blutsti-om krei-
senden Theüchen zukommt, wechselt mit der Zeit und dem Ort
und dem Aggregatzustand des Strömenden. — Zunächst ist es
offenbar, dass von den Theilchen, welche gleichzeitig in einem und
demselben Sti*omquerschnitte enthalten sind, diejenigen, welche an
der Köhrenwand laufen, sich langsamer bewegen, als die in der
Mitte gelegenen, weil ausnahmslos in allen Röhren die Wand-
! Schicht an Geschwindigkeit der Mittelschicht unterlegen ist. Zu-
dem ist die Anwendbarkeit dieses Grundsatzes auf den Blutlauf
< erfahi-ungsgemäss festgestellt. — Ein und dasselbe Theüchen wird
aber eine verschiedene Geschwindigkeit empfangen, je nachdem
es in den Stämmen oder Aesten der Arterien und Venen, oder in
den Capillaren sich bewegt, und dieses wird selbst noch gelten,
wenn auch das Theilchen immer in derselben relativen Stellung
: zu der Wand, z. B. in der Mittelschicht, bleibt. Denn da die
Querschnitte der gesammten Blutbahn auf ihrem Verlauf bald
grösser und bald kleiner werden, da trotzdem durch jeden Quer-
schnitt der Gesammtbahn immer gleich viel Blut sti-ömmen muss,
80 wird in den grössern Querschnitten die Geschwindigkeit sich
vermindern müssen. — Mit der Zeit verändert sich aber die Ge-
> sehwindigkeit, weil die treibenden Kräfte, oder anders ausgedrückt,
die Spannungsunterschiede zweier unmittelbar aufeinanderfolgender
' Querschnitte mit der Zeit wechseln. Dieser Wechsel ist nun aber
tür die einzelnen Gefässabtheilungen, wie wir wissen, nicht gleich.
Im normalen Blutstrom sind diese Unterschiede in merklicher Weise
und zwar ununterbrochen vorhanden in den grossen Arterien, insbe-
> sondere des Aortensystems, dann in den grossen Körpei-venen, am
wenigsten ausgesprochen sind dagegen die erwähnten zeitlichen
I Veränderungen in den Capillaren.
184 Goscbwindiiikeitsmcssujig nach E. II. Weber, Viorordt, Wagner, Woller.
Wenn man also die Blutströmuug messen will, so muss man
sich vor .Allem darüber verständigen, ob man eine Partialgeschwin-
digkeit, d. h. die an einem Ort und zu einer begi'enzten Zeit be-
stehende, oder ein Mittel aus den zeitlichen und örtlichen Varia-
tionen zu bestimmen gedenkt. Dieses hervorzuheben ist um so
weniger unnütz, als in der That die verschiedenen bis dahin be-
kannt gewordenen Methoden bald das eine und bald das andere
Ziel verfolgen.
a. Die Ceiitralgeschwindigkoit des Capillarenstroms *) kann durch, die sichtbare
Bewegung der Blutkörperchen gemessen ■werden. Dieses geschieht 1. nach E. H.Weber
durch mikroskopische Ausmessung der Wegstrecke, welche ein Blutkörperchen in der
Zeiteinheit zurücklegt. Um aus diesen Daten die wahre Geschwindigkeit zu finden,
muss man den durchlaufenen Weg durch die Vergrösserungszahl des Mikroskops di«-
diron, wie sich von selbst versteht. Als vorzügliche Beobachtungsorte empfehlen sich die
Schwimmhaut, und das Mesenterium der Frösche (E. H. Weber), das Mesenterium junger
Siiugothiüre (Volkmann, 11. Wagner), das luxirte pigmentfreie Auge kleiner Nage-
Ihiere (Waller). — Die Beobachtung selbst ist schwer; auf die AufsteUung der zu
beobachtenden Theile unter das Mikroskop ist die grössto Sorgfalt zu verwenden, damit
die Beobachtung nicht durch örtliche Störungen vereitelt werde. — 2. Ein anderes am
Menschen anwendbares Verfahren, auf welches schon in der ersten Auflage dieses Lehr-
buches hingewiesen wurde, konnte Vierordt ausführen, weil er, wie Seite 353 des
I. Bandes erwähnt wurde, sich den eigenen lletinalkreislauf sichtbar machen kann.
Um diesen Versuch zu dem vorliegenden Zwecke zu benutzen, projizirt er die Gefäss-
figur auf eine von hinten stark erleuchtete Milchglasscheibe, die in genau gekannter
Entfernung vom Auge steht; dann notirt er die Zeit, in welcher ein Körperchen eine
gradlinige Bahn von gemessener LÜTige durchläuft. Ist a der Abstand der Müch-
glasebene vom vordem Knotenpunkt des Auges, b der der Retina von hintern und c
die vom Blutkörperchen auf der Milehglasscheibe durchlaufene Wegstrecke, so ist die
b e
auf der Retina durchlaufene = — . — 3. Vierordt schlägt endlich auch die rotiren-
a
den Scheiben von Plateau und Doppler als Mittel für die Messung an durchsichtigen
thierischen Theilen vor. —
Da nun bekanntlich die rothen Körperchen im Centraistrom der Capülaren lau-
fen und da des geringen speciflsehen Gewichtsunterschieds wegen ihre Geschwindigkeit
mit der der Blutflüssigkeit übereinstimmt, so leistet die Messung ihrer Geschwindigkeit
wahrscheinlich mit hoher Vollkommenheit das Verlangte.
b. Das Dromometer von Volkmann**) findet seinem Bau gemäss einen Mittel-;
Werth aus den auf dem Querschnitt eines grösseren Gefässes nach Zeit und Raum ver-
änderlichen Geschwindigkeiten. Mit andern AVorten, es misst die Geschwindigkeit,
welche, wenn sie während der ganzen Beobachtungsdauer auf allen Orten des Gefäss-
schnittes gleich wäre, gerade soviel Blut durch den letzten fördern würde, als in der
•) Müller« Archiv. 1838. Viororilt. Die Gesetze der Stromgoschwiiidigkciton. Frankfurt
1858. p. 33 11. f. — W aller Compt. rcnd. Ud. 43. p. 659. — n. Wag n er in Valentins Jaluesbe-
rloht fUr 185«. p. 78. —
•») Hacmodynnmik. p. 185. — Lenz, expcrimouttt do raliono intcr pulsus frequcntnm ii''-
Dnrpat 1853. p. 11. Vierordt 1. c. p. 7.
Geschwindigkoitsmessung nach Vierordt und Volkmaiin.
185
That durch ihn läuft, während die Geschwindigkeit von der Wand gegen das Röhren-
centrum und in jedem einzelnen Faden wiedoruni mit dem Schlag und der Ruhe des
Herzens veränderlich ist. l)io besondere Anwendung dos Dronioraoters für den Blut-
stroiu erläutert die Fig. (48). In ihr bezcichuen aa die Enden des durchschnittenen
Gefiisses , in welche das Haomodromometer b c ä c h
eingebunden ist. Dieses letztere hat einen geraden
Schenkel b c o b aus Messing und einen gebogenen
cd c aus Glas. An den Orten c c , wo die Arme des
gläsernen Eohrs in das gerade münden , sind zwei
Hähne mit anderthalbfacher Durchbohrung angebracht,
die in der Zeichnung im Grundriss dargestellt sind;
[die durchbohrten Gänge sind schwarz schraffirt. Man
erkennt, dass, wenn die durchbohrten Theile der
tHähne die gezeichnete Stellung einnehmen, das Blut
laus dem Gefässe a unmittelbar durch den geboge-
nen Schenkel c d c dringt , während der gerade abge-
schlossen ist; werden dagegen die Hähne um 90"
gedreht, so ist umgekehrt der gerade Schenkel für
den Blutsfcrom eröffnet und der gebogene ihm verschlos-
sen. An diesen Hähnen ist endlich noch die hier nicht
angegebene Einrichtung angebracht, dass immer mit
[dem einen Hahne sich der andere zugleich umdrehen
niuss, so dass in sehr kurzen Zeiten der Strom b c o b
! in den von b e d c b umgesetzt werden kann. — Will
»man eine Messung ausführen, so füllt man das Haema-
Liromometer mit Wasser und bringt einen seiner Hähne
cji eine solche Stellung, dass das einströmende Blut durch
l«ien geraden Schenkel b c cb dringen muss. Hierauf
(ireht man zu einer genau bestimmten Zeit die
[i lähne plötzlich um , so dass nun das Blut nur
üurch den gläsernen Schenkel einen Ausweg £ndet. Das in ihn eindringende Blut
r-Teibt das Wasser vor sich her. Dieses geschieht jedoch nicht in der Weise, dass un-
nittelbar die dunkle Farbe des Bluts sich absetzte gegen die helle des Wassers, son-
dern es mischen sich beide , so dass hierdurch auf einer Wegstrecke alle Aöglichen
Abstufungen des Blutroths vom Wasser bis zum reinen Blut hin vorkommen. Da die
Längenausdehnung dieser Mischung keineswegs verschwindet gegen die von dem Blut
während der Beobachtungszeit durchlaufene Bahn, so muss man sich darüber verstän-
digen, welche Tinte man als Marke wählen wül, oder anders ausgedrückt, wie tief die
Farbe der am Ende des Eohrs ankommenden Mischung sein muss, wenn mau die Be-
jbachtung für geschlossen erklären will; Volkmann wartete jedesmal so lauge, bis
die tiefste Farbe, die des ungemischten Blutes, an dem Grenzstrich angelangt war. Er
versichert, dass unter Berücksichtigung dieses Umstandes und bei der von ihm gewählten
Art, die Zeit zu bestimmen, die Geschwindigkeit in der Köhro bis auf 0,9 ihres
:rahien Werthcs genau gemessen werden kann, so dass von dieser Seite der Fehler in
(lie Grenzen + eines Zchntheils vom ganzen Werth eingeschlossen sei.
Einige Willkührlichkeiten , die in dieser Annahme liegen, sucht Vierordt zu
beseitigen, indem er vorschlägt, die Zeit zu messen, welche jedesmal zur Vollendung
rler Hahnumdrehung verbraucht wird, und indem er darauf dringt, den Blutanthcil zu
186
Qeschwindigkoitsmossung nach Yolkmann und Yierordt.
bestimmen , Avelchor auf joder beliebigen Strecke der gebogenen Köhrc in das Wasser
eingedrungen ist. Ebenso maclit er darauf aufmerksam, dass das Dromometer in An-
betracht der kurzen Beobachtungsdauer, die es zulässt, nur bei rascher Pulsfolgc brauch-
bar sei, da es natürlich nicht möglich sei, die Beobachtung mit der Phase der
Herzbewegung zu schliessen, mit welcher sie begonnen. — Die etwas schwierige Zeit^
raessung Volkmanns hat Bidder vereinfacht und zugleich verschärft.
Gesetzt nun aber, es sei die Geschwindigkeit, welche im Dromometer während
der Beobachtung bestand, mit hinreichender Schärfe gemessen worden, so bleibt noch
zu erforschen, in welchem Verhältniss die Geschwindigkeit des Blutstroms in der Glas-
röhre zu derjenigen steht, welche in dem Blutgefäss vorhanden gewesen wäre, ohne
dass die Einführung des Instruments stattgefunden hätte. Gleich kann die Geschwin-
digkeit in beiden Umständen nicht sein, da das Verhältniss zwischen Widerstand und
Triebkraft nicht dasselbe geblieben ist. — Die Triebkraft des Bluts ist nämlich für
beide Fälle gleich ; denn in ihr würden nur dann Veränderungen eingetreten sein, wenn
sich durch das Instrument zwischen dem Herzen und seinem EinfUgungsorte etwas um
gestaltet hätte, was aber nicht geschehen ist. Dagegen sind die Widerstände, die der
Strom findet, vermehrt ; denn es hat sich mit der Einsetzung des Instruments die Blut
bahn nach den Capillaren hin verlängert und auch verengert, weil unter allen Um
ständen das Lumen der eingebundenen Glasröhre dem der Arterien nicht gleich kommen
kann ; demgemäss muss die Flüssigkeit langsamer strömen. Zu dieser Betrachtung fügt
nun aber Volkmann die Behauptung, dass die Verlangsamung des Stroms nicht sehr
bedeutend sei, weil der Widerstand aus den Capillaren her in beiden Fällen gemeinsam
soiund gegen diesen der in der Glasröhre verschwinde. Zur Kräftigung seiner Annahme *)
hat er den Widerstand ermittelt , der sich in einem Dromometer entwickelt , welches
in eine Arterie eingefügt ist; dieses geschah auf die gebräuchliche Weise, indem er
einen Druckmesser am Beginn und am Ende des Droraometers einsetzt. In der Thai
bestätigt sich seine Ansicht durch den Versuch mindestens in so weit, dass der Wider-
stand im Dromometer gering ist gegen den jenseits desselben. Zu gleicher Zeit gfr
winnt man aber auch bei diesen Beobachtungen die Ueberzeugung, dass die Eöhren des
Dromometers nicht wohl länger und enger hätten sein dürfen.
Aus den Erläuterungen Volkmann's zu seinem Verfahren geht hervor, dass
das Mittel, welches er aus den verschiedenen zeitKchen und örtlichen Geschwindigkeitei
findet, um einen nicht näher anzugebenden Bruchtheil niedriger ist, als das wahre
c. Das Tachometer von Vierordt bestimmt nach den Erörterungen, welch^l
ihm auf Seite 54 zu Theil geworden sind, das Mittel aus den verschiedenen Geschwind
digkeiten eines grossem Gefässquerschnitts, und durch eine besondere Einrichtung, die ihni|
gegeben wurde, auch noch die Variationen, die diese mittlere Geschwindigkeit während,
des Schlags und der Kuhe des Herzens erfahrt. Denn das Pendelehen, welches in demj
Blutstrome hängt, entfernt sich während der Systole des Herzens um einen grösseren
Winkel aus seiner Ruhelage, als während der Diastole. Um die Vermuthung abzu-
schneiden, dass die Geschwindigkeit, welche der Pendel bei diesen Bewegungen em-
pfange, in die Geschwindigkeitsbestimmung des Stroms störend eingreife, erwähnt
Vierordt, dass die Zahl und Zeit der Pendelschwingungen genau denen des Herz-
schlages entsprechen. Um diese raschen veränderlichen Stellungen des Pendels aufzu-
fassen, setzt Vierordt auf die äussere Seite des Qlaskästchens, in welchem der Pendel
geht, einen beweglichen Zeiger, der um eine Achse mit der Hand so hin und her g«'
•) 1, c. p. 233 u. f.
Geschwindigkoitsmossung nacli Hering.
187
dreht werden kann, dass er mit dem Pendel immer genau gleick geht. Mit diesem
Zeiger ist schliesslich ein leicht beweglicher Eahmen verbunden, der mittelst eines an
seinem freien Ende befindlichen Pinsels die Ausschläge auf eine rotirende Trommel
schreibt. — Bei den Vorzügen, welche das Tachometer in der vorliegenden Einrichtung
ibesitzt und in Anbetracht der Sorgfalt, vrelche ihm Vierördt zugewendet hat, würden
inoch einige Prüfungen auf den Umfang seiner Brauchbarkeit wünschenswerth sein. Um
aufzuhellen, in wie weit der Widerstand von Bedeutung sei, den das Instrument indem
G^lass erzeugt, in welches man es setzt, hätte man sich ein verzweigtes Eöhrensystem
herstellen können , in welchem der Strom bei ähnlicher Druckkraft mit änhnlichen
Widerständen wie im Gefässsysteme zu kämpfen gehabt hätte ; dann würde aus einem
der Zweige die mittlere Geschwindigkeit zu bestimmen gewesen sein, bevor und nach-
dem das Pendelkästchen in ihn eingeschaltet gewesen. Ein anderer Zweifel Hesse sich
dadurch beseitigen, dass man in einen Strom, der das Pendelchen trifft, die mittlere
Geschwindigkeit rasch und in bekannter Weise änderte und dann nachsähe, ob der
Pendel bei jeder Geschwindigkeitsänderung die verlangte Stellung einnähme.
d. Vierordt benutzt auch die aus einer künstlichen Gefässmündung fliessende
Blutmenge zur Messung der mittleren Geschwindigkeit. Um die letztere durch die
künstliche Ausflussöffiiuug nicht zu erhöhen, setzt er in das an seiner Capillarenseite
zugebundene Gefäss ein Manometer und lässt durch die Gefässöfihung nur so viel Blut
strömen , dass die Spannung im Gefäss immer der normalen angenähert bleibt. Der
^Erfinder betrachtet diese Methode einstweilen noch als eine solche, die wesentlicher
Terbesserungen fähig sei.
e. Hering erdachte einen sinnreichen und praktisch wichtigen Versuch, dessen
iErfolg aufs Innigste an die Stromgeschwindigkeit gebunden ist; der Versuch beab-
sichtigt , die Zeit festzustellen , welche verstreicht zwischen der Einspritzung einer
•ialzlösung in einen bestimmten G'tfässort und dem Erscheinen der ersten nachweisbaren
':5puren der Lösung in dem Blute eines andern Gefässortes. Da diesem Versuche die
i> iVeglänge unbekannt bleibt, so bestimmt er nicht die Geschwindigkeit, sondern nur die
.' Jebertragungszeit der eingespritzten Masse von einem Gefässquerschnitt zu einem andern;
u'uid insofern er den Zeitwerth misst , welcher zum Hinüberschaffen der ersten Spuren
ijehört, bestimmt er die Uebertragungszeit, welche nahebei aus der mittleren Centralge-
ch windigkeit *) zwischen den beiden Gefässorten hervorgeht. Die Ausführung des Ver-
suchs verlangt einmal die Anwendung eines Salzes, welches ohne Schaden in denKreis-
; auf gebracht und doch in der geringsten Menge schon mit Sicherheit nachgewiesen
werden kann; als solches führt Hering eine verdünnte Lösung blausäurefreien Bin tlau-
tjensalzes ein. Zweitens verlangt der Versuch eine genaue Bestimmung des Zeitraumes
'swischen den Einführungen des Salzes an den einen und dem Erscheinen an den andern
rOrte. Diesem Erfordemiss hat Vierordt mit grosser Genauigkeit dadurch Genüge
jeleistet, dass er die zum Auffangen des entleerten Blutes bestimmten Töpfchen auf den
iümfang einer rotirenden Scheibe stellt, welche letztere in 0,6 See. je eins der orsteren
■) Ver>achc, die Schnelligkeit des Blutlaufs zu bestimmen. Zoitsclirlft fUr Physiologie von Tio-
temann und Trcviranus. III. Bd. — Ibidem. V. Bd. — Archiv fUr physiolog, Heilkunde.
511. Bd. p. 112. — Vierordt, Stromgoschv/indigkciten des Blutes, p. 18.
••) d. h. eine Geschwindigkeit welche dasselbe leistet, wie die mit Zeit und Kaum vcräiulcr-
Iche Geschwindigkeit in der Achse der Röhronströmo, welche den Einsprizungs- und AufTnngungs-
»rt nrit einander verbinden.
188
Goscliwimligkoitsmossung nach Hering.
vor der Gefiissöffiiung voriiberfükrte, und dass er die Naohweisung des Blutlaugensalzes
verscliärfto. — Mit diesen Mitteln geht nun der Versuch so vor sich : Man legt zwei
Gefässo bloss; in das eine dorselton setzt man nach der Richtung des Stromes eine
Spritze mit der nöthigen Salzlösung gefüllt ; in das andere setzt man ein mit einem
Hahne versehenes Köhrchcn; die Mündung dieses Eöhrchens steht über dem llande der
Scheibe , so dass das aus ihm strömende Blut sich in das gerade vorübergeführte
Xiistchen crgicsst. Nachdem man die Scheibe in Bewegung gesetzt, spritzt man die
Lösung ein und öfEnet gleichzeitig den Hahn des Ausflussröhrchens , dessen Strahl nun
die gewünschte Zahl von Töpfchen füllt, worauf man den Hahn wieder schliesst.
Hierauf prüft man der EeUie nach den Inhalt der Töpfe auf ihren Blutlaugensalz-
gehalt. Aus der Zahl der Töpfchen, die vom Beginn des Versuchs bis zu dem, welches
die erste Spur des Salzes enthält, gefüllt sind, ergiebt sich die gesuchte Zeit, indem
man 0,6 See. mit jener Töpfchenzahl multiplizirt. —
Diesem Versuch hat man die Einwendung gemacht, er gebe nicht die wahre Ueber-
tragungszeit an, einmal weil durch die Oefifuung im Gcfässsystomc der normale Druck-
unterschied zwischen dem Zu- und Abflussort und also auch die Geschwindigkeit zwischen
beiden geändert werde (Volk mann). Dieser Einwurf verliert erfahrungsgemäss indem
Maasso an Gewicht, als man aus der Gefässöifnung ungefähr nur soviel ausströmen
lässt, als für gcwölmlich durch den Querschnitt des ungeöffneten abströmen würde
(Hering). — Poiseuillc stützt eine Einsprache gegen die Anwendbarkeit des Ver-
fahrens auf die Aenderungcn , welche nachweislich ein Salzzusatz in der Blutreibung
hervorbringt. Diese Ausstelluiig scheint aber allerdings bedeutungslos zu werden,
wenn dorn Blute so wenig Salz zugefügt wird, wie dies neuerlichst Vierordt gethan.
Vielleicht Hesse sich die Frage durch den Versuch entscheiden, ob sich proportional
dem vermehrten Zusatz die Uebertragungszoit verkürzte oder verlängerte.
Im Gegensatz zu iler vorliegenden Betrachtungsweise sehen Hering und Vierordt
die Uebertragungszoit nielit als eine Funktion der grössten Geschwindigkeit in der Bahn,
sondern als eine der mittleren an. Der Versuch würde zu ihrem Gunsten entscheiden,
wenn die aufgefangene Blutprobe ungefähr so viel Salzprozente enthielt, als ihr zu-
kommen würde unter der Voraussetzung , dass eine gleichmässige Mischung des einge-
spritzten Salzgowichtes mit der Blutmenge stattgefunden hätte , die in den Gefässen
enthalten war, durch welche das Salz strömte. So müsste z.B., wenn das Salz in di
linke v.jugularis eingespritzt wurde und von da zum rechten Herzen, zur Lunge und dem
linken Herzen, durch den Kopf zur Ven. jugul. dcxtr. gekommen wäre , die Blutprobe
eine so intensiv gefärbte Eeaktion geben , als sie sich von einer gleichgrossen Probe
erzielen lässt , die einem Gemenge entnommen würde , das aus ebensoviel Blut und
Blutlaugensalz besteht, wie im Versuchsthiere enthalten war. Da dieser oder ein ähn-
licher Beweis noch nicht geliefert ist, so wurde der ersten Anschauungsweise der
Vorrang gestattet, und zwar darum, weil das Blut gerade in den Gefässen am läng-
sten verweilt, in welchen die Wand die mittlere Geschwindigkeit am meisten ernie-
drigt, und in welchen keine Pulsbewegu^ die centralen und die wandständigen Schich-
ten des Inhalts mischt.
Für die Berechnung der mittleren Geschwindigkeiten in verschiedenen Blutgefässen
und einiger daraus ableitbaren Werthe bedient man sich einiger Voraussetzungen, welche
jedoch nm* da zulässig sind , wo es sich nicht um eine grosse Genauigkeit handelt. —
Wollte man z. B. die mittlere Geschwindigkeit in der aufsteigenden Aorta berechnen,
so würde dieses thunlich sein, wenn Gefässquerschnitto und Stromgeschwindigkeiten
der Acste also der Carotiden, Subelavicn und der absteigenden Aorta bekannt wären.
Sondergescilwindigkeit auf demselben Querschnitt.
189
IDa aber nur die Geschwindigkeit in der Carotis bestimmt ist, so macht man die An-
nnahme, in allen andern Aesten sei die Geschwindigkeit dieselbe. Hierauf misst man
dden Querschnitt aller in Betracht konxmenden Bahnen und findet daraus die Menge von
FFlüssigkeit, welche in der Zeiteinheit dieselbe durchsetzt. Da nun aber dieses Blutvolum
iin derselben Zeit durch die aufsteigende Aorta gegangen sein muss, und da man auch
ilihren Querschnitt annähernd messen kann, so ergiebt sich nun auch die mittlere Ge-
^sch windigkeit in ihr. — Auf diese Art hat man nicht allein (s. p. 76.) das mit jedem
tHerzschlag entleerte Blutvolum geschätzt, sondern man hat auch, indem man auf die
»angegebene Weise zu schliessen fortfuhr, die Geschwindigkeit des Stroms in den Aesten
-der absteigenden Aorta und endlich auch mit Zuhülfenahme anderer Daten die Quer-
^.ächnitte einzelner nicht mehr messbarer Gefässabtheilungen berechnet. — Siehe über
idiese Art von Betrachtungen in Yierordt's Gesetzen der Stromgescbwindigkeiten,
pp. 69. 103. 112. —
1. Von den Sondergeschwindigkeiten auf demselben
,Querschnitt.
a. Die Centraifäden des Sti-öms in den Blutgefässen bewegen
sich rascher als die Wandfäden, gerade so wie dieses in allen
cjlindrischen Strömen vorkommt. Den Beweis hierfür liefert die
mikroskopische Erfahrung, dass die im Centrum kleiner Gefässe
hingehenden Körperchen viel rascher laufen, als die unmittelbar
;an der Wand hinstreichenden. — Da sich die letztern rollend be-
megen, so giebt die bekannte Geschwindigkeit ihres Fortschreitens
ikeinen Aufschluss über die Geschvsdndigkeit der Flüssigkeitsschicht,
bin der sie einhergehen. — b. Die Lymphkügelchen, Blutscheiben
lund das Plasma des Blutes sind in dem Blutstrom nicht überall gleich-
imässig vertheilt, und die in analogen Querschnittsorten verschiedener
; Gefässe enthaltenen flüssigen Massen bewegen sich nicht gleich
^geschwind. Die Erfahrung sagt hierüber Folgendes aus: 1" Das
i Venenblut enthält in 100 Theilen im Allgemeinen mehr Körperchen
lals das der Arterien (Heidenhain, Vierordt); wahrscheinlich
ist das Pfortaderblut am reichsten an aufgeschwemmten Theilen.
Drückt man diese Erfahrung mit Rücksicht auf die Strömung und
auf den selbstverständlichen Grundsatz aus, dass in die Arterie
soviel Köi-perchen eintreten müssen, als aus den Venen hervor-
;8trömen, so heist sie: die Blutscheiben nahmen in der Arterie die
■relativ geschwinder, in den Venen dagegen die relativ lang-
samer strömenden Orte des Querschnitts ein. — 2 " In den kleinsten
dem Mikroskop zugänglichen Arterien des Aortenwerks schwimmen,
wenn die Stromgeschwindigkeit sich über einer nicht näher zu be-
zeichnenden Grenze hält, die rothen Körperchen immer nur in der
centralen, niemals in der Wandschicht, so dass ein solches Gefäss
in der Projektion auf die Ebene aus einem rothen Centralfadcn,
190
Vertheilung der Körperchen im Blutstrom.
der von zwei farblosen Streifen umgeben ist, zusammengesetzt er-
scheint. In dem Theile der farblosen Schicht, welcher die Wand
unmittelbar bertihrt, bewegen sich die Lyraphkügelchen theils foi-tr
schreitend und theils rollend (E. H. Weber, Acherson). —
Nimmt die Geschwindigkeit ab, so wird der rothe Centralfaden
breiter und die Lymphkügelchen häufen sich in der farblosen Schicht
an ("Acherson); sinkt endlich die Geschwindigkeit noch mehr,
so dringen auch die rothen Scheiben in den Wandsaum, mit an-
dern Worten, das Gefäss scheint durchweg mit rothen Massen er-
füllt, so dass der farblose Raum verschwindet. — 3" In den kleinen
Venen des Aortenwerks verhalten sich die Dinge wie in den kleinen
Ai-terien, nur ist im Allgemeinen in den erstem der rothe Mittel-
faden im Verhältniss zur farblosen Wandschicht breiter als in den
letztem (Acherson). — 4° In den kleinen Arterien und Venen
des Lungenwerkes schwimmen unter Umständen im centralen Theile
Blutscheiben und Lymphkügelchen unter einander vertheilt, so dass
der farblose Wandsaum ganz frei von Körperchen ist (R.Wagner),
unter andern verhalten sie sich wie im Aortencapillaren (Gunning).
— 5" In den Capillaren nehmen Blut- und Lymphkörperchen den
mittlem Theil des Sti'oms ein, die letztern schreiten jedoch lang-
samer vorwärts als die erstem; die Dichtigkeit, mit welcher die
Körperchen einander folgen, ist mit der Zeit sehr veränderlich. —
Die Erklärung dieser Thatsachen ist enthalten in der beson-
dern Vertheilung der Stromkräfte auf dem Gefässquerschnitt, in
dem spezifischen Gewicht, der Form und der Masse der Körper-
chen. — Insofern das spezifische Gewicht der Flüssigkeit und des
in ihr schwimmenden Körperchens ungleich ist, vrird das letztere
von dem Stosse der Sti-omfäden und daneben auch noch von dein,
Zuge der Schwere angegriffen werden. In einem horizontal ver^
laufenden Strome wird also das Körperchen, je nachdem es spe^
zifisch leichter oder schwerer als die Blutflüssigkeit ist, gegen die
obere oder untere Wand hinstreben , und zwar mit um so grösserer
Geschwindigkeit, je merklicher jener Gewichtsunterschied ist. Dem
Zuge der positiven oder negativen Schwere wirkt direkt entgegen
der Unterschied der Seitendrücke, welchen die einzelnen Stromfäden
ausüben. Denn je näher der Peripherie ein Stromfäden liegt, um so
grösser ist sein Seitendruck, also treibt dieser ein aus dem Centrum.
sich bewegendes Körperchen wieder dahin zurück, und zwar mit;
um so grösserer Kraft, je geschwinder der Strom fliesst, weil hier-
mit auch die Unterschiede der genannten Seitendrücke wachsen. — •
Ursachen der besondem Vertheilung und Bewegung der Körperclien. 191
Die Unterschiede der Geschwindigkeit, welche die Stromfäden
«eigen, je nachdem sie im Centrum oder an der Wand fliessen,
bedingen, insofern das Körperchen sich nicht im Centrum bewegt,
mgleiche starke Stösse diesseits und jenseits seines Schwei-punktes
md hiennit eigenthiimliche Bewegungsformen der schwimmenden
Masse. —
Diese Erörterungen machen es begreiflich, warum sich die
,j}'Tnphkörperchen rascher aus dem centralen Strom ausscheiden,
äis die Blutscheiben, und warum erst der Strom sich sehr ver-
langsamt haben muss, bevor auch die letztern in die Wandschicht
-reten.
Ebenso erklärlich ist es, dass jede rothe Scheibe sish mit
hi-em schmalen Rand gegen die Stromrichtung stellt und zwar so,
3ass ihr Schwerpunkt womöglich in die Stromachse fällt, so dass
üe dem Stoss ausgesetzten Flächen des Körperchens sich symme-
risch um die Achse vertheilen. Denn befände sich die Scheibe
lusserhalb der Stromachse und zugleich so gelagert, dass ihre
ijrundfläche senkrecht gegen die Stromrichtung läge, so würde
iae von den raschern mehr gegen das Centrum gelegenen Strom-
laden stärker als von den Wandfäden gestossen werden, weshalb
iich die Scheibe so lange drehen würde, bis sie ihren schmalen
iland gegen den Strom kekrt; denn dann wäre der Unterschied
i'ler Stosskraft auf die Flächen diesseits und jenseits der Schwer-
iiiunktsebene ein Minimum. Liegt nun die Scheibe einmal mit ihrer
:!;rösseni Fläche parallel der Stromrichtung, aber so, dass ihr
i'Chwerpunkt ausserhalb des Centralfadens fällt, so wird sie
i vegen des von der Achse gegen die Wand wachsenden Seiten-
Iruckes von der letzteren Seite her einen gTössern Druck als von
ler ersteren her auszuhalten haben, und darum muss sie gegen
las Centrum geführt werden, wo sie fortan, ohne sich zu drehen,
I veiter schwimmt. —
i Kugelige Körperchen, wie es die farblosen sind, müssen, wenn
l'iie einmal aus der Wandschicht ausgeschieden wurden, sich drehen
Jvegen der ungleich starken Stösse, die sie in der Stromrichtung
^jmpfangen (Don der s), und sich langsamer als die Flüssigkeit be-
i vegen, weil durch die Drehung immer ein Theil der Kugelmasse
! intgegengesetzt der Stromrichtung geht. Desshalb mlissen auchfort-
■ chreitend verlaufende Blutscheiben an ihnen vortiberstreichen, selbst
^enn sie in denselben Stromfäden vorhanden sind, und es werden,
192 Mittloro Quersclinittsgoscliwindigkoit und ihre Aondcrungen.
wie G uiming'*) aiisfiiiirliclier entwickelt, auch darum die KUgel-
cheu au die Wand angedrückt.
2. Die mittlere Quersclinittsgeschwindigkeit ändert
sich in weiten Grenzen mit den Phasen der Bewegungen des Herzens
(Systole und Diastole), mit dem Umfang und der Folge seiner Zu-
sammenziehung, mit der Tiefe und der Zahl der Athemzüge, mit der
Blutmenge, dem Orte des betrachteten Querschnitts, dem Spannuugs-
unterschiede auf der Läugeneinheit, mit der Temi^eratur u. s. w.
a. Die Mittel- und Grenzwerthe der bis dahin gefundenen
mittleren Querschnittsgeschwindigkeit zählt die nachstehende Ta-
belle auf; die Zahlen bedeuten die MM., welche in der Secunde
durchlaufen wurden.
Gefäss.
Geschwindigkeit,
geringste. | grösstö. | mittlere.
Beobachter.
Carotis des Hundes .
106
342
264
Yolkmann, Lenz, Vierordi
„ „ Pferdes .
220
431
• 303
„ der Zioge . .
240
358
203
1 Volkniann
„ des Schaafs .
241
. 350
280
,, ,, Kalbs . .
02
431
295
Volkmann, Lenz
Cruralis des Hundes .
114
237
162
Vierordt, Lenz
Maxillaris d. Pferdes .
99
232
165
1 Volkmann
Metatarsca d. Pferdes .
56
Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit in der carotis ver-
schiedener Thiere steht sich demnach ungefähr in ähnlicher Weise'
nahe, wie es daselbst mit den Wanddriicken der Fall war.
Die Geschwindigkeit mit welcher die Blutkörperchen in detf
Capillaren laufen ist:
Ort geringste
Retina der Menschen
Schwanz der Froschlarve
Schwimmhaut d. Frosches
Mesenterium d. Hundes — —
Diese letztern auf die Capillaren
drücken offenbar nicht die mittlere Geschwindigkeit des Strom-
aus; nach welcher Richtung sie abweichen, ist unbekannt.
b. Ueber Geschwindigkeitsunterschiede zur Zeit der voUeude-
ten Systole und Diastole in Carotis und Cruralis des Hundes er-
hielten wir durch Vierordt**) Aufschluss; so war:
0, 6
0,45
0,17
größste mittlere
0,9 0,75
0,67 Oj57
1,11 0,51
Beobachter
Vierordt
E. H. Weber
Valentin '
0,80 (?) Volkmann.
sich beziehenden Zahlen
») Archiv fUr hoUänd. Roitiiigo. I. Bd. 320.
Slromgescliwindigkeit ji. 144 ii. SOG.
Die Geschwindigkeitsändorung des Blutstroms mit dem HerzscWag.
193
Carotis, zu Ende der zu Endo der Cruralis zu Ende der zu Ende der
Diastole Systole Diastole Systole
215 297 140 239
Der systolische Zuwachs zur diastolischen Geschwindigkeit
etrug im ersten Falle 39 p. c, im zweiten 70 p. c. In fünf an-
eru Fällen lag der systolische Zuwachs zwischen 1 4 bis 25 p. c. —
iese in den grossen Arterien so sichtbare Geschwindigkeitsän-
erung verliert sich allmälig gegen die kleinen Gefässe hin und end-
ch vollständig da, wo auch die aus gleichen Gründen herrührenden
•ruckschwankungen unsichtbar werden, also in den kleinsten Ar-
irien. Eine Ausnahme machen hiervon die kleinsten Gefässe der
etina*) deren Arterien (Ed. Jaeger) und Venen (v. Tright,
occius) sehr häufig wenigstens pulsiren.
c. Eine der wesentlichsten Bedingungen für die Strombe-
3hleuniguug ist gegeben durch die Menge und die Geschwindig-
eit des Zuflusses in das arterielle System, also durch Zahl, Umfang
id Schnelligkeit (Kraft) der Herzzusammenziehungen. In der That
ürde die mittlere Geschwindigkeit eines jeden Gesammtquer-
Lhnitts des Gefässsystems geradezu mit jenen Vorgängen wach-
en, wenn nicht mit ihnen zugleich die Blutspannung und die Di-
mensionen der Gefässe in einer Zunahme begriffen wären, so
wss der dem vermehrten Zufluss entsprechende Abfluss durch eine
l eigerung der Geschwindigkeit und des Querschnitts zugleich er-
licht wii'd.
, Eine andere Seite gewinnt unsere Frage durch die Betrach-
lüg, ob vielleicht zwischen der Folge, dem Umfang und der Ge-
ihwindigkeit der Zusammenziehungen gewisse Beziehungen be-
bhen, so dass z. B. jedesmal mit der beschleunigten Schlagfolge
5 Stromgeschwindigkeiten zu- oder abnehmen. Aus den hierher
/.hörigen Versuchen von Lenz geht hervor, dass allerdings häufig
it der Pulszahl die Geschwindigkeit in einem freilich ganz unbe-
(Jumbaren Verhältniss zunimmt, dass aber dieses keineswegs noth-
endig ist, namentlich bei Variationen der Schlagzahl in den mitt-
cm Grenzen, indem hier oft genug der Fall eintritt, dass die Ge-
'hwindigkeit mit sinkender Pulszahl sich mehrt oder umgekehrt
it steigender sich mindert.
Leni Tariirte die Schlagfolge mittelst Durchschneidung und Heizung dos n. vagus.
I zu vergleichen, musstcn jedesmal an demselben. Thiere mehrere Gescliwindigkoits-
ssTingen hinter einander angestellt werden ; vor jeder derselben führte er eiue dem Inhalt
'•)Donders, Ondcrzooklngen in hct laborntor oto. UtrooM 1864—56. p. 90.
Ludwig, Phygiologlo II. 2. Auflage.
Dio Qoscliwindigkeit des Blutstroms steigt mit dem Druckunterechied.
des Volkmannschen Dromometers entsprechende Natronmonge in das Blut und in Folge
dessen wurde, wie bekannt, die Kraft der Hcrzzusammonziehungen sehr gemindert.
Da nun demnacli in den Versuchen ausser der aufzufindenden Zahl der Herzschläge
noch zwei andere unbestimmbare Variable (Umfang und Intensität der Zusammenziehung)
enthalten sind, so ist die Auskunft, welche sie geben, selbst eine unbestimmte. Dass
mit der steigenden Beschleunigung in der Schlagfolge der Umfang jeder einzelnen Herz-
zusammenziehung abnimmt, ist einleuchtend aus der geringen Geschwindigkeit des
Stroms in den zum Herzen führenden Venen, welcher immer einer gewissen Zeit bedarf,
um das Herz anzufüllen. Mit Berücksichtigung dieses Umstandes lässt sich einsehen,
dass bis zu einem gewissen Grad mit der Beschleunigung des Herzschlages auch die
Stromgeschwindigkeit zunehmen muss, während sie bei noch weiter zunehmender Schlagzahl
in der Zeiteinheit wieder abnimmt. — Eine besondere Berücksichtigung verdient die
Energie der Vorhofszuckung, weil auch von ihr die Menge des Bluts abhängt, dio in
die Kammer eingeworfen wird.
d. Die Atliembewegung muss in ihrem Einfluss auf die Strom-
geschwindigkeit ähnlich beurtheilt werden wie die Herzbewegung,
was sich schon daraus ergiebt, dass sie vor Allem den Blut-
reichthum der grossen zum Herzen führenden Venenstämme be-
stimmt.
6. Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit steigt nicht mit der
Spannung auf einem Querschnitt, wohl aber mit Unterschied der
Spannung zweier auf einander folgender Querschnitte. — Für den
ersten Theil dieser Behauptung sind mancherlei Belege beizubringen.
Wir haben gesehen, dass mit der steigenden BlutfuUe des ge-
sammten Gefässwerks die Spannung des Bluts stieg, denn ein
Aderlass mindert den Druck des Bluts, gleichgiltig ob dieses in'
der Ruhe oder in der Bewegung war, und eine Einspritzung von
Blut in das Getässsystem mehrte ihn; unter diesen Umständen
mehrt oder mindert sich aber nach Volkmann und Hering die
Geschwindigkeit nicht. Eine kurze Ueberlegung zeigt sogar, dass
die GeschvTindigkeit des Stroms Null werden müsse, wenn die An-
füUung der gesammten Gefässhöhlen mit Blut zu einem gewissen
Werthe angestiegen wäre. Dieser Werth würde erreicht sein,
wenn das Gefässsystem so weit durch seinen Inhalt ausge-
dehnt wäre, dass die aus dieser Auhdehnung hervorgehende Span-
nung der Gefässwände hinreichend wäre, um allen den Drückea
das Gegengewicht zu halten, welche vom Herzen, dem Brustkaste
u. s. w. ausgehend dieselben noch weiter auszudehnen oder zu
sammenzupressen strebten. — Lenz hat eine grosse Zahl vo
Beobachtungen gesammelt, in welchen der Druck und die Ge
schwindigkeit mit einem Dromometer bestimmt wurden; er bestätigte
ebenfalls die oben ausgesprochene Behauptung.
Gleich- und ungleichförmige Geschwindigkeit im Blutstrom. 195
Das auffallendste Beispiel für die Unabhängigkeit der Ge-
schwindigkeit von dem absoluten Werthe der Spannungen eines
oder des andern Querschnitts eines Gefässes gewährt die Betrach-
tung des Lungen- oder Körperkreislaufs. In den Anfängen beider,
in der a. pulmonalis und der a. aorta, muss die Geschwindigkeit
gleich sein, weil der Durchmesser beider Gefässe nicht wesentlich
von einander abweicht und beide gleich viel Blut aus dem Herzen
befördeni müssen. Und dennoch sind die Spannungen in beiden
Gefässen so ungemein verschieden.
Anders aber verhält sich die Geschwindigkeit, wenn man die
Spannungsunterschiede in zwei aufeinander folgenden Gefässab-
schnitten zu ändern versteht. So sinkt bekannthch die Spannung
in den Ai-terien nach einer EiTCgung der nervi vagi sehr bedeu-
tend, und sie nimmt in den grossen Venen zu, während nach
Durchschneidung der erwähnten Nerven das Umgekehrte eintritt.
Dem entsprechend fand Lenz die Geschwindigkeit in der Carotis
verlangsamt im ersten und erhöht im zweiten Fall. — Augenschein-
hch beschleunigt jede Zusammenpressung einer oberflächlichen
i Vene den Strom aus derselben und umgekehrt strömt mit grosser
I' Geschwindigkeit das anliegende Blut in eine entleerte Vene. —
Mit Rücksicht auf den Spannungsunterschied zweier aufeinander-
|i folgender Querschnitte verhalten sich nun, wie bekannt, die Ge-
1 fasse unseres Körpers sehr verschieden. In den grossen Arterien
• und Venen ist dieser nemlich mit der Zeit ununterbrochen verän-
' derlich , in den Röhren kleinern und kleinsten Lumens kommt
es dagegen vor, dass die Spannungsunterschiede, die nach
'der Länge derselben bestehen, unabhängig von der Zeit sind.
Dieses Avurde schon früher ausführlicher auseinandergesetzt. Un-
•sere Behauptung verlangt also, dass in den Gefässen grössern
i Durchmessers auch die Geschwindigkeit einem stetigen Wechsel
1 unterworfen ist, während sie in den' kleinsten Gefässen eine gleich-
f förmige sein muss. So verhält sich die Sache auch in der That,
^wie die angeführten Beobachtungen von Vierordt in Arterien-
• Stämmen und die mikroskopische Betrachtung kleiner Gefässe
;j r darthut.
|i Diese Erfahrungen eröffnen, wie es scheint, die Aussicht, auch
jl im Blutstrora die gesetzmässige Beziehung zwischen der Geschwin-
\ digkeit und dem Spannungsunterschiedc zweier Querschnitte fest-
:) l' zustellen ; aber leider triibt sich dieselbe sogleich, wenn man be-
I denkt, dass mit einer veränderten Spannung auch alle andern
13*
196
Qeschwindigkeitsändorung mit dem Querschnitt, der Ecibung etc.
Verhältnisse, die auf die Geschwindigkeit einen Einfluss üben, sich
umgestalten, und so insbesondere die Weite und Länge der Röh-
ren. So lange man nun weder die Grösse dieser Umgestaltung
noch den Einfluss derselben auf den Widerstand festzustellen ver-
mag, wird es unmöglich sein, die soeben hingestellte Aufgabe zu
lösen. —
f. Die Geschwindigkeiten in verschiedenen Durchschnitten der
gesammten Strombahn verhalten sich umgekehrt wie die Flächen-
inhalte der Querschnitte. Wenn also ein Querschnitt durch den
Aortenbeginn einen geringeren Flächeninhalt besitzt als ein sol-
cher durch alle Aeste des Aortenstammes, so muss die mittlere Ge-
schwindigkeit in diesem letzteren um so viel geringer sein, als ihr
Flächeninhalt den des erwähnten Aortenquerschnitts übertrifft.
Diese Behauptung findet ihre Bestätigung in den Beobachtungen
von Volkmann, welcher die Geschwindigkeit bedeutender in der
a. carotis als in der a. facialis, und in dieser wieder grösser als
in der a. metatarsea fand; in der vena jugularis, wo sich das
Strombett wieder verengt hat, war auch die Geschwindigkeit
wieder gestiegen. — Ein ähnliches Resultat, wie diese Versuche
mit dem Dromometer, giebt auch die mikroskopische Untersuchung
der kleinsten Arterien und Capillaren. Man erkennt sogleich auch
ohne genaue Messungen, dass der Achsenstrom, dem die rothen
Blutkörperchen folgen, sich in den kleinen Arterien viel rascher
als in den Haargefässen bewegt. — Alles dieses ist aber die noth-
wendige Folge der allgemeinen Bewegungsgesetze, wonach bei
demselben Vorrath an lebendiger Kraft die Geschwindigkeit ab-
nimmt, wenn die bewegte Masse zugenommen hat.
g. Mit einer Veränderung in den Bedingungen, welche die
Reibung bestimmen, verändert sich auch die Geschwindigkeit des
Blutstroms. Zu den Beweisen ..für diesen Satz wären zu zählen die
Erfahrungen von Poiseuille, wonach in erkalteten Gefässen die
Geschwindigkeit viel geringer ausfällt, als in denjenigen von nor-
maler Temperatur. Diese Erscheinung muss nach demselben Be-
obachter*) abgeleitet werden aus der bekannten Erfahrung, dass
eine kalte Flüssigkeit sich bedeutender reibt als eine wanne; zu
dieser Erklärung muss man sich hier darum wenden, weil wäh- ,
rend der durch die Abkühlung eines beschi-änkten Gefässreviers
*} Sur les CAUS08 etc. p. 68. u. f.
Abhängigkeit der Stronizweigo von einander.
197
erzeugten Stromhemmung nicht auch gleichzeitig eine Veränderung
im Durchmesser der beobachteten Gefässe zu Stande kam. — Cl.
Bernard verdanken wir ebenfalls einige hierher einschlagende
Bemerkungen. Er fand, dass das Venenblut, welches aus den
Capillaren der Gesichtshaut zurückkommt, deren zuführende Arte-
: rien in Folge der Durchschneidung des sympathischen Grenz-
: Stranges erweitert sind, noch arterielle Eigenschaften besitzt; es
: scheint demnach , als ob das Blut so rasch durch die erweiterten
' Gefässe geflossen sei , dass ihm die Zeit zu seiner Umwandlung
j gefehlt habe. Dasselbe ereignet sich an den Venen der Speichel-
( di'üsen, Nieren u. s. w., wenn diese letztern Drüsen in der Abson-
( deruug begriifeu sind. Hier lässt sich zugleich durch Messung
1 nachweisen, dass das Blut während der Absonderung rascher
(•strömt (Cl. Bernard).*)
h. In einem so vielfach verzweigten System, wie das der
1 Blutgefässe , müssen, gleiche Ausflussmengen aus dem Herzen vor-
aausgesetzt, zwischen den Geschwindigkeiten der einzelnen Abthei-
llungen Compensationen bestehen, so dass, wenn dieselbe in einem
!- oder einigen Aesten der Aorta sinkt, sie in andern zunimmt, und
kaingekehrt. Andeutungen für das Bestehen solcher Verhältnisse
»besitzen wii' in der That ; so bleibt z.' B. bei einem Kaninchen, an
Mem einseitig der Grenzstrang des Halses durchschnitten ist, der
Druck in beiden Carotiden derselbe, trotzdem nimmt die Anfüllung
Ider Gefässe auf der Seite des durchschnittenen Nerven zu und in
iden der andern ab. Diese Erscheinung ist nur daraus erklärbar,
Idass durch die Verbindungsäste beider Gesichtshälften der Strom von
ider Seite des unverletzten auf diejenige des verletzten Nerven
rgeht (Cl. Bernard). — In gleicher Weise kann man die Gefäss-
tfülle aUer übrigen Theile mindern, wenn man durch Anlegung
siner Saugpumpe um ein Glied, z. B. durch Anbringung des soge-
nannten Schröpfstiefels, den Luftdruck auf dieses Glied herabsetzt,
indem sich damit die Gefässe des Gliedes erweitern, nimmt der
Widerstand in den Strombahnen desselben ab , und darum be-
schleunigt sich der Strom hier, während er anderswo sich verlang-
samt. — Es würde »unbezweifelhaft von grosser Wichtigkeit sein, das
Verhältniss der mittleren Geschwindigkeit in den einzelnen grösse-
?*en Gefässabtheilungen , z. B. den Darm-, Nieren-, Hirn-, Muskel-
nrterien zu kennen, weil uns mit Pjerücksichtigung des Quer-
•) B r o w II - S c q u ar cl , Journel du la riiyslolORic 1. 23:1,
198
Uobcrtragungs/iCit von Salzlösungen
Schnitts daraus mannigfaclie Aiifscbltisse erwachsen würden über
den Stoffwechsel in den von diesen Gefässen versorgten Organen.
Leider sind wir aber hierüber noch vollkommen im Unklaren.
Siehe einige Annahmen hierüber bei Vierordt. *)
2. Die Versuche nach dem Verfahren von Hering geben
allerdings weder geradezu die mittlere Längengeschwindigkeit,
noch auch nur eine proportionale für den Mittelwerth aus den ver-
schiedenen mittleren Längengeschwindigkeiten, welche zwischen
den salzempfangenden und salzabgebenden Querschnitt vorkom-
men; aber sie erbringen doch jedenfalls eine Angabe, die aufs
innigste zusammenhängt, mit irgend einer der wirklich vorkom-
menden mittleren Längengeschvsdndigkeiten. Indem man die frei-
lich nicht zu beweisende Voraussetzung macht, dass in den ver-
schiedenen Gefässabtheilungen desselben Thiers oder in derselben
Abtheüung verschiedener Thiere immer dieselbe Beziehung zwischen
der gemessenen und dem Mittelwerth der mittlem Längengeschwin-
digkeit bestehe, liefert die Uebertragungszeit des Salzes Angaben
über die Aenderung der mittlem Längengeschwindigkeit mit Zeit
und Ort.
a. Die folgende Tabelle verzeichnet die Zeit in Sekunden,
welche das Salz verbraucht um aus der vena jugularis durch das
rechte und linke Herz in das in der zweiten Columne verzeichnete
Gefäss zu gelangen.
Thier.
Bahn.
Mittel-
•werth.
geringster
Werth.
gröster
Werth.
Beobachten
Pferd
zur Vena jugularis later.opp.
28,8
17,5
32,5
i 't
„ Vena thorac. externa.
26,5
„ ven, saph. magna.
17,5
^ Hering • ■),
»
„ Vena masseter.
22,5
15,0
30,0
>»
„ vena maxill. externa.
17,5
12,5
22,5
t»
„ arter. metatars.
30,0
20,0
40,0
)>
„ Vena metatars.
32,0
20,0
45,0 /
Hund
„ vena jugular. later.opp.
15,2
10,4
19,8 1
))
„ Vena cruralis
18,1
13,5
23,3 ^
. Vierordt
Kaninchen
„ vonajugular.later.opp.
6,9
6,8
, 7.2
Diese Tabelle sagt nun aus dass das Salz zum Uebergang
aus den Arterien in die Venen des Fusses niemals mehi- als
*) Gosct/.e der Stromgeschwindigkeit p. 103.
••) Die unter dioKem Nnnmn citirtcn Zahlen sind mit Ausnahme der beiden letzten Reihen ao»
dem Werke von Vi erord l genommen, der sie mit einer CoiTection von 2,5 See. versehen hat.
aus einem Gefäss in ein anderes.
199
6 Sekunden, zuweilen aber auch eine so kurze Zeit braucht, dass
sie der etwas unvollkommenen Zeitbestimmung von Hering ent-
geht; femer dass der Weg zur Schenkelvene meist etwas längere
Zeit in Anspruch nimmt als der zur entgegengesetzten Drossel-
ader; der Quotient beider Zeiten nähert sich zwar der Einheit,
aber er ist kein constanter; dieses führt eine Reihe von Vier or dt
noch weiter aus.
Zur ven. jugular. — arter. crural. = Quotient
18,9 21,8 0,87
18,0 20,5 0,88
15,0 16,7 0,90
13,5 13,5 1,00
Der geringe absolute Zeitunterschied für den Durchgang durch
Bahnen von so wesentlich verschiedenen Längenunterschieden be-
. greift sich aus Folgendem. Die mittlere um wie viel mehr die
. centrale Geschwindigkeit in den grösseren Arterien ist im Verhält-
iniss zu ihrer Länge eine beträchtliche, d. h. es werden Arterien-
! strecken von der Länge des menschlichen Körpers in wenigen Se-
ikunden durchlaufen. Daraus folgt unmittelbar, dass wenn ein glei-
a chen Widerstand leistendes Capillarensystem am Herzen und an den
Füssen bestände und man die Zeit bestimmen wollte, welche zwei
gleichzeitig vom Herzen ausgehende Bluttheilchen verbrauchten, um
dm'ch das eine und das andere in die Venenanfänge zu gelangen,
die durch die entferntem Systeme laufenden Theilchen nur um we-
nige Sekunden später dort anlangen würden, als das durch die
inähern gehenden. Aehnliches wie von den Arterien dürfte von den
{;grossen Venenstämmen gelten.
Die obigen Erfahrungen bedeuteten also auch, dass das Blut
■in allen Fällen den grössten Antheil der Uebertragungszeit in den
iGefässen geringerer und geringster Lichtung zubringt.
So gering die absoluten Zeitunterschiede sind, so merklich
weichen die Quotienten der Geschwindigkeit von der Einheit ab
innd Vi er or dt vermuthet mit Recht, dass dieses in noch höherm
IlMaasse geschehen sein würde, wenn man das aus der untern Ex-
tremität kommende Blut statt aus der cruralis so nahe am Herzen
aufgefangen hätte, wie an der entgegengesetzten jugularis. Da aber
gerade bei der Vergleichung der Leistungsfähigkeit zweier Organe
Was Verhältniss, in welchem ihr Blut emeuert wird, in Betracht kom-
anen dürfte, so ist es eine nicht zu vernachlässigende Aufgabe des Ver-
•SUchs, noch so kleine Geschwindigkeitsunterschiede sicher zu stellen
200
Uobor einige Constante dos Blutstroms.
b. Zieht ni;iii bei Berücksichtigung der Uebertragungszeit noch
andere Umstände in dem sich die Thiere finden in Betracht, so
ergiebt sich: 1°. In erwachsenen Thieren gleicher Gattung nimmt
mit dem Gewicht auch die Uebertragungszeit zu. V i e r o r d t giebt
hierfür folgende Zahlen vom Hund.
Körpergewicht. Uebertragungszeit zur ven. jugular.
1,8 Kilo 10,4"
6,8 14,3
8,8 15,7
22,5 19,4
2" Von Einfluss, doch nicht von immer gleichem ist auch die
Schlagfolge des Herzens; namentlich fand Hering an denselben
Pferd, welches bis dahin geruht hatte, 36 Pulsschläge mit der Ueber-
tragungszeit von 22 See. War das Thier im Trab herumgetrieben,
so erhob sich die Pulszahl auf 100 in der Minute und die Ueber-
tragungszeit sank auf 17,5 See. — 3" Aderlässe mehren und min-
dern die Uebertragungszeit entsprechend dem bei der mittleren
Querschnittsgeschwindigkeit Erörterten. — 4" Poiseuille giebt an,
dass ein Zusatz von essigsauren Ammoniak und salpetersaurem
Kali in sehr verdünnter Lösung dem Blut zugesetzt, die Ueber-
tragungszeit des Salzes aus einer in die andere jugularis des Pfer-
des kürzt, ein Zusatz von Alkohol sie verlängert. Diesen Erfolg
sah er aus seinen Versuchen über Aenderung der Reibung eines
Wasserstroms in Röhren voraus.
Den Einfluss der Athmung, des Alters und Geschlechts bespricht
ebenfalls Vierer dt; die zu Grunde gelegten Versuche sind an Zahl
zu gering, um zu allgemein gihigen Resultaten zu führen.
I. Ueber die Beziehungen der Constanten des Blut-
stroms zum Körpergewicht.
Vierordt benutzt die von ihm, Hering, Volkmann u. A. gefundenen ZaMon
zur Bildung von Mittel werthen für das Körpergewicht (k), die Blutmenge (b), die
Dauer (t) und den Umfang (v) eines Herzschlags und die Uebertragungszeit (T) des
Salzes von einem dem rechten Herzen nahen Orte bis zurück zu ihm, nachdem es den
kleinen und grossen Kreislauf durchwandert hat. Indem er den derart beobachteten
2
Werth der zuletzt genannten Zeit nach einer ihm annehmbaren Ueberlegung um —
erhöht hat, betrachtet er dieselbe als das Maass für die Zeit, welche nothwendig ist,
um ein der Gesammtracnge des Blutes gleiches Volum durch das Herz zn führen. Die
Mittelzahlen und Beziehungen, die sich darnach orgeben, sind für den J[cnschen, den
Hund, das Ziegenböckchen und Kaninchen folgende: k=13,5b; b = 2(},5 v; k = 353 v;
Tv T T b
T = 26,5 t. Demnach ist ^ = = 13,3; = - = 26,5, und somit TT=bt.
Bezeichnet man für ein Thier die Werthe mit T, t, t, k und für ein anderes
Ii
Verfügbare und verlorne Arbeitskräfte im Blutstrora.
201
Tv Tv T'v'
mit T', v', t', k', so muss, weil — eine Constante ist, — = — — sein; deshalb ist
t K t K t &
Tvk' rv'k
auch = 7— n — > also vk' = v k u. s. vr.
t t
Die Zahl der Betrachtungen, aus welchen jene Mittel berechnet wurden, ist eine
sehr geringe, was um so mehr ins Gewicht fällt, als die wirklich beobachteten Wertho
in sehr weiten Grenzen auseinander liegen.
II. Von den verfügbaren und verlornen Arbeitskräften
im Blutstrom*).
Um eine Summe aus den Kräften zu bilden, die zu irgend einem Zeitmoment
1 dem bekannten Inhalt eines beliebigen Gefässabsclinitts zukommt, muss man die Kraft
. dieses Blutvolums erst unter gleiche Benennung bringen. Dieses geschieht, wenn man
I nach den schon früher (p. 47) entwickelten Regeln die der Masse zukommende mittlere
I Geschwindigkeit in die entsprechende Spannung umsetzt. Diese Spannung addirt mau
■ dann zu derjenigen, welche als solche schon in jenem Blutgewicht enthalten ist, und
I mnltiplizirt endlich das letztere mit jener Spannungssumme. —
Geht man mit diesen einfachen Regeln an die thatsächliche Auswerthung, so stellt
* sich seihst in den am genauesten untersuchten Gefässabtheilungen überall ein Mangel
i an empirischen Daten heraus. Denn wenn es auch annähernd möglich ist, den Inhalt
1 eines jeden Gefässrohrs anzugeben, und ebenso nach Yierordt sogar annähernd die
1 mittlere Geschwindigkeit für jede einzelne Herzphase gegeben werden kann , so gilt
• dieses doch nicht mehr für die Spannungen, da uns in einem jeden Gefässe nur die
^ Wand-, nicht aber die Centraispannung bekannt ist ; wir können also nicht das Mittel
aaus allen Spannungen in einem solchen Blutvolum bilden; und dieses müsste doch
offenbar der Rechnung zu Grunde gelegt werden. Dieser Ausfall ist aber nicht zu ver-
nachlässigen, weil gerade in der Spannung die grösstcn Kraftantheile liegen, wie man
s. sogleich sieht , wenn man z. B. den in der Carotis - oder Jugularengeschwindigkeit ver-
grabenen Kraftantheil mit der dort vorhandenen Wandspanmmg vergleicht. Setzt man
!z. B. als mittleren Werth für die Geschwindigkeit in der Carotis 292 Mm. in der
>Secde , so wird die daraus berechnete Geschwindigkeitshöhe = 0,44 Mm. Hg. Diese
'/.Zahl ist aber nur der 0,004. Theil von HO Mm. Hg., wodurch die mittlere Wand-
■. Spannung an jenem Orte ausgedrückt wird. Aber selbst in der vena jugularis, wo doch
1; die Wandspannung sehr abgenommen , stellt sich das Verhältniss für praktische Be-
i diirfnisse auch nicht wesentlich anders. Nach einer Bestimmung von Volkmann ist
idagelbst die mittlere Geschwindigkeit = 225 Mm. Dieses giebt eine Geschwindig-
keitshöhe von 0,26 Mm. Hg.; dieses ist der 0,030. Theil der mittleren 8,5 Mm. be-
rtragendcn Wandspannung.
Beabsichtigt man statt der lebendigen Kräfte der Blutmassen, die in einem Zeit-
momcnt in einem Gefässabschnitt enthalten sind, diejenigen festzustellen, welche
durch einen Querschnitt in einer beliebigen Zeit, z. B. während der Dauer einer Herz-
bowegung, fliessen, so würde man das Mittel aus den zeitlichen und räumlichen
>Dmck- und Geschwindigkeitswerthen zugleich zu verwenden haben. Nun ist uns ein
»solches Mittel zwar für die Geschwindigkeit und die Waudspannung in einzelnen Fällen
gegeben, aber dieses genügt nach dem schon Erwähnten nicht. Früher, als man noch
*) Diose« Lehrbuch 2. Ud. ]. Aii/I. p. 138. — J. 1(. Mayor, Aicliiv ftir iiliysiol. Ilellkuntla
aX; und X. Bd. — Ad. Fick Mcdlcliiische Physik p. 13»,
202
Die Absonderungen.
unbekannt war mit der Vcränderliclikeit des Drucks auf demselben Stromquerscbnitt,
setzte man nach dem Vorgang von J. E. Mayer die während einer Herübewegung
durch die Aorta strömende Blutmengo etwa = 0,175 Kilogramm, die mittlere Ge-
schwindigkeit ungefähr = 0,4 Meter und das Mittel aus den zeitlichen Spannungg-
änderungen = 2,24 Meter; hieraus berechnen sich 0,406 Kilogrammeter als ungefährer
Schätzungswerth für die disponible Arbeitskraft der Blutmenge, welche während der
Dauer eines ganzen Herzschlages (systole und diastolo) durch den Aortabogen geht.
Um endlich den Kraftverlust oder iraftgewinn auf irgend einer Wegstrecke zu
erfahren, muss der Unterschied der an jedem Orte zur Verfügung stehenden Arbeits-
kraft bekannt sein. Wäre also z. B. die Summe der Qeschwindigkeits- und Spannungs-
höhe des in der Zeiteinheit durch die Yorhofsmündung strömenden Blutvolums bekannt
und dasselbe von der in der Zeiteinheit durch die Aortamündung fliessenden Blutmasse,
so ..würde aus dem Unterschiede beider die Arbeit hervorgehen, welche das Herz in
das Blut gelegt hat (A. Pick). Man kann in diesem letzten Falle vor und hinter dem
Herzen wiederum den auf die Geschwindigkeit entfallenden Antheil als verschwindend
gegen den durch die Spannung dargestellten ansehen, und dann ergiebt sich, dass der
Gewinn an Arbeitskraft durch das Herz für gleiche Volumina mit dem Unterschied zwi-
schen der mittleren Wandspannung des Yorhofs und der Aorta proportional geht.
II. Von den Absonderungen.
Die Bewegungen der flüssigen Bestandtheile des Blutes be-
schränken sich nicht blos auf die Bahnen, welche ihnen durch die
Gefässröhren vorgezeichnet sind, sondern sie durchbrechen auch
die unverletzte Gefässwand. Diesem Vorgang, den man als Ab-
sonderung (secretio) bezeichnet, steht ein anderer, die Auf-
saugung (resorptio), entgegen, welcher Flüssigkeiten, die die Ge-
fässröhren umspülen, in diese selbst hineinführt. Diese beiden
Bewegungen von entgegengesetzter Kichtung erscheinen häufig
gleichzeitig an demselben Orte, häufig auch getrennt von einander.
Die Vermischung und Sonderung derselben ist wohl Veranlassung
geworden, dass man diese Prozesse zum Theil vereint, zum Theil
getrennt, gerade wie sie im Organismus erscheinen, abgehandelt
hat. Wir werden im Nachfolgenden, dem Gebrauch der physio-
logischen Lehrer folgend, zwar vorzugsweise die Hergänge be-
sprechen, welche mit einer Bewegung der flüssigen Blutbestand-
theile von der Innern auf die äussere Gefässwand verbunden sind;
dabei beschränken wir uns aber nicht auf diese Betrachtung, son-
dern wir verfolgen auch die ausgetretenen Säfte in ihren weiteren
Schicksalen und nehmen zugleich die Untersuchung einer umge-
Die bei der Absonderung thätigcn Bedingungen.
203
kehrten Saftbewegimg, einer Aufsaugimg mit auf, wenn sie innig
mit der Absonderung verbunden sein sollte.
Allgemeiner Theil.
Die allgemeinsten Forderungen, welche nach gewonnener Ein-
; sieht in die Eigenschaften des Gefässinhalts gestellt werden müs-
sen, wenn wir die Absonderungserscheinungen begreifen sollen,
verlangen : dass wir zu erfahren trachten die Eigenschaften der
Flüssigkeit (Säfte, Sekrete), welche auf der äussern Gefässwand
l'zum Vorschein kommen, die Beschaffenheit der Wege, auf welchen
I die Säfte durch die Gefässwand dringen , und endlich die Wir-
' kungsweise der Kräfte , welche die Säfte aus den Gef ässröhren
1 herausbefördern, lieber die Eigenschaften der Säfte lässt sich,
hwie es scheint, nichts allgemein Gütiges sagen, vorausgesetzt, es
• wollte die Aussage darüber hinausgehen, dass dieselben tropfbar
• oder gasförmig sein mtissten. Anders verhält es sich dagegen mit
den beiden andern Punkten.
1. Die Häute, durch welche die Absonderung stattfinden soll,
1 müssen unzweifelhaft von Oeffnungen durchbrochen sein, weil sonst
(der Durchgang einer Flüssigkeit geradezu unmöglich sein würde.
liDie Umstände, dm-ch welche die Häute auf die Absonderung von
] Einfluss werden, lassen sich somit zurückführen auf die Eigenschaf-
tten der Poren.
Gestützt auf unsere bisherigen Erfahrungen über die mecha-
inische Zusammensetzung einer endlichen festen Masse überhaupt
innd die der thierischen Scheidewände insbesondere, wird man ge-
I neigt sein, zu unterscheiden zwischen wesentlichen und zu-
ffälligen Poren. Unter wesentlichen würden diejenigen zu ver-
BStehen seien, welche mit jedem Stoffe an und für sich gegeben
»wären; sie würden also die Zwischenräume darstellen, welche die
^Molekülen einer jeden endlichen festen, noch so gleichartigen Masse
ttrennen. Die zufälligen Poren würden dagegen da zu finden sein,
i-wo sich einzelne Stücke gleichartiger oder ungleichartiger Massen
■berühren. Während also die Form und Grösse der wesentlichen
Poren nur abhängig wäre von den Molekularkräften innerhalb
ider gleichartigen Masse, würden die zufälligen bedingt sein durch
idie Gestalt der gleichartigen oder ungleichartigen Massenhäufchen,
innd den Druck, unter dem sie zusammengeballt wären. — Die
tmikroskopischen Aufschlüsse die wir über die meisten tliicrischen
fHäute und die der Gefässe insbesondere besitzen, deuten dar-
»auf hin, dass die zufälligen Poren sehr verbreitet vorkommeu,
204
Die bei der Absonderung thätigen Bedingungen.
weil sie in Platten, Fasern, Kerne, Zellen u. s. w. zerlegt werden
können.
Daneben wäre es aber inöglicli, dass in Hauttheilen, die uns unsern optischen
Hilfsmitteln nach gleichartig erscheinen , namentlich insofern sie aus eiwoissartigen und
leimgebenden Stoffen zusammengesetzt sind , noch zufällige Poren vorkommen. Diese
Annahme liegt dai-um nahe, weil es immer noch zweifelhaft ist, ob die sogenannten
Lösungen jener Stoffe aus einer bis zur Spaltung des chemischen Atoms gehenden Ver-
theilung im Lösungsmittel oder aus einer Aufseh%yemmung sehr feiner Klümpchen jener
Stoffe bestehen. Wäre, wie oft behauptet wird, das letztere der Fall, so wäre es
auch fraglich, ob ein Niederschlag aus dieser in Wasser fein zertheüten Masse zur
Darstellung einer homogenen Haut führen könnte.
Ein Flüssigkeitsstrom durch jede Art von Poren wird sich
aber regeln nach der Form und den Ausmessungen der Porenlichte
und nach dem Werth und der Richtung der Kräfte, welche von der
Porenwand in die Lichtung hineinwirken; wobei es vorerst noch
gleichgiltig ist, ob wir uns die Waudmolekulen bewegt oder ruhig
denken. Die Untersuchungen hätten also die ganze oder wenig-
stens die relative Veränderung jener Grössea mit den variablen
Bedingungen zu bestimmen.
Die Mittel, welche uns über die ■ vorgenannten Eigenschaften unterrichten sollen,
bestehen, insofern die Porosität dem Mikroskop unzugänglich ist , in dem polarisirten
Licht, der Qucllung, der Filtration, der Diffussiou, und insbesondere werden alle diese
Mittel bei verschiedenen Zuständen der Haut, als da sind Spannung, Volumsänderung,
Temperatur u. s. w. , angewendet.
Das polarisirto Licht giebt den Nachweis , ob die Häute ganz oder theilweise
doppelt oder cinfachbrechende Substanzen enthalten ; es entdeckt also noch dort Un-
gleichartigkeiten , wo uns die Betrachtung mit gewöhnlichem Licht im Stich lässt.
Dasselbe Mittel bei verschiedenem Quellungsgrad in Anwendung gebracht, zeigt unter
Voraussetzung einer gemischten Struktiu", ob die durch die Quellung erzeugte Aus-
dehnung sich vorzugsweise auf die einfach oder doppeltbrechendon Stoffe erstreckt
u. s. w. — Dieses Mittel ist noch zu wenig benutzt worden. — Das Flüssigkeitsvolum,
welches bei der Filtration dxirch die Flächeneinheit einer Membran strömt, giebt
Andeutungen über die relative Porenweite, Porenlänge und den Eeibungscoeffizienten,
insofern bei gleichem Druck und gleicher Temperatur die durchgehende Menge nur von
jenen Bedingungen abhängt; ändert man die Temperatur der durchgehenden Flüssig-
keit, die Quellung und den Spannungsgrad der Haut, so giebt sie auch Aufklärungen
über die Veränderlichkeit jener Poreneigenschaften mit den erwähnten Variablen. Da
insbesondere der Zustand der Poren von der Quellung abhängig ist, und diese letztre
mit der Temperatur und der Zusammensetzung der filtrirteu Flüssigkeit Hand in Hand
geht, so sind die beim FUtratlons versuch gewonnenen Thatsaehen nur dann zur Erklärung
der Lebenseigenschaften zu verwenden, wenn sie sich rücksichtlich der erwähnten Be-
dingungen aufs genaueste den im Leben vorkommenden angeschlossen haben. — Die
Flüssigkeitsbewegung, welche die Diffussion einleitet, unterscheidet sich von der
durch dun hydrostatischen Druck (Filtration) erzeugten dadurch, dass sie sich auph
noch in Porcnräunie erstreckt, in welchen bei der letztem die Flüssigkeiten in Kuhe
bleiben. Sie vervollständigt somit die Angaben der Filtration. — Da der Grad der
Poren der Häute.
205
Quellung endlich einerseits von den Verwandtschaften der eingedrungenen Flüssigkeit
in die Porenwand und andrerseits von der Cohäsion der festen Massentheilchen zu
einander abhängt, so lassen ihre Ergebnisse Schlüsse über die Eigenschaften der
Haut zu.
Die kurze Auseinandersetzung dessen, was die genannten
Mittel leisten, lässt erkennen, dass sie mit einziger Ausnahme des
polarisirten Lichtes nur sehr indirekte Aufschlüsse, die grössten
Theils dazu noch mehrdeutig sind, über die Poreneigenschaften
i geben. Sie sind also mehr von praktischer als von theoretischer
i Bedeutung. Sollte aber die Verwicklung der Bedingungen auch
i hier die Theorie für immer illusorisch machen, so vv^ürde es um so
I dringender nothwendig sein , auf dem Wege des Versuchs vorzu-
>■ schreiten, da ohne eine genaue Kenntniss dessen, was der Porus
7 zur Absonderung beiträgt, das Eindringen in die letztere unmög-
llich ist.
Da unsre gegenwärtigen Vorstellungen über die thierischen
,1 Poren vorzugsweise aus der Diffusions- und Filtrationslehre ge-
schöpft sind, so würde es im allgemeinen Theil zu Wiederholungen
Ehren, wenn man die Thatsache mit Rücksicht auf die Porosität
er zusammenstellen wollte. Wir gehen also sogleich zu den
räften über, welche Absonderung erzeugen. RUcksichtlich einiger
fEinzelheiten verweisen wir auf die besondern Häute, die Epi-
[demis, Gefäss-, Darmschleimhaut u. s. w.
2. Die Kräfte, welche die Flüssigkeiten und Gase des Bluts
liurch die Poren treiben, bestehen nachweislich in Spannungsunter-
wchieden der Flüssigkeit auf den beiden Seiten der Gefässhaut
TFiltration und Gasdiffusion), in Anziehungen zwischen den Stof-
een, die ausserhalb und innerhalb der Gefasse liegen (Hydrodif-
tiision), und endlich in eigenthtimlichen Wirkungen der erregten
iiJerven auf den Gefässinhalt.
Daraus, dass uns keine weiteren Absonderungskräfte bekannt
i'.ind, schliessen wir natürlich nicht, dass ihre Aufzählung mit die-
een dreien erschöpft sei.
a. Filtration.*) Unter diesem Vorgang versteht man einen
t5trom von Flüssigkeit, welchen ein hydrostatischer Druck durch
•) Lieblg, Untersuchungen Uber einige Ursachen der Siiftbowogung. 1848. G. — Wisting-
'•niien, cxperimcnta quacd. endosmotica. Dorp. 1861. — C. II off m n n n , über die Aufnahme
\t» Quecksilbers und der Fette. WUrzburg 1854. — W. Schmidt Poggendorfs Annalcn
• Bd. 337. — Eclchard, Beiträge zur Anatomie und Physiologie 1858. p. 07. — Valentin,
'lehrbnch der Phyhiologie 2. Auflage. 1847. I. Bd. p. 69. — Wittich, Virchow's Archiv
I. Bd. 337.
206
Absonderung durch Druckunterschied.
die capillaren Porenräumc der Membran hindurchtreibt. Mit
Sicherheit sind solche Ströme bis dahin nur an Häuten beobachtet
worden, welche aus gesondert unterscheidbaren anatomischen Ele-
menten gewebt sind, wie die Harnblase, der Herzbeutel, das Bauch-
fell u. s. w. Der Nachweis wäre darum noch zu Uefern, ob auch
durch homogene Häute Filtration eingeleitet werden könnte und
ob dies namentlich möglich wäre mittelst der verhältnissmässig
niedrigen Drücke, deren Anwendung die thierischen Massen we-
gen ihrer geringen Festigkeit gestatten.
Am Filti-ationstrom kann gegenwärtig nur zweierlei Gegen-
stand der Untersuchung sein, nämlich die chemische Zusammen-
setzung der strömenden Flüssigkeit vor und nach ihrem Durch-
gang durch die Membran und das Flüssigkeitsmaas, welches in der
Zeiteinheit durch die Flächeneinheit der Membran geht.
statt des letzteren Ausdruckes kann deijenige der relativen mittlem Geschwindig-
keit darum nicht gewählt werden, weil die Ausmaase der Poren sich mit den Be-
dingungen selbst ändern, die auf die Geschwindigkeit von Einfluss sind; denn wegen
der unvollkommenen Elastizität der Haut ändern sich die Poreneigenschaften mit dem
Wertho und der Dauer des wirksamen Druckes, wegen der Quellbarkeit geschieht
dasselbe mit der Zusammensetzung und der Temperatur der Flüssigkeit u. s. w.
Aber selbst wenn man nur beabsichtigt, das Volum der filtrirten Flüssigkeit als
Folge der gleichzeitigen Aenderung in der Stromgeschwindigkeit und der Porendimension-
zu messen, ist es sehr schwer, vergleichbare Versuche zu erhalten, weil ausser der
willkührlich und raessbar eingeführten Aenderung im Druck, der Temperatur, der Zu-
sammensetzung der Flüssigkeit u. s. w. und der davon abhängenden nicht weiter zu
bestimmenden , aber gesetzmässig erfolgenden Porenänderung auch noch ganz andere
Umstände, die sich weder bewältigen, noch ermessen lassen, auftreten und einen Ein-
fluss auf das Beobachtungsresultat erhalten. Dahin gehört die Selbstzersetzung det,
Häute , das Löslich - oder Unlöslichwerdcn einzelner Bestandtheile derselben durch die
strömende Flüssigkeit, ferner die Umänderung, welche die Haut in den physikalischen
Zuständen erfährt, je nachdem sie vor dem Versuch kürzere oder längere Zeit einge^
trocknet war u. s. w. '
Wir stellen hier die Thatsachen zusammen, welche bei künst-
lich eingeleiteter Filtration beobachtet sind. w
1" Bei gleichem Druck und gleicher Membran nimmt die durchfliessende Menge'
von einem zum andern Versuche ab, wenn zwischen den beiden die Membran einige
Zeit hindurch im eingetrockneten Zustand verweilt hatte. "War sie dagegen in der
Zwischenzeit feucht erhalten worden, und war sie vor Beginn des zweiten Versuchs
einem hohen Druck ausgesetzt gewesen , so nimmt die durchgehende Menge zu. —
2" Bei gleichem Druck und gleichem Quellungszustand nimmt bei einem über längere
Zeit sich erstreckenden Filtrationsversuch die durchgehende Menge mit der Zeit zu.
(Liebig, Wist i ng shaus en, Schmidt.) Im Qegentheil fand Eckhard, der wie
Schmidt mit destillirtem Wasser arbeitete , dass in der ersten Zeit eines solchen
Filtrationsversuchs mit einer vollkommen aufgequollenen Membran die durchgehende
Filtration duixli todte Häute.
207
Menge wechselnd steigt und fällt ; bei der weiteren Dauer des Versuchs nimmt aber
dann die durchgehende Menge mit der Zeit ab. Entlastet man, nachdem die Wegsam-
koit der Membram merklich gesunken, diese fiii- einige Zeit und bewahrt sie im ge-
quollenen Zustand auf und beginnt dann den Versuch von Neuem, so ist die
durchgegangene Menge wieder gestiegen, wenn auch nicht zu dem ursprünglichen
■^gj-tjie. Für andere Flüssigkeit als destillirtes Wasser dürfte nach Analogie der
Vorgänge an Papierflltem mit der dauernden Filtration sich immer eine Verminderung
, der Wegsamkeit einfinden. — 3" Alles andere gleich, wächst das durchgehende Volum
1 mit der Spannung, die man der Haut beim Aufbinden gegeben (Schmidt). —
4" Nicht in allen, wohl aber in einzelnen Fällen verändert sich die durchgehende Menge
mit der Seite, welche die Membran gegen die Druckrichtung wendet ; so z. B. bei dem
Eischaalenhäutchen (Meckel). — 5" Mit der Temperaturerhöhung der Membran, also
1 auch deijenigen der durch letzti-e wandernden Flüssigkeit, steigert sich die Durchfluss-
! menge. Das Gesetz, nach welchem die letztere wächst, lässt sich in einen empii-ischen
.Ausdruck fassen, der dem ähnlich ist, welchen Poiseuille und Hagen für die
. unter gleichen Umständen eintretende Geschwindigkeitssteigerung in Capillan-öhren ent-
1 werfen haben (Schmidt). — 6" Mit dem steigenden Druck wachsen die durchlaufenden
' Mengen jedoch nicht so , wie es für Capillan-öhren gilt, dass sich die bei verschiedenen
: Drücken durchgehenden Volumina verhalten wie diese ; sondern so, dass, wenn der Druck
.um dieselben Unterschiede wächst, auch die Ausflussmengen jedesmal um einen constanten
1 Unterschied wachsen. Daraus folgt, dass , wenn man die durchfliessenden Volumina als
l Ordinalen auf die als Abszissen geltenden Drücke aufrichtet, die Abhängigkeit zwischen
bbeiden durch eine gerade Linie dargestellt wird. Die gegenwärtigen Versuche machen
ees ausserdem wahrscheinlich, dass der Druck erst zu einem gewissen Werthe ange-
» wachsen sein muss, bevor er ein Durchfliessen einleiten kann (Schmidt). Ueber die
»sorgsame Methode, durch -svelche dieses Ergebniss gefunden wurde, ist die Abhand-
lüung von Schmidt nachzusehen. — 7" Ueber den Einfluss der Zusammensetzung der
Sfiltrirenden Flüssigkeit gilt Folgendes : Bei Anwendung verschiedener gehaltvoller Lö-
üaungen desselben Salzes sinkt in allen Fällen die durchgehende Menge , wenn die
CConcentration von 0 bis 5 pCt. steigt; jenseits dieser Grenze steigt die Menge bei
^Anwendung von KONO5 und NaOSOa, sie sinkt noch weiter aber langsamer bei NaONOs
uand Na Cl. (Schmidt). Diese Ergebnisse weichen in wesentlichen Punkten ab von
Wen durch Poiseuille an steifen Capillarröhren gefundenen. — Aus einem Gemenge
»jener Salze gehen Eesultate hervor, die im Allgemeinen zwar in der Mitte zwischen
Idenen liegen, welche die Componenten hervorgebracht haben wüi'den; aber sie lassen
ifflich nicht mit Genauigkeit im Voraus berechnen (Schmidt). — ■ Rücksichtlich einiger
anderer Flüssigkeiten stellt Wi stin gsh aus en die Eegel auf, dass der Druck, welcher
naothwendig sei , um in gleichen Zeiten eine merkliche Menge von Flüssigkeit durch
Bine Haut zu treiben, in dem Maasse abnehme, in welchem das Quellungsverhältniss
Kimehme. In der That ist es eine bekannte Erfahrung, dass man den Druck der lleihe
nach steigern muss, wenn man durch Harnblasenwand oder Peritonäalhaut in gleichen
leiten annähernd gleich viel "Wasser, Salzlösung, Gel, Alkohol (Quecksilber?) hindurch
CTMben will. Wie aber Wasser zur Filtration den niedrigsten, Alkohol den höchsten
Oinck verlangt, so quellen auch die erwähnten Membranen viel mehr in Wasser als in
ÄJkohol auf. — 8" Durch die Anwesenheit einer Flüssigkeit in den Poren kann der
öurchtritt einer andern erschwert oder erleichtert werden; so giebt z.B. die Auweson-
Weit von Gel in einer Hamblasenwand eine Hemmung für den Durchgang von Wasser,
ttUd umgekehrt hindert das eingedrungene Wasser den Durchtritt des Gels. Der
208
Cheinisclie Sclieidung durch Filtration
Grund dieser Erscheinung wird zum Thoil wenigstens abhängig sein von der Spannung,
in welche die einander zugekehrton Oberflächen zweier sich berührenden, aber nicht
mischenden Flüssigkeiten gerathen müssen, weil die auf der Berührungefläche gelegenen
Theilchcn von Seiten der gleichartigen einen starkem Zug empfangen, als von Seiten
der ungleichartigen. Diese Spannung drängt die Theilchen der Oberfläche zusammen,
so dass jede derselben gleichsam mit einer Haut überzogen ist, welche ihr den Eintritt
in den Perus verwehrt. Die Festigkeit dieser Haut wird sieh aber steigern mit dem
Unterschied der Züge nach der einen und der andern Richtung , indem diese alle mög-
lichen Werthe zwischen einem Maximum und einem Minimum annehmen kann ; je nach-
dem die beiden Flüssigkeiten entweder gar keine oder eine merkliche Anziehung zu
einander zeigen , wird auch die Oberflächenspannung sehr verschiedenartig ausfallen.
Es scheint nun, als ob auf diesem Wege eine Veränderung in der Dichtigkeit der
einander berührenden Oberflächen zweier sich nicht mischender Flüssigkeiten, z. B. des
Oels und Wassers, dadurch erzeugt werden könnte, dass man in dem Wasser gewisse
Salze , z. B. gallensaures Natron , auflöst. Denn es sollen Fette durch eine mit einer
wässerigen Lösung dieses Salzes getränkte Haut hindurchtreten können (Ochlenowitz,
Hoffmann). —
Die Frage, ob mittelst der Filtration durch eine thierische
Haut in einer homogenen Flüssigkeit eine chemische Scheidung
veranlasst werden könne, ist durch die bisherigen Versuche je
nach der Natur der aufgegossenen Flüssigkeit verschieden beant-
wortet. — Wird eine leichtflüssige Lösung wie z. B. der neutralen
Salze und des Zuckers auf das Filter gebracht, so zeigte die
durch das letztere gedrungene Flüssigkeit die Zusammensetzung
der aufgegossenen. Diese Erscheinung ist besonders dann auf-
fallend, wenn man die Flüssigkeiten auf die Membran bringt,
welche von dieser scheinbar gar nicht unverändert aufgenommen
werden können, wie z. B. conzentrirte Lösungen von Glauber- und
Kochsalz. Diese Thatsache scheint in Verbindung mit anderen
einmal zu erweisen (Bd. I. p. 72.), dass die in die Poren der auf-
quellenden Häute eingedrungenen Flüssigkeiten dort auf eine ver-
schiedene Weise angeordnet sind, und dann, dass die Drücke,
welche man zur Erzeugung des Filtrationsstromes angewendet hat,
gerade nur hinreichen, um die Mittelschicht, nicht aber die Wand-
schicht der eingedrungeneu Lösung zu bewegen. Sollte sich in
der That ein allgemeiner Beweis für die Behauptung erbringen
lassen, dass die Drücke, welche thierische Häute, ohne zu zerrei-
sen ertragen können, nicht genügten, um die Wandschicht in Be-
wegung zu setzen, so würde damit dargethan sein, dass die Fil-
tration durch eine thierische Haut keine chemische Scheidung in
einer wahren Lösung veranlassen könnte. Jedenfalls müssen wir,
so lange ein empirischer Gegenbeweis fehlt, an diesem Grundsatz
Filtration; chemisolie Scheidung durch dieselbe.
209
festhalten. Mit dieser Vorsicht ist man freilich nicht immer zu
Werke gegangen, indem man sich auf die Ergebnisse der Filtra-
tion durch Kohle, Ziegelsteine u. s. w. berief, bei denen in der
That die Zusammensetzung der durchgegangenen und der aufge-
gossenen Lösung verschieden sein können. Man übersah aber
hierbei, dass die Kohle nur durch ihre Vemandtschaft zu den im
Filtrat fehlenden Bestandtheilen jene Scheidung erzeugt. Denn
der Stoff, welcher der durchgelaufenen Flüssigkeit fehlt, ist, wie
die chemische Untersuchung des Kohlenfilters erweist, in ihm zu-
rückgehalten worden. Aus diesem Grunde ist eine beliebige
Menge von Kohle auch nur so lange als Scheidungsmittel brauch-
bar, als sie sich nicht mit jenem Stoff gesättigt hat; so wie dieses
geschehen, geht auch die aufgegossene Flüssigkeit unverändert
durch dieselbe. Käme nun in der That den thierischen Häuten,
d^m Blut oder andern Flüssigkeiten gegenüber, eine ähnliche
Eigenschaft zu, so würde dadurch doch keine chemische Scheidung
bewirkt werden können. Denn die thierischen Häute, welche sich
an der Sekretion betheiligen, sind sehr dünn, und die Filtrations-
ströme gehen in gleicher Weise sehr lange Zeit durch sie hin-
' durch, so dass der Stoff ihrer Poren Wandungen sehr bald mit dem
Blutbestandtheüe, den sie zurückhalten könnten, gesättigt sein würde,
j Dauerad würden sie nur dann als chemisches Scheidungsmittel zu
benutzen sein, wenn ihnen die Eigenschaft zukäme, gewissen Bc-
; standtheilen einer aufgegossenen Flüssigkeit geradezu den Eintritt
in ihre Poren zu vemehren.
Anders soll sich der Erfolg gestalten, wenn durch Papier filtrirte
I Lösungen von Gummi und Eiweiss noch einmal durch eine thierische
Haut geti-ieben werden. Valentin und Schmidt stimmen (im
•Gegensatz zu Wittich?) darin überein, dass die durchgegangene
1 weniger Eiweiss enthalte als die aufgegossene Flüssigkeit. Valen-
'tin giebt beispielsweise an, dass Hühnereiweiss , welches mit dem
^6 bis 7 fachen Volum Wasser verdünnt war, auf dem Filter 1,027,
t unter ihm aber 1,023 specifischen Gewichtes besass. Die beiden
• Autoren widersprechen sich aber insofern, als Valentin behauptet,
i'dass der Dichtigkeitsunterschied l)eider Flüssigkeiten mit dem stci-
igendenDruck abnehme, während Schmidt das Umgekehrte aussagt;
«nach ihm soll auch der Unterschied mit der Temperatur wachsen.
Die physiologische Bedeutung des Filtrationsstroms über-
»haupt erhellt, wenn man bedenkt, dass innerhalb des Thicrleibs
-sehr häufig Flüs.sigkciten von einem merklich verschiedenen
Ludwig, I'liyHi'ilofc-ie U. 2. Aulliigp. 14
210
Physiologisclios Vorkommen der Filh-fttion.
Spannungsgrad durch oft äusserst dünne Scheidewände getrennt
sind. Als ein naheliegendes Beispiel hierfür dient die Blutflüssig-
keit im Gegensatz zu den die Gefässe umsi)ülenden Säften; denn
für gewöhnlich überwiegt die Spannung der erstem die der letz-
tern; darum sehen wir sehr häufig eine Absonderung lebhafter
werden, wenn der Unterschied der Drücke zwischen beiden er-
wähnten Flüssigkeiten im Steigen begriffen ist. Diese mit einiger
Wahrscheinlichkeit der Filtration zugeschriebene Flüssigkeitsbewe-
gung tritt den Voraussetzungen entsprechend ein, wenn bei gleich-
bleibender Spannung des Bluts diejenige erniedrigt wird, welche den
Lösungen ausserhalb der Gefässe zukommt, wie z. B. nach Ent-
leerung der vordem Augenkaramer, dem Abzapfen der Cerebro-
spinalflüssigkeit, der Entfernung oder Lockerung des Epitheliums,
der Minderung des Luftdrucks u. s. f. Dasselbe ereignet sich,
wenn bei gleichbleibender Spannung in der Umgebung der Ge-
fässe die des Bluts sich steigert, sei es durch Vennehrung des ge-
sammten Blutvolums oder durch Einführung von Stromhemranissen
u. s. w. — Von nicht geringer Bedeutung würde bei dem häu-
figen Vorkommen von Eiweisslösungen die Thatsache sein, dass
diese, selbst wenn noch so sehr der Anschein des Gegentheils vor-
liegt, doch keine wahren Lösungen sind, so dass seine in dem
Wasser schwimmende und durch dasselbe aufgelockerte Molekular-
haufen zum Theil zu gross wären, um sich durch die engen Poren
der thierischen Gewebe durchzwängen zu können. Denn damit
würde je nach der Porendimension und der Vertheilung des Ei-
weisses ein sehr einfaches Mittel gegeben sein, um Flüssigkeiten
mit ganz verschiedenem Prozentgehnlt an Eiweiss aus derselben
Mutterlösung zu erhalten und in den Gewebssäften zu vertheilen.
b. Diffusion. Die Theorie der HydrodifFusion und insbe-
sondere der Endosmose hat seit dem Erscheinen des entsprechen-
den Abschnittes im 1. Bd. nennenswerthe Fortschritte gemacht.*)
Die Veränderlichkeit der thierischen Haut, welche das Ge-
winnen gesetzmässiger Erscheinungen erschwert, die Ueberzcugnng,
dass die Diifussion durch Poren gleichartiger Häute (wir nannten
sie die wesentlichen) sich anders gestalten müsse, als durch die
zufälligen Poren solcher Stoffe, die aus sichtbar verschiedeneu Ge-
•) A. FIck hl Molescholtts ünlcrauchungen III. 2!t4. — W. Schmidt, Popgpiidorfs Aiiiialen
B. 102. p. 122. — Eckhard, HeitiÜRc zur Anatomie uiui Pliysiolngic. 2 lieft. 18r)8. 112. —
E. Hoff mun n,' das ctidosniot. Aequiv. des Glauborsalzes. Gicssen 1858. Meissner, .Inliresbc-
richt nir 1867. 196.
Diffusion durch Thon - Collodium - Herzbeutclplatton.
211
\ve))stbeilen zusammengesetzt waren, führte theils zur Anwendung
\oi\ ScLcitlcwänden nxis gebranntem Thon im Gegensatz zu sol-
chen aus Collodium (Buchheim, A. Fick), theils zur Anwen-
;lung der Linsenkapsel als einer möglichst gleichartigen thierischen
laut (Witt ich, Vir che w, Meissner), ferner zur Aufsuchung
1er Veränderungen, welche verwickelter gebaute Häute, wie z. B.
der Herzbeutel selbst unter solchen Umständen erfahren, die man
:)isher für einflnsslos gehalten hatte (Eckhard, W. Schmidt.)
Die sehr feinen Collodiumhäute , welche A. Fick zu seinen A*^ ersuchen brauchte,
impfehlen sich dadurch, dass sich an ihnen höchst wahrscheinlich nur ein Strom durch
i(ie wesentlichen Poren geltend macht ; immerhin kann aber, wenn man ihre Enstehung
lilurch Verdunstung berücksichtigt, nicht geleugnet werden, dass sie auch zufällige Poren
mthalten möchten, dargestellt durch feine Spalten , welche bei ungleichmässigem und
vngleichzeitigera Eintrocknen im Innern der Haut entstehen müssen, während das äusserste
. latt schon fest geworden ist. Für das Vorhandensein dieser oder ähnlicher Unregelmässig-
Heiten spricht insbesondere der Umstand, dass der Widerstand, welchen sie dem Diffus-
. onsstrom bieten , nicht mit der Dicke wächst. Unerwarteter als diese Erfahrung ist
lie andere, dass beim Aufenthalt in SaMö,sungen (Na Cl) sich ihre Durchgängigkeit
Ar das Salz mehrte (A. Pick), während sie sich für das Wasser unverändert erhält. —
iiie Veränderungen, welche der Herzbeutel mit der Versuchszeit eingeht, bewirken eine
i ivli rung der Quellungsfähigkeit, der Wegsamkeit für den Salzstrom imd die Aenderung
i ndosmotischen Aequivalents.- Wendet man ein frisches , nur mit Wasser ausge-
laschenes, aber vor Beginn des Versuchs nicht getrocknetes Stück an, so gewinnt man
vit ihm (für NaCl und NaO SO3) sehr übereinstimmende endosmotische Aequivalente,
I lbst wenn man die Häute aus ganz verschiedenen Thicren benutzt hat. Eingctrock-
t:te und wieder aufgeweichte Häute geben ein höhers endosmotisches Aequivalent
Eckhard), was wahrscheinlich von einer Vermehrung des Widerstandes für den Salz-
rrom abhängt (Schmidt). Gerade wie bei Uollodiumhaut wird aber auch hier durch
engeren Aufenthalt in der Lösung eines Salzes die Wegsamkeit für das letztere erhöht-
Statt dem bisherigen Gebrauch gemäss nur das Verhältniss
er Ströme, die von den beiden Grenzflächen ausgehen (das en-
osmot. Aequivalent), zu messen, haben die neuereu Arbeiten indem
t-e Zeitbestimmungen mit aufnahmen, die absolute Geschwindigkeit
•er einzelnen Ströme festgestellt. Solche Ge^chwindigkeitsmessun-
'sn sind ausgeführt an Strömen, die nach der einen Richtung
/asser, nach der andern Kochsalz, Glaubersalz, Chlorkalcium und
rackcr mitnahmen.
Der Wasser Strom gewinnt an Geschwindigkeit 1" mit
er Temperatur der diflundirenden Massen (Fick, l^ckhard) und
var am Herzbeutel nach einem Gesetze, welches durch dieselben
togffizienten dargestellt wird, das den Filtrationsstrom durch
ieselbe Haut regelt. — 2» Seine Geschwindigkeit wächst mit
ein Unterschied des Gehaltes an den Stoflen in den beider-
14»
212
Diffusion; Geschwindigkeit des Salz - und Wasserstroms.
seitigen Flüssigkeiten. Versteht man unter Gehalt den Bruch aus
dem Gewicht des aufgelösten Salzes (s) durch das Gewicht der
gesammten in der Lösung vorhandenen Einzelgewichte des Was
sers (w) und des Salzes s also so gilt für Collodiumhaut und
V / s+ w ' °
Na Cl Lösung, dass der Wasserstrom um ein weniges langsamer steigt
als der Gehalt (A. F i c k) ; für Herzbeutel und Na 0 SO:i-Lösunf;
steigt die Geschwindigkeit des Wasserstroms, wenn der Gehalt dei
Lösung von 0 bis zu etwa 1 p. c. anwächst, dann sinkt sie rascli
und wächst bei weiter steigendem Gehalt abermals und zwar bis
zum möglichen Maximum des Salzgehaltes proportional der Dich
tigkeit. Befindet sich ungelöstes Glaubersalz auf der Membran.
so steigt abermals die Geschwindigkeit plötzlich (W. Schmidt). —
Riicksichtlich der niedern Conzentration verhält sich der Wasser
Strom, der durch eine Thonseheidewand zum NaCl geht, ähnlicli,
indem die Geschwindigkeit bei dem Wachsen der Conzentration von
0 bis 0,2 p. c. sehr rasch zunimmt, von da bis 1,0 p. c. wieder
rasch abnimmt und von da ab wieder bis zu 26,5 p. c. stetig mit
der Conzentration steigt (A. Fick, Graham). — 3" Wenn der
Wasserstrom welcher durch eine Collodiumhaut zum Kochsalz
geht==l gesetzt wird, so ist, gleicher Prozeutgehalt der entgegen
stehenden Lösung vorausgesetzt, die Geschwindigkeit des Stroms
zum Zucker = 0,15 und zum Chlorkalciura = 0,7. (A. Fick).
Die Geschwindigkeit des Salzstroms steigt 1" mit der Tem
peratur genau wie der Wasserstrom (Schmidt); 2" mit dem Ge
halte der Lösung und zwar bei Anwendung von Na Cl und Thor
Scheidewand oder NaOSOn und Herzbeutel direkt wie das Wachs
thum des Gehaltes (A. Fick, W. Schmidt); 3" bei frischen
Collodiurahäuteu und getrockneten Herzbeuteln mit der Aufenthalts
zeit in der betreffenden Lösung.
Aus diesen Erfahrungen leitet sich ab 1" dass das endosmot.
Aequivalent von der Temperatur unabhängig ist; 2« dass es sicli
für Koch- und Glaubersalz mit der Conzentration ändert und
zwar für Glaubersalz und Herzbeutel ganz nach der von C. Lud
wig angegebenen Weise (Schmidt); 3o dass die Aequivalentc beil
Anwendung getrockneter Herzbeutel und frischer Collodiumhaut)
höher sind als bei langer Zeit in der betreffenden L<)sung aufirc
weichten; hierzu fügt Eckhard, dass es für den Werth der endi's
motischen Aequivalentes gleichgültig sei, ob mnn die freie oder di'' I
angewnchsene Fläche des Pericardiums gegen die Salzlösung wcnd*
1
Physiologischus Vorkoiumon der Diffusion.
213
i iuul ebenso ob der Salzstrom nuf- oder absteigend durch die Mem-
bran gehe.
Auf dem Wege der Diffussion müssen unzweifelhaft Bkitbe-
staudtheile aus den Gefässröhren in die umgebenden Gewebe ge-
! tlilu-t werden, weil diese letztern mit wässerigen Flüssigkeiten er-
rftillt sind, deren Zusammensetzung von der Blutflüssigkeit abweicht,
l lieber diese Strömungen lässt sich im Allgemeinen angeben: 1) Sie
l^werden nach den Prinzipien für die endosmotischen Strömungen zu
Ihbeurtheilen sein, weil die beiden Flüssigkeiten durch eine thie-
(rische Haut getrennt sind. — 2) Die Ströme werden während der
uganzen Lebensdauer ununterbrochen fortbestehen, weil nemlich
«zahlreiche Einrichtungen angebracht sind, welche es verhüten, dass
Idie Flüssigkeiten an den beiden Seiten der Membran eine gleiche
/Zusammensetzung erlangen. Diese ununterbrochene Dauer des
^Stroms schliesst aber natürlich ein Steigen oder Fallen seiner Ge-
«schwindigkeit nicht aus , im Gegentheil, es wechselt aus verschiede-
iinen Gründen die mittlere Geschwindigkeit der Diifusionsströme mit
ider Zeit sehr merklich. — 3) Die Flüssigkeit, welche sich in
Idem Strom bewegt, kann niemals die Zusammensetzung des Blu-
tites haben; denn es besitzen die einzelnen Blutbestandtheile eine
>ganz ausserordentlich ungleiche Difhisionsgeschwindigkeit, ein Un-
te'schied, der namentlich zu gross zu sein scheint, als dass er
lidurch die ungleichen Prozentgehalte wieder compensirt werden
kkönnte. — 4) Die Ströme, welche an verschiedenen Orten des
'ihierischen Körpers vorkommen , werden Flüssigkeiten von ganz
labweichender Zusammensetzung führen. Dieses geschieht nach-
wcisslich darum, weil die auf der äussern Gefässfiäche dem Blute
.entgegengesetzten Stoife nicht überall dieselben sind. So ist z. B.
»an dem einen Orte das Gefäss von Luft, an dem andern aber von
wässeriger Feuchtigkeit umgeben und demnach tritt dort eine Gas-
end hier eine Hydro ditfusion ein. Dabei bleibt aber der Unter-
tschied nicht bestehen, sondern es finden sich auch bedeutende Ab
weichungen in den die Gefässhaut umgebenden wässerigen Lösun-
:gen. Je nachdem also der eine oder andere Stoif in der Lösung
vorkonmit, wird auch bald dieser oder jener Blutbestandtheil leb-
ihaftcr angezogen werden oder auf seinem Wege durch die Haut
imehr oder weniger Widerstand finden. — Zu diesen nachweis-
;lichen Gründen für eine grosse Mannigfaltigkeit in der Zusanmicn-
"Setzung der aus dem Blute tretenden Säfte fügt man vermuthungs-
»weisc noch einen andern, den ncmlicli, dass die verschiedenen
214
Absondorung durch Norvonerregung.
thieriscben Häute wegen der ursprünglichen Abweichung in ilirer
Zusammensetzung oder in ihrer sonstigen molckubiren Anordnung
eine ungleiche Durchgangsfähigkeit für dieselben Flüssigkeiten be-
sitzen sollen. Diese Vermuthung stützt man auf die im I. Bd.
p. 79. 3 angeführten Versuche, welche allerdings noch einer wei-
tern Bestätigung bedürfen, die Meissner*) zu geben verspricht. —
5) Die auf Diffusion beruhenden Absonderungen sind jedesmal mit
einem Strom im umgekehrten Sinn, mit einer Eesorption, verbun-
bunden.
c. Nervenerregung **). Eine beschränkte Zahl von Drü-
sen (und dieLympbgefässanfänge?) bringen die Absonderung ihrer
Säfte zu Stande unter Mitwirkung der in sie eintretenden Nerven.
Der Mechanismus, durch welchen der erregte Nerv die Abson-
derung einleitet, ist unbekannt; keines Falls aber ist der Nerv
dadurch wirksam, dass er den Blutdruck innerhalb der Gefässe,
welche die Drüse durchsetzen, partiell steigert, indem er die
Durchmesser jener Gefässe verändert. Dieses wird darum zur Ge-
wissheit, weil der Druck, unter welchem der abgesonderte Saft in
den Diüsengang einströmt, weit grösser ist, als der, unter welchem
gleichzeitig der Inhalt der Blutgefässe gespannt ist; ja noch mehr,
es kann der erregte Nerv auch noch zu einer Zeit die Abson-
derung hervorrufen, in welcher das in der Drüse enthaltene Blut
weder strömt, noch überhaupt gespannt ist.
l'ig. 49. Dej. Absonderungsdruck wird dadurch gemessen,
dass man in den Ausführungsgang einer Drüse A (in
der schematiscben Fig. 49.) ein Manometer B einbin-
det. Dringt riüssigkoit durcb die Poren der Drüsen-
wand }ih in das Innere des Drüsenbläscbeus, so wird
sie allmählig auch in das den Äusführungsgang ver-
schliessende Manometer dringen und das Quecksilbeit
desselben so lange emporheben, bis der Druck, den die
Quecksilbersäule ausübt, gross genug ist, um der Qe^
walt, mit welcher der Drüsensaft durch die Poräi
ß strömt, das Gleichgewicht zu halten. Der Abso'ü-
derungsdruck ist also nichts anderes, als die in cintÄr
beliebigen Flüssigkeit ausgedrückte Druckhöhe, untet
welcher die abgesondurteii Säfte in die Diü-se gepresst
werden.
Obwohl die Absonderung unabhängig yom Blutstrom eintreten kann , so veniiaff
sie sich doch nicht ohne Zuthun desselben auf die Dauer zu erhalten. So hat
*) Jnhrcsbericlit Uber Physiologie für l.V>7. •
•*) C. Ludwipr in Honle's und Pfcufei's ZeitBclirift. N. F. I. Bd. - Czcrmnk, Wiener
Sitzungsbericlite Bd. XXV. — C. Ludwig und A. Splcss, Wiener Sitzungsberichte.
Eigenschaften dur nervösen Absonderung.
215
iCzermak gefunden, dass die Erregung der zur gl. submaxillaris gehenden synipathi-
- sehen Zweige die Speichelabsonderung, Tv-elche durch die gleichzeitige Erregung des
' Astes von ll&m. lingualis eingeleitet war, ziemlich rasch zu unterdrücken vermag ; die
' Beizung des Sympathicus bringt aber auch zugleich eine auffallende Verlangsamung,
jtt eine vollständige Stockung des Blutstroms lierA'or. Umgekehrt pflegt sieh zu jeder
ira gesunden Tliier einti'etenden Absonderung auch eine raschere Blutströmung durch
i:die Drüsen zu gesellen. (Gl. B ern a rd). Die von Czermak gefundene Thatsache lässt
f freilich auch noch andere Erklärungen zu.
Den Eigenschaften der Nerven entsprechend wird die von
i ihnen abhängige Absonderung keine stetige, sondern eine durch
(längere oder kürzere Zeiten unterbrochene sein, sie wird nur ein-
ttreten können, wenn der Nerv erregbar ist. In der That tritt sie
saber, die Erregbarkeit der Nerven vorausgesetzt, nur dann ein,
vwenn der Drüsennerv wirklich erregt wird; dieses geschieht aber,
^soweit wir wissen, ganz unter denselben Umständen, unter denen
•auch der Muskelnerv zur Erregung kommt; und es wächst dann
die Geschwindigkeit der Absonderung, alles andere gleichgesetzt,
pmit der Intensität der Erregung.
Mit dem Eintritt der Absonderung erhöht sich jedesmal die
ITemperatur der Drüse, denn es sind die aus ihr hervorkommen-
(iden Speichel- und Blutmassen höher erwärmt als das eintretende
ilBlut. Dieser Wärmezuwachs scheint mit dem Erregungswerth der
IDrüsen zuzunehmen (C. Ludwig, A. Spiess).
Die Säfte, welche durch dieses Hilfsmittel dem Blute entzogen
pwerden, sind erfahrungsgemäss durchaus anders zusammengesetzt,
aals die Blutflüssigkeit. Ob sie aber in allen dem Nerveneinfluss
Quntenvorfenen Drüsen gleich oder ungleich sind, lässt sich nicht
;iangeben. Allerdings weicht die Zusammensetzung der einzelnen
^Nel•vensekrete, wie z. B. Thränen und Speichel, von einander ab,
laber es kann diese Thatsache nicht als ein Beweis dafür ange-
>8ehen werden, dass durch Vermittelung des Nerven in die beiden
Drüsen verschiedenartige Säfte geführt worden seien, und zwar
idarum nicht, weil es sich nicht darthun lässt, ob nicht noch an-
idere Sekretionsursachen, z. B. eine Diffusion, sich an der Bildung
tvon Thränen oder Speichel betheiligt haben.
Um den Einfluss der Nerven auf die Absonderung zu erklären , hat man die
■Führung der Flüssigkeit durch den elektrischen Strom zu Hilfe genommen. Obwohl
sich sehr viele Wahrscheinlichkeitsgründe zur Unterstützung dieser Annahme zusammen-
finden lassen, so fehlt doch noch viel, bevor es erlaubt sein dürfte, dieses ganz neue Er-
klärungsprinzip in einem Lehrbuch zu erörtern.
3. Weitere Veränderungen der abgeschiedenen Säfte. Die
Pllissigkeiten , welche durch irgend eine der bezeichneten Kräfte
21(5 Clicmischo Uniscteung der ausgeschiedenen Säfte.
aus dem Blutstroiu auf die äussere Fläche der Gefässbaut beför-
dert sind, gelangen dort, je nach dem Organ, in welchem die Ab-
sonderung vor sich ging, unter besondere Bedingungen, welche bei
aller sonstigen Verschiedenheit doch darin tibereinstimmen, dass
sie eine Veränderung der ausgeschiedenen Säfte anbahnen und
vollenden ; diese Veränderungen betreffen ebensowohl die chemische
Zusammensetzung, als auch den Aggregatzustand derselben.
a. Chemische Umsetzungen der ausgeschiedenen
Stoffe. Die Thatsachen, ai;f welche eine theoretische Uebersicht
derselben gebaut werden könnte, sind gegenwärtig noch in keinem
Falle mit genügender Schärfe festzustellen. Hierzu gehörte vor
Allem eine genaue Einsicht in die Zusammensetzung ebensowohl
der ursprünglich ausgeschiedenen als auch der später veränderten
Flüssigkeiten, und nicht minder eine Kenntniss aller der Umstände,
durch welche der jedesmal in Betracht gezogene Ort eine che-
mische Umwandlung einzuleiten vermöchte. Der organischen
Chemie kann es nicht zum Vorwurf gereichen, dass sie die Schwie-
rigkeiten, welche sich der Lösung einer solchen Aufgabe entgegen-
stellen, bis dahin nicht zu heben vermochte.
Wir vermuthen mit einem hohen Grade von Wahrscheinlich-
keit, dass die chemischen Umsetzungen, welche in den ausge-
schiedenen Blutbestandtheilen vor sich gehen, sich erstens vorzugs-
weise beziehen auf die organischen Substanzen derselben und
insbesondere auf die eiweiss- und fettartigen Stoffe. Diese Vermu-
thung entspringt aus der nicht unbeträchtlichen Zahl von Erfah-
rungen über die Zusammensetzung einzelner in den thierischen
Geweben vorkommender Stoffe; diese letztern bestehen nemlich
fast sämmtlich aus Atomen, welche nur mittels des Eiweisses oder
der Fette in die Gewebe gelangt sein können. Die einzigen Aus-
nahmen von dieser Regel bilden, so weit wir wissen, die Salzsäure
des Magens und einige Verbindungen organischer Säuren mit Na-
tron, welche durch die Zersetzung des Chlornatriums imd des
kohlensauren Natrons entstanden sein müssen.
Wir geben sogleich ein Verzeichniss derjenigen Stoffe, welche
aus einer Umsetzung des Eiweisses und der Fette abgeleitet wer-
den müssen. Aus dieser Aufzählung schliessen wir jedoch alle
diejenigen Produkte aus, die uns, wie das Lecithin, Excretin, Xau-
thoglobulin, einige Farbestoffe u. s. w., nur nach ihren Verwandt-
schafts- oder Crystallisationseigenschaften , nicht aber nach ihrer
Zusammensetzung l)ekannt sind.
Abköiumliiit'o dor Fotto und dos Eiwcisscs.
217
Die in die Tabelle aufgenommenen Stolfe sind in zwei Spalten
:geordnet, von denen die eine alle diejenigen Atomgruppen enthält,
\'welclie man mit Gemssheit oder Wahrscheinlichkeit als Abkömra-
!'Iinge des Eiweisses ansieht, während die andere die AbkömmHnge
der Fette enthält. — Die Atoragruppen der ersten Spalte sind
!:iüit wenigen Ausnahmen nach ihrem relativen Gehalt an Stickstoff
iiin der Art geordnet, dass die an diesem Elemente ärmeren voran-
[igestellt wurden.
Zersetzungsprodukte, an deren Bildung betlieiligt Zersetzungsprodukte, an deren Bil-
war Ei weiss = €74 Hgc Ni) Oa? S| (Lieber- dung bctboiligt wird Stearin =
kübn), Verhältuiss des C : N = 8 : 1. CiuHiu Oiu u. Olein = C42 HmOs.
tCfiiiucn der Abkümmliiige.
Zusammensetzung.
Verliält-
nissznhl
zwischen
C- und N-
atoiTiGii *
N-=l.'
Niimcn der Abkömmlinge.
Zusammen
Setzung.
r — " "
tZucker (Amylon)
C12 H|j O12
Margarinsäure
C34H34O4
ifilchsiiure
CeHe Oe
Palmitinsäure
C32 H32 O4
' l^henylsäurc
CijH? O2
Capronsäure
Cl2H,2 04
ruurylsäuro
Cu H« Oj
Buttersäure
C8H8O4
lalursäure
Ct4Hl2 04
Propionsäure
GiUi O4
iDC'bolsäurc
C52 H45 Ni 0,4 S2
52
Ameisensäure
C2H2O1
.lilycoc holsäure
C52 H43 N| O12
52
Oxalsäure
C2O3
llndican
C52H35Ni03ü
52
Bernsteinsäure
C4 H3 0,
y'Oercbrin (Müller)
C34H33N1OC
34
Glyccrin
CjHgO«
ri'yrosin
CisHiiNiO«
18
Cbolestcarin
C28 H24 0
ädippursKure
Cl< Hg N, 0,i
18
Kohlensäure
CO2
j'JUiverdin
CioHgNiOs
IG
Wasser
HO
niliphain
CsäHigNaOo
16
( Müller
CgHqN, O4
8
nieucinrcibe < Qorup
C12H13N1 O4
12
( gewöhnl.
CoHuNi O4
10
' lydrotsäure
CioHgNiOi,
10
ndrigen
C32H2(iN4 0|4S(?)
8
.uislischer Stoff
C52H40N7O14
7,4
iJoUa
C13H10N2O5
G,5
Oystin
CßHcNi O4S2
0
Paurin
CiHTN.OnSa
4
t.nosinsäure
CioIItNjOh
5
iircatin
C8HgN3 04
2,G
itrcatinin
C8H-N3O2
2,G
1 lypoxantliin (Sarkin)
C5H2N2O
2,5
1 Janisäuru
CnH^NjOs
2,5
Vlan toin
C8ll(;N4 0c,
2
l.lamstoff
C4H4N2 02
1
rriiiictbylaminin
G
Ammoniak
II3N,
'Hickgas
N
'khwcfelsäurü
SO3
tolilcnHÜurc
CO.
iV asscr
HO
218
Abkömmlinge erster und zweiter Ordnung.
Die Arbeiten der Chemiker haben uns die wichtige Aul
kUlrung verschafft, dass zwisclicn den verschiedenen Gliedern die
ser c,'rossen Reihe eine eigenthündiche Beziehung besteht, die darin
liegt, dass alle Abkömmlinge des Eiweisses innerhalb des thic
riseheu Leibes, so verschieden sie auch ursprünglich gewesen sein |
mögen, sich doch schliesslich verwandeln in Harnstoff, Ammoniak
Stickgas, Schwefelsäure, Kohlensäure und Wasser, und diejenigen i
der Fette in Kohlensäure und Wasser. Diese eben erwähnteuj
Stoffe haben die eine physiologische Eigenthündichkeit gemein,
dass sie sämmtlich in die Organe (Lunge, Haut, Niere) abge-
sondert werden, deren Inhalt im regelmässigen Verlaufe des
Lebens aus dem thierischen Körper wieder entleert wird. Darum
ist man auch übereingekommen , sie mit dem Namen der Auswürf-
linge zu bezeichnen.
Zwischen den Fetten und dem Eiweiss einerseits und den
Auswürflingen oder den letzten Produkten des thierischen Stoff-
wechsels anderseits liegt somit eine grosse Zahl von Atomgruppen
in der Mitte, welche man als die allmähligen Uebergänge der we
sentlichen Bestandtheile des Bluts in die des Harns, der Lungei
und des Hautdunstes ansehen kann. Diese Mittelprodukte ver
dienen hier noch einige Aufmerksamkeit.
Rücksichtlich ihrer Entstehung kann als gewiss angesehei
werden, dass die Bedingungen für diese Umsetzungen erster Ord
nung, wie wir sie nennen wollen, sich nicht gleichmässig dm-cl
den ganzen Körper hindurch vertheüt finden, so dass in einem je
den Organe ein jedes dieser Produkte zum Vorschein kommer
könnte, im Gegentheil, es knüpfen sich an bestimmte Organe aucl
ganz bestimmte Umsetzungsprozesse. In diesem Sinne kann alsc
ein jedes Organ als ein specifischer chemischer Herd betrachte
werden. So wird u. A. gebildet im Hirn : Cerebrin, Lecithin, Krea
tin, Milchsäure, flüchtige Fettsäuren aus der Gruppe CiuHonOj
Cholestearin (?) (Frem, Gobley, W. Müller); in den Muskeln
die niedern Glieder der Fettsäurenreihe von der Buttersäure ab
wärts ; Milchsäure, Inosinsäure, Hypoxanthin, Kroatin, Kreatinin un(
Muskelzucker (Liebig und Scher er); in der Leber: Biliphain un(
Biliverdin (Heintz), Haematoidin (Valentin er), Gl3'C0- um
Taurocholsäure (Strecker), Tyrosin und Leucin (Frerichs un(
S t a e d e 1 e r), Amylon , Traubenzucker (B e r n a r d) ; Inosit (Ol o e tt a)
in der Milz und dem Pankreas: Leucin (Frerichs, Staedelcr
V i r c h 0 w), Hypoxanthin, Harnsäure (S c h e r e r) und Inosit (C 1 o e 1 1 a)
Oxydation der Mittolproducte.
219
in der Lunge: Tanrin Harnsäure, Inosit(CloetJ;a); in den Synovial-
. Säcken, Schleim- und Speiclieldrüsen : Sclileimstoff ; in den Milch-
drüsen : Casein und Milchzucker ; in dem Bindegewebe und den Knochen
( Collagen; in dem elastischen Gewebe: elastischer StolF; in den Knor-
peln: Chondrin (J.Müller); in den Epithelialzellen und den Haa-
;ren: eine sehr schwefelreiche Atomgruppe (Mulder) u. s. w.
Der Mechanismus, durch welchen in den bezeichneten Orten
idie Umsetzung eingeleitet wird, ist nun freilich noch in Finsterniss
•gehüllt, welche, so tief sie auch sein mag, uns doch wenigstens
t erkennen last, dass die aufgezählten Produkte aus Fetten und
l Eiweiss gebildet wurden, entweder mittelst einer blossen Umlegung
i ihrer Atome ohne gleichzeitige Veränderung ihrer Zahl, oder durch
eeine einfache Spaltung, oder durch eine Spaltung mit nachfolgen-
tlder Wiedervereinigung einzelner Spaltungsprodukte, oder endlich
i durch eine Spaltung, welche von einer theilweisen Oxydation be-
-gleitet wurde. Es wird erst die Aufgabe der besondern Abson-
i dernngslehre sein können, im einzelnen Fall auf die wahrschein-
Uichste Entstehungsweise der einzelnen Produkte hin zu deuten;
iim Allgemeinen lässt sich aber hier gleich einsehen, dass das
' ichzeitige Erscheinen von stickstofffreien und stickstoffreichen
ndcr schwefelfreien und schwefelreichen Atomgruppen in einem
iml demselben Organe sich am einfachsten erklärt durch eine
^|Kiltung der Eiweissatome.
Die Zusammensetzung der Auswürflinge oder derjenigen
vStoffe, welche als Abkömmlinge aus der ersten Umsetzung anzu-
wehen sind, deutet auf eine einfachere Entstehungsweise. Sie
nragcn nemlich sämmtlich den Stempel des Oxydationsprozesses,
lindem sie entweder , wie das HO, CO2, SO3 und Harnstoff, selbst
^iehr sauerstoffreiche Atome darstellen , oder , wie H3N und N gas,
lÄU den Produkten gehören, welche bei einer energischen Oxy-
liation der eiweissartigen Stoffe immer auftreten. Da nun die
:i;esammteu aus dem Blut ergossenen und dem Umsatz anheim-
:'5egebenen Eiweiss- und Fettstoffe schliesslich in diese Verbren-
mungsproduktc übergehen, so ist es erlaubt, den thierischen
'Stoffunisatz im Ganzen mit einem Verbrennungsprozess zu ver-
;;Ieichen; dieser Oxydation muss aber immer erst eine anderweite
^ierlegung der wesentlichen Blutbestandthcile vorausgegangen sein,
■welche ihr die Brennstoffe liefert.
Dieser letzte Akt des thierischen Stoffumsatzes, die Verbren-
nung, findet seine Bedingungen deumach auch im tliierisohen Körjier
220
Oxydation der Mitlelproduktc.
häufiger vor als der, welcher die Bildung jedes einzelnen der Zer-
setzungsprodukte erster Ordnung veranlasst, denn es muss überall,
wo überhaupt eine Zersetzung statt findet, auch die Verbrennung
sich einfinden, vorausgesetzt nur, dass dem mit Sauerstoff ge-
schwängerten Blutstrom Zutritt zu dem Herde der Umsetzung ge-
stattet ist. Aber selbst die erstere der eben aufgestellten Be-
dingungen braucht nicht einmal erfüllt zu sein. Denn es werden
auch Zersetzungsprodukte nach den Orten, welche selbst keine er-
zeugen konnten, hingeführt werden müssen; viele derselben sind
nicht allein löslich, sondern sie diflfundiren auch leicht durch die
Gefässliäute, so dass sie mit dem Blute tiberall hindringen. Mög-
licher Weise stellen sich sogar in diesen Orten die Bedingungen
für die weitere Umsetzung günstiger als in den Ursprungsstätten, so
dass man sagen kann, es führe das zweite Organ die Zersetzung
weiter, welche das erste eingeleitet hatte.
Diese allgemeinen Betrachtungen können vielleicht zu zwei
irrthlimlichen Schlussfolgerungen verleiten ; man könnte erstens
zu der Annahme verführt werden, dass erst dann eine Zer-
setzung der wesentlichen Blutbestandtheile möglich sei, nachdem
sie ausserhalb des Gefässraums getreten wären. Dieses ist aber
weder zu beweisen, noch auch wahrscheinlich; denn, wenn man
auch von allen andern Grltnden absieht, die erst später verständ-
lich sind, so ist doch mindestens sogleich einleuchtend, dass im
Blute die leicht oxydablen Abkömmlinge der Fette und des Ei-
weisses eben so gut der Verwesung anheimfallen müssen, als in
diesem oder jenem Organe um so mehr als das Blut ein nach-
weissliches Ferment enthält. — Im Gegensatz hierzu könnten die
obigen Bemerkungen zu der Behauptung veranlassen, dass alles
Eiweiss und alle Fette, welche einmnl die Blutgefässe verlassen
hätten, auch nothwendig eine Beute des Umsatzes würden, so dass
die Atome, welche dieses Eiweiss zusammensetzten, nicht eher
wieder in das Blut zurückkehren könnten, bis sie sich zu Zer-
setzungsprodukten erster oder zweiter Ordnung umgestaltet hätten.
Diese Annahme würde aber mit der Erfahrung nicht übereinstim-
men, dass aus allen Organen, und insbesondere aus deren Binde-
gewebsräumen, eigenthümliche Kanäle, die Lymphgefässe, entsprin-
gen, welche neben andern Stolfen auch Eiweiss und Fett aus deu
Geweben in das Blut zurückleiten.
b. Veränderungen im Aggregatzustandc der aus-
geschiedenen Säfte. Die flüssigen Bestandtthcilc der Säfte
VcriinJerunt;en dos Aggrogatzustandoa in den Säften.
221
iicliiiien Je nach ilircr Natur und den Umständen, in die sie s^-
lanf;en, den gasloi niigen oder den festen Aggregatxustand an. Die
erstere Uniforinung erfolgt unter den einfachen Bedingungen, die
wir jedesmal bei einer Verdunstung auftreten sehen. Da diese
aller Orten und namentlich auch wiederholt schon in diesem Werke
niitgetheilt sind und noch mitgctheilt werden sollen, soweit sie
sich cigenthümlich gestalten, so wird ihnen hier keine weitere
^Aufmerksamkeit geschenkt. Anders verhält es sich aber mit dem
f Festwerden des Flüssigen.
Der feste Aggregatzustand, wo er auch entstehen mag, führt
lim thierischen Körper jedesmal zur Bildung eigenthümlicher For-
:men. So weit diesell)en mit unseren Vcrgriisserungsgläscrn zerlegt
iv werden können, sind dieselben so beschaffen, dass sie aus allge-
r raein wiederkehrenden Massenanordnungen, die man gemeinhin als
\ Korn, Faser und Haut bezeichnet, aufgebaut sind. Körner, Fasern
und Häute sind nemlich, entweder jedes für sich oder in Verbin-
dung mit einander und zugleich mit Flüssigkeit, benutzt zur Her-
iätellung eigenthündich begrenzter Gebilde, der Zellen, Köhren Fa-
-äcrnetze u. s. w., welche immer noch von mikroskopischer Grösse
■von den Anatomen als Elementarformen der Organe oder als Ge-
*webselemcnte bezeichnet werden. Solche Elementarformen grup-
ipiren sich endlich in sehr verschiedenartiger Weise zu Organen.
Wir wenden unsere Blicke zuerst zu den Elementarformen ;
lifiier gewahren wir zunächst, dass einer jeden derselben eine bc-
'Sondcre Lebensgeschichtc zukommt, deren sichtbarster Inhalt zu-
nächst darin besteht, dass sich ein jedes Gewebsclement aus der
nUssigkeit allmählig hervorbildct x\nd dann unter stetiger, yvenn
anch oft sehr langsamer, Veränderung seiner Form wieder zu
'crrunde geht; mit der letztem verändert sich auch zugleich die
chemische und physikalische Beschaffenheit der Stoffe, aus wel-
chen sie gebaut ist.
Belegt man die gesammte Summe dieser Veränderungen mit
'lern Namen der Entwickelungsgeschichte, so muss zur vollendeten
I Herstellung derselben nicht blos die Formfolge, sondern auch die
Umgestaltung der andern Eigenthümlichkciten gegeben sein. Sehen
svie zu, was in dieser IJeziehung unsere gegenwärtigen Methoden zu
eisten vermiigen.
Form folge. Die Darlegung des Formwechscls, den ein Ge-
lilde während seiner Lebensdauer erfährt, setzt voraus, dass die
■i'stalt eines mikroskoi)ischen Gegenstandes Uberhaupt erkannt sei.
222
Festor Aggregatzustand , l'"onn folge.
Insofern man hierbei, wie es gewöhnlich geschieht, zugleich ermit-
teln will, wovon das verschiedene Lichtbrechungsvermögen der ein-
zelnen Stücke eines solchen Gebildes abhängig ist, ob yon der
Anordnung des Aggregatzustandes, der chemischen Zusammensetzung,
der besondern Gestalt der Oberflächen, genügt die einfach mikros-
kopische Betrachtung der nach verschiedenen Richtungen gefüluien
Durchschnitte des Gegenstandes nicht, sondern sie ist mit beson-
dern Hilfsmitteln zu verbinden , wie z. B. mit der Prüfung auf die
Cohäsion, durch Druck oder Zerrung mit der Anwendung schrum-
pfender und quellender, theilweise lösender, färbender die Unterschiede
der Lichtbrechung steigernder oder mindernder Reageutien. Seitdem
diese Einsicht einen praktischen Einfluss gewonnen, hat sich das
Urtheil über viele Formen anders gestellt, imd manchem dürfte
noch ein ähnliches Schicksal bevorstehen. Nach einer, wie es
meist geschehen, genügenden Lösung dieses Problems, erhebt sich
die zweite, viel schwieriger zu befriedigende Forderung, die Reihen-
folge der Gestalten, welche ein Gebilde während seiner ganzen
oder eines Thcils seiner Lebenszeit erfährt, auszumitteln. Da man
beim Thier auf die bei einzelneu Pflanzen anwendbare Methode
verzichten muss, die verschiedenen durch das steigende Alter be-
stimmten Forraunterschiede eines und desselben Objekts zu er-
kennen, so ist man genöthigt die verlangte Reihenfolge dadurch
zu gewinnen, dass man sie aus der Formen verschiedener Indivi-
duen zusammenreimt, deren Alter durch irgend ein Kennzeichen
mehr oder weniger genau festgestellt ist.
Bei diesem Verfahren kommt es also durchaus noch darauf
an, unverfängliche Kennzeichen für das Alter der betrachteten Ge-
genstände zu gewinnen, ferner die Beobachtungen ihrer zeitlichen
Reihenfolge nach möglichst zu häufen, und endlich dafür zu sor-
gen, dass die verschiedenen Formen, welche man als zueinander
gehörige ansieht, auch wirklich dieser Bedingung entsprechen.
Als Kennzeichen für die Lebensdauer dient einmal das be-
kannte Alter des Thieres aus dem das mikroskopische Objekt ge-
nommen ist, oder die Lagerungsstätte, welche eine Elementarfoim
einnimmt; so namentlich die Entfernung, um welche die letztere
von dem Orte der ersten Erzeugung durch neu gebildete Formen
verschoben ist; dieses gilt u. A. für die Zellen in den verschie-
denen Lagen des Pflasterepithels; oder der Abstand, in wel-
chem ein Gebilde von dem Ausgangspunkt eines formgestaltenden'
Vorgangs liegt, der sich nach dieser oder jener Richtung fort-
Mischungsfolgc.
223
pflanzt; liierlicr gehören z. B. die Formen, welche wllhreiid der
Verknöcherung vom Orte schon vollendeter Knochenbiklung bis zimi
innveränderten Bindegewebe oder Knorpel hingestreckt sind. Die
aus dieser Betrachtung hervorgehenden Schlüsse sind so lange un-
i-erfänglich, als auf demselben Orte nur die verschiedene Umbil-
iluugsstufe ein- nnd derselben Formate vorfindig sind. Sie hören
öS auf zu sein, wenn wie es meist der Fall, gleichzeitig und
klurcheinander verschiedene in auf- und absteigender Ordnung wach-
tjende Gebilde vorkommen. Der Beweis, dass eine im spätem
.jcbensalter beobachtete Form wirklich die weitere Umwaudlungs-
t5tufe einer andern früher gesehenen ist, kann dann nur durch be-
tioudere Hilfsmittel geführt werden, wie z. B. dadurch, dass sich
üine chemische oder funktionelle Identität herstellen lässt, oder
l;lass das Zahlenverhältniss der verschiedenen Formen in aufeinan-
i.lerfolgender Alterstufe dasselbe geblieben ist, oder dass man so
iele und rücksichtlich des Zeitabstandes einander so nahe ge-
• jgene Formstufen untersucht hat , dass sich durch sehr uahe-
aegende Uebergäuge der Stammbaum entwickeln lässt u. s. w.
))a diesen letztern Bedingungen in zahkeichen Fällen nicht genügt
ri^urde oder nicht werden, konnte, so haftet vielen sogenannten Ent-
fdckelungsvorgängen ein solcher Grad von Unsicherheit an, dass
sach dem Ausspruch He nies der unermüdlichsten und überlegen-
sten kritischen Autorität auf diesem Gebiete die Veröffentlichung
wn Beobachtungsresultaten über Formfolge nur noch die Geltung
iiiner Abstimmung hat.*)
Mischungsfolge. Obwohl mm dem Mikroskop noch viel
1 1 thun übrig bleibt, so sind doch noch immer seine Aufklärungen
eit voraus denen, die uns die chemische und physikalische Durch-
'•»rschung leisten müssen. Wir haben in keinem Falle eine klare
'orstellung von der ganzen chemischen Zusammensetzung der
l'lementarformen zu irgend einer Zeit, geschweige denn von der
uemischen Entwickelung der Gewebe, ebenso ist uns nur sehr
fieilweise Ijekannt der atomistische Bau der Flüssigkeiten , in wei-
nen jene Elementargebildc wachsen oder vergehen, und noch weniger
(ie Dehnbarkeit, Festigkeit, die (iuelhmgsfähigkcit, die Spannung,
m Lichtbrechungsvermögen und deren Aenderungen in der Zeit.
Da aber mindestens alle diese Fragen beantwortet sein müssten,
m auch nur den Versuch einer Theorie der Gewebsentwickelungen
•) Aiiiitoinlsclicr .Inlircsbnricht fiir ISöC. Leipzig u. Ilclilollicrg IHM. p. 1.
224
Entstehung (los tosten Aggregatzustandes.
möglicli zu machen, so folgt sogleich, dass uns fUr jetzt nichts
übrig bleibt, als nach neuen Angriffspunkten für die Beobachtung
zu suchen. Hierher dürfte Folgendes zu rechnen sein.
«. Zur Entstehung eines jeden Formelements ist zunächst die i
Umwandlung des flüssigen in den festen Aggregatzustand nötliig,
also wird auch zuerst zu fragen sein aus welchen Gründen ent
steht in den Flüssigkeiten des thierischen Leibes ein Niederschlag?
Indem wir zur Aufzählung der Hülfsmittel schreiten, welche der
Organismus besitzt, um den flüssigen Aggregatzustand seiner Be
standtheile in den festen zu verkehren, darf die Bemerkung nicht
unterdrückt werden, dass sie uns, so weit wir sie kennen, nicht
etwa durch besondere auf diesen Punkt gerichtete Untersuchungen
aufgeschlossen wurden. Sie sind im Gegentheil nur ein beiläufiger
Erwerb anderer Beobachtungsreihen, die mit den chemischen Bc
standtheilen des Thierleibes inner- und ausserhalb dieses letzteren
angestellt wurden. Diese Mittheilung bürgt hinlänglich dafth-, dass
die folgenden Angaben nur einen sehr kleinen Theil der wirklich
vorhandenen Mittel umgreifen.
Die Salze mit alkalischer und ammonikalischer Basis, ferner
Ca Gl, Mg Gl, Zucker, Milchsäure, Harnstoff, Kroatin, die niedem
Glieder der Fettsäurenreihe, sind immer flüssig im thierischen Or-
ganismus vorhanden; dieses steht in Uebereinstinimung mit unse-
ren Einsichten in die chemischen Eigenschaften der aufgezählten
Körper, da wir in der That keine Veranlassung anzugeben wüss-
ten, warum das überall vorhandene Wasser sein Vermögen, sie zu
lösen, einbüssen sollte.
Da die freien kohlensauren und phosphorsauren Kalksalze nur
in Säuren lösUch sind, so müssen sie aus ihren Lösungen auSr
fallen, so wie die fi-eie Säure neutralisirt oder gar übersättigt
wird. — Die gewöhnliche Verbindung mit eiweissartigen Stoffen,
in der die phosphorsaure Kalkerde in den thierischen Säften ge-
löst vorkommt, ist nur flüssig mit Hülfe eines alkalischen oder|
schwaohsauren Zusatzes. Um sie zu fällen, genügt also eine Neil:
tralisation der einen oder andern Reaktion.
Die Fette und ihre Säuren werden entweder fest, indem aus
einem Gemenge derselben die leichtschmelzbaren Tbeile (die Oel-
fette) entfernt werden, so dass nur noch die zurückbleiben, welche
bei der Temperatur des thierischen Körpers erstarren; oder es
werden durch stärkere Säuren die löslichen Kali- und Natrouver-
Entstehung dos festen Aggregatzustandes und der Coliäsion.
225
bindungen der an und für sich unslöslichen fetten Säuren zersetzt,
-iso dass nun diese letztern ausgeschieden werden.
Die Eiweisskörper, welche vorzugsweise iu Betracht kommen,
. da aus ihnen und ihren Zersetzungsprodukten die meisten thie-
i rischen Fonnen zum weitaus grössten Theil bestehen, können auf
ssehr vielfältige Art fest werden und Festes erzeugen. Einmal er-
t eignet sich dieses, wenn sie in unlösliche Modificationen verwan-
i-delt werden, in Folge der Umsetzungsprozesse, welche sie in dem
1 Lebenshergang erfahren. Als Beispiele hierfür sind vorzuführen
; die Entstehung des Faserstoffs aus dem flüssigen Bluteiweiss, dieUm-
V Wandelung des letztern in Proteinbioxyd, in die leimgebenden und
iin den elastischen Stoff. Dann kann die Fällung geschehen durch
ceine Veränderung in den Eigenschaften der lösenden Flüssigkeit.
1 Hierher wäre zu rechnen die Ausfällung des Eiweisses aus alka-
f lisch oder schwach sauer reagirenden Flüssigkeiten durch Neutra-
lisation, durch Zusatz von conzentrirten Salzlösungen oder auch
(durch sehr reichliche Verdünnung mit Wasser, So wird z. B.
idurch Zusatz einer beliebigen verdünnten Säure zu Lösungen von
iCasein und Natronalbuminat, durch Zusatz von fetten Säuren zu
IHühnereiweiss und Blutserum (Witt ich)*) ein Niederschlag ge-
't bildet; fernerhin erzeugt ein reichlicher Zusatz von Kochsalz zu
1 Blutserum und zu dem Inhalt seröser Säcke eine Fällung (Vir-
cchow)**), endlich trübt eine reichliche Beimengung reinen Wassers
Odas Blutserum (Scher er) und den Inhalt der Furchungskugelu
((Bisch off). — Drittens ifet es möglich, die eiweiss artigen Stoffe
Bonlöslich zu machen durch Herbeiführung einer Verbindung der-
Helben mit andern chemischen Körpern. Fälle, welche unter dieser
»letzten Rubrik aufzuzählen wären, sind uns in den Vorkommnissen
ßdes thierischen Lebens nicht bekannt. Sie könnten sich möglicher
Weise ereignen durch Elektrolyse des Na Cl in der Verbindung des
ifreigewordenen Chlors mit dem Eiweiss.
ß. Eine zweite Frage von nicht minderem Interesse würde zu
wissen verlangen, wovon der Grad der Cohäsion in dem Nieder-
wchlag abhängig sei. Beim Mangel aller einschlagenden Unter-
isuchungen wäre nur an die bekannte Thatsache zu erinnern, dass
sein und derselbe Eiweisskörper je nach der Dichtigkeit, der sauren
»oder alkalischen Reaktion seiner Lösung beim Niederfallen in
•) L ieblgs Aniinlcn. 01. Rd. 3ni.
>*) Do hyiuenügenhi albuminis. Rcglomontii 18&0.
Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.
15
226
Ki-ystallinisches und amorphes Gefüge.
festzusarameuliängeutleu oder in ki-Umlichen Niederschlägen er
scheint.
Wovon sind die Gestalten der primären Niederschläge ali
hängig? Die geometrischen Eigenschaften der Flächen, welcli
einen Niederschlag begrenzen, müssen entweder hervorgerufen seil |
von Kräften, welche innerhalb seiner Masse thätig sind, also vo
Innern, oder von Umständen, welche mit Rücksicht auf die Mas.si
aus welcher der Niederschlag besteht, äussere zu nennen sind
Da im ersten Fall der Niederschlag, wie gross oder klein er au( t
erscheinen mag, immer mit einer bestimmten Form auftreten mus
weil diese ja von den Eigenschaften seiner (wäg- und unwägbare)
Substanz abhängig ist, so nennt man alle Massen, zwischen derc
Molekeln formbestimmende Kräfte sich geltend macheu, geformt ^
alle andern dagegen, deren Gestalt sich nach den Umständi
richtet, die von aussen her auf ihre Grenzen wirken, formlo.se
Die Erfahrung hat nun längst Kennzeichen aufgestellt, aus wcl
chen entschieden werden kann, ob eine Masse zu der einen odr
andern Kategorie zu stellen sei. Die Richtkräfte nemlich, welcL
die Molekeln der geformten Masse anordnen, führen jedesmal zi
Bildung von Krystalleu, d. h. zu Figuren, die von Ebenen, welcli
unter bestimmten Winkeln zusammenstossen , begrenzt sind; zi
gleich sind die Molekeln innerhalb der Krystalle mindestens i
zwei aufeinander senkrechten Richtungen, welche dm-ch die so:
Krystallachsen bestimmt werden, in einer ungleichen Anordnuii
enthalten, vermöge deren die Widerstände für den Durchgang de
Lichtes, der Wärme und Elektiizität und ebenso die Cohäsion uii
Elastizität nach der einen der bezeichneten Richtungen grössi
sind, als nach der andern. — Gerade umgekehrt verhalten sir ,
die formlosen StotFe; in ihnen findet Licht, Wärme imd Elektrizitii I
den Weg nach allen Richtungen hin auf gleiche Weise gebahnl
und ebensowenig ist die eine Dimension vor der andern diuT
Elastizität und Cohäsion bevorzugt.
Der Versuch, das GefUge der festen Massen des menschliche •
Körpers unter die beiden grossen Gruppen zu vertheilen, sieht si(
gezwungen zu unterscheiden zwischen den Formen der nicht mel
sichtbaren Molekeln und denjenigen der sichtbaren Molekula
häufen.
Unzweifelhafte Krystallmolekeln kommen sehr verbreitet vo
Wir dürfen ihre Anwesenheit voraussetzen in den als solchen sich: ^
baren Kiystallindividueu des kohlensauren Kalks, der neutrale
GefUge der sichtbaren und unsichtbaren Formen.
227
und sauren Fette, des jCholestearins , der Harnsäure. Nächstdem
deckt uns das polarisirte Licht krystallinische Molekeln auf, die
zwischen andere amorphe Stoffe eingestreut sind in mannigfachen
im Allgemeinen nicht krystallinischen Elementarformen, so in den
•Muskelrohren, Bindegewebsfasern u. s. w. *) (Boek, Erlach,
Brücke, His). — An einem andern nicht minder reichlich vertre-
(tenen Antheil der thierischen festen Masse kann dagegen bis
idahin durch kein Hilfsmittel eine krystallinische Molekularstruktur
■erkannt werden. Man wird sie also einstweilen aus kleinsten
iTheilchen von unbestimmter Form zusammengesetzt ansehen, dabei
laber nicht vergessen, dass aber auch das Gegentheil möglich ist.
Für eine krystallinische Struktur einzelner unter ihnen würde z. B.
liie Befähigung des Fibrins sprechen, beim Festwerden in Fasern
tKU gerinnen, was darauf hindeutet, dass die in der Masse wirk-
i;3amen Anziehungskräfte nach der einen Richtung hin bevorzugt
1 >ind. In allen übrigen könnte man auch mit Frankenheim**)
jin sehr inniges Gemenge von unregelmässig gelagerten und sehr
verschiedenartigen Krystallmolekeln mit gleicherEigenschwere und
[»rosser gegenseitiger Adhäsion voraussetzen.
Die Kräfte, welche sich an der Formung der sichtbaren Mo-
sekularhaufen betheiligen, sind in einigen seltenen Fällen dieselben,
welche die krystaUinischen Molekeln gestalteten. Denn diese sicht-
«aren Gruppen stellten selbst wieder Krystalle vor wie z. B. die
Wehörsteine, der krystallinische Inhalt der Fettzellen, das Chole-
btearin in serösen Flüssigkeiten u. s. w. — Für weitaus die grösste
Mehrzahl der Elementarfonnen gilt dieses jedoch nicht, da die Be-
rrenzungsflächen der hier zusammengeballten Molekeln, mögen sie
plbst krystallinisch oder nicht krystallinisch sein, nicht mehr die
iücnschaften der krystallartigen ti-agen. Der Grund dafiir, dass
I ie Kräfte , welche den Aufbau der Molekeln besorgen , nicht mehr
( laassgebend sind für die Bildung der sichtbaren Gestalten von der
I itzteren Art, ist mit Wahrscheinlichkeit in den Eigenschaften der
i usammengefligten Stoffe selbst zu suchen; denn erfahningsgemäss
1 irken auf die gröbern Gestaltungen welche das Eiweiss, der Faser-
I toff, der Leim u. s. w. beim Gerinnen annehmen, Bedingungen ein,
I eiche die sichtbaren Krystallgestalten entweder gar nicht oder
enigstens nicht in der Weise beeinflussen.
■) MUllors Archiv 1847. 313. — Donkschriften der k. Akademie der Wissenschaften XV. Bd. —
'a(<c znr Histologie der Hornhaut v. W. Hls IfiSG.
•> Cryatallisntion und Amorphie. Ureslau 1851.
15*
228
Prägung der formlosen Massen.
Zur Erläuterung des Gesagten diene, dass die Krystall-
formen des Margarins, Stearins, des kohlensauren Kalkes u. s. w.
in keinem Fall sicli ändern mit den Gestalten des Tropfens oder
der Dichtigkeit der Lösung, aus der sie herauskrystallisirten ; alles
dieses hat aber Einfluss auf die Gestalt, welche das Eiweiss oder
der Faserstoff beim Gerinnen annimmt; aus verdünnten Lösungen
fallen Flocken, aus conzentrirten compakte Massen heraus; sie ge-
rinnen hautartig oder zu mannigfach geformten Gebilden, je nach
der Zahl, der Anordnung und dem zeitlichen Wirken der Be-
rührungspunkte des Eiweisses mit einer andern Flüssigkeit, welche
die Gerinnung erzeugt; Eiweiss und Faserstoif nehmen beim Ge-
rinnen die Gestalt der Gefässe an, in der dasselbe vor sich ging
u. s. w.
Daraus folgt mit Nothwendigkeit, dass auch die besondeni
Gestalten, welche jene Stoife beim Festwerden im Thierleib an-
nehmen, die Folgen einer gestaltgebenden Einrichtung, wir wollen
kurz sagen, einer Prägung, sein müssen.
Um diesen Satz, der von den Eigenschaften der Stoffe herge-
leitet ist, welche vorzugsweise zu dem Aufbau der thierischeu
Formen verwendet sind, aus dem Bereich der Probabilität zu be-
heben, müssten wir im Stande sein, die besondern prägenden Ein-
richtungen, die bei der Gewebsbildung thätig sind, nachzuweisen.
Dieses ist freilich bis dahin nicht möglich. Die folgende Dar-
stellung muss sich deshalb darauf beschränken, den Begriff der
Prägung in den aüerallgemeinsten Zügen hinzustellen, und die
Möglichkeit ihres Bestehens aus den Einrichtungen des thierischen
Körpers nachzuweisen.
Da die einfachsten Formen des thierischen Körpers, die Platte,
die Faser, das Korn sich nur durch ihre Dimensionen unterscheiden,
so werden die Bedingungen, ob die eine oder andere Form erscheint,
sich im Allgemeinen leicht zusammen lassen. Zunächst kommt in
Betracht, ob die Niederschläge, welche aus der Berührung zweier
Flüssigkeiten hervorgehen, cohärent sind oder nicht, ein Umstand,
der wohl von der chemischen Natur der Flüssigkeit abhängt. Bei
Gleichheit der chemischen Natur der Niederschläge, resp. der erzeu-
genden Flüssigkeiten vrird die Ausdehnung der Berührungsflächen
zwischen 'den beiden sich niederschlagenden Lösungen in Betracht j
kommen , und endlich bei Gleichheit der beiden genannten Beding-
ungen Avird die Zeitdauer, Avährend welcher die Fällung geschieht,
und der Umstand, ob die Flüssigkeiten ruhen oder in Bewegung sind,
Prägung besonderer Gestalten.
229
bestimmend wirken. Diese einfachen Bedingungen, deren Folgen
i iicli von selbst verstehen, werden oft genug erfüllt sein in dem formen-
veichen Organismus, der mit ruhenden und bewegten und zugleich
ii erschiedenartig zusammengesetzten Flüssigkeiten durchtränkt ist. —
sl^icht minder lassen sich, wenn einmal irgend welche Formen ge-
:^eben sind, aus den tiberall gebotenen Einrichtungen Gründe
(ibleiten, welche den Häuten oder Fasern noch besondere Gestal-
een geben, oder die schon vorhandenen verändern. Hier bieten
[lieh zu beliebiger und mannigfaltiger Verwendung die Quellungs-
ti-'ähigkeit, die Elastizität, die ungleiche Spannung, die Zersetzung
llurch den elektrischen Strom, die Vorgänge der Gährung, die
ITropfenspannung, die ungleiche Cohäsion der festen Theile dar. Je
nachdem man tiber diese Bedingungen disponii-t, können Ver-
dickungen, Auflösungen, ein- oder allseitiges Wachsthum, Spaltun-
'?en eines festen Körpers herbeigeführt werden, und es kann hier-
bei noch die Aufgabe gelöst werden auf sehr beschränkten Räu-
unen ganz betrogene Vorgänge einzuleiten. Obwohl ganz unzwei-
felhaft mit der Aufzählung der obigen Bedingungen die der wirk-
lich vorhandenen noch nicht erschöpft ist, so geben sie doch
iüchon, wie ein km-zes Nachdenken zeigt, unzählige prägende Ein-
iichtungen an die Hand. Die Versuchung, die Tragweite dieser
ausserordentlich biegsamen Principien für die Gestaltungen des
hhierischen Körpers weiter zu verfolgen, liegt in der That so nahe,
dass sie nur durch die Befürchtung tiberwunden werden kann, hier-
ii'ci in eben so nahe liegende Willktihrlichkeiten und in Ausein-
undersetzungen zu verfallen, die der Natur nicht entsprechen
DQöchten.
Wir kehren nach dieser nur auf Wahrscheinlichkeiten beruhen-
den Auseinandersetzung zu denThatsachen zurtick. Dieselehren, dass
lie Platten, Fasern, und Körnchen von eigenthtimlicher Form nicht
I ogleich vollkommen fertig aus der Fltissigkeit hervorgehen, sondern
l;lass den Kugel- und Cylindermänteln, denBtindeln und Netzen aus
^faser u. s. w. erst Gestalten vorausgehen, welche für jene genannten
obmigebend wirken. Zu diesen ursprtinglichen, formgebenden Werk-
«eugen zählt die anatomische Beobachtung vor allen die Zelle.
Die Gestalten welche man wegen ihres prägenden oder fornibil-
•lenden Einflusses unter dem Namen der Zellen zusammenstellt, zeigen
«war rücksichtlich ihrer Form gewisse Aehnlichkeitcn , aber auch
i'eichliche Unterschiede. So lassen sich namentlich, abgesehen von
den Abweichungen in den Grössen, in den Verhältnissen der Durch-
230
Bedingungen für die Zellenbildunt;.
messer nach verschiedenen Richtungen, der Durclisichtigkeit u. s.w.
als besondere Zellenarten hinstellen die freien Kerne, kernhaltige Zeilen
und Furchungskugeln ; diese letztere Gattung ist nach der Angabe
vieler Embrologen insofern von dem Typus der Schwann sehen Zeih
sehr abweichend, als weder der Kern, noch die äussere Begrenzung
mit einer Haut umzogen ist.
Ueber die chemische Anordnung der thierischen Bildungszelle
sind wir nur durch einige mikrochemische Reaktionen unterrichtet;
diesen entsprechend kommt ihr mindestens ein Vertreter aus einer
jeden der grössern chemischen Gruppen zu, welche im Blute des
Menschen vorkommen, also Eiweissstoffe, Fette, Salze, Wasser, und
ausser diesen in der Hülle und im Kern noch andere dem Blut
wahrscheinlich nicht angehörende Köi-per. Ausserdem ist bekannt,
dass die festen eiweissartigen Stoffe der äusseren Hülle und des
Kerns nicht dieselben Reaktionen darbieten und dass in einzelnen
Zellen für die verschiedenen Schichten der äusseren Hülle sogar
ein Gleiches gilt. — Von sonstigen physikalischen Eigenthümlich
keiten ist uns nur bekannt, dass die Hülle quellungsfähig, elastisch
und meist durch den Inhalt gespannt ist. Zudem sind an einzel-
nen rhythmische Bewegungen des Inhalts erkannt worden, was
vielleicht nocif allgemeiner geschehen sein würde, wenn man die
Objekte genügend frisch und uiiter möglichst normalen Bedingun-
gen hätte untersuchen können.
Die Entsehung einer solchen Zelle setzt eine bestimmt
zusammengesetzte Flüssigkeit und gewisse nicht sehr weit ge-
zogene Temperaturgrenzen voraus ; ausserdem aber muss diese'
Flüssigkeit nach den Angaben von Remack, Virchow, Ley-If
dig u. A. jedesmal in einer andern Zelle enthalten sein, während
Schwann, Hehle u. A. nur verlangen, dass in der Mutterlauge
der Zellen andere schon fertige enthalten sind. Den Gegensatz
dieser Meinungen bezeichnet man gewöhnlich durch die Ausdrücke
der innem und der freien Zellenbildung.
Die Entstehung der Zellen aus einer andern schon vorgebil-
deten geschieht dm-ch Theilung, Knospenbildung oder Eiuschach-
telung. In jedem dieser Fälle zergeht zunächst der Kern in zwei
oder mehrere kleinere, die sich, in dem sie sich von einander ent-
fernen vergrössern. Ist dieses bis zu einem gewissen Grade voll-
filhrt, so faltet sich bei der Knospenbildung die Haut um einen
jeden Kern, so dass die alte Zelle unmittelbar vor dem Abfall der
neuen das Ansehen einer Traube bekommt, deren einzelne Beeren
Innere und freie Zollonbildung.
231
11 1 sehr feinen Stielen sitzen. Bei der Theilung wächst zwischen
011 neuen Kernen eine Scheidewand, welche sich von der äussern
laut durch die ganze Zelle hindurch erstreckt; indem die Scheide-
ivand zerfällt, gehen aus der alten zwei oder mehrere neue her-
tor. Bei der endogenen Bildung endlich umhüllt sich jeder Kern
lüt einem Antheil des zähen Zelleninhalts , und dieser wieder mit
iiner eigenen rings geschlossenen Haut. Hiernach kann die Haut
eer alten die neu entstandene umschUessenden Zelle entweder fort-
eestehen oder sich auflösen.
Die freie Zellenbildung soll entweder um einen schon vorhan-
eenen in einer fertigen Zelle vorgebildeten Kern geschehen, oder es
»11 sieh auch dieser selbstständig entwickeln. Bei dem Wachsthum
ier Zellen um den vorgebildeten Kern geht der Aufbau derselben
wesentlich nach den Regeln, die iür die endogene Entstehung hin-
•estellt wurden, nur dass hier die umschliessende Mutterhaut fehlt;
3t der Kern nicht vorgebildet, so soll entweder der Ausgangspunkt
.er Zellenentwickelung durch einen freien Tropfen gegeben sein, der
1 einer homogenen Flüssigkeit schwimmt, — indem sich die Be-
Üiührungsfläche der beiden Flüssigkeiten durch einen hautartigen Me-
li erschlag abgrenzt, ist der Tropfen zu einer Zelle umgewandelt, —
kder es soU auch eine kleine oder grosse Menge von Körnchen
iie in einer Flüssigkeit schwimmen, sich zu einem Klümpchen zu-
äammenballen und auf der Oberfläche entweder durch einen nen-
otstandenen Niederschlag oder durch Verschmelzung der Grenz-
iieilchen eine Zellenhaut entstehen.
Auch ohne eine tiefer gehende Kritik leuchtet ein, dass die
inhänger der Innern Zellenbildung nicht im Stande sind, die Un-
tatthaftigkeit der freien zu beweisen. Andererseits ist es auch klar,
»ass die Vertreter der letztern Meinung so lange nicht auf allge-
iieine Zustimmung rechnen können, als sie nicht die Neubildung
[lon Zellen in einer vollkommen zellenfreien Flüssigkeit darthun,
Jder so lange sie nicht den scharfen Beweis beibringen, dass die
jorhandenen Zellen sich zu keiner Zeit ihres Bestehens mit ihrer
(orm an der Neubildung betheiligten.
Gesetzt, wir Hessen nun, wie es neuerlichst bei den Ana-
»men Brauch geworden, die Zeugung der neuen nur in alten
oben vorhandenen Zellen zu, so würde sich sogleich fragen las-
en wie und warum mehrt sich die Masse des Kerns, warum und
i'ie zerfällt sie in zwei andre Massen von kleinerem Umfang, warum
("eichen diese beiden auseinander u. s. w. Würde man den Ver-
232
Einfluss der Zelle auf ilire Umgebung.
such machen, wie weit man sich clei- Lösung jedes einzelnen Ilei-
ganges nähern könne, so würde man dabei dann auch erfaliren, wie,*
weit sich die Zellen und wie weit sich die in ihrer Umgebung
vorhandenen Bedingungen an jenen Vorgängen betheiligten. Dagg
diese letzteren nicht gleicligültig sind, kann nicht bezweifelt werden^
denn, wenn auch dem Begriff der innern Zellenzeugung gemäss
selbst die Stoffe und die Wärrae, welche zum Erscheinen der Zeu-
gung nöthig sind, der ältern Zelle angehört haben müssen, so wird
die letztere nicht jedes Rohmaterial für einen gleich brauchbaren
Baustein erachten und noch weniger wird sie sich die nöthige
Wärme selbst erzeugen. Die kürzeste Umschau in diesem Gebiete
zeigt gleich, dass auch hier dem Chemiker und Physiker der
grösste Arbeitsantheil zufällt und dass, wenn ihr Licht tiefer diingt,
erst mit den Versuchen begonnen werden kann, welche die Vollen-
dung der Theorie versprechen. Wären wir erst Herr der Bedingungen,
durch welche wir Eiweis in diesen oder jenen beliebigen Fennent
körper umwandeln, oder überhaupt derjenigen, durch welche wir
das Eiweiss in jedes abgeleitete und zum Zellenwachsthum
brauchbare Atom umsetzen, könnten, durch welche wir elek-
trische Gegensätze in ihnen zu entwickeln im Stande wären u. s.w.,
so würde aucli die künstliche Bildung und Entwickelung der Zella
nicht lange auf sich warten lassen; dann aber erst würde man diq
nöthigen Bedingungen so veränderlich machen können, dass man
den Einfluss aller einzelnen Bildungsvorgänge genau ermitteln
könnte, eine Aufgabe, die die blosse Beobachtung voraussichtlict B
nie lösen kann. I
Die soeben angestellte Betrachtung sucht also den verwickelter i
Begriffen Zellenfunktion, Zellenfortpflanzung u. s. w. die einfacher
Erklärungsgründe unterzuschieben, so dass man am Ende der Un
tersuchuug sagen könnte, so weit betheiligt sich an der NeubiU
dung Haut, Kern und Flüssigkeit der Zelle, und die Haut wiedei
so weit mit ihrer Elastizität, ihrer Durch dringlichkeit, ihrer cheniii
sehen Anregung, die Flüssigkeit aber durch diese oder jene ihrei
Stoffe, durch ihren Zähigkeitsgrad; und noch weiter diese un(
jene Eigenschaft vdrd gesteigert oder gemindert durch die Ein
flüsse des Aufenthaltsortes.
Eine fertige Zelle ist aber nicht bloss die Mutter neuer, son
dem sie selbst verändert sich weiter. Diese Eigenschaft führt ü
unserer Betrachtung begreiflich keine neue prinzipielle Schwierigkeit
ein, da wir die Zelle einmal als einen in Bewegung begriffenen Me
Einfluss der Umgebung auf die Zelle.
233
lianismus kennen gelenit haben. Diese Bewegung muss je nacli-
cni sie zu einem bestimmten Gleichgewichtszustand gelegt oder
111 zu erreichen gehindert wird, zu den verschiedenartigsten Fol-
eii führen. Allgemein lässt sich wohl aussagen , dass bei den
teschränkten Mitteln der Zelle imd bei ihrer Berührung mit
Bödern bcAveglichen Theilen ihre Bewegungen bald zur Euhe kom-
men würden, wenn sie nicht von aussen neue Anregungen em-
tfing, Anregungen die nachweisslich zum grossen Theil durch die
ns der Umgebung eintretende Wärme und durch die Diffusion
ü.s.siger und luftförmiger Stoffe bewerkstelligt werden. Anders
irasgedrUckt würde dies heissen, dass die Entwickelung von der
fmgebung wesentlich bestimmt werde.
So gefasst, wird man es nun ebenso begreiflich finden, warum
rrsprünglich gleichartige Zellen wie die Bildungszellen des Eies
ich zu verschiedenen Geweben entwickeln ; denn dazu gehört nur,
rass sie in räumlich geti'ennte Gruppen geschieden werden, wo-
rurch die Möglichkeit gegeben ist, sie mit ungleichen Wärmemengen
rad verschiedenartig zusammengesetzter Flüssigkeit in Berührung
m bringen u. s. w. Andrerseits können aber auch unmittelbar an-
iinander grenzende Zellen einen ungleichen Bildungsgang einschla-
fen, da schon in der ersten Einrichtung, die sie mitbringen, der
mmd liegen kann, warum zwei Zellen von denselben Einflüssen
ua ganz verschiedenen Aeusserungen bestimmt werden.
Wie endlich die Zellen von ihren Umgebungen Masse und
Bewegungen empfangen, so geben sie offenbar diesen auch beides
imd zwar durch die innere Arbeit der Zelle umgeändert zurück
lüd aus diesem Grunde kann man sagen, wirke die Zelle auch
iildend auf ihre Umgebung ; wie und inwieweit sie dieses vermag,
fegt jedoch noch ganz im Dunkeln, so viel man auch schon von
> ellenregion, Aneignung der Nachbarschaft u. s. w. u. s. w. [ge-
prochen hat.
Es würde nicht schwer sein, an der Hand allgemein mecha-
iischer Betrachtung noch Mancherlei zu sagen, aber Alles wtirde
foch unbefriedigend bleiben, so lange nicht von speziellen Mecha-
bismen ausgegangen werden kann; dazu gehört aber erst die
ntthsame Spezialforschung. Ob und wann diese in Angriff genom-
•len wird, dies wird von dem Talente der Arbeitskräfte abhängen,
welche das Geschick unserer Wissenschaft besonders und zunächst
Juf dem chemischen Gebiete zufühi-en wird.
234
Geschichtete Bpithelien.
Spccieller Theil.
Oberhäute, Epithelien.
Die anatomischen Elemente der Oberhäute sind Zellen, deren
Form sich der kugeligen, cylindrischen oder plattenartigen annähert.
Geschichtete Pflasterhäute. Sie bedecken die CutisjO
und die Fortsetzungen derselben in die Mund-, After-, Harn und
Geschlechtsötfnung.
1. Anatomische Eigenschaften*). Um ihre Aufhellung hat
sich He nie besondere Verdienste erworben. Die geschichteten
Pflasterhäute enthalten längliche, kugelige und platt enförmige Zel-^
len. Die zuerst genannte Formation, welche meist mit länglichen
Kernen versehen ist, sitzt mit einer ihrer schmalen Flächen un-
mittelbar auf der Cutis auf (Kölliker) ihre Anwesenheit ist am i
Gaumen (Szontagh) an der Vaginalportion des Uterus (Wag-ii
ner) und an der Cutis (Leydig) bestätigt. Reichert erklärt ti
sie jedoch überall für eine durch die Präparation erzeugte Täu- ^
schung. Ueber dieser finden sich mehrere Lagen von kleinen Ku- f
gelzellen, die immer einen relativ grossen Kern einschliessen, wel
eher nahebei den ganzen Binnenraum der Zellen ausflillt; in den ||
noch weiter nach aussen gelegenen Schichten trifft man dann
grössere Zellen, deren Form zwischen der Kugel und Platte die
Mitte hält, und endlich sind die äussersten Lagen aus Plättchen
gebildet; der geringe Binnenraum in diesen platten Zellen ist
durch einen Kern ausgefüllt, welcher an Grösse den der kugeligen
kaum übertrifft. In den äussersten Zellenlagen der Epidermis
scheint jedoch der Kern zu fehlen (Moleschott). — Zwischen
den Zellen der tieferen Schichten findet sich noch etwas Flüssig- .
keit ergossen, die zwischen den oberflächlicheren fehlt.
Die Gesammtzahl der Zellen, welche in einem senkrecht ge-
gen die Cutis geführten Schnitte übereinander liegen (oder die
Dicke der Epidermis), und ebenso die Verhältnisszahl zwischen
cylindrischen und kugeligen einerseits und plattenförmigen ande-^
rerseits ist veränderlich mit den Hautstellen, deren Bedeckung sie
bilden. Diese mit dem Standort veränderlichen Verhältnisse prSn
gen sich schon im fötalen Leben aus (Alb in, Krause), so dass
sie als eine Folge der eingeborenen Bildungsmechanismeu angea
sehen werden mlissen. Die Messungen von Krause, Kölliker
•) Kiaiise, „Hiiut" inWagncr's llRiidwürtorbucli. H. Bd. — Harting, Bcchorches niicro-
ra'etriqucs. Utrecht 1845. p. 47. — KöUikor, Mikroskop. Anatomie. II. Bd. I. Abthcil. p. 15. —
Uonlc, Jahresbericht Uber alldem. Anatomie für 1850. p. 20.
Ajiatomischer niul chemischer Bau der Epithelicn.
235
md Wen dt stellen heraus, dass die Dicke der gesammten Ober-
jaut am mächtigsten in der Fusssohle und den Handtellern, am
>3ringsten an dem Kinn, den Lippen, der Stirn, den Wangen, den
migenlidern und dem äussern Gehörgang ist. In einzelnen Fällen
nertriflft die Zahl der über einander geschichteten Cylinder und
lugelzellen (rete Malpighi) diejenige der plattenförmigen (Horn-
bhicht) ; für gcM^öhnhch gilt jedoch das umgekehrte.
Die Grösse der einzelnen Zellen ist unabhängig vom Lebens-
tter ihres Trägers; diejenigen des Neugeborenen sind eben so
•oss wie die des Erwachsenen (Harting).
2. Chemische Zusammensetzung*). Die bisherigen Unter-
iiichungen scheinen zu ergeben, dass die verschiedenen morpholo-
sschen Bestandtheile, die Kerne, die Zellenwand und der die Zel-
v.n mit einander verbindende Stoff aus irgend wie verschieden
'•3schaffenen Atomen gebaut sind. Denn der verklebende Stoff ist
-slich in Ammoniak, Kupferoxydammoniak und in einer Kalilauge,
telche 25 bis 35 p. c. KOHO enthält; -vaelleicht auch beim Kochen
11 Papinschen Topf. — Die Kerne der Honischicht sind löslich in
• • p. C. und die Zellenwäude endlich in 5 p. C. Kalihydratlösung. —
US der letztren Lösung kann durcli Essigsäure ein Körper der
■■•oteingruppe gefällt werden (Donders Moleschott). — Die
'jllenwand besitzt in verschiedenen Altersstufen nicht dieselben
?3aktionen ; die der Schleimschicht ist im Gegensatz zu der in der
9)rnschicht in Essigsäure löslich (Henle).
TJeber die Hornschicht ini Ganzen ist noch Folgendes bekannt: Kaltes Wasser
bht aus derselben eine salzhaltige, sauer reagircnde Flüssigkeit aus, welche nach '
E3m Analysen aus Verbindungen von Ammoniak, Natron, Kali, Eisenoxyd mit Essig-
ii.re, Milchsäure, Phosphorsäure und Chlor bestehen soll (Berzelius). Kochendes
iissor löst unter Schwefelwasserstoffentwicklung einen leimartigen Körper auf (John);
hlossberger erhielt dagegen aus lehthyosisschuppen durch dreistündiges Kochen
einem Druck von 3 Atmosphären ■\vohl\ ein Extract, aber keinen Leim. Alkohol
ii Aether entziehen ihm Ectt. — Das nach dieser Behandlung zurückbleibende Ge-
ingc (der sog. Hornstoff) gab bei der Verbrennungsanalyse von Scher er und Mul-
rr in 100 Theilen: C50,3; H6,7; Nn,2; 027,0; S0,7. — Mit Salpetersäure gc-
innt man die sog. Xanthoproteinsäuro aus derselben ; bei der Auflösung der Epidermi-
■len in Kali bildet sich SH und NH3 neben dem schon erwähnten, dem Protein nach
'•zcntischcr Zusammensetzung und llcaktionon ähnlichen Stoff. Beim Verbrennen ont-
iikeln sie den Geruch eiwcissartiger Stoffe. — Die verbrannten Hornzellen hinter-
äen eine Asche, welche bis zu 2 p. C. der trockenen Substanz ausmacht und aus
* *) Haider, Versuoli einer allgemolnon phystolog. Ohomlo. Brnunsohwelg. p. 548. — S c h 1 o k s-
rger: allgemeine Thiorchemie, Leipzig 186G. 265. — Moluschott In dessen Untersucliiingon
■ Naturlohre IV. 97.
236
Quollungserscheinungen der Epithclien.
SCaOPOä und FojOs besteht. — In der Asche der IcMhyosisschuppen fand SchlosB-
b orger NaO, KCl, CaOSOa, SiOs, und 3 (Mgo, CaO, Fei O3) PhOs.
3. Quellungsei'sclieiriungen*). Reines Wasser dringt sehr
schwer in die Epidermis ein; legt man dickere Stücke derselben
in Wasser, so findet man selbst nach tagelanger Einwirkung nur
die obersten Lagen der Hornschicht aufgeweicht. In einer aul
diese Weise behandelten Deckhaut ist der Zusammenhang zwi
sehen den Zellen gelöst, der Umfang dieser letzteren selbst aber
nur um ein Unbedeutendes vergrössert. — Bindet man einen mit
Epidermis bedeckten Hautlappen über die eine Mündung eines
Glasrohrs und füllt dieses letztere bis zu beträchtHcher Höhe mit
Wasser an, so dringt dieses durch die Lederhaut und hebt die
Epidermis von derselben ab, so dass sich die letztere in Form
einer Blase auftreibt. — Als endosmotische Scheidewand aufge
stellt, verwehrt die Epidermis, so weit wir wissen, durchgreifend
die Ausgleichung zwischen Wasser und wässerigen Salzlösungen:
sie erlaubt dieselbe dagegen zwischen Wasser und verdünnten
Säuren; wie zwischen Alkohol, alkoholischen oder ätherischen
Salzlösungen und Wasser; in beiden Fällen geht der stärkere
Strom y(fm Wasser zum Alkohol (Krause).
Die Epidermis ist im trocknen und feuchten Zustand für Grase
jeder Art durchgängig.
Krause reinigt die als Filtrations- oder Düfusionsmembran angewendete Epider-
mis mit Wasser, Seife und Aether ; es könnte auffallend erscheinen, dass die Schweiss-
kanülchen (die von ihm angewendeten Stücke waren aus dem Handteller genommen)
sich nicht eröffnet und einen raschen und beliebigen Diffusionstrom erlaubt haben
Dieses geschah wahrscheinlich darum nicht, weil Krause den Flüssigkeitsdruck auf
der einen Seite höher, als auf der andern machte, wodurch die schieflaufenden Gänge
sammengepresst werden.
Ueber den Durchgang der tropfbaren und gasaiügen Flüssig-
keiten durch die unverletzte Epidermis des lebenden Menschen in
die Flüssigkeiten resp. die Blutgefässe der Cutis, sind zahlreiche
Versuche von Aerzten**) angestellt. Der Unterschied zwischen
diesen und den erwähnten Versuchen von Krause leuchtet einl
*) Krause, 1. c. 153. — KöUiker, I. 0. p. 69.
•*) Die älteren Beobachtungen von Young, Madden, Collard, Emmert u. s. iv. sieh»
bei Krause 1. c. Ausserdem Oesterlen in Hcnlo's und Pfeufor's Zeltschrift. T. Bd. 484.
Gossel in, Gazette niddicale 1850. Nr. 20. — K. Volt Pliysiolog.-chemische üntcrsuchungen 1867.
p. 45. — Braune, De cutis fnciiltato jodum rcsorbondi. Archiv Tür patholog. Anatomie XI. Bd.
295. — Klclz Insky, Wochenblatt der 'Wiener Aoizto. 1864. Nr. 28. und 1855. Nr. 21. — Du-
riauj llecherches oxpferimentales sur 1' «bsorptlon eto, Paris 185(i. (E. Meissners Jahresbericht
243.) — Poulet Compt. rond. Bd. 42. S. 435.
Durchdringbarkcit der Epidennis am Lebenden.
237
-enn man bedenkt, dass die endosmotische Scheidewand zwischen
eil auf die Körperoberfliiche gebrachten Stoffen und den in der
.eilerhaut enthaltenen Flüssigkeiten offenbar durch die Epidermis
icht mehr allein dargestellt wird, sondern dass auch durch die
lit Schweiss und andern Flüssigkeiten erfüllten Schweisskanälchen
i'ie Ausgleichung erfolgen muss. — Die hierhergehörigen Versuche
iieten meist so grosse Schwierigkeiten, dass man sich für ge-
wöhnlich mit einer qualitativen Antwort befriedigen musste, w^elche
rwohl etwas tiber das Zustandekommen, nichts aber über die Ge-
cchwindigkeit des Dm'chgangs der betreffenden Substanzen aus-
jagte. — Aus den vorliegenden Beobachtungen scheint sich zu
rrgeben, dass von aussen nach innen eindringt: Wasser, und zwar
uues besser als heisses, die in der Fleischbrühe und Milch ge-
gasten Stoffe (?), verdünnte Schwefel-, Salz-, Salpetersäure, ver-
dünnte Lösungen von Chlorbaryum, Brechweinstein, Quecksilber-
hlorid; Blutlaugensalz, Jodkalium, Crotonöl, aromatische Oele,
i/antharidin, unter Umstihiden Jod und Quecksilber. Umgekehrt
teht aus der Haut Kochsalz in ein Wasserbad über; nach Barrai
iatte ein Bad aus 174 Kilogr. von 37" C während einer Stunde
Gr. dieses leztern Salzes aus der Haut ausgewaschen.
Dem Durchtritt der Gasarten stellt die mit der lebenden Haut
11 Verbindung stehende Epidennis ebensowenig einen Widerstand
mtgegen, als die von ihr losgelöste.
Der Uebergang eines Stoffes durch, die Epidermis des lebenden Menschen lässt
tch jedesmal leicht feststellen , wenn er im Beginn des Versuchs entweder im Or-
lanismus oder in dem die Oberhaut umgebenden Bade fehlte. Hierzu bietet die che-
iische Eeaktion meist genügende Hilfsmittel, und wo diese nicht mehr anwendbar,
■litt oft eine physiologische an ihre Stelle; dieses gilt z. B. unter den oben angeführ-
i-n Stoffen für Crotonöl, Cantharidin u. A., welche im Blute anwesend eigenthümliche
rrzneiwirkungen bedingen. Schwieriger ist der Nachweis für den Uebertritt solcher
t toffe, welche schon im Organismus vorkommen, oder gar die genaue qauantitative Bc-
1 immung der übergetretenen Mengen. Um diese zu gewinnen, wie z. B. die des über-
ihondcn Wassers, muss man entweder den Gewichtsverhist des Bades oder die Qe-
iclitszunahrae des thierisehen Körpers feststellen. Beide Wägungen sind aber inso-
wn der ganze Körper gebadet wurde, mit zahlreichen Fehlerquellen behaftet; denn
umnal nimmt der menschliche Körper während des Bades auch an Gewicht ab durch
'ie Lungen ausdünstung, diese müsste also während dos Bades bestimmt werden, weil
t.e mit der Temperatur des Bades veränderlich ist. Nächstdera möchte man einem
■[cnscben die Haut nicht gerade soweit wieder abtrocknen können, wie sie vor dem Badi:
'ar. Hie Wägung des Bades führt Unsichcrlieit ein wegen der Verdunstung der i-'lüssig-
eit während des Abtrocknens , des Hängenbleibens derselben an der Haut u. s. w.
!-lrössere Sicherheit kann bei localen Bädern bewirkt worden, siehe hierüber Kl et-
238
Ernährung der Bpidarmis.
zinsky 1. c. — Den Eintritt yon QuecksilberkUgelchen nach Einreiben von grau« :
Salbe beweist Yoit durch das Mikroskop nach dem Tode.
4. Auch ohne dass eine besondere Untersuchung vorliegi
kann die Epidermis ein schlechter Wärmeleiter genannt werden
Dem elektrischen Strom setzt sie einen beti'ächtlichen Widerstam
entgegen; dieser verringert sich mit ihrer Dicke, ihrer Dui-cli
feuchtung mit gut leitenden Flüssigkeiten, ihrer Erwärmung (Kit
ter, Ed. Weber, du Bois)*)
Ueber die Methode den Widerstand für den galvanischen Strom zu bestiinmei;
siehe du Bois 1. c.
5. Von der Ernährung der Epidermis. — Den Muttersaft dci
Pflasterzcllen liefern die oberflächlichsten Gefässe der Cutis. Au
ihm entstehen zunächst die Zellen, welche in den tiefsten Schiel i
ten der Oberhaut enthalten sind. Der Beweis hierfür liegt in dc i
bekannten Erfahrung, dass eine Lücke, die man in die Epidermi
geschnitten, sich nicht dadurch ausfüllt, dass auf der freien Obei
fläche der Lücke neue Zellenlagen entstehen, sondern in der Weis,
dass sich der Boden derselben allmählig erhebt, durch einen voi
der Cutisoberfläche her erfolgenden Nachschub von Zellen. — «
Die Ursachen *der Absonderung jenes Bildungssaftes sind uns un
bekannt, und nicht minder die Zusammensetzung der ursprünglic
ergossenen Flüssigkeit. — Zwischen der Absonderuugsgeschwin
digkeit des Muttersaftes und der Zellenbildung scheint das Ab
hängigkeitsverhältniss zu bestehen, dass sich nur bis zu einem ge-
wissen Grade die Bildung neuer Zellen mehrt mit der Menge dei
abgesonderten Flüssigkeit; steigert sich die Absonderuugsgeschwin-
digkeit noch weiter, so hört alle Bildung von Epidermis auf. — -
Diesen Satz stützen wir damit, dass eine Erweiterung der Capil
largefässe in der Cutis, also eine vermehrte Spannung des Blut
in ihnen, wie wir sie nach gelindem Druck, höheren Erwärmimge
u. dgl. gewahren, die Epidermisbildung mehrt (Schwielen de<
Hand- und Feuerarbeiter); eine weiter getiiebeue Ausdehnung deit
Gefässe, die in kurzer Zeit den Austritt grösserer Mengen voi
Flüssigkeit zur Folge hat, hebt dagegen die Epidermis ab, und ir
der Blasenfltissigkeit entstehen keine Epithelien; ihre Bildung b<'
ginnt erst wieder mit dem Austrocknen der Blase. In der Tha'
scheint ein grosser Theil der oberhautbildenden Mittel der Acrzti
*) Ed. Webor, Qunestiones physiologlcae do phaeuom. otc. 1836. — duBoisKeyinon>l
Beiliiicr nkadem. Monatsberichte. 1852, t5. Mürz,
Ernährung der Epidermis.
239
Äe Aufgabe zu haben, das Maass der Absonderung- zu regeln, in-
eni sie entweder auf die Erböliung des Elastizitätscoeffizienten
er Getusshäute (Blei-, Silbersalpeter) oder auf die Verringerung
•as Gefässdurchmessers (Einwickelungen) hinzielen. — Der che-
iische und mechanische Vorgang, der die Ueberführung der Fltis-
^gkeit in die Zelle bedingt, ist unbekannt. Man behauptete mit
iiticksicht auf den letztern früherhin, dass in dem Muttersaft zuerst
IIS irgend welchem Grunde Zellenkerne entstünden, welche sich
•it einer Haut umhüllten (He nie). Neuerlichst bestreitet man
eses und setzt an die Stelle der alten Hypothese eine andere,
tonach die tiefsten, cylindrisch geformten Zellen sich an ihrem
eeien, von der Cutis abgewendeten Ende abschnüren und damit
iiir Entstehung der kleinen Kugelzellen Veranlassung geben sollen
^CöUiker). Billroth*) der die Epithelialbildung auf vernar-
«nden Wunden studirte, stellt sogar die Möglichkeit hin, das die
eilen aus einer Zerspaltung der amorphen Schicht hervorgehen,
welche die Granulation vor beginnender Vernarbung zu bedecken
liegt. — Die Zellen der Hornschicht gehen unzweifelhaft aus de-
!3n der Kugelschicht hervor, was sich ohne Weiteres durch die
aagerungsverhältnisse beweisen lässt. Man stellt sich das Zu.
aandekommen der Abplattung in der Weise vor, dass die im Zel-
inraume enthaltenen löslichen Bestandtheile allmählig unlöslich
iürden, worauf das Wasser durch Diffusion oder Verdunstung
Hitfernt wiii'de. Gesetzt, diese Meinung wäre bewiessen, so müsste
im noch gezeigt werden, warum das Zusammenfallen der Wand
der Richtung des Dickendurchmessers der Oberhaut erfolgt. —
naerklärt ist es ferner, womit sich der Zusammenhang der Zellen
hidert; nachweisslich schuppen sich (durch Verlust dieses Zusam-
tenhangs) unter gewissen, nicht näher bestimmten Umständen die
werflächlichsten Lagen leichter ab. Aus dem Verhältniss zwisclien
feubilduug und Abschuppung ist natürlich auch die Dicke der
ipidermis an den verschiedenen Körperregionen zu erklären. In
Besem Sinne ist es bemerkenswerth, dass aller Orten eine Grenze
rr die Dicke der Epidermis besteht, und dass eine über das Nor-
>ale gehende Dicke derselben, wie wir sie bei SchAvielenbildung
'Jobachten, meder auf den gewöhnlichen Werth herabsinkt, wenn
e Ursachen verschwinden, welche eine reichlichere Absonderung
>i» Muttersaftes veranlassten. — Ob in der ausgewachsenen
') Untersuchungen Uber Entwlckelnng der Blutgefässe. Berlin 18DG. p. 34.
240
Nägol.
Plattenzelle ein Stoffumsatz geschiebt, wissen wir nicht; flir einen
solchen spricht das Verschwinden der Kerne, gegen ihn die Wider
Standsfähigkeit der Plättchen gegen die chemischen Angriffe, wel
chen sie im normalen Leben ausgesetzt sind.
Nägel.
•1. Anatomische Eigenschaften. Der Nagel ist ein Gebildt
aus Zellen von derselben Form und Anordnung wie in den g(
schichteten Pflasterhäuten. Vor diesen ist er ausgezeichnet eiiinia
dadurch, dass alle Zellen Kerne enthalten, ferner durch das Vei
hältniss zwischen der Dicke der Horn- und Schleimschicht, Inden
an den Nägeln die erstere ganz ausserordentlich die letztere über
trifft, und endlich dadurch, dass die Zellen in der Hornschicht de>
Nagels noch trockner, fester und inniger mit einander vereinig!
sind. )
2. Chemische Eigenschaften. Am Nagel ist bis dahin nur di«
Hornschicht untersucht; ihre Eigentbümlichkeiten stimmen im All
gemeinen mit denen der Pflasterhaut tiberein.
Der sogenannte Homstoff des Nagels besteht nach S c h e r e r und M u 1 d e r ii
100 Theilen aus C51,0; H6,9 ; Nn,5; 021,7; S2,8. Sein Sgehalt ist also dem da
Epidermis überlegen; verbrannt hinterlässt er 1 pCt. Asche aus 3CaOPO. '
3. Von der Ernährung. — Die Bildung des Nagels geht nm
dann vor sich, wenn ein besonders geformter Boden der Cutis, da
Nagelfalz und das Nagelbett, vorhanden ist. Diese Einrichtung
worin auch sonst noch ihre Wirkungen bestehen mögen, hat jeden
falls die Folge, dass die neugebildeten Zellen sich durch das Ent
gegenwachsen von zwei verschiedenen Seiten her zusammen
pressen. Durch die Aufschichtung von Zellen im Falz wird dii
Längenzunahme und durch diejenige im Nagelbett zum Theil miä
destens das Wachsthum nach der Dicke bestimmt (E. H. Wej
ber). — Nach Berthold*) wachsen die Nägel in der Jugen(
und im Sommer rascher als im Winter, an der rechten Hant
mehr als an der linken; unter allen Fingern geht am mittlerei
das Wachsthum am raschesten und in abnehmender ReihenfolgJ
am Ring-, Zeige-, Ohrfinger und Daumen vor sich. Schneiden d«
Nägel befördert die Zellenneubildung; wenn man dieselben nie
mals verklirztj so erreichen sie eine bestimmte, nicht weiter veü
änderliche Länge.
•) A. Bcrtliold, Beobachtungen Uber das quantitative Verhältnisa der Nagel- und HaattH
dung. Göttingen 1860. J
Eilifacliere Deckhäuto. — Pliinmerliaaro.
24]
Beispielsweise sei erwähnt, dass sich nach Berthold der Nagel in 11 Tagen
m etwa 1 MM. verlängert.
Einfachere Deck häute. An diese Pflasterepithelien voll-
onimenster Ausbildung schliessen sich nun eine Reihe anderer Ober-
läute an , welche entweder nur aus einer oder aus mehreren der be-
jhriebenen Zellenformen zusammengesetzt sind. Die einfachsten
l'berhäute sind die einschichtigen ; sie bestehen immer nur aus einer
sage und zwar entweder aus platten, wie z. B. in den serösen
läuten, oder aus cylindrischen Zellen, wie im Darmkanal u. s. w.
- Die comphzirteren enthalten dagegen entweder kugelige und
ylindrische (Bronchialschleimhaut) oder cylindrische, kugelige und
ilatte (Mundschleimhaut). Die letztern, welche der Epidermis am
iichsten stehen, unterscheiden sich jedoch meist wesentlich dadurch,
iiss ihre platten Zellen nur stellenweise und zwar im Ueberzug
':3r pap. filiformes als dünne Hornschtippchen erscheinen.
Diese Gebilde bieten unter dem Mikroskop annähernd dieselben
rrscheinungen, wie die Epidermiszellen.
Nach Gorup*) enthält das Plattenepithelium der Mundschleimhaut der Wall-
fßhe 2,5 pCt. Schwefel , also so viel wie die Nägel des Menschen ; ob dieses auch
rf die Oberhaut unserer Mundschleimhaut gilt?
Die Durchdringlichkeit der weniger ausgebildeten Oberhäute
rr gasförmige und namentlich flüssige Stoffe ist Adel beträchtlicher
?3 die der Epidermis; am leichtesten durchgängig sind diejenigen,
eslche nur aus einer Zellenlage bestehen; zum Theil mag dieses
ilher rühren, dass in den Zwischenräumen zwischen je zwei Zellen
)iiren gelegen sind, die der Diffusion weniger Widerstand bieten,
rm Theil aber sind die Zellen selbst leichter durchgängig. Ueber
e3 "Wachsthumserscheinungen der einfachen Epithelien ist nur be-
■,nnt, dass sich auch hier Uebergangsstufen zwischen den kugeligen
'd den cylindrischen Zellen finden finden. Die kugeligen Zellen
lllen sich durch Theilung fortpflanzen**).
Flimmerhaare.
Auf einzelnen Standorten tragen die Cylinderzellen gegen ihre
feie, von Flüssigkeit oder Luft begrenzte Fläche feine weiche,
aarförmige Anhänge, die Wimper- oder Flimmerhaare.
Diese Haare sind unter gewissen Umständen, und namentlich
Ehrend ihres Aufenthaltes im lebenden Körper in einer Bewegung,
i der ihre Spitze ungefähr ein Viertel von der Peripherie eines
s'eises zurücklegt, welcher mit der ganzen Länge als Radius be-
• •) Joarn. für prnkt. Chemie. 39. Bd. p. 244.
'*•) Kölllker, Handbuch der Gowcbclohre. 1852. p. 34S.
L Ludwig, Physiologie U. 2. Auflage.
242
Fliniraerhaare ; Beschleunigung ihrer Bewegung.
schrieben wird. Genauer betrachtet, verhält sich nun diese Be-
wegung so, dass ein Haar, welches soeben gegen den Boden,
auf dem es eingepflanzt ist, senkrecht stand, plötzlich zusammen-
knickt und sich dabei mit seiner Spitze gegen den Boden biegt,
kaum hier angelangt, wieder aufsteht, um von Neuem die eben
vollendete Bahn umgekehrt zu durchlaufen. Diese Bewegungen
folgen sehr rasch aufeinander, so dass namenthch an den Wende
punkten keine Zeiten des Stillstandes zu beobachten sind, und nicht
minder werden die Bewegungen rasch vollendet, indem nach dei
Messungen von Valentin und Krause ein Haar zu einem Auf
und Niedergang 0,2 bis 0,8 See. nöthig hat. — Die Kraft, mit
welcher die Schwingung geschieht, ist nicht nach beiden Richtungen
gleich, sondern nach der einen bedeutender als nach der andern.
Dieses erkennt man aus der einseitigen Strömung, welche das flim
mernde Haar in einer sie bedeckenden Flüssigkeit zu erzeugen
vermag, eine Strömung, welche statt einer einseitigen offenbar eben-
falls eine pendelnde sein mtisste, wenn die Stösse, welche ihr von
dem Haar nach den verschiedenen Richtungen hin mitgetheilt werden,
an Kraft einander gleich kämen. — Die Richtung der Schwingun
ist zwar nicht auf den Zellen verschiedenen, wohl aber auf denen
desselben Standortes gleich, sodass alle Haare der Bronchial-, de
Tubenschleimhaut u. s. w. immer nach derselben Seite hin zusam=
menfallen und somit auch aufstehen.
Von den Haaren auf den Epithelien der Muschelkiemen behauptet Valenti
jedoch das Qegcntheil, sie sollen unter Umständen plötzlich ihre Schwingungsrichtu
ändeni.
Die Beschleunigung der Bewegung ist nach den Beobachtungc"
von Purkinje, Valentin, Sharpey, Galliburces und Vir^
chow *) abhängig 1) von der chemischen und mechanischen Unj
versehrheit des einzelnen Wimperhaars ; ist diese erhalten, so kan:
die Zelle von ihrem natürlichen Standort entfernt, oder gar bis z"'
Zerstörung der benachbarten Haare verstümmelt sein, ohne das
die Bewegung erlischt. — Wird dagegen das Haar durch conzeD
trirte Säuren, Alkalien, Salze, durch • Eintrocknen u. s. w. zerstört
so ist die Befähigung zur Bewegung verloren; sie kehrt namen'
lieh auch nicht wieder, wenn man das einmal eingetrocknete Haa
wieder aufweicht. — 2) Die Schlagfähigkeit der Haare auf solche
Zellen, welche aus ihrem natürlichen Standort entfenit sind, wir
•) Valoutin, Lehrb. der Pliyslol. Hl. a. 19 ii. b. 611. — Virchow's Arohiv. VI. Bd.
Fliramerhaare ; Beschleunigung ihrer Bewegung.
243
Fig. 50.
verlängert, wenn sie in Lymphe, Blutserum oder in verdünntem
iiühnereiweiss aufgehoben werden. — 3) Die verlangsamte oder
„luch kurze Zeit erloschene Bewegung kann wieder belebt werden
imch verdünnte Kalilauge. (Virchow). — Auch soll die verlang-
,;amte Bewegung wieder beschleunigt werden können durch mecha-
nische Erschütterungen (Valentin und Purkinje). — 4) Die Be-
fvegung erhält sich nur zwischen bestimmten Temperaturgrenzen,
kvelche nach Valentin durch + 6" und -f-^ 81 C. gegeben sind,
iahl (und Intensität) der Schläge in der Zeiteinheit wird bedeutend
termehrt durch die steigende Temperatur. (Calliburces) *).
Um die Veränderlichkeit der Wimperbewegung durch die Temperatur zu beweisen,
sendet Calliburces den Apparat an, von dem Fig. 50 ein Schema giebt. Zwei Punkte
oon zwei gegenüberliegenden Seiten
iiines cubischen Glasgefässes ABC
»erbindet er durch die leicht dreh-
oare Achse aus Aluminium , die in
:inen sehr leichten hohlen Glascylin-
:er eingeschmolzen ist iS M. Die
.chse trägt auf der Seite, an welcher
ee über die Wand des kubischen Ge-
iiisses hervorragt, einen Zeiger / /,
reicher auf einen in der Glaswand
Jügeätzten getheüten Kreis zeigt ; der
Ipunkt des Kreises liegt im Be-
. i ungspunkt der Achse mit der Glas-
anJ. Gegen die im Ganzen 73 Mgr.
i iegende Eolle lasst sich mittelst einer
ii-.er nicht gezeichneten Mikrometer-
Lhraube eine ebene Platte P F be-
legen, und somit auf immer gleichen
Ibstand von der Eolle einstellen. Auf
:eser Platte ist ein Stück Schleim-
iint S S des Froschrachens aufge-
lannt, so dass die Cilien derselben gegen den Cylinder schlagen und ihn drehen.
ist ein Thermometer, welcher den hermetisch schliessenden Deckel des Gefässes durch-
jhrt. Die Zeit, welche der Cylinder zu einer ganzen Umdrehung verbrauchte, war im
1 Ittel ans 52 Versuchen bei 12 bis -|- 19» C. = 22 Min. 3 See, — bei + 28" C.
Min. 7 See.
5) Inhalation von Aether hebt die Bewegungen der Haare so
nnge auf, als die Aethernarkose andauert (Clemens, Gosselin**);
- 6) Je nach dem Standorte erlischt die Bewegung mehr oder
'eniger rasch nach dem Tode des Individuums oder in Folge der
•) Compt. rend. 47. Bil. ß. Oktbr.
•*) Cl, Bernard, gur les effcU des subatADcei loxiquos 1857. 42.3.
lü'
244
Anatomische und chemischo Eigenschaften des Haars.
veränderten Temperatur. Am empfindlichsten sind die Haare in
den Geschlechtstheilen. — 7) Als negative Charakteristik , den
Muskel- und Nervenmassen gegenüber, ist bemerkenswerth , dass
durch verdünnte Lösungen von Blausäure, Opium, Strychnin, Kreosot
u. s. w. und durch elektrische Ströme die Bewegungen weder be-
schleunigt, noch verlangsamt werden.
Von den Emährungserscheinungen der Flimmerhaare ist nichts
bekannt.
Haare.
1. Anatomische Eigenschaften *). Der Haarknopf, oder der
Theil des Haars, welcher unmittelbar an die Warze grenzt, be-
steht durchweg aus kugeligen, kernhaltigen Zellen und freien
Kernen (?), ähnlich denen, welche in der Oberhaut auf den Cylin-
derenden ruhen. Im Haarschaft treten dagegen drei wesentlich
verschiedene Formen auf; die Oberfläche desselben wird rings um-
kleidet von einer mehrfachen Lage , dachziegelfönnig übereinander-
geschichteter kernloser Hornschlippchen , welche durch quellende
Flüssigkeiten bis jetzt nicht in Bläschen umgewandelt werden
konnten; dieses Haarepithelium schliesst eine mehrfache Schicht
bandartiger Fasern ein, von denen jede einzelne aus länglichen
kernhaltigen Hornschuppen besteht, welche an ihren schmalen Seiten
mit einander verwachsen sind; die auf einer Peripherie des Haars
liegenden Fasern sind jedoch ebenfalls untereinander zu Cylinder-
mänteln verklebt; im Centrum der Faserschicht endlich liegt das
Haarmark. In dieses ragen, so weit das Haar noch in dem Balg
versteckt liegt, Fortsätze aus der Haarwarze, die auch häufig noch
eine Blutgefässschlinge in sich fassen, und ausserdem ist es aus
kugeligen Zellen gebildet, die jedoch an dem freistehenden Theile
des Haars vertrocknen und somit zur Bildung lufthaltiger Lücken
Veranlassung geben. Zur Einsicht in den Bau des Haars rmd
seines gleich zu erwähnenden Säckchens haben uns vor Allem die
Arbeiten von Heusinger, E. H. Weber, Gurlt, Henle,
H. Meyer, Steinlin und Kölliker verholfen. ' x
2. Chemische Zusammensetzung **). Die festen Theile des
Haars sind innerhalb des Balgs mit wässerigen und ausserhalb
desselben mit öligen Flüssigkeiten durchtränkt. Diese letztem
sind ein Gemenge aus Olein und Margarin, Olein- und Margarin-
•) Kö Iii kor, Handbuch der Geweboleliro. 8. Anfluge, Leipzig 1859. p. 12!).
•*) Muldor, pliysiol. Uliemio. BrauuScliwcig. p. 570. — Loyer u. Kölliker, Licbig's
Annaien. 83. Bd. p. 332. — Gorup, ibid. CG. Bd. p, 321.
1
Physikalische Eigenschaften und Ernährung des Haars. 245
säure. — Die geformten Bestandtheile des Markes, der Rinde und
1er Deckschicht sind von ungleichartiger Zusammensetzung und
■3henso sind die Zellenindividuen einer jeden Formation ein Ge-
iinenge mehrerer Substanzen; man schliesst dieses aus dem Ver-
nähen jener Fomen gegen Kali, Schwefel und Essigsäure. — Eine
F^ilemeutaranalyse des mit Wasser, Alkohol und Aether ausgekochten
[Haars gab nach v. Laer und Scher er in 100 Theilen: C 50,6;
fl 6,4; N 17,1; 0 20,8; S 5,0. Da die diesen Zerlegungen unter-
flvorfenen Haare aus ganz verschiedenen Orten stammten, so deutet
kene Uebereinstimmung darauf hin, dass das Haar ein constantes
B^emenge aus den verschiedenen Stoffen darstelle. Die Zersetzungs-
Dirodukte des Haars mit Schwefel-, Salpetersäure und Kali stellen
fe'est, dass dasselbe Substanzen enthalte, welche zur Gruppe der
üiweissartigen Körper gehören.
Durch Behandlung mit wanner verdünnter Kalilauge gewinnt man aus ihm sog.
't'rotein und Proteinbioxyd unter Abscheidung von S und NH3 (M u 1 d e r). Durch SO3
^;ann man Tyrosin und Leucin aus dem Haar gewinnen (Leyer und Koller), und
s'^Os verwandelt sie zum Theil in Xanthoproteinsäure (Mulder). Es bedarf kaum des
Hinweises auf den grossen S-gehalt, am den Unterschied zwischen Haar und Epider-
läis deutlich zu machen. Nach Chovreul*) soll das Haar seinen Schwefel, ohne
itStrukturänderungen zu erleiden, verlieren können.
Der Gehalt des Haares an Asche wechselt zwischen 0,5 bis
,8 pCt. Sie besteht aus Eisenoxyd, Kieselsäure, phosphorsaurem
LLalk und Magnesia (v. Laer und Gorup).
3. Physikahsche Eigenschaften. Im trocknen Zustand zieht das
Haar begierig Wasserdampf an und condensirt ihn ; in Wasser gelegt
lifuillt es ein wenig auf. Mit Fetten durchtränkt sich das trockene
Haar ebenfalls leicht. In welchem Verhältniss seine Adhäsions-
;Lräfte zum Fett und Wasser stehen, ist unbekannt. — Das durch
"'""ett und Wasser getränkte Haar ist sehr- dehnbar, und dehnbarer
ÜB im trocknen Zustand. Die wenigen über Elastizität und Cohä-
i ion des Haars vorliegenden Beobachtungen **) geniigen nicht, um
fcine Vorstellung Uber die hierauf bezüglichen Kräfte desselben zu
[gewinnen. — Das Haar ist ein schlechter Leiter der Wärme und
iiin Isolator der Elektricität.
4. Ernährung des Haares. — Die Anordnung der Zellen in
der Form des Haars geschieht für gewöhnlich mit Hilfe einer eigen-
ihtlmlichen in die Cutis eingelagerten Vorrichtung, die Haarwarze
nnd den Haarbalg. Die Warze ist ein kugelförmiger Auswuchs
•) Schlossbergor, allgemeina Thier -Chomie; Horngowcbo 281.
••) E. H. Weber, Allgemeine Anatomie. Stuttgart 1844. p. 216.
246
Ernährung des Haars. Säckchen.
auf dem Boden des Haarsäckcliens, in welchen eine Gefässschlinge
einkehrt; aus ihrer Oberfläche dringt der Saft, welchen die Zellen
des Haarknopfs verbrauchen. Die Höhle des Haarsäckchens stellt
einen kolbenförmigen Raum dar, der sich überall auf das innigste
an das Haar anlegt, so dass es entsprechend den Durchmessern
dieses letztern unten am Knopf desselben weiter und oben gegen
den Schaft hin enger wird. Die Wfind, welche den engern, dem
Kolbenhals entsprechenden Theil der Höhle umschliesst, ist aus
sechs Schichten gebaut; zählt man von aussen nach innen, so trifft
man zuerst auf eine Lage von dem anatomischen Bau der Cutis,
nemlich auf ein Gemenge von elastischem und Bindegewebe; dann
folgt eine einfache Lage von kerntragenden Fasern, welche die
kreisförmige Peripherie des Balgs umschlingen. Diese Fasern
schliessen eine strukturlose Haut ein, auf welcher zuweilen fein-
streifige Netzformen aufsitzen ; sie wird wiederum bedeckt von einer
Lage kugeliger Zellen, welche an der Mündung des Säckchens in
die Schleim Schicht der Oberhaut übergehen und darum als tiefste
Lage vom Epithelium angesehen werden; auf sie folgen mehrere
Schichten innig mit einander verbundener Hornschüppchen und
schliesslich eine Lage von Platten, welche denen vollkommen glei-
chen, die als sog. Oberhaut des Haars die Faserschicht der-
selben einschliessen. — Nahe an der Ausmündung des Haarbalgs
öffnen sich in denselben die Gänge kleiner Fettdrüsen, welche auf
der äussern Seite des Balgs gelegen sind. An den Grund des
Sackes geht ein kleiner, aus Faserzellen zusammengesetzter Mus-
kelstreifen, der in den oberflächlichen Schichten der zunächst ge-
legenen Cutis entspringt.
Der Hergang, durch den die Kugelzellen des Knopfs aus der
Flüssigkeit entstehen, welche sich aus den Gefässen der Warze
ergiesst, ist hier wie überall unbekannt; es ist sogar noch zweifel-
haft, wie die Form beschaffen sei, welche ursprünglich auftritt.
Einige Autoren, namentlich He nie, stellen die Behauptung auf,
dass in den die Warze unmittelbar begrenzenden Schichten des
Haarknopfs nur Gebilde von der Form der Kel-ne jener Kugelzellen
enthalten seien; sie sind geneigt, aus dieser Beobachtung abzu-
leiten, dass zuerst diese Kerne und mit Beihilfe derselben dann
erst die fertigen Zellen entstehen. Andere Mikroskopiker, nament-
lich Kölliker, läugnen aber die beständige Anwesenheit dieser
Kerne. — Unzweifelhaft gehen aber die ausgebildeten Zellen des
Haarknopfs in die Hornschüppchen der Faserschicht und die ver-
Ernährung des Haars, Spitzenwachsthum.
247
lü'ockneten Markzellen Uber, während die Plättclien des Oberhäut-
chens aus der oberfiäcblicbsten Epitbelienlage des Haarbalgs ab-
istammen, die das emporwachsende Haar an sieh klebt und mit
iäieh emporschiebt. — Rinde und Mark des Haares ist somit nichts
anderes, als ein Epithelialübergang der Warze, der insofern eigen-
bhümlich ist, als nur die Rindenzelleu verhornen, während die Mark-
Lzellen, ehe sie zu dieser Umwandlung gekommen sind, vertrocknen,
i30 dass sich in den Epithelialfortsatz die mumifizirten Zellen der
iSchleimschicht hinein erstrecken. — Aus den Eigenschaften der
Warze ist es begreiflich, dass das Haar, gleich ihr, an seinem'
matürlichen Ende zugespitzt ist; aus dem für die Blutflüssigkeit
landm-chdriuglichen Epithelialübergang des Haarbalgs, im Gegen-
isatz zu der für sie durchgängigen Warzenoberfläche, wird es er-
iklärlich, dass das Haar nur von der letzteren aus neue Zellen an-
isetzen kann, und endlich ist einleuchtend, dass der Hals des Balges
iden am Knopfe breitern Querdurchschuitt des Haars beim Ueber-
;gang desselben in den Schaft zusammenpresst und soweit wenig-
istens mit dazu beiti-ägt, dass die Kugelzellen in längliche Schüpp-
chen umgewandelt werden. Die Stärke des Haarschaftes muss
fiarum bestimmt sein von dem Durchmesser des Hohlraums, wel-
cchen der Balg umschliesst.
Neben der so eben geschilderten stellt Engel*) nach seinen Beobachtungen noch
raine andere Entstehung des Haars hin, die von der Schnittfläche eines abgeschnitte-
laen Haars ausgeht. Da dieselbe bis dahin noch keinem andern Beobachter zu Gesicht
gekommen, so würde daraus folgen, dass sie nicht allen Haaren gemein ist. Den Be-
meis , dass die Haare Tom Schnittende auswachsen , findet Engel, Tora mikroskopi-
Kächen Verhalten abgesehen, darin, dass sich an der Schnittfläche oft eine knopfrditaige
i4nschwellung bildet, auf welcher eine Spitze anwächst ; schneidet man die neue Spitze
' -IS über jenem Kolben weg, so entsteht ein zweiter Knopf und von da aus erhebt
1 u abemjals eine Spitze u. s. f. Hier dient also die mit blossem Auge sicht^jare erste
liAnschwellung als Markt dafür, dass die neue Spitze in der That aus der Haarwunde
' prungen ist. Diese neugebildete , oft linienlange Haarspitze enthält alle Elemente
aus dem Säckchen gebildeten Haarschaftes. Ueber die hierbei auftretende Form-
lolge verweisen wir auf die Abhandlung; begreiflich würde eine Bestätigung der von
tE n g e 1 mitgetheilten Thatsachen von grosser Wichtigkeit für die Zellentheorie sein.
Nach Donders**) hat jedes Haar nur eine gewisse Lebens-
ildauer, hat es diese erreicht, so stirbt es ab und wird durch ein
nneues ersetzt. So lange es lebt, wächst es aber mit ungleicher
I Geschwindigkeit.
*) Wiener akad. Monatsberichte 1856. Februarheft. — Henle's Jahresbericht fUr 1866. p. 61.—
Förster , Vlrcho w'g Archiv XII. 569.
*•) Archiv flir Ophthalmologie von Arlt, Dondere, Grnefe, IV. Bd. J. Abthlg.
248
Lebensdauer des Uaars.
Die Cilien, deren Wachstlmm von Donders genauer verfolgt
wurde, verhalten sich nach folgenden Angaben. Das Lebensalter
ist von dem Zeitpunkt an gerechnet, wo die erste Spur des Haars
aus dem Balg hervortrat.
Lebensalter in
Tagen.
Tägl. Waohsth,
in Mm.
0—21 0,21
22—28 0,18
29—52,55 1 0,12
Gesammtlänge
in Mm.
4,50
5,75
8,75
53—140 I 0,02 ! 11,0
Diese Zahlen zeigen, dass die Geschwindigkeit des Wachs-
thums mit dem steigenden Alter abnimmt. Kürzere Cilien en-eichten
auch nur eine kürzere Lebensdauer. Insofern man diese schönen
Beobachtungen verallgemeinern darf, wofür das stete Ausfallen der
Kopf- und Barthaare genügende Berechtigung zu geben scheint
(Langer), so würde sich die typische Länge, welche die Haare
auf den verschiedenen Körperorten (Kopf-, Lippenhaut u. s. w.)
erreichen, dadurch erklären, dass jedem eine bestimmte Lebens-
dauer gegönnt wäre.
Auf die Geschwindigkeit des Haarwachsthums soll einen Ein-
fluss üben : das Abschneiden , was Donders an den Cilien nicht
bestätigt fand; ferner das Lebensalter der Individuen und die
Tages- und Jahreszeit, indem bei jugendlichen Menschen, bei Tag
und im Sommer die Längenzunahme in der Zeiteinheit grösser sei,
als im Alter, bei Nacht und im Winter (Berthold).
, Der Stoffwechsel in dem fertigen Haar ist gering, aber nicht
immer gänzlich fehlend. Einmal nemlich wird das Haar durch die
Säfte, welche aus den Fettdrüsen der Haarbälge austreten, eingeölt;
dieses Oel muss natürlich in dem der Luft ausgesetzten Schafte
verwesen, und der daraus erfolgende Abgang wird wenigstens in
allen fetten Haaren durch neues aus dem Balge nachdringendes
ersetzt. — Auf eine Umwandlung der Stoffe des fertigen Haares
deutet das Ergrauen derselben; dieses kommt durch eine Vermeh-
rung seines Luftgehaltes zu Stande, indem sich derselbe nicht mehr
auf das Mark beschränkt, sondern auch auf die Rinde ausdehnt.
Diese merkwürdige Lückenbildung in der Rinde tritt nemlich häufig
auch in den Theilen des Haares ein, welche den Balg schon ver-
lassen haben (Ergrauen der Spitzen). — Ueber pathologische Lufil^
bildung in den Haaren handelt A. Spiess *).
•) Henlc's und Pfcufer's Zeitschrift. 3. Roilic. V. Bd. 1.
Elastisches Gewebe.
249
Uebor den periodischen Haarwechsel der Thiero und insbesondere über das anato-
loische Verhalten der Warze und der aus ihren Flüssigkeiten herrührenden Zellen hat
äteinlin*) sehr genaue Beobachtungen mitgetheilt. Siehe hierüber auch Kölliker
und Langer.
^ Die Bewegungen des Haars (das Haarsträuben) bestehen, wie
SS die Lagerung des Balgmuskels emarten lässt, in einem Auf-
iichten des schiefgeiegten Haares.
Elastisches Gewebe.
1. Seine elementare anatomische Anordnung**) ist mannig-
aaltig; bald erscheint es als homogene oder auch als durchlöcherte
Haut, bald in schmalen oder breiten Fasern, die einfach geschlängelt
lind verästelt oder mit nebenliegenden zu Netzen verbunden sind,
iiind endlich soll es auch in feinen, einfachen oder verästelten
^vöhren, die mit den anliegenden zu einem feinen Gefässwerk ver-
« chmolzen sind, auftreten (Virchow, Donders).
2. Chemische Beschaffenheit. Die Zusammensetzung der Flüssig-
keit, welche die festen Theile des elastischen Gewebes durchtränkt
(der zwischen den Lücken und Höhlen desselben enthalten ist,
tennen wir nicht. Die feste Masse selbst zeichnet sich aus durch
ure LTnlöslichkeit in kalten verdünnten Mineralsäuren und ihre
«chwerlöslichkeit in Kalilauge. Mit Säuren, Kali, Aether, Alkohol
ind Wasser gereinigt, zeigt der Stoff die im L Bd. p. 56 ange-
ilhrte prozentische Zusammensetzung.
3. Physikalische Eigenschaften, a) Im durchfeuchteten Zustand
it seine Elasticität sehr vollkommen und sein Elasticitätscoeffizient
iin niedriger. Seine Cohäsion ist unter allen Umständen beträcht-
csh, sie scheint dabei jedoch nach verschiedenen Richtungen hin
licht gleichmässig zu sein. — Seine endosmotischen Eigenschaften
ind sehr unvollkommen bekannt. Es zieht begierig "Wasser an,
aaillt in kaltem Wasser bedeutender als in heissem auf ; im Gegen-
utz zum Bindegewebe wird es durch Essigsäure nicht aufgeschwellt.
Us Scheidewand zwischen diffundirende Flüssigkeit aufgestellt,
ferhält es sich unter Umständen eigenthümlich ; so verwehrt z. B. nach
I rücke das aus elastischem Stoff bestehende Schaalenhäutchen
!e8 Hühnereies dem flüssigen Eiweiss den Durchgang; dasselbe
•) Henle'B und Pfeufer's ZeiUchrlft. I. Reihe. IX. Hd.
■•») Kölliker, Oowebelchre. 3. Aiinngo. p. 68. — Virchow, WUrzburgor Verhandlungen,
l Bd. p. 150. — He nie, Im Jahresbericht Uber nllgem. Anatomie für 1861 p. 28 und 1862
20.
250
ElastiBches Gewebe.
leistet die innere Avterienliant , wenn sie vorher in einer zweipro-
zeutig-en Kochsalzlösung gelegen (C. Ludwig). Eine genauere
Untersuchung der hier einschlagenden Eigenschaften wäre insbe-
sondere wtinschenswerth , wenn sich die Vemuthung rechtfertigt,
dass die Haut der Blutgefässcapillaren und die der feinsten Drüsen-
gänge aus elastischem Gewebe gebildet ist.
4. Ernährung, a) Die Zusammensetzung des festen Stoffs be-
weist, dass er aus eiweissartigen Atomen hervorgegangen sein muss;
eine Hindeutung auf die hierbei vorkommende chemische Umsetzung ^
gewährt die (Bd. 1. p. 56) mitgetheilte Erfahrung von ZoUikofer,
welche darthut, dass aus dem Eiweiss, indem es in elastisches t
Gewebe übergegangen, die Atomgruppe entfernt wurde, aus derl
Tyrosin bei der durch Schwefelsäure eingeleiteten Zersetzung her- II
vorgehen kann. — Die Formfolge, welche bei der Hervorbildung J
des elastischen Stoffs aus der Flüssigkeit aufti-itt , ist bis dahin noch ■
Gegenstand des Streites; einige Anatomen, unter ihnen Schwann,!
Kölliker, Virchow und Donders, behaupten, dass es ein'
Umwandlungsprodukt vorgängig entstandener Zellen sei, während
H e n 1 6 *) aus der Untersuchung des Nackeubrandes die Berechti-
gung für eine solche Annahme bestreitet. Bei der bekannten Gründ-
lichkeit beider Parteien kann die Ursache der AbAveichung nur
in der noch mangelhaften Methodik gefunden werden. Die elasti-i
sehen Gewebsformen gehören zu denjenigen, welche sich auch im
ausgewachsenen Organismus neu bilden können. — b) Von den
Veränderungen des einmal aufgebauten Gewebes ist wenig bekannt.
Seine Armuth an Blutgefässen lässt schliessen, dass sein Umsatz
während des Lebens gering sei ; hiermit in Uebereinstimmung steht
die Thatsache, dass es bei Abmagerung aller übrigen Körper-
bestandtheile an Gewicht und Umfang nicht beträchtlich abnimmt.
Von einer jeglichen Veränderung während des Lebens ist es jedoch
nicht ausgeschlossen, denn es kann an einzelnen Orten unter gün'
stigen Umständen schwinden, wie dieses thatsächlich an den
Wandungen solcher Gefässe feststeht, deren Lumen verschlossea
wurde. — Einen besondern Weg würde die sich in ihm verbreitende
Flüssigkeit finden , wenn die Röhrennatur der sog. Kernfasern fesir
gestellt würde ; in diesem kleinen geschlossenen Canalsystem würde
sich die Flüssigkeit, nachdem sie in dasselbe auf endosmotischem
Wege eingedrungen wäre, weiter verbreiten können.
») L. c. 1851. p. 29.
II
Bindegewebe.
251
Bindegewebe.
1. Das Mikroskop in Verbindung*) mit der chemischen Zer-
e^ung weist in dem Bindegewebe nach: leimgebende Fasern und
''ibrillen, einen eiweissartigen Zwischenstoflf , elastische Fasern und
iellenartige Gebilde (Jordan, Henle, Baur, Rollet). Die
eeimgebenden Faserzlige, welche den weitaus grössten Theil des
Bindegewebes ausmachen, können entweder (in Sehnen, Aponeurosen,
Bänden! , der Selerotica) sogleich in sehr feine Fäden auseinander-
l^ezerrt werden, oder die mechanischen Hilfsmittel zerlegen sie (in
ier Lederhaut, im formlosen Bindegewebe, in der tunica con-
üunctiva, advcntitia, submucosa) vorerst nur in breite Fasera, welche
i,ich durch Kalk- oder Barytwasser schliesslich ebenfalls in Fibrillen
ipalten lassen. Die breitern und feinern Fasern sind zu Bündeln
yereinigt, indem eine grössere Zahl paralleler Fasern durch eiweiss-
artigen Bindestoff verklebt ist. Diese Bündel werden von einander
ijeschieden durch strukturlose Scheiden (Reichert, Henle) oder
iiuch durch umspinnende und zum Theil in die Bündel eindringende
ifaserzüge (Rollet, Henle). In und zwischen diese leimgebenden
' i'aserzüge sind eingebettet feine, oft zu Netzen verbundene elastische
' i'asern und eine besondere Art von Körperchen , welche zusammen-
;i;efallenen Zellen ähnlich sehen , die nach zwei Seiten hin in feine
' ''äden auslaufen. Ausser diesen allgemein anerkannten Einlagerungen
Banden sich Virchow und nach ihm Leydig u. A. veranlasst,
iiind zwar in Folge der Bilder, welche ein senkrecht gegen die
Ilichtung der Faserbündel geführter Schnitt zum Vorschein bringt,
iioch sternförmig verästelte Zellen zwischen den Bündeln anzu-
itrehmen. Da diese sternförmig verästelten Zellen bis dahin noch
iiicht gesondert dargestellt werden konnten, so lassen andere
imatomen (Henle, Rollet) die sternförmigen Figuren, welche
lie Annahme von Zellen hervorriefen, nur als einen Ausdruck für
üe Lücken gelten, welche zwischen den Bündeln übrig blieben.
))ie Bündel sind mannigfach angeordnet, bald verlaufen sie an-
läherad parallel, bald durchfleehten sie sich nach den verschieden-
tten Richtungen und zuweilen so innig, dass wie z. B. an der Ober-
iläche des Coriums und der Cornea der Anschein einer strukturlosen
ochicht entstehen kann (Rollet). — Die molekulare Struktur der
'^''asern scheint eine sehr eigenthümliche zu sein, denn die Fasern
■ ■) Siehe die Literatur des olastisclien Gewebes und ausserdem — Henle, Jaliresbericlit für 1857
.35. — Roliet, Wiener altad. Sitzungsberiolite. XXX. Bd. p. 37. — Alb, Baur, die Ent-
^cklung der Bindesabstanz. Tübingen 1858.
252
Chemische Eigenschaften des Bindegewebes.
brechen das Licht doppelt, eine Eigenschaft, die sie im gequollenen
Zustand entweder aufgeben oder beibehalten (W. Müller). Dem'
entsprechend ist die Formänderung, welche die Fasern bei der
Quellung annehmen, eine verschiedene, indem sie durch gewisse
Mittel nur nach einer, und durch andere nach verschiedenen Seiten
sich ausdehnen. So dehnen sie sich durch Essigsäure allseitig (?),
durch ClCa nur nach der Breite aus, durch kochendes Wasser
werden sie verkürzt u. s. w.
2) Chemische Beschaffenheit. Die Formbestandtheile des Bindet
gewebes sind im Leben mit einer Feuchtigkeit durchtränkt, und
ausserdem liegt in den Lücken zwischen den Blättern und Faser-
bündeln Feuchtigkeit eingeschlossen. Ihre Zusammensetzung ist
unbekannt. — Die festen organischen Bestandtheile bieten, mit
Alkohol, Aether und Wasser gereinigt, die prozentische Zusammen-
setzung des Leims dar (Scher er und Winkler). Wenn man
aus dieser Thatsache schliesst, dass sich das Bindegewebe beim
Kochen ohne Veränderung seiner Zusammensetzung in Leim auf-
löse, so ist damit nur ausgesprochen, dass die Analyse dieses
Körpers nur in sehr weiter Fehlergrenze das Richtige trifft. Ohne
dieses mUsste man nemlich gerade das Entgegengesetzte behaupten,
weil Bindegewebe selbst da, wo es am reinsten vorkommt, einen
in Kalk- und Barytwasser löslichen Eiweissstoff (Rollet) und
zudem immer noch bedeutende Mengen von solchen Geweben en^
hält, welche sich beim Kochen nicht auflösen. Zellinsky*) fand
den unlöslichen Rückstand der 4 — 6 Tage lang gekochten Sehnen
zu 4 — 5 pCt.
Man hat sich erlaubt, auf die chemische Beschaffenheit der Bindegewebsflüssigkeit,
zu schliessen aus deijenigen , welche beim Zellgewebsödem das Bindegewebe erfüllt
oder gar aus dem Safte, welcher in Folge von Entzündungen aus den Gefässen des
Bindegewebes austritt**). Diese letzte Annahme verdient keine Berücksichtigung. Die
Oedem erzeugende Flüssigkeit, vrelche nach Schmidt stark alkalisch reagirt, besteht
in 100 Theilen aus 0,36 pCt. organischer Bestandtheile (die vorzugsweise Eiweiss, aber
keinen Faserstoff enthalten), aus 0,77 Salzen und 98,87 Wasser. — Die Annahme einer
Uebereinstimmung zwischen dieser und der normalen Zellgewebsfeuchtigkeit dürfte
darum gewagt erscheinen, weil, so weit wir wissen, ein Oedem nur eintritt, wenn
eine wesentliche Veränderung in der Zusammensetzung des Bluts vor sich gegangen,
oder wenn der Strom in den Blutgefässen des Bindegewebes in Folge einer Hemmung
desselben in den Venen unter einer erhöhten Spannung fliesst. — Viel wahrscheinlicher
ist es , dass die Lymphgefässe , und namentlich ehe sie in die Drüse eintreten , den
Saft der Zellgewebslücken enthalten, welchem wir, gestüzt auf die Quellungserschei-
») Henle's Jahresbericht fllr nllgem. Anatomie für 1853. p. 28.
•») C. Schmidt, Charakteristik der epidem. Cholera. MItau 1850. 123.
Eniähning des Bindegowobcs.
253
.ungen, nicht ohne Weiteres dieselbe Zusammensetzung zuschreiben dürfen mit dem-
•migen , der die feste Masse selbst durchfeuchtet.
3. Ernäln-uugserscheinungen. Das leimgebende Bindegewebe
intsteht unzweifelhaft aus eiweissartigen Stoffen, denn es enthalten
!8lut und Eier keinen oder wenigstens nur sehr sehr selten Leim,
iind die Analogie in der Zusammensetzung und der chemischen
;Jonstitution bürgt dafür, dass der Leim ein umgewandeltes Eiweiss
}8t. Hiermit befindet sich die Thatsache nicht im Widerspruch,
kass die sog. Granulationsgebilde, welche im Begriff stehen, zu
iiindegeweben zu werden, und ebensowenig das in der Bildung
itegriffene schon deutliche Faserung zeigende Bindegewebe beim
fCochen keinen Leun liefern (Güterbock, Schwann, Drum-
piond) *). Wie diese Umwandlung des Eiweisses in Leim vor
itich geht, kann nicht einmal veiiuuthungsweise ausgesprochen
hyerden; der gewöhnliche Ausdruck, dass dieser Vorgang zu den
Oxydationsprozessen zähle, begi-ündet sich dadurch, dass 100 Theile
i/cim mehr Sauerstoff, als das Eiweiss enthalten.
Das Bindegewebe**) gehört zu den festen Bestandtheilen des
Thierkörpers, welche sich während des Wachsthums und auch in
rrwachsenem Zustande sehr leicht neu bilden. Die Formen, welche
aan an den Orten findet, an welchen neues Bindegewebe entsteht,
iind mannigfache, und zwar: 1) eine gedrängte Masse von rund-
ichen Zellen, deren Wand in Essigsäure unlöslich ist und die im
Qinem eine durchsichtige Flüssigkeit und eine oder zwei stark
cchtbrechende Kügelchen enthalten ; 2) zwischen diesen Zellen oder,
!i.emen ist eine gallertartige, formlose Substanz eingebettet , 3) oder
iine homogene zähe Masse, in der einzelne Zellen liegen, deren
iVandungen mit jener Masse verschmolzen sind; 4) kernhaltige
• eilen, von deren Wand Ausläufer abgehen, die mit den ent-
prechenden Verlängerungen der benachbarten Zellen verschmelzen
md somit Zellennctze darstellen; in dem Raum, den diese Netze
nottschliessen, ist eine formlose Masse eingebettet; 5) eine gedrängte
lasse von platten, oblongen oder aber von spindelförmigen Kör-
eerchen , die einen sog. Zellenkern enthalten. Die schmalen Enden
•) J. Vogel, Pathol. Anatomie, p. 143. — Sclilossberger, Allgemeine Thierchemie,
i^ndegewebe 120.
•*) He nie, Rationelle Pathologie. II. 1. Abth. p. 7IC ii. f. ii. 821. — Reichert, Bcmcr-
'ingen zur vergl. Natiirforschnng. Wir>. p. lüG. — Köllil«or, Handbuch der Gewebelelire. 2. Aiif-
f-ge. p. 71. — Henle'9 Jahresbericht Uber allgem. Anatomie für 1852. p. 20. — Kcmak, Mill-
•«i'a Archiv. 1862. p. 63. — Thierfolder, Do regeneratlono tendluum. Misonae 1852. —
Meyer, Annalcn der Charltö. IV. Bd. — A. Baur, die Entwicltlimg der Bindesubstanz,
äbtngen 1858.
254
Forrafolge dos Bindogowebes.
dieses Gebildes sind öfter mit den entsprechenden Rändern d»
anstossenden verwachsen.
Je nachdem man diese Thatsachen verknüpft, lassen sich vei
schiedene Vorstellungen bilden Uber die Formfolge des entstehende
Bindegewebes. Man hat u. A. nachstehende Zusammenstellungci
versucht: 1) Das Bindegewebe geht hervor aus den vergrössertii
und verschmolzenen Zellhäuten. 2) Die freien Kerne, welche !
der formlosen Grundmasse liegen, bestimmen ihre nächste Uu.
gebung dahin, sich loszureissen von den Nachbarorten, so das^j
damit die Grundmasse in einzelne Plättchen oder Fasern zerfällt a
3) Die Auslaufer der verästelten Zellenhäute verwandeln sich ii |
Bindegewebsstränge. 4) Die ursprünglich strukturlose gallertartig!
Masse wird zähe, faltet oder fasert sich aus, die eingesprengte
Kerne verschmelzen mit derselben. 5) Die strukturlose Masse vei
ändert sich, wie unter 4. angegeben wurde, und die verästelte;
Zellen stellen die V i r c h o w ' sehen Bindegewebskörper dar. 6) Au
den Zellen gehen Formen hervor, welche mit dem Bindegeweb
im engern Wortsinn nichts gemein haben, wie z. B. Gefäss
elastische Fasern u. dergl. — Es dürfte kaum anzugeben se
welche Meinung das Uebergewicht über die andere hat, oder o
gleichzeitig mehrere oder vielleicht keine von ihnen berechtigt is
Rücksichtlich der übrigen Erfordernisse für die Neubildung voi
Bindegewebe steht fest, dass sich dasselbe nur in denjenigei
flüssigen Absonderungen bildet, welche sich in geringer Meng
zwischen den festen Theilen des thierischen Körpers finden; das
sich aber niemals die festen Massen, welche frei in einer Flüssi
keit schwimmen , zu Bindegewebe umformen. So tintt z. B. an di
Stelle eines Blutpfropfs, der sich in einer unterbundenen Arteri
findet, mit der Zeit eine Bindegewebsmasse, während eine Floc
von Faserstoff, die in einer Flüssigkeit schwimmt, welche in einei
serösen Sacke ausgetreten ist, niemals zu Bindegewebe wird, un
ebenso bilden sich auf dem Boden einer eiternden Fläche Bindi
gewebsmassen , aber die Eiterkörperchen selbst, welche im Eitej
serum suspendirt sind, wandeln sich nicht darin um. — Eine and
Frage, die man öfter erhoben, aber niemals mit Sicherheit bea;
wertet hat, besteht darin, ob die Flüssigkeit Faserstoff enthalt
müsse, wenn sie zur Entstehung neuen Bindegewebes Veranlassu;
geben solle.
lieber den Umsatz des einmal fertigen Bindegewebes ist w«
bekannt. Die gewöhnliche Annahme geht dahin, dass es sich
Bindegewebe ; Narbenscbrumpfung.
255
irerändert erhalte oder mindestens sehr wenig verändere. Die
■Gründe daflir findet man darin, dass dasselbe nach dem Tode
iangsamer als die Muskeln und Nerven fault; darin, dass bei einer
iintretenden Abmagerung die vorzugsweise aus Bindegewebe be-
ttehenden Theile, wie z. B. die Sehnen, wenig an ihrem Umfang
terlieren; und endlich darin, dass viele der Bindegewebsorgane
jßehnen, Unterhautzellgewebe, seröse Häute) mit nicht sehr zahl-
eeichen Gefässen versehen sind. — Chirurgischen Erfahrungen zu-
lolge verhält sich das neugebildete, in Narben eingelagerte Binde-
gewebe oft eigenthümlich, da es häufig nicht für die Dauer besteht,
Dondern kaum gebildet , auch wieder verschwindet. Auf diese Weise
tleutet Eos er*), und wie es scheint mit Recht, die bekannte That-
aache der Narbenschrumpfung, die darin besteht, dass die Narben-
laasse, welche die mit Gewebsverlust verbundenen Wunden aus-
ilillt, allmählig wieder und zwar so weit aufgelöst wird, dass sich
ilie Ränder der unverletzten Haut, welche bis dahin auseinander-
;;ehalten wurden , wieder aneinander legen. Diese Verschrumpfung
rrfolgt nach Roser nur dann, wenn die Haut bis zum Unterhaut-
liiindegewebe zerstört war, und unter diesen Bedingungen am
eeichtesen bei kräftig constituirten Menschen und da, wo die Narbe
(on einer leicht dehnbaren und nachgiebigen Haut umgeben wii'd.
^Vo sie aber auch eintritt, erfolgt sie nach gewissen Richtungen
?3ichter, als nach andern, so am Hals, am Penis, der hintern
Wand der Scheide, vorzugsweise nach der Längenachse jener
»rgane. Die grosse Bedeutung dieses Vorgangs als Heilmittel hat
tioser wiederholt heiTorgehoben.
Die Anordnung des Bindegewebes aus verschieden gerichteten
mgleich starken FaserzUgen müssen die Entstehung vieler Lücken
veranlassen, welche, insofern sie nicht zusammengepresst werden,
iich mit Flüssigkeit füllen können, wie diess in ungewöhnlich reich-
cchem Maasse beim sog. Oedem beobachtet wird. Diese besondere
struktur wird also unter allen Umständen der aus dem Blut in
aas Bindegewebe eingetretenen Flüssigkeit die Bewegung erleich-
lern. — Ausser diesen durch die zufälligen Poren vorgezeichneten
iVegen weisen einige Physiologen der Bindegcwebsflüssigkeit
noch einen andern an, nemlich durch die unterstellten Höhlungen
der netzföi-mig vei-flochtencn , feinen elastischen Fasern in dem
mit feinen Ausläufern versehenen zellenartigen Gebilde; diese An-
•) Schriften der Gesellschaft der Natunvlssenschaften zu Marburg. VIII. Bd. 1857. 281.
I
256 Gemenge aus elastischem und Bindegewebe. Seröse Häute.
Ii
sieht wird von dem Tage an sehr belangreich werden, wo die
behauptete anatomische Thatsache sicher gestellt ist.
Gemenge aus elastischem und Bindegewebe.
Aus einer Verbindung des elastischen und des Bindegewebes
bei der bald das eine und bald das andere überwiegt, sind sehi
zahlreiche Platten, Stränge, Beutel, Falten u. s. w. aufgebaut. Wii
erinnern hier nur an die Cutis mit dem panniculus, die Schleim
häute mit der tunica nervea, die Faszien, die weiten und engei
Gefäss-, Muskel- und Sehnenscheiden, die Sehnen, die seröser
Häute, die Sclerotica, Cornea u. s. w. Woher die auffallender
Abweichungen, die sich beziehen auf das Uebergewicht entweder
des Binde- oder des elastischen Gewebes, die Anordnung und Ge
drängtheit der Bindegewebsbündel u. s. w. , rühren, ist unbekannt,
Je nach dem Gefässreichthum und ihrer Einordnung in andere
Gewebe und Flüssigkeiten werden ihre Lebenseigenschaften mannig-
fach verschieden sein, Verschiedenheiten, die wir an mancherlei
Orten hervorgehoben haben und noch hervorheben werden.
Die Rolle, welche die auf diese Art zusammengesetzten Ge-
bilde spielen, ist, so weit wir wissen, meist bedingt durch ihre
cohäsiven und elastischen Eigenschaften. Unter diesem Gesichts-
punkte haben wir Sehnen und Faszien schon erwähnt; wir weisen
noch hin auf die Cutis, welche einmal ein elastischer Ueberzug-j
über alle andern tiefer gelegenen Organe darstellt, und dann als
Lager der Haarbälge, der Gefässe flir die Absonderung der Ober-
haut, der Schvveiss- und Fettdrüsen und endlich als ein Hilfswerk-
zeug tür den Tastsinn hervorragt.
In anderer Weise als die bisher aufgezählten Gebilde sind die
serösen Häute, die Sehnenscheiden und die Cornea wichtig.
Seröse Häute.
1. Anatomische Beschaffenheit. Die serösen Häute bestehen
bekanntlich aus elastischem und Bindegewebe, auf ihrer freien'
Fläche sind sie meistentheils mit einem Epithelium besetzt, das I
bald ein einschichtiges und bald ein mehrschichtiges ist. Die Zellen S
selbst gleichen denen in der mittleren Lage der Epidermis. Nach
einzelnen Autoren (Todd und Bowmann) sitzen diese nicht mi
mittelbar auf dem Bindegewebe, sondern auf einer sehr dünnen
glashellen, strukturlosen Membran, die sich zwischen die Deck
Zellen und das Bindegewebe einschiebt. Hier wie an der Cutis
und Cornea dürfte diese Strukturlosigkeit nur eine scheinbare sein
und das Bindegewebe bis zum Epithelium reichen.
Hirnwasser.
257
2. Seröse Flüssigkeiten. In der Höhle der serösen Säcke ist
uine Flüssigkeit enthalten, die an den verschiedenen Orten nach
liusammensetzung und Menge Abweichungen bietet. Die Beding-
i-isse dieser Abweichungen, insbesondere die von dem Ort, der
Ibsonderungsfläche, dem Druckunterschied in dem serösen Sack
and dem Blntstrom, der Aufenhaltsdauer im Körper u. s. w. könnte
licht Gegenstand genauer Versuche an Thieren werden.
a. Hirnwasser*). In den Lücken zwischen Arachnoidea
iid der Hirn- und Eückenmarksfläche, wenn man will in den
saschen der oberflächlichsten Gefässhautschichten, liegt eine Flüssig-
'äit, welche aus Eiweiss, Extraktivstoffen und den Salzen des
iluts besteht. — Die quantitative Zusammensetzung derselben
Iheint bei verschiedenen Individuen und selbst dann, wenn sie in
•ankhaft vermehrter Menge abgesondert wird, wenig Verschieden-
st zu bieten.
