2
1
2
der aui, in Chemie ordentli
| der ae 2 176 enn
„ BR
langen
in der waltberſc en Busbansiuns
* 1795.
La
.
G
HISTORICAL
MEBICAL
ERS. Dein
Herr MN
Theodor Rooſe
der Arzneigelahrtheit Doctor, ordentlichem Pro⸗ |
feffoe am Collegio anatomico⸗chirurgico
zu Braunſchweig ic.
& Wohlgebohrner Herr Profeffor, |
Theuerſter Freun!
.
\ 7 — NA
Si. bezeugten mir vor einem Jahre
Ihre liebevolle Theilnahme, als ich die
Profeſſur in Braunſchweig, welche ich
achthalb Jahre verwaltet hatte, nieder⸗
legte, und meine gegenwärtige in Erlan⸗
gen antrat. Erlauben Sie mir, die⸗ i
ſes izt zu erwiedern, indem Sie mein
Nachfolger werden, und meinem lieben
Braunſchweig, das ich mit Wehmuth
verließ, die ſchoͤnſten Hoffnungen geben.
Der Zeiten, in denen Sie mein
liebſter Zuhoͤrer waren, denke ich taͤglich.
Aber das traurige Bewußtſein der weiten
Entfernung von Ihnen erſtickt das an⸗
genehme Gefuͤhl wieder, was mir dieſe
Erinnerung erregt.
9
In dem guͤtigen Schreiben, mit
welchem Sie mir Ihre Schrift uͤber die
Geſundheit des Menſchen uͤbergaben,
ſagten Sie vieles, was mir Freude mach⸗
te, als ein Beweis ihrer Liebe zu mir.
ö Allein es beſchaͤmte mich zugleich ſo ſehr,
daß ich Ihnen nichts darauf antworten
kann. Ich haͤtte reichlichen Stoff, hier
oͤffentlich von den Gegenſtaͤnden zu res
den, wegen deren ich Sie ſo innig hoch⸗
achte und liebe; aber ihre Beſcheidenheit
iſt mir zu gut bekannt, als daß ich es
uͤber das Herz bringen koͤnnte, dieſelbe
zu beleidigen.
Die Schrift, welche ich Ihnen über,
ſende, betrachtet eine ſehr gemeine Krank⸗
heit, von der ich in Braunſchweig viele
und
*
A
und mancherlei Beobachtungen zu ſamm⸗
len Gelegenheit hatte. Erwarten Sie
darin keine neuen Ideen, und keinen
aͤſthetiſchen Schmuck. Ich glaubte in⸗
deſſen, meinen Zuhoͤrern und andern,
ſelben eine nuͤtzliche Anleitung zu geben,
|
welche die Arzneikunde ſtudiren, in der
dieſe Krankheit zu beurtheilen und zu be⸗
handeln. Ich bin bei den diaͤtetiſchen
Vorſchriften vielleicht etwas zu umſtaͤnd⸗
lich geweſen, allein ich wuͤnſchte, die jun⸗
gen Aerzte darauf zu fuͤhren, dieſen ihren
Patienten genau und mit Angabe der
Gruͤnde zu befehlen, weil ohne Zwei⸗
fel oft viel mehr darauf ankommt „ als
ein Recept zu verſchreiben, und die beſten
Arzneien ohne zweckmaͤßige Lebensord—
nung fruchtlos ſind. Wenn die Kunſt⸗
rich⸗
„
*
richter die gegenwaͤrtige Schrift nicht als
unnuͤtz verwerfen, ſo werde ich einige
ähnliche liefern, über andere Krankheiten,
i die ich auch aus Erfahrung kenne.
Leben Sie wohl, und ene
Sie lieb
Ihren Sie liebenden und hochſchaͤtzenden
Freund
Friederich Hildebrandt.
Ueber die
blinden Hämorrhoiden. |
Pen
*
*
Er ſt e s Kapitel. |
Von der Vollbluͤtigkeit des Maſtdarms
uͤberhaupt. |
— Mechanices in medicina vſum efle ſummum,
vtilitatem max imam. 1
BOERHAAVE oratio de uſu ratio-
einii mechanici p. 2.
| 1.
D
Die Pathologen unſerer Zeit halten die Kennt⸗
niß der den belebten Koͤrpern eigenthuͤmlichen
Lebenskraft für die wichtigſte Stuͤtze ihrer Wiſ⸗
ſenſchaft, und je weiter ihre Forſchungen drin⸗
gen, deſto mehr werden ſie von der Richtigkeit
dieſer Meinung uͤberzeugt. Allein jenen unlaͤug⸗
baren Satz, welchen einſt Boe rhaa ve in einer
feierlichen Rede entwickelte, duͤrfen wir doch
nicht vergeſſen. Unſer Körper iſt eine belebte
Maſchine, aber doch eine Maſchine; und um
richtige Urtheile von ſeiner Geſundheit und
Krankheit zu faͤlen, um die beſten Mittel zu
waͤh⸗
*
‚4
wählen, feine Geſundheit zu erhalten und her-
zuſtellen, muͤſſen bei manchen Verrichtungen
deſſelben neben der Kenntniß jener maͤchtigen
Kraft, welche ihn von den lebloſen Geſchöͤpfen
unterſcheidet, die Statik und Mechanik unſere
Fuͤhrerinnen fein. 2 a
3
Unter andern gilt das vom Umlaufe des
Blutes, für deſſen Eurdeckung wir dem Wil—
liam Harvey eben ſoviel zu verdanken ha⸗
ben, als die Phyſiker dem Otto von Gue—
rike für die Erfindung der Luftpumpe; und
von einigen Krankheiten dieſer groſſen Verrich⸗
tung, beſonders von der Vollbluͤtigkeit ein⸗
zelner Theile.
$. 3.
Im vollkommen geſunden Zuſtande unſe⸗
res Koͤrpers iſt die relative Quantitat des
Blutes in allen ſeinen Organen vollkommen
gleich. Eine Schlagader iſt nach Verhaͤltniß
nicht mehr und nicht weniger ausgedehnt, als
die andere. Die Venen jedes Organs führen
in gleicher Zeit eben ſo viel Blut aus ihm zu⸗
ruͤck, als es durch ſeine Schlagadern erhält:
8 f | §. 4.
| g. +
Auch kann die Quantität des ganzen
Bluts vermehrt oder vermindert werden, es
kann allgemeine Vollbluͤtigkeit oder allgemeiner
Blutmangel entſtehen, ohne daß darum jenes
Verhaͤltniß aufgehoben wird. Wenn, ohne
die Aufhebung jenes Verhaͤltniſſes die Quanti⸗
taͤt des ganzen Blutes vermehrt wird, fo muß
in allen Schlagadern und in allen Venen die
Ausdehnung derſelben gleich ſtark vergroͤſſert
werden, und wenn, ohne die Aufhebung dieſes
Verhaͤltniſſes die Quantitaͤt des ganzen Blutes
vermindert wird, ſo muß in allen Schlagadern
und in allen Venen die Verminderung ihrer
Ausdehnung gleich ſein.
N
Wie uͤberhaupt faſt jeder Menſch,
Ganzen ſeines Koͤrpers oder in einzelnen Te
len, vom vollkommen gefunden Zuſtande ab-
weicht, und, wie mein Freund Roo ſe !) ſagt,
der vollkommen geſunde Menſch in der wirkli⸗
1 chen
7) In ſeiner vortreflichen Schrift: über die
Geſundheit des Menſchen. Goͤtting. 1793.
©. 28. |
23
6
chen Welt ein Unding ift, fo finden wir auch
jene vollkommene Gleichheit der relativen Quan⸗
tität des Blutes nie. Ohne einmal auf die na⸗
tuͤrlichen Congeſtionen des Bluts nach dem Ute:
rus bei dem Monatsfluſſe und bei der Schwan⸗
gerſchaft, nach dem Magen bei der Verdauung,
nach den Geſchlechtstheilen bei den Regungen
des Begattungstriebs und der Begattung, —
Ruͤckſicht zu nehmen, die uns doch ſchon noͤthi⸗
gen, jenen Satz (F. 3.) einzuſchraͤnken und naͤ⸗
her zu beſtimmen; ſind die Urſachen, welche die
Gleichheit in einem oder dem andern Theile
aufheben, ſo gemein, daß, auch bei uͤbrigens
vollkommener Geſundheit, unvermeidlich Un⸗
gleichheiten erfolgen, bei denen man, wenn fie nicht
groß und nicht bleibend ſind, doch den Koͤrper
nicht krank nennt. Aber auch große und blei⸗
bende Abweichungen von der Gleichheit der re—
lativen Quantität des Bluts finden wir oft.
ER,
Diefe Abweichungen find überhaupt
von zweierlei Art. Ein Theil hat entweder zu
viel Blut, oder zu wenig. Ich bleibe hier
fuͤr meinen Zweck bei der erſteren ſtehen. Man
nennt den Zuſtand eines Theils, in welchem er
nach
?
nach Verhaͤltniß zu andern Theilen zu viel Blut
hat, oͤrtliche Vollbluͤtigkeit. Dieſer Zu⸗
ſtand, wenn er in hohem Grade Statt findet,
und nicht, wie in jenen Fällen ($. S.), natürlich
iſt, macht eine naͤchſte Urſache vieler Krankhei⸗
ten, und gewiſſermaſſen ſchon ſelbſt eine Krank⸗
heit aus. a 8
42, '
Die oͤrtliche Vollbluͤtigkeit kann vorzuͤg⸗
lich von dreierlei Urſachen entſtehen. Ent⸗
weder die Gefaͤße des leidenden Theils ſind zu
ſchlaff, haben nicht hinlaͤngliche Spannkraft,
und widerſtehen daher dem Andrange des Bluts
weniger, als andere Gefäße. Oder der Theil
wird widernatuͤrlich gereizt, und dieſer Reiz
bewirkt nach dem allgemeinen in allen belebten
Koͤrpern herrſchenden Geſetze vermehrten Zufluß
des Bluts. Oder endlich es iſt ein Hinder—
niß da, welches den Ruͤckfluß ſchwierig macht.
38
Eine unmittelbare Folge der oͤrtlichen
Vollblüͤtigkeit iſt Ausdehnung der Blutge⸗
faͤße des leidenden Theiles. Immer ſind da⸗
bei dieſe Blutgefaͤße mehr ausgedehnt, als die
* Blut-
j
7
Blutgefäße der übrigen Theile, und immer zu⸗
gleich über ihren eigenen natuͤrlichen Durch⸗
meſſer ausdehnt, wenn nicht etwa die Quanti⸗
taͤt des ganzen Blutes zu klein iſt. Dieſe Aus⸗
dehnung betrift am meiſten die Venen, weil
fie viel ausdehnbarer und nachgiebiger als die
Schlagadern find ). Uebermaͤßige Ausdeh⸗
nung der Venen kommt viel oͤfter, als die der
Schlagadern, vor. Ja noch im Tode bewei⸗
ſen die Schlagadern ihre größere Staͤrke; fie
fuͤlen im Augenblicke des Sterbens die Venen
mit Blute, indem ſie ſich zulezt zuſammen zie⸗
hen, und obwohl ſie nachher nichts mehr aus
dem erſtorbenen Herzen erhalten, ſo tritt doch
aus den ſtrotzenden Venen das Blut in f €
nicht zuruͤck.
8 9.
2) Clifton wintringham's Verſuche (Experi-
mental inquiry on fome parts of the animal
ſtructure. Lond. 1740.) beweiſen vortreflich,
daß die Venen viel zaͤher als die Schlagadern
ſind, indem er jene und dieſe mit Luft anfuͤllte
und bis zum Berſten ausdehnen ließ; allein
dieſe Verſuche beweiſen nichts gegen den Satz,
daß die Schlagadern weniger ausdehnbar ſind,
und ſtaͤrker der Ausdehnung widerſtehen.
d. 9.
Aber auch die Schlagadern eines volblä⸗
tigen Theils werden mehr oder weniger ausge⸗
dehnt, und es kann ſogar der Cruor in die fei⸗
neren Aeſtchen derſelben (Arteriae ſeriferae)
dringen, und wo aushauchende Aeſtchen ſind,
aus dieſen ausſchwitzen, ſo daß Blutkrgieſſung 9
entſteht. 5
SI
Da die Blutgefaͤße eines vollblüͤtigen Thei⸗
les ausgedehnt werden, ſo verlieren ſie, wenn
die Vollbluͤtigkeit lange dauert, immer mehr
oder weniger von ihrer Spannkraft.
. 11.
Die oͤrtliche Vollbluͤtigkeit iſt, wenn ihre
Urſachen ſtatt finden, ceteris paribus deſto
groͤßer, je größer die allgemeine Vollbluͤtigkeit
iſt. Sie kann aber auch da ſein, ſobald eine
oder mehrere ihrer Urſachen hinlaͤnglich Statt
finden, ohne allgemeine Vollbluͤtigkeit.
* $. 11 b. |
Allgemeine Vollbluͤtigkeit iſt zwar an fih
ſelbſt nicht Urſache der oͤrtlichen. Allein es
giebt wenige Menſchen, die nicht in irgend ei⸗
nem
.
-
U
*
10
nem Theile etwas mehr Schlaffheit, oder et⸗
was ſtaͤrkere Reizung als in einem andern haͤt⸗
ten; daher findet man denn auch ſelten allge⸗
meine Vollbluͤtigkeit ohne örtliche,
8. + 9
In den Blutgefuͤßen des Darmkanals
entſteht leicht und oft oͤrtliche Vollbluͤtigkeit.
Alle jene Urſachen (F. 7.) treten, wie wir im
folgenden ſehen werden, leicht und oft bei ihm
ein; und überdem finden bei dem Ruͤckfluſſe
des Blutes aus ihm gewiſſe beſondere Um⸗
ſtaͤnde Statt, die der Entſtehung der oͤrtli⸗
chen Vollbluͤtigkeit ſehr guͤnſtig find.
83
Bei den meiſten Theilen des Koͤrpers hat
die Natur durch gewiſſe Einrichtungen an den
Venen den Ruͤckfluß zu erleichtern geſucht.
Die meiſten Theile haben mehr Venenſtaͤmme
als Schlagaderſtaͤmme; die Venenſtaͤmme
ſind weiter, als die Schlagaderſtaͤmme, zu
denen fie gehören *), und die Anaſtomoſen
1 ö der
) Die engern Venen ausgenommen, welche ne⸗
ben weitern da find, wie die Venae vlnares,
radiales, iugulares externae etc.
mr
der groͤßern Venen find viel zahlreicher, als
die der groͤßeren Schlagadern ſind. Anaſto⸗
moſen haben nun freylich die Venen der Där-
me im Gekroͤſe zahlreich genug, obwohl nicht
zahlreicher, als die Schlagadern der Daͤrme
fie haben, auch find die Venen der Daͤrme et⸗
was weiter, als ihre Schlagadern ſind. Allein
alles Blut der Daͤrme, welches ſie doch aus
zwoen Schlagadern, der obern und der un-
tern Gekroͤsſchlagader, empfangen, (nur das
Ende des Maſtdarms ausgenommen,) und
uͤberdem noch das Blut der Milz, der Bauch⸗
ſpeicheldruͤſe und des Magens, kehrt durch dir
einzige Pfortader zurück,
. 4.
Die Pfortader iſt eine ſonderbare, von
den uͤbrigen Venen des großen Syſtems ganz
abgeſonderte Vene). Sie nimmt als Vene
alles Blut der Verdauungseingeweide (nur die
Leber
3) Es würde hier uͤberfluͤſſig fein, die Pfort⸗
| ader anatomiſch zu betrachten, da ich auſſer
| andern anatomiſchen Lehrbuͤchern auf mein
Lehrbuch der Anatomie des Menſchen
(3. Band. F. 2107. 4. Band. F. 2703) verwei⸗
ſen kann.
/
3
i
EEE V
Leber ausgenommen) auf, indem alle Venen
derſelben in ihr zuſammenkommen; und fuͤhrt
dies Blut in die Leber, indem ſie ſich, wie eine
Schlagader in Aeſte theilt, die in der Leber
verbreitet und zeraͤſtelt werden. In Ruͤckſicht
der Leber iſt fie ein zufuͤhrendes, in Ruͤckſicht
der uͤbrigen Verdauungseingeweide ein ruͤckfuͤh⸗
rendes Gefäß. Galenus hat fie daher mit ei⸗
nem Baume, ihre von den Daͤrmen, der Milz,
dem Pankreas und dem Magen kommenden Ae⸗
ſte mit den Wurzeln, ihre in der Leber vercheils
ten Aeſte mit den Zweigen verglichen 5).
| H. IS.
Die Allmacht des ſchaffenden Weſens iſt
überall. mit Weisheit verbunden. Sie ſchuf
nichts umſonſt, keine Einrichtung in der Na⸗
tur iſt ohne Abſicht da?), wenn gleich das kurz⸗
| ſichtige
4) GALENUS de venarum arteriarumque dijfe»
ctione. c. I. „ Cogitatione volo complectaris
arboris truncum parte quidem inferiore in mul-
tas findi radices, fuperiorem in numerofam ra-
morum fobolem diffundi.* (Ed. Froben.
1562. Claff. 1. p. 109.)
5) „Ubique fapiens Natura temere nihil, neque
ſine caufa quidquam fecit. GALEN US de
vſu
fihtige Auge des Sterblichen fie nicht immer
erblickt. Ohne Zweifel iſt auch eine wichtige
Abſicht da, wegen welcher das Blut der Pfort⸗
ader ſich nicht unmittelbar in die untere Vena
cava ergießt, ſondern ihr Blut erſt in die Le⸗
ber fuͤhrt, aus welcher die Vena cava es mit⸗
lelbar erhaͤlt.
3
Daß die pfortaderwurzeln aus den Dir, |
men Speiſeſaft einfangen und nach der Leber
bringen „ wie die Alten glaubten '), denen die
ar
Re
vfu partium VI. 10. p. 301. Was Galenus
hier Natur nennt, iſt der Schöpfer ſelbſt;
ſonſt verſteht man unter dem Worte der Na⸗
tur auch die Einrichtung der Welt, wel⸗
che der Schoͤpfer gemacht hat, und bei jedem
ererſchaffenen Weſen feine ihm eigenthuͤmliche
Beſchaffenheit. Wir muͤſſen dieſe ver⸗
ſchiedenen Bedeutungen des Namens Natur
nicht verwechſeln, wie Buͤffon (Allg. Hiſt.
*
5
“
=
der Natur. zn Theils ar Band. Hamb. und
Leipz. 1757. 4. S. 33.) Man ſehe daſelbſt
die treffende Anmerkung von Kaͤſtner.
6) GALEN Us de vfu partium. IV. c. 13. „Mul-
kdsgs venas illas, quae a ventriculo et inteſtinis
omni-
4
Speiſe⸗
Ze
14
Speiſeſaftsgefaͤße noch nicht bekannt waren o),
und auch einige Neuere noch fuͤr wahrſchein⸗
lich gehalten haben d), iſt nicht glaublich; we⸗
nigſtens ſind die Gruͤnde, mit denen man die⸗
ſes hat beweiſen wollen, nicht ſtark genug.
1) Man kann zwar durch die Pfortaderwur⸗
zeln tropfbare Fluͤſſi igkeiten in die Daͤrme trei⸗
ben, allein dieſe koͤnnen aus den kleinſten Ve⸗
nen in die kleinſten Schlagadern ruͤckweges
uͤbergehen, und aus denen durch die aus hau⸗
chenden Enden derſelben in die Daͤrme treten,
ohne daß man deshalb einſaugende Aeſte der
Pfortader anzunehmen noͤthig hat. 2) Die
groͤſ⸗
omnibus ferunt cibum ſurſum ad hepar. — *
Daher fagt Aretaͤus: „Iecur poteſtatem in
alimentum habet.“ (De cauf, er ſign. diuturn.
mor bor. I. c. 13.)
7) Wenn wir einige Spuren ausnehmen (S. mein
Lebrbuch der Anatomie des Menſchen. IV.
S. 243): doch kannten fie wenigſtens ihren
Nutzen nicht.
8) BRENDEL de chyli ad ſanguinem publico
priuatoque potiffimum commeatu per venas me-
Jaraicas non improbabili. Goetting. 1738. $.7.
Opurc. ed. WRIS BRRG. Goetting. 1769. I.
p. 98.
15
größere Weite der Venen beweifet nicht, daß
ſie etwas einſaugen; es kann dieſe groͤßere
Weite deswegen da ſein, damit der Ruͤckfluß
des Blutes erleichtert werde. 3) Manche Er⸗
ſcheinungen beweiſen, daß Stoffe aus den ge⸗
noſſenen Dingen ſehr geſchwinde ins Blut uͤber⸗
gehen; allein dieſer Uebergang würde durch die
Pfortader und ihre in die Leber vertheilten
Zweige nicht ſchneller erfolgen, als durch die
sgefaͤße. Es iſt erwieſen, daß die
Reizbarkeit haben ?), und vermoͤge
dieſer koͤnnen ſie mit Huͤlfe ihrer Klappen ſehr
geſchwinde die eingeſaugten Fluͤſſigkeiten zum
Blute fuͤhren; der Aufenthalt in den Saug⸗
aderdruͤſen wird nicht mehr betragen, als der
in der Leber. 4) Atrophiſche Kinder leben mit
ihren verdickten Saugaderdruͤſen des Gekroͤſes
oft noch lange Zeit. Allein fuͤrs erſte ſind die
Saugaderdruͤſen, wenn ſie gleich verdickt ſind,
doch nicht verſtopft, wie der leichte Durchgang
des Queckſilbers durch ſie beweiſet; und wenn ſie
gleich, ohne verſtopft zu ſein, doch den Durch⸗
gang des . vermoͤge ihrer Verdickung
ver⸗
90 SCHREGER de irritabilitate vaſorum In-
phaticorum, Lipf. 1789. p. 27. faq.
verzögern, fo iſt doch dieſe Krankheit wohl
nicht ſogleich allgemein im ganzen Gekroͤſe, und
es bleiben eine Zeitlang mehr oder weniger
Saugadern frei, durch die noch ſo viel Nah⸗
rungsſaft durchkommen kann, als zu der un⸗
vollkommenen Ernaͤhrung hinreicht, welche das
Leben ſolcher Kranken eine Zeitlang hinhaͤlt.
Das letztere laͤßt ſich auch von dem Falle ſa⸗
gen, welchen Ruyſch auffuͤhrt ) dem er
die Gekroͤsdruͤſen klein und ſaftlos fand. Wir
haben alſo nicht noͤthig, Einſaugung
ſeſafts durch die Aeſte der Pfortade
men, um uns zu erklaͤren, daß Menſchen „an
deren Leichen wir ſolche Gekroͤsdruͤſen finden,
mit dieſen noch haben eine Zeitlang leben koͤn⸗
nen. 5) Lieberkuͤhns gekruͤmmte zweiaͤſtige
Roͤhre, die er hat abbilden laſſen ), zeigt die
Moͤglichkeit, wie die Wurzeln der Pfortader,
wenn ſie gleich unmittelbare Fortſetzung der
8 find, doch einſaugende Aeſte ha—
ben
10) Rus cö adverfaria, III. Amft. 172. n. 7%
p. 23.
AI)LIEBERKUEHN de fabrica et actione vil-
lorum inteflinorum tenuium hominis. Amſt.
1760. p. 28. 5
17
ben koͤnnen, beweiſtt aber fuͤr die Wirklichkeit der
Einſaugung in die Pfortaderwurzeln und vol⸗
lens der Einſaugung des Speiſeſafts in dieſel⸗
ben nichts. 6) Die Bemerkung des Bils )
von der Gegenwart des Speiſeſafts im Pfort⸗
aderblute iſt nicht hinreichend beſtaͤtiget und
ſehr zweifelhaft; auch beweiſet die graue Far⸗
be des Bluts in den Darmvenen, wenn er
dieſe auch wirklich geſehen Hätte, dieſe Gegen⸗
wart nicht. 7
er “,
97
f
a K 17
Wir koͤnnen wegen des erſten und zwei⸗
ten jener Gruͤnde zugeben, daß die Pfortader⸗
wurzeln etwas aus den Daͤrmen einſaugen,
ohne zuzugeben, daß das, was ſie aufnehmen,
Speiſeſaft ſei. Warum ſondern die Gefaͤß⸗
chen der Nieren nur Harn ab und nicht Galle
oder Samen? Warum die Gefaͤßchen der
Hoden nur Samen und nicht Harn oder
Galle? Vermoͤge einer eigenthuͤmlichen Le⸗
8 bens⸗
N 12) BILSII 4. epiſtolica, qua verus hepatis |
circa chylum et pariter ductus chyliferi dacte-
nus dieti vfus docetur. Roterod. 1659. |
u B
x
18
benskraft ). Eben fo ſaugen die Speiſeſafts⸗
gefüße des Darmkanals nur Speiſeſaft ein,
und nicht Galle, denn von den eigenthuͤmli⸗
chen Beſchaffenheiten der Galle, der Bitterkeit
und der gelben Farbe, iſt doch im weiſſen mil-
den Speiſeſafte nicht die mindeſte Spur; und
hingegen koͤnnen die Wurzeln der Pfortader,
welche vom Darmkanale entſpringen, einen
Stoff von anderer Art aus den Daͤrmen ein⸗
ſaugen, ohne Speiſeſaft aufzunehmen.
§. 18. * *
Die meiſten Phyſiologen unſerer Zeit .
chen den blutfuͤhrenden Venen mit William
Hunter das Geſchaͤft der Einſaugung ganze
lich ab 4). Wenn man aber auch dieſer Mei⸗
nung im allgemeinen beitritt, ſo kann man
doch noch die Frage aufwerfen, ob nicht die
Pfortaderwurzeln an den Daͤrmen vielleicht
eine
13) Der große Naturforſcher Blumenbach ver
ſteht unter feiner Vita propria (Inſtit. phy-
ſiol. $. 47.) eben das, was ich hier eigenthuͤm⸗
liche Lebenskraft nenne.
14) William HunTer medical commentar ies
P. 1. Lond. 1740. p. 5. ſqq.
19
eine Ausnahme machen? Vielleicht ziehen die
Poren der Pfortaderwurzeln auf eben die
Weiſe einen Stoff aus dem Darmkanale an,
wie die Poren der Lungenvenen den Sauerſtoff
aus den Zellen der dungen. Die Wirkungen
der Visceralklyſtire auf Krankheiten der Leber
laſſen ſich kaum ohne eine Einſaugung der
Pfortaderwurzeln erklaͤren, da wir ſeit Peec⸗
quets Entdeckung des Receptaculum Chyli
wiſſen, daß die Saugadern der Daͤrme nicht
in die Leber gehen. Auch ſcheint es, daß die
kleine Quantitaͤt der Galle, welche im natuͤrlichen
Zuſtande mit dem Korhe abgeht, der Quan⸗
titaͤt nicht gleich ſei, welche von einem ſo groſ⸗
fen Eingeweide, als die Leber iſt, wahrſchein⸗
lich abgeſondert wird. Vielleicht wird die
Galle bei der Verdauung zum Theile zerſetzt,
ein Grundſtoff derſelben miſcht ſich mit dem
Safte der Nahrungsmietel, ſetzt mit ihm den
Speiſeſaft zuſammen; und ein anderer wird
von den einſaugenden Wurzeln der Pfortader
aufgenommen.
