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Full text of "Über die blinden Hämorrhoiden"

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2 
1 
2 


der aui, in Chemie ordentli 
| der ae 2 176 enn 
„ BR 


langen 


in der waltberſc en Busbansiuns 
* 1795. 


La 


. 


G 
HISTORICAL 


MEBICAL 


ERS. Dein 


Herr MN 
Theodor Rooſe 
der Arzneigelahrtheit Doctor, ordentlichem Pro⸗ | 


feffoe am Collegio anatomico⸗chirurgico 
zu Braunſchweig ic. 


& Wohlgebohrner Herr Profeffor, | 
Theuerſter Freun! 


. 
\ 7 — NA 


Si. bezeugten mir vor einem Jahre 
Ihre liebevolle Theilnahme, als ich die 
Profeſſur in Braunſchweig, welche ich 
achthalb Jahre verwaltet hatte, nieder⸗ 
legte, und meine gegenwärtige in Erlan⸗ 
gen antrat. Erlauben Sie mir, die⸗ i 
ſes izt zu erwiedern, indem Sie mein 
Nachfolger werden, und meinem lieben 
Braunſchweig, das ich mit Wehmuth 
verließ, die ſchoͤnſten Hoffnungen geben. 


Der Zeiten, in denen Sie mein 
liebſter Zuhoͤrer waren, denke ich taͤglich. 
Aber das traurige Bewußtſein der weiten 
Entfernung von Ihnen erſtickt das an⸗ 
genehme Gefuͤhl wieder, was mir dieſe 
Erinnerung erregt. 


9 


In dem guͤtigen Schreiben, mit 
welchem Sie mir Ihre Schrift uͤber die 
Geſundheit des Menſchen uͤbergaben, 
ſagten Sie vieles, was mir Freude mach⸗ 
te, als ein Beweis ihrer Liebe zu mir. 
ö Allein es beſchaͤmte mich zugleich ſo ſehr, 
daß ich Ihnen nichts darauf antworten 
kann. Ich haͤtte reichlichen Stoff, hier 
oͤffentlich von den Gegenſtaͤnden zu res 
den, wegen deren ich Sie ſo innig hoch⸗ 
achte und liebe; aber ihre Beſcheidenheit 
iſt mir zu gut bekannt, als daß ich es 
uͤber das Herz bringen koͤnnte, dieſelbe 
zu beleidigen. 


Die Schrift, welche ich Ihnen über, 
ſende, betrachtet eine ſehr gemeine Krank⸗ 
heit, von der ich in Braunſchweig viele 

und 
* 


A 


und mancherlei Beobachtungen zu ſamm⸗ 


len Gelegenheit hatte. Erwarten Sie 


darin keine neuen Ideen, und keinen 


aͤſthetiſchen Schmuck. Ich glaubte in⸗ 
deſſen, meinen Zuhoͤrern und andern, 


ſelben eine nuͤtzliche Anleitung zu geben, 


| 


welche die Arzneikunde ſtudiren, in der 


dieſe Krankheit zu beurtheilen und zu be⸗ 
handeln. Ich bin bei den diaͤtetiſchen 


Vorſchriften vielleicht etwas zu umſtaͤnd⸗ 
lich geweſen, allein ich wuͤnſchte, die jun⸗ 
gen Aerzte darauf zu fuͤhren, dieſen ihren 


Patienten genau und mit Angabe der 


Gruͤnde zu befehlen, weil ohne Zwei⸗ 
fel oft viel mehr darauf ankommt „ als 
ein Recept zu verſchreiben, und die beſten 


Arzneien ohne zweckmaͤßige Lebensord— 


nung fruchtlos ſind. Wenn die Kunſt⸗ 
rich⸗ 


„ 
* 


richter die gegenwaͤrtige Schrift nicht als 

unnuͤtz verwerfen, ſo werde ich einige 
ähnliche liefern, über andere Krankheiten, 
i die ich auch aus Erfahrung kenne. 


Leben Sie wohl, und ene 
Sie lieb 


Ihren Sie liebenden und hochſchaͤtzenden 
Freund 


Friederich Hildebrandt. 


Ueber die 


blinden Hämorrhoiden. | 


Pen 


* 


* 


Er ſt e s Kapitel. | 
Von der Vollbluͤtigkeit des Maſtdarms 
uͤberhaupt. | 
— Mechanices in medicina vſum efle ſummum, 
vtilitatem max imam. 1 


BOERHAAVE oratio de uſu ratio- 
einii mechanici p. 2. 


| 1. 
D 


Die Pathologen unſerer Zeit halten die Kennt⸗ 
niß der den belebten Koͤrpern eigenthuͤmlichen 
Lebenskraft für die wichtigſte Stuͤtze ihrer Wiſ⸗ 
ſenſchaft, und je weiter ihre Forſchungen drin⸗ 
gen, deſto mehr werden ſie von der Richtigkeit 
dieſer Meinung uͤberzeugt. Allein jenen unlaͤug⸗ 
baren Satz, welchen einſt Boe rhaa ve in einer 
feierlichen Rede entwickelte, duͤrfen wir doch 
nicht vergeſſen. Unſer Körper iſt eine belebte 
Maſchine, aber doch eine Maſchine; und um 
richtige Urtheile von ſeiner Geſundheit und 
Krankheit zu faͤlen, um die beſten Mittel zu 

waͤh⸗ 


* 


‚4 
wählen, feine Geſundheit zu erhalten und her- 
zuſtellen, muͤſſen bei manchen Verrichtungen 
deſſelben neben der Kenntniß jener maͤchtigen 
Kraft, welche ihn von den lebloſen Geſchöͤpfen 
unterſcheidet, die Statik und Mechanik unſere 
Fuͤhrerinnen fein. 2 a 


3 

Unter andern gilt das vom Umlaufe des 
Blutes, für deſſen Eurdeckung wir dem Wil— 
liam Harvey eben ſoviel zu verdanken ha⸗ 
ben, als die Phyſiker dem Otto von Gue— 
rike für die Erfindung der Luftpumpe; und 
von einigen Krankheiten dieſer groſſen Verrich⸗ 
tung, beſonders von der Vollbluͤtigkeit ein⸗ 
zelner Theile. 


$. 3. 

Im vollkommen geſunden Zuſtande unſe⸗ 
res Koͤrpers iſt die relative Quantitat des 
Blutes in allen ſeinen Organen vollkommen 
gleich. Eine Schlagader iſt nach Verhaͤltniß 
nicht mehr und nicht weniger ausgedehnt, als 
die andere. Die Venen jedes Organs führen 
in gleicher Zeit eben ſo viel Blut aus ihm zu⸗ 
ruͤck, als es durch ſeine Schlagadern erhält: 


8 f | §. 4. 


| g. + 
Auch kann die Quantität des ganzen 
Bluts vermehrt oder vermindert werden, es 
kann allgemeine Vollbluͤtigkeit oder allgemeiner 


Blutmangel entſtehen, ohne daß darum jenes 


Verhaͤltniß aufgehoben wird. Wenn, ohne 
die Aufhebung jenes Verhaͤltniſſes die Quanti⸗ 
taͤt des ganzen Blutes vermehrt wird, fo muß 
in allen Schlagadern und in allen Venen die 
Ausdehnung derſelben gleich ſtark vergroͤſſert 
werden, und wenn, ohne die Aufhebung dieſes 
Verhaͤltniſſes die Quantitaͤt des ganzen Blutes 
vermindert wird, ſo muß in allen Schlagadern 
und in allen Venen die Verminderung ihrer 
Ausdehnung gleich ſein. 


N 
Wie uͤberhaupt faſt jeder Menſch, 
Ganzen ſeines Koͤrpers oder in einzelnen Te 
len, vom vollkommen gefunden Zuſtande ab- 
weicht, und, wie mein Freund Roo ſe !) ſagt, 
der vollkommen geſunde Menſch in der wirkli⸗ 
1 chen 


7) In ſeiner vortreflichen Schrift: über die 
Geſundheit des Menſchen. Goͤtting. 1793. 
©. 28. | 


23 


6 
chen Welt ein Unding ift, fo finden wir auch 
jene vollkommene Gleichheit der relativen Quan⸗ 
tität des Blutes nie. Ohne einmal auf die na⸗ 
tuͤrlichen Congeſtionen des Bluts nach dem Ute: 
rus bei dem Monatsfluſſe und bei der Schwan⸗ 
gerſchaft, nach dem Magen bei der Verdauung, 
nach den Geſchlechtstheilen bei den Regungen 
des Begattungstriebs und der Begattung, — 
Ruͤckſicht zu nehmen, die uns doch ſchon noͤthi⸗ 
gen, jenen Satz (F. 3.) einzuſchraͤnken und naͤ⸗ 
her zu beſtimmen; ſind die Urſachen, welche die 
Gleichheit in einem oder dem andern Theile 
aufheben, ſo gemein, daß, auch bei uͤbrigens 
vollkommener Geſundheit, unvermeidlich Un⸗ 
gleichheiten erfolgen, bei denen man, wenn fie nicht 
groß und nicht bleibend ſind, doch den Koͤrper 
nicht krank nennt. Aber auch große und blei⸗ 
bende Abweichungen von der Gleichheit der re— 
lativen Quantität des Bluts finden wir oft. 


ER, 

Diefe Abweichungen find überhaupt 
von zweierlei Art. Ein Theil hat entweder zu 
viel Blut, oder zu wenig. Ich bleibe hier 
fuͤr meinen Zweck bei der erſteren ſtehen. Man 
nennt den Zuſtand eines Theils, in welchem er 


nach 


? 


nach Verhaͤltniß zu andern Theilen zu viel Blut 
hat, oͤrtliche Vollbluͤtigkeit. Dieſer Zu⸗ 
ſtand, wenn er in hohem Grade Statt findet, 
und nicht, wie in jenen Fällen ($. S.), natürlich 
iſt, macht eine naͤchſte Urſache vieler Krankhei⸗ 
ten, und gewiſſermaſſen ſchon ſelbſt eine Krank⸗ 
heit aus. a 8 


42, ' 

Die oͤrtliche Vollbluͤtigkeit kann vorzuͤg⸗ 

lich von dreierlei Urſachen entſtehen. Ent⸗ 

weder die Gefaͤße des leidenden Theils ſind zu 

ſchlaff, haben nicht hinlaͤngliche Spannkraft, 

und widerſtehen daher dem Andrange des Bluts 

weniger, als andere Gefäße. Oder der Theil 

wird widernatuͤrlich gereizt, und dieſer Reiz 

bewirkt nach dem allgemeinen in allen belebten 

Koͤrpern herrſchenden Geſetze vermehrten Zufluß 
des Bluts. Oder endlich es iſt ein Hinder— 
niß da, welches den Ruͤckfluß ſchwierig macht. 


38 
Eine unmittelbare Folge der oͤrtlichen 
Vollblüͤtigkeit iſt Ausdehnung der Blutge⸗ 
faͤße des leidenden Theiles. Immer ſind da⸗ 
bei dieſe Blutgefaͤße mehr ausgedehnt, als die 
* Blut- 


j 
7 


Blutgefäße der übrigen Theile, und immer zu⸗ 
gleich über ihren eigenen natuͤrlichen Durch⸗ 
meſſer ausdehnt, wenn nicht etwa die Quanti⸗ 
taͤt des ganzen Blutes zu klein iſt. Dieſe Aus⸗ 
dehnung betrift am meiſten die Venen, weil 


fie viel ausdehnbarer und nachgiebiger als die 


Schlagadern find ). Uebermaͤßige Ausdeh⸗ 
nung der Venen kommt viel oͤfter, als die der 
Schlagadern, vor. Ja noch im Tode bewei⸗ 
ſen die Schlagadern ihre größere Staͤrke; fie 
fuͤlen im Augenblicke des Sterbens die Venen 
mit Blute, indem ſie ſich zulezt zuſammen zie⸗ 
hen, und obwohl ſie nachher nichts mehr aus 
dem erſtorbenen Herzen erhalten, ſo tritt doch 
aus den ſtrotzenden Venen das Blut in f € 


nicht zuruͤck. 


8 9. 


2) Clifton wintringham's Verſuche (Experi- 
mental inquiry on fome parts of the animal 
ſtructure. Lond. 1740.) beweiſen vortreflich, 
daß die Venen viel zaͤher als die Schlagadern 
ſind, indem er jene und dieſe mit Luft anfuͤllte 
und bis zum Berſten ausdehnen ließ; allein 
dieſe Verſuche beweiſen nichts gegen den Satz, 
daß die Schlagadern weniger ausdehnbar ſind, 
und ſtaͤrker der Ausdehnung widerſtehen. 


d. 9. 

Aber auch die Schlagadern eines volblä⸗ 
tigen Theils werden mehr oder weniger ausge⸗ 
dehnt, und es kann ſogar der Cruor in die fei⸗ 
neren Aeſtchen derſelben (Arteriae ſeriferae) 
dringen, und wo aushauchende Aeſtchen ſind, 
aus dieſen ausſchwitzen, ſo daß Blutkrgieſſung 9 
entſteht. 5 

SI 
Da die Blutgefaͤße eines vollblüͤtigen Thei⸗ 
les ausgedehnt werden, ſo verlieren ſie, wenn 
die Vollbluͤtigkeit lange dauert, immer mehr 
oder weniger von ihrer Spannkraft. 


. 11. 
Die oͤrtliche Vollbluͤtigkeit iſt, wenn ihre 
Urſachen ſtatt finden, ceteris paribus deſto 


groͤßer, je größer die allgemeine Vollbluͤtigkeit 


iſt. Sie kann aber auch da ſein, ſobald eine 
oder mehrere ihrer Urſachen hinlaͤnglich Statt 

finden, ohne allgemeine Vollbluͤtigkeit. 
* $. 11 b. | 
Allgemeine Vollbluͤtigkeit iſt zwar an fih 
ſelbſt nicht Urſache der oͤrtlichen. Allein es 
giebt wenige Menſchen, die nicht in irgend ei⸗ 
nem 


. 


- 


U 
* 


10 
nem Theile etwas mehr Schlaffheit, oder et⸗ 
was ſtaͤrkere Reizung als in einem andern haͤt⸗ 
ten; daher findet man denn auch ſelten allge⸗ 
meine Vollbluͤtigkeit ohne örtliche, 


8. + 9 
In den Blutgefuͤßen des Darmkanals 
entſteht leicht und oft oͤrtliche Vollbluͤtigkeit. 
Alle jene Urſachen (F. 7.) treten, wie wir im 


folgenden ſehen werden, leicht und oft bei ihm 


ein; und überdem finden bei dem Ruͤckfluſſe 
des Blutes aus ihm gewiſſe beſondere Um⸗ 
ſtaͤnde Statt, die der Entſtehung der oͤrtli⸗ 
chen Vollbluͤtigkeit ſehr guͤnſtig find. 


83 

Bei den meiſten Theilen des Koͤrpers hat 
die Natur durch gewiſſe Einrichtungen an den 
Venen den Ruͤckfluß zu erleichtern geſucht. 
Die meiſten Theile haben mehr Venenſtaͤmme 
als Schlagaderſtaͤmme; die Venenſtaͤmme 
ſind weiter, als die Schlagaderſtaͤmme, zu 
denen fie gehören *), und die Anaſtomoſen 
1 ö der 
) Die engern Venen ausgenommen, welche ne⸗ 
ben weitern da find, wie die Venae vlnares, 

radiales, iugulares externae etc. 


mr 


der groͤßern Venen find viel zahlreicher, als 
die der groͤßeren Schlagadern ſind. Anaſto⸗ 
moſen haben nun freylich die Venen der Där- 
me im Gekroͤſe zahlreich genug, obwohl nicht 
zahlreicher, als die Schlagadern der Daͤrme 
fie haben, auch find die Venen der Daͤrme et⸗ 
was weiter, als ihre Schlagadern ſind. Allein 
alles Blut der Daͤrme, welches ſie doch aus 
zwoen Schlagadern, der obern und der un- 
tern Gekroͤsſchlagader, empfangen, (nur das 
Ende des Maſtdarms ausgenommen,) und 
uͤberdem noch das Blut der Milz, der Bauch⸗ 
ſpeicheldruͤſe und des Magens, kehrt durch dir 
einzige Pfortader zurück, 


. 4. 

Die Pfortader iſt eine ſonderbare, von 
den uͤbrigen Venen des großen Syſtems ganz 
abgeſonderte Vene). Sie nimmt als Vene 
alles Blut der Verdauungseingeweide (nur die 
Leber 
3) Es würde hier uͤberfluͤſſig fein, die Pfort⸗ 
| ader anatomiſch zu betrachten, da ich auſſer 
| andern anatomiſchen Lehrbuͤchern auf mein 
Lehrbuch der Anatomie des Menſchen 


(3. Band. F. 2107. 4. Band. F. 2703) verwei⸗ 
ſen kann. 


/ 


3 


i 
EEE V 


Leber ausgenommen) auf, indem alle Venen 
derſelben in ihr zuſammenkommen; und fuͤhrt 
dies Blut in die Leber, indem ſie ſich, wie eine 
Schlagader in Aeſte theilt, die in der Leber 
verbreitet und zeraͤſtelt werden. In Ruͤckſicht 
der Leber iſt fie ein zufuͤhrendes, in Ruͤckſicht 


der uͤbrigen Verdauungseingeweide ein ruͤckfuͤh⸗ 


rendes Gefäß. Galenus hat fie daher mit ei⸗ 
nem Baume, ihre von den Daͤrmen, der Milz, 
dem Pankreas und dem Magen kommenden Ae⸗ 


ſte mit den Wurzeln, ihre in der Leber vercheils 
ten Aeſte mit den Zweigen verglichen 5). 


| H. IS. 
Die Allmacht des ſchaffenden Weſens iſt 
überall. mit Weisheit verbunden. Sie ſchuf 


nichts umſonſt, keine Einrichtung in der Na⸗ 


tur iſt ohne Abſicht da?), wenn gleich das kurz⸗ 
| ſichtige 

4) GALENUS de venarum arteriarumque dijfe» 
ctione. c. I. „ Cogitatione volo complectaris 
arboris truncum parte quidem inferiore in mul- 

tas findi radices, fuperiorem in numerofam ra- 
morum fobolem diffundi.* (Ed. Froben. 

1562. Claff. 1. p. 109.) 

5) „Ubique fapiens Natura temere nihil, neque 
ſine caufa quidquam fecit. GALEN US de 


vſu 


fihtige Auge des Sterblichen fie nicht immer 


erblickt. Ohne Zweifel iſt auch eine wichtige 


Abſicht da, wegen welcher das Blut der Pfort⸗ 
ader ſich nicht unmittelbar in die untere Vena 
cava ergießt, ſondern ihr Blut erſt in die Le⸗ 


ber fuͤhrt, aus welcher die Vena cava es mit⸗ 


lelbar erhaͤlt. 


3 


Daß die pfortaderwurzeln aus den Dir, | 


men Speiſeſaft einfangen und nach der Leber 
bringen „ wie die Alten glaubten '), denen die 


ar 
Re 


vfu partium VI. 10. p. 301. Was Galenus 
hier Natur nennt, iſt der Schöpfer ſelbſt; 
ſonſt verſteht man unter dem Worte der Na⸗ 
tur auch die Einrichtung der Welt, wel⸗ 
che der Schoͤpfer gemacht hat, und bei jedem 
ererſchaffenen Weſen feine ihm eigenthuͤmliche 
Beſchaffenheit. Wir muͤſſen dieſe ver⸗ 
ſchiedenen Bedeutungen des Namens Natur 
nicht verwechſeln, wie Buͤffon (Allg. Hiſt. 


* 
5 

“ 
= 


der Natur. zn Theils ar Band. Hamb. und 


Leipz. 1757. 4. S. 33.) Man ſehe daſelbſt 
die treffende Anmerkung von Kaͤſtner. 


6) GALEN Us de vfu partium. IV. c. 13. „Mul- 
kdsgs venas illas, quae a ventriculo et inteſtinis 
omni- 


4 


Speiſe⸗ 


Ze 


14 


Speiſeſaftsgefaͤße noch nicht bekannt waren o), 
und auch einige Neuere noch fuͤr wahrſchein⸗ 
lich gehalten haben d), iſt nicht glaublich; we⸗ 
nigſtens ſind die Gruͤnde, mit denen man die⸗ 
ſes hat beweiſen wollen, nicht ſtark genug. 
1) Man kann zwar durch die Pfortaderwur⸗ 


zeln tropfbare Fluͤſſi igkeiten in die Daͤrme trei⸗ 


ben, allein dieſe koͤnnen aus den kleinſten Ve⸗ 
nen in die kleinſten Schlagadern ruͤckweges 
uͤbergehen, und aus denen durch die aus hau⸗ 
chenden Enden derſelben in die Daͤrme treten, 
ohne daß man deshalb einſaugende Aeſte der 
Pfortader anzunehmen noͤthig hat. 2) Die 


groͤſ⸗ 


omnibus ferunt cibum ſurſum ad hepar. — * 
Daher fagt Aretaͤus: „Iecur poteſtatem in 
alimentum habet.“ (De cauf, er ſign. diuturn. 
mor bor. I. c. 13.) 


7) Wenn wir einige Spuren ausnehmen (S. mein 
Lebrbuch der Anatomie des Menſchen. IV. 
S. 243): doch kannten fie wenigſtens ihren 
Nutzen nicht. 

8) BRENDEL de chyli ad ſanguinem publico 
priuatoque potiffimum commeatu per venas me- 
Jaraicas non improbabili. Goetting. 1738. $.7. 
Opurc. ed. WRIS BRRG. Goetting. 1769. I. 
p. 98. 


15 


größere Weite der Venen beweifet nicht, daß 
ſie etwas einſaugen; es kann dieſe groͤßere 
Weite deswegen da ſein, damit der Ruͤckfluß 
des Blutes erleichtert werde. 3) Manche Er⸗ 
ſcheinungen beweiſen, daß Stoffe aus den ge⸗ 
noſſenen Dingen ſehr geſchwinde ins Blut uͤber⸗ 
gehen; allein dieſer Uebergang würde durch die 
Pfortader und ihre in die Leber vertheilten 
Zweige nicht ſchneller erfolgen, als durch die 
sgefaͤße. Es iſt erwieſen, daß die 
Reizbarkeit haben ?), und vermoͤge 
dieſer koͤnnen ſie mit Huͤlfe ihrer Klappen ſehr 
geſchwinde die eingeſaugten Fluͤſſigkeiten zum 
Blute fuͤhren; der Aufenthalt in den Saug⸗ 
aderdruͤſen wird nicht mehr betragen, als der 
in der Leber. 4) Atrophiſche Kinder leben mit 
ihren verdickten Saugaderdruͤſen des Gekroͤſes 
oft noch lange Zeit. Allein fuͤrs erſte ſind die 
Saugaderdruͤſen, wenn ſie gleich verdickt ſind, 
doch nicht verſtopft, wie der leichte Durchgang 
des Queckſilbers durch ſie beweiſet; und wenn ſie 
gleich, ohne verſtopft zu ſein, doch den Durch⸗ 
gang des . vermoͤge ihrer Verdickung 
ver⸗ 


90 SCHREGER de irritabilitate vaſorum In- 
phaticorum, Lipf. 1789. p. 27. faq. 


verzögern, fo iſt doch dieſe Krankheit wohl 
nicht ſogleich allgemein im ganzen Gekroͤſe, und 
es bleiben eine Zeitlang mehr oder weniger 
Saugadern frei, durch die noch ſo viel Nah⸗ 
rungsſaft durchkommen kann, als zu der un⸗ 
vollkommenen Ernaͤhrung hinreicht, welche das 
Leben ſolcher Kranken eine Zeitlang hinhaͤlt. 
Das letztere laͤßt ſich auch von dem Falle ſa⸗ 
gen, welchen Ruyſch auffuͤhrt ) dem er 
die Gekroͤsdruͤſen klein und ſaftlos fand. Wir 
haben alſo nicht noͤthig, Einſaugung 
ſeſafts durch die Aeſte der Pfortade 
men, um uns zu erklaͤren, daß Menſchen „an 
deren Leichen wir ſolche Gekroͤsdruͤſen finden, 
mit dieſen noch haben eine Zeitlang leben koͤn⸗ 
nen. 5) Lieberkuͤhns gekruͤmmte zweiaͤſtige 
Roͤhre, die er hat abbilden laſſen ), zeigt die 
Moͤglichkeit, wie die Wurzeln der Pfortader, 
wenn ſie gleich unmittelbare Fortſetzung der 
8 find, doch einſaugende Aeſte ha— 
ben 


10) Rus cö adverfaria, III. Amft. 172. n. 7% 
p. 23. 

AI)LIEBERKUEHN de fabrica et actione vil- 
lorum inteflinorum tenuium hominis. Amſt. 
1760. p. 28. 5 


17 


ben koͤnnen, beweiſtt aber fuͤr die Wirklichkeit der 
Einſaugung in die Pfortaderwurzeln und vol⸗ 
lens der Einſaugung des Speiſeſafts in dieſel⸗ 
ben nichts. 6) Die Bemerkung des Bils ) 
von der Gegenwart des Speiſeſafts im Pfort⸗ 
aderblute iſt nicht hinreichend beſtaͤtiget und 
ſehr zweifelhaft; auch beweiſet die graue Far⸗ 
be des Bluts in den Darmvenen, wenn er 
dieſe auch wirklich geſehen Hätte, dieſe Gegen⸗ 


wart nicht. 7 
er “, 
97 


f 
a K 17 
Wir koͤnnen wegen des erſten und zwei⸗ 
ten jener Gruͤnde zugeben, daß die Pfortader⸗ 
wurzeln etwas aus den Daͤrmen einſaugen, 
ohne zuzugeben, daß das, was ſie aufnehmen, 
Speiſeſaft ſei. Warum ſondern die Gefaͤß⸗ 
chen der Nieren nur Harn ab und nicht Galle 
oder Samen? Warum die Gefaͤßchen der 
Hoden nur Samen und nicht Harn oder 
Galle? Vermoͤge einer eigenthuͤmlichen Le⸗ 
8 bens⸗ 
N 12) BILSII 4. epiſtolica, qua verus hepatis | 
circa chylum et pariter ductus chyliferi dacte- 
nus dieti vfus docetur. Roterod. 1659. | 


u B 


x 


18 
benskraft ). Eben fo ſaugen die Speiſeſafts⸗ 
gefüße des Darmkanals nur Speiſeſaft ein, 
und nicht Galle, denn von den eigenthuͤmli⸗ 
chen Beſchaffenheiten der Galle, der Bitterkeit 
und der gelben Farbe, iſt doch im weiſſen mil- 
den Speiſeſafte nicht die mindeſte Spur; und 
hingegen koͤnnen die Wurzeln der Pfortader, 
welche vom Darmkanale entſpringen, einen 
Stoff von anderer Art aus den Daͤrmen ein⸗ 
ſaugen, ohne Speiſeſaft aufzunehmen. 


§. 18. * * 

Die meiſten Phyſiologen unſerer Zeit . 
chen den blutfuͤhrenden Venen mit William 
Hunter das Geſchaͤft der Einſaugung ganze 
lich ab 4). Wenn man aber auch dieſer Mei⸗ 
nung im allgemeinen beitritt, ſo kann man 
doch noch die Frage aufwerfen, ob nicht die 
Pfortaderwurzeln an den Daͤrmen vielleicht 

eine 


13) Der große Naturforſcher Blumenbach ver 
ſteht unter feiner Vita propria (Inſtit. phy- 
ſiol. $. 47.) eben das, was ich hier eigenthuͤm⸗ 
liche Lebenskraft nenne. 


14) William HunTer medical commentar ies 
P. 1. Lond. 1740. p. 5. ſqq. 


