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Full text of "Böcklins Technik: Mit dem Bildnis des Meisters nach einem Relief von S ..."

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Sammlung maltechnischer Schriften I. Band 



Böcklins Technik 



von 



Ernst Berger. 



Mit dem Bildnis des Meisters nach einem Relief 
von S* Landsinger. 



München 1906 
Verlag von Georg D. W. Callwey. 



POGG MUSEUM LtBRASY 
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Kg^l. Hofbuchdruckerei Kästner & Callwey, München. 




St Landeinger, fec. 



Berger, Böcklins Technik. 




Vorwort. 



I Dcklin hat auf dem Gebiete der Maltechnik 
ganz selbständige Wege betreten. Sein 
technisches Verfahren war von dem seiner 
Zeitgenossen in mancher Hinsicht ver- 
schieden und galt lange Zeit als ein Buch mit sieben 
Siegeln; erst wenige Jahre vor des Meisters Tod 
wurden Einzelheiten darüber bekannt. In dem vor- 
liegenden Bande hat der Verfasser alles vereinigt, was 
über das technische Verfahren des grossen Malers 
bis jetzt in die Oeffentlichkeit gedrungen ist und zum 
erstenmale versucht, in zeitlicher Aufeinanderfolge ein 
Bild der Böcklinschen Technik zu entwerfen, wie es 
in solcher Vollständigkeit kaum von einem Künstler 
der Jetztzeit oder der Vergangenheit zu geben mög- 
lich war. Zahlreiche Einzelheiten verdankt er auch 
der näheren Umgebung des Meisters und insbesondere 
dem langjährigen Freunde des Böcklinschen Hauses, 
Herrn Maler S. Landsinger, der die hier als Titel 
eingefügte Nachbildung des Porträt -Reliefs beige- 
steuert hat. 



VI Vorwort. 

Die grosse Bedeutung Böcklins lässt es berechtigt 
erscheinen, die „Sammlung maltechnischer 
Schriften", welche das gesamte Gebiet der Mal- 
technik in Einzeldarstellungen, sowohl in technisch- 
chemischer als auch in physikalisch- optischer Hinsicht 
umfassen soll, mit einem Werke über die Technik des 
Meisters einzuleiten. Als kleinen Beitrag zur Kennt- 
nis von dem Schaffen Böcklins, der auch im Neben- 
sächlichen der Technik mit regstem Eifer vorbild- 
lich tätig war, übergebe ich diesen Band der Oeffent- 
lichkeit. 

Der Verfasser. 



München, im Januar 1906. 



Inhaltsangabe. 



Seite 
Vorwort V 

I. Persönliche Erinnerungen « 1 

Gespräche mit Böcklin über seine Technik. — 

Letztes Gespräch. 

II. Uebersicht über die Quellen für Böcklins 

Technik 8 

Die Böcklin- Literatur. — Erste Schaffensperiode — 

Mittlere Schaffensperiode. — Letzte Periode. 

III. Kritik der Quellen für Böcklins Technik . . 17 

Schicks Tagebuchaufzeichnungen. — Allerlei Wider- 
sprüche. — Ungenauigkeiten der Rezepte. — Ein- 
zelne Fehler. 

IV. Art des Schaffens. Einfluss auf die Technik 
und Koloristik 25 

Floerke über Böcklins Schaffen. — Entstehung des 

Bildes. — Skizzen. — Koloristik. — Farbendisposition. 
V. Technik der ersten Periode. Malerei mit Oel- 

farben auf getöntem Grunde. Kopaiyabalsam 37 

Getönte Gründe. — Zweck des getönten Grundes. — 

Gebrauch von Kopaivabalsam. — Technik der 

^ Wiesenquelle**. 
VI. Technische Versuche des zweiten römischen 

Aufenthaltes. Tempera und Leimfarbe . . 49 

Untermalung mit Tempera. — Eitempera des 

Cennini. — Malerei mit Leimfarbe. 



Vni Inhalt. 

Seite 
VII. Weitere technische Versuche des zweiten 

römischen Aufenthaltes. Wachsmalerei und 

Wachsfirnis 59 

Punisches Wachs (Wachsseife). — Versuche mit 
Wachsfirnis. — Die antike „Ganosis**. — Technik 
der ersten ^ Villa am Meer**. — Gefahren der 
^ Harzmalerei •*. — Weihrauch und Sandarac. — 
Harzfarbe und Wachsfirnisüberzug. 

VIII. Versuche in antiker Enkaustik 75 

Böcklins Erklärung der Technik. — Enkaustik der 
jjSappho.* — Erhaltung des Sapphobildes. — Die 
altägyptischen Mumienbildnisse. 

IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische 

Wandmalerei 85 

Fresken im Sarasinschen Gartenhaus. — Die Mu- 
seumsfresken. — Führung der Arbeit. — Allerlei 
Schwierigkeiten. — Notwendigkeit von Retuschen. 
— Vitruvs Anweisungen. — Technik der pompe- 
janischen Malereien. — BScklins Glättungsversuche. 
X. Technik während des zweiten Münchener und 
des Florentiner Aufenthaltes. Tempera- 
malerei und Firnisfarbe 103 

Tempera der Münchener Zeit. — Lenbachs Tech- 
nik. . — Die Florentiner Periode. — Uebergang zur 
Firnisfarbe. — Malerei mit ^ Firnisfarbe**. — »Spiel 
der Wellen**. 
XI. Züricher Zeit. Aufgeben der Firnisfarbe. 

Kirschharztempera des Theophilus .... 117 
Technik von 1887 und 1888. — Theophilus Pres- 
byter. — Rezept für Kirschharztempera. — Magere 
und fette Tempera. — Oeltempera (Emulsion). — 
Kirschgummi-Emulsionen. — Albert Weltis Notizen. 
XII. Letzte Periode. Die alten Meister. Florenz 

und San Domenico 133 

Die -alten Meister*«. — Technik der letzten Zeit. 



Inhalt. IX 

Seite 

XIII. Technische Einzelheiten. Grundierung der 
Leinwandund derHolztafeln. BöcklinsPalette 139 

Leinwandgrundierung. — Bereitung der Holztafeln. 

— Auswahl der Farben. — Farbenliste der röm. 
Zeit. — Farben für Freskomalerei — Farbenliste 
der Züricher Zeit. — Farbenbereitung. 

XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen . 154 

Angebliche Schäden. — Die Bilder der Schack- 
galerie. — Jetziger Zustand. — Mit Fimisfarbe 
gemalte Bilder. — Mit Tempera gemalte Bilder. — 

— Böcklins technische Kenntnisse. — Zauber- 
kraft der Farbe. 

Register 168 



Böcklins Technik. 




I. 

Persönliche Erinnerungen. 



llalweisen sind Ausdrucksmittel. Ebenso 
wie jeder Künstler für die Darstellung 
seiner künstlerischen Ideen eine Form 
sucht, die seiner Individualität zu eigen 
ist und an welcher man ihn von vielen anderen 
unterscheidet, so ist es auch mit der Farbe. 

„Wenn Rembrandt zur Hervorrufung seines zaube- 
rischen Helldunkels und der gesperrten Lichtwirkung 
satter, brauner Goldtöne bedurfte, so wusste er ganz 
genau, durch welche Mittel er sein Ziel erreichen 
konnte. Man sieht es seinen Bildern auch an, dass 
ihm die „Technik des Malens" keinerlei Schwierig- 
keiten bereitete. Versuchen wir es aber einmal, ein 
Rembrandtsches Bild zu kopieren, dann stehen wir 
vor ebensovielen Rätseln, als Farbenschichten zu be- 
merken sind. Warum, so fragt man, ist es nirgends 
verzeichnet, welches die Reihenfolge der Arbeit, welches 
das Bindemittel und das System war, nach welchem 
dieser grosse Meister gemalt hat? Selbst Rembrandts 
Schüler Hoogstraeten, der ein ganzes Buch über hoUän- 

Berg^er, Böcklins Technik. 1 



I. Persönliche Erinnerungen. 



dische Malerei verfasste, hat es nicht für wichtig* 
genug gehalten, der Nachwelt darüber zu berichten, 
und er hätte es doch jedenfalls wissen müssen! Treten 
aber einmal Jahrhunderte zwischen eine Zeit und die 
andere, dann ist es vollends unmöglich, über Einzeln - 
heiten der Technik, die doch nicht minder wissens- 
wert wären, Sicherheit zu erlangen." 

„Wie es bei Rembrandt und anderen viel bewun- 
derten Meistern früherer Perioden der Fall ist, so 
wird es auch mit den grossen Künstlern unserer Tage 
einmal geschehen. Man kann sogar behaupten, dass 
selbst über die bekannteren unserer Zeitgenossen we- 
der sichere noch authentische Nachrichten bezüglich 
ihrer Malart vorhanden sind, so dass der Kunst- 
forscher späterer Tage ebenso auf Vermutungen an- 
gewiesen sein wird. Und doch hätten nicht allein 
unsere Künstler, sondern auch die Direktionen der 
Kunstinstitute ein grosses Interesse daran, darüber 
genauer informiert zu sein; die ersteren wegen des 
Vergleiches mit anderen Malweisen, die letzteren wegen 
der Art des Konservierens und Restaurierens der ihnen 
anvertrauten Kunstschätze. Deshalb gewinnt jede 
Nachricht, die über die Technik eines unserer ge- 
schätzten und teuer bezahlten ersten Künstler bekannt 
wird, den Charakter eines Dokuments. Und solche 
Dokumente sollten wir sammeln; sie sollten zum Stu- 
dium unserer jüngeren Künstler und zur Anregung 
beim Schaffen der kommenden Generation verwendet 
werden." 

Diese Sätze schrieb ich als Einleitung eines Ar- 
tikels über ein Gespräch, das ich anfangs August 1896 



Böcklin über seine Technik. 



mit dem Meister Arnold Böcklin über seine Tech- 
nik führte und in der Zeitschrift „Das Atelier"*) ver- 
öffentlichte. 

Dann hiess es wie folgt: 

„Die beiden Künstler, deren Namen die Auf- 
schrift dieser Zeilen führen, stehen im Zenith ihres 
Schaffens: die Nation ist mit Recht stolz auf ihre 
Werke, und doch sind über deren Technik nur un- 
gewisse Nachrichten ab und zu bekannt geworden. 
Von Böcklin ist es längst kein Geheimnis, dass er 
auf die von vielen als Nebensache bezeichneten De- 
tails technischer Natur ganz besondre Sorgfalt ver- 
wendet, und dass er die farbenglühenden Effekte 
auf seinen Bildern mit anderen Mitteln zu erreichen 
weiss, als mit unserer allgemein üblichen Ölfarbe." 

Das Gespräch hatte folgenden Inhalt, den ich 
mir noch am gleichen Abend**) wortgetreu aufge- 
zeichnet habe. 

„In den 50er Jahren fing ich an", so erzählte 
Böcklin, „allerlei zu probieren; ich sah, dass es so, mit 
den gewöhnlichen Ölfarben nicht geht. Zuerst ver- 
suchte ich es mit Leim, warm gehalten, indem die 
Leinwand von rückwärts nass gemacht wird. Aber 

*) VII. Jahrg. Heft 9, Anfang Mai 1897. Maltechnik von 
Böcklin und Thoma. 

**) Es war der Abend des nämlichen für den Verfasser denk- 
würdigen Tages (11. Aug. 1896), da der Meister, von befreundeter 
Seite auf dessen Arbeiten in bezug auf alte Maltechniken aufmerk- 
sam gemacht, es sich nicht nehmen Hess, die vier Stiegen zum 
Atelier zu erklimmen, um sich über die Manier der antiken 
Stuckomalerei unterrichten zu lassen, trotzdem er infolge eines 
schweren Schlaganfalls nur mühevoll Treppen stieg. 

1* 



L Persönliche Erinnerungen. 



zuviel Leim macht die Malschichte leicht brüchig und 
die Leinwand ist während der Arbeit immer wellig 
und buckelig. Ich fing dann an, alte Bücher über 
Malerei zu lesen, Vitruv, Plinius, Cennini, Lomazzo, 
Vasari, Armenini, dann Lessing und Theophilus." 

Und was haben Sie daraus profitiert? 

„Nicht sehr viel! " 

„Es kam dann eine Periode mit Eigelb zu malen 
und den Firnis gleich dazu zu mischen (Ei-Öl- Emul- 
sion). So ist das grosse Bild, die „Kreuzabnahme* % 
das in der Ausstellung der Münchner Sezession 1894 
ausgestellt war, gemalt. Die „Meeresidylle'' in der 
Schackgalerie ist mit Eigelb allein auf Oelgrund ge- 
malt und hat infolgedessen auch Sprünge bekommen^ 
Nicht zu stark geleimte Gründe sind für diese Malart 
vorteilhafter.^' 

Warum gaben Sie die Ei-Firnisfarbe auf? 

„Weil sie so arg stinkig wird und dies doch 
während der Arbeit zu unangenehm wurde; ein Kon- 
servierungsmittel war mir damals*) nicht bekannt. Ich 
versuchte dann mit Firnisfarben zu malen, indem ich 
das Bindemittel der Farben aus Vs Kopal und ^/s Leinöl 
bereitete. Die „Pietä" ist so gemalt, die „Toten- 
insel**, die Promotheus-Bilder und manche andere, auch 
das Porträt der Frau Gurlitt, das letztere Bild auf 
einer Zinkplatte. Aber diese Farbe trocknet schwer,, 
und bei wiederholtem Uebermalen wird die Malerei 
nicht mehr so brillant, als man gerne möchte; vor 
allem ist das langsame Trocknen lästig." 



*) Die „Kreuzabnahme** ist 1876 in Florenz gemalt. 



Köcklin über seine Technik. 



Und womit malen Sie jetzt? 

„Ich mache mir eine Kirschgummi-Tempera mit 
Oel an ; dabei schütte ich das Oel auf den in Wasser 
geweichten Kirschgummi, rühre tüchtig durch und 
koche das Ganze am Feuer zusammen. Die mit 
diesem Bindemittel gemischte Farbe trocknet unmerk- 
lich heller auf; ich male damit fast ganz fertig, nur 
muss man trachten, dass alles möglichst flüssig in- 
einander gemalt wird.** 

Vor einiger Zeit gab mir eine Schweizer 
Malerin, Frl. W. ein Rezept, bestehend aus Ei, Honig, 
Essig, welches von Ihnen stammen sollte? Ist dies 
richtig ? 

„Nein, ich habe niemals mit Honig gemalt, wohl 
aber mit Weihrauch Versuche gemacht; dieser löst 
sich aber nur sehr schwer auf." 

Ueber die Technik der „alten Meister" befragt, 
erklärte Böcklin, dass die besten mit Tempera gemalt 
hätten, mitunter nur manche Teile der Bilder. Be- 
stimmt glaube er dies von Rembrandt, oftmals habe 
auch Rubens die Technik angewendet. 

Maler S. Landsinger, bekanntlich einer der 
wenigen Schüler Böcklins und mit dem Meister durch 
lange Jahre befreundet, ergänzte die obigen Angaben 
dahin, dass der Meister ausser den obigen Malarten 
noch viele andere Kombinationen der Tempera-Unter- 
malung und Uebermalung mit Firnis- Ölfarben ange- 
wendet habe, und dass bei der grossen Zahl seiner 
Schöpfungen Böcklin selbst sich manchesmal nicht 
mehr genau erinnern dürfte, in welcher Manier das 



L Persönliche Erinnerungen. 



eine oder andere seiner Bilder gemalt sei. Das An- 
reiberezept für die Firnisfarben, womit die besten 
Bilder Böcklins in der Florentiner Zeit gemalt seien, 
gab Landsinger wie folgt an: Kopal (engl. Kutschen- 
lack) ^/2 Teil, Venet. Terpentin ^/^ Teil, Terpentin 
oder Petroleum Vi Teil. Mit „Firnis" habe Böcklin 
während seines Florentiner Aufenthalts in den Jahren 
1878 — 1885 und im Beginn der Züricher Zeit gemalt. 
Diesen Aufzeichnungen vom Jahre 1896 wäre noch 
nachzutragen, dass Anfang Mai 1897 Dr. Bayers- 
dorfer, aus Florenz zurückgekehrt, die Nachricht 
brachte, Böcklin habe die Malerei mit der Emulsion 
von Kirschgummi und Oel wieder aufgegeben und ver- 
wende nunmehr eine Mischung von Eiklar mit ge- 
bleichtem Leinöl. 

Am 12. August 1898 hatte ich abermals ein Ge- 
spräch mit dem Meister über Technik, das letztemal, 
da mir die Freude des Zusammenseins mit ihm ver- 
gönnt war. Leider hatte damals schon seine frühere 
Frische sehr nachgelassen, das Sprechen strengte ihn 
merklich an, sodass man nur mit Mühe seine Worte 
verstehen konnte. 

Es war von antiker Enkaustik und der römisch- 
pompejanischen Wandmalerei die Rede und da er 
wusste, dass es mich interessieren würde, machte er 
mich auf geglättete Freskomalereien im Kloster 
Stein a. Rhein aufmerksam, die er vor vielen Jahren 
gesehen. Wie unermüdlich er immer noch an der 
Lösung des Problems tätig war, seine Technik auf 
die womöglich höchste Stufe zu bringen, beweist der 



Letztes Gespräch. 



Umstand, dass er abermals das Bindemittel für 
Farben zu verbessern trachtete. Er hatte nämlich in 
neuester Zeit sich einer gut zusammen gequirlten 
Mischung von Kirschgummi mit Kopaivabalsam bedient. 
Als weisses Pigment fand er Kaolin und Schwerspat 
sehr geeignet; sie erforderten aber viel Bindemittel. 




II. 



Uebersicht über die Quellen für Böcklins 
Technik. 



nzwischen sind Jahre vergangen. Der Tod 
hat dem Meister den Pinsel für immer 
aus der Hand genommen und ihm den 
Kranz von unverwelkbarem Lorbeer aufs 
Haupt gedrückt. Böcklin starb (16. Jänner 1901), 
aber schon lange vorher wurde die aussergewöhn- 
liche Bedeutung dieses wahrhaft „grossen Meisters" 
erkannt und sein künstlerisches „Werk", nicht minder 
auch seine Persönlichkeit, insbesondere gelegentlich 
seines 70. Geburtstages, dem allgemeinen Verständnis 
durch Essays und literarische Abhandlungen näher 
gebracht. 

Unter der zahlreich angewachsenen Böcklinlitera- 
tur, die ihn uns als Künstler, als Maler, als Men- 
schen, als Poeten schildert, sind jene Schriften für die 
uns gestellte Aufgabe von besonderem Wert, die 
authentisches Material über seine Technik und seine 
Art des Schaffens enthalten. Schon 1898, also drei 
Jahre vor Böcklins Tod, hatte die Zeitschrift „Pan" 



Die Böcklin-Literatur. 



Rudolf Schicks „Tagebuchaufzeichnungen aus den 
Jähren 1866—1869 über Arnold Böcklin" abgedruckt,*) 
eine Publikation, die zum erstenmal Aufschluss gab 
über technische Einzelheiten, über künstlerische Eigen- 
tümlichkeiten, über Naturstudium, Komposition und 
Farbengebung des Meisters. Mit „Eckermannscher 
Hingebung und Wahrheitsliebe" hat Rud. Schick 
jedes Gespräch mit Böcklin aufgezeichnet und uns 
damit einen Einblick in die Freuden und Leiden des 
sich der Vollkommenheit immer mehr nähernden 
Künstlers gewährt. Freilich waren es nur drei kurze 
Jahre, die dem jungen Künstler vergönnt waren, mit 
Böcklin zusammen zu sein; aber dennoch sprechen 
die Blätter es deutlich aus, wie reich an künstleri- 
schem Schaffen einerseits und aufrichtiger Bewun- 
derung andererseits diese Zeit gewesen ist. 

Material für eine Zusammenfassung von Böcklins 
Maltechnik bietet uns dann weiter die nach dessen 
Tod erschienene Literatur: Gustav Floerkes „Zehn 
Jahre mit Böcklin"**), worin wir den „Menschen" mit 
all seinen künstlerischen Eigenschaften als Persön- 
lichkeit geschildert finden, kommen für die Floren- 
tiner Zeit von 1881—91 in Betracht. Aus den „Tage- 
büchern" von Otto Lasius***) und aus der „nach den 
Erinnerungen seiner Züricher Freunde" herausgegebenen 



*) Dann gesondert herausgegeben von Hugo v. Tschudi, 
gesichtet von Dr. Cäsar Flaischlen, Berlin 1901. (Verlag von 
F. Fontane & Co.) 

**) München 1901. Bruckmanns Verlag. (II. Aufl. 1902). 
***) Herausgegeben von Maria Lina Lasius. Berlin 1903. 
F. Fontane & Co. 



1 n. Uebersicht über die Quellen für Bdcklins Technik. 

Schrift von Adolf F r e y *) erhalten wir Aufschluss 
über die glücklichste Schaffensperiode des Züricher 
Aufenthaltes (1885—92). Daran schliessen sich noch 
Ernst Würten bergers kleine Abhandlung: „Arnold 
Böcklin, Einiges über seine Art zu schaffen, seine 
Technik und seine Person",**) sowie die Böcklin-Bio- 
graphien von Henri Mendelsohn***), Heinrich 
Alfred Schmidf) und Fritz v. Ostinift). Die 
letzterwähnten werden mehr dem geistigen Gehalte von 
Böcklins Schaffen gerecht und schildern den Werde- 
gang des „Künstlers". Hier möge auch noch eine 
kleine, kürzlich erschienene treffliche Schrift von Hanns 
Floerke erwähnt sein, die uns den „Dichter Arnold 
Böcklin" fft) an der Hand seiner unsterblichen Werke 
begreiflich macht und uns „den Umfang dichterisch 
verarbeiteter, von dem Gehirn der schöpferischen 
Persönlichkeit durchgesiebter Naturanschauung, die in 
seinen Werken als tiefe neuartige Naturerkenntnis 
wieder sichtbar zutage tritt", erkennen lehrt. 

Um nun aus diesem reich vor uns ausgebreiteten 
Material ein Bild der Technik, d. h. des jeweiligen 
Entstehens einer Malerei zu gewinnen, wird es nötig 



♦) Stuttgart u. Berlin 1903. IJ. G. Cottasche Buchhandlung. 
♦*) Berlin 1902. Dreililien« Verlag. 
***) Geisteshelden (Biographien), 40. Bd. Berlin 1901. Ernst 
Hofmann & Co. 

t) Im grossen Böcklinwerk der Photogr. Union (Bruckmann. 
München.) 

tt) Künstlermonographien. Bd. 70. Bielefeld u. Leipzig 1904. 
Velhagen u. Klasing. 

ttt) München u. Leipzig. 1905. Georg Müller. 



Erste Schaffensperiode. 1 1 

sein, die einzelnen Schaffenszeiten des Meisters für 
sich zu betrachten und rein zeitlich die Quellen aus- 
einanderzuhalten, die hiefür in Betracht kommen. Es 
wird sich dabei freilich herausstellen, dass für be- 
stimmte Schaffensperioden die Nachrichten sehr spär- 
lich fiiessen und die zwischen den einzelnen Zeug- 
nissen vorhandenen Lücken kaum oder nur schwerlich 
ausgefüllt werden könnten. Gerade bei einem Künst- 
ler, wie Böcklin, der bis zu seinem Lebensende uner- 
müdlich tätig war, und fortgesetzt darauf ausging, 
den ihm für die Bildwirkung erstrebenswerten Farben- 
reiz auf die womöglich höchste Stufe zu bringen, der 
wie kaum ein zweiter einen grossen Teil seiner Kraft 
technischen Experimenten in immer neuen Variationen 
gewidmet hat und mithin sich eine ungeheure Summe 
von Erfahrung zu eigen gemacht haben musste, — 
gerade bei diesem Künstler sind die erwähnten Lücken 
am meisten bedauerlich. 

Sehen wir nun genauer zu, so können wir für 
die einzelnen Schaffenszeiten auch diejenigen Nach- 
richten bezeichnen, die uns in der Böcklinliteratur bis 
jetzt zur Verfügung stehen: 

UeberBöcklins Jugendzeit und den ersten rö- 
mischen Aufenthalt (1850— 57) sind, unbedeutende 
Hinweise abgerechnet, soviel wie gar keine Notizen 
vorhanden, die auf Technik Bezug haben. 

Die weiteren Aufenthalte in Basel, Hannover, 
München und Weimar (1857—1862) sind deshalb 
interessant, weil hier schon der „spätere Böcklin" mit 
voller Macht in die Erscheinung tritt und er sich in 
verschiedensten Techniken bewährt. Schick (S. 172 



12 II. Uebersicht über die Quellen für Böcklins Technik. 

und 206) berichtet von den Leimfarbenbildern für 
Wedekind in Hannover, auch Floerke spricht von 
technischen Versuchen mit „punischem Wachs" (Wachs- 
seife) und in Fresko (S. 164, IL Aufl.) 

Leider ist nirgends etwas darüber verzeichnet, in 
welcher Malweise Böcklin damals seine Bilder aus- 
führte. In diese Zeit fallen u. a. der grosse „Pan 
im Schilf" (Pinakothek), ,.Jagd der Diana" (Basel), 
der „Panische Schreck" und „Geisseinder Eremit** 
bei Schack. 

Der zweite römische Aufenthalt (1862—66) 
und ein Teil des darauffolgenden in Basel (1866 — 71) 
mit seinen technischen Versuchen hat in Schicks Tage- 
buchaufzeichnungen einen Berichterstatter gefunden, 
wie er in dieser Ausführlichkeit kaum jemals über- 
boten werden könnte. Allerdings beginnt Schick erst 
mit dem Jahre 1866, aber in seiner Wissbegierde 
forscht er auch nach technischen Einzelheiten der 
kurz vorher verflossenen Zeit, ja er kommt auch auf 
ganz frühe Malweisen und Versuche zu sprechen. 
Diesen Aufzeichnungen zufolge hat Böcklin kaum mehr 
experimentiert als damals, ausgenommen vielleicht die 
Züricher Zeit, da er die Oel- und Firnisfarbe gegen 
die Kirschgummi -Tempera vertauschte. In diese 
Periode fallen die berühmtesten Bilder der Schack- 
galerie („ Amaryllis", „Villa am Meer"), die „Magdalena 
an der Leiche Christi" (Basel), die „Wiesenquelle" 
(Dresden), die Fresken der Villa Sarasin und im 
Treppenhaus des Baseler Museums, viele Porträts, die 
enkaustischen Versuche und anderes, wovon weiter 
unten die Rede sein wird. 



Mittlere Schaffensperiode. 13 

Was den folgenden zweiten München er Auf- 
enthalt (1871 — 74) betrifft, so lassen uns die Quellen 
ziemlich im Stich. Nach den wenigen Andeutungen 
bei Floerke (S. 164) hätte Böcklin damals sich mit 
Eitempera befasst, die er 1874 „zuerst" in München 
und Florenz einführte. Diese Nachricht widerspricht 
aber der Notiz bei Schick (S. 105), wonach sich der 
Meister schon 1864 dieser Technik bedient hätte. 
Bestätigt wird hinwiederum die Tatsache durch die 
im vorigen Abschnitt mitgeteilte Aeusserung Böcklins, 
dass die in jener Periode entstandene „Meeresidylle" 
bei Schack mit Eitempera gemalt ist. 

Jedenfalls hatte aber Böcklin in der fraglichen 
Zeit auch seine früher bewährt befundene Oeltechnik 
oder Kombinationen von Tempera und Firnisfarbe 
weiter geübt. In diese Periode fallen Gemälde wie 
die „Pietä" (Nationalgalerie), die nach Böcklins eigener 
Aussage (s. oben) mit Firnisfarbe gemalt ist, der 
Baseler „Kentaurenkampf**, das „Selbstbildnis mit dem 
fiedelnden Tod" u. a. 

Der Florentiner Aufenthalt von 1874 bis 
1885, vielleicht die künstlerisch fruchtbarste Zeit des 
Künstlers, wird technische Versuche nicht mehr in 
dem Masse wie früher gestattet haben, denn der 
Künstler war mit Arbeiten überhäuft und hatte voll- 
auf zu tun, die vielen Bestellungen auszuführen. 
Technische Notizen aus dieser Zeit fehlen bisher voll- 
ständig, nichtsdestoweniger sind nach den Mitteilungen 
seines Schülers S. Landsinger die Jahre im fortge- 
setzten Ausbau des Technischen, auf das Böcklin so 
ungeheuren Wert gelegt hat, verflossen. Von den 



14 II- Uebersicht über die Quellen für Böcklins Technik. 

Hauptbildern dieser Zeit seien nur die folgenden ge- 
nannt: „Flora Blumen streuend" die „Kreuzabnahme", 
die Prometheusbilder, „Toteninsel** in mehrfacher Va- 
riation, „Frühlingserwachen", „Dichtung und Malerei", 
„Im Spiel der Wellen", „Schweigen des Waldes", der 
„heilige Hain", Porträts von Bayersdorfer u. a. 

Ueber die Züricher Zeit von 1885—1892 stehen 
uns dann wieder genauere Daten von Otto Lasius, Frey 
und Würtenberger zur Verfügung, die teils durch des 
erstgenannten Verkehr mit dem Meister selbst, teils 
durch dessen Schüler Albert Welti authentisch be- 
zeugt sind. Auch Floerke trägt zur Kenntnis der tech- 
nischen Einzelnheiten dieser Zeit seinen Teil bei. In 
diese Periode fällt das Zurückgreifen auf die Kirsch- 
gummitempera desTheophilus und das Bestreben, durch 
Annähern an die Technik der alten niederländischen 
Meister sich dem Ideal koloristischer Vollkommenheit 
zu nähern, welches Böcklin sein ganzes Leben be- 
schäftigte. Von Werken dieser Periode seien er- 
wähnt : „Spiel der Najaden" und „Vita somnium breve" 
(Baseler Museum), „Sieh' es lacht die Au!", „Römer- 
schlacht", „In der Gartenlaube", der „heilige Antonius 
predigt den Fischen" u. a. 

Dieselben technischen Probleme hatten Böcklin 
auch noch in seiner letzten Florentiner Zeit 
von 1893 bis zu seinem Tod lebhaft beschäftigt. 
Denn immer noch nicht völlig befriedigt mit den er- 
zielten Resultaten , veranlassten ihn neue Versuche 
noch in seiner letzten Schaffenszeit zum abermaligen 
Wechsel seiner Bindemittel. Erst der Tod hat dem 
nimmermüden Streben für immer ein Ziel zu setzen 



Letzte Periode. 15 



vermocht. Was in dieser letzten Periode von tech- 
nischen Details an die breitere Oeffentlichkeit ge- 
drungen ist, beläuft sich auf die wenigen Nachrichten 
einiger mit dem Meister innig befreundeter Männer, 
denen der Zutritt von der um das Wohl des Meisters 
treu besorgten Familie gestattet war. 

Für diese Zeit kommen in Betracht: „Venus Gene- 
trix**, der „Krieg'S „Landschaft mit Jagd der Diana", 
die „Pest" und die unvollendet nachgelassenen Werke. 



III. 



Kritik der Quellen für Böcklins Technik. 




m zu einer richtigen Erkenntnis der Böcklin 
eigenen Maltechnik zu gelangen, wird es 
vor allem nötig sein, den Wert der uns 
vorliegenden Nachrichten genauer zu 
prüfen; denn so ohne weiteres hinnehmen kann man 
die mitunter nur vom Hörensagen stammenden Be- 
richte nicht, weil sie entweder unrichtig oder nicht 
genau sein können. 

Jenen Gewährsmännern wird naturgemäss am 
meisten Gehör zu schenken sein, die aus Böcklins 
eigenem Munde über die Art seines Schaffens und 
seiner technischen Hilfsmittel Kunde geben. 

Zu diesen gehört ohne Frage in erster Linie 
Rudolph Schick. Es wurde ihm zwar von ein- 
zelnen Seiten der Vorwurf gemacht, er habe ohne 
Verständnis, nur mit der Genauigkeit eines Akten- 
menschen Böcklins Aussprüche „registriert" und er 
wäre auch geistig gar nicht auf der Höhe gestanden. 



Schicks Tagebuchaufzeichnungen. 17 

um Böcklins Intentionen begreifen zu können. In der 
Tat ist das Urteil, das Böcklin selbst über den „ord- 
nungsliebenden, hoffnungsvollen Jüngling" gefällt hat 
(s. Floerke S. 194, 195), nicht besonders günstig. Fast 
sollte man glauben, dass Böcklin den jungen Künstler 
gar nicht ernst genommen habe. Aber erstens gab 
es kaum jemand, über den sich Böcklin nicht in fein 
sarkastischer Art lustig zu machen liebte, (nicht 
zum mindesten auch über sich selbst!), und zweitens 
wird er kaum einen jungen Künstler durch drei Jahre 
hindurch in unausgesetztem freundschaftlichen Ver- 
kehr als Schüler um sich geduldet haben, wenn dieser 
ihm nicht auch als Mensch sympathisch gewesen wäre. 
Ja, als Böcklin durch Burckhardts Vermittlung die 
Ausschmückung des Treppenhauses im Baseler Mu- 
seum übertragen wurde, forderte er Schick, der in 
Rom zurückgeblieben war, auf, ihm dabei zu helfen. 
Schick sagte zu und traf am 16. Aug. 18ö8 in Basel 
ein (s. Tschudis Bemerkung, Schick S, 140). Daraus 
ist zu folgern, dass Schick doch nicht so schlimm 
gewesen sein muss, wie er im Floerkeschen Buche ge* 
zeichnet ist. 

Gerade der dort gegeisselten Ordnungsliebe und 
peinlichen Akuratesse des „Musterknaben", der „vor 
einer Studierreise sich das Skizzenbuch präparierte 
und mit einer sauberen Aufschrift versah, z. B. Stu- 
dierreise nach Wälschtirol, Sommer 79. Begonnen am 
1. August; und wenn es glücklich ganz voll war, 
darunter schrieb: abgeschlossen den so und sovielten. 
Gottlieb (I) Schick"; der neben eine in sein Skizzen- 
buch „ganz genau lebensgross abgezeichnete Genziane 

Berger, Bocklins Technik. o 



18 ni. Kritik der Quellen für Böcklins Technik. 

geschrieben: blühte am 20. August da und da, so und 
so hoch etc. und dazu den botanischen (nachgeschla- 
genen) Namen*', und was sonst noch alles von schrul- 
lenhaften Junggesellen-Eigenheiten angeführt ist — 
gerade dieser Ordnungsliebe müssen wir dankbar sein, 
denn nur durch sie haben wir einen so kostbaren 
Schatz von Tagebuchaufzeichnungen in Händen, mit 
denen alle anderen Erinnerungen und Gedenkblätter 
überhaupt kaum verglichen werden können. 

Noch eins wurde Schick zum Vorwurf gemacht: 
Seine Aufzeichnungen seien nicht verlässlich, teilweise 
direkt falsch. Diese Anschuldigung ist vielleicht auf 
eine missmutige letzte Aeusserung des Meisters zurück- 
zuführen, der von jeher gegen das viele „über Kunst 
Schreiben" aufgebracht, kein günstiges Urteil über 
Schicks Buch abgab, als es ihm noch kurz vor seinem 
Tode zu Gesichte kam. In der Tat sind ja manche 
Stellen bei Schick zu finden, die mit später bekannt 
gewordenen oder geäusserten Ansichten Böcklins nicht 
im Einklang stehen; wenn man aber bedenkt, wie 
häufig Böcklin selbst, nach Aussage seiner späteren 
Umgebung, seine Meinung über künstlerische Dinge 
geändert hat, dann kann man Schick kaum dafür 
verantwortlich machen, dass er eben die frühere des 
Aufzeichnens für wert gehalten hat. 

Soviel ist aber sicher: In zweifelhaften Fällen 
muss unter allen Umständen der Schickschen Version 
der Vorzug gegeben werden, denn dieser hat seine 
Aufzeichnungen unter dem frischen Eindruck des Ge- 
hörten, sozusagen phonographisch gemacht und er tat 
dies, so gut er es eben imstande war. Freilich, der 



Allerlei Widersprüche. 19 

Feuergeist eines Floerke war ihm nicht gegeben; 
aber technische Angaben bei Floerke sind umsomehr 
nach Schick richtig zu stellen, als Schick in diesen 
Dingen sicherer Bescheid wusste. So möge als Bei- 
spiel angeführt werden, die Bemerkung bei Floerke 
(S. 164), „von Böcklins für Schack gemalten Bildern 
war eines, ein antikes Oktoberfest (die erste Form 
von Vinum bonum und Vinum Optimum) mit Weih- 
rauch gemalt, d, h. die Farben damit gemischt. Die 
zunächst blinde Malerei wurde durch Uebergehen mit 
einem heissen Eisen wie mit einem festen durchsich- 
tigen Firnis überzogen. (Schack refüsierte übrigens 
das Bild)/* 

Vergleicht man dazu, was Schick über die Malerei 
mit Weihrauch (und Sandrog) sagt (S. 75, 76, 104, 
153, 218) so wird man zur Ueberzeugung kommen, dass 
hier möglicherweise nicht das „Oktoberfest'*, sondern 
die erste Version der „Villa am Meer" (anfänglich 
auch Iphigenia betitelt) gemeint sei. Vom „ersten 
„Oktoberfest'* berichtet Schick (S. 105), es wäre 1864 
in Eitempera, nach Passinis Manier, unter Zusatz von 
Glyzerin gemalt, Böcklin hatte es (24. Okt. 1868) 
noch im Atelier und er fügt dann noch berichtigend 
hinzu, das „Oktoberfest*' auf einer alten gekitteten 
Tischplatte gemalt, „sei nicht eigentliche Wachsmalerei, 
sondern alles durcheinander.'' 

Was aber Floerke überdies von der Technik des 
Bildes sagt, trifft vollends auf das Iphigenienbild 
(„Villa am Meer**) zu; dieses wurde nämlich in der von 
Böcklin „Wachsmalerei** getauften Art gemalt, indem 
die mit in Wasser gelösten Harzen angemischten 

2* 



20 in. Kritik der Quellen für Böcklins Technik. 

Farben nach dem Trocknen mit einem Wachsfirnis 
übergangen wurden. Von einem ,,heissen Eisen*', wie 
Floerke sagt, ist aber nirgends die Rede, sondern 
von geschmolzenem Wachs, das eventuell auf die 
„vermittelst einer Röhre aus einem Kohlenfeuer" er- 
wärmte Fläche aufgestrichen wird. (Schick S. 75). 
Offenbar liegt hier eine weitere Verwechslung von 
Seite Floerkes vor, der wohl auf die Versuche in sog. 
reiner Enkaustik anspielt (s. Schick 182, vgl. 112.) 

In Betreff der Zurückweisung nimmt H. A. Schmid 
in seiner Böcklin-Biographie (S. 38) an, dass unter 
den drei mit Begleitschreiben vom 23. Dez. 1865 an 
den Grafen gesandten und von diesem refüsierten 
Bildern „wahrscheinlich" auch das „erste Oktoberfest" 
gewesen sei. Aber Schmid folgert dies eben aus 
den Angaben Floerkes, und weil das Bild 1868 noch 
(oder wieder ?) in Böcklins Atelier in Basel war. Be- 
kanntlich ist aber die „erste Villa am Meer" zurück- 
gewiesen worden, ein Umstand, den Schick nicht zu 
erwähnen vergass, während er von dem anderen Ge- 
mälde nichts dergleichen zu berichten weiss. Und 
wenn Schack das „Oktoberfest" wirklich zurück- 
gewiesen, wieso befindet es sich denn jetzt in seiner 
Galerie ? 

Eine ganz eigene Art von Verwirrung ist in den 
Böcklins Maltechnik behandelnden Erinnerungen zu 
verzeichnen, wenn es sich um den Zusammenhang 
der alten von Böcklin wieder aufgenommenen Metho- 
de der Tempera des Mönches Theophilus handelt. 
E. Würtenberger (S. 11) schreibt z. B. darüber: 
„Da fand er (Böcklin) im Malerbuche vom Berge 



Ungenauigkeiten der Rezepte. 21 

Athos, jenem Dokument der byzantinischen Malweise, 
ein Rezept des Mönches Theophilus von Paderborn, 
der Kirschharzgummi als Malmittel verwendet." Welche 
Wirrnis! Wie kommt Theophilus von Paderborn ins 
Malerbuch vom Berge Athos und zur byzantinischen 
Malweise? Gleich darauf folgt die Beschreibung des 
Malmittels, das aus „Kirschgummi nebst Petroleum, 
Terpentin und Balsam Kopaivae" bestanden habe. 
Aber von solch einem Rezept wird man weder bei 
Theophilus noch im Malerbuch vom Berge Athos nur 
die geringste Andeutung finden. Das Rezept ging 
von Würtenberger dann in Frey (S. 83) über; es 
gilt seither als ein vollkommen authentisches, und da 
es zu Böcklins spätesten Malmitteln gehört, vielleicht 
als sein allerbestes. 

Dem steht ein sehr interessanter von H. Mendel- 
sohn (S. 217) veröffentlichter Brief des Meisters da- 
tiert vom 2. Oktober 1893 gegenüber, in welchem er 
vollkommen genau die von Theophilus Presbyter 
beschriebene Kirschgummi- und Eiweiss-Technik mit 
Oelfirnisüberzug als seine „neue vielmehr alte Mal- 
weise*' bezeichnet; überdies haben wir noch die aus 
Böcklins eigenem Munde überkommenen Nachrichten 
vom Jahre 1896 und 1898 (s. oben im I. Kapitel), die 
nichts von den genannten Zusätzen (Terpentin und 
Petroleum) enthalten. In dem nämlichen Briefe ist 
auch von der später angewendeten Form der Emul- 
sion noch gar keine Rede. 

Soll man Floerke glauben, dann hätte Böcklin 
schon fünf Jahre vorher mit dieser Kirschharztempera 
ohne jeden Zusatz gemalt, denn der erstere berichtet 



22 in. Kritik der Quellen für Böcklins Technik. 

(S. 165): „Jetzt (Mitte 1888) malt er mit Kirschharz 
und Wasser, nach einem von L es sing mitgeteilten 
Rezept", und bekanntlich hat Lessing zuerst aus der 
Theophilus-Handschrift der Wolfenbüttler Bibliothek 
darauf hingewiesen. Aber auf der nächsten Seite be- 
richtet der nämliche Gewährsmann, (Mitte 1889) habe 
Böcklin „wieder nach einem Rezept des Theophilus 
nichts weiter als Wasser, Terpentin und Kopaiva- 
balsam als Bindemittel" benützt. Nach einem solchen 
Rezepte wird man jedoch vergeblich bei Theophilus 
suchen, denn weder Terpentin noch Kopaivabalsam 
sind dort überhaupt erwähnt, und überdies ist keines 
dieser beiden Materien mit Wasser ohne weiteres 
mischbar! Die Nachricht ist demnach in zweifacher 
Hinsicht anfechtbar. 

Aus diesen Gründen erheischt die uns gestellte 
Aufgabe, ausser der Sichtung aller technischen Nach- 
richten, überdies auch noch die Prüfung der ein- 
zelnen Rezepte selbst. Denn wir finden unter 
den angeblich als Malmittel verwendeten Mischungen 
auch solche, deren Wert uns auf den ersten Blick 
fremdartig anmutet und von deren Tauglichkeit wir 
uns erst durch das ad hoc angestellte Experiment 
überzeugen müssten. So finden sich auch bei Schick 
Angaben, die nicht gleich verständlich scheinen, wie 
z. B. die vielerwähnte Malerei mit „Weihrauch und 
Sandrog", und aus späterer Zeit hören wir von Emul- 
sionen, die in solcher Zusammenstellung bisher nicht 
verwendet wurden. Es wird durch diese kontrollie- 
renden Versuche vielleicht möglich sein, einerseits den 
Spuren von Böcklins technischen Experimenten zu 



Einzelne Fehler. 23 



folgen und dabei festzustellen, welche Vorzüge gegen- 
über anderen die von ihm gebrauchten Malmittel 
besessen haben, und anderseits durch die dabei zu- 
tage tretenden Mängel und Schwierigkeiten die Ur- 
sachen kennen zu lernen, warum der Meister diese 
wieder verworfen hat. Und da es unsere Absicht ist, 
erklärend und klärend über die Böcklin-Technik zu 
handeln, sei hier auch gleich der, wohl nur durch 
einen Druckfehler entstandene „Freskogrund von 40 
(vierzig!) Zentimetern Dicke" berichtigt, von dem in 
einem von H. Mendelsohn (S. 95) veröffentlichten Briefe 
des Meisters die Rede ist. Es muss natürlich 4 cm 
heissen. Jeder mit der Technik Vertrautere wird 
sofort erkennen, dass hier lediglich ein Korrektur- 
versehen vorliegt; nur der Umstand, dass die Angabe 
in einem Briefe des Meisters, dem mithin die Bedeu- 
tung eines Dokumentes zukommt, enthalten ist, veran- 
lasst uns, dies besonders festzustellen. 