Nach den Analysen von Tennant, Bestock, Marcet,
»assaigne, L'höritier, Barruel, Haldat, Berzelius,
lulder. Landerer, C. Schmidt und Schlossberger liegt ihr
Vassergehalt zwischen 98,0 und 99,1 pCt. Unter den festen Be-
landtlieileu findet sich 1,3 bis 0,05 Eiweiss, 0,4 bis 0,2 Extrakte;
eesen kommt ein Bestandtheil zu, welcher CuO reduzirt (Bussy),
1, er jedoch mit Fermenten keine CO2 liefert, so kann es kein
Kcker sein (Turner); Gl. Bernard **) findet dagegen in allen
tt genährten Thieren das Hirnwasser zuckerhaltig; verschwindet in
illge von Nahrungsentziehung der Zucker aus der Leber, so ist er
(ch an unserm Ort nicht mehr zu finden. Endlich enthält das Hirn-
iiisser 1,0 bis 0,5 pCt. Salze; unter ihnen ist das Na Gl vorwiegend.
!3 Beispiel geben wir eine vollkommene Analyse von G. Schmidt:
»asser = 98,67; organ. Subst. = 0,37; 2 NaOPOs = 0,06; KOSO3
0,01; NaO = 0,18; KaGl = 0,22; NaGl = 0,44; SGaOPOö'
äd SMgOPOö = 0,03. Nach den Beobachtungen von Schmidt
III ein wesentlicher Unterschied zwischen den in der Hirnhöhle
lid den auf der Hinioberfläche enthaltenen Flüssigkeiten bestehen.
:e erstere soll constant nm- Spuren von Eiweiss zeigen, während
! letztere ciwcisshaltiger ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese
»sammeusetzung den Flüssigkeiten während des Lebens angehöre
'*)BcrzoHns, Handbuch d. Chemie. IX. Bd. p. 198.— L' h(Srlt I er, chlmio pnthol. p. 578. —
ndercr, Bnchner's Hcpcrtorium. 25. Bd. — Tennant, Journnl do chlmie mddic. 1838.—
imldt, Charakteristik der epidemischen Cholera, p. 110 n. f. — Valentin, Lehrbuch I. Bd.
•26. — Schlossberger, allgemeine Thlerchcmle. Nervensystem p. 140.
' Lepons de Phyniologie 1855. 1. Hd. p. Iii).
Ludwig, Phyglologle II. 2. Auüagc. 17
258
Herz-, Brust-, Bauchwasser.
und namentlich nicht in der Leiche wesentliche Veränderungen ei i
fahren habe, wird begründet durch die gleichlautende Analyse dt
Hirnwassers, was man durch Punktion von lebenden Wasserköpfe ;
(Landerer, Schmidt, Schlossberger) oder aus lebendei.
Thieren gewonnen (Lasseigne, Schmidt). Wenn die Flüssig
keit durch Punktion entleert wird, so bildet sie sich rasch voi
Neuem, und es zeigt die neue Flüssigkeit die Zusammensetzuni
der frühern (Schmidt).
b. Herz Wasser *). Der flüssige Inhalt des Herzbeutels isi
bei gesunden Enthaupteten von Lehmann undGorup untersucht
In 100 Theilen wechselte das Wasser zwischen 95,51 bis 99,2, dai
Eiweiss zwischen 2,47 bis 0,1, die Salze zwischen 0,73 bis 0,1
Ein faserstofiTialtiges Gerinnsel fiel unter den drei Beobachtungei
nur einmal aus die Flüssigkeit.
Krankhafte Ansammlungen sind häufiger und mit sehr wechselnden Besul taten untei
sucht worden; sie erwiesen sich ebenfalls bald faserstoffhaltig und bald faserstofFfre:
Unter den Salzen überwog immer das Kochsalz.
c. Brustwasser **). Der Inhalt der Pleura ist noch nich
aus dem lebenden gesunden Menschen oder Thier untersucht worden.—
Wenn das Brustwasser krankhaft vennehrt ist und dann abgelassei
wird, so ersetzt es sich rasch wieder, vorausgesetzt, dass sich dii
Lunge nicht mehr bis zur vollständigen Ausfüllung des Brustraumi
ausdehnen kann. Wird dann die Flüssigkeit wiederholt abgelassen
so besitzt sie jedesmal annähernd dieselbe Zusammensetzung (Vogel
Scherer, Schmidt).
d. B a u ch w a s s e r. Dasselbe ist nur dann untersuch!
wenn es in krankhafter Menge abgeschieden war. Man fand i
ihm constant Eiweiss, Extrakte und die Blutsalze; in einzelne!
Fällen Faserstoif, Harnstoff (bei Nierenleiden?), Zucker, Fette un(
Gallenpigment. — Wird die Flüssigkeit entleert, so entsteht si
meist rasch vneder und behält die Zusammensetzung, die sie uij
sprünglich besass (Schmidt, J. Vogel).
Vergleichung der Flüssigkeiten aus der Hirn-, Brust- und Bauchhöhle. Aus ein(
grösseren Zahl von Beobachtungen des Hirn-, Brust- und Bauch wassers an Terschii
denen Individuen und einer gleichzeitigen an den drei Flüssigkeiten desselben Mensel
zieht Schmidt einige allgemeine Schlüsse. — a. Der Eiweissgehalt der wässrii
Ergtisse in den genannten Höhlen erreicht niemals den des Blutserums. — b. Findi
gleichzeitig in einem Individuum eine vermehrte Absonderung in den drei Hö!
•) L'hdrltier, 1. c. — Lehmann, Lehrbuch der physiol. Chemie. II- Bd. 309. — Gort
Jahresbericht von So her er für 1861. p. 97.
»•) L'hiSritier, I.e. — J. Vogel, Patholog. Anatomie, p. 26. — Scherer, Cheraisd
Untorsuchungen zur Patliologie. 1843. IOC u. f. — Schmidt, 1. c. p. 12J.
llodenwassor , öelenisciiraiere.
tfttt, so ist in dem Hirnwasser am wenigsten und in dem Brustwasser am meisten
üweiss. — F. Hoppe*) bestätigt diesen Satz mit dem Beifügen, dass die wässerige
..nsammlung im Bindegewebe (Oedem) ärmer au Albumin als das Brust- und Bauch.-
/asser sei. Damit sich jedoch die Flüssigkeiten der genannten Eeihenfolge v. Schmidt
:',nfiigen, müssen sie ungefähr zu gleicher Zeit gebildet sein und gleich lange an der
iatürlichen Lagerungsstätte verweilt haben.
e. Hodenwasser. Die Flüssigkeit der vagina testis propria,
iiie mir bei krankhafter Vermehrung derselben untersucht wurde,
tnthält ausser den wiederholt aufgezählten Bestandtheilen der übrigen
serösen Säfte meist noch Cholestearin in reichlicher Menge und
JJernsteinsäure (W. Müller) "■'•*). Die Verhältnisse, in denen die
[genannten Stoffe gemischt sind, und namentlich die Menge des
Ijiweisses und Cholestearins wechselt ohne bekannte Veranlassung
90 ausserordentlich, dass die Zusammenstellung von Zahlenwerthen
iür Flüssigkeiten, die aus verschiedenen Menschen genommen wurden,
hne Bedeutung ist.
W. M ü 1 1 e r fand in einer Hydroceleflüssigkeit, die zu vier verschiedenen Zeiten dem-
alben Menschen entzogen wurde, Folgendes (die Zusammensetzung ist in Proz. ausgedrückt) :
lilntleerung.
1.
2.
3.
4.
Anwesenheitsdauer in
der Scheidenhaut.
Menge d. Flüs-
sigkeit.
210 CG.
180 CG.
215 G.G.
Ueber 250 G.G.
Eiweiss.
4,87
4,38
4,79
5,17
Salze.
Wasser.
f.
0,97
0,82
0,85
0,92
sind
93,56
94,01
93,65
93,40
diejenigen,
unbestimmt.
18 Tage.
33 „
52 „
Gelenkschmiere. Ihre Bestandtheile
i 'eiche den serösen Flüssigkeiten überhaupt zukommen, und ausser-
dem noch Schleimstoff und unter aUen Umständen abgestossene
i',pithelialzellen. Die quantitative Zusammensetzung soll nach Fre-
iichs***) mit dem Alter und dem Bewegungszustande des Gelenkes
■wechseln; er stützt sich hierbei auf die Untersuchung je eines Falles.
Nach Frerichs enthält die Synovia:
Im Stall
gemästeter Ochse.
96,99
Kalb.
¥asser 96,56
chleim und Epithelien .
►'ett
iiiweiss und Exti-akte .
^aOCl, KOSOa, CaOC02,
phosphorsaure Salze
0,32
0,06
],99
1,06
0,24
0,06
1,57
1,13
») Vlrchow'g Archiv. IX. Bd. 245.
••) Henlo'g und Pfeufei's Zeitüclii-lft. N. F. Vm. Bd. 130.
••') Wagncr's Haudwörterb. III. 5. p. 4G8.
Ochse, der auf der Weide
zugebracht hatte.
94,85
0,56
0,08
3,51
1,00
17-
260
Sehnonscheiden und Schleimbeutel, Hornhaut.
Die Gelenke des jungen und des ruhenden Thiers enthielten
mehr Flüssigkeit als die des sich bewegenden. — Die abgestossenen
Epithelialschuppen sollen sich nach Frerichs mit Hinterlassung
der Zellenkerne in der alkalisch reagirenden Gelenks cluniere auf-
lösen , und diese Auflösung soll die Quelle des Schleims sein. Nach
Luschka *) dagegen ' soll sich die Höhlung der Zellen mit Fett
flillen, worauf diese selbst allmählig zu Grunde gehen.
Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Die Wand dieser
Höhlungen schliesst sich den serösen Säcken insofern an, als sie
aus einer Grundlag.e von Bindegewebe und einer diesem aufsitzenden,
nach der Höhlung gerichteten einfachen Pflasteroberhaut besteht;
die vollkommene Uebereinstimmung wird aber getrübt, einmal da-
durch, dass die Bindegewebshaut der meisten Schleimbeutel und
alle Sehnenscheiden keinen vollkommenen Sack von den anliegenden
Bindegewebsräumen abschliesst, und nächstdem auch durch die
unvollkommene Ueberkleidung der vorhandenen Wände mittelst
Oberhaut. — Die schleimige, nach dem äussern Ansehen der Ge-
lenkschmiere ähnliche Flüssigkeit, welche in diesen Höhlen ent-
halten ist, hat noch keine Untersuchung erfahren. In ihr setzen
sich häutig durchscheinende, gelbliche Klümpchen eines stark mit
Flüssigkeiten durchtränkten Stoffes ab. Nach Virchow **) reagiren
sie stark alkalisch, lösen sich nur theilweise in Wasser, hinter-
lassen verbrannt eine stark alkalische Asche und stellen sich durch
ihre Reaktion unter die eiweissartigen Stoffe. Mit Schleim sind sie
nicht identisch.
Hornhaut.
Die anatomischen Elemente ***) der Hornhaut im engern Wort-
sinn sind Fasern und zellenartige Gebilde. Die erstem sind platt
und lassen sich nicht in Fibrillen zerspalten; indem sich eine grosse,
Zahl derselben mit je ihrer breitern Fläche zusammenlegt, entstehen
aus ihnen bandartige Bündel, in denen also die breite Seite der
Fasern senkrecht auf der breitern Fläche des Bündels steht. In
den mittlem und innern Schichten des Hornhautkörpers laufen diö
Bündel parallel der Hornhautwölbung, wobei sich die in derselben
Ebene liegenden nach Art einer Matte verflechten. Hiernach besteht'
der genannte Theil der Cornea aus vielen conzentrischen Lagen,
von denen jede einzeln wieder aus jenem Fasergeflecht hervorgeht.
•) Structur der serösen Häute. Tübingen 1851. p. 13.
"•) Würzburger Verhandlungen. IX. Bd. p. 281.
•••) His, Beiträge zur Histologie der Hornhuut. Basel 1850. — Henle's Jaliroabericbte TOB
1852 an. — Rollet, Wiener akiid. Sitzungsbericlite. XXXllI. 516.
I
Hornhaut.
261
■^Nahe der vordem Grenze der Cornea neigen sich die Bündel auch
.^egen die Honihnutfläche, so dass hier wegen allseitiger Faserndurch-
;krenzTing eine innige Verfilzung zu Stande kommt, welche den An-
kichein einer homogenen Platte, die sog. vordere Glaslage der Hom-
laaut erzeugt (Rollet). Zwischen den Netzplatten der Hornhaut
ittind zellenartige Gebilde eingelagert, welche nach mehreren Seiten
iiin Fortsätze schicken (Toynbee, Virchow, His). Der hintern
•'Häche der Hornhaut schliesst sich eine wahre Glashaut (membrana
ilescemetii), der vordem ein Epithelium an , welches in den gleich-
namigen Theil der conjunctiva übergeht. — Blutgefässe besitzt die
[Hornhaut' nur am äussersten Rande. Ihre Nerven empfängt sie
ittum Theil aus dem hintern Ciliarnerven, zum Theil aus dem der
I ionjunctiva ; sie verbreiten sich vorzugsweise in den vordem Lagen
der Hornhaut; Lymphgefässe sind nicht mit Sicherheit beobachtet.
Die Formen der Hornhaut im engem Sinne gewinnen je nach der Präparations-
rveise ein verschiedenes Ansehen. Die obige Schilderung ist nach den Angaben von
I I o 11 e t entworfen , welcher sich des übermangansauren Kalis als Zerlegungsmittel be-
liente, in welchem die Hornhaut, ohne wesentlich zu quellen und zu schrumpfen, in
wne Fasern zerfallt. He nie trocknet die Hornhaut und weicht ihre feinen Schnitte
Frieder auf; Virchow und His härteten sie in Holzessig.
2. Chemische Eigenschaften. Das Fasergewebe giebt beim
[Lochen einen Leim, der sich den Reaktionen nach dem Chondrin
iinnähert (J. Müller), ohne mit ihm identisch zu sein (His).
))ie eingelagerten Zellen und ihr Inhalt geben die Reaktionen auf
^iiweisskörper ; die Flüssigkeit, welche die Hornhaut durchtränkt,
iit nach Funke eiweiss- und caseinhaltig. Durch längeres Liegen
an übermangansaurem Kali werden ihr alle Bestandtheile entzogen,
rrelche die Reaktionen des Eiweiss zeigen (Rollet). Die tunica
ilescemetii zeigt im Wesentlichen die Reaktionen des Elastins. —
))ie epitheliumfreie Hornhaut des Ochsen enthält nach His in
«00 Theilen 78 bis 74 TheUe Wasser, 20,4 Chondrigen; 2,8 Zell-
.'.nd Glashaut, 1,0 Salze.
Quantitative Analysen der menschlichen Augenkapsel (Cornea und Sclerotica) theilt
tchneyder*) mit.
3. Physikalische Eigenschaften **). Für humor aqueus ist sie
.0 durchgängig, dass derselbe unter einem Druck von 200 — 300 Mm.
dg tropfenweise durch sie tritt (His). — Die Hornhaut schrumpft
IQ Lösungen von Koch- und Glaubersalz ein, und zwar so, dass
•) Cliem. Untersuchungen vergclileiletior Augen. Froiburg Im 13. 1855.
■•) Archiv nir Ophthalraolngio 1857. III. Bd. 1. 16«.
262
Quellung der Hornhaut.
mit der steigenden Dichtiglieit das Volum abnimmt. Hierbei ii^i
es bemerkenswerth, dass ein schon sehr geringer Salzgehalt da^
Schrumpfen sehr merklich machen kann. In Essigsäure schrunipit
dagegen die Hornhaut zuerst mit steigendem Säuregehalt und dann
quillt sie wieder auf mit noch weiterer Zunahme des prozeutischen
Gehaltes an Säure. In Salzsäure erreicht sie dagegen mit stei
gendem Prozentgehalt zwei Ausdehnungsminima , zwischen denen
ein Ausdehnungsmaximum gelegen ist (Donders).
Folgende Tabellen sind der Abhandlung von Donders entnommen. Die Aus-I
dehnung wurde bestimmt durch Messung einer Dimension eines feinen Hornhau
Schnittes, der in die betreffende Flüssigkeit gelegt war; die Angaben ühex die Ausdeh-J
nung sind Verhältnisszahlen.
Best. Wasser.
Na Cl Lösung inProz.
Dest. Wasser.
NaO SO3 Lösung inProz.
118
0,003
0,030
0,300
129
0,0037
0,0370
0,3700
102
78,5
72,5
118,5
109
70,5
Dest.
Wasser.
22,5
Essigsäure in Prozenten.
0,005 I 0,020
22,5 10,0
1,0 1 100,0
59,0 66,5
Dest.
Wasser.
21,0
CIH in Prozenten.
0,025 10,005
26,5
0,020
82,0
1,0 20,(1
17
Die herausgeschnittene epithelienfreie Hornhaut quillt merk
würdiger Weise auch im Augenwasser auf; so nahm eine solche^
als sie 90 Stunden im humor aqueus lag, um nahe das öfachtBi
Gewicht zu (His)*) — Bei der Quellung ereignet es sich auch ail
diesem Gewebe, dass es bald nach der Fläche und bald nach deij
Dicke an Ausdehnung zunimmt.
Die lebende Hornhaut ist durchgängig für Jodkali, Aetzkalk^,
der in ihr theilweise als kohlensfiurer Kalk niedergeschlagen wird^j
salpetersaures Silber, das als Chlorsilber niederfällt und dann re-|
duzirt wird, für verdünnte Säuren, Atropin und Farbstofflösuugei^
(Coccius, His, Gosselin) **).
Die Durchsichtigkeit der Cornea ist bedingt sowohl durch dei
Quellungszustand als auch durch die Natur der quellenden Flüssig
keit; denn sie vdrd durch Trocknen und durch ein jedes Schrumpfung
erzeugende Mittel ti'üb; bei einer über das Normale gehender
Quelluug kann sie dagegen durchsichtig bleiben (Essigsäure) odöi
sich trüben (Wasser). Ihre Fasern brechen das Licht doppelt.
•) L. 0. 1). 24.
•*) Meissners Jahresbericht für 1856. p. 190.
Ernälirungsorscheinungen der Hornhaut.
263
die optische Achse derselben scheint mit der Längenachse der Fasern
/usammenzufallen. So hinge in der Fötalperiode der Cornea die
l'asening fehlt, bricht sie einfach (His). — Ueber den Brechimgs-
üoeffizienten siehe Bd. 1. 262,
4. Ernährimgserscheiniingen. Die Hornhaut sehr junger Em-
)bryonen scheint aus ovalen und rundlichen Kernen zu bestehen.
LDurch Zerzupfen soll sie sich in runde oder spindelförmige Zellen
jzerlegen lassen, welche jene Kerne einschliessen. In einem etwas
»spätem Zeitraum des Embryonallebens finden sich die Kerne in
^deutlichen Zellen, diese sind abgeflacht und in Schichten gelegt,
nand obwohl noch klein, doch schon mit Ausläufern versehen ; hieraus
pgeht hervor, dass schon ZwischenzellstoflF vorhanden. In der
zzweiten Hälfte des fötalen Lebens wird der letztere aber erst doppelt
ibrechend (also faserig), die Zellen und ihre Ausläufer sind grösser
^geworden. Im Neugeborenen ist die Cornea immer noch relativ
•zellenreicher als im Erwachsenen, und die Ausläufer, von je einer
-Zelle meist vier, bilden ein dichtes Maschenwerk (His). — Die
ttunica descemetii nimmt mit den steigenden Jahren an Dicke zu
((H. Müller, Donders).
Im ausgewachsenen Kaninchen kann sich ein aus der Cornea
lausgeschnittenes Stück wieder vollkommen herstellen. Auf der
^verletzten Oberfläche erscheinen zuerst kleine Fetttröpfchen, dann
Ikugelige Kernzellen, die sich nach wenigen Tagen schon in ein
(deutliches Epithelium umgewandelt haben. Von der kugeligen
/Zellenschicht aus sieht man dann die Entstehung neuer Hornhaut-
fschicbten vor sich gehen, die genau das optische Verhältniss der
iälteren darbieten. Gefässbüdung wurde hierbei nicht beobachtet
((Donders) *).
Die Art und der Umfang der Stoffbewegung in der fertigen Horn-
Ihaut ist unbekannt. Die zu einer solchen nöthigen Zu- und "Wegfuhr
UässtmaninErmangehmg anderer Wege durch die Lücken oderZellfort-
^sätze geschehen, welche zwischen denFasenietzen der Hornhautblätter
Iiiegen. Die Flüssigkeit, die sich hier bewegt, kann ihren Ursprung
! nehmen aus den Thränen, dem humor aqueus und dem Blut, welches
iin den Randgefässen der Hornhaut strömt. Je nach dem Druck,
runter dem das Augen- und Blutwasser liegt, der Verdunstung auf
' der freien Oberfläche der Cornea oder der nachweislich veränder-
' liehen Zusammensetzung des humor aqueus kann der Strom bald
•) HoUändl»ohe Beiträge. 1848. p. 387.
264
Augenwasser.
nach dieser, bald nach jener Seite ins Uebergewicht kommen.
Wie es sich aber im Einzelnen gestaltet und welche Folgen sie für
das normale Bestehen der Hornhaut haben, bleiljt unbekannt. So
viel ist nur einleuchtend bei der Wegsamkeit der Hornhaut für
filtrirende und ditfundirende Flüssigkeiten und bei ihrer grossen
Quellungsempfindlichkeit, dass jede wesentliche Abweichung in der
Zusammensetzung der einen oder andern Flüssigkeit sogleich eine
Aenderung der Durchsichtigkeit und des Volums der Hornhaut er-
zeugen muss.
Eine eigen thümli che Rollo sollen die Zellen der Hornhaut dadurch gewinnen,
dass sie mit eigenthümlichem, an die Reizbarkeit von Muskeln und Nerven erinnerndem
Vermögen begabt seien, wonach sie jede Art von Störung, die ihren normalen Zustand
betrifft, mit derselben Aeusscrung beantworten (Virchow, His). Bevor man sich zu
dieser Annahme verstehen kann , muss ermittelt sein , ob nicht darum die pathologi-
schen Veränderungen, die nach dem Einziehen eines Fadens, dem Brennen und Aetzen
einti'eten, sich gleich bleiben, weil alle diese Eingriffe zn demselben nächsten Erfolg
führen , neralich zur Bildung eines fremden Körpers (Brand und Aetzschorf) mit Auf-
hebung des Hornhautzusammenhangs.
Au gen Wasser. Diese Flüssigkeit enthält Eiweiss, Harn-
stoff*), Extrakte, Chlornatrium und geringe Mengen der andern
Blutsalze in Auflösung. Nach einer Analyse von Berzelius **)
und zwölfen von Lohmeyer ***) schwanken in Kalbsaugen ihre
festen Bestandtheile zwischen 1,07 und 1,50 pCt., der organische
Antheil derselben bewegt sich zwischen 0,38 und 0,59 (= 28,1 bis
45,4 pCt. des Rückstandes). — Zieht man aus allen Analysen
Loh m eye r 's das Mittel, so erhält man: Wasser = 98,60; feste
Bestandtheile = 1,31; davon organische = 0,467; unorganische
= 0,846; Natronalb. = 0,122; Extrakte = 0,421 ; NaCl = 0,689;
KaCL = 0,011; KOSO3 = 0,022; phosphorsaure Erden = 0,021;
Kalkerde == 0,026.
Die Untersuchungen von Schneyder beziehen sich, insofern sie Mensehenaugen
betreffen, auf Solche, welche mehr als 48 Stunden nach dem Tode ausgeschnitten
wurden. Sie stimmen jedoch annähernd mit den Angaben Lohmeyer' s.
Wenn das Augenwasser durch Punktion der Hornhaut entleert
wird, so sammelt es sieh rasch wieder an; die neu entstandene
Flüssigkeit enthält häufig so viel Faserstoff, dass sie nach der
Entleerung durchweg gerinnt. — Die Gefässe, aus denen sie aus-
•) Millen, Compt. rend. XXVI. 121. — Schneyder, Chem. üntersuchungcn Terschiedcner
Angen. 1855.
*•) Handbuch der Chemie. IX. Bd. p. 530.
«••)Henle's und Pfeufer's ZeiHchr. V. Bd. — Doncan, ondorzockingen etc. üir.
1850—54. 171.
Glaskörper. Linso.
265
«geschieden wii'd, gehören wahrscheinlich der Iris und den Ciliar-
ortsätzen an, weil mit einer Stockung des Blutlaufs in denselben
idch die Zusammensetzung der Flüssigkeit so weit ändern kann,
jlass in ihr Eiterkörperchen entstehen. Nach Gosselin nehmen
euch die Thrähen an ihrer Bildung Antheil.
Glaskörper.
In Chromsäure gehärtet, zeigt er auf äquatorialen Durch-
ochnitten eine Streifung, welche von der Glashaut gegen den von
rem nach hinten gezogenen Durchmesser (die Glaskörperachse)
rasammenläuft (Hannover). Häute, die in dieser Richtung
eerlanfen, können nicht aufgefunden werden (Donders). Da-
eegen erkennt man in ihm Fasernetze, unregelmässig gelegene,
trukturlose Hautstückchen, Zellen mit und ohne Ausläufer, die
aald einzeln laufen und bald zu Gruiipen vereinigt sind (Bow-
lan, Virchow, Doncan). — In den Zwischenräumen , welche
idese feste Masse einschliessen, liegt eine wässerige Lösung von
iiweiss, Harnstoff (Millon, Wöhler, Marchand), Extrakten
und Salzen. Nach den Beobachtungen von Berzelius, Frerichs
md Lohmeyer schwankt der Wassergehalt des Glaskörpers
(wischen 98,23 und 98,86 pCt. ; der feste Rückstand, welcher im
littel 1,36 pCt. beträgt, enthielt von 0,39 bis 0,48 pCt. organische
testandtheile. Aus seinen Analysen leitet Lohmeyer die mitt-
rre Zusammensetzung des Glaskörpers ab: Wasser = 98,64;
iäute = 0,02; Natronalbuminat == 0,14; Fettspuren; Extrakte
- 0,32; NaCl = 0,77; KaCl = 0,06; KaSOa = 0,01; 3 (MgO,
aaO, Fe203)P05 = 0,02; CaO = 0,01.
Die Schwankungen in der Zusammensetzung lassen die endos-
• otischen Beziehungen zwischen der Blut- und der Glasflüssigkeit
Vkennen; eine Erklärung, welche durch die Erfahrung bestätigt wird,
088 die mit Krapproth gefütterten Thiere eine gefärbte Glasflüssig-
;3it besitzen. — Wird der Glaskörper nach der Geburt zerstört,
|> bildet er sich nicht wieder.
Virchow giebt an, dass der Glaskörper Schleim enthalte; eine Thatsache, die
!n verschiedenen Seiten, u. A. von Schlossbergcr bestritten wird. — Nach Loh-
Jeyer enthält derselbe nicht immer Harnstoff. lieber den Brechungsindex siehe
IBd. p. 262.
Linse.
1. Anatomische Eigenschaften. Die strukturlose Linsenkapsel
ijägt auf der Innenfläche ihrer Vorderwand eine Decke von kern-
266
Zusammensetzung der Linse.
I
haltigen Pflasterzellen (He nie) *), an der sich noch weiter nacli
Innen unmittelbar die Linsenröhren mit ihren feinen Wandungen
und sehr durchsichtigem Inhalt anschliessen. An dem Rand zwischen
hinterer und vorderer Fläche befinden sich nach Kölliker**)
Uebergänge zwischen den Epithelialzellen und Linsenröhren. Dei
Kern enthält keine deutlichen Röhrenelemente mehr. Die Schich-
tung der Linsenfaserung führt zu Blättern, welche der Kapselwand
gleich laufen.
2. Chemische Zusammensetzung. Von der Kapselhaut wehh
man bis dahin nur, dass sie sich bei anhaltendem Kochen in zwei
durch ihre Reaktionen verschiedene, in Wasser lösliche Stoffe um
setzt (Strahl). — Die Wand der Linsenröhre besteht aus einem
im Wasser unlöslichen Stoff. Der Röhreninhalt hält einen Stoff ii
Auflösung, der nach Mulder 's Analyse zu den eiweisshaltigei
mit locker gebundenem Schwefel gehört; seiner Reaktion nach stelli
ihn Berzelius zum Globulin. Vintschgau***) zeigte jedoch
dass er mit Albumin identisch sei. Fällt man denselben durch Er
hitzen aus der Fltissigkeit , so soll, wie Berzelius berichtet, ein^
saure Exti-aktflüssigkeit zurückbleiben, welche in ihren Eigenschafter
an die Fleischflüssigkeit (?) erinnert. Nach Lohmeyer kommt ir
der Linse ziemlich viel Cholestearin vor. Die Menge der in Wassci
unlöslichen Linsenbestandtheile (der Röhrenwand) ist sehr gering
fügig. Der Wassergehalt der Linse nimmt von aussen nach inneni
ab. Rayen f) giebt folgende prozent. Zusammensetzung für dit
Linse der Ochsen:
Aeussere Schicht. Mittlere Schicht. Innere Schich;
Wasser 70,50, 54,88, 45,74.
In Wasser unlösl. Faser . 0,002, 0,033, 0,027.
Sie. enthält 0,35 pCt. Asche, also nur etwa halb so viel, a^
im humor aqueus vorhanden ist.
Fremy und Valenciennesft) behaupten eine Verschiedenheit des im Kern ent
haltenen Albumins von dem in den äussern Schichten vorkommenden. Diese Angab
■widerlegt Payen. Eine viel grössere Zahl = 3,5 pCt. giebt Schneyderftt
den Röhrenwänden der Menschenlinsen ; vielleicht darum, weil er die Linse vor Begin'
der Analyse trocknet.
*) Hcnle's nnd Pfcufer's Zeitschrift. N. F. V. Bd.
*») Handbach der Gewebelehre. II. Bd. 731.
»»«) Wiener nkad. Sitzungsberichte. XXIV. 493.
■{■) Gazette m^dicale. 1857.
tt) Compt. rend, 44. Bd. Juni,
ttt) h. c. p. 35.
Wachstliunx der Linse.
267
3. Physikalische Eigenthtimlichkeiten. Die Kapselhaut ist sehr
histisch, aber nicht sehr fest, sie ist für Wasser und NaCl leicht
liuchgängig. — Das spez. Gewicht der Faserung beträgt an dem
/jinsenumfiing = 1,076 und im Linsenkern = 1,194 (Chevenix).
'Zu den brechenden und polarisirenden Eigenschaften der Linse, die
«chon früher erwähnt sind, fügt Valentin*), dass jedes aus
mehreren Lagen zusammengesetzte Linsenstück sich wie ein
Hiegativ einachsiger Krystall verhalte ; die doppeltbrechenden Eigen-
4jchaften treten in frischen Linsen weniger hervor als in getrübten
»der getrockneten. — Die Füllung der Linsenröhren mit einer con-
«entrirten Eiweisslösung kommt unzweifelhaft der Durchsichtigkeit
iKU Gute. Diese Flüssigkeit wirkt hier ganz nach demselben Prinzip,
nach welchem Brücke mit einer ähnlichen die Darmhaut zu
mikroskopischen Untersuchungen durchsichtig machte. Die Gegen-
iwart des Eiweissstoflfes hebt nemlich den Unterschied der Brechungs-
3oeffizienten zwischen Wasser und den Häuten der Linsenröhren auf.
4, Die Linsenernährung. — Bei der Vergrösserung der Linse
während des Wachsthums nimmt die Zahl, nicht aber der Umfang
Her Röhren zu (Harting). Die Linsenröhren bilden sich nur
unter Beihülfe der Kapsel, wie von Valentin**) durch Versuche
Jim Kaninchen, von Sömmering und T e x t ö r durch Beobachtungen
um Menschen erwiesen ist. Die Formfolge, welche bei ihrer Ent-
iStehung vorkommt, beschreibt H. Meyer***) in der Art, dass
Li'.unächst Epithelialzellen auftreten, welche allmählig zu Röhren aus-
wachsen und sich dabei über die vordere und hintere Linsenfläche
rjleichzeitig hinüberschlagen. Die jüngsten Schichten der Linse sind
llemnach auf der vorderen mit Epithelien bedeckten Wand zu
liiuchen, während die ältesten den Kern einschliessen. Die Kapsel-
'vand ist also die Form, in welche die Linse gegossen. — Daraus
"olgt, wie Valentin bestätigt, dass die Schichtung der Linse,
welche sich in einer entleerten Kapsel neu bildete, Unregelmässig-
lieiten zeigen muss, da die Vorderwand der letztern durch den
■Einschnitt theilweise zerstört und jedenfalls verbögen ist. Die
chemischen Umsetzungen, welche diese Entstehung begleiten, sind
unbekannt; der zur Bildung führende Stoff wird bei dem ersten
\A.ut"treten aus einem Blutgefässnetz geliefert, welches in der Fötal-
•) Graefc's Archiv fUr Ophthalmologie. III. 2. p. 227.
»•) Honlc's nnd Pfeufer'n ZelUchrlft. U. Bd.
•»») M U 1 1 e r ' g Archiv. 1852.
268 Ernährung der Linse.
periode bis zu der Kapsel reicht. Bei der Regeneration der aus
gesclinittenen Linse rauss er durch die wässerige Feuchtigkeit hin
durchwandern. — Verwundungen der Kapsel heilen beim Thierc
leicht, schwerer beim Menschen (Dieter ich), aber sehr voll
kommen (Benders)*). Die ausgebildete Linse soll während dei
Lebensdauer in Umsetzungen begriffen sein. Für diese Behauptung
fehlt allerdings das beweisende Maass, aber sie ist sehr wahr
scheinlich. Denn einmal ist die Natin- der flüssigen Linsensubstan^^
zur Umsetzung geneigt , und die von Berzelius, wenn auch nocl
so unvollkommen beobachteten Extrakte deuten auf das Bestehei
einer solchen Umsetzung hin. Dabei braucht man aber nicht noth
wendig an ein stetiges Auflösen und Neubilden von Linsenröhrei
zu denken , obwohl dieser Vorgang vorkommen könnte. Man fühl
sich sogar veranlasst, an ihn zu denken, weil nur die Vorderfläche
der Linsenzellen und der Linsenränder Mittelstufen zmschen dies^
und ausgebildeten Röhren tragen. Analog der Epithelienlagei
kommen also die Jüngern Formen an der Seite vor, wo die Linsi
mit einer Gefässschicht, in unserm Fall mit den hintern Irisgefässei
und den Ciliarfortsätzen, in Berührung ist. — Die eigenthümlicht
Lagerung der Linse scheint auch eine Regeneration der Eiweiss-
stoflPe zu verlangen; denn es sind diese in dem Wasser der vor-
dem Augenkammer und in der Glasfeuchtigkeit löslich (Auflösung
der Linse bei der Zerstückelung), die Kapselhaut erlaubt ihr^D
Durchgang, also müssen sie in diese Flüssigkeiten diffundiren, un(
weil sie hier nicht vorkommen, so müssen sie auch wieder von daB
entfernt werden, so dass die Diffusion zwischen Linseniuhalt und
umgebenden Flüssigkeiten unverändert fortdauert. Vergiftet man nach
Kunde einen im Trocknen aufbewahrten Frosch mit Kochsalz,
so trübt sich die Linse , wobei das Eiweiss in den Röhren niederge-
schlagen wird und die lösende Flüssigkeit als durchsichtige Tropfen
Inden Röhi-en zurückbleibt. Diese Trübung schwindet, Avenn sich der
Frosch wieder erholt. Dieselbe Erscheinung lässt sich erzeugen,
wenn man einen Frosch unter 0" aufbewahrt, wobei er gefriert;
lebt das Thier in höherer Temperatur wieder auf, so kehrt die
Durchsichtigkeit wieder. — An der ausgeschnittenen Linse der!
Säugethiere lassen sich durch Kochsalz und Gefrieren die gleichen j
Resultate erzielen (Kunde) **). i
*) Onderzoekingen in het physiologisch Laboratorium. Juar VII. (1855 — 56.) p. 173.
••) Würzburger Verhandlungen. VII. Bd. 1866. — Archir für Ophthalmologie. III. Bd-
3. 375.
Knorpel.
269
Knorpel.
1. Die anatomische Beschreibung*) theilt dem Knorpel Zellen
ad eine Grundmasse zu; durch die Besonderheit dieser letztern
;iterscheidet sieh der durchscheinende (hyaline) und der Netz- oder
laserknorpel. Die Grundmasse des hyalinen Knorpels ist durch-
iiheiueud gleichartig, elastisch härtlich; in sie sind Höhlen ein-
agraben, welche in frischem Zustande vollkommen erfüllt werden
m einer zartwandigen Zelle , die einen Kern und eine bald klare,
üld mit Körnchen oder Fetttröpfchen getrübte Flüssigkeit ein-
i;hliesst. Ausser diesem Befund lä«st zuweilen der frische oder
!Br mit Schwefelsäure behandelte Knorpel in der Grundmasse
>och einen Umriss sehen, der in geringer Entfernung von der
morpelhöhle läuft. Daraus schliesst man, dass die Knorpelhöhlen,
lelche die Zelle einschliesst , selbst wieder eine von der Grund-
nasse gesonderte, aus dem chemischen Stoff dieser letztern ge-
ildete dicke Hülle, die Knorpelkapsel, besitzt. In häufigen
allen ist aber die Grundmasse des hyalinen Knorpels nicht gleich-
ttig, sondern von Krümeln (Kalkerde) durchsetzt, welche bis in
ee Knorpelkapsel reichen, oder es sind unregelmässige Höhlen in
rr vorhanden, welche mit Fettzellen und Blutgefässen (Knorpel-
äark) erfüllt sind. — Im Faserknorpel finden sich die Kjiorpel-
lUen und Knorpelkapseln eingebettet in eine faserige Grundlage,
rre Fasern können bald steif und geradlinig begrenzt, bald aus
in fein gewellten Bindegewebsfibrillen , bald endlich aus den netz-
rrmigen, elastischen Fasern gebildet sein. An den Orten, an
;jlchen die Grundsubstanz durch elastisches Gewebe gebildet wird,
lllen von der Wand der umschliessenden Zellen feine Fasern
fslaufen.
2. Chemische Zusammensetzung**). — Die durchscheinende,
i»rnige oder glattfaserige Zwischenmasse ist vorzugsweise Chon-
' •) Henle, Allgemeine Anatomie. Leipzig 1842.— Mulder, Physiologische Chemie, p. 597.—
»Meyer, Der Knorpel und seine Verknöcherung. — Müller 's Archiv. 1849. — Donders,
r.ro8kopi9Che und mikrochemische Untersuchungen thier. Gewebe. Holländische Beiträge. 2G0. —
irgelbe, Zeitschrift fUr wissenschaftliche Zoologie. III. Bd. .348. — Virchow, Verhandlungen
■physlkal. mediz. Gesellschaft in Würzburg. II. Bd. p. 162. — Remak, Ueber extracellulare
•atehung thlorlscher Zollen. - Müller 's Archiv. 1852, 53 u. 65; Entstehung des Binrtcgcwebos
1 Knorpels, ibid. 58. — Rh ein er, Beiträge zur Histologie des Kehlkopfs. Würzburg 1852. —
'rgmann, DIsqnlsitlones microscop. de cartilaginibus. Dorp. 1850. — Bruch, Boitriige zur
•cwickeluiigsgeschlchto des Knochensystems. Basel 1851. p. 29 u. f. — Brandt, DIsquisitionos
> osiificationis processu. Dorpat 1852. — KöUiker, Handbuch der Gewebelehre. 3. Aufl.
9. 63.— Aeby, Göttinger Nachrichten. 1867. — FUrstonberg, MÜIIer's Archiv. 1867.—
•eund. Beitrüge zur Histologie der RIpponknorpel. Breslau 1858.
"•^ Simon, medizinische Chemie. II. Bd. 510. — Mulder, pliysiolog. Chemie. 697. —
Bibra, Chem. üntersucliiingen über Knochen und ZUlino des Menschen. Schwciufurt 1844. —
270
Knorpel.
drigeii. Denu es wird beim Kochen nur die Grundsubstanz auf-
gelöst, während die Zellen ungelösst zurückbleiben (Mulder,
Douders). Die Wand der Knorpelzellen soll annähernd die
Reaktionen des elastischen Gewebes und der Eiweisskörper dar-
bieten; der Inhalt der Knorpelzellen führt Fett. — Der hyaline
Knorpel hinterlässt beim Verbrennen eine Asche, die aus Gl, SO3,
PO5, CO2, MgO, CaO, NaO besteht, sie enthält also kein KO. —
Von diesen Mineralbestandtheilen bildet sich die SO3 zum Theil
aus dem Schwefel der Chondrigens ; die ganze Menge dieser Säure
soll jedoch zu gross sein, als dass sie aus dem Schwefel des ge-
nannten Körpers abgeleitet werden könnte (Schlossberger).
Die PO5, welche mit CaO verbunden ist, scheint in dem Chondrigeu'
enthalten zu sein; denn jede Chondrinlösung führt phosphorsaurfr
Kalkerde. Die prozentische Zusammensetzung des Knorpels ist
sehr variabel, wie es schon die mikroskopischen Ansichten desselben'
erwarten lassen. Bibra fand in 100 Theilen menschlichen Knoi-pels'
festen Rückstand 30 bis 46, und in diesem Asche 2 bis 7 Theile. —
Der Knorpel mit einer Grundmasse aus Bindegewebe liefert beim^
Kochen Colla; ob auch Chondriu, ist zweifelhaft. Man erhält dieses'
letztere dagegen aus elastischem Knorpel; da sich hierbei di
Knorpelzellen erhalten und nur insofern sich verändern , als ihr
Wand sich verdünnt (Mulder, Donders, Hoppe), so muss
Chondrigen in den Verdickungsschichten enthalten sein. Das
Zwischengewebe der zuletzt erwähnten Knorpelart ist elastischer Stoff.
Zu den über Chondrin mitgetheilten Thatsachen (Bd. V. p. 56) ist nach neuem
Beobachtungen noch hinzuzufügen, dass Rochleder und Mayr*) das Chondrin aus
Albumin dargestellt haben , welches in einer saucrstofl'freien Atmosphäre mit Salzsäure
oder Baryt warm behandelt wurde.
3, Wachsthum und Ernährung. In der Fötalperiode werden
die einfachen Bilduugszellen an den Orten, die späterhin Knorpel
enthalten, allmählig grösser und nehmen statt der kugeligen eine
Eiform an, dabei verdickt sich die Wand und es mehi-t sich die
Zwischenmasse. Zugleich nimmt die Zahl der Zellen in der Weise
zu, dass sie nach vorgängiger Spaltung des Kerns sich theilen,
worauf dann ein Fortsatz der Zwischenmasse zwischen die beiden
ursprünglich zusammengehörigen Gebilde sich einschiebt (Virchow,
Hoppe, Viroll GW 's Archiv. V. Bd. — Derselbe, Journal für prakt. Chemie. 56, Bd. 159.—
Zellineky in Henle's Jahresbericht für 1863. p. 67. — Scheter, Llobig's Annalen. 40. Bd.
p. 49. — Schlossberger, allgemeine Thierchemie. I. Bd.
•) Wiener Akud. Sitzungsberichte. XXiV. 39.
Waclisthuiu des Knorpels.
271
Aeby). Die Veränderungen im wachsenden Knorpel der Gebo-
tenen sind nicht an allen Oertlichkeiten tibereinstimrnend. — Ver-
ijleicht man die Eippenknorpel eines Neugeborenen und Erwachsenen,
00 zeigt sich, dass die Gesammtsumme der Höhlen im erwachsenen
ivDorpel abgenommen, die Höhlungen selbst grösser geworden und
iurch eine stärkere Einlagerung von Grundgewebe auseinander
gedrängt sind (Harting)*). Fügt man zu diesen Erfahrungen
^ilie allerdings noch zu beweisende Voraussetzung, dass die einmal
h;ebildete Knorpelzelle während der ganzen Lebensdauer Bestand
faat, so würde gefolgert werden müssen, dass Zellenraum und
prundgewebe gleichzeitig an Ausdehnung zunehmen; zugleich aber
Warf die Einlagerung auf der einen und die Auflösung auf der
andern Seite nicht gleichen Schritt halten; namentlich muss die
iV.uflösung öfter so weit sich erstrecken, dass zwei Knorpelhöhlen
miteinander verschmelzen, weil sonst die Zahl derselben im Er-
.vachsenen nicht geringer als in der Jugend sein könnte. Neben
len geschilderten Wachsthumserscheinungen ti-eten in den hyalinen
ivnorpeln noch andere sichtbare Veränderungen auf. Insbesondere
rvird die Grundsubstanz körnig, faserig, zuweilen auch so erweicht,
lass sich kleinere unregelmässige Höhlen bilden , die sich mit Fett-
rröpfchen, Blutgefässen, Bindegewebe füllen (H. Meyer, Don-
lers). — In den Faserknorpeln dagegen, namentlich in der lig-
mtervertebralia und den Synchondrosen sind ausnahmslos die Zellen-
öhlen des spätem Lebens kleiner als die des frühern; da die
iltere Wand aus conzentrischen Schichten besteht, so scheint es
aast , als sei die Zellenhöhle durch periodisch auf die innere Wand-
äÄche erfolgende Absätze verengert Avorden (Donders).
Der Knorpel gehört zu den Formbestandtheilen, welche sich
:,uch im Erwachsenen neu bilden können. Um so auffallender
«ät es, dass Knorpelwunden durch Bindegev^ebe heilen (Red-
.ern)**).
Da der Knorpel nur äusserst selten mit Gefässen durchzogen
>st, so müssen die Flüssigkeiten durch Diffusion fortschreiten, welche
lie Atome ein- und ausführen zum Vortheil des Stoffumsatzes,
iler nach den anatomischen Beobachtungen imzweifelhaft vor-
aanden ist.
Das Wenige, was wir über physikalische Eigenschaften kennen,
ist schon früher emähnt (Bd. I. p. 492).
") Rcchcrches micrometr. p. 76.
'•) Henle'B Jahresbericht fUr 18ßl. p. 52.
272
Knochen.
Knochen. {
1. Anatomische Beschaffenheit*). Die Knochenmasse setzt
sich aus dünnen mit einander verwachsenen Platten zusammen,
welche in conzentrischeu Lagen um die mikroskopischen Röhren
geschichtet sind, die als Leitungsröhren der Blutgefässcapillaren
den Knochen netzförmig durchziehen. Die Substanz der Knochen-
plättchen (also die knöchernen Wandungen der Gefassröhren), welche
öfter optisch homogen, zuweilen aber auch gekörnt erscheint, ist
abermals von einem besondern Höhlensystem, den Knochen- oder
Strahlenkörperchen und ihren Ausläufern, durchbrochen. Ein jedes
dieser Strahlenkörperchen ist nemlich nichts anderes, als eine ei-
förmige Lücke in der Knochensubstanz, von welcher eine grössere
oder geringere Zahl hohler Ausläufer ausstrahlt; die Ausläufer be-
nachbarter Knoehenkörperchen anastomisiren mit einander, und
diejenigen, welche unmittelbar an die Gefassröhren und an die
Knochenoberfläche grenzen, münden frei in die ersteren und unter
das Periost, so dass durch jeden Knochen ausser dem Netz der
Gefässröhren noch ein zweites ausserordentlich viel feineres, aber
dafür dichteres und verbreiteteres , herläuft. Da die Knochen-
körperchen in den Knochenschichten in ziemlich regelmässigen Ab-
ständen gelagert sind, so bilden die Verbindungslinien derjenigen
von ihnen, welche in einer Horizontalebene liegen und zu einem'
der conzentrisch gelagerten Knochenplättchen gehören, eine ähn-
liche Form wie die Coutur der Knochenplättchen selbst, d. h. die
Zellenhöhlen liegen abermals in mehreren Lagen conzentiisch um
die Gefässröhren. Zu den beiden eben beschriebenen Lücken-
systemen kommt endlich noch ein drittes sehr unregelmässig ge-
staltetes, welches vorzugsweise das Innere des Knochens durch-
zieht, wo es als Markhöhle, diploetisches oder spongiöses Gewebe t
bekannt ist. — Jede der drei Höhlenarten schliesst nun auch be- t
sondere WeichgebUde ein. Die strahlenförmigen Höhlen sind bis ii
in ihre letzten Zweige nach Virchow **) ausgekleidet mit einem ij
ihren Wandungen eng anliegenden Häutchen; fasst man also die
Haut der eiförmigen Höhle als einen Zellenkörper und die der Aus-
läufer als Zellenstrahlen auf, so kann man sich auch dahin aus-
drücken, dass der Knochen von einem Netz strahlig verästelter,
•) H. Meyer, der Knorpel und seine Vcrknocliung. Müll er 's Archiv. 1849. — Köllikcf,
mikroskopische Anntomie. II. Bd. 1. Abthl.
••) Würzburger Verhandlungen. IT. Bd. 150. — Hoppe, Vlrchow's Archiv. V. Bd. 174.—
Virchow, ibid. p. 440.
Chemische ZusammensetzuTig der Knochen.
273
tnastomisirender Zellen durchzogen sei. Jedes Körperclien schliesst
Lusserdem noch ein anderes kleines Zellengebilde, einen sog'. Kern,
md Flüssigkeiten in sich. Die Gefässkanäle umschliessen die Blut-
:efässe, Bindegewebe, Nerven, und in den Marklücken ist ein
lemenge von Bindegewebe, Fetttropfen, Fett- und Markzellen,
»lutgefässen und wässerigen Feuchtigkeiten enthalten. Die Knochen-
berfläche ist schliesslich von einer Bindegewebshaut, dem Periost,
herzogen, in welcher die Gefässe und Nerven laufen, bevor sie
1 die Gefässkanälchen des Knochens eindringen.
2. Chemische Zusammensetzung*). Der Analytiker bereitet
(ich das Knochengewebe so vor, dass er einen Knochen pulvert,
aas Flockige durch Schlemmen wegschafft, den schweren Boden-
latz mit Wasser und Alkohol und Aether vollkommen erschöpft,
iiieser Rest ist meist frei von Bindegewebe, Zell - und Gefässhäuten,
:nd das Wasser hat offenbar manche dem Knochengewebe ange-
örige Bestandtheile entfernt. — Dieses sog. Knochengewebe enthält
DQ organischen Bestandtheilen solche, die leicht in Säure löslich sind
tFremy) und andere darin schwer lösliche; diese letztere nennt
ian Knochenknorp el, sie geben bei der Verbrennungsanalyse
te prozentische Zusammensetzung der CoUa, nemlich 050,1;
7,1: N18,4; 0 und S 24,3 (v. Bibra). — Die Knocheuerde,
eelche durch Einäscherung eines Knochen dargestellt wird, besteht
US Fluorcalcium, CaOC02, SCaOFOs, SMgOPOs (Heintz). —
dem Waschwasser des Knochens oder in der Asche nicht voll-
)')mmen ausgewaschener Knochen ist noch enthalten Na Gl, NaO CO2,
^Ns, Fe2 03. — Nach den Analysen von Heintz, den genauesten,
fälche wir besitzen, bestehen 100 Theile Knochenerde aus CaO CO2
9,1; aCaOPOs = 85,7; SMgOPOö = 1,7; Ca Fl = 3,0. Alle
wigen Analysen, welche Ausstellungen man auch sonst an ihnen
achen kann, bestätigen doch, dass immer die phosphorsaure Kalk-
ide weit überwiegt, und dass das Verhältniss zwischen den ein-
ilnen Erdsalzen durchaus kein gleichbleibendes ist. Nur wenn man
!ijh mit einem Ungefähr befriedigt, kann die Annahme vonFremy
istehen, dass auf 1 Aeq. Kohlensäure 3 Aeq. Phosphorsäure
nmmen. — Der Knorpel und die Erden sind innig nebeneinander-
••) Berzelius, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 1840. — Marchand, physiolog. Chemie. Berlin
2. 81. — V. Blbni, ehem. Untersuchungen etc. Schweinfurt 1844. — Heintz, Uber die Zu-
nmensetzung der Knochenerde. Berliner Monatsberichte. 1849, I.Heft. — Regnauld und
.»»elin, Archiv, gtfn^rul. de m^d. 1849. Jullheft. — Mulder, physiolog. Chemie, p. 010. —
emy, Annales de chlmic et physique 1855. Bd. 43. p. 47. — v. Ree kll n gb a u s on , Archiv
■■ p«tholog. Chemie. XUI. Bd.
i Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.
274
Veränderlichkeit der Knochenssusammensotzung.
gelegt, aber nicht nach Aequivalenten verbunden. Man kann bc
kanntlich aus dem Knochen die Erde durch Säuren und den Knorpel
durch Kalieu ausziehen, ohne dass die anatomische Elementar-
straktur verloren geht.
Das Verhältniss, in dem die organischen (Knochenknorpel,
Bindegev^ebs - und Gefässreste) und unorganischen Stoffe im Knochen
enthalten sind, ist nicht constant. — a) Ordnet man die substantia
dura der trockenen Knochen der Erwachsenen nach ihrem Gehalt ,
an Erde, so erhält man folgende Reihe: os temporum, humerus, l
femur, ulua, radius, tibia, fibula, os ilium, clavicula, vertebrac
costae, sternum, os metatarsi, scapula. Das os tempor. enthiel
63,5, die scapula 54,5 pCt. Knochenerde (Kees)*). — Bibra fand
beim Weib eine etwas andere Reihenfolge: humerus, femur, tibia,,
fibula, ulna, radius, metacarpus, os occipitis, clavicula, scapula,,
Costa, 08 ilium, vertebrae, sternum; in dem ersten Glied 69 undi
in dem letzten 51 pCt. Knochenerde. Diese Unterschiede sind, wie*
wohl zu merken, nur giltig füi* die Knochen des Geborenen, nichti
aber für die des Foetus (v. Bibra). — b) Die spougiöse Knochen-^
Substanz enthält einige Prozente feuerfilichtiger Bestandtheile mehn
als die compakte (Rees, Fremy). Theilt man willkiuiich eiuea
Röhrenknochen seiner Dicke nach (vom Periost zur Markhaut) in»
mehrere Schichten, so hinterlässt die äussere zuweilen um 1 bis
2 Prozent weniger Asche, als die innere, zuweilen ist der Knocheal
auch durchweg gleich zusammengesetzt (Fremy). Der Unterschiedl|
zwischen schwammigen und festen Knochen verschwindet unBj
so mehi-, je sorgsamer die anhängenden Gefässe und Bindegewebs-^
theile entfernt werden (Reckling hausen). — c) An einer undlL
derselben Knochenstelle soll der Gehalt an Kalkerde mit dem AlteÄ
zunehmen; so betrag er z. B. in dem Femur männlicher IndividueA
beim Foetus = 59 pCt. , beim dreivierteljährigen Kinde = 56,4«
beim fiinfjähr. 67 pCt. und endlich beim 25 jähr. Indiv. 68 pCt. —4,
Das Steigen des Kalkgehaltes geht nun aber keinesweges in allöÄi
Knochen gleich rasch vor sich. So nähert sich u. A. die KuochenÄ
Substanz in den obern Gliedmaassen früher ihrem höchsten WertlM,
als in den untern (v. Bibra). Im Gegensatz hierzu führteA
die Beobachtungen von Fremy und ReckliughaUsen über«
haupt zu keinem Altersunterschied. Die Knochenpunkte am FemuÄ
•)Berz8lius vermuthet , dnss die von Re es untersuchten Knochen nicht volll^onimen
trocknet gewesen seien.
Ernährung dor Knochen.
275
les Foetus und den gleichnamigen Knochen des Erwachsenen und
Preises fand Fremy annähernd gleich reich an Erden. — d) Ein
)emerkenswei"ther Unterschied zwischen dem prozentischen Erd-
,-ehalt in den gleichnamigen Knochen des Mannes und des Weibes
»at sich nicht herausgestellt.
Das Knochenmark unterscheidet man seinem Ansehen nach in
in fettes und ein gelatinöses. Das erstere besteht vorzugsweise
i;us einem sehr oleinhaltigen Fett und daneben aus einer eiweiss-
lud salzhaltigen Flüssigkeit, den Hüllensubstanzen der Mark- und
t ettzelleu , aus Gefässen und Bindegewebe. Das gelatinöse enthält
aagegen überwiegend die salz - und eiweisshaltige Lösung und sehr
teringe Mengen von Fett; die beiden Markarten scheinen also Ge-
nenge derselben Stoffe in verschiedenen Verhältnissen zu sein. —
•as Periost enthält die Bestandtheile des Bindegewebes und der
lastischen Faser. Die Flüssigkeit, welche neben den Gefässen
i(ie Gefässröhren und die Zellenräume füllt, ist unbekannt. Einige
lingaben, die über den Gehalt des Gesammtknochens an Wasser
lorliegen, sind ohne Bedeutung, da dieser mit zahlreichen, zu-
Llligen Umständen, z. B. dem Markgehalt, der Menge der Zellen
iid Gefässröhren u, s. w., wechseln muss.
3. Das Wenige, was von den physikalischen Eigenschaften des
mochens bekannt ist, wurde schon Bd. I. p. 491 mitgetheilt.
4. Ernährung*). Wo sich wahres Knochengewebe bilden will,
ti entsteht jedesmal zuerst in der Nähe oder im Umfang eines Blut-
?3fässes eine homogene oder faserige, wahrscheinlich coUagene
rrandlage, in welche sich sternförmig verästelte Zellen einbetten,
arauf schlägt sich in der Grundlage Knochenerde, und zwar so
eeder, dass sie ein homogenes, in feinen Schnitten durchschei-
;ndes Ansehen annimmt. Die Zellenhöhle und ilu-e Wände
teiben dagegen nicht allein von der Inkrustation verschont, son-
ism es wachsen sich sogar die Fortsätze der benachbarten Zellen
"weit entgegen, bis sie mit einander in Verbindung treten
iharpey, Virchow, H. Müller, A. Baur).
Die besondern Gestalten, die das Knochengewebe in den
celettheilen — den sog. Knochen der Osteographen — annimmt,
rrd dennoch abhängig sein von den Formen, in welchen die weiche
irundlage des Knochens auftritt. Diese letztere wird aber hingelegt
? •) Köllikor, Handbuch der Gewebelohre. 3. Auflage, p. 83. — Baur, die Bliulcsubutanz
«Ingen 1858. — H. Müller, Zeitschr. fllr wis». Zoologie. IX. Bd. — Bruch, BciträRe zur Ent-
-keluDg3ge»chiulite de« Knochensystoms. UenkscUrlfleu der achwelzer. uaturf. Gesellschaft. II. Bd.
18*
276
Entstellung der Knochenform.
unter dem Einfluss von bestimmt begrenzten und gebauten Gebilden,
nemlich dem fötalen Knorpelskelet mit seinem Perichondrium und •
der faserbäutigen Vorstufe der meisten Gesicbtsknocben und dci
Schädeldecke. Wo die Knochenbildung unter dem Einfluss de,--
knorpeligen Skelets vor sich geht, da entwickelt sich zugleich dit
verknöchernde Grundlage im Innern des Knorpels und an seinei
Obei-fläche, zwischen ihm und dem Perichondrium. Hiebei hat mai
Folgendes beobachtet: Wenn die Bildung des Knochens im Innen
eines Knorpels stattfinden soll, so vergrössern sich zuerst an einei
beschi-änkten Stelle die Knorpelhöhlen und ordnen sich in Reihei
oder Strahlen an, je nachdem der Knorpel eine röhrige oder ge ■
ballte Form besitzt; es mehren sich ferner die in den Höhlen eut i
haltenen Zellen und darauf lagert sich eine erdige Masse in das-t
Knorpelgrundgewebe ab (Knorpelverkalkung). Zu derselben Zeiii
oder etwas früher haben sich auch im Knorpel Kanäle gebildet .
welche von der Knorpeloberfläche, resp. dem Perichondrium zi
den verkalkten Stellen hinziehen. Diese Kanäle enthalten Zellen
die denen des Knorpels ähneln, in einer mehr oder weniger sti-ei
figen Grundlage, dann weiche markähnliche Zellen mit bindegeweb^
artiger Zwischenmasse, und endlich Blutgefässe, welche mitdencLt
des Perichondrium in Verbindung stehen. Die Knorpelcanälal
leiten die Auflösung des Knorpels und die Entstehung des Knochenflli
ein. Sie dringen nemlich in den Knorpel bis an und durch die VerB
kalkungsstelle, verflüssigen die feste Grundmasse, welche öim
Knorpelhöhlen scheidet, und bewerkstelligen es somit, däss die8a|
letztern Höhlen zu einem mannichfach ausgebuchteten Systeme volÄ
Lücken zusammenfliessen. Ein Theil dieser Lücken wird mit BindeÄ
gewebe, Fett, Markzellen und Gefässen ausgefüllt und stellt damn
die spätem Markräume dar, in einem andern werden dagege»
sti-ahlige Zellen und die gleichartige Grundlage, welche sich wm
wirklichen Knochen umwandeln, eingelegt. Der Knorpel wände»
sich also nicht in Knochen um, sondern er |wird zerstört nwm
seinen Ort nimmt die Knochenmasse ein (A. Baur, H. MülleF«
Das neugebildete Knochengewebe bleibt nun aber auch nicht immei
bestehen, sondern es löst sich oft von Neuem auf, und dann erSÄ
findet sich statt seiner der bleibende Knochen ein. — Dieser ebeiÄ
geschilderte Vorgang geht nun im Knorpel nicht überall gleichzeitigH
vor sich, sondern er beginnt, wie schon erwähnt, an einem
- mehreren Punkten; um diese sind alle Uebergangs stufen rotfH
vollendeten Knochen bis zum hyalinen Knorpel zu finden. — Eifl
Wachsthum der Knochen nach der Geburt.
277
«eher als im Innern ist die Entstehimg des Knochens zwischen der
Oberfläche des Knorpels und dem Perichondrium; denn hier lagert
«ich gleich in conzentrischen Schichten um die Gefässe eine weiche
•leichartige oder gestreifte Schicht ab, welche verästelte Zellen
mschliesst und darauf inkrustirt. — Mit dem Vorgang im Peri-
ihondrium stimmt auch der überein, welcher in der häutigen Grund-
lage der Schädel- und Gesichtsknochen beobachtet wird.
Das Fortwachsen der Skeletstticke nach der Geburt geschieht
Bon zwei Orten aus, nemlich von den knorpeligen Rändern (inso-
fern diese nicht an Synovialflächen stossen) und von dem Periost
Dus. Die erste Art des Wachsthums ereignet sich also an den
Röhrenknochen in den Epiphysen, an den Schädelknochen zvrischen
cen Nähten. Diese Ai-t der Vergrösserung bedingt immer die An-
iiildung neuer Knochenschichten, die den Knorpelflächen gleichläufig
egen, mit einem Worte das Längenwachsthum, während die vom
erlöst aus eingeleitete Verknöcherung die Verdickung bedingt. Um
een Vorgang zu verdeutlichen, hat zuerst H. Meyer ^.^
aas Schema eines sich vergrössernden Röhren-
mochens (in Fig. 51) entworfen. Wenn 12 2 1
imen Röhrenknochen der Neugeborenen und darin
2 das Mittelstück , 12. und 2 1 die Endstücke,
in II I dagegen den gleichnamigen Knochen des
rmachsenen darstellt, so ist 2 11 durch Wachs-
am und Verknöcherung des Knorpels, aa hh durch
Dttflagerung aus dem Periost entstanden. DieNeubü-
iingimKnoi-pel sowohl wie die von der Knochenhaut
IIS geschieht ganz nach denselben Regeln, die auch
ir das fötale Leben giltig waren, also in den
Sähten und Epiphysen dadurch, dass fort und fort
inorpelzellen und Zwischenmasse entstehen, dass
tese letztere verkalkt, dass dann von den blut-
fässführenden Kanälen des Knochens der ver-
ulkte Knoi-pel wieder angefressen wird , dass sich
die Knorpelhöhlen sternfönnige Zellen und eine
rmkturlose Grundlage hinlegen, welche letztere
adlich von Knochenerde durchsetzt wird. Auf
'3r Grenze zwischen Knochen und Periost erscheinen
agegen, ohne dass Knorpel vorausgeht, die stern-
)nnigen Zellen und die verknöchernde Zwischen-
t^asse.
278
Bedingungen dea Knochenwachsthum
Ueber die Bedingungen *), welche dem Knochenwachsthum eini
Ende setzen und zugleich die Stoffbewegung in den Räumen des
fertigen Knochens regeln, ist Folgendes bekannt: 1) Die Knochen
hören meist auf nach der Länge zu wachsen, wenn ihre knor
peligen Verbindungsstücke verknöchert sind, also: die Eöhren nacl
vollkommener Verknöcherung der Epiphysen, die Schädeldecken
nach Verwachsung der Nähte (H. Weber). Ob diese Regel ein(
ausnahmslose ist, steht dahin, und ebenso darf sie keinenfall
dahin verstanden werden, dass das Wachsthum nicht eher aufhöre i
kann, bevor nicht jene Verknöcherungen zu Stande kamen, d.
die Röhrenknochen der Zwerge z. B. trotz bestehenden Empiphysei
ihr Wachsthum einstellen (Virchow). — 2) Schneidet man bc
jungen Thieren die Kaumuskeln aus oder entleert mau die Augen
flüssigkeit, so verdicken sich die Knochen, welche die Höhlen bc
grenzen, nach diesen letztern hin, nicht aber gegen die Schädel-il
höhle. Dieselbe Operation führt bei erwachsenen Thieren zu keine«
Knocheuwucherung (L. Eick). — 3) Nach einer einseitigen Zer|li
Störung der Kieferschliesser wird der Kieferast derselben Seit(j
kürzer und sein Gelenkkopf dicker (L. Eick). — 4) Wenn die
Muskeln einer Extremität vor der Pubertät gelähmt werden, S(
bleibt der Knochen derselben kürzer und dünner. — 5) Wenn siel
die Muskeln vor oder nach der Pubertät kräftig entwickeln, 8(
nimmt der Knochen und namentlich an den Muskelansätzen ai
Masse zu. — 6) In dem Maasse, in welchem die vom Schäde
umschlossenen Weichtheile (Hirnfaser, Ganglienkörper, Blutgefässe!
Hirnwasser) wachsen, dehnen sich auch die Schädelknochen meh^
oder weniger aus. Hierbei geschieht jedoch das Wachsthum nich
in allen Nähten gleichmässig, sondern bald in der einen und bali
in der andern mehr, so dass der Schädel verschiedener Individue
trotz gleichen Hirnvolums doch ganz verschiedene Formen darbietet,
weil nemlich das geringere Wachsthum in einer Naht durch eiij
grösseres in einer andern ausgeghchen wird (H. Meyer, Virchow).
7) Nimmt das Markfett zu, wie dieses bei künstlicher Mästung de;
Thiere vorkommt , so vergrössern sich unter Abnahme der Knochei
») Virchow, Entwickeluiig des ScUädelgundcs. Berlin 1S57. — L. Fick, Ueber die
Sache der Kpochonformen. Göttingen 1857. — Derselbe, Neue Beiträge. Marburg 1858,
H.Meyer, Henlo's Zeitschrift. N. F. III. Ud. 105.— Schiff, Neurolog. Untersuchung«
Frankfurt 1855. I. p. 122. — Freund, Hiatoiogic der RIppcnknorpel. Breslau 185S. — Hein«
Graofo's und Walthor's Journal. 1836. — B o u ssi nga « 1 1 , Aunnlos de chimie et physiqi(i
3. Sor. XIV. Bd. 419. — Olli er, Compt. rend. De'combre 1SÖ8. — Die ältere Literatur Ubi
Koochenornährung siehe bei S ch 1 o s s b e r gor Dp. citat. Knochen u. Knorpel.
L Bedingungen des Knochcnwachsthums. 279
sse die centralen Markhöhlen (Boussinga ult). — 8) Jeder
Druck, der anhaltend auf eine bestimmte Stelle der Knochenober-
fläche wirkt, bringt hier den Knochen zum Schwinden. Dieses
ereignet sich z. B. wenn Weichtheile gegen die innere Schädel-
Uäche wachsen, wo Arterien den Knochen aufliegen, wenn man
Aletallplatten zwischen den Knochen und das Periost legt u. s. w. —
• j) Einer Lähmung der Gefässnerven folgt an den Stellen, welche
von jenen Gefässen versorgt werden, eine Knochenwucherung
iSchiff). — 10) Reizungen des Periosts, die eine Erweiterung
tieiner Blutkapillaren zur Folge haben, bedingen Knochenwucherung. —
.1) Umgekehrt führt eine Zerstörung des Periosts zu einem Ab-
Gterben des zugehörigen Knochens. — 12) Nach einer Zerstörung
loder Entfernung des Knochens mit Erhaltung des Periosts bildet
iiich der Knochen von Neuem (Knochenbrüche, Ausschälung der
tRippen aus dem Periost). (Heine.) — 13) Ueberpflanzt man das
r* erlöst eines jungen ^hieres aus seiner normalen Lage in eine
»oeliebige andere, gleichgiltig ob dabei die Gefässe desselben in
i7erbindung mit den alten bleiben oder mit neuen sich ^usammen-
iinden, so wird immer an einer seiner Flächen eine Knochen-
iieubildung eingeleitet. Bei schon erwachsenen Thieren gelingt der
i7 ersuch ebenfalls , doch ist die neugebildete Knochenmasse weniger
reichlich (Ollier). — 14) Bei Mangel an Kalksalzen in der Nah-
rang erweichen die schon gebildeten Knochen, und umgekehrt be-
(chfeunigt ein reichlicher Kalkzusatz zur Nahrung nach einem
[oiochenbruch die Knochenneubildung (Milne Edwards).
Aus diesen Thatsachen scheint sich ableiten zu lassen, dass
He Ausdehnung, welche der Knochen einnimmt, die Resultirende
Sit einerseits aus einer Summe von Bedingungen, die wii- kurzhin
ie knochenbildenden nennen wollen, und andererseits aus den Wider-
ttänden, die sich an seinen Grenzen einfinden.
Daraus folgt, dass die Knoclienraasse die Augenhöhle nicht ausfüllt, so lange der
rnrch die gespannten Augenmuskeln in die Höhle gezogene Bulbus wie ein Presskegel
.•irkt, und weiter, dass die Muskeln, welche nicht mehr wachsen, durch ihre senk-
jcht auf die Epiphysen wirkenden Zugkräfte das Längenwachsthum der Röhren hin-
■em, oder dass die Knochennoubildung in der Markhöhle gehemmt wird, wenn die
larkmassc reichlich wächst, und umgekehrt werden die Weichtheile verdrängt bei
l ebhafter Knochcncntwickelung, wie bei Exostenbildung u. s. w.
, Und ferner, dass obwohl uns weitaus die meisten Faktoren
i^mbekannt sind, welche die Knochenbildung fördern und hemmen,
■u ihnen doch zu zählen ist: der Zustand der Capillargefässe in
flen Knochenkanälen und im Periost, indem alle Umstände, welche
i
280
Bedingungen dea Ejiochenwachstbumi
die Erweiteruug derselben begünstigen, die Knochenentwickelung
fördern und die entgegengesetzten sie hemmen.
Darauf führen hin die Erfahrungen über gesteigertes Knochenwachsthum: bi
Reizungszustand des Periosts, der von Gefässerweiterung begleitet ist, ebenso in Folg
kräftigeren Zuges der Muskeln an den Ansatzpunkten, und ferner bei' Ausspannung de
Schädelnähte durch das wachsende Hirn und nach Durchschneidung der Gefässnervea
Die umgekehrten Fälle finden sich aus den obenstehenden Nummern leicht heraus.
Weiter wird das Knoehenwachsthum begünstigt durch die Eigen
Schäften, welche gewisse Lebensalter mit sich führen.
Dieses crgiebt sich daraus, dass der jugendliche Knochen in die von "Weich theilei
befreiten Gruben hineinwächst, während der ausgewachsene dieses unterlägst.
Ferner wird bei sonst günstigen Verhältnissen die Knochen
bildung durch reichliche Anwesenheit der Kalksalze im Blut ge
fördert, so wie durch das Gegentheil gehemmt, und endlich folgt aui
Allem, dass, weil der Knochen von Geweben durchzogen und um
geben ist, die einen veränderlichen und dazu an verschiedenen Ortei
von einanander unabhängig veränderlichen Druck ausüben können
sich in dem Räume, den er einnimmt, abwechselnd Aufsaugung
und Neubildung einstellen muss , so oft sich solche Druckvariationen
einfinden. Daraus wird es wahrscheinlich, dass während des ganzeij
Lebens nicht bloss ein intermolekularer, sondern ein auf gross«
Strecken ausgedehnter Knochenwechsel besteht.
Die chemischen Vorgänge bei der Entstehung, Auflösung und
der Erhaltung des Knochens sind uns fast durchweg unbekannt'
Durch die Untersuchungen von Baur und Müller über die Um
Wandlung des vorgebildeten Knorpels im Knochen ist festgesteUt]!
dass hierbei nicht wie man früher annahm, das Chondrigen icl
collagenes Gewebe umgewandelt wird, sondern dass sich das letzterdf
sogleich als solches hinlegt.
Die Knochenkörperchen und ihre Ausläufer führen einen Safti
man betrachtet sie darum als Vermittler des Stoflfaustausches zwischec
Blut und Knochenmasse. ;
Die Markumbildung soll nach Freund unterstützt werden durch Verseifung de
kohlensauren Kalkerde, welche diu-ch das Knochenfett unter ßeihülfe des kohlensaurei
Natrons und Amnfoniaks der Knochen eingeleitet würde.
Nach Krapp fütterung färbt sich der Knochen, und zwar zumeist um die Gefäss
röhren; die Hoffnung, dass man durch solche Färbungen dem Knochenumsatz nähe
kommen kann, hat sich nicht bestätigt.
Der Knochen gehört zu denjenigen Geweben, welche sieh in
Erwachsenen neu bilden, und zwar auch an solchen Stellen, di(
ursprünglich keine Knochenaulagen enthalten, wie H. Meyer
Zähne.
281
Wagner, Wittich u. A. nachweisen, welche wahre Knochen-
oildung in der Haut, der Linse, dem Glaskörper aufdeckten.
Der Fettgehalt des Knochenmarkes schwankt sichtlich mit dem
ides ganzen Körpers.
Zähne.
1. Die anatomische Beschreibung*) unterscheidet an ihnen die
^chmelzoberhaut , den Schmelz, das Zahnbein, den Kitt und das
Dü der Zahnhöhle liegende Mark. — Das Schmelzoberhäutchen ist
fttiü dünner, sehr harter und strukturloser üeberzug des Schmelzes;
lilieser selbst setzt sich aus kurzen und breiten auf dem Querschnitt
,t echseckigen Fasern zusammen, die dichtgedrängt ohne verbinden-
den Stofif an einander und nahezu senkrecht auf der Oberfläche
der Krone des Zahnbeins aufstehen. — Das Zahnbein, welches
den weitaus grössten Theil von Wurzel und Krone einnimmt, ist
aus einem homogenen Grundgewebe aufgeführt, welches von zahl-
t eichen feinen Röhren, den Zahnröhrchen , durchzogen wird. Diese
[löhrchen beginnen mit einer offenen Mündung in der Zahnhöhle
jind laufen von ihr nach allen Seiten gegen die äussere Begrenzung
tes Zahnbeins ; auf diesem Wege theilen sie sich unter sehr spitzen
tVinkeln in einige Hauptäste, und aus diesen Aesten gehen zahl-
eeiche Zweige ab, welche theils mit den Nachbarn, theils auch
iiit den Ausläufern der Knochenhöhlen des Kitts anastomisiren.
lieben den Zahnröhren finden sich auch noch spärliche kugelige
Hohlräume in dem Zahnbein. — Der Kitt endlich ist ein feines
^Cnochenlager, welches die Wurzel überzieht. — Der Kern des
iiiahnmarkes , in dem sich Gefässe und Nerven verbreiten, ist aus
mdeutlichen Fasern mit eingestreuten Kernen gewebt und an seiner
eegen die Höhlenwand gekehrten Oberfläche mit einer mehrfachen
fchicht cylindrischer , kernhaltiger Zellen überzogen, die von dem
Jiahnbein durch ein strukturloses Häutchen abgegrenzt werden, so
lass die Mündungen der Zahnröhren nicht direkt auf die Zellen-
lbei*fläche treffen. — Zur Befestigung des Zahns in den knöchernen
/iahnfächern dient das Periost dieses letztern und das Zahnfleisch.
2. Chemische Zusammensetzung**). Schmelzoberhaut, Schmelz,
»lahnbein nnd Kitt besitzen eine weiche Grundlage, in welche
ilrden eingelagert sind. Die von letzteren befreite Schmelzober-
laut nähert sich ihrer Reaktion nach dem elastischen Gewebe; die
•) KöUikcr, Hanilbuch der Gewebelehre. 2. Aufl. 388.
Berzclius, Chemie. 1840. IX. Bd. 551 — v. Bibra, Chemische üntorsuolningcn Uber
hnoehen nnd Zähne. 1844. — Hoppe, Vlrchow'a Archiv. V. Bd. 185.
282
Chemische Zusammensetzung der Zähne.
der Schmelzprismen aber den Epithelialstoffen (Hoppe); das erl
weichte Zwischengewebe im Zahnbein und Kitt ist Collagen, dir-
nächste Umgebung der Röhren , Kugelräume und Knochenkörperchei
aber eine besondere in kochendem Wasser unlösliche Stubstaii/
(Hoppe). — Die in diesen Substanzen eingelagerten Salze ent
halten nach Berzelius phosphorsauren Kalk und Talk, kohlen
sauren Kalk, Fluorcalcium und Talk; die phosphorsaure Kalkerd«
tiberwiegt hier in derselben Weise wie im Knochen. Die Verhält
nisse , in welchen die organischen und unorganischen Bestandtheil<
in den einzelnen der erwähnten Gebilde enthalten sind, wechseln
In der Oberhaut und den Prismen des getrockneten Schmelzei
fand V. Bibra zwischen 3,6 bis 6,0 pCt. organische und 94,0 bi«
96,4 pCt. unorganische, in dem Zahnbein 21,0 bis 29,4 pCt. or
ganische und 79,0 bis 70,6 unorganische Bestandtheüe. Aus dei
Flüssigkeit, welche das Zahnmark durchti-änkt , kann durch Essig
säure ein schleimartiger Körper gefällt werden ; das Streifengeweb(
desselben reagirt dem Bindegewebe nicht in allen Stücken ähnlich
3. Ernährung. Der Entstehung des Zahns muss der Aufbaw
eines besondern Werkzeugs vorausgehen, das aus einem SäckchenJ
den Zahn- und Schmelzkeimen besteht. Das Säckchen ist ein»
Aushöhlung in den Zahnrändern des Kiefers, die, von einer derb enl
Haut umgeben, nach der einen Seite von dem Knochen und nacnl
der andern von dem knorpelharten Zahnfleisch begrenzt wird. Ailf
den entgegengesetzten Wandungen des Säckchens treten die beideiji
Keime in die Höhle hervor und zwar der Zahnkeim von der Al l
veolarseite und der des Schmelzes von der Zahnfleischseite defäl
Säckchens. Damit ist zugleich ausgedrückt, dass der erste nuwi
einen kleinen Theil von der Wandung des Zahnsacks bedecktÄ
während der zweite dem weitaus grössten Theil der Innern Wand«
fläche anliegt. Umgekehrt wie der Querschnitt verhält sich ditfi
Höhe beider Auswüchse, denn während der Zahnkeim wie einm
starke an dem freistehenden Theil verbreiterte Warze in den Zahn<i
sack hineinragt, bildet der Schmelzkeim nur eine niedrige Lage. — jl
Beide Keime liegen in dem Sack so, dass sie mit ihren freien inll
die Höhle schauenden Oberflächen unmittelbar wider einander liegenB
Sie füllen ihn jedoch nicht vollkommen aus, indem zwischendem UitjH
fang der Zahn- und Schmelzgrenze ein kleiner mit Eiweiss- uifl
Salzlösung gefüllter Hohlraum übrig bleibt (Meissner, Magitot)*»
*) Archivcs g^ne'ralos do Mddicino 1868. 1. Bd. p. 48flgdc.
Formfolge bei der Entstehung der Zähne.
283
Oer Scbmelzkeim besteht nun, vom Zahnsäckchen aus gerech-
laet, aus einer Schicht Bindegewebe mit Gefässen, dann einer
ptärkera Lage schwammigen Gewebes, das von verästelten
•md communizirenden Zellen durchzogen und mit einer eiweiss-
tialtigen Flüssigkeit durchtränkt ist, auf diesem sitzt ein Cylinder-
[ ;pithelium, dessen Oberfläche von einer strukturlosen Haut bedeckt
kvird, auf der endlich die Schmelzprismen stehen. — Der Zahn-
xeim ist an die Wand des Säckchens geheftet durch eine faserige
►bindegewebsartige Masse , welche von Blutgefässen durchzogen ist ;
auf ihm sitzt ein Zellenlager, welches gegen den Schmelz hin in
Hange Aeste auswächst, zwischen denen eine strukturlose Aus-
iäillungsmasse liegt. Diese Ausläufer stossen unmittelbar an die
wchmelzprismen. Zahnbein und Schmelz wachsen sich somit ent-
■i^egen und werden zusammengepresst durch den Druck, welchen
ilie Blutgefässe und die aus ihnen geschiedenen Stoffe in dem ge-
schlossenen Säckchen erzeugen. An der Grenze von Schmelzfasern
imd Zahnröhren beginnt nun auch jedesmal die Verkalkung und
p.war gleichzeitig in beiden Gebilden; Wachsthum der Grundlagen
imd Verknöcherung derselben schreitet dann in dem Schmelz und
ii^ahnbein nach entgegengesetzten Richtungen fort. Da das Säckchen
linen starken Widerstand leistet, so muss die in dasselbe abge-
londerte Masse allmählig die eintretenden Gefässe zusammendrücken;
üeses wird aber zuerst denen des Schmelzkeims begegnen, weil
ibire zuftihrenden Arterien enger und darum auch der Strom in
lünen schwächer ist; die Schmelzbildung ist dann natürlich ge-
(chlossen. Wenn dieses geschehen ist, so verlängert sich das
Üäckchen gegen die Alveolarhöhle aus unbekannten Gründen; das
liiahnbein, welches in dieser Verlängerung entsteht, kann aber na-
törlich nicht mehr mit Schmelz überzogen sein, es stellt die spätere
^Vurzel dar; da die ihn umkleidende Wand des Säckchens zum
"eriost der Alveolarhöhle wird, so scheidet dieses nun nach zwei
leiten Knochensubstanz aus, nemlich auf den Zahn als Kitt und
ausserdem in den Alveolarrand. So wie nun der Wurzeltheil des
-Jahns gegen den Kieferknochen sich andrängt, muss bei noch
'(reiterm Wachsen das nachgiebigere Zahnfleisch ausgespannt nnd
Peine Gefässe zusammengedrückt werden, und darum wird der
i'ahn dasselbe durchbrechen, wobei die zuerst gebildete Krone
tlurch die allmählich sich entwickelnde Wurzel vorgeschoben wird. —
..fiin grösserer Theil der zuerst hervorbrechenden Zähne, die Milch-
itähne, fallen bekanntlich in der Kindheit wieder aus, um durch
284
Fettzellen.
neue ersetzt zu werden. Die neuen Zähne entstehen aber genau
wie die Milchzähne in Säckchen, welche schon in der Fötalperiode
gebaut wurden. Indem sie sich entwickeln, schieben sie nicht
einfach den alten Zahn vor sich her, sondern sie leiten eine Auf-
lösung der Wurzel ein.
Von den Milchzähnen brechen zuerst die Innern und dann die
äussern Schneidezähne durch, hierauf die ersten Back-, dann die
Eck- und schliesslich die zweiten Backzähne. Der erste von diesen
Zähnen pflegt gegen den 7., der letzte gegen den 30. Monat nach
der Geburt hervorzukommen. Von den bleibenden Zähnen erscheint
zuerst der dritte Backzahn, darauf die Innern Schneidezähne und
die übrigen in einer ähnlichen Reihenfolge wie die Milchzähne
Das zweite Zahnen beginnt mit dem 7. und endet mit dem 18. Jahre
Die Veränderungen, welche die ausgewachsenen Zähne dar-,
bieten, sind äusserst unbedeutend. Sie beschränken sich, abgör
sehen von Krankheiten , auf eine Abnutzung der Krone beim Kauen
und die Einlagerung von Kalksalzen in die Zahnhöhle, die im
hohen Alter oft sehr verengt angetroffen wird. — Die Zahnröhren
fähren, wie es danach scheint, keine Flüssigkeit, die umsetzend
auf das Zahnbein wirkt; ihre Wirksamkeit beschränkt sich wahr'
scheinlich darauf, das Zahnbein gleichmässig zu durchfeuchten,
wodurch die Sprödigkeit desselben vermindert wü-d.
Das Periost des Zahnfächers kann dagegen mancherlei Ver*
änderungen in der Zahnstellung herbeiführen. Namentlich kann
es einen locker gewordenen oder gar schon einmal ausgezogenen
Zahn wieder befestigen durch Anlagerung von neuem Kitt; mit
seiner Hilfe sollen sich sogar die Nerven und Blutgefässe des
Zahns wieder herstellen. Das Periost kann aber auch schwinden,
so dass der Zahn in dem Fächer gelockert wird, oder aber es
kann von ihm die Knochenbildung in den Fächer hinein so weit
vorschreiten, dass der Zahn ausgedrängt wird.
Die Caries der Zähne wird durch den deutschen Namen Fäule gut bezeichnet,
da sie in einem der Fäulniss ähnliehen yon Pilzbildung begleiteten chemischen Pf??
zess besteht.
Fettzellen.
Geraenge von neutralen und saureu Fetten sind im mensch-
lichen Körper sehr verbreitet, sie durchtränken die Hornstoffe,
schwimmen als Tröpfchen oder Kügelcheu in wässerigen Flüssig--
keiten , die entweder frei (seröse Säfte , Galle , Speichel n. s. w.)
vorkommen, oder die, mit eiweissartigen Stoffen gemengt oder veß
Anatomische und chemische Zusammensetzung der Fettzellen. 285
lounden, Nerven und Muskelröhren füllen. Ausserdem aber sind
;}ie abgelagert in zahlreichen Zellen, welche von den Anatomen
als Fettzellen bezeichnet, in dem lockern Bindegewebe zu grossen
oder kleinen Haufen vereinigt vorkommen; diese sollen hier be-
sprochen werden.
1. Anatomische Beschaffenheit*). In die strukturlose Zellen-
laaut soll immer ein wandständiger Kerne ingelagert sein , der aber ge-
vvöhnlich nur dann sichtbar wird , wenn die Zelle durch Entfernung
hhres trüben Inhalts durchsichtig gemacht wird. Der Binnenraum ist
mtweder strotzend mit Fett erfüllt, das bei der Normaltemperatur
[lies Menschen (36'^ bis 39*^ C.) halb und auch ganz flüssig ist,
oder er enthält neben einer wässerigen Flüssigkeit Tropfen oder
iQ-ystaUe eines Fettes, oder endlich die zusammengefallene Zelle
lichliesst nur wässerige Flüssigkeit in sich. Die Zellen sind an Grösse
war sehr variabel sowohl an den gleichen als an verschiedenartigen
-jagerungstätten; aber an einzelnen Orten doch durch dieselbe ans-
:<;ezeichnet ; so enthält z. B. das Bindegewebe in den Markhöhlen
l'les Knochens constant eine kleine Art von Fettzellen (Markzellen)
iKölliker, Eobin). Die einzelnen Zellen eines Fettklümpchens
iind gewöhnlich durch eine strukturlose Haut zusammengekettet;
m dieser verlaufen Blutgefässe.
2. Chemische Zusammensetzung**). Die Membran, welche
ide Zellen zu einem Träubchen vereinigt, zeigt die Eigenschaften
«es Bindegewebes. — Die Haut der Zelle selbst nähert sich, so
iveit dieses aus ihrer chemischen Reaktion geschlossen werden
.;.ann, dem elastischen Stoff (Mulder). — Der fette Antheil des
nnhalts besteht aus Tristearin, Palmitin, Olein und einem andern
Uartigen Fette (Chevreul, Heintz). Das Verhältniss, in
ivelchem die einzelnen Bestandtheile dieses Gemenges zu einander
itehen, bewegt sich in weiten Grenzen. Lassaigne giebt nach
iiner allerdings ungenauen Methode an, dass z. B. beim Rind das
l^etzfett das der Nierenkapsel und dieses das der Kreuzbeingegend
i-n Stearingehalt übertreffe. Aus der Erfahrung von Berzelius,
lass das Nierenfett des Menschen bei 25", das Zellgewebsfett und
«las der Wade aber erst bei 15" C. erstarrt, würde man auf einen
") KöIUker, Handbuch der aewebclelirc. 3. Audago. 1859. p. 103 u. 223.
•*) Mnldcr, Physlolog. Chemie. Braunschweig. p. 019. — Ileintz, Lehrbuch der Zoochemie.
•crllD 1853. p. 386 und 436. — Derselbe, Berichte der Berliner Aliademie. 1854. p. 207 und 484.
>ld. 1857. p. 417. — Derselbe, Journ. für priikt. Chemie. 66. Bd. I. — R e d t e n b acha r, L le-
■ Ig'g Annalen. 50. Bd. 41. — Lassaigne, Pharmaz. Ceutr. 1851. 701. — Berzelius, 1. c.
t. Bd. 060.
286
■Wachsthum der Zollenhaut.
grössern Oelgehalt des letztem schliessen dürfen, wenn Heintzit
nicht dargethan hätte, dass die Fette ihi'e Schmelzbarkeit voll-
kommen ändern nach dem Verhältniss ihrer Gemengtheile.
Seit Chevreul wurde auch noch die Anwesenheit des Margarins im Mcnschen-
fctt als feststehend angesehn. Heintz, welcher die Margarinsäure künstlich darstellti',
konnte nachweisen, dass die aus dem sog. Märgarin des Menschenfetts gewonnene
Säure ein Gemisch aus Palmitin und Stearinsäure sei) welches wohl hinsichtlich seineslH
Schmelzpunktes, nicht aber seiner andern Eigenschaften mit der reinen Margarinsäure
übereinstimmt. —
Die Zusammensetzung der Flüssigkeit, welche entweder nur
die Zellenhaut durchtränkt, oder auch einen Theil des Inhalts aus-
macht, ist noch nicht untersucht; in strotzend mit Fett gefüllten'
Zellen ist sie nur in sehr geringer Menge vorhanden (Berzelius).
Von den wesentlichen physikalischen Eigenschaften der in den Fett-
zellen enthaltenen Fettgemenge ist schon früher (Bd. Lp. 30) gehandelt.
3. Ernährung*). Die Fettzellen entwickeln sich aus Bildungs-j|
Zeilen. Beim Wachsthum des Kindes scheint der Umfang des Fett-
gewebes weniger durch eine Neubildung von Zellen als vielmehi-*
durch ein Wachsthum der vorhandenen zuzunehmen (Harting).
Wahrscheinlich kann jedoch im spätem Leben eine Neubildung
derselben vor sich gehen.
Der Fettgehalt des Zellenraums , der sich bekanntlich während
des Lebens beträchtlich ändert, wechselt a) mit der Nahrung. Ein
Futter, welches die Thiere mästen soll, muss enthalten: Eiweiss-
körper, Amylon und Fette; fehlt einer dieser Bestandtheile
und namentlich der letztere, so lagert sich kein Fett ab (Bous-
singault); zudem müssen aber auch die aufgezählten Nahrungs-
mittel in einem gewissen Verhältniss gereicht werden, wenn die
Mästung überhaupt oder wenigstens auf die vortheilhafteste Weise
gelingen soll. So bedingt ein überreichlicher Fettzusatz zur Nah-t
rung eine Abmagerung aller Fettzellen, der des Netzes ausge-
nommen (Emanuel). Aehnliches gilt für Amylacea. Wenn die
eiw eissartigen Stoffe Ys der Amylacea ausmachen, so gelingt die Mast
am besten, sinken sie bis auf Ys, so misslingt die Feistung, wiee
reichlich man auch das Futter geben mag (Fürstenberg). — ■
») Harting, Kecherches micrometr. UtrechtlS45. 51. — Cliossat, Recherchos exp^riment. sorH
rinanition. Paris 1843. — Schuchardt, Quaedam de effectu, quem privatio etc. Marburg 1847. unflH
Valentin 's Jaliresbericlit für 1848. — Emanuel, Quaedam de effectu , quem olea etc. Mar-H
bürg 1847. und Valentin's Jahresbericht für 1848. — Liebig in seinen Annaleu. 41. Bd. 278.H
46. Bd. 112. 48. Bd. 126. — Dumas, Annales de chimie et physique. ,VIII. Bd. ß3. und XI. B*-— H
Letollier, Observation sur i'aetlon du euere, ibid.— Person, L'institut. 1844. N. 673.— Bons'H
singttult, Roohorches expdrlmeatales sur le ddveloppement de graisse. Annales de chimie etH
de physique. XIV. — Hoppe, Archiv für pathol. Anatomie. X. Bd. 144. H
Füllung der Fettzellen.
287
Oie Fettmenge, um welche die Thiere zunehmen, übersteigt den Fettge-
aalt der Nahrungmittel (Gundlach, Liebig, Boussingault). —
liei gänzlicher Entziehung der Nahrung schwindet, das Wasser
ausgenommen, kein Bestandtheil unseres Körpers so rasch, als
:ias Fett (Chossat, Schuchardt). — b) Unter sonst günstigen
Tmständen häuft körperliche Ruhe das Fett, während es durch
lluskelanstrengung verzehrt wird. — c) Das Auftreten neuer oder
jie Steigerung bestehender fetthaltender Absonderungen (Eiter,
llilch u. s. w.) bedingt ein Schwinden des fettigen Zelleninhalts. —
, ) Das spätere Lebensalter, insbesondere bei Frauen die Zeit jen-
peits der Menstrualperiode, sind der Fettablagerung günstig.
Um den Einfluss irgend einer Bedingung auf die Fetterzeugung zu bestimmen,
iählt man nach. Chossat und Boussingault möglichst gleiche Exemplare eines und
csselben Wurfs oder derselben Brut heraus, in denen man denselben Fettgehalt voraus-
;)tzen darf. Tödtet man ein Thier vor Beginn und das andere nach Vollendung der
f^ersnchsreihe , so stellt der absolute Unterschied des Fettgehaltes beider Thiere, der
. enigstens annähernd zu finden ist , die Zu - oder Abnahme des Fettes in dem der
Versuchsreihe unterworfenen Thiere dar. Dieser Unterschied stellt nun aber offenbar
t.cht die ganze Monge des Fetts dar, welches von Beginn bis zu Ende des Versuchs
den Fettzollen niedergelegt wurde; denn der zuletzt gefundene Grad ihrer FüUung
blrfte nichts anderes sein, als der Unterschied der während der Versuchszeit in ihnen
an- und ausgetretenen Mengen. Auf die Gegenwart eines solchen stetigen Verkehrs
«Uten nemlich obige Thatsaclien von selbst hin.
Die Anhäufung des Fetts in den Zellen geht gewissermaassen
iiit einer Auswahl des Orts von Statten. Die meiste Anziehung
lun Fett haben die Zellen der Augenhöhle, die Wangenlücken,
lanniculus adiposus der Fusssohle und der Fingerspitzen und die
.arkhöhlen , welche selbst in der äussersten Abzehrung nie fettleer
fäfunden werden. Mehrt sich das Fett, so tritt es zuerst im pan-
kculus der Hinterbacken, dem Baueh, den Waden, der Brust und
•leichzeitig oder noch früher in der Umgebung des Kniegelenks
iid in den spongiösen Gelenkenden auf; erst wenn hier die Fül-
ing einen gewissen Grad erreicht hat, schwellen auch die Zellen
138 Bauchfells und der Nierengegend.
Nach den Erfahrungen von Lieb ig und Gundlach, welche
«oussingault bestätigt hat, kann kein Zweifel darüber sein,
lass das Fett des Zelleninhaltes nicht unter allen Umständen seinen
rrsprung dem mit der Nahrung eingeführten Fett verdanken kann ;
■18 welchen Atomen es nun aber entspringt, ob aus Amylon oder
•weissartige nStoffen, lässt sich nicht angeben. — Nochw eniger ent-
tjhieden ist die Frage, ob das Fett in die Zellen aus- und eingeführt
'erde, oder ob es in ihnen selbst entstehe und vergehe. — Nach-
288 Mechanismus zur Füllung der Fettzellen. ;
dem nemlich einmal die Möglichkeit der Entstehung des Fettes auH
andern in Wasser löslichen Atomgruppen des Thierleibes nicht mehr
bestritten werden kann, so gewinnt die Annahme, dass dieselbe
innerhalb der Fettzellen vor sich gehe, an Wahrscheinlichkeit, na-
mentlich wenn man die Schwierigkeiten erwägt, welche sich dem
Uebergang des Fettes aus den Nahrungsmitteln in die Fettzellen
entgegenstellen; kaum ist es nemlich aus dem Darmrohr auf einem
wie es scheint, bequemen Weg in die Lyraphgefässe eingegangen,
so wird jedes kleinste Tröpfchen mit einer von Wasser geti-änkten
Haut umgeben. Um aus dem Blut in seine neue Lagerstätte zu
kommen, muss das Fett die Hülle der Lymphkörperchen, die Wan-
dung der Capillargefässe und die Häute der Fettzellen durch-
brechen. Dazu kommt noch, dass in der That bei einer reich-
lichen Fettnahrung nur die Zellen des Netzes , wohin das Fett un-
mittelbar aus den Lymphgefässen gedi'ungen sein könnte, sich
mit Fett füllen. Hiergegen lässt sich allerdings einwenden, dass
es Stoffe giebt, welche dem Fette auch den Durchgang durch
Wasser erleichtern, wohin namentlich die Seifen und die Galle
zählen. Ausserdem könnte man für die Hypothese von der ein-
fachen Ueberführung auch noch die Thatsache anführen, dass die
Steigerung der Butterausscheidung u. dergl. die Fettablagerung in
dem Bindegewebe hemme; bei genauerer Ueberlegung zeigt sich
aber sogleich, dass diese Beobachtung nur dafür einsteht, dass
das Fett der Butter und des Eiters einerseits und des Bindegewebes
anderseits ihr Bildungsmaterial aus einer Quelle ziehen. — Zur
Entscheidung können auch nicht die Versuche von R. Wagner*), ,
Burda eh und Witt ich**) dienen, aus denen hervorgeht, dass ^
eine Gry stalllinse, Muskelstücke, HoUundermark u. dergl, welche
in die Unterleibshöhle geschoben werden, nach einiger Zeit sich,
in Fette umgewandelt oder damit durchtränkt haben. Denn selbst
das Fett, welches in das HoUundermark abgesetzt war, kann aus
Stoffen abstammen, welche in wässerigen Lösungen in dasselbe^
eingedi'ungen und dort erst verändert sind. Siehe hierüber noch
Michaelis***).
Das Schwinden des Fettes in den Zellen lässt sich ebenfalls
nach Analogie bekannter Fettzersetzungen wohl erklären, aber es'
fehlt uns ein Beweis für das Bestehen eines solchen Prozesses in
•) Mlttheilungon einer einfachen Methode etc. Göttinger gelehrte Anzeigen 1851.
•») W. Burdach, experimenta quaedam de commutatione etc. Königsberg 1863.
«*•) Präger Vierteljahrschilft. 1853. m. Bd.
Chemischo 2itsaniinelisetzung der Nervcnrülireu.
289
1er Fettzelle. Man könnte nemlicb veraussetzen, dass in dieser
etztern nach Art der oxydirenden Fettgährung die neutralen Fette
irst in Glycerin und fette Säuren und diese dann wieder durch
•Jhuählige Abspaltung in C2H2 und C0>, HO und eine fette Säure
iiiederer Ordnung zerfelen. Um dieser Hypothese Eingang zu ver-
ebaffen, fehlt selbst der Nachweis von Capron-, Capryl-, Baldrian-,
ijuttersäure u. s. w. in dem Fettgewebe.
Nervenröhren.
1. Die anatomischen Eigenschaften derselben sind schon früher
r8d. I. p. 85) auseinandergesetzt.
2. Chemische Zusammensetzung*). Die mikrochemische Unter-
iichung, deren Ergebnisse ebenfalls schon früher erwähnt sind,
lisst die Scheide des Rohrs aus elastischem Gewebe und den In-
iialt desselben aus einem Gemenge von Fetten, Eiweissstoffen,
»alzen und Wasser bestehen, v. Bibra hat die Fette und Salze
;er Nerven und ebenso einige quantitative Verhältnisse derselben
m Grossen untersucht; die Fette bestehen nach ihm aus Olein
3Qd Margarin, Cerebrinsäure , Cholestearin und einigen andern
«cht näher bestimmbaren festen und flüssigen Fettarten; die Asche
iithielt Eisen, Kochsalz und Verbindungen der Phosphorsäure mit
sali, Natron, Kalk- und .Talkerde.
Die quantitative Schärfe wird beeinträchtigt durch den Mangel an Reinheit des
(twebes, welches nur mit Bindegewebe und u. s. w. vermischt, der Zerlegung zu-
nngig ist. — Quantitativ sind bestimmt worden die in Aether löslichen und unlös-
Ihen Bestandtheile , das Wasser und die Aschen am nerv, opticus , brachialis , cru-
iis, ein oberer und unterer Abschnitt des ischiadicus bei Menschen von 3 bis 93 Jahren,
^nnlichen und weiblichen Geschlechts. Diese Beobachtungen lassen erkennen , dass
13 analytische Object von sehr variabler Natur ist und in keiner Abhängigkeit zum
Wer des Menschen und der Localität des Nerven steht. So schwankt z. B. der Aether-
Bzug in 100 Theilen des n. cruralis zwischen 13 und 38 pCt. , im n. brach, zwischen
lund 30 pCt. , im obem Stück des n. ischiadicus zwischen 18 und 26 pCt. und im
itern zwischen 11 und 24 pCt. An Wasser enthielt ein Hingerichteter im n. ischia-
i;us oberer Hälfte rechter Seite 72,4 pCt., linker Seite 68,2 pCt., unterer Hüfte rechter
lite 69,7 pCt., linker Seite 68,6 pCt. In einer andern auf gleiche Weise dargestellten
«che gab der n. crualis linker Seite 63,6 pCt. , rechterseits 64,0 pCt. Wasser (Birk-
rr). Aehnliehe Unterschiede zeigt der Gehalt der in Aether unlöslichen Bestand-
iiile. Dabei kommt auch kein bestimmtes Verhältniss zwischen dem Wassergehalt
Ii dem Aetherauszug heraus; die Nerven mit der geringsten Menge Aetherexti-act er-
äaen sich allerdings am wasserreichsten, aber sehr häufig ist der Wassergehalt
fiier Nerven annähernd einander gleich, während ihr Gehalt an Aetherextract weit
i einander abweicht. — Die prozentische Aschenmenge steigt dagogegen mit der-
— Bibra, Llcblgs
19
290
Ernäliruiig der Nen'enröhren.
I
jenigen der in Aether unlöslichen Stoffe. Sie wechselt zwischen 1,2 bis 0,6 des feuchten
Nerven. — Die Zusamniensetzung der Fette ist ebenfalls qualitativ und quantitatiN
wechselvoll; gewöhnlich überwiegt Margarin und Olein, das bis zu 94,9 pCt. d.
trockenen ätherischen Auszugs sich erhebt. Die Asche besteht wesentlich aus pho
phorsauren Salzen, unter denen bald die phosphorsauren Alkalien und bald die Erdti
überwiegen. In 100 Theilen Asche hält sich das Chlornatrium zwischen 18 und 27 pCt
und das Eisen zwischen 1 und 2 pCt. — Der n. cruralis und ischiadicus einer eii
seitig gelähmten 78jährigen Frau waren beiderseits selir fettreich, der n. brachiali-
welcher nur auf der gelähmten Seite untersucht wurde, dagegen keineswegs.
3. Ernährung. Die entstehenden Nervenröhren sollen aus ver- 1
längerten und mit einander verwachsenen Bildungszellen hervorgehen.^
Eine vollkommene Neubildung ist auch im erwachsenen Menschen^
möglich fVirchow)*), obwohl sie selten vorzukommen scheint. fc
Der Wiederersatz eines ausgeschnittenen Stücks Nervenrohr mit|
der Wiederherstellung eines Kanals ist dagegen sehr häufig be-?
obachtet und tritt, obwohl sehr langsam, im gesunden Individuun
jedesmal ein, vorausgesetzt, dass die beiden zugehörigen Enden det
durchschnittenen Nerven dm-ch einen Zwischenraum von nicht mehi
als höchstens 3 — 12 Linien getrennt und mit ihren Schnittflächen
einander zugekehrt sind. Diese Thatsachen in Verbindung mil
den Ergebnissen, welche die mikroskopischen Beobachtungen von
Kölliker und Valentin**) lieferten, lassen darauf schHesseni
dass die beiden Enden wieder mit einander verwachsen. Im Gegen
satz hierzu behauptet Walther***), dass das peripherische voi
seiner Verbindung mit Hirn oder Rückenmark getrennte Stück gana|
absterbe und sich an der Stelle desselben ganz neue NeiTenröhrei
entwickelten, die mit denen im centralen Stumpf enthaltenen siclj
verbinden. Hierzu würden die Erfahrungen in der Rhinoplast
stimmen, welche zeigen, das ein aus der Stirnhaut auf die Nas^
gesetzter Lappen nach Jahren wieder als ein Theil der Nase er
pfunden, also von den Nervenstämmchen der letzteren aa
versorgt wird (Dieffenbach)f). — Die Zahl der Röhren, welch
von gleichnamigen Nervenstämmen eines Kindes und eines Ei
wachsenen eingeschlossen werden, ist annähernd gleich, der mittler
Querschnitt der kindlichen Nervenröhren ist dagegen viel geringei
als im spätem Lebensalter (Harting). Daraus darf wohl gefo
gert werden, dass sich beim Wachsthum des Körpers nicht die Zal
len, sondern nur die Dimensionen der Nervenröhren vergrössen
•) Würzburger Verhandlungen II. Bd. 141.
••) Lehrbuch der Physiologie. 2. Aufl. p. 716.
»»•) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 2. Aud. 386.
t) Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. I. 1. Aufl. 213.
Hirn und Rückenmark.
291
Im ausgewachsenen Nerven setzt man einen lebhaften Stoff-
rvechsel voraus; dieses gründet man in Ermangelung chemischer
Ideweise darauf, dass ein Nerv seine Fähigkeit, lebendige Kräfte
BU entwickeln, rasch einbüsst, wenn ihm die Blutzufuhr abgeschnitten
rvii'd, und sie ebenso rasch nach dem Zutritt von Blut wieder ge-
rvinnt. — Die einzigen sicheren Erfahrungen über die inneren Um-
eetzungen des Nerven , hat die mikroskopische Anschauung geliefert.
•Sie lehrt, dass ein Nerv der längere Zeit den Zustand der Erre-
i;ung entbehrt hat, blass und zusammengefallen ist nnd zuweilen
^.it kleinen kernhaltigen in Aether unlöslichen Zellen (Marfels)*)
der kleinen Fetttröpfchen gefüllt ist (L. Fick, Kölliker, Vir-
1 how). Diese Veränderung kann aber, so lange als die Verbin-
lung des Nei"ven mit dem Hirn nnd Rückenmark noch besteht,
nieder aufgehoben werden; denn ohne diese Annahme würde es
r.nerklärlich sein , dass die atrophischen Muskeln und Nerven eines
jlumpfusses wieder in normale Funktion treten, nachdem durch eine
fassende orthopädische Behandlung die Beweglichkeit des Gliedes
fergestellt ist. lieber Nervenhypertrophie berichtet H. Müller**). —
»ie mikroskopische Untersuchung thut ausserdem dar, dass ein
(on den nervösen Centren getrennter Nei*v rasch seine Struktur
iinbüsst, indem namentlich das Mark gerinnt und die doppelten
tlontouren verloren gehen. Diese Beobachtungen zeigen, dass der
Verv, um seine chemische Zusammensetzung zu behaupten, eben-
[owohl der Beihilfe des Blutes , als auch der Einwirkungen bedarf,
'reiche vom Hirn- und Rückenmark aus auf sie zu geschehen
flflegen. Ob diese in noch etwas anderm, als in der von dort aus-
eehenden Erregung bestehen, ist nicht bekannt.
Von den Eraährungsverhältnissen der übrigen nervösen Ele-
r.entarfonnen , z. B. der Ganglienkugel, der Stäbchenschicht u. s.w.,
• eiss die Physiologie noch nichts dem betreffenden Inhalt der
istologischen Lehrbücher zuzusetzen.
Hirn und Rückenmark.
1. Chemische Zusammensetzung***). Der wässerige Auszug
«8 Hims enthält mehrere Eiweisstoffe, Kreatin, Mensch (W. Mtil-
jr), Hund, Taube (StaedSler), nicht aber das Rind (W. Mül-
jr), viel Milchsäure (Bibra, W. Müller) und geringe Menge
^ •) Archiv (Hr patholog. Anatomie. XI. Bd. 200.
• *•) 0 r a e f e ' s Archiv fUr Ophthahnologlo.
•"•) Fremy, Annales de chlm. et phyg. 8 slime s^r. 2. Bd. 463. — Berzolius, Lohrb. d.
••«nie. IX. Bd. — v. B 1 b r a . Vergleichende Untersuchungen Uber das Gehirn des Menschen,
'innh. 1854. — Derselbe In Llebig'g Anuulcn. 'Jl. Bd. — Hauff u. Walther, Archiv fUr
19«
292
Chornische Zuaammensetzimg von Hirn und Ilückcnmark.
flüchtiger Fettsäuren von der allgemeinen Formel Can H2n O4 (W. Mül
1er), phosphorsaure neben Spuren von scliwefel- und Salzsäuren
Alkalien (Bibra). Im Hirn einer Choleraleiche fand Voit Harn-
stoff. Im Aetherauszug hat man gefunden: einen indifferentent
Körper, das Cerebrin = C34H33NOß (W. Müller), das also den ältc
sten Angaben entgegen weder" Ph. enthält, noch eine Säure ist, Gly
cerinphosphorsäure (?), viel Cholestearin , Olein, Margarin (?) und
ein Gemenge anderer nicht näher untersuchter, fettartiger Stoffe.
Der nach Behandlung mit Wasser und Aether verbleibende Rück
stand enthält unlösliche Eiweisskörper , die Bestandtheile der Ge
fasse und des Bindegewebes Eisen, Kieselsäure, phosphorsauren
Kalk und Talk. — Das Verhältniss, in welchem diese Stoffe in
den verschiedenen Hirntheileu vorkommen, ist nicht gleich. John
und Lassaigne hatten schon gefunden , dass die weisse, nur au>
Nervenröhren zusammengesetzte Substanz viel reicher an in Aether
löslichen Stoffen und dagegen viel ärmnr an Wasser sei, als die
graue. Diese Beobachtung ist durch eine ausgedehnte Versuchs
reihe von Hauff, Walther und v. Bibra bestätigt worden
welche in der weissen Substanz 69,9 bis 70,6 pCt., in der grauei:
dagegen nur 84,8 bis 86,4 pCt. Wasser fanden, während die er
stere 14,9 bis 17,0 pCt., die letztere dagegen 4,8 bis 5,1 pCt. Aether
exti-act enthielt. Schlossberge r fügt hierzu die Erfahrung, dass
diese Unterschiede zwischen weisser und grauer Substanz in deu)
Hirn von Neugeborenen noch nicht bestehen , indem beide zwischen
88,5- und 89,8 pCt. Wasser und ;-i,5 bis S,S ätherisches Extraci
enthalten. Die KUckstände der ätherischen Auszüge aus beiden
Substanzen unterscheiden sich dadurch, dass in der weissen dat-
Cerebrin , in der grauen dagegen die Fettarten überwiegen. Chole
Stearin scheint in beiden ungefähr gleich viel zu sein (v. Bibra).
Die Asche der beiden Hirnmassen ist weder eine gleich reichliche
noch eine gleich zusammengesetzte. Die weisse Substanz liefert
um 95 pCt. weniger Asche, diese ist stark sauer, während die der
grauen alkalisch reagirt (Lassaigne, Schlossberger). Der
Grund tlir die saure Beschaffenheit der Asche des Markstoffes ist
gelegen in dem starken Gehalt des letzteren an phosphor- (?) und
phosphorsäurehaltigen Fetten.
physlolog. Helkunde. 1853. 100. — Schlossberger, Llebigs Annalin. 8G. Bd. 119 und ibid.
90. Bd. 381. — Breed, ibid. 80. Bd. 124. — W. Müller, ibid. 103. p. 131 und 106. Bd. 361.-
Staedeler, Chem. Centralblott. 1868. 112. — Schlossberger, allgemeine Thierchemie. I. Bd.
Nervengewebe.
Capillaren im Hirn und Kückenraark.
293
Beliebige Stücke der Hirnsubstanz, die man ohne Sonderung
^er weissen und grauen Masse ausgeschnitten hatte, sind demnach
begreiflich nicht überall gleich zusammengesetzt. Vauquelin
k-eobachtete , dass medulla spinalis und oblongataram meisten Aether-
\xtract liefern, und Bibra; der dieses bestätigt, setzt hinzu, dass
^•on den aus weisser und grauer Masse gemischten Hirntheilen mit
Abnehmendem Gehalt an jenem Extract der Reihe nach folgen: die
ikosshirnhemisphären , cerebellum und pons, crura cerebri, corpora
iiriata und thalami optici. Diese Reihe ist nach Schlossberger
leeine constante. Der ätherische Exti-actgehalt ist bei Embryonen
und jungen Kindeni geringer, späterhin, namentlich jenseits der
nubertät ist er unabhängig vom Alter; vielleicht dass im Greisen-
nmm der Gehalt an in Aether löslichen Stoffen ab-, und der an
Yasser wieder zunimmt; dieselbe Unabhängigkeit gilt von dem
e'etti-eichthum des übrigen Körpers, indem magere und fette Per-
onen ganz dieselbe Menge von Aetherextract bieten (v. Bibra). —
'm einen Begriff von der Zusammensetzung der mineraHschen
limbestandtheile zu geben, fügen wir eine Analyse derselben von
ireed bei. 100 Theile frischen Hiras hinterliessen 0,027 Asche,
reiche in 100 Theilen aus 55,24 pyrophosphorsaurem Kali; 22,93
jyroph. Natron; 1,23 pyro.ph. Eisen; 1,62 pyroph. Kalk; 3,4 pyroph.
iagnesia; 4,74 Chlornatrium ; 1,64 schwefelsaurem Kali ; 9,15 Phos-
üorsäure und 0,42 Kieselsäure bestanden. Analysen der ent
ttteten Hii'nmasse theilt v. Bibra*) mit.
Der Reichthum der Nervencentren an Capillargefässen ist mit
ejr Elementarstruktur des versorgten Orts veränderlich; die weisse
rasse enthielt weite nach der Länge des Faserverlaufs gestreckte
laschen, die Körnerschicht, die dichtesten und engsten Netze,
t'.e Zellenschicht steht an Gefässreichthum in der Mitte zwischen
• örner- und Zellenschicht; die äusserste Oberfläche des Kleinge-
rjns ist frei von Capillargefässen (0 e g g , G e r 1 a c h) **). Die grosse
eenge von Gefässen in der grauen Substanz emeckt die Ver-
r.uthung, dass dort eine lebhafte chemische Thätigkeit stattfinden
'öge; diese Anschauung wird unterstützt durch die bekannte Er-
hhrung, dass das Hirn rasch abstirbt, wenn der Strom des ar-
rriellen Blutes zum Hirn oder Rückenmark nur kurze Zeit unter-
i.'ochen ist. Gegen die obige Annahme spricht scheinbar die mehr-
r.ch bestätigte Erfahrung Chossat's; dass das Hirn verhungerter
•) Yergl. UntorauchnngOD u. s. w. p. 75.
' •*) Oer lach, Mikroskop. Studion, Erlangen 1868. p. J8.
294
Ernährung des Hirns und Kückenmarks.
Thiere im Gegensatz zu Fett, Muskeln u. s. w. einen nur unbe-
deutenden Gewichtsverlust erlitten hat; eine kurze Ueberlegung
fuhrt uns aber sogleich noch eine andere Erklärung dieser Er-
scheinung zu; denn es steht uns nichts entgegen, anzunehmen,
es sei das Hirn mit so energischer Verwandtschaft zu den Blut-
bestandth eilen begabt, dass es auch noch aus dem Blut des hun-
gernden Thiers, gleichsam auf Kosten der übrigen Organe, den
Verlust ersetze, welchen es während seines Bestehens fortdauernd
erleidet. — Wie das Hirn nach der Geburt sein Wachsthum
fortsetzt, ist unbekannt. Ob alle Elemente vor derselben schon
angelegt sind, oder ob nach der Geburt noch neue entstehen, bleibt
unermittelt. Für die letztere Annahme könnte man geltend machen,
dass sich in seltenen Fällen graue Hirnmasse an solchen Stellen
und unter solchen Umständen gefunden hat, die aut eine patho-
logische Neubildung schliessen lassen (Virchow)*). — Da die
chemische Zusammensetzung des Hirns nicht überall dieselbe ist.
so wird es daraus wenigstens ganz im Groben erklärlich, warum
Gifte, insbesondere Kohlensäure und Narkotika nicht alle Orte
desselben gleichmässig angreifen, so dass z. B. Digitalin die Ur*
Sprünge des n. vagus, Opium die mit dem Bewusstsein in Ver-
bindung stehenden Stellen, Strychnin die reflector. Apparate ab*
tödtet, resp. aufregt. — Dabei könnten allerdings noch ändert
Bedingungen als die ehem. Zusammensetzung in Frage kommen, wie
dieses zu vermuthen ist aus einer merkwürdigen Versuchsreihe von
Kunde**): über den Einfluss der Temperatur auf die Entwicklung
des Strychnintetanus. *
Er bringt frisch eingefangne Frösche in Strychninlösung und lägst sie hier 86
lange verweilen bis die allerersten Spuren erhöhter Eeflexthätigkeit eintreten. Setsrt
er sie dann in warmes Wasser (SS^C), so stellt sich Tetanus ein. Hierauf entfernt er sie
aus dem warmen Wasser und hält sie in feuchtem Eaume bei gewöhnlicher Zimmerr
temperatur, wo sie sich vollkommen erholen und nach 24 Stunden ohne Zeichen der
Vergiftung herumhüpfen. Sie gerathen dagegen alsbald in Tetanus, wenn man sie reji
dem Bücken auf ein Eisstück legt.
Muskeln.
Der anatomische und chemische Bau der glatten und gestreiften
Muskelröhre ist schon abgehandelt***). Zu den dort gegebenen Mit^
theilungen über chemische Zusammensetzung hat Kühnef) die
•) Gesammelte Abhandlnngen. 1856. Nr. 998.
•*) Würzburger Verhandlungen. VIII. 1857.
*»•) I. Bd. p. 421.
f) Posnor, Mediz. Contralzeitung. 1858.
Formfolge der Muskeln.
295
Jßeobachtung gefügt, dass aus einem in Zuckerwasser aufbewahrten
Troschmuskel der lange gesuchte, flüssige und erst später gerin-
laende Faserstoff ausgepresst werden kann; Bloxam*) hat aus
der Ocbsenfleischbrühe eine neue stickstoffhaltige Säure und eine
Kieue Base =Ci3HiiN3 05 aufgefunden. Das Vorkommen der Butter-
jiäure hat er bestätigt. Scher er**) erklärt sein Hypoxanthin
dir identisch mit Streckers Sarcin. — Bei der Quellung nimmt der
eebende, noch unter dem Nerveneinfluss stehende, aber seines Blut-
Btroms beraubte Muskel 20 pCt. Wasser weniger auf als der todte
■Arnold)***).
Der letztere Versuch, gestaltet sich so, dass mau die Gefässe des Froschgastrocnemius
ajiterbindet und das Thier nach aufgeschlitzter Wadenhaut in Wasser setzt. Nach-
dem voraussichtlich die Gewichtszunahme des Wadenmuskels aufgehört hat (nach 24 Stun-
den) schneidet man denselben aus, wägt und legt ihn von Neuem in Wasser. lieber an-
dere Eigenthiimlichkeiten der Muskelquellung siehe a. a. 0.
1. Ernährun gsersch einungen t). An der ersten Formung der Mus-
iielröhre betheiligt sich nach übereinstimmenden Aussagen die Bil-
liungszelle; das "Wie ist dagegen streitig. — Nach der einfachsten
Si^imahme verlängert sich nach einer Richtung hin die Zelle, ihr
Kem theilt sich mehrmals und der Hohlraum füllt sich von der
'f*eripherie nach dem Centrum mit dem Inhalt. Eine andere An-
schauung lässt die Muskelröhre aus verlängerten und mit ihrer
iiichmalen Seite verwachsenen Zellen hervorgehen. Eine dritte An-
nahme lässt den Inhalt der Muskelröhre und zwar jede sog. Fi-
»rille aus einer Zelle heiTorgehen, mehrere solcher vereinigen sich
üur Bildung eines Bündels, das dann mit einer Haut umlagert
^vird. — In der Fötalperiode entsteht ein Muskelrohr nur dann,
wenn die ihm zugehörigen Nerven vorhanden sind (E. H. und Ed.
•) Kopp's Jahresbericht für 1857. p. 658.
••) Scherer, Jahresbericht für 1857. p. 173.
•••) Die physiolog. Anst. d. Univ. Heidelberg. 1858. 104.
t) Ans einer während des Druckes dieses Bogens erschienenen wichtigen Abhandlung Uber Bau
nnd Entwicklung der Muskeln von Marge (Wiener Sitzungsberichte XXV. Bd.) hebe ich Folgendes
lus. — Das Sarcoleinma ist keine Zelleiunerabran imd auch nicht durch Verschmelzung von Zellen-
snembranen entstanden; es bildet sich aus dem homogenen, fibrilliiren Bindestofif in Gestalt eines
^dastischenBegrenznngshäutchens. — Die contraktile Substanz ist das Product eigenthlimlicher Zollen,
"reiche sich durch Theilnng der Kerne und Endogenese vermehren. Ihr Inhalt wandelt sich inFleisch-
•tofTum; dieses geschieht so, dass sich im homogenen Inhalt der Zelle anfangs sehr kleine, stark
ichtbrechonde Körperchen hervorheben, die sich allmälilig in Querroihen längs der Zellenwaud ab-
lagern; dieses Letztere wiederholt sich so oft, bis derlnhnlt vollkommen mit Floischmnsse erfüllt ist.
n diesem Zustand stellen die öarcoplustcn mehr oder weniger abgestutzte und gebogene Cyiinder-
iplndeln dar mit deutlicher Querstreifung; sie enthalten oft 1 — 2 hello Bläschen; Zcllenhaut ist so
'ollständig mit dem Inhalt verwachsen , dass sie nicht gesondert nachgewiesen worden kann. Die
äarcoplasten können Fortsätze treiben in einfachen Reihen (mit der schmalen) oder in mehrfaciien
[mit der schmalen und langen Wand) mit einander verwachsenen. — Die ursprlingliclio Längen-
and Dickenzunuhme der Mnskeirolire geschieht durch Anfügung von Sarooplastcn.
296
Ernährung der Muskeln.
i
Weber) *). Im erwachsenen Menschen gehört ihre Neubildung ebenso
wie die Verheilung eines durchschnittenen Ilohres mit Muskelsubstanz
zu den höchsten Seltenheiten; sie ist nur wenigemal von Roki-j
tansky, Virchow und Bill roth**) beobachtet worden; ob sich
mit ihr gleichzeitig Nerven entwickelten? — Bei dem Wachs-
thum der menschlichen Muskeln nimmt nicht die Zahl, sondern der
Umfang der in ihnen enthaltenen Röhren zu (Harting, Hepp)***).
Damit in Uebereinstimmung fand Lieb ig, dass verdünnte Salz-
säure, welche die Röhrenwände und Scheiden zurlicklässt, das Röhren-
mark aber löst, aus den Muskeln alter Thiere einen grössern proportio-
nalen Antheil auflöst, als aus denen junger. — Bei den Wirbelthiereu
gestaltet sich die Sache anders, indem beim Auswachsen des jungen
Thiers sich auch die Zahl der Röhren mehrt (Budge, Margo)t).
Im Gastrocncmius eines Thiercs, dessen ßumpflängo = 13,0 M. M. gefunden
■ffurde, betrug die Zahl der Köhren 1053 und in einem andern dagegen, dessen Eumpflängt
80,0 M. M. betrug, war die Kölu-enzahl = 5710. Auch bei Abmagern der Prösche
soll die Köhrenzahl sich mindern und bei der Fütterung sich wieder mehren; dabei
ändert sich aber auch gleichzeitig der Rölirenumpfang (Budge).
Die glatte Muskelz eile entsteht durch Auswachsen der Bil-
dungszelle; im spätem Leben bildet sie sich sehr leicht nach ihre^
Zerstörung wieder, ohne dass die gleichzeitige Entwickelung voe
Nerven beobachtet wird.
Der Inhalt des lebenden Muskelrohrs kommt niemals zu einem
chemischen Gleichgewicht, wie aus den früheren Mittheilungen
hierüber hervorgeht. Ueber die Geschwindigkeit des Stoffwechsels
fehlen Angaben ; etwas weniges ist uns nur bekannt über das Ver-
hältniss der zu- und abgehenden Strömung. Die Zufuhr überwiegt
den Abfluss, Avenn bei hinreichender und insbesondere bei fleisch-
haltiger Nahrung die Muskeln häufig und angestrengt in Verkür-
zung gerathen. In diesem Falle nehmen nemlich die Muskeln an
Umfang zu. — Umgekehrt verhalten sich die Dinge bei Entziehung
der Nahi'ung; namentlich verdünnen sich die Muskelröhren auch,
wenn die Thiere nur mit Eiweiss gefüttert werden, so dass sie
aus Mangel an Fett oder Amylon verhungeni. Doch ist die Ab-
nahme derselben dann geringer, als wenn sie umgekehrt durch
Entziehung des Ei weisses verhungern (Schuchardt) ff). Die Mus-
— — i
•) Leipziger Berichte. 1849. p. 130. "
••) Kö Hilter, Handbuch der Gewebelehre. 3. Aull. p. 200.
»»•) Harting, i. c. — Hepp, Honle's und Pfcufer'n Zeitschrift. N. F. IV. 257.
I) Compt. rond. 47. Bd. 587.
|j) Quaedam de effectu quem prlvatio etc. Marburg 1847.
Blutgefdsswände.
297
;eln nehmen auch an Gewicht ab, wenn sie bei noch so guter
rlrnähnmg lange Zeit in dem verlängerten Zustand verharren, hierbei
tst es gleichgiltig, ob dasselbe bedingt war durch Abwesenheit der
[ervenerregung, Zerstörung eines Gelenkes u. s. w. Die Um-
etzung der Stoffe im Rohr wird damit auch qualitativ geändert, da
iiie verkümmerten Muskeln sehr reich an Fett werden, was jedoch
'.f. Weber bestreitet und Böttcher wenigstens nicht bestätigt.
Die Lückensysteme, welche im Innern des Muskelrohres
peobachtet sind, müssen für die Leichtigkeit der Zufuhr vom Muskel
nm Blut jedenfalls bedeutungsvoll sein, gleichgiltig, ob die Lücken,
.'ie Böttcher*) will, Ausläufer sogen. Bindegewebskörper sind
dder nicht. — Für den Zusammenhang zwischen Muskelernäh-
nng und Muskelzusammenziehung sind die Angaben von Gun-
iing**) belangreich; Nach ihm zieht sich in Folge einer gleich-
zeitigen Nervenerregung mit dem Muskel auch die Wand der Blut-
tefässe in demselben zusammen, so dass der verkürzte Muskel
Ii eniger Blut erhält. Nach beendigter Zusammenziehung des Muskels
vschlafft auch gleichzeitig die Gefässwand, so dass nun die Berührung
wischen Blut und Muskel eine ausgedehntere und zugleich der Blut-
rrom ein rascherer wird. Hiermit stimmt es, dass Gl. Bernard ***)
las Blut, welches aus dem zusammengezogenen Muskel kommt,
unkler findet, als das aus dem ruhenden zurückkehrende.
Die Muskeln sind öfter auch im Ganzen analysirt worden f); bei einem Mangel
genügenden Hilfsmitteln, um Bindegewebe, Gefässe, Pett, Muskelröhren , Blut und
1 iskelsäfte zu scheiden , sind diese Beobachtungen natürlich unvollkommen ; für die
niysiologie der Muskelemährung sind sie auch noch nicht yon Bedeutung geworden;
f^egen nehmen sie ihren wahren Platz ein in den Verzeichnissen der Nahrungs-
t-ttel. — Das einzige , was vielleicht schon hier bemerkt werden musste , ist die
'obachtung von Schottin, nach welcher das Blutserum eines Thiers 10 pCt. Wasser
tihr enthält, als die Muskeln, welche möglichst von Fett und Bindegewebe befreit
' d. Damit kommt nun allerdings die Erfahrung von Schlossberger und Bibra
::ht tiberein, wonach die Muskeln junger Thiere um 2 pCt. wasserhaltiger sind, als
! der altern. — Foetale Muskeln sind sehr viel wasserreicher (Schlossberger).
Blutgefässwandungen.
Die anatomischen Eigenschaften der ausgebildeten Gefässwan-
iingen sind auf Seite 105 u. f. dieses Bandes beschrieben.
2. Die chemische Zusammensetzung ff) der Gefässhaut wechselt
tit ihrer anatomischen Struktur; je nach dieser bietet sie bald die
•)Vircho-w'g Archiv. XIII. Bd.
"••) Archiv für holländ. Beiträge. I. 334.
"•*) Lc^on» snr les propri(5t(Ss de» liquides. 1859. 1. p. 816.
' t) .SchloBsberger, allgem. a. verg. Thlcrcheinie. I. Bd. Muskelgewebe,
•tt) Schultze, Liebig's Annalen. 71. Bd. 277.— Lehmann, physiolog. Chcralo. 3. Bd. p. 64.
298
ErnShrung der Blutgofdsswiindo.
I
Eigen thümlichkeiten des elastischen oder eines Gemenges aus
elastischem, Muskel- und Bindegewebe dar. Die Flüssigkeit, welchf
die grossen Ai-terien durchti-änkt , reagirt alkalisch und enthäh |
ausser den Bestandtheilen der Fleischflüssigkeit einen eiweiss- |
artigen Körper, welcher seiner Reaktionen wegen für Casein an-
gesprochen wird (Schulze, Lehmann).
3. Ernährungserscheinungen. Die ersten Anlagen der Gefässe*)
bestehen nachKölliker und Eemak aus trüben Strängen, welche
sich aus Zellen zusammensetzen, von denen jedesmal mindestens
drei auf dem Querschnitt eines Stranges liegen. Die auf der Aussen
fläche des Stranges gelegenen Zellen verwachsen, die gegen das
Centrum liegenden werden aufgelöst. Die primitive Röhrenwand
ist also immer nur aus Zellen zusammengesetzt; ihren spätem
Platten, Fasern, Zellen sollen zeUige Auflagerungen auf die äussere
Fläche der primitiven Wand vorausgehen. Beim Auftreten aller
spätem Gefässe im Fötus und Gehörnen und namentlich auch de^
jenigen, welche sich bei der Vernarbung von Wunden u. dgL
bilden, zeigt sich dagegen eine ganz andere Formfolge. Die fe^
tigen Gefässröhren werden nach Remak und J. Meyer da, wo
eine Neubildung im Werke . ist , verbunden durch sehr- feine und
solide Faden, welche von einem stumpfen Ende eines bestehenden
Gefässes ihren Anfang nehmen; der Faden wird breiter und za^
gleich erweicht sich sein Inhalt, so dass eine Höhle in ihm ent-
steht, welche sich in die anfänglich noch viel weiteren Gefässröhren
öffnet, und dann sich bis dahin ausweitet, dass ihr Binnenraui^
Blutkörperchen aufnehmen kann. Schwann und nach ibm
Kölliker u. A. beschreiben im Gegensatz zu diesen Erfahrungen
an den Orten, wo neue Gefässe auftreten, sternförmig verästelte
Zellen ; die benachbarten Aeste der Zellen en-eichen sich zum Thefl
und verschmelzen vollkommen, so dass die Höhlungen derselben
sich einander öffnen ; andere Ausläufer treffen dagegen auf die Wal-
dungen schon fertiger Capillargefässe, mit denen sie verwachsen;
an diesen Verwachsungsstellen verschwindet endlich auch die
Scheidewand zwischen Zellen und Gefässhöhlen , so dass nun die
Blutflüssigkeit aus der letztern in die erstere eindringt und den
Binnenraum derselben erweitern kann. Ausser diesen Bildungen,
die er sämmtlich gelten lässt, beschreibt Billroth noch zwei andere;
•) Kölliker, mikroskopische Anatomie. U. 2. Abtheilg. — Remak, Untersuchungen ilb^
Entwickeluiig der Wirbelthicre. Berlin 1851. 13. — Jos. Meyer, Annaion der Berliner CharltSj
IV. Bd. p. 41. — Billroth, Untersuohunifen über Entwlckelung der BlutgeflUse. Berlin 1866. m
Milz.
299
;iiich der eiAen sollen reihenweise aneinander gelagerte Zellen an
hrenBertÜiungsstellen verwachsen, die ihre Höhle trennende Scheide-
ivaud soll verschwinden und der Inhalt der Zellen sich in Blut um-
vaudeln. Nach der andern verwachsen zwei Reihen spindelförmiger
'eilen erst untereinander und dann die eine Reihe mit der andern,
edoch so, dass eine, der Längenrichtung der Reihe parallele Höh-
iiüg (also ein Zwischenzellenraum) übrig bleibt. — Die fertigen
kapillaren wandeln sich nun unter gewissen Bedingungen in Ge-
Kisse höherer Ordnung um, indem sich ihre Höhle ausweitet
«nd ihre "Wand durch Auflagerung von elastischem und musku-
[iösem Gewebe verdickt. Dem Anschein nach spielt hierbei der
Blutdiiick selbst eine Rolle, in der Art, dass wenn derselbe zu-
nimmt , auch die Höhle und "Wandung umfänglicher werden. Diese
Meinung gi-tindet sich auf die Erfahrung, dass sich die Aeste eines
«tammes erweitem, wenn dieser letztere unterbunden wurde, eine
iCrscheinung, welche bei den Chirurgen unter dem Namen derEnt-
rnckelung des Collateralkreislaufes bekannt ist.
Die eiweissartigen Bestandtheile der Gefässwand und wahr-
(cheinhch diejenigen der Muskelzellen setzen sich während des
.iSbens in andere Atome um, wie dieses aus der Untersuchung der
iie durchti-änkenden Flüssigkeit hervorgeht. Unter welchen Be-
iingungen dieser Stoffwechsel steigt und fällt und wie umfangreich
rr überhaupt ist, wissen wir nicht. Man könnte vermuthen, dass er
iicht unbedeutend wäre , wenn man die zahlreichen Capillaren, welche
lieh in der Wand der grössern Arterien verbreiten, bedenkt. — DieAn-
rfesenheit dervasavasorum gewährt ausserdem noch Interesse, weil sie
feigt, dass die tunica elastica der grösseren Gefässe die Stoffe, welche
iiur Muskelernährung nothwendig sind, nicht in genügender Menge
Lurchlässt , obwohl das Blut unter einem hohen Druck in ihnen strömt.
Die Neubildung Ton Gefässen in Geborenen ist von Bruch, Eokitansky'
'Tedl*) u. A. abweichend von den gegebenen Mittheilungen dargestellt worden,
'orüber die untenstehende Literatur und die auf sehr genaue Untersuchungen ge-
•'.ützten Gegenbemerkungen von J. Meyer und He nie nachzusehen sind.
Die Milz,
1. Anatomische Zusammensetzung**). In den Bau der Milz
eehen ein : die Kapsel mit ihren Fortsätzen (die sog. Balken), Blut-
•) Bruch, Diagnose der bösnrtigon GesoliwUlsto. Mainz 1847. — Ko It i tan s y , patliolog.
iJiatomie. l.Bd. Wien 1846. p 271. — Wedl, Zcltsclir. d. Wiener Aerzto. IX. Jalirg. I. Bd. 4i35. —
ngel, Zcitschr. d. Wiener Aerzte. IV. Jahrg. I. Bd. 1. — Hcnle, Jahresbericht für 18B1. p. 41.
••) Eclcer, Wagn er' g Handwörterbuch. IV. Bd. 130.— Köililtor, Handbuch der Go-
' .ebelehre. 3. Aufl. 1859. 454. — Derseibe, WUrzburgor Verhandlungen. VII. Bd. — Hlasak ,
ä itroctur« llonla. Dorpat 1852. — Gray, on thc stracture and use of the spieen. 1854.
300
Bau der Milz.
und Lymphgefässe, Nerven, die Milzbläschen und das Mark. —
Kapsel und Balken sind aus den Elementen des Bindegewebes ge-
formt. Die Kapsel, welche die übrigen anatomischen Bestandtheile
der Milz einschliesst , sendet von ihrer Innern Fläche zahlreiche
Fortsätze aus, die sich vielfach verästeln und sich untereinander
verbinden, so dass im Hohhaum der Kapsel ein Netzwerk mit
weitern und engern Maschen entsteht. — Die Blutgefässe stülpen
an ihren Eintiittsstellen die Kapselwand in den Hohlraum , oder mit
andern Worten, sie überziehen sich mit einer Scheide, welche letztere
die grossen Stämme der Venen und Arterien nebst Lymphgefässen
und Nerven umkleidet, und schliesslich, indem sie den feinen
Arterienzweigen folgt, mit eingeht in das Balkenwerk der Milz.
Die Arterien zerfallen nach ihrem Eintritt in den Milzraum sehr
rasch und vertheilen sich schliessUch, ohne dass ihre Aeste vorher
communiziren in Capillaren. Diese letztern gehen zum Theil in
die Kapsel, zum Theil auf und in die Milzbläschen (KöUiker,
Gray) und die übrigen endlich unter Verlust ihrer selbsständigen
Wandungen in die Räume, welche zwischen der zu Häufchen ge-
ballten Pulpa verbleiben (Gray). Die Venen entspringen theils
aus den Capillaren der Kapsel, theils sammeln sie sich in reich-
lichen Netzen auf der Oberfläche der Milzbläschen und endlich gehen
auch feine Aeste aus den Räumen hervor, in welche die Pulpa ein-
gelagert ist (Hlasek, Gray). Mit Rücksicht auf die letzteren Ge-
fässe wäre es erlaubt, die von den Balken umschlossenen Räume als
sehr erweiterte Gefässhöhlen anzusehen, die mit Milzmark gefüllt
und mit feinen Ein- und Ausmündungen von Gefässen begabt wären.
Die Wandungen der Blutgefässe sind im Allgemeinen dünn;
auf ihrer innem Fläche mit einer Oberhaut aus Spindelzellen be-
kleidet und in ihrer Media mit Muskelzellen versehen. — Die
grössern Lymphgetässstämme folgen den Blutgefässen; über ihre
Anfänge steht nur so viel fest, dass ein Theil derselben aus dem
Mark und ein anderer von der Milzoberfläche sich sammelt. — Die
Nerven, zum kleinsten Theil aus doppeltrandigen Röhren, zuiä'
grössten aus Remak' sehen Fasern zusammengesetzt, folgen den
Arterien, an deren feinsten Zweigen sie noch aufzufinden sind ; Avie
und wo sie enden, ist noch aufzudecken. — Die Milzbläschen smd
kleine kugelartige Kapseln, welche vorzugsweise von L}Tnph-
körperchen, freien Kernen und einer geringen Menge von Flüssig-
keit ausgefüllt sind, zwischen denen sich ein Capillarnetz aus Blut-
gefässen ausbreitet; dieses zieht seinen Ursprung aus einem be-
Chemische Zusammensetzung der Milz.
301
sondern kleinen Arterienästchen , welches die Kapsel des Bläschens
durchbohrt. Das Blut sammelt sich dann wieder in dem schon
oben erwähnten Venennetz, Die Milzbläschen, welche ihre Lagerungs-
stätte in den Scheiden an den Aesten der Arterienpinsel haben,
sollen ihren Hohlraum in die Lymphgefässe öffnen. Diese An-
lahme, welche aus ihrem, den Lymphdrüsen analogen Bau hervor-
:;egangen ist, würde, wie es scheint, bewiesen sein, wenn sich die
Beobachtung von Gerlach bestätigte, welcher die in ihre Arterien
mjizirte Leimmasse in die Lymphgefässe übergehen sah, wenn die
'Brsteren in Folge des injektionsdruckes gerissen waren. — Das
Mark, welches mit vorsichtiger Vermeidung der Milzbläschen heraus-
t^enommen wurde, enthält ausser Gefässen undBälkchen: die Deck-
Mellen der Gefässwand, Lymphköi-perehen , freie Kerne (?) , kleinere
mnd grössere farblose Zellen entweder mit einem und mehr Kernen
toder auch nur mit Körnchen im Inhalt, in reichlicher Menge sehr
meinen Molekularstaub ; ausser den bis dahin aufgezählteii farblosen
pormbestandtheilen kommen noch vor: reichlich rothe Blutscheibe,
imregelmässig geformte, an umgewandelte Blutkörperchen erinnernde
Zellen, bräunliche und rothbräunliche, einzeln oder geballt lie-
rende Körnchen von sehi- ungleicher Grösse entweder frei oder
m Zellen eingeschlossen, und endlich auch zmveilen bei Menschen
Blutkörperchen haltende Zellen. Ob die Hülle, welche^ ein solches
Häufchen von Blutkörperchen umgiebt, eine wohlorganisirte Zellen-
faut, oder nur ein verbindendes Faserstoffgerinnsel ist, lassen einige
i^natomen dahingestellt sein.
In dem Mark einiger sehr junger TMere fand Kölliker noch kleine, gelbliche,
een Blutkörperchen sehr ähnlich geformte Zellen, dann fein granulirte Zellen mit 4 bis
l'O Kernen und bisquitförmige Zellen mit zwei Kernen.
Die farblosen Gestalten machen meist und namentlich in wohl-
venährten Thieren die Hälfte bis bei zwei Dritttheile des Milzgewebes
ms (Gray). Wenn, vne es in solchen Fällen meist vorkommt, zu-
Ueich das Gesammtgewicht der Milz gewachsen ist, so kann daraus
Ihne Weiteres auf eine Vermehrung der farblosen Gebilde geschlossen
'Verden. Im hungeraden Thier nimmt mit dem Milzgewicht zugleich
de Verhält nisszahl der farblosen zu den farbigen ab (Gray).
2. Chemische Zusammensetzung*). Die Zusammensetzung des
iiilzblutes ist schon S. 33 abgehandelt; dort wurde auch auf den
*) Sclierer, AVUrzbnrger VcrlinndUmgeii. Bd. II. 208. — Gray, on tlie slruclure etc. 1864.—
Idtmann, die anorganischen BeatanUtlioilc der Lober und Milz. Linnich 1868.— Gorup, Lie-
fg's Annalen. 98. Bd. 1. — Cioettn, ibid. »9. Bd. — Frerichs und Staodeler, Vorhand-
*ngen der natur . Gescliscliari in Zlirirb. IV. Bd.
302
Eigenthlimlicho Stoffe der Milz, Milzasche.
Einfluss des Blutstroms auf die Zusammensetzung hingewiesen. —
Das Milzmark, wie es der Chemiker untersucht, stellt ein Gemenge
aus Blutgefässwandungen, Balken, dem Inhalt der Blut-, der Lymph-
gefässe und der Milzbläschen und endlich aus Pulpa im anato-
mischen Sinne dar. Diesem entsprechend kann es nur von Belang
sein, ob in ihm ausser den bekannten Bestandtheilen des Blutes u.s.w.
noch andere, der Lymphe, dem Blut u. s. w. gar nicht, oder wenigstens
nicht in solcher Menge zukommende Stoffe enthalten sind. In der Thal
wurden als solche aufgefunden: Inosit (Cloetta), Milch-, Butter-,
Essig-, Ameisen-, Harnsäure, Sarcin (Scherer), Leucin (Fre-
richs und Staedeler), ein Homologon des Leucins (Gorup),
einige andere noch unbestimmbare stickstoffhaltige Krystalle
(Cloetta), Cholestearin , ein eisenreicher eiweissartiger Körper
(Scher er), mancherlei Farbstoffe. — Die Milzasche fand Oidt-
mann in 100 Theilen bestehend aus:
Mann.
Weib.
Neugeborner.
Cl
0,55
1,31
33,03
PhOs
27,11
18,87
9,53
SO3
2,54
1,43
0,50
SiOs
0,07
0,72
0,95
KO
9,19
17,41
j 43,87
NaO
43,30
35,12
CaO
7,50
7,26
3,35
MgO
0,39
1,02
0,20
Fe2 03
7,27
16,20
MgO
0,08
0,04
CuO
0,01
0,40
PbO
0,03
«
Bemerkenswerth ist der geringe Gehalt an Cl und der grosse
an Phosphorsäure und Eisenoxyd. Dieses Verhalten geht auch
aus einer schon früher angestellten Analyse von Gray hervor, welche
insofern abweicht, als sie mehr Kali als Natron findet.
Ueber quantitative Bestimmungen des Wassers, der Extrakte, der Eiweisskörppr,
des Aschegehaltes der frischen Milz siehe Gray und zum Theil Oidtmann.
In den Milzbläschen beobachteten Virchow*) und Meckel einen Stoff, welcher
nach Zusatz yon Schwefelsäure und Jod hellroth oder blassblau, nach Zusatz von
Schwefelsäure und Jod schön blau, ähnlich wie die Stärke, gefärbt wird; er wider-
») Virchow, Archiv f. patholog. Anat. VI. Bd. p. 135. 2G8. 416. — Luschka, Ibid. 27:
Do Uders, Nederlnnd. Laucet. 1863. p. 278. — H.Meckel, Änmilen der Berliner Charit^,
p. 2G4.
Blutstroin in der Milz.
303
steht der Fäulniss viel längere Zeit, als die meisten eiweissai-tigen Körper , und ist in
tvether unlöslich (Naegeli). Dieser Körper, den man für Cholestearin oder einen
tärkeartigen Stoff ansah, ist von Kokule durch die Elementaranalyse in die Eiweiss-
äihe gewiesen worden.
Die Milzlymphe unterscheidet sich, so weit bekannt, dadurch
lon anderer, dass sie häufiger, und zwar ebensowohl während der
("erdauungsperiode (Tiedemann, Gmelin), als auch während
ees Hungers (H. Nasse) Blutkörpel-chen enthält.
3. Der Blutstrom in der Milz*). Das Sti-ombett des Milzblutes
mdert sich mit der Erregung, welche die Muskelnerven in der
llilz trifft; denn unter der Voraussetzung, dass der Blutstrom un-
eerändert vor sich geht, zieht sich die Milz nach Reizung ihrer
[(erven zusammen und nach Durchschneidung vergrössert sie sich
lUaschko wiz). Die Zusammenziehungen geschehen jedoch so
lUmählig, dass die Zunahmen der Geschwindigkeit, welche das Blut
iiurch die Muskelbewegung als solche erfährt, kaum in Betracht
lOmmen können. — Ausser der hierdurch gebotenen Veränderung
i der Spannung und Geschwindigkeit des Blutstroms wird auch
ine solche eintreten je nach der Gestaltung der Widerstände in
ien Capillargefässen des Magens , Darms und des Pankreas. Denn
fas Blut , welches aus allgemeinen im Kreislauf überhaupt gelegenen
rründen in die Arteria coeliaca eindringt, muss durch die Capillaren
esr Milz und der so eben genannten Organe abfliessen. Es wird
cch also die Spannung und Geschwindigkeit des Blutes und damit
j)r Umfang der Milz mehren, wenn die Durchgängigkeit der andern
ns der A. coeliaca hervorgegangenen Capillaren verringert ist,
üährend sich im umgekehrten Falle die Milz verkleinern wird. —
iiese Bemerkung verdient deshalb eine Berücksichtigung, weil
te Milz in den Verdauungszeiten Veränderungen ihi-es Volums
«igt ; bliebe der Erregungszustand der Milznerven, also die Wider-
sandsfähigkeit der Milz sich gleich, so müsste sie während der
«steigerten Absonderung des Magensaftes und Bauchspeichels zu-
iimmenfallen , denn zu dieser Zeit sind die kleinen Arterien, resp.
te Capillaren am Magen und Pankreas erweitert; nach dem Ver-
lass der genannten Zeit müsste sie dagegen schwellen. Ob und
wie weit diese Bedingung den Umfangsveränderungen der Milz
i Grunde liegt, ist unbekannt. — Die in die Milz wirklich ein-
»etende Blutmenge vertheilt sich auf ihre drei verschiedenen Capillar-
•) MUUer's Handbuch der Phygiologio. 4. Auflage. 488. —
tehlT. XI. Bd. 235. — L. F 1 o k , Archiv fUr Phyg. 18B9. .
Jas hkowitz, Vlrchow'g
304
Stoffbowogung in der Milz.
Systeme. Gehen immer dieselben Bruchtheile des Blutes durcl^
jedes der drei Gefässarten? — Höchst eigenthUmlich muss dei
Strom in den Lücken der Pulpa sein, insofern er hier wirklich ohm
besondere Wände verläuft; denn dann werden Blut- und Lympli
körperchen des Blutsstroms hängen bleiben und dafür Zellen de^
Markes ausgesplilt werden. Darauf deuten nun allerdings die Ei
fahrungen, dass in dem Milzaderblut Formbestandtheile der Pulj);!
vorkommen. Je nach der Fonn der Lücken und dem Gehalt de-
Blutes an aufgeschwemmten Theilen müssen verschiedene Mengen
der letzten hängen bleiben, wodurch ebenfalls eine Schwellung de-
ganzen Organs möglich wäre, ebenso wie nach Ausschwemmung
der Pulpa in die Arterien und einer davon abhängigen Wegräumung
der Stromhindernisse die Milz zusammenfallen müsste.
4. Stoffbewegungen im Milzparenchym.
a) Der Inhalt der Bläschen ist unzweifelhaft in einer chemi-
schen Bewegung, veränderlich nach Art und Grösse, begriffen. Be
Thieren findet man dieselben nemlich bald prall und bald nur wenig
gefüllt. Gray fand sie bei Thieren zuweilen so ausgedehnt, dass
sie nach ungefährer Schätzung ein Viertel des Milzvolums ein-
nahmen ; in andern Fällen sind sie kaum oder gar nicht mit blossem
Auge sichtbar; ihr Volum beträgt dann kaum die Hälfte von dem
eben erwähnten. Dieser Unterschied stellt sich nach Ecker aucli
dann noch heraus, wenn man die Gefässe, welche aus dem Hilus
der Milz austreten, nach dem Tode sogleich unterbunden hat. Da
sich der Inhalt der Bläschen immer rasch minderte, wenn diese
Vorsichtsmaassregel unterlassen wurde, so sind nur die Beobach
tungen brauchbar , bei welchen die Grösse der Bläschen unter ähn-
lichen Bedingungen mit einander verglichen wurde. Unter die Um
stände, welche den Bläschenumfang verändern, zählt Gray 1) den
allgemeinen Ernährungszustand des Körpers; je günstiger derselbe,
um so grösser sind sie. Bei abgemagerten Thieren werden sie
dem blossen Auge unsichtbar. Ecker fand im Gegentheil bei
hungernden Katzen die Bläschen auffallend deutlich. — 2) Die Art
des Futters; bei einer Nahrung aus Fett und Fleisch, Milch und
Brod, gekochtem Eiweiss waren die Körperchen gross und bei
reichlichem Wassergenuss (eingeweichtem Brod) zerfliesslich. Klein
waren sie dagegen nach Genuss von trockenem Brod, Fett und
Gelatine oder Faserstoff. Die Grösse und Zerfliesslichkeit der
Bläschen nach reichlichem Wassergenuss behauptet auch Spring.—
3) Die Verdauungsperiode ; einige Stunden nach vollendeter Magen-
Stolfbewegung in der Milz.
305
erdauung (15 Stunden nach eingenommener Nahi'ung) sollen sie
m geschwollensten sein Dieses gilt jedoch nur für gut ernährte
hiere; bei bedeutend abgemagerten zeigt sich kein Einfluss der
.erdauungszeit. — Auf eine Verschiedenartigkeit des chemischen
[msatzes weist die wechselnde Consistenz und Färbung des Bläscheri-
ihaltes hin; Ecker und Giesker fanden ihn zuweilen zu einem
Ilümpchen geronnen, Spring und Ecker zuweilen röthlich oder
'3lb, während er von den tibrigen Beobachtern als farblos an-
!.3geben wird. In menschlichen Leichen ist das Milzbläschen ge-
röhnlich nur dann deutlich sichtbar, wenn der Tod plötzlich oder
iiährend der Verdauung erfolgte (v. Hessling); seine häufige Ab-
eesenheit erklärt sich entweder aus einer rasch eintretenden Fäul-
sss, oder aus der dem Tod vorangegangenen Abmagerung.
b) Das Mark der Milz im engern Sinne scheint ein Ort zu
i)in,. in welchem flir gewöhnlich eine Neubildung und unter Um-
bänden auch eine Zerstörung von Blutkörperchen angebahnt und
lUendet wü-d. Für die Neubildung spricht (nach Ger lach,
Funke u. A.) die reichliche Anwesenheit farbloser Zellen im
ilzvenenblut. Bedenken gegen diesen Grund wurden schon bei der
tisammensetzung des Milzbluts erwähnt. — Ferner enthält das Milz-
ark alle möglichen Formübergänge von den farblosen zu den rothen
♦rperchen, und endlich spricht füi- eine Zellenneubildung auch das
BsserordentlicheUebergewicht der farblosen BlutzeUen und dasZurüek-
f;ten der farbigen, welches nach Virchow mit einer eigenthüm-
hhen Krankheit der Milz, dem Tumor derselben, Hand in Hand
bht. In der That ist nach den Beobachtungen unseres berühmten
tthologen das Missverhältniss beider Blutzellenarten so gross, dass
»•3 Blut statt der normalen rothen eine weisse Farbe annimmt. —
ir die Zerstörung der Blutkörperchen in der Milz führen Ecker
ci KöUiker die häufig gefundenen verschrumpften Körperchen,
i Pigmenthäufchen und die reichliche Anwesenheit eines eisen-
ttigen Aschenbestandtheils an. Beide Behauptungen könnten in
• That bei den Eigenthümlichkeiten des Blutstroms in der Milz
ii der Bildung des Milzmarkes , das einer Lymphdrüse nicht ganz
iihnlich ist, wohl neben einander bestehen.
c) Milz im Ganzen. Ueber die Bedingungen und den Ort der
eenthümlichen ehem. Umsetzungen in der Milz, von deren Gegen-
rrt Scherer, Cloetta, Frerichs und Staedeler Zeuguiss
eegen, ist man ganz im Unklaren. Da das Blut, welches aus
• an Milchsäure reichen Milz zurückkehrt, alkalisch reagirt, so
■ Ludwig, Physiologie II. 2. AuHage. ' '^^
306
Milz, Thymus.
kann wenigstens mit Bestimmtheit behauptet werden, dass dif
Säure entweder in den Zellen des Marks oder in der Flüssigkeit (
Balkengewebes entsteht.
d) Die ganze Milz eines wohlgefütterten (nicht aber des magci i
Thieres soll nach Gray 10 bis 15, nach Schönfeld*) ai
5 Stunden nach der letzten Fütterung am schwersten sein. D
diese Schwellung, welche durch Wägen der ausgeschnittenen i\i
ermittelt wurde, nicht von einem Mehrgehalt an Blut überhau >
herrühre, scheint sich aus dem geringen Cl-Gehalt der Milzas^
zu ergeben.
e) VergHchen mit dem Körpergewicht, nimmt sievomNeugeborii i
(1 : 350) bis zum Erwachsenen (1 : 320 bis 400) nicht wesentli
zu oder ab, im höheren Alter soll sie relativ klein werden (1 : 70
(Gray).
Die Ausschneidung der ganzen Milz erzeugt keine merklic'
Folgen, wie schon im Alterthum Plinius wusste und in neu
Zeit Czermak, Quittenbaum, Bardeleben u. A. genai
beobachteten. Die Erfahning, dass nach dieser Operation die weiss
Blutkörperchen sich mehren und die Lymphdrüsen anschwellen,
nicht constant. Bemerkenswerth scheint es, dass die Thiere
Operation schwieriger überstehen, wenn ihnen vorher die Schi}
drüse genommen war. Siehe noch Thymus.
Die Literatur giebt Simon •*). — lieber eigenthümliche Folgen der ld|
eistirpation bei Fröschen, welche Q erlach und Eberhard ausführten, siehe
letzteren.
Thymus.
1. Ein Gertist ***) aus Bindegewebssträngen fasst zahlrei
ringsum abgeschlossene Säckchen in sich. In dem Gerüst
laufen NeiTen, Lymph- und Blutgefässe; der Hohhaum der S
chen ist gefüllt mit einem Capillarnetz von Blutgefässen , in des
Zwischenräumen neben wenig Flüssigkeit Fettmoleküle, fr
Kerne oder Kernzellen und conzentiisch geschichtete kugelige Kör
gelegen sind. In den um die grössera Gewebe hegenden Bin
gewebssti'ängen sind nicht immer, aber doch häufig grosse cai
artige Lücken enthalten, die entweder nm* den, die beiden Drüi
») Meissner' s Jahresbericht für 18B6. p. 235.
•*) Die Exstirpntion der Milz am Menschen. Giessoii 1857. — Eberhard, Beiträge zur Hol
und Funltt. d. Milz. Erlangen 1855.
»**) K ii 1 Ii Ic e r , Handbuch der Gewebelohre. 8. Aufl. 1859. p. 488. - Jendrassil5,'W|
alcad. Sitzungsberichte. XXIl. 70. — Ecker, Handwörterb. d. Physiologie. IV. Bd. — Ber'
Arohiv fUr HoUBnd. Beiträge. 1867. 1. Bd. 232.
Chemische ßestandtheilo der Thymus.
307
iiälften verbindenden Bindegewebsstrang, oder auch die seitlichen
iSindegewebsäste aushöhlen. In diesen sog. Centi-al- und Neben-
iiöhlen, die weder durch eine eigene Haut, noch durch ein Epithelium
ibgegrenzt sind, kommen dieselben Elementartheile wie in den
»Bläschen vor (Simon, Ecker, Kölliker, Jendrassik). Die
i'Jerven stammen nach Durchschneidungsversuchen aus dem Ganglion
oervicale infim. und thorac. 1. (Friedleben).
Eestelli und nach ihm Friedleben fanden in dem Blut der vena thymica
iiie Kerne aus dem Inhalt der Thymussäckchen. Daraus würde zu schliessen sein, dass
fde Gefässhöhlen mit denen der Säckchen in offener Verbindung standen.
2. Ausser dem Collagen*), Elastin u. s. w. des Gerüstes und
|ter Gefässe, den Eiweisskörpera und Fetten des Bläscheninhaltes
rrurde gefunden Ammoniak, Leucin (Frerichs und Staedeler),
llypoxanthin, Bernstein-, Milch-, Essig-, Ameisensäure (Gorup),
fiiUcker (Friedleben). — Die lösliche Asche enthält vorzugs-
yesie Kali, weniger Natron, Basen, die meist an PhOs, zum ge-
lingeni Theile an Cl und nur in sehr kleinen Mengen an SO3 ge-
lunden sind (Staedeler und Frerichs, Gorup). Fried-
eeben fand in 100 Theilen der gesammten Asche
KO
NaO
CaO
MgO
Cl
Ph05
SO3
32,8
32,3
16,6
23,7
10,4
6,7
4,3
2,4
5,4
2,0
30,0
32,4
0,6
0,6
ialb von 3 Wochen
ündvon 12 Monaten
Die ganz frische Thymus reagirt nach Staedeler und Frerichs neutral;
löäter reagirt sie sauer; dieser Widerspruch lösst sich vielleicht dadurch, dass der
iicker der Thymus in Milchsäuregahrung übergeht. — Die Ausstellungen, welche
iriedleben an den Beobachtungen von Staedeler, Frerichs und Gorup macht,
Bad unverständlich ; selbst durch Kochen mit Kali konnte er aus der Drüse keine Ak
hhalten ; eben so wenig fand er Leucin , dessen Entstehung er durch Fäulniss eines
kkoholischen Auszugs erklärt u. s. w. — Quantitative Analysen der gesammten Thymus
kben Morin, Dowler, Miller, Friedleben, die bei dem letzten nachzusehen,
rerselbe handelt auch über die Aenderung der Asche mit dem Alter.
3. Emährungserscheinungen. Ihre Elementarformen entstehen
jof die dem Bindegewebe, den Gefässen und den Zellen eigene
Teise; über die Formfolge der geschichteten Körper ist man im
inklaren. Nach der Geburt mehren sich anfänglich noch die Bälge
ittd ihr Inhalt, etwa bis zum zweiten Jahr, von da wächst zwar
»ie Thymus noch bis zur vollendeten Pubertät, aber es mindert
c.ch die Füllung der Bälge und es tritt statt ihrer mehr Binde-
ewebe auf, so dass trotz zunehmender Länge das absolute Ge-
. "*) Prietlloben, Die Physiologie d. Tliymiisdrlise. Franlcfurt 1858. — Frerichs und
•laedeler, Züricher Mittheliungen. IV. Bd. 1856. — Gorup, Lloblg's Anniiloii. 98. Bd.
20*
308
Thymus, Nebenniere, Thyreoidea, Leber.
wicht uamentlich zwischen dem 15. bis 25. Jahre sehr abnii
(Friedleben). Nach vollendetem Wachsthum des Gesamr
körpers schwindet sie vollständig, indem ihr Gewebe derber, fet
und bindegewebsreicher wird, die Arterien obliteriren und die Nerve
in fettige Umwandlung eingehen. — In wohlgenährten Thieren si
Kapseln der Thymus gespannter und reicher an Zellen. — Das iu|
Blut übergeführte Ferrocyankalium soll nicht in der Drüse zu finde
sein (Haugsted). — Um ihren Eingriff in das Gesammtieben d(
Thiere zu finden, hat man die Thjmus exstirpirt (Rest eil:
Friedleben). Diese Versuche bestätigen das Ergebniss einig(
zufälliger Beobachtungen an Menschen, welchen dia Thymus fehlte
ohne dass ihr Mangel während des Lebens bemerklich gewese
wäre (Bischoff, Friedleben).
Ins Genauere suchte Fried leb en zu dringen, indem er an Thieren, deren Thymi
allein oder Thymus und Milz exstirpirt war, die Menge des ausgeschiedenen COj, d
Harnstoffs, die Temperatur, Blutzusammensetzung u. s. w bestimmte, worüber
diesem Autor nachzusehen.
Die physiologischen Nachrichten über die Nebenniere un
die Thyreoidea lauten noch sehr unbefriedigend. Die Structi
und das Wenige, was über ihre Zusammensetzung bekannt is
geben die Lehrbücher der mikroskopischen Anatomie.
Leber.
Der anatomische Bau*) der Leber ist vorzugsweise aufgehell
durch die Untersuchungen von Kiernan, E.H.Weber, Schrö
der V. d. Kolk, Henle, Kölliker und Beale. In die Lebe
strömt das Blut durch den Stamm der vena portarum, durch einl
kleine gesonderte Vene, welche aus Zweigen der pyloricae un<
pancreaticae entspringt, neben dem Gallengang herläuft und endlic
in die Pfortader übergeht (Devalez) und durch die Arteri
hepatica. Alles dieses Blut wird durch die vena hepatica ausg<
geführt. — Das durch die Venen eingehende Blut vertheilt sie
ohne Ausnahme sogleich in das Capillarsystem der Leberinseh
oder anders ausgedrückt in dasjenige, welches die Anfänge de
gallenbereitenden Wandungen umfasst; es gelangt hierhin auf di
Weise , dass sich die vena portarum und ihre Aeste zunächst bäum
förmig verzweigen und schliesslich in kleine bogenfönnig auseinande
•) Kölliker, Handbuch der Gewebelohre. 3. Aufl. 1859. p. 435. — H. E. Weber, ZatSik
Ka seinen Untersuchungen. Leipziger Berichte; mathemat.-physische Klasse. 1849. p. 151. — Der
selbe, ibid. 1850. p. 15. — Gerlach, Handbuch der Gewebelehre. Mainz 1849. — Beale
Philosophlcnl Transactlons. 1856. I. Bd. — Vir oh o w, dessen Archiv. XI. 574.
Anatomischer Bau der Leber.
309
anfende Aestchen enden; mehrere solche Aestcben (die Ring- oder
vlwischenlappenvenen), welche in ein und derselben Ebene liegen,
umschliessen einen Raum, die Leberinseln, welcher von eng-
laaschigen Capillarnetzen durchzogen wird, die aus den Ringvenen
eervorgehen. In der Mitte eines solchen Raumes sammeln sich
lann wieder ziemlich plötzlich die feinen Lumina zu einem grossem,
eer Mittelvene (vena centralis), welche nach der vollbrachten Ver-
ündung mit den benachbarten als vena hepatica auf dem kürzesten
[7ege gegen den Ort der vena cava zu dringen sucht, wo sie sich
liit dem Zwerchfell kreuzt. — Die Art. hepatica geht zum Theil
lait seinen Aestchen, welche der vena portarum bis zu den Ring-
P3nen folgen, geradezu in das Gefässnetz der Leberinseln über,
pim Theil versorgt sie, ehe sie ihr Blut dorthin schickt, vorerst die
7andung der Gallen- und Blutgefässe , die Kapsel und den serösen
(r'eberzug der Leber. Das auf diese Weise in Capillaren über-
'3flihrte Blut sammelt sich, und zwar theilweise durch eigene Venen,
11 der vena portarum, um dann durch die Capillaren der Leber-
Kseln zu den Mittelvenen zu gelangen.
Die Lücken, welche zwischen den Capillaren der Leberinseln
orig bleiben, werden ausgefüllt durch ein anderes netzförmig ver-
undenes Höhlensystem, das umschlossen wii'd von einer sti'uktur-
ssen Haut, die meist untrennbar mit der der Blutcapillarehwand
!3rwachsen ist und die nur an den Umgrenzungen der Insel ge-
ändert dargestellt werden kann. Der Hohlraum dieses Anfang-
ützes der Gallengänge ist ausgefüllt mit den Leberzellen, grossen
Jimhaltigen, von Flüssigkeit strotzenden Zellen. Wenn diese eben-
«schilderten netzförmigen Gänge gegen die Umgrenzung der Leber-
Bseln gekommen sind, so lagert sich auf ihrer nun selbstständig
«wordenen, bis dahin strukturlosen Haut eine Epithelialschicht
f); da, wo dieses geschieht, verengert sich ihr Hohlraum sehr be-
achtlich und zugleich verschwinden aus ihm die Leberzellen. Da
lan die letztern als die Stätte ansehen muss, in welcher die Galle
Breitet wird, so unterscheidet man die Gänge innerhalb der Leber-
«seln als gallenbereitende von den gallenausflihrenden, ausserhalb der
aseln verlaufenden. Die ausführenden, ursprünglich sehr engen,
hben den Ringvenen gelegenen Gallengänge vereinigen sich, indem
le immer neben den Pfortaderästen laufen, zu grössern; in die
iTandung der letztern lagert sich zu den vorhergehenden Bestand-
ieilen ein streifiges Bindegewebe, elastische Fasern, einzelne
raskulöse Faserzellen, und endlich ist die, innere Fläche statt des
310
Förment und Amyloid der Leber.
frühern mit einem deutlichen Cylinderepithelium überzogen. I
ähnlicher Weise ist auch die Wand der Gallenblase gebaut, m
dem Unterschied jedoch, dass die Muskelmassen eine vollkomraei)
Haut um die Gallenblase bilden, und dass ihr Epithelium dem d
Darmschleimhaut gleicht.
In die grössern Ausführungsgänge [die Gallenblase mit eii
gerechnet? — ) münden noch andere Oeifnungen, die theils in kleii
traubenförmige Drüschen (Schleimdrüsen), theils in längere ne'
förmig verbundene cylindrische Kanäle (abortive Zellengänge) führe
Aus der Leber, und zwar an der Oberfläche sowohl als aus d
Porta, ti-eten zahlreiche Lymphgefässe hervor.
In die Leber gelangen aus dem plex. coeliac. NeiTcnzweig]
die nach angestellten Vivisectionen zunächst aus dem n. splanchnici
und in letzter Instanz vom Boden der vierten Himhöhle kommq
und in die Gefässe der Leber eingehen (Gl. Bernard, Graef
Hensen).
2. Chemischer Bau der Leber. Das Gerüst der Leber, in
besondere die Häute der Blut- und Gallengefässe, besteht aus d
gewöhnlichen Stoffen dieser Formelemente. Die Flüssigkeit, welcl
aus der zerquetzschten Leber erhalten wird, ist ein Gemenge d(
Inhaltes der Blutgefässe, der Leberzellen, Lymphgefässe und Schleii
drUsen. Ausser den zu erwartenden Bestandtheilen jener Flüssi
keiten kann der Lebersaft noch enthalten : a) Einen wahrscheinli<
eiweissartigen Fermentkörper, welcher Amylon in Zucker umwa
delt (Bernard, Hensen). Nach einer längern Entziehung v(
Nahrung scheint das Fennent zu schwinden. — b) Einen de
Amylon ähnlichen, in Wasser löslichen Stoff (Bernard)*). Na
Kekulö*) hat er die Zusammensetzung C12H10O10, nach E. Pelou:
C12H12O12. Derselbe verwandelt sich durch kochende Mineralsäun
und durch das Ferment der Leber, des Bluts, des Kopf- ui
Bauchspeichels in Zucker um. Der Gehalt der Leber an diese
Stoff steht in Beziehung zu dem allgemeinen Emährungsstand ä
Thiers, und namentlich wächst er mit demselben; gleichgiltig (
derselbe mittelst eines von Zucker und Amylon befi-eiten oder d
mit behafteten Futters erzeugt wurde, er scheint jedoch im letzten
Falle reichlicher vorhanden zu sein. Die Menge des Amylons nimi
dagegen um so mehr ab, je rascher seine Umwandlung in Zuck
erfolgt. — c) Einen in Wasser unlöslichen, Zucker bildenden Stc
•) Ol. Bernard, Le90u3 aur les propridt€B des fluides. 1859. n. [). 89 ff.
»») Chemisches Centralblntt, 1858. p. 300.
Traubenzucker der Leber.
311
7011 unbekannten Eigenschaften. Auf seine Anwesenheit schliesst
Jensen*) aus der Beobachtung, dass auch solche Lebern mit
^'erment oder Salzsäure behandelt Zucker geben, aus welchen durch
(Wasser weder Zucker noch Amylon ausgezogen werden kann.
Nach Schiff**) soll bei Fröschen der Zucker gebende Stoff als Körnchen in
iwn Leberzellen zu. finden sein.
d) Traubenzucker***). Ueber seine Menge im Leber-
t^ewebe giebt ausser der Zerlegung dieses letzteren auch noch der
liuckergehalt des Leberblutes und des Harns Aufschluss, voraus-
t-esetzt, dass man im ersten Falle weiss, wie viel Zucker die Pfort-
i'.der führte, und im zweiten Falle nachweisen kann, dass der
Uarnzucker nur aus der Leber entsprungen ist. — 1) Ein gesundes
Individuum, das hinreichende Nahrung erhält, gleichgiltig , ob die
■etztere aus Fleisch allein oder neben diesem auch aus Amylaceen
(esteht, hat eine zuckerhaltige Leber. Wird die Fütterung unvoll-
ständig, so kann der Zuckerreichthum der Leber gleich bleiben,
'ich mindern oder auch ganz verschwinden. Das letztere kann
lintreten, wenn man den Thieren alles Futter entzieht, so dass
•ie auf ihr eigenes Fleisch und Blut angewiesen sind. In den
rrsten Tagen der Hungerzeit findet sich jedoch immer noch Zucker,
10 dass erst in einem spätem Zeitpunkt, der dem vollkommenen
iiungertode sich jedoch bis auf Stunden nähern kann, der Zucker
rollständig verschwindet (Bernard, Stokvis). Füttert man
DQSschliesslich mit Wasser und Leim oder Wasser und Amylon, so
i.nkt der Zucker kaum unter die Nonnalmenge; durch alleinige
:fahrung von Fett und Wasser sinkt der Zucker beträchtlich. —
)) Einige Stunden nach einer reichlichen Mahlzeit steht derZucker-
Eehalt der Leber am höchsten (Bernard). — 3) Nach einer
lunktförmigen Verletzung in der Mittelfurche der vierten Himhöhle
zwischen dem Ursprung des n. acusticus und n. vagus, selbst wenn
orgängig der n. vagus am Hals durchschnitten wurde, mehrt sich
f er Zuckergehalt (Cl. Bernard). Dasselbe geschieht nach Durch-
•shneidung der n. splanchnici (Graefe, Hensen). In beiden
i 'allen sind die Gefässe der Unterleibshöhle erweitert. — 4) Wenn
tei Fröschen das Rückenmark gereizt wird, so wird der Harn
•) Vlrchow's Archiv. XI. Bd. 39G.
••) Schiff in Melasner's Jahresbericht fUr 1857. p. 258.
' »*•) 01. Bernard, Le9ons de Physiologie. 1854—1856. Paris 1855. — Moos, Pharmaz. Central-
Intt. 1858. 273. — Stoltvis, Wiener med. Wochenschrift. 1857. 285.— Sanson, Journal de
'Physiologie par Brown-SdqOard. 1. Bd. p. 244. — D e r sei b o, Pogglalo otc. ibidem 549'
312
Traubenziiolccr der Leber.
zuckerhaltig, eine Ersclieiuung, welche ausbleibt, wenn vorgäug
die Blutgefässe der Leber unterbunden waren (Schiff, Moos).
5) Nach der Durchschneidung des Rückenmarks unterhalb d4j
Halsanschwellung verschwindet der Zucker, aber das Amyloid i
noch nachweisbar. Da die Temperatur des Säugethieres nach dies^
Operation sehr beträchtlich (auf 24 "C.) herabsinkt, so war Bernai-
geneigt, den Gnind für die Abwesenheit des Zuckers darin /.
finden, dass die Te&peratur nicht genügt, um eine reichliche Uii
Wandlung des Glycogens in Zucker unter dem Einfluss der Gäl
rung zu ennöglichen. Dieser Erklärung widerspricht die Erfahruu,
dass in der todten Säugethierleber auch noch bei einer viel niedi
geren Temperatur die Umsetzung vor sich geht und dass ein gleiche
Erfolg nach Durchschneidung des Froschrückenmarkes von Moo
beobachtet wurde. Nach Durchschneidung des Rückenmarkes üb(
der Halsanschwellung verschwinden Zucker und Amyloid aus de
Leber (Bernard). — 6) Nach Durchschneidung des n. vagus ai
Halse mindert sich der Leberzucker sehr auffallend (Bernard]
jedoch nicht immer bis zum vollkommenen Verschwinden , wen
der Tod ungefähr 29 Stunden nach der Vervsoindung eintrat (Moos '
Der letzte Beobachter ist geneigt, die Ursache der Abnahme i
dem Allgemeinleiden zu suchen, welches die Durchschneidun
mit sich führte. — Durchschneidung der vagus unter der Brusthöhl
soll den Leberzucker unverändert lassen; Reizung des centrale!
Stumpfes eines am Hals durchschnittenen vagus ihn mehrei
(Bernard). — 7) In fieberhaften Krankheiten verliert sich, voraus
gesetzt, dass die Thiere sich der Nahrung enthalten, der Zucke
vollkommen. Nehmen die fieberkranken Thiere Futter zu sich, wi(
dieses z. B. die Pferde thun, so verschwindet zwar der glycogen«
Stoff aus der Leber, nicht aber der Zucker (Bernard). — 8) Di(
Leber eines Thieres, das bis zur Todeskälte (18 — 20 C.) abgektihl
ist, verliert den Zucker, behält aber das Amyloid. Wird das Thiei
wieder erwärmt, so kehrt der Zucker wieder. Ein auf 50 — 60*
erwärmtes Thier büsst das Amyloid und den Zucker ein (Bernard).—
9) Zur Zeit der bestehenden Milchabsonderung in den Brüsten sol
der Leberzucker nach Moos vermehrt, nach Bernard in Menge
unverändert sein. — 10) In dem sog. Diabetes mellitus ist der
Zuckergehalt der Leber vermehrt (Bernard, Stokvis). —
11) Der Leberzucker ist reichlicher vorhanden nach Vergiftung mit
Curare, vorausgesetzt, dass eine künstliche Athmung eingeleitet
wurde (Bernard). Dasselbe geschieht nach Einspritzung von
Traubenzucker der Leber.
313
Aether und verdünnter Ammoniaklösung in die Pfortader (Harley)
und nach Einathmung von Aetherdämpfen (Reynoso).
Für die ausgesprochenen Behauptungen stehen die Thatsachen der folgenden
Tabelle (wenigstens theilweise) ein :
Beobachtnngs-
^egenstand.
Mensch.
Hund.
iln diesen Be-
'')bachtiingen
»wurden die
rrhiere gleich
nach der
; Fütterung
getödtet.
Hund.
/l.
2.
[3.
14.
je.
[7.
8.
ö"
10.
11.
12.
13.
Bemerkungen.
Plötzl.Tod; nüchtern.
„ „ im Magen
Speisen.
„ „ 2 Tage nach
dem Tode
untersucht.
Magen leer.
„ „ Diabet.mell
„ ,, Diabet.mell.
Magen voll
Speisen. 40
Stund, nach
dem Tode
untersucht.
„ „ Verdauungs-
zeit.
Fleischnahmng.
») >j
Brod und Fleisch.
Drei Tage nur mit Mehl
und Zucker.
Sechs Tage allein mit
Mehl.
Nahrung aus ungesalz.
Speck.
„ aus Schweine
schmalz.
„ aus Leim.
„ aus HammelS'
füssenfett.
Mehl.
Kartoffeln , Amylon,
Zucker.
Stägiger Hunger.
Nach 8 tägig. Hunger
Fleisch.
Prozentgehalt an Zucker
in dem Leber-
gewebe.
Kaninchen.
0,79
2,14
1.1
2,3
1,79
1,55
1,9
1,4
1,7
1,3
1,3
1,9
1,5
0,9
0,6
1,33
1,65
1,25
1,88
0
1,3
in der Pfort-
ader.
in der Leber-
ader.
Beobachter.
'Bemard.
' Stokvis.
>C1. Bemard
> Stokvis.
2,17
2,70
Nach Moos gaben 500 6r. Kaninchen normal 0,7 Gr. Zucker, milchgebend
5,3 Gr., nach Vagus Durchschnitt (Tod nach 23 Stunden) im Mittel 0, l Gr.— 500 Gr.
innd unter den letzten Bedingungen (Tod nach 29,75 Stunden) 0,09 Gr. Zucker.
e) Ino8it(Cloetta)*). — f) Milchsäure (v. Bibra)**).—
) h) i) Olein, Margarin (Stearin und Palraitin), Chole-
•) LIebig's Annalcn. 99. Bd. 289.
**) V. Bibra, Cbemlacho Fragmente Uber Leber und Galle. Brannuchw. 1849.
314
Fette und andere Bestandtheile der Leber.
I
Stearin. Der Gehalt der Leber an Fetten kann sehr veränd'
lieh sein. In der gesunden Leber scheint er mit dem allgemein
Fettreichthum des Körpers zu wachsen; jedenfalls mehrt er sii
mit dem Fetti-eichthum der Nahrung. Diesen letzten, schon vo
Magendie, Gray, Laue u. A. behaupteten Satz beweist Fr«
richs*) dadurch, dass er Hunde, denen er ein Stückchen Leb<
ausgeschnitten, mit fettreicher Nahrung füttert; 22 Stunden naq
Beginn der letztem steigt schon der Fettgehalt der Leber merklich ai
und nach 8 X 24 Stunden ist die Leber mit Fetten aufs Reicl
liebste erfüllt. Wh-d dann umgekehrt fettarme Nahrung gereich
so schwinden nach einiger Zeit die Leberfette wieder. Die Fet
werden in das Innere der Leberzellen, welche sich dabei vergrössei
als Körnchen und Tröpfchen, zuweilen auch als Krystalle abi^
lagert. Wenn die Füllung der Leber mit Fett im Steigen begrifit
ist, so scheinen sich zuerst die Zellen, welche in der Nähe d(
Ringvenen liegen, und dann erst die Nachbarn der Mittelvenen nj,
Fett zu sättigen. — Ausser in den Zellen soll auch das Fett
den Gallengängen frei vorkommen (Vogel, Wedl), ein Verhalte
das wegen des Fettgehaltes der Galle schwerlich bestritten werdi
kann. Krankhafter Weise häuft sich auch bei sonst abgemagerfc
Individuen Fett in der Leber an. — k) Gallensäuren**). S
finden sich jeder Zeit in der Leberflüssigkeit; da sie im Pfortad(
und Lebervenenblut der Säugethiere fehlen (Lehmann) und l
Fröschen im Blut auch nach Ausschneidung 'der Leber nie
beobachtet werden (Kunde), selbst dann nicht, wenn jeneThie
die Ausschneidung ihrer Leber 21 Tage überlebt haben (Mol
Schott), so sind sie unzweifelhaft als eine chemische Neubilduj
der Leber anzusehen. Die mikrochemische Reaktion hat sie i
einen Bestandtheü des Leberzelleninhaltes nachgewiesen. — 1) Ein'
in Chloroform löslichen und daraus in rothen KrystaUen ai
schiessenden Farbstoff (Valentiner ***). Nach dem Entdeck
dieses Verhaltens mit Haematoidin, nach Brücke sicher ii
Gallenbraun identisch. — m) Andere im Weiteren unbekani
Farbstoffe; die letztern insgesammt werden in den Leberzellen i
getroffen — n) Harnsäure (Cloetta). — o) Xanthogl
bulin (Scherer) t). — In kranken Lebern, insbesondere 1
*) Klinik der Leberlirankheiten. I. Bd. 285 ff.
*•) Kunde, De liepatis ranarum exstlrpatlone. Berlin 1850. — Moleschott, Arch. für pl
Heilkunde. XI. Bd. 479. — Honle's Allgom. Anatomie. 1841. 903.
••») GUnsburg's Zcitsclirift. Dezember 1858. Wiener akad. Berichte. März 188».
t) Würzburger Verhandlungen. VII. Bd. 262.
Salze der Leber.
315
Typhus, Pyaemie, bösartigen Wechselfiebern u. s. w. Leu ein,
Tyrosin (Freriehs, Staedeler) *), Sarkin und zuweilen
Cystin (Scher er). Wenn diese letzteren vier Körper reichlich
auftreten, so ist meist die Zucker- und Gallenbildung beeinträchtigt. —
p) Die Leberasche **) ist von Oidtmann zerlegt; die folgenden
:Zahlen sind von denselben Individuen hergenommen, welche schon
idie Milzasche lieferten (p. 302). In 100 Theilen enthält die Leber .
imd die Leberasche:
Mann.
Kind.
Wasser ....
74,0
82,50
Anorgan. Stoße . .
1,1
0,91
Chlor
2,50
4,21
PhOs
49,37
42,75
SO3
0,91
0,91
SiOs
0,27
0,18
KO
25,17
34,72
NaO
14,47
11,27
CaO
3,02
0,33
MgO
0,19
0,07
FeaOs
2,75
2Mn03 . .• . .
0,10
CuO
0,05
1 5,45
Pb
0,01
Phosphorsaure Erde
Die Asche reiht sich an die der Blutkörperchen, Milz, Muskeln
I urch ihren Gehalt an KO und PhOa. Eigen ist ihr Reicbthum an
und Pb. Nach Ftitterung mit unschädlichen Kupfersalzen
•Stearin und margarinsaures CuO) kann das CuO zu 0,02 pCt. der
' Buchten Leber steigen (Staedeler). Im jugendlichen Individuum
inthält die Leber weniger Cu als im Erwachsenen (Devergie,
llunk).
Quantitative Analysen der ganzen Leber siehe bei Bibra.
3. Vergleichung des Blutes in der Pfort- und Leberader. Das
^'fortaderblut ist bis dahin in seiner qualitativen Zusammensetzung
yenig abweichend von dem der andern Venen gefunden worden.
■) Fre rieh g, Klinik der Leberkrnnkhelten 181.
' ••) Oidtmann, die anorgan. Beatandthelle der Leber und Milz, Linnich 1858.— Bibra,
' e- — Lan gen beck und Staedeler, Ucbcr die Wirkung der Verbindungen dos Kupferoxyds
itt fetten Säuren. ZUricher Mltthellnngen. 1865. — Münk , De onpro In organlca etc. obvlo. 1856.
316
Blut der Pfort- und Loberader.
Dieses gilt selbst für das Blut, welches zur Zeit der Verdauung l|
den ausgedehnten Wurzeln der Pfortader vom Darminhalt umspi
worden ist. Wenn man diese Erfahrungen nicht auf die Mang'
haftigkeit der analytischen Hilfsmittel schieben will, so bleibt nii
die Annahme übrig, dass, ganz günstige Fälle ausgenommen, dl
Menge von Flüssigkeit , welche durch den Dififusionsstrom aus de \
Darmkanal in die Gefässröhren gefördert wird, verschwindet geg<
die, welche der Blutstrom selbst in sie führt. Mit dieser letzt<)
Annahme stimmt auch die quantitative Zusammensetzung des Serum
welches 5 und 10 Stunden nach der Fütterung analysirt, gleicl
Zusammensetzung bot (Lehmann). Auffallender Weise gab d;
gegen diesem letztern Beobachter das gesammte Pfortaderblut d»
Pferde 10 Stunden nach der Fütterung 0,4 pCt. Extrakte und di
ungeheure Quantität von 8,6 pCt. Wasser mehr als 5 Stunden na^
derselben. Diese Abweichung, welche bei gleicher Zusamme
Setzung des Serums nur bedingt sein könnte durch eine Veränd
rung in der Menge der Blutkörperchen, verdient mit Zuhilfenahi
der Färbekraft bestätigt zu werden. — Unter Hinweisung a
p. 33 d. B. dürfte hier noch Folgendes hervorzuheben sei
a) Die rothen Scheiben im Blut der Lebervenen sollen, wie 1.
schon geschildert wurde , in Gestalt und ehem. Reaktion von deiii
des Pfortaderinhaltes abweichen; ebenso sei auch ihre Zahl i
Verhältniss zu den farblosen geringer. Daraus hat man theils ai
eine Neubildung, theils auf eine Entfärbung vorhandener Körpc
eben schliessen wollen. Seitdem man jedoch die durch den Blr
sti-om selbst herbeigeführte Vertheilung der Körperchen in den V(
schiedenen Gefässstücken genauer berücksichtigte, ist man geneii
jene Thatsachen dahin zu deuten, dass sich wegen des langsami
Stroms .in der Leberader die rothen und weissen Körperchen dort a
häufen möchten. Eine Unterstützung hierfür zieht man aus den Beobac
tungen von Lehmann, nach welchen der Wassergehalt des Pfoi
aderblutes den des Leberblutes um 8 bis 9 pCt. übertriflft. "Dei
nähme man in der That an, dass in der Leberader die Körperchi
gerade so rasch strömten, als in der Pfortader, so würde d
Unterschied des Wassergehaltes nur aus einem Verlust an Was*
in der Leber abgeleitet werden können, und wohin sollte es si(
dort verloren haben? (p. 31.) — b) Früher glaubte man, gestüt
auf die Angaben von Bernard, dass unter allen Umständen, m
selbst nach reichlichem Genuss von Zucker nur ausnahmsweii
dieser Stoff" im Pfortaderblut gefunden werde. In dieser Ausde
Blut der Pfort- und Leborader.
317
nung ist jedoch die Sache nicht bestätigt worden. Allerdings finden
Leconte, Lehmann und Poggiale nach Hunger und Fleisch-
nahrung für gewöhnlich keinen Zucker in der Pfortader , aber nach
Fütterung niit Amylon und Zucker ist der letztere Körper von allen
Beobachtern übereinstimmend gefunden worden, und dazu ist von
Sansou nicht allein im Blut überhaupt, sondern auch in den
Muskeln, der Lunge u. s. w. ein dextrinartiger Körper nachge-
wiesen , welcher durch Gährung in Zucker verwandelt wird. Dieses
bestätigten Bensen, Bernard und Poggiale für den Fall, dass
die Thiere kurz vor dem Tode reichlich mit Amylon gefüttert
wurden. Das Amyloid fehlt dagegen sowohl im Blut, als auch in
allen andern Organen, die Leber ausgenommen, wenn die Thiere
allein mit Fleisch oder einer schwach amylonhaltigen Nahrung ge-
gittert werden (Bernard, Poggiale, Sanson). Endlich ist
auch gefunden worden , dass das arterielle Blut meist mehr Zucker
untbält, als das der Haut- und Muskelvenen (Harley, Chaveau),
i!0 dass möglicher Weise auch das der Arteria hepatica noch Zucker
flihrt, wenn er selbst dem Blut der Vena portarum fehlt. Fasst man
Alles zusammen, so ergiebt sich, dass es Fälle giebt, in welchen
;las zur letzteren strömende Blut vollkommen frei an Kohlenhydrat
}8t, während das aus ihr hervorgehende zuckerhaltig ist, und dass
Da andern Fällen der Leber zwar Kohlenhydrate zugeführt werden^
liass diese aber an Menge dem Traubenzucker nachstehen, welche
ii;urch das Lebervenenblut abströmen. — Die Kohlenhydrate und
aasbesondere Rohrzucker, welcher durch die vena portarum ein-
ttrömt, soll in der Leber in Traubenzucker umgewandelt werden,
i'idem die Lebervene nur diesen letztern enthält (Bernard). —
)) Brown-Sequard *) bestätigt dieAngabevon Lehmann, dass
>.as Lebervenenblut des Hundes , wenn es am lebenden , gallen-
Öt.bsondeniden Thier aufgefangen wird, nicht mehr von selbst ge-
[linnt. Zuweilen gerinnt es jedoch noch, und zwar dann, wenn
me Brown-Sequard venmuthet, die Gallenabsonderung unter-
rrückt ist. Das aus dem todten Thier gewonnene Blut ist meist
;eronnen.
Ueber die Zusammensetzung des Bluts in der Leberarterie und
ttsbesondere über seine Veränderungen beim Durchgang durch die
»eher ist nichts bekannt.
4. Von dem Strom des Leberblutes. Die Richtung des Stroms
1 den Blutgefässen der Leber wird für gewöhnlich von der Porta
*) Journal de la Physiologie. I. p. 2U8.
318
BlutstrojD in der Leber.
ZU der Lebervene gehen ; doch ist wegen der Abwesenheit aller Klapi) i
in den Leber- und Pfortadei*venen und der leichten Ausdehnbark^
der Darmgefässe auch das Umgekehi-te möglich. — Die Geschwind!
keit des Stroms in der Pfortader muss unter Voraussetzung gleich
Widerstände in und jenseits der Leber veränderlich sein; d<
einmal sind die Durchmesser der Blutgefäss capiUaren in den W
düngen der Unterleibsdrüsen veränderHch, wie die in diesen Orgau
vor sich gehende Saftbildung, die insbesondere zunimmt zur Z
der Verdauung; da nun in den weiteren Röhren die Reibung
lativ zur durchgehenden Blutmasse geringer ist, als in den engei
so muss während der Verdauungsperiode das Blut mit grosse
Kraft in die Pfortader einsti'ömen, als in anderen Zeiten. Da
vnrd aber auch bei jeder nicht allzutiefen Inspiration die schln
Masse des Bauchinhaltes zusammengedi-ückt , entsprechend ■
lü'aft, mit welcher das Zwerchfell sich zusammenzieht, und die
Druck muss nothwendig das Blut in der Pfortader beschleunig*
das dm-ch die steife Leber seinen ungehemmten Ausweg findet.
Aber auch bei gleicher Triebkraft muss die Geschwindigkeit v
änderlich sein, weil die Lebergefässe selbst unter dem Einfli
ihrer ungleich erregten Nerven verschiedene Durchmesser annelm
und weU die Widerstände namentlich jenseits der Leber in (
Brusthöhle gar nicht unbeträchtUch variabel sind. Bei jeder
spiration mindert und bei jeder Exspiration mehrt er sich bekan
lieh. So deuten also alle Umstände darauf hin, dass in der
wöhnlichen Ausathmung das Fliessen langsamer und in der E
athmung rascher ist. — Aehnliches gilt auch für den Strom in (
Leberarterie. — Ueber das Verhältniss der .Geschwindigkeiten
den beiden Gefässen pflegt man sich gewöhnlich dahin aus
dx'ücken, dass die Strömung in der Leberarterie viel rascher
in der Pfortader sei, weil die lebendige Ki-aft des frisch aus d
Herzen dringenden Arterienblutes weit bedeutender sei , als die (
Pfortaderblutes, das aus den Darmcapillaren zurückkehrt, währe
die Hemmungen, welche beiden in der Leber bevorstehen, vi
kommen gleich seien. Man bedenkt dabei nicht, dass auch
grosser Theil des Blutes der a. hepatica durch zwei Capillar
netze, die beide in der Leber liegen, wandern muss. Zudem
es fraglich , ob das Blut in den Damcapillaren sehr bedeutend ,
hemmt wird; denn das Bett der Darmarterien erweitert sich d
Anschein nach beim Uebergang in das Capillarensystem der.Dai
und Drüsenwände viel beträchtUcher, als das der Leberarterie
Blutstrom in der Leber.
319
ihrer Vertheilung in vasa vasorum. Unter dieser Voraussetzung
würde aber nach bekannten hydraulischen Grundsätzen der Theil
des Leberarterienblutes, welcher durch die vasa vasorum ginge,
mehr gehemmt , als das Blut in den Darmcapillaren. Endlich wirkt
i auch das Blut der Pfortader hemmend auf das der Leberarterien,
1 denn beide münden in dasselbe Capillarnetz.
Die absoluten Werthe der Geschwindigkeit sind nicht bekannt;
iman vermuthet, dass der Strom in der vena portae sehi' langsam
; sein möchte. Dafüi- spricht aber nicht einmal die Theorie ; denn
: gesetzt , es besässe das Pfortaderblut nur schwache lebendige
Kräfte , so würden sie doch hinreichen , um bei geringen Wider-
• ständen in der Leber immer noch eine Geschwindigkeit zu erzeugen,
idie, verglichen mit der des Kreislaufes überhaupt, beti-ächtlich ge-
jnannt werden könnte. Nun spricht die enorme Zahl der Leber-
icapillaren und demnach der langsame Strom in ihnen sehr dafür,
idass das Blut in der Leber wenig Hindernisse erfährt, und die
Einfügung der Lebervene in die untere Hohlvene geschieht an einer
iso günstigen Stelle, dass jenseits der Leber dem Strom die mög-
1 liehst geringe Hemmung entgegensteht. Mit dieser Anschauung
r stimmt die Erfahrung von Volk mann, welcher den Centi-alstrom
lin den Mesenterialcapillaren eines Hundes gerade so geschwind
Ifand, als Vierordt den der Retinacapillaren.
In den Capillaren der Leberinseln wird der Strom jedenfalls
1 langsam sein aus schon angeführten Gründen, aber trotzdem wird
• dennoch durch die Gesammtsumme derselben sehr viel Blut gehen,
ida die Räumlichkeit eines Durchschnittes durch ihr Gesammtlumen
'den grössten Querschnitt der Leber um Vieles übertreffen muss;
•denn von der Fläche eines jeden Partialschnitts derselben gehört
den Gefässöffnungen mindestens ein Dritttheil zu; und wie oft kann
Mich bei dem geringen Durchmesser und dem kurzen Längsverlauf
(der Capillaren dieser Antheil in der dicken Leber wiederholen.
Die Spannung des Blutstroms muss dem Vorstehenden gemäss
gewiss ebenfalls variiren; unter Umständen steigert sich diefselbe
iin den Lebercapillaren so beträchtlich, dass eine sehr merkliche
»-Ausdehnung der Leber erzeugt wird (Anschoppungen der Leber).
lUeber ihren absoluten Werth ist nichts bekannt.
5. Galle im engern Wortsinn. Die Flüssigkeit in den gi-össern
l Lebergängen und der Gallenblase ist ein Gemisch des Absonde-
f rungsproduktes der Leberzellen und der Schleimdrüsen. Aus diesem
' Gemenge lassen sich zum Theil nur vermuthungsweise die Bestand-
320
Leber; öalle.
theile ausscheiden, welche aus dem Inhalt der Leberzellen au
getreten sind. Wir zählen zu ihnen : taurocholsaures (und glycocho
saures) Natron, Lecithin (Gobley)*), Cholestearin , Olein, Mai
garin, Biliphain und Biliverdin, Traubenzucker**) (Stokvis,
Frerichs), Chlornatrium, kohlensaure und phosphorsaure Kalk
und Talkerde, Eisenoxyd, zuweilen Kupferoxyd, Wasser. — Diesi
Lösungsgemenge reagirt, vorausgesetzt, dass ihm kein Schlei i
beigemengt ist, neutral.
Gorup ***) spricht der Menschengalle die Glycocholsäure ab, weil er unter dui
Zersetznngsprodukten der Galle kein Glycin fand. Strecker f) zeigte schon frühi'
dasselbe Verhalten für die Hundegalle. Unter dieser Voraussetzung würde das Au
treten von Hippursäure im Harn schwer begreiflich sein , da sich diese im Blut unti
Zuhilfenahme des Glycins der Glycocholsäure bildet (Kühne und Hallwachs). -
Galle , welche unmittelbar aus den Lebergängen oder nur nach kurzer Anwesenheit i
der Blase aufgefangen wird, enthält nur Gallenbraun, aber kein Gallengrün. D(
letztere Farbstoff geht also erst während des Aufenthalts der Galle in der Blase ai
dem erstem hervor, eine Umwandlung, welche nach den Untersuchungen von Heintzf-
auf einer Oxydation beruht, indem l Atom Gallenbraun (CajHigNsOo) unter Aufnahn
von 1 Atom Sauerstoff in 2 Atome Gallengrün (CioHgNOs) zerfällt. —
In der frischen Galle des Hundes findet Bernard keinen Zucker; Mösl er bi
merkte ihn hier erst dann, wenn grössere Mengen in das Blut eingespritzt waren. W:
in den Harn, so geht auch in die GaUe der Eohrzucker leichter über als der Traube)
Zucker, d. h. es müssen grössere Mengen von der letzteren Zuckerart, als von di
ersteren im Blut vorhanden sein, wenn er in der Galle gefunden werden soll. — 1
der Menschengalle, selbst in der möglichst frischen, bemerkten Zucker Stokvis un
Frerichs; Bernard vermuthet, dass er durch eine nach dem Tod eingetretei
Diffusion aus der Leber dorthin gekommen sei. — Aus dem Blut gehen ausserdei
wenn sie dort vorhanden sind, in die Galle über: KJ und CuOSOs; es treten dageg(
nicht über : E.0 NOs , 2 Hg Gl , Chinin ; Benzoesäure erscheint in der Galle nicht a
Hippursäure (Mosler).
a. Die Zusammensetzung der Galle f ff) ist veränderlich : 1) mi
der Nahrung. Ein reichlicher Zusatz von Wasser zu einer hi:
reichenden Brot- oder Fleischkost, und ebenso Entziehung d(
Nahrung mindert den Prozentgehalt der festen Bestandtheil
(Bidder, Schmidt, H. Nasse, Arnold). — 2) Bei genügende]
Nahrung aus Fleisch ist die Galle reicher an festem Rückstanc
•) Chemisches Centraiblatt 1856. p. 879.
*») Stokvis, Wiener med. Wochenschrift. 1857. p. 238. — Frerichs, Klinik der Lebe
krankheiten. I. Bd. 90. — Mosler, Deber den üebergang von Stoffen aus dem Blut in die GaUi
Glessen 1867. — Bernard, Legons. I. Bd. 1857. p. 94.
•»») Prager Vierteljahrsschrift. 1851. HI. Bd. 86.
t) Liebig's Annalen. 70. Bd. 149.
tt) Lehrbuch der Zoochemie. Berlin 1853. p. 791.
ttt) Bidder und Schmidt, Die Verdauungssäfto. Leipzig 1852. p. 125 und 212. — H. Nasse
Commentatio de bilis quotidie a cane »ecreta etc. Marb. 1851. — Arnold, Die physiologlseh
Anstalt Heidelbergs. 1858. p. 91.
Leber; Galle, Voräiulerlichkeit der Zusammensctzimg.
321
als bei genügender Brodualming (Arnold). Hierbei versteht man
unter gentigender Nahrung eine solche, bei welcher das mittlere
Körpergewicht sich gleich bleibt. — 3) Die Galle verliert dm-ch
einen längern . Aufenthalt in der Blase Wasser, und zwar in einem
solchen Grade, dass die Blasengalle in 100 Theilen meist doppelt
}0 viel festen Rückstand enthält, als die aus den Lebergängen auf-
lufgefaugene. — In der Blase ändert sich die braune Farbe der Galle
n die grüne (Bidder, Schmidt). Auch soll sich in ihr die
Grallensäure in harzige Produkte umsetzen (Mulder). — 4) Der
ff'assergehalt der Galle, welche bei Nacht abgesondert wird, ist
itwas niedriger, als der am Tage gelieferte (H. Nasse). — 5) Die
ochwankungen , welche die Prozente des festen Rückstandes be-
reffen, rühi-en vorzugsweise von einer Veränderlichkeit der organi-
chen Bestandtheile her, während der Prozentgehalt an Salzen sich
imnähernd gleich bleibt (H. Nasse). — 6) Der Gehalt der Galle
i.n festen Bestandtheilen steht in keiner nothwendigen Beziehung
m der Geschwindigkeit der Absonderug, so dass z. B. der erstere
II dem Grade abnimmt, in welchem der letztere zunimmt.
Die Schwankungen des Prozentgehalts der Galle an festen
tiestandth eilen wechseln nach Bidder und Schmidt bei Säuge-
niereu zwischen 1,2 bis 11,0 pCt.
Ueber die quantitative Zusammensetzung der schleimhaltigen
lenschengallen besitzen wir Untersuchungen von Frerichs*) und
' orup **). Das Beobachtuugsmaterial bezog Gorup aus den
(eichen zweier Hingerichteten.
Gallensaures Natron
Margarin und Olein . .
Schleim- und Farbstoff
3MgO
3 CaO
POö
h
FeiO\i Spuren,
Frerichs.
Gorup.
85,92 —
89,81—82,27
. 9,14 —
5,65—10,79
■ 0,26)
. 0,92)
3,09— 4,73
. 2,98 —
1,45— 2,21
0,20\
0,25i
0,28> 0,77 —
0,63— 1,08
0,04]
' •) Schercr's Jnliresbericlit für physiologische Chemi« für 1846, p. HS.
") L. c.
Lnüwlg, Physiologie II. ü. Auflage. 2^
322 Geschwindigkeit der Gallenabsondorung. j
Diese Zahlen deuten zwar auf kein festes Verhältniss zwiscl
den einzelnen- Stoffen der festen Bestandtheile hin, doch schein)!
die Salze ungefähr wie die Gallensäuren zuzunehmen. Die an;i'l
tische Methode der Galle, welche von Frerichs herrührt, sie
bei Heintz *).
b. Geschwindigkeit der Gallenabsonderung. Wir verstel
hierunter den Quotienten aus dem Lebergewicht in die Gall
menge, welche während einer beliebigen (aber jedesmal fest
setzten) Zeiteinheit aufgefangen wurde; dieser Ausdi-uck ist ai,
auch gleichbedeutend mit der Galleubildung in der Einheit d|
Leb erge wich ts. Wenn man nach einem Mittel sucht, um die
verschiedenen Thieren gewonnenen Beobachtungen vergleichbar
machen, so verdient der soeben aufgestellte allgemeine Maasssi
jedenfalls den Vorzug vor dem gebräuchlichen Quotienten der Galla
menge in das Körpergewicht. Denn es bildet sich nicht, wie
z. B. mit der Kohlensäure der Fall, an allen Orten des Organ
mus Galle , sondern nur in der Leber. Darum dürfte statt des G
wichts der Leber nur dann da des Gesammtkörpers substituirt werde
wenn ein bestimmtes Verhältniss zwischen diesen beiden letzt
Gewichten nachgewiesen wäre; bekanntlich ist dieses, wie zu <
warten, nicht der Fall**). — Da nun aber gerade in den grün
liebsten und ausführlichsten Beobachtungen über Gallenmenge, welc
Bidder und Schmidt angestellt haben, das Lebergewicht fei
und selbst da, wo es bestimmt wurde, dieses nach ihrer eigen
Aussage nicht mit allen Cautelen geschah, so ist man für c
meisten Fälle beschränkt auf den Vergleich zwischen den versch
denen Absonderungsmengen eines und desselben Thieres.
Die Galle gehört zu denjenigen Säften, welche während c
ganzen Dauer des Lebens gebildet werden, so lange die norn
gebaute Leber vom Blut durchströmt ist. Sehr zu beachten ist «
dass nach Abschliessung des Pfortaderblutes die Absonderung nie
aufhört, vorausgesetzt, dass die Leberarterie noch wegsam
(Gintrac, Ore, Andral, Frerichs)***). In den beobachtet
Fällen bleibt es freilich wegen der von Devalez beschrieben
Verbindung der Pfort- und Zwölffingerdannader ungewiss, ob all
Pfortaderblut von der Leber abgeschnitten war. — Die ünterbi
•) L. c. p. 930.
•*) Bidder und Schmidt, 1. c. p. 152.
***) Frerichs, Klinik der Leberliranliheiteli. 257. — Ot6, Conipt. relid. 43. Bd. Sept. 1856.
Bornard, Levons sur les liquides. II. Bd. 1859. 196.
Abhängigkeit der Gallenabsondoriing von der Nahrung.
323
dnng der Leberarterie bei Kaninchen scheint dagegen die Abson-
derung Zinn Stillstand zu bringen (Kottmeyer)*). Für das Gegen-
thcil wird Ledieu citirt, welcher nach Obliteration der Arterie
beim Menschen die Absonderung fortdauern sah.
Die Absonderungsgeschwindigkeit der Galle ist jedoch beträcht-
lichen Aenderungen untemorfen. 1) Fester Rückstand der Galle. ^
la) Nach gänzlicher Entziehung der Nahrung nimmt die Menge der-
selben beti'ächtlich ab; aber selbst Katzen, die 10 Tage lang ge-
hungert hatten, entleerten noch Galle. Arnold**), der am Hund
die Gallenabsonderung von der 18. bis 42. Stunde der Hungerzeit
■Stunde um Stunde verfolgte, fand, dass der feste Rückstand auf- und
»abschwankte; namentlich erreichte Morgens und Abends die Menge der
festen Galle ein Maximum und Mittag und Mitternacht ein Minimum. —
b) Der Einfluss der genossenen Nahrung macht sich in der Weise
>geltend, dass einige Zeit nach derselben die Absonderung der festen
! Gallenstoffe steigt und nach Verfluss von einer (Arnold) ***), von
izwei bis vier (Voit) oder gar bis zu 14 Stunden (Bidder und
•Schmidt) ihr Maximum erreicht und von da zuerst rascherund dann
langsamer absinkt. Diese Unbestimmtheit für die Zeit des eintretenden
k>faximums ist wahrscheinlicher Weise bedingt durch die Verdau-
ilichkeit der Speisen und die Energie der Verdauungsorgane. — Der
iWerth des beobachteten Maximums steig-t mit der Menge der ge-
onossenen Nahningsmittel, woraus diese auch bestehen mögen,
rrorausgesetzt nur, dass sie befähigt sind, das Leben zu unter-
hhalten (H. Nasse). — Von einem sehr eingreifenden Einfluss er-
weisst sich endlich die Art der Nahrung. Ganz unwirksam auf
Ilie Steigening der Abscheidung ist der ausschliessliche Genuss von
i't'etten (Bidder und Schmidt), so dass sich hierbei die Gallen-
mbsonderung verhält, wie bei gänzlichem Nahrungsmangel; eine
ivrein vegetabilische Nahrung (Brod und Kartoffeln) steigert die Ab-
■onderung weniger, als eine reine Fleischkost (Schmidt, Bidder,
i. Nasse, Arnold), mageres Fleisch weniger als fetthaltiges,
Jnd ein Zusatz von Leber zur Nahrung scheint noch eingreifender
ils der von Fetten zu wirken (Bidder und Schmidt). Zusatz
I 'On kohlensaurem Nntron (H. Nasse) oder Quecksilberchlorür
II. Nasse, Kölliker und H. Müller) f) zur Nahrung mindern
•) Zur Kenntniss der Leber. Wtirzbnrg 1867. — Ledieu bei F r e r i c h a , 1. c.
"*) Das physiologische Institut Heidelbergs. 1868.
"*) Zur Physiologie der Galle. Mannheim 1854. — Volt, Physlolog.-cliom. Untersuchungen.
■Iburg 1857. p. 41.
t) Würzburger Verhandlangen. V. Bd. 231.
21 •
324
AbsonderungsgCBchwindigkeit des Gallenwassers.
den günstigen Einfluss anderer Speisen, — Beim Uebergang v
einer Kost zur andern tritt die entsprechende Wirkung dersclb
nicht sogleich , sondern erst einen Tag nach dem Nahrungswechl
hervor. — 2) Die Absonderungsgeschwindigkeit des Wassers c|
Galle ändert sich in dem Versuche von Arnold mit vollkommeri
Entziehung der Nahrung ungefähr ähnlich, wie die der fest'
Gallenbestandtheile. — Nach dem Genuss von Wasser mehrt si
auch das der Galle; der Zeitraum, welcher verfliesst zwischen d
Eindringen des Wassers in den Magen und dem Erscheinen in d<
Lebergang ist sehr wechselnd befunden worden. Ein Zusatz a
anderthalbfach kohlensaurem Natron zum Wasser vermindert d|
Ausscheidung dieses letztern durch die Galle (H. Nasse).
Hiermit ist die Aufzählung der Bedingungen für die GeschAMi
digkeit des Absonderungsstroms der Leber zwar noch nicht beend«!
aber sie kann nur durch die unbefriedigenden Worte weiter f
gesetzt werden, dass entweder die Individualität des Gesami
Organismus oder die der Leber ihn bestimmen helfe. Dass d
erste nothwendig, ergiebt sich schon aus einer Ueberlegung d
mitgetheilten Thatsachen ; denn die Nahrung wird, theilw eise wen i
stens, dadurch von Bedeutung für die Gallenabsonderung werdi
dass sie zunächst die Blutzusammensetzung ändert. Diese ist at
nicht blos eine Funktion der Nahrung, sondern sie ist auch s
hängig von den Zusätzen und den Verlusten, die dem Göfässinh:
in den verschiedenartigen Organen des Körpers zugefügt werd«
Insofern nun nicht in jedem Thier die Massen und Kräfte der V(
schiedenen Organe in demselben Verhältniss zu einander steht
muss auch das Resultat aus ihren Wirkungen verschieden ausfalle
d. h. trotz gleicher Nahrung wird die Zusammensetzung des Blut
und damit auch die Gallenabsonderung in verschiedenen Thier
abweichen. Aus einer ähnlichen Betrachtung könnte nun aber au
die Individualität des Lebergewebes abgeleitet werden, und (
unter dessen Einfluss die Gallenabsonderung vor sich geht,
muss sich die Geschwindigkeit derselben auch mit den Besond(
heiten der Leber verändern.
Um die Galle um enge zu erfahren, -welclie in der Zeiteinheit abgesondert wi
legt man nach dem Vorgang von Schwann meist permanente Fisteln der Qallenljli
an, nachdem man den gemeinschaftlichen Gallengang unterbunden hat. Die Beob«
tung beginnt man erst dann , wenn die Wunde vollkommen veniarbt und die in Fol
des operativen Eingriffs eingeti-etene Bauchfellentzündung gelioben ist. Bei Anwendp
dieses allerdings unschätzbaren Verfahrens hat man zu berücksichtigen: 1) Der J
schluss der Galle von dem Darmrohr verändert die Verdauung insofern, als sie <
t
Gallenfisteln; Bestimmung des LeborgowicLts.
325
Aufnalime der genossenen Fette iu das Bhit hindert oder mindestens erschwert ; zu-
gleich aber wird die Galle , welche unter nonnalen Verhältnissen in den Darmkana^
ergossen und von dort wieder in das Blut zurückgeführt worden wäre, jetzt aus dem
Itrcislauf des Lebens entfernt. Aus beiden Gründen magern die Thiore, vorausgesetzt^
dass man ihnen das Maass der im gewöhnlichen Leben hinreichenden Kost giebt, so
beträchtlich ab, dass sie in Folge davon zu Grunde gehen. Man muss also, um diesen
Ausfall zu decken, das Gewicht ihrer Nahrung steigern; aber eine einfache Deckung
desselben scheint nach den Beobachtungen von Arnold nicht zu genügen , sondern es
,muss ein sehr beträchtlicher Ueberschuss gegeben werden. Wenn sich diese interessante
;Entdeckung bestätigt, so kann sie nur durch die Annahme erklärt werden, dass bei
•der Anwesenheit der Gallenbestandtheüe im Blut der Stoffumsatz im thierischen Körper
ilangsamer als bei ihrer Abwesenheit vor sieh geht. Daraus resultirt aber, dass die
quantitativen Verhältnisse der Gallenabsondening nicht die normalen sein können.
Arnold ist geneigt anzunehmen , dass sie wegen der reichlichen Fütterung gesteigert
isein möchte. — 2) Die Zustände der Leber oder des Körpers überhaupt scheinen sich
sich während des Bestehens der Fistel allmählig dahin zu ändern, dass aus denselben
ijine Verminderung der Gallenabsonderung resultirt; es ist also die Gallenabsonderung
oei ein und demselben Thier zu Anfang und zu Ende einer länger dauernden Beobach-
eungsreihe nicht vergleichbar (H. Nasse).
Diesen Uebelständen suchten Bidder und Schmidt dadurch aus dem Wege zu
^ehen, dass sie temporäre Gallenfisteln benutzten, indem sie einige Stunden nach der
linlegung derselben, und namentlich bevor entzündlinhe Erscheinungen im Unterleibe
iiingetreten , die Galle auffingen. So sehr es nach den vorliegenden Beobachtungen
iilen Anschein hat, als ob dieses freilich nur für kurze Zeiträume verwendbare Ver-
jähren die obigen Bedenken ausschliesst, so wäre es doch wünschenswerth , an einem
iiind demselben Thiere beide Methoden zu benutzen, um sich von ihrem relativen
\iVerthe zu überzeugen. — 3) Der Ableitung und dem Auffangen der Galle aus der
L-'istelöffnung muss endlich die grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wird sie
dächt sorgsam entleert, und verstopft sich namentlich die Fistelölfnung , so dass der
ilt der Gallengefässe unter eine erhöhte Spannung kommt, so tritt ein Theil und
. r Umständen die ganze Galle in das Blut zurück (Kölliker und Müller), so
ilass aus der Fistel, selbst wenn sie nun eröffnet wird, gar keine Galle zum Vorschein
r.ommt. Um diesen Ausfluss zu reguliren, sind verschiedene Canülen angegeben, unter
■'Tinn die von Arnold empfehlenswerth zu sein scheint, indem ihre Anwendung
\ ortheil gewährt, dass die ausgetretene Galle in einen vor Verdunstung geschützten
zu liegen kommt. — Ein ganz eigenthümlicher Fehler wird in die Gallenbestim-
Ä noch dadurch eingeführt, dass der unterbundene und durchschnittene Gallengang
häufig wieder herstellt, so dass sich dann die Galle ganz oder theilweise wieder
n Darmkanal ergiessen kann. Im zweifelhaften Fall kann am lebenden Thier die
\ K lierherstellung des Gallengangs ermittelt worden durch eine Injektion der Gallen-
' läse mit Wasser, in dem gefärbte Partikolchen aufgeschwemmt sind. Erscheinen
■ im Koth wieder, so war dfcr Gang natürlich wieder hergestellt; meistentheils
i.stet den Dienst des eben vorgeschlagenen Mittels schon der Qallenfarbstofl'.
; Das Lebergewicht wissen wir bis dahin noch auf keine sichere Weise zu
i iiaerm Zweck zu bestimmen ; es würde natürlich für die Bildung dos vorhin erwähnten
|luotienton eigentlich nothwendig sein, entweder das Gewicht der Lebcrzellen für sich
' 1 kennen, oder die Leber jedesmal vor der Wägung in einen solchen Zustand zu ver-
';n, dass das Gewicht derselben jenen Zollen proportional wäre. Da nun aber aller
I
326
Zahlen über die Qallenmcngen
Wahrscheinlichkeit nach die Gewichte der Qallengäng - und Blutgefässhäuto mit detn
der Leberzellen proportional steigen, so wäre nur dafür zu sorgen, dass der Inha.
der Gallengänge und Blutgefässe yor der Wägung bis auf ein Minimum entfernt wird.]
Um eine Anschauung von dem Umfang der Absonderungs-Schwankungen zu ver-
schaffen , welche oben erwähnt wurden , geben wir einige Zahlen ; wir beschränken uns,
bei der Auswahl unter den vorhandenen auf die Beobachtungsresultate an Hunden und
Katzen , weil nachweislich die Galle der Grasfresser anders zusammengesetzt ist , als
die des Menschen.
Die folgende Tabelle ist nach Bidder und Schmidt entworfen; die Beobach-
tungsthiere sind Katzen , die Fisteln temporäre , die Beobachtungszeit immer drei
Stunden.
Citat
Termin der letzten
Beobachtete Menge.
Leber-
gewicht.
Quotient des
festen Rückst,
in das Leber-
gewicht.
Quotient de!
Wassers in
dos Leber-
gewlcht.
des
. Versuchs.
Fütterung v, dem
Versuch.
Fester
Rückstand.
Wasser.
2
2,5 St.
0,190 Gr.
2,751 Gr.
52,66 Gr.
0,0036
0,0522
A
4
iJ,U „
0,364 „
6,893 „
a9,i „
u^uuou
u,uoyo
5
2,0 St. V. Beginn
d. Versuchs 100
Gr. Wasser ein-
genommen.
0,362 „
3,574 „
85,6 „
0,0042
0,0417
7
12 St.
0,432 „
6,806 „
97,0 „
0,0044
0,0701
8
12 „
0,306 „
5,125 „
61,5 „
0,0050
0,0833
9
14 „
0,323 „
6,463 „
120,2 „
0.0027
0,0537
10
14 „
0,591 „
7,238 „
97,5 „
0,0060
0,0742
12
24 „
0,277 „
6,606 „
151,6 „
0,0018
0,0436
14
24 „
0,168 „
1,574 „
67,86 „
0,0025
0,0232
15
48 „
0,171 „
2,729 „
112,0 „
0,0019
0,0243
16
48 „
0,209 „
2,063 „
109,8 „
. 0,0019
0,0188
18
168 „
0,131 „
1,293 „
65,65 „
0,0023
0,0197
19
168 St. Thier
schwanger.
0,081 „
1,415 „
120,0 „
0,0008
0,0139
20
240 St.
0,094 „
1,033 „
83,97 „
0,0010
0,0123
Sehen wir von Versuch 9 ab, welcher stark aus der Reihe fäUt, so führen di
Eesultate dieser Beobachtungen auf die Behauptung, dass die Absonderungsgeschwin(
keit der festen Gallenbestandtheile von der 2. bis zur 14., ja 17. Stunde nach der Essenszf
im Waohsthum begriffen ist , dass sie von da ab aber absinkt und sich von der 24. bi
168. Stunde in annähernd gleichem Werthe erhält und von da bis zur 240. Stun«
sich sehr allmählig erniedigt. — Die Absonderung des Wassers geschieht dagegen nacl
einem sehr unregelmäasigen Modus.
Die folgenden Beobachtungen sind (die vier ersten von H. Nasse, die letatc
von Arnold) an Hunden mit permanenten Fisteln gewonnen; die Beobachtungszc.
ist 24 Stunden.
nach Bidder, Schmidt, Arnold, Nasse.
327
Gewicht des
Hundes.
f utter.
Rückstand
Wasser
Leb er-
gewicht.
Quotient
aus festem
UUCKStO, U.
Quotient
aus dem
Wasser u.
der Galle.
Leber-
gewicht.
Lober-
gewicht.
3,08 Kilo.
1,75 Kilo Fleisch.
6,74-2 Gr.
174,258 Gr.
299,5
0,0225
0,5818
3,54 „
Brod und Kartoffeln
nach Belieben.
6,252 ,,
164,548 „
,, ,,
0,0209
0,5494
p
1,4 Kilo Fleisch.
6,168 „
167,234 „
0,0206
0,5583
3,89 „
0,78 Küo Brod.
4,490 „
104,110 „
0,0150
0,3476
J,75 „
0,75 Kilo Fleisch und
0,340 Kilo Wasser.
2,89 „
88,03 „
460,0
0,0063
0,1914
j,00 „
0,47 Kilo Brod und
0,45 Kilo Wasser.
2,64 „
60,38 ,,
,, ,,
0,0057
0,1313
Eine Vergleichung dieser Beobachtungen ergiebt ausser den im Text mitgetheilten
lesultaten, dass die Absonderungsgeschwindigkeit in dem Hunde, ■welchen Nasse
i-eobachtete , um das 3 bis 4 fache diejenige in dem von Arnold beobachteten Hunde
Lbertraf. Der Grund ist theilweise wenigstens darin zu suchen, dass der erste Hund
m einem Zustand starb, der mit grosser Magerkeit und Blutleere verbunden war, in
■'olge dessen wohl das Gewicht der Leber geringer ausgefallen ist; wahrscheinlich war
»as Lebergewicht zur Beobachtungszeit, welche zu Beginn der ganzen Versuchsreihe
f.el, beträchtlich höher gewesen*). — Vergleichen wir nun aber auch den Arnold -
[•eben Hund mit den von Katzen gelieferten Zahlen, so finden wis, dass die mittlere
iigliche Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheile bei Hunden das tägliche
llaximum derselben bei den Katzen erreicht und übertrifft. Es muss dahin gestellt
1 leiben , ob dieses eine Folge der Verschiedenheit der Thiere oder der grossem re-
iitiven Futtermenge ist, welche bei Anwesenheit permanenter Fisteln verzehrt wird,
li'ie Geschwindigkeit der Wasserabsonderung ist bei Hunden sehr viel bedeutender, als
«ei den Katzen.
Aus den neueren Mittheilungen von Arnold ist femer hervorzuheben, dass
Kilogr. Hund täglich gab :
bei 58 Gr. Brodnahrung (auf den Kilo Thier) 9 Gr. Galle mit 0,26 Gr. Rückstand,
bei 96 Gr. Kindfleisch „ „ „ „ 11,6,, „ „ 0,54 „ „
bei Eiemahrung . . . - „ „ „ „ 9 „ „ „ 0,26 „ „
Berechnet man den festen Eückstand der Galle auf 100 Theile fester Nahrung,
I) ergab sich, dass von 100 Theilen trockenem Eindfleisch 1,99 trockene Galle und
>on 100 Theilen getrockneten Brodes 0,87 trockene Galle hervorgeht.
Der Versuch , aus den vorliegenden Beobachtungen an Thieren
ÜB Geschwindigkeit für die Gallenabsonderung des Menschen ab-
ixileiten, möchte freilich gewagt erscheinen; behält man aber im
lUge, dass das Tagesmittel derselben auch bei Menschen, je nach
'•) Bidder u. Schmidt beobachteten n.A. unter sehr verschiedenen Bedingungen und zu den
nrschiedcnsten Tageszeiten einen Hund 8 Woclien hindurch. Aus dem Vorsucli leiten sie ab, dass
tir Hund im Mittel täglich 8,45 Rlicltgtand und 155,30 Wasser - entleert habe. Die Lober des
"^90 Gr. schweren Thieros wog 278 Gr. Dieses würde einer AbsonderungsgeBchwindIgkeit von gar
HOZW fUr die festen Stoffe und von 0,5625 filr das Wasser entsprociien.
328
Chemisoho Vorgänge in der Lebcrzello.
iE
i
Individualität und Lebensart, bedeutend schwanken mag, so kam
man immerhin die bei Hunden beobaehteten Grenzfälle, welchi
für die Absonderungsgeschwindigkeit der festen Bestandtheil
== 0,0225 und 0,0057 waren, auch für solche annehmen, die ein
mal beim Menschen vorkommen können. Um mit Hilfe derselbe]
den absoluten Werth der täglichen Gallenmengc des Menschen ab
zuleiten, hat man darauf nur nöthig, die obigen Zahlen mit de:
mittleren Lebergewicht des Menschen (nach Huschke, offenba
zu hoch, = 2500 Gr.) zu multipliciren. Das Ergebniss diese
Operation würde sein, dass aus der Menschenleber täglich zwische
. 13 bis 45 Gr. fester Substanz austreten. Da nun die Mensche
gallen nach Frerichs und Gorup (nach Abrechnung von 1 bi
bis 2 pCt. Schleim) zwischen 8 und 16 Procent fester Bestandtheil]
enthalten, so würde die angenommene Menge des festen RUe
Standes entsprechen einem Gallengewicht, das zwischen 80 un
600 Gr. liegt. Da nun aber die Galle, welche jene Analytiker zei
legten, Blaseugalle war und diese nach Nasse ungefähr noc
einmal so conzentiürt ist, als die Galle des Lebergangs, so würd
man diese Gewichte verdoppeln können u. s. w. — So schwanken
unsere Grundlagen aber auch sind, sie flihren jedenfalls zu dej
Ueberzeugung , dass die Masse von Flüssigkeit, welche aus de
Lebergängen ausgeflihrt wird, keine sehr beträchtUche ist.
6. Chemische Vorgänge in der Leberzelle. Die Leberzell
darf als eine chemische Werkstätte angesehen werden, dere
Thätigkeit nicht allein an Umfang, sondern auch an. Art vei
schieden ausfallen kann. Insofern man die Art der Umsetzun,
in's Auge fasst, gewinnt es den Anschein, als ob sich zwei gan
verschiedene , gegenseitig ausschliessende Vorgänge hier entwickel j
könnten. Wollte man dieselben durch ihre Endproducte kenr
zeichnen, so könnte man den einen Bildungsakt den von Galleun
Zucker, den andern den von Leucin, Tyi-osin und Cystin nenner
Diese Unterscheidung rechtfertigt sich durch die Erfahrung, dass i:
dem Maasse, in welchem die ersten Stoffe in der Leber gefunde;
werden, die zweiten darin fehlen und umgekehrt. — Da der erst
Vorgang der gesunde ist, so werden sich die folgenden Betracl
tungen vorzugsweise auf ihn beziehen.
Die oft behandelte Frage, ob in der That die Galleusäure
der Gallenfarbstoff, das Amyloid oder der Traubenzucker in de»
Leber aus andern in sie eingeführten Atomen ihren Ursprun,:j
nehmen, scheint tinbedingt bejaht werden zu müssen. FürdieEnfl
Chornische Vorgänge in der Loberzello.
329
itehmig der Gallensänre in unserm Organ erheben sich der Mangel
m Gallensänre in dem zuströmenden Blut, und vor Allem das von
{nnde entdeckte und von Moleschott bestätigte gänzliche Ver-
chwinden der Gallenstoffe aus dem thierischen Körper, welcher
lit ausgeschnittener Leber längere Zeit fortlebt. Für die Neubil-
.ung von Gallenfarbstoff insbesondere spricht ausserdem noch die
ilinische Erfahrung, dass nach einer chronischen Verödung der
icberzellen die Darmentleerungen wenig braun gefärbt sind, ohne
lass sich Gelbsucht einfindet (Frerichs). — Die Entstehung der
Kohlenhydrate (der löslichen und unlöslichen Amyloider, des Trauben-
lückers, des Inosits und der Milchsäure) wird bezeugt durch die
(enge von Traubenzucker, welche mit dem Lebervenenblut fort-
i;römt, ohne dass überhaupt eine Zufuhr, oder wenigstens keine an
(enge entsprechende, von Kohlenhydraten stattfände. — Da nun
ie zuckerreiche und gallenbildende Leber noch andere Stoffe , ins-
!esondere Harnsäure, das der Zusammensetzung nach so nahe-
tehende Hypoxanthin und auch Cholestearin enthält, so erscheint
u annehmbar, dass auch diese Atomgruppen in der Leber
rren Ursprung nehmen. Unzweifelhaft erschöpft diese Aufzäh-
ing (Gallensäure, Gallenfarbstoff, Kohlenhydrate, Harnsäure, Hy-
)3xanthin, Cholestearin (?) noch nicht die Reihe von Neubildungen ;
?;nn einmal haben wir Andeutungen dafür, dass der Leber ein
eirmentkörper eigenthümlich sei , dann spricht die Erfahrung, dass
Iis Lebei-venenblut wärmer als alles übrige ist, dafür, dass hier
ssydationen irgendwelcher Art vor sich gehen, und endlich ist das
!jrhalten der Fette in der Leber eigenthümlich genug, um es min-
'.'Stens fraglich erscheinen zu lassen, ob sich nicht dort etwas beson-
rres mit ihnen ereignet. Man könnte allerdings die Erfahrung,
.sss nach dem Genuss von Fetten die Leber sich strotzend mit
Besem Stoff füllt, darauf deuten, dass der feinkörnige Rahm des
ttreichen Blutes in die Leberzellen filtrire, um so mehr, als be-
inntei-maassen die Galle ein Beförderungsmittel für den Durch-
rng der Fette durch wassergetränkte Häute ist; aber dieser Deu-
ing stehen doch auch Hindernisse entgegen, denn das Fett er-
iheint im Blut nicht in freien Tropfen, sondern umschlossen von
wer mit Wasser durchfeuchteten Haut ; durch sie hindurch gelangt
nicht in Anfänge der gallenführenden Kanäle, sondern in die
m diesen eingeschlossenen Lebcrzellcn, und zwar dort in eine
üssigkeit, mit welcher es sich nicht mischt, sondern gegen die es
'Opfenspannung entwickelt. Dazu kommt endlicli, dass das Fett
330
Chemische Vorgänge in der Leberzelle.
dort so mächtig werden kann, dass die ausgedehnten Zelici
die kleinen Blutgefässe bis zum Verschwinden ihres Hohlraum
zusammendrücken. Diese Thatsachen insgesammt thun dai
dass hier zum mindesten kein Durchsickern des Fettes in Fol^
höheren Druckes von Seiten des Inhaltes der Blutgefässe stat;
finden kann.
Zu den Stammatomen, aus welchen Taurocholsäure, Hanisäui
und Zucker hervorgehen, müssen unzweifelhaft die Eiweisskörpei
.gehören, da nur sie von allen Blutbestandtheilen Schwefel und s
viel Sticktoff mitbringen, als zur Darstellung der Gallen- und Harr
säure nöthig ist. Die Kohlenhydrate führen allerdings jene Ui
Sprungszeugen nicht mit sich, aber statt dessen lässt sich gelten^
raachen, dass beim Fleischfresser kein anderes Atom reichlic
genug vorhanden ist, um zur Entstehung von so viel Zucker Vei
anlassung zu geben. Dann ist auch die Entstehung der Gallei
säure an die des Leberzuckers sehr innig geknüpft, indem, wi
wir schon sahen, Gallensäuren und Zucker zu derselben Zeit un
in immer proportionaler Menge auftreten; so steigerte namentlic
ein reichliclies Mahl aus Fleisch die Bildung des Zuckers und dt
Galle zugleich. Woher der Gallenfarbstoff kommt, bleibt ungewiss
man hat ihn aus dem Blutfarbstoff (Kühne) oder auch aus de
GallensUuren (Frerichs und Staedeler) abzuleiten gesucht. Di
Thatsachen, welche man zum Beweis bringt, werden bei der Au
Scheidung des Farbstoffs und der Säure der Galle durch den Har
besprochen werden. — Wenn nun auch feststeht, dass die Eiweis;
Stoffe in den vorliegenden Zersetzungsprozess eingehen, so bleil
natürlich die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass sich nicht noc
andere Atomgruppen, wie z. B. die Fette, an der Neubildung bi
theiligen. Ob und wie dieses geschieht, wird sich erst darthu
lassen , wenn einmal die Zusammensetzung sämmtlicher neuer Atom
und das Mengenverhältniss , in dem sie auftreten, bekannt is
Dann erst wird sich eine chemische Gleichung von wahrem AVerl
entwickeln lassen. Um einen Fingerzeig für ihre Auffindung 2
gewinnen, wird es am nächsten liegen, annähernd die Menge vo
Harnsäure und Hypoxanthin der Leber im Vergleich zu den nei
gebildeten Kohlenhydraten zu bestimmen.
Selbstverständlich kann man nicht über Vermuthungen hinaul?
gehen, wenn man Rechenschaft geben will von den Bedingungei|i
welche jenen Umsetzungsprozess einleiten. Unter diesen dürfto*'
aber wohl eine Kolle spielen die Fermente, welche in dem Gewel
Chemische Vorgänge in der Leberzclle. 331
ind dem Blut der Leber beobachtet wurden; diese Annahme geht
üsotern über die blosse Wahrscheinlichkeit hinaus , als die Betbei-
.gung der Fermente an der Umwandlung des Amyloids in Zucker
rwiesen ist. Neben den Fermenten mischt sich unzweifelhaft der
<auerstoffgehalt des Blutes ein , weil ohne ihn die durch die Wärme-
dldung erwiesene Oxydation nicht möglich wäre; in der That ist
mch, wenn man aus der Farbe schliessen darf, das Lebervenen-
jlut sauerstofffrei. Unter diesem Gesichtspunkt gewinnt einmal das
ilinströmen von arteriellem Blut in die Gefässe der Leberinseln
tedeutung, und zugleich wäre es möglich, daraus zu erklären,
rarum zur Verdauungszeit , wo das Blut in den Darm- und Drüsen-
lapillaren des Unterleibs rascher und demnach noch sauerstoff-
altiger in die Pfortader fliesst, die Gallen- und Zuckerbildung,
issp. der Umsetzungsprozess in der Leber mächtiger wird. Diese
mschauung scheint unterstützt zu werden durch die ganz ähnlichen
lolgen, welche nach Durchschneidung der Gefässnerven eintreten.
Die Steigerung der Umsetzungen nach einer reichlichen Mahl-
sit könnte 'man, wie es wiederholt geschehen, aber auch
äarauf zurückführen, dass zu dieser Zeit die fermentirenden
Säfte der Kopf- und Bauchspeicheldrüsen im Pfortaderblut reich-
:cher vertreten seien. — Keben den Wirkungen , die man aus der
üufuhr des Sauerstoffs und des Fermentes ableitet, steht es aber
roch fest, das der Blutstrom während der Verdauung geradezu
och Stoffe in die Leber, die sich zur Gallenbildung zu eignen
scheinen, ablagert, da nach Bidder und Schmidt sich zu dieser
eeit das Gewicht der Leber mehrt; diese Gewichtserhöhung stellt
(ch schon eine bis mehrere Stunden vor dem Eintritt der gestei-
eerten Absonderung ein. Für einen in der Leber auftretenden
i ährungsvorgang führt Bernard auch das von ihm beobachtete
perschwinden bald nur des Zuckers und bald des Zuckers und
imylons an, wenn die Temperatur des Thieres um mehr als 10 ^
^ach oben oder unten von der normalen abweicht. Es wäre sehr
ItrÜTischenswerth, auch das Verhalten der andern Leberbestandtheile
iQter diesen Umständen zu untersuchen. — Ob ausser der schon
lagedeuteten Wirkung auf den Blutstrom die Nerven noch ander-
feit in die chemischen Vorgänge der Leber eingreifen, ist unbe-
lannt. — Die Annahme, dass das Pfortaderblut sich noch durch
i-ndere als Fermentstoffe an der Gallenbildung betheilige, />. B. durch
^estandtheile, die es aus der Milz u. s. w. mitführe, empfangt min-
•estens keine Bestätigung durch die Erfahrung, dass nach langsam
332 Lcborlymphc.
voi'schreitender Verstopfung der Pfortader die normalen chemische
Umsetzungen sogar bis zum Erscheinen des Diabetes melliti
(Andral) bestehen können.
Seit wir durch die abschliessenden Versuche von Strecker über die Zusamme
Setzung und Atomgliederung der Gallensäure aufgeklärt worden sind, hat man
Versuche gemacht , die Atomgruppen genauer zu bezeichnen, welche sich an ihrer Ei
stehung betheiligen. Man scheint mit Beziehung darauf allgemein der Ansicht zu se
dass jede der beiden Säuren aus zwei Gruppen, die vorher getrennt waren, herv(
gehen, einerseits aus der Cholsäure und anderseits aus Taurin oder Glycin.
