This is a digital copy of a book that was preserved for generations on library shelves before it was carefully scanned by Google as part of a project
to make the world's books discoverable online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, culture and knowledge that 's often difficult to discover.
Marks, notations and other marginalia present in the original volume will appear in this file - a reminder of this book's long journey from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prevent abuse by commercial parties, including placing technical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use of the file s We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain from automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machine
translation, optical character recognition or other areas where access to a large amount of text is helpful, please contact us. We encourage the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attribution The Google "watermark" you see on each file is essential for informing people about this project and helping them find
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are responsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can't off er guidance on whether any specific use of
any specific book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search means it can be used in any manner
any where in the world. Copyright infringement liability can be quite severe.
About Google Book Search
Google's mission is to organize the world's Information and to make it universally accessible and useful. Google Book Search helps readers
discover the world's books white helping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll text of this book on the web
at |http : //books . google . com/
über dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nutzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google -Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http : //books . google . com durchsuchen.
From thc Lihrary of tKe
Fflgg ^usmm ofArt
Harvard llnivcrsity
f^^-
malt
ßand
ckims Technik
^i :. ^erger
^ - ^ -
- « m
FHOW THE LIBttitRV CIP
EDWARD WALDO FORBE5
CAMBRIDGE, MAVa.
OH kOAh TO THK
I NTERMÜ S EU M LABORATORY
ALLEN ART BUrLDINa OBEflLlM. OHIO
Ifh^
Sammlung maltechnischer Schriften I. Band
Böcklins Technik
von
Ernst Berger.
Mit dem Bildnis des Meisters nach einem Relief
von S* Landsinger.
München 1906
Verlag von Georg D. W. Callwey.
POGG MUSEUM LtBRASY
fiAEVlRD UNJVEFiisITY
;&66 ^
c^
Kg^l. Hofbuchdruckerei Kästner & Callwey, München.
St Landeinger, fec.
Berger, Böcklins Technik.
Vorwort.
I Dcklin hat auf dem Gebiete der Maltechnik
ganz selbständige Wege betreten. Sein
technisches Verfahren war von dem seiner
Zeitgenossen in mancher Hinsicht ver-
schieden und galt lange Zeit als ein Buch mit sieben
Siegeln; erst wenige Jahre vor des Meisters Tod
wurden Einzelheiten darüber bekannt. In dem vor-
liegenden Bande hat der Verfasser alles vereinigt, was
über das technische Verfahren des grossen Malers
bis jetzt in die Oeffentlichkeit gedrungen ist und zum
erstenmale versucht, in zeitlicher Aufeinanderfolge ein
Bild der Böcklinschen Technik zu entwerfen, wie es
in solcher Vollständigkeit kaum von einem Künstler
der Jetztzeit oder der Vergangenheit zu geben mög-
lich war. Zahlreiche Einzelheiten verdankt er auch
der näheren Umgebung des Meisters und insbesondere
dem langjährigen Freunde des Böcklinschen Hauses,
Herrn Maler S. Landsinger, der die hier als Titel
eingefügte Nachbildung des Porträt -Reliefs beige-
steuert hat.
VI Vorwort.
Die grosse Bedeutung Böcklins lässt es berechtigt
erscheinen, die „Sammlung maltechnischer
Schriften", welche das gesamte Gebiet der Mal-
technik in Einzeldarstellungen, sowohl in technisch-
chemischer als auch in physikalisch- optischer Hinsicht
umfassen soll, mit einem Werke über die Technik des
Meisters einzuleiten. Als kleinen Beitrag zur Kennt-
nis von dem Schaffen Böcklins, der auch im Neben-
sächlichen der Technik mit regstem Eifer vorbild-
lich tätig war, übergebe ich diesen Band der Oeffent-
lichkeit.
Der Verfasser.
München, im Januar 1906.
Inhaltsangabe.
Seite
Vorwort V
I. Persönliche Erinnerungen « 1
Gespräche mit Böcklin über seine Technik. —
Letztes Gespräch.
II. Uebersicht über die Quellen für Böcklins
Technik 8
Die Böcklin- Literatur. — Erste Schaffensperiode —
Mittlere Schaffensperiode. — Letzte Periode.
III. Kritik der Quellen für Böcklins Technik . . 17
Schicks Tagebuchaufzeichnungen. — Allerlei Wider-
sprüche. — Ungenauigkeiten der Rezepte. — Ein-
zelne Fehler.
IV. Art des Schaffens. Einfluss auf die Technik
und Koloristik 25
Floerke über Böcklins Schaffen. — Entstehung des
Bildes. — Skizzen. — Koloristik. — Farbendisposition.
V. Technik der ersten Periode. Malerei mit Oel-
farben auf getöntem Grunde. Kopaiyabalsam 37
Getönte Gründe. — Zweck des getönten Grundes. —
Gebrauch von Kopaivabalsam. — Technik der
^ Wiesenquelle**.
VI. Technische Versuche des zweiten römischen
Aufenthaltes. Tempera und Leimfarbe . . 49
Untermalung mit Tempera. — Eitempera des
Cennini. — Malerei mit Leimfarbe.
Vni Inhalt.
Seite
VII. Weitere technische Versuche des zweiten
römischen Aufenthaltes. Wachsmalerei und
Wachsfirnis 59
Punisches Wachs (Wachsseife). — Versuche mit
Wachsfirnis. — Die antike „Ganosis**. — Technik
der ersten ^ Villa am Meer**. — Gefahren der
^ Harzmalerei •*. — Weihrauch und Sandarac. —
Harzfarbe und Wachsfirnisüberzug.
VIII. Versuche in antiker Enkaustik 75
Böcklins Erklärung der Technik. — Enkaustik der
jjSappho.* — Erhaltung des Sapphobildes. — Die
altägyptischen Mumienbildnisse.
IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische
Wandmalerei 85
Fresken im Sarasinschen Gartenhaus. — Die Mu-
seumsfresken. — Führung der Arbeit. — Allerlei
Schwierigkeiten. — Notwendigkeit von Retuschen.
— Vitruvs Anweisungen. — Technik der pompe-
janischen Malereien. — BScklins Glättungsversuche.
X. Technik während des zweiten Münchener und
des Florentiner Aufenthaltes. Tempera-
malerei und Firnisfarbe 103
Tempera der Münchener Zeit. — Lenbachs Tech-
nik. . — Die Florentiner Periode. — Uebergang zur
Firnisfarbe. — Malerei mit ^ Firnisfarbe**. — »Spiel
der Wellen**.
XI. Züricher Zeit. Aufgeben der Firnisfarbe.
Kirschharztempera des Theophilus .... 117
Technik von 1887 und 1888. — Theophilus Pres-
byter. — Rezept für Kirschharztempera. — Magere
und fette Tempera. — Oeltempera (Emulsion). —
Kirschgummi-Emulsionen. — Albert Weltis Notizen.
XII. Letzte Periode. Die alten Meister. Florenz
und San Domenico 133
Die -alten Meister*«. — Technik der letzten Zeit.
Inhalt. IX
Seite
XIII. Technische Einzelheiten. Grundierung der
Leinwandund derHolztafeln. BöcklinsPalette 139
Leinwandgrundierung. — Bereitung der Holztafeln.
— Auswahl der Farben. — Farbenliste der röm.
Zeit. — Farben für Freskomalerei — Farbenliste
der Züricher Zeit. — Farbenbereitung.
XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen . 154
Angebliche Schäden. — Die Bilder der Schack-
galerie. — Jetziger Zustand. — Mit Fimisfarbe
gemalte Bilder. — Mit Tempera gemalte Bilder. —
— Böcklins technische Kenntnisse. — Zauber-
kraft der Farbe.
Register 168
Böcklins Technik.
I.
Persönliche Erinnerungen.
llalweisen sind Ausdrucksmittel. Ebenso
wie jeder Künstler für die Darstellung
seiner künstlerischen Ideen eine Form
sucht, die seiner Individualität zu eigen
ist und an welcher man ihn von vielen anderen
unterscheidet, so ist es auch mit der Farbe.
„Wenn Rembrandt zur Hervorrufung seines zaube-
rischen Helldunkels und der gesperrten Lichtwirkung
satter, brauner Goldtöne bedurfte, so wusste er ganz
genau, durch welche Mittel er sein Ziel erreichen
konnte. Man sieht es seinen Bildern auch an, dass
ihm die „Technik des Malens" keinerlei Schwierig-
keiten bereitete. Versuchen wir es aber einmal, ein
Rembrandtsches Bild zu kopieren, dann stehen wir
vor ebensovielen Rätseln, als Farbenschichten zu be-
merken sind. Warum, so fragt man, ist es nirgends
verzeichnet, welches die Reihenfolge der Arbeit, welches
das Bindemittel und das System war, nach welchem
dieser grosse Meister gemalt hat? Selbst Rembrandts
Schüler Hoogstraeten, der ein ganzes Buch über hoUän-
Berg^er, Böcklins Technik. 1
I. Persönliche Erinnerungen.
dische Malerei verfasste, hat es nicht für wichtig*
genug gehalten, der Nachwelt darüber zu berichten,
und er hätte es doch jedenfalls wissen müssen! Treten
aber einmal Jahrhunderte zwischen eine Zeit und die
andere, dann ist es vollends unmöglich, über Einzeln -
heiten der Technik, die doch nicht minder wissens-
wert wären, Sicherheit zu erlangen."
„Wie es bei Rembrandt und anderen viel bewun-
derten Meistern früherer Perioden der Fall ist, so
wird es auch mit den grossen Künstlern unserer Tage
einmal geschehen. Man kann sogar behaupten, dass
selbst über die bekannteren unserer Zeitgenossen we-
der sichere noch authentische Nachrichten bezüglich
ihrer Malart vorhanden sind, so dass der Kunst-
forscher späterer Tage ebenso auf Vermutungen an-
gewiesen sein wird. Und doch hätten nicht allein
unsere Künstler, sondern auch die Direktionen der
Kunstinstitute ein grosses Interesse daran, darüber
genauer informiert zu sein; die ersteren wegen des
Vergleiches mit anderen Malweisen, die letzteren wegen
der Art des Konservierens und Restaurierens der ihnen
anvertrauten Kunstschätze. Deshalb gewinnt jede
Nachricht, die über die Technik eines unserer ge-
schätzten und teuer bezahlten ersten Künstler bekannt
wird, den Charakter eines Dokuments. Und solche
Dokumente sollten wir sammeln; sie sollten zum Stu-
dium unserer jüngeren Künstler und zur Anregung
beim Schaffen der kommenden Generation verwendet
werden."
Diese Sätze schrieb ich als Einleitung eines Ar-
tikels über ein Gespräch, das ich anfangs August 1896
Böcklin über seine Technik.
mit dem Meister Arnold Böcklin über seine Tech-
nik führte und in der Zeitschrift „Das Atelier"*) ver-
öffentlichte.
Dann hiess es wie folgt:
„Die beiden Künstler, deren Namen die Auf-
schrift dieser Zeilen führen, stehen im Zenith ihres
Schaffens: die Nation ist mit Recht stolz auf ihre
Werke, und doch sind über deren Technik nur un-
gewisse Nachrichten ab und zu bekannt geworden.
Von Böcklin ist es längst kein Geheimnis, dass er
auf die von vielen als Nebensache bezeichneten De-
tails technischer Natur ganz besondre Sorgfalt ver-
wendet, und dass er die farbenglühenden Effekte
auf seinen Bildern mit anderen Mitteln zu erreichen
weiss, als mit unserer allgemein üblichen Ölfarbe."
Das Gespräch hatte folgenden Inhalt, den ich
mir noch am gleichen Abend**) wortgetreu aufge-
zeichnet habe.
„In den 50er Jahren fing ich an", so erzählte
Böcklin, „allerlei zu probieren; ich sah, dass es so, mit
den gewöhnlichen Ölfarben nicht geht. Zuerst ver-
suchte ich es mit Leim, warm gehalten, indem die
Leinwand von rückwärts nass gemacht wird. Aber
*) VII. Jahrg. Heft 9, Anfang Mai 1897. Maltechnik von
Böcklin und Thoma.
**) Es war der Abend des nämlichen für den Verfasser denk-
würdigen Tages (11. Aug. 1896), da der Meister, von befreundeter
Seite auf dessen Arbeiten in bezug auf alte Maltechniken aufmerk-
sam gemacht, es sich nicht nehmen Hess, die vier Stiegen zum
Atelier zu erklimmen, um sich über die Manier der antiken
Stuckomalerei unterrichten zu lassen, trotzdem er infolge eines
schweren Schlaganfalls nur mühevoll Treppen stieg.
1*
L Persönliche Erinnerungen.
zuviel Leim macht die Malschichte leicht brüchig und
die Leinwand ist während der Arbeit immer wellig
und buckelig. Ich fing dann an, alte Bücher über
Malerei zu lesen, Vitruv, Plinius, Cennini, Lomazzo,
Vasari, Armenini, dann Lessing und Theophilus."
Und was haben Sie daraus profitiert?
„Nicht sehr viel! "
„Es kam dann eine Periode mit Eigelb zu malen
und den Firnis gleich dazu zu mischen (Ei-Öl- Emul-
sion). So ist das grosse Bild, die „Kreuzabnahme* %
das in der Ausstellung der Münchner Sezession 1894
ausgestellt war, gemalt. Die „Meeresidylle'' in der
Schackgalerie ist mit Eigelb allein auf Oelgrund ge-
malt und hat infolgedessen auch Sprünge bekommen^
Nicht zu stark geleimte Gründe sind für diese Malart
vorteilhafter.^'
Warum gaben Sie die Ei-Firnisfarbe auf?
„Weil sie so arg stinkig wird und dies doch
während der Arbeit zu unangenehm wurde; ein Kon-
servierungsmittel war mir damals*) nicht bekannt. Ich
versuchte dann mit Firnisfarben zu malen, indem ich
das Bindemittel der Farben aus Vs Kopal und ^/s Leinöl
bereitete. Die „Pietä" ist so gemalt, die „Toten-
insel**, die Promotheus-Bilder und manche andere, auch
das Porträt der Frau Gurlitt, das letztere Bild auf
einer Zinkplatte. Aber diese Farbe trocknet schwer,,
und bei wiederholtem Uebermalen wird die Malerei
nicht mehr so brillant, als man gerne möchte; vor
allem ist das langsame Trocknen lästig."
*) Die „Kreuzabnahme** ist 1876 in Florenz gemalt.
Köcklin über seine Technik.
Und womit malen Sie jetzt?
„Ich mache mir eine Kirschgummi-Tempera mit
Oel an ; dabei schütte ich das Oel auf den in Wasser
geweichten Kirschgummi, rühre tüchtig durch und
koche das Ganze am Feuer zusammen. Die mit
diesem Bindemittel gemischte Farbe trocknet unmerk-
lich heller auf; ich male damit fast ganz fertig, nur
muss man trachten, dass alles möglichst flüssig in-
einander gemalt wird.**
Vor einiger Zeit gab mir eine Schweizer
Malerin, Frl. W. ein Rezept, bestehend aus Ei, Honig,
Essig, welches von Ihnen stammen sollte? Ist dies
richtig ?
„Nein, ich habe niemals mit Honig gemalt, wohl
aber mit Weihrauch Versuche gemacht; dieser löst
sich aber nur sehr schwer auf."
Ueber die Technik der „alten Meister" befragt,
erklärte Böcklin, dass die besten mit Tempera gemalt
hätten, mitunter nur manche Teile der Bilder. Be-
stimmt glaube er dies von Rembrandt, oftmals habe
auch Rubens die Technik angewendet.
Maler S. Landsinger, bekanntlich einer der
wenigen Schüler Böcklins und mit dem Meister durch
lange Jahre befreundet, ergänzte die obigen Angaben
dahin, dass der Meister ausser den obigen Malarten
noch viele andere Kombinationen der Tempera-Unter-
malung und Uebermalung mit Firnis- Ölfarben ange-
wendet habe, und dass bei der grossen Zahl seiner
Schöpfungen Böcklin selbst sich manchesmal nicht
mehr genau erinnern dürfte, in welcher Manier das
L Persönliche Erinnerungen.
eine oder andere seiner Bilder gemalt sei. Das An-
reiberezept für die Firnisfarben, womit die besten
Bilder Böcklins in der Florentiner Zeit gemalt seien,
gab Landsinger wie folgt an: Kopal (engl. Kutschen-
lack) ^/2 Teil, Venet. Terpentin ^/^ Teil, Terpentin
oder Petroleum Vi Teil. Mit „Firnis" habe Böcklin
während seines Florentiner Aufenthalts in den Jahren
1878 — 1885 und im Beginn der Züricher Zeit gemalt.
Diesen Aufzeichnungen vom Jahre 1896 wäre noch
nachzutragen, dass Anfang Mai 1897 Dr. Bayers-
dorfer, aus Florenz zurückgekehrt, die Nachricht
brachte, Böcklin habe die Malerei mit der Emulsion
von Kirschgummi und Oel wieder aufgegeben und ver-
wende nunmehr eine Mischung von Eiklar mit ge-
bleichtem Leinöl.
Am 12. August 1898 hatte ich abermals ein Ge-
spräch mit dem Meister über Technik, das letztemal,
da mir die Freude des Zusammenseins mit ihm ver-
gönnt war. Leider hatte damals schon seine frühere
Frische sehr nachgelassen, das Sprechen strengte ihn
merklich an, sodass man nur mit Mühe seine Worte
verstehen konnte.