IV. 



Art des Schaffens. Einfluss auf die Technik 
und Koloristik. 



öcklins Maltechnik hängt so sehr mit der 
Art seines Schaffens zusammen, dass man 
die eine ohne die andere nicht verstehen 
kann. Jeder künstlerisch selbst Tätige 
wird darüber kaum im Zweifel sein , dass der 
schöpferische Gedanke oder das Phantasiegebilde 
erst durch die Form der Gestaltung d. h. durch 
Licht und Schatten, Linien- und Flächenverteilung, 
Farben Wirkung, bildmässig zum Ausdruck gebracht 
werden kann. Wir wollen uns deshalb darüber ganz 
kurz fassen, denn jeder weiss, wie verschiedenartig 
der Weg vom intellektuellen Erfassen einer Idee bis 
zur Vollendung des Bildwerks beschritten wird: die 
einen malen direkt nach Natureindrücken ihre Bilder 
fertig, andere suchen sich zu ihren Bildmotiven ge- 
eignete Studien, oder sie fügen Studien aneinander, 
machen Stimmungsskizzen nach der Natur, zeichnen 
sich Details und „komponieren** dann ihr „Motiv'*; 
die anderen gehen von der Bildidee aus, zu der sie 



Floerke über Bocklins Schaffen. 25 

sich erst dann alles nötige Detail zusammenstellen, 
je nachdem es der darzustellende Gegenstand er- 
fordert. 

Bei Böcklin ist es anders. Alle seine Motive sind 
Phantasieschöpfungen. „Wer Böcklinsche Bilder in 
ihrer Plötzlichkeit hat entstehen sehen ** sagt Floerke 
sehr treffend, „der ist überzeugt, dass irgend ein 
Naturmoment, welches irgend einmal, vielleicht in der 
Jugend, auf die empfängliche Seele des Künstlers 
Eindruck gemacht hat, vor seinem geistigen Auge 
anschaulich aufgetaucht ist, in einem Augenblick, wo 
eine verwandte, mit jenem sich schnell verbindende 
Stimmung ihn bewegt, und dass er dieser durch die 
beseelte Wiedergabe jenes Ausdruck verleiht, oder 
dass sofort Phantasie und künstlerischer Verstand an 
die Arbeit gegangen waren, das eine durch das an- 
dere zu gestalten und durch schnell sich ankristalli- 
sierende Ideen verbin düngen zu verdeutlichen und zu 
beleben." 

„Man überzeugt sich dabei leicht, dass — we- 
nigstens seit der „Meeresidylle*' — es in erster Linie 
durchaus nur malerische Anschauungen waren, welche 
seine Phantasie in Bewegung setzten ; dass er alles im 
lebendigen Bewusstsein seiner Darstellungsmittel zur 
malerischen Vorstellung zusammengeschlossen , und 
dass er mit der vollendeten, von nun an stets gegen- 
wärtigen Rechnung, mit dem fertigen Bild im Kopf 
vor die Leinwand getreten sei und sich mit der Dar- 
stellung nur so spielend, mit dem Hinauswerfen des 
Ueberflüssigen und der Beschränkung auf das wirklich 
zur Sache Sprechende aber angestrengt beschäftigte. 



26 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik. 

Bei dieser Art des Schaffens ist es freilich uner- 
lässlich, über eine Unsumme von Erinnerungseindrücken 
zu verfügen; dem direkten Naturstudium fällt dabei 
nur eine sekundäre Bedeutung zu, ja es ist sogar ver- 
ständlich, dass das „Modell" nur hinderlich sein kann, 
weil der Künstler zu leicht sich zu interessanten Ein- 
zelheiten verleiten lässt, die für die Bildwirkung mehr 
oder weniger gleichgültig sein können. Dass Böcklin 
„nicht vor der Natur" gearbeitet hat, bestätigen wohl 
Floerke (S. 85) als auch Schick und die anderen 
Gewährsmänner. Aber damit ist nicht gesagt, dass 
er niemals nach der Natur gearbeitet habe. Im Ge- 
genteil! In der ersten Periode seines Schaffens muss 
er unendlich viel nach der Natur gemalt haben und 
nur infolge der zwingenden Einsicht, zwischen Studie 
und Bild genau unterscheiden zu sollen, ist Böcklin 
dazu gelangt, sich endlich von der direkten Anleh- 
nung an das Naturvorbild zu befreien. Dabei wurde 
er aber von seinem ganz ungewöhnlichen Erinnerungs- 
vermögen, seiner fabelhaften Kenntnis und seinem 
hervorragenden Verständnis der einmal beobachteten 
Naturformen unterstützt. 

Für die Technik des Malens ergibt sich aus der 
Sache selbst, dass Böcklin nicht wie andere Maler 
schaffen konnte. Da er kein Naturvorbild vor sich 
dulden durfte, um die von ihm intendierte Gesamt- 
wirkung nicht zu verlieren, musste er Formen und 
Farben auf der Bildfläche entstehen lassen, wie 
er sie brauchte und wie er sie sich im Geiste vorge- 
stellt hatte. Schick gibt einige deutliche Beispiele 
dieser Art seines Schaffens, des Entstehens von Bil- 



Entstehung des Bildes. Skizzen. 27 

dern, wie des „Petrarka", der „Amaryllis" u. a.; am 
allerdeutlichsten wird der von der ersten Anlage bis zur 
Vollendung eingeschlagene Weg geschildert bei der 
,Wiesenquelle" (Schick S. 273 u. ff.), und wir erkennen 
aus dieser Schilderung, wie Böcklin anfangs stets an 
der Linien- und Farbenkomposition verbessert, verän- 
dert und vom Unbestimmten immer mehr ins Ent- 
schiedenere übergeht, bis er sich über alles ganz klar 
geworden ist. Dann erst steigert er die Lichter 
durch kräftigen Schatten, erhöht die Farben Wirkung 
durch energischere Farben und Kontraste. Die an- 
fangs nebelhafte Modellierung wird immer bestimmter, 
bis endlich nur noch die allerhöchsten Lichter und 
intensivsten Farben zur Vollendung übrig bleiben. 

Eigentliche „Skizzen" zu seinen Bildern scheint 
Böcklin nicht immer gemacht zu haben. Hin und 
wieder, so wird berichtet (s. Frey, S. 89), genügte 
ihm ein mit ein paar Linien leicht hingezeichneter Ent- 
wurf, der nicht mehr als die Disposition der Haupt- 
massen des Lichts und Schattens wiedergab. Er 
begann direkt auf die Leinwand oder Tafel zu zeich- 
nen, vermied aber meist die Kohlenstriche zu fixieren, 
um den reinen weissen Grund auf dessen koloristische 
Mithilfe er, besonders im zweiten Teil seiner Schaffens- 
zeit, grosses Gewicht legte, nicht zu verderben. Aus 
gleicher Ursache hat Böcklin niemals eingreifende 
Aenderungen^ auf Bildern vorgenommen und lieber 
das Ganze verworfen, die Malerei bis aufs Holz ab- 
gekratzt, wenn er mit dem Effekt unzufrieden war 
oder, wenn er zu der Erkenntnis gelangte, dass es 
eine bessere Lösung der Aufgabe gäbe, das Gemälde 



28 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik. 

neu begonnen. Schick gibt davon deutliche Hin- 
weise (S. 293), wie mitunter der Meister dieselbe Idee 
wieder in Angriff nahm; so ist die obenerwähnte 
„Wiesenquelle" (Dresdener Galerie), die fünfte oder 
sechste Umgestaltung. Floerke (S. 71) erzählt von einem 
Bilde „Veritas", bei welchem die Bewegung des Ent- 
hüllens nicht nach dem Sinne des Künstlers zum Ausdruck 
gebracht war; das Bild hatte Floerke „fertig" gesehen 
(Zürich 1885), „am andern Morgen war das ganze 
lebensgrosse Bild abgekratzt und das leere Brett stand 
da.** Ebenso weiss Lasius (S. 68) von einer ähnlichen 
Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst zu berichten, da 
Böcklin das schon ziemlich weit vorgeschrittene Bild 
„Vita somnium breve"*) einfach abgehobelt hatte oder 
abhobeln liess. Das Bild war mit den Aenderungen 
dem Schaffenden völlig gegenwärtig und deshalb 
scheint die neue Malarbeit ihm eben viel weniger 
Mühe verursacht zu haben, als das unvermeidlich ge- 
wordene Aendern, das stetige Rücksichtnehmen auf 
schon vorhandenes Gute und die sich daraus ergeben- 
den Massnahmen. Nach solchen radikalen Entschei- 
dungen entstand das neue Bild „sehr rasch wieder, 
doch schöner als das erste". 

Bei dieser Art des Schaffens ohne jede Skizze, 
ohne Naturvorwurf oder irgend eine Anlehnung an 
Studien und dergl. Behelfe war Böcklin beim Beginn 
des Bildes zum äussersten Masshalten .seiner Mittel 
gezwungen, er konnte nur mit dünner Farbe anfan- 



*) Es war eine weibl. Figur zwischen Lorbeerstämmen, nicht 
Vita somn. (Berichtigung von Landsinger). 



Koloristik. 29 



gen, um nichts zu verderben, er musste auch stets mit 
heller Farbe oder mit dünnen Lasuren arbeiten, 
solange nicht ein jeder Fleck genau so war, wie 
er ihn zur ganzen Licht- und Farbenkomposition 
brauchte. 

Massgebend war für ihn stets der koloristische 
Effekt, den er anstrebte, um die Farbengebung mit 
dem Inhalt des auszudrückenden Gedankens in Ein- 
klang zu setzen. Immer wieder kehren die Fragen der 
Farbengebung , des harmonischen Zusammenklanges 
der Töne, der Farbendisposition und der Farben- 
wechselwirkung in Schicks Aufzeichnungen wieder. 
Er verstand es, mit den Farben sich auszusprechen 
und ihnen im Bilde stets die Stelle anzuweisen, die 
der ihnen zugewiesenen Aufgabe gerade entsprach, 
und wie sie in die Bildstimmung passte. Mit einer 
ihm besonders eigenen Feinfühligkeit hatte er sich 
ein System der Farbenwechselwirkung gebildet, und er 
beherrschte es ebenso wie die Linienführung, wie den 
Wechsel von Licht und Schatten oder die Bewegung 
der Form. Man kann sagen, Böcklins Kolorit wirkt 
durch die richtige Verwertung der Kontraste, denn 
in seinen Bildern ist alles auf gegenseitiges Verstärken 
der Töne berechnet. 

„In der Natur", sagte er, „wirkt alles nur durch 
Kontraste*' und er seufzte manchmal, das Finden der 
richtigen Gegenfarbe sei eine schwere Sache, die ihn 
viel Zeit koste und übrigens nur durch das Gefühl, 
das sich allerdings veredeln lasse, nicht aber durch 
Theorie zu lösen sei (Frey S. 108). 

Ueber Böcklins Koloristik hier eingehender sich 



30 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik. 

ZU verbreiten, liegt ausserhalb des uns gesteckten 
Zieles. Nichtsdestoweniger wollen wir hier einige 
Sätze aus Würtenbergers kleiner Schrift anreihen, 
die in ihrer Klarheit den von Böcklin verwendeten 
Prinzipien gerecht werden. Es heisst da S. 4: 

„Manchen wird es verblüffen, zu hören, dass Bdcklin, 
der grosse Farbenkünstler, wie er so oft genannt wurde, die 
Farbe als etwas Sekundäres, als Etwas, was erst in zwei- 
ter Linie beim Bilde komme, bezeichnet hat. j,DieHaupt- 
sache bei einem Bilde ist die Verteilung v o n 
Hell und Dunkel; sobald diese gelöst ist, so ist 
das Bild fast schon fertig**. Und zwar setzte er 
durch das ganze Bild hindurch Dunkel gegen Hell und nie 
Hell gegen weniger Hell, oder Dunkel gegen weniger 
Dunkel» Seine ersten Skizzen und Notizen zu einem Bilde 
sind auch nichts anderes als hellere und dunklere Flecken ; 
zur Not et kennt man einen Baum oder eine Figur darauf. 
Darum haben seine Bilder auch jene starke dekorative 
Wirkung, auch wenn wir sie in nur kleinen Reproduktionen 

sehen 

Nachdem er sich über die Lichtverteilung (hell und 
dunkel) klar geworden war, machte er auf einem mit 
Kreide grundierten Zigarrenbrettchen eine Farbenskizze. 
Diese Skizze gab nichts anderes, als das Verhältnis der 
Hauptfarben zu einander. Man erkannte auf dieser Skizze 
kaum den Gegenstand: es war nur ein Anschlagen des Ak- 
kordes, in dem sich das Bild bewegen sollte. Dann nach 
diesen Vorarbeiten, fing er das Bild auf der mit Kreide 
grundierten Holztafel und noch häufiger auf einer mit Lein- 
wand überzogenen und darauf erst grundierten Tafel an, 
und zwar machte er eine ganz schwache Andeutung mit 
heller, dünner Farbe über die etwaige Anordnung der Fi- 
guren, Landschaft etc. und dann fing er an irgend einer 
Stelle gleich auf dem weissen Grunde fertig zu malen an. 
„Man mussdie Phantasie dabei mehr anstren- 
gen'', sagte er, als ich ihn einst darum fragte. 



Farbendisposition. ^ 31 



So malte er vielleicht ein rotes Gewand zuerst und 
dann suchte er dieses starke Rot durch andere, daneben 
gesetzte Farben „tot zu machen**. Eine F'arbe hatte im 
Bilde also gewöhnlich zwei Funktionen: sie musste die eine 
dämpfen und die andere heben. Und so ging eine Wechsel- 
wirkung seiner Farben durch das ganze Bild hindurch. In 
den meisten Bildern der Spätzeit lässt sich ein gewisses 
Farbenprinzip erkennen, das vielleicht das Resultat der 
obengenannten Wechselwirkung ist. Nämlich ein Bild hatte 
meistens drei Farbengruppen, rot, grün, blau (grün viel- 
leicht im Vordergrund, rot im Mittelgrund, blau im Himmel), 
oder rot im Vordergrund (oder imteren Drittel des Bildes) 
u. s. f. Und in diesen Hauptgruppen kamen jedesmal die 
zwei anderen fehlenden Farben in kleineren Flächen hinein, 
z. B. in eine Wiese rote und blaue Blumen; in einen blauen 
Himmel grüne Blätter und rote Blüten usw. Dabei hat 
er aber fast immer vermieden, direkte Komplementärfarben 
nebeneinander zu stellen, vielmehr veränderte er eine dieser 
Farben um eine Nuance. Hatte er z. B. Rot und Grün 
nebeneinander zu stellen, so veränderte er Rot durch Blau 
in eine violette Nuance, oder er veränderte beide Farben 
um eine Nuance z. B. bei Blau und Gelb: das Blau trieb 
er ins Grünliche und das Gelb ins Rote (Orange). Oft 
quälte er sich tagelang an einer einzigen Farbe, bis er die 
richtige Nuance für die betreffende Stelle gefunden hatte. 

In der letzten Periode liebte er es auch, in dreiteiligen 
Bildern sich auszusprechen. Er ging also noch einen Schritt 
weiter, nicht nur dass in einem Bilde Farbenmassen gegen- 
einander gesetzt wurden; er setzte sogar Bild gegen Bild. 
Um das Mittelbild z. B. recht schattig und dämmerig kühl 
erscheinen zu lassen, setzte er zwei sonnige Seitenbilder 
daneben (wie in einem seiner besten Bilder ,, Horch, es 
schallt der Hain von Liedern"), oder er machte es umge- 
kehrt wie in der ^Mariensage**, wo das lichte Mittelbild 
der thronenden Maria durch zwei dunkle Seitenbilder ge- 
hoben ist, durch die „Heimkehr vom Grabe" und die „Ge- 
burt Christi im Stall« . . . 



32 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik. 

Dann hat er auch zu der Predella (Fusstück beim Altar- 
bild) gegriffen, um den Eindruck des Hauptbildes zu ver- 
stärken, z. B, im „St. Antonius, der den Fischen predigt* 
ist das Weite, Lichtvolle, Silberige des Meeres im Haupt-, 
bild erheblich verstärkt durch das dunkle Fusstück, das 
den Kampf der Fische unter sich auf dem Meeresgrunde 
darstellt. 

Oft ist es ihm aber auch gelungen , in einem Bilde 
eine düstere, nächtliche Stimmung gegen eine helle, freu- 
dige auszuspielen, z. B. in der j^Nacht*, in der ergreifenden 
„Pietä" der Berliner Nationalgalerie und in der „Melan- 
cholie«. 

Die letzteren Probleme sind nicht nur für die Farbe 
von Bedeutung, sondern auch in hohem Grade für die 
Raumbildung. Die Fläche zum Räume umzugestalten, hat 
vielleicht keiner so verstanden wie er ... . und zwar 
durch die dekorative Wirkung der Farbe, weniger 
durch das Auflösen der Farbe, wie es durch die dazwischen- 
liegende Luft bedingt ist; wie er z. B. ein starkes Rot im 
Vordergrund anwendet, um die verschiedenen roten Nuancen 
des Mittelgrundes zurückzutreiben. Aber auch die Sil- 
houette benützt er als Repoussoir. Ein dunkler Vorder- 
grund mit einer oder mehreren dunkeln Vertikalen, wie 
Bäumen, Figuren, dient ihm dazu, den beleuchteten Mittel- 
grund, in dem die Farben stark sind und herandrängen 
wollen, zurückzutreiben. Er ist unermüdlich im Erlinden 
von immer neuen raumbildenden Mitteln ; wie überraschend 
wirkt z. B, in der „Gartenlaube*' das Hineinführen des 
Auges in das Bild durch die Symmetrie der perspektivi- 
schen Blumenbeete, wie es Tulpe für Tulpe hineinspaziert, 
bis es an der Mauer, die quer gegen die übrigen Linien 
steht, zurückprallt und auf den beiden Figuren haften 
bleibt. Und wie werden zugleich die Figuren in ihrer Be- 
wegung gesteigert durch die starre Symmetrie der Um- 
gebung. Und wie er vollends durch diese Beschränkung 
des Raumes dem Bilde einen seelischen Gehalt gibt, ist 
kurzweg als genial zu bezeichnen. 



Koloristik. 33 



.... Aber Böcklin sucht immer seine Wirkungen inner- 
halb der Grenzen der Malerei ; nie hat er sich gegen die 
malerischen Grundgesetze vergangen , oder von der Malerei 
mehr verlangt, als in ihr zu erreichen war. Selten hat er 
nur rein Malerisches gemalt; fast immer war eine Jdee ge- 
tragen von dem Malerischen. Wiederum hat er aber nie 
das Gedankliche das Malerische überwuchern lassen. 

Das Gedankliche deckt sich bei ihm mit dem 
M aler is ch e n vollk om men, es ist eins und un- 
zertrennbar; und dies ist vielleicht überhaupt 
das Kriterium der höchsten Vollendung in dieser 
K u n s t.** 

Am meisten beeinflusst ist Böcklins Koloristik 
von den Werken der Alten, denen er nicht nur 
grösste Verehrung sondern auch liebevollstes Verständ- 
nis entgegenbrachte. Die Einflüsse der italienischen 
„Meister der Farbe" sind im Laufe seiner Entwicklung 
unverkennbar zu bemerken, denn er wusste ganz genau, 
auf welcher Grundlage die Systeme ihrer Bild- 
wirkungen basiert waren. Die schönfarbige Manier des 
Quattracento war ihm ebenso geläufig wie das Chiaro- 
scuro des folgenden Jahrhunderts und die auf Lasur 
berechnete Art der Venetianer. 

Wie das Studium der Cinquecentisten Böcklin zu 
den gefärbten Gründen geführt hat, so brachte ihn 
die eingehendere Beschäftigung mit den Altdeutschen 
und Altniederländern wieder davon ab. Die „präch- 
tige Wirkung der Farben" an sich, die Böcklin bei 
jenen Malern so begeisterte und die ausserordentliche 
Dauer von deren Kunstwerken waren der Anlass zur 
Beschäftigung mit technischen Problemen, die ihn 
schon während des zweiten römischen Aufenthaltes und 
in der Folgezeit immer mehr fesselten. 

Berger, Böcklins Technik. 3 



34 IV. Art des Schaffens. 

Der erste sichtbare Einfluss dieser Studien war 
das Aufgeben des getönten Grundes und gleichzeitig 
mit dem Verlassen der Leinwand als Unterlage das 
Bevorzugen der Holztafel nach dem Vorbilde der Alten. 
In der Florentiner Zeit und noch mehr in Zürich ist 
es stets der weisse Kreidegrund auf Holztafel, den 
Böcklin benutzt; seine Farbenkomposition baut sich 
von nun an auf der weissen Fläche auf. 

Stets waren es rein koloristische Momente, 
die ihn leiteten, und mit diesen Momenten aufs 
innigste verbunden steht auch die Frage der Binde- 
mittel für die Farben. Beim getönten Grunde diente 
ihm die allgemein übliche Oelfarbe mit geeigneten 
Zusätzen von Firnissen, ätherischen Oelen oder Ko- 
paivabalsam vollkommen. Böcklin gab aber die Oel- 
farbe im Laufe der siebziger Jahre nach und nach 
gänzlich auf, nachdem er sich für die Fimisfarbe ent- 
schieden hatte. 

Diesen Zeitpunkt genau fixieren zu wollen (Böcklin 
selbst soll die „Pieta" als „seinen letzten Oelschinken" 
bezeichnet haben, Mendelsohn S. 210), ist überflüssig. 
Wir wissen aus Schicks Aufzeichnungen, dass Böcklin 
in den sechziger Jahren und früher alles mögliche ver- 
sucht hat, nicht aus Kurositätshascherei, sondern aus 
zwingenden Gründen, weil ihm die Mittel der Oel- 
technik für die Art seines Schaffens nicht mehr 
genügten. Mit Oelfarbe kann man eben schwer aus 
der Gesamtstimmung heraus arbeiten (wenigstens nicht 
bei grösseren Flächen), weil das Oelbindemittel zu 
materiell ist, weil bei zu starker Verdünnung der Farben 
(Lasuren) die Masse dieses Mittels zu sehr vermehrt 



Einfluss auf die Technik. 35 

wird, das langsame Trocknen aber immer ein Hinder- 
nis bei der Weiterarbeit bildet und endlich die Klarheit 
des Farbentones durch allzuvieles Vermalen leidet.*) 
Böcklins Art zu schaffen erforderte jedoch ein Binde- 
mittel, das ein langes Hin- und Herprobieren ermög- 
lichte, das die Farben zwar genug binden sollte, ohne 
aber die Malfläche zu sehr zu belasten, dabei alle 
möglichen Abstufungen und Verdünnungen zuliess. Mit 
Oelen und Firnissen war da nicht auszukommen, und 
dass Böcklin ein möglichst indifferentes, wässeriges 
Bindemittel (Leim und Tempera) nötig hatte, solange 
«r die Bildkomposition auf der Fläche entstehen Hess, 
ist leicht begreiflich. 

In den folgenden Abschnitten werden wir darüber 
ausführlicher zu handeln haben. Wir müssen aber 
alle die Versuche des Meisters, das fortgesetzte Streben 
die Mittel zu verbessern, stets im Hinblick darauf an- 
sehen, dass er sich sein Material für s e i n e speziellen 
Zwecke, für seine ganz besondere Art des Schaffens 
zurecht legte, wie es ihm am besten tauglich erschien. 
Und nur ihm I Für Maler, die anders schaffen, mögen 
deshalb alle die Böcklinschen Rezepte nur wenig Wert 
liaben, und vollkommen richtig ist, was Böcklin in 
«inem vom 2. Oktober 1893 datierten Brief an einen 
Freund schrieb, als er von der Redaktion eines Kunst- 
blattes aufgefordert wurde, sein „Geheimnis** zu ver- 
<5ffentlichen**) : „Ja, wenn das ginge. Der erste Erfolg 



*) Bekanntlich ist Oelfarbe am wirksamsten bei Prima- 
technik. 

♦♦) MitgeteUt bei Mendelsohn S. 218. 

3* 



36 IV. Art des Schaffen». 

einer solchen Mitteilung wäre, dass ich von sämtlichen 
Malern, die reinfallen, verflucht und verwünscht würde. 
Dazu gehört anhaltender Unterricht, folglich eine 
Schule, eo ipso mit Schülern". — Der Wert solcher 
Rezepte liegt eben immer nur in dem Verständnisse, sie 
auch richtig und vor allem für die eigenen koloristi- 
schen Zwecke richtig anzuwenden« Darin lag auch 
sein eigentliches „Geheimnis*^ 



V. 

Technik der ersten Periode. 

Malerei mit Oelfarben auf getöntem Grunde. 

Kopaivabalsam. 



üi 



aber die Technik der ersten Periode und 
während des ersten römischen Aufenthaltes 
sind wir, wie bereits erwähnt, nicht unter- 
richtet. Es kann aber als ziemlich sicher 
angenommen werden, dass ßöcklin von seinem 
Meister Schirmer*) auch die technischen Mittel 
übernommen hatte. Für die sogen. Staffeleibilder 
war damals die Oeltechnik die allein und am 
meisten ausgeübte. Sie bestand traditionell in dem 
Untermalen mit Oelfarben, im Trocknenlassen dieser 
Unterlage und nachfolgendem mehrfachen üebergehen 
in dünneren Schichten, teils durch Lasuren teils halb- 



♦) Joh. Wilh. Schirmer (geb. 1807, gest. 1863 zu Karlsruhe) 
hatte sich an die Schule Claude Lorrain angeschlossen; seine 
Bilder, z. B. die „Tageszeiten" mit Staffagen aus der Parabel 
vom barmherzigen Samariter in der Galerie zu Karlsruhe oder die 
religiösen Landschaften in der Nationalgalerie zu Berlin zeigen 
deutlich die Vorbilder für Böcklins Kunst der ersten Epoche. 



38 V. Technik der ersten Periode. 

deckende Töne bis zur Vollendung. In den fünfziger 
Jähren des vorigen Jahrhunderts war es üblich, sich 
zu jedem Bilde eine genaue Kartonzeichnung zu 
machen, die alle Details der Komposition vor Augen 
führte und als Vorlage für die eigentliche Ausarbei- 
tung diente. Durchgreifende Aenderungen auf dem 
Bilde selbst vorzunehmen, sollte durchaus vermieden 
werden. 

Landschaften wurden genau so „komponiert^' wie 
Historien- oder Genrebilder, d. h. sie wurden auf den 
Gesetzen der Linien-, Licht- J und Farbenkomposition 
aufgebaut, die damals als ästhetisch „schön'' galten. 
Wir bezeichnen dies heute mit dem Ausdruck „aka- 
demisch". Jedes Bild teilte man in Hinter-, Mittel- 
und Vordergrund, die Lichtmassen hatten gegenüber 
den Schattenmassen einen bestimmten Raum einzu- 
nehmen, jede Linie erforderte bestimmte Gegenlinien, 
die Farben wurden nach altem Schema im steten 
Wechsel von hell und dunkel, von kalt und warm 
verteilt und dergl. mehr. 

Auch Böckiin stand unter dem Banne dieser 
Ueberlieferungen, bis er aus sich selbst heraustrat, 
eigene Wege ging und die Fesseln abwarf, da er aus 
dem Landschaftsmaler der grosse Figurenmaler wurde, 
als den wir ihn jetzt kennen. 

Diese Wandlung hat sich langsam vollzogen. Die 
Gemälde der ersten Periode sind zumeist landschaft- 
licher Natur, freilich mit wunderbarer Staffage; bald 
wird aber die Staffage Hauptsache, der Mensch 
wird das Bestimmende in den landschaftlichen Szene- 
rien. Und führt er uns endlich in seinen religiösen 



Getönte Gründe. 39 



Motiven Momente grösster Tragik vor, dann feiert 
seine Malerei wahre Triumphe; denn zur Grösse der 
Auffassung gesellt sich noch die Tiefe der Farben- 
symphonik, deren Zauber sich niemand zu entziehen 
vermag. 

Als Schick mit Böcklin in Beziehung trat, hatte 
dieser bereits eine ganz imponierende künstlerische 
Höhe erklommen. Er hatte schon 1857 den „Pan im 
Schilf* gemalt, der im folgenden Jahre in München 
ausgestellt, für die Pinakothek erworben wurde; er 
hatte hier für Schack den „Anachoret*^ und „Pan er- 
schreckt den Hirten*' gemalt, warmit Begas undLenbach 
nach Weimar als Professor an die Kunstschule 
berufen worden, und dort war neben kleineren 
Schöpfungen, Porträts u. a. die grosse historische Land- 
schaft „Jagdzug der Diana'* (Baseler Museum) entstan- 
den. Nach dem Aufgeben der ihm unerträglich gewor- 
denen Abhängigkeit war Böcklin wieder in Rom tätig; 
er arbeitete eben an einem seiner besten Werke, 
„Daphnis und Amaryllis** (jetzt bei Schack). 

Schicks Aufzeichnungen zufolge sind es zwei 
Hauptmomente, die Böcklins Technik von der allge- 
meinen Art der Arbeitsführung unterscheiden, näm- 
lich die durchgängige Anwendung des gefärbten 
Grundes und der Gebrauch von Kopaivabalsam. 

Ob äussere Anlässe, wie das Studium der Re- 
naissancekünstler späterer Zeit, die sich vielfach dunkel 
getonter Leinwand bedienten, hier mitgewirkt haben, 
ist von nebensächlicher Bedeutung; aber bemerkenswert 
ist, dass Böcklin durch die getönten Gründe in die 
Lage versetzt wurde, verhältnismässig schnell und 



40 V. Technik der ersten Periode. 

leicht die „Wirkung'* erzielen zu können, wie er sie 
zur beabsichtigten Licht- und Schattenkomposition 
brauchte. Fast alle Bilder grösseren Formats dieser 
Zeit sind auf dunkler Unterlage gemalt. Die zwei 
Meter lange Leinwand zum „Petrarka** hatte er 
„dunkelgraugrün getönt und darauf dann die un- 
gefähre Wirkung mit Weiss herausmodelliert'*. Schick 
erwähnt ebenda (S. 36), dass Böcklin auch beim Natur- 
studienmalen eine „neutrale graue Leinwand der ge- 
bräuchlichen hellgelben" vorziehe, weil dadurch „reines 
Weiss vielleicht schon das gelbliche Wolkenlicht gibt 
und man so fortfahren müsse, die Töne zur Lein- 
wand zu bestimmen." 

Die Farbe des Grundes bot demnach schon 
eine Stimmgabel für das ganze Bild, und Böcklin, 
dem es stets auf die Stimmung angekommen ist, hat 
soviel als möglich aus dem erwähnten Umstände Nutzen 
gezogen. Die „Götter Griechenlands" begann er 
auf einer grossen Leinwand (3 m hoch, 2 m breit), 
auf einem dunklen leichten Grau (Rebenschwarz, 
Weiss, etwas Deckgrün und Neapelgelb oder vielmehr 
Schwarz, Weiss und grüne Erde) und übertrug die 
allgemeinen Umrisse durch lose Kreidestriche (Schlemm- 
kreide*), welche letzteren beim Malen mit Oelfarben 
naturgemäss verschwinden. Er begann damit, „die 
Höhle über der Nymphe als Dunkelstes mit etwas 
grünlichem Schwarz (grüne Erde und Kernschwarz) 
zu überschummern, wodurch die Nymphe im Gegen- 
satz schon etwas fleischfarben erschien und fuhr dann 



*) Schick S. 44. 



Zweck des getönten Grundes, 41 

fort, mit demselben Ton vorsichtig in das Fleisch 
hinein zu modellieren^^ Der Zweck der getonten 
Unterlage war also ein zweifacher: er erleichterte die 
Stimmung und gestattete durch passende Wahl der 
Farben die Hervorbringung der komplementären 
Farbentöne. 

Ein interessantes Beispiel ist auch der Idealkopf 
einer Römerin („Viola^'), den Böcklin auf einer Schie- 
fertafel, (fast 21/2 Fuss hoch, 2 Fuss breit, über ^2" 
dick) malte. 

Schick berichtet darüber (S. 7): 

„Anfangs hat er auf diesem dunklen Grunde alles mit 
Grau, welches aus grüner Erde, Weiss und dem durch- 
schimmernden Grund sich zusammensetzte, herausmodelliert. 
Beim Weitermalen ist er heller gegangen, aber auch fast 
nur (oder ausschliesslich) mit grüner Erde und Weiss. Da- 
mit das Fleisch nicht zu grün wirke, hat er dem Kopf 
dann einen starkgrünen Schleier gegeben. . . , Die tiefen, 
starkviolettgrauen Schatten sind demnach nur auf das Grau 
des Schiefers lasiert. Das weisse Kleid hat Böcklin auch 
anfangs mit grüner Erde und Weiss gemalt, dann aber mit 
reinem Weiss lasiert, das in diesem Falle die Eigentümlich- 
keit hat, ganz violettweiss zu wirken". 

Am Schlüsse der Beschreibung sagt Schick: 

„Beim Beginn eines Bildes scheint Böcklin immer eine fast 
entgegengesetzte Farbe wie der Grund, zu nehmen. So hat 
er hier zum kalt schwarz violetten Grund warme graugrüne 
(ungebrannte grüne) Erde genommen.** 

Nach einer Eintragung vom 30. Juni 1866 (Schick 
S. 58) meinte Böcklin, „er würde nie ein Bild beginnen, 
ohne der Leinwand nach dem Charakter des Bildes 
einen bestimmten Ton gegeben zu haben, aus dem 
er mit möglichster Benützung desselben das Bild 



42 V. Technik der ersten Periode. 

herauszumalen versuchen werde". Wenn meine Er- 
innerung mich nicht trügt, hatte Böcklin auf einer 
Variante des Gemäldes „Kentaur und Nymphe" 
eine braunrote Grundierung gewählt und diese 
Methode scheint er noch Jahre hindurch ausgeübt zu 
haben. In der Zeit des römischen Aufenthaltes bevor- 
zugte er den grauen Grund und er empfiehlt auch 
Schick, bei einem Studienkopfe (Micheline) diesen Grund 
noch mit grüner Erde und etwas Rebenschwarz gleich- 
massig zu überziehen (S. 87)» oder ihn mit grüner 
Erde farbiger zu machen, um aus dem Ton heraus 
mit Weiss zu modellieren.*) „Tintoretto habe auf 
einem dunkelroten Grund meist lasierend gemalt und 
die Lichter, um sie wirken zu lassen, meistens fett 
aufgetragen", so berichtet Schick (S. 90) als Aeusse- 
rung Böcklins und fügt dann hinzu, die älteren Maler 
von Giotto bis Leonardo hätten auf weissen Grund 
gemalt. Infolgedessen hätten aber auch jene Maler 
gar keine Reliefwirkung des Bildes anstreben können. 
„Wenn man auf eine plastische runde Wirkung aus- 
geht, ist dunkler oder wenigstens grauer Grund un- 
entbehrlich." 

Bei der geschilderten Art des Schaffens, auf ge- 
töntem Untergrunde die Formen nach und nach heraus- 
zumodellieren, bedurfte er unbedingt eines Mittels, 
um die Farbentöne der Ueberschicht mit den unteren 
Lagen in Verbindung zu bringen oder mit einander 
zu verschmelzen. Dazu diente ihm damals der 
Kopaivabalsam, mit Oel vermischt, oder auch allein. 



*) Vgl. Schick S. 88, Grundierung mit Umbra und Weiss . 



Gebrauch von Kopaivabalsam. 43 

Der Kopaivabalsam war aber nicht Bindemittel 
für die Farben, sondern nur Zugabe bei der Ueber- 
malung; meist wurde überhaupt nur die Malerei da- 
mit eingestrichen. Interessant ist die Bemerkung, dass 
Böcklin „schon seit 1853 damit male; er sei durch 
Gunkel darauf gekommen, der einmal als Kuriosum 
erzählte : ein alter Maler in Kassel male mit Kopaiva- 
balsam und könne ihn nimmer genug rühmen. Darauf 
habe er ihn probiert und dafür Propaganda gemacht. 
So habe es Pettenkofer*) erfahren und restauriere 
jetzt alle Bilder der Münchener Pinakothek damit". 
(Schick S. 359). 

Unser Gewährsmann berichtet wiederholt davon, 
wie Böcklin sich des Kopaivabalsams bediente. So 
S. 9 unter „Technisches" : 

„Vor dem Uebermalen reibt Böcklin jedesmal den Grund 
mit Kopaivabalsam und Oel an. (Zu etwa zwei bis drei 
Esslöffel dieser Mischung tut er dann 4— 5 Tropfen Sikkativ 
de Courtray zum schnelleren Auftrocknen hinzu.) Kopaiva- 
balsam hat die Eigenschaft, die obere und untere Farbe 
zu durchdringen und stellt dadurch eine innigere Vereini- 
gung beider her." 

Trotz mitunter schlechter Erfahrungen (s. a. a. O.) 
ist ihm dieses Mittel unentbehrlich, wenn es ans Ueber- 
malen geht; so bei dem Bilde „Viola* (Idealkopf mit 
grünem Schleier, einen Veilchenstrauss in der Hand) : 
„Viola hat er vollendet mit Kopaivabalsam, den er 
unter Bernsteinfirnis gemischt, (d. h. mit dem Pinsel) unter 

♦) Max V. Pettenkofer hatte i. J. 1863 sein bekanntes 
Regenerationsverfahren erfunden und er empfahl bald darauf an 
Stelle des früher üblichen ,,Nährens** alter Gemälde mit Oel die 
Verwendung von Kopaivabalsam« Seine Schrift darüber erschien 
i. J. 1870. 



44 V. Technik der ersten Periode. 

die Farben nimmt. Diese Mischung trocknet sehr schnell: 
beim Ueberlasieren vorsichtig sein, denn Kopaiva hat auf- 
lösende Eigenschaften/' (Schick, S. 14, s. auch S. 232.) 

Böcklin benutzte den gleichen Balsam mit Schlemm- 
kreide angemischt zum Ausfüllen der zu starken Poren 
der Leinwand (zum„P e tr a rk a") indem er „dazwischen 
auf der Palette den Ton nachmischte und damit die 
Poren ausfüllte". Er empfahl dieses Mittel sehr und 
meinte, es liesse sich sehr schön darauf malen; die 
Farbe erhalte dadurch etwas Rätselhaftes, Unbestimmtes. 
(Schick, S. 92, vergl. auch ähnliche Versuche mit 
Schlemmkreide und Oel oder Firnis als Medium zu 
gebrauchen, S. 10.) 

Verdünnt scheint Böcklin den Kopaivabalsam 
auch verwendet zu haben, indem er ihn mit Terpentin 
vermischte und als Fixiermittel*) verwendete („Ge- 
burt der Venus*', Schick S. 143): 

^Böcklin hatte dies Bild mit Kohle ganz leicht auf Gips- 
leinwand gezeichnet. Dann versuchte er es zu fixieren 
[mitteis Wasser von der Rückseite, um den geleimten Grund 
zu erweichen, aber ohne Erfolg]. Als es trocken war, strich 
Böcklin von vorn Terpentin mit ein wenig Kopaiva- 
balsam darauf, was sogleich fixierte. 
Zur Farbe brauchte er aber Terpentin nie, 
indem er behauptete, dieser nähme der Farbe den 
Reiz (Schick, S. 94). 

Die Vorliebe für Kopaivabalsam veranlasste Böcklin 
auch, sich dieses Mittel stets rein zu verschaffen, 
da er durch einen Apotheker erfahren hatte, dass 
Kopaivabalsam gewöhnlich einen Zusatz von Oel ent- 
halte und darum so schwer auftrocknet. Jetzt, da er 



*) Vgl. auch Porträt eines irrsinnigen Herrn. S. 279 u. 297. 



Kopaivabalsam. 45 



ihn rein erhalte, habe er ihn auch mit besserem Erfolg 
angewendet (S. 145). 

Wir finden weiterhin folgende Eintragung Schicks 
(S. 224): 

„Böcklin rät immer, nur mit reinem Kopaivabalsam 
zu malen, ohne weitere Zutat von Oel oder anderen 
Stoffen. Mein Kaisam ist aber so dick, dass ich ihn nicht 
gut über das Bild verbreiten kann. Böcklin sagte, dann 
solle ich meine Mal weise danach einrichten, aber nichts 
darunter nehmen. Kopaivabalsam ist ein Harz mit einem 
langsam flüchtigen Oel. Mit Nussöl oder anderen Oelen 
besteht nun die Gefahr des Nachgilbens, bei Zusatz von Ter- 
pentin wird aber der Uebelstand der Zähigkeit nicht ge- 
hoben, denn Terpentin ist ein sehr rasch flüchtiges Oel 
und hat dazu (noch mehr als der Balsam) auflösende 
Eigenschaften." 

Aehnlich lautet eine Eintragung vom 25. Januar 1869 
(S. 271): 

„Vor dem Anlegen eines Bildes, sowie vor dem täglichen 
Malen reibe man die zu malende Stelle stets zuerst mit 
Kopaivabalsam ein; da Hesse sich viel lebendiges hinein- 
malen. Ganz zuletzt, beim Vollenden der Arbeit höchstens, 
wenn man befürchten muss, durch zu oftmaliges Berühren 
die Farbe aufzulösen, mische man den Balsam unter die 
erste Farbe, mit der man die betreffende Stelle übergeht.** 

Bei allzureichlichem Gebrauche des Mittels ent- 
stehen Uebelstände, die Schick bei dessen eigenem 
Bilde („Daphnis und Chloe") wie folgt schildert (S.274) : 

„Ich hatte zu reichlich Kopaivabalsam gebraucht, oder 
ihn, da er zu dick war (vielleicht durch die Kälte) nicht 
recht verbreiten können. Als sich nun nach und nach das 
Zimmer erwärmte, fing er an, dünner zu werden, die Malerei 
krümlich und verschwommen zu machen und sich mit der 
Farbe herabzusenken. Böcklin sagte, er suche beim Ein- 
reiben den Kopaivabalsam möglichst zu verteilen und nehme 



46 V. Technik der ersten Periode. 

dann unter die Farben gar keinen Balsam mehr, ferner 
male er gleich mehr Formen hinein als ich und käme so 
mit viel Farbe über die Stelle, welche dann den Balsam 
aufzehre." 
Mit besonderer Umständlichkeit schildert Schick 
alle technischen Einzelheiten bei Böcklins grossem 
Bilde „W i e s e n q u e 1 1 e" und insbesondere auch die 
Kopaiva-Verwendung dabei. Nach dem kleinen Ent- 
würfe, den er vorher mit Kohle und Pastell gemacht 
hatte, übertrug Böcklin die Raumverteilung mittels 
einiger weiteren Quadrate auf das etwas verschiedene 
Feld der Leinwand und entwarf dann die Figuren frei 
mit feinen vorsichtigen Kohlenstrichen. Diese Zeich- 
nung wollte Böcklin mittels Kopaivabalsam und Ter- 
pentin (wie bei der „Geburt der Venus" und dem 
,,Porträt des irrsinnigen Herrn**) durch Uebergiessen 
fixieren, vor dem Weitermalen aber ein bis zwei Tage 
warten, bis alles hart fixiert wäre, so dass man ohne 
Unbequemlichkeit weitermalen könne (Schick, S. 297). 
Böcklin hat es aber nicht getan, sondern (in die noch 
feuchte Fixierung) stückweise hineingemalt und zugleich 
ziemlich weit ausgeführt.*) 

Ein „Späterer Zusatz" erläutert diesen Vorgang 
durch Böcklins Anweisung: 

,,Zur Anlage eines Bildes sei dünner Kopaiva- 
balsam geeigneter, da man flott hineinmalen könne; sonst 
ziehe er den dickeren vor." 