8. 129.
Man kann dieſes noch nicht beweiſen und
erſt von fortgeſetzten Unterſuchungen muͤſſen wir
| in
in dieſer dunkeln Lehre Aufklärung erwarten.
Indeſſen iſt nicht zu leugnen, daß das Blut,
welches in der Gekroͤsvene von den Daͤrmen
zuruͤckkehrt, dicklicher und dunkelfaͤrbiger ſei,
als das Blut anderer Venen. Es verſteht
ſich, daß man friſchgetoͤdtete Thiere unterſuchen
muß, um dieſe Vergleichung anzuſtellen. Es
ſcheint alſo weniger Waſſer, und weniger
Sauerſtoff, und hingegen mehr Kohlenſtoff zu
enthalten, als anderes Blut. Die Verminde⸗
rung des Waſſers kann daher entfiehen, weil
die aushauchenden Enden der Schlagadern den
*
Darmſaft in die Gedaͤrme ausſchwitzen; die
dunkelfarbige Beſchaffenheit daher, daß das
Blut der Schlagadern des Darmkanals Sauer⸗
ſtoff an die reizbaren Faſern des Darmkanals⸗
abſetzt. Wenn wir mit Girtanner s) an⸗
nehmen wollen, daß der Sauerſtoff das Prin⸗
cipium der Reizbarkeit ſei, fo laͤßt ſich an diefe
Hypotheſe fuͤglich eine andere reihen: nemlich
die, daß das Blut der Schlagadern in den
N reiz⸗
15) Sirtanner’s zweite Abhandlung über
die Irritabilität. In Roziers obf. für
la phyſique. XXXVI. p. 139. überf. in Grens
Journal der Phyſik. III. S. 507.
— 21
| veinbaren Faſern des Körpers Sauerſtoff ab⸗
ſetze, dadurch dunkelfaͤrbiger werde, und daß
deswegen das Blut der Venen dunkelfaͤrbiger
ſei 5). Da die reizbaren Faſern des Darmka⸗
nals vorzuͤglich reizbar ſind, ſo koͤnnte es ſein,
daß das Blut der Darmvenen deswegen dun⸗
| kelfaͤrbiger iſt, weil es nach Verhaͤltniß mehr
| Sauerftoff als das Blut anderer Venen (die
Venen des Herzens etwa ausgenommen) ver⸗
liert, alſo nach Verhaͤltniß mehr Kohlenſtoff
enthaͤlt. Saugen die Pfortaderwurzeln aus
dem Darmkanale vielleicht uͤberdem Kohlenſtoff
ein (F. 18.), fo enthält das Blut der Darmve⸗
nen auch abſolut mehr Kohlenſtoff, und es iſt
deſto mehr einzuſehen, warum es dunkelfaͤrbi⸗
ger iſt.
| | §. 20.
Wenn das Blut, welches die Schlag⸗
adern des Munktenals nach den Daͤrmen hin⸗
fuͤh⸗
16) Ich habe ſchon in meinem Lehrbuche der
Anatomie des Menſchen. II. $. 1041. die
Meinung geaͤuſſert, daß die Reizbarkeit von
Cruortheilen abhaͤnge, die ſich aus dem
Blute durch die Ernaͤhrung an die reizbaren
Faſern anſetzen.
*
22
führen, an denfelben eine Veränderung erlei-
det, durch die es von dem gemeinen Blute ſehr
verſchieden wird ($. 19), fo läßt ſich daraus die
Abſicht der Natur (§. 15) bei jener Einrich⸗
tung (§. 14) einſehen. Es würde dem Körper
nachtheilig ſein, wenn dieſes Blut, welches von
den Daͤrmen zurückkehrt, dem gemeinen Blure
ſofort beigemiſcht wuͤrde. Die Pfortader fuͤhrt
es daher in die Leber, um es in dieſem Einge⸗
weide, vermoͤge eines beſondern Abſonderungs⸗
apparats, gleichſam zu reinigen, und gewiſſe
Stoffe aus ihm abzuſcheiden, durch deren Vers
luſt (vielleicht die Quantitaͤt ſeines Kohlenſtof—
fes vermindert? und) es dem gemeinen Blute
der Vena cava wieder gleich wird. Zugleich
wird, nach dem Geſetze der Sparſamkeit, der
vom Blute in der Leber ausgeſchiedene Stoff
wieder benutzt, und aus ihm der wichtigſte
Saft fuͤr die Verdauung, die Galle, erzeugt.
Zwar iſts nicht bloß das Blut der Daͤrme,
welches den Stoff zu dieſem Safte hergiebt;
um aus dem Pfortaderblute in der Leber Galle
erzeugen zu koͤnnen, iſt die Milz da; das Blut,
welches die Milzſchlagader zur Milz fuͤhrt,
wird in der Milz durch die beſondere Einrich-
tung derſelben auch auf eine gewiſſe Weiſe ver-
aͤndert;
—
1
ö 23
aͤndert; die Milzvene kommt mit dem Stam-
me der Darmvenen (Vena mefenterica) in
der Pfortader zuſammen; ſo wird das Milz⸗
blut mit dem Darmblute in der Pfortader ges
miſcht, und dieſes gemiſchte Blut hat nun die
Beſchaffenheit, welche erfordert wird, um die
Galle zu erzeugen „).
§. 21.
17) Schon Gliſſon (Anatomia bepatis. Hag.
Com. 1681. p. 411.) ſchreibt der Leber den
Nutzen zu: „vt ſanguinem a bile defaecatum
reddat.“ Seine Idee kommt mit der meini⸗
gen faſt uͤberein, nur nehme ich nicht an, daß
die Galle als Galle ſchon im Blute praͤexiſtire.
Marcard hat in ſeiner gruͤndlichen Abhand—
lung uͤber die Gelbſucht (Mediciniſche Ver⸗
ſuche. Leipz. 1778. I. S. 12.) mit philoſophi⸗
ſcher Genauigkeit den richtigen Begrif von der
Abſonderung der Galle aus dem Blute, wider
die Irrthuͤmer der alten Phyſiologen, feſtge⸗
ſetzt, und gezeigt, daß man ſie nicht als ein
Educt, ſondern als ein Product des Bluts
anzuſehen hat. Sourcroy will jedoch aus Och⸗
ſenblute (aus gemeinem, nicht einmal aus
Pfortaderblute) Galle auf ſolche Weiſe erhalten
haben, daß die Galle ſchon als Galle im
Blute vorhanden geweſen ſein muͤßte, wenn
das, was er erhielt, wirklich Galle war. Er
miſchte
24 ; 1
$. a. Birk
So wohlthaͤtig aber dieſe Einrichtung iſt,
ſo liegt doch zugleich in ihr ein zwiefacher
Grund, wegen deren der Ruͤckfluß des Bluts
aus den Blutgefaͤßen der Daͤrme ſchwieriger
iſt, als der Ruͤckfluß deſſelben aus anderen Thei⸗
len, und daher in jenen leicht Vollbluͤtigkeit
($. 12) entſteht. Einmal findet das Blut des
Darmkanals nur durch die einzige Pfortader
Ruͤckfluß, und wenn Hinderniſſe eintreten,
welche dieſen Ruͤckfluß verzoͤgern, ſo findet es
keinen andern Weg, den es nehmen, und durch
allmaͤlige Erweiterung ſich erleichtern koͤnnte,
nur das Ende des Maſtdarms ausgenommen,
deſſen Blut in die Beckenvenen (Venae hy-
p
miſchte 6 Pfund Ochſenblut mit 3 Pfunden
deſtillirten Waſſers, kochte die Miſchung ſo
lange, bis das Blut ganz geronnen war, und
ſeihete es durch Leinwand. Die durchgeſei⸗
hete Feuchtigkeit war gruͤnlich, und hatte
vollkommen den Geruch und den bittern Ges
ſchmack der Galle ꝛc. ( Anmales de chimie. VI.
p. 177. uͤberſ. in den Aufklaͤrungen der Arz⸗
neiwiſſenſchaft von Hufeland und Gott
ling. 1. 3. ©. 250. auch in Crells chem.
Annalen. 1703. I. S. 71.)
Er
=; .- a a 25.
pogaſtricae) aufgenommen wird. Zweitens
geht die Pfortader nicht, wie andere Venen⸗
ſtaͤmme, ungetheilt in die Vena cava uͤber,
ſondern fie zeraͤſtelt ſich erſt in der Leber, als
ein zuführendes Gefäß, eben wie die Schlag⸗
ader der Leber, in ſehr feine Aeſtchen, aus denen
wieder die Aeſtchen der Lebervenen das Blut
aufnehmen und in die Vena cava bringen.
Das Blut muß daher erſt durch dieſe duͤnneren
im dichten Parenchyma der Leber ſteckenden
Roͤhrchen dringen, die Hinderniſſe einer groͤſſe⸗
ren Anziehung an den inneren Oberflaͤchen
derſelben und der mehreren Winkel uͤberwin⸗
den, ehe es in die Vena cava gelangt.
. 2.
Auſſer dieſen beiden Umſtaͤnden finden noch
zween andere ſtatt, welche die Entſtehung der
oͤrtlichen Vollbluͤtigkeit in den Venen des
Darmkanals und beſonders des Maſtdarms
beguͤnſtigen. Erſtlich haben die Venen der
Daͤrme keine Klappen, die doch in manchen
andern Venen den Ruͤckfluß fo ſehr erleich-
tern, indem jede derſelben die uͤber ihr liegende
Blutſaͤule unterſtuͤtzt, ihr Zuruͤcktreten hindert,
und
en
und bei einem Drude auf dieſe Säule fie
zwingt, weiter zum Herzen hinzugehn.
or de Ag |
Und zweitens wird uͤberdem bei der auf-
rechten Stellung, in welcher ſich die mei⸗
ſten Menſchen, bei dem Stehen, Gehen und
Sitzen, auſſer der Zeit des Schlafes, in der
ſie gewoͤhnlich horizontal liegen, befinden, der
Ruͤckfluß des Bluts in dem Stamme der
Darmvenen und ihren Wurzeln, auch in der
untern Vena cava, den Beckenvenen und dem
vom Maſtdarme kommenden Aeſten erſchwert,
indem bei dieſer Stellung das Blut gegen ſeine
Schwere aufwaͤrts ſteigen muß. Bei Venen,
die ihre vollkommene Spannkraft und Lebens⸗
kraft haben), iſt dieſer Umſtand nicht von Be⸗
lange, wie wir an den Beinen geſunder Men⸗
ſchen ſehen, die den ganzen Tag uͤber ſtehen
koͤn⸗
*) Spannkraft und Lebenskraft find wohl zu un⸗
terſcheiden, und mir ſcheint, daß diejenigen
irren, welche die Spannkraft oder die von
ihr abhangende Contractilitaͤt, welche noch in
todten Koͤpern eine Zeitlang Statt hat, zu
den Lebenskraͤften zaͤhlen.
* 1 \ r w
* * Buy 27
koͤnnen, ohne daß ihnen dieſelben ſchwellen;
allein, wo dieſe Kraͤfte unvollkommen ſind, da
iſt er gewiß von Wichtigkeit. Man kann ihn
daher allerdings auch zu den nachtheiligen Fol⸗
gen unſerer aufrechten Stellung zaͤhlen, ob⸗
wohl ich freilich einſehe, daß Mo ſeati *)
irre, wenn er glaubt, daß wir beſſer thaͤten,
unſre Arme wie die vierfüßigen Thiere auch
als Beine zu gebrauchen, weil die Verbindung
des Kopfes mit dem Rumpfe, das Becken,
das Geſaͤß, die Beine und Arme an unſerem
Koͤrper, nicht zur vierfuͤßigen, ſondern zur auf⸗
rechten Stellung eingerichtet ſind. Daß man
in vierfuͤßigen Thieren bisweilen auch die Blut⸗
gefaͤße des Unterleibes vom Blute ſtrotzend fin⸗
det, beweiſet nichts gegen dieſen Satz, denn
ich behaupte ja nicht, daß die aufrechte Stel⸗
lung die einzige Urſache ſei.
$. 24.
18) In der paradoxen Schrift: delle corporee
differente eſſenziali, ebe paſſano fra la ſtrat-
zura de bruti, e la umana, Milano 1770.
welche Blumenbach in ſeinem vortreflichen
Buche de generis humani varietate nativa,
Goett. 1776. 1781. widerlegt hat.
>
128 * *
.
Die Vollluͤtigkeit der Blutgefaͤße des
Darmkanales iſt ein wichtiges Uebel, aus dem
mancherlei Krankheiten entſtehen. Ich unter⸗
laſſe hier, fie weiter zu betrachten, da Mar-
card '?) uͤber dieſelbe und Überhaupt über die
Blutanhaͤufung im Unterleibe vortreflich ge⸗
ſchrieben, und ſchon der verdienſtvolle, von
ſeinen Zeitgenoſſen verkannte und mißverſtan⸗
dene Stahl), die Stockungen des Bluts
in der Pfortader gruͤndlich ins Licht geſetzt hat.
8 f
-
Ich beſchraͤnke mich auf meinen Gegen:
ſtand. Der Maſtdarm iſt der Anhaͤufung
des Bluts, wenn dieſelbe in den Blutgefaͤßen
des Darmkanales Statt findet, vorzuͤglich aus⸗
geſetzt. Die Wahrheit dieſes Satzes laͤßt ſich
theoretiſch ſchlieſſen, wenn man weiß, daß er
| ’ in
19) In dem eben fo angenehmen, als lehrrei⸗
chen Buche: Beſchreibung von Pyrmont.
Leipz. 1785. II. Kap. 5. S. 47. fgg.
20) S An, reſp. Ga ET KN, de vena portae
Porta malorum hypochondriaco - ſplenericb-
Juffocativo- byjterico- colico - Daemorrhoidario-
rum. Recuf, Hal, 1705. 4.
-$
5 u
in der aufrechten Stellung des Körpers unter
allen Daͤrmen am tiefſten und am meiſten
beengt liegt, und daß er vom Drucke des
Koths, der angefüllten Harnblaſe, des ſchwan⸗
geren Uterus, der uͤber ihm liegenden Daͤrme,
am meiſten leidet; fie wird aber auch durch
die Erfahrung beſtaͤtiget, da bekanntlich die
blinden und flieſſenden Haͤmorrhoiden unter den
Wirkungen der Blutanhaͤufung in den Blut⸗
gefaͤßen des Darmkanales am oͤfterſten ange⸗
troffen werden. Daher war es auch dem Maſt⸗
darme unentbehrlich, auffer den innern Venen,
die Wurzeln der Pfortader ſind, noch die aͤuſ—
ſern zu haben, welche ſich in die Beckenvenen
ergieſſen, und ohne dieſe würde die Vollbluͤ⸗
tigkeit deſſelben noch viel leichter entſtehen und
viel ſchlimmer ſein.
F
Eine unmittelbare Folge der Vollbluͤtig⸗
keit der Blutgefaͤße des Maſtdarmes iſt Aus⸗
dehnung derſelben, und am meiſten ſeiner Ve⸗
nen . 8.). In manchen Fällen entſteht von
ihr eine Blutergieſſung, die man den Haͤmor⸗
rhoidalfluß, oder die flieſſenden Zaͤmorrhoi⸗
den (Haemorrboides fiuentes) nennt (F. 9. ). Die
an⸗
30
angeſchwollenen Venen des Maſtdarmes nennt
man mit einer unſchicklichen Benennung die
blinden Haͤmorrhoiden (Haemorrhoides roe-
cae). Nicht immer ſind beide Uebel, die blin⸗
den und die flieſſenden, zuſammen. Ich habe
Patienten gehabt, die lange mit den blinden
behaftet waren, ohne je eine Spur der flieffen-
den bemerkt zu haben, und hingegen leiden auch
bisweilen Menſchen am Haͤmorrhoidalfluſſe,
ohne mit den blinden Haͤmorrhoiden behaftet
zu ſein.
“
200
Beide Uebel, ſowohl die blinden Haͤmor⸗
rhoiden als die flieſſenden, ſind nicht neu. Wir
finden eine deutliche Beſchreibung derſelben,
obwohl mit unrichtiger Theorie, ſchon beim
Hippokrates 2).
Zwei⸗
—
21) In dem ihm zugeſchriebenen Buche de Aae- ö
morrhoidibus Ed. Fo e ſ. Genev. 1657. p. 891.
„Ora venarum hoc modo fanguinem fundere
ſolent. Bilis aut pituita ad venas, quae in ano
ſunt, decumbens, ſanguinem, qui in his eſt,
calefacit. Incaleſcentes autem venae fangui-
nem ex proximis venis attrahunt, eaeque im-
ple-
*
31
Zweites Kapitel.
Von den blinden Haͤmorrhoiden insbe⸗
ſondere. , a,
Pathologicae morbi cognitionis vtilitas ad cu-
rationem tanta eſt, vt eum demum morbum recte
curaturum dixerit Hippocrates, quem eius cogui-
tio non fefellerit.
Ackermann therapia
generalis. $ 11.
U
N .
Meiner gegenwaͤrtigen Abſicht gemäß
ſchwuͤlſte der Venen des Maſtdarms, die
blinden Haͤmorrhoiden, ein. Soviel ich aus mei⸗
ner Erfahrung ſchlieſſen kann, ſind ſie ein Uebel,
an dem viele Menſchen leiden. Sie ſind mir
auch viel öfter vorgekommen, als die flieſſenden.
9.29.
pletae recti inteſtini partem interiorem in tu-
morem attollunt, et venarum capitula confpi-
cua fiunt, quae dum partim a ſtercore exeunte
eontunduntur, partim a fanguine coacer vato
perrumpuntur, fanguinem effundunt etc,
ſchraͤnke ich meine Betrachtung nur auf die Ge⸗
#
33
d. 29.
Wenn die Venen des Maſtdarms ſchwel⸗
len, ſo erheben ſie die eigentliche Haut des
Maſtdarms, eben ſo, wie die geſchwollenen Ve⸗
nen, welche unter dem Felle liegen, (Venne
ſubhcutaneae,) das Fell erheben. Meiſt iſt
die Geſchwulſt der Maſtdarmvenen am groͤßten
dicht am After, wo ihr tiefſter Ort iſt. Doch
Pr
erſtreckt ſich ihre widernatuͤrliche Ausdehnung
oft hoch in dem Maſtdarme hinauf, wie ich
einigemale gefuͤhlt habe, wenn ich Patienten
aus Verdacht einer innern Maſtdarmfiſtel mit
dem Finger unterſuchte. In einigen Leichen
fand ich die Venen des Maſtdarms bis ins
Gekroͤſe entſetzlich blutvoll, ſtrotzend und aus⸗
gedehnt. Veſalius fand in einer Leiche, ki⸗
nes Mannes, der mit einer ſtarken Verhaͤr⸗
tung der Leber ſtarb, den untern Venenſtamm
des linken Grimmdarms bis zur Dicke eines
Zolls ausgedehnt 2).
§. 29.
22) VESALIVUsS de c. 5. Fabrira. Baſ. 1542.
p. 663. „Venae portae ramum, fub coli inte-
ſtini ſine et tota recti longitudine in meſente-
rio ductum pollieis fere crafitiem aequare et
fanguine turgere animadverti, conterminis ca-
vae
„
. rs 4 9. 30. BAR .
Wenn die Enden der Venen am After
anſchwellen, fo dehnen fie den Rand des Felles
mit welchem das Fell in die eigentliche Haut
des Maſtdarms uͤbergeht. Es entſtehen auf
dieſe Weiſe einzelne Geſchwuͤlſte am After, die
immer ſind dieſe Zacken da, wenn dieſe Venen
innerhalb des Maſtdarms geſchwollen find, ſo
lange der Rand des Afters hinlaͤngliche Spann⸗
Venen erfolgt iſt.
g. 31. |
Bisweilen iſt nur eine einzige Zacke am
After. Ich habe einige Patienten gefunden,
Zacke am After hatten, und auch nicht mehrere
bekamen. Oft aber ſind zwo oder mehrere da.
isweilen liegen mehrere dicht neben einander,
und
vae ramis nihil prorſus immutatis. Dieſe Be⸗
trachtung zeigt zugleich, daß die Wurzeln der
Pfortader dieſem Uebel mehr unterworfen ſind.
C
aus, welcher den Schließmuskel umgiebt, und
kraft behaͤlt, und keine zu ſtarke Preſſung der
die mehrere Jahre hindurch nur eine einzige
man im gemeinen Leben Facken nennt. Nicht
*
und nehmen den ganzen Umfang des Afters ein.
Im hohen Grade des Uebels wird der ganze
Rand des Afters in eine ringfoͤrmige Geſchwulſt
ausgedehnt. ’
§. 32.
Die Groͤße der Zacken iſt ſehr verſchieden.
Man findet ſie ſo klein, daß ſie nur in der
Größe einer Erbſe hervorragen, und noch
kleiner. Ich habe ſie aber auch von der Groͤße
einer groſſen Kirſche, und größer, faft von der
eines Taubeneies, geſehen. Schmucker ſah
fie fogar von der größe eines Apfels 8), doch
verſtand er wahrſcheinlich einen Apfel der klein⸗
ſten Art. ü
§. 33.
Wenn die Zacken ſehr klein ſind, ſo ver⸗
bergen ſie ſich auſſer dem Zeitpuncte des Ab⸗
gangs (Excretio alvi) noch innerhalb des Af⸗
terringes. Wenn fie aber größer werden, ſo
liegt ein Theil derſelben auſſerhalb dieſes Rin⸗
ges,
23) Schmuckers Abh. vom mediciniſchen Ge⸗
brauche der Blutigel; in f. vermiſchten chirur⸗
giſchen Schriften. I. Berlin u Stettin 1785.
S. 109.
——ñ — - —
35
ges, ſie werden dann, je dicker ſie ſind, deſto
ſtaͤrker vom Schließmuskel des Afters gepreſ⸗
ſet, dadurch wird das Blut in ihnen zerüchger
— und ihre Groͤße vermehrt. |
§. 34.
Bisweilen ſind die Venen ſo mit Blut
angefuͤllt, daß die Zacken völlig ſtrotzen, kug⸗
licht ſind, und eine glatte glaͤnzende Oberflaͤche
zeigen. Sie ſind dann anzufuͤhlen, wie eine mit
Feuchtigkeit gefuͤllte Blaſe. Wenn das Hin⸗
derniß des Ruͤckfluſſes ganz oder zum Theile
gehoben iſt, ſo koͤnnen die Zacken ganz wieder
verſchwinden, indem die Haut der Venen und
das Fell des Afterringes ſich zu ihrer narürli-
chen Ausdehnung wieder zuſammenziehn. Wenn
aber die Ausdehnung ſchon zu lange gedauert
hat, ſo geſchieht dieſes nicht, weil die Spann⸗
kraft zu ſehr gelitten hat; fie werden zwar ver⸗
kleinert, aber ſie vergehen doch nicht ganz.
Sie ſchrumpfen dann gemeiniglich zuſammen, er⸗
halten eine runzliche Oberfläche und werden platt.
.
Bei der Entſtehung dieſer Geſchwuͤlſte iſt
anfangs nur ihre Hoͤhle vergroͤßert, und ihre
Haut
62
36 5 —
Haut nur ausgeſpannt. Wenn aber das Haͤ⸗
morrhoidaluͤbel länger gedauert, und einen hoͤ⸗
heren Grad erreicht hat, ſo werden auch die
ernährenden Blutgefäße (Vaſa vaſorum) aus⸗
gedehnt, welche in der Subſtanz der Venen
verbreitet ſind, wie man an den großen ſtroz⸗
zenden Zacken deutlich ſehen kann. Dadurch
wird dann allmaͤhlig auch die Haut der Venen
verdickt. Wenn dies erſt geſchehen iſt, ſo bleibt
einige Geſchwulſt derſelben, auch wenn die
Hoͤhle derſelben ſich zu ihrem natuͤrlichen 1
meſſer vermindert hat.
9. 36. |
Die Geſchwuͤlſte der Venen des Maſt⸗
darms verurſachen auch ohne gewiſſe beſondere
Veranlaſſungen, die nachher zu nennen ſind,
mehr oder weniger unangenehme Empfindung,
bloß wegen der Spannung und des Drucks,
die ſie bewirken. Wenn ſie ſehr dick ſind, ſo
haben die Patienten Tenesmus; ſie glauben,
wenn ſie dieſe Empfindung noch nicht kennen,
daß ſie ſich des Koths entledigen muͤßten, und
verſchlimmern das Uebel durch vergebliches
Draͤngen.
1
g. 37.1
9 37.
Dem Durchgange des Kothes fin nd dieſe
Geſchwuͤlſte mehr oder weniger hinderlich.
Wenn der Koth weich genug iſt, fo hilft er
fi) vermöge feiner Weichheit leichter durch den
engen Paß hindurch, man ſieht aber den abge⸗
gangenen Stuͤcken deſſelben die Preſſung an,
welche ſie erlitten haben, ſie haben nicht die
gewoͤhnliche Dicke. An einer Patientin fand
ich die Stuͤcke immer ganz platt gedruͤckt.
Wenn aber der Koth fo hart iſt, daß er ſeine
Geſtalt im Maſtdarme nicht aͤndern kann, fo
iſt der Abgang deſſelben ſehr beſchwerlich und
verurſacht, ſowohl durch den Druck als durch
das Reiben, oft heftige Schmerzen. Sein
Abgang iſt dann, zumal wenn die Stuͤcke
durch Anhaͤufung dick geworden, en eine
Geburt. |
§. 38.
Der Abgang harter dicker Stuͤcke des
Koths preßt im Durchgange die Venen des
Maſtdarms zuſammen, und haͤlt das Blut in
ihren Enden am After zuruͤck, und kann da⸗
durch bewirken, daß Zacken ($. 30.) entſtehen,
wenn ſie noch nicht da waren. Sind ſchon
E Zacken
Zacken da, fo werden fe dadurch 17 9 ver⸗
i ene
$. 39.