Die Cholsäure glaubt Lehmann *) aus der Oelsäure ableiten zu können , welc
einen andern Atomcomplex (CiiHßOe) aufgenommen habe. In der That ist Oelsät
(C3oH3303 + HO) + (Ci2H806) = CholsSure (CwKsflOa -j- HO) ; diese Annahme begr
dete er durch die Beobachtung von Redtenbacher, welcher durch NO5 aus
Cholsäure , gerade so wie aus der Oelsäure , alle Glieder der Reihe (C|,Hj) n04 von c
Caprinsäure abwärts und daneben andere Produkte erhielt, die sich nicht aus d
Oelsäure ableiten lassen, und u. A. auch ein solches, in welchem C, H und 0
ähnlichem Verhältniss stehen, wie in dem oben supponirten Paarling ; er macht aussi
dem geltend, dass ein Zusatz von Fett zu den Nahrungsmitteln die gallenbilden
Kraft derselben erhöht. — Frerichs und Staedeler scheinen zu vennuthen , di
das Glycin aus Tyrosin, dem bekannten Zersetzungsprodukto des Eiweisses, entstel
Tyrosin (CisHtiNO«) = (C4H5NO4 + 2H0+ C14H8O4) ; Tyrosin haben sie aber, wie sch
erwähnt, in solchen Lebern aufgefunden, deren Gallenbildung gehemmt war;
scheinen zu vermuthen, dass der Abfall des Tyrosius in das Blut übergehe, denn
sind Verbindungen der Salicylgruppe im Harn mit Sicherheit nachgewiesen.
7. Leberlymphe. Sie ist eine vollkommen wasserhelle Flüssij
keit, welche gar keine Körperchen enthält (Kölliker) **).
ist zuckerhaltig (Bernard), ob mehr als andere Lymphe, ist u
bekannt. Dem Anschein nach sind die Gefässe zur Zeit der le
haften Gallenabsonderungen strotzender gefüllt als sonst. Woh
die Lymphe ihren Ursprung nimmt, ob aus dem Blut oder aus d
Flüssigkeit der Leberzelle, ist nicht bekannt.
8. Ausfuhr der neugebildeten Stoife aus der Leber. Der Inhf
der Leberzellen entleert sich mindestens nach zwei Seiten hi
nach der einen, dem Blut, geht der Zucker und die sticksto
reichen Bestandtheile, nach der andern, den Lebergängen
Galle. Diese Scheidung erfolgt jedoch nicht zu allen Zeiten. Wei
die Gallengänge gegen den Darm hin unwegsam sind, so tritt aul
die Galle in's Blut über, und wenn das Blut sehr zuckerreich ijj
so enthält auch die frische Galle Zucker. — Der Uebergang
Galle in die Gallengänge könnte durch Filtration geschehen.
Uebergang des Zuckers in das Blut kann weder durch Filtratic
•) Physiolog. Chemio. 2. Aull I. Bd. 131.
Zeitschrift für wissenscliaftl. Zoologie. Vn. Bd.
Ausfuhr der neugebildeten Stoffe aus der Leber.
333
locli durch gewöhnliche Diifusion vor sich gehen. Denn nach
ilossler ist selbst dann noch die Galle zuckerfrei, wenn selbst
licht imbeträchtliche Mengen von Zucker in dem gesammten Blut
mthalten sind. Verbreitete er sich auf dem Wege der Diffusion
der Filti-ation , so müsste er gleichzeitig in das Blut und die Galle
ingehen. Einmal in die letztere Flüssigkeit gelangt, könnte er
icht aus ihr bis zum vollständigen Verschwinden in das Blut
lurückkehren , denn dann würde er in den von Mo ss 1er beobach-
Bten Fällen aus der verdünnteren in die dichtere Lösung diffun-
iiren. Man sieht sich also genöthigt, an eine Anziehung zu denken,
Ae auf irgend eine Weise vom Blut ausgeht.
Der Zucker tritt mit dem Lebervenenblut in das Herz und von
:oi*t in die Lungen. Auf diesem Wege verschwindet er rasch, so
ass oft schon in dem linken Herzen nur noch Spuren desselben
»achweisbar sind, wenn nicht grosse Mengen von Zucker aus der
teber ti-aten (Cl. Bernard, Pavy).
Die Galle kommt in die Lebergänge und wird in diesen
reiter befördert durch die Kräfte, welche sie in den Anfang der-
jjlben einpressten. Wir sind zu dieser Vermuthung gedrängt durch
iie AbAvesenheit von Muskelfasern in den Wänden der Gänge , oder
iit andern Worten durch die Unmöglichkeit, den Strom durch die
iänge anders zu erklären. — Anders verhält es sich mit dem
llaseninhalt; er kann nicht durch die von den Wurzeln der Leber-
fifässe herrührenden Drücke aus ihr gepresst werden. Man ist
äirum geneigt, ihrer Muskelschicht die Austreibung der Galle zu-
Mschreiben, und zwar um so mehr, als man zuweilen wenig-
ceus Zusammenziehungen derselben gesehen hat (H. Meyer*),
.. Brücke)**). Jedenfalls geschieht aber diese Zusammen-
Eehung in grossen Intervallen, ähnlich den Darmmuskeln. Wie
) scheint, fallen die Zeiten lebhafter Gallenabsonderung zusammen
iit denen der erhöhten Erregbarkeit in den Blasenniuskelu; denn
i fanden Bidder und Schmidt***) die Blase bei hungernden
ihieren immer gefüllt, bei gefütterten dagegen leer. — Auch kann
tn heftiger Druck auf die Bauchmuskeln die Gallenblase entleeren,
^rerichs fand sie bei Hunden, die an Erbrechen gelitten.
Ilaer leer.
•) De imisculln In ductn effer. glanduliir. Herollnl 1837. p. 2!)
*) Sitzungsberichte der Wiener AknUeinie. IHfil. 420.
'*) L. c. p. 2U».
384
Lobersohleim.
Die Galle gelangt nun weiter aus den Gängen in den Da
kanal. Hier geht abermals eine Scheidung mit ihr vor; die gall
sauren Salze, die Fette, zum Theil der Farbstoff, die alkaliscl
Mineralsalze und das Wasser gehen in das Blut über, der and
Theil des Farbstoffs, das Cholestearin (?) und die mit dem Schleim
verbundenen Erdsalze werden mit dem Faeces entleert. — 1
in das Blut tibergegangene Theil unserer Flüssigkeit tritt zum Th(J
im Hanl aus, insbesondere begegnet dieses dem Farbstoff und >
Gallensäure, wenn sie sehi- reichlich im Blut vorhanden sind,
z. B. bei Gelbsucht und nach Einspritzung einer Lösung
krystallinischer Galle. Für gewöhnlich werden sie im Blut rat
zerlegt, so dass es nicht gelingt, sie dort aufzufinden. Dage,
finden sich Producte dieses Umsetzungsprozesses , und zwar Tau
in dem Lungen- und Nierengewebe (Cloetta)*) und Hippursä
im Harn, welche dadurch entstand, dass sich das aus der G
cocholsäure abgespaltene Glycin mit der vorhandenen Benzoesäi
paarte (Ure, Wöhler, Frerichs, Kühne, Hallwachs)''
Wenn die Benzoesäure in nicht genügender Menge vorhanden, so m
das Glycin auf einem andern uns unbekannten Wege verschwind
Die aus der Tauro- und Glycocholsäure abgespaltene Cholsä
bleibt wahrscheinlich in Verbindung mit dem Natron und geht
kohlensaures Natron Uber (Kühne) ***). — Eine andere l
Setzung der Gallensäuren vermuthen Frerichs f) undStaedel
sie sollen sich zu Gallenfarbstoff umwandeln, der mit dem H
(siehe diesen) austritt.
8. Der Leberschleim. Der Saft, welchen die Schleimdrü
in die Lebergänge und Gallenblase ergiessen, mengt sich für
wohnlich mit der Galle, und somit ist es bis dahin unmöglich
wesen , seine Zusammensetzung und seine Absonderungsverhältn:
zu ergründen. — Um Beides mögUch zu machen, wäre es
nöthig, den Blasengang zu unterbinden und darauf eine Blas
fistel anzulegen; es dürfte sich dann leicht herausstellen, (
mancherlei Veränderungen in der Absonderung, die man jetzt
die Vorgänge in den Leberzellen schiebt, in den Schleimdrü
begründet sind; namentlich deutet die stärkere Anschwell
der Blasenblutgefässe zur Zeit der Verdauung (Bidder
•) Journal für prakt. Chemie. G6. Bd.
Archiv für patholog. Anatomie. XII. Bd.
•••) Ibidem. XIV. Bd.
t) Klinik der Leberkrankheiteii, I. Bd. 404.
Ernähi'ung der Leber.
335
Schmidt) darauf hin, dass auch dann diese Drüsen rascher ab-
sondern.
Das Wenige, was wir von dem Schleimsaft wissen, beschränkt
sich darauf, dass er, wie die ihm verwandten Säfte, einen Körper
enthält, der alkalisch reagirt (Bidder und Schmidt*) und die
Eigenschaften und die Zusammensetzung des Mucins (Gorup)**)
rägt. Da er mit der Galle in den Darm entleert wird, so theilt
:;r doit die Schicksale des übrigen Darmschleims.
9. Ernährung der Leber. Beim Fötus nimmt den Ort der
[.päteren Leber zuerst ein kleines, mit dem Darmrohr communi-
i;ii-endes Hohlgebilde ein, dessen Wandungen aus verschiedenen
^ellenlagen bestehen, von denen die eine in die Epithelialschicht
jnd die andere in die Zellenfaserschicht der Damwandung über-
seht ; an der einander zugekehrten Grenze beider Lagen treten mit
uem steigenden Alter des Fötus aus der Epithelialschicht neue
ilellen auf, welche, indem sie sich zu netzförmig verbundenen
i.{älkchen anordnen , die ebenfalls an Zahl zunehmenden Zellen der
?aserschicht vor sich hertreiben, so dass diese letztem immer die
lusseren Flächen der Epithelialschicht umkleiden. Aus den Bälkchen
vehen die Gallengänge und Leberzellen, aus den umkleidenden
Mellen die Nerven, Gefässe und das Bindegewebe der Leber hervor
IBischoff, Remak), — Beim Wachsthum der Leber verhalten
iich die Gefässe und das Bindegewebe derselben, so weit be-
;annt, wie an allen anderen Orten; wie sich dagegen die Um-
ungszunahme der Leberzellenregionen gestaltet, ist noch nicht hin-
ejichend klar; am wahrscheinlichsten ist es nach den Messungen
(on Harting allerdings, dass nicht die Zahl, sondern der Umfang
fer Zellen zunimmt. Denn es verhalten sich nach ihm die Durch-
^.lesser der Leberzellen des 4 monatlichen Fötus zu denen des Er-
rrachsenen wie 1 : 4.
Die Veränderungen, welche die festen Bestandtheile der aus-
gewachsenen Leber und namentlich die Wandungen der Gefässe
Weiden, scheinen, in Anbetracht des reichlichen Capillarnetzes
laf ihnen, nicht unbeträchtlich zu sein. Dieser Schluss ist aller-
rings gewagt, da das arterielle Blut der Leber auch in die Capillaren
»er Schleimdrüsen eingeht. — Der Umfang der Leber wechselt bei
linem und demselben Erwachsenen, wie es scheint, nicht unbe-
' •) L. c. p. 214. «
'••) Lieblg, Aonaleii. 69. Bd. 102.
33ß EmäliruTig der Leber. SpeicheldrüBen.
trächtlicli ; namentlich nimmt sie beim Hungeiu ab und bei
Mästung sehr zu.
Hierüber giebt folgende Zusammenstellung Aufschluss:
Beobaclittingsgogenstnnd.
Mann von 27 Jahren . .
,, „ 36 „
>) )> 25 ,, . .
Frau „ 33 „
Katzci
11
»j
)>
Bei chronischem Hunger, wie ihn Strioturen des Oesophagus mit sich bring
nähert sich nach Frerichs das Yerhältniss mehr wieder der Norm; er fand im Mit
von 4 Fällen = 1 : 29,5.
Der Zusammenhang zwischen der Umfangsänderung und d
G-allenbildung ist schon erwähnt; ebenso dass bei einer Auhäufu
des Fettes im thierischen Körper der Inhalt der Leberzellen si
beträchtlich mästet*), und zwar so weit, dass die durch F
weit ausgedehnten Zellen die Blutgefässe zudrücken. — D
öfter ausgesprochene Annahme, dass die Lebei-zellen, welche
die Gallengänge grenzen, aufgelöst und an ihrer Stelle neue gebild
werden, entbehrt vorerst noch der Begründung, die um so me
uöthig, als die Leberzellen der Säugethiere in Galle unlösli
sind (Kühne).
Speicheldrüsen.
1. Anatomischer Bau. Ein Abguss der Speicheldi-üsenhöhl
besitzt bekanntlich eine grosse Aehnlichkeit mit einer sehr die
und feinbeerigen Weintraube (E. H. Weber, Joh. Müller).
Grösse derselben, oder was dasselbe bedeutet, die Zahl der Beer
und die der Nebenstiele, welche in den Hauptstiel einmünden,
sehr veränderlich. — Die Röhrenwände bestehen in den Endbläsch
aus einer sehr feinen, durchsichtigen Grundhaut und einem E
thelium. Die Zellen des letztern , welche man Speichelzellen nenn
könnte, sitzen dicht gedrängt und sind liberall kugelig, kernhal"
Sie füllen die Höhle des Blächens fast vollkommen aus. In
Zeit nach der I. Mahlzelt
In Stunden.
Verhältnisszahl
zwischen Leber-
und
Körpergewicht.
Xurz nach der Mahlzeit.
1 : 26,5
)j ») )) jt
1 : 37
72 Stunden.
1 : 40
168 „ .
1 : 50
3 „
1 : 30
12—15 Stunden.
1 : 25
24-48 „
1 : 31
168 Stunden.
1 : 37
Beobachter
Frerichs.
Bidder
und
Schmidt.
*) Loreboullct, Mdmoiro sur la structure intime do la foio etc. Paris 18G3.
niut und Blutstrora in der Speichel-, insbesondere der Unterkieferdrüse. 337
'arotis weicht ihr Inhalt von dem in den übrigen Speicheldrüsen
ttwas ab, es fehlt ihm das körnige, getrübte Ansehen, und er
FÜ-d durch Wasser und Essigsäurezusatz nicht gefällt (D o n d er s ) *).
n den grössern Drüsengängen ist die Grundmasse der Wand aus
lastischem Bindegewebe gebildet, in das meist sehr sparsame und
ar in den ünterkieferdrüsengängen häufigere Muskelzellen ein-
estreut sind (Kölliker). Die Epithelialzellen der grossen Gänge
esitzen einen viel geringeren Durchmesser als diejenigen der End-
iäschen. Man könnte die letztern Speichel bellen nennen. —
i»ie Arterien der Speicheldrüsen verästeln sich auf den Bläschen
ar Bildung eines weitmaschigen Netzes. Die kleinsten zuführenden
rterien sind mit sehr kräftigen Muskellagen versehen. — Nerven-
dden erhalten die Speicheldrüsen aus den nn. trigeminus, facialis,
vmpathicus ; in ihrem Verlauf durch die Drüse sind sie mit Ganglien-
lageln belegt; die Primitivröhren verästeln sich auf ihi-em Verlauf
lie in den Skeletmuskeln (Donders). Ihre Enden sind der ana-
I mischen Zerghederung noch unbekannt; der physiologischen Er-
Ihrung zufolge verzweigt sich der Sympathicus in den Gefässmuskeln
Ozermak, Cl. Bernard).
Die chemische Kenntniss der Speicheldrüsen beschränkt sich
rif die Notiz, dass das Gewebe Leucin und Schleimstoffe enthält
Btaedeler).
2. Blut der Speichel-, insbesondere der Unterkieferspeicheldrüse.
Tährend der bestehenden Speichelabsonderung wurde Blut aus den
iiiträchtlichsten Diüsenvenen und zugleich aus einem den Drüsen-
tterien benachbarten Zweig der Carotis aufgesammelt. Das erste
nthielt 74,6, das zweite 78,0 pCt. Wasser. Das Blut kam aus
vVene hellroth hervor; es hatte also sehr rasch die Drüse durch-
It, C. Bernard**). — Während der Absonderung des Speichels
|:eigt die Temperatur des Venenblutes (,C. Ludwig).
I Der Unterschied von 3,4 pCt. Wasser im arteriellen und venösen Blut dürfte
rr aus einem ungleichen Köri)erchengehalt beider Blutadern zu erklären sein.
3. Der Blutstrom durch die Speichel-, insbesondere die ünter-
.cferdrüse. Ueber die Veränderungen des Strombettes von den
^•terien durch die Capillaren zu den Venen und von dem absoluten
;'erthe der Geschwindigkeit Und Spannung in den einzelnen Ab-
I eilungen ist nichts bekannt. Die starken Muskellagcn der kleinen
['rterien können Veranlassung zu wesentlichen Aenderungen des
'j Onderzooklngcn gedan In het pliyslol. laborat. Utrecht 1852—53. p. 61.
■ '•) Le^ong 8Ur Ic» liquides. I. Bd. 362.
- Lndwig, Pliysiologie II. 2. Auflage.
338
Speichelbestandtheilo der Untcrkieferdrüsc.
Stromquerschnittes geben , welcher die Capillaren speisst. NameJI
lieh weist CI. Bernard nach, dass während der Reizung M
Sympathicus das Blut aus den Hauptdrlisenvenen nur sehr langsÄ
und dunkelroth, nach Durchschneidung jenes Nerven aber rasi
und hellroth kommt. Bei Reizung des ram, lingualis strörpt dl
Blut rasch und hellroth, und, wenn noch gleichzeitig der n. sympalp
durchschnitten ist, oft selbst pulsirend aus der Vene.
Beispielsweise füti-t Bernard*) an, dass während der Reizung des n. lingi
das Blut aus der Drüasnvene um 4 mal rascher ausgeflossen sei, als bei Buhe
selben. — Die Erscheinungen bei Reizung und nach Durchschneidung des n. sympathii
erklären sich auf_ bekannte Weise. Die Gcfässerweiterung auf Reizung des n. lingu
ist schwieriger z erklären . weil uns eine Muskulatur , welche vermöge ihrer Zusamm
Ziehung die Gefasse erweitert, unbekannt ist; die Erklärungsgründe können also nur
Erschlaffung der Kreismuskulatur berücksichtigen ; diese aber könnte eingeleitet wer
entweder durch eine ähnliche Beziehung des ram. lingualis zu den Circularmusk
wie sie der Vagus zum Herzen besitzt, oder durch die Temperaturerhöhung, wel
nach Reizung der Nerven im Blut und in der Drüse eintritt (?). — Bernard,
die erste Erklärung hinstellt , glaubt , dass ununterbrochen von beiden Nerven T
kungen auf die Gefässe ausgehen und dass in Folge dessen ein Gleichgewicht eintr
welches jedoch zu Gunsten bald dieses und bald jenes Nerven aufgehoben werde.
4. Speichel. Er gehört, wie im Voraus zu bemerken,
den Säften, welche nur dann fliessen, wenn die zur Drüse gehenc
Nerven geradaus oder reflectorisch gereizt werden (C. Ludwig
Die qualitative chemische Zusammensetzung des Speichels aus c
verschiedenen Speicheldrüsen stimmt allerdings zwar in den meist
aber nicht in allen Stücken überein.
a. Der Speichel der Unterkieferdrüse**) enthält unter al
Umständen Wasser, Mucin, einen eiw eissartigen Extraktivstoff, desE
Eigenschaften von der Darstellungsart (nach Berzelius, Gme
oder G. Mitsclierlich) abhängig sind***), einen in Alkohol 1
liehen Exti-aktivstolf, eine Kaliseife, Chlorkalium, Kochsalz, phosph
saure Salze, Rhodankalium und Wasser, zuweilen fiihrt er ai
schwefelsaures Kali. — Die quantitative Mischung f) des Speich
ist veränderlich: 1) mit der Zeitdauer der Reizung, resp. (
Speichelabsonderung. Beginnt nach einer längern Ruhe die Speiet
absonderung wieder, so ist jedesmal der erste Tropfen dui
Molekularkörnchen getrübt. Hält man die Absonderung eine Stui
und mehr im Gange und fängt den in je 10 oder 15 Minuten a
») Le90ns sUr Ies liquides, n. Bd 270.
*») B 1 (1 d e r und .Schmidt, Verdanungssüfte. p,
*•») Lehmann, pliysiolog. Chemie. U. Bd. 17.
t) Ilcintz, Zoochemie, p. 827.
Veränderung der Speichelbestandtheilo der Unterkieferdrüse. 339
retendeu Speichel gesondei-t auf, so findet sich, dass der im Be-
!;inn einer solchen Speichelungsperiode austretende Saft reicher an
«steu Bestandtheilen ist, als der später erscheinende ; es nimmt also
oit der Dauer der Speichelung der prozentische Gehalt an festen
{estaudtheilen ab. Diese Verdünnung unseres Saftes ist vorzugs-
weise bedingt durch die Verminderung der organischen Bestand-
üeüe; denn diese werden in einer langen Speichelungszeit bis zur
lälfte oder zum Viertel des ursprünglichen Gehaltes herabgedrückt,
/ährend der Salzgehalt sich entAveder gar nicht, oder jedenfalls
im viel weniger als die Hälfte, verändert (C. Ludwig, Becher)*). —
) Diese Erscheinung muss abhängen von irgend einer Aenderung,
reiche in der Drüse durch die Absonderungsdauer eingeleitet wird,
t'cnn wenn man erst die Drüse einer Seite so lange reizt, bis der
msfliessende Saft arm an organischen Bestandtheilen geworden ist
lad dann mit der Reizung der Drüse an der andern Seite beginnt,
') gewinnt man dort anfänglich einen Speichel , der eben so reich
II organischen Bestandtheilen ist,, wie es der Anfangsspeichel der
aerst gereizten Drüse war, und es nimmt mit dauernder Reizung
isr verbrennliche Rückstand gerade so ab, wie vorher an der
bsten Drüse (Setschenow, C. Ludwig). — 3) Die Zusammen-
rtzuug ändert sich mit dem gereizten Nerven**). Nach Bernard,
(ckhard und Adrian ist Speichel, der nach Reizung des Sym-
lathicus abgesetzt wird, zäher als der, den die Reizung des
ucialis und Trigeminus hervorbringt. — Der auf Geschmacks-
Iflexe ausfliessende Speichel soll weniger zäh sein als der durch
ee direkte Reizung des ram. lingualis ausfliessende (B er nard) ***). —
■ Mit einer bedeutenden Steigerung des Kochsalzgehaltes im Blut
PBhrt sich der Salzgehalt des Speichels um ein Geringes ; die
tganischen Bestandtheile erhalten sich unverändert. — Auffallender
''eise erleidet dagegen die Zusammensetzung des Speichels keine
merkliche Veränderung durch eine beträchtliche Vermehrung der
K'ozentischen Menge des Blutwassers, welche man durch eine Ein-
»■iritzung von Wasser in die Venen erzeugt hat (E. Becher,
I Ludwig). — 6) Ebenso unabhängig ist auch die Zusammen-
ftzung von der Absonderungsgeschwindigkeit; der in der spätem
niit der Speichelungsperiode gewonnene Speichel ist immer äimer
• *) E. Becher und C. Ludwig, Hcnle's Und Pfcüfer'a ZelUchrift. N 1- Bd. 278.
■*•) Bernard, Le(;oii« sür les liquide». 1859. II. Bd. 276.— Eckhard, BeitrBgo zur Anatomlü
J Physiologie, n. Bd. p. 86.
*•**) 1. c. p. 261.
22*
340
Ohr-, Uiitei'zungen - und Munddrüsenspoichel.
an festen Theilen als der früher abgesonderte, gleichgiltig ob der
eine oder der andere rasch oder langsam, also bei grosserer oder
geringerer Nervenerregung abgesondert wurde (C. Ludwig,
Setscheno w).
Nach den bis dahin bekannt gewordenen Bestimmungen
schwanken beim Hunde in 100 Theilen: der Rückstand von 1,98
zu 0,39, die Salze von 0,79 bis 0,24, die organischen Bestandtheil«
von 1,26 zu 0,15. — Ein Speichel von annähernd mittlerer Zu-
sammensetzung enthielt nach C. Schmidt: Wasser = 91,14;
organische Stoffe = 0,29; Ka und Na Gl = 0,45; Kalksalze = 0,12,
b. Der Speichel der Ohrdrüse unterscheidet sich von dem vor-
hergehenden nur dadurch, dass er Harnstoff (Poiseuille und
Gobley) *) und kohlensauren Kalk enthält, während er di
Mucin entbehrt (Gurlt); darum fehlt ihm der fadenziehend
Aggregatzustand; seine quantitative Zusammensetzung zeigt ebei
falls grosse Variationen; eine derselben besteht darin, dass durd
dauernde Absonderung das spezifische Gewicht erniedrigt, durd
Ruhe aber erhöht wird (Lehmann) **). — Nach Mitscherlic
bewegt sich beim Menschen der Prozentgehalt der festen Stoffe voi
1,6 zu 1,4, von diesen letzteren waren 0,9 verbrennlich und 0,5 ui<
verbrennlich ; beim Hunde schwankt nachGmelin und Mits eher;
lieh der Rückstand zwischen 2,6 bis 0,5 pCt. — lieber das ur*'
gefähre Verhältniss der Salze zu einander giebt die nachstehend'
Analyse von C. Schmidt Rechenschaft: Wasser = 99,53; orgai
Stoffe = 0,14; Ka und Na Gl = 0,21; GaOG02 = 0,12.
c. Der Speichel der Unterzungeudrüse enthält, wenn er durd
Druck entleert wird, die sogen. Speichelkörperchen, kleine, kugelig(
gekörnte, kernhaltige Zellen (D onders) ***).
d. Mundspeichel. Der Speichel der Sublingual-, Lingual
Lippen- und Backendrüsen ist noch nicht gesondert untersucl
worden. Trotzdem lässt sich aussagen, dass seine Zusammei
Setzung nicht wesentlich abweiche von derjenigen der untersuchte]
Speichelsorten, weil nämlich der Mundspeichel, oder das Gemen]
aus den Säften aller Speicheldrüsen, wie es aus der Muudhö'
gewonnen werden kann, annähernd gleich mit jenen constituirt is|
Die einzigen wesentlichen Unterschiede, die sich finden, besteh«
nach Berzelius, Gmelin, Schmidt, Frerichs, L'h6ritie|
•) Compt. rend. Bd. 49. p. 164.
••) Physlolog. Chemie, n. Bd. p. 12.
»•) Physiologie des Meuschen. Leipzig 185C, 1. 181.
Ungewöhnliche Speichelbostandtheile , Speichelwärme.
341
id Lehm ann darin, dass der Mundspeichel losgestossene Epithelial-
illcn der Mundschleimhaut (Speichelzellen) und phosphorsaures
a,tron enthält.
Der Mundspeichel, welchen man zu A^erschiedenen Zeiten auf-
ngt, kann nach den schon mitgetheilten Erfahrungen nicht gleich-
■tig zusammengesetzt sein; dieses haben in der That Cl. Bernard,
Schmidt, Wright und Donders bestätigt. Donders*)
it den Speichel der Mundhöhle vor und nach dem Fressen auf-
äfangen und aus der Analyse desselben das unerwartete Resultat
halten, dass der erstere weniger feste Bestandtheile enthielt als
ür letztere. Ebenso giebt Wright an, dass der menschliche
«eichel nach dem Essen specifisch schwerer sei als vor demselben.
In 100 Theilen wechselt sein fester Rückstand zwischen 1,35
15 0,35.
Ungewöhnliche Speichelb estandtheile. Wenn man in das Blut Jodkalium bringt,
zeigt sieh dieses im Speichel wieder, und zwar sehr bald (Cl. Bernard)**). —
itlaugensalz kommt unter gleichen Bedingungen nicht in ihm vor (Saugst edt***),
Bernard). Wurde das Blutlaugeusalz in die Höhlung der Speicheldrüse selbst
([gespritzt, so verschT^;and es nach kurzer Zeit (Cl. Bernard). — Zucker geht nie-
lis in den Speichel über, selbst nicht bei Diabetes (Cl. Bernard).
5. Speichelwärme. Der nach Reizung des ram. lingualis aus
rr Unterkieferdrüse fliessende Speichel ist mit dem Thermometer
!) zu 1,5'' C. wärmer gefunden worden als das im Ursprung der
(derseitigen Carotis fliessende Blut; der Temperaturunterschied zu
unsten des Speichels war um so grösser, je rascher derselbe aus
^ Gange floss (C. Ludwig, A. Spiess).
I Bei der Messung der Temperaturen wurde auf folgende Weise verfahren (siehe
istehend Fig. 52):
'•) Onderzockingen gedan in het physiologish laboratoriam. Utrecht. 1852—53. p. 66.
•"•) Le^ons 8ur les liquides etc. II. 250.
Friedleben, die Physiologie der Thymusdrüse. 1858. 98,
342 Bestimmung der Speichelwärme ; Absonderungsgeschwindigkeit des Speichels.
Fig. 52.
Der Hg -Behälter ein
feinen, in Vio" getheili
Thermometers a wird
den senkrechten Schenkel
des X förmigen Röhrchei
eingesetzt. In den voj
Thermometergefäss freigc
lassen en fast capilläre
Baum dieses Schenkel
dringt der Speichel au
dem Arm c, der in da
Drüsenende des Ganges ga
bunden ist, und er fliess
aus dem gebogenen Ann
weiter. Der Arm e de
horizontalen Schenkels ia
ein solider Stift, der i
das Mundende des Speiche]
ganges eingebunden wird
um die Lage der Canül
zu sichern. Ein zweitei
genau mit dem Speichel
thermometer verglichena
Wärmemesser wird in di
Carotis bis zum Brustbeil
eingeschoben und dort eii|
gebunden. Die zahlreicheji
Vorsichtsmaassregeln , dj|
dieser Versuch verlangl
werden an einem ander ^'
Orte TeröfTentlicht werdei ;
6. Absonderuüga
geschwindigkeit
Speichels. Der Spe
chel fliesst aus de
Drüsen -Bläschen
dieAusfiihrungsgän
nicht zu allen, so:
dern nur zu gewissei
Zeiten über. Insofern
darf man die Absoii
derung eine periodi
sehe nennen. Ei
könnte jedoch auc^.
Absonderungsgescliwindigkeit des Speichels.
343
öglich sein, dass während der sogen. Speiclielruhe ein oder
ehrere Stoife aus dem Blut in den Driisenraum abgesetzt würden,
te dort so lange venveilten, bis sie von dort mit Hülfe derjenigen
loeichelbestandtheile ausgewaschen würden, welche nur zeitweise
ds dem Blut abgeschieden werden. Dann würde man sagen, die
)bsonderung einzelner Speichelstoffe ist eine zwar langsame, aber
;etige, diejenige anderer eine raschere, aber nur zeitweilige. Ist
fese letztere Unterscheidung begründet, so müssen alle oder
!3nigstens Antheile der organischen Stoflfe zu jenen gehören, welche
>stig abgesondert werden, während das Wasser und die alkalischen
;entralsalze die zeitweilig erscheinenden Stoffe sind. Die so eben
cngestellte Annahme findet ihren bedeutendsten Rechtfertigungsgrund
der Thatsache, dass die beim Beginn des periodisch eintretenden
Deichelausflusses hervortretende Flüssigkeitsmenge in 100 Theilen
tcher an organischem Rückstände sind, als die später hervor-
Ihenden; somit könnte man annehmen, dass die zu jener Zeit in
;e Drüse tretende Salzlösung den schon früher vorhandenen lös-
ihen organischen Stoff ausgewaschen hätte. Dabei bleibt es aber
odenklich, dass die Ausflussgeschwindigkeit des Speichels aus den
iingen, oder anders ausgedrückt, dass die Zeit des Verweilens
]ier Lösung in den Drüsenbläschen ohne Einfluss auf die Zu-
immensetzung ist. Jedenfalls ergiebt sich aber aus dem Vor-
ühenden, dass die Ausscheidung der organischen Stoffe einerseits
id die der Salze und des Wassers anderseits nicht mit gleicher
!;sch windigkeit erfolgt und dass uns nur über die Absonderungs-
sschwindigkeit der letzteren etwas auszusagen möglich ist.
Die Absonderungsgeschwindigkeit des Wassers und der Salze
abhängig von einer bestimmten, aber noch nicht näher be-
i .nnten Anordnung der Dräsenelemente, der Zusammensetzung des
rats und der EiTegung gewisser Nerven (C.Ludwig)*), a) Die
s^rven, deren Ei-regung die Absonderung beeinflusst, verlaufen im
m. III. n. trigemini (ram. lingualis, auriculo-temporalis (?)
Hahn) **) und mylohyoideus (Gl. Ber n ard) ***); ferner im
facialis (chorda tympani, rami parotidei posteriores) (Rahn)
■ •) Henic's und Pfeufor's Zeitachrlft. Zweite Folge. I. Ü56.
"») ibidem. 285.
Le^ons gur ll'uiides. II. Bd. 303. — Der l)OrUlimte Pariser Akademiker boschreibt seit Jahren
-suche, welche längst vor Ihm von Dr. Rahn in meinem Laboratorium ausgeführt sind. D»
T Bernard, wie er wiederholt gezeigt, einen feinen Sinn fUr literarisches Eigenthum besitzt,
l««nn «ein Stillschweigen Uber die waliren Urheber jener Versuche nur aus «einer Unbekannt-
aft mit jenen Beobachtungen abgeleitet werden.
344
Absondoruiigsgoschwindigkcit des Speichels.
und im Halsstrang des n. sympathicus (C. Ludwig, Czermak ;
im nervus glossopharyngeus (Kahn). — b) Von diesen Nerven wirki
einige geradezu auf die Drüse , d. h, die Absonderung wird hei-vr.
gerufen, auch wenn ihr vom Hirn oder RUclcenmark getrennl
Stamm gereizt wird; die hier gehörigen Nerven verlaufen in d
Bahn des n. trigeminus, facialis und sympathicus und enden
den Drüsen selbst. Ein anderer Theil der vorhin genannten Nervi
wirkt reflectorisch , es sind die in der Mundschleimhaut sich V(
breitenden sensiblen Aeste des n. trigeminus und glossopharyngeus. -t
c) Wird einer der geradaus wirkenden Nerven durch den tetan
sirenden Induktionsstrom gereizt, so beginnt nicht sogleich mit d^
Reizung die Absonderung, und nach Schluss der Reizung hört sj
nicht immer alsbald auf. Die Dauer der Nachwirkung scheint ni
dem Erregbarkeitsgrade der Drüsen zu wachsen (C. Ludwig).-
d) Gleichstarke Induktionsschläge erzeugen nicht von allen Nerve
aus gleichstarke Absonderung. Am mächtigsten wirkt durch di
Unterkieferdrüse der n. facialis, am schwächsten der n. sympathicu
(C. Ludwig). — e) Werden gleichzeitig der ram. lingualis und ddl
n. sympathicus gereizt, so wird zuerst die Absonderung in d«
Unterkieferdrüse rascher, alsbald aber viel weniger rasch als nac
Reizung jedes einzelnen Nerven (Czermak). — f) Die normalf
Erregungen der Speichelnerven treten willkürlich zugleich mit de
Kaubewegungen und reflectorisch nach Geschmacksempfindung«
ein. Die Kaubewegungen sollen vorzugsweise die gl. parotis, d
Geschmacksreflexe die gl. submaxillaris zur Absonderung verai
lassen (Gl. Bernard). — g) Elekti-ische Schläge, die geradez
in die Drüsen eintreffen, erzeugen keine Absonderung. — h) Thier
die mit Curare vergiftet sind und durch künstliche Respiration ai
Leben erhalten werden, speicheln ununterbrochen (Bernard
Kölliker**) fand dieses nicht bestätigt. — i) Die Anwesenhe
von sauerstoffhaltigem Blute unterstützt die Absonderung; hält ma
die stärkste der Venen, welche aus der gl. submaxillaris hervo
gehen, zu, und erregt gleichzeitig den ram. lingualis, so hört äJ
mählig die Speichelabsonderung auf ; öffnet man die Vene, so fließ
ein schwarzes (also sauerstofffreies) Blut aus; hat sich dieses en
leert und ist durch anderes, aus der Arterie nachrückendes ersetz
so lockt die Nervenreizung den Speichel wieder hervor. Aus diese
Gründen kann die Beschleunigung des Blutstroms, namentlich de
•) Wiener akadem. Sitzungsbexiohte. XXV. 8.
*•) Virchow's Arcliiv. X. Bd. 20.
Absondcrungsgeschwindigkeit dos Speichels; Speichelbereitung. 345
ladurch herbeigeführte Bhitwechsel, die Absonderungsgeschwindig-
/.eit steigern.
Die Absondorungsgeschwindigkcit bestimmte man eiit-weder durch Wägen des in
er Zeiteinheit abfliesscnden Speichels, oder durch Messung des ausfliessenden Volums
corch ein getheiltes Kohr, das man an die Speichelcanüle setzt. Genauer endlich misst
«an die Aenderungen der Absonderungsgeschwindigkeit durch den in Fig. 52 gezeich-
fieten Apparat. — Der Speichel entleert sich aus dem Ilöhrehen c d in den Kaut-
■bhukschlauch / und von da gegen die Decke des umgestürzten Glases ff. Das Glas
iblbst ist mit Quecksilber gefüllt; dieses wird durch den eintretenden Speichel ver-
rirängt und fliesst durch das Röhrchen h aus. Die ausfallenden Tropfen gelangen
lurch den Trichter i in das Kölbchen k. Dieses Kölbchen, welches in einer senk-
«chten Führung {II) geht, hängt an einer Spiralfeder aus Messing m m. In dem
[faasse, wie Speichel ausfliesst, mehrt sich also das Gewicht des Kölbchens und damit
iiie Ausdehnung der Feder; die Verlängerung der Feder misst also das Speichelvolumen,
)3rausgesetzt , dass man das Verhältniss zwischen Federausdehnung und Gewichtsver-
iiehrung kennt. Die zur Fixirung der Absonderungsgeschwindigkeit nöthige Zeitbestim-
mung giebt die kreisende Trommel, auf welche die Kielfeder o schreibt; sie ist am
■ ölbchen befestigt. — Alle auf dem einen oder andern "Wege gefundenen Zahlen sind
inr vergleichbar, insofern sie aus einer Drüse genommen sind. — Der Versuch, all-
(Bmein vergleichbare Zahlen zu erhalten, indem man die jeweilig ausgeflossene Menge
larch das Gewicht der nach dem Tode gewogenen Speicheldrüse dividirt hätte, ist
las leicht begreiflichen Gründen unterblieben.
Die mittlere tägliche Speichelmenge ist unzweifelhaft
?ehr verschieden nach der Festigkeit, Schmackhaftigkeit, Menge der
l'peisen u. s. w. Um ungefähre Anhaltepunkte zu gewinnen, dient
ias Folgende:
Mitscherlich konnte aus einer Fistel des duct. stenonianus eines kränklichen,
i)hr mässig lebenden Mannes täglich ungefähr 100 Gr. auffangen. Bidder und
ichmidt waren im Stande, in einer Stunde, während welcher sie •rf'eder schmeckten
voch kauten, 100 — 120 Gr. aus dem Munde zu entleeren. Wenn während der ganzen
seit des Wachens (17 Stunden) ihre Speichelabsonderung mit derselben Geschwindig-
•eit vor sich geht, so würden sie täglich mindestens 1700 bis 2000 Gr. Speichel ab-
gesondert haben. In welchem Maasse die Bewegungen der Kiefer-, Zungen- und
iiippenmußkeln erhöhend auf die Absonderung wirkten, wie sich die Absonderung wäh-
ßnd des Essens steigert, ist nicht zu ermitteln.
4. Speichelbereitung. Die organischen Bestandtheile und ins-
esondere das Mucin des Speichels sind nicht im Blute vorgebildet,
lau muss sie darum als eine Neubildung im Innern des Drüsen-
lanms ansehen. Da man nun das Mucin in den Epithelialzellen
[•.er Drüsenbläschen aufgefunden hat, so ist Donders *) geneigt
-nzunehmen, dass sich das Mucin durch Auflösung der Zcllenwan-
tung in dem alkalisch reagirenden Speichel bilde; er stützt seine
•) 1. C. p. 67.
■1
]
i
346 Speicholbereitung.
Meinung durch eine Beobachtung von Fr er Ichs, wonach verdünni
alkalische Lösungen im Stande sind, die Epithelien zu einer schli
migen Flüssigkeit zu lösen; ferner darauf, dass frischer Speicl
bei 370 C. in 24 Stunden die in ihn gebrachten Epithelialzellei
aus den Bläschen der Speicheldrüsen vollständig löse, währen
mit Essigsäure neutralisii'ter Speichel sie unberührt lasse; für sein
Ansicht spricht auch die Erfahrung von Staedeler*), dass b
der Zersetzung mit SO3 kein Körper der Eiweissgruppe so vii
Tyrosin liefert, als die Epithelialzellen und der gereinigte Schlei
Stoff. Hiergegen wäre das Bedenken zu erheben, dass di^
Parotis kein Mucin liefert, obwohl die Wandung ihrer Epithelial
Zellen und die aus ihr hervortretende Salzlösung, so weit wir ei
wissen, nicht abweicht von der Mucin liefernden Submaxillaris. —
Die alkalisch reagirende Salzlösung des Speichels wird offenbar
direkt aus dem Blute bezogen. Der Uebertritt derselben aus de:
Blutgefässen in die Drüsenräume wkd angeregt durch die Nerven]
und zwar muss man annehmen, dass sie eine Veränderung di
Drüsensubstanz bewirken, welche einen Flüssigkeitsstrom aus de:
Blute in den Drüsenanfang zu bewerkstelligen vermag. Diese Bi
hauptung gründet sich darauf, dass bei anhaltender Nervenerregung
aus den Ausführungsgängen in ununterbrochenem Strom ein die
Drüse weit übertreffendes Volum von Speichel ausfliesst (E. Becher ,
C. Ludwig), also kann der etwa in der Drüse enthaltene Safl
nicht ausgedrückt worden sein. Und ferner ist auch der Druck,
unter dem die Flüssigkeit in die Drüse geliefert wird, oft sehi* viel
höher als derjenige, welcher zur Zeit in der a. carotis besteht, und
noch mehr, es kann selbst, die Erregbarkeit der Nerven voraus-»
gesetzt, Speichel abgesondert werden aus der Parotis eines ab->
geschnittenen Kaninchenkopfes, also wenn der Blutstromll
vollkommen still steht (C. Ludwig). Daraus geht heiTor, dasi
der Blutdruck nicht die Ursache der Flüssigkeitsströmung in dii
Drtisenanfänge sein kann. Zu diesem Vorgang steht vielleicht
näherer Beziehung die chemische Umsetzung, welche in der Dill»
zugleich mit der Speichelabsonderung auftritt, eine Umsetzung, di
sich dui'ch die gesteigerte Wärmebildung als eine Oxydation an
kündigt. Diese letztere wird wahrscheinlich begünstigt durch diel
Beschleunigung des Blutstroms, welche ebenfalls zugleich mit der
Speichelabsonderung eingeleitet wird. Sie versorgt die Drüset
•) Cliemisolies Centralblatt. 186Ü. p. 710.
Speichelboroitung ; Ausstossung des Speichels.
347
llets mit so viel arteriellem Blut, class trotz des gesteigerten
Lauerstolfverbraucbs das Blut noch hellroth aus der Vene fliesst,
^eides, der vennehrte SauerstoliVerbrauch und die arterielle Farbe,
l'lso ein vermehrter Sauerstofifgehalt des Venenblutes, ist möglich,
[tenn während der Absouderungszeit die Geschwindigkeit des Blut-
teroms rascher zunimmt als der Sauerstoflfverbrauch.
Nehmen wir, um den letztem Satz zu erläutern, an, es ströme zu allen Zeiten
r. die Drüse ein Blut mit 15 pCt. Sauerstoff. Nehmen wir nun den von Bernard
wobaehteten Fall als Paradigma an , wonach während der Drüsenruhe aus der Drüsen-
itne 5 C. C, während der Speichelabsonderung aber 20 C, C. Blut ausflössen. Nehmen
iiir weiter an, das langsam strömende Blut komme mit 0,0 pCt. 0 in die Vene,
iihrend der Absonderungszeit aber noch mit 8 pCt., wobei das Blut noch arteriell
issieht. Im ersten Fall würden dann in der Drüse 0,75 C. C, im letzten dagegen
44 C. C. 0 verbraucht sein. JedenfalU würde es in Anbetracht der gesteigerten Wärme
'wagt sein, die helle Farbe des Venenblutes von einem verminderten Sauerstoff-
rrbrauch abzuleiten.
Dass die von Bernard beobachtete Aenderung des Blutstroms
i.cht wesentlich für die Speichelbildung ist, geht, abgesehen von
llem Uebrigen, daraus hervor, dass die Reizung des Sympathicus
iie des Lingualis die Speichelung hervorrufen, obwohl die eine
!3n Blutstrom verlangsamt, die andere ihn belebt.
Die von Czermak beobachtete Thatsache, dass gleichzeitige
feizung des r. lingualis und n. sj'mpathicus die Absonderung still
eellt, erklärt man durch Interferenz der Nervenerregung, oder durch
Lockung des Blutstroms und endlich durch Verstopfung der Speichel-
iinge mittelst des zähen Saftes nach der Sympathicusreizung.
wischen diesen Probabilitäten kann noch nicht entschieden werden. —
nhne jeglichen Erklärungsversuch sind bis dahin die behaupteten
ihatsachen geblieben, dass Curarevergiftung die Speichelabson-
irung beschleunigt und dass sich mit der Art des gereizten Nerven
ee chemische Zusammensetzung des Speichels ändern soll.
5. Die Austreibung des Speichels aus den Bläschen und Gängen
ird unzweifelhaft besorgt durch die Kräfte, welche ihn in erstere
ntreiben; denn einmal fehlt den Drüsenelementen jede selbst-
ändige Beweglichkeit, und dann genügt der Absonderungsdruck
er Aufgabe vollkommen, da er unter Umständen einer Säule von
ehr als 200 M.M. Hg-Druck das Gleichgewicht hält.
Nachdem der Speichel in die Mundhöhle getreten, wird er
arch Schlingbewegungen in den Magen niedergebracht, wo er
'össtentheils in das Blut zurücktritt. Wir Averden ihn bei der
erdauungslehre auf diesem Wege wieder aufsuchen.
348 Eniährungsersolieinungcn des Drliscngewcbos ; Schleimdrüsen.
ß. Die Ernährungserscheinungen des fertigen Drüsengeweb^B
bieten die Aehnlichkeit mit denen der Muskeln, dass dasselbe bS
einer dauernden Hemmung der Absonderung, wie sie z. B. in FolgB
der Unterbindung der Ausführungsgänge auftritt, allmählig zu GrundÄ
geht; namentlich wird ihm die Fähigkeit geraubt, Speichel zw
liefern. Etwas weiteres ist nicht bekannt. |
Schleimdrüsen. .
Zu ihnen zählt man die Schleimdrüsen der Mundhöhle, de|
Rachens, der Speiseröhre, der Gallengänge, die Brunn 'schei
Drüsen;- die Drüsen der Schneid er' sehen Haut, des Kehlkopfea
der Bronchien, der Harnblase, der Harnröhre (Cowper'sche unc
Littre'sche) und der Scheide.
1. Diese Gebilde haben in der Anordnung ihrer Höhlen wedei
etwas Gemeinsames, noch etwas Charakteristisches. — Eine grossen
Zahl derselben gehört nämlich zu den traubigen Drüsen, die danr
auch in allen Stücken den Speicheldrüsen gleichen; ein anderei
Theil, wie die der Harnblase, sind einfache Schlauchdrüsen, unc
die Littre' sehen endlich nähern sich in ihrer Form, durch di«
Weite und den gezogenen Verlauf der Endbläschen den Samen
drüsen an. — Die Struktur der Wandungen ist dagegen bei alle«
diesen Drüsen diejenige, welche den Speicheldrüsen zukommt!
Diesen Mangel an anatomischer Charakteristik ersetzte bis voi
Kurzem scheinbar ein gemeinsames physiologisches Merkmal, die
Absonderung eines eigenthümlichen Stoffes, des Schleims; dieses
ist aber ebenfalls durch genauere Beobachtungen aufgehoben. Alle
diese Drüsen sondern allerdings Schleimstotf ab, aber diese Eigen-
schaft theilen sie mit noch andern , z. B. der gl. submaxillaris, unc
sogar mit Flächen, welche gar keine Drüsen enthalten, wie die
Synovialhaut.
2. Schleimsaft*). In den Absonderungen der erwähnten
Drüsen hat man constant gefunden: Schleimstofif, Exti-akte, sämmt
liehe Salze des Bluts und Wasser, zuweilen auch Eiweiss. — Die
quantitative Zusammensetzung der einzelnen Säfte ist aber zu wenig
untersucht, um bestimmen zu können, wie sie sich zu verschiedenen
Zeiten verhalten und ob oder wie die verschiedenen Drüsensäfle
von einander abweichen.
•) Berzelius, Chemie. IX. Bd. 534. — L'hdritier, 1. c. 581 und 642. — Scliorer.
Chemische Untersuchungen, p. 93. — Tilanus, De saliva et muco. Amst. 1840. p. 86. — Leh-
mann, Physiol. Chemie. U. Bd. 354. — Nasse, Journal f. prakt. Chemie. XXLX. 59. »
ThränendrUsen,
349
Die Schwierigkeiten , dio sich der Untersuchung entgegenstellen , sind ausser den
.Igemcinen noch vorzugsweise darin zu suchen , dass es thoils nicht gelingt, dio Säfte
•in zu erhalten. Der Nasenschleim mischt sich z. B. mit den Thränen, der des
;undcs mit dem Speichel u. s. w. ; theils aber wird der Schleim in zu geringer Menge
^gesondert , um fiir Analysen hinzureichen , so namentlich in der Scheide. Wir ver-
lebten darum auf weitere Angaben und verweisen auf die Analysen von Berzelius,
lasse, Scherer und L'heritier.
Thränendrüsen,
1. Anatomischer Bau *). Zu dieser Drüsen gattung zählt man
ie über der äussern Seite des bulbus oculi gelegenen Drüsen,
reiche das obere Augenlid durchbohren und sich auf der Con-
mctiva ölfnen, und die Krause 'sehen Drüsen, welche unter der
conjunctiva, und zwar an ihrer Umbiegungsstelle vom Bulbus auf
lie Lider liegen, Sie gleichen in ihrem Bau den Speicheldrüsen
ollkommen. Ihre Nerven empfangen sie aus dem ersten (und
weiten?) Aste des Trigeminus und dem n. patheticus (Curie)**).
2. Thränen***). Sie bestehen aus einem eiweissartigen Stoff,
chleim, Spuren von Fett (welches aus den Epithelien der Drüsenröhre
;.ammt), NaCl, phosphorsaureu Erden und Alkalien und aus Wasser,
iie Reaktion der Flüssigkeit ist alkalisch. Nach Frerichs ent-
ielten Thränen, welche in reichlicher Menge abgesondert wurden,
wischen 0,8 und 0,9 feste Bestaudtheile in Lösung; die Asehen-
rcozente varihien zwischen 0,42 und 0,54, welche vorzugsweise aus
iaCl und aus sehr geringen Mengen phosphorsauren Alkalien be-
tehen (Vauquelin, Fourcroy, Frerichs). Die Erdphosphate
laren an den eiweiss'artigen Stoff gebunden. In 100 Theilen einer
US der Thi-änendrüse von Arlt f) aufgefangenen Flüssigkeit fand
terch 98,2 Wasser; 1,3 NaCl; 0,02 NaOC02, CaOS03 und
[OaOPOs; 0,5 Albumin.
3. Die Absonderungsgeschwindigkeit der Thränen variirt mit
iidenschaftlichen Erregungen der Seele und reflektorischen Er-
'igungen, die von der Oberfläche der Conjunctiva, der Innern
asenfläche und dem Opticus (?) ausgehen. Sie ist vermehrt bei
mfällen von Trigeminusschmerz , während des Absterbens der
Ihiere nach Curarevergiftung (Cl. Bernard) oder nach dem
aackenstich; letzteres besonders bei Pferden.
•) W. Krause, Henle's und Pfenfer's Zeitschrift. N. F. IV. Bd. 337.
' **) B r o wn-.Sßqnn rd , Journ. de phys. I. 8U5.
•••*») Frerichs, Wa(?ncr's Ilaiidwürterbuch der Physiologie, m. Bd. 1. Ahthl. Cl". — Ar
•chiv für Ophthalmologie. I. 2. 137.
t) Archiv für Ophthalmologie. I. 2. 13C.
350
ThränendiÜBcn ; Pankreas.
Da die Drüse analog der Speicheldrüse gebaut ist, da di
Thränen wesentlich mit dem Parotisspeichel übereinstimmen unf
die gesteigerte Absonderung unter denselben Bedingungen wie i:
der Speicheldrüse auftritt, so kann man nicht anstehen, imser
Drüsen für eine Modifikation der Speicheldrüsen zu halten.
4. Die aus den Ausführungsgängen getretenen Thränen ''I
verbreiten sich über die Gonjunctiva, gelangen in den sogen. Thränet
see und von da durch die Thränenpunkte in den Thränensack.
Heber die Weise, wie sie zu den letztern kommen und von ihnen gehen, 1
Bd. I. p. 347 nachzusehen. Zu dem dort Gemeldeten ist noch nachzutragen eine aorj
same Arbeit von H o n k e , welche nachweist , dass das ligam. palpcbrale intern, in d(
Euhelage des m. orbicular. palpebar. der Grube des Thränenbeins ausfüllt und dam
zugleich die Höhle des Thränensacks zum Verschwinden bringt. Diese Lage kann de:
Ligamentum angewiesen werden durch die Elastizität des Bandes, oder durch die Z\
sammenziehung des Horner' scheu Muskels, der bekanntlich Ton dem Kamm des Thräncij
beins entspringt und an der hintern Fläche des Sacks theils zum lig. palpeb. intern., thei:
auf die hintere und vordere Fläche des Tarsus läuft, so dass seine Fasern die Thräner
röhrchen zwischen sich aufnehmen. Aufnahme und Ausstossung der Thränen in un
aus dem Sack stellt man sich denigemäss so vor: bei der Zusammenziehung de
m. orbicularis , wie sie beim Lidschlag erfolgt , liebt sich das innere Augenlidbändchel
aus der Thrünengnibe nach vorn und aussen hervor, und damit auch die vorder
Fläahe des Thränensacks , die mit dem Bändchen verwachsen ist. Dadurch öffnet gicl
die Höhle dos Sacks und saugt die Thränen an (Kos er). Dieser Satz, den die anato
mische Anordnung verlangt, wird noch bewiesen durch die Erfahrung, dass de
Tropfen, welcher in einer Thränenflstol steht, gegen die Höhle des Sacks emporsteigi
wenn das Lid geschlossen wird (Eos er), und dass bei sonst ganz normalen VerhäM
nissen Thränenträufeln eintritt, wenn der m. orbicularis gelähmt ist (Avlt). JJ.
Thränen, welche in den Sack gelangt sind, werden von dort wieder weggeschafft, st
wie sich die vordere Wand des Sackes der hintern nähert. Dieses soll geschehen, wij
Henke will, durch eine Zusammenziehung dos Horner'schen Muskels, die jedcsras
nach Lösung der Verkürzung des m. orbicular. palpebrar. eintreten soll ; fUr diese Kn
nähme liegt jedoch kein Beweis vor; ebenso, wenn nicht wahrscheinlicher, ist es an
zunehmen, dass das bei der Zusammenziehung des Augenlidschliessens gespannt|
Bändchen nach dem Nachlass des letztern durch seine Elastizität wieder in die Höhl^
zuräckschnappt und die Thränen in die Nase schiebt. Dort verdunsten sie in de«
Luft , welche bei der Einathmung durch die Nase strömt.
Ein Eindringen von Nasenschleim in den Thränencaual wiri
verhütet durch eine Klappe , die sich an der Mündung des letzterei
in der Nase vorfindet.
Bauchspeicheldrüse.
1. Der anatomische Bau des Pankreas gleicht im Wesentlichen
dem der Kopfspeicheldrüsen ; unterschieden ist er dadurch, dass dia!
») Henke in -Graefe's Archiv für Oplitlmlmologie. IV. Bii. Abth. II. — Henle, Miiskel-t«
lehre. 140. — Maier, Ueber den Bau der Thränenorgnne. 1866. — Ärlt, Arohiv für Oiihth«!-*^
mologie. I. 2. 18C.
1
Chemische Zusammensetzung des Pankreas; Bauchspeichel. 351
eiden Aiisflihrungsgänge der Drüsen vor ihrer Ausinlindung com-
inniziren (Verneuil). — Die Nerven erhält es aus den plex.
Deliaciis, hepaticiis, lienalis, mesenteric. superior. (Verneuil)*).
2. Chemische Zusammensetzung der Drüse**). Aus dem wäs-
■erigen Auszug derselben wird gewonnen: Ty rosin, Leu ein (Fre-
tchs, Staedeler, Virchow), ein Homologon des Leucins
DioHu NO4, Gorup), Guanin (C10H5N5O2, Scherer), flüchtige
otte Säuren und Milchsäure (Gorup).
In dem während eines bis zu mehren Tagen sich selbst überlassenen Auszug kommt
ii Körper vor, der ausser andeim Beaktionen sich mit Chlorwasser oder salpetriger
liure roth färbt. Einen Stoff mit ganz denselben Eigenschaften stellte B ö d e k e r
is Eiter und Exsudatflüssigkeiten dar; er erklärt diesen Körper, den er seiner sauren
pgensehaften wegen Chlorrhodinsäure nennt, für identisch mit dem des Pankreas und
mes Saftes.
3. B a u c h s p e i c h e 1 ***). Seiner chemischen Zusammensetzung
uch besteht er aus einem besondern eiweissartigen Fermentkörper,
;3r gekochtes Amylon in Dexti-in umwandelt und aus Butyrin
luttersäure. darstellt, einem butterartigen Fett, Leucin, Chlor,
•jhwefelsäure, Phosphorsäure, Kohlensäure, Kali, Natron, Kalk,
itsenoxyd und Wasser. — Er stellt eine klare, klebrige, alkaliseh
lagirende, mit Säuren brausende Flüssigkeit dar. — Die quan-
:;;ative Zusammensetzung des Bauchspeichels ist, so weit wii' wissen,
KS zu einem gewissen Punkte veränderlich mit der Absonderungs-
üschwindigkeit; die Veränderungen betreffen vorzugsweise das
ejrhältniss zwischen dem Wasser und den organischen Stoffen,
ler prozentisclie Gehalt an Wasser nimmt innerhalb gewisser
1 reuzen mit der Absonderungsgeschwindigkeit zu, jenseits derselben
iilt er sich aber unverändert, wie auch die Saftmenge anwachsen
sag. So fiel beim Hunde der prozentische Wassergehalt von 98
iif 94, als die in der Minute abgesonderte Saftmenge von 0,5 Gr.
>s zu 0,05 Gr. abnahm; und es hielt sich dagegen der Wasser-
ühalt unverändert auf 98, als das Gewicht des in der Minute ab-
^razette m^dicalo. 1851. No. 26 und 2C.
•') Frerichs und Staedeler, Zlirlchcr Veilinndlungcn. IV. Bd. 1855.— Virchow, dessen
fchU: VII. Bd. — Gornp, Cliom. Ccntrnlblatt. 1856. 385. — Schcrer, Virchow'd Arohiv.
Gl. Bernard, L09ons de phyniologle. II. Bd. 186C. p. 245 sqq. und 362. — Biidoker,
's und Pfcufcr's Zeitschrift. N. F. VI. Bd. 198.
••j Bldder und Schmidt, die Verdnuungssüfte , Mitau 1862. 240. — Frerichs, Artilcol
ridaunng InWngner's Handwörterbuch. UI. a. 842. — Bcrzelius, Handbuch der Chemie.
.Bd.— Wcinmann, Henlc*» und Pfcufcr's Zeitschrift. N F.HI.Bd. 247.— C. Schmidt,
■ebig's Annalen. 92. Bd. 33. — Kröger, de succo pancrcatioo. Dorpat. 1864. — KöUikor
[a Müller, zweiter Bericht Uber die physiologische Anstalt. WUizbnrg. 185C. — Iloppo»
Iiow's Archiv. XI. Bd. 06. — Cl. Bcrnard, M(<müiro siir Ic pnncrcas et sur lo rolc du
' r($atiqiie etc. Paria. 1856.
352
Panlcreos ; Bauchspcichel.
gesonderten Saftes von 0,5 auf 2,2 Gr. wuchs (Weinmann).
Aebnlich den beim Kopfspeichel beobachteten Verhältnissen komnj
auch hier die Veränderlichkeit des Rückstandes vorzugsweise au
Rechnung der organischen Bestandtbeile. Denn in den von Gm elin
Frerichs und Schmidt veröffentlichten Analj^sen des Saftes vo|
Hund, Schaaf und Esel wechselte der Gehalt an organischen Rticlj
Standsprozenten von 9,0 bis zu 1,3, und derjenige der Salzmasis
nur zwischen 1,0 bis 0,7. — Die Zusammensetzung gestaltet sicj
in den Grenzfällen nach Schmidt (beim Hunde I. und H.) un
nach Frerichs (beim Esel HI.) folgendermaassen :
0,0
0,8
0,1
I.
n.
in.
Wasser . . =
90,08
98,04
Organ. Stoffe =
9,04
1,27
Organ. Stoffe. . =
Mit ( Natron . . . =
0,06
0,33
Lösliche Salze . =
d. Ferment < CaO . . . . =
0,03
Unlösliche Salze =
verbunden. ( MgO .... =
0,01
NaCl . . . =
0,74
0,21
KaO . . . . =
Spuren
0,07
3CaOP05 . =
0,01
0,04
SMgOPOs . =
Spuren
0,01
3NaOP05 . =
Spuren
Aus dem stark erweiterten Gang der Pankreas einer stark ikterischen Perso
sammelte F. Hoppe 5,6 Gr. Saft, der in 100 Theilen 2,6 pCt. festen Rückstand un
darunter 0,12 pCt. Harnstoff enthielt. Hoppe wirft die Frage auf, ob der letzte!
nicht beständig im Pankreassaft vorkomme.
4. Die Absonderungsgeschwindigkeit des Bauchspeichels is
a) von der Nahrung abhängig, jedoch nicht in dem Grade, di
sie bei vollkommener Entziehung derselben Null ■^vtirde. Wei
mann beobachtete, dass ein Hund in der ersten Stunde nach eina|
reichlichen Nahrung = 97,8 Gr. Pankreassaft, nach 45stündigeE
Hungern aber in derselben Zeit nur 0,48 Gr. lieferte. Kroege
fand die Saftmenge des Hundes für je eine Stunde in der erstet
Stunde nach der Nahrung = 24,9 Gr.; in der 2ten = 17,58; i
der 3ten bis 6ten = 14,6; in der 7ten bis 9ten = 11,43; in de
lOten bis 14ten = 10,7; in der 19ten bis 24sten = 6,66. — 9i
Beschleunigung der Absonderung macht sich so rasch geltend, das
V4 bis y-i Stunde nach dem Genuss von fester Nahrung und einig
Minuten nach dem Genuss von Wasser (Weinmann) schon dai^
Maximum der Geschwindigkeit erreicht ist; der absolute Werth de
erzeugten Geschwindigkeitserhöhung scheint der Menge der genossene!
Pankreas; Absonderungsgescliwindigkeit des Saftes.
353
fabi ung proportional zu gehen und ist nach dem Fressen bedeutender,
Is nach dem Saufen. In Folge dieser Erfahrungen statnirten Bidder
nd Schmidt die Beziehungen zwischen der Absonderung des
iikalischen Bauchspeichels und des sauren Magensaftes, dass mit
er steigenden Bildung des letzteren auch die des ersteren zu-
ehme. — b) Während der Brechbewegung stockt die Abson-
erung des Bauchspeichels (Weinmann, Cl. Bernard). — c) Die
;bsonderungsgeschwindigkeit wird weiterhin bestimmt durch ge-
iisse, nicht näher gekannte Zustände der die Bauchspeicheldrüse
mgebenden Organe, wie sie insbesondere erzeugt werden durch
■röffnung der Unterleibshöhle; nach einer solchen Operation stockt
le Absonderung fast vollständig.
Zur Gewinnung des Saftes legt man entweder temporäre (Tiedemann, Leuret
ad Lassaigne, Frerichs u. s. w.) oder dauernde (C. Ludwig) Fisteln des
rirsung'sclien Ganges an. Uujp.ttelbar nach der Operation erliält man nur bei
■.•asfressem reichliche Saftmengen. Bei Hunden fliesst in den ersten Tagen nach der-
Iben nur sehi;' wenig eines an ^ganischen Bestandtheilen sehr reichen Saftes aus, und
"it später wird der Ausfluss reichlicher. Darum eignen sich temporäre Fisteln gar
iiht zur Untersuchung der Absonderungserscheinungen. Das ümgekchi-te behaupten
urnard und Longet, indem sie dauernde Fisteln für ungeeignet halten ; sie nehmen
tmlich an, dass der Saft, welcher einige Tage nach der Operation ausfliesst, von
wer kranken Drüse abgesondert werde. Hierfür liegen jedoch keine Beweise Tor,
Uli aber für das Gegcntheil ihrer Meinung. Von vorne herein ist es schon viel
J.hrscheinlicher , dass die üntcrleibsorgane des Hundes unmittelbar nach der Operation
SMtprt sind, und dafür bürgt auch die zu jener Zeit ganz erloschene Fresslust. Dafür,
der später^ abgesonderte Saft aus einer gesunden Drüse komme und normal sei,
^■echen zunächst die Beobachtungen von C. Schmidt, denen gemäss der aus per-
i nc Ilten Fisteln fliessende Saft seiner qualitativen Zusammensetzung nach als ein nor-
k r ßauchspeichel angesehen werden muss, denn er emulsionirt und zerlegt neutrale
|Hte und verdaut Amylon , wie ich bestätigen kann. Das Bedenken der französischen
■ ' ilogen wird ferner widerlegt durch die Beobachtung (Weinmann), dass der-
llund je nach dem Fiillungszustande seines Magens bald mehr, und zwar verdünnten,
)«.d weniger, und zwar conzentrirten Saft absondert. Zudem findet sich bei der Sektion
(■\\i'.v Hunde, die dauernde Fisteln getragen, auch nicht eine Spur von anatomischer
i weichung im Pankreas , und ebenso beseitigt die Fresslust und die normale Koth-
idung, welche Hunde mit Pankreasfisteln darbieten, die Annahme, dass eine Krank-
:.t der Verdauungsorgane bestehe. Auch ist die Menge des Abgesonderten in gar
tnem Missverhältniss zum Umfang der Drüse.
Ein absoluter Werth für die Geschwindigkeit der Absonderung (Quotient aus dem
«wicht des Pankreas 'und des in der Zeiteinheit abgesonderten Bauchspeiehels)
lan nicht gegeben werden. Statt dessen substituirt man etwas willkürlich den
ioticnt aus dem Gewiclit des ganzen Thieres in das Gewicht des in der Zeiteinheit
Llieferten Saftes.-. Nimmt man nach Schmidt unter Anwendung dieser Berechnungs-
tise das Mittel aus sämmtlidicn zu verschiedenen Zeiten und bei verschiedenen
Lndwig, Physiologie II. 2. Auflage.
354
Pankreas ; Bereitung dos Bauchspeichclü.
Fütterungsarten angestellten Beobachtungen oiuos und desselben Thieres, so erhält
für die drei Hunde, deren Saft er aus permanenten Fisteln auffing:
Nr. des
Versuchs.
Körper-
gewicht.
Mittlere
Saftmongo
in der
Stunde.
pCt.-Gehaltdes Saftes
1 Kilogr. Thier liefert stiindlicli
an festen
Stoffen.
an Organ.
Stoffen.
Saft.
RUckstd.
Organ.
Stoffe.
^lnorga
Stofft
1. Hund.
8 Kilogr.
40,24
2,16
1,27
5,03 Gr.
0,106
0,063
0,04
2. „
18 „
55,98
1,99
1,11
3,1 i „
0,061
0,035
0,02
3. „
20 „
67,74
2,45
1,58
2,99
0,730
0,047
0,08
Ans dieser Zusammenstellung geht hervor, dass ein Thier von geringem Korj'
gewicht verhältnissmässig mehr Wasser durch das Pankreas ausgiebt, als ein solcl
von grossem , und dass diese Beziehung zwischen den festen Bestandtheilcn nicht 1
steht. — Unter diesen Umständen möchte es gewagt sein , die Beobachtungen am Th
auf den Menschen zu übertragen. (Siehe auch Müller und Kölliker 1. c.)
5. Die Bereitung des Bauchspeicliels. Der fermentartige Kör];
dürfte in den Zellen des Epitbeliums entstehen; wenigstens ist
durch mikrochemische Eeaktion in diesem, bis dahin aber no
nicht im arteriellen Blut nachgewiesen. Zu den vielfachen Aeh
lichkeiten zwischen der Absonderung des Kopf- und Bauchspeiche
welche schon erwähnt sind, kommt noch die fernere, da
in den Zeiten, in welchen die Ausscheidung des paukreatisch^
Saftes lebhaft ist, die Drüse von den erweiterten Capillaren röthli
gefärbt ist, Avähreud zur Zeit der Absonderungsruhe die Färbuij
eine blasse ist. Aber auch hier führt die Gefässei-weiterung nie
nothwendig zur Saftbildung; denn wenn man die Drüse ein
Thieres, das in der Magenverdauung begriften ist, blosslegt,
findet mau sie wohl roth , aber es fliessen kaum einige Tropf
von Saft aus ihrem Gange.
Alle diese Uebereinstimmungen machen es wahrscheinlich, da
die Absonderung im Pankreas auf ähnliche Weise wie in der Ko]
Speicheldrüse geschieht, und dass sich namentlich die Schleimha
des Magens, resp. die seines Pförtnertheils, ähnlich zum Paukre
verhält, wie die der Mundhöhle zu den Kopfspeicheldi-üsen. Ein
Grund gegen diese Annahme könnte man schwerlich daraus nehm
wollen, dass es bisher noch nicht gelaug, die Absonderungsnerv
des Pankres aufzufinden. Denn es setzen sich der Lösung dies
Aufgabe darum besondere Schwierigkeiten entgegen, weil na
Erötfnung der Bauchhöhle die Absonderung aus noch unbekannti
Gründen überhaupt stockt. Uebrigens ist Grund zur Vermuthu
vorhanden, dass die Reizung des n. vagus hierbei eine Rolle spi
denn wenn man an einem Thier, das eine pankreatische Fi
Aiisstossung des Bauchspeichels ; Eniahrung der Drüsen ; Magendrüsen. 355
ägt, den centralen Stumpf des dmclisehnittenen n. A^agiis durch
idiiktionsschläge reizt, so stockt sogleich der Ausfluss des Saftes.
6. Ausstossung des Bauchspeichels. Den Gängen fehlen Muskeln,
so muss die Austreibung des Saftes durch die Kräfte geschehen,
eiche ihn in die Drüsen führen, welche oft stark genug sind, um
II in einem Strahl austreten 7A\ lassen. In dem Duodenum mengt
sich mit dem sauren Magensaft, wird neutralisift und wirkt ver-
demd auf die Speisen. Da dem Koth der Fermentkörper fehlt,
muss dieser in das Blut zurückkehren, zugleich mit den reich-
hen Wassermengen, welche er mit führt ; indem sich das Ferment
m Blut der Pfortader beimengt, soll es in der Leber verändernd
f die Amyloide derselben wirken ; diese Anschauung ist noch hypo-
Btisch. Die Bedeutung, welche er für die Verdauung gewinnt,
später zu behandeln.
7. Ueber die Ernährung der Drüsen ist ausser der Formfolge
. der ersten Entwickelung wenig bekannt. Die unterbundenen
ii durchschnittenen Drüsengänge stellen sich leicht wieder her.
Magendrüsen.
In die Magenwände sind zwei Drüsenarten eingebettet, die
Ih durch ihre Form wenig, durch ihre absondernden Kräfte aber
Ueutend imterscheiden (Wassmanu).
A. Labdrüsen.
1. Anatomischer Bau*). Die Labdrüsen erstrecken sich von
Cardia bis zum Pförtner. In dieser Ausdehnung ist die Schleim-
et des Magens ausgehöhlt von so dichtgedrängten Drüsen-
'äiichen, dass von der Substanz nur äussert wenig übrig bleibt.
Lichtung dieser Drüsen ist nahe an der Innern Mageuoberfläche
! ndrisch; gegen die Bindegewebshaut des Magens hin, wo die
nie blind endigt, ist sie seitlich mit rundlichen Ausbuchtungen
Heben (Sprott Boyd, 'Henle). Meist sind die Höhlen vom
tnd bis zur Mündung hin einfach, und nur zuweilen, namentlich
öder unmittelbaren Nähe der Cardia, münden mehrere solcher
ssenschläuche durch eine Oeffnung in den Magen aus (Bisch off,
Iliker). — Die Wand ist durchweg durch eine strukturlose
at dargestellt, deren innere Fläche nahe an der Drüsenmündung
) Henlc, in »eiuer und Pfcnfer'« ZoiUclirift. N. V. U. Bd. 290. - E. Brllokc, Bericlito
Viener Akudcmle. 1851. — II. Frey, Hcnlc's und Pfeufcr's Zeitschrift. IX. Ud, 8ir). —
ilkcr, Handbuch der Gcwcbelelire. 3. Aull. 423. — Doudors, Ondcrzoeltingen in lict phya.
»«Hot. to Utrcclit. 1852—53. p. 70.
23*
356
Labdrüsen ; Labsaft.
von einem Cylinderepithelium und von da ab bis zum blinden En
mit einer kugeligen Zellenformation, den Labzellen, bedeckt i
Der Binnenraum dieser letztern ist ausgefüllt durch einen Kern u:
und eine tilibe Flüssigkeit. In dem Grunde der Drüsen findet si
statt der Labzellen öfter auch nur eine körnige Masse mit e
gestreuten kleinen Zellen, welche dem Ansehen nach den Kern
der Labzellen vollkommen gleichen (SprottBoyd, Frerichs)
Um die Drüsen ist in der Schleim- und Zellhaut des Magens
langer, glatter Muskel geschlagen; er besteht aus einem Geflec
von Muskelzellen , welche theils nach der Längen- und theils na
der Querrichtung der Drtisenschläuche verlaufen und, unmittell
an die strukturlose Haut derselben sich anschliessend, sie bis
die Schleimhaut hinein verfolgen (E. Brücke). — Die Blutgefä
beziehen ihr Blut 'aus den Arterien, welche in die Zellhaut t
Magens eindringen; aus dieser treten feine Aestchen empor mit (
allgemeinen Eiohtung gegen die Magenoberfläche. Indem sie s
an die Drüsen anschmiegen, zerfallen sie in feine Capillaren, welc
netzförmig sich verbiudend, die Drüsenschläuche umspinnen. Di(
Netze schicken darauf stärkere Zweige gegen die Schleimhautob
fläche, wo sich dieselben von neuem zu grössern Maschen anordn
aus denen endlich die Venen hervorgehen (H. Frey).
2. Labsaft*). Obwohl die Gewinnung des reinen Labsaftes
grösserem Maasstab bis dahin nicht gelungen ist, so hat man de
vermocht, einige chemische Eigenthümlichkeiten desselben na
zuweisen.
Den Labsaft, resp. einzelne seiner Bestandtheile gewinnt man auf zwei
scMedene Weisen. 1) Man sclineidet die Stellen der Magenschleimbaut , in we
die Labdrüson eingebettet sind, aus, spült sie mit Wasser und presst dann
weder die Flüssigkeit ab, oder man zieht die Stücke mit Wasser aus; oder
knetet unter Wasser die letztem zwischen Leinwand, durch die Maschen gehen
Labzellen hindurch ; diese setzen sich im Wasser zu Boden und können dann w(
behandelt werden. Auf diesen Wegen erhält man vorzugsweise das Pepsin (Schwa
Brücke). — 2) Man legte hei Thieren Magcnfisteln an (Blondlot) oder benii
die seltenen Fülle, in denen bei Menschen Magenfisteln vorkommen (Beaumo
Smith, Schmidt). Da nun aber in dem Magen enthalten sind : Speisereste, Speii
Schleim aus den Drüsen des Oesophagus und des Magens selbst, so gewinnt man i
i.
•) Berzelius, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 1840. 205. — Frerichs, Artikel Verdai
In Wagncr's Haudwiirterlmch. III. Bd.— Lehmann, Physiol. Chemie. II. Bd. p. 39. — Bid
und Schmidt, Vcrdaunngssäfte. p, 29. — Schmidt, Licbig's Annalen 92. Bd. 42
Urünewaldt, Succi gastrici liumani indoles. Dorp. 1853. p. 42. — Schröder, Succi gai
humani vis digestiva. Dorp. 1853. p. 34. — F. Smith, Journal de Physiologie par Bro!
S(!(inard, I. HC. — E. Brücke, Wiener akadem. Sitzungsberichte. 27. Bd. 131. — Bu
Virchow's Archiv. XIV. Bd.
Labsaft.
357
;uf diesem Wege den Labsaft iiic)it rein. Um ihm aber wenigstens das Uebergewicht
bber die andern Gemengtheile zu verschaffen, hat man den Inhalt des Magens bei
lungernden Thieren aufgefangen, nachdem man Torgängig von der Fistelöffnung aus
ten Magen mit Wasser ausgespült hatte. Dadurch sicherte man sich vor allzugröb-
cchen Verunreinigungen mit Speisen (Bidder und Schmidt, Hointz). — Um den
^peichel ganz oder theil weise zu eliminiren, legte Bardelebon neben der Magen-
ntel auch noch eine Speiseröhrenfistel an, durch welche der verschlungene Speichel
Mch aussen abfloss , oder es wurden die Ausführungsgänge der wesentlichen Speichel-
trüsen unterbunden (Bidder und Schaidt). — Eine Ausschliessung des Magen-
snd Spciserphrenschleims aus dem Labsaft ist also noch nicht versucht worden. In
«ainemFall genügt daher die gewonnene Saftart, um alle Eigenschaften der Labflüssig-
eeit festzustellen, aber sie reicht hin, um diejenigen derselben aufzudecken, welche
uun vor dem Schleim und Speichel zukommen , und zwar so weit , als uns die Zu-
iiunmensetzung dieser letztem bekannt ist.
Dem Labsaft kommen als eigenthlimliche Stoffe zu: ein beson-
eerer Körper, das Pepsin, welches in Ermangelung anderer Kenn-
eeichen dadurch Charakter isirt wird, dass es unter Betheiligung ver-
ilinnter Säuren feste Eiweisskörper sehr rasch löst (Eberle,
ichwann); der Labsaft enthält ferner Salmiak, Chlorcalcium und
feie Säuren, namentlich Salz-, Milch- und Buttersäure; Salzsäure
lit entweder allein oder mit wenig Milchsäure vermischt gefunden
Vörden in dem Saft, der aus dem seit vielen Stunden nüchternen
Ifagen genommen wurde (Gmelin, Prout, Schmidt). War
aagegen der Saft aus dem gefüllten Magen gewonnen, so ist immer
[[ilchsäure, zuweilen mit Buttersäure vermischt, vorhanden; die
;alzsäure fehlte dann entweder ganz, oder es waren nur Spuren
terselben vorhanden (Lehmann, Schmidt, Heintz, Bernard
ind Barreswil, Smith). Dieser Befund blieb nun derselbe,
lleichgültig ob der Magen mit entfetteten Knochen, Amylaceen oder
ileisch geftillt war; auch blieb der Erfolg unabhängig von der
•attung des untersuchten Individuums. Man könnte sich ent-
■shliessen , den Unterschied der Säure des gefüllten und nüchternen
l[agens dadurch zu erklären, dass man annähme, es werde ur-
iiprünglich immer nur Salzsäure abgesondert, dass diese aber nur
aann als solche erscheinen könnte, wenn nicht zufällig andere
nalze im Magen vorhanden seien, die von der Salzsäure nicht an-
fegriflFen würden. Da nun nach dem Genuss von Fleisch und
'fehlspciscn milchsaure Salze im Magen nothwendig vorkommen
iiUssen, so würde sich aus ihrer Zersetzung durch das CHI die
i'Cständige Anwesenheit der Milchsäure erklären lassen. Woher
r-ommt aber diese Säure bei der Nahrung aus entfetteten Knochen ?
»ieser Gegenstand verlangt also eine neue Untersuchung.
358
Labdrüson ; Absonderungsgoschwiudigkeit des Saftes.
Das Pepsin ist geradezu in dorn Inhalt der Labzellen aufgefunden wo|H
(Frerichs), und zwar in neutralem Zustande (Brücke). — Um eine Vorstel^H
von dorn relativen Gehalt eines beliebigen Saftes an Pepsin zu gewinnen, verf^B
Brücke folgenderraaassen. Er ermittelt die Zeit, welche die Volumseinheit dl
sehr verdünnten Lösung mit dem Säuregehalt von 0,1 pCt. bedarf, um einen WhB
aus geronnenem Eiweiss von bekannten Dimensionen zu lösen. Diese Pepsin-Lösi
betrachtet er als Normalflüssigkeit , er setzt ihren Pepsingehalt gleich dem der Einh
Um nun zu bestimmen , um wie viel reicher eine andere Flüssigkeit an Pepsin
verdünnte er ein bekanntes Maass derselben so lange mit Säure von 0,1 pCt. , bis
Volumeinheit den bekannten Eiweisswürfel wieder gerade so geschwind .auflöst,
die Normallösung. Das Volum verdünnter Säure , welches er zur Volumeinheit
verglichenen Lösung setzen musste, um ihre Verdauungskraft auf diejenige der Nom
lösung herabzudrücken , giebt an , um wie vielmal der Pepsingehalt der ersten Löst
den der Normallösung übertrifft. — Ueber die häufige Anwesenheit der Salzsäure in c
Labsaft der Menschen und Thiere kann nach den Versuchen von C. Schmidt k
Zweifel mehr bestehen; er bestimmte nämlich aus der frischen Flüssigkeit die Me
des Chlors und Ammoniaks und aus der Asche des eingetrockneten Saftes die Me
der Basen. Es reichte der Gehalt an Ammoniak und festen Basen nicht hin, um
ganze Gewichts des Chlors zu sättigen; er zeigt zugleich, dass gewöhnlich keine and
freie Säure vorhanden gewesen sein konnte, indem zur Neutralisation des frisc'
sauren Saftes, dessen Gehalt an freier Salzsäure er kannte, gerade so viel Basis nöt
war, als die freie Salzsäure zur Darstellung eines neutralen Salzes bedurfte. — Li
mann dagegen fand Milchsäure im Magen von Hunden, die er nach vorgängid
Hungern mit entfetteten Knochen gefüttert und 10 bis 15 Minuten danach getöc
hatte. Ueber die Natur der von ihm gefundenen Säure kann kein Zweifel besteh
weil sie durch die Elementaranalyse festgestellt wurde. Ebenso traf Heintz in ei
erbrochenen Flüssigkeit Milchsäure an, und Schmidt selbst konnte in dem mit Zucl
Eiweiss u. s. w. verunreinigten Magensaft, welcher aus der von ihm beobachte
Magenfistel eines Menschen genommen war, keine freie Salzsäure, wohl aber Buttll
und Milchsäure auffinden; Smith fand Milchsäure und Spuren von Salzsäure. I
Ob und wie die ZusammensetzuDg des reinen Labsaftes vil
änderlich ist, mnss dahingestellt bleiben; die Thatsache, dass cl
Mageninhalt bald sauer und bald alkalisch reagirt, kann ihr
Grund begreiflich eben so gut finden in einer veränderlichen 2
sammensetzung des Labsaftes, als auch in einer ungleich rei(
liehen Absonderung der verschiedenen (alkalischen und saure
Säft;e, welche in den Magen entleert werden.
3. Absonderungsgeschwindigkeit. Da man zu allen Zeiten
dem Magen Pepsin und nur zeitweise eine fi-eie Säure anti-iift,
wäre es möglich, dass sich das erstere fortwährend bildet ; die A
sonderung der Säure geschieht dagegen offenbar nur periodisc
Die Menge von saurer und pepsinhaltiger Flüssigkeit, welche
der Zeiteinheit, und zwar sichtlich aus den zu Tage gelegten inne
Wandflächen des Magens ausgestossen wird, ist sehr veränderlic
Zur Zeit, in welcher der Magen leer oder nur mit verschluckte
Labdrüsen ; Bereitung des Saftes.
359
■jpeichel gefüllt ist, wird gar kein Saft aus den Drüsenmündungen
>;eliefert. Dieses geschieht aber sogleich, wenn in den leeren
Ilagen beliebige feste oder flüssige nervenerregende Stoffe (Speisen,
öteine, Pfeffer, Kochsalz u. s. w.) eingebracht werden, ja nach
llidder und Schmidt *) selbst dann, wenn man hungrigen Thieren
iideren Speichelgänge unterbunden waren) Nahrungsmittel vorhält,
Ihne sie ihnen zum Fressen zu geben. Daraus schliessen wir nun,
iiass die Absondernngsgeschwindigkeit mit der bestehenden Nerven-
rrregung des Magens steigt..
Wenn man dagegen statt der sanften mechanischen Erregung
iine heftigere eintreten lässt (Beaumont), oder noch mehr, wenn
iian den Cardiatheil des Magens durch elektrische Schläge dahin
n-ingt, dass er Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich eine
iis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf ; also scheint
iie Drüse auch ihre Hemmungsnerven zu besitzen.
Die täglich ausgeschiedene Menge von Pepsin und Säure ist
licht einmal schätzungsweise zu bestimmen.
Der von Bidder und Sctmidt ausgegangene Vorschlag, aus dem verdauenden
rarmögen von Pepsin und Säure und der Menge der wirklicli im Magen verdauten
»)eisen auf die Menge des täglich abgesonderten Saftes zu schliessen, ist im Prinzip
iihaltbar (vid. 1. Aufl. II. Bd. 248). Denn es ist indess von Brücke erwiesen, dass
»c verdauende Kraft des Magensaftes nicht bloss von seinem Gehalt an Pepsin und
i'iure, sondern auch noch von andern Beimengungen, z. B. der des löslichen Ei-
'isses, abhängig ist.
4. Bereitung des Labsaftes, a) Das Pepsin geht aus den Lab-
iöllen hervor; denn dort finden wii' es schon reichlich, und zwar
!>s neutralen Körper vor (Frerichs, Brücke). Ausserdem aber
■"••scheint es in keinem Körpertheil mehr, ausgenommen in den
Ilüssigkeiten des Magens, welche, bevor sie auf die Magenober-
iiche gelangen, die Drüsen durchsetzten. Der Vorrath von Pepsin,
f elcher in der Drüse angehäuft liegt, ist ein relativ sehr bedeutender
Brücke); denn es kann ein geschlemmter Magen, oder statt dessen
aus ihm ausgeknetete Zellenmasse einer sehr grossen Menge von
liltissigkeit verdauende Fähigkeiten verleihen. In schwach an-
wsäuertem "Wasser (mit 0,1 pCt. Säure) ist es reichlicher löslich
i».8 in reinem Wasser (Brücke). — Da das reine Pepsin uns un-
'3kannt ist, so verhält es sich natlirlich gerade so mit der Mehr-
ihl seiner chemischen Beziehungen und seiner Zusammensetzung.
1. c. p. 32.
360
Bereitung dos Pepsins und der Magensäuren.
Dennoch hat man sich angewöhnt, es als ein Glied oder wenia
stens als einen Abkömmling der Eiweissgruppe anzusehen, un
zwar nur darum, weil viele Fermente, und für ein solches hä
man auch das Pepsin, aus den EiweissstolFen hervorgehen.
II
Man hat behauptet, dass Pepsin, welches, mit verdünnter Salzsäure versets
längere Zeit hindurch mit einem Eiweisskörper in Berührung blieb , diesen letzte]
allmälig in Pepsin umwandle. Wäre dieses der I'all, so müsste man, wie dieses mit d
Hefe möglich ist, im Stande sein, in's Endlose Pepsin zu erzeugen mit Hülfe ein
geringen Menge , die ursprunglich aus dem Magen genommen wurde. Brücke zeig
jedoch, dass diess nicht der Fall ist; denn indem er Pepsin mit Fibrin und verdünnt
Säure mischte und dann nach einiger Zeit einen Theil dieses ersten Gemisches wicd(
zu Fibrin und verdünnter Säure brachte , und darauf wieder einen Theil dieses zweitt
zum drittenmal zu einer sauren Flüssigkeit mit den Fibrinflocken goss u. s. f., sah e
dass in der zweiten Uebergiessung schon viel langsamer verdaut wurde als in di
ersten, und in der dritten langsamer als in der zweiten, und dass endlich ein Gl
späterer Ordnung gefunden wurde, in welchem die Säure das Fibrin gar nicht mel
gelöst hatte.
b) Magensäure. Wenn der Labsaft freie Salzsäure enthält, s
kann diese nur aus der Zerlegung einer neutralen Chlorverbindun
hervorgegangen sein; wie, bleibt problematisch, da die verschi(
deutlich ausgesprochene Annahme, es finde eine elektrolj'^tisch
Zerlegung eines Chlorsalzes im Magen statt, doch immer nur ein
wahrscheinliche Unterstellung ist. — Eine andere Säure, welch
Brücke nach dem Tode in den bis dahin neutralen Drüsen en
stehen sah, ist vielleicht Michsäure; denn es bildet sich die g
nannte Säure an sehr vielen Orten des todten und lebenden Thieres
also gehört sie zu denen, auf welche zu achten wäre. Dringendel
macht sich Folgendes geltend: als Brücke den wohl ausgewaschc
nen DrUsenmagen der Vögel mit verdünnter Schwefelsäure kocht i
gewann er aus ihm einen Stoff, der sich in seinen reduzirendt
Eigenschaften ganzi wie Zücker verhielt; damit wäre also im Magei?
ein Körper aufgedeckt, der zur Bildung von Milchsäure Veran|
lassung geben könnte.
Der Ort, an welchem sich die freie Säure des Magens während d
Lebens meist und ausschUesslich aufhält, ist die Magen Oberfläche (Gl
Bernard, Brücke). Dieses wird einfach dadurch bewiesen, da^^
die vorsichtig ausgeschnittenen Drüsenkörner des selbst mit saun
Flüssigkeit gefüllten Magens neutral oder sehr schwach sauer reagirc
(Brücke). Es kommt jedoch auch der Fall vor, dass die Drüsen
körner stark sauer sind, trotzdem dass die Magenoberfläche, wu
z. B. nach Injection von Magnesiamilch, vollkommen neutral is(
i
Wo bildet sich die Säure? Nervencinfluss auf die Absonderung des Saftes. 361
emnach muss die Säure entweder nur auf der Magenoberfläche
äbildet werden, oder wenn dieses im Innern der Drüse geschieht,
. muss sie nach ihrer Bildung rasch aus der Drüse gestossen, oder
£6 dort verbleibende muss durch die Alkalien des Blutes wieder
•seh neutralisirt werden. Die Säure, welche man einige Zeit nach
fm Tode in den Drüsen der in Verdauung begriffenen Thiere
idet, ist also dahingekommen entAveder in Folge von Leicheninfil-
iition, oder in Folge einer Neubildung nach dem Tode, und sie
itt jetzt dort frei auf, weil die neutralisirenden Alkalien fehlen.
Die Absonderung des Labsaftes ist eine periodische; sie wird
jgeregt, oder, wenn sie vorhanden war, unterdrückt durch Um-
iinde, welche wir als Nervenreize kennen. Daraus schliessen wir,
iss die Absonderung von" irgendwelchen Nerven aus eingeleitet
'3rde;' wo diese Nerven verlaufen, ist unbekannt. Nach Durch-
ihneidung der n. vagi am Hals hat man allerdings öfter Gelegen-
iiit, Verdauungsstörungen zu beobachten; aber es steht aus zahl-
cchen Versuchen auch fest, dass beiThieren, welche jene Operation
iiger überlebten, der Mageninhalt noch sauer reagirt, und dass
!3 in den Magen eingebrachten Speisen verdaut werden. Panum*)
Ih auch durch die Magenfistel die Absonderung 10 Stunden nach
iirch schneidung des n. vagus wiederkommen.
Während der Absonderung des Saftes füllen sich die Blut-
ffässe des Magens, so dass sich die neutrale Oberfläche des
zztera schön roth färbt; diese Füllung kann als ein Förderungs-
tttel, nicht aber als die Ursache der Absonderung betrachtet
wurden, denn es ist oft der Magen stark roth gefärbt, ohne dass
ilbsaft abgesondert wird.
i 5. Die Ausstossung des Saftes aus den Drüsen kann min-
f5tens unter dem Einfluss der Brücke 'sehen Muskelschicht ge-
liehen. Frerichs hat die Meinung ausgesprochen, dass bei der
!tleerung des Saftes die Labzellen in den Magen gespült würden ;
rrch die Untersuchungen von Kölliker und Donders ist die-
Ibe dahin beschränkt worden, dass die Ausführung der ganzen
Kien nicht zu den nothwendigen Ereignissen gehöre, da nach
i^chlossener Verdauung, also zu einer Zeit, in welcher die reich-
iistcn Ausleerungen aus den Drüsen stattgefunden haben raüssten,
Drüsen noch durchweg mit Zellen gefüllt sind. — Der Saft,
•Icher in den Magen gelangte, wird dort mit den andern Säften
'*) Moissner's Jahresbericht fUr 186C. 361.
362 Schleimdrüsen des Magens; Magensaft.
und den durch ihn veränderten Speisen in den Zwölffingerda;
geführt. ,
B. Schleimdrüsen des Magens.
Der anatomische Bau dieser Drüsen nähert sich sehr dem v
her beschriebenen an; der wesentlichste Unterschied zwisch
Beiden besteht einmal in dem Mangel seitlicher Ausbuchtungen t
schlauchförmigen Höhle und der Epithelialbildung auf der Gru
haut; in den Schleimdrüsen ist sie nämlich mit einem Cylind
epithelium belegt, welches dem in der Innern Magenfläche v(
kommen gleicht (Wassmann). Gegen den Pylorus ist der e
fache Schlauch öfter getheilt, d. h. es münden durch eme Oetfnu
mehrere Drüsenröhren in den Magen;, diese Anordnung bildet c
allmähgen Uebergang zu den Brunn' sehen Drüsen des Duo.denu
(Douders).
Der Saft, welchen sie absondern, enthält Mucin, das na
Sehr an t und Donders aus den sich allmälig auflösenden £
thelialzellen hervorgeht; Pepsin sondern sie nicht ab (Wassman
Göll) und wahi'scheinlich auch keine freie Säure.
C. Der Magensaft.
Das Gemenge aus dem Speichel, dem Schleim und dem L
saft, welche sich in den Magen ergiessen, verdient als ein wi^
tiges Verdauungsmittel noch der Erwähnung.
Die chemische Zusammensetzung desselben ist natürlich
mannigfach veränderlich, je nachdem der Erguss des einen o(
andern Drüsensaftes überwiegt, dass sich allgemeine Regeln ü):
dieselbe selbst dann nicht aufstellen lassen, wenn auch eine Ve:
reinigung durch Speisen fern gehalten worden ist. Das Einzi
was man constant beobachtet hat, besteht darin (Schmie
Bidder und Grünewaldt), dass nach längerem Entbehren v
Nahrung, beim Menschen also jedesmal nach dem Erwachen d|s
dem Schlafe, der Magen eine stark schleimhaltige , alkalis
reagirende Flüssigkeit in sich fasst, während nach dem Gern
von Speisen oder irgendwelchen andern festen Körpern eine sai
Flüssigkeit in ihm vorkommt. Schmidt hat bei der schon i
wähnten Frau mit einer Magenfistel die Flüssigkeit aufgefanj
und zerlegt, welche in dem Magen enthalten war, nachdem
Frau Morgens nüchtern einige Erbsen verschlungen hatte.
Mittel aus zwei wenig von einander abweichenden Analysen ergj
sich : Wasser == 9i^,44 ; Fennent mit Spuren von Ammoniak = 0,.
i
Menge des stündlichen Magensaftes.
363
Eilzsäiire=0,02; Chlorcalcium = 0,01 ; Kochsalz = 0,15; pl^osphor-
lure Erden == 0,06.
Die mittlere Menge des Saftes, welche stündlich im Magen
)gesondei-t wird, schätzt G.rünewaldt bei der vorgenannten,
J Kilo schweren Frau auf 0,584 Kilo, und somit in 24 Stunden
if 14,0 Kilo. Zu dieser Zahl, die ihrer Grösse wegen Aufsehen
■regte, gelangt er folgendermaassen. Er führte durch die Fistel-
Fnung 62 mal in A^erschiedenen, von dem zuletzt genommenen Mahl
igleich weit abstehenden Zeiten ein Röhrchen ein, liesS dieses
ährend ungleich langer, aber jedesmal bekannter Zeit liegen, wog
IS Ausgeflossene, berechnete dann aus jeder Beobachtung unter
)raussetzung, dass das Ausströmen gleichmässig angedauert haben
iiirde, die stün'dliche Ausflussmenge und zog endlich aus den
berechneten Stunden das stündliche Endmittel. Von diesem zog
65 Gr. ab , weil es ihm aus anderm Grunde wahrscheinlich war,
fss die Frau in der Stunde so viel Speichel gebildet und ver-
oluckt hatte. — Die verbleibenden 0,584 Kilo hält er nun eher
• ein zu geringes, als für ein zu hohes Maass des stündlichen
tftes; denn wenn auch das während der Beobachtungszeit Aus-
tflossene nicht sämmtlich während derselben abgesondert wäre,
RQdern zum Theil aus dein Vorrath stamme, der von frühem Ab-
Qiderungen und von den genossenen Speisen herrühre, so werde
e3h das hieraus abzuleitende Mehr weithin dadurch ausgeglichen,
dem Mageninhalt zum Ausfliessen neben der engen ^Mündung
)\ Röhrchens noch die Aveite Oeflfhung des Pylorus übrig bleibe;
viel fremde Zumischung zu dem Magensaft durch das Röhrchen
«yachse, so viel reiner Magensaft werde also auch mindestens
vch den Pfortnermund davongehen.
Diese Betrachtungen werden aber widerlegt durch die Beobach-
^gszahlen von Grünewal dt selbst. Unter 54 seiner Beobach-
(gen (die andern sind nicht zur Erörterung geeignet) finden sich
Mit einer Beobachtungszeit von 5 Minuten; 5 mit einer solchen
10 Min.; 14 von 15 Min.; 27 von 30 Min. Berechnet man für
[■3 der genannten Zeit die mittlere stündliche Ausflussmenge, so
tt hervor aus der 5 Minuten langen Reihe = 2,20 Kilo, aus
lOrainutlichen = 0,91 Kilo, aus der 15min. = 0,52 Kilo, aus
30 min. = 0,30 Kilo, Die einzige Erklärung für dieses Ver-
<;en, dass das Stundcnmittel mit der abnehmenden Beobachtungs-
wächst, liegt darin, dass die aus dem aufgehäuften Vorrath
ezapftc Flüssigkeitsmenge das während der Beobachtung wirk-
«
364 Kritik der Annahmen über die mittlere Magensaftmenge.
lieh Abgesonderte weitaus übertrolfen habe. Jedenfalls müssen
aus der kurzen Beobachtungszeit berechneten Werthe bei der
dung des Gesammtmittels ganz vernachlässigt werden. VerwencJ
man demnach nur die 30 Minuten langen Beobachtungen zur A
leitung der täglichen Saftmenge, so gewinnt man unter Beibeh
tung der Grünewaldt' sehen Speichel-Correction in 24 Stund
5,6 Kilo, also etwa ^'a seines Tagesmittels. Aber auch die
Zahl ist noch viel zu gross, und zwar, abgesehen von andern, a
folgendem Grunde: Busch hatte Gelegenheit, eine Frau
beobachten, die im obersten Theil des Dünndanns eine Fistel v
solcher Art besass, dass das, was den Magen verlassen hat
sammt der Galle und dem Bauchspeichel durch sie entleert wurc
In diesem Fall konnte man dasselbe gewahren,* was vom Hun
schon längst bekannt ist, dass nämlich der Ausfluss aus dem Mag
viele Stunden, namentlich aber in der Nacht ganz unterbroch
war. Also darf man zur Herstellung des täglichen Mittels nicht
verfahren , dass man das während der Absonderungszeit gefunde
Stundenmittel mit 24 vervielfacht. Aus alle dem folgt, dass m
die tägliche Magensaftmenge selbst bei der von Grüne wal
beobachteten Frau nicht kennt und sie auch nicht einmal, seit
wenn man sehr gewagte Voraussetzungen machen wollte,
leiten kann.
Analysen von möglichst speichelfreiem und von stark speichelhaltigem Magena
des Hundes gaben Bidder nnd Schmidt.
1. Mittel aus 9 Analysen; die Hunde waren in 8 Fällen mit Meisch gefütt*
die wesentlichsten Speichelgänge unterbunden ; der Saft wurde aus dem leeren Maj
nach vorgängiger Erregung des Magens durch mechanische Mittel aufgefangen.
2. Bei einem wie vorher behandelten Hund, dessen n. vagi durchschnitten war
3. Mittel aus 3 Analysen bei Fleisch- und Pflanzendiät; Speichelgänge ni-
unterbunden.
4. Spcichelgänge nicht unterbunden; 12 bis 24 Stunden vorher die n. t'
durchschnitten. i
Wasser Ferment Cm KaCl NaCl CaCl NH.,C1 aCaOPOa MgOPOs Fe-iOaf
1. 97,30 1,71 0,31 0,11 0,25 0,06 0,05 0,17 0,02 0,Olif
2. 97,18 1,57 0,20 0,08 0,14 0,01 0,45 0,30 0,04 0,03{
3. 97,12 1,73 0,23 0,11 0,31 0,17 0,05 0,23 0,03 0,0|^
4. 97,11 1,72 0,19 0,13 0,49 0,04 0,07 0,23 0,04 0,01^
Die mittlere Menge des stündlich aus dem Hundemagen zu erhaltenden Bat
schätzen Bidder und Schmidt zu 4,6 Gr. für ein Kilogr. Thier, indem sie, "<
es scheint, voraussetzen, dass Nahrungsbedürfniss und Drüsenoberfläche anwachi
wie das Körpergewicht,
ScHauclifdnnige Darmdrüsen ; Fettdrüsen.
365
Schlauchförmige Darmdrüsen.
Ihrem Bau nach stimmen sie ganz über ein mit der einfacheren Foi-m
nr Magenschleimdi-lisen. — In die Dünndarmhöhle des Menschen
i«d Hundes , die für die Säfte des Magens und der grossen Bauch-
iüsen unzugängig gemacht waren, wird eine zähe, dem Nasenschleim
mliche Flüssigkeit in geringer Menge ergossen; sie reagirt alkalisch
Nidder und Schmidt) und soll in 100 Theilen zwischen 7,4
nd 3,8 Theile festen Rückstand enthalten (Busch). Man darf
rnnuthen, dass die schleimigen Antheile dieses Saftes aus dem
thalt des Epithelialcylinders des Darms und vorzugsweise der
bhlauchfönnigen Drüsen kommt, da diese mit Schleim gefüllt sind.
Busch gewann das Object seiner Untersuchung dadurch, dass er in eine Fistel
: menschlichen Darms einen bei 100" C. getrockneten, wohlgereinigten Badeschwamm
II bekanntem Gewicht einführte ; die Gewichtszunahme desselben bestimmte er nach
cn Herausziehen vor und nach dem Trocknen. Die Fistel besass einen Bau, der den
ttritt der Säfte aus dem obern Theil des Dünndarms in den untern verhinderte,
iilcher den Schwamm aufgenommen hatte. — Biddor und Schmidt suchten den
irmsaft zu gewinnen aus einer Darmfistel des Hundes , nachdem sie vorher Gallen-
II Pankreasgänge unterbunden hatten. Sie erhielten jedoch auch auf diesem Wege
fc so geringe Menge einer alkalisch reagirenden Flüssigkeit, dass sie nicht hin-
:3hte, um eine Analyse damit anstellen zu können. Aus dem Dickdarm erhielten
. auch nicht einmal dieses geringe Quantum. — Frerichs untersuchte eine Flüssigkeit,
er für ein normales Absonderungsprodukt jener Drüsen hält, aus dem Katzendarm.
, i sie aufzufangen , hatte er ein Darmstück durch zwei Ligaturen von den benach-
tten Stellen abgeschnürt, nachdem dasselbe vorher von seinem Inhalt durch Streichen
; ; den Fingern möglichst befreit worden. Die Flüssigkeit reagü-te stark alkalisch und ent-
lit in 100 Theilen: Wasser = 97,6; unaufgelösto Stoffe 0,9; löslichen Schleim = 0,5;
U = 0,2 ; Salze = 0,8. Die Flüssigkeiten des Dünn - und Dickdarms waren gleich
lommengesetzt. Bidder und Schmidt konnten auf diesem Wege keinen Darmsaft
idlten.
Nach Bidder und Schmidt soll sich immittelbar nach dem
ftassertrinken die Absonderung etwas veraiehrt haben.
Fettdrüsen.
Zu dieser Drüsengattung rechnet man die HautfoUikel (Haar-
llgdrüsen), die Meibom 'sehen Bälge und die Ohrenschmalz-
ösen. Die Berechtigung für die Zusammenstellung dieser in vielen
7ziehungen von einander abweichenden Werkzeuge findet man in
um grossen Fettgehalt des von ihnen abgesonderten Saftes,
iiwohl dieser Grund mehr als nichtssagend ist, wollen wir doch
i>8 Wenige, welches von diesen Drüsen bekannt ist, hier zu-
(mmenstellen.
366 Haarbalg-, Meiboia'sche und OhrenschraabsdrÜBcn.
1. Haarbalgdrtlsen*). Ihre Höhle besitzt entweder d
Gestalt eines einfachen birnförmigen oder die eines verästelte
Schlauchs. Die Wand besteht nach aussen aus Bindegewebe, d
auf ihrer inneren Pläche ein Epithelium trägt, dessen einzeh
Zellen einen grossen oder mehrere kleinere Fetttröpfchen ui
schliessen. Gegen das Centrum des Drüsenbalges folgen dai
Zellen, die reichlicher mit Fett gefüllt sind, vermischt mit frei(
Oeltröpfchen, welche letzteren gegen die Mündung des Balges hin di
Uebergewicht bekommen. — Die freie Oeffnung des Schlauchs g
schiebt immer in einen Haarbalg hinein, und der einzige Untc
schied, der in dieser Beziehung zwischen den verschiedenen Tal
drUsen besteht, liegt darin, dass bald der Haarbalg an Grösse d
Fettdrüse und umgekehi-t bald die letztere den erstem übertrifft. -
Das Fett, welches aus den Drüsen zum Vorschein kommt, ist e
Gemenge von Elain und Margarin. Ausserdem kommt in ihre
Sekret vor: ein eiweissartiger Stoff, Cholestearin , Margarin- ui
Elainseifen, Kochsalz, Salmiak, etwas phosphorsaures Nati-on ur
Wasser. — Der fettige Antheil geht raeist in die Haare über.
2. Meibom 'sehe DvUsen**). Sie schliessen sich rüc'
sichtlich ihrer Form und des Baues von Wandung und Höhle a
die Talgdrüsen an. Ihr Sekret ist noch nicht untersucht; sieliefei
dasselbe auf die Augendlidränder, welche, mit dem fettigen Sa
bestrichen, den Thränen den Uebertritt auf die Wangen erschwere]
3. Ohrenschmalzdrüsen. In dem äussern Gehörgan
kommen zwei Drüsenarten vor, die eine, welche in die Haarbälg
mündet und somit den Talgdrüsen vollkommen gleichartig gebai
ist, und eine andere, die OhrenschmAlzdrtisen im engern Wortsini
welche dem Bau ihrer Höhlung und Wandung nach den m
Muskeln versehenen Schweissdrüsen sehr ähnlich ist. Der einzig
Unterschied, welcher zwischen Schweiss- und Ohrenschmalzdrüse
besteht, wird durch das Epithelium gegeben, welches in den letzter
durch seinen fetthaltigen Inhalt ausgezeichnet ist (Kölliker) ***
Die Bestandtheile des Ohrenschmalzes f), das vorzugsweise de
zuletzt erAvähnten Drüse seinen Ursprung verdanken möchte, sin«
Olem, Margarin , eine eiweisshaltige Materie, ein in Wasser löm
licher, gelbgefärbter, bitterschmeckender Köi-per und die gewöhi n
•) KöUiker, Gewebelohre. 2. Auflnge, p.l75.— Lehmann, Physiologische Chemie. U.B«
p. 372.
*») K ä Ui It e r , 1. c. p. 053.
*•») 1. c. p. 171.
t) BerzeliuB, Lehrbuch der Chemie. IX. Bd. 637.
Schweissdrüsen ; Schweiss.
367
hen Blutsalze. — Die quantitative Zusammensetzung des Ohren-
imalzes ist unzweifelhaft sehr variabel, da es einmal dunkel und
;t, das auderemal sehr hell und mehr wasserhaltig abgesondert wird.
Schweissdrüsen.
1. Anatomischer Bau*), Das röhrenförmige Lumen der Schweiss-
Isen mündet auf der EpidermisoberflächC; dringt spiralig durch
1 Epidermis zur Cutis, verengert sich innerhalb derselben und
it dann gestreckt bis in die tiefsten Schichten der Haut, wo es
h abermals etwas erweitert, dann knaulförmig aufwindet, um
iliesslich blind zu enden. An den grösseren Schweissdrüsen,
IB. denen der Achselhöhle, theilt sich das Rohr in mehrere Aeste,
ii denen ein jeder sich verhält wie eine einfache Drüse. Die
ind der Drüse besteht, wo sie auch vorkommen mag, so lange
durch die Cutis läuft, aus einer strukturlosen Grundhaut
iircbow). Diese fehlt aber, wenn das Drüsenlumen die Epi-
™is erreicht hat, so dass sich der Canal zwischen den Zellen
sselben hinzieht. Auf der Innern Fläche der Grundhaut sitzt ein
ithelium, das in den Drüsen von mittlerer und geringerer Grösse
einer einfachen Lage rundlicher Zellen besteht, deren Binnen-
im ausser dem Kern meist auch Fettti'öpfchen enthält. In den
iTweissdrüsen der Achselhöhle, der Peniswurzel und der Schäm-
ten kommt dazu eine trübe, fettige Masse, welche Körnchen,
iinere und grössere Zellen in sich schliesst. Auf der äussern
Kche der Grundhaut tragen die zuletzt erwähnten Drüsen eine
licht längs verlaufender Muskelzellen, und an diese schliesst
n. eine streifige Bindegewebshülle an, welche in allen andern
■isen, denen die Muskeln fehlen, sich unmittelbar an die Grund-
tt anlegt. — Das dichte Netz von Blutgefässen, welches den
.senknäuel umspinnt, entsteht aus den Arterien des Unterhaut-
ilegewebes und geht durch Verbindungszweige, welche dem
iführungsgang entlang laufen, in das Netzwerk der Cutis-
iisse über.
Nerven hat man in die Schweissdrüsen noch nicht verfolgen
inen.
2. Schweiss**). Der Saft der Schweissdrüsen ist im voU-
iimeü reinen Zustande vielleicht noch keinmal Gegenstand einer
') Kiilli kcr, Handbuch der Ocwcbcleliro. 2. Aufl. 1856. 1G2.
) An »el in ino (u. L. Gmelin), Zeitschrift von Tiedcman n und Ti cv ir iinus. U.13d. —
■'ttin, Zeitschrift fflr physlolog. Ilcilluiiidi). XI. Ud. — I''iv v r o , eompt. rend. XXXV. 721.
368
Schweissdrüsen ; Aufsammluiig des Schweisses.
Untersuchung gewesen; vielleicht ist ihm verdichteter Hautdui
jedenfalls aber immer Hautschmiere und Epidermisschuppenextrs»
beigemengt gewesen ; zuweilen hat man sich auch mit der Analy
des festen Rückstandes jenes Flüssigkeitsgemenges begnügt.
Je nachdem man alle oder nur einzelne Theile des Schweisses auffangen w
verfährt man auf verschiedene Weise. Im ersten Falle wird entweder der nac
Mensch im Dunstbad auf eine metallene Wanne gelegt und der abfliessende Schw«
gesammelt, oder es wird nur eine Qliedmaasse (Arm oder Bein) in einen luftdich
Beutel eingebunden. Die aufgefangene Flüssigkeit wird zwar als reiner Schweiss
gesehen; sie kann verunreinigt sein mit dem Wasserauszug der Oberhautschuppen,
Hautschmiere und mit verdichtetem Hautdunst, d. h. mit Wasser, das sich an <
Wänden des Sackes aus dem Dunst niedergeschlagen hat, der emporgestiegen ist
der Epidermis zwischen den Schweissdrüsenmündungen. Die erstem Verunreinigun;
können durch vorsichtiges Reinigen der Haut vor Beginn des Versuchs sehr vermind
werden , und die letztere ist ganz zu beseitigen , wenn man der Wand des x
schliesscnden Sacks die Temperatur der Haut zu geben versteht. Uebrigens dürfte
auch ohnodiess veniachlässigt werden , wenn die Schweissabsonderung lebhaft gei
ist , um die ganze Oboriläche des eingeschlossenen Gliedes mit einer Flüssigkeitsschi
zu überziehen. Mittelst dieses Verfahrens würden zahlreiche Aufschlüsse gewon:
werden können ; z. B. über die Abhängigkeit der Zusammensetzung des Schweisses
der Absonderungsgeschwindigkeit desselben, und ferner über die Abhängigkeit beit
Veränderlichkeiten von der Ernährung , der Tcnipcratui' , der Muskelbewegung des >
sammtkörpers , der Blutfülle, der elektrischen EiTegung, dem Luftdruck von und
die absondernde Hautstelle selbst, der Abso7\dcrungsdauer des Schweisses u. s. w.
Um über einzelne Eigenschaften des Scliweisses Nachricht zu bekommen, hat man e
weder nur einzelne wenige Tropfen des gewöhnlich abgesonderten Schweisses c
gefangen, oder , war es nur um den Schweissrückstand zu thun , so umhüllte man
schwitzenden Glieder mit gereinigter Leinwand , die später mit destillirtem Was
ausgelaugt wurde, oder man spülte auch nur die Haut ab, auf welcher ein Schwe
rückstand sass.
Der Schweiss, welcher aus dem gesunden Blut abgeschiet
wird, scheint nach den vorliegenden Betrachtungen beständige v
unbeständige Stoffe zu enthalten. Zu den ersten zählen : ein eiwei
artiger Körper, ein ölartiges Fett, Cholestearin , Harnstoff, Mil
und Schweissäui-e (Hydi-otsäure, Cio, NHs, On; HO), Kali, Natn
Kalk, Eisenoxyd, Chlor, Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kohl
säure (Anselmino , Favre, Schottin, O.Funke). Die neue!
Untersuchung des Schweisses von Funke ignorirt die Schwei i
säure und bestreitet die Milchsäure ; wohl nur darum, weil sie si
auf viel geringere Saftmengen bezieht als die Arbeit von Favr
und Ai-chiv. g£n6r. Juillet 1853. — Gillibert d'Hercourt, Valpntin's Jahresbericht i [
Physiologie für 1853. p. 168. — 0. Fiinlce, Meies chott's Untersuchungen zur Nftturlc^
IV. Bil. 36. — Schiff, neurolog. Unter.suehuiigen, I. Bd. p. 105 und 189. — Schnh, Wocll
blatt der Gesellschaft der Wiener Aerztc. 1857. 321. — V i ale und L a t i n I, 8 eher er 's Jahti
bericht für 1855. 202.
Aondorung des Schweisses mit der Absonderungsgeschwindigkeit.
369
la den imbeständigen gehören: Ammonicak, feste Fette und flilch-
^ge Säuren, namentlich Butter-, Essig- undAmeisensäure (S chottin,
lunke, Gillibert).
Die Aenderungen in der Schweisszusammensetzung, welche
HS dahin beobachtet wurden, scheinen abzuhängen von der Ab-
lunderungsgeschwindigkeit, der Absonderungsdauer, der Lage der
bhweisserzeugenden Fläche, vielleicht auch von der Menge des
ßnossenen Getränkes und der Individualität des Schwitzenden.
a) Mit der Absonderungsgeschwindigkeit ändert sich die Zu-
»mmensetzung in der Art, dass der Gehalt des Schweisses an
rrgani sehen Stoffen ujn ein Weniges abnimmt, wenn die Schweiss-
eenge von einem Minimum bis zu einem gewissen, nicht allzu-
»hen Werth anwächst; dass aber, wenn dieser letztere erreicht
t, die Zusammensetzung des Schweisses unverändert bleibt, wie
i«ch von diesem Grenzwerth an die in der Zeiteinheit abgesonderte
uftmenge wachsen mag. Dieses Gesetz scheint sich aus den
tthlen von 0. Funke ableiten zu lassen.
Beobachtuugsort
und
Versuchsnammer.
Uiann A.
Vorderarm
:70 aCtra. Fläche.
1.
2.
3.
4. '
5. ^
6.
7.
IMann B.
Vorderarm.
MMann C.
Vorderarm.
Schweissgewicht
in Gr. auf die
. Stunde.
Rückstand
in
Prozenten.
Asclie
in
Prozenten.
Harnstoff.
4,46
1,44
5,99
1,36
0,24
12,65
0,79
0,199
17,68
1,17
30,20
0,84
0,31
33,04
0,70
1,112
36,41
0,82
47,96
0,86
0,36
3,12
2,56
0,63
6,80
1,13
6,90
1,17
10,62
0,84
Für den Theil unseres Satzes, dass von einer gewissen Grenze
jigefangen die Zusammensetzung des Schweisses unabhängig von
niner Absonderungsgeschwindigkeit sei, sprechen auch die Zahlen
»n Favre. Der Schweiss, auf den sie sich beziehen, ist ge-
(onnen von der Gesammthaut eines Mannes, der in einem Dunst-
auf einer Metallrinne lag. Die Beobachtungszeit scheint aller-
24
' Ludwig, Pliyniologie II. 2. AufInge.
370 Aonderung des Schwoisses mit der Absonderuiigs-Daucr , -Fläclie etc.
cliiigs niclit in allen Beobachtungen gleich lang gewesen zu scii
sie wird annähernd auf IV2 Stunde angegeben. — In 8 versclii'
denen Tagen schwankte die in V/2 Stunde aufgefangene Schwei
menge zwischen 2559 und 1521 Gr. Die RUckstandprozente wardä
in beiden Fällen gleich 0,5. — Unter diesen Umständen mag ffl
erlaubt sein, die Zahlen einer vollkommenen Schweissaualyse «n
F a V r e ' s Abhandlung auszuschreiben. Sie ist mit 14 Liter Schwei . 1
angestellt und auf 1000 berechnet,
Na Gl 2,230 Natronphosphat
KaCl 0,244 Erdpliosphat
KOSO,i 0,011 KalialbuTuiTiat . 0,005
b) Der erste Schweiss, welcher nach einer längern Drüsenrul
hervortritt, ist sauer, dauert die Absonderung längere Zeit, so wi:
sie neutral und alsbald alkalisch ; die zuerst ausströmende Flüssigk<
enthält auch mehr flüchtige Fettsäure und mehr des eiweissartig(
Körpers (?) als die spätere (Gillibert, Favre). Der letzte
Beobachter spaltete die in IV2 Stunde abgeflossene Menge
3 Theile, von denen jeder in je 72 Stunde aufgefangen wa
100 Theile enthielten:
Spuren
Milchsaurcs K.0 0,317
Schweissaures KO 1,502
Harnstoff .... 0,044
l'ettc .
AVasser
. . 0,0
995,5
Wasser
In absolut. Alkohol lösliche Best.
In absolut. Alkohol unlösliche Best.
Aus dci' ersten
>|2 Stunde.
99,66
0,17
0,16
Aus der zweiten
1/2 Stunde.
99,53
0,11
0,29
Aus der dritten
','2 Stunde.
99,08
0,15
0,22
Demnach waren in der ersten Masse die mineralischen Sah
am geringsten vertreten.
c) Auf eine Veränderung des Schweisses mit der erzeugende
Fläche deutet der Geruch hin, den der Schweiss aus einzelne
Oertlichkeiten vor dem anderer voraus hat. Auch scheinen die Salz|
sich zu ändern. So liefert u. A. das Individuum, welches Funk
untersuchte, einen Fussschweiss mit 1,37 Rückstand, darunter wal
0,40 Asche ; ein Armschweiss von gleichen Rückstaudsprozenten g;i
nur 0,24 pCt. Asche. — Nach einer Angabe von Schottin wa i
wenn das Na der Asche == 100 gesetzt wird, das Ka im Arn
schweiss = 39 und im Fussschweiss = 57.
d) Der Schweiss, welchen Favre sammelte, enthielt, wi:
schon erwähnt, nie mehr als 0,68 pCt. Rückstand; der von Funk
nie weniger als 0,70. Hier war verschieden der Ort des Aut
fangens, die Individualität und die Diät; und die letztere \m
Absondorungsgeschwiiidigkoit dos Schwcisses.
371
besondere darin, dass der Mann, welcher Favre den Schweiss
-erzeugte, während des Dunstbades etwa 2 Liter Wasser trank.
Innerlich genommen gelin in den Schweiss über : Bernstein-, Weinstein Benzoe-
säure; es erscheinen dagegen nicht: Jod, Chinin, Salicin (Schottin).
3. Abson'derungsgeschwindigkeit. Der Schweiss wird nur zeit-
ivweise abgesondert; bekanntlich kann seine Bildung Monate lang
amterdrückt sein. Die Bedingungen, von 'denen sein Eintritt und
^die Lebhaftigkeit seines Fliessens abhängen, sind, so weit bekannt,
tffolgeude: 1) die Haut beginnt zu schwitzen, wenn die Temperatur
derselben über eine noch näher zu bestimmende Grenze steigt,
iiiorauf dürfte zurückzuführen sein der Eintritt des Schweisses nach
')Muskelanstrenguugen ; bei Anfällen von Hyperästhesie, die mit
llRöthimg der Haut verbunden sind ; nach Durchschneidung von Ge-
ffässnerven, namentlich bei Pferden (Dupuy, Mayer, Colin);
ibei Aufenthalt in warmer, mit Wasserdunst gesättigter Luft. —
B) Der Schweiss fliesst, alles Andere gleich gesetzt, stärker nach
[Genuss von warmen wässerigen Getränken und einigen flüchtigen
^zneistoflfen (?). — Die Anwesenheit der bis dahin aufgezählten
Bedingungen genügt jedoch nur dann, wenn noch andere unbe-
iiannte Bestimmungen schon vorhanden sind. Dieses geht aus den
lirztlichen Erfahrungen hervor, dass öfters von einer sehr warmen,
mit Blut gefüllten Haut trotz des reichlichsten Genusses von warmem
IWasser kein Schweiss erzielt werden kann. Umgekehrt schwitzt
auch oft ein Individuum mit relativ kalter Haut, und zu Zeiten,
m denen es sich längere Zeit des Trinkens enthalten hat. — 3) Die
.ujebhaftigkeit der Absonderung sinkt mit der Absonderungsdauer
Gillibert, Eunice). Nach den Angaben des erstem Beob.ach-
eers hört der Schweiss, wenn er während einer gewissen Zeit ab-
;<;esondert wurde, zu sti-ömen auf, selbst wenn das Individuum unter
leichlichem Wassertrinken im Dunstbad verbleibt. — 4) Einzelne
Oertlichkeiten der Haut sind vor andern bevorzugt durch ihre Be-
»"ähigung in Schweiss zu gerathen und bei gleichen schweisstreibendeu
Jrsachen mehr Flüssigkeit als andere zu liefern; es scheint, als
»b hierzu die Orte gehörten, die sich entweder durch zahlreichere
)der durch grössere Drüsen vor andern auszeichnen (Stirn, Hand-
eller, Achselhöhle u. s. w.).
Ausser einigen Angaben von Favre, Gillib ert und Funk e , in denen gloich-
.eitig die Muskelbewegungcn , die Temperatur und die Diilt verändert wurden, liegen
■ür die soeben ausgesprochenen Sätze keine i;ahlenbeispicle vor ; i" der Unbestimmtheit,
n der sie hingesteUt sind, genügen jedoch auch zu7n Beweis derselben die Thatsachen
"ler tägUchen Erfahrung.
24*
372
Statistik des Scliweiascs ; Schweissbildung.
Die Statistik des Scli weisses, d. h. die Frage, wie viel dieser
Flüssigkeit von der gesummten Haut unter gewissen Umständen
abgesondert werde, konnte noch nicht in Angriff genommen
werden, da es an einem HUlfsmittel fehlt, um unter gewöhnliche)
Verhältnissen den Schweiss gesondert vom Hautdunst aufzufangen
Eine Aussicht hierzu würde sich bieten, wenn es sich herausstellte,!
dass innerhalb gewisser Grenzen der Absondenmgsgeschwindigkeit,
das Verhältniss zAvischen festen und flüssigen Bestandtheilen un-
veränderlich und aller Orten dasselbe Aväre; dann würde mau aus
dem auf der Haut, beziehungsweise ihren Bedeckungen verblei-
benden Rückstand, auf die Menge der abgesonderten Flüssigkeit
schliessen, und also auch Versuche über Schweissmengen bei ge-
wöhnlicher Bekleidung anstellen können. Sollten die Thatsachen
diese Unterstellung widerlegen, so müsste sich die Statistik auf
die Bestimmung der festen Stoffe beschränken. — Um einen Maass-
stab zu gewinnen, wie hoch unter günstigen Umständen die Schweiss-
menge der gesammten Haut anwachsen kann, dienen die Erfah-
rungen von Favre. Er gewann in l'/2 Stunde bis zu 2560 Gr.
Schweiss ; bei einer so reichlichen Erzeugung erschöpft sich jedoch
die Absonderung nach einiger Zeit (Gillibert).
4. Schweissbereitung. Die fetten und die flüchtigen Säuren
gehen unzweifelhaft aus den Epithclicn hervor, da namentlich die
Drüsen , welche einen starkriechenden Schweiss hervorbringen,
reichlich mit Fett gefüllte Zellen bergen. — Die Absonderung der
Flüssigkeit würde man wegen ihres periodischen Aufti'ctens, und
auch darum, weil leidenschaftliche Erregungen öfter mit Schweiss-
bildung gepaart sind, wohl bereitwillig von "^einer Beihülfe dei
Nerven ableiten, wenn nur irgend eine Art von Nerv zu den Drüsen
verfolgt werden könnte. — Da die von Blut strotzende Haut leicht
und die zusammengezogene nicht schmtzt, so wäre daran zu
denken, dass eine Erschlaffung der Gefassmuskeln und die darausB
entspringende Erweiterung des Gefässlumens eine nothwendige Be-
dingung zur Einleitung der Schweissbildung sei. Damit ist es aber
nicht zu vereinigen, dass die Absonderung, welche schon einge-
treten war, auch wieder zurücktritt, trotz der noch bestehendem
Blutflille. Sollte etwa die Haut der Schweissdrtisen sich unab-
hängig von Nerven und Muskeln verändern?
Der 'Widersprueli*) gegen ^ie gangbare Ansicht, wonach der Schweiss aus deni
Driisen und nicht aus der zwischen ihnen gelegenen Oberhaut hervorkomme , wird sichj
•) Meisau er's Jahresbericht fiir 1866. j). 285.
Hnrnwerkzouge ; anatomischer Bau der Nieren.
373
, hwerlich Gelhing verschaffen ; denn es gelingt dem mit der Loupo bewaffneten Auge
licht, den Tropfen aus den Driisenmündungen hervorkommen zu sehen.
5. Aus den Drüsen, Avelcben Muskeln fehlen, kann der Inhalt
nur durch die absondernden Kräfte selbst ausgetrieben werden ; die
Muskeln in den grössern Drüsen sind vielleicht geeignet, den zäh-
tliissigen Inhalt, der auf ihrem Grund sitzt, zu entleerren. — Der
auf die Hautoberfläche ergossene Saft wird uns bei der thierischen
Wärme noch einmal Veranlassung zu Bemerkungen geben.
Harnwerkzeuge.
A. Nieren.
1. Anatomischer Bau. Ein jedes Harnkanälchen beginnt in
der Nierenrinde mit einem kugeligen Säckchen und geht dann in
einen engen Schlauch über, der gewunden durch die Rinde, gestreckt
durch das Nierenmark hinläuft. Auf diesem Wege verbindet sich
vorerst ein jedes unter einem spitzigen Winkel mit einem benach-
barten Röhrchen , und der aus beiden zusammengeflossene Schlauch
läuft wieder mit einem ähnlich entstandenen Nachbar zusammen.
Diese Verbindungen wiederholen sich öfter, so dass schliesslich
eine grosse Anzahl von Röhren in eine einzige zusammenmündet, die
auf der Papille sich öffnet. Das Gesammtlumen der Harnröhren
nimmt auf dem Wege von der Rinde zur Papille zuerst sehr rasch
und dann allmäliger ab, da die aus den ersten Zusammenflüssen
entstandenen Röhren von demselben, die durch die spätem Ver-
einigungen entstandenen von nicht sehr bedeutend grösserem Durch-
messer sind, als jede der einzelnen vor der Vereinigung. — Die
Wandung des Harncanälchens ist aus einer strukturlosen, sehr
feinen, aber festen Haut gebildet, auf deren Innenfläche eine ein-
fache Lage von Kernzellen aufsitzt, die mit Flüssigkeit mässig ge-
füllt sind. — Witt ich'*) beschreibt das Element der Deckhaut
als ein kugeliges Häufchen feinkörnigen Stoffes mit einem Kern
in der Mitte; eine umkleidende Haut soll ihnen fehlen. — Die
Papille, auf welche das bis dahin beschriebene Harncanälchen zu-
gleich mit vielen andern aus der Niere in den Kelch tritt, ist eine
kegelförmige Warze, die mit der Basis an den Nieren festsitzt und
mit der Spitze frei in den Kelchraum ragt.
Die art. renalis zerfällt in Zweige für die Capsel, die Rinde,
das Mark. Die weitaus grösste Menge der Aeste gebt in die Rinde
•) Vlrchow'8 Archiv. X. Bei. 927.
374
Hamwerkzeiigo ; Blutgefässe der Nieren.
und läuft dort in kurze Arterien von schon mikroskopischem Durch-
messer aus. Diese durchbrechen nis sogen, vasa afferentia die
Wand des sackartigen Anfangs der Harngänge und zerfahren inner-
halb dieser Höhle in ein Bändel von feinsten Gefässen (glomerulus).
Diese sammeln sich wieder in ein grösseres Gefäss, das vas efferens,
welches den Hohlraum des Harnganges alsbald verlässt, indem es
seine Wand abermals durchbricht. Der Blutstrom biegt also in
die Höhlung des Harncanälchens ein und aus (Bowmann). Die
Gefässe des Nierenkorns (glomerulus) sind unter einander durch
eine strukturlose Masse verklebt, und auf seiner freien Oberfläche
hat man oft eine Lage zellenartiger Gebilde gefunden. — Wenn
das ausführende Blutgefäss wieder zwischen die Harncanälchen ge-
treten ist, so zerspaltet es sich noch einmal zu einem weitmaschigen
Netze, das in Verbindung mit den Verästelungen der umliegenden
vasa eflPerentia die Harncanälchen auf ihren gewundenen Und geraden
Wegen umspinnt und aus dem die Wurzeln der Nierenvenen ihren
Ursprung nehmen. Dieser Beschreibung entsprechend, würde das
für die Rinde bestimmte Blut der a. renalis durch ein doppeltes
Capillarensystem laufen, von denen das erste in das Lumen des
Harncanälchens ragt und das zweite ausserhalb auf der Wandung
desselben liegt. Die Veränderung des Lumens, welche die Gefässe
in der Binde und insbesondere von den zuführenden Gefässen des
Nierenkorns nach abwärts erfahren, verhält sich sehr wahrschein-
lich in der Art, dass der Querschnitt in dem zuführenden und ab-
führenden Gefässe sehr viel kleiner ist, als derjenige, welcher von
der Summe der Gefässe des Knäuels dargestellt wird; die Summe
der Querschnitte sämmtlicher Capillaren des zweiten Netzes dürfte
Fig. 53.
•
grösser sein, als diejenige des ausführenden Gefässcs. Das Schema
dieser Anordnung des Lumens drückt Fig. 53 aus; a entspricht
Hftmwerkzeugo ; Gofässo des Marks \mi der Rinde der Nieren.
375
i iii vas afferens, p sind die vereinigten Querschnitte der einzelnen
(.tlisse im Glomerulus, e passt auf das vas efferens und v auf
zweite Netz und die Venenwurzeln.
Die Capillaren flir das Mark gelien zum Theil aus den Maschen
«s zweiten Netzes der Rindengefässe hervor, zum Theil entstehen
fe selbstständig aus den grösseren Aesten der Nierenarterie
Virchow)*). In welchem Verhältniss die Summe ihrer Lich-
tngen zu der der vasa afferentia in den Knäueln steht, ist un-
bkannt, aber jedenfalls überlegt die Gesammtlichtung der vasa
FFerentia jene um das Vielfache. — Ein kleiner Rest der Arterien-
rveige endlich, welche, von dem Mark zur Rinde aufsteigend, die
Asa afferentia abgegeben haben, gelangt schliesslich auf die Ober-
iiche der Niere, wo sie sogleich in ein Netz zerfallen, das die
upsel auskleidet. Die Venen dieser Gefässe, verstärkt durch Zu-
Hsse ans der Fettcapsel, bilden den Anfang der Stämme, welche
üis Blut ans der Niere fortführen.
Von dem Bau der Häute ist hervorzuheben, dass das vas af- und
Pferens Muskelzellen tragen, ferner, dass die äusserste Wandschicht
US Nierenvenenstammes mit einer starken Muskellage ausgestattet
tt nnd dass in ihre Höhlung öfter eine Klappe ragen soll. — Aus
!3r Niere ti-itt eine nicht sehr beträchtliche Zahl von dünnen Lymph-
lifässen aus, die ebensowohl aus der Tiefe wie von der Ober-
iiche ihren Zufluss beziehen. — In die Niere, und zwar längs der
nrterie gehen Nerven ein, welche aus dem plex. coeliacus stammen ;
fö sind aus wenigen breiten und vielen Remak 'sehen Fasern
Lisammengestellt und werden auf ihrem Wege mit kleinen Ganglien-
laufen belegt; die Anordnung ihrer anatomischen Elemente inner-
lilb der Nieren ist noch nicht dargelegt. Der Ursprung derselben
t th eilweise wenigstens unzweifelhaft in dem Hirn zu suchen, da
f e Verletzung derselben sehr schmerzhaft empfunden wird. — Alle
rese Gebilde sind in der Niere selbst eingebettet in eine geringe
eenge sturkturloser Zwischenmasse und umschlossen von einer
fsten Bindegewebscapsel.
2. Chemischer Bau der Nieren**). Die strukturlose
?embran der Harncanälchen nähert sich nach ihren chemischen
•) Dessen Archiv. XII. 310.
•*)Slnioii, Mcdiz. Chemie. Berlin 18«. II. lld. 5:1.1.— 0. Lang, Do ndipe in urina cl
libu». Dorpnt 1852. — Frerlchs, Bright'Hche Kranlchoit. Brnunschw. 1851. 42. — Cloötta,
«hlg's Annalcn. 80. Bd. 280.— O. Beckmann, Virchow's Archiv. XI. Bd. 127. — Hor-
» n n , Wiener altadcm. Sitznngsbcrlchto, XXXVI. 349.
)
376 Chemischer Bau und Blut der Niere.
i
Reaktionen dem elastischen Gewebe. Der Inlialt der Deckzelle; i
besteht aus Eiweiss (?), zuweilen, namentlich bei Vögeln, atj-'
Harnsäure, aus Fetten (vorzugsweise nach Fett- und Fleischnalia
rung). — Die Gefässhäute zeigen die bekannten Eigenschaften. -
Aus dem wässerigen Ausziug der Niere ist bis dahin ausser deji
Bestandtheilen des Bluts und Harns dargestellt worden: Inosi«
Taurin, Cystin (Cloetta), Sarkin (?) (Cloetta, 0. Bechl
mann), Leucin und Tyrosin (Beckmann), Kreatin (He^
mann). Alle diese Stoffe kommen jedoch nicht immer zusammd
vor. — In der frischen , bis zum Tod thätigen Niere des Menschq
und Ochsen wurde Inosit, und in der gleichbeschaffenen Niere d^
letzten Thieres ein dem Xanthin oder Sarkin ähnlicher Körper nx\
entweder Cystin oder statt dessen Taurin gefunden. — Aus d^
menschlichen Niere (wie lange nach dem Tode?) wurde Sarkij
Zucker, Leucin und daneben zuweilen auch Tyrosin gewonnen. -|
In der Niere von Hunden, deren Ureter 2 bis 24 Stunden untej
bunden war, fand sich Kreatin. Blieb der Ureter mehrere Ta^
lang geschlossen, so war das Kreatin verschwunden und statt dessei
trat neben andern krystallinischen, auch ein dem Leucin ähnliq
sehender Körper auf. — Welches die natürlichen Bildungs- od^
Lagerstätten dieser Verbindung sind, bleibt unentschieden; in welchJ
Beziehung sie zu einander stehen, lässt sich um so weniger sageil
als ausser den genannten gewiss auch noch andere eigenthümlichl
Stoffe vorkommen. 1
3. Das Blut*), welches aus der absondernden Niere fliessil
ist hellroth, dem arteriellen ähnlich, gefärbt; es enthält mehr 0 unl
weniger COj als das dunkle venöse (Bernard); auch ist es frei vol
Faserstoff, oder wenigstens arm daran (Simon). Aus der ruher
den Niere kommt das Blut dunkel (Bern ard) und faserstoffhalti,
(Brown-Söquard). Das Blut derNierenarterie soll mehr (0,038 pCt,
Harnstoff enthalten als das venöse (0,010 pCt.) Picard; nach der
Angriff auf Picards Methode (v. Recklinghausen) dtirfte dieseJ
Satz weniger durch die aufgeführten Zahlen als vielmehr durch di "
Erfahrung bewiesen sein: dass nach Ausrottung der Niere (Dürnast
Prout) oder Unterdrückung der Harnabsonderung (Babington
der Harnstoffgehalt des Bluts überhaupt zunimmt; also hat si( '
das arterielle Blut beim Durchgang durch die Niere eines Theili
seines Harnstoffes entledigt.
^) CI. Bernard, Le<;ons sur les liquides de rorganisme. Paris 1859. II. Bd. U~ u. f-
Poiseuille und Gubler, Compt. rend. 49. Bd. 164.
Blut und Blutstrora der Niere.
377
Die 25ahlen, -welche Bernard über den Gasgehalt des hell- und dunkelrothen
Iiiisen und arteriellen Blutes mittheilt, sind nicht genau vergleichbar, da über das
altniss ihres Körperchengehaltes nichts hekannt ist, und noch mehr, weil Bernard
' lewinnungsmethode des Gases selbst als eine provisorische bezeichnet. Beispiels-
■ mögen gelten-:
Arteria
■Vena renalis
hellroth.
dunlcelroth.
0
19,4
17,2
6,4
COj
3,0
3,13
6,4
Die Zahlen bedeuten Volumen-Prozente eines Gases von unbekannter Dichtigkeit.
Das Blut oder überhaupt die Körpermasse eines Thieres, dem man die Nieren
■iiraen hat, enthält nach den Angaben von Bernard, Barreswill*) und Stan-
s **) immer auffallend viel -weniger Harnstoff, als in der Zeit, -während welcher
p Xieren fehlten, durch diese ausgesondert sein -würde. Dieses wird erklärlich,
nn man annimmt, dass der zurückgehaltene Harnstoff sich in kohlensaures Ammoniak
■- 'tzt, das durch an dere Secretionen, z. B. die des Magens und Darms, ausge-
len wird. In der That hat sich in dem Magen der entnierten Hunde eine
.imoniakalische Flüssigkeit gefunden (Bernard). — Der Angabe von Picard
tjtgegen geben Gubler und Poiseuille an, dass das Blut der Nierenvene öfter
sbhr Harnstoff enthält, als das der Nierenarterie. Da ihr analytisches " Verfahren von
^ttrz erfunden und erprobt ist, so dürfte es wohl von den Fehlem des Picard 'sehen
«i sein ; aber nicht weniger sicher ist es auch , dass das von ihnen gefundene
»rhalten der beiden Blutarten zu einander nicht das normale ist, denn die Nieren
lud im "Wesentlichen die einzigen Organe, welche Harnstoff entleeren, und durch sie
rrd im Allgemeinen fast sämmtlicher durch die Nahrung eingebrachte Stickstoff wieder
$8 dem thierischen Körper entfernt.
4. Blutstrom durch die Niere***). Wie viel Blut überhaupt in
:3r Zeiteinheit durch die Niere geht, wird bei unveränderlichem
)3annungsunterschied zwischen dem Inhalt der Arterie und Vene
»hängig von den Widerständen in der Niere. Diese sind aber
.atsächlich veränderlieh; denn es durchsetzt meist während der
!3Stehenden Harnabsonderung und nach Durchschneidung der Ge-
Rssnerven das Blut die Niere so rasch, dass es in den Venen noch
!3llroth anlangt, während es umgekehrt dort dunkel ankommt,
penn die Absonderung ruht oder die Nierennerven gereitzt werden
iBernard). — Bei dem grossen Durchmesser der Nierenarterie
•od dem jedenfalls nicht unbedeutenden Spaunungsunterschiede
•) Archivea gdnrfrnles. 1847.
• Scheven, üeber die Ausschncidung der Niere und deren -Wirkung. Rostock 1848.
C. Ludwig, Artikel Hnrnabsondcrnng in -Wagner's Handwörterbuch der Physiologie. —
■ Virchow, in dessen Archiv. XII. Bd. 310. — Cl. Bernard, Lccfons sur los liquides de
»rg«nisme. Pari« 1869. p. 147 u. ff.
378
Blutstroni der Nicro ; Harn.
zwischen der Arterie und Vene kann bei geringem Widerstan
sehr viel Blut durch die Niere gehen. Wenn aber der Wida
stand bedeutend geworden, so kann auch die Blutmenge gerin
werden.
Das Blut kann durch die Niere auf drei Wegen in die Veu
zurückgehen. Der Antheil, den jede Abtheilung von der Gesamrn
heit durchlässt, wird abhängen von dem Verhiiltniss der Qua
schnitte und Bahnlängen zu einander. Offenbar kann man soglei(
sagen, dass das Netz der Capsel immer sehr wenig Flüssigk
abführt. Es kommen also nur die Verhältnisse zwischen dem Au
maass au den Rinden- und Markgefässen in Betracht. Diese sind ab(
wegen der Muskeln au den kleinen Arterien (vasa af- und efferenti
des Niereukornes und die arteriolae rectae des Marks) nicht unveräi
derlich , und somit wird der Antheil des durch das Mark gehende
Blutes auf Kosten des flindenstroms wachsen , wenn die Muskel
der Gefässe des Nierenkorns zusammengezogen und die des Mart
unverändert oder umgekehrt die Durchmesser der letzten Zuflusi
röhren erweitert und die der Rinde unverändert sind. Wie viel Bh
aber hierdurch von der Riode abgeleitet werden kann, ist wege
der Unbekanntschaft mit den in Frage kommenden Ausmaasse
nicht einmal schätzungsweise anzugeben.
Das ungefähre Gesetz ftir die Fo
men der Spannungscurve innerha
der beiden aufeinanderfolgenden Ci
pillarnetze in der Rinde kann nac
den Angaben über die fortlaufend
Veränderung des Lumens (Fig. 53
hingestellt werden. Sie muss, en)
sprechend den Grundsätzen, welchi
Seite 64 u. f entwickelt sind, die i\
Fig. 54 angegebene annehmen.
Cl. Bernard giebt an, dass man die von ihm beobachteten Erscheinungeil
welche die Veränderlichkeit des Blutstroras durch die Niere beweisen , am besten all
Thieren sehen kann, die mit Curare vergiftet und durch künstliche Respiration anj
Leben erhalten worden. '
5. Harn. Die Flüssigkeit, welche aus den Harncanälchi
ausgeschieden wird, enthält sehr verschiedene Stoffe in Lösung, ;
nach der Lebensart, den Nahrungsmitteln und besonderen allg^
meinen körperlichen Zuständen. Man hat darum bestimmt, den),
jenigen Harn als den normalen anzusehen, welcher entleert wir»»
Harn ; HnmstofF.
379
gänzlichem Enthalten von Nahrang oder bei Aufnahme einer
ihen, welche wesentlich aus eiweissartigen Körpern, Fetten, Amy-
, den gewöhnlichen Blutsalzen und Wasser besteht. Unter dieser
laussctzung erscheinen im Harn : Harnstotf, Kreatinin, Harnsäure,
ipm-säure, Farbstoffe, Zucker, Fette, Ammoniak, NaO, KO,
, MgO, CIH, CO2, PO5, SO3, dazu eine geringe Menge orga-
^hev Stoffe von unbekannter Zusammensetzung (Extrakte) und
Ixasform aufgelöst N, 0, CO2.
Je nach dem Ziel, das der Harnanalytiker verfolgt, hat man
rreder allen Harn, der in 24 Stunden gelassen wurde, in ein
üss vereinigt, gewogen und ein oder mehr Proben dieses Durch-
«ittsharns zerlegt; oder es wurde von einer zur andern und
rr jedesmal bekannten Zeit der Harn besonders entleert, ge-
een und zerlegt. Die erste Beobachtung giebt die Menge der
ch entleerten Hamb estandth eile ; die zweite giebt die mit der
eeszeit veränderliche Menge der letztern. — Um die von ver-
öden schweren Individuen ausgegebenen Gewichte an Harn-
Bndtheilen vergleichbar zu machen, hat man die letztern durch
Körpergewicht dividirt, d. h. man hat die von der Einheit des
wergewichts gelieferten Harnbestandtheile aufgesucht. Die in
her Zeit und von gleichem Thiergewicht gelieferte Stoffmenge
1 man als Maass ftir die Bildungs-, resp. Absonderungsgeschwin-
feit ansehen. Dieser Berechnung Hegt die wahrscheinliche
ussetzung zu Grunde, dass, alles Andre gleichgenommen, die
lichte des bildenden Thierleibes und der gebildeten Harnbestand-
ini geraden Verhältniss miteinander wachsen.
Harnstoff*). Er kommt im Harn frei, vielleicht auch mit NaCl
AmCl verbunden vor. Die Bedingungen für die Harnstoflfaus-
dung durch den Harn dürften gelegen sein : in dem Umfang und
xeschAvindigkeit, in und mit welcher er gebildet und auch wieder
er zerlegt wird (z. B. in AmO u. s. w.) , ferner in der Thätigkeit,
ihe Haut und Niere entwickeln, um ihn aus dem Körper zu
I Lehmann, Physiolog. Chemie. H. Bd. 107. — Frorich's, MüUer's Archiv. 1818. 4(i7.—
Ir nnd S ch mldt , Die Verdauungssäftc nnd der Stoffwechsel. 1852. p. 292 u. f. — Schorer,
LMger Verhandlungen. II. Bd. 180. — Bise hoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels,
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•espiration. Ztlrlch 1855. — J. Lehmann, Liobig's Annalcn. 87. Bd. 205. — Bise ho ff,
rg*8 Annalen. 88. Bd. 102.— Hoppe, Virchow's Archiv. X. Bd. 144. — Kaupp-
rar phys. Heilkunde. 1866. p. 385. u. 1850. p. 125. — Voit, Physiol.-chem. Untersuchungen.
in 1857. — Bei gel, Untersucliungen Uber Harn nnd Harnstoffmengen, nova acta. Hd. XXV.
■ltdruck.). - Hermann, Wiener akad. Bericlite. Bd. XXXVI. 349. — Gcnth, Unlersuchungen
3n Einnuss des Wassertrinkons. Wiesbaden 1868. — .Schirks, Valontin's Jahrcsljcricht
T. p. 84. — Botkln, Vlrchow'g Archiv. XV. 380.
380 Vorändorlichkeit do.s täglichen Harnstoffs von der Gewichtseinheit Thier.
schaffen. Dieses Alles ist an sich klar, weil nur üherhaupt f
Harnstoff ausgeführt werden kann, der im thierischen Körper
bildet und dort nicht auch sogleich weiter zerlegt ist. Von die
Harnstoff kann aber nur der dem Harne zu Gute kommen, welJ
nicht durch die Haut abströmt; der noch übrige Rest muss i
nicht nothwendig durch die Niere abfliessen, denn dieses
schiebt nur so weit, als es dieses Werkzeug gestattet; was ef
Harnstoff zurücklässt, vertheilt sich in den Säften des thieris(
Körpers. .
Täglicher Harnstoff von der Gewichtseinheit Thier. Ni
lieh war es bis dahin unthunlich , auch nur den Versuch zu wa
den Harnstoff des täglichen Harns aus dem mittleren Harnstoffge
unserer Säfte und der Arbeitskraft der Niere herzuleiten. Man
statt dessen die Abhängigkeit desselben von andern Umstän
untersucht, welche in jedem Fall aus mehrfachen Gründen, je x
den Zuständen des thierischen Körpers aber sogar in entgej
gesetzter Richtung auf die Harnstoffausseheidung wirken kön
Nach diesen vorläufigen Bemerkungen zählen wir auf:
1) die Harnstoffausscheidung bei Entziehung aller Nahr^
die Ausscheidung . des genannten Stoffes durch den Harn geht
zum eintretenden Hungertode des Thieres fort; sie geschieht ;
aus dem Inhalt des hungernden Thieres (Lassaigne, Schej
Becher, Schmidt, Frerichs, Bischoff). Da nun der H
Stoff offenbar nur aus den Leim- und Eiweissköi-pern hei
gehen kann , so wird sich seine Menge richten nach der Zusami
Setzung des hungernden Thiers (seinem Fett-, Fleisch-, Bind
webe-, Knochengehalt), nach seiner Lebensweise, der Temperi
seiner Umgebung etc. — Andeutungen für solche Variationen li<
darin, dass gemästete Thiere mehr Harnstoff liefern als ma,
(Bischoff); dass mit der Dauer des Hungers sich die Ham!|
abscheidung ändert. Das Gesetz, nach welchem dieses letztere geschj
zeigt im Allgemeinen ein Abfallen des Harnstoffs ; wie dieses '
aber im Einzelnen gestaltet, wird von mannigfachen Umstä|
abhängen. I
2) Veränderlichkeit der Harnstoffausscheidung mit der Art f
Menge der festen Nahrung. Man suchte natürlich meist die '
Ziehungen zwischen der chemischen Zusammensetzung der Nalu'
und den ausgeschiedenen Harnstoff auf. Soll hierbei die wirH'
in die thierische Umsetzung eingegangene Nahrung in Betil*
kommen, so kann dieselbe nur dann für übereinstimmend mith
Harnstoffabsonderung abhängig von der Nahrung.
381
;vnommeuen angesehen werden, wenn bei ilirem Genuss durch
aie Zeit nicht allein das Körpergewicht, sondern auch die Ge-
"icit unverändert geblieben; denn dann wird wohl auch die
utische Zusammensetzung des Thierkörpers sich gleich geblie-
>ein. Wenn dagegen bei der Nahrung das Körpergewicht zu-
r abnimmt, so bleibt die Zusammensetzung des Stoffgemenges
iin die thierische Zersetzung einging, unbekannt. — Aber auch
wehen der mit bekannter Zusammensetzung in die lebendige Um-
Hung eingehenden Nahrung und dem ausgeschiedenen Harnstoflf
;ceine feste Beziehung zu erwarten; denn Eiweiss- und Leimatome
»allen nicht sogleich in Harnstoff, sondern zunächst in Produkte,
: als solche entleerbar sind, wie in Harnsäure und Kreatin u.s. w
jaer gehen sie th eilweise gar nicht in Harnstoff über , sondern in
teusäure, Farbstoffe und vielleicht auch geradezu oder mindestens
(dem Harnstoff nur als Durchgangspunkt in andre gasförmig oder
lüig entleerte stickstoffhaltige Atome. Ob und wie viel von N der
irung zur Harnstoff bildung verwendet wird, ist demnach ab-
^ig von der Arbeit mannichfacher Körperstücke. Aus diesem
End können die Versuche an Thieren mehr dazu dienen, die
eenthümlichkeiten des inneren Zersetzungsganges bei denselben
umstellen, als dazu um aus ihnen einen Schluss auf die Harn-
fabscheidung des Menschen zu ziehen. — Da aber die Versuche
Ihrt haben, dass nicht bloss der Eiweiss- und Leimgehalt der
irung, sondern auch der Antheil an Wasser, Fetten, Zucker,
Salzen die Art der Umsetzung bedingt , so dürfte es bei zukünf-
Qü Versuchen unerlässlich sein, diese genau zu bestimmen, was
bekanntem Grunde nur dann möglich wäre, wenn man die
i/sen aus künstlichen Gemengen chemisch reiner Nahrungsmittel
itellte.
Aus den bekannt gewordenen Beobachtungen geht hervor:
Fett und Amylon mindern die Harnstoffabscheidung , so dass
i-jelbe Thier weniger Harnstoflf liefert beim ausschliesslichen Ge-
m von Wasser und Fett, oder selbst bei einem reichli(;hen
i:er aus Amylon und Fett mit einem schwachen Zusatz eiweiss-
:'?er Stoffe, als bei vollständiger Nahrungsentziehung. Eine aus
I I, Fett und Fleisch gemischte Nahrung erzeugt,, gleiche Nieren-
jgkeit vorausgesetzt, weniger Harnstoff, als dieselbe Menge von
•8ch für sich allein genommen hervorbringt (Bisch off, Hoppe,
•tkin). — b) Eine Nahrung von Eiern, Muskelfleisch, leimgeben-
< Gewebe steigert die Harnstoflfbildung (Bisch off, Lehmann),
382 Bo:jiGliung dos Harustoffu zum N- und Wassorgehalt der Nahrung.
und zwar nimmt das tägliclie Ilarnstoffgewicht annähernd in d
Maasse zu, in dem die Menge jener Nährstoffe wächst, gleichgi.
ob unter dem Einfluss der Fütterung das Körioergewieht des T|
res zunimmt oder sich gleich bleibt. — Nach Voit kann bei H
den nahezu der ganze N-GehaltderNahrung mit Abzug dessen, welc(
im Koth verbleibt , also der N des Futters , welches wirklich ins ü
überging, durch den Harnstoff entleert werden; dieses gilt natUrlj
nur für den Fall, dass sich das Gewicht des Thieres während i
Versuchszeit unverändert hielt. Diese Erscheinung trifft jedoch i
der allgemein für den Hund, noch weniger aber für den Mensel
•ein, denn für gewöhnlich enthält der ausgeschiedene Harnstoff 1
neswegs den ganzen Stickstoff, welcher mit der Nahrung einge
wurde (Boussin gault, Lehmann, Barrai, Bischoffj, sei
dann nicht , wenn sich das Körpergewicht durch die Nahrung ni
mehrt. Der Unterschied zwischen den Stickstoffmengen, welq
mit der Nahrung ein- und durch den Harnstoff' ausgeführt werdj
ist nach Bischoff beim Hund in weiten Grenzen unabhängig |
funden worden von dem Nahrungsmaasse , so dass er bei eiij
kärglichen und übermässig reichlichen Fleischfütterung sich glei
blieb. Dieses würde daraufhindeuten, dass in den von Bische
beobachteten Thieren neben einer mit der Fleischmasse veränd
liehen Harnstoffbildung eine andere von dem Fleischgenuss un»
hängige, immer gleichmächtige Umsetzung des Eiweisses stattfäu«
Diese nicht in Harnstoff ausmündende oder über ihn hinausgehe)
Umwandlung des Eiweisses wird aber beschränkt, wenn dem Flei^
noch Kochsalz, Fett oder Wasser so zugesetzt werden, dass si
das Volum des täglichen Gesammtharns mehrt; denn dann ste
der Harnstoff und nähert sich der Grenze, die ihm durch den Sti
Stoffgehalt der Nahrung gezogen ist. — c) Der Wassergehalt ■
Nahrung beeinflusst, gleichbeschaffene und gleichviel feste Spc
vorausgesetzt, die Harnstoffausscheidung; seine Wirkung ist
änderlich mit der Wassermenge, welche aus dem Getränk
den Harn übergeht, mit der Tageszeit, in welcher sie geno
und mit dem Wasser, das in der vorhergegangenen Zeit in
Nahrung vorhanden war. Die vorliegenden Untersuchungen
gen, dass bei gleichbleibender Nahrung und Muskelanstrengö
der tägliche Werth des Harnstoffs zunimmt, wenn sich das Hai.
maass mehrt CBisch off, Becher, Kaupp, Genth u. s. w.). D
reichlicher gelassene, an Harnprodukten ärmere Harn entführt ine
Harnstoff als der sparsamer ausgeschiedene, aber an Harnstoffp»
*
Beziehung des Harnstoffs zum Harnvolum.
383
|ukten reichere Harn. Dieses gilt selbst füi- den Harn, der zu
jerselbeu Zeit aus den beiden Nieren desselben Thiers bervorge-
iingeu ist fHermannJ. Legt man den Ureter beiderseits bloss
lüd laugt den Harn auf, so zeigt sich, dass die Nieren zu gleichen
weiten ungleiche Harnvolumina absondern (Göll) und zwar wech-
\]sxd bald die eine und bald die andere mehr. Wenn eine der
ißiten merklich mehr Harn entleert , so fördert sie dann auch mehr
Birnstoff zu Tage. Aus der Beobachtung, dass der prozeutische
larnstoffgehalt mit dem abnehmenden Harnmaass und zwar un-
ggelmässig wächst, geht jedoch hervor, dass kein festes Verhältniss
mschen den beiden genannten Werthen besteht. — Diese Vorbe-
t«rkung zeigt, dass der Genuss von Wasser nur dann die Harn-
vjffabscheidung mehrt , wenn das Wasser nicht durch Dann, Haut,
unge, sondern durch den Harn entleert wird. Nur insofern, als
II Allgemeinen bei einem grösseren Wassergehalt der Nahrung
i4ch das tägliche Harnvolum wächst und zwar meist in dem Maasse,
welchem die Wassernahrung zunimmt, ist es auch erlaubt, ge-
idezu die Steigerung des Harnstoifes von der des Getränkes ab-
ingig hinzustellen.
Aber gleiche Mengen fester und flüssiger Nahrung erzeugen
tter sonst gleichen Bedingungen nicht gleichviel Harnstoff. War
J3 Nahrung zuerst relativ trocken gewesen und wurde sie dann
tt Wasser versetzt, so wirkt dieselbe Menge Wasser viel mehr
;;igernd, als wenn längere Zeit hindurch die Nahrung schon
iisserreich war (Mösl er). Darausfolgt, dass wenn nach einem
!i)bergang von wenig zu mehr Wasser die letzte Lebensweise an-
lltend eingehalten wird, der Gang des Harnstoffes sich folgender-
liiassen stellt: seine Menge erhebt sich von ihrem niedern, der
"ckenen Nahrung entsprechenden Werth plötzlich beträchtlich, und
wie der Nahrungswechsel eintritt, dann sinkt sie während einiger
■fge langsam herab und schwankt nun während der Zeit, in
ilcher das Getränk sich gleich blieb, in engeren Grenzen um einen
Ctleren Werth (Genth), der jedoch höher ist, als er ohne den
)-mehi-ten Wasscrgenuss sein würde. Geht der Versuch umge-
lart von der wasserreichen zur trockenen Diät über, so erniedrigt
ih die HaiTistoffmenge an dem Tage des Nahrungswechsels unter
1 Werth, welcher sonst der trockenen Diät zukommt; während
4ger Tage erhebt sich dann der Harnstoff wieder auf den Durch-
unitt, welcher vor der Wasservermehrung in der Nahrung vorhanden
r (Becher). — Wird das Wasser, welches man der Nahrung
384 Harnstoff im Harn und KONOB,NaCl, Harnstoff und Harnsäure in der Nahrung. [
zusetzt, auf eiumal mit deu trockenen Speisen genommen; so Ii:'
dasselbe für die Harnstoftaussclieidung einen grossem Erfolg, :
wenn es erst nach der Verdauung der festen Speisen getrimk^
wird (Genth). t
Wie das reichliche Trinken einerseits durch Anregung d«|
Nierenthätigkeit die Ausscheidung des Hamstofis mehrt, so steige i
sie anderseits auch die Harnstoff bilduug. Dafür sprechen folgen
Aussagen: bei vielem Trinken von Wasser verschwindet aus äi
Harn die Harnsäure (Genth); es nimmt während länger
Wassergebrauchs das Körpergewicht trotz einer unveränderte
festen Nahrung ab; es genügt zur Stillung des Hungers die Na
rung nicht mehr, welche ohne die Wasserdiät hinreichte; i
nimmt das Körpergewicht nach Aussetzung des Wassergebraucl
durch die unveränderte Menge fester Speisen zu (Beneek<
Genth, Mosler).
In Folge von Kalt - und Wamiwasserbädern kann sich die tägliche Hamsto
ausscheidung mehren und mindern (Neubauer, Genth, J. Lehmann)*),
nachdem das Bad auf die Absonderungen durch die Haut gewirkt hat.
d) Ein Salpeter- und Kochsalz -Mehr in der Nahrung erhöh]
den Harnstoff (Boussingault, Barrai, Bischoff, Kaupi
Schirks). — Diese Wirkung des Kochsalzes schlägt in das Gege
theil um, wenn die Kochsalz-Nahrung ohne Vermehrung des Trin
Wasser längere Zeit andauert (Botkin).
Als hamstoömindernd sieht man auch den Kaffeeaufguss an (Bock er, J. Lei
mann). — Die Hamstotfabscheidung wird noch geändert dnrch Darreichung eini{
chemischer Präparate, und zwar wird sie vermehrt durch die Einnahme von Har
Stoff (Wöhle r,J"rerichs**), Gallois***), vorausgesetzt, dass er nicht in sf
beträclitlicher Menge gegeben wird, denn dann ist er ein Gift. Schon 30 bis 40 Minuil
nach Einführung von 5 Gr. Harnstoff in den Kaninchenmagen beginnt die vemiehi
Abscheidung; sie ist erst nach 60 bis 70 Stunden beendigt. — ■ Vepnehrend wirkt art
Harnsäure (Wöhler, J'rerichs, Neubauer f). Die Art ihrer Wirkung ven
Bchaulicht der folgende Versuch von Neubauer. Ein Kaninchen gab mit der bestii
Menge Kübenfutter täglich 1,34 Gr. Urin. Als es daneben in 2 Tagen 24 Gr. Har
säure empfing, lieferte es nun in 3 aufeinander folgenden Tagen 5,3, 8,5, 6,2 Gr. i
Am 4. Tag kam es erst wieder zu 1,33 Gr. In jenen 3 Tagen waren also 16,0 (
Harnstoff mehr, als die Kühen liefern, ausgeschieden ; die Harnsäure hatte 1 7, l Gr. Hai
Stoff geben können. — Gallois fand dagegen nach Einverleibung von harnsaun
•) Meissner' s Jahresbericht für 185G. 300 und 326,
*•) Liebig's Aiiiialen. 65. Bd. 335.
•••) Gazette m^dicale de Paris. Juin 1857.
t) Liebig's Aimalen. 99. Bd.
*
Aonderung der Hamstoffausscheidung mit der Temperatur, Körperbewegung etc. 385
i keine HanistofFvermehrung. — Vid. Oxalsäure des Harns. — Aehnlich wirken
Bjiin (Kerner)*), wclclies sicli jedoch nicht so vollständig wie Harnsäure in Harn-
f umzusetzen scheint; Thein und Theobroniin (Frerichs, Wühler, Lehmann);
lebeu und Cantharidentinktur (Sigmund)**), wobei sich jedoch nach Beckmann
\ Verhältnisse sehr .verwickeln ; Ol. terebinth. aether. (Beckmann), Digitalis sollen
1 Hamstoffausscheidung mindern (Sigmund, Becher).
2) Gleiche Lebensart führt bei höherer Lufttemperatur zu et-
53 weniger Harastoflf als bei niederer (Kaupp).
3) Alles Andere gleich, wii-d die tägliche Hanistoffmeuge
i*as geringer, wenn die Blase selten, grösser, wenn sie ö^ers
ieert wii-d (Kaupp). — Bei den unter 2 und 3 hei-vorge-
loenen Umständen änderte sich das Harnvolum durch Hebung der
'Weissbildung und Minderung des Harnwassers.
4) Muskelansü'engung mehrt die Harnstoifausscheidung, wenn
für die genossene Nahi-ung erreichbare Maximum noch nicht
r/onnen ist, selbst dann, wenn sich das Harnvolum nicht ändert;
1) bei einer Kost von mittlerem Wassergehalt wird die Harn-
[fausscheidung reichlicher, wenn die Muskeln anhaltend gebraucht
(den; ist dagegen die Kost sehr wasserreich, so mindert die
[!;ukommende Bewegung den Harnstoff eher, als dass sie ihn mehrt.
i:nth, Mösl er). Da sich zugleich das Hamvolum bei der
rregung gemindert hat, so würde die Beobachtung sagen, dass
Muskelbewegung die Harnstoflfausscheidungen nicht so weit ge-
Igert habe, dass der durch die Schweissbildung erzeugte Ver-
habe gedeckt werden können.
5) In allen bis dahin beobachteten Individuen, wie sehr auch
Lebensweise mit Rücksicht auf den Genuss von festen und flüssi-
Speisen, Körperbewegung und Temperatur geregelt war, stellte
die tägliche Harnstofiinenge nicht von einem zum andern Tage
kommen gleich her, sondern sie schwankte auf und ab in mehr
weniger regelmässigen Perioden und Abständen. Diese Thai-
len fordern die Annahme, dass die an der Bildung oder Aus-
flidung des llanistoflfes betheiligten Vorgänge aus inneren in demthie-
hen Haushalt begründeten Einrichtungen veränderliche Werthe sind.
Bei gel fand in zweiFäUen wahrend der Menstruation weniger Harnstoff , als un-
Abar vor und nachher; da vor der Menstruation weniger Harn (mit mehr Harnstoff),
während derselben geliefert wurde, so wäre daraus zu schliesscn, dass bei diesem
»nd die Hamstoffbildung vermindert sei. — Auch in einigen Krankheiten, z. B. dem
iU8, ist die Hamstoffausscheidung vormehrt, in anderen, z. B. der Bright'schen
) Vlrchow' 8 Archiv. VI. Bd. 24S.
) Meimincr's Jahresbericht für 1857. 313.
■ndwlg, Physiologie II. 2. Anfinge.
i
386 Einfluss der Tageszeiten auf die Hanistoffansscheidung.
Nierendegeneration und dem gelben Fieber, mindert sich die Menge dos ausgegi
denen Harns sehr merklich. In dem ersten Fall (Nierendegeneration) häuft er siel
Blute an; der Grund der Verminderung liegt darum nur in dem ausscheidenden Appi
Eine Vergleichung der täglichen AbsonderungsgeschwindigJ
des Harnstoffs in verschiedenen Lebensaltern und Geschlecht]
hat Thatsachen ergeben, welche, wie es scheint, in vollkomme
Uebereinstimmung mit den Ableitungrn aus dem bis dahin Mii
theilten sind, insofern im Allgemeinen Männer und Kinder
essen und sich bewegen, als Frauen und Greise. — 1) Bei I
derii ist die Bildung des Hanistoffs lebhafter, als bei Erwachsei
sehr bedeutend gehemmt ist sie im Greiscnalter (Lee am
Scher er**), Bischoff). 2) Beim männlichen Geschlecht soll
Allgemeinen die Harnstoff bildung in gTösserem Maassstab vor f
gehen, als beim weiblichen ( B e c q u e r e 1 ***) Lecanu, Bischo
lieber die Harnstoffabscheidung schwangerer Frauen s. Bücke]
B. Aenderung des Harnstoffs mit den Tageszeiten. 1)
ruhenden und hungernden Individuum bleibt die Geschwindig
der Harnstoffausscheidung nicht fortwährend gleich. In einer
Becher an sich selbst gewonnenen Beobachtung ging Harn
Harnstoffmenge vom Morgen bis in die späteren Nachmittagsstun
unter Auf- und Abschwankungen der höchsten Erhebung zu
sank von da wieder. Diese Erscheinung schliesst sich
ähnlichen der Gallen- und COi-Ausscheidung durch Leber und Lu
an, und zeugt für den schaukehiden Gang der Umsetzungen
Ausscheidungen aus einem uns unbekannten Grunde. — 2) B
speisenden Individuum macht sich die Zeit, in der feste und flüsi
Speise genommen wird, merklich. Fig. 55 und 56(unastehend).
Speisezeit ist in dem Abrisse durch einen Strich angedeutet;
Mahl hatte einen beträchtlichen Fleischantheil. Die erste Curve
nach Becher 's, die zweite nach Voit's Angabe entwor
Kurze Zeit nach der Fleischmahlzeit steigt der Hai-nstoffgelj
erreicht etwa nach sechs Stunden seinen Höhepunkt und s:
dann wieder. Sinken und Steigen geht mit Schwankungen
eine mittlere Linie vor sich. — Auch der blosse Genuss von Was
steigert nach Mosler die Harnstoffmenge. — Legt man glet
zeitig die Curve der stündlichen Aenderung des Gesammtharns
*) Journal de pharmncie. XXV. Bd. 1839.
•») Würzburger Verhandlungen. Ifl. Bd. 180.
•••) Der Urin. Leipzig 1842. 2fi.
t) Sclierer's Jahresbericht für 1848. 93.
Einfluss der Tageszeiten auf die Harnstoffausscbeidung.
Vig. 55 und 56.
387
Harnvolum inC.C.
Utas
Essen,
e3 des Harnstoffes, so ist ersiclitlich , dass beide Linien, unter-
lordnete Ausnahmen abgerechnet, gleichzeitig zu steigen und zu
den beginnen. Dabei ist jedoch der Gang durchaus Itein pro-
nrtionaler. Dieses erklärt sich insbesondere bei den Curven der
"eisetage sehr leicht, wenn man sich erinnert, dass der
asser- und Harnstoffgehalt des thierischen Körpers nicht in einem
stimmten Verhältniss stehe; wäre also nach Tische das Wasser
sr Organe und des Blutes rascher vennehi-t als ihr Harnstoff, so
ttrde, gleiche Nierenthätigkeit vorausgesetzt, jetzt mehr Wasser,
Bniger Harnstoff, später mehr Harnstoff" und weniger Wasser aus-
«schieden.
Einige Mittelzahlen aus Beobachtungen am Menschen sind
Ilm Beleg der aufgestellten Regeln in der folgenden Tafel ver-
iichnet.
25«
388
Mittelzahlon der Harnstoffaueschcidung.
Geschlecht
und
Alter.
Männl. 35 J.
Männl. 24 J.
Männl. 45 J.
Weibl. 43 J.
Männl. 16 J.
Weibl. 18J.
Männl.3, 5J.
„ 7J.
22 J.
38 J.
Körper-
gewicht i.
laio.
108
89,75
48,5
65,6
38,6
135,0
Nahrung.
[Fleisch u.Eier
^gemischte
jPflanzenkost
[Zucker
/gemischte
ohne Nahrung
[gemischt mit
10,8Lt.Was8.
fl Tag nachher
dieselbeKost
ohne Wasser,
'2 Tage nach-
her idem
^reichl.höherer
Stände
> gemischt
Ilarnmgo.
in C.C.
whd.24St.
1662,7
951,2
741,6
723,3
71,16
40,36
47,79
37,7
25,3
19,9
20,9
12,98
18,29
27,00
29,82
Harnsttr
f. 1 Kilo
Krprgw.
0,35
0,28
0,41
0,32
0,81
0,42
Bemerkungen,
Beobacliii^
»Lehmai
•Becher
Bischol
»Scherei
In den nun folgenden Versuchen war die Kost eine geregelte, gemischte; jede
Beobachtete genoss zwar eine von der andern Terschiedenc, aber während de
Versuchsdauer immer dieselbe.
Männl. 39 J.
74,40
74.56
|u. ohne Wass.
1252
1259
40,21
44,99
0,54
0,60
mit vermehrter
Körperbeweg.
74,04
/und 2 Liter
3251
46,60
0,62
d. Wasser auss.
74,19
( Wasser
3175
50,12
0,68
der Mahlzeit
73,99
/und 4 Liter
5514
54,26
0,73
währ. d. Mahlz.
73,68
j Wasser
5075
52,13
0,71
ohne Bewegung
74,35
und 1 Liter
2325
46,38
0,62
mit Bewegung
Wasser
Dieselbe Kost
u. 33,6 Gr.NaCl
2309,6
35.80
0,53
67,0
u. 1,5 Gr. NaCl
2162,0
33,50
0,50
gemischte \
1369,1
37,77
0,56
12 ( Harnentl.
Kost )
1348,6
34,75
0,52
2jin24Std.
65,0
gemischte )
Kost 1
898
954
997
27,17
24,70
28,39
0,42
0,38
0,44
jfd. Men-
wahrd) . ,
, 1 struat.
nach )
geraischt.Kost
4723
41,0
0,85
ruhig zu Hause
u. 2500 kalt.
3977
46,17
0,95
Beweg. i.Freien
44,5
Wasser.
gemischt.Kost
4943
52,25
1,08
ruhig zu Hause
u.2500warm.
3663
54,0
1,12
Beweg. i.Freien
Wasser.
^Kaupp.
>Beigel.
Männl. 26 J.
WeibL 30 J.
Männl. 20 J.
Zur quantitativen Bestimmung des Harnstoffs dürften von nun an nur noch
Methoden von Liebig, Bunsen oder Heintz angewendet werden, da die alt
Verfahrungsarten zu Verlusten führen. Die Zahlen von Bischoff, Scherer
Becher, welche nach Liebig's Vorschrift analysirten, sind dämm nicht vergleiohl
mit den Lohmann'schen.
■Genth.
Kreatin; Harnsäure.
389
Kreatin*) und Kreatinin können fast immer aus dem
larn dargestellt werden (Heintz, Pettenhofer, Liebig). Da
as letztere sich sehr leicht in das erstere umwandelt, so ist man
eneigt, alles Kreatin aus dem Kreatinin abzuleiten. Seine Menge
sechselt; es ist reichlicher im Harn Fleisch- (resp. Milch-) fressender
iiiere, z. B. der Kälber (Socoloff), der Hunde (Lieb ig),
»orzugsweise reich ist der Harn an Kreatin, welcher nach ein- bis
eehrstündiger Unterbindung eines Ureters aus der bis dahin ruhen-
sn Niere ausgeschieden wird (Hermann).
Dessaignes fand in 100 C. C. Menschenham 0,2 Gr. Kreatinin.
Harnsäure*). Das 2NaO, HO, POs des Urins soll sie flüssig
1-halten, indem dieses Salz durch freie Harnsäure in NaO, 2H0, PO5 und
«a02Ur verwandelt wird (Lieb ig); auch sollen die Harnfarbstoffe
ur Lösung der Harnsäure beitragen (Duvernoy). Hierdurch er-
lärt es sich, warum der Harn so viel mehr Harnsäure gelöst ent-
iilt als das Wasser von gleicher Temperatur.
Die Harnsänre-NiederscMäge im gelassenen Harn sind veranlasst entweder durch,
ibkühlung der aus der Blase entleerten Flüssigkeit oder durch eine in Folge der
lamgährung eintretende Säurebildung, die die Löslichkeit der Harnsäure um so mehr
leeinträchtigt , -fffnn sie auch die lösenden Farbstoffe zerstört.
Das Maximum der täglichen Harnsäureausscheidung, zu welchem,
!? der gesunde Mensch bringt, ist nach absolutem Maass immer
Dor ein geringes; die Schwankungen aber, die jene Absonderung
i ihren (engen) Grenzen erleidet, sind verhältnissmässig bedeutend;
idese Schwankungen treten zum Theil scheinbar unbegründet, d.h.
i'ährend ganz unveränderter Lebensumstände auf; diese Unregel-
iiässigkeiten werden aber geringer, wenn man statt der täghchen
lusscheidungen mehrtägige miteinander vergleicht (Ranke). Eine
».enderung der Ausscheidung bewirkt die Ernährungsweise; der
ifungernde entleert wenig Harnsäure und zwar mit der steigernden
t'astenzeit weniger (Ranke). Fleischnahrung giebt am meisten,
'•/eniger Pflanzenspeise, »och weniger eine Kost aus Zucker (Leh-
iiann, Ranke). Ganz verschwindet sie nach sehr reichlichem
4enuss von "Wasser (Genth), dagegen sollen alkoholische Ge-
iränke sie vennehren. Geringe Körperbewegungen sollen sie mindern,
•) Heintz, Zooohcmie 1863. 192. — Lieblg, dessen Annalen. Bd. 108. — Dessaignes,
Messen. Jahresber. 18.57. 543. — Hermann, Wiener akadem. Berichte. 1. o.
") Llcblg, Annalen. 50. Bd. IGl. — Bcncc Jones, rhllosopliical trangactions. 1849. 250.—
;anke, Vcber die Ausscheidung der Harnsäure. München 1868.— Hocker, Virch ow's Archiv.
' a. 226.
390
Harnsäure ; Xantliin.
kräftige sie mehren (RankeJ; das Letztere soll auch durch MinqB^,
rung der Hautausdünstung erreicht werden, vorausgesetzt, dass <]K
Harnmaass dadurch entsprechend gesteigert ist (Marcet), — S<l|
tionen von Kindern, die innerhalb einiger Wochen nach der Gebil
gestorben sind, zeigen öfters Nieren, deren Canälchen mit Hail,
säm-ekrystallen gefüllt sind (Cless). Ob dieses allen gesund!
Neugebornen eigen ist, wann nach der Geburt die Harnsäure |
scheint und wie lange sie besteht, ob dabei eine Vermehrung tl
Harnsäure eintritt, ob die Harnsäure die Nieren als solche verläit
oder dort vorher verändert wird, darüber geben, wenn auch noBT
unbestimmte Aufklärung, die Beobachtungen von Virchow, H
dann, Hecker. ,
In Krankheiten, namentlich in fieberhaften, ist die tägliche Harnsäuremcnge
ungewöhnlich vermehrt ; auch im Icterus ist sie reichlicher vorhanden ( K U h n ( l"
ebenso in der Leukämie (Virchow, Ranke). — Vermindert soll sie werden m fBi
Chiningobrauch (Ranke).
Das Mittel der täglichen Menge setzt Becquerel auf 0,. 5
Bence Jones von 0,4 bis 0,6 Gr. — Lehmann fand bei Fleisc ];i
kost 1,5 Gr., bei gemischter Kost 1,2 Gr., bei Pflanzennahi-ung 1,0 G
bei Zuckerftitterung 0,74 Gr. — Ranke bei Pflanzennahrung i jr
Mittel 0,7 Gr., bei Fleischnahrung 0,9 Gr. je
Die Veränderung der Harnsäureausscheidung mit der Tag€ i
zeit wird bestimmt durch die Vertheilung des Essens; bei ein jf
täglichen Hauptmahlzeit fällt das Maximum der stündlichen Au f!
Scheidung einige Stunden hinter dieselbe, das Minimum aber u i^,
mittelbar vor sie.
Vielen Thieren, z. B. den Hunden, den Katzen, den Wiederkäuern, fehlt t
Harnsäure zwar nicht immer, aber doch meist; andere, wie Vögel, Schlangen u. s. \ ..
entleeren sie massenhaft. Die Lagening der Harnsäure bei Vögeln und Schnecken i ^
Innern der Zellen, welche die Hamcanälchen auskleiden (Busch, TVittich), hat d
Aufmerksamkeit erregt.
Man unterstellt eine enge Beziehung zwischen Harnsäure un "
Harnstoff, indem man die erste als eine Webergangsstufe zum Han
Stoff bei der Zersetzung von Leim und Eiweiss ansieht. Ausser de
Wahrscheinlichkeitsgründen, welche die chemischen Formeln i
die bekannten Zerfällungsprodukte der Harnsäure darbieten, ii
anzuführen, dass die eingenommene Harnsäure als Harnstoff auf
tritt, und dass sie in den Geweben auch solcher Thiere zu finde
ist, deren Harn frei von unserer oder einer ihr älmUchen Säure isi
Xanthin. In sehr geringer Menge (Strahl, Lieberkühn
Strecker; zuweilen als Harnstein (Marcet, Liebig, Wöhler)
Hippursäure.
391
k Hippursäure*). Sie wird durch das 2NaO, HO, PO5 des
f larns gelöst erhalten. Sie bildet einen meist noch geringem An-
,^ ?eil des Menschen -Harns als die Harnsäure; nach Ranke, Du-
.[j. 11 ek u, A. soll sie häufig ganz fehlen. — Vermehrt wh-d ihre täg-
j bhe Menge in, erster Linie durch den Genuss von Benzoesäure
ittd solchen Nahrungs- und Arzneimitteln, die sie und ihre Salze,
Her solche Benzoylverbindungen enthalten, die sich leicht zu Ben-
loesäure oxydiren. Ihr mehrender Einfluss ist jedoch in enge
jlrrenzen geschlossen (Ure, Wöhler, Frerichs). Nimmt ein
rMaiin von mittlerer Grösse täglich mehr als 2 Gr. Benzoesäure, so
ijs-scheint ein Theil der letztern als solche, und nicht zu Hippur-
liure vei-wandelt, im Harn (Duchek). Vermehrt wird die Hippur-
iiure ferner durch den Genuss von Zimmtsäure (CisHsOiJ (Mar-
lhand), Bernsteinsäure, wie Buch he im und Kühne behaupten,
eenen jedoch Hall wachs entgegentritt, und endlich durch den
renuss von Gräsern, Gemüsen, Früchten, die nur sehr wenig oder
rach gar keine Benzoylverbindungen enthalten fH allwachs, Weiss-
iiann, Duchek). Vermindert wird sie dei Grasfressern durch
irodnahrung (Weissmann), beim Menschen, Hunden, Kälbern
lurch Fleischnahruug; Ranke", Wurtz und K ü h n e sahen sie nach
üeser Kost ganz schwinden. Bei der Harai-uhr kommt sie jedoch
luch während ausschliesslicher Fleischkost vor. Nach der Beobach-
isingen von Roussin, die Hallwachs im Allgemeinen bestätigt,
;^eben Arbeitspferde mehr Hippursäure als Luxuspferde. Die beiden
JJeobachter legen den Grund für das Mehr in die stärkere Mus-
[;elanstrengung; ob ihn nicht das Futter bedingt?
Hallwachs fand bei gemischter Diät bis zu 1 Gr. Hippursäure täglicli; "Weiss-
iiaann nach einer weniger genauen Scheidungsart bei gemischter Kost zu 2,4 bis 3,4,
Da die Hippursäure aus der Summe der Atome der Benzoe-
iääure und des Glycins weniger 2 At. Wasser besteht, da sich
^aus den genannten Stoffen die Hippursäure darstellen und diese
«sich auch wieder in Benzoesäure und Glycin zerlegen lässt (Des-
"Saignes), so darf man wohl behaupten, dass sich die genossene
[Benzoesäure mit dem im thierischen Körper voi-findigen Glycin
•) H. Ranke, Physlolog. - chemische Untersuchungen etc. Erlniigon 1851. — Roussin,
Compt. rend. 42. Bd. 683. — Hall wachs, Ucber den Ursprung der Hippursäure Im Harn der
Pflanzenfresser. 1857. — Welssraann, Ueber den Ursprung der Hipp, im Harn der Pflanzen-
fresser. 1857. — Klihne und Hallwach«, Archiv fiir pathol. Anatomie. XIl. Bd. 38G. —
KUhne, Ibid. 396. — Mcissnor's Jahresbericht für 1866. 271. — Duchek, Chemisohos Centrai-
blatt 18.%. 300. ^
392
Hippursäure; Kohlenliydrato.
paare. Dieses letzte liefert die Leber in der Glycocholsäure und
Paarung geht im Blute vor sicli (Kühne, Hall wachs).
K. und H. geben in einer durchdachten Arbeit folgende Gründe für ihre
hauptung. Benzoesäure allein in das Blut gespritzt geht alsbald wieder als solcht
den Harn über, die plötzliche Mehrung dieses Atoms im Blut entspricht keiner gleie!
des Glycins; spritzt man aber Benzoesäure und zugleich eine entsprechende Me:
glyoocholsaures Natron ein, so wird der Harn entsprechend hippursäurehaltig.
Bringt man Benzoesäure in den Magen, - so entsteht, weil sie nur langsam, und z
der Glycinbildung in der Leber gemäss, zum Blut kommt, auch Hippursäure, sei
dann noch, wenn man eine Gallenfistel anlegt, die alle Galle, welche zur Blase ki
nach aussen führt ; also geht die Paarung nicht im Darm , sondern im Blut vor
Die Bildung der Hippursäure steht aber still, wenn man nach dem Eingeben
Benzoesäure die Gallen- und Blutgefässe im Hüus der Leber unterbindet; also lie:
die Leber das Glycin. — Dunkel ist es noch , woher die Benzoesäure kommt , wi
im Futter keine Benzoylverbindungen enthalten sind. Man hat verschiedene T
muthungen über ihren Ursprung festgestellt; so glaubte man sie u. A. ableiten
können aus der lebendigen Umsetzung des Eiweisses und Leimatome, weil sie d
Oxydation der letztem künstlich dargestellt werden kann. Wenn es sich bestätigt,
die Hippursäure mit Hülfe der Bernsteinsäure entstehen könnte, so würde um so e.
die letzte Ursache ihrer Bildung im thierischen Stoffwechsel gesucht werden müss^B^'
als Bernstoinsäure schon im lebenden Körper gefunden wurde. Auf denselben Urspru
deutet auch die Beobachtung von L e hm a n n , dass diabetische Kranke nach vi(
tägiger Fleischkost noch Hippursäure ausharnen.
• Die Bedingungen, welche die Entstehung der Hippursäure aus ihren Comp
nenten veranlassen, sind unbekannt. Durch gleichzeitige Digestion von Blut, Lebe:
Galle und Benzoesäure bei der normalen Säugothierwärme kann sie nicht erzeu]
worden, auch dann nicht, wenn durch jenes Gemenge ein SauerstolFstrom geleitet wi
(Kühne).
Nach einer belangreichen Beobachtung von Kühne geht be
gelbsüchtigen Menschen oder Hunden, deren duct. choledochu
allein unterbunden war, die eingegebene Benzoesäui'e als solch
in den Harn über, obwohl dieser letztere dann Cholalsäure enthält
Also muss bei der in jenem Falle bestehenden Gallenstauung di^
Bildung des Glycins in d^r Leber unterbrochen sein.
Kohlenhydrate. Im Ham sind aus dieser Classe beobach-
tet worden: Trauben-, Rohr-, Milchzucker, ein nicht krystallisü-endecl
gährungsfähiger, die Polarisationsebene links di'ehender Zucker*), Ino-
Sit, Mannit, Milchsäure.
Der Trauben- oder Leberzucker**). Gl. Bernard hält
die beiden nicht für gleichartig wegen ihres ungleichen Widerstandes
•) Löwig, Chemie dor orgnn. Verbindungen. 1846. I. 422.
*•) E. Brüclce, Wiener alcart. Ritziingsber. 28. u.'29.Bcl. 286. — Bl o t , Compt.rend. 48. Bd. p. G76.—
Leconte, iliid. 44. Bd. Juin. — Wie de r Ii ol d , Chcm. Ccutnai)!. 1857. — Meissner, Ilonle's
Traubon - oder Lcborzucker.
393
,gen die zersetzenden Einflüsse des thierischen Körpers. Dieser Zucker
ümmt fast regelmässig, jedoch in sehr veränderlichen Mengen, im
im vor; er scheint in dem Maasse durch die Niere zu treten, in
üilchem er im arteriellen Blut enthalten ist. — Im Harn eines auf
«wohnliche Weise ernährten Menschen fand ihn Brücke jedoch
SSO geringer Menge , dass das durch ihn bei der Trommerschen
)obe zu Oxydul reducirte Oxyd sich im Ammoniak des Harns löste;
iem man diese Wirkung des Ammoniaks nicht beachtete, tiber-
n man bisher, dass der gesunde Harn Zucker enthält. — In ver-
ehrter Menge wii'd er nach einer reichlichen Mahlzeit beobachtet,
mentlich wenn diese viel Zucker führt und genossen vrurde, nach-
DQ ein 24 bis 36sttindiges Fasten vorausgegangen wa,r (Gl. Ber-
ird). — Vermehrt ist er ferner bei Säugenden (Blot), was von
(conte, Meissner u. A. jedoch ohne genügenden Gegenbeweis
ttritten wii'd; namentlich vennehrt ist er bei Säugenden nachUnter-
( ckung derMilchabsondening. Ferner, Avenn die Bildung des Zuckers
Jier Leber lebhafter ist, also beim diabetes mellitus, nach einem
;}h in die Mittellinie des verlängerten Markes, nach der Durch-
meidung des nervus splanchnicus in der ünterleibshöhle ; die in
fge der beiden letzten Verwundungen gesteigerte Zuckerausschei-
i^g verschwindet, wenn das Thier sonst gesund bleibt, nach
iireren Stunden wieder (Gl. Bernard). Der Harnzucker ver-
iirt sich ferner nach Gurare -Vergiftung, wenn das Leben durch
istliche Respiration erhalten wird (Gl. Bernard), ferner nach
sspritzung von Aether und verdünnter Ammoniaklösung in die
rrtader (Harley), nach Einathmunng von Aetherdämpfen (Rey-
no). — Endlich erscheint er reichlicher, wenn eine Traubenzucker-
11 ng in das Blut gespritzt wird. Um eine deutliche Vermehrung
Harnzuckers zu erzielen, mussten Hunden von etwa 6700 Gr,
rncht 10 bis 13 Gr. Zucker injicirt werden; es gingen dann in
Harn etwa 1,4 bis 0,2 Gr. Zucker über; die Ausscheidung ge-
ah in den ersten flinf auf die lünspritzung folgenden Stunden,
■nur 5 bis 7 Gr. Zucker injicirt waren, hatte sich der des
ras nicht merklich vermehrt (Falk, Limpert). Aehnliche Er-
ningen machten am Kaninchen Gl. Bernard, Lehmann,
le, Becker.
'Pfeufer'B Zeitschrift. — Boedckcr, Ibid. 3. R. Vn. Bd. — Llmport tind Falk In
how'a Archiv. 9. Bd. 60, wo auch die Literatur Uber Zuckereinsprltziingen zu tlnden. —
■ernard, L09ong sur Ic» liquides, n. Bd. 74 ff. — Heynsius, Archiv flir liolländ. Bel-
1857. I. Bd. 243. — S. auch die Literatur auf S. 311 dieses Bandes unter »•*).
394
ßolirzucker; Inosit; Milchsäure.
Ausser dor im Text erwälinton verdeckenden Eigenschaft des Ammoniaks entl
der Harn noch zwei andere Vorbindungen , welche zu Fehlern in der ZuckerbeB)||
mung, und zwar nach der entgegengesetzten Richtung hin, führen können. Der
Sohunck im Hanl aufgefundene indigobildende Stoff giebt sehr leicht den mit
gepaarten Zucker ab und die Harnsäure reducirt ebenfalls das Kupferoxyd. Um die
Täuschungen zu entgehen, stellte Brücke aus dem frischen, nicht eingedamp
Harn durch Zusatz von viel Alkohol und von etwas reinem Kali Zuckerkali dar; die in
alkoholischen Flüssigkeit unlöslichen Krystalle löste er in Wasser auf; dann bei
er die Abwesenheit der Harnsäure durch den negativen Erfolg der Murexidprobe
die Anwesenheit des Zuckers durch die nun gelingende Trommer' sehe Reaktion
durch die Reduktion des basisch salpetersauren Wismuthoxyds. — Nach diesen neu
Erfahrungen verlieren ebensowohl die quantitativen Zuckerbestimmungen des H:
durch die Fehling 'sehe Flüssigkeit ihren Werth, als auch die Angabe, die
gemacht hat über die Grenzen, innerhalb deren sich der Zuckergehalt des Blutes
wegen könne, bevor der Harn zuckerhaltig werde. — Die Angabe von Blot,
Säugende häufig zuckerreichen Urin entleeren, wird von den Fehlern, welche so
erwähnt wurden, nicht berührt, weil er ausser der Tromme r'schen auch noch
Probe durch Gährung in Anwendung brachte.
Rohrzucker findet man im Ham öfter aber nicht imi
nach reichlichem Genuss desselben, und dann nach Injektion (
selben ins Blut. Unter den letzten Umständen gilt das Glei
vom Milchzucker. Doch besteht nach Gl. Bernard, Fj
und Limpert zwischen den Erfolgen, die das Einspritzen
Rohr- und Milchzucker nach sich ziehen, der Unterschied, c ^
mehr Milchzucker dem Blut zugesetzt werden muss, wenn ei||j,
den Harn übergehen soll, und dass von gleicher, in das Blut
gefUhrten Menge Rohr- und Milchzuckers von letzterem ein geringe
Antheil in den Harn übergeht. Es steht also der Milchzucker rt
sichtlich seiner Ueberftxhrbarkeit in den Harn und seiner Zers
barkeit in dem Blut in der Mitte zwischen Trauben- und Rf
zucker.
Inosit, der in der Niere selbst enthalten ist, wurde nur
mal von Cloetta im Harn bei Brightscher Entartung beobach
im gesunden Harn fehlt er. — Mannit geht aus dem Mager
den Harn über, aber nur zunj kleinen Theil, zum grössern, w| .,
er in das Blut gespritzt wird. Der Unterschied soll davon
hängen, dass das Mannit im Darmkanal schon in Milchsäure i
umsetzt (Bidder, Witte)*).
Milchsäure fehlt dem Harn füi- gewöhnlich , sie soll zuwe
nach zuckerhaltiger Kost zugleich mit oxalsaurem Kalk vorko:
(Lehmann). In dem aus der Niere getretenen , in der Blase Ijti^
K!
irr
36 Wt
•) M ei 8 Sil er' s Jahresbericht für 1856. 273.
HarnfarbstofFe ; Urhaematin; Gallenfarbstotl'.
395
Wenden oder in schon gelassenem Hara entsteht sie bei der sauern
»hrung desselben.
Farbstoffe*). Der Harn kann roth, gelb, grün, blau,
uun, schwarz gefilrbt sein. Von den diese Färbungen bedingenden
bffen sind uns bekannt
a) der Urhaematin, Haruroth; es enthält Eisen (Harley)
!iN(Scherer) und zeigt auch Aehnlichkeit in seinen Reaktionen
; Blutroth ; vielleicht stimmt es vollkommen mit ihm überein. Im
rm mehrt es sich, wenn im Blute das Roth von den Körperchen
' das Plasma übertragen wird, z. B, nach Einspritzungen in die
utgefässe und zwar von Gallensäuren fDusch, Frerichs), die
Blutkörperchen lösen (Hünefeld, Kühne), oder von Wasser,
ilches die Blutkörperchen auswäscht (Kieruli, Hartner).
b) Brauner Gallenfarbstoff, welcher mit NO5 Übergossen
Ii bekannte Farbenspiel giebt, erscheint im Hai'n, wenn er aus
Galle in das Blut tiitt, z. B. nach Hemmungen des Gallen-
llusses; ferner wenn farblose Galle in das Blut gespritzt wird
rrerichs); seine Anwesenheit im Harn ist dann constant, aber
ne Menge nicht im Verhältniss zu der der eingesprizten Gallen-
iren ; es erscheint am meisten Farbstoff, wenn mit sehr geringen
ragen von Galle zugleich eine Lösung von Haematoglobulin ein-
ipritzt wird. Ebenso entleeren Hunde, die durch Unterbindung
Gallengänge ikterisch wurden, einen ungewöhnlich gallenfarb-
ffreichen Harn, wenn man in ihr Blut eine Auflösung des Blut-
jpercheninhalts einspritzt (Kühne).
Die Erklärungen für das Auftreten des Farbstoffs nach, der Einspritzung von
eensäure in das Blut sind doppelt. Prcrichs und Staedeler lassen aus den
cen genannten Säuren selbst enthaltenen Atomen die Farbstoffe entstehen. Denn es
II nach Staedeler durch SO3 aus der Glycocholsäure ein Körper hergestellt werden,
an der Luft ein ähnliches Farbenspiel zeigt , wie der Gallenfarbstoff mit NO5.
rieh 8 unterstützt seine Meinung noch dadurch, dass er im Harn von Hunden
I Gallensäure nicht wiederfinden konnte , wenn er diese letztere dem Blut der ge-
lten Thiere beigemischt hatte. Mit dem genauen Verfahren von F. Hoppe ist es
:ch Kühne gelungen, im berogten Fall immer Gallensäure im Harn nachzuweisen.
; man damit zusammen, dass niemals ein der eingespritzten Gallenmcnge auch nur
'srnt sich annäherndes Farbstoffgewicht im Harn vorkommt, ja dass Frerichs
35 pCt. seiner Beobachtungen gar keinen Farbstoff fand, so muss man, um die
lahmo des Letzteren zu halten, sagen, dass es noch besonderer, nicht immer gloich-
') Harley, WUrzbnrger Berichte. V. Bd. April. — Fr«richs, Klinik der Leberkrankheiton.
■ nnd 404. — KUhne, VIrchow's Archiv. XIV. 310. — Scliuiick, Chcni. Contrnlblatt.
957.— Virchow, Wlirzb. Berichte. II. Bd. 303.— Simon, BcitrUge. I. Bd. 118. —
«al, Pharmazeut. Centraiblatt. 1854. 256 und 768. — Schorcr, Liobig's Annalen.
id. 131.
396 Hamfarbstoffe ; Indigo; Ammoniak.
massig erfüllter Bedingungen bedürfe, damit die Gallensäure zum Farbstoff we;
könne. — Kühne sieht dagegen das Blutroth als den Stamm des Gallenfarbsto:
und betrachtet die Galle nur insofern an der FarbstoflTbildung betheiligt, als sie
Blutroth aus den Körperchen befreie. Wollte man dieser Unterstellung auch crli
zu erklären , warum das Blutroth erst die Körperchen verlassen müsse , um sich
zugestalten , so würde sie doch immer noch angeben müssen , warum fast immer I
roth unverändert in den Harn übergeht, ohne dass der Harn für gewöhnlich Gal
färbst, enthält, warum, wie Kühne selbst gefunden, eine Lösung von Haematoglob
für sich dem Harn keine Gallenfarbe bringt, und warum dieses erst geschieht,
dem der einzufüllenden Masse Gallensäure zugefügt wird.
c) Im Harn kommt öfter Indigo vor (Prout, Martin,
scher lieh u. A.). Dieser entsteht aus einem andern indigobilc
den Stoff, den Schunck im Harn gesucht und auch häufig (
gefunden hat. Dieser Stoff" zerlegt sich durch Säuren (und Gährun
in Zucker und Indigo; der Harn wii'd also nui" dann blau, w
jener Indigopaaiiing zerlegt ist.
III
itri
Ii:
Sollte jener Indigobildner mit dem Indican von Schunck gleich sein, so wü
sieh aus seiner Zersetzung noch andere Verbindungen im Harn herleiten lassen, die
auch schon dort gefunden hat , namentlich Harze , Leucin , Ameisen -, Essig -, Proj
säure, und das Indiggluzin (CiäHioO«) würde sich durch Gährung in Essigsäure
wandeln können , ohne vorher Alkohol gewesen zu sein.
In Ermangelung einer Abscheidungsmethode bedient sich J. Vogel*) der
benden Kraft des Urins, um die relativen Mengen von Farbstoff zu finden, welch ^
zwei Hamen vorhanden sind. Da nach seinen Beobachtungen die dunkeln von
hellen Harnen sich nicht durch eine besondere Art, sondern durch eine stärkere
zentration des Farbstoffs unterscheiden , so stellte er Normalfärbungen (Farbensl
her und zugleich die Verdünnung fest, welche die tieferen Farben erfahren mm
um in die helleren überzugehen.
Ammoniak. Der frische Harn entwickelt immer Ammoni
selbst bei Anwendung eines analytischen Verfahrens, welches
Harnstoffzersetzung vermeidet (Boussingault, Neubauer)'
Je nach Umständen scheint es als AmO, CO2 oder als Am Gl ^
zukommen. Da auch Ammoniak ausgeathmet wird, so kann k
Zweifel sein, dass ein Theil des Harnammoniaks schon aus d
Blute der Niere abgeschieden wird; unzweifelhaft bildet sich ai^
auch unter Umständen im Harn Ammoniak.
Neubauer und Genth fanden die Ammoniakmengen ^
Tag zu Tag veränderlich; die Grenzen lagen zwischen 0,3
1,2 Gr. Arn. = 1,4 bis 3,8 Salmiak. Nach Genth scheint es
•) Arohiv des Vereins für wissenscli. Arbeiten. I. Bd. p. 9G.
••) Annales do chimie et pliysique. XXIX. 472. (1851). — Ptiarmazeut. Ccntrnlbi. 18.55. 257 u. 28|
Genth, Ueber den Einüuss des Wassertrinkens. 1856. — ^Dessaigln es , Compt. rcnd. 43. Bd
Harze; Extrakte; Chlor.
397
viel Wasser in der Nahrung die Ammoniakmengen mehi-e. Sal-
ak geht aus den Speisen leicht und vollständig in den Harn
er. — Im Harn ist auch dreifach Methyl-Ammoniak (Trimethyl-
•iiin) gefunden worden (Dessaignes).
Harze*) (Omychmyl); sie erinnern nach Scharling durch ihre
zentische Zusammensetzung an die Körper der Salicylgruppe ;
im und wie ihre Menge im Harn steigt und fällt, ist noch un-
iaunt.
Extrakte. Farbstoff, Harnharze, die Spuren der flüchtigen
uien des Harns**) (Staedeler) und wahrscheinlich noch einige
kre Körper, die man nicht von einander scheiden kann, be-
ut man gewöhnlich zusammen und nennt dann dieses Gemenge
trakte. Nach Lehmann sollen die täglich entleerten Mengen
limen bei vegetabilischer Kost; Scher er fand relativ zum
i [) ergewicht im Harn zweier Kinder (3 und 7 Jahi-e) weniger
trakte, als bei Erwachsenen.
Das Chlor des Harns ist an mehrere Basen gebunden; man
rnn es je nach seiner und der Menge der letzteren zutheilen dem
ittrium, Kalium, Calcium, Ammonium. Die alte Annahme, das
BS Na geniige, um alles Cl zu binden, hat Genth für den Haro
cßh gewöhnlicher Kost nicht bestätigt gefimden.
Wie viel Chlor täglich aus der Niere fliesst, wird bestimmt
rrch den Sättigungsgrad der thierischen Säfte mit Chlorsalzen
dd durch das Maass der Nierenthätigkeit, oder, was dasselbe sagt,
rrch die Grösse der Zufuhr mit Abzug dessen, was durch Koth
od Schweiss austiitt.
Das Chlor ist nicht in dem Sinne Auswürfling wie Harnstoif, Hippur-, Sehwefel-
tire u. 8. w. Was über seine Ausscheidung und seine Stellung im Thierleib bekannt ist,
rrt ungezwungen zu der Annahme, . dass der gesammte Chlorbesitz desselben seiner
lleutung nach zerfalle in einen das Leben erhaltenden, sesshaften, und in einen dem
">en nicht nothwendigen , fliegenden Antheil. Haut und Niere sind also in erster
iie angewiesen auf das fliegende Chlor mit der besondem Aufgabe , dahin zu
Iken, dass sich das Chlor nicht bis zu einem die Gesundheit stö*enden Maasse an-
Jife. Die Grenze, welche hiermit dem ausscheidbaren Chlor gezogen wird, ist jedoch
»ne feste, indem es scheint, als ob der sesshafte Antheil desselben keine im Ver-
»tniss zum Körpergewicht unveränderliche Grösse sei, sondern dass er je nach der
••) Lleblg's Annalen. 42. Bd. 296,
"*) I. Bd. p. 32.
Bischoff, Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. Oiessea 1863. — Derselbe, Lic-
r'» Annalen. 88. Bd. 109. — Biddcr und Schmidt, Vordnuungssäfte. 1862. 312. — llcgar,
lerer's Jahresbericht Uber physiolog. Chemie Hlr 1862. p. 121. — Wundt, Ibid. fUr 1853.
135.— Htnkelbeln, Uebergang des NaCl In den Harn. Marburg 1869.— Ausserdem Genth;
■npp, Mosler, Veit J. clt.
398
Voründorlichkeit der OMorausschoidung mit der Zufuhr.
Chlorzufuhr innerhalb gewisser Grenzen steige und sinke. Man würde die hie:
Frage kommenden JErachoinungcn auch so erklären können: wenn der Chlorgehalt
Säfte unter eine gewisse Grenze sinkt, so setzt sich seiner Ausscheidung durch
Niere ein Widerstand entgegen, der mit der Verminderung des Chlorgehaltes im
wächst. Als Maass für die Grosso dieses Widerstandes kann aber nicht der n£
Quotient aus dem Chlor und dem Körpergewicht gelten, weil auch eine Chlonnäs
stattfinden kann. Nach allem Diesen wäre es zunächst wünschcnswcrth , die St
der Chlorausschoidung mit dem Chlorgehalt des Blutes zu vergleichen.
1) Veränderlichkeit mit der Zufuhr. Wird der Katze alle Nahri
entzogen , so verschwindet nach einigen Tagen das Cl voUkomn
aus dem Harn (C. S chmidt). — Nach Genuss einer zumLebensun
halt sonst genügenden, aber von Chlor vollkommen befreiten (?) N
i'ung blieb beim Menschen bis zu dem am 5. Tage erfolgten Sehl
der Versuche der Harn chlorhaltig; seine tägliche Menge mind(
sich jedoch von Tag zu Tag, erst rasch, dann langsamer. V
Abend des 3. Tages an enthielt der Harn Eiweiss (Wundt).
Bei einer bestehenden Chlorzufuhr ändert sich der Chlorgehalt <
Hains im Allgemeinen wie der der Nahrung, doch ist die tägU^
Menge ausgeschiedenen Cl's, nicht gleich der verspeisten. Diese TI
Sachen sind von Bischoff und Barrai, am genauesten aber
Kaupp verfolgt worden. Aus einer 68 Tage umfassenden Beobaj
tungsreihe des Letzteren sind die folgenden Zahlen ausgeschrieb
Zu dieser Tabelle ist zu bemerken: Alles Cl ist als NaCl bere
net, wie es auch im Harn enthalten sein mochte ; die auf' 24 St
den bezüglichen Zahlen sind das Mittel aus einer je zwölf Tj
dauernden Versuchsreihe; die Zahlen der letzten Columuc stel
den Unterschied dar, der nach Verlauf von zwölf Tagen zwiscl
der Einnahme von Kochsalz und der Ausgabe desselben durch (
Harn stattfand; der Unterschied wurde als positiv bezeichnet, w(
die Einfuhr, als negativ, wenn die Ausgabe überwog. — Die J
nähme konnte ohne Störung der Kothbildung nicht über 33 '
täglich gesteigert werden. Die Versuche wurden in der Eeih
folge angestellt, in der sie hier niedergeschrieben wurden.
1^
Mittlere
Temperatur.
THgl.
Na Cl-Aufnahme,
+ 8,25 0
9,8
16,5
16,1
12,5
16,5
14,2
33.6 Gr.
28.7 „
19,0 „
14,2 „
9,3 „
1,5 „
23,9 ,,
Tägl.
Tiigliclies
Verliältniss zwi-
Unterschic
schen Ein- ii.Aus-
der Na Cl-Aui
Na Cl-Au3sohei-
Harnvolumen
fulir desNaCl.
Einfuhr >
dung.
in C. C.
Zufuiir=l.
in
12 Tage|
27,3
2309
0,76
-75,6g|
24,06
2278
0,79
-56,4 ,,
17,05
2455
0,89
-24,0 ,1
13,57
10,08
2056
0,96
- 7,2 ,
2534
1,06
- 9,6 ,
3,77
2162
2,46
— 27,6 ,
+ 75,6
17,63
2384
0,72
Veränderlichkeit der Chloransscheidung mit der Zufuhr. 399
Diese Zahlen ergeben; dass im Allgemeinen mit der Aufnahme
rch die Ausscheidung des Chlors ansteigt, jedoch nicht so, dass
umer gerade so viel entleert wird, als verzehrt war. Geht man
m den grössten Chlormengen abwärts, so ergiebt sich, dass an-
iQglich die Auinahme die Ausscheidung überwiegt, dass dann 'ein
ankt kommt, in welchem sich beide das Gleichgewicht halten und
sss bei noch weiter vermindertem Chlorgehalt der Nahrung der
SS Harns tiberwiegt. Betrachtet man dann das Verhältniss, in
iblchem das Cl der Nahrung und des Harns zu einander stehen
lol. 6), so zeigt sich, dass relativ zur Nahrung um so weniger
durch die Niere 'geht, je reichlicher es in den Speisen vertreten
nr. Inwieweit das beträchtliche Missverhältniss, welches die erste
srsuchsreihe zwischen dem Cl der Nahrung und des Harns auf-
!3ist, abhängig ist von einer Anhäufung des Chlors in den Säften
4er von einer vermehi*ten Ausgabe durch Schweiss und Koth, diess
aiss wegen mangelnder Beobachtung unentschieden bleiben. Jeden-
Os wird ein Theil des nichterscheinenden Chlors dazu verwendet,
IQ den Gehalt der Säfte an Chlor zu steigern. Denn es ist die
eenge des Harnchlors, welche an einem beliebigen Tage beobach-
tt wird, nicht aliein abhängig von der Chlormenge der Nahrung,
i diesem Tag, sondern auch von der in den vorhergehenden ge-
»ssenen. Dieses zeigt sich am klarsten, wenn man von einer
wchsalzarmen Kost zu einer kochsalzreichen übergeht. Dann wird
den ersten Tagen nach dem Wechsel weniger entleert als später,
eenn die neue Kost einige Tage hindurch gleichbleibend inne-
lähalten wurde. Das Umgekehrte gilt bei einer umgekehrten An-
»dnung des Versuchs. Da diese merkwürdige Erscheinung aus
un Mittelzahlen der obigen Tabelle nich^ zur Genüge einleuchtet,
I) dient das folgende Beispiel aus den Zahlen von Kaupp zur
eeitem Erläuterung.
Nachdem 12 Tage lang je 28 Gr. NaCl genossen wurden, wurden
larauf 12 Tage lang nur je 19 Gr. verzehrt. In den ersten Tagen
!3r letzten Reihe wurden 21,38 Gr., in den letzten derselben Reihe
*i,79 Gr. NaCl entleert. Und als 12 Tage hindurch 1,5 Gr. NaCl
!3nossen waren und dann während der 12 folgenden Tage auf
!5,9 gestiegen wurde, entleerte der Harn am ersten Tage der letzten
feihe 13,2 Gr., am letzten Tage derselben Reihe 18,6 Gr. NaCl.
Für eine festere Bindung eines Theils des thierischon Chlors, wie sie oben
-iangprucht wurde, tritt ein das ungemein rasche Absinken dos Chlors im Harn nach
■Jier an diesem Element magern Nahrung. Da die meisten thierischon Säfte mehr
400
Vcrändorlichkoit der Chloraussclieidung aus andern Gründen.
als 0,5 pCt. CMorsalzo enthalten, so kann in ihnen glicht in dem J^aause wie im
das Chlor abgenommen haben ; also mindert sich die Ausscheidung nicht dirukl i
portional dem Cl-Gehalt des Thieres. — IHir irgendwelche Verwandtschaft
Chlors zum Blut spricht auch die Beobachtung, dass der Harn, der mehrere Stunc
in dem zugebundenen Ureter eingefangen blieb, einen viel geringeren prozentischen Gel
an Chlor besass, als dem Blut gewöhnlich eigen ist; dieses ist aus den bekann
Kegeln über Diffusion unerklärlich (Hermann).
2) Bei gleichbleibender Kochsalzkost gelten dieselben Rege
welche flir die Harnstoffausscheidung entwickelt sind. Es mel ^
sich das NaCl mit dem ausgeschiedenen Harnvolum, mit der a
nehmenden Wärme der Atmosphäre, mit der Häufigkeit der Hai
entleerungen aus der Blase, und es macht sich auch hier die
dividualität der Niere geltend. Körperbewegungen machen,
nachdem sie Schweiss oder keinen bedingen, die Ausscheidui
geringer oder stärker. Die Tabelle giebt hierliber einige Mitt'
zahlen.
1 i
Nahrung.
Harnmonge
in CO.
Ol in Gr.
Bemerlrangen.
Beobachte
Dieselbe ohne Wasser .
( 1252
7,78
Gemischte „ o •
( 1259
7,68
mit Bewegung.
Nahrung mit 2000 CG.
( 3251
9,01
Wasser ausser) der Mahl-
'Genth.
Wasser . . .
1 3175
9,48
„ während) zeit.
„ mit 4000 C. C.
j 5514
9,48
Wasser . . .
\ 5070
8,33
mit Bewegrung.
Der Veränderung des Harnchlors mit den Tageszeiten ist no(
wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. Hegar giebt an, dai
er bei gewöhnlicher Kost in je einer Stunde abschied: Nacl e
mittags von 1 bis 10 Uhr = 0,807 Gr., Nachts von 10 bis 7 Ul
= 0,280 Gr. und Morgens von 7 bis 1 Uhr = 0,783 Gr. — Yoi
hat den Kochsalzgehalt seines Harns von Stunde zu Stunde an dem Tag
bestimmt, an welchem er dasselbe für den Harnstoff unternahm (p. 386
Construirt man aus einer Zahl die Curve der Kochsalzschwankunj
so sieht man sie ungefähr der des Haruvolums gleichlaufen, uanien
lieh zeigt sich, dass wenige Stunden nach dem Essen schon eil
grosser Theil des damals aufgenommenen Kochsalzes wieder aiv
tritt. Aehnliches fand Hinkelbein; die Steigerung der stiinu j
liehen Entleerung nimmt nach dem letztern Beobachter auch mii
dem Salz der Nahrung zu, doch nicht in dem Maasse wie dai|
letztere.
Schwefelsäure; ihre Beziehung zum Harnstoff.
401
Die Schwefelsäure*) des Harns ist an Alkalien gebunden,
ae Scliwefelsäure, welche dem Blut zugebracht wird, geht ohne
iiifeuthalt von dort wieder weiter , denn man findet daselbst immer
rr sehr wenig aufgehäuft; dabei steht jedoch nicht Zeit um Zeit
rr Zu- und Abgang im Gleichgewicht, sondern es übemiegt er-
^rungsgemäss in engen Grenzen bald der Zu- und bald der Ab-
58S. — Das Blut wird in Folge zweier Vorgänge mit SO3 ge-
isist, nämlich durch Umsetzung der Leimbildner und der Eiweiss-
ten, oder durch Aufnahme von kahschen Verbindungen des Schwefels
?3r der Schwefelsäure aus dem Inhalt des Darmes. Was den
tten Hergang betrifft, so wird nicht aller, sondern nur der grösste
teil des eingewachsenen Schwefels in SO3 umgesetzt; ein andrer
llt mit den Haaren und Hautschuppen ab, ein noch andrer geht
'Taurin durch den Darmkanal fort. Trotzdem kann man den Satz
tten lassen, dass die SO3 dem Blut in dem Maasse zuwächst, in
Uchem Eiweiss aus Leimbildnern zersetzt werden. Mit der Nah-
ig nehmen wir zwar S- und SOs-Verbindungen nicht absichtlich,
ihl aber in zufälliger Beimischung auf; da auch ausserdem die
iannten Stoffe zu den Arzneimitteln zählen, so könnte der Zu-
lag der Schwefelsäm-e zum Blut nicht allein sehr veränderlich,,
(dem er würde auch unter Umständen sehr, gross sein, wenn sie
I ihre Verbindungen ohne merkliche Hindernisse die Darmwand
fchdringen könnten. Diese letztern bedingen es, dass der grösste
;}il der genossenen SO3 aus dem After wieder austritt. — Die
uwefelsäure , die durch das Blut hindurch auswandert , thut dieses
II gi-össten Theil durch die Niere , zum kleinsten durch die Haut.
Der Inhalt der vorstehenden Einleitung verlangt , dass die täg-
ce Menge der SO3 1) mit der Harnstoffausscheidung wachse und
ee und dass das entleerte SO3- und Hamstoffgewicht ein be-
lamtes Verhältniss zu einander einhalten, vorausgesetzt, dass
11 die Nahning unverändert erhält. Die Gleichläufigkeit von SO3
[ Harnstoff ist aber nur dann zu erkennen , wenn man den Harn
mehreren, statt aus nur einem Tage zur Bildung von Mitteln
tutzt. Denn Eiweiss- und Leimbildner zerfallen nicht gleich so,
>8 ihr S und N in SO3 und Harnstoff eingehen, sondern sie bethei-
I) Simon, Mediz. Chemie. H. Bd. p. 474. — Dumas, Clilmle pliysiologlque. Paris 1840.
19.— Ornner in Sc Ii er er' s Jaliresb. fUr pliysiolog. Chemie, f. 1862. p. 122.— Buch-
n, ibid. 1854. 109. — Bence Jones, Philosophlcal transiicticms. 1849. n. Tlil. p. 262 und
. 1850. p. «61. — Bldder und Schmidt, Veidaiiiingssiifto. p. 290 und 313. — Ciarc,
entin's Jahresbericht fUr 1865. 103.— Ausserdem die öfter genannten Abhandlungen von
Ith und M Osler.
iliudwig, Physiologie Ii. 2. Auflage.
402
Schwefelsäure ; ihre Beziehung sium 8-Qehalt der Nahrung.
ligen sich erst noch an der Bildung von andern Atomgruppen ,
unabhängig von einander das letzte Ziel erreichen. Also k;
trotz gleichen Ausgangspunktes wechselnd bald die SO3 und b
der Harnstoff den Vorsprung im Laufe zu den Nieren haben.
Je nach der Nahrung, dem Tauringehalt des Kothes u. s. w. wird sich die
hältuisszahl zwischen dem HamstofF und der Schwefelsäure ändern; bei Genth
sie in 5 miteinander vergleichbaren Keihcn zwischen 14,5 bis 16,5; bei Mos 1er in
längeren Reihen der Versuchspersonen 10. 11. 12. zwischen 13,3 und 14,1. Die
weichungen sind in Anbetracht der grossen Schwierigkeit und der geringen Aus
nung der Untersuchung wenig beträchtlich. Vergleicht man das Verhältniss srwischen
N und dem S in den genannten Stoffen des Harns mit dem in dem Eiweiss und
Leimbildnern, so sieht man, dass es etwa dem des Caseins gleichkommt; es liegt
in der Mitte zwischen der Verhältnisszahl der genannteil Stoffe in Albumin und 1
wie zu erwarten war.
Da die Ausscheidungsmittel von SOs und Harnstoff um so
nauer einander parallel laufen, je mehr sich die Beobachtungszai
den wahren Mitteln annähern, so kann rücksichtlich der Aenderun^
die die tägliche Schwefelsäuremenge des Harns erfährt, durch
auf den Harnstoff hingewiesen werden. Ausgenommen sind na
lieh die Fälle, in welchen der Harnstoff nach dem Verspeisen
S-freien Atomen auftritt. — Die Uebereinstimmung ist dm-ch
'Beobachtungen von^ B. Jones, Gruner, Lecanu, Gen
Mosler, Cläre u. A. bewiesen. — 2) Die Zunahme der SO;
dem Harn nach der Zumischung einer löslichen Salzverbind^jj]
zu den Speisen ist grösser, wenn MgO und NaOSOs, als w
verdünnte S03,KaS, oder reiner Schwefel genommen wird (B.
nes). Ihre Menge mehrt sich, wenn die Aufenthaltsdauer
Salze im Darmkanal verlängert wird; durch das wülkürUche
halten des Stuhls oder durch Opium, welches die laxii-ende Wirki
des NaOSOs aufhebt (Buch he im).
Die folgenden Mittelzahlen sind aus der Abhandlung von Gei
genommen, die feste Nahrung war immer dieselbe gemischte K<
111.1
äc
ll
W
%
Wasserzusatz
Tägl.
zur
Körperbeweg.
Harnvolumen
Schwefelsaure
Nahrung in C. C.
in C.C.
in Gr.
geringer
1252
2,5
stärker
1259
3,1
4000
geringer
5514
3,3
Itl
i
zeigt, dass erst einige Stunden nach dem Genuss von schwej
sauren Salzen sowohl, wie dem des Eiweisses der SOa-Gehalt i
Harns sich mehrt (Bence Jones); dasselbe geschieht in Foj
Phosphorsäuro ; Einleitung.
403
i Körperbewegungen. Nach G runer ist Nachmittags (das Haupt-
een zwischen 2 und 1 Uhr vorausgesetzt) die Abscheidung in der
iteiuheit am stärkten, schwächer in der Nacht, am schwächsten
rmittags.
Phosphorsäure*). Mit Kali, Natron, Kalk und Magnesia
dt sie im Harn basische, neutrale und saure Salze dar.
Der Thierleib beherbergt einen grossen und ständigen Vorrath
POö und dazu wird täglich mit der Nahrung neue eingeführt;
(vird es möglich , dass das Maass der Ausscheidung und der Zu-
sich während einer längeren Zeit nicht zu entsprechen brauchen,
rohl diess fiir gewöhnlich der Fall ist. — Die mit Kalk und Bitter-
verbundene Phosphorsäure kann nur geschöpft werden aus den
mbildnera und Eiweissstoffen entweder unserer Nahrung oder
esres Leibes, denn diese Erdsalze können erfahrungsgemäss aus
II Darmkanal nur dann in das Blut kommen, wenn sie mit den
Bannten organischen Körpern in Verbindung sind. Demnach hat
'line gewisse Wahrscheinlichkeit füi- sich, dass die täglich aus-
ibhiedenen phosphorsauren Erden den Leim- und Eiweissstoffen
eshört haben, welche zur Zeit zerstört worden sind; somit würde
Entleerung durch die Niere ungefähr nach den bei der SO3
Harns aufgestellten Grundsätzen zu beurtheilen sein. Anders
liält es sich mit den phosphorsauren Alkalien; sie sind gelöst
ßlute, namentlich in dessen Körperchen, im Muskelsaft u. s. w.,
.•sie überall für das Leben thätig sind, und ausserdem gehen
lleicht aus dem Dann in das Blut über. Auf sie würde also
beim Na Cl Gesagte anwendbar sein; es besteht nur der Unter-
eed, dass die aus der Nahrung in Verbindung mit Alkalien
(iefühi'te Phosphorsäure sich vollständig durch den Harn entleert,
sti ist die Steigerung, welche das phosphorsaure Natron des
iQS in Folge eines vermehi'ten Genusses erfahren kann, enger
ibei NaCl begrenzt, indem es stärker abführend wirkt; die
mwand scheint nicht befähigt, den Tag über mehr als 4 bis 8 Gr.
krystallwasserfreien) 2NaOHOP05 zum Blute durchzulassen.
Im Einzelnen lässt sich über die tägliche Mengen sagen: l)wenn
veder gar keine feste Nahrung oder eine Nahrung von gleicher
idtativer Zusammensetzung in ungleichen Mengen denselben oder
i verschiedenen Individuen gegeben wird, so ändert sich zwar
iri^i7räe8»enl.nnalcn. 60. Bfl. p. 180. - Bencc Jones, Phllosophical transnctlons.
.p. 335. - Winter, In Scherer'B Jahresberiobt fUr 1662. p. 322, - Moaler, ibid. für
p. 134. — lirecd, L ie big '8 Anualeii. 78 Bd. p. 150. - DunlUcnbcrg, Ibid. 98. Bd.
— K 1 c 1 7. 1 n 8 ]<. y , in S c Ii er e r' s Jnlu-esberlcht Uber pbyslol. Clicftile. 1862. 125.
'26*
404
Tägliche Menge der Phosphorsäuro im Harn.
die absolute Menge der PO5, aber ihr Verhältniss zum Harns
bleibt annähernd dasselbe. Diese Regel findet jedoch nur d
ihre Bestätigung, wenn man die Mittelzahlen aus verschiede
Beobachtungsreihen, von denen jede mehrere Tage umfasst,
einander vergleichen kann. Demnach finden alle für Haras
ausscheidung entwickelten Regeln auch hier ihi-e volle Anwendi
den Fall nattirlich ausgeschlossen, in welchem der Harnstoff
phosphorsäurefreiem Rohstoff gebildet wird.
Bei verschiedener Nahrung muss die Verhältnisszahl zwischen POs und '.
Stoff noch viel mehr sich ändern, als unter den gleichen Umständen bei SO3, w
der grossen Abweichungen der Eiweiss- und Leimstoffe an phosphorsauren
mengungen. Beseitigt man in der Beobachtungsreihe von C. Schmidt*) die bi
ersten Tage, weil sie noch die Nachwirkung der Pütterung enthalten, und theil'
übrige Zeit bis zum Hungertode in 3 Theile und zieht aus jedem das Mittel, so
hält sich in den zwei ersten 5 Tagen der Harnstoff zur PO5 = 17:1, und in
letzten 5 Tagen = 19:1. In 5 mit einander vergleichbaren Eeihen von ß e
schwanken die Verhältnisse zwischen 1:10,8 bis 13,5; bei den Mosler'schen
sonen 10. 11. 12. zur Zeit des reichlichen Wassertrinkens zwischen 1:7,2 bis 7,7.
2) Das mit der Nahrung in das Blut aufgenommene phosp
saure Natron wird in dem Maasse durch den Harn ausgeschiei
in dem es aufgenommen wurde; nur dann tritt in der vom N
und von derSOs her schon bekannten Weise ein Defizit oder ein üe
schuss ein, wenn von einer bisher an PO5 armen Nalu-ung zu e
daran reichen oder umgekehrt übergegangen wird, indem sich
Folgen einer Kost auch noch einige Tage hindurch geltend mac
wenn man sie auch schon verlassen hat, weil unter ihrem Einl^,
der VoiTath des thierischen Körpers an Phosphorsäure sich änd(
Tägl. PO5 des
Harns in Gr.
3,7
3,6
3,8
4,0
5,1
4,5
Feste Nahrung.
dieselbe
gemischte
Kost
reichlich
mässig
Wasser.
2000 C.C.
4000 „
Körperbewg.
weniger
mehr
weniger
weniger
mehr
weniger
Tägl. Harn-
menge in C.C.
1252
1259
3175
5514
3000
1700
Körpergew.
in Kilo.
74,5
67
Beobac
Genth
Mösle:
In den nun folgenden Beobachtungen wurde der Nahrung 2NaOP05 zugesetzt j,
3,0
4,1
5,3
6,1
dieselbe
"iGr.POsin
„>dem tägl.
3i2NaO,P05
> dieselbe
2774
2988
3010
3058
58
Sick.
Nach Kaupp und Sick soll Nacht und Tag die PO5
Scheidung gleichmässig vor sich gehen; nach Mos 1er, Vo;
Winter wächst nach der Hauptmahlzeit das stündhche Mittel
») Biddtr und Schmidt, Verdainnigsgiifte. p. 310.
Verhältniss der phosphorsauren Erden zu den gleichnam. Alkalien ; Oxalsäure. 405
icht wenige Stunden nach demselben seinen Gipfel und fällt
in wieder durch Nacht und Morgen bis zum Mittagsessen. Die
1 Vogel aufgeführten Zahlen widersprechen eben so oft seiner
•ol, als sie dieselbe bestätigen.
Vach Dunklenberg giebt die Methode von Liebig, nach welcher die mit-
fon Bestimmungen geschehen sind, zu hohe Werthe.
, lieber das Verhältniss der phosphorsauren Erden zu den gleich-
migen Alkalien sagen die vorliegenden Untersuchungen aus , dass
ri die letztern gradezu mehren, wie der Gehalt der Speisen an
fön zunimmt (Sick), und zwar soll sich das phosphorsaure Kali
Harns mehren nach dem Genuss von phosphorsaurem Natron
(öcker). — Die phosphorsauren Erden des Harns nehmen zu,
nn sich das Leben auf Kosten der Eiweissstoffe erhält, also
Ih Fleischkost (Bence Jones, Lehmann) und nach Muskel-
ttrengungen ( M o s 1 e r ). Unter sonst gleicher Nahrung und Muskel-
Regung nehmen die erdigen Phosphorverbindungen im Harn
ein Geringes ab, wenn die alkalischen daselbst zunehmen
ick). — Das Verhältniss zwischen der Magnesia und dem Kalk
fsehr wechselnd.
Als Beispiele für das Vorstehende können dienen: Lehmann entleerte bei
iihnlicher Kost täglich 1,1 Gr., bei Fleischkost 3,6 Gr. phosphorsaure Erde. Als
Harn Ton Sick 2,1 Gr. HO, 2NaO, PO5 enthielt, kamen 0,69 phosphorsaure
len darin vor; als das erstere 6,1 Gr. betrug, sanken die Erden auf 0,41. — N eil-
te r fand , dass im Mttel auf l Aeq. 3 CaO PO5 etwa 3 Aeq. 2 MgO PO5 entleert
Men. Im einzelnen Fall weicht jedoch das Verhältniss sehr bedeutend von dem
hhnten ab. '
Kieselsäure in geringer Menge (Berzelius, Dunklenberg).
Oxalsäure*). Mit Kalk in Lösung zwar häufig, aber in ge-
;';er Menge; das Salz ist im sauren phosphorsauren Natron des
^•ns gelöst; dann mit Kalk in fester Form und zuweilen auch mit
aalien verbunden.
Man leitet die Säure ab aus der Verwesung der Eiweisskörper
. insbesondere aus der eines ihrer Abkömmlinge, der Harnsäure. —
"dein beständigen und häufigen Vorkommen dieser letztern Säure in
Geweben mUsste demnach die Oxalsäure sehr reichlich im Hai-n
imden werden, wenn sich nicht noch besondere Bedingungen
;Kufinden hätten, vermöge welcher die bei der Oxydation der
msäure entstehende Oxalsäure in CO2 umgewandelt wurde. —
IQ behauptet, dass die Erscheinung der Oxalsäure im Harn begünstigt
") C. Schmidt, 1^.0. 388. — Lehmann, Phys. Chem. I. Bd. 47. — Noubnuor, Analyse
lirtam«. 3. Auflage. 104. — Plotrowsky, Meissncr's Jahresber. für 1866. 269.
406
Kohlensäure; feuerbeständige Basen des Harns.
3(1
werde durch den Genuss kohlensäurehaltiger Getränke (Dnn i
Wilson, Lehmann). — Man führt 2. die Oxalsäure des II:,
zurück auf die oxalsauren Salze der Nahrung (Piotrowsky)
Wöhle r, Frerichs, Neubauer, Galloie haben bei ihren schon crwäl
Fütterungen mit Harnsäure nur zuweilen eine Vermehrung der Oxalsäurebildung
gewöhnlich aber keine solche gefunden ; also muss auch die auf diesem Wege
gedrungene Säure in Harnstoff und CO2 zerfallen.
Kohlensäure*). Der Harn enthält verdunstbare und ge
dene CO2; über beide siehe bei den Gasarten des Harns.
Die feuerbeständigen Basen**) des Harns (Kali, Nat
Kalk, Magnesia). Ohne genauere Untersuchungen, als sie bi
erfahren, lässt sich über ihre Aenderung im Harn wenig allget
Gültiges sagen. — 1) Die SO3, CIH, Oxalsäure kommen im Harn im
mit Basen und zwar zu neutralen Salzen verbunden vor;
mehren sich, vorausgesetzt, dass der Ammoniakgehalt des H
ungeändert bleibt, mit jenen Säuren auch die Basen. — Für
PO5 gilt aber auch dieses nicht einmal, da sie in neutralen
sauren Verbindungen auftritt. — . 2) Die Säuren können mit a
fixen Basen verbunden sein, also sagen die bekannten Verhältn
der erstem zueinander nichts aus über diejenigen der Basen.
Hiervon macht vielleicht die SO3 eine Ausnahme, die man bi
noch nicht mit CaO vereinigt fand, aber wohl nur darum, wei
Verhältniss zur Menge der Basen immer nur wenig SO3 in den E
übergeht. — 3) Im Allgemeinen wird zwar jede der Basen in
^laasse aiisgeschieden , in welchem sie in das Blut geführt v
und soweit wir wissen, gilt dieses ausnahmslos für die Erden
Auch soll durch eine Vermehrung des löslichen Kalks in der 1
rung sich die Magnesia des Harns und durch eine Steigening
Magnesia die des CaO nicht mehren (Wagner). Andres
in dieser Beziehung von den fixen Alkalien, denn es soll di
einen vermehrten Genuss von Natronsalzen das Kali (Böck
und nach einem gleichen von Ammoniaksalzen das Natron und
vermehrt ausgeschieden werden , daraus könnte man folgern wo
dass eine lebhaftere Bildung von Ammoniak im Thierleibe s
aus diesen alle oder wenigstens den grössten Antheil seiner fl|
Kalien austreiben könnte. Hiergegen spricht freilich der sta
Gehalt vieler Gewebe nicht allein an fixen Alkalien, sond
sogar an Kali oder Natron. Also muss jener Tausch nur in
Di'
tni
•) Marchand, Journal für prakt. Chemie. 44. Bd. 250,
•») Wilde, Va! entin's Jahreaber. für 185C. p. 97. — W « gn c r , ibid. p. 08. — DaiM
bei den Säuren angezogenen Schriften.
Verhältniss zwischen Säuren und Basen des Harns.
407
läränkten Grenzen möglicli sein. — 4) Man sollte erwarten, dass
Boh dem gesteigerten Eindringen von solchen Säuren in den Thier-
ib, deren Salze dort keine bleibende Stätte finden, die Alkalien,
fclche aus dem stetigen Vorratli des thierischen Körpers zur Bin-
mg derselben benutzt wurden, auch vermehrt ausgeschieden würden,
jigegen erheben sich aber Versuchsreihen von Buchheim» (bei
iilde), der nach Genuss von SO3, PO5, Oxal- und Weinstein-
aare, so wie nach dem von MgO SO3, welche ebenfalls die SO3 des
nrns mehrte, keine Steigerung der Harnalkalien gewahr wurde.
Das Verhältniss der Säure zu den Basen*). Die An-
tben über -das Uebergewicht der Säure oder Alkalien im Harn
fcen natürlich keine Auskunft über das tägliche oder stündliche
ihren des einen oder des andern Atoms; denn es konnte ebenso
tt im sauren wie im alkalischen Harn die tägliche Säuremenge
Tmehrt oder vermindert sein. Die Resultate der Untersuchung
eer die Reaktionen des Harns sind nichtsdestoweniger und beson-
rrs für den Arzt von Belang.
Die saure Reaktion des Harns rührt vorzugsweise von sauren
Uzen, insbesondere von saurem phosphorsauren Natron her, sie
mn aber auch von ungebundenen Säuren abhängen. Da die
iiwachen Säuren des Harns, namentlich die Hippur-, Harn-,
Wüensäure, aus dem neutralen phosphorsauren Natron ein Atom
tsis abspalten und saures phosphorsaures Natron zurücklassen,
kommt es auf das Verhältniss jener Säm-en zum phosphorsauren
ttron an, ob die saure Reaktion von dem letztern Salz oder von
DQ genannten oder auch vielleicht von andern Säuren, z.B. derMilch-
mre abhänge. — Der saure Har;i wird beobachtet nach dem Ge-
m von freien Säuren, namentlich der SO3, PO5, NO5, CIH, Ci-
men-, Weinstein-, Bernstein-, Benzoesäure, dann nach der Ein-
iirung von Ammoniaksalzen, selbst nach AmO CO2, aber nur dann,
«nn der Ammoniak sich im thierischen Körper in NO5 umwandelt
. Jones); ferner nach dem Genuss von Brod, Obst, Gemüse,
(cker, insofern sie die Bildung von Milch- und Hippursäure ver-
llassen, femer nach einer Fleischkost. Aus diesen letzten Mit-
üilungen geht hervor, dass der Harn des gutgenährten Menschen
»ist sauer ist. — Die saure Reaktion kann ferner bedingt sein
rrch die sogen, saure Gährung des Harns, welche schon in der
•) Phllosophlcal trannactions. 1849. p. 2^7, nnd 1860. 669.— .7. Vogel, in Neubauor's
ilytc des Harns. 3. Aufl. 289. — Eylnndt, Cläre und C. Wagner, In Valentln'a
resberioht Uber Physiolog. fUr 1855.