Es war von antiker Enkaustik und der römisch-
pompejanischen Wandmalerei die Rede und da er
wusste, dass es mich interessieren würde, machte er
mich auf geglättete Freskomalereien im Kloster
Stein a. Rhein aufmerksam, die er vor vielen Jahren
gesehen. Wie unermüdlich er immer noch an der
Lösung des Problems tätig war, seine Technik auf
die womöglich höchste Stufe zu bringen, beweist der
Letztes Gespräch.
Umstand, dass er abermals das Bindemittel für
Farben zu verbessern trachtete. Er hatte nämlich in
neuester Zeit sich einer gut zusammen gequirlten
Mischung von Kirschgummi mit Kopaivabalsam bedient.
Als weisses Pigment fand er Kaolin und Schwerspat
sehr geeignet; sie erforderten aber viel Bindemittel.
II.
Uebersicht über die Quellen für Böcklins
Technik.
nzwischen sind Jahre vergangen. Der Tod
hat dem Meister den Pinsel für immer
aus der Hand genommen und ihm den
Kranz von unverwelkbarem Lorbeer aufs
Haupt gedrückt. Böcklin starb (16. Jänner 1901),
aber schon lange vorher wurde die aussergewöhn-
liche Bedeutung dieses wahrhaft „grossen Meisters"
erkannt und sein künstlerisches „Werk", nicht minder
auch seine Persönlichkeit, insbesondere gelegentlich
seines 70. Geburtstages, dem allgemeinen Verständnis
durch Essays und literarische Abhandlungen näher
gebracht.
Unter der zahlreich angewachsenen Böcklinlitera-
tur, die ihn uns als Künstler, als Maler, als Men-
schen, als Poeten schildert, sind jene Schriften für die
uns gestellte Aufgabe von besonderem Wert, die
authentisches Material über seine Technik und seine
Art des Schaffens enthalten. Schon 1898, also drei
Jahre vor Böcklins Tod, hatte die Zeitschrift „Pan"
Die Böcklin-Literatur.
Rudolf Schicks „Tagebuchaufzeichnungen aus den
Jähren 1866—1869 über Arnold Böcklin" abgedruckt,*)
eine Publikation, die zum erstenmal Aufschluss gab
über technische Einzelheiten, über künstlerische Eigen-
tümlichkeiten, über Naturstudium, Komposition und
Farbengebung des Meisters. Mit „Eckermannscher
Hingebung und Wahrheitsliebe" hat Rud. Schick
jedes Gespräch mit Böcklin aufgezeichnet und uns
damit einen Einblick in die Freuden und Leiden des
sich der Vollkommenheit immer mehr nähernden
Künstlers gewährt. Freilich waren es nur drei kurze
Jahre, die dem jungen Künstler vergönnt waren, mit
Böcklin zusammen zu sein; aber dennoch sprechen
die Blätter es deutlich aus, wie reich an künstleri-
schem Schaffen einerseits und aufrichtiger Bewun-
derung andererseits diese Zeit gewesen ist.
Material für eine Zusammenfassung von Böcklins
Maltechnik bietet uns dann weiter die nach dessen
Tod erschienene Literatur: Gustav Floerkes „Zehn
Jahre mit Böcklin"**), worin wir den „Menschen" mit
all seinen künstlerischen Eigenschaften als Persön-
lichkeit geschildert finden, kommen für die Floren-
tiner Zeit von 1881—91 in Betracht. Aus den „Tage-
büchern" von Otto Lasius***) und aus der „nach den
Erinnerungen seiner Züricher Freunde" herausgegebenen
*) Dann gesondert herausgegeben von Hugo v. Tschudi,
gesichtet von Dr. Cäsar Flaischlen, Berlin 1901. (Verlag von
F. Fontane & Co.)
**) München 1901. Bruckmanns Verlag. (II. Aufl. 1902).
***) Herausgegeben von Maria Lina Lasius. Berlin 1903.
F. Fontane & Co.
1 n. Uebersicht über die Quellen für Bdcklins Technik.
Schrift von Adolf F r e y *) erhalten wir Aufschluss
über die glücklichste Schaffensperiode des Züricher
Aufenthaltes (1885—92). Daran schliessen sich noch
Ernst Würten bergers kleine Abhandlung: „Arnold
Böcklin, Einiges über seine Art zu schaffen, seine
Technik und seine Person",**) sowie die Böcklin-Bio-
graphien von Henri Mendelsohn***), Heinrich
Alfred Schmidf) und Fritz v. Ostinift). Die
letzterwähnten werden mehr dem geistigen Gehalte von
Böcklins Schaffen gerecht und schildern den Werde-
gang des „Künstlers". Hier möge auch noch eine
kleine, kürzlich erschienene treffliche Schrift von Hanns
Floerke erwähnt sein, die uns den „Dichter Arnold
Böcklin" fft) an der Hand seiner unsterblichen Werke
begreiflich macht und uns „den Umfang dichterisch
verarbeiteter, von dem Gehirn der schöpferischen
Persönlichkeit durchgesiebter Naturanschauung, die in
seinen Werken als tiefe neuartige Naturerkenntnis
wieder sichtbar zutage tritt", erkennen lehrt.
Um nun aus diesem reich vor uns ausgebreiteten
Material ein Bild der Technik, d. h. des jeweiligen
Entstehens einer Malerei zu gewinnen, wird es nötig
♦) Stuttgart u. Berlin 1903. IJ. G. Cottasche Buchhandlung.
♦*) Berlin 1902. Dreililien« Verlag.
***) Geisteshelden (Biographien), 40. Bd. Berlin 1901. Ernst
Hofmann & Co.
t) Im grossen Böcklinwerk der Photogr. Union (Bruckmann.
München.)
tt) Künstlermonographien. Bd. 70. Bielefeld u. Leipzig 1904.
Velhagen u. Klasing.
ttt) München u. Leipzig. 1905. Georg Müller.
Erste Schaffensperiode. 1 1
sein, die einzelnen Schaffenszeiten des Meisters für
sich zu betrachten und rein zeitlich die Quellen aus-
einanderzuhalten, die hiefür in Betracht kommen. Es
wird sich dabei freilich herausstellen, dass für be-
stimmte Schaffensperioden die Nachrichten sehr spär-
lich fiiessen und die zwischen den einzelnen Zeug-
nissen vorhandenen Lücken kaum oder nur schwerlich
ausgefüllt werden könnten. Gerade bei einem Künst-
ler, wie Böcklin, der bis zu seinem Lebensende uner-
müdlich tätig war, und fortgesetzt darauf ausging,
den ihm für die Bildwirkung erstrebenswerten Farben-
reiz auf die womöglich höchste Stufe zu bringen, der
wie kaum ein zweiter einen grossen Teil seiner Kraft
technischen Experimenten in immer neuen Variationen
gewidmet hat und mithin sich eine ungeheure Summe
von Erfahrung zu eigen gemacht haben musste, —
gerade bei diesem Künstler sind die erwähnten Lücken
am meisten bedauerlich.
Sehen wir nun genauer zu, so können wir für
die einzelnen Schaffenszeiten auch diejenigen Nach-
richten bezeichnen, die uns in der Böcklinliteratur bis
jetzt zur Verfügung stehen:
UeberBöcklins Jugendzeit und den ersten rö-
mischen Aufenthalt (1850— 57) sind, unbedeutende
Hinweise abgerechnet, soviel wie gar keine Notizen
vorhanden, die auf Technik Bezug haben.
Die weiteren Aufenthalte in Basel, Hannover,
München und Weimar (1857—1862) sind deshalb
interessant, weil hier schon der „spätere Böcklin" mit
voller Macht in die Erscheinung tritt und er sich in
verschiedensten Techniken bewährt. Schick (S. 172
12 II. Uebersicht über die Quellen für Böcklins Technik.
und 206) berichtet von den Leimfarbenbildern für
Wedekind in Hannover, auch Floerke spricht von
technischen Versuchen mit „punischem Wachs" (Wachs-
seife) und in Fresko (S. 164, IL Aufl.)
Leider ist nirgends etwas darüber verzeichnet, in
welcher Malweise Böcklin damals seine Bilder aus-
führte. In diese Zeit fallen u. a. der grosse „Pan
im Schilf" (Pinakothek), ,.Jagd der Diana" (Basel),
der „Panische Schreck" und „Geisseinder Eremit**
bei Schack.
Der zweite römische Aufenthalt (1862—66)
und ein Teil des darauffolgenden in Basel (1866 — 71)
mit seinen technischen Versuchen hat in Schicks Tage-
buchaufzeichnungen einen Berichterstatter gefunden,
wie er in dieser Ausführlichkeit kaum jemals über-
boten werden könnte. Allerdings beginnt Schick erst
mit dem Jahre 1866, aber in seiner Wissbegierde
forscht er auch nach technischen Einzelheiten der
kurz vorher verflossenen Zeit, ja er kommt auch auf
ganz frühe Malweisen und Versuche zu sprechen.
Diesen Aufzeichnungen zufolge hat Böcklin kaum mehr
experimentiert als damals, ausgenommen vielleicht die
Züricher Zeit, da er die Oel- und Firnisfarbe gegen
die Kirschgummi -Tempera vertauschte. In diese
Periode fallen die berühmtesten Bilder der Schack-
galerie („ Amaryllis", „Villa am Meer"), die „Magdalena
an der Leiche Christi" (Basel), die „Wiesenquelle"
(Dresden), die Fresken der Villa Sarasin und im
Treppenhaus des Baseler Museums, viele Porträts, die
enkaustischen Versuche und anderes, wovon weiter
unten die Rede sein wird.
Mittlere Schaffensperiode. 13
Was den folgenden zweiten München er Auf-
enthalt (1871 — 74) betrifft, so lassen uns die Quellen
ziemlich im Stich. Nach den wenigen Andeutungen
bei Floerke (S. 164) hätte Böcklin damals sich mit
Eitempera befasst, die er 1874 „zuerst" in München
und Florenz einführte. Diese Nachricht widerspricht
aber der Notiz bei Schick (S. 105), wonach sich der
Meister schon 1864 dieser Technik bedient hätte.
Bestätigt wird hinwiederum die Tatsache durch die
im vorigen Abschnitt mitgeteilte Aeusserung Böcklins,
dass die in jener Periode entstandene „Meeresidylle"
bei Schack mit Eitempera gemalt ist.
Jedenfalls hatte aber Böcklin in der fraglichen
Zeit auch seine früher bewährt befundene Oeltechnik
oder Kombinationen von Tempera und Firnisfarbe
weiter geübt. In diese Periode fallen Gemälde wie
die „Pietä" (Nationalgalerie), die nach Böcklins eigener
Aussage (s. oben) mit Firnisfarbe gemalt ist, der
Baseler „Kentaurenkampf**, das „Selbstbildnis mit dem
fiedelnden Tod" u. a.
Der Florentiner Aufenthalt von 1874 bis
1885, vielleicht die künstlerisch fruchtbarste Zeit des
Künstlers, wird technische Versuche nicht mehr in
dem Masse wie früher gestattet haben, denn der
Künstler war mit Arbeiten überhäuft und hatte voll-
auf zu tun, die vielen Bestellungen auszuführen.
Technische Notizen aus dieser Zeit fehlen bisher voll-
ständig, nichtsdestoweniger sind nach den Mitteilungen
seines Schülers S. Landsinger die Jahre im fortge-
setzten Ausbau des Technischen, auf das Böcklin so
ungeheuren Wert gelegt hat, verflossen. Von den
14 II- Uebersicht über die Quellen für Böcklins Technik.
Hauptbildern dieser Zeit seien nur die folgenden ge-
nannt: „Flora Blumen streuend" die „Kreuzabnahme",
die Prometheusbilder, „Toteninsel** in mehrfacher Va-
riation, „Frühlingserwachen", „Dichtung und Malerei",
„Im Spiel der Wellen", „Schweigen des Waldes", der
„heilige Hain", Porträts von Bayersdorfer u. a.
Ueber die Züricher Zeit von 1885—1892 stehen
uns dann wieder genauere Daten von Otto Lasius, Frey
und Würtenberger zur Verfügung, die teils durch des
erstgenannten Verkehr mit dem Meister selbst, teils
durch dessen Schüler Albert Welti authentisch be-
zeugt sind. Auch Floerke trägt zur Kenntnis der tech-
nischen Einzelnheiten dieser Zeit seinen Teil bei. In
diese Periode fällt das Zurückgreifen auf die Kirsch-
gummitempera desTheophilus und das Bestreben, durch
Annähern an die Technik der alten niederländischen
Meister sich dem Ideal koloristischer Vollkommenheit
zu nähern, welches Böcklin sein ganzes Leben be-
schäftigte. Von Werken dieser Periode seien er-
wähnt : „Spiel der Najaden" und „Vita somnium breve"
(Baseler Museum), „Sieh' es lacht die Au!", „Römer-
schlacht", „In der Gartenlaube", der „heilige Antonius
predigt den Fischen" u. a.
Dieselben technischen Probleme hatten Böcklin
auch noch in seiner letzten Florentiner Zeit
von 1893 bis zu seinem Tod lebhaft beschäftigt.
Denn immer noch nicht völlig befriedigt mit den er-
zielten Resultaten , veranlassten ihn neue Versuche
noch in seiner letzten Schaffenszeit zum abermaligen
Wechsel seiner Bindemittel. Erst der Tod hat dem
nimmermüden Streben für immer ein Ziel zu setzen
Letzte Periode. 15
vermocht. Was in dieser letzten Periode von tech-
nischen Details an die breitere Oeffentlichkeit ge-
drungen ist, beläuft sich auf die wenigen Nachrichten
einiger mit dem Meister innig befreundeter Männer,
denen der Zutritt von der um das Wohl des Meisters
treu besorgten Familie gestattet war.
Für diese Zeit kommen in Betracht: „Venus Gene-
trix**, der „Krieg'S „Landschaft mit Jagd der Diana",
die „Pest" und die unvollendet nachgelassenen Werke.
III.
Kritik der Quellen für Böcklins Technik.
m zu einer richtigen Erkenntnis der Böcklin
eigenen Maltechnik zu gelangen, wird es
vor allem nötig sein, den Wert der uns
vorliegenden Nachrichten genauer zu
prüfen; denn so ohne weiteres hinnehmen kann man
die mitunter nur vom Hörensagen stammenden Be-
richte nicht, weil sie entweder unrichtig oder nicht
genau sein können.
Jenen Gewährsmännern wird naturgemäss am
meisten Gehör zu schenken sein, die aus Böcklins
eigenem Munde über die Art seines Schaffens und
seiner technischen Hilfsmittel Kunde geben.
Zu diesen gehört ohne Frage in erster Linie
Rudolph Schick. Es wurde ihm zwar von ein-
zelnen Seiten der Vorwurf gemacht, er habe ohne
Verständnis, nur mit der Genauigkeit eines Akten-
menschen Böcklins Aussprüche „registriert" und er
wäre auch geistig gar nicht auf der Höhe gestanden.
Schicks Tagebuchaufzeichnungen. 17
um Böcklins Intentionen begreifen zu können. In der
Tat ist das Urteil, das Böcklin selbst über den „ord-
nungsliebenden, hoffnungsvollen Jüngling" gefällt hat
(s. Floerke S. 194, 195), nicht besonders günstig. Fast
sollte man glauben, dass Böcklin den jungen Künstler
gar nicht ernst genommen habe. Aber erstens gab
es kaum jemand, über den sich Böcklin nicht in fein
sarkastischer Art lustig zu machen liebte, (nicht
zum mindesten auch über sich selbst!), und zweitens
wird er kaum einen jungen Künstler durch drei Jahre
hindurch in unausgesetztem freundschaftlichen Ver-
kehr als Schüler um sich geduldet haben, wenn dieser
ihm nicht auch als Mensch sympathisch gewesen wäre.
Ja, als Böcklin durch Burckhardts Vermittlung die
Ausschmückung des Treppenhauses im Baseler Mu-
seum übertragen wurde, forderte er Schick, der in
Rom zurückgeblieben war, auf, ihm dabei zu helfen.
Schick sagte zu und traf am 16. Aug. 18ö8 in Basel
ein (s. Tschudis Bemerkung, Schick S, 140). Daraus
ist zu folgern, dass Schick doch nicht so schlimm
gewesen sein muss, wie er im Floerkeschen Buche ge*
zeichnet ist.
Gerade der dort gegeisselten Ordnungsliebe und
peinlichen Akuratesse des „Musterknaben", der „vor
einer Studierreise sich das Skizzenbuch präparierte
und mit einer sauberen Aufschrift versah, z. B. Stu-
dierreise nach Wälschtirol, Sommer 79. Begonnen am
1. August; und wenn es glücklich ganz voll war,
darunter schrieb: abgeschlossen den so und sovielten.
Gottlieb (I) Schick"; der neben eine in sein Skizzen-
buch „ganz genau lebensgross abgezeichnete Genziane
Berger, Bocklins Technik. o
18 ni. Kritik der Quellen für Böcklins Technik.
geschrieben: blühte am 20. August da und da, so und
so hoch etc. und dazu den botanischen (nachgeschla-
genen) Namen*', und was sonst noch alles von schrul-
lenhaften Junggesellen-Eigenheiten angeführt ist —
gerade dieser Ordnungsliebe müssen wir dankbar sein,
denn nur durch sie haben wir einen so kostbaren
Schatz von Tagebuchaufzeichnungen in Händen, mit
denen alle anderen Erinnerungen und Gedenkblätter
überhaupt kaum verglichen werden können.