(Es wäre allerdings verlockend, den ganzen Ar- 
beitsfortgang bei der „Wiesenquelle" hier wiederzu- 
geben; ich muss es mir jedoch versagen und möchte 

•) So verstehe ich diese etwas verwirrte Stelle in den Schick- 
schen Aufzeichnungen. 



Technik der ,, Wiesen quelle*». 47 

den tfcser nur bitten, diese Stellen bei Schick (S. 293 ff.) 
einzusehen. Durch diese Schilderung allein hat Schick 
unser Wissen über Böcklins Art zu schaffen in dankens- 
wertester Weise bereichert.) 

Nach dem Abschluss der Arbeit resümiert Schick 
unter dem 17. Mai 1869 nochmal den technischen Vor- 
gang (S. 361): 

„Sein Verfahren beim Malen ist dieses: Erst pro- 
biert er auf dem Bilde eine Farbe rein, mit Kopaivabalsam 
verdünnt, als dünne Lasur; ist sie annähernd recht, so setzt 
er nach Bedürfnis die eine oder andere Farbe und auch 
Weiss dazu. Nie fängt er mit einem bereits gemischten 
Ton an. Bei diesem lasierenden Verfahren nimmt er jedoch 
in alle Lasuren Weiss; er sagte einmal, als er von einer 
Lasur sprach, „natürlich mit Weiss'*. Das gibt dem Bilde 
diesen zartgrauen Schimmer und ihm selbst Klarheit über 
die Dunkelheit der Töne, über die man sich bei reinen 
Lasuren gewöhnlich sehr täuscht." 

Bezüglich der Kopaivabalsam -Beigabe berichtet 
Schick gelegentlich der Arbeit am gleichen Bilde 
noch (S. 359) wie folgt: 

„Er hat so reichlich Kopaivabalsam dazu genommen, 
dass er fürchtete, er könne ihm herunterlaufen, bei dem 
schnellen Anziehen im Sommer aber ist das ausgeschlossen. 
Wenn man auf wenig bemaltem angetuschtem Grunde etwas 
sogleich als fertig hinstellt, könne man Kopaiva sehr reich- 
lich brauchen, man werde dadurch die Schönheit der Färben- 
qualität nur erhöhen. Ist man aber genötigt, übei solche 
fett lasierte Stelle noch ein oder mehrmals zu gehen, so 
wird die Erscheinung pappig und unangenehm. Etwas 
Oel (d. h. soviel als die Oelfarben an sich enthalten) scheine 
ihm zum besseren Binden notwendig ; früher habe er darum 
auch Nussöl dazu genommen, weil er noch nicht den Mut 
hatte, Kopaiva rein anzuwenden, aus Furcht vor dem 
Reissen; da sei ihm aber alles bedeutend nachgegilbt.*' 



48 V. Technik der ersten Periode. 

Wir sehen, welch grossen Wert Böcklin auf die 
Beigabe des Kopaivabalsams gelegt hat und (unter 
den von ihm angedeuteten Vorsichtsmassregeln) mit 
Recht. Die „Wiesenquelle" im Dresdener Museum ist 
von einer Klarheit und Farbenhelligkeit, dass es eine 
wahre Lust ist. 

Aus der Bemerkung Schicks (s. oben) „Erst pro- 
biert er auf dem Bilde eine Farbe rein, mit Kopaiva- 
balsam verdünnt, als dünne Lasur", könnte geschlossen 
werden, dass der Balsam als alleiniges Bindemittel für 
Farben gedient habe. In der Tat findet sich S. 340 
eine Stelle, wo Böcklin als Experiment (um Erschei- 
nungen der komplementären und subjektiven Farbe 
deutlich zu beobachten) Ultramarin in Pulverform mit 
Kopaiva zu einem dicken Teig anrührte und mit 
rektifiziertem Terpentin verdünnte: aber zur Malerei 
scheint er stets den Kopaivabalsam nur als Beigabe 
zur Oelfarbe und als Zwischenmittel vor dem Ueber- 
malen verwendet zu haben , denn das Oel ist zur 
festeren Erhärtung der Malerei auch nötig. 

Von dem zweiten in Basel entstandenen Gemälde, 
der wunderbar ergreifenden Gruppe der „Pietä** 
(Maria Magdalena an der Leiche Christi) im Museum 
daselbst ist auch bei Schick die Rede; es ist in gleicher 
Technik „mit Oelfarben und Kopaivabalsam gemalt** 
(Schick, S. 292) und Böcklin hat diese Art auch an- 
gewendet bei der Uebermalung von mit Harzfarben 
(„Leimmalerei") angefangenen Bildern, z. B. der „Viola*', 
also „mit Oelfarben und Kopaivabalsam". (Schick, 
S. 232.) 




VI. 



Technische Versuche 

des zweiten römischen Aufenthaltes. 

Tempera und Leimfarbe. 

lufBöcklins künstlerisches Schaffen hat viel- 
leicht nichts so grossen Einfluss genommen 
als sein Besuch von Neapel und die ge- 
nauere Kenntnis der pompejanischen 
Malereien. Erst zu Beginn seines zweiten römischen 
Aufenthaltes hat er Pompeji besucht und der Eindruck, 
den die antiken Gemälde, die leichte und reich be- 
wegte Art der Wandmalereien auf ihn ausübten, „war 
so gewaltig, dass er ganz aus der bisherigen Bahn 
getrieben wurde, und fast ein ganzes Jahr verlor er, 
bis er wieder mit sich ins Reine kam; dann aber hätte 
er einen ganz neuen Weg eingeschlagen" (Schick, 
S. I7I). Seine Bewunderung für die pompejanische 
Malerei ist grenzenlos; wiederholt kommt er auf diese 
zu sprechen, ja er hält die pompejanischen Maler, 
„obgleich Handwerker dem Stande nach, doch für 
grössere Maler als alle späteren des 15. und 16. Jahr- 
hunderts" (Schick, S. 101). Böcklin rät Schick, „so- 
bald als möglich nach Neapel zu gehen, da die pom- 

Berger Böcklin» Technik. 4 



50 ^'^' Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes. 

pejanischen Bilder einen solchen Einfluss auf ihn aus- 
üben würden , dass er später ganz andere Studien 
machen werde. Er bereue es, nicht früher hingekommen 
zu sein'* (Schick, S. 126). 

Schick berichtet nach Frau Böcklins Erzählung 
(S. 364), dass ihr Gatte nach der Neapeler Reise „in 
Rom später ein Jahr verexperimentierte''. 

Offenbar ging er bei diesen Experimenten darauf 
aus, die von den pompejanischen Malern so spielend 
beherrschten malerischen Mittel für seine Zwecke an- 
wenden zu lernen, z. B. bezüglich der Färbungen und 
einfachen Kontrastwirkungen oder in betreff der freien 
Anordnung des Gewandes und dergl.; Schick berichtet 
als Böcklins Ausspruch darüber (S. 101): 

„Es ist zu bewundern, mit welcher Leichtigkeit und 
Schönheit sie alles so anzuordnen verstanden haben, dass 
Eines künstlerisch wirksam auf das Andere war. Man er- 
staunt, wie gross ihre Kenntnis der malerischen Mittel 
war, wie sie durch Härten das Eine weich und durch reiche 
Formen das Andere hart erscheinen Hessen.*^ 
Wir gehen in der Annahme gewiss nicht fehl, dass 
Böcklin bei diesen Experimenten ausser den formellen, 
den rein technischen Mitteln grossen Wert beigemessen 
hat und von der Voraussetzung ausging, seine 
Farbenwirkungen erheblich steigern zu können, wenn 
er sich enger an die Methoden der von ihm so hoch 
eingeschätzten antiken Maler anschlösse. Dies führte 
ihn offenbar zu den hier zu besprechenden technischen 
Versuchen mit allen möglichen Arten von Tempera. 
Zum besseren Verständnis der folgenden Aus- 
führungen ist es wissenswert, dass zur Zeit, da Böcklin 
mit seinen Versuchen einsetzte, die sogenannte Tem- 



Untermalung mit Tempera. 51 

perafarbe ganz unbekannt war; kein Farbenfabrikant 
stellte eine solche her. Aus älteren kunstgeschicht- 
lichen Werken konnte man nur ungenaue Daten da- 
rüber schöpfen, so dass der Begriff der „Tempera- 
malerei" für die meisten völlig fremd gewesen ist. 
Dies zu erwähnen halte ich deshalb für wichtig, weil 
nach den hier folgenden Einzelheiten zu schliessen, 
Böcklin selbst nicht genau zwischen den einzelnen 
Manieren unterschied und die gleiche Bezeichnung 
für verschiedene Arten anwandte. 

Als Schick mit Böcklin in Verbindung trat, war 
dieser mit den Eigenschaften der Tempera schon 
lange vertraut*) und hatte deren Reize kennen gelernt; 
aber sie war ihm kaum mehr als eine Hilfstechnik, 
die er nur zu Untermalungen zu verwenden für 
geeignet fand. Wenigstens berichtet Schick darüber 
nichts, dass Böcklin schon damals die Absicht gehabt 
habe, die Oeltechnik völlig aufzugeben. 

In seiner ersten Eintragung vom 14. Januar 1866 
berichtet Schick (S. 4): 

,,Al8 ich ihn über Tempera unter malung befragte, 
die nach seinem Vorbilde auch Lenbach**) anwenden soll, 
erklärte er mir dieses Verfahren folgendermassen : 



*) Ein ,,Bildnis von Franz Lenbach", in Weimar 1862 ge- 
malt, ist im Verzeichnis (Nr. 150) als „Tempera, Leinwand** ange- 
führt. Von diesem Bilde ist weiter noch die Rede. 

**) Demnach ist Floerkes Angabe, dass Böcklin die Eitempera 
erst 1874 in München und Florenz einführte, richtig zu stellen. 
Die ebenda (S. 164) folgende Erklärung, diese Tempera bestehe 
aus „Eiweiss mit Firnis gemischt, mit Terpentin verdünnt und 
Petroleum dazu geschüttet, auf dicken schluckenden Grund auf- 
getragen'', entspricht nicht den Tatsachen. 

4* 



52 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes. 

Mit Eiweiss und Honig oder Pergamentlei m 
muss die Farbe ziemlich stark leimig gerieben werden, da- 
mit sie sich kaum merklich verändert, wenn man Oelfarbe 
darüberbringt. Die Temperafarbe hat nicht den Zweck, 
das Oel aufzusaugen, sondern den, die Leuchtkraft der 
Farbe zu steigern. 

Das Material veranlasst einen, seine Bilder nach dem 
Hellen zu neigen, umgekehrt wie Oelfarbe veranlasst, tief 
zu malen. Böcklin hatte auf seine Staffelei Farbenproben 
gestrichen, da war die grössere Leuchtkraft der Tempera- 
farben sehr auffallend, besonders bei Zinnober.'^ 

In einer späteren Aufzeichnung vom 26. Mai 1866 
(S. 24) zählt Schick einige Bilder auf, die teilweise 
mit Temperafarben begonnen waren, so unter 6. eine 
„Wassernymphe" auf einer Holztafel, ähnlich w^ie 
pompejanische Bilder, dann unter 7. ein anderes Bild, das 
„in Tempera begonnen und einiges schon mit Oel- 
fimis (wohl Copal ä l'huile?) überzogen (z. B. die 
Mädchengestalt)"; ebenso unter 8. „Porträt seiner 
Frau, in Tempera (Leimfarbe) mit schwarzem 
Schleier; stumpf noch unfixiert;" endlich 9. „Por- 
trät von Lenbach, wohl ebenso begonnen und mit 
schmalen Pinselstrichen (wie mit Strichlagen) in der 
Art des Rubens stark modelliert, war schon glänzend 
überzogen und hatte eine merkwürdige Leuchtkraft**. 

Dass Böcklin in dieser Weise (mit Wasserfarbe) 
seine Gemälde begonnen hat, zeigt auch noch eine 
Eintragung vom 24. Juli des gleichen Jahres (Schick 
S. 79). 

,,Böcklin hat es sehr praktisch gefunden, Studien oder 
Bilder so zu beginnen: Erst der Leinwand oder dem 
Papier einen lichtgrauen Ton (mit Wasserfarbe) geben; 
auf diesem dann meistens mit dunklerer Farbe (Wasser- 



Eitempera des Cennini. 53 

färbe) das Bild herausmodellieren. Darüber hat er dann 
den Fischleim gezogen und dann mit Oelfarben weiter und 
fertig gemalt.** 

Hier mag es am Platze sein, den Nachweis zu 
führen, was BöckJin z. Z. der Schickschen Aufzeich- 
nungen überhaupt unter „Tempera'^ verstanden hat, 
denn die Begriffe darüber waren damals noch un- 
sicherer als jetzt. Wir finden in dieser Hinsicht eine 
Notiz (Schick S. 105), wonach die Cenninische 
Tempera Böcklin bekannt gewesen ist. Es heisst 
dort: 

,,Besuch von Maler Schweinlurt bei Böcklin, der sich 
mit seinen Erfahrungen in Temperamalerei sehr breit 
tat, obwohl er sie von Böcklin erst gelernt hatte. Böcklin 
sagte bei der Gelegenheit, sie finde sich ausführlich im 
Cennino Cennini beschrieben. (Ich glaube, eine Malerei 
mit Eiweiss, Essi^ u. dergl., die später mit einem harten 
Firnis bedeckt wird.) Um die Farbe länger biegsam zu 
halten und besser modellieren zu können, nahm Böcklin 
Glyzerin darunter, welches Verfahren (englisches) er bei 
Passini gesehen, der unter seine Aquarellfarben (im 
Sommer mehr, im Winter weniger) Glyzerin nimmt. 
Böcklin hatte mit dieser Technik 1864 sein erstes Ok- 
toberfest gemalt. (Jetzt bei Schack.)" 

Dazu möge bemerkt werden, dass die eigentliche 
Cennini-Tempera für Tafelbilder aus Eigelb bestand, 
während für Wandmalerei das ganze Ei mit jungen 
Feigentrieben verrührt, (wodurch sich das Eiklar sofort 
löst,) genommen wurde.*) Eiweiss, allein oder mit 



*) Vgl. Cennino Cennini, das Buch von der Kunst oder Traktat 
der Malerei. Uebersetzt, mit Einleit., Noten und Register ver- 
:8ehen von Albert Ilg. (Quellenschriften f. Kunstgesch. und Kunst- 
technik der Renaissance, herausgegeben von Eitelberger v. Edel- 



54 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes. 

obigen Zusätzen von Essig, Honig u. dergl. kommt 
als Bindemitel für Tafelmalerei bei Cennini nicht vor, 
wohl aber diente Eiklar und Gummi arabicum in 
Mischung mit Kandiszucker den Miniaturmalern des 
XV. Jahrhunderts als Bindemittel, und auch Cennini 
erwähnt diese Methoden zur Vergoldung und Bema- 
lung bei der Miniaturtechnik (Kap. 157 — 161). 

Cennini beschreibt jedoch in einigen Kapiteln 
verschiedene „zu Tempera" geeignete Leime (Kap. 
109 — 112), darunter den sogen. Schnitzelleim (CoUa 
di spicchi) oder Caravellaleim, der aus Pergament- 
abfällen bereitet wurde, den Fischleim und den Käse- 
leim, und demnach mag Böcklin unter „Tempera" 
auch die Leimfarbe verstanden haben. 

Diese war ihm ja längst bekannt, denn er hatte 
schon 1858 vier grosse Wandgemälde, die Beziehungen 
des Menschen zum Feuer darstellend, in Hannover 
für den Konsul Wedekind ausgeführt, und diese 
Bilder bezeichnete er Schick gegenüber als „Tempera- 
oder Leimbilder" (Schick, S. 14). Auch andere No* 
tizen beweisen, dass er Leimfarbe mit Tempera gleich- 
bedeutend bezeichnet hat, so in dem angeführten 
Porträt seiner Frau (Schick, S. 25). Die „Leimfarbe" 
hatte überdies von jeher für ihn grossen Reiz; er 
äusserte sich einmal gelegentlich, als von früheren 
Versuchen die Rede war: „es gäbe kaum etwas 
Schöneres als Malerei in Leimfarbe" ; aber dass er 



berg. Bd. I), Wien 1871. Kap. 72, 143—147. Cenninis Traktat 
ist zuerst herausgegeben von Tambroni (Rom 1821), dann in 
englischer Sprache von Mrs. Merrifield (London 1844) und Ia 
französischer Sprache von Mottez (Paris 1858)« 



Tempera und Leimfarbe. 55 

hierbei nicht unseren gewöhnlichen Leim gemeint 
hatte, geht aus der weiteren Erklärung an der näm- 
lichen Stelle bei Schick (S. 153) hervor, wo es heisst: 
.,Man malt mit Farben mit Fischleim auf Leinwand- 
grund (der entweder roh ist oder Gipsgrund hat) und hält 
das Bild fortwährend von der Rückseite aus nass. Ist es 
fertig und trocken, so überzieht man es mit einem Spiritus- 
fimis. Böcklin nahm gewöhnlich statt Fischleim Sandrog 
und Weihrauch, die (beide in Wasser löslich [?]) nicht, wie 
jener animalische Stoff, durch das viele Anfeuchten dem 
Faulen ausgesetzt sind.*' 

Die Gleichstellung von Tempera mit Leimfarbe 
findet sich auch in der Eintragung vom 3. September 1868, 
da Böcklin mit Burckhardt über die Tempera- 
malerei der Meister des Cinquecento und des fol- 
genden Jahrhunderts spricht (Schick, S. 156 und 157): 
,,Böckiin sagte, er sei der Gewissheit, dass das Bild der 
Danae von Correggio in Leimfarben gemalt sei. In 
Oelfarben könne man gamicht diese Tiefe, diese Leuchtkraft 
und dieses Geheimnis der Farbe erreichen. Da Bilder in 
solcher Technik (in Leimfarben) sehr schnell gemalt 
werden müssen, so erklärt sich denn auch bei Correggio 
sehr leicht eine einfache Art der Modellierung. Das tiefe 
Schwarz, das er auf die Bettstatt gestrichen, kann man 
in Oelfarben gar nicht erreichen. Nachher natürlich hätte 
das Bild noch einen Firnis erhalten, der diese Technik für 
Laien weniger erkennbar gemacht habe. Er, Böcklin, je- 
doch, der sich jahrelang mit Versuchen in dieser Technik 
abgemüht habe, kenne ihre Eigentümlichkeiten und getraue 
sich, sie selbst unter jenem Firnis überall wiederzuerkennen**. 
Dann : „Correggio habe viel in Fresko gemalt und daher 
auch für Leimmalerei sicherlich die grösste Fertigkeit 
gehabt". 

An einer anderen Stelle (Schick, S, 173) wird der 
Ausspruch Böcklins vermerkt: „Man könne Tempera- 



56 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes. 

bilder mit Leim und Glyzerin malen. Dann könne 
man mit Eifarbe vollenden und schliesslich, nach 
einem halben Jahr etwa, Spiritusfirnis darüber bringen, 
der nun die Farbe wenig oder gar nicht verändern 
wird." 

Aus all dem ist zu ersehen , dass Böcklin alle 
Arten von wassermischbaren Bindemitteln mit dem 
Sammelnamen „Leimfarbe" bezeichnete, und selbst 
die Versuche mit wassermischbaren Harzen, von wel- 
chen weiter unten noch berichtet wird, sind in 
dieser Malart inbegriffen (vgl. Schick, S. 232, wo von 
der j,Vi ola" die Rede ist, „mit Harzen, die in Wasser 
aufgelöst und als Leim gebraucht worden sind, also 
eher als Leimmalerei zu bezeichnen"). 

Gelegentlich der grossen Wandbilder fürWede- 
kitid hatte Böcklin, wie erwähnt, in Hannover sich 
in dieser Technik zuerst versucht. Darüber lesen 
wir bei Schick (S. 172): 

f, . , . nachdem er sich vorher zu Haus durch verschie- 
dene kleine Versuche über das Auftrocknen der Farben 
unterrichtet hatte, fing er kühn an. Es waren verschiedene 
Bilder. Zwei grosse von 24' Länge (Leinwand im Ganzen 
ungrundiert; auf einige Stellen, wo es ihm jedoch dienlich 
schien, grundierte er stellenweise), vier kleinere Bilder und 
verschiedene gemalte Pilaster, worauf Kandelaber mit 
Kränzen u. a. m. In vier Monaten hatte er die Dekoration 
des ganzen Saales vollendet.^* 

„Das Erste und das Schwierigste war das Malen der 
Luft. Er mischte und brauchte dazu P/« Eimer voll Farbe. 
Erst malte er von oben an den Luftton in seinen Ab- 
stufungen bis in die fernen Dunsttöne. Dann auf das 
Trockene die Wolken. Dabei passierte ihm, dass der 
untere Teil der Luft nicht duftig genug war, er malte da- 



Malerei mit Leimfarbe. 57 

mm noch einmal über die betreffende Stelle und da riss 
die Farbe. Darauf wusch er es wieder herunter, löste 
den unteren Rand des darüber befindlichen Tones auf und 
setzte die Lufttöne frisch hinein. Jedoch, als sie auf- 
trockneten, hatte der Leim sich an der Begrenzung dieses 
umgemalten Stückes zu einer dunklen Linie zusammenge- 
zogen. Das war eine schlimme Entdeckung, doch gelang 
es ihm, durch kleine darüber gemalte Wölkchen die Linie 
einigermassen zu verstecken.** 

Und noch einmal werden die Schwierigkeiten 
des Malens mit Leimfarben geschildert in einer Ein- 
tragung vom 11. Januar 1869 (Schick, S. 262), worin 
gesagt wird, dass es sich in dieser Technik nicht ge- 
nügend ausführen Hesse, und sie nur für Dekoration*) 
geeignet sei: 

„Man hat viel mit dem Material zu kämpfen, besonders 
mit den Schwierigkeiten des reinen Auftrags grösserer, 
gleichmässiger Flächen. Man könne ferner nicht gut Töne 
nachmischen. Es sei ihm manchmal passiert, wenn er nass 
mit Licht in Licht gemalt habe imd glaubte, es müsse 
ganz hell werden, so wurde das Licht dunkler als das 
Halblicht. Es sei fast so, als wenn er aus dem trockenen 
Fresko ein Stück herausschlage und es auf neu (und nass) 
eingesetzten Kalk wieder zu malen versuche. Es gelinge 
nie, die harmonische Verbindung mit dem andern zu er- 
reichen.** 



♦) Hier möge an die prächtige Dekoration erinnert werden, 
die Höcklin später gelegentlich seines zweiten Münchener Auf- 
enthaltes (187^ — 74) an die Wand seines Ateliers in der Arcis- 
strasse 4 gemalt hat* Sie stellte den Ausblick in einen italienischen 
Garten dar und war durch Säulen und Bogen in drei Teile ge- 
teilt. Durch die Mitte sah man auf einen Springbrunnen. Leider 
konnte beim Abbruch des Hauses nichts von der Malerei, die 
überdies an der Wetterseite längere Zeit dem Regen ausgesetzt 
war, gerettet werden. 



58 VI, Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes. 

Aus Schicks Aufzeichnungen geht hervor, dass 
Böcklin die sogen. Leim- oder Temperamalerei zu 
jener Zeit nur als Untermalungs färbe gebraucht 
hat. Die eigentliche Vollendungsarbeit blieb stets 
der Oelfarbe vorbehalten, die freilich, immer nur in 
dünnen Schichten aufgetragen, die Reize der Tem- 
perauntermalung durchschimmern Hess.*) 

Mitunter scheint Böcklin übrigens ganze Teile der 
Tempera-Untermalung stehen gelassen zu haben, so- 
fern ihm der Effekt der überfirnisten (oder mit Ko- 
paivabalsam eingestrichenen) Malerei genügte. 

Zum erstenmal findet sich dies verzeichnet bei 
der zweiten , Villa am Meere", die er ungemein 
rasch (in drei Wochen) „heruntergemalt" hat. Schick 
erwähnt diesen Umstand (S. 291): 

„Luft und Meer hätte er mit Leimfarbe gemalt, wäre in 
den anderen Sachen dann mit Oelfarbe fortgefahren und 
hätte die erstgemalten Teile nicht wieder berührt*'. 

(Das Bild hatte Böcklin 1864 gemalt; die Schick- 
Rche Aufzeichnung ist vom 18. Februar 1869 datiert.) 

♦) Mendelsohns Bemerkung S. 211 j,So lange sich Böcklin 
der Oelmalerei bediente, hat er wenig mit gemischten Farben, 
meist mit Lasuren gearbeitet** ist unverständlich ausgedrückt, 
denn der Gegensatz von Lasur ist Deckfarbe, der Gegensatz von 
gemischten Farben aber reine oder ganze Farben. 




VII. 

Weitere technische Versuche 

des zweiten römischen Aufenthaltes. 

Wachsmaierei und Wachsfirnis. 



Is Folgen der Neapeler Eindrücke sind auch 
Böcklins Versuche in den Manieren der 
Wachsmalerei und der antiken 
Enkaustik anzusehen, die ihn eine Zeit 
lang sehr beschäftigt haben. Mit der ihm eigenen 
Gründlichkeit ist er dabei vorgegangen, und, um sich 
vor allem über die Kenntnis der antiken Malweisen 
zu orientieren, hatte er sich mit der einschlägigen 
Literatur beschäftigt. 

Selbstverständlich waren ihm Plinius und Vitruv 
als wichtigste Quellen bekannt; aber er musste sich 
mit Uebersetzungen oder mit Arbeiten anderer über 
das Thema begnügen. Zu seinen Versuchen in an- 
tiker Enkaustik ist Böcklin zweifellos von A b b 6 
Requeiio, einem spanischen Exjesuiten, angeregt 
worden, der in seiner zu Parma 1/84 erschienenen 
Schrift „Saggi sul ristabilimento dell' antica arte de' 



60 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

Greci e Romani pittori" alles gesammelt hatte, was 
Plinius und Vitruv*) über Malerei geschrieben, und 
der sich selbst eifrig an der Rekonstruktion der 
Technik beteiligte. Ueberdies war R. Wiegmanns 
Werk, Die Malerei der Alten (Hannover 1836), in 
Böcklins Händen. Bei der Technik der Baseler 
Fresken werden w^ir noch darauf zu sprechen kommen. 
Schick sagt über das Buch von Wiegmann 
(S. 180): 

„Er (Böcklin) hätte wenig Neues darin gefunden. Wieg- 
mann hätte eben nur fleissig gesammelt und abgeschrieben. 
Die Fragen über antike Malerei hätten schon im vorigen 
Jahrhundert nach der Entdeckung Pompejis sehr viele 
Forschungen veranlasst, in denen sich besonders ein Abbate 
Requeno (über den Wiegmann ungerechter Weise her- 
zieht) auszeichnete. Böcklin sagt, vor allem hätte ihm eine 
deutsche Ausgabe des Vitruv**) genützt, die er in Rom 
besessen und bei der der Uebersetzer alle ähnlichen Stellen 
aus Pausanias, Plinius und andere -daneben gestellt hatte 
(als Anmerkungen, ohne selbst weitere Schlüsse daraus zu 
ziehen)**. 

Naturgemäss musste Böcklin durch die Lektüre 
obiger Schriften auf die Wachsmalerei der Alten 
aufmerksam werden, und die ersten Versuche werden 
sich wohl darauf bezogen haben, das sog, punische 
Wachs, von welchem sowohl Vitruv als auch Plinius 
berichten, sich zu verschaffen. 

Plinius enthält zwar im XXL Buch seiner Natu- 
ralis Historia (Abschnitt 83 — 85) eine ziemlich klare, 
auch heute noch vielfach missverstandene Anweisung, 

*) Schicks Angabe (S. 87), dass Requeno auch aus Lomazzo 
geschöpft hat, ist nicht richtig. 

**) Vermutlich ist die von Rode, Leipzig 1796, gemeint. 



Punisches Wachs (Wachsseife). 51 

aus der gefolgert werden muss, dass diese Wachsart 
durch wiederholtes Kochen von Bienenwachs in Meer- 
w^asser und Lauge (nitrum) bereitet worden ist, wo- 
durch es die Eigenschaft einer Art Seife oder Wachs- 
seifen-Emulsion bekommt.*) 

Dass auch Böcklin dieser Ansicht gewesen ist, 
zeigt die Notiz bei Floerke (S. 164), wonach er 
„schon in den fünfziger Jahren punisches Wachs 
(, Wachsseife') bereitete und damit malte", sowie auch 
die Eintragungen von Schick; aber die Versuche 
mit einer solchen Wachslösung scheinen Böcklin nicht 
befriedigt zu haben. Unser Gewährsmann erzählt da- 
rüber (S. 165): 

„Ich fragte nach dem Bilde, das Böcklin mit Wachs - 
seife gemalt hatte. Böcklin sagte, es sei diese Malweise 
gar nicht zu empfehlen und biete keine Vorteile. Wachs 
mit Pottasche verbunden löst sich vollkommen in Wasser, 
setzt man Alkohol (oder Aether) dazu, so sondern sich 
dicke Fasern von einer milchigen P'lüssigkeit, die ein Pariser 
Chemiker dargestellt hat und unter dem Namen Wachs- 
milch als mattglänzenden (noch etwas Wachs haltenden) 
Firnis verkauft. Das hatte Böcklin Anlass zu diesem 
Versuch gegeben. (Er ging darauf nicht weiter ein, und 
ich verstand es so, als hätte er nach dem Malen durch 
Spiritus die Wachsflüssigkeit zu entfernen gewusst.) Ueb- 
rigens trocknete das Bild ganz hart auf*. 
Eine Nachprüfung der obigen Angaben ist des- 
halb schwierig, weil die Herstellung dieses als Wachs- 
milch verkauften Präparates eines Pariser Chemikers 



♦) Die gegenteilige Ansicht einiger neueren Gelehrten kann 
daran nichts ändern. Man vergleiche darüber mein Werk: Mal- 
technik des Altertums (Beiträge z. Entwicklungsgesch. der Mal- 
technik I. u. ir. Folge) S. 98 ff. 



52 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

uns unbekannt und überdies der Zweck des Alkohol- 
zusatzes in diesem Falle unverständlich ist. Schick 
hat, wie aus dem Nachsatze hervorgeht, den technischen 
Vorgang offenbar ungenau wiedergegeben. Wozu 
sollte die Wachsflüssigkeit überhaupt entfernt werden? 
Die Farben würden ja dann ganz ohne Bindung bleiben ! 
Aber nach den vielfachen Versuchen, die der 
Verfasser gerade mit verschiedenen Wachslösungen 
in der Art des punischen Wachses angestellt hat, 
können Böcklins Misserfolge sehr leicht erklärt wer- 
den i denn die Wachsseifen erfordern, um als Farben- 
bindemittel brauchbar zusein, ein weiteres Binde- 
mittel (wie Leim, Gummi und dergl.), oder die 
damit gefertigte Malerei muss auf geeignete Weise 
erwärmt werden, damit die durch die Emulgierung 
getrennten kleinsten Wachsteilchen wieder Zusammen- 
hang bekommen. Nur dann ist der Wert dieses 
Mittels für die Maltechnik des Altertums verständlich.*) 
Da nun Böcklin weder die eine noch die andere Art 
der Anwendung kannte — eigentliche Kenntnisse 
chemikalischer oder physikalischer Natur hatte er 
sich erst nach und nach im Laufe der Jahre erworben 
— so war für ihn auch die Wachsseife selbst ohne 
Wert. 

Das Bild, worauf Schick oben Bezug nimmt, ist 
eine „kleine Landschaft mit einem Mädchen, das 
von einem Brunnen in zwei Krügen Wasser zu holen 
kommt" (S. 58) : 

*) Vergl. das Kapitel über „Frühere Rekonstruktionsversuche ** 
in meiner „Maltechnik des Altertums** S. 287 ff., insbesondere 
Bacheliers Versuche. 



Versuche mit Wachsfirnis. 53 

„Es ist dieses Bildchen in Wachsseife gemalt, die 
zwar mit Feuchtigkeit heruntergewaschen werden kann, 
aber für solche Motive einen schönen, trockenen und licht- 
vollen Charakter hat. Einige Stellen, besonders der weisse 
Brunnen, sind gesprungen'*. 

Die ungenügende Festigkeit der Wachsseife war 
demnach, wie es scheint, der Grund, dass ßöcklin 
diese Versuche nicht weiter verfolgte; ja er muss 
sogar überhaupt diese Methode der Lösbarkeit durch 
Lauge vergessen haben, denn in einer späteren Auf- 
zeichnung von 1884 (Lasius S, 64) hielt er nur zwei 
Arten der Wachsauflösung für möglich, nämlich die 
durch Terpentin und die durch Wärme. 

Eine ganze Reihe weiterer Versuche beschäftigten 
Böcklin, das Wachs einesteils nur als Ueberzug 
und andernteils als Farbenbindemittel zu ver- 
werten. Er ging dabei ziemlich systematisch zu 
Werke, indem er die Versuchsreihen trennte. Bei der 
ersten Reihe kam er zu allerlei Kombinationen von 
Temperamalerei mit Wachsfirnis als Ueberzug, den 
er mitunter durch Erwärmen der Fläche sich innig 
mit den Farben verschmelzen Hess, bei der zweiten 
Reihe führten ihn seine Versuche direkt zur antiken 
Enkaustik. 

Anfänglich wollte er das Wachs nur als Ueber- 
zug benützen, um die blinde Erscheinung einge- 
schlagener Stellen, die er als Ungleichmässigkeit der 
Farbenoberfläche erklärte, zu verhindern. „Zu dem 
Zweck hatte Böcklin die mannigfaltigsten Versuche 
gemacht, so z. B. Wachs in Oel aufgelöst; dann 
Kopaivabalsam mit dem stearinartigen Sparmazeta 
(Walfischhirntalg), Wachs etc." erzählt Schick (S. 1 1). 



64 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

Wie Böcklin dann das Wachs als Firnis mittel 
verwendete, ist aus einer Eintragung vom 9. Juni 1866 
(Schick, S. 34 — 35) zu ersehen : 

„Börklin hatte an Jemand, der ihm auf eine vorzulegende 
Skizze hin ein Bild bestellen wollte (ich glaube Merian in 
Basel) drei Entwürfe zur Auswahl geschickt. 

1. Ein fast nackter Hirtenknabe sitzt flötend auf 
einem Felsen . . . 

Gemalt auf Papier mit Wasserfarbe mit leichtem 
Bindemittel (Leim, Gummi oder dergU; nur nicht 
Honig in Tempera brauchen, da er nie trocknet). 
Einzelnes, alles Nackte fast, mit Deckfarben. Dann 
ist diese Aquarelle mit geschmolzenem Wachs 
überzogen; später nochmals erwärmt und mit einem 
reinen Lappen poliert. Der Grund ist dunkelgrünlich 
graues Papier. 

Da der Wachsfirnis die Deckfarben dunkler macht, 
müssen diese recht hell aufgetragen werden. 

2. Ein Si 1 e n flötet unter dem Buschdickicht einer Quelle, 
an deren Schöpfbecken ein Mädchen lauschend 
steht 

Diese Silenskizze hat Böcklin mit Bleistift auf 
Papier gezeichnet, dann mit Aquarell und etwas Deck- 
farbe skizziert, doch so, dass an vielen Stellen (wie 
z. B. bei Fels, Stamm u. s. w.) Papiergrund und Blei- 
stiftstriche sichtbar blieben. 

Schliesslich hat Böcklin auch hier den erwähnten 
Wachsüberzug angewendet und ihn blank gerieben, 
sodass die Skizze ein sehr zartes und weiches Aus- 
sehen bekam. 
3^ Skizze zu Böcklins Bilde „Petrarca, in Natur- 
einsamkeit dichtend'^ 

Sie war wie die obigen beiden auf dunkelgrün- 
graues Tonpapier mit Bleistift gezeichnet, dann mit 
Aquarell, nachher mit Deckfarbe (Feme und Luft 
besonders) fast überall noch gesteigert und überarbeitet. 
Diese Skizze war nicht mit Wachs fixiert worden". 



Die antike ^Ganosis*. 65 

Jedem mit der Literatur über die antike Technik 
Vertrauteren wird es klar, dass Böcklin das von Vitruv 
<VII 9, 3) und Plinius (XXXIII, 122) übereinstimmend 
beschriebene Verfahren der Ganosis (oder Kausis) hier 
für seine Zwecke verwerten wollte. Allerdings diente 
dieses Verfahren im Altertum vornehmlich zum Glätten 
von Wänden, hauptsächlich wenn sie mit kostbaren 
Farben (wie Zinnober) bemalt waren, aber auch über- 
liaupt zur Glättung von Wandflächen, dann von Mar- 
•morbild werken und zum Schutze gegen atmosphä- 
rische Einflüsse bei der „Ganosis**. Dass aber nur 
^,punisches Wachs" angewendet werden sollte, hat 
Böcklin, wie alle früheren Erklärer, unbeachtet ge- 
lassen. Alles übrige ist jedoch getreu nach der Vor- 
schrift befolgt: Ueberstreichen mit heissem Wachs, 
.abermaliges Erwärmen und Abpolieren mit reinem 
Irappen.*) 

Dieses Verfahren sehen wir angewendet bei einem 
„Kopfseiner Frau* (Profil; vom Anfang der sech- 
:ziger Jahre), welchen Schick (S. 59) als „Enkaustischen 
Versuch" erwähnt: 

„Das heisst : Die Farben sind zuerst trocken gemalt, 

dann Wachsfirnis darüber und denselben eingebrannt. 

Weisser Grund und weissgelbe Beduine. Alle Farben, selbst 

der hier verwendete Karmin haben sich über drei Jahre 

lang trefflich gehalten.** 

Das Bindemittel für die Farben ist hier nicht ge- 
nannt; mit dem Ausdruck ^trocken gemalt" kann aber 
nur eine Art Tempera- oder Leimmalerei gemeint 
jsein, die, wie im vorigen Abschnitte gezeigt wurde, 

*) Vergl. die Originalstellen des Vitruv und Plinius in meinem 
■erwähnten Buch, Maltechnik des Altertums, S. 101 u. 102. 
Berber, Bocklins Technik. 5 



66 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthalts. 

Gegenstand verschiedentlicher Versuche Böcklins ge- 
wesen ist. 

Zu diesen Versuchen gesellte sich endlich noch 
eine besondere Art von Malerei, die bei Schick mehr- 
fach als ^Harz maierei" bezeichnet wird und darin 
bestand, mit Wasser angeriebene Harze als Binde- 
mittel für die Farbstoffe in der Weise wie Leimfarben 
zu verwenden und als festigenden Ueberzug dann 
Wachsfirnis darüberzuziehen. Dabei mag auch die 
grosse Schnelligkeit der Ausführung manchen 
Vorteil gewährt haben, da die rasch getrocknete 
Leimmalerei ein sofortiges Ueberziehen mit Wachs- 
firnis gestattete. Schick deutet dies an in der Be- 
merkung (S. 75): 

j,Da8 erwähnte Bildchen seiner Frau hat BÖcklin 
in einer Stunde gemalt und mit Wachs überzogen, also 
vollständig fertig gemacht [während z. B. das lasierende 
Verfahren beim Oelmalen eine lange vorbereitende Mani- 
pulation nötig macht, die bei anderen Malweisen abge- 
kürzt wird].** 

Hier wird deutlich ausgedrückt, was sich Böcklin 
bei seinen Versuchen zum Ziele gesetzt hatte : Ein be- 
schleunigtes, vereinfachtes Verfahren, gleichzeitig ver- 
bunden mit koloristischen Vorzügen. Böcklin muss 
von den Erfolgen dieser Versuche derart befriedigt 
gewesen sein, dass er daran ging, grössere Bilder in 
dieser neuen Manier der mit Wachsfirnis überzogenen 
Wasser-Harzmalerei auszuführen. 

Eines seiner berühmtesten Gemälde, die erste 
„Villa am Meer* hat Böcklin bekanntlich in dieser 
Weise gemalt. Als Bindemittel der Farben diente 
ihm eine wässerige Lösung oder vielmehr eine 



Technik der ersten „Villa am Meer**. 57 

Mischung von feingeriebenen Harzen und zwar Weih- 

rauch und Sandarac (Sandrog). 

Ueber den dabei angewendeten technischen Pro- 

zess schreibt Schick (S. 75) : 

,,Die erste Villa am Meer bei Schack (die dunklere) 
hat Böcklin mit Weihrauch und Sandrog gemalt, die 
mit Wasser vermischt in die Farbe verrieben wurden. Nach 
Vollendung des Bildes tränkte er es mit geschmolzenem 
Wachs, das sogleich eindrang und mit einem Lappen ver- 
rieben und poliert wurde, wodurch es einen sanften Glanz 
und eine schöne Qualität erhielt*" 

Dann auf der folgenden Seite eingehender: 

„Von dieser Harzmalerei des Schackschen Iphigenia- 
bildes (Villa am Meer; Böcklin hat sich in der Trauernden 
den letzten Spross einer alten Familie gedacht) erzählte 
Böcklin mir folgendes: 

Die Farbstoffe werden mit Weihrauch und Sandrog ver- 
mittelst Wasser auf dem Reibstein gerieben. Sie werden 
teils pastos (meistens), teils lasierend verwendet, und man 
kann sie, so lange die Farbe noch feucht ist, nach Belieben 
mit Wasser verdünnen, auch nach Belieben mit allen Farben 
lasierend und deckend verfahren. Ist die Farbe auf der 
Palette aber einmal angetrocknet, so wiid sie steinhart. So 
auch auf dem Bilde und zwar so hart, wie auf einem alten 
Bilde, weil alle Feuchtigkeit schnell entflieht, während ein 
Oelbild sie noch viele Jahre hält. Je dicker man malt, 
desto mehr schlägt die Farbe ein, darum feuchtet man das 
Bild von hinten und von vorn mit Wasser wieder an, wo- 
durch es feucht und frisch heraustritt und die Farbe, die 
man daraufmalt, immer in Harmonie bleibt. Die getrocknete 
Oberfläche sieht, wie auch bei einem ausgetrockneten Oel- 
bilde porös wie Bimsstein aus. Ist mit der Zeit schon viel 
Farbe auf das Bild gekommen, so nehme man sich in acht, 
feuchte hinten und vorn das Bild an und warte eine Weile; 
denn das Wasser würde von hinten nur die unterste Schicht 
Farbe auflösen, und die obere würde sich darauf schieben." 

5* 



68 VIT. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

„Wie oben gesagt, erwärmt man, nachdem alles voll- 
endet, das Bild vermittelst einer Röhre aus einem Kohlen- 
feucr, streicht darüber das Wachs, das man durch Erwärmen 
flüssig gemacht, und verstreicht es soviel als möglich ; dann 
nimmt man einen so heiss als möglich erhitzten Lappen 
und reibt über das Ganze so lange, bis das Wachs blank 
wird, d. h. sanftglänzend. Hat man noch etwas zu ver- 
bessern, so- reibt man die betreffende Stelle mit Speichel 
an und malt vorsichtig und dünn darüber, ungeachtet des 
Wachsüberzuges. ** 

Hieher gehört noch die Ein tragung Schicks (S. 104): 

„Als Ergänzung zu dem, was Böcklin über die Harz- 
malerei mit Weihrauch und Sandrog gesagt hatte, erwähnte 
er noch folgendes : 

Jenes Bild (die erste Villa am Meer) habe er auf 
grundierte Leinwand gemalt, deshalb konnte es auch ab- 
springen, indem beim Abwaschen Feuchtigkeit zwischen 
Grund und Malerei drang. 

Das Verhältnis vom Weihrauch und Sandrog lässt sich 
nicht bestimmen und hängt von der Malweise eines Jeden 
ab. Der Sandrog macht die Farben härter, ist also gut, 
wo man oft übermalen muss. 

Schliesslich Wachsüberzug, wie beschrieben. Pinsel: 
Borst- und Marderpinsel, je nach Gewohnheit und Grad 
der Durchführung." 