408 Rcaction des Harns.
bei
Blase ihren Anfang nimmt, und endlich soll sie ein Zeichen fl
die Güte der Muskelkraft und der Grösse der Muskelanstrengun
des Menschen sein (J. Vogel). — Die tägliche Schwankung di
freien Säure im Harn soll nach gemischter Kost so geschehen, dai
sie kurz vor Tische ein Minimum erreicht, nach Tische anstei(
und in der Nacht den höchsten Werth erreicht (J. Vogel). Da
entgegen fand B. Jones bei einer immer regelmässigen Diät at
Fleisch und Kaffee oder aus Fleisch, Eiern, Kartoffeln und Kaffe(
dass die freie Säure ihr Maximum vor dem Essen erreicht, währen
zur Zeit der lebhaftesten Magen -Verdauung der Harn alkalisch wa
Die alkalische Reaktion des Harns kann abhängen von a
kaiisch reagirenden Natron- oder Ammoniaksalzen. — Sie tritt ei
nach dem Genuss von kaustischen und kohlensauren Alkalien. Ui
sie zu erzeugen, werden für verschiedene Menschen ungleich
Mengen jener Stoffe erfordert; zuweilen sind ihre Wirkungen sei
anhaltend, so dass sich die alkalische Reaktion einen Tag uni e
mehr nach dem Wiederaufhören des Natrongebrauehs noch fori li
erhält. Auch tritt die Wirkung schnell ein, so dass z. B. eini s
Stunde nach der Einnahme von NaO CO2 der Harn alkalisch ist 1 :
Sie tritt ferner ein nach dem Genuss von essig-, äpfel-, Weinstein - cii
citronensaurem und andern pflanzensauren Natronsalzen; ferner nacl (
dem Gebrauch solcher Stoffe, die in thierische Körper in pflanzen ir
saure und dann in kohlensaure Alkalien übergeführt werdej >-
können ; aus diesem Grunde entleeren die gut gefütterten Pflanzen 1
fresser einen alkalischen Harn. Doch erzeugt die Pflanzennah runsl
diesen Erfolg nicht nothwendig, namentlich kommt das Gegenthei
zum Vorschein, wenn sie nicht die nothwendigen Alkalien mit
bringt, oder wenn sich aus ihr Säuren erzeugen, welche nicli )
in CO2 tibergeflihrt werden können. — Die alkalische Reaktior
kann ferner bedingt sein durch die alkalische Gährung des Hain^
in der Blase; sie soll endlich muskel- und nervenschwachen Indi
viduen eigen sein.
Don Gehalt an freier Säure bestimmte B. Jones und Winter nach der Meng«
von Kali, welche zur Neutralisation des Harns nothwendig war.
Wasser*). Seine tägliche Menge ist sehr veränderlich. 1) Die '
Niere regelt vorzugsweise den Abfluss des Wassers aus den Thier
leib, sie bestimmt so zu sagen den mittlem Prozentgehalt des Ge-
») J. Vogel, Archiv für gemeinschaftliche Arbeiten. I. Bd. p. 9G. — Scheffcr, Valentin'«
Jahresbericht fiir 1853. p. 1B7.— Falle, Archiv für physiologische Hcillcnndc. XI. Bd. 126 n. 754.-'
Derselbe, ibid. Xn. Bd. ISO. — Klerulf, Henle's und Pfeufor's ZeiUohrift. N. F. III. 273-
Wasser des Harns.
409
imtthieres an Wasser. Demnach wird das Maass ihrer Wasser-
i heidrmg in erster Linie bestimmt durch den Flüssigkeitsrest,
Ii er bleibt, wenn man von dem Wasser der Getränke und
iten Speisen dasjenige abzieht, was durch Haut, Lunge und
"1 weggeht. Dieser Rest — und somit das Haravolum — kann
lieh umfangreich sein trotz einer grossen Thätigkeit der andern
-<erausscheider, er kann klein sein trotz einer Ruhe der letztern;
kann sich endlich im quantitativen Gegensatz zu dem durch
e und Haut austretenden Wasser befinden. Indem nicht alle
liehen, sondern nur die zuletzt erwähnten Fälle berücksichtigt
1 den, kam man dazu einen sog. Antagonismus zwischen Lungen-
. Hautthätigkeit einerseits und der Nierenarbeit anderseits hin-
ttellen. Dieser Ausdruck entspricht nicht den Thatsachen , wenn
Ibedeuten soll, dass Haut, Lunge und Niere nicht gleichzeitig
iag sein könnten; es ist dagegen nichts gegen ihn einzuwenden,
im er nur sagen will, dass die genannten Werkzeuge ihr Wasser
derselben Quelle beziehen, so dass sich ihre Ausgaben gegen-
iig beschränken. — Obwohl sich nun das Maass von Wasser,
iches durch die Niere wandert, im Allgemeinen anpasst dem
Ifang, in dem Wasser genossen und an andern Orten aus-
[ohieden wird, so geschieht dieses doch nicht so, dass man sagen
mte, es sei wie in einem mit Zu- und Abflussrohr versehenem
ssserbehälter Eintritt oder die Anwesenheit von Wasser auch die
aache des Austritts , mit einem Wort , beide Vorgänge entsprechen
einander nicht mit Rücksicht auf die Zeit. Denn bald entleert
. in Stunden oder Tagen mehr und bald weniger als aufgenommen
• de; so dass der Wassergehalt des Gesammthieres um einen be-
iimten Mittelwerth von einer zur andern Zeit auf - und abschwankt,
rrdurch werden aber offenbar selbst wieder Kräfte rege gemacht,
zhe den Einfluss des genossenen Wassers verstärken oder ab-
wächen, so dass z. B. ein reichlicher Trunk, den ein relativ
i-serarraes Individuum thut, weniger auf den Harn wirkt, als
m er in ein wasserreicheres einging. Kurz es kommt hier auf die-
een Regeln hinaus , die wir für die Ausscheidung von Na Cl u. s. w.
m kennen lernten. — 2) Wie di& Menge der täglichen festen Harn-
«andtheile mit demWassergenuss wuchs, so bestimmt umgekehrt die
iige der festen löslichen Stoffe die täglich aus der Niere gehen , das
TichtdesHaniwassers; dieses beweist sich dadurch, dass die Menge
Jgelösten Stoffe, die täglich abgesondert werden, sich richtet nach
i Maasse, in welchem sie der Niere geboten werden, und dass
410 Wasser des EarsB.
dabei der prozentische Gehalt des Harns an festen Stoffen
obere Grenze nicht llbersteigt; so wurde namentlich beim Mensel
noch iiein Harn, der über 9 pCt, feste Stoffe in Lösung
Tjeobachtet ; dieses Verhältniss würde also verlangen , dass fUr ei
Gewichtstheil Festes mehr, mindestens täglich 9 flüssige mehr
geschieden würden. — Damit scheint jedoch die obere Grenze
festen Prozentgehaltes noch nicht gegeben zu sein, da man sc
aus dem filtrirten Hundehara bis zu 15 pCt. Rückstand gewaj
Zudem haben wir Ursache zu vermuthen, dass die Mengen
Wasser, welche zur Entleerung der Gewichtseinheit des Festen n il
wendig ist, mit der chemischen Natur des letztern sich ändert,
dass namentlich dieselbe Menge Wasser mehr Harnstoff als Zuc^lsi
Na Gl, 2NaOP05 u. s. w. entleeren könnte. — Beispiele für
Abhängigkeit des HarnAvassers von den harnfähigen festen Sto:
liegen darin vor, dass nach Entziehung aller Flüssigkeit doch n
Harn abgeschieden wird , dass nach Salzkost oder nach vermeh
Bildung des Leberzuckers eine Harnruhr eintritt. In diesen Fa
wecken die bei der Ausscheidimg des Festen thätigen Vorgä
eine lü'aft, die genügend ist, um den Geweben ihr Stammwail«
zu entziehen, mit andern Worten, der ^arn führt so viel und
solchen Orten Wasser mit sich , dass er einen lebhaften Durst her
ruft; wie auch umgekehrt das durch Trinken hervorgebrachte \
harnen Hunger erzeugte.
Viele Diuretica sollen vorzugsweise dadurch wirken , dass sie den Hamrüeks
und damit das Wasser mehren (Krämer). — Insofern die festen Bestandtheile
Harns ungelöst ausgeschieden werden (wenn z. B. in Krankheiten die Harnsäurf jj,
die Stelle des Harnstoffs tritt) , geht nur wenig Wasser aus der Niere fort.
3) Um die schon erwähnte Erscheinung zu erklären , dass o'
einen in den äusseren Umständen nachweissbaren Grund sich
Tag zu Tag die Wasserausscheidung ändert, hat man schon
lange eine Veränderlichkeit der in der Niere selbst liegenden
dingungen vorausgesetzt. Dass auch in der That jene
dingungen, sagen wir kurzweg die veränderliche Nierenthätigi
bestimmend auf die Wasserausscheidung eingreifen kann, dj)|
sprechen verschiedene Erscheinungen. Wird die Blutflüssigkeit
dünnt entweder dadurch, dass der nüchterne Magen mit Wi
angefüllt wird (Falk) oder noch besser durch mehrere in 10
15 Minuten aufeinander folgende Einspritzungen von massig
Wassermengen (Westphal), so wird nicht alsogleich, sondl
erst nachdem ein Stunde und mehr seit der ersten EinspritzU
lei
ler
Wasser des Harns. 4U
rrflossen, die Haraausseheidung gesteigert; das nun folgende
i'iwachsen gestaltet sich aber nicht etwa so, dass die Harn-
ssouderung sich steigend bis zu einem Maximum und dann wieder
tmählig sinkend bis auf den Werth vor der Einspritzung sich be-
ugte, bis. die gesammte Menge des neuhinzugekommenen Wassers
Beert ist; im Gegentheil es steigt die Absonderung regellos auf
cd ab. — Hat man sich gleichzeitig beide Ureteren blosgelegt
cd fäng-t den Harn jeder Niere gesondert auf, so sieht man bald
ibhts nnd bald links mehr Harn hervortreten; hier war aber das
mt, welches durch beide Drüsen strömt, gleich zusammengesetzt,
cd die Ungleicheit der Absonderung konnte auch nicht in einem
ttstehenden Unterschied der einen von der andern Seite begründet
in, weil dieselbe auf den beiden Nieren in der Zeit wechselte
'oll, Hermann). Versuche von Hermann lehrten auch die
eerenthätigkeit willkührlich anzuregen. Wenn man nach ihm den
eeter der einen Seite unterbindet, ihn längere Zeit, etwa 1 bis
•Stunden geschlossen lässt und ihn dann öfinet, so beginnt nun
rreh längere Zeit hindurch eine profuse Absonderung eines sehr
Asserhaltigen Harns, während die Niere der andern Seite den
im in gewöhnlicher Weise ausströmen lässt. — ■ Die innern in der
eere für die Hamabsonderung wirksamen Bedingungen sind uns
m allerdings wesentlich unbekannt; wir haben jedoch die Wahr-
weinlichkeit in hohem Grade für uns, wenn wir zu ihnen zählen
lerseits den von den Nerven abhängigen Zustand der Gefäss-
fskeln, wodurch der Querschnitt des in die Capillaren führenden
iitstroms, also auch der Druck desselben auf seine Wandungen
dd die Berühnmgsfläche desselben mit den Harnkanälchen geändert
Yd , und anderseits dürfen wir dazu rechnen den Widerstand, den
in die Harnkanälchen ergossene Harn beim Abfliessen findet. —
iäre der erste Theil unserer Voraussetzung richtig, so würde die
asserausscheidung steigen mit der Erschlaffung der Gefässmuskeln.
^8 dem zweiten Theil würde sich dann vielleicht die von Kaupp
■obachtete Thatsache erläutern, dass die tägliche Wasseraus-
iieidung sich mindert, wenn der in der Harnblase angehäufte
Jim seltener entleert wird.
4) Bei Krampfkrankheiten soll zuweilen die Wasserausschei-
r:ng durch die Nieren vennehrt werden. — 5) Cl. Berard fand
a vermehrt, wenn er das verlängerte Mark etwas unter der
•eile verletzte, von welcher aus die Zuckerbildung der Leber an-
»regt werden kann.
'1
412
Gase des Harns.
Bei gewöhnlicher Lebensweise ist die Wasserabsonderung
Harns am niedrigsten während der Nacht, sie steigt des Morgi
an und erreicht nach dem Mittagsessen ein Maximum. —
Grenzen, innerhalb der bei gesunden Erwaehsenen das tägli
Harnwasser variirt, liegen zwischen 500 und 25,000 Gr. — N;
Becquerel und Vogel liegt bei jungen Männern das Tagesmi'
zwischen 1200 und 1600 Gr.
Gase des Harns*). Die Bestimmungsstücke ftir den (
halt des Hanis an Gasen werden sein : die Absorptionscoeffizienl
des Harns ftir jede einzelne der in ihm vorkommenden Gasait
der Druck, unter welchem jede derselben in der Blutflüssigkj|"^'
steht, aus welcher der Harn abgesondert wurde , die Veränderungi
welche der Harn an seinen Gasen anbringt durch seine eigei
chemischen Umsetzungen und diejenigen, welche an ihnen v
kommen, vermöge der Diffusion zwischen den Gasen des Bin n
und des in der Blase verweilenden Harns. — Alles dieses sind
wechselnde Grössen, dass sich namentlich in Beti-acht der wei
zahlreichen Untersuchungen über die hier in Frage kommenc
Elemente nichts im Voraus wird aussagen lassen.
Die Thatsachen, die über den Gehalt des Harns an Gasen v
liegen, beschränken sich auf einige schätzenswerthe Angaben v
Planer. Sie sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.
ei-.
Harngattung.
Fünf Stunden nach, dem Früh-
stück
Vierzehn Stund, nach der letzten
Mahlzeit Wasser genommen
Zwei Stunden nach dem Mittags-
mahl
Nachdem 4 Stunden vorher
13,1 Gr. KO 2Tä u. 500 Gr.
HO genommen
Nachdem 5 Stunden vorher
8,7 Gr. KO Tä und 500 Gr.
HO genommen
Spezlf.
Gew. des
Harns.
Harnstoff-
Prozente.
1,0154
1,0113
1,0213
1,0132
1,0093
1,54
1,37
2,43
1,44
0,68
100 Theile Harn enthalten an Gast
von 0« C. und 0,7fi Meter Drnck
N.
0,87
0,80
0,78
1,09
1,28
0.
0,06
0,02
0,05
0,08
0,04
freie CO2.
4,54
4,41
9,96
12,5
6,22
gebui
CO,
i,
2,0
IM
5,2! 8
2,7(
keini
Aus diesen Beobachtungen geht hervor:
Die verdunstbare CO2 ist im Harn des* Menschen weniger rei(
lieber vertreten als ini Blut, vorausgesetzt, dass das letztere
•) Planer, Zeitclirift der Gesellschaft der Aerzte zn Wien. 1859. 466. — Cl- Bernard,
les liquides de Torgan. X. 347.
t
Gase des Harns.
413
(h an dieser Gasart ist, wie Setsclienow das der Hunde
1(1. Dieser Unterschied hat aber selbst bei der Gültigkeit der
/tereu Unterstellung nichts Auffallendes. Denn der grösste Theü
\ erdunstbaren CO2 des Bluts ist nicht im engern Wortsinn ge-
. sondern an alkalische Salze gebunden. In so fern also dem
111 diese alkalisch reagirenden Salze fehlen, kommt für ihn
•h nur die vom Blute wahrhaft absorbirte CO2 in Betracht,
scheint aber in der That, wie beim Athmen weiter erläutert
en soll, sich in den Grenzen zu bewegen, die auch der Harn-
. gesteckt sind. Eine andere mögliche Erklärung flir den Unter-
\wd hat Planer widerlegt. Man konnte es nämlich für wahr-
K iulich halten, dass der Harn als eine harnstoff- nnd salz-
rhere Flüssigkeit wie das Blut einen niederem Absorptionscoeffizien-
: für CO2 besässe, als die letztere. Nach den Untersuchungen
n Planer nimmt aber der Harn ungefähr ebensoviel CO2 auf
ee Wasser, resp. wie Blut.
Der Gehalt des Harns an verdunstbarer CO2 ist grösser wäh-
itd der Verdauungszeit; dieses entspricht dem, was wir über das
rrhalten des Bluts unter gleichen Umständen wissen. — Die
rdunstbare CO2 mehrt sich auch noch durch Genuss von doppelt-
iinsteinsaurem Kali, nicht aber nach dem von einfachwein-
urem.
Der Harn ist arm an fixer CO2 gefunden worden; wenn der
iir untersuchte Harn sauer reagirt, so hat die Thatsache nichts
fffallendes. Nach Genuss von einigen pflanzensauren und nach
hhlensauren Alkalien soll er reich an fixer CO2 sein (Wohl er,
i'hmann.).
Der Gehalt des Harns an Sauerstoff ist sehr gering; dieses
mnte auffallend sein, weil während der Harnabsonderung selbst
88 aus der Niere kommende Blut noch reich an 0 war
IL Bernard). Aber auch der Sauerstoff ist sowohl in den Blut-
rrperchen (L. Meyer) wie in der Blutflüssigkeit (Fern et) ge-
mden, so dass nur ein sehr kleiner Theil des Blutsauerstoffs
ii der Diffusion in Frage kommt; es steht also die in der
;ere abgesonderte Flüssigkeit unter einem sehr niedern Sauer,
fcffdruck.
AehnUches gilt für das N-gas.
Cl. Bernard hat noch die Zusammensetzung eines Gasgemengos veröffentlicht,
. aus dem Harn gewonnen war; es enthielt in 100 Theilen: COj 78,8; N 18,ö ;
.2,5.
414 Gesammtliarn.
Gesammtharn*). Nach den eingehenden Betrachtnngi
die jedem einzelnen Bestandtheile gewidmet wm-den, ist über (
chemische Zusammensetzung des Harns im Ganzen nur noch wer
zu ergänzen. Die tägliche Menge jedes einzelnen Bestandthei
oder was ganz auf dasselbe hinausläuft, die prozentische ZusamnK
Setzung des täglichen Gesammtharns kann von einem Tag zi
andern sehi- verschieden sein ; Beides gilt in noch erhöhterem Maat
vom Stundenharn. Diese Voraussetzung bestätigt die Erfahrung
sehr ausgedehnter Weise. Daraus folgt, dass es keinen Norm
harn, d. h. einen solchen giebt, welcher dem Gesunden überhai
eigen sein müsse; da es eben eine Eigenschaft der Gesundheit w
dass sie den Harn den Lebensbedingungen anpasste.
Verlangt man also zu beliebigen Zwecken einen Musterha:
so muss man hinzufügen, wie die Umstände beschalfen waren,
derselbe gebildet wurde, und dann lässt sich aus den gegeben ?f'
Mittheilungen über die Abscheidungsgesch windigkeit jedes einzeln
Harnbestandtheils unter diesen Bedingungen eine ungefähre Anga
über den Musterharu machen. — Unter diesen Geschichtspunkt j^,
kann man denn auch viel weiter ins Einzelne gehen und die Mitt
zahlen für noch andere Kategorien angeben als für Morgen-, Mitta
Nacht-, Sommer- und Winter - Haisn , oder für den Harn armer u;
reicher, junger und alter, männlicher und weiblicher Individuf
Denn wenn die Zunahme des Körpergewichts (ob sie null oc
merklich sein soll) und die Beschaffenheit der Getränke u:
festen Speisen, die Anordnung der Essensstunden, die Art u:ln
Menge der Haut- und Darmausscheidungen bekannt ist, so kai
danach der zu den gegebenen Bedingungen gehörige Harn ej
wickelt Vierden. Für ärztliche Zwecke wären hier allerdings shi
gemeine Regeln und auch Mittelzablen für besondere Fälle wünschet i.
Werth, um so mehr, weil es vielleicht möglich wäre, Harnmenge 11
die nicht den ganzen Tag, sondern nur in bestimmten Tagesa gel
schnitten gelassen sind, zur Diagnose zu benutzen.
Beispielsweise fiita-en wir an: der Harn der Säuglinge ist immer sehr reich ^
Wasser, weil sie stets eine flüssige Nahrung geniessen ; von den festen Theilen der Ni
rung wird aber ein merklicher Theil zum Aufbau der Organe benutzt. Hcidenhai
•) J. Vogel, Archiv filr gemeinsame Arbeiten. I. Bd. p. 79.— Becqnercl, Der Urin, üb
setzt von Nouber. — Millon, Compt. rend. XXVI. 120.— Trapp, Beiträge zur Kenntniss u.s, ^
Qiessen 1850. — Hacser und Vogel, Aichiv f. gem. Arbeiten. I. Bd. p. 267. — Heubotil»
und Vogel, Analyse des Harns. 3. Aufl. 1858.
Physikalische Eigenschaften des Harns. 415
fppe, Hecker fanden in ihm 0,8pCt. feste Bestandtheile überhaupt.— Nach dem
auss von Fleisch wird sich Harnstoff, SO3 und PO5 zugleich mehren, war das
,sch gesalzen, auch das Na Cl ; und insofern es frisch und wasserreich war, oder gar
> Getränk versetzt wurde , auch die Wassermenge. Aber diese Stoffe werden nicht
-hzeitig aus der Niere gehen; zuerst läuft überwiegend das Wasser und mit ihm
ids NaCl ab, dann kommen SO3 und Harnstoff an die Reihe und am spätesten die
wphorsäure. Nimmt ein Bettlägeriger den Tag über öfter nnd jedesmal wenig Nah-
;j, so wird die Absonderung ziemlich gleichmässig von Stunde zu Stunde gehen
»sen, oder ist sie die eine Stunde erniedrigt, so muss sie in der andern ent-
cchend erhöht werden u. s. w.
Die Färbung des Hains ist im normalen Zustand zwischen
ihgelb und hellgelb der Vogel' sehen Farbenskala. Die dunk-
ln Nuancen sind im Allgemeinen dem sparsam gelassenen Harn
een; darum ist der Morgenharn (während der Nacht bereitet)
iikler als der Getränk- und Mittagsharn. — Kinderharn ist im
j?emeinen heller, als der der Erwachsenen,
Durchsichtigkeit. Schwachsaurer und schwachalkalischer
rm ist meist klar ; eine starke Reaktion nach der einen oder der
lleiTi Seite ist meist von Niederschlägen begleitet. Diese bestehen
alkalischen Harn meist aus phosphorsaurer Kalkerde und Mag-
iia; im sauren aus harnsaurem Ammoniak oder Natron, zuweilen
slh aus reiner Harnsäure.
Das spezifische Gewicht des mittleren täglichen Harns
p;t bei 1020 (Vogel). Da es in inniger Beziehung zu den gelösten
tflfen steht, so muss es natürlich sehr variiren, und namentlich
td bei reichlicher Harnentleerung das spez. Gewicht niedriger als
sparsamer Ausscheidung des Harns sein. — Man hat, um den
i^ammenhang zwischen spez. Gewicht und dem Gehalt an festen
'ffen festzustellen, empirische Regeln aufgestellt (Becquerel,
lUon, Trapp, Haeser). Wir erwähnen hier nur dieTrapp'sche
rjel, wobei wir die von ihm selbst gegebene Bemerkung wiederholen,
«8 sie nur eine Annäherung an die Wahrheit gebe. — Setzt man
Einheit des spezifischen Gewichts (die des Wasser) = 1000,
soll man von dem gefundenen spez. Gewicht des Harns diese
ihheit abziehen; die hintere Zahl des Restes soll man durch ein
Mnma abschneiden von der vordem und dann den Rest verdoppeln.
!} hier ausgefundene Zahl drückt den Prozentgehalt des Harns
festen Stoffen aus; wäre also z. B. das gefundene spezifische
iwicht eines Harns == 1020, so würde sein prozentischer Rtick-
and == 4,0 sein.
*
416
Seltenere Bestandtheile des Harnü.
Seltenere Harnbestandtheile.
Eiweissartigo Stoffe *). Die Abwesenheit von Blutungen vorauBge
gehen öfter in den Harn über :
Faserstoff wird bald flüssig (gerinnbarer Harn) und bald schon geronnen
leert. Sein Vorkommen scheint meist durch Nierenleiden bedingt zu sein.
Albumin kommt im Harn vor sowohl weil der Strom und die Zusarar
Setzung des Bluts , als auch weil die Nieren verändert sind Es findet sich nach
jection von verdünntem Hühnereiweiss in das Blut. Cl. Bernard sah es ausblci
wenn er das Eiweiss statt in die v. jugularis , in die v. portarum , und zwar sehr
mälig einbrachte; nach Injeotion von Serum desselben oder eines andern Säugethi
(Ol. Bernard); häufig bleibt es jedoch nach dem Einbringen dieser Eiweissart
(Cl. Bernard, Bouchardat, Sandras, Schiff). Ausbleiben soll es auch i
der Einspritzung von etwas wenigen künstlich verdünnten Eiweisses und von Flei
albumin (Corvisart, Schiff). — Der Harn wird ferner eiweisshaltig nach A
lässen (Hayden), noch mehr , wenn nach vorgängigem Aderlass das zurückbleibi
Blut durch ein grosses Volum Wasser verdünnt wird (Kierulf); die eiweisstreib(
Wirkung des blutverdünnenden Wassers bleibt aus , wenn ihm Na Cl zugefügt '
(H artner). — Der Harn enthält femer Eiweiss : nach Injection von gallensaurem Na
in's Blut, und zwar häufig, aber nicht immer (Frerichs); nach Einathmung
ArsenikwasserstofT (J. Vogel); nach mehrtägigem Kochsalzhunger (Wundt), je(
nicht immer (üaupp); nach Athembeschwerden (Köhler); zuweilen nach Ur
drückung der Milchsekretion , nach Escessen im Essen. — Im Harn erscheint i
Eiweiss bei bestehender Herzhyperti-ophie , nach Unterbindung der Nierenvene
Hohlader (H. Meyer); nach leidenschaftlichen Aufregungen mit lebhaftem H
schlag; bei besondern Veränderungen des Nierenbaues, Losstossung des Epitheliums et(
Ferner nach einer selbst vorübergehenden Störung des Blutlaufes in den Nii
(Brächet, Peipers, Müller), und endlich nach Verletzung des vierten H
Ventrikels, etwas über dem Ort des sogen. Zuckerstichs (Bernard). Das Pankr
ferment geht in das Blut eingespritzt mit allen seinen Eigenschaften in den I
über (01. Bernard).
Fette **). Menschen und Säugethiere , welche anhaltend mit fettreicher 1
rung gefüttert werden, entleeren fetthaltigen Harn (Lang).
Gallensäuren ***). Nach Inj cction von gly cocholsaurem Natron erscheint Gl
cholsäure; nach Unterbindung des Gallengangs und bei Gelbsucht Cholsäure (Kühl
Eisensalzet) sind zuweilen nach vermehrtem Genuss derselben gefui
worden; häufig aber fehlten sie auch dann (Wöhler, Aldrige, H. Müller
KöUiker); nach Injection von Wasser in das Blut (Hartner).
Leucin, Tyrosin fanden Frerichs und Staedeler im Harn der Hi
und Menschen, z. B. bei gelber Lebererweichung, in welcher jene Stoffe reichlicl
der Leber u. s. w. vorkommen.
») Frerichs, Die Bright'scheNierenkninklieit. BraunschweiglSSl. 180 n. 276.— H.Me
Zeitschrift für physiologische Heilkunde. 1844. p. 114. — Hartner, Beiträge zur Phys. der
absondcrung. 1358. — Vogel u. Neubauer, Analyse des Harns. 3. Aufl. 1858. — Cl. Bern
Sur les liquides. I. 136. 386.
Lang, De adipe in urlna et renibus. Dorpat 1852.
••») Kühne, Virchow's Archiv. XTV. Bd. 460.
t),Seherer, Jahresber. für physiolog. Chemie. 1844. p. 125. — Hartner, Beiträge
Physiologie etc. Erlangen 1858.— MUH er und Kölliker, zweiter Bericht der physiolog. Ans
1856. Resorption von Eisensalzen.
Seltenere Bestandtheile des Harns.
417
.Ällantoin*). Wenn einem erwachsenen Hunde so viel Oel in die Lunge ein-
ipritzt wurde , üooo «inp. beti-ächtliche Atliemnoth entstand , oder auch nach anhal-
idem Einathmen von Chlor wurde Allanioin im Harn gefunden (Staedeler,
bhler).
Cystin **) zuweilen als Harnstein, öfter auch gelöst.
Veränderung des Harns durch einen ungewöhnlichen Speisezusatz.
Von den löslichen, mit Blut überführbaren Stoffen erscheinen einige im Harn nicht
• solche wieder, wenn sie verschlungen wurden. Die Veränderungen, die sie er-
«en , geschahen entweder schon im Darmcanal , oder in dem Gesammtblut , oder nur
üBlut einzelner Organe ; wie und wieviel von den einzelnen Stoffen zersetzt wurde,
[Igt ab von der Verbindung und der Menge , in der sie aufgenommen wurden , von
Aufenthaltsdauer im thierischen Körper und von dem jeweiligen Zustand des
iteren. — Andere Stoffe erscheinen unverändert im Harn wieder. Es ist von Wichtig-
diesen Untersuchungen nachzugehen, weil ihre Ergebnisse das chemische Leben
Organe und die absondernden Eigenschaften der Nierenhäute beleuchten.
A. Umgewandelt erscheinen:
Salicin***) = CsßHigOii, es liefert spiroylige Säure = üinRuOt (M il 1 o n und Le -
»an). Diese Säure ist hervorgegangen aus einer Spaltung des Salicins, die schon
.Speichel bewirkt (Staedeler); unter Aufnahme von 2 At. Wasser = CjeHaoOio
iällt es in Zucker = CiäHisOia und Saligenin = C11H8O4, welches letztere nach
btritt von 2H in spiroylige Säure übergeht.
Gerbsäuret) = CisHgOia erscheint im Harn als Gallussäure = ChHcOio und
uizgallussäure = CisHeOe (Wöhler und Prerichs). Diese Umwandlung ist die-
te, welche Gerbsäui-e u. A. in schwach alkalischen Lösungen erleidet; sie geschieht,
man sieht, unter Abscheidung nur von C4H2O2, oder gleichzeitig von 2CO2.
Harnsäure ft) = CsHaNsO.i bewirkt das Erscheinen von CO2, etwas Oxalsäure C2O
Harnstoff C4H4Nj0s (Wöhler und Frerichs); um in diese Stoffe zerfallen zu
Man, muss, abgesehen von der Bildung anderer Zwischenproducte , die Harnsäure
User und 0 aufnehmen.
Guanin = C10H5N5O2, AUantoin = C1H3N2O3 , AUoxanthin = CgHsNsOio er-
iiiinen nicht als solche; jedesmal mehren sie dagegen den Harnstoff; AUantoin mehrt
• nicht, wie man erwartete, die Oxalsäure.
Thiosinammin = NjCgHsS-i gab Rhodanamraonium = N2C2H4S2; aus Hera ersten
i also C4H4 ausgeschieden worden.
Eine Reihe-ttt) von Säuren: Benzoe-, Zimmet-, Toluyl-, Salicyl-, Nitrobenzoe-
ce, paaren sich mit dem Glycin der Galle; Benzoesäure geht in Giycobenzoesäure
■•opnrsäure) über; Zimmetsäure (C18H8O4), welche unter Aufnahme von HO in Essig-
Benzoesäure zerfällt, bildet ebenfalls Hippursäure (Marchand, Chiozza, Ber-
::nini). — Salicylsäure = CnHeOe bildet Salieylursäure = CigHnN Ob (Ber-
, *
'«) Staedelernnd Frerichs, Miiller's Archiv. 1854.— H e r m n 11 11 K U h 1 0 r . Je allan
o , illgscrtatio. 1857.
' ")Nenbaucr, Harnanalyse. 3. Aufl. 108.
'•*) Mulder, 1. c. 1279. — Staedeler, Ghemlgchos Centralblatt. ISiiS. 10!).
■ t) L 1 e 1) i (f ' 8 Annalen. «5. Bd.
' tt) Siehe die Literatur bei HamstofTmehrung p. 384.
■H) AutHcr der Literatur l)ei llippurstture p. 391 noch: Neubauer, Harnanalyse, p. 121. —
••tagnlni.Cmpt. rcml. XXXL 490. _ U e r s e I bo , Li 0 h i t?' h Annalen. ISMi. Fd.ruar.
27
Lad w ig, Pliyniologie U. 2. Auflage.
418
Seltenere Bestandtheilo des Harns ; Hambercitung.
tagnini). — Toluylsäure = C10H8O4 bildet Tolursäure == CjoHnNOs (Kraut)
Nitrobenzocsüure geht in Nitrohippursäure = CigHgNiOio Uber <BoTt agnin i).
Essigsäure (C4H4O4) , AoDfclsäuro (0411305), Weinsäure (C4n30o), Citronenai
(CoH407), Oxalsäure (CjH04), frei oder in Verbindungen gegeben, gehen je nach
genossenen Menge ganz oder theilweise in den Hiirn über; erscheinen sie gar nicht
nur theilweise als solche, so enthält der Harn kohlensaure Verbindungen (Wohl
Buchheim, Millon). Die Umwandlung der essig-, äpfel -, Weinstein-, citronensai
Salze geht schon im Darmcanal vor sich durch Gährung (Buchner, Buchheim).
Bemsteinsäure (C4H3O4) ist bald gar nicht, bald in COj, bald in Hippursäure v
wandelt wiedergefunden worden (Buchheim, Kühne, Hallwachs, Wühler)
Ammoniakvcrbinduiigen *) mit organischen Säuren kommen im Harn als
wieder (Bence Jones); Salmiak als solcher (Neubauer).
Schwefelkalien theils als Schwefelsäure, theils unverändert.
Ferrocyanid kommt im Harn als Ferrocyanür wieder, in Folge einer von (
Harnsäure ausgeübten Desoxydation (Buch heim) **).
Nach dem Verschlingen von Amygdalin fand Eanke Ameisensäure, nach g
spritzungen in das Blut fanden Kölliker und Müller den unveränderten Stoff wied
Thein, Tlieobromin, Anilin, Alcoholaether und mehrere Farbstoffe treten
Harn nicht unverändert auf. Ihre Schicksale sind zweifelhaft.
B. Unverändert erscheinen im Harn : Chinin , Morphin , Strychnin , Leucin (i
Blut injicirt), Campher-, Anis-, Amrainsäure (Bertagnini, W. Hoffmann), Be4
steinsäure (?), Arsen, Gold, bor-, chlor- und salpetersaure Alkalien, Jod, Hhodi
kalien, Quecksilber, Wismuth, Blei, Zinn, Blutlaugensalz und viele Färbst»
z. B. der des Ehabarbers , des Lakmus , der Cochenille u. s. w.
Harnbereitung. Thatsächlich scheint Folgendes zu sei
1) zur Herstellung des Harns entnimmt die Niere dem Blute ri
der wässerigen Salzlösung zugleich auch den Harnstoff, das Ki'a
tin und Kreatinin, die Harn- und Hippursäure, die Zuckerart
und die Farbstoffe; sie führt also die genannten Blutbestandthe
unverändert in den Harn tiber***).
Bewiesen soll dieses sein: 1) durch die Erfolge der Nierenausrottung; wäre
der That die Niere nicht, an der Bildung, sondern nur an der Ausscheidung der
nannten Stoffe betheiligt , so müsstc sich nach der Nierenausrottung so viel von ihil
im thierischen Körper anhäufen , als das unverletzte Thier in der entsprechenden Z
durch den Harn entleert hätte (Prevost und Dumas). Der Versuch hat ergeh
dass nach jener Operation mehr, aber auch weniger Harnstoff im Blut vorkommt,
man in dem Blut des gesunden Thieres findet, ja dass er auch ganz fehlen kl
(Stannius, Bernard, Barreswil). Wegen der mit einem namhaften Verl
verknüpften Bestimmungsweise des Harnstoffs haben die Resultate allerdings kci:
vollgiltigen Werth, aber immerhin haben alle Beobachter den Eindruck empfangen
ob die Anhäufung keineswegs der hypothetischen Entleerung entspräche. Um trotzd^i
1
») Procedlngs of thc royal Society. Vol. VU. 1)4. — Licbig'8 Annalen. 78. Bd. 251. — Ne
b a uor , 1. 0. p. 120.
•») Mayer, De ratione qua forrum rautetur in corpore. Uorp. 1850.
••») Stannius, Arcliiv für physiologisclie Heilicunde. IX. Bd. 201. — Bernard und B«
reswil, Arctiiv. gdncSr. 1847. 449.— Stralil und Licbericlilin, Harnsäure im Blut. Berlin 18- t
Folgen der Nierenausrottung und des Nierenumsatises.
419
L luibhängigkeit der HamstoflFbildung von der Niere festzuhalten , muss man an-
■1 , die JieuDllOung soi entweder durcli die zuinickgehaltenen Hambestandtheüe
uiter der Norm gehalten, oder der nicht ausgeschiedene Harnstoff sei weiter
worden. Bernard und Barreswil finden das Letztere dämm wahrscheinlich,
■ niercnlosen Hunde mehr Magensaft als sonst abscheiden, der, obwohl er sauer
eil viel Ammoniaksalüo enthält. — Dass eine Anhäufung von Harnstoff im Blut
in den Gewebsflüssigkeiten nach gänzlicher oder theilweise aufgehobener Ham-
lung beim Menschen nichts für die Frage beweist, ist sogleich ersichtlich, weil
Xiere noch anwesend ist. — Ausser dem Harnstoff ist nur noch die Harnsäure
I nierenfreier Thiere, und zwar mit einem der vorstehenden Hypothesen gün-
Krfolg gesucht worden (Strahl, Lieberkühn). — 2) Durch die Yer-
iiS des Nierenvenenblutes mit .dem der Arterie. Nach Picard soll das erstere
n Harnstoff sein als das letztere. Solche Vergleiche sagen aber dai-um nichts»
gegenübergestellten Blutmassen niemals denselben Gehalt an Plasma und Kör-
1 ICH haben und der Hanistoff doch wohl nicht über beide gleich vertheilt ist. —
fsrdem warnt Recklinghausen vor der Methode von Picard, und Gubler
rPoiseuille geben an , dass oft gerade das Gegentheil von dem , was Picard
, statt hat. — 3) Einen andern Beweis für die blosse Ausscheidungsthätigkeit der
tsn erbringt man , indem man die Entstehungsorte der ausgeharnten Stoffe auf-
.;. Dieses gelingt für Kreatin (Muskeln , Hii-n) , Zucker (Magen , Leber) , Ham-
1 (Milz, Lunge, Leber), Hippiu'säiu'e (Leber und Blut), die Farbstoffe (Leber,
Aber immer bleiben noch Bedenken , ob die Entstehung an jenen Orten die
i'ildung einiger der aufgezählten Stoffe in der Niere ausschliesst ; so verdient es
iAufmerksamkeit , dass sich in einer Niere , deren Ureter unterbunden ist , viel
•Ereatin anhäuft, als während der Unterbindungszeit entleert worden wäre ; ferner,
' die Nieren Inosit enthalten. In den seltenen Fällen also, in welchen jene Zucker-
r.m Harn vorkommt, ist ihr Ursprung ungewiss. — Dem Harnstoff endlich kann
keinen Erzeugungsort mit Sicherheit zuweisen; wahrscheinlich ist es, dass
iin = C10N5H5O, Sarkin == CsNsHaO, Xanthin = CsNiHaOi, Harnsäure
s'sNoHaOa zu seiner Bildung beitragen; ob diess aber die einzigen Uebergangs-
nn von dem Eiweiss und Leim zu ihm sind, und ob sie an dem Orte, wo sie
landen, auch zu Harnstoff umgeformt werden, ist nicht einmal der Vermuthung
i.iglich. Jedenfalls steht es fest, dass die in die Niere gelangte Harnsäure sich
weiter dort zerlegen kann, Avenn sie in Folge der Uretcrenunterbindung längere
dort festgehalten wird (Beckmann). — 4) Weil so viele Stoffe, die mit den
iTUigsmitteln in den Thierleib gelangen , verändert oder unverändert dureh^ die
3 auatreten, so war man geneigt, die Nieren überhaupt nur als Ausscheidungs-
ie anzusehen; diese Unterstellung ist aber nicht mehr in dem alten Umfang fest-
Iten, seit man mancherlei der Niere eigenthümliche Umsetzungsprodukte kennen
' e.
2) Das Nierengewebe oder die an einzelnen Orten desselben
»geschlossenen Flüssigkeiten erfahren eigenthümliche chemische
"Setzungen. Daftir spricht die Anwesenheit des Tanrins oder
iJtins und des Inosits (Cloetta), Stoffe, welche trotz ihrer
fjenwart im Nierengewebe nur selten in den Harn übergehen;
ler die Farbenänderung, welche das Blut in der Niere erfährt;
420
Einfluss des Spannungsunterschiedes zwischen Blut und Harn.
ferner die Umsetzung, welche der Harn erleidet, der durch Ui
bindung des Ureters in der Niere zurückgehalten wird. Wo
Flüssigkeiten gelegen sind, welche die emähnten nicht in
Harn übergehenden Stoffe enthalten, ob in der Masse zwiscl
den Gelassmaschen der glomeruli oder in den Zellen der Canäld
ist ebenso unbekannt, wie es die Vorgänge sind, welche die chi
Umsetzung einleiten und die Stammatome, welche davon erg:
werden.
Der chemische Vorgang in der Niere kann übrigens ebensowl
dazu dienen, die Bestandtheile des Harns zu mehren, wie die
Scheidung des Harns aus dem Blut zu unterstützen.
Zerlegt sich unter Zutritt des dem Blut entzogenen Sauerstoffs das Taurin
weiter, so würden endlich die beiden Hambestandtheile SO3 und AmO zuraVorscl |,
kommen. Aus Inosit könnte man Milchsäure ableiten und sich so erklären , wa: «:
der saure Harn aus dem alkalischen Blut kommt, aber in dem Harn ist diese Si
eine Seltenheit.
3) Mit dem Unterschied der Spannung, welche Blut und Hi
in der Niere besitzen, ändert sich die Absonderung; innerhalb
wisser Grenzen ändert sich mit dem Druckunterschied nur 4
Menge des abgeschiedenen Harns, jenseits dieser aber auch
Art der Stoffe, welche in ihn übergehen, a) Bei ungehindert^
Abfluss mindert sich die Geschwindigkeit, mit welcher ein gesun(
Harn ausgeschieden wird, während der Reizung der n. vagi u
nach einem Aderlass; sie steigt dagegen nach Durchschneidung der
vagi; ebenso, wenn die Blutmasse eines Thiers dadurch gerne
wird, dass man in den Blutgefässraum desselben das aus derAi
gelassene Blut eines gleichartigen Thieres einfüllt; endlich ai
dadurch, dass man in der Nierenarterie den Druck erhöht v
mittelst des Verschliessens einiger grösserer Abzugsröhren aus c
Aorta, so z. B. nach Unterbindung der aa. carotides, subcla'
crurales. — Eine Blutdiaicksteigerung jenseits gewisser Grenz]
bedingt aber auch den Uebergang von Eiweiss in den Harn;
diese Weise erklärt man sich wenigstens das Aufti-eten
genannten Stoffes nach Unterbindung der Aorta unterhalb
Nierenarterien, b) Bei unverändertem Blutdruck wird die
schwindigkeit des Harnabflusses aus der Niere wesentlich beschr
durch Hindernisse, welche in den Ureter eingebracht werden. Lo
hell gab an, dass, wenn der Druck der im Ureter angesammelt
») OoU, Hcnle's und Pfeufer's Zelteclirift. 2. Reihe. III. Bd.
»») Vnlcutln's Jaliresbericht für 1849. 157.
Nerveneinfluss auf die Harnbereitung.
421
igkeit während der Miiskelriihe dieses Rohrs auf 7 bis 10 Mm Hg.
tiegen sei, so höre das Nachfliessen von Harn schon auf. In
That kann man sich leicht davon überzeugen, dass ein Hg-
mmeter, das in den Harnleiter mündet, in den ersten Mi-
11 rasch auf den genannten Werth oder auch um einige M.-M.
; steigt und dann viel Minuten hindurch immer wieder auf
-t lbe Höhe herunteifallt, nachdem es während der sich häufiger
ulen Ureterenbewegungen bedeutend emporgedrtickt war. L o e -
1 schloss daraus, dass ein Gegendruck von dem genannten
rill die Harnabsouderung zum Stocken bringen könne. — Als
nuann mit besonderen Vorsichtsmaasregeln ein Manometer
. Icn Ureter brachte, der zwei Stunden lang geschlossen gewesen
■•, so trieb sein Inhalt das Quecksilber um 40 M.-M. empor,
rraus würde man folgern dürfen , dass der Harn auch noch trotz
;3S viel höhern Gegendrucks, als Loebell meinte, abgesondert
vde, wenn in der That der Inhalt der ausgedehnten Nieren-
liiälchen ein Harn im gewöhnlichen Wortsinn gewesen wäre,
sses schien aber nicht der Fall zu sein, denn die Flüssigkeit
ihielt keinen Harnstoff, sondern relativ viel Kreatiu. Demnach
also die Harnbildung jedenfalls aufgehört bei einem Gegen-
eck , der unter 40 M. M. lag. Die hohe Lage , welche der Niere
thierischen Körper über der Harnblase gegeben ist, wodurch
HaiTiabfluss so sehr begünstigt wird, ist jedenfalls vortheilhaft
das ungestörte Bestehen der Absonderung.
4) Veränderungen in der Harnabsondening wurden beobachtet
)h Verletzung des vierten Ventrikels (vermehrte Wasser-, Zucker-,
freissabscheidung), nach Reizung und Durchschneidung der n.
lanchnici und renales, nach Einsetzung der Enden einer thätigen
uuctionsroUe in die Nierengegend, nach allgemeinen Krämpfen.
'5 allem Diesen muss man schliessen, dass die Nerven die Ab-
(iderung beeinflussen. Theilweise geschieht dieses^ wie z. B. bei
• Zuckerausscheidung , auf bekannten Umwegen , zum Theil viel-
hht dadurch, dass die Strömung des Bluts in der Niere geändert
cd. Die letztere Vermuthung gründet sich darauf, dass sich
; dem Blutdrücke die Harnabsouderung ändert, dass sich der
iitstrora in der Niere unabhängig von dem Gesammtkreislauf
lllen kann, weil die kleinsten Arterien der Niere stark niuskel-
itig sind. Mit diesem allgemeinen Nachweise schliesst sich aber
•3h unsere Kenntniss; denn bis dahin sind alle Versuche über die
irliegende Frage noch sehr mangelhaft.
422 Einüuss der Blutzusammensetzung auf die Harnbereitung.
Bei neuen Keizungsversuclien über die Abhängigkeit der Hamabsonderung f
den Nerven ist zu beachten, dass für sie Zeit und Umstäudo zu wählen sind, in dttj
die aus unbekannten Gründen eintretenden Schwankungen der Harnabsonderun
gar zu gross sind ; dann müssen als unbrauclibar alle die Versuche ''ei Seit'
werden, die einen blutigen oder eiweisshaltigen Harn liefern; die Fehler, wcl'
der ungleichen Füllung und Bewegungsfolge der Uretoren hervorgehen, smu
meiden und die Reizmittel selbst sind mit den allgemein bekannten Vorsichten ai
wenden. — Auch die hoffnungsvollen Versuche der Nervendurchschneidung am spUi ki
nicus und plex. renalis sind bis dahin wegen der Abkühlung der Nieren, der ; J[
rungen und Zusammenpressungen der Gefasse, des darauf eintretenden Blutharncns u.f
noch unbrauchbar. — Von dem Einfluss der Nervenreizung auf Verminderung der H;
absonderung kann man sich leicht überzeugen , wenn man durch eine feine Oeffn
in den Bauchdecken inducii'bare Drähte bis in die Nähe der Nierengefasse schiebt
den Harn in getheilte Köhren fliessen lässt, welche in den Ureter gebunden wa
Mit dem Beginn der Schläge stockt oder verlangsamt sich der Hamstrom.
5) Die Zusammensetzung des Blutes greift unzweifelhaft bestj s
raend in die Art und in das Maass des Harns ein ; aber das Genau« '
des Abhängigkeitsverhältnisses ist fast vollkommen dunkel; die<
gilt namentlich auch für die Geschwindigkeit, mit welcher sich
Blutänderung im Harn zeigt; denn wenn auch einige Stoffe f1
augenblicklich, nachdem sie in das Blut gekommen sind, im Hai :if
wieder erscheinen, so rufen andere erst längere Zeit, nachdem
dem Blute beigemengt waren, in der Niere den ihn zukommend!
Erfolg hervor. Dieses letztere gilt z. B. für das in das Blut e
gespritzte Wasser, welches häufig nicht allsogleich, sondern e
nach einer Stunde die Harnausscheidung vermehrt; hier scheint
also fast, als ob erst vorgängig Blut oder Niere vorbereitet wer
müssten, damit die Harnbildung lebhafter werden könne.
Eine andere Betrachtung knüpft sich an das Verhalten
Eiweissstoffe zum Harn. Olfenbar kann die Niere nicht dem
weiss überhaupt den Eingang in den Harn wehren; sondern
vermag es nur so lange, als das Blut seine normale Zusammi
Setzung beha^iptet. Denn der Harn wird sogleich eiweisshall
wenn das Blut j)lötzlich mit viel Wasser verdünnt vnrd, wenn
weiss- oder solche Stoffe, wie z. B. gallensaures Natron, ei
gespritzt werden, welche die Blutkörperchen auflösen. Fast sollte mi
denken, dass hier die Kochsalzverdünnung von Einfluss sei ; denn ä|
eingespritzte Wasser treibt kein Eiweiss mehr aus , wenn ihm N*
beigemengt wird (Hartner) und nach NaCl-hunger sah Wun^
seinen Harn mit Eiweiss beladen. Muss nun die Niere oder d;
Eiweiss geändert werden, damit das Letztere ein Harnbestandtho
werden könne?
I:
Beziehung zwischen Abflugs und Zusammensetzung des Harns.
423
fi) Beziehung zwischen der Zusammensetzung des Harns und
Gescliwindigkeit seines Abströmens aus der Niere. Fängt man
! Harn jeder Niere gesondert auf, so gewahrt man für gewöhn-
, dass bald aus dem einen und bald aus dem andern Ureter
Abfliiss beschleunigter wird. Obwohl diessmal der Harn aus
•selben Blut hervortrat, so weicht doch die beiderseitige Zu-
iimensetzung noch beträchtlich von einander ab und zwar um so
hl-, je grösser der Unterschied des gleichzeitig entleerten Harn-
iinis ist. So weit bekannt, bezieht sich die chemische Ver-
ledenheit der beiden Harnsorten vorzüglich auf die Verhält-
zwischen den einzelnen Harnbestandtheüen. Namentlich ist in
11 langsam austretenden Harn der Quotient aus Wasser in dem
nistoff" grösser als bei rascher hervorgehendem, umgekehrt ver-
t es sich vielleicht mit dem Verhältniss zwischen Wasser und
Ii; sicher ist dagegen der Quotient aus Na Gl in den Harnstoff
m rascher gelassenen Harn kleiner als in dem andern. — Man
te die Annahme machen, dass der Harn ursprünglich, wie er
n aus dem Blut in die Canälchen trat, sich in beide Nieren
Ii verhalten habe, und dass die verschiedene Aufenthaltsdauer
Jen Canälchen ihn geändert habe; dann müsste also aus dem
-pi iinglichen Harn mehr Wasser und Na Gl als Harnstoff ver-
bunden sein. Folgt man dieser Voraussetzung, so muss an der
^.jtretenen Veränderung die Diffusion einen Antheil haben; aber
kann dieselbe, vorliegenden Thatsachen entsprechend, nicht
eein bedingen. — Anderseits Hesse sich aber auch behaupten,
fss auch schon im Augenblick der ersten Bildung der beiderseitige
iftm ungleich gewesen sei, weil die Möglichkeit nicht bestritten
mlen kann, dass jeder Werth der absondernden Kräfte an und
sich ein anderes Verhältniss zwischen den Harnbestandtheilen
rdere.
i Die Diffusion wurde , abgesehen davon , dass sie die einfachste Erklärung der
»'Ogten Erscheinung giebt, in Betracht gezogen, weil sie erklärt, warum der Gehalt
I i Harns an festen Bestandtheilen gewisse Grenzen nicht übersteigt und in dem
k sungsgemenge ein Stoff den andern zu ersetzen venuag und weshalb der Harn fast
"ckcn wird, wenn die festen Bestandtheile des Harns unlöslich sind, wie es z. B. ge-
i lieht, wenn der auszuwerfende N statt durch Harnstoff, durch Harnsäure aus-
i-schieden wird. Die Zurücknahme des Wassers, welches die Harnsäure durch die
mt der Gefässe überführte, wurde natürlich zur Nothwendigkeit, so wie diese in
r Niere aus dem gelösten in den ungelösten Zustand übergegangen war.
Andere Erfahrungen scheinen jedoch zu zeigen, dass die Diffusion nicht mehr
r Erklärung ausrciclit. Denn der Harn, welcher sich nach einstündiger ünterbin-
mg des Ureter» in diesem letztem anhäuft, enthält in 100 Theilen weniger Na Ol
424
Eigenthätigkeit der Niere.
als das Blut und als der Harn, wolcher vor und nach der Unterbindung auf dcrBtiLi,
Niere und gleichzeitig auf der entgegengesetzten abgesondert wurde ; ja öfter ist
dem zurückgehaltenen Harn daa Na Ol nur noch spurweise enthalten. — Dieses verstoß
aber gegen die Grundgesetze aller DLffusion. — J.Hoppe hat noch auf einen zweit
Umstand hingewiesen; nähme 'man an, meint er, dass der Harn auf dem Wege
Diffusion von Blutserum conzentrirt werde , so müsse , wenn man einen gesättigt
Harn durch eine Scheidewand vom Blutserum desselben Thieres trennte , kein Wasi
aus dem Serum zum Ham übergehen; dieses geschah jedoch, als er den Versuch
führte. Bevor diese Thatsache mit den Erscheinungen in der Niere verglichen wer4
darf, raüsste man wissen, ob die Haut, welche Hoppe anwendete, gleiche end«
motische Eigenschaften wie jene der Nierencanälchen besass; würde die todte Ha
für Eiweiss und Harnstofi' durchgängiger gewesen sein , so müsste auch eine ande
Vertheilung der Stoffe auf beiden Seiten eintreten. Der Grund , warum in
Beobachtung das Harnvolum zunahm, könnte also erst nach einer genaueren Zergliederui
des Vorgangs begriffen werden.
7) Die nach Maass und Art ungleiche Absondening, welcl
in derselben Zeit die gleichscliweren Nieren desselben Thiers da
bieten, könnte man yvohl erklären aus Ungleichheiten des Blutstrom,
die veranlasst vi^ären durch den jeweiligen Zustand der Muske
in den kleinsten Arterien, oder auch durch die veränderliche Leic'
tigkeit des Harnabflusses ; abei- man kann sie zum Theil wenigsteijin:
auch andern in der Niere vorkonmienden mit der Zeit veränderliche
Umständen zuschreiben. Das Vorkommen dieser letztern wird wah;
scheinlich gemacht dadurch, dass bei sonst gesunden Hunden o
Stunden, Ja Tage lang gar kein Harn abgesondert wird, dass Opium di
llarnabsonderung öfter wenigstens verlangsamt, Curare (Kölliker
Terpenthin, Canthariden u. s. w. sie beschleunigen. Zur Gewisshe «-
wird diese Vermuthung durch die Beobachtung von Hermann
dass nach Lösung einer Unterbindung des Ureters, die wenigsten
eine Stunde lang bestanden, der Harn so ungemein reichlich zunT
Vorschein kommt. Untersucht man eine solche Niere bevor da)*
Unterband geöffnet wurde, so findet man sie sehr angeschwolleB
so dass sie an Maass und Gewicht die entgegengesetzte bedeuten«
übertrifft; die Canälchen sind mit Flüssigkeit geftillt, die Epithel
ausgedehnt, die Venen beengt, was daraus hervorgeht, dass dii
auf der Kapsel verlaufenden, durch die Niere zur ven. ren. treten]
den Zweige beträchtlich ausgedehnt sind, und in der Umgeba;
der Niere Oedem veranlasst haben.
Hartner fand die Epithelien solcher Nieren, die in Eolge von Wasserein-tl
spritzungen in das Blut reichlich abgesondert hatten , eben^Us beträchtlich aus-( :
gedehnt; ob dieses Folge oder Ursache der gesteigerten Hambildung war, ist un-.
bekannt.
Hypothesen zur Erklärung der Hambereitung.
425
Da sich die Thatsachen noch nicht ziisammenreihen zur Er-
irnng der Harnabsonderung:, so hat man sich bemüht, das Feh-
de durch Hypothesen zu ergänzen, in der Absicht, um durch
zu neuen Versuchen geflihrt zu werden. Die Anforderungen , die
n an ein solches Unternehmen mit Recht stellen darf, bestehen
in, Rechenschaft zu geben, wodurch die dem Harn eigenthüm-
' len Bestandtheile aus denen des Bluts ausgelesen werden, weiter,
durch sie in die Canälchen tibergefUhrt werden , ob sie dort sich
I ider verändern und wodurch dieses geschieht, denn es erscheint
Li vorneherein und insbesondere im Hinblick auf den eigenthüm-
iien Bau der Nieren unmöglich, dass ein so verwickeltes und so
•■änderliches Lösungsgemenge wie der Harn ohne Zuthun viel-
her Bedingungen bereitet würde.
1) Da nach Toriibergehender Unterbindung der Nierengefässe und Nierennerven
Harn blutig und oft sogar die Niere zerstört •wurde (Brächet, Müller,
iipers)*), so war man geneigt, die Hambildung den Nerven zuzuschreiben. So
rr es zu wünschen wäre, dass der Grund, warum nach jener Operation die Niere
lötört wird , einer neuen Untersuchung unterworfen würde , so wenig berechtigt die
tannte Thatsache zu der Annahme, dass die Nerven in der unverletzten Niere die
iiwahl des Harns aus dem Blut und seine Ueberführung in die Canälchen besorgen.
ist im Gegentheil wahrscheinlicher, dass durch die Quetschung, welche Vene und
terie erleiden, der Blutstrom in der Niere, wenn auch nicht plötzlich, so doch all-
i lig verändert werde und dann Nierenbrand eintrete , der durch die besondern chemi-
fen Einrichtungen der Niere eine besondere Gestalt annimmt. Die letztere Unter-
i.lung ist darum die wahrscheinlichere, weil die Zerstörung der Nieren noch nicht
Ibaehtet ist, wenn die Nerven ohne Quetschung der Blutgefässe durchschnitten
rrden.
Andere Beziehungen, die man zwischen der Nervenerregung und der Harn-
ilung beobachtete, lassen darauf schliessen, dass die erstere den Blutstrom regelt;
im sich der Einfluss der Nerven darauf beschränkt, so würde mau sagen können,
sei befähigt, den Gang der Ahsonderungsmechanik einzuleiten und zu ver-
rkcn, aber nicht in den innem Zusammenhang der letztern einzugreifen. — Dafür,
t.s der Nerv in die chemischen Hergänge eingerechnet sei, welche zur Hambildung
lören , liegt kein Beweis vor. — Donders deutet , indem er die Möglichkeit des
ätem vor Augen hat, auf die Analogie zwischen Magen und Niere hin, die beide
i e saure Flüssigkeit abscheiden.
2) Die Epithclialzellcn der Harncanälchen ziehen die festen Bestandtheile des Harns
) dem Blut an, und diese werden ausgewaschen durch das Wasser, welches aus den
Omerulis abgeschieden wird (Bowman). In dieser Form befriedigt die Hypo-
►588 nicht und die Thatsachen sprechen nicht für und nicht wider sie. Nachdem
isch in den Zellen der Hamorgane bei Schnecken und AVittich in dem der Vögel
imsäure aufgefunden, gab der letzte Physiolog der genannten Hypothese folgende
•) Milller's Handbuch der Physiologie. 4. Aufl. Hd. 1. )). 37C u. f. — 0. Ludwig,
t'b Handwörterbuch. U. 628. — Schultz, Valentin 's Jahresbcr. fUr 1861. p. 134.
426
Hyptheso von Bowman-Wittich.
Gestalt: die Zellen der Yogelniuro ziehen aus dem Blut neutrales hanisaures Kuli
dieses wird in den Zellen durch die anwesenden Eiweisakörpor oder die vorhandfi^
Kohlensäure in saures harns. Kali zerlogt, welches in fester Form niederfällt. Dus In j
gewordene, mit dem Eiweiss oder der CO» in Verbindung gekommene Kali ncrsl
die Zolle, so dass die feste hamsaure Vorbindung in die Höhle des Canälchens
langt und durch don Strom von Flüssigkeit ausgespült wird, welcher sich in
Glomerulis absondert. Diese Flüssigkeit ist aber ursprünglich dem Blutserum glei
zusammengesetzt ; sie kann durch die Diffusion verändert werden , aber immer wird
ciweisshaltig bleiben. — Da der Harn der Säugethicre kein Eiweiss enthält, wei
stens nicht in merklichen Mengen, so kann die letzte Unterstellung überhaupt ni
für sie gelten. — Nehmen wir sie aber in der Grenze , in der sie aufgestellt wiui
nämlich für die Vögel an , so lässt sich Folgendes für und wider sagen : Der Bew|
dafür, dass die Zellen die harnsauron Salze anziehen, soll darin liegen, dass sie di
gefunden werden ; offenbar ist mit diesem Vorkommen noch nicht bewiesen , dass
aus dem Blut zunächst in die Zellen dringen und von da erst dann in die ßö
lichtung gelangen, wenn sich die Zellen damit überfüllt haben. Eben so gut köi
die hanisauren Salze in verdünnter Lösung aus den Glomerulis in die Canälcl
kommen; sie können dort die Zellen durchtränken, sich in ihrem Verlauf durch
Röhrchen sowohl in der Lichtung der letzteren, wie in den Zcllenhöhlen verdichi
und niederfallen. Da die in den Zellen enthaltenen Niederschläge durch diese letzl
selbst festgehalten werden , so kann es sich auch ereignen , dass die in der Lichl
enthaltenen harnsauren Verbindungen ausgeschwemmt werden , während die ersi
liegen bleiben. Diese Erklärung gewinnt im Gegensatz zu der von Wittich gegebefi]
an Gewicht durch die Beobachtung, dass die zugebundenen Vogelnieren , statt sich
Harnsäure zu füllen, sie im Gegentheil verlieren (Beckmann). Jedenfalls tritt
Thatsache sehr entschieden gegen die Harnsäureanziehung der Zellen auf. — Um
Uebergang der Harnsäure in die Eöhrenhöhlung zu erläutei-n, nimmt Wittich
dass die Zellen zerstört würden. In dieser Annahme liegt insofern etwas Logis^
als sich entweder das Anziehende oder das Angezogene verändert haben muss , wi
die aus dem Blut stammende, in der Hamröhrenlichtung enthaltene Flüssigkeit
Stoffe wieder aus den Zellen an sich nehmen soll , die ihr so eben , als sie noch
Blut war, durch die Zellen entzogen wurde; dieses gilt um so mehr, als
Wittich jene Flüssigkeit Blutserum sein soll. Denn dächte man sich in den Zi
anziehende Wirkungen und die von ihnen angezogenen Stoffe unverändert , so köniii
die letzteren nicht wieder aus den Zellen entfernt worden durch die Flüssigkeit,
sei denn , man wolle annehmen , dass die anziehenden Kräfte der Flüssigkeit
grösser und bald kleiner als die der Zellen seien , je nachdem sie in den Blutgeßil
oder in den Harncanälchen gelegen sei. — Nimmt man nun an, dass die Zelle ze;
wird, so müsste sich dieses bei der grossen Menge von Harnsäure im Vogelbarn
oft ereignen , und demnach müssten sich auch sehr viele Zellen neu bilden ; fit»
sich nun in der Niere Formstufen , die auf einen solchen Vorgang hinweisen ? —
Flüssigkeit, welche die festen Bestandtheile des Vogelharns entfernt, soll
Wittich darum aus den Glomerulis ausgeschieden werden, einmal weil die Gi
schlingen unter Berücksichtigung des Druckes doch etwas aussondern müssen , das
gesonderte könne aber keine Harnsäure sein, weil die Gefässe nicht mit Zellen S
kleidet seien und weil die Zellen in der Nähe der Müll er' sehen Capsel keine hsn
sauren Niederschläge enthalten; ferner auch darum nicht, weil hier der Druck »1
Absonderungsursache wirken müsse, der, da ihm keine chemische Kraft innenwohne;
Hypothese toh 0. Ludwig.
427
■ lindertes Sorum zum Vorschein bringen werde. — Begreiflich lässt sich aber auch
Vbwesenheit clor Niederschläge in den Zellen nahe an den Glomerulis dadurch be-
n , dass hier die Harnsäure führende Flüssigkeit noch nicht die Dichtigkeit oder
aupt noch nicht die Veränderungen erlitten hatte, die zum Pestwerden jener Ver-
.adungen nöthig sind. Aus allem Diesen geht hervor, dass die thatsächlichc Nöthi-
rflg, sich der B o wm an - W i t ti ch' sehen Annahme anzuschliessen , noch sehr
iring ist.
Die Gründe, aus welchen man so allgemein die Anziehungshypothese festhält,
»ssen also tiefer liegen ; vorzugsweise scheint darauf zu wirken die Erfahrung, dass an so
den Orten, namentlich in der Leber, in den Speichel-, Schleim-, Samendrüsen u.s.w.,
• frühere Zelleninhalt einen wesentlichen Theil des späteren Drüsensaftes ausmacht,
m setzte also auch Gleiches in der Niere voraus, indem man stillschweigend unter-
lUte, es sei der allgemeine Charakter der Zellen, eine lebhafte chemische Thätigkeit
.entwickeln; eine kurze Umschau über die verschiedenen Zellenarten lässt aber bald
nennen, dass statt dieser nicht allgemein gültigen, eine andere allgemeine Leistung
ggestellt werden muss, die nämlich, dass die Zelle einen eigenthümlichen chemischen
rgang abgrenzen kann, wo ihr ein solcher gegeben ist. — Indem man nun die Nieren
tt den andern Drüsen verglich, konnte man nicht übersehen, dass die Nieren nicht
raugsweise bilden, sondern nur ausscheiden, also wurde hier der Zelle statt eines
r«eugungs- ein Anziehungsvermögen zugetheilt. Hierdurch entstehen aber neue
nwierigkeiten , denn was soll das für ein Stoft' in der Zelle sein, der Säuren, Basen,
isi und indifferente Körper aus allen Naturreichen gleich gnt anzieht. Und wenn es
f.en solchen gäbe, wie würden die von ihm angezogenen Körper wieder frei.' Für
Ii Letztere lägen zwei Möglichkeiten vor, entweder die angezogenen Stoffe änderten
th und btissten dann ihre Verwandtschaften ein , oder der anziehende Stoff ginge zu
sonde. Beides müsste eine Folge zurücklassen, die im Harn sichtbar wäre. Zählt
tai hinzu, dass nach Unterbindung der Niere bei Säugethieren (Hermann) und
ggeln (Beckmann) die Niere frei von Hambestandtheilen wird, so ist man schwer-
11 geneigt, die Zellen als Sammler der letzteren anzusehen.
Wenn man die Zelle als eine Einrichtung ansieht, die in ihrem geschlossenen
lanenraum einen chemischen Vorgang isoliren kann , so wird man leicht zu der Be-
Duptung kommen, dass wo ein Binnenraum sei, auch ein eigenthümlicher chemischer
rrgang stattfinde , weil das Erstere ohne das Letztere unnütz sei. Jeder Kenner der
[janischen Natur wird diesen Grund, obwohl er kein strenger ist, gelten lassen;
mit würde aber auch die Zelle einen Antheil an der Harnbildung gewinnen, der ihr
•inzipiell auch nie abgesprochen wurde, der aber factisch unbekannt ist. Man sagt
<« etwas Selbstverständliches aus, wenn man hervorhebt, dass die Haut des Harn-
laälchens ohne die Zelllage andere endosmotische Eigenschaften haben würde, als sie
' t derselben hat, und dass, wenn chemische Neubildungen in dem Zelleninhalt statt-
'.den, diese den durch die Eöhre wandernden Harn ändern würden.
3) Eine andere Hypothese zieht in Betracht die eigenthümliche Art des Blut-
'.•oms durch die Nieren und die Erscheinung, dass die Wandung zahlreicher Capillar-
■steme des thierischen Körpers für eiweissartige Stoffe und Fette endosmotisch undurch-
inglich ist. Von diesem Boden ausgehend, stellt sie nun die Vermutliung auf, es
ichte der Blutdruck, welcher auf der innern Fläche der Gofässe des Glomerulus
ht, das gesamrate Blutserum, weniger Eiweissstoffe , Fette und die mit denselben
rbnndenen Salze durch die Blntgefässwandungen in das Lumen der Hamcanälchen
'ntrciben. Die hier angelangte Flüssigkeit würde allmälig durch die Hamcanälchen
428
Hypothese von C. Ludwig.
treten und auf diesem Wege in endosmotisohe Beziehung kommen zu dem conzentHrt»/
Blut, welches in den Capillaren läuft, die jenseits der Glomeruli die Hamcanälohij
umspinnen (C. Ludwig). Im Einklang mit dieser Hypothese ist zuerst die Beobacll
tung, dass die Geschwindigkeit der Harnabsonderung in einer unbezweifclbaren Ji»»
Ziehung zum Spannungsunterschied zwischen dem Inhalt der Harn- und Bluti.'
steht; — sie wird unterstützt durch die Thatsachen, welche das Eingreifen der Dill um
in die Hambildung darthun; weiter dadurch, dass wenn von zwei Nieren, die gleii
jseitig, und somit aus demselben Blut Harn erzeugen, die eine mehr Wasser abgo!
dert als die andere, sie auch mehr Harnstoff aus dem Blut nimmt; die Hypothese ei
klärt endlich ohne Schwierigkeit, warum das Blut so vielerlei und so verschied«
Stoffe durch die Nieren entlässt und nur wenige zurückhält.
Um zu erklären , warum die in den Harn übergehenden Bestandtheile in ihm
einem ganz andern Verhältniss vorkommen als im Blut, giebt es verschiedene Wi
Setzt man voraus, dass die in den Glomerulis ausgeschiedene Flüssigkeit Plasma, weni|
Ei weiss und die damit verbundenen Salze sei, so muss, da auch die Häute der
canälchen in ihrem weitem Verlaufe für Eiweiss undurchgängig sind, zunächst
Bestreben entstehen, das Wasser aus dorn daran sehr reichen Harn in das Blut
führen, und zwar so lange, bis die Kraft, mit welcher das Wasser diesseits und ji
seits der Haut festgehalten wird, gleich wäre, vorausgesetzt, dass der Harn lan{
genug in den Canälchen verweilte. Indein dieses geschieht, werden aber auch sehr bi
die Harnstoffe und Salzprozente dos Harns höher sein, als die des Blutes, und
wird also die endosmotische Ausgleichung auch durch den Uebergang jener Stoffe
werkstelligt. Die Menge jedes einzelnen dieser Stoffe , die in den Canälchen zurü(
bleibt, würde dann abhängig sein von dem Unterschiede ihrer Dichtigkeit im H(
und Blut und von der DifTusionsgeschwindigkcit , die ihr zukommt in Anbetracht d{
besondern Uebergangswiderstandes , den die trennende Haut entgegensetzt. Da nun bi
kanntlich durch die bis dahin untersuchten Häute das Na Cl viel rascher geht als KO Kjl
und 2NaOHOP05, so würde es damit in Ueboreinstimmung sein, dass trotz
grossem Dichtigkoitsunterschiedes der beiden letzten Salze , sie sich doch im VerhSIl
niss zum NaCl viel reichlicher im Harn als im Blut finden können. Anders beim HartI
stoff; nach Hoffmann diffundirt durch den Herzbeutel eine 50 (r)prozentige Harnstoff
lösung noch einmal so geschwind als eine 2(3,5 proz. Kochsalzlösung ; also dürften bei4i
Stoffe bei gleicher Dichtigkeit etwa gleiches Diffusionsvevmögen besitzen , und sonÄj
würde man bei dem geringem Harnstoff- als NaCl-Gehalt des Blutes vorausse'
müssen, dass der Harnstoff im Harn sich nie wesentlich anhäufen dürfe. Soi
bleibt unter Aufrechterhaltung der andern Bedingungen entweder nur übrig , eine
sondere Struktur in der Canälchenwandung anzunehmen , die die Diffusionsgeschwim
keit herabsetzt , oder zu unterstellen , dass das Na Cl unter Umständen duixh
der chemischen analoge Kraft in das Blut zurückgenommen werde.
Aus den oben hingestellten Annahmen lässt sich auch ersehen, warum das in das Blut
eingespritzte Wasser nicht sogleich die Absoheidung desselben durch den Ham mehrt
das Wasser wurde nämlich , insofern sich nicht auch gleichzeitig der Gehalt des In-
halts der Canälchen an festen Bestandtheilen gemehrt hatte , wieder in das Blut zurück-
genommen. Es wüi'de die Mehrausscheidung von Harn also erst dann beginnen können
wenn sich durch eine von dem Wasser eingeleitete Diffusion zwischen Geweben unJ
Blut die Salze des letzteren vermehrt hätten.
Eine Frage von besonderer Art, die durch die vorstehenden Hypothesen gsr
nicht gelöst wird, ist die, warum wird das Eiweiss nicht in die Hamcanälchen über
Ausstossung des Harns aus der Niere; Ernährung der Niere.
429
it? Dcim wenn auch nach Valentin und Schmidt bei der Filtration von
isslösungen die durchgegangene Flüssigkeit weniger Albumin enthält, als die auf-
^sL'ue, so enthält sie doch Albumin, und ebenso enthält bei einer möglichst bald
sh dem Tode angestellten Filtration von Blut durch die Niere in die Harncanälchen
-rgehende Flüssigkeit Eiweiss (Loebcll). Zur Aufhellung dieser dunkeln Seite
; eres Vorgangs dienen vielleicht die neuerlichst entdeckten chemischen Vorgänge im
tiern der Niere, durch welche möglicher Weise das Eiweiss ausgeschlossen werden
imte. Heynsius glaubt in der That den Umstand, der dieses ausführt, schon ge-
dden zu haben, und zwar in der Säure, welche das Nierengewebe immer und nament-
i auch das solcher Thiere enthält, deren Harn schon imCalyx alkalisch reagirt. Die
aeidekraft der Säm-en hält er aber darum für feststehend, weil diffundirendes und
virendes Blut durch eine Amnios-Haut mehr Eiweiss entlässt in destillirtes
isser, als in Harn oder in ein durch Essigsäure angesäuertes Wasser. Es wäre zu
uischen, dass diese wichtige Beobachtung zu Gunsten der Harnabsondeining noch
mrch erweitert würde, dass sie wo möglich mit der Säure, welche der Niere eigen-
■mlich, angestellt würde, wobei zugleich zu bestimmen wäre, ob diese Säure in
rer so grossen Verdünnung , wie sie in der Niere vorkommt , noch wirksam wäre. —
Wahrscheinlichkeit aber, dass der chemische Vorgang in der Niere sich an der
«Schliessung des Eiweisses betheiligt , wird noch dadurch erhöht , dass einige im
jsser lösliche Bestandtheile des Nierenextraktes nicht in den Harn übergehen ; sollten
vielleicht ähnlich wie in der Leber auch hier in das Blut eintreten Die Epithelial-
le ist hier wie überall zu Hülfe genommen, um die Abwesenheit des Eiweisses zu
Wären. Dieser Satz wird dadurch gestützt , dass im Eiweissharn zuweilen Epithelial-
fen der Harncanälchen gefunden werden; er bedarf keiner Widerlegung.
Die Ausstossung. des Harns aus der Niere ge-
uielit unzweifelhaft durch den aus den Blutgefässen nachdringen-
rn Harn; ist er einmal aus der Papille, oder besser gesagt,
?3 der leicht zusammendriickbaren Verlängerung der Harnkanälchen
eer die Nierenoberfiäche getreten, so kann er in die Niere nicht
eeder zurückkehren ; denn die Papille wirkt genau wie ein Röhreu-
mtil (E. H. Weber).
Ernährung der Niere. In der fertigen Niere geht ein
;bsständiger Stoffwechsel vor sich , wie die beim chemischen Bau
örterten Thatsachen beweisen. — Nach reichlicher Fettnahrung
l len sich namentlich bei der Katze die Zellen der Harnkanälchen mit
ttt (Lang). Krankhafter Weise schuppt sich häufig das Epi-
ijlium ab und es mehrt sich der formlose Bindestoif zwischen
am- und Blutgefässen. — Nach Unterbindung der Nierenarterie
ibwinden unter vorgängiger Erweichung (Brand) die Nieren häufig
rasch, dass 36 Stunden nach vollendeter Operation keine Spur
bhr von denselben aufzufinden ist (Schultz). Die Erweichung
.ginnt in der Cortikalsubstanz und ergreift zuerst die Gefässhaut
r Glomeruli. — In der fertigen Niere bilden sich zerstörte Hara-
ld Blutkauäle nicht wieder.
430
Ureter; Harnblase.
Beckenneigung.
Horizont.
llarnröliro .
B. Ureteren und Blase*).
1) Das untere Ende des Ureters durchbohrt die Blasen wai
schief, so dass er auf einer kurzen Strecke zwischen Schleim-
Muskelhaut hingeht. Die nothweudige Folge dieser so oft
Organismus wiederkehrenden Verbindungsart von Canal und Bj
hälter besteht darin, dass bei eine
jeden Druck, der von der innei]
Blasenfläche hei- wii'kt, der Uret
geschlossen wird ; mit eiuemWor
es ist dadurch ein Ventil gegebeij
welches den Sti-om des Harns w
vom Ureter zur Blase möglic
macht. — Au dem Uebergang
Blase in die Harnröhre A (Fig. 5'i
faltet sich die vordere Blasenwag j
B zu einer Grube ein. Daraif
würde folgen, dass bei gefölltd
Blase die Harnröhre ohne Zuth"
eines Muskels geschlossen werde
kann (Kohlrausch).
2) Die Muskeln des Ureters sind bekanntlich quer- und län
laufende; ihre Nerven treten aus dem Lendengrenzstraug ; der
Sprung derselben soll nach Valentin und Kilian bis in die S
hügel hinauf verfolgt werden können. Die Bewegungen, welch
sie einleiten,, sind immer peristaltische , nie antiperistaltische, d.
es laufen dieselben immer in der Richtung von der Niere zur Bla
Wenn man, während eine Bewegung im Fortschreiten begriffen i
ein beliebiges Stlick Muskelsubstanz an der Zusammenziehun
z. B. durch einen Druck auf dieselbe, hemmt, so steht die
wegung an der gedrückten Stelle still; durchschneidet man d"
Ureter des Hundes, so geht die Bewegung nur bis zum Sei
(Vulpian). Im normalen Verlaufe des Lebens kommen die N
ven nur zeitweise in Erregung; die Pausen zwischen den Zeit
der Erregung verkürzen sich, wenn aus der Niere viel Haru er
leert wird; aber selbst wenn gar kein Harn entleert wird, komm
doch dann und wann fortlaufende Zusammenziehungen zu Staude.
Die Zusammenziehungen erfolgen nicht nothwendiger Weise gleic
zeitig in den beiderseitigen Ureteren , so dass die Nerven eines jede-
von besonderen Orten aus erregt werden müssen. — Ein aiis-l
") K 0 Ii I r 11 u sch, Anfttomic uiul l'liysiologie der ÜCikenoigmic. 18S4.
Bewegung der Harnblase.
431
i liiiittener Ureter bewegt sieb niclit mebr, weder peri- noch
L listaltisch (Donders)*).
Am todtcn Thier ist die Urctcreiibewcgung sichtbar, wenn künstliche Athiiuing
»leitet wird (Yulpian); auch ohne diese ist sie am Meerschwein zu beobachten.
Die Muskeln der Blase, der Detrasor und Spliincter, stehen
ih Kohl rausch in der Beziehung zu einander, dass sich die
den des ersteren in die Züge des letzteren einflechten; es ver-
; sich also der die Blase verengende Detrusor zugleich als ein
Blasenmündung umgebender Radialmuskel, der bei seiner Zu-
iimenziehung die Harnröhrenöffnung erweitert. Die Nerven der
i^enmuskeln treten aus dem Grenzstrang der Lenden (und des
Buzbeins?); ihre Ursprünge sind nacbBudge**) mit Leichtigkeit
lin das Lendenmark nachzuweisen, nach Kilian und Valen-
sollen sie durch das Rückenmark hindurch bis in das Hirn
>';in zu verfolgen sein. — Die Erregungen des m. detrusor treten
.dllkührlich und wahrscheinlich auf reflectorischem Wege ein,
Hientlich immer nach Anfülluilg der Blase, öfter auch nach ver-
tteten Hauterregungeu , z. B. nach allgemeinen Bädern. Durch
iahrung der Blasenschleimhaut in der Nähe der Ureterenmün-
igen kann nach Ch. Bell***) am leichtesten die Zusaramen-
nung des Detrusor ausgelöst werden ; man vermuthet darum, dass
Druck, welcher bei gleichzeitiger Anfüllung der Blase und der
iteren auf jene 8chleimh autnerven ausgeübt werde, die gewöhnliche
sinlassung zur reflectorischen Erregung abgebe. Wenn die Ner-
des Detrusor einmal erregt sind, so veranlassen sie einige
hindurch Harndrang; dieser verschwindet jedoch allraählig
üer, selbst wenn die Blase nicht entleert wurde. Die harnaus-
oende Wirkung des m. detrusor kann durch die Zusammenziehung
Bauchmuskeln unterstützt werden. Der Sphinctcr des Blase
willkührlich beweglich. Reflectorisch erregbar ist er von der
lleimhaut in der Blasenmündung und in dem Beginn der Harn-
•e (Cl. Bell). — Die Ursache, warum der Harn nicht stetig
•äufelt, sondern in der Blase zurückgehalten wird, soll liegen in
schon erwähnten ventilartigen Hervorragung der Blasenmündung
'Ohlrausch), in der Elastizität des Sphincters und der Prostata
iittich)t) und endlich nach einer verbreiteten Ansicht in der
) Onderzoekingen etc. Jaar h. p. 62.
) Virchow'n Archiv. XV. Bd.
') Romberi;, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. I. Bd. 40«.
•) Medizin. Jahrbucli. Bd. II. 12.
432
Veränderung dos Harns in der Blase.
tonischen Zusammenziehung des letztern Muskels. Da die todi
Blase den in ihr augehäuften Harn zurückhält, so ist unzweifelh;
auch ohne Muskelhilfe der Blasenschluss möglich. Der Druck,
die Oeffnung der todten Blase erzwingen soll, muss nach WittichJ
und Rosenthal bis zu 900 M.-M. Wasser ansteigen, nach Heideil
hain**) und Colberg bei weiblichen Hunden auf ] 30 M.-M.,
männlichen auf 380 M.-M. Die letzteren Beobachter beweia
auch, dass die lebende Blase einen viel höhern Druck als die to
ertragen kann , bevor sie sich entleert. — Wie hoch der Druck
unter dem im unversehrten Thier der Harn für gewöhnlich stell
ist unbekannt. Also bleibt es ungewiss , ob eine tonische Erregt
des Sphincters zum Schliessen der Blase nothwendig ; noch wenig
ist entschieden, ob eine solche besteht. «i
Die Schleimhaut der Ureteren und der Blase ist mit eine
geschichteten, aus cylindrischen und platten Zellen zusamme]
gefügten Epithelium bekleidet. In der Umgebung der Blasenmt
dung sind in die Schleimhaut einfach traubige Drüsen eingebettd
welche einen schleimhaltigen Saft absondern. .jj
Veränderung des Harns in der Blase, a) Harngi
rung. Während des Aufenthaltes in und nach seiner Entfernung
der Blase verändert der Harn durch Selbstzersetzung seine Reaktijj
entweder zu einer stark alkalischen oder zu einer stark sauren.
Die alkalische Reaktion ist abhängig von einer Umwandln
des Harnstoifs, welcher unter Aufnahme von Wasser in kohle
saures Ammoniak übergeht. In Folge dieser Ammoniakbilduäp
wird der Harn durch einen Niederschlag von phosphorsaurem Ki
getrübt. Sie ereignet sich in der Blase selten und scheint vorzu^
weise bei Rtickenmarkslähmungen , bei denen sich auch eine rei^
liehe Blasenschleimabsonderung einstellt, beobachtet zu werdi^
In. diesen Fällen geht die Umsetzung des Harnstoffs so rasch
sich, dass sie selbst eintritt, wenn der Harn nur kurze Zeit in
Blase verweilte, nachdem diese vorher mit lauem Wasser wie4|
holt ausgespült worden war (Smith)***). — Im gelassenen Hä
kommt zu einer gewissen Zeitperiode diese Umsetzung immer vOi|
Die saure Gährungf) wird eingeleitet durch den Harnblase
schleim und durch Luftzutritt, wie daraus hervorgeht, dass sie|l
•) Rosenthal, de tono musonloniin imprimis sphinctenim. Königsberg 1857.
•»)Müller's Archiv. 1858. 437.
•**) Uomberg, 1. c. p. 73.5.
t) Scherer, Liebig's Annslen. 42. Bd^ 171.— Liebig, ibid. 50. Bd. Ifil. — Virclionf
Archiv fiir |)iithol. Anatomie. VI. Bd. 25!). — Lehmnnn, Pliysiolog. Chemie. II. Bd. 401.
Veränderung des Harns in der Blase durch Diffusion.
433
tax gelassenen Harn unterbrochen werden kann, wenn er vor
m Luftzutritt bewahrt und der Schleim von ihm abfilträt wird,
.den späteren Stadien derselben entstehen aber auch Gährungs-
ize ( S c h e r e r , V i r c h o w , Lehmann). Ihre hervoiTagendsten
M)dukte sind Essig-, Benzoe-, Oxal- und Milchsäure. An der
dung der ersten betheiligt sich wahrscheinlich der Farbstoff
ich er er, Lieb ig), während die Benzoesäure aus der Zer-
rung der Hippursäure , die Milchsäure wahrscheinlich aus dem
räker hervorgeht. Ist die saure Gährung ausgeprägt vorhanden,
I trübt sich der Harn duüch Ausscheidung von Harnsäure oder
irem harnsauren Natron. Scher er macht darauf aufmerksam,
*s dieser Prozess Veranlassung zu Harnsäureconisretionen geben
un. — Im diabetischen Harn entsteht durch Gährung Buttersäure
Dönberg, Scherer) und . Essigsäure neben CO2 und Am
ceubauer *).
b) Veränderung durch Diffusion **). Bei den Nummern, welche
Harnstoff, Na Gl, Wasser u. s. w. handeln, wurde schon be-
Ikt, dass nach Kaupp der tägliche Harn eines auf gleiche
iise lebenden Menschen, wenn er zwölf Mal des Tags entleert
(de, mehr von den genannten Stoffen enthält, als wenn er nur
iiimal täglich aus der Blase gelassen wurde.
Um die Unterschiede, die hier eintreten, ersichtlicher zu machen,
ten wir folgende Zahlenreihe hin, welche durch die grosse,
wissenschaftlicher Begeisterung geleitete Untersuchung Kaupp's
■onnen ist. Die Zahlen bedeuten das mittlere Uebergewicht,
}jhes die verzeichneten Werthe in dem in 12 Stunden 12 Mal
eeerten Harn über den nur 2 Mal entleerten gewonnen hatten.
Wasser . 87,3 C. C. PO5 . . . . 0,17 Gr.
Harnstoff. 0,93 Gr. SO3 .... 0,06 „
Na Gl. . . 0,79 „ Feste Best. 2,12 „
Dieser Verlust, welchen der Harn bei längerem Aufenthalt in
Blase erleidet, kann abhängen von einer Diffusion, welche
lächen dem Blut- und dem Blaseninhalt eintritt, aber er kann
II bedingt sein dadurch, dass die gefüllte Blase den Ab'fluss
Harns aus dem Ureter hindert. Um diese Alteraative zu ent-
eiden, würden die Versuche fortzuführen sein, welche Kaupp
tHunden begonnen, denen "er Harn von bekannter Zusammen-
) Llebig'B Annalen. Fcbrunr 1856.
I Archiv fllr phy». Heilkunde. 1856.
ndwig, Pliygiologlo II. 2, Aulloge.
28
434
Miiimlicho Geschlechtswerkzeugn ; ftnatomischcr Bau der ITodcn.
Setzung in die leere Blase einspritzte, während die Ureteren
bunden waren.
Männliche Geschlechtswerkzeuge.
A. Hoden. •»
1. Anatomischer Bau. Das Charakteristische der Samenk
chen besteht darin, dass ein jedes sich ununterbrochen schlän
und oft anastomosirt , bevor es in das vas deferens ausläuft
dass jedes einzelne der zahlreich . vorhandenen von verhäl
mässig weitem Lumen ist, während ^er Gang, in dem alle R
chen ausmünden, ein verhältnissmässig sehr schwaches Kaliber
sitzt; es verengert- sich also das Gesammtlumen der Samenrö'
vom Anfang zum Ende des Hodens. Diese Verengung scheint
keineswegs eine stetig fortschreitende, sondern eher eine auf-
absteigende zu sein; so hat es offenbar den Anschein, als ob
in den ductus efferentes so ungemein verschmälerte Bett der (~
einigt gedachten) Samenröhrchen in den coni vasculosi sich wi
erweiterte und gegen das vas deferens wieder verengere. —
Wand der Samenkanälchen ist aus elastischen muskelfreien B"'
geweben gebildet, dessen innere Fläche mit kugeligen D
Zellen belegt ist; ebenso sind die Wände der ductuli efferefi
gebaut, mit der Ausnahme jedoch, dass das Epithel ans e"
Lage konischer Zellen besteht, welche zu allen Zeiten, also a
im unreifen Hoden, Wimperfäden tragen. Die Haut der S:
kegel und die des Nebenhodenkanals enthält ausser dem elastis
Bindegewebe auch noch Muskelzellen und ihr Epithel ist aus .
mehrfachen Lage von cylindrischen und dünnwandigen Zellen'
baut, die sich zur Zeit der Geschlechtsreife mit sehr langen
pem versehen (0. Becker)*). — Die Wand der Nebenhoden
steht, von aussen nach innen gezählt, aus einer elastischen B'
gewebshaut, aus drei Lagen von Muskelzellen, nämlich einer
leren Kreis- und einer äusseren und einer inneren Längenschi
ferner aus einer Schleimhaut mit zahlreichen Grübchen und en
aus einer Lage von Plattenepithelium. — Die Capillargefässe'
Hodens, welche aus der langen und engen art. spermat. entsp
gen, sind nicht zahlreich; sie sammeln sich in ein vielfach an
mosirendes Netz von weiten Venen.' — Aus den Hoden gehen se
*) Moleschott, üntersnchüngeii. II. Bd. 71.— KBllikcr, Handbuch der Geweb«"
lU. Auflage. 514.
Samen.
435
aminöse Lymphgefässe hervor. — Die Nerven des Hodens und
Desondere des vas deferens, welche aus dem Lenden- und Sa-
dtheil des Grenzstraugs hervortreten, sollen ebenfalls bis in
Hirn zu verfolgen sein. — Auf der inuern Fläche der tunica vagi-
ss communis, wo sie den Hoden mid Nebenhoden umschliesst,
► zwischen ihm und der tunica propria findet sich eine Lage von
ibkelzellen (Kölliker) ; von diesen aus sollen sich Muskeläste
rrecken gegen die tunica albuginea und in die Scheidewand
ischen die Läppchen des Hodens (Kouget).
lieber die cliemischen Eigcnthümlichkeiten des Hodens liegen nur Notizen vor.
?odeler gewann aus den Hoden des Hundes Krystalle, die dem Kreatin ähnlicli
u; Berthelot giebt an, dass das Hodengewebe rascher als Caseiu, Fibrin und
,1 das Glycerin und den Mannit in Zucker umwandelt.
2. Samen*). Eine mechanische Scheidung zerlegt den von
II Hoden abgesonderten Saft in einen flüssigen und in einen aufge-
iwemmten Theil. Dieser letztere enthält bestimmt geformte Gebilde,
zwar entweder Samenfäden und Samenzellen zugleich oder auch
Samenzellen. Das zuletzt erwähnte Vorkommen f Anwesenheit
Samenzellen bei Mangel an Samenfäden) findet sich ganz all-
i*ein vor den Pubertätsjahren (in dem sogen, unreifen Samen)
häufig, aber keineswegs immer, in sehr hohem Alter und zu-
ken in chronischen Krankheiten (Duplay).
Aus den Canälen des reifen Hodens ist meist das Epithelium
iiichwunden und statt dessen findet sich der Hohlraum der Röhr-
[iQ ausgefüllt mit Samenzellen , die von 1 bis zu 10 und 20 Kerne
r;eu; geht man in denCanälchen weiter gegen die ductus eflferentes,
;'.ommen neben den genannten auch Samenzellen vor, welche statt
rundlichen, verlängerte Kerne enthalten und noch weiter sieht
II den Kera birnfönnig, an dem spitzen Ende mit einem
inen Ausläufer versehen , der endlich zum Schwanz des Samen-
'ins auswächst, während der Kern vollkommen die Form des
laenfadenkörpers annimmt, worauf sich die Sam'enfäden in
Höhle der Zellen zu regelmässigen Bündeln zusammenlegen,
langen die so veränderten Zellen in die ductus efferentes , so platzt
Haut derselben und es werden die Samenfäden frei, so
) Külliker, Handbuch der Gewebelehre. 3.Aufl. 620. — Duplay, Archives g(Sn(frnles. Ddo.
— Valentin, Lehrbuch der Physiologie. 2. Aufl. II. Dd. 1. Abthlg. p. 41. — Leukart
•Frerichs), Todd, Cyklopnedia. IV. I3d. p. 540. - M o 1 osch o tt und Ulohe ttl. Wiener
Jinlache Wochenschrift. IHr,!,. 274.- Ankermann, Zeitschrift für Wissenscham. Zoologie,
i Bd. — Kölliker, ibidem. Vn. Bd.
28*
436
Bewegung der Samcnfiidcji.
dass im Schwanz des Nebenhodens und im vas deferens sich
diese letzteren neben geringen Beimengungen von Körnchen u
Zellen finden (Kölliker).
In dem frischen, aus dem lebenden Thier genommenen Ho<
zeigen alle die Fäden Bewegungen, welche sich jenseits der vi
efferentia befinden , keineswegs aber die , welche in den Canälcl
und den genannten Gängen enthalten sind (0. Becker). Es körn
jedoch alle Fäden, also auch diejenigen, welche an ihrer nat
liehen Lagerstätte ruhig sind, durch passende Mittel zu Bewegung
veranlasst werden , in günstigen Fällen selbst noch am diitten Ta
nach dem Tode des Thiers, dem der untersuchte Hoden angehöi
Diese Bewegungen gehen ursprünglich von dem Schwanz, nii
aber vom Kopf aus, denn Kölliker hat gefunden, dass der
getrennte Schwanz sich noch bewegt, der abgetrennte Kopf alJ
ruht. Der von dem platten, nach vorn etwas zugespitzten Ko|
ausgehende lange fadenförmige Schwanz krümmt sich bei die«!
Bewegungen ohne regelmässige Folge bald da, bald dort hin
her und streckt sich rasch wieder; hierbei entwickelt derselbe hj'^'
reichende Stosslu'äfte, um eine Ortsbewegung des ganzen Fadi
zu veranlassen , welche denselben in einer Sekunde um 0,27 MM.
gerader Linie weiterschieben kann (He nie). Bei diesen Be
gungen weichen die Fäden Hindernissen aus, die ihnen eutge^*^
treten, so dass es den Anschein gewinnt, als ginge in den
wegungsakt eine sinnliche Wahrnehmung und eine Schätzung
bevorstehenden Hemmung ein.
Die Bewegungen können für längere Zeit erlöschen und daj
unter günstigen Bedingungen wieder kommen; sie scheinen
möglich zu sein in den Temperaturgrenzen von 12 bis 46" C, fe^
nur so lange, als die Samenfäden sich in einem gewissen Grad ^^i-
Quellung und in einer bestimmten, nicht näher zu bezeichnend»
chemischen Verfassung befinden. Die Bedingungen, unter dem
die ruhenden Fäden wieder zur Bewegung gebracht werden a
die bewegten beruhigt werden, sind nicht überall mit denen gl
durch welche der reizbare Nerv und Muskel erregt werden fc
oder seine Erregbarkeit einbüsst.
Die Bewegung erhält sich unverändert in allen thierischen Flüssigkeiten yon
lerer Conzentration und schwach alkalischer Reaktion; sie verschwindet dagegen,
die Säfte sauer oder durch ammoniakalische Beimischungen stark alkalisch sind.
Bewegung erhält sich ferner in 1 prozentigen Lösungen von NaCl, KCl, AmCl, NaO
KONO5, und in 5— 10 prozentigen Lösungen von 2NaOHOP05, NaOCGj, NaOS'
MgOSOs, BaCl; ferner in mittelstarken Lösungen von Zucker, essigsaurem Morphii
Absonderungsgeschwindigkeit des Samens.
437
lium und Stryohnin (Valentin, E. Wagner, Krämer, Ankermann,
.chott, KölUker). Alle, die genannten Lösungen heben dagegen die Be-
;en auf, entweder wenn sie so wässerig sind, dass die Samenfäden darin stark
ion, oder so conzentrirt, dass sie schrumpfen. Im ersten Fall kann ein Zusatz
z, im letzten Fall ein Zusatz von Wasser die Bewegung wieder hervorrufen
■vc-rmann). Sind die Bewegungen in den günstig wirkenden Lösungen der
Hinten Stoffe erloschen, so können sie oft noch vorübergehend durch Aetzkali her-
»rufen werden. — Die Bewegung sowohl wie die Fähigkeit dazu erlischt un-
rerbringlich entweder augenblicklich, oder nach wenigen Minuten in Lösungen von
rroz. CIH, in sehr verdünnten Lösungen von Metallsalzen (z. B. Sublimat von
pCt.) und allen Säuren , in Chloroform , Alkohol , Aether , foeosot u. s. w.
ingen von Gummi und Dextrin verhalten sich wie reines Wasser (Ankermann
Iliker). Elektrische Schläge haben keinen Einfluss auf die Bewegungen, ein
tanter Strom wirkt nur durch seine elektrolytischen Ausscheidungen. — Die Be-
i.chkeit der Samenfäden von Vögeln, Amphibien und Fischen verhalten sich zu den
unten Eeagentien nicht immer wie die der Säugethiere und der Menschen. Siehe .
hber KS Iliker 1. c.
Ueber die chemisclien Eigenschaften des Inhaltes des Hodens
des vas deferens ist Folgendes bekannt: Die Samenfäden
Säugethiere können nicht vollständig gelöst werden durch con-
mrte SO3, NO5, Ac; sie sind ferner unlöslich in kohlensaurem
rron; in kalter Lauge von 50 pCt. KO quellen sie stark auf, in.
imer lösen sie sich (Kölliker). Die mit Wasser ausgewasche-
Samenzellen des Hodens enthalten einen eiweissartigen Körper,
Samenfäden auf gleiche Weise behandelt, einen in Kali lös-
nu Eiweissstoff, ein butterartiges Fett und phosphorsauren Kalk..
Die Samenflüssigkeit ist im Inhalt des Hodens nur in geringer
:ge da, sie ist klebrig, reagirt alkalisch und enthält einen in
■5ser löslichen, durch Kochen nicht gerinnenden Eiweisskörper
iilliker) oder Schleim und NaCl (Frerichs).
Sperma aus den Nebenhoden und vas deferens des reifen Ochsen gab Kölliker
00 Theilen: 82,09 Wasser, 15,26 organische Stoffe (darunter 2,16 Fett) und
Salze. — Das Sperma des unreifen Stieres gab 88 pCt. Wasser.
3. Die Absonderungsgeschwindigkeit des Samens. Vor der
lertät geht die Bildung des unreifen Samens zuerst äusserst
■jsam vor sich; denn in dieser Zeit wird, so weit wir wissen,
kein Saft aus dem Hoden entleert. — Nachdem mit den Puber-
iahren die Absonderung eines vollkommenen Samens zu Stande
ommen, kann sie bis in das hohe Alter bestehen; Duplay
1 in den Hoden SOjähriger Greise noch Samenfäden; übrigens
l nach demselben Beobachter bei Hochbejahrten di^ Samenfäden
«t spärlicher vorhanden, und fehlen auch nicht selten gänzlich,
438 Samon-Borcitung und -Entleerung; Beiwerkzeuge des Hodens.
oder sie sind mindestens missgestaltet. Man vermuthet, dass ei
öftere Entleerung des Samens die Neubildung desselben beschli
nige. — Bei Individuen mittleren Alters fehlen zuweilen die Sann
Täden; die Beziehungen, welche man zwischen gewissen krai
haften Störungen der allgemeinen Ernährungsprozesse und der ai
bleibenden Bildung von Samenfäden vermuthet, haben sich dur
die Untersuchungen von Duplay nicht bestätigt.
4. Samenbereitung. Die Formfolge bei der Entmcklung t
Samenfäden ist schon soeben nach der Angabe von Kölliker {
schildert worden. Danach ist ihre Bildungsstätte die Samenze)
Die gekrümmten und langen Wege, die häutigen Anastomosen U
endlich die Enge des vas deferens bedingen eine hinreichend Isü
same Bewegung des Samens von den Anfängen zu den Enden (
Hodens, um die zur Formentwicklung nothwendige Zeit zu {
Winnen. — Die Bedingungen für die Entstehung des Samenfade
müssen theils in der Blutzusammensetzung und theils in Zustand
des Hodens selbst gesucht werden. Für den letzteren Satz spi-9
vor Allem die Beobachtung von Duplay, dass bei demselben
dividuum in dem einen Hoden der Samen fadenhaltig und
•andern fadenfrei sein kann. Worin diese Bedingungen liegen, ^
unbekannt, sicherlich nicht in dem Säftereichthum desselben üb
haupt, da Hoden, welche einen normalen Samen erzeugen,
Mittel nicht schwerer sind, als diejenigen, welche dieses nicht v
mögen (Duplay).
5. Die Entleerung des Hodens kann möglicher Weise vera
lasst werden durch die in der tunica vaginalis comm. vorhanden»
Muskeln; die Anwesenheit eines serösen Sackes (tunica vaginä
propria) deutet mindestens auf eine Verschiebung der beiden Bläi
'desselben, also auf selbstständige Hodeubewegungen hin. Die A
treibung des Sperma aus den Nebenhoden muss dagegen begüu
werden durch die von Becker nachgewiesenen Cilien, welil
einen Strom vom Hoden zum vas deferens einleiten. — Der in
vas deferens entleerte Samen vdrd durch die Muskelbeweguni
dieses Schlauchs , nicht aber durch die Zusammenziehungen, d
m. cremaster (L. Fick) gegen die Samenbläschen hin ausgestossi
wo er mit andern Drüsensäften vermischt und endlich in die Hi
röhre entleert wird. Seinen weiteren Weg verfolgt die Zeugungsiel
B. Beiwerkzeuge des Hodens.
Das* Weliige, was über die Absonderungserscheinuiigen d<
serösen Hodenhaut bekannt ist, wurde schon S. 259 erwähnt. -
iiii'
Accessorische Samendrüson ; Erektion des männlichen Gliedes.
439
Muskel des Samenstranges (Cremastei) ist ein unwillkürlich
■ veglicher.— Die tunica dartos, welche aus einer Lage gekreuzter
skelzellen besteht, verkürzt sich meist nur dann, wenn sie ab-
kühlt oder mit Elektrizität geschlagen wird. Zuweilen auch unter
Einwirkung eines Druckes auf dieselbe, lieber eine Art von
tbmischer Bewegung in derselben siehe Betz*).
C. Accessorische Samendrüsen (vas deferens, Samen-
sen, Prostata.)
lieber ihre Ernährung und die in ihnen vorgehende Säftebildung
so gut wie nichts bekannt. Die beiden ersten Gebilde sondern
■ e den Hodensaft verdünnende Flü^igkeit ab (E. H. Weber) **);
m es ist, wie das Mikroskop lehrt, die Zahl der Samenfäden
^^•leichen Portionen Inhalts der vasa deferentia viel bedeutender, als
denjenigen der vesiculae seminales. Da man keinen Grund hat
uiuehmen, dass sich Samenfäden in den Bläschen auflösen, so
in die Erscheinung nur aus einer Verdünnung des Hodensaftes
■ch Zusatz neuer Flüssigkeit erklärt werden.
D. Das männliche Glied.
Nachdem schon an verschiedenen Stellen von den Schweiss-
11 Schleimdrüsen des Penis gehandelt wurde, beschränken wir
hier auf die Erektion und die Betheiligung des Gliedes an
men- und Harnentleerung.
1. Die Erektion***) ist abhängig von einer Veränderung des
itstr^ms im Penis , die durch die Nerven des letzteren eingeleitet
d. Die Lumina der Gefässröhi-en sind nämlich in dem Penis
angeordnet, dass sehr enge spiralig gewundene Arterien in
itiv weite, von Balken durchzogene Säcke (corpora cavernosa)
nden, welche wieder in enge Venen übergehen. In diesem
iirenwerk strömt das Blut nun entweder in der Art, dass sein
tendruck nicht genügt, um die Cavernen auszuspannen, oder
■is er beträchtlich genug wird, um sie stratf zu pressen gegen die
•Ösen Häute bis zur vollkommenen Steifung des Gliedes. Der
(äammenhang dieser Strömungsänderungen und der Penisnerven
') Ilenle's und Pfenfer's Zeitschrift. N. F. I. Bd. 331.
) Zusätze zur Lehre vom Bnuo und den Vorrichtungen der Geschlechtsorgnne. Leipzig 1846. 397.
!••) Krause, MUllcr'g ArcliiT. 1837. p. 1. — Günther, Untersuclmngen und Erfahningen
■jebiete der Anatomie u.s.w. Hannover 1837.— Arnold, Anatomie acsMcn.schen. — Kobelt,
Wollustorgan. Frcihurg 1844. — Kohlrausch, Zur Anatomie und Physiologie der Bcckcn-
inc. Leipzig 18!H. — Kölliker, Würzburger Verhandlungen. II. Bd. N. 8 u. a. — Ilaus-
nn, Heber die Zeugung und Entstehung dos wahren woiblichen Eies u.s.w. Hannover 1840.—
Iget, Rechcrclies sur les organes ereotilcs de 1« femmo In Brow n - Sdiiuard's Journal de
Biologie. I. Bd. p. 32ü.
440
Mechanismen der Erektion.
ist dui'ch die Folgen ihrer Zerschneidung bei Pferden erwiej
worden (Günther); diese Operation beschränkt nämlich eba
sowohl die vollkommene Steifung, als die vollkommene ErschlaflFa'
-des Gliedes. Der Strom scheint eine mittlere Spannung anz
nehmen.
Der Mechanismus, welcher diese Stromveränderung einleitet, wird verschied
artig aufgefasat. — a) Die StromMndernisse in den Arterien werden vermind-
(Hausmann) z. B. durch Erschlaffung ihrer Wandung; daraus würde natürlich e'
Erweiterung ihres Querschnitts entstehen. Gründe für diese oft ausgesprochene Behau
tung giebt es keine. Als einen Gegengrund für dieselbe .könnte man den Erfolg
Nervendurchschneidung am Penis selbst ansehen; denn indem die Gefässnerven hier
mit verletzt und somit die zuführende» Arterien ausgedehnt werden, müsste nach i.
Operation Erektion eintreten. Dieses geschieht aber, nicht. — b) Steigerung d
Stromhemmnisse in den ausführenden Röhren. Die Vertheidiger dieser Ansicht ha'_
zwei Möglichkeiten aufgestellt. Entweder es werden zusammengepresst die Yen
Stämme (dorsalis, bulbosae, plexus venosus santorini) durch die musc. ischio-
bulbocavemosus und adductor prostatae) *). Abgesehen davon, dass diese Muskeln
erwähnten Venen zu comprimiren vermögen, führt diese Vermuthung für sich an:
Anwesenheit tonischer, oder klonischer Krämpfe in den Muskeln während der Erek'"
und nächstdem die Beobachtung, dass bei einer Injection dünnflüssiger Massen in d'
todten Penis die Stoifung desselben erst dann zu Wege gebracht werden kann , wen
man die Venen desselben ganz oder theilweise zuschnürt (Krause). So annehmt;
von disser Seite diese Vorstellung ist, so darf andererseits nicht verkannt werd
dass man willkürlich die erwähnten Muskeln zusammenziehen kann, ohne damit
Erektion zu Stande zu bringen. — Im Anschluss an diese Annahme steht die and
dass sich die Oeffnungen, welche die Cavemen und die ausführenden Venen verbind
selbst verengern und bei einer weit gediehenen Anfüllung des Penis sogar ganz v.7_
schliessen möchten. Diese Hypothese wird für die corpora cavemosa penis sehr wah
scheinlich angesichts der leicht zu constatirenden Thatsache , dass die Injectionsm-
oder Luft, die man durch eine künstliche Oeffnung geradezu in die Hohlräume
spritzt, nicht in die ausführenden Venen übergeht, selbst wenn man einen bedeutend
Druck anwendet, ünläugbar verlangt dieses Verhalten die Anwesenheit von Her
nissen an der Grenze von Cavemen und Venen , wenn sich die letztern ausgeda'^
haben , obwohl noch der anatomische Nachweis derselben fehlt (Kobelt, Koh-
rausch). Die Schwierigkeiten, welche diese Erklärungsart der Erektion mit
führt, liegen nun aber darin, dass sie einmal nicht feststellt, wodurch die Cave
zuerst zu dem Grade von Anfüllung kommen, der nöthig ist, damit die klapp'
ähnlichen Apparate in Wirksamkeit treten können ; dann aber lässt sie uuerörtert ,
der Penis wieder abschwillt, da seine Klappen ununterbrochen wirken, wie man
der Leiche sieht. — Auf keinen Fall können aber, wie schon erwähnt wurde, ähn-
liche Vorrichtungen wirksam sein bei der Anschwellung der corp. cavernos. urethral
und der Eichel, da die in ihre Höhlen eingeblasene Luft den Ausweg leicht durcli
die Venen findet. — c) Die dritte Annahme , welche KÖUiker in weitester Ausdeh-
nung vertritt, behauptet, dass die Mündungen der zu und von den Caverncn füh-
•) Das ist der vordere Theil des muskulösen Bcckenzworchfells,
Ausstossung von Harn und Samen aus der Harnröhre.
441
denGefässe wesentlicli unrerändert bleiben, dass aber die Uaverncnwandungen nach-
jiger würden, so dass sie von dem einströmenden Blute leichter als früher zu er-
,;ern wären. Die Ursache der Erschlaflfung finden Kölliker und Kohlrausch
der Erregung der Penisnerven, welche zu ihren Muskeln in einem ähnlichen Ver-
rniss stehen sollen , wie die nn. vagi zum Herzmuskel. Mit Gewissheit kann allor-
5 8 die Behauptung ausgesprochen werden, dass eine kräftige Zusammenziehung der
Kölliker und Valentin in den corpora cavemosa entdeckten .Muskeln die
iition gerade unmöglich machen , weil sie so angelegt sind , dass ihre Verkürzung
\Volum des Penis minderte; so sah es Kölliker, als er den, Penis eines Hin-
ibhteten mit elektrischen Schlägen behandelte, und so ist das abgekühlte Glied,
wn Muskeln zusammengezogen sind, immer sehr klein und derb. Damit ist aber
trlich nicht die Behauptung erwiesen , dass die Muskeln des Penis ein dem
Lis und Herzmuskel analoges Verhalten zeigen. Kücksichtlich des letztern Punktes
um so grössere Vorsicht nöthig, als es sehr wahrscheinlich ist, dass der
jis nicht geradezu den Herzmuskel erschlafft, sondern andere auf ihn wirkende
jgungsursachen ausser Wirksamkeit setzt ; zudem widerspricht der Annahme von
liker der Umstand, dass eine Injection von Flüssigkeit in den todten, voll-
'nen schlaffen Penis erst dann die Steifung erzeugt, wenn der Abfluss der Flüssig-
durch Verengerung der Venen gehemmt ist. — d) Arnold weist endlich auf die
lichkeit hin, dass das Strombett des Blutes in dem gesteiften Penis ein ganz
rres sei , als in dem schlaffen ; er glaubt sich nämlich überzeugt zu haben , dass
BBlut auf zwei Wegen aus den Arterien in die Venen gelangen könne; einmal durch
Haren , welche auf den Wänden der Cavernen verlaufend in die Venen einmünden,
rdann durch Zweige, welche direkt in die Cavemen übergehen. Diese Möglichkeit
80 lange bestritten werden müssen, bis diese beiden Wege genauer dargestellt sind.
Ueber die vorübergehende Erektion der Eichel und die mannichfachen Erregungs-
t!)l der Erektion handeln Kobelt und Valentin ausführlich.
2. Ausstossung von Harn und Samen aus der Harnröhre. Da
üe Urethra die Ausführungsgänge der Samen - und Hanibehälter
( den , ohne dass die eine der beiden Flüssigkeiten in die Wege
andern eindringt, so müssen Vorrichtungen bestehen, welche
beiden Säften immer nur einen Weg anweisen. Als Schutz-
fei der Samenwege, welches den Eintritt des Harns in dieselben
i.indert, ist anzusehen der schiefe Gang, welchen die samen-'
Öhrenden Röhren durch die Wand der Urethra nehmen. Als
Hemmung für den Weg des Samens in die Harnblase be-
ihtet Kobelt das caput gallinaginis , welches ebenfalls, mit
wellkörpern versehen , zur Zeit der Erektion die Blasenmtindung
'topft. — Da nun aber auch bei abwesender Schwellung der
Pen nicht in die Harnblase gelangt, so muss schon der normale
renschluss als Hinderaiss genügen. — Der Harn wird schon in
Urethra mit hinreichender Kraft getrieben, um aus der Mün-
derselben in einem Strahl befördert zu werden. Anders ver-
es sich mit dem Samen, der durch die schwachen Muskeln
I
442 Woiblicho GoBchlcchtsorgano; anatomischor Bau des Eierstocks.
der Samenbläschen nur bis in die Harnröhre getrieben wird; ai
dieser befördern ihn die Ziisammenziehungen des m. bulbocavt
nosus. — Bei der Steifung des Gliedes ist das Eindringen d
Samens in die Harnröhre noch besonders erleichtert, da diese ;
jener Zeit in Folge der Ausspannung ihrer Wände ein geöffnet
Lumen besitzt. Der Harn findet aber zu dieser Zeit an dem g
schwollen en Schnepfenkopf ein Hinderniss, so dass er durch de
gesteiften Penis nur schwach abfliesst.
Weibliche Geschlechtswerkzeuge. *
A. Eierstock.
1. Anatomischer Bau. Das Stroma des Eierstocks besteht a
Bindegewebe, glatten Muskelfasern (?) und Blutgefässen; in di§
Massen sind eingebettet unreife, reife und zerstörte Eikapseln, t|
das Ganze (Stroma und Eitheile) ist umzogen von einer fibrös
Hlille. Die Blutgefässe des Eierstocks haben an derjenigen sein
langen Seiten, welche von der Trompete abgewendet ist, einen Ba
wie er in Schwellkörpern gefunden wird. Zwischen diese Gefä|
treten Muskeln in das Ovarium, welche in Verbindung stehen
den Muskelztigen , die im Kg. uteri latum verlaufen und von da
das lig. uteri rotuudum, den Uterus und die Tuben übergelfi
(Rouget)*) — Die reife Eikapsel ist ein kugeliger Sack, dern
Flüssigkeit (Eiwasser) geflült ist. Die Wand dieses Sackes best(
nach aussen hin aus Bindegewebe, dann folgt eine strukturlö
Haut und auf diese eine mehrfache Lage von Zellen (Körnerhai
und in dieser liegt das Eichen, Die Elemente der Körnerhaut, i
sammengedrückte, getrübte, kernhaltige Zellen, liegen zum gröss|
Theil in einer nur mehrfachen Schicht auf der strukturlosen
des Sackes an, an einer Stelle aber sammeln sie sich so zahlreid
dass sie einen kleinen Hügel bilden (Keimhügel), und in dimj
ruht das Eichen eingebettet. Dieses selbst besteht, vom Gen
an gerechnet, aus einer hellen Zelle mit dunklen Pünktchen (K
bläschen und Keimfleck), diese liegt in einem trüben Tröpfol
(Dotterkugel), welches endlich von einer breiten, durchsichtig!
zähen Schaale (Dotterhaut, Eiweissschicht) umgeben wird.
2. Chemische Beschaffenheit **). Die Grundmasse des
Stocks besitzt wahrscheinlich die Zusammensetzung des elastisdi«
•) Journal elc Physiologie par Brown -Sdq II ard. 1. 320.
*•) Gobley, rharmazcut. Centrallilatt 1S47. — Dersclhc, Journal rto pliarmacie. ""^J
XVn. und XVni. Bd. Fremy und Valonoionncs, Journal de pharmacie. 3me Se'r. XXW
Chemische Beschaffenheit des Eierstocks; Eibildung.
443
ulegewebes. Die Eigenschaften der strukturlosen Eikapsel, der
iiibrana granulosa und des Eiwassers sind ganz unbekannt. Die
iiuraensetzung des menschlicbeu Eies können wir seiner Klein-
wegen nicht durch direkte Untersuchung in's Klare bringen,
die Bestandtheile des reifen menschUchen Eies schliessen wir
um nur aus der Untersuchung des thierischen. Unter Be-
iakungen halten wir uns hierzu berechtigt, weil die Unter-
hungen von GQ,bley, Valenciennes und Eremy gezeigt
)eu, dass wenigstens analoge Bestandtheile das Ei sehr ver-
icdener Thiere. zusammensetzen. Die quantitative Zusammen-
hang ist in den verschiedenen Eiern durchaus ungleich.
Nach Gobley, Valenciennes und Premy findet sich in den Eiem aller
hbelthiere Albumin, Margarin, Olein, phosphorhaltige Fette und die gewöhnlichen
•;salze. Dazu kommt bei den Vögeln ein eigenthümlicher eiweissartiger Körper, das
I Hin , welches bei den Knochenfischen durch Ichtidin und bei den Knorpelfischen
■.:h lehthin vertreten wird. — Um eine Vorstellung von der grossen Complikation
Zusammensetzung des Hühnereies zu geben, zählen wir seine Bestandtheile auf:
umin, ViteHn (C 52,8, H 7,2, N 15,1, 0 26,16), Margarin, Olein, Cholestearin,
tthin, Cerebrin, Zucker, Na Gl, KCl, NH4CI, KOSO3, SCaOPOs, SMgOPOs, NaOCOa,
,., ein rother eisenhaltiger und ein gelber Farbstoff, Wasser.
3. Bildung und Ausstossung des Eies *). Ueber die Form-
;je des entstehenden Eies ist uns Einiges bekannt. Zuerst tritt
fauf als eine grosse, durchsichtige, kernhaltige Zelle , welche im
iitrum eines Haufens kleiner, mit trüblichem Inhalt gefüllter
Ren liegt (Steinlin). Diese letztern Zellen gleichen schon
uz denen der spätem membrana granulosa. In einer zweiten
imstufe umgiebt eine strukturlose Haut die Zellenmasse; auf die
>sere Fläche dieser Hüllenanlage setzt sich später das Binde-
f,'ebe an, auf die innere die membrana granulosa.
Die Bedingungen zur Bildung von Eiern können während des
iizen Lebens, vielleicht mit Ausnahme einiger Krankheiten (z. B. der
i Ichsucht) und der des höheren Alters, vorhanden sein, denn es
'len sich selbst in den Eierstöcken der Embryonen schon An-
;en von Eikapseln. Ihi-e vollkommene Ausbildung erlangen aber
)Cr, Poggcndorf's Annalen. 7!). Bd. 308. — Barroswill, Schcror's Jalircsbcricht Uber
.Chemie fUrl849. p. 100. — Winkler, Glossener Jahresbericht über Chemie. 18-17 u. 48. 868.—
SC, Llebig's Annalen. Bd. «4. p. 127.
■)BiHchoff, Entwiolteliingsgeschichtc der .Säugetliiorc und des Menschen. Leipzig 18-12. —
^ selbe, Beweis der von der Begattung unabliiingigcn Losstossung der Eier. Oicsson 1844. —
ckart, Zeugung in Wagncr's Handwörterbuch. VX. Bd. — Bisohoff, lienlo's und
ufer'B Zeitaclirifl. N. F. IV. Band. 129. — StelnUn, ZUrlcher Mltthollungon. 1849.—
llfcer, Gewebelehre. 3. Aufl. 63«.
I
444 Ausstossung dos Eies ; Eileiter.
die Eier nur während eines bestimmten Lebensabschnittes
Frauen, der in unsern Gegenden mit dem 14. bis 15. Jahre begini
und nach dem 40. schliesst. Einzig während dieser Periode werde:
auch die Eier aus dem Ovarium ausgestossen ; dieses geschieli
dadurch, dass in den Binnenraum der Kapsel mehr und raeh
Flüssigkeit eindringt, so dass diese endlich, nachdem sie das m
gebende Gewebe verdrängt und sich über der Oberfläche des Ei^
Stockes erhoben hat, platzt. Die aus der Kapsel hervorstürzend
Flüssigkeit spült dabei das locker angeheftete Eichen auf die frd
Fläche des Eierstockes. Dieser Hergang erfolgt bei Thieren, vri
Bischoff nachgewiesen, nur zur Zeit der Brunst und beim Mensch«
nur zur Zeit der Menstruation ; er bleibt beim Menschen wahrscheia
lieh jedesmal nur auf ein oder mehrere Eier beschränkt. WähreiiS
der Dauer der Schwangerschaft ist die Ausstossung der Eier unt^
brochen. — Nachdem das Säckchen das Ei ausgestossen, schrum||
es unter Faltenbildung zusammen, ohne dass jedoch dadurch de
ganze Hohlraum zum Verschwinden kommt. Dieser letztere fllli
sich anfänglich mit Blut und allmälig mit einer von der Haut aw
gehenden Zell- und BindegewebsAvucherung. Diese Rückbildui^
geht langsamer zur Zeit der Schwangerschaft vor sich, als olm(
dieselbe. Darum findet man eine mit mehr oder weniger weit zßx
setztem Blut gefüllte Capsel (corpus luteum) deutlich bei den wäh
rend der Schwangerschaft gestorbenen Individuen (Meckel
Bischoff.)
B. Eileiter.
Der Eileiter empfängt seine physiologische Bedeutung daduri
dass er die Eier aus dem Ovarium in den Uterus überführt. Di
Wenige, was wir über seine Lebenserscheinungen wissen, beziel
sich auf diesen Vorgang, beziehungsweise auf die dabei stattfifl'
denden Bewegungen. Diese letzteren werden entweder duri
Muskeln oder durch ein Flimmerepithelium ausgeführt.
Die Muskeln gehören zu den glatten ; die Nerven , unter de!
Einfluss sie stehen, verlaufen in den unteren Partien des Gr
Strangs. Die Muskeln bedingen je nach ihrer Anordnung einen v(
schiedenen Erfolg. — Diejenigen, welche sich vom freien Ende d^J
Tuben zu den Ovarien erstrecken, nähern bei ihrer ZusammeD-j
Ziehung die beiden genannten Theile. Rouget vermuthet, di
sie sich in Folge reflektorischer Anregung zusammenziehen, wenni
das Eichen reif und sein Sack zu platzen im BegrilF ist. Es würde
dann durch sie das Anlegen der Fimbrien an den Eierstock nnJ
L
irii
w
Eileiter; Fruohthälter ; Mensti-uation. 445
s Eindringen des Eies in die TubenhöMe ermöglicht. — Die
Hskeln, welche die Höhlung der Tuben selbst umschliessen, werden
Stande sein, sie zu ändern. Die Bewegungen, die man an
ften beobachtet, sind immer fortschreitende; das Weiterschreiten
im ebensowohl A'Om Eileiter zum Fruchthälter als in der um-
kehrten Kichtung geschehen. Diese Bewegungen, welche durch
wanische und mechanische Erregungsmittel hervorgerufen werden
Qunen, ti'eten häufig auch ohne nachweisliche Veranlassung
f, und zwar geschieht dieses Letztere ebensowohl, wenn der
eeiter noch in seinen normalen Verbindungen sich vorfindet,
wenn er gemeinschaftlich mit dem Uterus ausgeschnitten ist.
!j eigenen Muskeln des Eileiters verhalten sich also ähnlich denen
i! Darms.
Die Flimmerzellen der Eierstöcke, deren Faden in der Art
lawingen, dass sie einen Strom von dem Ovarium nach dem
;3rus hin veranlassen, zeichnen sich vor allen übrigen durch ihre
yserordentliche Empfindlichkeit gegen schädliche Einflüsse aus.
Die Fortbewegung der Eier durch die Tuben geschieht nach
11 Beobachtungen von Bischoff und Hyrtl ausserordentlich
fgsam, indem 5 bis 8 Tage (beim Menschen und Hund) nöthig
(d, um sie durch den Eileiter hindurchzufördern. Dm'ch welche
urichtungen die Bewegung so verlangsamt wird, ist nicht be-
unt; denn sie müsste rascher vor sich gehen, wenn das Ei dem
oam der Flimmerhaare oder der peristaltischen Bewegung der
sskeln folgte.
C. Fruchthälter.
Die Wand des Uterus ist zusammengesetzt aus Muskelfasern,
»Iche so laufen, dass die Höhle des Fruchthälters allseitig zu-
nmengepresst werden kann; ferner besteht sie aus Blutgefässen,
tlche sich im Körper des Uterus zu einem wahren Schwellgewebe
»talten (Rouget), und aus einer Schleimhaut, die im Cervix
Pflaster-, im Fundus mit Flimmerepithelium besetzt i^. Die
mpem sind jedoch erst in der mannbaren, nicht aber in der
eeifen Gebärmutter vorhanden.
Menstruation. Vor der Pubertät macht sich der Uterus
»oig bemerklich, und nach derselben auch nur zur Zeit der
uwangerschaft und der Regeln. Unter diesen letztern versteht
■n bekanntlich eine in vierwöchentlichen Zwischenräumen wieder-
irende blutige Ausscheidung aus der Gebärmutterhöhle.
446 Chemischo Zusammonsetzung dor MonstrualflUssigkeit; Erscheinen derselben.
1. Chemische Zusammensetzung der Menstrualflüssigkeit *) &
stellt ein Gemenge von flüssigen und festen Körpern dar. Die
geschwemmten Massen bestehen aus Blut- und Lymphkörperchs
Epitheliumzellen ; die flüssigen enthalten "Wasser, Eiweiss, Fas'
stofiV Fette und alkalisch reagirende Salze. ,4
Ueber den Faserstoifgehalt bestehen Controyersen ; Simon, Vogel und f
auch Denis fanden das Blut, welches aus dem Uterus ausgetreten, weder gerin"
noch enthielt es Paserstoifflocken. Nach E. H. Weber**), der in dem Uterus 8"
Person, die wähi-end der Menstruation gestorben war, Faaerstoifgerinnsel fand,
dieses nur darum der Fall, weil das Blut kurz nach seinem Austi-itt auf die Ute-
fläche gerinnt und aus diesem Gerinnsel Blutkörperchen und Serum austreten, währ*
der Pasertolf wenigstens zeitweilig zurückgehalten wird. — Mit dieser Anna
stimmen neue Untersftchungen von Denis und He nie überein, welche im Menstr"
blut Gerinnung beobachteten.
Ueber die quantitative Zusammensetzung des Mensti-ualblu
besitzen wir Angaben von Simon, Denis und J. Vogel;
Mittheilungen des letztem Autors dürften darum am zuverlässigs
sein, weil er die Flüssigkeit unmittelbar aus der vorgefaUenen
bärmutter sammelte. Nach ihm enthielten zwei Portionen des A '
flusses, von denen die eine zu Beginn und die andere zu Ende
Menstruation aufgefangen war, in 100 Theilen gleich viel Wass"
nämlich 83,9 pCt.; ein Serum, das aus diesem Ausfluss gewonn'
war, enthielt in 100 Theilen 93,5 Wasser; unter 6,5 pCt. fes
Bestandtheilen befanden sich 0,65 pCt. feuerbeständiger Salze. Di
wenigen Thatsachen scheinen doch hinzureichen zu dem Schlu"
dass die untersuchte Flüssigkeit kein reines Blut gewesen sei. i
2. Das Erscheinen der Menstruation***) ist von verschiede'
Umständen abhängig, a) Die Menstruation kommt nur dann
Stande, wenn sich aus dem Ovarium ein Ei ablöst. Der Be
für diese Behauptung liegt darin, dass man jedesmal, so oft-
möglich war, die Leiche einer während der Menstruation vers^
benen Person zu untersuchen , in dem Eierstock entweder eine r
oder so eben geplatzte Eikapsel fand, und ferner darin, dass ket
Frau menstruirt ist, der in Folge einer Operation oder der
sprünglichen Entwickelung die Eierstöcke fehlten. Die Verknüpf
beider Vorgänge ist jedoch insofern keine nothwendige, als es
gekehrt beobachtungsgemäss möglich ist, dass ein Eiaustritt
•) Litzmann, Artikel Soliwangerschaft inWagner's Handwörterb. Ill.l.— Lcuckart,'Ii
*•) 1. c. p. il8.
*•») Tilt, Valentin's JiihiesbericlitUberPhysiol. für 1860. 132. — Hannover, ibid. 1851.189'
S z u k i t s , Zeitschrift der Wiener Aerzte. 1857.
Dauer und Geschwindigkeit dos Mensti'ualflusses.
447
;onkann, ohne dass die Regeln in merklicher Weise eintreten. —
Die Regeln können nur erscheinen, wenn ein gewisses Lebens-
'3r erreicht und' ein anderes nicht überschritten ist. Das Alter,
feh dessen Vollendung die Menses auftreten, wechselt mit dem
ma und der Lebensweise. Nach statistischen Beobachtungen
tt der mittlere Eintritt derselben im nördlichen Deutschland in
I 16., im südlichen Frankreich in das 13. und in den ti-opischen
iddern in das 11. bis 9. Jahr. Die Städterin soll im Durchschnitt
ein Jahr früher menstruii't sein, als die Bewohnerin des Landes.
her das Alter, in dem die Menstruation verschwindet, sind We-
ier allgemeine Regeln festgestellt; in unsern Gegenden hört die
msti-ualblutung gewöhnlich mit dem 40. bis 45. Jahre auf oder
tt von da an nur sehr unregelmässig ein. — c) Wenn eine Men-
iialblutuug stattgefunden hat, so muss ein gewisser Zeitraum
-streichen, bevor eine neue eintreten kann. Die Zeit, welche
•ischen je zwei Reinigungen liegt, beträgt gewöhnlich 4 bis 4
II eine halbe Woche. Abgesehen davon, dass sich hier indivi-
'jlle Verschiedenheiten finden, soll sich auch der ünteiischied der
imate geltend machen, und namentlich giebt man an, dass in
«dlichen Gegenden die Menstruationen seltener aufeinander folgen,
in südlichen. — d) Endlich ist es eine Regel, die nur seltene
^nahmen erleidet, dass nur das ungeschwängerte Weib der
tnatlichen Reinigung unterworfen ist.
3. Die Dauer und die Geschwindigkeit des Blutflusses sind
rr variablen Werthes , indem namentlich die Dauer des Ausflusses
den verschiedenen Fi-auen zwischen einem bis zu acht Tagen
'wankt. — Im Allgemeinen soll bei magern, lebhaften und süd-
idisciien Frauen die Geschwindigkeit des Ausflusses grösser sein,
bei fetten, trägen und denen des Nordens.
Zahlenangaben wie die, dass die norddeutschen Prauen und die Engländerinnen
!ois 105 Gr., die süddeutschen 240 Gr., die Italienerinnen und Spanierinnen 360 Gr.
die Frauen der Tropen 600 Gr. Flüssigkeit verliefen sollen, müssen mit einem
enommen werden.
4. Die Veränderungen, welche man in dem Uterus während
Dauer der Menstruation beobachtet hat, bestehen in einer An-
*'wellung seiner Wand ; diese soll bedingt sein durch eine Füllung
• Bchwellgewebes , welche gleichzeitig mit der eintritt, die in
iD Ovarium bei Loslüsung eines Eies aus demselben beobachtet
u'd. Die Steifung beider Schwellkörper findet aber ihren nach-
448 Mochanismus des Blutflussos ; anatomischer Bau der Brustdrüse.
sten Grund in der Hemmung des Blutstroms ihrer abführenden VeUijE
welcher veranlasst wird durch die Zusammenziehung der die lezteri
umgebenden, im lig. latum verlaufenden Muskeln. In Folge dies
Steifling mehrt sich auch die Spannung des Bluts im Uterus lu
zwar soweit, dass sie den Eintritt des Blutflusses bedingt (Rouge
Neben diesen im Innern der Wand stattfindenden Vorgängen änd(
sich auch die Schleimhaut; namentlich fällt das Flimmerepitheliu
ab, und ihre Masse selbst schwillt an, so dass sich häufig, wö
auch nicht immer (Bischoff), die Uterindrüsen vergrössern. Q
schiebt dieses letzte, so schwitzt auf die gesammte innere
fläche des Uterus eine weiche weisse Haut aus, die Decidua.
5. Die Ausstossung der in die Gebärmutterhöhle ausgeti'eteiK
Flüssigkeit wird wahrscheinlich auf verschiedenen Wegen besorg
Zum Theil mag die Flüssigkeit einfach ausfliessen , zum Theil ab
wird sie sicher durch die Bewegungen des Uterus, die als wehe
artige Schmerzen empfunden werden, in die Scheide befördai
auf dem letztern Wege muss* offenbar auch die Entfernung d
festen Masse (des Faserstoffgerinsels und der etwa gebildeten Q
cidua) geschehen, Bemerkenswerther Weise bleiben diese letzta
oft sehr lange in der Gebärmutter liegen, so dass sie mehre
Wochen nach Beendigung der Regeln, in der sogeu. weissen M.^
struation, mit Schleim vermischt entleert werden.
Ueber die Erektion der Scheide siehe Kobelt in dessen Wfi
lustorgan und die Gegenbemerkungen dazu bei Rouget; die F^
und Schleimdrüsen der Vagina sind schon früher emähnt.
Milchdrtisen.
1. Anatomische Beschaffenheit der weiblichen Brustdrüse
Ihre Höhlen sind im Allgemeinen angeordnet wie die einer tn
bigen Drüse mit mehreren Ausführungsgängen, z. B. der Thräna
drüse; der Milchdrüse eigenthümlich sind die länglichen E
terungen in den- grösseren Ausfuhrungsgängen kurz vor deren M
dung. Die Wandung enthält durchweg eine strukturlose Groi
läge, auf der Innern Seite derselben liegt in den Endbläschen
vieleckiges und in den grössern Gängen ein cylindrisches Epithi
lium. Auf der äussern Seite ist die strukturlose Wandschicht in d
stärkeren Gängen mit einer Lage glatter Längsmuskeln belegt, dii
■4
*) Kölliker, Handbuch der Gewebelehre. 2. Aufl. 550.— He nie, Jahresbericht über
skoplsche Anatomie für 1850. 31. - Reinhardt im Arohiv fUr pathol. Anatomie. I. Bd-
Eckhardt, Beitrüge zur Anatomie und Physiogielo. 1855. 1.
Milch. Muttermilch.
449
K)ch nicht bis in die Brustwarze hinreichen. — Die Gefässe um-
iinen mit den gewöhnlichen Maschen in traubigen Drüsen die
jcheu; in der Milchperiode nimmt der Durchmesser derselben
^klieh zu. — Die Nerven , welche in das Innere der Drüsen
'3n, sind nicht sehr zahlreich; sie kommen zum Theil aus dem
ten bis sechsten Intercostalnerven ; ein anderer Theil unbekann-
l Ursprungs geht mit den Blutgefässen. Die erstem enden theil-
«je in den Muskelmassen der Drüse (Ekhard). — Die ganze
jse ist in einen muskulösen Hautbeutel eingeftillt; die Muskeln
tielben ziehen sich zwischen den Läppchen der Drüsen durch
:.as Bindegewebe, welches die Läppchen scheidet.
: Die männliche Brustdrüse gleicht der weiblichen , ausgenommen
ii ihre Endbläschen viel weiter und dafür sparsamer vorhanden
und dass den Ausführungsgängen die Erweiterung kurz vor
Mündung abgeht.
2. Milch*). Die Drüse liefert ihren Saft gewöhnlich nur bei
jjebornen beiderlei Geschlechts und bei schwangern und nieder-
»ammenen Frauen , sehr selten auch bei Männern. Wir schildern
sist die Eigenschaften der Muttermilch, d. i. deijenigeh, welche
IFrauen und Mutterthieren kurz vor oder nach dem Gebären
".sondert wird.
IDie Muttermilch ist ein bläulich weisser Saft, der schwach
rr oder neutral oder auch schwach alkalisch reagirt, sein spez.
licht schwankt zwischen 1018 und 1045. — Das Mikroskop
erkennen, dass er aus aufgeschwemmten Stoffen (Milchkügel-
., Colostrumkörperchen und Epithelialzellen) und aus einer
säigkeit besteht. Eine Scheidung beider Bestandtheile behufs
' chemischen Untersuchung hat noch nicht gelingen wollen.
.Der reichlichste Theil der aufgeschwemmten Bestandtheile, die Milchkügelchen
i-ettreich, die Flüssigkeit ist eine wässerige Lösung von Salzen und Eiweissstoffen ;
lollte demnach erwarten, dass sich das Serum und die Kügelchen der Milch in
ihres spezifischen Gewichtsunterschiedes trennton. Dieses geschieht aber selbst
■monatelangem Stehen nicht vollkommen; die grösseren der Milchkügelchen gehen
■nach oben (Oberes, Eahm), aber die kleineren und kleinsten bleiben inmitten
Iflüasigkeit. — Nicht viel weiter fühi-t die Filtration der frischen Milch durch
>Schcrcr, Milch in W ag n er' s Handwörterbuch. II Ud.— Clemm, Inquisitlonea chemlcae
•;ro8cop. etc. Göttingen 1840.— Bensch, Llebig's Annnlen. Gl. Bd. 221.— Gornp,
nir pliyslolog. Heilltundc. VlU. 717. — Griffith, Chem. Gozette. ISiS. 1Ü2. — Wilson,
•860. See. — A. BccquerelctVernois.Do lait chesi la femme. Paris 1850. — Wilden-
, Jonmnl ftir prakt. Clicmic. 68. Bd. 28. — v. Eueren, Ondcrüookingca gedaaii in hot
i»og. Laborator. 1848—49. 91. — Dumas, Compt. rend. XXI. Bd.— F. Hoppe, Vlrchow'i
. XVH. 417.— Ausserdem die LehrhHcher von Dumas, Simon, Lehmann, L'höritler.
idwig, Physiologie II. 2. Auüagc. 29
450
Muttermilch; Milch- und Colostrumkügelchen.
d
starkes Papier (Quevenne); auf dem Filter bleiben keine reisen Milchkugeln
durch dasselbe gehen noch immer sehr viele Molekularkörnchen. Dio letateren sollen
Hoppe im Filtrat vermieden werden, wenn man die frische Milch durch eine thie
Haut presst. Die gewonnene Flüssigkeit soll aber ärmer an gelösten Eiweisss
sein , als das unfiltrirte Milchserum. Ausser der Analogie liegt hierfür kein Bei
vor. — Versetzt man die Milch mit conzentrirter NaCl-Lösung, so lässt sie
leichter filtriren, und die E.ügelchen, welche auf dem Filter zurückbleiben, lassenk
mit Na Gl- Wasser auswaschen (Dumas); es ist wahrscheinlich, dass diese Kügen
von der normalen Zusammensetzung abweichen; aber wie weit, ist unbekannt.
Die Milchkligelchen sind kugelige Körperchen ; der Durchm
der kleinsten ist unmessbar, der der grössten = 0,025 M.M
sind Fettti-opfen , welche von einer Hülle umzogen werden,
nach seinen Reaktionen aus einem dem Casein nahe stehenden
weisskörper gebildet ist (Henle, E. Mitscherlich, Dums
Die Kügelchenhiille soll in der frischen Milch schwächer sein
in der seit Längerem entleerten (Filhol und Joly)*).' —
fettige Inhalt der Kügelchen (Butter) aus der Kuhmilch (also wi
scheinlich auch aus der Frauenmilch) kann zerlegt werden in 0^
und andere neutrale Fette. Aus diesen geht durch Verseifung I
vor: Eutin- (C.10H40O4) (?), Stearin - (C36H36O4), Palmitin- (C32H32jjä^
Myristin- (C2SH28O4), Caprin- (C20H20O4), Capryl- (C16H16O4),
pron- (C12H12O4) und Buttersäure (CsHs04) (L er ch, Heintz). I
gegebenen Formeln nach gehören diese Säm-en s'ämmtlich zur Gru
der Fettsäuren von dem Typus 2{CJi^)0i, von welchen abefl
der Butter nur die Glieder vertreten sind, deren Kohlen
Wasserstoffatomzahl durch 4 theilbar ist. Dem Gewicht nach
steht die Butter vorzugsweise aus Olein und Palmitin.
Da die Milchkügelchen aus zwei StoiTen bestehen , von denen der eine (0
ein grösseres und der andere (Fette) ein geringeres spezifisches Gewicht hat
Milchsäure, so erklärt es sich, dass ein Theil jener Kügelchen über das letzterei
während ein anderer in ihm schweben bleibt. In den Rahm müssen nämlid
Kügelchen gehen, welche im Verhältniss zum Casein das meiste Fett enthalten^jj
wahrscheinlich die grösseren. Demnach wird die Rahmbildung nicht allein vom',
gehalt der Milch überhaupt, sondern auch von der Art der Fettvertheilung abhffiu
Die Colostrumktigelchen bestehen wesentlich aus einem/]
sammengeballten Häufchen sehr kleiner freier Fetttropfen;
sammengehalten werden die Tröpfchen entweder durch die Hi
einer Zelle, in deren Hohlraum das Häufchen eingelagert, " ^
durch eine die Tröpfchen verklebende (caseinhaltige ?) Zwisch"
* Melsuner's Jahresbericht ftir 1857. 325.
Milchscrura ; chemische Zusanimflnsetzung.
451
östauz, so dass sie auch dann noch zusammenhalten, wenn die
lUiaut v erschwunden ist.
Das Milchsemm enthält in Lösung einen oder mehrere eiweiss-
[tige Körper, das Casem und das Albumin. Weil aus der
tchen Milch nur ein Theil der gelösten Eiweissstoflfe durch Er-
nten auf 750 C. und ebenso auch nur ein Theil durch Lab ge-
tt wii-d, so ist man geneigt, anzunehmen, dass der erste Eiweiss
II letzterer Casein sei. Das Verhältniss, in welchem die auf die eine
«r andere Weise gefällten Mengen zu den nicht gefällten stehen,
iert sieh in derselben Milch , aber mannigfach. So wird aus der
iten frischen Milch durch Lab weniger gefällt als aus der ge-
ihten (Heynsius); und aus der neuti-alisirten oder schwach
[gesäuerten Milch wird durch Kochen mehr gefällt als aus der,
Lche schwach alkalisch reagirt (Scher er). War die frische
ich durch Lab in der Kälte gefällt, so wird aus der abfiltrirten
llke ein weiter Theil abgeschieden, wenn sie über 40 bis zu 80*'
iltzt wü-d (Schübler, Scherer), der ganz die Eigenschaften
Caseins besitzt. Aus der frischen Milch wird durch CO2 nichts
Sällt, wohl aber aus der gekochten oder aus der, welche einige
tt gestanden (Hoppe). Lieberkühn*) giebt sogar an, dass
kalte wässrige Auszug . eines Milchrückstandes , der darch Ab-
oQpfen der Milch bei der Siedehitze bereitet wurde, einen Eiweiss-
ff enthält, welcher beim Erhitzen gerinnt. Aus alledem geht
wor, dass die eine oder die andere Abscheidungsweise keine
aarfen Trennungszeichen giebt. Zudem stehen sich Albumin und
!«ein , wenn sie möglichst von ihren Beimischungen befreit wurden,
nahe, dass es unthunlich ist, sie zu unterscheiden. Trotzdem wer-
wir in Folgendem den Sprachgebrauch Albumin und Casein
jehalten, um durch ein Wort andeuten zu können, ob die Siede-
le einen grössern oder geringem Antheil der gelösten Eiweiss-
ife aus der Milch ausfällt. — Das Milchserum enthält ferner
ßhzucker, öfter Milchsäure , Extrakte, Kali, Natron, Kalk, Mag-
iia, Eisenoxyd, Salz-, Phosphor-, Kohlensäure, Spuren von Kie-
- nnd Flusssäure. Der phosphorsaurc Kalk und die phosphoi-
rre Magnesia sind an die Eiweisskörper gebunden.
Picard theilt der Milch auch Harnstoff zu; Hoppe fand denselben nicht.
Von den Veränderungen, welche die Zusammensetzung der
ch darbietet, hat man bis dahin vorzugsweise nur die prozen-
') Poggendorf 8 Annnlen. Pfi. Idl. 117.
29*
452 Veränderungsbediiigungen der Milch.
tische berücksichtigt; man suchte und fand dieselbe verändcili
mit folgenden Bedingungen : dem Alter, der Constitution, der Ha:
färbe, den Gemtithszuständcn , der Nahrung der Mutter, femi
ob die letztere während der Milchabsonderung schwanger, oder (
wann sie niedergekommenen ; ob sie menstrualfahig oder nicht
wenn ersteres, ob sie menstruirt oder nicht raenstruirt war, ob
eine Erst- oder Mehrgebärende, wie entwickelt die Brustdrüse s'e
endlich untersuchte man die Milch je nach der verschieden lauj
Aufenthaltszeit in der Brustdrüse, und ob die in verschiede!
Orten des Brustdrüsenraumes enthaltene anders zusammengeSi
sei. Die bei diesen Untersuchungen gewonnenen Zahlen hat
gewöhnlich nur zur Ausrechnung der prozentischen Zusammi
Setzung der Gesammtmilch benutzt. Da die Fette nur aufgeschwe
und unabhängig von den flüssigen Stoffen, veränderlich sind,
würde es nöthig sein, auch die prozentische Zusammensetzung
Milchserums anzugeben; denn ohne diese ist die Vergleichung di
gelösten Bestandtheile zweier Milcharten von gleichem Bu
gehalt untbunlich. Weil aber das Serum nicht abscheidbar
würde es vielleicht angemessen sein, CaseYn, Zucker, Salze
Wasser mit Ausschluss der Fette auf 100 zu berechnen, und ds
das Verhältuiss der Fette zudem einen oder andern Bestandtheile oi
der Gesammtmilch anzugeben. — So wichtig die Kenntniss der
zentischen Zusammensetzung ist, so ist es doch zur Entscheidq
vieler Fragen nicht genügend, zu wissen, wie die Milch zusaram(
gesetzt sei, die man ein oder mehrmals am Tage entnommen
Denn da sich unter Tags die Milchzusamraensetzung bald n
massig und bald unregelmässig ändert, so muss man selbstversti
lieh die ganze tägliche Milch sammeln und eine Portion dersell
zerlegen, wenn es sich darum handelt, den Einfluss einer steti,
tagelang fortwirkenden Bedingung auf die Absonderung hiuzuste
Dieses ist nur wenige Male geschehen. — Zur Zerlegung hat
jeder Beobachter ein anderes analystisches Verfahren gewählt,
sämmtlich mit spezifischen Fehlern behaftet sind; somit sind
Zahlen von verschiedenen Beobachtern nicht miteinander vergleiJ
bar. — Bedenkt man zu Allem, dass die obigen Fragen mehr
die Milchzucht und Ammenwahl als für Aufklärung des Absonderungs
Vorgangs von Belang sind, so wird man von den folgenden Aaf
Zählungen nicht allzuviel erwarten. ^-
Wir berücksichtigen zuerst die Milch, welche nach dem öe
bären geliefert wird.
Äenderung des KHsogehalts der Milch mit der Nahrung eto.
453
'a. Die aufgeschwemmten Bestandtheile der- Milch erscheinen
Iden ersten Tagen nach der Geburt vorzugsweise unter der Form
( Colostrumkörpercheu und erstspäter als Milchkügelchen (Donn6,
lutrepont); die Colostrumkörperchen kehren mehr oder we-
'?.r zahlreich wieder; wenn sich fieberhafte Zustände des ganzen
j-pers einstellen.
b. Der Gehalt der Frauenmilch an Ei weiss st off im Allge-
raen und an Käse insbesondere ist unter gewöhnlichen Ver-
missen von den frühern Beobachtern zwischen 1,0 und 7,1 pCt.
linden worden; nach Vernois und Becquerel liegt er im
fiel bei 3,92 pCt. — Filhol nnd Joly, die eine andere analy-
ihe Methode befolgten, legen die physiologische Schwankung
Ilie Grenzen von 0,6 bis 2,3 pCt. und das Mittel auf 0,98 pCt.
tte in der That der Unterschied nur in der Methode begründet sein,
würden alle folgenden Angaben von sehr geringem Werth sein.
Veränderung mit der Nahrung. Hier wäre zu scheiden der
iiuss der Menge und der Art derselben. Beim Menschen zeigte
.Art derselben eine nur untergeordnete Bedeutung. Simon sah
h dem Uebergang von einer nothdürftigen vegetabilischen zu
ir reichlichen fleischhaltigen Kost den Caseingehalt der Milch
3,5, resp. 3,9 pCt. auf 3,7, resp. 4,0 pCt. steigen. Becquerel
Vernois geben den mittleren Gehalt an Casein und Extrakten
:21 Beobachtungen bei mangelhaft gespeisten Frauen zu 3,7 pCt.,
;gut gefütterten aber (aus 61 Beobachtungen) zu 4,0 pCt. an. —
sich die tägliche Milchmenge mit der reichlichen Kost mehrt,
vvürde auch die tägliche Caseinmenge damit wachsen.
Nach Peligot stieg der Caseingehalt der zu derselben Tageszeit entleerten
. einer Eselin von 1,2, resp. 1,6 auf 2,3, als sie, statt mit Hafer, Kartoffeln oder
:n Eüben, mit rothen Rüben gefüttert wurde. — .Bei Kühen bemerkte Boussin-
'.t keinen Unterschied weder an Menge, noch an -prozentischer Zusammensetzung,
iten sie mit grünem oder trockenem Futter, mit Eüben, Kartoffeln (?) oder Hafer
äst werden. — Beim Hunde fand Young, dass die Milch der mit Fleisch ge-
•ten Thiere durch Stehen nicht gerann, und Dumas, dass sie beim Kochen ge-
; diese letztere Eigenschaft verschwindet, wenn statt dos Fleisches Brod gegeben
(Filhol, Joly). Beim Kostwechsel ändert sich auch der Prozentgelialt der
ilemilch an Eiweisskörpern ; es sanken Eiweissstoffo und Salze von 16,8 pCt. auf
i herab, als von Fleisch zu Brod und Fettsuppen übergegangen wurde (Dumas).
In dem ersten Monat nach dem Gebärakt soll die Milch etwa
-pCt. weniger Casein enthalten , als später (Simon). Hiergegen
bben sich die Beobachtungen von Griffith, Vernois und
squerel.
454 Voränderung dos Käsegohalts mit dor Häufigkeit dor Entleerung^ etc.
Wird die Frau während der Milchabsonderung geschwängei ^
so nimmt der Käsegehalt um etwa 0,5 pCt, gegen den frühem a
(Becquerel und Vernois^. ,
Die Wiederkehr der Menstrualpcriode hat keinen oder eia
gering steigernden Eiufluss in den Zeiten, in welchen sie ni^
gerade eingetreten ist; während der bestehenden Menstrualblutig
ist dagegen der Caseingehalt immer verändert, aber bald in aq
und bald in absteigender Linie.
Wird die Brustdi-üse rascher hintereinander entleert, so ist ^
Milch, die sie liefert, reicher an Casein, als wenn sie lange Z(
in der Brustdrüse verweilte (Peligot, L'h^ritier). Eine Prj
welche wähi-end mehrmaliger Entleerung des Tags über eine
mit 1,4 pCt. gegeben hatte, lieferte, als 40 Stunden lang 4
Brustdrüseninhalt zurückgehalten war , eine Flüssigkeit mit 0,2 |J|
Bei der Eselin fand Peligot folgende Zahlen: 1,5 Stunde nach dem vofii
gegangenen Melken = 3,5 pCt. Casein; 6 Stunden nach demselben = 1,5 pCL 4
24 Stunden nachher = 1,0 pCt. — Die Milch derselben Kühe enthielt bei ^
maligem Melken des Tags 4,5, bei zweimaligem 4,4 pCt. Casein (Trommer).
Wird die gefüllte Mutterbrust in einer Sitzung entleert, so ist^
Milch, die in den verschiedenen Abschnitten der Mahlzeit entlfl|
wird, ungleich reich an Casel'n, und zwar ist bald die anfäng]|
und bald die später ausgestrichene die caseiureichere (Rei^
Vernois und Becquerel), Die Unterschiede sind gering,
0,2 pCt. ; vielleicht in Fehlern der Methode begründet (Heynsiui
Stark entwickelte Brustdrüsen liefern im Durchschnitt eine
mit 0,3 pCt. mehr Casein, als schwach ausgebildete. Damit
Zusammenhang steht vielleicht die Erfahrung, dass, wenn die
lere tägliche Absonderung reichlich und leicht von statten geht,.
Milch um etwa 0,4 pCt. reicher an Casein sei, als wenn das
gentheil stattfindet. Fiü- ein und dasselbe Individuum hat dieses,
es scheint, keine Geltung, vorausgesetzt, dass die Drüse gleich'
entleert wurde. Boussing ault fand nämlich die Milch der ß
gleich reich an Casein , gleichgiltig ob sie täglich 3 oder 12 K
Milch gaben.
Die Milch der Kuh, welche während der Nacht abgesondert wird, soll
Casein halten , als die Tagesmilch (Plaifayr). Diess bestreitet Go rup, und Str
mann findet sogar umgekehrt in der den Morgen entleerten Milch um 0,1 W
weniger als in der am" Abend entleerten Milch. — Diese Unterschiede konnte WiC
an dor Ziege nicht bestätigen.
Variabel wurde der Caseingehalt femer gefunden mit dem Alter der Säugendi
insofern bei 15- bis 20juhrigeu die Milch durchschnittlich 5,5 pCt., also mehr al«
Veränderung im Buttorgehalt mit der Nahrung etc.
455
il, enthielt, jenseits dieses Termins zeigt sich, keine Beziehung zwischen dem
uud dem Casei'ngehalt (Becquerel und Vernois).
Constitution. NachBecquerel und Vernois sollen blonde oder othhaarige
3n mit weisser Haut und schlaffer Musculatur (schwache Constitution) eine Milch
3,9 pCt. Casein und Frauen mit dunklem Haar, brauner Haut und lebhaftem
oeraraent (starke Constitution) eine solche von 2,9 pCt. Casem liefern. — Bei
n und Schafen prägt sich trotz gleichen Futters u. s. w. der Unterschied der
in dem Caseingehalt der Milch sehr bedeutend aus (Becquerel, Vernois,
lol, Joly). — Frauen, die bei sonst gleich kräftigem Aussehen blondhaarig
sollen Milch mit 1,61 pCt. liefern, dunkelhaarige dagegen 2,56 pCt. (L'he-
•:er). — Dieses fanden Becquerel und Vernois nicht bestätigt.
c. Der Buttergehalt beläuft sich im Mittel auf 2,66 pCt.;
Minimum wurde zu 0,6; sein Maximum zu 8,9 gefunden.
Reichliche Nahrung, gleichgiltig ob sie aus Fleisch oder Brod
i;eht, mehrt die Butter und kärgliche setzt sie herab; die Unter-
tede betragen 2 bis 3 pCt. (Dumas, Simon, Becquerel
Vernois). Die Folge der bessern Nahrung macht sich schon
ersten Tage nach dem Genuss derselben geltend (Simon).
Mütter zwischen 15 und 20 Jahren geben im Allgemeinen etwas butterreichere
lii als ältere (Becquerel und Vernois).
In den ersten 5 Tagen nach dem Gebärakt ist die Milch ärmer an
It, als in den folgenden 10 Tagen; der Unterschied liegt in der
ue von 0,5 pCt. In den spätem Monaten zeigt sich kein Ab-
igigkeitsverhältniss zwischen dem Buttergehalt und der Zeit seit
11 Beginn der Absonderung, im Allgemeinen ist aber der Butter-
: alt geringer , als in den ersten 5 Tagen.
Wird die Frau während der bestehenden Milchabsonderung ge-
wvängert, so wird der Buttergehalt gesteigert, in den untersuchten
llen betrug im 3. Schwangerschaftsmonat das Mehr gegen früher
pCt.
Nicht menstruirte Frauen liefern Milch mit demselben Butter-
iialt, wie menstrualfähige in den Zeiten, die zwischen der Blu-
l-g liegen; während des Bestehens der letztern wird der Butter-
iialt bald auf- und bald absteigend alterirt, die positiven Ver-
llerungen stiegen bis zu 4,5 pCt. (Becquerel und Vernois).
War bei Thieren das Euter seit mindestens 4 Stunden nicht
lleert worden, und wurde dann der ausgestrichene Inhalt der-
ben absatzweise aufgefangen , so ist der zuletzt abgezogene Theil
zum lOfachen reicher an Fett, wie der zuerst gewonnene (Pe-
;ot, Reiset). Man erklärt sich dieses aus dem Aufsteigen des
•ttes in den Höhlen des herabhängenden Euters. Beim Menschen
den sich nicht immer (Vernois und Becquerel), aber, häufig
456
Vorändorungen im Zuckor- und Salzgehalt.
ähnliche, wenn auch geringere Unterschiede (Reis et, Heynsingj
Der zuletzt genannte Beobachter erklärt sich dieses durch die
nähme, dass in den engern Gängen der Drüse die butterreicl
Flüssigkeit aufbewahrt sei.
Die am Abend entzogene Milch ist bis zum Doppelten reici
an Butter, als die Morgenmilch (Gor up, Struckmann, Wie]
Eine Frau, welche dm-ch den plötzlichen Tod ihres Kindes eine lebhafte
müthserregung erlitt, sonderte alsbald eine viel butterrcichere Milch ab. — Schw^
und starke Constitutionen in dem unter b. genannten Sinne zeigten sich einflussj
blonde Frauen gaben nach L'häritier eine Milch, die etwa 2 pCt. Butter
führen soll, als die Milch dunkelhaariger Mütter. Vornois und Be'cquerel laug
dieses. — Die Eace der Schafe und Kühe hat einen sehr grossen Einfluss auf '
Buttergehalt (Becquerel, Vernois, Filhol, Joly).
d. Die Grenzwerthe des Zuckergehaltes fallen auf 1,2
6,0 pCt. ; das Mittel liegt bei 4,3. Bei Hunden ist nach Fütterung i
einer reinen Fleischkost der Zuckei-gehalt zwar sehr verändert (D ums
Heynsius), aber nicht gänzlich verschwunden (Bensch). —
den ersten 14 Tagen nach dem Gebären ist die Milch nach Sim(
zuckerreicher, eine Thatsache, welche Vernois und Becquer(
nicht bestätigt fanden.
Ob die Frau menstrualfähig sei oder nicht, ist gleichgült
während der fliessenden Regeln ändert sich der Zuckerwerth
und ab um je ein Prozent.
Bei absatzweiser Entleerung der Brustdrüsen findet sich in di^
ersten Portion der ausgesogenen Flüssigkeit 0,2 pCt. Zucker weni^
als in der zweiten. — Wenn die tägliche Menge der ausgeschiedene
Milch grösser wird, so nimmt der Zuckergehalt zu.
Ohne Einfluss auf den Zuckergehalt ist das Alter der milchgebenden Frau,
wiederkehrende Schwangerschaft, der Umfang der Brustdrüse. — Die Milch von Fran
mit schwacher Constitution enthielt im Durchschnitt 4,3 pCt. , diejenige von Frau
mit starker 3,2 pCt. Zucker. — Dunkelhaarige Frauen geben zuckerreichere Milch ab
blonde (L' he riti er ). Dieses läugnen Vernois und Becquerel.
e. Salze. Nach einer von Wildenstein ausgeführten Analj'sc
der menschlichen Milchasche besteht dieselbe in 100 Tb eilen aus:
Na = 4,2; Ka = 31,6; CaO = 18,8; MgO = 0,9; FeaOs = 0,1;
Gl = 19,1; PO5 = 19,1; SO3 = 2,6 und einer Spur von Kiesel-
säure. Eine ähnliche Zusammensetzung trägt nach R. Weber*)
und Hai dien auch die Milchasche der Kuh, so dass namentlich
der grosse Gehalt an Kalium im Gegensatz zum Natrium ein con-
•) Pogpendorf's Annalen. 81. Bd. 1U2.
■Wassergehalt der Milch; Qesammtmilch.
457
uter zu sein scheint. — Kohlensäure, welche in der obigen
alyse fehlt und wahrscheinlich durch die während der Verbren-
ni;- entstandene SO3 ausgetrieben wurde, ist in der frischen Milch
lumden (Lehmann), und zwar kann sie, ähnlich wie im Blut,
ihveise durch- Aenderung des Drucks und theils durch stärkere
cn abgeschieden werden, — Der mittlere Gehalt der Milch an"
lie variirt zwischen 0,05 und 0,3 pCt., so dass sie ungetähr
f 't. des trockenen Milchrückstandes ausmacht. Die Abhängig-
,[ der Veränderungen von den früher aufgezählten Bedingungen
noch nicht genügend festgestellt, oder es verdienen wenigstens
i mitgetheilten Zahlen noch geringes Zutrauen.
f. Wassergehalt. Er schwankt zwischen 80,9 und 94,8^pCt.
SS Mittel fällt auf 88,9 pCt. — Die vorliegenden Mittheilungen
ssen schon erkennen, dass der Wassergehalt der Milch unter
i Mittel fällt bei Fi'auen zwischen 15 und 20 Jahren, bei
iwacher Constitution, in den ersten Tagen nach dem Gebärakt,
eingetretener Schwangerschaft, bei braunhaarigen Frauen (?),
sehr guter Nahrung, bei reichlicher Milchabsonderung, und dass
umgekehrt über das Mittel fällt bei starker Constitution, bei
»ndhaarigen (?), schlechter Nahrung, beschränkter Milchabson-
Tung, und dass er während der ausfliessenden Regeln bald über
Ii bald unter den Mittelwerth geht.
Feste Beziehungen im prozentischen Gehalt zwischen den ein-
raen Bestandtheüen der Milch sind noch nicht aufgefunden, was
;rnois und Becquerel dadurch ausdi'ücken, dass sie die von
fen untersuchten Ammen in Casein- und Butterammen ein-
iilen.
Die Zusammensetzung . der mittlem Frauenmilch in lOOTheilen
rrde sich nachVernois und Becquerel folgendermaassen aus-
iimen: Wasser = 88,91; Zucker = 4,36; Käse und Extrakte
3,92; Butter = 2,67; Asche = 0,14. Nach Scher er und
pcmm aber: Wasser = 89,10; Zucker und Extrakte = 3,85;
»e = 3,37 ; Butter = 3,71 ; Asche = 0,17.
'Um zu bestimmen, ob die Milch, welche kranke Säuglinge genossen, an dem
tel dieser letzteren schuldig oder unschuldig sei, analysirtcn Becquerel undVer-
■8 die betreffende Milch und fanden eben so häufig Abweichungen von dem Mittel,
'ein Bestehen desselben. Daraus wird es allerdings wahrscheinlich, dass etwas
■r oder weniger des einen oder andern Bestandtheils nicht die Ursache des Leidens
Säuglinge war. Viel eher dürften die nicht untersuchten und bis dahin auch
••it untersuchbaren qualitativen Unterschiede der einzelnen Bestandtheile anzu-
t;eii sein.
Drüsensaft der Schwängern.
Aus der Nahrung gehen in die Milch über die ätherischen Oeli
des Knoblauchs, des Anis und der Cruciferen, der Bitterstoff ii
Absynth etc. ; von mineralischen Bestandtheilen Jod (sehr langsam
aber es haftet lange) (Lewald), Wismuth, Arsenik, Antimon, Blei
Zink, Eisen, Quecksilber, Siehe hierüber Lewald und H a r n i e r
Nach Wasserinjectionen in das Blut enthält die Milch
Eiweiss (Eckhard).
Die Milch **), oder besser gesagt der DrUsensaft, welcher wi
rend der Schwangerschaft, also vor der Geburt, abgesondert
muss den Angaben von Lassaigne, Simon, Clemm
V. Eueren zufolge im Ansehen und der Zusammensetzung in
schiedenen Fällen sich sehr abweichend verhalten. Wir wiedi
holen hier zuerst den Inhalt der Beobachtungen von Scher er
Clemm und lassen die abweichenden Angaben folgen. Ni
diesen ist die aus der menschlichen Brustdrüse gewonnene Flüssl
keit von seifenwasserartigem oder gelblichem Ansehen, zuwei
mit Blutstreifeu durchzogen, klebrig, reagirt fast neuti-al und
beim Stehen an freier Luft bald sauer. Das Mikroskop m.
ColostrumkUgelchen und Fetttropfen , zuweilen veränderte Epithelii
Zellen nach, Casein fehlt , seine Stelle wurde durch Eiweiss yi
treten. Die Zerlegung ergab bei derselben Schwangern:
28 Tage vor
der Geburt.
18 Tage vor
der Geburt.
11 Tage vor
der Geburt.
4 Tage vor
der Geburt.
ITag V. der
Geb.*»«).
85,20
85,17
85,18
85,85
87,05
4,13
3,02
2,35
■
3,10
Milchzucker u. Woingelst-
3,94
6,79
4,37
7,37
3,64
7,91
> 14,81
4,83
5,16
In Wasser lösliche Salze
0,33
0,34
0,38
In Wasser unlösliche Salze
0,11
0,11
0,16
1 Tag!
derGeU
84,2
} 15j(
Am zweiten Tage nach der Geburt war erst das Eiweiss vös
schwunden und der Saft hatte" die Eigenschaften der Milch ang
nommen. Eine Vergleichung der einzelnen Tage lehrt, dass bö
zui- Geburt, den letzten wegen der Nahrung nicht mehr vergleich-
•) Harnier, quaedam de transitu medicamentornm in lac. Marburg 1847. — Lew'i
Untersuchungen Uber den Uebergang von Arzneimitteln in die Milcli. Breslau 1857. — Späth i
Schauenstein. Zeitschrift der Wiener Aerzte 1859.
*•) Simon, Mediz. Chemie. II. Bd. 280. — Clemm, 1. c. — v. Eueren, Ondcrzoeklngf
gedaau In het physiologisch Laboratorinm etc. 1818—49. 166.— M o 1 e s ch o tt , Archiv für pV'
siolog. Heilkunde. XI. Bd. 696. ,
"*) Die gewöhnliche Kost war am Tage vorher mit einer vegetabilischen vertauscht worden«»
Drilsensaft der Sch'VTangern.
459
en Tag ausgenommen, die Butter im Abnehmen und dasEiweiss
steigen begriffen war; Zucker, Salze und Wasser variirten da-
on wenig, oder mindestens ohne Regel. — Van Eueren fand
Drüsensaft stark alkalisch, gelblich, eiweissfrei und dafür
.11- und stark fetthaltig, und neben den Colostrumkügelchen
feinkörnigem Fett erfüllte Epithelialzellen. — Simon, welcher
1 Drüsetisaft der Eselinnen untersuchte, erhielt 14 und 8 Tage
der Geburt eine Flüssigkeit, welche Albumin, Casein, Butter
I nur Spuren von Zucker enthielt. — Die Säfte des Kuheuters
lliessen sich nach den Beobachtungen von Lassaigne, Mole-
ii'ott und Clemm an die der menschlichen Brustdrüsen, inso-
II sie nur Eiweiss und kein Casein führen, dagegen waren sie
rr rahmh altig.
Fast alle Neugeborenen*), männliche und -weibliche, sondern aus der Brustdrüse
r^e Tage nach der Geburt einen Saft , die Hexenmilch , ab. Sie erscheint meist am
'ag nach der Geburt, erreicht am 8. ihr Maximum und ist nur noch selten nach
'iuss eines Monats zu finden. Die Hexenmilch enthält nach Schlossberger und
iL Hot Müchkügelchen und nach Donne auch Colostrumkörperchen. Schloss-
,ger, der ein solches Produkt analysirte, fand in 100 Theilen Wasser = 96,75;
= 0,82; Casein, Extrakte und Zucker = 2,38; Asche = 0,3. Sie verhält sich
II diesem Analytiker wie gewässerte Milch. Quevenne zerlegte ein Produkt, das
ner an festen StoiFen war.
Bei erwachsenen Männern**) und männlichen Säugethieren stellt sich in sehr
inen Fällen ohne nachweisbare Ursachen Milchabsonderang ein. Schlossberger
fegte die Müch eines Bockes; diese war um einige Prozent reicher an Casein und
* so ärmer an Milchzucker und Butter, als es die Ziegenmilch nach den vorliegenden
tersuohungen von Chevalier, Clemm und Henry ist.
3. Die Absohderungsgeschwindigkeit der einzelnen MilchstofFe
unabhängig von einander, wie sie sich aus der relativen Zu-
iiamensetzung der Milch ergiebt. Das Maass der täglich abge-
lederten Gesammtmilch nimmt bei Kühen bekanntlich von der
■iderkunft an bis zum ersten Monate nach derselben zu und von
an in den folgenden Monaten ab bis unter das Quantum, welches
<i Thier unmittelbar nach dem Gebären gab. Zahlenbelege für
-se alte Erfahrung giebt Boussin gault. — Es scheint ferner,
ob die Menge der Absonderung in Beziehung stehe zur Häufig-
tit der Brustentleerung. Jedenfalls wird der Milchfluss bei Frauen
<ter drückt, wenn das Kind aufhört zu saugen. Dazu behauptet
••) Scnnzoni, Wilrzbnrger Verhandlungen. U. Bd. p. 300. — Schlossborger, Lleblg's
•alen. 87. Bd. 324. - Natalis Gtilllot, Gazotto mddloale 1863. p. 686. - Van Eueren,
p. 15.3.
•••) Schlossberger, Lleblg's Annalcn. 51. Bd. - Donder», Ondcrzockingon godaan In
' Uboratorinm etc. 1848-4». p. 15-3. Todd, Cyclopnedea. Artikel Sooretio. IV, 405.
460
Absonderungsgosoli-wiiidigkoit dor MilchstolTo ; Milchbercitung.
man auch, dass die Milch reichlicher werde, wenn das Kind h
figer sauge. Das Saugen könnte übrigens auch durch etwas Ander
als die blosse Entleerung der Drüse wirken, was wahrscheinli
wird im Hinblick auf die Fälle, in welchen die monatelang un'
drückte Absonderung durch Saugen wieder erweckt werden konn
Gubler)*). — Die stockende Absonderung kann feiner wieder
Gang gebracht werden , wenn man öfter durch feuchte oder trocke
Elektroden mehrere Minuten hindurch die Schläge eines Induction
apparates auf die Drüse wirken lässt (Auber, Becquerel)**).
Die Milch bleibt weiter aus, wenn die Dntse durch einen Druc
vert)and zusammengepresst wird. — Eine genaue Zergliederu
verdient auch der Fall von plötzlicher Milchstockung in fieberhaft
Krankheiten u. s. w.
Nach Bestimmungen mit einer Saugpumpe schätzt La
periörre***) die tägliche mittlere Milchmenge aus beiden Brüst
auf 1350 Gr.
4. Milchbereitung. Ueber die Formfolge f) bei der Entwick
lung der Milchkügelchen ist uns Einiges durch Henle, Nass
Will, H. Meyer, van Eueren und Reinhardt bekannt g
worden. Macht man die Voraussetzung, dass die Bildung all
geformten Massen nur von der Drüsenwand ausgeht, so ist a'
feststehend anzusehen, dass die C ol ostrumkörper eben a
dem umgewandelten Inhalt der Deckzellen des Drüsenbläsehen he
vorgehen. Denn an der strukturlosen Wand derselben liegen z"
Zeit der Colosti-umabscheidung zunächst kleine Zellen an, welch«
nach der Terminologie der Cytoblastenhypothese als Kerne b
zeichnet werden; auf diesen ruhen grössere kernhaltige Zellen a
deren Binnenraum zum Theil mit durchsichtigen, zum Theil m
Fetttröpfchen gefüllt ist; diese letzteren sind in eine kömi|
Zwischensubstanz eingebettet und um den Kern herum grupp'
Noch weiter gegen das Centrum des Drüsenbläschens liegen Häufche
von Fettti-öpfchen, welche, zusammengehalten durch eine körnig
Zwischensubstanz und von keiner gemeinsamen Zellenhaut me''
umgeben , ganz das Ansehen der Colostrumkörperehen tragen. Zti
weilen soll sich in der Mitte eines solchen Häufchens noch'e'
*) Valentin, Jahresbericht filr 1852. 221.
*•) Meissncr's Jahresbericht fdr 1856 p. 359 und fUr 1857 p. 383.
•»«) Lohmann, Physiologische Chemie, n. Bd. p. 338 und 32G.
t) H. Moycr, Züricher Mitthellungcn. 1819. I. Bd. 2. Hea. p. 70. — Will, Ueber Ifflcb
absondprung. Erlangen 1850. — Van Eueren, I. o. — Reinhardt, Virchow's Archiv. I. Bd
p. 52 u. f.
Milchbereitung.
461
bilde mit den optischen Eigenschaften des Zellenkerns vorfinden;
! den grösseren Gängen endlich, wohin die Drüsenbläschen ihren
alt entleert haben, sind die Häufchen zerfallen, und es liegen
>■ einzelnen Fetttröpfchen oder Milchkügelchen frei in der Flüssig-
:t. Diese Reihenfolge von Formen findet sich aber nur zur Zeit
Colostrumabsonderung und in den Brüsten der Neugeborenen,
liiieswegs aber in der milchgebenden Frauenbrust (Reinhardt)**),
I dass es daraus wahrscheinlich wird , es möchten die Milchkügel-
K'u auch noch unter einer andern Formfolge entstehen.
Eine Vergleichung der Blut- und Milchstoffe zeigt sogleich,
ISS der Milchzucker in der Drüse entstanden sein muss,, weil er
lljst dann noch, obwohl vermindert, in der Milch beobachtet
nd, wenn sich die Säugenden jeder Art von Zucker- und Mehl-
iilirung enthalten, und weil auch in den an andern Orten des
hierleibes (Leber, Muskeln) bereiteten Zuckerarten kein Milch-
ncker vorhanden ist. Jedenfalls wird jedoch seine Entstehung be-
instigt durch den Genuss von Amylaceen. — Ob das Casein und
le Fette aus dem Blut abgesetzt oder in den Drüsen enstanden
nd, muss einstweilen dahin gestellt bleiben. Geschähe das erstere,
I würden in der Drüse jedenfalls auch noch andere chemische
rodukte bei der Umsetzung der Blutbestandtheile in Fette u. s. w.
^fallen, die dann in das Blut zurückkehrten. — Für einen innigeren
iusammenhang zwischen der Fettbildung im Gesammtkörper und
;r Butterausscheidung spricht die den Landwirthen bekannte That-
iiche, dass Kühe, welche eine butterreiche Milch liefern; trotz
Ilten Futters mager bleiben, und umgekehrt, dass die Milch bei
I : ntretender Mästung mager bleibt.
\ Die Milchbildung kann ungestört vor sich gehen, auch ohne
I uthun der Intercostalnerven, wie die Durchschneidungsv ersuche
! jn Eckhard beweisen. Da aber die Absonderung beschleunigt
I ird durch elektrische Schläge auf die Brust selbst (und durch das
I ;flektorisch wh-kende Saugen?), so ist die Betheiligung von con-
■ aktilen Elementen nicht zu bestreiten. Ihr Antheil an der Milch-
ildung könnte sich aber beschränken auf die Erzeugung von
pannungsunterschieden zwischen dem Blutstrom und dem Drüseu-
lialt, eine Vermuthung, die man auszusprechen wagt, weil die
Ii Häufung der Milch in der Drüse, resp. die steigende Spannung
Inhalts ihrer Gänge einen störenden Einfluss auf die Abson-
i iing übt.
'> 1. C. J). Cl.
462 Ausstossung der Milch; Ernälirung der Brustdrüse; Athmung; Einleitung.
5. Die Ausstossung der Milch kann geschehen durch .
Kräfte, welche sie in die Gänge treiben, und sie kann beschleu-
werden durch die Muskeln, welche in der Haut und dem Bin
gewebe der Brustdrüse liegen. Meist geschieht dieses aber nie
so dass nur durch Aussaugen die Entleerung zu Stande kommt.
6. Die Milchdrüse des Neugeborenen ist aus mehre
flaschenförmigen Höhlen zusammengesetzt, die sich nach aussen
dieBrustwarze öffnen ; die einzelnen Flaschen entsprechen den späte
grösseren Ausführungsgängen. Bis zur eintretenden Pubertät ge'
beim weiblichen Geschlecht aus den blinden Enden allmählig
ersten Anlagen der Drüsenbläschen hervor, die wähi-end der e
getretenen Pubertät , namentlich aber zur Zeit der ersten Schwan
Schaft, ihre- volle Ausbildung erlangen. Nach dem Schluss
Menstruationsfähigkeit schwinden die Drüsenbläschen wieder,
dass in dem höheren Alter an ihre Stelle ein fetthaltiges Bin
gewebe getreten ist (Langer)*). Die Ausbildung der Drüse u
der andern weiblichen Geschlechtswerkzeuge muss aber bekanntii
nicht nothwendig gleichläufig sein, da Mütter mit mangelhaft e
wickelten Brustdrüsen gerade nicht zu den Seltenheiten zählen.
Athmung.
Einleitung.
AUe thierischen Flüssigkeiten enthalten Luftarten, und
Grenzen des thierischen Körpers sind entweder dauernd und üb
all (Haut und Lungen) oder nur zeit- und theilweise (Darmkan
mit Luft umzogen. Zwischen den -Gasen der einzelnen Flüs
keiten sowohl als auch zwischen ihnen und der umgebenden Ii'
findet ein steter Austausch statt. Diesen Luftwechsel zwischen d
thierischen Flüssigkeiten nennt man die innere, den zwisch
den letzteren und der Umgebung die äussere Athmung. Bei
Vorgänge sind so innig mit einander verknüpft, dass der mittle
Umfang des Verkehrs an permanenten Gasen in beiden, wenn au
nicht immer gleich, doch wenigstens immer propoi-tional ist. Dies
rührt daher, weil das Gas, welches die äussere Athmung in d
Blut führt, und von dort in die beim inneren Gasaustausch betheiligt
Flüssigkeiten geht, hier sich verändert und dann ganz oder theilwei
wieder in den äusseren Luftraum zurückkehrt. Die so eben g
schilderte Beziehung erklärt und verlang-t die Eigenthümlichke
•) Denkschriften der k. Akndemle der Wissenschaften in Wien. ITt. Bd.
Aeussere Athmung; Luftkreis.
463
;iss an allen athmenden Orten zwei Gassti-öme in entgegengesetzten
;iclitnngen gehen, einer aus der Luft in das Gewebe und ein an-
eier von dem letztern zu der erstem. Wegen der geringen Kennt-
iss der Innern Athmung lohnt es sich nicht, ihr einen eigenen Ab-
iniitt zu widmen; die wenigen auf sie bezüglichen Erfahrungen
>llen an passenderem Orte eingepflochten werden.
Aeussere Athmung.
Die Gase, welche im normalen thierischen Leben durch die
lachen , welche Blut und Luft trennen (durch die Athmungsflächen)
tröraen, sind Sauerstoff, Kohlensäure, Stickstoff, Wasserdampf
in sehr geringen Mengen Wasserstoff und Ammoniakdampf.
)ic Bewegung der CO2 und des Wasserdampfes ist vom Blut zur
!ift, die des Sauerstoffs umgekehrt gerichtet; das N-gas kann je
h Umständen bald nach der einen und bald nach der andern
K-htung gehen.
Diese Luftsti-ömungen von und zu dem Blut bestehen während
er ganzen Lebensdauer; daraus entspringt die Forderung eines
:etigen Vorraths und eines stetigen Vergehens der Gasarten in
em einen und dem andern Räume; in der That sind auch hiezu
[ittel genug vorhanden; dahin zählen: die ungeheure Ausdehnung
er irdischen Luft und die stetige Reinigung derselben von CO2
lul Wasserdampf, die stets fortgehende Entstehung von COj in
en thierischen Geweben aus dem C der Nahrungsmittel und dem
' der Luft, der wiederkehrende Genuss von Wasser, der Unter-
hied der Temperatur und der Wechsel von Luft und Blut in und
uf den Athmungsflächen.
Da diese Bedingungen für die Beschleunigung der Luftsti-ömung
lUen verschiedenen Athmungs- oder Respirationswerkzeugen gleich-
lässig zu Gute kommen, so werden wir hier sogleich im All-
t'emeinen auf sie eingehen.
Der Luftkreis.
Bis zu einer endlichen, wenn auch nicht gemessenen Höhe,
iFird der Raum um unsere Erde, wie bekannt, ausgefüllt durch
»in Gemenge permanenter und corapressibler Gasarten, unter
sleoen für unsern Zweck N, 0, CO2, HO -gas zu nennen sind.
Oiese Gasarten äussern unter den Bedingungen ihres Aufenthaltes
n der Atmosphäre keine Verwandschaft zu einander, und somit
'Iben sie, wenn sie in den statischen Zustand gelangt sind, auch
464
Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre.
keinen gegenseitigen Druclc aus*); man könnte sagen, jeder ei
zelnen Gasart- sei die Gegenwart der andern vollkommen gleichg:
Wir würden also in der Luft mehrere vollständig von einander
abhängige Atmosphären zu betrachten haben. Wir- behandeln ab
des mannigfach Uebereinstimmenden wegen die Luftkreise vi
Stick- und Sauerstoff gemeinsam, die von CO2 und Wasserda;
dagegen gesondert.
1. Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre. Die aus diesen beidi
Luftarten gebildeten Atmosphären können gemeinsam betrachl
werden, weil sie sich in ihren gegenseitigen quantitativen Verhäl
nissen- kaum ändern. Der Sauerstoffgehelt der Luft ist allerdinj
nach Regnaul t**) und Bunsen veränderlich; aber die Schwai
kungen seines prozentischen Werthes sind für unsere Bedürfnis
nicht in Anschlag zu bringen ; sie liegen zwischen 21,0 und 20,9
Der atmosphärische Sauerstoff erfährt dagegen sehr häufig ei
quantitative Veränderung, indem er sich in Ozon umwandelt (Schö
bein). Diese Veränderung erstreckt sich allerdings auf einen ni
sehr kleinen Antheil der Luft, denn es kommen in 100 Ltr. L
nur zwischen 0,01 bis 0,002 Milligramm Ozon vor (Pless, Pierr
Z eng er)***), aber dennoch ist sie von Bedeutung für das Wo
befinden des Menschen.
l)a die quantitative Bestimmung des Ozons sehr umständlich ist, so hat mi
sich zunächst begnügt , sein Wachsen und Sinken in der Atmosphäre zn schätzei
Hierzu bedient sich Schönbein eines mit Jodkalium getränkten Stärkepapierchens.
tiefer sich dieses der freien Luft ausgesetzte Probepapierchen in der Zeiteinheit färb
um so reicher ist die Luft an Ozon. Nach Beobachtungen, welche auf den Sten
warten Ton Bern, Kremsmünster und Krakau durch "Wolff, Relshuber und Kaj
I i n s k i unternommen sind , ist man über den relativen Ozongehalt zu folgenden Säte
gelangt: bei östlichen Winden ist er kleiner, als bei westlichen; im Winter ist er b(
östlichen Winden grösser, als im Sommer; umgekehrt verhält es sich mit westliche
Winden , die im Sommer mehr Ozon erzeugen , als im Winter. Bei hohem Barometei
stand ist der Ozongehalt kleiner, als bei niederem, bei hoher Temperatur kleiner,
bei tiefer; an feuchten und trüben Tagen grösser, als an trockenen und heitern fl)
Eegenwolken grösser, als bei Cimis und Circocumulus ; in der Nacht höher, als b
Tag. Während Schneefalls erreicht er sein Maximum. Der Werth dieser Angab
wird sehr beschränkt durch die übereinstimmenden Veraicherungen von Cloe«
Houzeau, Borigny, Pierre, Pless, Zenger u. s. w., dass die Jodstärke
papierchen ein sehr unsicheres Prüfungsmittel seien. Dagegen scheinen sich glück
lieber Weise die Angaben von Cloez nicht bestätigt zu haben, weicherden Angaben de
Jodstärkepapierchens alle Glaubwürdigkeit absprach. Siehe hierüber Bineau, Bechanip
•) 1. BU. p. CO.
•*) Annales de chimie et physiqne. 3me Sdrie. 3G. Bd. (t862).
••») Wiener nkadem. Berichte. XX& 211. nnd XXIV. 78.
Stickstoff- und Sauerstoffatmosphäre.
465
Scoutteten *). — Andere die Stärkepapierchen ersetzende Methoden haben vor-
jesclilagen Ploss, Ho uze au u. s. w. Die einfachste besteht darin, dass man ein
iiaures Lakmuspapier mit Jodkalium tränkt; das mit Hilfe des Ozons freigemachte KO
.jläut das Papierchen **).
Die Stick- und SauerstofFantlieile der Gesammtluft machen den
cröösten Theil derselben aus und tiberwiegen namentlich die an-
ileru permanenten Gase des Luftraums in einem solchen Grade,
[i&ss man den Stick- und Sauerstoff mit der trockenen Atmosphäre für
il;leichbedeutend erklären kann. Unter dieser letztern versteht man
bor den Theil der Luft, welcher übrig bleibt, wenn man den
I V'asserdampf von der Gesammtluft abgezogen hat,
Spannung und Wärme der trockenen Atmosphäre erfahren mit
eleit und Ort mancherlei Veränderungen, die beide für uns nicht
ihne alle Bedeutung sind. Da wir aber die Temperatijrverhält-
idsse der gemässigten Zone nach ihren wesentlichen Charakteren
As bekannt voraussetzen können , so gehen wir nur auf die Druck-
mderungen der trockenen Luft ein, welche das Barometer sicht-
lar macht.
Der Barometerdruck der gemässigten Zone ist veränderlich***): 1) mit den
jigeszeiten (täglicher Sonnengang). D o v e zeigte , dass sich der Druck der trockenen
jtmosphäre zwischen einem täglichen Maximum und Minimum bewegt , deren Eintritt
um Gang der Sonne abhängig ist. Das Minimum ercheint in Folge der Erwärmung
»usdehnung und seitliches Abströmen), das Maximum in Folge der Abkühlung der
Mt (Verdichtung und seitliches Zuströmen). Der Werth des Unterschiedes ist mit
rr Breite, den Jahreszeiten u. ,s. w. verschieden; da er in der gemässigten Zone
cchstens nur wenige Zehntheile einer Linie beträgt, so gehen wir nicht weiter auf
II ein. — .2) Mit den Jahreszeiten (jährlicher Sonnongang) ; im Sommer ist der
:ttlere Barometerstand etwas niederer als im Winter, entsprechend den Wärme-
: terscliieden und den daraus folgenden Verdichtungen und Verdünnungen der Luft.
unserem Klima fällt das Maximum auf den Januar , das Minimum auf den August,
t r Unterschied beträgt etwa 3 MM. — 3) Mit den Winden (Temperaturunterschiede
i Erdballs); diese Schwankungen sind bei uns weitaus die bedeutendsten, Südwest
i'.ngt den niedrigsten , Nord den höchsten Barometerstand. Da die Temperatur - und
tinabcwegungen im Winter viel unruhiger als im Sommer sind, so kommen dort
ich die grössten Schwankungen des Barometerstandes vor; in unsern Gegenden geht
r Unterschied höchsten und niedrigsten Standes im Winter. bis zu 29 MM., im
•mmer aber nur bis zu 13 MM. — 4) EndHch ist der Druck variabel mit der senk-
i-hten Höhe des Beobachtungsortes über dem Meeresspiegel ; wir brauchen nur an
i bekannte Faktum zu erinnern, dass der Druck mit dem Aufsteigen in einer geo-
ftrischen Proportion abnimmt.
;■ •> Compt. rend. Bd. 43. p. 38 — p. 102 — p. 388 — p. 21 ü.
••») Compt. rend. Bd 45. p. 873. — Bd. 40. p. 070.
■**) K ä m t z , LchrbucU der Meteorologie. 2. Bd. p. 230. — D o v e , Rcportor. IV. Bd. p. 232.
•Imtz Im Handwörterbuch der Physik vom August u. s. w. Berlin 1842. I. Bd. 246.
LLndwig, PliyBiologie II. 2. Auflage. 30
466
Kotlensäure und Wassordampf des Luftkreises.
2. Kohlensäure*). Der geringe Gehalt des Luftraums ad
Kohlensäure soll nach Saussure Schwankungen untemorfen semj
so soll insbesondere auf hohen Berggipfeln, in der Nacht, übej|
gefrorenem Boden mehr CO2 vorkommen, als in der Ebene, be
Tag und über feuchtem Boden. Boussingault bestreitet deJ
Unterschied in der Tag- und Nachtluft. Eine Bestimmung der C(
m den bevölkertsten Strassen von Paris, in welchem täglich ui
gefähr 3 Millionen Cubikmeter CO2 entwickelt werden,' gab
100 Theile Luft im Mittel = 0,032 pCt. und gleichzeitige Beobacl
tungen auf dem Lande 0,030 pCt., also keinen Unterschied. DiJ
Grenzen, in welche Saussure und Boussingault den prozer
tischen Gehalt eingeschlossen fanden , liegen zwischen 0,03 und 0,05
3. Wasserdampf. Der in der Atmosphäre zerstreute Wasse)
dampf muss den Forderungen der Theorie gemäss mit Zeit un
Ort sehr beträchtlich wechseln, theils wegen der ungleichen Vei
theilung des Wassers Uber die Erdoberfläche, aus welcher de ■ '
Wasserdunst seineu Ursprung nimmt, theils auch wegen der ve:
änderlichen Temperatur, welche das Fassungsvermögen des Luf
raums für den Wasserdunst bestimmt. Das erstere ist an und ft
sich klar, wir wenden uns also sogleich zur Abhängigkeit df
Dunstraenge von der Wärme.
Der Wasserdampf kann wie alle Gasarten durch, einen Druck, Tvelclier
Tlieilclicn desselben zusammenpresst, zu einer Flüssigkeit verdichtet werden, und di
Druck, der hierzu nöthig ist, muss grösser und grösser werden, wenn die Temperati
des Dampfes ansteigt. Dasselbe kann man auch so aussprechen , dass die Dichtigkel
des Wassordunstes (die Zahl seiner Theilchen in der Raumeinheit) um so grössa
werden könne, je wärmer derselbe sei. Und weil mit der Dichtigkeit des Wasse^
darapfes auch die abstossenden Kräfte zunehmen, welche zwischen seinen Theilche
wirksam sind , also die Drücke steigen , welche er auf seine feste oder flüssige Un
gebung auszuüben vermag , so drückt man die vorgeführte Erfahrung gemeiniglic|
dahin aus, dass die Spannkräfte (Tensionen) des Wasserdampfes durch die Wärme vermeh
werden. Zieht man nun den andern bekannten Satz zu Hülfe, dass von mehreren
einem beliebigen Räume zerstreuten Gasarten nur die gleichartigen Theilchen einel
Druck auf einander ausüben, so kommt man sogleich zu der Ableitung, dass mit da
Temperatür (oder den Spannkräften) die in der Rauiueinheit enthaltene Dampfmeng
(die Dichtigkeit des Dampfes) steigen müsse. Denn in dem Luftraum sind ja ke
andern zusammenpressenden Kräfte zur Umwimdelung des Dampfes in Wasser TO
banden, als diejenigen, welche durch die anwesenden Wasserdünstc eingeführt wurded
Demnach würde man mit Hülfe . der in den Lehrbüchern del
Physik gegebenen Spannungstabellen des Wasserdampfs **) für jedj
») Th. de Saussure, Poggendorf's Annnlen. 19. Bd. — Bonssingnult, Annales "J
chtmle et physlque. 3me Sdrie. X. Bd. 4.56. — BonssingnuU und Lcwy, Ibid. 470.
••) J. Müller, Lohrbuch der Physik. 4. Aufl. II. Bd. p. 490 H. f.
lieber den Wechsel des atmosphärischon Wasserdainpfs. 467
I liebige Temperatur der Luft den Dampfgehalt der letztern an-
1 geben im Stande sein, wenn in der That die, Luft immer mit
W assel" gesättig-t wilre. Dieses ist aber niclit der Fall, tlieils weil
lic Verdunstung des "Wasser langsam vor sieb gebt, ^nd tbeils
,\ eil Winde häufig die feuchte Luft wegführen (z. B. in die höhern
■ 'cgionen) und durch trockene ersetzen. Aus diesem Grunde müssen
.vir rücksichtlich des Dampfgehaltes der Luft unterscheiden:
lie absolute und die relative Dampfmenge. Unter der letztern ver-
hen wir das Verhältniss zwischen dem wirklich vorhandenen
Miust und demjenigen, welchen die Luft bei der gegebenen Tem-
ifiatur zu fassen vermöchte.
a) Die absolute Menge des atmospharisclien Wasserdampfs wechselt mit der
lesnähe, der Bodenerhebung, der Tages- und Jahreszeit und den Winden. 1) Am
resufer steigt dieselbe von der kältesten Stunde des Tages allmälig bis zu der
nisten Stunde und senkt sich von da an wieder ab (Dove). — 2) Im ebenen
uenland steigt sie dagegen ■ von Sonnenaufgang an bis gegen Mittag , dann nimmt
bis zum Abend hin ab , steigt abermals im Beginn der Nacht und sinkt dann bis
i Sonnenuntergang. — Der Gnind der Verschiedenheit beider Lokalitäten ist darin
vu suchen , dass , wenn am Mittag die erwärmten untern Luftschichten aufsteigen , in
tler Meeresnähe die weggehenden feuchten Luftmassen ersetzt werden durch andere
t'enchte , welche vom Meere her eindringen, während in den Binnenländern statt ihrer
r.Tockene Luft eingeschoben wird. Darum kann am Nachmittag der Wasserdampf erst
■ rieder zunehmen, wenn der aufsteigende Luftstrom an Mächtigkeit verloren hat. —
{) Auf hohen Bergen fehlt desshalb wieder das Sinken um Mittag, weil zu dieser Zeit
•ler aufsteigende Strom die 'Feuchtigkeit aus der Ebene emporführt. (Kämtz,
IJaussure). • — 4) Im Juli ist die mittlere tägliche Dampfmenge während des Jahres
i.ra höchsten , im Januar am niedrigsten. Dieser Unterschied ist in der Nähe der
iiCüsten hervortretender, als im Innern der Continente. — 5) Bei Ostwinden im Winter
^st die Dampfmenge am niedrigsten, bei Südwestwinden im Sommer am höchsten. Die
' Jnterschiede , die der Nord- und Südwestwind herbeiführen, sind im Winter weniger
ledcutend gefunden worden , als im Sommer (Daniel).
b) Die relative Menge des Dampfs. 1) Das stündliche Mittel der relativen
IVIenge des Wasserdampfs in der Ebene ist Mittags am geringsten, bei Sonnenaufgang
Mm grössten ; diese Unterschiede treten weniger im Winter als im Sommer hervor. —
l) Die relative Dunstmenge ist auf hohen Bergen meist geringer als in der Ebene
'Käratz). — 3) Im Juli und August ist die Luft relativ trockener, als im Januar. —
,1) Bei Nord- und bei allen Ostwinden (Süd- bis Nordost) ist die relative Feuchtigkeit
^5e^inger, als bei Süd- und Westwinden.
Vergleicht man , wo und wann die absolute und relative Luftfeuchtigkeit am
fjrSssten und kleinsten sei, so findet man sogleich, dass meist die Luft relativ um
to trockener ist, 'je mehr Wassergas (nach absolutem Maass gemessen) sie enthält.
Diese Bemerkung wird uns mehrfach von Wichtigkeit seip. — Beispielsweise geben
«Tr noch einige Tabellen, welche dem Werke von Kiimtz entnommen sind; in ihnen
'ist der prozentische Wassergehalt der Luft durch eine nach MM. gemessene Qucck'silbcr-
»sänle, also durch die Spannung ausgedrückt, die der in ilir entlialtonc Wasserdunst
30*
468
Absolute und relative Dampfmenge in der Luft.
ausübt. Um aus diesem Angabe das Gewicht des Wasserdarapfs zn finden , welcher
der Eauiüoinhcit Luft enthalten ist, dienen die an vielen Orten mitgetheilten l'eucL •
keitstabcllen *). Die unter der Colunmo „relative Dampfmenge" stehenden Zahlen g( t
die Prozent^ an, welche die wirklich vorhandene Dampfmenge von der ausma'
welche bei der bestehenden Temperatur hätte vorhanden sein können.
I. Tabelle.
Zürich.
F aulhorn.
Tageszelt.
Absolute
Relative
Absolute
Relative
Dampfmenge.
Dampfmenge.
Dampfmenge.
Dampfmenge.
Mittag
10,92 MM.
58,9 «/o
4,88 MM.
73,40/0
4h
10,97 „
60,9 „
4,94 „
80,8 „
8h
11,35 „
76,3 „
4,01 „
76,1 „
Mitternacht
10,94 „
85,3 „
3,72 „
73,7 „
4h
10,56 „
90,0 „
3,50 „
72,1 „
■ SU
11,12 „
76,9 „
3,79 „
69,8 „
II. Tabelle. Beobachtungsort Halle.
Monat.
Absolute
Dampönenge,
Relative
Dampfmenge.
4,51 MM.
85,0 0/0
4,75 „
79,9 „
5,11 „
76,4 „
6,25 „
71,4 „
7,84 „
69,1 „
10,84 „
69,7 .,
Juli '
11,62 „
66,5 „
10,70 „
66,1 „
September
9,56 „
72,8 „
7,87 „
78,9 „
November '.
5,64 „
85,3 „
Dezember
5,60 „
86,2 „
III. Tabelle. Beobachtungsort London.
Winde.
Absolute Dampfmenge.
Winter.
Frühjahr.
Sommer.
Herbst.
NO
5,01 MM.
7, 10 MM.
10,36MM.
8,53 MM.
SO
6,86 „
9,77 „
13,76 „
10,79 „
sw
8,17 „
9,37 „
13,83 „
11,67 „
NW
6,14 „
7,56 „
11,45 „
8,67 „
4. Der Einfluss, den diese Veränderungen auf die Atlimuugei ,
im Allgemeinen üben, gestaltet sich folgendermaassen. — a) Der'
Druckschwankungen' der trockenen Atmosphäre (nicht aber des
•) MUller's Lehrbuch der Physik. •!. Aull. 2. Bd. p. U09.
Einfluss der Luftveränderungen auf das Atlimen.
469
iWasserdcampfs) entsprechend , wird die Dichtigkeit des im Blut
Üiflfiindirten Sauerstoff- und Stickstoffgases sich mehren oder min-
dern nach dem bekannten Grundsatz, dass sich der Druck aus-
l^leicht zwischen zwei Antheilen eines gleichartigen Gases, von
fienen der eine in der Flüssigkeit absprbirt ist und der andere frei
darüber steht. Ob diese geringen atmosphärischen Dichtigkeits-
inderungen für die Athmung des N-gases von namhafter Bedeutung
lind, ist zweifelhaft. Für den absorbirten 0 könnte sie es nur insofern
>ein, als dadurch die Geschwindigkeit beeinflusst wird, mit welcher
derselbe aus dem Luftkreis zu den Blutkörperchen kommt. —
)i) Da in der freien Luft die CO2 nur unwesentliche Veränderungen
■irfährt, so wird die Dichtigkeit der atmosphärischen die der im
Ülut diffundirten CO2 nicht wesentlich ändern. Da nun aber
mzweifelhaft ein grosser Theil der verdunstbaren CO2 des Blutes
iicht bloss diffimdirt, sondern durch irgendwelche andre Hilfen
eerdichtet ist, so wäre es wenigstens denkbar, dass der Barometer-
rmck der Gesammtluft von Bedeutung ist für die Geschwindigkeit,
liiit der diese CO2 verdunstet. — c) Der Wasserdampfgehalt, die
Temperatur und die Gesammtspannung (Barometerstand) der At-
mosphäre werden sich sämmtlich geltend machen für die Verdun-
4üng des Wassers. Was zunächst den Dampfgehalt der Atmo-
iphäre anlangt, so ist seine Bedeutung für den Wasserverlust bei
eer Athmung verschieden, je nachdem die Luft, in welcher die
Verdunstung geschieht bei der Athmung auf die Normaltemperatur
ees menschlichen Körpers gebracht wird, oder ob sie diejenige
eer Atmosphäre behält. Im ersten Fall, der sich z. B. mit der in
ide Lungen aufgenommenen Luft ereignet, wird um so mehr ver-
tnnsten können, je geringer der absolute Wassergehalt der ein-
fenommenen Luft ist, also ceteris paribus am meisten im Winter,
eei Sonnnnaufgang , auf hohen Bergen, bei Nordostwind. Dieses
pedarf keiner Erläuterung; weil die Luft in der Lunge auf etwa
C. erwärmt und nahezu für diese Temperatur mit Wasserdampf
fesättigt wird, also muss die vorher trockenere Luft mehr Wasser
rasführen, als die fi-tiher feuchtere. — Gerade umgekehrt verhält
«eh dagegen der Wasserverlust beim Hautathmen ; dieser wird um
^0 bedeutender sein, je gi-össer die Capazität der umgebenden Luft
Hr Wasserdampf ist und je entfernter diese Luft von ihrem Sät-
igungspunkt steht (bei niedrigem relativen Dampfgehalt). Da sich
axra beide Zustände erfahrungsgemäss zur Mittagszeit und im hohen
'jommer ereignen, während im Winter die Luft fast vollkommen
Eiufluss des Darapfgohaltes und Baroraetordruckcs auf die Athmung.
mit Waäserdampf gesättigt ist, so finden sich die Verdunsturi:
gescliwindigkeiten von Lunge und Haut in einem zeitlichen Gegi
satz. ■ — Der Barometerstand, selbst wenn er auch durch eine V.|
änderung eines Druckes der trockenen Atmosphäre bei gleichbl
bender Spannung des Waaserdanipfes gesteigert oder erniedi
wird , übt immer einen Einfluss auf die Verdunstung. Denn
drückt auf das Wasser als solches jede Luftärt, und dieser Drr
bestimmt, wie wir wissen, die Geschwindigkeit der Verdunstiu
Erniedrigt sich also der Barometerstand , so wird die DampfbildiU|
beschleunigt, und umgekehrt wird sie bei steigendem Luftdniii
verlangsamt. Indem man diese Regel auf die wirklich a
kommenden Verhältnisse anzuwenden versucht, darf man natürli
niemals vergessen, neben dem Barometerstand die gleichzeitig \
handene relative Dampfmenge der Luft mit in Rechnung zu bringr i
So ist z. B. auf hohen Bergen die Geschwindigkeit der Dam) I
bildung A-^ermehrt wegen des niederen Luftdruckes und gemind<
wegen der dort öfter vorhandenen, relativ grösseren Dampfmen
so dass das Resultat dieser zusammenwirkenden Umstände m
lieber Weise doch dem in der Ebene vorhandenen gleich sein kai,
wo die relative Dampfmenge gering und der Barometerdruck gross 15
Lieber den Gewinn und Verlust des Bluts an Gase
durch die Oxydation der lebendigen Atome und den Austausch d
verbrennenden und verbrannten Produkte zwischen Blut und Gewebe
Wie in der Atmosphäre, so müssen auch im Blute Umstäm
wirken, die die Zusammensetzung seiner Luft gleich zu erhalt«
trachten. Denn wenn der schon geschilderte Gasstrom ununte
brochen von und zu dem Blute geben soll, so muss der eingetretei
Sauerstofi" fortwährend wieder verschwinden und die ausgeschiedei
CO2 ebenfalls wieder ersetzt werden, denn sonst würde das Bli
bald vollkommen frei von CO2 und statt dessen bis zur SättiguD
mit 0 beladen sein, womit denn der Gasaustausch zwischen Ln
und Blut sein Ende erreicht hätte. H
Beides, die Neubildung von CO2 und das Verschwinden vo
0, geschieht nun in der Regel durch die sogen, thierische Ve
brennung. Hierunter versteht man aber einen Vorgang, bei welchei
die organischen Atome des thierischen Körpers mit Hülfe des sa
der Luft aufgenommenen Sauerstoffs umgewandelt werden in C0s
N, HO und in die festen organischen Bestandtheile des. Harns um
Schweisses. Von der Lebhaftigkeit dieser Oxydation hängt es also in
letzten Ende ab, welchen Umfang der Gasaustausch auf den Athmungs
1
lieber den Gewinn und Verlust des Blutes an Gasen.
471
I liehen uuter sonst günstigen Umständen annehmen kann. Betrach-
ci man nun dieselbe mit Rücksicht auf die Grösse des Gasstromes?
len sie einleitet, so ist bald Zweierlei ersichtlich; zuerst, dass die
ilenge des in der Zeiteinheit hin- und hergeführten Gases sich mit
lern Verlauf der Umstände bedeutend ändert, und zweitens, dass
'ir gleiche Mengen eingebrachten Sauerstoffs sehr ungleiche Mengen
•on CO2 ausgeführt werden.
Was zuerst den letztern Punkt anlangt, so ist aus der che-
uischen Zusammensetzung der verbrennlichen Atome einleuchtend,
lass 100 Vol.-Th. Sauerstoff, die zum Verbrennen von Zucker be-
mtzt werden, wieder 100 Vol.-Th. CO2 liefern, während aus ihnen
mr etwa 70 Vol. CO2 enstanden wären, wenn sie Tristearin oxy-
t. lirt hätten. Denn der Zucker (Ci2Hi2 0i2) besitzt bekanntlich ge-
;iug 0, um allen seinen H vollkommen zu Wasser zu verbrennen,
ivährend bei der Verbrennung des Tristearin's (Ciu H104 O12) immer
. loch ein grosser Theil des atmosphärischen Sauerstoffs zur Oxy-
dation des Wassers verwandt werden muss.
Wie bei der Umsetzung des Fettes mehr 0 eingenommen war,
als in der ausgeschiedenen CO2 von diesem Element enthalten, ist,
• ;o könnte möglicher Weise auch in beschränkten Zeiträumen mehr
/JO2 ausgeschieden werden, als Sauerstoff absorbirt war. Denn es
'.verfallen die thierischen Atome, so weit wir wissen, nicht beim
irsten Angriff in CO2, HO u. s. w. , sondern vorerst in noch ver-
i,nckeltere Verbindungen; zur Herstellung derselben ist Sauerstoff
uöthig, welcher der CO2 -Bildung erst dann zu Gute kommt, wenn
!:lie genannten Spaltungsprodukte vollkommen verbrennen; also ist
iler Sauerstoff, der schon früher aufgenommen wurde, erst später
mit der CO2 wieder fortgegangen. Aehnlich kann auch die Ver-
änderlichkeit der Reaktion einzelner Gewebe, wie namentlich der
so sehr verbreiteten Muskeln , wirken. Denn wenn die saure Reak-
tion durch das eintretende Uebergewicht einfachkohlensauren oder
basischphosphorsauren Natrons in das basische überschlägt, so
muss ein Theil der damals in den Muskeln gebildeten CO2 zurück-
halten werden, welcher erst dann, wenn die saure Reaktion
lederkehrt, ausgetrieben wird. Dieses Ueberwiegen des ausgeschie-
denen CO2- Volums über das eingeführte 0 kann aber immer nur
auf kurze, niemals auf längere Zeit bestehen. Denn wir ge-
messen in der Regel keine sauerstoffhaltigere Nahrung als den
Zucker, und diesen niemals Mllein, sondern gemischt mit andern,
viel sauerstoffärmeren Verbindungen. Bei der Verbrennung des
472
Innere Respiration.
Zuckers, ist, wie schon erwähnt, das Volumen der gehildeten COH
gerade dem des verbrauchten Sauerstoffs gleich; bei der VerbreiH
nung aller andern Atome ist aber immer das erstere kleiner afl
das letztere. Weil nun im Lebenden Zucker, Fette und AlbumiB
zugleich verbrannt werden, so muss auch ein grösseres VolumeB
an Sauerstoff ein-, als an CO2 ausgeathmet werden. m
Mehr noch als das Verhältniss zwischen aus- und eingehende^
Gasen ändert sich der Gesammtverkehr derselben in der ZeiteiJ
heit. Denn die thierische Verbrennung geht nicht zu allen ZeiteÄ
gleich lebhaft vor sich; dieses ergiebt sich schon daraus, dasi
nicht in jeder Zeiteinheit des Tags gleichviel Wärme und gleich vieB
Harnstoff entsteht, zwei Produkte, die unzweifelhaft eine Folg«
der thierischen Verbrennung sind. Der letzte Grund dieser YsM
riation ist darin zu suchen, dass die Oxydation nicht so langÄ
gleichmässig fortschreitet, als 0 und brennbare Stoffe vorbände«
sind, sondern dass die Blut- oder Organbestandtheile erst eine«
Vorbereitung bedürfen , bevor sie den Angriffen des O's zugängi J
sind. Diese wird ihnen aber zu Theil entweder in Folge der Teml
peratur der Luft oder einer veränderten Mischung unserer SäfteJ
z. B. nach der Nahrungsaufnahme, oder auch durch die Erregungl
der Nerven, Muskeln, Drtisen, wobei wahrscheinlich eine Spaltung!
von chemisch trägen in leicht veränderliche Atome eintritt. !|
Zwischen dem Gasverkehr auf den Athemflächen und der Um-
setzung der Gase in der thierischen Oxydation liegt aber noch einji
Vorgang in der Mitte, den man als die innere Kespiration be-[
zeichnen könnte. Ihm fällt die Aufgabe zu, den 0 aus dem Blute
an den Ort der Verbrennung, und umgekehrt, die bei der letztem
gebildeten Gase in die Blutflüssigkeit zurückzuführen. Da wir nun
aber nicht einmal mit Sicherheit den Ort kennen, wo die Verbren-
nung geschieht, so können wii* auch nicht den Mangel an empi-
rischen Daten ersetzen durch Ableitungen aus bekannten Eigen-
schaften der hier in Betracht kommenden Flüssigkeiten und Gase.
Wir wissen nur so viel mit Sicherheit, dass das mit 0 durchtränkte
Blut sehr viel länger hellroth, d. h. sauerstoffreich bleibt, wenn es
für sich bei der Temperatur des thierischen Körpers aufgehoben
wird, als wenn es durch die Capillaren des lebenden oder des so eben
getödteten Thiers läuft. Also begünstigt die Berührung des Blutes
mit den Wandungen der Capillaren beziehungsweise mit den sie
umgebenden Flüssigkeiten und Geweben, die Umwandlung des.
0- Stoffs. Ob nun aber aus den Capillaren der Sauerstoff in die
Wo wird die CO« gebildet? 473
ijvehe tritt, dort CO) bildet und dann erst wieder in das Blut
(iekkehrt, oder ob sich der 0- Stoff in den Capillaren in Ozon
. wandelt oder ob leicht oxydable Körper aus den Geweben durcb
* Capillarenwand in das Blut übertreten , die sich dort sogleich
' 0- Stoff verbinden, ist vollkommen unbekannt. — Hier ist also
ih ein ganz neuer Abschnitt der Athmungslehre zu schaffen.
Einige wenige Thatsachen, die sich auf die innere Athmung beziehen, sollen hier
immengestellt werden, mehr um Fragen aufzuwerfen, als zu lösen. — Ausgeschnittene,
(creie , noch reizbare Muskeln fahren fort , CO» zu bilden , wenn sie in einer sauer-
taaltigen Atmosphäre aufgehängt sind. Daraus könnte man schliessen , dass der
«el auch ohne Zuthun des Blutes verbrennt , oder mit Eücksicht auf das Vor-
itnde, dass der Ort, an dem die COj gebildet wird, in dem Muskel und nicht in
in Blutgefässen zu suchen ist. Da ferner die Muskeln und Nerven nur so lange
car sein sollen , als sie freien 0 enthalten , so müsste man auf die Anwesenheit des
nm, also auch auf die COa-Bildung in Nerv und Muskel schliessen aus einer
KBohtung von Set'schenow. Diese besteht darin, dass Thiere noch Athem-
fgungen und Herzschläge . erkerinen lassen , wenn selbst ihr Blut vollkommen frei
'rardunstbarem 0 ist. Diese Thatsache würde unter der obigen Voraussetzung noch
»anz besondern Betrachtungen Veranlassung geben über das Verhältniss der Ver-
ctschaften der Muskelstoffe und der Blutkörperchen zu freiem Sauerstoff. Aber
>;enaueres Eingehen in den Gegenstand erscheint nicht gerathen , so lange die
ifjchtung von Bernard aufrecht steht, dass das Blut, welches aus den Venen der
ädernden Speicheldrüse hellroth zurückkommt, sehr viel rascher dunkelt, als das
feile, vorausgesetzt, dass beide bei gleicher Temperatur aufbewahrt wurden. Denn
Thatsache verlangt im Gegensatz zu den frühem die Annahme, dass ein leicht
(lannlicher Stoff dem Blute in der Drüse beigemengt wurde.
' Wenn die COj in den Geweben gebildet wird und von dort in das Blut tritt,
•MS die Spannung der CO2 in der erstem grösser als in der letztern sein. Da
tiinn aber Grund haben zu vermuthen , dass der Absorptionscoeffizient für CO2 in
Gewebsflüssigkeit und im Blut derselbe ist (vom Harn wissen wir dieses gewiss durch
ier), so müsste demnach auch der Gehalt an freier CO2 in den Gewebsflüssig-
i höher als im Blut sein, insofern das Gas von dort hierher treten sollte. In-
1 man den Ham als einen Gewebesaft der Niere ansieht, müsste also auch dasselbe
i'in gelten. Dieses scheint aber wenigstens nach den Beobachtungen von Planer
12) nicht der Fall zu sein, da er unter Umständen nur 4,4 pCt. COa in dem Ham
d. h. so wenig, wie noch niemals im arteriellen Blut beobachtet wurde.
iMit der Zeit und mit den Gewebsarten ändert sich das Sauerstoffbedürfniss.
8 ist eine Thatsaehe , die sieh vor Allem aus der chemischen Zusammensetzung,
'Värmebildung und der physiologischen Arbeit verschiedener Gewebe ergiebt.
' Zahlcnwerthe für den 0 -Verbrauch in den verschiedenen Geweben würde man
i'üch finden , wenn man die Blutmengo kennte , welche ein Gewebe in der mitt-
' Zeiteinheit durchsetzte, und den mittlem Sauerstoft'gehalt des venösen und
eilen Blutes. Zu einer proportionalen Messung dos Sauorstoff'verbrauchs in der
•nheit würde die Bestimmung des Saucrstoffgchnltes zweier Venonblutartcn genügen,
oit gleicher Geschwindigkeit durch ihre zugehörigen Capillaren gegangen sind,
'War darum, weil man voraussetzen darf, dass das artoriollo Blut überall und zu
474:
Berührung clor Luft inner- und aussorhall) des Blutes.
allen Zeiten ungefähr gleichviel Sauerstoff mitbrachte. — Bestände die Bodn
gleicher Geschwindigkeit und enthielten die verglichenen Venenblutartcn gleic
Körporchon, so würde man zu dem vorgesetzten Ziel auch dadurch gelangen,
man, statt den Sauerstoffgelialt der verschiedenen Venenblutarten zu messen,
mittclte, wie weit eine jede Art der letztern von ihrer vollkommenen Sättigung
0 entfernt wäre; es würde offenbar der SauerstoftVcrbrauch auf einer beliebigen
um so grösser gewesen sein, je mehr Sauerstoff dem aus ihr hervortretenden
wieder zugesetzt werden müsste, um dasselbe vollkommen mit jenem Gas zu sättigt
Gl. Bernard hat einige der zuletzt erwähnten Bestimmungen ausgeführt und fol(
Zahlen erhalten:
100 Volum Blut bedurften zur vollen Sättigung
aus Volumina 0
der Pfortader . . . 23,0 Vol. — 19,3 Vol. — 30,0 Vol.
dem rechten Herzen . 21,0 „ — 17,6 „ — 21,1 „
der vena jugul. . . . 16,0 „ — 14,0 „ — 16,6 „
Diese Zahlen sagen natürlich nichts aus über den relativen 0 -Verbrauch ii
Darm- und Kopfgefässen , da weder der Umfang und die Geschwindigkeit des
Stroms in ihnen, noch auch der Körperchengehalt jener Blutarten bekannt isl
Einen andern ähnlichen Versuch hat Bernard angestellt, in welchem er bestii
wie riel 0 zur Sättigung das Blut in der vena jugularis brauche, bevor und währenc
nerv, syrapathicus gereizt war, also je nachdem Blut sich kürzer oder länger in denCapil!
aufgehalten hatte. 100 Theile Blut, welches ausströmte, bevor der Nerv gereizt wurde
durften 5,7 Vol. 0; das, welches ausfloss, während der Nerv gereizt wurde, verlangte 7,'
Wenn nun einmal das verschiedene Sauorstoflfbedürfniss in verschiedenen 2l
und Orten feststeht, so ist es auch nothwendig, dass die Geschwindigkeit undi
Ausbreitung des Blutstroms und namentlich seiner Körperchen mit jenen Umstä
wechsele, damit immer den veränderlichen Anforderungen genügt wird. Hierfür Ii
wir nun zahlreiche Andeutungen , indem die Drüsenadern während ihrer Absende:
und die Muskeln nach ihrer Zusammenziehung von mehr Blut durchsti'ömt werde
sonst; ferner darin, dass das Blut der vena portar. reicher an Körperchen ist, all
der V. jugularis u. s. w. Mit Rücksicht auf diese i'rage verdient der Blutstrom
eine genauere Untersuchung.
Wir brauclien kaum zu erwähnen, dass das abdunstende Wa
mit den Speisen geradewegs wieder eingefülirt wird, dass es i
auch, zum freilich geringsten Theil, durch Oxydation wassera
haltiger Atomcomplexe entsteht.
Berührung zwischen den Luftärten der Erd- i
Blutatmosphäre.
Die Geschwindigkeit und der Umfang des Austausches
Gasarten hängt, alles Andere gleichgesetzt, ab von der Fläche,
welcher, und von der Zeit, während welcher die Berührung
schiebt. Der Einfluss der ersten Bedingungen bedarf gar ke
Erwägung ; rüeksichtlich des letzteren erwähnen wir dagegen, i
es zur Unterhaltung der Athmung keineswegs genügt, Luft'
Blut überhaupt in Berlihrung zu halten, sondern dass ftir ei
Uerülirung der Luft innor- und ausserhalb dos Blutes. 475
(^ebenen und constanten 0- und COa-Gehalt des Luftkreises und
• Gewebsflüssigkeiten das mögliche Maximum in der Austau-
jinngsgesch windigkeit der Gase nur dann zu erreichen ist, wenn
in Berührung befindlichen Theile des Bhites und der Luft mög-
est genau so viel und so wenig 0 und CO2 besitzen, als einer-
»s die Flüssigkeit der Gewebe, aus denen das Blut hervorging,
l anderseits die nicht mit dem Körper in Bertihung stehende,
►p. nicht in seinen Höhlungen eingefangene Luft. Diese Be-
rgung ist aber nur dann befriedigt, wenn ein möglichst rascher
tt- und Gaswechsel eingeleitet wird, wenn also das Blut aus
I Athemflächen , mit Sauerstoff geschwängert, rasch durch die
■2-Region dringt und von dort, bevor noch sein Sauerstofifgehalt
iächtlich gesunken , wie derin eine möglichst rein eatmosphärische
Ii zurückeilt. — Venveilen dieselben Bluttheilchen längere Zeit
(demselben Orte in den Geweben, so wdrd der Unterschied der
sarten des Blutes und der Gewebe sich ausgleichen und damit
bh der Gasstrom zwischen beiden Lokalitäten immer langsamer
fden. Dasselbe gilt natürlich auch für den Gasstrom zVischen
n Blut und der Luft, wenn der Antheil dieser letztern, welcher
.Athmungsflächen berührt, nicht im Wechsel begriffen ist ; daraus
i;em wir, dass mit der Geschwindigkeit des Blutstroms, der der
e.emzüge und der die äussere Körperoberfläche berührenden Winde
l'h die Geschwindigkeit des Gasaustausches wächst.
Von dem hier berührten Prinzip macht der Athmungsmechanis-
16 jedesmal Gebrauch, wenn das Blut mit CO2 überladen ist; die
sstbewegungen folgen rasch aufeinander; er benutzt es ferner,
lim lokale Nöthigungen zu grösserem Sauerstoffverbrauch ein-
fen; dann wird, wie in den Speicheldrüsen während der
:retion u. s. w., der Blutstrom durch den thätigern Ort leb-
tter. — Die uothwendige Folge dieses vermehrten Zuströmens
1 Luft oder Blut ist die, dass der prozentische Gehalt an CO2
ider abströmenden Flüssigkeit geringer wird, obwohl die Summe
in der Zeiteinheit ausgeführten COa-Menge gemehrt ist. Der
md für das Letztere liegt darin, dass die Geschwindigkeit des
1- oder Blutstroms mehr gewachsen ist, als die des ausführenden
2- Stroms.
Die Absorptionsfähigkeit des Blutes.
_ Diese greift endlich als eine allgemeine Bedingung in die
imung ein, weil das Blut die Uebertragung des Sauerstoffs aus
Luft in die Gewebe und diejenige der Kohlensäure in der um-
476
Absorptionsfiihigkdit des Blutes nach iSctschenow und Fernet.
gekehrten Richtung vermittelt. Die Mittheilungen Uber Absorpli
fähigkeit des Blutes (p. 13 und 26 d. Bd.) sind noch weseni
von Setschenow*) vervollständigt. 1) Aus arteriellem Blut ig
wickelt ein neues Abscheidungsverfahren der Gase mehr SauerBjl
als man bisher daraus erhalten. Der möglichen Erklärung, cl
dieses Sau erstoif- Mehr abhängig sei von einem reichlichen Gern
des Blutes an Körperchen, kann entgegnet werden, dass jedesiB
wenn Blut aus der gleichnamigen Arterie verschiedener IndividÄ
derselben Thiergattung untersucht wurde, es mit dem neuen «
fahren mehr 0 gab als mit dem alten. — 2) Das Blut enthält ml
CO2 als man bisher glaubte, insbesondere aber' gilt dieses für
Verhältnisszahl zwischen der verdunstbaren und der chemisch
bundenen, d. h. der nur durch fixe Säuren austreibbaren CO2; d(
während es bisher galt, dass das Maass gebundener CO-2 etwa ;
das vier- bis sechsfache grösser sei als das der verdunstbaren, stej
sich umgekehrt heraus, dass auf 10 Theile freie 1 Theil gebundi
kommt. Also enthält auch das Blut der Hunde jedenfalls nur
wenig liohlensaures Natron. — Da aber nach Meyer ein Tl
der verdunstbaren CO2 in einer Salz Verbindung enthalten ist,
bleibt zur Herstellung einer solchen nur noch das HO, 2NaOI
übrig, welches nach Fernet bei Gegenwart überschüssiger (
für je 1 Atom Salz 2 Atome CO2 aufnehmen kann; daraus wlii
man folgern müssen, dass der nicht zusammendrückbare Antl
der verdunstungsfähigeu CO2 vorzugsweise an den Bhitkörpercl
hafte , da diese vorzüglich die phosphorsauren Natronsalze enthali
sollen. Dieser Folgerung sind die Beobachtungen von -Fern et'
über die freie CO2 des Serums und des Gesammtblutes vom Oehf
nicht günstig, aber sie widerlegen sie auch nicht; denn er fsu
dass gleiche Maasse von Serum und von Gcsammtblut ungefS
ebensoviel CO2 im strengen "Wortsinn absorbiren, wie das Wa8S(
der anderweitig gebundene Antheil der freien CO2 war im Gesami
blut nur um ein weniges grösser als im Serum. — 3) Das (
sammtblut enthält etwas mehr N- Gas als ein gleich grosses Wasßl
volum absorbiren kann. ' |
Nach den Beobachtungen von Setschenow gewinnt ml
aus 100 Theilen arteriellen Hundebluts im Mittel Vol. 0 = I5,7l
Vol. N = 1,19; Vol. freie CO2 = 29,46; Vol. gebundene CO2 = 2,4|
Die Gase sind auf 0" und 1 Meter Hg-Druck berechnet. .
») Wiener akart. Sitzungsberichte XXXVI. 293 .
'*) Annales tlcs sclences naturelles. Tom. VlU. 1867.
Methode der Gasgewinnung von C. Ludwig.
477
Nach Fern et bedürfen 100 Theile gasfreien Serums oder Bluts
Rindes folgende Gasmengen zur vollen Sättigung:
Luperatur
mm . . .
t . . . .
0
absorbirt, anderw. gbdn.
16,80 C.
2,9
0,1
CO2
absorbirt, anderw. gbdn.
16,0» C.
98,9 47,1
96,4 49,1
N
15,8" C.
1,41
Fig. 58.
2,9 9,5
Die Gase sind auf 760 Millimeter Druck und 0" C. berechnet.
Nach Setschenow absorbiren 100 Theile gasfreien Bluts des
ödes 18,87 Vol. 0.
Das Verfahren, welches Setschenow benutzte, um aus dem frischen Blut die
zu gewinnen, gründet sich auf die Anwendung der Toriz eUi'schen Leere; der
■jst ist von C. Ludwig construirt; er ist
laatisch in Fig. 58 dargestellt. Er besteht
hinem U-förmigen Eohr ABB, welches bei
( C D offen ist. Auf die Oeffnung bei A ist
üurch eine Klemme verschliessbares Kautschuk-
■f gesetzt ; aus B geht hervor ein senkrechtes,
800 MM. langes Glasrohr B F, dessen untere
liung F ebenfalls mit einem verschliessbaren
ochukrohr versehen ist; das Ende F taucht
a mit Quecksüber gefülltes Gefäss. An der
ong C sitzt mittelst Kautschuk der Blut-
tter. Auch diese Kautschukverbindung ist
i eine Klemme verschliessbar. Auf der Mün-
jD endlich sitzt mittelst Kautschuk und
»me ein oben' geschlossenes und graduirtes
airohr. Zur Ausführung des Versuchs wird
t das Blutgefäss gefüllt, und zwar aus der
des Thieres unter Quecksilber mit Ausschluss
Luft; nachdem sein Kautschukansatz unter
«über durch die Kiemrae geschlossen ist,
es an C gesetzt. Darauf werden alle Rohrs
.uftfreiem Quecksilber gefüllt , während die
me bei F geschlossen ist, und hierauf werden
andern Klemmen geschlossen und die bei F
'■ Quecksilber geöffnet. Indem dieses letztere
esst, entsteht zwischen G und B ein luftleerer
■ ; ist das Quecksilber unter die Mündung C
Igt, so wird F wieder geschlossen und die
une bei ü geöffnet und das Blut in einem
»erbad von 40 "bis 50 " C. erwärmt. Augen-
ich kocht das Blut in dem luftleeren Räume,
nan dieses Kochen einige Zeit unterhalten,
hliesst man wieder C, füllt durch A Queck-
' nach und presst somit das in dem Räume
478
Veränderungen der Absorptionsfähigkeit des Blutes.
C J) enthaltene Gas zusammen. Wenn es nahezu auf die normale barometrischift ;
nung gekommen , ööuet man die Klemme bei D, worauf das Gas in das Sammt
übertritt. Nachdem man L geschlossen , wiederholt man den Versuch, und zw
oft, bis man aus dem Blut keine Luft mehr erhalten kann.
Pernet nimmt an, dass das von ihm zu Absorptionsbeohachtungen benutzte
an Prozenten enthalten habe: 0,25 NaO CO2 und 0,03 2NaOP05. 100 Theilc auf
"Weise zusammengesetzte Lösung absorbiren unabhängig vom Druck 47,1 Vol. COj
nahe zusammentrifft mit der von ihm am Serum wirklich beobachteten Zahl ;
Unterstellung gilt aber nicht für das von Setschenow untersuchte Blut, w(
seiner geringen Menge fixirter CO2 nach noch nicht 0,01 pCt. NaCOj enthalten k(
Da das Blutserum ebenfalls ein wenig 0 unabhängig vom Druck absorbirt, was
Lösung der Blutsalze nicht thut , so glaubt F e r n e t den Eiweisskörpcrn des S(
eine Verwandtschaft zum Sauerstoff zuschreiben zu müssen. War das von ihn
gewendete Serum frei von Blut- und Lymphkörperchen ? — Auf die abweid
Eigenschaft des Blutes , so viel CO2 und 0 im wahren Wortsinn zu absorbirei
besonders aufmerksam zu machen. 100 Vol. Th. .Blut (von 1055 spez. Gew. und 8(
Wasser) enthalten nur etwa 84 Vol. Th. Wasser und absorbiren doch so viel wie 10
Wasser; entweder erhöhen also die Eiweisskörper den Absorptionscoeffizienten desWa
oder sie verhalten sich^im flüssigen Zustande selbst wie Wasser. — Die NaCl-Ai
rungcn, welche dem gesunden Blut eigen sind, scheinen keinen Einfluss auf'
Absorption zu üben , was trotz der gegenthoiligen Versicherungen aus F e r n I
Beobachtungen hervorzugehen scheint. 1
Ganz besonders müssto noch untersucht werden, wie sich die Geschwindig
mit welcher die COj das Blut vcrlässt, änderte mit dem variablen Unterschied de
Blut absorbirten und der in der darüber stehenden Luft enthaltenen COj-M
Namentlich wäre es wissenswürdig, wie tief der COj-Druck der Umgebung gest
sein muss , bis die vom phosphorsauren Nati'on aufgenommene COj entlassen werden
Untevsueliungen über Veränderungen der Absorptionsfällig
und ihren Einfluss auf die Atbmung liegen nicht vor. — Voraussi
lieh wird mit der Abnahme der rothen Körperchen der Sauersi
austausch beschränkt (Aderlass, Bleichsucht, Leukämie?). —
das Serum zwischen dem Sauerstoff der Gewebe oder 4
der Luft und demjenigen der Blutkörperchen den Vermittler sp
so müssen Veränderungen in seiner Zusammensetzung, welche
Aufnahme des Sauerstoffs beeinflussen, auch die Geschwindig
fernerer Uebertragung von und zu den Körperchen bestimmen.
Für den Austausch der CO2 dürfte ihr in der Flüssigkeit gelö
Antheil genügen, und noch mehr, er dürfte sich allein an demsel
betheiligen. Einen teleologischen Beweis könnte man dafür fin
wollen in der Leichtigkeit, mit welcher das Na02C02 und 2NaO
in den Harn tibergehen ; noch mehr dürfte die Ueberlegung me^
dass die an die Salze gebundene CO2 erst dann austreten ks
wenn die leichter gebundene und absorbirte erschöpft ist;
wii'd aber niemals eintreten. Von Wichtigkeit füi' die innere i
I
Besondere Athemwerkzeuge ; Lungonatlimung ; Lüftungswerkzouge. 479
Ii;; könneu die Salzverbinduugen dann werden, wenn plötzlich
CO) entsteht. Dann entlasten sie die Gewebe von der freiem
misch wirksamem CO2.
Besondere, Athemwerkzeuge.
Rlicksichtlich des in den Vordergrund gestellten Gasaustausches
iilen sich die Athenrorgane durch die Ausbreitung der Bertih-
usHächen zwischen Luft und Blut, durch die chemische Zu-
iinensetzung und die Mächtigkeit der flüssigen Schicht, welche
lUut, resp. dessen Körperchen von der Luft trennt, und end-
■ liirch die Geschwindigkeit des Blut- und Luftwechsels in den
iLuflächen.
A. Lungenathmung.
Die an ihr betheiligten Werkzeuge zerfallen wir in lüftende
l luft verändernde ; zu den ersteren gehören Brust- und Bauch-
ladungen, Nase, MundöfFuung, Kehlkopf, Luftröhre bis in ihre
Jisten Verzweigungen. Zu den letzteren zählen wir die Häute
Lungenbläschen und der Blutgefässe, welche auf und in den
ttern liegen, und die Flüssigkeiten, welche diese Häute durch-
laken oder von diesen umschlossen sind.
Ltiftungs Werkzeuge.
Da wir schon zu wiederholten Malen auf diese Organe die
imerksamkeit gelenkt haben, so heben wir hier nur noch die
uiehungen derselben zum Luftstrom in den Lungen hervor.
1. lieber die Mittel, welche den Luftstrom erzeugen*). Der
rtwechsel innerhalb der Lungen wird dadurch bewerkstelligt, dass
Wandungen des Brustkastens, indem sie sich ausdehnen und
sammcnziehen, das Volum der Brusthöhle mindern (Exspiration)
i'-r mehren (Inspu-ation). — Bei dem gesunden Menschen ist aber
:e Veränderung in dem Durchmesser der Brust gleichbedeutend
derjenigen der Lungenhöhle, weil die äussern Oberflächen der
liht ausdehnbaren Lungen innig angeschlossen sind an die Innern
'-chen der Brustwand und den Bewegungen dieser Folge leisten
issen. Da dieser Anschluss aber nur so lange besteht, als die
urahöhle luftleer ist, so kann er nur abhängig sein von dem
ack , welchen die Luft in dem Binnenraum der Lunge gegen die
•) T r a u b e , in dessen Beitrügen siur cxperlinentnl. Pothologte. 1810. !)1. — II u t c h 1 n s 0 n ,
opaedia by Todd. IV. Bd. ITiorax. — Beau etMaissiat, Archiv, gdntfr. D(Sc. 1842. —
»»ner, dessen Jahresbericht tUr 1856. p. 485 (Helmholtz) und fiir 1857. 501. — Srb,
ner med. Woehensclirift. .Januar 1859. — IT e nie, Anatomie des Menschen eto. Brauusclnveig
—68. — Arnold, I'hyslolögische Atistalt zu Heidelberg. 1858. 140.
480
Einzieliung der Luft in die Lunge.
ausdehnbaren Lungenliäute ausübt, ein Druck, der im nonn;i
Zustand kein Gegengewicht in dem Pleurasack findet. Demii
können wir bis auf Weiteres fingiren, die äuseern Lungen- i
die innern Brustflächen seien mit einander verwachsen, welches
dem oft genug wirklich vorkommt. Unter dieser Voraussetz;
leuchtet ein, dass bei einer jeden Erweiterung der Brusthöhle
Luftstrom in die Lungen gehen muss, so lange ihr Hohlraum
die Atmosphäre in offener Verbindung stehen. Denn mit der
Weiterung der Brusthöhle wird auch die in ihr enthaltene Luft
dünnt, so dass sie nicht mehr im Stande ist, dem Druck deri
mosphärischen das Gleichgewicht zu halten; der Strom wird a
so lange andauern, bis die Spannung der Luft inner- und ausf
halb der Lungen wieder gleich geworden ist. ümgekehi-t m
aber ein Luftsti-om aus den Lungen dringen, wenn der Brustra
verengert wird. Es ist, wie man danach sieht, der Apparat
Einleitung des Luftwechsels ganz nach dem Grundsatze eines
wohnlichen Blasebalgs gebaut.