19 


eine Ausnahme machen? Vielleicht ziehen die 
Poren der Pfortaderwurzeln auf eben die 
Weiſe einen Stoff aus dem Darmkanale an, 
wie die Poren der Lungenvenen den Sauerſtoff 
aus den Zellen der dungen. Die Wirkungen 
der Visceralklyſtire auf Krankheiten der Leber 
laſſen ſich kaum ohne eine Einſaugung der 
Pfortaderwurzeln erklaͤren, da wir ſeit Peec⸗ 
quets Entdeckung des Receptaculum Chyli 
wiſſen, daß die Saugadern der Daͤrme nicht 
in die Leber gehen. Auch ſcheint es, daß die 
kleine Quantitaͤt der Galle, welche im natuͤrlichen 
Zuſtande mit dem Korhe abgeht, der Quan⸗ 
titaͤt nicht gleich ſei, welche von einem ſo groſ⸗ 
fen Eingeweide, als die Leber iſt, wahrſchein⸗ 
lich abgeſondert wird. Vielleicht wird die 
Galle bei der Verdauung zum Theile zerſetzt, 
ein Grundſtoff derſelben miſcht ſich mit dem 
Safte der Nahrungsmietel, ſetzt mit ihm den 
Speiſeſaft zuſammen; und ein anderer wird 
von den einſaugenden Wurzeln der Pfortader 
aufgenommen. 


8. 129. 
Man kann dieſes noch nicht beweiſen und 
erſt von fortgeſetzten Unterſuchungen muͤſſen wir 
| in 


in dieſer dunkeln Lehre Aufklärung erwarten. 


Indeſſen iſt nicht zu leugnen, daß das Blut, 
welches in der Gekroͤsvene von den Daͤrmen 


zuruͤckkehrt, dicklicher und dunkelfaͤrbiger ſei, 
als das Blut anderer Venen. Es verſteht 
ſich, daß man friſchgetoͤdtete Thiere unterſuchen 


muß, um dieſe Vergleichung anzuſtellen. Es 


ſcheint alſo weniger Waſſer, und weniger 
Sauerſtoff, und hingegen mehr Kohlenſtoff zu 


enthalten, als anderes Blut. Die Verminde⸗ 


rung des Waſſers kann daher entfiehen, weil 
die aushauchenden Enden der Schlagadern den 


* 


Darmſaft in die Gedaͤrme ausſchwitzen; die 


dunkelfarbige Beſchaffenheit daher, daß das 


Blut der Schlagadern des Darmkanals Sauer⸗ 


ſtoff an die reizbaren Faſern des Darmkanals⸗ 


abſetzt. Wenn wir mit Girtanner s) an⸗ 


nehmen wollen, daß der Sauerſtoff das Prin⸗ 
cipium der Reizbarkeit ſei, fo laͤßt ſich an diefe 


Hypotheſe fuͤglich eine andere reihen: nemlich 


die, daß das Blut der Schlagadern in den 


N reiz⸗ 


15) Sirtanner’s zweite Abhandlung über 
die Irritabilität. In Roziers obf. für 
la phyſique. XXXVI. p. 139. überf. in Grens 
Journal der Phyſik. III. S. 507. 


— 21 


| veinbaren Faſern des Körpers Sauerſtoff ab⸗ 
ſetze, dadurch dunkelfaͤrbiger werde, und daß 
deswegen das Blut der Venen dunkelfaͤrbiger 
ſei 5). Da die reizbaren Faſern des Darmka⸗ 
nals vorzuͤglich reizbar ſind, ſo koͤnnte es ſein, 
daß das Blut der Darmvenen deswegen dun⸗ 
| kelfaͤrbiger iſt, weil es nach Verhaͤltniß mehr 
| Sauerftoff als das Blut anderer Venen (die 
Venen des Herzens etwa ausgenommen) ver⸗ 
liert, alſo nach Verhaͤltniß mehr Kohlenſtoff 
enthaͤlt. Saugen die Pfortaderwurzeln aus 
dem Darmkanale vielleicht uͤberdem Kohlenſtoff 
ein (F. 18.), fo enthält das Blut der Darmve⸗ 
nen auch abſolut mehr Kohlenſtoff, und es iſt 
deſto mehr einzuſehen, warum es dunkelfaͤrbi⸗ 
ger iſt. 
| | §. 20. 

Wenn das Blut, welches die Schlag⸗ 
adern des Munktenals nach den Daͤrmen hin⸗ 
fuͤh⸗ 


16) Ich habe ſchon in meinem Lehrbuche der 
Anatomie des Menſchen. II. $. 1041. die 
Meinung geaͤuſſert, daß die Reizbarkeit von 
Cruortheilen abhaͤnge, die ſich aus dem 
Blute durch die Ernaͤhrung an die reizbaren 
Faſern anſetzen. 


* 


22 
führen, an denfelben eine Veränderung erlei- 
det, durch die es von dem gemeinen Blute ſehr 
verſchieden wird ($. 19), fo läßt ſich daraus die 
Abſicht der Natur (§. 15) bei jener Einrich⸗ 
tung (§. 14) einſehen. Es würde dem Körper 
nachtheilig ſein, wenn dieſes Blut, welches von 
den Daͤrmen zurückkehrt, dem gemeinen Blure 
ſofort beigemiſcht wuͤrde. Die Pfortader fuͤhrt 
es daher in die Leber, um es in dieſem Einge⸗ 
weide, vermoͤge eines beſondern Abſonderungs⸗ 
apparats, gleichſam zu reinigen, und gewiſſe 
Stoffe aus ihm abzuſcheiden, durch deren Vers 
luſt (vielleicht die Quantitaͤt ſeines Kohlenſtof— 
fes vermindert? und) es dem gemeinen Blute 
der Vena cava wieder gleich wird. Zugleich 
wird, nach dem Geſetze der Sparſamkeit, der 
vom Blute in der Leber ausgeſchiedene Stoff 
wieder benutzt, und aus ihm der wichtigſte 
Saft fuͤr die Verdauung, die Galle, erzeugt. 
Zwar iſts nicht bloß das Blut der Daͤrme, 
welches den Stoff zu dieſem Safte hergiebt; 
um aus dem Pfortaderblute in der Leber Galle 
erzeugen zu koͤnnen, iſt die Milz da; das Blut, 
welches die Milzſchlagader zur Milz fuͤhrt, 
wird in der Milz durch die beſondere Einrich- 
tung derſelben auch auf eine gewiſſe Weiſe ver- 
aͤndert; 


— 


1 


ö 23 
aͤndert; die Milzvene kommt mit dem Stam- 


me der Darmvenen (Vena mefenterica) in 
der Pfortader zuſammen; ſo wird das Milz⸗ 


blut mit dem Darmblute in der Pfortader ges 
miſcht, und dieſes gemiſchte Blut hat nun die 
Beſchaffenheit, welche erfordert wird, um die 
Galle zu erzeugen „). 

§. 21. 


17) Schon Gliſſon (Anatomia bepatis. Hag. 
Com. 1681. p. 411.) ſchreibt der Leber den 
Nutzen zu: „vt ſanguinem a bile defaecatum 
reddat.“ Seine Idee kommt mit der meini⸗ 

gen faſt uͤberein, nur nehme ich nicht an, daß 
die Galle als Galle ſchon im Blute praͤexiſtire. 
Marcard hat in ſeiner gruͤndlichen Abhand— 
lung uͤber die Gelbſucht (Mediciniſche Ver⸗ 
ſuche. Leipz. 1778. I. S. 12.) mit philoſophi⸗ 
ſcher Genauigkeit den richtigen Begrif von der 
Abſonderung der Galle aus dem Blute, wider 
die Irrthuͤmer der alten Phyſiologen, feſtge⸗ 
ſetzt, und gezeigt, daß man ſie nicht als ein 
Educt, ſondern als ein Product des Bluts 
anzuſehen hat. Sourcroy will jedoch aus Och⸗ 
ſenblute (aus gemeinem, nicht einmal aus 
Pfortaderblute) Galle auf ſolche Weiſe erhalten 
haben, daß die Galle ſchon als Galle im 
Blute vorhanden geweſen ſein muͤßte, wenn 
das, was er erhielt, wirklich Galle war. Er 
miſchte 


24 ; 1 


$. a. Birk 

So wohlthaͤtig aber dieſe Einrichtung iſt, 

ſo liegt doch zugleich in ihr ein zwiefacher 
Grund, wegen deren der Ruͤckfluß des Bluts 
aus den Blutgefaͤßen der Daͤrme ſchwieriger 
iſt, als der Ruͤckfluß deſſelben aus anderen Thei⸗ 
len, und daher in jenen leicht Vollbluͤtigkeit 
($. 12) entſteht. Einmal findet das Blut des 
Darmkanals nur durch die einzige Pfortader 
Ruͤckfluß, und wenn Hinderniſſe eintreten, 
welche dieſen Ruͤckfluß verzoͤgern, ſo findet es 
keinen andern Weg, den es nehmen, und durch 
allmaͤlige Erweiterung ſich erleichtern koͤnnte, 
nur das Ende des Maſtdarms ausgenommen, 
deſſen Blut in die Beckenvenen (Venae hy- 


p 


miſchte 6 Pfund Ochſenblut mit 3 Pfunden 
deſtillirten Waſſers, kochte die Miſchung ſo 
lange, bis das Blut ganz geronnen war, und 
ſeihete es durch Leinwand. Die durchgeſei⸗ 
hete Feuchtigkeit war gruͤnlich, und hatte 
vollkommen den Geruch und den bittern Ges 
ſchmack der Galle ꝛc. ( Anmales de chimie. VI. 
p. 177. uͤberſ. in den Aufklaͤrungen der Arz⸗ 
neiwiſſenſchaft von Hufeland und Gott 
ling. 1. 3. ©. 250. auch in Crells chem. 
Annalen. 1703. I. S. 71.) 


Er 


=; .- a a 25. 


pogaſtricae) aufgenommen wird. Zweitens 
geht die Pfortader nicht, wie andere Venen⸗ 
ſtaͤmme, ungetheilt in die Vena cava uͤber, 
ſondern fie zeraͤſtelt ſich erſt in der Leber, als 
ein zuführendes Gefäß, eben wie die Schlag⸗ 
ader der Leber, in ſehr feine Aeſtchen, aus denen 
wieder die Aeſtchen der Lebervenen das Blut 
aufnehmen und in die Vena cava bringen. 
Das Blut muß daher erſt durch dieſe duͤnneren 
im dichten Parenchyma der Leber ſteckenden 
Roͤhrchen dringen, die Hinderniſſe einer groͤſſe⸗ 
ren Anziehung an den inneren Oberflaͤchen 
derſelben und der mehreren Winkel uͤberwin⸗ 
den, ehe es in die Vena cava gelangt. 


. 2. 


Auſſer dieſen beiden Umſtaͤnden finden noch 
zween andere ſtatt, welche die Entſtehung der 
oͤrtlichen Vollbluͤtigkeit in den Venen des 
Darmkanals und beſonders des Maſtdarms 
beguͤnſtigen. Erſtlich haben die Venen der 
Daͤrme keine Klappen, die doch in manchen 
andern Venen den Ruͤckfluß fo ſehr erleich- 
tern, indem jede derſelben die uͤber ihr liegende 
Blutſaͤule unterſtuͤtzt, ihr Zuruͤcktreten hindert, 

und 


en 


und bei einem Drude auf dieſe Säule fie 
zwingt, weiter zum Herzen hinzugehn. 


or de Ag | 

Und zweitens wird uͤberdem bei der auf- 
rechten Stellung, in welcher ſich die mei⸗ 
ſten Menſchen, bei dem Stehen, Gehen und 
Sitzen, auſſer der Zeit des Schlafes, in der 
ſie gewoͤhnlich horizontal liegen, befinden, der 
Ruͤckfluß des Bluts in dem Stamme der 
Darmvenen und ihren Wurzeln, auch in der 
untern Vena cava, den Beckenvenen und dem 
vom Maſtdarme kommenden Aeſten erſchwert, 
indem bei dieſer Stellung das Blut gegen ſeine 
Schwere aufwaͤrts ſteigen muß. Bei Venen, 
die ihre vollkommene Spannkraft und Lebens⸗ 
kraft haben), iſt dieſer Umſtand nicht von Be⸗ 
lange, wie wir an den Beinen geſunder Men⸗ 
ſchen ſehen, die den ganzen Tag uͤber ſtehen 
koͤn⸗ 


*) Spannkraft und Lebenskraft find wohl zu un⸗ 
terſcheiden, und mir ſcheint, daß diejenigen 
irren, welche die Spannkraft oder die von 
ihr abhangende Contractilitaͤt, welche noch in 
todten Koͤpern eine Zeitlang Statt hat, zu 
den Lebenskraͤften zaͤhlen. 


* 1 \ r w 
* * Buy 27 
koͤnnen, ohne daß ihnen dieſelben ſchwellen; 
allein, wo dieſe Kraͤfte unvollkommen ſind, da 
iſt er gewiß von Wichtigkeit. Man kann ihn 
daher allerdings auch zu den nachtheiligen Fol⸗ 
gen unſerer aufrechten Stellung zaͤhlen, ob⸗ 
wohl ich freilich einſehe, daß Mo ſeati *) 
irre, wenn er glaubt, daß wir beſſer thaͤten, 
unſre Arme wie die vierfüßigen Thiere auch 
als Beine zu gebrauchen, weil die Verbindung 
des Kopfes mit dem Rumpfe, das Becken, 
das Geſaͤß, die Beine und Arme an unſerem 
Koͤrper, nicht zur vierfuͤßigen, ſondern zur auf⸗ 
rechten Stellung eingerichtet ſind. Daß man 
in vierfuͤßigen Thieren bisweilen auch die Blut⸗ 
gefaͤße des Unterleibes vom Blute ſtrotzend fin⸗ 
det, beweiſet nichts gegen dieſen Satz, denn 
ich behaupte ja nicht, daß die aufrechte Stel⸗ 

lung die einzige Urſache ſei. 


$. 24. 


18) In der paradoxen Schrift: delle corporee 
differente eſſenziali, ebe paſſano fra la ſtrat- 
zura de bruti, e la umana, Milano 1770. 
welche Blumenbach in ſeinem vortreflichen 
Buche de generis humani varietate nativa, 
Goett. 1776. 1781. widerlegt hat. 


> 


128 * * 


. 

Die Vollluͤtigkeit der Blutgefaͤße des 
Darmkanales iſt ein wichtiges Uebel, aus dem 
mancherlei Krankheiten entſtehen. Ich unter⸗ 
laſſe hier, fie weiter zu betrachten, da Mar- 
card '?) uͤber dieſelbe und Überhaupt über die 
Blutanhaͤufung im Unterleibe vortreflich ge⸗ 
ſchrieben, und ſchon der verdienſtvolle, von 
ſeinen Zeitgenoſſen verkannte und mißverſtan⸗ 
dene Stahl), die Stockungen des Bluts 
in der Pfortader gruͤndlich ins Licht geſetzt hat. 


8 f 


- 


Ich beſchraͤnke mich auf meinen Gegen: 
ſtand. Der Maſtdarm iſt der Anhaͤufung 
des Bluts, wenn dieſelbe in den Blutgefaͤßen 
des Darmkanales Statt findet, vorzuͤglich aus⸗ 
geſetzt. Die Wahrheit dieſes Satzes laͤßt ſich 
theoretiſch ſchlieſſen, wenn man weiß, daß er 

| ’ in 
19) In dem eben fo angenehmen, als lehrrei⸗ 
chen Buche: Beſchreibung von Pyrmont. 

Leipz. 1785. II. Kap. 5. S. 47. fgg. 

20) S An, reſp. Ga ET KN, de vena portae 
Porta malorum hypochondriaco - ſplenericb- 
Juffocativo- byjterico- colico - Daemorrhoidario- 
rum. Recuf, Hal, 1705. 4. 


-$ 


5 u 
in der aufrechten Stellung des Körpers unter 
allen Daͤrmen am tiefſten und am meiſten 
beengt liegt, und daß er vom Drucke des 
Koths, der angefüllten Harnblaſe, des ſchwan⸗ 
geren Uterus, der uͤber ihm liegenden Daͤrme, 
am meiſten leidet; fie wird aber auch durch 
die Erfahrung beſtaͤtiget, da bekanntlich die 
blinden und flieſſenden Haͤmorrhoiden unter den 
Wirkungen der Blutanhaͤufung in den Blut⸗ 
gefaͤßen des Darmkanales am oͤfterſten ange⸗ 
troffen werden. Daher war es auch dem Maſt⸗ 
darme unentbehrlich, auffer den innern Venen, 
die Wurzeln der Pfortader ſind, noch die aͤuſ— 
ſern zu haben, welche ſich in die Beckenvenen 
ergieſſen, und ohne dieſe würde die Vollbluͤ⸗ 
tigkeit deſſelben noch viel leichter entſtehen und 
viel ſchlimmer ſein. 


F 


Eine unmittelbare Folge der Vollbluͤtig⸗ 
keit der Blutgefaͤße des Maſtdarmes iſt Aus⸗ 
dehnung derſelben, und am meiſten ſeiner Ve⸗ 
nen . 8.). In manchen Fällen entſteht von 
ihr eine Blutergieſſung, die man den Haͤmor⸗ 
rhoidalfluß, oder die flieſſenden Zaͤmorrhoi⸗ 
den (Haemorrboides fiuentes) nennt (F. 9. ). Die 
an⸗ 


30 


angeſchwollenen Venen des Maſtdarmes nennt 
man mit einer unſchicklichen Benennung die 
blinden Haͤmorrhoiden (Haemorrhoides roe- 
cae). Nicht immer ſind beide Uebel, die blin⸗ 
den und die flieſſenden, zuſammen. Ich habe 
Patienten gehabt, die lange mit den blinden 
behaftet waren, ohne je eine Spur der flieffen- 
den bemerkt zu haben, und hingegen leiden auch 
bisweilen Menſchen am Haͤmorrhoidalfluſſe, 
ohne mit den blinden Haͤmorrhoiden behaftet 
zu ſein. 


“ 


200 
Beide Uebel, ſowohl die blinden Haͤmor⸗ 
rhoiden als die flieſſenden, ſind nicht neu. Wir 


finden eine deutliche Beſchreibung derſelben, 


obwohl mit unrichtiger Theorie, ſchon beim 
Hippokrates 2). 


Zwei⸗ 


— 


21) In dem ihm zugeſchriebenen Buche de Aae- ö 


morrhoidibus Ed. Fo e ſ. Genev. 1657. p. 891. 
„Ora venarum hoc modo fanguinem fundere 
ſolent. Bilis aut pituita ad venas, quae in ano 
ſunt, decumbens, ſanguinem, qui in his eſt, 
calefacit. Incaleſcentes autem venae fangui- 
nem ex proximis venis attrahunt, eaeque im- 

ple- 


* 


31 
Zweites Kapitel. 


Von den blinden Haͤmorrhoiden insbe⸗ 
ſondere. , a, 


Pathologicae morbi cognitionis vtilitas ad cu- 
rationem tanta eſt, vt eum demum morbum recte 
curaturum dixerit Hippocrates, quem eius cogui- 
tio non fefellerit. 

Ackermann therapia 
generalis. $ 11. 


U 


N . 
Meiner gegenwaͤrtigen Abſicht gemäß 


ſchwuͤlſte der Venen des Maſtdarms, die 
blinden Haͤmorrhoiden, ein. Soviel ich aus mei⸗ 
ner Erfahrung ſchlieſſen kann, ſind ſie ein Uebel, 
an dem viele Menſchen leiden. Sie ſind mir 
auch viel öfter vorgekommen, als die flieſſenden. 


9.29. 


pletae recti inteſtini partem interiorem in tu- 
morem attollunt, et venarum capitula confpi- 
cua fiunt, quae dum partim a ſtercore exeunte 
eontunduntur, partim a fanguine coacer vato 
perrumpuntur, fanguinem effundunt etc, 


ſchraͤnke ich meine Betrachtung nur auf die Ge⸗ 


# 


33 
d. 29. 


Wenn die Venen des Maſtdarms ſchwel⸗ 
len, ſo erheben ſie die eigentliche Haut des 
Maſtdarms, eben ſo, wie die geſchwollenen Ve⸗ 


nen, welche unter dem Felle liegen, (Venne 
ſubhcutaneae,) das Fell erheben. Meiſt iſt 
die Geſchwulſt der Maſtdarmvenen am groͤßten 
dicht am After, wo ihr tiefſter Ort iſt. Doch 


Pr 


erſtreckt ſich ihre widernatuͤrliche Ausdehnung 


oft hoch in dem Maſtdarme hinauf, wie ich 
einigemale gefuͤhlt habe, wenn ich Patienten 
aus Verdacht einer innern Maſtdarmfiſtel mit 
dem Finger unterſuchte. In einigen Leichen 
fand ich die Venen des Maſtdarms bis ins 
Gekroͤſe entſetzlich blutvoll, ſtrotzend und aus⸗ 
gedehnt. Veſalius fand in einer Leiche, ki⸗ 


nes Mannes, der mit einer ſtarken Verhaͤr⸗ 


tung der Leber ſtarb, den untern Venenſtamm 
des linken Grimmdarms bis zur Dicke eines 
Zolls ausgedehnt 2). 


§. 29. 

22) VESALIVUsS de c. 5. Fabrira. Baſ. 1542. 
p. 663. „Venae portae ramum, fub coli inte- 
ſtini ſine et tota recti longitudine in meſente- 

rio ductum pollieis fere crafitiem aequare et 
fanguine turgere animadverti, conterminis ca- 

vae 


„ 


. rs 4 9. 30. BAR . 
Wenn die Enden der Venen am After 
anſchwellen, fo dehnen fie den Rand des Felles 


mit welchem das Fell in die eigentliche Haut 
des Maſtdarms uͤbergeht. Es entſtehen auf 
dieſe Weiſe einzelne Geſchwuͤlſte am After, die 


immer ſind dieſe Zacken da, wenn dieſe Venen 
innerhalb des Maſtdarms geſchwollen find, ſo 
lange der Rand des Afters hinlaͤngliche Spann⸗ 


Venen erfolgt iſt. 

g. 31. | 
Bisweilen iſt nur eine einzige Zacke am 
After. Ich habe einige Patienten gefunden, 


Zacke am After hatten, und auch nicht mehrere 
bekamen. Oft aber ſind zwo oder mehrere da. 
isweilen liegen mehrere dicht neben einander, 

und 


vae ramis nihil prorſus immutatis. Dieſe Be⸗ 
trachtung zeigt zugleich, daß die Wurzeln der 
Pfortader dieſem Uebel mehr unterworfen ſind. 


C 


aus, welcher den Schließmuskel umgiebt, und 


kraft behaͤlt, und keine zu ſtarke Preſſung der 


die mehrere Jahre hindurch nur eine einzige 


man im gemeinen Leben Facken nennt. Nicht 


* 


und nehmen den ganzen Umfang des Afters ein. 
Im hohen Grade des Uebels wird der ganze 
Rand des Afters in eine ringfoͤrmige Geſchwulſt 
ausgedehnt. ’ 


§. 32. 
Die Groͤße der Zacken iſt ſehr verſchieden. 
Man findet ſie ſo klein, daß ſie nur in der 
Größe einer Erbſe hervorragen, und noch 
kleiner. Ich habe ſie aber auch von der Groͤße 
einer groſſen Kirſche, und größer, faft von der 
eines Taubeneies, geſehen. Schmucker ſah 
fie fogar von der größe eines Apfels 8), doch 
verſtand er wahrſcheinlich einen Apfel der klein⸗ 

ſten Art. ü 


§. 33. 

Wenn die Zacken ſehr klein ſind, ſo ver⸗ 
bergen ſie ſich auſſer dem Zeitpuncte des Ab⸗ 
gangs (Excretio alvi) noch innerhalb des Af⸗ 
terringes. Wenn fie aber größer werden, ſo 
liegt ein Theil derſelben auſſerhalb dieſes Rin⸗ 

ges, 


23) Schmuckers Abh. vom mediciniſchen Ge⸗ 
brauche der Blutigel; in f. vermiſchten chirur⸗ 
giſchen Schriften. I. Berlin u Stettin 1785. 
S. 109. 


——ñ — - — 
35 


ges, ſie werden dann, je dicker ſie ſind, deſto 
ſtaͤrker vom Schließmuskel des Afters gepreſ⸗ 
ſet, dadurch wird das Blut in ihnen zerüchger 
— und ihre Groͤße vermehrt. | 

§. 34. 

Bisweilen ſind die Venen ſo mit Blut 
angefuͤllt, daß die Zacken völlig ſtrotzen, kug⸗ 
licht ſind, und eine glatte glaͤnzende Oberflaͤche 
zeigen. Sie ſind dann anzufuͤhlen, wie eine mit 
Feuchtigkeit gefuͤllte Blaſe. Wenn das Hin⸗ 
derniß des Ruͤckfluſſes ganz oder zum Theile 
gehoben iſt, ſo koͤnnen die Zacken ganz wieder 
verſchwinden, indem die Haut der Venen und 
das Fell des Afterringes ſich zu ihrer narürli- 
chen Ausdehnung wieder zuſammenziehn. Wenn 
aber die Ausdehnung ſchon zu lange gedauert 
hat, ſo geſchieht dieſes nicht, weil die Spann⸗ 
kraft zu ſehr gelitten hat; fie werden zwar ver⸗ 
kleinert, aber ſie vergehen doch nicht ganz. 
Sie ſchrumpfen dann gemeiniglich zuſammen, er⸗ 
halten eine runzliche Oberfläche und werden platt. 


. 


Bei der Entſtehung dieſer Geſchwuͤlſte iſt 
anfangs nur ihre Hoͤhle vergroͤßert, und ihre 


Haut 


62 


36 5 — 

Haut nur ausgeſpannt. Wenn aber das Haͤ⸗ 
morrhoidaluͤbel länger gedauert, und einen hoͤ⸗ 
heren Grad erreicht hat, ſo werden auch die 
ernährenden Blutgefäße (Vaſa vaſorum) aus⸗ 
gedehnt, welche in der Subſtanz der Venen 
verbreitet ſind, wie man an den großen ſtroz⸗ 
zenden Zacken deutlich ſehen kann. Dadurch 
wird dann allmaͤhlig auch die Haut der Venen 
verdickt. Wenn dies erſt geſchehen iſt, ſo bleibt 
einige Geſchwulſt derſelben, auch wenn die 
Hoͤhle derſelben ſich zu ihrem natuͤrlichen 1 
meſſer vermindert hat. 


9. 36. | 
Die Geſchwuͤlſte der Venen des Maſt⸗ 
darms verurſachen auch ohne gewiſſe beſondere 
Veranlaſſungen, die nachher zu nennen ſind, 
mehr oder weniger unangenehme Empfindung, 
bloß wegen der Spannung und des Drucks, 
die ſie bewirken. Wenn ſie ſehr dick ſind, ſo 
haben die Patienten Tenesmus; ſie glauben, 
wenn ſie dieſe Empfindung noch nicht kennen, 
daß ſie ſich des Koths entledigen muͤßten, und 
verſchlimmern das Uebel durch vergebliches 
Draͤngen. 


1 


g. 37.1 


9 37. 

Dem Durchgange des Kothes fin nd dieſe 
Geſchwuͤlſte mehr oder weniger hinderlich. 
Wenn der Koth weich genug iſt, fo hilft er 
fi) vermöge feiner Weichheit leichter durch den 
engen Paß hindurch, man ſieht aber den abge⸗ 
gangenen Stuͤcken deſſelben die Preſſung an, 
welche ſie erlitten haben, ſie haben nicht die 
gewoͤhnliche Dicke. An einer Patientin fand 
ich die Stuͤcke immer ganz platt gedruͤckt. 
Wenn aber der Koth fo hart iſt, daß er ſeine 
Geſtalt im Maſtdarme nicht aͤndern kann, fo 
iſt der Abgang deſſelben ſehr beſchwerlich und 
verurſacht, ſowohl durch den Druck als durch 
das Reiben, oft heftige Schmerzen. Sein 
Abgang iſt dann, zumal wenn die Stuͤcke 
durch Anhaͤufung dick geworden, en eine 
Geburt. | 


§. 38. 