Mit diesem Bilde hatte Böcklin kein Glück, denn 
als es beim Grafen Schack eintraf, fanden sich kleine 
Partien der Farbe abgesprungen, worüber sich der 
Graf in einem Briefe an Böcklin höchst ungehalten 
äusserte: „er habe ihm ein Bild gemalt, das voll- 
kommen ruiniert angelangt sei." In seinen Erinne- 
rungen berichtet der Graf: „Leider hätte der Künstler, 
der das Experimentieren liebt, dasselbe in unsolider 
Technik gemalt. Als es in München anlangte, be- 
merkte ich, dass die Farben sich nicht gehörig mit 



Gefahren der „Harzmalerei". 69 

der Leinwand verbunden hatten, es waren, glück- 
licherweise an Stellen, die leicht ausgebessert 
werden konnten, ganze Stückchen derselben heraus- 
gefallen. So bestellte ich, da ich die Vergänglich- 
keit des einen Exemplars erkannte, das Gemälde 
noch einmal.*'*) 

Obwohl der Schaden sich glücklicherweise hat 
reparieren lassen, war Böcklin doch sehr betrübt 
darüber. „Er konnte nicht begreifen", sagt Schick 
(S. 75), ,,dass bei diesem Bilde etwas abspringen 
konnte, denn eine kleine Probe, die er zur gleichen 
Zeit gemalt und stets in seinem Zimmer hängen hatte, 
hat sich vortrefflich erhalten (seine Frau im schwarzen 
Schleier und auf gelbblondem Grund)." 

Es wird am Platze sein, da sich das Verfahren 
einmal bewährte und ein zweitesmal versagte, über- 
dies manches bei dieser Technik unklar ist, mit ein 
paar Worten näher darauf einzugehen: 

Schick berichtet a. a. O., dass „Böcklin durch eine 
Schrift von Didier über Harze und Oele zu diesen 
Versuchen angeregt wurde, die er (jetzt durch Schack 
gehindert) später fortsetzen will". Leider war es mir 
bis jetzt unmöglich, die Schrift von Didier, von welcher 
Böcklin bei seinen Versuchen ausgegangen ist, einzu- 
sehen. Weder im Buchhandel noch in Bibliotheken habe 
ich das Buch finden können, ja es ist nicht einmal 
im grossen Katalog der Bibliothek des British Museum 



*) Die Schackgalerie besitzt bekanntlich zwei Exemplare des 
berühmten Bildes. Für die Wiederholung aber bekam Höcklin 
keinen roten Pfennig. Vergl. Fr. von Lenbach, Gespräche und 
Erinnerungen von W. Wyl, S. 49. 



70 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

angeführt,*) so dass wir keine Kontrolle darüber haben, 
in welcher Richtung Didiers Buch auf die Versuche 
Einfluss genommen hat. Es blieb vielmehr nur übrig, 
durch Kontrollversuche den Ursachen von Böcklins 
Missgeschick nachzuspüren. Und nach diesen kann 
folgendes berichet werden: 

Von Weihrauch und Sandarac löst sich der erstere, 
ein Gummiharz, zum Teil im Wasser auf; der San- 
darac ist jedoch in Wasser nicht löslich. Reibt man 
nun die beiden Harzpulver miteinander in Wasser 
an, um deren Mischung als Farbenbindemittel zu be- 
nützen, so ist das eigentlich bindende Element nur 
der (zum Teil gelöste) Weihrauch. Auch noch so 
langes Stehenlassen am warmen Ort verbessert an der 
Tatsache nichts, dass die Klebrigkeit der Masse un- 
genügend bleibt. Mehrfache Proben haben mich da- 
von überzeugt, dass nur dann eine richtige Festigung 
der mit diesem Mittel geriebenen Farben auf der Lein- 
wand statthat, wenn diese selbst genügend geleimt 
war, also der Leim mit zur Bindung beitragen konnte. 

Jm Farbentiegel oder, wie Böcklin meint, „auf 
der Palette einmal eingetrocknet**, wird das Mittel 
wohl „steinhart," aber je mehr Harz- und Farbpulver 
darunter gerieben wird, desto weniger fest wird die 
Farbenlage beim Auftrocknen werden. Auf einem 
schlecht geleimten Grund (oder gar Oelgrund) wird 
sie ungenügende Verbindung erhalten und leicht ab- 
stauben. Dass auch Böcklins „Harzfarbe" nicht ge- 



•) Der im Erscheinen begriffene grosse Katalog der Biblio- 
h^que nationale in Paris ist noch nicht bis Buchstabe D heraus- 
gegeben. 



Weihrauch und Sandarac. 71 

nügende Bindung in sich selbst hatte und die rauhen 
Harzteilchen an der Oberfläche zum Vorschein kamen, 
beweist die Beobachtung „der wie Bimsstein porösen 
Oberfläche" (s. oben). 

Bei jeder Malart dient bekanntlich das Binde- 
mittel zur Festigung der Farbkörper sowohl unter- 
einander als auch mit dem Grunde, auf dem die Far- 
ben aufgetragen werden. Ist also das Bindemittel 
nicht stark genug zu dem ersten, so genügt es auch 
nicht dem zweiten Zwecke. Dies scheint hier der Fall 
gewesen zu sein. Für sich allein genügte wohl die 
Bindekraft der Weihrauchlösung, aber nicht, wenn noch 
Sandaracpul ver und Farbenpulver zugefügt werden; und 
erkennt man die physikalische Richtigkeit der Sache 
an, dann wird man auch leicht verstehen, was Böcklin 
mit dem Ausspruche gemeint hat, den Floerke (S. 163) 
wiedergab: „Das Bindemittel ist das Härteste, jede 
Zutat von Farbe erweicht dasselbe : Also wenig Farbe, 
Farbe ruiniert.''*) 

Bei der Technik der „ersten Villa am Meer" 
kommen aber noch weitere Umstände in Betracht; 
zunächst das mehrfache Einfeuchten der Leinwand 
von rückwärts, wodurch die Leimung Schaden leiden 
muss, denn die Nässe bringt den Leim zum Quellen, 
die Leinwand dehnt sich durch die Feuchtigkeit aus, 
sie zieht sich beim Trocknen wieder zusammen 
und bei wiederholtem Vorgange leidet die Festigkeit. 
Es ist noch daran zu erinnern, dass Böcklin das er- 



*) Im landläufigen Sinne und bei Oelmalerei ist gerade das 
Gegenteil das schädliche, nämlich das Bindemittel, welches durch 
sein Nachdunkeln den Farbton verändert, also die Farbe ruiniert. 



72 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

Wähnte Bildchen seiner Frau in einer Stunde ge- 
malt und mit Wachs überzogen hat; im Vergleich mit 
der „Villa am Meer" ist der technische Prozess dem- 
nach ein erheblich einfacherer gewesen. 

Nicht minder ins Gewicht fällt aber die Art und 
Weise, wie bei diesem Bilde das Wachs aufge- 
tragen worden ist. Der Vorgang bietet an sich 
eine Reihe von Unzukömmlichkeiten, die kaum dar- 
nach angetan waren, die Farbschichten unter sich und 
mit dem Grunde gleichmässig zu festigen. Zuerst 
sollte das fertige Bild „vermittelst einer Röhre aus 
einem Kohlenfeuer erwärmt" werden, wohl in der 
Absicht, ein leichteres Eindringen der Wachsschicht 
zu ermöglichen; aber wie unsicher ist dies bei einem 
zwei Meter grossen Bilde zu bewerkstelligen! Kaum 
war die eine Stelle warm, so musste die daneben 
wieder erkalten. Der technische Erfolg des Erwär- 
mens wird in unserem Falle vermutlich aber der ge- 
wesen sein, dass durch die Hitze die Harzteilchen, 
wenn auch nicht geschmolzen, doch immerhin erweicht 
worden sind und dass dadurch wahrscheinlich eine 
Verbindung dieser untereinander eingetreten ist.*) 
Unterstützt wurde dieser Vorgang jedenfalls durch 
das darauffolgende Ueberst reichen mit h e i s s e m 
Wachs. Aber die Ungleichmässigkeit eines derartigen 
Wachsüberzuges ist unvermeidlich und auch kaum 
durch das Reiben mit heissen Lappen zu beheben. 

Die Hauptgefahr, und darin liegt wohl der Grund 



♦) Viel einfacher hätte das aUes vor sich gehen können, 
wenn ßöcklin statt des heiss geschmolzenen Wachses in Terpentin 
gelöstes genommen hätte. 



Harzfarbe und Wachsfirnisüberzug. ^3 

des Abblätterns an einzelnen Teilen, ist aber meines 
Erachtens, dass eben durch die dreifache Hitzean- 
wendung die Harz- und Wachsteile an innerer Festigung 
gewannen, aber im gleichen Masstabe die Adhäsion 
der Farbschicht mit dem Grunde verloren gehen musste, 
ungerechnet die Wirkung der durch Feuchtigkeitseinfluss 
bedingten Zusammenziehung und Ausdehnung der 
Leinenfaser. Dies scheint hauptsächlich die Ursache 
der Abblätterungen gewesen, die sich beim Auspacken 
des gerollten Bildes gezeigt hatten und den Grafen 
zu seiner glücklicherweise nicht eingetroffenen Prophe- 
zeiung veranlassten. Nach Ausbesserimg der schad- 
haften Stellen hat sich das Bild die seither verflossenen 
40 Jahre vortrefflich erhalten und wird hoffentlich, 
wenn nicht andere Zwischenfälle eintreten, die Mit- 
und Nachwelt weiter erfreuen. 

Ueber einen weiteren Versuch Böcklins, mit Harz- 
lösung versetzte Farben mit einem Wachsfirnis zu über- 
ziehen, berichtet Schick in folgender Eintragung (S. 200): 
„Kopf seiner Frau — auf weissem Grund mit rotem 
Netz (etwa 1863 in Rom gemalt). Einzig mit Weihrauch 
gemalt, dann, da es doch einen Ueberzug brauchte, mit 
Wachs getränkt. — Weihrauch löst sich nicht völlig im 
Wasser, sondern bleibt ein weisser, mehliger Brei. Wenn 
er trocken ist, bindet er jedoch fester als Leim. Das Tränken 
mit Wachs füllt die Poren aus und macht somit die Farben 
glänzender.*^ 

Ein ähnlicher Versuch, Harzfarbe mit Wachsfirnis 
zu tiberziehen, ist deshalb von Interesse, weil hier 
Böcklin Wachs in Terpentin gelöst benützte und 
jedenfalls besseren Erfolg damit erzielte, als durch 
das Aufstreichen in heissem Zustande. Darüber lesen 
wir bei Schick (S. 242): 



74 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes. 

,,Den erwähnten Studienkopf eines Italieners (beim Rats- 
herrn Imhof [s. S. 237]) bezeichnete Böcklin als in reiner 
Enkaustik gemalt, d. h. mit Harzfarbe. Als das Bild 
fertig war, überzog er es mit Wachs in Terpentin. In der 
kurzen Zeit hat Terpentin nicht Zeit zum Auflosen der 
Harzfarben. Nachdem es fast verdunstet war, erwärmte 
er das Bild vorsichtig über dem Feuer, damit das Terpentin 
sich nicht entzünde, dann schmilzt auch das Harz und yer- 
einigt sich mit dem Wachs zu einer härteren Substanz. 
Wo das Bild dann an einigen Stellen stumpf wuide, über- 
zog und erwärmte er es ein zweites Mal. Damit die Haare 
recht dunkel und glänzend wurden, tat er vor dem Malen 
schon in die Farbe ein bisch ?n mehr Wachs. Als das Bild 
schliesslich sich wieder abgekühlt hatte, nahm er trockene reine 
Lappen und rieb es damit, bis d^e Oberfläche glänzte . . .*' 

Der Vollständigkeit wegen sei hier noch folgende 

Eintragung Schicks vom 28. Aug. 1866 (S. 1 12) angefügt: 

,,DenFaun mit der Amsel für Erhardt hat Böcklin 

auch mit dieser*) Tempera oder Harz färbe gemalt; Wachs 

nur als Ueberzug (trotzdem sprach Böcklin einmal von 

dieser Malerei als ,, Wachsmalerei"). 

Die Luft, den Körper etc. hat er mit einem (bis zum 
Wachsschmelzpunkt) erhitzten Eisen durch darüber Hin' 
fahren eingeschmolzen. Die Farben, besonders Rot, lasierte» 
Grün und Gelb haben in diesen Farben einen Glanz, der 
in Oelfarben nicht zu erreichen ist. 

Das Grün ist Chromgrün lasiert." 
Obige Versuche stehen in Verbindung mit weiteren, 
die Böcklin in reiner Enkaustik angestellt hat« 
Von diesen wird der nächste Abschnitt handeln. 



*) Auf welches frühere Bild hier Bezug genommen wird, ist 
bei Schick nicht ersichtlich. Vermutlich die „Villa am Meer." 




VIII. 
Versuche in antiker Enkaustik: 



ie Probleme der antiken Technik be- 
schäftigten Böcklin seit seinem Neapeler 
Aufenthalt in intensivster Weise. Sein 
Streben ging darauf aus, die Enkaustik 
der griechischen Meister wiederzufinden; denn er war 
sich darüber klar, und wohl im Einklang mit der An- 
sicht vieler Kunstgelehrten, dass ein Volk von so her- 
vorragender Begabung für die Plastik und für die 
Raumausschmückung auch eine, alle wünschenswerter) 
Mittel beherrschende Technik in der Malerei gekannt 
haben müsste. 

Von den Versuchen zur Rekonstruktion der En- 
kaustik um die Mitte des Jahrhunderts hatte Böcklin 
wohl Kenntnis (Schick, S. 156) ; aber nach seiner Ansicht 
wäre die Methode von Fernbach, nach welcher in 
ei :igen Sälen des Münchener Königsbaues grosse 
Wandgemälde von Schnorr*) ausgeführt worden waren, 
nicht mit der des Altertums zu verwechseln. Schick 
schrieb darüber folgende Eintragung (S. 146): 



♦) Schicks Angabe betrifft die Ausschmückung der sogen. 
Hohenstaufensäle ; Schnorrs Nibelungen-Bilder sind Freskomalereien. 



76 VIII. Versuche in antiker Enkaustik. 

^Höcklin sprach über antike Enkaustik, die von 
der neueren sog. Enkaustik (bei welcher mit Wachs und 
Terpentin [kalt] gemalt wird) himmelweit verschieden wäre. 
Man hätte noch genaue Nachrichten darüber, und im 
Neapolitanischen Museum würden noch einige von den 
eisernen Spateln aufbewahrt, mit denen man (im glühenden 
Zustande) die Wachsfarbe aus den Töpfchen holte und auf 
das Bild schmolz. Sie hatten verschiedene Formen, je nach 
ihrer Bestimmung, und ein eiserner Kolben diente dazu, 
recht lange die Hitze festzuhalten, damit das dünne Mal- 
eisen nicht so schnell verkühlte. Der Handgriff war von 
Holz oder be wickelt. •»♦) 

Hier zeigt sich Böcklins aussergewöhnliche Be- 
gabung, in technischen Dingen gleich das richtige zu 
treffen ; er hat sozusagen intuitiv herausgefunden, dass 
die damaligen Rekonstruktionsversuehe nicht dem 
Wesen der antiken Enkaustik Rechnung trugen, und 
wie richtig Böcklins Anschauung war, haben die in 

*) In einer Eintragung auf Seite 77 heisst es: ^Zur Wachs- 
malerei haben sie [die Alten] auf alten Darstellungen ein Kohlen- 
becken neben sich, worin die Farbentöpfe stehen, um die Wachs- 
farben immer heiss zu halten. Mit einer Art Modelliereisen (wohl 
auch mit Pinseln) wurden sie dann aufgetragen und verteilt'. 
Eine solche Darstellung ist mir nicht bekannt. Vielleicht meinte 
Röcklin die Darstellung des sog. Pygmaeenateliers , eines ver- 
lorenen pompejanischen Bildes, auf welchem eine Figur an einem 
runden Tischchen Farben reibt? Die unter dem Tischchen be- 
findlichen Farbentupfen hatte man anfänglich für glühende Kohlen 
gehalten (zuerst abgebildet bei Mazois, dann bei anderen. Vgl. 
die Abbildung in meinem Werk, Maltechnik d. Altert., S. 174). 
Mit dem ^Mudelliereisen* ist das sog. yCestrum' gemeint, das bis 
in die neueste Zeit als aUeiniges Instrument für Enkaustik ge- 
golten hat, bis durch die Verbesserung der sch wiel i ge n Plinius- 
SteUe (XXXV, U9) durch Prof. C. Mayhoff, Dresden, festge- 
stellt werden konnte, dass lu diesem Zwecke auch ein »cauterium'^ 
genanntes Instrument diente. 



Böcklins Erklärung der Technik. 77 

den 80er Jahren aufgefundenen, wirklichen enkaustischen 
Mumienporträts aus dem Fajum bewiesen.*) Ueber- 
dies haben Untersuchungen neuester Zeit in Ver- 
bindung mit der kritischen Prüfung der bis jetzt 
unrichtig gedeuteten Pliniustexte**) gezeigt, dass 
Böcklin auf völlig richtiger Fährte gewesen ist. 

Bei diesen Experimenten hat Böcklin sofort er- 
kannt, dass die antike Enkaustik in der Verwendung 
von he issflüssigen Wachsfarben, die mit he iss- 
zuhaltenden Instrumenten zu verarbeiten waren, 
bestanden haben muss.***) Freilich haben ihn die Ver- 
suche bald davon überzeugt, dass die Wiedereinfüh- 
rung einer derartigen Malweise kaum grosse Vorteile 
gewähre. 

Es ist interessant, die bezügl. Eintragungen Schicks 
daraufhin durchzusehen. So berichtet er über die 
Technik der Enkaustik (S. 177): 

,,BöckIin sprach von antiker Enkaustik. Nachdem 
er in Neapel gewesen, habe er sie nach den Angaben der 
Alten, die hinreichend genau wären, auch versucht. Wenn 
man sich darauf legte, Erfahrungen darin zu machen, so 



*) Schicks Bemerkung S. 260 von einem zu Cortona aus- 
gegrabenen antiken enkaustischen Gemälde, eine Cleopatra 
darstellend, beruht auf Verwechslung; die Cleopatra wurde in der 
Villa des Hadrian gefunden; das Bild zu Cortona stellt aber eine 
Muse (Polyhymnia) dar. Beide Gemälde sind auf Schiefer gemalt. 
**) Genaueres darüber ist zu finden in meinen Beiträgen zur 
Entwicklungsgesch. der Maltechnik, I. u. 11. Folge (Altertum), 
speziell in dem Abschnitt: Enkaustik (S. 185 ff.). 

***) Zum Unterschiede der vielfach genannten und als ^Lösung 
des Problems** erklärten Rekonstruktion der Enkaustik, derzufolge 
die Wachsfarben mit Hilfe des „Cestrums" kalt aufgetragen und 
erst nachher eingebrannt wurden. 



78 VIII. Versuche in antiker Enkaustik. 

könne man es gewiss bald zu leidlicher Geschicklichkeit bringen, 
doch biete diese Malerei keine besonderen Vorteile, sodass 
sich ihre Wiederausübung kaum verlohnen würde. Er 
schmolz Harz mit den einzelnen Farben über F^^euer in 
Töpfen zusammen und tat dann eine gewisse Quantität 
Wachs dazu. Dadurch bleiben die Farben schon beim ge- 
ringen Wärmegrad des Wachses schmelzbar, während Harz 
allein viel Hitze erfordern würde. Es würde dann noch 
Erfahrungssache sein, zu wissen, welche Farben wenif^er 
Zusatz von Wachs erfordern, denn einige Farben sind beim 
Auftrocknen gerissen. Nach diesen Vorbereitungen werden 
die Farben auf einen Kohlenofen gestellt, damit hie flüssig 
bleiben, und man fährt dann mit dem Maleisen (die sich 
Böcklin hat nachmachen lassen und die einen Glühkolben 
und Holzgriff haben) in die Farbtöpfe, holt die Farben 
heraus und trägt sie mit dem heissen Eisen auf die Tafel 
auf. Mit dem Eisen selbst kann man die Farbe verbreiten, 
verstreichen, Uebergänge herstellen etc., da es durch seine 
Wärme auch die Nachbarfarben wieder schmilzt. Einen 
eisernen Spatel benutzte Böcklin als Vertreiber (in heissem 
Zustande) oder vielmehr als Verschmelzen Man könne 
einen Kopf von etwa 5" noch sehr gut damit zur Erschei- 
nung bringen und die Farbe hat etwas Schönes, Leuchteades. 
Um kleinere Bilder und daran z. B. Augen etc. zu malen^ 
dazu bedüife man speziellerer Erfahrungen und gewisser 
Malkniffe. Man gebe aber einmal jemanden, der die Oel- 
malerei noch nicht kennt, deren Farben in die Hände, ob 
er sich dabei nicht im höchsten Grade ungeschickt benehmen 
würde. Plinius spricht nun zwar nicht davon, dass sie 
Harze zur Farbe getan hätten, wozu hätten aber sonst 
die Maler die vielen kostbaren Harze gebraucht, von denen 
in alten Schriftstellern Erwähnung geschieht, da doch aus- 
drücklich von ihnen gesagt wird, dass man die Bilder nicht 
mit Hrnis überzog?**) 



*) In diesem Punkte war Böcklin ungenügend unterrichtet. 
Man vergleiche darüber meine Technik des Altertums, S. 183, wonach 



Enkaustik der „Sappho". 79 

Als Ergänzung kann hier noch die Stelle bei 
Schick (S. 183) angefügt werden: 

„Als Beweis, dass die Alten mit viel Harzen gemalt 
hätten, führte Böcklin an, dass ein Bild des Apelles, das 
auf dem Kapitol aufbewahrt wurde (eine Minerva), vom 
Blitz verschont wurde, der alles um sie verbrannte, da Harz 
ein schlechter Leiter für Elektrizität ist. Das Bild ging bei 
einer Feuersbrunst unter, die bei der Ermordung des 
Vitellius auf dem Kapitol entstand/^ 
Auf das technische Verfahren bei der Ausführung 
dieser reinen Enkaustik kommt Schick nochmals zu- 
rück, als Böcklin seine in dieser Manier gemalte 
„Sappho** in Basel wieder sah. Die Eintragung ist 
vom 15. Oktober 1868 datiert. Wir lassen sie hier 
folgen (S. 181): 

^Böcklin sah heute nach vielen Jahren sein Bild „Sappho** 
wieder [von 1859], das in Sarasins Besitz ist, und war 
sehr zufrieden, wie vortrefflich das Bild sich gehalten hatte. 
Es ist in reiner Enkaustik gemalt (eine Malweise, in 
welcher die heutige Kunst noch gar keine Erfahrungen ge- 
macht hat, über deren Bewährung aber auch er nichts 
wusste), doch sei das Bild nach all diesen Jahren noch so 
frisch, als sei es eben erst vollendet, und von einer Leucht- 
kraft der Farben, die in Oel unerreichbar ist. Das blaue 
Kopftuch, das er mit Ultramarin- und Indigo-Lasur gemalt, 
sei prächtig leuchtend, die Vergoldungen im gemusterten 
Tuch um die Haare so glänzend wie vorher. 

Böcklin erzählte darauf einiges von der Technik, die er 
bei diesem Bilde angewandt. Es sei auf grundierte Lein- 
wand gemalt, auf die er die Farben heiss aufgetragen und 
mit einem Krummspatel verbreitet und ineinander ver- 
schmolzen hatte. Anfangs schlugen die Farben ein und 



die Lösbarkeit der Harze in Oelen im Altertum bekannt war. 
Die alten Aegypter überzogen ihre Mumiensärge bereits mit 
solchen Firnissen. 



80 VIII. Versuche in antiker Enkaustik. 

wurden stumpf, da erwärmte er die Rückseite über einem 
Kohlenfeuer, so dass das Wachsharz durch sie durchschmolz, 
und überzog damit das Bild auch von der Rückseite. Durch 
das Erwärmen wurden auch alle Farben auf dem Bilde 
wieder flüssig oder doch weich und Hessen sich aufs Neue 
besser ineinander vetrreiben. Böcklin wiederholte dann 
das letztere Experiment, so oft besseres Verschmelzen oder 
Vertreiben nötig war. Wurde beim Malen die Spitze des 
Spatels zu kalt, so konnte er noch die hintere Seite des 
Eisens brauchen. Die gebrauchten Harze waren Kopal und 
sehr wenig Terpentin (Copal k Pessence und Terpentin nur 
zum Auflösen des Wachses). Mit diesen zusammen schmolz 
und rieb er die Farbe und tat dann in das Farbtöpfchen zu 
jeder Farbe nur wenig Wachs, (etwa wie 6 — 8 Erbsen). 
Wird die Farbe im Töpfchen kalt , so muss sie sich hart 
anfühlen, wie später die Oberfläche des Bildes sein soll. 
Schmiert sie aber noch ein wenig oder färbt sie noch ab, 
so ist zuviel Wachs in der Farbe, und man muss noch soviel 
Harz und Farbstoff zusetzen, bis sie kalt geworden, sich 
fest anfühlt. 

Lockiges Haar, das über das Gesicht fällt, hat Böcklin 
dann mit gewöhnlichem Terpentin und mit dem Pinsel auf- 
getragen und durch Erwärmen des Bildes eingeschmolzen, 
wodurch es dem andern gleich und ebenso fest und unver- 
löschbar wurde". 
Ein paar Tage nachher (20. Oktober) ist abermals 

von dem gleichen Bilde die Rede. Schick berichtet 

(S. 185): 

„Böcklin nochmals über die Enkaustik seines Sappho- 
bildes. Es Hesse diese Malerei nur breite Behandlung zu, 
und es sei gut, das Bild vor dem Malen ganz klar im Kopf 
zu haben. Man könnte wohl etwas wieder herunterschaben 
oder kratzen, aber das Aendern sei in keinem Bilde gut, auch 
in Oelbildern nicht, da dadurch immer das delikate Aeussere 
und die Harmonie des Bildes gestört werde. Man tut je- 
doch gut, wenn man sich einzelne Gegenstände wählt: 
Köpfe oder Brustbilder. Grössere Bilder haben für diese 



Erhaltung des Sapphobildes. 81 

Technik zu viel unberechenbare Sachen und lassen sich 
nicht so eingehend und vollständig konzipieren. Sappho 

hat ein weisses Gewand mit farbiger Blumenborte 

brillant-dunkelblaues Kopttuch mit Goldverzierungen, daraus 
Löckchen in das Gesicht fallen. (Nach der Sappho-Büste 
der Villa Albani.) Wenn ich recht gehört habe, ist hinter 
dem Kopf blaue Luft. — Brustbild.«* 

Ueber das Sapphobild ist noch eine gelegentliche 
Bemerkung bei Schick enthalten, als er sich bei dem 
Meister um den Unterschied zwischen der Technik 
der j^Iphigenia" („Villa am Meer") und der des ersten 
Bildes erkundigte; dabei heisst es (S 217): 

„Ich fragte Bocklin, ob die Bilder Iphigenia (bei Schack) 
und Sappho (Sarasin) in der Technik sich sehr unterscheiden, 
und das Eine etwa vorwiegend Wachs- und das Andere 
Harzmalerei sei. — Er antwortete: Im Iphigeniabilde wie 
in der Sappho sei Harz vorwiegend (und das bei allen 
seinen Versuchen mit Wachsfarben). — Das Wachs diene 
nur als Schmelzmittel.** 

Endlich ist hier noch eine Notiz anzufügen, die 
auf die Erhaltung der Malerei „und die ungemeine 
Leuchtkraft der Farben" Bezug nimmt. Nach Schick 
(S. 200) äusserte sich Böcklin in Anschluss an ein 
Gespräch über das mehrfach erwähnte „Porträt seiner 
Frau" (mit dem roten Haarnetz) : 

„Hätte er das gute Erhalten des Sapphobildes ahnen 
können, so hätte er sich in Rom nicht so durch das Ge- 
schwätz seiner Bekannten einschüchtern und davon abbringen 
lassen. So aber habe er es nicht fortgesetzt, weil er (ohne 
Erfahrungen darin gemacht zu haben) baldiges Reissen und 
Verändern der Farben befürchtete.** 

Bekanntlich war das Sapphobild in der Mün- 
chener Internationalen Kunstausstellung im Jahre 1901 

Berger, Böcklins Technik. 6 



82 VIII. Versuche in antiker Enkaustik. 

(im Todesjahre des Meisters) im Glaspalast ausgestellt, 
und soviel ich mich entsinne, ist Leuchtkraft und 
Erhaltung des Bildes tadellos. 

Von weiteren Werken in der Enkaustik deaSappho- 
bildes, d. h. mit heiss aufgetragenen und mit erwärmten 
Instrumenten verarbeiteten Farben, erfahren wir aus 
Schick nichts. Allerdings erwähnt dieser den im Besitz 
des Ratsherrn Imhof befindlichen „Studienkopf 
eines Italieners" (S. 237) als in „reiner En- 
kaustik" gemalt; aber nach der Beschreibung des 
angewandten technischen Verfahrens (Schick, S. 242; 
8. oben S. 74.) haben wir es hier mit einem in Harz- 
farben gemalten und mit Terpentinwachs gefirnisten 
Bilde zu tun. Diesen Ueberzug erwärmte Böcklin, 
um das Harz mit dem Wachs zu einer härteren Sub- 
stanz zu vereinigen und wiederholte die Prozedur ein 
zweites Mal. Deshalb bezeichnete er das Bild wohl 
als „reine Enkaustik". Auch der mehrfach erwähnte 
„Kopf seiner Frau" (Schick, S. 59) ist als „enkaustischer 
Versuch" angeführt, weil bei diesem Bilde das Wachs 
durch Erwärmen „eingebrannt" wurde; und ähn- 
lich mag es sich mit dem zweiten Bilde bei Imhoff 
verhalten haben, das eine „Landschaft aus dem 
Sabinergebirge" darstellte. Schick berichtet (S. 237): 
„Es wurde in Rom in Wachsfarben gemalt.*' 

Wie es scheint, hat Böcklin unter seinen „en- 
kaustischen Versuchen" jede Art der Technik ver- 
standen, bei welcher er den Wachsüberzug durch 
Erwärmen befestigte. Er folgte hiebei dem damals 
allgemeinen, auch jetzt noch üblichen Sprachgebrauche, 
jegliche Wachsanwendung mit dem Ausdruck „En- 



Die altägyptischen Muinienbildnisse. 83 

kaustik" zu bezeichnen, und er hatte umsomehr das 
Recht dazu, als er seine Wachsüberzüge tatsächlich 
durch die Erhitzung „eingebrannt" hat, wie es die 
„Ganosis" des Vitruv vorschreibt. Mit der eigent- 
lichen antiken Enkaustik, die er in der „Sappho" 
wieder ins Leben rufen wollte, haben jene enkaustischen 
Versuche nichts zu schaffen. 

Lasius, der ausser Böckiins „Sappho** und seiner 
,,Gattin als Muse" (im Baseler Museum) noch den 
g männlichen Römerkopf** zu den „enkaustischen "Bildern 
des Meisters zählt, und hinzufügt, dass „sie sich famos 
erhalten hätten", berichtet ähnlich wie Schick (S. 177), 
Böcklin habe „trotz des guten Resultates diese Technik 
wieder aufgegeben, weil sie ihm keine besonderen 
Vorteile bot" (Lasius S. 64). 

Als Böcklin anfangs der achtziger Jahre die aus 
dem alten Arsinoö in der Provinz des Fayüm stammen- 
den Mumienbildnisse sah (er reiste eigens von 
Zürich nach München, wo die Ausstellung in den oberen 
Räumen des Museums der Gipsabgüsse unter den 
Arkaden stattfand), war er von deren Trefflichkeit 
überrascht. „Bei seiner Rückkehr erklärte er, die 
Bilder seien prachtvoll und muten den Beschauer 
ganz modern an, so ungezwungen, natürlich und wahr 
seien sie in der Auffassung. Sie seien sehr einfach 
hergestellt, teils Temperatechnik, teils Wachsmalerei, 
welch letztere mit heissem Eisenstabe eingeschmolzen 
worden sei und dem Bild einen leichten Glanz ver- 
liehen habe, der allerdings heute verschwunden sei. 
Er sagte, dass bei der alten Temperamalerei der 
Gebrauch des Wachses bekannt war, beschreibt schon 



84 VIII. Versuche in antiker Enkaustik. 

Plinius.*) Es wurde, anstatt Firnis, zum Schutz der 
Farben und zum Herausholen ihrer Leuchtkraft ver- 
wendet". 

„Immer wieder kam er auf die Mumienbilder zu 
sprechen. Die hatten ihn gepackt, nicht zum wenig- 
sten wegen der Haltbarkeit in der Technik, auf die 
er so grossen Wert legte." (Lasius, S. 64 u. 65.) 

*) Diese Angabe findet sich nicht bei Plinius. Nichtsdesto- 
weniger mag Böcklin im Rechte sein, wenn er die Kenntnis dieses 
Verfahrens den Malern des Altertums zusprach. 




IX. 



Die Baseler Fresken und die pompejanische 
Wandmalerei. 



[ as Monumentale in Böcklins Kunst drängte 
ihn zur Betätigung in jener einzigen Tech- 
nik, welcher die Renaissance ihre grössten 
^ vSchöpfungen verdankte, zur Freskotechnik. 
Wie sollte dies auch anders sein nach den in Rom 
erhaltenen Eindrücken des jüngsten Gerichts von 
Michelangelo, der Stanzen von Raffael und der 
pompejanischen Wandmalereien, die für ihn stets 
Gegenstand grössten Interesses waren? Deshalb griff 
er mit Freuden zu, als ihm zwei monumentale Auf- 
träge winkten, nämlich die Fresken im Gartenhause 
des Ratsherrn Sarasin, mit dessen Familie er von 
Jugend auf befreundet war, und jene im Treppen- 
hause des Baseler Museums, die ihm durch Ver- 
mittlung von Jakob Burckhardt übertragen wurden.*) 



*) Höcklin verliess im Herbst 1866 Rom, um nach Basel 
überzusiedeln. Er hoffte, dort zahlreiche Aufträge zu erhalten, 
und seine Hoffnung erfüllte sich auch. 



85 IX- ^i® Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

Um sich für diese Aufgaben vorzubereiten, musste 
Böcklin die nötigen Erfahrungen im Technischen der 
Freskomalerei erst sammeln; denn ausser gelegent- 
lichen kleinen Versuchen, die er kurz nach dem Be- 
suche von Neapel in Rom angestellt hatte, und einigen 
Kindergestalten auf der Treppe zu seines Bruders 
Wohnung (am Blumenrain), von welchen Schick 
(S. 364) Kunde gibt, scheint Böcklin in dieser Tech- 
nik nicht tätig gewesen zu sein. 

Die Fresken bei Sarasin waren dem Künstler als 
grössere Vorarbeit für die Museums-Fresken sehr will- 
kommen. Er ging mit Feuereifer an die Arbeit und 
vollendete sie in wenigen Wochen (Herbst 1868), da 
ihm der grosse Auftrag für das Museum in sicherer 
Aussicht stand. 

Schick berichtet über den Hergang bei der Arbeit 
wie folgt (S. 144): 

„Für die zu malenden Fresken (im Sarasinschen 
Gartenhaus) hat Böcklin zwei Kohlenzeichnungen gemacht 
(2' breit, P/t' hoch). Die eine: eine Villa mit Cypressen 
in Mittagsonne. Vom unter Büschen die heilige Familie, 
der ein Engel eine Schale Wasser bringt: (Flucht nach 
A e g 7 p t e n). Die andere: ein Felsenstädtchen (wie For- 
mello). Vom grosse Bäume und Christus und die 
Jünger, die nach E mm aus gehen. Von rechts ein über- 
rankter Ziehbrunnen. Diese Zeichnungen werden nun in 
ihren Hauptsachen auf Ellenpapier in Originalgrösse über- 
tragen und dann auf die Mauer gepaust und vielleicht mit 
Kohle nachgezeichnet. Hiemach wird man dann beurteilen 
können, ob die kleine Zeichnung sich auch im Grossen und 
zu den umgebenden Gegenständen gut macht. Dann gedenkt 
Böcklin jedes Bild, je nachdem es die Konturen der Gegen- 
stände darin zulassen, in etwa vier Teile abzuteilen, von 
denen ein jeder die Arbeit eines Tages bilden soll. 



Fresken im Sarasinschen Gartenhaus. 87 

Der erste Grund ist jetzt sehr rauh und porös auf die 
Mauer getragen, darauf kommt der etwa ^/4 oder '/s Zoll 
starke Kalkbewurf für die Malerei. Für diesen Bewurf hat 
Böcklin im Keller verschiedene Proben angestellt und dabei 
zu dem mit viel Sand versetzten Kalk reichlich schwarze 
Farbe mischen lassen, was aber dennoch ziemlich weiss 
auftrocknete. Indem er dem Grund so einen mattgrauen 
Ton geben liess, ersparte er sich viel Arbeit, denn anstatt 
die Luft in gemischten blauen Tönen zu malen, was bei 
dem grossen Umfang der Bilder sehr schwer ist, kann er 
nun leicht mit Blau über den schon gebrochenen Grund 
lasieren. Man kann oder muss vielmehr dabei ziemlich 
hart und keck malen, da alles doch viel matter und stumpf 
weisslich auftrocknet.** 

Für jeden mit den Quellen für Freskotechnik 
Vertrauten ist aus den obigen Angaben klar ersicht- 
lich, dass Böcklin sich hier an die italienische 
Freskotradition zu halten bestrebt war; er machte 
sich seinen Karton in der Originalgrösse, um sich 
vorher zu vergewissern, wie die Zeichnung wirken 
wird (nach Armeninis Veri precetti), er mildert den 
allzuweissen Grund durch Zumischen von Schwarz 
(nach Borghinis Angaben). Ja, er versäumt es auch 
nicht, sich eine Farbenskala für Freskotechnik nach 
altitalienischer Vorschrift zusammenzustellen, in der 
unter anderem sich echter Ultramarin aus Lapis lazuli 
und Ultramarinasche befand (Schick, S. 147 — 149). 

Mit der ihm eigenen Umständlichkeit schildert 
Schick alle die Phasen der Entstehung dieser Fresken. 
Wiederholt mussten Stellen abgeschlagen und frisch 
eingeputzt werden, auch beim Auftrocknen veränderten 
sich die Töne mehr als zu erwarten war, so dass 
sich Böcklin entschloss, nach dem völligen Trocknen 



88 ^X, Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

Retuschen mit Wassertempera, die mit Eigelb und 
einigen Tropfen Oel gemischt war, vorzunehmen (S.155). 
Am meisten behinderte Böcklin das ungleiche Auf- 
trocknen der Farbtöne, wo er schon gemalte Stellen noch- 
mals überging. „Bei Beginn der zweiten Landschaft", 
erzählt Schick (S. 157), „hätte er noch gar keine klare Idee 
über die Farbenstimmung und könnte sich nur vor- 
stellen, dass die hellen Häuser auf dem Himmelston 
als warm Hellgelb aul kalt Grau stehen müssten. Es 
käme beim Fresko mehr als beim Oelmalen überhaupt 
nur darauf an, dass man über Licht und Schatten in 
allen Teilen ganz klar sei und darüber, ob etwas 
Warm gegen Kalt oder umgekehrt stehen müsste." 
Demnach wollte Böcklin bei den Fresken aus der 
Stimmung heraus malen , wie bei seinen Staffelei- 
bildern; nun sah er sich aber darin getäuscht, er be- 
reute auch, den getonten Grund gewählt zu haben, 
wollte künftig nur auf ganz weissem malen und nicht 
auf Farbenspiel, sondern vielmehr auf Relief und 
plastische Erscheinung ausgehen (S. 1 62). Da Böcklin 
keine farbige Vorlage vor sich hatte, die „ihn be- 
fangen mache", und glaubte, es sei besser, „sich nach 
dem Material zu richten und die Formen entstehen 
zu lassen, wie sie durch Material und Zufall entstehen," 
kam er mit der Grundregel der Freskotechnik in 
Konflikt, die darin besteht, das begonnene Stück in 
einem Tage fix und fertig zu malen. Er wollte 
durchaus Mittel finden, mehr als einen Tag, ja noch 
am vierten und fünften Tage Bindung zu erzielen, in- 
dem „er das Kalkhäutchen zerstörte, und der Kalk das 
Wasser wieder einsog" (S. 187). So malte er das 



Die Museums-Fresken. 89 

dritte Freskobild, den David (eine lebensgrosse 
Figur vor einer Nische, zu seinen Füssen eine Engels- 
figur) ; aber nach dem dritten Tage schienen nur noch 
die mit Kalk gemischten Farben zu binden, während 
die dunklen Schatten des Gewandes, das Schwarz der 
Harfe und das violette Eisenoxyd am fünften Tage, 
ohne gebunden zu haben, sich mit dem Finger ab- 
reiben Hessen. 

Bei dieser Methode musste naturgemäss ein Miss- 
erfolg eintreten, so dass Böcklin sich veranlasst sah, 
dieses Bild gründlich zu übergehen. Einer späteren 
Eintragung Schicks zufolge, geschah dies „mit Oel- 
farbe (!) und Terpentin, was einschlug und so der 
Textur des Fresko fast gleichkam** (Schick a. a. O.). 

Für die Ausführung der Museums-Fresken 
plante Böcklin ein anderes Verfahren. Hier wollte er 
ganz genau nach den Vorschriften Vi truvs vorgehen 
und die Technik der Griechen, die in den Malereien 
zu Pompeji und Herkulanum traditionelle Uebung ge- 
funden hatte, wieder erringen. In den Gesprächen mit 
Schick und Burckhardt ist immer wieder von den 
pompejanischen Malereien die Rede; sie untersuchten 
Proben antiker Fresken, die Schick aus Italien mit- 
gebracht, um die Zusammensetzung des Grundes 
kennen zu lernen (S. 179), und, obwohl Böcklin keine 
grosse Achtung vor Wiegmanns Buch über die 
Malerei der Alten und ihre Technik hatte, schien er 
dennoch dessen Ansicht beizustimmen, dass der Bewurf 
ein längeres Malen al fresko gestattet, wenn man 
ihn nur möglichst dick aufgetragen hat. 

Abermals werden Vitruvs Angaben verglichen 



90 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

(S. 197); in einem Gespräch mit einem Physiker lässt 
sich Böcklin den chemischen Prozess bei der Bildung 
des Kalkhäutchens und die dabei [angeblich] ent- 
stehende „grössere Glätte und den Glanz des ver- 
wandelten Kalks" erklären (S. 207). 

Allerdings hatte Böcklin das Wesentliche des 
antiken Bewurfes zum Unterschied vom Bewürfe der 
Renaissance richtig erkannt, der darin besteht, dass 
bei dem ersteren die Oberfläche nicht bloss sehr hart 
ist, sondern auch nach Vitruv glänzend und glatt 
sein sollte. Da die ihm von Fachmännern ge- 
gebenen Aufschlüsse sich widersprachen (S. 225), hielt 
sich Böcklin nur an Vitruvs Vorschriften. Schick 
berichtet (S. 218): 

„Heute das Fresko I im Museum*) begonnen. 2—3 Kalk- 
schichten mit Sand von •/4Z0II, '/sZoU und 3 Linien, darauf 
eine Schicht von 2 Linien aus Kalk mit weissem Marmor- 
pulver und diese mit Schläghölzern geschlagen, dann 
mit dem Brettchen glatt verrieben." 
Die Erfahrungen an den Sarasinschen Fresken 
benützend, ging jetzt Böcklin ans Arbeiten und malte 
von oben nach unten stückweise, sozusagen alla Prima 
die Gruppen der wolkenschiebenden Putten, dann die 
Hauptfigur und die Tritonen, ohne jede Farben- 
skizze nach dem Karton in wenigen Wochen (vom 
23. November bis 31. Dezember). 



*) Die drei für das Treppenhaus gemalten Bilder sind: 
l. „Magna mater^< (Magna parens bei Schick), eine hoheitsvolle 
Frauengestalt, auf riesenhafter Muschel, von Wasserkentauren ge- 
tragen. 2. „Flora**, welche den grünen Teppich über die Flur 
breitet. 3. „Apollo mit dem Viergespann'*. Ausserdem drei 
Medaillons („Medusa*, „Kritikus" und „Dümmling"). 