Zu den Umständen, welche den Brustkasten erweitern, also die E
athmung einleiten, gehören die Zusammenziehungen des Zwerchfells,!
mm. scaleni, intercostales externi, beziehungsweise interni, levatores
starum, serrati postici superiores, sternocleidomastoidei, pectorales :
nores, serrati antici majores (?), und endlich der Wirbelsäulstrecker,
a) Die Wirbelsäulstrecker sind, wenn man sich so ausdilicken dj
weniger von dü'ekter als indirekter Bedeutung; eine Streckung u
Beugung der Wirbelsäule ändert zwar, aber keineswegs in eil
hervorragenden Weise die Räumlichkeiten der Brusthöhle ; sie üti
dagegen einen bedeutenden Eiufluss auf den Umfang, den die '.
wegungen der Rippen gewinnen können. Nach Hutchinsjj
ist bei gestreckter Wii'belsäule das Luftvolum, welches durch ^1
Maximum der Brusterweiterung und Verengerung eingezogen 01
ausgestossen werden kann, am grössten und in der That streckl
wir uns auch unwillkührlich, wenn wir möglichst tief einathml
wollen. — b) Bei der Zusammenziehung des Zwerchfells flachjj
sich die gewöhnlich an den Rippen unmittelbar anliegenden (Doli
ders) rothen Seitentheile des Zwerchfellgewölbes ab und steig
in die Bauchhöhle hinunter, während die mit dem Herzen in Vi
bindung stehenden Abschnitte des centr. tendineum ihre Lagen l
haupten (Hyrtl). — Der Bogen, den ein von rechts nach lin
durch das Zwerchfell geführter Schnitt während der Ruhe desselbi
darstellt, flacht sich also ab und nähert sich einem Winkel, dess<
Einziehung der Luft ; Wirkung der m. intercostales.
481
pgestumpfte Spitze unter dem Herzen liegt. Der Brustraum wii*d
emnach dadurch erweitert , dass er sich an seinem breitesten
iJieil verlängert. — c) Um die Wii-kung der viel besprochenen
intercostales ersichtlich zu machen, ist es nothwendig sich zu
■innern, dass die Rippe sich nur um eine annähernd horizontale
iihse drehen kann , welche von innen und vorn schief nach hinten
ad aussen läuft; die Richtung derselben ändert sich von Rippe
! Rippe und zwar so, dass der Winkel, den sie mit der Stirn ebene
idet, um so spitzer ist, je höher die Rippe liegt, so dass er sich
den untern einem rechten nähert. Daraus folgt, dass, wenn
i Rippe sich aus ihrer gesenkten Lage erhebt, sich zugleich
der ihrer Punkte nach aussen bewegt, und dass für gleichen
bbungswinkel die Auswärtsbeugung um so grösser sein wird, je
ifer unten die bewegte Rippe liegt. Erfahrungsgemäss werden
5 Rippen bei der Einathmung gehoben, und zwarnur so weit,
jss jeder Zwischenrippenraum sich vergrössert, hiezu wirken,
je ebenfalls die Erfahrung lehrt, die Intercostalmuskelu ins-
wondere bei kräftigen Athemzügen mit. — Insoweit aber das
Iben von den m. intercostales ausgeführt werden soll, kann es
rr geschehen an den knöchernen Rippentheilen durch die inter-
ifltales externl und an den knorpeligen durch die intercostales
ierni (Hamberger).
Um dieses einzusehen, betrachte man Fig. 59 eine beliebige Intercostalfaser
als Diagonale eines Parallelogramms, dessen Seiten gegeben sind durch die
[»penstücke a b und d c ,
nämlich , welche abge-
ritten werden durch die
«den a d und b c, wel-
Tom obem , resp. untern
»atzpunkt der Fasern aus-
ran. Gesetzt nun, es seien
Eippen a b und d c
Idei gesenkten (ruhenden),
und c ^ in der er-
lenBn Lage , so ergiebt so-
.'ch die Anschauung , dass
i der Richtung a c entspre-
ide Diagonale sich verkürzt,
die entgegengesetzte sich
Bilängcrt hat. — Da nun
B : bekanntermaasscn der Muskel, wenn er sich zusammenzieht, seine Ansatzpunkte
I nähern kann, so wird der musc. extern, die Kippen nur erheben, der rausc.
Bsrn. aber, so weit er auf dem knöchernen Rippentheil entspringt, die Rippe nur
■ Laclwig, riiyniologio II. 2. Aunage.
482 Gleichzeitige Zusammenziehung fler mm, intercnst. interni und extcmi.
senken können. — Die zuletzt genannte Muskelabtheilung wtirdenur dann hebend wii
können, wenn, wie Meissner voraussetzt, sich während der Drehung der ui
Ansatzpunkt des m. intercost. intern, vor den obern schöbe, so dass er in der J
den Verlauf eines extern, annähme.
Eine andere Frage ist die, ob sich während der Einathmi
die an den knöchernen Rippen vorhandenen m. interco,^ales ext«
nicht ebenfalls zusammenziehen, und welcher Erfolg daraus hen
gehe. Das Bestehen der Zusammenziehung hat man aus verscl
denen Gründen behauptet. Der vornehmste darunter ist hergenomn
aus der Beobachtung, dass sich bei der Einathmung die Zwisch
rippenräume nicht gegen die Brusthöhle einziehen (?). Die
mlissten sie aber, wenn ihre Wände nicht gesteift wären; mit
folg kann diese Steifung aber nur durch die gleichzeitige Zusamm
Ziehung der Faserkreuzung (der musc. externi und intenii)
schehen (Henle). Die Annahme, dass die Steifung wirklich
die genannte Weise stattfindet, erhält ihre Bekräftigung dadur
dass die senkend wirkenden intercostales da fehlen, wo andi
Muskeln die Brustwaud verstärken, und dass sie gleichzeitig i
den m. externi, und zwar beide in kräftiger Ausbildung, gefund
werden in den häufig vorkommenden Rippenfenstern, welche, vj
sie rings von Knochen umgeben sind , gar keine VeVänderung ih
Durchmessers zulassen. Wären die Muskeln während des Leb4
dort nicht öfter in wirksame Zusaramenziehung versetzt, so wä|
sie wohl atrophirt (Srb).
Ziehen sich die mm. intercostales intern. , welche von den knöchernen Rip
entspringen, gleichzeitig mit den m. extern, zusammen, so müssen sie die hebe*
Wirkung der letztern mindern. Dieser nicht wegzuläugnende Widerspruch sollte n
durch gemildert werden, dass man annahm, es werde jede Rippe nicht durch die j|
zukommenden, sondern durch die der nächst höher gelegenen Rippen, uiid an letw
Stelle durch die m. scaleni gehoben (M e issn er). Diese Annahme ist widerlegt ddft
die bekannte Erfahrung , dass sich die unteren Rippen noch heben , wenn sie diA
einen Querschnitt der Brust von den höheren getrennt sind.— Arnold hat beobachM'
dass sich bei Hunden und Kaninchen einzelne Zwischenrippenräume während der
athmung verengern. Hier waren also sicher die nun. interni gleichzeitig in ThätigaP
Aus dem Vorhergehenden versteht es sich von selbst, d^J
der untere Rand der erhobenen Rippe sich weiter nach v(i •
stellen muss, und nicht minder, dass bei tiefer Inspiration •
unteren Rippen stark nach auswärts treten müssen. Für d
Gewinnen von Raum leuchtet es als Vortheil ein, dass der Bru
theil, welcher durch das Zwerchfell verlängert, zugleich durch ^ A
Rippen ansehnlich verbreitert werden kann. Dass diese letzte!«
Ausstossimg der Luft; Elastizität der Lungen.
483
scheinung- auf einer Eigenschaft der Rippenbewegung an und
r sich und nicht von den durch das Zwerchfell gepressten Ein-
«weiden abhängt, ergiebt sich daraus, dass sie auch nach geöflFneter
hterleibshöhle beobachtet' wird (Duchenne). — d) M. scaleni,
»atores costarum, serratus posticus, sternocleidomastoideus wirken
»f'h bekannter Weise. — e) Die Eumpfschulterblatt- und Rumpf-
rnmuskeln können erst nach Feststellung des Schulterblattes und
aines für die Auseinanderziehung des Thorax wirksam werden;
nn könnte darum geneigt sein, ihnen hierbei eine Rolle zu tibertragen,
]Qwü- bei tiefen und namentlich krampfhaften Inspirationen Arm und
ittulterblatt durch Anstemmen des Arms feststellen. Aber auch
lan sollen, wie der Verlauf beweist, nur die drei obern Zacken
serratus anticus major rippenhebend wirken können (Cöster).
' iTihigen Einathmen betheiligen sich die genannten Muskeln
fviss nicht.
Die Zusammenpressung der Brusthöhle wird bedingt durch die
«tischen Kräfte der Brust-, der Lungen- oder Bauchwand und
Danninhalts und durch die Zusammenziehungen der mm. inter-
iales interni, so weit sie vom Knochen entspringen, mm. trans-
ms und obliqui abdominis, seiTati postici inferiores, sternocostalis
der Beuger der Wirbelsäule, vor Allem des rectus abdominis. —
iSchon früher (p. 144) wurde erwähnt, däss die Wandungen der
iBnden Lungen durch den auf ihre inneren Flächen wirkenden Luft-
!:)k immer ausgedehnt sind. Dieses wird einfach dadurch bewiesen,
ij die Lungen auf einen kleineren Umfang zusammenfallen , wenn
II während des Lebens oder kurz nach dem Tode den Luft-
!i*/k auf den beiden Wandflächen gleich macht, z. B. dadurch,
(3 man, während die Stimmritze offen steht, den Pleurasack
i Luftzutritt bloslegt. Die Spannung, welche die ausgedehnte
^genwand der in ihr vorhandenen Luft mittheilen kann, wenn
1 die Trachea luftdicht geschlossen und die äussere Lungenfläche
i Zutritt der Luft geöffnet, ist veränderlich mit dem Elastizitäts-
ffizienten der Wandung, den Zuständen der kleinen Lungen-
ikeln und der Ausdehnung der Lunge (Carson, Donders).
Donders*) maass die Spannung der Lungonluft (die Federkraft der Lungon-
') dadurch, dass er in die Luftröhre einer sonst unversehrten Leiche ein ge-
'les, mit Quecksilber gefülltes Manometer einsetzte und dann die Pleurahöhle
i Anschneiden eines Intorcostalraums öffnete. In diesem Fall, wo sich die Lunge
» Handleldlng. H. Bd. 393.
31*
^34 Ausstossung der Luft; Elastizität der Brustwand.
im Zustande einer tiefsten Exspiration, also in der geringsten Ausdelinung fand!
sie während des Lebens einnimmt, trieb sie das Hg in dem Manometer um 6
die Höhe. Als die Lunge darauf annähernd bis zu dem Umfang aufgeblasen
der ihi' während der Inspiration zukommt, hielt die durch die AVand erzeugte
nung der Lungonluft 30 MM. Hg das Gleichgewicht.
Aus dieser Thatsaclie geht hervor, dass die elastischen
bilde des Lungengewebes der Inspiration eine Hemmung entged
setzen und die Exspiration befördern. — b) Die Wände der Bjj
besitzen (I. Band 512) wegen der Steifigkeit und Befestigung!
der Rippen eine bestimmte Gleichgewichtslage, in die sie ii
wieder zurückzukehren streben, gleichgiltig nach welcher Bicht
hin sie auch daraus entfernt wurden. Durch diese elastisc
Kräfte sind sie befähigt, die Ausathmung zu hemmen und för(
Das erstere, wenn der Brustkasten durch eine energische Wirl
der Ausathmungsmuskeln auf ein geringeres Volum zusammengepr
werden soll , als er es vermöge seiner elastischen Ki-äfte einnehij
würde; der Widerstand, den die Brustwandung der Zusami
Ziehung der Muskeln entgegensetzt, wächst mit der steigei
Verengung der Brusthöhle so rasch, dass er für jene bald unii
windlich wird. Die Elastizität des Brustkastens hemmt dage
die Eiuathmung und befördert also die Exspii'ation , jedesmal
diesselbe von der Gleichgewichtslage an ausgedehnt werden
Dieser Widerstand wächst ebenfalls rasch mit der steigenden
dehnung der Brusthöhle. Die durch die Inspiration bedingte SjJ
nung der Wandung führt also, wenn die Zusammeuziehung
Einathmungsmuskeln nachlässt , die Exspirationsbewegungen ausjj
c) Die Baucheingeweide sind innerhalb ihrer elastischen Dec
(Haut, Muskeln, Fascien, Rippen) mit einer gewissen Spam
eingeschlossen, welche variirt mit den Eigenschaften dieser Deel]
mit der Menge und Art des (festen, flüssigen, gasförmigen) Da
Inhaltes. Da Brust- und Bauchhöhle nur durch eine leicht bCT
liehe, sehr ausgedehnte Scheidewand (diaphragma) von einai
getrennt sind, so muss der jeweilige Spannungsgrad in der Ba'
höhle sich gegen die Brusthöhle hin geltend machen, und es
das Zwerchfell so weit gegen die Brusthöhle emporsteigen , bis
rückwirkende Spannung , welche sich in seiner Substanz entwici
gleich ist derjenigen, die den Baucheingeweiden zukommt. Dar
folgt, dass die AnfüUung der Unterleibshöhle und die Zustä
ihrer Wandung bestimmend wirken auf die Ausdehnung des Br
raums während der Ruhe der äussern Brastwand und des Zwei
Ausstossung dor Luft; Leitungsröhren für den Lüftstrom in die Lunge. 485
i|s, indem das letztere bei gefüllten Eingeweiden, in der Schwanger-
uaft u. s. f. höher emporsteigt, und insofern als die Inspiration?
liehe durch das Zwerchfell ausgeführt wird, au der Spannung
• Baucheingeweide eine Hemmung erleidet, während der Kück-
jig des diaphragma nach der Esspiratiousstellung hin hierdurch
perstützt wird. — d) Die Wirkungen der aufgezählten Muskeln
izen wir als bekannt voraus. Wir erlauben uns nur daran zu
nnern , dass der m. transversus abdominis ein wahrer Antagonist
1 Zwerchfells ist, welcher ohne irgend eine andere Nebenwirkung den
lachinhalt zusammenpresst und damit das Zwerchfell empordrängt.
2. Leitungsröhren für den Luftstrom in die Lunge. Die Luft
lagt aus der Atmosphäre nicht unmittelbar in die Lunge , sondern
der letztern zunächst in ein Rohr (Trachea) , das mit zwei
ladungen (durch Mund und Nase) in das Freie und mit sehr
dreichen Aesten in die Lungenenden Ubergeht. — Alle Abthei-
f?en dieses Rohres sind hinreichend gesteift, um nicht durch
m Unterschied des Luftdrucks auf ihrer äussern oder Innern Seite,
ihn der Athemsti-om erzeugen kann, zusammengedrückt zu
liden. An der weicheren Nase ist die Scheidewand aufgestellt,
(die sich jederseits ein spiraliger Knorpel legt, und hinter diesem
tt der Knochen. Wird die Mundhöhle als Athemöffhung benutzt,
iBteifen sich durch die Conti-aktion des m. orbicularis die Lippen-
lier, oder sie werden auch unter und über die Zahnränder ge-
tt — Die knorpeligen Halbringe der Luftröhre greifen weit ge-
., um den Theil der letzteren, welcher nicht schon von der
Ibelsäule geschützt ist, zu festigen, und die Knorpelplättchen in
Bronchien dienen dazu, dass die Drücke der Brustwand die
ire gar nicht oder mindestens nicht auf die Dauer zusammen-
;ken können; denn wäre ihr Lumen auch einmal geschlossen,
i'Wlirde es beim Nachlass des Drucks durch die elastischen
nrpelplättchen wieder geöffnet werden. — Die Muskeln, welche
.las Rohr eingelagert sind , glosso- und pharyngopalatini, levator
tensor palati, die grossen und kleinen Kehlkopfmuskeln u. s.w.
iihrer Wirkung nach theils schon besprochen (LBd. 566), theils er-
F'en sie bei dem Artikel Schlingeij noch weitere Aufmerksamkeit.
langen Muskeln des Kehlkopfs, namentlich sternohyoidei und
mothyreodei, und die Muskeln zwischen den Ringen der Trachea,
iiliren die Dimensionen und die Lage der letztern, welche ohne
es durch häufige Zerrungen nach Länge und Quere bei jedem
«n Athemzug alterirt würden.
486
Verkiiüijfuiig der bewegenden Elemente.
3. Verkntipfuug der bewegenden Elemente zuAthembewegung
Bei der grossen Zahl willkülirlicb erregbarer Muskeln, die an d
Atbemapparat angebracht sind, können begreiflich unzählige A
von Combinationen derselben sowohl unter einander, als auch
den elastischen Einrichtungen hervorgebracht werden. Die Ath
Werkzeuge sind aber auch unwillkührUch erfolgenden Erregun
unterthan, wie wir schon früher sahen (I. Bd. 212). Da die
automatischen Apparat ein genau vorgezeichneter Mechanismus
herrscht, so sind die aus ihm hervorgehenden Combinationen
schränkt. — a) Die unvsdllktihrliche Erregung ordnet jedesmal
den Brustkasten bewegenden Kräfte so an, dass auf eine
Ziehung der Luft unmittelbar ein Ausstossen derselben folgt,
dass dann längere Zeit der Brustkasten in Ruhe verharrt, wel
die eben vollendete Exspiration von der folgenden Inspiration tre
Die Einathmnng dauert gemeiniglich etwas länger als die Aus
mung, und die Pause nimmt mehr Zeit ein als beide Bewegun
zusammengenommen.
Das liier angedeutete Yerhältniss zwischen Ein - und Ausathmungsdauer k
sich manniohfach ändern. Sehen wir von den willkürlich angebrachten Modifikatio
ab, so seheint es, als ob besondere Zustände der Nerven, des Bluts u. s. w. sich a
ausprägten durch einen bestimmten Quotienten der Aus - und Einathmungszeit.
ersten Anfänge zur Aufhellung dieser auch wichtigen Erscheinungen geben
Anwendung genauer Methoden Vierordt*), G.Ludwig, Liebmann und Heg
m a i 0 r.
b) Die Zahl der gleichzeitig zur Athmung in Bewegung gesetz
Muskelnist veränderlich. In Rücksicht darauf hat man mit einig
aber für praktische Zwecke gerechtfertigten Willkühr ei~"
Typen der Athembewegung ausgeschieden, das leichte das tie
und das krampfhafte A t h m e n. — a) Beim ruhi
Athmen ziehen sich während der Inspiration in den Leitungsrohr
zusammen die Heber des Gaumens. Die Stimmritze bleibt (bei
und Exspiration) weit offen ; ihre Mündung wird nur gedeckt dur
den nach hinten geschlageneu Kehldeckel (Czermak)**). Die
Stellung scheint nicht die elastische Gleichgewichtslage der Stimmrit
zu bezeichnen , weil nach Durchschneidung der n. vagi die Band
zusammenfallen. An den Brustwandungen aber zieht sich entwe'
nur das Zwerchfell, oder die mm. scaleni und intercostales zusamme
Die Erweiterung des Brustkastens geschieht namentlich bei Mann
*) Archiv für physiolog. Heilkunde. 1855 und 185G. — Ilegelmaier (Vierordt),
Athembewegung bei Hirndrnclc. Heilbronn 1859.
»*) Der KelilkopfBpiogel. Leipz. 1860. png. 37.
Leichtes, tiefes, krampfhaftes Athmen.
487
lieh das Zwerchfell., bei Franen diu-cli die mm. scaieni und
tercostales (Traube). Die ausserordentliche Wichtigkeit des
rchfells leuchtet daraus ein, dass nach Durchschneidung beider
I )hrenici der Tod eintritt ( B u d g e - E u 1 e n k a m p ) — An der
::en Exspiration betheiligt sich keine Zusammenziehung eines
kels; die Entleerung des Brustkastens geschieht durch die
i^tischeu Wii-kungen der Lungen, der Brust- und Bauchwand,
Darms. Diese Art der Bewegung pflegt die gewöhnliche zu
III . wenn das Blut und die Luft normale Zusammensetzung tragen,
■im die Berührung zwischen beiden ungehindert vor sich geht,
im die übrigen Partien des Nervensystems, insbesondere des
Mzens und der den Leidenschaften untergebenen Hirntheile in
um mittleren Grad von Erregung stehen. — ß) Beim tiefen
hmen ziehen sich in der Einathung die bei der leichten Inspi-
u erwäh^iten Muskeln kräftiger zusammen, so dass z. B. das
rchfell, wenn im erstem Falle gewöhnlich bis zur 6. und 7. Rippe,
tiefer Inspiration bis zur 11. hinuntergeht, wobei sich das
inuensegel hoch hebt und die Stimmritze weit öffnet u. s. w.
-^erdem treten noch hinzu in den Leitungsröhren die Zusammen-
uugen der levatores alae nasi, öfter auch der arytaenoidei po-
i bei der Einathmung und der arytaenoidei laterales bei der Aus-
iiiung, so dass die cartil. arytaenoideae in ein den Nasenflügeln
l igesHin- und Hergehen gerathen (Czermak); am Bnistkasten
iiien hinzu die levatores costarum, serrati postici, sternocleido-
oidei. Durch die Zusammenziehung der zahlreichen Muskeln,
It he den Brustkasten auseinander ziehen, wird unter den Hy-
' liondrien für die Baucheingeweide ein so bedeutender Raum ge-
imen, dass trotz des herunter steigenden Zwerchfells der Bauch
lit vorgetrieben wird, sondern zusammenfällt (Hutchinson).
;s Unterschiede, welche die leichte Inspiration des Mannes und
r Frau darbot, verschwinden bei der tieferen. — Leidenschaftliche
:er plötzliche sensible Erregungen oder Mangel an 0 im Blut sind
5 gewöhnlichen Bedingungen, unter denen das tiefe Athmen sich
KStellt. — y) der krampfhaften Einathmung treten die bis
ihin als Einathmungsmuskeln bezeichneten in eine ganz intensive
»sammenziehung und zugleich die hyo - und thyreosternalis , so
«8 die Luftröhre weit herunter gezogen und dadurch möglichst
itit wird. Am Brustkasten greifen noch an die Strecker der
■ •) Valentin's Jiilircsljeiiclil für 1866. p. VM.
^gg Athomfolgo.
Wirbelsäule und die Rumpfscliulterblatt - und Rurapfarmmuskel!
so dass u. A. der Arm unwillkührlich emporgeschleudert wrd. Di
Ausathmung wird durch möglichst viele Muskeln besorgt. Krampi
haft wird die Athmung bei der Erstickungsnoth. — Vergleiche Ar|
nold*) über die Betheiligung verschiedener Muskeln an der tiefei
und leichten Athmung von Hunden und Kaninchen.
Der Meclianismus einiger besonderer Arteij unwillkürlicher Athcmbewegung«
des Messens, Hustens, Gähnens, Lachens, Seufzens, Schluchzens, kann bei einigi
Nachdenken leicht abgeleitet werden.
4. Athem folge. Die Zahl der Athemzüge in der Zeiteinhei
wird durch sehr mannigfache Umstände geändert, namentlich durc ^'
den Willen, durch Leidenschaften, durch Erregungszustände de fc"
n. vagus und der meisten andern Gefühlsnerven, durch Hirndruct P
durch die Grösse der Hindernisse für den Luftsrom in den Athei
wegen, die Eigenschaften der Lungenwand, die chemische Zi i'^
sammensetzung und die Temperatur der Luft, Ai-t und Menge dfe
Nahrungsmittel, Zustände der Verdauungswerkzeuge und Muskeli
Blutmenge, Gehalt des Bluts an Körperchen, die Zahl und Stärk
der Herzschläge, Tageszeiten, Körpergrösse, Alter, Geschlecht u.s.^
Alle diese Bedingungen lassen sich, wie es scheint, zusammenfasse!
unter die Nummern : Seeleneinwirkungen , Erregungszuständ
der Geftthlsnerven , insbesondere des n. vagus, Gehalt des Blut
an leicht abscheidbaren Gasen, Erregbarkeit (Ermüdungsgrad) d:4
verlängerten Markes.
Die Einwirkung jener Bedingungen äussert sich nun entwedl
an der gesammten Athembewegung und zwar ebensowohl durd
Förderung wie durch Hemmung anderer die Bewegung einleitende!
Umstände, oder auch durch einen Eingriff in die Beweglichk^
nur einzelner an der Athembewegung betheiligter Muskeln.
a) Von den leicht abscheidbaren Blutgasen können nur CO2
0 berücksichtigt werden. Mit dem Sauerstoff - Gehalt dj
Blutes ändert sich die Athembewegung so, dass sie seltener
weniger tief wird, wenn das Blut reich an diesem Gas ist; ni
dasselbe ab, so wird der Athem beschleunigter und tiefer, B6i
noch weiterem Sinken des 0- Gehalts wird die Bewegung wiedi
seltener und tiefer, und endlich, wenn alles absorbirte 0-gas ver-
schwindet, wird die Athmung sehr viel seltener und krampfhaft]
(W. Müller, Setschenow). Wird von da an kein neues 0-Gas
*) Die physiologische Anstalt In Heidelberg, p. I IG.
, Aenderuhg der Athemfolgo mit dem 0- und COj-Gchalt. 489
Hgefiihrt, so wird die Pause zwischen den Athenizügen immer
i'össer und die Bewegung- zugleich schAvächer, bis sie endlich
anz aufhört. — Diese Erscheinung beobachtet man bei der ge-
öhnlichen Erstickung, bei sehr reichlicher Zuführung von Luft
uf dem Wege künstlicher Respiration, nach Einführung von Hem-
inngen in die Athemwege, auch z. B. nach Lähmung des Kecur-
ms, Zuhalten des Mundes und der Nasönöffnung (Aubert), nach
iistreibung des Sauerstoffs aus den Blutkörperchen durch Kohlen-
xyd, bei einer Aenderung des 0-Verbrauchs in Folge der vermehrten
«ler venninderten Nahrung, der gesteigerten Wärmebildung, leb-
tfter Muskelbewegung. — Die Thatsache, dass auch noch nach
Mlkommenem Verschwinden des 0 aus dem Blut die Athmung
nige Zeit fortdauert, beweist, wie es scheint, die Anwesenheit
eeses Gases in den Flüssigkeiten des verlängerten Markes selbst,
tie Kohlensäure des Blutes kann, vorausgesetzt, es fehlt dem
rate nicht an Sauerstoff, sehr beträchtlich anwachsen, ohne dass
fe Athembewegungen dadurch verändert werden; erst wenn das
rat fast vollkommen mit CO2 gesättigt ist, wird die Athmung
fccher und seltener, und sie erlischt endlich unter dem dauernden
influss des so beschaifenen Bluts, selbst bei Anwesenheit von viel
in der Athmungsluft (W. Müller). — b) Erregungszustand der
;iftihlsnerven*J. In einer besondern Beziehung steht der n. vagus
der Athembewegung. Wird der Halsstamm desselben durch-
ihnitten, so werden die Athemzüge tiefer und seltener; die Ver-
üQgsamung ist geringer, wenn ein, bedeutender, wenn beide
?3i'ven verletzt sind.
In letzterm Fall mischen sich erfahrungsgemäss zwei verlangsamende Einflüsse ein,
n denen einer sicher darauf beruht, dass die Lähmung des n. recurrens, heziehungs-
i ise die Verengerung der Stimmritze , dem Luftstrom .ein Hindemiss setzt ; denn die
ihl der Züge, welche nach Durchschneidung der beiden Vagi sehr gesunken war,
>ot sich wieder nach Anlegung einer ergiebigen Luftröhrenfistel, aber durchaus nicht
.' den Punkt, den sie vor der Nervendurchschneidung einnahm. Da die länger-
iiemde Zurückhaltung der Luft bekanntlich mit einem unangenehmen Gefühl verbunden
. , 80 darf der zweite Grund , aus dem die Durclxschneidung der n. vagi die Athcm-
rge seltener macht, mit Wahrscheinlichkeit gesucht werden in der Beseitigung von
tflexen, welche die Lungenluft durch die n. vagi auslöst; durcli welchen Umstand
dieses vormag, ist unbekannt; wahrscheinlich jedoch nicht durch ihren COj-Gehalt,
der Aufenthalt in einer Luft, die zugleich an 0 und COs reich ist, keine Beschleu-
■' •) Li« 1) m n n n , 1. c. — Tr a n b c . Prenss. VcreinszcHiiiig, 1S47. — Hol 1110 It, Uober die
ector. Beziehung des n vagus etc. Giesson 185G. — Au bort und Tsohisohwitz in Molo-
hotl'a Untersuchungen. III. nd. 272. — Valentin, Die EinflUsHC der Viiguslälimung. 1857.
490 Aendening der Athem folge durch Keflexe.
nigung der Athembewogung nach sich zieht. — Ueborlebt das Thier die Durchschnri. S"'
dung einige Zeit, so nimmt die Athembewegung offenbar aus andern Gründen evcm
bosondern Charakter an(Liobmann). ^
I
Die elektrische Reizung der centralen, noch mit dem Hinii
verbundenen Enden des durchschnittenen n. vagus ist je nach
Stärke der Schläge und der Erregbarkeit der Nervenmasse vep-
änderlich. Während der Einwirkung von Schlägen, die im Ver-
hältniss zur Erregbarkeit sehi' schwach sind , folgen sich die
wegungen rascher und werden oft auch tiefer; wird die Reizung
stärker, so steht die Athmung still, jedoch so, dass das Zwerchfell
in einen dauernden Krampf geräth (Traube, Aubert). Wie
sich dabei die andern Athmungsmuskeln verhalten, ist leider unbekannt
Bei noch weiter gesteigerter Erregung bleibt die Athmung ebe%
falls stehen, aber nun verharrt das Zwerchfell in der ExspirationS-
stellung (Eckhard, Aubert), oder auch in einer solchen, wi»
sie einer schwachen Zusammenziehung jenes Muskels entsprich^
so dass nach dem Aufhören der Schläge das Zwerchfell sich bal<i
nach der Exspirations -, bald aber auch nach der Inspirationslage
hin bewegt. Alle diese Erscheinungen kommen sowohl bei ein-r,
als doppelseitiger Vagusreizung vor.
Aus allem Dem kann man folgern , dass der n. vagus sowohl auf das Orgm
wirkt, welches geordnete Bewegungen anregt, wie auch auf die Bahnen des n. ph^
nicus selbst. Beide nn. phronici müssen immer zugleich jedem Vagus zugänglich si
da einseitige Heizung der letztern von doppeltseitiger Zusammenziehung oder Erschlai
des Zwerchfells gefolgt ist, während einseitige Reizung des n. phrenicus nur die j
gehörige Zwerchfellshälfte verkürzt (Budgc). ^
. .1
jtai
Durch Erregung der sensiblen Rückenmarksnerven und
n. quintus kann die Folge und Tiefe des Athraens verändert werde||
c) Die Erregbarkeit des verlängerten Markes. Ihrer Veränderung
kann man zuschreiben: die Folgen der Stiychniu -Vergiftung, welche
sich darin zeigen, dass die Brustmuskeln in einen tetanischen
Krampf verfallen nach Anregungen , die sonst eine geordnete Atheift-
bewegung auslösen ; ferner die Vergiftung durch Chloroform, welcKe
die Befähigung des verlängerten Marks zur Entwicklung von Ath-
mungsreitzen vermindert und auch ganz aufhebt. Ferner die Ver-
änderungen, welche in der Athmung eintreten, nachdem dieselben
längere Zeit mit einer bestimmten Beschleunigung und Tiefe aus-
geführt wurden, mit einem Wort die Erholung und Ermüdung der
reizerzeugenden Einrichtungen. Auch ist es vielleicht hier nicht
mehr gewagt, wie am Herzen, wenn man annimmt, dass in der ^
IVi}
Aendorung der Athorafolge durch die med. oblong, und den Willen. 491
eiteinheit nur eine gewisse Summe von reizender Kraft entwickelt
(erde, die entweder verwandt werden kann zu einer grössern
»hl von flachen oder zu einer kleinern von tiefen Athemzügen. —
seraer kann man es aus veränderter Erregbarkeit des verlängerten
liarks ableiten, wenn in Folge eines Druckes auf das Hirn die
ihemzüge seltener und tiefer werden, namentlich wenn der Hirn-
rnck einen solchen Grad erreicht hat, dass davon auch die Puls-
hhläge voller und seltener werden (Hegelmaier).
d) Die Einwirkungen des Willens können sich in den Athem-
??wegungen mannigfach äussern, denn sie können durch ihn sowohl
»schleunigt , als verlangsamt werden; aber alles dieses ist nicht
ime Beschi'änkung möglich. So kann der Wille die Athembewe-
imgen nicht bis ins Endlose hemmen, da er im Kampf mit den
iidern Anregungen, die auf das reiz entwickelnde Organ oder in
im wirken, bald unterliegt. Umgekehrt kann er die Athemfolge auch
i.cht über ein gewisses Maass beschleunigen, schon nicht wegen
'is Widerstandes der Bewegungswerkzeuge. Je nach der Tiefe
'3r Athemzüge liegen die Grenzen höher oder niedriger. Noch
teniger kann der Wille die Bewegungen einzelner Abtheilungen
'ischleunigen und anderer zugleich verlangsamen , sondern er muss
utweder die gesammte Keihe der Athemmuskeln im engern Wort-
ran in Bewegung- setzen, oder, will er sie beschränken, so kann
es nur in der Ordnung thun, welche auch dem automatischen
rrgan des verlängerten Marks vorgeschrieben ist. So kann er
B. die flache Einathmung nicht mit einzelnen Intercostalmuskeln,
mdern nur mit dem Zwerchfell ausführen; und will er die Inter-
■stalmuskeln in Bewegung setzen, so muss auch vorher oder
fcichzeitig das Zwerchfell sich zusammenziehen. Daraus scheint
•jrvorzugehen, dass der Wille auf den Ort wirkt, wo sich die mo-
rischen Athemnerven schon verknüpft haben, nicht aber auf jeden
mzelnen jener Nerven für sich. Diese Punkte bedürfen einer ge-
uuen Untersuchung; dasselbe verlangt den Einfluss der Leiden-
hhaften auf die Athemfolge.
Die Uebereinstimmung, welche zwischen den Beschleunigungen
er Zug- und Schlagfolge der Brust und des Herzens besteht, ist
die Augen fallend. Quetelet*) und Guy**) geben an, dass
1 Allgemeinen die Zahl der Herzschläge 4mal so gross bleibe.
•) Der Mensch, Ubersetzt von Rlocke. 1838. 394.
Donder« nnd Banduln, Hnndleidinif. II. Bd. 372.
492
Zusammenhang zwischen Athem- und Herzbewegung.
als die der Athemzlige. Diese Zahl , die , weil sie so ungefähr z
triflPt, für praktische Zwecke verwendbar wäre, gilt jedoch nur
engen Grenzen. Bei Thieren, deren Athem- und Pulsfolge in vi
grösserra Umfang als beim Menschen schwankt, ist dieses name~
lieh deutlich. Sinkt bei Hunden die Zahl der Athemzüge unt
12 bis 15 in der Minute herab, so übertrifft sie die der Pulsschl"
um mehr als das 4fache, ja selbst um mehr als das öfache. W
dagegen umgekehrt ihr Athem lechzend, so ist die Zahl der Pul
schlage gleich der der Athemzüge. Das Ausgesprochene wir dur
ein Zahlenbeispiel, welches Arnold gesammelt hat, belegt; a
ein Hund, der sich ruhig verhielt und fastete, 27mal in der Ä
nute athmete, schlug sein Puls 83,7mal, also 3,lmal häufiger, u
als der Hund 13mal in der Minute Athem holte, sank der Her
schlag auf 59,3, er blieb also 4,6ma] beschleunigter. Die Ersch
nung, dass nach Durchschneidung der n. vagi die Beziehung
zwischen Athem- und Pulszahl, wenn auch nicht vollkommen g
löst, so doch sehr beträchtlich gelockert sind, beweist, dass d
Regelung jener Verhältnisse vorzugsweise dem verlängerten Mar
übertragen ist. Da die Reizung des verlängerten Markes d
Athembewegungen auslöst und zugleich den Herzschlag hemm
so könnte es paradox erscheinen, dass mit der Beschleunigung i
der Athemfolge auch eine gleiche des Herzschlags einti-eten sol
Diese Ungereimtheit verschwindet jedoch, so wie man die Ve
änderung des Herzschlags nicht mehr als eine Mitbewegung a
sieht, die der Athemreiz einleitet. Dächte man sich statt desse
die Beziehung hergestellt durch Aenderungen in der Vertheilun
und in dem Drucke des Bluts in der Brust und in dem Hirn, s
würde es nicht schwer sein, eine Theorie des Zusammenhangs z
geben.
Die Zahl der unwUlkührlichen Athemzüge variirt in der Minut
bei Neugeborenen von 23 zu 70 (Quetelet), bei Erwachsene
von 9 zu 40 (Hutchinson). Unter 1897 Personen fand de
letzte Beobachter die überwiegende Zahl mit 16 — 24 Athemzüge
begabt.
5. Luftströmung in den Athemwegen. a.) Die Triebkräfte de
Luftstroms, nämlich der Dichtigkeitsunterschied der Luft in un
ausser den Lungen ist in jedem Moment der In- und Exspiratio
gering, so lange die Zuleitungsröhren offen stehen. Nach niano
metrischen Beobachtungen von C. Ludwig, Krahmer, Valen
Luftströmung in den Athemwegen ; Volum des Brustraums. 493
i 11 *) beträgt er mir einige MM Quecksilber ; dieses ist bei der
oichtbeweglichkeit der Luft nothwendig, da sieb ein Minimum
nes bestehenden Spannungsuntersebieds augenblicklich ausgleicht ;
mm ist auch der durch den Brustkasten eingeleitete In- und
\spirationsstrom momentan mit der Brustbewegung beendet, wenn
if Nase und Stimmritze geöflnet sind.
Bei einer so beti-ächtliclien Verengerung, dass sie die plötzliche Ausgleichung
orhindert, oder bei vollkommenem Verschluss der zu der Lunge führenden Köhren
asmn die Differenz des äussern und innern Luftdrucks bedeutend gesteigert werden;
iier "Werth derselben ist aber selbst bei demselben Menschen sehr veränderlich, was
cch erklärt, wenn man bedenkt, von wie vielen Umständen er abhängig ist. Nehmen
i'ir z. B. an, es sei das Athmungsrohr vollkommen geschlossen, so muss bei der Ein-
khmimg die Spannung der Luft um so mehr sinken, je vollkommener die Lunge ent-
nert war, als die Einathmung begann, femer je geringer die Widerstände sind, welche
tie Wandungen und Eingeweide der Brust und des Bauchs der ausdehnenden Wirkung
rer Muskeln entgegensetzen, und endlich, je grösser die ausdehnenden Muskelkräfte
Idbst sind. — Unter denselben Bedingungen (Verschluss der Stimmritze etc.) muss
loer die Spannung in der Brusthöhle bei der Exspiration um so mehr wachsen, je
lehr die Brust bei der beginnenden Ausathmung mit Luft gefüllt war, je höher der
I lastizitätsco effizient der Bauch- und Brusttheile ist und je kräftiger die Ausathmungs-
i.uskeln wirken. Bei diesen Variationen kann einer absoluten Bestimmung dieser
fpannungsdifferenzen wenig Werth beigelegt werden.
b) Die Geschwindigkeit des Luftstrom ist natürhch variabel
nit der Längenachse und dem Durchmesser der Athemwege. Da
fer Querschnitt der letztern mit der Längenachse wesentlich sich
i.ndert, und namentlich auch zuweilen ganz plötzlich, wie am aus-
t;eprägtesten am Uebergang der Bronchioli in die Infundibula , so
ian'n von einem regelmässig angeordneten Luftstrom keine Rede
eein. Die mittlere Querschnittsgeschwindigkeit ist natürlich gegen
itie Lungenbläschen hin wegen des bedeutend grössern Durch-
iQBssers der Athemwege an jener Stelle viel geringer, als in der
.juftröhre.
6. Volum des veränderlichen und unveränderlichen Brusti'aums.
i) Der Mensch entleert selbst durch die tiefste Ausathmung, welche
ihm möglich ist, nicht alle Luft aus seiner Brusthöhle ; das Volum,
■velches zurückbleibt (residual air von Hutchinson), giebt den
unveränderlichen Brustraum. Dieser ist natürlich mit der Beweg-
•ichkeit und dem Umfang des Brustkastens (seiner Jlöhe und Tiefe)
•) Müller" 9 Archiv. 1847. — Hncser's Archiv. IX. Uil. .121. —
'hyglologie. 2. Aufl. I. Hil. 5'.'9.
Villen tili, Lehrbnch der
Constanter und veränderlicher Brustraura.
sehr veränderlich. Nach einigen Untersuchungen an den Leiche
Erwachsener von Goodwin wechselt derselbe zwischen 1500 ui
2000 CG.
Eine Methode , um das Volum dos unveränderlichen Brustraums bei lebend
Menschen zu bestimmen, giebt Harless*) an. Er lässt eine möglichst tiefe I
spiration vollziehen , nach deren Vollendung Lungenraura und Atmosphäre durch c
offen gehaltenen Lippen und Stimmritze in Verbindung bleiben müssen. Die'unb
kannte Räumlichkeit der Lungenhöhle (x) steht dann unter bekanntem Baromet«
druck (b). Darauf bringt er mit dem geöffneten Mund in luftdichte Berührung ein
Kasten , dessen Hohlraum mit einem bekannten Luftvolura (v) unter dem dep atmospi
rischen übertreffenden Drucke b' gefüllt ist. Dann wird durch eine bis dahin yt ((
schlossene Oeffaung des Kastens die Luft dieses letztern und der Lunge in Verbindu- ^ j
V
gebracht , so dass sich die Drücke in beiden Höhlungen ausgleichen zu einem mii
leren (b"), beiden Käumen gemeinsamen ; dieser kann an einem Manometer des Kaste
abgelesen werden. Bekanntlich ist aber das in einem Volum enthaltene LuftgewicB'''
gleich diesem Volum, multiplizirt mit dem Druck, unter welchem die Luft in ii Iii
steht; demnach war das Luftgewicht der Lunge und das in dem Kasten vor d
Kommunikation dieser beiden Räume = x b -|- v b' ; dieses Luftgewicht muss ab
auch = (x -j- v) b" sein , d. h. gleich der Luft , welche unter dem Druck b" in
und V nach ihrer Verbindung enthalten ist. Aus der Gleichung x b 4- Tb' = (x-f-v) 1
lässt sich nun x finden. Vorausgesetzt, es sei die Temperatur im Kasten und d ^'
Lungenluft vollkommen ausgeglichen oder die Temperatur beider Orte genau bcstim:
wie die Notiz von Harless in Aussicht stellt, so würde sich gegen diese sinnreic'
Bestimmungsart doch noch der Einwand erheben, dass das Volum des Lungenraum
vor und nach der Verbindung mit dem Kasten nicht dasselbe geblieben wäre. Dei .
der Brustkasten ist von beweglichen. "Wänden und von Blut umschlossen, und son
muss das Volum seines Hohlraums sich ändern mit der Spannung der in ihm enthf
tenen Luft. Ist dieses der Pall, so geht die obige Gleichung über in x b -)- v
= (y "t" !>"> *1. h. in eine Gleichung mit zwei Unbekannten , und es ist weder
noch y aus ihr zu finden. Wir müssen erwarten, ob Harless diesen Umstand b:
rücksichtigt und den aus ihm hervorgehenden Fehler in enge oder bestimmbare Qrenz(
eingeschlossen hat.
b) Der Raum der Brust kann zwar bei demselben Menscb
je nach der Tiefe der Athembewegung sehr beträchtlich und
unendlich fielen Abstufungen wechseln, aber er ist doch in b
stimmte Grenzen eingeschlossen, welche gegeben sind durch d
Unterschied der Brustfassuug während mögliehst tiefer Ex-
Inspiration; das durch diesen Unterschied dargestellte Luftvolu:
(vital eapacity von Hutchinson) wollen wir die grösste Athmungi
tiefe, Athmungsgrösse nennen. — Ihrer bedient sich bekanntli
der Mensch bei gewöhnlichem unvnllkührlichem Athmen nicht, wo
it>:
ii
*) MUnchener gelelirto Anzeigen. Sept. 1854. 93.
Atheragrösse.
495
)er, wie wahrscheinlich, immer nur einer annähernd gleichen Luft-
enge, indem er jedesmal ungefähr gleich tief ein- und ausathmet;
( ir wollen dieses Volum als das des mittleren Athmens bezeichnen,
de Bestimmung beider Werthe ist von Interesse.
Der Umfang des tiefsten Athemzugs (die Athemgrösse)
t technisch wichtig geworden als ein Mittel, um die Gesundheit
Er Brust zu prüfen. Denn es ist von vornherein wahrscheinlich,
äss im gesunden Menschen ein bestimmtes Verhältniss besteht
rrischen den sauerstoffverbrauchenden Leibestheilen oder einer
imit in Verbindung stehenden Funktion und dem Raum der ruhen-
m Brust, und dass eben ein solches besteht zwischen dem Urn-
ing d^r ruhenden Brust und ihrer Beweglichkeit. Gesetzt, es gäbe
dche Relationen, und gesetzt, sie sollten dazu benutzt werden,
13 zu unterscheiden, ob dieser oder jener Mensch gesunde Lungen
ssitze, so mtisste die Körpereigenschaft, mit welcher die Brust
rrglichen wird, zu den relativ unveränderlichsten des Menschen
bhören , und in einer so lockern Beziehung zum Brustkorb stehen,
fcss sie keinenfalls durch erworbene Fehler des letztern verändert
Idrde. Denn wenn der Forderung nicht gentigt ist, dass die Eigen-
ihaft, mit welcher der kranke Brustkorb vergUchen wurde, noch
mselben Werth besässe, der ihm beim Vergleichen mit der ge-
mden Brust zukam, so wtirde natürlich der erste Quotient eine
mz andere sachliche Bedeutung haben als der letztere. Aus einer
ißitern Ueberlegung geht aber hervor, dass, wenn das obengenannte
ürhältniss gefunden wtirde, dieses nicht durch eine einzige Zahl,
radem nur durch einen Zahlenraum ausdrtickbar wäre, da bis
gewissen Grenzen die Brust ihren Mangel an Umfang und Be-
pglichkeit durch die Häufigkeit ihrer Bewegungen ersetzen könnte,
lar ausserdem, wie verlangt, ein durch das Leben relativ un-
■Tänderter Vergleichungspunkt für die Brust genommen, so mussden-
fch das Verhältniss in den Grenzen der Gesundheit beträchtliche
ihwankungen erfahren, weil die Eigenschaften der Brust mit
tter, Gewerbe u. s. w. sich ändern.
Hutchinson, der zuerst auf den Gedanken kam, die Brust auf die ange-
l'itete Weise zn prüfen , wählte zu dem von der Athmung hergenommenen Verglei-
MDgspunkt das Luftvolum, welches die tiefste Exspiration nach der tiefsten Inspiration
nathmet. Diese Grösse ist abgeleitet aus dem Umfang der ruhenden Bnist, der Be-
Iglichkeit der Rippen, der Lunge, der Eingeweide, der Bauchdecken und aus
1 Kräften der Athmungsmuskeln ; sie will also, wenn sie über die Lungcneigen-
'.atten Aufschluss geben soll, vorsichtig benutzt sein. — Um das Luftvolum zu
496
Spirometrie.
Fig. 60.
messen , bedient er sich eines Gasometers , dep er Spirometer nannte ; die Fig. 60 gii
ilin nach den Einrichtungen von Win tr ich *). Eine graduirte Glasglocke^, oben
einer schliessbaren Oeffnung (zum Auslassen der Luft) uj
einem Haken (zum Aufhängen) versehen , wird durch
Gewicht C, welches über die EoUe B zieht, äquilii
Die Glocke taucht in den äussern Wasserbehälter
Blech B, der oben mit einem Glasfenster versehen ij
Nahe am Boden wird der Behälter B durchbohrt
zwei Köhren ; F dient zum Auslassen des Wassers
B ; das andere Rohr G erstreckt sich innen bis unter die Gl
glocke A. Nach aussen geht es in einen mit dem Mui
stück (?" versehenen Schlauch über. Beim Gebrau
wird die Glocke A bis zu einem gewissen Theilstri
ihrer Scala herabgelassen, dann G" in den Mund
nommen und durch G in die' Glocke A ausgeathnJj
Weitere Vorsichtsmaassregeln siehe bei Arnold. And«
Spirometer, die, statt des Athemvolums direkt, e:
davon abhängige Grösse messen, siehe in den ange:
genen Schriften **). Sie empfehlen sich durch ihre Kle
heit als Taschenspironieter. Als zweiten Vergleichun
punkt wählte Hutchinson die Körperlänge (das Körp«
gewicht ist ganz unbrauchbar) und statt dessen Fabi
die Kumpflänge. Nach Arnold sollen die ersten ]
rallelen wenigstens eben so gut sein als die letzten.
Vergleich zwischen diesem Luft - und Körpermaass wui
durchgeführt bei vielen Personen, verschieden an All
Geschlecht, Grösse, Gewerbe u. s. w. Neben dies
hat man auch mit der Athemgrösse verglichen den 11
fang der ruhenden Brust (über die Brustwarze gemessen), oder den Unterschied di(
Urafangs bei tiefster Ein- und Ausathmung, oder das Produkt dieses TJmfangs und
Brusthöhe. Selbstredend bedeuten die hierbei gewonnenen Quotienten etwas
anderes als der zuerst erwähnte , welcher aus dem geathmeten Körpervolum he:
ging. Da der Brustumfang bei Lungeukrankheiten auffallend sich ändert, so gel
sie auch keinen Aufschluss über die Athmungsgrösse , die dem untersuchten Mensi
in gesunden Tagen zukommen müsste (Donders) ***).
, Im Folgenden sind die wesentlichen Resultate der spirometrischen Ai-beiten
Hutchinson, Fabius, Wintrich, Schneevogt, J. Vogel, Arnold u.
aufgezählt, wie sie Arnold f) zusammengestellt hat. — Die Athmungsgrösse
Männern: 1) Sie ändert sich mit der Körperlänge. Schliesst man von der
gleichung die Körperlängen, die unter 150 Ctm. liegen, aus und hält sich
das Mittel aus einer grössern Reihe von Beobachtungen , so darf man sagen , dass
einer Längenzunahme von je 2,5 Ctm. die Athmungsgrösse um je 150C.-Cm. wäcl
") Arnold, Athmungsgrösse des Menschen. 1855. p. 9.
«») Bonn et, Gazette mdd. de Paris. 185G. — Hniless, Theorie und Anwendung des Sei^
drnck-Spirometers. München 185B.
•»*) Henlc's nnd Pfcufer's Zeltschrift. N.F. IV. Bd. 304.
t) Physiolog. Anstalt, p. 1.32.
Spirometrie; mittleres Athemvolum.
497
i Mittel beträgt der tiefste Atliomzug bei Männern von 155 Ctm. Höbe = 2700C.-Ctm.,
i ISO Ctm. Höhe aber = 4200. Diese Eegol tiifft nicht mehr ein, wenn man ein-
ne wenige Individuen mit einander vergleicht. — 2) Im Verhältniss zur Eumpfhöhe
nmt die Athmungsgrösse nicht regelmässiger zu, als im Verhältniss zur ganzen
-rperlänge. — 3) Zwischen Athmungsgrösse und Körpergewicht besteht keine all-
oein gültige Eelation. — 4) Athmungsgrösse und Brustumfang stehen im Mittel in
f Proportion, dass, wenn von 65 Ctm. an der Brustumfang nm 2,5 Ctm. wächst, die
iimungsgrösse um je 150 C. M.M. zugenommen hat; doch gilt dieses Verhältniss nur,
lOn man annähernd gleich rauskelstarke und fettreiche Männer vergleicht. — 5) Mit
Ii Unterschied des Brustumfangs in der In- und Exspiration steigt die Athmungs-
öse. — 6) Derselbe Umfangsunterschied in den genannten Stellungen erhöht bei
»ssem Brustumfang das ausgeathmete Lnftvolum mehr, als bei kleinem Brustmaass. —
^Beweglichkeit und Umfang der Brust nehmen nicht nothwendig mit einander zu. —
[Die Athemgrösse steigt bis zum 35. Jahre und sinkt von da an wieder; die Zu-
tme erfolgt am raschesten vom 20. bis zum 25. Jahre und sinkt am raschesten
lachen 45 und 50 J. — 9) Individuen höherer Stände und Arme haben das niedrigste,
iteutc das höchste Athmungsniaass. — 10) Singende und blasende Musikanten haben
grosse, Ringer und eifrige Turner eine geringe Athemgrösse. — 11) Starke Pett-
tigkeit, Anfüllung des Unterleibs mit Speisen oder Koth mindern den Athmungs-
lang.
Bei Frauen gelten dieselben Eegeln, nur mit der Beschränkung, dass für je
tCtm. Länge das Athemvolum nur um 100 C. M. M. wächst. Schwangere Frauen
ün dasselbe oder öfter ein grösseres Athemmaajs, als vor der Empfängniss
ichenmeister).
Folgende Krankheiten mindern in absteigender Ordnung das Athemmaass :
lerkulose, pleuritische Ergüsse, Emphysem, chronische Bronchitis, Asthma, Scoliose,
nnung der Athemmuskeln , Ascites, Leber- und Müzanscfiwellungen, Katarrhe, all-
iiine Körperschwäche.
Das Volum des mittleren Athems ist schwer zu be-
mmen, weil sich beim Messen desselben sogleich willkührliche
«atze und Abzüge einfinden. Unzweifelhaft variirt es aber auch
Iwerschiedenen Menschen und steht wahrscheinlich in Beziehungen
I Häufigkeit des Athmens. da es offenbar abnimmt, wenn diese
»r einen gewissen Werth zunimmt. — Vierordt, der in Folge
M;er Uebung die Fähigkeit gewonnen hatte, das Volum eines
liillkührlichen Athemzugs ungestört zu messen, fand es bei sich
»Jchen 500 und 600 CC.
,1 7. Mischung der zurückbleibenden und der wechselnden Luft*).
«6n wir beispielsweise das Volum des unveränderlichen Brust-
ma» = 2000 CC. und das des mittleren Athems == 500, so sieht
I sogleich, dass beim Athmen nur ein kleiner Theil der ganzen
.«enluft im Wechsel begriffen ist. Demnach wird die neu ein-
i Bergmann, MUllcr's Archiv. 184S. 296.
l odwi g, Physiologie. H. 2. Auflage.
32
498
Luftmisckiing ; luftvoränderndD Werksieuge.
eintretende und die restirende Luft und zwar durch den Athemstr
selbst rasch gemischt, wie daraus hervorgeht, dass die Luft, weh
unmittelbar nach dem Einathmen auch wieder ausgeathmet w
schon so wesentlich ihre Zusammensetzung geändert hat, dass die
den langsamer wirkenden Diffussiousströmen nicht zugeschrie
werden kann. Die wesenthchsten Hilfsmittel zur Erzeugung diei
wir wollen sagen, mechanischen Mischung scheinen zu liegen zu
in der grossen Nachgiebigkeit der Lungenbläschen, neben der
lativen Steifigkeit der Bronchialröhren. Dieser Umstand he
es natürlich, dass jede Veränderung des Lungem*aums zusa:
fällt mit der der Bläschen, so dass nur bei sehr bedeutenden
lumsveränderuugen der Brust neben den Lungenenden auch
Lungenwurzeln ausgedehnt werden. Bei jeder Einathmung, sei
auch noch so wenig tief, bewegt sich dagegen die Luugenoberflä^
und zwar immer von dem unbeweglichen Ort de^ Brustraums (S;
und Rückenwand) gegen den beweghcheren (Basis und Brustb
(Do Uders)*). Darum strömt bei jeder Inspiration Luft aus
Bronchiohs in die weiten Trichter, und stösst dort gegen die z
reich vorhandenen Vorsprünge, welche die sogen. Lubgenz
hegrenzen, so dass deV fein eindringende Strom rasch vert]
wird. Im ähnlichen Sinne muss die enge Stimmritze, müssen
vielen Winkelbiegungen der Bronchi wirken, imd endlich
um des Kleinsten zu erwähnen, die Mischung auch dui'ch
Flimmerbewegung unterstützt werden.
Luftverändernde Werkzeuge.
Damit der bis dahin eingehaltene Gang nicht unterbroi
werde, verfolgen wir die Schicksale der eingeathmeten Duft
gleich weiter.
Heber die Eesttellung ihrer Veränderungen**). Die TemperaturTerändeni|
welche die ausgeathmete Luft erlitten, misst man nach Valentin und Brunne
einer hinreichenden Genauigkeit, wenn man ein empfindliches Thermometer mi
eines Korkes in ein längeres Glasrohr befestigt. Eine der Oeffnungen des Eo!
bis zur Capillarenweite verengert sein. Die weitere führt man vor den Muni
») Henle's und Pfeufer'e Zeitschrift. N. F. m. 39.
••) Valentin, Lehrbuch der Pliysiologie. I. Bd. 2. Auflage. 634 u. f. — Handwörterbw
Chemie von Liebig u. s. w. II. Bd. 1050. — Frnnkland, Liebig's Annnlen. SS. Bd. p.
Moleschott, HoUäudische Beitrage. I. Bd. p. 86. — Scharling, Liebig's Annaleii. 4S.
Derselbe, Jourual fiir jirnkt. Chemie. 3(i. Bd. — Andrnl und Gavarret, Ueber diei
die Limgeii auseeathmete C02-Mcnee. Wiesbaden ISl.'i. — Allen und Pcpys, Schweig
Jourual für Chemie uud Physik. I. Bd. 19G. — Vierordt, Physiologie des Athraens. Kar|
1845. — Prout, Sch WC i ggo r' s Journal f9r Cliemie etc. 15. Bd. — Becher, Studi*
Respiration. Züricher Mittlieiluugcn. 1855. — W. Müller, Beitrüge zur Theorie der Res]
Wiener akad. Berichte. XXXUI. Bd. p. 99.
Luftveränderung; analytiscio Methoden.
499
raet durch dieselbe mehrere Minuten hindurch aus, bis die Temperatur desTherrao-
ters constant geworden ist.
Mit einer Untersuchung der chemischen Veränderungen der Luft verbindet man
schicdene Absichten. Entweder man will nur erkennen, wie sich ihre prozentische
j:animenset2üng zu einer beliebigen Zeit gestaltet habe, oder man will auch wissen,
gross die Gesammtmenge der Gase ist, welche während eines bestimmten Zeit-
Dins von der Lunge verzehrt und geliefert wurde.
Wenn es sich niu- um den prozentischen Gehalt der Ausathmungsluft an 0, OOj,
■aandelt, so genügt es, eine beliebige Menge der Ausathmungsluft aufzufangen und
1 bekannten eudiometrischen Methoden zu anaJysiren, welche seit Bunsen,
i,änault, Frankland einen so hohen Grad von Vollkommenheit und Einfachheit
I damit ein sicheres Uebergewicht über die mühseligen Gewichtsbestimmungen ge-
jtjien haben. — Man hat sieh dieser vervollkommneten eudiometrischen Methoden
II nicht in allen vorliegenden Untersuchungen bedient; namentlich hat man, wie
.1. in der ausgedehnten Versuchsreihe von Vierer dt, versäumt, die ßasvolumina
I und nach der Bestimmung eines ihrer Bestandtheüe auf gleichen oder auf be-
inten Gehalt an Wassergas zu bringen, und auch oft nicht die nöthige Sorgfalt auf
ITemperaturbestimmung gewendet, so dass die in dem Volum des analysirten Gases
•Pachteten Veränderungen fälschlich alle auf Mehrung eines aus der Luft entfernten
KandtheUs geschoben werden. Die hieraus erwachsenden Fehler sind um so merk-
»r, wenn, wie es bei den Athemgasen gewöhnlich geschieht, aus den Analysen
uer Mengen auf die Veränderungen sehr grosser zurückgeschlosseu wird, weil sich
II der Fehler in demselben Verhältniss mehrt, in welchem die analysirten zu den
tchneten Voluminibus stehen. — Den Prozentgehalt der Ausathmungsluft an Wasser-
^pf ermittelte man bis dahin dadurch, dass man durch ein Eohr ausathmete, welches
iAsbest von SO3 befeuchtet gefüllt war. Das vom Mund abgewendete Ende dieses
res stand in Verbindung mit einem Ballon, der vor Beginn des Versuchs mit Salz-
ser oder Oel gefüllt war. Die in's Eohr gelassene Ausathmungsluft gab an die
; ihren Wassergehalt ab und stieg dann über die Sperrflüssigkeit. Die Gewichts-
iome des Asbestrohres giebt den Wassergehalt des Luftvolums , welches in den
nn eingetreten ist (Valentin, Moleschott). Bei solchen Versuchen muss die
« cht gebraucht werden , zwischen den Mund und die Schwefelsäure kein kühles,
la Erniedrigung der Temperatur wasserausfällendes Mittelstück einzuschalten. Dieses
Ii umständliche und durch die nothwendigen Volumbestimmungen der Luft und
IReduktion des beobachteten Volums auf die höher erwärmte der Lunge immer un-
rre Verfahren könnte vielleicht mit Vortheil ersetzt werden durch das Thermo-
t'Psychrometer , mit deren Hülfe die Temperatur und der Sättigungsgrad der Luft
Laden sind.
Viel komplizirtere Versuche sind nothwendig, wenn man den ganzen Gewinn
^Verlust eines oder aller am Gasaustausch betheiligten Stoffe während einer be-
teten Zeit feststellen will. In einem solchen Fall muss natürlich das Gewicht
titlicher Luft, welche in die Lunge ein- und ausgeht, bekannt sein, und da dieses,
- grössten Theil wenigstens , nur mit Hülfe eines llaummaasses gewonnen werden
, so sieht man sogleich die Schwierigkeiten ein, welche sich einer längeru Fert-
ig des Versuchs entgegenstellen, wegen der Isolation der grossen Luftmengen,
nt aufgefangen werden müssen.
i Am relativ einfachsten gestaltet sich der Versuch , wenn man nur die aus-
wuete COj zu wägen beabsichtigt, indem dann die cingcathmete Luft wogen ihres
32 •
500
Sammlung der ausgoathmeteii Gasvoluniina.
geringen COj-Gohaltes unberücksichtigt bleiben kann. Diese Aufgabe hat man'
vielleicht darum auch am häufigsten gestellt. Die in Anwendung gebrachten Mcthol
die ganze Menge der CO2 zu fangen, sind folgende gewesen: 1) Man brachte Mu
und Nasonöffnung des zu beobachtenden Menschen in einen geschlossenen
z. Bi in eine mit einem Fenster versehene Kautschukmasse, leitete durch diesen ei
Luftstrom, dessen einseitige Ilichtung durch Ventile gesichert war; die Luft, well
in die Maske eindrang , kam dorthin aus der Atmosphäre , und die , welche ausdrl]
wurde entweder durch eine Keihe von Eöhren geführt, deren Inhalt COj nnd Wa^
dampf absorbirte (Scharling), oder in einen luftverdünnten Raum (Andral
Gavarret). Die Gewichtszunahme der Köhren, welche die CO2 absorbirt hatten, |
im ersten Fall die während der Versuehszeit ausgestossene CGj ; im zweiten Fall
nach Beendigung des "Versuchs Druck, Temperatur und Volum der durchgetret^
Luft gemessen und eine Probe derselben oder die ganze Masse analysirt. Der
ström, welcher durch die Maske hindurchgeht, wurde bei Andral und Gavai
unterhalten durch die Unterschiede des Luftdruckes, indem nach der einen Seite |
aus der Maske eine Röhre in die Atmosphäre und nach der andern in einen
mehrere grosse, bei Beginn des Versuchs luftleere Ballons ging. Scharling zogl
Luft mittelst eines Aspirators durch, d. h. er legte hinter die Absorptionsröhren |
grosses, mit Wasser gefülltes Fass, welches während des Versuchs seine Flüssig
entleerte und sich dafür mit Luft füllte , welche es aus der Maske bezog.
W^esentliche dieser Einrichtung giebt Fig. 70 wieder. — 2) Die Personen athml
ungehindert durch die Nase Luft ein und stiessen dieselbe, nachdem sie in der Li]
verweilt hatte , aus durch ein Rohr, das bei geschlossener Nase in einen geschlossejj
ursprünglich luftfreien Raum mündete. Man bestimmte zu Ende des Versuchs Vol
Temperatur und Druck des mit Athenigasen gefüllten Raumes und analysirte eine P|
der wohlgemengten Luft. Indem man also den prozentischen COs- Gehalt der
geathmeten Luft und das Gesammtgewicht dieser letztem kannte, konnte man
das Gesammtgewicht der ausgehauchten CO2 berechnen. — 3) Zu besondern Zwei
wendete W. Müller den durch Fig. 61 versinnlichten Apparat an. Der' Zweig j4|
Fig. 61.
dreischenkeligen Rohrs ^ JB C ist in die blossgelegte Luftrölire eines Thieres
gebunden , die Zweige £ und C münden in zwei Quecksilber-Ventile Hl und JI2, wel
die Luft in entgegengesetzter Richtung , und zwar nach Angabe der Pfeile durchlasi ^,
Aus jedem Ventile geht das ausfülirende Rohr D 1 und D2 in die Glocke (KJ, wolch»
4
Sammlung der ausgoathmetou Gasvolumina.
501
Quocksilbergefäss / J eintaucht und in die es bis zu joder beliebigen Tiefe vor-
ikt werden icann. Aus der genannten Glocke, und zwar nahe von ihrer untern
II Mündung an führt ein Eohr G zu dem mit Quecksilber oder Wasser gesperrten
.iiuter Z. Ausserdem führt aus dem Ventil 112 noch ein drittes Rohr (die Eohro
und M können, durch Quetschhähne verschlossen werden), dessen in die Luft
ende freie Mündung durch Wasser gesperrt ist. — Der Zusammensetzung des
inarats liegt die Absieht zu Grunde, den Athmungshergang mit vorzugsweiser Be-
iksichtigung der Gas-Absorption durch das Blut zu untersuchen, und zwar mit oder
ne Gegenwart des N. Im letztern Falle wird der Gasometer und die Glocke mit
gefüllt, die Glocke so weit aus dem Hg gezogen, dass das untere Ende des
oires G frei bleibt; das Eohr D2 wird zugeklemmt und M geöffnet. Beginnt in
Hier Stellung die Athmung, so geht der 0 aus Z in jST, von da durch Hl in die
lage und aus ihr durch das Ventil 112 in das Eohr M zur freien Luft. Ist auf
ae Weise der Strom so lange geführt worden, bis aller N aus der Lunge entfernt
so klemmt man M zu , öffnet J) 2 und senk< die Glocke so tief in Quecksilber,
1 das untere Ende von G eintaucht. Dann athmet das Thier in die mit 0 gefüllte
wcke Jl aus uad ein.
Die Methoden, die Luft aufzufangen, waren verschiedenartige. Prout bläst die
t in eine durch vorgängiges Zusammendrücken entleerte, luftdichte Blase ; Vierordt
inen Ballon , der ursprünglich mit Salzwasser gefüllt war ; Allen, Pepys und
eher in ein mit Quecksilber gesperrtes Gasometer. Um die Versuche mit einer
laältnissraässig geringem Menge des Iheuren und schwer zu handhabenden Queek-
eers möglich zu machen, bedienten sich Allen und Pepys zwei kleiner Gaso-
er, deren jeder nur wenige Athemzüge fassen konnte. Diese wurden abwechselnd
atzt. War einer derselben mit Luft gefüllt , so wurde aus ihm , nachdem der In-
durchgeschüttelt und auf sein Volum bestimmt war, eine Probe Luft in ein
imes Eöhrchen zur späteren Analyse zurückgestellt und dann wieder mit Quecksilber
Jlt. Unterdess war in das andere Gaso-
är geathmet und dieses dadurch mit Luft
ii'dlt worden; man kehrte alsdann zu dem
en zurück, und während dess wurde aus
. aweiten eine Luftprobe entnommen u. s. f. —
her gebrauchte dagegen das Gasometer
Despretz oder Döberciner, dessen
richtung durch Fig. 62 erläutert wird,
das Brett (E F) ist ein Hohlcylinder
Eisenblech (Ä B C DJ und ein wohl-
misster solider Holzcylindor (ZJ aufge-
rauht, so dass der Hohlraum des Blech-
nders bis auf eine schmale Eiune und
p.n über dem Holzcylinder stehenden Eand
ibfüllt ist. In diese Rinne passt möglichst
eine cylindrische tubulirte Glasglocke
EH; wenn also die Glocke über den
zpflock möglichst tief eingeschoben ist, so
der Hohlraum des Cylinders fast voll-
men ansgefüllt; in den übrig bleibenden
; desselben wird Quecksilber gegossen, das
Fig. 62.
I!]
gQ2 Temperatur der Ausathmungsluft.
bei möglichst tiefem Eintauchen der Glocke bis in den Tubulus derselben (M) hini
reichen muss; bläst man darauf Luft in den mit einem Hahn versehenen Sehl«
(M Nj , so erhebt sich die Glocke , das Quecksilber sinkt in die Kinne zwischen
und AB C T>, und die Luft wird immer gesperrt sein , wenn auch nur so viel Que
• Silber vorhanden ist, um die Einne so weit zu füllen, dass das abgerundete ob
Ende des Holzpflockes bedeckt bleibt. Bei 0 ist in den Blecheylindcr ein ebenes G
eingesetzt, um den Stand des Quecksilbers und die Erhebung der graduirten Gl
glocko abzulesen. — Die Resultate der Versuche, welche sich des Quecksilberg
Sperrraittel bedienten, verdienen ceteris paribus natürlich den Vorzug vor denen,
welchen man zu gleichem Zwecke Kochsalzlösung anwendete. Denn diese letzt
absorbirt merkliche Mengen von CO2 , und es wü-d diese Absorption um so weni
zu vernachlässigen sein, als die Ausathmungsluft in einzelnen Blasen durch das Spi
wasser hindurchdringt und dann über dem letztern stehend, es in einer beträohtlicl '\
Ausdehnung berührt. Der daraus erwachsende Fehler ist auch kein constanter,
die vom Sperrwasser aufy;enommeue CO^-Menge variirt mit der Berührungsdauer iHt2
dem OOä-Gehalt der Ausathmungsluft. So lange nicht durch direkte Versuche
Grenzen dieses Fehlers dargethan sind, muss man, dem Ausspruch der bessern G
analytiker gemäss , behaupten , dass die auf diesem Wege angestellten Versuche
brauchbar sind, um bedeutende Unterschiede im Kohlensäuregehalt der Ausathmuu
luft aufzudecken. — Alle Versuche aber, welche bis dahin nach der unter Numme;
aufgeführten Methode angestellt wurden, leiden an dem gemeinsamen Uebelstande, 4t /
sie sich über einen nur kurzen Zeitraum erstrecken. Sie erlauben also bei der
gemeinen Veränderlichkeit in der Absonderungsgeschwindigkeit der COj keinen Sehl
auf andere, nicht untersuchte Zeitabschnitte.
Geht man endlieh darauf aus, geradewegs zu bestimmen, wie viel 0-Gas in
Lungen verschluckt, wie viel HO-Gas dort abgedunstet und wie viel N-Gas einJJ^
nommen oder ausgegeben sei, so muss mau Menge und Zusammensetzung der in
Versuchszeit ein - und ausgeathmeten Luft kennen. Denn diese Gase sind in bei(
Luftarten enthalten und sie können somit nur aus dem Unterschied ihrer Gewicht«
den Ein - und Ausathmungsprodukten aufgefunden werden. Bis dahin sind am Mensel
solche Versuche nicht angestellt worden. Bei Thieren ist dagegen die Sehwierigk
die sie darbieten, überwunden, wie wir mittheilen werden, wenn wir auf die staune
werthe Versuchsreihe eingehen, welche der grosse Physiker Regnault in Verbind!
mit Reiset ausgeführt hat. Dort werden wif auch einige indirekte Methoden
wähnen, welche sich das oben bezeichnete Ziel gesteckt haben.
1. Temperatur der Ausathmungsluft. Die in die Li
gen aufgenommene Luft muss ihre Temperatur ausgleichen b
deijenigen der Lungenwand, resp. des in ihr strömenden Blut
Die Zeit, die zu dieser Ausgleichung nothwendig, wächst mit d(
Temperaturunterschied zwischen Blut und Luft und dem aufgenoi
menen Volum der letzteren. So fand z. B. Valentin (gleiche Za
und Tiefe der Athembewegung vorausgesetzt), dass bei eiuer Lu
temperatur von — 6,3" C. die ausgeathmete Luft auf +29,8" C,
einer Lufttemperatur von +19,5"C. die ausgeathmetei Luft
+ 37,25" C, bei einer Luftemperatur von +41,9" C. die Ausa*|
Wassergehalt der Ausathmnngsluft.
503
iiiigsliift auf H-38,1"C. erwärmt oder abgekühlt war. Die zur
-deichung der Temperatur nöthige Zeitdauer kann keinesfalls
. SS sein bei den zahlreichen Bertihrungen zwischen Luft und
I Ilgenwand.
2. Vermehrung des Wassergehaltes. Die Luft, welche
die Athemwege geführt wird, ist meist niederer temperirt, und
mit jedenfalls trockener, als die Ausathmungsluft, welche in den
1 Ilgen erwärmt und in vielfache Berührung mit feuchten Flächen
■i nacht wurde. — Die Luft, welche in die Lungen aufgenommen,
iid sich darum rasch mit Wasser sättigen; der Zeitraum, welcher
cizu nothwendig, wechselt mit dem Volum, der Trockenheit und
1 Wärme der Einathmungsluft. Ueber den absoluten Zeitwerth,
1 zur Sättigung nöthig, bestehen bedeutende Widersprüche; Va-
iitin behauptet, dass selbst bei rascher Athemfolge die Sättigung
1 die bestehende Temperatur beendet sei; Moleschott traf sie
lim kaum zur Hälfte satt. — Das Gewicht des Lungendampfes,
li bes wir in der Zeiteinheit ausstossen, variirt nachweislich mit
1 Zahl der Athemzüge. Hierüber giebt Valentin*) folgende
ilielle, aus welcher hervorgeht, dass das Gewicht des Wasser-
imstes sich mindert, wenn die Zahl der Athemzüge in der Minute
»er sechs steigt.
Zahl
tr Athemzüge in
der Minute.
Mittleres Gewicht des
ausgeschiedenen Wassers in Gr.
für die Minute.
Mittleres Gewicht des
ausgeschiedenen Waasers in Gr.
für einen Athemzug.
Zahl der
Beobachtungen.
5
0,287
0,057
6
6
0,297
0,049
30
12
0,246
0,021
30
24
0,261
0,010
30
36
0,197
0,005
3
40
0,205
0,005
2
Wünschenswerth würde es sein, zu wissen, wie die Aufent-
laltszeit und das Volum der aufgenommenen Luft mit der Athem-
iilge gewechselt habe. Auch mit der Temperatur der Atmosphäre
ladet Valentin das Gewicht des ausgestossenen Dampfes ver-
uderlich. In der Kälte sollen gleichviel Athemzüge weniger Dunst
itt Tage fördern, als in der Wärme.
Als tägliches Mittel des von ihm ausgehauchten Wassers giebt
'al entin (54 Kgr. schwer) 375 Gr. an. Nach einer geringeren
aiahl von Beobachtungen fand er es bei 8 Studenten zu 540 Gr.
•) 1. c. p. 538.
KohlonsäurcgehaU der Ausathmungsluft.
täglich. Diese Menge repräsentirt natlirlich nicht den Wasse
Verlust, den das Blut durch die Athmung erleidet; um ihn
finden, würde man von den gegebenen Zahlen die unbekanni
Menge des Wasserdunstes abzuziehen haben, welche in der Ei
athmungsluft enthalten war.
Uober indirekte SohätzungsraetlLodon siehe tkierischo Wärme und Vergleich'
der Ausgabe und Einnahme des Blutes.
3. Veränderung der Kohlensäure. Das Gewicht d
täglich entleerten CO2 ist wesentlich bestimmt von der Menge d
täglich gebildeten, weil der thierische Körper dieses Gas, fast
rasch wie es entstand, auch wieder und zwar vorzüglich durch dil
Lunge entlässt. Die Mittel, durch welche sich die Ausstossung d
Neubildung anpasst, sind gegeben durch Veränderungen des U:
terschiedes der C02spannung in der Luft, des Blutes und d
Lunge, des Wärmeunterschiedes zwischen dem Blut und der Lungeq
luft, durch Veränderungen des Blutdrucks und der Berührung
fläche zwischen Luft und Blut.
Theoretische Einleitung. Um die Bedeutimg der Bedingungen richtig
fassen, ■welche die Absonderungsgesohwindigkeit der COj beherrschen, dienen folgeAdl
Erfahrungssätze. Wie bei den entsprechenden Betrachtungen über Wasserbewegim|
sollen die eingeflochtenen theoretischen Ausdrücke nur Mittel zur leichteren Fasslich
keit sein.
1) Die Kräfte (Spannungen), mit welchen sich die Theilchen eines Gases ab
Stessen, verringern sich mit der abnehmenden Dichtigkeit des Gases (Mariotte'schtj
Gesetz) ; diese abstossenden ICräfte können ganz in derselben Weise, wie es p. 44
das Wasser entwickelt wurde , dazu dienen , Geschwindigkeit oder Spannungen del
Gases zu erzeugen, und hier wie dort ist die Geschwindigkeit , welche der GewichtsI
einheit Gas mitgetheilt werden kann, proportional dem Unterschied der Spanmingenjj
welche auf den entgegengesetzten Grenzflächen der bewegten Gasart herrschen.
2) Nur die gleichartigen (aus denselben chemischen Atomen und Atomzahlen be-j
stehenden) Gastheilchen üben eine Abstossung gegen einander, oder besser ausge'j
drückt: in einem Geraenge aus verschiedenen Gasen ist die schliessliche Anordnund
jedes einzelnen Theilchens in der Gleichgewichtslage nur abhängig von den Kräftwjj
welche von den ihm gleichartigen Theilchen ausgehen. Während des Uebergangs aus eiaa
Stellung in die andere, also während der Bewegung wirkt dagegen die Anwesenhe^
anderer Gase hömmend auf die Geschwindigkeit, mit welcher die neue Lage eing?*i
nommen wird. 'ff
3) Die Geschwindigkeit, mit welcher ein ohne Hinderniss bewegliches Gasthail^
chen ein anderes fixirtes flieht, wächst mit der Zeit, so dass es in der ersten Zeitein-[
heit einen kleineren Weg zurücklegt, als in der zweiten, in dieser einen kleineren ^«
in der dritten u. s. f. — Die Unterschiede der Geschwindigkeiten in den Zeiteinheiten
(die beschleunigenden Kräfte) nehmen dagegen ab mit der steigenden Zeit. Dieses
folgt aus dem Beharrungsvermögen und aus dem ersten Satz, dass die Intensität der
abstossenden Kraft sich mit der Diohtigkeitsabnahme mindert. Denn das Gastheilohen
%
Kohlonsäuroausschoidung ; theoretische Einleitung.
505
Ki die im ersten Augenblick empfangene Geschwindigkeit auch noch in allen folgen-
behaupten; dieselbe wird aber in jedem folgenden Augenblick vermehrt durch
um neuen Druck der sich abstossenden Gasmolekoln. Die Anzahl der Stösse, welche
.in Bewegung gesetzte Gastheilchen empfangen hat, wächst also mit der Zeit und
in derselben Weise die Geschwindigkeit. Die Kraft der Stösse nimmt aber von
' zum andern Zeittheilchen ab, weil die Entfernung der beiden Molekeln mit der
. ;er Bewegung steigt, und darum verringert sich mit der steigenden Zeit die
fchleunigung, welche von jenen Stessen abhängt.
4) Die Gesetze, welche für die Bewegung tropfbarer Flüssigkeiten durch Eöhren
en, finden auch ihre Anwendung auf Gase, welche sich im Düfusionsstrom durch
wen bewegen. Tauchte z. B. die eine Mündung eines Eohrs in einen Behälter voll
offgas und die andere Eöhrenöffnung in eine Atmosphäre von Kohlensäure, so
Iden unabhängig von einander zwei Gasströme in entgegengesetzten Kichtungen
Lh das Eöhrenlumen laufen, und zwar darum ohne gegenseitige Störung, weil die
rrstofiftheilohen nicht von der COj und diese nicht von jener ihre Anregung zur
sjBgung empfangen. Die. Bewegungsanregung eines jeden dieser Ströme würde ein-
äund allein begründet sein in der Abstossung der gleichartigen Gastheilchen, oder,
dasselbe bedeutet, von dem Dichtigkeits - (Spannungs-) unterschied, welcher zwi-
i den gleichartigen Gastheilchen an den beiden Enden der Eöhre besteht. Die
nwart der fremden Gasart würde nur insoweit die Strömung beeinflussen, als sie
Art eines Eeibungswiderstandes die Geschwindigkeit behinderte. Vorausgesetzt,
bewerkstelligte es nun durch irgend welche Vorrichtung, dass der Spannungs-
yschied am Ende und am Anfang des Eohrs während der ganzen Versuchsdauer
rändert bliebe, so würde sich auch die Geschwindigkeit eines jeden Stroms in
rr Zeit constant erhalten, und es müsste, weil eine Bewegung materieller Theil-
vor sich geht, die Geschwindigkeit abhängig sein einerseits von dem Spannungs-
»schied, und andererseits von den Eeibungen und dem Widerstande, welche die
iinung der Eöhre mit sich bringt. Da es den Anschein hat, als ob diese Be-
dungen der Theorie an sich klar wären, so betonen wir der physiologischen Wich-
tt wegen nur, dass die Dimensionen des Eohrs von Einfiuss sind auf die Ge-
imdigkeit des Diffusionsstroms nach der Eöhrenlänge. Nehmen wir an, es sei uns
inchtor förmiges Eohr A B Fig. 63 gegeben, in welcher ein Sauerstoffstrom von B
Ä und ein Kohlensäurestrom von A
B gehe. Gesetzt, es sei der Unter-
l der grösseren Kohlensäuredichtigkeit
( und der geringere bei B gleich dem-
»n für den Sauerstoff bei B (der
im) und A (der geringem), so wür-
.ie Triebkräfte , welche den COsstrom
i;en, doch grösser sein, als diejenigen,
e die Sauerstoffbewegung einleiten
ilarum auch die Geschwindigkeit des
iieu über die des letzteren überwiegen.
) ist ohne weiteren Beweis einleuch- ■
iweil bei gleicher Spannung in den Gasflächen die Zahl der COathcilchen, welche
l nach B hin drücken, grösser ist, als die der SauerstoiTtheilchen, welche von
•h A hin drängen. Wir machen im Voraus darauf aufmerksam, das der COjstrom
it Ton der Lungenoberflächc , welche eine Ausbreitung von vielen Quadratfussen
506
Kolilensäurcausscheidujig ; Ihoorotischo Einlfiitung.
■
besitzt, und in der engen Luftröhre mündet, während umgekehrt der SauersUif ii
von den Wurzeln gegen die Enden der Lunge streichen muss.
5) Setzen wir voraus, es wäre uns ein geschlossener Kaum gegeben, welcher i
einer beliebigen Gasart, z. B. mit atmosphärischer Luft, gefüllt sei, und es w«
eine beliebige Grenze dieses Baums in Verbindung gebracht mit einer andern Gags
z. B. OOi, deren Dichtigkeit unveränderlich gedacht wird, Bedingungen, wie sie
nähernd in der Lunge verwirklicht sind , so werden wir behaupten dürfen : a)
Geschwindigkeit des Diffusionsstroms aus der CO? in die Luft nimmt ab , wenn
Zeit des bestehenden Diffusionsstroms zunimmt, und insbesondere wird sich die
schwindigkeitsabnahme so gestalten , dass sie im Beginn des Diffusionsstroms
und mit der wachsenden Dauer desselben langsamer und langsamer absinkt. Abni
men muss die Geschwindigkeit überhaupt, weil die treibenden Kräfte, oder der Di
tigkeitsunterschied der CO2, zwischen der angenommenen Grenzfläche und dem
schlossenen Raum mit dem Eindringen von COj in den letztern geringer werden mi
Jm Beginn der Zeit, wo der geschlossene Eaum vollkommen COjfrei war, wird
Strom unter der ganzen Spannung der angrenzenden COä eintreten ; im nächsten Äug'
blick wird der Strom schon gehemmt durch die zuerst eingetretene CO4 u. s. f., x\
die Geschwindigkeit muss also immer langsamer werden. Daraus geht auch her^
dass die Geschwindigkcitsabnahmo nicht im geraden Verhältniss zum Wachsthum
Zeit erfolgen kann. Die Geschwindigkeit wird auf Null herabsinken, wenn die C
Spannung im geschlossenen Raum und an der angenommenen Grenzfläche gleich gew
den ist. — b) Der Zeitraum, welcher verfliesst, bis die Dichtigkeit der CO» in
geschlossenen Raum und der Grenzfläche gleichwerthig ist, wächst (bei gleicher
rührungsfläche und gleicher ursprünglichen Spannung der COs) mit dem Cubikinl
des Raumes ; er nimmt dagegen ab (bei gleicher Spannung und gleichem Cubikinl
des Raumes) mit der Berührungsfläche, und (bei gleicher Berührungsfläche und gleicl
Cubikinhalt) mit abnehmender Anfangsspannung. — c) Das Maxiraum des Dichtigke
Unterschiedes, welches die CO2 während der Stromdauer in deu verschiedenen Qi
schnitten des geschlossenen Raumes darbietet, nimmt mit der Zeit ab ; mit der näl
Bestimmung, dass die Abnahme während gleicher Zeiten um so geringer wird , je^ t
fernter die Zeit vom Beginn des Stromes liegt. Zur Verdeutlichung dieses Sa
Fig. 64. ziehen wir die Pig. 64 herbei. Stellen wir
ihr entsprechend den geschlossenen Luftn
als einen Hohlcylinder vor, der mit einer se:
Grundflächen A B in ein Kohlensäuremeer
constanter Dichtigkeit taucht, so wird der
der höchsten Spannung immer auf der Pll
AB und der der niedrigsten auf der entge{
gesetzten Grundfläche CD zu finden sein. D
es ist das Fortschreiten des Difi\isionsstromes eine Folge der fortlaufend verändfl
Dichtigkeit (nicht etwa einer Wellenbewegung) und es muss demnach, wenn dia
wegung von einem m AB näheren zu einem von A B entfernteren Ort gehen
die Spannung an dem erstem höher als an dem letztern sein. Das Maximum
Dichtigkeitsuntersohiedes wird also immer gefunden, wenn man die auf der Fli
CD bestehende Spannung abzieht von der constanten in AS. Wir wollen uiiS'
der Einfachheit wegen die Dichtigkeit der COj an beiden Orten gemessen denken di
die gleichen Längeneinheiten der Linien CD und AB. Die vorhin ausgesproi
Behauptung würde ■ demnach , auf den Fall in Pig. 64 übergetragen, so lauton, dass
KohlensKureaussoheidung ; theoi-etische Einleitung. 507
hshtigkeit der COj auf der Fläche CD in kürzerer Zeit von Null auf halb BG (von
t auf B) ansteigt , als von halb D 0 auf ganz B G. Dieses rechtfertigt sich aber da-
^roh, dass die absoluten Mengen von COs, welche zur Herbeiführung eines gleichen
iwachses von Dichtigkeit auf CB noth wendig sind, gleich sein müssen. Die Menge
COi aber, welche ein Strom unter Voraussetzung gleichen Querschnitts in der
i. teinheit mit sich führt, ist natüi-lich proportional dem Spannungsunterschiede der
,1 am Beginn und Ende der Strombahn (= der Geschwindigkeit derselben). Nun
rvegt sich aber, wenn die Dichtigkeit in CB von Null ^i)^ auf ^kBG fJEJ anwächst,
• Spannungsunterschied zwischen ganz und halb B G (sein arithmetisches Mittel in
isen Grenzen ist = ^/iBG), während er sich bei dem Ansteigen der Spannung von
'CB fEJ auf ganz B G (C) zwischen ein halb B C und Null bewegt (sein arithme-
bhes Mittel ist = ^jtBG). Die Stromgeschwindigkeit wird also zwischen E und B
th viel grösser sein, als zwischen E und G. — Die soeben gewonnene Erfahrung
rrt uns weiter zu der Behauptung : d) Die Curve der Dichtigkeit , besehrieben über
Achse des geschlossenen Baumes, nimmt mit der wachsenden Stromdauer an Steü-
tt ab. Zum Verständniss dieses Satzes ist zunächst die Erläuterung einiger Aus-
coke nothwendig. Achse des geschlossenen ■ Baumes nennen wir die gerade Linie,
cche einen Punkt höchster mit dem zunächst gelegenen niedrigster Spannung ver-
ddet. In dem Beispiel, welches Fig. 64 darstellt, würden also alle Linien, welche
Cylinderachse parallel laufen , als Achsen des geschlossenen Baumes zu bezeichnen
u. Dächten wir ujxs nun auf eine dieser Achsen der Eeihe nach die verschiedenen
Ihtigkeiten der CO» und zwar als Ordinaten aufgetragen, die in den Orten enthalten
II, welche die Achse durchschneidet, so würden wir die Curve der Dichtigkeit er-
;4en. Die Curve der Dichtigkeit giebt also nichts anderes als einen Ausdruck für
Yertheilung der CO2 nach einfer bestimmten Eichtung des geschlossenen Baumes,
. darum will die obige Behauptung nichts anderes sagen , als dass die Spannungs-
eerschiede, welche die Längeneinheit des Stromes an einer beliebigen, aber bestiram-
Stelle desselben darbietet, mit der Stromdauer abnimmt, und ferner, dass die Zeit,
tche zur gleichwerthigen Verminderung dieser Unterschiede nothwendig ist, mit der
ii. er des DifiFusionsstromes wächst. Die Nothwendigkeit dieses Satzes leuchtet gleich
wenn man, wie dieses in Fig. 64 geschehen, annimmt, dass die Dichtigkeit auf
Achse (BBJ abnehme proportional der Entfernung ihrer Punkte von dem Anfangs-
höchster Spannung B. Unter dieser Voraussetzung geht bekanntlich die Steilheit
Spannungscurve AJE und AB an jedem beliebigen Abschnitte der Achse propor-
lal dem Maximum des Spannungsunterschiedes, welches in dem Baume enthalten ist.
fser letzte Zusatz gilt nun allerdings nicht mehr, wenn die Curve der Spannung
im gekrümmten Verlauf angenommen hat , indem dann nicht überall die Spannungs-
f erschiede proportional dem Maximum desselben abgenommen haben werden, aber
nerhin muss sich auch hier die Abnahme des grössten Unterschiedes vertheüon auf
Verlauf der Curve und diese somit im Allgemeinen an Steilheit abnehmen. —
der praktischen Bedeutung, welche der Curve der Dichtigkeit zukommt, wäre es
'ischenswerth , ihre allgemeine Form zu entwickeln in einem geschlossenen Baume
der Gestalt der Lungenhöhle. Bei der Complikation dieser letzteren ist dieses
r unmöglich; wir müssen uns also mit dem gegebenen ungefähren Ausdruck bc-
idigen.
. 6) Die Temperaturunterschiede der Orte, von und zu denen die Strömung geht,
1 bedeutungsvoll, weil sie bei gleicher Dichtigkeit des Gases einen Spannungsunter-
«ied desselben erzeugen; denn mit der steigenden Tcmpqratur mehrt sich die
5Qg KoMensiiurcabdunstung aus Flüssigkeiten.
abstossonde Kraft der Gastheilchcn. Eine gleiclimässige Erhöhung oder Erniedrige
der Teiuporatur an allen Orten des Diffusionsstroms könnte auf diesen nur einflussrei
sein durch Voränderung einer etwa bestehenden Reibung.
7) Bis dahin verfolgten wir den Gang der COj-Diffusion im freien oder nur lu:
erfüllten Kaum ; wir werden nun betrachten, wie sich die Spannung und Geschwindi ^
keit jenes Diffusionsstroms an der Grenze zwischen Flüssigkeit und Luft, oder i
Kücksicht auf die Athmung ausgedrückt, wie sie sich an der Grenze zwischen Bl'
und Luftröhren der Lunge verhalten. Die hier in Frage kommenden Gesetze sind v
Stefan*) einer mathematischen Untersuchung unterworfen worden, deren Ergebnif
mit der Erfahrung vollkommen übereinstimmen. Nach seinen Annahmen wird, ^
beim Uebergang der Gase aus einer Luftschicht in eine andere , auch in der Grci
schiebt zwischen Flüssigkeit und Luft die Geschwindigkeit des Stroms bestimmt dur
den Spannungsunterschied der Gase diesseits und jenseits jener Schicht. Die Abwi
chung der Vorgänge an den beiden verschiedenen Orten besteht nur darin, dass c
Spannung der Gase in der Flüssigkeit in anderer Vfoise von der Dichtigkeit dersclb
abhängt, als im freien Luftraum, und dass den Gasen beim Durchgang durch die Flii
äigkeit ein anderer Eeibungswiderstand entgegensteht, als fn der Luft. Von dem E;
flnss des letzteren Umstandes müssen wir einstweilen noch ganz absehen , da er kev
praktische Erledigung gefunden. Von der Spannung der Gase lässt sich dagegen ai
sagen, dass sie in der Luft wie in der Flüssigkeit unter Voraussetzung gleicher Tei
peratur mit der Dichtigkeit wächst; aber wenn in dem Luftvolum V die Gasmenge
zerstreut ist, so ist der Druck p , den sie erzeugt, = — , d. h. die Spannung ist n u:
abhängig von dem Vorhältniss des Luftvolums zu der in ihm vorhandenen Gasmeng
wenn dagegen das in dem gleichgrosscn Flüssigkeitsraum V absorbirte Gas denselb
Druck erzeugen soll, so muss die Menge dieses Gases = «A sein, so dass p = - sJ-i
ist. Hier bezeichnet a den Absorptionsooeffizienten oder das Volum Gas, welches t
der angenommenen Temperatur von der Raumeinheit der Flüssigkeiten aüfgenomm
werden kann. Um den Inhalt dieser Gleichungen durch ein Zahlenbeispiel aufzuklän
nehmen wir an V, d. i. das gleiche Volum von Flüssigkeit und Gas, sei =10.
der Druck p, welcher nach vollendeter Absorption dem Gas in Luftraum und in 6
Flüssigkeit zukomme, sei = 1,0 Meti-., und der Absorptionscoefflzient sei = 0,8,
wird die Menge des Gases in dem freien Raum =1,0 und in der Flüssigb
= 0,8 sein.
Stefan hat mit Zuhilfenahme der angedeuteten Grundlagen das Verschlucl;
und Abdunsten von Gas unter sehr verschiedenen Bedingungen untersucht ; von sein
Erörterungen sind für die Athmung namentlich folgende von Wichtigkeit: Wiet
Gas ist aus der Luft in ein gegebenes Volum von Flüssigkeit eingetreten nach Ai
gleichung des Druckes in beiden, und zwar wenn entweder der Luftraum unbeschrän
war, 80 dass der Druck des freien Gases durch den Absorptionsvorgang selbst nie
geändert wird, oder wenn auch der Luftraum von beschränkter Ausdehnung war,
dass sich der Druck des freien Gases durch die Absorption selbst änderte. Unter de
selben Bedingungen hat er weiterhin untersucht, wie sich die Geschwindigkeit d
Strömung in der Grenzfläche zwischem freiem Gas und Flüssigkeit ändert mit d
i;
m
titi
•) Wiener akademische Sitzungsberichte XXVIl. 375.
Zohlensäureausschoiduug, abhängig von der Athembewegung. 509
laehsenden Zeit, und demnach auch die Gasmenge bestimmt, die in jedem Zeitabschnitte
iiihrend der bestehenden Absorption in die Flüssigkeit übergeht. Ausser der Ab-
tion hat er auch die Abdunstung von Gas bei-ücksichtigt und namentlich unter-
.1, wie sich das letztere verhält, wenn eine Flüssigkeit ihi- Gas von constantem
; uck in einen beschränkten Kaum entlässt; auch' hier hat er die mit der Zeit abneh-
I nde Geschwindigkeit und die in jedem Zeitintervall austretende Gasmenge festge-
I ilt. So wichtig dieser Inhaltsanzeige nach die Resultate seiner Untersuchung, die
I .rall von der Erfahrung bestätigt werden, für die Athmungslehre sind, so können
I hier doch nicht mitgetheilt werden, weil die gefundenen Formeln ohne Anwendung
ä höhern Calcüls nicht verständlich sind.
8) Da die verdunstbare CO-2 des Blutes nicht allein gelöst, sondern zum Theil
iih anderweitig gebunden ist, so könnte es fraglich sein, ob die Gesetze, welche für
! Abdunstung des einfach absorbirteu Gases gelten, auch für die Athmung in Be-
ccht kommen. Nach zahlreichen Erfahrungen kann es keinem Zweifel unterliegen,
äs der Theil der verdunstbaren CO4, welcher nicht gebanden, sondern nur gelöst ist,
«de so abdunstet, wie wenn der gebundene Antheil des Gases gar nicht vorhanden
rre. Der Unterschied zwischen dem Blut und einer anderen von gebundener CO2
iden Flüssigkeit würde also günstigsten Falles darin bestehen, dass bei der Abdun-
tjag aus dem Blut neben der Spannung der aufgelösten auch noch die der gebun-
iien COä in Betracht käme. Aber auch dieser Unterschied scheint nicht zu bestehen
iier den Bedingungen des normalen Lebens; es scheint nämlich, als ob nur der
kker gebundene Gasantheil an der Athmung Theil hätte. Wir schliesseu dieses dar-
(, weil bei den gewöhnlichen Absorptionsversuchen mit Blut erst unterhalb sehr
idriger Druckgrenzen sich die Anwesenheit der gebundenen CO2 bemerklich macht,
Ii aus der Aehnlichkeit (nicht Uebereinstimmung) des Verhaltens der im Blut ge-
iidenen CO2 mit derjenigen, welche aus einer Lösung von 2Na0CO2 entweicht. Wenn
Dulich bei einer Temperatur von 23'',6C. in Wasser so viel 2NaOC02 enthalten ist,
>s die Menge der gebundenen, aber verdunstbaren CO2 so viel wie im Blut beträgt,
genügt die Anwesenheit von 1,0 pCt. COj in dem darüber stehenden Luftraum,
die Verdunstung dieses Gases aus der Flüssigkeit zu verhindern (L. Meyer*).
Leben sinkt aber der COi-Gehalt der Lungenluft nie auf jenen Werth, sondern er
iiält sieh immer weit darüber. Demnach würde man sich für berechtigt halten, die
I )undene CO4 des Blutes von der Betheiligung an der Athmung auszuschliessen, wenn
tu wüsste, ob die an 2ITaoPh05 gebundene COj sich eben so verhalte, wie die an
jOCGi geknüpfte. Es wäre wünschenswerth, dieses durch besondere Versuche zu er-
i*eln.
Die folgende Darstellung der Schwankungen in der COa-Aus-
)lieidung untersucht der Reihe nach den Einfluss der Athem- und
mtbewegung, der Luft- und Blutzusammensetzung und endlich der
rrschiedenen Zustände der Lungenwand.
Athembewegung. Im Ruhezustand des Brustkastens ist
i Lungenraum mit Luft gefüllt, welche, in feine Bläschen ver-
' ■)• Gase des Bloteg p. 42.
dp
gj;Q Änderung der COj mit dem Lungonort und
theilt, durch Wandungen von einer sehr grossen Ausdehnung begren:
wh-d; diese letzteren sind durchzogen, man könnte sagen, gehild
von einem dichten Blutgefässuetze, dessen Inhalt verdunstbare 0
fuhrt. Insofern also die Luft in dem Lungenraum jemals COi-fr
war, wird sie sogleich einen Antheil dieses Gases empfangen, ui
dieser Antheil wird, alles Andere gleich gesetzt, mit der Zeit iltti
Verweilens in der Lunge so lange wachsen, bis sie die Spannui
der CO2 im Blute angenommen hat. Bevor jedoch diese Ausgle
chung eintritt, geschieht eine Einathmung, durch welche COa-fre
Luft theils mit der bis dahin vorhandenen vermengt und thei
liber die bis dahin vorhandene geschichtet wird. Das erstere g
schiebt, wenn die Einathmung zu umfänglich ist, um nach Ve
drängung der Luft aus den Bronchien in diesen Platz zu finde
so dass ein Theil der eingeathmeten noch in die Bläschen gelang
der in den Bronchien zurückbleibende Theil der neu eingetretem
Luft ist die aufgeschichtete. Nach längerem oder kiü-zerem Ve
weilen wird sämmtliche mit der Einathmung aufgenommene Lu
wieder ausgestossen, nachdem sie natürlich durch Diffusion un
Mischung CO2 empfangen, und es bleibt nach dieser Exspü-atio
ein Gasgemenge zurück , welches weniger CO2 enthält , als das la
mittelbar vor der Inspiration vorhandene. Der C02-Gehalt desselb^
steigt von Neuem, und es wiederholt sich dann der frühere V^:
gang u. s. f. Bei einer solchen Einrichtung unseres Apparate
dürfen wir, alles Uebrige gleichgesetzt, erwarten:
a) Nach vollendeter Einathmung wird die Dichtigkeit der C'
in den Lungen (oder der Prozentgehalt ihrer Luft an CO2) .ahm
men von den Lungenwänden hin gegen das Centrum der einzelne]
Höhlenabtheilungeu und von den engeren Röhren (den Infundibulii
gegen die weiteren (die Bronchien). Der Unterschied der Dich
keit an diesen verschiedenen Orten wird abnehmen mit der Auf<
haltszeit der Luft in der Lunge. Allen, Pepys und Vieroricl
welche bei ihren Versuchen auf diesen Umstand Rücksicht nähme
fanden in der That, dass die Luft, welche in dem Beginn der Am
athmung ausgestossen wird, ärmer an CO2 ist, als diejenige, wel(iL#^
am Ende der Ausathmung erscheint. Der grössere Theil ersterf
Luftquantums kommt aber unzweifelhaft aus den Bronchien, cl<
letztere ursprünglich aus den Lungenbläschen. Dieser Unterschied
des C02-Gehaltes verschwindet jedoch nach Vier or dt*), wenn di'
•) I. c. p. 171.
mit der Aufontlialtszeit der Luft in der Lunge.
511
ugeathmete Luft 40 See. lang- in der Lunge verweilte^, bevor sie
oder aiisgestosseu wurde. Da zu dieser Zeit, wie wir sehen
rden, der CO-i-Strom von dem Blut zu der Luft noch nicht ge-
ilossen ist, so muss man annehmen, dass auch dann noch Un-
I liiede bestehen, die aber durch den Versuch nicht nachweisbar
eu (siehe die theoretischen Betrachtungen 5. c und d).
b) Die mittlere Dichtigkeit (der Prozentgehalt) der CO2 in der
,eathmeten Luft wh'd um so mehr zugenommen haben, je län-
I die eingeathmete Luft in der Lunge verweilte und je kleiner
> eingeathmete Luftvolum gewesen war (Vierordt). Um den
;teren Theil dieses Satzes festzustellen, genügt es, in kurz auf-
laiider folgenden Zeiten Ein- und Ausathmungen von immer glei-
eiii Volum auszuführen und die aufgenommene Luft der Reihe
Ii kürzere und längere Zeit zurückzuhalten, bevor sie wieder
^-;estossen wird. Als Beispiel für den Gang der Sättigung füh-
II wii" eine mit genauen Hilfsmitteln angestellte Versuchsreihe von
Becher an. In dieser wurden im Mittel 4560 CG. Luft ein-
(:d ausgeathmet; die Dauer der Einathmung betrag 2 bis 3 See,
3 Zeit des Zurückhaltens der Reihe nach 0, 20, 40, 60, 80,
(0 See. Der mittlere Prozentgehalt der Ausathmungsluft an GO2
ttrug nach 0 See. = 3,6 pCt., nach 20 See. = 5,6 pCt., auch 40 See.
6,3 pGi, nach 60 See. = 7,2 pGt, nach 80 See. = 7,3 pCt.,
ch 100 See. = 7,5 pCt. Werden diese Zahlen in ein Goordina-
nsystem eingetragen 65.
iig. 65), dessen Ab- co-^ proxenu.
" isse die Zeit, dessen
dinate die COj-Pro-
rate misst, so gelten
'jselben die einlie-
inde Curve, welche
>!S zeigt, dass die 5,6
MWüchse, welche die
cchtigkeit der CO2
, gleichen Zeiten em-
längt, rasch abneh-
en, wenn die Zeit-
3,6
20
40
60 80 lOOSecumJen.
nuer des Zurückhal-
108 der Luft wächst. In Zahlen ausgedrückt, wuchs nemlich von
i bis 20 See. der Gehalt um 2,0 ; zwischen 20 und 40 See. um
512 Kohlensäureausscheidung, abhängig von dem geathmeten Luftvolum.
0,7; zwischen 40 und 60 um 0,9; zwischen 60 und 80 um (
und zwischen 80 und 100 um 0,2 pCt. Die einzige Zahl di.
Reihe, welche freilich innerhalb der Fehlergrenzen von dem dm
die Theorie verlangten Gange abweicht, ist wahrscheinlich
dritte zwischen 40 und 60 See. gelegene.
Stefan*) hat diese Erfahrungen mit seiner Theorie verglichen, indem er sei
Gleichungen eigends für diesen 2weck umformte; dann hat er drei Zahlen von SechHüp
benutzt, um daraus die Constanten zu finden, und für die anderen 3 folgeilq
"Werthe berechnet.
„ COa-Procente „ ^ , . ,
Zeit , , , ,1 Unterschiede
beobachtet bereclinet
Nach 0 See. 3,6 3,0 —0,6
Nach 40 - 6,3 6,7 ■ +0,4
Nach 80 - 7,3 7,4 -)- 0,1
Diese Uebcreinstimmung ist als eine sehr gute anzusehen, da Becher selbst bei zt
unter ganz gleichen Umständen ausgeführten Vorsuchen Fehler von 0,2 pCt. erhii
Sollte sich bei weiteren Versuchen diese Uebcreinstimmung bestätigen , so würde ei
Tortsetzung der Beobachtungen nach dem vorliegenden Plane sehr wünschei
Werth sein.
Setzt man die Eechnung mittelst der Gleichung von Stefan fort, so zeigt sü
dass das Maximum, welches die CGj-Prozente in der Lungenluft bei der vorliegend
Versuchsreihe annehmen konnten, = 7,57 pCt. war. Demnach dürfte mit einer i
praktische Zwecke genügenden Genauigkeit angenommen werden, dass nach 1 00 Seen
den die Äxisgleichuug zwischen der COs-Spannung in der Lungenluft und in dem Bit
erfolgt wäre. Unter diesen Voraussetzungen könnte man, wenn Druck und Temperat
der Lungenluft bekannt wäre , aus obigen Versuchen den Absorptionscoeffizienten d
lobenden Blutes für CO.^ ableiten. — Auch liesse sich aus den Versuchen finden, if
gross das Luftvolum ist, welches vor der Inspiration in der Lunge noch vorband
war; dasjenige, welches wir früher den unveränderlichen Brustraum nannten (p. 49;
Vierordt giebt eine Beobachtungsreihe, aus der hervorgeh
dass ein kleines Volum eiugeathmeter Luft kürzere Zeit in d(
Lunge zu verweilen braucht, um den C02-Gehalt zu gewinnen, w^
chen ein bedeutenderes in längerer Zeit erreicht. Als er nemli§
500 bis 600 CC. Luft mit je einer Einathmung einzog und 1800 C(
ausstiess und in einer andern Eeihe möglichst tief insph-irte m
jedesmal etwa 3600 CC. ausathmete, so gab er in der ersten Rei^
nach 20 See. Zurückhaltens eine Luft mit 6,5 pCt. CO2; uao
40 See. = 7,2 pCt. und nach 60 See. = 7,4 pCt. In der zweite
Reihe enthielt dagegen die Luft nach 20 See. = 4,8 pCt., nag'
40 See. = 5,2 und nach 60 See. = 6,0 pCt. CO2. — Allerding
fr
*) Wiener akademische Sitzungsberichte. 27. Bd. 39G.
Kohlensäureaiisscheidung , abhäugig von der Athembewegung. 513
Id beide Reilieu nicht ganz vergleichbar; in dieser Beobachtung .
londers nicht, weil in der ersten Reihe die ausgeathmete Luft
überwiegender Menge aus solcher bestehen musste, welche län-
als die bezeichneten Zeiten in der Lunge zurückgeblieben war.
ttte man aber auch diese Ungleichheit beseitigt, so würden sich
imoch die beiden Versuchsreihen durch mehr als durch blosse
liamunterschiede der aufgenommenen Luft unterscheiden. Das
>ssere Volum dringt tiefer in die Bläschen und mischt sich dort
i|iger, und, um es aufzunehmen, müssen sich die Lungenwände
ihi'en Gefässen, d. h. die Berührungsflächen zwischen der Luft
l den CO2 - abdunstenden Häuten weiter ausdehnen. Dieser
uind kürzt die zur Sättigung nöthige Zeit wieder ab, während sie
Volumvermehrung für sich allein verlängert.
c) Die mittlere Geschwindigkeit der C02-Strömung in den Lun-
uraum hinein steigt mit dem Volum der in der Zeiteinheit (Minute)
weathmeten Luft und mit der Geschwindigkeit des Luftwechsels
iierordt). Dieses geschieht darum, weil durch die Ventilation
Dichtigkeit der CO2 in der Lungenluft vermindert und der
Linnungsunterschied zwischen der CO2 im Blut und in der Luft
iöht wird. Man könnte also auch sagen, die Geschwindigkeit
C02-Strömung und damit die absolute Menge von CO2, welche
üer Zeiteinheit durch die Lunge entleert wird, steigt, wenn der
zzentische C02-Gehalt in der ausgestossenen Luft abnimmt. Der
teinbare Widerspruch, dass die absolute Menge der COi in der
wathmungsluft wächst mit der abnehmenden Dichtigkeit derselben,
; sich, wie begreiflich, leicht; denn wenn der prozentische CO2-
iialt der Luft abgenommen, so hat sich in ungemein reichlicherer
i ise die Menge der in der Zeiteinheit ausgestossenen Luft ge-
bart. — Die Athembewegungen sind nun im Stande, dasselbe
iitvolum auf zwei verschiedene Arten in die Lunge zu führen,
weder durch zahkeichere und flachere oder durch seltenere und _
i'ere Züge. Bei gleichem Volum der wechselnden Luft wird der
■itere Respirationsmodus' die Menge der ausgeführten CO2 mehr
^.gem, als der erstere, denn es begünstigt derselbe die mecha-
ahe Mischung der zurückbleibenden und der eingeathmeten
Ift, und er vergi-össert auch die Berührungsfläche zwischen der
i'.teren und dem Blute. Die Versuche v^i Vierordt geben fol-
tide Zahlen:
Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage.
33
514
Kohlensiiuroausscheiduiig , abhängig von der Athembcwegung.
Zahl d. Athomzüge COi-Gehalt d. Luft Luftvolum, in d. Minute COj-Yolum, in d. Min
in der Minute.
Keihe. 6
„ 12
„ 24
„ 48
96
12
12
12
12
Reihe.
in Prozcnton.
• 5,1
4,1
3,3
3,0
2,7
5,4
4,5
4,0
3,4
ausgeathmiet, in CC.
3000
6000
12000
24000-
48000
3000
6000
12000
24000
ausgeaihmet, inC
168
246
372
720
1296
162
270
480
816
Vergleicht man die Zahlen je einer dieser Reihen, so si
man sogleich, dass, wenn die absolute Menge der ausgehauch
Luft wächst, der Prozentgehalt der CO2 ab- und die absol
Menge derselben zunimmt. — Vergleicht man aber die Zahl
beider Tabellen, und namentlich die absoluten Mengen und
Prozente der CO2 bei gleichem Volum der Exspirationsluft, so si
man, dass die C02-Prozente bei langsamer Athemfolge (ausgeno:
men sind nur die beiden ersten Beobachtungen in der erst
[6 Züge] und in der zweiten [12 Züge] Reihe) höher sind, als
rascher. Daraus würde man den Beobachtungen zuwider folge
können, dass die mittlere Geschwindigkeit des C02-Sti-oms in
Lungenluft bei langsamer Athemfolge und voluminöseren Luftzü
geringer sein möchte, als bei dem entgegengesetzten Modus
athmen; wenn trotzdem mehr CO2 geliefert wird, so kann dies
seinen Grund nur in der grössern Strombreite (wegen venneh"
Berührungsfläche) odet in der Ausgiebigkeit der mechanisch
Mischung haben. — Natürlich sind diese Erklärungsgründe n
giltig, wenn, was aus dem Versuche nicht hervorgeht, die
während welcher die eingeathmete Luft in der Lunge verblieb,'
gleiche Luftvolumina dieselbe war, und wenn zur Zeit der beid'
Reihen gleiche Spannungen der CO2 des Blutes bestanden.
d) Die mittlere Geschwindigkeit, mit welcher die CO2 in
Lungenluft strömt während eines ganzen Athemzugs (Ein-,
athmungi Pause), wird, alles Uebrige gleichgesetzt, wachsen
der Zeit, während welcher der Brustkorb in der Einathmungss"
lung verweilt. ^
Die Wirksamkeit des Athemzugs für die Ausscheidung der CO» würde jedenftU
gesteigert werden, wenn die Brust, statt nach vollendeter Einathmung sogleich wiSil
in die Exspirationsstellung überzugehen , in erweitertem Zustand verharrte. Aber
Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Athenibewegung.
515
i.iUniss zur Anstrengung würde der Erfolg doch, immer nur ein sehr untergeord-
r sein, wie die auf p. 511 gezeichnete Curve von Becher einsehen lässt, da mit
über ein gewisses Maass dauernden Inspirationszeit die CO2 nur um ein Geringes
;igert wird (Stefan).
Bei grösserem Umfang des Brustkastens wird die Dichtigkeit
CO2 in dem Lungenraum langsamer ansteigen, als bei geringem ;
mach wird im ersten Fall längere Zeit ein grosser Spannungs-
3rschied bestehen. Versuche, welche diese Angabe der Theorie
l;ätigen, fehlen.
Eine Untersuchung, welche die oben aufgestellten theoretischen
»aussetzungen auf ihre Richtigkeit prüfen" wollte, müsste, ausser
schon angegebenen, mindestens noch folgende Bedingungen
lllen: 1) Sie hätte herzustellen die Gleichheit: in derZusammen-
uung der eingeathmeten Luft, in der Menge und Zusammen-
Dung der in der Lunge restirenden Luft, in der Zusammen-
lung und Stromgeschwindigkeit des Blutes. Dieses Alles ist
ääherad zu erreichen, theils dadurch, dass man die zu verglei-
laden Versuche unmittelbar hinter einander anstellt, theils dass
! den Brustkasten auf einem bestimmten Umfang hält. — 2) Sie
ee zu verändern die Zeit, wähi-end welcher das eingesogene
^;volum in dem Brustkastien zurückgehalten wird, und gleich zu
een: das gesammte' Volum des Luftwechsels in der Zeiteinheit,
Berührungsflächen zwischen Blut und Luft und den Umfang
mechanischen Mischung neuer und restirender Luft in der
^ge. Dieses wäre zu erreichen, wenn man gleich viel Luft,
ter gleich rasch eingezogen, mehr oder weniger rasch wieder
r3mte, so dass die Athempause kürzer oder länger würde. —
•jie hätte zu verändern das in der Zeiteinheit gewechselte Luft-
im und dabei gleich zu erhalten die mechanische Mischung, den
rrschnitt des Diffusionsstroms, die Anwesenheitsdauer der inspi-
ün Luft; um dieses zu erfüllen, würde man eine ungleiche Zahl
'3h tiefer Athemzüge machen, von denen jeder einzelne um so
i;er gehalten werden müsste, je seltener die Athemzüge erfolg-
— 4) Sie hätte zu verändern die mechanische Vermischung
i neuen und restirenden Luft und die Berührungsflächen zwischen
; und Blut und dabei gleich zu machen: das in der Zeiteinheit
techselte Luftvolum, die Zeitdauer der Einathmungsstellung,
»äes würde geschehen, entweder wie wir schon oben unter c er-
iinten, oder auch durch Bewegungen des Brustkorbes nach ge-
bhener Einathmung und bei geschlossener Stimmritze.
33
516
Kohlonsäureaussoheidung, abhängig vom Blutstrom
Blutstrom. Bei der Frage, wie eine Verändening des B
Stroms in der Lunge die Ausscheidung der Kohlensäure veimeh
oder vermindern könne, ist wesentlich aus einander zu hal
der Einfluss variabler Spannung und variabler Geschwindig"
des Stroms.
Eine vermehrte Spannung des Blutstroms muss, alles An
gleichgesetzt, unzweifelhaft die Ausscheidung der CO2 mehren, u
zwar auf zweierlei Art. Zunächst wird durch sie die Berührün
fläche zwischen Blut und Luft vergrössert ; da sich die Gefässe,
denen das Blut unter einem höheren Druck sti-ömt, ausdehn
Mit dem Druck des Gesammtblutes mehrt sich aber auch
Druck seiner CO2, und dieser stellt demnach eine zu den gewö'
liehen neu hinzukommende Bewegungsursache dar, vorausgese
dass die gashaltige Flüssigkeit mit einem Raum von niederer Sp
nung in Berührung kommt, wie dieses in der That zwischen B
und Lungenluft geschieht. — Ob diese Umstände von praktisc'
Bedeutung sind, ist noch niemals untersucht worden.
Der veränderten Geschwindigkeit des Blutstroms würde
ein Einfluss auf die COi-Abscheidung zuzuschreiben sein, wenn
feststünde, dass der Unterschied der C02-Spannung in dem ar
riellen und venösem Lungenblut merklich stiege, wenn die
schwindigkeit des Stroms in den Grenzen des normalen Leb
abnimmt. Man könnte in der That geneigt sein, dieses in Abre
zu stellen, weil jedenfalls die Zeit, während welcher ein Blutth
chen in den Lungencapillaren verweilt, nicht merkhch grösser a
fällt, je nachdem es das eine Mal langsamer als das andere '
die ungemein kurze Wegstrecke durch die Limgenbläschen zui-tt
legt. Die Möglichkeit kann, freilich nicht besti'itten werden. S
ten wir also fest, das langsam strömende Blut führe beim Aus
aus der Bläschenwand CO2 von niederer Spannung (weil es
längerem Aufenthalt in der Lxmge mehr abgegeben), als das ras
fliessende, und geben wir in beiden Fällen dem arteriellen Bl
gleiche Spannung, so würde die mittlere C02-Dichtigkeit des Bl
während des Aufenthaltes in der Lunge beim langsamen Str
geringer als beim raschen sein. Der rasche Strom beschleuni
also die Abscheidung. Beobachtungen über die hier besprochen
Probabilitäten sind nicht angestellt.
Luftveränderungen, a. Die Zusammensetzung d
eingeathmeten Luft kann, insofern sie von der gewöhnlich
atmosphärischen abweicht, aus allgemeinen physiologischen Gesich
und von der Zusammonsetzung der Einatliniungsluft. 517
iikten betrachtet, auf zweierlei Weise verändernd in die Ab-
loidnng der CO2 eingreifen. Einmal, indem sie ein Material in
Lungen und von da in das Blut führt, welches die Bildung
i CO) innerhalb aller oder einzelner Organe fördert oder hemmt;
einem Wort dadurch, dass sie die Zusammensetzung des Bluts
rt; wir werden die Betrachtung dieser Einflüsse einstweilen
L hieben. — Dann aber greift möglicher Weise die in ihrer
malen Zusemmensetzuug veränderte Luft auch dadurch ^auf die
vheidung der Kohlensäure ein, dass sie die Entleerung der
al in dem Blute vorhandenen beschleunigt oder verlangsamt.
-L' letztere Weise der Einwirkung, die wir hier abhandeln, hebt
ii vor der ersteren sogleich dadurch ab, dass sie sich nicht erst
dem Verlauf von mehreren, vielleicht von vielen Einathmungen,
ud macht, sondern schon mit dem ersten Athemzug aus der
iidert zusammengesetzten Luft.
Der Physiolog muss nun mit Rücksicht auf die Veränderung
der Zusammensetzung der Einathmungsluft den Unterschied als
i ^entlieh festhalten, ob der C02-freie oder der C02-haltige Theil
rr Atmosphäre alterirt worden ist.
1) Bei der Athmung in kohlensäurefreien Gasen muss
■• Theorie entsprechend die CO2- Ausscheidung überall dieselbe
tiben, wenn auch die Zusammensetzung der eingenommenen Luft
ust noch so sehr wechselt. Diese Behauptung ist die nothwen-
;';e Folge aus dem feststehenden Grundsatz, dass nur die Molekeln
■• gleichartigen Gasarten im Stande sind, sich gegenseitig in ihrer
>sdehnung, oder wie man sich gewöhnlich ausdrückt, in ihrer
!3usion zu hemmen. Versuche, die zur Bestätigung dieses Satzes
"men könnten, lassen sich nur mit wenigen Gasarten ausführen.
:nn einmal sind viele Gasarten, deren Aufzählung in der Toxiko-
:jie gesucht werden muss, geradezu Gifte, und dann sind von
m nichtgiftigen nur solche zu gebrauchen, welche Sauerstoff in
lier oder locker gebundener Form enthalten, da die Gegenwart
•eses Gases im Blute, wie wir schon früher ausführten, durchaus
tthwendig ist, um die Lebenseigenschaft der Muskel- und Nerven-
'bstanz zu erhalten. Es bleibt somit nur übrig reines 0-Gas,
lallluft (Sauerstoff und Wasserstoff) , Gemenge von Stickstoflf mit
lAierstoff in einem Verhältniss , das von dem atmosphärischen ab-
wicht, und endlich Stiekoxydul (Lustgas). — Mit diesen Gasarten
id nun auch schon Versuche angestellt, jedoch meist in einer
eise, die keinen Vergleich zulässt mit der C02-Abschcidung in
518
Kolilonsäuroaussclieidung, abhängig von der Luftwämc.
gewöhnlicher Luft. Ein solcher Vergleich würde nemlich nur da
zulässig sein, wenn man Rücksicht genommen hätte auf die
schwindigkeit des Luftwechsels, oder wenn man die Versuche früll
beendet hätte, bevor die Folgen der verändert zusammengesetzt
Luft auf die Blutmischung eingetreten waren.
In einem Widerspruch mit den theoretischen Ableitungen scheinen sich die
gebnisse der Untersuchung von Allen und Pepys zu befinden. Denn als der
ihnen beobachtete Mann in 5,3 Athemzügen, die er wälirend der Minute ausfilhHI'S
5332 CO. atmosphärische Luft aufgenommen, entleerte er eine Luft, welche 8*)
CO2 enthielt; als derselbe Mensch auf dieselbe Weise 5800 CG. eines Gasgeraiscl
aus 98 pCt. Sauerstoff und 2 pCt. COj einathmete und den Versuch 9,5 Minuten
setzte, athmete er eine Luft mit 1 1 pCt. Kohlensäure aus. In der zweiten Beobal
tungszeit war im Gegensatz zur ersten der Zustand des Menschen aber nicht dersi
geblieben; die Zahl der Pulsschläge war vcyi 72 auf 88 in der Minute emporgega;
und es hatte sich ein Gefühl von Wärme und zugleich eine gelinde Hautausdünsi
eingestellt. Die Vermuthung liegt damit nahe , dass sich schon in den ersten Minn
nach der Sauerstoffathmung die Zusammensetzung des Bluts änderte ; diese Annahi
gewinnt eine Bestätigung durch den 17. Versuch der erwähnten Autoren, in welch)
von demselben Manne 56099 CO. eines Gemenges von 98 pCt. 0 und 2 pCt. N
rend 7,55 Minuten (7480 CO. in der Minute) eingeathmet wurden. Die während
ser Zeit ausgeathmeten Luftmassen wurden von halber zu halber Minute gesondi
aufgefangen und untersucht. Hierbei ergab sich , dass die in den ersten 30 Secuni
gelieferte Luft 9 pCt. COs, die in den darauf folgenden 60 Secunden entleerte 10,5 pi
CO2, die in den letzten 30 Secunden ausgeathmete endlich 12,5 pCt. CO2 enthii
Auch bei diesem Versuch war schliesslich die Zahl der Pulsschläge von 86 auf Ifptr
gestiegen und gegen Ende desselben eine Schweissbildung eingetreten. Diese Bed|
ken gewinnen um so mehr an Kraft, als ähnliche Beobachtungen von W. Mill
die Theorie für die Lungenathmung und dfe Versuche von Reiset und Eegnau
sie für den Gesammtgasweohsel bestätigen.
Ein Zusatz von CO2 zur Athmungsluft wird jedesmal die Aü
Scheidung dieses Gases aus dem Blute hemmen; der Werth, df
die Hemmung erreicht, wird steigen mit dem C02-Gehalte der Ln
and zwar so , dass schliesslich eine Stromumkehr stattfindet. S
vfie nemlich dieses Gas in der Luft höher gespannt ist als ii
Blut, so muss es nun aus dem ersteren in das letztere di-ingö
Dieses hat zuerst Legallois**) beobachtet, als er Katzen un
Kaninchen in eine Atmosphäre brachte, welche mehr als 21 pi?
CO2 enthielt. W. Müller hat die hierher gehörigen Erscheinunge
_ — ~ 'itJ
•) Wir erlauben uns, die Beobachtungen von Allen und Pepys noch anzuführen, obwot
die CO.j-Bestimmungen sicher mit einem Fehler behaftet sind. Dieser Fehler ist aber in iUä
Beobachtungen derselbe geblieben , und somit geben die Zahlen immer noch ein vergleichlMflS]
MansR ab.
, *•) Annales de chlmle et physique. IV. Bd. (1817) p. 126.
Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Luftwärme.
519
irer verfolgt. Er befreite die Lunge des Thieres möglichst von
ein Stickstoff, indem er 0 durch dieselbe leitete; dann setzte er
Lunge in Verbindung mit einem Kaum von 150 bis 250 CC.
alt, der mit, reinem 0-Gas geflillt war. Wenn das Thier (Ka-
rhen) in diesem mit Hg gesperrten Raum (siehe Fig. 61) aus-
' einathmet und der Luftdruck in demselben immer dem atmo-
liulschen gleich bleibt, so verschwindet sein gasartiger Inhalt
1 kommen; das Thier saugt den ganzen Inhalt der Glocke auf.
1 Grund hierfür lieg-t darin, dass im Anfang der 0 vom Blut
:;euommen imd statt dessen CO2 ausgeschieden wird. Indem
h nun der Gasraum durch Entfernung des 0-Stoffs mindert, meh-
1 sich die C02-Prozente desselben und also auch der- Druckan-
il der letzten Luftart; sowie der letzte gleich dem der CO2 im
it geworden, wird keine C02-Ausscheidung aus letzterem mehr
ntinden, sondern aUe neugebildete CO2 im Thier verbleiben;
> wird, wenn die 0- Absorption fortschreitet, auch die ur-
anglich ausgeschiedene CO2 zurückgenommen werden, und da
ii der 0 bis zum vollkommenen Verschwinden mindert, so wird
s auch mit der CO2 geschehen. Dieses kann jedoch nur so
■ fortdauern, bis das Thier vollkommen mit CO2 gesättigt ist.
?nt man sich also eines Raumes, der den Umfang des Thieres
I trifft, so hört bei fortschreitendem Athmen allmählich die Ver-
hierung des Luftraums auf, iridem nunmehr so viel CO2 aus-
iilirt als 0 aufgesogen wird. Dieses tritt ein, wenn das Thier
■< mehr CO2 , als die Hälfte seines Volums beträgt , zum Ver-
iw Inden gebracht hat. Aber dann stirbt auch das Thier, obgleich
geathmete Luft noch viel mehr 0 enthält, alö die atmosphä-
che; also ist es nicht aus Mangel an Sauerstoff, sondern durch
! Giftwirkungen der CO2 gestorben; dem entsprechend tritt der
(d nicht unter den Erscheinungen der Erstickung, sondern unter
iQen der Narcose ein. — Die prozentige C02-Menge, welche die
t.ft enthalten muss, um dieses Gas an das Blut abzugeben, statt
von ihm zu empfangen, wird begi-eiflich variabel sein, da die-
} aiy;h mit der Spannung der CO2 im Blute der Fall ist.
Wenn der Wasserdunst in der atmosphärischen Luft zunimmt, soll auch das
sricht der ausgeathmoten CO2 steigen (Lehmann)*).
b. Physikalische Luftveränderung. Mit der Erniedri-
ng der Temperatur steigt die ausgeschiedene Kohlensäure
•) Valentin'» Jahresbericht fUr 184«. p. UIO.
520
KohlonsSureaussclieidung , abhängig vom Luftdruck.
(Lavoisier, Letellier, Vierordt); dieser Einfluss der emi
drigten Lufttemperatur raaclit sich ebenso rasch als dauernd g[
tend. So giebt z. B. der letztere ßeobacliter aus einer groBßi
Versuchsreihe an sich selbst folgende Mittelzahlen:
Mittlere Lufttemperatur.
Mittel in der Mnute.
UntcrscUodJ
80,47 C.
19'',40 C.
1
72,93
71,29
1,64
12,16
11,57
0,59
Ausgeathmetes Luftvolum
6672 CG.
6106 CG.
656
299,3
257,8
41,5
Prozent. CO2 - Gehalt der ausgcathmeten
Luft
4,28
4,0
0,28
itli;
Letellier*) stellte dagegen fest, dass kleine Säugethiere l
einem Vastündigen Aufenthalt in einer Temperatur von — 5" l
+ 3" C. um das Doppelte mehr CO2 aushauchten, als bei eine
gleich langem Verweilen in einer Wärme von + 28" bis + 43"
— Das Ansteigen der CO2- Ausscheidung bei abnehmender Ln
temperatur muss wesentlich bedingt sein von der beschleunigt
Oxydation der kohlenstoffhaltigen Verbindungen. Zum kleine
Theil könnte sie aber auch darin begründet sein, dass der CC
Gehalt des Organismus im Winter herabgedrückt wird, in Fol^ ^'
der zu jener Zeit beschleunigten Ausfuhr-. Dieses letztere könii
eingeleitet sein durch eine lebhaftere Athemfolge, welche reflefct
risch von der abgekühlten Haut und Lunge erweckt würde,
auch durch die gesteigerte Diflfusionsgeschwindigkeit aus dem imm
gleich warmen Blut in die kältere Lungenluft, da nach Valentil
(p. 502) bei niedrigerer Temperatur der Atmosphäre die ausgeaf
mete Luft noch um einige Grade kälter ist, als bei warmer Ui
gebung. Die ungemeine Abnahme der CO2, welche Letelli
in verhältnissmässig so hohen Wärmegraden beobachtete, h£
wahi-scheinüch zusammen mit der Herabstimmung der Erregbark^
aller Nerven und Muskeln und insbesondere derjenigen des Brn|1
korbes. —
Die Erklärung, welche Lavoisier**) und Seguin davon geben, dass in i
ter Luft mehr C'Oa ausgeathmet werde, kann trotzdem, dass sie in verschiedenen Sfol
difikationen häufig wiederholt wurde, mit Stillschweigen übergangen werden. — G^el*dl
•) Annnies de chlmle et physlque. Xm. Bd. 478 (1845).
*•) Memolres de raondemie. 1790. 602. — Liebig, Thierchemic.
Kohlensüureansschoidung, abhängig von dor Blutmischung. 521
' kchi-t wie die Warmblüter verhalten sich die Frösche, die bei hoher Temperatur
COi bilden (Moleschott)*).
Uit der Steigerung des Luftdruckes soll sich auch die CO2-
^eheidung mehren (St. Sage und Hervier), eine Thatsache,
he Vi er or dt in freilich sehr engen Grenzen des wechselnden
uneterstandes nicht bestätigt fand. Aber auch er bemerkte,
bei hohen Barometerständen der Luftwechsel rascher und
nach der prozentige C02-Gehalt der Lungenluft geringer wird.
" Theorie wüi-de also auch in seinen Beobachtungen Vennehrung
• absoluten Menge der ausgeschiedenen CO2 verlangen. Da sich
:y im Allgemeinen niedere Temperaturen und hohe Barometerstände
iihiniren, so ist es schwer zu entscheiden, was dem einen oder
leren nach gleicher Richtung hin wirkenden Einfluss zuzuschrei-
,1 ist.
Die bei dieser Veranlassung öfter citirten Versuche von Legallois sind mit
■übrigen nicht vergleichbar, weil seine Beobachtungsthiere eine stark kohlensäure-
iige Luft einathmeten.
Blutmischung. Die Theorie verlangt, dass, alles Andere
idchgesetzt, die Ausscheidung der CO2 in die Lungenluft beschleu-
T^; werden muss, wenn sich dieses Gas im Blute anhäuft in Folge
ter gesteigerten Kohlensäurebildung in den Geweben. Die Er-
urung ist bis dahin nicht befähigt, auf geradem Wege diese frei-
11 an sich gerechtfertigte Annahme zu bestätigen, weil ihr jedes
ttel fehlt, um den COo-Gehalt des lebenden Bluts auch mit nur
]aähenider Schärfe festzustellen; sie ist darum genöthigt, mit in-
tekten Beweisen vorzuschreiten, die jedoch um so werthvoller
id, weil die dabei zur Sprache kommenden Thatsachen uns
:fschluss geben Uber einige die Oxj^dation der thierischen Kohlen-
• ffverbindungen beschleunigende Bedingungen.
Die Beweise, dass die beschleunigte Ausscheidung von CO2 begründet sei in einer
mehrten Bildung oder einer vermehrten Anhäufung derselben im Blute, sind auf
li verschiedenen Wegen erbracht worden. E. Becher bemitzt als ein proportionales
188 für die Anhäufung der CO2 im Blute den prozentischen COsGehalt, welchen ein
i.ch grosses Luftvolum annehmen kann, das zu verschiedenen Zeiten von demselben
iividuum eingeathmet und gleich lange in der Lunge zurückgehalten wurde, nach-
1 der Brustkorb jedesmal vor dor Einathmung durch eine tiefe Exspiration auf das
jlichst gleiche und geringste Maass seines Inhaltes zurück gebracht wurde. Durch
■se Maassregeln werden für jede der zu vergleichenden Einathmungen, die Einflüsse
mechanischen Mischung, der Borührungszoit , der Berührungsfläche und des ur-
' •) Untersnchnngen znr Nalurlehre. n. Bd. 1857.
522 KohlensäureauBsoheidung, abhängig von der Blutmischung.
1
sprünglicli 00-2-freien Luftvoluma gleich gemacht; ändert sich also in der auggi
metcn Luft die prozentige Menge der CO^, so kann dieses nur daher rühren, weil
Kraft, mit welcher dieses Gas aus dem Blute gestossen wird , veränderlich war.
Allgemeinen wird nun die Behauptung richtig sein, dass die Spannkräfte der COi
Blutes wachsen mit ihrer Anhäufung daselbst; also wird auch zu schliessen sein, d
eine Vermehrung der CO^-Prozente in der Ausathmungsluft unter den gegebenen
ständen auf einen gesteigerten COa-Gehalt des Blutes hinweist. — Andere Expeiin»
tatoren suchen dagegen die Beschleunigung der COa-Bildung zu messen, ohne EUckti
zu nehmen, wie sich dabei die Anhäufung dieser Gasart im Blute gestaltet. Das
Angriff genommene Problem löst Vierordt dadurch , dass er die in gleichen Zei
ausgehauchten COa-Gewichte (die absoluten Mengen) bestimmte. Stellt sich nun h
aus, dass während eines gewissen Zeitraums das in der Zeiteinheit gegebene Ci
Gewicht vermehrt oder vermindert, der COj-Gehalt des Individuums aber zu Beg
und Ende des erwähnten Zeitraums gleich geblieben ist, so ist selbstverständlich
Oxydation des Kohlenstoffe zeitweise verändert gewesen. Die letztere Bedingung, d.
ein gleicher COj-Qehalt des Individuums an den Grenzen des Zeitraums, ist aber
erfüllt anzusehen, wenn die Lunge in je zwei Zeiteinheiten, von denen die eine
Beginn und die andere zu Ende des Zeitraums liegt, gleiche CGj-Menge ausgie
während die Folge und der Umfang der Athembewegungen dieselben sind. Wöi
nemlich unter diesen Umständen der Gehalt des Blutes, resp. des Individuums an C
variabel geworden sein , so müsste dieses , den feststehenden allgemeinen Grundsäfa
zufolge, auch zu einer Abweichung in den Gewichtsmengen der CO2 führen. — Y
ziehtet man auf kurz vorübergehende Schwankungen der COi-Absonderung, wiuuK
man z. B. nur das Tagesmittel der COa-Abscheidung zu vergleichen , so erhält
mit Regnault, Scharling, C. Schmidt Aufschluss durch Vergleichung laii|
Zeiträume , während welcher so grosse Kohlensäuregewichte ausgeschieden wurd<
dass dagegen die Unterschiede der gesammten zu verschiedenen Zeiten auf einmal
Thierkörper enthaltenen CO2- Mengen verschwinden. — Ueber indirekte Method
siehe später.
a) Die Abhängigkeit der Bildung der CO2 von dem Kohlei
Stoffgehalt der Nahrung. — Da die CO2 ein Produkt der leben|
nothwendigen chemischen Prozesse ist, so geht ihre Bildung
destens bis zum Tod (und meist auch über ihn hinaus); sie
darum durch die Lungen auch dann noch ausgeschieden, we
selbst keine kohlenstoffhaltige Nahrung genossen wird, wobei sie
natürlich das Gewicht der kohlenstoffhaltigen Körperbestandthe
mindert. Vom Beginn des Hungerns bis zum Tode nimmt zueE
die tägliche Menge der ausgeschiedenen Kohle sehr wenig, in de
letzten Tagen des Lebens sehr rasch ab (Schmidt)*). —
einer Nahrungsaufnahme in solchen Grenzen, dass dabei das miti
lere tägliche Körpergewicht unverändert erhalten wird, stellt sie
ein dynamisches Gleichgewicht her, indem sich die Menge de
*) Verdauungssäfte. p. 310,
K ohlensäureausscheidung, abhängig von der Blutmiscliung. 523
_,o hauchten CO2 genau nach dem mit der Nahrung aufgenom-
iieii Kohlenstoff richtet, so dass durch die Lunge jedesmal an-
lernd die ganze Menge von Kohlenstoff wieder entleert wird,
che aus dem Darmkanal in das Blut übergegangen war. Das
liehe Mittel steht also bei dem Genuss von vegetabilischer Nah-
- mit viel Kohlenhydi-aten höher, als bei dem von Fleisch mit viel
r. — Die Steigerung, welche der Genuss verdaulicher Nahrungs-
rel mit sich führt, beginnt kurze Zeit nach der Aufnahme der-
Li und scheint mit ihrem vollendeten Uebertritt in das Blut
-3 Stunden nach dem Essen) das Maximum zu erreichen, und
vt dann wieder ab. — Vi er or dt stellt für die einzelnen Tages-
ulen die Minutenmittel der von ihm ausgehauchten CO2 in der
Lüden Tabelle zusammen, zu welcher zu bemerken ist, das vor
ein Frühstück und um l*" 30' ein Mittagsessen genossen wird.
lade d. Beobachtg. 9 10 1 1 12 1 2 3 4 5 6 7
5ge der in 1 Min.l
[jeathmeten CO2- } 261 251 276 241 276 291 276 261 251 236 -226
Menge in CG. J
Sthm'^LufM^Cc'} ^^^^ ^^^^ ^^'^^ ^^^'^ ^'^^^ ^^^^ ^^^^ ^^^^
^?M^T™^i 73 69 69 69 81 83 81 77 75 75 73
jia l Minute. j
Diese Zahlen sind dazu benutzt, um zwei Curven (Fig. 66)
cconstruiren ; auf die Abscisse sind die Zeiten, auf die Ordinate
Kg. 66.
' Volumina.
TT Werthe aufgetragen, die proportional*) sind den zu den he-
lfenden Zeiten ausgehauchten CO2- (a) und Luftvolumina (b).
' machen einstweilen darauf aufmerksam, dass die Volumina
Ausathmungsluft und der CO2 einander sehr nahezu gleich
) Die in der Cnrve benutzten Ordlnatenwerthe sind die Quotienten , welclie durch Division
'geringsten CCj- und Lnftvolums In die anderen grösseren der Reihe nsch erhalten wurden.
524 Kohlonsiiuwaiisschciihnig , nbhKnKiff von der BhitmischunR.
stohon. Uamus könuto man t'olicorn, dass dio Tiolo und HRb
der Atlioiuzügo wächst, wio die aus der Luii{?e horvortretet
COi-Volumiua. — Im Geirensatz zu unseren gewölinlu-hen andl
ontbohrliohon organischen Nahrnngsmittehi befinden sieh nach V(
ordt die Spirituosa (und der Thee"? Front). Nach ihrem Qei|
wird die 00>-Abscheidung: unter das Maass, welches man ohne
hätte erwarten kiuineu, herabgedrUckt. So bewirkte z. Ii. der|
satz von 250 Gr. Wein zum Mittagsesseu , dass statt des gev
liehen Unterschieds von 50 CG. COa zwischen U»- und 2'' nar|
solcher von 20 CO. eintrat.
Nach don Beobachtungen von S m i t h *) , die mir nur in einem selir ged
Auszug »ugänglich ■waren, gestaltet sich Manches anders, als uinu bisher annabnul
Tcnehrto noch vor dem Frühstück oino bestimmte Speise in massiger Menge
stimmte dann , während er in siüsender Stellung verharrte , die Menge der aat{
nieten COj und der eingeathmeten Luft, die Zalil der rulsschliige und Athemiü
die Temperatur und den Druck der Luft Er fand, dass sich die Nahvungsndtl
terscheiden lassen, in solche, welche die COi-Ausschcidung steigern, \iud solche,
sie minden». Tritt eiuo Steigerung ein , so ist dieselbe entweder rasch vorüba
oder dauernd; und es mehrt sich hierbei nicht sowohl die Zahl der AthemxQgsjj
vielmehr ihre Tiefe.
Die COi-Ausscheidung wird beftJrdort durch Zucker, MUoIi, Speisen aus
mehl, Kartoffeln, Thee, Kaffee, Cichorien, Cacao, Alkohol, Rum, Ale, einige Wb
Gluten, CascYn, Fibrin, Albumin und Leim. — Thee und Zucker steigerte schon. '
Minuten nach den» Genuss die COi-Ausscheidung , Qhit»'« und CaseVn wirkte
ringerer Geschwindigkeit. Nach Zucker und Thee danextc die Periode der gest(
Abscheidung kune Zeit ; nach Milch , Rum und Bmd hielt sie am längsten an.^
Menge der ausgeschiedenen COj stand nach lliee und Leim in keinem \'erhiUt
Menge des genossenen Mittels, und namentlich wirkte dieselbe Quantität Thee'J
tigcr, Venn sie absatzweise, als wenn sie auf einmal genommen wurde.
Eine Minderung der COt-Bildung findet er nach dem Genuss von Fett xoM
ger Alkoholarten (Brandy und Gene>Te). Die COi-mindcrnde Kraft des Fettes]
sich auch so geltend, dass nach gleichseitigem Genuss von Zucker oder
Fett die COs-Bildung, die in Folge der ersteren Nahrungsmittel hatte eintrat
sen, ausblieb. — Auffallend ist es, dass die verschiedenen Alkoholsorten veisci
wirken soUen. — Stärke mehrt die COi-Bildung nicht, was ebenfalls mit MA
auf das gegentheilige Verhalten des Zuckers räthselhaft ist.
b) Abhängigkeit der COi-Bildung von den Eigenschaften]
Einathmungsluft. Wenn der SauerstotTgehalt der geathmcten
sehr beträchtlich vermehrt wurde, so soll kurze Zeit nachher all
die ausgeathmete Liiü reicher an CO2 sein (Allen, Pcp.^
Diese Thatsacbe fand W. Müller nicht bestätigt. Tritt aber a
diese Vermehrung ein, so ist sie jedenfalls sehr vorübergehe
•) Procoodings of tho roya) society, vol. IX. 63S.
Kohlensäureausscheidung, abhängig von der Blutmischung. 525
in wenn die Einathmung der sehr sauerstoffreichen Luft einen
: lang fortgesetzt wird, so steigt das C02-Mittel in letzterer
it über den Werth eines Tages, an dem atmosphärische Luft
enommen wurde (Regnault, Reiset). — Eine Erniedrigung
Temperatur (und eine Erhöhung des Druckes) der Luft stei-
wie schon erwähnt (p. 519), die Absonderungsgeschwin-
keit.
Einige der eben beigebrachten Erfahrungen hat man öfter benutzt, um die Hypo-
•e zu stützen, dass eine Vermehrung des freien Blutsauerstoffs die Oxydation der
ifienstoffatome dauernd beschleunige ; diese Annahme, welche von der Voraussetzung
iriag, dass alle organischen Verbindungen des Thierkörpers in dem Maasse oxydirt
.tien, in welchem Sauerstoff \orhanden sei, widerlegt sich durch die Beobachtungen
iKegnauIt, Eeiset und W. Müller.
Ein Zusatz von Stickoxydulgas zur Einathmungsluft steigert
C02-Ausscheidung (Zimmermann).
c) Abhängigkeit der CO2- Bildung von der Muskelzusammen-
iiung. Nach einer kräftigen Bewegung der Gliedmaassen steigt
rr bald das Minutenmittel der CO2 über den Normalwerth
ijharling) und erhält' sich über demselben stundenlang, wenn
Bewegung anhaltend war (Vierordt). Der letzte Grund die-
Erscheinung liegt darin, dass die Muskeln während und auch
Ih durch längere Zeit nach ihrer Zusammenziehung viel CO2
ien (Valentin)*). Um die vermehrt gebildete CO2 zu ent-
ven, wächst Zahl und Umfang der Athemzüge und der CO2-
nalt der Athmungsluft.
d) Veränderlichkeit der C02-Anhäufung im Blut mit der ver-
werten Bildung derselben. Wenn die C02-Bildung innerhalb des
irischen Körpers steigt, so wird sich nothwendig die Strömung
'^68 Gases in das Blut hinein beschleunigen; wird es sich des-
h dort anhäufen oder wird es so rasch abströmen wie es zu-
^s? Man sollte dieses Letztere fast vermuthen, da sich alsbald
tdeh Zeiten vermehrter Bildung auch eine lebhaftere Athemfolge
ifindet. Das Gegentheil dieser Unterstellung geht jedoch aus den
'^)bachfungen von Becher hervor. Nach ihm steigt der CO2-
laalt des Blutes auf und ab, selbst an solchen Tagen, an welchen
me NahiTing aufgenommen und die Gliedmaassen wenig bewegt
rden. Unmittelbar nach dem Erwachen steht die CO2 hoch,
;k.t bis gegen 11" ab, steigt dann bis um- 3" auf ihr Maximum
•) Archiv filr phyglologischo Heilkunde. 1857.
526
Kohlensäurcaussclioidung, abhängig ron der Blutmiachung.
und sinkt dann wieder gegen den Abend hin. Diese in d
Gregenwirkungen der mensclilichen Organe selbst begründeten V
ändernngen reihen sich ähnlichen an, welche uns über den
liehen Gang der Harnstoffbildung der thierischen Wärme und d
Pulses bekannt sind. — Der C02-Gehalt des Blutes ist aber au
abhängig von der Nahrung. Dieses zeigt sich einmal darin, da
das tägliche Mittel des COj-Gehalts an einem Hungertag niedrig
als an einem Speisetag ist; dieser Unterschied tritt um so stärk
hervor, je länger das Hungern andauert; also das tägliche Mi
des ersten Hungertags ist noch höher, als das des zweiten u.
Der Einfluss der Nahrung di'ückt sich auch im Gang der täglich
Schwankung aus, indem einige Zeit, 2 bis 3 Stunden, nach d
Mahlzeit der C02-Gehalt des Blutes ziemlich bedeutend ansteigt
erst nach einiger Zeit und allmählig wieder absinkt. Dieses
steigen prägte sich ganz auffallend aus, als nach mehrtägig
Hungern Nahrung aufgenommen wurde. Die Lüngenluft, welc
46 Stunden nach der letzten Mahlzeit unter den bezeichneten Ca
telen ausgeathmet wurde, enthielt 5,9 pCt. CO2, zwei Stunden na
dem darauf erfolgten gewöhnlichen Mittagsessen enthielt sie 8,2 pG
Die über die Zeit beschriebenen Cm-ven (Fig. 67) geben e
Anschauung d
täglichen Schwa;
kung des CO2-C
halts. Ihi-e Ordi
ten sind die zu de
bezeichneten Ze
ten beobachte
7 9 11 l , 3 5 7 9VhT. CO2- Prozente
Lungenluft. Von den beiden Curven stellt a h den Gang vor, w"
gar keine Nahrung genommen, ac ist dagegen gütig, wenn
1'' ein gewöhnliches Mittagsmahl genossen wurde. Darf mau,
es nicht unwahrscheinlich ist, annehmen, dass das Maximum d:
C02-Gehalts im Blute zusammenfällt mit demjenigen der Bildu
dieses Gases, so gehen aus dem von der Speise geliefertfen Ma'
rial die CO2 - und Harnstoffbildung nicht gleichzeitig vor sich, de^
das Maximum des COi-Gehalts fällt einige Stunden früher, als d
Maximum der Harnstoffausscheidung. Siehe Figg. 56 u. 57.
Man könnte versucht sein, den "Widerspruch in der Beobachtung von Yierord
und Becher zu discutiren, indem der Erstere das Maximum der COs-Ausscheidu
Tim eine Stxmde früher nach dem Mittagsmahl fand, als der Letztere sein Maxim-
Fig. 67.
Eohlensäureaussclieidung, abhängig von dem Lungenbau. 527
Blut-COi. Bie Vorsicht gebietet, so lange von einem Erklärungsversuch dieser
'eichung abzustehen, bis an einem und demselben Beobachter beide Curven gomes-
und dargothan ist, dass die zwischen' Vi er or dt und Becher bestehenden Unter-
■ede keine individuellen sindT.
Viel höher als .beim Menschen, nemlich bis zu 15,7 pCt., stieg der COa-Gehalt
Ipt Lungenluft solclier Hunde , •welche durch einen luftdichten Verschluss der
hoa erstickt wurden (W. Müller). Setschenow hat diese Thatsache bestätigt
dadurch erweitert, dass er zugleich die COi des Blutes von erstickten Thieren
mumte; er fand COi
Abhängigkeit der Kohlensäureansscheidung von
T Lungen wand; Hierbei kommt in Betracht das Verhältniss
Wandausdelinung zum Luftvolum, welches die Lunge fasst, die
ke und die chemische Constitution der Trennungsschicht zwischen
I; und Luft.
Da uns alle Versuche über die auf diesen Elementen beruhen-
individuellen Verschiedenheiten fehlen, so müssen wir uns
iiit begnügen, aus theoretischen Gründen zu behaupten, dass
gleicher Räumlichkeit . eine grossblasige ( emphysematische )
-ge weniger CO2 liefern wird, als eine kleinblasige, vorausge-
tt, dass die Spannung der Blut-C02 und der Luftwechsel gleich
tenommen werden. Denn im letzteren Falle ist die Fläche,
'ihe CO2 ausscheidet, grösser, als im ersteren. — Von der Dicke
Lungenwand, dem Wassergehalt derselben u, s. w., hängt der
[erstand ab, den die CO2 auf ihrem Wege vom Blut in die
.genluft findet; also muss auch hiermit die C02-Ausscheidung
.inderlich werden.
Veränderlichkeit der C02-Ausscheidung aus ge-
tchten Gründen. Aus einer Combiuation der bis dahin vor-
i.hrten Elemente, denen sich vielleicht noch andere anschliessen,
t sich ableiten, dass mit den Hirnzuständen, welche einen Ein-
> auf die Erregbarkeit der reflektorischen und automatischen
üe oder auf die willkührliche Muskelerregung gewinnen, mit
'Gewohnheit, dem Lebensalter, dem Geschlecht, den Tages-
Jahreszeiten , den Klimaten u. s. w. die in der Zeiteinheit aus-
»hiedene mittlere C02-Menge sehr veränderlich sein müsse. Es
IQ natürlich vom Standpunkt der Theorie aus kein Interesse
kähren, auf die weiteren Verwickelungen einzugehen. Wichtiger
in 100 Tiioilen Arterienblut
verdunstbare durch Säui-en abscheidbai'e
in 100 Theilcn
Lungenluft
15,62
12,75
38,15 4,01
38,86 1,79
528 KoJilcnsäureausschoidung aus gomischton Gründen.
ist es, die Versuchswege so weit auszubildtin , dass es gelingt,
jedem beliebigen Individuum den Werth zu bestimmen, mit
ehern sich jedes einzelne Element betheiligt an der gcsammj
C02-Ausscheidung. Insbesondere würde es dem Ai'zt von Wie
tigkeit sein, messbar festzustellen, ob und wie weit sich die h\i
vidualitäten von einander absetzen durch ihre Fähigkeit, kohlit
stoifhaltige Körperbestandtheile rascher und in grösserer Ausdehnui
zu oxydiren. Diese Fähigkeit kommt unzweifelhaft Personen
lebhafter Nervenerregbarkeit, mit relativ grosser Muskelmasse,-
beträchtlicher Verdauungsfähigkeit u. s. w. im höhern Grade
als den entgegengesetzt constituirten. Möglich wäre es aber imm*
hin, dass neben diesen Gründen, welche u. A. dem Kind, de
Mann, dem thätigen Individuum eine relativ reichlichere CO2-A1
Scheidung sichern, auch noch andere constitutionelle Verhältnis
sich geltend machen, und die Zuversicht auf ein Bestehen dera^
ben wird sehr gesteigert,' wenn man sich einzelne krankhafte 2
stände in das Gedächtniss ruft.
Angabe der mittleren Gewichte ausgeschiedeii^
Kohlensäure. Bei den ungemeinen Schwankungen, welchen <
COo-Ausscheidung unterworfen ist, mtisste man über sehr zahlreid
Beobachtungen gebieten können, wenn man daraus ein Stund^
Tages-, Jahresmittel ftir Personen verschiedenen Alters, Gesohlt^
tes u. s. w. mit Sicherheit ableiten wollte. Wir- besitzen aber^
der That nur wenige Beobachtungen, welche billigen Anforderung!
entsprechen. Ihre Mittheilung darf jedoch nicht unterbleiben, i
so weniger, weil sie eine bemerkenswerthe Uebereinstimmung bietej'*
In der folgenden Tabelle sind die Zahlen von Scharling
stundenlangen, die von Andral und Gavarret aber nur
^8 — 13 Minuten dauernden Beobachtungen abgeleitet. Die Zaät
welche Vierer dt mittheilt, zeichnet sich vortheilhaft aus ivm
die grosse ßeihe der zu Grunde gelegten Versuche. Alle Beo
achtungen beziehen sich auf ruhige, uuwillktihrliche Athembew
gungen. Die Absonderungsgeschwindigkeit ist ausgedrückt diu|
den Quotienten des Körpergewichts in das Kohlenstoffgewicht,
ches die ausgeschiedene CO2 enthielt. Da sich durch den ganffl?
Körper hindurch die CO2 bildet, und da die Bildung und Am
Scheidung mit, annähernd gleicher Geschwindigkeit vor sich gehö
so wird diese Ausdrucksweise erlaubt sein. Statt der ausgehaud
ten CO2 setzen wir den Kohlenstoff aus später einleuchtende
Gründen. Um diesen auf das entsprechende CO2- Gewicht 2
Mittlere Xohlensäureausscheidung ; absolut und prozentiscli. 529
uzireu, ist es nur uöthig, die Zahl des ersteren mit
iziren. Wollte man das hieraus erhaltene Gewicht der CO2
Volumina bringen, so würde es mit ^"""/iifsi* zu multiplizi-
sein.
Alter
Geschlecht
Zahl
meter
■vvüh-
tunde.
Kürper-
Absonde-
ge-\vloht
in KilogT.
rungsge-
scliwindigk.
Beobachter.
Itler beobachteten Indiyiduen.
" ^ B
l-t4 Jahr.
{ Männlich.
6
7,2
—
—
Andral, Gavarret.
1 "
1
6,4
22,5
0,289
Scharling*).
) "
9
10,7
Andral, Gavarret.
l " .
1
10,8
57,75
0,187
Scharling.
16
11,0
Andral, Gavarret.
;do „
S
1
11,4
82,0
0,140
S c harling.
1
10,7
54,0
0,198
Valentin.
1 ;:
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Andral, Gavarret.
Scharling.
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Andral, Gavarret.
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jj
2
7,3
■70 ,.
)»
2
-6,8
^80 „
2
6,3
Das Verhältniss
des
niedrigsten
zum höchsten Werth (aus
fihem das Mittel gezogen) ist nach Vierordt = 1 : 2,55 und
ili Scharling = 1 : 1,62.
Angabe des mittleren Volumprozents der aus-
ithmeten Luft' an CO2. Die Beobachtung hat bei sehr ver-
eedenen Individuen unter ganz verschiedenen Umständen keine
• auffallenden Schwankungen im Prozentgehalt der CO-2 aufge-
ikt, vorausgesetzt, dass die Athembcwegnng unwillkührlich vor
: ging. In sehr zahlreichen Beobachtungen von Brunner und
) Die Zahlen von Schur 1 in g sind nicht das Mittel aus allen von ihm angestollton Versuchen,
rnnur aus denen, die auf die Zeit zwischen 1 und 2 Uhr fallen, zu welcher Zelt auch An-
nnd Gavarret ihre lieoliachtungcn anstellten, i^iese lilcr gegebenen Werthc sind höher,
Gcsammtmlttel. VerRl. Journal für prakt. Chemie. ;«>. Md. p. 455.
Iwig, Pliyslolugie II. 2. Auflage.
530
Veränderlichkeit der Sauerstoffaufnahmc.
Valentin bewegte er sich von 3,3 zu 5,5 pCt. und in 600
Stimmungen von Vierordt zwisclien 3,4 und 6,2 pCt. Die
wölinliclie Zalil hielt sich nahe um 4,0 pCt. Diese Beständig
des mittleren COi-Gehalts ist dem innigen Anpassen der Ath
bewegungen nach Zahl und Tiefe an den CO-i-Gehalt des Blij
zu verdanken, in Folge dessen sich immer ein dynamisches Glei
gewicht herstellt zwischen der Bildung und Ausfuhr von CO2.
der That sehen wir, wenn die C02-Bildung langsam vor sich g
(bei körperlicher Ruhe, Entziehung der Speisen u. s. w.) die Ath
folge sich verlangsamen und im umgekehrten Fall sich beschl
nigen; ist der Lungenraum oder seine Veränderlichkeit auf irge
welche Weise beschränkt (Zwerchfelllähmung, krankhafte Erg"
in die Lunge, AnfüUung der Unterleibshöhle), so wird der ku
Athem rasch u. s. w. — Das Verhältniss zwischen Zahl und Ti
der Athembewegungen einerseits und dem C02-Gehalt der Lun
luft andererseits ist aber weder flir alle Zustände desselben, n
für die ähnlichen verschiedener Menschen gleich. Eine Aufm
samkeit auf diese Verschiedenheiten dürfte vielleicht von Bedeutu
sein, weil offenbar der mittlere CO2- Gehalt der Lungenluft ei
Schätzung flir die C02-Sättigung des ganzen Körpers gewährt,
dem die COo-Prozente der Lungen die Grenze bezeichnen, u~
welche die des Bluts nicht herabsinken können; es würde so
aus ihnen eine Charakteristik flir die Individualität (Constituti
Temperament) zu gewinnen sein.
Die meisten älteren Beobachtungen stimmen mit dem oben Erwähnten übef'
andere sind dagegen sehr abweichend, was aus den ganz mangelhaften Methoden,
OO2 zu bestimmen, abgeleitet werden kann.
4, Veränderung der Sauerstoffaufnahme. Die a'
sphärische Luft verliert bei ihrer Anwesenheit in der Lunge eili
Theil ihres Sauerstoffs. Da aber bekanntlich das Völuni ;
trockenen Aus- und Einathmungsluft, wenn sie auf gleichen B
meterstand gebracht worden, annähernd wenigstens gleich ist,
beide auch ungefähr denselben Gehalt an Stickstoff führen, so
im Ganzen und Groben auch die Behauptung richtig sein,
ungefähr so viel Sauerstoff aus der Luft verschwindet, als Kohl
säure in sie gehaucht wird.
Der Grundstein dieser Beziehung ist dadurch gegeben,
die ausgehauchte Kohlensäure den Sauerstoff wieder mit sich
welcher aus der Luft in das Blut getreten war, indem der thie '
Kohlenstoff von dem atmosphärischen Sauerstoff verbrannt wu
Quantitative Beziehungen zwischen 0 und COj.
531
hliesslich also nicht mehr CO2 «ausgehaucht werden, als aus dem
|fgenommeneu Sauerstoff entstehen konnte, oder umgekehrt, es
mute nicht mehr Sauerstoff verschluckt werden, als die oxydahlen
»ome des Thierkörpers verbrauchen konnten. Indem man aber
11 letzten Ausdruck formt, sieht man auch gleich ein, dass die
[Ziehung eine nicht tiberall nothwendige ist, da die Kohlensäure
ineswegs das einzige Oxydationsprodukt des thierischen Körpers
sondern ausserdem noch HO und manche andere flüssige sauer-
Iffreiche Körper (Harnstoff, Harnsäure u. s. w-) aus dem Blut-
om hervortreten. Daraus geht also hervor, dass für gewöhnlich
ihr Sauerstoff verschluckt wird, als in der ausgehauchten Kohlen-
rre enthalten ist, und dass namentlich dieses Missverhältniss
^gen muss, wenn wir vorwaltend von Wasserstoff- und stickstoff-
'ühen Atomen leben, wie bei Fett- und Fleischnahrung oder aber
nm Hungern, sei es nun, dass das Letztere Folge der Nahrungs-
üziehung oder der gestörten Verdauung ist, wie z. B.« nach Durch-
ineidung des Vagus (Valentin). Die ausgehauchte CO, wird da-
cen nahezu die ganze Menge des ausgeathmeten Sauerstoffs wieder
r^führen, wenn die Nahrung vorzugsweise aus Zucker und Amy-
besteht, da der in diesen complexen Atomen enthaltene Sauer-
if hinreicht, um den Wasserstoff derselben zu. Wasser zu oxydi-
so dass bei einer Verbrennung derselben nur so viel Sauerstoff
anzutreten braucht, als nöthig, um den C in CO) umzuformen,
jüf auch in diesem Falle ist nur ein schliesslicher , aber keines-
r,'S ein in jedem Augenblick paralleler Gang des Verbrauchs an
imd des Gewinns an CO2 nothwendig. Denn zwischen dem
• en und letzten Produkt der Oxydation liegen meist manche
•schenstufen, so dass anfänglich viel Sauerstoff verbraucht wird,
lor sich CO2 bildet; endlich geht dann freilich Alles in CO2
rr. — Es darf nicht Ubersehen werden, dass auch noch von
«r andern Seite her eine Störung des Zusammengehens der CO2
des O's in die Lunge eintreten kann, da die Lunge nicht der
«ige Ort ist, an dem Gas aus- und in das Blut tritt. Je nach
Eigenschaften der Wände jener anderen Athemwerkzeuge muss
Verhältniss von CO2 und 0 in dem Blute alterirt werden und
lait auch dasjenige des Ein- und Ausganges beider Gase in
Lunge -
Der Mechanismus, durch welchen im gesunden Leben dies
rmale Verhältniss zwisclien Ein - und Ausfuhr von Sauerstoff und
! erhalten wird, ist leicht zu Ubersehen, wenn man bedenkt,
34«
532
O-Aufiialime veränderlich mit
dass im Blute zwei verschiedene Absorptionsmittel vorhanden sint
das eine für Sauerstoff (in den Blutkörperchen) und das ander
für Kohlensäure (das Wasser des Bluts). In dem Maasse, in w€
chcm der Träger des Sauerstoffs entlastet wird, belastet sich cte
der CO2, und dieser letztere entledigt sich seines Gases an ein#
Orte, an welchem Sauerstoff zur Sättigung des andern vorhancli
ist. Nach diesen allgemeinsten Regeln scheint noch folgende
Besondere von Belaug: i
a. Abhängigkeit der Aufnahme des Sauerstoffs von dem Gehd
der Lungenluft an diesem Gas. Der Uebergang des Sauerstofl
aus der Lungenluft in das Blut wird so lange fortdauern, entwedl
bis die Blutkörperchen vollkommen mit 0 gesättigt sind, oder H
der Gehalt der Lungenluft an Sauerstoff bis auf einen sehr gering^
Werth herabgedrückt ist, der dem entspricht, bei welchem di
Verwandtschaft der Körperchen und das Ausdehuungsbestrebö
des Sauerstoffs sich das Gleichgewicht halten. Aber wenn aue
in den bezeichneten Grenzen die Bewegung des Sauerstoffs for
dauert, so ist doch ihre Geschvdndigkeit abhängig von der DiolT*
tigkeit des genannten Gases in der Lungenluft. Denn der Sau®
Stoff kann nur zu den Körperchen kommen, inwiefern er vor
vom Plasma absorbirt war, und damit ist aus schon oft ausg^
sprochenen Gründen der obenhingestellte Satz bewiesen. Di
genauere Abhängigkeitsverhältniss zwischen dem Gehalt der L
genluft an Sauerstoff und seiner EinStrömungsgeschwindigkeit
das Blut bleibt freilich unbekannt, weil wir nicht wissen, wie si
in der nächsten Umgebung des Körperchens der Sauerstoffreichth
des Plasma's mit dem der Körperchen ändert. Für physiologis^
Zwecke ist es nun jedenfalls von Bedeutung, zu wissen, wie gr*
die Geschwindigkeit des Uebergangs sein muss, damit dem Vi
brauch unseres Gases im Leibesinnern Genüge geleistet werdi
kann, oder mit Rücksicht auf unsere Frage ausgedrückt, in m^'
chen Grenzen darf der Sauerstoffgehalt der Lungenluft schwanke^j
damit das Leben ungestört erhalten werden könne. Wir sagen, '
welchen Grenzen, da sich die Geschwindigkeit des Sauerstoffstron
beziehungsweise also auch der 0-Gehalt der Lungenluiit sehr y#
änderlich gestalten wird mit dem Gang der Lebensbedingungen)!
wie namentlich mit dem Wärmeverbrauche, der Muskelanstreugung>|
der Zufuhr neuer Brennstoffe u. s. w.
dem Gehalt der Lungenluft an 0. 533
i, Zur Erledigung dieser Aufgabe sind von W. Müller einige
Disuche angestellt. Da es unmöglich ist, die Uebergangsgescliwin-
^kcit des Sauerstoffs aus der Lnngenluft in das Blut geradezu
messen, so bediente er sicli als Scbätzungsmittel für denselben der
\ysiologischen Keaktion, die wir als Athemnoth, die Erstickung mit
gerechnet, bezeicbnen. Dieses konnte mit Recht geschehen, da
rr wissen, dass im Allgemeinen mit dem Bedürfniss nach Sauer-
*ff auch der x4ntrieb zur Athembewegung zunimmt. — Bei seinen
(.obachtungen ergab sich, dass die Lungenluft solcher Hunde, die
Folge eines luftdichten Verschlusses der Trachea gestorben
iren, gar keinen oder nur noch Spuren von Sauerstoff enthielten,
itschenow hat diese Thatsache bestätigt und zugleich gefunden,
sss auch das arterielle Blut solcher Thiere vollkommen frei von
iist.
W. Müller fand weiter, dass aufgebundene, in der Verdauung
fgriffene Kaninchen sehr bald absterben, wenn ihnen in beliebiger
'jnge eine Luft mit 3 pCt. 0 zur Einathmung dargeboten wurde,
ti Hunden -war der Erstickungsraum, welcher vom Sauerstoff ganz '
tfreit wurde, relativ klein. Wenn also das Blut, wie es in der
lat geschah, seinen Sauerstoff in den Körpercapillaren alsbald
rrlor, so musste das Blut, allen Sauerstoff aus der Lunge fortneh-
'\n, vorausgesetzt, dass der Blutwechsel in der Lunge nur noch
iie kurze Zeit hindurch andauerte. Diese letztere Bedingung war
(er ebenfalls erfüllt, da das Herz zur Zeit, als das Blut aufge-
ngen wurde, noch fortschlug. WahrscheinHch war demnach von
iher her dem Muskelgewebe noch so viel Sauerstoff beigemengt,
zur Unterhaltung seiner Bewegungen für diese kurze Zeit noth-
,ndig war. — Dem Kaninchen war dagegen eine sehr viel grössere
iftmasse geboten ; wenn also der Sauerstotfgehalt der Lunge nicht
mügte zur Ueberführung von so viel Sauerstoff, wie ihn das
•ben erforderte, so war allmählig der 0 in dem Gewebe aufge-
aucht und es erfolgte darum schon Herzlähmung, also auch
lutstillstand in der Lunge, bevor alle Luft des grössern Raumes
inUgend lange Zeit mit dem Blut in Berührung gewesen war,
n von ihrem Sauerstoff vollkommen befreit zu werden.
Um die Grenze zu erkennen, bis zu welcher der Sauerstoff-
Ihalt der Lunge sinken durfte, wenn er das Leben noch erhal-
n sollte, leitete W. Müller Luft von constantem 0-Gehalt aus
um p. 500 gezeichneten Apparat in die Lunge und Hess die Aus-
ihmungsluft in das Freie streichen. Dabei fand er, dass ein auf-
534 O-Aufnalimo veränderlich
gebundenes verdauendes Kaninchen bei 4,5 pCt. 0 der Athmuiii
luft sehr scliwer atlimete, wie kurz vor der Erstickung; dass
7,5 pCt. das Thier etwas tiefer als gewöhnlich Luft einzog,
endlich dass bei 14,8 pCt. die Brust sich wie beim Eingehen
mosphärischer Luft bewegte. — Mit diesen Zahlen sind Angaben vi
Regnault und Reiset*) in Ucbereinstimmung; als diese Letztei
wohlgefütterte oder fressende Kaninchen, Hunde, Katzen in einen Rai
brachten, dessen Sauerstoffgehalt allmählig sich änderte, fanden s;
dass die Athnmng öfter beschwerlich zu werden anfing, wenn
Luft zu Ende des Versuchs weniger als 10 pCt. 0 enthielt, dai
sie dagegen sehr beschwerlich wurde, wenn die Luft 6,4 pCt.
enthielt und dass bei 4 und 5 pCt. die Thiere dem Erstickuni
tode nahe waren. — Da nun die Ausathmungsluft des Menschei
vorausgesetzt, dass er unter gewöhnlichen Bedingungen athiii
zwischen 14 bis 18 pCt. schwankt, so kann daraus geschlossi
werden, dass der Sauerstoffdruck in der Lunge zu allen Abschni
der Athembewegung noch gentigt, um dem Strom des O's in
Blut hinein die nöthige Geschwindigkeit zu geben. Damit er ab
nicht unter diesen Werth herabsinke, muss sich die Folge d»
Athembewegung und damit der Umfang des Luftwechsels d
variablen Verbrauch des O's anpassen, ganz in der Weise
wir dieses schon ausflihrlicher bei der CO2 besprachen.
b. Aenderung der 0-Aufnahme mit der Veränderung des BI1
Stroms. 1) Wenn sich die mittlere Geschwindigkeit des Blutstroi
in Folge geänderter Herzthätigkeit steigert, so wird sich auch
Summe der Blutkörperchen mehren, die in der Zeiteinheit dui
die Lunge gehen; denn wir sahen schon früher, dass bei eiiii
geringem Stromgeschwindigkeit die Blutkörperchen aus den
tralen in die seitlichen Strombahnen übergehen, dass sieh also i
der langsamen Strömung das Plasma rascher weiter bewegt,
die Körperchen. Treten aber mehr Körperchen durch die Lun.
so vergrössert sich auch die Absorptionsfläche für den Sauersti
Demnach wachsen im Allgemeinen die Absorption des Sauerstol
und die Blutgeschwindigkeit gemeinsam. ~ 2) Die Geschwindi]
keit des Blutstroms in den Lungen ändert sich in Folge der A^
dehnung der Lungenwand. Je tiefer die Inspiration, um so länge''
und enger werden die Lungencapillaren , um so langsamer ströHi
•) Annales de chimie et physique 2«. Bd. (1849) p. 388 u. f.
mit dem Blutstrom.
535
I auch das Blut und um so mehr wird sich der Durchmesser
tliissigen Schicht verkleinern, welcher die Blutkijrperchen von
Lungenluft trennt. Daraus folgt, dass die Blutkörperchen sich
kommen mit Sauerstoff sättigen werden und zwar wegen des
;ni;eren Widerstandes, den der Sauerstoff auf seinem Wege zu
II findet. — ■ 3) Bei gleicher mittlerer Geschwindigkeit des Blut-
uns durch die Aorta kann natürlich das Yerhältniss der mitt-
•u Geschwindigkeit in den einzelnen Zweigen derselben sehr
iiiulerlich sein. Es kann also fort und fort gleichviel Blut durch
Aorta fliessen und dabei doch bald dieses und bald jenes Ge-
sehen mehr Blut in Anspruch nehmen, wie dieses in der That
nach der Grösse der Stromhindernisse, beziehungsweise der Ca-
arenweite in den Verdauungswerkzeugen, den Muskeln, der
it u. s. w. geschieht. Nun greift aber jedes Gewebe den Sauer-
V mit ungleicher Kraft an, und es wird demnach auch trotz
eil er mittlerer Geschwindigkeit des Stroms in der Aorta das
r sehr ungleich reich an Sauerstoff in den Lungen ankommen
, man. • •
Die bis dahin dargelegten Einflüsse des Blutstroms auf die
rage und die Eigenschaften der Blutkörperchen in der Lunge
i;ründen mannigfache Veränderungen in dem Herzen und der Athem-
fvegung; und umgekehrt es beziehen sich auf sie auch Eigen-
imlichkeiten der Athembewegung. Je sauerstoffärmer bei glei-
ir mittlerer Geschwindigkeit des Stroms das Blut in das Herz
iückkehrt, um so wänner wird es auch sein, und um so lebhaf-
wird es das Herz erregen; dieses könnte einer der Gründe
n, warum nach Muskelbewegungen nur bei bestehender Ver-
imng der Herzschlag häufiger und kräftiger wird. Entlässt aber
Lunge wegen unzureichenden Luftwechsels die Blutkörperchen
• unvollkommen mit 0 gesättigt, so wird das verlängerte Mark
beschleunigten und tiefen Athembewegungen erregt und somit
bh der Sauerstoff der Lungenluft vennehrt.
Werden in Folge einer tiefen Einathmung die bisher in den
wen aufgehäuften Körperchen in das Herz entleert, so wird so-
idch auch die Wirkung des Sauerstoffs auf sie kräftiger, um so
(hr, als auch die Herzschläge häufiger werden (Einbrodt.) —
; tiefen Einathmungen setzen, wie wir sahen, den Uebergangswider-
md des Sauerstoffs zum Blute beträchtlich herab, also können sie,
itz einer niedrigen Sauerstoffspannung in der Lungenluft doch
536
Veränderung dos Stickgases.
noch den Strom dieses Gases zum Blut lebhaft machen. Hier
erklärt sich der Nutzen der tiefen Einathmung in sauerstoffa
Luft, und es leuchtet ein, wie zweckmässig es ist, dass sich
ser Athmungsweisc die sauerstoflfbediirftigen AVescn bedienen.
c. Abhängigkeit der Sauerstoffaufnahme von der Bindekr
der Blutkörperchen für Sauerstoff. Bei der Auseinanderlegung
Zusammenhang« zwischen dem Sauerstoffverbrauch und der Bilda
von CO2 unjj HO wurden schon die Umstände erwähnt, un
denen das Blut von seinem Sauerstoff befreit und somit auch
schickt gemacht wurde, 0 zu verzehren. Es giebt aber auch n
andere Blutänderungen, welche es bedingen, dass das Verraög
des Blutes, 0 zu absorbiren, gemindert wird, ja es giebt viellei
auch solche, die im Stande sind, den einmal aufgenommenen Sati
Stoff fester als gewöhnlich zu binden; zwei Zustände, die glei
massig zu einer Verminderung des Sauerstoffumsatzes führen,
kannt ist, dass die Absorptionsfähigkeit herabgedriickt oder >a
gehoben wird durch Zusätze von Kohlenoxyd (B e mar d, F. Hopp,
durch Morphin, Strychnin, Brucin (?), durch Alkohol (Harle;
5. Veränderung des Stickgases. Das Verhalten
Stickstoffs in der Ausathmungsluft hat bis dahin kaum Berücksi
tigung gefunden; was um so mehr zu bedauern, als es der Theo
aus mehreren Gründen unmöglich ist, diese Lücke auszufüllen.
Wir benutzen zur Ergänzung des Fehlenden die Resultate, welc
aus einer Untersuchung des gesammten thierischen Gasaustausch
hervorgegangen sind; die Berechtigung hierfür liegt darin, da
die Lunge die hervorragendste unter allen Athemflächen ist. Ä
jenen Beobachtungen ergiebt sich, dass eine diffusive Beweg"
des Stickgases fehlen und vorhanden sein kann ; die Richtung d
Diffusionsstroms kann abermals verschieden sein, indem er d
Stickgas zu der einen Zeit aus dem Blute in die Luft und zu ein
andern gerade in ungekehrter Richtung führt, — a) Die Aus '^
mung des Stickgases tritt ein: nach vorgängigem Genuss v'
Fleischspeisen und Brod (Regnault, Reiset, Barrai), fem
während eines Aufenthaltes in einer N-gasfreien Luft (Alle:
Pepys, Legallois, Marchand) und zwar in so überwiegend
Menge, dass dieselbe nicht abgeleitet werden kann aus dem RÜ '
stand von atmosphärischer Liift, der in den Lungen noch znröo'
blieb, als das Athmen in dem- N-freien Gas begonnen wurde. D
das Blut N-Gas aufgelöst enthält, so ist die Aushauchung dess
ben unter den zuletzt erwähnten Umständen auch eine Nothwe
Veränderung des gesammten Luftvolums.
537
igkeit. — b) Die Aufnahme von N-Gas in das Blut geschieht
ei anhaltendem Hungern und c) vollkommen indifferent bleibt es
>ei einer Nahrung, die aus reinen Vegetabilien besteht.
Da es thatsächlich feststeht, dass der Gehalt der Lungenluft
IQ CO2, so lebensgefährlich er jenseits gewisser Grenzen ist, die
ithembewegung nicht auslöst, sondern dass die Veranlassung zur
fewegung mit dem Mangel an Sauerstoff in Beziehung steht,,, so muss
ae Anwesenheit des N-Gases in der Atmosphäre den CO-j-Gehalt
es thierischen Körpers in engere Grenzen einschliessen , als wenn
iiir in reinem 0-Gas athmeten. Denn in einem so verdünnten
»uerstoff wird schon eine zur Athembewegung nöthigende Abnahme
ingetreten sein, bevor die CO2 auf einen bedrohlichen Werth ge-
idegen.
Die Gasvolumina, welche sich in dem Stickstoffstrom bewegen,
»ad zwar sehr gering gegen den der CO2 und des 0, aber sie
md unter Umständen nicht unbedeutend im Vergleich zu dem
i<ickstoffgehalt der täglichen Nahrungsmenge. Nach Barrai*)
III sich das Gewicht des gasfönnig ausgeschiedenen Stickstoffs
M das Dritttheil oder gar die Hälfte des Genossenen belaufen.
6. Veränderung des Gesammtvolums der eingeath-
eeten Luft, a) Das in die Lunge aufgenommene Gasvolum
rrändert sich unabhängig von dem dort erfolgenden Austausch
mnanenter Gase; wenn wir, wie für gewöhnlich, kältere und
loeknere Luft ein- als ausathmen, so wird das eingeathmete Luft-
blum durch den Wasserdarapf und die Wäi-me vergrössert. Die
Hesmalige Zunahme des Volums ist nach bekannten Regeln
peht zu berechnen, wenn die Unterschiede der Temperatur und
r Dampfspannung in der Aus- und Einathmungsluft gegeben sind.
b) Eine zweite vemickeltere Beti-achtung erstreckt sich auf
3 Veränderung des ein- und ausgeathmeten Luftvolums in Folge
f8 Gasaustausches. Die Untersuchung über diesen Punkt führen
■r unter den Voraussetzungen: dass der Thorax bei der Exspi-
idon genau wieder auf den Punkt zusammenfällt, von dem er
i der beginnenden Inspiration ausgegangen war, und dass die
Wgeathmete Luft bei der Vergleichung der betreffenden Volumina
»au wieder auf den Barometerstand, Temperatur- und Feuchtig-
dtsgrad gebracht werde, den die eingeathmete besass. Bei die-
.1 Annahmen wird der Werth der Veränderung abhängig sein :
*) Statique chimiqiic des animaux, I'aris 1850. 270.
538
Veränderung des gesummten Luftvolums.
von der Menge des ausgehauchten oder eingesogenen Stickstoffd
von dem Kohlensäure- oder Sauerstolfvolum, welches die andere!
neben der Lunge bestehenden athrnenden Flächen des Thierleibe
aufnehmen und abgeben, von der Menge flüssiger Oxydationspr
dukte, welche neben der entstehenden CO2 mit Hilfe des vej
schluckten Sauerstoffgases gebildet werden. — Da der erste di«
drei Punkte an und für sich klar ist, so wenden wir uns sogleio
zur Besprechung der beiden letzteren. Nehmen wir nun zuer
an, es werde der ganze aus der Atmosphäre aufgenommene Saue|
Stoff innerhalb des Organismus zur Bildung von CO2 verwende
die wiederum gasförmig aus dem Blute sich entfernte, so folj
daraus, dass das Gesammtvolum der aus dem Körper ausgeschij
denen Gase gerade so gross sein würde, als das des aufgenoi
menen Sauerstoffs, weil bekanntlich die aus der Vereinigung vo
C und O2 entstehende gasförmige CO2 genau den Raum cinnimi
den vor der Vereinigung die beiden Atome Sauerstoff besassej
Die Ausscheidung und Aufnahme der Gasvolumiua könnte sich nfl
aber trotz ihrer im Ganzen bestehenden Gleichheit doch auf dw
verschiedenen mit der Luft in Berührung befindlichen Flächen vtj
theilen, u. A. so, dass an einem Orte überwiegend mehr CO2 au
geschieden und an dem andern mehr 0 aufgenommen würde;
setzt also, es bestände die Eigenthümlichkeit, dass die äussej
Haut mehr CO2 ausschied, als sie Sauerstoff aufnähme, so wül
in der Lunge dafür ein grösseres Volum von dem letzteren Gi
aufgesogen und ein geringeres von dem ersteren abgegeben werd^
müssen. — Um die Bedeutung der dritten Bedingung, die
oben anführten, einzusehen, machen wir die Voraussetzung,'
werde auf jeder Athemfläche die Gewichtsmeuge von Sauersb
wieder ausgegeben, die sie aufgenommen; dagegen aber soll d
in das Blut aufgenommene Sauerstoffgas nicht allein zur Bildni
von CO2, sondern auch zur Erzeugung anderer Oxydationsproduk
verwendet werden. Bei dieser Voraussetzung muss das Verhältni
zwischen dem von und zu der Lunge gehenden Luftvolum abhS
gig sein von der Verwendung, die das Sauerstoffgas innerhalb d
Körpers erfährt, so dass, wenn z. B. die Hälfte desselben zur E
Zeugung von CO2 und die andere zur Verbrennung des Waßse
Stoffs in Wasser benutzt wird, auch nur die Hälfte des durch d
Lungenwand eingedrungenen Luftvolums von ihr wieder ausg
schieden würde.
Blutänderung in den Lungencapillaron.
539
Eine Vergleichung der gegebenen Betrachtungen mit den bis
,hin gewonnenen Erfahrungen ergiebt: 1) Das Vohim der aus-
.athmeteu Luft ist geringer, als das der eingeathmeten. Diese
i.iatsache, welche Lavoisier entdeckt hat, haben alle genaueren
•obachter nach ihm bestätigt. — 2) Nach dem Genuss von Pflan-
instoflfen (Körner, Gras) erreicht der Unterschied zwischen dem
^genommenen SauerstofFvolum und ausgeathmeten CO2 Volum sei-
iQ geringsten Werth, seinen grössten aber nach der Ernährung
t Fleischkost (Dulong)*); Regnault und Reiset geben,
Bnn das Volum des eingesogenen 0 = 1 gesetzt wird, als
jenzwerthe der Verhältnisszahlen für den ersten = 1,04 und für
11 letzten Fall = 0,62 an. — Hungernde Thiere verhalten sich
!} fleischfressende. Hinge die Volumverminderung allein von
m Unterschied zwischen dem verschluckten 0 und der ausgeath-
t4en CO2 ab, so mUsste sie bei der Fleischnahrung am bedeu-
cdsten werden. Da aber bei Fleischnahrung auch Stickstoff
iSgehaucht, beim Hungern dagegen aiifgesogen wird, so wird sie
dder That unter der letzteren Bedingung am merklichsten sein.
7. Veränderungen des Bluts in den Lungencapilla-
11. In der Lunge kann sich das Blut ändern durch die Wech-
wirkung seiner eigenen Bestandtheile , und dann durch eine
;ihe mit dem Lungengewebe oder mit der in den Lungenhöhlen
uhselnden Luft.
Was die Aenderungen in Folge der letzteren Beziehung an-
tt, so ist ersichtlich, dass sie ein Gegenbild von derjenigen der
i|igenluft sein müssen; also wird das Blut auch nach seinem
durch die Lunge AVärme verlieren. Bise hoff und G. Lie-
; haben in der That gezeigt, dass das Blut des rechten Herzens
etwas wärmer ist als das des linken. Diese wichtige That-
ihe soll in der Lehre von der thierischen Wärme weiter gewttr-
t werden. Ausserdem wird aber das Blut auch immer verdunst-
■e CO2 und zuweilen N-Gas verlieren und dafür an verdunst-
?em Sauerstoff und zuweilen an N-Gas gewinnen. Dieser Satz, der
Iden bekannten Absorptionsvorgängen jener Gase, in den I^e-
:?ungen, unter denen das Blut in der Lunge vorkommt, und in
beschriebenen Veränderungen der Athemlnft seine ausgiebige
»erstützung findet, ei-fährt auch noch dadurch eine Bestätigung,
.8 die Rothe des Bluts, welches während des Lebens aus dem
)8ohwelgger, Journal ftlr Chcmlo. 38. Bd. 506. (1823.)
540
Blutänderung in den Lungencapillaren.
linken Ventrikel genommen wird, heller ist als die des Bluts an
der rechten Kammer. Diese Farbenänderung tritt aber bekam
lieh nur dann ein, wenn das Blut aus dem zuletzt genannten h
hälter CO2 abdunstet und Sauerstoffgas verschluckt.
Aus mancherlei Gründen wäre es wünschenswerth , diese qu
litativen Angaben durch quantitative zu vervollständigen, und hier:
bieten sich scheinbar zwei Wege. Zur Auswerthung des Proze]
gehaltes beider Blutarten an Gasen würde es scheinbar am Ei
fachsten sein, die Luft des Blutes im rechten und linken Ventrili
zu analysiren. Aber hier wie tiberall steht der vergleichend
Blutanalyse der Einwand entgegen, dass die verglichenen Blutarti
namentlich mit Beziehung auf ihren Körperchengehalt, nicht glei
zusammengesetzt waren. — Oder man würde aus der bekannt
Menge von Blut und Luft, welche in der Zeiteinheit durch
Lunge- geht, und aus der Veränderung, welche die Luft erli
zu berechnen haben, wie gross die Veränderung des Blutes
Gasen gewesen sei. Bei der letzten Betrachtungsweise bleibt ab
immer einer der Gruudwerthe, nemlich die Blutmenge, welc]
die Lungen durchsetzte, mit beträchtlichen Unsicherheiten behai
Stellt man aber dessungeachtet auf Grund der vorliegenden Batf
einen Ueberschlag an, so ergiebt sich, dass das Blut des recht(
Herzens um etwa 2 Vol. Proz. CO2 mehr und eben so viel Sai
Stoff weniger enthält, als das des linken. Hiermit stimmt es
Allgemeinen , dass das Blut der Venen noch viel abdunstbareiij
(Magnus) und das der Arterien noch viel abdunstbare CO2
hält (Magnus, L. Meyer, Setschenow).
■AI
Nach Vierordt entleert der mittlere Herzschlag 180 CC. Blut; nehmen
aus der Athmungstabelle desselben Beobachters (p. 523 10. Stunde) eine Minute
aus, in welcher ü9 Herzschläge geschehen, so würde in dieser Zeit 12-100 CC. Blut i
die Lunge getrieben; in derselben Zeit wurden ausgehaucht 281 CC. CGj; den
würden 100 Vol. Blut = 2,3 Vol. CO-- eingcbüsst haben.
Um zu erfahren , ob das Blut in der Lunge noch andere M
ägderungen als die abgehandelten erleidet, giebt es ausser dernj
sehr bedingungsweise brauchbaren vergleichenden Blutanalyse noj
zwei andere Mittel. Das eine besteht darin, die Zusammensetzn
der Flüssigkeit, welche die Lunge durchtränkt, festzustell^
(Cloetta) und das andere prüft die Veränderung, welche
Blut erfahren hat, das durch die Lunge des so eben getödtetj
Thieres gesprützt wurde (Pavy).
Bau der Lungen.
541
Wenn die vergleichende Analyse darlegen soll, welchon Einfluss die Lunge auf
: Gestaltung des Eluts gewinnt, so darf zur Zerlegung nur verwendet werden der
üslt des rechten und linken Herzens; es sind somit alle Beobachtungen werthlos,
i denen das Blut .einer beliebigen Einzelvene mit dem arteriellen verglichen wurde,
itin im rechten Vorhof, dem Ausgangspunkte für den Strom in der Lunge, mischt
11 der Inhalt sehr verschiedener Venen, und zugleich der der Lymphstämme. Aber
th die Vergleichuug des Blutes beider Herzhälften ist allen Einwürfen in erhöhtem
idssstab ausgesetzt, welche die vergleichende Blutanalyse treffen. Denn weil das
intc Herz den Zusammenfluss aller möglichen Blutarten darstellt, und weil der Quer-
;nitt und die Geschwindigkeit der einzelnen zuführenden Strombahnen in der Zeit
tr veränderlich ist, so muss hier am meisten Gelegenheit zu Aenderungen der Blut-
lammensetzung gegeben sein. Darum wird im vorliegenden Falle sogar das Ergeb-
. der vergleichenden Serumanalyse bedenklich.
Die nach dem beschriebenen Plane augestellten Untersuchungen
;:aben: 1) Die Lungensäfte enthalten Inosit, Taurin, Harnsäure,
Ii zwar jedenfalls vielmehr von diesen Körpern, als das Bltit
lloetta). Woher stammen diese^ Körper? Sind sie aus der
iber mitgeführt und in die Lunge abgelagert? Ist das Taurin
Zersetzungsprodukt der Taurocholsäure ? — 2) Das Blut des
tcen Herzens soll nach Chaveau, Harley, Poggiale, Heyn-
II s ebensoviel und mehr Traubenzucker enthalten, als das des
ihten, nach Bernard und Lehmann aber weniger. Insofern
DD den Methoden der gekannten Analytiker Zutrauen schenken
l, muss man in diesen Widersprüchen die Folgen einer unglei-
m Blutmischuug in dem rechten Vorhof sehen. — 3) Zuckerhal-
rs, fibrinfreies Blut, welches man durch die Lunge des eben
tJdtefen Thieres sprützt, kommt zuckerärmer in den Lungen-
een an (Pavy). — 4) Das Lungenvenenblut soll weniger Faser-
rf enthalten, als das der Aorta (?J.
Welchen Antheil an der Erzeugung jener Veränderungen das
fieinanderwirken der Blutbestandtheile, und welchen das Lungen-
•^ebe besitzt, ist unmöglich anzugeben. Der oft gehörten Mei-
gg, dass der 0, der sich in der Lunge dem Blute beimengt,
f wirksam sei, steht das gerechte Bedenken entgegen, dass das
t der Lungenarterien noch immer sehr sauerstoffhaltig ist. Also
lacht der Inhalt jenes Gefässes nicht erst auf den aus der Lunge
nmendcn Sauerstoff zu warten, wenn er sich verändern will.
8. Bau der Lungen. Nach der anatomischen Einrichtung
den physiologischen Folgen derselben kann man in der Lunge
Brschciden die Zuleitungsröhren (trachea und bronchi) und die
r älter für die Mischung und den ■ Austausch der Gasarten , die
i ihrer Form wegen passend Trichter (iiifundibula) nennt
542
Bau der Lungon.
(Rossignol). Wand und Höhlung beider setzen sich ununtc
brechen in einander fort. — Die Höhle der Trachea theilt si(
gabelig, und ebenso wieder die eines jeden Bronchus und auch d
eines jeden seiner Zweige, und so fortlaufend vielmal ; dabei blei'
der Querschnitt der Höhle zwar immer annähernd kreisförmig, ahi
der Kadius dieses Kreises nimmt nach jeder neuen Theilung ai
bis er auf 0,2 MM. und weniger, jedoch nicht auf mikroskopiscl
Grösse herabsinkt. Die Wand der Bronchien besteht aus Fliinmel
epithelien, deren Schlag dem aufgestreuten Körperchen eine Bew^
gung in der Richtung von den Bronchis zur Trachea eiHieilt; fe|
ner aus elastischen und Bindegeweben, aus ringförmigen Musfa
Zellen und einzeln eingestreuten Knorpelplättchen. In dieser W
sind kleine traubige Schleimdrlischen eingebettet, die sich in
Bronchialhöhlen öffnen. — Die Infundibula sind blindendigen^j
keulige oder trichterförmige iAuftreibuugeu von verhältnissmässi
bedeutender Grösse, deren Zuspitzung gegen je einen kleius
Bronchus (brouchiolus) gerichtet ist; die Oberfläche der Keide i|
maulbeerartig ausgebuchtet; die einzelnen, an Ausdehnung v
schiedenen, halbkugelförmigen Hervorragungen (Cellulae) öffm
sich mit breiter Mündung gegen den Mittelraum der Trichterhöhi
Die sehr dlinnen Wandungen der verhältnissmässig grossen Höh
bestehen aus einer elastischen Grundhaut, die von sehr sp
Samen Muskelzellen durchsetzt ist (Moleschott) und die a^i
ihrer inneren Fläche mit einer Schicht von kugeligen Zellen b|
deckt ist. — Der Gesammtraum, den die Lunge einnimmt, vi
theilt sich zwischen den beiden Bestandtheilen so, dass der Wj(
aus grösste Antheil derselben auf die Infundibula fällt. — Zu jed(
dieser beiden durch Wand und Hohlraum unterschiedenen Lungei
bestandtheüe geht auch ein besonderes Blutgefäss; zu den Broi
chis die engere art. bronchialis, zu den lufundibulis die weite V
pulmonalis. Die aus den beiden Arterien hervorgehenden Capili
netze gehen ineinander über in den kleinsten Bronchis, so di
jedes derselben sowohl von der a. pulmonalis, wie von der
bronchialis aus voUgesprützt werden kann. — Die Nerven d
Lunge kommen aus dem n. vagus und n. sympathicus; ihre Ei
düngen sind unbekannt; sensible Fasern gehören jedenfalls dei
n. vagus an. — Aus der Lungenoberfläche kommen zahlreid
Lymph Stämme , deren Wurzeln bis zu den Bronchien hin verfoli
werden können. — Die ganse Lunge endlich ist in den Pleun
sack eingeschlagen.
Chem. Zusaiwmens. d. Lunge ; Wirkungen d. Lungenmusk. ; Elast. Eigenseli. 543
.-. 9. Chemische Zusammensetzung der Lunge. Der
Wasser unlösliche Antheil des Lungengewebes besteht aus dem
lalöslichen Rückstand der Muskeln, des ßindesgewebes etc. —
m der Lunge kann ein Saft ausgepresst werden, der ausser
iweissartigen Körpern Inosit, Harnsäure, Taurin (Cloetta), zu-
teilen auch Leucin (Staedeler und Frerichs) enthält. Aus
■alchen Formbestandtheilen der Lunge diese Stoffe stammen, bleibt
^hingestellt.
10. "Wirkungen der Lungen muskeln. Ihrer anatomischen
nordnung nach können die kleinen Muskeln der Lunge zunächst
ibhl nur den Durchmesser der Blutgefässe und Broncliien mindern.
II aber alle Bronchien, Trichter und Blutgefässe durch Binde-
webe mit einander verschmolzen sind, so müssen die Zusammeu-
bhungen jener Muskeln auch die muskelfreie Umgebung bewegen,
Jd da ferner muskeltragende Rohre uach allen Richtungen ziehen,
müssen verbreitete Zusammenziehungen die gesammte Lunge
?äammenpressen. Dieses lässt sich nach Traube so beweisen,
jss man die beiden Lungen eines eben getödteten Thieres in
Ites Wasser wirft, die eine so kurz nach dem Tode, dass vor-
i^sichtlich ihre Muskeln noch reizbar sind, und die andere erst
nn, wenn voraussichtlich die Reizbarkeit abgestorben. Die erste
Iht sich in dem kalten Wasser noch weiter zusammen, die zweite
Hält dagegen den Umfang, der ihr durch die elastischen Kräfte
rjewiesen ist, also ist die allseitige Verkleinerung der ersten in
That eine Muskelwirkung. Die Nerven dieser Muskeln sollen,
s8 jedoch auch bestritten wird, im n. vagiis laufen (L Bd. 201).
ibekannt sind die Umstände, unter welchen die lebenden Lungen-
»skeln sich bewegen, und die Folgen, welche aus den Bewegun-
II hervorgehen.
11. Elastische Eigenschaften. Die Lunge und vorzugs-
Hse ihre Trichter vergleichen sich an Elasticität mit den in die-
Beziehung bevorzugtesten Gebilden des Thieres. Sicherlich
Kien auch die Lungenwandungen die allgemeinen Eigenschaften
thierischen Elastizität, so dass die Zusammensetzung der sie
^chtränkenden Flüssigkeiten und die schon vorhandene Span-
pg die Dehnbarkeit bestimmt. Also müssen sich oft Veranlas-
Sgen finden, durch welche der Elastizitätscogffizient der Trichter-
!'.t geändert wird, denn sie sind zart und leicht durchdringlich,
i dazu in wechselnder Ausdehnung von Luft und Blut um-
544
Ernährung der Lunge.
im Leben, weil sie sich zusammensetzen aus dem Zug des Bin
kastens und dem Widerstand, den die Trichter bei ihrer Ausdehnu)
an dem Blut, den Bronchien u. s. w. finden. — Da endlich die Foi
des Trichters und die seiner Zellen von dem Elastizitätsmaa
ihrer Wand und der spannenden Kräfte abhängt, so wird sich au
jeneForm mannigfach, und zwar dauernd oder vorübergehend, ändei
Ein Beispiel hierfür bietet das Emphysem, ein Zustand, in welchem einzt
Abtheiluugen der Lunge auf Kosten anderer sich ausgedehnt haben; der nachthen
Erfolg dieser Formänderung auf die Athmung ist einleuchtend ; einmal werden aj
die Blutgefässe, welche zu dem nicht mehr erweiterbaren Trichter gehen, auch
mehr an der Athmung theilnehmen, und zugleich wird in den übermässig erweitci
Blasen der Gasaustausch weniger ergiebig sein , weil die Blutgefässe ausgedehnt sij
und also der Strom hier einen gi-össern Widerstand erfährt, als in den Gefässen
zusammengefallenen Bläschen, und weil, gleiches Maass der wechselnden Luft vo;
gesetzt, diese mit einem geringen Umfang der Wandüäche in Berührung kömmt (we|
der Kugelgestalt der Zellen) , und endlicli werden zu gleich inhaltsreichen Athei
zügcn viel grössere Muskelkräfte nöthig sein, weil die auch schon in der Ausathm«
übermässig ausgedehnten Bläschenwände der noch weiteren Ausdehnung stärk
Widerstand bieten. Dieser Zustand findet sich in einem Lungenstück ein, wenn
nachbarte Theilo den Widerstand, den sie der Ausdehnung bisher entgegenstellt]
nicht mehr leisten können, resp. wenn sie an ihrer Ausdehnung selbst behindert
den, so z. B. durch Verschliessung der zuführenden Bronchien, oder durch Yerwaj
sung der sie bedeckenden Pleurablätter, oder wenn wegen eingetretener Unwegsami
eines Arterienstämmchcns die Gefiisse der zugehörigen Trichter durch den Blutsi
nicht mehr ausgedehnt werden u. s. w. Geringei'c Gefahr als durch eine Aende:
in den mechanischen Bedingungen, scheint der Trichterform zu drohen, durch
häufigen Wechsel einer trockenen ,oder abgekühlten Luft, oder vielleicht selbst di
eine Aenderung in der chemischen Natur der Säfte , welche die Lunge durchströmi
denn so lange die Zusammensetzung, Wärme und Bewegung des Blutes gesund bl
ist es gerade wegen des häufigen Wechsels und der Dünne der Trichterwanduni
sowie der vielfachen Gefässausbreitung wegen nicht zu fürchten, dass es zu einer
Form alteiirenden Veränderung der E-Coeffizienten kommen sollte. Eine Bestäti|
für den Jnhalt der letzten Betrachtung seheint darin zu liegen, dass Menschen, wi
statt durch die Nase durch eine Luftröhrenfistel athmen, vollkommen gesunde Luni
bewalu'en (Ulrich)*).
12. Ernährung der Lunge. Die Formfolge bei der ersl
Entwickelung derselben ist analog derjenigen anderer gelapp|
Drüsen; der einzige Unterschied besteht darin, dass die Zell
häufchen, welche die späteren Aeste und Aestchcn darstell
gleich von vorn herein im Centrum Flüssigkeit führen, nicht ai
wie gewöhnlich conipakt sind. — Nach der Geburt- vergrössert g
die Lunge nur durch die Ausdehnung der vorhandenen Bläscl
und Röhren; eine Neubildung kommt nicht mcbr vor.
■) ZcitBchiifl iler Wiener Aeiztc, 1800. 209.
Ernälirung der Lunge.
545
Obwohl die Oberfläche der gesunden Lunge nur sehr wenig
'Buchtet ist, so müssen wir doch annehmen, dass in die Bronchial-
ule hinein eine flüssige Absonderung und zwar aus den dort vor-
iidenen Schleimdrüsen erfolgt. — Wie die Absonderung beschaffen
•unter welchen Umständen sie vor sich geht, blieb bis dahin
gekannt. Vorausgesetzt, dass die Bronchialschleimhaut für ge-
lanUch absondei't, muss die Menge des Saftes so gering sein,
jS das Wasser desselben in der Athmungsluft verdampft und die
iislichen Rückstände durch die Flimmerbewegung entleert werden
inen. Zu gewissen Zeiten, bei sog. Bronchialkatarrh wird die
(onderung lebhafter. Dieser Zustand, der sich leicht bei Thieren
nugen lässt, giebt Hoffnung, auch über die Eigenschaften und
iingungen der normalen Absonderung ins Klare zu kommen. —
iiie Infundibula hinein erfolgt, wie es scheint, gesunderweise nie
flüssige Absonderung ; es wird dieses wahrscheinüch dem Um-
td zu danken sein, dass der Blutstrom in der Lunge mit einem
cngern Drucke fliesst und die Lungenhaut s'ammt ihrem Epi-
lum der andringenden Flüssigkeit einen genügenden Widerstand
eet. Hemmungen im Stromlaufe, namenthch auf der Seite der
^envenen, Veränderungen im Quellungszustande und in der Dehn-
xeit der Lungenhäute, Loslösung des Epitheliums, einseitige Er-
rrigung des Luftdrucks in der Lungenhöhle würden demnach in
'är Ordnung den Uebeiiritt von Flüssigkeiten in die Infundibula
ingen. Diese Zustände könnten aber erzeugt werden durch
ilerung des Strombetts, der Reibung, der chemischen Zusam-
jsetzung des Blutes, durch Aenderungen im Erregungszustand
ILungenmuskeln , also auch der zugehörigen motorischen oder
ictorischen Nerven, durch Eindringen fremdartiger Flüssigkeiten
des Speichels in die Lungenhöhle, durch Hemmung des Luft-
»angs in die Trachea oder Bronchien. Mit der Grösse der ge-
uten Störungen könnte auch die chemische Zusammensetzung
saus dem Blute tibertretenden Flüssigkeit veränderlich werden.
• Obwohl alle diese Punkte dem Versuche zugänglich sind, so
doch nur wenige in Angriff genommen. Zu diesen zählen die
^Virchow*) behandelten Fälle von Verstopfung einzelner Aeste
■Lungenarterie (Embolie), welche für die Pathologie eine grosse
Tätigkeit erhalten hat, und die lürscheinungen , welche nach
•) Gesammelte Abhandlungen. Frankfurt 185«. 227.
idwig, Physiologie 0. 2. Anfinge.
35
546
Ernährung der Lunge.
DurchschneiduDg der nn.vagi*) beobachtet wurden; die letztre lic
von Thatsaclien besitzt unmittelbar physiologische Bedeutung.
Nach Durchschneidung der nn. vagi oder der rami recurrentes dieses Nerven
\ticken einige Thiere alsbald in Folge eines ventilartigen Verschlusses der Stimraii
andere mit steifem Kehlkopf überstehen den Eingriff. Bei Kaninchen, die 18
24 Stunden nach der Uurchschneidung beider nn. vagi gestorben, findet die See
in der Trachea serosblutigen Schaum, und in dem Lungengewebe zwischen vollkon
gesunden Stollen einzelne rothgcfiärbte eingesunkene Partien von kleinerer oder gross
Ausdehnung ; diese veränderten Lungenstticke sind von der Trachea aus noch aufzuV
und wenn man sie einschneidet, so Messt aus ihnen eine rothe schaumige Flüssig
die der mikroskopischeu Analyse nach Blutkörperchen, Körnchenzellen, Lungenepit'
und gewöhnlich auch Speisenreste und Mundepithelien enthält. Haben die Thiere
als 24 Stunden gelebt, so ist in vielen der veränderten Lungenzellen ein Theil
Inhalts festgowovden, so dass die Zelle nun nicht mehr aufgeblassen werden kann
nach dem Durchschneiden nichts oder wenig auslliesst. Bei Hunden fehlen die'
scheinungen zuweilen ganz; wenn sie vorhanden, so gleichen sie ganz den
Kaninchen beschrieb enen, mit der Ausnahme jedoch^ dass die Siieisereste und Mi
epithelien fehlen. — Beim Kaninchen kommen dieselben Erscheinungen vor , je
ohne Zugabe der Speisereste und Mundepithelien, wenn die Trachea nach D
schneiduug der nn. vagi eröffnet und eine Canüle in sie gelegt wurde, die die At
erleichtert und den Uebergang des Mundinhalts in die Lungen unmöglich macbi
Werden die rami recurrentes allein durchschnitten und wird nach Anlegung
Luftröhrenflstel- eine Canüle eingelegt, so bleiben die Lungenverändorungeu zuw
aus ; sehr häufig erscheinen sie dagegen gerade so, als ob die n. vagi verletzt wäre;
Nach einseitiger Durchschncidung des n. vagus kommt keine Lungenveräuderung
Vorschein. Diese Thatsachcn lassen mancherlei Erklärungen offen , aber sie sehe
jedenfalls darzuthun, dass die Lungenänderung keine unmittelbare Folge der Verle ,
der Lungenäste des n. vagus ist. Dafür spricht, dass nach einseitiger Durchschn^
auch gar keine Andeutung derselben vorkommt, dass nach doppelseitiger Ope
nicht alle, sondern nur einzelne Lungentheile ergriffen sind, dass femer in
zelnen Fällen die Infuudibula ganz unverändert sind , und dass endlich auch die .
letzung der rami recurrentes, die gar nicht zur Lunge gehen, dieselben Folgen wie
Zerschneidung der Stämme nach sich ziehen. — Man hat darum den Grund der
änderung gesucht in den tiefen Athemzügen oder in dem Eindringen von Spei
die letztere Annahme, welche Traube in einer gründlichen Arbeit vertheidigt, .
sich darauf, dass der in die Lunge gespritzte Speichel ebenfalls die genannteny.
änderungen hervorruft. Im Hinblick auf einen Theil der obigen Erfolge müsste
wenn man die Annahme von Traube halten wollte, zu ihr noch den Zusatz m"
dass der im Uebermaass abgesonderte Sehleim der Luftröhre dieselben Folgen er«'
die er dem Mundspeichel zuschreibt. Darnach bliebe es aber noch immer dunka
de^^peichel einwirkt und warum er eine blutige Absonderung erzeugt, die dooh
Platzen der Gcfässe voraussetzt.
*) BiUroth (und Traube), de nnture et causa piilmon. affectionis. Berlin iM
Powelin ( und B i d d e r) , de causa mortis post vagos dissectos. Dorpnt 1S51. — Wn
M ü 11 0 r's Arohiv. 1855. — Arnsperger, Virchows Archiv. IV. Bd. — H. Nasse,
für gemeinsame Arbeiten. II. Bd. (1855).
Nachtrag zur Lungenathmung.
547
Die Epithelien der Lungenoberfläche sollen sich sehr allmählig
tiehuppen (Kölliker). — lieber die Ernährung des formlosen
udegewebes und der Lymphbildung in der Lunge fehlen Näch-
sten.
Nachtrag- zur Lungenathmung,
Während des Druckes der letzten Bogen hat Schöffer unter
inen Augen eine Beobachtungsreihe vollendet,, deren Ergebnisse
I unsere Vorstellungen über die Lungenathmung von Einfluss sind.
Versuche selbst, so wie die Begründungen der Methode u. s. w.
[l in der Abhandlung nachzusehen, die demnächst in den Sitzungs-
ichten der k. Akademie erscheinen iwdrd. Alle Zahlen beziehen
. auf 100 Theile; die zu den Gasen geschriebenen Volumina sind
1 Met. Hgdruck und CC berechnet.
a) Das Blut und das aus demselben Blute abgeschiedene Serum
liahen nicht gleichviel und auf gleiche Art gebundene CO2.
Verdunstbare Nur durcli Säure Verdunstßare Nur durch Säure
COj. abscheidbare COj. • COj. abscheidbare COj.
t 24,62 1,59 Blut 25,78 0,81
um 10,20 23,77 Serum 16,65 16,06
b) Das gashaltige und gasfreie Blut treibt, wenn es zum Serum .
;3tzt wird, aus diesem unter Beihilfe eines niedrigen Luftdrucks
bei Weitem grössten Theil derjenigen CO2 aus, die aus dem
Blutkörperchen möglichst fi'eien Serum nur nach Zusatz einer
rre ausgeschieden werden kann. So gab z. B. ein Serum, das
»6 pC. festgebundener CO2 enthielt, nur noch 1,77 pC. durch
rre abscheidbare CO2 , nachdem es zuvor unter Zusatz gasfreien
• es ausgepumpt war. Also war die festgebundene CO2 nicht
imtlich, sondern nur zum grössten Theil ausgetrieben. In diesem
jnögen der Körperchen einen Theil der CO2 auszutreiben, ist es
"ündet, dass aus dem Blut immer viel weniger festgebundene CO2
< on;nen werden kann, als ihm vermöge seines Gehaltes an Serum
ommen mUsste.
c) Aus der ebenerwähnten in Verbindung mit schon bekannten
titsachen folgt, dass dieC02 des Blutes auf vier verschiedene Arten
unden ist, und zwar einfach gelöst als Gas (difFundirt), daiin^ an
Jilische Salze (NaC02 xmd 2NaO HOPO5) gebunden, dann so ge-
iden, dass sie unter Mitwirkung der Blutkörperchen und endlich so,
i sie nur unter Beihilfe der Säure ausgeschieden werden kann.
' d) Eine vergleichende Bestimmung der verdunstbaren CO2 des
ammtblutes und seiner pbosphorsauren Alkalien ergab, dass
35*
54g ^ Nachtrag zur Lungenatlimun};.
die CÜ2 im. Allgemeinen jedoch nicht immer mit dem phospLi
sam-eu Alkali wächst. Macht man aber mit Fernet die Annahn
dass für je ein Atom Phosphorsäure, das an Alkalien gebunden i
2 Atome CO2 aufgenommen werden können, so ist das phosphorsai
Alkali meist schon für sich allein genügend, um alle verdunsth;
CO2 des Blutes zu binden. In der folgenden Tabelle, die die-
darthut, ist die PO5, welche an Alkalien gebunden ist, also (
gesammte PO5 des Blutes nach Abzug der an Erden gebundt
aufgeführt. Die PO5 - Bestimmungen sind an derselben Blutmeu
gemacht, die auch zur Gasbestimmung diente.
CO2, die nacli Fernet to;
dea phosphorsauren Alkaliei
Verdunstbare
PO5
COi.
an Alkalien gebunden
Arterienblut
31,66
0,088
26,44
• 0,109
26,70
0,082
Venenblut
a3,05-
0,087
V
27,83
0,097
}}
21,32
0,077
7f
30,73
0,095
})
30,54
0,103
V ■
32,14
0,099
Iii
zu binden wären.
27,72
34,17
25,83
27,62
30,75
23,90
30,01
32,45
.31,18
e) Eine Vergleichung der CO2 des Blutes von Thieren/ welji
24 Stunden gehungert hatten, mit der CO2 des sauren Harns, welQ
während jener 24 Stunden abgesondert war, ergab im Mittel
je einem Versuch an 6 verschiedenen Thieren: aus Blut verdtij
bare CO2 = 28,72 pC, aus Harn verdunstbare CO2 = 3,78 p(|
Da nun die diffundirbare CO2 sich doch oifenbar im Harn x
Blut ausgeglichen haben musste, weil ja der Harn aus dem Bi
kommt, so ergiebt sich daraus, dass das Blut einen geringen^^
theil an diffundirbarer CO2 enthält. t|
f) Mit dieser Anschauung stimmen auch die von L. Mey
und Setschenow geraachten Erfahrungen, nach welchen aus .|
Blute nur etwa 4 bis 5 pC. CO2 entwickelt werden können, w^e
diese aus dem kochenden Blute in den nicht wieder eraem
Luftraum, also unter einem geringen C02-Druck abdunstet. Schöll
hat nach einem neuen Verfahren die diifundirte CO2 des BluteSi
nauer zu bestimmen gesucht; obwohl dasselbe noch nicht ^
Anforderungen entsprach, so konnte doch so viel ermittelt werd'
dass im Hundeblute die diflPundirte CO2 etwa so viel beträgt,
es die Harnuntersuchungen verlangen.
Nachtrtig zur Lungenathmung.
549
g) Also nimmt die Lungenlnft viel mehr CO2 auf als die mit
n Blut geschüttelte Luft und als der Harn; denn es fanden
Müller und Setschenow den CO2- Gehalt der Lungenluft
im Ersticken übereinstimmend zu 15 pC. Schöffer fand bei
?em Hunde, dessen Blut = 25,45 pC. CO2, dessen Harn = 3,31 pC.
i enthielt, in der nur wenige Sekunden zurückgehaltenen Lungen-
9,01 pC. CO2. Daraus geht heiTor, dass die in der Lunge
^gestosseue CO2 nicht allein von derjenigen stammen kann, welche
Blut schon diffundirt in die Lunge mitbrachte.
h) Eine Vergleichung des gleichzeitig aus dem rechten Herzen
aus der art. carotis entzogenen Blutes derselben Thiere wurde
aauf vorgenommen. Beide Blutarten hatten fast genau dieselbe
bekraft, also wohl auch gleichviel Blutkörperchen. Im Mittel
5 Versuchen ergab sich:
Q COj CO2 durch Säure
verdunstbar. abscheidbar.
irterienblut 16,59 28,70 1,48 1,24
/enenblut 10,78 31,04 3,12 1^08
o enthält das Arterienblut 2,34 pC. verdunstbare CO2 und 1,64 pC.
nh Säure abscheidbare CO2 weniger als das venöse. Die auf-
?indsten unter diesen Angaben, dass das arterielle Blut ärmer
CO2 ist, die nur durch Säure abgeschieden werden kann, gilt
rr nicht etwa blos für den Mittelwerth, sondern für jeden ein-
len der 5 verglichenen Fälle. Dieses kann mit Berücksichtigung
^?tehender Thatsachen nur dadurch begriffen werden, dass in
, Lunge selbst ein Vorgang stattfindet, durch welchen die Basizität
Blutes beeinträchtigt, beziehungsweise sein Antheil an freier CO2
mehrt wird.
Nach allem Diesem würde man annehmen müssen: das in
Lunge verweilende Blut wird dort auf eine eigenthümliche,
h nicht näher gekannte Weise geeignet gemacht, seine CO2
lageben; demnach wäre dieses Organ ein spezifisches Ausath-
jigsvverkzeug. Das in den andern Geweben strömende Blut ent-
dagegen immer noch einen Ueberschuss an Mitteln, welche
binden können oder es ist wenigstens die freie CO2 mit einer
»Irigen Spannung begabt; also genügt eine geringe prozentische
iäufung der CO2 in jenen Gewebsflüssigkeiten, um einen Strom
es Gases in das Blut zu veranlassen.
550
Hautatlimen.
9
B. Hautathmiing.
1. Die Epidermis und das oberflächlichste Gefässnetz gii
die anatomischen Theile der Cutis, welche beim Hautathmen vr
züglich in Betracht kommen. — Die luft- und blutscheidende E)
dermis ist für alle bis dahin geprüften Gasarten durchgängig ^
funden worden; diese Erfahrung ist wichtig, aber ungenügend; m,
wünscht noch zu wissen, wie mit der Dicke, der relativen Mächt i
keit von Zellen- und Hornschicht, der chemischen Zusammensetzii;
ihrer QuellungsflUssigkeiten, der Temperatur die Absorptions- iii
Reibungscoeffizienten der Gase wechseln.
Das Blut, welches in das oberflächliche Netz der Cutis eingel
strömt dorthin aus den Gefässen, welche die Schweissdrüsen u.
schlingen, und geht dann in die Hautvenen über. Der Durchme^
seines Bettes in der Cutis ist sehr variabel, wie ohne Messung jei
weiss, der die Farbe und Schwellung der Haut im Gedächtniss h
Diese Veränderlichkeit ist abhängig von den Muskeln, welche
die Cutis (Haarbälge u. s. w.) und in die Wandungen der Gefäs
selbst eingelegt sind. — lieber die Bewegungen derselben und üi
Ursachen siehe pag. III u. f.
2. Die Mittel zur Analyse der Veränderungen welche die i
der Haut in Berührung befindliche Luft erfahren hat, sind einf^
die früher schon angegebenen. Schwierigkeiten stellen sich j
Untersuchung hier nur beim Auffangen der veränderten Luft |
gegen. ^|
Zum Auffangen der durch die Hautathmung veränderten Luft hat man sir"^
dahin folgender Einrichtungen, bedient; a) Lavoisier und Seguin*) zogen üb
nackten menschliehen Körper, den Kopf ausgenommen, einen mit flüssigem Kautsol
dicht gemachten Taftbeutel. Diese Methode hat wesentliche FeTiler, namentlich '<
sie die Temperatur der Haut und den Peuchtigkeitsgrad der Oberhaut; sie stell^
natürlichen DilFussionsbedingungen nicht her für den Wasserdunst, denn der Inha^i
Beutels wird nahebei mit Wasser gesättigt sein, und ebenso nicht für den 0 und
CO2, denn der Gehalt der eingeschlossenen Luft an dem ersteren Gas wird bald germ
und der an dem letzteren Gas bald grösser sein, als in der Athmosphäre. Endlich*
höchst wahrscheinlich die Schweissbildung eingeleitet; die Verdunstungsproduk$6|;<
Schweisses mengen sich somit der Hautausdünstung bei. — b) Oerlach**) übe;
nur ein mehrere Quadratzoll grosses Hautstück mit feiner gefirnissten Harnblase,
luftdicht an der Haut befestigt hatte. Dieses Verfahren trifft die vorigen Ein-
hat jedoch den Vorzug, eine weniger bedeutende Störung in die Gesammtausdünst«
•und Sohweissabsonderung einzuführen. Die Ton ihm zur Analyse des gefangö
Gases angewendeten Verfahrungsarten gehören nicht gerade zu den fehlerfreiest((n'
1
*) Memoires de rAcademie. 1789. p. 5G7. 1790. p. 601.
»») MüUer's Arohiv. 1851. 431.
it
Hautathnieii.
551
4 u a u 1 1 und Reiset*) schlössen die ganzen Thiere , den Kopf ausgenommen,
n luftdichten Sack ein,, und leiteten durch denselben einen Luftstrom; diese
ode vermeidet zwar die oben gerügten Fehler , setzt dagegen einen neuen an ihre
>, indem sie das Thier zu einer fast vollkommenen Ruhe seiner Gliedmaassen
r^t. — d) Scharling**) bediente sich eines luftdicht schliessenden Kastens,
i den ein Luftsrom geführt werden konnte ; der Deckel desselben war von einem
»sohouckrohr durchbohrt, das innerhalb des Kastens in eine Maske auslief. Die
(6 wurde luftdicht vor das Gesicht der Person gebracht, welche sich behufs der
«.-suchung in dem Biunenraum des Kastens aufhielt. Das zu beobachtende Individium
e nackt oder bekleidet eingeschlossen. Die Luft, welche das Lungenathmen unter-
. wrde also durch das Kautschouckrohr in die Lunge geführt und auf demselben
3, ohne sich mit der Luft des Kastenraumes zu mischen, wieder ausgestossen
>s sonst tadelfreie Verfahren erlaubt, nur die CO2 und annähernd den Wasserdunst
■jstimmen; von diesen beiden hat Scharling nur die erstere in Betracht gezogen.
3. Die Veränderungen, welche die mit der Haut in Berührung
iimende atmosphärische Luft erfährt, bestehen darin, dass Wärme,
iSserdunst, Kohlensäure und Stickgas (?) ihr zugefügt und Sauer-
j'gas (?) ihi" entzogen wird.
Die Wärmemenge, welche die Oberhaut in der Zeiteinheit durch
i. ung und Strahlung verliert, muss nach bekannten Grundsätzen
mehren, a) wenn die Temperatur der Cutis steigt; Dieses ge-
teht bei Annahme einer constanten Temperatur des Blutes mit
Ausdehnung der Gefässe und der Geschwindigkeit des Blut-
nmes ; — b) mit der abnehmenden Dicke der Epidermis, welche,
ein schlechter Wärmeleiter, dem Durchgange der Blutwärme
ii. n um so grösseren Widerstand entgegensetzt, je stärker die
ilcht ist, die über den Gefässen liegt ; — c) mit der Temperatur-
ledrigung der die Epidermis umgebenden Luft, und darum
)'a mit dem Luftwechsel. Denn die Luft, als ein schlechter
rrmeleiter, würde, wenn sie ruhig auf der Oberhaut läge, ähnlich
Epidermis wirken.
Die Menge des Wasserdunstes, welche in der Zeiteinheit aus
' Oberhaut tritt, wu-d sich mehren a) mit der relativen Sättigung
Atmosphäre durch Wasserdampf; im Allgemeinen verlieren wir
diesem Grunde diu-ch die Haut mehr Wasser im Sommer, als
\Wintei-; — b) mit dem Luftwechsel, indem dieser die schon
i Sättigungspunkte näher stehende Luft durch andere weniger
iättigte ersetzt; — c) mit dem abnehmenden Barometerstand,
lem ein niedriger Luftdruck die Dampf bildung beschleunigt; —
•) Aitnalcfl ile chimic. XXVI. bOr>.
Journal fUr praktische Chemie. 36. Bd. 454.
552
Hautathmcn.
d) mit der Ausbreitung des Blutstromef=! in der Cutis, indem hierv
die Feuchtigkeit und der Temperaturgrad der Oberhaut abhängt;
e) mit der abnehmenden Dicke der Oberhaut, weil dieselbe
Durchgange der Feuchtigkeit, wekhe auf ihrer Oberfläche die D
form annehmen soll, einen Widerstand entgegensetzt.
Eine experimentelle Prüfung der theoretischen Forderungen
noch nicht unternommen worden, da alle die zahlreichen Versu
die bis dahin über Wasserverdunstung durch die Haut anges'
wurden, auch zugleich die Schweissbildung berücksichtigt hal)
Jedenfalls ist der Wasserverlust, den der menschliche Körper
diesem Wege erleidet, beträchtlich.
Die in der Zeiteinheit, z. B. in der Stunde, von der Haut
untersuchten Thiere gelieferte COsmenge fanden Regnault
Reiset, im Vergleich zu der während derselben Zeit aus
Lunge ausgehauchten, gering und zugleich bei demselben TM
das sich scheinbar unter denselben Verhältnissen befand, wechse"
sie sind darum geneigt, die Annahme zu machen, dass in d
Fällen, in welchen der CO?gehalt der Luft in den oben beschrieben
Säcken reichlicher als gewöhnlich ausfiel, zugleich durch den.
eine Entleerung dieses Gases stattgefunden habe. — Scharling
Untersuchungen am Menschen stimmen annähernd mit den vor'
genannten, was das Verhältniss zwischen dem Verlust der 0
durch Lungen und Haut anlangt. Wird der COiverlust aus
Lunge zu 1 gesetzt, so schwankt der aus der Haiit zwischen 0,0
und 0,03L Die höheren Zahlen beobachtete er bei Erwachse
die niederen bei Kindern. Wir geben hier die absoluten We
welche er für 1 Stunde gefunden hat; sie beziehen sich auf '
selben Menschen, die in der Tabelle p. 529 erwähnt sind; sie
auch hier in dieselbe Reihenfolge gestellt: Knabe (9'V4 J.) = 0,1811
Jüngling (U J.) = 0,181 Gr.; Mann (28 J.) = 0,373 Gr.; Mädch
(10 J.) =0,124 Gr.; Frau (19 J.) = 0,272 Gr.; — Ger lach;"
obachtete dagegen, wie es scheint, an Menschen eine reichlicli
C02ausscheidung; diese soll sich mehren mit der Muskelanstreng
und der steigenden Temperatur der Atmosphäre; die letztere Anual
wird theoretischerseits darum wahrscheinlich, weil zu der bezeichne
Zeit die Gefässe der Cutis angefüllter sind, als in der Kälte.
lieber das Verhalten des Ngases befinden wir uns noch vollkommen im Unkl
Collard deMartigny*) giebt an, dass nach Fleischkost Ngas ausgehaucht werde
*) Wagner's Handwörterbuch. U. I3U. Artikel Haut von Krause, p. 141.
Gesainmtgaswechsol.
553
Die Aufnahme von Sauersto%as durch die Haut ist zwar
letisch wahrscheinlich, aber durch den Versuch noch nicht voU-
iimen erwiesen. Die Beobachtungen von Regnault und Reiset
i a einen Zweifel tibrig, weil sie nicht die absolute Menge des
erstoffs, der durch den Sack gegangen war, bestimmten, sondern
sein Verhältuiss zur CO2 und dem Ngas. Sie fanden nun die
t .so beschaiFen, dass, wenn man annahm, es sei ihr Stickstoff-
;ilt durch das Hautathmen nicht verändert worden, gerade so
Sauerstoff verschwunden war, als sich hiervon in der ausge-
i.chten CO2 wiederfand. Diese Annahme ist aber durch Nichts
yiesen. Entscheidender würden die Versuche von Ger lach für
jSauerstoflFabsorption sprechen, wenn uns die Fehlergrenzen seiner
libachtungsmethode besser bekannt wären. Er fand nemlich den
derstofi" im Verhältniss zum Stickstoff so beträchtlich vermindert,
SS eine ganz ausserordentliche Stickstoflfaushauchung hätte statt-
« en müssen , wenn kein Sauerstoff aus der mit der Haut in Be-
rrung gewesenen Luft verschwunden wäre. In allen seinen Ver-
ihen war das Volum des aufgenommenen Sauerstoffs, gerade
r^egen gesetzt dem Verhalten in der Lungenluft, viel geringer, als
der ausgeschiedenen CO2. Die verschwundene Menge wuchs
Ih hier mit der Temperatur der Luft und der Muskelanstrengung
Thieres.
4. Der absolute*) "Werth des Gewichtsverlustes, den wir den
[; über durch die Hautausdünstung erleiden, ist noch niemals für
Ii gemessen worden, sondern immer gemeinsam mit dem durch
etwa dazmschen eintretende Schweissbildung veranlassten. Da
diese letztere noch viel variabler ist als die erstere, so lässt
1 durchaus nichts allgemein Giltiges sagen. — Ziehen wir aber
vorliegenden Untersuchungeü in Betracht, so ergiebt sich, dass
mittlerer Lebensart und Temperatur das Gesammtge wicht des
iiichen Verlustes durch die Haut um den Werth von 500 — 800 Gr.
wankt. Offenbar ist dieser Verlust vorzugsweise durch die Wasser-
idünstung bedingt, wie die vorstehenden Bemerkungen überC02aus-
"eidung deutlich zeigen.
C. Gesammtgaswechsel des thierischen Körpers.
Die Bindung und Ausscheidung von Luft auf Haut, Lunge und
'Tnkanal stehen in mannigfachen Beziehungen zu einander, so dass
•sich theilweise gleichzeitig steigera, theils aber auch ergänzen,
•) KraiiKo in Wagner'» Handwörterbuch. II. Bd. p. 180.
554
Qosammtgaswechsel.
indem mit dem Sinken der Athmung auf einer der bezeichnet«
Flächen diejenige auf einer anderen im Wachsthum begriffen
Da eine theoretische Feststellung dieses Zusammenhanges vored
noch unmöglich ist, so sind die Versuche, welche sich über
Gesammtaustauscli der Gase erstrecken, einzig und allein
Haltpunkt.
Die Methoden, mit denen die Ausscheidung und Bindung der Gase durcblj
Thier untersucht wurde , sind im Prinzip zwei wesentlich verschiedene ; die eine f|
ihnen bestimmt alle oder einzelne der aufgenommenen Gasarten geradezu, während^j
andere sie aus dem Gewichtsunterschiede der festen und flüssigen Bestandtheile
Nahrungs- und Ausscheidungsstoffe ableitet. — t. Die direkten Wege sind nun
selbst wieder verschiedene.
a) Berthollet*) führt die zu beobachtenden Thiers in ein genau gemess«
Luftvolum von bekanntem Druck, bekannter Temperatur und Zusammensetzung ein
lässt sie in demselben so lange verweilen , bis sich die Zeichen der beginnenden
stickung einstellen; er bestimmt dann von Neuem Temperatur, Druck und Zusammel
Setzung der Luft, in welcher die Thiere enthalten waren. Auf diese Weise erhält
die absolute Menge der ausgeschiedenen und eingenommenen permanenten Gasat
Das Schema des Apparates, den er hierzu anwendet, ist in Fig. 67 gegeben. A ist
Fig. 67. luftdichte Kasten von bekanntem Kauminhalt, a i
Quecksilber - Manometer , das den Unterschied A
Druckes in der Atmosphäre und den Inhalt d|
Kastens angiebt, b ein Thermometer, welches
Temperatur der Luft im geschlossenen Baume n]il|
Ist nun der Rauminhalt des Behälters bekannt,'
kann man jederzeit die Menge von Luft berech
welche er enthält, vorausgesetzt, dass man
barometrischen Druck , unter dem sich diese
befindet, und den Temperaturgrad derselben keii
Ist somit das Gesammtgewicht der Luft festgesti
so genügt es, einen kleinen Antbeil des Inhaltes'!
analysiren, um das absolute Gewicht jeder ein^eli
Gasart in dem Gemenge zu finden, indem aus:
gefundenen prozentischen Zusammensetzung die
ganzen Gemenges berechnet werden kann. Dil
sinnreiche Apparat erlaubt aber nur beschränkte '5
Wendung , da die eingeschlossenen Thiere sehr bal'
statt in reiner Luft, in einem Gasgemische athmen, das reich au CO2 und arm .i
Sauerstoff ist, wodurch die natürlichen Bedingungen der Athmung wesentlich umg'
staltet' werden. — Dieser Einrichtung hat sich ausser Berthollet auch not
Legallois**) bedient.
b) Kegnault und Reiset***) haben den eben beschriebenen Apparat wesentlif!
dadurch verbessert, dass sie mit dem Kasten eine Einrichtung in Verbindung bringe'^^
•) Schweigger, Journal für Chemie und Physilt. I. Bd. 173.
**) Annales de chimie et physique. IV. Bd. (1817). 1 u. 113.
***) Annalcs de ohimie et physique. 20. Bd. (1849). 310.
Gesammtgaswochsel.
555
i' es möglich mactt, dass die in jedem Augenblicke gebildete COj absorbirt und
Ii das entsprechende Volum von Sauerstoffgas ersetzt wird, so dass der Druck und
;sammensetzung der Luft innerhalb und ausserhalb des Behälters sich nahezu un-
icrt erhält. Ihr Apparat (Fig. 68) ist aus folgenden Theilen zusammengesetzt:
Fig. 68.
I teilt ein Wassergefäss Tor, dass durch die Eöhre aa in den Ballon B mündet,
•her bei Beginn des Versuchs mit Sauerstoffgas gefüllt ist; dieser steht durch die
rre bb va. Verbindung mit dem Behälter C, der das athmende Thier aufnimmt. In
fän Raum öffnen sich das Manometer cc und die zwei Schläuche dd und ee, welche
i ;ere in zwei mit Kalilösung gefüllte Ballons D und E eintreten. Die zuletzt erwähnten
.gefässe können mittelst eines Uhrwerkes in eine Bewegung gebracht werden, bei
das eine von beiden jedesmal aufsteigt, wenn das andere niedergeht. Da beide
::!h die Eöhre // communiziren, so entleert sich der flüssige Inhalt des aufsteigenden
Uas absteigende Gefäss, und dafür entleert das letztere seine Luft in den Behälter C,
:rend das erstere sich aus diesem mit Luft füllt. Diese Wegnahme resp. Einfüllung
Luft aus den Kalif ässen geschieht nun aber wegen der Aufstellung der Eöhren ee
dd abwechselnd aus den oberen und den unteren Schichten des Athmungsb ehälters. —
36 Weise zu beobachten lässt nichts zu wünschen übrig, und da ihre Erfinder zu-
■ch zur Bestimmung der Gasarten vollendete analytische Hilfsmittel in Anwendung
^htcn , so besitzen unzweifelhaft ihre Beobachtungen das TJebergewicht über alle
sren. Ein ähnliches Prinzip hat Marchand*) bei einem Theile seiner Versuche
mtzt; es ist aber in seiner Ausführung nicht zu der erreichbaren Vollkommenheit
'iehen.
c) Das Verfahren von Scharling**) endlich beabsichtigt nicht alle, sondern nur
".eine Veränderungen, welche die Luft durch das Athmen erfährt, und insbesondere
. gebildete COj zu bestimmen. Er führt seine Beobachtungsobjekte in den luftdicht
•) Journal flir praktische Chemie. 44. Bd. 1.
••) Lleblg'g Annalen. 45. Bd. 214, und Journal fllr praljt. Chemie. 48. Bd. 489.
556
Gosaramtgaswechsol.
Bchliossenden Kasten A (Fig. 69) und leitet durch diesen einen kohlensäurefrei
Luftstrom , der bei a in und bei b aus dem Kasten dringt. Die aus der Atmosphi
kommende Luft geht, bevor sie in den Kasten gelangt, durch einen mit Kali gefüllt
Kugelapparat von Liebig k. Aus der andern bei b befindlichen OeiFnung führte
Fig. 69.
f
Rohr dm-eh mancherlei Zwischenstücke in ein grosses mit Wasser gefülltes Fass (J
dessen Inhalt aus der mit einem Ilahnc versehenen Oeffnung g in beliebig rasehf
Strome gelassen werden kann. Der Luftstrom , der durch das Kohr b f von dem au
fliessenden Wasser angesaugt hindurchging, musstc zuerst einen gebogenen Abschnitt
der mit SO;i und Bimsteinstücken gefüllt war, dann einen Liebig'schen Kugelap parat
und darauf abermals ein Schwefelsäurerohr e durchlaufen. Die Gewichtszunahme, welc!
die Stücke d und e während des Versuches erfahren , rührt von der beim Athmen g'
bildeten CO2 her. Diese Methode ist mit geringen Abweichungen von Letellier*:
Lehmann**), Erlach***), Philippif) u. A. in Anwendung gebracht. J
2. Die indirekte Methode zur Ermittelung der Gesaramtmenge der AthmuM
Produkte hat B o u s s in g aul t ft) und nach ihm Barralftt)!' Scharling ^^) u^B
benutzt. Sie besteht darin, dass man einmal ermittelt, frie viel N, C, H wähiffl
eines Tages in der Nahrung aufgenommen und ebenso bestimmt, wie viel derselben«
der nemlichen Zeit durch den Harn und Koth- entleert wurde. Unter der Voraussetznffl
dass zu Beginn und Ende der Beobachtungszeit der thierische Körper dieselbe qnÄ
titativB und qualitative Zusammensetzung besitzt, und dass kein Verlust an Speiohw
Hautabschuppung, Härung u. dergl. vor sich gegangen , giebt der Unterschied zwisohfi
den aufgenommenen und entleerten Gewichten an N, 0, H geradezu die gasförmigSi
») Aiinales de chimie et physiqiie. XII. Bd. (1845) 478. Ij
**) Abhandlungen der K. sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften für 1846. 461. Hf
«•») Versuche über Respiration einiger mit Lungen atlmiender Wirbclthicre. Bern 1846. • H
t) Vfilentin's Jahresbericht über Physiologie für 184.5. 222. V
tt) Annales de chimie et physique X. (1844) 456. Wk
ttt) .Statique chimique des animnux. Paris 1850. 230. — Journal für prakt. Chemie. 4S. Bd. IT^
S) Journal fiir prakt. Chemie. .16. Bd.