Bisweilen entſteht bei dieſem Uebel ein
Vorfall des Afters, eigentlich ein Vorfall
des Maſtdarms durch den After. Meiſt ent⸗
ſteht derſelbe bei einem ſchwierigen Abgange
harten und dicken Koths. Der Schließmus⸗
kel wird dabei ſtark erweitert, und der durch
ſeine Ringfaſern zuſammen gepreßte Maſtdarm
folgt daher leicht dem Kothe nach. Biswei⸗
erfolgt der Vorfall bei dem Abgange, wenn
auch der Koth ganz weich oder gar fluͤſſig iſt,
vermoͤge einer krampfhaften Zuſammenziehung
der Ringfaſern des Maſtdarms, beſonders,
wenn der Koth ſcharf oder der Maſtdarm ver-
moͤge eines entzuͤndeten Zuſtandes empfindlicher
iſt. Eine ſehr vorwaͤrts gekruͤmmte Stellung
auf einem Abtritte mit einem groſſen Aus⸗
ſchnitte und ſtarkes Draͤngen traͤgt ſehr dazu
bei. Dieſer Zufall iſt ſehr ſchlimm; einmal,
weil er viel Schmerz, oft aͤuſſerſt heftigen
Schmerz verurſocht, und zweitens wegen der
Folge. Das herausgetretene Stuͤck des Maſt⸗
darms wird im After zuſammen geſchnuͤrt, deſto
ſtaͤr⸗
39
ſtaͤker, ie weniger RR der Schließmuskel er⸗
ſchlafft iſt; der Ruͤckfluß des Bluts aus dem
vorgefallenen Stuͤcke wird gehindert, und es
ſchwillt daher, wenn es nicht bald zuruͤck ge⸗
bracht wird, oft entſetzlich auf. Ich habe eis
nen alten Haͤmorrhoidalpatienten an dieſem
Uebel erbaͤrmlich leiden ſehen. Durch vieles
Sitzen bei ſeinen uͤberhaͤuften Amtsgeſchaͤften
hatte er ſich die blinden Haͤmorrhoiden in einem
hohen Grade zugezogen; endlich bekam er eine
fieberhafte Krankheit mit einem blutigen Durch⸗
falle, wobei der abgehende Unrath ſehr ſcharf
war, und dem After entzuͤndete. Jeder Ab⸗
gang bewirkte einen heftigen Krampf des Maſt⸗
darms, der demſelben durch den After als einen
dicken hochrothen blutigen Wulſt herauspreßte,
und eine Weile ſo zuruͤckhielt, daß es nicht
moͤglich war, ihn zuruͤck zu bringen.
. 48.
Manche Patienten empfinden bei den Ge⸗
| ſchwuͤlſten der Maſtdarmvenen auch auſſer dem
Abgange des Koths ſtarke Schmerzen. Bis⸗
weilen ſind dieſe Schmerzen ſtechend, biswei⸗
len brennend. Manche empfinden auch einen
beſonderen Ser im n Beine, ſo als
ob
40
ob ſie einen ſtarken Schlag anf daffelbe erlit⸗
ten haͤtten. Indeſſen find dieſe Schmerzen nicht
beſtaͤndige Begleiter der Geſchwuͤlſte. Man⸗
che Patienten haben mehrere Jahre in einem
fort dieſe Geſchwuͤlſte, leiden aber nur biswei⸗
len an Schmerzen. Wenn die Geſchwuͤlſte erſt
entſtehen, find fie gemeiniglich ſchmerzhaft, weil
die Haut des Maſtdarms und der Venen ſelbſt
dabei geſpannt wird, wenn aber dieſe Haͤute erſt
an die Ausdehnung gewoͤhnt ſind, und ihre
Spannkraft dadurch zum Theil eingebuͤßt ha⸗
ben, ſo koͤnnen die Schmerzen wieder ganz
vergehen, wenn nicht beſondere . ein⸗
treten.
In einigen Fällen entſtehen dieſe Schmerzen
bloß von vermehrter Anhaͤufung des Bluts, wo⸗
durch vermehrte Ausdehnung und neue Spannung
erfolgt. So entſtehen ſie, wenn die Patienten
einige Tage lang viel Kaffee oder viel Wein ge⸗
trunken, oder anhaltend geſeſſen haben ꝛc. Oft
entſtehen ſie von der Haͤrte oder von der Schaͤr⸗
fe des abgehenden Koths. Bisweilen entſteht
eine Excoriation am After, durch die Aetzung
des ſcharfen abgehenden Unraths, die aͤuſſerſt
ſchmerzhaft iſt. Bisweilen ſcheint der Schmerz
ſym⸗
ſympathiſch von e in den Gallenwe⸗
a gen „ nach ee ic. an un
$. 41.
metaſtatiſche Entzündungen konnen
die Adergeſchwüͤlſte des Maſtdarms, wie uͤber⸗
haupt ſolche Theile, die mit örtlicher Vollbluͤ⸗
tigkeit behaftet ſind, leicht befallen. Indeſſen
kommt dieſes nicht oft vor; ich habe Haͤmor⸗
rhoidalpatienten gekannt, welche uͤber zehn Jah⸗
ren an ihrem Uebel litten, ohne doch davı
befallen zu werden. Solche metaſtatiſche En
zuͤndungen gehen oft in Eiterung uͤber, und ſo
entſtehen die bekannten Absceſſe und een
des Maſtdarms.
§. 42.
Die metaſtatiſchen Entzuͤndungen und Ab⸗
ſceſſe des Maſtdarms find oft veneriſch; und
unter denen, welche mir vorgekommen ſind, waren
es die meiſten. Nur zweimal ſah ich Absceffe
am Maſtdarme von anderen Urſachen, einmal
bei einem Hypochondriſten, der in hohem Gra⸗
de haͤmorrhoidaliſch war, immer Leibesverſto⸗
pfung und Magenſaͤure hatte, aber wenigſtens
| 8 Verdacht von veneriſcher Krankheit gab;
das
e
42 —
das anderemal bei einem ziemlich geſunden und
zuverlaͤſſig nicht veneriſchen Manne nach einem
ſchlimmen Frieſelfieber.
§. 43.
Bisweilen entſtehet bei den Haͤmorrhoi⸗
dalgeſchwuͤlſten eine ſtarke krampfhafte Zu⸗
ſammenziehung des Schließmuskels, welche for
gar das Einbringen der Klyſtire verhindert.
Bisweilen iſt der Maſidarm dabei fo Frampf-
aft zuſammengezogen, daß, wenn gleich daß
G eindringt, es doch ſogleich wieder her⸗
ausgepreſſet wird.
§. 44.
Das Haͤmorrhoidaluͤbel überhaupt, und
fo auch dieſe Art deſſelben, von der ich hier res
de, hat, wie alle chroniſchen Krankheiten, kei⸗ 1
nen beſtimmten Verlauf, und keine beſtimm⸗
te Dauer. Es kann, wenn ſeine Urſachen nicht
fortwirken, und bald genug gute Mittel dage⸗
gen angewandt werden, bald wieder vergehen.
Es kann aber auch jahrelang, ja bis zum En⸗
de des Lebens dauern; und iſt dann abwechſelnd
nach dem Maaſſe der Wirkung ſeiner Urſachen
bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher, bald kaum merk⸗
lich
| 43
lich. Bisweilen ift es lange Zeit kaum merk⸗
lich geweſen, und zeigt ſich, wenn einmal eine
Grade.
+
| Drittes Kapitel. |
Von den Urſachen der Krankheit.
cauſam
Non ſatis et. — — —
$. 45.
der Pathologie in nächfte und entfernte un⸗
terſchieden. Ich will mich bemuͤhen bei dieſer
Unterſcheidung die Fehler zu vermeiden, welche bei
den Betrachtungen einzelner Krankheiten in me⸗
diciniſchen Vorleſungen und Lehrbuͤchern nicht
ſelten gemacht werden.
J. Naͤchſte ur ſachen.
ine §. 46.
) Stockungen in der Leber. Wenn
das Blut in den Lebervenen, oder in den Zwei⸗
gen
ſeiner Urſachen wieder wirkt, wieder in hohem
Sunt aliquot quoque res, quorum vnam diſcere
Lucr£rtıus de rerum nat. IV. v. 703. ö
Die Urſachen der Krankheiten werden in
44
gen der Pfortader ſtockt, ſo iſt Stockung und
Anhaͤufung des Bluts in den Darmvenen eis
ne unmittelbare Folge davon. Doch iſt nicht
immer Stockung in der Leber Urſache der An⸗
haͤufung des Bluts in den Darmvenen: dieſe
kann auch von anderen Urſachen entſtehen.
Die Zacken ſind zwar eigentlich Theile der
aͤuſſern Venen des Maſtdarms, welche ſich in
die Beckenvenen ergieſſen; aber, wenn der Ruͤck⸗
fluß aus den innern Venen gehindert wird, ſo
muͤſſen davon auch die Aufferen anſchwellen, weil
ſie mit jenen in Verbindung ſind.
9. 47.
2) Die Schlaffheit (Laxitas, Atonia)
des Darmkanals und beſonders des Maſt⸗
darms iſt eine der wichtigſten und am oͤfteſten
vorkommenden Urſachen der blinden Haͤmor⸗
rhoiden. Stahl hielt die Atonie fuͤr öfter
vorkommende Urſache, als die Verſtopfung *+),
Wenn
24) STAHL de vena portae porta malorum.
p. 30. „‚Dubium tanto minus eft, quin perfre-
quenter a laxitate potius vaforum horum, quam
ab obftructione aut anguſtia eorundem pendeant
plerique ellectus. T
—
— 45
Wenn der Darmkanal und ſeine Gefaͤße ſchlaf⸗
fer ſind, als andere Theile des Koͤrpers, ſo
geftatten fie dem Blute mehr Zufluß, weil fie
ſich leichter ausdehnen laſſen. Wir finden die
blinden Hämorrhoiden ſehr oft mit anderen Ue⸗
beln zugleich, die oft und größtentheils von
Atonie entſtehn, mit der Flatulenz, mit dem
Schleimfluſſe des Waſſerdarms, und bei Wei⸗
bern mit dem Schleimfluffe der Scheide. Sel⸗
ten trifft man Menſchen an, deren Darmfanal
den Urſachen der Atonie lange ausgeſetzt war,
ohne daß fie am Haͤmorrhoidaluͤbel litten.
mer §. 48. .
3) Schlaffheit der Leber. Auch die
Leber kann atoniſch werden. Bianchi ſagt
ſehr richtig: Refero ad intemperiem hepa-
tis atoniam eius ſeu perfractam intimae
cohaeſionis vim in ſolido ſuo ). Bail⸗
lie bemerkt ausdruͤcklich die Schlaffheit der
Leber unter den krankhaften Beſchaffenheiten
der Leber, die er in Leichen fand“). Die un⸗
| 5 x ge⸗
25) BTIAN CHI hiſtoria hepatica. Genev. 1725.
| Tom. I. Pars II. c. 2. p--132.
26) Baillie Anatomie des krankhaften
Baues von einigen der wichtigſten Theile
im
46
geheure Größe, zu welcher manchmal die Leber
anwachſen kann 7), iſt zum Theil von einer
Atonie ihrer Gefaͤße herzuleiten, indem dieſe
eine Anhaͤufung der Saͤfte geſtattet. Wenn
aber die in der Leber verbreiteten Pfortader⸗
zweige und die Lebervenen atoniſch ſind, ſo iſt
verzoͤgerter Fortgang des Pfortaderbluts in den
Pfortaderzweigen ($. 14.) und mithin Anſamm⸗
lung deſſelben in den Wurzeln der an
die Folge.
§. 49.
Re Druck auf die Pfortader und ih⸗
re Aeſte. Jeder Druck auf die Pfortader,
ihre Zweige oder Wurzeln hindert den Ruͤck⸗
fluß
im menſchlichen Rörper. Aus dem Engl.
mit Zuſaͤtzen v. Soͤmmerring. Berl. 1794.
S. 133.
27) Sandifort fand eine Leber uͤber vierzehn
Pfund. (Exercitat. acad. Lib. II. Lugd. Bat.
1785. Obſ. 76.) Ghigi eine ſechs und dreifs
fig Pfund ſchwere (HALLER elem. phyf. VI.
p. 486.). Andere Exempel von krankhaft grofs
fen Lebern hat Bonetus gefammelt ( Sepul-
eretum ſ. anatomia practica. Genev. 1679.
Tom. II. Libr. 3. Sect. 16. p. 951. fqq.)
fluß des Bots aus dem Darmkanale, mehrt
oder weniger. Wir werden unten ſehen, daß
yasni ſehr oft vorkommen.
3; $
5) Daſtopfüng in der Elder
Stockungen und Verſtopfungen ſind wohl zu
unterſcheiden, obwohl dieſe aus jenen werden
koͤnnen. Die Saͤfte koͤnnen in ihren Gefaͤßen
ſtocken, d. h. ſich langſamer fortbewegen, oder
wohl gar eine Zeitlang ſtill ſtehen, ohne daß
darum die Gefaͤße verſtopft ſind. Verſtopft
find diefe nur dann, wenn kein Durchgang der
Saͤfte durch dieſelben mehr ſtatt findet. Theile
mit Stockungen behaftet ſind angeſchwollen,
der Stockung iſt. Verſtopfte Gefaͤße hinge⸗
gen koͤnnen an Ausdehnung abnehmen, indem
fie ſich ſchlieſſen, nachdem die fluͤſſigen Theile
der in ihnen ſtockenden Säfte durch die Saug⸗
| adern weggenommen ſind. In der Leber ent⸗
ben Verſtopfungen, und davon harte Stels
len, fogenannte Knoten 5), nicht ſelten. Dieſe
| Ver⸗
28) Baillie Anatomie des krankhaften
Baues. S. 130. „Eine der gemeinſten Krank⸗
die entfernten Urſachen, welche ſolchen Deut
heiten |
—
| weil die Anhaͤufung der Säfte in ihnen Folge
48 —
Verſtopfungen koͤnnen auf RE Weiſe
Stockungen in den Venen der Daͤrme nach ſich
ziehen. Erſtlich, wenn Zweige der Pfortader
verſtopft ſind, ſo bleiben dem Blute weniger
Wege offen, und zweitens druͤcken die harten
Stellen auf Zweige, die noch offen ſind, hindern
den Durchgang durch fie (F. 49.), und bewir⸗
ken alſo Stockung (F. 46.).
$. Sl.
6) Krampf in der Leber. Wir muͤſ⸗
fen in der Mediein oft nur ſchlieſſen, wo wir
nicht ſehen koͤnnen; wir wuͤrden wenig darin
wiſſen, wenn wir nichts wuͤßten, als was wir
anſchauend erkennen, und es wuͤrde um man⸗
chen unſerer Kranken traurig ausſehen, wenn
wir
heiten der Leber iſt die Bildung der Knoͤtchen
in ihrer Subſtanz. — — Iſt die Leber auf
dieſe Art knotig, ſo fuͤhlt ſie ſich weit haͤrter,
als gewoͤhnlich an. — — Ihre Größe iſt je⸗
doch gemeiniglich nicht betraͤchtlicher, als im
geſunden Zuſtande, und mich duͤnkt, bisweilen
kleiner. Zerſchneidet man die Leber in dieſem
Zuſtande, fo ſcheinen ihre Gefäße einen Flei-
neren Durchmeſſer, als im natuͤrlichen Zu⸗
ſtande zu haben.“
49
wir ihm gar nichts nuͤtzliches verordnen koͤnn⸗
ten, ohne ſeine leidenden Eingeweide vor Au⸗
gen zu haben. Hoͤchſt nachtheilig iſt es frei⸗
lich, ſowohl für die Wiſſenſchaft uͤberhaupt,
als fuͤr ihre Ausuͤbung in einzelnen Faͤllen,
wenn man immer, ſtatt zu beobachten, raiſon⸗
nirt, und, ohne ſich an Thatſachen zu kehren,
einen irrigen Schluß an den andern haͤngt.
Allein ganz und gar darf man doch nicht alles
verbannen, was Hypotheſe heißt, und nicht
entweder ſi unlich dargeſtellt, oder mit mathe⸗
matiſcher Gewißheit erwieſen werden kann; die
Hypotheſen ſind ein unentbehrliches Hülfsmit⸗
tel, unſere Kenntniſſe in ein Syſtem zuſam⸗
menzufuͤgen „und leiten auf Unterſuchungen,
die zur Wahrheit fuͤhren. So bin ich denn
auch der Meinung, daß man in manchen Or⸗
ganen des Koͤrpers fuͤglich reizbare Faſern anneh⸗
men muͤſſe, um ſich gewiſſe Erſcheinungen zu
erklaͤren, obwohl man ſie nicht durch Zergliede⸗
rung darſtellen kann. Unter andern gilt dies
von allen Organen, die zur Abſonderung die—
nen, und ſodann auch von der Leber, wie ſchon
die Abſonderung der Galle an ſich ſelbſt, und
ferner die große Wirkung der Nerven auf dieſe
Abſonderung bei der Sympathie derſelben mit
! D an⸗
50 2 '
andern Teilen und bei gewiſſen Leidenſchaften
beweiſen. Wenn nun in den Gefaͤßen der Le⸗
ber, und ſo auch in den Pfortaderzweigen ),
reizbare Faſern find, fo koͤnnen dieſe, wie an⸗
dere reizbare Faſern, in Kraͤmpfe gerathen, und
dieſe Krämpfe koͤnnen Stockung (9. 46.) be
wirken.
8
70 Krampfhafte Reizung. Die Reiz⸗
mittel und Reizung ſelbſt ſind wohl zu unter⸗
ſcheiden. Unter den entfernten Urſachen wer⸗
de ich verſchiedene Reizmittel nennen; die krank⸗
hafte Reizung aber iſt eine naͤchſte Urſache
der Vollbluͤtigkeit des Darmkanals. Sie kann
dieſelbe bewirken, entweder indem der Darmka⸗
nal gereizt, und dadurch nach dem allgemeinen
in den belebten Koͤrpern herrſchenden Geſetze
der Zufluß des Bluts in feine Blutgefüße
vermehrt, oder indem die Leber gereizt, und das
durch ein Krampf (F. §1.) in den Pfortader⸗
zweigen (§. 14.) bewirkt wird. 5
| $. 53.
29) Gliſſon fehrieb der von ihm genannten Raps
fel, welche die Pfortader umgiebt, das Ge—
ſchaͤft zu, den Fluß des Bluts zu befördern
(Anat. hepatis. p. 307. ).
ut 51
fe . 83. Br 4
9) Krampfhafte Reizbarkeit. Die
krampfhafte Reizbarkeit iſt in unſern Zeiten ein
oft vorkommendes Uebel. Nicht immer iſt fie
allgemein, ſondern nur an einzelnen Theilen,
oder doch an ihnen vorzuͤglich groß. Es giebt
Mannsperſonen, die eine krampfhafte Reizbar⸗
keit der Zeugungstheile haben, und daher nicht
faͤhig ſind, die Beruͤhrung eines Weibes zu er⸗
tragen, ohne daß ihnen ſogleich die convul⸗
ſiviſche Bewegung der Samengaͤnge entſteht,
durch welche der Samen ergoſſen wird. Der
Darmkanal iſt bei einigen Menſchen mit Erank-
hafter Reizbarkeit behaftet: ſolche erleiden von
jeder Erkaͤltung Kolik oder Durchfall, die for '
genannten Purgirmittel wirken bei ihnen viel
ſtaͤrker, und in viel kleinerer Gabe, und man
muß daher aͤuſſerſt behutſam mit ihnen um⸗
gehn, wenn man ſie reinigen will. Bei einigen
ſcheint auch eine krankhafte Reizbarkeit der Le⸗
ber und der Gallenwege zu ſein „ indem ihnen
0 unangenehme Leidenſchaften viel leichter und
ſtaͤrker auf die Galle wirken, als bei den mei⸗
ſten Menſchen. Bei ſolcher krankhafter Reiz⸗
barkeit ſchadet krankhafte Reizung (§. 52.) viel
mehr, als ohne ſie.
$. Sa.
52
§. 54.
9) Mangel an Lebenskraft. Ich
glaube, daß die Venen, eben ſowohl als die
Schlagadern, Lebenskraft, nur in viel geringe⸗
rem Grade, haben, und daß die Fortbewegung
des Bluts in denſelben nicht bloß von ihrer
Spaunkraft, ſondern auch von ihrer Lebens⸗
kraft, abhaͤnge. Die Pfortader und ihre in
der Leber verbreiteten Zweige haben, da ſie die
Dienſte der Schlagadern verrichten, wahr—
ſcheinlich noch mehr Lebenskraft, als andere
Venen. Wenn nun dieſe Kraft uͤberhaupt
in einem Koͤrper zu ſchwach iſt, ſo werden alle
Verrichtungen unvollkommen und ſo wird auch
der Fortgang des Bluts in der Leber verzoͤgert,
und entſteht Stockung ($. 46). *
§. SS.
ro) Allgemeine Vollbluͤtigkeit. Bloße
allgemeine Vollbluͤtigkeit, ſowohl die wahre,
bei welcher die Maſſe des Blutes zu groß iſt,
als die falſche, bei welcher nur das Volumen
des Bluts zu viel zugenommen hat, bewirkt
keine Blutanhaͤufung in irgend einem Theile,
ſondern alle Blutgefäße werden, wenn übris
gens vollkommene Geſundheit Statt findet,
da⸗
53
dadurch in gleichem Verhaͤltniſſe ausgedehnt
(F. 4). Die Blutgefaͤße des Darmkanals koͤnn⸗
ten jedoch, wegen der oben (5. 12 fgg:) ange⸗
gebenen Umſtaͤnde, davon mehr leiden, als an⸗
dere. Wenn aber zugleich Atonie des Darm—
kanals, oder eine der anderen naͤchſten Urſachen,
Statt findet, ſo dringt das Blut unvermeid⸗
lich in die Gefaͤße des Darmkanales in groͤſ⸗
ſerer Quantität 3°).
**
II. Entfernte Urſachen.
F. 56.
Die entfernten Urſachen unſerer Krank⸗
heiten ſind von dreierlei Art. Entweder ſie er⸗
ſchlaf⸗
30) Santorinus (de baemorrhoidibus, 5. 8.
Bei Baglivs opp. Lugd. 1710. p. 828.) glaubt,
daß auch das gegenſeitige Uebel, Mangel an
Blute, das Haͤmorrhoidaluͤbel bewirken koͤn⸗
ne, weil der Blutmangel Mangel an Lebens⸗
kraft (§. 54) bewirke ꝛc. „Et a fanguinis ma-
gis imminuta, quam ſtatus naturalis latitudo
poſtulat, copia, fluxus fieri poteſt. Dato enim,
quod a minori copia ſanguinis minus fit ſpiri-
tuum penu, cordis muſculus debilius conftrin»
getur, et ſanguinis muſculi non ſufficiente ſpi-
kitu turgidi flacceſcent.“
7
ſchlaffen, ($.43.) oder fie reizen ($.48.)
die Blutgefäße des Darmkanals, oder fie be
wirken einen Druck auf diefelben (F. 45.). Die
Urſachen der krankhaften Reizbarkeit (§. 49.)
und der allgemeinen Vollbluͤtigkeit (§. 49.) hier
aufzuführen, hieffe zu weit gehen, da dieſe naͤch⸗
ſten Urſachen fuͤr ſich allein das Huͤmort hoidab
uͤbel nicht bewirken koͤnnen. |
Die eiten Dinge welche ich hier nenne,
bewirken Vollbluͤtigkeit der Blutgefaͤße des
Darmkanals uͤberhaupt, allein der Maſtdarm
leidet von der Wirkung dieſer Urſachen eben ſo
ſehr, als die andern Daͤrme, und wie (F. 25.)
geſagt, noch mehr. Meiſt iſt es nicht eine
Urſache allein, die wir bei der Haͤmorrhoidal-
krankheit finden, ſondern es kommen N
R
§. 57.
1) Warme Getraͤnke. Daß die war⸗
men Getraͤnke durch Erſchlaffung, zunaͤchſt des
Darmkanals, ſchaden, und deſto mehr ſchaden,
je heiſſer man fie genieſſet, daran darf man
wohl nicht zweifeln, wenn man die Wirkungen
der
; | „
der freien Wärme kennt. Wo dieſe Urſache
bei einem Menſchen ſelten Statt findet, da
wird ihre Wirkung von der Spannkraft der
Theile bald wieder überwunden; wo fie aber
oft und alltäglich eintritt, da uͤberwindet fie
endlich die Spannkraft). Wie ſchlaff die
feſten Theile nach taͤglicher Anwendung naſſer
Waͤrme werden, das kann man deutlich bei
Maͤdchen ſehen, denen man Monate lang, um
den Monatsfluß zu befoͤrdern, alle Abende die
Füße warm baden laͤßt. Und leider wirkt f
nals faſt bei allen Menſchen unſerer Gegenden
taͤglich, ja taͤglich mehreremale. Faſt uͤberall
faͤngt man, nach einer ſehr zweckwidrigen Ob⸗
ſervanz, jedes Mittagsmahl damit an, den
Magen mit dem warmen Bade der Suppe
zur Verdauung der folgenden Gerichte gar uͤbel
vor⸗
31) Hippokrates ruͤgt ſchon die Nachtheile der
| mißbrauchten Wärme, (Aphorism. V. 16.) „Ca-
1% lidum eo frequentius vtentibus has affert no-
0. xlas, carnium effeminationem , nervorum im-
potentiam, mentis ſtuporem, fanguinis proflu-
nia, animi defectiones, ad quae mors ſequitur.“
Er verſteht hier freilich nicht bloß die warmen
4 Getränke, ſondern Waͤrme W
dieſe Urſache der Vollbluͤtigkeit des Darmka⸗
36
vorzubereiten. Die Neigung, Kaffee zu trin⸗
ken, iſt izt auch unter den geringeren Staͤnden
ganz allgemein, und verbreitet die Erſchlaffung
auch unter dieſen immer mehr; zumal da man
die Bezahlung kaffeeartiger Getraͤnke dadurch er⸗
leichtert, daß man einheimiſche wohlfeilere Pro⸗
ducte dem Kaffee ſubſtituirt. In Braun⸗
ſchweig ſah ich manche duͤrftige Familie zum
Mittageſſen die heiſſe Bruͤhe der gebrannten
Cichorien genieſſen. Der Thee wird von vie⸗
len täglich ſtatt des Kaffees, oder noch uͤber⸗
dem getrunken, und dieſer iſt doppelt ſchwaͤ⸗
chend, einmal weil er als warmes Getraͤnk
erſchlafft, und dann vermöge feiner nerven⸗
ſchwaͤchenden Kraft. Die Schwaͤche des Ma⸗
gens, und den weiſſen Fluß, Uebel, die in un⸗
ſern Tagen ſo ſehr gemein ſind, darf man wohl
nicht ohne Grund dem haͤufigen Theetrinken
zuſchreiben. Der Thee iſt eine trefliche Arznei
zur Beruhigung des Nervenſyſtems, bei Kraͤm⸗
pfen des Magens und der Daͤrme, das weiß
ich; aber er taugt darum nicht als tägliches
Getraͤnk, denn eben dieſes Beruhigen haͤngt ab
von einer ſchwaͤchenden Kraft. Zimmer⸗
mann, der von manchen mediciniſchen Ge⸗
genſtaͤnden ſo vortreflich geſchrieben hat,
ſagt,
| fehlt, und ſie bei jedem Zuge erſt ein wenig
'
|
Ni
ger at 57
ſagt ), daß neben den häufigen Aderlaͤſſn
nichts fo ſehr das Anſehen lebender Leichna⸗
me gebe, als der Gebrauch des Thees.