Führung der Arbeit. 91 



Wieder verliess er sich, wie bei den Sarasinschen 
Bildern auf sein eminentes Gefühl, das ihn erst während 
der Arbeit zum bestimmteren Anschlagen der Farben- 
töne veranlasste. „Beim Beginn schwebe ihm für Farbe 
und Wirkung nur eine unbestimmte Idee vor. Sie 
würde sich erst beim Malen bestimmter und klarer 
gestalten", berichtet Schick (S. 210); aber er war sich 
der Schwere seines Vorhabens voll bewusst. Als 
beim Beginn des ersten Museumsfresko davon die Rede 
ist (S. 216), sagte Böcklin, „er stelle sich in dem Bilde 
eine schwere hohe Aufgabe und riskiere, ob er der 
Sache Herr werden könne, oder ob er dabei Fiasko 
mache. Oft käme er sich dabei vor wie ein Seil- 
tänzer, der auf hohem Seile gehe. Aehnliche Gefühle 
müssen ihn auch heute bedrückt haben, denn er war 
den ganzen Tag verstimmt." 

Während des Malens fühlt Böcklin aber wieder 
seine eigene Kraft wachsen und kaum acht Tage nach 
dem Anfange berichtet Schick (29. Nov. 1868): „Böcklin 
äusserte, er fühle, dass er das Freskobild jetzt in 
seiner Gewalt habe". 

Auf genauere Einzelheiten einzugehen, ist hier 
nicht möglich; der Leser möge die ausführliche Be- 
schreibung bei Schick einsehen, der bei jedem ein- 
zelnen Farbenton mitunter nicht unterlässt, anzugeben, 
mit welchen Pigmenten er gemischt wurde. 

Aber die Voraussetzung, auf dem aus vier Lagen 
bestehenden Bewurf ungehindert al fresko malen zu 
können, traf nicht zu. Schon der vierte Tag brachte 
die Enttäuschung; ein weiteres Aulpausen der Zeich- 
nung auf der beinahe festen Oberfläche war kaum mög- 



92 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

lieh, weshalb Böcklin nicht weiter malte (S. 229). Am 
nächsten Tage wurde der Marmorkalkbewurf (für den 
ersten schon halbtrockenen) frisch angetragen, aber 
es ergab sich, dass „der zwel^ite Kalkbewurf bald nach 
dem Auftragen starke Risse zeigte", so dass in der 
Meinung, dem Uebel dadurch abzuhelfen, der Maurer 
angewiesen wurde, nach Vitruvs Anweisung (statt 
vier) von jetzt ab fünf Lagen zu machen (S. 231). 

Der Schnelligkeit des Trockenprozesses vermochte 
nun aber Böcklin dennoch nicht zu folgen, und das 
Verlangen, seine schon gemalten Stücke zu verbessern 
und mit der Umgebung in Einklang zu bringen, be- 
stimmte ihn dazu, alle Farben mit Kalk zu mischen, 
wie er es bei dem „David" getan. Darüber berichtet 
Schick (3. Dezember 1868, S. 235): 

,,Böcklin sagt, er hätte die Erfahrung gemacht, dass 
man auch über 5 — 6 Tage alte Stellen noch malen kann, 
sobald man die Farben mit Kalk mischt, überhaupt solange, 
als die Wand noch nicht auszuschwitzen anfängt. 

Wenn die Haut, die sich darauf bildet, auch nur dünn 
ist, so löst sie sich bei leichtem Waschen wenigstens nicht 
auf und wird immer härter, je älter sie wird (Ob diese 
später darüber gemalte Farbe aber wirklich dauerhaft ist 
und nicht abplatzt, ob dem Darübermalen durch das Aus- 
schwitzen in perligen Tropfen eine Grenze gesetzt wird, 
darüber hat Böcklin jedoch keine Erfahrung)." 

So entstehen noch unter der Arbeit immer wieder 
Zweifel an dem endlichen Erfolge, so sehr sich auch 
Fachmänner, wie die Physiker Müller und Professor 
Hagenbach, Stadtchemiker Dr. Gäbbelsröder und Prof. 
Fritz Burckhardt bemühen, Mittel für längeres Fresko- 
malen, auf welches Böcklin rechnete, ausfindig zu machen 



Allerlei Schwierigkeiten. 93 

(S. 225 und 238).*) Es stellten sich allerlei Uebel- 
stände ein, wie das Springen der Bewurfschichten, 
wenn sie zu rasch aufeinander aufgetragen wurden, 
und wenn beim Schlagen mit dem Schlagbrett ganze 
Stücke wieder herausgerissen wurden u. dergl. (S. 252). 
Dazu kam noch das „Ausschwitzen in perligen 
Tropfen", für das niemand eine Erklärung geben 
konnte, noch weniger ein Gegenmittel wusste. Schick 
berichtet (S. 260) : 

„Gestern, am 31. Dezember, mit Jahresschluss , hat 
Böcklin das erste Museumsfresko vollendet. Die Feuchtig- 
keit des Bildes senkte sich während des Malens am unteren 
Stück herunter, sodass es in hellen Wassertropfen an vielen 
Orten auszuschwitzen schien. Obwohl das Heruntersinken 
der Feuchtigkeit nicht zu bestreiten war, so meinte Böcklin 
ein anderes mal doch, es sei nur ein Niederschlag von 
aussen auf der gebildeten Kalkhaut, denn sowie er über 
eine solche Stelle mit dem Spachtel reibe, schlucke sie alles 
Wasser in sich ein/* 

Diese Uebelstände bei den folgenden beiden 
Fresken auf das Mindestmass zu vermindern oder 
ganz zu vermeiden, war Böcklins ganzes Streben. 

Im Frühjahr 1869 reiste Böcklin nach Ober- 
italien, Lugano, Mailand, Piazenza, Parma, haupt- 
sächlich um zu sehen, mit welchen Farbenmitteln Luini, 



*) Schick schlug dabei das Experiment vor, den Zutritt der 
Luft „durch einen Ueberzug von Kollodium zu verhindern, den 
man in dem Masse entfernt, in dem die Malerei vorschreitet. Man 
würde dann vielleicht den Kalk immer so frisch und bindungsfähig 
finden, als hätte man ihn erst aufgetragen und könne die ganze 
Fläche auf ein Mal grundieren. Böcklin meinte, dann könne man 
vielleicht auch das Gemalte mit Kollodium bedecken und dann 
dieses erst beim Zusammenstimmen entfernen (s, S. 222)". 



94 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

Correggio u. a. auf die Ferne gewirkt hatten; er 
kam dann ganz erfüllt von den Eindrücken nach 
Basel und ging gleich daran, die Vorarbeiten zu den 
zwei letzten Bildern im Museum, „Flora" und „Apollo" 
zu machen, die er ganz allein auszuführen vorhatte; 
denn Schicks Hilfe beim ersten Fresko scheint in nichts 
anderem bestanden zu haben, als vielleicht in der 
Vergrösserung des Kartons und beim Farbenmischen; 
zum Malen „fehle ihm die Leichtigkeit der Behand- 
lung und Freiheit im Malen, er würde vielleicht in 
penible Aengstlichkeit verfallen (S. 211)". Als Böcklin 
das zweite Fresko begann, war Schick abwesend und 
er kam von Genf zurück, als bereits ein Fünftel voll- 
endet war (7. August 1869). 

An diesem Tage, dem letzten seines Zusammen- 
seins mit dem Meister, schrieb er noch über die Technik 
dieses Bildes (S. 402): 

„(Böcklin) hat den letzten Marmorgrund so festschlagen 
und festdrücken lassen, dass er mattglänzend war; an 
einigen Stellen, z. B. bei den Köpfen, hat er den Grund 
durch Andrücken mit dem Spachtel noch glatter gemacht. 
Der Maurer hätte sich ungern dazu bequemt, den Grund 
zu schlagen. Das einfache Andrücken bewirke aber fast 
dieselbe Festigkeit und Glätte." 

Nach einigen weiteren Angaben über die zur 
Malerei dienlichen Farben, über den Vorteil der grünen 
Erde beim Fleischmalen, über die Putten u. a. be- 
merkt Schick: 

,,Böcklin strebt nicht danach, wie im vorigen Bilde, das 
Ganze im Nassen zu stimmen, sondern meint, er könne es 
jetzt schon übersehen. Mit der Zeit lerne man doch ge- 
wisse Farben kennen und suche sich alle Mischungen zu 
merken. So wäre er imstande fortzufahren, selbst wenn 



Notwendigkeit von Retuschen. 95 

der erste Teil schon trockne; so z. B. mit dem grünen 
Mantel, den er im Licht einfach aus grüner Erde und Weiss 
gemalt hätte/' 

Am Schlüsse heisst es dann: 

„Böcklin tadelte jetzt sein Verfahren beim ersten Museums- 
fresko, unter die Farben Kalk zu nehmen, als töricht. 
Von den, wie er hoffte, durch lasiertes Licht scheinenden 
Halbtönen hat sich keiner bewährt; es zeigte sich, dass 
mit Kalk gemischtes Licht, gleichviel ob dünn oder dick 
aufgetragen, beim Auftrocknen stets gleich deckend er- 
scheint. Dieses zweite Fresko ist fast ganz lasierend ge- 
malt; im Licht nur wenig Zinkweiss. Das Gewand war 
schon ziemlich trocken und band nicht mehr; man merke 
das schon bald — nach einer halben Stunde — durch Ueber- 
streichen mit dem Finger: ist das Gemalte gebunden, so 
färbt es nicht ab; ist es nicht gebunden, so lässt es sich 
ganz mehlig abwischen/* 

Aus einem späteren, von Mendelsohn (S. 94) ver- 
öffentlichten Briefe des Meisters ist zu entnehmen, dass 
er den Retuschen mit Eitempera oder mit 
Milch bei Vollendung der Fresken grossen Wert bei- 
legte, weil „mit dieser Technik ohne Retusche nichts 
zu machen sei".*) 

Beim dritten Fresko („Apollo") beabsichtigte Böcklin 



*) In diesem Briefe (datiert vom 16. Dez. 1881) heisst es: 
„Meine Technik ist eine ganz andere [nämlich als die des Cin- 
quecento mit ihrem nur zolldicken Bewurf], und ich glaube, dass 
sie der antiken sehr ähnlich ist. Ich mache durch öfteres Be- 
werfen und Feststampfen einen etwa 4 cm dicken Kalkgrund für 
das ganze Bild. Diesen Grund halte ich so gut als möglich frei 
von Kohlensäure und kann so einige Wochen lang auf der ganzen 
Fläche al fresko malen." Diese Annahme hatte sich bei den Baseler 
Fresken, wie wir sahen, als irrig erwiesen. Insbesondere ist das 
„Freihalten des Grundes von Kohlensäure" nicht gelungen. 



96 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

ein förmliches Ueberarbeiten und wollte „nach dem 
Fixieren mit Harz oder Terpentin die weisse Farbe 
der Lichter mit Oel- oder Terpentinfarben und 
mit dem Pinsel auftragen", wie er es ähnlich beim 
„David" versucht hatte (Schick, S. 397). 

Während des Monats August 1869 malte Böcklin 
das zweite Fresko und im November das dritte, end- 
lich auch noch , trotz des Wiederspruches einiger 
Herren des Stadtrates, die drei Medaillons über den 
Fenstern der Treppenabsätze. 

So hat Böcklin denn mit »Ach und Krach*' die 
Fresken zu Ende gemalt, nicht ohne sich auch mit 
seinen Auftraggebern gründlich überworfen zu haben 
(s. Schmid, S. 47). 

Worin bestand nun aber die Ursache, dass sich 
der Meister so verrechnet hatte ? Auf diese Frage muss 
geantwortet werden : Böcklin hielt sein System der 
Arbeitsführung bei Tafelbildern auf die Wandfläche 
zu übertragen für möglich, ohne zu bedenken, 
dass man auf Freskogrund nie „aus der Stim- 
mung" heraus malen kann, weil das andersartige 
Auftrocknen der Kalkfarben ein richtiges Beurteilen 
während der Arbeit völlig ausschliesst. Böcklin 
verrechnete sich aber auch darin , dass er dem 
Vitruvschen Bewürfe die Eigenschaft zumass, ein viele 
Tage langes Malen auf dem Nassen zu ermöglichen, 
um endlich von selbst, nur durch Bildung des 
Häutchens von kohlensaurem Kalk, eine glatte und 
glänzende Oberfläche zu bilden, wie sie die antiken 
Stuckmalereien in Pompeji aufweisen.*) 

*) Gegen das Unrichtige dieser bis in die letzte Zeit gelten- 
den Ansicht habe ich in meiner j, Technik des Altertums" genügend 



Vitruvs Anweisungen. 97 

Im Anschluss an die Schilderung der Böcklinschen 
Freskomalerei wird es am Platze sein, dessen An- 
sichten über die römisch -pompejanische Technik der 
Wandmalerei hier näher kennen zu lernen. Obwohl diese 
sich auch in der von Böcklin gedachten Weise nicht 
rekonstruieren liess, zeigen jedenfalls die uns von 
Schick überlieferten Stellen von der eminenten 
Beobachtungsgabe des Meisters in technischen 
Dingen. 

Gelegentlich eines Gespräches über die anfangs 
der 60er Jahre von Schlotthauer und Bergrat Fuchs 
erfundene Wasserglasmalerei oder Stereochromie er- 
innert Böcklin an die Freskomalerei der Alten 
und an die Reihenfolge der von Vitruv umständlich 
beschriebenen*) Bewürfe wie folgt (Schick, S. 95): 

1) Ein grobes Kalklager mit Sand, das fest geschlagen wird; 

2) etwas feiner (wieder geschlagen); 

3) Kalk mit etwas Marmorstaub (geschlagen und geebnet); 

4) feiner Kalk mit viel Marmorstaub, dünnes Lager (etwas 
geschlagen und geglättet). 

Auf dieses letzte Lager wurde dann sogleich die Farbe 
des Grundes aufgetragen, wodurch dieselbe dann schonen 



Stellung genommen. Nicht versagen kann ich es mir aber, darauf 
hinzuweisen, dass gerade der im Grossen unternommene Versuch 
Böcklins ein deutliches Argument dagegen ist, einfaches Fresko 
für die Technik der antiken Wandmalereien zu erklären. 

*) Schicks Angaben betr. Vitruv sind hier unrichtig. (Ver- 
bessert S. 197.) Die Stellen finden sich in VII, 3, 5 -10 und 
nicht in II, TS. Vitruv schreibt drei Lagen Sandmörtel und drei 
von Marmormörtel vor; nach der vorletzte« Schichtung soll der 
Bewurf geschlagen werden. Die Notiz über ^Bereitung des 
Stuckmarmors** an gleicher Stelle betrifft den sogen. Kunst- oder 
Gipsmarmor. 

Berger, Bocklins Technik. 7 



98 I^- I^ic Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

Glanz erhielt. Hierauf malten die Pompejaner 
dann mit anderen Bindemitteln die Ornamente 
und Bilder." 

Diese letzte, von Böcklin ausgesprochene Ansicht 
war damals wohl sehr verbreitet (s. Overbeck, Pom- 
peji, II Aufl. 1866), im Gegensatz zu den Anhängern 
der enkaustischen Wandmalerei und der Freskotechnik. 
Böcklin hatte sich dieser Ansicht angeschlossen, wie 
die nachfolgende Eintragung (S. 77) zeigt: 

„Die Alten hatten verschiedenartige Malweisen. Sie kannten 
die Grundsatz e der Freskomalerei, gebrauchten sie 
aber nur, um die Farbe des Grundes durch die Kristal- 
lisierung zu härten, auf welchen Grund (schwarz, rot oder 
wie er sein mag) sie ihre Bilder mit Gouachefarben oder 
(den obigen ähnlichen) Harzfarben malten/' 

Zu derartiger Malerei hielt Böcklin die Eitempera 
für geeignet, was aus folgender Nachricht (S. 169) zu 
schliessen ist: 

„Die Eifarbe (mit dem Gelben untermischt, ohne das 
schleimige Weisse im Ei) trocknet viel langsamer als die 
mit blossem Wasser aufgetragene Farbe, die beim Re- 
tuschieren auf Freskogrund augenblicklich trocken wurde. 
Ist die Eifarbe aber einmal trocken, so kann man sie mit 
Wasser nicht gut wieder fortnehmen, da das Eigelb mit 
dem Klebrigen zugleich Fettiges enthält, welche Eigen- 
schaften durch das Zusetzen von einigen Tropfen Oel noch 
vermehrt werden. (Mit der Zeit wird die Farbe so stein- 
hart wie alte Oelfarbe.) 

Böcklin glaubt, das sei die Malerei der Pompe- 
janer und dass bei einigen Bildern, z.B. den Centauren, 
der Tänzerinnen, schwebenden Gruppen etc. die Farbe so 
pastos daraufsitze, käme daher, dass sie mehrmals über- 
einander gemalt hätten .... Da die Eifarbe eben langsam 
trocknet, d.h. höchstens in 1—2 Stunden, so gestattet sie 



Technik der pompejanischen Malereien. 99 

eher als andere Leim- oder Harzfarben (jedoch immer sehr 

schnell) etvsras nass in nass zu vollenden/* 
Später, offenbar beeinflusst durch Wiegmanns 
Buch, das er während der Baseler Freskenperiode 
genauer studiert haben mag, änderte Böcklin seine 
Ansicht (Schick, S. 245): 

,,Diepompe janischen Tänzerinnen, meint Böcklin, 
seien vielleicht ganz al fresco, denn das Weiss ist Kalk ; wäre 
nun Leim oder Ei das Bindemittel, so hätte dies ja vom Kalk 
Zerstörung erleiden müssen.*) (Kann denn aber nicht das 
Weiss aus altem, hartgewordenem und dann zermahlenem 
Kalk bestehen, der sich als weisses, indifferentes Pulver 
erhalten und auf das Bindemittel keinen chemischen Einfluss 
mehr ausüben würde?) Das Bild des Telephus ist 
sicher Fresko/* 

Wie wechselnd übrigens Böcklins Ansicht über 
die antike Technik gewesen ist, zeigt eine Eintragung 
vom 31. Mai 1866 mit späteren Zusätzen Schicks (8.32): 

,,Bei Böcklin. Ich zeigte ihm mein Fragment antiker 

Malerei, das ich bei Prima Porta gefunden — Böcklin 

meinte, es sei vielleicht mit Leimfarben auf schwarzen 

Freskogrund gemalt. (Späterer Zusatz: 1868/69 erkannte 

Böcklin es jedoch als reines Fresko.)*' 

Schliesslich sehen wir Böcklin ganz und gar zu 

den Anhängern der Freskotheorie übergehen. Schick 

berichtet nämlich (S. 400): 

,,Ueber den Streit der sogenannten Kenner der pom- 
pejanischen Malerei: ob Fresko, ob Wachs oder Leim ? 
sagt Böcklin, die Sache sei sehr einfach. Wäre ein fremdes 
Bindemittel darin, und dieses, wie behauptet wird, von der 
Luft verzehrt, so müssten sich die Farben mehlig abwischen 



*) Bekanntlich bildet Ei mit Kalk eine sehr dauerhafte, 
chemische Verbindung; der Kalk zerstört es also nicht, wie man 
bisher angenommen hat. 

7* 



100 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei. 

lassen. Da dies aber nicht der Fall, sondern da die Farbe 
fest und unlöslich ist, so findet ein innigeres Verwachsen 
mit der Mauer statf ; folglich Icann es nur Fresko sein.'^ 

Ebenso lautete sein Urteil im Anschluss an eine 
Meinung Pettenkofers, die Schick (S, 33) wiedergibt, 
durcha usim Sinne der Freskoanhänger. 

Der Wiegmannschen Voraussetzung, dem antiken 
Verfahren näher zu kommen, wenn der Grund mög- 
lichst lange feucht gehalten wird, begegnen wir in 
Böcklins Bemerkung auf S. 246, wo es heisst: „Jetzt ver- 
stehe er erst, warum Vitruv gar nicht sagt, man 
müsse sich beim Malen beeilen. Der Grund, wenn 
er so wie dieser zubereitet ist, schluckt und bindet 
wohl fast 14 Tage (d. h. mit Kalk gemischte Farben)/* 
Dies ist ganz begreiflich, denn Kalk bindet auch auf 
trockener Mauer genügend. Dass aber Böcklin in 
richtiger Konsequenz seiner Bemühungen dem gesuchten 
Resultat endlich doch näher gekommen ist, zeigt 
eine sehr interessante Notiz (Schick, S. 392): 

„In der Freskomalerei .... hatte er jetzt etwas heraus- 
gefunden: Wenn man nach dem Malen mit dem Spachtel 
(Stahl wird vom Kalk nicht angegriffen) glättet, so be- 
kommt die Malei ei eine ganz eigene rätselhafte Erscheinung. 
Die Frische und Keckheit der Behandlung bleibt und kommt 
sogar noch mehr zur Geltung und die Textur des Hildes 
erhält etwas Delikates. 

Das Glätten mit dem Spachtel geschieht nicht mit der 
glatten Fläche, sondern sie wird etwas schräg gestellt, als 
wollte man mit der scharfen Kante etwas vom Kalkstrich 
wegnehmen. Man nimmt jedoch nichts weg, sondern drückt 
nur die Farbe glatt an." 

Vergleicht man noch, was Schick über die Be- 
handlung des zweiten Freskobildes (die „Flora'S S. 402) 



Böcklins Glättungsversuche. 101 

erzählt und welchen Wert Böcklin in der Folge auf 
das Glätten der Fläche durch Andrücken mit dem 
Spachtel legt, so wird man begreiflich finden, dass 
er die Eigenart der pompe janischen Malerei richtig 
erkannte, denn in der Tat ist das Wesentlichste 
der antiken Wandmalerei in dem nachherigen Glätten 
der Malerei zu erblicken. 

Auch dafür kann ein Beweis erbracht werden, 
dass Böcklin von seiner Ansicht, bezüglich des „reinen 
Fresko" der antiken Malerei abgekommen ist, denn 
eine von Floerke (S. 165) mitgeteilte spätere Aeusse- 
rung des Meisters lautet: 

,,Auch das alte Fresko war nicht allein durch die Aus- 
schwitzung des Kalkes gebunden, sondern durch Zu- 
fügung eines organischen Körpers, Kasein oder 
Milch. Daher Glanz und L euch tkra ft. Alle späteren 
sind matt." 

Was die Frage des antiken „Fresko" betrifft, so 
sehen wir Böcklin, nachdem er die Freskotechnik 
gründlich kennen gelernt hatte, zu seiner ursprüng- 
lichen Ansicht zurückkehren. Dass Glanz und Leucht- 
kraft der pompejanischen Wandmalerei anderen Ur- 
sachen zuzuschreiben ist, als der einfachen Fresko- 
erhärtung schien ihm sicher; denn dafür hatte der 
Meister, wie für alles Technische, den richtigen Blick 
und hervorragend feines Verständnis. 

Nachschrift: 

Als Böcklin fast 30 Jahre später davon Kenntnis 
erhielt, dass es dem Verfasser geglückt war, die pom- 
pejanisch- römische Technik der Wandmalerei nach 
eigenen Gesichtspunkten zu rekonstruieren, liess sich 



102 IX. Die Baseler Fretken und die pompejanische Wandmalerei. 

der Meister durch ihn über die Manier der antiken 
Stuckmalerei unterrichten. Diese fand seinen besonderen 
Beifall; nach Kenntnisnahme der Glättungsmetho- 
den, welche unterZugrundelegungder Vitruvschen An- 
weisungen und des Stuccolustro festgestellt worden 
waren, entschloss er sich sofort, die Loggia seiner 
damals im Bau begriffenen Villa zu S. Domenico bei 
Florenz in dieser Technik auszuschmücken. Eine 
daselbst angebrachte Inschrift nimmt, wie mir mit- 
geteilt wurde, darauf Bezug, dass die Loggia nach 
dieser Rekonstruktion der antiken Wandtechnik aus- 
geschmückt wurde. 




X. 

Technik während des zweiten Münchener und 

des Florentiner Aufenthaltes. Temperamalerei 

und Firnisfarbe. 

ährend seines zweiten römischen Aufent- 
haltes hatte Böcklin sich mit vielfachen 
technischen Experimenten befasst. Ob er 
in Basel daran weiter arbeitete, wissen 
wir nicht. In München, wo er sich 1874 niederliess, 
scheint er seine Versuche wieder aufgenommen 
zu haben. Leider sind wir aber über genauere Ein- 
zelheiten nicht unterrichtet; die meisten seiner damaligen 
Freunde sind tot, wir können somit nur mutmassen, 
nach welcher Richtung sich seine Ziele damals be- 
wegt haben mochten: nach der Vereinfachung der 
technischen Mittel und nach Verstärkung von 
deren koloristischer Kraft. 

Unterstützt wurde er in diesem Streben durch 
den Verkehr mit dem Kunsthistoriker Adolf Bayers- 
dorf er einerseits, der ihn mit den alten Quellen über 
Maltechnik näher bekannt gemacht haben dürfte, und 
mit dem Physiker Prof. von Bezold, mit dem er 
über die von ihm längst studierten Probleme der phy- 



104 X. Temperamalerei und FirnUfarbc. 

sikalischen Optik intensiveren Meinungsaustausch ge- 
pflogen haben mag. Auch Lenbach, dessen tech- 
nische Ambitionen mit Böcklin insoferne verwandt 
waren, als beide, jeder in seiner Art, die Wieder- 
erlangung der „alten Meister-Technik" anstrebten, ge- 
hörte zu seinem näheren Umgang. 

Aus der Liste seiner damals entstandenen Werke 
können wir entnehmen, dass er der Leinwand als 
Grund für Gemälde noch den Vorzug gab. Jedenfalls 
war auch die Technik anfänglich der von ihm ge- 
pflegten Oelmalerei der Baseler Zeit gleich („Wiesen- 
quelle" nach Schicks Aufzeichnungen, s. oben S. 47). 
Es mögen in dieser Weise einige damals entstandene 
Bilder, „Heiliger Hain" (bei Schack), der „Kentauren- 
kampf ** der Baseler Galerie, sein Selbstporträt mit 
dem fiedelnden Tod (Nationalgalerie), „Ceres und 
Bacchus" (im Speisesaal bei Kustermann) u. a. gemalt 
sein. Auf Goldgrund hatte er zwei Wandschirme 
(„Idyll** und „Malerei**, jetzt teilweise im Baseler 
Museum) ausgeführt. 

Gleichzeitig hat aber Böcklin in seinen Tempera- 
versuchen nicht nachgelassen, ja, es scheint, dass er 
jetzt der schon früher (in Rom) geübten Technik 
grössere Vorteile abgerungen hatte, und die Tempera 
nicht allein zur Untermalung, sondern zur völligen Aus- 
führung einiger Werke gebrauchte. Bezeugt wird 
dieser Umstand durch Floerke, der von Einführung 
der Eitempera in München durch den Meister im 
Jahre 1874 berichtet (S. 164) und durch die Bemer- 
kungen im Böcklin- Verzeichnis, dessen Redaktion von 
Freunden und dem Künstler nahestehenden Personen 



Tempera der Münchener Zeit. 105 

besorgt wurde. Hier wird unter Nr. 215 die „Sappho" 
(mit Lyra, von hinten gesehen) auf Leinwand als 
„Temperabild'S allerdings mit einem ? bezeichnet, 
dann Nr. 222 das „Porträt der Frau Clara 
Bruckmann" (Leinwand, Tempera), die„Landschaft 
mit maurischen Reitern** von 1873 (Leinwand, 
Tempera), die „Römische Vigne (Nr. 232 „an- 
scheinend Tempera"), „Pan, eine Nymphe auf 
dem Rücken tragend" (Nr. 238), „Nonnen** 
(Nr. 242, Tempera -Leinwand), endlich müssen wir 
— last not least — hier noch das berühmteste 
Bild der Münchener Zeit „Triton und Nereide** 
(a Meeresidylle* bei Schack), anfügen, das nach des 
Meisters eigenem Ausspruch mit Eitempera ge- 
malt worden war (s. oben S. 4). 

Worin die damals wieder aufgetauchte Eitempera 
bestand, ist wohl nicht zweifelhaft. Sie enthielt eigent- 
lich nur das Gelbe des Hühnereies. Böcklin hatte sie 
längst aus Cenninis Traktat kennen gelernt, er unter- 
malte damit schon in Rom 1864 sein „erstes Oktober- 
fest** (s. Schick, S. 104), in Basel wurde sie ihm bei 
den Retuschen seiner Fresken unentbehrlich (Schick, 
S. 169, s. oben S. 95). In München arbeiteten Len- 
bach, Rud. Seitz, Fritz Aug. Kaulbach und andere 
vielfach in dieser Art. Die vorher in Wasser fein 
geriebenen Farbenpulver wurden etwa mit der gleichen 
Menge von Eigelb angemischt und mit den so be- 
reiteten Farben auf einem geleimten, einsaugenden, 
sogen. Kreidegrund gemalt. Zur Konservierung des 
Eibindemittels goss man ein paar Tropfen Weinessig 
in die Näpfchen. Als Bildträger wurde Holztafel oder 



106 Temperamalerei und Firnisfarbe. 

starke Pappe der Leinwand vorgezogen, weil zu be- 
fürchten war, dass die Nässe beim Malen die Leinen- 
fasern ausdehnte und beim Trocknen dann leicht 
Sprünge in der Farbschicht entständen.*) 

Böcklin waren alle diese Dinge längst nichts 
Neues. Schick (S. 169 u. 170) weiss darüber zu be- 
richten, dass er sogar auch mit der Eigentümlichkeit 
des Eies, Oele zu emulgieren vertraut war. Es heisst 
a. a. O.: 

„Ist die Eifarbe aber einmal trocken, so kann man sie 
mit Wasser nicht gut wieder fortnehmen, da das Eigelb 
mit dem Klebrigen zugleich Fettiges enthält, welche Eigen- 
schaften durch Zusetzen von einigen Tropfen Oel 
noch vermehrt werden. (Mit der Zeit wird die Farbe so 
steinhart wie alte Oelfarbe.)" 

In der Fortsetzung der Stelle (die von der Malerei 
der Pompejaner handelt) wird gesagt : 

„Da die Eifarbe eben langsam trocknet, d. h. höchstens 
in 1 — 2 Stunden, so gestattet sie eher als andere Leim- 
oder Harzfarben (jedoch immerhin sehr schnell) etwas nass 
in nass zu vollenden. Zu erinnern ist, dass Ei sich in 
Spiritus zu einer in Wasser unlöslichen Substanz auflöst. **) 
Durch Zugiessen von etwas Essig kann man Eigelb vor 
dem Faulen bewahren." 

Das von Böcklin unter „Tempera" verwendete 
Bindemittel bestand also aus Eigelb mit einigen Tropfen 
Leinöl verrührt und mit etwas Essig zur Konservierung 

*) Als der Verfasser anfangs der 80er Jahre nach München 
kam, war diese Eitempera die allein bekannte und verwendete 
Art. Später kam noch die sogen. Wurmsche Tempera, deren Zu- 
sammensetzung aber geheim gehalten wurde, hinzu, dann in neqerer 
Zeit die v. Pereira usw. 

**) Diese Eigenschaft des Spiritus ist nicht zutreffend. Spiritus 
kann höchstens konservierend auf das Eigelb wirken. 



Lenbachs Technik. IQJ 



versetzt. Auch Maler S. Landsinger bestätigt, dass 
dieses Temperamittel zur Zeit des Florentiner Aufent- 
haltes sowohl von Böcklin als auch seinen Schülern 
benützt wurde. 

Der Münchener Kreis, vor allen Lenbach, wollte 
durch die Tempera hauptsächlich eine Erleichterung 
des technischen Verfahrens anstreben. Durch das 
schnellere Auftrocknen der Untermalung und die un- 
zweifelhafte Klarheit der erzielten Schattentöne, haupt- 
sächlich für Hintergrund und Beiwerk (z. B. beim 
Porträt) wurde die Arbeit erstens beschleunigt, ja 
man konnte dem Stimmungsreiz in der Art der alten 
Meister näher kommen, als durch die Oelfarbe. 
Dieser letzten musste viel längere Zeit zum Trocknen 
gelassen werden ; ein beschleunigtes Verfahren (durch 
Sikkative) würde aber für die Erhaltung der Malerei 
gefährlich werden. Um nun die erkannten Reize 
dieser Technik auszunützen, musste man trachten, 
möglichst weit mit Tempera fertig zu malen und 
mit Oelfarbe nur die letzten Lasuren und die nötigen 
Verschmelzungen zu geben. Zu diesem Zwecke wurde 
die Temperaschicht mit einem Firnis (Kopal- oder 
Mastixlack und ähnlichen) überstrichen, wodurch die 
zunächst matte Malerei sofort in der richtigen Tiefe 
zur Erscheinung kam, und in die noch feuchte Firnis- 
lage wurden mit Oelfarben alle nötigen Uebergänge, 
ebenso Lasuren, halbdeckende und kräftigere Lichter 
aufgetragen. 

Es liegt in der Natur des Materials, dass die 
Leuchtkraft der Tempera durch die Reflektion eines 
hellen Untergrundes gesteigert wird, und die ältesten 



108 * X. Temperamalerei und Firnisfarbe. 

Anweisungen des Cennini, Theophilus u. a. stimmen 
darin überein, eine gut geleimte Kreide- oder Gips- 
schicht sei die geeignete Unterlage für diese Mal- 
weise. Also hell und dicht sollte die Unterlage 
sein, und deshalb sind wohl alle Unterlagen der alten 
Bilder auf Holz aufgetragen, weil auf diesem am 
sichersten ein dichter, d. h. fest geleimter weisser 
Kreide- oder Gipsgrund sich herstellen lässt. 

Bei einem Versuche, an Stelle dieses Grundes den 
üblichen Oelgrund, der auch dicht und hell ist, zu 
verwenden, nämlich bei dem schon erwähnten Bilde 
»Triton und Nereide** („Meeresidylle") hat Böcklin 
die bittere Erfahrung gemacht, dass die Farben in 
den tieferen Tönen Sprünge zeigten ; wenigstens schrieb 
er die Schuld, seinem eigenen Ausspruch zufolge, der 
Verwendung des Oelgrundes zu, der durch seine 
allzudichte und glatte Oberfläche den daraufruhenden 
Temperafarben nicht genügende Adhäsion verlieh. 

Nach dieser Erfahrung hat Böcklin wohl ab und 
zu auf Leinwand mit Tempera gemalt (Verz. Nr. 242 
„Nonnen", Leinwand. Tempera), aber kaum auf an- 
derer als mit Kreidegrund versehenen. In den meisten 
Fällen, und in der Florentiner Periode vorherrschend, 
hat er stets der Holztafel den Vorzug gegeben. 

Wie weit er in der Ausführung der Bilder mit 
Tempera gekommen ist, insbesondere, ob er reine 
Temperagemälde in dieser Zeit geschaffen hat, lässt 
sich kaum mehr feststellen. Auch Landsinger hat 
die Ansicht ausgesprochen , die meisten mit „Tem- 
pera" bezeichneten Werke dürften mit Oel- oder 
Firnisfarben fertig gemalt sein; von bestimmten 



Die Florentiner Periode. 109 

Bildern allerdings erinnert er sich, dass sie in reiner 
Tempera fertig gemalt sind, weil es dem Meister 
auch darum zu tun war, zu zeigen, wie weit in dieser 
Art auszufuhren möglich ist. Von folgenden Bildern 
ist dies bestätigt und zwar von dem Porträt von 
A. Bayersdorfer auf Pappe (Verz. Nr. 258) von der 
„Flora, Blumen streuend" (Verz. Nr. 260, Holz), und 
der „Lautenspielerin" (Verz. Nr. 254).*) 

Diese Gemälde stammen aus der ersten Zeit des 
Florentiner Aufenthaltes. 

Das räumlich grösste und auch wohl bedeutendste 
Temperabild der Florentiner Zeit ist die „Kreuz- 
abnahme" (jetzt in der Nationalgalerie). Es ist auf 
einer grossen Holztafel (164 : 250 cm) gemalt, und 
hier hat sich der Meister, seiner persönlichen Mit- 
teilung zufolge, der Ei-Emulsion bedient, indem er zum 
Eigelb gleich den Firnis (Leinölfirnis oder Kopal- 
firnis?) hinzumischte. Zweifellos sind diesem Werke 
kleinere Versuche mit dieser Eifirnis-Emulsion voran- 
gegangen; aber Böcklin gab sie auf, weil, wie er 
sagte, das Bindemittel „arg stinkig", und das Malen 
dann „zu unangenehm" würde. Diesen Uebelstand 



*) Als „Temperagemälde" der Florentiner Zeit sind im 
Verzeichnis ausser den schon angeführten noch genannt: 
253. Hochzeitsreise (zweite Variante), Holz. 
256. Flora, Brustbild, Holz. 

264. Bildnis der Klara Bruckmann, Brustbild, Holz. 
273. Der Schatzhüter, Pappe, Harztempera. 

286. Meeresbrandung (frühere Fassung), Leinwand. 

287. Frühlingsabend (erste Fassung), Leinwand. 
290. Selbstporträt (Ende der 70er Jahre), Leinwand. 

296. Bildnis der Frau Kopf als Melancholie. Leinwand, 



11 X. Temperamalerei und Fimisfarbe. 

durch ein Konservierungsmittel zu vermeiden, hatte 
er unterlassen ; entweder weil ihm ein geeignetes nicht 
bekannt war, oder weil er den sonst verwendeten Essig 
nicht für einwandfrei gehalten haben mag.*) 

Für die Technik der Florentiner Periode 
ist neben der Tempera die Umwandlung der früheren 
Oeltechnik in die „Firnisfarbe" von Bedeutung. 
In dieser Technik hat der Meister die meisten und 
vielleicht die farbenglühendsten Bilder dieser an her- 
vorragenden Werken so reichen Zeit geschaffen. Es 
mag ja sein, dass ein Mann, wie Böcklin, der immer 
nur sein Ziel darin sah, die koloristische Wirksamkeit 
seiner Mittel zu steigern, niemals mit dem Erreichten 
zufrieden war, stetig daran verbesserte und aus Ver- 
langen, dem Neuen Vorteile abzuringen, ein neues 
Verfahren versuchte ; wir aber müssen dennoch trachten, 
den äusseren Ursachen nachzuspüren, warum er eine 
früher geübte Technik fallen Hess. 

Treten wir der Frage näher, was für Nachteile 
wohl an der noch in München gepflegten Oeltechnik 
angehangen haben könnten, so scheint mir der Um- 
stand von Belang zu sein, dass Böcklin in dem lang- 
samen Trockenprozess des Oeles ein Hindernis ge- 
sehen haben mag. Dazu kommt noch die oft reich- 
liche Anwendung des Kopaivabalsams, von dem wir 
aus Schicks Aufzeichnungen Kenntnis haben (s. oben 
S. 45). Kopaivabalsam ist ein sogenanntes Weichharz, 
das eigentlich niemals vollkommen fest wird ; es 

*) Von Chemikern wird die Gefalir des Essigzusatzes für 
einige Farben, wie Ultramarin und Bleiweiss, bestätigt und 
iiciiestens Karbol, Toluol, Gojakol u. a. empfohlen bezw. verwendet 



Uebergang zur Firnisfarbe. 1 1 1 

hält also die völlige Trocknung der Oelfarbe auf. 
Schick erzählt (S. 211), welches Missgeschick dadurch 
entstand, dass Böcklin den „Petrarka", der „mit Ko- 
paivabalsam gemalt und noch ziemlich frisch war*^, 
von Rom nach Basel schickte und dabei zum Schutze 
die Bildfläche mit Papier, das mit Unschlitt bestrichen 
war, bedeckte. In Basel angekommen, hatte der Talg 
die Farbe und den Balsam durchdrungen und die 
Schichte weich und verschiebbar gemacht. Böcklin 
kratzte soviel als möglich von der Malerei ab und 
war genötigt, das Bild ganz neu zu malen. Die 
Schuld traf zweifellos den Balsam; die Arbeit von 
Monaten war so vernichtet worden. Wollte demnach 
Böcklin seine Oelfarbentechnik in irgend einer Hinsicht 
verbessern, so musste er darauf bedacht sein, die innere 
Festigkeit des Malmittels zu vergrössern. Dass diese 
Annahme berechtigt ist, zeigt die Notiz bei Floerke 
(S. 163), in der Böcklins Ansicht wiedergegeben ist: 
,,Malerei ist ein Ueberzug. Bei jedem, der halten soll, 
muss die untere Schicht die härteste sein. Das Bindemittel 
ist das Härteste, jede Zutat von Farbe erweicht dasselbe: 
Also wenig Farbe, Farbe ruiniert. Es entstehen Risse, 
wenn man das Härtere nach oben nimmt." 
Diese Erklärung der physikalischen Natur einer 
Malerei ist im Zusammenhang mit den Erfahrungen 
Böcklins mit Oel- und Temperamitteln leicht zu ver- 
stehen: Wenn der Ueberzug, d. h. die ganze auf den 
Grund aufgetragene Malerei eine homogene Masse 
bilden soll, so müssen auch die Schichtungen unter- 
einander gleich fest sein. Trägt man z. B. auf einer 
weichen, also noch nicht gut getrockneten, oder bei Ge- 
brauch von Kopaivabalsam kaum jemals absolut festen 



112 X. Temperamalerei und Firnisfarbe. 

Farbschichte eine Lage von schnell hartwerdendem 
Firnis (Bernstein- oder Kopalfirnis) auf, so reisst die 
obere Schichte, durch das Zusammenziehen beim 
Trocknen veranlasst; ja bei fortgesetztem Zusammen- 
ziehen reisst dann die untere Schicht mit. Dies ist auch 
der Fall bei Oelfarbe, die bekanntlich während des 
Trockenprozesses durch Sauerstoffaufnahme ihr Vo- 
lumen vergrössert, sich also ausdehnt.*) Dass die innere 
Festigkeit des Bindemittels durch reichlichen Farben- 
pulverzusatz leidet, ist ebenfalls ganz richtig, wenn 
man bedenkt, dass eine zu wenig Bindemittel ent- 
haltende Farbe eben nicht genügend bindet und, statt 
glänzend, matt auftrocknen wird. In richtiger Konse- 
quenz dieser Tatsachen musste Böcklin für sein System 
der Malerei nicht mehr Untermalung, Uebermalung 
und Firnis mit verschiedenen Bindemittteln vornehmen, 
sondern für alle drei Operationen ein und dasselbe 
wählen. 

1879, da Landsinger in Florenz mit dem Meister 
in Beziehung trat, hatte Böcklin diese Wandlung 
von der Oeltechnik zur Malerei mit „Firnisfarbe^ 
schon vorgenommen. Zum Anreiben der Farben und 
zum Firnissen, wenn dies überhaupt nötig war, be- 
diente er sich einer Mischung von ^ji Teil Kopallack 



*) Bei Lasius, S. 66, findet sich der Ausspruch Böcklins: „Es 
ist doch klar, dass eine feuchte Farbe unter einer trockenen 
Schicht arbeitet, sich dehnt und schliesslich die überdeckende 
Schicht zersprengt. So eiwas kann bei Tempera nie passieren. 
Diese verdammten Oelfarben 1 Die unterste Schicht muss immer 
die härteste sein. Das ist die Grundierung. Die muss sorgfältig 
gemacht werden, damit sie nicht reisst." 



Malerei mit „Firnisfarbe*'. 113 

(engl. Kutschenlack), ^Ja Teil Venetianischen Terpentin 
und ^/4 Teil Terpentin oder Petroleum; mitunter 
wurde auch von jedem ^/s Teil genommen oder die 
Mischung variiert, je nachdem die Farben schneller 
oder langsamer trocknen sollten. Mit dieser „Fimis- 
farbe« hätte Böcklin in Florenz von 1878—1886 ge- 
malt; unter den so gemalten Bildern seien erwähnt: 
„Gefilde der Seligen", die „Toteninsel" nebst 
den Wiederholungen, die j^Ruine am Meer" nebst 
den Varianten, der „heilige Hain" (Basel), 
„Dichtung und Malerei", die „Prometheus- 
bilder", der „Abenteurer", die „Pietä**, »Spiel 
der Wellen**, „Faun, eine schlafende Nymphe 
belauschend", der „Einsiedler" u. a. 