Gosammtgaswechsol.
557
oliiedenen Gewichte der bezeichneten Stoffe. Es sind die hierbei angenommenen
-Setzungen nicht in allen bisher angestellten Versuchen erwiesen. Wenn sie somit
len erwecken sollen, so müsste wenigstens die empirische Anwendbarkeit vor-
Jathivch festgestellt werden, dass man einige Zeit hindurch gleichzeitig feste,
und luftförmige Ausleerungen der beobachteten Individuen bestimmte, um zu
u, ob ihre Summe und atoniistischo Qualität gleich ist derjenigen der Nahrung.
Aus den Versuchen über Gesammtaussclieidung der Gase ev-
I) sich:
1. Aus dem thierischen Körper wird Kohlensäure, Wasserstoff,
gewöhnlicli auch Stickstoff nnd gasförmiger Kohlenwasserstoff
jgestossen; die Ausscheidung des Kohlenwasserstoffs geschieht
ihrscheinlich aus dem Darmkanal; sie ist zugleich meist so un-
ileutend, dass sie vernachlässigt werden kann.
Schwefelwasserstoff, obwohl wahrscheinlich vorhanden, ist bis jetzt noch nicht
'.•efunden. Die Ausscheidung von Ammoniak ist behauptet (Marchand) und be-
•;ten (Eegnanlt, Keuling).
2. Die Qualität und Quantität der ausgehauchten und aufge-
uunenen Gase steht in innigster Beziehung zur Nahrung. Stick-
iff wird in beträchtlichster Menge nach reiner Fleisch diät, in geringer
imge nach dem Genüsse von Brod ausgestossen ; dieses Gas wii'd da-
■n aus der Atmosphäre während des Hungerns aufgenommen. —
ßer gesammten Menge des aufgenommenen Sauerstoffs ist nach
»dnahrung bis zu 0,9, nach Fleischnahrung und Hungern bis zu 0,7
ö nach sehi' fetthaltiger Nahrung 0,6 in der ausgeschiedenen CO2
üder enthalten. Diese Thatsachen erlauben die Ableitung, dass ein
'sser Theil der aufgenommenen Nahrung alsbald dem Oxydations-
iizesse verfalle, dessen Endprodukte auch wieder ausgeschieden
rrden. Der Theil des aufgenommenen Sauerstoffs, welcher sich
• er den Auswürflingen nicht wieder mit Kohlensäure vereinigt findet,
natürlich verwendet worden zur Herstellung anderer Verbindungen,
tter der obigen Voraussetzung muss aber dieser letztere Antheil des
•zehrten Sauerstoffs nach fettreichen Mahlzeiten grösser als nach
"idreichen sein, wie schon auf S. 471 erörtert v^urde.
3. Eücksichtlich der Beziehung zwischen Athmung und Körper-
mcht ist thatsächlich festgestellt, dass bei zureichender Nahrung
Ii sonst gleichen Umständen die Menge des eingeathmeten Sauer-
ilffs (Regnault, Reiset) und der ausgenthmeten CO2 dem
rrpergewicht nicht genau proportional steigt. Namentlich bilden
bhtere Säugethiere im Verhältniss zu ihrem Körpergewicht viel
»hr CO2, als schwerere und grössere (Erlach). Diese Thatsache
laubt zwei Erklärungen: entweder enthalten kleine Thiere ver-
558
Gesammtgaswochsol.
liiiltnissmässig mehr Gewebe, die der raschen Oxydation anhein
fallen, oder es sind bei ihnen Einrichtungen vorhanden, verraög
deren die Verbrennung rascher vor sich geht. Fraglich ist es noe)
ob diese Erfahrung auf Menschen von verschiedener Grösse ^
wendbar ist.
4. Anstrengungen der Muskeln steigern sehr rasch die geliefert
Menge der CO2 und zwar so bedeutend, dass sie mehr als das Filn
fache des gewöhnlichen Mittelwerthes betragen kann (Scharling
Hirn).
5. Die Unterdrückung der Hautausdünstung, wie sie dadurc
erzeugt wird, dass man die Thiere mit Leim oder einem LeinJ
firniss Uberzieht, bringt nach Regnault und Reiset keine med
merkliche Störung in das Resultat des Gesammtgasaustauschei
Namentlich mindert sich hierdurch weder die Menge des ausgü
schiedenen Stickstoffs, noch die des aufgenommenen Sauerstofl
und eben so wenig ändert sich das Verhältniss dieses letzteren t
der ausgestossenen CO2. ,
Dieses Ergobniss deutet darauf hin, dass der Tod, den man nach Anwendmi
eines luftdichten Verschlusses der Haut eintreten sah, ganz anderen Gründen als di
Störung des Wechsels der permanenten Gase zuzuschreiben ist, siehe Gerla
Valentin, Gl. Bernard*). ^
(3. Wenn man Fröschen grosse Blutverluste beibringt oder ihm
die Leber ausschneidet, so geben sie weniger CO2 in der Zeiteinhi
aus, als vorher. Nach der letzteren Operation soll der Ausfall
gross sein, als dass. er allein aus dem Blutverluste abgeleitet werd
könnte (Moleschott)**).
7. Bei normalem Gehalte der Luft an Stickstoff und Sauers
soll die Menge der gelieferten CO2 wechseln mit ihrem Tempera
und Feuchtigkeitsgrade und dem Barometerstande.
a) Nach Letellier liefern dieselben Thiere bei 0" C no
einmal so viel CO2, als bei 30" C; sie dunsten dagegen in höhei
Temperaturen mehr Wasser aus. Dieser Wasserverlust nimmt
längerem Aufenthalte in der höheren Temperatur rasch ab und
reicht endlich nach mehreren Stunden einen constanten Werth.
b) Nach Lehmann mehrt sich die Menge der ausgeschiedellj
CO2 mit der steigenden Feuchtigkeit der Luft.
•) Gerlach, MUller's Archiv. 1841. p.467.— Valentin'» Archiv f. phys. Heilkunde 18(|i
Gl. Bernard, Le?on8 sur les liquides. 1. Bd. 277.
' *») MUUor'B Archiv. lSb9, und Wiener mediz. Wochenschrift. 1868. 102.
Qcsaramtgaswochsel.
559
c) Mit dem steigenden Barometerstande soll sich nach Lehmann
! Menge der ausgestossenen CO2 mehren ; ihm steht die Versuchs-
ihe von Legallois entgegen, wonach bei abnehmendem Luftdruck
:3r auf eine Zunahme als auf eine Abnahme der Kohlensäureaus-
ieidung zu schliessen wäre.
8. Bei einem längeren, nahezu 24 stündigen Aufenthalt der
Biigethiere jn einer Luft, deren Zusammensetzung von der atmo-
uärischen abweicht, ergeben sich aus den Regnault-Reiset'schen
rrsuchen :
a) In einer Luft von der prozentischen Zusammensetzung CO2
3^01; 0 = 17,42; N= 79,57 nahm in der Zeiteinheit ein Hund
ihr 0 auf und hauchte mehr CO2 aus, als in einer gleich tem-
rirten Liift von der Zusammensetzung CO2 = 0,77; 0 == 17,70;
== 81,53. — Die Beobachtung, dass dasselbe auf gleiche Weise
nitterte Thier in einer Luft von demselben 0- und grösseren
>)-Gehalt mehr 0 aufnahm und mehr CO2 abgab, zeigt in Ver-
«dung mit andern Erfahrungen, dass die wesentliche Ursache der
Höhten Ausscheidung von CO2 in einer grössern Lebhaftigkeit
jjj^ Bildung gelegen ist.
b) In einer Atmosphäre, deren prozentische Zusammensetzung
m Beginn bis ^u Ende des Versuches zwischen COj = 1,66,
-= 59;75, N = 38,59 und CO2 = 1,89, 0 = 57,62, N = 40,19
ichselte, hauchte das zu den vorigen Versuchen benutzte und in
;icher Weise gefütterte Thier nicht mehr N aus und nahm nicht
ihr 0 auf, als in einer Luft von nahebei normaler Zusammen-
.zung.
Benierkenswerthe Versuche mit einer Atraospliäre , deren Stickstoff zum grössten
iil durch Wasserstoff ersetzt war, siehe bei llegnault und Eeiset, I.e. p. 500. —
Warmblüter (Mäuse und Vögel) geben im grünen und rothcn Licht gleichviel COj
Frösche dagegen im grünen bis zur Hälfte mehr als im rothen; zieht man ihnen die
iit ab, so geben sie mehr im rothen als im grünen Licht. Der Einfluss der Licht-
ün macht sich auch auf ausgeschlachtetes Fleisch, das noch nicht todtonstarr ist,
;end (Beclard)*).
Die Angaben, welche aus der Anwendung der indirekten Methode
«ssen, sind nachzusehen in dem Abschnitte, der von der Vergleichung
■r Ausgaben und Einnahmen des thierischen Körpers handelt.
•) Compt. rend. 46. Bd. 441.
560
Umsetzung des Blutes innerhalb der Gefdsse.
L'iusetziuig des Blutes innerhalb der Gefässe.
Am Schlüsse eines Abschnittes, der vorzugsweise von den U:
Setzungen der Atome des Blutes handelt, nachdem diese die Gefäi
höhlen verlassen haben, erscheint es nicht un])assend, darauf eins
gehen, ob das Blut auch innerhalb der Getassröhren eine Umsetze
erfahre. Für die Möglichkeit einer solchen spricht zuerst die 2
sammensetzung des Blutes aus Verbindungen, die bei der Temperat
des thierischen Körpers durch den Sauerstoff so leicht umgese
werden, und dann die zahlreiche Berührung mit verschieden geeige
schafteten Flüssigkeiten, aus denen das Blut Stoffe aufnimmt
theils zu einander und theils zu den ursprünglichen Blutbestai
theilen lebhafte Verwandtschaft zeigen, theils gährun gerzeugend
und theils gährend sind. Dazu kommt, dass in der Blutflüssigk
ein eigenthümliches Gewebe, die Blutkörperchen, schwimmt, welch
von spezifischer Zusammensetzung auch eine von der desBlutplasm
abweichende Umsetzung darbieten muss. Nach dieser Einleitung
man erstaunt, zu erfahren, dass sich die Beweise für das thatsäc
liehe Bestehen der Umsetzung des Blutes nur sparsam auffin
lassen, und dass die Art des chemischen Vorganges in ein vq!
kommenes Dunkel gehüllt ist.
Mit Gewissheit darf man behaupten, dass ausser den
änderungen, welche bei der Athmung in der Lunge vor sich geh
die Lymph- und Blutkörperchen umgeformt und vielleicht auch u
.Blut zerstört werden. Ohne diese Annahme würde es unverständig
sein, warum sich die beiden Formbestandtheile bei stetiger N(
bildung und Zufuhr nicht ins Unendhche im Blute anhäufen, da
doch nicht als solche aus dem Blutstrome austreten können,
lange die Gefässwandungen unverletzt sind. Ebenso deutlich w^
auf einen chemischen Vorgang im Blute das Flüssigbleiben di
Faserstoffs hin und wahrscheinlich wird im Blute die Hippursä
aus ihren nähern Bestandtheilen zusammengestellt.
•) Buhl, Henle's und Pfeufei's Zeltschrift. N. F. VI. Bd. p. 100.
Blutbildung.
561
III. Blutbüdung.
Das Blut ergiesst in den Binnenraura des Körpers, in dessen
lilen und Gewebe fortwährend Atome, durch welche der chemische
ssatz in den letzteren bestritten wird, und aus ihm gehen auch
Stoffe hervor, welche die aus werfenden -Drüsen im Gange er-
cen. Diese Erscheinungsreihe setzt nothwendig voraus, dass
Atome, welche in die Gewebe und die geschlossenen Höhlen
gesendet waren, wieder zum Blut zurückkehren, damit ihre
«Scheidung auf Haut, Lunge und Niere möglich sei, und ferner,
?3 von aussen her wägbare Stoffe in den Körper eingeführt Vierden,
iche den Verlust decken, den das Blut als Gewebsernährer er-
ret. Naturgemäss zerfällt also die Lehre von der Blutbildung in
Darstellung des Rückstroms aus den Geweben (Resorptio) und
Ilie Aufnahme und Verdauung der Speisen (Nutritio).
Aufsaugung aus den Geweben.
Einleitung. Der Strom ,. welcher aus den Geweben in das Blut
iickgeht, muss, wenn auch sein Umfang und seine mittlere Ge-
windigkeit nur unvollkommen bekannt sind, jedenfalls als ein
Ihtiger angesprochen werden, der im Körper des erwachsenen
•sehen täglich nach Kilogi-ammen zu schätzen ist. Diese Masse,
:ihe weitaus die Ausscheidungen in den auswerfenden Werkzeugen
rrtrifft, macht es von vorne herein begreiflich, dass der Rück-
m nicht allein die Umsetzungsprodukte der Gewebe und der
•'^ebsflüssigkeiten führen kann. Die chemische Untersuchung, so
; ^e vorgenommen, bestätigt dieses, indem sie nicht allein er-
men läs8t,'dass in dem aus den Geweben wieder aufgesogenen
iHingsgemenge die wesentlichen Blutbestandtheile in unveränderter
isnschaft enthalten sind, sondern noch mehr, dass die Menge
eer letzteren unvergleichlich viel bedeutender ist, als diejenige
wirklichen Umsetzungsprodukte erster oder zweiter Ordnung.
diesen Erfahrungen erwächst uns also die Ueberzeugung, dass
• dem Blute viel mehr austritt, als nothwendig wäre zum ein-
ten Ersatz der Zerstöningen , welche durch das Leben in den
jen und flüssigen Organbestandthcilen angebracht sind, und dass
mach der grösste Theil der ausgeschiedenen Stoffe auch wieder
«rändert in das Blut zurückkehrt. So besteht also ein innerer
u d w 1 g , Physiologie II. 2. Auflage. 36
562
Aufsaugung aus don Geweben.
Kreislauf der ernährenden Flüssigkeiten, welchen Bidder ui
Schmidt im Gegensatz zu Stoffbewegungen aus den Speisen
das Blut und aus diesem in die sogenannten letzten Wege (Lun^
Niere, Haut) als intermediären Kreislauf bezeichnet hab
Die erste Bedingung zur Einleitung dieses inneren Kreislauf
ist also die reichliche Absonderung aus dem Blute in die Gewe*
und die Körperhöhlen. Diese letztere würde ein unbegi-eiflich
Faktum sein, wenn die Blutflüssigkeit in den Geweben nur du
die Anziehung dieser letzteren befördert würde ; da wir aber in d
vorstehenden Abschnitte kaum Spuren einer solchen Beziehung
gefunden, da wir im Gegentheil bemerkt haben, dass andere
gemeiner wirkende Ursachen die Säftebewegung aus dem Blute un'
halten, so kann uns in der That die Erscheinung nichts Befr
dendes bieten, so lange sich die Betrachtung nur an die groben Tj
risse hält. Das Blut, welches in den Gefässen enthalten ist, stre
wie wir wissen, durch die porösen Wandungen hindurch sei\
Drack und seine chemische Zusammensetzung auszugleichen mit d'
ausserhalb der Gefässe liegenden Flüssigkeiten. Mehrt sich al
z. B. noch der Gefässinhalt, so wird die mittlere Spannung in de
selben wachsen, und sogleich wird ein Theil desselben in die G
webe, dur^h Filtrationsdruck getrieben, austreten. Derselbe ErfOi
wird zum Vorschein kommen, wenn sich mit der Verdauung,
der vermehrten Ausscheidung durch Niere, Lunge und Haut, A
Zusammensetzung des Blutes ändert, oder auch, wenn die ehemis "
Anordnung der Gewebsflüssigkeiten nach gesteigertem Umsatz ä
selben eine Aenderung erfährt. Denn dann werden die Diflfusio
ströme lebhafter von statten gehen. Dazu kommen nun aber n*
Absonderungen in Folge gesteigerter Nervenerregung, ' welche u.
nachweislich in Drüsen bestehen, die ihre Säfte in zeitweise g
schlossene Höhlen ergiessen. Diese Einrichtungen müssen mm t
den vorHegenden Veränderungen in den Zuständen ebensowohl m
Flüssigkeiten diesseits und jenseits der Gefässwand, als auchp
denen dieser letzteren selbst, einen reichlichen Flüssigkeitsergfl
veranlassen. i'
Unsere nächste Aufgabe stellt sich nun dahin, nachzusehö
auf welchen Wegen und dui ch welche Mittel die ergossenen Mass»
wieder in das Blut zurückkehren. Die Erfahrung lehrt, dass dieSö
auf zweierlei Weise geschehe, einmal durch Diffusion (und
tration?) in die Blutgefässe selbst und dann durch Aufnahme il
die Lymphgefässe.
Aufsaugung von den Blutgefässen.
563
Aufsaugung- von den Blutgefässen.
1. Die Erfahrungen, die wir über die Eigenschaften des Bluts,
nr Gewebesäfte und der Gefässhaut besitzen, nöthigen uns zu der
iinahme, dass durch die letzteren hindurch ein ununterbrochener
rffusionsstrom stattfinde, denn die beiden wässrigen Lösungen, das
Bit und der Gewebesaftes sind von verschiedener chemischer Zu-
ranmensetzung und eine Ausgleichung dieses Unterschiedes ist nicht
ijglich, weil einerseits das Blut sich fortlaufend in den Nieren rei-
^t, aus den Speisen erneuert und alle Gewebe im raschen, keine
isit zur Ausgleichung gönnenden Strom durchsetzt, und ander-
its weil in den Gewebesäften fortwährend neue Stoffe entstehen,
3 dem Blut nur spärlich oder gar nicht eigen sind; endlich aber
i'id die Gefässhäute durchgängig für Wasser und für die in dem
nie und- den Gewebesäften aufgelösten festen Bestandtheile.
Der physiologische Versuch hat das, was die Theorie voraussagte, insofern be-
:tigt, als er darthut, dass viele flüssige Stoffe in der Kichtung vom Gewebe zum
i it durch die Wand der grössern und kleinern Gefässe diffundiren , welche sich in
■ cutis, dem Bindegewebe u. s. w. verbreiten.
Die Versuche*) von Prochaska, Mag'endie, Mayer, Westrumb, Sega-
■i, Emmert, Gmelin und Tiedemann u. Ä., welche sich das oben bezeichnete
11 steckten, mussten nachweisen, ■ dass die aufgesaugten Stoffe wirklich in das Blut ge-
igt waren, und dass sie ihren Weg dorthin auch durch die Gefässwandung genommen
:ten. Man licss darum Stoffe resorbiren, welche, wie z. B. Blutlaugensalz und Farb-
i'ffe leicht als solche nachweisbar waren, oder Gifte, die ihre Anwesenheit im Blute
•ch physiologische Reaktionen sichtbar machten. — Die Gewissheit , dass die Auf-
1 irae nur durch die Gefässe hindurch geschehen sei , verschaffte man sich auf ver-
; iedene Art. Entweder man legte ein längeres Stück eines grösseren Gefässes voU-
inmen frei, settte in das obere und untere durchschnittene Ende desselben einSohr,
dass das isolirte Gefassstück mit dem übrigen Gefässsysteme nur in Verbindung
:ad durch diese Röhren, und brachte nun unter dasselbe eine isolirende Metall- oder
pierrinne, in welche man die aufzusaugende Lösung einfüllte (Magen die). Oder
rn stellte zuerst fest, ob von einer bestimmten Körperstelle aus, z.B. von der Darm-
irfläche, der Haut u. s. w. die Aufsaugung eines bestimmten Stoffes geschah. Darauf
jderholte man den Versuch nach Unterbindung aller zuführenden Blutgefässe (So-
fias) oder aller abführenden Lymphgcfässe (Magen die), oder nach Unterbindung
• ductus thoracicus, oder nach Durchschneidung aller Verbindungen eines Gliedes mit
; dem Körper, die grossen Arterien und Venen ausgenommen (Magendie, Kürsch-
t). — Drittens untersuchte man, einige Zeit nach Beginn der Resorption den In-
i.t der Blut- und Lymphgcfässe ; wurde der zur Resorption bestimmte Stoff in den
Item aufgefunden und in den letztern vormisst, so durfte man den unmittelbaren
bergang in das Blut annehmen (Flandrin, Tiedemann und Gmelin). — Vier-
•) Die ältere Literatur gicbt Hea « in g c r. Noten zu Magondic's l'liyglologle. Elsenach
«6, n. 242.
30»
gg^ Blutstockung in Folge der Aufsaugung.
ii
tens ondlich bestimme man die Zeit, -welehe verfloss , bis ein aufgelegtes Gift tödtl« J
wirkte, oder im Ham crscliieu. War der Zeitraum sehr kurz, so schloss man ai
direkte Ueberführung in das Blut , da der Lymphstrom sich nurschr langsam weit
bewegt.
Wichtiger als der einfache Nachweis der Aufsaugung durc
die Bhitgefässe würde ein Aufsuchen der Bedingungen sein, wele|
jenen Vorgang beschleunigen oder verlangsamen, und die Angabe
der im Leben vorkommenden Umstände, durch welche die Au
saugung befördert wird.
2. Methodisch angestellte Versuche, die auf die erste der hfi
gestellten Aufgaben zielen, giebt es noch nicht, was sich zur (j
nüge erklärt, wenn man die ungemessenen Schwierigkeiten bedenk
welche die Untersuchung dieses besonderen Falls von Endosmo?
mit sich bringt. Wohl aber sind einige Thatsacheu bekannt, die U
die Methodik sowohl, wie für die lebendige Aufsaugung wichtig sind*
a. Viele Stoffe bringen, während sie aufgesaugt werden, ii
Blutstrom örtliche Veränderungen hervor. Dieses thun zuerst all
diejenigen, welche das Eiweiss, das in der Wand und in dem Lume
der Gefässe enthalten ist, niederschlagen z. B. Fe Cl, SO3, NO5 u. s. w
die entstandenen Gerinnsel können die Lichtung der Gefässe vol
kommen verschliessen ; dann hört der Blutstrom und die Resorptio
an den mit jenen Stoffen durchtränkten Orten auf. — Eine ander
Zahl chemischer Verbindungen, die sogenannten reizenden und tt
nischen Arzneien, ändern den Elastizitätscoeffizienten und die Muskel
der Gefässwand. Je nachdem sie die letzteren zur Zusammenzii
hung oder Erschlaffung bringen oder den Elastizitätscoeffizienten ei
höhen oder erniedrigen, wird sich das von ihnen durchtränkte Gefäs
rohr ausweiten oder zusammenziehen. Damit wird sich aber aucij
die aufsaugende Fläche entsprechend ändern. — Eine dritte Reih*
von Körpern, wie z. B. NaCl, Harnstoff, Zucker u. s. w. bewirke?
weder Fällungen des Eiweisses noch merkliche Aenderungen in dcH
Gefässdurchmesser und dennoch erzeugen sie eine vollkommew
Stockung des Blutlaufs, veranlasst durch eine bedeutende Anhän
fung der Blutscheiben in den Capillaren, mit welchen sie in Be
rührung waren (H. Weber, Virchow, Schuler, Gunning).
Für diese auffallende Erscheinung hat Botkin eine sinnreiche Er-
klärung gegeben : die in das Blut eingedrungenen Lösungen ändern
•) H. Weber, Müllers Archiv 1852, 361. — B o n e r, die Stase ; Würzburger Dissertation 1856.—
Gunning, Archiv für holl. Beiträge 1. 805. — Kaupp Arohiv für physiol. Heilkunde 1865. 146.—
Köhler, Virchow's Archiv 14. Bd. 401. — Botkin. ibid. 15 Bd. 173.
Aendenmg der Aufsaugung durch die Blutfülle.
565
nrt die Form, Glätte und Elastizität der Blntscheiben, sodass die-
Iben nicht -onehr durch die Capillaren schlüpfen können, sondern
■eils an vorspringenden WandstUcken und theils aneinander hän-
cn bleiben. Für diese Annahme spricht ausser 'der schon ange-
iirten Häufung der Blutscheiben die Erfahrung, dass nur die in-
l'ferenten chemischen Verbindungen das Blut stauen, welche nach-
eislich die Gestalt der Blutkörperchen ändern, während andere,
ee Borax, phosphorsaures Natron, Alaun weder eine Stockung des
roras, noch eine merkliche Gestaltsänderung der Blutscheiben er-
lagen; ferner, dass ein paar Tröpfchen Wasser, die auf das Ge-
!ss mit der stockenden Blutsäule gebracht werden, den Strom
Ecder einzuleiten vennögen, offenbar darum, weil sie das form-
rrändeiTide Salz auswaschen.
b. Kaupp und Vier or dt legten das Bindegewebe unter der
(ckenhaut bei verschiedenen Kaninchen in möglichst gleicher Aus-
ihnung bloss und brachten in die Wunde immer gleiche Mengen
hier verdünnten, langsam wirkenden Strychninlösung ; sie sahen,
5SS der Tetanus um so früher eintrat, je geringer das Gewicht
rr vergifteten Thiere war. Darauf unternahmen sie eine zweite
rrsuchsreihe und zwar rnit Thieren, denen sie Blut abgelassen
[tten. Sie sahen nun, dass der Tetanus sowohl wie der Tod
iater eintrat, als es der vorhergehenden Versuchsreihe gemäss bei
leem Thier gleichen Gewichts hätte erwartet werden können ; das
itt äusserte seine Wirkungen um so später, je ergiebiger der Ader-
58 gewesen war. Obwohl die Zeit, welche zwischen der Ankunft
B Gifts und dem Eintritt des Tetanus, beziehungsweise des Todes,
vstreicht, der Aufsaugungsgeschvnndigkeit nicht proportional sein
ran (Kaupp), so macht es diese Versuchsreihe doch sehr wahr-
i'ieinlich, dass die blutärmeren Gefässe langsamer aufsaugen als
! blutreicheren.
Magen die brachte ein tödtendes Gift in den Pleurasack und
istimmte den Zeitpunkt der Vergiftung an verschiedenen Thieren,
men er entweder nur Blut entzogen, oder denen er statt des ent-
:genen Blutes eine gleich grosse Menge von Wasser in die Ge-
Bse gespritzt , oder denen er ohne vorgängige Blutentziehung viel
lasser infundirt hatte. Im ersten Fall trat die Vergiftung früher,
letzteren später ein, als bei den Thieren, deren Getässinhalt zwar
Qualität, nicht aber an Menge verändert war.
Vorausgesetzt, dass die Versuche von Magen die so sorgfältig angestellt waren,
die von Kaupp, bietet sich folgender Ausweg zur Hebung des Widerspruchs
566
Welche Stotl'o gehen in der Kogel durch die Gefdsswand?
beider Beobaohtungsreihon. Jede Aendornng der QefäsBräumlichkeit verändert zuni
die Wandspannung und damit einerseits die Berührungsfläche zwischen Blut- und
lösung, und anderseits die Grösse des Druckunterschiedes zwischen der Umgebung
dem Inhalt dos Blutgefässes. Eine Mehrung der ersteren muss selbstverständlich
Aufsaugungsgoschwindigkeit erhöhen; ein Steigen des Druckubergewichts von sei
des Gefässinhaltes gegen die Giftlösung soll , wie man freilich ohne vollen Beweis
nimmt, die Aufsaugungsgeschwindigkeit mindern. Danach würde man zu sagen ha'
dass in den Versuchen von K a u p p der verzögernde Einfiuss der verminderten Be
rungsfläche über der beschleunigenden des erniedrigten Druckunterschiedes das Ueb
gewicht gewonnen habe, während bei Magen die das Gegentheil eingetrolfen.
c. Köhler und Nasse hatten einerseits mit wohlgefüttert
und anderseits mit Thieren, die seit 42 Stunden hungerten, gen
dieselbe Versuchsreihe angestellt, welche Kaupp und Vieror
mit verschieden blutreichen Kaninchen ausführten. Die hungerl
den Thiere verfielen in Mittel 48 See. früher in Tetanus und st
ben aber in Mittel 13 Minuten später als die gefütterten.
Barry hat gezeigt, dass ein aufsaugbares Gift, das man unter einem wirks"^
Schröpf köpfe auf die Haut bringt, nicht aufgenommen wird. Dieser Versuch so'
den Beweis liefern, dass ein grosses Uebergewicht des Blutdruckes über den a";
sphärischen die Aufsaugung hemmen könne. Diese Erklärung ist mit bekannten
dosmotischen Erfahrungen im Widerspruch ; er lässt zudem andere Erklärungen , ,
z. B. die aus der Hemmung des Blutstroms durch den Rand des Schröpfglases zu. ,
3. lieber die Stoffe, welche sich an der regelrechten, gesund
Aufsaugung betheiligen und über dem Umfang, der dieser letzte
im Wechsel des Lebens zukommt, besitzen wir grösstentheils n
Vermuthungen.
Dem Bilde entsprechend, welches wir uns heute von der
mischen Zusammensetzung der Gewebesäfte und den endosmotiscli
Kräften des Bluts machen, pflegen wir anzunehmen, dass die Eiwe*
Stoffe und Fette von der Aufsaugung durch die Blutgefässe aus
schlössen sind, während die Abkömmlinge dieser verwickelten A
gruppen (S. 217) aufgenommen werden. Die Fette schliesst
aus, weil sie in Wasser überhaupt nicht diffundiren und das Eiwe'
weil das Blut gemeiniglich viel reicher daran ist, als die Gew,
Säfte; so weit wir wissen, gilt dieses jedoch nur für das Albumi
so dass gegen die Aufnahme von anderen Modificationen der Eiw,'
Stoffe nichts einzuwenden wäre.
Die Abkömmlinge der Eiweissstoffe , deren Bildungsstätte
dem Gewebe liegt, gehen nun wohl geradezu in das Blut über, ab
sie nehmen nicht allein diesen Weg, sie strömen nachweislich au
in die Lymphe über. Demnach würde um so mehr davon unmittelb
in das Blut diffundiren , je ergiebiger sich jene Produkte l)i]deu
Aufsaugung durch die Lymphgefässe.
567
weniger von ihnen der Lymphstrom wegführt. Ein weiteres
>spinnen dieses Satzes dürfte hier nicht am Platze sein.
Aufsaugung durch die Lymphgefässe.
1. Anatomischer Bau der aufsaugenden Gefässe*). An ihnen
- t man drei durch ihren Bau gekennzeichnete Abtheihmgeu, die
/.ein, die Drüsen und die Leitungsröhren zu unterscheiden.
Die Lymphwurzeln, durch deren Zusammenfluss die ab-
den Lymphwege (die sogenannten Lymphgefässe) entstehen,
vorzugsweise im Innern der dichtem Gewehe (Häute, Drüsen,
kein U.S.W.) gelegen, also da, wo sich auch vorzugsweise die
luefässe capillar vertheilen. Genauere Angaben über ihren Bau
/en wir nur aus der Darmschleimhaut. — Nach Brücke,
a Beschreibung Cn. Koopmanns bestätigt, besteht die Grund-
-se, das sogenannte Stroma der Dannschleimhaut aus einzelnen,
1 Zwischenräume getrennten Stückchen. Diese Zwischenräume
1 11 die Lymphwurzeln dar. Trägt die Schleimhaut Zotten, so
..in im Innern einer jeden derselben ein oder mehrere Höhlen,
centralen Hohlräume, deren Contouren im Allgemeinen mit der
itenoberfläche gleichläufig sind. Mit diesem Binnenkanal hängen
II die schon erwähnten Lücken zusammen, welche zwischen den
ii;tandtheilen des Stroma's der Schleimhaut gelegen sind ; die letz-
!3n erstrecken sich also vielfach verzweigt vom Centraikanal aus
zur Zotteuoberfläche unmittelbar unter das Epithelium. — Um die
" 'pten, welche zwischen den Zotten gelegen sind, findet sich in der
iileimhaut ein ähnliches Lückenwerk, welches mit dem aus den
;,ten kommenden in Verbindung steht, das sich aber scharf gegen
Eigenhaut der Crypte absetzt. Aus diesen noch mit keiner
^ibstständigen Wand versehenen netzförmig verzweigten Höhlun-
11 gehen klappenlose Aeste hervor, welche die Längs- und Quer-
sskelschicht der Schleimhaut durchbohren, und im Unter-
iileimhautgewebe ein dendritisch verzweigtes, keineswegs mit sehr
'•) Henle, allgemeine Anatomie 1841. 642. — Derselbe in seiner und Pfeufcr's Zeitsclir. 3. Reihe.
iöUiker, Handbuch der Gewebelehre. 3. Auflage. 579. — Noll.Henle's u. Pfcufer's
'Schrift. IX. Bd. 52. — E. Br ticke, Wiener akademische Denkschriften. II. und VI. Bd. —
rselbe, Sitzungsbericlite der Wiener Akademie. IX. Bd. 900. n. X. Bd. 27. — C. Bruch,
'«chrlft fUr wissenscliafti. Zoologie. IV. Bd. 282. — Dondcrs, Henle's u. Pfeufor's Zeit-
•ift. N F. rv. Bd. p. 2.32. u. f. — Derselbe, Physiologie des Menschen. 2. Aufl. 342. —
■1 sauer, Jahresbericht fllr 1850. p. 186. — Heidonhain, Moicschott Uutersuclumgen. IV. Bd.
iymbolae ad onatomiani glandulär. Peycri. Breslau 1859. — Uyrtl, östr. Zeitschrift für prakt.
Iknnilc 18C0. p. 293. n. 338. — His, Zeitschrift fiir wiss. Zoologie. X. Bd. 334. — Billroth,
träge zur patholog. Histologie. 1868. 146.
568
Bau clor Lymphwurzeln im Darm.
häufigen Anastomosen versehenes Gefässnetz darstellen. An dies
Ort verlaufen die Lymphgefässböhlen in den Bindegewebszügi
welche das subraucöse Gewebe darstellen ; die erste Andeutung ei]
selbstständigen den Lymphgefässen eignen Haut ist durch ein E]
thelium gegeben, welches die Lymphhöhle gegen das Bindegewei
abgrenzt; dann kommt es zur Bildung von Klappen, deren An:
senheit schon auf eine selbstständige strukturlose Wand schliesBi
lässt. Nachdem die Gefässe auch die Muskelhaut des Darms dun
brechen haben, tragen sie alle Eigeuthümlichkeiten der Lymp
fasse im engern Wortsinn.
Heidenhain, dessen Erfahrungen den oben vorgeführten
entgegen sind, glaubt annehmen zu dürfen, dass sich in dem Zo
gewebe und namentlich in dem, welches sich zwischen der ceni
len Höhle und der Zottenoberfläche erstreckt, ein Röhrennetz ai
breitet, das durch die hohlen anastoraosirenden Aeste steraför
Zellen gebildet werde. Ausstrahlungen aus diesem Netz münd
nach aussen in hohle Fortsätze der Epithelialcylinder , nach inn(
wahrscheinlich in die centrale Höhle. Selbstständige Häute hat
nicht dargestellt, und zudem widersprechen sich die Befunde
ai;f verschiedene Weise hergestellten Präparate. Man kann ai
seinen Zeichnungen jedoch schliessen, dass das Zottengewebe ai
Stoffen bestehe, die in Chromsäure und Holzessig ungleichmässl
quellen und schrumpfen, sodass die Reagentien zur Verdeutlichung
handener oder zur Entstehung neuer Höhlen Veranlassung geben.
Meissner und Donders schliessen aus der scharfen A'
grenzung, welche die centrale Zottenhöhle gegen ihre Umgebui
darbietet, auf Anwesenheit einer strukturlosen Haut, welche
Hohlraum der Zotte umgrenzt.
Die Zotten des Vogeldarms enthalten in ihrem centralen Raun
ein oder mehre Reihen paralleler, vom Zottengrund gegen die Zo
tenspitze aufsteigender Gefässe. Nahe an der freien Oberfläche d(
Zotte biegen die zu einem Bündel gehörigen Gefässe ineinander ni
und auch auf ihrem Wege durch die Zotte anastomosiren sie. Ai
einem jeden dieser Bündel, die also aus der Centraihöhle d(
Zotte hervorkommen, dringt ein Gefäss in das Untersehl eimha«
gewebe und von dort durch die Mnskelhaut des Darms, wo dasselb
die ersten Klappen empfängt. Hyrtl, der diese auf Injektione
gestützte Angabe macht, theilt den Gefässen tiberall eine eigne Hai
zu, sodass also die in der Zottenhöhle gelegenen Lymphräume schai
abgegrenzt sind gegen ein etwa vorhandenes Lückenwerk im jfii
Bau der Lymphwurzeln in der Haut, Lunge etc.
569
igen Schleimhaiitgewebe. Dieser Behauptung würde man bei-
, ehten müssen, wenn sich erweisen liess, dass die peripherischen
fnungen, welche im Zottenraum vorausgesetzt werden, sich ebenso
ht öffnen gegen einen Druck, der von innen nach aussen wirkt,
gegen einen solchen von entgegengesetzter Richtung. Ohne
können Injektionspräparate für die Controversen nichts ent-
eeiden.
An andern nicht zum Darm gehörigen Oertlichkeiten ist von
Lympbwurzeln Folgendes bekannt. Werden die Lymphgefässe
den Organen her (der Haut, den Drüsen u. s. w.) injizirt, so
lüt man das, was man seinem Bau nach für ein unzweifelhaftes
inphgefäss ansehen muss, aus einem sehr reichlichen von rela-
weiten Rohren gebildeten Netz hervorkommen. Die Zweige
'3S Netzes sind scharf begrenzt und daraus vermuthet man, dass
> schon mit selbstständigen "Wänden begabt sind; Klappen sind
Heu Netzen noch nicht l)eschrieben worden; wären keine vor-
iden, so würden jene Präparate mit hoher Wahrscheinlichkeit die
tten Enden der Lymphwurzeln darstellen (Haase,Lauth, Foh-
inn, Hyrtl).
lUm sich ein tJrtheil über den Bau der Lyniphwurzeln zu verschaffen, sind mehre
(oden angewendet. 1. Von der Darmschleimhaut wähll man solche Stücke zm
coskopischen Untersuchung aus , die sich während des Lebens mit feinen Fett-
(chen gefüllt haben, vermöge einer von der Darmhöhle aus stattfindenden Re-
i.ion. Solche Stücke kann man durch einen von Brücke angegebenen Kunstgriff
ijsichtig machen. Insofern sie eine natürliche Injektion, und zwar eine solche, die
L'der Peripherie her unternommen wurden, darstellen , und insofern die gewonnenen
nrate im frischen Znstande mit jeder möglichen Vergrösserung untersucht werden
ten, geben sie auch den vollkommensten Aufechluss. — Mit der Lymphinjektion
man häufig verwechselt eine solche der Blutgefässcapillaren , welche, wie diess
vorkommt, mit kleinen kugeligen, dem erstarrton Fett ähnlich sehenden Körper-
(Leucinkugeln .') gefüllt sind. Man darf also nur solche Gefässe für Lymphwur-
baltcn , welche sich in ein deutliches klappentragendes Lymphgefäss fortsetzen. — •
aine Durchschnitte der frischen und der mit Chromsäure oder Holzessig behandel-
nit resobirtem Fett gefüllten Darmschleimhaut hat Heidenhain benutzt, um aus
sichtbaren Anordnung der Elementartheile auf die Lymphwurzeln zu schliessen. —
I die grössern einer Inj ektions wunde zugänglichen Lymphgefässe spritzt man Queck-
r (Haase, Lauth) oder künstlich erhärtbare Massen (Hyrtl) ein, und zwar in
tRichtung von dem Stamme zu den Wurzeln ; den Widerstand der Klappen über-
• et man durch einen örtlichen Druck auf die schon angefüllten Lymphstücke. —
' die gerissenen Maschen des Bindegewebes hat man Quecksilber (Fohmann)
■ gerinnende Massen (Hyrtl) eingespritzt; die in jene künstlich gebildeten Höhion
' lenden Lymphgefässe werden durch die dahin gespritzte Masse angefüllt. — Andere
liektc Beweismittel werden im Verlauf der Darstellung noch zur Sprache kommen.
570
Bau der Lymphdrüsen.
Ueber die Stellung der Blutcapillaren zu den Lymphwurz
ist vom Darm her bekannt, dass die erstem unmittelbar an dj —
von Brücke beschriebene Lückensystem grenzen. Billroth gie|
nach einem allerdings zweifelhaftem Bild ein ähnliches Verha
fili- die Lymphgefässe des menschlichen Präputiums an, wie
Brücke auch im Unterhautschleimgewebe des Kaninchens be
achtete; hier werden nämlich die blutführenden Gefässe von
lymphatischen scheidenartig umgeben.
Die Lymphdrüsen scheidet man in einfache und zus
mengesetzte. Die . einfachen Lymphdrüsen (zerstreute Follikel,
litäre Bälge) sind stecknadelkopfgrosse, kugel-, spindel-, Un-
förmige u. s. w. Körnchen, die aus einem Gerüst, Zellenhäufch
und Blutgefässen bestehen; das Gerüst ist aus Bindegewebe
zuweilen aus Muskelzellen dargestellt; an der Peripherie des s
tären Koras bildet das Bindegewebe eine mehr weniger dicht ,
schige Kapsel, von welcher durch den von ihi" umschlossenen H
räum nach allen Eichtungen hin Fasern ausstrahlen, die die 1^
tern in kleine mikroskopische Abtheilungen bringen, welche in vi
facher Verbindung untereinander stehen. In die Lücken die§
Fasernetzes sind die Lymphkörperchen gelagert und auf den B"
chen selbst verzweigt sich ein Netz capillarer Blutgefässe. — W"
mehrere solcher einfachen Bälge von einer gemeinsamen Bind"
webshüUe, die dann meist auch Muskelzellen enthält, umf;
werden, so entsteht eine zusammengesetzte Lymphdrüse. In
solchen zusammengesetzten Drüse sind jedoch die einzelnen
likel nicht scharf von einander getrennt, ihre Hohlräume steh
vielmehr in offener Verbindung, weil die von der gemeinschaftlich
Hülle ausgehenden, die einzelnen Follikel trennenden Scheidewä
selbst nur aus netzförmigem Bindegewebe und zuw(^ilen auch a:
Muskelzellen bestehen.
Das Verhalten der beschriebenen Drüsen zu den Lymphge"
sen ist nur bei den zusammengesetzten klar. Gelangt ein Lym^
stamm in die Nähe einer solchen Drüse, so spaltet er sich
fach in feine, aber noch mit unbewaffnetem Auge sichtbare Ae
welche die Capsel durchbrechen, sodass je einer in die Höhle eia
oberflächlich liegenden Korns einmündet. Führt die durch die
bende Drüse strömende Lymphe viel Fett, oder einen ihr bei
brachten feinkörnigen Farbstoff, so sieht man, vorausgesetzt, d
kein besonderes Stromhemmniss besteht, die Flüssigkeit am Umf
je eines Follikels sich herbewegen, wälu-end der in der Mitte d
Bau der Lymi)hdrÜ8en.
571
pen gelegene Zellenhaufen farbstofifrei nnd durchsichtig bleibt;
ili geht die Flüssigkeit schon eher in die abführenden Lymph-
ässe über, bevor sie sich merklich über den Theil der Drüse
oreitet hat, welche aus andern Lymphstämmchen versorgt wird,
at man dem Strom ein Hemmniss entgegen, z. B. durch Verschluss
ausfühi-enden Gefässes, so verbreitet sich jetzt die gefärbte
issigkeit weithin durch die angrenzenden Follikel und geht zu-
;ch zwischen die Zellenhaufen. Aber in allen Fällen bewegt sie
gegen den ausführenden Stamm, niemals aber in die einfüh-
lien Gefässe der angrenzenden Follikel, selbst wenn diese leer
[, und zwar darum nicht, weil hier immer Klappen vorhanden
.1. Die ausführenden Gefässe aber treten aus der Seite der Drüse
ror, welche den Einmündungsorten der einführenden Gefässe
[^egengesetzt ist; die Vasa efferentia bilden unmittelbar an ihrem
prnng ein vielfach zusammenhängendes Geflecht, aus welchem
endlich wieder ein Gefässstamm hervorbildet.
Als man sich überzeugt hatte, dass die einzelnen oder gehäuft
«enden Drtisenbälge, welche in der Milz, Thymus, Mund-, Rachen-,
r;en-, Darmschleimhaut vorkommen, ihrem Bau nach mit den
;'.elnen Körnern der zusammengesetzten Lymphdrüsen überein-
iimten, war man geneigt, auch sie für Einlagerungen in die
Qophgefässe zu halten.. Diese Unterstellung schien bestätigt zu
oden durch die Erfahi-ung, dass in den Follikeln der Peyerschen
Isen während der Verdauung Chylus gefunden wurde (d. h. eine
I Inhalt der Lymphgefässe in der Schleimhaut des verdauenden
imes ähnliche Flüssigkeit) und ferner , dass eine in die Darmfol-
II eingespritzte Masse sehr leicht einen Weg in die Lymphge-
iie findet (Brücke). Weil man aber meist gar kein zuführen-
Gefäss auffinden konnte, so erschien es auch nicht unmöglich,
•8 ein solcher Follikel den Anfang eines Lymphgefässes darstellen
nte (Donders). Diese Thatsachen genügen jedoch nicht, um
Annahme als eine vollkommen gesicherte zu betrachten, welche
rauptet, dass die Follikel überall und namentlich auch ausser-
0 des Darmes erweiterte mit Zellen gefüllte Lymphgefässe dar-
ben.
Die Lymphgefässe, welche als Leitungsröhren aus den Wur-
1 hei-vorgehen , besitzen eine strukturlose elastische Wand, die
ihrer Innern Fläche mit einer Schicht von Deckzellen, auf ihrer
|«em aber mit Faserzellen belegt ist; an diese schliesst sich strei-
9 Bindegewebe an. Die Faserzcllen müssen unzweifelhaft zum
572
Zusannuensetzung der Lymphe.
Muskelgewebe gerechnet werden, da es gelingt, durch elektrisc
Schläge den Durchmesser der mit ihnen behafteten Lymphgefäj
zu verkleinern. Die Dicke der Wand ist im Verhältniss zurWe
des Lumens zwar immer gering; sie nimmt jedoch mit dem stj
genden Durchmesser dieses letzteren zu. Die in die Gefässhöi
ragenden Klappen sind aus elastischem Bindegewebe gebaut, des^
freie Oberfläche mit Deckzellen belegt ist. — Die Anordnung
Höhlung in den Lymphstämmen kann als bekannt vorausgese
werden. Im Allgemeinen scheint die Gesammtsumme der lut
von den Wurzeln gegen die Stämme beträchtlich abzunehmen. Weg
der grossen Dehnbarkeit der Wandung kann der Durchmesser dl
selben Gefässes sehr veränderlich sein. M
Aus verschiedenen Organen und Geweben gehen sehr ungleiij
Mengen von Lymphgefässen hervor. Vorzugsweise reichlich gel
sie aus Bindegewebsräumen oder saftreichen Drüsen hervor (Le^|
Milz, Leder- und Schleimhaut), sparsamer scheinen sie aus
Muskeln zu kommen. \\
2. Lymphe*). Da sich in den ductus thoracicus auch,
aus der Auflösung der Speisen resultirende Saft ergiesst, so ble|
einstweilen die Betrachtung seines Inhaltes ausgeschlossen ; die
genden Bemerkungen beziehen sich also nur auf die Flüssigkö
welche in den Gefässen des Kopfes, Halses und der Extremit
eingeschlossen ist.
Die Lymphe ist ein Gemenge aufgeschwemmter und flüssij^
Stoffe; je nach dem Verhältniss dieser Bestandtheüe ist sie
chig, trüb oder wasserhell. i\
Die aufgeschwemmten Theilchen sind Molekularkörnchen, Ke
grössere oder kleinere kernhaltige Zellen (weisse Blut- und L}Tnf
körperchen) und gefärbte Blutkörperehen, welche nach Gubl
und Quevenne in der menschlichen Lymphe kleiner als die
Blutes sind; beim Hunde fehlen in der Halslymphe zuweilen il
gefärbten Scheiben ganz (Krause). Die Haut, die diesen Geb
den und namentlich den zuerst erwähnten zukommt, besteht i
einer in Essigsäure löslichen Eiweissart; ihr Inhalt ist, theilv
wenigstens, namentlich in den Molekularkörnchen, ein fetthaltiger.-
*) H. Nasse, Hiindwörterbuoh der Physiologie, n. 363. — Herbst, Das Lympligcfc
und seine Verrichtung. — Gubler und Quevenne, Gazette miä. 1854. 17. Juin et
W. Krause, Ilenle's und Pfeufe r's Zeitschrift. N. F. — Poisouille und L e f ort, ColB
rend. 46 Bd. 677. — Würt/,, ibidem. 49 Bd. 453.— Frerichs und Staedcler, Miiller's
1856. — Colin, Tinitd de physiologio compar. 1866. II. Bd. — Scherer, Dessen Jnlircsb^,
über physiol. Chemie für 1857.
Zusammensetzung der Lymphe; Paserstoff, Fette.
573
I Flüssigkeit hat behufs der chemischen Analyse noch nicht von
aufgeschwemmten Theilen geschieden werden können. Ihre
iimniensetzung kann darum nur erschlossen werden aus der
[jrsuchung der Gesammtlymphe. Diese enthält: a. meistentheils,
ich nicht immer Faserstoff und zwar in aufgelöster Form ; nach
lEntleernng der Lymphe gerinnt derselbe und giebt, indem er
laufgeschwemmten Bestandtheile einschliesst, Veranlassung zur
ttehung eines sehr lockeren, wenig zusammenhängenden Kuchens.
Faserstoff der Lymphe und der des venösen Blutes stimmen
iiiren Eigenschaften überein (Lehmann). Die Zeit, in welcher
Lymphe nach der Entleerung gerinnt, ist verschieden von we-
nn Minuten bis zu mehreren Stunden; in seltenen Fällen erfolgt
innerhalb derselben Lymphe die Gerinnung in mehreren weit
einander entfernt liegenden Zeitpunkten. — Die Bedingun-
unter denen der Faserstoff fehlt, liegen weder in der Blutbe-
ßffenheit des lymphgebenden Thieres, noch auch in der Ge-
rindigkeit, mit der dieser Saft gebildet wird. Allerdings ent-
I häufiger die reichlich ausfliessende Lymphe ein geringes oder
gar kein Gerinnsel, zuweilen aber ist auch die sparsam ab-
mderte faserstofffrei (Colin, C. Ludwig). Die aus demselben
8SS ausströmende Flüssigkeit ist wechselnd (von Stunde zu
Mej bald faserstofffrei und bald faserstoff haltig; ebenso ist zu-
itn von zwei Portionen, die gleichzeitig aus den beiderseitigen
!Jtämmen mit ungefähr gleicher Geschwindigkeit hervorkommen,
feine schwach oder gar nicht, die andere stark geronnen
ijmsa, C. Ludwig). — b. Albuminnatron, welches nach Neu-
aation der alkal. Lymphe in geringer Menge ausfällt. — c. Al-
m, welches bei Kochen der vorgängig neutralisirten Lymphe
iisfällt. — d. Fette, und zwar ölige, feste, krystallisirbare und
itifte. — e. Traubenzucker; von Gubler und Quevenne zü-
mchgewiesen. In der aus dem Halsstamm des Hundes ergos-
II Flüssigkeit ist er ein nie fehlender Bestandtheil, selbst wenn
m Blute nicht nachgewiesen werden kann (Krause, Poi-
Ule, Lefort).
lieber die Menge des Lymphzuckers, und sein Verhältniss zum Zucker des Bluts
lies Chylus geben Poiseuille und Lefort folgende Zusammenstellung für
liieile. Die Zahlen bedeuten Zucker in Grammen:
574
Mischung der Lymphe; Zucker, Harnstoff etc.
Hund zu Ende der Verdauung.
Pferd
Kuh
Während der Verdauung.
Kuh
Stier
arterielles Blut.
Spuren
0,069
0,0.55
0,014
0,073
Inhalt des j
duct. thoraoicusl "'"'*'J-'nP*
0,109
0,222
0,068
Mesenterial-
lymphe.
0,186
0,123
f. Harnstoff fand Wiirtz beständig in der Lymphe.
Die folgende Tabelle giebt den prozentischen Harnstoffgehalt an.
0,166
0,442
0,098
0,266
Fütteiung.
Blul.
Chylus.
Lymphe.
Hund
Derselbe
Kuh
Stier
Widder
Pferd
Fleisch
Trockner Klee
Klee. Kapskuchen
gewöhnliches Futter
0,009
0,019
0,025
0,018
0,019
0,019
0,028
nach zwei Versuchen
0,016
0,019
0,021
0,012 •*!
— g. Aus den Lymphdrüsen -gewann Staedeler und FrerJu
Leucin, aber kein Tyrosin, nach dem sie suchten. Vielleicht enij
also auch die Lymphe den ersteren Körper. — h. Extrakte vonj
bekannter Zusammensetzung. Die in altern Beobachtungen ai?i
führten dürften wesentlich aus Albuminnatron bestanden haben (6|
ger). — i. Unorganische Bestandtheile, und zwar Ammoniaksa
Chlornatrium und Chlorkalium, phosphorsaure, schwefelsaure,
lensaure Alkalien, diese jedoch nicht immer (Scher er),
oxyd und Wasser.
Die Variationen der Zusammensetzung nach Zeit und Ort
noch wenig bekannt. Die Molekularkörnchen sollen vorzugsw^
in den Lymphgefässen vor ihrem Eintritt in die Drüsen bei
Individuen oder auch einige Zeit nach einer reichlichen IMa
vorkommen ; ich habe sie nie beobachtet. — Die Lymphkörpeyö^
treten in den Gefässen jenseits der Drüsen viel reichlicher auf
diesseits derselben ; demnach ist jedenfalls die grösste Menge
selben aus den Drüsen abzuleiten (Brücke). Die sparsamen
perchen, die man in der Lymphe vor dem Durchgang durch
grössern Drüsen findet (Kölliker), könnte man ableiten aus
häufig vorkommenden zerstreuten Follikeln, vorausgesetzt, dass
Die Lymphkörperchen kommen aus den Drüsen.
575
•l)iudung mit den Lympligefässen erwiesen wäre. Da aber auch
der Gefässwand Zellenbildung stattfinden - kann, so wären auch
h andere Quellen derselben möglich. Blutkörperchen, die immer
rsam vorhanden sind, trifft man in der Milz- und Halslymphe
(Nasse, Herbst), und zwar vorzugsweise, wenn ein Theil
Drüsen, aus denen der Halsstamm hervorgeht, durchweg roth
iärbt ist. In diesen Fällen liegt der Verdacht einer Extravasation
den Blutgefässen nahe (Krause). — Der Gehalt der Lymphe
^gernder Thiere soll reicher an Eiweiss und dafür ärmer an
ssser sein als der, gefütterter (?) (Chevreul, L'heritier und
lelin). Die Beobachtungen zur Begründung der letzteren Be-
ptung sind allerdings insofern nicht vollkommen vergleichbar,
die beiden ersteren Chemiker ihr Objekt aus dem ductus tho-
cus eines hungernden Hundes und Menschen, der letztere sie
dem Lendengeflecht des hungernden Pferdes nahm. — Krause
.tätigt am Hunde, dass ein und dasselbe Thier unmittelbar und
len ersten Stunden nach der Mahlzeit eine um mehrere Prozente
liünntere Lymphe ausgiebt, als nach 24stündigem Hungern. Aber
h bei nüchternen Thieren wechselt der Rückstand bis zu meh-
m Prozenten. Die Zunahme derselben steht auch in keiner
iiehung zur Geschwindigkeit der Absonderung ; die letztere kann
sehr gelingen zu sehr beträchtlichen Werthen anwachsen, ohne
?3 sich der Gehalt an festen Stoffen ändert.
Quantitative Zerlegungen der menschlichen Lymphe gaben Q ne-
in e (I, H) und S oberer (HI). Danach enthalten 100 Theile:
m.
0,037
3,472
0,73
95,76 -
Kach W. Krause schwankt bei einem und demselben und
verschiedenen Hunden der prozentische Gehalt der Lymphe an
:en Bestandtheilen überhaupt zwischen 2,8 bis 5,0 imd der un-
I.
n.
Fibrin und Köi-perchen . .
0,056
0,063
Fett
0,382
0,920
^buminnatron mit 0,01 pCt. i
3CaOP05 . . . . i
4,275
4,280
\Alkoholexti'akt . . . . »
0,570
0,390
0,050
^aOCl i
!2NaOP05 und NaOCOa )
0,730
0,640
0,180
93,987
93,477
576
Die Lymphbildung begünstigt durch Bewegungen, Opium.
organischen zwischen 0,86 und 0,44. Die an festem Riickstar
reichste Lymphe führt keineswegs immer die meisten Salze.
Ausser*) diesen gewöhnlietien Bestandtheilen kommen auch zahlreiche andere
der Lymphe vor; es scheint, als ob alle in der Flüssigkeit des Bindegewebes au^
liehen Stoffe in ihr erscheinen könnten; namentlich ist es festgestellt, dass narkoti«
Gifte, was man längere Zeit unter dem Einflüsse von Emmert läugnete, ia^^
Lymphe übergehen (Bischoff). Siehe hierüber Cl. Bernard 1. c. ^
3. Die Geschwindigkeit**), mit welcher die Lymphe a
dem Halsstamm des Hundes ausfliesst, ist bei verschiedenen Hun4)
unter scheinbar denselben Umständen eine sehr verschiedene, fi
einem Thier kann man in kurzer Zeit grössere Mengen, bei ande©
selbst während einer tagelang foi-tgesetzten Beobachtung nur weni
Grammen sammeln. Es hat den Anschein, als ob dieser ünfe
schied in ursprünglichen Einrichtungen, in der sogenannten Ce
stitution begründet wäre. Junge lebhafte muskelkräftige Hunde n
straffer Haut geben fast regelmässig mehr Lymphe als träge, fei
alte mit schlaffer Haut. ^
Aber auch an demselben Thier ist die Geschwindigkeit, ?
welcher die Lymphe ausfliesst, je nach besonderen Bedingung«
eine sehr verschiedene; mit anderen Worten, es sind die letzte«
von einer sehr ungleichen Wirkung. Namentlich scheint es nicht al|
gewagt, dieselbe nach ihrer auf den Lymphstrom wu*k enden
in zwei grosse Gruppen zu bringen; eine Reihe von willkührM^
einzuführenden Umstände ist nämlich nur befähigt, den schon
ihrer Anwesenheit vorhandenen Lymphstrom zu verstärken, keine
Wegs aber im Stande, ihn zu erzeugen , wenn er fehlt ; aber auch 4
verstärkende Eigenschaft kommt ihnen nicht immer zu. Die ande
;Reihe kann dagegen den ganz fehlenden Strom auch hervorrufe
Zu den ersteren, die wir die begünstigenden nennen wolle
gehören: a. Bewegungen der Gesichts- und der Halsmuskeln (Ol
lin, Schwan da). — b. die Einspritzung von soviel Opiumtinkti
in die Venen, dass dadurch ein vorübergehender Krampf mit dia
auffolgender tiefer Narkose erzeugt wird. Schon während d(
Krampfs beginnt die Lymphe verstärkt zu fliessen, aber dieser stä
kere Strom dauert auch noch während des tiefen Schlafes ~bei YO
kommen er Muskelruhe fort, namentlich wenn die Haut des Kojp
•) Henle'a und Pfeufer's Zeitschrift. I. 35. — IV. Bd. 63.— V. Bd. 293. — Zeitschrift
physlol. Heilkunde. XI. Bd. 23. — Friinkel, De resorpt. rasor. lymphBtic. Berlin 1S47. —
Bernard, Le^ons sur les liquides de. l'organisme 1859. II. 409. -
»*) Krause, Henle's und Pfeufer's Zeitschrift N. F. VU. Bd. — Schwand«, Wien
med. Wochenschrift lfi58.
Reizung und Durchsohneidung der Nerven, Entleerung, Oedem.
577
i geröthet hat. Der vermehrte Ausfluss dauert meist eine Stunde
mehr; er mindert sich jedoch noch während der Narkose
, dasMaass, welches vor der letztern bestand (C. Ludwig,
^iwanda). — c. Tetanisirende Reizungen des wohlisolirten n. fa-
HS unmittelbar nach seinem Austritt aus dem for. stylomastoideum
rren den vorhandenen Strom, selbst dann, wenn dabei die Mus-
I des Gesichts in Tetanus übergehen, sodass also das Gesicht
rrend der Reizungsdauer unbeweglich bleibt. Zuweilen kommt
cor, dass mit der Schliessung der tetanisirenden Vorrichtung der
ijphstrom beginnt und mit dem Ende der Reizung plötzlich auf-
I (Schwan da). — d. Schmerzhafte, Geschrei und Kopfbewegung
mlassende Reizungen der Kopf- und Mundhaut wirken ähnlich
cause). — e. Ebenso Durchschneidung des n. sympathicus am
te (Thomsa, C. Ludwig). — f. Ein öfter wiederholter Druck
(den Verlauf der Wurzeln und Stämme, welche sich in das Hals-
s3S ergiessen, namentlich wenn dieser soweit getrieben wii-d,
sich jene zuflussgebenden Röhren entleeren, kann die Menge
«ausfliessenden Lymphe sehr mehren; jedesmal wenn die Ent-
img stattgefunden, füllt sich das ganze System rasch wieder, so-
es bis zu einem gewissen Grad in der Hand des Beobachters
, wie viel Lymphe er gewinnen will (Schwanda, Krause).
/Zu den Umständen, welche den Lymphstrom im Halsstamm
rmd und regelmässig verstärken, und ihn auch , wenn er vorher
. vorhanden, wach rufen, gehört die Bildung eines Oedems in
[jresichtshaut. Umschliesst man die Schuautze mit einem festen
l undschwilltin Folge dessen die Oberlippe auf, so fliesst , wenn
das Band lösst, die Lymphe reichlich; dabei nimmt die Lip-
inschwellung ab, jedoch nur sehr allmählig, und es dauert der
eehrte Sti-om oft lange Zeit.
rOhne merklichen Einfluss auf den Gang |des Abfliessens ist
gen die Unterbindung der Carotiden (Krause), ferner die
■tbindung der blossgelegten grossen Halsdrüse, aus welcher
>ymphstamm hei-vorgeht (C. Ludwig) und endlich ist es gleich- .
ob das Thier zum letzten mal vor 24 oder vor wenigen oder
einer Stunde gefüttert wurde.
'ie folgenden Zahlen sind aus Beobachtungen abgeleitet, die mindestens \U, öfter
ach mehrere Stunden dauerten. Sie sind von Krause, Schwanda, Thomsa
Ludwig gefunden. Die Methode des , Aufsaugens beschreiben Krause und
I an da 1. 0. /
Idwig, Physiologie II. 2. Auflage. 37
578
Umfang der Absonderung.
Mittlere Lymphmenge in
Lyinplinienge für 1 Kilo
Nummer d.
1 Minute una d. Gcräss.
Gewicht des
Kopf in 24 Stunden.
Be-
Hundes.
Reclits.
Linlcs.
lialben Kopfes
Ilcclits.
Link«.
merliunj;)
I
0,272 Gr.
0,392
0,965 Kilo
405,8 Gr.
585,0. Gr.
Ausstii
II
0,227 „
0,346
1,290 „
259,0 „
387,0 „
chcii der i
in
0,292 „
0,389
1,025 „
414,0 „
539,5 ,,
fässstäiij .
IV.
VI.
vn.
VIII.
0,685
0,037
0,020
0,034
0,0G9
0,09
0,36
0,11
0,015
0,050
0,062
0,082
0,032
0,007
0,009
0,217
0,172
0,206
0,118
0,041
0,029
0,025
0,040
Bestreichen des Gesichts.
Durchschneidung d. Symp. ohne Bestreichen.
Narkose.
Bestreichen des Gesichts.
Vagus links durchschnitten.
Dasselbe.
Narkose.
Eröffnung d. Oedem erzeugenden Schnur.
Vor 22 Stunden das letzte Pressen.
Während d. ersten 17 Minuten nach Opiumeins
Von 17- — ^77 Minuten nach Opiumeinspritznng/I
Narkose. .'(|
Sympathie, durchschnitten.
Vagus derselben Seite durchschnitten.
Geöffnetes Oedem.
Seit 24 Stunden nüchtern \ das Thier verharrt wS
Vor 1 Stunde gefüttert. H- S^n^en Beobachtung
I in aufrechter Stellung I
Während d. 3 folgend. Std. ) f^^j bewegUchem
Die Menge der Lymphe, welche aus den untern Extremit
fliegst, ist wegen der zahh-eichen Verbindungen, die die Stämm^
untereinander eingehen, nicht sicher zu bestimmen. Oefter
man aber aus den geöifueten Stämmen die Lymphe reichlich fliesl
Aus einer Oeffnung, die sich in einem varikösen Lymphg$|
des Schenkels einer Frau befand, sammelten Gubler und
Venne in der Stunde 120 Gran. Da der Strom aus der
nung mit gleichförmiger Geschwindigkeit (zwei Tage hindurch) ;
sich ging, so betrug der 24stiindige Verlust, den das Individi^^
an Lymphe erlitt, 2900 Gr., eine Zahl, die sehr gross erscli
wenn man bedenkt, dass ausser dem angestochenen noch
andere Lymphgefässe , die allerdings mit diesen communiziren»,^
dem Schenkel aufsteigen. In Uebereinstimmung mit dieser
achtung sind andere von Assalini und Müller. Da aberiai
diesen Fällen Krankheiten der Lymphgefässe vorhanden waren^
so darf man sie nicht benutzen, um daraus den Umfang der
Sunden Lymphabs cheidung abzuleiten. Wie gross dieser letz
ist, danach auch nur zu^ fragen ist gegenwärtig nicht gerechtfertil
Wie und wo entsteht die Lymphe.
579
• 4. L}'Tnphbildimg. Alle Lymphe bezieht ihr Material aus zwei
cn ; der eine ist an den Wurzeln der Lymphgefässe und der
cre in den Drüsen gelegen; der erstere liefert, wie wir ver-
Nien, alle oder mindestens dön grössten Theil der Flüssigkeit,
/■zweite die Körperchen.
iDa der flüssige Antheil der Lymphe reichlicher strömt, wie so
dargethan wurde, wenn sich die Säfte, welche in den Ge-
»eräumen niedergelegt werden , mehren , so muss zwischen
Bildung von Lymphe und von Gewebesaft eine gewisse
fehung bestehen. Diese könnte allerdings zunächst nur dadurch
Bindet sein, dass zum Entstehen der beiden Flüssigkeiten ana-
IBedingungen nöthig sind; der Zusammenhang kann aber'mög-
rr Weise auch dadurch gegeben werden, dass das, was früher
psbesaft war, später Lymphe wird. Für diese zweite Alternative
mt nun auch die schon angeführte Erfahrung zu sprechen, dass
folge eines reichlicheren Ausflusses von Lymphe aus solchen
imen, welche ihre Wurzeln aus einer Gegend beziehen, die vom
im befallen war, das letztere an Umfang abnimmt. Also scheint
»edemflüssigkeit durch die Lymphgänge abzufliessen. Zu dieser -
iirung gesellt sich bestätigend noch eine andere. Auf S. 424
te erwähnt, dass die Unterbindung des Ureters einer Mere, die
ile in der Harnabsonderung begrifi'en war, ein beträchtliches
im in der Fettkapsel jener Niere erzeugt. Aus diesem kann
nun leicht eine sehr reine Oedemflüssigkeit gewinnen, die je
der Gewinnungsart eine verschiedene Zusammensetzung zu
".en scheint. Tödtet man, nachdem die Oedembildung voraus-
ich schon weit fortgeschritten, das Thier durch Verblutung, rei-
(dann mit Fliesspapier möglichst sorgfältig die Oberfläche der
iiwulst, schneidet nun die ausgedehnten Maschen ein und fängt
in Uhrschälchen die aussickernde Flüssigkeit auf, so erhält
• einen wasserhellen Saft, der gänzlich frei von Lyraphkörper-
ist, der aber ähnlich gerinnt wie die Lymphe und der einen
»asser löslichen Stofl" enthält, welcher das CuO reduzirt ; dieser
rre Stofl' ist dem Anscheine nach mindestens in derselben Menge
«demsaft enthalten, in welcher der Traubenzucker in der Lymphe
»mmt; denn es genügen in beiden Fällen wenige Tropfen des
nefllossenen zur Erzeugung einer merklichen Reduction. Daraus
»also hervor, dass die Flüssigkeiten in dem Oedem und in
iLymphgefässen einige Eigenschaften mit einander gemein
].
37»
■
580
Antheil dor Drüsen an der Lymplibildung.
Wäre der so eben als wabrscbeinlich hingestellte Zusammdj^
hang wirklich erwiesen, so würde sich die Frage erheben, Avie \t§
wann kommt die Entstehung des Gewebesaftes zu Stande und v fj'
dringt er aus den Gewebsräumen in die Lymphwurzeln. — ]^
nun bekanntlich die aus Bindegewebe geformten Organe ödenj^
tös anschwellen , wenn sich ein Hemmniss in dem Strom der } 1
nen einfindet, welche das Blut aus der angeschwollenen Regi
abführen, und da sich damit auch die Spannung des Bluts in
betreifenden Capillaren steigert, so ist man geneigt, diese letzt
als die Ursache des Oedems anzusehen. Diese Annahme ist
dings nicht ohne Weiteres verwerflich, aber es ist doch auch^
denklich, sie ohne Weiteres anzunehmen, so lange mit ihr m\
erklärt werden kann, warum die chemische Zusammensetzung)
in die Gewebsräume filtrirten Flüssigkeit so sehr von der der B]j
flirssigkeit abweicht. — Das Wie und Warum die Oedemflüssig^
in die Anfänge der Lymphgefässe übergeht, ist so lange ke
Diskussion fähig, als die Anatomie der genannten Gebilde noclö|
Dunkeln liegt.
Selbstverständlich schliesst die Annahme, dass die Lymphe^
der durch Filtration entstandenen Oedemflüssigkeit hervorgeht
dere nicht aus, aber es giebt für dieselbe noch weniger Gr
als für die Oedemhypothese. Siehe hierüber die erste Au
dieses Lehi-buchs II. 371.
Nach einer verbreiteten Annahme soll die Lymphe , in demj
durch die Drüsen geht, verändert werden ; dieses wäre auf mel
Arten möglich. In den Hohhäumen der letzteren kommt die
noch einmal mit Blutgefässen und festsitzenden Zellenhaufen m\
rührung; der Inhalt der erstem ist jedenfalls und der der letz|
wahrscheinüch anders zusammengesetzt als die Lymphe und dm,
ist die Bedingung für einen endosmotischen Austausch gegeben.
raschen Lymphsti-om ist er wohl wegen der kurzen BerührungfiJ
der betreffenden Säfte von sehr untergeordneter Bedeutung,
sofern die weiteren Lymphgefässe sich in der Drüse noch
in feinere Gefässe auflösen, und die in den Drüsenraum einged
gene Lymphe sich auch zwischen die Zellenhaufen ergiesst, kö
feste, in ihr aufgeschwemmte Körperchen dort zurückgehalten
den. So findet mau z. B. Zinnoberkörnchen in den Achseldrüpi
wenn an dem Vorderarm vor Jahren Tätowirungen vorgeuomin
wurden. In gesunden Verhältnissen scheint jedoch nur selten ^
anlassnng zur Filterwirkung der Drüsen gegeben zu sein, da
Mechanik des Lymphstroms. 581
m^e Fette erfahningsgemäss sehr leicht durch die letzteren hin-
fengehen. Vielleicht ist es in Krankheiten anders. — Endlich
:ten die in den Drüsenraum hineinhängenden Blutgefässe sehr
lat; darum sieht man sehr oft eine bis dahin farblos ausflies-
te blutscheibenfreie Lymphe einen Stich in das Rothe annehmen ;
man nun die Drüse bloss, so ist sie an dem einen oder andern
II dm-ch nnd durch roth gefärbt.
j Die Körperchen , welche die Lymphe aufgeschwemmt enthält,
llen ihr, wenn nicht auschliesslich, so doch jedenfalls zumgrössten
U erst in der Drüse beigemengt. Dieses geht aus den auf S. 574
feth eilten Beobachtungen hervor. Mit der Feststellung dieser
tisache sind allerdings die älteren anatomischen Angaben über
Entstehung der Lymphkörperchen beseitigt, die von der Vor-
eetzung ausgingen, dass sich die letzteren frei schwimmend in
ILymphflüssigkeit selbst bildeten, aber es ist damit noch nicht
wahre Formfolge aufgedeckt. Die meisten Anatomen scheinen
die Annahme zuzuneigen , dass sich die neuen Körperchen
hh Theilung der schon vorhandenen bilden. Als Hindeutungen
üiese Entstehungsart sieht ftian es an, dass die Kerne der Lymph-
in öfter zwei und mehrere Kernkörperchen enthalten, dass die
i'ie öfters von der Seite her eingebuchtet sind, als wollten sie
>spalten und andere ähnliche Erscheinungen von ebenso geringer
esiskraft. — Ebenso allgemein sieht man die kleinere Gattung
Lymphkörperchen als eine Vorstufe der Blutkörperchen au,
55 weil neben merklichen Unähnlichkeiten doch auch gewisse
ulichkeiten in der Form und Grösse zwischen den beiden Zel-
Tten bestehen, theils weil mau keine andere Quelle der Blut-
rerchen anzugeben weiss.
5. Lymphstrom. Die Spannungen und Geschwindigkeiten, welche
.-strömenden Lymphe zukommen, sind jedenfalls unbedeutend.
die Spannung der Lymphe hat dieses Noll erwiesen durch
Manometer, welches er bei Hunden und Katzen in den Hals-
wn einsetzte. In diesen Versuchen schwankte die Spannung
?chen 10 bis 30 MM. Wasserdmck. Die Giltigkeit dieses Ver-
rns kann auch für den Lymphstrom des Menschen behauptet
ten, weil die Wandungen der Gefässe bei gleichem Durchmesser
Lichten von einer ähnlichen Dicke sind, wie die des Hundes.
Oie Geschwindigkeit des Lymphstromes muss schon darum un-
intend sein, weil die langen und engen Gefässe, noch mehr
die Lymphdrüsen , einen so grossen Widerstand einführen. Zu-
582
Triebkräfte des Stroms.
dem strömt im günstigsten Fall aus dem geöffneten Halsstamm d.
Hundes die Flüssigkeit nur tropfenweise ab. — Die Richtung d'
Stromes muss unter allen Umständen von den Wurzeln nach d»
Venen gehen ; dieses ergiebt sich ganz einfach aus der besouder(
Anordnung der Klappen, welche, bekanntlich in sehr kurzen Zwische
räumen aufeinander folgend, so gestellt sind, dass sie den S^:^
nur in der bezeichneten Richtung möglich machen. — Zu den
teln, welche die Spannung und Bewegung der Lymphe unterhal"
zählen, wie Noll nachgewiesen, jedenfalls die Respirationsh
gungen und die Pressungen, welche die umliegenden Muskeln-
radezu oder auf Umwegen auf die Gefässe ausüben. — Beide
flüsse wirken hier ganz in derselben Weise, wie diess ausführü
beim Blutstrom besprochen wurde (pag. 142 u. f.). Ausserdem k
nicht wohl bestritten werden, dass auch zeitweise die Muskelnf
der Wand des Lymphgefässes dem Inhalte eine Bewegung
theilen werden. Daneben steht aber auch fest, dass diese drei
stände gewiss nicht die einzigen Triebfedern des Lymphstro'
darstellen. Denn es besteht auch noch eine Lymphbewegung.
Orten, wo keine Muskeln, , weder innerhalb noch jenseits der
kelwand, wirksam sein können, wie z. B. in den Lymphgefäs
der Knochen und in den Anfängen der Lymphgefässe mit mu"
freien Wandungen; zudem ergiebt die Beobachtung der blos8ge_
ten Lymphgefässe oder des in sie eingefügten Manometers,
der Strom oft unter derselben Spannung lange Zeit hindurch
hält, ohne irgend welche sichtbare Veränderung in dem D
messer des Gefässes oder ohne dass irgend welche Zusammer
hung in den umgebenden Muskeln bemerklich ist. Endlich ei^*
aber, wie aus den Beobachtungen von Stannius*) hervorg*
auch noch die Lymphbewegung in todtenstarren Gliedern (?).
Respirationsbewegung kann aber nicht Ursache des dauernden S
mes sein, da sie selbst in der Nähe der Einmündung des Gef
in die Vene nur sehr unbedeutende Spannungsveränderungen
zeugt und keinesfalls jenseits der Drüse hinwirkt; die mögliche
abhängigkeit unseres Stromes von diesen Bewegungen wird a,
am besten durch den bekannten Versuch erwiesen, dass ein
fäss, wenn es auch zugeschnürt ist, sich zwischen den Wurzeln na
dem Unterbindungsfaden strotzend anfüllt, obwohl sich durch
unterbundene Stelle hindurch die Folgen der Respirationshewegnö
•) Archiv ftir pliyelolog. Heilkunae. XI. 23.
Zufuhr neuer Blutbestandtheilo durch die Speisen.
583
• nicht geltend machen können. — Nach allem Diesen liegt es
(16, zu vermuthen, dass die Gewalt, welche die Flüssigkeit in die
ITässe treibtj auch die Fortführung durch dieselben zu vermitteln
;ge. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es nun bemerkenswerth,
SS auch am todten Thiere, bevor der Inhalt der Gefässe geron-
1, der Lymphstrom unterhalten werden kann, wenn man durch
ispritzung von Wasser in die Blutgefässe eine wassersüchtige
ischwellung der Gewebe bewirkt, und dass die Spannung, unter
die Lymphe sti'ömt, sich steigert' mit der zunehmenden Anfül-
:g des Unterhautzellgewebes (Noll). — Noch mehr aber, dass
Ljmphstrom wenn nicht ganz aufhört, so doch wenigstens sehr
liangsamt wird, wenn die Blutcirculation in der untern Extremi-
nahebei oder ganz unterdrückt ist (B i s c h o f f , M e d e r *).
Zaijuhr 7ieue)' Blutbestandtheile durch die Speisen.
Der Verlust, den der thierische Köi-per an wägbaren Atomen
';idet durch Ausscheidung von Harn, Koth, Dunst, Epithelial-
»en, Samen, Milch u. s. w., erfährt seine Ausgleichung durch
ee Aufnahme von festen, flüssigen und gasförmigen Stoffen. Da
bei . der Athmung schon das Eindringen des Sauerstoffs be-
lochen haben, so bleibt es uns hier noch übrig, den Gewinn an
cen und flüssigen Massen zu behandeln, welche durch den Darm-
ual hindurch in das Blut eindringen.
A. N ahrungsbedtirfniss**).
Eine Reihe von eigenthümlichen Empfindungen, die wir Hunger
11 Durst nennen, bestimmt den Menschen Nahrung aufzunehmen.
1. Der Hunger drückt sich durch eine nagende oder drückende
ipfindung in der Magengegend aus; wenn sie einige Zeit be-
ilüden, so gesellt sich zu ihr eine unbehagliche, leidenschaftliche
mmung und der bestimmt ausgesprochene Wunsch nach fester
ihrung.
Die Nerven, welche den Hunger veranlassen, scheinen bei nie-
«■en Graden desselben die • sensiblen Magennerven zu sein. Bei
Kiern Graden des Hungers scheinen sich dagegen an seiner Er-
agung auch die sensiblen Nerven des Dünn- und Dickdarms zu-
' •) Meder in MeissncrB Jahresb. för 1858. p. 219.
'••) Volkmann, Hnndwörtcrbucli der Physiologie. H. 688. — Longot, Anntomio et phyain-
! du Systeme nervcMix. II. p. :)27. — Molcschott, Die Physiologie der Nnhrunpsmitlol.
'Ben. 1859. 178. — Busch In Virchow's Archiv. XIV. 140.
Hunger durch Erregung der Magen- und Därmnerven.
betheiligen, und vielleicht auch noch andere weit und zahkei
durch den Organismus verbreitete Nervenraassen. Sj.
Für den Antheil der Nerven des Magens spricht die örtli
in dem genannten Organ auftretende Empfindung, vorausges^
dass die Gefühle des Magens, gerade so wie die aller übrij
empfindenden Flächen nur ausgelösst werden durch die Ner
welche sich in ihnen verbreiten. Diese Annahme findet noch
ihre weitere Bestätigung, dass der schwach gradige Hunger d
passende örtliche Einwirkungen auf den Magen gestillt wen
kann. So wird namentlich unmittelbar nach der AnfüUung
Magens mit Speisen und insbesondere bevor die eingeführte
rung verdaut oder in merklicher Menge in das Blut aufgenom:
ist, der Hunger gestillt. Auch stellt sich häufig der Hunger nicht eh
wenn die Absonderung aus der Magenschleimhaut verändert od(
die Aufüllung ihrer Blutgefässe jenseits eines gewissen Grades
steigert ist, obwohl sonst noch so gute Gründe für seinen Eintd]
vorhanden sein mochten.
Der Versuch , mittelst Nervendurchschneidungen ins Klare zu kommen , sohig
bis dahin erfolglos geblieben zu sein. Es wurde allerdings übereinstimmend fes
stellt, dass Thiere, deren nn. vagi am Halse durchschnitten waren, unter Umstand
noch begierig die vorgesetzte Speise verzehrten (Heid, Longet, Bid(fer u. jj^
und dass ebenso Katzen nach Durchschneidung der nn. splanchnici noch fräsen (Ht
ter, C. Ludwig); aber diese Beobachtungan widerlegen keinenfalls die AnnaK
dass sich an die genannten Nerven die Hungerempfindung knüpfe , da noch manniä
tige andere und namentlioh psychische Gründe Veranlassung zur Aufnahme der Spe
geben können. Diesen letzteren müsste man es allerdings Schuld geben, wenn
speisesuchenden Thieren , wie es Longet ausführte , neben den nn. vagi auch noc'
die Geschmaoksnerven durchschnitten wurden.
Andererseits kann aber auch der Hunger bestehen trotz einei
andauernden Anfüllung des tüchtig verdauenden Magens mit leicli
verdaulichen Speisen. Dieses geschieht namentlich, wenn die ia
Magen veränderten Speisen wegen einer bestehenden organischei
Verengung des pylorus oder einer Düundarmfistel nicht in dei
Dünndarm übergehen und also auch nicht der Blutbildung zu Giiti
kommen. In diesen Fällen verschwindet allerdings nach dem Essen
das lästige vom Magen ausgehende Gefühl, aber es bleibt imvaci
noch ein mächtiger Antrieb zur Aufnahme von Speisen zurück
Dieser letztere kann dagegen gestillt werden, wenn in den Düim
und Dickdarm Nahrung eingebracht und diese von dort in da^
Blut übergeführt wird (Tiedemann, Longet, Busch). — A^^
diesen Thatsachen kann man zunächst nur folgern, dass bei dauern
Bedingungen zur Erzeugung und Sttllung des Hungers.
585
Entziehung der Speisen nicht allein der Magen sondern auch
übrigen Darmstücke den Hunger anregen. Für den weiteren
. iluss, den man gezogen, dass alle Empfindungsnerven des Kör-
*s ihre mangelhafte Ernährung zum Bewusstsein bringen, liegen
me Beweise, aber auch keine Gegengründe vor, es sei denn, man
nie unter die letzteren die Erfahrung zählen, dass trotz der
khsten Abmagerung alle Lust zum Fressen fehlt, wenn die Ver-
iiungswerkzeuge auch nur von einer leichten krankhaften An-
mdlung ergriffen sind.
Die Veränderungen, welche die Säfte oder Organe, in welche
Hungemerven eingebettet sind, erleiden müssen, um die Erre-
ng dieser letztern zu veranlassen, kennen wir nicht ; statt dessen
Ii uns nur einige ganz allgemeine Bedingungen bekannt, unter
iien sie entsteht. Namentlich stellt sich der Hunger ein nach
igeren Enthaltungen der Nahrung; die Zeit, welche nach einer
thlzeit verstreichen muss, bevor sich das Bedürfniss nach einer
ten einfindet, variirt mit der Menge zuletzt aufgenommener Nah-
und mit dem Blutverbrauch während der Enthaltung von der-
ben; so beschleunigen Muskelanstrengungen, Entleerungen blut-
'ilicher Flüssigkeiten (Samen-, Milch-, Eiterverlust), Ablagerungen
I Blutbestandtheilen in die Gewebe (Wachsthum, Erholuhgssta-
m nach Krankheiten) den Eintritt desselben. — Ferner ist sein
mmen abhängig von seelischen En'egungen, indem er sich ein-
!lt zu gewissen Tageszeiten, an denen wir gewöhnt sind zu
:2n; man vermuthet in diesem Falle die Abwesenheit von Be-
dungen, die den vorher erwähnten ähnlich sind , weil ein solcher
uger auch leicht wieder verschwindet, ohne dass das Nahrungs-
tirfniss durch Aufnahme von Speise befriedigt wurde.
Man giebt auch an, dass der Genuss einiger stark schmeckender Stoffe, wie z. B.
.Pfeffers, essbarer Seethiere (Austern, Häringe) u. s. w.) Hunger erregt (?). — lieber
II pathologischen llunger, den sogenannten Bulimus siehe Moleschott am be-
loneten Orte p. 185.
Die Stillung des Hungers kann entweder geschehen durch die
«tumpfang der Erregbarkeit oder durch Entfernung der erregenden
aache. — Auf den erstem Fall wird man schliessen, wenn das
Iftihl nach längerem Bestehen verschwindet, auch ohne dass
larungsmittel aufgenommen sind, oder wenn Arzneistoffe, die die
^egbarkeit abstumpfen, wie z. B. Tabak, Opium, Alkohol u. s. w.,
i'.ossen wurden. — Die Entfeniung der erregenden Ursache ist
I
586 D"»"«*-
gegeben, wenn der Magen oder der Darmkanal mit verdauungf
fähigen Speisen erfüllt wurde.
Nach einer AnfüUung des Magens tritt auch noch ein andere
Gefühl, das der Sättigung hervor, welches als das bestimmte Zeiche
für das Genug der Nahrung angesehen werden muss. Dieses hä^j
wahrscheinlich von verschiedenen Umständen ab, namentlich abj
scheint es begründet zu sein in dem Drucke, welchen die Umgebufi
des Magens, insbesondere die Bauchdecken, durch die AnfüUun
desselben erfahren. • n
2. Durst. Das Gefühl, als dessen nächstes seelisches Resulfc
das Begehren nach Wasser auftritt, äussert sich als eine Empfindufl
der Rauhigkeit und des Brennens in der hintern Schlundwand, d^
weichen Gaumen und der Zungenwurzel. — Die Nerven, der|
Erregung sich als Durst ausdrückt, liegen wahrscheinlich auch %
den eben genannten Orten, da eine isolirte Durchtränkung derselhf
den Durst mindert oder aufhebt. Wir haben so die noch unej
schiedene Wahl zwischen Vagus, Glossopharyngeus, Trigeminus. -
Die Durstempfindung stellt sich ein, wenn der prozentische Wasse
gehalt der Gaumen- und Eachenhaut unter einen gewissen We|j
sinkt, wie dieses z. B. geschieht nach reichlichem Wasserverlu
des Blutes, ohne den entsprechenden an festen Bestandtheilen(Wass9
abscbeidung durch Haut und Lungen), oder nach örtlicher i^b
trocknung des Mundes, durch eingezogene Luft, oder nach d,^
Genuss salziger, wasseranziehender und wasserabfühi-ender Stofp
Die obige Definition schliesst die Folgerung in sich, dass ein gleich,«
Verlust an Wasser und den wesentlichen festen Theilen selbst J|(
vollkommener Entbehrung des Wassers nicht zum Durst führen ka^
Diese Behauptung hat Chossat durch den Versuch bestätig
welcher zeigte, dass die Thiere, denen die festen Speisen bis ziu
Verhungern entzogen waren, auch das Wasser entweder ganz ve:
schmähten oder nur sparsam benutzten, welches ihnen in der Hungi'
zeit gereicht wurde. — Die Stillung des Durstes ist möglich sowi
durch örtliche Befeuchtung des Rachens, als auch durch Einführutii
von Wasser in das Blut, gleichgiltig, ob es dorthin durch di
Magen, durch den Dickdarm oder durch direkte Einspritzung
die Venen gelangte.
3. Das Nahrungsbegeiiren beschränkt sich aber bekanntlich»
nicht blos darauf, Stoffe festen und flüssigen Aggregatzustandi
zu verlangen, es dringt auf St.off"e ganz bestimmter Zusamrae
Setzung, die sog. Speisen, und unter diesen wählt es je nach dei
Wahl der Nahrung. 587
edtirfniss des Organismus auch noch die eine oder andere vorzugs-
weise aus. Die Gründe , welche bei dieser Wahl das höhere Thier
przugsweise bestimmen, liegen offenbar in den Geruchs*)- und
•eschmackswerkzeugen , in dem Temperaturgrad des Körpers und
rr Speisen, in dem Widerstand, den die letzteren beim Kauen
VB. Zähnen entgegensetzen, in Erinnerungsbildern u. s. w. Keinen-
lls kann aber eine spezifische und prädestinirte Beziehung zwischen
cm Nahrungsbegehren und der Nährfähigkeit der geforderten Sub-
»anz angenommen werden; denn es verschmäht bekanntlich ein
land das Fleisch, wenn es vollkommen mit Wasser ausgezogen,
»n allen schmeckenden Substanzen befreit ist, trotz seiner aus-
üzeichneten Fähigkeit die Ernährung zu unterstützen; die unver-
lulichen Sägespähne aber, welche mit BratenbrUhe besprützt sind,
ssst er begierig.
4. Dem Nahrungsbegehren steht der Ekel entgegen ; veranlasst
ij-d dieser seelische Zustand durch unbestimmte Empfindungen in der
wehenhöhle, ähnlich denen, welche einem Brechanfall vorausgehen ;
scheint demnach, als ob ihn die nn. vagus oder glossopharyngeus
mleiteten. Da zu den ihn erregenden Umständen Kitzeln der
lichenhöhle, Schleimauhäufungen daselbst, gewisse Gerüche und
üschmäcke und Erinnerungen an diese letzteren gehören, so ist
begreiflich, dass sich der Ekel ebensowohl gegen die Nahrung
•erhaupt als auch gegen einzelne Speisen richten kann.
B. Nahrung.**)
1. Der unwiederbringliche Verlust des Blutes liess sich schliess-
!-h zurückfuhren auf den seines Wassers, seiner Mineralsalze,
iiner Fette und Eiweissstoffe ; also muss die Nahrung diese Ver-
ndungen entweder geradezu einbringen, oder wenigstens solche
' offe, aus denen jene Atomcombinationen innerhalb des thierischen
firpers hervorgehen können. Diese neu einzuführenden Atome
iUssen jedoch, wenn sie den Fett- und Eiweissverlust ersetzen
ollen, in Verbindungen anlangen, welche ärmer an Sauerstoff sind,
'S die, in welchen sie den Organismus verlassen, da sie in diesem
ann doch endlich jedesmal oxydirt werden; ausserdem müssen
•) Schiff, Unterauchnngen zur Naturlehrc s. MolcMchott VI. 254.
Moleschott, Physiologie der Nnhrnngsmittel. Ciieesen. 1860. — Artmann, Die Lehre
n den Nahrungsmitteln. Trag. 1859. Das erstere dieser beiden Werlte erörtert in grosser Aus-
• irllchkcit die ganze rhyslologie der Nahrung ; das letztere tritt ergiinzend ein, insofern es die
^fbewahrnng und Fälschung der Nahrungsmittel nach dem neuesten Stande bespricht. — H 11 d e s -
Im, Versuch einer Normaldiät. Ucrlin 1856. Dieses giebt auf Grundlage meist bekannter That-
•hen Bcrerlinungcn der zum licdnrf notbwenrtigcn NiihrmiUcl.
588
Nothwendige Bestandtheile der Nahrung.
auch die Verbindungen der Nahrungsmittel mehr Spannkräfte führei
als die Auswürflinge, da der thierische Körper theils bei der Wärme
bildung und theils bei der Muskelzusammenziehung Spannkräft(
in lebendige umsetzt. — Diese Bestimmungen sind nun, wie mai
leicht einsieht, noch lange nicht genügend, um die besondere Com
binatiou der nährenden Atome festzustellen, da sich in der Tha
die geforderten Bedingungen auf unzählige Weisen erfüllen lassen
wenn dem Darmkanale oder seinen Hilfswerkzengen die Befähigua
zukommt, beliebige sauerstoffarme C-, H-, N-verb in düngen zu Eiweiß
und Fett zusammenzuordnen. Diese Unbestimmtheit, welche ^
theoretische Feststellung der Nahrungsmittel übrig lässt, hat di
Erfahrung kurzweg beseitigt. Sie zeigte nemlich dass den V
dauungswerkzeugen die oben vorausgesetzte combinatorische B
fähigung abgehe, und zwar geschah dieses durch den schlagend '
Versuch , dass die Thiere unrettbar dem Hungertode entgegengehe
wenn ihnen die im Eiweiss und Fett enthaltenen Atome in andere
Verbindungen als gerade in diesen gereicht werden. Demgemäß
müssen in der Nahrung mindestens enthalten sein: eiweissartig
Stoffe (Fibrin, Casein, Albumin etc.), Fette (Olein, Stearin, Mä^
garin, Palmitin), Natron, Kali, Eisenoxyd, Magnesia, Kalk, Ohio
Fluor, Phosphorsäure, Wasser. Die obigen Ableitungen lassen -
aber begreiflich zu, dass in den Nahrungsmitteln neben den a
gezählten noch andere Verbindungen enthalten sein können, da fli
nicht behaupten, dass nur mit Fetten und Eiweiss u. s. w. di
Zwecke des thierischen Körpers erreicht werden könnten. Im G;
gentheil, ist es sogleich einleuchtend, dass dieses nach der ein^_
oder andern Seite hin auch mittelst der ersten Abkömmlinge djB
Eiweissstofife und Fette, oder mit Hilfe von Atomgruiipen gescheh
könne, die jenen Abkömmlingen nach Zusammensetzung undEige
Schäften nahe stehen. In der That enthalten die wirklich aufg,
nommenen Nahrungsmittel auch noch solche Gruppen, von den.
hervorzuheben sind: Kohlenhydrate (Amylon, Dextrin, Zucker);
von diesen werden die beiden ersteren mindestens bis zum Zucke
umgewandelt. Obwohl Zucker aus anderen Stoffen im Thierleil)
selbst gebildet wird (Leber, Muskeln), so führt ihn doch selbst di
natürliche Nahrung des Säuglings (Milchzucker); der Erwachsen
sucht die Kohlenhydrate so begierig, dass es sogar fraglich wir
ob sie nicht zu den absolut nothwendigen Nahrungsmitteln zählen
Die Nahrung enthält ferner leimgebende. Stoffe (Bindegewebe nn
Knorpel); diese sind häufig aber keineswegs nothweudig. Endli
Verhältniss der Bestandtheile in der Nahrung.
589
ilthält die Nahrung häufig organische Säuren (Essig-, Milch-,
ppfel-, Citronensäure) und deren Salze.
2. Die Nahrung, welche das Leben erhalten soll, muss also
i Gemenge mindestens von Eiweiss, Fetten und den bezeichneten
meralien sein, zu ihnen gesellen sich meist noch Kohlenhydrate,
ee Gewichtsverhältnisse der einzelnen Nahrungsmittel in diesem
Bmenge sind keine constanten, wie die oberflächlichste Betrachtung
;r menschlichen Nahrung ergiebt. Diese Erscheinung ist erklärlich,
cnn man die Umsetzungen in und die Ausscheidungen aus dem
terischen Körper betrachtet. Denn es stellt sich dieser letztere
! eine Zusammensetzung sehr mannigfaltiger bis zu einem gewissen
rade von einander unabhängiger Zersetzungsherde heraus. Je
ichdem nun in dem einen oder andern die Umsetzung sich min-
rrt oder mehrt, muss sich also bei gleichbleibendem Umsatz der
iien Stoffgi*uppe derjenige einer anderen veränderlich gestalten,
att aller erinnern wir nur an die eine hierher gehörige Erscheinung,
^ss die Ausscheidung des N-gases, Harnstoffes, Wassers, Koch-
Uzes u. s. f. durch Lunge, Niere und Haut einen veränderlichen
ttrag gewann mit dem Gehalte des Eiweisses, Amylons, Wassers
s. w. in der Nahrung selbst. — So umfangreich nun aber auch
rr prozentige Gehalt der einzelnen Bestandtheile in der Gesammt-
Ihrung wechseln kann, so ist er doch auch wieder in gewisse
tenzen eingeschlossen; namentlich darf als feststehend gelten:
in der Nahrung nimmt das Wasser das grösste und die feuer-
ijten Mineralbestandtheile das geringste Gewicht ein; in der Mitte
dschen beiden liegen die organischen Stoffe. — b) Der Nahrung,
!,',lche für die Dauer das Leben erhalten soll, darf niemals fehlen
i asser, die aufgezählten Salze und die Eiweissstoffe ; fraglich ist
.gegen, ob der Nahrung des Menschen das Fett entbehrlich ist,
! rausgesetzt dass es durch Kohlenhydrate ersetzt wird. — c) Bei
iier Steigerung der Fette und Kohlenhydrate dürfen, unbeschadet
rr Lebenserhaltung, die prozentigen Werthe der Eiweissstoffe ab-
Ihmen und umgekehrt. — Weitere Zusätze zu diesen Bemerkungen
ebt noch der Abschnitt über Vergleichung von Einnahme und
asgabe.
3. Damit dieses Gemenge aber nährfähig sei, muss noch
olgendes erfüllt sein: a) die einzelnen Nahrungsbestandtheile müssen
ihm in der Art vorkommen, dass sie von den verdauenden Säften
Blutbestandtheile umgewandelt werden können. Namentlich
ȟssen also die Nahrungsstoflfe nicht in einer innerhalb des Dann-
590
Nährstoffe und Speisen.
kanals unlöslichen und unzersetzbaren Verbindung gereicht werden,
oder sie dürfen nicht von unlöslichen und undurchdringlichen HüUeii
umgeben sein. — b) Da die Nahrungsmittel, mit Ausnahme deiji';
Salze und des nicht nothwendigen Zuckers, sich gleichgUtig gegeiÄ"
die Nerven verhalten, so müssen sie nervenerregende, (schmeckend^M^
beissende, brennende u. dgl.) Zusätze erfahren. Denn nur daniiÄ^
wird es möglich, die Speichel- Magen- und Danndrüsen, die unteÄ'''
dem Einflüsse der Nerven absondern, zm- Bildung einer genügend«!»*'
Menge verdauender Säfte zu veranlassen. Diese Beigabe, das GewüMjÄ"
besteht je nach der Bildung und Empfindlichkeit des Geschmack*'
Sinnes aus sehr verschiedenen Stoffen. \M^^
Wir verweisen bezüglich der Gewürze auf Mole schott, Ärtmann und Koc^Ä^
Icder*). Man findet dort auch Mitthoilungen über mancherlei andere Stoffe, die
Mensch nur des Geschmackes , oder auch der Himerregung , der Verlangsamung od|fl|(il
Beschleunigung des Stofi'wechsels u. s. w. wegen aufnimmt. 1
4. Speisen. Die Mischungen einfacher Nahrungsmittel od«»)
der Speisen, wie sie die Natur oder Kunst bietet, sind, voraiiif#ä'
gesetzt, dass man Rücksicht auf die Nahrung aller ErdbewohnOT J
nimmt, von unsäglicher Verechiedenheit , je nach den EigenthüiÄÄti
lichkeiten des Wohnortes, der Culturstufe und der Eace der si»p
geniessenden Menschen. Untersucht man aber genauer die WerkiAj
der Kochkaust, welche von weitaus den meisten Individuen unteiM(
den gebildeten Nationen verzehrt werden, so gewahrt man baiL
dass diese sich im Ganzen doch nur weniger, von der Natur ^mi
botener Gemische, als Elemente ihrer compHzirten Gerichte un«t
Mahlzeiten bedienen. Zu diesen natürlichen Speisen, auf deneiilitii
das leibliche Wohl des besten Theiles der Menschheit ruht, giMii
hört: das Fleisch einiger Säugethiere (der Wiederkäuer, wenigOTj
Nager und Dickhäuter), einiger Vögel und vieler Fische, die Milefift^f
der Wiederkäuer, die Eier grosser Vögel, das Mehl von Weizeri«
Roggen, Gerste, Hafer, Mais, Reis, Bohnen, Erbsen und KartoffeliMfc
einige Baumfrüchte, einige Gemüse (Rüben, Kraut u. s. w.) unÖfc
endlich Quellwasser. Zu diesen gemischten Nahrungsmitteln kommefik
schliesslich noch einige einfache Zucker, Fette, Oele und KoehsaläBj;
Da der grösste Theil derselben erst dann gegessen wird, naCh-B|
dem er in der Küche mancherlei Umwandlung seines natürlichenB
Zustandes . erfahren hat, so wird eine physiologische BetrachtangB^
jener Speisen auf diese Umwandelungen Rücksicht zu nehmen haben.»
_
•) Oonussmtltel und Gewürze. Wien 1852. H*
i
Nährfähigkeit und Verdaulichkeit der Speisen.
591
jnz allgemein betrachtet, stellt sich nun die Kochkunst drei ganz
!.'schiedene Aufgaben. .Zuerst mischt sie die natürlichen Speisen
3h weiter, namentlich setzt sie ihnen mancherlei Gewürze bei;
eitens befreit sie die Nahrungsmittel von unverdaulichen Beimen-
iigen, und endlich verändert sie die Auflöslichkeit derselben in
11 Verdauungssäften in der Art, dass sie die Zeit, welche zu ihrer
fdauung nothwendig ist, entweder verlängert oder abkürzt. Von
>sen drei Einwirkungen der Kochkunst sind die beiden ersten
\ weder so vielfacher Willkür unterworfen, oder so einfacher Art,
ys sie aus der folgenden Betrachtung ausfallen müssen oder
iinen.
Die Lehre von den Speisen hat zunächst zu ermitteln, welche
tfachen Nahrungsstoife in den Speisen enthalten sind und in
ichen Verbindungen und Aggregatzuständen sie daselbst vor-
mmen. Dieses aufzudecken ist die Aufgabe der chemischen Ana-
ee, die sich dabei natürlich nicht darauf beschränken darf, den
ihalt der Speisen an C, H, N, 0 u. s. w. anzugeben.
Mit der noch so vollkommenen Einsicht in das chemische Ver-
iten ist aber noch nicht das physiologisch W^issenswürdige er-
'löpft, da die Nährhfähigkeit der Speisen auch noch abhängt von
• Arbeit, welche der Darmkanal nöthig hat, um die Massenein-
tt der Nahrung zu verdauen, oder von dem Antheile der genos-
.en Speisen, welcher während des Durchgangs durch den Darm-
jial überhaupt aufgenommen wird. Allgemein lässt sich jedoch
rrüber nichts sagen, da der Darmkanal bei verschiedenen Men-
len und zu verschiedenen Zeiten seine besonderen noch nicht er-
indeten Eigenthümlichkeiten bietet, vermöge deren er im Stande
, in gegebener Zeit mehr oder weniger kräftig verdauende Wir-
igen auszuüben, resp. die in der Speise enthaltenen Nahrungs-
Sfife mehr oder weniger vollständig auszuziehen. Im einzelnen
'lle würde man über die Fähigkeit des Darmkanales, eine Speise
^zunützen, abgesehen von dem Grade der Anstrengung, die hierzu
l:big ist, Aufschluss erhalten, wenn man jedesmal eine Probe
■ Speise und den nach ihrem Genuss aus dem After gestossenen
tith analysiren würde.
a. Das Fleisch, welches zur Nahrung verwendet wird, enthält: ciweisshaltige,
-igebende , elastische Stoffe , Fette , snmmtliche Salze des Menschenblutes , Wasser,
. Äusserdem die nur als Gewürze zu veranschlagenden krystallisirondcn organischen
«tandtheile der Extractivstofi'e. — Die Verhältnisse dieser Gemongtheile zu ein-
her sind, die gleichen Thierarten vorausgesetzt, abhängig 1) von dem Körpertheilo,
592
Fleisch.
dem der Muskel entnommen wurde, indem damit der Durchmesser der Primitivschläucb
und die Verbreitung der Bindegowebe in Verbindung steht; 2) von dem Grade de
Mästung , welcher den Gehalt an Fett und an durchtränkender Flüssigkeiten bestimmt
3) von der Anfüllung der Muskelgefässe mit Blut; 4) von dem Alter; Schlossber
ger*), dessen Angaben v. Bibra bestätigte, fand
im Fleisch des
des Kalbes v.
des Kalbec lrj
i WocheiL
Ochsen.
12 Wochen.
In kaltem und kochendem Wasser unlösl.
17,5
16,2
15,0''*
In kaltem lösl., in kochend. Wasser unlösl.
2,2
2,6
3,2
In kaltem und kochendem Wasser löslich
2,8 ■
3,0
2,2 ,
77,2
78,2
79,7 1
Das Kalbfleisch ist somit etwas reicher an Wasser und coagnlirbarem Eiweiss als
des Ochsen und nach v. Bibra**) auch leimhaltiger. 5) Ueber die Zusammenset
des gleichnamigen Muskels verschiedener Thiere, der mittelst des Scalpells möglic;
von Fett und Bindegeweben befreit war, giebt folgende Tabelle Aufschluss *•*). .
Karpi)
5,2! I
2,7'i
80,1
Ochse.
Keh.
Schwein,
Huhn.
In kaltem und kochendem Wasser unlöslich
15,8
16,8
16,8
16,4
In kaltem AVasser lösl., in kochendem unlösl.
2,2
1,9
2,4
3,9
0,ö
In kaltem und kochendem Wasser löslich
2,8
4,7
2,5
3,2
77,1
74,9
78,3
'77,3
Das Fett ist im Fleisch auf zweierlei Art vorhanden, mechanisch eingelagert als Ei
gewebe in den Bindestofi'en zwischen den Muskelröhren und nächstdem in chemisclli
Verbindung mit dem Muskelgewebe. Der Gehalt dieses letzteren scheint bei versol
denen Thieren von wechselnder Grösse zu sein, denn v. Bibra fand nach mögliolij
voUkommner Abscheidung des beigemengten Fettes im trockenen Brustmuskel
Ochsen 21,8 pCt., des Kalbes 10,5 pCt., des Hammels 9,3 pCt., des Kehes 7,9
des Hasen 5,3 pCt. f). — Das beigemengte Fett ist bekanntlich nicht allein im
saramtgewicht sehr wechselnd, sondern ts ändert auch seine Zusammensetzung mit dl
Thieve, indem das Fett des Schweines flüssiger (elainreicher), das der Wiederki
fester (stearin- und margarinreicher) ist.
Die Salze des Fleisches sind mannigfach , aber mit sehr nngleichwerthigen
thoden untersucht; StÖlzelft), der nach Strecker's Anweisungen arbeitete,
in 100 Theilen der Asche des Ochsenfieisches :
COü 8,92 POb 34,36 MgO 3,31
SiOs 2,67 FeOs 0,98 KaCl 10,22
SO3 3,37 CaO 1,73 NaO 35,94 ,1,
Der Gehalt des trockenen Fleisches an Asche scheint bei verschiedenen Warmbltt^tI
annähernd gleich zu sein, indem er nach v. Bibra beim Ochsen, Reh, Hasen, HiAi
und der Ente zwischen 4,0 bis 5,5 pCt. schwankte.
•) Frerichs, Artikel Verdauung in Wagner's Handwörterbuch. H. Bd. p. 694.
••) Sc her er, Jahresbericht über physlolog. Chemie für 1845. p. 132.
»»») Weitere Zusammenstellungen siehe bei Moleschott, 1. c. p. 208, 240. 263. u. f., IM
Bich dns Fleisch der Amphibien, Mollusken, Insekten berücksichtiget findet. '
t) Siehe hierUber auch Mnrclial, compt. rend. 34. Bd. p. 591.
tt) Liebig's Anualen, 77. Bd. p. 25G,
Fleisch.
593
Wir gemessen das Fleisch roh (niedere Thiere), getrocknet, geräuchert, gesalzen,
Essig ausgezogen, gekocht und gebraten. Kücksiehtlich der Voränderungen, die
diesen verschiedenen Bereitungsweisen mit dem Fleische vorgehen, befinden wir
meist im Unklaren. Beim Erhitzen des Fleisches mit wenig Wasser (Braten und
:ipfen) wird das Eiweiss geronnen, einige eiweisshaltige Körper werden sauerstoff-
:her, die Extraktivstoffe werden zersetzt, wobei sich die Inosinsäure in ein wohl-
laendes Brenzprodukt umwandelt, das Bindegewebe wird zum Theil in Leim ver-
lidelt, und Wasser verdunstet. — Beim Kochen in Wasser werden dem Fleische
teiss, Extrakte, Salze und insbesondere Chloralkalien und Wasser entzogen; dieses
riere geschieht darum, weil die Quellungsfähigkeit des Fleisches beim Kochen ab-
imt. — Der wässerige Auszug, die Fleischbrühe , rauss nach den Fleischsorten sehr
nnderlich sein. Eine ungefähre Vorstellung von der Zusammensetzung der Fleisch-
te giebt ein Versuch von Chevreul, welcher 1 Pfd. Fleisch, das von anhan-
llem Fett und Knochen befreit war, in 3 Pfd. Wasser 5 Stunden lang unter Er-
■ der verdunsteten Flüssigkeit sieden liess. Ausser dem beigemengten Fette enthielt
!3 Suppe in 100 Theilen: Wasser = 98,4; Leim, Eiweiss und Flxtractivstoffe =
Salze = 0,3. — Di« Salze der Fleischbrühe , oder vielmehr die , welche man
!h vollkommenes Erschöpfen des Fleisches mit Wasser erhält, sind von Keller*)
Btmmt; in das Wasser waren 82 pCt. des gesammten Salzgehaltes vom Fleische
Igegangen, welche in 100 Theilen bestanden aus:
PO5 21,59 KaO 31,85 2 FeaOaPOs 0,46
KaCl 14,81 2CaOP05 2,51
KaOSOs 6,42 2MgOP05 3,72
-'rückständige Fleisch enthielt noch Verbindungen der PO5 mit Alkalien und Erden
keine Chlorsalze mehr. — Die Grenze , bis zu welcher überhaupt das Fleisch
hh Wasser und insbesondere durch kaltes ausgelaugt werden kann, hat L i e b i g **)
eestimmen versucht; er giebt an, dass man dem gehackten Ochsenfleische durch
"^s Wasser 6 pCt. feste Bestandtheile entziehen könne, von denen 3 pCt. gerinn-
>) Eiweiss sei, das bekanntlich aus der Suppe als Schaum entfernt wird. — Die Folgen
lEinsalzens und Eäuchems sind wenig bekannt. Eine Aschenanalyse des gesalzenen
»enfleisches und des rohen Schinkens giebt Thiel***). Siehe auch Liebig am
(führten Orte.
b. Der Inhalt des Hühnereies, das wir von den Eiern zumeist gemessen, besteht
P.routf) im Mittel aus 67,6 pCt. Eiweiss und 32,4 pCt. Dotter, nach Prevost und
•in dagegen aus 62 pCt. Eiweiss und 38 pCt. Dotter. Das Eiweiss enthält un-
ur: Wasser = 85 pCt., Eiweiss = 12,5 pCt., feuerfeste Salze = 1,5 pCt. und
laktc = 2,0 pCt. Die letzteren enthalten u. A. constant Milchzucker (Winkler
iBudgeft). In der Asche sind nach Weberftt)) <icr das verbesserte Verfahren
IH. Rose befolgte, enthalten :
' •) Lieblg's Annalen. 70. Bd. 91.
•'••) Lipbig's Annnlen. C2. Bd. 353. 11. f.
Lieblg'g Annalen. 81. Bd.
.' t) Pli. Falk, Handbuch der Arzneimittellehre. 1848.
tt) Lieblg'g Annalen. Cl. Bd. 197. — Siehe auch Aldrigo und Bnrrenlch Im Glessener
mch. 1840.
H) Poggendorf, Annalen. 79. Bd. 398.
•••ndwlg, Physiologie II. 2. Auflage. 38
594
Bier, Milch, Körner.
NaCI
KaO
39,30
27,66
MgO
2,70
0,54
COi 9,67
SiOs 0,28
NaO 12,09
POs 3,16
CaO 2,90
SO3 1,70
Das Eigelb besteht nach Gobley*) aus:
Wasser
51,48
Phosphoglycerinsäure
1,20
Extrakte
Vitellin**)
15,76
Cerebrin (säure ?)
0,30
Farbstoff
Margarin und Olein
21,31
AmCl
0,30
Eisen
Cholestearin
0,44
NaCI,Ka01, KaOSOs
0,27
Milchsäure
Oel und Magarinsäure
7,22
3MgOP05, SCaOPOs
1,02
Milchsäure
0,40
0,55
PO5
SiOs
60,16
0,62
Eine vollständige Aschenanalyse theilt E. Weber mit:
NaCl 9,12 NaO 13,62 MgO 2,20
KaO 10,90 CaO 13,62 FejOs 2,30
Die Eier gemessen wir meist gekocht ; hierbei gerinnt das Eiweiss und Vi
unter Abscheidung von etwas SH. In hartgesottenen Eiern fand H. Eose***)
Verhältniss des Eiweisses zum Dotter etwas anders, als es Prout, Prevost,
Morin im frischen Ei angeben haben, nämlich von 60,6 bis 58,3 : 39,4 bis 41,6.
c. Milch. Die Zusammensetzung derselben ist schon früher erwähnt. —
aus ihr bereitete Käse (gesalzene und entwässerte Milch) dient, kleine Landsfe
ausgenommen, nur als Gewürz. Ueber die Zusammensetzung desselben siehe Knap
und Moleschott.
d. Weizen ft). Das Korn desselben besteht aus der Schaale , dem Kern (
bumen) und dem kleinen Embryo. Die Schaale setzt sich zusammen aus der von im
reren Zellenlageu gebildeten Fruchthülle (a) und der von nur einer Zellenlage gebild
Kernhaut (b). Der Kern (albumen) -wird in seinem äussern Umfang dargestellt von
Zellenlage (c), in welcher die miskroskopische Eeaktion keine Stärke , wohl aber Eiw
Stoffe und Fette nachweist, die übrige weitaus grössto Masse des Albumens (d) bes|
aus Zellen , die vorwiegend mit Stärkekörnchen und daneben mit Kleberfäden ge
sind. Die Fig. 70, welche Donders entworfen, versinnlicht die Struktur,
chemische Zerlegung weisst im Weizenkorn nach : verschiedene Eiweisskörper.
Gruppe derselben ist unter dem Namen Kleber (Gluten) bekannt; sie ist in Wr
unlöslich; beim Behandeln mit Weingeist bleibt ein Theü derselben ungelöst (I
oder Elastin) ein Theil löst sich nur in kochendem (Pflanzencasein), ein anderer
in kaltem Alkohol (Pflanzenleim , Glutin). Eine andere Gruppe von Eiweisskörpem
Weizenkorns ist in kaltem Wasser löslich; ein Theil derselben gerinnt 1?
Kochen; sie führen den Namen Albumin und Cerealin; das letztere ist nach Me^.
Mouries dadm-ch ausgezeichnet, dass es die Stärke in Dextrin, Zucker und
säure umwandelt; der Eest des in kaltem Wasser löslichen Eiweissstoffes , der;
mehreren durch anderweite Eeaktionen unterschiedbaren Modifikationen besteht (On
manns), gerinnt nicht in der Siedehitze. — Das Weizenkorn enthält femer ö"
Zucker, Dextrin (.'), Amylon, Cellulose; von den beiden zuletzt genannten Stoffen k
*) Pharmazeut. Centralblatt, 1847. p. 584.
••) Das Vitellin besitzt nacli Fremy die Zusammensetzung des Fibrins. Pliarmazeut*
tralbl. 1854. p. f.26.
••*) Poggendorf's Annalen. 7G. Bd. 303.
t) K n a p p , die Nalirungsmiltel. 1848. p. 39. —
tt) Bibra, Die Getreidearton und das Brod. Nürnberg 18G0. — Donders, Onderzoekl
ßedan in het pliysiologisch laborat. 1848— 1840. — Oudemnnns, Archiv fiir hoUSnd. Bei
I. 406. — Jossen, Poggendorfs Annalen, lOG. Bd. 479.
Weizen.
595
liellulose nicht allein in den Scbaalen und Zellenmembranen , sondern nach Nae-
lund M a s c h k e auch im Stärkekorn vor, wo sie von dem gleichfalls anwesenden
»n durch die Eeaktion gegen Jod unterschieden werden kann. Das Amylon des-
soU im Wasser löslich gemacht werden können, wenn man das £om fein zer-
f9tte, also auch viel phosphorsaure Erden; die übrigen Zellen des Kerns enthal-
iä Amylonkömchen , Kleber, lösliches Eiweiss und phosphorsaure Alkalien,
iie mittlere quantitative Zusammensetzung des Weizenkorns wechselt mit der
ssorte, dem Klima (so soll z. B. sibirischer Weizen reicher an Eiweisstoffen sein,
iitscher und dieser wieder daran reicher als ägyptischer und australischer); auch
lehalt des Eodens an Dünger soll nicht ohne Einüuss sein. Kleine Kömer sind
des grossen Schaalengehalts relativ reicher an Eiweiss als grössere u. s. w. —
eerhältniss, in welchem die einzelnen Salze des Korns zu einander stehen, ist
wabhängig von den Verhältnissen der Salzmischung im Boden. Dies ist z. Th.
liich, weil die Menge des phosphorsauren Kalkes von der der Eiweisskörpor ab-
; räthselhaft bleibt , dass selbst aus einem Boden , der reich an NaO und CaO ist,
Ton jenen Stoffen aufgenommen wird. Nach Peligot, Millon, Mayer,
»manns, Bibra u. A. schwankten in 100 Theilon dos lufttrocknen Korns
Fig. 70.
reibt (Jessen). Femer enthält das Weizenkorn Fette,
einen braunen Farbstoff, Kali, Natron, Talkerde, Eisen-
oxyä, PhOs, S03,Si03,Cl(?). — Von den Salzen sind
die phosphorsauren Erden mit Eiweisskörpern in Ver-
bindung, und zwar so, dass jede besondere Art der
genannten Körper auch einen "ganz bestimmten Antheil
der Erden zu enthalten scheint (Mayer); auch an
das Gummi sind phosphorsaure Erden gebunden(Bibra).
Die phosphorsauren Alkalien scheinen dagegen frei vor-
zukommen.
Ueber die Lagemng der chemischen Bestandtheile
ist bekannt, dass die Schaalen aus Cellulose und Farb-
stoff bestehen, die äussersten Zellenlagen des Albumens
enthalten die in Wasser löslichen Eiweissstoffe , Kleber
das Wasser
der Stickstoff
also die Eiweisskörper
zu 15,0 pCt. N
zwischen 11,0 und 16,5 pCt.
„ 1,4 und 3,8 „
»
7,1 und 19,4
38*
596
Weizen.
Gummi, Dextrin, Zucker: zwischen 5,9 und
10,5
67,1
1,9
6,1
2,3
Araylon „ 55,1 und
Fett „ 1,0 und
Cellulose „ l,5(?)und
Asche „ 1,5 und
Die verschiedenen Eiweissstoffe können
chen Gehalt an N bald mehr Kleber und
ist (Millen Bibra). S
In 30 verschiedenen Weizensorten, die Bibra untersuchte, fanden sich in lOQ
Asche
sich vertreten , so dass bei einem gl
bald mehr lösliches Eiwciss vorhanj
Kali
zwischen
27
bis
38,3
pCt
Natron
»
0,7
bis
5,4
MgO
7,8
bis
16,3
„
CaO
,1
1,1
bis
5,7
>,
POs
»
39,2
u.
51,4
SiOs
0,3
u.
1,3
„
Pe^Os SO3
1,1
u.
0,3
„
etc.
Mit diesen Angaben stimmen diejenigen aller übrigen Beobachter; namentlid
den überwiegenden Gehalt der Asche an Kali, Talkerde und PO5 betrifft.
Aus dem Weizen stellt man Kleie, schwarzes, mittleres und feines Mehl dar. 3
letztere, welches aus den innem Theilen des Kerns gewonnen wird, ist frei von Schfi
und Farbstoff, es enthält weniger N, also auch weniger Eiweisskörper und PhOs
das dunklere Mehl, welches vorzugsweise oder wenigstens zum Theil aus der Zell
Schicht gemahlen wird, welche der Kernhaut unmittelbar anliegt. Die Kleien endl
enthalten neben vielen Holzfasern aus der Fruchthülle und Schaalenhaut auch u
einen grossen Antheil des Inhalts der eiweissführenden Zellen, die unmittelbar^
Schaalenhaut anliegen. Sie ist also relativ sehr N-reich an Eiweiss und phos^
sauren Erden. Als Proben für die Unterschiede der verschiedenen Mahlprodukte m3|
folgende Zahlen gelten. Die unter demselben Beobachter aufgefühi'ten Zahlen beeid
sich auf dieselben Fruchtsorten.
Bibra. Mayer.
Wasser
Eiweissstoff
Zucker
Gummi
Fett
Stärke
Kaisermehl.
15,5
11.1
2,3
6,2
1,0
63,6
Schwarzniehl.
14,2
13,2
2,3
6,5
1,2
61,8
Feinstes Mehl.
Eiweissstoff 13,0
PhOs 0,2
Grobes Mehl.
14,3
0,5
Klti
2f
Nach Oudemanns, der zur Cellulosebestimraung ein verbessertes Verfahre^
wendet, enthalten die Kleien 25 bis 30 pCt. Cellulose und 4 bis 6 pCt. Asche.
Bibra.
In 100 Theilen Asche sind enthalten
KO
NaO
MgO
Kalsermelil.
36,0
0,9
8,2
Kleien.
0,24
0,6
16,8
Koggen, Gerste, Hafer etc.
597
CaO
POs
SiOs
2,8
52,0
0,0
4,6
51,8
SO 3
0,0
1,0
•a, Roggen. Der Unterschied zwischen dem Mehle dieser Fruchtart und dem
Weizens liegt vorzugsweise darin, dass unter den eiweisshaltigen Bestandtheilen
;i;er Pflanzenlibrin und statt dessen mehr Pflanzenleim und Eiweiss vorkommt, was
i'icht schon durch das kleinere Kom des Koggens bedingt ist; es soll ausserdem
besonderen gewürzhaft schmeckenden Sto£f(?) enthalten und gewöhnlich auch
Cellulose als das Weizenmehl, wahrscheinlich, weil es weniger sorgsam darge-
wird. Sonst gilt Alles, was von dem Mehl und der Kleie des Weizens ausge-
iwurde auch vom Koggen.
Lf. Gerste, Hafer und Buchweizen liefern ebenfalls ein Mehl, das in dem
Ite seiner wesentlichen Bestandtheile von dem des Weizens nicht merklich ab-
Ut; Hafer und Gerste enthalten mehr Holzbestandtheile als die übrigen Fruchtarten,
'ling und Faist). Der Zucker der Gerste dreht die Polarisationsebene nicht.
;j. Das Maismehl unterscheidet sich durch einen Gehalt von 3 bis -9 pCt. an
ttigen Stoffen (ein gelbes dickflüssiges Oel). Sein Ngehalt erreicht den des Wei-
nnicht.
13. Der Reis endlich ist nahebei um die Hälfte ärmer an Eiweissstoffen und
'3, als der Weizen und um so viel reicher an Amylon.
IDas Mehl aller dieser Körnerfrüchte geniessen wir, nachdem es geröstet oder mit
lindem Wasser behandelt wird. Hierdurch verändern sich die Bestandtheile, in-
Enamentlich das Eiweiss gerinnt, während die Stärkekörner sich mehr oder weniger
jxtrin auflösen. Werden nämlich die letzteren im lufttrockenen Zustand bei einer
•eratur, die zwischen 190 und 200" C. liegt, geröstet, so verwandelt sich zuerst
Hlchichtencentrum, das sogenannte Korn des Stärkekömchens in Dextrin, dann folgen
feser Veränderung einzelne zerstreute Stellen nach , so dass das Korn ein netzför-
i. Ansehen gewinnt; es scheint sich jedoch niemals das ganze Kom in Dextrin
»wandeln. Werden dagegen die Stärkekömchen im Wasser erwärmt, so beginnen
fsi einer Temperatur von 55 bis 60" C. aufzuquellen und im Centrum derselben
It sich ebenfalls eine mit Dextrinlösung gefüllte Höhle. Steigt die Wärme höher,
auf 70", so greift die Dextrinbildung weiter um sich, so dass die Körperchen
platzen (Naegeli*). Mit Rücksicht auf die Quellungsfähigkeit verhält sich die
f« verschiedener Sorten sehr abweichend.
FEine sehr verbreitete Anwendung findet das Mehl des Weizens und Roggens als
Dieses wird im Allgemeinen so dargestellt, dass man das Mehl mit kochsalz-
';em Wasser zu einem Teig anknetet, dann den letztem durch sehr fein vertheilte
iaufbläht und ihn einer Temperatur, die sich bis auf 250" C. erheben darf, einige
(hindurch aussetzt. Das Einbringen des auftreibenden G^ises geschah früher aus-
»slos dadurch, dass man zum Teig gewöhnliche Hefenpilze mischte und ihn dann
'3ährung einige Zeit hindurch überliess , in welcher der Zucker des Mehls in Al-
l und COj überging, welche beim spätem Verbacken des Bredes verdunstete.
«8 Vcrfaliren führt also jedesmal zu einem Verlust an nährenden Stofl'en , es kann
wenn nicht besondere Maassregeln in Anwendung kommen, auch noch weiter
) Die Stärkckümer. p. 92 u. f.
598
Eeis.
sohädlieh werden. Wenn nämlich die Gäbning bei hoher Temperatur (über 20"
vor sich geht, oder wenn schwarzes Mehl angewendet wird, welches die EiweisskÖ!
der äussorsten Lage des Kerns (Albumens) enthält, so findet sich yermöge der fem
tirenden Eigenschaften des Cerealins neben der alkoholischen auch noch eine mi.
oder buttersaure u. s. w. Gährung ein, und zugleich wird der Kleber angegriffen ,
der Farbstoff, der aus der Rinde stammt, zerlegt. Wenn man also nicht auf die
sonders nahrhaften Bestandtheile der Kernrinde verzichten will , muss man das Gert
unwirksam zu machen suchen. Hierzuhat Meg es -Mouries*) Mittelangegeben,
nach dem Urtheil der Sachverständigen zu dem Ziel führen, selbst aus groben;^
ein lockeres, weisses, nicht saures Brod zu gewinnen. Wenn man das Brod
massig darstellt, so kann man auch die Gährung ganz umgehen, dadurch nämlich,^
man den Teig zuerst mit einer Lösung von NaOsCOj anmacht und dann mit salz^
haltigem Wasser durchknetet , wobei man darauf das Natron und die SalzsänXB
äquivalenten und noch dazu in solchen Mengen zu nehmen hat, dass das au*
Verbindung hervorgehende Na Gl gerade dem sonst nöthigen Zusatz dieses ^
gleichkommt. Oder man hat in hermetisch geschlossenen Gefässen den Teig mit Wl
durchgeknetet, welches unter hohen Drücken mit CO-j geschwängert war (Dauglish
Aus dem Teige formt man dann beliebige Stücke , die man in einem Backofen _ t
Temperatur aussetzt, welche die oberflächlichen Theile (Kruste) auf 200 bis 250^
die inneren (Krume) auf 100" C. erhitzt. Hierbei tritt ausser den oben angege)^
Veränderungen auch noch die ein , dass in der Rinde das Amylon in brenzliche ]
duktc, namentlich in Pyrodextrin, das ist in eine schwarze elastische Masse (CigHseOjB^
übergeht (Gelis)***), während in der Krume das Amylon und die Eiweissstoffi
allotrope Modificationen übergeführt werden , die aber nur solange bestehen , aia
Brod den Chai-akter besitzt, den man als fi-ischbackcn bezeichnet. Liegt dasselbe eil
Tage, so verschwindet dieser besondere Zustand wieder ; man kann ihn durch abejf
liges Erhitzen jedoch von Neuem herbei führen (Boussingault)t). AnalysBi^
Bredes siehe bei Oppelff) und Bibra.
i. Hülsenfrüchte. Die reifen Erbsen und Bohnen enthalten dieselben
gruppen, wie die Körnerfrüchte. — Unter den Eiweissstoffen erscheint neben^
früheren noch ein eigenthümlicher , das Legumin oder Pflanzencasein. In der
titativen Zusammensetzung unterscheiden sie sich von den Körnerfrüchten da^
dass die Eiweissstoffe im Yerhäliniss zum Amylon beträchtlich gesteigert ersch(
Eine Vorstellung hiervon soll die folgende Analyse von trockenen Erbsen gi
Eiweissstoffe = 28,0, Stärke und Gummi = 57,3, Asche = 3,8, Hülsen =j
(Horsford). — Die Asche der Bohnen und insbesondere der Erbsen ist sehr
untersucht worden im Auftrage deutscher und englischer Ackerbaugesellschaften;'
übereinstimmende Resultat derselben ist, dass sie vorzugsweise aus Kali und Phoi
säure, dann aus Kalk, Magnesia und Kochsalz und endlich aus geringen Meni
Eisenoxj'd und Kieselerde besteht ftt)-
Bei der Zubereitung in der Küche dürfte vor Allem Gewicht darauf zu legen»
dass das feste Gefüge der Früchte zertrümmert werde , und dass beim Koch)
Vi
») Compt. rend. 46. Bd. 120.
•*) Chem. Centralblalt. 1860. 220.
»**) Compt. rend. 45. Bd. 590. und 988.
t) Annalos de ohimie et physique. 36. Bd. (1852) 490.
tt) Glessener Jahresbericht fllr 1851. 715.
ttt) Giessener Jahresbericht. 1849. 667 u. f.
Kartoffeln, Baum&üchte, Triukwasser.
599
\- keine schwer lösliclien Eiweissverbindungm entstehen , wie dieses u. A. ge-
, wenn das Kochwasser kalkhaltig ist.
Kartoffeln. Der von der Schaala nmschlossene Kaum ist gefüllt mit
^ , Stärkemehl , einer besonderen Art von Collulose, welche in kochendem Wasser
uer GaUerte aufquillt und sich in verdünnter Schwofelsäure zu Gummi und
.:er umsetzt; mit verseifbarem Fette (Solaninstearinsäure C30H30O1 und ein flüssiges
f.-on unbekannter Zusammensetzung); mit einem wachsähnlichen, nicht verseifbaren,
rJTO" noch festen Stoffe (Eichhorn)*); Asparagin, Aep feisäure, mit den Salzen
SKömerfrüchte und Wasser. Diese chemischen Bestandtheile vertheilen sich auf
anatomischen Gebilde in der Art, dass die Stärke (und ihre nächsten Verwandten)
:an Zellen, deren Wände aus der eigenthümlichen Holzsubstanz bestehen, einge-
sssen sind; in der Flüssigkeit, welche diese festen Stoffe durch ti-änkt , sind das
Ass, das Fett, das Asparagin, die Salze der Aepfelsäure und zum grossen Theile
Her Phosphor- und Salzsäure aufgelöst.
IDie quantitative Zusammensetzung des Kartofi'elmarkes ist sehr variabel gefunden
r.en; sein Wasser schwankt zwischen 82 und 77 pCt., das Stärkemehl zwischen 11
:24 pCt., Eiweiss und Aspai-agin um 2 pCt., Fette um ü,05 pCt., Holzstoffe gegen
o 4 pCt. und die Asche um 1 bis 2 pCt. Diese letztere ist vorzugsweise reich
'.all, auf dieses folgt die CO2, dann erst Phosphorsäure, Natron, Magnesia, KaUc,
«älsäure und Eisenoxyd (Way nnd Ogstone, Walz). Das Verhältniss der Salze
iiinander ist mit der Sorte verschieden. Beim Kochen gerinnt das Eiweiss, die
onhüllen werden lockerer, jedoch nicht aufgelöst, und innerhalb derselben quült
"Stärkemehl auf. — Während der Aufbewahrung soll sich der Stärkegehalt ändern,
^S8 er nach der Ernte bis gegen den März hin zu-, und von da an wieder abnimmt (?).
11. Die Baumfrüchte (Birnen, Aepfel, Pflaumen etc.) und die Gemüse (Rüben,
rrabi etc.)j Nahrungsmittel von theilweise untergeordnetem Werthe, enthalten neben
S^ahrungsstoffen, die in den bisher behandelten Speisen vorkamen , noch Pektin (Pflan-
iihleim) = CijHioOio (Fr e my), das sich durch seine physikalischen Eigenschaften
dien übrigen Kohlenhydraten wesentlich auszeichnet; es kann jedoch in Dextrin
; Zucker umgewandelt werden. Nächstdem ist der Eeichthum der jungen Gemüse-
<er an leichtlöslichem Kalisalze zu erwähnen. lieber das Weitere der genossenen
ri und ihre Zusammensetzung sind die angezogenen Werke von Moleschott,
ssingault und die Gie ssener Jahresberichte um Eath zu fragen.
m. Trinkwasser. Das reine Wasser der Quellen oder das gereinigte der
He enthält Luftarten (Kohlensäure , Sauerstoff, Stickgas) und je nach den Gebirgs-
i, die es durchströmt, Kohlensäure, Schwefelsäure, Salzsäure mit Kalk, Magnesia
Natron verbunden aufgelöst. — Der Gehalt an Salzen bestimmt den Charakter
VWassers, das man gemeinhin weich nennt, wenn es wenig Kalksalze enthält, wäh-
das mit diesen letzteren beladene hart genannt wird. Der Gesammtgehalt des
«ers an Salzen darf, wenn uns dasselbe noch zum gewöhnlichen Gebrauche dienen
den Werth von einigen Hunderttheilen eines Prozentes nicht übersteigen. Orga-
ne Beimengungen zum Wasser werden immer als Verunreinigungen empfunden.
.Das gekochte Wasser nimmt einen faden Geschmack an, theils weil dadurch aus
: die Gase , theils weil Salze , insbesondere kohlensaure Kalksalze , entfernt werden.
) Poggendorf», Annnlen. 87. Bd. <i27. — Bibra, Die GetreidoKrten und dn» Brod.
^b«rg. 1860.
600
Nahrungsacquivalente.
5. Nahrungsaequivalente*). Diesem Begriffe liat mn
zwei Bedeutungen beigelegt, a. Gewöhnlich versteht man daruntt
das Gewichtsverhältniss, in welchem zwei bestimmte Speisen ve
abreicht werden müssen, wenn durch jede derselben die gleid
Menge eines und desselben einfachen Stoff'es eingeführt werden so
Die Frage ist an einem Beispiel erläutert also die: Wie viel Brc
muss genossen werden, damit durch dasselbe gerade so viel Eiweli
in den Magen kommt, als in der Gewichtseinheit Fleisch verzei
wird? Darauf antwortet eine gewöhnliche Proportionsrechnung, wei
die quantitative Zusammensetzung der betreifenden Nahrungsnii]|
bekannt ist. Der grösseren Bequemlichkeit halber haben Liel|i
und Boussingault für die Speisen mit bekannter Zusamme
Setzung Tafeln berechnet. |
b. Ganz anders gestaltet sich die Sache, wenn man vom p|
siologischen Gesichtspunkte ausgehend, die Frage erhebt : in welch|
Verhältnisse müssen zwei verschiedene Speisen genossen wer^
wenn durch sie dieselben Leistungen innerhalb des thierischen
pers ■ erreicht werden sollen? Da die allgemeinsten Aufgaben d
Nahrungsmittel darin bestehen, dass sie entweder Wärme erzeugt
oder mechanische (Muskel-) Kraft hervorbringen oder endlich |i
Wiederersatz oder die Neubildung von Geweben und Säften (Waiäi
thum, Mästung) bedingen sollen, so würde zuerst die Frage zuj
ledigen sein, ob in der That ein und dasselbe Nahrungsmittel^
fähigt wäre, diesen verschiedenen Anforderungen zu genügen. W||
nämlich, wie man zuweilen ausgesprochen, ein jedes einfache N^ili
rungsmittel nur zu einem dieser Zwecke dienlich, so würde es »t
türlich in dem oben bezeichneten Sinne keine Aequivalente geliMii
sondern es müsste entsprechend dem Verbrauche an Wärme, ^fci
Muskelanstrengung und an Gewebsmasseu jedesmal nur ein gaMin
bestimmtes Nahrungsmittel genossen werden. Mit einem WoiÄ
die Nahrungsmittel würden zu zerfallen sein in Wärme erzeugeiSm,
oder respiratorische, in kraftentwickelnde und in gewebsbildefflJliji
oder plastische.
Da die unorganischen Nahrungsmittel ohne Ausnahme sdm^
oxydirt genossen werden, so können sie keinen Beitrag zur Wäröm
bildung Hefern; im Gegensatze hierzu verlassen alle organischÄ^
Atome der Nahrung den thierischen Körper in höher oxydiiiei»]
*) Frerichs, Handwörterbuch der Physioloeie. ni. 1. Abtli. 731. — B o u ss i n g ftii I ' i
Landwirthschnft II. Tbl. 235. u. f. — L o hm a nn , Physiologische Chemie, m. Bd. ErnährunS.
Nalmingsaequivalcnte.
601
! blande, als sie in ihn eingetreten sind; die letzteren können also
j umtlich zur Wärmeerzeugung verwendet werden , und es muss
I se Verwendung eintreten, insofern die bei ihrer Oxydation frei
1 nachten Kräfte nicht dazu benutzt, werden, um Arbeiten jenseits
Grenzen des thierischen Körpers zu verrichten. Dieses ist auch
imals bestritten worden. Wenn man nun trotzdem gewisse Nah-
igsmittel, wie namentUch Fette und Kohlenhydrate vorzugsweise
rmebildende nennt, so müssen dafür besondere Gründe vorliegen.
I ihnen zählt man, dass viele Menschen für gewöhnlich viel Amy-
und wenig Eiweiss geniessen, wesshalb sie nothwendiger Weise
kh den grössten Theil ihrer Wärme aus dem Amylon nehmen
>sseu. Da sich der Mensch aber auch bei dem umgekehrten Ver-
ttniss der Bestandtheile und seiner Kost wohlbefindet, so begrün-
das eben genannte Factum auch keinen wesentlichen Unter-
iied. — Man stellte auch darum Fette und Kohlenhydrate als
;ipirationsmittel dem Eiweiss gegenüber, weil man meinte, die
»ydation der ersteren gehe einfacher, gleichsam mit geringerem
bhun des Organismus vor sich. So hob man hervor, dass die
»mcomplcxe, in welche da"% Eiweiss und seine Verwandten zer-
tt sein müssen, bevor sie verbrannt werden können, nur von
II Muskeln, Bindegewebsfasern, Zellen u. s. w. dargestellt würden,
oö mussten die EiweissstoflFe , bevor sie in die Oxydation eingin-
II, erst flüssige oder feste Bestandtheile jener Gebilde gewesen
11. Angenommen, alles dieses sei richtig, so würde daraus noch
Ihts für die Fette und den Zucker folgen. Denn auch sie wer-
II unbestritten durch eigenthümliche Wirkungen des Organismus
'dirt. In Wahrheit sind aber die Mittel und Wege der Zer-
üung lUr Eiweiss, Fette und Kohlenhydrate so gut, wie unbe-
unt, so dass man auf sie auch keine Unterscheidungen gründen
im. Keinesfalls ist zur Zersetzung der Eiweisskörper , wie man
iher glaubte, eine Muskelanstrengung nöthig, da Thiere, welche
rrelativ sehr ruhiger Haltung, in Kästen eingesperrt. Tage lang
Iharren, dennoch ungemein viel Fleisch täglich in Harnstoff um-
loeiten können (Frerichs, Schmidt, Bischoff). Namentlich
)oen die wichtigen Arbeiten des letztern Physiologen, die er theils
?in, theils in Verbindung mit Voit ausgeführt hat, dargethau, dass
• Hund sehr grosse Mengen von Amylon und Fleisch gleich leicht
1 ohne merkliche Aenderung seines Befindens umsetzt. Somit
•^t physiologischer Seits aueh gar kein Gruud vor, die Umsetzung
ider Stoffarten für prinzipiell verschieden zu halten.
602
NahrungBaoquivalente.
Dcaraus folgt, dass rücksichtlich der Wärmebildung Aequiva
lente der Nahriuigsstoflfe hinzustellen wären, ein Unternehtieri, da
keine Schwierigkeit hat, sowie man erst einmal die latente WärDn
der betreffenden Atome kennen wird. Die schon erwähnte Eifahrung
dass wir je nach dem Reichthum unserer Nahrung an Eiweiss au
dieselbe C02-Menge viel oder wenig Harnstoff bilden , ohne dass wi
dabei unsere Temperatur ändern, spricht auch entschieden für eiui
solche Vertretung bei der Wärmebildung. Aber gerade diese Ei
fahrung beweist auch, dass die Verti-etung keine vollständige wei
den kann, da niemals weder die Umsetzung der stickstofffreie;
noch die der sticksoffhaltigen Nahrungsmittel allein vor sich ge'
Es scheint im Mechanismus der Zersetzung des thierischen Körp
zu liegen, dass beide Stoffreihen gleichzeitig, wenn auch in
gleicher Ausdehnung in die Zersetzung eintreten.
Zur Erzeugung der NeiTen und Muskelkräfte sind unzwe'
haft die Eiweisskörper dienlich und wahrscheinlich auch unumgän
lieh uothwendig, denn einmal sind diese Organe imter allen ü
ständen sehr reich an diesen Stoffen, dann findet man in den S
ten dieser Organe, namentlich in dfen Muskeln, um so mehr Ze
Setzungsprodukte der Eiweisskörper, je angestrengter sie gearbe"
haben, und endlich soll, gleiche Ausbildung der Muskelmasse vO
ausgesetzt, ein und derselbe Mensch um so arbeitsfähiger seiu,|
beträchtlicher der Fleischantheil seiner Nahrung ist. Diese TK
Sachen schliessen es aber natürlich nicht aus, dass sich nicht au*
die Fette und Kohlenhydrate an der Erzeugung von Muskelkräft^!
betheiligen könnten , hierfür sprechen im Gegentheil die reichlic':'
Mengen von Fett in den Nerven und ferner die bedeutenden M;^
kelanstrengungen, welche Menschen leisten, die sich vorzugsweiS
von den eiweissarmen Kartoffeln und Brod nähren und endlich di
Erfahrungen, dass man nach Muskelanstrengungen eine bedeuten|
Vermehrung der Ausscheidung von CO2 und eine nur so gering
von Harnstoff eintreten sah ; wäre in der That die Muskelkraft all
auf Kosten des Eiweisses entwickelt worden, so müssten wenigste'
der Harnstoff und die CO2 proportional vermehrt gewesen sein. B
diesem Stande der Sache ist es jedenfalls besser, unentschieden'
lassen, ob die Nahrungsstoffe sich behufs der Entwickelung vo
mechanischen Ki'äften vertreten können.
Ein jedes Gewebe bedarf, da es eine bestimmte chemisch
Zusammensetzung besitzt, auch bestimmter Stoffe zu seinem Ao
bau. Die verschiedenen zu einem Gewebe uöthigen Bestandtheil
Verdauung der Speisen.
603
lässen also beschafft werden; wenn demnach die Nahrung /.um
?satz zerstörter oder znr neuen Herstellung von Geweben benutzt
ärden soll, so können sich die einzelnen Nahrungsstoffe nicht ver-
Bten. Dieses würde nur dann möglich sein, entweder wenn in
iiem Gewebe verschiedene unter sich sehr ähnliche Stoffe zu dem-
Iben Zwecke verwendbar wären, wie z. B. in den Knochen phos-
uorsam'e und kohlensaure Magnesia statt derselben Verbindungen
rr Kalkerde, oder wenn ein Stoff bei seinen Zersetzungen im Thier-
rrper zu einem Atomcomplexe führte, welcher identisch wäre mit
iiem anderen in der Nahrung geradezu aufgenommenen. Insofern
innte also Amylon, das sich, theilweise wenigstens, in Fett ver-
imdeln soll, bei der Ernährung des Hirns, des Fettgewebes u. s. w.,
eer es könnte Leim statt des Eiweisses zur Ernährung des Binde-
vwebes und der Knochen verwendet werden. Diese Vertretung,
^jnn sie überhaupt besteht, würde aber jedenfalls eine sehr be-
kiränkte sein. Unter allen Umständen ist es aber verwerflich,
rradezu ein einfaches Nahrungsmittel, z. B. Eiweiss, das plastische
eer auch nur das vorzugsweise plastische zu nennen, da in jedem
III auch andere Atomgruppen zum Entstehen und zum Bestand der
uisten Gewebe notliwendig sind. Wäre ausser den bekannten
eemischen Zusammensetzungen der Gewebe noch ein weiterer Be-
seis nothwendig , so könnte er leicht aus den Fütterungsversuchen
rn Boussinga ult, vorzugsweise aus denen von Bischoff ge-
urt werden. Aus diesen geht hervor, dass eine Nahrung, die vor-
^gsweise aus Eiweissstoffen und in geringer Menge aus Amylon
i€r Fett besteht, viel weniger mästet, als eine solche bei welcher
im das Fleisch minderte und statt dessen das Amylon oder Fett
ührte.
C. Verdauung der Speisen.
Die Speisen müssen, bevor ans ihnen Blut entstehen kann,
eemische und physikalische Umwandelungen erfahren. Diese gehen
mehreren räumlich und funktionell von einander geschiedenen
bhälteni vor sich, nämlich in der Mund- und Rachenhöhle, dem
lagen, dem Dünn- und Dickdarme. Ein jeder derselben liefert einen
i'itrag zur Verdauung durch hemmende oder beschleunigenden Be-
(sgungswerkzeuge, durch Drüsen, durch die Eigenschaften der Häute,
lilche Darm - und Gefässhöhlen trennen und endlich durch die allen
«meinsame Wärme.
(304 Mechanische Arbeit der VordauungBwerkiseuge; Mund und Schlund.
Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge.
1. Mund und Schlund.
Lippen, Wangen und Kiefer sind, soweit sie nicht schon be
sprochen, in ihren Leistungen Jedermann bekannt.
Die Zunge. Ihre Wurzel ist auf bekannte Weise durch Mub
kein und Bänder an den Stylfortsatz, den Kiefer und das Zungen
bein geheftet, sie folgt darum auch den Bewegungen der beiden
letzteren und insbesondere denen des Zungenbeins. — Das Zungen
bein kann vermöge seiner Befestigung an dem Kehlkopfe eine all
gemeine Ortsveränderung erfahren, oder es kann sich auch nacl
Spannung der Bänder um diese letztern drehen; so können si
namentlich die Hörner um den durch das lig. hyothyi-eoideum
dium festgestellten Körper, oder dieser letztere um die durch
ligamenta lateralia fixirten Hörner erheben oder senken. Gehobe
wird das Zungenbein durch die Verkürzung der mm. stylohyoidi
(und hyopharyngei"?), gesenkt durch die sterno-, thjTCo- und o
hyoidei. Die Unterschiede dieser drei Muskelwirkungen liegen darifij
dass der m. omohyoideus nach unten und hinten, der sternohyoideus naä
unten und vorn Kehlkopf und Zungenbein zugleich ziehen, währeiii
der m. thyreohyoideus den Abstand beider bestimmt. Die Mm. myii&'
und geniohyoideus und digastricus anter. ziehen das Zungenbein nai
vorn, wobei der erstere noch die Zunge gegen den harten Gaumi
hin hebt, indem er den nach unten bauchig herabhängenden Keii
räum abflacht. — Alle Bewegungen, welche von den Muskeln d«
Wurzel oder des Beines der Zunge ausgeführt werden, übertragi
sich auf Zunge und Zungenbein zugleich; eine Ausnahme hiervi
dürfte nur dem Hyoglossus zustehen.
Das freie Blatt der Zunge *), das seine Gestalt selbstständig vi
ändern kann, ist von Muskeln durchzogen, welche etweder paralli
der Längsachse, (mm. hyoglossi, longitudinalis inferior und sup|
rior, stylogiossi), oder von der unteren zur obern Fläche (mm
nioglossi) und von einem zum andern Rand (m. transversus linguaej
laufen. Die verschieden gerichteten Züge verflechten sich in
Zunge innig, und so können sie nicht allein die letztere verschnÄ-
lern (und dabei strecken und verdicken), abplatten (und dabei vl^
längern und verbreitern), sondern auch krümmen. *
Die Nerven aller dieser Muskeln sind in vier verschiederieo
Stämmen enthalten. N. ti'igeminus versorgt den m. mylohyoidetiü
I) KöUlker, Mikroskop. Anatomie. U. Bd. I. Abthl. p. 12.
Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge ; Mund und Schlund.
605
jd digastricns anterior, n. facialis den stylohyoideus und nn. hy-
jlglossus und cervicalis II die übrigen Muskeln. Die Folgen
ßser Anordnung für die Verknüpfung der Bewegungen sind unbe-
mnt. — Die willkürliche Erregung gebietet unbeschränkt über
■5 Nerven des stylo-, genio- und hyoglossus, omo-, sterno-, st}'lo-
'irreo- und geniohyoidei , longitudinales et transversi linguae, in-
iu ebensowohl ein- als zweiseitig die Zunge nach vorn, nach
taten, oben und unten bewegt werden kann. Beschränkt ist aber
!'. Willkür, dem m. mylohyoideus gegenüber, insofern, als er
iesmal nur beiderseitig zusammen ziehhar ist; der hyothyreoideus
ülich zieht sich für gewöhnlich nur gleichzeitig mit den Spann-
iiskeln der Stimmbänder und den Gaumen- und Schlundschnürern
aammen.
Ueber die Zungenmuskeln, im engeren Wortsinn, ist eine derbe
iidegewebshülle gezogen, in welche an vielen Orten die Muskeln
sgehen ; sie ist mit einem hornigen Ueberzuge bekleidet, der sich
ff dem Rücken in zahlreiche feine Fortsätze (papillae filiformes)
webt. Der Ueberzug macht die Zunge rauh und, wo er dick ist, auch
I! darunter liegenden weichen Gewebe weniger angreifbar. — Da
eer die Hornschicht auf den pap. fungiformes nur dünn ist und zu-
sich die Zungenschleimhaut reichliche Vertheilungen des n. lin-
aalis besitzt, so geht aus allem Diesen hervor, dass die Zunge
Schaufel und Tastwerkzeug sehr brauchbar ist.
Der Kehldeckel ist ein elastisches Knorpelplättchen , das
Ih an das Zungenbein und die Spannknorpel des Kehlkopfes (cart.
rreoid.) mittelst elastischer Bänder anheftet, welche ihm, wenn
sich selbst überlassen bleibt, eine solche Stellung zu der Zun-
•iwm-zel sichern, dass ihn ein Flüssigkeitsstrom in der Richtung
321 Schlund zm* Speiseröhre gegen den Kehlkopf umklappt. In
«ser niedergedrückten Lage deckt er die Stimmritze aber nm-
aon, wenn der Kehlkopf dem Zungenbeine durch die Verkürzung
u m, thyreohyoideus genähert ist.
Der weiche Gaumen*). Seine bogenförmigen freien Rän-
von denen einer zum Rande der Zungenwurzel und ein anderer
den Seitentheilen des Schlundkopfes läuft, schliessen bekanntlich
! mm. palatoglossus und palatopharyngeus ein. Die Zusammen-
bhung des ersteren flacht den vorderen Bogen um ein Weniges
, wobei der Gaumenvorhang, soweit es seine Nachgiebigkeit er-
•) Tourtoual, Ueber den Bau des monschl. Schlund- und Kehlkopfes. Leipzig 1848.
4
hm
606 Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge ; Mund und Schlund.
laubt, heruntertritt ; auf eine andere "Weise kann dem Verklirzungg-
bestreben kein Genüge geleistet werden, da die in die Zungen-
ränder eingehenden unteren Enden sich einander weder nähern,
noch auch die Zunge heben können. Bei der Zusaramenziehung
des an und für sich schon engeren m. palatopharyngeus treten d»,
gegen die freien Känder des hinteren Gaumenbogens zur Bildim|
einer Spalte (Dzondi) von dreiseitiger Form zusammen, der^
Basis nach der Schlundwand hin gelegen ist (Tourtual). — M
dem Theile des Segels, der von der Spitze des Bogens bis zvää
harten Gaumen sich erstreckt, münden die levatores palati poste*
riores (cii'cumflexus palati) und anteriores, die tonsores palati und
die levatores uvulae (azygos). Die vier Gaumenheber suchen, wentt
sie kurz werden, das Segel, und insbesondere den an die Knochai
grenzenden Theil in eine Flucht mit dem harten Gaumen zu heben
M. azygos zieht bei seiner Verkürzung die gesenkten Bogenspitzai
sammt dem Zäpfchen empor, und im gleichen Falle zerrt der tens(|
die genäherten Bogenränder auseinander (?).
Diese Annahmen gründen sich theils auf Ableitungen aus dem Muskelrerlauf, thi
auf direkte Beobachtung des lebenden Menschen , die entweder wie gewöhnlich von di^
Mundhöhle aus geschieht, oder, wie in seltenen Fällen möglich war, von der Nasi
höhle aus (Dzondi, Bidder)*) nach Zerstörung des Oberkiefers oder von den unterer
Stücken der Rachenhöhle nach Verletzungen im Seitentheile des Schlundes über de^
Zungenbeine (Kobelt).
Die Nerven dieser Muskeln stammen aus sehr verschiedene^
Quellen; m. palatoglossus erhält sie aus dem n. vagus; m. levat^
palati mollis posterior wird zugleich versorgt durch Fäden, die
den nn. facialis, glossopharyngeus, vagus und accessorius aus dei
Hirne ti-eten ; m. tensor palati empfängt seine Nerven aus den
ti'igeminus, glossopharyngeus, vagus und accessorius; m. azygi
aus den nn. vagus, accessorius und glossopharyngeus. — Die N(
ven des arc. glossopalatinus sind nicht ermittelt, da der Mus
den meisten Säugethieren fehlt; auf den m. levator anterior b
man noch keine Rücksicht genommen.
Die aufgezählten Muskeln sind, wenn überhaupt, der Willk
nur in beschränkter Weise unterthan, indem niemals die Bewegunj^
des Gaumens nur auf einer Seite ausgeführt werden kann. Untl^
die in diesem Sinne wiUklirlich beweglichen Muskeln gehören ui^
zweifelhaft mm. levatores palati und uvulae. — Reflectorisch eiTCgb»
is;
•) Dzondi, Die Piinlitionen des ivelchen Gaumens. Halle 1831. — Bidder, Beobachtuilf
Uber die Bewegungen des weichen Gaumens. 18S8. — Kobelt, Froriep's Notisson. I8<().
I
Kauen und ScHingen. 607
äd die Gaumenschnürer, und zwar von den empfindenden Nerven
j, die sich auf der ZungenwurzeJ , der hinteren Fläche des Gau-
msegels und in der Schleimhaut über den mittleren Schlundschnü-
)Q verbreiten. •
Schlundkopf. Die Faserung der Schnürer geht zum Theil
rraUg vom Kehlkopf und Zungenbein zur entgegengesetzten Kopf-
ffte; die Züge der beiden Seiten verflechten sich in der hinteren
rtellinie des Schlundes; zum Theil (im pterygo-, bucco- und ke-
opharjTigeus) läuft sie quer von einer Seite zur anderen. Diese
[-eifungen müssen die unteren Partien heben und seitlich zusam-
npressen: an den Orten, wo die hintere Schlundwand locker an
Wü-belsäule geheftet ist, können die Schnürer sie auch gegen
Mundhöhle hin bewegen; die von der cart. thyreoid. entsprin-
«den Fasern sind auch vermögend, die Platten des genannten
lorpels gegeneinander zu beugen. — Der m. stylopharyngeus
id seinem Verlaufe gemäss die seitlichen Partien der Schlund-
nd heben und auseinander ziehen, d. h. die Falten, die sich auf
hinteren Wand gebildet haben, glätten.
Die Nerven des stylopharyngeus laufen im n. glossopharyngeus,
Schnürer werden vom n. vagus, accessorius (und glossopharyn-
>.s?) versorgt.
Ob einer dieser Muskeln ein- oder zweiseitig durch den Willen
ligt werden kann, steht noch dahin. In Verbindung und unmit-
jSiY nach der Erregung der Gaumenmuskeln scheint dieses nicht
laögüch. — Reflexbewegungen werden in ihnen ausgelöst auf
tegung aller emfindenden Flächen hinter dem Gaumenbogen bis
11 Beginn der Speiseröhre.
Speiseröhre. Ihi-e Muskeln sind beim Menschen, abweichend
. dem Verhalten der Haussäugethiere, aus Quer- und Längsfäden
»mmengesetzt. Die Nerven derselben kommen aus dem Vagus-
mme; sie sind dem Willenseinflusse durchaus entzogen und
unen nur in besonderen Zuständen der Erregbarkeit von der sie
kkenden Schleimhaut zu Zusammenziehungen veranlasst werden.
Die bis dahin erwähnten Werkzeuge vollführen das Kauen und
Hingen.
Das Kauen oder Verkleinern der eingeflihrten und unter Um-
laden mit den Schneidezähnen abgebissenen Speisebrocken ge-
weht durch den mahlenden Druck der Backzähne; diesem Akte
imnt die Kraft der Kieferschliesser, die Beweglichkeit des Unter-
tferkopfes nach verschiedenen Richtungen und die Härte und Un-
608
Das Schlingen.
ebenheit der Backzähne zu Gute. — Die Speisebrocken würden bei
diesen Bewegungen von der erhaben gestellten Kaufläche herunter
fallen, wenn sie nicht durch die Wangen, Lippen und die Zunge
auf ihr gehalten wtirden. Wenn diese Einrichtungen das Abgleitei;
nicht vollkommen verhüten, so hebt die Zunge das Niedergefallene
wieder empor; diese letztere wendet zugleich die Speise von einei
Wangenseite auf die andere, ein Vorgang, der namentlich heia
Kauen ti-ockener Bissen öfter in Anwendung kommt. — Den Häuft
grad der eingeführten Stoffe prüfen die Zähne, welche bekanntlia
sondenartige Tastwerkzeuge darstellen; in Verbindung mit derZungl
geben die Zähne auch Nachricht, ob die Bissen den zum Schling^
hinreichenden Grad von Vertheilung erlangt haben. i
Das Schlingen. Dieser Muskelakt, vermittelst dessen db|
verkleinerte Bissen aus dem Munde in den Magen befördert werdöi
soll, wird dadurch verwickelt, dass die Speisen, nachdem sie eiö
mal in die Rachenhöhle geschoben sind, nun in den Oesophagm
eindringen; also die Mündungen der Luftwege in den Rachen
meiden sollen und zugleich nicht in die Mundhöhle zurückweichet
dürfen. Das Einschieben des Bissens hinter den vorderen Gaumen
bogen besorgt die Zunge ; zu dem Ende wird sie, nachdem sie dti
Speisen auf ihren etwas hohl gestellten Rücken genommen hat, js|
erst vorn gehoben durch die Muskeln des freien ZungenblatteB,
dann aber in der Mitte durch die Zusammenziehung des m. my]
hyoideus, indem er den Boden der Mundhöhle abflacht, und ei
lieh an der Wurzel durch den m. styloglossus. Nachdem der Bissi
somit durch die Zunge an den harten Gaumen gepresst und hini
den arcus glossopalatiuus geschoben wurde, legt sich dieser um
Zunge an und schliesst damit Schlund- und Mundhöhle von eli
ander ab. — In diesem Augenblicke werden auch die Nasenöi
nungen und die Stimmritze gedeckt. Die ersteren dadurch, dal
das Gaumensegel in Verbindung mit der hinteren Schlundwand
zeitweilige Scheidewand zwischen dem oberen und unteren Th
des Schlundkopfes, etwas unterhalb der Choanen, herstellt; hii
bei greifen die einzelnen Theile so in einander, dass die levatoreS
palati antici und postici in der Nähe des harten Gaumens und die
schräg vom Kopf nach dem Larynx verlaufenden Schnürmuskeln
des Schlundes die hintere Fläche des Gaumensegels zu einer horf*
zontalen oder schief nach hinten abflachenden Fläche erheben ; diese
Wirkung der bezeichneten Muskeln wird unterstützt durch den Bissen,
welcher von der Zunge aus das velum palatinuni hebend vor si<^
Schlingen.
609
jscbiebt. Der Spalt, der zwischen dem hinteren Gaiimenbogen
!.n noch übrig bleibt, wird geschlossen durch eine Falte, welche
Ii von der Schlundwand hervorhebt in Folge der seitlichen Zu-
umenpressung ,• welche der Pharynx durch die absteigend und
^zontal verlaufenden Muskelfasern erfährt. — Der Uebergang
Speisen in die Luftröhre wii-d dadurch verhindert, dass der
lildeckel sich über den Kehlkopf legt; der epiglottis wird der Ein-
in diese Stellung darum erleichtert, weil sich der Kehlkopf
'iiht und sich demnach gegen die Zungenwurzeln di'ückt; das
legen des Kehldeckels selbst aber sollte, wie man früher an-
m, durch den niedergehenden Bissen geschehen; Czermak*)
jjedoch mit dem Kehlkopfspiegel nachgewiesen, dass dieses nicht
Fall sei, sondern dass der Kehldeckel durch seine Muskeln
libgezogen wird. Soll der Verschluss des Kehlkopfs noch fester
; acht werden, so legen sich die wahren Stimmbänder aneinander,
tfalschen Stimmbänder nähern sich und senken sich bis zum
^ständigen Verschwinden- der Morgagnischen Taschen auf die
rren Stimmbänder und zugleich drückt sich der Kehldeckel mit
?3r nach hinten vorspringenden convexen Geschwulst auf die
ihlossene Glottis (Czermak). In dieser Lage überragt die Epi-
iis den Kehlkopf, sodass ihre freien Ränder beim leeren Schlin-
' durch den contrahirten Schlund aufgebogen werden können,
»allend ist es , dass bei dieser kräftigen Berührung der obern
tdsfläche kein Hustenanfall erzeugt wird, den doch jeder ein-
[jende Bissen hervorbringt.
)Die Schliesser der Stimmritze spielen jedoch, beim Abhalten des Speisebissens Ton
nuftröhre nicht die EoUe , die man ihnen früher allgemein zutheilte. Dieses geht
I) hervor, dass kein Speiseantheil während des Schlingens in die Luftröhre fällt,
man auch eine Eöhre oder die gesperrten Arme einer Pincette in die Stimmritze
'.Ti o n g e t **), Bouchut). — Unter Umständen ianu sogar nach Abschneidung
«ehldeckels das Schlingen noch gut von Statten gehen (Longet).
IDem allseitig gedrückten Bissen bleibt somit nur der Weg in
Hinteren Theil des Schlundkopfes, der um so leichter genom-
wird, als sich derselbe mit der Hebung des Kehlkopfes der
■^enwurzel entgegenschiebt. Dort angelangt, wird er durch eine
nnmenziehung der Schlundschnürer dem Oesophagus überliefert,
iher sich jedesmal in den Stücken verengert, die unmittelbar
I Der Kehlkoprspicgel. Leipzig ISGO.
■ Longet, Traitd de Physiologie. I. 2 Abtli. 102. — Bouchut, Aua den Sitzungsboriohton
bdiziniachen Altademic zu Paris 186Ü.
«dwig, Physiologie n, 2. Aulinge. 30
Schlingoti.
oberhalb und um den Bissen gelegen sind ; diese Zusammenziehun
schreitet mit dem Inhalte allmählig von oben nach unten fort, W(
bei sie aber immer nur einen beschränkten Abschnitt der Muski
latur zugleich ergreift, indem die Fasern der Orte, welche der Bisse
verlassen hat, auch allmählig zu ihrer normalen Länge zurüej
kehren.
Die Nerven, welche der Reihe nach beim Schlingen in Er
gung /treten, sind nicht durchweg bekannt. Aeste der nn. trij
minus, hypoglossus und des Vagussstammes sind unzweifelhaft h\
theiligt; ob auch die Schlund- und Gaumenzweige der nn.
minus, facialis und glossopharyngeus dazu gehören, ist zweifelt
Jedenfalls aber steht hier wie bei der Augenbewegung fest, da
Nervenröhren mit sehr verschiedenen Hii-nursprtingen in diese coi
binirte Bewegung als Erreger eingehen.
Die Zusammenziehung der einzelnen Muskelstticke *) desSchlin
apparates ist in die eigenthümliche Beziehung gebracht, dass 1
normaler Erregbarkeit auf die Verkürzung eines höher gelegene
Stückes jedesmal die der tiefer gelegenen bis zum Magen hin nac
folgt, während niemals auf die eines tieferen die Zusammenzi
hung eines höheren folgt. Man drückt dieses gewöhnlich so ai^
dass dem Schlingapparate eine peristaltische, aber keine anti]^
Staltische Bewegung zukomme. — Das Fortlaufen der perist
sehen Bewegung geschieht allmählig und ist namentlich abli
gig von der Zeitdauer, welche jedes einzelne Stück zur Voljjj
dung seiner Zusammenziehung verbraucht, da die nächst
gelegenen Partien nicht eher in den Zug der Bewegung eintre
bevor nicht die höheren wieder zu der Erschlaffung gekommen s|
— Die Einleitung der Bewegung ist, wie es scheint, nur bed
vom Willen abhängig; dagegen kann sie ohne äussere Ursä
unwillkürlich (vgl. I. Bd. 213) und auf reflektorischem Wegej
Stande kommen. Die sensiblen Orte, deren Erregung das Sei
gen einleitet, scheinen für gewöhnlich auf die hintere Fläche |
Gaumens und den Eingang in den Kehlkopf (Wild, Longet|
schränkt zu sein; nur zuweilen gelingt es, die fortlaufende BS
gung durch einen Anspruch der Speiseröhrenschleimhaut auszulS
Einmal eingeleitet schreitet die Bewegung unaufhaltsam bis'
Magen fort, so lange Nerv und Muskel erregbar und unver
sind, und so lange sich der fortschreitenden Bewegung kein
derniss entgegenstellt. Durchschneidet man aber die Muskeln odi
•) Wild, Henic's und Pfeufcr's Zeitschrift. V. Bd. 76.
Mechanische Arbeit der Vordauungswerkzeuge; Magen.
611
Fven des Oesophagus , oder presst man ein beschränktes Stück des
eeren durch einen umgelegten Faden zusammen, so überschreitet
\von oben herkommende Zusammenziehung den verletzten oder
tückten Ort nicht (Wild).
DOer 'Wille Tcrmag die Schlingbewegung nur dadurch einzuleiten, dass er den festen
:€üssigen Inhalt der Mundhöhle in den Eaehen schiebt, welcher dann die dort
rndenen sensiblen Nerven erregt; dieses geht am deutlichsten daraus hervor, dass
»auf Geheiss des Willens nur bis zum Verschwinden allen Speichels (drei-, vier-
ünfiual unmittelbar hintereinander) schlingen kann, dass sich aber die Fähigkeit
> sogleich wieder einstellt, so wie sich wieder Speichel in der Mundhöhle ansam-
. oder ein Bissen in sie eingebracht wird. — Die Angabe , dass die einmal einge-
!S Schlingbewegung zu ihrer Fortführung der reflektorischen Erregungen nicht be-
und namentlich nicht in Abhängigkeit steht von den Erregungen, die der weiter
rrte Bissen in der Schleimhaut hervorbringt, stützt sich darauf, dass sich die Be-
i;ig selbst dann fortsetzt, wenn der Fortgang des Bissens, z. B. durch einen ange-
fen und festgehaltenen Faden, aufgehalten wird. Siehe das Genauere bei Wild.
2. Magen.
Dieser geräumige Behälter ist im leeren Zustande so aufge-
r;t, dass er seine grosse Curvatur nach unten wendet; im ge-.
'in dreht er sich dagegen nach vorn und somit stellt er seine
ue Krümmung nach hinten, welche sich dann über die Wii'bel-
!i und die auf ihr laufenden Gefässe hinspannt, ohne diese letz-
II zu drücken. Diese Drehung muss um eine Linie geschehen,
Ihe durch die beiden am festesten angehefteten Punkte, die
i ia und den Pylorus bestimmt ist. Die Drehung wird möglich,
die Krümmungen nur durch die schlaffen Netze angeheftet
und die vordere und hintere Magenfläche mit ihren glatten
Ihfellüberzügen frei in der Peritonialhöhle liegen. Der Mecha-
ras, welcher diese Drehung leitet, ist noch nicht ermittelt. Jeden-
ist er von irgend welcher Muskelzusammenziehung unabhän-
da sich auch der Magen in der Leiche bei seiner Anfülluug
;. — In dieser Lage nimmt nun die Cardialöffnung die höchste
)i ein, so dass gegen sie die spezifisch leichtesten Bestand-
13 des Mageninhaltes zu liegen kommen. Enthält also neben
m und flüssigen Stoffen der gefüllte Magen auch Luft, so wird
iich an der bezeichneten Stelle finden und durch den Magen-
l austreten, wenn er geöffnet ist. — Die Muskulatur des Ma-
macht vermöge der Anordnung ihrer Fasern eine Verschlies-
. seiner Mündungen, insbesondere der nach dem Dünndarme
ihrten, möglich, und ausserdem kann sie eine im Einzelneu
ttigfach abgeänderte Verengerung der Magenhöhle herbeiführen,
39*
612
Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeiigc ; Magen.
i
Nerven erhalten die Magenmuskeln aus den Zweigen des n. vagu
des splanchnicus und dem grossen, viele Ganglien enthaltend(||F
Geflecht, welches in der Bindegewebshaut gelegen ist (Meissnei"
Manz*). '
Die Bewegungen**) des lebenden Magens, der in seinen
tiirlichen Verbindungen und unter normalen Verhältnissen steht, sH
keine einfachen Zuckungen, sondern verwickelte Vorgänge, der«^
innerer Zusammenhang nicht durch die einfache Beobachtu:
sondern nur durch den zergliedernden Versuch aufgedeckt werdj
kann. In der letztern Kichtung ist jedoch noch wenig geschel
Wir wissen überhaupt nur, dass sich der ausgeschnittene
Speisen gefüllte Magen des Kaninchens rhythmisch zusammenziel
Diese Bewegungen ersü-ecken sich namentlich auf den dem Oed
phagus unmittelbar angrenzenden Theil der Cardia. Bei ihrq
Eintritt plattet sich der in der Nähe konisch geformte Theil ab,
wird der Oesophagus in die Mageuhöhle hineingezogen und
Cardialsphincter schliesst sich. Diesef Bewegungen kehren na
minutenlangen Pausen wieder (Basslinger). Sie sind bisli
weder am nüchternen Magen des Kaninchens, noch am gefäUlj
oder leeren anderer Thiere beobachtet worden, vorausgesetzt,
derselbe ausgeschnitten war. — 2. Reizt man den ausgeschnittCTj
Magen auf seiner serösen Fläche momentan und beschränkty^l
stellen sich zuweilen weit verbreitete und lang dauernde Beweg
gen ein, deren Form und Dauer aus den Eigenschaften des Re
nicht abgeleitet werden können. — Statt und neben diesen B^
gungen, die wie gesagt, häufig fehlen, stellt sich dagegen u
eine Zusammenziehung ein, die als eine directe Folge des ßdli
angesehen werden kann. Diese Contractionen geschehen in (d
den glatten Muskeln eigenen langsamen Weise. — 3. Der heull
geschnittene, entleerte, ruhige Magen eines Säugethieres kommt [
Bewegung, wenn man ihn in der Luft auf 19" bis 25» C. erwä
(Calliburces). — 4. Reizt man am ebengetödteten Thiere
Stamm des n. vagus am Halse, so kann eine Bewegung des
gens eintreten oder ausbleiben. Das erstere geschieht vorzuj
weise, wenn der Magen einige Zeit hindurch in Verdauung begr
») Manz, Die Nerven und Ganglien des Säagetliierdarms. Freiburg 1S59.
*•) Basslinger, Wiener Sitzungsberichte. XXXVII. Bd. — Wolf, Meissners Jahresbei
tiu 1857. 494. — Volkmann, Norvenpliysiologie im Handwörterbuch der Physiologie U. Bd.
— Longet, Traitd de Physiologie I. 2. Abtlilg. 1857. 120. — B u I a t o w i oz , de parlibns
nervi vngi in vomltu agunt. Dorn 1858. — Calliburces, Compt. reud. XLV. — Busch,
flir pntholog. Anatomie. XIV. Bd. 1G6.
Mockauische Arbeit der Yerdauuiigsworkzougü ; Magen.
613
r. Die Bewegimg ist entweder eine peristaltische , oder sie be-
llt in einer Ziisammenschniirung, die sich vom Gipfel der grossen
tiefsten Ausbengung der kleinen Curvatur erstreckt (Biscboff,
iiget) oder in Zusaramenscbniirimgen des Pylorusendes (Wolf).
iler Magen bewegungsfäbig, so tritt die Zusammenziebimg nicbt
1 littelbar, sondern erst einige Sekunden nach • der Einwirkung
0- vorübergehenden Reizes auf, auch kehrt sie öfter nach Ent-
lang des Reizes wieder. — 5. Betastet man am lebenden Thiere
vti eine Fistel hindurch die " Schleimhautfläche des Magens mit
?3i um mehrere mm. von einander abstehenden Drähten, durch
ein Induktionssti'ora geht, so erzeugt man durch Berührung der
rdia Brechbewegungen, die mit einer Erschlaffung des Cardial-
irtners verbunden sind. Einen ähnlichen Erfolg kann man weder
cch Reizimg des Fundus noch des Pylorusendes hervorbringen
Ludwig, Kupffer). Dieser Erfolg fehlt, wenn vorgängig die
wagi am Halse durchschnitten waren (Bulato wicz). — 6. Wird
Schleimhaut des Pylorus in der oben bezeichneten Weise oder
dem eingeführten Finger gereizt, so erfolgen kräftige Zusam-
nziehungen des Pyloruspförtners. — 7. Wenn der Magen des le-
i4den Hundes mit Speisen angefüllt ist, s-o entstehen am Cardial-
iile rhythmisch wiederkehrende Contrakturen , die meist mit der
ipiration beginnen und mit der Exspiration nachlassen (L o n g e t).
•ise Bewegungen werden am Magen des lebenden Kaninchens
oesmal durch eine Schlingbewegung veranlasst, indem sich die
iistaltische Bewegung des Oesophagus auf die Cardia fortsetzt
iisslinger). — 8. Der mit Speisen gefüllte Magen des lebenden
iiischen und Hundes lässt Bewegungen gewahren, die eine Ver-
:^erung seiner Höhle anstreben; sie sollen nach Beobachtungen,
Beaumont bei einem Menschen anstellte, der eine Magenfistel
isass, peristaltisch vom Fundus gegen den Pylorus hin- fort-
i reiten. Diese Bewegungen kehren, wenn- sie einmal eingetreten
^d, wie die Untersuchungen an Hunden lehren, nach mehr oder
uniger kurzen Zeitabschnitten wieder. Ausser dem peristaltischem
ildus wurde auch ein antiperistaUischer beobachtet. Diese Bewe-
lagen ti-eten jedoch nicht alsbald nach dem Niedcrschliugen der
•eisen, sondern erst dann ein, wenn die letztern einige Zeit im
igen verweilten; Longet sah sie durch eine Magenfistel des Hun-
■i erst nach schon weiter fortgeschrittener Verdauung zum Vor-
•lein kommen. Dem entgegen beobachtete Busch, dass schon
bis 35 Minuten nach dem Speisen das Genossene aus einer
614
Mochanisclie Arbeit der Verdauungswerkzeugo ; Dünndarm.
Dünndarmfistel einer Frau hervortrat. Aehnliches sieht man öfter h
Hunden , die eine Duodenalfistel tragen. — 9. In der Nacht sind kein
Magenbeweg-ungen vorhanden, selbst wenn der Magen Speisen enthä
und sich kein Schlaf eingestellt hat (Busch). — 10. Nach Durchschnc
dung der un. vagi werden die Bewegungen vielleicht schwächer, abi
sie hören nach übereinstimmenden Angaben nicht auf, zu erscheinei|
Aus Allem scheint zu folgen, dass der Magen einen automatische
Erreger in sich trägt, welcher die räumliche und zeitliche Ordnn
der Bewegung bestimmt. Diese Selbsterreger können aber an
von aussen her und, zwar sowohl durch den n. vagus wie an
durch reflectorische Veranlassung zur Auslösung von Keizen
stimmt werden. Je nach der Oertlichkeit der ursprünglich erreg
von aussen her eindringenden Nervenmassen (Cardia, Pylorus,^
vagus) werden auch nur bestimmte Muskelabtheilungen zur Beweguii|
veranlasst. Die automatischen, beziehungSAveise die reflectoriscl
Organe sind aber nicht immer im Zustand der Erregbarkeit, und
scheinen auch nicht alle automatischen Stellen des Magens glei^
zeitig in die letztere zu gerathen. Für die Verdauungslehre ist^
wichtig, dass die den Pylorus beherrschenden Nerven schon mlie
dem Eintritt der Speisen in den Magen erregbar werden, währeiipf
die zu den übrigen Muskeln gehörenden Nerven erst dann tha
werden, wenn die Magenverdauung schon kürzere oder läng
Zeit im G-ang ist.
3. Dünndarm.
Als ein Eohr von beträchtlicher Länge, dessen Wandungen B
zum Verschwinden der Höhle von den gespannten Bauchdecken i
sammengepresst werden, bietet er ein ganz anderes Verhälträi
zwischen Binnenraum und "Wandungsfläche, als der Magen. — 9
Anheftung durch das Peritonäum zwingt das Heum und Jejuäi
in Schlingen zu hängen, die wechselnd auf- und absteigen könfll
das festgeheftete Duodenum" wechselt zum Vortheil der Gallen- Ufi
Pankreasgänge, welche seine Wand schräg durchbohren, seinen ®
niemals. — Die Falten der Schleimhaut des Jejunum sind so
legt, dass sie das Gleiten des Inhaltes in der Richtung von obe
nach unten erlauben, während sie durch einen Stoss im umgekeh
ten Sinne aufgestellt werden. •
Die Längs- und Kreisfasein in der Muskelhaut des Dank
werden mit Nerven versorgt aus den nn. vagus, splanehnic. m»
und min. und endlich aus dem von Meissner entdeckten plext
Mechanische Arbeit der Yordauungswerkzeuge; Dünndarm. 615
igliosiis, der in der Bindegewebshaut des Darms ausgebreitet
;-t.
Die Bewegungen*) der Muskelbaut sind entweder einfacbe auf
gereizte Oertlichkeit beschränkte Zusammenziehungen (lang-
le Zuckungen) oder geordnete Bewegungen. Die letzteren können '
er zwei Formen auftreten; sie sind nämlich entweder stehende,
denselben Darmumfang rhythmisch wiederkehrende Verkürzungen
I Verengerungen (pendelnder Modus), oder sie sind fortschrei-
Bewegungen. Bei diesen letzteren entsteht eine Zusammen-
lung der Längs- imd Kreisfasern an einem beschränkten Darm-
k; alsbald nach Vollendung der Contractur lösst sich dieselbe
h wieder und während dieses geschieht, zieht sich ein zunächst
under Darmumfang zusammen, dieses zweite Stück wird dann
iit'alls wieder von einem dritten abgelöst u. s. w. Die Reihen-
de schreitet hierbei immer nach einer Richtung fort; je nachdem
von oben nach unten oder umgekehrt weiter geht, wird sie
ristaltische oder antiperistaltische genannt.
Zu den Bedingungen, unter welchen diese Bewegungen ent-
Ihen und vergehen, zählen erfahrungsgemäss folgende. — 1. Der
•'i der Unterleibshöhle im Ganzen oder nur in Stücken herausge-
mmene, von seinem Mensenterium möglichst vollständig befreite
inndarm bleibt ungereizt entweder in Ruhe oder er bewegt sich
;ih dem fortschreitenden oder dem pendelnden Modus. Besonders
'^gebildet treten die Bewegungen an dem ausgeschnittenen Darm
■• Thiere auf, die nach der Durchschneidung beider nn. splanch-
ii noch einige Tage gelebt haben (Haffter). — 2. Wird die se-
te Oberfläche des ausgeschnittenen Darms in beschränkter Aus-
iinung durch einen Induktionsstrom oder durch einen harten
■rper berührt , so stellt sich entweder eine geordnete oder auch
tr eine einfache Reizbewegung ein. Je entfernter im Allgemeinen
; Zeit, in welcher der Darm gereizt wurde, von dem Augenblick
!ä Todes ist, um so weniger Aussicht hat man auf geordnete
vwegungen zu treffen; einfache Zuckungen lassen sich dagegen
«ge nach dem angegebenen Zeitpunkt erzeugen. — 3. Wird der
>8geschnittene und bei gewöhnlicher Zimmerwärme zur Ruhe ge-
t>mmene Dann durch Luft von 19" bis 25" C. erwärmt, so beginnt
Ausser der beim Mngcn angofllhrten Littcratur : S o Ii w ar z e ii h er g, Ilcnlo und Pfoufer's
•tochrift VlI. 311. — Haffter, Ibid. N. V. IV. Bd. — Betz, Ibid. N. F. I. Bd- — I'flllger,
)er das Ileminungsnervcnsystcm. Bfrlln 1S57. — C. Ludwig und Kupffur, Wiener Sltzunga-
ichtc. 25. Bd, — D 0 n d e r 8 , Physiologie des Menschen. 2, Aull. 1859. 308.
616
Mechanische Arbeit der Vordauungsworkzeugo; Dünndarm.
er, vorausgesetzt, dass er durch seinen Inhalt nicht merklich aus
gedehnt war, geordnete Bewegungen (Calliburces). Erhöht sicL
die Temperatur aber auf 35" C, so hören die Bewegungen auf. *.
4. Der blossgelegte Darm eines lebenden Thieres (namentlich de
Katze und des Hundes, nicht selten aber auch des KanininchenS
liegt meist voUkommmen ruhig. Dasselbe sieht man häufig an dei
Darm eines ebengetödteten, und namentlich auch des durch ehuK
Herzstich umgebrachten Thieres. Einige Minuten nach dem Tode,
gefähr zu der Zeit, wo das Rückenmark abstirbt, geräth der Daai
in weit verbreitete pendelnde und ' fortschreitende Bewegungen.
5. Unterbricht man nach Bloslegung des Darms den Blutstrom S
dem letztern dadurch, dass man die Aorta zudrückt, so fängt dit
bis dahin ruhige Darm an sich zu bewegen (Schiff). Dieser 1^
tere Erfolg bleibt übrigens auch oft aus, und da man beim Drue
auf die Aorta auch leicht darmbewegende Nerven reizt , so ist e
wünschenswerth, den Versuch mit Sorgsamkeit zu wiederholen. Nac
vorübergehenden Verschluss der ven. portar. soll sich zuweilen au6
Darmbewegung einstellen (Betz, Donders). — 6. Durch Reizung
namentlich durch Aetzung des gglion. coeliacum lässt sich fa
immer eine anhaltende peristaltische Bewegung einleiten. — 7. Durc
Reizung des Vagusstamlnes am Halse kann man den ruhende
Darm in geordnete Bewegungen versetzen, die einige Minui
nach dem Eintritt der Reizung beginnen, sich auf ein mehr odä
weniger ausg'ebreitetes Darmstück ausdehnen, resp. an verschied!
nen Orten gleichzeitig beginnen, und oft während noch bestehendi
Vaguserregung wieder aufhören, noch häufiger aber die letztem
tiberdauern. Aber die Reizung des n. vagus hat nicht immer diesi
Erfolg. Namentlich bleibt mit seltenen Ausnahmen der blossgel
Darm des lebenden Thieres während der Vaguserregung vollkomnl!
ruhig; erstickt man darauf das Thier, so wird man aber sie
einige Minuten nach dem letzten Athemzug auf jeden Induktioni
reiz des n. vagus Bewegung eintreten sehen (Valentin, Wo
Kupffer und C. Ludwig). — 8. Die Reizung der nn. splanch
kann je nach Umständen eine vorhandene peristaltische BeweguBi
zum Schweigen bringen oder den ruhenden Darm zu Bewegung»
veranlassen. Das erstere geschieht, wie Pflüger entdeckte, siohe^
aia. lebenden Kaninchen, wenn dessen Darm nach Eröffnung dei
Unterleibshöhle selbstständig in Bewegung geräth. Während dej
Darmruhe,- die der erregte splanchnicus hervorbrachte, kann durcl
jede auf den Darm selbst angebrachte Reizung eine rasch vorüberj
1^
Mechanische Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Dünndarm. (317
Ii ende Bewegung eingeleitet werden, dagegen kann die durch den
\ agus veranlasste Bewegung nicht entstehen, so lange eine ent-
iH'hend starke Reizung des n. splanchnicus vorhält. — Ist da-
;en das Thier abgestorben, so kann man einige Minuten nach
11 letztem Athemzug durch eine vorsichtig auf den n. splanchni-
^ beschränkte Erregung den bis dahin ruhigen Darm zu einer
übergehenden Bewegung veranlassen (Kupffer, C. Ludwig).
'J. Am lebenden Menschen und Thier kann die Darmbewegung
I geschlossener Unterleibshöhle sichtbar werden entweder bei
-serordentlicher Magerkeit oder mit Hülfe einer Darmfistel (C.
ulwig, Busch). Hier gewahrt man, dass der Darm Zeiten der
lie und der Beweghchkeit hat. Beide Perioden dauern oft Stun-
II lang. In der Zeit der Beweglichkeit folgen sich in kurzen
i-c'henzeiten peristaltische und antiperistaltische Gänge; beim
de (Darmfistel am Ende des ileums) wurden nur peristaltische,
im Menschen (Darmfistel am Anfang des jejunum) auch antiperi-
Uische beobachtet. Zur Zeit der Beweglichkeit kann durch sanfte
mihrung der Schleimhautfläche (also auch durch die Anwesenheit
m Speisen und Galle u. s. w.) jedesmal eine Bewegung eingeleitet
lerden. Die Beweglichkeit tritt ein zur Zeit der Verdauung, aber
!! fehlt auch nicht am püchternen Thiere ; nach mehrtägigem Hun-
rrn kann sie sogar sehr häufig und anhaltend auftreten. Auch
iieint es nicht, als ob sie an Thieren häufiger wiederkehre, deren
.. splanchnici durchschnitten sind (H äfft er). Gewisse Arz-
iien (die drastischen Abfühnnittel) scheinen begünstigend auf das
^scheinen der Beweglichkeit zu wirken. — Die Zeit der Ruhe
aeint namentlich während der Nacht anwesend zu sein, selbst
■mn Speisen genommen wurden und kein Schlaf eintrat. In der
ihezeit kann durch selbst kräftige Berührung der Darmschleimhaut
line Bewegung eingeleitet werden (Busch, Schwarzenberg).
Aus diesen Thatsachen ergiebt sich, dass der Darm in seinen
iiuten ein automatisches und zur reflektorischen Uebertragung ge-
Ihicktes Organ birgt, dieses ordnet und bestimmt die Bewegungen
xs Darms je nach seinem innern Zustande. Dieser letzlere wird
«•er geändert durch die Erregungen der nn. vagi und splanchnici,
iirch eine Aenderung der Temperatur, eine solche des Blutstroms,
■id durch gewisse Arzneimittel (?). — Je nach den gerade vorhan-
imen Eigenthümlichkeiten des Organs können namentlich die erreg-
n Nerven Bewegung auslösen, oder unterdrücken oder auch voll-
)mmen wirkungslos bleiben.
|5t
618 Mochanisclio Arbeit der Verdauungsworkzeuge ; Dickdarm.
4. Dickdarm.
Dem Verliältniss seiner Wandflächen zu seinem Binnenraum
gemäss steht er in der Mitte zwischen Magen und Dünndarm. Die
auf- und absteigende Richtung seiner Höhle, welche durch die Bauch
fellanheftung unverrtickt erhalten wird, bedingt nothwendig die Schei
dung des flüssigen und festen vom gasförmigen Inhalte, indem dei
letztere ebensowohl vom Coecum als vom Rectum gegen den Quet
grimmdarm emporsteigen wird. Die Massen, welche einmal atii
dem dlinnen in den dicken Darm geti-eten sind, werden durch dä!
häutige Ventil zwischen beiden, die Valvula Bauhini, verbinde^
nach dem Ileum zurückzukehren, da dasselbe die weitere Müä
dung seines tiichterförmigen Hohlraumes gegen den Dünndaiii
kehrt. Die Last des Kothes ruht im Beginn des Dickdarmes nicl
auf dieser Klappe, sondern auf dem Coecum, weil, sie bekamfl
lieh wie die Mündung des Dünndarmes selbst an der Seitenwain
des Colon angebracht ist. Der im Colon asoendens aufsteigend*
Koth findet in den seitlichen Buchten (haustra) Ruhepunkte, weiii
die ihn emporti'eibende Bewegung nachlässt. Aus diesen muss i
wegen ihrer spiraligen Anordnung bei wieder beginnender Bewe
gung nach oben gehen. Der Inhalt des absteigenden Grimmdarmö
wird aus demselben Grunde nicht unmittelbar nach unten sinkei
Ist er aber einmal im Mastdarme angelangt, so drückt er nicht lüi
mittelbar gegen die Oeffnung desselben, sondern er lastet, so lan]
er oberhalb der Blase steht, auf dieser, und ist er hinter sie
langt, auf der plica transversalis recti und der Ausbiegung
Kreutzbeines, so dass er selbst durch den geöffneten After (nai
Durchschneidung oder Lähmung der Sphinctern) vermittelst "d^
Schwere nicht ausgedrückt wird (Kohlrausch)*). '
Auf die Bewegungen des Dickdarmes findet zum grössten Thf
auch das beim Dünndarme Gesagte Anwendung. NachweissliS
verschieden sind die peristaltischen Dickdarmbewegungen dadurOT,
dass sie nicht durch den gereizten n. splanchnicus besänftigt wi
den können (Pflüg er). — Der verbreiteten Annahme, dass der sphinfe
ter ani durch einen stetigen Schluss den Austritt des Kothes hemmli
steht die schon angeführte Wahrnehmung des gleichen VerhalteflS
bei gelähmtem Afterschliesser entgegen; aber auch in vollkonimeD
beweglichem Zustande ist der Anus nicht immer gesperrt, wie maD
bei Touchiren desselben leicht wahrnimmt. Von der Haut döi
") Zur Anatomie und Physiologie der Becicenorgane. Leipzig 1854. p. 5. n. f.
Bauchpresse.
619
tereinganges kann dagegen sehr leicht eme reflektorische Bewe-
ng eingeleitet werden. Auffallend bleibt der lange Zeitraum,
lohen der Koth zu seinem Durchgange durch das Colon bedarf.
5. Bauehpresse.
Der Darminhalt steht endlich noch unter dem Einflüsse der
1 drückenden Bauckmuskeln und der Widerhalt leistenden Bauch-
Dchen. Zwei Bauchmuskeln, das Zwergfell und der quere Bauch-
iskel, sind so aufgespannt, dass sie bei ihrer Verkürzung die
ucheingeweide unter einen allseitigen Druck versetzen, ohne dass
' eine besondere Eichtung desselben bevorzugten. Dieses wird
iie "Weiteres aus Fig. 71 verständlich, welche in einem sche-
matischeh Körper- Durch-
Fig. 71.
Fig. 72.
schnitte die-Faserrichtung
des Zwergfelles (zz) und
des m. transversus (tt)
wiedergiebt. — Neben die-
sen beiden Muskeln tragen
aber wesentlich zur Bil-
dung der Bauch wand die
Obliqui bei. Der äussere
oder absteigende (cid) in
Fig. 72 giebt, seinem Far
serverlaufe entsprechend,
den Eingeweiden neben
einem Drucke gegen die
Wirbelsäule auch noch
einen solchen gegen das
Zwergfell; der innere oder
aufsteigende {aa) muss
dagegen bei seiner Ver-
kürzung den Bauchinhalt
nach unten ziehen; wir-
ken beide gemeinsam, so
werden sie die Bauch-
höhle allseitig verengern.
In Folge der aufge-
zählten Pressungen kann
m 1. der Inhalt der Gedärme weiter bewegt werden; dieses ge-
iihieht namentlich bei dem Auf- und Abgange des Zwergfelles, wie
e Ver-suche an Thieren, denen Darmfisteln augelegt wurden, lehren.
g20 Erbrochen. |
Ein Draht, der in eine solche gesteckt ist, wii-d bei jeder Ein-
athmung nach aussen und während jeder Ausathmung nach innen,)
bewegt. Da diese Bewegungen während der verschiedenen Aktj^
in umgekehrter Richtung gehen, so heben sie sich im Enderfolg
mehr oder weniger auf. Sie sind dagegen insofern bedeutungsvoll
als sie den flüssigen Inhalt von den . verschiedensten Seiten heji
gegen die Darmwand und deren Falten anstossen. — 2. Die Pressu%
gen werden sehr hülfreich und vielleicht entscheidend sein für di*
Entleerung der Stoffe aus den beiden natürlichen Mündungen 'd^
Darmkauales, der Mundhöhle und dem After, dem Erbrechen und
Kothen.
a. Erbrechen. Das Auswerfen des festen oder flüssigen
Mageninhaltes, durch die Cardia und den Schlund in die Mundhöhle
kann unzweifelhaft besorgt werden durch jeden heftigen und ins-
besondere durch jeden allseitigen Druck auf die Bauchhöhle, vor-^
ausgesetzt, dass der Magenmund und der Schlund ofi'en stehen.
Dafür bürgt nicht allein der geradlinige Verlauf des Schlundes,
sondern es ist der empirische Beweis dadurch gegeben, dass man
den gefüllten Magen einer Leiche durch einen entsprechenden Druck
auf die Bauchhöhle sogleich entleeren kann. Darum wird also,
wenn der Cardialsphincter erschlafft ist, während das Diaphragma,
mm. transversus und obliqui sich zusammenziehen, Erbrechen statt?
finden können. So wenig über diesen Punkt gestritten werden
kann, so schwierig ist es, zu entscheiden, ob auch während de^
Lebens das Erbrechen nur unter den bezeichneten Umständen sicli
ereignet, oder ob nicht noch gleichzeitig eine Zusammenziehung
des Magens hinzutritt. Die Schwierigkeit liegt einmal darin, dass
ein Thier sich noch erbrechen kann, wenn auch die Bauchhöhle
desselben eröffnet wurde, ja wenn ein Theil des Magens aus der
Bauchwunde hervorgezogen wurde; zweitens aber wird die Ent-
scheidung dadurch erschwert, dass sich während des Erbrechens
die Bauchmuskeln jedesmal kräftig zusammenziehen. Eine Be-
sprechung der Literatur und der in Betracht kommenden Fragen
findet man bei Rühle*). Die Muskeln der Speiseröhre bleiben
während des Erbrechens erschlaff"t, insbesondere aber zeigt sich
keine antiperistaltische Bewegung (WildJ, die man früher allge-
mein annahm.
•) Traube, Beiträge zur cxporimontcllen Pathologie. 1. Heft. — Siehe auch Vnl cnti u'sLehr-
buch der Physiologie. 1. Bd. 273.
Kothen. Chemisclie Arbeit der Verdauungssäfte.
621
lieber die Betheiligiing der Nerven an der Breclibewegung ist
iir bekannt, dass sie reflektorisch eingeleitet werden kann durch
iregnng einiger noch nicht genauer bestimmten Abtheilungen des
hlundes und' der Zungen wurzel , durch Bestreichen der Cardial-
lileimhaut des Magens und durch Heizungen der Peritonaealfläche
CS Magens, des Dünndarms, des Ureters u. s. w. — Starke Ge-
liithsbewegtingen, Ekelvorstellungen u, s. w. leiten ebenfalls das
rbrechen ein. Nach Durchschneidung des n. vagus kommt ein re-
. ktorisches Erbrechen nicht mehr zu Stande (Bulatowicz).
b. Das Kothen. Durch die Bauchpresse kann der Koth nur
:um aus dem Mastdarme entleert werden, wenn er die Darmhöhle
Hin S romanum an bis zum Mastdarme hin füllt. Enthielte nur
erstere Darmstück Koth, so würde der Druck ihn nicht weiter
irdern, weü derselbe die Schlingen jenes vom Mastdarm absperren
. iirde, und zwar entweder dadurch, dass ihre Wände gegen ein-
11 der oder gegen die Bauchwand gepresst würden. Ist aber nur
11 Mastdam Koth enthalten, so wirkt der Druck nicht mehr auf
III, denn das Kectum liegt ja grösstentheils ausserhalb der Bauch-
i'lile. Von der Richtigkeit der letzteren Behauptung kann man
'i li jeden Augenblick überzeugen, wenn man einen beliebigen
;^enstand in das untere Ende des Mastdarms einführt, so dass
er noch aus der Aftermündung th eilweise heiTorsteht ; er wird durch
iitoch so heftiges Drängen nicht aus dem After befördert. — Darum
sst auch in der That das Kothen der Bauchpresse nicht allein über-
aassen; insbesondere ist eine thätige Mitwirkung der peristaltischen
>3ewegung des ganzen absteigenden Dickdarmes und dem levator
i!;ni (dem Afteröffher) zugestanden. 'Wahrscheinlich betheiligen sich*
iiuch m. coccygeus und transversus perinaei prof. an dem Akte,
welche hinten und vorne dem andrängenden Kothe einen Wider-
iialt entgegenstellen. Siehe Kohl rausch am angezogenen Orte.
Chemische Arbeit der Verdauungssäfte.
Eine chemische Untersuchung der Umwandelungen, welche die
^^5peisen während ihres Aufenthaltes im Darmkanale erfahren, muss
'ZU ermitteln suchen: a) den Unterschied, welcher zwischen der
^Zahl und Anordnung der Atome in den veränderten und unverän-
dei-ten Nahrungsstoifen besteht. Die Zahl der Atome hat die Ele-
mentaranalyse festzustellen; die Anordnung ist darum zu berück-
sichtigen, weil die Verdauungssäfte meist weniger die Zusammen-
setzung als die Lösliclikeit, die Verwandtschaften und die Spaltbar-
622
Chomisclie Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Speichel.
keit der einfacben Nahiuugsstoffe ändern. — b) Es ist der Einfiuss
festzustellen, den jeder einzelne Drüsensaft auf jeden einzelnen
Nabrungsstoflf ausübt. Dabei ist zu berücksicbtigen, dass jeder
Drüsensaft von veränderlicber Zusammensetzung- ist, es müssen also
die verschiedenen Modifikationen eines und desselben Saftes zur
Prüfung kommen; da ferner jeder Saft ein Geinenge verschiedener
Stoffe ist, so muss der Versuch gemacht werden, zu ermitteln, wie
sich jeder einzelne Bestandtheil desselben an einer durch den 6e-
sammtsaft eingeleiteten Veränderung betheiligt; ferner erzeugt zu-
weilen ein Saft an einem und demselben Nahrungsstoff mehrere
Umwandlungen, es ist also festzustellen die Reihenfolge, in der die
betreffenden Umformungen geschehen, und in wie fern dieselben
bedingt sind von dem Aggregatzustande und den isomeren Modifi-
kationen, in denen das Nahrungsmittel der Einwirkung des Saftes
ausgesetzt wird. Alle diese Beziehungen müssen natürlich nach
ihrem Umfange und nach ihrer Geschwindigkeit bestimmt werden,
mit anderen Worten, in welcher Zeit und in welcher Menge der
Nahrungsstoff" durch die Gewichtseinheit des Saftes von bekannter
Zusammensetzung umgeändert wird. — c) Darauf wiü-de zu erle-
digen sein, welche Veränderungen ein Nahrungsmittel erfährt, wenn
es der Reihe nach mit den verschiedenen in Betracht kommenden
Säften behandelt wird, oder aber wenn die natürlich vorkommen-
den Combinationen der Verdauungsflüssigkeiten gleichzeitig auf das-
selbe wirken. — d) Endlich müssten mit verschiedenen quantitativ
genau bestimmten Mengen einfacher Nahrungsmittel (den Speisen)
dieselben Versuche vorgenommen werden, welche für jeden einzel-
*nen Nahrungsstoff vorgeschrieben wurden. In allen Fällen würde
angegeben werden müssen, ob und welche Verwandelungen die
Bestandtheile der Verdauungssäfte selbst erfahren bei dem Einflüsse,
den sie auf die Nahrungsmittel üben.
Nach Beendigung dieser Vorversuche wtirde man dazu über
gehen können, die Veränderungen zu studiren, welche die Nah
rungsstoffe in den einzelnen Abtheilungen des Darmkanales selb^-t
erfahren, und die Gründe für die Abweichungen und Uebereinstiui-
mungen zwischen natürlicher und künstlicher Verdauung aufzusuchen
Die Reihe von Versuchen, welche der angegebene Gang vor-
schreibt, ist allerdings gross und jeder einzelne meist mühsam, abo
dennoch ist, wie die Geschichte der Wissenschaft lehrt, der A^orgo
zeichnete Weg der kürzeste. Wir gehen nun dazu über, die bis
dahin bekannt gewordenen Beobachtungen aufzuzählen.
Chemische Arbeit der Verdauungswerkzeuge; Speichel.
623
1. Speichel*). Aller Speichel, wie und wo er auch gewonnen
I rd, verhält sich als ein dem Wasser ähnliches Lösungsmittel. Für
-sere Zwecke verdient namentlich hervorgehoben zu werden, dass
-scher Speichel die Fette und Eiweissstoffe , den Rohrzucker, das
lammi, Pectin und Cellulose selbst bei längerer Digestion nicht
;;hr und nicht weniger ändert, wie es ein reines Wasser vermag
chwann, Frerichs).
Anders verhält sich der Speichel dagegen zu rohem und ge-
wehten Amylon. Rohes Amylon vermag er bei einer Temperatur,
-3 über 40" liegt, in Dextrin umzuwandeln (Naegeli). — Ge-
wehte Stärke setzt er schon bei gewöhnlicher Temperatur der
3ihe nach in Dextrin, Traubenzucker, Milch und Buttersäure um
..euchs, Frerichs, Schwann). Obwohl nun die letztere Reihe
i'-u Umwandlungen von allen Speichelarten bewirkt werden kann,
unterscheiden sich dieselben doch dadurch von einander, dass
te einen die Zuckerbildung schon nach wenigen Minuten, andere
;ier dieselbe erst nach stundenlanger Digestion einleiten.
Der Parotisspeichel, welcher aus dem unverletzten Ausführungs-
iinge des gesunden Menschen aufgefangen wird, verwandelt das ge-
wehte Amylon rasch in Zucker (Eckhard, Ordenstein). .Der-
mige dagegen, welcher aus der frisch angelegten Fistel des Pfer-
^38 (Lassaigue, Magendie, Rayer) oder Hundes (Bernard,
iidder und Schmidt) gewonnen wird, wirkt äusserst langsam,
iieser Unterschied der Wirkung scheint begründet zu sein in der
ürschiedenen Zusammensetzung, welche der Saft zeigt, je nachdem
auf die eine oder andere Weise gefangen wurde. Der aus dem
iirchschnittenen Gang (auch des Menschen) aufgefangene Speichel
iithielt nämlich 1,6 bis 0,5 pCt. feste Rückstände (vide p. 340),
[jährend der von Eckhard und Ordenstein benutzte aber 5,0
ückstand hinterlie'ss. Für diese Deutung spricht, dass zuweilen
jidder und Schmidt), wenn auch nicht immer (Frerichs)
wässerige Auszug der gl. parotis das Amylon rasch umwandelt.
Ein Gemenge von Ohr- und UnterkieferdrUsenspeichel (Gl. Ber-
äard) wandelt den Kleister sehr allmählig um; eine Mischung aus
Ihr- und Mundwandungsspeichel verändert denselben zuweilen rasch
•) Frerich's, Handwörterbuch der Physiologie. •Verdnuung. p. 7G8. — B 1 dd er ti. Schmidt,
'■Jrdauungssäfle. p. 14. — Schröder, Succi gastrici huinani vis dlgcstlva. Dorpat ISnS. —
H 0 p p c , Vlrchow's Archiv. X. Bd. 114. — Ordenstein und Kckliard, In des letztem
äiträgen zur Physiologie. II. Bd. 93 und 124. — Na o gell, Die Stiirkekörnor. Zliricli 1854. p. 93,
>3 and 124. — Longet, Traltd de physlologlo. I. 2. Abth. 171.
624
Verdauung duroli don Speichel.
(Jacubowitsch), zuweilen aber auch nur sehr laugsam (Biddi
Schmidt); der mit Vorsicht aus der Unterkiefer- und Unterzung.
drüse aufgefangene Speichel des Menschen bedingt eine rasei,!
Zuckerbildung (Longet); ein Gremenge von Mundwandungs- uik
Unterkieferdrüsenspeichel endlich führt schon nach wenigen Minul^ .
eineUmwandeluug des Kleisters in Dextrin und von daaus inTrauli
zucker herbei; bei einer dauernden Berührung beider Stoffe
die Zuckergährung in die Milch- und Buttersäuregährung über. K,
den Erfahrungen von Ordenstein und Eckhard wird es noiu
wendig , • bei künftigen Versuchen die verdauende Wirkung deJI
Speichels und seine Zusammensetzung immer zugleich zu unter
suchen.
Den reinen Speichel aus der Parotis fängt Eckhard dadurch auf, dass er eü
Eölirchen in die Mündung dos duct. stonon. einlegt. Statt dieses allgemein anwend
baren Verfahrens war man früher auf die Benutzung von zuweilen beim Menschen vor
kommenden Fisteln beschränkt. Bei Thieren gewinnt man den Speichel der grösserei
Drüsen aus den durchschnittenen Gängen; den Speichel aus den Drüsen in der Mund
Wandung gewinnt man gesondert, indem man die Ausführungsgänge der Parotiden vau
Submaxillaron unterbindet. Statt dieses Verfahrens bedient man sich auch eines was
serigcu Auszuges der einzelnen DrUgen oder der drüaenhaltigen Mundschleimhaut. —
Die Vermischung des Speichels mit Amylon geschah ausserhalb der Mundhöhle ent
weder bei der gewöhnlichen Zimmer- oder bei der normalen Körperwärme. — Zu.
Prüfung auf die Umwandelung des Amylons bediente man sich der Trommer'schei
Probe und ergänzend der Reaktion des Jods auf Amylon ; mit dem ersteren erfahr
man, ob Zuckerbildung eingetreten, die letztere giebt darüber Aufschluss, ob alli
Stärke in Dextrin oder Zucker verwandelt ist, indem in diesem FaUe die blaue Fär||
bung vollkommen ausbleibt.
Zur genaueren Bestimmung der Wirkung des gemischten Spei^f
chels auf Amylon dienen noch folgende Angaben, a) Die Einwii--' j
kung des Speichels auf das rohe Stärkekorn geht nicht bei gewöhu- ;
Ucher Temperatur vor sich ; sie beginnt bei 40" C, d. h. einer Wärme,, j
in welcher die Stärke noch nicht wie bei der Kleisterbilduug auf-lj
schwillt. Bei der genannten Temperatur löst der Speichel zuersh^
die Stärke des Korns und zwar von aussen her, zwischen 45 uiidij
500 löst sich auch die Cellulose des Korns, jedoch langsam (Nae-j,
geli). In der Lösung ist Dextrin vorhanden. — b) Das gekochte/
zum Kleister aufgequollene Korn setzt der Speichel schon bei gc^ )
wohnlicher Temperatur um, die dem Amylon verwandten Stoffe, j
Eohrzucker, Gummi, Pektin, Cellulose, lässt er unverändert (Frc-
richs). — c) Die Umwandelung des Kleisters geht noch von
statten, wenn der alkalische Speichel neutralisirt Avm-de; ebeusc-
wenig wü-d sie gehemmt dm-ch einen Zusatz von SO3 , CIH, NO
I
Verdauung durch die Magensäfte.
625.
säure, saurem Magensaft bis zur stark sauren Reaktion (Fre-
•lis). Ein sehr bedeutender Säureüberschuss stört dagegen die
usctzung; aus diesem Grunde ist die Umwandlung beendet, wenn
IFolge der weiter gehenden Zersetzung bedeutendere Mengen des
ikers zu Milchsäure umgeformt sind; aber auch hier beginnt die
?kerbildung von Neuem , wenn die Säure mit Natron gesättigt
•d (Cl. Bernard). — d) Die Stärkegährung wird nicht beein-
ichtigt durch ein einmaliges Aufkochen der Mischung aus Stärke
Ii Speichel, durch einen Alkoholzusatz, durch Beimengung von
reniger Säure (Frerichs). — e) Das sogenannte* Ptyalin Leh-
,nn ist für sich angewendet nicht im Stande, die Zuckerbildung
^vorzurufen.
Die eigenthtimliche Wh-kung des Speichels auf das Amylon
'igt man und wohl mit Recht von einem in dem erstem ent-
ttenen Ferment abzuleiten ; dieses Ferment kommt aber nicht wie
m angab, mit der sog. Diastase überein; dieses beweist Stae-
Uer*) dadurch, dass der Speichel bei 38" bis 40" C. Salicin in
iigenin und Zucker zerlegt, was die Diastase nicht vennag.
Da den Erfahrungen von Bidder und Schmidt zu Folge
• gemischte Speichel sehr rasch, schon nach wenigen Minuten,
cen Kleisterbrei theilweise in Zucker umsetzt, da ferner im Munde
mer gemengter Speichel vorhanden ist, so folgt daraus, dass der
ffeuthalt in der Mundhöhle, wie er z. B. zum Zerkauen des Bredes
Ihwendig ist, hinreicht, um die Zuckerbildung einzuleiten. Diese
-geruug ist von Lehmann und Schröder**) bestätigt worden,
Iche eine Minute nach Einführung des Kleisters in den Mund
•iker auffanden. Rohes Stärkemehl wurde nicht umgewandelt.
2. Flüssigkeiten des Magens.
Die in den Magen gelangten Speisen kommen dort in Be-
i.rung mit dem Magensaft; diesen letzteren haben wir schon als
sehr veränderliches Gemenge von Speichel, Labsaft und Magen-
Heim erkannt (p. 362). Ausser den genannten Stoffen sind ihm
fveilen auch noch Galle, Bauchspeichel und andere Darmsäfte
::gemischt, die durch den Pylorus in den Magen steigen. Diese
»atsachen machen es, nothwendig , von den Wirkungen, welche
einzelnen Bestandtheile jenes Gemenges auf die Speisen aus-
Bn, auszugehen, um dann mit . Hülfe dieser Erfahrungen abzu-
») Chemisch. Centrnlblatt. 1858. 10!).
' .••) Ii eh mann, Physlolog. Chemie. HI. Bd. p. 283.
Ludwig, Physiologie II. 2. Anflage.
— Schröder, 1. c. p. 9.
40
626
Verdauung durch den künstlichen Labaaft.
leiten, was entstehen wird, wenn die genannten Stoffe in verstl
denen Verhältnissen gemengt sind. Dabei schliessen wir jediM i ,
einstweilen noch die jenseits des Pylorus gebildeten Säfte aus. .1
A. Verdauung durch den künstlichen Labsaft*). ||
Um die verdauenden Wirkungen des von anderen Beimengui
gen möglichst befreiten Labsaftes zu erforschen, hat zuerst Eberl
ein sicheres Verfahren angegeben. Die von ihm zu Verdauungf
versuchen angewendete Mischung, welche wesentlich aus Pepsi
und aus einer, sehr verdünnten wässerigen Lösung der im Mage
vorkommenden Säuren (Salz- oder Milchsäure) besteht, pflegt raa
den künstlichen Labsaft zu nennen.
E b e r 1 e bediente sich statt des Pepsins geradezu der Magenschleimhaut , welel
or mit verdünnter Salzsäure den zu verdauenden Speisen zusetzte. Schwann wende
zuerst einen wässerigen Auszug der vorher gereinigten und in Stücken zerschnittenen la
drüscnlialtigen Magensclileimhaut an. Aus der Lösung fällte er das Pepsin mit essigsaure
Bleioxyd und zerlegte dann den wohlausgewaschencn Bleiniederschlag mit SH. Eine noi
weitergehende Reinigung versuchte Wassmann dadurch, dass er die von PbS abfiltrii
Flüssigkeit eindampfte und mit Alkohol und Pepsin ausfüllte. — Das gegenwärtig i
Handel Vorkoniraende Pepsin ist zum Theil wenigstens nichts anderes, als ein Gemen
von Labzcllcn, Epithelialzellon u. s; w., welche aus der vorhergereinigten Magenschleii
haut des Schlachtviehes ausgedrückt und bei niederer Temperatur getrocknet wurdi
Diesem Gemenge wird noch Amylum zugesetzt, theils um es zu verdünnen, und the
um es weniger hygroskopisch zu machen.
Von den in der gewöhnlichen Nahrang vorkommenden chen
sehen Verbindungen lässt der künstliche Labsaft unberührt: die Hör
Stoffe, die stärkeren elastischen Membranen, die Wachsarten, d
Fette (?), die Cellulose(?), die holzige Verdickungsschicht der Pfla
zenzellen.
In Lösung versetzt er die in Wasser oder verdünnten Säuri
löslichen Proteinkörper, die Kohlenhydrate, die alkalischen Salze n
fixen Säuren und die phosphorsauren Erden. Unter Austreibung d
Säuren zersetzt er die Salze mit schwachen oder flüchtigen Säure
Eigenthtimlich ist sein Verhalten gegen die in Wasser und v(
dünnten Säuren löslichen oder unlöslichen Eiweisskörper und gegi
Leim und leimgebende Stoffe. Die unlöslichen Eiweissstoffe löst
auf, die in alkalischer Lösung befindlichen schlägt, er nieder, n
») Frviolis, Verdauung, In Wiigners Handwörterbuch, m. Bd. 1. AbtUg. — Schwan
Müllers Archiv. 183G. 90, — Brücke, Wieuer akademische. Sitzungsberichte. XXXVn. 131-
Muldor, Archiv für hoUänd. Beiträge. II. Bd. 1. — Knoop Coopmanns ibid. I. Bd. !• .
Meissner, Honle's und Pfeufors Zeitschrift. 3. Reihe. VII. ibid. Vm. und X. Bd. — Köbnd
Dissertatio de sacchari cannae mutatiou. etc. Breslau 1859. — J. Hoppe, Arohiv dir pathol t
Anatomie. X. Bd. 144.
Lösung der Eiweisskörper durch den Labsaft.-
627
• clauu wieder zu lösen. Alle Eiweisskörper aber, gleichgültig
1 sie durch den Magensaft in Lösung bleiben, oder erst in eine
Iche gebracht werden müssen, verändert er in ihren chemischen
ai tionen, wenn sie längere Zeit mit ihm in Berührung bleiben.
Die unlöslichen Leimstoife verwandelt er dagegen einfach in
üche.
Einer Besprechung der in Betracht kommenden Einzelheiten
die Bemerkung vorauszuschicken, dass sich die folgenden An-
Iben auf die Wirkung einer Verdauung'sflUssigkeit beziehen, die
was weniges Pepsin, 0,05 bis etwa 0,3 pCt. Salzsäure und 100 Th.
iiasser enthält.
Bei der Betrachtung der verdauenden Wirkungen des künst-
Hien Labsaftes auf die Eiweisskörper ist, wie erwähnt, ausein-
iderzuhalten die Lösimg und die chemische Umwandlung.
Aus einer frischen Albumin -Lösung (Eiereiweiss und Blut-
•ram) wird durch den künstlichen Labsaft ein geiinger Theil
i-s flüssigen gefällt, der grösste Theil dagegen bleibt in Lösung.
Gelöstes Kalialbuminat, Casein und Legumin werden , indem die
isalische Reaktion verschwindet, gefällt, der erzeugte Niederschlag
i?t sic^f aber wieder in der im Ueberschuss zugesetzten sauren
llissigkeit. Es verhält sich also dieser Stoif gegen das Verdauungs-
imisch ähnlich wie gegen eine sehr verdünnte Salzsäure. — Un-
Ikochter Kleber, Muskel- ünd BlutfaserstofF werden bei gewöhn-
Iher Lufttemperatur von dem Verdauungsgemisch rasch gelöst.
Iis diesen Stoffen, namentlich aus Kleber- und Blutfaserstoff zieht
e3 verdünnte Säm-e bei niederer Temperatur bekannthch einen
vweisskörper aus, während der grösste Theil derselben nur anf-
üllt und sich sehr allmählig löst. — Gekochte Eiweissstoffe (Al-
t.min, Muskel- und Blutfaserstoff) lösen sich ebenfalls im Verdauungs-
emisch auf, während sie bei niederer Temperatur von der verdünn-
!Q Säure gar nicht angegriffen werden.
Die in dem künstlichen Labsaft gelösten Eiweissstoffe tragen
och deutliche Zeichen ihres Ursprungs ; namentlich sind diejenigen
irper, welche vor dem Kochen zur Lösung kommen, dadurch aus-
izcichnet, dass sie aus dem neuti-alisirten Verdauungsgemisch bei
!r Siedehitze gerinnen, während dieses die vpr der Verdauung
' jkochten nicht thun (E. Brücke).
Die Erschieinungen, welche man während und unmittelbar nach
er vollendeten Lösung wahrnimmt, gewähren den Anschein, als
) die letztere in einer durch Aufquellen veranlassten sehr feinen
« 40«
628
Sättigungsniederschlag und Poptone.
Vertheilung der Eiweissmoleküle bestehe. Denn es lösen sich di,
Eiweissstoffc am leichtesten in einem Verdauungsgemisch von soIcli>
Säuregehalt, der auch ohne Zusatz von Pepsin sie am vollstäud
sten und leichtesten quellen macht; sie lösen sich ferner um
leichter, je weniger sie durch mechanische Mittel am Quellen ,
hindert vi^erden. Nach erfolgter Lösung sind die Flüssigkeiten m.
trüb und polarisiren das Licht, sie enthalten also spiegelnde ]
tikeln (E. Brücke).
Dauert, nachdem die Lösung, resp. Vei-mischung des Eiw»
Stoffes mit künstlichem Labsaft eingetreten, die Einwirkung
letzteren noch fort, so empfangen die Eiweisskörper zunächst di
Eigenschaft, welche sie auch erhalten, wenn sie unter dem EintI
der Wärme in Salzsäure gelöst waren, namentlich werden sie y
aus der Lösung durch Neutralisation der Säure ausgefällt. Dii
Niederschlag führt den Namen Sättigungs-Niederschlag (Schwai
Mulder, Brücke). — Dieser Zustand dürfte bei den gekocli
Eiweissstoffen und den aus Kaliverbindungen gefällten schon
rend der Auflösung eintreten.. Beim ungeronnenen Eiweiss eri<
sein Eintritt in der Kälte nur allmähhg, bei der Blutwärme dagc :
rascher.
Verweilen endlich die Eiw'eissstoffe mehrere Stunden oder a
Tage lang in dem künstlichen Labsaft und iiwar in einer der E
temperatur nahestehenden Wärme, so verwandeln sie sich in
sogenannte Peptone (Schwann, Lehmann, Mialhe). —
der sah, dass nach einer 96 Stunden lang fortgesetzten Digesi
alle bisher genannten Eiweisskörper aus der Lösung nicht in
niedergeschlagen werden konnten durch Kochen, durch Am CO-2, ^ '
PbOAc, Blutlaugensalz undNaOSOs. Sie konnten dagegen gel
werden durch Gerbsäure, Cl- Wasser, Sublimat. Der beim Eintn'
nen der Lösung verbleibende Rückstand konnte durch kochen
und kalten Alkohol in drei verschiedene Körper- gespalten werd«
eine Thatsache, die schon Schwann erwähnte. Es scheint jed«
als ob die Peptone, welche ursprünglich aus verschiedeneu Eiwc
Stoffen hergestellt waren, auch Verschiedenheiten darböten; jeden!
Hessen sich die verschiedenen Eiweisskörper ungleich leicht in I
tone umwandeln. So konnte mit nur verdünnter Säure, also n
Ausschluss des Pepsins digerirt, sehr leicht in Pepton umgestt
werden Legumin; schwieriger Muskel- und Blutfibrin; wahrscbn
lieh ohne Beihülfe des Pepsins gar nicht gekochtes Albumiu m
gekochter Kleber.
Veränderliches Lösungsverraögen des Labsaftos.
629
Wesentlich verschieden lauten die Angaben von Meissner,
lieh ihm soll gekochtes und rohes Albumin und Muskelfibrin beim
ptonisiren zerfallen in Pepton, Meta- und Parapepton und das
-sein soll ausser den genannten noch ein viertes Produkt geben,
Dyspepton *). Neben diesen Produkten bildeten sich aus allen
itersuchten Eiweisskörpern noch eine grössere oder geringere
enge eines anderen StolFgemenges (Extrakte). — Dys-, Para- und
ttapepton sind gerade sowie das Pepton Endprodukte der Ver-
luung, d. h., es können die erstem durch noch weiter fortgesetzte
igestion mit künstlichem Labsaft nicht in Pepton umgewandelt
lerden; und jede Art von Eiweisskörper soll ein quantitativ be-
mders zusammengesetztes Gemenge jener Stoffe geben. So geben
!B. 100 Theile Muskelfibrin Pepton und Metapepton = 44,2 Th.,
irapepton = 17 Th. und Extrakte = 38 Th.; — 100 Th. Casein
:gegen Pepton und Metapepton = 78 Th., Parapepton == 2 Th.,
^spepton = 26 Th. — Der erstere Theil dieser Angabe, dass
imlich jene Para-, Meta- und Dyspeptone Endprodukte der Ver-
tuung seien, ist in geradem Widerspruch mit den Erfahrungen,
m Brücke und Mulder, welche bei genügender Dauer der Di-
sstion Alles in Peptone übergehen sahen.
Die Geschwindigkeit, mit welcher die Lösung und Umwand-
ng der Eiweisskörper erfolgt, ändert sich mit der Art und dem
::gregatzustand der letztern, ferner mit dem Gehalt der Verdauungs-
'Ssigkeit an Pepsin und Säure, ferner mit der Menge von Eiweiss-
offen, welche in Folge der andauernden Verdauung in einem be-
Ihränkten Volum Labsaft schon in Lösung übergegangen waren,
•ner mit mancherlei andern Zusätzen, welche dem Labsaft bei-
mengt wurden, und endlich mit der Temperatur des letztern.
Insofern das Verdauungsgemisch überhaupt auf die unlöslichen
loffe lösend wirken soll, muss es mit Säuren, und da wir hier
trerst nur die CIH betrachten, mit dieser Säure versetzt sein,
r.ne ungesäuerte oder eine früher saure und dann mit KO oder NaO
«Titralisirtc Pepsinlösung ist nicht wirksamer als reines Wasser.
•) Pnra-, Meta-, Dyspepton nnterschcidct Meissner folgendermaasscn :
Parapepton hat alle Eigenschaften des in einer Säure gelösten Eiweissltörpers , des oben
nannten Sättigungsnledcrsehlag» , ausgenommen, dass es ans der schwach sauren Lösung niclit
rch Alkoliol fiillbnr ist. • ■
Metapepton ist aiv einer gchwacli sauren Liisung durch geringe Mehrung der Säure fällbar,
-er nicht durch Ncntraliaation, sonst ist es unverändert gelösten EiweissstolTen sehr ähnlich.
Dyspepton. Aus dem durch die Verdauung aufgciöstcm Casoln fällt bei weiterer Digestion
1 mit Fett vermengter unlöslicher Eiweisskörper heraus ; er .ist etwas schwerer löslich in vor-
iinnter SUure als das Ciiseln; sonst thoilt er die meisten seiner EigonBchanen.
630
Aendcrung des Lösungsvormögens durcli den
Mit dem Anwachsen des Säuregehaltes nimmt die lösende KiMV
der Mischung erst zu und dann wieder ab; d. h., innerhalb ein
Grenzen des Säuregebaltes kommt dem Labsaft ein Maximum (
Verdauuugsfäbigkeit zu ; hat die Säure diesen Werth nicht erreicln,
oder tiberschritten, so ist das Lösungsvermögen des Saftes vermin
dert. Das für die Verdauung günstigste Verhältniss zwischen L;i Ii
saft und Säure ist jedoch nicht für alle Eiweisskörper dassell
Für frisches Blutfibrin liegt es bei 0,8 bis 1,0 Säure auf 1000 ■
Verdauungsgemisch (Brücke). Kleber (K. Koopmanns) i
Casein (Meissner) scheint bei einem ähnUchen Gehalt an Sii
am besten verdaut zu werden ; gekochtes Albumin mit einem solcl
von 1,2 bis 1,6 pr. Mille Säure (Brücke). Einen ähnlichen Siii
gehalt scheint auch das gekochte Fibrin zu verlangen (?). —
Beispielsweise folgen zwei Tabellen aus den Yerdauungsversuchen von B r ü r
Die erste bezieht sich auf die Verdauung einer frischen Fibrinflocke aus Ochsenblutfc
die zweite auf eine kleine Scheibe aus gekochtem Eiweiss. Die Zahlen bedeuten, wi
viel Säure 1000 Theile des Vordauungsgemisches enthielten. Sie sind nach der Zei
geordnet, in welcher die Auflösung beendet war; die Reihe beginnt mit derjenige
Mischimg, welche am raschesten löst:
I. Fibrin. II. Gekochtes Albumin.
0,86 1,60
0,44 3,21
1,66 0,80
2,04 6,41
2,90 . 12,82
3,70 20,04
Statt mit Salzsäure kann das Verdauungsgemisch auch durch einen Zusate ^
Milch-, Essig-, Schwefel-, Salpeter- und Phosphorsäure wirksam gemacht werden; Q|
scheint jedoch, als ob jede dieser Säui-en in einem andern Verhältniss als der SaU^
säure angewendet werden müsste, damit der Labsaft sein 'Maximum von Yerdauungijji
fähigkeit erhalte (Valentin). Meissner giebt an, dass ein Verdauungsgemisci |t
von 1 bis 2 pCt. wasserfreier Milchsäure noch nicht so wirksam sei als ein solchitli
mit 0,1 bis 0,2 pCt. Salzsäure. Schwefelige und arsenige Säure sollen in jedem Veiti
hältniss unwirksam sein; ebenso saure Salze wie namentlich der saure phosphorsauii
Kalk. Ii
Welchen Pepsingehalt die Verdauungsfltissigkeit besitzen mus«
damit dieselbe mit merklicher Geschwindigkeit lösend wirke, isl
unbekannt. Bekannt ist, dass weniger als 1 Theil Pepsin «M
60,000 Theile verdünnter Säure genügt^ um Stücke geronnene»
Eiweisses in wenigen Stunden bei Blutwärme zu verflüssigen. BeB
schleunigt wird die Auflösung durch eine Steigerung des Pepsing«!
Gehalt an Säure und Pepsin.
631
Ites in der Verdauungsfiiissigkeit ; die Beschleunigung der Ver-
imng wächst jedoch hingsanier als die Zunahme des Pepsinge-
'tes, so dass es scheint, als ob durch eine fortgesetzte Anhäufung
> Pepsins in dem Labsaft die Lösungsgeschwindigkeit alsbald
ein Maximum geführt werde, über das hinaus sie nicht noch
iter durch einen Pepsinzusatz erhöht werden kann (Brücke),
endet man statt eines möglichst reinen ein mit andern Eiweiss-
rpcrn verunreinigtes Pepsin an, so kann sogar die Lösungsge-
I windigkeit vermindert werden, wenn der Pepsingehalt vermehrt
1(1. Dieser schädliche Einfluss der Pepsinvermehrung kann durch
10 stärkere Ansäuerung der Flüssigkeit Avieder zum Schwinden
nimen. — Auch scheint es, als ob die Fähigkeit des Labsaftes,
' Kiweisskörper noch weiter ?u verwandeln, beeinträchtigt Averden
iiiie durch einen Pepsingehalt, der im Verhältniss zum Säuregrad
fj Gemisches zu gross war (Meissner).
Wie sich die Geschwindigkeit der Verdauung mit dem Gehalt des Labsaftes an
ppsin ändert, zeigen die nachfolgenden Versuche von Brücke. Sie sind bei einer
wnperatur von 18" bis 20" C. angestellt; der aufzulösende Stoff war Fibrin, die
tissigkeit enthielt 0,1 pCt. Säure. Der Pepsingehalt der zweiten zur Beobachtung ge-
nmmenen Probe war doppelt so gross als der der erstem, der der dritten, doppelt so
>-)8s als der der zweiten u. s. f. War also die Pepsinmenge der ersten Lösung x, so
tx die der zweiten 2x u. s. f.
I. Pepsingchalt. Vcrdauniigszcit. H. Pcpsingelialt. Verdamingszoit.
X 45 Minuten x 45 Minuten
Von zwei Proben flüssigen Eiweissos , die mit gleich viel Säure , aber ungleich
(31 Pepsin versetzt werden, wandelt sich die, welche weniger Pepsin enthält, rascher
Is die andere; namentlich kann aus der, welche weniger Pepsin enthält, durch
■ = .umpfung der Säure schon zu einer Zeit ein Niederschlag erhalten werden, in
jfelcher die pepsinreichere keinen gewahren lässt. Wird aber der letzten Plüssigkcit-
'ich mehr Säure zugesetzt, so ist sie jetzt befähigt, die Umwandlung so rasch her-
Tsizuführen wie die an Pepsin und an Säure ärmere. —
Einen BegrilT von der grossen Wirksamkeit doB Pepsins giebt die Erfnhnnig von
•rerichs, welcher mit 1,2 Th. Labdrüsenextrakt, das wohl kaum zur Hälfte aus Pepsin
^««tand, 100 Theile trocknen geronnenen Eiweisses löste.
: Die Geschwindigkeit, mit welcher die Auflösung der festen
'Uweissstoflfc in einer beschränkten Menge von Labsaft vor sich
•eht, nimmt mit der fortschreitenden Verdauung ab (Schwann). .
')iese8 hat zwei Gründe, einmal wird die Säure unwirksam durch
Ue in Lösung übergegangenen Eiwcissstoffe ; dieses wird dadurch
2x
4x
8x
30
20
20
2x
4x
8x
20
15
10
632
Auflösung dos Leims.
bewiesen, dass man von vorneherein einer sonst gut verdauendi
Miscbiing die Lösungsfähigkeit rauben kann, wenn man ihr löslicbi
Eiweiss zusetzt. Sie kann wieder verdauungsfähig werden, weii
man die Säuremenge mehrt (Brücke). Durch dasselbe Mittel kai
aber auch die durch die fortschreitende Verdauung selbst unwii
sam gemachte Verdaunngsfllissigkeit wieder wirksam werden, ab
nicht für die Dauer. Denn allmählich erlischt trotz des Nachsäuen
die verdauende Kraft der Mischung, vermuthlich darum, weil aiv
das Pepsin unwirksam geworden.
Der Labsaft vermag ferner nur so lange die Eiweiss- und Leimstoffe aufzulösen!
als er Pepsin mit solchen Eigenschaften enthält, die es im frischen Zustande darhietei
Diese Bedingung wird aber aufgehoben durch die Anwesenheit^ von conceutrirten
Säuren, verdünnter Gerb-, schwcfeliger, arseniger Säuro , Motallsalzcn , Alaun, Kreosot,
concentrirtem Alkohol , durch einmaliges Kochen des Labsaftes.
Die Salze des natürlichen Labsaftes und "die häufig in ihm
vorkommenden Fette und löslichen Kohlenhydrate haben, so weit
bekannt, im verdünnten Zustande keinen Einfluss auf den Lösuiigs-
prozess (Lehmann). Sind die Salzlösungen so concentrirt, dass
sie die Quellung der zu lösenden Eiweisskörper hindern, so wirken
sie schädlich.
Die Geschwindigkeit, mit welcher der Labsaft die Eiweiss-
stoflfe löst und umsetzt, wird mit der Temperatur gesteigert; bei
einer zwischen 35^ bis 45'^ C. gelegenen Wärme, also in einer derm
Blutwärme naheliegenden scheint er zum Maximum seiner Wkk-H
samkeit zu gelangen. j|
Leim und leimgebende Gewebe löst die aus Pepsin imdH
verdünnter CIH bestehende Mischung auf ; leichter den Leim als die
leimgebenden Gewebe und von diesen wieder das gekochte und das
collagene rascher als das chondrigene (Frerichs). Die Auflösung
verhält sich genau so wie eine auch ohne Zuthun des Pepsins ver-
fertigte Lösung jener Stoffe in verdünnten Säuren (Mulder). Sonst
gelten, so weit bekannt, alle für das Eiweiss geraachten Erfahrun-
gen auch für den Leimstoff.
Zur Theorie der L ab s aftwirkung. Der Labsaft unter-
scheidet sich in seinen Wirkungen von der reinen verdünnten Säui-e
dadurch, dass er das, was die letztere langsam oder nur unter
Beihilfe einer erhöhten Temperatur vollbringt, rasch und bei niederer
Temperatur vollführt. Man hat also hier eine durch das Pepsin
unterstützte Wirkung der Säure vor sich. I
Ist das Pepsin ein Ferment?
633
Um die Art, wie das Pepsin Hülfe leistet, nocb genauer zu be-
Bamen, hat man seit Scliwann die Annahme gemacht, dass das
psin ein Fermentkörper sei. Dazu wurde man bestimmt, 1) weil
in dasselbe für einen Eiweisskörper hielt, die bekanntlich' sehr
jht zu Fermenten werden. Aber seine Eiweissnatm* ist durch-
i3 unerwiesen, ja sie wird nach den Angaben von Mulder*)
r;ar unwahrscheinlich. — 2) Einen zweiten Grund für die Ferment-
[ipothese fand man darin, dass sehr kleine Mengen von Pepsin
ar grosse Mengen von Eiweiss lösen und umwandeln können,
eese Erfahrung sagt aber nur aus, dass man es hier nicht mit
ler nach Aequivalenten vor sich gehenden chemischen Verbindung
thun habe ; keineswegs aber, dass eine Gähruug vorhanden sei.
3) Eine Reihe von chemischen Körpern und physikalischen Ein-
ssen, welche die milchsam-e und alkoholische Gährung aufheben,
rnichteu auch die lösende Kraft des Labsaftes; diese Analogie
jedoch nicht vollständig, immerhin aber bleibt sie bemerkenswerth.
4) Wie in Fermentationsgemischen, so wii'd auch das Verdauungs-
misch während der andauerden Lösung allmählich unwii'ksam.
eese Thatsache würde nur dann eine Aehnlichkeit mit der Gäh-
ag begründen, wenn erwiesen wäre, dass das Verdauungsge-
ssch darum seine Ki'äfte einbüsste, weil das Pepsin durch die
rtschi-eitencje Verdauung zerstört wurde. Dieses wäre aber um
nothwendiger, da noch eine andere Erklärung für jene That-
zhe vorliegt, die nämlich, dass die in Auflösung gekommenen
Weisskörper eine schädliche Wirkung ausüben. — Bedenkt man
jgesichts dieser geringen Beweismittel, dass dem Pepsin die Fä-
;;keit abgeht, sich während der Verdauung neu zu erzeugen
360), wie es doch die Fermenten während der Gährung thun,
wird man zum Mindesten eingestehen müssen, dass die Hypo-
'ise von Schwann nicht erwiesen ist.