Der Abgang harter dicker Stuͤcke des 
Koths preßt im Durchgange die Venen des 
Maſtdarms zuſammen, und haͤlt das Blut in 
ihren Enden am After zuruͤck, und kann da⸗ 
durch bewirken, daß Zacken ($. 30.) entſtehen, 
wenn ſie noch nicht da waren. Sind ſchon 
E Zacken 


Zacken da, fo werden fe dadurch 17 9 ver⸗ 
i ene 


$. 39. 
Bisweilen entſteht bei dieſem Uebel ein 
Vorfall des Afters, eigentlich ein Vorfall 
des Maſtdarms durch den After. Meiſt ent⸗ 
ſteht derſelbe bei einem ſchwierigen Abgange 
harten und dicken Koths. Der Schließmus⸗ 
kel wird dabei ſtark erweitert, und der durch 
ſeine Ringfaſern zuſammen gepreßte Maſtdarm 


folgt daher leicht dem Kothe nach. Biswei⸗ 


erfolgt der Vorfall bei dem Abgange, wenn 
auch der Koth ganz weich oder gar fluͤſſig iſt, 
vermoͤge einer krampfhaften Zuſammenziehung 
der Ringfaſern des Maſtdarms, beſonders, 
wenn der Koth ſcharf oder der Maſtdarm ver- 
moͤge eines entzuͤndeten Zuſtandes empfindlicher 
iſt. Eine ſehr vorwaͤrts gekruͤmmte Stellung 
auf einem Abtritte mit einem groſſen Aus⸗ 
ſchnitte und ſtarkes Draͤngen traͤgt ſehr dazu 
bei. Dieſer Zufall iſt ſehr ſchlimm; einmal, 
weil er viel Schmerz, oft aͤuſſerſt heftigen 
Schmerz verurſocht, und zweitens wegen der 
Folge. Das herausgetretene Stuͤck des Maſt⸗ 
darms wird im After zuſammen geſchnuͤrt, deſto 


ſtaͤr⸗ 


39 


ſtaͤker, ie weniger RR der Schließmuskel er⸗ 
ſchlafft iſt; der Ruͤckfluß des Bluts aus dem 
vorgefallenen Stuͤcke wird gehindert, und es 
ſchwillt daher, wenn es nicht bald zuruͤck ge⸗ 
bracht wird, oft entſetzlich auf. Ich habe eis 
nen alten Haͤmorrhoidalpatienten an dieſem 
Uebel erbaͤrmlich leiden ſehen. Durch vieles 
Sitzen bei ſeinen uͤberhaͤuften Amtsgeſchaͤften 
hatte er ſich die blinden Haͤmorrhoiden in einem 
hohen Grade zugezogen; endlich bekam er eine 
fieberhafte Krankheit mit einem blutigen Durch⸗ 
falle, wobei der abgehende Unrath ſehr ſcharf 
war, und dem After entzuͤndete. Jeder Ab⸗ 
gang bewirkte einen heftigen Krampf des Maſt⸗ 
darms, der demſelben durch den After als einen 
dicken hochrothen blutigen Wulſt herauspreßte, 
und eine Weile ſo zuruͤckhielt, daß es nicht 
moͤglich war, ihn zuruͤck zu bringen. 


. 48. 
Manche Patienten empfinden bei den Ge⸗ 
| ſchwuͤlſten der Maſtdarmvenen auch auſſer dem 
Abgange des Koths ſtarke Schmerzen. Bis⸗ 
weilen ſind dieſe Schmerzen ſtechend, biswei⸗ 
len brennend. Manche empfinden auch einen 


beſonderen Ser im n Beine, ſo als 
ob 


40 
ob ſie einen ſtarken Schlag anf daffelbe erlit⸗ 
ten haͤtten. Indeſſen find dieſe Schmerzen nicht 
beſtaͤndige Begleiter der Geſchwuͤlſte. Man⸗ 
che Patienten haben mehrere Jahre in einem 
fort dieſe Geſchwuͤlſte, leiden aber nur biswei⸗ 
len an Schmerzen. Wenn die Geſchwuͤlſte erſt 
entſtehen, find fie gemeiniglich ſchmerzhaft, weil 
die Haut des Maſtdarms und der Venen ſelbſt 
dabei geſpannt wird, wenn aber dieſe Haͤute erſt 
an die Ausdehnung gewoͤhnt ſind, und ihre 

Spannkraft dadurch zum Theil eingebuͤßt ha⸗ 

ben, ſo koͤnnen die Schmerzen wieder ganz 
vergehen, wenn nicht beſondere . ein⸗ 
treten. 


In einigen Fällen entſtehen dieſe Schmerzen 
bloß von vermehrter Anhaͤufung des Bluts, wo⸗ 
durch vermehrte Ausdehnung und neue Spannung 
erfolgt. So entſtehen ſie, wenn die Patienten 
einige Tage lang viel Kaffee oder viel Wein ge⸗ 
trunken, oder anhaltend geſeſſen haben ꝛc. Oft 
entſtehen ſie von der Haͤrte oder von der Schaͤr⸗ 
fe des abgehenden Koths. Bisweilen entſteht 
eine Excoriation am After, durch die Aetzung 
des ſcharfen abgehenden Unraths, die aͤuſſerſt 
ſchmerzhaft iſt. Bisweilen ſcheint der Schmerz 

ſym⸗ 


ſympathiſch von e in den Gallenwe⸗ 
a gen „ nach ee ic. an un 


$. 41. 


metaſtatiſche Entzündungen konnen 
die Adergeſchwüͤlſte des Maſtdarms, wie uͤber⸗ 
haupt ſolche Theile, die mit örtlicher Vollbluͤ⸗ 
tigkeit behaftet ſind, leicht befallen. Indeſſen 
kommt dieſes nicht oft vor; ich habe Haͤmor⸗ 
rhoidalpatienten gekannt, welche uͤber zehn Jah⸗ 
ren an ihrem Uebel litten, ohne doch davı 
befallen zu werden. Solche metaſtatiſche En 
zuͤndungen gehen oft in Eiterung uͤber, und ſo 
entſtehen die bekannten Absceſſe und een 
des Maſtdarms. 


§. 42. 


Die metaſtatiſchen Entzuͤndungen und Ab⸗ 
ſceſſe des Maſtdarms find oft veneriſch; und 
unter denen, welche mir vorgekommen ſind, waren 
es die meiſten. Nur zweimal ſah ich Absceffe 
am Maſtdarme von anderen Urſachen, einmal 
bei einem Hypochondriſten, der in hohem Gra⸗ 
de haͤmorrhoidaliſch war, immer Leibesverſto⸗ 
pfung und Magenſaͤure hatte, aber wenigſtens 
| 8 Verdacht von veneriſcher Krankheit gab; 


das 
e 


42 — 


das anderemal bei einem ziemlich geſunden und 
zuverlaͤſſig nicht veneriſchen Manne nach einem 
ſchlimmen Frieſelfieber. 


§. 43. 

Bisweilen entſtehet bei den Haͤmorrhoi⸗ 
dalgeſchwuͤlſten eine ſtarke krampfhafte Zu⸗ 
ſammenziehung des Schließmuskels, welche for 

gar das Einbringen der Klyſtire verhindert. 
Bisweilen iſt der Maſidarm dabei fo Frampf- 
aft zuſammengezogen, daß, wenn gleich daß 
G eindringt, es doch ſogleich wieder her⸗ 
ausgepreſſet wird. 


§. 44. 

Das Haͤmorrhoidaluͤbel überhaupt, und 
fo auch dieſe Art deſſelben, von der ich hier res 
de, hat, wie alle chroniſchen Krankheiten, kei⸗ 1 
nen beſtimmten Verlauf, und keine beſtimm⸗ 
te Dauer. Es kann, wenn ſeine Urſachen nicht 
fortwirken, und bald genug gute Mittel dage⸗ 
gen angewandt werden, bald wieder vergehen. 
Es kann aber auch jahrelang, ja bis zum En⸗ 
de des Lebens dauern; und iſt dann abwechſelnd 
nach dem Maaſſe der Wirkung ſeiner Urſachen 
bald ſtaͤrker, bald ſchwaͤcher, bald kaum merk⸗ 

lich 


| 43 
lich. Bisweilen ift es lange Zeit kaum merk⸗ 
lich geweſen, und zeigt ſich, wenn einmal eine 


Grade. 


+ 


| Drittes Kapitel. | 
Von den Urſachen der Krankheit. 


cauſam 
Non ſatis et. — — — 


$. 45. 


der Pathologie in nächfte und entfernte un⸗ 
terſchieden. Ich will mich bemuͤhen bei dieſer 
Unterſcheidung die Fehler zu vermeiden, welche bei 
den Betrachtungen einzelner Krankheiten in me⸗ 
diciniſchen Vorleſungen und Lehrbuͤchern nicht 
ſelten gemacht werden. 


J. Naͤchſte ur ſachen. 


ine §. 46. 

) Stockungen in der Leber. Wenn 
das Blut in den Lebervenen, oder in den Zwei⸗ 
gen 


ſeiner Urſachen wieder wirkt, wieder in hohem 


Sunt aliquot quoque res, quorum vnam diſcere 


 Lucr£rtıus de rerum nat. IV. v. 703. ö 


Die Urſachen der Krankheiten werden in 


44 
gen der Pfortader ſtockt, ſo iſt Stockung und 
Anhaͤufung des Bluts in den Darmvenen eis 
ne unmittelbare Folge davon. Doch iſt nicht 
immer Stockung in der Leber Urſache der An⸗ 
haͤufung des Bluts in den Darmvenen: dieſe 
kann auch von anderen Urſachen entſtehen. 


Die Zacken ſind zwar eigentlich Theile der 
aͤuſſern Venen des Maſtdarms, welche ſich in 
die Beckenvenen ergieſſen; aber, wenn der Ruͤck⸗ 
fluß aus den innern Venen gehindert wird, ſo 
muͤſſen davon auch die Aufferen anſchwellen, weil 


ſie mit jenen in Verbindung ſind. 


9. 47. 

2) Die Schlaffheit (Laxitas, Atonia) 
des Darmkanals und beſonders des Maſt⸗ 
darms iſt eine der wichtigſten und am oͤfteſten 
vorkommenden Urſachen der blinden Haͤmor⸗ 
rhoiden. Stahl hielt die Atonie fuͤr öfter 
vorkommende Urſache, als die Verſtopfung *+), 

Wenn 


24) STAHL de vena portae porta malorum. 
p. 30. „‚Dubium tanto minus eft, quin perfre- 
quenter a laxitate potius vaforum horum, quam 
ab obftructione aut anguſtia eorundem pendeant 
plerique ellectus. T 


— 


— 45 


Wenn der Darmkanal und ſeine Gefaͤße ſchlaf⸗ 
fer ſind, als andere Theile des Koͤrpers, ſo 
geftatten fie dem Blute mehr Zufluß, weil fie 
ſich leichter ausdehnen laſſen. Wir finden die 
blinden Hämorrhoiden ſehr oft mit anderen Ue⸗ 
beln zugleich, die oft und größtentheils von 
Atonie entſtehn, mit der Flatulenz, mit dem 
Schleimfluſſe des Waſſerdarms, und bei Wei⸗ 
bern mit dem Schleimfluffe der Scheide. Sel⸗ 
ten trifft man Menſchen an, deren Darmfanal 
den Urſachen der Atonie lange ausgeſetzt war, 
ohne daß fie am Haͤmorrhoidaluͤbel litten. 

mer §. 48. . 

3) Schlaffheit der Leber. Auch die 
Leber kann atoniſch werden. Bianchi ſagt 
ſehr richtig: Refero ad intemperiem hepa- 
tis atoniam eius ſeu perfractam intimae 
cohaeſionis vim in ſolido ſuo ). Bail⸗ 
lie bemerkt ausdruͤcklich die Schlaffheit der 
Leber unter den krankhaften Beſchaffenheiten 
der Leber, die er in Leichen fand“). Die un⸗ 
| 5 x ge⸗ 
25) BTIAN CHI hiſtoria hepatica. Genev. 1725. 

| Tom. I. Pars II. c. 2. p--132. 
26) Baillie Anatomie des krankhaften 


Baues von einigen der wichtigſten Theile 
im 


46 


geheure Größe, zu welcher manchmal die Leber 
anwachſen kann 7), iſt zum Theil von einer 
Atonie ihrer Gefaͤße herzuleiten, indem dieſe 
eine Anhaͤufung der Saͤfte geſtattet. Wenn 
aber die in der Leber verbreiteten Pfortader⸗ 
zweige und die Lebervenen atoniſch ſind, ſo iſt 
verzoͤgerter Fortgang des Pfortaderbluts in den 
Pfortaderzweigen ($. 14.) und mithin Anſamm⸗ 
lung deſſelben in den Wurzeln der an 
die Folge. 


§. 49. 
Re Druck auf die Pfortader und ih⸗ 
re Aeſte. Jeder Druck auf die Pfortader, 
ihre Zweige oder Wurzeln hindert den Ruͤck⸗ 


fluß 


im menſchlichen Rörper. Aus dem Engl. 
mit Zuſaͤtzen v. Soͤmmerring. Berl. 1794. 
S. 133. 


27) Sandifort fand eine Leber uͤber vierzehn 
Pfund. (Exercitat. acad. Lib. II. Lugd. Bat. 
1785. Obſ. 76.) Ghigi eine ſechs und dreifs 
fig Pfund ſchwere (HALLER elem. phyf. VI. 
p. 486.). Andere Exempel von krankhaft grofs 
fen Lebern hat Bonetus gefammelt ( Sepul- 
eretum ſ. anatomia practica. Genev. 1679. 
Tom. II. Libr. 3. Sect. 16. p. 951. fqq.) 


fluß des Bots aus dem Darmkanale, mehrt 
oder weniger. Wir werden unten ſehen, daß 


yasni ſehr oft vorkommen. 
3; $ 

5) Daſtopfüng in der Elder 
Stockungen und Verſtopfungen ſind wohl zu 
unterſcheiden, obwohl dieſe aus jenen werden 
koͤnnen. Die Saͤfte koͤnnen in ihren Gefaͤßen 
ſtocken, d. h. ſich langſamer fortbewegen, oder 
wohl gar eine Zeitlang ſtill ſtehen, ohne daß 
darum die Gefaͤße verſtopft ſind. Verſtopft 
find diefe nur dann, wenn kein Durchgang der 
Saͤfte durch dieſelben mehr ſtatt findet. Theile 
mit Stockungen behaftet ſind angeſchwollen, 


der Stockung iſt. Verſtopfte Gefaͤße hinge⸗ 
gen koͤnnen an Ausdehnung abnehmen, indem 
fie ſich ſchlieſſen, nachdem die fluͤſſigen Theile 
der in ihnen ſtockenden Säfte durch die Saug⸗ 
| adern weggenommen ſind. In der Leber ent⸗ 
ben Verſtopfungen, und davon harte Stels 
len, fogenannte Knoten 5), nicht ſelten. Dieſe 
| Ver⸗ 
28) Baillie Anatomie des krankhaften 

Baues. S. 130. „Eine der gemeinſten Krank⸗ 


die entfernten Urſachen, welche ſolchen Deut 


heiten | 


— 


| weil die Anhaͤufung der Säfte in ihnen Folge 


48 — 


Verſtopfungen koͤnnen auf RE Weiſe 

Stockungen in den Venen der Daͤrme nach ſich 
ziehen. Erſtlich, wenn Zweige der Pfortader 
verſtopft ſind, ſo bleiben dem Blute weniger 
Wege offen, und zweitens druͤcken die harten 
Stellen auf Zweige, die noch offen ſind, hindern 
den Durchgang durch fie (F. 49.), und bewir⸗ 
ken alſo Stockung (F. 46.). 


$. Sl. 

6) Krampf in der Leber. Wir muͤſ⸗ 
fen in der Mediein oft nur ſchlieſſen, wo wir 
nicht ſehen koͤnnen; wir wuͤrden wenig darin 
wiſſen, wenn wir nichts wuͤßten, als was wir 
anſchauend erkennen, und es wuͤrde um man⸗ 
chen unſerer Kranken traurig ausſehen, wenn 

wir 


heiten der Leber iſt die Bildung der Knoͤtchen 

in ihrer Subſtanz. — — Iſt die Leber auf 

dieſe Art knotig, ſo fuͤhlt ſie ſich weit haͤrter, 

als gewoͤhnlich an. — — Ihre Größe iſt je⸗ 

doch gemeiniglich nicht betraͤchtlicher, als im 
geſunden Zuſtande, und mich duͤnkt, bisweilen 
kleiner. Zerſchneidet man die Leber in dieſem 
Zuſtande, fo ſcheinen ihre Gefäße einen Flei- 
neren Durchmeſſer, als im natuͤrlichen Zu⸗ 
ſtande zu haben.“ 


49 
wir ihm gar nichts nuͤtzliches verordnen koͤnn⸗ 
ten, ohne ſeine leidenden Eingeweide vor Au⸗ 
gen zu haben. Hoͤchſt nachtheilig iſt es frei⸗ 
lich, ſowohl für die Wiſſenſchaft uͤberhaupt, 
als fuͤr ihre Ausuͤbung in einzelnen Faͤllen, 
wenn man immer, ſtatt zu beobachten, raiſon⸗ 
nirt, und, ohne ſich an Thatſachen zu kehren, 
einen irrigen Schluß an den andern haͤngt. 

Allein ganz und gar darf man doch nicht alles 
verbannen, was Hypotheſe heißt, und nicht 
entweder ſi unlich dargeſtellt, oder mit mathe⸗ 
matiſcher Gewißheit erwieſen werden kann; die 
Hypotheſen ſind ein unentbehrliches Hülfsmit⸗ 
tel, unſere Kenntniſſe in ein Syſtem zuſam⸗ 
menzufuͤgen „und leiten auf Unterſuchungen, 
die zur Wahrheit fuͤhren. So bin ich denn 
auch der Meinung, daß man in manchen Or⸗ 
ganen des Koͤrpers fuͤglich reizbare Faſern anneh⸗ 
men muͤſſe, um ſich gewiſſe Erſcheinungen zu 
erklaͤren, obwohl man ſie nicht durch Zergliede⸗ 
rung darſtellen kann. Unter andern gilt dies 
von allen Organen, die zur Abſonderung die— 
nen, und ſodann auch von der Leber, wie ſchon 
die Abſonderung der Galle an ſich ſelbſt, und 

ferner die große Wirkung der Nerven auf dieſe 
Abſonderung bei der Sympathie derſelben mit 
! D an⸗ 


50 2 ' 

andern Teilen und bei gewiſſen Leidenſchaften 
beweiſen. Wenn nun in den Gefaͤßen der Le⸗ 
ber, und ſo auch in den Pfortaderzweigen ), 
reizbare Faſern find, fo koͤnnen dieſe, wie an⸗ 
dere reizbare Faſern, in Kraͤmpfe gerathen, und 
dieſe Krämpfe koͤnnen Stockung (9. 46.) be 
wirken. 


8 
70 Krampfhafte Reizung. Die Reiz⸗ 
mittel und Reizung ſelbſt ſind wohl zu unter⸗ 
ſcheiden. Unter den entfernten Urſachen wer⸗ 
de ich verſchiedene Reizmittel nennen; die krank⸗ 
hafte Reizung aber iſt eine naͤchſte Urſache 
der Vollbluͤtigkeit des Darmkanals. Sie kann 
dieſelbe bewirken, entweder indem der Darmka⸗ 
nal gereizt, und dadurch nach dem allgemeinen 
in den belebten Koͤrpern herrſchenden Geſetze 
der Zufluß des Bluts in feine Blutgefüße 
vermehrt, oder indem die Leber gereizt, und das 
durch ein Krampf (F. §1.) in den Pfortader⸗ 
zweigen (§. 14.) bewirkt wird. 5 
| $. 53. 
29) Gliſſon fehrieb der von ihm genannten Raps 
fel, welche die Pfortader umgiebt, das Ge— 
ſchaͤft zu, den Fluß des Bluts zu befördern 
(Anat. hepatis. p. 307. ). 


ut 51 
fe . 83. Br 4 
9) Krampfhafte Reizbarkeit. Die 
krampfhafte Reizbarkeit iſt in unſern Zeiten ein 
oft vorkommendes Uebel. Nicht immer iſt fie 
allgemein, ſondern nur an einzelnen Theilen, 
oder doch an ihnen vorzuͤglich groß. Es giebt 
Mannsperſonen, die eine krampfhafte Reizbar⸗ 
keit der Zeugungstheile haben, und daher nicht 
faͤhig ſind, die Beruͤhrung eines Weibes zu er⸗ 
tragen, ohne daß ihnen ſogleich die convul⸗ 
ſiviſche Bewegung der Samengaͤnge entſteht, 
durch welche der Samen ergoſſen wird. Der 
Darmkanal iſt bei einigen Menſchen mit Erank- 
hafter Reizbarkeit behaftet: ſolche erleiden von 
jeder Erkaͤltung Kolik oder Durchfall, die for ' 
genannten Purgirmittel wirken bei ihnen viel 
ſtaͤrker, und in viel kleinerer Gabe, und man 
muß daher aͤuſſerſt behutſam mit ihnen um⸗ 
gehn, wenn man ſie reinigen will. Bei einigen 
ſcheint auch eine krankhafte Reizbarkeit der Le⸗ 
ber und der Gallenwege zu ſein „ indem ihnen 
0 unangenehme Leidenſchaften viel leichter und 
ſtaͤrker auf die Galle wirken, als bei den mei⸗ 
ſten Menſchen. Bei ſolcher krankhafter Reiz⸗ 
barkeit ſchadet krankhafte Reizung (§. 52.) viel 
mehr, als ohne ſie. 

$. Sa. 


52 


§. 54. 

9) Mangel an Lebenskraft. Ich 
glaube, daß die Venen, eben ſowohl als die 
Schlagadern, Lebenskraft, nur in viel geringe⸗ 
rem Grade, haben, und daß die Fortbewegung 
des Bluts in denſelben nicht bloß von ihrer 
Spaunkraft, ſondern auch von ihrer Lebens⸗ 
kraft, abhaͤnge. Die Pfortader und ihre in 
der Leber verbreiteten Zweige haben, da ſie die 
Dienſte der Schlagadern verrichten, wahr— 
ſcheinlich noch mehr Lebenskraft, als andere 
Venen. Wenn nun dieſe Kraft uͤberhaupt 
in einem Koͤrper zu ſchwach iſt, ſo werden alle 
Verrichtungen unvollkommen und ſo wird auch 
der Fortgang des Bluts in der Leber verzoͤgert, 
und entſteht Stockung ($. 46). * 


§. SS. 

ro) Allgemeine Vollbluͤtigkeit. Bloße 
allgemeine Vollbluͤtigkeit, ſowohl die wahre, 
bei welcher die Maſſe des Blutes zu groß iſt, 
als die falſche, bei welcher nur das Volumen 
des Bluts zu viel zugenommen hat, bewirkt 
keine Blutanhaͤufung in irgend einem Theile, 
ſondern alle Blutgefäße werden, wenn übris 
gens vollkommene Geſundheit Statt findet, 
da⸗ 


53 


dadurch in gleichem Verhaͤltniſſe ausgedehnt 
(F. 4). Die Blutgefaͤße des Darmkanals koͤnn⸗ 
ten jedoch, wegen der oben (5. 12 fgg:) ange⸗ 
gebenen Umſtaͤnde, davon mehr leiden, als an⸗ 
dere. Wenn aber zugleich Atonie des Darm— 
kanals, oder eine der anderen naͤchſten Urſachen, 
Statt findet, ſo dringt das Blut unvermeid⸗ 
lich in die Gefaͤße des Darmkanales in groͤſ⸗ 


ſerer Quantität 3°). 


** 


II. Entfernte Urſachen. 
F. 56. 


Die entfernten Urſachen unſerer Krank⸗ 


heiten ſind von dreierlei Art. Entweder ſie er⸗ 


ſchlaf⸗ 


30) Santorinus (de baemorrhoidibus, 5. 8. 


Bei Baglivs opp. Lugd. 1710. p. 828.) glaubt, 
daß auch das gegenſeitige Uebel, Mangel an 
Blute, das Haͤmorrhoidaluͤbel bewirken koͤn⸗ 
ne, weil der Blutmangel Mangel an Lebens⸗ 
kraft (§. 54) bewirke ꝛc. „Et a fanguinis ma- 
gis imminuta, quam ſtatus naturalis latitudo 
poſtulat, copia, fluxus fieri poteſt. Dato enim, 


quod a minori copia ſanguinis minus fit ſpiri- 


tuum penu, cordis muſculus debilius conftrin» 
getur, et ſanguinis muſculi non ſufficiente ſpi- 


kitu turgidi flacceſcent.“ 


7 


ſchlaffen, ($.43.) oder fie reizen ($.48.) 
die Blutgefäße des Darmkanals, oder fie be 
wirken einen Druck auf diefelben (F. 45.). Die 
Urſachen der krankhaften Reizbarkeit (§. 49.) 
und der allgemeinen Vollbluͤtigkeit (§. 49.) hier 
aufzuführen, hieffe zu weit gehen, da dieſe naͤch⸗ 
ſten Urſachen fuͤr ſich allein das Huͤmort hoidab 
uͤbel nicht bewirken koͤnnen. | 


Die eiten Dinge welche ich hier nenne, 
bewirken Vollbluͤtigkeit der Blutgefaͤße des 
Darmkanals uͤberhaupt, allein der Maſtdarm 
leidet von der Wirkung dieſer Urſachen eben ſo 
ſehr, als die andern Daͤrme, und wie (F. 25.) 
geſagt, noch mehr. Meiſt iſt es nicht eine 
Urſache allein, die wir bei der Haͤmorrhoidal- 
krankheit finden, ſondern es kommen N 
R 


§. 57. 


1) Warme Getraͤnke. Daß die war⸗ 
men Getraͤnke durch Erſchlaffung, zunaͤchſt des 
Darmkanals, ſchaden, und deſto mehr ſchaden, 
je heiſſer man fie genieſſet, daran darf man 
wohl nicht zweifeln, wenn man die Wirkungen 

der 


; | „ 
der freien Wärme kennt. Wo dieſe Urſache 

bei einem Menſchen ſelten Statt findet, da 
wird ihre Wirkung von der Spannkraft der 
Theile bald wieder überwunden; wo fie aber 
oft und alltäglich eintritt, da uͤberwindet fie 
endlich die Spannkraft). Wie ſchlaff die 
feſten Theile nach taͤglicher Anwendung naſſer 
Waͤrme werden, das kann man deutlich bei 
Maͤdchen ſehen, denen man Monate lang, um 
den Monatsfluß zu befoͤrdern, alle Abende die 
Füße warm baden laͤßt. Und leider wirkt f 


nals faſt bei allen Menſchen unſerer Gegenden 
taͤglich, ja taͤglich mehreremale. Faſt uͤberall 
faͤngt man, nach einer ſehr zweckwidrigen Ob⸗ 
ſervanz, jedes Mittagsmahl damit an, den 
Magen mit dem warmen Bade der Suppe 
zur Verdauung der folgenden Gerichte gar uͤbel 

vor⸗ 


31) Hippokrates ruͤgt ſchon die Nachtheile der 
| mißbrauchten Wärme, (Aphorism. V. 16.) „Ca- 
1%  lidum eo frequentius vtentibus has affert no- 
0. xlas, carnium effeminationem , nervorum im- 
potentiam, mentis ſtuporem, fanguinis proflu- 
nia, animi defectiones, ad quae mors ſequitur.“ 
Er verſteht hier freilich nicht bloß die warmen 
4 Getränke, ſondern Waͤrme W 


dieſe Urſache der Vollbluͤtigkeit des Darmka⸗ 


36 


vorzubereiten. Die Neigung, Kaffee zu trin⸗ 
ken, iſt izt auch unter den geringeren Staͤnden 
ganz allgemein, und verbreitet die Erſchlaffung 
auch unter dieſen immer mehr; zumal da man 
die Bezahlung kaffeeartiger Getraͤnke dadurch er⸗ 
leichtert, daß man einheimiſche wohlfeilere Pro⸗ 
ducte dem Kaffee ſubſtituirt. In Braun⸗ 
ſchweig ſah ich manche duͤrftige Familie zum 
Mittageſſen die heiſſe Bruͤhe der gebrannten 
Cichorien genieſſen. Der Thee wird von vie⸗ 
len täglich ſtatt des Kaffees, oder noch uͤber⸗ 
dem getrunken, und dieſer iſt doppelt ſchwaͤ⸗ 
chend, einmal weil er als warmes Getraͤnk 
erſchlafft, und dann vermöge feiner nerven⸗ 
ſchwaͤchenden Kraft. Die Schwaͤche des Ma⸗ 
gens, und den weiſſen Fluß, Uebel, die in un⸗ 
ſern Tagen ſo ſehr gemein ſind, darf man wohl 
nicht ohne Grund dem haͤufigen Theetrinken 
zuſchreiben. Der Thee iſt eine trefliche Arznei 
zur Beruhigung des Nervenſyſtems, bei Kraͤm⸗ 
pfen des Magens und der Daͤrme, das weiß 
ich; aber er taugt darum nicht als tägliches 
Getraͤnk, denn eben dieſes Beruhigen haͤngt ab 
von einer ſchwaͤchenden Kraft. Zimmer⸗ 
mann, der von manchen mediciniſchen Ge⸗ 
genſtaͤnden ſo vortreflich geſchrieben hat, 
ſagt, 


| fehlt, und ſie bei jedem Zuge erſt ein wenig 


' 
| 
Ni 


ger at 57 
ſagt ), daß neben den häufigen Aderlaͤſſn 
nichts fo ſehr das Anſehen lebender Leichna⸗ 
me gebe, als der Gebrauch des Thees. 
Wie dies warme Getraͤnk auch in Nuͤckſicht 
des Haͤmorrhoidaluͤbels doppelt ſchaͤdlich ſei, 
das ſieht man aus dem obigen (S. 47. 54.) 
ein ). Man darf ſich wahrlich nicht wun⸗ 


dern, wenn man den täglichen Mißbrauch 


der warmen Suppen, des Thees und des Kaf- 
fees anſieht, daß mit unſerer Krankheit und 
andern Folgen von Erſchlaffung ſo viele Meu⸗ 


ſchen behaftet ſind. Nicht ſo ſehr wuͤrden dieſe 


Dinge ſchaden, wenn man ſie nur warm traͤn⸗ 
ke; allein manche trinken ſie ſo heiß, daß zum 
Verbruͤhen der Lippen und der Zunge nicht viel 


bla⸗ 


f 525 In dem goldenen Buche von der Erfab⸗ 
rung in der Arzweik um. Zuͤrich 1764. II. 
S. 338. 