Zwei weitere Momente mögen Böcklin überdies 
veranlasst haben, zur „Firnisfarbe" zu greifen: Zu- 
nächst die Erwägung, dass die härtesten Harze auch 
beste Gewähr für die Dauerhaftigkeit des „Ueberzuges" 
bieten; damit stimmte er auch mit dem ihm be- 
freundeten Maler Heinrich Ludwig in Rom überein, 
wonach Kopal und Bernstein als zwei fossile Harze 
den jetzt entstehenden vorzuziehen seien (Floerke, 
S. 165); und zweitens das Verlangen, sich in seiner 
Technik den Methoden der alten Meister zu nähern. 
Wir wissen aus Schick, dass Böcklin mit den alten 
Schriften des Armenini u.a. längst vertraut war, und 
er hat, wie auch Ludwig, keinen Anstand genommen, 
sich des Firnisses zu bedienen, der nach Armeninis 
Verl Precetti (Ravenna 1587, Seite 128) aus einer 
Mischung von Olio d'abezzo und Olio di sasso bestand. 
Diesen Firnis hatten, der gleichen Quelle zufolge, die 

Berger, Böcklins Technik. g 



114 X. Temperamalerei und Fimisf arbe. 

besten Künstler in der ganzen Lombardei in Gebrauch 
gehabt und nach der Versicherung des Armenini unter 
diesen Correggio, Parmegianino und deren Schüler.*) 

Wie Ludwig, dessen Werk „Ueber die Grund- 
sätze der Oelmalerei" im Jahre 1876 erschien, nach- 
gewiesen, ist unter Olio d'abezzo der sog. Venetianer 
Terpentin, der aus einigen Pinusarten ausfliessende 
Balsam zu verstehen und unter Olio di sasso das 
Steinöl oder Petroleum. 

Schon in dem erwähnten Buche spricht er (S. 127) 
von Petroleumfirnisfarben, über die er sich dann 
später ausführlicher geäussert hat. Ob vielleicht auch 
Dr. Bayersdorfer, der gleichzeitig mit dem Meister von 
München nach Florenz zog, auf die Verwendung, der 
„Fimisfarbe*^ Einfluss genommen hat, lässt sich nicht 
mehr versichern. 

Der Hauptgrund zur Verwendung dieses neuen 
Bindemittels war aber die grosse Schnelligkeit der 
Ausführung, die es Böcklin ermöglichte, in unverhält- 
nismässig kurzer Zeit seine Werke zu vollenden; sie 
standen schon in der ersten Anlage sozusagen mit 
dem Firnisüberzug versehen da, und nach der ganz 
enormen Arbeitstätigkeit während der Florentiner 
Zeit zu urteilen — in den zehn Jahren hatte er 
beinahe hundert, teils sehr figurenreiche Werke ge- 
schaffen (Verz. Nr. 249 bis 338) — muss die Malerei 
mit Firnisfarben ungemein schnell von statten ge- 
gangen sein. 

*) Vergleiche meine Beiträge zur Entwicklungsgeschichte 
der Maltechnik, IV. Folge. Quellen für Maltechnik während der 
Renaissance und deren Folgezeit. München 1901, S. 57> 



«Spiel der WcUen«. 115 



Aber auch diese Firnisfarbe hatte gewisse Nach- 
teile, besonders wenn der Grund ein sehr fester war, 
wie z. B. auf Zink, das Böcklin einmal bei Wieder- 
holung einer seiner ^ Toteninseln*' und bei dem „Porträt 
der Frau Gurlitt" benützte. »Die Farbe trocknet 
schwer, und beim mehrfachen Uebermalen wird die 
Malerei nicht mehr so brillant als man gerne möchte ; 
vor allem ist das langsame Trocknen lästig.** Dies 
sind Böcklins Worte in dem Gespräche über seine 
Technik (s. oben S. 4). 

Welch grosse Schnelligkeit im Arbeiten Böcklin 
mit der Zeit erlangt hatte, und wie er seine Schöpf- 
ungen vollständig fertig im Kopfe mit sich trug, be- 
weist folgende, von H. A. Schmid wiedergegebene 
Erzählung*) von dem Entstehen des Bildes »Spiel 
der Wellen«: 

„Der Besitzer des Hauses, in dem Böcklin in Florenz 
während der 80er Jahre eine Reihe seiner gefeiertsten 
Werke schuf, war selbst Maler, und hatte sich einmal eine 
Leinwand erworben und auch schon braun grundiert, die 
ihm für seine Blumenstöcke denn doch zu gross schien; 
er fragte deshalb eines Tages seinen Mieter, ob er nicht 
für diese eine Verwendung habe, Böcklin willigte ein und 
wie öfters, an einem Sonntag, als alles um ihn stille war, 
begann er auf dieser Leinwand ein neues Bild. Mit farb- 
losem Wasser skizzierte er auf dem dunklen Grunde vor 
den Augen eines erstaunenden Schülers das «.Spiel der Wellen*' 
der neuen Pinakothek in München , eine Komposition, die 
vordem noch niemand aus einer Vorarbeit geahnt hatte. 
Als die Hauptlinien feststanden, das Wasser aufzutrocknen 
und das Bild wieder zu erlöschen begann, wurde mit 



*) Arnold Böcklin, zwei Aufsätze von Heinr. Alfred Schmid, 
Berlin, F. Fontane & Co., 1899, S. 30. 

8* 



115 X. Temperamalerei und Fimisfarbe« 

Kreide den nassen Strichen und den aufgetrockneten 
Rändern, die diese hinterlassen hatten, nachgefahren und 
von neuem entstand die Komposition. Nach siebzehn Tagen 
soll dann diese grossartige Meeresnovelle fertig gewesen 
sein, die allein durch den Zauber, mit dem das Wasser ge- 
malt ist, so viele von den Verächtern des Künstlers be- 
kehrt hat." 

Was an dieser Geschichte Wahrheit und was 
Anekdote ist, lässt sich kaum mehr unterscheiden. 
Schmids Gewährsmann war Maler Sandreuter, der die Er- 
zählung vielleicht schon aus zweiter Hand wiedergab. An 
einen „dunkeln Grund* der Leinwand wissen andere 
Zeugen der Zeit (Maler Landsinger und Knopf) sich 
nicht mehr zu erinnern ; wenig wahrscheinlich ist das 
Skizzieren der Komposition mit „farblosem Wasser*' 
und das Nachfahren der nassen Striche mit Kreide. 
Vielleicht ist der umgekehrte Vorgang glaubwürdiger^ 
nämlich das Skizzieren mit Kreide und das Abwischen 
der überflüssigen Striche mit Wasser, Richtig ist 
jedoch die fabelhafte Schnelligkeit, mit der dieses Bild 
in 17 Tagen vollendet wurde. 

In der Florentiner Zeit hat Böcklin, wie wir ge- 
sehen haben, die Fimisfarbe vornehmlich benützt, aber 
auch manche Gemälde in gemischter Technik, d. h. 
unter Zugrundelegung einer Tempera -Untertuschung 
gemalt. 




XL 



Züricher Zeit. Aufgeben der Fimisfarbe. 
Kirschharztempera des Theophilus. 



Is Böcklin im Frühjahr 1885 von Florenz 
nach Zürich übersiedelte — es war ihm 
darum zu tun, seinen heranwachsenden 
Söhnen gediegenere deutsche Bildung an- 
gedeihen zu lassen — war sein künstlerischer Ruf 
auf der Höhe angelangt. Die Bestellung von Bildern 
und andere Ehrungen häuften sich; der Entfaltung 
der künstlerischen Tätigkeit waren weiter keine 
Schranken gesetzt. Auch der Ausübung von Schwester- 
künsten, wie der Bildhauerei konnte er sich wieder 
mehr widmen. 

In seiner Maltechnik folgte er in der ersten Zeit 
des Züricher Auf enthaltes der in Florenz geübten Manier 
der Firnisfarbe, die ihm wegen des beschleunigten 
Verfahrens gute Dienste geleistet haben mag. Aber 
in seinem fortwährenden Drange nach Verbesserung 
blieb er nicht bei den einmal erprobten Rezepten. 
Aus dem anfänglich aus Kopal und Leinöl*) bestehen- 



♦) V» Kopalfirnis und «/s Leinöl. 



118 XI. Züricher Zeit. 



den Malmittel war in Florenz, durch Annäherung an 
den Correggiofirnis des Armenini ein anderes Binde- 
mittel für den Farbkörper entstanden, bei dem der 
Kopalfirnis das festeste war, während Venetianer 
Terpentin zum Geschmeidigermachen, Petroleum zum 
Verdünnen und längerem Nasshalten dient. Ter- 
pentinessenz als Zugabe an Stelle von Petroleum be- 
schleunigt zwar die Trocknung, würde aber durch 
das schnelle Verdunsten die Malfähigkeit der Farben 
beeinträchtigt haben. Floerke (S. 164) berichtet, dass 
Böcklin auch in Zürich seine „Firnisfarbe" stetig zu 
bessern bestrebt war, wie folgt: 

„Er hat mal wieder (November 1885, Zürich) ein neues 
Malmittel 'erfunden. Nach Tempera, Petroleum, reinem 
Leim, Fresko und Gott weiss was, braucht er nun einen 
Firnis, der wie reiner Leim aus dem Pinsel fliesst. Das 
erste Hild, welches er damit gemalt hat, ist in der Tat 
weniger spröd als andere, sondern weich, morbido, im Vor- 
trag an Tademas Marmor etwa erinnernd („Vinum Opti- 
mum**). Der Firnis besteht aus sechserlei: gekochtem 
Leinöl, Bernstein, Mastix, Balsam copaive, Petroleum und 
Terpentin, (Er hat in seinem Leben Kameen geschnitten, 
gebildhauert, farbige Skulpturen gemacht, Fresken gemalt, 
die alte Tempera wieder neu belebt, mit purem Leim, mit 
Petroleum etc. gearbeitet und nun benützt er wieder ein 
Malmittel, durch welches faktisch der Vortrag seiner letzten 
Bilder (seit dem,, Vinum optimum**) etwas besonders Weiches 
und Flüssiges erhalten hat. Es steckt noch ein Stück alter 
Künstlerschaft in ihm, die noch etwas gelernt und erfahren 
haben musste und den goldenen Boden selbsterworbener 
Technik hochachtete.)*' 

Fast zwei Jahre später ändert Böcklin immer 
noch an der Zusammensetzung seiner Firnisfarbe. 
Wir lesen bei Floerke (S. 165): 



Technik von 1887 und 1888. 119 

„(Mai 1887). Sein neuestes Malmittel ist halb Bern- 
steinfirnis, halb Kopalfimis.*) 

Schellack, Kolophonium, Kirschharz etc. sind Lacke 
jetzt lebende Harze. Im Gegensatz dazu die fossilen 
Harze: Bernstein und Kopal. Letztere sind die einzig 
brauchbaren, fast unveränderlichen, in schönen Stücken in 
gekochtem Leinöl geschmolzen.'* 

Der Zeitpunkt, da Böcklin die Malerei mit Firnis- 
farbe**) aufgegeben hat , ist nicht genau fixiert. 
Einer Nachricht bei Floerke zufolge mag es Mitte 
1888 gewesen sein, da Böcklin sich der Kirschharz- 
tempera zuwandte. »Jetzt (Mitte 1888) malt er mit 
Kirschharz und Wasser nach einem von Lessing mit- 
geteilten Rezept." Mit diesen wenigen Worten wird 
von der in technischem Sinne weittragendsten Aende- 
rung von Böcklins Malweise berichtet, die sich in 
Zürich vollzog. 

Aber so plötzlich und unvermittelt, als es viel- 
leicht den Anschein hat, war die Wandlung nicht 
eingetreten ; er kehrte nur zu seinen ^premiers amours" 



*) Nach Frei, S. 81, bestand die Mischung aus 2 V> Teilen 
Bemsteinfimis und ^/s Teil Kopalürnis. 

♦*) Von den Gemälden der Züricher Zeit mögen als in Fir- 
nisfarbe ausgeführt die folgenden erwähnt werden: Aus dem 
Jahre 1885: „Altröm. Maifeier**; Wiederholungen von „Schweigen 
des Waldes", „Toteninsel", „Heiliger Hain", ,,Ueberfall von See- 
räubern", „Burgruine^; aus dem Jahre 1886: „Herbstgedanken", 
„Spiel der Najaden*, „Meeresstille", „Sieh*, es lacht die Au", 
,Meeresidylle* ; 1888: „Vita somnium breve", „Frühlingshymne", 
„Heimkehr", ., Lebensinsel" ; 1890: „Armut und Sorge", „In der 
Gartenlaube"; 1892: „Antonius predigt den Fischen** u. a. 



120 XI. Züricher Zeit. 



zurück, als die ruhigere Zeit zum Wieder-Experimen- 
tieren es ermöglichte. Zweifellos hat ihn das Ver- 
langen getrieben, seine Farben so leuchtend wirken 
zu lassen, wie die Bilder der älteren Niederländer 
Roger van der Weyden, Dirk Bouts und der früheren 
Kölner Meister es zeigen. Stunden verbrachte er in 
den Galerien vor diesen Werken und er konnte, immer 
wieder von den Details und deren Schönheiten in 
Entzücken versetzt, sich kaum davon trennen. Sein 
langjähriger Freund und Mentor in kunsthistorischen 
Dingen, der mit der Literatur der ältesten Quellen 
für Maltechnik vertraute Dr. Adolf Bayersdorf er 
mag ihn schon in Florenz auf die Schriften des 
Theophilus Presbyter aufmerksam gemacht haben. 
Diese waren in Fachkreisen wohl längst bekannt,*) 
aber durch die neue deutsche Ausgabe mit der Ueber- 
setzung von Ilg (Wien 18/4, VII. Band der Quellen- 
schriften für Kunst- und Kunsttechnik des Mittelalters 
und der Renaissance) wurde die allgemeine Aufmerk- 
samkeit wieder intensiver auf diese älteste Quelle 
deutschen Ursprungs gelenkt. Vielleicht hat Böcklin 
schon in Florenz in der Art einiges versucht, da „Der 
Schatzhüter" als „Harztempera*-Malereiim grossen 
Verzeichnis (Nr. 273) angeführt ist und darunter wird 
vermutlich die Kirschharztempera zu verstehen sein. 
Was uns über Böcklins Kirschharztempera 



*) Die Ausgabe von de TEskalopier erschien 1843, eine eng- 
lische von Hendrie 1847. Lessing machte schon 1774 in seiner 
Schrift »Vom Alter der Oelmalerei aus den Theophilus Presbyter' 
auf den Kodex der Wolfenbütteler Bibliothek aufmerksam. Nach 
ihm Raspe (London 1781). 



,t* 



Technik des Theophilus Presbyter, 121 

überliefert wird, stammt hauptsächlich aus den Er- 
innerungen der Züricher Schüler des Meisters Albert 
Welti, Ernst Würtenberger und Otto Lasius, 
teilweise vereinigt in dem Buche von A^ Frey;*) er- 
gänzt werden diese Nachrichten durch gelegentliche 
Mitteilungen von Floerke, Bayersdorfer und briefliche 
Aeusserungen des Meisters selbst. Wir müssen aber 
von vornherein zwei Arten der Kirschgummi-Tempera, 
wie sie Böcklin verwendete, unterscheiden, nämlich 
die genau nach Theophilus ausgeübte und eine zweite 
modifizierte Form, nämlich die Kirschgummi-Emulsion. 
Die erste Art, die man durch die Abwesenheit 
von Oel- oder Firniszugabe die „magere" nennen 
könnte, ist im XXVII. Kapitel des Theophilus, das 
die Ueberschrift trägt : „Wie die Farben mit Oel und 
Gummi gerieben werden", wiedergegeben. Im 
zweiten Absatz — der erste handelt von der Oel- 
malerei, die wegen des langsamen Trocknens gar „lang- 
wierig und verdriesslich** ist — heisst es: 

„Wenn du aber deine Arbeit beschleunigen willst, nimm 
Gummi, welcher aus dem Kirschen- oder Pflaumenbaume 
hervorkommt, zerschneide ihn klein und gib ihn in ein Ton- 
geschirr, giesse reichlich Wasser darauf, setze es an die 
Sonne oder über ein leichtes Kohlenfeuer im Winter, bis 
der Gummi flüssig wird, und rühre ihn mit einem runden 
Holze fleissig. Dann seihe ihn durch ein Leinen, reibe die 
Farben damit und setze sie auf. Alle Farben samt ihren 
Mischungen können mit diesem Gummi gerieben und auf- 
gesetzt werden, ausser Minium, Bleiweiss und Karmin, die 
mit £ikläre zu reiben und aufzusetzen sind . . .^^ 



*) Arnold Böcklin. Nach den Erinnerungen seiner Züricher 
Freunde. Stuttgart und Berlin 1903. S. 80—87. 



122 XI. Züricher Zeit. 



Im folgenden Kapitel XXVIII „Wie oft die 
Farben aufzusetzen sind", heisst es: 

„Alle mit Oel oder Gummi gemahlenen Farben darfst 

du dreimal auf Holz setzen. Ist die Malerei fertig und 

trocken, so überstreiche das an die Sonne gebrachte Werk 

mit jenem Firnis (Vemition) und sobald er von der Wärme 

abzufliessen beginnt, reibe ihn leicht mit der Hand und tue 

es zum dritten Male und lasse es dann gänzlich trocknen.^' 

Unter dem „Vemition** ist ein durch Lösung von 

Harzen in Leinöl hergestellter Firnis zu verstehen. 

(Kap. XXI.)*) 

Dieses Theophilus-Rezept ist für die Tempera- 
malerei der Angelpunkt, von dem Böcklin bei seinen 
weiteren Versuchen ausging und deren er sich von 
nun an immer mehr bediente. Nach den Angaben 
von Würtenberger hätte der Meister die Kirschharz- 
tempera in folgender Art bereitet (a. a. O. S. 11): 

„Das Malmittel, mit dem er auch die Farben anrieb, 
bereitete er sich selbst und zwar auf folgende Weise: An 
Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichbäumen ausgetriebenes Harz 
wurde durch Destillieren [soll wohl heissen: Auflösen] an 
der Sonne gelöst, oder aber durch Kochen über dem 
Feuer, und zwar nicht direkt über dem Feuer, sondern im 
Wasserbade. Die aufsteigenden Unreinheiten wurden ab- 
geschöpft und, nachdem das Harz ganz gelöst war, wurde 
die Flüssigkeit filtriert und dann zu neun Teilen mit einem 
Teil Petroleum, Terpentin und Balsam Copaivae gemischt. 
Die Mischung, die übrigens leicht ins Brennen gerät, wurde 



♦) Die Theophilus-Technik ist als die Technik des 12. bis 
14. Jahrhunderts anzusehen. Da Blei weiss und alle Mischungen 
dieser Farbe mit Eikläre angerieben wurden, ist die Technik 
eigentlich nichts anderes als eine gefirniste Miniaturmalerei. 
Vergl. meine Entwicklungsgeschichte der Maltechnik, III. Folge 
(Mittelalter) S. 48 ff. 



Rezept für Kirschharztempera« 123 

noch einmal aufgekocht, während wiederum die aufge- 
triebenen Unreinheiten abgeschöpft wurden.*) 

Mit dieser Emulsion rieb nun Böcklin die Farben an. 
Er malte zum Teil mit ihr, zum Teil mit Wasser. Zwischen 
hinein fimiste er gelegentlich mit Balsam Copaivae und 
darüber malte er wieder mit der Emulsion. Für Weiss nahm 
er dieses Bindemittel nicht, sondern geschlagenes Biweiss, 
das wieder flüssig geworden war. 

Diese Malerei passte ihm vollkommen für seine Zwecke : 
Leuchtende Farben, Klarheit bis in die tiefsten Dunkelheiten, 
Möglichkeit der zeichnerischen Vollendung. Vor allem ver- 
langt diese Farbe Präzision, ein Herumtasten bezw. 
„Schmieren**, wie die Oelfarbe es erlaubt, gibt es nicht." 

Im Vergleich mit dem oben angeführten Rezepte 
des Theophilus hat Böcklin an der Kirschgummitempera 
eine eingreifende Veränderung durch die Beigabe 
von Petroleum, Terpentin (ob Terpentinessenz oder 
venet. Terpentin ist fraglich) und Balsam copaivae 
vorzunehmen für gut befunden ; und die Gründe hie- 
für sind leicht einzusehen, weil er durch diese Bei- 
gaben und innige Verrührung derselben eine Art Emul- 
sion herstellte, die eine Verwandtschaft mit seinem 
Zwischenmedium, dem Balsam copaivae, hatte. Die 
Schichten konnten sich dann besser aneinanderschmie- 
gen als bei der Oelfirniszwischenschicht des Theo- 
philus. Einschlägige Versuche lehren, dass Kirsch- 
gummi allein sehr leicht Sprünge verursacht, beson- 



*) Dass sich Frau Böcklin als eine Meisterin in der Her- 
stellung dieses Bindemittels erwies (s. Frey, S. 83), ist nicht zu- 
treffend. Sie wählte nur die hellsten Stücke mit Sorgfalt aus und 
löste sie in W^asser auf, um ein möglichst klares Bindemittel zu 
erhalten (Mitteilung von Carlo Böcklin). 



124 XI. Züricher Zeit 



ders wenn die gefirniste Unterschichte nicht völlig 
getrocknet war.*) Bei dem obigen Bindemittel ist dies 
weniger zu befürchten. Aus der in der Anmerkung ver- 
zeichneten Variation (Mastixfimis an Stelle von Terpen- 
tin, Emulsion von Eiweiss mit Mastixfirnis zur Ueber- 
malung etc.) ist ersichtlich, dass ein bestimmtes Rezept 

*) Einer freundlichen Mitteilung eines Kollegen, der mit 
Würtenberger in Zürich in näherem Verkehr stand, verdanke ich 
die folgenden detaillierten Angaben über die Bereitung des KLirsch- 
harz-Bindemittels : 

1. Kirschharz zerstossen und circa 24 Stunden in Wasser 
aufquellen lassen. 

2. Etwa Vs Stunde im Wasserbad kochen, bis das Harz voll- 
ständig aufgelöst ist. 

3. Erkalten lassen und durch ein feines Sieb seihen. 

4. ^/lo von der erkalteten Kirschharzlösung wieder zusammen- 
geschüttet mit ^/lo, das aus Petroleum, Balsam copaivae 
und Mastixfirnis zu gleichen Teilen besteht. 

5. Diese Emulsion (?) circa 20 Minuten vorsichtig kochen. 
Die Farben werden mit diesem Bindemittel angerieben 
ausser Weiss, das mit geschlagenem Eiweiss ange- 
rieben wird. 

Firnis bezw. Zwischenfirnis: Balsam copaivae und Mastix- 
firnis 1:1. 
Uebermalung: 

Das Klare des Eiweiss, nachdem es geschlagen war, 
wird mit der Hälfte bis •/♦ oder mehr von dem oben- 
genannten Firnis vermehrt. Genaues Mass kann nicht 
gegeben werden, da der Wassergehalt des Eiweiss in 
jedem Ei verschieden ist. 

Man kann auch mit Kirschharzmedium übermalen, nur 
muss der Firnis vollständig trocken sein. 
Nach einer weiteren Mitteilung hatte Würtenberger diese Re- 
zepte nicht von Böcklin direkt, sondern durch den Maler Änets- 
berger erhalten. 



Magere und fette Tempera. 125 

für diese Art der Technik nicht existierte. Böcklin verän- 
derte fortwährend, vielleicht auch bei ein und demselben 
Bilde. Aber durch alle diese Versuche wurde er mit 
den Eigenschaften der Kirschharz tempera so vertraut, 
wie wohl kein Maler vor ihm. 

Was Frey von dem Wesen der Emulsion oder der 
sog, Oeltempera berichtet, entspricht vollkommen 
den jetzt allgemein angenommenen Grundlagen über 
diese Mischung von wässerigen und öligen Bindemitteln 
(8. S. 83); nur wäre gegen den Satz: „Als Böcklin in 
der mageren Tempera heimisch geworden war, lockte 
es ihn 1889, auch die fette zu ergründen", einzu- 
wenden, dass die von Böcklin gebrauchte Kirschharz- 
tempera schon eine Form der „fetten" Tempera war, 
da er die mit Wasser nicht mischbaren Mittel, Balsam, 
Terpentin oder Firnis, durch den Gummi emulgierte. 
Frey gibt darüber Aufschlüsse, die zum grossen 
Teil mit meinen Ausführungen über die „Oeltempera"*) 
übereinstimmen. Ich lasse hier diese Sätze folgen, weil 
sie zur Erklärung der ganzen Technik beitragen: 

„Magere Tempera nennt man die schon erwähnten 
klebrigen, mit Wasser mischbaren Bindemittel, womit die 
Farben angerieben wurden, und dann die mit den Binde- 
mitteln gemischten Farben selbst. Fügt man nun diesen 
Bindemitteln [durch inniges Verrühren] noch Oel oder Oel- 
firnisse bei (Oelfirnisse heissen gekochte Oele und solche, 
denen Harze beigemischt sind), so erhält man die fette 
Tempera, oder wie sie auch wegen des ihre ganze Art 
bestimmenden Zusatzes heisst, die Oeltempera. 

*) Vergl. den Abschnitt »Die Oeltempera. Ein Versuch zur 
Lösung der Frage von der «Erfindung der Oelmalerei* durch die 
Brüder van Eyck**, in der 111. Folge meiner Entwicklungsgeschichte 
der Maltechnik, München 1897, S. 219. 



126 XI. Züricher Zeit. 



Hergestellt wird die Oeltempera vermittels der soge- 
nannten Emulsion, weswegen sie auch Emulsionstempera 
heisst. 

Emulsion ist eigentlich eine künstlich bereitete Milch. 
Sie entsteht durch Zerreiben eines jeden ölreichen Samens 
mit wenig Wasser, ebenso durch Feinreiben fettartiger 
Stoffe mit klebrigen, wasserlöslichen, wie z, B. Gummi. 
Diese klebenden Stoffe, welche auch in den Samen ent- 
halten sind, gestatten nämlich, Fette und Oele so fein zu 
zerteilen , dass die einzelnen Tröpfchen sich nicht mehr zu 
vereinigen vermögen, sondern, durch Wasser getrennt, 
schweben bleiben. Die auf diese Weise entstandene 
Mischung ist weiss, wie jede innige Mischung farbloser 
Stoffe, die das Licht verschieden brechen. 

In der Natur sind solche Mischungen sehr häufig; alle 
Milch der Säugetiere z. B. besteht aus einer Emulsion des 
Rutterfettes mit Kasein. Femer sind im Eidotter ein eiweiss- 
artiger Stoff, das Vitellin, und das Eieröl emulgiert. Das 
Vitellin besitzt, was für den Maler unter Umständen wichtig 
ist, eine solche emulgierende Fähigkeit, dass es ausser dem 
im Dotter enthaltenen Oel noch ein Quantum zu binden 
vermag, das ungefähr dem Gewicht des ganzen Eidotters 
entspricht. 

Man gewinnt eine Oelemulsion, indem man zum Beispiel 
einenTeil pulverisierten Gummi [arabicum] unter allmählicher 
Zugabe von 17 Teilen Wasser mit zwei Teilen Oel verreibt. 
Die Zahl der Oelemulsionen und damit diejenige der Oel- 
temperarezepte ist nahezu unbegrenzt, so dass neue Ver- 
bindungen und Varianten in grosser Menge möglich sind. 

Zu den Kennzeichen einer guten Oeltempera gehört das 
feste und das rasche Auftrocknen. Dieses rasche Auf- 
trocknen bildet einen ihrer Vorzüge, aber nicht den einzigen. 
Sie ermöglicht nämlich auch, da man die mit ihr ange- 
riebene Farbe sehr verdünnen kann , eine häufige Ueber- 
malung und ein rasches Arbeiten zugleich, weil man, wenn 
man die Temperaschicht mit einer Oel- oder Oelfirnislasur 
überzogen hat, auf dieser Lasur, selbst wenn sie noch nass 



Oeltempera (Emulsion.) 127 

ist, (vieder Tempera auftragen kann.*) Sie gewährt femer 
gegenüber der mageren Tempera insofern ein leichteres 
Schaffen, als man mit der beliebig zu verdünnenden Farbe 
sehr ins Detail gehen und ausführen kann. Oeltempera ist 
auch gegen Feuchtigkeit und Wasser gefeit wegen des Oel- 
gehaltes und die mit ihr gemalten Bilder erhalten sich 
besser als Oelbilder, weil die Oeltemperafarben nur etwa 
den vierten Teil enthalten von dem Oelquantum der ge- 
wöhnlichen Oelfarben, somit vor Vergilbung und Trübung 
eher geschützt sind. 

Mit einem Worte, man darf sagen, dass die Oeltempera 

die Vorzüge der mageren Tempera und der Oelmalerei 

vereinigt, wie sie deim auch aus der Verbindung dieser 

beiden hervorgegangen und recht eigentlich ihr Kind ist. 

Denn die beiden sind älter als sie.'< 

Dieses Loblied Freys auf die Oeltempera ist nur 

dann berechtigt, wenn die Technik auch in dem Sinne 

der frühmittelalterlichen Meister angewendet wird. 

Aber Böcklin war es ja gerade darum zu tun. Frey 

sagt (S. 84) : „Als er sich anschickte, der Oeltempera 

ihre Geheimnisse abzuringen, hatte er sich ein ganz 

bestimmtes Ziel gesteckt:'* 

„Er wollte die sieben Siegel lösen vom geheimnisvollsten 
und zugleich verlockendsten Mysterium der gesamten Mal- 
technik, nämlich von der Eycktechnik. Dass diese Oel- 
malerei gewesen sei, das gehörte für ihn seit langem zum 
Köhlerglauben. Er hielt sie für eine vielleicht mit Firnis- 
malerei kombinierte Oeltempera, was sie wohl . . , .♦♦) auch 
gewesen ist . . . .** 



*) Dazu gehören allerdings gewisse Vorsichtsmassregeln und 
die geeigneten Emulsionen. Mit Gummi - Oel - Emulsion wird 
dies viel schwieriger zu machen sein als mit Ei- oder Kasein- 
Emulsionen. 

*♦) Frey nimmt an dieser Stelle in sehr anerkennender Weise 
auf die Untersuchungen und Versuche des Verfassers Bezug. Es sei 



128 XI. Züricher Zelt. 



,,Das ganze Unterfangen wurde ihm natürlich dadurch 
erschwert) dass er auf keiner handwerklichen Tradition und 
Atelierpraxis weiterbauen konnte, sondern alles gleichsam 
von vom anzufangen gezwungen war. Daraus erklärt sich 
das teilweise Misslingen seiner ersten Versuche. Er erfuhr 
nämlich mit einer Emulsion von Eiweiss und Leinöl und 
mit einer anderen, von Kirschgummi und Leinöl, was später 
Berger *) bei ähnlichen Versuchen auch erlebte ; die Gummi- 
öltempera knäult beim Malen zusammen und wird so trocken, 
dass sie mit der gleichen Tempera nicht wieder übergangen 
werden kann, das heisst die Farbe perlt und tränt, der 
Untergrund ninmit sie nicht an, wie sie denn auf getrock- 
netem Oelgrund schlecht, auf feuchtem gar nicht haftet. 

Ganz anders die Eigelböltempera. Sie ist selbst auf 
auf nassem Oelgrund [d. h. mit Gel angefeuchtetem] leicht 
aufzutragen. Aber Böcklin besass, wie gegen das Nussöl, 
das sich zur Emulsion besser eignet, als das von ihm ver- 
wendete Leinöl, eine entschiedene Abneigung gegen das 
Eigelb. Und offenbar infolge dieser Abneigung hat er sich 
nie zur Eigelbtempera entschlossen.**) 



gestattet zu erwähnen, dass diese Versuche ganz ohne Kenntnis 
der Böcklinschen vorgenommen wurden. Sie sind zuerst rer- 
öffentlicht worden in der Zeitschrift für bildende Kunst (Neue 
Folge, VI. Heft 8 u. 9, 1895), dann ausführlich beschrieben in der 
oben zitierten 111. Folge meiner Entwicklungsgeschichte der Mal- 
technik (München, 1897). 

*) Was hier folgt, bezieht sich auf die oftmals beobachteten 
Unterschiede zwischen der Gummi-Oeltempera und der Ei-Oel- 
tempera. Die oben angegebenen Mischungen hatte Böcklin 
übrigens meist viel später und zwar 1896 und 1897 verwendet. 
Vgl. den I. Abschnitt S. 5 und 6. 

**) Diese Angaben sind irrig. Böcklin hatte die „Kreuzab- 
abnahme' 1876 bereits mit Eigelb- und Oelfirnis-Emiilsion gemalt. 
Die Abneigung gegen Eigelb ist darauf zurückzuführen, dass 
Eigelb einen Farbstoff enthält, der auf alle hellen Farben mehr 



Kirschgummi-Emulsionen. 129 

Er begann vielmehr zu kombinieren, indem er mit der 
Gummitempera des Theophilus untermalte, mit Eikläre 
oder Firnis fixierte und mit Farben fertig malte, die mit 
Bernsteinfirnis, Parabalsam (Kopaivabaltam) und etwas Pe- 
troleum gemischt waren, also mit Fimisfarben .... 

Um die Emulsion zu konservieren und die Fäulnis dei 
Bindemittel zu verhüten, tat er nur sehr wenig ; mit Eigelb, 
das sich am leichtesten zersetzt [nicht leichter als Eiklar I) 
malte er, wie Albert Welt berichtet, wenigstens bis 1890 
nicht [vergl. die Anmerkung] und, wie schon bemerkt, offen- 
bar auch später niemals; Kirschgummi fault nur langsam 
und war ja durch den Zusatz von Terpentin, Kopaivabalsam 
und Petroleum, sowie durch das erneute Aufkochen vor 
Verderbnis geschützt. Ueberdies schloss ihn Böcklin im 
Gefäss vor der Luft durch eine dünne, darübergegossene Oel- 
schicht ab. Eikläre muss immer frisch geschlagen werden 
und trocknet, wenigstens in kleinen Quantitäten, eher stein- 
hart auf, als dass sie verdirbt; zudem hat Böcklin in den 
letzten Jahren Borax unter das Eiweiss genommen, aller- 
dings nicht nur, um der Fäulnis vorzubeugen, sondern auch, 
um dem Bindemittel mehr Konsistenz verleihen. Uebrigens 
war er gegen allfällige Düfte der Malmittel nichts weniger 
als verzärtelt und lachte über die Maler, die mit Wohlge* 
rüchen malen.'' 

Wenn man einen strengeren Masstab an die oben 
beschriebenen vielfachen Variationen der Gummi- 
Emulsion anlegt und durch einschlägige Versuche sich 
über deren Zweck vergewissert, dann kommt man zu 
dem Resultat, den Begriff der Emulsion etwas erweitern 
zu müssen. Eigentliche Emulsionen sollten, einmal 
mit Wasser verdünnt, in dem suspendierten Zustande 
verbleiben. Dies ist bei den Kirschgummi-Emulsionen 

oder weniger Einfluss haben wird. Böcklin wusste dies ganz 

gewiss aus seinen vielfachen früheren Versuchen mit Eitempera 
in München und Florenz. 

Berg er, Bdcklins Technik. 9 



130 XI. Züricher Zeit. 



mit den obigen Zusätzen meistens nicht der Fall, die 
öligen Teile scheiden sich nach kurzer Zeit wieder ab, 
es entstehen Schichtungen. Auch die zweite Be- 
dingung, die Unempfindlichkeit gegen Wasser, die bei 
richtig hergestellten Emulsionen nach einiger Zeit zu 
bemerken ist, lässt bei vorherrschendem Gummianteil 
sehr zu wünschen übrig. Diese Einwände treten je- 
doch bei Böcklins Emulsionstechnik in den Hinter- 
grund, weil er erstens sein Farbenmaterial täg- 
lich frisch bereitete, also die Gefahr der Ab- 
scheidung der fetten von den wässerigen Bestandteilen 
vermieden wurde und überdies angenommen werden 
kann, dass die richtige Emulsion während des 
Reibens der Farben vor sich ging. Auf die Unemp- 
findlichkeit der getrockneten Malerei gegen Wasser 
brauchte er nicht viel Gewicht zu legen, weil die 
Fimisschichte der Uebermalung genügenden Schutz 
geboten hat. 

In der Züricher Zeit sind (nach den Angaben des 
Verzeichnisses) folgende Bilder in Tempera gemalt: 
339. Selbstbildnis mit dem Weinglas; 352. „Su- 
sanna im Bade"; 360. „Kampf auf der Brücke* 
(skizzenhaft, Harztempera); 361. Wiederholungeines 
Bildnisses von Gottfried Keller; 363. das Tryp- 
tichon „Marien sage" (hievon auch die erste Fas- 
sung des Mittelbildes); 367. „Venus Anadyomene*; 
369. „Die Freiheit"; 375. „Landschaft zu einer 
Jagd der Diana'* (umgestaltet 18%). 

Als Böcklin an dem Bilde „Mariensage" arbeitete, 
glaubte er eines Tages auf der Bildfläche eine Menge 
kleiner Sprünge zu bemerken und war darüber so er- 



Albert Weltis Notizen 131 

regt, dass er (nach Maler Landsingers Erzählung) die 
Nacht schlaflos verbrachte. Die Risse haben sich aber 
nach dem Firnissen nicht wieder gezeigt. 

Im Anschlüsse an die Bemerkungen über die 
Technik Böcklins während des Züricher Aufenthaltes 
tnögen hier noch ein paar Sätze beigefügt werden, 
-die einem kleinen Aufsatze Albert Weltis, betitelt 
^Bei Böcklin"*) entnommen sind. Welti war im 
Jahre 1888 und 1889 als Schüler und Famulus in des 
Meisters Atelier tätig und berichtet über seine Arbeit 
4es Farbenreibens, Grundierens der Maltafeln, über 
4ie Bereitung des Kirschharzgummis u.a.; er malte in der 
gleichen Technik und war auch Zeuge der Wandlung 
innerhalb der neu aufgenommenen Temperatechnik. 
Böcklin war damals mit dem Tryptichon „Mariensage** 
{links die Geburt Christi; in der Mitte die thronende 
Madonna und rechts der Abschied Jesu von Maria) 
l)eschäftigt, dies alles in Tempera, ausserdem arbeitete 
•er an der „Cimbernschlacht", welche einmal „sehr farbig 
schön war, die er aber später in Nebel hüllte, um die 
Situation besser zu erklären.* 

Daran knüpft Welti folgende Bemerkung über 
Kias technische Verfahren während dieser Zeit: 

„Nach einem viertel- oder halben Jahr machte der Meister 
schon eine kleine Schwenkung in der Technik; er suchte 
das Eiweiss, das er für die Mischungen mit Weiss benützte, 
mit Oel bezw. Firnis zu emulsionieren, was aber nicht gut 
ging. Ich machte die Schwenkung natürlich auch mit, und 
bald darauf auch die teilweise Rückkehr zur Oel-, bezw. 
Firnismalerei, welche einen nach den Strapazen des Tem- 

*) Im Böcklinhefte des ,Kunstwart*, 14. Jahrg., Heft 9, 
i^ebruar 1901. S. 400. 

9* 



132 XI. Züricher Zeit. 



pera- und besonders des Emulsionsfeldzuges recht erfrischte 
und wieder recht im freien Schaffen ergehen Hess. Hätte 
der Meister sich damals entschliessen können, statt Eiweiss 
Eigelb zur Emulsion zu nehmen, wäre alles ganz leicht ge- 
gangen, aber er hatte mit dem Eigelb allein schlechte Er- 
fahrungen gemacht.' 

„Das Springen der Farbe war immer noch die Haupt« 
kalamität der Tempera. Einer kleinen Madonna, an welcher 
ich mit grosser Liebe malte, war schliesslich durch die 
täglichen freilich ganz berechtigten Einsprachen des Meisters 
stückweis von der Tafel der Grund mit der Malerei ab- 
gefallen, einmal sah sie ganz ordentlich aus. Dann kamen 
die Emulsions- und Fimiswehen, und die Frische war zum 
Teufel. So ging es schliesslich mit allem, was ich anfing» 
zuletzt waren gewöhnlich bloss noch die Knochen übrig. 
Auf den Vorwurf des Meisters, dass ihm doch nichta 
springe, zeigte ich ihm boshaft eine Stelle auf seinem Ma- 
donnenbilde, di2 ich beobachtet hatte, als ich, wie oft in 
seiner Abwesenheit, vor seinen Bildern stand. Es war 
wirklich auch eine abgefallene Stelle, er musste es selbst 
zugeben. Die Tempera wurde aber nie ganz aufgegeben,, 
sie wurde zur Untermalung beibehalten. Von den Farben 
musste ich ihm nur noch Bleiweiss in Firnis reiben, und 
zwar hatte er an einer kleineren Tube ein halbes Jahr oder 
noch länger genug. Die übrigen Farben bereitete er sich 
immer selbst täglich auf der Palette in sehr kleinen Mengen,, 
wenn er so zwischen 9 bis 10 Uhr ins Atelier kam . . . ."^ 




XII. 

Letzte Periode. Die alten Meister. Florenz und 
Ssui Domenico. 

einer durch den Schlaganfall im Früh- 
jahr 1892 schwer betroffenen Gesundheit 
wegen gingBöcklin wiederholt an dieRiviera, 
hielt sich dann zwei Jahre in Florenz auf 
und nachher hat er sich in nächster Nähe von Florenz, 
in S. Domenico, dauernd sein Heim geschaffen» Aber 
immer und überall beschäftigt ihn das liebgewordene 
Problem, wie die alten Meister zu malen, und er glaubte 
in der Tat der Lösung dieses Problemes durch seine 
letzten Erfahrungen näher gekommen zu sein. 

Ein Brief, der schon S. 21 u. 35 erwähnt wurde, 
gestattet einen deutlichen Einblick in den Gedanken- 
gang, der ihn zu der Theophilus-Technik führte. Wir 
lassen ihn hier (nach Mendelsohn S. 217) folgen: 

„2. Oktober 1893. S. Terenzo Golfo di Spezia. 
Lieber Freund I 

Von meiner neuen, vielmehr alten Malweise kann ich 
Dir nur soviel melden, dnss sie nach der Vorschrift des 
Theophilus Prebyter ist, der circa um das Jahr 1000 
gelebt haben soll. Kirschgummi und Ei weiss das ge- 



134 XII« Letzte Periode. Florenz und San Domenico. 

schlagen wird, sind die Bindemittel und Harz (Mastix,. 
Kopal) mit Leinöl der Ueberzug. Damit haben zweifel- 
los Holbein, Dürer, Pietro Perugino und Raifael gemalt. 
Mit Geduld und Aufmerken musste die Sache verfolgt 
werden ; denn gleich anfangs geht es eben nicht, da alle 
möglichen Schwierigkeiten sich entgegenstellen. Mit- 
teilung aller dieser Hindemisse ist durchaus fruchtlos» 
So kann Niemand z. B. ein Brett mit Kreide und Leim 
gründen, ohne dass der Grund sofort reisst. Was hilft 
da eine Vorschrift. So sagt Theophilus bei der Gelegen- 
heit der Mischung von Farben mit Gummi : ,,Dann mische 
genug Gummi dazu. Nun wirst Du aber fragen: Wie- 
viel wird genug sein? Ich antworte: Darum hat Dir 
Gott den Verstand gegeben usw.**) Wie oft habe ich 
an diese Worte denken müssen I Und wie oft muss ich 
sie wiederholen, wenn einer klagt, dass ihm dieses oder 
jenes passiert sei. Ich bin aufgefordert worden, mein 
Geheimnis schriftlich zu veröffentlichen, von der Re- 
daktion eines Kunstblattes. Ja, wenn das ginge. Der 
erste Erfolg einer solchen Mitteilung wäre, dass ich von 
sämtlichen Malern, die reinfallen, verflucht und ver- 
wünscht würde. Dazu gehört anhaltender Unterricht 
folglich eine Schule, eo ipso mit Schülern. Solltest 
Du etwa nach näheren Mitteilungen schmachten, was ich 
nicht vermute, da Du schon genug hast,, so bin ich zu 
näherem Eingehen bereit. 