Dasselbe gilt von einer zweiten Unterstellung, welche annimmt,
»SS das Pepsin mit der Salzsäure sich zu einer besondern Säure,
um Chlorpepsinwasserstoff, gepaart habe (Schmidt), welcher ein
rrzügliches Lösungsmittel für Eiweissstoffe sei. Da auf direktem
eg das Dasein einer solchen Säure nicht bewiesen wurde, so
ichloss man ihr Vorhandensein aus der Beobachtung, dass ein ge-
■sscr Gehalt des Labsaftes an Pepsin auch ein gewisses Säure-
'lass fordere, damit das Gemisch lösungskräftig wird (Meissner).
• •) Archiv fUr liollSna. Beiträge. IL Bd. 9.
634
Magonschlßira. Natürlicher Magensaft.
Wie dieses aber für das Bestehen und die Wirksamkeit der liypo.
thetisclien Säure etwas beweisen kann, ist unIdar. Denn wenn
auch beim Vorhandensein überschüssigen Pepsins nicht die ganze
Menge desselben in die gepaarte Säure eingeht, so musste doct
der wirklich gebildete Antheil der letzten lösend wirken. Diese
Thatsache kann viel eher bedeuten, dass das in das Gemisch ge-
brachte Pepsin nicht rein, sondern mit Eiweisskörpern vermengt
war; unter dieser Voraussetzung vnirde die Erfahrung mit der andern
zusammenfallen, dass ein Zusatz von frischem Eiweiss auch eine
sonst wirksame Verdauungsflüssigkeit abtödten kann.
B. Magen schleim. Der aus den Schleimdrüsen des Magens
gepresste Saft, wie auch der wässerige Auszug derselben verhält
sieh neutral und angesäuert inditfereut 'gegen Eiweiss- und Leün-J
Stoffe (Wassmann, Göll). Wie er sich gegen die übrigen NjJi-l
rungsmittel stellt, ist unbekannt. Ii
Verdauung mit natürlichem Magensaft ausserhalb deal
Magens. Das Saftgemenge, wie es aus Magenfisteln beim Meuschenl
und Thiere gewonnen werden kann, verändert unter gar kcineEl
Umständen: Fette, Gummi, Pektin, Cellulose, elastisches und ham
niges Gewebe. Gegen andere einfache Nahrungsstoffe verhält e "
sich je nach seinen Eigenschaften verschieden.
a. Alkalischer Magensaft ; abgesehen von zurückgetretener Gallo f
und von Bauchspeichel kann er bestehen aus reichlich abgesonder t
tem Schleimsaft, namentlich bei Magenkatan-h ; aus einem Gemenge I
von viel verschlungenem Kopfspeichel mit neutralem oder saurem I
Labsaft; vielleicht auch aus einem von den oberflächlichen Magern ii
gefässen gelieferten Exsudat ; F. Hoppe vermuthet, dass dasLetzii
tere vorkomme, wenn eine concentrirte Kochsalz- oder Znckenl
lösung in den Magen gebracht wird. Die Benutzung eines solcheitt
Gemenges zu Verdauungsversuchen hat so lange keinen recbtent
Werth, als man nicht in jedem FaU seine Zusammensetzung angebe '
kann. Wollte man mit einem solchen Gemisch Versuche anstelle
so würde es vortheilhafter sein, es künstlich zusammenzusetzen.
Der alkalische Saft des nüchternen Magens, der, wahrscbein >
lieh vorzugsweise aus Speichel besteht, verhält sich dem Auiyl«"
und Zucker gegenüber wie gemischter Speichel; die ungekoclH'
Stärke greift er nicht an, die gekochte verwandelt er in Zuclu
und diesen (Rohi--, Trauben-, Milchzucker) in Milchsäure. Der bein
Magenkatarrh abgesonderte schleimige Saft wandelt Eohrzucker "
Traubenzucker um (Köbner). — lieber die Folgen, welche
Wirkung des alkalischon und sauren Magensaftes.
635
festen EiwcissstofFe aus der Berührung mit dem alkalischen
gensaft hervorgehen, widersprechen sich die Erfahrungen. Nach
ddder und Schmidt*) verhält sich der neutrale oder alkalische
gensaft des Hundes, vorausgesetzt, dass er als solcher aus dem
ggen genommen wurde, gleichgültig gegen die genannten Stoffe;
'kh Versuchen von Schr,öder**) mit menschlichem Magensafte
I dagegen die alkalische Reaktion durchaus nicht hinderlich der
<chen Auflösung des gekochten Hühnereiweisses und Fleisches.
!ese letztere, allen künstlichen Verdauungsversuchen so sehr wider-
vechende Thatsache, scheint auf einen grundsätzlichen Unterschied
iischen der künstlichen oder natürlichen Verdauung oder minde-
ms auf eine bedeutende Lücke in unsern Kenntnissen über die
ttur der menschlichen Magensäfte schliessen zu lassen. Vielleicht
Lilärt sich die Erscheinung auch dadurch, dass Darmsäfte, die
alkalischer Reaktion verdauen, in den Magen zurtickgestiegen
Iren.
b. Der saure Magensaft, ein Gemenge, in welchem 'der Lab-
rt überwiegt, ist um so weniger geeignet, gekochtes Amylon und
i'cker umzuwandeln, je relativ weniger Speichel er enthält; in
Urem Magensaft geht also die bezeichnete Umwandlung langsam
ü in i'echt saurem so gut wie gar nicht mehr vor sich. Stumpft
in die Säure ab, so gewinnt er dagegen wieder die Fähigkeit,
(cker in Milchsäure überzuführen (Frerichs). Rohrzucker ver-
er weder vor noch nach der Neuti-ahsation in Traubenzucker
vemandeln (Köbner). — Eiweissstoffe löst er; die Versuche
la Bidder und Schmidt an Hunden und von Schröder am
inschen geben übereinstimmend an, dass im Allgemeinen ein saurer-
Ilgensaft um so reichlicher gekochtes Eiweiss und Fleisch auflöst,
mehr er Kali zu seiner Sättigung bedarf, mit anderen Worten,
saurer er ist. Wird die Säure abgestumpft , so büsst der Magen-
ft des Hundes und wie es scheint auch der des Menschen sein
f-nnögen ein, auflösend auf Eiweissstotfe zu wii-ken.
Hundert Theile natürlichen Magensaftes vom Hunde waren im
lande, höchstens 4,0 Theile (Schmidt und Bidder), 100 Theile
>8 sauren menschlichen Magensaftes höchstens 0,4 Theile (Schrö-
ir) trockenen Eiweisses zu lösen.
Bidder und Schmidt stellten ilirc quantitativen Verdauungsvorsuche in der
i'ise an, dass sie durchfeuchtete Eiiveiss- und Floischstücke von bekanntem Gchalto
•) I. c. p. 79. Vcr«. XIV.
'*) 1. c. p. 18. Vers. Ul. 3. IV, VIII. 1. 2. u. s. w,
636
Natürliclie Magonvordauung.
an festem Kückstand bei einer Temperatur von 40" C. so lange mit Terschiodenealil
Probon bekannter Gewichtsraeiigon von Magensaft in Berührung Hessen, als dieser nochü
irgend etwas aus ihnen zu lösen vormochto. Darauf wurde der ungelöst geblieLcni
Antheil flltrirt und getrocknet. Man erhielt damit das Gewicht des aufgelösten, j,
Säuregehalt bestimmten sie aus der Menge von Kali, welche nothwendig war , um deiii
Saft vollkommen zu neutralisiren. Wenn die freie Säure , wie beim Hunde , nur aml
Chlorwasserstoff besteht , so ergiebt sich allerdings^ die Menge dieser letzteren , wennj
aber, wie beim Menschen, die freien Säuren aus rerschiodenen gemengt sind, so g^Jj
niigt natürlich dieses Verfahren nicht (Schröder). Zu den oben zusammengestelltenÄ
Thatsachen muss wiederholt bemerkt werden , dass selbst der Magensaft des Hunden
sich nicTit in dem direkten Verhältnisse als eiweissauflösend erweist, in welchem eiH
Kali zu seiner Neutralisation bedarf. |f
Natürliche Magenverdauung. Die Verdaimngsresultatj
der Nahrimgsmittel im lebenden Magen des (Hundes oder Menschen
bestätigen meistens die der künstlichen Verdauung. So ist z. B
erklärlich, dass der Magen nach dem Genüsse gekochten Amylons
bald Zucker enthält (Frerichs, Lehmann, Bouchardat,
Sandras u. A.), bald auch, dass er ihm fehlt (Blondlot, Schraid
u. A.), weil je nach dem Uebervviegen des Labsaftes oder Speicheli
die Umwandlung der Stärke geschehen oder unterbleiben muss
Aehnlich verhält es sich mit der Umwandlung des Trauben- ud(
Rohrzuckers in Milchsäure, welche zuweilen beobachtet (Frerichs
Lehmann, Bouchardat), zuweilen vermisst ist (Frerichs
Schmidt); allerdings scheint das letztere häufiger zu sein, wie er
klärlich, weil schon eine geringe Beimengung von Labsaft den
Speichel das umwandelnde Vermögen zu entziehen vermag. — Dm
Rohrzucker wird im gesunden Hundemagen niemals in Trauben«
zucker verwandelt; findet man den letztern nach dem Genuss dm
Rohrzuckers, so ist jedesmal eine andere Quelle desselben nacli/
weisen (Köber).
Sehr merkwürdig, aus den vorliegenden künstlichen Verdauuii^:.-
versuchen vollkommen unverständlich, sind die Beobachtungen voi ^
Frerichs*) und Schmidt, wonach zuweilen Buttersäure-, z«
weilen auch schleimige und Alkoholgährung im Magen vorkomm
kann; das Auftreten der beiden letzteren war aber auch inm
mit Kraukheitszuständen verknüpft. Vereinzelt steht noch die A
gäbe von Marc et**), dass im Magen der Hunde, die mit neutrahi
Fetten gefüttert ^yurden, Fettsäuren auftreten sollen.
Eiweissstolfe und insbesondere gekochtes Hühuereiweiss, werdoi '
im Magen rascher aufgelöst, als ausserhalb; dieses lässt sich
•) 1. c. 803.
Medicnl Times nnd Gazette 1868. ^ •
Entstehen bei derselben Peptone ?
637
ton aus mancherlei Gründen, z. B. aus der stetigen Erneuerung
5 Magensaftes, aus der Entfernung der mit dem umgewandelten
iweiss geschwängerten Lösung durch den Pylorus, dem Umrühren
!3 Mageninhaltes in Folge einer Bewegung der Wandung u. s. w.
ee Beobachtungen hiertiber, welche von Bidder und Schmidt
Ii Hunde, von Schröder am Menschen 'angestellt sind, lehren
cch, dass Eiweissstticke , die in einen Magen gelegt werden, der
T 12 bis 20 Stunden die letzte Mahlzeit aufgenommen hatte, in
m ersten 2 Stunden ihres Aufenthalte's weit mehr an Gewicht ver-
rren, als in den 2 darauf folgenden Stunden, und in diesen wieder
bhr als in 2 auf diese kommenden. Daraus folgt, dass in einem
ijigen, der einige Zeit geruht hat, die zur Verdauung des Eiweis-
H nöthigen Bedingungen am mächtigsten wirken. — In Ueber-
listimmung mit seinen künstlichen Verdauungsversuchen fand C.
oopmanns, dass, wenn gekochtes Eiweiss, roher und gekochter
leber in Säckchen eingeschlossen, durch den Mund in den Magen
I bracht würden, von beiden immer ungleich viel aufgelöst wurde,
ild war der Kleber, bald das Eiweiss in der Lösung weiter vor-
5schritten=
Die Frage, ob die verflüssigten Eiweissstoffe im Magen in Pep-
ne umgewandelt werden, oder ob sie, bevor es geschehen, schon
m dort entfernt sind, kann nicht vollkommen beantwortet werden,
«her ist, dass das verzekrte flüssige Albumin noch als solches
useits des Pylorus angetrofl"en wurde und zwar so wenig verän-
rrt, dass es nicht einmal den Sättigungsniederschlag gab. Gehen
?3 verflüssigten Eiweissstofie immer so rasch durch den Magen,
te es in dem später zu erwähnenden Fall einer Dünndarmfistel
>8chah (Busch), so würden selbst Caseinlösungen, die sich nach
leissner am schnellsten zu Peptonen bilden, nicht Zeit haben,
la jene Umwandlungen zu erleiden.
Ueber die Veränderungen, welche die gemischten Nahrungs-
))ffe (Speisen) im lebenden Magen erfahren, besitzen wir zuver-
issige Beobachtungen nur von Frerichs" und Schröder. Das
)iatsächlichste ihrer Untersuchungen ist kurz folgendes. Aus der
den Magen gebrachten Milch gerinnt rasch der Käsestoff, dar-
Hf verlässt das Milchserum, ob durch die Wandung oder den Py-
Tus ist ungewiss, die Magenhöhle, so dass ein aus Käsestoff und
«tt bestehender Klumpen zurückbleibt, der allmählich von der den
»genwänden zugekehrten Fläche gegen sein Centrum hin verän-
ert wird. Eine genauere Untersuchung der veränderten Massen
638
Verdauung aSf ^gewöhnlichen Speisen.
lässt erkennen, dass die Wände der Milcliktigelchen aufgelöst m
den, während das Fett des Inhaltes zu grösseren Tropfen zusam
menflicsst, ohne dass es eine chemische Veränderung erfährt. I)
Kalksalze der Milch lösen sich auf. — Das Muskelfleisch zi,
fällt nach Auflösung des Bindegewebes in die einzelnen Muskel
röhren; dieselben zerbröckeln sich dann in kurze Stückchen , der
Länge dem Abstände zweier benachbarten Querstreifen entspricl
der Muskel wird also in seine Scheiben zerlegt. Diese letzt«
werden allmählich aufgelöst, jedoch niemals vollkommen, sali
wenn man sie durch eine Hülle, durch welche sie eingeschlos^
werden, zwingt, möglichst lange in dem Magen zu verweilen (?). 1 1
aus dem Muskel hervorgehende Lösung zeigt zuweilen die Eigi
Schaft, durch die Hitze zu gerinnen, zuweilen aber fehlt auch d
selbe. Kalbfleisch löst sich rascher, als Ochsenfleisch (Sehr öde
Gekochtes oder gebratenes Fleisch erfährt die bezeichnete Umwam
lung rascher als rohes; nach Frerichs darum, weil der Magi
saft leichter in die Zwischenräume eindringen kann. Diesem ei
gegen beobachtete Schröder, dass vom menschlichen Magensai
ausserhalb des Magens das rohe Fleisch rascher aufgelöst wer«
— Die Kalksalze lösen sich auf und werden zum Theil aus ihr
Verbindung mit den Eiweisskörpern getrennt, wie sich daraus ergie;
dass dieselben durch Neuti-alisation der sauren Lösung gefällt w«
den. — Aus den Knochen wird die leimgebende Substanz ai.i
gelöst, während der grösste Thcil der Kalksalze als eine krümlicln '
Masse ungelöst bleibt; ihr Verhalten im Magensafte gleicht al-
durchaus nicht dem in einer verdünnten Säure (?). — Das AmyL
des Brodes wird in Dexti-in und Zucker umgesetzt, wenn aber,
häufig, das Brod nicht ausgebacken ist, so dass es noch rohe,
der Hitze nicht alterirte Amylonkörner enthält, so werden diese v«
dem Magen nicht angegriffen; die Eiweissstofife des Brodes lösen
sich, — Hülsenfrüchte und Kartoffeln erfahren dieselbe Um i
Wandlung , aber langsamer und .meist auch unvollkommener , wci i
die holzige Zellenmembran, welche das Amylon und die Eiweiss t.
Stoffe umschliesst, dem Eindringen der auflösenden Säfte emer»
Widerstand entgegensetzt. Die das Amylon der Kartoffeln uui
schliessende Zellhaut findet sich häufig, trotzdem dass ihr Inhalt vc
schwunden ist, noch unverletzt. Da die Kartoffeln vorzugsweise haut!
eine Stärke enthalten, welche nicht in den aufgequollenen Zustai
versetzt ist, so findet sich oft Tage laug nach dem letzten Gcnuss
dieser Speise noch unveränderte Stärke im Magen des Mensclieu.
Zusammensetzupg des Chymus im Magen.
639
Von der Verdaulichkeit der Speisen im Magen. Be-
3ksichtigt man bei der Frage nicht die Zeit, sondern nur über-
lupt, ob eine oder die andere Speise im Magen gelöst werden
mne, so beantwortet sie sich aus dem Vorstehendem von selbst,
ollte man aber feststellen, welche Gewichtsmengen dieser oder
iier Speise in der Zeiteinheit aufgelöst werden, so würde man
tenbar angeben müssen: die chemische Zusammensetzung, den
.•gregatzustand , die Vertheilung und Mengung der Speisen mit
idereu unverdaulichen Stoffen ; ferner den jeweiligen Gehalt des
ngensaftes an Speichel, Pepsin, Säure, Wasser u. s. w., die Ge-
iiwindigkeit der Absonderung, den Wechsel der Zusammensetzung
rr Säfte mit der Absonderungszeit und vielleicht noch manches
ädere. Demnach lässt sich über die gestellte Frage nicht allein
■' jetzt gar nichts aussagen, sondern es fällt dieselbe demnächst
tch gar nicht in das Bereich des vernünftigen Experimentes, da
iin die geforderten Bedingungen zur Erzielung der Vergleichbar-
iit weder constant, noch messbar variabel machen kann.
Missbräuchlich hat man aber auch unter Verdaulichkeit die
ifenthaltszeit der Speisen im Magen verstanden, welche in gar
iiner Beziehung zur Auflöslichkeit zu stehen braucht, da ja auch
Iiikommen unverdauliche den Magen verlassen. In diesem Sinne
mmt die Verdaulichkeit nur Rücksicht auf den Druck, unter dem
!i Speisen in dem Magen liegen, und den Widerstand im Pfört-
rr. Die Mittheilungen, die über die Verdaulichkeit in diesem
iine gemacht worden, sind bei Frerichs*) nachzusehen, welcher
; zuerst auf ihren wahren Werth zurückgeführt hat.
Der Chymus oder der Speisebrei, welcher durch den Pfört-
rr den Magen verlässt, verdient schliesslich noch einige Aufmerk-
irakeit. Unter Voraussetzung einer Nahrung aus gekochten Mehl-,
vweiss- und Leimarten, Fetten, Blutsalzen und Wasser, gemengt
tt Holzfaser, Horn- und elastischen Stoffen, Kieselsäure u. s. w.,
rrd der Chymus einen Brei darstellen, der bald mehr, bald we-
rter Flüssigkeit enthält; die Menge dieser letzteren wird sich
idern mit dem Gehalte der Speise an Wasser, dem Ergüsse von
äjrdauungssäften in den Magen und der Löslichkeit der Nahrungs-
offc in den Magensäften. Hier muss jedoch schon angemerkt
'irden, dass nicht die ganze Menge von Flüssigkeit, welche in
m Magen geliefert wurde, diesen letzteren auch wieder durch den
») 1. c. 817.
ß^Q Flüssigkeiten dos Uünndams; Galle.
Pförtner verlässt, weil in die Venen- und Lymphgefässe desselb^
sogleich ein Theil jener Flüssigkeit eintritt. Die unaufgelösten Be-
standtlieile des Breies werden ihrer Grösse nach variiren mit der
Zerkleinerung, welche die festen Nahrungsmittel durch die Zähne
erfahren haben, mit dem Vermögen der Magensäfte die Speisen
anzufressen, und dem Widerstande, den der Pförtner bei gegebenen
Bewegungen der Magenmuskeln zu leisten vermag. — Die Zusam-
mensetzung der Chymusflüssigkeit wird sich immer charakterisiren
durch ihren Gehalt an Säuren und je nach den genossenen Nah-
rungsmitteln an Zucker, Dextrin, Eiweisstoifen, Leim und Fetten;
die ungelösten StotFe werden dagegen bestehen zum Theil aus ganz
unlöslichen Bestaudtheilen , Holzfasern, Epithelialschuppen , elasti-
schen Geweben, Kieselsäure, Kalkerde u. s. w., zum Theil auch
aus löslichen, aber noch nicht gelösten Speiseresten, insbesondere!
aus Fleisch-, Eiweiss- und Bindegewebss"tückchen, aus Amylon nndl
Krümeln von Kalksalzen. Daraus geht hervor, welch mannigfal-|
tige Gestaltung dem Chymus zukommen kann. "
3. Flüssigkeiten des Dünndarmes. it
Künstliche Dünndarm Verdauung, a. Die von Schleim«
und Farbstoff befreiten g a 1 1 e n s a u r e n Salze des Ochsen ver-1
mögen das gekochte und rohe Amylon sehr allmählig in Trauben*
zucker umzuwandeln — das hyocholinsaure Natron (C54H43NiOi(iM
der wesentliche Bestandtheil der Schweinegalle löst rohes Amylon j
leicht auf (Nasse)*). — Der in der gereinigten Ochsengalle auf-
gelöste Zucker erleidet keine Veränderung (Lehmann). — Die
frischen Blutkörperchen der Menschen, Säugethiere und Vögel wer-*'
den durch die gallensauren Salze leicht aufgelöst (Kühne)**).
b. Die Blas engalle (Galle und Schleim) setzt den Zucken j
unter den Erscheinungen der Fäulniss sehr allmählich in Milchsäure» j
um (Meckel, Schiel); Fettsäuren löst sie in geringer Menge,! j,
während sie die neutralen Fette unverändeit lässt. Eine Einwir-).
kung auf die anderen Speisen ist nicht beobachtet.
c. Ein reichlicher Zusatz von Galle zu dem Magensäfte (
raubt diesem die Befähigung, geronnene Eiweisskörper aufzulösen:
geschieht die Beimischung nach vollendeter Auflösung, z. B. zu dvr
durch Filtration von dem Chymus geschiedenen Flüssigkeit, so winl
die Fäulniss, welche sonst leicht in der Flüssigkeit eintritt, i;
») Arohiv fiii- genieinsclinftliclic Arbeiten. IV. 4lTi.
Arcliiv dir patliolog. Anatomie. XIV. 310.
Verdauung durch Bauchspeichel und raucreasextract. 641
Bnmt (H. Hoffmann). Die Galle soll in diesem Falle nach den
gaben von Scherer und Frerichs auch dem aufgelösten
weisse seine Fähig-keit, durch Hitze zu gerinnen, wiedergeben,
iie Thatsache, die von Lehmann und Schmidt bestritten wird.
d. Der reine Bauchspeichel und der Pankreasauszug verwan-
lln das rohe(?) und gekochte Amylon sehr rasch in Zucker (Va-
mtin*), Bouchardat, Sandras); diesen selbst aber nicht in
ilchsäu^re (Lassaigne): der Bauchspeichel zerlegt bei Gegen-
üirt freier Alkalien die neutralen Fette auf dem Wege der Gährung
Oelsüss imd Fettsäuren (Bernard); mit den Fetten geschüt-
tt emulsirt er sie permanent, d. h. es bleiben die durch SchUt-
m entstandenen Fetttröpfchen getrennt (Eberle," Bernard).
Zu künstlichen Verdauungsversuchen der Eiweissstoffe **) be-
ttzt man verschiedene aus dem Pankreas abstammende Produkte
imentlich den natürlichen aus dem Gang autgefangenen Saft, oder
ra wässerigen Auszug aus der Drüsenmasse eines nüchternen oder
loes zuvor gefütterten Thieres, oder endlich die wässerige Auflö-
ing des Pankreatins. Der letztere Name bezeichnet einen nicht
Iher umschriebenen Köi-per, der durch PbOAc aus dem Wasser-
iszug der Drüse niederzuschlagen ist, und der darauf als eine in
Vasser lösliche Substanz durch Zerlegung des Bleiniederschlags
iieder gewonnen werden kann ; ein andermal nennt man auch Pan-
■'•eatin die durch Alkohol aus dem wässerigen Pankreasinfusum ge-
lllten Gemenge (Corvisart).
Gekochtes Eiweiss, Muskel und Blutfibrin, gefälltes Gasein, der
i ittigungsniederschlag des in künstlichem Labsaft gelösten vorher
"ironnenen Eiweisses, beziehungsweise das Parapepton dieses letz-
rren und däs Dyspepton des Caseins werden gelöst, und nachdem
• eses geschehen, in peptonähnliche Körper umgewandelt durch
le wässerige Lösung des Pankreatins, vorausgesetzt, dass dieselbe
«hr schwach angesäuert und das Pankreatin aus der Drüse eines
Verdauung begritfenen Thieres, namentlich des Schweines aus-
?2zogen ist (Purkinje, Pappenheim, Corvisart, Meissner),
iie Auflösung des geronnenen Eiweisses scheint langsam vor sich
•) Lehrbuch der Physiologie. 2. Anfl. I. 360.
••) Frerichs, Handwörterbuch der Physioiogie. III. 1. Abtli. 848. — Corvisart, Sur
•le fonclion peu connuc du Pancrtfas. Paris 1858. — Meissner, Ilenle und Pfeufors Zeitschrift.
Helhc. VII. Bd. 17. — Derselbe , Verhandlungen der nnturforschendcn Gesellschnft zu Freiburg
.1 Br. .lull I8i.9. — Kefcrsteln und Haliwachs, Göttinger Nnchrlehten. 1858 Stilck 14. —
• Funke, Sehmldt's Jahrbücher. Bd. 101. p. 155. — Skrobitzki, Ibid. 105. Bd. 163. —
chifr, ibid. 269.
Ludwig, Physiologie U. 2. Auflage. 41
642
Verdauung durch ein Gemisch aus Bauchspeichel und Labsaft.
ZU gehen und es greift der Verdauungssaft die OberfläcLe desEiweisg-
wUrfels nicht gleichmässig an, denn dieselbe wird während der fort-
schreitenden Lösung höckerig (Meissner). Während der eintre-
tenden Lösung verliert auch das Pankreasferment seine Fähigkeit,
durch Kochen zu gerinnen.
Wie das Pankreatin verhält sich auch der wässerige Auszug
des Pankreas, der von einem in Verdauung begriffenen Thiere ge-
wonnen wurde; dieser Auszug reagirt bekanntlich (durch Milch- oder
Buttersäure? p. 351) schwach sauer. Angesäuerter Bauchspeichel
des Esels verdaute kein Ei weiss (Frerichs), der des Schweines
war es im Stande (Meissner).
Das neutrale oder alkalische Extrakt des Pankreas, und ebens
der natürliche Bauchspeichel lösen die Eiweisskörper nicht (Kefer-
stein, Hallwachs, Meissner), führen aber sehr leicht Fäulni-
herbei (O.Funke). Wenn dieses geschehen, solöst der BauchspeicL.
vermöge seines KO-Gehaltes feste Eiweisskörper auf (Skrebitzkiy.
Collagene Gewebe werden durch das Pankreasextrakt eben-
falls gelöst (Corvisart).
Das Ferment dos Bauchspeichols, welcher Aniylon und Fette umwandelt, kann
nicht identisch sein mit demjenigen unbekannten Köriier, welcher die Auflösung der
Eiweissstoife besorgt. Denn der Bauchspeichel führt zu allen Zeiten die erstgenannten
Umwandlungen aus, während ihm die letztre nur unter gewissen Umständen gelingt.-^
Aber auch die Bedingungen, welche die Auflösung der Albuminate herbeiführen,
müssen unter sich verschieden sein; Meissner sah, wie erwähnt, jene Auflösung nur
durch das schwachsaure Extrakt erfolgen, Corvisart, Schiff, auch durch das neu-
trale und schwach alkalisch reagirende ; auch die Umwandlungen , welche die Eiweiss-
stoffe nach der Lösung erfahren, sind noch sehr wenig aufgeklärt. Siehe die Kritik
der Peptonbildung durch den pankroatischen Saft bei Brücke' 1. c.
e. Künstliche Verdauung durch ein Gemenge von Labsaft
und Bauchspeichel. — Dieses Gemisch löst die Albuminate
langsamer und weniger umfangreich auf, als es jeder Bestandtheil
für sich thut. . — Das durch künstlichen Labsaft aufgelöste geron-
nene Eiweiss soll, wenn es während 6 Stunden mit Bauchspeichel
digeiirt wurde, seine Fällbarkeit durch Kochen wieder gewinnen
(Frerichs). Die Peptone, welche die Labsaftverdauung aus den
Eiweisskörpern bildete, werden durch den Bauchspeichel nicht weiter
verändert (Corvisart). Die Angaben von Frerichs und Cor-
visart können aufgefasst werden als sich widersprechende, oder
sie können auch neben einander bestehen, wenn die ^Eiweissstoffe,
welche Frerichs dem Bauchspeichel zusetzte, noch nicht bis zu
Peptonen verändert waren.
Verdauung durch Dannsaft.
643
f. Künstliche Verdauung durch ein Gemenge von Labsaft, Gallo und Bauch-
cichel. — Frerichs erwähnt, dass, wenn er das im Labsaft verdaute Eiweiss mit
Ue und paukreatischem Saft digerirte , sich die Galle nach 24 Stunden als eine har-
e Masse zu Boden setzte. Die über diesen Niederschlag stehende klare* Flüssigkeit
rrde durch Kochen stark getrübt.
g. Zur ktinstliclien Verdauung mit Darmsaft sind benutzt
orden: der aus dem Darm nacli der Methode von Frerichs
ter B i d d e r (p. 365) gewonnene Saft ; wohlabgewaschenene Stück-
een von Darmschleimhaut; oder wässerige Auszüge aus der letztein.
Gekochtes Amylon geht bei der Digestion in Traubenzucker,
üch und Buttersäure über (Frerichs, Felo uze). Mannit ver-
landelt sich in Milchsäure (Witte). — Geronnenes Eiweiss wird
Möst (Bidder, Schmidt, Kölliker, H. Müller). — Citron-
lures, weinsaures, äpfelsaures Kali und Nati-on verwandeln sich
kohlensaure Salze (Kerkow, Magawly).
Natürliche Dünndarmverdauung. Da die Drüsen,
eelche ihi'en Inhalt in den Dünndarm schicken, nicht an demselben
Tte einmünden, so bietet sich hierdurch die Gelegenheit, die Lei-
üungen derselben, sowohl einzeln als in mancherlei Combinationen,
iifzuhellen. Insbesondere gelingt es innerhalb des Thieres zu iso-
i-en die Wirkung des Darmsaftes und zu verbinden die des Darm-
iid Magensaftes (nach Unterbindung des Gallen- und Pankreasgan-
!s), des Darm- und Magensaftes mit der Galle oder dem Bauch-
i')eichel, des Darmsaftes mit der Galle oder dem Bauchspeichel,
Her mit beiden (nach Unterbindung der horizontalen Abtheilung des
iwölffingerdai-mes). Demnach lässt sich über alle denkbaren Com-
inationen verfügen, mit Ausnahme derjenigen, welche eine Elimi-
ution des Darmsaftes verlangen.
a. Die verdauenden Ki'äfte des menschlichen Darmsafts*)
iit Busch mittelst einer Darmfistel, die sich am obern Theil des
iünndannes, vielleicht kurz hinter dem Zwölfingerdarm, fand, be-
oachtet. Aus der obern, dem Magen zugewendeten Oeffnung des
. arms traten alle Flüssigkeiten, welche vom Magen und Zwölffinger-
larm herabströmten, vollkommen aus, sodass in das untere in den
tfter ausmündende Darmstück auch nicht eine Spur von oben her
gelangte. Die Stoffe, deren Verdauung geprüft werden sollte' konnten
Iso durch die untere Mündung des künstlichen Afters in das mit
em Dickdai-m verbundene Dünndarmstück eingeführt werden und
der, entweder in Tüllbeutel eingeschlossen nahe an der Einführungs-
") Bäsch, Archiv für patholog. Anatomie. XIV. MO.
644
Natürliche Dünndamvordauung mit Darnisaft.
Stelle fest gehalten und dann nach belicljiger Zeit wieder hervor-
gezogen werden,, oder man konnte die Nahrungsmittel auch durch
das ganze untere Darmende, das aus einem grossen Tlieil des
Dünndarms und dem ganzen Dickdarm bestand, wandern lassen
und aus dem gebildeten Koth die vor sich gegangene Verdauung
erschliessen.
Nach beiden Methoden ergab sich, dass gekochte Eiweiss-
stoffe (Fleisch und Eier) unter Entwickelung von Ammoniak und
Fäulnissprodukten aufgelöst wurden; rascher, wenn sie durch den
ganzen Darm wanderten, laugsamer, wenn sie in Tüllbeutel aufge-
hängt waren. Die Fäulniss , welche in den gekochten Eiweissstof-
fen schon nach 6 — 7 Stunden sehr merklich war, muss von einer
Gegenwirkung zwischen dem Darmschleim und den Albuminaten
bedingt sein, da keiner dieser Stoffe für sich in so kurzer Zeit fault.
Gekochte Stärke geht leicht in Ti'aubenzucker über und im
Koth ist weder sie noch der Traubenzucker zu finden, selbst wenn
nicht unbeträchtliche Mengen derselben durch die Fistelöffaung em-
gingen. — Rohrzucker bleibt dagegen ungeändert. Die Butter und
der Leberthran, die nach längerm Aufenthalt im untern Darmstück
(bis zu 10 Tagen) im Koth wieder erschienen, rochen nach Butter-
säure, dem Anblick nach waren sie theils unverändert, theils aber
. krystallinisch geworden.
Ausser dieser Beobachtung , die aucli für Versuche an Thieren als methodischer
Prototyp gelten muss, sind noch andere bekannt, bei welchen man aus der geöffneten
Unterleibshöhlc eines Thiers eine Damischlinge hervorzog, sie von ihrem Inhalt rei-
nigte, oben und unten abband oder abklemmte und dann die frische Speise in dieselbe
brachte. Nachdem auch die hierzu nöthige OefFnung zugebunden war, wurde die
Schlinge in die Unterleibshöhle zurückgeführt (Freriohs, Bidder und Schmidt).
In einer solchen Schlinge verwandelt sieh Kleister rasch in Zucker und Milt^
säure und die unlöslichen Modifikationen der Eiweiss- und Leimstoffe in lösliche.
Durch diesen Versuch würde man das Verhalten des Darmsaftes gegen die frischon
Speisen für aufgeklärt ansehen dürfen, wenn nicht die Befüixhtnng nahe läge, dn
die der Operation folgenden Störungen des Blutlaufes in der Unterleibshöhle die no
male Darmabsonderung vollkommen änderten. Die Beobachter geben zwar an, d;-
mindestens noch einige Stunden unmittelbar nach Eröffnung der Bauchhöhle ein m
veränderter Darmsaft abgesondert werde, sie bringen dafür jedoch keinen andern B
weis als den vor, dass 4 bis 6 Stunden nach dem Bauchschnitte die Entzündung u'
ihre Folgen erst im Maximum sichtbar seien.
b. Wenn man nach Unterbindung des Galleu- und Bauch-
speichelganges aus einer am Dünndärme angelegten Fistel den
Speisebrei schöpft, so findet mau, dass das Fleisch und die Aniy-
und mit Combinationen aus Galle, Bauclispoichol etc. 645
Aeeen ungefähr ebenso veründert sind, als sie es gewesen sein^
Hirden ohne Abschluss der beiden Drüsensäfte (Bidder und
h m i d t) *). War es nicht zur Bildung von Milchsäure gekom-
sn, so reagirte der Speisebrei alkaliseh, was man nach Ausschluss
•s stark alkalischen Pankreassaftes kaum erwartet hätte.
c. Die vereinigte Wirkung der Gr a 1 1 e , des Bauchspeichels
Jtd Darm Saftes oder auch nur die des Bauchspeichels und Darm-
tees auf die frischen Speisen suchte man zu ermitteln, indem man
ms Duodenum noch über der Leber- und Pankreasmündung ab-
Imd fBidder und Schmidt)**), oder auch zugleich den Gallen-
mg verschloss (Corvisart), im Uebrigen aber gerade wie bei
mutzung jeder andern Darmschlinge verfuhr. Die Ergebnisse der
irsuchsreihen waren denen unter a sehr ähnlich, nur insofern
ijigte sich ein Unterschied , als in der vorliegenden dieFälle relativ
mfiger sind, in welchen die Auflösung der Eiweissstolfe sehr weit
rrgeschr-itten war.
Bei der bekannten Eigenthümlichkeit des Pankreas , seine Absonderung für einige
!t nacb Eröffnung der Bauchhöhle einzustellen, ist es fraglich, ob die angegebene
eeration den gewünschten Erfolg bedingte.
d. Die combinirte Einwirkung der Galle, der Magen- und
ia r m s ä f t e auf die Speisen wird erzielt, wenn man entweder das Pan-
(eas ausschneidet oder seine Ausführungsgänge unterbindet. — Die
»erwiegende Mehrzahl der Beobachter (Bidder und Schmidt,
einmann*, Herbst u. A.) fand das Zusammenwirken jener
ifte gerade so erfolgreich, als ihre Verbindung mit dem. Bauch-
Reichel; insbesondere zeigte sich der aus dem After gestossene
oth nicht reichlicher und nicht anders beschaffen, als wenn die
oeration unterblieben war.
e. Bauchspeichel, Magen- und Darmsäfte, welche
ich Ableitung der Galle aus einer Blasenfistel auf den Darminhalt
iirken, erzeugen ebenfalls eine vollkommene Verdauung ; es scheint
Der, als ob die Anwesenheit der Galle mancherlei weitere Um-
ttzungen der aufgelösten Stoffe verhindere, die bei ihrer Abwe-
i:nheit vor sich gehen; im letztern Fall bilden sich viel Darmgase
i'id ein sehr unangenehm riechender Koth.
f. Die verwickeltste Zusammenstellung der verdauenden Elüs-
tgkeiten endlich, die nämlich, bei welcher in zeitlicher Keihenfolge
•) 1. c. p. 271.^
»•) 1. c. p. 276.*
646
Cliymus dos Dünndarms beim Menschen.
_,auf die Speisen zuerst sämmtliche Säfte wirken, welche
*in den Magen, und dann die, welche in den Dünndarm er-
gossen werden, erzielt rücksichtlich der Auflösung der Speisen kein
anderes Eesultat, als alle vorerwähnten einfacheren Combinatioiien;
auch hier werden die Leimarten, die Albuminate und das Aniylon
zur Auflösung in "Wasser gesehickt gemacht.
Chymus des Dünndarms. Die Fortschritte, welche die
Verdauung macht, gestalten sich wesentlich verschieden je nach
der Aufenthaltszeit der Speisen in dem Dünndarm, lieber diesen
Punkt konnte Busch in seinem schon oben erwähnten Fall Erfah-
rungen sammeln. Wegen ihrer grossen praktischen Wichtigkeit
müssen dieselben hier kurz zusammengestellt werden.
Schon kurze Zeit nach der Einführung der Nahrungsmittel in
den Mund begannen dieselben wieder aus der obern dem Magei
zugekehrten Fistelöffnung zu erscheinen. So kamen nach VoUei
dung der Mahlzeit an: die «rsten Stücke gekochten Eies 20 bi
35 Min., Fleischstücke 22 bis 30 Min., Rüben, Kohl, Kartofi'eln 1
bis 19 Min., aber erst 3 bis 4 Stunden nach einer reichlichen bin
Tage genossenen Mahlzeit war der Ausfluss der Speisestücke vol-
lendet. War dagegen die Nahrung spät am Abend genommen wor
den, so ging dieselbe nur theilweise alsbald wieder ab, die Rest
derselben kamen erst am andern Morgen zum Vorschein , weil wäli
rend der Dauer der Nacht die Bewegungen des Magens unterbrochci
waren. — Die Menge von Flüssigkeit, welche aufgefangen werde i
konnte, richtete sich nach der Menge und Ai't der Nahrung. Aix
meisten erschien, nachdem Fett genommen war, schon bedeuten^
weniger im Verhältniss zur Menge des Aufgenommenen nach Gela-
tine imd gekochten Eiern, nach Fleisch und Milch, am wenigsten
nach Kohl und Kartoffeln. Die Menge des Ausfliessenden nahm
auch ab, wenn während eines Tags statt einer gemischten nur eine
einfache Nahrung, z. B. nur Brod genossen wurde.
Was die chemischen Eigenschaften des Ausfliessenden anlangt,
so war das Gemisch meist von neutraler und niu* zuweilen von
alkalischer oder von saurer Reaktion. — Die Flüssigkeiten, welche
erschienen, wenn gar keine Speise genossen war, sodass nur die
reinen Verdauungssäfte abströmten, enthielt zwischen 2,3 bis 2,ö pCt.
festen Rückstand, ihr fehlte die Reaktion auf Rhodankalium; es
war also wnhrscheinlich aller Speichel verschwunden. — Waren
gekochte Fleisch- oder Eierspeisen genommen worden, so gab dci
filtrirte Saft mit den Reagentieu Niederschläge, die {CUch aus einer
Zusammensetzung des Cliymus an verschiedenen Orten.
647
f.fachen Lösung die gekochten Eiweissstoffe fällen. Flüssiges
»veiss erschien als solches wenigstens theilweise wieder. Nach
m Trinken von Milch fanden sich im Ausgeflossenen Casein-
jßken; ein anderer Theil des Caselns konnte durch Neutrali-
idon der alkalischen Flüssigkeit gefällt werden. — Das aus der-
Itel hervortretende enthält nach dem Genuss von Gelatine einen
kht mehr ' gerinnenden Leim in Auflösung. — Nach dem Ver-
gucken von Rohrzuckerlösung konnte etwas Traubenzucker in dem
ssgeflossenen aufgefunden werden und dieses auch dann, wenn
ee andere Nahrung ausgeschlossen war und die unmittelbar vor
tu Essen ausgestossenen Verdauungssäfte keine Reaktion auf
»aubenzucker gegeben hatten. Gummi kam unverändert wieder,
SS Fett war in einer feinen Emulsion enthalten.
In der aufgefangenen Flüssigkeit schwammen immer grössere
eer kleinere Brocken der in den Magen geführten festen Spei-
BQ. Bestanden diese letzteren aus Eiweissstoffen , so wurden sie
Höst, wenn sie mit der ausgetretenen Flüssigkeit längere Zeit hin-
irch in Berührung blieben; diese Auflösung ging vor sich, wie
(ch die Flüssigkeit gegen Lackmuspapier reagiren mochte. Frische
iürfel aus gekochtem Eiweiss und aus Fleisch, die den filtrirten
'srdauungssäften zugesetzt wurden, konnten zwar auch gelöst
?;rden, aber sie lösten sich viel langsamer als die Stücke, welche
(ch unverdaut mit den Verdamm gssäften gemischt ankamen.
lieber das Verhältniss des Gewichts der eingeführten Nahrungsmittel zu dem des
r'isehreies sammelte Busch folgende Zahlen; sie bedeuten, die genossene Nahrung
i ich 1 gesetzt, das Gewicht des ausgeflossenen Breißs : Fett = 6,0 ; Gelatine = 3,7 ;
i '.ottene Eier =2,7; Fleisch 1,7; Milch oder Mohrrüben =1,2; Kohl =0,9; Kar-
ltelbrei =0,7. Den Nahrungsstoff'en, welche nach einer Abendmahlzeit am darauf fol-
iden Morgen ankamen , war fast gar kein Verdauungssaft , namentlich keine Galle
■;gemischt. Sie waren auch relatir am wenigsten verändert.
Nimmt dagegen die Dünndarmverdauung ihren regelmässigen
verlauf, so besteht sein Chymus zwar auch wie der des Magens
HS festen Partikeln, flüssigen Fetten und Gasbläschen, welche in
iner wässerigen Lösung aufgeschwemmt sind, aber es sind sicht-
iire Unterschiede zwischen beiden Breiarten vorhanden; nament-
3h sind die festen Theilchen des Dünndarmes kleiner, die Fette
md nicht mehr in grossen, sondern in sehr kleinen Tröpfchen ver.
mit, und' endlich ist der Chymus des Dünndarmes von der bei-
emengten Galle gelb gefärbt. Das Verhältniss der festen zu den
Ussigen Theilen variirt aus denselben Gründen, die schon beim
648
Enthält der Dünndarm Peptone?
Speisebrei des Magens und des Duodenums erörtert sind, sehr
trächtlich; im Allgemeinen nimmt aber die Flüssigkeit gegen
Ende des Dünndarmes ab.
Die chemischen Bestandtheile der aufgeschwemmten Massen
-sind zum Theil den beim Magen erwähnten gleich ; neu hinzu kom.
men noch Kalkseifen, harzige Umsetzungsprodukte der Galle, Schleim
und losgestossene Epithelien der Darmoberhaut. Das Verhältniss
zwischen den einzelnen Gemengtheilen stellt sich für die verschie-
denen Abtheilungen des Darmrohres so , dass mit der steigenden
Entfernung vom Pylorus die Holz-, Horn- und Kalkmassen u. s, w.,
welche vollkommen unlöslich sind, allmählig bedeutend das Ueher-
gewicht gewinnen über das Amylon und die Albuminate.
Die Flüssigkeit enthält in Lösung Zuckerarten ; und zwar Tran-
benzucker, vielleicht Fruchtzucker und nach dem Genuss von Rohr-
zucker auch diesen (Köbner). Die Menge des letztern nimmt
gegen das Ileum hin merklich ab; ferner sind im Chymus gelöst
Milchsäure und deren Salze und Eiweissstoffe. Ueber die chemische
Natur dieser letztern sind die Meinungen getheilt; Meissner,
Cor Visa rt, 0. Funke scheinen geneigt, wenigstens einen Theil
der gelösten Eiweissstoffe für Peptone zu halten, während Andere,
z. B. Brücke noch einen sichern Beweis für diese Unterstellung
vermissen. -Da sich ein einigermassen befriedigender chemischer
Beweis nicht anbringen lässt, so musste die Anwesenheit der Pep-
tone aus andern Gründen erschlossen werden. Der erste derselben
stützt sich darauf, dass die Eiweissstoffe erst nach ihrer Ueherfüh-
rung in Peptone aufgesaugt werden könnten ; dieser Vordersatz,
aus dem allerdings die Peptonbildung mit Nothwendigkeit folgen
würde, entbehrt aber vorerst noch jeglicher Begründung. Ebenso
wenig überzeugend wirkt eine andere Herleitung, die sich auf die
lange Anwesenheit der Eiweissstoffe im Darmkaual stützt; da die
Peptonbildung erst nach der Auflösung der Eiweissstoffe vor sich
geht, so ist begreiflich nicht die Aufenthaltsdauer der ungelösten
sondern nur die der flüssigen nach geschehener Auflösung von Be-
deutung. Wie will man aber die Zeit des Verweilens dieser letz-
tern bestimmen? — In der Flüssigkeit des Chymus kommen ferner
vor die ursprünglichen und die umgesetzten Bestandtheile der Drüsen-
säfte (Gallensäure, Taurin, Leucin, Ammoniaksalze, Cholestearin
u. s. w.). Alle diese Stoffe stehen in so mannigfachen Verhältnis-
sen zu einander, dass sich nichts Allgemeingültiges darüber aus-
sägen lässt. Gewöhnlich überwiegen jedoch schon in der Mitte des
Yergleicliung der natürlichen und künstliclien Darraverdauung.
649
\ mndarmes die alkalisch reagirenden Stoffe, so dass von da an
i Flüssigkeit ihre saure Reaktion in eine alkalische umwandelt.
..er auch dieses Vorkommen erleidet eine Ausnahme bei lebhafter
Ichsäurebildung, wie sie nach reichlichem Genüsse von Arayla-
'in beobachtet wird.
Eine Vergleichung zwischen den Erfolgen der na-
lllichen und künstlichen Verdauung im Dünndai-m kann bis in das
azelne nicht vorgenommen werden, da uns, wie wir eben sahen,
le gründliche Kenntniss der chemischen Beschaffenheit des Dünn-
rrmchymus fehlt; der gegenwärtige Stand der Thierchemie lässt
fch demnächst keine solche voraussehen. Das wenige, was wir
eer dieselbe wissen, ist allerdings aus den Erfahrungen zu er-
liren, zu denen die künstliche Verdauung geführt hat. So ist
SS Umschlagen der Reaktion, welche der saure Chymus des Ma-
DDS mitbringt, erklärlich aus den alkalischen Säften, die sich in
m Dünndarm ergiessen. — Die Auflösung der aus dem Magen
cch ungelöst ankommenden Eiweiss- und Leimstoffe kann der
iirmsaft und unter Umständen der pankreatische besorgen. " —
usselbe gilt für die ungelösten oder unverwandelten Amylaceen,
td die Ueberführung der Zuckerarten in Milch- und Buttersäure —
!3 feine Emulsion , in welche die Fette gebracht werden , kann
im Bauchspeichel, dem Gallen- und Darmschleim zugeschrieben
'irden, — die Umsetzung einiger pflanzensauren in kohlensaure
Ikalien vermag der Bauchspeichel und der Darmsaft zu vollführen,
i.e Zerlegung der Galle in Cholsäure, Taurin und Glycocoll leitet
rr saure Magensaft in Verbindung mit dem Bauchspeichel ein. Das
iiftreten von Buttersäure kann abgeleitet werden aus dem Ver-
Dgen des pankreatischen Saftes, die neutralen Fette, hier also das
iityrin, zu zerlegen; oder sie kann auch bedingt sein von dem
jbergang der milchsauren in die buttersaure Gährung. Für die
tztere Entstehungsweise würde die Gegenwart von H-gas sprechen,
welches man, wie gleich zu erwähnen, schon in der Darmhöhle ge-
inden hat. — Die Galle endlich verhütet den Eintritt der stinken-
!Bn Fäulniss.
Ucberblickt man noci einmal die Lösung der Speisen im Dünndarm, so crgiebt
ish, dass ein jeder Nahrungsstoff durck verschiedene Verdauungssäfte verflüssigt wer-
■n kann. Die Eiwoisskörper konnten durch den saurqji, zuweilen durch den neutra-
i Magensaft, aber auch durch den Darmsaft, und endlich durch den sclnvachsauren,
»weilen auch durch den neutralen oder alkalischen Bauchspcichol gelöst werden. Das
inylon konnte der Darmsaft, der Kopf- und Bauclispeichel in Traubenzucker umwandeln;
18 Fett wnrde durch die verschiedenen Schleimarten und den Pankreassaft in Emul-
650
Wirkung verschiedener Säfte auf dieselben Speisen.
sion gebracht. Diese Erfahrung musste natüi'lich zu der Frage führen, welchen Siiih
und welche Folgen diese Häufung verschiedener Mittel zu demselben Zweck mit «ij
führe. Obwohl sich die aufgeworfene Frage schwerlich umfassend beantworten lägst,
bevor die Art der Auflösung und der Umsetzung, welche die einzelnen Säfte mit sich
bringen, genauer gekannt ist, so dürfte sieh doch schon jetzt Folgendes vorbrin.
gen lassen. Die Untersuchungen mittelst dos künstlichen und natürlichen Labsaftei
hatten ergeben, dass nicht alle Eiweisskörper bei demselben Säuregrad mit gleicher
Leichtigkeit verdaut wurden; namentlich ergab die Erfahrung, dass in dem Magensaft
des Hundes und Schweines das gekochte Eiweiss nnd derXleber nicht gleich leicht gelöst
werden. Daraus konnte man also folgern: es mussten zur gehörigen Ausnutzung ver-
schiedener Eiweissstoffe , welche gleichzeitig genossen waren, auch Verdauungsflüssig-
keiten von allen mögliehen Säuregraden vorhanden sein. Diese Betrachtung verliert
jedoch ihre Spitze, wenn man sich erinnert, dass der alkalische Darmsaft, soweit wir
wissen, alle Eiweisskörper gleich gut verflüssigt. Also wären die Einwirkungen des
Magensaftes überflüssig. — Um aber diesen Einwurf wegzuräumen , könnte man sagen,
die Anwesenheit des Magens mache es möglich , dass die Aufnahme von Speisen in
den Mund auf einmal für längere Zeit abgethan werden könne ; der Magen zerlege dann"
die grossen Speisestücke in kleinere, diese würden darauf in dem Maass, wie sie zer-
kleinert wären , in den Dünndarm gebracht und diesem werde somit sowohl durch die
Verkleinerung als auch durch die chemische Vorarbeit des Magens die Auflösung er-
leichtert. Diese Annahme empfängt gewissermaassen eine Unterstützung durch die
Angabe, welche Busch über die verschiedene Löslichkeit von Eiweissstoffen gemacht
hat, je nachdem dieselben vorgängig, der Einwirkung des Magensafts ausgesetzt oder
noch nicht ausgesetzt waren. — Vielleicht wäre es auch für die Eesorption von Be-
deutung, dass die sauren Lösungen der Eiweissstofi"e erst in eine alkalisch reagirende
Lösung gebracht würden , bevor sie die alkalisch reagirende Darmwand durchsetzen,
damit sie an und in derselben nicht gefällt würden. Hiergegen könnte man einweii
den, dass erfahrungsgemäss schon im Magen die Resorption beginnt, wie dieses u. A.
bei der öfter erwähnten Frau mit der Darmflstel geschah. Bei ihr blieb es aber un-
gewiss , ob der Magensaft wirklich sauer war. — Endlich ist es auch nicht wahr-
schcinlie)i, dass zu allen Zeiten eine jede Saftart mit gleicher Leichtigkeit beschafft
werden kann ; sie wären also als gegenseitige Aushülfen zur Vermeidung physiologi-
scher Verdauungsstörungen anzusehen. — Für die Vertheilung von Amylon auflösenden
Säften auf verschiedene Orte des Darms liesse sieh anführen , dass nur hierdurch dem
Uebelstand vorgebeugt werden könnte , concentrirte Zuckerlösungen in einer beschränk-
ten Darraabtheilung anzuhäufen. Bei der Geschwindigkeit, mit welcher die Umwand-
lung des Amylons vor sich geht, und bei dem grossen Antheil , den jener Stoff in
unserer Nalirung einnimmt, hätte dieses sonst nothwendig geschehen müssen und hier-
durch würde sowohl die Aufsaugung dieses Stoffes, wie auch die. Verdauung alle
anderen gehemmt worden sein, eine Annahme, die durch die bekannten Folgen eine
reichlichen Genusses von Zucker bestätigt wird.
4. Die Flüssigkeiten des Dickdarmes sind causserbalb dc-
thierischen Körpers noch nicht geprüft worden; als Steinhiiuse.
die Gelegenheit benutzte, die ihm eine Fistel des Coeciuiis am
Menschen darbot, frische Speisen in den Dickdarm zu bringen, fiH"'
er dieselben im Kothe unverändert wieder. Dieses lässt begrciflicli
L Dickdarm. Koth. 651
en Schliiss zn auf die Veränderung der Speisen in dem Zu-
!nde, in welchen sie gewöhnlich aus dem Dünndarme in den
ikdarm übergehen. In der That scheint auch während des Le-
us der Inhalt des Dickdarmes sich noch fortwährend zu verän-
m; denn es entwickeln sich in demselben Säuren (Milchsäure,
[ttersäure u. s. w.) und Gase, H und CH (Chevreul), Bildun-
11, die sich allerdings auch erläutern aus einer in dem Speise-
n eingeleiteten und ohne Zuthun des Dickdarmsaftes förtschrei-
den Gährung. — Der Schleim und die Schleimhaut des Kanin-
mdickdarms wandeln Amylon rasch in Zucker um (0. Funke*).
Der Koth**) oder der Antheil des Speisebreies, welcher aus
m Mastdarme hervortritt, enthält, in wechselnder Menge Festes
dd Flüssiges. — Die Flüssigkeit gewinnt über das Aufgeschwemmte
1 so mehr das Uebergewicht , je rascher die Speise durch den
irmkanal gegangen, je mehr der aufsaugende Apparat in seinen
iistuugen beschränkt ist,-imd weitere Stoffgemische in der Koth-
<3sigkeit aufgelöst sind, welche mit kräftiger Verwandtschaft zum
asser begabt sind und mit geringer Geschwindigkeit durch die
irmwand in die Blut- und Lymphgefässe treten.
Seiner chemischen Zusammensetzung nach besteht der aufge-
üwemmte Theil bei einer gemischten Kost aus Hornschüppchen,
ringen Mengen elastischer Häute, einigen zerbröckelten Muskel-
'.ern, unlöslichem Blutroth, Fetten, Stearin- und margarinsaurem
lilk, Holzfaser, Pflanzenwachs, Chlorophyll, etwas Amylon, Schleim,
'.rmepithelium, ümsetzungsprodukten der Galle (Dyslysin, Cho-
(din- und Cholalsäure) und nach Marc et beim Menschen auch aus
■ cretin, einem in Aether löslichen Körper (C78H78 02S), ferner aus
olestearin, Kieselsäure, phosphorsauren, schwefelsauren und kohlen-
uren Erden. — Die Flüssigkeit enthält Eiweiss, Gummi, Gallen-
"bstoffe, wenig Gallensäure, schwefelsaure nebst ein wenig salz-
liuren Alkalien. —
Der Geruch des Kothes scheint Von flüchtigen Fettsäuren be-
ugt zu sein; Liebig konnte durch Behandeln von eiweissartigen
«offen mit Kali ein Gemenge von flüchtigen Fettsäuren herstellen,
!}lches ausgeprägt nach Koth riecht.
•) Lehrbuch der Physiologie. 3. Aufl. 1. 320.
'*•) Wehsarg, Milcroskopische und chom. Uiitcrsuclinugen etc. Giossen 1852. — Iliring,
troskopische und chemische Untersnchungen etc. Giossen I85'i. — Maroot, Proeecdings of llic
■ al .Society VII. 1.53. — Derselbe, Philosophiciil Trnnsnctions 1807. -103. — Licbig, 'Thicrclicmie
'Ann. 13G. — K U h n c , Archiv fUr patholog. Anatomie. XIV. 310.
652
Darmgaso etc.
Die proportionale Menge des Rothes oder das Gewicht dt
selben dividirt durch dasjenige der genossenen Nalu-ung, ist ab
hängig von der Menge absohit unverdaulicher Einschlüsse in dii
letztere (aus diesem Grunde giebt Gemiisenahrung viel mehr Kotl
als Fleisch) von der Geschwindigkeit, mit welcher die Speis,
durch den Darmkanal gehen, endlich von der Kraft der auflöse
den und aufsaugenden Verdauungswerkzeuge.
Nach den Erfahrungen von Lieh ig befindet sich der Koth nicht im Zustande
fauligen Gährung, er gelangt erst in sie, nachdem er dem Zutritte der Luft bloss
legt war. Zuweilen kommen in ihm Gährnngspilze vor (Mitscherlich,'lleiiii
Böhm).
Chevreul*) hat mit freilich noch unvollkommenen Methoden die Gasarten i,
menschlichen Darmkanals untersucht. In der Leiche eines Hingerichteten bemerkte
im Magen eine geringeMcnge von Gas, welche in lOOTheilen bestand aus: 0=ll,i
CO» = 14,00; N = 71,45; H = 3,55. — Im Dünn- und Dickdarme dreier Hin
richteter beobachtete er :
Dünndarm.
Dickdarm.
Coecum.
Rectum.
Bemerkungen.
I.
CO2
24,39
00-2
43,50
H
56,53
CHu.HS
5,47
1 Zwei stunden
N .
20,08
N
51,03
d. Tode eine llo
CO4
40,00
CO2
70,00
zeit ausBrod, K:
II. ■
H
51,15
H u.CH
11,16
Wein u. Wassi
N
8,85
N
18,04
CO2 12,5
CO4
25,0
CH 12,5
COs! 42,86
Vor dem TodeEii
in.
H
8,4
H 7,5
GH 11,18
■fleisch, Brod, L
N
66,6
N 67,5
N 45,96
sen, Rothwciii
Aufsaugung in den Verdauungswegen.
Von dem, was als Speise und als Drüsensaft in den Dan
eingeführt ward, tritt nur ein kleiner Theil durch den After her
vor; also muss der Rest, da er nicht in der Höhle zurückbleü
durch die Darmwand austreten. Dass die grosse Menge ^
Flüssigkeit, welche diesen "Weg betritt, ihn in so kurzer Zeit vol
lenden kann, begründet sich einmal durch die grosse Ausdehnuuj:
der Darmwand, wie sie ermöglicht ist durch die Röhrenform d
Darmes, und durch die Falten, Zotten und Krypten der eiüzeliK
Schleimhautpartien. Wenn dieses ausgebreitete Filtrum die Am
saugung an "sdelen Orten gleichzeitig möglich macht, so wird durdi
•) Magondio's Physiologie, deutscli von Ileusinger. U. Bd. 7D. 101 u. IIG.
Einrichtungen des Schloimhautfiltors. 653
Bedeckung- der Wand mit nur einer Schicht cigenthiimlich ge-
nter Cylinderzellen jede einzelne Stelle sehr leicht durchdringlich.
Nach den Beobachtungen von 0. Funke und Köllik'er, vor-
r^sweise aber nach denen von B r e 1 1 a u e r und S t e i n a c h *) ist die
)3is, welche die trichterförmigen Deckzellen gegen die Darmhöhle
mden durch einen hellen Saum begrenzt, auf welchem prisma-
ifehe Stäbchen aufsitzen. Diese Stäbchen sind jedoch nicht immer
üch gestaltet; so sitzen namentlich auf den Zellen, die aus dem
mn eines seit vielen Stunden nüchternen Thieres stammen, sehr
utliche scharf von einander abgesetzte Prismen; die Zellen aber,
! aus dem Darm des verdauenden Thieres genommen werden,
(d an ihrer gegen den Darm gewendeten Seite durch einen schein-
r vollkommen homogenen, stäbchenfreien Saum begrenzt, der
iimäler ist, als der Raum, welchen im vorhergehenden Fall die
äbchen sammt ihrer Unterlager einnehmen. Aber auch jetzt
id die Stäbchen nicht verschwunden, sie sind nur durch Ver-
rrzung und gegenseitiges Aneinanderlegen unsichtbar geworden;
ran sie kommen wieder zum Vorschein, wenn man die Zellen
eine Lösung von phosphorsaurem Natron legt. Der stäbchen-
ijigende Saum, den man kurzweg den Zellendeckel nennt, hängt,
te es den Anschein hat, fester mit dem schleimigen zähen Zellen-
aalt als mit der zeitlichen Zellenwand zusammen; man könnte
?gen, es stecke der mit dem Deckel verbundene Inhalt in der
iflenhülse wie ein Pfropf in einem Trichter. Diese Annahme grün-
tt sich auf die Erfahrung von Brettäuer und Steinach, dass
i'-r Zelleninhalt mit dem auf ihm sitzenden Deckel seine normale
iigerstätte verlässt, und sich neben die leere Hülse legt, wenn
San den Inhalt durch passende Mittel, z. B. durch destillirtes Was-
iT zum Aufquellen gebracht hat. — Aus diesen Erfahrungen, so-
tel sie auch sonst noch zu wünschen übrig lassen, geht das für
iisere Zwecke wichtige Resultat hervor, dass die ZeUenhöhle
'?gen die Darmlichtung nicht durch eine homogene Haut abgegrenzt
:.t. Wollte man einen Vergleich zulassen, so würde man zwischen
em Zellendeckel der Darmepithelien und der Haut in andern Zellen
v.wa denselben Unterschied statuiren können, wie er zwischen
inem Fliesspapier und einer CoUodiummembran besteht. —
rücke vermuthet, dass auch die in der Schleimhaut steckende
■pitze der Epithclialzellen nur durch einen lockeren Pfropf, nicht
•) Brettauer nnd St ein ach, Wiener aknd. Sitzungsberichte. 23. Bd. 303.
G54
Anfänge der Chylusgofiisse ; Zotton.
aber durch eine homogene Haut verschlossen sei und Heid(
hain findet es sogar wahrscheinlich, dass die von jenen Spitz
ausgehenden Fortsätze in das von ihm beschriebene die Schkii:,
haut durchsetzende Zellennetz münden (p. 568). Diese Thatsacht,
wird von Henle bestritten.
Jenseits der Oberhaut stösst die eingedrungene Flüssigkeit aur
ein lockeres von Lücken durchzogenes Gewebe. Diese Lückei
öffnen sich, wie schon früher beschrieben wurde, auf die eine odei
andere Weise in die Lymphgefässe , in sie hinein ragen Blutcapfl
laren; die absorbirte Flüssigkeit kann also je nach Umständen ii
das eine oder das andere GefäsS; eintreten. Erwägt Irtan, dass di(
Hohlräume der Schleimhaut ihre Formen ändern können, vermög(
der sie umgebenden Muskeln , so sieht man hier ein kunstreiche!
Filter hergestellt, das auch für ölige und eiw eissartige Flüssig
keiten länger durchgängig bleibt als selbst eine grobmaschige Lein
wand.
A. Aufsaugung durch die Lymphgefässe.
1. Anatomisches Verhalten der Anfänge*). Nachdem sehe:
früher die Lymphwurzcln in der Darmschleimhaut geschildert wui
den, bleibt es hier nur noch übrig, auf das Verhalten der Blutgi
fasse und Muskeln in der Schleimhaut namentlich in den Zotte;
einzugehen. In den lockeren oberflächlichen Schleimhautpartie;
liegt überall ein engmaschiges Netz von Blutgefässen eingebettel
das mit freien Wandungen in die Lücken, welche den Anfang de
Chylusgefässe darstellen, hineinragt. Daraus folgt zweierlei; ei;
mal nämlich wü'd die Möglichkeit eines Austausches zwischen de;
Flüssigkeiten gegeben sein, die in den Lücken und den Blutgefäi
sen eingeschlossen sind; zugleich werden aber auch die Blutge
fässe vermöge ihres durch den Blutstrom gespannten Inhaltes di
Schleimhautoberfläche und namentlich den Zottenmantel ausspannen
resp. die den Lymphgefässanfang darstellenden Hohlräume offei
erhalten, selbst wenn ein gelinder von der Darmhöhle her wirk©
der Druck sie zusammenzupressen sucht (Brücke, Donders)
Ausser diesen Gebilden enthält die Schleimhaut bekanntlich noc
Muskelzellen. Diese sind in den Zotten zu Fasern angeordnet
welche der grössten Länge der ersteren entsprechend verlaufen
*) Brücke, Ueber Chylusgcfiisse u. d. Resorption d. Chylus. Wien 1853. — Donders
Uenle's und Pfeufer's Zeitschrift. N. F. IV. Bd. 230. und die p. 6G7 anfgezähltc Litcratnr.
Filtration«- und Ditt'usionsstrom gegen die Chylusgefässe. 655
liegen nach innen von den Blntgefässcapillaren und nach aussen
Iii Centi-alkanal der Zotte. Ziehen sich die Muskeln zusammen,
ij dieses am geöffneten Darme des lebenden oder eben getödte-
Thieres beobachtet werden kann, und zwar mit einer Kraft,
(iche die durch den Blutstrom gesteiften Blutgefässe zusammen-
eckt, so muss dadurch der vorhandene Inhalt des Centralkanales
ikh den Lymphgefässen in dem Unterschleimhautgewebe entleert
rden, während die einzelnen Epitheliumszelleu durch die Ver-
rzung der Zotte comprimirt werden. Falls sie an ihren Enden
lin sind, muss hierdurch ein Theil ihres Inhaltes in die Darm-
iile zurücktreten. Man kann nicht sagen, ob dasselbe auch für
11 Inhalt der äusseren Gewebsräume des Stroma's einti-eten müsse,
man nicht weiss, ob die Epitheliumsz eilen so eingepflanzt sind,
I6S der Chylus ebenso leicht aus dem Stroma in die Zellen, als
'i den Zellen in das Sti-oma tritt. Diese Darstellung, welche der
tssischen Arbeit von Brücke entlehnt ist, lässt uns erkennen,
13 zierlich und zweckmässig zugleich die Zotte zum Behufs der
ttration und der Weiterbewegung ihres Inhaltes gebaut ist.
2. Stoffaufnahme in die Chylusgefässe. Durch die Wand,
liehe die Höhlungen des Darms und der Chylusgefässe von ein-
(der trennen, dringen wässerige Flüssigkeiten und Fetttröpfchen
udurch.
Der Uebergang von wässerigen Lösungen in die Anfänge
f Milchgefässe kann mit Hülfe bekannter Thatsachen ohne Schwie-
Ikeiten erkläii werden, denn überall, von der Cardia bis zum
lus, ist die Schleimhaut für Wasser durchgängig und es ist Ge-
(;enheif zum Wirksamwerden von Capillaranziehüng , von hydro-
iitischen Drücken und Diffusionen gegeben, — Die Lücken der
^hleimhaut sind eng und ihre Wände mit wässerigen Lösungen
metzbar, also muss die erste der drei aufgezählten Füllungsur-
lehen in Betracht kommen. — Ist aber aus einem oder dem
idern Grunde der Anfang der Chylusgefässe auch mit noch so
!3nig Flüssigkeit gefüllt , so muss . sich von ihm ein Diffusionsstrom
litwickeln zum Darm- und Blutgefässinhalt oder mindestens gegen
m letztern von beiden, da beide Flüssigkeiten in einander diffusibel
i>d zugleich von verschiedener Zusammensetzung sind. — Läge
•)er der Darin- und Blutgefässinhalt unter einem höheren Drucke,
'8 derjenige der Chylusgefässanfänge, so müssten die letzteren all-
lählich sich auf dem Wege der Filtration anfüllen. Das Vorkommen
mes solchen Spannungsunterschiedes der Flüssigkeiten kann aber
656
Uobcrgang der Fette in die Chylusgcfässc.
nicht bestritten werden , da sich die Ampullen und Lücken entleeren
dnrch die periodisch wiederkehrenden Zusaninienziehungen der
Schleimhautmuskelu und dann, wenn die letzteren erschlafft sind,
wieder ausgespannt werden durch die vom Blutstrome gestreckte]
Blutgefässe. Der Inhalt der Lymphräume wird also oft genug untei
einer sehr geringen Spannung verweilen, während der DarniinhaJ
unter einer wenn auch geringen Pressung liegt, die sich nameutlicl
einstellen muss, wenn eine abwärts hängende Darmschlinge mehr odei
weniger angefüllt ist. Anderseits wird zu einem Filtrationsstrome voi
Seiten der Blutgefässe her Veranlassung gegeben durch die nor
male Spannung des Blutstromes. Somit scheint es nur fragUch zi
bleiben, ob für gewöhnlich der wässerige Darminhalt vorzugsweisi
durch Filtration oder durch Diffusion weggeschafft werde. Berück
sichtigt man die Erfahrung, dass die in das Darmrohr gebrachte)
Lösungen von salzsauren Alkalien viel reichlicher aufgenommei
werden, als diejenigen der schwefelsauren Alkalien und Erden, s<
dürfte man geneigt sein, den Diffusionen das Uebergewicht zuzr
schreiben. Denn filtriren die Lösungen, so kann man nicht eil
sehen, warum ein solcher Unterschied sich geltend machen sollte
während man ihn aus der ungleichen Diffusionsgeschwindigkei
jener Salze und aus dem ungleichen Quellungsvermögen der Haut
durch dieselben begreifen kann.
Von den Fetten*), Avelche sich im Darminhalt finden, gehe'
mit chemisch unveränderten Eigenschaften nur diejenigen in
Lymphwurzeln über, welche bei der Temperatur des menschliche:
Körpers flüssig sind. Um übergangsfähig zu werden, müssen si
im Darmkanal selbst erst eine mechanische Vorbereitung "^erfahri
haben, die darin besteht, dass sie in höchst feine Tröpfchen vei
theilt und zugleich mit einer Hülle umgeben werden. Für die Ai
Wesenheit dieser letztern spricht der Umstand, dass sie gewöhnlic
nicht zusammenfliessen, wenn sie auch unter einem merkliche
Druck in einen engen Raum zusammengedrängt werden. — Di
Bedingungen, welche das Fett zertheilen, liegen wahrscheinlich i
den feinen Unebenheiten der Darmoberfläche. Durch sie werde
die grösseren Tropfen in kleinere zerspalten, wenn jene durch di
*) B 1 d d e r und Schmidt, Verdauungssäfte. 224 ff. u. 252. — F r o r i c Ii s , Artikel Verdauon
Wagners Hnndwörterbuch. III. 847. u. 853. — Weinmnnn, Henle's u. Pfoufer's Zeilschii
N. F. UI. 247. — Herbst, ibid. 389. — Cl. Bornard, Memoire sur ie pnncnJns et sur le rfl
du suc pancräatique. Paris 185Ü. — Donders, Pliysiologie des Menselien. 2. Aufi. 1S59 . 322.
Colin, Gazette mddicale de Paris. 1858. 64. — 0. Funke, Zeitschrift fiir wiss. Zoologie. 'V
308. u. VU. 315. — Kölliker, Würzburger Verhandlungen. Juni 1856.
"Weg des Pottes durch die Darmwand. 657
i>;taltischeu Bewegungen auf der Darmoberfläche hergepresst
I den. Die Wiedervereinigung der Ideineren zu grösseren Tröpf-
n wird aber unmöglich gemacht durch die reichliche Anwesenheit
leimiger Flüssigkeiten, Avelche die die Darmoberfläche benetzen,
iientlich dienen hierzu der Darmschleim, die schleimartige Galle
i der Bauchspeichel (Eberle, Cl. Bernard); eine Behauptung,
, eu Kichtigkeit leicht bestätigt werden kann dm-ch Schütteln eines
• bezeichneten Drüsensäfte mit flüssigen Fetten. —
. Aus diesen Mittheilungen folgt nun schon, dass für gewöhn-
II der Magen' kein Fett aufnimmt; ausnahmsweise kann es (je
ih dem Eintritt der Bedingungen) dennoch geschehen, wie z. B.
'Iliker in den Epithelialzellen des Magens von Säuglingen Fett-
ipfchen sah. Aehnliches sag-t die mikroskopische Erfahrung vom
v'kdarm aus, in dessen Epithelialzellen nur nach Oelklystieren
tttröpfchen gefunden wurden. Dennoch bleibt es zweifelhaft, ■ ob
t der fettige Zelleninhalt in die Lymphräume entleert; dem An-
it.ein nach geschieht dieses äusserst selten, da die Lymphe, welche
'i dem Magen und Dickdarm eines fettverdauenden Thieres kommt,
imals milchig, sondern klar "und durchsichtig ist. — Also ist nur
■ Dttnndann der eigentliche Fettsauger. Aber er ist es nicht an
}3n Stellen gleichmässig. Niemals hat man das Fett durch die
llen der Crypten gehen sehen und für gewöhnlich findet man es
• in den Spitzen der Zotten. Goodsir und Frerichs, welche
u Weg der Fette durch die Darmwand zuerst genauer verfolgten,
■den das chemisch unveränderte Fett zu sehr feinen Tröpfchen
••theilt zunächst in der Höhle der Epithelialzellen. Diese That-
hen haben alle späteren Beobachter bestätigt; merkwürdiger
Mse fand man aber niemals Tröpfchen in den Zellendeckeln. Da
diese aber durchsetzen müssen, um aüs dem Darm in die Zel-
' höhlen zu gelangen, so bleibt nur die Annahme übrig, dass
den Zellendeckel sehr rasch durchwandern. Aus der Zellen-
iile gelangen die Tröpfchen in die Fortsätze derselben, dann in
! Lücken der Schleimhaut, weiter in den Centralcanal der Zotte.
Ii endlich in die Lymphgetässe. In allen diesen Theilen liegen
! Tröpfchen nach einer fettreichen Nahrung so gedrängt, dass
-selben im auffallenden Licht milchweiss erscheinen.
Viel weniger bekannt als die Bahnen, welche das Fett durcÜ-
nft, sind die Kräfte, welche dasselbe treiben und die ihm ent-
tgenstehenden Widerstände wegräumen. Nachweislich befördert
! Anwesenheit der Galle und vermuthlich auch die des pankrea-
Ludwig, IMiyglologie n. 2. Anfinge. 42
Galle und BauchspeicUel hülfreich für die Fettaufnahme.
tischen Saftes den Uebergang der Fette. Denn die Auftiahme de
selben wird wesentlich beschränkt, wenn die Galle nicht in den
Dünndarm treten kann, sei es, dass sie durch eine Fistel nach
aussen geführt wird oder dass der Ausftihrungsgang der Leber ver
stopft ist(Bro die, Tiedemann, Gmelin, Bidderu. Schmidt).
Der Beweis flir die Minderung der Fettaufnahme während des am
gehobenen Gallenzuflusses wird dadurch geführt, dass der aus dem
Dünndarm kommende Chylus fettärmer und der Koth entsprechend
fettreicher ist. — Die Hülfe, welche die Galle dem Fettübergau-
leistet, erklärt man sich meist dadurch, dass dieselbe den Widci
stand mindere, welchen die Poren dem Durchgang der Fette ent
gegensetzen. Dieses könnte auf verschiedene Weise erreicht wer
den; z. B. dadurch, dass die in die Schleimhaut eingedrungem
Galle die Porenform ändert und die Festigkeit des Gewebes vei
ringert; oder dadurch, dass sie die Porenoberfläche schlüpfrige i
macht, sodass sich die Reibung zwischen Fett und Porenwand
mindert; oder auch dadurch, dass sie die Fetttröpfchen geeigneti i
macht, sich den Formen der Porenkanälchen anzuschliessen, indem
sie die sogenannte Tropfeuspannung des Fettes herabsetzt.
Die Anwesenheit der Galle gehört nun aber keineswegs zu
den Bedingungen, die durchaus erfüllt sein müssen, damit der Fett
Übergang möglich sei; denn nach den ßeobachtuugein von Biddi
und Schmidt enthält der Chylus auch dann noch Fett, wemi
selbst der Zutritt der Galle zum Darmkanal vollkommen aufgehoben
ist. Man ist desshalb .geneigt, dem pankreatischeh Saft dieselbe
Rolle zuzuschreiben, welche der Galle unzweifelhaft zukommt. C'l.
Bernard, welcher vorzugsweise die Aufnahme der Fette untei
der Betheihgung des Bauchspeichels geschehen lässt, geht sogar
weit, zu behaupten, dass dieser der alleinige Vermittler der Fett
resorption sei. Es bleibt unerklärlich, warum der ausgezeichnete
Beobachter den Uebergang des Fettes in die Chylusgefässe immci
aufgehoben sah, nachdem der Bauchspeichel von der Darmhölile
ausgeschlossen war, während alle übrigen Beobachter von Bruun
bis auf Colin herab nach Exstirpation des Pancreas oder nacl'
Anlegungen einer Fistel die Aufnahme des Fettes wenig beeiuträcb
tigt fanden.
Wird der Bauchspeichel und die Galle zugleich ausgeschlossen,
so wird nach Busch nur noch ein Minimum, vielleicht auch gai
kein Fett mehr resorbirt.
Kräfte, die das Fett treiben.
659
Die Kräfte, welche den Eintritt des Fetts in die Zellen bedin-
(11, und die anf dem Weg vorkommenden Widerstände Uberwinden,
.(innen nattirlich keine sein, welche mit den die Diffusion erzeu-
genden Aehnlichkeit besässen. Denn diese letztern verlangen eine
miige Vermischung der sich in einander verbreitenden Flüssig-
A'iten. Darum bleibt nichts anderes übrig, als an einen in der
;i('htung vom Darm zum Zottenraum wirkenden Druck zu denken.
'1) die Druckunterschiede der Flüssigkeiten, ob Bewegungen der Epi-
liclialstäbchen oder ob Bewegungen der Darmwandungen gegen
inander diese Triebkraft darstellen, bleibt zweifelhaft.
Aus dem Darmkanale in das Blut gehen bei Kanineben, Hunden und Fröschen
lachtungsgemäss folgende feste Stoffe über*): Blut- und Pigmentkörperchen (Mo-
ihott), Stärkeköi-perchen (Herbst, Oester len, Don der s), Quecksilberktigel-
■ i (Oester len), Kohlenffittern und Schwefelblumen (Oesterlen, Dondws,
Meyer, Eberhard). Moleschott, der den Mechanismus des Ueberh'ittes am
nesten verfolgt hat, fand in den Epithelialzellen des Säugethierdarms Pigmentmo-
le und in denen des Froschdarms Scheiben des Säugethierbluts. Aber nicht jedes-
, wenn die genannten Körper in dem Darmkanal vorkommen , gehen sie auch in
Chylus über ; im Gegentheil , es ereignet sich sogar dieser Uebergang äusserst
lU'U. Der Grund, warum die genannten Körperchen, namentlich wenn sie noch
' luer als die aufnahmsfähigen Fetttröpfchen sind, nicht durchdringen, bleibt unbe-
t. Vielleicht ist ihre Oberfläche nicht biegsam genug, sodass ein besonders weicher,
iit durchbrechbai'er Verschluss, die Epithelialbasen decken muss, wenn sie Durch-
- gewähren sollen. — Grocq, welcher sehr verschiedenartige feste Körperchen
liich die Darmiwand dringen sah, behauptet, dass sie nur die von Epithelien ent-
sten Stellen durchzusetzen vermöchten.
3. Zusaimnensetzung des Chylus. Die Flüssigkeit, welche aus
ein Darme in die Chylusanfänge eindringt, muss in ihrer chemi-
•hen Anordnung verschieden ausfallen mit der Zusammensetzung
CS flüssigen Darminhaltes und des Blutes und mit dem relativen
'el)ergewichte der Kräfte, welche die Anfänge der Chylusgefässe
illen. Die einmal in die Glefässe eingegangene Flüssigkeit muss
eränderlich sein mit der Zahl der Drüsen, die sie durchströmt hat ;
er Inhalt des ductus thoracicus endlich wird variiren mit der Zu-
ammensetzung der einzelnen Chylus- und Lympharten, aus deren
ermischung er entsteht, und der relativen Menge, mit der sich
jdcr einzelne an der Bildung des Gesammtinhaltes betheiligt.
Die Beziehung zwischen dem Darminhalte und dem primitiven
Chylus ist einmal dadurch gegeben, dass alle im ersteren aufgelös-
*) Henlo's und Pfeufor's Zeitsohria. N. P. 1. Bd. 409. — Wiener medizinische Woclien-
khrift. 1864. 30. Dezember. — Moleschott's Untersuoliiingcn zur Naturleliro. II. 102. u. IIS». —
''Itticii, Arcliiv fiir patholog. Auatoniie. XI. — Crocq, De la pciiKStration dos particulcs soli-
1B8- etc. M^molres conronnds par l'acndcJmio do Bolgiqne. IX. 1859.
42*
660
Zusammcnsotzung des Chylus.
ten Stoffe zugleich mit den Fetten, entsprechend dem Bau d
Wände, welche die Anfänge der Chylusröhren umkleiden, in (i
letzteren eintreten. Demnächst greift der Darmiuhalt dadurch i,
stimmend in die Zusammensetzung des primitiven Chylus ein, da
durch die Gegenwart einzelner seiner Bestandtheile (Säure, Galle eli
das Eindringen anderer (Fette, Eiweiss) möglich gemacht wird.
Die Zusammensetzung des Blutes kommt für die des primitiv ^
Chylus in Beti-acht, einmal, weil der letztere schon innerhalb d
Schleimhaut in diffusive Beziehung zum ersteren tritt, und ausserdf-
weil mit dem Blute nothwendigerweise auch der Danninhalt selbs
veränderlich sein muss, insofern die chemische Anordnung un(
die Menge der Drtisensäfte davon abhängen, und insofern hier
durch der Grad der Umwandlung bestimmt wird, welche dei
Darminhalt vor seinem Eintritte in die Chylusgefässe in Folge dei
zwischen ihm und dem Blute bestehenden Diffusion erleidet. —
Mit dem relativen Werthe der Kräfte,' der Diffusion und Fil
tration, welche die Chylusanfänge füllen, wechselt die Zusam
mensetzung ihres Inhaltes, weil die eine von ihnen (Filtration
gleichmässig alle in den Flüssigkeiten des Darmes aufgelöstei
Stoffe überfüllt, während die Diffusion den einen Bestandthed
langsamer als den anderen und das Fptt gar nicht in Bewegung
setzt. Nun kann es aber gar keiner Frage unterworfen sein , dasf
die beiden Prozesse nicht überall und nicht zu allen Zeiten in den
selben Verhältnisse ihrer Intensität stehen, da mit der Contraktioi
der Darmmuskeln und der Spannung der Blutgefässcapillaren di(
Filtration, und mit der Zusammensetzung des Darminhaltes, iusbeji;
sondere mit seinem Gehalte an Labsaft, Galle, Bauchspeichel, im
Diffusion veränderlichen Werthes wird. — Der Chylus, welcher ai
der Darmschleimhaut in die Chylusgefässe eingeht, erleidet au. i
seinem Wege bis zum ductus thoracicus Veränderungen in deiit
Drüsen, theils durch die Berührung mit dem Blute und theils durclii
die in den Drüsen selbst vorgehenden ¥msetzungen ; also wird mii |
der Geschwindigkeit seines Stromes mit der Zahl und dem Umfang^ je-
der eingelegten Drüsen die Grösse der Umwandelung Hand in Hanii
gehen. — In den ductus thoracicus münden ausser den Chylusjli
gefässen die Lymphgefässe der unteren Exti-emitäten , der Bauch-j|t
und Brustwandungen, des Beckens, der Milz, der Leber, des Paii-M,>
creas, des Peritonäums, der Brusteingeweide u. s. w. Abgesehe»!
davon, dass es schon unwahrscheinlich ist, eine Gleichartigkeit iuRj-
der Zusammensetzung der verschiedenen Lympbarteu anzuuehmenÄj
Veränderlichkeit desselben mit der Nahrung.
661
ssteht aber sicher ein Unterschied zwischen Lymphe und Chyliis;
t dem Uebergewicht der einen oder anderen Flüssigkeit muss
(jo jedenfalls der Inhalt des ductus thoracicus seiner Zusammen-
mmg nach veränderlich sein.
Ans diesen Angaben erhellt die unendliche Variation, welche
Ui zu verschiedenen Zeiten an demselben Orte und zu derselben
iit an verschieden gelegenen Chylusgefässen ereignen kann; die
eorie verhält sich den Einzelheiten gegenliber noch stumm, und
Erfahrung ist sehr beschränkt, da ihr, abgesehen von allen
.leren Mängeln, nicht einmal die Kenntniss des primitiven Chylus
■3 der Schleimhaut zu Gebote steht. — Das Wenige, was die Be-
lichtung erworben, ist Folgendes.
Der Chylus kann, wie Blut und Lymphe, in einen flüssigen
i!d aufgeschwenmiten Theil geschieden werden; der letztere besteht
mer Gestalt nach bald aus aufgeschwemmten Fettpartikelchen,
ii aus diesen und Zellen sehr verschiedener Art, die zum grossen
teile den Charakter der Körnchenzellen an sich tragen, und end-
a aus Butkörperchen. ■ — Die chemischen Bestandtheile des Chy-
welche bis dahin aufgefunden werden konnten, sind Fasertoff,
ännbares Eiweiss, ein durch starke Essigsäure fällbarer Eiweiss-
ff, Fette, Zucker, Harnstoff, Verbindungen von Kali, Natron und
Llk mit organischen Säuren und mit Kohlen-, Salz- und Phosphor-
iire. Demach fehlen dem Chylus von den im gelösten Darmin-
ite nachweisbaren Stoffen: Leimarten, gallensaure und schwefel-
ure Salze, während er vor ihm Faserstoff und gerinnbares Eiweiss
raus hat, zwei Körper, von denen der erstere immer, der zweite
migstens häufig dem Chymus fehlen.
a. Einfluss der Nahrung*). Die blossgelegten Chylusgefässe
lügernder Thiere sieht man von einer durchsichtigen ^Flüssigkeit
iüUt; die Durchsichtigkeit des Inhaltes bezeugt den Mangel an
I -geschwemmten Fetten; eine Analyse dieser Flüssigkeit liegt noch
;ht vor. — Wiederholt ist dagegen der ductus thoracicus bei
!nschen (L 'H öritier), Hunden (Chevreul), Pferden (Gmelin),
15 vor dem Tode gehungert hatten, untersucht worden. Eine Ver-
•iichung dieser Resultate mit der Lymphe, die aus den unteren
itremitäten gewonnen und analysirt wurde, würde, auch ohne
SS8 man den Gewichtsantheil kennte, den jede der beiden Flüs-
tkeiten an dem Inhalte des ductus thoracicus nimmt, zu mancherlei
••) Simon, Med. Chemie. H. Bd. p. 244. — Nasse, llandwürterbuch d. Physiologie. I. Bd.
'lU8. n. Bd, Lymphe. — Colin, Trait^ de pliysiologio oompardo 1850. H. u. f.
662
Chylus huiigorndov und gofüttortor Thiere.
werthvollen JBetraclituiigeii führen, wenn es nur feststünde, dass u
Lymphe des Beckens und der Unterleibsdrüsen übereinstininK
mit der der unteren Extremitäten zusammengesetzt wäre, und wem, ^
die Lymphe und der Inhalt des ductus thoracicus gleichzeitig \>.-
demselben Individuum gewonnen worden Aväre.
Dieses ist nicht der Pall , darum gewinnen die aus den nachstehenden Zul
abzuleitenden Schlüsse eine zweifelhafte Gültigkeit. u
Wnssor.
Gelöste Ei-
weissstoffe u.
Körnorclion.
FasorstofT.
Ex-
trakte.
Fett.
Beobachttr. 1
Reine Lymphe
Mensch
93,73
4,28
0,06
1,28
0,65
GiibU-r. 1
Inhalt d. ductus
thoracicus
)>
92,43
6,00
0,32
J
0,50
L'Hcrüier. 1
Wfisser.-
Eiweiss.
trockener
Kuclien.
Ex-
tralcte.
Fett.
Roinc Lymphe
Pferd
96,34
2,11
0,19
• 1,06
Spuren
Inhalt d. ductus
• Gmelin.
thoracicus
93,79
4,07
1,06
1,13
wenig
Der Verlust in der Lymphanalyse des Pferdes betrug 0,2 pCt. — Soweit diejj
unvollkommene Untersuchung zu schlicsson erlaubt , enthielten die Lymphe und dm
Inhalt des ductus thoracicus , also auch der aus dem Darrae kommende Antheil des-
selben, gleiche Bcstandtheile. Diese Folgerung scheint um so gerechtfertigter , als die
in den Chylusgcfiisscn der hungernden Thiere strömende Flüssigkeit ebenfalls entweder
direkt oder indirekt (vermittelst der Darmsäfte) aus dem Blube stammt, Betrachtungen,
die man über die quantitativen Unterschiede anstellen wollte, würden zu nichts iführcn.
Die Nachrichten, die uns von dem Chylus gefütterter Thiere
zu Theil geworden, sind ebenfalls meist gewonnen durch die Unter-
suchung des ductus thoracicus. Diese Thats.ichen haben Werth,
indem sie die Natur der Säfte feststellen, welche während der Ver-
dauung in das Blut kommen; eine selbst beschränkt deutliche Vor-
stellung über das Verhältniss von der Zusammensetzung des Chy-
lus und der Speisen geben sie nicht, weil den betreflenden Ana-|
lysen nur unvollkommene Angaben tilber die Zusammensetzung der«
letzteren selbst beigegeben sind. Bei Anstellung ähnlicher Beob- 1|
achtungen dürfte es am vortheilhaftesten sein, die Zusammensetzung I
des Speisebreies, aus welchen der Chylus seinen Ursprung nahm,
zu ermitteln.
Der Inhalt des ductus thoracicus enthält nach den vorliegenden
Beobachtungen jedesmal Eiweiss, Faserstoif, Extrakte, salzsaui'e
und phosphorsaure Alkalien und phosphorsaure Erden; nach uiehl-
und zuckerreicher Nahrung kommt dazu in einzelnen Fällen auch
Veränderung des Chylus mit dorn Blut und dem Fortschreiten. 663
ker und nach fetthaltigen Speisen (Fleisch, Milch ii. s. w.) reich-
(bis zu 3 pCt.) aufgeschwemmtes Fett. Rlicksichtlich aller
brigen Eigenschaften bietet sich keine feste Beziehung zu der
ahrung, indem man bald nach Fleisch- und bald nach Pflanzen-
ost das Blutroth, den Faserstoff, das Eiweiss vermehrt oder ver-
indert fand.
b. Die Beziehungen zwischen der Zusammensetzung von Blut
lad Chylus sind durch den Versuch in beschränkter Weise aufge-
llt; Fenwick*) giebt an, dass Blutlaugensalz, in die Venen ein-
3spriitzt, im Inhalte des ductus thoracicus wiedergefunden wird.
c. Der Chylus soll auf seinem Wege vom Darme bis zu dem
iictiis thoracicus einige Veränderungen erfahren, welche man vor-
igsweise dem Einflüsse der Drüsen zuschreibt. Vor dem Eintritte
dieselben soll der Chylus, insofern er aus einem fetthaltigen
Uiymus stammt, viel mehr feine Tröpfchen aufgeschwemmten Fettes
iithalten, als nachdem er durch die Drüsen gewandert ist. Für
ucse Annahme spricht nicht gerade der Augenschein, welcher lehrt,
lass die Fetttröpfchen durch eine blossgelegte Mesenterialdrtise
icht aus dem Vas aflferens in das Vas efferens übergehen. — Jen-
iits der Drüsen enthält der Chylus mehr Lymphkörperchen ; da
lun schon innerhalb der Schleimhaut des Darmes Lymphdrüsen ge-
gen sind, die Pey er 'sehen und solitären Drüsen, da man wäh-
md der Fettverdauung diese Drüsen mit Fetttröpfchen gefüllt sieht
h-ücke**), K öl Ii ker), mithin der Chylus schon diese Drüsen
irchsetzt, so -wird auch der auf der Aussenfläche der Schleimhaut
irlaufende Chylus schon Körperchen führen, welche sich aber von
mise zu Drüse bedeutend vermehren (Kölliker) ***).
Setir auffallende Veränderungen zeigte der Chylus des Pferdes Tor und nach den
•üsen bei einer chemischen Zerlegung von Gmelin. Die folgenden drei Analysen
id am Chylus desselben Thieres angestellt.
Wasser. Trocknes Cong. Albumin. Fett. Extrakte u.
Salze.
Ductus thoracicus 96,79 0,19 1,93 wenig 1,01
;flinter der Mesenterialdrüse 94,86 0,31 2,43 1,23 0,96
Vor der „ 87,10 wenig 3,58 """dfiS ^ ' '
Daraus hat man geschlossen, dass der Faserstoff erst jenseits der Drüsen auftrete.
■)lin giebt dagegen an, dass derselbe auch niemals vor den Drüsen fohle. Die ge-
'agere Menge vom Coagulum, welche Gmelin in dem Chylus vor den Drüsen findet,
zieht sich also wohl auf den Mindergehalt an Körperchen, der im Coagulum einge-
») Valentin, Jahresbericht für 1845. p. 175.
»•) Wiener Sitzungsberichte. XV. Bd. 267.
•»*) Zeitschrift nir wissensclmftliche Zoologie. VII. Bd. 182.
gg^ Das täglicho Volum des Chylus.
schlosson ist. Begroillicli beweisen aber solche Analysen für die Drüsenwirkunj:.
überhaupt nichts, so lange man nicht dargcthan hat, dass der 'jenseits der Drüse fli,
sende Saft vor dieser diosclbo Zusammensetzung besass , als der, welchen man bchuf«
der vergleichenden Analyse aus den Gefiissen vor den Drüsen genommen hat.
4. Das Volum der Flüssigkeit, welclies durch die Chylusgefässe
strömt, resp. der Antheil derselben, welcher aus dem Chymus seinen
Ursprung nimmt, wird mit der reichlichen Anwesenheit von Fetten
und gelösten Eiweissstoffen im Darmkanale und mit der Mächtig-
keit der einsaugenden Kräfte sich offenbar mehren; in welchem
Maasse dieses geschieht, ist unbekannt.
Wiederholt ist der Versuch gemacht worden, die mittlere Menge vom Chylus zu
bestimmen , welche bei erwachsenen Menschen binnen 24 Stunden durch die Gänge
strömt. Vierordt*) ging hierbei von der Voraussetzung aus, dass alles verdaute
und aufgesogene Eiweiss durch die Chylusgefässe aufgenommen würde, und dass der
ganze Eiweissgehalt des Chylus nur aus dieser Quelle stamme. Die Richtigkeit dieser
Annahme vorausgesetzt, würde man , wenn der Chylus des Pferdes und des Menschen
ungefähr gleiche Zusammensetzung besässe , aus dem bekannten Gehalte der Nahrung
an Eiweiss mindestens die Grenzen ermitteln können, in denen sich die tägliche Chy-
lusmonge bewegen würde. Die der Kcchnung zu Grunde gelegten Annahmen sind aber
wenigstens insofern unhaltbar, als nicht alle Eiweisskörper des Chylus aus der be-
zeichneten Quelle stammen, da auch während der Zeiten, in denen der Darmkanal leer
ist, der Inhalt der Chylusgefässe Eiwcissstoffe führt. — Eine ähnliche Betrachtung
stellte Lehmann an, bei der er das aus der Nahrung aufgenommene Fett zu Grunde
legte. Da sie ihr Urheber selbst zurückgezogen , so enthält man sich , wie billig , der
weiteren Besprechung derselben.
Bei Pferden und Bindern legte Colin Fisteln des ductus thoracicus am Halse at,
durch welche der Ausfluss Stunden und Tage lang beobachtet werden konnte. Beim
Pferde betrug die stündliche Ausflussmenge zwischen 700 bis 1200 Gr.; bei Stieren
und Kühen zwischen 90O und 59Ü0 Gr. in der Stunde, vorausgesetzt, dass die Beob-
achtung nicht allzulange fortgesetzt wurde. Einige Zeit nach dem Fressen und Saufen
mehrte sich die Ausflussgeschwindigkeit meist, aber nicht immer. — Ein Stier von
1 85 Kilo Gewicht , dessen Fistel bis zum vierten Tag offen blieb , gab am ersten Tag
zwischen 770 und 530 Gr. stündlich; am zweiten Tag zwischen 540 und 440 Gr.;
am dritten Tag zwischen 630 und 240 Gr. und am vierten Tag stündlich 315 Gr.
Die Entkräftung des Thieres steigerte sich von Tag zu Tag.
5. Die Kräfte, welche den Strom des Chylus einleiten und
unterhalten, werden zu suchen sein in den Zusammenziehungen der
Schkimhautmuskeln, den peristaltischen Bewegungen der groben
Darmmusculatur und der Elastizität der Gefässwandung.
B. Aufsaugung durch die Blutgefässe.
1. Der Ditfusionsstrom , welcher zwischen dem flüssigen An-
theile des Speisebreies und dem Blute in den Darm Wandungen
*) jVroliiv fUr pliysiolog. lloilkundo. VII. Bd. 281.
Aufsaugung durch dio Damblutgofässe.
665
esteht, ftihrt den allgemein feststehenden Regeln entsprechend,
iicht alle, sondern nur gewisse Bestandtheile der aneinander gren-
3nden P'lüssigkeiten ineinander über. Soviel wir wissen, bethei-
^en sich an dem Austausche: Zucker, pflanzen-, gallen-, fett-,
■;hwefel-, phosphor-, salz- und kohlensaure Alkalien, Farbstoffe,
iiweiss, Faserstotf (?), Wasser. Ausgeschlossen sind dagegen die
lette. — In der Richtung vom Darme zum Blute gehen Zucker,
:4irbstolfe, die Salze mit organischen Säuren, Wasser und wahi--
iheinlich auch die schwefelsauren Alkalien. Diese Behauptung
;,ützt sich auf verschiedene Gründe. Zuerst ist der Uebergang
e3S Zuckers und eines Theils der erwähnten Salze in das Blut da-
luirch erwiesen, dass man sie, wähi-end sie allmählich aus dem
;armkanale verschwanden, geradezu im Blute wieder aufgefunden
\\t. Die Farbstolfe hat man in den aus dem Blute kommenden
iiäften, z. B. dem Hanie aufgefunden, ohne dass es immer gelun-
«n wäre, ihnen in dem Chylus zu begegnen, oder man hat sie
och im Harne angetroffen, nachdem man die Chylusgefässe zer-
:örte, welche aus einem abgegrenzten, mit den bezeichneten Stof-
m gefüllten Darmstücke hervorgehen. Endlich verlangt die Theo-
ce das Zugeständniss, dass ein Theil der schwefelsauren Salze
f3s Danninhaltes in das Blut einströmt, weil jene für gewöhnlich
L3m Blute fehlen oder, wenn sie vorhanden, sogleich durch den
:am wieder ausgeschieden werden. — Eine ähnliche Bewandniss
luss es aber mit dem Wasser haben, da das Blut meist mehr feste
testandtheile aufgelöst enthält, als der flüssige Speisebrei. — Vom
Hute zum Darme muss gerinnbares Eiweiss gehen, weil der Chy-
:us weniger davon aufgelöst enthält, als das Blut; diese Voraus-
i.ge wird bestätigt durch die Erfahrung, dass Eiweiss in das
'""asser austi'itt, welches in eine abgeschnürte und in die Unter-
iibshöhle zurückgebrachte Dünn darmschlinge eingesprützt wurde
kln app).
Insofern das Blut und der Cliynius ihre Bestandtheile nur durch Diffusion aus-
taschcn können, muss man es für unmöglich halten, dass die Fette aus dem Darm-
anale in das Blutgefässwork eindringen können. Nichts destoweniger sind Bruch*)
■ ;d Lehmann**) dieser Meinung. Der letztere gründet dieselbe auf den grösseren
-ttgehalt des Pfortadcrblutes , der ihm anderen Venen gegenüber zukommt. Die Un-
ttastharkeit der Thatsachc vorausgesetzt, beweist sie noch nicht, dass das Fett noth-
mdig aus dem Dannkanale stammen müsse. — Bruch beruft sich auf ein beson-
■res Ansehen der Capillargefässe in der Dünndarmschloimhaut , welches auch Vir-
") Zeitschrift flir wlssenschaftllclic Zoologie. IV. 285.
Pliyislolog. Clicmic. III. Bd. 327.
66ß
Aufnahmsfähigkeit oinzelnor Nährstoffe.
chow, Brücke*), Zenker, Tunke u. A. angetroffen haben; sie sind näinlich|j|
zuweilen mit einer weisslichen, dem Fette sehr ähnlich aussehenden Materie ganz odeil
tlieilwoisc angefüllt. .Brücke hat aber durch chemische Reaktionen gezeigt, dass derfl
woissliche Inhalt keinenfalls zu den Fetten gestellt werden kann, und Virchow")!
darauf hingewiesen, dass er zum Theii wenigstens aus Lcuein bestehe. ||
Auf die Diffusionen im Darmkanale sind die schon früher (p. 563)
hervorgehobenen Bemerkungen anwendbar. Dagegen würde es ein
grosses Missverständniss verrathen, wenn man auf die Strömung
im Darme ohne Weiteres die Zahlen der Difi"usionsgeschwindigkeit
und des endosmotischen Aequivalentes in Anwendung bringen wollte,
welche unter ganz anderen Bedingungen von Graham, Jolly,
C. Ludwig, A. Fick, Cloetta u. s. w. aufgefunden wurden.
C. Ueber die Aufnahme durch Blut- und Chylus-
gefässe zugleich.
Das praktische Bedürfniss verlangt endlich noch Aufschluss,
wie sich die Aufsaugung der einzelnen Nahruugsstoffe gestalte^
gleichgültig, ob sie durch das Blut- oder Chylussystem geschehen
ist. Diese Frage kann, mehrfach variirt, von der Erfahrung ge-
löst werden, wie es in der That für einzelne Stoffe annähernd ge-
schehen oder wenigstens versucht ist. |
1. Wenn man fragt, wieviel der gesammte Darmkanal vonl
jedem einfachen Nahruugsstofi"***) während einps langen Zeitrau-
mes, z. B. während 24 Stunden aufnehmen kann, so leuchtet auch
sogleich ein, dass für jeden Nahrungsstoff eine solche Grenze
bestehen müsse, dass diese aber von Mensch zu Mensch und von
Zeit zu Zeit wechselnd sein müsse. Hier scheint es nicht mehr
nöthig, darauf hinzuweisen, dass mit der Bewegung des Blutsti-oms
und der Darmmuskeln, der ausschliesslichen oder der mit anderen
Stoffen verbundenen Anwesenheit der Nahrung u. s. w. sich jene i
Grenze mächtig ändern muss. Folgendes, welches meist aus den
Thatsachen der täglichen Erfahrung abgeleitet ist, gilt darum
auch nur für sie , d. h., wenn man etwa täghch 1 mal Koth ent >
leert und nach Bedürfniss eine gemischte Nahrung geniesst.
») Wiener Sitzungsberichte. Xn. 682.
*») Arcliiv für patliolog. Anatomie. VIII. 355.
*»*) B iioliheim, Arcliiv für pliysiologisclie Hcillcuncle. XIII. 93. — F. Hoppe, Arcliiv für
pntholog. Anatomie. X. 144. — 0. Funke, ibidom. Xm. 449. — Berthd, Compt. rend. Bd. 42.
901. — Osw. Naumann, Oleum jecor. Asclli ad membra animalia multo niajorum affinit.it«''
habere quam alla pinguia. Leipzig 1858 — Kaupp, Aj-chiv fiir physiologische Heilkunde. 1885.
385. — Sick, ibidem 1857. 482. — Derselbe, Ueber die Abhiingigkeit der SO3 des Urins etc.
Tübingen 1869. — Boussingault, Annalcs des chimie et pliysiqne 3me Serie. XVIH. 4ia,(l846). 1
— J. Lehmann, Liebigs Annalen. 108. 357. — Bischoff und Voit, Die Ernälu-nng I
Fleischfressers. 18G0. I
Aufgenommene Mengen von Wasser, Zucker, Eiweiss.
667
Hier ergiebt sich, dass von den- grössern zu den kleinern Wer-
een absteigend am meisten aufgenommen wird vom Wasser; es
t jedermann bekannt, dass viele Pfunde desselben leicht aufge-
ummen werden ; diese Erscheinung ist auch vollkommen erklärlich,
eenn das Wasser durchdring-t die thierischen Häute im Allgemeinen
hr rasch und leicht, imd zwar um so leichter, je weniger seiner
'ii-wandtschaft zum Blute das Gegengewicht gehalten wird durch
te im Chymus selbst aufgelösten Stoffe; darum werden verdünnte
ösungen, wie sie das gewöhnliche Trinkwasser darstellt, in ganz
ii'erraschender Menge und in verhältnissmässig kurzer Zeit aufge-
lugt, und eben darum verschwindet so rasch das Wasser des Lab-
iftes, der Clalle, des Bauchspeichels wieder aus der Darmhöhle.
HS Wasser cbnzentrirter Lösungen dagegen, besonders solcher Salze,
:'3lche wie die schwefelsauren nur schwierig die thierischen Häute
irjchwandern, verlassen langsamer die Darmhöhle, da das Wasser
ii.rch seine Verwandtschaft zum Salze zurückgehalten wird imd es
jr in dem Maasse in die Blut- (oder Chylus - ?)gefässe übergehen
li.nn, in welchem die Lösung durch Uebertreten von Salz an Con-
mti'atiou verliert (Buch he im).
Auf das Wasser folgt der Zucker; er kann täglich bis zu
iiem und mehreren Pfunden absorbirt werden, namentlich wenn
:;ht soviel auf einmal von ihm einverleibt wird, dass er Durch-
II und Erbrechen bringt, sondern in dem Maass wieder nachge-
loben wird, in welchem er sich entfernt, wie es z. B. bei der
1 lylonverdauung zu geschehen pflegt. Doch kann auch aus einer
ichlich genossenen Zuckerlösung viel aufgenommen werden; so
ud Hoppe nicht die Spur von Zucker, im Kothe des Hundes, der
lO Gr. gelösten Rohrzuckers auf einmal verschlungen hatte. Dass
rr Zucker so reichlich resorbirt werden kann, ist begreiflich, weil
;auf der ganzen Darmfläche durch Chylus und Blutgefässe zu-
»ich eingeht, und weil er aus dem Blut selbst wieder, sei es
rrch Umsetzung oder Ausscheidung verschwindet.
Von den eiweissartigen Stoffen kann täglich bis zu
4em Pfund und darüber resorbirt werden. Wie der Durchgang
ler 80 grossen Menge möglich, bleibt unklar, so lauge man an-
lamen muss, dass bei der Resorption von wässerigen Lösungen
Darmkanal wesentlich die Diffusion betheiligt ist, und so lange
i.n an der Meinung festhält, dass den Eiweissstoffen der Weg zu den
atgefässen verschlossen sei, weil der Inhalt derselben schon sehr
veissreich ist. Dem langsam diffundirenden Eiweiss ständen also
668
Täglich aufgenommenes Fett.
nur die Lympbgefässc offen. Den vorliegenden Widersprucli glaubt
man lösen zu können durch die Annahme, dass das Eiweiss des
Darminhaltes ein Pepton sei, diese besitzen aber, wie Funke zeigt,
eine viel grössere Beweglichkeit sowohl im Filtrations- wie im Dif-
fusionssti-om. Schon früher musste aber darauf aufmerksam ge-
macht werden, wie die Anwesenheit von Peptonen im DarmkanjJ
nicht bewiesen und nicht einmal wahrscheinlich sei. Möglich wäre
es, dass aber auch schon das verdaute, wenn auch noch nicht um-
gewandelte Eiweiss rascher diffundirte, als gewöhnliches und dasB
auch von diesem die Blutgef ässwand durchdrungen werden könnte, weil
es doch vielleicht eine eigenthümliche Eiweissmodifikation darstellt
Die Fettaufnahme ist eine beschränktere, was schon
der Mechanismus derselben vermuthen lässt. Aus einer Unter-
suchung, die Berthe an sich selbst anstellte, geht heiTor, dass
nicht alle Fettsorten gleich leicht aufsaugbar sind. Von Leber-
thran , ■ Butter und andern thierisehen Fetten können , wenn sie
einer gemischten Nahrung zugesetzt werden, in günstigen FälleD
täglich bis zu 50 Gr., meist aber nur etwa 30 Gr. aufgesaugt wer-
den; zu den weniger leicht aufnehmbaren gehören Mandel-, Oliven-,
Mohnöl ; von ihm werden täglich meist nur 20 Gr. und weniger re-
sorbirt. Uebersteigt die Menge des verzehrten Fettes den aufnahms-
fähigen Werth, so nimmt bei anhaltendem Fortgebrauch jener Fett-
menge der Gehalt des Kothes an Fett allmählich zu; es tritt al>n
gleichsam eine Uebersättigung der Zotten ein, vermöge deren ilu'i
Eesorptionsvermögen geschwächt wird. — Die eben angeführtenl
niedrigen Zahlen stechen bedeutend gegen bekannte Erfahrungen aD|l
nördlichöu Völkern ab. Erfahrungsgemäss geniesst der Nordländer*
unbeschadet seiner Gesundheit das vielfache von dem an Thr;
Speck, Butter, welches Berthe bewältigen konnte. |j
Als Beispiel für die Uebersättigung dienen folgende zwei Versuchsreihen ^
Berth(5. In beiden Fällen bestand die Nahrung aus Fleisch, Brod, Früchten, 'W"'
und Kaffee. — Zu ihr setzte er in der jetzt zu erwähnenden Keüie 6 Tage hindii:
40 Gr. Wallfischthran ; von diesem wurden im Mittel 31,5 Gr. resorbirt uftd 8,5 Gr
erschienen im Koth. Als er nun auf 60 Gr. Thran stieg, erhob sich der Gehalt Ar-
Kothes an Thran sogleich auf 12 Gr. (also waren 48 Gr. aufgenommen). Im Verl-
der Beobachtungszeit, die 24 Tage anhielt, wuchs und zwar erst langsam und dann rasch i
die Fettmenge des Koths auf 50 Gr., so dass jetzt nur noch 10 Gr. vom genossen '
Thran verschwanden. — Zu derselben Nahrung setzte er ein anderes Mal Butt'
Zuerst 60 Gr.; dabei enthielt der Koth in 4 Tagen je 9,3 Gr. Dann aber wuchs üii
Buttergehalt desselben allmählich auf 12,8 Gr. Als er nur 100 Gr. Butter verzehrte, li,
stieg der Gehalt des Kothes auf 29 Gr.; und wie er dann auf 60 Gr. Buttcrnahrong I
zurückging, sank zwar in den ersten Tagen der Fettgehalt des Kothes auf 19 Gr., er- I
Täglich aufgenoiumeno Salzo.
669
I ) sich dann aber allmählich wälirend 8 Tagen auf 24 Gr. täglich. In dem mir zugäng-
iden Bericht über die Versuche von Berthe ist nicht angegeben, wieviel rcsorbir-
fen Fettes schon an und für sich in der Nahrung enthalten war.
Ganz anders als der Darm von Bertha verhielt sich der eines Hundes , welchen
erhoff und Voit fütterten. Er wurde öfter Wochen lang mit 250 bis 300 Gr.
assener Butter täglich gespoisst, ohne dass im Koth mehr als etwa 5 Gr. täg-
II ausgeworfen wurden.
Unter den gewöhnlichen Salzen unserer Nahrung steht in
itziehuug auf die Aufnahmsfähigkeit obenan das Kochsalz; von
f-3seni können täglich bis zu 30 Gr. durch die Darmwand gehen
aupp). Nach ihm folgt das phosphorsaure Natron (2NaOHO
1)5), von dem günstigsten Falls etwa 12 Gr. täglich aufgenommen
'srden (Sick) und darauf endlich das NaOSOa, das bis zu 6 Gr.
:;lich resorbii't wii-d. Wenn man die Aufnahme dieser Salze stei-
rrn wollte, so würde zu beachten sein, dass dieselben in gesät-
tteren Lösungen jedenfalls die Darmoberfläche so ändern, dass
Durchgängigkeit derselben gemindert wird. Da diese Salze
';gen ihrer starken Verwandtschaft zum Wasser den Darminhalt
sssig erhalten, und dann wegen der leichten Beweglichkeit des-
Iben auch rascher entfernt werden, so ist die Möglichkeit einer
ssgiebigern Resorption auch durch Mittel herbeizuführen, welche
'i Darmbewegung mindern, z. B. durch eine Gabe von Opium
iuchheim).
Für Gummi scheint die Darmwand undurchdringlich zu sein
loussingault).
Die phosphorsauren Erden könnten im Magen , wo sie von der Säure gelöst sind,
ilas Blut und den Chylus eindringen, wenn sie nicht an den Grenzen jener alkalisch
;;irenden Flüssigkeiten niedergeschlagen würden; man sollte darum denken, dass sie
zugleich mit den ciweissartigen StoiFen , denen sie sich verbunden haben, aufsaug-
wären. Ist dieses der Fall, so müssen sich solche Verbindungen im Darmkanal er-
rjen lassen, da nach J. Lehmann das dem Futter eines Kalbes beigemengte
ver aus phosphorsaurem Kalk und Magnesia reichlich aufgenommen wird.
2. Die absoluten Mengen einfacher Nahrungsstoffe, welche von
r Flächeneinheit der Magen, Dünn- und Dickdarmwand in
* Zeiteinheit aufgesogen werden können, sind bis dahin nur
Eiweiss und Zucker in dem Dünndarme des Kaninchens auf
iranlasrung Lehmann's durch Kaupp und Becker unter-
;feht worden. Wie vorauszusehen, sind diese Werthe sehr verän-
■Hich gefunden worden. In vier Stunden nahm der Quadratcen-
■leter aus einer 9 pCt. Eiweisshisung 0,001 bis 0,002 Gr. Eiweiss
'\ während ans einer 4,5 pCt. haltenden Lösung nur höchstens
"05 Gr. übergingen. Diese Versuche lassen schliessen, dass die
l
670
Aufnalimo bozogoii auf dio Mächenoinlieit.
aufgesaugte Menge mit der Conzentration die Lösung anwächst. Die
Beobachtungen, welche Beclcer mit Zucker anstellte, geben durchaus
andere Kesultatc. In 4 Stunden wurden von der oben genannten
Flächeneinheit aufgesaugt aus einer l,2prozentigen Lösung 0,003 Gr.,
aus einer 9prozentigen 0,005 bis 0,007 Gr., aus einer 5,8 und 3pro-
zentigen 0,003 Gr. Als er den Versuch so abänderte, dass er eine
lOprozentige Lösung 1, 2, 3, 4 Stunden in dem Darme verweilen
liess, gingen in der ersten Stunde, wo die mittlere Conzentration
am höchsten war, 0,003 Gr. über, in der zweiten und dritten Stunde
0,007 und in der vierten Stunde 0,008. Daraus erfolgt deutlich,
dass in diesen Beobachtungen die Dichtigkeit der Lösung und die
Uebergangsgeschwindigkeit in keiner einfachen Beziehung zu ein-
ander stehen; in der That kann diese Beziehung durch die unge-
meine Complikation der Bedingungen verdeckt gewesen sein.
In den vorstehenden Versuchen wurde eine Darmschlinge des Kaninchens heraus-
gezogen und abgebunden, mit einer gewogenen Menge Zucker- oder Eiweisslösung voi
bekannter Zusammensetzung gefüllt, dann in dio Unterleib shölile zurückgebracht, nacl
Verfluas der bestimmten Zeit von ihrem Inhalte befreit und in diesem die Menge dei
Eiweisses oder Zuckers gemessen. Jedenfalls wäre es wUnschenswerth , die Lösung»
dichtigkeit auch zu Ende dos Versuches zu kennen. — In dio von Becker geliefert
Beurtheilung seiner Versuchsrcsultate haben sich einige leicht zu verbessernde Yersehai
eingeschlichen, sodass das von ihm in Worten ausgedrückte Endergebniss der Versuchs
reihen nicht annehmbar erscheint. II
3. Zu den Bedingungen, welche den Umfang der AufsaugunJ
der Speisen bestimmen, gehört die Aufenthaltsdauer des ChymuJ
im Darmkanale; diese ist aber gegeben einmal durch die Bowel
gung des Darmkauales, und dann durch den Widerstand, welchenj
die Klebrigkeit des Breies der Fortschaffung entgegensetzt. Somi
würde also die Zeit sehr bedeutend abgekürzt, wenn der Speise
brei recht flüssig und beweglich wäre. Dieses würde aber eintre
ten, wenn der Darmkanal gleichzeitig viel lösliche Stoffe enthielte
die eine mächtige Anziehung zum Wasser zeigten. In dem nor
malen Verlaufe der Dinge musste darum dieser Uebelstand verraie
den werden, was in der That dadurch geschehen ist, dass wir dei
Zucker nicht als solchen, sondern als Amylon, das Eiweiss uichl
flüssig, sondern geronnen geniessen, und noch mehr dadurch, das»
die erwähnten Speisen so ganz allmählich in die lösliche Modifil
kation übergeführt werden, und dass eine jede gelöste Menge dnrcl«
die Verdauungssäfte aus dem noch ungelösten Antheile in entfernt« I
Darmpartieen weggespült wird. t
Abrechnung des thieriscben Haushaltes.
671
\V. Vergleich ung des Verlustes und Gewimies an
wägbaren Stoffen.
Ein Rückblick auf die Ernährungserscheinungen des Tbier-
Ihes legt es uns nabe, die einzelnen Organe und also aucb die
ummen derselben zu vergleicben mit einem Wassersammler, der
teicbzeitig einen Zu- und einen Abfluss erfäbi't. In der Tbat dringt
iircb die Lunge und den Darmkanal ein Strom von Atomen in
m Organismus und durch Lunge, Haut, Nieren und After wieder
ids, sodass je nach dem Verbältnisse, in welchem der Umfang und
ce Geschwindigkeit beider Strömungen zu einander stehen, das
ittlere tägliche Gewicht des Thierleibes entweder sich annähernd
\ verändert erhält oder in einer Ab- oder auch in einer Zunahme
ggiiffen sein kann. Bei einer etwas tiefer eingehenden Betrach-
mg der Ernährungserscheinungen zeigen sich aber sogleich man-
.'^ache Abweichungen von den Ergebnissen eines gewöhnlichen
rromes, von denen eine schon dadurch zur Andeutung kam, dass
rr Begriif des mittleren täglichen Körpergewichtes aufgestellt wer-
m musste. Dieser Ausdruck weist darauf hin, dass die Summe
iigbarer Atome, welche der Thierleib im Laufe eines Tags um-
uliesst, auf und abschwankt; dieses muss aber geschehen, weil
11 Theil der Einnahmen wie der Ausgaben nicht ununterbrochen,
mdern periodisch geschieht, während ein anderer Theil zwar un-
iterbrochen, aber mit auf und niederschwankender Geschwindig-
lit ein - und ausgeht.
Der wichtigere Unterschied zwischen dem oben gewählten
(de und Sti-ome von Atomen durch den thierischen Körper liegt
eer darin, dass die in den Thierleib gefühi-ten Massen nicht durch
• Auftreten die in ihm vorhandenen verdrängen und hinausschie-
nn, sondern dass sich die austretenden Atome in vielfachen Punk-
II unabhängig von der Zufuhr aus ihren bisherigen Verbindungen
blösen. Dieses wird sogleich einleuchtend, wenn man die That-
sehenreihe in das Auge fasst, welche als Verhungern bezeichnet
rrd, gleichgültig ob dieses geschieht in Folge einer allgemeinen
»r einer partiellen Entziehung von Nahrungsmitteln.
672
Vorlust beim Gesammthungor.
Uebersicht der Verluste beim VerbuDgera.
Gesaramtbunge r. Wird einem Tbiere, das bis dahin zui
Gentige gefüttert wurde, nur uocb die SauerstofFnabrung gewäbil^
wäbrend ibm jeglicbe feste und flüssige Nabrung entzogen wird,
so nimmt sein Gewicbt mebr oder weniger rascb ab. Hat diese
Abnahme einen gewissen Werth erreiebt, so tritt der Tod des
Tbieres ein.
Daraus gebt hervor, dass jedes wobl ernährte Thier einen Vor
rath an festen und flüssigen Stoffen birgt, auf dessen Kosten ö
leben kann. Es wird sieb mm fragen, wie gross ist derselbe
welche chemische Zusammensetzung besitzt er und in welchen Ge
weben war er aufgehäuft, wie rascb braucht er sich auf und durcl
welche Ausscbeidungswerkzeuge verlässt er den tbieriscben Körper
Das GesammtgewicM des Vorraths wird gefunden aus dem Unterschied der Ge'
Wichte , den das Thier beim Eintritt in die Hungerzoit und beim Verenden zeigt. —
Die chemische Zusammensetzung ergicbt sich, wenn man die Gesammt- Menge von 0
die das hungernde Thier einathmeto , und die Menge von C,H,N,0,S,Cl,P5 0ä, KO,NaO;
CaO, die es ausgab, bestimmte; aus diesen Daten lässt sich mit Zuhülfenahme der bf
kannten Zusammensetzung des Eiweisses , der Fette , des Zuckers u. s. w. wcnigstoÄ
annähonid berechnen, aus welchen complizirten Vorbindungen jene Ausscheidungspr«
dukte hervorgingen. In Anbetracht der Schwierigkeit, alle diese Zahlen gewinnen zu
können, hat man gewöhnlich nur einzelne der aufgezählton Atome, z. B. den ausge4
schiedenen N, die Salze u. s. w. bestimmt. Vorausgesetzt, dass aller N, der aus-
schieden , auch wirklich gewogen wurde , kann man wenigstens annähernd (indem
die Leimgowebe der Gewebe als unveränderlich ansieht) die Mengen des verbraucl
Eiweisses berechnen. — Um den Verlust, den die einzelnen Gewebe und Organe v
i'end des Ilungerns erlitten, ausfindig zu machen, zerlegt man das verhungerte T;-
und wägt seine anatomischeü Bostandtheilo. Diese Gewichte vergleicht man mit äeäfjM
welche die entsprechenden Organe eines Thieres besitzen, das nach Gewicht und i^H
perbau möglichst dem verhungerten gleicht zu der Zeit, als mit dem letzteren der .^H
such begonnen ward. — Um einen andern allgemeinem Ausgangspunkt für den '^H
gleich zu erhalten, bestimmte C. Schmidt in einem nornv^ien Thier das Gewi^H
verhältniss aller einzelnen Organe oder Organgruppen zu den Knochen. Ki^^J
man an, dass in jedem andern gleichbeschaffencn Thier die Organe in demselben
wichtsvorhältniss zu einander stehen und ferner, dass durch den Hunger die Eno^H
nicht abmageren, so genügt jetzt die Wägung der Organe des verhungerton Thieres,^H
ihren Gewichtsverlust festzustellen. Wir wissen nicht einmal annähernd, wie gross^H
Pohler dieser Bestimmung ist. — Um die Geschwindigkeit des Verbrauchs, respef^
die Aenderungen dieser Geschwindigkeit zu finden, muss das verhungernde Thier '
Zeit zu Zeit (von Tag zu Tag, Stunde zu Stunde u. s. w.) gewogen werden. — B>^"
rücksichtigt man bei diesen Wägungon die Menge des ausgeschiedenen Harns uiuliF
Koths, so ergicbt sich aus der Differenz der Gewichte der letzton Stoffe und dem Vor-|^
lust an Körpermasse die Menge der Verbindungen, welche durch die Perspirat!
abgingen.
Proportionaler Tagesverlust beim Verhungern.
673
Da sich der absolute Werth und die Zusammensetzung des
^wendbaren Vorraths, ebenso wie die Geschwindigkeit seines
■'brauchs mit der der Gattung, dem Fütterungs/Aistand, dem
;,rmeverbrauch , der Muskelanstrengung, dem Alter des Thieres
H. w. ändern, SO mussman, um allgemeine Resultate zu erzielen,
Verhungern unter diesen verschiedenen Verhältnissen vor sich
ten lassen.
Um endlich die Versuche mit einander vergleichbar zu machen,
iis man den gesammten, den täglichen oder stündlichen Verlust
die Gewichtseinheit des Gesammtthieres oder seiner einzelnen
rane zurückführen. (Proportionaler Verlust).
1. Die Grösse des proportionalen Tagesverlustes ist verän-
lich mit dem Zustand, den das Individuuni darbot, als es zu
^ern anfing. Diese Erfahrung begründet sich leicht, wenn man
iiägt, dass der beobachtete proportionale Tagesverlust des Ge-
imtkörpers das Mittel ist aus den Gewichtsabnahmen der ein-
igen ihn aufbauenden Gewebe und Säfte. Diese aber sind von sehr
lleicher Zersetzbarkeit , indem sich der Inhalt der Muskel- und
wenröhren, der Leberzellen u. s. w. sehr viel rascher umsetzt, als
^Knochen, die elastische Substanz, das Sehnengewebe. Je nachdem
ein dem Versuch unterworfenes Thier relativ mehr Knochen
Bindegewebe oder mehr Muskel und Fett enthält, wird auch
proportionale Tagesverlust grösser oder geringer sein.
Was für verschiedene Thiere in gleichen Terminen der Hunger-
ode gilt, ist nun auch anwendbar auf ein und dasselbe Thier
lerschiedenen Abschnitten der Hungerzeit, da mit derselben seine
ummensetzung wesentHch umgestaltet wird. Namentlich muss
ider wachsenden Hungerzeit der proportionale Tagesverlust ah-
men, indem die rascher zersetzbaren Gewebe im Anfange des
tens in relativ - össerer Menge vorhanden sein müssen, als
tn das Ende desselben. Dennoch kann kein regelmässiges Äb-
ten des täglichen Verlustes erwartet werden, Aveil bekanntlich
tthierische Umsetzung noch von andern Umständen, als der An-
'3nheit zersetzungsfähiger Massen abhängt. Je nachdem also
S3 Bedingungen, wie z. B. Muskel- und Drüsenerregungen kräf-
■ einwirken, wird auch der Umsatz lebhafter werden und daher
es rühren, dass der tägliche Verlust unter Schwankungen ab-
Lt, während die Hungerzeit wächst.
IDer Reihe nach folgen die besten der bisher vorliegenden Be-
khtungen an Hunden, Katzen und Tauben.
a d w i g , Physiologie II. 2. Auflage. 43
1.
674
Yorhungern ; Hund.
a. Hund*). An demselben Thiere haben Bischoff undVoit
eine sehr ausgedehnte Reihe von Fütterungsversuchen angestellt, un
mentlich Hessen sie es auch verschiedene Male hungern , und zw :
dreimal, je mehrere Tage hindurch. Diese drei BeobachtungsreiL
werden hier nur berücksichtigt werden. Ausser den Thatsach(
die die folgenden Tabellen aufzählen, ist noch zu bemerken, da
das Thier vor dem ersten Fasten mit 1750 bis 1800 Gr. magei'
Kuhfleisches täglich gefüttert war. Vor dem zweiten Fasten hai
es je zwei Tage hindurch absteigend 900, 600, 300, 176 Gr. magere
Kuhfleisch erhalten. Vor der diitten Hungerperiode endlich \v;ir
es mit Fleisch und ausgelassener Butter gemästet worden; in die^
letzten Reihe hatte das Thier auch Wasser getrunken, was es
den frühern Reihen meist verschmähte.
Körperge-
Ge-
Gewichts-
Gewichtsver -
Hornstoff auf
Harnstoff
wicht In
nossenes
Harn in
Harnstoff
verlust in
lust auf 1 Kilo
1 Kilo Kör-
1 Kilo G
Kilo.
HO in Gr.
COM.
in Gr.
Kilo.
Körperge-
wicht in Gr.
pergewicht in
Mgr.
wichtsverli,
in Mgr.
33,31
202
24,48
0,59
18
0,73
41
32,72
0
225
25,56 .
0.58
18
0,78
44
32,14
205
22,76
0,52
16
0,71
44
31,62
203
20,30
0,51
16
0,64
40
31,11
63,0
1^5
13,23
0,42
14
0,42
32
30,75 •
30,33
0
160
15,23
0,42
14
0,50
36
n.
32,85 )
186,2
16,93
0,47
14
0,52
36
32,38
0
170,2
156,2
17,00
0,48
15
0,53
35
31.90 '
15,76
0,43
13
0,49
37
31,47 1
m.
Körperge -
wicht in
KUo.
Genos-
senes
HO in
Gr.
Körperge-
wicht
-1- Wasser.
Harn
in
COM.
Harnstoff
in Gr.
Ge-
wichts -
Verlust
in Kilo.
Gewichts-
verlust auf
1 Kilo Kör-
pergewicht
in Gr. -
40,30
318
40,62
384
37,48
0,94
19
39,68
261
39,90
255
23,26
0,71
18
39,19
460
39,65
194
16,68
0,89
23
38,76
102
38,76
165
14,85
0,41
11
38,35
122
38,47
150
12,60
0,51
13
37,96
215
38,18
155
12,77
0.46
12
37,72
216
37,94
154
12,01
0,52
14
37,42
Harnstoff
auf 1 Kilo
Körperge-
wicht in Gr.
anflHarnstoff anf
1 JCilo Ge-
wichtsverlm'
in Mgr.
0,93
0,59
0,43
0,38
0,33
0,33
0,32
40
33
18
36
31
2S
23
") B i s c h 0 ff und V o i t , Die Gesetze der Ernährung des Fleischfressers. 1860.
Hungomdcr Hund nach Bischorf und Voit.
675
Diese sehr merkwürdigen Thatsachen lassen sich folgender-
issen in Worten fassen.
Der absolute tägliche Gesammtverlust nimmt im AUge-
iiien mit der Dauer der Hungerzeit ab. — Dasselbe ereignet
Ii auch mit dem proportionalen Gesammtverlust. Die
(i^se dieses letztern scheint sich vorzugsweise nach der dem Hun-
111 vorausgegangenen Fütterungsart zu richten. Vereinigt man
drei ersten Tage jeder Reihe zu einem Mittel, so ist es bei
17; bei II = 14; bei III, wo allerdings noch Wasser ge-
iinen wiu-de == 20, also bei dem am reichlichsten gefutterten
lior am grössten. Vereinigt man die noch übrigen Tage der 1.
(l 3. Eeihe zu einem Mittel, so ist es bei I = 14,6 und bei III
12,5, was um so bemerkenswerther ist, als das gesammte Kör-
i^;ewicht bei III um 7 Kilo grösser ist als bei I.
Der proportionale Harnstoffverlust ist nach einer Fleischnah-
lü-, insbesondere nach reichlicher, grösser als nach Fett und Fleisch-
img. Dieses gilt ganz allgemein, sowie man aus der Reihe IH
ersten Hungertag nicht berücksichtigt. In allen Fällen nimmt
kleinen Schwankungen der proportionale Harnstoffverlust mit
dauernden Hungerzeit ab.
Der Harnstoffgehalt des Gewichtsverlustes ändert sich mit der
iigerzeit, und auch hier ist im allgemeinen, namentlich in der 1.
1 III. Reihe die Eigenthümlichkeit bemerkbar, dass das Kilo Ge-
■litsverlust der späteren Hungertage ärmer an Harnstoff ist als
der frühern. Unter der annehmbaren Voraussetzung, dass die
besetzten Eiweisskörper ihren N nur durch den Harnstoff ent-'
rten, würde dieses bedeuten, dass die chemische Natur der Um-
i zung mit der wachsenden Hungerzeit sich änderte und dass na-
utlich die der Eiweisskörper sich relativ verminderte.
Der proportionale mittlere Perspiration sverlust, der aus den
Igen Tafeln abgeleitet werden kann, wächst mit dem Gewicht
• Thiere. Bei I ist er = 9,7 Gr., bei II = 8,7 Qv., bei HI
11,9 Gr.
Will man mit Bisch off und Voit noch bestimmte Annahmen
BT die Atomgruppen (Fett, Wassergehalt des Fleisches u. s. w.)
sehen, aus welchen die ausgeschiedenen Stoffe hervorgingen, so
43*
I
gYß Hunger. Katze.
lässt sich die Zahl der Ableitungen noch weiter mehren. Wir \ .
weisen rücksichtUch derselben auf ihre Abhandlung*).
b. Katüo**). Aus einer weiter in das Einzelne gehenden und mühevollen \ tr-^^
suchsrcihe an Katzen schliesst Schmidt: 1) Die täglich eingeathmeteKohlenmengc i»f
absolut genommen in den ersten 8 Tagen der Hungerzeit am grössten , in den letzten
2 Tagen vor dem Tode am geringsten; relativ zum Körpergewichte hält sie sich da-
gegen in den ersten 9 Tagen nahezu gleich, in den darauf folgenden 7 Tagen wächst
sie an und nimmt in den letzten 2 Tagen sehr bedeutend ab. — 2) Die ausgeschie-
dene Harnstoffmonge sinkt während der beiden ersten Hungertage beträchtlich, hall
sich dann bis zu den beiden letzten Tagen vor dem Tode nahezu gleich ; in den beider
letzten Tagen sinkt sie sehr bedeutend ab. — 3) Der Gehalt des Harnes an SO3 und
PO5 steigt mit der Hungerzeit, der Clgehalt verschwindet dagegen vollkommen. Dfu
Verhältniss der SO3 zur PO5 bleibt sich bis zum Tode gleich. Denn:
Ein Kilogramm Katze gab in 24 Stunden in Grammen
*) In der angezogenen Abliaudliing wird der Perspirntiousverlust nach jeder Versuchsreihe
durch zwei Gleichungen ausgedrliclit , wobei es sich jedesmal herausstellt, dass die beiden ausge-
rechneten Werthc nahezu übereinstimmen. — Diese Uebereinstimmung miisste als eine Biirgschaf
für die Richtiglceit der Annahme angesehen werden, wenn die in den beiden Ausdrücken rorkom-
nicndon Worthe wlrklicli auf verschiedene Weise abgeleitet wären. Dazu liat es aber den An
schein , weil die zu den beiden llechnungen gebrauchten Zahlen wirklich ganz verschieden aus-
sehen. In der That sind jedoch die Worthe beider Gleichungen auf dieselbe Weise abgeleitet; sii
unterscheiden sich nur durcli besondere Annahmen über die Berechnung eines meist kleinen Koth-
antheils. Dieser Ausspruch bewährt sich durch folgendes.
In der ersten Gleichung , die nach dem N-verbrauch berechnet ist , werden folgende Werthe !i
den Ansatz gebracht. A' das coiTigirto Anfangsgewicht, E' das corrigirte Endgewicht des Th'iere»
forner IC der berechnete Kotli ; ji ein Coefiizient , mit welchen nmn eine bekannte Quantität voi
Stickstoff multipliziren muss , wenn man erfahren will , wie viel Fleisch von bekannter Zusammen-
setzung mit Hülfe jenes Stickstoffs dargestellt werden kann; n der Stickstoff des gefütterten, feuch-
ten Fleisches; n' der Sticltatoff dos entleerten Harnstoffs; n" der Stickstoff des entleerten Rothes
w das gonossono Wassergewicht; u das entleerte Harngewicht. '
Nach der ersten Gleichung von Volt und Bisch off ist nun die Einnahme, weiche das Thieni
macht = w 4- [n^ — (n /)' — n'ß — n"ß)] + nß — (n' + n") ß — (ß' — A') ; die Ao«- |
gäbe aber = u + K'. Zieht man die Ausgabe von der Einnahme ab, so erhält mau die Per-
spiration = P. Also ist P = W + nß + A' — E' — ü — K'. Die A', E', K' sind abei
folgendermaassen zu verstehen. Es sei A das gefundene Körpergewicht beim Beginn einei
Versuchsreihe , so unterscheidet sich dieses von dem corrigirten A' dädurcli , dnss es noch um
einen gewissen Werth vermindert werden muss , welcher dem Koth entspricht , den es aus einet
früheren Fütterungsreihe mitgebracht, aber noch nicht entleert hat, nennen wir diesen mitgebrach-
ten Kolh K, so ist also A' = A — K. Zu Endo der Versuchsreihe , wo das Thier E wog, nahm
es aber auch noch Kotli mit, welchen es wälirend der betrachteten Versnchsreihe gebildet abei
beim Schluss derselben noch nicht entleert hatte. Nennen wir diesen K, so ist das corrigirte End-
gewiclit des Thieres E' = E -- K' — K. — Der berechnete Koth endlich ist der wälirend der Vet-
suchsreiho entleerte Koth k weniger des mitgebrachten nnd mehr des mitgenommenen, also K' ==*
— k -f K. Setzen wir diese Wertlie statt A', E' und K' in die obige Gloiclmng, so erhalten \ril
W + n/J-f-A — E — U — k-fK = P.
In der zweiten Rechnung werden dagegen unter die Einnahmen gesetzt das Anfangsgewicht A.
das aufgenommene Fleisch nß, das Wasser U und unter die Ausgaben das Endgewicht E, derllamU,
der während der Beobachtungszeit ausgestossene K ; also ist jetzt
W + n/J -f A — E - U - k = p' und P' = P - K. ' '
') Bidder und Schmidt, Verdauungssäfto etc. p. 308 u. f.
0
Hungernde Katee nach Bidder und Schmidt. 677
ivStuuilcn
i Wasser
Summe
AtisgeatU-
Faeces
Ii
der
letzten
durch Niere
Harnstoff.
SO3
unorpan.
l'iitteruug.
j u,'*Darin.
Bcstdthle.
luete Kolile.
wasserfrei.
s
32
37,09
3,437
0,133
0, 1 44
0,518
5,641
0,503
■ f2
56
^2,00
2,298
0,092
0,109
0,359
5,620
0,540
Mi
DA
80
iy,oa
1 ,887
0,080
0,104
0,309
5,883
0.484
104
19, OÜ
1,732
0,077
0, 1 04
0,294
5,658
0,502
1 1
\2o
A l\f\ 1
Ü,Ü91
0,129
0,333
5,594
0,779
-!S
loi
nn o 1
2,1 JO
A Ti'7f\
ü,u7y
0,1 14
0,281
5,712
0,291
176
1 c\co
1,9dö
A ATK.
ü,ü (D
0,113
Ami .
0,27 1
5,642
0,339
il7o
200
il,3Ö
2,091
A ACQ
A 101
0,181
A 0 A 1
0,3U1
5,670
0,592
lö,JiG
2,2oo
A AOO
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A 1 ( A
U, 1 19
A 0 A i
U,oUl
0,V)7 1
0,982
2224
248
19,82
1 HAT
1,907
A ATT
0,077
A 1 1 0
0,113
0,277
0,12 /
6,024
0,745
ms
272
2,723
A AT 0
0,073
0,110
0,264
0,643
2272
296
18 1 1
1 fi4S
0 062
6*^10
2296
320
23,33
2,166
0,087
0,115
0,303
6,439
0,287
;t320
344
25,07
2i224
0,095
0,113
0,321
6,423
0,224
3344
368
26.76
2,052
0,084
0,104
0,296
6,534
0,223
3368
392
32,78
2,154
0,085 .
0,109
0,307
6,350
0,172
3392
416
19,93
1,216
0,597
0,049
0,065
0,036
0,182
5,850
4,791
0,119
4416
440
10,21
0,024
0,005
0,244
Zu dieser Tafel ist zu bemerken: das dem Versuche unterworfene Thier (eine
ichtige Katze) erhielt während der Dauer der Beobachtung zu 7 verschiedenen Tagen
«was Wasser, im Ganzen 131,5 Gr. — Der Harnstoff wurde nach der Methode von
eeintz-Ragsky und die CO2 in einem Eespirationskasten mit Luftdurchzug be-
rmmt. Die für die CO2 verzeiclni^ten Werthe sind abgeleitet aus 44 Beobachtungs-
anden, so dass das Thier im Mittel 2,5 Stunden täglich im Athembehälter verweilte,
tese Beobachtungsstunden sind so ausgewählt, dass wo möglich die eine in das Maxi-
!im und die andere in das Minimum der täglichen COa-Ausscheidung fällt. Eine be-
:mmung des durch die Lunge ausgeschiedenen N-Gases, welche nach Regnault
id Reiset bei hungernden Thieren statt hat, ist nicht versucht worden. Schmidt
tet aus den Zahlen der Tabelle auch noch her, wie viel bindegewebshaltiges -Fleisch
id Fett sieh während der Hungerzeit umgesetzt habe. Da mehrere seiner Voraus-
Itzungen nicht festgestellt sind, wie z. B., dass aller N durch Harn und After aus-
schieden sei, dass das fettfreie, bindegewebshaltige Katzenfleisch zu allen Zeiten der
: angerperiode gleich zusammengesetzt sei u. s. w., so verweisen wir auf die Abhand-
ingen selbst. Wir kehren zurück zu der Aufzählung weiterer Beobachtungen.
Da auch täglich mehrmals das Körpergewicht der oben geschilderten Katze be-
iimmt wurde , so konnte noch festgestellt werden : 4) dass der Verlust , der durch
aut und Lunge geschieht, in der Nacht geringer als bei Tage ist; die Unterschiede
letcn in den ersten Tagen beträchtlicher hervor; in den letzten, nachdem das Thier
iblindet war, verschwanden sie dagegen nahezu. Nach einer Mittelberechnung von
chmidt*) liegt der grösste Werth zwischen 12 — 6 Uhr Mittags, der niedrigste
«sehen 2 — 6 Uhr Nachts. — 5) Die täglich abgesonderte Gallenmenge nimmt bei
iingerndcn Katzen sehr rasch ab in den ersten beiden Tagen (p. 323), von da sehr
Imählich bis zu dem lO.-Tage. Vorausgesetzt, dass bei der vorliegenden Katze in
3msclben Vcrhältniss zum, Körpergewicht Gallonausscheidungen stattgefunden haben,
de in der früher aufgefiihrten Beobachtung, so lägst sich nach Schmidt behaupten,
•) 1. c. in der Tabelle XVU. p. 347.
678
Hungernde Taube nach Chossat, Sohuchardt u. A.
dass im Bogiiin der BoobacMung nur ein kleiner Theil, vom 10. Tage an aber u
ganze Menge der ausgeschiedenen Gallo durch die Faeces entleert worden sei.
c. Taube. Aus den Versuchen*) von Chossat und Schuchardt an Taul
geht rUcksichtlich dos täglichen Verlustes liervor, 1) dass er, alles Andere gleicLi
setzt, steigt mit dem Körpergewichte. — Er variirt gewöhnlich in der Art , dass tj
in den ersten Tagen nach der Nahvungsentzichung sehr beträchtlich ist, dann gegei
die Mitte der Hungerzeit abnimmt, in den letzten Tagen vor dem Tode wieder an-
steigt und einige Stunden vor letzterem aber rasch absinkt. — Der grösste Theil dei
täglichen Verlustes fällt auf Haut- und Luugenausdunstung. Zur Bestätigung dies«
Behauptung lassen wir- die Bcobachtungsreihen von Schuchardt folgen:
Gewicht der Taube im Beginn,
Gewicht der Taube im Beginn
Gewicht der Taube im Begini
s ^
der Versuchsreihe 288,0 Gr.
der Versuchsreihe 279,0 Gr.
der Versuchsreihe 293,0 Gr.
Verlust
Vo r lu s t
Verlust
H O
;0 ort}
Insge-
durch
durch
Insge-
durch
durch
Insgc-
durth
durch
oq CO
Lunge u.
Harn und
Jjungc II.
Harn und
Lunge u.
Harn un^
fO pj
' (B
snmmt.
Haut.
Faeces.
samnit.
Haut.
Faeces.
sainml.
Haut.
Faeces.
1.
15,0
1J,5
3,5
17,0
13,2
3,8
22,8
13,3
9,5
2.
13,2
10,7
-2,5 ~
14,2
11,2
3,0
16,0
11,2
4,8
3.
11,6
. 9,6
2,0.
15,8
18,0
13,0
5,0
4.
11,5
7,3
4,2
18,0
11,2 1
6,8
19,1
14,0
5,2
5.
12,7
6,6
6,1
28,8
21,6
7,2
21,0
14,0
7,0
6.
14,3
7,1
7,2
1,2
1,2
0,0
7,1
7,1
0,0
1.
10,4
8,4
2,0
Bou s si n gaul t**) fand, dass hungernde Turtoltaujjen in der Nacht wenigen
KohlenstolT verlieren, als bei Tage. Eine Turteltaube hatte bei normaler Emährana
in einer Tagsttmde im Mittel 0,258 Gr. C, in einer Nachtstunde aber 0,162 Gr. C. aus-]
geathraet. Als dieselbe 168 Stunden hungerte, verlor sie in einer Tagstunde im Mitte^
0,117 Gr. C, in einer Nachtstunde aber 0,075 Gr. C.
Zur Charakteristik der Lebensvorgänge rosp. des Verlustes beim Verhungern trag
noch wesentlich bei die Feststellung des Verhaltens der thierischen "Wärme und ded
Athembewegungen an den einzelnen Hungertagen, wie sie Chossat***) in ausgedehn-j
ter Weise für Tauben geliefert hat. Um die einzelnen Beobachtungen zur Gewinnung
von Mittelzahlen vergleichbar zu machen, theilte er die Lebensdauer jedes einzelnen
Thieres vom Beginn dos Hungerns bis zum Todestage (diesen exclusive) in drei gleich«
Thoile und zog 'nun aus allen gleichnamigen Abschnitten die folgenden Mittel. Die
Temperaturen bestimmte er im Mastdärme und die Athemzögo zählte er um Mittag
und Mitternacht. Die Beobachtungen während des genügenden Futters sind an den-
selben Thieren gewonnen. Die Temperaturmessungen ergaben:
Tom p erat ur währ e n d der Hungerzeit.
Temperatur wäh-
rend normaler
Fütterung.
Erstes Dritttheil. | Zweites Dritttheil.
Drittes Dritttheil.
Mittag ....
Mitternacht . .
Unterschiede . .
42,110 C.
39,85 „
2,26 „
41,870 C.
38,72 „
3,15 „
41,370 c.
37,32 „
4,05 „
42,220 C.
41,48 „
0,74 „
•) Chossat, Sur l'inanition. MiSmoires dos savans ^trangers. VIU. Bd. — Schuchardt,
Qnaedam de effectu quem privatis sing. pnrt. nutrimontum constitucntium etc. Marburg 1847.
Annalos de chim. et phys. 3me s6t. XI. (1844.) 446.
••*) 1. c. p. 107. u. f.
Hunger; proportionaler Gesammtverlust.
679
Am letzten Tage sank die Temperatur sehr rasch; -war sie auf 26" angelangt, so
,'en die Thiere zu Grunde. ,
Die Zählung der Athembewegungen stellte fest:
Z ahl d er A them zii g 0
In der Minute während der Hungerzeit.
Zahl d. Athemzüge
in der Minute
während normaler
Fütterung.
Erstes Dritttheil.
Zweites Dritttheil. | Drittes Dritttheil.
25
23 1 21
31
Vereinigt man alle Zählungen der Athembewegungen bis zum Tage vor dem Hun-
i , so erhält man um Mittag 22 und um Mitternacht 24 Athemzüge in der Minute ;
rend der hinreichenden Ernährung athmeten die Tauben am Mittag 36 Mal und
ai Mitternacht 32 Mal in der Minute. Das auifallende Ergebniss, dass bei der yer-
langernden Taube in der Nacht die Athemfolge beschleunigter gefunden -wurde, ist
cch Ghossat wahrscheinlich darin begriiadet, dass die Thiere durch den Beobachter
SS dem leisen Schlaf aufgeschreckt wurden, den sie während der Hungerzeit genies-
m. Am letzten Lebenstage sank das Minutenmittel der Athemzüge auf 19 herab.
2. Der proportionale Gesammtverlust, oder der Quotient aus
eer Gewichtsabnahme des Thieres während der ganzen Hungerzeit
II das Körpergewicht vor Beginn der letzteren, ist ebenfalls sehr
eerändeiiich gefunden worden, und insbesondere haben die Beob-
cchtungen von Ghossat aufgedeckt, dass junge magere Turtel-
iiuben (mittleres Anfangsgewicht = 110 Gr.) im Mittel schon bei
iinem proportionalen Gesammtverlust von 0,25 starben, während er
eei älteren fetten (mittleres Anfangsgewicht = 189 Gr.) den "Werth
lon 0,46 erreichen musste, bevor sie zu Grunde gingen. Diese
l'rscheinung findet ihre Erklärung darin, dass eine gleichwerthige
ii.b zehrung verschiedener Organe des Thierkörpers von ganz un-
ileichen Folgen für das Bestehen des Lebens sein muss, wie z. B.
offenbar die Abmagerung der Herzmuskeln und des Hirns viel er-
:;reifender wirkt, als die des Fettes, des Bindegewebes, des Ske-
tets und seiner Muskeln. Da aber die Thiere, welche einen ge-
iingera proportionalen Gesammtverlust ertrugen, auch nach viel kür-
■'ferer Zeit (nach 3 Tagen) hinstarben, als die alten und fetten (nach
.3 Tagen), so folgt auch aus den gemachten Mittheilungen, 'dass
'iin Reichtimm an Skeletmuskeln und Fett die wichtigeren Organe •
for wesentlichem Verlust zu schützen vermag, sei es, dass die um-
setzenden Einflüsse nicht eher die letzteren Gebilde angreifen, be-
vor die ersteren bis zu einem gewissen Grade aufgezehrt sind, oder
•iei es, wie wahrscheinlicher, dass die wichtigeren Organe und ins-
besondere das Hirn tägliche Verluste auf ^Kosten des Fettes und
der Skeletmuskeln wieder ersetzen, so lange diese vorhanden.. Zur
680
Proportionaler Gosammtverlust der Organe.
Uuteistützung der letzteren Alternative dient namentlich die Be
achtung-, dass das Hirn unter allen Organen durch den Hunger de
geringsten proportionalen Verlust erlitten hat, obwohl dieses Organ,
so lange es lebt, noth wendig auch umgesetzt werden nmss, den
ohne dies würde weder sein arterielles Blut in kohlensäurehaltiges
venöses umgewandelt werden können, noch könnte das Organ fort
während lebendige Kräfte entwickeln.
Von einem nicht untergeordneten Interesse sind die Beobaclitungen über den pro-
portionalen Gesammtverlust , den die einzelnen Organe durch das Hungern erleiden.
Die Zergliederung der Thiere wurde von Chossat unmittelbar nach dem Tode vor-
genommen und die ausgeschnittenen Organe sogleich gewogen. Hierbei konnte jedodi
ein Verlust durch Wasserverdunstung nicht vermieden werden , welcher sich bis üb
8 pCt. steigerte. Um diesen Uebelstand zu beseitigen , wurden auch die getrockneten
Organe mit einander verglichen. Das MittÄl aus allen Wägungen lieferte nun die fol-
gende Tafel, in welcher die Zahlen den Verlust bedeuten, welchen 100 Theile des be-
treffenden frischen oder wasserfreien Organ es während der ganzen Hungerzeit erleiden,
frisch.
trocken.
frisch.
trocken, j
1
frisch.
trocket.
Fett . . .
93,3
Uebrige Ske-
Lungen ,
Blut . . .
61,7
letmuskeln
35,6
35,9
blutleer
22,4
22,5
Milz . . .
71,4
66,6
Alle Muskeln
Knochen
16,7
Pankreas . .
64,4
65,2
im Mittel
42,4
34,5
Äugen
10,0
Leber . . .
52,0
47,3
Pharynx und
Hirn
0,0
Herz . . .
44,8
46,9
i Oesonhagus
34,2
Rücken-
9,0
Gedärme . .
42,4
Haut . . .
33,3
mark
7,0
Brustmuskeln
53,1
55,0
Nieren . .
31,9
Auf demselben Wege hat Schuchardt für die feuchten Organe ganz ähnlii
Zahlen erhalten.
Da wir die täglichen proportionalen Verluste der lebenden Gesammtkatze an^ce-
geben haben, für welche Schmidt die Organverluste berechnet hat, so lassen wirhi v
auch die von ihm gegebenen Zahlen der letzteren folgeii , wobei wir uns jedoch ;.
die beschränken, welche mit den Beobachtungen von Chossat vergleichbar sind. Sii
beziehen sich sämmtlich auf die getrockneten Organe und haben die Bedeutung der-
jenigen in der vorhergehenden Tafel.
Mesenterium und Fettgewebe 91,3
Blut 90,4
•Milz 70,2
Pankreas 84,5
Leber 64,7
Darmkanal 27,8
Muskeln und Sehnen . 65,0
Haut 5,7
Lungen 10,5
Gehirn und Eückenmark 32,9
Knochen 0,0
Berücksichtigt man nun, dass unter den thierischen Gewebstheilen, welche vor-
zugsweise zum Verluste kommen, Blut, Muskeln und Fettgewebe dem Gewichte nach
überwiegen über alle anderen, so folgt daraus, dass das hungernde Thier auf Kosten
seines Blutes, seines Fettes und Muskelgewebes lebt, wobei sich u. A. die auffallende
Erscheinung einfindet, dass bei der Taube die zum Aufrechthalten des Rumpfes be-
Verhungern bei unvollständiger Nahrung.
681
• ten Muskeln, welche während der Hungerzeit öfter in Bewegung sind, weniger
•lieren, als die ruhig gehaltenen Flugmuskeln; es haben sich also auch die Muskeln
tjenseitig ernährt. — Der grosse Verlust des Hirns und Rückenmarkes beim Säuge-
(ere, gegenüber dem verschwindenden beim Vogel, bedarf weiterer Bestätigung.
Verhungern bei qualitativer ungenügender Nah-
'.ng. Unvollständige Nahrung. An die Versuche mit voU-
»mmener Nahi-ungsentziehung schliessen sich die, bei welchen nur
iier oder einige der lebensnothwendigen Stoflfe dem Thier vor-
tthalten werden. Diese Reihen können zu verschiedenen Erfol-
m führen. — 1) Der Tod erscheint mindestens so rasch wie beim
asammthunger und die Einbusse des Thieres an Gewicht ist da-
\i entweder ebenso gross .oder auch kleiner als beim Verhungern
och Entziehung aller Nahrung. - — Im ersten Fall würden die
iSten, flüssigen und gasförmigen Ausgaben des Thieres nicht alle
f3 Stoffe enthalten, die sie beim Gesammthunger führen, sondern
tch noch diejenigen, welche in der qualitativ ungenügenden Nah-
DDg gereicht wurden ; daraus vnirde dann hervorgehen , dass die
Ihigkeit eines Nährstoffes, sich im thieiischen Körper anzusam-
liln, nicht allein von seiner chemischen Zusammensetzung, son-
rrn auch von der Natur des Gemenges abhing, in welchem das-
llbe genossen wurde. — Wenn dagegen das Thier ebenso rasch
te beim Gesammthunger zu Grunde geht, dabei aber im Augen-
(ck des Todes merklich schwerer ist, als es voraussichtlich beim
»«d nach vollkommener Nahi-ungsentziehung gewesen sein würde,
würde daraus zu folgern sein, dass das Thier aus der qualita-
■ ungenügenden Nahrung allerdings Stoffe aufnehmen konnte,
eer dass dieselben keine lebensfähigen Verbindungen darzustellen
rrmögen. — 2) Das Thier konnte aber beim Theilhunger auch
sl später als bei Gesammthunger sterben. Dann würden auch
S3 den Auswurf führenden Absonderungen anders zusammengesetzt
in als bei vollkommener Nahrungsentziehung ; dieser Erfolg würde
cdeuten, dass die wenn auch unvollkommene Nahrung theilwgise
»nigstens ergänzend für die zum Leben nothwendigen Umsetzun-
in einti-eten könnte. — 3) Auch könnte es sich ereignen, (nament-
bh wenn der Nahrung das eine oder andere Salz fehlte), dass
rn dem Augenblick an, wo der Gehalt des Thieres an dem Stoff,
felcher der Nahrung nicht zugesetzt ist, auf ein Minimum herabge-
»acht ist, dieser njit Hartnäckigkeit vom Organismus zurückgehalten
;ilrde. Möglicherweise würde er aber auch durch einen andern
emisch verwandten, ohne dass der Tod erfolgte, verdrängt und
682
Entziehung aller festen Nahrung.
durch diesen ersetzt. Daraus würden sich vielleicht Fingerzei
ftlr den Antheil des fraglichen Stoffes an den Lebensvorgäng
ergeben.
Das Folgende giebt die wichtigern der bekannten Thatsachenj
Entziehung aller festen Nahrung. Reicht man den Thieren, während
man ihnen alle feste Nahrung vorenthält, nach Belieben Wasser, so geniessen einig
gar kein Wasser mehr, andere verschmühen es erst nach einigen Tagen, noch and
endlich nehmen es fortwährend. Der von Bischo^f und Voit beobachtete Hu
soff, wenn er nach einer Nahrung aus magemi Fleisch hungerte, nichts oder nur selten;!
während des Hungers nach vorgängiger Fütterung ^us Fleisch und Fett nahm er da-
gegen Wasser auf. Wünscht man also die Erscheinungen des alleinigen Hungers
festen Stoffen bei einem das Wasser verschmähenden Thier zu erfahren, so ist
nothwendig, das Wasser in den Magjn zu spritiuin. Stellt man die Beobachtungen,
welche Schmidt an zwei Katzen, von denen die eine wenig, die andere viel Wassel
enthielt, zusammen, so ergicbt sich, dass 1 Kilogr. Katze im Mittel 24 Stunden verliert:
Tägliche
Wnssorauf-
nnlime.
Harnstoff.
SO3
PO5
Uebrigo
Harnsalze.
Ausgeatli-
mote Kohlo.
Faeces
wasserfrei.
Wasser dnrd
Niere an4
Dana.
51,12
5,97
2,237
2,06
0,055
0,082
0,071
0,116
0,263
0,296 ■
4,447
5,460
0,215
0,589
55,47
21,47
Diese Beobaohtungsreihe lässt erkennen , dass mit der vermehrten Aufnahme iti
Wassers auch die Ausscheidung desselben, aber nicht im Verhältnisse der Aufnahme,
zunimmt. Dieser Schluss dürfte keine Anfechtung dadurch erleiden, dass die durd
Verdunstung verlorenen Wassermengen nicht angegeben sind , indem mindestens dii
Annahme gerechtfertigt ist, dass die erstere Katze, welche weniger COj ausathmete,
als die letztere, durch die Lungenverdunstung nicht mehr Wasser verloren habe
die letztere ; der Wasserverlust durch die Haut dürfte aber bei behaarten Thieren übi
haupt nicht hoch anzuschlagen sein. Genügt nun, wie in unserm ersten Falle, dii
eingeführte Wassermenge, um den gri)ssten Theil des Wasserverlustes zu decken
muss nothwendiger Weise bei fortschreitender Abnahme der festen Bestandtheile u
prozentisohe Wassergehalt der Organe in einem Steigen^ begriffen sein, woraus mancher-jj
lei Störungen derselben erwachsen werden. In der That stellen sich diese in deii
oben zusammengestellten und in einer gleichartigen Beobachtungsreihe ein, weldu
Chossat an Tauben ausführte. — Die mitgetheilte Zusammenstellung lässt aus-
serdem schliessen, dass der tägliche Verlust an festen Bestandtheilen geringer werde
bei 'einer reichlichen Tränkung mit Wasser. Dieser Satz scheint aber nur von Gel-
tung für die Säugethiere zu- sein, da Chossat ihn wohl bei Kaninchen, nicht aber
bei Tauben, die unter gleichen Verhältnissen verhungerten, bestätigt fand.
Entziehung des Wassers. Zu denen des Durstes gesellen sich sehr bald
die Folgen des Hungers, indem die Thiere die ti-ockne Nahrung mehr und mehr and
endlich ganz verschmähen. Eine Anschauung des allgemeinsten Vorganges giebt fol-
gender Versuch von Schuchardt, welcher aus ' einer grossen Keihe ausgcw8hlt|
vurde. Die verdurstete Taube wog im Beginn des ersten «Versuchtages 301,0 Ör-
Ihre Nahrung bestand aus lufttrockner Gerste. Die proportionalen Verluste sind auf
das Anfangsgewicht eines jeden Tages bezogen.
Entziehung von Wasser und Eiweiss.
683
Tilg.
Körporgewicht am
Ende des Tages.
Verzehrte Kömer.
Gewicht der täglichen
Endausgnben für die Einheit
des Köi-pergewichts.
Hiervon
durch Niere und
Darmkanal.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
280,0 Gr.
207,0 „
259.2 „
249,5 „
239,0 „
231,0 „
222,5 „
214,4 „
207,4 „
196,0 „
186,0 „
177.3 „
163,2 „
160,2 „
23,0
16,8
13,0
7,9
12,5
10,5
12,1
15,0
11,2
9,8
8,3
7,0
10,0
0,0
Gr.
0,188 Gr.
0,100 „
0,078 „
0,068 „
0,092 „
0,077 „
0,089 „
0,106 „
0,085 „
0,102 „
0,098 „
0,094 „
0,134 „
0,019 „
0,090 Gr
0,040 „
0,027 „
0,021 „
0,033 „
0,036 „
0,042 „
0,040 „
0,040 „
0,038 „
0,033 „
0,040 „
0,067 „
0,000 „
Die wässerigen Abscheidungen , insbesondere die des Harns, nehmen beträchtlich
sie betrugen an einem verdurstenden Hunde nach Falk und Scheffer in den
Uten drei Hungertagen im Mittel täglich = 46,0 Gr., in den folgenden drei=25,5 Gr.,
den darauf folgenden = 18,1 Gr. und in den letzten drei endlich = 6,6 Gr. —
ee Angaben über die Verluste der einzelnen Organe schliessen sich an die bei Ge-
mmthunger mitgetheüten an, mit Ausnahme des Fettes, welches beim Genuss trocke-
T Nahrung nicht sehr beträchtlich schwindet. Die Gewichtsabnahme der Organe ge-
iiieht allerdings auch durch den Austritt fester Bestandtheile ; vorzugsweise aber ent-
mt sich aber das Wasser, sodass die Organe relativ trockener werden; vergleicht
m die Eückstandsprozente derselben Organe zweier möglichst gleicher Thiere, von
laen das eine nach normaler Ernährung, das andere durch Entziehung des Wassers
^dtet war, so findet man, dass Haut, Sehnen, Muskeln, Darmkanal und Blut 4 bis
pCt. fester Bestandtheile mehr enthalten, während sich die Zusammensetzung des
ms und der meisten Drüsen nicht verändert hat (Scheffer).
Entziehung der Eiw eissnahrung. Wir besitzen hierüber Angaben von
'huchardt, welcher die dem Versuche unterworfenen Tauben mit einem Gemenge
i Araylon, Gummi, Zucker, Oel und den gewöhnlichen Blutsalzen in einem Yerhält-
186 fütterte, in dem sie von Norton*) im englischen Hafer beobachtet wurden.
3 Uebersicht über den täglichen Gewinn und Verlust giebt die folgende Tafel, welche
r eines der drei untersuchten und in ihren Erscheinungan wohl übereinstimmenden
iiere berücksichtigt. Die ganze Beobachtungszeit ist in vier gleiche Theile von je
fragen gespalten und aus jedem derselben das Tagesmittel genommen. Bei Beginn
i Versuches betrug das Körpergewicht 344 Gr.
1 1 der Beob-
1 achtnng.
Körpergew.
am Ende des
Tages.
Täglich aufgenommen
Für die Gewichtseinheit dos Thieres
Feste Speise.
Wasser.
Endausgabe.
durch Haut
und Lunge.
durch Niere
und Darm.
. . Viertel
' i>
»>
ij
310
307
258
230,5
• 16,5 '
29,2
0,152
0,149
0,204
0,231
. 0,061
. 0,116
•) Giessenor Jahresbericht fUr 1847, 1006. (Hopotonhafor , I. Coluranu).
684
Verhungern bei Fett und WaBser.
Frerichs*), welcher bei einem ähnlich gefütterten Hunde die Harnstoffai.
Scheidung mass , fand sie (im Verhültniss zum Körpergewicht) beträchtlich geringer alg
bei anderen normal ernährten, aber nicht wesentlich niedriger als bei hungernden
Hunden.
Der proportionale Gesammtverlust, den die von Schuchardt beobachteten Tauben
bis zum Tode erlitten, war viel geringer, als bei allen denen, welche unter den früher
aufgezählten Umständen verhungert waren ; entsprechend war auch der proportionale
Gesammtverlust der einzelnen Organe verschieden.
Darmkanal 0,287
Knochen . 0,204
Hirn . . 0,138
Lungen . 0,010
Augen . 0,009
Es wird nicht entgehen, wie sehr das Fett und die Drüsen geschont sind-, im
Vergleich zu anderen verhungerten Thieren. Die Verluste an Muskelsubstanz sind
dagegen nicht niedriger geworden.
Nahrung aus Fett und Wasser. Bischoff**) verglich an demselben
Hunde die Ausgabe , während dieser das eine Mal nur mit Wasser , das andere Mal
mit Fett und Wasser gefüttert wurde.
Für 1 Kilogi-. Hund in 24 Stunden:
Blut . .
. 0,514
Brustmuskeln 0,453
Fett . .
. 0,393
Herz
Haut
0,377
Leber
Mitllores Go-
siimmt-
gowicht.
Ei
Wasser.
ngenommen
■p«t* 1 Körperge-
Fett. 1 ^vicht.
Ausgegeben
durch Darm! durch Hautl
und Niore. |und Lunge, Harnstoff.
N.
38,l(i0 Kilo
36,016 „
13,08 Gr.
24,91 „
0,0 Gr.
7,17 „
13,41
0,97
10,81
16,34
15,63
16,72
0,552
0,371
0,257
0,173
Zu dieser Beobachtung gehört die Bemerkung , dass derselbe Hund , welchem bei|
verschiedenem Körpergewichte die festen Speisen entzogen und nur Wasser gegebei
wurde, nicht immer dieselbe proportionale Harnstoffmenge aussonderte; bei einem mitt-
leren Körpergewichte von 24 Kilo lieferte 1 Kilogr. 0,56 Gr. Harnstoff, und bei
33 Kilo mittlerem Körpergevrichte gab 1 Kilogr. 0,62 Gr. Harnstoff aus. Als er aber|
nach der oben erwähnten Nahrung mit Fett und Wasser noch 4 Tage hindurch ni
mit Wasser gespeist wurde, sonderte 1 Kilogr. des Thieres nur noch 0,28 Gr., also
weniger aus, wie zu den Zeiten der Fettnahrung. Bischoff sieht diese Erscheinung]
als eine Nachwirkung der Fettfütterung an und findet seine Meinung bestätigt durch
den sichtbaren Fettgehalt des Kothes, welcher während der letzten Zeit entleert wurde.
Zudem war in allen Beobachtungsreihen die Harnstoffausscheidung von Tag zu Tag
sehr veränderlich, was zum Theil wenigstens begründet war in der unregelmässigen
Entleerung der Blase. An einzelnen Tagen, ja einmal sogar während 48 Stunden,
liess das Thier gar keinen Harn.
Aus diesen Beobachtungen geht hervor, dass bei der Fettfütterung das reichlicher
aufgenommene Wasser und Fett den täglichen Gesammtverlust des Thieres quantitatiT
•) M U 11 e r ' s Archiv. 1848. p. 490.
Der Harnstoff als Maass des Stoffwechsels. 1863. p.
35.
Hungern bei Wasser und Fett oder Zucker.
685
ozu deckten, so dass nur eine geringe Äbnabme im Gesammtgewicht des Thieres
r.it. Sie verminderte zugleich den Umsatz der stickstofThaltigen Körperbestand-
li' beträclitlich, aber sie war nicht wesentlich geringer als bei Entziehung aller Nah-
Hierfür spricht auch ein neuer Versuch von Bischoff und Voit 1. c. pag. 150.
In gewisser Weise ergänzend schliesst sich an diese eine Beobachtungsreüie von
t Olli er bei Turteltauben an, welche 'mit Butter und Wasser bis zum Tode gcfüt-
\nirden. In Mittelzahlen aus allen Versuchen stellen sich seine Kesultato fol-
iermaassen zusammen :
:illttleres Körpergewicht
ojine Federn.
ja Beginn. Zu Ende.
Tägl. proport.
Abnahme des
Körpergew.
Proport. Ge-
sammtverlust
des Fettes.
Butter tägl.
im Darmkanat
resorbirt.
Tägl. ausgeh.
GO2 , die der
normalgefütt.
Thiere = 1.
Lebensdauer
in Tagen.
0
0,0214
0,500
5,8 Gr.
0,685
18,42
15,09
90,3
Aus dieser Zahlenreihe ist ersichtlich, dass die Kohlensäureausscheidung zwar be-
ichtlich herabgedrückt ist, aber doch nicht bis zu dem Maasse, das ihr bei vollen
ungern zukommt. Die unvollkommene Nahrung vermochte auffallend lange Zeit das
kben zu erhalten; diese Erscheinung scheint in Beziehung zu stehen mit dem lang-
unen Umsätze der eiweisshaltigen (hamstoffliefemden) Atome bei Pettnahrung. Reg-
, u 1 1 und E e i s e t beobachteten , dass eine mit Fett und Wasser gefütterte Ente N
s der Atmosphäre absorbirte.
Wasser und Zucker. Eine sehr reichliche und ausschliessliche Fütterung mit
icker wirkt wegen des eintretenden Durchfalls rasch tödtlich (Chossat, Letel-
Eer). Bei einer mässigen Gabe .des Zuckers gestalten sich die Erscheinungen nach
3tellier an Tauben folgendermaassen :
fllittleres Körpergewicht
ohne Federn.
rn Beginn, j Zu Ende.
Tägl. proport.
Abnahme des
Körpergew.
Proport. Ge- Tägl. verab-
sammtverlust reichter
des Fettes. Zucker in Gr.
Tägl. ausgell.
COj , die der
normal gefütt.
Thiere= 1.
Lebensdauer
in Tagen.
149,8
98,2
0,035
I
0,460
13 Gr.
0,840
14,2
In mehreren der 5 Beobachtungen, aus welchen diese Mittelzahlen gezogen sind,
u" der Verlust durch die Faeces noch sehr bedeutend. — Die Ausschei'dung der
h bleibt hier immer noch sehr beträchtlich. Bei dieser Füttcrungsart wird, wie bei
r vorhergehenden, die Umsetzung des Eiweisses gehemmt, wie die Beebachtungsreihe
iirt, die Lehmann an sich selbst anstellte; er fand, wie schon früher angegeben,
e täglich ausgeschiedene Hamstofifmenge sehr vermindert. Die Fütterung mit Zucker
hützt ebenso wie die mit Fetten das im TMerleibe enthaltene Fettgewebe vor der
nsctzung, indem die Menge der letzteren in den Tbieren, welche bei Fett und Zucker
rhungert waren, beträchtlich höher geblieben ist, als bei Thieren, die am Gesammt-
mger starben.
Letellier bestimmte den Fettgehalt in der Haut nnd im Netze durch Aus-
chen, in dem gekochton Rückstände und in dem übrigen Thiere aber dadurch, dass
■ dasselbe trocknete , pulverte und mit Aether auszog.
Eiwc issartige Körper oder Leim und Wasser. Die ausschliessliche-
ütterung mit eiweissähnlichen Stoffen hat bis dahin nur Boussingault bei Enten
Anwendung gebracht; von seinen Bestimmungen an diesen Thieren haben füi- uns
686
Hungorn bei Eiwoiss und Salzen.
nur Werth (lic .der ausgosehiedonen Hamsäuro. Eine hungernde Ente lieferte stüin,
lieh 0,01 Gr. Harnsäure in die Paeoes; eine mit reinem Leim und reinem Käse odi
"ewaschenem und gcprosstom Ochsenfleische gefütterte 0,44 bis 0,50 Gr. Der griissn
Gehalt der Paoeos an Harnsäure war schon wenige Stunden nach der Fütterung im
den erwähnten Stoffen eingetreten.
Eiweiss, Zucker, Wasser. Letellier führte eine Versuchsreihe au Tin
teltauben aus , sie ergiebt in ihren Mittelzahlen :
Mittleres Körpergewicht
ohne Federn.
Tägliche propor- Proportionaler ■
tionnlo Abnahme Geaamnitverlust
des Körpergew. der Fette.
Täglich verab-
reicht an Zucker
und Eiweiss.
Lebensdauer
in Tagen.
Zu Beginn. | Zu Ende.
137,2
96,95
0,017 j 0,800
Zucker 10 Gr.
Eiweiss 12 „
17,17
Die Faeccs waren sehr reich an Harnsäure.
Eiweiss, Blutsalze, Wasser. An die eben gegebenen schliessen sich eng
an Versuche mit Tauben, welche Sohuchardt mit Hühnereiweiss und einem Salz-
zusatz fütterte in dem Verhältnisse , in welchem Salz und Eiweissstoffe im Hafer vor-
handen sind. Die Lebenszeit, welche eine dieser Tauben, die wir als Beispiel aus-
wählen, bei der unvollkommenen Fütterung erreichte, ist in drei gleiche Thcile ge-
theilt; die Mittclzahlen der Einnahmen und Ausgaben aus jeder derselben sind in der
folgenden Tafel eingetragen. Das Anfangsgewicht des Thieres betrug 367,0 Gr.
Körpergew.
am Ende der
Periode.
Tägliche Nahrung.
Tägliche Ausleerung für diel
Einheit des Körpergewichts, j
Lebens-
An Wasser.
An Eiweiss
und Salzen.
Durch Niere
und Darm.
Durch Haut !
und Lunge.
dauer.
1.
2.
3.
Dritttheil.
1)
330,0 Gr.
301,0 „
233,8 „
21,3 Gr.
17,3 „
14,8 „
3,2 Gr.
3,2 „
3,2 „
0,055
0,038
0,050
0,054 j
0,042 >
0,084 1
9 Tage
Nach der Section stellte sich der proportionale Verlust der wichtigsten Eingi
weide folgendermaassen heraus:
Fett = 0,821 Haut = 0,418 Lungen = 0,042
Blut = 0,787 Herz = 0,424 Knochen = 0,038
Brustmuskeln = 0,507 Leber = 0,413 Hirn = -f 0,074
Das Hirn hatte also mindestens keinen Gewichtsverlust erlitten.
Versuche mit vollkommenem Ausschluss der salzigen Nahrungs-
mittel sind bis dahin noch nicht angestellt worden.
Vollständige Nahrung. '
Unter einer vollständigen Nahrung ist diejenige begriffen, welche
sämmtliphe, zur Lebenserhaltung nothwendige Nahi-nngsstoffe ent-
hält. Die vollständige Nahrung kann aber ihre einzelnen Gemeng-
theile in sehr ungleichen Verhältnissen enthalten, z. B. vorzugsweise
aus Eiweisskörpern oder Araylaceen und Fetten bestehen, wie dieses
Vollstäncligo Nahrung; Mensch nach Barrai.
687
I>. bei den natürlichen Speisen der Thiere (Fleisch, Körner, Gras)
r Fall ist. — Die Nahrung mit gleichem "prozentischem Gehält
er Gemengtheile kann demselben Thier in ungleichen M^engen
.icht werden. — Das Thier kann zwar von derselben Art,
r an Alter, Gewicht u. s. w. verschieden sein, sich während der
ttcrungszeit ausruhen oder anstrengen, mehr oder weniger ab-
lilen u. s. w, — und endlich, es können Thiere aus verschiedenen
iniilien, Ordnungen, Klassen methodisch gefüttert werden. Es
!)t also auch hier eine unendliche Variation des Versuchs möglich.
Mensch. Die nachstehende Beobachtung ist von Barrai*)
7,5 Kilo schwer) an sich selbst angestellt.
Üeobachtungszeit 5 Tage. Mittlere Temperatur — 0,54" C. Barometer 756,11 MM.
Aufgenommen.
Für 1 Kilogr..}n 24 Standen in Gr.
C.
H.
N.
0.
HO.
Summe.
!i n Nahrungsmitteln.
Li die Lunge.
7,7
1,2
0,6
7,0
22,3
42,1
Entleert.
arch die Verdunstung.
„, die Niere,
den Darm.
7,06
0,32
0,32
1,09
0,06
0,05
0,31
0,23
0,06
28,94
0,17
0,19
17,31
22,56
2,23
54,71
23,34
2,85
Der C und H, der durch Verdunstung entleert wird, giebt oxy-
rrt für 47,5 K. CO2 = 1230,9 Gr. und HO = 1287 Gr.; für
K. CO2 = 25,91 Gr., HO = 27,08 Gr.
Beohachtungszeit 5 Tage. Mittlere Temperatur + 20,18° C. Barometer 754,40 MM.
Aufgenommen.
Für 1 Kilogr. in 24 Stunden in Gr.
C.
II.
N.
0.
HO.
Summe.
den Nahrungsmitteln,
larch die Lunge.
5,6
0,9
0,4
4,0
16,4
38,8
Entleert.
•
lurch die Verdunstung.
■ „ die Niere.
„ den Darm.
5,12
0,29
0,19
0,81
0,06
0,03
0,16
0,21
0,03
20,13
0,15
0,12
17,06
20,59
1,15
43,28
21,30
1,52
•> Statique chimlque des aniinflux. Paris 18B0. 280.
688
Vollständige Nahrung. Katze.
Der C und H, der durch Verdunstung entleert wird, giebt oxy
dirt für 47,5 K. CO-i == 888,4 Gr. und HO = 1158,0 Gr.; fii
1 Kü6 CO2 = 19,70 Gr. und HO = 24,37 Gr.
Um diese Tabelle entwerfen zu können, hat Barrai geradezu bestimmt die Menj.'.
und Zusammensetzung seiner Nahrung (Fleisch, Gemüse, Kartoffeln, Brod, Zuckerwer,
Butter, Senf, Fleischbrühe , Milch , Kaifee , Wein), seines Harnes und Kothes. Da bei
der eingehaltenen Lebensweise das mittlere tägliche Gewicht des Gesammtkörpers sich
unverändert enthielt, so ist annäherungsweise die Annahme erlaubt, dass die täglich
ein- und ausgehenden Atome wie an Zahl so auch an Art einander gleich waren, so
dass sich die Zusammensetzung des Organismus unverändert erhielt. Unter dieser Vor-
aussetzung kann man aus den direkt erhaltenen Bestimmungen mittelst einfacher Sub-
traktion der sensiblen Ausleerungen von den Speisen ableiten, welche Menge der mit
der Nahrung eingeführten H, C, N, 0 ihren Weg durch Haut und Lunge nehmen
musste. Wir wollen den erhaltenen Unterschied den Verdunstungsrest nennen. Da
nun ferner erlaubt ist, anzunehmen, dass der C, H und 0 aus der Haut und Lunge
nur als Wasser und Kohlensäure ffiistreten, so lässt sich auch berechnen, wie viel 0
noch zu dem Verdunstungsrest geführt werden muss, um seinen H und C zu oxydiren.
Dieser Sauerstoff muss aber im fi-eiem Zustande zum grössten Theile durch die Lun-
gen aufgenommen sein. Obwohl man unmöglich verkennen kann , wie viel Gewagtes
diese Annahmen enthalten , so ist doch einzusehen , dass sich das Besultat nicht all-
zuweit entfernen kann von der Wahrheit, vorausgesetzt , dass Speisen und Ausleerungen
genau analysii-t und die Beobachtungen über mehrere Tage fortgesetzt werden.
Katze.
Die folgenden Versuche sind von Bidder und Schmidt an-
gestellt.
L Mittleres Gewicht des Thieres 3,228 K., Beobachtungszeit 9 Tage.
Aufgenommen.
Für 1 Kilogr. in 24 Stunden iu Gr.
Wasser.
c.
H.
N.
0.
Salze.
im Fleisch, Fett u. Wasser.
Durch die Lunge.
60,164
6,209
0,851
1,390
2,184
18,632
0,441 '
Entleert.
Durch die Verdunstung.
,, die Niere.
„ den Darm.
9,569
49,877
0,718
5,542
0,592
0,075.
0,644
0,197
0,010
•
0,008
1,380
0,002
19,932
0,853
0.031
0,409
0,032
Der C und H des Verdunstungsrestes oxydirt giebt für 3,228 K.
CO2 = 65,60 Gr. und HO == 49,59 Gr.; für 1 K. aber 00^ =
20,322 Gr. und HO = 15,368 Gr.
Vollständige Nahrung; Katze-
689
II. Dieselbe Eatzc unmittelbar nachher dem Versuch unterworfen. Mittleres
Gewicht 3,228 K. Beobachtungszeit 51 Stunden.
An Speise. '
Für 1 Kil ogr. in
24 's tu n den in Gr.
Wasser.
C.
H.
N.
0.
Salze.
Kues pieiscil uiiu oui*
~cn zi,u vir.
11,13
3,99
1,47
0,60
3,38
7
4,80
0,53
>
1 A7
Summa.
95,95
15,12
2,07
3,38
5,13
1,07
Ausgegeben.
ich die Niere.
65,71
1,03
0,34
2,40
1,42
0,63
den Darm.
2,01
0,15
0,21
0,01
0,06
0,13
die Lunge.
)
9,23
>
j
?
die Verdunstung u.
nähme des Körperge^^
n'htes.
28,23
4,71
1,52
0,97
0,31
Dem Gewichte nach vertheilen sich die Ueberschüsse der Ein-
luue über die ganze Nieren-, Darm- und die beobachteten An-
ile der Lungenausscheidung- in der Art, dass 17,15 Gr. auf die
i dunstung und 31,39 Gr. auf die Zunahme des Körpergewichts
len.
III. Eine andere Katze Ton 2,177 Kilogr. gab (Beobachtungszeit 8 Tage):
Aafgenommen.
Für 1 Kilogr. in 24 Stunden in Gr.
Wasser.
H.
N.
0.
Salze.
ieisch, Fett u. Wasser.' 101,74
Entleert.
rch die Niere.
den Darm.
die Lunge.
die Verdunstung u.
'nähme des Körperge-
»ffichtes.
82,11
1,99
17,64
18,80
1,53
0,29
9,32
7,64
2,60
0,51
0,04
2,01
3,95
3,58
0,01
?
0,36
6,36
2,21
0,14
?
1,29
0,99
0,24
0,00
Dem Gewichte nach vertheilt sich der Einnahmeüberschuss
ler die Ausgaben durch Niere, Darm und den beobachteten An-
eil der Lungenausscheidung so, dass auf die Verdunstung 9,3ß Gr.,
Kf die Zunahme des Körpergewichts 18,35 Gr. fielen.
Hund. Aus den Beobachtungen, welche Bischoff an zwei
anden, vorzugsweise mit Rücksicht auf die Harnstoffausscheidung
Ludwig, Phygiulogic II. 2. Auflage.
44
690
Vollständigo Nahrung; Hund.
anstellte, heben wir folgende hervor. Der N der Ausgabe beziel
sich immer auf den, welcher im entleerten Harnstoffe enthalten i^
Steht das Körpergewicht unter der Einnahrae, so bedeutet die.si
eine Verminderung, steht es unter der Ausgabe, so bedeutet dies,
eine Vermehrung desselben.
I. Hund mit einem mittleren Gemcht von 31,297 Kilo-Gr. Beobachtungszeit 8 Tage, j
Für 1 Kilo Hund in 24 Stunden in Gr.
Kar-
toffeln.
Fett.
Wasser.
Koth.
Harn.
Ver-
dunstung.
N.
Körper-
gewicht,
Aufgenommen.
Ausgegeben.
28,95
6,53
19,12
8,02
17,65
26,87
0,150
0,200
2,05
An demselben Hunde, als er im Mittel 30,107 Kilo wog, gab
die Vergleichuug des mit den Kartoffeln ein- .und dem Harnstoffl
ausgeschiedenen Stickstoffquantums Folgendes:
II. Beobachtungszeit 7 Tage.
Für 1 K ilo Hund auf 24
Stunden in Gr.
Kartoffeln.
Fett.
N.
Aufgenommen.
49,22
8,28
0,255
Ausgeschieden.
0,138
In. Derselbe Hund mit einem mittleren GFewichte von 35,16 Kilo. Beobachtung-
zeit 15 Tage.
^1
FUr 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.
Fleiscli.
Wasser.
Koth.
N.
Körpcrge-,
Aufgenommen ....
74,79
?
?
1,62
2,01
1,73
9,57
Die folgenden Tafeln beziehen sich auf einen zweiten Hund.
I. Körpergewicht 12,5 Kilo. Beobaohtungszeit 14 Tage.
Für 1 Kilo Hund in 24 Stunden in Gr.
Fleisch.
Wasser.
Koth.
Harn.
Verdunstg.
N.
K. - Gew.
Aufgenommen.
Ausgegeben.
47,14
1,19
1,84
20,70
21,79
1,42
0,84
0
0
■
Vollständige Nalu-ung ; Huud. 691
H. Körpergewicht im Mittel 16,44 Kilo. Beobachtungszeit 6 Tage.
Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.
Fleisch.
Wasser.
Roth.
Harn. 1 Verdnnstg.
1
N.
K. - Gew.
(fgenommen.
«gegeben.
45,62
4,41
1,36
30,25
20,47
1,37
1,17
■
4,56
III. Körpergewicht 17,82 Kilo. Beobachtungszeit 8 Tage.
Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.
Fleisclu
Wasser.
Kotli.
Harn.
jverdunstg.
N.
K. - Gew.
42,08
6,49
1,27
0
1,42
22,88
1 24,82
0,85
0
Ifgenommen.
[gegeben.
IV. Mittleres Körpergewicht 17,75 Kilo. Beobachtungszeit 15 Tage.
Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.
Fett.
Fleisch.
Wasser.
Roth.
Htti-n.
Ver-
dunstung.
N.
Körper-
gewicht.
7,10
1-
42,25
6,77
2,84
23,68
24,29
1,27
0,87
5,31
ifgenommen.
lisgegeben.
V. Mittleres Körpergewicht 13,5 Kilo. Beobachtungszeit 14 Tage.
Für 1 Kilo Hund auf 24 Stunden in Gr.
Fett.
Fleisch.
Wasser.
Koth.
Harn.
Ver-
dunstung.
N.
Körper-
gewicht.
1 ifgenommen.
i^isgegeben.
9,73
35,52
15,34
8,47
21,06
24,69
1,07
0,77
6,37
Vom 6. bis 9, Tag erhielt das Thier, weil es durch das reich-
eh genossene Fett zum Erbrechen gebracht wurde, nur Fleisch.
Einen dritten Hund hat Bischoff gemeinsam mit Voit*)
ünger als ein Jahr dem Versuche unterworfen. Bei diesen mit
mgewöhnlicher Ausdauer und Sorgfalt ausgeführten Beobachtungen
Ttirde täglich bestimmt das Gewicht des Thieres, Gewicht und Zu-
sammensetzung des Futters, Gewicht und Zusammensetzung des
othes, namentlich dessen Wasser-, Zucker-, Fett- und N-Gehalt;
das absolute und spezifische Gewicht des Harns, dessen Harnstoff-
.ttnd N-Gehalt und zuweilen auch der NaCl-Gehalt desselben. — Als
») Die Gesetze der ErnUhrung de» Plelschflressera. 18fl0.
44»
692
Roino Fleischnalirung ; Huud.
Nahrungsmittel wurde verwendet mageres Kubfleiscb [mit folgende.
Zusammensetzung: Wasser = 75,9, feste Theile 24,1; in lOü Gr. ;
.der letztern : C 51,95; H 7,18; N 14,11; 0 21,37; Salze 5,3t!
ferner ausgelassene Butter, Milch- oder Traubenzucker, Stärke, Bro
[mit 53,65 festen Tbeilen und in 100 Gr. dieser C 45,41 ; H 6,4;j
N 2,39; 0 41,63 ; Salze 4,12] ; feinen Leim [mit 82,37 festen Theileu;
in 100 Gr. derselben: C 50,00; H 6,50; N 17,31; 0 25,11. — Ausi
dieser umfassenden Arbeit kann nur ein kurzer Auszug gegebenl
werden. Die in ihr niedergelegten Zahlen dürfen sich noch auf|
viel mannigfachere Weise, als es von den Verfassern gescheheni
ist, zusammenstellen und zur Lösung von mancherlei andern Fragenj
benutzen lassen.
Die Bedeutung der Zahlen in den folgenden Tabellen erhelltl
aus den Ueberschriften; unter corrigirtem Körpergewicht ist das m\
Anfang eines jeden Versuchstages gefundene Gewicht des Thieres»
zu verstehen, nachdem von diesem der Koth in Abzug gebrachtl
wurde, welcher noch von den vorhergehenden Versuchstagen irai
Darm zurückgeblieben war. Alle andern Zahlen beziehen sich auf!
einen Zeitraum von 24 Stunden.
Reine Fleischnahrung.
A. Reihe mit sinkender und aufsteigender Fleischfütterung. Diei
in dieser Reihe verzeichneten Beobachtungstage folgen unmittelbar j
aufeinander. Vor Beginn derselben war die grosse Fütterungsreihe K
mit Brod vollendet, welche unter E (p. 697) erwähnt ist.
Corrigirtes
Körper-
gewicht in
Kilo.
Fleiscli
in Gr.
Wasser
In Gr.
Harn
in C.-C.
Harn Stoff
in Gr.
S t iolc s t off gell al t in Gr.
I des
Fleisches.
des
Harnstoffs.
des
Kothes.
.5 ig
a. 34,377
34,032
33,889
33,905
34,052
34,300 '
34,410
b. 34,620
34,713
c. 34,785
34,773
d. 34,760
34,600
e. 34,51
34,28
1800
1500
1200
900
600
213
5
310
137
340
^ 18
120
10
10
0
0
0
0
0
0
1751
1428
1599
1313
1401
1185
1213
990
1003
830
809
671
615
465
450
86,850
118,524
131,756
120,796
131,694
123,714
123,626
108,50
108,12
89,81
87,37
69,784
65,805
49,848
48,850
40,532
)
55,314
61,490
61,20
56,436 1
61,460 1
57,736
57,694
' 0,96
> 424
51,00
50,63
50,44
0,80
341
40,80
41,91 1
40,77
> 0,64
m
30,60
32,56
30,7 1
0,48 ;
334
20,40
23,26 i
22,47 1
0,32 j
313
Beine Fleischnahrung; Hund. 693
StiokstoffKelialt in Gr.
S b ö
. ]tor-
ht in
Fleisch
Wasser
Harn
Harnstoff
des
1 des
des
.s a< 53
in Gr.
In Gr.
in C.-C.
in Gr.
Mio.
Fleisches
1 Harnstoffs.
Rothes.
K =
1.10
;,74
; 300
> 1 7R
i
0
0
320
317
32,640
32,651
' 10,20
15,23 .
15,23
' 0,16
: 295
,A2
:,03
0
0
274
258
27,400
26,212
6,20
12,78
12,23
0,09
-Mil
0
186
16,926)
7,90
2.15
0
170
17,000
1 0
7,93
1
• 211
1 ,66
\
0
156
. 15,756
7,35
1,23
375
1050
97,650)
45 573 1
1,04
■ 1 , /4
> 1800
105
loU
1424
14/0
131,0081
100,70/ 1
131,222 1
61,20
61,140 1
63,373 1
> 0,55 '
> 457
;i,72
1
120
1339
61,333 '
72,490
83,558
1
M,71 1
162
1618
155,328
0,77
■2,08
2500
268
1865
179,040
85,00
560
2,29
382
1914
183,764
85,762
v32,56
!!32,50
2000
232
136
1678
1409
161,068
142,309
'68,00
75,10
66,41
0,62
579
332,52
B. Versuchsreihen mit grossen Fleischmengen, nachdem vor-
mgig verschiedenes Futter gereicht worden war.
a. Der folgenden Fütterung ging eine Nahrung aus 1000 bis
lOO Gr. Fleisch und 250 bis 300 Gr. Fett voraus.
orrigirtes
-per - Gew.
; n Kilo.
Sticlsstoff in Grammen.
Fleisch
in Gr.
Wasser
in Gr.
•Harn
in G.-C.
Harnstoff
in Gr.
im Fleisch.
im
Harnstoff.
im fCoth.
37,990
1305
150,057 1
70,030
538,182
' 2200
0
1310
146,720
74,798
68,472
X38,184
1490
166,880
77,881 1
38,100
2660
0
1677
181,451
90,438
84,680
38,360
2900
0
1540
175,56
98,597
81,932 (
■38,790
Erbrechen
0
679
76,727
145,008 '
35,096
35,890 /
' 1,36
: 37,620
0
1272
67,674 [
: 37,9 10
. 2200
0
1510
163,080
. 74,798
76,108
;-37,980
:.38,000
0
1495
158,470
73,956
0
1505
153,510
71,641
:f38,040
0
b. Der folgenden Reihe ging voraus eine Fütterung mit
60 Gr. Fett und mit Fleisch, welches letztere absteigend von
ÖOO Gr. bis auf 400 Gr. gereicht wurde.
694
lleinu l'loischnahrung ; Hund.
Corrigirtos
Körperge-
wicht in
ICilo.
Fleisch
in Gr.
Wasser
in Gr.
Hnrn
in C.-C.
]
Hamstoß'
in Gr.
stickst
des
off in Grammen.
des ' des
Ilaarnstofls. j ICothes.
Mittlere 1
Pcrspirn- 1
(ioii In Gr. j
38,88
39,55
. 39,80
39,99
40,40
40,47
, 2100
> 2000
0
977
1210
1179
1045
1252
113,652
136,730
126,153
108,680
137,720
71,397
. 68,000
53,040
0.3,811 1
58,874 ,
50,720 1
64,273
1,25
c. d. Den folgenden Reihen, von denen die erste 4 Monate
früher fiel als die letzte, ging eine Kost aus Brod und Brlihe voraus.
In der zwischen beiden Reihen gelegenen Zeit war der Hund durch
Fett und Fleisch gemästet worden.
Corrigirtes
N-Gohalt in
Gr.
Körperge-
Fleisch
Wasser
Harn
HarnstofT
des
des
des
wicht in
in Gr.
in Gr.
in C.-C.
in Gr.
im ^
Kilo.
Fleisches.
Harnstoffs.
Küthes.
2000
1800
0
1384
116,256
145
1458
128,304
.335
1450
136,300
1.32
1096
108,504
218
1208
123,216
275
1241
123,852
132
1275
127,500
218
1270
129,290
447
1290
129,258
295
1220
126,392
411
1344
126,336
443
1305
127,890
317
1276
127,600
68,000
61,20
54,25
59,87
63,61
50,638
57,503
57,801
59,50
60,34
60,32
58,98
58,96
59,68
59,50
0,62
664
0,67
Fett und Fleisch; Hund.
695
Fütterung mit Fett und Fleisch.
C. In den nächstfolgenden Versuchen ist ein und dieselbe Menge
im Fett mit immer steigenden Mengen von Fleisch verbunden. —
lie zu einer Eeihe mit gleichem Fettgehalt gehörenden Beobach-
igen sind zum Theil nicht unmittelbar nacheinander angestellt.
a. Ihr vorausging eine Fütterung mit 150 Gr. Fleisch und 100 Gr.
acker.
iigirles 1
l><^jse- j Fleisch
■J.'f "> I in Gr.
Kilo.
Fett
in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
Harnstoff
in Gr.
Sticltstoff in Gr.
des des
Fleisches, Harnstoffs.
des
Küthes.
>,35
>,13
.:7,97
•i^,38
2S,36
2S27
2s,l9
150
250
0
5
307
500
280
313
273
410
310
220
350
243
186
334
293
393
264
312
412
352
15,05
14,67
15,62
17,50
15,62
13,99
13,62
18,10
16,32
15,35
5,10
7,02
6,84
7,29
8,18
7,29
6,53
6,35
8,45
7,62
7,16
0,65 N.
b. Zwischen der vorhergehenden und der nun kommenden Reihe
I gen drei Tage, während welcher 250 Gr. Fett, 250, 350, 450 Fleisch
füttert wurden. — Die folgende Reihe, welche 32 Tage anhielt,
durch 5 Zahlenreihen wiedergegeben. Die Körpergewichte sind
iiommen vom 1., 9., 17., 25., 33. Tage; das Wasser, der entleerte
larnstoff und also auch der N desselben in einer jeden Reihe i^
s Mittel aus dem 1. bis 9.; dem 9. bis 17. u. s. f. Tage. Der
S!^ des Kothes ist das Mittel aus allen Tagen.
Fleisch
in Gr.
Fett
in Gr.
Wasser in Gr.
Harn-
stoff
in Gr.
N-Gehalt
des d. Harn- | des
Fleisches. stoffs. Kothos.
Am
1. Tag
Am
;'9. Tag
Am
in. Tag
Am
j25. Tag
Am
33. Tag
28,25
30,10
31,33
32,40
33,37
500
250
Mittel für je
8 Tage
1 — 8=215
9_1G=109
17-24= 114
25-32= 137
28,503 f r 13,302
31,744 ( 1 14,815
31,541
31,184
14,720
14,554
696
Fett und Fleisch; Hund.
c. d. Zwischen b und c liegen 3 Tage mit 750 Gr. Fleisch
und 250 Gr. Fett. Zwischen c und d 3 Tage mit 1250 Gr. Fleisch
und 250 Gr. Fett.
Gorriglrtes
Körperge-
gewicht in
Kilo.
Fleisch
in Gr.
Fett
in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
UarnstofT
in Gr.
des
Fleisches
N-Gehalt
des
Harnstoffs.
22
545
62,13
90
530
58,30
30
555
61,61
0
853
98,94
0
830
94,62
47
876
99,86
0
870
100,05
des
Kotlie».
34,06
34,16
34,49
34,61
35,67
35,96
36,39
36,71
36,97
1000
1500
250
250
34,0
51,0
28,99
27,20
28,75
46,17
44,16
46,60
46,78
,42
10,1
e. Der folgende Versuch wurde 141/2 Monate später als der
soeben verzeichnete unternommen ; ihm unmittelbar voraus geht eine
Nahrung von 1800 Gr. Fleisch.
38,58
38,87
39,25
39,44
39,64
40,01
40,18
40,30
1800
250
130
1119
193
1124
160
1210
25
1115
473
1174
281
1226
495
1167
117,94
113,52
120,761
115,741
1 19,75 I
127,50 I
130,00
61,20
55,04
52,98
56,35
54,01
55,88
59,51
60,67
0,75
f. Diese Reihe liegt der Zeit nach zwischen d und e. Un-
mittelbar vorher ging eine Fütterung mit 2000 Fleisch und 200 bis
300 Stärke.
34,72
34,58
34,64
34,86
2000
250
0
200
125
1428
1432
1429
131,38
140,34
136,04
68
66,23
61,32
63,49
0,55
g- h. i. k. Reihe aus Fett und Fleisch; wie in den -vorhergehen-
den änderte sich bei gleichem Fett das Fleischgewicht. Die Zah-
len smd Mittelzahlen mit Ausnahme der in den beiden ersten Co-
lumnen verzeichneten. Die Versuchsreihen, aus denen sie gebü-
Zucker und Fleisch; Hund.
697
t sind, liegen unmittelbar hintereinander, sie folgen auf eine sehr
chliche Fleischnahrung.
i
Gewichtszu-
nahme In Gr.
Fleisch
in Gr.
Fett
In Gr.
Wasser
in Gr.
Harn -
menge
in C.-C.
Hnnistoff
in <3r.
Stic
Gr
des
Fleisches.
lest off
a m m en
d. Harn-
stoffes.
in
des
Kothes.
Beob-
achtungszelt.
904
!I61
148
)03
+ 30
+ 31
— 485
— 70
1500
1000
700
400
150
150
150
150
0
0
0
105
1077
656
509
292
108,76
73,34
53,41
34,89
51,0
34,0
23,8
13,6
50,76
34,27
25,86
16,10
0,52
0,55
0,58
0,25
2 Tage
3 „
5 „
2 „
Die folgenden Beobachtungen sind so geordnet, dass . das
eeisch constant und das Fett veränderlich gemacht wurde.
1. m. p. Der Beobachtung voraus ging die p. 674 hingestellte
.'Hungerreihe, darauf 1 Tag mit 1500 Fleisch und 100 Fett.
igirtes
rrperge-
dcht in
KUo.
Fleisch
in Gr.
Fett
Wasser
Harn
Harnstoff
in Gr.
in Gr.
in C.-C.
in Gr.
193
405
33,21
178
384
33,79
100
30
319
30,62
186
359
37,77
200
552
456
35,57
121
347
32,62
132
319
32,857
300
542
558
34,373
288
338
29,203
Stickstoff in Grammen
des
Fleisches.
des
Harnstoffes.
des
Kothes.
^7,37
77,34
•7,29
'.7,22
".7,18
:7,24
'.7,50
■7,49
:7,55
•.7,72
■7,90
17,91
500
17,00
17,00
17,00
15,49
15,77
13,71
17,62
16,60
15,22
15,30
16,00
13,62
0,62
0,55
0,50
0. Die kommende Beobachtung liegt etwa 2 Monate später als
vorhergehenden und sie folgt einer Fütterung aus Fleisch und
Icker.
56,300
S6,180
500
250
243
598
150
402
363
38,473
438
39,682
703
75,924
17,00
17,90
18,00
17,71
17,71
3,98
Die folgenden Reihen p. q. r. sind repräsentirt durch eine
lihe von Mittelzahlen; sie folgten unmittelbar auf eine Nahrung
«8 Fett und Leim.
698
Floisch und Traubonüucker ; Hund.
Corrigirtes
Körperge-
wiclit iQ Gr.
Gewichtsver-
Itist in Gr.
Fleisch
in Gr.
Fett
in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
Harnstoff
In Gr.
Stickstoff
in Gr.
des 1 des
Fleisches, j Harnstoffes,
"o '3
« N
<u 0
« a
35,60
34,55
— 1050
— 300
176
176
50
200
624
681
187
278
17,67
18,40
6,20
6,20
8,24
8,58
4 Tage
4
34,25
+ 0
176
300
634
249
18,25
6,20
8,52
3 „
D. Nahrung aus Fleisch und Traubenzucker.
Die folgenden Keihen a. b. c. stellen in Mittelzahlen drei auf-
einanderfolgende Versuchsreihen dar. Ihnen voraus ging eine Eeihe
mit Fett- und Fleischnahrung.
Das Körpergewicht ist vom Anfang jeder Eeihe genommen.
Die Gewichtszunahme ist die gesammte, während je einer ganzeii
Reihe eingetretene. Das Vorzeichen + bedeutet einen Zuwachs,
— eine Verminderung.
Körpergew.
in Kilo.
Gewichtszu-
nahme in Gr.
Fleisch
In Gr.
Trauben-
zucker in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
In C.-C.
Stickstoffgehalt
1
OD , ■
Harnstoff
in Gr.
des
Fleisches.
in G r.
d. Harn-
stoffes.
des
Kothes.
36,39
+ 177
500
300
303
350
32,73
17,0
15,27
0,56
3 Tu.
36,51
— 70
500
200
344
366
35,56
17,0
16,60
0,56
3 ..
36,52
— 700
500
100
254
332
37,60
17,0
17,70
0,56
3 ..
d. Der folgenden Reihe ging in Fütterung nur Fett und Fleisch
vorher.
28,47
34,74
— 120
+ 200
150
2000
100
bis 350
200
208
0
196
13,42
5,1
68,0
6,23
62,65
1,35 |6Tö
1,72 bla.
1288 134,25
Dasselbe Resultat giebt eine Reihe mit 2000 Gr. Fleisch und
100 Gr. bis 200 Gr. Milchzucker.
E. Nahrung aus Fleisch, Fett und Stärke.
i .
o o
:o ■3
(Vichts zü-
rne in Gr.
Fleisch
in Gr.
Stärke
in Gr.
Fett
In Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in
C. - C.
Harn-
stoff
in Gr.
Ui
? 'S
34,93
640
500
250
250
475
640
39,25
Stickstoff in Gr.
des d. Harn- des
Fleisches. Stoffes. Kothes.
17,0
18,33
03 a
0,66. |4T8ge|
Brod, Loiiu; Hund.
699
F. Nahrung aus Brod.
In der folgenden Tabelle, welche über eine während 41 Tage
rrtgesetzte Brödnahrung Auskunft giebt, sind die Mittelzahlen
|S je 6 Tagen zusammengestellt.
Stlcksto ff
Grammen
des 1 des
Brodes. Harnstoffes.
i n
des
Rothes.
Versuchs
tage.
Mittleres Ki
pergewlch
In Kilo.
Brod
in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
Harnstoff
in Gr.
Koth
in Gr.
1 bis 6
34,39
500
561
364
20,79
166
6,4
9,7
1,1
.,12
34,46
626
574
449
21,18
152
8,0
9,9
1,0
„ 18
33,96 .
676
696
670
23,74
178
8,7
11,0
1,2
' 24
34,29
896
1001
964
27,59
226
11,5
12,9
1,5
. „ 30
34,28
843
764
809
25,91
270
10,8
12,0
1,8
„ 36
34,26
966
990
882
27,21
357
12,4
12,7
2,3
■ „ 41
34,72
911
597
723
26,01
290
11,7
12,1
1,9
G. Nahrung aus feinem französischen Leim.
- riglrtes
• rgewlchl
. Kilo.
Leim in
Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
Harnstoff
in Gr.
Sticks
des
Lelms.
t 0 f f i n Gr
des
Harnstoffs.
a ffl m e n.
des
Rothes.
:!7,06
515,84
'.(i,6S
.;ii,44
■ 200
692,2
792,0
930,0
580
745
744
63,800
67,050
66,216
> 34,62
29,776
31,292
30,913
■ 0,26
H. Nahrung aus feinem französischen Leim.
Leim
in Gr.
Fett
in Gr.
Wasser
in Gr.
Harn
in C.-C.
Harnstoff
in Gr.
Stickstoffin
Grammen
des
Leims.
des
Harnstoffs.
des
Rothes.
200
50
100
200
200
200
1026
790
63,20
1302
878
55,84
767
853
69,95
685
325
34,45
828
256
24,63
382
289
26,59
778
318
32,75
752
356
38,52
723
333
38,30
34,62
8,66
17,31
29,50
26,06
32,64
16,08
11,55
12,41
15,29
17,98
17,87
0,50
0,43
0,52
r^QQ Vollständigo Nahrung ; Turteltaube. . |
Turteltaube. Folgende Zusammenstellung giebt Boussin-
gault:
I. Mittleres Körpergewicht 186,08 Gr. Beobachtungszeit 7 Tage.
Für 1 Kl
lo Taub
e auf 24
Stunde
n i n G r.
Emgcnommcn.
Wasser.
C.
H.
N.
0.
Salze.
K.-GCV,.
In der Speise ....
12,74
35,98
4,88
2,56
32,55
2,00
0,94
Durch die Lunge . .
107,10
Ausgegeben.
Durch Darm und Niere.
29,89
7,50
0,92
1,69
6,38
1,98
„ Verdunstung.
18,39
28,28
3,96
0,87
26,17
0,02
Der H des Verdunstungsrestes entspricht 35,64 Gr. HO; ad-
dirt man dieses zur Einnahme und zieht von der Summe das Wassei
des Harnes und Kothes ab, so gewinnt man die Zahl, welche iu
die Reihe Verdunstung eingetragen ist. — Der ausgeathmete C ist
an derselben Taube auch noch auf direktem Wege geprüft und
ganz nahe tibereinstimmend mit dem auf indirektem Wege erhal
tenen gefunden worden.
II. Eine Turteltaube von 175,6 Gr. Körpergewicht gab durch
die Verdunstung 20,32 Gr. C. auf die mittlere Tagesstunde ; dieses
Thier Hess Boussingault 216 Stunden hungern, wobei sein Ge-
wicht auf 112,5 Gr. sank. Als darauf wieder die gewöhnliche
Portion Hirse gereicht wurde, nahni das Köi-pergewicht und der
ausgehauchte C folgendermaassen zu. — Die Zeit ist von der ersten
Stunde des Fi-essens an gerechnet.
Zeit in Stunden.
Körpergewicht.
Zeit in Standen.
C in einer mitt-
leren Tagesstunde.
nach 48
143,7
nach 24
0,168
„ 168
150,1
„ 48
0,206
» 480
157,3
„ 84
0,249
„ 264
0,250
Zu geringe Nahrung; Turteltaube.
701
Fütterung mit einer zu geringen Menge vollständiger Nahrung,
hö Versuche won Chossat Hessen sich, wie folgt, zusammenstellen.
"Thier.
Gewicht
Tägliche Nahrung.
Gewicht der
tägl. ICndaus'
gaben für die
Gew. d. tägl.
Futters auf
die Gewichts-
dess6lben*
Wasser.
Körner.
Einheit des
Körpergew.
einheit des
Thieres.
150,15
18,97 Gr.
16,57 Gr.
0,237
0,237
139,01
9,19 „
8,29 „
0,172
0,125
119,78
3,30 „
4,14 „
0,089
0,062
99,19
2,40 „
2,07 „
0,095
0,045
149,0
0,00 „
0,00 „
0,057
0,000
136,9
23,50 „
17,03 „
0,296
0,296
123,7
9,78 „
8,55 „
0,205
0,148
100,9
4,53 „
4,27 „
0,125
0,087
86,1
1,49 „
2,07 „
0,101
0,041
132,0
0,00 „
0,00 „
0,057
0,000
Unterschied
der Einnahme
and Ausgabe.
labe 1.
aube 2.
labe 3.
tabe 4.
0,000
0,047
0,027
0,050
0,057
0,000
0,057
0,038
0,060
0,057
Aus dieser Tafel geht hervor, dass die Ausgaben mit den Einnahmen abnehmen,
doch keineswegs in der Art, dass die Abnahme beider proportional geht, da bei
genügender Nahrung die Ausgaben das Gewicht der ersteren überwiegen. Daraus
Igt, dass die Thiere auch in diesem Falle dem langsamen Hungertode entgegengehen,
: sich einfindet, sowie die Abmagerung der wichtigen Organe auf einen dem früher
rähnten ähnlichen Grad gediehen ist.
Die zusammengestellten Thatsachen beantworten zunächst fei-
nde Fragen; 1) "Wie ändern sich die Gewichte und die Zusam-
aensetzung der Masse des gefütterten Thieres beziehungsweise die
UBgaben desselben einerseits mit dem Gewicht und der Mischung
•s Thieres, bevor es in eine Ftitterungsreihe eintrat, und ander-
iits mit dem Gewicht und der Mischung des Futters, das es wäh-
nd der Reihe erhielt. 2) Wie vertheilen sich die Ausgaben des
üerischen Körpers auf die einzelnen Ausscheidungswerkzeuge mit
nr Aenderung der Nahrung.
Ma^senänderung des Thieres.. Die folgende Darstellung
in Ermangelung anderer Thatsachen vorzugsweise auf die Er-
Ihrungsverhältnisse des Hundes angewiesen, wie sie von Bi-
jhoff und Veit ermittelt sind.
702
Massenänderung des Thiers mit der Nahrung.
1, Die Gewichtsänderung' des Thieres an und für sich, also
die Ab- oder Zunahme seiner Masse, abgesehen von der chemi-
sehen Zusammensetzung derselben stellt sich verschieden mit der
Menge und der Zusammensetzung der Nahrung, mit dem abso-
luten Körpergewicht und der vorausgegangenen Fütterungsweise
des Thiers.
a. Wenn man einen Hund, der nicht über 34 Kilo schwer
ist, nach vorausgegangener Fleischfütterung in der Weise ernährt,
dass auf 1 Kilo Thier in 24 Stunden 52 Gr. magern Fleisches ge-
reicht werden, so tritt regelmässig eine Gewichtszunahme ein ; werden
weniger als 40 Gr. gegeben, so magert das Thier ab. Durch eine
Nahrung zwischen 40 und 50 Gr. pr. Kilo kann sich ebensowohl
das Gewicht mehren als mindern. Trat dagegen das Thier ans
einer Nahrung, die aus Fleisch und Fett gemengt war, oder nur
aus Brod bestand, in eine reine Fleischnahrung ein, so konnte
selbst bei einer Fleischmenge von 61 Gr. pr. Kilo das Körperge-
wicht merklich sinken. War der Hund auf 38 Kilo gemästet, ||
genügten selbst bei anhaltender Fleischfütterung 46,4 Gr. Fleisch
pr. Kilo nicht mehr, um das Körpergewicht zu steigern.
Zu der folgenden Tabelle ist zu bemerken, dass das Fleisch
75,9 pCt. Wasser enthielt. Die unter der ersten Columne str
henden Buchstaben verweisen auf die schon früher mitgetheilteu
Beobachtungen.
VersHChszalü.
Beobachtungszoit.
Anfangsgewicht
der Thiero in
lülo
Alittle.re Ge-
wichtszunahme
d, ganzen Tlileres
Fleiscli in Gr.
pro Kilo.
ii
Gram.
A. a
1. und 2. Tag
34,78
244 . Q.T gc
3. bis 7. Tag
33,89
- 126
^^^^^
b
2 Tage
34,62
- 82
43,32
0
» ))
34,78
- 12
34,02
d
)i »
34,76
- 125
25,89
e
)> )>
34,51
- 205
17,38
f
)> ))
34,10
- 290
8,60
g
)> ))
33,42
- 485
5,26
0
h
3 Tage
32,61
- 493
i
4 Tage
31,23
- 120
57,64
k
3 Tage
. 31,71
- 283
78,84
1
2 Tage
32,56
- 20
61,42
B. c
1. und 2. Tag.
32,80
- 175
60,79
d
10 Tage'
38,79
- 59
46,40
b. Wenn dem Fleisch noch Fett zugesetzt wird, so genügt
eine viel geringere absolute Futtermenge, um eine Gewichtsver-
Masscnänderuug mit der Zusammensetzung der Nahrung. 703
linuig herbeizuführen. Dieses zeigt die folgende Zusammen-
llimg.
ißeob-
itungs-
Beobachtangs-
zeit.
Aufangsgew.
des Thleres
in Kilo.
Mittlere t'agl.
Gowiclitszu-
nalime d. gan-
zen Thieres
in Gram.
Mittlere Ge-
wiclitszu-
naliine pro
ICilo Tliicr
in Gr.
Fleiscli
pr. Kilo in Gr.
Fett pro Kilo
in Gr.
J. 1
3 Tage
37,37
-- 43
- 1,15
13,37
2,67
m
37.18
h 25
- 0,67
13,44
5,25
1 bis 8 Tag
28,26
- 231
- 8,17
17,70
8,55
9 bis 16 Tage
30.10
- 154
.}. b
' 17 bis 24 Tage
31,33
- 134
25 bis 32 Tage
32,40
- 121
■ + 3,73
15,43
• 7,71
:i n
3 Tage
37.55
- 120
+ 3,19
13,31
7,99
;j. a
10 Tage
28,35
- 26
- 0,91
5,29
8,82
:j. c
3 Tage
34,06
+ 116
- 3,41
29,36
7,34
.'J. d
4 Tage
35,67
+ 325
- 9,76
42,00
7,01
J. e
7 Tage
38,58
+ 246
- 6,38
46,65
6,48
fl f
3 Tage
34,72
-j- 46
- 1,32
57,60
7,20
Hebt man sich aus dieser Tabelle die Zahlen heraus, wo bei
:iichem Körpergewieht und gleicher Fleischgabe die Fettmenge
tiränderlich ist, so erhält man
Körpergewiclit.
Fleisch
pro Kilo.
Fett
Gewiclitazunahme
pro Kilo.
37,37
13,37
2,67
— 1,15
37,18
13,44
5,25
+ 0,67
37,55
13,31
7,99
+ 3,19
I
Darnach wächst also mit dem steigenden Fettgehalt der Nah-
mg auch das Körpergewicht.
Hebt man aus der Tabelle die Zahlen heraus, wo bei annä-
irnd gleichem Körpergewicht die Fettgabe dieselbe blieb, aber
te Fleischfütterung veränderlich war, so erhält man
Körpergewicht.
Fett
Fleisch
Gewichtszunahme
pro Kilo.
pro Kilo.
37,35
7,99
13,31
+ 3,19
35,67
7,01
42,00
+ 7,08
38,58
6,38
46,65
4- 6,48
Darnach wächst auch mit dem steigenden Fleischgehalt der
lahrung das Körpergewicht.
704
Massonänderung mit der Zusammensetzung der Nahrung.
Entnimmt man ferner der vorstehenden Tabelle solche Zahlen,
in denen das Fleisch und Fettfutter annähernd gleich war, dag
Körpergewicht aber sich verschieden stellte, so ergiebt sich
Körpergewicht.
Fleisch
Fett
pro Kilo.
Gewichtszunahme
pro Kilo.
28,25
17,70
8,85
+ 8,17
32,40
15,43
7,71
-1- 3,37
35,6
■ 42,00
7,01
+ 9,76
38,5
46,65
6,48
+ 6,38
32,40
15,43
7,71
+ 3,37
37,18
13,44
5,25
+ 0,67
Demnach nimmt die Gewichtseinheit Körpermasse durch das-
selbe Futter um so weniger zu, je mehr das Thier schon ge-
mästet war.
c. Die vorliegenden Versuchsreihen lassen erkennen, dass bei
der gleichzeitigen Fütterung mit Zucker und Fleisch; Amylon und
Fleisch; Zucker, Amylon und Fleisch sich die Erfolge ähnlich veF
halten. Die Erfahrung, dass sich die Thiere nur bei gemischter
Kost mästen, ist auch schon längst den Landwirthen geläufig. So
giebt u. A. Boussingault*) an, dass Gänse und Enten, die
leicht durch eine reichliche Nahrung von Mais oder von Reis mit
einem Butterzusatz zu mästen sind, nicht durch Reis allein eine
wesentliche Vermehrung ihres Gesammtgewichtes erfahren. Ebenso
nahmen Schweine rasch und bedeutend an Gewicht zu bei einem
Futter, das Fett, Eiweiss, Kohlenhydrate und Salze in einem Ver-
hältniss von 1 : 5,18 : 20,65 : 1,82 enthielt, während sie bei Futtei
das die oben genannten Bestandtheile in derselben Reihe gezählt,
im Verhältniss von 1 : 5,30 : 37,38 : 2,65 enthielt, nur laugsam
zunahmen und namentlich nicht damit gemästet werden konnten,
selbst wenn auf gleiche Gewichtsmengen Thier von dem letztei-en
Futter Sehl- viel mehr gereicht wurde, als von dem ersteren.
d. Während einer reichlichen Nahrung aus Leim und Fett
nimmt das Körpergewicht allmählich ab.
e. Bei einer Nahrung aus Brod kann ein Hund wie das vor-
liegende Beispiel zeigt, bestehen. Katzen starben bei dieser Fütte-
rung eines sehr langsamen Hungertodes, wie Bisch off und Veit
durch besondere Versuche darthun.
•) Annales de chimie et de physlque. 8me Sdrle. XIV. Bd. (1845). 419.
Chemische Aenderung der Körpermasse mit der I^ahrung.
705
2. Ob sich auch die chemische Zusammensetzung der thie-
ischen Massen mit der Fütterung ändere, lässt sich durch die
jialyse des getödteten Thieres und durch die Vergleichung der
innahmen und Ausgaben des lebenden entscheiden.
a. Wenn während einer Fütterungsreihe alle Elemente der Ein-
ihmen und Ausgaben mit höchster Sorgfalt quantitativ bestimmt
iin würden, so könnte man auch angeben, welche von den we-
BQtlichen Atomcomplexen des thierischen Körpers (Eiweiss, Fett etc.)
ssgeschieden und welche statt dessen angesetzt wären. Beobach-
lagen, die dieser Anforderung entsprechen, sind sehr schwer her-
sstellen; und unter allen bekannten nähert sich einzig eine von
Schmidt angestellte dem genannten Ziele an. (Siehe Katze II.
cd III.). — Wenn, wie es in der grossen Fütterungsreihe von
ischoff und Yoit geschehen ist, nur die Aenderung des Ge-
mmtgewichtes und von den elementaren organischen Ausgaben
rr die des N bestimmt wurde, so reichen diese Data auch nur hin,
i einzusehen, wie sich mit der Aenderung der Gesammtmasse der
eckstoffzuwachs gestaltet habe. Eine Vergleichung dieser beiden
rtänderlichen führt, auch wenn sie von allen hypothetischen Zu-
jzen befreit wird, zu bemerkenswerthen Ableitungen.
A. Reine Fleischnahrung.
I. Fälle, in »welchen das Thier gleichzeitig an Gesammtge-
'hht und an N verlor.
iiiche Fleisch-
menge.
ÖO Gr.
00
«10
6
V
Beobaclitungszeit
und Tage.
je 2 Tage
Verlust an Ge-
snmmtgewicht.
Gesanimtver-
lust an Stickstoff.
24
253
412
617
810
Gr.
2,3
3,0
5,5
10,4
13,0
Verlust d. Kör-
pergewichts dividirt
durch den Stickstoff-
verlust.
10,4
84,3
74,9
64,5
62,3
II. Verlust an Gesammtgewicht und Gewinn an Stickstoff.
Tägliches Fleisch. Bcobnchtungszelt.
18Ü0 Gr. 3 Tage.
1800 „ 7 „
2000 „ 2 „
. udwig, Physiologie II. 2. Auflage.
Verlust an Gesammt-
gewicht,
70 Gr.
136 „
89 „
Gewinn au N.
29,4
6,4
24,4
45
706
Chemische Aenderung der Körpermasse mit der Nahrung.
III. Gewinn an Gesammtgewicht und -an Stickstoff.
TBgl. Fleisclmalirung. Beobaehtungszeit. Gewinn an Gesammt- Ge^vinn an Gewinn an Gcsaminl.
gewicht. Stickstoff, gewicht divid. d. den
Gewinn an Stickstoff
1800 7 Tage. ' 241 Gr. 26,0 Gr. 9,3
1800 4 „ 479 „ 11,3 „ ,42,4
2100 u. 2000 5 „ 1592 „ 46,4 „ 34,3
2500 3 „ 853 „ 10,6 „ 80,5
Diese Zusammenstellung lässt erkennen, dass der Hund bei |
einer reinen Fleischnahrung reicher an einem stickstoffhaltigen P
Atom werden müsse.
Dieses ergiebt sich ohne weiteres für die Fälle, in welchen i
das Gesammtgewicht abgenommen hat und trotzdem in der Nah-
rung mehr Stickstoff eingenommen wurde als durch den Harn ab
geschieden war. Dass aber auch bei der gleichzeitigen AbnahD
des Gesammtgewichts und des Stickstoffs der Hund stickstoffreichei '
geworden sei, folgt daraus, dass der Quotient aus dem Gesammt- i
Verlust durch den Stickstoffverlust grösser ist, als der Quotient aib '
dem N-Gehalt des Fleisches (der einzigen Nahrung) in das g
nossene Fleisch; der letztere beträgt nämlich nur 29,4, währen
der vorhergenannte Quotient im Mittel 59,2 ist. Dass endlich abt
dasselbe Gesetz auch für den Fall gilt, in welchem der Stickstu
und das Gesammtgewicht zugenommen haben, folgt aus der W
gleichung der Fleischnahrung mit einer aus Fleisch und Fett odci
auch nur aus ßrod. l|
B. Fleisch- und Fettnahrung.
I. Verlust an Gesammtgewicht und an Stickstoff.
Tägliche Nahrung '
an Fleisch. an Fett. Beobachtungszeit. Verlust an Ge- Verlust an N. Verlust an Gi
suumitgcw. sammtgewlcht (
divid. durch den
Verlust an N.
150 Gr. 250 Gr. 10 Tage. 161 Gr. 28,2 Gr. 5,7
700 „ 150 „ 5 „ 485 „ 13,2 „ 61,2
n. Gewinn an Gesammtgewicht und an Stickstoff.
Fleisch. Fett. Beobachtungszeit. Gewinn an Gesammt- Gewinn Gew-inn an Ge- Ir
gewicht. an N. w-iclit divid. d. i
d. Ge«inn an N. K,
500 250 31 Tage 4543 Gr. 61 74,4
1000 250 3 „ 654 „ 13 50,3
1500 250 4 „ 1175 „ 16 73,4
1800 250 7 „ 1715 „ 28 61,2
2000 250 3 „ 143 „ 12 11,8 |||
Chemische Aenderuiig der KÖrpermasso mit der Nahrung.
707
Vergleicht man den mittleren Quotienten aus dem Gewinn an
Pörpermasse und den des Stickstoffs bei reiner Fleischnalu-ung und
«i Fleisch- und Fettnabrung, so findet man ihn im ersten Fall
:. 41,6 und letzteren 54,2, Es war also im ersten Fall in der
lifgespeicherten Körpermasse mehr N enthalten als in letztern.
))ch auffallender ist das Missverhältniss, wenn man die Brod- und
eeischnahrung vergleicht. Als der Hund 41 Tage hindurch mit
■cod gefuttert war und dabei um 531 Gr. leichter geworden war,
r.tte er 126,4 Gr. N mehr ausgegeben als eingenommen. Hier
ttrug also der beregte Quotient gar nur 4,1.
Sieht man die Zahlen, aus denen die vorstehenden Mittel ge-
ilen sind, im Einzelnen durch, so macht man die Bemerkung,
.<ss vorzugsweise beim Uebergang aus einer Fütterung in die
iidere eine Accommodation des Stickstoffgehaltes des Körpers an
m der Nahrung stattfindet. Dieser Umstand deutet darauf hin,
gss ein Theil jenes Stickstoffs, der in den Ausscheidungen fehlte,
cer in ihm zuviel vorhanden war, aus dem Harnstoff der thie-
eehen Säfte stammte oder in diesen verwandelt wurde; denn nach
rr Analogie einer an Kochsalz und ähnlichen Stoffen ärmeren oder
ccheren Kost in ihrem Einfluss auf die Anhäufung und Abschei-
mg des Chlors im thierischen Körper (p. 397) könnte man auch
itr vermuthen, dass wenn sich in Folge eines Kostwechsels die
imge des bisher gebildeten Harnstoffes ändert, nicht allein die
lantität des ausgeschiedenen, sondern auch des in den Säften ver-
iilenden Harnstoffs varürt.
Wenn aber beim andauernden Genuss derselben Nahrung auch
Einnahme und Ausgabe des N dauernd sich nicht entsprechen,
I dürfte es jedenfalls zu einer Aenderung der eiweisshaltigen Ge-
ibe und Säfte kommen, wie dieses sogleich erörtert werden soll.
? würde wünschenswerth sein, zu wissen, auf welches Minimum
-i Maximum der Gehalt des thierischen Körpers an Eiweissstoffen
bracht werden kann, ohne dass die Leber beeinträchtigt wird.
1 b. Die Aenderung, welche die chemische Zusammensetzung
les Thiers durch eine bestimmte Fütterungsweise erfahren hat,
Dan durch die chemische Analyse aufgehellt werden, entweder
I mn man von zwei möglichst gleichartigen Thieren das eine vor
: :?inn und das andere nach Schluss der Fütterung tödtete und
~ liegte, oder dadurch, dass mehrere möglichst gleichartige Thiere
• verschiedene Weise gefüttert wurden und nach ihrem Tod das
: rrhältniss der wesentlichen chemischen Bestandtheile des Thieres
46*
70.8
Chcmisolie Aenclerung der Korpermasso mit der Nahrung.
hingestellt wird. Es bedarf kaum der Andeutung, dass diese Ver-
fahrungsweisen keinen Anspruch auf besondere Genauigkeit machen.
Muskeln und Hirn der Katzen, welche bei Brodnahrung ver-
hungerten, enthalten in 100 Theilen mehr "Wasser als die genannten
Organe der mit Fleisch ernährten Thiere. Der Unterschied beträgt
zwischen 3 bis 5 pCt. (Bisch off, Voit).
Gemästete Schweine enthalten nach Boussingault weniger
(fettfreie) Knochen als ungemästete; Fett und Muskeln stehen da-
gegen in magern und gemästeten Schweinen annähernd in dem-
selben Verhältniss zu einander.
m
Haut mit
Borsten.
Fettfreie ,
Knochen.
Alles Fett.
Muskel.
Quotient aoi
dem Fleisch
und Fett.
Mit Kartoffeln gefütt. =
65 Kilo mittl. Gewicht
9,5
6,5
22,5
37,2
0,60
Mit KartolFeln, Milch und
Spülwasser = 75 Kilo
mittleres Gewiclit
8,27
6,91
25,57
39,69
0,64
Mit Mastfutter = III K.
mittleres Gewicht
9,35
6,23
27,30
41,46
0,65
Es wäre wünschenswerth zu wissen, wie sich mit der Ra^e,
der Aenderung des Mastfutters u. s. w. die Zusammensetzung ge-
staltete.
Boussingault zerlegte auch gemästete Enten und Gänse';
seine Resultate sind in den folgenden Zahlen enthalten. Das -1
vor der Zahl bedeutet einen proportionalen Gewinn, das — einen
eben solchen Verlust, d. h. den Quotienten aus der Gewichtszn-
oder Abnahme der einzelnen Organbestandtheile in das Ursprung
liehe vor der Mästung vorhandene Gewicht.
I. Gänse mit Mais gemästet. Mittel aus 6 Versuchen.
Fett.
Pettfreie Knochen. Pettfreie Hallt, Mus-
keln, Bindegewebe.
— 0,094 + 0,274
-h 4715
2. Ente mit Reis gestopft.
Fettfreie Haut, Mus-
Fettfreie Knochen, kein, Bindegewebe.
Fett.
+ 0,183 0,0 H- 0,269
2. Ente mit Reis und Butter.
Fett.
1,096
Fettfreie Haut, Mus-
Fettfreie Knochen. kein, Bindegewebe.
— 0,133 + 0,195
Schlund.
— 0,300
Schlund.
- 0,298
Schlund.
— 0,456
Hirn.
0,0
Hini
0,0
ffirn.
0,0
Tägliche Ausgaben.
709
Wie beim VerhuTigern das Hirngewicht nicht heruntergeht, so
teigt es beim Mästen nicht; der Schlund und die Knochen magern
Je bei den Schweinen während des Mästens ab. Die zu der
:aut, den Muskeln und deren Hilfsifverkzeugen gehörenden Eiweiss-
Md Leimstoffe haben bei Mästung der Vögel zugenommen, doch
einem ganz anderen Verhältnisse, als das Fett, sodass 100 Tb.
«mästeter Vögel eine ganz andere Zusammensetzung darbieten,
S8 100 Th. ungemästeter.
Ausser den bisher betrachteten Bedingungen (Körpergewicht
id Füiterung) wirken nun bekanntermaassen noch viele andere
iif die Mehrung oder Minderung des Körperumfangs ein, dahin
thört die ursprünglichen Anlagen des Thiers, wie sie durch die
äamen : Classe, Ordnung, Geschlecht, Art und Spielart ausgedrückt
srden, ferner der körperliche und geistige Erregungszustand, das
tter und vieles mehr; über einige Punkte geben die Erfahrungen
rr fleischztichtenden Landwirthe Aufschluss.
Die täglichen Ausgaben bei genügender Nahrung. Bei
iier Beurtheilung der täglichen Verluste eines Thieres muss man
1 Auge behalten, ob sich dasselbe mit der Nahrung, die es ver-
Uirt, schon in das Gleichgewicht gesetzt hat, oder ob es dieses
cch nicht gethan. Nehmen wir an, dass das Thier unter dem
nnfluss einer bestimmten Nahrung sein mittleres tägliches Gewicht
Ihauptet, und weiter, dass es am Ende eines jeden Tages auch
if dieselbe chemische Zusammensetzung zurückkehre, dann werden
ttürlich die Ausgaben den Einnahmen quantitativ und qualitativ
mau entsprechen müssen. Diesen Satz konnte man auch so aus-
rrechen, dass einer jeden nach Art und Maass festgestellten Be-
Ibtheit des Thieres auch eine nach Art und Maass bestimmte
«sscheidung entspreche. Denn eine jede Fütterungsweise führt
mügend lange fortgesetzt zu einer nach Gewicht und Zusammen-
izung genau bestimmten Körpermasse, also kann das Thier auch
*t nach Erreichung der letztern den ganzen Werth seiner Ein-
\hme wieder ausgeben.
I Vergleicht man von diesem Gesichtspunkte aus Futter, Körper-
«vmcht und Ausscheidungen, so ergeben die vorliegenden Beobach-
■pgen, dass der Hund bei einer Nahrung mit magerm Fleisch im
lande ist, trotz eines niedern Körpergewichts viel umzusetzen und
■özuscheiden, während der mit fettem Fleisch oder neben dem
sisch noch mit Kohlenhydraten ernährte Hund auf ein höheres
Vorliiiltniss zwischen der Masse des Thiers und den Ausgaben.
Gewicht kommen muss, bevor er jene ausscheidende Fähigkeit
erlangt.
Das Genauere der Beziehung zwischen dem Gewicht der Kör-
permsse und der Grösse der Ausscheidung bleibt jedoch selbst bei
demselben Thier wegen Mangels an ausgedehnten Versuchsreihen
unbekannt; nur so viel scheint aus den vorliegenden Beobachtungen
hervorzugehen, dass die Ausgaben nicht in geradem Verhältuiss
mit dem Körpergewicht wachsen. Denn es scheidet die Gewichts-
einheit des beleibteren Thieres viel mehr aus als die des magern.
Ausser der Fütterungsweise und dem Mästungsgrad übt die
Art und Individualität des Thieres einen wesentlichen Einfiuss auf
die Lebhaftigkeit der Ausscheidungen. So bedarf die Gewichtsein-
heit Taube, um sich auf constantem Körpergewichte zu erhalten,
mehr Futter als die Gewichtseinheit Hund, Katze, Mensch. Wie
sich die Verhältnisse bei den drei letzteren Warmblütern verhalten,
geht aus den vorliegenden Thatsachen nicht mit Sicherheit hervor,
da die Fütterungsart sehr abweichend war. Die Vergleichung der
Erfolge annähernd gleicher Fütterung bei den Katzen I. und III.
ergiebt, dass sich die von geringem Körpergewicht trotz etwas
reichlicherer Nahrung doch weniger mästet, als die schwere. Diese
Beobachtung erhält um so mehr Werth, als sie in Uebereinstim-
mung ist mit den von Erlach bei Kespirationsversuchen gewon-
nenen Erfahrungen (p. 557).
Wir wollen nun den andern Fall betrachten, in welchen sich
das Gewicht und die Zusammensetzung des Thiers vermöge des
gereichten Futters nicht unverändert erhalten kann. Wenn dieses
geschieht, so wird die Ausgabe nicht mehr allein durch das gegen-
wärtig gereichte Futter, sondern auch durch den Zustand bestimmt,
den der thierische Körper unter dem Einflüsse der früheren Fütte-
rung erlangte. Dieses zeigt sich, wie schon wiederholt hervorge
hoben wurde, dadurch, dass das Gewicht der Ausgaben bald grösser I
und bald kleiner ist, als das der Einnahmen; das erstere ereignet
sich bekanntlich, wenn beim Eintritt in die neue Nahrung die ge-
sammte Masse oder eine Atomgruppe des Thieres reichlicher vor-
handen ist, als sie es unter dem Einfiuss der genannten Fütterung
hätte werden können, das letztre im umgekehrten Fall. Die allgc
meine Richtung, nach welcher also der Massenzustaud des Thieres
auf die Ausscheidungen wirkt, wird sich immer angeben lassen,
wenn man weiss, in welchem Sinn der Zustand des thierischeu
Körpers von demjenigen abweicht, welchen das jeweilige Futter z"
Verhältniss zwischen ehem. Zusammensetzung des Thiers und den Ausgaben. 711
.-zeugen strebt. Die vorliegenden Erfahrungen zeigen auch, dass
riY Zuwachs oder der Abgang, den die Ausgaben vermöge des Kör-
srzustandes erleiden, um so grösser ist, je weiter nach Maass und
Bsammensetzung der gegenwärtige Zustand des Körpers von dem
»weicht, welchen das gereichte Futter zu erzeugen strebt, aber
arllber hinaus offenbaren die gegenwärtigen Erfahrungen nichts.