Noch eins wurde Schick zum Vorwurf gemacht:
Seine Aufzeichnungen seien nicht verlässlich, teilweise
direkt falsch. Diese Anschuldigung ist vielleicht auf
eine missmutige letzte Aeusserung des Meisters zurück-
zuführen, der von jeher gegen das viele „über Kunst
Schreiben" aufgebracht, kein günstiges Urteil über
Schicks Buch abgab, als es ihm noch kurz vor seinem
Tode zu Gesichte kam. In der Tat sind ja manche
Stellen bei Schick zu finden, die mit später bekannt
gewordenen oder geäusserten Ansichten Böcklins nicht
im Einklang stehen; wenn man aber bedenkt, wie
häufig Böcklin selbst, nach Aussage seiner späteren
Umgebung, seine Meinung über künstlerische Dinge
geändert hat, dann kann man Schick kaum dafür
verantwortlich machen, dass er eben die frühere des
Aufzeichnens für wert gehalten hat.
Soviel ist aber sicher: In zweifelhaften Fällen
muss unter allen Umständen der Schickschen Version
der Vorzug gegeben werden, denn dieser hat seine
Aufzeichnungen unter dem frischen Eindruck des Ge-
hörten, sozusagen phonographisch gemacht und er tat
dies, so gut er es eben imstande war. Freilich, der
Allerlei Widersprüche. 19
Feuergeist eines Floerke war ihm nicht gegeben;
aber technische Angaben bei Floerke sind umsomehr
nach Schick richtig zu stellen, als Schick in diesen
Dingen sicherer Bescheid wusste. So möge als Bei-
spiel angeführt werden, die Bemerkung bei Floerke
(S. 164), „von Böcklins für Schack gemalten Bildern
war eines, ein antikes Oktoberfest (die erste Form
von Vinum bonum und Vinum Optimum) mit Weih-
rauch gemalt, d, h. die Farben damit gemischt. Die
zunächst blinde Malerei wurde durch Uebergehen mit
einem heissen Eisen wie mit einem festen durchsich-
tigen Firnis überzogen. (Schack refüsierte übrigens
das Bild)/*
Vergleicht man dazu, was Schick über die Malerei
mit Weihrauch (und Sandrog) sagt (S. 75, 76, 104,
153, 218) so wird man zur Ueberzeugung kommen, dass
hier möglicherweise nicht das „Oktoberfest'*, sondern
die erste Version der „Villa am Meer" (anfänglich
auch Iphigenia betitelt) gemeint sei. Vom „ersten
„Oktoberfest'* berichtet Schick (S. 105), es wäre 1864
in Eitempera, nach Passinis Manier, unter Zusatz von
Glyzerin gemalt, Böcklin hatte es (24. Okt. 1868)
noch im Atelier und er fügt dann noch berichtigend
hinzu, das „Oktoberfest*' auf einer alten gekitteten
Tischplatte gemalt, „sei nicht eigentliche Wachsmalerei,
sondern alles durcheinander.''
Was aber Floerke überdies von der Technik des
Bildes sagt, trifft vollends auf das Iphigenienbild
(„Villa am Meer**) zu; dieses wurde nämlich in der von
Böcklin „Wachsmalerei** getauften Art gemalt, indem
die mit in Wasser gelösten Harzen angemischten
2*
20 in. Kritik der Quellen für Böcklins Technik.
Farben nach dem Trocknen mit einem Wachsfirnis
übergangen wurden. Von einem ,,heissen Eisen*', wie
Floerke sagt, ist aber nirgends die Rede, sondern
von geschmolzenem Wachs, das eventuell auf die
„vermittelst einer Röhre aus einem Kohlenfeuer" er-
wärmte Fläche aufgestrichen wird. (Schick S. 75).
Offenbar liegt hier eine weitere Verwechslung von
Seite Floerkes vor, der wohl auf die Versuche in sog.
reiner Enkaustik anspielt (s. Schick 182, vgl. 112.)
In Betreff der Zurückweisung nimmt H. A. Schmid
in seiner Böcklin-Biographie (S. 38) an, dass unter
den drei mit Begleitschreiben vom 23. Dez. 1865 an
den Grafen gesandten und von diesem refüsierten
Bildern „wahrscheinlich" auch das „erste Oktoberfest"
gewesen sei. Aber Schmid folgert dies eben aus
den Angaben Floerkes, und weil das Bild 1868 noch
(oder wieder ?) in Böcklins Atelier in Basel war. Be-
kanntlich ist aber die „erste Villa am Meer" zurück-
gewiesen worden, ein Umstand, den Schick nicht zu
erwähnen vergass, während er von dem anderen Ge-
mälde nichts dergleichen zu berichten weiss. Und
wenn Schack das „Oktoberfest" wirklich zurück-
gewiesen, wieso befindet es sich denn jetzt in seiner
Galerie ?
Eine ganz eigene Art von Verwirrung ist in den
Böcklins Maltechnik behandelnden Erinnerungen zu
verzeichnen, wenn es sich um den Zusammenhang
der alten von Böcklin wieder aufgenommenen Metho-
de der Tempera des Mönches Theophilus handelt.
E. Würtenberger (S. 11) schreibt z. B. darüber:
„Da fand er (Böcklin) im Malerbuche vom Berge
Ungenauigkeiten der Rezepte. 21
Athos, jenem Dokument der byzantinischen Malweise,
ein Rezept des Mönches Theophilus von Paderborn,
der Kirschharzgummi als Malmittel verwendet." Welche
Wirrnis! Wie kommt Theophilus von Paderborn ins
Malerbuch vom Berge Athos und zur byzantinischen
Malweise? Gleich darauf folgt die Beschreibung des
Malmittels, das aus „Kirschgummi nebst Petroleum,
Terpentin und Balsam Kopaivae" bestanden habe.
Aber von solch einem Rezept wird man weder bei
Theophilus noch im Malerbuch vom Berge Athos nur
die geringste Andeutung finden. Das Rezept ging
von Würtenberger dann in Frey (S. 83) über; es
gilt seither als ein vollkommen authentisches, und da
es zu Böcklins spätesten Malmitteln gehört, vielleicht
als sein allerbestes.
Dem steht ein sehr interessanter von H. Mendel-
sohn (S. 217) veröffentlichter Brief des Meisters da-
tiert vom 2. Oktober 1893 gegenüber, in welchem er
vollkommen genau die von Theophilus Presbyter
beschriebene Kirschgummi- und Eiweiss-Technik mit
Oelfirnisüberzug als seine „neue vielmehr alte Mal-
weise*' bezeichnet; überdies haben wir noch die aus
Böcklins eigenem Munde überkommenen Nachrichten
vom Jahre 1896 und 1898 (s. oben im I. Kapitel), die
nichts von den genannten Zusätzen (Terpentin und
Petroleum) enthalten. In dem nämlichen Briefe ist
auch von der später angewendeten Form der Emul-
sion noch gar keine Rede.
Soll man Floerke glauben, dann hätte Böcklin
schon fünf Jahre vorher mit dieser Kirschharztempera
ohne jeden Zusatz gemalt, denn der erstere berichtet
22 in. Kritik der Quellen für Böcklins Technik.
(S. 165): „Jetzt (Mitte 1888) malt er mit Kirschharz
und Wasser, nach einem von L es sing mitgeteilten
Rezept", und bekanntlich hat Lessing zuerst aus der
Theophilus-Handschrift der Wolfenbüttler Bibliothek
darauf hingewiesen. Aber auf der nächsten Seite be-
richtet der nämliche Gewährsmann, (Mitte 1889) habe
Böcklin „wieder nach einem Rezept des Theophilus
nichts weiter als Wasser, Terpentin und Kopaiva-
balsam als Bindemittel" benützt. Nach einem solchen
Rezepte wird man jedoch vergeblich bei Theophilus
suchen, denn weder Terpentin noch Kopaivabalsam
sind dort überhaupt erwähnt, und überdies ist keines
dieser beiden Materien mit Wasser ohne weiteres
mischbar! Die Nachricht ist demnach in zweifacher
Hinsicht anfechtbar.
Aus diesen Gründen erheischt die uns gestellte
Aufgabe, ausser der Sichtung aller technischen Nach-
richten, überdies auch noch die Prüfung der ein-
zelnen Rezepte selbst. Denn wir finden unter
den angeblich als Malmittel verwendeten Mischungen
auch solche, deren Wert uns auf den ersten Blick
fremdartig anmutet und von deren Tauglichkeit wir
uns erst durch das ad hoc angestellte Experiment
überzeugen müssten. So finden sich auch bei Schick
Angaben, die nicht gleich verständlich scheinen, wie
z. B. die vielerwähnte Malerei mit „Weihrauch und
Sandrog", und aus späterer Zeit hören wir von Emul-
sionen, die in solcher Zusammenstellung bisher nicht
verwendet wurden. Es wird durch diese kontrollie-
renden Versuche vielleicht möglich sein, einerseits den
Spuren von Böcklins technischen Experimenten zu
Einzelne Fehler. 23
folgen und dabei festzustellen, welche Vorzüge gegen-
über anderen die von ihm gebrauchten Malmittel
besessen haben, und anderseits durch die dabei zu-
tage tretenden Mängel und Schwierigkeiten die Ur-
sachen kennen zu lernen, warum der Meister diese
wieder verworfen hat. Und da es unsere Absicht ist,
erklärend und klärend über die Böcklin-Technik zu
handeln, sei hier auch gleich der, wohl nur durch
einen Druckfehler entstandene „Freskogrund von 40
(vierzig!) Zentimetern Dicke" berichtigt, von dem in
einem von H. Mendelsohn (S. 95) veröffentlichten Briefe
des Meisters die Rede ist. Es muss natürlich 4 cm
heissen. Jeder mit der Technik Vertrautere wird
sofort erkennen, dass hier lediglich ein Korrektur-
versehen vorliegt; nur der Umstand, dass die Angabe
in einem Briefe des Meisters, dem mithin die Bedeu-
tung eines Dokumentes zukommt, enthalten ist, veran-
lasst uns, dies besonders festzustellen.
IV.
Art des Schaffens. Einfluss auf die Technik
und Koloristik.
öcklins Maltechnik hängt so sehr mit der
Art seines Schaffens zusammen, dass man
die eine ohne die andere nicht verstehen
kann. Jeder künstlerisch selbst Tätige
wird darüber kaum im Zweifel sein , dass der
schöpferische Gedanke oder das Phantasiegebilde
erst durch die Form der Gestaltung d. h. durch
Licht und Schatten, Linien- und Flächenverteilung,
Farben Wirkung, bildmässig zum Ausdruck gebracht
werden kann. Wir wollen uns deshalb darüber ganz
kurz fassen, denn jeder weiss, wie verschiedenartig
der Weg vom intellektuellen Erfassen einer Idee bis
zur Vollendung des Bildwerks beschritten wird: die
einen malen direkt nach Natureindrücken ihre Bilder
fertig, andere suchen sich zu ihren Bildmotiven ge-
eignete Studien, oder sie fügen Studien aneinander,
machen Stimmungsskizzen nach der Natur, zeichnen
sich Details und „komponieren** dann ihr „Motiv'*;
die anderen gehen von der Bildidee aus, zu der sie
Floerke über Bocklins Schaffen. 25
sich erst dann alles nötige Detail zusammenstellen,
je nachdem es der darzustellende Gegenstand er-
fordert.
Bei Böcklin ist es anders. Alle seine Motive sind
Phantasieschöpfungen. „Wer Böcklinsche Bilder in
ihrer Plötzlichkeit hat entstehen sehen ** sagt Floerke
sehr treffend, „der ist überzeugt, dass irgend ein
Naturmoment, welches irgend einmal, vielleicht in der
Jugend, auf die empfängliche Seele des Künstlers
Eindruck gemacht hat, vor seinem geistigen Auge
anschaulich aufgetaucht ist, in einem Augenblick, wo
eine verwandte, mit jenem sich schnell verbindende
Stimmung ihn bewegt, und dass er dieser durch die
beseelte Wiedergabe jenes Ausdruck verleiht, oder
dass sofort Phantasie und künstlerischer Verstand an
die Arbeit gegangen waren, das eine durch das an-
dere zu gestalten und durch schnell sich ankristalli-
sierende Ideen verbin düngen zu verdeutlichen und zu
beleben."
„Man überzeugt sich dabei leicht, dass — we-
nigstens seit der „Meeresidylle*' — es in erster Linie
durchaus nur malerische Anschauungen waren, welche
seine Phantasie in Bewegung setzten ; dass er alles im
lebendigen Bewusstsein seiner Darstellungsmittel zur
malerischen Vorstellung zusammengeschlossen , und
dass er mit der vollendeten, von nun an stets gegen-
wärtigen Rechnung, mit dem fertigen Bild im Kopf
vor die Leinwand getreten sei und sich mit der Dar-
stellung nur so spielend, mit dem Hinauswerfen des
Ueberflüssigen und der Beschränkung auf das wirklich
zur Sache Sprechende aber angestrengt beschäftigte.
26 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik.
Bei dieser Art des Schaffens ist es freilich uner-
lässlich, über eine Unsumme von Erinnerungseindrücken
zu verfügen; dem direkten Naturstudium fällt dabei
nur eine sekundäre Bedeutung zu, ja es ist sogar ver-
ständlich, dass das „Modell" nur hinderlich sein kann,
weil der Künstler zu leicht sich zu interessanten Ein-
zelheiten verleiten lässt, die für die Bildwirkung mehr
oder weniger gleichgültig sein können. Dass Böcklin
„nicht vor der Natur" gearbeitet hat, bestätigen wohl
Floerke (S. 85) als auch Schick und die anderen
Gewährsmänner. Aber damit ist nicht gesagt, dass
er niemals nach der Natur gearbeitet habe. Im Ge-
genteil! In der ersten Periode seines Schaffens muss
er unendlich viel nach der Natur gemalt haben und
nur infolge der zwingenden Einsicht, zwischen Studie
und Bild genau unterscheiden zu sollen, ist Böcklin
dazu gelangt, sich endlich von der direkten Anleh-
nung an das Naturvorbild zu befreien. Dabei wurde
er aber von seinem ganz ungewöhnlichen Erinnerungs-
vermögen, seiner fabelhaften Kenntnis und seinem
hervorragenden Verständnis der einmal beobachteten
Naturformen unterstützt.
Für die Technik des Malens ergibt sich aus der
Sache selbst, dass Böcklin nicht wie andere Maler
schaffen konnte. Da er kein Naturvorbild vor sich
dulden durfte, um die von ihm intendierte Gesamt-
wirkung nicht zu verlieren, musste er Formen und
Farben auf der Bildfläche entstehen lassen, wie
er sie brauchte und wie er sie sich im Geiste vorge-
stellt hatte. Schick gibt einige deutliche Beispiele
dieser Art seines Schaffens, des Entstehens von Bil-
Entstehung des Bildes. Skizzen. 27
dern, wie des „Petrarka", der „Amaryllis" u. a.; am
allerdeutlichsten wird der von der ersten Anlage bis zur
Vollendung eingeschlagene Weg geschildert bei der
,Wiesenquelle" (Schick S. 273 u. ff.), und wir erkennen
aus dieser Schilderung, wie Böcklin anfangs stets an
der Linien- und Farbenkomposition verbessert, verän-
dert und vom Unbestimmten immer mehr ins Ent-
schiedenere übergeht, bis er sich über alles ganz klar
geworden ist. Dann erst steigert er die Lichter
durch kräftigen Schatten, erhöht die Farben Wirkung
durch energischere Farben und Kontraste. Die an-
fangs nebelhafte Modellierung wird immer bestimmter,
bis endlich nur noch die allerhöchsten Lichter und
intensivsten Farben zur Vollendung übrig bleiben.
Eigentliche „Skizzen" zu seinen Bildern scheint
Böcklin nicht immer gemacht zu haben. Hin und
wieder, so wird berichtet (s. Frey, S. 89), genügte
ihm ein mit ein paar Linien leicht hingezeichneter Ent-
wurf, der nicht mehr als die Disposition der Haupt-
massen des Lichts und Schattens wiedergab. Er
begann direkt auf die Leinwand oder Tafel zu zeich-
nen, vermied aber meist die Kohlenstriche zu fixieren,
um den reinen weissen Grund auf dessen koloristische
Mithilfe er, besonders im zweiten Teil seiner Schaffens-
zeit, grosses Gewicht legte, nicht zu verderben. Aus
gleicher Ursache hat Böcklin niemals eingreifende
Aenderungen^ auf Bildern vorgenommen und lieber
das Ganze verworfen, die Malerei bis aufs Holz ab-
gekratzt, wenn er mit dem Effekt unzufrieden war
oder, wenn er zu der Erkenntnis gelangte, dass es
eine bessere Lösung der Aufgabe gäbe, das Gemälde
28 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik.
neu begonnen. Schick gibt davon deutliche Hin-
weise (S. 293), wie mitunter der Meister dieselbe Idee
wieder in Angriff nahm; so ist die obenerwähnte
„Wiesenquelle" (Dresdener Galerie), die fünfte oder
sechste Umgestaltung. Floerke (S. 71) erzählt von einem
Bilde „Veritas", bei welchem die Bewegung des Ent-
hüllens nicht nach dem Sinne des Künstlers zum Ausdruck
gebracht war; das Bild hatte Floerke „fertig" gesehen
(Zürich 1885), „am andern Morgen war das ganze
lebensgrosse Bild abgekratzt und das leere Brett stand
da.** Ebenso weiss Lasius (S. 68) von einer ähnlichen
Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst zu berichten, da
Böcklin das schon ziemlich weit vorgeschrittene Bild
„Vita somnium breve"*) einfach abgehobelt hatte oder
abhobeln liess. Das Bild war mit den Aenderungen
dem Schaffenden völlig gegenwärtig und deshalb
scheint die neue Malarbeit ihm eben viel weniger
Mühe verursacht zu haben, als das unvermeidlich ge-
wordene Aendern, das stetige Rücksichtnehmen auf
schon vorhandenes Gute und die sich daraus ergeben-
den Massnahmen. Nach solchen radikalen Entschei-
dungen entstand das neue Bild „sehr rasch wieder,
doch schöner als das erste".