5 33) Bontekoe dachte vom Theetrinken anders; 

erer hielt den Thee für eine Panacee, und rieth 

zur Erhaltung der Geſundheit, ſich darin In 
ſtig voll zu ſaufen. Man leſe ſeinen großen 
Panegyricus uͤber den Thee in ſ. Abh. vom 
menſchlichen Leben. Went Budiſſin, 1686; 
S. 416. 


— 


— 


358 — 


blaſen muͤſſen, um wenigſtens das zu verhuͤten. 


Man erhaͤlt ſie daher mit großer Sorgfalt bis 
zum Genuſſe heiß, und hindert die Abkuͤhlung 
durch Kohlenbecken, heißes Waſſer und Topf⸗ 
muͤtzen mit großer Aengſtlichkeit. Schon den 


kleinen Kindern geben die Mutter und Wärz 


terinnen die Milch und die Suppen, womit ſie 
dieſelben nach dem Abgewoͤhnen, oder ſogleich 
nach der Geburt fuͤttern, gemeiniglich zu heiß, 
indem man ihnen alle ihre Speiſen erſt kocht, 
und um ihr Schreien zu ſtillen, ſie ſogleich 
ihnen einfloͤßt, ehe fie lange genug abgefühle 


ſind. Ich kannte eine am Haͤmorrhoioaluͤbel 


leidende Frau, welche des Morgens erſt 2 Taf 
ſen heiſſen Thee, nach einer halben Stunde 
2 Taſſen heiſſen Kaffee, Vormittags um 11 Uhr 
eine große Taſſe heiſſe Chocolate, Mittags eine 
gute Portion heiſſer Suppe, ſogleich nach der 
Mahlzeit 2 Taſſen heiſſen und aͤuſſerſt ſtarken 
Kaffee, Abends um 6 Uhr bei den Theeviſiten 
2 oder 3 Taſſen heiſſen Thee, Abends um 9 Uhr 
wieder heiſſe Suppe zu ſich nahm, und das 
einen Tag und alle Tage ſo forttrieb, bis die 
heftigen Haͤmorrhoidalſchmerzen ſie zwangen, 
einige Tage einmal einzuhalten. Es war mir 
nicht moͤglich, ſie zu heilen, weil ſie alle Tage 

wie⸗ 


wieder einriß, was ich am vorigen gebaut hatte, 
und ich dankte ihr von Herzen, als fie fi 9 eis 
ven andern Arzte uͤbergab. 


L | de S8. 
2) Erhitzende Speiſen und Ge 
traͤnke. Der Genf erhitzender Speiſen und 
Getraͤnke bewirkt die Vollbluͤtigkeit des Darm⸗ 
kanals auf zweierlei Weiſe. Sie reizen fuͤrs 
erſte den Darmkanal unmittelbar, und ver⸗ 
mehren den Zufluß des Bluts in ſeine Ge⸗ 
faͤße. Fuͤrs zweite bewirken ſie allgemeine Wal⸗ 
lung des ganzen Blutes, und wenn dann ſchon 
Schlaff heit des Darmkanales da iſt, ſo dringt 
das ausgedehnte Blut in ſeine Gefaͤße mehr. 
Der Kaffee iſt daher zwiefach ein großer 
Befoͤrderer des Haͤmorrhoidaluͤbels, weil er 
als Kaffee erhitzt, und als warmes Getraͤnk 
erſchlafft. Nicht leicht wird man Jemand fin⸗ 
den, der viel und ſtarken Kaffee trinkt, ohne 
an dieſem Uebel zu leiden, und mehrere Kaf⸗ 
feetrinker haben mir offenherzig geſtanden, daß 
ſie jedesmal haͤmorrhoidaliſche Schmerzen im 
Maſtdarme und in der Gegend des Krenuz⸗ 
beins empfinden, wenn ſie ſich mit ihrem Lieb⸗ 
lingsgetraͤnke zu viel zu gute gethan haben. 
1 Un⸗ 


m 


60 b 1 
Unter den uͤbrigen Dingen, welche hieher ge⸗ 
hoͤren, ſind beſonders der Wein und die hitzi⸗ 
gen auslaͤndiſchen Gewuͤrze anzuklagen, wel 
che beide von manchen Menſchen ſo entſetzlich 
mißbraucht werden. Der Wein ift bey dem 
männlichen Geſchlechte eine der alltaͤglichſten 
Urſachen, vorzuͤglich der flieſſenden Haͤmorrhoi⸗ 
den. Es giebt manche Männer, die den 
Wein, der doch nur Arznei fuͤr Mangel an 
Lebenskraft und Schwaͤche des Magens ſein 
ſollte, wie Waſſer trinken, weil ſie durch all⸗ 
maͤliges Gewöhnen bald dahin kommen, ganze 
Maaſſe zu vertragen, ohne berauſcht zu werden. 
Auch die, welche maͤſſiger ſind, entbehren doch 
nicht leicht den Wein bei ihren Mahlzeiten 
ganz, ſobald ſie ihn bezahlen koͤnnen, und ma⸗ 
chen ihn ſich bald zu einem täglichen Beduͤrf⸗ 
niſſe, deſſen Entbehrung ihnen nachher unmoͤg⸗ 
lich wird. Wenn man ſich mit einem einzigen 
Kelchglaſe in jeder Mahlzeit begnuͤgt, fo mag 
das unſchaͤdlich ſein, und bei einem traͤgen 
Magen ſeinen Nutzen haben; wenn man aber 
auch nur ein halbes Maaß, wie es gewoͤhn⸗ 
lich iſt, in jeder Mahlzeit trinkt, ſo kann ich 
dieſes nach meiner Einſicht nicht gut heiſſen, 
theils weil der Wein, in dieſer Quantitaͤt bei 

dem 


61 


dem Genuſſe Speiſe genoſſen, die Verdauung 
durch Veraͤnderung des Magenſafts mehr ver⸗ 
hindert, als durch Reizung des Magens befoͤr⸗ 
dert, zumal da dieſe tägliche Reizung bald zu 
gewöhnlich wird, theils, weil ſoviel von einer 
Feuchtigkeit, die von unſern Saͤften ſo ſehr 
verſchieden iſt, ohne einen hohen Grad von Le⸗ 
benskraft ſchwerlich veraͤhnlicht werden kann, 
und theils, weil auch dieſe Quantitaͤt, taͤglich 
genoſſen, ſchon hinlaͤnglich iſt, um in Geſell— 
ſchaft anderer Urſachen das Haͤmorrhoidaluͤbel 
allmaͤlig herbeizuziehen. Er trägt auf zweier⸗ 
lei Weiſe dazu bei; indem er durch feine reizen " 
de Eigenſchaft den Zufluß des Bluts in die 
Blutgefaͤſſe des Darmkanals befoͤrdert, und 
zweitens, indem er durch feine zuſammenzie⸗ 
hende Kraft Stockungen in den Gefaͤſſen der 
Leber bewirkt. Das letztere thut nun der 
Branntwein noch vielmehr. Ich habe meh⸗ 
rere Haͤmorrhoidalpatienten zu behandeln ge⸗ 
habt, die es ſelbſt einſahen, daß ihnen der all⸗ 
taͤgliche Genuß des Weins geſchadet und fie 
haͤmorrhoidaliſch gemacht habe, und die es 
deutlich zu merken verſicherten, wie viel we— 
niger ſie an ihrer Plage litten, als ſie eine 
Zeitlang dem Weine voͤllig entſagten. Der 
Miß⸗ 


62 


Mißbrauch der hitzigen Gewürze iſt weniger 


gemein, aber bei einigen, welche ſie lieben, 
auffallend arg. An der Tafel der Vorneh⸗ 
men, zumal bei den Magnaten der katholiſchen 
Geiſtlichkeit, werden manche Speiſen ſo ent⸗ 
ſetzlich gewürzt, daß fie einer nicht verwaͤhn⸗ 
ten Zunge Schmerz erregen. Ich kannte eine 
Frau, welche den Heringsſalat, den ſie ſehr 
gern und oft aß, und manche andere Gerichte, 
ſo voll mit Pfeffer beſtreute, daß man nicht 
ſehen konnte, was ſie aß. Ihr Maſtdarm 
mußte für ihren Gaumen erbaͤrmlich büffen, 


allein ſie kehrte ſich an ſeine Warnungen nicht, 


weil ihr alles fade ſchmeckte, was nicht er⸗ 


ſchrecklich gepfeffert war. Auch das ſtarke mit 


vielem Hopfen verſetzte Bier ſcheint zur Ent⸗ 


ſtehung des Haͤmorrhoidaluͤbels beizutragen, 
wenigſtens wird dies offenbar aͤrger, wenn 
man ſolches Bier täglich trinkt. 


„. 5% 

3) Blaͤhende Speiſen und Getränke 
bewirken zwar nicht zunaͤchſt das Haͤmorrhoi⸗ 
daluͤbel, aber die Blaͤhungen tragen doch bei 
ſolchen, welche viel ſitzen, durch den Druck des 
aufgetriebenen Darmkanals ſehr viel dazu bei, 

5 den 


4 a 8 63 


den Ruͤckfluß des Blues aus dem — 
zu ne N 


u 


4 ano 65 | Ye 
8 Scharfe purgiermittel. Nicht 
weniger wirkſam zur Befoͤrderung des Uebels, 
als jene Dinge, ſind die Purganzen. Sie 


gehoͤren ohne Zweifel zu den wichtigſten und 


nuͤtzlichſten in der ganzen Materia medica, 


weil ſo viele Krankheiten von Unreinigkeiten 


des Darmkanals entſtehen, und koͤnnen in der 
Hand eines einſichtsvollen Arztes die verſchie⸗ 
denſten und ſchwerſten Krankheiten haben. Al⸗ 
lein die heftig wirkenden ſind faſt immer ſchaͤd⸗ 
lich, auch da, wo uͤberhaupt das Purgieren 
nuͤtzlich iſt, die heftige Wirkung mag von der 


Groͤße der Gabe oder von der Groͤße der 


reizenden Kraft abhaͤngen, weil ſie durch die 
ſtarke Reizung und Schwaͤchung des Darm⸗ 
kanales viel mehr ſchaden, als fie durch Rei⸗ 
nigung nuͤtzen. Eben daſſelbe gilt von dem 
oft wiederholten lange und ohne Unterlaß fort⸗ 
geſetzten Gebrauche. Solcher Mißbrauch der 


Purgiermiktel ſchlaͤgt die Lebenskraft der Daͤr⸗ 


me nieder, verurſacht Verſchleimung und ſchlech— 
te Verdauung, und daher iſt dann bisweilen 
d die 


die Cur ſchlimmer „als die Krankheit war. 
Auch die Vollbluͤtigkeit des Darmkanals iſt 
eine Folge der mißbrauchten Purganzen, weil 


4 


ihre zu ſtarke oder zu oft wiederholte Reizung 


den Zufluß des Blutes vermehrt, und vorzuͤg⸗ 
lich wirken dieſes gewiſſe harzige Arzneien, be⸗ 
fonders die Rhabarber und die Aloe, ob⸗ 


wohl fie unter gewiſſen Umſtaͤnden vortrefliche 


und unerſetzliche Mittel ſind. Die letztere iſt 


ſchon lange als ein wirkſames Mittel bekannt, 


den Haͤmorrhoidalfluß zu treiben 7), aber 
auch die Rhabarber hat ſtarke Wirkung auf 
die Haͤmorrhoidalgefaͤße, und ich bin aus meh⸗ 
reren Beobachtungen überzeugt, daß der oͤf⸗ 
tere Gebrauch derſelben, im Pulver, und in 
der gewöhnlichen viel zu großen Gabe von eis 
nem Quentchen, beſonders in Ruͤckſicht des 
hier betrachteten Uebels, ſehr ſchaͤdlich ſei. Faſt 
alle, von denen ich erfahren habe, daß ſie oft 
Rhabarber nahmen, waren damit behaftet, 
und ee durchgängig fand ich, daß Haͤmor⸗ 

rhoi⸗ 


34) Auch Stoll zaͤhlte den oͤfteren Gebrauch 


der Aloe zu den Urſachen des Haͤmorrhoidal⸗ 
uͤbels. Praelect. de morbis chronicis, Ed. 


ExErEL. Vindob, 1789. II. p. 284. 287. 


7 


— 65 


rhoidalpatienten die Rhabarber nicht ohne ſehr 
unangenehme Gefuͤhle und Verſchlimmerung ih⸗ 
res Uebels vertragen. Uebrigens darf ich nicht 
erſt aufmerkſam darauf machen, daß der Miß⸗ 
brauch der Purganzen keine der ſeltenen Urſachen 
ſei. Manche Aerzte unſerer Zeit halten alle 
Krankheiten für gaſtriſch, laſſen alles brechen 
und purgiren, was ihnen vorkommt, und ſez⸗ 
zen die Summe aller Curen darin, die Daͤr⸗ 
me zu fegen. Viele Menſchen gebrauchen jene 
Purganzen als Hausmittel, und meiſt in viel 
a ſtarker Gabe, oder zu oft. 


5 . ; 
5) Scharfer Unrath im Darmkanale, 
ſcharfe Galle, Ueberbleibſel unverdaueter Spei⸗ 
ſen, die durch Verderbniß ſcharf geworden 
ſind, vermehren durch ihren Reiz den Zufluß 
in die Blutgefaͤße des Darmkanals. Der Maſt⸗ 
darm leidet dieſen Reiz vorzuͤglich, theils we⸗ 
gen feiner größeren Reizbarkeit, und theils, 
weil die Schaͤrfe des Unraths, wenn ſie durch 
fortdauernde Verderbniß vermehrt wird, in 
ihm den hoͤchſten Grad erreicht, ehe derſelbe 
zum After hinausfaͤhrt. Der After ſchmerzt 
bei Durchfaͤllen kr, wenn der abgehende Un⸗ 

E rath 


66 — 


rath ſcharf iſt; vorzuͤglich aber, wenn er ſchon 
mit blinden Haͤmorrhoiden behaftet iſt, die 
dann ſtaͤrker ſchwellen, und oft entzündet wer⸗ 
den. Auch kann der Reiz des ſcharfen Unraths 
Blutung erregen; in der Ruhr geſchieht dies 
ſehr oft; aber auch auſſerdem; bei Kindern 
ſah ich bisweilen blutigen Abgang, der bloß 
von Saͤure entſtanden zu ſein ſchien. Bei ei⸗ 
nem gewiſſen Hypochondriſten habe ich eine 
merkwuͤrdige Bemerkung gemacht, obwohl ich 
nicht behaupten will, daß fie hieher gehöre. Er 
litt oft an Saͤure des Magens. Jedesmal 
wenn ſich dieſe zeigte, litt er Tages darauf 
Haͤmorrhoidalſchmerzen an ſeinen blinden Haͤ⸗ 
morrhoiden, und es gieng ihm etwas Blut mit 

dem Stuhlgange ab. 


§. 62. 


6) Klyſtire. Die Klyſtire find ohne 
Zweifel ſehr wichtige Heilmittel; in hitzigen 
Krankheiten leiſten ſie oft die ſchnellſte Huͤlfe, 
und auch gewiſſe chroniſche werden nicht leicht 
ohne ſie geheilt. Aber es leidet wohl keinen 
Zweifel, daß die zu oft gebrauchten Klyſtire 
das Haͤmorrhoidaluͤbel herbeiziehen koͤnnen, die 
ſehe warmen durch Erſchlaffung, die ſchar⸗ 

en 


N NW 


fen durch Reiz, und manche der heutigen Haͤ⸗ 
morrhoidalpatienten haben ihre Beſchwerden 
dem Mißbrauch dieſer Mittel zuzuſchreiben. 
Die meiſten Klyſtire giebt man ſo warm, daß 
ſie unvermeidlich erſchlaffen; manche Klyſtire 
find betraͤchtlich ſcharf, in hitzigen Krankheiten 
gebraucht man haͤufig die von Cloſſius und 
Herz geruͤhmten Eſſigklyſtire, und die Bal⸗ 
drianwurzel wird oft zu Viſeeralklyſtiren ge⸗ 
nommen. Ehedem gebrauchte man die Kly⸗ 
ſtire zu wenig; Frauenzimmer wollten biswel: 
len lieber ſterben, als ſich klyſtiren laſſen; izt 
aber darf man ſich au manchen Orten in 
Deutſchland nicht mehr darüber beſchwer 
In Braunſchweig iſt das Klyſtirſetzen fie 

rere Weiber ein wichtiger Nahrungszweig. 
Seit Kaͤmpfs Methode, deren Werth ich 
übrigens gewiß nicht verkenne, üblich geworden 
iſt, und man gelernt hat, ſich felbft zu klyſti⸗ 
ren, habe ich mehrere Hypochondriſten gekannt, 
deren Maſtdarm ſchon uͤber tauſend Klyſtire 
verſchluckt hatte. Wie viel Klyſtire zur Ent⸗ 
ſtehung der blinden Haͤmorrhoiden beitragen, 
habe ich bei einem jungen zwanzigjaͤhrigen 
Manne erfahren, dem man in einem galligten 
mit großer Nervenſchwaͤche verbundenen Fie⸗ 
ber 


ber mehrere Wochen hintereinander, alle Tage 


einige warme Eſſigklyſtire gab. Er bekam dar⸗ 


auf die blinden Haͤmorrhoiden, von denen er 


vorhin nichts gewußt hatte, und hat ſie bis 


auf den heutigen Tag. 
8 63. 


7) Zurückhaltung des Roths. Men⸗ 


ſchen, die an der Zuruͤckhaltung des Koths, 
der ſogenannten Verſtopfung, leiden, ſind auch 


meift mit den blinden Haͤmorrhoiden behaftet. 


Der Koth wird deſto haͤrter, je laͤnger er im 
Darmkanale verweilt, weil die Saugadern des 
dicken Darms immerfort mehr Feuchtigkeit, aus 
ihm einſaugen, als ihm die aus hauchenden Gefäß: 
chen wieder geben; der harte Koth druͤckt, 
wenn er zum Maſtdarme kommt, auf die Bes 
nen deſſelben, und verhindert den Ruͤckfluß. 


F. 64. 
8) Vorfall des Afters. Der Vorfall 
des Afters entſteht aus zweierlei Urſachen, und 


oft wohl von beiden zugleich. Die eine iſt 


Schwaͤche des Schließmuskels, der den Maſt⸗ 


darm nicht hinlaͤnglich zuruck hält, die andere 


zu ſtarke Zuſammenziehung des Maſtdarms, 
— ent ⸗ 


| 72 69 
entweder bei beſchwerlichem Abgange verhaͤrte⸗ 
ten Kothes und ſtarkem Drängen, oder vom 
Reize der Schaͤrfe des abgehenden Unraths. 
Wo Schwaͤche des Schließmuskels aus Atonie 
iſt, da iſt auch Atonie der Venen des Maſt⸗ 
darms, und ſchon aus dieſer Urſache koͤnnen 
blinde Hämorrhoiden entſtehen. Verhaͤrteter 
oder ſcharfer Koth kann die blinden Haͤmor⸗ 
rhoiden bewirken, jener durch Druck, und die⸗ 
ſer durch Reiz. Daher ſind oft ſchon blinde 
Haͤmorrhoiden, bei Schaͤrſe des Abgangs auch 
flieſſende, ſchon da, wenn ein Vorfall des Afß⸗ 
ters erfolgt. Wenn aber auch noch keine blin- 
de Haͤmorrhoiden da waren, indem der Vorfall 
erfolgte, ſo kann er ſie verurſachen, indem der 
Schließmuskel die Venen einklemmt, und das 
Blut in dem vorgefallenen Theile zurück hält, 
Wenn ſie ſchon da waren, ſo werden ſie bei 
dem Vorfalle ſehr verſchlimmert und ſchmerz⸗ 
haft. Einige kleine Kinder find dem oͤftern 
Vorfalle des Afters unterworfen, und vielleicht 
| iſt das eine Urſache, welche dazu beitraͤgt, daß 
ſie in der Folge ihres Lebens haͤmorrhoidaliſch 
werden, indem das Uebel eine Schwaͤche der 
oft gepreßten Venen zuruͤcklaͤßt. 


4 18 8. 65. 


— 


70 


H. 65. | i 
9) Sitzende Lebensart. Die ſitzende 

Stellung, zumal die, da man mit vorwaͤrts 
gekrümmten Leibe ſitzt, iſt auch eine der oft 
vorkommenden Urſachen unſeres Uebels, nicht 
allein, weil bei ihr das Huͤlfsmittel der Be⸗ 
wegung des Bauchs zur Befoͤrderung des 
Ruͤckfluſſes fehlt, ſondern auch, weil die Leber 
und die Pfortader, und der ganze Darmkanal 
mit ſeinen Gefaͤßen dabei gedruͤckt werden, und 
mithin der Ruͤckfluß in ihnen gehindert wird. 
Selten findet man daher Menſchen, die viel 
ſitzen und ſich wenig bewegen, ohne an dieſem 
Uebel zu leiden. Vorzuͤglich ſind ihm die 
Kurzſichtigen ausgeſetzt, weil fie ſich ſehr büf- 
ken, und alſo den Leib ſehr vorwärts kruͤm⸗ 
men muͤſſen, um ihre Gegenſtaͤnde deutlich zu 
ſehen. Am meiſten ſchadet die krummſi tzende 
Stellung nach der Mahlzeit, wenn der — 
gen angefuͤllet iſt. 


Oft ſind bei denen, welche viel geſeſſen 
haben, und dann haͤmorrhoidaliſch werden, auch 
andere Urſachen, welche zugleich dazu beitra— 
gen; aber auch dieſe Urſache allein kann ſie be⸗ 
wuͤrken, wenn fie lange und anhaltend wirkt. 


30 


3 71 


Ich habe einen alten Tuchmacher in der Cur 
gehabt, der, ſo viel ich weiß, immer ſehr maͤßig 
und ordentlich gelebt hatte, und doch an den 
blinden Haͤmorrhoiden in einem ſehr ane 
Grade litt. | 


6. 66. 


10) Kleidungsſtuͤcke. Alle engen den 
Unterleib umgebenden Kleidungsſtuͤcke tragen 
dazu bei, das Blut in den Wurzeln der Pfort⸗ 
ader und vorzuͤglich in den Venen des Maſt⸗ 
darms zuruͤck zuhalten, zumal wenn ſie von 
ſolchen getragen werden, welche viel ſitzen, und 
den Unterleib vorwaͤrts kruͤmmen. i 

Bei dem maͤnnlichen Geſchlechte gilt dies 
von den engen Weſten und den engen Guͤr⸗ 
teln der Beinkleider. Die letzteren ſind ſchon an 
ſich eine unbequeme und wenn ſie zwiſchen den 
Beinen eng anliegen, gewiſſermaſſen unanſtaͤn⸗ 
dige Tracht, obwohl man ſich in unſern Gegen⸗ 
den zu ſehr an den Anblick der behoſeten Maͤn⸗ 
| ner gewöhnt hat, um das letztere zu finden, 

wie man es doch findet, wenn man ein verklei⸗ 
detes Weib in ſolchen Beinkleidern ſieht, und 
obwohl Maͤnner, die mit ſchoͤnen fleiſchigten 
Schenkeln und Waden begabt find, dieſe in 
den 


72 


den Beinkleidern beffer zeigen koͤnnen, als in 


der tuͤrkiſchen Tracht. Sie ſind aber auch, 


wenn ſie eng ſind, eine ſchaͤdliche Tracht, erſt⸗ 
lich, wie Fauſt mit Recht geruͤgt hat >’), 
wegen der Erwärmung der Zeugungstheile, 


zweitens, weil die Kniebaͤnder die Venen und 


die Saugadern des Unterſchenkels zuſammen⸗ 


ſchnuͤren, die Saͤfte in den Fuͤßen zuruͤck hal⸗ 


ten, und dadurch fuͤr die Folge im höheren 
Alter zum Oedema der Füße geneigt machen, 
und drittens, weil die Obertheile derſelben, 
welche den Leib umgeben, den Bauch, zumal 
in der vorwaͤrts gekruͤmmten Stellung, preſſen, 
und dadurch das Blut in den Venen des Bek— 
kens zuruͤck halten. Einer meiner Univerſi⸗ 


taͤtsfreunde ſaß alle Nachmittage mit ſeinen 


engen ledernen Beinkleidern, nachdem er eine 
gute Mittagsmahlzeit gehalten hatte, zwei bis 
drei Stunden lang in den Collegien und ſchrieb 
fleiſſig nach; izt iſt er ein ſchlimmer Haͤmor⸗ 
rhoidalpatient, und da ich ihn keiner andern 
diaͤtetiſchen Sünden beſchuldigen kann, fo glau⸗ 

be 


35) In dem leſenswuͤrdigen Buche: Wie der 


Geſchlechtstrieb der Menſchen in Ord⸗ 
nung zu bringen ꝛc. Braunſchweig, 1791. 


73 
be ich, daß n e unſtond größtenefeifs Ur: 
face war 9. 


Bei N weiblichen Geschlecht ſind hier 
vorzüglich die abſcheulichen Panzer anzuklagen, 
welche ſie Schnuͤrbruͤſte nennen. Sie ſind 
da gerade am engſten, wo unter den kurzen 
Rippen die Leber, der Magen und die Milz 
liegen; ſie draͤngen dieſe Rippen zuſammen, 
nehmen dieſen Eingeweiden den Raum, zwaͤn⸗ 
gen ſie hinunter, und verhindern den Ruͤckfluß 
des Bluts durch die Pfortader und ihre Zwei⸗ 
ge. Ich ſchweige hier von den mannigfaltigen 
Nachtheilen, welche dieſe haͤßlichen Mißgebur⸗ 
ten 


*) Auſſerdem find die engen Gürtel der Bein⸗ 
kleider auch darin nachtheilig, daß fie zu Lei⸗ 
ſtenbruͤchen geneigt machen, weil fie die Ein⸗ 
geweide ins Becken hinabdruͤcken. Daß un⸗ 
ter der Reuterei die Bruͤche ſo haͤufig ſind, iſt 
wohl den engen Beinkleidern groſſentheils zus 
zuſchreiben. Vollends iſt es ein unnuͤtzes 
und ſehr ſchaͤdliches Manoeuvre, wenn die in 
engen Hoſen eingepreßten Reuter bei dem 
Exerciren zu Fuße, das gewoͤhnlich nach der 
Mahlzeit geſchieht, das Gewehr ſtrecken und 
wieder aufnehmen muͤſſen. 