Wie dies warme Getraͤnk auch in Nuͤckſicht
des Haͤmorrhoidaluͤbels doppelt ſchaͤdlich ſei,
das ſieht man aus dem obigen (S. 47. 54.)
ein ). Man darf ſich wahrlich nicht wun⸗
dern, wenn man den täglichen Mißbrauch
der warmen Suppen, des Thees und des Kaf-
fees anſieht, daß mit unſerer Krankheit und
andern Folgen von Erſchlaffung ſo viele Meu⸗
ſchen behaftet ſind. Nicht ſo ſehr wuͤrden dieſe
Dinge ſchaden, wenn man ſie nur warm traͤn⸗
ke; allein manche trinken ſie ſo heiß, daß zum
Verbruͤhen der Lippen und der Zunge nicht viel
bla⸗
f 525 In dem goldenen Buche von der Erfab⸗
rung in der Arzweik um. Zuͤrich 1764. II.
S. 338.
5 33) Bontekoe dachte vom Theetrinken anders;
erer hielt den Thee für eine Panacee, und rieth
zur Erhaltung der Geſundheit, ſich darin In
ſtig voll zu ſaufen. Man leſe ſeinen großen
Panegyricus uͤber den Thee in ſ. Abh. vom
menſchlichen Leben. Went Budiſſin, 1686;
S. 416.
—
—
358 —
blaſen muͤſſen, um wenigſtens das zu verhuͤten.
Man erhaͤlt ſie daher mit großer Sorgfalt bis
zum Genuſſe heiß, und hindert die Abkuͤhlung
durch Kohlenbecken, heißes Waſſer und Topf⸗
muͤtzen mit großer Aengſtlichkeit. Schon den
kleinen Kindern geben die Mutter und Wärz
terinnen die Milch und die Suppen, womit ſie
dieſelben nach dem Abgewoͤhnen, oder ſogleich
nach der Geburt fuͤttern, gemeiniglich zu heiß,
indem man ihnen alle ihre Speiſen erſt kocht,
und um ihr Schreien zu ſtillen, ſie ſogleich
ihnen einfloͤßt, ehe fie lange genug abgefühle
ſind. Ich kannte eine am Haͤmorrhoioaluͤbel
leidende Frau, welche des Morgens erſt 2 Taf
ſen heiſſen Thee, nach einer halben Stunde
2 Taſſen heiſſen Kaffee, Vormittags um 11 Uhr
eine große Taſſe heiſſe Chocolate, Mittags eine
gute Portion heiſſer Suppe, ſogleich nach der
Mahlzeit 2 Taſſen heiſſen und aͤuſſerſt ſtarken
Kaffee, Abends um 6 Uhr bei den Theeviſiten
2 oder 3 Taſſen heiſſen Thee, Abends um 9 Uhr
wieder heiſſe Suppe zu ſich nahm, und das
einen Tag und alle Tage ſo forttrieb, bis die
heftigen Haͤmorrhoidalſchmerzen ſie zwangen,
einige Tage einmal einzuhalten. Es war mir
nicht moͤglich, ſie zu heilen, weil ſie alle Tage
wie⸗
wieder einriß, was ich am vorigen gebaut hatte,
und ich dankte ihr von Herzen, als fie fi 9 eis
ven andern Arzte uͤbergab.
L | de S8.
2) Erhitzende Speiſen und Ge
traͤnke. Der Genf erhitzender Speiſen und
Getraͤnke bewirkt die Vollbluͤtigkeit des Darm⸗
kanals auf zweierlei Weiſe. Sie reizen fuͤrs
erſte den Darmkanal unmittelbar, und ver⸗
mehren den Zufluß des Bluts in ſeine Ge⸗
faͤße. Fuͤrs zweite bewirken ſie allgemeine Wal⸗
lung des ganzen Blutes, und wenn dann ſchon
Schlaff heit des Darmkanales da iſt, ſo dringt
das ausgedehnte Blut in ſeine Gefaͤße mehr.
Der Kaffee iſt daher zwiefach ein großer
Befoͤrderer des Haͤmorrhoidaluͤbels, weil er
als Kaffee erhitzt, und als warmes Getraͤnk
erſchlafft. Nicht leicht wird man Jemand fin⸗
den, der viel und ſtarken Kaffee trinkt, ohne
an dieſem Uebel zu leiden, und mehrere Kaf⸗
feetrinker haben mir offenherzig geſtanden, daß
ſie jedesmal haͤmorrhoidaliſche Schmerzen im
Maſtdarme und in der Gegend des Krenuz⸗
beins empfinden, wenn ſie ſich mit ihrem Lieb⸗
lingsgetraͤnke zu viel zu gute gethan haben.
1 Un⸗
m
60 b 1
Unter den uͤbrigen Dingen, welche hieher ge⸗
hoͤren, ſind beſonders der Wein und die hitzi⸗
gen auslaͤndiſchen Gewuͤrze anzuklagen, wel
che beide von manchen Menſchen ſo entſetzlich
mißbraucht werden. Der Wein ift bey dem
männlichen Geſchlechte eine der alltaͤglichſten
Urſachen, vorzuͤglich der flieſſenden Haͤmorrhoi⸗
den. Es giebt manche Männer, die den
Wein, der doch nur Arznei fuͤr Mangel an
Lebenskraft und Schwaͤche des Magens ſein
ſollte, wie Waſſer trinken, weil ſie durch all⸗
maͤliges Gewöhnen bald dahin kommen, ganze
Maaſſe zu vertragen, ohne berauſcht zu werden.
Auch die, welche maͤſſiger ſind, entbehren doch
nicht leicht den Wein bei ihren Mahlzeiten
ganz, ſobald ſie ihn bezahlen koͤnnen, und ma⸗
chen ihn ſich bald zu einem täglichen Beduͤrf⸗
niſſe, deſſen Entbehrung ihnen nachher unmoͤg⸗
lich wird. Wenn man ſich mit einem einzigen
Kelchglaſe in jeder Mahlzeit begnuͤgt, fo mag
das unſchaͤdlich ſein, und bei einem traͤgen
Magen ſeinen Nutzen haben; wenn man aber
auch nur ein halbes Maaß, wie es gewoͤhn⸗
lich iſt, in jeder Mahlzeit trinkt, ſo kann ich
dieſes nach meiner Einſicht nicht gut heiſſen,
theils weil der Wein, in dieſer Quantitaͤt bei
dem
61
dem Genuſſe Speiſe genoſſen, die Verdauung
durch Veraͤnderung des Magenſafts mehr ver⸗
hindert, als durch Reizung des Magens befoͤr⸗
dert, zumal da dieſe tägliche Reizung bald zu
gewöhnlich wird, theils, weil ſoviel von einer
Feuchtigkeit, die von unſern Saͤften ſo ſehr
verſchieden iſt, ohne einen hohen Grad von Le⸗
benskraft ſchwerlich veraͤhnlicht werden kann,
und theils, weil auch dieſe Quantitaͤt, taͤglich
genoſſen, ſchon hinlaͤnglich iſt, um in Geſell—
ſchaft anderer Urſachen das Haͤmorrhoidaluͤbel
allmaͤlig herbeizuziehen. Er trägt auf zweier⸗
lei Weiſe dazu bei; indem er durch feine reizen "
de Eigenſchaft den Zufluß des Bluts in die
Blutgefaͤſſe des Darmkanals befoͤrdert, und
zweitens, indem er durch feine zuſammenzie⸗
hende Kraft Stockungen in den Gefaͤſſen der
Leber bewirkt. Das letztere thut nun der
Branntwein noch vielmehr. Ich habe meh⸗
rere Haͤmorrhoidalpatienten zu behandeln ge⸗
habt, die es ſelbſt einſahen, daß ihnen der all⸗
taͤgliche Genuß des Weins geſchadet und fie
haͤmorrhoidaliſch gemacht habe, und die es
deutlich zu merken verſicherten, wie viel we—
niger ſie an ihrer Plage litten, als ſie eine
Zeitlang dem Weine voͤllig entſagten. Der
Miß⸗
62
Mißbrauch der hitzigen Gewürze iſt weniger
gemein, aber bei einigen, welche ſie lieben,
auffallend arg. An der Tafel der Vorneh⸗
men, zumal bei den Magnaten der katholiſchen
Geiſtlichkeit, werden manche Speiſen ſo ent⸗
ſetzlich gewürzt, daß fie einer nicht verwaͤhn⸗
ten Zunge Schmerz erregen. Ich kannte eine
Frau, welche den Heringsſalat, den ſie ſehr
gern und oft aß, und manche andere Gerichte,
ſo voll mit Pfeffer beſtreute, daß man nicht
ſehen konnte, was ſie aß. Ihr Maſtdarm
mußte für ihren Gaumen erbaͤrmlich büffen,
allein ſie kehrte ſich an ſeine Warnungen nicht,
weil ihr alles fade ſchmeckte, was nicht er⸗
ſchrecklich gepfeffert war. Auch das ſtarke mit
vielem Hopfen verſetzte Bier ſcheint zur Ent⸗
ſtehung des Haͤmorrhoidaluͤbels beizutragen,
wenigſtens wird dies offenbar aͤrger, wenn
man ſolches Bier täglich trinkt.
„. 5%
3) Blaͤhende Speiſen und Getränke
bewirken zwar nicht zunaͤchſt das Haͤmorrhoi⸗
daluͤbel, aber die Blaͤhungen tragen doch bei
ſolchen, welche viel ſitzen, durch den Druck des
aufgetriebenen Darmkanals ſehr viel dazu bei,
5 den
4 a 8 63
den Ruͤckfluß des Blues aus dem —
zu ne N
u
4 ano 65 | Ye
8 Scharfe purgiermittel. Nicht
weniger wirkſam zur Befoͤrderung des Uebels,
als jene Dinge, ſind die Purganzen. Sie
gehoͤren ohne Zweifel zu den wichtigſten und
nuͤtzlichſten in der ganzen Materia medica,
weil ſo viele Krankheiten von Unreinigkeiten
des Darmkanals entſtehen, und koͤnnen in der
Hand eines einſichtsvollen Arztes die verſchie⸗
denſten und ſchwerſten Krankheiten haben. Al⸗
lein die heftig wirkenden ſind faſt immer ſchaͤd⸗
lich, auch da, wo uͤberhaupt das Purgieren
nuͤtzlich iſt, die heftige Wirkung mag von der
Groͤße der Gabe oder von der Groͤße der
reizenden Kraft abhaͤngen, weil ſie durch die
ſtarke Reizung und Schwaͤchung des Darm⸗
kanales viel mehr ſchaden, als fie durch Rei⸗
nigung nuͤtzen. Eben daſſelbe gilt von dem
oft wiederholten lange und ohne Unterlaß fort⸗
geſetzten Gebrauche. Solcher Mißbrauch der
Purgiermiktel ſchlaͤgt die Lebenskraft der Daͤr⸗
me nieder, verurſacht Verſchleimung und ſchlech—
te Verdauung, und daher iſt dann bisweilen
d die
die Cur ſchlimmer „als die Krankheit war.
Auch die Vollbluͤtigkeit des Darmkanals iſt
eine Folge der mißbrauchten Purganzen, weil
4
ihre zu ſtarke oder zu oft wiederholte Reizung
den Zufluß des Blutes vermehrt, und vorzuͤg⸗
lich wirken dieſes gewiſſe harzige Arzneien, be⸗
fonders die Rhabarber und die Aloe, ob⸗
wohl fie unter gewiſſen Umſtaͤnden vortrefliche
und unerſetzliche Mittel ſind. Die letztere iſt
ſchon lange als ein wirkſames Mittel bekannt,
den Haͤmorrhoidalfluß zu treiben 7), aber
auch die Rhabarber hat ſtarke Wirkung auf
die Haͤmorrhoidalgefaͤße, und ich bin aus meh⸗
reren Beobachtungen überzeugt, daß der oͤf⸗
tere Gebrauch derſelben, im Pulver, und in
der gewöhnlichen viel zu großen Gabe von eis
nem Quentchen, beſonders in Ruͤckſicht des
hier betrachteten Uebels, ſehr ſchaͤdlich ſei. Faſt
alle, von denen ich erfahren habe, daß ſie oft
Rhabarber nahmen, waren damit behaftet,
und ee durchgängig fand ich, daß Haͤmor⸗
rhoi⸗
34) Auch Stoll zaͤhlte den oͤfteren Gebrauch
der Aloe zu den Urſachen des Haͤmorrhoidal⸗
uͤbels. Praelect. de morbis chronicis, Ed.
ExErEL. Vindob, 1789. II. p. 284. 287.
7
— 65
rhoidalpatienten die Rhabarber nicht ohne ſehr
unangenehme Gefuͤhle und Verſchlimmerung ih⸗
res Uebels vertragen. Uebrigens darf ich nicht
erſt aufmerkſam darauf machen, daß der Miß⸗
brauch der Purganzen keine der ſeltenen Urſachen
ſei. Manche Aerzte unſerer Zeit halten alle
Krankheiten für gaſtriſch, laſſen alles brechen
und purgiren, was ihnen vorkommt, und ſez⸗
zen die Summe aller Curen darin, die Daͤr⸗
me zu fegen. Viele Menſchen gebrauchen jene
Purganzen als Hausmittel, und meiſt in viel
a ſtarker Gabe, oder zu oft.
5 . ;
5) Scharfer Unrath im Darmkanale,
ſcharfe Galle, Ueberbleibſel unverdaueter Spei⸗
ſen, die durch Verderbniß ſcharf geworden
ſind, vermehren durch ihren Reiz den Zufluß
in die Blutgefaͤße des Darmkanals. Der Maſt⸗
darm leidet dieſen Reiz vorzuͤglich, theils we⸗
gen feiner größeren Reizbarkeit, und theils,
weil die Schaͤrfe des Unraths, wenn ſie durch
fortdauernde Verderbniß vermehrt wird, in
ihm den hoͤchſten Grad erreicht, ehe derſelbe
zum After hinausfaͤhrt. Der After ſchmerzt
bei Durchfaͤllen kr, wenn der abgehende Un⸗
E rath
66 —
rath ſcharf iſt; vorzuͤglich aber, wenn er ſchon
mit blinden Haͤmorrhoiden behaftet iſt, die
dann ſtaͤrker ſchwellen, und oft entzündet wer⸗
den. Auch kann der Reiz des ſcharfen Unraths
Blutung erregen; in der Ruhr geſchieht dies
ſehr oft; aber auch auſſerdem; bei Kindern
ſah ich bisweilen blutigen Abgang, der bloß
von Saͤure entſtanden zu ſein ſchien. Bei ei⸗
nem gewiſſen Hypochondriſten habe ich eine
merkwuͤrdige Bemerkung gemacht, obwohl ich
nicht behaupten will, daß fie hieher gehöre. Er
litt oft an Saͤure des Magens. Jedesmal
wenn ſich dieſe zeigte, litt er Tages darauf
Haͤmorrhoidalſchmerzen an ſeinen blinden Haͤ⸗
morrhoiden, und es gieng ihm etwas Blut mit
dem Stuhlgange ab.
§. 62.
6) Klyſtire. Die Klyſtire find ohne
Zweifel ſehr wichtige Heilmittel; in hitzigen
Krankheiten leiſten ſie oft die ſchnellſte Huͤlfe,
und auch gewiſſe chroniſche werden nicht leicht
ohne ſie geheilt. Aber es leidet wohl keinen
Zweifel, daß die zu oft gebrauchten Klyſtire
das Haͤmorrhoidaluͤbel herbeiziehen koͤnnen, die
ſehe warmen durch Erſchlaffung, die ſchar⸗
en
N NW
fen durch Reiz, und manche der heutigen Haͤ⸗
morrhoidalpatienten haben ihre Beſchwerden
dem Mißbrauch dieſer Mittel zuzuſchreiben.
Die meiſten Klyſtire giebt man ſo warm, daß
ſie unvermeidlich erſchlaffen; manche Klyſtire
find betraͤchtlich ſcharf, in hitzigen Krankheiten
gebraucht man haͤufig die von Cloſſius und
Herz geruͤhmten Eſſigklyſtire, und die Bal⸗
drianwurzel wird oft zu Viſeeralklyſtiren ge⸗
nommen. Ehedem gebrauchte man die Kly⸗
ſtire zu wenig; Frauenzimmer wollten biswel:
len lieber ſterben, als ſich klyſtiren laſſen; izt
aber darf man ſich au manchen Orten in
Deutſchland nicht mehr darüber beſchwer
In Braunſchweig iſt das Klyſtirſetzen fie
rere Weiber ein wichtiger Nahrungszweig.
Seit Kaͤmpfs Methode, deren Werth ich
übrigens gewiß nicht verkenne, üblich geworden
iſt, und man gelernt hat, ſich felbft zu klyſti⸗
ren, habe ich mehrere Hypochondriſten gekannt,
deren Maſtdarm ſchon uͤber tauſend Klyſtire
verſchluckt hatte. Wie viel Klyſtire zur Ent⸗
ſtehung der blinden Haͤmorrhoiden beitragen,
habe ich bei einem jungen zwanzigjaͤhrigen
Manne erfahren, dem man in einem galligten
mit großer Nervenſchwaͤche verbundenen Fie⸗
ber
ber mehrere Wochen hintereinander, alle Tage
einige warme Eſſigklyſtire gab. Er bekam dar⸗
auf die blinden Haͤmorrhoiden, von denen er
vorhin nichts gewußt hatte, und hat ſie bis
auf den heutigen Tag.
8 63.
7) Zurückhaltung des Roths. Men⸗
ſchen, die an der Zuruͤckhaltung des Koths,
der ſogenannten Verſtopfung, leiden, ſind auch
meift mit den blinden Haͤmorrhoiden behaftet.
Der Koth wird deſto haͤrter, je laͤnger er im
Darmkanale verweilt, weil die Saugadern des
dicken Darms immerfort mehr Feuchtigkeit, aus
ihm einſaugen, als ihm die aus hauchenden Gefäß:
chen wieder geben; der harte Koth druͤckt,
wenn er zum Maſtdarme kommt, auf die Bes
nen deſſelben, und verhindert den Ruͤckfluß.
F. 64.
8) Vorfall des Afters. Der Vorfall
des Afters entſteht aus zweierlei Urſachen, und
oft wohl von beiden zugleich. Die eine iſt
Schwaͤche des Schließmuskels, der den Maſt⸗
darm nicht hinlaͤnglich zuruck hält, die andere
zu ſtarke Zuſammenziehung des Maſtdarms,
— ent ⸗
| 72 69
entweder bei beſchwerlichem Abgange verhaͤrte⸗
ten Kothes und ſtarkem Drängen, oder vom
Reize der Schaͤrfe des abgehenden Unraths.
Wo Schwaͤche des Schließmuskels aus Atonie
iſt, da iſt auch Atonie der Venen des Maſt⸗
darms, und ſchon aus dieſer Urſache koͤnnen
blinde Hämorrhoiden entſtehen. Verhaͤrteter
oder ſcharfer Koth kann die blinden Haͤmor⸗
rhoiden bewirken, jener durch Druck, und die⸗
ſer durch Reiz. Daher ſind oft ſchon blinde
Haͤmorrhoiden, bei Schaͤrſe des Abgangs auch
flieſſende, ſchon da, wenn ein Vorfall des Afß⸗
ters erfolgt. Wenn aber auch noch keine blin-
de Haͤmorrhoiden da waren, indem der Vorfall
erfolgte, ſo kann er ſie verurſachen, indem der
Schließmuskel die Venen einklemmt, und das
Blut in dem vorgefallenen Theile zurück hält,
Wenn ſie ſchon da waren, ſo werden ſie bei
dem Vorfalle ſehr verſchlimmert und ſchmerz⸗
haft. Einige kleine Kinder find dem oͤftern
Vorfalle des Afters unterworfen, und vielleicht
| iſt das eine Urſache, welche dazu beitraͤgt, daß
ſie in der Folge ihres Lebens haͤmorrhoidaliſch
werden, indem das Uebel eine Schwaͤche der
oft gepreßten Venen zuruͤcklaͤßt.
4 18 8. 65.
—
70
H. 65. | i
9) Sitzende Lebensart. Die ſitzende
Stellung, zumal die, da man mit vorwaͤrts
gekrümmten Leibe ſitzt, iſt auch eine der oft
vorkommenden Urſachen unſeres Uebels, nicht
allein, weil bei ihr das Huͤlfsmittel der Be⸗
wegung des Bauchs zur Befoͤrderung des
Ruͤckfluſſes fehlt, ſondern auch, weil die Leber
und die Pfortader, und der ganze Darmkanal
mit ſeinen Gefaͤßen dabei gedruͤckt werden, und
mithin der Ruͤckfluß in ihnen gehindert wird.
Selten findet man daher Menſchen, die viel
ſitzen und ſich wenig bewegen, ohne an dieſem
Uebel zu leiden. Vorzuͤglich ſind ihm die
Kurzſichtigen ausgeſetzt, weil fie ſich ſehr büf-
ken, und alſo den Leib ſehr vorwärts kruͤm⸗
men muͤſſen, um ihre Gegenſtaͤnde deutlich zu
ſehen. Am meiſten ſchadet die krummſi tzende
Stellung nach der Mahlzeit, wenn der —
gen angefuͤllet iſt.
Oft ſind bei denen, welche viel geſeſſen
haben, und dann haͤmorrhoidaliſch werden, auch
andere Urſachen, welche zugleich dazu beitra—
gen; aber auch dieſe Urſache allein kann ſie be⸗
wuͤrken, wenn fie lange und anhaltend wirkt.
30
3 71
Ich habe einen alten Tuchmacher in der Cur
gehabt, der, ſo viel ich weiß, immer ſehr maͤßig
und ordentlich gelebt hatte, und doch an den
blinden Haͤmorrhoiden in einem ſehr ane
Grade litt. |
6. 66.
10) Kleidungsſtuͤcke. Alle engen den
Unterleib umgebenden Kleidungsſtuͤcke tragen
dazu bei, das Blut in den Wurzeln der Pfort⸗
ader und vorzuͤglich in den Venen des Maſt⸗
darms zuruͤck zuhalten, zumal wenn ſie von
ſolchen getragen werden, welche viel ſitzen, und
den Unterleib vorwaͤrts kruͤmmen. i
Bei dem maͤnnlichen Geſchlechte gilt dies
von den engen Weſten und den engen Guͤr⸗
teln der Beinkleider. Die letzteren ſind ſchon an
ſich eine unbequeme und wenn ſie zwiſchen den
Beinen eng anliegen, gewiſſermaſſen unanſtaͤn⸗
dige Tracht, obwohl man ſich in unſern Gegen⸗
den zu ſehr an den Anblick der behoſeten Maͤn⸗
| ner gewöhnt hat, um das letztere zu finden,
wie man es doch findet, wenn man ein verklei⸗
detes Weib in ſolchen Beinkleidern ſieht, und
obwohl Maͤnner, die mit ſchoͤnen fleiſchigten
Schenkeln und Waden begabt find, dieſe in
den
72
den Beinkleidern beffer zeigen koͤnnen, als in
der tuͤrkiſchen Tracht. Sie ſind aber auch,
wenn ſie eng ſind, eine ſchaͤdliche Tracht, erſt⸗
lich, wie Fauſt mit Recht geruͤgt hat >’),
wegen der Erwärmung der Zeugungstheile,
zweitens, weil die Kniebaͤnder die Venen und
die Saugadern des Unterſchenkels zuſammen⸗
ſchnuͤren, die Saͤfte in den Fuͤßen zuruͤck hal⸗
ten, und dadurch fuͤr die Folge im höheren
Alter zum Oedema der Füße geneigt machen,
und drittens, weil die Obertheile derſelben,
welche den Leib umgeben, den Bauch, zumal
in der vorwaͤrts gekruͤmmten Stellung, preſſen,
und dadurch das Blut in den Venen des Bek—
kens zuruͤck halten. Einer meiner Univerſi⸗
taͤtsfreunde ſaß alle Nachmittage mit ſeinen
engen ledernen Beinkleidern, nachdem er eine
gute Mittagsmahlzeit gehalten hatte, zwei bis
drei Stunden lang in den Collegien und ſchrieb
fleiſſig nach; izt iſt er ein ſchlimmer Haͤmor⸗
rhoidalpatient, und da ich ihn keiner andern
diaͤtetiſchen Sünden beſchuldigen kann, fo glau⸗
be
35) In dem leſenswuͤrdigen Buche: Wie der
Geſchlechtstrieb der Menſchen in Ord⸗
nung zu bringen ꝛc. Braunſchweig, 1791.
73
be ich, daß n e unſtond größtenefeifs Ur:
face war 9.
Bei N weiblichen Geschlecht ſind hier
vorzüglich die abſcheulichen Panzer anzuklagen,
welche ſie Schnuͤrbruͤſte nennen. Sie ſind
da gerade am engſten, wo unter den kurzen
Rippen die Leber, der Magen und die Milz
liegen; ſie draͤngen dieſe Rippen zuſammen,
nehmen dieſen Eingeweiden den Raum, zwaͤn⸗
gen ſie hinunter, und verhindern den Ruͤckfluß
des Bluts durch die Pfortader und ihre Zwei⸗
ge. Ich ſchweige hier von den mannigfaltigen
Nachtheilen, welche dieſe haͤßlichen Mißgebur⸗
ten
*) Auſſerdem find die engen Gürtel der Bein⸗
kleider auch darin nachtheilig, daß fie zu Lei⸗
ſtenbruͤchen geneigt machen, weil fie die Ein⸗
geweide ins Becken hinabdruͤcken. Daß un⸗
ter der Reuterei die Bruͤche ſo haͤufig ſind, iſt
wohl den engen Beinkleidern groſſentheils zus
zuſchreiben. Vollends iſt es ein unnuͤtzes
und ſehr ſchaͤdliches Manoeuvre, wenn die in
engen Hoſen eingepreßten Reuter bei dem
Exerciren zu Fuße, das gewoͤhnlich nach der
Mahlzeit geſchieht, das Gewehr ſtrecken und
wieder aufnehmen muͤſſen.