Bei dieser Art des Schaffens ohne jede Skizze,
ohne Naturvorwurf oder irgend eine Anlehnung an
Studien und dergl. Behelfe war Böcklin beim Beginn
des Bildes zum äussersten Masshalten .seiner Mittel
gezwungen, er konnte nur mit dünner Farbe anfan-
*) Es war eine weibl. Figur zwischen Lorbeerstämmen, nicht
Vita somn. (Berichtigung von Landsinger).
Koloristik. 29
gen, um nichts zu verderben, er musste auch stets mit
heller Farbe oder mit dünnen Lasuren arbeiten,
solange nicht ein jeder Fleck genau so war, wie
er ihn zur ganzen Licht- und Farbenkomposition
brauchte.
Massgebend war für ihn stets der koloristische
Effekt, den er anstrebte, um die Farbengebung mit
dem Inhalt des auszudrückenden Gedankens in Ein-
klang zu setzen. Immer wieder kehren die Fragen der
Farbengebung , des harmonischen Zusammenklanges
der Töne, der Farbendisposition und der Farben-
wechselwirkung in Schicks Aufzeichnungen wieder.
Er verstand es, mit den Farben sich auszusprechen
und ihnen im Bilde stets die Stelle anzuweisen, die
der ihnen zugewiesenen Aufgabe gerade entsprach,
und wie sie in die Bildstimmung passte. Mit einer
ihm besonders eigenen Feinfühligkeit hatte er sich
ein System der Farbenwechselwirkung gebildet, und er
beherrschte es ebenso wie die Linienführung, wie den
Wechsel von Licht und Schatten oder die Bewegung
der Form. Man kann sagen, Böcklins Kolorit wirkt
durch die richtige Verwertung der Kontraste, denn
in seinen Bildern ist alles auf gegenseitiges Verstärken
der Töne berechnet.
„In der Natur", sagte er, „wirkt alles nur durch
Kontraste*' und er seufzte manchmal, das Finden der
richtigen Gegenfarbe sei eine schwere Sache, die ihn
viel Zeit koste und übrigens nur durch das Gefühl,
das sich allerdings veredeln lasse, nicht aber durch
Theorie zu lösen sei (Frey S. 108).
Ueber Böcklins Koloristik hier eingehender sich
30 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik.
ZU verbreiten, liegt ausserhalb des uns gesteckten
Zieles. Nichtsdestoweniger wollen wir hier einige
Sätze aus Würtenbergers kleiner Schrift anreihen,
die in ihrer Klarheit den von Böcklin verwendeten
Prinzipien gerecht werden. Es heisst da S. 4:
„Manchen wird es verblüffen, zu hören, dass Bdcklin,
der grosse Farbenkünstler, wie er so oft genannt wurde, die
Farbe als etwas Sekundäres, als Etwas, was erst in zwei-
ter Linie beim Bilde komme, bezeichnet hat. j,DieHaupt-
sache bei einem Bilde ist die Verteilung v o n
Hell und Dunkel; sobald diese gelöst ist, so ist
das Bild fast schon fertig**. Und zwar setzte er
durch das ganze Bild hindurch Dunkel gegen Hell und nie
Hell gegen weniger Hell, oder Dunkel gegen weniger
Dunkel» Seine ersten Skizzen und Notizen zu einem Bilde
sind auch nichts anderes als hellere und dunklere Flecken ;
zur Not et kennt man einen Baum oder eine Figur darauf.
Darum haben seine Bilder auch jene starke dekorative
Wirkung, auch wenn wir sie in nur kleinen Reproduktionen
sehen
Nachdem er sich über die Lichtverteilung (hell und
dunkel) klar geworden war, machte er auf einem mit
Kreide grundierten Zigarrenbrettchen eine Farbenskizze.
Diese Skizze gab nichts anderes, als das Verhältnis der
Hauptfarben zu einander. Man erkannte auf dieser Skizze
kaum den Gegenstand: es war nur ein Anschlagen des Ak-
kordes, in dem sich das Bild bewegen sollte. Dann nach
diesen Vorarbeiten, fing er das Bild auf der mit Kreide
grundierten Holztafel und noch häufiger auf einer mit Lein-
wand überzogenen und darauf erst grundierten Tafel an,
und zwar machte er eine ganz schwache Andeutung mit
heller, dünner Farbe über die etwaige Anordnung der Fi-
guren, Landschaft etc. und dann fing er an irgend einer
Stelle gleich auf dem weissen Grunde fertig zu malen an.
„Man mussdie Phantasie dabei mehr anstren-
gen'', sagte er, als ich ihn einst darum fragte.
Farbendisposition. ^ 31
So malte er vielleicht ein rotes Gewand zuerst und
dann suchte er dieses starke Rot durch andere, daneben
gesetzte Farben „tot zu machen**. Eine F'arbe hatte im
Bilde also gewöhnlich zwei Funktionen: sie musste die eine
dämpfen und die andere heben. Und so ging eine Wechsel-
wirkung seiner Farben durch das ganze Bild hindurch. In
den meisten Bildern der Spätzeit lässt sich ein gewisses
Farbenprinzip erkennen, das vielleicht das Resultat der
obengenannten Wechselwirkung ist. Nämlich ein Bild hatte
meistens drei Farbengruppen, rot, grün, blau (grün viel-
leicht im Vordergrund, rot im Mittelgrund, blau im Himmel),
oder rot im Vordergrund (oder imteren Drittel des Bildes)
u. s. f. Und in diesen Hauptgruppen kamen jedesmal die
zwei anderen fehlenden Farben in kleineren Flächen hinein,
z. B. in eine Wiese rote und blaue Blumen; in einen blauen
Himmel grüne Blätter und rote Blüten usw. Dabei hat
er aber fast immer vermieden, direkte Komplementärfarben
nebeneinander zu stellen, vielmehr veränderte er eine dieser
Farben um eine Nuance. Hatte er z. B. Rot und Grün
nebeneinander zu stellen, so veränderte er Rot durch Blau
in eine violette Nuance, oder er veränderte beide Farben
um eine Nuance z. B. bei Blau und Gelb: das Blau trieb
er ins Grünliche und das Gelb ins Rote (Orange). Oft
quälte er sich tagelang an einer einzigen Farbe, bis er die
richtige Nuance für die betreffende Stelle gefunden hatte.
In der letzten Periode liebte er es auch, in dreiteiligen
Bildern sich auszusprechen. Er ging also noch einen Schritt
weiter, nicht nur dass in einem Bilde Farbenmassen gegen-
einander gesetzt wurden; er setzte sogar Bild gegen Bild.
Um das Mittelbild z. B. recht schattig und dämmerig kühl
erscheinen zu lassen, setzte er zwei sonnige Seitenbilder
daneben (wie in einem seiner besten Bilder ,, Horch, es
schallt der Hain von Liedern"), oder er machte es umge-
kehrt wie in der ^Mariensage**, wo das lichte Mittelbild
der thronenden Maria durch zwei dunkle Seitenbilder ge-
hoben ist, durch die „Heimkehr vom Grabe" und die „Ge-
burt Christi im Stall« . . .
32 IV. Art des Schaffens. Koloristik. Einfluss auf die Technik.
Dann hat er auch zu der Predella (Fusstück beim Altar-
bild) gegriffen, um den Eindruck des Hauptbildes zu ver-
stärken, z. B, im „St. Antonius, der den Fischen predigt*
ist das Weite, Lichtvolle, Silberige des Meeres im Haupt-,
bild erheblich verstärkt durch das dunkle Fusstück, das
den Kampf der Fische unter sich auf dem Meeresgrunde
darstellt.
Oft ist es ihm aber auch gelungen , in einem Bilde
eine düstere, nächtliche Stimmung gegen eine helle, freu-
dige auszuspielen, z. B. in der j^Nacht*, in der ergreifenden
„Pietä" der Berliner Nationalgalerie und in der „Melan-
cholie«.
Die letzteren Probleme sind nicht nur für die Farbe
von Bedeutung, sondern auch in hohem Grade für die
Raumbildung. Die Fläche zum Räume umzugestalten, hat
vielleicht keiner so verstanden wie er ... . und zwar
durch die dekorative Wirkung der Farbe, weniger
durch das Auflösen der Farbe, wie es durch die dazwischen-
liegende Luft bedingt ist; wie er z. B. ein starkes Rot im
Vordergrund anwendet, um die verschiedenen roten Nuancen
des Mittelgrundes zurückzutreiben. Aber auch die Sil-
houette benützt er als Repoussoir. Ein dunkler Vorder-
grund mit einer oder mehreren dunkeln Vertikalen, wie
Bäumen, Figuren, dient ihm dazu, den beleuchteten Mittel-
grund, in dem die Farben stark sind und herandrängen
wollen, zurückzutreiben. Er ist unermüdlich im Erlinden
von immer neuen raumbildenden Mitteln ; wie überraschend
wirkt z. B, in der „Gartenlaube*' das Hineinführen des
Auges in das Bild durch die Symmetrie der perspektivi-
schen Blumenbeete, wie es Tulpe für Tulpe hineinspaziert,
bis es an der Mauer, die quer gegen die übrigen Linien
steht, zurückprallt und auf den beiden Figuren haften
bleibt. Und wie werden zugleich die Figuren in ihrer Be-
wegung gesteigert durch die starre Symmetrie der Um-
gebung. Und wie er vollends durch diese Beschränkung
des Raumes dem Bilde einen seelischen Gehalt gibt, ist
kurzweg als genial zu bezeichnen.
Koloristik. 33
.... Aber Böcklin sucht immer seine Wirkungen inner-
halb der Grenzen der Malerei ; nie hat er sich gegen die
malerischen Grundgesetze vergangen , oder von der Malerei
mehr verlangt, als in ihr zu erreichen war. Selten hat er
nur rein Malerisches gemalt; fast immer war eine Jdee ge-
tragen von dem Malerischen. Wiederum hat er aber nie
das Gedankliche das Malerische überwuchern lassen.
Das Gedankliche deckt sich bei ihm mit dem
M aler is ch e n vollk om men, es ist eins und un-
zertrennbar; und dies ist vielleicht überhaupt
das Kriterium der höchsten Vollendung in dieser
K u n s t.**
Am meisten beeinflusst ist Böcklins Koloristik
von den Werken der Alten, denen er nicht nur
grösste Verehrung sondern auch liebevollstes Verständ-
nis entgegenbrachte. Die Einflüsse der italienischen
„Meister der Farbe" sind im Laufe seiner Entwicklung
unverkennbar zu bemerken, denn er wusste ganz genau,
auf welcher Grundlage die Systeme ihrer Bild-
wirkungen basiert waren. Die schönfarbige Manier des
Quattracento war ihm ebenso geläufig wie das Chiaro-
scuro des folgenden Jahrhunderts und die auf Lasur
berechnete Art der Venetianer.
Wie das Studium der Cinquecentisten Böcklin zu
den gefärbten Gründen geführt hat, so brachte ihn
die eingehendere Beschäftigung mit den Altdeutschen
und Altniederländern wieder davon ab. Die „präch-
tige Wirkung der Farben" an sich, die Böcklin bei
jenen Malern so begeisterte und die ausserordentliche
Dauer von deren Kunstwerken waren der Anlass zur
Beschäftigung mit technischen Problemen, die ihn
schon während des zweiten römischen Aufenthaltes und
in der Folgezeit immer mehr fesselten.
Berger, Böcklins Technik. 3
34 IV. Art des Schaffens.
Der erste sichtbare Einfluss dieser Studien war
das Aufgeben des getönten Grundes und gleichzeitig
mit dem Verlassen der Leinwand als Unterlage das
Bevorzugen der Holztafel nach dem Vorbilde der Alten.
In der Florentiner Zeit und noch mehr in Zürich ist
es stets der weisse Kreidegrund auf Holztafel, den
Böcklin benutzt; seine Farbenkomposition baut sich
von nun an auf der weissen Fläche auf.
Stets waren es rein koloristische Momente,
die ihn leiteten, und mit diesen Momenten aufs
innigste verbunden steht auch die Frage der Binde-
mittel für die Farben. Beim getönten Grunde diente
ihm die allgemein übliche Oelfarbe mit geeigneten
Zusätzen von Firnissen, ätherischen Oelen oder Ko-
paivabalsam vollkommen. Böcklin gab aber die Oel-
farbe im Laufe der siebziger Jahre nach und nach
gänzlich auf, nachdem er sich für die Fimisfarbe ent-
schieden hatte.
Diesen Zeitpunkt genau fixieren zu wollen (Böcklin
selbst soll die „Pieta" als „seinen letzten Oelschinken"
bezeichnet haben, Mendelsohn S. 210), ist überflüssig.
Wir wissen aus Schicks Aufzeichnungen, dass Böcklin
in den sechziger Jahren und früher alles mögliche ver-
sucht hat, nicht aus Kurositätshascherei, sondern aus
zwingenden Gründen, weil ihm die Mittel der Oel-
technik für die Art seines Schaffens nicht mehr
genügten. Mit Oelfarbe kann man eben schwer aus
der Gesamtstimmung heraus arbeiten (wenigstens nicht
bei grösseren Flächen), weil das Oelbindemittel zu
materiell ist, weil bei zu starker Verdünnung der Farben
(Lasuren) die Masse dieses Mittels zu sehr vermehrt
Einfluss auf die Technik. 35
wird, das langsame Trocknen aber immer ein Hinder-
nis bei der Weiterarbeit bildet und endlich die Klarheit
des Farbentones durch allzuvieles Vermalen leidet.*)
Böcklins Art zu schaffen erforderte jedoch ein Binde-
mittel, das ein langes Hin- und Herprobieren ermög-
lichte, das die Farben zwar genug binden sollte, ohne
aber die Malfläche zu sehr zu belasten, dabei alle
möglichen Abstufungen und Verdünnungen zuliess. Mit
Oelen und Firnissen war da nicht auszukommen, und
dass Böcklin ein möglichst indifferentes, wässeriges
Bindemittel (Leim und Tempera) nötig hatte, solange
«r die Bildkomposition auf der Fläche entstehen Hess,
ist leicht begreiflich.
In den folgenden Abschnitten werden wir darüber
ausführlicher zu handeln haben. Wir müssen aber
alle die Versuche des Meisters, das fortgesetzte Streben
die Mittel zu verbessern, stets im Hinblick darauf an-
sehen, dass er sich sein Material für s e i n e speziellen
Zwecke, für seine ganz besondere Art des Schaffens
zurecht legte, wie es ihm am besten tauglich erschien.
Und nur ihm I Für Maler, die anders schaffen, mögen
deshalb alle die Böcklinschen Rezepte nur wenig Wert
liaben, und vollkommen richtig ist, was Böcklin in
«inem vom 2. Oktober 1893 datierten Brief an einen
Freund schrieb, als er von der Redaktion eines Kunst-
blattes aufgefordert wurde, sein „Geheimnis** zu ver-
<5ffentlichen**) : „Ja, wenn das ginge. Der erste Erfolg
*) Bekanntlich ist Oelfarbe am wirksamsten bei Prima-
technik.
♦♦) MitgeteUt bei Mendelsohn S. 218.
3*
36 IV. Art des Schaffen».
einer solchen Mitteilung wäre, dass ich von sämtlichen
Malern, die reinfallen, verflucht und verwünscht würde.
Dazu gehört anhaltender Unterricht, folglich eine
Schule, eo ipso mit Schülern". — Der Wert solcher
Rezepte liegt eben immer nur in dem Verständnisse, sie
auch richtig und vor allem für die eigenen koloristi-
schen Zwecke richtig anzuwenden« Darin lag auch
sein eigentliches „Geheimnis*^
V.
Technik der ersten Periode.
Malerei mit Oelfarben auf getöntem Grunde.
Kopaivabalsam.
üi
aber die Technik der ersten Periode und
während des ersten römischen Aufenthaltes
sind wir, wie bereits erwähnt, nicht unter-
richtet. Es kann aber als ziemlich sicher
angenommen werden, dass ßöcklin von seinem
Meister Schirmer*) auch die technischen Mittel
übernommen hatte. Für die sogen. Staffeleibilder
war damals die Oeltechnik die allein und am
meisten ausgeübte. Sie bestand traditionell in dem
Untermalen mit Oelfarben, im Trocknenlassen dieser
Unterlage und nachfolgendem mehrfachen üebergehen
in dünneren Schichten, teils durch Lasuren teils halb-
♦) Joh. Wilh. Schirmer (geb. 1807, gest. 1863 zu Karlsruhe)
hatte sich an die Schule Claude Lorrain angeschlossen; seine
Bilder, z. B. die „Tageszeiten" mit Staffagen aus der Parabel
vom barmherzigen Samariter in der Galerie zu Karlsruhe oder die
religiösen Landschaften in der Nationalgalerie zu Berlin zeigen
deutlich die Vorbilder für Böcklins Kunst der ersten Epoche.