Auch glaube ich erwähnen zu müssen, dass die 
Leuchtkraft der Farbe daher kommt, dass das Oel sein 
Volumen wenig verändert und mit der Zeit seine Durch- 
sichtigkeit verliert, während der Gummi durchsichtig 
bleibt und bei unveränderlicher Bindekraft das Volumen 
des Wassers ausdunstet, so dass die damit gemischten 
Farbkörperchen viel näher beieinander auf der Oberfläche 
sichtbar sind. 



*) Diese Stelle findet sich weder an dem angegebenen Orte, 
noch überhaupt bei Theophilus, sondern in Cennino Cennini. 



Die „alten Meister«. 135 



Mische einmal versuchsweise eine Farbe mit Gummi 
und firnisse sie, dann eine ebensolche mit Oel und 
• der Unterschied wird sich mit der Zeit immer mehr 
zeigen. — 

Für heute genug? .... 

Herzlichen Gruss 

Dein A. Böcklin.« 

Die „alten Meister" und die Klarheit und Durch- 
sichtigkeit ihrer Farben, die hatten es ihm angetan! 
Auf der Höhe der Meisterschaft zeichnete er seine 
Stellung zu dieser Frage und die Ziele, die er ins 
Auge gefasst hatte, ungefähr folgendermassen (Frey, 
Seite 101); 

„Die reinen Temperabilder des vierzehnten und fünf- 
zehnten Jahrhunderts haben sich am frischesten erhalten 
und besitzen eine unveränderte Klarheit. Ueber Dauer und 
Schönheit der Farbe kann man sich also nur bei diesen 
Alten Rats erholen, ganz besonders bei den Brüdern van 
Eyck. Indem diese den Zauber der Fimislasuren entdeckten, 
das heisst die Schönheit der in dünner Schicht über einen 
Kreide- oder Gipsgrund gezogenen Fimisfarbe, und bei 
späteren Versuchen auf die Emulsionstempera gerieten, er- 
richteten sie ein sicheres Malsystem, ' das die f einge- 
stimmteste Farbenpracht mit höchster Plastik vereinigte 
und vor allem ein feineres Abstimmen der Farbe ge- 
tattete als die pure Gummitempera. An diesem System 
hielten die Maler der Frührenaissance fest, bis dann Lion- 
nardo da Vinci kam. Er warf das Halbdunkelproblem in 
die Malerei, das eigentlich ein plastisches und gar kein 
malerisches Problem ist. Dadurch wurden viele Maler 
gegen die Farbe mehr und mehr gleichgültig. Das Halb- 
dunkel steht noch heute im Vordergrund und herrscht als 
Luftperspektive. Ihr opfern die Maler eine kräftige deko- 
rative Wirkung. Diese ist aber eine erste Anforderung 
an ein Bild. Will man die dekorative Wirkung nicht, so 
genügt ja das Zeichnen und ein kleineres Format. Solange 



136 XII. Letzte Periode. Florenz und San Domenico. 

man den Van Eycks folgte, blieben die Farben durchaus klar, 
trotz der gilbenden Wirkung des Oels, wovon man allerdings für 
die Lasuren nur eine geringe Menge brauchte. Er§t später 
scheint man dazu gelangt zu sein, das deckende Oelweiss und 
seine vielfaltigen Mischungen mit den anderen Farben (die 
sogenannten Tinten) zu verwenden. Wie weit man es seit- 
dem gebracht hat, sieht man ja : je dicker die Farbe, desto 
mehr Oel war vonnöten, und so ist es dsnn kein Wunder, 
wenn die Bilder gelb, schwarz imd unscheinbar werden. 
Die Unsolidität hat bis in unsere Tage grössere Fortschritte 
gemacht. Neuere Bilder haben sich nicht so viele Jahr- 
zehnte gehalten, als die der alten Meister Jahrhunderte. 
Zu diesen alten Meistern müssen wir also zurück.* 

Es trieb ihn immer wieder zu den alten Meistern, 
deren Technik für ihn der Inbegriff der Vollendung- 
und das alleinige Ziel seiner technischen Versuche 
der letzten Jahre war. 

F 1 o e r k e überliefert eine ähnliche Aeusserung 
von 1889, die hier im Anschluss beigefügt sei (S. 166): 
„ ... er bewies mir überzeugender als je in der Alten 
Pinakothek (München), dass die ganze van Eyck- 
Schule, trotz aller auf Oel lautenden Kontrakte, dass 
Dürer in den meisten Fällen nicht, dass Rubens nicht und 
Tizian nicht in unserem Sinne mit Oel gemalt haben können. 
Pinselstrich, Flüssigkeit, nachweisbare Schnelligkeit der 
Uebermalung, Farben, die es in Oel nicht gibt etc. Eine 
Reihe von Farben, die noch Dürer hat, sieht er mit Neid 
— wir haben sie nicht mehr. So etwas ist etwa durch 
Zufall gefunden und — einmal verloren gegangen — braucht 
es einen neuen Glücksfall. Ueberall bedauert er die Unter- 
brechungen in der Ueberlieferung. So hat er denn auch 
einen Heidenrespekt vor allen schriftlichen Rezepten des 
Altertums. Denn dass die Alten auch in der Malerei mit 
vollem Bewusstsein viel gewusst und gekonnt haben, ist 
ihm ganz klar.** 



f 



Technik der letzten Zeit. 137 

Diese Ansichten hatten sich bei Böcklin völlig fest- 
gesetzt — Anfänge davon sind allerdings schon in 
Schicks Aufzeichnungen zahlreich vorhanden — so 
dass es nicht Wunder nehmen kann, wenn er der end- 
lich gewonnenen Ueberzeugung bis zu seinem Ende 
treugeblieben ist und unablässig an der Verbesserung 
seiner Temperatechnik tätig war. Starke Wandlungen 
sind es freilich nicht, sondern immer nur Varianten 
innerhalb ein und derselben Sache. Dabei hat es 
wenig zu bedeuten, wenn eine Zeitlang statt des 
Kirschgummi Eiklar mit gebleichtem Leinöl emulgiert 
wird, wie es Bayersdorf er im Mai 1897 berichtete, 
oder ein Jahr darauf wieder Kirschgummi mit Kopaiva- 
balsam bevorzugt wurde. „Als feststehend darf 
jedoch angenommen werden, dass Böcklin wohl nie 
ein Bild mit Tempera fertig gemalt hat. Zum Schluss 
kam immer irgend eine Firnislösung zur Verwendung, 
mit welcher er meist die Farben selbst anrieb.***) 

Als Carlo Böcklin im Jahre 1894 zu seinem 
Vater in die Lehre trat, malte er mit einer Mischung 
von Kirschgummi, Kopaivabalsam und ein wenig Nuss- 
öl, die jedoch den Anspruch auf richtige Emulsion 
nicht erheben konnte, indem die einzelnen Teile im 
Laufe der Arbeit durch Umrühren gemengt wurden 
und ein Abscheiden der Teile nur durch immer wieder- 
kehrendes Umrühren einigermassen zu vermeiden war. 
Dabei muss erwähnt werden, dass im Verhältnis zum 
Kirschgummi nur wenig Balsam und noch weniger 

*) Diese und die folgenden Nachrichten stammen von des 
Meisters Sohne, Carlo, welcher mir dieselben in liebenswürdigster 
Weise zur Verfügung stellte. 



138 XII. Letzte Periode. Florenz und San Domenico. 

Oel zur Verwendung kam. — Die richtige Emulsion 
entstand also wohl erst beim Anreiben der Farben. 

Damit malte Böcklin bis beiläufig 1897; dann kam 
eine andere Emulsion zur Verwendung, bestehend aus 
arabischem Gummi und Kopaivabalsam, die 
aber diesmal, um die Teile richtig zu bemessen, durch 
den Apotheker hergestellt wurde. Hierbei sei betont, 
dass auch damit die Bilder niemals fertig gemalt wur- 
den, sondern dass der Meister zur Beendigung stets 
Firnisfarben nahm. Mit dieser Emulsion hat der Meister 
bis zu seinem Tode gemalt. 

Ob Böcklin in diesem letzten Rezepte des Rätsels 
endgültige Lösung gefunden hat, ist nach einer Be- 
merkung am Schlüsse der mir zugesandten Nachricht 
von Carlo Böcklin fraglich, denn eine allen Bedürf- 
nissen entsprechende Tempera zu finden, scheint ihm 
nicht geglückt zu sein. Soviel ist aber sicher : auf 
dem einmal betretenen und von ihm als richtig erkannten 
Wege ist er vorgeschritten und hat, allerSchwierigkeiten 
ungeachtet, sein möglichstes getan, durch künstle- 
rische Taten seinen Worten Recht zu verschaffen.*) 

*) Es bleibt uns hier noch übrig, einzelne von Böcklins 
Werken anzuführen, die in der letzten Periode seines Schaffens 
in der geschilderten Art gemalt wurden. In Florenz 1893/95 
sind entstanden: Verz. Nr. 387. ^Melpomene** erste Version, 
Tempera, Holz; 388. „Francesco da Rimini**, Gummitempera, 
Leinwand; 390. „Venus gcnetrix**, Tryptichon, Tempera, Holz. 
In Fiesole 1895 ausser den Wandmalereien in der Loggia und 
3 Supraporten in Tempera (auf Leinwand und Papier) : 398. „Land- 
schaft mit Jagdzug der Diana**, Tempera, Holz; 399. „Der Krieg**; 
401, „Pan und Dryaden**, Tempera, Leinwand ; 403. „Melpomene**, 
Tempera**, Holz; 404. „Kapelle"; 405. „Orlando furioso**; 406. „Der 
heil. Petrus**; 407. »Die Pest*'. Die letzteren Bilder sind unvol- 
lendet geblieben. 



XIII. 

Technische Einzelheiten. Grundierung der Lein- 
wand und der Holztafehi. Böcklins Palette. 






eich grossen Wert Böcklin auf die Unterlagen 
verwendete, ist schon angedeutet wor- 
den. Das Korn und die Färbung der 
yoKWsJ^y^ Leinwand waren für ihn immer von beson- 



derer Wichtigkeit, und solange er sich als Unterlage 
für seine Bilder hauptsächlich der Leinwand bediente, 
hat er diesen Dingen seine Aufmerksamkeit geschenkt 
und auch Versuche gemacht, sie sich selbst zu be- 
reiten. Schick erzählt darüber (S. 12): 

„Auch den Leinwandgrund hat Böcklin sich selbst zu- 
zubereiten versucht. Die Leinwand muss dann erst leicht 
mit Leim überzogen werden, damit die Farbe nicht ein- 
schlägt. Ist der Gipsgrund zu stark, so möge man erst die 
ganze Leinwand nassmachen und dann mit dem Spachtel 
das Ueberflüssige bis auf den Faden abkratzen, sodass der 
Grund nur in den Poren sitzt.** 

Als ihm die Leinwand zum Petrarca zu rauh vor- 
kam, verbesserte er den Mangel durch Schlämmkreide, 
die er mit Kopaivabalsam verrieb, dazwischen auf der 
Palette den Ton nachmischte und damit die Poren 
ausfüllte (Schick, S. 42). 



140 XIII. Technische Einzelheiten. Böckiins Palette. 

Zur Bereitung des Grundes benützte er 
Leim mit Schlämmkreide (bianco santo), und hauptsäch- 
lich diente ihm dieser Grund für Bilder, die nicht mit 
Oelfarben begonnen werden sollten (so zur Harz- 
malerei); für Oelmalerei hielt er es für praktischer, 
sich fertig präparierte Leinwand zu kaufen (Schick 
S. 106). Auf ungrundierte Leinwand zu malen und 
die Farben „aussaugen" zu lassen, erklärte Böcklin für 
schädlich, und Schick erzählt von einem Bilde Ruths, 
der in Rom einmal auf unpräparierter Leinwand, die 
hinten, um das Oel aufzusaugen, mit Gipsgrund [d. h. 
Kreide]*) bedeckt war, gemalt hatte, nach Vollendung 
des Bildes sei dieser Grund heruntergenommen und 
gewaschen worden, und infolgedessen seien grosse 
Stücke der Luft abgefallen (Schick S. 103). 

Schick gibt an anderer Stelle die Ansicht Böck- 
iins wieder (S. 336): 

„Viele Maler haben den Glauben, Firnis und Farbe ver- 
wüchse mit der Leinwand zu innigerem Zusammenhange, 
und sie sträuben sich deshalb, auf Holz, Schiefer und 
dergl. zu malen. Die Farbe hält nur durch Ad- 
häsionskraft. Auf sehr glattem Grunde jedoch fasst sie 
nicht g^t und reisst gewöhnlich beim Trocknen, so auf 
Glas ; Schiefer ist schon rauher auf der Oberfläche. Ebenso 
reisst auch auf glatt abgekratzten Stellen die Farbe sehr 
leicht, zumal wenn die Stelle schon hart ist. Um die Glätte 
zu zerstören, ist es darum gut, die Stelle mit Weingeist ab- 
zureiben.* 

*) Dass hier, ebenso wie an anderen Stellen, Kreide gemeint 
sein muss, ergibt sich aus dem Zusammenhang. A. a. O. wird 
noch gesagt, ebenso schädlich sei Gipsgrund. Bei Schick ist 
unter „grundierter' Leinwand die gekaufte, mit Oelgrund ver- 
sehene, zu verstehen, unter Gipsleinwand meist die mit Kreide und 
Leim grundierte. 



Leinwandgrundierung. 141 

Eine feine ungrundierte Leinwand, die Böcklin 
aus Berlin erhalten hatte, gefiel Böcklin, und er sagte^ 
sie wäre leicht für den Gebrauch zuzubereiten. ^Erst 
überzieht man sie ganz dünn mit Leim, dann mit 
einer dünnen Lage Farbe** (Schick S. 225), Aus diesen 
wenigen Notizen ist zu ersehen, dass Böcklin über die 
Bereitung der Leinwanden völlig orientiert war. Eigen- 
tümlich ist nur seine anfängliche Abneigung gegen die 
Holztafel, die er in der zweiten Periode des Schaffens 
kaum entbehren konnte. Bei Schick finden wir die 
folgende Eintragung (S. 186): 

„Auf Holztafeln und anderen präparierten Grund zu 
malen ist unratsam wegen der geringen Beständigkeit. 
Gute Leinwand sei das beste, und noch besser habe er, 
Böcklin , die Schiefertafel befunden , die ihm einmal 
vom Stuhl auf den Boden gefallen war ohne den geringsten 
Schaden. Ganz glatt grundierte Leinwand ist immer vor- 
zuziehen, denn sie lässt Einem die grösste Freiheit in der 
Technik.« 

Böcklin wusste übrigens auch ganz genau die Art 
der Bereitung der Holztafeln der „älteren Meister",, 
die Schick wie folgt angibt (S. 42): 

„Die älteren Meister bereiteten sich ihren Malgrund 
auf Holztafeln folgendermassen : Erst geleimt, dann Leim 
und Schlämmkreide, dann wieder Leim und alles ganz blank 
geschliffen. — Natürlich kann man auf einem blanken Grund 
der Farbe mehr Reiz geben.** 

Und bei anderer Gelegenheit, da von der „Gips- 
leinwand", auf welcher Böcklin die „Anadyomene*^ 
begonnen, die Rede ist, dass sie zu dünn grundiert 
wäre und das ziemlich grobe Gewebe durch die Malerei 
hindurchschiene, verzeichnet Schick folgende Aeusserung: 
des Meisters (S. 276): 



142 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

^ Am besten sind darum auch gut ausgetrocknete, fehler- 
freie Holztafeln, die deshalb auch von den Alten so gern 
gebraucht wurden. Die echten Bilder von Rubens in 
München: „Sturz der Verdammten**, „Amazonenschlacht**, 
„Porträt seiner Frau* etc. seien alle auf Tafeln, die sich 
nicht im mindesten geändert oder geworfen hätten ..." 
Ausserdem „ersten Oktoberfest*^ dasBöcklin 
„auf eine sehr alte Tischplatte (von hartem Holz), die 
geflickt und zugekittete Risse hatte , die später durch 
das Bild durchwuchsen und es ganz verdarben" (ge- 
malt 1864, Schick S. 232), hat Böcklin in der ersten 
Zeit, kleinere Werke*) ausgenommen, wenig auf 
Holztafeln gemalt, wohl aber vielfach auf Malkarton, 
Pappe, auf Kupfer (Nr. 147, „Lucia" 26 : 22 cm) und 
auf Schiefer (Nr. 159 „Viola", 70:53 cm). Das erste 
auf Holz gemalte Bild der späteren Zeit ist nach dem 
Verzeichnis die 1872/73 (nach A. Lang 1878) gemalte 
„Venus Anadyomene" (Nr. 226), Während des 
Florentiner Aufenthaltes fing dann Böcklin an, Holz- 
tafeln als Unterlage für Tempera-Malerei zu bevor- 
zugen, aber auch bei mit Oel- bezw. Firnisfarbe ge- 
malten Werken beginnt er auf Holztafeln zu malen.**) 



♦) Vergl. das Verz.: Nr. 119. Selbstbildnis (38:30 cm). 
142. Bildnis der Frau Böcklin (42 : 32); 152. Skizze. Junger Faun 
<32 : 25); 188. Bildnis eines Kindes in Sommertracht (30 : 23). 

*•) Florent. Zeit: Verz. Nr. 253. „Hochzeitsreise«*; 256. „Flora*; 
260. „Flora Blumen streuend*; 264. Bildnis der Frau Klara Bruck- 
mann; 265. Kreuzabnahme" (164:2501); 286. „Meeresbrandung«; 
300. „Toteninsel* in drei Wiederholungen, eine vierte auf Zink 
{nicht auf Kupfer); 305. Wiederholung von „Ruine am Meer*; 
309. „Sommertag* ; 329. „Faune, eine Nymphe belauschend*; 
330. „Der Einsiedler*; 332. „Veritas* (in Zürich zerstört); 
334. „Schweigen des Waldes". 



Bereitung der Holztafeln. 143 

Er liess sich den Grund für die Holztafeln vom Ver- 
golder herstellen oder bezog sie vom Händler fertig 
durch Vermittlung des Kunsthändlers Gurlitt.*) 

Auch in Zürich malte er anfänglich auf Maha- 
gonitafeln, die er aus der gleichen Quelle zugeschickt 
erhielt. Frey erzählt (S. 88) darüber wie folgt: 

,Nach Entzweiung mit diesem (Gurlitt) wählte er Bretter 
von Eichenholz, wovon er bei einem Klavierfabrikanten 
einen ansehnlichen Vorrat erwarb. Wie den schädlichen 
Einflüssen der Zeit entgegenzuwirken wäre, darüber dachte 
er ernstlich nach und bemühte sich, aus dem Verhalten 
der alten Meister Rat zu schöpfen. Er fertigte die Holz- 
tafeln nicht aus einem Stück, sondern aus dreien, indem 
er drei dünne Tafeln — doch war die mittlere dicker — 
kreuzweis übereinanderlegte, sodass die Fasern der mittleren 
zu denen der beiden äusseren rechtwinklig liefen. Durch diese 
Schichtung, die indessen auch keine volle Sicherheit bieten 
soll, hoffte er das Reissen, Werfen und Verbiegen des 
Holzes zu vermeiden. Dem nämlichen Zwecke diente ein 
auf der Rückseite der Tafel angebrachter hartholzerner Rost, 
den er sogar durch darauf angeschraubte Eisenbänder ver- 
stärkte, um gegen ein etwaiges Arbeiten des l^rettes einen 
kräftigen Widerstand zu schaffen." 

,Die dergestalt hergerichtete Holztafel rüstete er in 
ziemlich engem Anschluss an die Weisungen des Theophi- 
lus.**) Zuerst klebte er mit Kasein, also mit dem stärksten 
Leim, ein Stück rohe Leinwand über die ganze Fläche, 
dann tränkte er diesen Ueberzug mit dünnem, heissen Leim- 
wasser aus Kölner Leim und strich nun schichtenweise den 
warmen Kreidegrund darauf, den er mit Champagnerkreide 
und Kölner Leim bereitete. Für die oberste Schicht ver- 



*) Mitteilung von Maler S. Landsinger. 

*♦) Die Anweisungen finden sich bei Theophilus Kap. 1 7 bis 
19 des ersten Buches in vielfacher Uebercinstimmung mit den 
Kap. 113 bis 121 des Cennino Cennini. 



144 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

wendete er Kreide und Gips, weil Gips den Grund härter 
und blanker macht und weniger Farbe einsaugt als Kreide. 
Er legte nämlich sehr viel Gewicht darauf, dass die Tafel 
möglichst blank war und, ohne doch mit Oel getränkt zu 
sein, möglichst wenig aufsog. War dieser Kreidegrund» 
dessen Dicke kaum über einen Millimeter betrug, trocken 
geworden, so wurde er mit Bimsstein geschliffen.*' 

Otto Lasius kommt auch ausführlicher auf die 
Präparation der Holztafeln zu sprechen und berichtet 
darüber (S. 66): 

„Ich habe Böcklin oft zugesehen, wie er im Atelier mit 
Leim und Kreide für seine Temperabilder einen leicht 
schluckenden Grund präparierte und die Bretter zum 
Trocknen unter die Vorhalle seines Ateliers an die Sonne 
bringen Hess. Als ich ihn einmal fragte, wieviel Leim- 
Kreide man nehmen müsse, antwortete er: „Das muss man 
probieren. Auf die Grundierung setzt man die Farben und 
zwar mit nur so viel Bindemittel, als absolut notwendig ist. 
Jedes Zuviel ist vom Uebel. Wenn alles ganz trocken ist, 
gibt man erst vorsichtig den Firnis darüber. Der holt dann 
die Leuchtkraft der Farben heraus und schützt die Bildtafel 
vor äusseren Einflüssen. Auf solche Weise, gemalte 
Bilder können nicht springen und reissen, da nichts zum 
Springen und Reissen da ist." So versuchte ich's denn 
auch mit dem Grundieren, aber es gelang mir nicht sonder- 
lich gut. „Wozu nehmen Sie Schlämmkreide?* belehrte 
mich Böcklin, ,die ist viel zu grobkörnig und rauh. Beim 
Abschleifen reissen die Körner Löcher. Mit feingemahlener 
Tonpfeifenerde geht*s am besten. Machen Sie daraus ein 
rahmartiges Gemengsei, vermischen Sie*s mit dem Leim- 
wasser und dann streichen Sie damit den Grund ein. Aber 
vorsichtig 1 Je weniger Leim« desto besser. Wenn Sie viel 
nehmen, so springt erst recht alles ab." 

,Als Böcklin einmal gefragt wurde, weshalb er lieber 
auf Holztafeln male als auf Leinwand, sagte er: „Eine gut 
ausgetrocknete Holztafel ist, wenn sie von hinten gut ver- 



Auswahl der Farben. 145 



steift ist, sodass sie sich nicht werfen kann, immer besser 
als Leinwand. Die gut erhaltenen Malereien der Alten 
sind grösstenteils auf Holz gemalt. Die Leinwand eignet 
sich für Kreidegrundierung bei weitem nicht so gut, da 
man diese zu dick auftragen muss, bis man einen schönen 
glatten Grund hat. Das erklärt sich durch die Fäden des 
Gewebes. Auf Leinwand springen eben deshalb die Farben 
viel leichter ab als auf Holz, zudem lässt sich auf dieses 
viel leichter und besser malen ; die Farben kommen da schon 
in dünnem Auftrag zu besserer Leuchtkraft." — 
Die allergrösste Sorgfalt legte Böcklin auf die 
Zubereitung seiner Farben, die ihm gar nicht 
fein genug geschlämmt und gerieben sein konnten, 
denn er wusste aus Erfahrung, dass die Farben um 
so mehr leuchteten, d. h. ihren Farbencharakter inten- 
siver zur Geltung brachten, je feiner sie zerteilt 
waren. Bei der von ihm bevorzugten Lasurtechnik musste 
es oberstes Prinzip sein, dünn zu malen, ja er erklärte 
„Dickmalen wäre überhaupt etwas Rohes, wodurch 
stets alle Form und milde Erscheinung zerstört würde" 
(Schick S. 42). Die Sorgfalt in technischen Dingen 
führte Böcklin naturgemäss schon frühzeitig zur be- 
sonderen Auswahl für seine Palette. Bei Schick 
finden wir wiederholt Gutachten über Dauerhaftig- 
keit der Pigmente, die auf regen Verkehr mit Che- 
mikern, die Böcklin in zweifelhaften Fragen um Rat 
anging, hinweisen. In München war der nachher be- 
rühmt gewordene Max vonPettenkofer mit Böcklin 
in Verkehr. Böcklin versäumte es aber auch nicht 
sich selbst über die Richtigkeit der ihm als haltbar, 
empfohlenen Farben zu vergewissern, ohne freilich 
tiefergegründete chemikalische Kenntnisse zu besitzen. 
Differenzen, wie solche Schick (S. 99) erwähnt, sind 

Berber, BOcklins Technik. 10 



146 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

auf Kosten der Verwechslung gleichnamiger Pig- 
mente zu setzen, wie z. B, bei dem von Pettenkofer 
und anderen Chemikern auch unter allen Umständen 
empfohlenen ChromgrOn, das beim Aufschlämmen des 
rohen Farbstoffes in Wasser sedimentierte. Damit 
ist wohl Chromgrünoxyd zum Unterschied von der 
Mischfarbe gleichen Namens, die auch mit grünem 
Zinnober bezeichnet wurde, gemeint gewesen. Die 
Angaben über Farbstoffe bei Schick sind stets im 
Hinblick auf die damals üblichen, im Handel vor- 
kommenden Bezeichnungen zu beurteilen. 

Auch Ansichten, z. B. über die Gefährlichkeit 
der Mischung von Kremserweiss mit Zinnober oder 
Ultramarin müssen stets vom Standpunkte der damals 
geltenden Ansichten betrachtet werden. Für uns von 
Wert ist es dabei zu sehen, wie vorsichtig und genau 
Böcklin in diesen Dingen war; denn es ist immer- 
hin für einen Maler der 60er Jahre viel, dass er 
überhaupt über chemische Zusammensetzung der 
Farben Bescheid wusste. (In manchen Einzelnheiten 
weichen Schicks Angaben von der heute geltenden 
Erfahrung ab.) 

Durch seine fortgesetzten Versuche mit Farb- 
stoffen und Pigmenten hatte auch die Palette Böck- 
lins manche Variation durchgemacht. Ueber die von 
ihm zur römischen Zeit der 60er Jahre ver- 
wendeten Farbstoffe und über die Stellungnahme zu 
einzelnen derselben gibt am besten die Einschreibung- 
bei Schick Kunde, die hier folgt (Schick S. 98): 

j,13. August 1866. Bocklin hatte sich Krapp gerieben, 
der eine wundervolle Tiefe hatte (Geschenk eines rdmisclien 



Farbenliste der römischen Zeit. 14/ 

Beamten, der früher Architekt war, jetzt Sekretär). Der 
Krapp wird durch Alaun gereinigt, mit dem er eine lack- 
artige Verbindung eingeht. Nach dem Trocknen krümliche 
Krystalle. Es gilt nun den Alaun so herauszuziehen, dass 
der blosse staubartige Farbstoff übrig bleibt (Qualität wie 
Waschblaustückchen). Der Möwesche Krapp, der als bester 
im Handel gilt, ist hell dagegen, 

Cochenille oder Karmin wird durch die Oelsäure zer- 
stört, gibt aber mit Kopaiva einen haltbaren Lack. Als 
Farbstoff will er nur in Wolle halten. 

Scharlach wird aus Cochenille gewonnen. Purpur wurde 
im Altertum aus der Purpurschnecke gewonnen. Sonderbar, 
dass sie jetzt gar nicht mehr getischt wird. Sie ist unt 
nur aus der Naturgeschichte bekannt. Man hüte sich, Blei- 
und Schwefelfarben zu mischen, also nicht: Zinnober oder 
Ultramarin, gelb oder blau, auch nicht Chromgelb mit 
Neapelrot oder Bleiweiss. 

Gelber Ultramarin ist chromsaurer Baryt (kein Ultramarin) 
und darum nicht zu empfehlen. Hellgrünen und dunkel- 
grünen Zinnober wendet Böcklin nicht an, weil sie nach 
kurzer Zeit ganz tot und matt werden. Sie sind stets ge- 
mischte Farben (oft Chrom- und Berlinerblau), was daraus 
hervorgeht, dass sie aus jeder Fabrik einen anderen Ton 
haben. 

Chromgelb sei haltbar. 

Auch Chromgrün hält nicht Stich. Dagegen ist 
Mennige haltbar. Von Chromgrün hatte Böcklin den rohen 
Farbstoff in Wasser gerührt, um ihn abzudämmen, da setzten 
«ich zwei Schichten ab, die obere gelb, die untere blaugrün 
und der Niederschlag wurde ziemlich hart. Und dieses 
Chromgrün wurde Böcklin von Pettenkofer und anderen 
Chemikern als unter allen Umständen haltbar empfohlen. 

Aehnlich würde sich vielleicht der grüne Zinnober nieder- 
schlagen. Böcklin hat mit ihm darüber Versuche gemacht, 
ihn mit Oel, Leim (worüber nachher Firnisüberzug), Kopaiva 
und Wachs aufgetragen und der Luft ausgesetzt , und 
«chon nach kurzer Zeit war alles gleich schwärzlich geworden. 



148 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

Die Ton Böcklin am meisten gebrauchten Farben sind: 
Weiss, Kremser- und Venetianisch- Weiss (dieses heller und 
kälter), Kemschwarz, wenig Elfenbeinschwarz, gebrannte 
und ungebrannte grüne Erde (später hat Böcklin sie nicht 
mehr gebraucht, da sie eine leicht sich verändernde Mangan- 
verbindung ist), violettes Eisenoxyd (dunkel Caput mortu- 
um), wenig Englisch Rot, wenn Blau durchaus nötig ist: 
Ultramarin, keinen Kobalt, der grau wird. Neapelgelb wird 
mit Weiss schwarz. 

Ganz zuletzt wendet er Zinnober und die Lacke an« 
Gelben Ultramarin hat Böcklin haltbar gefunden. Vom grünen 
Lack (Lacca verde bei Dorizielli) sparsam in der Anwendung,, 
denn er ist auch wenig haltbar. 

Böcklin braucht femer noch: Indisch Rot, Mumie,. 
Morellensalz, Vandykbraun und Marsgelb (ein künstlicli 
dargestellter Eisenocker) und Garance Lacke, die passabel 
beständig .... 

Smalte ist unverwendbar für Oelfarbe. Obwohl im 
Mörser f eingestossen , ist es doch nicht mehlig, sondern 
krystallinisch krümlig und so hart, dass es die gläserne 
Reibplatte zerschrammte. 

Bronzegold hat Böcklin sehr viel angewendet, über dunkle 
Stellen, auf welche er hell malen wollte, um damit das 
Nachdunkeln zu verhüten. Man müsse sich dabei aber in 
acht nehmen und es nicht mit Metallfarben, wie Zinnober 
oder auch mit echtem Gold zusammenbringen, da sonst 
chemische Veränderungen entstünden. 

Nussöl ist schon von den Alten dem Leinöl und Mohnöl 
vorgezogen worden (Armenino). Leinöl, auch gekochtes,, 
gilbt sicher nach. 

Zusatz: "Grüner Lack wird blau, wenn er aus Kupfer,^ 
und vergeht oder wird schwärzlich trüb, wenn er aus. 
Pfianzenstoffen bereitet ist. 

Gelber Ocker, recht abgeschlämmt, d. h. in Wasser ge^ 
rührt, dann vom Bodensatz immer das oberste genommen 
und wieder geschlämmt (die unreinen Teile sind schwer 



Farben für Freskomalerei. 149 

und sinken zu Boden), oder Steii^ocker ebenso behandelt, 
geben ziemlich durchsichtige gelbe Farben. 

Ungebrannte Terra di Siena wird mit der Zeit trüb und 
schwer wie Umbra.* 

Bei Schick finden wir mehrfach ähnliche Stellen, 
aus denen ersehen werden kann, dass Böcklin sich 
schon frühzeitig mit der Materialienkenntnis intensiv 
beschäftigte. Am deutlichsten geht das hervor, als 
er daranging, sich seine Fresko färben in Basel 
zusammenzustellen. Dabei macht Schick, (Seite 148) 
folgende Eintragung vom 25. August 1868: 
,)Material zum Fresko-Malen. 
Weiss: Blanc de Troyes. (Böcklin meint jedoch, er 
wolle das Weiss im Bilde mit reinem Kalk malen, das sei 
auch kreideweiss und binde stärker.) 

Gelb: Lichter Ocker, Chinesischer Ocker (noch feiner 
und reiner als der vorige). Cadmium hell. 

Goldocker (vielleicht etwas zweifelhafte Farbe). ' Neapel- 
gelb ? Terra di Siena (gebrannt). Die ungebrannte weniger 
zu empfehlen, auch selbst für Oelfarbe nicht, da sie anfangs 
leuchtend aussieht, bald aber ihre Brillanz verliert. Chrom- 
gelb ist nicht haltbar, wohl aber Chromrot und Chrom- 
grün (hell). 

Grün: Grüne Erde (hell und dunkel). Gebrannte grüne 
Erde (hell und dunkel). Kobaltgrün. 

Schwarz: Mineralschwarz und Rebenschwarz. 
Braun: Kasseler Erde, Umbra. 
Rot: Englisch Rot, Morellensalz. 

Blau: Smalte (möglichst fein gerieben, wie Mehl). 
Kobalt, Ultramarinasche schon sehr teuer, noch mehr der 
echte Ultramarin (römischer) , von dem das Loth etwa 
29 Gulden kostet. Der nachgemachte Ultramarin hält nicht 
wegen der Beimischung von Schwefel, der durch den Kalk 
zerstört wird. Auch Berliner Blau und seine Nebenartea 



150 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

tind al fresco unhaltbar. Auch Zinnober enthält Schwefel 
und ist darum zerstörbar.**) 

Auch während der Arbeit sammelte Böcklin fort- 
gesetzt Erfahrungen über die Farben und ihre Wir- 
kung in Mischung mit einander und mit Kalk (Schick, 
S. 249) und befragte Chemiker über bestimmte Einzel- 
heiten (S. 378). 

Was Böcklins Palette während der Florentiner 
Zeit betrifft, so fehlen uns genauere Nachrichten, wohl 
aber besitzen wir ein Verzeichnis der von ihm ge- 
brauchten Farben aus der Züricher Periode, in 
welcher er sie teils als Temperafarben, teils als Firnis- 
farben verwendete. Nach Weltis Angaben (Frey, 
Seite 76) bediente er sich durchschnittlich folgender 
Farben: 

„Weiss: Blei weiss, d. h. Kremser Weiss. Zinkweiss 
zuweilen, wo chemische Rücksichten das Blei weiss verboten. 

Gelb: Gelber Ocker. Chromgelb, das Böcklin gegen alle 
Verdächtigungen in Schutz nahm. Neapelgelb. Indisch 
Gelb. Helles und dunkles Kadmium. 

Rot: Vor allem die Eisenoxyde. Dann auch Zinnober, 
den er niemals mit Weiss zusammenbrachte. Echter Krapp- 
lack. Gebrannte Terra di Siena. Femer verwendet er 
Terra di Pozzuoli, die bei der Bindung stark dunkelt und 
beim Trocknen ebenso stark aufhellt. Auch Mennig brauchte 
er, aber nicht häufig, da er dem Zinnober ähnlich ist, nur 
etwas gelber. Ob er Chromrot anwandte, ist nach der 
Meinung Albert Weltis nicht mit Sicherheit anzunehmen. 
Dagegen liebte er gebrannten lichten Ocker, wovon er 
einen Vorrat feiner Qualität sorgfaltig aufbewahrte. 



*) Es kann nicht unsere Aufgabe sein, auf einzelne Un- 
richtigkeiten in den oben angeführten Farbenlisten Bocklint hin- 
zuweisen, oder sie hier richtigzustellen. 



' 



Farbenliste der Züricher Zeit. 151 

Grün: Ausser den Mischungen aus Blau und Gelb, 
brauchte er böhmische und Veroneser grüne Erde. Chrom- 
oxydgrün. Auch Grünspan (Schweinfurter Grün). Diese 
Farbe bewahrte er sorgsam und wandte sie s/ehr behutsam 
an. Er brauchte sie ausschliesslich unvermischt und legte 
sorglich Firnis drunter und drüber, damit sie den anderen 
Farben nicht schade. 

Blau: Kobalt. Echtes Ultramarin (Lapis lazuli). Diese 
Farbe behandelte er besonders vorsichtig. Preussischblau. 
Ein sehr schönes Blaugrünoxyd. Ob. er noch andere blaue 
Farben in Anwendung brachte, vermag Albert Welti nicht 
mehr mit Bestimmtheit anzugeben. 

Braun: Er besass ein sehr schönes Kasseler Braun in 
Körnern und ermahnte Albert Welti, es mit Vorsicht zu 
benützen. Gebrannte grüne Erde. Gebrannter Ocker. Ge- 
brannte Terra di Siena. 

Schwarz: Er bevorzugte Korkschwarz, ein sehr feines 
Grauschwarz. Rabenschwarz*), zuweilen Elfenbeinschwarz ; 
gegenüber Albert Welti, der es ihm sehr gründlich reiben 
musste, behauptete Böcklin, es werde umso schöner, je 
länger man es reibe. Später verwarf er das Elfenbein- 
schwarz, weil es eine zu fettige tiefe Nuance gibt, und be- 
vorzugte Lampenschwarz. * 

Eine Zusammenstellung von Böcklins Palette, 
vielleicht aus dem letzten Jahrzehnt, dessen genauere 
Provenienz nicht angegeben ist, findet sich noch in 
L. H. Fischers Technik der Oelmalerei (Wien 1898) 
S. 88 abgedruckt. Danach gebrauchte Böcklin: 

„Zur ersten Untermalung: Bleiweiss. Terra majolica. 
Neapelgelb, Lichter Ocker, gebrannter Ocker, gebrannte 
Umbra, gebrannte und ungebrannte grüne Erde, Eisennoxyd, 
Graphit, Korkschwarz. 



I *) Soll wohl heissen Rebenschwarz, ein Schwarz von bläu- 

licher Nuance, das aus dem Holz der Weinreben oder Tresterab- 
fällen gebrannt wird. 



152 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette. 

Zur Uebermalung : Kobaltblau, Elfenbeinschwarz, Krapp- 
lack, Zinnober, Kadmium. 

Malmittel : Emulsion von Gummi arabicum mit hellem, 
reinem Nussöl und Balsam Copaiva di Para/ 

Dass Böcklin auch seinem übrigen Malgerät die 
grösste Sorgfalt zuwendete, braucht wohl kaum be- 
sonders hervorgehoben zu werden. »Für sein Werk- 
zeug, seine Farben und Präparate empfand er etwas 
wie Verliebtheit", sagt Frey (S. 87). »Er pries seine 
Pinsel, obgleich gar nichts Besonderes daran war 
und sich etliche recht struppige und ausgediente 
Gesellen darunter befanden. Ihre Stiele hielt er so 
sauber und blank, dass es aussah, als ob er immer 
mit frischer Ware arbeite. Er bevorzugte, da sie 
mehr Farbe fassten, die runden vor den eckigen; 
namentlich brauchte er zum Zeichnen runde Marder- 
pinsel.* 

„Er benutzte eine mittelgrosse Holzpalette für die 
Fimisfarben; für die Temperafarben eine runde, mit 
Vertiefungen versehene Blechpalette, die er abends 
mit allem, was darauf war, ins Wasser legte. Die 
Fimispalette putzte er sorgfältig und setzte die ab- 
gehobenen Farben gleichfalls unter Wasser (a. a. O., 
S. 76).« 

„Seine Farben bereitete er sich in kleinen Por- 
tionen selbst. Er rieb sich nämlich von seinen Farb- 
stoffen einen gewissen Vorrat auf dem Farbenreiber- 
tisch im Wasser an. Diejenigen Farben, die er für 
Tempera verwenden wollte, wurden unter Wasser 
oder wenigstens feucht aufbewahrt, wogegen er die 
für die Firnismalerei bestimmten wieder eintrocknen 



Farbenreiben. 1 53 



Hess und erst später vor dem Gebrauch zerklopfte» 
Der harte Kern der sandigen rauhen Farbe war 
durch das Abreiben im Wasser gebrochen und blieb 
es auch, obgleich die Masse beim Auftrocknen wieder 
zusammenbuk." 

^Um das Verhalten der Farben zu einem neuen 
Bindemittel zu prüfen, begnügte er sich (in Zürich) 
damit, Farbenproben an das neue Atelierfenster und 
auf Bretter zu streichen, die er monatelang den Un- 
bilden der Witterung preisgab. Noch bis in die 
letzte Lebenszeit brauchte er Schwefelsäure, um dem 
Anilin nachzuspüren, womit gerade einige der teuersten 
Farben geschönt werden". (Frey, S. 79). 




XIV. 
Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

enige Maler der neueren Zeit haben sich 
mehr um die technischen Einzelnheiten 
ihrer Kunst bemüht, als es Böcklin getan. 
Wir haben gesehen, dass es ihm nicht 
zu geringfügig erschien, die unbedeutendsten hand- 
werklichen Fertigkeiten selbst auszuführen und dass 
er alles daran gesetzt hat, an seine Schöpfungen nicht 
nur in koloristischer Hinsicht, sondern auch in bezug 
auf Dauerhaftigkeit den höchsten Masstab zu legen. 
Haben sich nun auch seine Voraussetzungen bewahr- 
heitet oder nicht? Diese ausnehmend wichtige Frage, 
die mit Böcklins Künstlerruhm innig verknüpft ist, 
lässt sich, soweit dies bis heute übersehen werden 
kann, mit „Ja" beantworten. Böcklins Werke werden 
bestehen bleiben, denn er hat die Ursachen studiert, 
warum Malereien verblassen oder vergehen und hat 
nichts verabsäumt, was nach menschlichem Er- 
messen zu deren dauernden Erhaltung beitragen 
könnte. 

Dass sich unter seinen Bildern einzelne befinden, 
die den Keim des Verderbens in sich tragen, kann 



Angebliche Schäden. I55 



freilich nicht geleugnet werden; aber diese Bilder 
waren Probiersteine oder Experimente, sie waren not- 
wendige Vorarbeiten auf dem Wege der Erkenntnis' 
und wie alle Versuche Böcklins nur zu dem Zwecke 
unternommen, dem Ideale einer dauerhaften Technik 
nahezukommen. Einige aus ganz früher Schaffens- 
periode, da Böcklin noch nicht die durch rastloses 
Arbeiten immer mehr erweiterten Erfahrungen sich 
angeeignet hatte, könnten hier noch beigezählt werden; 
aber selbst diese Werke sind nicht weniger „solid* 
gemalt, als die zahlreichen Bilder seiner Zeitgenossen, 
die ebenso wie er in der gleichen Technik der Oel- 
malerei geschaffen haben. 