74 


ten der Eitelkeit bewirken, da fie Soͤmmer⸗ 
ring 3°) fo treflich beſchrieben und anſchaulich 
dargeſtellet hat. Es iſt eine Schande fuͤr die 
Weiber, die eine ſolche Schrift leſen, und doch 
fortfahren, ſich einzuſchnuͤren, und beſonders 
für manche Vaͤter, die ihren Töchtern erlaus 
ben, ſich auf Unkoſten ihrer Eingeweide eine 
Wespengeſtalt zu geben, die nur der verdor— 
benſte Geſchmack für ſchoͤn halten kann. 


J §. 67. 

11) Leidenſchaften. Die Wirkung un⸗ 
angenehmer Leidenſchaften auf die Organe der 
Galle iſt bekannt. Dieſe Wirkung kann nicht 
anders, als durch die Nerven geſchehen, welche 
ſich in dieſen Organen verbreiten, wie uns Walz 
ter 37) fo trefflich abgebildet hat. Durch die⸗ 
ſe Wirkung kann auch, vermoͤge einer Art von 
Krampf ($. §1) in den Zweigen der Pfortader 
Stockung des Bluts in denselben (H. 46) erfol⸗ 

gen, 
36) In der wichtigen und gemeinnuͤtzigen Schrift: 
uͤber die wirkungen der Sante. 0 
Berlin, 1793. 
37) Auf der vierten Tafel ſeiner prächtigen Ta- 
bulae nervorum shoracis et abdominis. Berol. 
1783. 


— 75 


gen, und mithin daſſelbe in den Venen der 
Daͤrmen zuruͤckgehalten werden. Wenn auch 
dieſe Wirkung nicht die blinden Haͤmorrhoiden 
erzeugen ſollte, ſo iſt wenigſtens zu glauben, 
daß ſie dieſelben verſchlimmere, wenn ſie von 
andern Urſachen entſtanden ſind. Mehrmals 
hab ich an Perſonen, welche an dieſer Plage 
litten, bemerkt, daß nach jedem Verdruſſe die⸗ 
ſelbe ſtaͤrker und ſchmerzhafter war. 


8 
12) Uebermaͤßige Anſtrengung des 
Verſtandes. Auch dieſe, eine der wichtigſten 
Urſachen der Hypochondrie, ſcheint eine Urſache 
des Haͤmorrhoidaluͤbels zu fein. Es vermin- 
dert die Wirkung der Nervenkraft auf die Ver⸗ 
dauungsorgane, und kann dadurch ($. 54) auch 
Stockungen in der Leber bewirken. Unter den 
Gelehrten, und uͤberhaupt unter denen, welche 
zugleich viel ſitzen und denken, find die Hypo⸗ 
chondrie und das Haͤmorrhoidaluͤbel gemeiner, 
als unter denen, die nur ſitzen, ohne den Ver⸗ 
ſtand anzuſtrengen. 


§. 69. | 
13) Schwangerſchaft. Die bis iezt 
genannten entfernten Urſachen der blinden Haͤ⸗ 
mor⸗ 


9 a 
* 

morrhoiden find doch meiſt vermeidlich; wir 
koͤnnen ihnen mehr oder weniger ausweichen, 
wenn wir fruͤh genug ihre Schaͤdlichkeit kennen 
lernen, und wenn es uns nicht an gutem Wil⸗ 
len dazu fehlt. Aber die armen Weiber ſind, 
wenn ſie ſich nicht einer immerwaͤhrenden Jung⸗ 
ferſchaft wiomen wollen oder muͤſſen, mancher⸗ 
lei Wirkungen der Schwangerſchaft und der 
Geburt unvermeidlich ausgeſetzt, und leiden 
unter dieſen auch nicht ſelten an den blinden 
Hämorrhoiden, Zwar iſt das Haͤmorrhoidal— 
übel Feine nothwendige Folge der Schwanger⸗ 
ſchaft und der Geburt, aber in manchen Faͤl⸗ 
len wird es doch davon bewirkt, ohne andere 
betraͤchtliche Urſachen. Ich kenne eine Frau, 
die als Jungfer vollkommen geſund war, weder 
Wein noch Kaffee trank und ſich fleißig be⸗ 
wegte; in der erſten Schwangerſchaft entſtan⸗ 
den ihr blinde Haͤmorrhoiden, jede folgende 
Schwangerſchaft vermehrte das Uebel, und ſie 
leidet nun uͤber ſieben Jahre daran. Der 
ſchwere ſchwangere Uterus druͤckt in den letzten 
Zeiten der Schwangerſchaft auf die Venen 
des Maſtdarms, , vorzüglich, wenn der Mund 
deſſelben viel ruͤckwaͤrts, oder etwas ſchief nach 
einer der beiden Seiten des Maſtdarms, wo 

ſeine 


8 — . 
ſeine W legen, ces and dieſer 
Druck iſt deſto nachtheiliger und anhaltender; 
je weniger ſich die Schwangere bewegt, und je 
mehr ſie, wie beim aͤhen, in gekruͤmmter 
Stellung füge. Auch die Geburt kann Ger 
ſchwulſt der Venen des Maſtdarms bewirken, 


wenn der Kopf des Kindes lange im Becken 


ſteht, und durch ſeinen Druck auf den Maſt⸗ 
darm das Blut in den Enden ſeiner Venen 
zuruͤckhaͤlt. Bei Gebaͤhrenden, welche ſchon vor 
der Geburt mit den blinden Haͤmorrhoiden 
behaftet waren, wird durch die Geburt das 
Uebel verſchlimmert, und ſie leiden daran im 
Kindbette erbaͤrmliche Schmerzen. So ſah 
ich es vor fuͤnf Jahren bei einer Frau nach einer 
beſchwerlichen Zangengeburt eines Kindes mit 

einem ſehr großen 1 n 


1 70. 

Weder das männliche, noch das Weib⸗ 
liche Geſchlecht iſt vorzüglich zu dem Haͤmor⸗ 
| rhoidaluͤbel geneigt. Soviel ich jedoch aus 
meiner Erfahrung ſchlieſſen kann, findet man 
mehr Maͤnner, die an den flieſſenden und mehr 
Weiber, die an den blinden Haͤmorrhoiden Teis 
den. 


78 j 


— 


den. Cullen 3°) ſagt: „es bee zwar 
die Stahlianer, daß die Mannsperſonen der 
guͤldnen Ader) weit mehr, als die Frauens⸗ 
perſonen unterworfen waͤren, allein ſie irren 
ſich hierin, da nach meiner Erfahrung allemal 
dieſe Krankheit weit mehr Frauenzimmer als 
Maͤnner befaͤll.!“ Wahrſcheinlich aber ver⸗ 
ſteht er bei dieſer Behauptung nur die blinden 
Haͤmorrhoiden. Daß mehrere Maͤnner an den 
flieffenden Hämorrhoiden leiden, leite ich theils 
daher, daß der Mißbrauch des Weins bei ih⸗ 
nen viel mehr Statt findet, und theils daher, 
daß bei den Weibern der monathliche Blutfluß 
vermoͤge des Zuſammenhanges der Venen des 
Maſtdarms mit den Venen des Uterus Dies 
ſelben verhuͤtet. Daß die Weiber den blinden 
mehr unterworfen ſind, kann mau theils der 
groͤßern Schlaffheit ihrer Gefaͤße, theils der 
Schwan⸗ 


38) Cullens Anfangsgruͤnde der praftifchen 
Arzneiwiſſenſchaft. §. 908. Ueb. Leipzig, 
1780. II. S. 248. 


) Die Benennung, goldene Ader, gab man 
ehedem den Venen des Maſtdarms, weil man 
den Haͤmorrhoidalfluß für einen ſehr wohlthaͤ⸗ 
tigen zur Geſundheit dienlichen Blutfluß hielt. 


79 
on, un ei m suf reiben, 


als Männer. In < n Weibern, deren Mo⸗ 
nathsfluß ſchon geendiget hat, nehmen gemei⸗ 
niglich die Hömorrhoidalbeſchwerden ſehr zu, 
auch leiden dieſe nicht ſo ſelten an flieſſenden 
Hämverheiden '?). Eben das gilt von denen 
juͤugern, deren Monathsflus fehlt oder au 2 
* BR 


En ' N g 
Mieiſt treten die Haͤmorrhoidalbeſchwer⸗ | 
den erſt im ſpaͤteren Alter ein, nachdem ihre 
Urſachen ſchon lange gewirkt haben, und weil 
die groͤſſere Steifheit der älteren. Faſern die 
Entſtehung der Stockungen in der Leber beguͤn⸗ 
W 105 ſtiget. 
309) Dies beſtaͤtiget auch Friedrich Hoffmann 
Diff. de ignorata vteri ſtructura multorum in 
medicina errorum fonte. $. 29. Opusc patho- 
logico-practica Hal. 1738. Decas. II. Diff. 3. 
p. 360.) „Experientia compertum eſt, in femi- 
nis annofioribus, quae non amplius menftruam 
patiuntur purgationem, ſaepenumero, ſi non 
venarum ſedis ſtillicidium, conatum tamen et 


niſum ad illud variis malis, ſuppreſſa hac eva- 
cuatione ſuboriri.“ 


ſtiget. Aber bisweilen findet man fie doch 
ſchon bei ſehr jungen Menſchen, wenn die Ur⸗ 
ſachen ſtark genug gewirkt haben. So eben, 


indem ich dieſes ſchreibe, verlaͤßt ein junger 


Mann von drei und zwanzig Jahren mein Zim⸗ 
mer, der mir geklagt hat, daß er an dieſem 
Uebel leide. Einen andern kenne ich, der von | 
öfteren Eſſigklyſtiren in ſeinem zwanzigſten Jah⸗ 


re die blinden Hämorrhoiden bekam. Weiber 
leiden oft eben ſo jung an dieſer Plage, durch 
Wirkung der Schwangerſchaft und Geburt 
(J. 69). Sogar Kinder können ſchon haͤmor⸗ 
rhoidaliſch fein. Ich habe ein Kind von ſechs 
Jahren gekannt, das ſeiner Mutter im Geſich⸗ 
te ſehr aͤhnlich war, und zugleich eben ſo ſchlimm 
an Askariden, und faſt eben ſo ſchlimm an blin⸗ 
den Haͤmorrhoiden litt, wie ſie ). Doch iſt 
das 


* Schon mehrmals habe ich die Bemerkung ge⸗ 


macht, daß Kinder, die einem ihrer Aeltern in 


der Bildung ſehr aͤhnlich waren, auch zu den⸗ 
ſelben Krankheiten Geneigtheit zeigten, zu wel 
chen der Vater oder die Mutter geneigt war. 
Ich ſehe auch wahrlich nicht ein, warum eini—⸗ 
ge Aerzte die erbliche Geneigtheit zu Krankhei⸗ 


ten ſo ganz leugnen wollen. Kann nicht durch 


die 


81 
das Haͤmorehoidalüͤbel bei Kindern ſelten, weil 
85 manchen entfernten Urſachen deſſelben, dem 
enuſſe hitziger Getraͤnke, der ſitzenden Lebens— 
art ꝛc. weniger ausgeſetzt ſind. Bei einem Kin⸗ 
de, das an den blinden Haͤmorrhoiden litt, 
ſchienen mir die ſtark gewuͤrzten Speiſen, wel⸗ 
che ſeine Aeltern alltäglich zu eſſen pflegten, und 
von denen es ſeit ſeinem zweiten Lebensjahre 
immer mit gegeſſen hatte, die Urſache zu ſein. 
Jener junge Mann war in ſeinen Knabenjah⸗ 
ren übermäßig zu Arbeiten angehalten, bei de 
nen man ſitzen muß. Einen jungen Menſchen, 
von achtzehn Jahren, ſah ich an der Aus⸗ 
zehrung ſterben, die er ſich durch uͤbermaͤßiges 
Sitzen und Studiren, und zugleich durch Ona⸗ 
nie, zugezogen hatte. Ich oͤffnete feinen Leich⸗ 
nam, und fand auſſer vielen kleinen Eiterbeu— 
len im Unterleibe die Venen des Maſtdarms 
und des ganzen Gekroͤſes, ungeachtet der ganze 
Körper wenig Blut hatte, eucſetzlich von Blute 

ausgedehnt. 


Vier⸗ 
die Zeugung eine gewiſſe Beſchaffenheit der 
feſten Theile und Saͤfte ſich eben ſo wohl mit⸗ 

bheilen als eine gewiſſe Form? 
. F 


82 f —— — 
Viertes Kapitel, 
Von der Cur der blinden Haͤmorrhoiden. 


E veſtra theoria ita tuta fit, vt praxi viam 
brevem et planam ſternat. 


BOISSIER Naſologia methodica, I. p. 3. 


§. 72. 

Wenn die blinden Haͤmorrhoiden erſt ſeit 
kurzer Zeit entſtanden ſind, der Kranke noch 
jung, uͤbrigens ziemlich geſund iſt, hinlaͤngliche 
Lebenskraft hat, und willig iſt eine gute Diät 
zu führen, fo kann man fie völlig heilen. Ich 
habe einige Menſchen fo ganz von dem Uebel 
befreiet, daß nicht die mindeſte Spur deſſelben 
uͤbrig blieb. 


9. 73. 
Aber nicht immer kann man es dahin 
bringen, und wohl in den wenigſten Faͤllen. 
Meiſt kann man das Uebel nur mindern; ob⸗ 
wohl oft ſo ſehr mindern, daß nur ſehr kleine 
Geſchwuͤlſtchen, und die Geneigtheit übrig blei⸗ 
ben, von den Urſachen des Uebels leichter und 
geſchwinder das Uebel wieder zu bekommen, 
als Jemand, der dieſe Geneigtheit nicht hat. 


§. 74. 


| 
} 


83 


\ 


74 
Wenn das Uebel ſchon alt ift, ſo iſt die 


vollkommene Herſtellung deswegen nicht möge, . 
lich, weil die Haͤute der Venen ihre Spannkraft 


zu ſehr verloren haben (§. 10), und ihre Sub⸗ 
ſtanz ſchon verdickt iſt. Wenn der Kranke alt 
iſt, ſo iſt ſeine Lebenskraft nicht mehr ſtark, 
auch find feine Lebergefaͤße nicht mehr biegſam 


genug, um den Fortgang des Blutes durch die 


Leber zur natuͤrlichen Vollkommenheit herzu⸗ 
ſtellen. Warum ſchwache Lebenskraft, Kraͤnk⸗ 
lichkeit, oder Krankheit von anderer Art, uͤble 
Diaͤt, die Heilung erſchweren, das iſt ohne wei⸗ 
tere Erklaͤrung einzuſehen. ö 


§. 75. 

Wir haben bei der Cur der blinden Haͤ⸗ 
morrhoiden eine zwiefache Anzeige: erſtlich den 
Zufluß des Blutes in die Haͤmorrhoidalge⸗ 
fäße zu mindern, und zweitens, den Ruͤck⸗ 
fluß aus ihnen zu befoͤrdern. 


. 76. 
Um dieſen beiden Anzeigen Genuͤge zu 
leiſten, iſt das erſte nothwendige Erforderniß, 


zu verhuͤten, daß keine entfernten Urſachen der 


Krank⸗ 


8 
Krankheit ferner auf den Kranken wirken, we⸗ 
der die, von denen die Krankheit wirklich ent⸗ 
ſtauden iſt, noch auch andere, von denen fie 
vermehrt werden koͤnnte. Wir muͤſſen daher 

dem Kranken eine gewiſſe genaue Diät vor⸗ 
schreiben, und ihm dringend einſchaͤrfen, daß es 
nicht moͤglich ſei, ihn zu heilen, wenn er dieſe 
nicht halte. 

| 77. 

Gute Diär iſt für Geſunde das einzige 
Mittel, die Geſundheit zu erhalten, und ſich 
ein langes Leben zu verschaffen, und auch für 
Kranke ein eben fo wichtiges, ja oft viel wich- 
tigeres Mittel zur Geneſung, als die Arzneien 
ſind. Wenn hie und da ein Menſch alt wird, 
der alle Tage diaͤtetiſche Suͤnden begieng, ſo 
beweiſet das nur, daß er eine beſonders vor— 
treffliche Natur hatte, die den Wirkungen der 
ſchaͤdlichen Dinge lange widerſtand. Man muß 
nur unter dem Namen Diät ſich nicht einen 
unrichtigen Begriff machen und etwa das 
aͤngſtliche oder pedantiſch abgemeſſene Verhal⸗ 
ten einiger um ihre liebe Selbſtheit uͤbermaͤßig 
beſorgten Menſchen verſtehen, die ſich durch Ver⸗ 
woͤhnung und Verzaͤrtelung der Wirkung mans 


cher 


— l 85 


cher Dinge; „ welche doch nicht immer zu ver⸗ 
meiden ſind, um fo nieht ann | 


Man muß ferner Diaͤt der Gebinden uud 
der Kranken unterſcheiden. Der Geſunde muß 
ſeinen Koͤrper ſtark erhalten durch gute Nah⸗ 
rung, fleiſſige Bewegung und oͤfteren Genuß 
der freien Luft, ihn abhaͤrten durch derbe Koſt, 
Strapazen und indem er ſich jeder, auch der 
rauheſten, Witterung ausſetzt. Nur ſolche Din⸗ 
ge muß er vermeiden, die abſolut ſchaͤdlich find, 
und durchaus vermieden werden koͤnnen. Fuͤr 
den Kranken iſt aber groͤßere Behutſamkeit 
und Einſchraͤnkung noͤthig; der Zweck ſich ab⸗ 
zuhaͤrten und an mancherlei Dinge zu gewoͤh— 
nen, kann bei ihm nicht mehr im allgemeinen 
erreicht werden. Er muß ſeine Lebensart, ſo 
lange er krank iſt, ganz ſo einrichten, daß die 
Verſchlimmerung feiner Krankheit verhuͤtet und 
die Minderung derſelben befoͤrdert wird. Dies 
gilt auch von den Haͤmorrhoidalkranken, wel⸗ 
che gewiß einer in mehreren Ruͤckſichten genauen 
Diaͤt beduͤrfen, um zu geneſen. Indeſſen ſind 
die Regeln, welche man ihnen zu geben hat, 
wenig von denen abweichend, welche jeder ge⸗ 
dle befolgen ſollte, und es iſt auch gar nicht 

ſo 


86 | 


fo ſchwer, ſie zu beobachten, daß man nicht 
mit Recht von jedem E N dieſes fordern 
kann. 


7 


H. 78. 

Ich verlange fuͤrs erſte von allen Gi 
rhoidalpatienten, daß fie die Warmen Ge⸗ 
traͤnke, die warmen Suppen, den warmen 
Thee und Kaffee vermeiden, um nicht immer⸗ 

fort die Erſchlaffung der Blutgefaͤße des 
Darmkanals zu vermehren. Am beſten iſts, 
wenn ſie alle dieſe Dinge ganz weglaſſen; wenn 
ſie Morgens bloß etwas gutes altes Brodt 
und kaltes Waſſer genieſſen, wobei ſich, wie 
ich izt hie und da erfahre, manche junge deu⸗ 
te, die ſich daran gewoͤhnt haben, vortrefflich 
befinden. Statt des Waſſers iſt friſche kalte 
Milch, weil fie mehr naͤhrt, für diejenigen befr 
ſer, welche ſie vertragen koͤnnen. Wer ſich ſchon 
zu ſehr gewoͤhnt hat, etwas warmes zu genießen, 
der eſſe eine Bierſuppe, die fuͤr magere, durch 
Einrühren von etwas Eidotter, noch naͤhren⸗ 
der wird). Dieſe iſt ein vortreffliches leicht 
a 12 ver⸗ 
*) Bierſuppe mit Eidotter iſt auch ein vortref⸗ 
fliches Nahrungsmittel fuͤr Kinder, die man 
eben 


| 
) 


87 


verdauliches und ſtaͤrkendes Nahrungsmittel, 


da hingegen Thee und Kaffee bloß vermoͤge 
der Milch naͤhrend ſind, die man etwa damit 
vermiſcht. Des Mittags iſt es ganz unnoͤthig, 
wenn man fefte Speiſen genießt, vorher Sup⸗ 
pe zu eſſen: und man wird jene gewiß beſſer 
verdauen, wenn man ſie iſſet, ohne ſich erſt 
die Dauungskraft mit warmer Suppe zu 
ſchwaͤchen. Vielleicht wäre es uͤberhaupt beſſer, 
wenn wir alles kalt aͤſſen, wie ja andere, und 
auch die in ihrem Bau uns aͤhnlichen Saͤuge⸗ 
thiere, thun. Wenigſtens haben ſich einige mei⸗ 
ner ‚Patienten, die am weiſſen Fluſſe, Verſchlei⸗ 
mung des Darmkanals, und anderer von Erz 


ſchlaffung herruͤhrenden Uebeln litten, ſehr ge— 


beſſert, nachdem ſie auf meinen Rath mehrere 
N nach einander gar nichts Warmes 
aßen, 


eben ae hat „oder gar ohne Mutter⸗ 
milch aufziehen muß, zumal fuͤr ſolche, die 
mager und ſchwach ſind. Oft vertragen die 
Kinder die thieriſche Milch gar nicht gut, be⸗ 
kommen immer Saͤure davon, und bleiben 
elend, fo lange man fie damit ernährt, befin⸗ 
den ſich aber alsbald beſſer und nehmen zu, 
wenn ſie dies Nahrungsmittel bekommen. 


88 


aßen, und ſich bloß mit Brodt und kaltem ge⸗ 
bratenem Fleiſche ernaͤhrten. 


Wie aber überhaupt ein Nik Kr kei⸗ 
ne Regel ganz allgemein gelten laſſen darf, 
wenn nicht einer oder der andere ſeiner Patien⸗ 
ten fi) übel befinden fol, und wie es über- 
haupt nothwendig iſt, bei jedem Menſchen auf 
feine beſondere Conſtitution Ruͤckſicht zu neh⸗ 
men, ſo muß man hier auch nicht vergeſſen, 
daß einige Menſchen, ſei es aus Gewohnheit 
oder aus Idioſynkraſie, die kalten Speiſen und 
Getraͤnke gar nicht wohl vertragen, und die 
warmen daher nicht ganz entbehren koͤnnen. 
Solchen muß man freilich die warmen Spei⸗ 
ſen und Getraͤnke in maͤßigem Genuſſe geſtat⸗ 
ten und ihnen nur verbieten, ſie heiß zu ge⸗ 
nießen. Indeſſen macht dieſes doch den Genuß 
des Thees und des Kaffees nicht nothwendig, 
da man ſtatt beiden jene Bierſuppe genieſſen 
kann. Die Entwoͤhnung von dieſen Getraͤnken 
macht zwar anfangs unbehagliche Empfindung; 
es kommt aber nur darauf an, daß man ſich 
feſt vornehme, eine Woche lang ihren Genuß 
ganz zu unterlaſſen und man fühle ihr Beduͤrf- 
niß nicht mehr. 


H. 79. 


\ * 7 89 


au e eng 
Ich e zweitens die e al⸗ 
ler erhitzenden Speiſen und Getraͤnke, um 
nicht den Zufluß des Bluts in die Blutgefaͤße 
des Darmkanals zu befördern, Wenn die Pa- 
tienten dem Kaffeetopfe, der Weinflaſche und 
den heißgewuͤrzten Leckerbiſſen nicht entſagen 
koͤnnen, ſo werden ſie ihre Plage nicht los. 
Auch die ſtarken mit vielem Hopfen gewuͤrzten 
Biere muͤſſen fie nicht trinken, wenn ſie ihre 
Geneſung befoͤrdern wollen. Doch wird es 
auch hier bisweilen nothwendig, etwas weniges 
nachzuſehen, wenn andere Arten von krankhaf⸗ 
ter Beſchaffenheit oder Gewohnheit einen maͤſ⸗ 
ſigen Genuß ſolcher Dinge unentbehrlich ma⸗ 
chen. Wer ſchon viele Jahre an den täglichen 
Genuß des Weins gewoͤhnt iſt, der befindet 
ſich ſehr übel, wenn man ihm plotzlich denſelben 
ganz entzieht. Wer wenig Lebenskraft hat, ent⸗ 
behrt dieſes Analeptieum nicht ohne Nachtheil 
ganz. Allein man kann ſich gewiß ohne allen 
Nachtheil mit einer kleinen Portion eines oder 
zweier Glaͤſer begnügen. Ich habe einige ſtar⸗ 
ke Weintrinker, die folgſam waren, bis zu 
dieſer ſparſamen Gabe heruntergeſetzt, und ſie 
haben nachher geſtehen muͤſſen, daß ſie beſſe— 
ren 


90 — 


ren Appetit haͤtten, beſſer verdaueten, und viel 
weniger an ihren Haͤmorrhoidalbeſchwerden lit⸗ 
ten, als zuvor. Einigen Hypochondriſten, die 
ſehr oft zugleich haͤmorrhoidaliſch find, iſt auch 
ſtarker Kaffee, ohne Milch, eine Weile nach 
dem Eſſen getrunken, ein vortrefliches Verdau⸗ 
ungsmittel, das die Lebenskraft ihres Magens 
in eine heilſame Thaͤtigkeit ſetzt, die Entſtehung 
der Saͤure und der Blaͤhungen verhuͤtet. 
Wenn ſie dieſes Mittel erſt kennen gelernt ha⸗ 
ben, ſo laſſen ſie es ſich nicht gerne wieder neh⸗ 
men, und man kann es ihnen zu dieſer Zeit 
auch wohl geſtatten, eine nicht zu groſſe Por⸗ 
tion eines mäßig ſtarken Kaffees zu trinken, 
wenn nicht das Haͤmorrhoidaluͤbel zu groß iſt, 
indem er dann bei weitem nicht ſo uͤbel erhitzt 
und reizt, als bei leerem Magen, die unvoll⸗ 


kommne Verdauung auch ſehr wichtige Nach⸗ 1 


£heile hat, und mir noch kein Mittel bekannt 
iſt, das minder ſchaͤdlich, als der Kaffee, waͤre, 
und doch ſeine vortrefliche Wirkung leiſtete. 
Der Wein thut bei den hypochondriſchen Maͤ⸗ 
gen das nicht, was der Kaffee thut; er ſcheint 
vielmehr, vollends der gewoͤhnliche Tiſchwein, 
die Entſtehung der Saͤure im Magen ſehr zu 
beguͤnſtigen. 

$. 80, 


ur 2 — N 
. u. | 91 
\ 


$. 80. a: ER Kran. 

Auch nicht zu naͤhrende Speiſen und 

Getraͤnke muͤſſen die Patienten genieſſen, damit 

ſie nicht zu vollbluͤtig werden, und von diefer 

Seite das Uebel vermehren ($.51.), zumal 

wenn eben die Adergeſchwuͤlſte ſtark geſchwollen 
und ſchmerzhaft ſind. 


$. 31. 