38 V. Technik der ersten Periode.
deckende Töne bis zur Vollendung. In den fünfziger
Jähren des vorigen Jahrhunderts war es üblich, sich
zu jedem Bilde eine genaue Kartonzeichnung zu
machen, die alle Details der Komposition vor Augen
führte und als Vorlage für die eigentliche Ausarbei-
tung diente. Durchgreifende Aenderungen auf dem
Bilde selbst vorzunehmen, sollte durchaus vermieden
werden.
Landschaften wurden genau so „komponiert^' wie
Historien- oder Genrebilder, d. h. sie wurden auf den
Gesetzen der Linien-, Licht- J und Farbenkomposition
aufgebaut, die damals als ästhetisch „schön'' galten.
Wir bezeichnen dies heute mit dem Ausdruck „aka-
demisch". Jedes Bild teilte man in Hinter-, Mittel-
und Vordergrund, die Lichtmassen hatten gegenüber
den Schattenmassen einen bestimmten Raum einzu-
nehmen, jede Linie erforderte bestimmte Gegenlinien,
die Farben wurden nach altem Schema im steten
Wechsel von hell und dunkel, von kalt und warm
verteilt und dergl. mehr.
Auch Böckiin stand unter dem Banne dieser
Ueberlieferungen, bis er aus sich selbst heraustrat,
eigene Wege ging und die Fesseln abwarf, da er aus
dem Landschaftsmaler der grosse Figurenmaler wurde,
als den wir ihn jetzt kennen.
Diese Wandlung hat sich langsam vollzogen. Die
Gemälde der ersten Periode sind zumeist landschaft-
licher Natur, freilich mit wunderbarer Staffage; bald
wird aber die Staffage Hauptsache, der Mensch
wird das Bestimmende in den landschaftlichen Szene-
rien. Und führt er uns endlich in seinen religiösen
Getönte Gründe. 39
Motiven Momente grösster Tragik vor, dann feiert
seine Malerei wahre Triumphe; denn zur Grösse der
Auffassung gesellt sich noch die Tiefe der Farben-
symphonik, deren Zauber sich niemand zu entziehen
vermag.
Als Schick mit Böcklin in Beziehung trat, hatte
dieser bereits eine ganz imponierende künstlerische
Höhe erklommen. Er hatte schon 1857 den „Pan im
Schilf* gemalt, der im folgenden Jahre in München
ausgestellt, für die Pinakothek erworben wurde; er
hatte hier für Schack den „Anachoret*^ und „Pan er-
schreckt den Hirten*' gemalt, warmit Begas undLenbach
nach Weimar als Professor an die Kunstschule
berufen worden, und dort war neben kleineren
Schöpfungen, Porträts u. a. die grosse historische Land-
schaft „Jagdzug der Diana'* (Baseler Museum) entstan-
den. Nach dem Aufgeben der ihm unerträglich gewor-
denen Abhängigkeit war Böcklin wieder in Rom tätig;
er arbeitete eben an einem seiner besten Werke,
„Daphnis und Amaryllis** (jetzt bei Schack).
Schicks Aufzeichnungen zufolge sind es zwei
Hauptmomente, die Böcklins Technik von der allge-
meinen Art der Arbeitsführung unterscheiden, näm-
lich die durchgängige Anwendung des gefärbten
Grundes und der Gebrauch von Kopaivabalsam.
Ob äussere Anlässe, wie das Studium der Re-
naissancekünstler späterer Zeit, die sich vielfach dunkel
getonter Leinwand bedienten, hier mitgewirkt haben,
ist von nebensächlicher Bedeutung; aber bemerkenswert
ist, dass Böcklin durch die getönten Gründe in die
Lage versetzt wurde, verhältnismässig schnell und
40 V. Technik der ersten Periode.
leicht die „Wirkung'* erzielen zu können, wie er sie
zur beabsichtigten Licht- und Schattenkomposition
brauchte. Fast alle Bilder grösseren Formats dieser
Zeit sind auf dunkler Unterlage gemalt. Die zwei
Meter lange Leinwand zum „Petrarka** hatte er
„dunkelgraugrün getönt und darauf dann die un-
gefähre Wirkung mit Weiss herausmodelliert'*. Schick
erwähnt ebenda (S. 36), dass Böcklin auch beim Natur-
studienmalen eine „neutrale graue Leinwand der ge-
bräuchlichen hellgelben" vorziehe, weil dadurch „reines
Weiss vielleicht schon das gelbliche Wolkenlicht gibt
und man so fortfahren müsse, die Töne zur Lein-
wand zu bestimmen."
Die Farbe des Grundes bot demnach schon
eine Stimmgabel für das ganze Bild, und Böcklin,
dem es stets auf die Stimmung angekommen ist, hat
soviel als möglich aus dem erwähnten Umstände Nutzen
gezogen. Die „Götter Griechenlands" begann er
auf einer grossen Leinwand (3 m hoch, 2 m breit),
auf einem dunklen leichten Grau (Rebenschwarz,
Weiss, etwas Deckgrün und Neapelgelb oder vielmehr
Schwarz, Weiss und grüne Erde) und übertrug die
allgemeinen Umrisse durch lose Kreidestriche (Schlemm-
kreide*), welche letzteren beim Malen mit Oelfarben
naturgemäss verschwinden. Er begann damit, „die
Höhle über der Nymphe als Dunkelstes mit etwas
grünlichem Schwarz (grüne Erde und Kernschwarz)
zu überschummern, wodurch die Nymphe im Gegen-
satz schon etwas fleischfarben erschien und fuhr dann
*) Schick S. 44.
Zweck des getönten Grundes, 41
fort, mit demselben Ton vorsichtig in das Fleisch
hinein zu modellieren^^ Der Zweck der getonten
Unterlage war also ein zweifacher: er erleichterte die
Stimmung und gestattete durch passende Wahl der
Farben die Hervorbringung der komplementären
Farbentöne.
Ein interessantes Beispiel ist auch der Idealkopf
einer Römerin („Viola^'), den Böcklin auf einer Schie-
fertafel, (fast 21/2 Fuss hoch, 2 Fuss breit, über ^2"
dick) malte.
Schick berichtet darüber (S. 7):
„Anfangs hat er auf diesem dunklen Grunde alles mit
Grau, welches aus grüner Erde, Weiss und dem durch-
schimmernden Grund sich zusammensetzte, herausmodelliert.
Beim Weitermalen ist er heller gegangen, aber auch fast
nur (oder ausschliesslich) mit grüner Erde und Weiss. Da-
mit das Fleisch nicht zu grün wirke, hat er dem Kopf
dann einen starkgrünen Schleier gegeben. . . , Die tiefen,
starkviolettgrauen Schatten sind demnach nur auf das Grau
des Schiefers lasiert. Das weisse Kleid hat Böcklin auch
anfangs mit grüner Erde und Weiss gemalt, dann aber mit
reinem Weiss lasiert, das in diesem Falle die Eigentümlich-
keit hat, ganz violettweiss zu wirken".
Am Schlüsse der Beschreibung sagt Schick:
„Beim Beginn eines Bildes scheint Böcklin immer eine fast
entgegengesetzte Farbe wie der Grund, zu nehmen. So hat
er hier zum kalt schwarz violetten Grund warme graugrüne
(ungebrannte grüne) Erde genommen.**
Nach einer Eintragung vom 30. Juni 1866 (Schick
S. 58) meinte Böcklin, „er würde nie ein Bild beginnen,
ohne der Leinwand nach dem Charakter des Bildes
einen bestimmten Ton gegeben zu haben, aus dem
er mit möglichster Benützung desselben das Bild
42 V. Technik der ersten Periode.
herauszumalen versuchen werde". Wenn meine Er-
innerung mich nicht trügt, hatte Böcklin auf einer
Variante des Gemäldes „Kentaur und Nymphe"
eine braunrote Grundierung gewählt und diese
Methode scheint er noch Jahre hindurch ausgeübt zu
haben. In der Zeit des römischen Aufenthaltes bevor-
zugte er den grauen Grund und er empfiehlt auch
Schick, bei einem Studienkopfe (Micheline) diesen Grund
noch mit grüner Erde und etwas Rebenschwarz gleich-
massig zu überziehen (S. 87)» oder ihn mit grüner
Erde farbiger zu machen, um aus dem Ton heraus
mit Weiss zu modellieren.*) „Tintoretto habe auf
einem dunkelroten Grund meist lasierend gemalt und
die Lichter, um sie wirken zu lassen, meistens fett
aufgetragen", so berichtet Schick (S. 90) als Aeusse-
rung Böcklins und fügt dann hinzu, die älteren Maler
von Giotto bis Leonardo hätten auf weissen Grund
gemalt. Infolgedessen hätten aber auch jene Maler
gar keine Reliefwirkung des Bildes anstreben können.
„Wenn man auf eine plastische runde Wirkung aus-
geht, ist dunkler oder wenigstens grauer Grund un-
entbehrlich."
Bei der geschilderten Art des Schaffens, auf ge-
töntem Untergrunde die Formen nach und nach heraus-
zumodellieren, bedurfte er unbedingt eines Mittels,
um die Farbentöne der Ueberschicht mit den unteren
Lagen in Verbindung zu bringen oder mit einander
zu verschmelzen. Dazu diente ihm damals der
Kopaivabalsam, mit Oel vermischt, oder auch allein.
*) Vgl. Schick S. 88, Grundierung mit Umbra und Weiss .
Gebrauch von Kopaivabalsam. 43
Der Kopaivabalsam war aber nicht Bindemittel
für die Farben, sondern nur Zugabe bei der Ueber-
malung; meist wurde überhaupt nur die Malerei da-
mit eingestrichen. Interessant ist die Bemerkung, dass
Böcklin „schon seit 1853 damit male; er sei durch
Gunkel darauf gekommen, der einmal als Kuriosum
erzählte : ein alter Maler in Kassel male mit Kopaiva-
balsam und könne ihn nimmer genug rühmen. Darauf
habe er ihn probiert und dafür Propaganda gemacht.
So habe es Pettenkofer*) erfahren und restauriere
jetzt alle Bilder der Münchener Pinakothek damit".
(Schick S. 359).
Unser Gewährsmann berichtet wiederholt davon,
wie Böcklin sich des Kopaivabalsams bediente. So
S. 9 unter „Technisches" :
„Vor dem Uebermalen reibt Böcklin jedesmal den Grund
mit Kopaivabalsam und Oel an. (Zu etwa zwei bis drei
Esslöffel dieser Mischung tut er dann 4— 5 Tropfen Sikkativ
de Courtray zum schnelleren Auftrocknen hinzu.) Kopaiva-
balsam hat die Eigenschaft, die obere und untere Farbe
zu durchdringen und stellt dadurch eine innigere Vereini-
gung beider her."
Trotz mitunter schlechter Erfahrungen (s. a. a. O.)
ist ihm dieses Mittel unentbehrlich, wenn es ans Ueber-
malen geht; so bei dem Bilde „Viola* (Idealkopf mit
grünem Schleier, einen Veilchenstrauss in der Hand) :
„Viola hat er vollendet mit Kopaivabalsam, den er
unter Bernsteinfirnis gemischt, (d. h. mit dem Pinsel) unter
♦) Max V. Pettenkofer hatte i. J. 1863 sein bekanntes
Regenerationsverfahren erfunden und er empfahl bald darauf an
Stelle des früher üblichen ,,Nährens** alter Gemälde mit Oel die
Verwendung von Kopaivabalsam« Seine Schrift darüber erschien
i. J. 1870.
44 V. Technik der ersten Periode.
die Farben nimmt. Diese Mischung trocknet sehr schnell:
beim Ueberlasieren vorsichtig sein, denn Kopaiva hat auf-
lösende Eigenschaften/' (Schick, S. 14, s. auch S. 232.)
Böcklin benutzte den gleichen Balsam mit Schlemm-
kreide angemischt zum Ausfüllen der zu starken Poren
der Leinwand (zum„P e tr a rk a") indem er „dazwischen
auf der Palette den Ton nachmischte und damit die
Poren ausfüllte". Er empfahl dieses Mittel sehr und
meinte, es liesse sich sehr schön darauf malen; die
Farbe erhalte dadurch etwas Rätselhaftes, Unbestimmtes.
(Schick, S. 92, vergl. auch ähnliche Versuche mit
Schlemmkreide und Oel oder Firnis als Medium zu
gebrauchen, S. 10.)
Verdünnt scheint Böcklin den Kopaivabalsam
auch verwendet zu haben, indem er ihn mit Terpentin
vermischte und als Fixiermittel*) verwendete („Ge-
burt der Venus*', Schick S. 143):
^Böcklin hatte dies Bild mit Kohle ganz leicht auf Gips-
leinwand gezeichnet. Dann versuchte er es zu fixieren
[mitteis Wasser von der Rückseite, um den geleimten Grund
zu erweichen, aber ohne Erfolg]. Als es trocken war, strich
Böcklin von vorn Terpentin mit ein wenig Kopaiva-
balsam darauf, was sogleich fixierte.
Zur Farbe brauchte er aber Terpentin nie,
indem er behauptete, dieser nähme der Farbe den
Reiz (Schick, S. 94).
Die Vorliebe für Kopaivabalsam veranlasste Böcklin
auch, sich dieses Mittel stets rein zu verschaffen,
da er durch einen Apotheker erfahren hatte, dass
Kopaivabalsam gewöhnlich einen Zusatz von Oel ent-
halte und darum so schwer auftrocknet. Jetzt, da er
*) Vgl. auch Porträt eines irrsinnigen Herrn. S. 279 u. 297.
Kopaivabalsam. 45
ihn rein erhalte, habe er ihn auch mit besserem Erfolg
angewendet (S. 145).
Wir finden weiterhin folgende Eintragung Schicks
(S. 224):
„Böcklin rät immer, nur mit reinem Kopaivabalsam
zu malen, ohne weitere Zutat von Oel oder anderen
Stoffen. Mein Kaisam ist aber so dick, dass ich ihn nicht
gut über das Bild verbreiten kann. Böcklin sagte, dann
solle ich meine Mal weise danach einrichten, aber nichts
darunter nehmen. Kopaivabalsam ist ein Harz mit einem
langsam flüchtigen Oel. Mit Nussöl oder anderen Oelen
besteht nun die Gefahr des Nachgilbens, bei Zusatz von Ter-
pentin wird aber der Uebelstand der Zähigkeit nicht ge-
hoben, denn Terpentin ist ein sehr rasch flüchtiges Oel
und hat dazu (noch mehr als der Balsam) auflösende
Eigenschaften."
Aehnlich lautet eine Eintragung vom 25. Januar 1869
(S. 271):
„Vor dem Anlegen eines Bildes, sowie vor dem täglichen
Malen reibe man die zu malende Stelle stets zuerst mit
Kopaivabalsam ein; da Hesse sich viel lebendiges hinein-
malen. Ganz zuletzt, beim Vollenden der Arbeit höchstens,
wenn man befürchten muss, durch zu oftmaliges Berühren
die Farbe aufzulösen, mische man den Balsam unter die
erste Farbe, mit der man die betreffende Stelle übergeht.**
Bei allzureichlichem Gebrauche des Mittels ent-
stehen Uebelstände, die Schick bei dessen eigenem
Bilde („Daphnis und Chloe") wie folgt schildert (S.274) :
„Ich hatte zu reichlich Kopaivabalsam gebraucht, oder
ihn, da er zu dick war (vielleicht durch die Kälte) nicht
recht verbreiten können. Als sich nun nach und nach das
Zimmer erwärmte, fing er an, dünner zu werden, die Malerei
krümlich und verschwommen zu machen und sich mit der
Farbe herabzusenken. Böcklin sagte, er suche beim Ein-
reiben den Kopaivabalsam möglichst zu verteilen und nehme
46 V. Technik der ersten Periode.
dann unter die Farben gar keinen Balsam mehr, ferner
male er gleich mehr Formen hinein als ich und käme so
mit viel Farbe über die Stelle, welche dann den Balsam
aufzehre."
Mit besonderer Umständlichkeit schildert Schick
alle technischen Einzelheiten bei Böcklins grossem
Bilde „W i e s e n q u e 1 1 e" und insbesondere auch die
Kopaiva-Verwendung dabei. Nach dem kleinen Ent-
würfe, den er vorher mit Kohle und Pastell gemacht
hatte, übertrug Böcklin die Raumverteilung mittels
einiger weiteren Quadrate auf das etwas verschiedene
Feld der Leinwand und entwarf dann die Figuren frei
mit feinen vorsichtigen Kohlenstrichen. Diese Zeich-
nung wollte Böcklin mittels Kopaivabalsam und Ter-
pentin (wie bei der „Geburt der Venus" und dem
,,Porträt des irrsinnigen Herrn**) durch Uebergiessen
fixieren, vor dem Weitermalen aber ein bis zwei Tage
warten, bis alles hart fixiert wäre, so dass man ohne
Unbequemlichkeit weitermalen könne (Schick, S. 297).
Böcklin hat es aber nicht getan, sondern (in die noch
feuchte Fixierung) stückweise hineingemalt und zugleich
ziemlich weit ausgeführt.*)
Ein „Späterer Zusatz" erläutert diesen Vorgang
durch Böcklins Anweisung:
,,Zur Anlage eines Bildes sei dünner Kopaiva-
balsam geeigneter, da man flott hineinmalen könne; sonst
ziehe er den dickeren vor."
(Es wäre allerdings verlockend, den ganzen Ar-
beitsfortgang bei der „Wiesenquelle" hier wiederzu-
geben; ich muss es mir jedoch versagen und möchte
•) So verstehe ich diese etwas verwirrte Stelle in den Schick-
schen Aufzeichnungen.