74
ten der Eitelkeit bewirken, da fie Soͤmmer⸗
ring 3°) fo treflich beſchrieben und anſchaulich
dargeſtellet hat. Es iſt eine Schande fuͤr die
Weiber, die eine ſolche Schrift leſen, und doch
fortfahren, ſich einzuſchnuͤren, und beſonders
für manche Vaͤter, die ihren Töchtern erlaus
ben, ſich auf Unkoſten ihrer Eingeweide eine
Wespengeſtalt zu geben, die nur der verdor—
benſte Geſchmack für ſchoͤn halten kann.
J §. 67.
11) Leidenſchaften. Die Wirkung un⸗
angenehmer Leidenſchaften auf die Organe der
Galle iſt bekannt. Dieſe Wirkung kann nicht
anders, als durch die Nerven geſchehen, welche
ſich in dieſen Organen verbreiten, wie uns Walz
ter 37) fo trefflich abgebildet hat. Durch die⸗
ſe Wirkung kann auch, vermoͤge einer Art von
Krampf ($. §1) in den Zweigen der Pfortader
Stockung des Bluts in denselben (H. 46) erfol⸗
gen,
36) In der wichtigen und gemeinnuͤtzigen Schrift:
uͤber die wirkungen der Sante. 0
Berlin, 1793.
37) Auf der vierten Tafel ſeiner prächtigen Ta-
bulae nervorum shoracis et abdominis. Berol.
1783.
— 75
gen, und mithin daſſelbe in den Venen der
Daͤrmen zuruͤckgehalten werden. Wenn auch
dieſe Wirkung nicht die blinden Haͤmorrhoiden
erzeugen ſollte, ſo iſt wenigſtens zu glauben,
daß ſie dieſelben verſchlimmere, wenn ſie von
andern Urſachen entſtanden ſind. Mehrmals
hab ich an Perſonen, welche an dieſer Plage
litten, bemerkt, daß nach jedem Verdruſſe die⸗
ſelbe ſtaͤrker und ſchmerzhafter war.
8
12) Uebermaͤßige Anſtrengung des
Verſtandes. Auch dieſe, eine der wichtigſten
Urſachen der Hypochondrie, ſcheint eine Urſache
des Haͤmorrhoidaluͤbels zu fein. Es vermin-
dert die Wirkung der Nervenkraft auf die Ver⸗
dauungsorgane, und kann dadurch ($. 54) auch
Stockungen in der Leber bewirken. Unter den
Gelehrten, und uͤberhaupt unter denen, welche
zugleich viel ſitzen und denken, find die Hypo⸗
chondrie und das Haͤmorrhoidaluͤbel gemeiner,
als unter denen, die nur ſitzen, ohne den Ver⸗
ſtand anzuſtrengen.
§. 69. |
13) Schwangerſchaft. Die bis iezt
genannten entfernten Urſachen der blinden Haͤ⸗
mor⸗
9 a
*
morrhoiden find doch meiſt vermeidlich; wir
koͤnnen ihnen mehr oder weniger ausweichen,
wenn wir fruͤh genug ihre Schaͤdlichkeit kennen
lernen, und wenn es uns nicht an gutem Wil⸗
len dazu fehlt. Aber die armen Weiber ſind,
wenn ſie ſich nicht einer immerwaͤhrenden Jung⸗
ferſchaft wiomen wollen oder muͤſſen, mancher⸗
lei Wirkungen der Schwangerſchaft und der
Geburt unvermeidlich ausgeſetzt, und leiden
unter dieſen auch nicht ſelten an den blinden
Hämorrhoiden, Zwar iſt das Haͤmorrhoidal—
übel Feine nothwendige Folge der Schwanger⸗
ſchaft und der Geburt, aber in manchen Faͤl⸗
len wird es doch davon bewirkt, ohne andere
betraͤchtliche Urſachen. Ich kenne eine Frau,
die als Jungfer vollkommen geſund war, weder
Wein noch Kaffee trank und ſich fleißig be⸗
wegte; in der erſten Schwangerſchaft entſtan⸗
den ihr blinde Haͤmorrhoiden, jede folgende
Schwangerſchaft vermehrte das Uebel, und ſie
leidet nun uͤber ſieben Jahre daran. Der
ſchwere ſchwangere Uterus druͤckt in den letzten
Zeiten der Schwangerſchaft auf die Venen
des Maſtdarms, , vorzüglich, wenn der Mund
deſſelben viel ruͤckwaͤrts, oder etwas ſchief nach
einer der beiden Seiten des Maſtdarms, wo
ſeine
8 — .
ſeine W legen, ces and dieſer
Druck iſt deſto nachtheiliger und anhaltender;
je weniger ſich die Schwangere bewegt, und je
mehr ſie, wie beim aͤhen, in gekruͤmmter
Stellung füge. Auch die Geburt kann Ger
ſchwulſt der Venen des Maſtdarms bewirken,
wenn der Kopf des Kindes lange im Becken
ſteht, und durch ſeinen Druck auf den Maſt⸗
darm das Blut in den Enden ſeiner Venen
zuruͤckhaͤlt. Bei Gebaͤhrenden, welche ſchon vor
der Geburt mit den blinden Haͤmorrhoiden
behaftet waren, wird durch die Geburt das
Uebel verſchlimmert, und ſie leiden daran im
Kindbette erbaͤrmliche Schmerzen. So ſah
ich es vor fuͤnf Jahren bei einer Frau nach einer
beſchwerlichen Zangengeburt eines Kindes mit
einem ſehr großen 1 n
1 70.
Weder das männliche, noch das Weib⸗
liche Geſchlecht iſt vorzüglich zu dem Haͤmor⸗
| rhoidaluͤbel geneigt. Soviel ich jedoch aus
meiner Erfahrung ſchlieſſen kann, findet man
mehr Maͤnner, die an den flieſſenden und mehr
Weiber, die an den blinden Haͤmorrhoiden Teis
den.
78 j
—
den. Cullen 3°) ſagt: „es bee zwar
die Stahlianer, daß die Mannsperſonen der
guͤldnen Ader) weit mehr, als die Frauens⸗
perſonen unterworfen waͤren, allein ſie irren
ſich hierin, da nach meiner Erfahrung allemal
dieſe Krankheit weit mehr Frauenzimmer als
Maͤnner befaͤll.!“ Wahrſcheinlich aber ver⸗
ſteht er bei dieſer Behauptung nur die blinden
Haͤmorrhoiden. Daß mehrere Maͤnner an den
flieffenden Hämorrhoiden leiden, leite ich theils
daher, daß der Mißbrauch des Weins bei ih⸗
nen viel mehr Statt findet, und theils daher,
daß bei den Weibern der monathliche Blutfluß
vermoͤge des Zuſammenhanges der Venen des
Maſtdarms mit den Venen des Uterus Dies
ſelben verhuͤtet. Daß die Weiber den blinden
mehr unterworfen ſind, kann mau theils der
groͤßern Schlaffheit ihrer Gefaͤße, theils der
Schwan⸗
38) Cullens Anfangsgruͤnde der praftifchen
Arzneiwiſſenſchaft. §. 908. Ueb. Leipzig,
1780. II. S. 248.
) Die Benennung, goldene Ader, gab man
ehedem den Venen des Maſtdarms, weil man
den Haͤmorrhoidalfluß für einen ſehr wohlthaͤ⸗
tigen zur Geſundheit dienlichen Blutfluß hielt.
79
on, un ei m suf reiben,
als Männer. In < n Weibern, deren Mo⸗
nathsfluß ſchon geendiget hat, nehmen gemei⸗
niglich die Hömorrhoidalbeſchwerden ſehr zu,
auch leiden dieſe nicht ſo ſelten an flieſſenden
Hämverheiden '?). Eben das gilt von denen
juͤugern, deren Monathsflus fehlt oder au 2
* BR
En ' N g
Mieiſt treten die Haͤmorrhoidalbeſchwer⸗ |
den erſt im ſpaͤteren Alter ein, nachdem ihre
Urſachen ſchon lange gewirkt haben, und weil
die groͤſſere Steifheit der älteren. Faſern die
Entſtehung der Stockungen in der Leber beguͤn⸗
W 105 ſtiget.
309) Dies beſtaͤtiget auch Friedrich Hoffmann
Diff. de ignorata vteri ſtructura multorum in
medicina errorum fonte. $. 29. Opusc patho-
logico-practica Hal. 1738. Decas. II. Diff. 3.
p. 360.) „Experientia compertum eſt, in femi-
nis annofioribus, quae non amplius menftruam
patiuntur purgationem, ſaepenumero, ſi non
venarum ſedis ſtillicidium, conatum tamen et
niſum ad illud variis malis, ſuppreſſa hac eva-
cuatione ſuboriri.“
ſtiget. Aber bisweilen findet man fie doch
ſchon bei ſehr jungen Menſchen, wenn die Ur⸗
ſachen ſtark genug gewirkt haben. So eben,
indem ich dieſes ſchreibe, verlaͤßt ein junger
Mann von drei und zwanzig Jahren mein Zim⸗
mer, der mir geklagt hat, daß er an dieſem
Uebel leide. Einen andern kenne ich, der von |
öfteren Eſſigklyſtiren in ſeinem zwanzigſten Jah⸗
re die blinden Hämorrhoiden bekam. Weiber
leiden oft eben ſo jung an dieſer Plage, durch
Wirkung der Schwangerſchaft und Geburt
(J. 69). Sogar Kinder können ſchon haͤmor⸗
rhoidaliſch fein. Ich habe ein Kind von ſechs
Jahren gekannt, das ſeiner Mutter im Geſich⸗
te ſehr aͤhnlich war, und zugleich eben ſo ſchlimm
an Askariden, und faſt eben ſo ſchlimm an blin⸗
den Haͤmorrhoiden litt, wie ſie ). Doch iſt
das
* Schon mehrmals habe ich die Bemerkung ge⸗
macht, daß Kinder, die einem ihrer Aeltern in
der Bildung ſehr aͤhnlich waren, auch zu den⸗
ſelben Krankheiten Geneigtheit zeigten, zu wel
chen der Vater oder die Mutter geneigt war.
Ich ſehe auch wahrlich nicht ein, warum eini—⸗
ge Aerzte die erbliche Geneigtheit zu Krankhei⸗
ten ſo ganz leugnen wollen. Kann nicht durch
die
81
das Haͤmorehoidalüͤbel bei Kindern ſelten, weil
85 manchen entfernten Urſachen deſſelben, dem
enuſſe hitziger Getraͤnke, der ſitzenden Lebens—
art ꝛc. weniger ausgeſetzt ſind. Bei einem Kin⸗
de, das an den blinden Haͤmorrhoiden litt,
ſchienen mir die ſtark gewuͤrzten Speiſen, wel⸗
che ſeine Aeltern alltäglich zu eſſen pflegten, und
von denen es ſeit ſeinem zweiten Lebensjahre
immer mit gegeſſen hatte, die Urſache zu ſein.
Jener junge Mann war in ſeinen Knabenjah⸗
ren übermäßig zu Arbeiten angehalten, bei de
nen man ſitzen muß. Einen jungen Menſchen,
von achtzehn Jahren, ſah ich an der Aus⸗
zehrung ſterben, die er ſich durch uͤbermaͤßiges
Sitzen und Studiren, und zugleich durch Ona⸗
nie, zugezogen hatte. Ich oͤffnete feinen Leich⸗
nam, und fand auſſer vielen kleinen Eiterbeu—
len im Unterleibe die Venen des Maſtdarms
und des ganzen Gekroͤſes, ungeachtet der ganze
Körper wenig Blut hatte, eucſetzlich von Blute
ausgedehnt.
Vier⸗
die Zeugung eine gewiſſe Beſchaffenheit der
feſten Theile und Saͤfte ſich eben ſo wohl mit⸗
bheilen als eine gewiſſe Form?
. F
82 f —— —
Viertes Kapitel,
Von der Cur der blinden Haͤmorrhoiden.
E veſtra theoria ita tuta fit, vt praxi viam
brevem et planam ſternat.
BOISSIER Naſologia methodica, I. p. 3.
§. 72.
Wenn die blinden Haͤmorrhoiden erſt ſeit
kurzer Zeit entſtanden ſind, der Kranke noch
jung, uͤbrigens ziemlich geſund iſt, hinlaͤngliche
Lebenskraft hat, und willig iſt eine gute Diät
zu führen, fo kann man fie völlig heilen. Ich
habe einige Menſchen fo ganz von dem Uebel
befreiet, daß nicht die mindeſte Spur deſſelben
uͤbrig blieb.
9. 73.
Aber nicht immer kann man es dahin
bringen, und wohl in den wenigſten Faͤllen.
Meiſt kann man das Uebel nur mindern; ob⸗
wohl oft ſo ſehr mindern, daß nur ſehr kleine
Geſchwuͤlſtchen, und die Geneigtheit übrig blei⸗
ben, von den Urſachen des Uebels leichter und
geſchwinder das Uebel wieder zu bekommen,
als Jemand, der dieſe Geneigtheit nicht hat.
§. 74.
|
}
83
\
74
Wenn das Uebel ſchon alt ift, ſo iſt die
vollkommene Herſtellung deswegen nicht möge, .
lich, weil die Haͤute der Venen ihre Spannkraft
zu ſehr verloren haben (§. 10), und ihre Sub⸗
ſtanz ſchon verdickt iſt. Wenn der Kranke alt
iſt, ſo iſt ſeine Lebenskraft nicht mehr ſtark,
auch find feine Lebergefaͤße nicht mehr biegſam
genug, um den Fortgang des Blutes durch die
Leber zur natuͤrlichen Vollkommenheit herzu⸗
ſtellen. Warum ſchwache Lebenskraft, Kraͤnk⸗
lichkeit, oder Krankheit von anderer Art, uͤble
Diaͤt, die Heilung erſchweren, das iſt ohne wei⸗
tere Erklaͤrung einzuſehen. ö
§. 75.
Wir haben bei der Cur der blinden Haͤ⸗
morrhoiden eine zwiefache Anzeige: erſtlich den
Zufluß des Blutes in die Haͤmorrhoidalge⸗
fäße zu mindern, und zweitens, den Ruͤck⸗
fluß aus ihnen zu befoͤrdern.
. 76.
Um dieſen beiden Anzeigen Genuͤge zu
leiſten, iſt das erſte nothwendige Erforderniß,
zu verhuͤten, daß keine entfernten Urſachen der
Krank⸗
8
Krankheit ferner auf den Kranken wirken, we⸗
der die, von denen die Krankheit wirklich ent⸗
ſtauden iſt, noch auch andere, von denen fie
vermehrt werden koͤnnte. Wir muͤſſen daher
dem Kranken eine gewiſſe genaue Diät vor⸗
schreiben, und ihm dringend einſchaͤrfen, daß es
nicht moͤglich ſei, ihn zu heilen, wenn er dieſe
nicht halte.
| 77.
Gute Diär iſt für Geſunde das einzige
Mittel, die Geſundheit zu erhalten, und ſich
ein langes Leben zu verschaffen, und auch für
Kranke ein eben fo wichtiges, ja oft viel wich-
tigeres Mittel zur Geneſung, als die Arzneien
ſind. Wenn hie und da ein Menſch alt wird,
der alle Tage diaͤtetiſche Suͤnden begieng, ſo
beweiſet das nur, daß er eine beſonders vor—
treffliche Natur hatte, die den Wirkungen der
ſchaͤdlichen Dinge lange widerſtand. Man muß
nur unter dem Namen Diät ſich nicht einen
unrichtigen Begriff machen und etwa das
aͤngſtliche oder pedantiſch abgemeſſene Verhal⸗
ten einiger um ihre liebe Selbſtheit uͤbermaͤßig
beſorgten Menſchen verſtehen, die ſich durch Ver⸗
woͤhnung und Verzaͤrtelung der Wirkung mans
cher
— l 85
cher Dinge; „ welche doch nicht immer zu ver⸗
meiden ſind, um fo nieht ann |
Man muß ferner Diaͤt der Gebinden uud
der Kranken unterſcheiden. Der Geſunde muß
ſeinen Koͤrper ſtark erhalten durch gute Nah⸗
rung, fleiſſige Bewegung und oͤfteren Genuß
der freien Luft, ihn abhaͤrten durch derbe Koſt,
Strapazen und indem er ſich jeder, auch der
rauheſten, Witterung ausſetzt. Nur ſolche Din⸗
ge muß er vermeiden, die abſolut ſchaͤdlich find,
und durchaus vermieden werden koͤnnen. Fuͤr
den Kranken iſt aber groͤßere Behutſamkeit
und Einſchraͤnkung noͤthig; der Zweck ſich ab⸗
zuhaͤrten und an mancherlei Dinge zu gewoͤh—
nen, kann bei ihm nicht mehr im allgemeinen
erreicht werden. Er muß ſeine Lebensart, ſo
lange er krank iſt, ganz ſo einrichten, daß die
Verſchlimmerung feiner Krankheit verhuͤtet und
die Minderung derſelben befoͤrdert wird. Dies
gilt auch von den Haͤmorrhoidalkranken, wel⸗
che gewiß einer in mehreren Ruͤckſichten genauen
Diaͤt beduͤrfen, um zu geneſen. Indeſſen ſind
die Regeln, welche man ihnen zu geben hat,
wenig von denen abweichend, welche jeder ge⸗
dle befolgen ſollte, und es iſt auch gar nicht
ſo
86 |
fo ſchwer, ſie zu beobachten, daß man nicht
mit Recht von jedem E N dieſes fordern
kann.
7
H. 78.
Ich verlange fuͤrs erſte von allen Gi
rhoidalpatienten, daß fie die Warmen Ge⸗
traͤnke, die warmen Suppen, den warmen
Thee und Kaffee vermeiden, um nicht immer⸗
fort die Erſchlaffung der Blutgefaͤße des
Darmkanals zu vermehren. Am beſten iſts,
wenn ſie alle dieſe Dinge ganz weglaſſen; wenn
ſie Morgens bloß etwas gutes altes Brodt
und kaltes Waſſer genieſſen, wobei ſich, wie
ich izt hie und da erfahre, manche junge deu⸗
te, die ſich daran gewoͤhnt haben, vortrefflich
befinden. Statt des Waſſers iſt friſche kalte
Milch, weil fie mehr naͤhrt, für diejenigen befr
ſer, welche ſie vertragen koͤnnen. Wer ſich ſchon
zu ſehr gewoͤhnt hat, etwas warmes zu genießen,
der eſſe eine Bierſuppe, die fuͤr magere, durch
Einrühren von etwas Eidotter, noch naͤhren⸗
der wird). Dieſe iſt ein vortreffliches leicht
a 12 ver⸗
*) Bierſuppe mit Eidotter iſt auch ein vortref⸗
fliches Nahrungsmittel fuͤr Kinder, die man
eben
|
)
87
verdauliches und ſtaͤrkendes Nahrungsmittel,
da hingegen Thee und Kaffee bloß vermoͤge
der Milch naͤhrend ſind, die man etwa damit
vermiſcht. Des Mittags iſt es ganz unnoͤthig,
wenn man fefte Speiſen genießt, vorher Sup⸗
pe zu eſſen: und man wird jene gewiß beſſer
verdauen, wenn man ſie iſſet, ohne ſich erſt
die Dauungskraft mit warmer Suppe zu
ſchwaͤchen. Vielleicht wäre es uͤberhaupt beſſer,
wenn wir alles kalt aͤſſen, wie ja andere, und
auch die in ihrem Bau uns aͤhnlichen Saͤuge⸗
thiere, thun. Wenigſtens haben ſich einige mei⸗
ner ‚Patienten, die am weiſſen Fluſſe, Verſchlei⸗
mung des Darmkanals, und anderer von Erz
ſchlaffung herruͤhrenden Uebeln litten, ſehr ge—
beſſert, nachdem ſie auf meinen Rath mehrere
N nach einander gar nichts Warmes
aßen,
eben ae hat „oder gar ohne Mutter⸗
milch aufziehen muß, zumal fuͤr ſolche, die
mager und ſchwach ſind. Oft vertragen die
Kinder die thieriſche Milch gar nicht gut, be⸗
kommen immer Saͤure davon, und bleiben
elend, fo lange man fie damit ernährt, befin⸗
den ſich aber alsbald beſſer und nehmen zu,
wenn ſie dies Nahrungsmittel bekommen.
88
aßen, und ſich bloß mit Brodt und kaltem ge⸗
bratenem Fleiſche ernaͤhrten.
Wie aber überhaupt ein Nik Kr kei⸗
ne Regel ganz allgemein gelten laſſen darf,
wenn nicht einer oder der andere ſeiner Patien⸗
ten fi) übel befinden fol, und wie es über-
haupt nothwendig iſt, bei jedem Menſchen auf
feine beſondere Conſtitution Ruͤckſicht zu neh⸗
men, ſo muß man hier auch nicht vergeſſen,
daß einige Menſchen, ſei es aus Gewohnheit
oder aus Idioſynkraſie, die kalten Speiſen und
Getraͤnke gar nicht wohl vertragen, und die
warmen daher nicht ganz entbehren koͤnnen.
Solchen muß man freilich die warmen Spei⸗
ſen und Getraͤnke in maͤßigem Genuſſe geſtat⸗
ten und ihnen nur verbieten, ſie heiß zu ge⸗
nießen. Indeſſen macht dieſes doch den Genuß
des Thees und des Kaffees nicht nothwendig,
da man ſtatt beiden jene Bierſuppe genieſſen
kann. Die Entwoͤhnung von dieſen Getraͤnken
macht zwar anfangs unbehagliche Empfindung;
es kommt aber nur darauf an, daß man ſich
feſt vornehme, eine Woche lang ihren Genuß
ganz zu unterlaſſen und man fühle ihr Beduͤrf-
niß nicht mehr.
H. 79.
\ * 7 89
au e eng
Ich e zweitens die e al⸗
ler erhitzenden Speiſen und Getraͤnke, um
nicht den Zufluß des Bluts in die Blutgefaͤße
des Darmkanals zu befördern, Wenn die Pa-
tienten dem Kaffeetopfe, der Weinflaſche und
den heißgewuͤrzten Leckerbiſſen nicht entſagen
koͤnnen, ſo werden ſie ihre Plage nicht los.
Auch die ſtarken mit vielem Hopfen gewuͤrzten
Biere muͤſſen fie nicht trinken, wenn ſie ihre
Geneſung befoͤrdern wollen. Doch wird es
auch hier bisweilen nothwendig, etwas weniges
nachzuſehen, wenn andere Arten von krankhaf⸗
ter Beſchaffenheit oder Gewohnheit einen maͤſ⸗
ſigen Genuß ſolcher Dinge unentbehrlich ma⸗
chen. Wer ſchon viele Jahre an den täglichen
Genuß des Weins gewoͤhnt iſt, der befindet
ſich ſehr übel, wenn man ihm plotzlich denſelben
ganz entzieht. Wer wenig Lebenskraft hat, ent⸗
behrt dieſes Analeptieum nicht ohne Nachtheil
ganz. Allein man kann ſich gewiß ohne allen
Nachtheil mit einer kleinen Portion eines oder
zweier Glaͤſer begnügen. Ich habe einige ſtar⸗
ke Weintrinker, die folgſam waren, bis zu
dieſer ſparſamen Gabe heruntergeſetzt, und ſie
haben nachher geſtehen muͤſſen, daß ſie beſſe—
ren
90 —
ren Appetit haͤtten, beſſer verdaueten, und viel
weniger an ihren Haͤmorrhoidalbeſchwerden lit⸗
ten, als zuvor. Einigen Hypochondriſten, die
ſehr oft zugleich haͤmorrhoidaliſch find, iſt auch
ſtarker Kaffee, ohne Milch, eine Weile nach
dem Eſſen getrunken, ein vortrefliches Verdau⸗
ungsmittel, das die Lebenskraft ihres Magens
in eine heilſame Thaͤtigkeit ſetzt, die Entſtehung
der Saͤure und der Blaͤhungen verhuͤtet.
Wenn ſie dieſes Mittel erſt kennen gelernt ha⸗
ben, ſo laſſen ſie es ſich nicht gerne wieder neh⸗
men, und man kann es ihnen zu dieſer Zeit
auch wohl geſtatten, eine nicht zu groſſe Por⸗
tion eines mäßig ſtarken Kaffees zu trinken,
wenn nicht das Haͤmorrhoidaluͤbel zu groß iſt,
indem er dann bei weitem nicht ſo uͤbel erhitzt
und reizt, als bei leerem Magen, die unvoll⸗
kommne Verdauung auch ſehr wichtige Nach⸗ 1
£heile hat, und mir noch kein Mittel bekannt
iſt, das minder ſchaͤdlich, als der Kaffee, waͤre,
und doch ſeine vortrefliche Wirkung leiſtete.
Der Wein thut bei den hypochondriſchen Maͤ⸗
gen das nicht, was der Kaffee thut; er ſcheint
vielmehr, vollends der gewoͤhnliche Tiſchwein,
die Entſtehung der Saͤure im Magen ſehr zu
beguͤnſtigen.
$. 80,
ur 2 — N
. u. | 91
\
$. 80. a: ER Kran.
Auch nicht zu naͤhrende Speiſen und
Getraͤnke muͤſſen die Patienten genieſſen, damit
ſie nicht zu vollbluͤtig werden, und von diefer
Seite das Uebel vermehren ($.51.), zumal
wenn eben die Adergeſchwuͤlſte ſtark geſchwollen
und ſchmerzhaft ſind.
$. 31.