Die Haͤmorrhoidalpatienten muͤſſen Ahlen: 
terdings nicht viel ſitzen, zumal nicht mit vor⸗ 
waͤrts gekruͤmmtem Leibe, um nicht den Ruͤck⸗ 
fluß des Bluts aus den Venen der Daͤrme 
zu hindern. Sie muͤſſen die Arbeiten, welche 
ſie bisher im Sitzen verrichteten, z. E. das 
Schreiben und Leſen, welches bei vielen Haͤ⸗ 
morrhoidalpatienten den groͤßten Theil ihrer Be⸗ 
ſchaͤftigung ausmacht, im Stehen verrichten, in⸗ 
dem dieſe Stellung für ihr Uebel bei weitem 
zutraͤglicher iſt. Ich kenne einige Gelehrte, 
Kaufleute ꝛc. die ſich ſo daran gewoͤhnt haben, 
ihre Schreibgeſchaͤfte im Stehen zu verrichten, 
daß ſie ſich faſt nie mehr dabei ſetzen, und ſie 
leiden, ſeitdem ſie dieſes thun, an den Haͤmor⸗ 
rhoidalbeſchwerden ungleich weniger. Einigen 
iſt es nicht möglich, lange zu ſtehen, weil fie 

zu 


zu ſchwach fin, und dieſe anſtrengende Stel⸗ 
lung nicht lange aushalten koͤnnen; dieſe muͤſ⸗ 
ſen abwechſeln mit Stehen und Sitzen, und bei 
dem Sitzen dafuͤr ſorgen, daß ihr Arbeitstiſch 
in Verhaͤltniß ihres Stuhles hoch genug fei, 
damit fie nicht noͤthig haben, ſich vorwärts zu 
kruͤmmen. Beſonders gut ſind fuͤr ſolche, wel⸗ 
che ſich viel mit Schreiben beſchaͤfftigen muͤſ⸗ 
fen, Stühle, deren Sitze faſt wie Suͤttel ge⸗ 
ſtaltet ſind, ſo daß die Beine des Menſchen, 
der darauf ſitzt, geſtreckt herab haͤngen, und 
dazu eingerichtete Tiſche, die einen Ausſchnitt 
fuͤr den Leib des davor ſitzenden und an beiden 
Seiten vorſtehende Kanten haben, auf die man 
die Arme ſtuͤtzt, und gehindert wird, ſich vor 
waͤrts zu kruͤmmen. Doch muͤſſen dieſe Stuͤhle 
gut geformt ſein, nicht zu erhaben in der 
Mitte, damit die Harnroͤhre keinen nachtheili⸗ 
gen Druck erleide, und die Füße muͤſſen durch 
Fußtritte unterſtuͤtzt fein, damit nicht die 
Schenkel durch die Schwere der Beine an den 
Sitz angepreßt, und die ruͤckfuͤhrenden Sen 
der e gedruͤckt werden. 
§. 82. 
Hingegen iſts hoͤchſt noͤthig, daß man 
ſich fleiſſig bewege, um von den Aderge⸗ 
5 ſchwuͤl⸗ 


* 


ſchwuͤlſten des Maſtdarms befreiet zu werden. 
Einige Menſchen koͤnnen ſich ja Geſchaͤffte 
waͤhlen, welche mit Bewegung verbunden ſind. 
Weiber finden dazu viele Gelegenheit in der 
Beſorgung ihres Hausweſens; laſſen ſie lieber 
das, wobei man ftill ſitzt, durch andre thun, 
und beſchaͤftigen fi ſich mit Dingen, bei denen 
ſie in Bewegung ſind. Manche Maͤnner, de⸗ 
ren Geſchaͤfft es mit fi) bringt, viel zu ſchrei⸗ 
ben, und manche Weiber, die mit Naͤhen ihr 
Brod verdienen muͤſſen, ſind uͤbel daran, wenn 
ſie von den blinden Haͤmorrhoiden geplagt 
werden, weil ihr Geſchaͤft ihre Krankheit un⸗ 


vermeidlich verſchlimmert. Indeſſen iſt es doch 


nicht leicht Jemanden unmoͤglich, taͤglich eine 


Stunde oder etwas mehr zur Bewegung zu 


verwenden. 

Das Gehen iſt fuͤr die Hämorrhoidal⸗ 
patienten eine der beſten Bewegungen, weil 
dabei die Bauchmuskeln von beiden Seiten 
wechſelsweiſe einen gelinden Druck auf die Ein- 
geweide des Bauches ausuͤben, und dadurch 
den Ruͤckfluß des Blutes aus ihm befördern. 


Das Gehen muß aber ſtark genug und mit hin⸗ 


laͤnglicher Bewegung des ganzen Unterleibes 


| geſchehen, wenn es auch pofitiv und nicht bloß 


negativ 


vr 0 


N 


negativ deswegen nuͤtzen ſoll, weil es nicht 
Sitzen iſt. Das gewoͤhnliche Spaziren der 
Frauenzimmer iſt nur ein abwechſelndes Stes 
hen auf einem Beine. 


Für diejenigen, welche Kraft genug har 
ben, iſt das Holzſaͤgen und Hobeln eine 
5 treffliche heilſame Bewegung, (eine viel wirk— 
ſamere als das Drechſeln,) weil man dabei den 
Bauch immer hin und her bewegt. a 


Das Reiten iſt den Haͤmorrhoidalpatien⸗ 
ten nur mit groſſer Einſchraͤnkung anzura⸗ 
then. Den Schritt vertragen ſie zwar gut, 
aber der hilft ihnen nichts. Das Traben 
ſcheint vermöge der Erſchuͤtterung, die es ver⸗ 
urſacht, ihnen ſehr zutraͤglich zu ſein; allein, 
wenn die Blutanhaͤufung im Unterleibe groß 
iſt, ſo bekommt ihnen dieſe ſtarke Erſchuͤtterung 
ſehr uͤbel, zumal, wenn ſie lange fortgeſetzt 
wird, und das Pferd einen unſanften Gang 
hat. Ich ſah mehrmals Haͤmorrhoidalkranke 
nach einem ſtarken Niere ſich erbaͤrmlich befin- 
den. Der zutraͤglichſte Gang des Pferdes fuͤr 
dieſe Patienten iſt der Galopp, und ſie thun 
am beſten, mit Schritt und Galopp abzuwech⸗ 
ſeln. Wenn eben dicke und ſchmerzhafte Zak⸗ 

ken 


ken am Maſtdarme find, fo muͤſſen die Pa⸗ 


tienten das Reiten ganz unterlaſſen, weil das 


Reiben und Stoßen auf dem Sattel den 


Schmerz vermehrt und Entzuͤndung verurſacht. 


end n B, 5 
Es giebt Haͤmorrhoidalpatienten, die zu 
ſchwach ſind, um Bewegung, wenigſtens ſolche 
Bewegung auszuhalten, die ihnen nuͤtzlich wer: 
den kann. Dieſe Bedauernswuͤrdigen entbeh⸗ 
ren ein wichtiges Huͤlfsmittel zu ihrer Gene⸗ 


ſung. Damit ſie aber durch das anhaltende 


Sitzen nicht immerfort noch elender werden, 
muß man ihnen dringend anrathen, mit Liegen 
abzuwechſeln, und ſich alle Tage einigemal eine 
Weile auf eine horizontale Flaͤche nieder⸗ 
zulegen. Es iſt augenſcheinlich, wie viel das 
zur Minderung der Beſchwerden beitraͤgt. 


9. 84. 
Solche, die wegen ihrer Geſchaͤfte durch⸗ 


aus nicht vermeiden koͤnnen, viel zu ſitzen, muͤſ⸗ 


ſen nicht auf Stuͤhlen ſitzen, die gepolſtert 
ſind, am wenigſten auf ſolchen, deren Polſter 
von wollenem Zeuge und mit Federn oder Wolle 
gefuͤllt find, weil dieſe das Geſaͤß und den Af⸗ 


ter 


6 
ter erhitzen, das Blut in dieſe Theile ziehen, 
und alſo das Haͤmorrhoidaluͤbel vermehren. 
Am beſten und kuͤhlſten ſitzen ſie auf den be⸗ 
kannten Rohrſtuͤhlen, deren Sitze netzfoͤrmig 
geflochten ſind. Wenn große Magerkeit noth⸗ 
nothwendig macht, weicher zu ſitzen, ſo nehme 
man leinene Kuͤſſen, die mit Pferdehaaren ge⸗ 
ſtopft ſind, weil dieſe viel weniger erhitzen. 


. 
Hümoörrhoidärpaktehfen muͤſſen gar keine 
Kleidungsſtuͤcke tragen, welche den Unter⸗ 
leib preſſ en. 


Die Mannsperſonen muͤſſen die Gürtel 
der Beinkleider nicht zu eng zuſchnallen, und 
wer zu eitel iſt, um eine Falte an den Vorder⸗ 
theilen ſeiner Beinkleider zu dulden, der muß 
wenigſtens Mittel anwenden, dieſe Eitelkeit 
minder ſchaͤdlich zu machen. Er muß die Hin⸗ 
tertheile der Beinkleider lang genug machen laſ— 
ſen, damit ſie nicht, wenn man ſitzt, ſich auf 
dem Geſaͤße ſpannen, den hintern Theil des 
Guͤrtels herunterziehen und dadurch den vor— 
dern Theil deſſelben gegen den Bauch preſſen. 
Wenn man lange ſitzt, ſo thut man wohl, den 

Guͤr⸗ 


Gürtel ganz aufzuknöpfen, um den Deut 
ganz vom Drucke zu been Zu 


Die Sbuürbriſe von aller Akt „ fie a 
ser hinten oder vorne zugeſchnuͤrt werden, muß 
man als Arzt nicht nur allein denen, die ſchon 
haͤmorrhoidaliſch ſind, ſondern uͤberhaupt ver⸗ 
bieten, weil ſie abſolut ſchaͤdlich ſind, und ſich 
das Tragen derſelben in keinem Falle entſchul⸗ 
digen läßt. Man wird wahrhaftig nicht gerade 
durch eine Schnuͤrbruſt, wenn man ſchon ſchief 
iſt; wohl aber ſchief, wenn man gerade war. 
Man iſt ſchlank ohne Schnuͤrbruſt, wenn man 
ſchlank von Natur iſt, und erſcheint mit einer 
Schnuͤrbruſt ſchlanker, als ohne dieſe haͤßli⸗ 
chen Futterale, die nur ein hoͤlzernes Anſehen 
geben. Ich kenne Maͤdchen, die ſich niemals 
geſchnuͤrt haben, und doch aͤuſſerſt ſchlank und 
ſchoön gewachſen find. Man wird nicht ſchlank 
durch eine Schnuͤrbruſt, wenn man kurz und 
dick iſt, und die unbetraͤchtliche Verminderung 
der Dicke, welche man dabei durch eine 
| Schnuͤrbruſt erhält, erkauft man mit einem 
erſchrecklichen Zwange der obern Eingewelde 
2 des ED 


6 §. 86. 


2 


98 —— 


$. 86. 

Auch das übermäßige Studiren muß 
man den Haͤmorrhoidalpatienten unterſagen. 
Den Gelehrten, die oft an dieſem Uebel und 
der Hypochondrie zugleich leiden, iſt es ein treff⸗ 
liches Huͤlfsmittel, wenn fie einmal eine Zeit⸗ 
lang nur vegetiren, wenigſtens ihren Geiſt gar 
nicht arbeiten laſſen. 


. 87. 

Hingegen iſt den Haͤmorrhoidalpatienten, 
wie den Hypochondriſten, alle Auf heiterung 
der Seele von augenſcheinlichem Nutzen, weil 
ſie ſo wohlthaͤtig auf die Nerven wirkt, und 
alle Verrichtungen, ſo auch den Durchgang 
des Bluts durch die Leber, befoͤrdert. Es muß 
ſich aber ein jeder, dem Aufgheiterung noͤthig iſt, 
ſelbſt feine Gegenftände wählen, wenn fie ihm 
dazu dienen ſollen. Die vermeinten Aufheite- 
rungen, welche manche ihren Freunden aufdrin⸗ 
gen, ſind ihnen oft nicht Erholung, ſondern 
Strapaze. 

$. 88. 

Verſtopfung des Abgangs muͤſſen die 
Haͤmorrhoidalpatienten immer zu verhüten ſu⸗ 
chen, damit nicht der Koch durch Druck oder 

Reiz 


 — 99 


Reiz ihr Uebel vermehre. Sie muͤſſen daher 
alle Dinge, die den Fortgang des Koths in 
den Daͤrmen hindern, und daher auch in dieſer 
Ruͤckſicht den Thee, den rothen Wein) und 
das viele Sitzen vermeiden. Wenn ſie nicht 
von ſelbſt hinlaͤngliche Oeffnung haben, fo muͤſ⸗ 
ſen ſie ſich mit gelinden Arzneimitteln helfen, 
ſo viel dies geſchehen kann, ohne ihnen zu ſcha⸗ 
den. Sie muͤſſen, fo oft fie einen ganzen Tag 
nicht Abgang hatten, Abends ein Klyſtir von 
kaltem Waſſer, und uͤberdem, wenn der Abgang 
im allgemeinen zu wenig erfolgt, alle vier oder 
fünf Tage ein gelinde abfuͤhrendes Mittel, 
(Abends und Morgens etwa 1 Loth Bitterfalz,) 
nehmen. 


9. 89. 

Schwangere muͤſſen, ſowohl um das 
Haͤmorrhoidaluͤbel zu vermeiden, als uͤberhaupt, 
um ſich in ihren Umſtaͤnden geſund zu erhalten, 
nicht anhaltend ſitzen, zumal nicht mit vorwaͤrts 
gekruͤmmtem Leibe. Sie ſollten daher in dieſem 
Buſtande gar nicht naͤhen, oder ſonſt etwas 

thun, 


*) Das der rothe Wein gewiſſen Patienten doch 
dienlich ſei, werde ich unten ſagen. 


thun, was dieſe Stellung erfordert. Sie muͤſ⸗ 
ſen ſich izt noch fleiſſiger bewegen, als ſonſt, 
und das Spaziren muß bei ihnen in der Ta⸗ 
gesordnung fein. Sie muͤſſen länger im Bette 
liegen, und in den lezten Zeiten der Schwan⸗ 
gerſchaft auch am Tage ſich bisweilen niederle⸗ 
gen, um den Ruͤckfluß aus den Venen des 
Beckens zu erleichtern. Sie muͤſſen nichts 
druͤckendes am Leibe tragen, alle Kleidung muß 
loſe ſitzen, und die Roͤcke muͤſſen leicht ſein, 
um nicht den gewoͤlbten Bauch abwaͤrts zu 
druͤcken. Auch muͤſſen fie für hinlaͤngliche Be⸗ 
förderung des Abgangs (F. 88.) um fo mehr 
Sorge tragen, da die Verſtopfung deſſelben 

in dieſer Periode bei vielen eintritt. Das alles 
muͤſſen Schwangere auch ſchon dann thun, 
wenn ſie gar nicht Wäworrzaideliſc ſind, um 

es nicht zu werden. 


$. 90. 

Es kann nicht fehlen, daß ein Haͤmor⸗ 
rhoidalpatient durch eine genaue Befolgung al⸗ 
ler dieſer Regeln ſchon merklich erleichtert wird. 
Wenn er noch ein Anfaͤnger in ſeiner Krank— 
heit iſt, und der Grad derſelben noch nicht groß 
iſt, ſo ſind bisweilen bloß dieſe diaͤtetiſchen Mit⸗ 

tel 


| 


x \ a x — — 5 101 


tel ſchon hinreichend, um es zu heben. Je aͤl⸗ 
ter aber das Uebel iſt und je höher der Grad, 
den es erreicht hat, deſto noͤthiger iſt der Ge⸗ 
brauch therapeutiſcher Mittel. 


. Ka 
Den Gebrauch dieſer Mittel muͤſſen wir 


in den meiſten Faͤllen damit anfangen, den 


Darmkanal zu reinigen, um ihn von Un⸗ 
reinigkeiten, welche durch ihren Reiz das Uebel 
vermehren koͤnnen, zu befreien. Wir muͤſſen 
uns aber dazu gelinder und kuͤhlender Mittel 
bedienen, und auch dieſe nicht in zu großer Ga⸗ 


be und nicht zu lange geben, nur etwa drei 
Tage lang ihren Gebrauch fortſetzen, dann ei⸗ 


nige Tage lang inne halten, u. ſ. w. bis die 
Zeichen der Unreinigkeiten verſchwunden ſind. 
Der Gebrauch hitziger und heftig wirkender 
Purgirmittel und großer Gaben, ſchadet durch 


Reizung und Schwaͤchung des Darmkanals 


mehr, als er durch Abführung der Unreinigkei⸗ 
ten Nutzen ſchaft. Heftiges Purgiren macht 


die Haͤmorrhoidalpatienten zuſehends elender, 


da hingegegen * > immer 1 


| — 


$. 92. 


$. 92. 

Auch nach einmal verrichteter hinlaͤngli⸗ 
cher Reinigung des Darmkanales iſt es bei den 
meiſten dieſer Patienten noͤthig, daß derſelbe 
von Zeit zu Zeit wieder ausgeleert werde, weil 
die Atonie und Schwaͤche ihres Darmkanales 
die Anſammlung der Unreinigkeiten geſtattet. 
Dies geſchieht theils durch Klyſtire, theils durch 
abfuͤhrende Mittel, die durch den Mund ge⸗ 
nommen werden. Um nur den Koth wegzu— 
ſchaffen, welcher im untern Theile des Darm⸗ 
kanales liegt, iſt es hinreichend, Klyſtire zu 
gebrauchen, und gar nicht noͤthig, dem Magen 
beſchwerlich zu fallen. Wenn man aber Zei⸗ 
chen von Unreinigkeiten im obern Theile des 
Darmkanals wahrnimmt, ſo muß man auch 
abführende Mittel gebrauchen, weil die 1 
ſtire dahin nicht wirken. 


§. 93. 

Dis besten abfuͤhrenden Mittel fuͤr Haͤ⸗ 
morrhoidalpatienten ſind das Bitterſalz und 
die waͤßrige Khabarbertinctur. Dieſe Mit⸗ 
tel wirken gelinde, und machen keinen ſchaͤdli⸗ 
chen Reiz. Die leztere allein iſt zu ſchwach; 
das erſtere allein ſchwaͤcht, wenn es öfter ge⸗ 

braucht 


| 
| 


| 


a 


braucht wird, wie alle kuͤhlende Mittelſalze, 
die Reizbarkeit des Magens und der Gedaͤrme; 


zweckmaͤßig iſt daher die Verbindung beider 


Mittel, indem dann die Rhabarbertinctur die 
ſchwaͤchende Eigenſchaft des Mittelſalzes verbeſ⸗ 
ſert. Ich laſſe von dem erſteren 2 Loth in 2 Lothen 
Meliſſenwaſſer und eben ſo viel ſtarker Rha⸗ 
barbertinctur“) auflöfen, und davon Abends 
und Morgens die Haͤlfte, bei beweglicheren 


nur den vierten Theil, nehmen. Einige Pa⸗ 


tienten ſind zu wenig beweglich, als daß dieſes 
gelinde Mittel hinlaͤnglich wirken koͤnnte; bei 
dieſen muß man ſtatt des Meliſſenwaſſers in 
jener Miſchung einen Aufguß von Sennablaͤt⸗ 


tern nehmen. 


| d. 94 
Das Glauberſalz ſcheint, chemiſch be⸗ 


trachtet, die Stelle des Bitterſalzes wohl ver⸗ 
treten zu koͤnnen. Allein ich finde doch, daß 


manchen Hypochondriſten, welche das Bitter⸗ 

falz ganz wohl vertragen, das Glauberſalz meiſt 

ſehr 

) Die Rhabarbertinciur muß ohne Alkali ge- 

gemacht ſeyn, wenn ſie nicht einen Theil des 

Bitterſalzes zerſetzen ſoll; obwohl dieſes nicht 
erheblich iſt. 5 


fehr uͤbel bekommt. Daher wähle ich bei Haͤ⸗ 
morrhoidalpatienten, die zugleich hypochondriſch 
find, immer lieber das Biel vun 


| e Senken 
Die Rhabarber in Pulver iſt für die 
Haͤmorrhoidalpatieuten kein gutes Abfuͤhrungs⸗ 
mittel. Bei denen, welche zum Haͤmorrhoi⸗ 
fluſſe geneigt ſind, erregt ſie denſelben leicht. 
Auch die blinden Haͤmorrhoiden werden dadurch 
dicker und ſchmerzhaft; bisweilen fuͤhlen Pa⸗ 
tienten nach einer einzigen Gabe dieſes Mittels 
ihre Beſchwerden wieder, wenn ſie eine Zeitz 
lang nichts gemerkt hatten. Bei manchen ent⸗ 
ſtehen davon ſtarke Ruͤckenſchmerzen, und eine 


aͤuſſerſt unbehagliche Empfindung im ganzen 


Unterleibe, von der das ganze Nervenſyſtem 
angegriffen wird. Wenn bei einem Haͤmor⸗ 
rhoidalpatienten andere Umſtaͤnde den Gebrauch 
der Rhabarber noͤthig machen, ſo muß man ſie 
wenigſtens in ſehr kleinen Gaben wur „ W 
mehr als 1o Gran. 


§. 96. | 
Die Aloe iſt im allgemeinen für dieſe 


Kranken bben ſo verwerflich, als die Rhabar⸗ 


5 ber. 


ber. Allein kleine Gaben des waͤßrigen Ex⸗ 
tracts, mit Bitterſalz verbunden, wirken vor⸗ 
treſtich als abfuͤhrendes Mittel, viel beſſer als 
das bloße Bitterſalz, und nachdem ich es ge⸗ 
wagt habe, dieſe Miſchung auch bei Haͤmor⸗ 
rhoidalpatienten anzuwenden, wenn andere An⸗ 
zeigen, ein ſolchek abfuͤhrendes Mittel zu ge⸗ 
brauchen, da waren, finde ich, daß dieſelbe ih⸗ 
nen nicht nur nicht ſchadete, ſondern ſehr wohl 
bekam. Man muß aber die Miſchung ſo ver⸗ 
ſchreiben, daß nicht mehr als ein Gran des 
waͤßrigen Extractes auf jede, taglich ee 
zu wehe Gabe knen. 


$. 97. 

1 Die Manna iſt wohl ein gelindes abfüh- 
. rendes Mittel, allein in kleinen Gaben iſt ſie 
zu unwirkſam und in groſſen zu blaͤhend; da⸗ 
her gebrauche ich ſie nicht gern, und 15 Hy⸗ 
pochondriſten gar nicht. Bei ſchmerzhaften Has 
gehenden, muß man doch bisweilen zu ihr 
Hallucht nehmen, weil ſchaͤrfere Mittel die 
cen vermehren. 


sc | §. 98. 8 4 
Da ich oben ($. ni die Klyſtire zu 
den Urſachen der blinden Haͤmorrhoiden ge⸗ 
inn 5 N zaͤhlt 


zähle habe, fo ſcheint es widerſprechend, daß 
ich hier (§. 92) anrathe, den Abgang des Kos 
thes durch Klyſtire zu befoͤrdern. Allein nur 
der oͤftere Gebrauch ſehr Warmer oder ſchar⸗ 
fer Klyſtire iſt eine Urſache derſelben. Die 
Haͤmorrhoidalpatienten muͤſſen nur lauliche 
oder gar kalte, nur milde, von Habergrüßs 
bruͤhe mit Oel und wenig (3 Loth) Glauber⸗ 
ſalz, und auch dieſe nicht oft, nur dann neh⸗ 
men, wenn der Mangel des Abgangs ſie noͤ⸗ 
thig macht. Wenn auch dies ihr Uebel et⸗ 
Was vermehren ſollte, ſo iſt das, wie in 
manchen Faͤllen der mediciniſchen Praxis, nicht 
zu aͤndern; allein der Nachtheil ſolcher ſelten 
gebrauchten Klyſtire iſt doch bei weitem ge⸗ 
ringer, als die üble Wirkung der Ders 
ſtopfung und der Verhaͤrtung des zuruͤckgehalt⸗ 
nen Koths. 


$. 99. 

Die Reinigung des Darmkanales bei der 
Cur der blinden Haͤmorrhoiden dient nur 15. 

zu, etwas wegzuſchaffen, das ſonſt die Kran 
heit unterhält. Daß fie die Heilung der 
Krankheit ſelbſt nicht bewirke, iſt leicht 
einzuſehen. Dieſe erfordert gewiſſe therapeu⸗ 
tiſche 


1 


7 


5 . 107 


tiſche Mittel, zu deren Betrachtung wir nun 
agen 


1 f 

Wenn man mich fraͤgt, mit welchen 
Mitteln ich die blinden Hämorrhoiden ver- 
treibe, ſo kann ich ſehr kurz antworten: mit 
Tartarus tartariſatus und kaltem Waſ⸗ 
fer. In einigen Faͤllen habe ich, bei einer gu⸗ 
ten Diät, blos durch dieſe beiden einfachen Mit: 
tel, jene Geſchwuͤlſte ganz weggeſchaft, in vie⸗ 
len aber, in welchen voͤllige Wegſchaffung nicht 
mehr moͤglich war, ſie ſo vermindert, daß nur 
unbetraͤchtliche Ueberbleibſel bleiben, die zwar 
bei Veranlaſſungen wieder anſchwollen, aber 
dann auch denſelben Mitteln wider wichen. 


6. 101. 

In jedem Falle iſt es noͤthig, die 
Spannkraft der Venen des Maſtdarms 
wieder herzuſtellen, denn dieſe iſt immer da⸗ 
bei vermindert. Entweder war ſie ſchon vor 
der Entſtehung der Geſchwuͤlſte vermindert, 
und iſt die Urſache der Anſchwellung (§. 47); 
oder ſie iſt doch eine Folge der Ausdehnung, 
wenn auch die Anhaͤufung des Blutes von an⸗ 
deren Urſachen entſtand (§. 1 o). 

$. 102; 


10 g. 102. \ 
Die 5 herzuſtellen, dienen 
ſtaͤrkende Mittel, und zwar ſolche, welche 
die Spannkraft vermehren (tonica, adſtrin- 
gentia) 9). unter allen diefen Mitteln ift Fei- 
nes hier ſo ſchicklich, ſo wirkſam und ſo un⸗ 
ſchuldig, als das bloße kalte Waſſer. f 


Da die Verminderung der Spannkraft 
in den Venen des Maſtdarms iſt, ſo muß 
das ſtaͤrkende Mittel an ſie ſelbſt angebracht 
werden; man muß alſo Alyftire von kaltem 
Waſſer geben. Dieſes einfache Mittel wirkt 

ſo vortreflich gegen die Ackergeſchwuͤlſte des 
Maſtdarms, daß ich es dringend empfehlen 
muß. Es hat mir in der Cur dieſer oft ſo 
plagenden Uebel große Dienſte geleiſtet; bei 
allen Patienten, die es auf meinen Rath ger 
brauchten, hat es die Geſchwuͤlſte merklich ge⸗ 
mindert, und meiſt ſo ſehr, daß nur kleine zu⸗ 
ſammengeſchrumpfte Zaͤckchen, ohne Schmerz 
und Beſchwerde, am After zu ſehen waren; 
bei einigen hat es ſie 5 und gar fort⸗ 

ge⸗ 

*) Man muß dieſe wohl von denen ſtaͤrkenden 

Mitteln unterſcheiden, welche die Lens 

kraft vermehren. 


— ı 109 


geſchafft. Bei keinem habe ich von dem Ge 
brauche deſſelben den geringſten Nachtheil be 
merkt, ausgenommen bei einem, der vorzuͤglich 
empfindlich war, und nach jedem Klyſtire fo 
ſtarke Kraͤmpfe in dem Gedaͤrme bekam, daß 
ich den Gebrauch des Mittels nicht fortſetzen 
durfte. 

% P Kalte Aufldſungen von Alaun, Eiſenvi⸗ 
triol ic. find noch zuſammenziehender, als blof- 
ſes kaltes Waſſer; allein ſie ſind zu reizend 
fuͤr den empfindlichen Maſtdarm, um ſie taͤg⸗ 
lich gebrauchen zu dürfen. Das bloße kalte 
Waſſer wird im Maſtdarme bald erwaͤrmt, 

verliert dadurch ſeine reizende Eigenſchaft, und 
daher dauert die Zeit der Reizung nur ſehr 
kurz. Freilich dauert denn auch die Zeit der 
Zusammenziehung nur kurz, denn ſo wie das 
Waſſe er erwaͤrmt wird, verliert es auch ſeine 
| zuſammenziehende Kraft. Allein wenn gleich 
die Wirkung jedes einzelnen Klyſtires nicht 
groß iſt, ſo betraͤgt doch die Summe oft wi⸗ 
derholter Klyſtire ſehr viel, und man darf de⸗ 
ſto dreiſter ſie taͤglich wiederholen, da die 

Wirkung jedes einzelnen nicht lange dauert. 

Man darf ſich wegen der kurzen Dauer der 

Zuſammenziehung nicht fürchten, daß die Kälte 

der 


110 


der Klyſtire durch Zuruͤcktreibung des Blutes 
nach andern Theilen ſchaͤdlich werde. 