Technik der ,, Wiesen quelle*». 47
den tfcser nur bitten, diese Stellen bei Schick (S. 293 ff.)
einzusehen. Durch diese Schilderung allein hat Schick
unser Wissen über Böcklins Art zu schaffen in dankens-
wertester Weise bereichert.)
Nach dem Abschluss der Arbeit resümiert Schick
unter dem 17. Mai 1869 nochmal den technischen Vor-
gang (S. 361):
„Sein Verfahren beim Malen ist dieses: Erst pro-
biert er auf dem Bilde eine Farbe rein, mit Kopaivabalsam
verdünnt, als dünne Lasur; ist sie annähernd recht, so setzt
er nach Bedürfnis die eine oder andere Farbe und auch
Weiss dazu. Nie fängt er mit einem bereits gemischten
Ton an. Bei diesem lasierenden Verfahren nimmt er jedoch
in alle Lasuren Weiss; er sagte einmal, als er von einer
Lasur sprach, „natürlich mit Weiss'*. Das gibt dem Bilde
diesen zartgrauen Schimmer und ihm selbst Klarheit über
die Dunkelheit der Töne, über die man sich bei reinen
Lasuren gewöhnlich sehr täuscht."
Bezüglich der Kopaivabalsam -Beigabe berichtet
Schick gelegentlich der Arbeit am gleichen Bilde
noch (S. 359) wie folgt:
„Er hat so reichlich Kopaivabalsam dazu genommen,
dass er fürchtete, er könne ihm herunterlaufen, bei dem
schnellen Anziehen im Sommer aber ist das ausgeschlossen.
Wenn man auf wenig bemaltem angetuschtem Grunde etwas
sogleich als fertig hinstellt, könne man Kopaiva sehr reich-
lich brauchen, man werde dadurch die Schönheit der Färben-
qualität nur erhöhen. Ist man aber genötigt, übei solche
fett lasierte Stelle noch ein oder mehrmals zu gehen, so
wird die Erscheinung pappig und unangenehm. Etwas
Oel (d. h. soviel als die Oelfarben an sich enthalten) scheine
ihm zum besseren Binden notwendig ; früher habe er darum
auch Nussöl dazu genommen, weil er noch nicht den Mut
hatte, Kopaiva rein anzuwenden, aus Furcht vor dem
Reissen; da sei ihm aber alles bedeutend nachgegilbt.*'
48 V. Technik der ersten Periode.
Wir sehen, welch grossen Wert Böcklin auf die
Beigabe des Kopaivabalsams gelegt hat und (unter
den von ihm angedeuteten Vorsichtsmassregeln) mit
Recht. Die „Wiesenquelle" im Dresdener Museum ist
von einer Klarheit und Farbenhelligkeit, dass es eine
wahre Lust ist.
Aus der Bemerkung Schicks (s. oben) „Erst pro-
biert er auf dem Bilde eine Farbe rein, mit Kopaiva-
balsam verdünnt, als dünne Lasur", könnte geschlossen
werden, dass der Balsam als alleiniges Bindemittel für
Farben gedient habe. In der Tat findet sich S. 340
eine Stelle, wo Böcklin als Experiment (um Erschei-
nungen der komplementären und subjektiven Farbe
deutlich zu beobachten) Ultramarin in Pulverform mit
Kopaiva zu einem dicken Teig anrührte und mit
rektifiziertem Terpentin verdünnte: aber zur Malerei
scheint er stets den Kopaivabalsam nur als Beigabe
zur Oelfarbe und als Zwischenmittel vor dem Ueber-
malen verwendet zu haben , denn das Oel ist zur
festeren Erhärtung der Malerei auch nötig.
Von dem zweiten in Basel entstandenen Gemälde,
der wunderbar ergreifenden Gruppe der „Pietä**
(Maria Magdalena an der Leiche Christi) im Museum
daselbst ist auch bei Schick die Rede; es ist in gleicher
Technik „mit Oelfarben und Kopaivabalsam gemalt**
(Schick, S. 292) und Böcklin hat diese Art auch an-
gewendet bei der Uebermalung von mit Harzfarben
(„Leimmalerei") angefangenen Bildern, z. B. der „Viola*',
also „mit Oelfarben und Kopaivabalsam". (Schick,
S. 232.)
VI.
Technische Versuche
des zweiten römischen Aufenthaltes.
Tempera und Leimfarbe.
lufBöcklins künstlerisches Schaffen hat viel-
leicht nichts so grossen Einfluss genommen
als sein Besuch von Neapel und die ge-
nauere Kenntnis der pompejanischen
Malereien. Erst zu Beginn seines zweiten römischen
Aufenthaltes hat er Pompeji besucht und der Eindruck,
den die antiken Gemälde, die leichte und reich be-
wegte Art der Wandmalereien auf ihn ausübten, „war
so gewaltig, dass er ganz aus der bisherigen Bahn
getrieben wurde, und fast ein ganzes Jahr verlor er,
bis er wieder mit sich ins Reine kam; dann aber hätte
er einen ganz neuen Weg eingeschlagen" (Schick,
S. I7I). Seine Bewunderung für die pompejanische
Malerei ist grenzenlos; wiederholt kommt er auf diese
zu sprechen, ja er hält die pompejanischen Maler,
„obgleich Handwerker dem Stande nach, doch für
grössere Maler als alle späteren des 15. und 16. Jahr-
hunderts" (Schick, S. 101). Böcklin rät Schick, „so-
bald als möglich nach Neapel zu gehen, da die pom-
Berger Böcklin» Technik. 4
50 ^'^' Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes.
pejanischen Bilder einen solchen Einfluss auf ihn aus-
üben würden , dass er später ganz andere Studien
machen werde. Er bereue es, nicht früher hingekommen
zu sein'* (Schick, S. 126).
Schick berichtet nach Frau Böcklins Erzählung
(S. 364), dass ihr Gatte nach der Neapeler Reise „in
Rom später ein Jahr verexperimentierte''.
Offenbar ging er bei diesen Experimenten darauf
aus, die von den pompejanischen Malern so spielend
beherrschten malerischen Mittel für seine Zwecke an-
wenden zu lernen, z. B. bezüglich der Färbungen und
einfachen Kontrastwirkungen oder in betreff der freien
Anordnung des Gewandes und dergl.; Schick berichtet
als Böcklins Ausspruch darüber (S. 101):
„Es ist zu bewundern, mit welcher Leichtigkeit und
Schönheit sie alles so anzuordnen verstanden haben, dass
Eines künstlerisch wirksam auf das Andere war. Man er-
staunt, wie gross ihre Kenntnis der malerischen Mittel
war, wie sie durch Härten das Eine weich und durch reiche
Formen das Andere hart erscheinen Hessen.*^
Wir gehen in der Annahme gewiss nicht fehl, dass
Böcklin bei diesen Experimenten ausser den formellen,
den rein technischen Mitteln grossen Wert beigemessen
hat und von der Voraussetzung ausging, seine
Farbenwirkungen erheblich steigern zu können, wenn
er sich enger an die Methoden der von ihm so hoch
eingeschätzten antiken Maler anschlösse. Dies führte
ihn offenbar zu den hier zu besprechenden technischen
Versuchen mit allen möglichen Arten von Tempera.
Zum besseren Verständnis der folgenden Aus-
führungen ist es wissenswert, dass zur Zeit, da Böcklin
mit seinen Versuchen einsetzte, die sogenannte Tem-
Untermalung mit Tempera. 51
perafarbe ganz unbekannt war; kein Farbenfabrikant
stellte eine solche her. Aus älteren kunstgeschicht-
lichen Werken konnte man nur ungenaue Daten da-
rüber schöpfen, so dass der Begriff der „Tempera-
malerei" für die meisten völlig fremd gewesen ist.
Dies zu erwähnen halte ich deshalb für wichtig, weil
nach den hier folgenden Einzelheiten zu schliessen,
Böcklin selbst nicht genau zwischen den einzelnen
Manieren unterschied und die gleiche Bezeichnung
für verschiedene Arten anwandte.
Als Schick mit Böcklin in Verbindung trat, war
dieser mit den Eigenschaften der Tempera schon
lange vertraut*) und hatte deren Reize kennen gelernt;
aber sie war ihm kaum mehr als eine Hilfstechnik,
die er nur zu Untermalungen zu verwenden für
geeignet fand. Wenigstens berichtet Schick darüber
nichts, dass Böcklin schon damals die Absicht gehabt
habe, die Oeltechnik völlig aufzugeben.
In seiner ersten Eintragung vom 14. Januar 1866
berichtet Schick (S. 4):
,,Al8 ich ihn über Tempera unter malung befragte,
die nach seinem Vorbilde auch Lenbach**) anwenden soll,
erklärte er mir dieses Verfahren folgendermassen :
*) Ein ,,Bildnis von Franz Lenbach", in Weimar 1862 ge-
malt, ist im Verzeichnis (Nr. 150) als „Tempera, Leinwand** ange-
führt. Von diesem Bilde ist weiter noch die Rede.
**) Demnach ist Floerkes Angabe, dass Böcklin die Eitempera
erst 1874 in München und Florenz einführte, richtig zu stellen.
Die ebenda (S. 164) folgende Erklärung, diese Tempera bestehe
aus „Eiweiss mit Firnis gemischt, mit Terpentin verdünnt und
Petroleum dazu geschüttet, auf dicken schluckenden Grund auf-
getragen'', entspricht nicht den Tatsachen.
4*
52 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes.
Mit Eiweiss und Honig oder Pergamentlei m
muss die Farbe ziemlich stark leimig gerieben werden, da-
mit sie sich kaum merklich verändert, wenn man Oelfarbe
darüberbringt. Die Temperafarbe hat nicht den Zweck,
das Oel aufzusaugen, sondern den, die Leuchtkraft der
Farbe zu steigern.
Das Material veranlasst einen, seine Bilder nach dem
Hellen zu neigen, umgekehrt wie Oelfarbe veranlasst, tief
zu malen. Böcklin hatte auf seine Staffelei Farbenproben
gestrichen, da war die grössere Leuchtkraft der Tempera-
farben sehr auffallend, besonders bei Zinnober.'^
In einer späteren Aufzeichnung vom 26. Mai 1866
(S. 24) zählt Schick einige Bilder auf, die teilweise
mit Temperafarben begonnen waren, so unter 6. eine
„Wassernymphe" auf einer Holztafel, ähnlich w^ie
pompejanische Bilder, dann unter 7. ein anderes Bild, das
„in Tempera begonnen und einiges schon mit Oel-
fimis (wohl Copal ä l'huile?) überzogen (z. B. die
Mädchengestalt)"; ebenso unter 8. „Porträt seiner
Frau, in Tempera (Leimfarbe) mit schwarzem
Schleier; stumpf noch unfixiert;" endlich 9. „Por-
trät von Lenbach, wohl ebenso begonnen und mit
schmalen Pinselstrichen (wie mit Strichlagen) in der
Art des Rubens stark modelliert, war schon glänzend
überzogen und hatte eine merkwürdige Leuchtkraft**.
Dass Böcklin in dieser Weise (mit Wasserfarbe)
seine Gemälde begonnen hat, zeigt auch noch eine
Eintragung vom 24. Juli des gleichen Jahres (Schick
S. 79).
,,Böcklin hat es sehr praktisch gefunden, Studien oder
Bilder so zu beginnen: Erst der Leinwand oder dem
Papier einen lichtgrauen Ton (mit Wasserfarbe) geben;
auf diesem dann meistens mit dunklerer Farbe (Wasser-
Eitempera des Cennini. 53
färbe) das Bild herausmodellieren. Darüber hat er dann
den Fischleim gezogen und dann mit Oelfarben weiter und
fertig gemalt.**
Hier mag es am Platze sein, den Nachweis zu
führen, was BöckJin z. Z. der Schickschen Aufzeich-
nungen überhaupt unter „Tempera'^ verstanden hat,
denn die Begriffe darüber waren damals noch un-
sicherer als jetzt. Wir finden in dieser Hinsicht eine
Notiz (Schick S. 105), wonach die Cenninische
Tempera Böcklin bekannt gewesen ist. Es heisst
dort:
,,Besuch von Maler Schweinlurt bei Böcklin, der sich
mit seinen Erfahrungen in Temperamalerei sehr breit
tat, obwohl er sie von Böcklin erst gelernt hatte. Böcklin
sagte bei der Gelegenheit, sie finde sich ausführlich im
Cennino Cennini beschrieben. (Ich glaube, eine Malerei
mit Eiweiss, Essi^ u. dergl., die später mit einem harten
Firnis bedeckt wird.) Um die Farbe länger biegsam zu
halten und besser modellieren zu können, nahm Böcklin
Glyzerin darunter, welches Verfahren (englisches) er bei
Passini gesehen, der unter seine Aquarellfarben (im
Sommer mehr, im Winter weniger) Glyzerin nimmt.
Böcklin hatte mit dieser Technik 1864 sein erstes Ok-
toberfest gemalt. (Jetzt bei Schack.)"
Dazu möge bemerkt werden, dass die eigentliche
Cennini-Tempera für Tafelbilder aus Eigelb bestand,
während für Wandmalerei das ganze Ei mit jungen
Feigentrieben verrührt, (wodurch sich das Eiklar sofort
löst,) genommen wurde.*) Eiweiss, allein oder mit
*) Vgl. Cennino Cennini, das Buch von der Kunst oder Traktat
der Malerei. Uebersetzt, mit Einleit., Noten und Register ver-
:8ehen von Albert Ilg. (Quellenschriften f. Kunstgesch. und Kunst-
technik der Renaissance, herausgegeben von Eitelberger v. Edel-
54 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes.
obigen Zusätzen von Essig, Honig u. dergl. kommt
als Bindemitel für Tafelmalerei bei Cennini nicht vor,
wohl aber diente Eiklar und Gummi arabicum in
Mischung mit Kandiszucker den Miniaturmalern des
XV. Jahrhunderts als Bindemittel, und auch Cennini
erwähnt diese Methoden zur Vergoldung und Bema-
lung bei der Miniaturtechnik (Kap. 157 — 161).
Cennini beschreibt jedoch in einigen Kapiteln
verschiedene „zu Tempera" geeignete Leime (Kap.
109 — 112), darunter den sogen. Schnitzelleim (CoUa
di spicchi) oder Caravellaleim, der aus Pergament-
abfällen bereitet wurde, den Fischleim und den Käse-
leim, und demnach mag Böcklin unter „Tempera"
auch die Leimfarbe verstanden haben.
Diese war ihm ja längst bekannt, denn er hatte
schon 1858 vier grosse Wandgemälde, die Beziehungen
des Menschen zum Feuer darstellend, in Hannover
für den Konsul Wedekind ausgeführt, und diese
Bilder bezeichnete er Schick gegenüber als „Tempera-
oder Leimbilder" (Schick, S. 14). Auch andere No*
tizen beweisen, dass er Leimfarbe mit Tempera gleich-
bedeutend bezeichnet hat, so in dem angeführten
Porträt seiner Frau (Schick, S. 25). Die „Leimfarbe"
hatte überdies von jeher für ihn grossen Reiz; er
äusserte sich einmal gelegentlich, als von früheren
Versuchen die Rede war: „es gäbe kaum etwas
Schöneres als Malerei in Leimfarbe" ; aber dass er
berg. Bd. I), Wien 1871. Kap. 72, 143—147. Cenninis Traktat
ist zuerst herausgegeben von Tambroni (Rom 1821), dann in
englischer Sprache von Mrs. Merrifield (London 1844) und Ia
französischer Sprache von Mottez (Paris 1858)«
Tempera und Leimfarbe. 55
hierbei nicht unseren gewöhnlichen Leim gemeint
hatte, geht aus der weiteren Erklärung an der näm-
lichen Stelle bei Schick (S. 153) hervor, wo es heisst:
.,Man malt mit Farben mit Fischleim auf Leinwand-
grund (der entweder roh ist oder Gipsgrund hat) und hält
das Bild fortwährend von der Rückseite aus nass. Ist es
fertig und trocken, so überzieht man es mit einem Spiritus-
fimis. Böcklin nahm gewöhnlich statt Fischleim Sandrog
und Weihrauch, die (beide in Wasser löslich [?]) nicht, wie
jener animalische Stoff, durch das viele Anfeuchten dem
Faulen ausgesetzt sind.*'
Die Gleichstellung von Tempera mit Leimfarbe
findet sich auch in der Eintragung vom 3. September 1868,
da Böcklin mit Burckhardt über die Tempera-
malerei der Meister des Cinquecento und des fol-
genden Jahrhunderts spricht (Schick, S. 156 und 157):
,,Böckiin sagte, er sei der Gewissheit, dass das Bild der
Danae von Correggio in Leimfarben gemalt sei. In
Oelfarben könne man gamicht diese Tiefe, diese Leuchtkraft
und dieses Geheimnis der Farbe erreichen. Da Bilder in
solcher Technik (in Leimfarben) sehr schnell gemalt
werden müssen, so erklärt sich denn auch bei Correggio
sehr leicht eine einfache Art der Modellierung. Das tiefe
Schwarz, das er auf die Bettstatt gestrichen, kann man
in Oelfarben gar nicht erreichen. Nachher natürlich hätte
das Bild noch einen Firnis erhalten, der diese Technik für
Laien weniger erkennbar gemacht habe. Er, Böcklin, je-
doch, der sich jahrelang mit Versuchen in dieser Technik
abgemüht habe, kenne ihre Eigentümlichkeiten und getraue
sich, sie selbst unter jenem Firnis überall wiederzuerkennen**.