Em weiter zu kommen, Aväre es nothwendig, die Regeln für die
eeschwindigkeit zu kennen, mit welcher sich bei der Aenderung
^38 Futters der thierische Leib dem Zustand anpasst, welchen das
'jue Futter verlangt. Mit Rücksicht auf diesen Punkt geht aus
!3n Tabellen, die die Ernährung des dritten Hundes verzeichnen,
'irvor, dass in den ersten oder in den paar ersten Tagen nach
Imera Futterwechsel der Eiufluss des durch die frühere Fütterung
^3rvorgei-ufenen Zustandes sich am meisten geltend macht. — Aus
üem Diesen folgt endlich, dass die Ausgaben an keinem Tage den
iinnahmen gleich sein können, wenn die Art und Menge der Nah-
ang sich fort und fort ändert, wie es in der That beim Menschen
sr Fall zu sein pflegt.
Der Antheil des Körperzustandes an den Ausscheidungen ist
;3r obigen Definition entsprechend gleich dem Unterschied der Ein-
abmen und Ausgaben ; stellt man sich diese Unterschiede aus den
srschiedenen Fütterangsreihen des 3. Hundes mit abnehmendem
[)id aufsteigendem Gewicht zusammen, so erkennt man alsbald,
lass nur dann, wenn alle Nahrung entzogen wird oder die Nah-
lang mindestens sehr spärlich gereicht wird, der Einfluss der Ftit-
irung zurücksteht hinter dem des Körperzustandes. In allen übrigen
üällen wird die Ausgabe nach Quantität und Qualität tiberwiegend
iarch die Nahrung bestimmt.
Eine Theorie der Thatsachen, die aus der Vergleichung der
iinnahmen und Ausgaben des thierischen Körpers hervorgegangen
ind, lässt sich mit Hülfe eben dieser Versuche nicht geben. Denn
H liegt in der Natur derselben , dass sie über den Mechanismus
ees Stoff'wechsels nichts aussagen können, weil sie die genossenen
ttome nicht in den Körper hinein verfolgen und nicht nachsehen,
:ie und wo sie angehäuft,- zerschlagen und ausgestossen werden,
ilrklärt können jene Thatsachen erst werden, wenn man die in
»dem einzelnen abgesonderten Stück unsers Organismus wirksamen
iräfte kennt und zu beobachten im Stande ist, wie sich dieselben
inter dem Einfluss einer verschiedenen Nahrung ändern.
712
YorthoihinR dov Ausgaben auf die ausscheidenden Drüsen.
Vertheilung der Ausgaben auf die verschiedenen
Aussonderungswerlczeuge. I. Zuerst würde hier überhaupt
anzugeben sein, warum sich die Umsetzung und Ausscheidung in
ähnlicher Weise zu einander verhalten, wie Einnahme und Um-
setzung. Dieses gegenseitige Anpassen bedarf einer besonderen
Erläuterung, da die Organe, welche vorzugsweise die Umsetzung
der Thierstoffe bedingen, von durchaus anderen Bedingungen re-
giert werden, als Haut, Lunge, Nieren und Darmkanal. — Der
Mechanismus, welcher diesen Zusammenhang vermittelt,- ist für
Lungen, Haut und Darm genügend klar. Eine vermehrte Um-
setzung, welche zu einer reichlichen Bilduug von CO2 führt, erhöht
die Temperatur und die Nervenerregbarkoit; eine Anhäufung von
CO2 erregt aber die brustbewegenden Nervenmassen; damit be-
schleunigt sich die Athmung und die Aushauchung der CO2, und
nicht minder vermehrt die erhöhte Wärme die Bilduug des Wasser-
dunstes. Aus dem Mastdarme müssen desgleichen ceteris paribus
mit den Speisen auch die Ausscheidungen wachsen. — Nicht so
klar ist dagegen die Beziehung zwischen der absondernden Thä-
tigkeit der Niere und der Anhäufung von Salzen, Harnstoff, Wasser
u. s. w. im Blute, da, wie wir früher sahen, diese Stoffe zuweilen
im Blute reichlich vorhanden sein können, ohne dass sich ihre •
Ausscheidung mehrt.
2. Wenn man übersehen will, welchen Antheil des Ge-
sammtverlustes jedes einzelne Ausscheidungswerkzeug ausführt, so
wu'd es am gerathensten sein, sich die Aufgabe dahin zn stellen,
dass man die Antheile des Gesammtverlustes an Wasser, C, N, H,
0 und Salzen angiebt, die durch Lunge und Haut, Niere und
Darmkanal ausgeschieden werden.
a. Wasser. Der Verlust, welchen der thierische" Körper in
der Form von Wasser erleidet, überwiegt den durch alle übrigen
Excrete zusammengenommen. Seine Vertheilung auf Haut und
Lunge, Niere und Darm kann sich sehr mannichfaltig gestalten.
Annähernd am constantesten ist, wie schon früher gesagt wurde,
die Wasserausgabe der Lunge und gewöhnlich am niedrigsten die
durch den Darmkanal, sodass sie nur in den seltensten Fällen
überhaupt von erheblicher Bedeutung wird. Ungemein variabel ist
dagegen die Wasserausscheidung durch Niere und Haut, iu der
Art, dass diese beiden Organe vorzugsweise als die Eegulatoren
des thierischen Wassergehaltes angesehen werden können. In der
That, nimmt der Wassergehalt des thierischen Körpers bedeutend
Ausgaben an Wasser und Kolilenstüff.
713
»!, SO geben Schweissdrüseii und Nieren gleichzeitig reichlich
iisser aus (Wasserkuren), während, wenn der Körper relativ
Pocken wird, beide Organe in ihrer Thätigkeit zurücktreten; mehi't
l'ib bei mittlerem Wassergehalte des Organismus der Wasserver-
»t durch die Haut, weil die Atmosphäre trocken und die Haut
»rm ist, so vermindern die Nieren ihre abscheidenden Leistungen,
nd umgekehrt, wird die Verdunstung auf der Haut beeinträchtigt,
. steigt der Verlust aus den Nieren. Nimmt endlich der Wasser-
ttlust aus den Nieren zu, weil grössere Mengen wasserverbin-
ender Atome (Safze und Harnstoif) durch diese fortgehen, so
^ellen die Schweissdrüsen ihre Absonderung ein und die Capil-
iren der Cutis verlieren an Ausdehnung.
Beispielshalber stellen wir den Wasserverlust zusammen, den nach Barrai
IsK. Mann in 24 Stunden erleidet (Mensch I. und II.). Hierbei ist das aus der
mge entleerte "Wasserquantum folgendermaassen berechnet worden. Man nahm an,
isei in der Ausathmungsluft 4 pCt. CO2 vorhanden gewesen, hierdurch gewinnt man
• 3 Volum der ersteren unter Berücksichtigung des Umstandes, dass sie auf 37" C.
rvärmt gewesen sei; dann nimmt man ferner an, dass die ausgeathmete Luft voU-
rmmen mit Wasser gesättigt gewesen sei, die Einathraungsluft aber, deren Tempe-
;;ur auf 16" C. gesetzt mirde, nur 60 pCt. des bei dieser Temperatur fassbaren
tasscrdnnstes erhalten habe.
Durch Lunge Haut Niere Darm.
L 20,01 7,07 22,25 2,23
IL 12,53 11,84 20,59 1,15
Wir erinnern daran, dass die Beobachtung 1. in den Winter, II. in den Sommer
'. lt. Es braucht kaum noch einmal hervorgehoben zu werden , dass diese Berech-
rng auf einem zum Theil sehr angreifbaren Boden ruht ; es ist ihr nur darum ein
i&tz gestattet worden, weil sie im Allgemeinen, den theoretischen Forderungen sich
! jend, ein Bild von der Vertheilung des Wasserverlustes im Winter und Sommer giebt.
b. "Das Gewicht des täglich durch den Körper wandernden
■ohlenstoffes ist immerhin noch bedeutend, wenn auch viel ge-
inger als die der entsprechenden Wassermengen. Der von einem
iid demselben Menschen täglich verzehrte Kohlenstoff ist aber zu-
• eich auch viel weniger veränderlich, als das Wasser. Nach PI ay-
uir*) wechselt je nach der Muskelanstrengung und dem Alter der
■^wachsenen Individuen die täglich eingenommene Kohlenstotfmenge
wischen 220,3 Gr. (alte unthätige Arme) bis zu 387,3 Gr. (Ge-
tngene in Bombay mit schwerer Arbeit). Der Unterschied der
ilimate macht sich nach Play fair 's Zusammenstellungen weniger
•?ltend, als man gemeinhin behauptet, da der ostindische und der
') Phnrmazeutigches Centralblatt. 1864. p. 417
714
Ausgaben an Wasserstoff und Stickstoff.
CDglische Tagelöhner oder Soldat unter gleichen Bedingungen sehr
annähernd gleich viel C einnehmen. Auffallend, und in einer solchen
Weise, dass man zweifelsüchtig werden könnte, sind die Angaben
von Esquimaux, Jakuten, Buschmännern und Hottentotten. Ein Er-
wachsener der ersteren von- diesen wilden Völkerschaften soll täg-
lich 4996,6 Gr. C. (etwa 10 Pfd.) und von der letzteren 2682,6 Gr. C.
(etwa 5,25 Pfd.) täglich verzehren. — Von dem täglich in den
Körper eingekehrten Kohlenstoffe tritt bei weitem der grösste Theil
durch die Lungen aus, durch die Nieren geht nach den übereinstim-
menden Beobachtungen von Barrai (am Menschen) und Schmidt
(an Katzen) etwa der 10. Theil des aus den Lungen hervortreten-
den fort. In einem ähnlichen Verhältnisse steht die KohlenstofF-
ausscheidung des Darmkanales zu derjenigen der Lunge.
e. Die Gewichtsmengen nicht schon oxydirten Wasserstoffes,
welche täglich genossen werden, sind immer sehr gering. So weit
die vorliegenden Untersuchungen reichen , wird er zum grössten
Theil in Wasser umgewandelt, und es lässt sich dann nicht mehr
entscheiden, auf welchem Wege er den Organismus verlässt. Der
im Stoffwechsel nicht oxydirte Wasserstoff geht allein durch den
Darm und die Nieren davon, vorausgesetzt, dass man die Spuren
dieses Elementes vernachlässigt, welche in den flüchtigen Säuren
und Basen durch die Verdunstung austreten.
(1. Mit der Nahrung geniessen wir unter allen Umständen
nur wenig Stickstoff, aber relativ ist die Menge desselben sehr
wechselnd. Innerhalb des Körpers werden die stickstoffhaltigen
Produkte entweder so zerlegt, dass der N gänzlich frei wird, oder
so, dass er noch in Verbindung mit einigen oder allen organischen
bleibt. Der freie Stickstoff wird durch Lunge und Haut, "der noch
verbundene zum grössten Theil durch den Harn und zum kleinsten
durch den Darm entleert. In welchem Verhältnisse freier und ge-
bundener N zu einander stehen, ist noch zu ermitteln, und insbe-
sondere scheint es gewagt, die an einer Thierart gewonnenen Re-
sultate auf den Menschen zu übertragen. Während es den An-
schein hat, dass bei den Katzen nur ein sehr kleiner Theil gas-
förmig entweicht, geht bei Tauben unzweifelhaft ein Dritttheil der
gesammten im Organismus kreisenden Menge aus Haut und Lunge
aus, und zwar unter Umständen, unter welchen nach Regnault
Säugethiere gar keinen gasförmigen Stickstoff aushauchen würden.
Bestätigen sich die Beobachtungen von Barrai, so kann bei
Menschen die Hälfte des Stickstoffs der Nahrung durch die Lungen
Ausgaben an Sauerstoff und Salzen.
715
Mgeschieden werden. Wir verweisen rück sichtlich dieses Punktes
•ch auf die Harnstoflfentleerung (p. 380).
e. Sauerstoff. Die Menge von Sauerstoff, die wir consu-
üren, tibertrifft diejenigen aller anderen Elemente. Der Antheil
«sselben, welcher durch die Lungen und Haut eingeht, ist, je
lichdem die Nahrung aus Brod oder Fleisch besteht, mehr oder
seniger überwiegend über den in den trockenen Speisen selbst enthal-
men; in den vorliegenden Beobachtungen mit genügender Nabruug
wechselt das Verhältniss des Sauerstoffs in den Speisen zu dem in
it Einathmungsluft , der erstere gleich 1 gesetzt, zwischen 0,33
-s 0,11. Noch mehr wird aber durch die Lungen wieder ausgegeben;
der That ist der Antheil des bezeichneten Sauerstoffs, welcher
iit der CO2 und dem HO ausgeathmet wird, so gross, dass da-
>egen geradezu derjenige als verschwindend betrachtet werden kann,
eelcher durch den Harnstoff, die Gallenreste, den Harnextraktiv-
ooff u. s. w. entleert wird.
f. Die mineralischen Bestandtheile der Nahrung, deren
tenge immer sehr zurücktritt, suchen den Ausweg aus dem Kör-
;;r durch Schweiss, Harn, Koth; der erstere giebt vorzugsweise
laCl ans, der zweite sämmtliche Schwefelsäure, Phosphorsäure,
aalkerde, Eisenoxyd und den grössten Theil des Kalis, Natrons
wd Chlors, welche aus den Speisen in das Blut übergetreten waren.
Borch den Koth gehen dagegen die unverdaut gebliebenen Salze,
eeist schwefelsaure, kieselsaure, phosphorsaure Kalien und Erden ab.
Anhangsweise folgen noch einige Zahlen über die eigenthüm-
ihe typische Massenzunahnie, welche man als "Wachsthum be-
lehnet. Das folgende, welches auf Vollständigkeit keinen An-
uruch macht, findet wesentlich seine Ergänzung in den Mitthei-
mgen, die bei der Ernährung der Gewebe gegeben wurden.
Unter W a c h s t h u ni *) versteht man bekanntlich die Zunahme
38 thierischen Körpers, welche dieser von der Geburt an bis zu
!5r vollkommen erreichten Pubertät erfährt. Die Lebenszeit, welche
af diesen Prozess verwendet wird, ist für verschiedene Menschen
»var nicht die gleiche, aber es scheint doch die Regel zu sein,
lUis mit dem zwanzigsten Jahre die volle Länge des Körpers er-
licht ist; nur in seltenen Fällen ist es constatirt, dass sich das
"'achsthum auch noch um ein bis zwei Jahre jenseits dieses Ter-
•) Qu et Ol et, Ceber iSen Menschen. Dontsoho Ausgabe. 1838. 327. — HiiHchke, Amitomle
r Eingeweide. Leipzig 1841. — Vnl entin, Lchrlnieli der Physiologie. M. 11(1. 3. Abtli. 1(14.
716
"Waclisthum.
mins erstreckt (Mall et), und zweifelhaft ist es, ob die Behauptung
Quetelets richtig, dass es bis auf das 25. Jahr und über das-
selbe hinaus sich verlängere. Den allgemeinen Gang, der aus
diesem Prozesse resultirenden Längen- und Gewichtsvermehrung
giebt die folgende Tafel, welche nach den Beobachtungen voi!
Quetelet entworfen ist. Die zweite Colonne giebt an die Längen
zunähme, die das Individuum in dem in der ersten Colonne ange-
zeichneten Jahre gewinnt; die dritte Colonne aber giebt die aul
das Kilogramm reduzirte Vermehrung des Gewichtes in dem gleichen
Zeiträume. Die zweite und dritte Spalte sind je in zwei Unterali
theilungen gebracht, von denen die eine sich auf das männliche,
die andere auf das weibliche Geschlecht bezieht. Die mittlere
Länge des männlichen Neugeborenen wurde = 0,5 M., des Aveib-
liehen = 0,49 M. und die Gewichte zu 3,2, resp. zu 2,9 gefunden.
LÜDgenzunahme in MM.
Gewichtszunahme d. Gewichtseinheit
des Körpers in Gr.
Jahr.
Männlich.
Weiblich.
Männlich.
Weiblich.
1
198
290
1,960
2,020
2
88
0,200
0,099
0,214
3
71
73
0,105
4
63
60
0,141
0,103
5
56
65
0,108
0,105
6
59
57
0,093
0,115
7
115
56
0,108
0,096 .
8
53
0,087
0,087
9
61
51
0,091
0,119
tü
79
51
0,082
0,101
11
54
30
0,105
0,090
12
50
54
0,100
0,162
13
58
87
0,153
0,104
14
60
58
0,127
0,114
15
51
21
0,125
0.100
16
40
22
0,138
0,079
17
25
35
0,064
0,083
18 -
11
0,095
0,078
19
20
1 '»
6
4
0,083
0,024
25
5
0,048
0,019
Die Grundzahlen für die obige Tabelle wurden nicht dadurch erhalten , dass di«-
selben Individuen zu verschiedenen Lebensaltern , sondern dadurch , dass- verschiedene
in verschiedenen Lebensaltem stehende Menschen gewogen und gemessen wurden. Ob-
wohl die Zahl der Individuen, aus welchen das Mittel abgeleitet wurde, nicht unbe-
trächtlich ist, so ist doch noch immer gerechte Besorgniss zu hegen , dass diese Mit-
telzahlen im günstigsten Falle die Wachsthuraserscheinungen eines einzigen Lande»
oder Landstriches darstellen.
Wachsthui«.
717
Demnach ist der absolute Werth der Längenzunahme beim
Sänrilicben Geschlechte in den ersten Jahren am grössten, nimmt
m da an ab bis zum vierten und bleibt dann annähernd con-
unt bis zum 16., von wo eine rasche Abnahme erfolgt; beim
.eibe erfolgt die Längenzunahme bis zum 14, Jahre analog der,
»s ManneSj wenn ihr absoluter Werth auch um ein kleines ge-
ijiger ist; vom 14. Jahre an sinkt aber das Wachsthum rasch ab.
• Die proportionale Gewichtszunahme ist in den ersten Jahren des
;jbens sehr bedeutend, dann nimmt sie ab, steigt beim Manne
i4d beim Weibe um die Pubertätsentwickelung wieder an und
luert, wenn auch in sinkendem Maasse, noch fort, wenn das
:achsthum beendet ist, sodass Männer meist im 40. und Frauen
sst im 50. Lebensjahre das Maximum ihres Gewichtes erreichen,
araus lässt sich erkennen, dass die Ausdehnungen des menschlichen
Krpers nach Länge und Breite wesentlich von einander unabhän-
g sind.
Quetelet, Villerme und Co well haben die für das Län-
*nwachsthum der einzelneu Individuen gewonnenen Zahlen auch
•ch zu anderen Zusammenstellungen benutzt, aus denen sich zu
Igeben scheint, dass die Individuen der ärmeren Klasse bei gleichem
Iter kleiner als die der wohlhabenden sind. Dieses gilt nicht allein
rr Bewohner eines Landstriches (Brüssel und seine Umgegend),
mdern auch für die verschiedenen Viertel einer Stadt (Paris);
fedt- und Landleben oder auch verschiedene Beschäftigungsarten
llheinen dagegen keinen Einfluss zu üben. Die Zeit, welche auf
ee Vollendung des Wachsthums verwendet wird, ist in südlichen
«genden (in Städten und Niederungen?) am geringsten. Mehr
«3 alles dieses mag die Menschenrace resp. die ursprüngliche An-
■ge des Menschen auf die räumlichen und zeitweisen Verhältnisse
its Wachsthumes von Einfluss sein.
J An der Umfangszunahme, welche der menschliche Körper wäh-
kd des Wachsthums erfährt, betheiligen sich nicht alle Theile
leeichmässig. Vorzugsweise scheint sie dem Skelett, den Muskeln
■id der Haut zu Gute zu kommen, sodass mit dem steigenden
Itter einzelne Organe trotz absoluter Vergrösserung relativ zum
ftesammtgewichte des Körpers doch abnehmen. Wir entlehnen,
ilia diese zu veranschaulichen, den Wägungen von Husch ke und
leeid folgende Zahlen; die Zahlen unter den betreffenden Organen
Iwcken das Gewicht derselben aus, vorausgesetzt, dass das des
Besammtkörpers = 1 angenommen wird.
718
Wachsthum.
Schild-
Thymus.
Niere
Neben-
TTnrl p n
Alter.
uclliril.
Herz
drüse.
niere.
Elerslociu
0
—
0,0025
0,0045
A AAOn
o,uozy
0,0110
0,0017
0,0003
0,00004
8 Tage.
0,075
28 „
0,042
0,0009
0,0015
1—5 Jalir.
0,118
0,006
0,047
0,048
5 „
0,100
0,008
7 „
0,095
0,006
0,042
13—15 „
0,064
0,006
0,034
0,027
20—30 .,
0,028
0,006
0,0006
0,0044
0,0001
0,0002
0,00016
Noch deutlicher tritt diese ungleichmässige Zunahme hervor,
wenn man die Gewichte der einzelnen Organe mit einander ver-
gleicht, aus denen sich u. A. ergiebt, dass bei Neugeborenen der
Dünndarm im Verhältniss zum Dickdarm gewichtiger ist, als bei
Erwachsenen; dasselbe gilt für das Pankreas verglichen mit der
Milz, dem rechten und linken Leberlappen. Bekannt ist auch, dass
die Geschlechtswerkzeuge, die Brüste und der Kehlkopf ihr lebhaf-
testes Wachsthum erst beginnen, wenn das Skelett seiner vollkom-
menen Ausbildung nahe ist.
j
«
Siebenter Abschnitt.
Thier ische Wärme.
Die blutfiihrenden Organe des lebenden Menschen bewahren
inäbernd denselben Wärmegrad, wenn auch die Temperatur der
mgebung nicht unbedeutend auf- und absteigt; diese Thatsache
ttzt voraus, dass der Organismus über erwärmende und abktih-
nde Mittel gebietet, die sich bis zu einem gewissen Grade in der
förke ihi-er Aeusserung und in ihrem Zusammenwirken den Um-
iinden anpassen. Wir werden, indem wir auf die Zergliederung
rr thierischen Wärmeerscheinungen eingehen, zuerst die normalen
smperaturschwankungen des Organismus und dann die Mittel an-
bben, durch welche ein entstandener Verlust der Wärme wieder
Dzeugt oder ein Ueberschuss derselben abgeführt wird.
Normaltemperaturen.
Insofern die Wärme eine Bedingung zur Einleitung und Er-
ütung von mancherlei insbesondere aber von chemischen Lebens-
aozessen ist, gewinnt die Temperatui-bestimmung einen grossen
Berth; in Verbindung mit anderen Beobachtungen kann sie auch
!?nen, um eine Einsicht in den Gang der Erzeugung und des
srbrauches an Wärme zu gewinnen.
TJin zu zeigen, inwiefern dieses letztere möglich, wählen wir ein einfaches Bei-
>isL Wir nehmen an, es seien drei unmittelbar an einander grenzende, wärmeleitende
echen gegeben, von denen die beiden äusseren unter allen Umständen auf verschie-
be Grade erwärmt sein sollen; in diesem Falle wird die innere der drei Flächen
'e Temperatur annehmen, die in der Mitte liegt zwischen derjenigen der beiden
seren, da sie von der einen Seite her erwärmt und von der anderen abgekühlt wird,
auch hier wieder den einfachsten Ausdruck zu wählen, wollen wir annehmen , die
i.
720
Thermoinotriscbo Apparate.
Temperatur der inneren Fläche sei das arithmetische Mittel zwischen den beiden aus-
seren. Unter dieser Voraussetzung wird man einsehen, dass in Folge einer Terape-
raturbestimmung der inneren Fläche niemals etwas ausgesagt werden kann über die
Unterschiede der Temperatur auf den äusseren Flächen, da aus unendlich vielen Unter-
schieden ein und dasselbe Mittel hervorgehen kann. Kommt aber zu der Kcnntni«
der Mittelwärme noch die einer der beiden Grenztemperaturen hinzu, so ist begreiflicli
auch die andere Gronztemperatur bestimmt. Zugleich ist ersichtlich, dass, wenn in
der Zeit die Temperatur der mittleren Fläche sich ändert, auch diejenigen der erwär-
menden und abkühlenden Flächen Veränderungen erlitten haben müssen; über die
Natur dieser letzteren lässt sich aber wiederum nur dann etwas angeben, wenn du
Verhalten von einer der Grenzflächen während der Beobachtungszeit bekannt ist, da
z. B. ein Ansteigen der Temperatur in der mittleren Fläche erzeugt sein kann eben-
sowohl durch eine Minderung des Verlustes als eine Vermehrung des Gewinnes an
Wärme oder, auf die Grenzflächen angewendet, durch Erhöhung der Temperatur ent-
weder in beiden oder auch nur in einer von beiden Flächen beim Gleichbleiben der
Wärme in der anderen. — Die Resultate dieser Betrachtung bleiben nun , wie ein
kurzes Nachdenken lehrt, unverändert, wenn man statt der abkühlenden und erwä>
menden Platte in die mittlere Fläche selbst eine Quelle und einen Verbrauch an
Wärme eingelegt denkt. — Sollen demnach die in neuerer Zeit so zahlreich ange-
stellten Teraperaturmessungei) von Bedeutung für die Beiirtheilung des Wärmehaus-
haltes werden , so muss auf einem oder dem anderen Wege noch Aufschluss gegeben
werden über die Veränderungen des Verbrauches oder der Erzeugung von Wärme an
der beobachteten Stelle.
Zur Messung der Temperatur bedient man sich des Thermometers und des gra-'
duirten Thermomultiplikators. — Das erstere dieser beiden Instrumente ist ein sehr
zuverlässiger aber auch ein träger Apparat, d. h. es muss das Quecksilbergefä'ss des-
selben längere Zeit an einem Orte verweilen , bevor es dessen Temperatur vollständig
angenommen. Daraus folgt, dass der Thermometer nur beständige Temperaturen messen
kann und auch dieses nur dann , wenn das aufgelegte Thermometer die Tempera-
tur des Ortes nicht ändert, dessen Wärme es messen soll. Aus dem letztem
Grund ist es z. B. unbrauchbar zur Ermittelung der Temperatur eines Ortes, durch
welchen ein constanter Wärmestrom geht, wie z. B. der Epidermis. Denn auf dieser
kann es nur Anwendung finden, wenn die Epidermisoberfläche (Handteller, Achsel-
grube, Schenkelung u. s. w.) so gekrümrat wird, dass sie die Kugel möglichst allseitig
umschliesst, oder wenn die in beschränkter Berührung aufgesetzte Kugel mit einem
schlechten Wärmeleiter, der auch noch die anliegende Epidermis bedeckt, umkleidet
• wird. Beide Anwendungsweisen verhindern aber die normal bestehende Abkühlung
jener Hautstelle, deren Temperatur man messen wollte ; man erhält darum , wenn man
das Thermometer so lange liegen lässt, bis sein Quecksilberniveau einen unveränder-
lichen Stand eingenommen, die Temperatur der unterliegenden Cutis resp. des sie durch-
dringenden Blutes. — Aus dem schon früher mitgetheilten Prinzip des graduirten
Thermomultiplikators (Bd. I. p. 467) geht hervor, dass er ein Differentialinstrumcnt
ist, welches beständige und veränderliche Temperaturunterschiede zweier Orte mit
grosser Schärfe auffasst. Seine Anwendung ist dagegen umständlich und die Re-
duktion seiner Angaben auf thermometrische Grade nur bei äusserst sorgfältiger Arbeit
zuverlässig. Bringt man, wie es Becquerel*) u. A. gethan, die Löthstellen auf
•) Annalos des sc. nat. zoolog. III. u. IV. Bd. (1835 u. 36.).
Wärmo des Blutes.
721
n,-v Nadel an, so kann mau im lebenden. Menschen auch die sonst unzugänglichen
, z. B. Muskeln, Eingeweide u. s. w., auf ihre Temperatur bestimmen. — Der dem
ischen Körper eingewachsene Wärmemesser, der Empfindungsnerv der Haut, ist
i;ntlich kein Instrument zur Messung unyeränderlicher Temperaturen, er ist im
rn Wortsinne kein Thermometer. Da er an der Grenze von Luft und Blut steht,
kann der Nerv auch ein Absinken der Hauttemperatur anzeigen (ein Frostschauern
laulassen), trotzdem, dass die Blutwärme im Steigen begriffen ist und umgekehrt.
1^ auffallendste Beispiel hierfür ist der Pieberfrost, dessen Auftreten jedesmal be-
.'t wird von einer Steigerung der Bluttemperatur (Gierse, Bärensprung,
r uibe, Michael u. A.). Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich einfach aus
i.i Zustand der Hautgefässe, welche sich so sehr zusammenziehen, dass das Blut nur
sehr geringer Ausdehnung mit der Haut in Berührung ist; die Abkühlung gewinnt
k30 trotz einer erhöhten Blutteraperatur das Uebergewicht. Ebenso häufig geht die
nnpfindung der Hitze mit einer fortschreitenden Abkühlung des Bluts Hand in Hand.
, I. Die verschiedenen Orte des menschlichen Körpers sind zu
mer und derselben Zeit nicht auf gleichen Grad erwärmt.
a. Blut*). Nach den Beobachtungen von Bischoff, G.v. Lie-
iig und Gl. Bernard ist das venöse Blut, welches aus der Haut
urückkommt, im allgemeinen kühler als das arterielle, welches in
es strömte. Das Blut, welches dagegen in die Niere und Leber
mgeht, ist kühler als das, welches jene Organe verlässt. Das
lut, welches in die Darmwandungen eindringt, ist bald kühler,
iid bald wärmer gefunden worden als das der vena portarum.
iias Blut der Speichel- und Muskelvenen ist zeitweise wenigstens
iirmer als das der entsprechenden Arterien. Aus allen diesen er-
eebt sich, dass der Inhalt derjenigen Venenstämme, welche das
!ut aus verschiedenen Organen sammeln, bald wärmer und bald
lilter als das Arterienblut sein kann.
Das Blut, das aus der vena cav. inferior ins Herz einfliesst,
■beint immer wärmer zu sein als das, welches di^rch die vena
■tva superior dort anlaugt, eine Erfahrung, die sich auch ohne
ttiwierigkeit aus deren Menge und der Temperatur der Blutarten
klärt, welche in die beiden genannten Gefässe einströmen. Das
femenge aus allen venösen Blutarten, also der Inhalt des rechten
erzens wechselt in seiner Temperatur je nach dem Uebergewicht
Id Stroms aus der cava descendens oder ascendens; aber immer
«det sich bei gleichzeitiger Beobachtung der Inhalt des recliten
lentrikels wärmer als der des linken.
•) O.V.Lieb ig, Uclicr die Tempcrntunmtel-sclilodo des veniison und arteriellen Blutes.
Maen J853. — J. Gavarret, Do la clialeur prod. par Ics Ctros vlvants. Paris 1855. p. 119. —
rmard, Compt. relid. 48. Bd. p. 381 nnd 6G1.
I L II d w i g , Pliygiologlc II. 2. Aafingc. 46
722
Wiinno des Blutes und der Eingeweide.
Die folgende Tabelle giebt einige Beispiele für die obigen
Ausspruche.
Hund.
Ort.
Wärme in
C-GradCD.
Vena cava super.
35,98
Atrium dextr.
36,37
Vena cruralis.
37,20
Vpnft pflvn iiifpr
I Clin Utl. V tl 111H.1.
38,11
Aorta.
38,7
Vena portärum.
39,2
Vena portaruni.
39,9
Vena liepatica.
39,5
Vena portärum.
39,7
Vena liepatica.
41,3
Vena portärum.
37,8
Vena hepatica.
38,4
Vena portärum.
39,6.
Vena hepatica.
39,7
Aorta.
38,4
Vena liepatica.
39,4
Hechtes Herz.
38,8
Linkes Herz.
38,6
Eechtes Herz.
39,2
Linkes Herz.
39,1
Rechtos Herz.
36,37
Linkes Herz.
36,82
Rechtes Herz.
39,21
Linkes Herz.
34,02
Bemerkungen.
Beobachter.
10
11
Ende der Verdauung.
Anfang d. Verdauung.
Verdauung.
Seit 4 Tagen nüchtern.
Verdauung.
Nüchtern.
Verdauung.
G. V. Liebig.
> Cl. Bemard.
Gr. V. Liebig.
Biesen Beobachtungen der oben genannten Autoren ist darum der Vorzug ge-
geben wordon vor den zum Theil entgegengesetzt berichtenden anderer Physiologen
(Davy, Krim er, Hering, Brechet u. A.), weil die zu den vergleiclienden Unter-
suchungen verwendeten Thermometer an und für sich möglichst empfindlich und ge-
nau auf einander reduzirt waren , weil beim Ablesen der Zahlen der aus der ParalsM
fliessende Fehler vermieden war, ferner weil die Thermometerkugel in das Gefässlumen
des lebenden Thieres uud zwar so eingefügt war, dass sie, ohne den Blutstrom zu
hemmen, mir mit dem Blute, nicht aber mit den Gefässwandungen in Berührung war
Den Resultaten, die aus solchen Messungen hervorgegangen sind, lassen sich natürlicli
die nicht ebenbürtig gegenüber stellen, bei welchen man die Thermomuterkugel in den
Aderlassstrahl hielt oder in Gefässe steckte, die dem Luftzutritte Preis gegeben waren,
und zwar zum Theil erst dann, nachdem einige Zeit vorher der Tod erfolgt und die
Athmung und somit auch der Unterschied zwischen venösem und arteriellen Blut auf-
gehoben war.
b. Die Unterzungengegend ist um 0,5 bis 0,25" C, die Blase,
der Mastdarm und die Scheide um 0,8 bis 1,1" C. wärmer, als die
Achselgrube (Hallmann n *), Bärensprung**) L. Fick***),
Berg er, Davy). Das Bindegewebe unter der Haut ist um 2,1" C.
*) Hclmholz, 1. c. 630.
•♦) Mli 11 oris Arcliiv. ISSl.
■") Ibid. 1853.
Aenderungen der Temperatur. 723
bis 0,9" C. niedriger temperirt als das der Skelettmuskeln (Bec-
iuerel und Brechet). Die Bauclieingeweide sind nach den ther-
iioelektrischen Bestimmungen derselben Gelehrten etwas wärmer,
I ils die Lungen und das Hirn.
I 2. Kein Ort des thierischen Körpers verhält sich im Verlauf
Äiuch nur eines Tages stetig auf derselben Temperatur, tiberall und
mst immer schwankt die Wärme auf und ab. Diese Schwankung
a:ann allerdings zunächst nur abgeleitet werden aus einer Veränder-
iichkeit des Gewinns und des Verlustes an Wärme, aber die ab-
Iteigende Temperatur ist dennoch kein Zeichen für ein Sinken
lind die aufsteigende kein solches für das Anwachsen der Wärme-
»rzeugung, denn es kann die absteigende Wärme eben so gut
ron einer Erleichterung und die aufsteigende von einer Hinderung
les Wärmeabflusses abhängen. Diese Zweideutigkeit, welche der
[Temperaturangabe mit Rücksicht auf die Ursache der Aenderung
iiinklebt, ist um so mehr im Auge zu behalten, als in der That im
khierischen Körper die Vorgänge, welche Wärme erzeugen, in
weiten Grenzen unabhängig sind von denen, welche Wärme fort-
Mchaffen.
Wenn sich im thierischen Körper die Wärme ändert, so treten
Uamit auch in einigen andern seiner Lebensvorgänge Variationen
iin, einige dieser letzten Veränderungen sind so beschaffen, dass
mit ihrem Eintritt sich auch nothwendig die Erzeugung oder der
Yerlust von Wärme ändern muss, andere so, dass dieses zwar oft,
iiber nicht nothwendig geschehen muss. Nehmen wir an, es sei
ier Verlust an Wärme unverändert geblieben , es seien dagegen die
Jmsetzung und die nachfolgende Oxydation der organischen Stamm-
Atome des thierischen Körpers (Eiweiss, Fette etc.) gesteigert
»worden, so muss auch die Wärme reichlicher fliessen, beziehungs-
tveisQ die Temperatur zunehmen. Wir dürfen also, alles Andere gleich
jjesetzt auf eine aufsteigende Temperaturschwankung rechnen, wenn
ehr Sauerstoff verschluckt oder mehr Galle, Harnstoff, Kohlensäure
8. w. abgesondert wird. Die chemischen Prozesse, aus welchen
üiese letztern Umsetzungsprodukte hervorgehen, werden aber an-
pjeregt durch die Aufnahme von Speisen, durch Nerven- oder Mus-
celerregung u. s. w. Insofern also nach der Mittagsraahlzeit die
Chemische Umsetzung wirklich gesteigert wird, oder der erregte
Muskel die von ihm entwickelten Kräfte nur zu Arbeiten innerhalb
des thierischen Körpers selbst verwendet u. s. w., können wir die
eingetretene Temperatursteigening auch als abhängig von den genann-
•10 •
724
Temperaturanderung mit Bildung von COj , Galle
ten physiologischen Vorgängen ansehen. In Folge eines vermehr-
ten Bedürfnisses nach Sauerstoff und einer lebhaftem Umsetzung
des Eiweisses, der Fette etc. bewegen sich Herz und Brustkasten*
häufiger, also kann man auch die Wärmeänderung als eine Funk-
tion von den zuletzt genannten Bewegungen betrachten.
Aus diesen Bemerkungen erklärt es sich, Avarum die Erfahrung
kein allgemeingültiges Gesetz aufdeckte, durch welches die Ab-
hängigkeit der Temperaturschwankung von den Aenderungen ein-
zelner physiologischer Vorgänge bestimmt wird. Die folgenden An-
gaben haben darum nur Werth als Durchschnittsregeln und al^;
Ausgangspunkte für weiter gehende Untersuchungen.
a. Die Temperatur ändert sich mit dem Grade der Geschwindig-
keit, den die Ausscheidung von CO2 und die Aufnahme von Sauerstoil
durch die Lunge hindurch annimmt. Beispiele hierfür Hefern die Mittel
temperaturen verschiedener Thierklassen. So verzehren u. A. di(
warmblütigen Wirbelthiere viel mehr Sauerstoff, als die kaltblütigen.
Auch an demselben Individuum geht meist die Temperatur dem
täglichen Gang der C02-Ausscheidung parallel, siehe hierüber Chos-
sat, Bidder und Schmidt*). — Mit der Lebhaftigkeit des Gas
Stroms durch die Lungenwand wächst aber bekanntlich auch dit
Geschwindigkeit der Athemfolge; darum athmet auch ein Thier
rascher, wenn seine Temperatur steigt. Belege hierfür finden sich
bei Chossat, welcher die Temperatur und die Athemfolge hun-
gernder und gefütterter Tauben vergleicht.
b. Die Lebhaftigkeit, mit welcher die Gallenbildung**) vor
sich geht, lässt sich an der Temperaturänderung erkennen. Arnold
verglich bei einem hungernden Hund (von der 18. bis 42. Huuger-
stunde) die Menge des festen Rückstandes, welchen die in je einer
Stunde abgesonderte Galle enthielt, mit der Temperatur im rectum.
DerGallenrückstandund die Temperaturstiegen und fielen gleichzeitig.
c. Mit der Erregung der Nerven und der von ihnen abhän-
gigen Muskeln und Drüsen wächst die Wärme. So erhöhte sich
u. A. die Blutteraperatur J. Davy's nach dauernden Muskelan-
strengungen um 0,7» C. und nach anhaltender geistiger Beschäfti-
gung um 0,27» C. — Die Erwärmung geht von den erregten Orten
aus; dieses ist für die Muskeln durch Becquerel, Brechet,
Helmholtz (L Bd. p. 4(57) und Ziemsen***) erwiesen worden.
*) Voraanungagäfte p. M7.
**) Pliysiologisclic Anstnlt in Ilcirtellicr? p. 97.
•'•) Die lilcktrizliilt in dcv Meilizin 18fi7.
der Muskelbewegung, den Tngrszcitcii.
725
Letzterer beobachtete, dass die Wärme, welche von den zusammen-
gezogenen Muskeln ausgeht, sich auch in die über ihnen liegende
Haut verbreitet; und dass nach der Rückkehr des Muskels in seine
lUihelage die Temperatursteigerung noch einige Zeit anhält. Mit
ler Fähigkeit des Muskels, die Temperatur zu steigern, hängen
wahrscheinlich auch die niedern Wärmegrade gelähmter Gliedmas-
>>on zusammen. Die Wärme der Hautdecken stieg nach Bewegun-
'-ucn der unterliegenden Muskeln im Maximum um 4» C. Dauernde
lind ausgebreitete Muskelzusammenziehungen erwärmen aber nicht
allein den thierischen Körper bedeutend, sondern sie steigern auch
unter Umständen seine Temperatur sehr rasch; so sah Bärensprung,
i ilass das in den Mastdarm eines Neugeborenen eingeführte Ther-
mometer alsbald zu steigen begann, sowie das Kind zu schreien
anfing. — Die Wärmesteigerung der erregten Speicheldrüse ist
■S. 341 erwähnt.
d. Die in Vorstehendem mit^-ethe Ilten Untersuchungen fordern,
dass an jedem Tag, gleichgültig, ob wir hungern und ruhen
oder essen und arbeiten, ein Auf- und Absteigen der Temperatur
einti-eten müsse; zugleich verlangen sie auch, dass mit dem stei-
genden Alter die mittlere Tageswärme sich ändern müsse. Von
den hier angedeuteten Schwankungen soll zuerst die betrachtet
werden, welche unabhängig von der Muskelbeweguug und der
Xahrungsaufnahme eintritt. Die letztre Wärmeänderung führt den
Namen der typischen Wärmeschwankung. Das Bestehen einer
solchen typischen Tagesschwankung ist von Bärensprung durch
Beobachtungen am Menschen und von Chossat und Schmidt an
hungernden eingesperrten Thieren dargethan worden; als Beispiel
für dieselben wählen wir die Angaben von Lichtenfels*) und
Fröhlich. Bei vollkommener Enthaltung aller Nahrung, möglich
ster Kulie der Muskeln und einem Aufenthalt in einer Luft von
12'*,4 bis 130,6 C. fiel die Temperatur von der letzten Mahlzeit an
(des Abends) bis lü Stunden nach derselben, erhob sich in der
11. Stunde nach derselben um ein Geringes, sank dann stärker bis
zur 15. Stunde und erhob sich bis zur 19. wieder auf den Stand
welchen sie zur Zeit der 10. eingenommen; und begann von da
an wieder zu sinken. Der grösste Unterschied betrug bei Lich-
tenfels (11. und 15. Stunde) 0,80» C, bei Fröhlich 0,56« C.
•) Wiener nkndein. DcnkscUriflcn. ;!. Bd.
726
Tagossohwankung Hungornder.
Der tägliche Wärmegang, wie er eben hingestellt wurde, ändert
sich natürlich, wenn die Lebensweise eine andere wird; vor Allem
übt die Aufnahme von Nahi-ung einen Einfluss, den man im allge-
meinen als einen wärmeerhöhenden ansehen kann; er zeigt sich
am schlagendsten sogleich darin, dass die Wärme nach Entziehung
aller Nahrung sinkt. So fanden z. B. Lichtenfels und Fröh-
lich die mittlere Temperatur der Hungertage zu 36,60" C, wäh-
rend sie an den wie gewöhnlich verlebten Tagen auf 37,17» C.
stand. Dieser Wärmeunterschied wächst nun aber nicht geradezu
mit der Dauer der Hungerperiode, sondern es hält sich, nach den
an verhungernden Thieren angestellten Beobachtungen die Tempe-
ratur vom zweiten Hungertage an constant bis gegen die dem Tode
unmittelbar vorangehenden, wo die Wärme von Tag zu Tag rasch
sinkt (Chossat, Schmidt). In einer Versuchsreihe an einer
Katze (Schmidt) zeigte bis zum 15. Hungertage das Thermometer
im Mittel 38,6« C, am 16. Tage 38,3», am 17. Tage 37,64o, am
18. Tage 35,8" und endlich am ,19. (dem Sterbe-) Tage 33,0. —
Mit diesen Angaben sind wenigstens die von Chossat*), der seine
Beobachtungen an den höher temperirten und rascher verhungern-
den Tauben anstellte, nicht im Widerspruche. Den Erscheinungen
der Hungerkur entsprechend scheinen sich die Dinge auch bei der
Einnahme der Nahrung zu stellen ; unzweifelhaft nimmt nämlich
die Temperatur nicht mit dem Gewichte der aufgenommenen Speise
zu ; träfe dieses ein , so dürfte die Temperatur der Erwachsenen
sich nicht in so engen Grenzen halten, da sie doch ^ ausseror-
dentlich verschiedene Mengen von Nahrungsmitteln geniessen. Zu
Aveiteren Angaben fehlen jedoch noch die genaueren Untersuchungen.
Ueber die Art und Weise, wie die Nahrungsaufnahme die ty-
pische Tagesschwankung modifizirt, ist Folgendes bekannt.
Nach den Messungen von Lichtenfels-Fröhlich, Gierse,
Hallmann und Bären Sprung, welche ungefähr zu denselben
Stunden auf gleiche Weise assen, steigt die Wärme nach dem Früh-
stück an und erreicht 4 — 6 Stunden nach demselben ihr erstes
Maximum, dann sinkt sie bis zur Hauptmahlzeit nnd steigt nach
derselben, bis sie l'/i bis 27-2 Stunden danach ihr zweites Maxi-
mum erlangt; die Abendmahlzeit erzeugt aber kein neues Steigen,
mit anderen Worten, sie vermag das Sinken in Folge der typischen
Schwankung nicht aufzuhalten. — Bei J. Davy erreichte die
') Ifeehcrohes expurimentnles sur l'innnitioii. Paris 1843.
■
Tagesschwankung Gespeistor. 727
\Wänne 2 Stunden nach dem Frühstück ihr Maximum und sank
\ron da ab ; dieser absteigende Gang konnte durch die um 6'> Abends
Beingenommen c Hauptmahlzeit nicht in einen aufsteigenden verwan-
flelt werden. Uebereinstimmend gaben Davy, Gierse, Hall-
mann und Lichtenfels den grössten Unterschied in der Tages-
iwärme zu 0,73 bis 0,68" C. an, Bärensprung fand ihn an sich
«selbst zu 1,12" und Fröhlich zu 0,56».
Als Beispiele führen wir die Beobachtungsreihen von Bärensprung und
DO a V Y an :
Tages- u. Mahlzeit.
Stunde.
Temperatur.
Tages- u. Mahlzeit.
Stunde.
Temperatur.
IMorgens im Bette.
5—7
36,68
Morgens.
1
36,94
SaflFec.
7—9
37,16
37,26
Frühstück.
9
36,89
9—11
11
36,89
II— 1
36,87
2
37,05
1—2
36,83
4
37,17
Itlittagessen.
2—4
37,15
5
37,05
4—6
37,48
Mittagessen.
6,5
36,83
6—8
37,43
Thce.
7,5
36,50
i&bendessen.
8—10
37,02
11
36,72
10—12
36,85
1
36,44
I&.US dem Schlafe
12—2
36,65
geweckt.
2—4
36,31
Die tägliche Pulsschwankung, deren auf S. 100 gedacht wurde,
Fällt häufig mit dem Wärmegang zusammen, aber nicht immer ist
Her Parallelismus beider Curven ein vollständiger; so fand u. A.
ßärensprung, dass das mittägige Maximum der Wärme dem des
Pulses vorausging. In Krankheiten endlich ist Temperatur und
IPuls in weiten Grenzen unabhängig von einander (Traube, Joch-
imann)*).
Diese Schwankungen finden sich in allen Lebensaltern (Bärensprung). — Aus
ier mitgetheilten Tabelle dieses Letzteren geht hervor, dass die mittlere Tagestempe-
rratur, wie sie aus den mittleren Zahlen abgeleitet werden kann, bei ihm in der That
»vorhanden ist um 8'» Morgens, Mittags und lO^i Abends. — Bei Fröhlich und
ILichtenfels findet sich die mittlere Temperatur in der 3. Stunde nach dem Früh-
Btück. Diese Bemerkung dient dazu, um die Beobachtung von der Auffindung der raitt-
1 leren Tagestemperatur zu erleichtern.
Die typische Alters - Schwankung d. i. die Aendcrung der mittleren täglichen
'Wärme in Folge des Alters ist weit schwieriger darzustellen; zu diesem Behufo
wntissten eliminirt sein die zahlreichen, allgemeinen und individuellen Gründe, aus
<!denen bei den verschiedenen, der Vcrglcichung unterworfenen Menschen die Tempe-
.ratur seh wanken kann. Diese Forderung ist bis dahin nicht befriedigt. Das geringe
/Zutrauen aber, was schon darum die Angaben über die mittleren Temperaturen der
•) Beobachtungen Uber die Körporwärmo. 1853.
728
Tonipovaturänderung durch AderlaBs
Tcrschiedeiicn Lebensalter verdienen, wird noch geschwächt durch den Umstand, das»
die Tomperntiirunterschiedo der vorschiodcneu Individuen desselben Alters grösser
ausfallen , als die Unterschiede in' den Mittelzahlcn der verschiedenen Alter. Die
folgende Tafel, die nach Bärensprung entworfen, giebt darüber Aufschluss *).
Lebensalter.
Mitteltempe-
ratur.
Grenz-
Temperatur.
Boobacb-
tungsoit.
Zahl der be-
obachteten
Individuen.
Zimmer-
Temperatur.
Tageszeit der
Beobachtung.
Bemerlsnngen.
Neugeborene.
37,81
36,6 -30,0
Mastdarm.
37
?
Unmittelbar
n. d. Geburt.
5— 9 Jahr.
37,72
37,87—37,62
Mund und
Miistdftrm
4
g
et-'
CD
Morgens.
Mittags.
Abends,
nach Mittag.
»j
Während d.
Handarbeit.
Während d.
Handarbeit.
1.5-20 „
21-30 „
37,37
37,22
36,12—38,1
Achselhöhle.
)j
11
11
"-1
O
tS3
3'
B
ct> .
25—30 „
31-40 „
41—50 „
51—60 „
80 „
36,91
37,1
36,87
36,83
37,40
)>
)i
)i
Mund.
4
6
7
2
1
«>
S
n
>-l
P
zu verschie-
den. Zeiten
Torzugsw.
nach Mittag.
zu verschie-
den. Zeiten.
Aus d. höh.
Ständen.
e. Während eines ausgiebigen Aderlasses sahen Bischoff,
G. Liebig, Bärensprung und Marshall Hall die Temperatur
um einige Zehntel eines Grades 'steigen; in den paar ersten Tagen
nach der Blutentziehung ging die Wärme auf den Werth vor der-
selben zurück und noch später sank sie unter die Norm und hielt
sich auf diesem niedern Werthe längere Zeit.
f. Der Erfahrung entsprechend, dass die Haut einen wesent-
lichen Einfluss auf die Abkühlung übt, sollte man erwarten, dass
mit der steigenden Durchfeuchtung und Blutfülle der cutis die Bliit-
temperatur sinken müsse und andrerseits, dass die letztere steigen
würde, wenn die umgekehrten Zustände der cutis einträten. Die
geringe Herrschaft, die wir über die Wärmeerzeugung ausüben, ver-
hindert es aber, beweisende Beobachtungen zu gewinnen. Aller-
dings sind einige Thatsachen bekannt, aus denen der veränderte
Wärmegang aus dem Zustand der Haut erklärt werden kann. So
steigt z. B. die Temperatur im Fieberfrost (Gierse, Bären-
sprung, Traube**), Michael***), oder nach vorübergehenden
») üebor die Temperatur im Tode siehe Adler Wiener med. Wochenschria 1859. Nr. 48.
*•) Krisen und krH. Tngc, Berlin 18.12.
'•*) Archiv für physiolog. ncilltunde, 1856. 30,
durch Ztiständo der Haut und der äussern Umgebung.
729
V^bkiihlnngen der Haut (F. H o p p e , L i e b e r m e i s t er). ; man könnte
jagen darum, weil der Wärmeverlust durch die Haut, deren Ge-
l'asse sich verengert haben, vermindert sei. Umgekehrt sinkt die
BBhitwärme sehr häufig, wenigstens im Hitzestadium des Fiebers,
wo die Gefasse der Haut weit ausgedehnt, und also zur "Wärme-
iibgabe sehr geeignet sind. Aber diese Erklärungen sind nur hy-
öothetische, da sich nicht nachweisen lässt, wie sich zu jenen Zeiten
Hie Wärmeerzeugung verhalten^ habe.
g. Aenderung der Eigenwärme mit der Temperatur, Leitungs-
Sfäbigkeit und dg), in der Umgebung. — Wenn wir uns aus einer
'Jmgebung, die einen mässigen Wärmeverlust bedingt, in eine solche
Oegeben, die uns stärker abzukühlen vermag, so gehen daraus ver-
wchiedenartige Folgen für unsere Körpertemperatur hervor. Un-
mittelbar nach dem Uebergang ans dem Warmen in das Kühle
icann auch die Temperatur unseres Körpers herabgehen, aber sie
inuss es nicht, ja sie kann im Gegentheil etwas ansteigen (Lie-
»ermeister). Die Eigenwärme scheint nur dann jedesmal fast
momentan zu sinken, wenn der Wärmeabstand zwischen unserm
Blute und unserer Umgebung ein bedeutender ist, oder die Lei-
rangsfähigkeit des uns umgebenden kühlern Mediums eine merk-
iiche ist. So beobachteten Davy, Virchow, Hoppe u. A. schon
nach einem kurzen Aufenthalt in einer Luft von 0^* oder im See-
uad u. s. w. ein Sinken der Eigenwärme und zwar ein grösseres
loei der Messung in der Mundhöhle, ein geringeres bei der im Mast-
Uarm. — Aehnlich wie beim plötzlichen und vorübergehenden Ein-
wirken der äussern Kälte, verhalten sich auch die Folgen für die
Ihierische Eigenwärme bei andauerndem Bestehen der erstern. Unter
i/oraussetzung einer genügenden Ernährung, Muskelbewegung und
lautbekleidung kann eine sehr niedere Lufttemperatur ertragen
"Verden, ohne dass die Eigenwärme des Warmblüters merklich sinkt.
\,Us Beispiele hierfür dienen die Beobachtungen von P a r r y und B a c k ,
welche im arktischen Winter bei einer Lufttemperatur von — 30" bis
- 35" die Temperatur der dort vorhandenen Säugethiere zu + 40"
Vanden. Die sorgfältige Arbeit von Martins sagt Aehnliches für
~5chwimmvögel aus. — Wenn aber die nöthige Speise oder die Bewe-
_ I
•) Hoppe, Archiv fUr pnthol. Anatomie. XI. 456. — Virchow, Ibidem. XV. 70. —
"arry, Annalen de chim. et de phys. 2me Scr. XXVIII. 22.S. — Daok, Compt. rcnd. II. G21. —
Hart ins, Mdmoires de l'acftdemlo de Montpellier. lU. 189. — L 1 o b o r m o 1 s t e r, Deutsche
CUnik. 1850. 391. — Hngspihl, Valentins .Inhresliericlit Uber Physiologie flir 1857. 58. — VB-
c n t i n , Archiv für physiolog. Heilkunde. 1868. — Browu-Sdquard, Journal de Physiologie.
I. 549.
730
TempcraturSndoningcn bei hoher
gung mangelt, so sinkt die Temperatur des Warmblüters je nach
Umständen mehr oder weniger tief und rasch ab. Ein sehr auf-
fallendes Beispiel giebt Chossat; er fand, dass hungernde Thiere
selbst bei einer Lufttemperatur von + 12" bis 18" C. in Folge der
Abkühlung sterben können.
Folgt auf die Einwirkung vorübergehender Kälte wiederum
die eines massig warmen Mediums, wie es z. B. nach dem Aus-
tritt aus einem kalten Bad der Fall ist, so gestaltet sich jetzt
der Gang der Temperatur so, dass sich die während des Bades
gesunkene oder normal gebliebene Wärme alsbald wieder hebt und
zwar meist höher, als sie vor dem Eintritt in das Bad stand.
Lokale Abkühlungen, wie sie oft als Heilmittel angewendet werden, kühlen zu-
nächst örtlich und dann auch allgemein, siehe hierüber Hagspihl.
Wird die Temperatur unserer Umgebung auf diejenige unseres
Bluts gebracht, oder übersteigt der äussere Wärmegrad gar den
Innern, so sind die Folgen für die Blutwärme sehr ernsthaft; die
Wirkungen dieser hohen Temperatur unserer Umgebung werden
bedeutend verstärkt, wenn gleichzeitig die umgebende Luft mit
Dampf gesättigt ist.
Wärmegrade der Umgebung, die oberhalb der thierischen Nor-
maltemperatur liegen, erträgt der Organismus, ohne seine Wärme
wesentlich zu erhöhen, vorausgesetzt, dass eine lebhafte Schweiss-
bildung unterhalten werden kann (Franklin) und dass die At-
mosphäre trocken genug ist, um eine rasche Verdunstung des
Wassers von der Haut und der Lunge aus zu erlauben. In einer
mit Feuchtigkeit vollkommen gesättigten Luft, oder gar in einen*
warmen Bade, steigt dagegen die Temperatur des Organismus rasch.
So fanden u. A. Berger und de la Roche, dass bei einem Auf-
enthalte von 8 bis 16 Minuten in einem auf + 100" bis 127» C. er-
wärmten Eaume die Temperatur unter der Zunge um 4" bis 5»
stieg. Die englischen Beobachter *)Blagden,Dobson,Fordyce
u. A. fanden dagegen in der gleichen Zeit unter ähnlichen Um-
ständen nur eine Temperatursteigerung von etwa 1" C. Aehnhche
Beispiele giebt Hoppe. Der letztre verfolgte auch noch den Gang
der Temperatur, nachdem die Thiere wieder aus dem warmen
Dunst oder Wasserbade ausgetreten waren. Er fand, dass die
Thiere nach ihrer Rückkehr in die Luft von gewöhnlicher Zimmer-
wärme nicht allein bald wieder auf die normale Eigenwärme zu-
•) Pliilosophical trnnsacriona. -15. Bd.
und niederer Wärme der Umgebung.
731
ilckkamen, sondern dass sie auch im Verlauf von 25 bis 50 Mi-
ixiten auf eine niedrere Temperatur anlangten, als sie ihnen vor
■ em Eintritt in den erwärmten Raum eigen gewesen war.
Crawford machte bei Thieren, welche den Einflüssen höherer Temperaturen
Msgesetzt waren, die Beobachtung, dass das in ihren Venen enthaltene Blut nicht
jinkel- sondern hellroth gefärbt war.
Wenn man die Abkühlung der Thiere durch die Haut dadurch
Hufhebt oder vielleicht auch nur ändert, dass man sie in einen
!autschukbeutel einschliesst oder ihre Haut mit Leim oder Eiweiss
iberzieht, so nimmt die Eigenwärme derselben nicht zu, wie man
'ohl hätte erwarten können, sondern ab (Bernard, Hoppe).
• erweilen die Thiere in dem Ueberzug bei gewöhnlicher Zimmer-
i'ärme längere Zeit, so erfolgt unter steigender Abkühlung (durch
iie Lungen?) der Tod; erhöht man dagegen die Wärme der Um-
gebung, so bleiben die Thiere nicht allein am Leben, sondern es
rrholen sich auch andere geschwächte Lebensfunktionen wie z. B.
lic C02-Bildung wieder (Valentin, Schiff).
In Verbindung mit den vorstehenden Beobachtungen hat man
wiederholt die Frage aufgeworfen, ob Menschen und Thiere gleicher
rt in warmen Gegenden höher temperirt sind als in kalten. D avy ,
• rown-Sequar d, Eydoux und Souleyet fanden in der That
iie Eigenwärme des Menschen in warmen Gegenden höher. Die
olgende Tabelle, welche der Abhandlung von Brown-S^quard
rotnommen ist, giebt die gefundenen Temperaturunterschiede an. Die
Beobachtungen beziehen sich auf dieselben Menschen, welche aus
iältcrn Gegenden in die Tropen oder umgekehrt gereist waren.
:um Verständniss der folgenden Tabelle muss bemerkt werden,
lass wenn die Lufttemperatur sich um die in der ersten Columne
-ehcnde Zahl gemehrt (+) oder gemindert ( — ) hat, die Wärme
•es Menschen um die in der zweiten Columne stehende Zahl gestiegen
-|-) oder gesunken ( — ) ist.
W ä r m c u n
der Atmosphäre,
lerschiod
des Menschen.
Ort der Messung.
Beobachter.
+ 400,0 C.
4- ll",tl C.
+ .380,7 C.
— 130,5 C.
- 10,0 C.
- 00,88 C.
- 10,26 C.
- 00,67 C.
Rectum.
1 Mundhölile.
Eydoux u. Souleyet.
J. Davy.
Brown-S6quard.
Martins beobachtete bei Enten, die er im Winter und Sommer
intersuchte, keinen Unterschied der Eigenwärme trotz eines Tem-
eraturunterschicdes der Atmosphäre von 20" C.
732
Temporaturs{)ioluiig des Waiinblütors.
3. Spielraum der Eigentemperatur des Warmblüters*). "Wenn
das Säugethier lebend erhalten werden soll, so darf sein Blut
nicht Uber 45" C. und nicht unter 19" bis 20" C. temperirt sein.
Oberhalb der bezeichneten Grenze erfolgt der Tod, weil dann die
Muskeln absterben, die, wie Kühne zeigte, einen Eiweisskörper ent-
halten, der- über jener Temperatur gerinnt. Unterhalb 20" C. wird die
CO2 -Bildung beeinträchtigt und die Nervenerregbarkeit sehr be-
trächtlich herabgesetzt, so dass ein Thier, welches einmal auf
diesen Temperaturgrad herabgesunken ist, unfehlbar zu Grunde
geht, wenn es in gewöhnlicher Zimnierwärme verweilt. Wird es
dagegen in einer Temperatur von 36" bis 40" C. künstlich erwärmt,
so erholt es sich in kurzer Zeit wieder vollständig. — Für den
Menschen hegen die Temperaturgrenzen des Lebens wahrscheinlich
ähnlich wie beim Säugethier. Nie wenigstens sah man die Tempe-
ratur des lebenden über 44,5" C. steigen, und noch sah man ihn
lebend, wenn seine Temperatur auf 26,6" C. herabgesunken war.
Aber beide Temperaturen wurden nur bei heftigen Krankheiten
(Fieber und Cholera) beobachtet; die Temperaturen des gesunden
Menschen sind also in noch engere Grenzen eingeschlossen. —
Vögel, die gewöhnlich über 40" warm sind, sterben schon bei
einer Bluttemperatur von 26" C.
Ursprung der thierischen Wärme.
1. Die Wärme ist bekanntlich eine besondere Art von Bewe-
gung, die, wie es scheint, von jeder Masse, wägbarer wae unwäg-
barer, ausgeführt werden kann. Der erste Tlieil dieses Satzes
wurde bekanntlich dadurch bewiesen, dass sich Bewegung ilf
Wärme und umgekehrt die Wärme in Bewegung umwandeln lässt,
so dass für die verschwundene Wärme Geschwindigkeit und für die
vernichtete Geschwindigkeit Wärme zu gewinnen ist. Also kann
die Wärme kein Stof^ sondern sie muss eine Bewegung sein, weil
es aller Erfahrung widerspräche, anzunehmen, dass durch den Ver-
lust eines Stoffes Bewegung und durch denjenigen einer Bewegung
ein Stoff entstehen könnte.
Wenn nun die Wärme eine Bewegung ist, so kann sie auch,r
entsprechend dem von He Im holt z entwickelten Gesetze über E^
haltung der Kraft, nur dann entstehen, wenn ein wägbarer oder
*) Bornard, Lcijons de physiologio 1854—65. p. 183. — Derselbe , Gazette m^dioale 186*.
460. Ausserdem die schon angezogenen Abliiiiidliingoii von Biireusprung, Traube, Joch-
mann, Michael, Valentin, Scliiff und Chossat.
Ursprung der thierischen Wärme.
733
nwägbarer Körper seine Geschwindigkeit einbiisst, oder wenn
•pannlträfte als solclie zum Verschwinden kommen. Das erstere
rlied der Alternative ist an und für sich klar, das zweite wird
SS, so wie man erfährt, dass der Physiker unter Spannkraft die
Bedingungen versteht, welche, obwohl sie selbst keine Bewegung
iind oder wenigstens nicht zu sein scheinen, dennoch eine ruhende
Hasse in Bewegung versetzen können. Solche Bedingungen sind
*ber dadm'ch charakterisirt , dass sie nur herbeigeführt werden
:önnen durch einen vorgängigen Verlust von gerade so viel Ge-
ich windigkeit, als sie selbst wieder erzeugen können. Unter diese
'Spannkräfte zählten wir u. A. schon früher den Druck, welchen
iie unteren Schichten einer Wassersäule zu ertragen haben; unter
iie gehören auch gewisse chemische Anordnungen, wie sie z. B.
ien verbrennlichen Atomen zukommen. Denn die letztern sind
. während des üeberganges in den verbrannten Zustand befähigt,
entweder wägbare Massen zu bewegen (wie dieses bei der Au^-
llehnung der Körper, in der Dampfmaschine, den Wurfröhren u. s. w.
geschieht), oder auch sich und ihre Umgebung zu erwärmen. Die
neiden Leistungen stehen nun bekanntlich insofern im Gegensatz,
Iiis die eine Kraft des Verbrennungsprozesses in dem Maasse ab-
nimmt, in welchem die andere Kraft in Anspruch genommen wird,
'.0 dass, wenn aus einem Verbrennuugsvorgang viel Wärme ge-
:oogen wurde, die Grösse der verwendbaren Geschwindigkeit ab-
jiimmt und umgekehrt. — Da nun die Atome des verbrannten Kör-
pers in den verbrennlichen Zustand nur dann zurückgeführt werden
.cönnen, wenn dieselbe Menge von Wärme oder Geschwindigkeit
iiufgewendet wird, die sie bei der Verbrennung ausgaben, so kann
man sagen, es sei der verbrenuliche Körper mit einer zur Ruhe
.|,-ekommenen Geschwindigkeit begabt, welche sich als Spannung
'-wischen seinen Atomen geltend mache. Keinesfalls wird durch
ilie Verbrennung neue bewegende Kraft gewonnen, sondern alte,
i angst vorhandene von einem Körper auf den anderen übertragen.
Diese der Physik entnommenen Thatsachen führen zu dem
^Vusspruch, dass die einzige Wärmequelle des menschlichen Körpers
ilie langsame Verbrennung seiner organischen Bestandtheile ist.
Jieser Satz wird von der physiologischen Beobachtung zunächst
dadurch bestätigt, dass kein anderer Grund für die thierische
IHVärme aufgefunden werden kann. So genügen offenbar zur Efit-
wickelung derselben die StJisse nicht, welclie der menschliche Kör-
oer von den ihn umgebenden Medien, z. B. der bewegten Luft,
734
Dio latonto Wärmo der Nahrungsmittel
empfängt, da sie eiueslheils zu unregelmässig erfolgen und andern-
theils in den meisten Fällen weitaus nicht den Kraftwerth der
Stösse erreichen, welchen der menschliche Körper selbst beim Gehen,
bei Armbewegungen u. s. w. seiner Umgebung mittheilt. — Ferner
können die von den Muskel- und Nervenkräften ausgehenden Be-
wegungen keine neuen Ursachen der Wärme abgeben, da die Ent-
wickelung dieser Kräfte selbst von dem thierischen Stoffumsatze
abhängt. Die in den Muskeln und Nerven vorkommenden Bewe-
gungen sind also erst wieder abgeleitet aus den latenten Kräften
der Nahrungsmittel. Jene Apparate schöpfen ihre Befähigung zur
Erzeugung von lebendiger Kraft aus derselben Quelle mit der freien
Wärme, und somit muss in dem Maasse, in welchem jene Appa-
rate lebendige Kräfte zum Vorschein bringen, die Befähigung des
thierischen Stoffes zur Bildung freier Wärme abnehmen.
Daraus ergiebt sich schliesslich, dass auch die Keibimgen,
welche in Folge der Muskelbewegung erscheinen, wie z. B. die der
Geleukköpfe in den Pfannen, der Sehnen in den Sehnenscheiden,
des Bluts in den Gefässen ursprünglich immer wieder demselben
Material ihr wärmebildendes Vermögen verdanken. Denn die Mus-
kelbewegungen, welche durch die eingeleitete Reibung Wärme er-
zeugten, konnten nur entstehen durch eine Aufwendung derjenigen
Kräfte, welche latent zwischen den sich umsetzenden Atomen ent-
halten waren; also ist auch die Reibungswärme nur durch einen
Umweg aus der latenten Wärme des Eiweisses, Fettes, des Sauer-
stofls u. s. w. hervorgegangen, indem die letztere sich zuerst in
eine Bewegung des Muskels und diese wieder in eine solche der
Knochen, des Blutes u. s. w. umsetzte, welche durch die wärme-
erzeugende Reibung zur Ruhe kam.
Diese auf theoretisch'em Wege gewonnene Ueberzeugung vom
Ursprünge der thierischen Wärme hat man durch den Versuch noch
zu befestigen versucht, oder wahrheitsgemässer gesagt, Lavoisier
nnd nach ihm Dulong und andere haben die zu ihrer Zeit theo-
retisch nicht beweisbare Annahme, dass die thierische Wärme auf
der Oxydation des Thieres beruhe, durch den Versuch erweisen
wollen. Dieses Unternehmen ist jedoch bis zum heutigen Tage noch
nicht vollkommen geglückt.
Im Prinzipe muss dasselbe daraufhinauslaufen, die Menge von
Wärme, welche hervorgehen kann aus der Oxydation des Eiweisses
der Fette, des Zuckers zu CO2, HO, Harnstoff u. s. w. zu ver-
ist die Quelle der thierischen Wärme.
735
gleichen mit der "Wärmemenge, welche das Thier liefert, während
seine bestimmte Menge von CO2, HO, Harnstoif bildet.
J 2. Um die erste dieser Forderung möglich zu machen, muss
man die latente Wäime der bezeichneten Atome ermitteln; dieses
.^^eschieht, indem man die Wärmequantität misst, welche frei wird,
wenn das Eiweiss, die Fette u. s. w. verbrennen. Die Einheit, in
welcher die erhaltene Wärme ausgedrückt wird, ist bekanntlich das
'Fassungsvemögen der Gewichtseinheit des Wassers für Wärme,
»der diejenige Menge der letzteren, welche je nach dem Ueberein-
kommen zu einem Gramm, einem Pfund (500 Gr.) oder einem Kilo
;1000 Gr.) Wasser geführt werden muss, damit die Temperatur des-
■äelben um V C. erhöht werde.
Die bei der Verbrennung entwickelte Wärme fängt man dadurch auf, dass man
ilen zu verbrennenden Körper in einen rings von Wasser oder Quecksilber umgebenen
IMetallkasten einbringt, und dort die Verbrennung so geschehen lässt, dass alle frei
{gewordene Wärme auf die Flüssigkeit übertragen wird. Aus dem bekannten Gewichte
lies verbrannten Körpers und dem des umgebenden Wassers und endlich aus der Tem-
[«eraturznnahme dieses letzteren lässt sich ableiten , wie viel Wärmeeinheiten bei der
^Verbrennung der Gewichtseinheit eines beliebigen Stoffes frei werden. Ueber die zahl-
reichen Fehler, die diesem Verfahren anhaften können, und ihre Vermeidung, siehe die
^Abhandlungen von Favre und Silbermann. —
Ausser dieser, wenn man will, absoluten Wärmemessung giebt es noch eine rela-
tive; sie beruht auf dem Satze, dass die Menge von Wärme, welche ein Körper ab-
;jiebt, proportional dem Unterschied seiner eigenen und der ihn umgebenden Tempe-
ratur ist. Wenn man eine Messung nach diesem Prinzip ausführen will, bringt man
tn das Innere eines rings geschlossenen Kastens eine constante Wärmequelle, setzt
Idenselben in einen Baum von constanter Temperatur, und wartet, bis ein in den
tEasten gehängtes Thermometer auch hier, eine constante Temperatur anzeigt. Wenn
mmit der Unterschied in der Temperatur der Luft innerhalb und ausserhalb des Kas-
tens constant geworden ist, so muss auch der Kasten in jedem Augenblick so viel
Wärme empfangen , als er ausgiebt. Mit Rücksicht auf den obigen Vordersatz lässt
wich nun zeigen , dass innerhalb gewisser Grenzen wenigstens der Temperaturunter-
uchied zwischen dem Kasten und der Umgebung mit der Menge von Wärme wächst,
Idie im Innern des Kastens aufgewendet wurde. — Einen solchen Apparat kann man
Aber auch graduiren , d. h. in einen absoluten Maassstab umwandeln. Hierzu ist
nichts Anderes nöthig, als dass man das constante Temperaturübergewiclit des Kastens
.Aber seiner Umgebung dadurch erreicht, dass man in seinem Ijinern H-Gas ver-
orennt, dessen latente Wärme aus anderweiten Beobachtungen bekannt ist. Dieses Ver-
ifahren rührt von Hirn, her, der es auch zu physiologischen Zwecken benutzt hat.
Aus den Erfahrungen, welche die Versuche über die Verbren-
mungswärme ergeben haben , hebt sich Folgendes für den physiolo-
jgischen Zweck als wichtig hervor.
736
Wänuemonge der thierischon Atome.
a. Die Zalil der Wärmecinlieiten , welche die Gewiclitseinlieit
eines einzelnen oder einer Gruppe von Atomen beim Uebergange
aus einer niederen in eine höhere Oxydationsstufe entwickelt, ist
unabhängig von der Art und Zahl der Mittelstufen, welche zwischen
•den beiden Endgliedern gelegen sind. So giebt z. B. ein Gramm
Stearinsäure, wenn sie mit Hülfe des gasförmigen Sauerstoffs zu i
CO2 und HO verbrannt wird, immer dieselbe Wärmemenge, gleich-
gültig, ob die Verbrennung in einem Akte oder in der Art geschieht,
dass sich noch mancherlei Zwischenprodukte (niedese Glieder der
Fettsäurenreihe, CO u. s. w.) einschieben, bevor es zu einer voll-
ständigen Ueberführung in CO2 und HO gekommen ist. Dieser em-
pirisch aufgefundene Satz ist eine nothwendige Folgerung aus der j
mechanischen Wärmetheorie. Denn nach ihr war die 'messbare
Wärme nichts Anderes als die lebendige Kraft, welche frei werden
konnte durch den Unterschied an Spannkräften im unverbrannten
und verbrannten Atome. Dieser Unterschied ist aber natürlich nur |
abhängig von dem Zustand des in die Verbrennung eingehenden
und des aus ihr hervortretenden Atoms, unabhängig dagegen von '
den Mittelgliedern, welche zwischen der Anfangs- und Endstufe ge-
legen sein können. Es verhält sich hierbei Alles gerade so, wie
mit der Arbeit, welche durch den freien Fall eines Körpers gehe- ;
fert werden kann. Dieselbe wird bekanntlich nur bestimmt durch ■
die Fallhöhe , nicht aber dadurch , ob der Körper auf einmal oder
in Absätzen aus der gegebenen Höhe herunterfällt. — ■ b. Die Ver-
brennungswärme, welche einfache Atome oder Atomgruppen von I
einer und derselben chemischen Zusammensetzung liefern, ist ab- \
häugig von dem Zustande, in dem sie sich finden. So giebt u. A.
ein Gramm Kohle in ihren verschiedenen allotropischen Modifikatio-
nen (Diamaut, Graphit, Holzkohle) eine ungleiche Menge von Wärme-
einheiten ; desgleichen geben gleiche Gewichte zweier Atomgruppen,
welche in verschiedener Anordnung gleich viel Atome derselben
Art enthalten (isomere und polymere Verbindungen), ganz ungleiche
Wärmemengen. — c. Damit in innigem Zusammenhange steht die
Erfahrung, dass die Verbrennungswärme eines Atoms im freien
unverbundenen Zustande eine andere als im verbundenen Zustande |i
ist; mit .anderen Worten, die Summe der Wärmeeinheiten, welche i
bei der Verbrennung eines complizirten Atomes frei werden, können i;
nicht abgeleitet werden aus der bekannten Wärmemenge, welche [:
die in dem complizirten Atome enthaltenen Atome geben, wenn sie \
im fi-eien Zustande verbrannt werden. Im Allgemeinen gilt jedoch ,
Wärmeeinheiten nach Favre und Silber mann. 737
ie Regel, dass die mit anderen schon verbundenen Atome weniger
\ iirme ausgeben, als die freien. Dieser Satz bestätigt sich nicht
Hein, wenn in das complicirte Atom Sauerstoff eingeti'eten, sondern
lieh, wenn die Verbindung frei von demselben, z. B. ein Kohlen-
;isserstoff, ist. Es haben sich also der Kohlen- und Wasserstoff
ci ihrer Vereinigung schon verbrannt, indem sie bei derselben
» iirme entwickelten. In einigen sehr seltenen Fällen, z. B. beim
rhwefelkohlenstoff ist jedoch auch die Verbrennungswärme des
unplicirten Atoms grösser, als das aus ihren constituir enden Ele-
I outen berechnete Resultat. — d. Bei der Oxydation durch gas-
imigen Sauerstoff ist die Zahl der entwickelten Wärmeeinheiten
eringer, als bei der Verbrennung durch Stickoxydul. Die Ver-
lennung in reinem Sauerstoffgas oder in atmosphärischer Luft
ihrt jedoch zu demselben Resultat. — e. Die Zahl der Wärme-
iuheiten, welche die Gewichtseinheiten der in den Speisen enthal-
uen oder zum Aufbau des menschlichen Körpers verwendeten or-
;tinschen Atome ergeben, ist nur für die geringste Zahl derselben
■luittelt. Durch Favre und Silb ermann ist bekannt, dass
der folgenden Stoffe die verzeichneten Wärmeinheiten giebt.
Stearinsäure
(C36H36O4) =
9700 W.-E.
Margarinsäure
(C34H34O4) =
9560
»
Palmitinsäure
(C32H32O4) =
9420
Caprylsäure
(Cl6Hl604) =
7780
7)
Capronsäure
(Cl2Hl204) =
7000
>}
Buttersäure
(C8H8O4) =
5623
>J
Propionsäure
(C6H6O4) =
4670
7)
Essigsäure
(C4H4O4) =
3505
V
Ameisensäure
(C2H2O4) =
1915
)7
Alkohol
(C4H6O2) =
8958
Kohlenstoff (aus Holzkohle) =
8086
;>
Wasserstoff
34462
Diese Mittheilungen lassen erkennen, vne ungemein lückenhaft
ic Erfahrungen über die latente Wärme der im thierischen Körper
^ brannten Stoffe sind. Man sieht sich darum genöthigt, zu einer
lyi)othesc seine Zuflucht zu nehmen, wenn man eine Angabe über
ic Wärmequantität machen will, deren Verwendung dem thie-
i sehen Körper zu Gebote steht* Zu diesem Behufe nimmt man
11, dass die in den organischen Verbindungen der Nahrung ent-
Ij n cl w i g , Physiologie. II. 2, Auflage. ^'^
738
Wärme aus dem thier. Verbronnuhgspfocosse.
baltenen C- und H-Atorae gerade soviel Wärmeeinheiten auszugeben
vermöchten, als wären sie im freien Zustande verbrannt, und ftigt
zu dieser Unterstellung den vv^eiteren Zusatz, dass der 0, welchen
die genannten Verbindungen mitbringen, so angesehen werden
solle, als ob er schon einen ihm entsprechenden Wasserstoffantheil
der Verbindung zu Wasser verbraunt habe; mit anderen Worten,
wenn man nach der obigen Voraussetzung die latente Wärme einer
Verbindung berechnen will, so zieht man eine ihrem Sauerstoffge-
halte entsprechende Wasserstoffmenge ab.
Nach dieser Hypothese würde nun z. B. 1 Gr. Stearinsäure
9905 Wärmeeinheiten geben, während er beobachtungsgemäss nur
9700 liefert, das berechnete Resultat übersteigt das beobachtete.
Anders gestaltet es sich mit den Kohlenhydraten. Wir wählen als
Beispiel den Traubenzucker (CioHi^Oi-i). Da dieser eine genügende
Menge von 0 enthält, um allen seinen H zu HO zu verbrennen, so
kommt bei unserer Berechnung nur der C in Betracht. Nun ent-
hält 1 Gr. Zucker nach obiger Formel 0,4 Gr. C, diesem ent-
sprechen aber 3234 W.-E.; 1,Q Gr. Zucker giebt aber auch 0,51 Gr.
Alkohol, welche nach empirischer Feststellung 4568 W.-E. liefern.
Diese müssen also jedenfalls schon in dem Gr. Zucker, welcher
zur Alkoholbildung verwendet wurde, enthalten gewesen sein. Be-
denkt man aber noch, dass auch Wärme aus dem Zucker ent-
wickelt wurde, als er bei der'Gährung unter COo-Abscheidung in
Alkohol überging, so folgt aus allem Diesen, dass das berechnete
Resultat weit unter dem beobachteten bleibt. Aus diesen beiden
Beispielen-, die einzigen, Avelche dem kritischen Experiment unter-
worfen wurden, geht hervor, dass jene Hypothese eine bald zu ge-
ringe, bald eine zu hohe Verbrennungswärme giebt. Wollte man
also von obiger Annahme Anwendung macheu auf ein Thier, das
viel Fett und wenig oder gar kein Amylon frisst, so hätte man
seine latente Wärme überschätzt, während man bei einem anderen
Thiere, das Amylon und Fette im umgekehrten Verhältnisse ver-
zehrt, die latente Wärme zu gering veranschlagt haben würde.
3. Die zweite Forderung zur praktischen Lösung der Frage,
ob die aus clem thierischeu Verbrennungsprozesse disponibel wer- (
dende Wärme mit der vom Thiere wü-klich gebildeten überein-
stimmt, verlangt Angaben über die während der Versuchszeit ent-
wickehe Wärme und die in derselben umgesetzten Stoffgewichte,
mit genauer Bezeichnung der in und aus den oxydirenden Processen
Messung der entwickelteu tliier. ^jirme.
739
leteudeu Atomgruppen. Von diesen Bedinguiigen ist die erstere
,anz und die letztere mindestens theilweise zu erfüllen.
Die Wärme, welche die Thiere während der Versuchszeit ent-
ickelu, kann durch ganz dasselbe Verfahren gemessen werden,
i Iches zur Bestimmung der Verbrennungswärme eines beliebigen
vtouis dient. Man sperrt das zu untersuchende Thier, dessen Tem-
loratur zu Anfang und Ende des Versuches übereinstimmen muss,
II einen rings von Wasser umgebenen Metallkasten und bestimmte
lie Temperaturzunahme, welche das bekannte Gewicht des umge-
I enden Wassers während der Anwesenheit cles Thieres im Kasten
1 fahren hat.
Den qualitativen und quantitativen Gang der Stoffbewegung
les dem Versuche untenvorfenen Thieres erschliessen Dulong und
)espretz aus der Menge des aufgenommenen Sauerstoffs und
■er ausgegebenen CO2; nach den in der Respirationslehi-e entwickel-
m Grundsätzen genügen bekanntlich diese Angaben, um daraus
lieh die Menge des verbrannten Kohlen- und Wasserstoffs zu
Inden. Vorausgesetzt, es sei die möglichst günstige Annahme zu-
troffen, dass während der Versuchszeit die ganze Menge von 0,
Iche in derselben aufgenommen wurde, auch zur Bildung von
» >2 und HO verwendet, nnd es sei auch die ganze Menge der ge-
ildeten CO2 wieder aiTsgeathmet worden, so würden die gelieferten
dingnngen immer noch nicht genügen, um daraus die Menge der
\'ärme zu bestimmen, welche während der Oxydation frei wurde,
»icses folgt unmittelbar aus den vorhin mitgetheilten Erfahrungen,
l;tss die Wärmemenge, welche ein Atom H oder C bei seiner Um-
\andelung in CO2 und HO liefert, sich richtet nach der Verbin-
luug, aus welcher jene Elemente verbrannt wurden. Deragemäss
iiiissten zu jenen Angaben des erwähnten Versuches auch noch die
I r complizirten Stoffe kommen, aus welchen die CO2 und das HO
II rausgebrannt wurden.
4. Aus dieser Besprechung der Methoden und der Voraus,
'/.mg der Rechnungen für die Versuche von Despretz und
1 1 0 n g dürfte der Schluss gezogen werden , dass die aus ihnen
gewonnenen Resultate keinesfalls der Ausdruck der vollen Wahr-
aeit sein können, namentlich lässt sich voraussagen, dass die Rech-
lung für die Thiere, welche überwiegend Fette umgesetzt haben-
'iu hoch, und für die, welche .vorzugsweise Amylaceen verzehrten
■ z. B. Kaninchen, Meerschweinchen) zu niedrig ausfalle. Als Werthe
•17*
740
Veraijderliölio Wärmeerzeugung.
welche sich jedoch entfernt der Wahrheit annähern , sind sie niclit
ohne Interesse; wir geben darum die Tafel von Dulong. Die
unter der Rubrik Wärmeverhältniss aufgeführten Zahlen sind ein
Quotient aus den vom Thiere wirklicli ausgegebenen Wärraeeinheiten
in die aus der COa-Ausscheidungund dem 0-Verbrauch berechneten.
Zahl der Beobachtungen. Wärmeverhältniss.
Katze . . 5 0,902
Hund . . 3 0,956
Meersch'wein 3 0,865
Kaninchen 2 0,913
Aus der Thatsache, dass in keinem Falle die nach der Be- !
rechnung gebildete Wärme den wirklichen Verlust erreicht, schlies- \
sen wir, indem wir das Gesetz von der Erhaltung der Kraft als '
ein unumstössliches ansehen, dass auch die Eiweisskörper wie die
Amylaceen bei ihrer Verbrennung mehr Wärme ausgeben, als sich
aus ihr nach den aufgestellten Principien berechnet.
In der obigen Tafel von Dulong sind statt der von ihm seihst angewendeten
Lavoisi er' sehen Zahlen für die Verbrennungswärme des C und H die von Favre
und Silb ermann gefundenen (S086 und 34462) benutzt. Die Beobachtungen von
Despretz lieferten ein ungünstigeres Verhältniss zwische» dem hypothetischen Wärnie-
gewinne und dem wirklichen Verluste ; dieses verwandelt sich allerdings ebenfalls in
ein sehr günstiges , wenn man statt der von ihm benutzten Zahlen für die Verbren-
nungswärme des C und il die S ilb er m ann - Fa vr e ' sehen substituirt. Dieses dürfte
aber wohl nicht erlaubt sein, weil Despretz die Verbrennungswärnie der Thiere und
der genannten Elemente nach derselben Methode bestimmt hat, so dass also der bei
seinem Verfalu'cn eingetretene Verlust in der einen und der anderen Bestimmung sich .
geltend macht. Die Beobachtungen von Despretz sind aber darum nicht fehlerfrei,
weil die Luft, in welcher seine Thiere athmetcn, zu Ende des Versuchs mehr COj und
weniger Sauerstoff enthielt, als zu Beginn derselben. Also niussten auch die Thiere,
nach den in der Athemlehre entwickelten Grundsätzen zu Ende der Beobachtung
i'eicher an COo sein, als zu Anfang derselben; dieser Unterschied bedingt aber einen
Verlust an der beobachteten CO2 und damit auch an der berechneten Wärme.
5. Veränderliche Wärmeerzeugung. Setzt man die Annahme
als richtig voraus, dass die thierische Wärme der chemischen Be-
wegung ihren Ursprung verdanke, so folgt unmittelbar, dass die
Wärmequellen mit der wechselnden Zeit sehr ungleich fliesseu
müssen. Eine Andeutung für die liichtigkeit dieser Folgerung giebt
die tägliche Temperaturcurve , welche bekanntlich ansteigt, wenn
der Sauerstoifverbrauch gewachsen ist, ohne dass eine unverhält-
Das Verhältniss der Wärmebildniig zu niidorn pliys. Vorgängen. 741
lissmassig grosse Wärraeausfuhr bestellt. Früher wurde jedoch
iiieh gesagt, xlass die einfache Temperaturbeobachtung nicht im
>tande sei, die nöthigeu Daten für die Veränderlichkeit der Wärme-
rzeiigung zu liefern; dazu würde nur die Messung der jederzeit
i zeugten Wärme führen können.
Hirn hat sich in der That bemüht, das Abhängigkeitsverhältniss aufzusuchen,'
, u clehcs zwischen irgendwelchen andern physiologischen Bedingungen und der Wärme-
:bildung bestehe. Zur Messung der entwickelten Wärme bedient er sich des schon bc-
•schriebenen calorimetrischen Kastens (p. 735). Die Menschen , welche sich in dem-
•selben aufhielten, athmeton aus einem Gasometer in ein anderes, so dass ausser dem
Wärraeyerlnst, den der constante Temperaturunterschied zwischen der Luft im Kasten und
dderjenigen im Zimmer maass, auch noch die Menge der Gase bestimmt werden konnte, die
bbei der Athmnng verbraucht und gewonnncn wurde. Jede der an Alter, Geschlecht,
KKörpergewicht, Wohlbefinden u. s. w. verschiedenen Personen, welche Hirn dem Ver-
ssuch unterwarf, musste nun im Calorimeter entweder in ruhender Stellung verharren
«oder in einem Rade, das von- einer Dampfmaschine getrieben wurde, auf- oder ab-
ssteigen. Die Arbeit, die sie dabei leistete, hemmende oder beschleunigende, konnte
ssomit ebenfalls nach Kilograrammeter gemessen werden.
Die Ergebnisse, welche diese Versuchsreihe geliefert hat, müssen aus mehreren
'Gründen auffallen. So sollen 1) alle Personen gerade so viel Volumen 0 verschluckt
ihaben, als sie CO2 ausstiessen ,• so dass also aller eingenommene Sauerstoff zur Oxy-
üdation von Kohle gedient hätte; da der Mensch nicht ausschliesslich Amylon und
/Zucker verzehrt, so bleibt jenes Resultat unerklärlich. — Zweitens aber findet Hirn,
> dass die ruhenden oder im Rad absteigenden Menschen , wie sie auch sonst beschaffen
»waren, immer für I Gr. verschluckten Sauersoffs respect. für 1,375 Gr. ausgehauchter
1GO2 mehr als 5000 AVärmegramme (zwischen 5000 und 5500) ausgaben. Aber auch
diese Zahl ist noch immer befremdend gross , selbst wenn mau zugeben wollte , dass
die Him'schen Versuchspersonen nur Kohlenhydrate verbrannt hätten. Da wir nicht
wissen, wie viel Wärme ein Gramm Sauerstoff entwickelt, wenn er sich mit der aequi-
valenten Menge von Zucker zur Bildung von CO2 und HO vereinigt, so wollen wir,
um der Gefahr der Unterschätzung auszuweichen, annehmen, dass bei der VerlDrennung
des Zuckers die in ihm vorhandenen C- und H-Antheile gerade soviel Wärme' lieferten,
als ob sie aus dem freien Zustand heraus in CO2 und HO verwandelt wären. Dann
gäbe 1 Gr. freien O's , indem er 0,937 Gr. Zucker verbrennt, 5162 W. E. Diese Zahl
erreicht also noch immer nicht das von Hirn öfter gefundene Wänncäquivalent des-
jenigen Sauerstoffs, den der ruhende Mensch verzehrt. Dieses Zurückbleiben erscheint
aber besonders bedenklich, weil der Zucker der oxygonreichste Nahrungsstoff ist, der
(jfsshalb auch zur Verbrennung die geringste Menge freien RauerstoH's nöthig hat.
Aus diesem Grunde giebt auch 1 Gr. freien O's, welches sich mit Zucker verbindet,
mehr Wärme, als bei seiner Vereinig\ing mit jedem andern vnrbrcnnliclien Blutbcstaiid-
theil. Wollte man also die Zalilen von Hirn noch annehmbar finden, so müsste man
■unterstellen, dass in dem von ihm beobachteten Menschen neben der Oxydation noch
andere wärmebildcnde Umsetzungen stattgefunden hatten. Da diese aber nur auf
Kosten des gesammtcn tliicrischen Wärmevorraths geschehen konnten , so mussten nun
; auch Zeiten kommen , in denen der ruhende Mensch für denselben Sauerstoffverbrauch
742
Boziehun^- zu Sauovstolfvorbraucli und Wiirmebildung.
viel weniger Wärme ausgogoboii liatte; diese Zeiten musston aber niemals bei den
zahlreiehon Versuchen von Hirn anwesend gewesen sein.
Ein Theil dieser Abweichungen erklärt sich wohl aus den
wenig sorgsamen analytischen Behelfen, deren er sich bediente. —
Drittens endlich macht Hirn die Annahme, dass der Sauerstoff in
den arbeitenden Muskeln gerade so benutzt werde, wie in den Zer-
setzungen, die der ruhende Körjjer erleidet, und zwar darum, weil
bei seinen physikalischen Anschauungen nur unter dieser Voraus-
setzung seine Versuche zu den von ihm gewünschten Folge-
rungen führen. Nun wurde aber schon wiederholt (p. 385; 525;
602) erwähnt, dass bei der Muskelbewegung relativ viel CO»,
aber ' wenig Harnstoff gebildet werde, ja es hat Voit*) neuer-
lichst dargethan, dass die tägliche Harnstoflfausscheidung eines
Thiers von der Muskelanstrengung gänzlich unabhängig ist, also
giebt es jedenfalls zwei verschiedene Reihen von Oxydationen,
eine, ".die ebensowohl im ruhenden wie im bewegten Köi-per ein-
tritt, diejenige nämlich, die zur Harnstoifbildung führt, und eine
andere, nur dem bewegten Körper eigenthümliche, die nicht in das
letztere Produkt ausmündet.
Aus Allem dem geht hervor, dass die von Hirn gezogenen
Folgerungen über die Beziehungen zwischen Sauerstoffverbrauch,
Wärraebildung und Arbeitsleistung nicht stichaltig sind. Nimmt man
aber an , dass der Fehler in seilten Bestimmungen überall annä-
hernd derselbe gewesen sei, so gewähren seine Zahlen noch we-
sentliches Interesse. Wir lassen darum seine Tabellen, soweit sie
Thatsachen enthalten, folgen.
Zum Verständniss derselben muss bemerkt werden, dass die
1. Reihe in einem Kasten von andern Dimensionen ausgeführt
wurde als die zweite. Beide Kasten waren aber auf gleiche Weise
graduirt. — In der Columne Arbeit bedeutet -|- ein Aufsteigen,
— ein Absteigen im Rade.
•) Mlinolinor Sitzungsberichte der mathemat.-physik. Klasse 18G0. 139.
0-Vorbrauch, Wärmebildung und Arbeitsleistung.'
I. Reihe.
743
Zeichnung
und
r des Indi-
viduums.
Inder
Minute.
Ein:
In der Stunde.
= au3-
Pulsc.
Atiicni-
züge.
,geatlimete
Kurperp-£„fj^.Q,„„,
^■S" '° bei ÜO und
0,760 M.
Hg-Druclc
Cub.-M.
Ab-
sorbirtes
0-üew.
in Gr.
Ent-
ivieliolte
Wärme-
Kilos.
Zahl der
Wärme -
Kilos fUr
1 Gr. ab-
sorbirt.
0.
Arbeit In der
Stunde nach
Kilogr. - Metr.
l 42 Jahr.
1
2
3
4
5
6
7
8
' 1 8 Jahr.
1
2
1. 47 Jahr.
1
2
. 3
-Mädchen
IS Jahr.
1
2
63,85
63,89
65,51
62,17
62,26
52,20
51,45
84,52
84,'91
64,91
65,60
0,819
0,717
0,776
1,75
1,77
1,96
1,96
1,78
0,757
1,40
0,67
2,75
2,51
0,37
1,47
27,6
26,6
27,0
113,1
112,2
126,9
123,3
117,9
45,3
111,3
32,a
156,1
156,5
24,6
107,8
143,9
146,9
147,9
245,6
283,6
:m,\
309,3
333,8
161
263,7
189
325,2
356,3
129,2
252,1
2. Reihe.
5,21
5,52
5,48
2,71
2,64
2,37
2,52
2,84
4,8
2,94
5,73
2,08
2,27
5,25
2,34
H 42 Jahr.
I
80
18
0,621
29,65
155
5,22
2
145
30
60,9
2,034
131,74
251
1,905
3
145
30
61,0
1,9755
115,7
203
1,754
4
105
20
61,3
1,-548
63,85
351
5,5
o 18 Jahr.
1
0,875
32,94
170
5,161
2
53,7
1,601
99,12
291,5
2,94
3
51,2
1,364
0,8883
88,7
269
3,02
4
80
22
51,6
47,33
251
5,31
J. 42 J.
1
85
11,5
0,5085
32,8
170*
5,183
2
85,1
1,6222
116,22
255
2,194
S. 47 J.
I
60
7,5
0,5445
27,07
140,2
5,181*
120
11
72,85
1,405
0,7386
128,2
229
1,78
3
— •
73,2
48,28
251
5,18
Mädchen
18 Jahr.
1
0,6055
29,52
147,9
5,0
2
61,5
1,474
108,3
280
2,059
0
0
0
23257
20750
22208
21700
2217(?)
0
17539
0
+ 34532
4- 34260
0
-f 22387
+
1:
0
27448
23357
26972
0
25912
22989
24175
0
33332
0
-|- 32550
— 30275
+
+
0
20888
Wärmeverluste.
Die Wänneverluste entstehen 1) dadurch, dass die flüssigen
öand festen P^innahmen (Speisen) des thierischen Körpers kälter
<8ind, als seine flüssigen und festen Ausgaben (Harn und Koth);
qj^^ ^ ' . Wäniioyerhistfi.
die Würrae, die a.ui" die Gewichtseinheit dieser den Organismus
durchlaufenden Massen übertragen wird, ist abhängig von ilu-er
Wärmecapacität und dem Unterschiede ihrer Temperaturen beim Ein-
imd Austi-eten aus dem thicrischen Körper. Unter allen Umständen
ist dieser Wärmeverlust nur ein geringer Antheil der Gesammtein-
busse. — 2) Durch Leitung und Strahlung von den freien Ober-
flächen des Körpers, insbesondere von Lunge und Haut, gegen die
umgebenden Medien. Wie viel Wärme hierdurch in der Zeiteinheit
auf der Einheit der Oberfläche verloren geht, ist bekanntlich ab-
hängig von dem mittleren Temperaturunterschiede zwischen dem
umgebenden Medium und dem Organismus, von der Wärmecapaci-
tät und Leitungslahigkeit der Umgebung, oder wenn diese letztere
Eigenschaft wie bei der Luft, ganz fehlen sollte, von der Bewe-
gung derselben. — Flir die Lunge lassen sich die nöthigen An-
gaben leicht gewinnen, weil sie eine constante Temperatur besitzt
und die Luft, die mit ihr in Berührung kommt, sie immer auf
nahezu 36" bis 37" C. erwärmt verlässt. Beispielsweise werden wir
sogleich eine Rechnung ausführen. — Für die Haut sind dagegen
die nöthigen Angaben nicht zu erbringen; dieses ist ersichtlich,
weil die Temperatur der Hautoberfläche nach Zeit und Ort fort-
während veränderlich ist, eine Veränderung, welche eine compli-
. zirte Folge ihrer Blutfülle, der Geschwindigkeit des Blutstroms, der
Bluttemperatur, der Wäriuezuleitung von den inneren Organen durch
den panniculus adiposus hindurch, der Wärmeleitungsfähigkeit und
der Dicke der Epidermis und des Wärmeverlustes auf der Ober-
fläche ist; denn die Haut kommt nicht blos mit Luft, sondern auch
mit Kleidern, Wasser u. s. w. in Berührung, und der Temperatni-
grad, den die berührende Luft annimmt, ändert sich mit ihrer Be-
wegung, welche sejbst Avieder aus vielen Gründen, die in der Luft
und in der Art der Kleidung begründet sind, variirt. — 3) Der
thierische Körper verliert ferner Wärme, weil er fortwährend Wasser
verdunstet; der Verlust an Wärme, die in den Wasserdampf latent
übergeht, muss für die Zeit- und Flächeneinheit abhängig sein* von
der Temperatur der Körperoberfläche, ihrer Befeuchtung und der
Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit, kurz, von allen den Umstän-
den, welche wir bei der Verdunstung schon ausführlicher angegeben.
Die in Frage kommenden Faktoren sind nun bekanntlich wiederum
in der Lunge constanter als in der Haut, so dass es immerhin ge-
lingt, den Wärmeverlust, den wii- durch Verdunstung aus der
Lnnge erfahren, sicherer zu bestimmen, als den durch die Haut. -
Tngliclio Gesamniteiiinahmc uml Wärmeausgabc. 745
) Die Lehre von der Erhaltung der Kräfte drängt endlich noch
tu der Annahme, dass anch Wärme, gleichgültig ob sie latent oder
•;ei war, verloren gehe durch die Erzeugung derjenigen Muskel-
räfte, welche zu einer mechanischen Arbeit jenseits der Leibes-
rrenze verwendet werden. Für gewöhnlich mag dieser Verlust
Iiierdings nicht sehr hoch anzuschlagen sein, da das mechanische
xequivalent der Wärrae eine sehr beträchtliche Grösse besitzt, oder
• esser gesagt, da mit einem geringem Aufwände an Wärme sehr
iiel Arbeit zu leisten ist.
Da die Wärme eine Bewegung ist, so muss sich auot angeben lassen, wie viel
■on irgend welcber anderen bewegenden Kraft z. B. der Schwere, angewendet werden
uss , um eine bestimmte Menge von Wärme zu erzeugen und umgekehrt. Nach den
essungen von Joule, Jacobi und Leguin ist übereinstimmend festgestellt, dass
i30 Metergramrae, d. h. eine Kraft, welche 430 Gramme auf 1 Meter zu erheben ver-
tag , aequivalent sind einer Wärmeeinheit , d. h. der Wärme , welche nSthig ist , um
Gr. Wasser von 0" auf 1" zu erwärmen.
Vergleichung der täglichen Gesaramteinnahmeund
.usgabe an Wärme.
Wir stellen dieselbe nach Barrai*) an, welcher sich auf eine,
Tie es scheint, umsichtig geführte Versuchsreihe stützt; seine Rech-
nungen können jedoch, weil sie zum Theil auf unrichtigen Annah-
lten beruhen, nur zu einer annähernd richtigen Vorstellung führen.
J^ebrigens herrscht eine gewisse lieber ein Stimmung zwischen seinen
md den Resultaten einer Rechnung, welche Helmholtz**), von
lurchaus anderen Voraussetzungen ausgehend, anstellte.
Barrai unternahm an 4 Individuen, zwei Männern, einem von
9 und einem von 29 Jahren, einer Frau von 32 und einem Kinde
lon 6 Jahren, 5 Versuche, von denen je einer einen Zeitraum von
Tagen umspannte. In dieser Zeit bestimmte er Gewicht und Zu-
ammensetzung der Speisen, des Harnes und'Kothes; da das Kör-
Eßrgewicht unverändert blieb oder wenigstens als solches ange-
' ommen werden darf, denn er liess die Leute , bei ihrer gewöhn-
teben Lebensweise und Nahrung, so gab der Gewichtsunterschied
wischen der Nahrung und dem aus After und Blase entleerten
Kassen den Verlust durch Haut und Lungen. Da auch die Zu-
wmmensetzung der Nahrung, des Harnes und Kothes bekannt war,
0. liess sich auch die des Haut- und Lungendunstes finden. Be-
icksichtigt man das 24stündige Mittel in Einnahme und Ausgabe
lir Wasser und organische Bestandtheile, so hat man :
*) Statlque chlinique dcg nnlmnux. Paris 1850. p. 'H'> f-
746
Gesaininteinnalniie und Wärmeausgabo.
^ < a H w
Ordnungszahl
der
Beobachtungen.
C H-'fUi 00 00
CD CO O O tC'
CO 05 — »■ CD ^
In? "oo "cd 00
Wasser.
335,7
242,3
140,2
296,8
274,6
p
51,9
38,7
21,4
42,9
41,7
w
14,3
10,1
3,0
9,6
11,6
248,8
178,6
121,8
245,8
203,4
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W.-E. durch Verbrennung des^. u. C.
747
Ans den Angaben der Tabelle II. berechnet sich nun: 1) der
ärmende Wasserstoff; darunter versteht man aber nach der frü-
hen Verabredung- den Theil des aus den Speisen verbrannten H,
elcher zu seiner Verbrennung den eingeathmeten Sauerstoff benutzt,
M'ht aber denjenigen, welcher schon im festen Zustande in den Speisen
iithaltcn war. Er wird aus den Zahlen der Tabelle IL abgeleitet, in-
ora man berechnet, wie viel H nöthigist, um den in der letzten Co-
m.ne aufgeführten 0 in HO umzuwandeln; zieht man diesen be-
ehneten Werth ab von dem in der Tabelle aufgeführten H, so
ildet der Rest den wärmenden, d. h. denjenigen, welcher bei der
t ürmeberechnung in Anschlag gebracht wird. — 2) Das neu ge-
ildete Wasser, und zwar dadurch , dass man den H der vorliegen-
on Tabelle auf Wasser berechnet. — 3) Addü't man dieses Wasser
11 dem der zweiten Colonne, so erhält man das Gesammtgewicht
OS verdunsteten Wassers. — Das Gewicht der verdunsteten CO2
ird nach bekannten Regeln ebenfalls aus dem Vorstehenden ab-
cleitet. — 5) Macht man endlich die Voraussetzung, dass die
usathmungsluft im Mittel 4 pCt. CO2 enthalten habe, so findet sich
US unseren Daten auch noch das Gewicht der Ausathmungsluft.
Ile diese berechneten Werthe sind in der Tabelle III. zusammen-
stellt. Die Zahlen bedeuten Gramme.
Tabelle III.
Mungs-Nr.
ersuche».
Wärmender
Wasserstoff.
Nengebildötes
Wasser.
Gesammtgewicht
des verdunsteten
Wassers.
Gewicht der ver-
dunsteten CO2.
Gewicht der
Ausatlunungsluft,
I.
20,S
. 467,0
1287,8
1230,9
30772,5
II.
16,4
348,5
1158,0
888,4
22210,0
III.
6,2
192,8
694,7
514,0
10350,0
IV.
12,2
386,3
522,6
1088,3
27207,5
V.
16,.3
366,5
965,7
1006,9
15140,0
Damit ist nun die weitere Möglichkeit eröffnet, zu berech-
111: 1) die Zahl der den Tag über gebildeten Wärmeeinheiten
iitcr der Voraussetzung, dass der wärmende H und der C bei
11 er Verbrennung ebensoviel W.-E. entwickelt haben, wie bei ihrer
cibrennung im freien Zustande. Wir legen hierbei die Zahlen
on Favre und Silbermann, nämlich für 1 Gr. C. = 8086 W.-E.
rid ftir 1 Gr. H. = 34462 W.-E. zu Grunde. Dieser Voraus-
itzung dürfte weniger Wärme entsprechen, als in der That ausge-
geben wurde, da die feste Nahrung in den beobachteten Fällen vor-
I jgsweise aus Brod, Zucker und Gemüse, also aus Kohlenhydraten
cstand, welche, wie frtlher erwähnt, in der That eine höhere
748
■\Värmovorlust (Uivch "WasserverdunstuTig.
Wärme entwickeln, als nach unserer jetzigen Bereclinungsgrund-
lage aus ihnen gefunden wird. — 2) Den Wärmeverlust durch Ver-
dunstung des Wassers; indem man die Wärme des den Körper
verlassenden Wasserdunstes auf 37" .setzt und ihn im Maximum
der Tension befindlich annimmt. — 3) Den Wärmeverlust durch
die Erwärmung der Athmungsluft; die spec. Wärme der Athmungs-
luft ist gleich der der atmosphärischen mit de la Roche und
Börard auf 0,267 gesetzt. — 4) Die Wärme, welche an die ein-
gegangenen Nahrungsmittel abgegeben wurde, deren mittlere Tem-
peratur vor der Aufnahme auf 15" angenommen wird. — 5) Die
Wärme, welche mit der flüssigen und festen Ausleerung entfernt,
wurde; die spezifische Wärme beider ist dem Wasser gleich ge-
setzt. — 6) Endlich die Wärme, welche durch Strahlung, Leitung
und Umsetzung in Arbeit verloren ging.
Wärme-
Gewinn.
Wärme-Verlust.
Durch
Wnssor-
verdiiiistung.
Durch Erwär-
mung d. Ath-
mungsluft.
Durch Erwär-
mung der
Nahrungsm.
Durch die
flUss. u. feste
Entleerung,
Durch Strah-
Uing.-Lcitnng
und Arbeit,
I.
3677820
789421
308438
60610
52697
2566654 •.
II.
2706076
699801
100811
52492
33020
1819952
III.
1461334
425851
90558
. 30716
26288
887921
IV.
3103536
320354
222868
59620
66103
2434591
V.
2928831
612103
132570
51471
33556
1999131
Eine einfache Uebersicht über das Verhältniss der Wärmege-
winne giebt folgende Zusammenstellung, in welcher die Zahl der in
24 Stunden gewonnenen Wärmeeinheiten auf die Einheit des Kör..^
pergewichtes (auf 1 Gr.) reducirt ist. \
m
Ordnungsnummer des W.-E. für 1 Gr. Körpergewiclit k
Versuches. während 24 Stunden entwickelt. m
I. 77,4
n. 65,9
m. 97,4
IV. 52,9
V. 47,9
Diese Zusammenstellung ergiebt, dass der Mann in den mitt-
leren Jahren im Sommer weniger Wärme erzeugt, als im Winter;
das Kind relativ mehr, die erwachsene Frau weniger als alle
übrigen Individuen.
Um die Betheiligung der einzelnen Processe an dem gesammten
Wärmeverbrauch zu tiberseben, ist letzterer in der nächsten Tabelle
in Procenten der Gesammtwärme berechnet.
Atlimungsluft, feste uiul flüssige Ausleerung otc.
749
Ordnungs-
Nnmmer des
Versuches.
Verlust.
Durch Wiisser-
verdunstung.
Durch die
Athniungsluft.
Durch die flüs-
sige und feste
Entleerung.
Durch Strahlung,
Leitung v.d. Haut
u. raech. Arbeit.
1.
n.
in.
IV.
Y.
21,46 pCt.
25,85 „
29,14 „
10,32 „
20,90 „
8,39 pCt.
3,72 „
6,19 „
7,18 „
2,53 „
1,43 pCt.
1,22 „
1,80 „
2.13 „
1.14 „
67,07 pOt.
67,22 „
60,77 „
78,45 „
71,67 „
Aus dieser Tabelle ist ersiclitlicli , dass weitaus die grösste
jinbusse durch Strahlung und Leitung und durch Erzeugung me-
aanischer Arbeit zu Stande kommt; eine einfache Ueberlegung
eist dann aber darauf hin, dass von den in der letzten Reihe zu-
immengefassten Funktionen die mechanische Leistung die ge-
ngste Menge von W.-E. verzehrt. — Denn nehmen wir z. B. an,
;r Mann L, welcher im Mittel täglich 3191948 gewinnt, habe einen
i'ig von 2000 Metres Höhe erstiegen, d. h. er habe sein Körper-
wicht von 47500 Gr. auf diese Höhe gehoben, so würde er (das
echan. Aequivalent zu 430 Metergramme genommen) dazu nur
?()930 Wärmeeinheiten, d. h. etwa 7 pCt. seiner gesammten Wärme-
enge, verbraucht haben.
Bildung und Verbrauch von Wärme in den ein-
Inen Organen.
Zunächst liegt es nun ob, anzugeben, in welchem Maasse sich
einzelnen Organe und Gewebe an dem Gewinne und dem Ver-
-te der Wärme betheiligen, da es aus dem uns bekannten che-
ischen Leben derselben offenbar ist, dass sie dieses nicht alle in
eicher Weise thun.
Um den Werth feststellen zu können, mit dem ein jeder Be-
andtheil unseres Leibes in jenen verbreiteten Process eingreift, wird
i hts mehr und nichts weniger genügen, als die Kenntniss von der
l und dem Umfange des Stoffumsatzes und des Wärmeverlustes
irch Leitung und Sti-ahlung an allen Orten; statt dessen würden
ich vorausgesetzt, es hielte sich die Temperatur in den betreffen-
n Organen constant, die Wärmecapazität und der Temperatur-
iterschicd der zu- und abfliessendeu tropfbaren Flüssigkeiten und
Verluste durch Strahlung genügen;, oder wenn die Temperatur
riabel wäre, so würde noch die Kenntniss der Wärmecapazität
•s Organes und des Umfanges der Temperaturschwankung nö-
ig sein.
750
Wärmeökoüoniio einzelner Organe.
In der That wissen wir aber im Einzelnen nur Folgendes. Zu
den vorzugsweise wärmesammelnden Gebilden zählen wir:
a. Die Muskeln im ruhenden und im verkürzten Zustande.
Denn diese Organe verlieren durch Strahlung keine Wärme, wäh-
rend sie mit Hülfe des hinzutretenden O's CO) entwickeln, und
dieses letztere in gesteigertem Maassstabe, wenn sie sich im ver-
kürztem Zustande befinden. Hiermit im Einklänge finden Bcc-
querel und Brechet durch die thermoelektrische Messung, dass
der zusammengezogene Muskel um 0,5" bis 1,0" wärmer als der
verlängerte ist.
b. Die Speicheldrüsen während der Zeit ihrer Absonderung.
c. Die Baucheingeweide. In ihnen ereignen sich weit-
verbreitete wärmeerzeugende Vorgänge, so u. A. die häufigen Zu-
sammenziehungen der Darmmuskeln, die Gährungen im Darmrohre,
die Bildung von Harnsäure in der Milz, von Gallenstoffen in der
Leber u. s. w., gegen deren erwärmende Macht die Abkühlung
durch die Speisen, die einzige, welche sie erleiden, nicht in Be-
tracht zu kommen scheint. Die Eichtigkeit dieser Folgerung be-
stätigt die Temperatur des Blutes in der vena cava ascendens,
welche immer noch höher ist, als die des Arterienblutes, trotzdem
dass sich in jener Vene neben dem aus den Baucheingeweiden
stammenden auch. noch das aus den kälteren unteren Extremität cii
zurückkehrende Venenblut sammelt.
d. Die Organe, welche vorzugsweise aus Bindegewebe,
Fett, Knorpel und Knochen bestehen, sind rücksichtlich ihrer Fä-
higkeit, Wärme zu erzeugen, noch wenig untersucht : so viel scheint
nur gewiss, dass ihnen dieselbe nicht abgesprochen werden kaim.
da das in sie dringende arterielle Blut venös aus ihnen zurü( k-
kommt, zum Zeichen, dass dasselbe dort Kohlensäure empfaugeu
hat, und da in einzelnen derselben, wie z. B. in der Lungensub-
stanz, Harnsäure gefunden worden ist. — Ungewiss ist es end-
lich, ob das Blut, welches gegen eine vielfache Berührung mit den
Organen geschützt ist, Umsetzungen erfahrt, die Wärmeentwicke-
lung zur Folge haben. Von den Thatsachen, welche man bis daliin
für das Bestehen einer Wärmebildung in ihm anführte, bestand eiue
darin, dass das aus den Lungen zurückkommende Blut durch die
Abkühlung, Avelche es dort erfahren musste, höher temperirt sein
sollte, als das eindringende. Diese Thatsache ist aber durch die
oben erwähnten Beobachtungen von Bisch off, G. Lieb ig, Ber-
nard u. A. widerlegt worden.
Haut und Lunge als Kühlungsapparate.
751
Zu den külileDden Apparaten zählen vor allen Haut und Lunge.
a. Haut. Die Wärmemenge, welche dieses Organ ausstrahlt
md ableitet, ist unter der Annahme, dass dasselbe in unbekleidetem
•iUstand in Betracht gezogen und alles üebrige gleichgesetzt wird,
lus einleuchtenden Gründen abhängig: 1) von der schlecht leiten-
ten Epidermis und des Haarbeleges; der Wärmeverlust ist darum,
llles Andere gleichgesetzt, an den Fusssohlen, den Handtellern,
eer Kopfschwarte geringer als an den Lippen, Ohren, Augenli-
eern u. s. w. — 2) Von der Fülle des Gefässsystems , welche be-
aanntlich wechselt mit dem Blutdruck und der Widerstandsfähig-
«eit der Wandung, und, insofern diese bedingt wird durch die
ileinen Muskeln des Hautgewebes ' und der Gefässwandung , auch
oon dem Grade der Zusammen ziehung, in dem diese begriffen sind.
— 3) Von der Gestalt der Unterlage, über welche die Haut ge-
■pannt ist. Auf der Flächeneinheit dünner, spitzer Körpertheile,
tie z. B. der Ohrmuschel, der Nase, den Fingern und überhaupt
een Extremitäten wird der Verlust grösser sein, als auf der eines
lumpfstückes , und zwar darum, weil die Strahlung aus Spitzen
bberhaupt lebhafter vor sich geht, als aus ebenen Flächen. —
I) Die Vorgänge der Verdunstung entziehen aber, wenn alles Uebrige
ieich, der Haut um so mehr Wärme, je feuchter ihre Oberfläche
tt. Aus diesem Grunde wird namentlich eine Haut, deren Schweiss-
rcüsen in Thätigkeit sind, und die sich in Folge dessen mit Fltis-
ggkeit bedeckt, -in das Maximum des Wärmeverlustes durch Ver-
unstung eintreten. — Der thatsächliche Ausdruck dieser Voraus-
echten liegt nun darin, dass das Blut der Hautvenen die niedrigste
Temperatur unter allen Blutarten zeigt, dass die thermoelektrische
nitersuchung das Unterhautbiudegewebe kälter findet, als dasje-
|ge tiefer liegender Organe, und endlich darin, dass "unter den
srschiedenen Ausgaben, welche sich in die Wärmeeinnahme des
Ilörpers theilen, die durch die Haut immer die grösste ist. — Bei
tm grossen Werthe, welchen der Wärmeverlust hier erreicht, ist
i nun unmöglich zu sagen, ob und wie viel Wärme in der Haut
Übst erzeugt wird.
b. Die Abkühlung durch die Lunge nimmt mit der Zahl und
wd dem Umfange der Athemzüge und mit der Geschwindigkeit des
hitstromes zu. Da man ungefähr die Luftmengen kennt, welche
*n Tag Uber in den Lungen wechseln, und zugleich ihren Feucli-
Ijkeitsgehalt und Temperaturgrad beim Ein- und Austritte aus den
752
Teniperaturausgloicliung zu verschied. Organen.
Lungeu, so ist eine angenäherte Bereclmung des täglichen Wärme^
verhistes möglich.
Wir legen, indem wir sie anstellen, die Barrarsehen Beobachtungen mit l'ol-
gondon Unterstellungen zu Grunde : Aus den Angaben des absoluten Gewichtes der
Ausathniungsluft lässt sich berechnen, wie viel Wasser sie enthalten habe, vorau.sge-
setzt, dass sie auf 37" C. erwärmt und mit Wasserdampf gesättigt gewesen sei. Zieht
man von diesem das Gewicht des Wassers ab, welches man erhält, wenn man annimmt,
dass die eingeathmete Luft auf 15" erwärmt gewesen und etwa die Hälfte (z. B.
CO pCt.) des Wasserdampfes enthalten habe , den sie bei dieser Temperatur fassen
konnte, so erhält man das in der Lunge wirklich verdunstete Wasser. Diese Mengen
betragen für die Beobachtungen I. und IL, die einzigen, welche wir betrachten werden:
In der Lunge verdunstetes Zur Verdunstung nothw. Zur Erwärmung der Atli- Summe der ver-
Wasser. Wärmeeinheiten. mungsluft verbrauchte W.-E brauchten W.-E.
L 950,5 Gr. 609590 ' 308438 919928
IL 596,0 „ 382240 100811 483051
Diese Beobachtungen können nun dazu benutzt werden, um zu ermitteln, um wie
viel das Blut abgekühlt werden musste, welches durch die Lunge strömt. — Nehmen
wir nämlich mit Volk mann*) an, ein jeder Herzschlag entleere 0,0025 des Körper-
gewichtes Blut, und rechnen wir mit Barrai als mittlere Pulszahl in der Minute 70 Sehläge,
so würden in 24 Stunden 11,970,000 Gr. Blut durch die Lunge strömen. — A'er-
thoilte man den Wämieverlust auf diese Blutraenge , so würde in Beobachtung I. das
arterielle Blut um-u, /u" C. und in Boobachtung II. um 0,04" C. kälter sein , als das
venöse. — Wir folgern begreiflich aus dieser Uebereinstimmung mit den von Bischoff
und G. Lieb ig für die Temperatur des venösen und arteriellen Herzblutes gefundenen
Zahlen weder, dass die Unterlagen unserer Rechnung tadelfrei sind, und noch weniger,
dass in den Lungen durchaus keine Wärme gebildet werde. Jedenfalls ist sie aber
geeignet, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Denn wenn sich die Beobachtungen
noch mehr, als es bisher geschehen, zuschärfen sollten, so würd'B es möglich sein, die
alte Controvorse zum Abschluss zu bringen, ob in der Lunge eine wesentliche Wärme-
quelle zu suchen sei. Sie lehrt aber jetzt schon, dass die Angaben von J. Davv,
B ee qu er el-Br e che t u. A. über die Temperaturzunahme des Blutes bei seinem
Wege durch die Lunge von fehlerhaften Beobachtungen heiTÜhren müssen.
Ausgleichung der Temperatur zwischen verschie-
denen Organen.
Da die abkühlenden und erwärmenden Ursachen mit einer so
ungleichen Kraft in den verschiedenen Körpertheilen wirksam sind,
und ihre Temperatur trotz der schlechten Wärmeleitungsfähigkcit
der Thierstoffe dennoch so geringe Unterschiede bietet, so müssen
offenbar Einrichtungen gegeben sein, welche diese Unterschiede
fortwährend ausgleichen. Diese liegen nun in der That klar genug
vor in der Bewegung und Mischung der thierischen Säfte und ins-
besondere des Blutes.
•) Haemodytiamili. p. 208.
Temperatur-Ausgleichung z-wischen verschiedenen Organen.
753
Als Gründe, die hierfür sprechen, sind anzuführen 1) die
ischimg des erwärmten und abgekühlten Blutes im Herzen und
mit die gieichmässige Vertheilung des Blutes von mittlerer
■niperatur in die verschiedenen Organe; 2) die Beobachtung,
SS in allen der Abkühlung unterworfenen Theilen, und nament-
•h der Haut, die Temperatur sich um so mehr der des Herz-
utes nähert, je rascher und je breiter der Blutstrom ist, der
irch diesen Theil kreist, während sie sich um so weiter von der-
Ibeu entfernt, je geringer der Querschnitt oder die Schnelligkeit
'S Stromes ausfällt. — Diese letzte Thatsache, die unzählige Male
Gliedmaassen beobachtet wird, in denen eine veränderte Blut-
lömung stattfindet, sei es eine Stockung in Folge von Art.erien-
ler Venenuuterbindung, sei es eine Beschleunigung nach einer Er-
L'iterung der zuführenden Gefässe, ist durch eine Keihe von Be-
iachtungen, welche Cl. Bernard*) ausgeführt hat, in das hellste
u'lit gesetzt. Wir haben schon wiederholt erwähnt, dass, wenn
am Halse den Sympathicus durchschnitt, sich alle Gefässe der
itsprechenden Kopfhälfte erweiterten, und dass sie, wenn er das
ripherische Schnittende mit einem galvanischen Induktionsappa-
i erregte, sich wieder verengerten. Nach der einfachen Durch-
liueidung steigerte sich nun auch die Temperatur in der Gesichts-
lut dieser Seite, während die der entgegengesetzten um einen
isseren oder kleineren Werth abnahm, und umgekehrt erniedrigte
Temperatur sich auf der verletzten Seite, wenn er die erregen-
11 Pohldrähte an den peripherischen Stumpf des durchschnittenen
erven anlegte. — Die Wärmeerhöhung, welche nach der Durch-
lineidung des Sympathicus auftritt, wird man aber um so eher
IS dem oben berührten Gesichtspunkte und nicht aus einer Neu-
Idung von Wärrae erklären, weil die Temperatur niemals die-
nige übersteigt, welche gleichzeitig im Herzen gefunden wird,
id auch noch darum, weil, wie Bernard beobachtete, das aus
11 Venen zurückkehrende Blut dem arteriellen, namentlich in Be-
ehung auf Färbung, sehr ähnlich ist, sich also wegen des raschen
'mrchganges nicht mit den gewöhnlichen Oxydationsprodukten der
öndegewebssubstanz überladen hat.
Bernard weicht aUzu vorsichtig noch einer Erklärung der von ihm gefundenen
hatsachcn aus; gegen die ehcn mitgetheilto äussert er sich sogar ungünstig, weil er
•) Recherches expdrimontalcs sur le grnnd sympathiqne etc. Poris 1854. — Gozetto mddloale.
Si. Nr. 1. 2. 3.
Ludwig, Physiologie II. 2. Auflage. ^8
754
Wärmeregulatoren.
gefunden, dass In der Ohrmuschel auf der verletzten Seite immer noch eine, wenn
auch nicht mehr sehr bedeutende Wärmesteigerung eintrat, nachdem er mehrere der
aus ihr zurückkehrenden Yeuen , oder die zuführenden Arterien unterbunden, d. h. die
Geschwindigkeit und die Ausbreitung des Blutstromes in dem Ohre gemindert hatte.
Siehe hierüber noch v. d. ^ecke-Callenfels*)
Mittel zur Erhaltung des normalen Wärmegrades.
Das Verliältniss zwischen Aus- und Einfuhr von Wärme, wie-
es ausgedrückt wird durch den Temperaturgrad des thierischen-
Körpers, bleibt, wie wir sahen, in verhältnissmässig engen Grenzen
eingeschlossen; es muss also auch der Gewinn der Wärme mit dem
Verluste derselben steigen und fallen. Die organischen Bedingun-
gen, welche diese Beziehungen herstellen, sind zum Theil wenig-
stens bekannt, der Mechanismus dieses Zusammenhanges ist da-
gegen noch nicht aufgedeckt. — Eine der wesentlichsten Beziehun-
gen, welche wir gesondert betrachten, ist gegeben durch die Tem-
peraturempfindung, welche je nach den Einwirkungen der Kälte
oder Hitze einen Wärmehunger und Wärmeekel erzeugt; in der
nattirlichen Folge davon begeben wir uns, wo irgend möglich, in
Verhältnisse, welche die unangenehmen Empfindungen beseitigen;
wir wählen hierzu gewöhnlich solche, welche ohne Zuthun irgend
welcher inneren Veränderungen die gewünschte Körpertemperatur
herbeiführen, indem wir die Wärmeleitungsfähigkeit der Kleidung
reguliren, warme oder kalte Speisen geniessen u. s. f. — Neben
diesen willkürlichen Mitteln zur Herstellung des Gleichgewichtes
zwischen den Ein- und Ausgaben von Wärme, giebt es noch eine
Zahl von solchen, die durch unsere Seelenzustände nicht so un-
mittelbar bestimmt werden. Sie wirken in allen Individuen , aber
m den verschiedenen unzweifelhaft mit einer auffallend verscliie-
denen Mächtigkeit ; ausser besonderen, durch die Geburt gegebenen
Anlagen wirkt auf diesen letzteren Umstand namentlich der Ge-
brauch der willkührlichen Ausgleichungsmittel ein, ein Einfluss, der
gemeinhin als Abhärtung oder Verwöhnung bezeichnet wird.
I. Wenn die Wärme vermehrt oder vermindert wird in Folge
der gesteigerten oder verringerten chemischen Umsetzung innerhalb
des Thiers, so muss die Thätigkeit, den wärmeausgebenden Or-
ganen entsprechend, sich ändern. — Vermehrt sich die Wärmeciu-
nahme und nähert sich damit die Körpertemperatur ihrem Maxi-
mum, so geschieht es, dass a) die Capillaren in der Oberfläche der
♦1 Henle's und Pfeil fer'a Ztitschrift, 2. Folge. VlI. /
Wärmeregulatoren.
755
'litis sich erweitern; der raschere und ausgedehntere Blutstrom,
ler durch sie kreist, bringt die Haut auf eine höhere Temperatur,
md damit wird der Verhist durch Leitung und Strahhmg, welcher
iom Temperaturunterschied zwischen dem thierischen Körper und
om umgebenden Medium proportional ergeht, erhöht. — b) Meist
ritt zugleich eine Schweissbildung ein, und damit wird eine ge-
;teigerte Verdunstung eingeleitet, welche beträchtlich abkühlend
virkt. Diese Schweissbildung tritt aber wegen besonderer, noch
inbekannter Einrichtung nicht an jeder Drüse mit gleicher Lebhaf-
igkeit hervor, und zugleich ist auch die Summe des ergossenen
Wassers nicht auf allen Hautflächen gleich gross, da die Zahl der
■>chweissdrüsen in ihnen variirt. — "Wenn wir nun auch gar keine
V orstellung davon haben., warum mit der gesteigerten Eigenwäi-me
uch die Gefässe erweitern und die Schweisdrüsen absondern, so
>t doch der Vortheil, den beide Apparate in ihrer Vereinigung zu
isten vermögen, einleuchtend genug. Denn offenbar würde die
Ausbreitung und Beschleunigung des Blutstromes in der Haut wenig
ibkühlen, wenn, wie im Sommer und den Trojpen, die Temperatur
ler Atmosphäre sich derjenigen des thierischen Körpers annähert
»der sie gar übertrifft. — c) Es mehrt sich endlich mit dem ge-
steigerten Stoffumsatze auch die Zahl und die Tiefe der Athembe-
wegungen, und damit auch die Abkühlung durch Leitung und Ver-
lunstung von der Lungenoberfläche aus.
d) Der verminderten Wärmeeinnahme folgt jedesmal eine Zu-
sammenziehung der kleinen Muskeln in dem Gewebe und den Blut-
.gefässen der Haut, wodurch sich das Bett des Blutstromes in dieser
verengert; die Haut wird also trockener, und zugleich sinkt ihre
Temperatur und damit auch der Verlust durch Verdunstung und
Strahlung. Unterstützend für die Zurückhaltung der Wärme tritt
wefnn einmal die Gefässfülle der flaut auf ein Minimum gesunken
list, auch der panniculus .adiposus ein, welcher die Ableitung der
'Wärme von den Muskeln und tieferen Gefässen zu der Haut hemmt
(Bergmann). Für die Athmung gilt bis zu einem gewissen Grade
das Umgekehrte von dem, was für den Fall vermehrter Wärmebil-
dung ausgesprochen wurde.
Um zu zeigen, in welchem Maasse die Luft durch Aufnahme
von Wärme und Wasserdampf abkühlend wirken kann, hat Helm-
holtz das unten stehende Täfelchcn berechnet. In diesem finden
sich die Wärmeeinheiten verzeichnet, welche ein Volum Luft, das
einen Gramm wiegt, nöthig hat, um von einem gegebenen Tem-
48*
756
Wärmeregulatoren.
peratur- und einem gegebenen Feuchtigkeitsgrad auf 37" C. erwärmt I
und mit Wasserdampf vollkommen gesättigt zu werden. •
In der Colonne A ist die Temperatur angegeben, welche die
Luft besass, ehe sie dem erwärmenden Einflüsse ausgesetzt wurde;
die Colonne B zerfällt in 4 Unterabtheilungen, welche die lieber-
Schriften 50, 70, 90, 100 pCt. tragen. Diese Ueberschriften be-
ziehen sich auf die Prozente der ganzen Dunstmeuge, welche die '
Luft fassen kann, wenn sie die in A angemerkte Temperatur be-
sitzt. Die unter den einzelnen Unterabtheilungen stehenden Zahlen
geben an, wie viel Wärmeeinheiten verbraucht werden, um die
Luft bei einer Temperatur von 37" C. vollständig mit Wasserdampf 1
zu sättigen, nachdem sie schon bis zu den bezeichneten Grenzen I
für die unter A gegebene Temperatur mit Wasserdampf erfüllt war. -f
Unter C endlich ist die Zahl der Wärmeeinheiten notirt, welche die |
Luft verbraucht, um ihre Temperatur von den unter A gegebenen ♦
Graden an auf 37" C. zu bringen.
A.
B.
C.
50 pCt.
70 pCt.
90 pCt.
100 pCt.
30" C.
20» C.
10» C.
50 C.
0» C.
15,0
20,5
25,1
27,2
29,7
12,1
18,9
24,2
26,5
28,6
9,3
17,3
23,3
25,9
28,2
7,9
16,5
22,9
25,5
28,0
1,7
4,2
6,9
7,4
9,9
Diese Tatel lässt erkennen , dass in rlon sommerlichen Temperatur- und Feuchtig-
keitsgraden die Abkühlung , welche die Luft zu erzeugen vermag , fast nur der Ver-
dunstung zuzuschreiben ist.
e) Obwohl alle Hauttheile mit Mitteln zur Temperaturreguli-
rung versehen sind, so sind doch einige derselben vorzüglich bc
günstigt; dahin gehören die, welche zugleich mit starken Hornge-
bilden und zahlreichen und grossen Schweissdrüsen begabt sind,
z. B. das Haupt, das einerseits das Kopfhaar und andererseits die
schweissdrüsenreiche Stirnhaut trägt; die dicke Epidermissohle der
Füsse, das Haar und die Schweisdi-üsen der Achselhöhle sind eben-
falls hierher zu ziehen. — Anderen Hautstellen ist durch ein selir
leicht und bedeutend zu erweiterndes und verengerndes Gefäss-
system die Möglichkeit gegeben, ihre Temperatur dem wechselnden
Gewinne und Verlust anzupassen; so die Ohrmuscheln, die Nasen-
höhle u. s. w.
Wärmeregulatoren.
757
2. Auch den ungleichen Verlusten an Wärme, welche der thie-
ische Körper durch Aenderungen der abkühlenden Einflüsse er-
•idet, passt sich die Wärmeerzeugung an. — a) Sind die Aus-
aben an Wärme für die Dauer vermehrt, so kann dem ßedürfniss
»egreiflich nur durch eine grosse Einnahme von Wärme genügt
Verden, mit anderen Worten, der Warmblüter muss unter diesen
inständen viel Nahrung zu sich nehmen. Dieser Satz findet viel-
altige Bestätigung.
So ist es gar keinem Zweifel unterworfen, dass bei den Warm-
)lütern die proportionale Menge von Nahrung wächst mit dem stei-
nenden Quotienten aus der Oberfläche in das Gewicht des Kör-
|)ers, womit, wie Bergmann*) in der anziehendsten Weise dar-
j,elegt hat, die Abkühlung der Thiere steigen muss; kleine Men-
schen und Thiere, welche relativ zu ihrem Körpergewichte mehr
ibkühlen, essen demnach auch relativ mehr als grosse. — Mit der
.Muskelanstrengung nimmt ebenfalls das Nahrungsbedürfniss zu, und
zugleich steigt auch mit ihr der Wärmeverlust, da ein Theil der
latenten Wärme sich in mechanische Arbeit umsetzt und mit der
Muskelzusammenziehung zugleich der wärmebildende Stoflfumsatz
lind die Mitteltemperatur und somit auch der Wärmeverlust durch
Abkühlung gesteigert wird. — Man behauptet endlich auch, dass
mit den klimatischen Verhältnissen der Stoffumsatz resp. die Wärme-
hildung veränderlich sei. Alle Zahlenbeobachtungen, welche bis
dahin vorliegen, lassen aber diese Annahme sehr zweifelhaft er-
scheinen. Doch muss man eingestehen, dass die Untersuchungen
auch noch mangelhaft genug sind. Denn da die Wärme, welche
die Gemchtseinheit des Nahrungsmittels leisten kann, sehr beträcht-
lich mit der Zusammensetzung wechselt (Fette liefern bekanntlich
am meisten), so ist es nicht genügend zu bestimmen, ob das Ge-
wicht der Nahrungsmittel in Island oder Westindien gleich gross
-cwesen sei, sondern es ist nöthig, auch zu wissen, ob sie in Is-
land reicher oder ärmer an Kohlenhydraten waren. Noch weniger
befriedigend sind die Beobachtungen mit Rücksicht auf die Lebens-
bedingungen verglichener Individuen; denn es ist an sich klar,
dass sich durch die Kleidung, die Muskelthätigkeit u. s. w. sehr
auffallende Unterschiede der Klima's ausgleichen lassen. —
b. Dem thierischen Körper steht aber auch die Fähigkeit zu,
über den in seinen Atomen niedergelegten Wärmevorrath so zu vcr-
•) Ucbcr die Verhältnisse der Wiirmuokoiioiiiic der TliKro zu ilirer Grüssc. Güttingen 1848.
758
■Wärmeregulfltoron.
lügen, class er einer plötzlichen Steigerung oder Minderung desWürme-
bedürfnisses sieh anpassen kann. Beweise hierfür bietet die Erfah-
rung, dass die Temperatur des Blutes in kalter Luft oder in einem
kalten Bad nicht nothwendig sinken rauss, obwohl namentlich in
dem letztem Fall der absolute Wärmeverlust grösser ist als sonst
(Liebermeister). Die Mittel, durch Avelche die Grösse der thie-
rischen Umsetzung sich nach dem Wärmeverlust einrichtet, sind
nur zum Theil bekannt. Es zählt zu ihnen nachweislich die ver-
änderliche Muskelthätigkeit, welche ein so ausgezeichnetes Erzeu-
gungsmittel von Wärme darstellt, wie aus den schon früher mitge-
theilten Versuchen hervorgeht. Bekanntlich benutzen auch alle mus-
kelkräftigen Individuen ihre eigne Körper])ewegung dazu, um sich in
kalter Umgebung zu erwärmen. Aber mit ihr scheint keineswegs die
Zahl der Mittel, welche die Eigemvärme bei bedeutenden Verlusten
regeln, erschöpft zu sein, da auch stillsitzende Thiere bei selbst
gesteigertem Wärmeverlust ihre Bluttemperatur erhöhen können
(Hoppe). Man könnte in dem letztern Fall fragen, ob nicht die
wegen der Abkühlung der Haut eintretende Verengerung ihrer
Blutgefässe Veranlassung dazu gäbe, dass sich der Blutstrom
umfänglicher den andern vorzugsweise Wärme erzeugenden Or-
ganen zuwendete, z. B. den Muskeln, der Leber u. s. w. Dieser
reichliche Blutzufluss könnte dann nicht allein die Ursache einer
lebhafteren Umsetzung, sondern auch in zweiter Linie die eines
gesteigerten Nahrungsbedürfnisses sein.
Sachregister.
A.
bkühlung durch die Haut II, 751.
— durch die Lunge II, 751.
'ikömmlinge der Fette und des Eiweisses
II, 217.
sonderung II, 202.
— allgem. Bedingungen ders. II, 203.
— durch Druckunterschiede II, 206.
— - durch Nervenerregung II, 214.
— Eigenschaften der nervösen Abson-
derung II, 215.
— Triebkräfte ders. II, 204.
. :iäonderungsdruck, Messung dess. II, 214.
V bsonderungsnerven I, 218. II, 214.
ibsonderungssäfte, weitere Veränderungen
ders. U, 215.
Vbsonderungsstoffe, chemische Umsetzungen
ders. II, 216.
\bsorption verschiedener Gase I, 62. S.
a. Gase.
libsorptionsfähigkeit des Blutes ,fiir Gase
U, 476. 478.
i\.bTveichung, chromatische I, 289.
— monochromatische I, 291.
Achselgelenk I, 514.
Achselhöhle, Wärme ders. II, 722.
.Achsenlange der brechenden Augenmedien
I, 260.
Accomodation, Einfluss ders. auf die Grösse
gesehener Gegenstände I, 334.
— negative I, 288-
— Mechanismus ders. I, 274.
— positive I, 285.
Accoraodationsbcwegungen, positive I, 287.
Accomodationslinien I, 271.
Aderfigur I, 351.
. Aequivalent , endosmolisches I, 76.
— zur Theorie dess. I, 81.
Aether, Wirkung dess. a. d. Nerven I, 126.
Aetherschwingungen, als Erreger der Ke-
tina 1, 299.
Aetherwellen I, 301. 316.
— farbige und farblose I, 301. 316.
Aetherwellen, gemischte I, 303.
— unsichtbare I, 302.
Aggregatzustände , Entstehung der festen
II, 222. 224.
— Formfolge ders. II, 221.
— Gefüge der festen II, 226.
— Mischungsfolge ders. II, 223.
— Physiologie' ders. I, 59.
— veränderte, in den Säften II, 223.
Albumin I, 42; II, 6.
— Modifikationen dess. I, 42.
Alkalien im Harn II, 406.
— phosphorsaure I, 23. ,
— schwefelsaure I, 24.
Alkohol, Wärmeeinheit dess. II, 737.
— Wirkung dess. auf die Nerven I,
126.
Alkoholgährung I, 34.
Allantoin I, 39.
Allantursäure I, 40.
Altstimme I, 560.
Ambos, Bewegung dess. I, 367.
Ameisensäure I, 25. 29.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Ammoniak im Harn II, 396.
Ammoniaksalze im Organismus I, 24.
Amyloid der Leber II, 310.
Amylon I, 33.
Anordnung der Atome I, 16.
— dipolare I, 106.
— elektromotorische I, 97.
— d. Muskelnerven im Hirn u. Rücken-
mark I, 485.
— peripolare I, 104.
Antagonisten I, 542.
Apparate , thermometrische II, 720.
Arachinsäure I, 27.
Arbeit des Blutlaufs U, 201.
— des Muskols s. Muskel.
Arbeitsleistung, Beziehung ders. zu 0-Ver-
brauch und Wärmebildung II, 743.
Arbeitsmaass der Spannung bei Flüssig-
keiten II, 46.
— für bewegte Massen II, 47.
760
Eügistor.
Arm s. Oberarm, Brustglicd.
Artcriollos Blut II, 31.
— Einfluss auf die Nervenorre-
gung I, 125.
— — Unterschied von anderen Blut-
arten II, 32.
Arterien, Stromspannung bei Yerschluss
einer oder mehrerer II, 1(30.
Arterionhaut II, 165.
Artikulation I, 496.
Artikulationsflächen I, 496.
— Evolvente n. Evolute ders. I, 497.
Aspiration dos Herzens II, 131.
Athembewegung I, 212; II, 486. 509.
— Einfluss ders. auf d. Stromspannung
in den Blutgefässen II, 161.
— — "~der unterdrückten II, 165.
— Zusammenhang ders. mit der Herz-
bewegung II, 492.
^ — Aenderung ders. durch den 0- und
CO^- Gehalt der Athumngsluftll,
489.
— durch Iteflexe II, 490.
— durch die Med. oblongata und den
Willen. II, 491.
Athenifolgo II, 488.
Athemvolum II, 495.
— mittleres II, 497.
Athemwerkzeuge II, 479.
— luftveränderndo II, 498.
Athmung II, 462.
— äussere II, 463.
— Einfluss der Luftveränderung auf
dies. II, 469.
— innere II, 472.
— krampfhafte II, 487^
— leichte II, 487.
— ruhige II, 486.
— tiefe II, 487.
Athmungsfläche II, 463.
Athmungsgase , Sammlung ders. II, 500.
AthraungsTuuskeln II, 481.
Athfflungswege, Luftströmung in dens. II,
493,
Atlas, Gelenk zwischen ihm und dem Epi-
stropheus I, 504.
— zwischen ihm und dem Hinterhaupt
I, 503.
Atmosphäre II, 463.
Atome I, 16.
— Anordnung ders. I, 16.
— chemische als GofühlseiTeger I, 398.
— Punktionen ders. I, 16.
— Physiologie ders. I, 16.
— thierisehe, Wärmeeinheiten dors.
II, 736.
Atrien, s. Vorhöfe.
Aufgabe der Physiologie I, I.
— allgemeinste I, 13.
Aufrechtsehen I, 325.
Aufsaugung 1, 62. II, 202.
— Aenderung ders. durch die Blutfülle
II, 565.
— Blutstockung in Folge ders. II, 564.
— ä.us den Geweben II, 561.
— der Fette im Darm II, 658.
— durch die Blutgefässe II, 563. 660.
— durch die Lymphgefässe II, 567. 654.
— Umfang ders. im Darm II, 67 Ü.
— in den Verdauungswegen II, 652.
Aufsaugungsstoffe Ii, 566.
Augapfel, Ortsveränderung dess. I, 226. 238.
Auge s. Gesichtssinn.
— Accommodation dess. I, 274.
— Aohsonläugen der brechenden Me-
dien dess. I, 260.
— Adaption dess. I, 275.
— Bänder dess. I, 229.
— Bewegungen dess. u. deren Geschwin-
digkeit I, 226. 241.
— Bewegungsachse dess. I, 228.
— Bewegungswerkzeuge dess. I, 220.
— als Brechungsapparat I, 252.
— dioptrischor Tlieil dess. I, 241.
— Drehbewegungen dess. I, 227.
— Drehpunkt dess. I, 230.
< — empfindende Werkzeuge dess. I, 296.
— formverändernde Bewegung, dess.
II, 239. 272.
— Golenkseinrichtung dess. I, 221.
— mittleres I, 263.
— Muskeln dess. I, 233.
— Ortsveränderung dess. I, 238.
— Physiologie dess. I, 226.
— Primärstollung dess. I, 231.
— das reducirte I, 266.
— Schutzwerkzeuge dess. I. 346.
— Secundärstellung dess. I, 233.
Augendrehung , Eigenthümlichk. ders. 1, 23 1 .
Augenlider I, 346.
Augenmedien , durchsichtige , Dimensionen
ders. 1, 259.
Augenmuskeln I, 233.
— Ansätze ders. I, 235.
— Nerven ders. I, 239. (Stellung zum
Willen) I, 239.
— Synergie ders. I, 239.
— Ursprünge ders. I, 235.
Augenspiegel I, 253.
Augenwasscr I, 264 ; II, 264.
Ausathmungsbewegung II, 483.
- — Einfluss ders. auf d. Blutlauf II, 161.
Ausathmungsluft, Kohlcnsäuregehalt ders.
II, 504.
— Sammlung ders. II, 500.
— Temperatur ders. U, 502.
— Wassergehalt ders. II, 503.
Auslösung der Kräfte durch Nervencrro-
gung I, 146.
Ausscheidung II, 202.
llegister.
761
Auscheidung , chemische Yerändornng ders.
II, 216.
— Oxydation dors. II, 217.
— physikal. Yerändening ders. II, 220.
V.usson(lerungsorgane, Vertheilung der Aus-
gaben auf die verschiedenen II, 712.
Vjisstossung des Eies II, 444.
— der Galle H, 322.
— des Harns II, 429. 441.
— des Samens U, 441.
Auswurfstoffe H, 217.
Vutomatie I, 211.
B.
Bandmasse I, 492.
Bänder I, 501.
— der Wirbelsäule I, 506.
Barometerschwankung II, 470.
— Einfluss auf die Athmung II, 470.
Basen, feuerbeständige des Harns II, 406.
Bauchmuskeln, ihre Bedeutung für d. Blut-
lauf II, 1 47.'
Bauchpresse U, 619.
Bauchspeichel II, 351. 645.
— Absonderungsgeschwindigkeit dess.
II, 253.
— Ausstossung dess. II, 355.
— Bereitung dess. II, 254.
— Verdauungskraft dess. II, 641.
Bauchspeicheldrüse II, 350.
Bauchwasser II, 258.
Banmfrüehte als Nahrung II, 599.
Becken I, 511. '
Beharrung der Geruchsnerven I, 387.
— der Geschmacksnerven I, 394.
Beharrungsvermögen der Nerven I, 135.
— der Retina I, 309.
Bell's Gesetz I, 156.
BcDzoösäure I, 36.
Bcmsteinsäure I, 27.
Beweglichkeit der Wirbelsäule I, 510.
Bewegung der Brust, Einfluss auf d. Blut-
lauf II, 143.
— der Sehobjekte I, 342.
— der Hand I, 518.
Bewegungsachsen der Gelenke I, 499.
Bilifulvin I, 42.
Biliphain I, 41.
Bilivcrdin I, 41.
Bindegewebe II, 251.
— Emälirung dess. II, 253.
— Formfolgo dess. II, 254.
— gemengt mit elastischem Gewebe
II, 256.
Binnengerüclie I, 3S8.
Binnengcschmäcke 1, 394.
Binnenobjekte, leuchtende I, 353.
Binnenraum der Gelenke I, 502.
Binnentöue I, 381.
Blase s. Harn-, Gallenblase.
Blausäure , Einwirkung a. d. Nerven I, 1 26.
Bloslegung des Rückenmarks I, 166.
Blut II, 1.
— Albumin in dems. II, 6.
— Asche dess. II, 9; II, 26.
— Gasgehalt, veränderlicher dess. II,
471.
— spezifisches Gewicht II, 29.
— Veränderlichkeit seinerBestandtheile
mit der Nahrung II, 37.
— Verhalten in den Gefässen II, 120.
— Verschiedenheit nach Geschlecht u.
Alter II, 40.
— Wärme dess. II, 29. 721.
— Zusammensetzung dess. II, 1.
Blutanalyse II, 22.
Blutarten II, 30.
Blutbereitung aus den Speisen II, 583.
Blutbestandtheile, aufgeschwemmte II, 15.
— Zufuhr neuer d. d. Speisen II, 583.
Blutbewegung II, 44.
Blutblldung II, 561.
Blutdruck s. Stromspannung.
Blutfibrin I, 42.
Blutflüssigkeit II, 1.
Blutfülle , veränderter Druck des Blut-
stroms durch dieselbe II, 160.
Blutgase I, 26; II, 476.
Blutgefässe II, 105.
— Bau ihrer Wandungen II, 105.
— Einfluss ihrer Muskeln II, 115.
— Elastizität ihres Gewebes II, 105.
109.
— Muskelschicht ders. II, 106.
— Menge ihrer Muskeln II, 107.
— Nerven ihrer Wandungen II, 112.
— Reibung in dens. II, 109.
— Verhalten d. Bluts in dens. II, 120.
— Verknüpfung der Gewebe ders. unter
einander II, 107.
— Wirkung der Herzbewegung auf sie
II, 131.
Blutkörperchen, arterielle II, 33.
— farblose II, 21.
— venöse II, 33.
— Wände ders. n, 297. S. a. Blut-
scheiben.
Blutkreislaufsschoma nach Weber II, 74.
Blutlauf in den Capillarcn und Venen II,
174.
— in den kleinen Arterien II, 179
Blutmenge II, 40.,
Blutminerale II, 9.
Blutmisehungsänderungen II, 37.
Blutplasma II, 1.
Blutsalze II, 9.
Blutscheiben II, 15.
— anatora. Bau ders. II, 1 5.
— Asche ders. II, 19.
— Chemie ders. II, 16. 19.
762
Kogister.
Blutschoiben, Form dors. II, 15. 16.
— Gaso ders. II, 20,
— Verfahren zur Sonderling ders. II, 1 7.
— Vertheilung ders. im Blutstrom II,
190.
Blutsernm II, 14.
Bhitstrom , absolute Werthe der Spannung
in dems. II, 153.
— Bedeutung der Athembewegung für
dens. II, 143. ^
— Constanten dess. II, 200.
— Einwirkung der Baucliwände und
Schwere auf dens. II, 147.
— Gesehwindigkeit dess. II, 183.
— — veränderte mit dem Herzschlag
II, 193.
— ■ in der Leber II, 318.
— Eichtung dess. in d. Gefässen II, 123.
— Veränderlichkeit des Mitteldrucks j
in dems. mit der Blutfülle II, lüO.
— verfügbare und verlorene Arbeits-
kraft in dems. II, 201.
— ■ Vertheilung der Blutkörperchen in
dems. II, 190.
— Wirkung der Gefässmuskeln auf
dens. II, 149. S. a. Spannung.
Blutveränderung durch Lungenathmung II,
539.
— in den Gefässen II, ^GO.
— bei veränderter Nahrung II, 37.
Blutwärmo II, 29. 721.
Blutwellon II, 132.
Brechende Flächen I, 259.
Brechungsapparat, allgemeinste Aufgabe des
physiologischen im Auge I, 252.
Brechungsindiccs der durchsichtigen Augen-
medien I, 262.
Brennebenen I, 243.
Brennpunkte I, 242. 250.
Brennweite I, 243.
Brücke's Muskel I, 283.
Brustdruse II, 448. S. a. Milchdrüse.
— männliche II, 449.
— der Neugeborenen II, 462.
— weibliche II, 448.
Brustraum, constanter und veränderlicher
II, 494.
— Volum dess. II, 493.
Brustschlüsselbeingelenk I, 512.
Bruststimme I, 561. 579.
Brustwand, Elastizität ders. II, 434.
Brustwasser II, 258.
Buchstaben I, 586.
— Bildung ders. I, 587.
Butinsäure I, 27.
Butter, Bestaudtheil der Frauenmilch II,
452. 455.
Buttersäure I, 25. 29.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Butyrin I, 30.
C.
Capillargefasse II, 108.
— Spannung in dens. II, 174.
Caprin , Capronin , Caprylin I, 30.
Caprin-, Capron- u. Caprylinsäurc I, 25. 28.
29.
— — Wärmeeinheiten ders. II, 737.
Carbonit I, 41.
Cardinalpunkte, optische I, 242.
— Aufsuchung ders. I, 249.
— C'onstructionsverfahren bei dens. I,
244.
— einfacher brechender Flächen I, 248.
— der Hornhaut I, 265.
— der Crystalllinse I, 265.
Casein I, 44. 45.
— Bestandtheil der Frauenmilch II,
453. 454.
— Entstehung dess. II, 451.
Cellulose I, 33.
Ccntralorgane als Bedingung der Erregbar-
keit I, 123.
Cerebrin I, 33.
Cerebrinsäure I, 33.
Chemische Folgen der Leistungen der form-
losen Elemente I, 5.
Chemismus, Bedeutung dess. im Loben I, 3.
— als Erreger des Gefühls I, 406.
— als EiTcger des Muskels I, 436.
. — als Quelle der Nervenkräfte I, i-12.
Chlorgehalt des Harns II, 397.
Chlorsalze, alkalische I, 21.
— erdige I, 22.
Chlorverbindungen I, 21.
— Veränderlichkeit der Ausscheidung
ders. aus dem Harn II, 398.
Chlorwasserstoff I, 21.
Choleinsäure I, 37.
Cholepyrrhin I, 42.
Cholestearin I, 32.
Cholsäure I, 38.
Chondrigen I, 56.
Chondrin I, 56.
Choroidealgefässe I, 276.
Chromatische Abweichung am Auge I, 2S9.
Chylus, Aufsaugung durch die Darmblut-
gefässe II, 665.
— Bestandtheile dess. DT, 659.
— abhängig von der Nahrung II, 661.
— abhängig von anderen Umständen
II, 663.
— hungernder und gefütterter Thiere
II, 662.
— Menge dess. II, 664.
Chylusgef ässe , Anfänge ders. II, 654.
— Aufnahmefiihigkeit verschied. Nähr-
stoffe durch dies. II, 666.
— Beziehung ders. zu d. Blutgefässen
II, 663.
Register.
763
: tiylusgefässo, Uebergang d. Fette in dies.
, II, 656.
i aymus des Dünndarmes II, 646.
■ — des Magens II, 639.
- — verschied. Oi-te des Darmes II, 647.
i )häsion der eiweissavtigen Stoffe 1, 52.
— ihr Einfluss auf die Quellung I, 72.
— der Venenhaut II, 109.
i: ohäsionszustände der Bildungsstoffe II, 225.
; olla I, 57.
I ollagen I, 57.
t olostrurakörperchen II, 450.
; ommunikation d. Nervenröhren im Eücken-
mark (siehe Rückenmark),
j orapensation am Multiplicator I, 96.
— am Stimmorgan 1, 581.
,> omplementaire Farben I, 302.
onstanten , optische I, 259.
— des Blutstromes II, 200.
' 'ontraction der Gefässwände II, 112.
; lontrast (Farben) I, 315.
T lonvergenzen des Auges I, 232.
— Beziehungen zwischen der Qrö'sse
der Bilder zur Convergenz der
Strahlen I, 248. 335. 338.
j lomea I, 264; II, 260. S. a. Hornhaut.
• .rystallin 1, 44.
^ /'y anVerbindungen des Aethyls I, 26.
— des Amyls I, 27.
— des Methyls I, 26.
Jylinderrohr , gerades, Stromgeschwindig-
keit in deras. II, 56.
::ysttn I, 39.
D.
l Oamalursäure I, 36.
iOamolsäure I, 36. '
i Darmdrüsen II, 365 (schlauchförmige),
armgase II, 652.
armnerven, Hunger durch Erregung ders.
n, 584.
ODarminhaltbewegung II, 619.
DDannsaft, reiner II, 643.
— in Verbindung mit Galle , Bauch-
speichcl etc. II, 645.
1 Darm Verdauung, natürliche und künstliche
II, 640.
I Darmzotten II, 654.
IDeckhäute, einfache II, 241.
IDickdarm , Mechanismus seiner Bewegung
II, 618. 651.
IDickdarmsäfte II, 650.
IDiffusion I, 59; II, 210.
— physiolog. Bedeutung ders. I, 83.
— der Gase I, 60. S. a. Gasdiffusion.
— durch Thon, Collodium-, Herzbeutel- I
platten II, 211. i
— einer Lösung fester Körper in Wasser ;
I, 68. 69. 1
Diffusion eines Lösungsgemenges in Wasser
I, 69.
— tropfbarer Flüssigkeiten I, 63. (in
einander) 65. 70.
— Veränderungen des Harns in der
Harnblase durch dies. II, 433.
— von Flüssigkeiten (in Luftarten) I,
63. (in thier. Stoffe) I, 70.
— von Lösungen u. Lösungsgemengen
in feste Stoffe I, 69. 72.
— Vorkommen,'physiolog., ders.II, 213.
— zweier Flüssigkeiten durch eine
Scheidewand I, 75.
— zweier Gasarten durch eine wässe-
rige Scheidewand I, 63.
— zweier Lösungen in einander Ij 65,70.
— zwischen Lösungen, deren Lösungs-
mittel sich nicht mischen I, 70.
Diffusionsgeschwindigkeit I, 68. 69 ; II, 211.
Diffusionsstrnm gegen die Lymphgefässe
II, 655.
Dioptrik des Auges I, 241.
Dipolare Anordnung I, 106.
— — Theorie ders. I, 106.
Direktes Sehen s. Sehen.
Doppelbilder I, 332.
Doppelschlägigkeit des Pulses II, 171.
Doppeltsehen mit einem Auge I, 316.
— mit zwei Augen I, 328.
Drehbewegungen am Auge I, 227.
Drehpunkt des Auges I, 230.
Druck , die Nervenerregbarkeit zerstörend
I, 134.
— als Erreger des Muskels I, 436.
Druckmesser II, 53. 155. 157.
— Theorie dess. II, 158.
Drucksinn I, 415.
— Hülfe d. Muskeln bei dems. I, 415.
— Verbindung mit Wärmesinn I, 418.
Drüsen, Antheil ders. an d. Lymphbildung
II, 580.
Drüsennerven, Erregung ders. I, 112.
Du Bois'sches Gesetz d. elektrischen Mus-
kelerregung I, 438.
Dünndarm , Flüssigkeiten dess. II, 640.
— Chymus dess. II, 646.
— Mechanismus seiner Bewegung II,
614.
Peptone Q) dess. II, 6i8.
Dünndarmaderblut II, 36.
Dünndarmverdauung, künstliche II, 640.
— natürliche II, 649.
Durchschneidung des Rückenmarkes oder
einiger Theile dess. I, 166.
Durst ir, 586.
Dynamische Folgen der Leistungen der
formlosen Elemente I, 6.
764
Register.
E.
Ei, Ausstossung dess. II, 444.
Ejaculatio sominis II, 441.
Eibildung II, 443.
Eier als Nahrung II, 594.
Eierstock II, 442.
— chemische Beschaffenheit II, 443.
Eigenwärme, Aenderung ders. mit der Tem-
I)cratur der Umgebung II, 729.
Eileiter, Bewegungen ders. II, 444.
Einathmungsbewegung , Einfluss ders. auf
den Blutlauf II, 146.
Eindringen fester Körper in die Gefässe
II, 143.
Einfachsehen mit zwei Augen I, 326.
Eingeweide, Wärme ders. II, 722.
Einrichtung s. Accommodation.
Einrichtungsbewegungon des Auges I, 284.
Einrichtungsmittel zur Accommodation des
Auges I, 274.
Einziehung der Luft in d. Lungen II, 481.
Eisen im Blute II, 8.
Eisenoxyd, phosphorsaures I, 23.
Eiweiss I, 42 ; II, 3 ; s. a. eiweissartigc
und Eiweissstoffe. -
— Abkömmlinge dess. II, 217.
Eiweissartige Stoffe I, 42.
— • — als Träger des Lobens I, 47.
— — als Wärmeleiter I, 55.
— — Filtration durch dies. I. 55.
— — ihre Cohäsion I, 52.
— — ihre ehem. Eigenschaften I, 50.
— — ihre feste Form I, 51.
— — ihre Gährung I, 47. 48.
— — ihr Aggregatzustand I, 50. 51.
— — ihre Imbibition I, 52. 54.
— — ihre Katalyse I, 47. 50.
— — ihre Leitungsfähigkeit für Elek-
trizität I, 55.
— — ihre physik. Eigenschaften I, 50.
— — ihre Qucllung I, 52.
— — ihre Zersetzungserscheinungen
I, 45. 47. 48; JI, 217.
— — Theorie ihrer Zusammensetzung
I, 44.
Eiweissentbehrung II, 683.
Eiweissfütterung II, 686.
Eiweissstoffe d. Blutflüssigkeit II, 7.
— der Blutkörperchen II, 19.
— Sättigungsnicderschlag ders. II,, 628.
Eiweissvcrdauung durch künstlichen Lab-
saft II, 627.
Ekel II, 377.
Elastizität der Brustwand II, 484.
— der Gefässwände II, 109.
— der Lungen II, 483.
— dos Muskels U, 429. 456.
Elastischer Stoff I, 50.
— — in der Gefässwand II, 77.
Elastisches Gewebe II, 177.
Elektrische Eigenschaften d. Muskeln I, 424.
Elektrisches Leitungsvermögen der Nerven
I, 110.
Elektrizität, allgem. Bedeutung im Loben
I, 8.
— als Erreger des Gefühls I, 395.
— als Erreger des Muskels I, 325. 1
Elcktroncgative Schwankung in den NciJ
vcnmolekülen 1, 108. 1
Elektromotorische Anordnungen I, 97. J
— Eigenschaften d. Nervenröhren I, 89
Elektromotoriscbcr Zustand I, 98. ^
— Gesetze dess. I, 100.
— Theorie dess. I, 104.
Elementarbau d. verlängerten Markes I, 187.
— dos nerv, sympath. I, 213.
Elementare Bedingungen des Lebens I, 2.
Elemente, Leistungen der formlosen im
Organism. I, 3.
— chemische Folgen ders. I, 5.
— dynamische Folgen ders. 1, 6.
Ellenbogengelenk I, 514.
Empfindungsorgane I, 592.
— Veränderungen ders. durch die Mus-
keln oder Muskelnervcn I, 48C.
Endosmose I, 75; s. a. Diffusion.
Endosmotisches Aequivalent I, 76. 79.
— — Bestimmung dess. I, 76.
— — Theorie dess. I, 81.
Entfernung, Beurthoilung ders. beim Sehen
I, 336.
Entoptische Erscheinungen I, 349.
Entzündung, Brücke's Theorie II, 176.
Epidermis II, 236.
— Athmungsverluste ders. II, 551.
— Durchdringbarkeit ders. II, 2Tl7.
— Ernährung ders.' II, 238.
Epithelien II, 234.
— Anatomie ders. II, 234.
- — Chemie ders. II, 235.
— geschichtete II, 234.
— Quellungscrscheinungen ders. II, 236.
Erbrechen II, 620.
Erden im Harne II, 406.
— phosphorsaure I, 23.
Erektion II, 439.
Ermüdung I,. 446.
Ernährung der Epidermis II, 238.
— der Haare II, 245.
— der Knochen II, 275.
— der Knorpel II, 269.
— der Muskeln II, 295.
— der Nerven II, 290.
— der Niere II, 429.
Ernährung, Physiologie ders. II, 1.
— der Zähne II, 282.
Erregbarkeit des Herzons II, 89.
— der Nerven I, 12. 118.
— des Ilückonmarks I, 182.
llegister.
765
r oi^barkeit , veränderte I, 118.
- — im Hirn I, 185. 210.
Bedingungen d. veränderten I, 120.
' des EückeniAarkes (s. Eückenmark).
i ger der Nen'en I, 112.
— der Gefulilsnerven I, 395. (f. beson-
dere Gefühle) I, 407.
— der Gehörnerven I, 373.
— der Geruchsnerven 1, 3S2.
— der Geschmacksnerven I, 389.
— der Herznerven II, 92.
~ des Muskels I, 435.
regung , Abhängigkeit ihrer Stärke von
der des Erregers I, 113.
— Abhängigkeit ihrer Stärke von der
Zahl der getroffenen NervenrÖh-
ren I, 133.
— ihr Verhältniss zur Erregbarkeit der
Nerven I, 120.
- des Herzens, unmittelbare II, 92.
- Mittheilung ders. I, 169.
- Leitungsgeschwindigkeit ders. im
Nerven I, 137.
Nachwirkung ders. I, 135.
— Wechsel ders. mit dem Erreger I,
131.
— -willkürlich motorische I, 598.
— Uebertragung ders. I, 169.
gung der Sehnerven I, 306. .
- — durch Elekta-izität I, 309.
— durch LiAt I, 306
— — mechanische I. 308.
regungsmittel der Nerven I, 112.
[ t gungszustände, verschiedene d. Nerven
I, 116.
— Mittheilung ders. in den Nerven-
röhren des Hirns I, 205.
-igsäure I, 25. 29.
— Wärraeeinheiten ders. II, 737.
tachi'sche Eöhre I, 371.
Ivente d. articnlirenden Flächen I, 498.
lute der articuUrenden Flächen I, 498.
letion des Harnes II, 418.
piration II, 483.
irakte im Harne II, 397.
F.
Itcn der Dünndarmschleimhaut, Mecha-
nismus ders. II, 614.
rbenmischung I, 302.
'lonuntcrscheidung I, 311.
I Stoffe, thierische I, 41.
im Harne II, 395.
r, Eemak'sche I, 214.
rstoff I, 42; II, 1. 573.
— Formen dess. I, 42. 43.
rstoffschollen I, 43; il, 21.
■ rzelle, muskulöse, Physiologie ders. I,
174.
Fascien I, 530.
Ferment der Leber II, 310.
— Pepsin als solches II, 633.
Fernpunkte I, 255.
Fernsichtigkeit I, 258.
Fettähnliche Stoflfe II, 8.
Fettdrüsen II, 265.
Fette II, 8. 573. S. a. neutrale Fette.
— Beziehung zur Zellenbildung I, 31.
— in der Leber II, 314.
— Nutzen der Galle und des Bauch-
speichels zu ihrer Assimilirung
II, 658.
— phosphorhaltiger in d. Blutscheiben.
II, 19,
— tägliche Aufnahme dess. durch den
Darm II, 668.
— Uebergang ders. in die Chylusge-
gefässe II, 656.
Fettemulgirung im Dünndarme II, 656.
Fettnahrung II, 706.
Fettresorption II, 656.
Fettzellen II, 284.
— Bau ders. II. 285.
— Füllung ders. II, 287.
— Mechanismus ders. II, 287.
Feuchtigkeit, Einfluss ders. auf Nerven-
leitung I, 125.
Filtration zur Sonderung d. Blutkörperchen
II, 17. 205.
— chemische Scheidung durch selbige
II, 209.
— durch todte Häute II, 207.
Filtrationsstrom gegen die Chylusgefässe
n, 655.
Fistelstimme I, 561. 579.
Flächen, articulirende , Evolvente u. Evo-
lute ders. I, 498.
— brechende , Krümmungshalbmesser
ders. I, 259.
Fleisch als Nahrung II, 592.
Fleischbrühe II, 3»?2.
Fleischnahrung, reine II, 705.
Flimmerhaare II, 241.
— Beschleunigung ihrer Bewegung II,
242.
Flüssigkeiten, schmeckbare I, 390.
— seröse II, 257.
Flüssigkeitsströme II, 48.
— durch die Gefässwand, ihre Bedeu-
tung für den Blutstrom II, 150.
Flüstern I, 585.
Fluorcalcium I, 23.
Folgerungen für die Anordnung elektrischer
Theilc im Nerven I, 97.
Formbildung, organische II, 221 u. folg.
Formen, ihre Leistungen im Organismus
I, 11.
Formende Kräfte II, 227 u. folg.
Formfolgo II, 229.
766
Kegistcr.
Fovea centralis 1, 298.
Froschschenkol, stromprUfendor I, 92.
Fruchthälter II, 445.
Fuss, als Stützpunkt d. Körp. I, 550.
Fussgeleuko I, 526.
Fusswurzol-Mittelfussgelenke I, 527 u. folg.
G.
Qährungen I, 34.
Galle II, 320. 640.
— Ausfuhr ders. II, 322.
— Einwirkung ders. auf die Verdauung
. II, 640.
— Mechanismus ihrer Absonderung II,
322.
— Menge ders. II. 326.
— Veränderlichkeit ders. II, 321.
— Zusammensetzung ders. II, 320.
Gallenabsonderung, Geschwindigkeit ders.
II, 322.
— Abhängigkeit ders. ron d. Nahrung
II, 323.
Gallenfarbstoff I, 41.
Gallenfisteln II, 325.
Gallenmenge II, 326.
Gallensäure II, 219.
Gallenwasser, Absonderungsgoschwindigkeit
dess. II, 324.
Galvanische Ströme, Einfluss ders. auf die
Nerven I, 127.
Ganglienkörper I, 147.
— als Erreger I, 147.
— • die Erregung modificirend I, 147.
— — übertragend I, 147.
— verschiedene Arten ders. I, 125.
Gasarten des Blutes II, 20.
Gasaustauseh , zwischen Blut und Atmo-
sphäre II, 476.
Gasdiffusion I. 60. 83.
— Dalton's Gesetz I, CO.
— durch trockne Scheidewände I, 60,
— in tropfbaren Flüssigkeiten I, 61. 63.
— der Gasarten unter sich I, 65.
— Graham's Gesetz I, 65.
— in den Lungen II, 537.
— Mariotte's Gesetz I, 61.
Gase , Absorptionscoefficient ders. in Flüs-
sigkeiten I, 62.
— des Blutes II, 476.
— Gewinnung ders. aus d. Blute (nach
Ludwig) II, 477.
~ im Harn II, 412.
Gaswechsel , gosamrater des thier. Körpers
II, 553.
Gaumen , Thätigkoit dess. bei der Ver-
dauung II, 005.
Gebärmutter s. Gesohlechtswerkzeuge.
Gefässhaut des Auges I, 276.
Gefässlumcn, Veränderlichkeit dess. mit der
Vertheilung der Gefässe II, 1 j 7.
— Ein- und Austritt von Flüssigkeiten
II, 150.
Gefässrauskeln , Einwirkung ders. auf den
Blutstrom II, 149.
Gefässnerven II, 1 1 2.
— physik. Eigenschaften ders. II, 10s.
Gefässräumlichkeit II, HG.
Gefässsystem , Äichtung dauernder Ströme
in solch. II, 123.
Gefässwandungen II, 108. 297.
— Nerven ders. II, IT.'.
Gefühlsnerven , zur Anatomie ders. I, 404,
— für besondere Gefühle I, 403.
— Erreger für dies. I, 406.
Gefühlssinn I, 394.
— ehem. Atome als Erreger dess. I, 398.
— Electrizität als Erreger dess. I, 395.
• — Erreger dess. I, 395.
— Temperatur als Erreger dess. I, 398.
Gehen I, 549.
— natürliches I, 555.
Gehör I, 354.
— musikalisches I, 380.
Gehörempfindung, Nachaussensetzen ders.
I, 380.
Gehörknöchelchen I, 364.
— akustische Vorgänge in solch. I, 368-
— — Schallleitung dnrch dies. I, 367
Gehörnerv s. Nerv, acustic.
— Erregungsmittel dess. I, 373.
— Schallleitung zu dems. I, 359.
Gelenkachsen I, 499.
Gelenke, Binnenraum ders. I, 502.
— Flächen ders. f. d. Bewegung I, 496.
— der Eippen I, 511.
— Kotationsflächen ders. I, 497.
— Steifung ders. beim Stehen I, 551.
— zwischen Atlas u. Epistroph. I, 504.
— — Hinterhaupt und Atlas I, 503.
Gelenkgrube \
Gelenkkopf )
Gelenkschmiere II, 259.
Gemeingefühl I, 395.
Geräusch I, 379.
Gerste II, 597.
Geruchsempflndungen , Beharrungsvermögen
ders. I, 387.
— Nachaussensetzen ders. I, 387.
— Vermischung ders. I, 387.
Geruchssinn I, 382.
— En-egungsmittel dess. I, 382.
Geruchsnerv s. Nerv, olfact.
Geruchsstäi-ke I, 384.
Geruchsvorstellungen I, 388.
Gesammtauge I, 265.
Gosammtblut II, 22.
Gesaramteinnahme, Beziehung der tngl. zw
Wärmeausgabe II, 745.
des Auges I, 229.
iBegister.
767
i esammteinnahme, Gasarten dess. II, 26.
— Zusammensetzung dcss. II, 24.
iesammtliarn II, 414.
i^^sammthunger II, 672.
'sammtmilcli II, 457.
i schlechtswerkzouge, mänol. I, 434.
— weibliche I, 442.
ieschmacksempfindung I, 389.
— Art ders. I, 390.
— Erreger ders. I, 389.
— Galvanismus als Eixeger I, 390.
— Flüssigkeiten als Erreger I, 39ü.
— Geschwindigkeit ders, I, 393.
— Ort ders. I, 391.
— Stärke ders. I, 392.
Oleschmacksnerv I, 112.
iTeschmackssinn I, 388.
eschmacksstärke I, 392.
I schmacksvorstellungen I, 393.
' schwindigkeit verschied. Flüssigkeitsfäden
eines Stromes Ii, 53.
— des Blutstroms II, 183.
— — abhängig v. Herzschlag II, 193.
— gleich- od. ungleichförmige II, 195.
— abhängig v. Spannungsunterschieden
u. andern Bedingung. II, 194. 196.
— Mehi-ung ders. im Blutstrom (nach
Weber) II, 184.
— — auf Stromquerschnitten II, 189.
192.
I iesetz der Zuckungen I, 437.
liesichtsnerv s. Nerv, opticus.
(Gestaltung organ. Niederschläge II, 225 u. f.
Liewebe, elastisches II, 249.
— der Gefässe II, 105.
Gewichtsverlust beim Hungern II, 683.
— durch Hautausdünstung II, 553.
lanz I, 344.
laskörper I, 274 ; II, 265.
■ luichgewichtsgcfühl I, 488.
uleichzeitigkeit der Bewegungen in den
Eiern entartheilen einzelner Herzabthlgn.
II, 103.
• Globulin I, 44; II, 19.
(Glycerin I, 30. 33.
( Glycerinphosphorsäure I, 33.
t Glycin I, 40.
' Glycocholsäure I, 37.
Glycocoll I, 37.
Qrössenbeurtheilung beim Sehen I, 335.
Grundfarben I, 302.
I Gruppirung der Nervenröhren im llückcn-
mark s. RUckenmark.
H.
Uaarbalgdrüsen II, 366.
Haare II, 244.
— Ernährung ders. II, 245.
— Lebensdauer ders. II, 248.
Haare, Wachsthum ders. II, 247.
Haargofässe s. Capillaren.
Haarsäckchen II, 246.
Hämatin I, 41 ; II, 246.
Hämatoidin I, 41.
Hämadromometer II, 184.
Hämatocrystallin II, 19.
Hämin II, 19.
Hafer II, 597.
Halsbewegung I, 509.
Halsgelenke I, 509.
Hammer, Bewegung dess. I, 365.
Handbewegung I, 518.
Handgelenke I, 516.
Handwurzelgelenke I, 517. 519.
Harn II, 378.
— Ausstossung dess. a.d. Niere II, 429.
— Beziehung zwischen Abfluss u. Zu-
sammensetzung dess. II, 423.
— Einiiuss der Spannungsunterschiede
zwischen Blut und Harn II, 420.
— HarnstofiFe in dems. u. in der Nah-
rung II, 384.
— physikalische Eigenschaften II, 415.
— seltnere Bestandtheile dess. II, 416.
— Verhältniss zwischen Basen u. Säu-
ren dess. II, 407.
— Wassergehalt dess. II, 408.
Harnbereitung II, 418.
— Einfluss der Blutzusaramensetzuug
auf dies. II, 422.
— Hypothesen zur Erklärung ders. II,
425.
— Nerveneinfluss bei selbiger II, 42 1 .
Harnbestandtheile, seltnere II, 416.
Harnblase, Bewegung ders. II, 430.
431.
Harnfarbstoffe I, 42; II, 395,
Harngase II, 412.
Harngährung in der Blase II, 432.
Harnige Säure I, 39.
Harnleiter II, 430.
Harnröhre, Ausstossung v. Harn u. Samen
aus ders. II, 441.
Harnsäure I, 38; II, 389.
— ihre Zersetzungen I, 38 ; II, 389.
— im Blute II, 9.
Harnstoff 1, 40. 41 ; II, 379.
— Beziehung dess. zur Nahrung 11, 387.
— — zum Harnvolum II, 383.
— im Blute II, 9.
— Yerändcrliclikeit des täglich entleer-
ten II, 380. 381.
Harnstoffausscheidung , Mittelzahlen ders.
II, 388.
— Veränderung ders. je nach Tempe-
ratur, Muskülbewegung, Tages-
zeiten u. 8. w. II, 385. u. folg.
Harnstoffontstehung II, 381.
Harnwcrkzouge II, 373.
768
Eegister.
Uarnzucker I, 34.
Harze im Harn II, 397.
llauptbrennobeuen I, 243.
Haut, Ortssinn der bewegten I, 413.
— — der ruhenden I, 407.
■ — Würraeverluste durch, dies. II, 751.
Hautaderblut II, 1.
Hautathmung II, 550.
Hautstellen, Raumunterscheidung an dens.
I, 410.
Häute , seröse II, 256.
Herz, Erregbarkeit dess. II, 89.
— — Eigenthümlichkeit ders. II, 91.
— • Mechanismus dess. II, 89.
— Muskelröhren dess. II, 78.
Herzatrien s. Vorkammern ; Herzkammern.
Herzbewegung, Dauer ders. II, 88.
— Einfluss ders. auf die Geschwindig-
keit des Blutstroms II, 193.
— Folgen ders. in den Gefassröhren
II, 131. 141.
— Reihenfolge ders. II, 88.
— Rhythmus ders. II, 87.
— Zusammenhang ders. mit den Ath-
mungsbewegungen II, 492.
Herzkammern, Inhalt ders. II, 76.
— Zusammenziehung ders. II, 128.
Herzmuskulatur II, 78.
Herzschlag II, 89. 92.
— Einfluss dess. auf die Geschwindig-
keit des Blutstroms II, 193.
— Häufigkeit dess. II, 100.
— — Aenderung ders. mit der Nah-
rung II, 101.
Herzstoss II, 83.
Herztöne II, 104.
Herzwasser II, 258.
Hinterhauptgelenk I, 504.
Hippursäure I, 36.
— im Blute II, 9.
— im Harn II, 391.
Hirn I, 187; II, 291.
— Anordnung der Muskelnerven in
dems. I, 485.
— Beziehungen dess. zu den Nerven-
wurzeln I, 163.
— ehem. Zusammensetzg. dess. II, 291.
— Ernährung dess. II, 294.
— Erregbarkeitsverhältnisse in dems.
II, 210.
— Mittheilung der Nervenerregung in
dems. 1, 205.
— motorische Nervenwurzeln in dems.
I, 485.
— sensible Nervenwurzeln in dems. I,
205.
Hirnnorven I, 187.
— Ausbreitung und Funktionen ders.
1, 190.
Himthoile, Verletzung einiger I, 208.
Hirnwasser I, 257.
Hoden II, 434.
— Bau ders. II, 434.
— Beiwerkzeuge ders. II, 438.
Hodenwasser II, 259.
Hohlvene, untere, Blut ders. II, 37.
Holzkohle, Wärmeeinheit ders. II, 737.
Hören gleichzeitiger Töne»I, 375.
Hornhaut I, 2C4 ; II, 260.
— Ernährung ders. II, 263.
— - Quellung ders. II, 262.
Horopter I, 329.
Hüftgelenk I, 521.
Hühnerei als Nahrungsmittel II, 593.
Hülsenfrüchte als Nahrungsmittel II, 598.
Hunger II, 584. S.a. Hungern, Verhungern.
— Bedingungen zur Erzeugung u. Stil-
lung dess. II, 585.
Hungern, allgemeines II, 672.
— partielles J!I, 684.
Hungernerven II, 583.
Hydrodiffusion II, 205.
Hydrodynamik II, 45.
Hydrostatik II, 44.
Hydrotsäure I, 39.
Hypoxanthin I, 39.
I.
Identische Nctzhautstellen I, 326.
Imbibition I, 70.
— eiweissartiger Stoffe I, 52. 54.
Induktion der Retinalthcile I, 314.
Inosinsäure I, 39.
Inosit I, 34.
— im Harn II, 394.
— in der Leber II, 312.
Inspiration II, 481.
Intercostalmuskeln, Wirkung beim Äthmen
II, 481.
Intermediärer Kreislauf II, 562.
Iris I, 277.
— Bewegung ders. I, 279
Irradiation I, 314.
Isolirte Leitung der Erregung den Nerven
I, 136.
K.
Käsegehalt der Milch II, 454.
Kalk, oxalsaurer I, 24.
Kalkerde, kohlensaure I, 21.
— phosphorsaure I, 23.
Kartoffeln II, 599.
Katalyse der eiweissartigcn Stoffe I, 47.
Kauen II, 607.
Kegelgelenk I, 496.
Kehldeckel, Thätigkeit dess. bei der Ver-
dauung II, 605.
Kiefcrmuskeln I, 548.
Kieselsäure I, 24.
Eegister.
769
Klang I, 377.
Xleesäure I, 39.
Kniegelenk I, 522.
Kniescheibengelenk I, 525.
Knochen I, 491; II, 272.
— Artikulation ders. I, 496.
— Bau ders. I, 491; II, 272.
— ehem. Zusammensetzung II, . 273.
— — Veränderlichkeit ders. II, 274.
— Ernährung ders. II, 275.
— Entstehung ders. II, 276.
— Form ders. I, 492.
— Verbindungen ders. I, 495.
— Wachsthura ders. II, 277.
— — Bedingungen dies. II, 278.
Knochenmasse I, 491.
Knorpelgewebe I, 492; II, 269.
— Wachsthum dess. II, 270.
Knotenpunkte I, 241.
: Kochen des Fleisches II, 592.
! Kochkunst II, 592.
i Kochsalzlösung, Einfluss ders. auf die Ner-
ven I, 125.
1 Körner als Nahrung II, 594.
1 Kohlenhydrate im Harn II, 392.
i Kohlensäure I, 20.
— Absonderungsgeschwindigkeit ders.
n, 504.
— beim Athmen II, 504.
— Bildungsort ders. II, 473.
— in der Atmosphäre II, 466.
— im Blute II, 13.
— im Harne II, 046.
— Veränderung ders. beim Athmen II,
504.
Kohlensäureauscheidung durch die Lungen
II, 505.
abhängig von den Athembewegungen
n, 509. 513.
— — von der Aufenthaltszeit der
Luft in d. Lungen II, 511.
— — von der Blutmischung II, 521.
— — vom Blutstrom II, 516.
— — von der Einathmungsstufe II,
517. 549.
— — von d. geathmeten Luftvolura
II, 512.
— — vom Luftdruck II, 520.
— — von d. Lufttemperatur II, 518.
— — von der Lungenwand II, 527.
— — V. d. Muskelthätigkeit II, 514.
— — von der Nahrungsaufnahme II,
523.
— — V. verschied. Ursachen II, 528.
— absolute und proccntische II, 529.
— mittlere U, 529.
— Theorie ders. II, 504.
— variabel mit der Tageszeit II, 514.
Kohlensäuregehalt der Athmungsluft, mitt-
lerer II, 504.
Ludwig, Pliygiologle II. 2. Auflage.
Kohlenstoffausgabe II, 713.
Kohlenwasserstoffgas I, 19.
Konsonanten I, 588.
Kopfbewegung I, 543.
Kopfknochen, Schallleitg. durch dies. I, 372.
Kopfmuskeln I, 543.
Koth II, 621. 651.
Kothen II, 621..
Krampf, übertragener I, 171.
Kranzarterien, Verschluss ders. durch die
Seniilunarklappen II, 129.
Kroatin I, 10.
— im Blute II, 9.
— im Harn II, 389. ■
Kreatinin I, 40.
— im Blute II, 9.
— im Harne II, 389.
Kreislauf, kleiner , Spannungsverhältnisse
in dens. II, 180.
Kreosot, seine Wirkung a. d. Nerven I, 126.
Krümmungshalbmesser brechender Augen-
flächen I, 259.
Krystalllinse I, 264. 274.
Kugeldrehung mit Bezug a. d. Auge I, 226.
Kugclflächen, brechende, Objectbilder ders.
I, 247.
Kugelgelenk I, 496.
Kurzsichtigkeit I, 258.
Kymographion II, 122.
L.
Labdrüsen II, 355.
Labdrüsensaft, künstlicher II, 5.
Labsaft II, 356.
— Absonderungsgeschwindigk. II, 358.
— Ausstossung dess. II, 361.
— Bereitung dess. II, 359.
— künstliche Verdauung durch dens.
II, 626.
— Gehalt an Säure u. Pepsin II, 631.
— Lösung d. Eiweisskörper durch dens.
II, 627.
— Lösungsvermögen dess. II, 629.
Labyrinth, des Ohres I, 369.
Ladung I, 88.
Ladungsstrom I, 91.
Längsleitung d. Erregung im Nerven I, 163.
— durch das Hirn I, 202.
— durch das Rückenmark I, 163.
Laute s. Buchstaben.
Lebendige Kräfte dos Blutlaufes II, 201.
Leber II, 308.
- — Amyloid ders. II, 310.
— Ausfuhrstoffo ders. II, 332.
— Bau ders. II, 308.
— ehem. Bestandtheilo ders. II, 310.
— Ernährung ders. II, 335.
— Ferment ders. II, 310.
49
770
Kegister.
Leber, Mechanismus ihr. Funktionen II, 333.
LeberaderWut II, 35. 316.
Leberblut II, 316.
Leberblutstrom II, 318.
Lebergewicht II, 325.
Leberlymphe II, 233.
Leberschleim II, 334.
Leberzelle, ehem. Vorgänge .in ders. II, 328.
Leberzucker, im Harn II, 393. *
Lecithin I, 33.
Legumin II, 598.
Leim, Auflösung durch den Labsaft II, 632.
Leitung, der En-egung im Nerven I, 136.
— in den Nervenröhren I, 135.
— isolirte im. Nerven I, 136.
— längs der Nerven I, 163.
— quer durch die Nerven I, 169.
— von einer Nervenwurzel zur andern
durch d. Bückenmark I, 169.
Leitungsgeschwindigkeit der Erregung im
Nerven I, 137.
Leitungsröhren für den Luftstrom in den
Lungen II, 485.
Leitungsvermögen, elektrisches I, 110.
Leucin I, 40. 45. 47. 56.
— in der Leber II, 315.
Lieht, Nachfarben d. weissen I, 316.
— Nebenfarben d. weissen I, 304.
Lichtbrechung I, 241.
Lichtempfindung I, 299. 307.
— Stärke ders. I, 308.
— elektr. Einwirkung bei ders.I, 309.
— mechanische Einwirkung bei ders.
I, 308.
Ligamenta flava I, 507.
— intervertebralia I, 506.
— longitudinalia I, 507.
Lingualdrüse s. Mundspeichel.
Linse I, 274; II, 265.
— ehem. Zusammensetzung U, 266.
— "Waohsthum ders. II, 267.
Linsenbeweguug I, 285.
Linsenschichtung I, 275.
Lipyloxyd I, 33.
Lösung fester Stoffe in Flüssigkeit I, 66.
— Difliision solcher in AVasser I, 68.
— gleichzeitige, mehrerer Stoffe I, 69.
— Siede- und Gefrierpunkt ders. I, 67.
— spec. Gewicht ders. I, 67.
— Wärmeverbrauch bei ders. I, 66.
Lösungsgemenge, Diffusion ders. in Wasser
I, 69.
Lüftungswerkzeuge II, 479.
Luftabsondernde Werkzeuge s. Athmungs-
flächen.
Luftarten, Berührung der atmosphärischen
mit denen im Blut II, 474.
Luftausstossung aus den Lungen II, 483.
Luftdruck, Bedeutung dess. für die Ge-
lenke I, 496.
Lufteinziehung in die Lungen II, 480.
Luftkreis II, 463.
Luftleitungsröhren 11, 285.
Luftmischung beim Athmen II, 499. 537.
Luftröhre II, 485.
Luftströmung in d. Athmenwegen II, 493.
Luftveränderung beim Athmen II, 499.
— Werkzeuge für dies. II, 498.
Lumenveränderung mit der Gefässverthei-
lung II, 119.
Lungen, Bau derselben II, 141.
— ehem. Zusammensetzung II, 543.
— Elasticität ders. II, 543.
— Ernährung ders. II, 544.
Lungeuathmung, Chemismus ders. II, 479.
547. 549.
— Mechanismus ders. II, 479.
Lungenmuskeln, Wirkung ders. n, 543.
Lungensäfte II, 541.
Lymphdrüsen, Bau ders. II, 570.
Lymphe , Geschwindigkeit ihrer Absonde-
derung II, 576. 577.
— ihre Entstehung II, 579.
— ihre Zusammensetzung II, 572. 574.
— Umfang ihrer Absonderung II, 578.
Lymphgefässanfänge im Darme II, 654.
Lyraphgefässe , Aufsaugung ders. II, 567.
— Bau ders. n, 568.
Lymphkörperchen II, 21. 575.
— Abkunft ders. H. 575.
Lymphstrom II, 581.
M.
Magen, Flüssigkeit dess. II, 625.
— Mechanismus seiner Bewegungen n,
611.
Magendrüsen n, 355.
Magennerven, Hünger durch Erregung dess.
II, 584.
Magensaft II, 362. 525. 645.
— Menge dess. II, 263.
— natürlicher II, 634.
— Wirkung dess. n. 635.
Magensäure II, 360.
Magenschleim II, 634.
— Wirkung ausserhalb des Körpers II,
626. 634.
Magenverdauung , künstliche II, 626. 634.
— natürliche n, 636.
Magnesia, kohlensaure I, 20.
— phosphorsaure I, 22.
Mais II, 384.
Mangan im Blute II, 8.
Manometer II, 53.
— registirender II, 155.
Margarin I, 24. 27.
Margarinsäure 1, 25. 27. 53.
— als Seife I, 24.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Register.
771
Mark, verlängertes I, 187.
— Verhalten d. grauen Massen in dems.
I, 187.
Massen, formlose, Prägung ders. II, 228.
Mastdarm, Bewegung dess. I, 179.
• — Wärme dess. II, 722.
Mästung II, 708.
Mechanische Eindrücke als Gefühlserreger
I, 399.
Medien, brechende, polarisirende Wirkung
ders. I, 290. •
Meibom'sche Drüsen II, 366.
Meissner'sche Körperchen I, 303.
Mchrfachsehen (Fick) I, 294.
Melanin I, 42.
Menstrualfluss, Mechanismus dess. II, 448.
Menstrualflüssigkeit II, 446.
Menstruation H, 445.
— Erscheinen ders. II, 446.
— Dauer ders. II, 447.
Metacarpo-Phalangealgelenke I, 520.
Metacetonsäure I, 29.
Metalle im Blute II, 10.
Metallosyde I, 24.
MetaUsalze I, 24.
Metatarso-Phalangealgelenke I, 530.
Milch II, 449.
— Absonderungsgeschwindigkeit ders.
II, 460.
— als Nahrungsmittel II, 594.
— der Männer II, 459.
— der Neugeborenen II, 459.
— der Schwangeren II, 458.
— Veränderungsbedingungen ders. II,
452.
— Zusammensetzung ders. II, 451.
Milchanalyse II. 451.
Milchbereitung II, 452. 460.
Milchdrüse II, 448.
Milchdrüsensaft der Schwangern II, 458.
Milchkügelchen II, 450.
Milchsäure, Bestandtheü der Frauenmilch
U, 451.
— im Blute II, 9.
— im Harn II, 394.
— Hydrate ders. I, 35.
— im Labsafte II, 626.
— im Magensafte II, 360.
— in der Leber II, 313.
Milchsäuregährung I, 34.
Milchsäurehydrato I, 35.
Milchserum II, 451.
— Bestandtheil d. Frauenmilch II, 45 1 .
Milchstoffe , Absonderungsgeschwindigkeit
ders. II, 460.
Milchzucker I, 33.
— Entstehung dess. II, 461.
Milz II, 299.
— Aussehneidung ders. II, 306.
— im Ganzen II, 305.
Milz, Bau ders. II, 299.
— Blutstrom in ders. II, 303.
— chemische Zusammensetzung II, 301.
— Funktionen ders. II, 305.
— Stoffbewegung in ders. II, 304.
Müz-Aderblut II, 233.
> Milz-Asche II, 302.
Milzextrakt, Harnsäure darin I, 39.
— Hypoxanthin in ders. I, 39.
Mitbewegung I, 175. 200. 222.
Mitempfindung I, 177. 222.
Mitteldruck , abhängig von ~ dem Abstände
vom Herzen II, 168.
— abhängig von den Athembewegun-
gen n, 161.
— abhängig von der Blutfülle II, 160.
— abhängig von der Herzbewegung II,
131. 161.
— abhängig von der Zahl der ' Blut-
bahnen n, 166.
— absoluter Werth dess. in d. grössern
Arterien II, 172.
— in den verschiedenen Abtheüungen
des arteriellen Systems II, 172.
S. a. Blutstrom; Spannung.
Mittelhandgelenke der Pinger I, 520.
Mittelprodukte der Absonderungsstoffe II,
219.
Mittheilung d. Nervenerregung im Rücken-
mark s. Rückenmark.
— innerer Zustände im Nerven I, 135.
Mittönende Stimmwerkzeuge I, 580.
Molekularbewegung I, 355.
Molekularkörnchen im Blute II, 21.
Monochromatische Abweichung I, 291.
Motorische Wurzeln d. Eückenmarksnerven
s. Eückenmarksnerven.
Mucin I, 55.
Multiplikator I, 87.
Mund U, 605.
Mundspeichel II, 340.
Muskelarbeit, Nutzwerth ders. I, 460.
Muskelbowegungen der Gefässwandungen,
ihre Bedeutung für den Blutlauf II, 149.
Muskelermüdung I, 446.
Muskelerregbarkeit I, 444.
Muskelerreger I, 435.
Muskelerregung, automatische I, 436.
Muskelfibrin I, 43.
Muskelflüssigkeit I, 422.
Muskelgefühle I, 489.
— reflektorische I, 486.
Muskelgruppen, I, 543.
Muskelcontraktion, die Kohlensäure- Aus-
scheidung bedingend II, 525.
— tetanische I, 436. 438.
Muskelkraft, absolute I, 464.
— Bestimmungswoiso ders. I, 534.
I — Theorie ders. I, 477. 534.
— Verwendung ders. I, 537.
49 •
772
Eegister.
Muskelmechanik I, 531.
Muskelmolekeln, parelektronomisohe (Du-
Bois) I, 428.
Muskeln I, 418; II, 294.
• — Antagonisten I, 542.
— Arbeitsleistung ders. I, 460. 477.
— des Auges I, 233.
— des Bauchgliedes I, 548.
— des Beines I, 548.
— Brücke's I, 283.
— des Brustgiiedes I, 545.
— Chemie ders. I, 4:i3. 469.
— Coercitivkraft ders. I, 467.
— Ernährung ders. II, 295.
— des Skeletts I, 490.
— der Wirbelsäule I, 545.
— Effekt ders. auf d. Knochen I, 534.
— Einüuss der Nerven auf ihre phy-
siolog. Zustände I, 480.
— ein- und zweigolenkige 1, 542.
— elastische Eigenschaften ders. I,
429. 464.
— elektr. Eigenschaften dors. I, 424.
— Ernährung ders. II, 295.
— Gesetz der schwankenden Dichtig-
keit I, 437.
— glatte s. Muskelzelle.
— • Gruppen dors. I, 543.
— Leitungsfähigkeit ders. I, 539.
— Physiologie ders. I. 419. 424 (be-
sondere) I, 478.
— quergestreifte I, 419.
— — Bau ders. I, 419.
— — Chemie ders. I, 421.
— Verbreitung der Nervenröhren in
dens. 1, 479.
— Verknüpfung ders. mit den Nerven
I, 479.
— verkürzte Form ders. I, 448.
— — Elftsticität ders. I, 457.
— — Hubfähigkeit ders. I, 451.
— Verkürzung ders. I, 435. 481.
— Grösse ders. I, 448.
— Verlängerung ders. 1, 424.
— Vertheilung ders. I, 542.
— der Wirbelsäule I, 545.
— Wärmeeigenschaften ders. 1, 432
467.
— Wärraestarre ders. I, 470.
— Zuckung nach doppelter Reizung I.
440.
— Zusammenfassung ders. I, 541,
— Zusammenziehung ders. I, 435.-
' — — zeitlicher Verlauf ders. I, 449.
Muskelfaserzelle I, 474.
Muskelgefühle I, 489.
Muskelgruppen I, .543.
Muskelkräfte, Theorie dors. I, 477.
Muskelnerven, Anordung ders. in Hirn u.
Rückenmark 1, 485.
Muskelnerven, Erregung ders. I, 112.
Muskel-Physiologie I, 419. 478.
Muskolprimitivtheile , Zusammenfassung
fassung ders. zu Muskeln I, 540.
Muskelrohr, verkürzter Zustand dess. 1, 435.
— — verlängerter I, 424.
Muskelröhren des Herzens II, 78.
— — Zahlenverhältniss zwischen
ihnen und den Nervenröhren
I, 480.
Muskelschicht der Gefässe II, 106.
Muskelsinn I, 486.
— Theorie dess. I, 489.
Muskclstarre I, 470.
Muskelstroni, ruhender I, 426.
Muskelwärme, Messung ders. 1, 468.
Muskelzelle, glatte n, 296.
Muskelzucker I, 34.
Muskelzuckung nach doppelter Reizung I,
440.
Muskelzug I, 531.
— - Richtung dess. I, 531.
Muskulöse Easerzelle I, 474.
Muskulöse Gegner und Helfer I, 542.
Muttormilch II, 449.
Mutterscheido, Wärrae ders. U, 722.
Mydriasis I, 285.
Myristin I, 27. 30.
Myristinsäuro I, 25. 27.
N.
Nachaussensetzen des Geruches I, 357.
— des Gesehenen I, 323.
— des Tones I, 350.
Nachbild I, 309.
— Hauer ders. I, 309.
— Farbe ders. I, 311.
— — Bedingung für diese I, 312.
— negatives I, 311.
— positives I, 3 1 1 .
Nachfarben, des weissen Lichts I, 316.
Nachgefühl I, 416.
Nachschmerz I, 402.
Nachtönen I, 379.
Nachwirkung der Nervenerregung I, 186.
Nägel II, 240.
Nähepunkte I, 255.
Nährstoff II, 590.
Nahrung, vollständige II, 686.
— Aenderung d. Xörpermasse mit ders.
II, 750.
— tägliche Ausgaben bei genügender
n, 709.
Nahrungsnquivalente II, 600.
Nahrungsbedürfnisse II, 583.
Nahrungsbestandtheile, nothwendige II, 68S.
— Verdaulichkeit ders. II, 591.
— Verhältnisse ders. II, 589.
— Nahrungswahl II, 589.
Begister.
773
Xahruiigsbestandtheile , "Würzung ders. II,
590.
Nahrungswahl II, 587.
Xarbenverschrumpfnng II, 255.
Natrium im Bluto II, 10.
Nati-on, phosphorsaures im Slute II, 12.
Natronalbuminat II, 8.
Xatronsalze, kohlensaure I, 20.
Nebenfarben des weissen Lichtes I, 304.
Negative Schwankung des Muskelstr 1, 464.
— — des Nervenstroraes I, 108.
Nerven, Einfluss auf die Lynn)habsonderung
n, 577.
— Einfluss auf die Muskelverkürzung
und Verlängerung I, 482. 484.
— Elektricitätsleiter I, 110.
— elektrisches Verhalten ders. I, 98.
— Polgerungen für die Anordnung der
elektr. Theile in dens. 1,97.103.
— Gleich- und Ungleichartigkeit ders.
I, 113.
— verschiedene Erregungszustände ein
und dess. I, 116.
Nervendurchschneidung, Einfluss auf die
Lymphabsonderung II, 577.
Nervenkräfte als Ursache von Filtrationen
n, 214.
— elektrische I, 143. '
— Quelle ders. I, 142.
— Theorie ders. I, 141.
Nervenphysiologie, allgemeine I, 85. HO.
— — specielle I, 150.
Nervenreize I, 112.
Nervenröhren II, 289.
— markhaltige I, 85.
— marklose I, 85.
— Absterben ders. I, 140.
— anatom. Beschaffenheit ders. I, 85.
— Beharrungsvermögen ders. I, 135.
— ehem. Beschaffenheit ders. I, 86;
II, 289.
— Einfluss der galv, Ströme auf dies.
I, 127.
— elektrische Eigenschaften ders. I,
87. 127.
— Ernährung ders. II, 290.
— Erregbarkeit ders. I, 112. 118.
— Gleichartigkeit ders. I, 113.
— Gruppirung ders. im Bückenmark I,
181.
— Kreutzung d. motor. im Hirn I, 203.
— Leistungen I, 86.
— Leitungen I, 135.
— Mittheilung der Erregung in denen
des Hirns I, 205.
— Physiologie ders. I, 85.
— Beize ders. I, 112.
— sensible, ihr Verlauf durch das
Hirn I, 205.
— todter Zustand ders. I, 130.
Nervenröhren , Ungleichartigk. ders. I, 113.
— Untersuchungsmethode ders. I, 87.
— Verbreitung ders. zu d. Muskeln 1, 479.
— Verlauf ders. im Hirn I, 205.
Nervenwurzeln , Beziehung zwischen dens.
und dem Hirn I, 163.
— Verbindungsmassen zwischen dens.
u. d. Organen der "Willkür I, 208.
Nervenstrom, ruhender I, 93.
— , schwache Anordnung I, 93.
— starke Anordnung I, 98.
— unwirksame Anordnung I, 93.
Nervensystem, Physiologie ders. I, 85.
Nervus abduceus I, 193.
— accessorius "Willisii I, 197. 199. 206.
— acusticusl, 112. 191.206.354.373.
— facialis I, 195. 206.
— glossopharyngeus I, 196. 206.
. — hypoglossus I, 198. 201.
— oculomotorius I, 192. 205.
— olfactorius I, 112. 190. 382.
— opticus I, 160. 205.
— sympathicus I, 203.
— trigeminns I, 195. 205.
— trochlearis I, 493.
— vagus I, 197. 206.
— Einflussa.d. Herzthätigk. II, 93.
— • — — auf die Athmung II, 546.
— — a. d. Lungenernährung II, 546.
Netzhaut I. 296.
Netzhautstellen, identische I, 326.
— — zugeordnete I, 326.
— — Lage ders. I, 329.
Neutrale Pette I, 30.
— — ihre Adhäsion au den Harn-
geweben I, 32.
— — ihre Bedeutung für die "Wärme-
Ökonomie I, 31.
— — ihre ehem. Indifi'erenz I, 31.
— — itre katalytischen "Wirkungen
I, 50.
— — ihre Zellenbildung I, 31.
— — ihre Zerlegung I, 31.
— — ihre Verseifung I, 28.
Niederschläge in thier. Flüssigkeiten II,
224.
— Cohäsionszustände ders. II, 225.
Nieren II, 373.
— Ausrottung II, 419,
— Bau ders. U, 273.
— Blut ders. II, 376.
— Blutgefässe ders. II, 374.
— Blutstrom in dens. II, 377.
— ehem. Bau ders. II, 375.
— Eigenthümlichkeit ders. II, 424.
— Ernährung ders. U, 429.
Nierenaderblut II, 37.
Nierenumsatz II, 319.
Normal temperaturen II, 319.
Nutzwerth des Muskels I, 342.
774
Register.
O.
Oberam-Gelonk 1, 513.
Oberhäute II, 234.
— Athmungsverluste ders. II, 551.
Objectbilder, durch brechende Kugelflächen
I, 247.
Oedem II, 577.
OcfFuungszuckungen I, 437.
Oelsäure I, 29.,
— oxydirte I, 27.
. Oelsüss I, 33.
Ohm's Gesetz I, 77.
Ohr, Funktionen des äussern I, 359.
Ohrenschmalzdrüsen II, 366.
Ohrmuschel I, 359.
Ohrspeicheldrüse II, 340.
Olein I, 29. 30.
Oleinsäure I, 33.
Olive I, 198.
Olephosphorsäure I, 32.
Ophthalmometer (Helraholtz) I, 261.
Ophthalraoscop I, 253.
Opiumtinktur, ihre Wirkung auf d. Lymph-
drüsenabsonderung II, 576.
— auf die Nerven I, 1 26.
Optik I, 241.
Optometrie I, 256.
Organe der Empfindung I, 592.
— der Willkür I, 208.
Ortssinn I, 407.
— Feinheit dess. I, 408.
— Theorie dess. I, 408.
Oxalsäure im Harn II, 405.
O.xalsaurer Kalk I, 24.
Oxydation der thier. Stoffe II, 219.
Ozon in der Atmosphäre II, 464.
P.
Palmitin I, 27. 30.
Palmitinsäure I, 25. 27. 33.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Pankreas II, 350.
~ Extrakt 641.
Pai-adoxe Zuckungen I, 90.
Paralbumen I, 42.
Parelektronomische Schicht I, 428
Parotis II, 340.
Paukenhöhle, Schallleitung durch dies. I
359. '
Pendulirende Bewegung I, 223
Penis II, 439.
— Erection dess. II, 439.
Pepsin I, 56; II, 360. 631.
— als Ferment (?) II, 633.
Peptone II, 628.
Entstehung dors. II, 637.
Peripolare Anordnung I, 104.
— Theorie ders. I, 104. '
Peripolarer Zustand I, 103.
Peristaltische Bewegung I,
— — des Dünndarms II, 615.
— — des Schlingapparates II, 610.
Pflasterepithelien 11, 264.
Pfortaderblut II, 35. 316.
Phasen des Elektrotonus I, 99.
Phenylsäure I, 36.
Phosphorglycerinsäure I, 33.
Phosphorsäure im Harne II, 403.
Phosphorsaure Alkalien I, 23.
— Erden I, 23.
— Kalkerde I, 23.
— Magnesia I, 23.
— Salze I, 23.
Phosphorsaures Eisenoxyd I, 23.
Physiologie , allgem. Aufgabe ders. I, 13.
— der Atome I, 16.
— der Aggregatzustände I, 59.
— der Nervenröhren I, 85. 1 10.
— des Rückenmarks und seiner Nerven
I, 150.
— Vortragsplan ders. I. 14.
Physjolog. Bedeutung der Zuckerarten I, 35.
Piezömeter II, 53.
Pigmentum nigrum I, 42.
Plasma II, 1 .
Platten II, 228.
Polarisation I, 88.
— des Lichtes im Auge I, 296.
Poren der organ. Häute II, 250.
Poren , wesentliche und zufällige II, 203 .
Porosität der Häute II, 204.
Prägung der formlosen Massen II, 228.
Processus obliqui I, 507.
Pronationsgelenk I, 515.
Propion- (Metaceton-) Säure I, 25. 29.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Prostata II, 439.
Proteinbioxyd I, 43.
Proteinstoffe I, 42. 44.
— ihre Zusammensetzung I, 44.
— Gründe für ihre Annahme I, 44.
— Zersetzungserscheinungen I, 45.
Proteintritoxyd I, 44.
Puls II, 100. 102. 159; s. a. Herzschlag.
— ■. Abhängigkeit dess. vom Herzschlage
II, 45.
— Aufhören dess. in d, kleinsten Ar-
terien II, 139.
— Untersuchungen dess. mittels Spygmo-
graphs II, 170.
Pulsfühlen II, 169.
Pulsfrequenz, Einfluss auf die Geschwin-
digkeit des Blutstromes II, 131. 161.
Pulshebel (Vierordfs) II, 170.
Pulsus dicrotus II, 171.
Pulsverhältniss zur Herzsystole II, 171.
Pupillcnbewegung durch Reflex etc. I, 280.
Pyin I, 49.
Eegister. 775
Q.
rtuellen der Nerrenkräfte I, 142.
lJueUung I, 70.
— begünstig. Momente ders. I, 72.
— eiweissartige Stoffe I, 52.
— der Epithelien II, 236.
— theoretische Bemerkungen über dies.
I, 70.
tinellungsmaximum I, 70.
Kuellungsverhältniss I, 70.
uerleitung der Erregung von einer Ner-
venwurzel zur andern durch das
Bückenmark I, 169.
— zur Theorie ders. I, 179.
ituerschnitt - Geschwindigkeit, Messung ders.
des Blutstroraes II, 189.
— — mittlere H, 192.
R.
üanminhalt der Blutgefässe II, 116.
üanrnvorstellung diirch das Sehen s. unter
Sehen.
— durch den Tastsinn I, 4M.
lieflectorische Hirnbezirke I, 20^.
Reflex als Erreger d. Muskels I, 435.
»eflexbewegung I, 169. 221.
— Charakter ders. I, 169.
— geordnete I, 172.
— Theorie ders. I, 170.
eflexempfindung I, 177. 206.
eflexkrampf I, 121.
egulator der thier. Wärme II, 754.
eibung in den Blutgefässen II, 109.
eihenfolge der Herzbewegungen II, 38.
eis II, 598.
leize der Nerven I, 112,
— des Nervensystems I, 85.
(esonnanz-Apparate', Nerven ders. I, 584.
WBorption II, 56 1 .
(espiration s. Athraung,
Hspirationsmechanismus II, 479.
Retina I, 96.
— Bau ders. I, 297.
— Beharrungsvermögen ders. I, 309.
ietinalgefässe, Schatten ders. I, 351.
— diffusive Spiegelung ders. I, 295.
— Erregungsmedien ders. I, 112. 299.
Biythmus der Herzbewegung II, 87.
idchtung des Blutstromes II, 123.
— des Hörens I, 381.
,- — des Nervenstromes I, 128.
idchtungslinien I, 267.
Kreuzungspunkt der». 1, 268.
Tippcngolcnke I, 511.
' iggen II, 597.
ihrzucker im Harn II, 394.
ihren, Eustachi'sche I, 371.
Köhren, Flüssigkeitsströmo in solchen II,
51 u. folg.
— Strombewegung in asymmetrisch ver-
zweigten n, 64.
— — in symmetr. verzweigten II, 64.
Rückenmark I, 150; n, 291.
— anatom. Verhalten I, 1 50.
— Anordnung seiner Nervenelemente
I, 151.
— Blosslegung dess. I, 166.
— Capillaren in dens. II, 293.
— chemische Zusammensetzung dess.
II, 291.
— Durchschneidung dess. I, 166.
— Einfluss der einzelnen Stränge auf
die Leitung I, 165.
— Ernährung dess. II, 294.
— Erregbarkeit dess. I, 182.
— Faserung dess. I, 151.
— graue Masse dess. I, 151.
— Gruppirung der Nervenröhren in
demselben I, 81.
— hintere Stränge dess. I, 152. 156.
— Längsleitung dess. I, 163.
— Methode der Untersuchung dess.
I, 154.
— Mittheilung der Erregung in deras.
I, 169.
— Physiolog. Verhalten dess. I, 154,
— Seitenstränge dess. I, 151.
— • vordere Stränge dess. I. 151. 156.
— weisse Masse dess. I, 151.
Rückenmarksnerven I, 150.
— Mengenverhältniss ihrer hinteren
und vorderen Wurzeln I, 157.
— motorische Wurzeln ders. I, 156.
— sensible Wurzeln ders. I, 150.
— veränderte Erregbarkeit I, 185.
— Verbreitung ders. im Centraiorgane
I, 157.
— Verbreitung ders. in der Peripherie
I, 155.
— Verbreitungsgesetze ders. I, 156.
— Wurzelröhren ders. I, 152.
Rückenmarkswurzeln I, 152.
— Verbreitung ders. I, 159.
Rückstoss des Herzens II, 85.
Ruhe, Einfluss ders. auf die Erregbarkeit
der Nerven I, 121.
Ruthe II, 439.
S.
Saligenin I, 40.
Salze, Austritt ders. aus dem Körper II,
715.
— der Frauenmilch II, 456.
— dos Harns II, 406.
— kohlensaure I, 20.
— der Leber II, 315.
776
Register.
Salze, ijhosphoraaiire I, 23.
— tägl. Aufnahrae ders. durch d. Ver-
dauung II, 669.
Salzlösungen, Uebertragungszeit ders. aus
einem Blutgefässe ins andere II, 198.
Salzsäure im Labsaft II, 631.
Samen, männl. II, 435.
— Absonderungsgeschwindigkeit dess.
437.
— Aussstossung dess. II, 441.
— Bereitung dess. II, 438.
Samenblase, Bewegung ders. 1,218; 11,441.
Samendrüsen , accessorische II, 439.
Samenfäden, Bewegung ders. II, 436.
Samenleiter, Bewegung dess. I, 218.
Sarkin I, 40.
Sättigungsgefiihl II, 586.
Sauerstoff I, 18.
— im Blute II, 14.
— seine Funktionen im Körper I, 18.
— sein quantitatives Verhältniss zur CO*
in der ausgeathmeten Luft II, 53 1 .
SauerstofFatmosphäro II, 464.
Sauerstoffaufnahme d. d. Haut II, 551. 553.
— durch die Lungen II, 530.
— veränderlich mit dem Blutstrom II,
534.
— nach d. Gehalt d. Lungenluft II, 533.
Sauerstoffausgabe II, 715.
Sauerstolfverbrauch, Beziehung zur Wärme-
bildung und Arbeitsleistung II, 743.
Saugkraft der Lunge für das Blut II, 144.
Säuron nach d. Formel C2nH(2n — 1) O3 ; HO
I, 39.
— hai-nige I, 39.
Schall I, 354..
— Fortpflanzung I, 355.
— Richtung dess. I, 380.
Schallleitung zum Gehörnerven I, 358.
— durch die Gehörknöchelchen I, 367.
— durch die Kopfknochen I, 372.
— durch die Paukenhöhle I, 359.
— in das Labyrinth I, 369.
Schallwellen, Länge ders. 351.
Schattenbilder I, 349.
Schätzung der Entfernung durch das Auge
I, 336.
— der Grösse I, 334.
Scheiner's Versuch I, 256.
Schlaf I, 609.
Schlauchwellen II, 69.
— Bewegung der Wassertheilchen in
dens. II, 69.
— Geschwindigkeit in dens. II, 72.
— mittlere Spannung in dens. II, 72.
— Theorie ders. II, 70.
Schleimbeutel II, 260.
Schleimdrüsen II, 348.
— des Magens II, 362.
Schloimhautflltor II, 348.
Schleimsaft II, 348.
Schlcimstoff I, 55.
Schliossungszuckung I, 437.
Schlingbewegung I, 213.
Schlingen II, 607. 608.
Schlüssolbcingelenke I, 512.
Schlund II, 604.
Schlundkopf II, 607.
Schmerz I, 395.
— Abhängigkeit von der Dauer und
Stärke der Erregung I, 400.
— Beharrung dess. I, 402.-
— Erreger dess. I, 396.
— excentrische Erscheinungen dess. I,
401.
— Oertlichkeit dess. I, 401. (Webers
Theorie in Betr. ders.) 402.
.Schrittdauer I, 557. 558.
Schulterblattgelenk I, 513.
Schwangere, Milchsaft ders. II, 458.
Schwankung der Pulsfrequenz II, 100.
■ — Einfluss des Körperzustandes auf
dies. II, 102.
— ■ — der Nahrung auf dies. II, tOl.
— — der Tageszeiten a. dies. II, 100.
Schwefelcyansalze I, 24.
Schwofelsaure Alkalien I, 24.
Schwefelsäure im Harn II, 401.
— ihre Beziehung zum Schwefelgehalt
der Nahrung II, 402.
Schweiss II, 367.
— Absonderungsgeschwindigkeit dess.
II, 367.
— Aenderung dess. mit der Absonde-
rungsgeschwindigkeit und -Dauer
II, 369.
— Ansammlung dess. II, 368.
— Bereitung dess. II, 372.
— Statistik dess. II, 372.
Schweissdrüssen II, 367.
Schwerkraft, Bedeutung für den Blutlauf
II, 147.
Schwerlinie I, 549.
Schwerpunkt des Gesammtkörpers I, 549.
— des Rumpfes I, 549.
Schwindel I, 488. .
Sclerotica I, 346. .
Secretionen II, 202. S. a. Absonderungen,
Ausscheidungen.
Seele I, 605.
— Beziehungen ders. zum Gehirn I, 607.
— Organe ders. I, 592.
— Physiologie ders. I, 592.
— Sitz ders. I, 605.
Sehen I, 315.
— Aufmerksamkeit bei denis. I, 321.
— aufrechtes I, 325.
— Bedingungen dess. I, 316.
— bewegter Gegenstände I, 342.
— deutliches I, 255.
Eegister.
777
•oehen, direktes I, 318.
— Einfluss der Muskelbeweguug auf
dass. I, '326.
— im Kaurae I, 322.
— indirektes I, 318.
— in verscliiedene Feme I, 254.
— mit 2 Augen I, 326.
— Rauravorstellungen d. dass. I, 322.
■ — Richtungen dess II, 323.
Schärfe dess. I, 317.
— — Grenzen dieser I, 319.
•lehnen I, 530.
liehnenknochen I, 530.
Sehnenscheiden I, 530 ; II, 260.
Sehner? s. Nerv, optic.
»ehstrahl I, 324.
♦ehweite I, 256.
ochwinkel I, 268. 333.
»■eitendruck in Wasserströmen U, 41.
. elbsterregung I, 211.
i-emilunarklappen , Verschluss der Kranzar-
terien durch solche II, 129.
sensible Wurzeln des Rückenmarks siehe
Rückenmark.
«eröse Flüs.sigkeiten II, 257.
— Häute II, 256.
terum II, 14.
iiirene I, 358.
fckelet I, 490.
kkeletmuskeln dess. I, 490. 530.
— — Wirkung ders. I, 531.
kkeletsehnen I, 530.
"ondergeschwindigkeit des Blutstromes auf
seinen Querschnitt H 189.
nopranstirarae I, 560.
|f)annung des Blutes , abhängig von den
Athembewegungen II, 144.
— Arbeitsmaass ders. II, 46.
— Beziehung ders. zur Stromgeschwin-
digkeit II, 47. 53.
— des ruhenden Blutes II, 120.
— Druckmaass ders. bei Flüssigkeiten
im AUg. II, 46.
— gestörte im Blutsystem II. 124.
— in d. Arterien II, 135. 137. 159. 172.
— — in d. grossen Arterien II, 172.
— in den Haargcfässen II, 141. 174.
— im Lungenkreislaufe II, 180.
— des strömenden Blutes 11, 134.
— in der Vena jugularis II, 177.
— in den Venen H, 141. 170.
Störung des Gleichgewichts ders. in
den Gefässen II, 124.
. — strömende Flüssigkeiten II, 44. 57.
— de» Wassers II, 44.
«annungabnahme bei vermindertem Zu-
fflusso II, 140.
«annunguntcrschied im Blutgofasssysteme
II, 132.
— zwischen Blut und Harn II, 420.
Spannungswechsel bei verschied. Schlag-
folge des Herzens II, 136.
Speichel II, 338. 623.
— Absonderungsgeschwindigkeit dess.
II, 343.
— Ausstossung dess. 347.
— Menge, mittlere dess. II, 345.
— Verdauung durch dens. II, 624.
— Wärme dess. II. 341. 342.
Speicheldrüsen II, 336.
— Blut u. Blutstrom in dens. II, 337.
Speisen II, 590.
— Nährfähigkeit ders. II, 591.
— Verdaulichkeit ders. II, 591.
— — im Magen II, 639.
— Verdauung ders. II, 603. 638.
— Wirkung verschiedener, Säfte auf
dies. II, 650.
Speiseröhre II, 607.
Speiseröhrenverkürzung I, 217,
Sphärische Abweichung des Auges I, 216.
Sphygmograph II, 154.
Spiegelung der Cornea und Linse I, 296.
— der Retina I, 295.
— — diffusive I, 295.
— der Lichtstrahlen im Auge, Ein-
richtungen zu ders. I, 294.
— der Stäbchenschicht I, 294
Spielraum der Eigentemperatur des Warm-
blüters II, 732.
Spiralen der Rumpfmuskulatur I, 401.
Spirometrie II, 496.
Spitzenstoss des Herzens II, 85.
Sprache I, 584.
Spracherzeugung, allg. Beding, ders. I, 585.
Sprachwerkzeuge I, 559.
— Nerven ders. I, 591.
Sprungbein, Stellung dess. auf dem Fuss-
boden I, 553.
Stäbchenschnitt der Retina I, 297.
Stärke der Lichtempfindung I, 308.
Stearin I, 30.
Stearinsäure I, 25. 27. 33.
— Wärmeeinheit ders. II, 737.
Stehen I, 549.
Steifung der Gelenke I, 551.
Steigbügel I, 3()7.
— üebertragung der Bewegung von
denis. auf das Labyrinth I, 369.
Stereoskop I, 340.
Stickgas im Org. I, 19.
— Verhalten zur Respiration II, 536.
Stickstoff im Blute II, 14.
Stickstoffatmosphäre II, 264.
Stickstoffausgabo II, 714.
Stimmbänder I, 565.
— Spannung dor.s. I, 566. 569.
Stimme I, 559.
— Klang ders. I, 560.
— Register ders. I, 572.
778
llogistor.
Stimme, Reinheit dere. I, 561.
— Besonauz dors. I, 580.
— Stärke ders. I, 561.
— Theorie ders. I, 575.
— Umfang ders. 1, 550.
Stimmerzeugung, Orte ders. I, 564.
Stimmhautstelle und -Spanner, Nerven ders.
I, 583.
Stimmhäute, Spannung ders. I, 566. 569.
Stimmritze I, 566.
Stimmwerkzeuge I, 599. 'v;
— mittönende I, 580.
— Nerven ders. I, 582.
— Uutersuchungsmethoden ders. I, 562.
Stoffökonomie des Thieres II, 671. 710.
Stoffströmung b. genügend. Nahrung II.-709.
— durch den Thierleib II, 671.710.
Strahlenbrechung im Auge I, 241.
— Gesetze ders. I, 241.
Strahlenbüschel, Vereinigungsweite dcss. I,
245.
Strom, constanter in Eöhren II, 51.
— in cylindrischen Eöhren II, 51. 56.
— in elastischen E. II, 66.
— in gleichweiten gebogenen Eöhreji
II, 61.
— in geradem Cylinderrohr II, 56.
— in ungleich weitem Eohr II, 62.
— in ungleich dehnbai-em Eohr II, 67.
— Verlust dess. an Arbeit II, 60.
— in verzweigten Eöhren II, 63.
Strom, elektrischer I, 8.
— als Geschmackserreger I, 390.
— die Erregbarkeit des Muskels erre-
gend I, 424. 438.
Strombewegung, bei Flüssigkeit, Mitthei-
lung über ihre Grenzen II, 49.
— — bei Austritt von Tlüssigkeit
durch d. Gefässwände II, 150.
Stromcurve, elektrische I, 439.
— Steilheit ders. beim Muskel I, 439.
Stromgeschwiudigkeit flüssiger Körper II,
49. 53. 57.
Stromkreise , elektrische , Einwirkung auf
den Muskel I, 443.
Strompiüfung (elektr.)am Frosehschenkell,
92.
Stromschwankung, negative beim Nerven
I, 108.
— — beim Muskel I, 438. 464.
Stromspaunug , absolute Werthe ders. für
den Blutstrom II, 153.
— durch Arterienverschluss II, 166.
— Messung ders. II, 154.
— Veränderung ders. mit der Athem-
bewegung II, 161.
— — ders. mit der Entfernung vom
Herzen II, 168.
Stromstärke, absolute Werthe ders. bei
Muskclvcrkürzung I, 441.
Stromzweige, Abhängigkeit ders. von ein-
ander II. 197.
Strömung, weitere Ursachen ders. in Ge
fassen II, 151.
Strychninkrärapfe I, 182.
Strychninlösung, Wirkung auf die Nerven
I, 126.
Sublingualdrüse s. Mundspeichel.
Supinationsgelenk I, 515.
Sympathischer Nerv I, 213.
— Abhängigkeit dess. vom Hirn und
Eückenmark I, 219.
— Absonderungsnerven dess. I, 218.
— Anatomie dess. I, 213.
Anordnung seiner Elementartheile
I, 214.
— — der von ihm abhängigen Bewe-
gungen I, 223.
— automat. Erregung dess. I, 224.
— Elementartheile dess. I, 213.
— als Empfindungsvermittler I, 222.
— Halstheil dess. I, 216.
— Lendentheil I, 217.
— Mittheilung der Erregung zwischen
dems. u. d. Corebrospinalnerven
I, 221. 222.
— motorische Eöhren dess. I, 215.
— motorische Wirkungen des Hals-,
Eücken- und Lendentheils dess.
I, 216. 217.
— Muskelbewegungen vermittelnd I,
222.
— physiolog. Verhalten dess. I, 215.
— Eeflexbewegipgen vermittelnd I,
218. 221.
— Eückentheil dess. I, 217.
— Sacraltheil dess. I, 217.
— Stellung zum Willen I, 220.
— Verbreitungsbezirke seiner motor.
Eöhren I, 215.
* — Verkettete Bewegungen in dems. Ir
223.
Symphysen des Beckens I, 510.
Synchondrose I, 496.
Synergie der Augenmuskeln I, 239.
Synovia n, 259.
T.
Tagesschwankungen der Temperatur Hun-
gernder II, 726.
— — Gespeister II, 727.
Tastsinn (im engern Sinne) I, 407. 487.
— veränderte Feinheit dess. bei Baum-
unterscheidung I, 412.
Tastkörperehen I, 404.
Taurin I, 39.
Taurocholsäurc I, 37.
Taurylsäure I, 36.
Temperatur, Einfluss ders. auf Nervenerre-
gung I, 125.
llegister.
779
Vemperatur als Erregerin d. Gefühls I, 399.
emperaturausglcichuBgen im Thierkörper
II, 752.
Vemperaturbestimmung II, 739.
emperaturempfindung I, 416.
iemperaturscliwankuiig d. Aderlass II, 728.
-- bei Anstrengungen II, 728.
— abhängig von Aufnahme und Aus-
scheidungen von Gasen II, 724.
— — von der Gallenbildung II, 724.
— — vom Lebensalter II, 748.
— — von Muskelbewegung II, 725.
— — von Nervenerregung II, 724.
— — von der Lufttemperatur II, 729.
— — von der Nahrung II. 724.
— — v. d. Sauerstoffverbrauchll, 724.
— von dem Stoffumsatze II, 723.
— von der Tageszeit II, 725.
— von Zuständen der Haut und der
äussern Umgebung II, 729. 751.
eemperaturspielung beim Warmblüter II,
732.
»norstimme I, 560.
öiierische Wärme, Ursprung ders. II, 732.
itanns electricus I, 724.
Ifaalwellen n, 73.
bhermometrische Apparate II, 720.
khränen II, 349.
khräncnapparat I, 347.
lihränendrüse II, 349.
Uiymus II, 306.
— ehem. Bestandtheile ders. II, 307.
Ernährung ders. II, 307.
ibialfibulargelenk I, 526.
idtenstarre I, 471.
— Dauer ders. I, 473.
mn I, 374.
— gemischter I, 375.
mnbildung im Kehlkopfe I, 564.
— Theorie ders. I, 571.
— veränderte I, 571.
wnhöhe I, 374. 571.
— Bedingungen, veränderte I, 571.
— — am todten Kehlkopfe I, 574.
onreihe, Grenzen ders. I, 375.
snstärke I, 375.
^Unterscheidung I, 380.
1 — .mittels Sirene I, 378.
1 »nus I, 183.
I xaubenzucker I, 34.
I — im Harn II, 393.
f — in der Leber II, 311.
t aura I, 609.
1 "iebkräftc der Absonderung II, 205.
! — des Blutes II, 152.
i inkwasser II, 599.
* iolcin I, 30.
oxyprotein I, 45.
ipalmitin I, 30.
iatearin I, 30.
Trockenheit der Nerven, Einüuss ders. auf
ihre Erregung I, 125.
Trommelfell I, 361.
— Mitschwingungen dess. I, 362.
— Spannung dess. I, 361. 364.
Tuba Eustachii I, 371.
Tyrosin I, 40. 45. 47.
— in der Leber II, 315.
ü.
Uebung I, 604.
Umsetzungen,, chemische, als Quellen der
Nervenkräfte I, 142.
— der ausgeschiedenen Stoffe II, 126.
Unterkieferdrüse, Blut und Blr. Istrom ders.
II, 337.
— Speichel ders. II, 338.
Unterkiefergoicnk I, 503.
Unterzungendrüse II, 338.
Unterzungengegend, Wärme ders. II, 722.
Ureteren II, 430.
Urin s. Harn.
Vas deferens II, 439.
Venenblut, Unterschied vom arteriellen II,
30. 31.
Venenhaut II, 108.
Verbindungsmassen zwischen den Port-
setzungen der Nervenwurzeln und Or-
ganen der Willkür I, 208.
Verbrennung im thierischen Körper I, 18.
— Quelle d. thierischen Wärme II, 73S.
Verbrennungswärme organ. Stoffe II, 738.
Verdaulichkeit der Nahrungsmittel II, 59 1 .
— der Speisen für d. Magen II, 591.
Verdauung, Aufsaugungswege dess. II, 652.
— Chemismus ders. II, 621.
— Mechanismus ders. II, 604.
Verdauungssäfte, ehem. Arbeit ders. II, 621.
Verdunstung thier. Flüssigkeiten I, 63.
Vereinigungsseito d. Strahlenbüschel I, 246.
Verhalten, physiolog., der Nerven I, 110.
Verhungern II, 672. 674.
Verknüpfung der Gerüche I, 397.
Verkürzter Muskel I, 435. 448.
— Elastizität dess. I, 437.
Verlängertes Mark, Elenicntarbau dess. I,
187.
Verlängerung der Muskeln durch Nerven-
erregung I, 424. 484.
Verlauf der sensiblen Nervenröhron durch
das Hirn I, 205.
Verletzung einzelner Hirntheile I, 208.
Vermischung d. Gcruchscnipfindung I, 387.
Vitalismus I, 2.
Vokale I, 586.
Volum dos Brusti-aumes , unveränderliches
II, 493.
Volum d. Brustrauraes, veränderl. II. 493.
780
Kegister.
Volumändcrung d. Einathmungsluft I, 537.
A'orkammoi-n , Ersclieinungcn während des
Kreislaufes in dens. II, 124.
— Zusammenziehuiig II, 126.
Vorstelterdrüse s. Prostata.
W.
■Wachsthum II, 715.
— der Knochen II, 277.
Wandungen der Gefäsae II, 108. 297.
— Nerven ders. II, 112.
Warmblüter, Temi)eraturspielüng ders. II,
730. 732.
Wärme, Bedeutung ders. I, 61.
— Bildung ders. mit Bezug auf gew.
physiol. Vorgänge II, 741.
— — in d. einzeln. Organen II, 749.
— des Blutes II, 721.
— der Eingeweide II, 722.
— als Erreger des Muskels I, 436.
— Eolge des thier. Verbrennungspro-
cesses II, 7 38.
— latente der Nahrungsmittel II, 724.
— • d. Nervcnerregbark. zerstörend I, 126.
— als Ursache der phys.-mechan. Kraft-
üusserung I, 17.
— Ursprung d. thierischen II, 732.
— Verschiedenheit ders. n. d. Gegend
d. Körpers II, 72 1. S. a. Temperatur.
Wärraeeigenschaften d. Muskels I, 432. 467.
Wärmeeinheiten d. thier. Atome II, 736.
— durch Verbrennung d.H.u. C.II, 747.
Wärmeerzeugung, veränderliche II, 740.
Wärraegewinnc n. Jahreszeit, u. Alter II, 748.
AVärraeökononiic einzelner Organe II, 749.
Wärmeregulatoren II, 754.
Wärraesinn I, 416.
— Verbindung mit Drusksinn I, 418.
Wärmestarre I, 470.
Wärrueströmuug durch d. Thierleib II, 745.
Wärmeunterschiede nach Tageszeiten II, 723.
Wärmevcrluste II, 743. S. a. Temperatur.
— durch Haut u. Lunge II, 751.
Wärmeverlust durch Verdunstung II, 748.
Wasser des Blutes II, 14.
— seine Bedeutung für das Leben im
AUg. I, 19.
Wasserausscheidung II, 712.
— durch die Haut II, 551.
Wasserentbehrung II, 682.
Wassergehalt der Atmosphäre II, 466.
— des Blutes II, 14.
• — der Erauenmilch II, 457.
— des Harns II, 408.
Wasserstoffausgabe II, 714.
Wasserstoffgas 1, 19.
— Wärraeeinheit dess. II, 737.
Weizen als Nahrung II, 595.
Wellen in den grossen Arterien II, 131.
Wellenbewegung in elast. Köhren II, 68.
Wellenlänge b. Molekularbwg. (Schall) 1, 307.
Wellenzeichner II, 122.
Werkzeuge, eraphndende des Auges I, 2!ir,.
— luftabsondernde s. AthraungsfläcLi ii.
— luftveränderndc II, 498.
Wirbelgelonke I, 505.
Wille, Einwirk. a. d. Selbsterregung II, 211.
— als Erreger des Muskels I, 4.35.
— mechanische Leistung dess. I, GU'2
Willkürbewegung I, 599.
— mcchan. Leistungen ders. I, 603.
Willkürerrcgung, mech. Werthe ders. I, 603. i
Wirbel , schiefe Fortsätze ders. I, 507. M
Wirbelgelenke I, 545. ■
W.irbelsäule, Muskeln ders. I, 545. ■
X.
Xanthin im Harn II, 390.
Xanthoproteinääure I, 46.
Z.
Zahlenverhältniss zwischen Muskeln und
Nervonröhren I, 480.
Zähne II, 281.
— Ernährung ders. II, 282.
— Eorrafolgo d. Entstehung ders. II, 283.
Zelle, Einfluss ders. auf ihre Umgebung
und umgekehrt II, 232.
Zellenbildung II, 230.
— Bedingungen ders. II, 2 10.
— innere und freie II, 23 1 .
— Veränderungen ders. II, 162;
Zellenhaut, Wachsthura ders. II, 286.
Zellhaut der Gefässe II, 107.
Zergliederung , mechanische einer Lebens-
erscheinung I, I.
Zerstreuungakreise I, 255 (n. Listing) I, 270.
Zotten des Darraes II, 654.
Zucker im Blute II, 8.
Zuckerarten I, 33.
— physiologische Bedeutung dess. I, 35.
Zuckergährung durch den Speichel II, 625,
Zuckergehalt der Erauenmilch II, 456.
Zuckung I, 437.
— Gesetz ders. (v. Pfaffu. Kitter) I, 443.
— paradoxe I. 90.
— sekundäre I, 467. M
Zunge, Thätigkeit bei d. Verdauung Ii, 604*
Zusammensetzung d. Blutes II, 1. M
— der Nerven mit Bezug auf ihre Er-^
regbarkcit I, 124. ,
Zusammenziehung d. Herzkammern II, TiS.
— der HerzTorhöfo II, 126.
— tetanisehe d. Muskels I, 438.
Zuwachs, elektrischer I, 99. 100. f ,
— Gesetze dess. I, 100. i
Zwangsbewogungen I, 208. *
Zwischenwirbelbänder 1, 506. #^
Gedruckt bei E.
1' 0 1 z in Leipzig.