Ich laſſe die Patienten anfangs alle Tage 
ein ſolches Klyſtir nehmen, ſogleich nachdem 
die natuͤrliche Ausleerung des Koths erfolgt 
iſt. Erfolgt dieſe nicht von ſelbſt, ſo laſſe ich 
ſie erſt durch ein kaltes Klyſtir befoͤrdern, und 
das zweite nachher nehmen. Wenn ich finde, 
daß die Patienten die Klyſtire ohne bemerkli⸗ 
chen Nachtheil vertragen, ſo laſſe ich nachher 
(nach etwa 14 Tagen) taͤglich zwei nehmen, 
eines vor, das andere nach Mittage. Die 
Klyſtire von kaltem Waſſer find auch ein vor- 
trefliches Mittel zur Befoͤrderung des Ab⸗ 
gangs; ſie haben mir in einigen Faͤllen den 
Abgang befoͤrdert, in denen die gewöhnlichen 
warmen Klyſtire nichts geholfen hatten. Der 
ſtarke! Reiz der Kälte wirkt nicht bloß auf 
den unterſten Theil des Darmkanals, den das 
kalte Waſſer berührt, ſondern per conſenſum 
auch auf den obern Theil des Darmkanals. 
Oft bewirken ſie einen gelinden Kolikſchmerz 
im obern Theile des Bauchs, und dann ers 
folgt ein reichlicher Abgang. 


Die 


111. 


Die Patienten muͤſſen dieſe Klyſtire ſo 
lange an ſich behalten, als ſie koͤnnen, und 
daher anfangs nur kleine Quantitaͤten einſpriz⸗ 
zen „ bis der Maſtdarm allmaͤhlig mehr vers 
traͤgt. Es iſt daher auch gut, wenn ſie ſich, 
nachdem ſie das Klyſtir genommen haben, 


auf die (linke) Seite legen, und eine Viertel⸗ 
ſtunde liegen bleiben. 


d. 103. 

Da kalt und warm relative Eigenfchaf- 
ten ſind, welche viele Grade haben, ſo muß 
man den Patienten die Kaͤlte ihrer Klyſtire 
einigermaſſen beſtimmen. Das Waſſer muß 


ſo kalt ſein, daß es im Maſtdarme hinlaͤng⸗ 


liche Empfindung von Kälte, verurſacht, ohne 


Schmerz zu erregen. Jur Zeit der Froſtkaͤlte 


iſt das Waſſer, wenigſtens für die meiſten, 
etwas zu kalt, und muß erſt eine Weile in 


in einem geheizten Zimmer geſtanden haben, 
ehe es angewandt wird. Auſſerdem aber laſſe 
ich die Patienten das Waſſer ſo kalt nehmen, 


wie es aus dem Brunnen kommt. Es kommt 


hier indeſſen nicht allein auf die Kaͤlte des 


Obiects, ſondern auch auf die Empfindlichkeit 


des Subjects an, und da findet man einige, 
denen 


112 r 


denen auch auſſer der Froſtkaͤlte das Waſſer 
zu kalt iſt, und ſehr unangenehme Empfindung 
macht. Fuͤr dieſe muß man anfangs das Wafz 
ſer ein wenig erwaͤrmen, indem man etwas 
warmes zugießt; allmaͤlig aber muß man von 
Tag zu Tage die Waͤrme vermindern, bis ſie 
endlich das Waſſer vertragen koͤnnen, fo kalt 
es vom * kommt. ) 


§. 10% 
Es giebt gewiſſe Fälle, in welche die Anz 
wendung der Klyſtire bedenklich iſt. 5 


1) Wenn zugleich Haͤmorrhoidalfluß u 
iſt. Dieſen muß man zwar nicht, wie manche 
Aerzte fuͤr gut halten, durch treibende Mittel 
befördern, aber doch auch nicht ſtopfen; und 
das leztere iſt von der Kaͤlte zu fuͤrchten. In⸗ 
deſſen hat kein Haͤmorrhoidalpatient den Fluß 
beſtaͤndig; und man findet immer Zwiſchenzei⸗ 
ten, in denen die kalten Klyſtire ſich DEREN! 

laſſen. 


2) Wenn die Leber hart iſt, oder andere 
Zeichen da find, die Verſtopfungen in derſelben 
fuͤrchten laſſen. Die zuſammenziehende Kraft! 
der Kaͤlte kann hier nicht helfen, weil das; 

Blut 


113 


Blut nicht genug Raum findet, zu weichen, 
und fie konnten da ſchaͤdliche Wirkungen haben, 


3j) Wenn der Kranke vor kurzer Zeit 
Bluthuſten oder Blutbrechen erlitten hat. Es 
iſt zu beſorgen, daß die Zuruͤcktreibung des 
Bluts aus den Venen des Maſtdarms Con 
geſtion deſſelben in die Blutgefaͤße der bungen 
oder des Magens bewirke. 


4) Aus eben dieſem Grunde, naͤmlich we⸗ 


gen der zu befuͤrchtenden Congeſtion in die 
Blutgefaͤße des Kopfs, iſt der Gebrauch der 


kalten Klyſtire zu widerrathen, wenn der Kran⸗ 
ke zu Apoplexie geneigt iſt. 


5) Perſonen, die ſehr empfindlich ſind, 
vertragen den Reiz des ſehr kalten Waſſers 
im Maſtdarme gemeiniglich nicht. Man fin- 


det das bei den erſten Verſuchen. Bei dieſen 
muß man das Waſſer anfangs minder kalt, 
und nachher allmaͤlig Fälter nehmen. 


0 


6) Auch dann, wenn die Adergeſchwuͤlſte 


eben ſehr ſchmerzhaft und geſpannt ſind, ver⸗ 


mehrt der Reiz der Kaͤlte den Schmerz, und 
man muß daher dieſes Mittel ſo lange aus⸗ 
H ſetzen 


414 8 


ſetzen, bis die Schmerzen — andere Mittel 
gehoben ſind. 


7) Selbſt die allgemeine Vollluͤtigkeit 
giebt eine Gegenanzeige der kalten Klyſtire. 
Wenn alle Blutgefaͤße zu viel mit Blute an⸗ 
gefuͤllet ſind, ſo kann das Blut aus den Venen 
des Maſtdarms nicht zuruͤckgetrieben werden, 
ohne daß in irgend einem andern Theile eine 
ſtarke Anhaͤufung des Blutes zu fuͤrchten iſt. 
Man muß daher bei Vollbluͤtigkeit immer erſt 
zur Ader laſſen, ehe man dieſes Mittel ger 
braucht. 


8. 105. 
Wo bei dem Haͤmorrhoidaluͤbel Atonie 
des ganzen Darmkanales, oder gar des gans 
zen Koͤrpers da iſt, dient das allgemeine 
kalte Bad als ein vortrefliches ſtaͤrkendes 
Mittel. Die Kaͤlte iſt ein durchdringendes 
ſtaͤrkendes Mittel, indem ſie den Waͤrmeſtoff 
aus dem innerſten des Körpers herauszieht, 
Hund dadurch auch in den Eingeweiden die 
Theilchen der Faſern zuſammendraͤngt, da hinz 
gegen andere zuſammenziehende Mittel ihre 
Wirkung nur auf die Oberfläche erſtrecken. 


§. 106. 


1 


—— . 115 


e e K. 106. 
Eben da dient denn auch der Gibrauch . 
ſolcher ſtaͤrkeuden Mittel, die durch den 
Magen genommen werden. Aber, wenn 
Stockungen in den Eingeweiden, oder Unrei⸗ 
nigkeiten im Darmkanale da ſind, ſo muͤſſen 
jene erſt aufgeloͤſet, dieſe muͤſſen ausgefuͤhret 
fein, ehe man wagen darf, ſolche ſtaͤrkende 
Mittel zu gebrauchen, weil die Erfahrung 
lehrt, daß dieſe Wirkungen darch dieſelben ſehr 
verſchlimmert wreden. Und überhaupt bekom⸗ 
men die meiſten durch den Magen genommenen 
ſtaͤrkenden Mittel den Haͤmorrhoidalpatienten 
gemeiniglich nicht, wenn man auch nicht eben 
ſonderliche Zeichen von Stockungen in den 
Eingeweiden oder von Unreinigkeiten im Darm⸗ 
Fanale wahrnimmt. 


Kai, Te 
Dies gilt beſonders von der Chinarin⸗ 


de, die unter allen toniſchen Mitteln zum in⸗ 


nerlichen Gebrauche faſt das beſte und wichtig⸗ 


ſte iſt, und beſondere heilſame Arzneikraͤfte hat, 


welche doch kein anderes derſelben zu haben 
ſcheint, aber den Haͤmorrholdalpatienten jelten 
gut bekommt, und namentlich die blinden Haͤ⸗ 

mor⸗ 


morrhoiden oft mehr geſchwollen und ſchmerz⸗ 
haft macht. Ich kann wenigſtens nach mei⸗ 
nen Bemerkungen ihr das Lob nicht beilegen, 
welches ihr Werlhof giebt, ſo ſehr ich auch 
übrigens mit der vortheilhaften Meinung eins 
ſtimmig bin, welche dieſer groſſe Mann von 
ihr hatte. Er geſteht auch ſelbſt, der Gebrauch 
dieſes Mittels bewirke, daß die blinden Haͤ⸗ 
morrhoiden bei ſeinem Gebrauche heraustreten, 
obwohl er behauptet, daß fie bei dem fortge⸗ 
ſetzten Gebrauche deſſelben leicht und gewiß wie⸗ 
der vergehen ). 


n 
Eben das gilt im allgemeinen vom Eiſen, 
wenigſtens von den meiſten Eiſenmitteln, die 
man in den Apotheken bereitet. Die Ver⸗ 
ſtopfung des Abgangs, welche ſie bei manchen 
bewirken, ſcheint dazu beizutragen. Die eiſen⸗ 
haltigen Mineralwaͤſſer find aber, wie fie: 
uͤber⸗ 
40 WERLHOr obf. de febribus. Sect. III. $. 6. 
Opp. ed. WI oMANN. Hannov. 1775. „ Qui- 
busdam haemorrhoides coecae cum tenesmo 
moleſto et alvo adſtricta prodeunt, ſed tem- 


pore et continuato remedü vſu facile et certo 
ovaneſcunt.“ 


überhaupt vortrefliche Mittel find, auch bei den 
Haͤmorrhoidalpatienten, wenn ſie an Atonie 
des Darmkanales leiden, von groſſer Wirk⸗ 
ſamkeit, und haben nicht die Nachtheile jener 
Eiſenarzneien, theils wohl deswegen, weil 
die Eiſenſalze in ihnen ſo ſehr gewaͤſſert ſind, 
theils weil ſie zugleich Mittelſalze enthalten, 
welche auflöfend und abfuͤhrend find. Dieſe 
Waͤſſer wirken vermoͤge ihrer Kohlenſaͤure, die 
ſie enthalten, auch als ein gelindes, wohlthaͤti⸗ 
ges Reizmittel, welches die zu träge Bewe⸗ 
gung des Blutes im Unterleibe befoͤrdert “*). 
Sie 

de Brandis betrachtet die Wirkung der eiſen— 
haltigen Mineralwaſſer ſehr richtig, wenn er 

ſagt: „Bei traͤger Bewegung der Gedaͤrme 

und bei vermindeter Muskelkraft derſelben 

wird auch ein traͤger Umlauf der Saͤfte in 

den Gefaͤßen des Unterleibes, und aus die⸗ 

ſer Anhaͤufung der Bluts und anderer Saͤfte 

in dieſen Gefaͤßen, Ausdehnung derſelben, 
Haͤmorrhoiden ꝛc. entſtehen; das ſind aber noch 

keine Verſtopfungen und alle dieſe Fehler wer⸗ 

den meiſt mit einem ſo wohlthaͤtigen toniſchen 
Mittel, wie ſtark eiſenhaltige Mineralwaſſer 

ſind, gehoben ꝛc. (Anleitung zum Gebrau⸗ 
che des Driburger Brunnens. Muͤnſter 

1792. 167.) 


118 


Sie dienen aber freilich auch nicht in allen 

Faͤllenn. Wenn die Kranken ſehr vollbluͤtig, 

oder doch die Blutgefaͤße des Unterleibes uͤber— 

haupt ſehr angefuͤllt find, fo wird die ſtaͤrkende 
und reizende Kraft dieſer Waͤſſer mehr ſchaͤd⸗ 

lich als nuͤtzlich, und man muß erſt die Voll⸗ 
bluͤtigkeit gemindert, und den Ruͤckgang des 

Bluts aus dem Unterleibe durch andere Mit⸗ 

tel befoͤrdert, den Darmkanal gereinigt haben, 

ehe man ſolche Waͤſſer gebraucht 45). 


8. 109. 


42) Man vergl. Marrards Beſchreibung von 
Pyrmont. II. S. 86. fgg. „So lange noch 
die Gefaͤße des Unterleibes von Blute ſtrotzen, 
der Umlauf des Blutes geſtoͤrt iſt, oder gar 
das Blut eine Neigung zeigt, aus ſeiner Bahn 
zu weichen, und durch irgend einen Theil des 

RFaoͤrpers ſich zu ergieſſen, fo lange wäre es 
unrecht, den Pyrmonter Brunnen zu gebraus 
chen. Obgleich ſeine aufloͤſenden Kraͤfte ihn 
unter die nuͤtzlichen Mittel gegen die Stockun⸗ 
gen ſetzen, ſo ſind hingegen ſeine ſtaͤrkenden, 
belebenden, anfeuernden und treibenden Kräfs 
te doch zu groß, als daß er ein ſicheres Mit⸗ 
tel abgeben koͤnnte da, wo es geſchwaͤchte, nach» 
gebende und ausgedehnte Stellen in dem Ader⸗ 
ſyſtem giebt. Ich billige daher das Verfah⸗ 

| ren 
| 
| 


ge = 119 


Einigen Haͤmorrhodialpatienten bekenmen 
die 1 eiſenhalthen Mineralwaͤſſer niemals gut, 
auch nach hinlaͤnglicher Vorbereitung nicht. 
Wer zu Congeſtion des Bluts nach der Bruſt 
oder nach dem Kopfe geneigt iſt, dem entſteht 
jene oder dieſe gemeiniglich bei dem Gebrauche 
dieſer Waͤſſer. Bei denen, welche zum Haͤmor⸗ 
rhoidalfluſſe geneigt find, bringen dieſe Waͤſſer 
oft denſelben wieder, und man irret ſehr, 
wenn 


ren der Kranken nicht, die ohne weitern Rath, 
auf ihr eigenes Gutduͤnken, ohne weitere Vor⸗ 
bereitung alle Jahr zur Quelle nach Pyrmont 
kommen, und eine groſſe Menge Waſſer fo lan⸗ 
ge trinken, bis fie die Hämorrhoiden zum Flufs 
fe gebracht haben. — — — Nachdem aber 
die Stockungen durch angemeſſene Mittel bis 
auf einen gewiſſen Grad gehoben und aufge⸗ 
loͤſet find, das Blut abgekuͤhlt oder der Ueber: 
fluß deſſelben gemindert, und die Circulation 
wieder ins Gleichgewicht gebracht iſt, ſo daß 
von den antreibenden Kraͤften des Brunnens 
weiter kein Nachtheil zu erwarten ſteht; als⸗ 
denn ſtellet auch oft kein Mittel die Geſund⸗ 
heit beſſer her, als der Pyrmonter Brunnen, 
und vollendet das Werk ic. 


120 


wenn man das fuͤr wohlthaͤtig haͤlt, weil die⸗ 
fer Fluß eine Folge der vergroͤſſerten Anhaͤu⸗ 


fung iſt. Haͤmorrhoidalpatienten, die viel 


Spannkraft und Reizbarkeit haben, vertragen 
gemeiniglich dieſe Waͤſſer nicht; hingegen ſchik⸗ 
ken fie ſich recht eigentlich für Atonie und 
Mangel an Reizbarkeit. 


$. 110. 


| Auch der rothe Wein ift, aber ſehr 
maͤßig genoſſen, ein vortrefliches ſtaͤrkendes 
Mittel fuͤr Atonie des Darmkanals. Manche 
Haͤmorrhoidalpatienten befinden ſich dabei vor⸗ 
treflich, wenn ihr Uebel vorzuͤglich Folge von 
Schlaffheit iſt. 


§. III. 


Es kann Faͤlle geben, in denen die blin⸗ 


den Hämorrhoiden und überhaupt die Voll⸗ 
bluͤtigkeit des Darmkanals bloß von Atonie 
des Darmkanals, ohne Stockung in der Leber, 
entſteht. Wenn man davon gewiß uͤberzeugt 
iſt, ſo kann man geradezu die kalten Klyſtire 
und andere ſtaͤrkende Mittel gebrauchen. Al⸗ 
lein es moͤchte doch ſehr ſchwierrig ſeyn, es ge⸗ 


wiß zu beweiſen, und wenn auch offenbar Ur⸗ 


ſachen 


ſachen auf den Kranken gewirkt haben, von 
denen Atonie bewirkt wird, namentlich warme 
Klyſtire und warme Getraͤnke, ſo kann man 
doch daraus nicht ſchlieſſen, daß nicht auch 
Stockungen in der Leber da ſind. Daher iſt 
es immer ſicherer, die Cur mit gelinde auf⸗ 
loͤſenden Mitteln anzufangen, und von diefen 
zu den kalten Klyſtiren ꝛc. uͤberzugehen. 


12. 


Unter dem Namen: aufloͤſende Mittel, 
denken wir uns im allgemeinen ſolche Mittel, 
welche tuͤchtig ſind, Stockungen aufzuheben. 
Dieſe Mittel koͤnnen aber von ſehr verſchiede⸗ 
ner Art ſein. 


Die Bewegung des Koͤrpers, und das 
Reiben, find mechaniſche auflöfende Mit⸗ 
tel, welche die Stockungen heben koͤnnen, in⸗ 
dem ſie die Gefaͤße ſanft und abwechſelnd druͤ⸗ 
cken und dehnen c. Von der Bewegung, als 
einem wichtigen Mittel fuͤr die Haͤmorrhoidal⸗ 
patienten habe ich oben (F. 82) geſprochen. 

Chemiſche auflöfende Mittel koͤnnen auf 
zweierlei Weiſe wirken. Erſtlich, indem ſie 
die Säfte verduͤnnen, fluͤſſiger machen, und 

4 da⸗ 


122 


dadurch den Fortgang derſelben in den feinen 
Gefaͤßchen erleichtern. Zweitens, indem ſie die 
Gefäße auf eine beſondere Weife*) reizen und 
ihre Thaͤtigkeit vermehren. Sie koͤnnen dieſe 
Reizung idiopathiſch oder ſympathiſch ausüben. 
Wir wiſſen aber von manchen chemiſch aufloͤ⸗ 
ſenden Mitteln noch nicht gewiß, ob ſie durch 
Verdünnung der Säfte, oder durch eine be⸗ 
ſondere Reizung der feſten Theile wirken. 


Einige auflöfende Mittel fi ſind zugleich er⸗ 
hitzend, andere kuͤhlend. Nur diejenigen 
dienen bei dem Haͤmorrhoidaluͤbel, welche zu— 
gleich kuͤhlend ſind. Die erhitzenden vermehren 
die Congeſtion in die Blutgefäße des Darm⸗ 
aich 


8 . 

Die Mittel, welche bei dem Same 

daluͤbel als chemiſch aufloͤſend wirken ſollen, 

muͤſſen in den Darmkanal gebracht werden, 

um auf das Syſtem der Pfortader zu wirken. 

Es leidet wohl keinen Zweifel, daß ſie aus 

dem Darmkanale durch ſympathiſche Reizung 

auf 

25) Auf beſondere Weiſe; denn nicht alles iſt 
außsſend was reizt. 


* 


* 


—— — — * - 123 


auf daſſbe wirken koͤnnen, RR ſo wohl, als 
Wuͤrmer im Darmkanale krankhafte Veraͤnde⸗ 
rungen in dem Gallenſyſteme bewirken. Solche 
Mittel, welche durch Verduͤnnung des Bluts 
aufloͤſen, koͤnnen nur ſehr mittelbar auf das 
Blut im Pfortaderſyſteme wirken, indem fie das 
Blut derjenigen Schlagadern verduͤnnen, aus 
denen die Pfortaderwurzeln ihr Blut erhalten; 
wenn wir nicht annehmen wollen, daß die Pfort⸗ 
aderwurzeln einſaugende Aeſte haben, (H. 16). 


§. 114. 

Unter allen auflöfenden Mitteln, welche 

bei der Heilung des Haͤmorrhoidaluͤbels gute 
Dienſte leiſten koͤnnen, kenne ich keines, das 
ſo allgemein heilſam iſt, ſo ſchnell und ſo kraͤf— 
tig wirkt, als der unter den Namen Tarta⸗ 
tus tartariſatus bekannte mit Pflanzenalkali 
geſaͤttigte Weinſtein. Es iſt gewiß nicht einer- 
lei, ob man bei einer Krankheit das eine oder 
das andere Mittelſalz, das eine oder das an- 
dere bittere Extract ꝛc. gebraucht, obwohl eini⸗ 
ge Aerzte das erſte beſte Mittelſalz und bittere 
Extr act verſchreiben, was ihnen einfällt. Daß 
man dieſe Mittel nicht hinlaͤnglich unterſcheidet, 
ruͤhrt wohl großentheils daher, daß die meiſten 
Aerzte 


124 


Aerzte ſowohl mehrere Mittelſalze, als mehrere 
bittere Extracte mit einander vermiſchen. 


Auch dieſes Mittelſalz hat in gewiſſen 
Faͤllen eine beſondere Wirkſamkeit, welche an⸗ 
dere Mittelſalze nicht haben. Bei dem Haͤmor⸗ 
rhoidaluͤbel wirkt es fo vortreflich, daß ich faſt 
wagen moͤchte, es ſpecifiſch zu nennen, wenn 
ich dieſem Ausdruck hier nicht fuͤr unſchicklich 


hielte. Wenn nicht beſondere wichtige Um⸗ 


ſtaͤnde da ſind, welche die ſchnelle Wirkung des 
Mittels verhindern, ſo werden die Geſchwuͤlſte 
ſchon duͤnne, ſobald die Patienten es nur einige 
Tage genommen haben. Auch die Schmerzen 
der Geſchwuͤlſte vergehen meiſt nach dem Ge— 
brauche deſſelben bald. Es vermindert die 

Schmerzen in der Gegend des heiligen Beins; 
und die unbehagliche Empfindung im ganzen 
Unterleibe, welche von der Vollbluͤtigkeit deffelz , 
ben entſteht. Auch bei dem Haͤmorrhoidalfluſſe 
und dem ſogenannten Leberfluſſe (Fluxus he- 
paticus), der mir einigemal von ſolcher Art 
vorgekommen iſt, daß ich ganz der Meinung 
des groſſen Arztes 25) beitrete, welcher ihn für 
| 5 & 
34) Richters med. und dir. Bemerkungen. 

J. Goͤtt. 1793. S. 144. 


* 
——— — 0 125 


Haͤmorrhoidalfluß der dünnen Daͤrme haͤlt, 
kenne ich kein Mittel, das ſo vortreflich wirkte. 


Ich gebe dieſes Mittel taͤglich zweimal zu 
einem Quentchen Morgens nuͤchtern und Abends 
beim Schlafengehen. Dieß muß aber, indem 
man etwa alle acht Tage einige Tage Zwiſchen⸗ 
zeit laͤſſet, einige Monathe lang fortgeſetzt 
werden. Sind die Adergeſchwuͤlſte ſehr dick 
oder ſehr ſchmerzhaft, ſo gebe ich dieſe Gabe 
taͤglich drei oder viermal. Wenn die Kranken 
leicht zum Durchfalle bewegt werden, ſo gebe 
ich nur zwei Serupel. 


Dem Magen bekommt das Mittel beſſer, 
wenn man jedes Quentchen mit einem Scru— 
pel eines gelinden bittern Extracts in einem 
gelinden aramatiſchen Waſſer (Meliſſenwaſſer) 
auflö i. | 


Wie das Mittel wirke, das weiß ich 
nicht. Aber dies weiß ich, daß es hilft. 


§. 115. 
Recht reifes ſuͤßliches Obſt, beſonders 
Weintrauben, Apricoſen, Pflaumen, ſo mäßig 
genoſſen, daß es nicht durch Blähungen ſcha⸗ 
de, iſt auch ein trefliches kuͤhlendes auflöfendes 
Mit⸗ 


vn . 


126 


Mittel, welches den Hämorrfeidafparisnten 


ſehr wohl bekommt. 


§. 116. 


Die bekannten auflöſenden Pflanzenſaͤfte 
des Taraxacum und der Saponaria ſchei⸗ 
nen nach meinen Beobachtungen den Haͤmor⸗ 


rhoidalpatienten vortreflich zu bekommen. Die 


letztern habe ich oft mit dem Tartarus tartari⸗ 
ſatus zugleich gegeben, und dies ſcheint dem 
Magen beſſer zu thun, als wenn man hir 1 
lein giebt. Die Saponaria ziehe ich dem T 

raxacum noch vor; ein lange anhaltender 63 


rauch derſelben thut beſonders da gut, wo 


mit den Haͤmorrhoidalbeſchwerden rheumatiſche 
verbunden find. Die Extracte dieſer Pflan— 
zen duͤrfen durchaus nicht branzigt, und muͤſ⸗ 
ſen daher zuletzt im Waſſerbade abgedampft 
fein, wenn fie recht wirkſam fein ſollenn. Kann 
man kein ſolches gut bereitetes Extract von ih⸗ 
nen haben, ſo muß man lieber ein ſtarkes Der 
coct für jede zwei Tage, oder jeden Tag, K 
reiten laſſen. 


8. 117. 


Weun ich hier vom innerlichen Gebrau⸗ 
che (§. 113) dieſer aufloͤſenden Mittel geſpro⸗ 
chen 


— — 127 


chen habe, ſo verſtehe ich, wie man gemeiniglich 


dabei verſteht, daß ſie durch den Mund ge⸗ 


nommen werden. Man kann aber die Dez 
eoete der beiden letztgenannten Pflanzen auch 
ſehr zweckmaͤßig als Klyſtire anwenden. 


Kampf hat bekanntlich in feinem uͤberaus 


wichtigen Buche ++) die Decocte von aufloͤſen⸗ 


den Pflanzen zu Viſceralklyſtiren empfohlen, 


um Stockungen in den Eingeweiden aufzuloͤ— 
ſen. Daß die mancherlei ſonderbaren Dinge, 
welche nach dem Gebrauche ſolcher Klyſtire 
von dem Kranken abgehen, und von ihm In⸗ 
farctus genannt werden, als ſolche in den Wur⸗ 
zeln der Pfortader geſteckt haben, und aus die⸗ 
ſen durch Wirkung der Klyſtire herausgebracht 
ſind, glaube ich nun zwar nicht, obwohl einige 
wuͤrdige Aerzte dieſer Meinung ſind und einer 
derſelben ſogar ſagt, man koͤnne es zum Theil 
dieſen Dingen anſehen, daß ſie in den Gefaͤßen 
geſeſſen haben. Ich halte alle dieſe Dinge für 
mancherlei Unrath des Darmfanals, deſſen ver⸗ 
ſchiedene Arten ich in einem andern Buche naͤ⸗ 

her 


44) Kaͤmpfs Abhandlung von einer neuen 
Methode, die Krankheiten des Unterleis 
bes zu heilen. Leipz. 1786, 


1 


\ 128 + — N 

her beſtimmt habe “) und die zaͤhen Maſſen, 
theils für krankhaften Schleim, der bisweilen 
von ſchwarzer Galle gefärbt iſt (Pituita atra - 


dilaria), theils fuͤr geronnenen Faſerſtoff des 


Bluts, das nun freilich aus Blutgefaͤßen des 
Gekroͤſes, aber eh' es gerann, in den Darm⸗ 
kanal ſich ergoſſen hat. Allein, wenn auch 
dieſe Viſceralklyſtire nur ſolchen Unrath, der 
im Darmkanale ſitzt, auflöfen und wegnehmen, 
fo nuͤtzen fie ſchon ſehr viel, und kommen auch 
den Haͤmorrhoidalpatienten zu Statten, wenn 
ſie, wie oft, ſolchen Unrath bei ſich haben; 
und uͤberdem iſt es ja nach dem obigen (§. 16) 
noch zweifelhaft, ob nicht die Pfortaderwur⸗ 
zeln etwas aus dem Darmkanale einſaugen 
koͤnnen, welches man glauben kann, ohne an⸗ 
zunehmen, daß jene ſogenannten Infarctus in 
den Gefaͤßen geſeſſen haͤtten. | 4 


F. II 


Im allgemeinen wird man bei den mei⸗ 
ſten Haͤmorrhoidalpatienten die gaͤnzliche Her 
| bung 


45) S. meine Geſchichte der Unreinigkeiten 
im Magen und den Gedaͤrmen. I. Braun⸗ 
ſchweig, 1793. S. 255. f99. 