Dann : „Correggio habe viel in Fresko gemalt und daher
auch für Leimmalerei sicherlich die grösste Fertigkeit
gehabt".
An einer anderen Stelle (Schick, S, 173) wird der
Ausspruch Böcklins vermerkt: „Man könne Tempera-
56 VI. Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes.
bilder mit Leim und Glyzerin malen. Dann könne
man mit Eifarbe vollenden und schliesslich, nach
einem halben Jahr etwa, Spiritusfirnis darüber bringen,
der nun die Farbe wenig oder gar nicht verändern
wird."
Aus all dem ist zu ersehen , dass Böcklin alle
Arten von wassermischbaren Bindemitteln mit dem
Sammelnamen „Leimfarbe" bezeichnete, und selbst
die Versuche mit wassermischbaren Harzen, von wel-
chen weiter unten noch berichtet wird, sind in
dieser Malart inbegriffen (vgl. Schick, S. 232, wo von
der j,Vi ola" die Rede ist, „mit Harzen, die in Wasser
aufgelöst und als Leim gebraucht worden sind, also
eher als Leimmalerei zu bezeichnen").
Gelegentlich der grossen Wandbilder fürWede-
kitid hatte Böcklin, wie erwähnt, in Hannover sich
in dieser Technik zuerst versucht. Darüber lesen
wir bei Schick (S. 172):
f, . , . nachdem er sich vorher zu Haus durch verschie-
dene kleine Versuche über das Auftrocknen der Farben
unterrichtet hatte, fing er kühn an. Es waren verschiedene
Bilder. Zwei grosse von 24' Länge (Leinwand im Ganzen
ungrundiert; auf einige Stellen, wo es ihm jedoch dienlich
schien, grundierte er stellenweise), vier kleinere Bilder und
verschiedene gemalte Pilaster, worauf Kandelaber mit
Kränzen u. a. m. In vier Monaten hatte er die Dekoration
des ganzen Saales vollendet.^*
„Das Erste und das Schwierigste war das Malen der
Luft. Er mischte und brauchte dazu P/« Eimer voll Farbe.
Erst malte er von oben an den Luftton in seinen Ab-
stufungen bis in die fernen Dunsttöne. Dann auf das
Trockene die Wolken. Dabei passierte ihm, dass der
untere Teil der Luft nicht duftig genug war, er malte da-
Malerei mit Leimfarbe. 57
mm noch einmal über die betreffende Stelle und da riss
die Farbe. Darauf wusch er es wieder herunter, löste
den unteren Rand des darüber befindlichen Tones auf und
setzte die Lufttöne frisch hinein. Jedoch, als sie auf-
trockneten, hatte der Leim sich an der Begrenzung dieses
umgemalten Stückes zu einer dunklen Linie zusammenge-
zogen. Das war eine schlimme Entdeckung, doch gelang
es ihm, durch kleine darüber gemalte Wölkchen die Linie
einigermassen zu verstecken.**
Und noch einmal werden die Schwierigkeiten
des Malens mit Leimfarben geschildert in einer Ein-
tragung vom 11. Januar 1869 (Schick, S. 262), worin
gesagt wird, dass es sich in dieser Technik nicht ge-
nügend ausführen Hesse, und sie nur für Dekoration*)
geeignet sei:
„Man hat viel mit dem Material zu kämpfen, besonders
mit den Schwierigkeiten des reinen Auftrags grösserer,
gleichmässiger Flächen. Man könne ferner nicht gut Töne
nachmischen. Es sei ihm manchmal passiert, wenn er nass
mit Licht in Licht gemalt habe imd glaubte, es müsse
ganz hell werden, so wurde das Licht dunkler als das
Halblicht. Es sei fast so, als wenn er aus dem trockenen
Fresko ein Stück herausschlage und es auf neu (und nass)
eingesetzten Kalk wieder zu malen versuche. Es gelinge
nie, die harmonische Verbindung mit dem andern zu er-
reichen.**
♦) Hier möge an die prächtige Dekoration erinnert werden,
die Höcklin später gelegentlich seines zweiten Münchener Auf-
enthaltes (187^ — 74) an die Wand seines Ateliers in der Arcis-
strasse 4 gemalt hat* Sie stellte den Ausblick in einen italienischen
Garten dar und war durch Säulen und Bogen in drei Teile ge-
teilt. Durch die Mitte sah man auf einen Springbrunnen. Leider
konnte beim Abbruch des Hauses nichts von der Malerei, die
überdies an der Wetterseite längere Zeit dem Regen ausgesetzt
war, gerettet werden.
58 VI, Technische Versuche des zweiten römischen Aufenthaltes.
Aus Schicks Aufzeichnungen geht hervor, dass
Böcklin die sogen. Leim- oder Temperamalerei zu
jener Zeit nur als Untermalungs färbe gebraucht
hat. Die eigentliche Vollendungsarbeit blieb stets
der Oelfarbe vorbehalten, die freilich, immer nur in
dünnen Schichten aufgetragen, die Reize der Tem-
perauntermalung durchschimmern Hess.*)
Mitunter scheint Böcklin übrigens ganze Teile der
Tempera-Untermalung stehen gelassen zu haben, so-
fern ihm der Effekt der überfirnisten (oder mit Ko-
paivabalsam eingestrichenen) Malerei genügte.
Zum erstenmal findet sich dies verzeichnet bei
der zweiten , Villa am Meere", die er ungemein
rasch (in drei Wochen) „heruntergemalt" hat. Schick
erwähnt diesen Umstand (S. 291):
„Luft und Meer hätte er mit Leimfarbe gemalt, wäre in
den anderen Sachen dann mit Oelfarbe fortgefahren und
hätte die erstgemalten Teile nicht wieder berührt*'.
(Das Bild hatte Böcklin 1864 gemalt; die Schick-
Rche Aufzeichnung ist vom 18. Februar 1869 datiert.)
♦) Mendelsohns Bemerkung S. 211 j,So lange sich Böcklin
der Oelmalerei bediente, hat er wenig mit gemischten Farben,
meist mit Lasuren gearbeitet** ist unverständlich ausgedrückt,
denn der Gegensatz von Lasur ist Deckfarbe, der Gegensatz von
gemischten Farben aber reine oder ganze Farben.
VII.
Weitere technische Versuche
des zweiten römischen Aufenthaltes.
Wachsmaierei und Wachsfirnis.
Is Folgen der Neapeler Eindrücke sind auch
Böcklins Versuche in den Manieren der
Wachsmalerei und der antiken
Enkaustik anzusehen, die ihn eine Zeit
lang sehr beschäftigt haben. Mit der ihm eigenen
Gründlichkeit ist er dabei vorgegangen, und, um sich
vor allem über die Kenntnis der antiken Malweisen
zu orientieren, hatte er sich mit der einschlägigen
Literatur beschäftigt.
Selbstverständlich waren ihm Plinius und Vitruv
als wichtigste Quellen bekannt; aber er musste sich
mit Uebersetzungen oder mit Arbeiten anderer über
das Thema begnügen. Zu seinen Versuchen in an-
tiker Enkaustik ist Böcklin zweifellos von A b b 6
Requeiio, einem spanischen Exjesuiten, angeregt
worden, der in seiner zu Parma 1/84 erschienenen
Schrift „Saggi sul ristabilimento dell' antica arte de'
60 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
Greci e Romani pittori" alles gesammelt hatte, was
Plinius und Vitruv*) über Malerei geschrieben, und
der sich selbst eifrig an der Rekonstruktion der
Technik beteiligte. Ueberdies war R. Wiegmanns
Werk, Die Malerei der Alten (Hannover 1836), in
Böcklins Händen. Bei der Technik der Baseler
Fresken werden w^ir noch darauf zu sprechen kommen.
Schick sagt über das Buch von Wiegmann
(S. 180):
„Er (Böcklin) hätte wenig Neues darin gefunden. Wieg-
mann hätte eben nur fleissig gesammelt und abgeschrieben.
Die Fragen über antike Malerei hätten schon im vorigen
Jahrhundert nach der Entdeckung Pompejis sehr viele
Forschungen veranlasst, in denen sich besonders ein Abbate
Requeno (über den Wiegmann ungerechter Weise her-
zieht) auszeichnete. Böcklin sagt, vor allem hätte ihm eine
deutsche Ausgabe des Vitruv**) genützt, die er in Rom
besessen und bei der der Uebersetzer alle ähnlichen Stellen
aus Pausanias, Plinius und andere -daneben gestellt hatte
(als Anmerkungen, ohne selbst weitere Schlüsse daraus zu
ziehen)**.
Naturgemäss musste Böcklin durch die Lektüre
obiger Schriften auf die Wachsmalerei der Alten
aufmerksam werden, und die ersten Versuche werden
sich wohl darauf bezogen haben, das sog, punische
Wachs, von welchem sowohl Vitruv als auch Plinius
berichten, sich zu verschaffen.
Plinius enthält zwar im XXL Buch seiner Natu-
ralis Historia (Abschnitt 83 — 85) eine ziemlich klare,
auch heute noch vielfach missverstandene Anweisung,
*) Schicks Angabe (S. 87), dass Requeno auch aus Lomazzo
geschöpft hat, ist nicht richtig.
**) Vermutlich ist die von Rode, Leipzig 1796, gemeint.
Punisches Wachs (Wachsseife). 51
aus der gefolgert werden muss, dass diese Wachsart
durch wiederholtes Kochen von Bienenwachs in Meer-
w^asser und Lauge (nitrum) bereitet worden ist, wo-
durch es die Eigenschaft einer Art Seife oder Wachs-
seifen-Emulsion bekommt.*)
Dass auch Böcklin dieser Ansicht gewesen ist,
zeigt die Notiz bei Floerke (S. 164), wonach er
„schon in den fünfziger Jahren punisches Wachs
(, Wachsseife') bereitete und damit malte", sowie auch
die Eintragungen von Schick; aber die Versuche
mit einer solchen Wachslösung scheinen Böcklin nicht
befriedigt zu haben. Unser Gewährsmann erzählt da-
rüber (S. 165):
„Ich fragte nach dem Bilde, das Böcklin mit Wachs -
seife gemalt hatte. Böcklin sagte, es sei diese Malweise
gar nicht zu empfehlen und biete keine Vorteile. Wachs
mit Pottasche verbunden löst sich vollkommen in Wasser,
setzt man Alkohol (oder Aether) dazu, so sondern sich
dicke Fasern von einer milchigen P'lüssigkeit, die ein Pariser
Chemiker dargestellt hat und unter dem Namen Wachs-
milch als mattglänzenden (noch etwas Wachs haltenden)
Firnis verkauft. Das hatte Böcklin Anlass zu diesem
Versuch gegeben. (Er ging darauf nicht weiter ein, und
ich verstand es so, als hätte er nach dem Malen durch
Spiritus die Wachsflüssigkeit zu entfernen gewusst.) Ueb-
rigens trocknete das Bild ganz hart auf*.
Eine Nachprüfung der obigen Angaben ist des-
halb schwierig, weil die Herstellung dieses als Wachs-
milch verkauften Präparates eines Pariser Chemikers
♦) Die gegenteilige Ansicht einiger neueren Gelehrten kann
daran nichts ändern. Man vergleiche darüber mein Werk: Mal-
technik des Altertums (Beiträge z. Entwicklungsgesch. der Mal-
technik I. u. ir. Folge) S. 98 ff.
52 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
uns unbekannt und überdies der Zweck des Alkohol-
zusatzes in diesem Falle unverständlich ist. Schick
hat, wie aus dem Nachsatze hervorgeht, den technischen
Vorgang offenbar ungenau wiedergegeben. Wozu
sollte die Wachsflüssigkeit überhaupt entfernt werden?
Die Farben würden ja dann ganz ohne Bindung bleiben !
Aber nach den vielfachen Versuchen, die der
Verfasser gerade mit verschiedenen Wachslösungen
in der Art des punischen Wachses angestellt hat,
können Böcklins Misserfolge sehr leicht erklärt wer-
den i denn die Wachsseifen erfordern, um als Farben-
bindemittel brauchbar zusein, ein weiteres Binde-
mittel (wie Leim, Gummi und dergl.), oder die
damit gefertigte Malerei muss auf geeignete Weise
erwärmt werden, damit die durch die Emulgierung
getrennten kleinsten Wachsteilchen wieder Zusammen-
hang bekommen. Nur dann ist der Wert dieses
Mittels für die Maltechnik des Altertums verständlich.*)
Da nun Böcklin weder die eine noch die andere Art
der Anwendung kannte — eigentliche Kenntnisse
chemikalischer oder physikalischer Natur hatte er
sich erst nach und nach im Laufe der Jahre erworben
— so war für ihn auch die Wachsseife selbst ohne
Wert.
Das Bild, worauf Schick oben Bezug nimmt, ist
eine „kleine Landschaft mit einem Mädchen, das
von einem Brunnen in zwei Krügen Wasser zu holen
kommt" (S. 58) :
*) Vergl. das Kapitel über „Frühere Rekonstruktionsversuche **
in meiner „Maltechnik des Altertums** S. 287 ff., insbesondere
Bacheliers Versuche.
Versuche mit Wachsfirnis. 53
„Es ist dieses Bildchen in Wachsseife gemalt, die
zwar mit Feuchtigkeit heruntergewaschen werden kann,
aber für solche Motive einen schönen, trockenen und licht-
vollen Charakter hat. Einige Stellen, besonders der weisse
Brunnen, sind gesprungen'*.
Die ungenügende Festigkeit der Wachsseife war
demnach, wie es scheint, der Grund, dass ßöcklin
diese Versuche nicht weiter verfolgte; ja er muss
sogar überhaupt diese Methode der Lösbarkeit durch
Lauge vergessen haben, denn in einer späteren Auf-
zeichnung von 1884 (Lasius S, 64) hielt er nur zwei
Arten der Wachsauflösung für möglich, nämlich die
durch Terpentin und die durch Wärme.
Eine ganze Reihe weiterer Versuche beschäftigten
Böcklin, das Wachs einesteils nur als Ueberzug
und andernteils als Farbenbindemittel zu ver-
werten. Er ging dabei ziemlich systematisch zu
Werke, indem er die Versuchsreihen trennte. Bei der
ersten Reihe kam er zu allerlei Kombinationen von
Temperamalerei mit Wachsfirnis als Ueberzug, den
er mitunter durch Erwärmen der Fläche sich innig
mit den Farben verschmelzen Hess, bei der zweiten
Reihe führten ihn seine Versuche direkt zur antiken
Enkaustik.
Anfänglich wollte er das Wachs nur als Ueber-
zug benützen, um die blinde Erscheinung einge-
schlagener Stellen, die er als Ungleichmässigkeit der
Farbenoberfläche erklärte, zu verhindern. „Zu dem
Zweck hatte Böcklin die mannigfaltigsten Versuche
gemacht, so z. B. Wachs in Oel aufgelöst; dann
Kopaivabalsam mit dem stearinartigen Sparmazeta
(Walfischhirntalg), Wachs etc." erzählt Schick (S. 1 1).
64 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
Wie Böcklin dann das Wachs als Firnis mittel
verwendete, ist aus einer Eintragung vom 9. Juni 1866
(Schick, S. 34 — 35) zu ersehen :
„Börklin hatte an Jemand, der ihm auf eine vorzulegende
Skizze hin ein Bild bestellen wollte (ich glaube Merian in
Basel) drei Entwürfe zur Auswahl geschickt.
1. Ein fast nackter Hirtenknabe sitzt flötend auf
einem Felsen . . .
Gemalt auf Papier mit Wasserfarbe mit leichtem
Bindemittel (Leim, Gummi oder dergU; nur nicht
Honig in Tempera brauchen, da er nie trocknet).
Einzelnes, alles Nackte fast, mit Deckfarben. Dann
ist diese Aquarelle mit geschmolzenem Wachs
überzogen; später nochmals erwärmt und mit einem
reinen Lappen poliert. Der Grund ist dunkelgrünlich
graues Papier.
Da der Wachsfirnis die Deckfarben dunkler macht,
müssen diese recht hell aufgetragen werden.
2. Ein Si 1 e n flötet unter dem Buschdickicht einer Quelle,
an deren Schöpfbecken ein Mädchen lauschend
steht
Diese Silenskizze hat Böcklin mit Bleistift auf
Papier gezeichnet, dann mit Aquarell und etwas Deck-
farbe skizziert, doch so, dass an vielen Stellen (wie
z. B. bei Fels, Stamm u. s. w.) Papiergrund und Blei-
stiftstriche sichtbar blieben.
Schliesslich hat Böcklin auch hier den erwähnten
Wachsüberzug angewendet und ihn blank gerieben,
sodass die Skizze ein sehr zartes und weiches Aus-
sehen bekam.
3^ Skizze zu Böcklins Bilde „Petrarca, in Natur-
einsamkeit dichtend'^
Sie war wie die obigen beiden auf dunkelgrün-
graues Tonpapier mit Bleistift gezeichnet, dann mit
Aquarell, nachher mit Deckfarbe (Feme und Luft
besonders) fast überall noch gesteigert und überarbeitet.
Diese Skizze war nicht mit Wachs fixiert worden".