Die Haͤmorrhoidalpatienten muͤſſen Ahlen:
terdings nicht viel ſitzen, zumal nicht mit vor⸗
waͤrts gekruͤmmtem Leibe, um nicht den Ruͤck⸗
fluß des Bluts aus den Venen der Daͤrme
zu hindern. Sie muͤſſen die Arbeiten, welche
ſie bisher im Sitzen verrichteten, z. E. das
Schreiben und Leſen, welches bei vielen Haͤ⸗
morrhoidalpatienten den groͤßten Theil ihrer Be⸗
ſchaͤftigung ausmacht, im Stehen verrichten, in⸗
dem dieſe Stellung für ihr Uebel bei weitem
zutraͤglicher iſt. Ich kenne einige Gelehrte,
Kaufleute ꝛc. die ſich ſo daran gewoͤhnt haben,
ihre Schreibgeſchaͤfte im Stehen zu verrichten,
daß ſie ſich faſt nie mehr dabei ſetzen, und ſie
leiden, ſeitdem ſie dieſes thun, an den Haͤmor⸗
rhoidalbeſchwerden ungleich weniger. Einigen
iſt es nicht möglich, lange zu ſtehen, weil fie
zu
zu ſchwach fin, und dieſe anſtrengende Stel⸗
lung nicht lange aushalten koͤnnen; dieſe muͤſ⸗
ſen abwechſeln mit Stehen und Sitzen, und bei
dem Sitzen dafuͤr ſorgen, daß ihr Arbeitstiſch
in Verhaͤltniß ihres Stuhles hoch genug fei,
damit fie nicht noͤthig haben, ſich vorwärts zu
kruͤmmen. Beſonders gut ſind fuͤr ſolche, wel⸗
che ſich viel mit Schreiben beſchaͤfftigen muͤſ⸗
fen, Stühle, deren Sitze faſt wie Suͤttel ge⸗
ſtaltet ſind, ſo daß die Beine des Menſchen,
der darauf ſitzt, geſtreckt herab haͤngen, und
dazu eingerichtete Tiſche, die einen Ausſchnitt
fuͤr den Leib des davor ſitzenden und an beiden
Seiten vorſtehende Kanten haben, auf die man
die Arme ſtuͤtzt, und gehindert wird, ſich vor
waͤrts zu kruͤmmen. Doch muͤſſen dieſe Stuͤhle
gut geformt ſein, nicht zu erhaben in der
Mitte, damit die Harnroͤhre keinen nachtheili⸗
gen Druck erleide, und die Füße muͤſſen durch
Fußtritte unterſtuͤtzt fein, damit nicht die
Schenkel durch die Schwere der Beine an den
Sitz angepreßt, und die ruͤckfuͤhrenden Sen
der e gedruͤckt werden.
§. 82.
Hingegen iſts hoͤchſt noͤthig, daß man
ſich fleiſſig bewege, um von den Aderge⸗
5 ſchwuͤl⸗
*
ſchwuͤlſten des Maſtdarms befreiet zu werden.
Einige Menſchen koͤnnen ſich ja Geſchaͤffte
waͤhlen, welche mit Bewegung verbunden ſind.
Weiber finden dazu viele Gelegenheit in der
Beſorgung ihres Hausweſens; laſſen ſie lieber
das, wobei man ftill ſitzt, durch andre thun,
und beſchaͤftigen fi ſich mit Dingen, bei denen
ſie in Bewegung ſind. Manche Maͤnner, de⸗
ren Geſchaͤfft es mit fi) bringt, viel zu ſchrei⸗
ben, und manche Weiber, die mit Naͤhen ihr
Brod verdienen muͤſſen, ſind uͤbel daran, wenn
ſie von den blinden Haͤmorrhoiden geplagt
werden, weil ihr Geſchaͤft ihre Krankheit un⸗
vermeidlich verſchlimmert. Indeſſen iſt es doch
nicht leicht Jemanden unmoͤglich, taͤglich eine
Stunde oder etwas mehr zur Bewegung zu
verwenden.
Das Gehen iſt fuͤr die Hämorrhoidal⸗
patienten eine der beſten Bewegungen, weil
dabei die Bauchmuskeln von beiden Seiten
wechſelsweiſe einen gelinden Druck auf die Ein-
geweide des Bauches ausuͤben, und dadurch
den Ruͤckfluß des Blutes aus ihm befördern.
Das Gehen muß aber ſtark genug und mit hin⸗
laͤnglicher Bewegung des ganzen Unterleibes
| geſchehen, wenn es auch pofitiv und nicht bloß
negativ
vr 0
N
negativ deswegen nuͤtzen ſoll, weil es nicht
Sitzen iſt. Das gewoͤhnliche Spaziren der
Frauenzimmer iſt nur ein abwechſelndes Stes
hen auf einem Beine.
Für diejenigen, welche Kraft genug har
ben, iſt das Holzſaͤgen und Hobeln eine
5 treffliche heilſame Bewegung, (eine viel wirk—
ſamere als das Drechſeln,) weil man dabei den
Bauch immer hin und her bewegt. a
Das Reiten iſt den Haͤmorrhoidalpatien⸗
ten nur mit groſſer Einſchraͤnkung anzura⸗
then. Den Schritt vertragen ſie zwar gut,
aber der hilft ihnen nichts. Das Traben
ſcheint vermöge der Erſchuͤtterung, die es ver⸗
urſacht, ihnen ſehr zutraͤglich zu ſein; allein,
wenn die Blutanhaͤufung im Unterleibe groß
iſt, ſo bekommt ihnen dieſe ſtarke Erſchuͤtterung
ſehr uͤbel, zumal, wenn ſie lange fortgeſetzt
wird, und das Pferd einen unſanften Gang
hat. Ich ſah mehrmals Haͤmorrhoidalkranke
nach einem ſtarken Niere ſich erbaͤrmlich befin-
den. Der zutraͤglichſte Gang des Pferdes fuͤr
dieſe Patienten iſt der Galopp, und ſie thun
am beſten, mit Schritt und Galopp abzuwech⸗
ſeln. Wenn eben dicke und ſchmerzhafte Zak⸗
ken
ken am Maſtdarme find, fo muͤſſen die Pa⸗
tienten das Reiten ganz unterlaſſen, weil das
Reiben und Stoßen auf dem Sattel den
Schmerz vermehrt und Entzuͤndung verurſacht.
end n B, 5
Es giebt Haͤmorrhoidalpatienten, die zu
ſchwach ſind, um Bewegung, wenigſtens ſolche
Bewegung auszuhalten, die ihnen nuͤtzlich wer:
den kann. Dieſe Bedauernswuͤrdigen entbeh⸗
ren ein wichtiges Huͤlfsmittel zu ihrer Gene⸗
ſung. Damit ſie aber durch das anhaltende
Sitzen nicht immerfort noch elender werden,
muß man ihnen dringend anrathen, mit Liegen
abzuwechſeln, und ſich alle Tage einigemal eine
Weile auf eine horizontale Flaͤche nieder⸗
zulegen. Es iſt augenſcheinlich, wie viel das
zur Minderung der Beſchwerden beitraͤgt.
9. 84.
Solche, die wegen ihrer Geſchaͤfte durch⸗
aus nicht vermeiden koͤnnen, viel zu ſitzen, muͤſ⸗
ſen nicht auf Stuͤhlen ſitzen, die gepolſtert
ſind, am wenigſten auf ſolchen, deren Polſter
von wollenem Zeuge und mit Federn oder Wolle
gefuͤllt find, weil dieſe das Geſaͤß und den Af⸗
ter
6
ter erhitzen, das Blut in dieſe Theile ziehen,
und alſo das Haͤmorrhoidaluͤbel vermehren.
Am beſten und kuͤhlſten ſitzen ſie auf den be⸗
kannten Rohrſtuͤhlen, deren Sitze netzfoͤrmig
geflochten ſind. Wenn große Magerkeit noth⸗
nothwendig macht, weicher zu ſitzen, ſo nehme
man leinene Kuͤſſen, die mit Pferdehaaren ge⸗
ſtopft ſind, weil dieſe viel weniger erhitzen.
.
Hümoörrhoidärpaktehfen muͤſſen gar keine
Kleidungsſtuͤcke tragen, welche den Unter⸗
leib preſſ en.
Die Mannsperſonen muͤſſen die Gürtel
der Beinkleider nicht zu eng zuſchnallen, und
wer zu eitel iſt, um eine Falte an den Vorder⸗
theilen ſeiner Beinkleider zu dulden, der muß
wenigſtens Mittel anwenden, dieſe Eitelkeit
minder ſchaͤdlich zu machen. Er muß die Hin⸗
tertheile der Beinkleider lang genug machen laſ—
ſen, damit ſie nicht, wenn man ſitzt, ſich auf
dem Geſaͤße ſpannen, den hintern Theil des
Guͤrtels herunterziehen und dadurch den vor—
dern Theil deſſelben gegen den Bauch preſſen.
Wenn man lange ſitzt, ſo thut man wohl, den
Guͤr⸗
Gürtel ganz aufzuknöpfen, um den Deut
ganz vom Drucke zu been Zu
Die Sbuürbriſe von aller Akt „ fie a
ser hinten oder vorne zugeſchnuͤrt werden, muß
man als Arzt nicht nur allein denen, die ſchon
haͤmorrhoidaliſch ſind, ſondern uͤberhaupt ver⸗
bieten, weil ſie abſolut ſchaͤdlich ſind, und ſich
das Tragen derſelben in keinem Falle entſchul⸗
digen läßt. Man wird wahrhaftig nicht gerade
durch eine Schnuͤrbruſt, wenn man ſchon ſchief
iſt; wohl aber ſchief, wenn man gerade war.
Man iſt ſchlank ohne Schnuͤrbruſt, wenn man
ſchlank von Natur iſt, und erſcheint mit einer
Schnuͤrbruſt ſchlanker, als ohne dieſe haͤßli⸗
chen Futterale, die nur ein hoͤlzernes Anſehen
geben. Ich kenne Maͤdchen, die ſich niemals
geſchnuͤrt haben, und doch aͤuſſerſt ſchlank und
ſchoön gewachſen find. Man wird nicht ſchlank
durch eine Schnuͤrbruſt, wenn man kurz und
dick iſt, und die unbetraͤchtliche Verminderung
der Dicke, welche man dabei durch eine
| Schnuͤrbruſt erhält, erkauft man mit einem
erſchrecklichen Zwange der obern Eingewelde
2 des ED
6 §. 86.
2
98 ——
$. 86.
Auch das übermäßige Studiren muß
man den Haͤmorrhoidalpatienten unterſagen.
Den Gelehrten, die oft an dieſem Uebel und
der Hypochondrie zugleich leiden, iſt es ein treff⸗
liches Huͤlfsmittel, wenn fie einmal eine Zeit⸗
lang nur vegetiren, wenigſtens ihren Geiſt gar
nicht arbeiten laſſen.
. 87.
Hingegen iſt den Haͤmorrhoidalpatienten,
wie den Hypochondriſten, alle Auf heiterung
der Seele von augenſcheinlichem Nutzen, weil
ſie ſo wohlthaͤtig auf die Nerven wirkt, und
alle Verrichtungen, ſo auch den Durchgang
des Bluts durch die Leber, befoͤrdert. Es muß
ſich aber ein jeder, dem Aufgheiterung noͤthig iſt,
ſelbſt feine Gegenftände wählen, wenn fie ihm
dazu dienen ſollen. Die vermeinten Aufheite-
rungen, welche manche ihren Freunden aufdrin⸗
gen, ſind ihnen oft nicht Erholung, ſondern
Strapaze.
$. 88.
Verſtopfung des Abgangs muͤſſen die
Haͤmorrhoidalpatienten immer zu verhüten ſu⸗
chen, damit nicht der Koch durch Druck oder
Reiz
— 99
Reiz ihr Uebel vermehre. Sie muͤſſen daher
alle Dinge, die den Fortgang des Koths in
den Daͤrmen hindern, und daher auch in dieſer
Ruͤckſicht den Thee, den rothen Wein) und
das viele Sitzen vermeiden. Wenn ſie nicht
von ſelbſt hinlaͤngliche Oeffnung haben, fo muͤſ⸗
ſen ſie ſich mit gelinden Arzneimitteln helfen,
ſo viel dies geſchehen kann, ohne ihnen zu ſcha⸗
den. Sie muͤſſen, fo oft fie einen ganzen Tag
nicht Abgang hatten, Abends ein Klyſtir von
kaltem Waſſer, und uͤberdem, wenn der Abgang
im allgemeinen zu wenig erfolgt, alle vier oder
fünf Tage ein gelinde abfuͤhrendes Mittel,
(Abends und Morgens etwa 1 Loth Bitterfalz,)
nehmen.
9. 89.
Schwangere muͤſſen, ſowohl um das
Haͤmorrhoidaluͤbel zu vermeiden, als uͤberhaupt,
um ſich in ihren Umſtaͤnden geſund zu erhalten,
nicht anhaltend ſitzen, zumal nicht mit vorwaͤrts
gekruͤmmtem Leibe. Sie ſollten daher in dieſem
Buſtande gar nicht naͤhen, oder ſonſt etwas
thun,
*) Das der rothe Wein gewiſſen Patienten doch
dienlich ſei, werde ich unten ſagen.
thun, was dieſe Stellung erfordert. Sie muͤſ⸗
ſen ſich izt noch fleiſſiger bewegen, als ſonſt,
und das Spaziren muß bei ihnen in der Ta⸗
gesordnung fein. Sie muͤſſen länger im Bette
liegen, und in den lezten Zeiten der Schwan⸗
gerſchaft auch am Tage ſich bisweilen niederle⸗
gen, um den Ruͤckfluß aus den Venen des
Beckens zu erleichtern. Sie muͤſſen nichts
druͤckendes am Leibe tragen, alle Kleidung muß
loſe ſitzen, und die Roͤcke muͤſſen leicht ſein,
um nicht den gewoͤlbten Bauch abwaͤrts zu
druͤcken. Auch muͤſſen fie für hinlaͤngliche Be⸗
förderung des Abgangs (F. 88.) um fo mehr
Sorge tragen, da die Verſtopfung deſſelben
in dieſer Periode bei vielen eintritt. Das alles
muͤſſen Schwangere auch ſchon dann thun,
wenn ſie gar nicht Wäworrzaideliſc ſind, um
es nicht zu werden.
$. 90.
Es kann nicht fehlen, daß ein Haͤmor⸗
rhoidalpatient durch eine genaue Befolgung al⸗
ler dieſer Regeln ſchon merklich erleichtert wird.
Wenn er noch ein Anfaͤnger in ſeiner Krank—
heit iſt, und der Grad derſelben noch nicht groß
iſt, ſo ſind bisweilen bloß dieſe diaͤtetiſchen Mit⸗
tel
|
x \ a x — — 5 101
tel ſchon hinreichend, um es zu heben. Je aͤl⸗
ter aber das Uebel iſt und je höher der Grad,
den es erreicht hat, deſto noͤthiger iſt der Ge⸗
brauch therapeutiſcher Mittel.
. Ka
Den Gebrauch dieſer Mittel muͤſſen wir
in den meiſten Faͤllen damit anfangen, den
Darmkanal zu reinigen, um ihn von Un⸗
reinigkeiten, welche durch ihren Reiz das Uebel
vermehren koͤnnen, zu befreien. Wir muͤſſen
uns aber dazu gelinder und kuͤhlender Mittel
bedienen, und auch dieſe nicht in zu großer Ga⸗
be und nicht zu lange geben, nur etwa drei
Tage lang ihren Gebrauch fortſetzen, dann ei⸗
nige Tage lang inne halten, u. ſ. w. bis die
Zeichen der Unreinigkeiten verſchwunden ſind.
Der Gebrauch hitziger und heftig wirkender
Purgirmittel und großer Gaben, ſchadet durch
Reizung und Schwaͤchung des Darmkanals
mehr, als er durch Abführung der Unreinigkei⸗
ten Nutzen ſchaft. Heftiges Purgiren macht
die Haͤmorrhoidalpatienten zuſehends elender,
da hingegegen * > immer 1
| —
$. 92.
$. 92.
Auch nach einmal verrichteter hinlaͤngli⸗
cher Reinigung des Darmkanales iſt es bei den
meiſten dieſer Patienten noͤthig, daß derſelbe
von Zeit zu Zeit wieder ausgeleert werde, weil
die Atonie und Schwaͤche ihres Darmkanales
die Anſammlung der Unreinigkeiten geſtattet.
Dies geſchieht theils durch Klyſtire, theils durch
abfuͤhrende Mittel, die durch den Mund ge⸗
nommen werden. Um nur den Koth wegzu—
ſchaffen, welcher im untern Theile des Darm⸗
kanales liegt, iſt es hinreichend, Klyſtire zu
gebrauchen, und gar nicht noͤthig, dem Magen
beſchwerlich zu fallen. Wenn man aber Zei⸗
chen von Unreinigkeiten im obern Theile des
Darmkanals wahrnimmt, ſo muß man auch
abführende Mittel gebrauchen, weil die 1
ſtire dahin nicht wirken.
§. 93.
Dis besten abfuͤhrenden Mittel fuͤr Haͤ⸗
morrhoidalpatienten ſind das Bitterſalz und
die waͤßrige Khabarbertinctur. Dieſe Mit⸗
tel wirken gelinde, und machen keinen ſchaͤdli⸗
chen Reiz. Die leztere allein iſt zu ſchwach;
das erſtere allein ſchwaͤcht, wenn es öfter ge⸗
braucht
|
|
|
a
braucht wird, wie alle kuͤhlende Mittelſalze,
die Reizbarkeit des Magens und der Gedaͤrme;
zweckmaͤßig iſt daher die Verbindung beider
Mittel, indem dann die Rhabarbertinctur die
ſchwaͤchende Eigenſchaft des Mittelſalzes verbeſ⸗
ſert. Ich laſſe von dem erſteren 2 Loth in 2 Lothen
Meliſſenwaſſer und eben ſo viel ſtarker Rha⸗
barbertinctur“) auflöfen, und davon Abends
und Morgens die Haͤlfte, bei beweglicheren
nur den vierten Theil, nehmen. Einige Pa⸗
tienten ſind zu wenig beweglich, als daß dieſes
gelinde Mittel hinlaͤnglich wirken koͤnnte; bei
dieſen muß man ſtatt des Meliſſenwaſſers in
jener Miſchung einen Aufguß von Sennablaͤt⸗
tern nehmen.
| d. 94
Das Glauberſalz ſcheint, chemiſch be⸗
trachtet, die Stelle des Bitterſalzes wohl ver⸗
treten zu koͤnnen. Allein ich finde doch, daß
manchen Hypochondriſten, welche das Bitter⸗
falz ganz wohl vertragen, das Glauberſalz meiſt
ſehr
) Die Rhabarbertinciur muß ohne Alkali ge-
gemacht ſeyn, wenn ſie nicht einen Theil des
Bitterſalzes zerſetzen ſoll; obwohl dieſes nicht
erheblich iſt. 5
fehr uͤbel bekommt. Daher wähle ich bei Haͤ⸗
morrhoidalpatienten, die zugleich hypochondriſch
find, immer lieber das Biel vun
| e Senken
Die Rhabarber in Pulver iſt für die
Haͤmorrhoidalpatieuten kein gutes Abfuͤhrungs⸗
mittel. Bei denen, welche zum Haͤmorrhoi⸗
fluſſe geneigt ſind, erregt ſie denſelben leicht.
Auch die blinden Haͤmorrhoiden werden dadurch
dicker und ſchmerzhaft; bisweilen fuͤhlen Pa⸗
tienten nach einer einzigen Gabe dieſes Mittels
ihre Beſchwerden wieder, wenn ſie eine Zeitz
lang nichts gemerkt hatten. Bei manchen ent⸗
ſtehen davon ſtarke Ruͤckenſchmerzen, und eine
aͤuſſerſt unbehagliche Empfindung im ganzen
Unterleibe, von der das ganze Nervenſyſtem
angegriffen wird. Wenn bei einem Haͤmor⸗
rhoidalpatienten andere Umſtaͤnde den Gebrauch
der Rhabarber noͤthig machen, ſo muß man ſie
wenigſtens in ſehr kleinen Gaben wur „ W
mehr als 1o Gran.
§. 96. |
Die Aloe iſt im allgemeinen für dieſe
Kranken bben ſo verwerflich, als die Rhabar⸗
5 ber.
ber. Allein kleine Gaben des waͤßrigen Ex⸗
tracts, mit Bitterſalz verbunden, wirken vor⸗
treſtich als abfuͤhrendes Mittel, viel beſſer als
das bloße Bitterſalz, und nachdem ich es ge⸗
wagt habe, dieſe Miſchung auch bei Haͤmor⸗
rhoidalpatienten anzuwenden, wenn andere An⸗
zeigen, ein ſolchek abfuͤhrendes Mittel zu ge⸗
brauchen, da waren, finde ich, daß dieſelbe ih⸗
nen nicht nur nicht ſchadete, ſondern ſehr wohl
bekam. Man muß aber die Miſchung ſo ver⸗
ſchreiben, daß nicht mehr als ein Gran des
waͤßrigen Extractes auf jede, taglich ee
zu wehe Gabe knen.
$. 97.
1 Die Manna iſt wohl ein gelindes abfüh-
. rendes Mittel, allein in kleinen Gaben iſt ſie
zu unwirkſam und in groſſen zu blaͤhend; da⸗
her gebrauche ich ſie nicht gern, und 15 Hy⸗
pochondriſten gar nicht. Bei ſchmerzhaften Has
gehenden, muß man doch bisweilen zu ihr
Hallucht nehmen, weil ſchaͤrfere Mittel die
cen vermehren.
sc | §. 98. 8 4
Da ich oben ($. ni die Klyſtire zu
den Urſachen der blinden Haͤmorrhoiden ge⸗
inn 5 N zaͤhlt
zähle habe, fo ſcheint es widerſprechend, daß
ich hier (§. 92) anrathe, den Abgang des Kos
thes durch Klyſtire zu befoͤrdern. Allein nur
der oͤftere Gebrauch ſehr Warmer oder ſchar⸗
fer Klyſtire iſt eine Urſache derſelben. Die
Haͤmorrhoidalpatienten muͤſſen nur lauliche
oder gar kalte, nur milde, von Habergrüßs
bruͤhe mit Oel und wenig (3 Loth) Glauber⸗
ſalz, und auch dieſe nicht oft, nur dann neh⸗
men, wenn der Mangel des Abgangs ſie noͤ⸗
thig macht. Wenn auch dies ihr Uebel et⸗
Was vermehren ſollte, ſo iſt das, wie in
manchen Faͤllen der mediciniſchen Praxis, nicht
zu aͤndern; allein der Nachtheil ſolcher ſelten
gebrauchten Klyſtire iſt doch bei weitem ge⸗
ringer, als die üble Wirkung der Ders
ſtopfung und der Verhaͤrtung des zuruͤckgehalt⸗
nen Koths.
$. 99.
Die Reinigung des Darmkanales bei der
Cur der blinden Haͤmorrhoiden dient nur 15.
zu, etwas wegzuſchaffen, das ſonſt die Kran
heit unterhält. Daß fie die Heilung der
Krankheit ſelbſt nicht bewirke, iſt leicht
einzuſehen. Dieſe erfordert gewiſſe therapeu⸗
tiſche
1
7
5 . 107
tiſche Mittel, zu deren Betrachtung wir nun
agen
1 f
Wenn man mich fraͤgt, mit welchen
Mitteln ich die blinden Hämorrhoiden ver-
treibe, ſo kann ich ſehr kurz antworten: mit
Tartarus tartariſatus und kaltem Waſ⸗
fer. In einigen Faͤllen habe ich, bei einer gu⸗
ten Diät, blos durch dieſe beiden einfachen Mit:
tel, jene Geſchwuͤlſte ganz weggeſchaft, in vie⸗
len aber, in welchen voͤllige Wegſchaffung nicht
mehr moͤglich war, ſie ſo vermindert, daß nur
unbetraͤchtliche Ueberbleibſel bleiben, die zwar
bei Veranlaſſungen wieder anſchwollen, aber
dann auch denſelben Mitteln wider wichen.
6. 101.
In jedem Falle iſt es noͤthig, die
Spannkraft der Venen des Maſtdarms
wieder herzuſtellen, denn dieſe iſt immer da⸗
bei vermindert. Entweder war ſie ſchon vor
der Entſtehung der Geſchwuͤlſte vermindert,
und iſt die Urſache der Anſchwellung (§. 47);
oder ſie iſt doch eine Folge der Ausdehnung,
wenn auch die Anhaͤufung des Blutes von an⸗
deren Urſachen entſtand (§. 1 o).
$. 102;
10 g. 102. \
Die 5 herzuſtellen, dienen
ſtaͤrkende Mittel, und zwar ſolche, welche
die Spannkraft vermehren (tonica, adſtrin-
gentia) 9). unter allen diefen Mitteln ift Fei-
nes hier ſo ſchicklich, ſo wirkſam und ſo un⸗
ſchuldig, als das bloße kalte Waſſer. f
Da die Verminderung der Spannkraft
in den Venen des Maſtdarms iſt, ſo muß
das ſtaͤrkende Mittel an ſie ſelbſt angebracht
werden; man muß alſo Alyftire von kaltem
Waſſer geben. Dieſes einfache Mittel wirkt
ſo vortreflich gegen die Ackergeſchwuͤlſte des
Maſtdarms, daß ich es dringend empfehlen
muß. Es hat mir in der Cur dieſer oft ſo
plagenden Uebel große Dienſte geleiſtet; bei
allen Patienten, die es auf meinen Rath ger
brauchten, hat es die Geſchwuͤlſte merklich ge⸗
mindert, und meiſt ſo ſehr, daß nur kleine zu⸗
ſammengeſchrumpfte Zaͤckchen, ohne Schmerz
und Beſchwerde, am After zu ſehen waren;
bei einigen hat es ſie 5 und gar fort⸗
ge⸗
*) Man muß dieſe wohl von denen ſtaͤrkenden
Mitteln unterſcheiden, welche die Lens
kraft vermehren.
— ı 109
geſchafft. Bei keinem habe ich von dem Ge
brauche deſſelben den geringſten Nachtheil be
merkt, ausgenommen bei einem, der vorzuͤglich
empfindlich war, und nach jedem Klyſtire fo
ſtarke Kraͤmpfe in dem Gedaͤrme bekam, daß
ich den Gebrauch des Mittels nicht fortſetzen
durfte.
% P Kalte Aufldſungen von Alaun, Eiſenvi⸗
triol ic. find noch zuſammenziehender, als blof-
ſes kaltes Waſſer; allein ſie ſind zu reizend
fuͤr den empfindlichen Maſtdarm, um ſie taͤg⸗
lich gebrauchen zu dürfen. Das bloße kalte
Waſſer wird im Maſtdarme bald erwaͤrmt,
verliert dadurch ſeine reizende Eigenſchaft, und
daher dauert die Zeit der Reizung nur ſehr
kurz. Freilich dauert denn auch die Zeit der
Zusammenziehung nur kurz, denn ſo wie das
Waſſe er erwaͤrmt wird, verliert es auch ſeine
| zuſammenziehende Kraft. Allein wenn gleich
die Wirkung jedes einzelnen Klyſtires nicht
groß iſt, ſo betraͤgt doch die Summe oft wi⸗
derholter Klyſtire ſehr viel, und man darf de⸗
ſto dreiſter ſie taͤglich wiederholen, da die
Wirkung jedes einzelnen nicht lange dauert.
Man darf ſich wegen der kurzen Dauer der
Zuſammenziehung nicht fürchten, daß die Kälte
der
110
der Klyſtire durch Zuruͤcktreibung des Blutes
nach andern Theilen ſchaͤdlich werde.