1 7 8 129 
bung oder doch eine groſſe Minderung ihres 
Uebels bewirken, wenn man dieſe beiderlei 
Mittel (F. 102. 111), vorzuͤglich den Tartarus 
tartariſatus (F. 98) mit einander verbindet. 
Uebrigens aber muß man freilich auf die be⸗ 
ſondern, bei jedem einzelnen Kranken Statt 
findenden, Urſachen Ruͤckſicht nehmen, und 
dieſen gemäß eines oder das andere jener Mittel 
vorzüglich gebrauchen, auch andre Huͤlfsmittel 
zugleich anwenden, welche angezeigt find, 


. 110 
Wo Atonie des Maſtdarms allein, 
oder doch vorzuͤgliche Urſache iſt, wie wenn das 
Uebel nach oft wiederholtem Gebrauche warmer 
und oͤlichter Klyſtire entſtanden, da ſind die 
kalten Klyſtire das wichtigſte Mittel. 


Wo Atonie des ganzen Darmkanales 
iſt, vom Mißbrauche warmer Getraͤnke ꝛc. da 
dienen eben dieſe kalten Klyſtire, und die eiſen⸗ 
haltigen Mineralwaͤſſer, lange gebraucht. 


§. 120. f 

Wo Stockungen im Pfortaderſyſteme i 
von vielem Sitzen, vom Mißbrauche geiſtiger 
J Ge⸗ 


130 — 

Getraͤnke, von traurigen Leidenſchaften te. ent⸗ 
ſtanden ſind, da ſind jene aufloͤſenden Mit⸗ 
tel, vorzüglich der Tartarus tartariſatus, anzu⸗ 
wenden. 


§. 121. 


Wo Unreinigkeiten im Darmkanale 
ſind, da iſt vornehmlich derſelbe zu reinigen, 
mit gelinden kuͤhlenden Abfuͤhrungsmitteln. 
Wenn Anzeige zu Brechmitteln da iſt, ſo ge— 
ben die Adergeſchwuͤlſte des Maſtdarms nicht 
im geringſten Anzeige dawider; im Gegentheile 
man findet nicht ſelten, daß ſie nach einem 
Brechmittel beſſer werden, ſei es nun, daß 


die Erſchuͤtterung der Leber den Ruͤckfluß des 
Bluts in der Pfortader befoͤrderte, oder daß 


Galle weggeſchafft wurde, deren krankhafte 
Reitzung ſchaͤdlich war. 


§. 122. 


Wenn der Kranke an allgemeiner Voll⸗ 
bluͤtigkeit des Unterleibes leidet, oder gar 
fein ganzer Körper vollbluͤtig iſt, fo iſt aller- 
dings auch ein Aderlaß anzuwenden, in dem 
Maaße, in welchem es ſeine Vollbluͤtigkeit er⸗ 
fordert, und ſeine Kraͤfte vertragen. Es wird 

zwar 


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Sys "13% 


zwar durch ein allgemeines Aderlaß, das man 
an eiuer Vene des Armes oder des Fußes 
machen laͤſſet, das Pfortaderſyſtem nicht un⸗ 
mittelbar ausgeleert; allein wenn die Menge 
des Bluts überhaupt vermindert wird, fo iſt 
doch auch die Quantitat ſchwaͤcher, welche 
in die Schlagadern des Darmkanales dringt. 
Mehrmals habe ich gefunden, daß ein allgemei⸗ 
nes Aderlaß bei ſehr vollbluͤtigen die Beſchwer⸗ | 
den erleichterte. Bei allgemeiner Vollbluͤtig⸗ 
keit iſt durchaus erſt ein Aderlaß nothwendig, 
ehe man die kalten Klyſtire gebraucht. Mehr 
aber und viel merklicher hilft freilich ein Blut⸗ 
fluß aus den Blutgefaͤßen des Maſt⸗ 
darms ſelbſt. Ob derſelbe bloß aus den er⸗ 
weiterten Muͤndungen der aushauchenden, und 
im natuͤrlichen Zuſtande keinen Eruor führen- 
den Schlagadern erfolge, oder ob auch die 
Pfortaderwurzeln ſich in die Hoͤhle des Maſt⸗ 
darms oͤffnen, will ich nicht. entſcheiden ich 
glaube jedoch, daß die Geſchwuͤlſte der Venen 
im Maſtdarm, eben ſowohl als andere Vari— 
ces, berſten, Blut ergieſſen und ſich wieder 
zuſammen ziehen koͤnnen, eben ſo, wie ich es 
izt täglich bei einem varicoͤſen Beingeſchwuͤre 
ſehe. Wenigſtens iſt das abgehende Blut oft 

viel 


132 


viel zu dunkelfärbig, um zu glauben, es N aus 
den Schlagadern gekommen. 


Nur bei ſehr wenigen derer Patienten, 
an welchen ich die Adergeſchwuͤlſte des Maft- 
darms beobachtet habe, entſtand ein ſolcher 
reichlicher wohlthaͤtiger Blutfluß. Bei vielen 
zeigte ſich nie etwas vom Blutfluſſe; bei den 
meiſten der uͤbrigen nur ſelten eine ſchwache 
Spur bei dem Abgange des Koths. 


Den Haͤmorrhoidalfluß mit treibenden 
Mitteln zu befoͤrdern, iſt eine ſehr bedenkliche 
und für die meiſten Faͤlle hoͤchſt ſchaͤdliche Me⸗ 
thode. Wie wirken dieſe treibenden Mittel? 
Sie bewirken durch ihre ſtarke reizende Kraft 
eine ſo große Congeſtion in die Blutgefaͤße der 
Daͤrme, daß ſie endlich Blut ergieſſen muͤſſen, 
weil ſie es nicht mehr halten koͤnnen. Sie be⸗ 
wirken daher nicht bloß Ausleerung, ſondern 
neue Anfuͤllung der Gefäße, fie nuͤtzen alſo 
nichts, und wenn ſie dieſe, wie oft in groͤßerem 
Maaße bewirken als jene, ſo ſchaden ſie. Sehr 
richtig ſagt Hoyer“), indem er die Geſchichte 

eines 
46) Ho YERI obf. de fruſtraneo et infelicilſimo 
Auxum hnemorrhoidalem provocandi conatu. 


In 


eines unglücklichen Patienten erzählt, dem fein 
Arzt mit innerlich gegebenen treibenden und 
oͤrtlich angewandten reizenden Mitteln den Haͤ⸗ 
morrhoidalfluß zu bewirken ſuchte, und ihm da⸗ 
durch eine Maſtdarmfiſtel zuzog: dies ſei nicht 
ſowohl ein Geſchaͤfft der Kunſt, als der Natur. 


Aber man kann auf eine ſehr heilſame 
Weiſe die Vollbluͤtigkeit des Maſtdarms durch 
Blutigel vermindern, die man an die ge⸗ 


ſchwollenen Venen des Afters ſetzt. Der Nuz⸗ 


zen der Blutigel bei der Volllluͤtigkeit des 
Maſtdarms ift laͤngſt bekannt 47). Mehrmals 
habe 


In dem Act. Acad, Nat, Cur. im. Norimb. 
1733. Obſ. 17. p. 720. „ expediturus artez 
quod Be artis, quam naturae eft nego- 
tium,‘ 


47) Chomel hat darüber eine gute Diffrtation 
geſchrieben, unter dem Titel: ergo zumidis 
haemorrhoidibus hirudines; welche von Crell 
im erſten Bande der Ueberſetzung von Hallers 
Sammlung praktiſcher Streitſchriften 
(Berlin u. Stettin 1781.) ins Deutſche übers 
ſetzt und mit Anmerkungen vermehrt iſt. Ue⸗ 
berhaupt aber iſt der große Nutzen der Blut⸗ 
igel bei mancherlei Krankheiten, und auch bei 
den blinden Haͤmorrhoiden, vortreflich in 

der 


7 
‚? 
[rn 
* 
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habe ich augenſcheinlich wahrgenommen, wie 
ſehr erleichtert ſich die Kranken befanden, wenn 
ich ihnen durch einige an die geſchwollenen Ve⸗ 
nen des Afters angeſetzte Blutigel eine mäßige 
Blutausleerung bewirkt hatte. Aber auch nur 
dazu dienen hier die Blutigel, die Vollbluͤtig⸗ 
keit des Maſtdarms fuͤr diesmal zu mindern, 
und den kalten Klyſtiren es zu erleichtern, die 
geſchwollenen Venen des Maſtdarms wieder zu— 
ſammen zu ziehen. Die Zacken am Maſtdarm 
bringen ſie nicht weg; dieſe ſind hingegen nach 
dem Saugen der Blutigel, deſſen Reiz den Zur 
fluß in die kleinen Blutgefaͤßchen, welche in 
der Subſtanz dieſer Zacken verbreitet find, ver⸗ 
mehrt, gemeiniglich etwas dicker. Ein gewiſſer 
Schriftſteller widerraͤth daher bei friſch ent 
ſtandenen Zacken die Blutigel uͤberhaupt #8), 


Wenn 


der wichtigen Schrift abgehandelt worden: 
Schmuckers hiſtoriſch praͤktiſche Abhand⸗ 
lung vom mediciniſchen Nutzen der Blut⸗ 
igel. In ſ. vermiſchten chirurg. Schriften. 
Erſter Band, Berlin u. Stettin, 1785. S 77. 


48) Io. Nep. ab Humsur difertatio: | ergo 
haemorrhoidi recenter tumidae ſectio, non 
birudo: Vindob. 1765. 


Wenn der re „ den die Blatigel 
bewirken, reichlich iſt, ſo werden nicht nur die 
aͤuſſern, ſondern auch die mit ihnen zuſammen⸗ 
hängenden innern Venen des Maſtdarms aus⸗ 
geleert. Wenn aber der Blutfluß reichlich ge- 
nug ſein ſoll, ſo iſt es noͤthig, nach dem Ab⸗ 
fallen der Blutigel die Wunden mit warmem 
Waſſer mittelſt eines Schwammes lange ge⸗ 
nug zu befeuchten und Baba den e 
zu unterhalten. 


§. 123. 

Schwangere, bei denen die Schwan⸗ 
gerſchaft die erſte und einzige, oder doch eine 
mitwirkende Urſache der Adergeſchwuͤlſte iſt, 
kann man von denſelben nicht eher befreien, 
bis ſie von ihrer Buͤrde entlediget ſind. Wie 
fie ſich in Ruͤckſicht ihrer Diaͤt verhalten müf- 
ſen, um das Uebel, ſo viel es bei ihrem Zu⸗ 
ſtande moͤglich iſt, zu erleichtern, habe ich oben 
G. 89) geſagt. Nach der Entbindung muͤſſen 
fie lange genug in ihrer horizontalen Lage bfei- 
ben, und nicht ſchon in den erſten Wochen nach 

derſelben anfangen zu ſitzen. Man muß ihnen 
im Kindbette täglich ein paar Gaben von Tar- 
karus tartariſatus geben, und nachdem die 
Kind⸗ 


136 
Kindbettsreinigung nicht mehr fließt, muͤſſen 
ſie die kalten Klyſtire (F. 102) gebrauchen. 


§. 124. 

| Wenn die Adergeſchwüͤlſte eben aufge⸗ 
trieben und ſchmerzhaͤft find, fo muͤſſen die 
Kranken gar nicht ſitzen, ſondern horizontal 
liegen, um den Ruͤckfluß des Bluts zu erleich- 
tern, und wenn fie ja eine Weile ſitzen, auf ei⸗ 
nem ausgeſtopften Kranze ſitzen, damit der Afz 
ter hohl liege und nicht gedruͤckt werde. 

Sie muſſen lauter waͤßriges Getraͤnke, und 
vegetabiliſche Speiſen genieſſen, der geiſtigen 
Getraͤnke, des Kaffees, des Fleiſches, ſich ganz 
enthalten. 

Dier Tartarus tartariſatus, täglich drei 
bis viermal zu zwei Skrupeln bis einem Quent⸗ 
chen gegeben, leiſtet dabei vortrefliche Dienſte. 
Waͤhrend dieſes Zuſtandes vertraͤgt der 
Maſtdarm die kalten Klyſtire nicht; fie vers 
mehren den Schmerz. Man ſpritze etwa alle 
drei Stunden ein kuͤhles Decoct von Haferz 
gruͤtze, oder friſche Milch, und noch beſſer 
friſche Mandelmilch, oder friſches Baumoͤl mit 
Gummi und Waſſer gemiſcht, in den Maft- 


darm ein. 
Gummi 


137 f 
Den After muß der Kranke oft mit recht 
friſchem Ceratum Caturni, (welches aus Blei⸗ 
extract, Wachs, Baumoͤl und Waſſer bereitet 
wird, und viel beſſer wirkt als das gemeiner 
gebraͤuchliche Unguentum de Linaria,) fo fals 
ben, daß er einen Klumpen davon auf den 
Finger nimmt, und denſelben recht in den 
After hinein ſtreicht. Dies muß beſonders vor 
und nach jedem Stuhlgange geſchehen. a 
Der After muß nach jedem Stuhlgange 
mit weicher naſſer Leinwand gereiniget werden. 
Zwiſchen die Backen des Geſaͤßes lege 
man einen Brei von gebratenen, geſchaͤlten und 
mit rothem Weine befeuchteten Aepfeln, 
und bei denen, welchen dieſes zu theuer iſt, 
weiche alte Leinwand, mit einer Aufloͤſung von 
Alaun befeuchtet. Beide Mittel lege man 
fühl auf. Bis weilen vertraͤgt der Kranke dieſe 
zuſammenziehenden Umſchlaͤge gar nicht; 
die Schmerzen werden ſtaͤrker. Dann muß 
man bloß erweichende Mittel gebrauchen. 
Ein lauwarmer Brei von Malvenkraute, Al⸗ 
theenkraute, Chamillenblumen ꝛc. (man kann die 
offieinellen Species emollientes nehmen,) auch 
lauer Dampf von heiſſem Waſſer, das man 
in den Topf eines Leibſtuhls gießt, und mit 
eingeworfenen gluͤhenden Steinen heiß erhält, 
thun dann gut; nur dürfen weder der Brei, 
noch der Dampf heiß fein, fie muͤſſen nur eine 
angenehme Erwärmung verurfachen. 
| Wenn die Kräfte des Kranken es vertra— 
gen, ſo dient hier auch ein maͤßiges Aderlaß 
K und 


* 


und wenn er vollbluͤtig iſt, ſo muß man es 
machen. Auch iſt es ein gutes Huͤlfsmittel, 
Blutigel an die Venen des Dammes (Peri- 
naeum ) anzuſetzen. Sind die Zacken am Af⸗ 
ter nicht entzuͤndet, und die Schmerzen nur in den 
Venen des Maſtdarms, fo ſetze man die Blut⸗ 
igel an die Zacken ſelbſt, ſind ſie aber entzuͤn⸗ 
det; ſo dient dieſes nicht, denn die Entzuͤndung 
wird gemeiniglich darnach verſchlimmert. 

Gelinde abfuͤhrende Mittel thun bei 
dieſem Zuſtande auf zweierlei Weiſe gut, ein— 
mal, indem fie verhuͤten, daß der Koth nicht 
hart werde, immer weich abgehe, und alſo nicht 
durch ſeine Haͤrte die Schmerzen vermehre, 
zweitens, indem oft Unreinigkeiten da ſind, deren 
Reitzung ſchaͤdlich iſt. Ich gebe dazu eine 
Auflöſung von Manna mit wenig Bitterſalz 
und etwas Rhabarbertinctur. Die leztere ver⸗ 
beſſert das Blaͤhende der Manna. 

Bisweilen findet man in dieſem Zuſtande 
Anzeige zu einem Brechmittel, und das be⸗ 
kommt dem Kranken gemeiniglich gut. Die 
Erſchuͤtterung kann nuͤtzlich ſein, den Fluß des 
Bluts durch die Leber zu befoͤrdern, und manch⸗ 
mal ſcheint auch ſcharfe krankhafte Galle durch 
ihren ſympathiſchen Reitz an der Entzuͤndung 
Antheil zu haben. 


§. 125. 
Wenn eine Zacke ſehr dick und ſtrotzend 
mit Blute gefüllt iſt, ſo kann ich es als ein 


vortrefliches Mittel empfehlen, die Zacke mit 
einer 


* 


einer Lanzette zu Öffnen. Es entſteht da⸗ 
von ein Blutfluß, den man mit warmem Waſ⸗ 
ſer mittelſt eines Schwamms mehr oder weni⸗ 
ger unterhalten kann; dieſer mindert die Voll⸗ 
bluͤtigkeit, wenn dieſes noͤthig war, und ver⸗ 
ſtattet den geſchwollenen Venen ſich wieder zu— 
ſammenzuziehen. Wenn das Blut hinlaͤnglich 

eſtoſſen iſt, fo lege man eine mit einer Mi⸗ 
ae aus gleichen Theilen Weineſſig und 
Brantewein befeuchtete Compreſſe mit einer 
T— Binde an. 

Die Lanzette muß hoͤchſt fein, ſpitzig und 
ſcharf ſein, wenn dieſe Operation gut gelingen 
fol. Je ſtaͤrker die Geſchwulſt ſtrotzt und ge 
ſpannt iſt, deſto leichter iſt fie zu machen. 
Indem man das Inſtrument einſticht, muß 
man die Zacke mit zwei Fingern feſthalten, da⸗ 
mit ſie nicht ausweiche, und die Spannung 
der Haut dadurch vermehren; man muß ſich 
hüten, das Inſtrument zu tief einzuſtechen, um 
nicht die gegenuͤberliegende Wand der Vene 
zu verwunden, aber ja auch tief genug einſte— 
chen, um nicht bloß das Fell, ſondern auch die 
Vene ſelbſt zu verwunden. Man muß nicht 
bloß einſtechen, ſondern auch ſchneiden, wie 
wenn man einen Abſceß oͤffnet, damit die Wun⸗ 
de groß genug werde. Wenn man nur einen 
kleinen Einſtich macht, ſo ſchließt ſich die 
Wunde zu bald, indem ſie von dem gerinnen⸗ 
den Blute verſtopft wird. 

Jae friſcher die Zacken find, je friſcher we⸗ 
nigſtens ihr ſtrotzender geſpannter Zuſtand il, 
deſto 


140 


deſto beſſer gelingt die Operation. Wenn ſie 
ſchon ſtark entzuͤndet ſind, ſo eitert die Wunde 
unvermeidlich, ungeachtet aller angewandten 
Mittel. Indeſſen ſchadet dieſe Eiterung, wenn 
nicht beſondere Umſtaͤnde eintreten, weiter nicht 
betraͤchtlich, und die Wunden heilen doch bald. 


| Wenn die Zacken ſehr verdickt find; ich 
will ſagen, wenn ihre Haͤute verdickt ſind, und 
dabei mit Blute ſtrotzend angefuͤllt und ſchmerz⸗ 
haft werden, fo iſt auch das Einſchneiden der 
ſelben mit einer ſcharfen Lanzette das beſte und 
einzige Mittel. Blutigel an dicke geſchwollene 
Zacker. anzuſetzen, widerraͤth einer der erfah— 
renſten verſtorbenen Wundaͤrzte, Schmuk— 
ker ), indem er zugleich einen merkwuͤrdigen 
Fall vom Nutzen des Einſchneidens der Zak— 
ken erzaͤhlt. Er ſagt: „haben die Beulen 
eine größere Ausdehnung, fo iſt es unfinnig, 
Blutigel zu gebrauchen; und doch habe ich fie 
bei Beulen, welche die Größe eines Apfels hat⸗ 
ten, verordnen ſehen. Ein Wundarzt, welcher 
fie bei ſolchen Umſtaͤnden vorſchlaͤgt, muß ge⸗ 
wiß nie die Oeffnung einer Beule von dieſer 
Art geſehen, und uberhaupt gar keinen Begrif 
von ihrer Structur und Beſchaffenheit haben. 
Denn je groͤßer die Beule wird, deſto groͤſſer 
und ſtaͤrker wird auch der Durchmeſſer ihrer 
Haͤute, und ich habe denſelben oft von der 
Dicke 


49) Schmuckers vermiſchte chirurg. Schrif⸗ 
ten I. S. 109. 


4 


t 


Dicke eines kleinen Fingers gefunden. Hier 
iſt es offenbar unmoglich, daß die Blutigel 
ſolche dicke Haͤute durchſchneiden, und das ſtok⸗ 
kende Blut ausführen koͤnnen, und fie ſind 
nicht allein ohne Nutzen, ſondern ich habe auch 
geſehen, daß ſolche Beulen durch das Anſetzen 
der Blutigel und andere unſchickliche Behand⸗ 
lung krebs artig geworden ſind.“ Daß die 
Zacken bloß vom Biſſe der Blutigel krebſigt 
wuͤrden, glaube ich nun zwar nicht; ohne 
Zweifel war dabei noch eine Nebenurſache; in⸗ 
deſſen bin ich doch von dem Nachtheile der 


Blutigel in dieſem Falle auch überzeugt, 


Man muß eine ſolche verdickte Zacke ganz 
durchſchneiden, ſo daß ſie in der Mitte geſpal⸗ 
ten iſt. Es bleiben dann freilich die beiden 
Hälften der Zacke, in einigen Faͤllen aber zie⸗ 
hen dieſe, nachdem die zuſammenziehenden Um⸗ 
ſchlaͤge und kalten Klyſtire angewandt find, ſich 
fo zuſammen, daß fie unbetraͤchtlich klein werden. 
Bisweilen verurſachen fie aber Beſchwerden; 
es entſteht aus der Wunde ein Geſchwuͤr, in— 
dem ſie hart werden, und die Heilung verhin⸗ 
dern. Findet man ſie bei dem Einſchneiden 
der Zacke ſo dick und hart, daß man dieſes zu 
fuͤrchten hat, ſo muß man ſie ſogleich mit einer 
e h ſcharfen Hohlſcheere abſchneiden. Wenn 
e ſich erſt zuſammengezogen haben, fo hat die⸗ 
ſes große Schwierigkeit, und iſt bisweilen gar 
nicht mehr moͤglich. 


Cel⸗ 


142 * 


Celſus raͤth, die ganzen Zacken auszu⸗ 
ſchneiden 5°), vorher ſcharfe Purganzen zu ges 
ben, damit ſie heraustreten, dann jede Zacke 

mit einem Faden zu binden, und über demſel⸗ 
ben abzuſchneiden. Wenn ſie eine breite Bo⸗ 
ſis haben, ſoll man fie mit einem Haken herz 
vorziehen. Es moͤchte bei den meiſten Zacken 
ſehr ſchwierig ſein, dies ohne einen Haken zu 
thun; und doch iſt die gewaltſame Zerrung, 
welche das Fell des Afters dabei erleidet, ohne 
Zweifel nachtheilig; und eben ſo ſehr das Her— 
austreiben der Geſchwuͤlſte durch treibende Pur⸗ 
girmittel. Ich mag wenigſtens ſeinem Rathe 
nicht folgen, ſo ſehr ich auch ſonſt ſeine vor⸗ 
treflichen Bücher ſchaͤtze. 


Hippokrates?!) raͤth ſogar, die Zak⸗ 
ken durch gluͤhende Brenneiſen zu vertilgen, 
und verſichert, man koͤnne den After ſchneiden, 
nahen, binden ꝛc. ohne Schaden zu thun. Man 
wird es ihm gerne glauben, wenn er verſichert, 
daß die Krauken dabei ſchreien und gehalten 
werden muͤſſen, denn der Maſtdarm ih ein 
ſehr empfindlicher Theil. Mir iſt nicht bekannt, 
daß in neuern Zeiten dieſe Curart mit gun 

tz 


50) CeLsus de medicina. Lib. VII. c. 36. Ed. 
Bipont. 1786. p. 492. | . 


51) Oder wer ſonſt der Verfaſſer des unter ſei⸗ 
nen Schriften befindlichen Buches de baemor- 
rboidibus iſt. Ed. Fo Es. p. 691. 


8 r 
Erfolge verrichtet wäre. Heiſt er ) ſagt 
wohl recht: ſie ſei weder ſicher noch rathſam. 

Bisweilen findet man in einer aufgeſchnit⸗ 
tenen Zacke einen Klumpen geronnenes Blut, 
das man mit einer Zange heraus ziehen kann. 

f . * 
Wenn bei einer ftarfen Anſchwellung der 

Venen des Maſtdarms ein Vorfall deſſelben 
entſteht, ſo muß man denſelben alsbald wieder 
hinein bringen. Man umwinde einen Finger, 
am bequemſten den Zeigefinger, mit einem Laͤpp⸗ 
chen von duͤnner weicher Leinwand, oder ziehe 
einen Daͤumling, den man aus einem Hand⸗ 

ſchuhe von weichem feinen Leder geſchnitten hat, 
daruͤber, beſtreiche die Leinwand oder das Leder 
mit friſchem Oele, und ſetze den Finger fenf- 

recht auf die Oeffnung des herausgefallenen 

Maſtdarms, ſo als ob man den Finger in den 

Maſtdarm hinein ſtecken wollte. Indem die⸗ 
ſes geſchieht, muß der Patient ſich weit vors 
waͤrts buͤcken, indem er fi) auf die Kniee und 
Haͤnde ſtuͤtzt, fo daß die Bruſt tiefer liegt als 
der Bauch, oder wenn er ein Kind iſt, von ei⸗ 
nem andern fo über den Schooß gehalten wer 
den, aber ſo, daß der Bauch hohl liegt, und 
nicht gedruͤckt wird; ein Gehuͤlfe muß beide 
Haͤlften des Geſaͤßes von einander entfernen, 
um das Hineingehen des Maſtdarms zu erleich— 

tern. Mit dieſem Handgriffe ſchluͤpft gemei⸗ 
| niglich. 

52) Heiſters Chirurgie. Nuͤrnb. 1736. S. 806. 


niglich der Darm leicht hinein. Wenn es 
nicht ſogleich gelingt, ſo ſpritze man etwas Oel 
| in den Darm, um ihn ſchluͤpfrig zu machen. 
Sobald er wieder hineingetreten iſt, muß der 
Gehuͤlfe im Augenblicke die Hälften des Geſauͤſ⸗ 
ſes wieder zuſammengehen laſſen. Man lege 
£ dann eine dicke Lage von graduirten Comes 
preſſen auf, die mit Eſſig, oder noch beſſer mit 
Weine, befeuchtet find, bejeftige fie mit einer 
1 — Binde, und befeuchte fie alle zwei Sau 
wieder von neuem. Der Kranke muß von 
Stund an einige Wochen lang alle Speiſen, 
welche viel und harten Koth geben, grobes 
Brodt, Huͤlſenfruͤchte, Mehlſpeiſen sc. vermei⸗ 
den, nur Suppen mit Reis, Graupen, leich- 
tes weiſſes Brodt ꝛc. genieſſen, und ſich alle 
Tage die Leibesoͤffnung mit einem Klyſtire von 


kaltem Waſſer erkeiheſ , ex „ 


Berichtigungen. 
S. 62. 8. 6. I. verwöhnten.  ” 


— 97 — 5. J. allen denen 
— 99. — Pr Bun chräle 
— 108. — 13, . Adergeſchwuͤlſte 
Re: — 111 Marcards . 
— 119. — 2. l. Hamorrhoidalpa n 
— 120. — 2. v. unten l. ſchwierig 
— 125. — 16. l. aromatifchen _ 
— 126. — 8. |. letztere 


— —— — — 


a 


28: 


5 


* 
4