Von Zeit zu Zeit tauchen immer wieder wie 
Unkenrufe die Klagen auf, dass Böcklinsche Bilder 
„in Gefahr** seien, dass sie sich „in bedenklichem Zu- 
stande** befinden und dass „es höchste Zeit ist, in 
zweckmässiger und feinfühliger Weise alles zu tun, 
was zu deren Erhaltung geschehen kann.** So war 
im Winter des vorigen Jahres (1904) in einer Tages- 
zeitung eine Zuschrift eines „speziell mit den Mal- 
verfahren Böcklins vertrauten Künstlers** zu lesen, in 
der mit allem Nachdruck hinsichtlich der Instand- 
haltung der Werke Böcklins in der Schackgalerie 
energische Reformen verlangt wurden. Dabei waren 
folgende „Schäden** bemängelt: 

„Zur Sache in Nr. 16 (die düstere „Villa am Meer«*) ist 
ein ganzes Stück aus dem Himmel überm Meer rechts 
herausgefallen, ebenso ein anderes weiter links im Felsen am 
Rande des Wassers. £s ist bedenklich übermalt. Auch oben in 
der Luft sind ein paar Farbflecke, die undenkbar von Böcklin 
stammen können. In Nr. 24 (^Vinum novum") ist aller- 



156 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

dings ein Astsprung, wie ich vermute, vorhanden, doch ist 
das kein Grund, das Interieur mit dem Kneipenden mit 
einer völlig fremden Farbe zu übermalen. Von der Luft 
gar nicht zu sprechen, Nr. 15 („Villa am Meer**, die hellere): 
Starkes Aufblättern der Farbe überm Garteneingang und 
auch darunter. Durch gelindes Daraufdrücken und Darüber- 
wischen müsste die Farbe abfallen. Am unteren Rahmen- 
rand rechts ist das Meer bedenklich restauriert. Ueberm 
Meer sind eine Anzahl Sprünge; wenn da einmal, wie 
oben links, einige Flächen sich aufheben, dann fällt über- 
haupt der ganze Himmel bis zu zwei Drittel herunter. 
Nr. 25 (»Tod und Herbst"): Links in der Baumgruppe ist 
ein Firnis übergestrichen, welcher wie Schwarte daran- 
hängt. Ist dieser ganz trocken und zusammengezogen, so 
wird er auch die untere Farbe mitnehmen und zerreissen. 
Er gehörte abgelöst. Vielleicht wenige Künstler werden 
sich so eingehend mit Tempera- und Harzfarben beschäftigt 
haben wie ich, daher werden auch den meisten diese Schäden 
ungefährlich erscheinen, da sie die Folgen nicht übersehen 
können. Wer aber darum weiss, der kann ruhig voraus 
sagen , dass binnen 20 Jahren solche Verwüstungen ent- 
stehen werden, dass überhaupt nur noch mit Uebermalungen 
in breitester Form eingegriffen werden könnte; was dies 
bedeutet, kann man sich vorstellen, wenn man jetzt schon 
sehen muss, was im kleinen geleistet wird. Man steht ja schon 
leider vor der Tatsache, dass viele Bilder Böcklins reparatur- 
bedürftig sind („Wellenspiel' zeigt auch Schäden), aber 
man sollte den Ruin aufhalten. Die Sprünge sind an 
sich nicht so schlimm, die können ewig bleiben — aber 
wenn erst das Ablösen der Farbe eintritt, dann steht es 
schlimm, sehr schlimm um eines der schönsten Güter, das 
Deutschland besitzt.* 

Bei einem sofortigen Besuche der Galerie haben 
wir die tröstliche Gewissheit erlangt, dass der 
Alarmruf nicht nur unberechtigt war, sondern dass 
die angezeigten Schäden zum grössten Teil über- 



;Die Bilder der Schackgalerie. 15/ 

trieben worden sind. Neuerlich haben wir (Februar 
1905) die fraglichen Bilder wieder genau darauf hin 
angesehen und sind zu folgenden Resultaten gelangt: 

Von all den oben erwähnten Schäden und „be- 
denklichen" Uebermalungen beruhen einzig und allein 
diejenigen auf der dunklen „Villa am Meer**' auf 
richtiger Vermutung. Aber der „mit den Malverfahren 
Böcklins vertraute Künstler" hätte die Entstehungs- 
geschichte des Bildes nach den bezüglichen Nach- 
richten in Schicks Aufzeichnungen und die Ursache 
der Abblätterung in Betracht ziehen müssen und hätte 
wissen können, dass die Schäden schon beim Eintreffen 
des Gemäldes vom Grafen Schack beanstandet und 
dann „so gut als möglich" repariert worden waren. 
Er hätte sich daran erinnern sollen, dass Schack das 
infolge des Aufrollens beschädigte Bild nicht über- 
nehmen wollte und dass Böcklin deshalb das zweite 
Bild gemalt hat; er hätte dann richtig schliessen 
müssen, dass die „Uebermalungen" älteren Datums 
sind und nicht aus neuerer Zeit stammen könnten» 
Die eigentlichen Ursachen dieses Missgeschicks haben 
wir bereits des näheren erörtert (s. oben S. 71). 

Was die Schäden an der helleren „Villa am 
Meer" betrifft, so sind sie überhaupt nicht vor- 
handen. Das Bild ist vollkommen intakt. Weder 
irgend ein Abblättern, noch irgend welche Sprünge 
konnten wir bemerken. Von „bedenklicher" Restaurie- 
rung fanden wir keine Spur. 

Ueber ,,Vinum novum" hätte der Artikelschreiber 
sich ebenfalls in Schicks Aufzeichnungen instruieren 
können und die Erklärung dafür gefunden, warum 



158 XIV, Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

der Astsprung sichtbar ist. Aber von einer Ueber- 
malung des Interieurs mit den KLneipenden „mit einer 
völlig fremden Farbe** zu reden, ist auch nicht der 
geringste Anlass. Wie dieses köstliche Bild jetzt da- 
steht, ist jeder Strich von Böcklins Hand, und wenn 
auch, wie es heisst, dieses Bild „in Fachkreisen schon 
lange gewissermassen aufgegeben ist", so glauben wir 
dennoch, dass Generationen sich, wie es jetzt ist, 
werden daran erfreuen können. 

Der gerügte Firnisüberstrich, welcher „wie 
Schwarte" an der linken Baumgruppe von „Tod- 
und Herbst" hängen soll, war nichts weiter als eine 
Trübung des Firnisses infolge der Niederschläge, wie 
solche in den ungeheizten Räumen der Galerie mehr- 
fach zu bemerken sind. Ein Schaden ist für das Bild 
nicht entstanden. 

Aus all dem ist zu folgern, dass die Befürch- 
tungen übertrieben sind, und dass wir glück- 
licherweise doch nicht „vor der Tatsache stehen, 
dass viele Bilder Böcklins reparaturbedürftig sind". 
Auf diesen Umstand muss mit allem Nachdruck hin- 
gewiesen werden; denn wir haben gesehen, dass der- 
artige Alarmnachrichten die öffentliche Meinung über 
den Stand der Bilderschätze sehr beeinflussen können. 
Selbst in der bayerischen Kammer der Abgeordneten 
ist von dem Verfalle der Bilder Böcklins ausführlich 
die Rede gewesen! 

Mit Ausnahme der dunklen „Villa am Meer", 
von „Triton und Nereide*, das, in Temperatechnik 
auf Oelgrund gemalt (s. oben S. 108), wie mit kleinen 
ritzartigen Sprüngen bedeckt erscheint und der „Idealen 



Jetziger Zustand der Bilder. 159 

Landschaft** (mit der Nymphe an der Quelle vom 
Jahre 1855, sehr nachgedunkelt und voll Firnisrisse) 
sind alle Gemälde Böcklins in der Schackgalerie im 
besten Zustande. Die unbedeutenden rissigen Stellen 
der dick gemalten weissen Wolke im „Gang nach 
Emmaus'' und an der weissen Mauer in „Mörder und 
die Furien" kommen gar nicht in Betracht, wenn 
man andere Gemälde der Galerie daraufhin ver- 
gleicht, z. B. die Lenbachbildnisse und -Kopien, die 
Bilder von Karl Rahl, Böheim, Dreber, Linden- 
schmidt u. a. 

Ob und inwieweit die Räumlichkeiten der Galerie 
oder die mitunter starken Temperaturunterschiede mit 
schuld tragen, soll hier nicht weiter erörtert werden. 
Jedenfalls ist es mit Freude zu begrüssen, dass 
Zeitungsnachrichten zufolge der Neubau der Galerie 
in naher Aussicht steht.*) 

An dem Zustande der übrigen Bilder, wie „Ana- 
choret'S „Pan erschreckt einen Hirten", „Drachen- 
höhle", „Hirtin bei ihrer Herde", „Italienische Villa", 
„Ideale Frühlingslandschaft", „Heiliger Hain" und 
der einzig schönen „Klage des Hirten" (Amaryllis), 
der helleren „Villa am Meer" wird auch der penibelste 



*) Was bis dahin zu tun wäre, um die Bilder gegen die durch die 
Temperaturunterschiede unvermeidlichenNiederschläge derP'euchtig- 
keit zu schützen, bestände unseres Erachtens in der Isolierung der 
Leinwandrückseiten, durch geeignete, Feuchtigkeit nicht durchlässige 
Schichten (vermutlich ist dieses inzwischen auch ausgeführt 
worden) und durch Verglasung von vorne. Leider wäre das letztere 
infolge der gegenwärtigen Lichtverhältnisse und der Engigkeit der 
Galerie untunlich. 



160 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

Beobachter nichts auszusetzen haben. Diese Bilder 
bestricken durch ihren Farbenzauber, und da sich bis 
jetzt, nach mehr als 40 Jahren, kein Schaden gezeigt 
hat, ist anzunehmen, dass es in künftigen Zeiten, 
falls keine aussergewöhnlichen Zufälle eintreten, eben- 
so bleiben wird. 

Die Oelfarbe muss ja schon längst ihren Trocken- 
prozess beendet haben, und wenn ein Springen der 
Schichten zu befürchten gewesen wäre, hätte sich 
dies inzwischen auch gezeigt haben müssen. 

Wie es mit der Erhaltung der in Firnisfarben 
gemalten Bilder der mittleren Periode des Meisters 
bestellt ist, muss erst abgewartet werden. Aber auch 
bei diesen Bildern ist die Gefahr gering, weil Böck- 
lin stets sehr dünn gemalt hat, niemals mit Asphalt 
oder Lacken in dicken Schichten die Malerei über- 
ging und alles vermieden hat, was als „ unsolide ** 
Technik erkannt ist. Ein Einwand könnte erhoben 
werden, dass nämlich bei den Firnisfarben die Lösung 
der Harze in Leinöl erfolgte (Kopalfirnis, Bernstein- 
oder Kutschenlack) und solche Harz-Oelfirnisse die 
Tendenz zum Nachdunkeln haben. In der Tat 
hört man ab und zu, dass Bilder dieser Periode an 
Wirkung verloren haben sollen. Firnisfarben haben 
meist die Eigentümlichkeit, dass sie mit der Zeit 
durchsichtiger werden, die Untermalung wird dabei 
stärker sichtbar, deshalb ist es wohl möglich, dass 
sich gewisse Veränderungen zeigen. 

In Florenz hatte Böcklin, wie Landsinger sich er- 
innert, eine Zeitlang von einem dort ansässigen 
Schweizer Lackfabrikanten Stünzi seine Firnisse be- 



Mit Fimisfarben gemalte Werke. 161 

reiten lassen, und dieser kochte anfangs das Leinöl 
mit Bleiglätte. Ein mit solchem Oel hergestellter 
Bemsteinfimis*) ist dem Nachdunkeln in der Tat sehr 
viel mehr ausgesetzt, er ist auch von Anfang an von 
dunklerer Farbe. Reichlicher Gebrauch eines solchen 
Bindemittels muss wohl ein Nachdunkeln der Malerei 
befördern und mit der Zeit ein eventuelles Verändern 
des Tones zur Folge haben. Es scheint übrigens, 
dass die Hauptgefahr der Firnismalerei, nämlich das 
unaufhaltbare Springen der Malschichte bei Böcklins 
Bildern durch die übrigen Beigaben von Terpentin- 
balsam und Petroleum hintangehalten worden ist; 
denn von einem Springen dieser Gemälde ist bis 
jetzt nichts zu sehen. 

Den mit der modernen Maltechnik Vertrauteren 
ist es bekannt, dass gegen das Petroleum vom che- 
misch-wissenschaftlichen Standpunkte mancherlei Ein- 
wände erhoben werden, dass es nie völlig und nicht 
ohne Rückstände trocknet, dass es mit Harzfirnissen 
sich nicht mischen lässt, ohne das Harz zu „fällen**, 
dass es also für die Firnismalerei eigentlich ungeeignet 
ist. Aber bei Böcklins Firnisfarbe sind diese Uebel- 
stände durch Anwendung von Oelfirnissen (z. B. 
Kutschenlack), die Beigaben von Balsam und Terpen* 
tinöl sehr verringert, die Fällung des Harzes aus 
solchen Lösungen wird, wenn auch nicht vermieden, 
so doch weniger bemerkbar und in der angeriebenen 



♦) Stünzi (Firma Nicolini & Co.) lieferte an Böcklin damals 
zwei Arten von Firnis, einen schnell trocknenden und einen lang- 
sam trocknenden. 

Berber, BöckliDS Technik. 1 1 



162 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

Farbe kaum irgendwie von optischer Bedeutung sein.*) 
Deshalb hatBöcklin niemals Anstand genommen, Petro- 
leum zu seinen Firnisfarben zu verwenden, und es mag 
in Verbindung mit dem Harzbalsam auch das widrige 
Reissen der Fimisfarben unmöglich gemacht haben, 
weil die Farben durch diese Beigaben eben elastisch 
bleiben und sich den Einflüssen von Wärme oder 
Feuchtigkeit mehr oder weniger anschmiegen. 

Gehen wir nunmehr zur Technik der letzten 
Periode, nämlich der Tempera des Theophilus 
über, so kann gesagt werden, — und dies gilt für 
Tempera im allgemeinen — dass Schäden an solchen 
Malereien, soferne sie auf das Bindemittel zurückzu- 
führen sind, sich stets sehr bald zeigen, denn der 
Trockenprozess der Tempera ist ungleich schneller 
beendigt als bei jedem anderen öligen Bindemittel, 
Die Volumveränderung bleibt für die Folge bestehen, 
eine Gefahr irgendwelcher Art, wie das Nachdunkeln 
ist ziemlich ausgeschlossen, und nur wenn der Unter- 
grund erhebliche Veränderungen erleidet, wäre die 
Farbschicht nicht imstande, diesen zu folgen und 
würde brüchig werden. Temperabilder auf Leinwand 
— diese dehnt sich bei Feuchtigkeitsaufnahme er- 
heblich aus und zieht sich beim Trockenwerden 
wieder zusammen — sind dem Springen deshalb 
leichter ausgesetzt als Temperabilder auf Tafeln, 
Aber auch das Holz zieht sich bei Trockenheit zu- 



*) Bekanntlich ist das ganze System der Ludwig sehen Pe- 
troleummalerei auf der Verwendung von ähnlichen Mischungen 
von Bemsteinfirnis, Oel, Petroleum und Terpentin aufgebaut. 
Vergl. dessen „Technik der Oelmalerei". 



Mit Tempera gemalte Bilder. 163 

sammen und dehnt sich bei Feuchtigkeit entsprechend 
wieder aus, sodass die Erscheinung der sog. Craque- 
lure auf alten Bildern durchaus nichts Seltenes ist. 
Aber auch Böcklins Tempera der letzten Periode 
war so zusammengesetzt, dass sie — physikalisch ge- 
sprochen — expansionsfähig war, und deshalb werden 
diese Gemälde voraussichtlich in ihrem gegenwärtigen 
Zustande verbleiben. Wo vielleicht Defekte bemerk- 
bar sind, stammen sie jedenfalls noch von der Zeit 
der Entstehung her. 

Man mag vielleicht noch fragen, wie sich Bilder 
in gemischter Technik, d. h. mit Tempera-Untermalung 
und Firnisfarbe - Uebermalung verhalten würden und 
ob deren Dauerhaftigkeit gesichert ist? In diesen 
Fällen sind die Bedingungen naturgemäss etwas kom- 
plizierter; aber soviel kann man sagen; Solche Bilder 
sind dem Nachdunkeln gewiss weniger ausgesetzt als 
Oelgemälde, weil die Farben an sich weniger Oel ent- 
halten, sie werden ihre Leuchtkraft erhalten, weil die 
Farben in sehr dünner Lage und auf weissem Grunde 
aufgemalt sind, also wird das Tiefen licht in der 
Farbenkomposition stets mit wirksam bleiben. 

Wir wissen, dass auf diesem Tiefenlicht, oder 
wie man sich auch ausdrückt: dem Leuchten aus der 
Tiefe, der Hauptvorzug der frühniederländischen Bilder 
begründet ist. Auch die Ansicht, dass diese Wirkung 
schon von den älteren Niederländern sehr wahrschein- 
lich mit Hilfe gefirnisster Tempera erreicht worden 
ist, gewinnt immer mehr an Boden, es ist demnach 
nicht ausgeschlossen, dass die Böcklinschen Bilder 
ebenso wie die von allen bewunderten Werke der 

11* 



154 XVI. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

alten niederländischen und altdeutschen Meister ihre 
Leuchtkraft auch dauernd erhalten werden. 

Ueberblicken wir zum Schluss noch einmal Böck- 
lins technisches Können, das er sich in rastlosem Vor- 
wärtsschreiten während seiner ganzen Lebenszeit er- 
rungen und vergleichen damit, was er erreicht, dann 
werden wir auch ermessen können, was wir ihm in 
dieser Beziehung alles zu danken haben« Die eiserne 
Konsequenz, auf dem einmal für richtig er- 
kannten Wege bis zum Ende zu gehen, ist 
allein schon bewundernswert, um so mehr, 
wenn wir noch beifügen, dass er eigentlich nur seinem 
freilich hoch entwickelten Empfindungsvermögen für 
farbige Reize folgte. So ist er der Lösung der 
schwierigsten Probleme der Maltechnik, wie wir ge- 
sehen haben, immer näher gekommen, je länger er 
sich damit beschäftigte. Als solche schwierigsten Pro- 
bleme haben seit jeher gegolten: Die antike En- 
kaustik, die Technik der pompejanischen 
Wandmalerei und die Van Eyck-Technik. An 
alle drei ist er herangetreten; er hat erkannt, dass 
die bisherigen Anschauungen dem Wesen der Sache 
nicht entsprechen, und für alle drei Probleme hat er 
den richtigen Weg uns gewiesen. Die Fäden der 
verloren gegangenen alten Tradition hat er wieder 
neu gesponnen und systematisch das Band gewebt, 
das seine Kunst mit der Kunst der Alten verknüpft. 
Und wie merkwürdig: was Böcklin vor Jahrzehnten 
rein empirisch, intuitiv als richtig vermutete, ist durch 
neuere Forschungen, auf ganz anderem Wege er- 
rungen, auch als richtig erwiesen worden. 



Böcklins technische Kenntnisse. 165 

Bei der antiken Enkaustik ist es ihm sofort klar 
gewesen, dass die Wärme sowohl zum Auftragen als 
auch zur Verarbeitung der Wachsfarben unbedingt 
nötig war, und er hat darin das Wesentliche der En- 
kaustik richtig erkannt und durch einige Versuche 
die Ausführungsmöglichkeit bewiesen. Wir haben 
darüber bereits gehandelt (im Abschnitt VIII). Um 
das Problem der antiken Wandmalerei hat sich Böck- 
Hn Verdienste erworben, da er bei der Ausführung 
der Baseler Fresken die traditionell als Freskoanweisung 
geltenden Angaben Vitruvs in die Wirklichkeit um- 
setzen wollte. Durch das Misslingen dieses Ver- 
suches hat er sich aber nicht beirren lassen und ist 
rein empirisch zur Erkenntnis gelangt, dass nur dann 
eine aufs Nasse gemalte Farbe glatt wird, wenn man 
sie glättet. Damit ist Böcklin schon vor 40 Jahren 
genau zu dem nämlichen Resultate gelangt, als die mit 
vielen mühevoll herbeigeschafften Beweisen festgestellten 
Tatsachen neuester Forschung. Für ihn bedurfte es 
keiner langen Beweisführungen und Gutachten von 
Gelehrten oder Chemikern, er hat mit dem Blicke des 
gewiegten Fachmannes alsbald erkannt, dass die so 
lange gesuchte Technik der italienischen Stukkolustro- 
technik nahekommt.*) 

Der ungeheure Respekt vor den alten Traditionen 
in technischen Dingen hat Böcklin, wie wir gesehen 
haben, zur Theophilus-Technik geführt; er mochte 
sich gesagt haben, dass diese aber nur der Vorläufer 
der späteren Jahrhunderte gewesen sein konnte, und 



♦) Vergl. die „Nachschrift« S. 101. 



166 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen. 

deshalb hat er in völlig richtiger Voraussetzung die 
Theophilus-Technik so weit umgestaltet, bis er eine 
für seine Absichten entsprechende Mal weise daraus 
schuf. Auch in diesem Punkte müssen wir Böcklin 
zugestehen, den Weg geebnet zu haben zu der jetzt 
immer mehr durchdringenden Anschauung, dass die 
Van Eycks nicht, wie man bisher angenommen hat, 
die „Erfinder der Oelmalerei" gewesen seien, sondern 
durch die Einführung der emulgierten Oele ein neues 
System der Oeltechnik begründet haben mussten. 

Alle diese neueren Anschauungen, die uns in der 
Erkenntnis der Geschichte der Maltechnik ein grosses 
Stück vorwärts gebracht haben, finden in dem tech- 
nischen Streben Böcklins weitgehende und tiefbegründete 
Stützpunkte. Die Forscher späterer Zeit werden nicht 
darüber hinweggehen können, und Böcklins Schaffen 
wird in Zukunft für alle auf dem Gebiete Tätigen 
von unermesslichem Werte sein. 

Böcklin ist aber bei seinen vielfachen technischen 
Versuchen nicht von antiquarischen Motiven geleitet 
gewesen, er hat nicht nur die Technik der Alten an- 
gestrebt, um sie zu imitieren, sondern weil er heraus- 
gefühlt hat, dass auf diesem Wege für seine Kunst 
und für seine künstlerische Anschauung am meisten 
zu erringen war. So oft er auch seine technischen 
Mittel änderte, der Zweck war stets der gleiche, 
nämlich die Verwendung derselben zur koloristischen 
Steigerung der Farben. Das ist es, was er uns ge- 
lehrt; mit den einfachsten Mitteln die grössten Wir- 
kungen zu erzielen, mit einem Hauch der Farbe, in 
dünnster Schichte, durch genaues Abwägen der Kon- 



Zauberkraft der Farbe. [67 

traste, mit einer Sparsamkeit sondergleichen die edelsten 
Stimmungen wiederzugeben. 

Aber noch viel mehr verdanken wir ihm : Er hat 
zu einer Zeit, da die Graumalerei Mode war, wieder 
gezeigt, was für Zauberkraft die „Farbe* haben kann, 
er hat uns gelehrt, was wir mit Farben ausdrücken 
könnten, wenn wir den ^heiligen Hain" der Natur 
betreten, mit dem Sinne für das Schöne im Herzen. 
Schon dies allein ist ein Verdienst, das unseres höchsten 
Dankes würdig genannt werden muss. 



Register. 



„Abenteurer« 113. 

Adhäsion der Farben 140. 

Aenderungen 27. 

Aether 61. 

Alte Meister 33, 133, 135, 141. 

„Altrömische Maifeier«" 119. 

„Amaryllis* (Des Hirten Klage) 

12, 27, 39, 159. 
^Anachoret** 39, 159. 
yAnadyomene'' 141. 
Anetsberger 124. 
Anlage des Bildes 46. 
, Antonius predigt den Fischen* 
; 14, 32, 119. 
Apelles 79. 
„Apollo mit dem Viergespann'' 

90, 94. 
Aquarellfarbe 53. 
Armenini 4, 87, 113, 118, 148. 
„Armut und Sorge** 119. 
Art des Schaffens 24. 
Athos, Malerbuch vom Berge 20. 
Aufgeben der Firnisfarbe 116. 
Aufpausen 91. 
Aufzeichnung 46. 
Ausschwitzen 92, 93. 

Balsam copaivae, s. Kopaiva- 

balsam« 
Basel 11, 12, 17, 85. 
Baseler Fresken 85 — 96. 
Bayersdorf er Dr. 6, 102, 114, 120, 

137. 



Begas 39. 

Bereitung des Grundes s. 

Grundierung. 
Berlinerblau 147, 149. 
Bemsteinfimis 43, 112, 118, 119, 

129, 161. 
Bewurf für Fresko 97. 
Pezold V. 102. 
Bildnis s. Porträt. 
Bindemittel 71. Hl* 8. Tempera, 

Oel u. s. w. 
Blanc de Troyes 149. 
Blaugrünoxyd 151. 
Bleiweiss 121, 132, 147, 148, 150, 

151. 
Borax 129. 
Borghini 87. 
Bronzegold 148. 
Burckhard, Fritz 92. 

„ Jakob 17, 55, 85. 

„Burgruine* 119. 

Cadmium 149, 150. 

Caput mortuum 148. 

Caravella-Leim 54. 

Carlo Böcklin 137. 

Cennino Cennini 4, 53, 105, 143. 

„Ceres und Bacchus* 104. 

Champagnerkreide 143. 

Chiaroscura 33. 

Chromgelb 147, 149, 150. 

Chromgrün 74, 147, 149. 

Chromoxydgrün 151. 



Register. 



16Q 



Chromrot 149, 150. 
,1 Cimbemschlacht ** 131. 
Cinquecento, Meister des 55. 
»Cleopatra« 77. 
Copal k Phuile 52. 

„ a Tessence 80; s. Kopal. 
Correggio 55, 94, 114. 
Correggiofimis 118. 

^Daphnis u. ChloS* v. Schick 45. 
Dauerhaftigkeit 1 60— 1 63. 
»David« 89, 92. 
Deckfarbe 58, 64. 
Deckgrün 40. 
Dekoration, gemalte 57. 
^Dichtung und Malerei« 14, 113. 
Didier 69. 
Dirk Bouts 120. 
,Drachenhöhle« 159. 
»Dümmling«* 90. 

Ki (ganzes) 5, 53. 

Ei-Firnisfarbc 4. 

Eifarbe s. Eitempera. 

Eigelb 4, 53, 88. 

Eiklar (Eiweiss) 6, 21, 51, 53, 

121, 124, 129. 
»Einsiedler« 113, 142. 
Einzelheiten, techn. 139. 
Eisen, heisse 19, 20. 
Eisenoxyd 148, 150. 
Eitempera 13, 19, 51, 95, 104. 
Elfenbeinschwarz 148, 151. 
Emulgieren 106, 109. 
Emulsionen 22, 123, 126—128, 

137, 138, 152. 
Englischrot 148, 149. 
Enkaustik, antike 6, 59, 75—84, 

146. 
Enkaustik, Versuche in 20, 75. 
Entstehung des Bildes 24. 
Erde, grüne, s. grüne Erde. 
Erinnenmgen, persönliche 1. 
Erhaltung der Bilder 154. 
Essig, 5, 53, 106. 



Farbe des Grundes 40. 
Farben, subjektive 48. 
Farben-Bereitung 145. 

» -Disposition 29, 31, . 

» -K.omposition 38. 

» -Proben 153. 

^ -Reiben 130, 152. 

» -Skizze 30, 90. 

» -Liste 146—152. 

» -Wirkung 27, 29, 32. 
Fäuhiis des Bindemittels 129. 
»Faun, Junger* 142. 
»Faun, schlafende Nymphe be- 
lauschend« 113, 142. 
Feigentriebe 53. 
Fernbach 75. 

Festigkeit des Malnüttels 111. 
Fimisfarbe 4, 12, 34, 108, 110, 

112, 160. 
Fimisfarbe, Rezept für 6, 1 12, 1 19. 
Fischer L. H. 151. 
Fischleim 53, 55. 
Fixiermittel 44, 46. 
»Flora«* (Fresko) 90, 94, 100. 
»Flora,Blum. streuend« 14, 109,142. 
Floerke G., 9, 12, 14, 17, 20, 25, 
28, 61, 101, 104, 111,118, 136. 
Floerke H. 9. 
Florentiner Aufenthalt 6, 9, 13, 

109—116. 
Florentiner Aufenthalt, letzter 14, 

102, 133. 
„Franzesko da Rimini« 138. 
Frau Böcklin 50, 123. 
»Freiheit« 130. 
Fresko 12, 57, f. Sarasin 85. 
Fresko-Farben 87, 149. 

, -Grund 23, 87, 95, 97. 

» -Malerei der Alten 97, 99. 

« 9 geglättete 6, 101. 

„ -Versuche 86. 
Fresken, Baseler 85-96. 
Frey 10, 14, 21, 27, 29, 121, 125, 

135, 150, 152. 
»Frühlingserwachen« 14. 
»Frühlingshymne« 119. 



170 



Register. 



„Oang nach Emmaus** 159. 

Ganosis 65. 

„Gartenlaube« 14, 32, 119. 

^Gattin als Muse«* 83. 

»Gefilde der Seligen« 113. 

„Geburt der Venus«* 44, 46, 

Gegenlinien 38. 

^Geisselnder Eremit* 12, s. Ana- 
choret. 

Giotto 42. 

Gipsgrund 55, 138, 144 s. Kreide- 
grund. 

Glätten des Grundes 94. 

Glätten der Freskomal. 100, 102. 

Gljcerin 19, 53, 56. 

Goldocker 149. 

„Götter Griechenlands«* 40. 

Gouachefarben 98. 

Graphit 151. 

Gründe, geleimte 4, 44. 

„ getönte 34,39—4 1 ,42, 1 1 6. 
„ weisse, 42, s. Kreide- 
Leinwand- u. Freskognind. 

Grundierung der Tafeln 138, 141, 
143. 

Grüne Erde 40—42, 148, 149, 161. 

Grünspan 151. 

Gummi arabic. 54, 126, 138, 152. 

Gunkel (Maler) 43. 

Gurlitt 143. 



Magenbach, Prof. 92. 

Halbdunkel 135. 

Hannover 11, 54, 56. 

Harze 56, 113, 119. 

Harzmalerei 66 — 74, 98. 

Harztempera 120. 

„HeUiger Hain« 14, 104, 113, 119, 

159. 
j.Heimkehr« 119. 
„Herbstgedanken« 119. 
„Hirtin bei ihrer Heerde« 159. 
Holbein 134. 
Holztafel 105, 138. 
Holztafel-Grundierung 141, 143. 



Honig, 5, 52. 
Hoogstraeten 1. 

„Horch, es schallt der Hain von 
Liedern«* 31. 

„Ideale Landschaft«* 158. 
„Ideale Frühlingslandschaft« 159. 
„Idylle«* und ^Malerei« 104. 
Imhof 74, 82. 
Indischgelb 150. 
Indischrot 148. 

„Iphigenia« s. „Villa am Meer«. 
„Italiener, Kopf eines« 74, 83. 
„Italienische Villa«* 159. 

„Jagdzug der Diana« 12, 39. 
Jugendzeit 11. 

Kalk 87- 90, 92, 95, 97-101, 149. 
Kalkbcwurf s. Freskogrund. 
Kalkhäutchen 90, 93. 
„Kampf auf der Brücke" 130. 
Kandiszucker 54. 
Kaolin 7. 
„Kapelle** 38. 
Karmin 121, 147. 
Kasein (Käseleim) 54, loi, 126, 143. 
Kasseler Erde 149, 151. 
Kaulbach, Fr. A. 105. 
Keller, Gottfr. 130. 
„Kentaur und Nymphe«* 42. 
„Kentaurenkampf«* 13, 104. 
Kernschwarz 40, 148. 
Kirschgummi(harz) 6, 7» 21, 117, 

129, 131, 137. 
Kirschgummi-Tempera 5, 12, 14, 

21, 119, 122. 
Knopf, Maler 116. 
Kobalt 148, 151, 152. 
Kobaltgrün 149. 
Kollodium 93. 
Kölner Meister 120. 
Koloristik 29. 
Kolophonium 119. 
Komplementärfarben 31, 41, 48. 



Register. 



171 



Konservierungsmittel f. Tempera 

4, 106, 129. 
Kontrastwirkung 27, 29. 
Kopaivabalsam 7i 21, 34, 37, 42, 

43—48, 63, 110, 118, 123, 129, 

137, U7, 152. 
Kopalharz (-firnis) 4, 6, 107, 109, 

112, 116, 119, 134. 
„Kopf seiner Frau« 65, 66, 69, 82. 
Korkschwarz 151. 
Krapp 146, 150, 152. 
Kreidegrund 34, 105, 143, 144. 
„Krieg« 15, 138. 
Kremserweiss s. Bleiweiss. 
„Kreuzabnahme« 4, 14, 109, 142. 
„Kritikus« 90. 
Kupfer 142. 
Kutschenlack 6, 113, 161. 



liack 147. 

„ de garance 148. 

„ grüner 148. 
Lampenschwarz 151. 
„Landschaft« 62. 

„ mit Jagd der Diana« 

15, 130, 138. 
„Landschaft mit maurischen 

Reitern« 105. 
„Landschaft aus dem Sabiner- 

gebirge« 82. 
Landsinger S. 5, 13, 28, 107, 

108, 116, 131, 143. 
Lapsis lazuli 87 1 151. 
LasiusO. 9, 14, 28, 83, 112, 121, 

144. 
Lasuren 29, 37, 58, mit Weiss 

gemischt 47, mit Fimisfarben 

126, 137. 
Lauge 61. 

„Lautenspielerin« 109. 
„Lebensinsel« 119. 
Leim, Kölner 143. 

„ -färbe 49, 52, 54—58. 

„ -maierei 3, 12, 48, 54, 56, 

64, 118. 



Leinöl 4, 6, 109, 116, 118, 137, 148. 
Leinwand 4, 34^ 40, 56, 104, 

„ -grundierung 1 39 — 141, 
Lenbach 39, 51, 69, 105, 107, 159. 
Lessing 4, 22, 119, 120. 
Lionardo (da Vinci) 42, 136. 
Literatur 9. 

Loggia i. S. Domenico 102, 138. 
Lomazzo 4. 
„Lucia« 142. 
Lulni 93. 
Ludwig H. 113, 162. 



„Magdalena an der Leiche Christi«^ 

12, 48. 
„Magna mater« 90. 
Maleisen für Enkaustik 76. 
Malerei s. Tempera, Öl-, Firnis etc. 
Malkarton 142. 
„Marien8age„ 31, 130, 131. 
Marmorgrund 94. 
Marmorpulver 90. 
Marsgelb 148. 
Mastix 107, 118, 124, 134, 
Mayhoff Prof. 76. 
„Medusa« 90. 
„Meeresbrandung« 142. 
„Meeresidylle« (Triton u. Nereide) 

4, 13, 25, 105, 108, 158. 
„Meeresstille« 119. 
„Melancholie« 32. 
„Melpomene« 138. 
Mendelsohn Henri 10, 21, 23, 34,, 

35, 58, 133. 
Mennige (Minium) 121, 150. 
Milch 95, 101. 
Mineralschwarz 149. 
Miniaturmalere» 54. 
Mohnöl 148. 

„Mörder und die Furien« 159. 
Morellensalz 148, 149. 
Mumie 148. 
Mumienporträts 77, 83. 
Münchner Aufenthalt 10, 13 103. 
Museumsfresken, Basel 17» 84. 



172 



Register. 



nachdunkeln 160. 

Nachgilben des Oeles 45. 

^Nacht* 32. 

Neapel 49. 

Neapelgelb 40, 148, 149, 150. 

^Nonnen« 105, 108. 

Nussöl 45, 128, 137, 148, 152. 

Ocker 148, 149, 150, 151. 
^Oktoberfest« 19, 20, 53, 142. 
Gele 8. Leinöl, Nussöl etc. 

„ ätherische 34. 
Oelfarbe 3, 12, 34, 35, 111. 

„ für Freskoretouche 89. 
Oelfirnis s. Firnis. 
Oeltemperal25 — 127s.Emulsionen. 
Optik physiol. 104. 
„Orlando furioso«* 138. 
Ostini Fr. v. 10. 

Palette, BöckUns 139, 145, 152. 
„Pan im Schill 12. 
^Pan und Nymphe** 105. 
„Pan und Dryaden«* 138. 
^Panischer Schreck** 12, 39, 159. 
Pappe 142. 

Parabalsam 129 s. Kopaivabalsam. 
Pergamentleim 50. 
Persönliche Erinnerungen 1. 
Perugino 134. 
^Pest« 15, 138. 

^Petrarka«* 27, 40, 44, 64, 139. 
Petroleum 6, 21, 113. 114, 118, 161. 
^Petrus** 138. 

Pettenkofer Max ▼. 43, 145, 147. 
^Pietä« 4, 13, 32, 34, 113. 
Pinsel 152. 
Piinius 4, 59, 65, IT. 
Pompejan. Malerei 49, 89, 98, 106. 
^Porträt** V. Bayersdorfer 14, 109. 
„ seiner Frau 52, 54, 81, 

82, 142. 
„Porträt** V. Frau Clara Bruck- 

mann 105, 142. 
^Porträt** ▼. Frau Gurlitt 4, 115. 



„Porträt** eines Irssinnigen 44, 46. 
G. KeUer 130. 

„ eines K.inde8 142. 

„ V. Lenbach 52. 

Pottasche 61. 
Preussischblau 151. 
„Prometheus** 4, 14, 113. 
Punisches Wachs 12, 60. 
Purpur 147. 

Quellen für B*s Technik 8. 

Raffael 134. 

Rebenschwarz 40, 42, 149, 151. 

Reiben der Farben s. Farben. 

Reissen der Holztafel 143. 

Rembrandt 1, 5. 

Requeno 59. 

Retuschen für Fresko 88, 95. 

Rezept für Fimisfarben 6, 112, 

119. 
Rezept für Kirschharztempera 122, 

124, 137. 
Roger van der Wcyden 120. 
„Römerkopf, männlicher** 83. 
„Römerschlacht** 14. 
„Römische Vigne** 105. 
Rubens 5, 136, 142. 
„Ruine am Meer** 113, 142. 
Ruths, Maler 140. 

8andiog (Sandarac) 19, 22, 55, 67. 
„Sappho** 79—83, 105. 
Sarasin 81, 85. 

„ , Fresken im Hause v. 12 

85 bis 89. 
Schack, Graf 19, 68, 81, 157. 
Schackgalerie 4, 12, 155—159. 
Schäden an Bildern 155. 
„Schatzhüter** 120. 
Schellack 119. 
Schick Rud. 9, 12, 16, 27, 40 

bis 100, 137, 139, 145. 
Schiefertafel 41, H, 140, 141. 
Schirmer Joh. Wilh, 37. 
Schlaghölzer 90, 93. 



Register. 



173 



Schlämmkreide 40, 44, 138, 144. 
Schmid H. A. 10, 20, 116. 
Schnitzelleim 54. 
^Schweigen des Waldes«* 14, 119. 
Schweinfurtergrün 151. 
Schwerspat 7. 
S. Domenico 132. 
Seitz Rud. 105. 
„Selbstbildnis«" 142. 

„ mit dem fiedelnden 

Tod 13, 104. 
„SelbstbUdni8<< mit dem Weinglas 

130. 
,Sieh' es lacht die Au" 14, 119, 
Skizzen 27. 
Smalte 148, 149. 
„Sommertag** 142. 
Spachtel 94, 100. 
„Spiel der Najaden«* 14, 119. 
„Spiel der Wellen 14, 113, 115, 156. 
Spiritusfirms 55, 56. 
Sprünge der Farbe 130, 132, 156. 
Staffage 38. 
Stein a. Rhein 6. 
Steinocker 149. 
Steinöl 114, s. Petroleum. 
Stereochromie 97. 
Stukkolustro 102, 165. 
Stuckmarmor 97. 
Studien 24. 
,Studienkopf eines Italieners" 

(Römerkopf) 74, 82. 
Subjektive Farbien 48. 
'„Susanna im Bade" 130. 

Tagebuchaufzeichnungen s. 

Schick. 
Talg 111. 

Tänzerinnen, pompej. 99. 
Tempera 49, 51, 125. 

„ der alten Meister 5, 135. 

„ -Gemälde 109, 138. 

„ -Malerei 49—58, 103 bis 

110, 162. 

„ -Untermalung 5, 51, 58, 

107, 137. 
Terpentin 21, 44, 48, 113. 



Terpentin, venetian. 6, 113, 114, 
Terra di Pozzuoli 150. 

„ „ Siena 149, 150, 151. 
Theophilus (Presbyter) 4, 14, 20^ 

120, 133, 143, 162. 
Thoma Hans 3. 
Tonpfeifenerde (Kaolin) 144. 
Tintoretto 42. 
Tizian 136. 
„Toteninsel" 4, 14, 113, 115, 119^ 

142. 
„Triton u. Nereide" s. Meeresidylle» 

Uebelstände beim Fresko 93. 
„Ueberfall von Seeräubern" 119, 
Uebermalung 5, 124, 126, 152. 
Uebersicht der Quellen 8. 
Ultramarin 48, 87, 147, 151. 

„ gelb 147. 

Ultramarinasche 87, 149. 
Untermalung 37, 51, 58, 132, 15U 

Van Eyck 126, 135, 136, 164. 
Vasari 4, 59, 65, 89, 97. 
Venetianer Meister 33. 

„ Terpentin s. Terpentin, 

Venetianisch Weiss 148. 
„Venus Anadyomene" 130, 142. 
„Venus genetrix" 15, 138. 
„Veritas" 28, 142. 
Versuche in antik. Enkaustik 75 

bis 82. 
Versuche enkaustische, 12, 65, 74, 

„ technische 49—74. 

„Villa am Meer" 12, 19, 58, 60 

bis 73, 81, 155—159. 
„ Vi I. um bonum (Optimum)" 19, 118, 

155, 157. 
„Viola" 41, 43, 48, 56, 142. 
„Vita somnium breve" 14, 28,119, 
Vitruv 4, 59, 65, 89, 97. 

Wachs 63, 64, 72, 73, 11, 147. 
„ -färben 82. 
„ -firnis 20, 63, 66. 
„ -Malerei 19, 59—74, der 
Alten 76, 83. 



174 



Register. 



Wachs, punisches (Wachsseife) 12, 

61—63. 
Wandgemälde(Hannover) 54,66,57. 
Wandmalerei im Atelier 57. 

„ der Loggia 101, 138. 

„ pompejaii. 6, 49, 97 

bis 102, 164. 
Wasserfarbe 52, 64, 88 s. Tempera 

und Leimfarbe. 
^Wassernymphe* 52. 
Wedekind 54. 

Weihrauch 5, 19, 22, 55, 67. 
Weimar 11, 39. 
Weinessig 105. 
Weingeist 140. 



Weisse Farben s. Kremserweiss etc. 
Welti, Alb. 14, 121, 129, 131, 160, 
Wiegmann R. 60, 89. 
„Wiesenquelle« 12, 27, 28, 46, 

47, 104. 
Würtenberger E. 10, 14, 20, 30, 

121, 122. 

Zink als Malgrund 4, 115, 142. 

Zinkweiss 95, 150. 

Zinnober 65, 147, U9, 160, 152. 

„ grüner 147. 
Züricher Aufenthalt 6, 10, 14, 117 

bis 132. 
Zwischenfimis 124. 



Yerlagsbacliliandlttng Cjeorg D. W. Callwey in München. 

Beiträge zur Entwicklungs- 
Geschichte der Maltechnik. 

Mit Unterstützung des KgU Preussischen Ministeriums der 
geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenlieiten, heraus- 
gegeben von Ernst Berger. 

I. u. IL Folge: Die Maltechnik des Altertums. 

Vollständig umgearbeitete Auflage der ^ Erläuterungen zu den 
Versuchen zur Rekonstruktion der Maltechnik des Altertums**. 

In Lex. 80 u. 313 S., m. 2[farb. Taf. n. 57 Illustrationen. 

München 1904. Preis Mk. 8.-, 
Früher sind erschienen: 

III. Folge: Quellen und Technik der Fresko-, 
Oel- und Temperamalerei des Mittelalters. 

München 1897. Preis Mk. 7.—. 

IV. Folge: Quellen für Maltechnik der Re- 
naissance imd deren Folgezeit, nebst 
dem De Mayeme-Manuskript. 

München 1901. Preis Mk. 10.—. 

Vom gleichen Autor: 
^= Katechismus der Farbenlehre. == 



Mit 40 in den Text gedruckten Abbildungen u. 8 Farbentafeln. 

Verlag von J. J. Weber, Leipzig. 1898. 
(Webers illustrierte Katechismen Nr. 167). 

= Die Technik der Aquarellmalerei == 
und ihre Anwendung in Kunst und Kunstgewerbe. 
Mit Buchschmuck von J. V. Cissarz und einer Aquarellfarbentafel. 

Verlag von E. Haberland in Leipzig. 1901. 




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