Ich laſſe die Patienten anfangs alle Tage
ein ſolches Klyſtir nehmen, ſogleich nachdem
die natuͤrliche Ausleerung des Koths erfolgt
iſt. Erfolgt dieſe nicht von ſelbſt, ſo laſſe ich
ſie erſt durch ein kaltes Klyſtir befoͤrdern, und
das zweite nachher nehmen. Wenn ich finde,
daß die Patienten die Klyſtire ohne bemerkli⸗
chen Nachtheil vertragen, ſo laſſe ich nachher
(nach etwa 14 Tagen) taͤglich zwei nehmen,
eines vor, das andere nach Mittage. Die
Klyſtire von kaltem Waſſer find auch ein vor-
trefliches Mittel zur Befoͤrderung des Ab⸗
gangs; ſie haben mir in einigen Faͤllen den
Abgang befoͤrdert, in denen die gewöhnlichen
warmen Klyſtire nichts geholfen hatten. Der
ſtarke! Reiz der Kälte wirkt nicht bloß auf
den unterſten Theil des Darmkanals, den das
kalte Waſſer berührt, ſondern per conſenſum
auch auf den obern Theil des Darmkanals.
Oft bewirken ſie einen gelinden Kolikſchmerz
im obern Theile des Bauchs, und dann ers
folgt ein reichlicher Abgang.
Die
111.
Die Patienten muͤſſen dieſe Klyſtire ſo
lange an ſich behalten, als ſie koͤnnen, und
daher anfangs nur kleine Quantitaͤten einſpriz⸗
zen „ bis der Maſtdarm allmaͤhlig mehr vers
traͤgt. Es iſt daher auch gut, wenn ſie ſich,
nachdem ſie das Klyſtir genommen haben,
auf die (linke) Seite legen, und eine Viertel⸗
ſtunde liegen bleiben.
d. 103.
Da kalt und warm relative Eigenfchaf-
ten ſind, welche viele Grade haben, ſo muß
man den Patienten die Kaͤlte ihrer Klyſtire
einigermaſſen beſtimmen. Das Waſſer muß
ſo kalt ſein, daß es im Maſtdarme hinlaͤng⸗
liche Empfindung von Kälte, verurſacht, ohne
Schmerz zu erregen. Jur Zeit der Froſtkaͤlte
iſt das Waſſer, wenigſtens für die meiſten,
etwas zu kalt, und muß erſt eine Weile in
in einem geheizten Zimmer geſtanden haben,
ehe es angewandt wird. Auſſerdem aber laſſe
ich die Patienten das Waſſer ſo kalt nehmen,
wie es aus dem Brunnen kommt. Es kommt
hier indeſſen nicht allein auf die Kaͤlte des
Obiects, ſondern auch auf die Empfindlichkeit
des Subjects an, und da findet man einige,
denen
112 r
denen auch auſſer der Froſtkaͤlte das Waſſer
zu kalt iſt, und ſehr unangenehme Empfindung
macht. Fuͤr dieſe muß man anfangs das Wafz
ſer ein wenig erwaͤrmen, indem man etwas
warmes zugießt; allmaͤlig aber muß man von
Tag zu Tage die Waͤrme vermindern, bis ſie
endlich das Waſſer vertragen koͤnnen, fo kalt
es vom * kommt. )
§. 10%
Es giebt gewiſſe Fälle, in welche die Anz
wendung der Klyſtire bedenklich iſt. 5
1) Wenn zugleich Haͤmorrhoidalfluß u
iſt. Dieſen muß man zwar nicht, wie manche
Aerzte fuͤr gut halten, durch treibende Mittel
befördern, aber doch auch nicht ſtopfen; und
das leztere iſt von der Kaͤlte zu fuͤrchten. In⸗
deſſen hat kein Haͤmorrhoidalpatient den Fluß
beſtaͤndig; und man findet immer Zwiſchenzei⸗
ten, in denen die kalten Klyſtire ſich DEREN!
laſſen.
2) Wenn die Leber hart iſt, oder andere
Zeichen da find, die Verſtopfungen in derſelben
fuͤrchten laſſen. Die zuſammenziehende Kraft!
der Kaͤlte kann hier nicht helfen, weil das;
Blut
113
Blut nicht genug Raum findet, zu weichen,
und fie konnten da ſchaͤdliche Wirkungen haben,
3j) Wenn der Kranke vor kurzer Zeit
Bluthuſten oder Blutbrechen erlitten hat. Es
iſt zu beſorgen, daß die Zuruͤcktreibung des
Bluts aus den Venen des Maſtdarms Con
geſtion deſſelben in die Blutgefaͤße der bungen
oder des Magens bewirke.
4) Aus eben dieſem Grunde, naͤmlich we⸗
gen der zu befuͤrchtenden Congeſtion in die
Blutgefaͤße des Kopfs, iſt der Gebrauch der
kalten Klyſtire zu widerrathen, wenn der Kran⸗
ke zu Apoplexie geneigt iſt.
5) Perſonen, die ſehr empfindlich ſind,
vertragen den Reiz des ſehr kalten Waſſers
im Maſtdarme gemeiniglich nicht. Man fin-
det das bei den erſten Verſuchen. Bei dieſen
muß man das Waſſer anfangs minder kalt,
und nachher allmaͤlig Fälter nehmen.
0
6) Auch dann, wenn die Adergeſchwuͤlſte
eben ſehr ſchmerzhaft und geſpannt ſind, ver⸗
mehrt der Reiz der Kaͤlte den Schmerz, und
man muß daher dieſes Mittel ſo lange aus⸗
H ſetzen
414 8
ſetzen, bis die Schmerzen — andere Mittel
gehoben ſind.
7) Selbſt die allgemeine Vollluͤtigkeit
giebt eine Gegenanzeige der kalten Klyſtire.
Wenn alle Blutgefaͤße zu viel mit Blute an⸗
gefuͤllet ſind, ſo kann das Blut aus den Venen
des Maſtdarms nicht zuruͤckgetrieben werden,
ohne daß in irgend einem andern Theile eine
ſtarke Anhaͤufung des Blutes zu fuͤrchten iſt.
Man muß daher bei Vollbluͤtigkeit immer erſt
zur Ader laſſen, ehe man dieſes Mittel ger
braucht.
8. 105.
Wo bei dem Haͤmorrhoidaluͤbel Atonie
des ganzen Darmkanales, oder gar des gans
zen Koͤrpers da iſt, dient das allgemeine
kalte Bad als ein vortrefliches ſtaͤrkendes
Mittel. Die Kaͤlte iſt ein durchdringendes
ſtaͤrkendes Mittel, indem ſie den Waͤrmeſtoff
aus dem innerſten des Körpers herauszieht,
Hund dadurch auch in den Eingeweiden die
Theilchen der Faſern zuſammendraͤngt, da hinz
gegen andere zuſammenziehende Mittel ihre
Wirkung nur auf die Oberfläche erſtrecken.
§. 106.
1
—— . 115
e e K. 106.
Eben da dient denn auch der Gibrauch .
ſolcher ſtaͤrkeuden Mittel, die durch den
Magen genommen werden. Aber, wenn
Stockungen in den Eingeweiden, oder Unrei⸗
nigkeiten im Darmkanale da ſind, ſo muͤſſen
jene erſt aufgeloͤſet, dieſe muͤſſen ausgefuͤhret
fein, ehe man wagen darf, ſolche ſtaͤrkende
Mittel zu gebrauchen, weil die Erfahrung
lehrt, daß dieſe Wirkungen darch dieſelben ſehr
verſchlimmert wreden. Und überhaupt bekom⸗
men die meiſten durch den Magen genommenen
ſtaͤrkenden Mittel den Haͤmorrhoidalpatienten
gemeiniglich nicht, wenn man auch nicht eben
ſonderliche Zeichen von Stockungen in den
Eingeweiden oder von Unreinigkeiten im Darm⸗
Fanale wahrnimmt.
Kai, Te
Dies gilt beſonders von der Chinarin⸗
de, die unter allen toniſchen Mitteln zum in⸗
nerlichen Gebrauche faſt das beſte und wichtig⸗
ſte iſt, und beſondere heilſame Arzneikraͤfte hat,
welche doch kein anderes derſelben zu haben
ſcheint, aber den Haͤmorrholdalpatienten jelten
gut bekommt, und namentlich die blinden Haͤ⸗
mor⸗
morrhoiden oft mehr geſchwollen und ſchmerz⸗
haft macht. Ich kann wenigſtens nach mei⸗
nen Bemerkungen ihr das Lob nicht beilegen,
welches ihr Werlhof giebt, ſo ſehr ich auch
übrigens mit der vortheilhaften Meinung eins
ſtimmig bin, welche dieſer groſſe Mann von
ihr hatte. Er geſteht auch ſelbſt, der Gebrauch
dieſes Mittels bewirke, daß die blinden Haͤ⸗
morrhoiden bei ſeinem Gebrauche heraustreten,
obwohl er behauptet, daß fie bei dem fortge⸗
ſetzten Gebrauche deſſelben leicht und gewiß wie⸗
der vergehen ).
n
Eben das gilt im allgemeinen vom Eiſen,
wenigſtens von den meiſten Eiſenmitteln, die
man in den Apotheken bereitet. Die Ver⸗
ſtopfung des Abgangs, welche ſie bei manchen
bewirken, ſcheint dazu beizutragen. Die eiſen⸗
haltigen Mineralwaͤſſer find aber, wie fie:
uͤber⸗
40 WERLHOr obf. de febribus. Sect. III. $. 6.
Opp. ed. WI oMANN. Hannov. 1775. „ Qui-
busdam haemorrhoides coecae cum tenesmo
moleſto et alvo adſtricta prodeunt, ſed tem-
pore et continuato remedü vſu facile et certo
ovaneſcunt.“
überhaupt vortrefliche Mittel find, auch bei den
Haͤmorrhoidalpatienten, wenn ſie an Atonie
des Darmkanales leiden, von groſſer Wirk⸗
ſamkeit, und haben nicht die Nachtheile jener
Eiſenarzneien, theils wohl deswegen, weil
die Eiſenſalze in ihnen ſo ſehr gewaͤſſert ſind,
theils weil ſie zugleich Mittelſalze enthalten,
welche auflöfend und abfuͤhrend find. Dieſe
Waͤſſer wirken vermoͤge ihrer Kohlenſaͤure, die
ſie enthalten, auch als ein gelindes, wohlthaͤti⸗
ges Reizmittel, welches die zu träge Bewe⸗
gung des Blutes im Unterleibe befoͤrdert “*).
Sie
de Brandis betrachtet die Wirkung der eiſen—
haltigen Mineralwaſſer ſehr richtig, wenn er
ſagt: „Bei traͤger Bewegung der Gedaͤrme
und bei vermindeter Muskelkraft derſelben
wird auch ein traͤger Umlauf der Saͤfte in
den Gefaͤßen des Unterleibes, und aus die⸗
ſer Anhaͤufung der Bluts und anderer Saͤfte
in dieſen Gefaͤßen, Ausdehnung derſelben,
Haͤmorrhoiden ꝛc. entſtehen; das ſind aber noch
keine Verſtopfungen und alle dieſe Fehler wer⸗
den meiſt mit einem ſo wohlthaͤtigen toniſchen
Mittel, wie ſtark eiſenhaltige Mineralwaſſer
ſind, gehoben ꝛc. (Anleitung zum Gebrau⸗
che des Driburger Brunnens. Muͤnſter
1792. 167.)
118
Sie dienen aber freilich auch nicht in allen
Faͤllenn. Wenn die Kranken ſehr vollbluͤtig,
oder doch die Blutgefaͤße des Unterleibes uͤber—
haupt ſehr angefuͤllt find, fo wird die ſtaͤrkende
und reizende Kraft dieſer Waͤſſer mehr ſchaͤd⸗
lich als nuͤtzlich, und man muß erſt die Voll⸗
bluͤtigkeit gemindert, und den Ruͤckgang des
Bluts aus dem Unterleibe durch andere Mit⸗
tel befoͤrdert, den Darmkanal gereinigt haben,
ehe man ſolche Waͤſſer gebraucht 45).
8. 109.
42) Man vergl. Marrards Beſchreibung von
Pyrmont. II. S. 86. fgg. „So lange noch
die Gefaͤße des Unterleibes von Blute ſtrotzen,
der Umlauf des Blutes geſtoͤrt iſt, oder gar
das Blut eine Neigung zeigt, aus ſeiner Bahn
zu weichen, und durch irgend einen Theil des
RFaoͤrpers ſich zu ergieſſen, fo lange wäre es
unrecht, den Pyrmonter Brunnen zu gebraus
chen. Obgleich ſeine aufloͤſenden Kraͤfte ihn
unter die nuͤtzlichen Mittel gegen die Stockun⸗
gen ſetzen, ſo ſind hingegen ſeine ſtaͤrkenden,
belebenden, anfeuernden und treibenden Kräfs
te doch zu groß, als daß er ein ſicheres Mit⸗
tel abgeben koͤnnte da, wo es geſchwaͤchte, nach»
gebende und ausgedehnte Stellen in dem Ader⸗
ſyſtem giebt. Ich billige daher das Verfah⸗
| ren
|
|
ge = 119
Einigen Haͤmorrhodialpatienten bekenmen
die 1 eiſenhalthen Mineralwaͤſſer niemals gut,
auch nach hinlaͤnglicher Vorbereitung nicht.
Wer zu Congeſtion des Bluts nach der Bruſt
oder nach dem Kopfe geneigt iſt, dem entſteht
jene oder dieſe gemeiniglich bei dem Gebrauche
dieſer Waͤſſer. Bei denen, welche zum Haͤmor⸗
rhoidalfluſſe geneigt find, bringen dieſe Waͤſſer
oft denſelben wieder, und man irret ſehr,
wenn
ren der Kranken nicht, die ohne weitern Rath,
auf ihr eigenes Gutduͤnken, ohne weitere Vor⸗
bereitung alle Jahr zur Quelle nach Pyrmont
kommen, und eine groſſe Menge Waſſer fo lan⸗
ge trinken, bis fie die Hämorrhoiden zum Flufs
fe gebracht haben. — — — Nachdem aber
die Stockungen durch angemeſſene Mittel bis
auf einen gewiſſen Grad gehoben und aufge⸗
loͤſet find, das Blut abgekuͤhlt oder der Ueber:
fluß deſſelben gemindert, und die Circulation
wieder ins Gleichgewicht gebracht iſt, ſo daß
von den antreibenden Kraͤften des Brunnens
weiter kein Nachtheil zu erwarten ſteht; als⸗
denn ſtellet auch oft kein Mittel die Geſund⸗
heit beſſer her, als der Pyrmonter Brunnen,
und vollendet das Werk ic.
120
wenn man das fuͤr wohlthaͤtig haͤlt, weil die⸗
fer Fluß eine Folge der vergroͤſſerten Anhaͤu⸗
fung iſt. Haͤmorrhoidalpatienten, die viel
Spannkraft und Reizbarkeit haben, vertragen
gemeiniglich dieſe Waͤſſer nicht; hingegen ſchik⸗
ken fie ſich recht eigentlich für Atonie und
Mangel an Reizbarkeit.
$. 110.
| Auch der rothe Wein ift, aber ſehr
maͤßig genoſſen, ein vortrefliches ſtaͤrkendes
Mittel fuͤr Atonie des Darmkanals. Manche
Haͤmorrhoidalpatienten befinden ſich dabei vor⸗
treflich, wenn ihr Uebel vorzuͤglich Folge von
Schlaffheit iſt.
§. III.
Es kann Faͤlle geben, in denen die blin⸗
den Hämorrhoiden und überhaupt die Voll⸗
bluͤtigkeit des Darmkanals bloß von Atonie
des Darmkanals, ohne Stockung in der Leber,
entſteht. Wenn man davon gewiß uͤberzeugt
iſt, ſo kann man geradezu die kalten Klyſtire
und andere ſtaͤrkende Mittel gebrauchen. Al⸗
lein es moͤchte doch ſehr ſchwierrig ſeyn, es ge⸗
wiß zu beweiſen, und wenn auch offenbar Ur⸗
ſachen
ſachen auf den Kranken gewirkt haben, von
denen Atonie bewirkt wird, namentlich warme
Klyſtire und warme Getraͤnke, ſo kann man
doch daraus nicht ſchlieſſen, daß nicht auch
Stockungen in der Leber da ſind. Daher iſt
es immer ſicherer, die Cur mit gelinde auf⸗
loͤſenden Mitteln anzufangen, und von diefen
zu den kalten Klyſtiren ꝛc. uͤberzugehen.
12.
Unter dem Namen: aufloͤſende Mittel,
denken wir uns im allgemeinen ſolche Mittel,
welche tuͤchtig ſind, Stockungen aufzuheben.
Dieſe Mittel koͤnnen aber von ſehr verſchiede⸗
ner Art ſein.
Die Bewegung des Koͤrpers, und das
Reiben, find mechaniſche auflöfende Mit⸗
tel, welche die Stockungen heben koͤnnen, in⸗
dem ſie die Gefaͤße ſanft und abwechſelnd druͤ⸗
cken und dehnen c. Von der Bewegung, als
einem wichtigen Mittel fuͤr die Haͤmorrhoidal⸗
patienten habe ich oben (F. 82) geſprochen.
Chemiſche auflöfende Mittel koͤnnen auf
zweierlei Weiſe wirken. Erſtlich, indem ſie
die Säfte verduͤnnen, fluͤſſiger machen, und
4 da⸗
122
dadurch den Fortgang derſelben in den feinen
Gefaͤßchen erleichtern. Zweitens, indem ſie die
Gefäße auf eine beſondere Weife*) reizen und
ihre Thaͤtigkeit vermehren. Sie koͤnnen dieſe
Reizung idiopathiſch oder ſympathiſch ausüben.
Wir wiſſen aber von manchen chemiſch aufloͤ⸗
ſenden Mitteln noch nicht gewiß, ob ſie durch
Verdünnung der Säfte, oder durch eine be⸗
ſondere Reizung der feſten Theile wirken.
Einige auflöfende Mittel fi ſind zugleich er⸗
hitzend, andere kuͤhlend. Nur diejenigen
dienen bei dem Haͤmorrhoidaluͤbel, welche zu—
gleich kuͤhlend ſind. Die erhitzenden vermehren
die Congeſtion in die Blutgefäße des Darm⸗
aich
8 .
Die Mittel, welche bei dem Same
daluͤbel als chemiſch aufloͤſend wirken ſollen,
muͤſſen in den Darmkanal gebracht werden,
um auf das Syſtem der Pfortader zu wirken.
Es leidet wohl keinen Zweifel, daß ſie aus
dem Darmkanale durch ſympathiſche Reizung
auf
25) Auf beſondere Weiſe; denn nicht alles iſt
außsſend was reizt.
*
*
—— — — * - 123
auf daſſbe wirken koͤnnen, RR ſo wohl, als
Wuͤrmer im Darmkanale krankhafte Veraͤnde⸗
rungen in dem Gallenſyſteme bewirken. Solche
Mittel, welche durch Verduͤnnung des Bluts
aufloͤſen, koͤnnen nur ſehr mittelbar auf das
Blut im Pfortaderſyſteme wirken, indem fie das
Blut derjenigen Schlagadern verduͤnnen, aus
denen die Pfortaderwurzeln ihr Blut erhalten;
wenn wir nicht annehmen wollen, daß die Pfort⸗
aderwurzeln einſaugende Aeſte haben, (H. 16).
§. 114.
Unter allen auflöfenden Mitteln, welche
bei der Heilung des Haͤmorrhoidaluͤbels gute
Dienſte leiſten koͤnnen, kenne ich keines, das
ſo allgemein heilſam iſt, ſo ſchnell und ſo kraͤf—
tig wirkt, als der unter den Namen Tarta⸗
tus tartariſatus bekannte mit Pflanzenalkali
geſaͤttigte Weinſtein. Es iſt gewiß nicht einer-
lei, ob man bei einer Krankheit das eine oder
das andere Mittelſalz, das eine oder das an-
dere bittere Extract ꝛc. gebraucht, obwohl eini⸗
ge Aerzte das erſte beſte Mittelſalz und bittere
Extr act verſchreiben, was ihnen einfällt. Daß
man dieſe Mittel nicht hinlaͤnglich unterſcheidet,
ruͤhrt wohl großentheils daher, daß die meiſten
Aerzte
124
Aerzte ſowohl mehrere Mittelſalze, als mehrere
bittere Extracte mit einander vermiſchen.
Auch dieſes Mittelſalz hat in gewiſſen
Faͤllen eine beſondere Wirkſamkeit, welche an⸗
dere Mittelſalze nicht haben. Bei dem Haͤmor⸗
rhoidaluͤbel wirkt es fo vortreflich, daß ich faſt
wagen moͤchte, es ſpecifiſch zu nennen, wenn
ich dieſem Ausdruck hier nicht fuͤr unſchicklich
hielte. Wenn nicht beſondere wichtige Um⸗
ſtaͤnde da ſind, welche die ſchnelle Wirkung des
Mittels verhindern, ſo werden die Geſchwuͤlſte
ſchon duͤnne, ſobald die Patienten es nur einige
Tage genommen haben. Auch die Schmerzen
der Geſchwuͤlſte vergehen meiſt nach dem Ge—
brauche deſſelben bald. Es vermindert die
Schmerzen in der Gegend des heiligen Beins;
und die unbehagliche Empfindung im ganzen
Unterleibe, welche von der Vollbluͤtigkeit deffelz ,
ben entſteht. Auch bei dem Haͤmorrhoidalfluſſe
und dem ſogenannten Leberfluſſe (Fluxus he-
paticus), der mir einigemal von ſolcher Art
vorgekommen iſt, daß ich ganz der Meinung
des groſſen Arztes 25) beitrete, welcher ihn für
| 5 &
34) Richters med. und dir. Bemerkungen.
J. Goͤtt. 1793. S. 144.
*
——— — 0 125
Haͤmorrhoidalfluß der dünnen Daͤrme haͤlt,
kenne ich kein Mittel, das ſo vortreflich wirkte.
Ich gebe dieſes Mittel taͤglich zweimal zu
einem Quentchen Morgens nuͤchtern und Abends
beim Schlafengehen. Dieß muß aber, indem
man etwa alle acht Tage einige Tage Zwiſchen⸗
zeit laͤſſet, einige Monathe lang fortgeſetzt
werden. Sind die Adergeſchwuͤlſte ſehr dick
oder ſehr ſchmerzhaft, ſo gebe ich dieſe Gabe
taͤglich drei oder viermal. Wenn die Kranken
leicht zum Durchfalle bewegt werden, ſo gebe
ich nur zwei Serupel.
Dem Magen bekommt das Mittel beſſer,
wenn man jedes Quentchen mit einem Scru—
pel eines gelinden bittern Extracts in einem
gelinden aramatiſchen Waſſer (Meliſſenwaſſer)
auflö i. |
Wie das Mittel wirke, das weiß ich
nicht. Aber dies weiß ich, daß es hilft.
§. 115.
Recht reifes ſuͤßliches Obſt, beſonders
Weintrauben, Apricoſen, Pflaumen, ſo mäßig
genoſſen, daß es nicht durch Blähungen ſcha⸗
de, iſt auch ein trefliches kuͤhlendes auflöfendes
Mit⸗
vn .
126
Mittel, welches den Hämorrfeidafparisnten
ſehr wohl bekommt.
§. 116.
Die bekannten auflöſenden Pflanzenſaͤfte
des Taraxacum und der Saponaria ſchei⸗
nen nach meinen Beobachtungen den Haͤmor⸗
rhoidalpatienten vortreflich zu bekommen. Die
letztern habe ich oft mit dem Tartarus tartari⸗
ſatus zugleich gegeben, und dies ſcheint dem
Magen beſſer zu thun, als wenn man hir 1
lein giebt. Die Saponaria ziehe ich dem T
raxacum noch vor; ein lange anhaltender 63
rauch derſelben thut beſonders da gut, wo
mit den Haͤmorrhoidalbeſchwerden rheumatiſche
verbunden find. Die Extracte dieſer Pflan—
zen duͤrfen durchaus nicht branzigt, und muͤſ⸗
ſen daher zuletzt im Waſſerbade abgedampft
fein, wenn fie recht wirkſam fein ſollenn. Kann
man kein ſolches gut bereitetes Extract von ih⸗
nen haben, ſo muß man lieber ein ſtarkes Der
coct für jede zwei Tage, oder jeden Tag, K
reiten laſſen.
8. 117.
Weun ich hier vom innerlichen Gebrau⸗
che (§. 113) dieſer aufloͤſenden Mittel geſpro⸗
chen
— — 127
chen habe, ſo verſtehe ich, wie man gemeiniglich
dabei verſteht, daß ſie durch den Mund ge⸗
nommen werden. Man kann aber die Dez
eoete der beiden letztgenannten Pflanzen auch
ſehr zweckmaͤßig als Klyſtire anwenden.
Kampf hat bekanntlich in feinem uͤberaus
wichtigen Buche ++) die Decocte von aufloͤſen⸗
den Pflanzen zu Viſceralklyſtiren empfohlen,
um Stockungen in den Eingeweiden aufzuloͤ—
ſen. Daß die mancherlei ſonderbaren Dinge,
welche nach dem Gebrauche ſolcher Klyſtire
von dem Kranken abgehen, und von ihm In⸗
farctus genannt werden, als ſolche in den Wur⸗
zeln der Pfortader geſteckt haben, und aus die⸗
ſen durch Wirkung der Klyſtire herausgebracht
ſind, glaube ich nun zwar nicht, obwohl einige
wuͤrdige Aerzte dieſer Meinung ſind und einer
derſelben ſogar ſagt, man koͤnne es zum Theil
dieſen Dingen anſehen, daß ſie in den Gefaͤßen
geſeſſen haben. Ich halte alle dieſe Dinge für
mancherlei Unrath des Darmfanals, deſſen ver⸗
ſchiedene Arten ich in einem andern Buche naͤ⸗
her
44) Kaͤmpfs Abhandlung von einer neuen
Methode, die Krankheiten des Unterleis
bes zu heilen. Leipz. 1786,
1
\ 128 + — N
her beſtimmt habe “) und die zaͤhen Maſſen,
theils für krankhaften Schleim, der bisweilen
von ſchwarzer Galle gefärbt iſt (Pituita atra -
dilaria), theils fuͤr geronnenen Faſerſtoff des
Bluts, das nun freilich aus Blutgefaͤßen des
Gekroͤſes, aber eh' es gerann, in den Darm⸗
kanal ſich ergoſſen hat. Allein, wenn auch
dieſe Viſceralklyſtire nur ſolchen Unrath, der
im Darmkanale ſitzt, auflöfen und wegnehmen,
fo nuͤtzen fie ſchon ſehr viel, und kommen auch
den Haͤmorrhoidalpatienten zu Statten, wenn
ſie, wie oft, ſolchen Unrath bei ſich haben;
und uͤberdem iſt es ja nach dem obigen (§. 16)
noch zweifelhaft, ob nicht die Pfortaderwur⸗
zeln etwas aus dem Darmkanale einſaugen
koͤnnen, welches man glauben kann, ohne an⸗
zunehmen, daß jene ſogenannten Infarctus in
den Gefaͤßen geſeſſen haͤtten. | 4
F. II
Im allgemeinen wird man bei den mei⸗
ſten Haͤmorrhoidalpatienten die gaͤnzliche Her
| bung
45) S. meine Geſchichte der Unreinigkeiten
im Magen und den Gedaͤrmen. I. Braun⸗
ſchweig, 1793. S. 255. f99.
1 7 8 129
bung oder doch eine groſſe Minderung ihres
Uebels bewirken, wenn man dieſe beiderlei
Mittel (F. 102. 111), vorzuͤglich den Tartarus
tartariſatus (F. 98) mit einander verbindet.
Uebrigens aber muß man freilich auf die be⸗
ſondern, bei jedem einzelnen Kranken Statt
findenden, Urſachen Ruͤckſicht nehmen, und
dieſen gemäß eines oder das andere jener Mittel
vorzüglich gebrauchen, auch andre Huͤlfsmittel
zugleich anwenden, welche angezeigt find,
. 110
Wo Atonie des Maſtdarms allein,
oder doch vorzuͤgliche Urſache iſt, wie wenn das
Uebel nach oft wiederholtem Gebrauche warmer
und oͤlichter Klyſtire entſtanden, da ſind die
kalten Klyſtire das wichtigſte Mittel.
Wo Atonie des ganzen Darmkanales
iſt, vom Mißbrauche warmer Getraͤnke ꝛc. da
dienen eben dieſe kalten Klyſtire, und die eiſen⸗
haltigen Mineralwaͤſſer, lange gebraucht.
§. 120. f
Wo Stockungen im Pfortaderſyſteme i
von vielem Sitzen, vom Mißbrauche geiſtiger
J Ge⸗
130 —
Getraͤnke, von traurigen Leidenſchaften te. ent⸗
ſtanden ſind, da ſind jene aufloͤſenden Mit⸗
tel, vorzüglich der Tartarus tartariſatus, anzu⸗
wenden.
§. 121.
Wo Unreinigkeiten im Darmkanale
ſind, da iſt vornehmlich derſelbe zu reinigen,
mit gelinden kuͤhlenden Abfuͤhrungsmitteln.
Wenn Anzeige zu Brechmitteln da iſt, ſo ge—
ben die Adergeſchwuͤlſte des Maſtdarms nicht
im geringſten Anzeige dawider; im Gegentheile
man findet nicht ſelten, daß ſie nach einem
Brechmittel beſſer werden, ſei es nun, daß
die Erſchuͤtterung der Leber den Ruͤckfluß des
Bluts in der Pfortader befoͤrderte, oder daß
Galle weggeſchafft wurde, deren krankhafte
Reitzung ſchaͤdlich war.
§. 122.
Wenn der Kranke an allgemeiner Voll⸗
bluͤtigkeit des Unterleibes leidet, oder gar
fein ganzer Körper vollbluͤtig iſt, fo iſt aller-
dings auch ein Aderlaß anzuwenden, in dem
Maaße, in welchem es ſeine Vollbluͤtigkeit er⸗
fordert, und ſeine Kraͤfte vertragen. Es wird
zwar
‘=
Sys "13%
zwar durch ein allgemeines Aderlaß, das man
an eiuer Vene des Armes oder des Fußes
machen laͤſſet, das Pfortaderſyſtem nicht un⸗
mittelbar ausgeleert; allein wenn die Menge
des Bluts überhaupt vermindert wird, fo iſt
doch auch die Quantitat ſchwaͤcher, welche
in die Schlagadern des Darmkanales dringt.
Mehrmals habe ich gefunden, daß ein allgemei⸗
nes Aderlaß bei ſehr vollbluͤtigen die Beſchwer⸗ |
den erleichterte. Bei allgemeiner Vollbluͤtig⸗
keit iſt durchaus erſt ein Aderlaß nothwendig,
ehe man die kalten Klyſtire gebraucht. Mehr
aber und viel merklicher hilft freilich ein Blut⸗
fluß aus den Blutgefaͤßen des Maſt⸗
darms ſelbſt. Ob derſelbe bloß aus den er⸗
weiterten Muͤndungen der aushauchenden, und
im natuͤrlichen Zuſtande keinen Eruor führen-
den Schlagadern erfolge, oder ob auch die
Pfortaderwurzeln ſich in die Hoͤhle des Maſt⸗
darms oͤffnen, will ich nicht. entſcheiden ich
glaube jedoch, daß die Geſchwuͤlſte der Venen
im Maſtdarm, eben ſowohl als andere Vari—
ces, berſten, Blut ergieſſen und ſich wieder
zuſammen ziehen koͤnnen, eben ſo, wie ich es
izt täglich bei einem varicoͤſen Beingeſchwuͤre
ſehe. Wenigſtens iſt das abgehende Blut oft
viel
132
viel zu dunkelfärbig, um zu glauben, es N aus
den Schlagadern gekommen.
Nur bei ſehr wenigen derer Patienten,
an welchen ich die Adergeſchwuͤlſte des Maft-
darms beobachtet habe, entſtand ein ſolcher
reichlicher wohlthaͤtiger Blutfluß. Bei vielen
zeigte ſich nie etwas vom Blutfluſſe; bei den
meiſten der uͤbrigen nur ſelten eine ſchwache
Spur bei dem Abgange des Koths.
Den Haͤmorrhoidalfluß mit treibenden
Mitteln zu befoͤrdern, iſt eine ſehr bedenkliche
und für die meiſten Faͤlle hoͤchſt ſchaͤdliche Me⸗
thode. Wie wirken dieſe treibenden Mittel?
Sie bewirken durch ihre ſtarke reizende Kraft
eine ſo große Congeſtion in die Blutgefaͤße der
Daͤrme, daß ſie endlich Blut ergieſſen muͤſſen,
weil ſie es nicht mehr halten koͤnnen. Sie be⸗
wirken daher nicht bloß Ausleerung, ſondern
neue Anfuͤllung der Gefäße, fie nuͤtzen alſo
nichts, und wenn ſie dieſe, wie oft in groͤßerem
Maaße bewirken als jene, ſo ſchaden ſie. Sehr
richtig ſagt Hoyer“), indem er die Geſchichte
eines
46) Ho YERI obf. de fruſtraneo et infelicilſimo
Auxum hnemorrhoidalem provocandi conatu.
In
eines unglücklichen Patienten erzählt, dem fein
Arzt mit innerlich gegebenen treibenden und
oͤrtlich angewandten reizenden Mitteln den Haͤ⸗
morrhoidalfluß zu bewirken ſuchte, und ihm da⸗
durch eine Maſtdarmfiſtel zuzog: dies ſei nicht
ſowohl ein Geſchaͤfft der Kunſt, als der Natur.
Aber man kann auf eine ſehr heilſame
Weiſe die Vollbluͤtigkeit des Maſtdarms durch
Blutigel vermindern, die man an die ge⸗
ſchwollenen Venen des Afters ſetzt. Der Nuz⸗
zen der Blutigel bei der Volllluͤtigkeit des
Maſtdarms ift laͤngſt bekannt 47). Mehrmals
habe
In dem Act. Acad, Nat, Cur. im. Norimb.
1733. Obſ. 17. p. 720. „ expediturus artez
quod Be artis, quam naturae eft nego-
tium,‘
47) Chomel hat darüber eine gute Diffrtation
geſchrieben, unter dem Titel: ergo zumidis
haemorrhoidibus hirudines; welche von Crell
im erſten Bande der Ueberſetzung von Hallers
Sammlung praktiſcher Streitſchriften
(Berlin u. Stettin 1781.) ins Deutſche übers
ſetzt und mit Anmerkungen vermehrt iſt. Ue⸗
berhaupt aber iſt der große Nutzen der Blut⸗
igel bei mancherlei Krankheiten, und auch bei
den blinden Haͤmorrhoiden, vortreflich in
der
7
‚?
[rn
*
. m
habe ich augenſcheinlich wahrgenommen, wie
ſehr erleichtert ſich die Kranken befanden, wenn
ich ihnen durch einige an die geſchwollenen Ve⸗
nen des Afters angeſetzte Blutigel eine mäßige
Blutausleerung bewirkt hatte. Aber auch nur
dazu dienen hier die Blutigel, die Vollbluͤtig⸗
keit des Maſtdarms fuͤr diesmal zu mindern,
und den kalten Klyſtiren es zu erleichtern, die
geſchwollenen Venen des Maſtdarms wieder zu—
ſammen zu ziehen. Die Zacken am Maſtdarm
bringen ſie nicht weg; dieſe ſind hingegen nach
dem Saugen der Blutigel, deſſen Reiz den Zur
fluß in die kleinen Blutgefaͤßchen, welche in
der Subſtanz dieſer Zacken verbreitet find, ver⸗
mehrt, gemeiniglich etwas dicker. Ein gewiſſer
Schriftſteller widerraͤth daher bei friſch ent
ſtandenen Zacken die Blutigel uͤberhaupt #8),
Wenn
der wichtigen Schrift abgehandelt worden:
Schmuckers hiſtoriſch praͤktiſche Abhand⸗
lung vom mediciniſchen Nutzen der Blut⸗
igel. In ſ. vermiſchten chirurg. Schriften.
Erſter Band, Berlin u. Stettin, 1785. S 77.
48) Io. Nep. ab Humsur difertatio: | ergo
haemorrhoidi recenter tumidae ſectio, non
birudo: Vindob. 1765.
Wenn der re „ den die Blatigel
bewirken, reichlich iſt, ſo werden nicht nur die
aͤuſſern, ſondern auch die mit ihnen zuſammen⸗
hängenden innern Venen des Maſtdarms aus⸗
geleert. Wenn aber der Blutfluß reichlich ge-
nug ſein ſoll, ſo iſt es noͤthig, nach dem Ab⸗
fallen der Blutigel die Wunden mit warmem
Waſſer mittelſt eines Schwammes lange ge⸗
nug zu befeuchten und Baba den e
zu unterhalten.
§. 123.
Schwangere, bei denen die Schwan⸗
gerſchaft die erſte und einzige, oder doch eine
mitwirkende Urſache der Adergeſchwuͤlſte iſt,
kann man von denſelben nicht eher befreien,
bis ſie von ihrer Buͤrde entlediget ſind. Wie
fie ſich in Ruͤckſicht ihrer Diaͤt verhalten müf-
ſen, um das Uebel, ſo viel es bei ihrem Zu⸗
ſtande moͤglich iſt, zu erleichtern, habe ich oben
G. 89) geſagt. Nach der Entbindung muͤſſen
fie lange genug in ihrer horizontalen Lage bfei-
ben, und nicht ſchon in den erſten Wochen nach
derſelben anfangen zu ſitzen. Man muß ihnen
im Kindbette täglich ein paar Gaben von Tar-
karus tartariſatus geben, und nachdem die
Kind⸗
136
Kindbettsreinigung nicht mehr fließt, muͤſſen
ſie die kalten Klyſtire (F. 102) gebrauchen.
§. 124.
| Wenn die Adergeſchwüͤlſte eben aufge⸗
trieben und ſchmerzhaͤft find, fo muͤſſen die
Kranken gar nicht ſitzen, ſondern horizontal
liegen, um den Ruͤckfluß des Bluts zu erleich-
tern, und wenn fie ja eine Weile ſitzen, auf ei⸗
nem ausgeſtopften Kranze ſitzen, damit der Afz
ter hohl liege und nicht gedruͤckt werde.
Sie muſſen lauter waͤßriges Getraͤnke, und
vegetabiliſche Speiſen genieſſen, der geiſtigen
Getraͤnke, des Kaffees, des Fleiſches, ſich ganz
enthalten.
Dier Tartarus tartariſatus, täglich drei
bis viermal zu zwei Skrupeln bis einem Quent⸗
chen gegeben, leiſtet dabei vortrefliche Dienſte.
Waͤhrend dieſes Zuſtandes vertraͤgt der
Maſtdarm die kalten Klyſtire nicht; fie vers
mehren den Schmerz. Man ſpritze etwa alle
drei Stunden ein kuͤhles Decoct von Haferz
gruͤtze, oder friſche Milch, und noch beſſer
friſche Mandelmilch, oder friſches Baumoͤl mit
Gummi und Waſſer gemiſcht, in den Maft-
darm ein.
Gummi
137 f
Den After muß der Kranke oft mit recht
friſchem Ceratum Caturni, (welches aus Blei⸗
extract, Wachs, Baumoͤl und Waſſer bereitet
wird, und viel beſſer wirkt als das gemeiner
gebraͤuchliche Unguentum de Linaria,) fo fals
ben, daß er einen Klumpen davon auf den
Finger nimmt, und denſelben recht in den
After hinein ſtreicht. Dies muß beſonders vor
und nach jedem Stuhlgange geſchehen. a
Der After muß nach jedem Stuhlgange
mit weicher naſſer Leinwand gereiniget werden.
Zwiſchen die Backen des Geſaͤßes lege
man einen Brei von gebratenen, geſchaͤlten und
mit rothem Weine befeuchteten Aepfeln,
und bei denen, welchen dieſes zu theuer iſt,
weiche alte Leinwand, mit einer Aufloͤſung von
Alaun befeuchtet. Beide Mittel lege man
fühl auf. Bis weilen vertraͤgt der Kranke dieſe
zuſammenziehenden Umſchlaͤge gar nicht;
die Schmerzen werden ſtaͤrker. Dann muß
man bloß erweichende Mittel gebrauchen.
Ein lauwarmer Brei von Malvenkraute, Al⸗
theenkraute, Chamillenblumen ꝛc. (man kann die
offieinellen Species emollientes nehmen,) auch
lauer Dampf von heiſſem Waſſer, das man
in den Topf eines Leibſtuhls gießt, und mit
eingeworfenen gluͤhenden Steinen heiß erhält,
thun dann gut; nur dürfen weder der Brei,
noch der Dampf heiß fein, fie muͤſſen nur eine
angenehme Erwärmung verurfachen.
| Wenn die Kräfte des Kranken es vertra—
gen, ſo dient hier auch ein maͤßiges Aderlaß
K und
*
und wenn er vollbluͤtig iſt, ſo muß man es
machen. Auch iſt es ein gutes Huͤlfsmittel,
Blutigel an die Venen des Dammes (Peri-
naeum ) anzuſetzen. Sind die Zacken am Af⸗
ter nicht entzuͤndet, und die Schmerzen nur in den
Venen des Maſtdarms, fo ſetze man die Blut⸗
igel an die Zacken ſelbſt, ſind ſie aber entzuͤn⸗
det; ſo dient dieſes nicht, denn die Entzuͤndung
wird gemeiniglich darnach verſchlimmert.
Gelinde abfuͤhrende Mittel thun bei
dieſem Zuſtande auf zweierlei Weiſe gut, ein—
mal, indem fie verhuͤten, daß der Koth nicht
hart werde, immer weich abgehe, und alſo nicht
durch ſeine Haͤrte die Schmerzen vermehre,
zweitens, indem oft Unreinigkeiten da ſind, deren
Reitzung ſchaͤdlich iſt. Ich gebe dazu eine
Auflöſung von Manna mit wenig Bitterſalz
und etwas Rhabarbertinctur. Die leztere ver⸗
beſſert das Blaͤhende der Manna.
Bisweilen findet man in dieſem Zuſtande
Anzeige zu einem Brechmittel, und das be⸗
kommt dem Kranken gemeiniglich gut. Die
Erſchuͤtterung kann nuͤtzlich ſein, den Fluß des
Bluts durch die Leber zu befoͤrdern, und manch⸗
mal ſcheint auch ſcharfe krankhafte Galle durch
ihren ſympathiſchen Reitz an der Entzuͤndung
Antheil zu haben.
§. 125.
Wenn eine Zacke ſehr dick und ſtrotzend
mit Blute gefüllt iſt, ſo kann ich es als ein
vortrefliches Mittel empfehlen, die Zacke mit
einer
*
einer Lanzette zu Öffnen. Es entſteht da⸗
von ein Blutfluß, den man mit warmem Waſ⸗
ſer mittelſt eines Schwamms mehr oder weni⸗
ger unterhalten kann; dieſer mindert die Voll⸗
bluͤtigkeit, wenn dieſes noͤthig war, und ver⸗
ſtattet den geſchwollenen Venen ſich wieder zu—
ſammenzuziehen. Wenn das Blut hinlaͤnglich
eſtoſſen iſt, fo lege man eine mit einer Mi⸗
ae aus gleichen Theilen Weineſſig und
Brantewein befeuchtete Compreſſe mit einer
T— Binde an.
Die Lanzette muß hoͤchſt fein, ſpitzig und
ſcharf ſein, wenn dieſe Operation gut gelingen
fol. Je ſtaͤrker die Geſchwulſt ſtrotzt und ge
ſpannt iſt, deſto leichter iſt fie zu machen.
Indem man das Inſtrument einſticht, muß
man die Zacke mit zwei Fingern feſthalten, da⸗
mit ſie nicht ausweiche, und die Spannung
der Haut dadurch vermehren; man muß ſich
hüten, das Inſtrument zu tief einzuſtechen, um
nicht die gegenuͤberliegende Wand der Vene
zu verwunden, aber ja auch tief genug einſte—
chen, um nicht bloß das Fell, ſondern auch die
Vene ſelbſt zu verwunden. Man muß nicht
bloß einſtechen, ſondern auch ſchneiden, wie
wenn man einen Abſceß oͤffnet, damit die Wun⸗
de groß genug werde. Wenn man nur einen
kleinen Einſtich macht, ſo ſchließt ſich die
Wunde zu bald, indem ſie von dem gerinnen⸗
den Blute verſtopft wird.
Jae friſcher die Zacken find, je friſcher we⸗
nigſtens ihr ſtrotzender geſpannter Zuſtand il,
deſto
140
deſto beſſer gelingt die Operation. Wenn ſie
ſchon ſtark entzuͤndet ſind, ſo eitert die Wunde
unvermeidlich, ungeachtet aller angewandten
Mittel. Indeſſen ſchadet dieſe Eiterung, wenn
nicht beſondere Umſtaͤnde eintreten, weiter nicht
betraͤchtlich, und die Wunden heilen doch bald.
| Wenn die Zacken ſehr verdickt find; ich
will ſagen, wenn ihre Haͤute verdickt ſind, und
dabei mit Blute ſtrotzend angefuͤllt und ſchmerz⸗
haft werden, fo iſt auch das Einſchneiden der
ſelben mit einer ſcharfen Lanzette das beſte und
einzige Mittel. Blutigel an dicke geſchwollene
Zacker. anzuſetzen, widerraͤth einer der erfah—
renſten verſtorbenen Wundaͤrzte, Schmuk—
ker ), indem er zugleich einen merkwuͤrdigen
Fall vom Nutzen des Einſchneidens der Zak—
ken erzaͤhlt. Er ſagt: „haben die Beulen
eine größere Ausdehnung, fo iſt es unfinnig,
Blutigel zu gebrauchen; und doch habe ich fie
bei Beulen, welche die Größe eines Apfels hat⸗
ten, verordnen ſehen. Ein Wundarzt, welcher
fie bei ſolchen Umſtaͤnden vorſchlaͤgt, muß ge⸗
wiß nie die Oeffnung einer Beule von dieſer
Art geſehen, und uberhaupt gar keinen Begrif
von ihrer Structur und Beſchaffenheit haben.
Denn je groͤßer die Beule wird, deſto groͤſſer
und ſtaͤrker wird auch der Durchmeſſer ihrer
Haͤute, und ich habe denſelben oft von der
Dicke
49) Schmuckers vermiſchte chirurg. Schrif⸗
ten I. S. 109.
4
t
Dicke eines kleinen Fingers gefunden. Hier
iſt es offenbar unmoglich, daß die Blutigel
ſolche dicke Haͤute durchſchneiden, und das ſtok⸗
kende Blut ausführen koͤnnen, und fie ſind
nicht allein ohne Nutzen, ſondern ich habe auch
geſehen, daß ſolche Beulen durch das Anſetzen
der Blutigel und andere unſchickliche Behand⸗
lung krebs artig geworden ſind.“ Daß die
Zacken bloß vom Biſſe der Blutigel krebſigt
wuͤrden, glaube ich nun zwar nicht; ohne
Zweifel war dabei noch eine Nebenurſache; in⸗
deſſen bin ich doch von dem Nachtheile der
Blutigel in dieſem Falle auch überzeugt,
Man muß eine ſolche verdickte Zacke ganz
durchſchneiden, ſo daß ſie in der Mitte geſpal⸗
ten iſt. Es bleiben dann freilich die beiden
Hälften der Zacke, in einigen Faͤllen aber zie⸗
hen dieſe, nachdem die zuſammenziehenden Um⸗
ſchlaͤge und kalten Klyſtire angewandt find, ſich
fo zuſammen, daß fie unbetraͤchtlich klein werden.
Bisweilen verurſachen fie aber Beſchwerden;
es entſteht aus der Wunde ein Geſchwuͤr, in—
dem ſie hart werden, und die Heilung verhin⸗
dern. Findet man ſie bei dem Einſchneiden
der Zacke ſo dick und hart, daß man dieſes zu
fuͤrchten hat, ſo muß man ſie ſogleich mit einer
e h ſcharfen Hohlſcheere abſchneiden. Wenn
e ſich erſt zuſammengezogen haben, fo hat die⸗
ſes große Schwierigkeit, und iſt bisweilen gar
nicht mehr moͤglich.
Cel⸗
142 *
Celſus raͤth, die ganzen Zacken auszu⸗
ſchneiden 5°), vorher ſcharfe Purganzen zu ges
ben, damit ſie heraustreten, dann jede Zacke
mit einem Faden zu binden, und über demſel⸗
ben abzuſchneiden. Wenn ſie eine breite Bo⸗
ſis haben, ſoll man fie mit einem Haken herz
vorziehen. Es moͤchte bei den meiſten Zacken
ſehr ſchwierig ſein, dies ohne einen Haken zu
thun; und doch iſt die gewaltſame Zerrung,
welche das Fell des Afters dabei erleidet, ohne
Zweifel nachtheilig; und eben ſo ſehr das Her—
austreiben der Geſchwuͤlſte durch treibende Pur⸗
girmittel. Ich mag wenigſtens ſeinem Rathe
nicht folgen, ſo ſehr ich auch ſonſt ſeine vor⸗
treflichen Bücher ſchaͤtze.
Hippokrates?!) raͤth ſogar, die Zak⸗
ken durch gluͤhende Brenneiſen zu vertilgen,
und verſichert, man koͤnne den After ſchneiden,
nahen, binden ꝛc. ohne Schaden zu thun. Man
wird es ihm gerne glauben, wenn er verſichert,
daß die Krauken dabei ſchreien und gehalten
werden muͤſſen, denn der Maſtdarm ih ein
ſehr empfindlicher Theil. Mir iſt nicht bekannt,
daß in neuern Zeiten dieſe Curart mit gun
tz
50) CeLsus de medicina. Lib. VII. c. 36. Ed.
Bipont. 1786. p. 492. | .
51) Oder wer ſonſt der Verfaſſer des unter ſei⸗
nen Schriften befindlichen Buches de baemor-
rboidibus iſt. Ed. Fo Es. p. 691.
8 r
Erfolge verrichtet wäre. Heiſt er ) ſagt
wohl recht: ſie ſei weder ſicher noch rathſam.
Bisweilen findet man in einer aufgeſchnit⸗
tenen Zacke einen Klumpen geronnenes Blut,
das man mit einer Zange heraus ziehen kann.
f . *
Wenn bei einer ftarfen Anſchwellung der
Venen des Maſtdarms ein Vorfall deſſelben
entſteht, ſo muß man denſelben alsbald wieder
hinein bringen. Man umwinde einen Finger,
am bequemſten den Zeigefinger, mit einem Laͤpp⸗
chen von duͤnner weicher Leinwand, oder ziehe
einen Daͤumling, den man aus einem Hand⸗
ſchuhe von weichem feinen Leder geſchnitten hat,
daruͤber, beſtreiche die Leinwand oder das Leder
mit friſchem Oele, und ſetze den Finger fenf-
recht auf die Oeffnung des herausgefallenen
Maſtdarms, ſo als ob man den Finger in den
Maſtdarm hinein ſtecken wollte. Indem die⸗
ſes geſchieht, muß der Patient ſich weit vors
waͤrts buͤcken, indem er fi) auf die Kniee und
Haͤnde ſtuͤtzt, fo daß die Bruſt tiefer liegt als
der Bauch, oder wenn er ein Kind iſt, von ei⸗
nem andern fo über den Schooß gehalten wer
den, aber ſo, daß der Bauch hohl liegt, und
nicht gedruͤckt wird; ein Gehuͤlfe muß beide
Haͤlften des Geſaͤßes von einander entfernen,
um das Hineingehen des Maſtdarms zu erleich—
tern. Mit dieſem Handgriffe ſchluͤpft gemei⸗
| niglich.
52) Heiſters Chirurgie. Nuͤrnb. 1736. S. 806.
niglich der Darm leicht hinein. Wenn es
nicht ſogleich gelingt, ſo ſpritze man etwas Oel
| in den Darm, um ihn ſchluͤpfrig zu machen.
Sobald er wieder hineingetreten iſt, muß der
Gehuͤlfe im Augenblicke die Hälften des Geſauͤſ⸗
ſes wieder zuſammengehen laſſen. Man lege
£ dann eine dicke Lage von graduirten Comes
preſſen auf, die mit Eſſig, oder noch beſſer mit
Weine, befeuchtet find, bejeftige fie mit einer
1 — Binde, und befeuchte fie alle zwei Sau
wieder von neuem. Der Kranke muß von
Stund an einige Wochen lang alle Speiſen,
welche viel und harten Koth geben, grobes
Brodt, Huͤlſenfruͤchte, Mehlſpeiſen sc. vermei⸗
den, nur Suppen mit Reis, Graupen, leich-
tes weiſſes Brodt ꝛc. genieſſen, und ſich alle
Tage die Leibesoͤffnung mit einem Klyſtire von
kaltem Waſſer erkeiheſ , ex „
Berichtigungen.
S. 62. 8. 6. I. verwöhnten. ”
— 97 — 5. J. allen denen
— 99. — Pr Bun chräle
— 108. — 13, . Adergeſchwuͤlſte
Re: — 111 Marcards .
— 119. — 2. l. Hamorrhoidalpa n
— 120. — 2. v. unten l. ſchwierig
— 125. — 16. l. aromatifchen _
— 126. — 8. |. letztere
— —— — —
a
28:
5
*
4