Die antike ^Ganosis*. 65
Jedem mit der Literatur über die antike Technik
Vertrauteren wird es klar, dass Böcklin das von Vitruv
<VII 9, 3) und Plinius (XXXIII, 122) übereinstimmend
beschriebene Verfahren der Ganosis (oder Kausis) hier
für seine Zwecke verwerten wollte. Allerdings diente
dieses Verfahren im Altertum vornehmlich zum Glätten
von Wänden, hauptsächlich wenn sie mit kostbaren
Farben (wie Zinnober) bemalt waren, aber auch über-
liaupt zur Glättung von Wandflächen, dann von Mar-
•morbild werken und zum Schutze gegen atmosphä-
rische Einflüsse bei der „Ganosis**. Dass aber nur
^,punisches Wachs" angewendet werden sollte, hat
Böcklin, wie alle früheren Erklärer, unbeachtet ge-
lassen. Alles übrige ist jedoch getreu nach der Vor-
schrift befolgt: Ueberstreichen mit heissem Wachs,
.abermaliges Erwärmen und Abpolieren mit reinem
Irappen.*)
Dieses Verfahren sehen wir angewendet bei einem
„Kopfseiner Frau* (Profil; vom Anfang der sech-
:ziger Jahre), welchen Schick (S. 59) als „Enkaustischen
Versuch" erwähnt:
„Das heisst : Die Farben sind zuerst trocken gemalt,
dann Wachsfirnis darüber und denselben eingebrannt.
Weisser Grund und weissgelbe Beduine. Alle Farben, selbst
der hier verwendete Karmin haben sich über drei Jahre
lang trefflich gehalten.**
Das Bindemittel für die Farben ist hier nicht ge-
nannt; mit dem Ausdruck ^trocken gemalt" kann aber
nur eine Art Tempera- oder Leimmalerei gemeint
jsein, die, wie im vorigen Abschnitte gezeigt wurde,
*) Vergl. die Originalstellen des Vitruv und Plinius in meinem
■erwähnten Buch, Maltechnik des Altertums, S. 101 u. 102.
Berber, Bocklins Technik. 5
66 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthalts.
Gegenstand verschiedentlicher Versuche Böcklins ge-
wesen ist.
Zu diesen Versuchen gesellte sich endlich noch
eine besondere Art von Malerei, die bei Schick mehr-
fach als ^Harz maierei" bezeichnet wird und darin
bestand, mit Wasser angeriebene Harze als Binde-
mittel für die Farbstoffe in der Weise wie Leimfarben
zu verwenden und als festigenden Ueberzug dann
Wachsfirnis darüberzuziehen. Dabei mag auch die
grosse Schnelligkeit der Ausführung manchen
Vorteil gewährt haben, da die rasch getrocknete
Leimmalerei ein sofortiges Ueberziehen mit Wachs-
firnis gestattete. Schick deutet dies an in der Be-
merkung (S. 75):
j,Da8 erwähnte Bildchen seiner Frau hat BÖcklin
in einer Stunde gemalt und mit Wachs überzogen, also
vollständig fertig gemacht [während z. B. das lasierende
Verfahren beim Oelmalen eine lange vorbereitende Mani-
pulation nötig macht, die bei anderen Malweisen abge-
kürzt wird].**
Hier wird deutlich ausgedrückt, was sich Böcklin
bei seinen Versuchen zum Ziele gesetzt hatte : Ein be-
schleunigtes, vereinfachtes Verfahren, gleichzeitig ver-
bunden mit koloristischen Vorzügen. Böcklin muss
von den Erfolgen dieser Versuche derart befriedigt
gewesen sein, dass er daran ging, grössere Bilder in
dieser neuen Manier der mit Wachsfirnis überzogenen
Wasser-Harzmalerei auszuführen.
Eines seiner berühmtesten Gemälde, die erste
„Villa am Meer* hat Böcklin bekanntlich in dieser
Weise gemalt. Als Bindemittel der Farben diente
ihm eine wässerige Lösung oder vielmehr eine
Technik der ersten „Villa am Meer**. 57
Mischung von feingeriebenen Harzen und zwar Weih-
rauch und Sandarac (Sandrog).
Ueber den dabei angewendeten technischen Pro-
zess schreibt Schick (S. 75) :
,,Die erste Villa am Meer bei Schack (die dunklere)
hat Böcklin mit Weihrauch und Sandrog gemalt, die
mit Wasser vermischt in die Farbe verrieben wurden. Nach
Vollendung des Bildes tränkte er es mit geschmolzenem
Wachs, das sogleich eindrang und mit einem Lappen ver-
rieben und poliert wurde, wodurch es einen sanften Glanz
und eine schöne Qualität erhielt*"
Dann auf der folgenden Seite eingehender:
„Von dieser Harzmalerei des Schackschen Iphigenia-
bildes (Villa am Meer; Böcklin hat sich in der Trauernden
den letzten Spross einer alten Familie gedacht) erzählte
Böcklin mir folgendes:
Die Farbstoffe werden mit Weihrauch und Sandrog ver-
mittelst Wasser auf dem Reibstein gerieben. Sie werden
teils pastos (meistens), teils lasierend verwendet, und man
kann sie, so lange die Farbe noch feucht ist, nach Belieben
mit Wasser verdünnen, auch nach Belieben mit allen Farben
lasierend und deckend verfahren. Ist die Farbe auf der
Palette aber einmal angetrocknet, so wiid sie steinhart. So
auch auf dem Bilde und zwar so hart, wie auf einem alten
Bilde, weil alle Feuchtigkeit schnell entflieht, während ein
Oelbild sie noch viele Jahre hält. Je dicker man malt,
desto mehr schlägt die Farbe ein, darum feuchtet man das
Bild von hinten und von vorn mit Wasser wieder an, wo-
durch es feucht und frisch heraustritt und die Farbe, die
man daraufmalt, immer in Harmonie bleibt. Die getrocknete
Oberfläche sieht, wie auch bei einem ausgetrockneten Oel-
bilde porös wie Bimsstein aus. Ist mit der Zeit schon viel
Farbe auf das Bild gekommen, so nehme man sich in acht,
feuchte hinten und vorn das Bild an und warte eine Weile;
denn das Wasser würde von hinten nur die unterste Schicht
Farbe auflösen, und die obere würde sich darauf schieben."
5*
68 VIT. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
„Wie oben gesagt, erwärmt man, nachdem alles voll-
endet, das Bild vermittelst einer Röhre aus einem Kohlen-
feucr, streicht darüber das Wachs, das man durch Erwärmen
flüssig gemacht, und verstreicht es soviel als möglich ; dann
nimmt man einen so heiss als möglich erhitzten Lappen
und reibt über das Ganze so lange, bis das Wachs blank
wird, d. h. sanftglänzend. Hat man noch etwas zu ver-
bessern, so- reibt man die betreffende Stelle mit Speichel
an und malt vorsichtig und dünn darüber, ungeachtet des
Wachsüberzuges. **
Hieher gehört noch die Ein tragung Schicks (S. 104):
„Als Ergänzung zu dem, was Böcklin über die Harz-
malerei mit Weihrauch und Sandrog gesagt hatte, erwähnte
er noch folgendes :
Jenes Bild (die erste Villa am Meer) habe er auf
grundierte Leinwand gemalt, deshalb konnte es auch ab-
springen, indem beim Abwaschen Feuchtigkeit zwischen
Grund und Malerei drang.
Das Verhältnis vom Weihrauch und Sandrog lässt sich
nicht bestimmen und hängt von der Malweise eines Jeden
ab. Der Sandrog macht die Farben härter, ist also gut,
wo man oft übermalen muss.
Schliesslich Wachsüberzug, wie beschrieben. Pinsel:
Borst- und Marderpinsel, je nach Gewohnheit und Grad
der Durchführung."
Mit diesem Bilde hatte Böcklin kein Glück, denn
als es beim Grafen Schack eintraf, fanden sich kleine
Partien der Farbe abgesprungen, worüber sich der
Graf in einem Briefe an Böcklin höchst ungehalten
äusserte: „er habe ihm ein Bild gemalt, das voll-
kommen ruiniert angelangt sei." In seinen Erinne-
rungen berichtet der Graf: „Leider hätte der Künstler,
der das Experimentieren liebt, dasselbe in unsolider
Technik gemalt. Als es in München anlangte, be-
merkte ich, dass die Farben sich nicht gehörig mit
Gefahren der „Harzmalerei". 69
der Leinwand verbunden hatten, es waren, glück-
licherweise an Stellen, die leicht ausgebessert
werden konnten, ganze Stückchen derselben heraus-
gefallen. So bestellte ich, da ich die Vergänglich-
keit des einen Exemplars erkannte, das Gemälde
noch einmal.*'*)
Obwohl der Schaden sich glücklicherweise hat
reparieren lassen, war Böcklin doch sehr betrübt
darüber. „Er konnte nicht begreifen", sagt Schick
(S. 75), ,,dass bei diesem Bilde etwas abspringen
konnte, denn eine kleine Probe, die er zur gleichen
Zeit gemalt und stets in seinem Zimmer hängen hatte,
hat sich vortrefflich erhalten (seine Frau im schwarzen
Schleier und auf gelbblondem Grund)."
Es wird am Platze sein, da sich das Verfahren
einmal bewährte und ein zweitesmal versagte, über-
dies manches bei dieser Technik unklar ist, mit ein
paar Worten näher darauf einzugehen:
Schick berichtet a. a. O., dass „Böcklin durch eine
Schrift von Didier über Harze und Oele zu diesen
Versuchen angeregt wurde, die er (jetzt durch Schack
gehindert) später fortsetzen will". Leider war es mir
bis jetzt unmöglich, die Schrift von Didier, von welcher
Böcklin bei seinen Versuchen ausgegangen ist, einzu-
sehen. Weder im Buchhandel noch in Bibliotheken habe
ich das Buch finden können, ja es ist nicht einmal
im grossen Katalog der Bibliothek des British Museum
*) Die Schackgalerie besitzt bekanntlich zwei Exemplare des
berühmten Bildes. Für die Wiederholung aber bekam Höcklin
keinen roten Pfennig. Vergl. Fr. von Lenbach, Gespräche und
Erinnerungen von W. Wyl, S. 49.
70 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
angeführt,*) so dass wir keine Kontrolle darüber haben,
in welcher Richtung Didiers Buch auf die Versuche
Einfluss genommen hat. Es blieb vielmehr nur übrig,
durch Kontrollversuche den Ursachen von Böcklins
Missgeschick nachzuspüren. Und nach diesen kann
folgendes berichet werden:
Von Weihrauch und Sandarac löst sich der erstere,
ein Gummiharz, zum Teil im Wasser auf; der San-
darac ist jedoch in Wasser nicht löslich. Reibt man
nun die beiden Harzpulver miteinander in Wasser
an, um deren Mischung als Farbenbindemittel zu be-
nützen, so ist das eigentlich bindende Element nur
der (zum Teil gelöste) Weihrauch. Auch noch so
langes Stehenlassen am warmen Ort verbessert an der
Tatsache nichts, dass die Klebrigkeit der Masse un-
genügend bleibt. Mehrfache Proben haben mich da-
von überzeugt, dass nur dann eine richtige Festigung
der mit diesem Mittel geriebenen Farben auf der Lein-
wand statthat, wenn diese selbst genügend geleimt
war, also der Leim mit zur Bindung beitragen konnte.
Jm Farbentiegel oder, wie Böcklin meint, „auf
der Palette einmal eingetrocknet**, wird das Mittel
wohl „steinhart," aber je mehr Harz- und Farbpulver
darunter gerieben wird, desto weniger fest wird die
Farbenlage beim Auftrocknen werden. Auf einem
schlecht geleimten Grund (oder gar Oelgrund) wird
sie ungenügende Verbindung erhalten und leicht ab-
stauben. Dass auch Böcklins „Harzfarbe" nicht ge-
•) Der im Erscheinen begriffene grosse Katalog der Biblio-
h^que nationale in Paris ist noch nicht bis Buchstabe D heraus-
gegeben.
Weihrauch und Sandarac. 71
nügende Bindung in sich selbst hatte und die rauhen
Harzteilchen an der Oberfläche zum Vorschein kamen,
beweist die Beobachtung „der wie Bimsstein porösen
Oberfläche" (s. oben).
Bei jeder Malart dient bekanntlich das Binde-
mittel zur Festigung der Farbkörper sowohl unter-
einander als auch mit dem Grunde, auf dem die Far-
ben aufgetragen werden. Ist also das Bindemittel
nicht stark genug zu dem ersten, so genügt es auch
nicht dem zweiten Zwecke. Dies scheint hier der Fall
gewesen zu sein. Für sich allein genügte wohl die
Bindekraft der Weihrauchlösung, aber nicht, wenn noch
Sandaracpul ver und Farbenpulver zugefügt werden; und
erkennt man die physikalische Richtigkeit der Sache
an, dann wird man auch leicht verstehen, was Böcklin
mit dem Ausspruche gemeint hat, den Floerke (S. 163)
wiedergab: „Das Bindemittel ist das Härteste, jede
Zutat von Farbe erweicht dasselbe : Also wenig Farbe,
Farbe ruiniert.''*)
Bei der Technik der „ersten Villa am Meer"
kommen aber noch weitere Umstände in Betracht;
zunächst das mehrfache Einfeuchten der Leinwand
von rückwärts, wodurch die Leimung Schaden leiden
muss, denn die Nässe bringt den Leim zum Quellen,
die Leinwand dehnt sich durch die Feuchtigkeit aus,
sie zieht sich beim Trocknen wieder zusammen
und bei wiederholtem Vorgange leidet die Festigkeit.
Es ist noch daran zu erinnern, dass Böcklin das er-
*) Im landläufigen Sinne und bei Oelmalerei ist gerade das
Gegenteil das schädliche, nämlich das Bindemittel, welches durch
sein Nachdunkeln den Farbton verändert, also die Farbe ruiniert.
72 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
Wähnte Bildchen seiner Frau in einer Stunde ge-
malt und mit Wachs überzogen hat; im Vergleich mit
der „Villa am Meer" ist der technische Prozess dem-
nach ein erheblich einfacherer gewesen.
Nicht minder ins Gewicht fällt aber die Art und
Weise, wie bei diesem Bilde das Wachs aufge-
tragen worden ist. Der Vorgang bietet an sich
eine Reihe von Unzukömmlichkeiten, die kaum dar-
nach angetan waren, die Farbschichten unter sich und
mit dem Grunde gleichmässig zu festigen. Zuerst
sollte das fertige Bild „vermittelst einer Röhre aus
einem Kohlenfeuer erwärmt" werden, wohl in der
Absicht, ein leichteres Eindringen der Wachsschicht
zu ermöglichen; aber wie unsicher ist dies bei einem
zwei Meter grossen Bilde zu bewerkstelligen! Kaum
war die eine Stelle warm, so musste die daneben
wieder erkalten. Der technische Erfolg des Erwär-
mens wird in unserem Falle vermutlich aber der ge-
wesen sein, dass durch die Hitze die Harzteilchen,
wenn auch nicht geschmolzen, doch immerhin erweicht
worden sind und dass dadurch wahrscheinlich eine
Verbindung dieser untereinander eingetreten ist.*)
Unterstützt wurde dieser Vorgang jedenfalls durch
das darauffolgende Ueberst reichen mit h e i s s e m
Wachs. Aber die Ungleichmässigkeit eines derartigen
Wachsüberzuges ist unvermeidlich und auch kaum
durch das Reiben mit heissen Lappen zu beheben.
Die Hauptgefahr, und darin liegt wohl der Grund
♦) Viel einfacher hätte das aUes vor sich gehen können,
wenn ßöcklin statt des heiss geschmolzenen Wachses in Terpentin
gelöstes genommen hätte.
Harzfarbe und Wachsfirnisüberzug. ^3
des Abblätterns an einzelnen Teilen, ist aber meines
Erachtens, dass eben durch die dreifache Hitzean-
wendung die Harz- und Wachsteile an innerer Festigung
gewannen, aber im gleichen Masstabe die Adhäsion
der Farbschicht mit dem Grunde verloren gehen musste,
ungerechnet die Wirkung der durch Feuchtigkeitseinfluss
bedingten Zusammenziehung und Ausdehnung der
Leinenfaser. Dies scheint hauptsächlich die Ursache
der Abblätterungen gewesen, die sich beim Auspacken
des gerollten Bildes gezeigt hatten und den Grafen
zu seiner glücklicherweise nicht eingetroffenen Prophe-
zeiung veranlassten. Nach Ausbesserimg der schad-
haften Stellen hat sich das Bild die seither verflossenen
40 Jahre vortrefflich erhalten und wird hoffentlich,
wenn nicht andere Zwischenfälle eintreten, die Mit-
und Nachwelt weiter erfreuen.
Ueber einen weiteren Versuch Böcklins, mit Harz-
lösung versetzte Farben mit einem Wachsfirnis zu über-
ziehen, berichtet Schick in folgender Eintragung (S. 200):
„Kopf seiner Frau — auf weissem Grund mit rotem
Netz (etwa 1863 in Rom gemalt). Einzig mit Weihrauch
gemalt, dann, da es doch einen Ueberzug brauchte, mit
Wachs getränkt. — Weihrauch löst sich nicht völlig im
Wasser, sondern bleibt ein weisser, mehliger Brei. Wenn
er trocken ist, bindet er jedoch fester als Leim. Das Tränken
mit Wachs füllt die Poren aus und macht somit die Farben
glänzender.*^
Ein ähnlicher Versuch, Harzfarbe mit Wachsfirnis
zu tiberziehen, ist deshalb von Interesse, weil hier
Böcklin Wachs in Terpentin gelöst benützte und
jedenfalls besseren Erfolg damit erzielte, als durch
das Aufstreichen in heissem Zustande. Darüber lesen
wir bei Schick (S. 242):
74 VII. Weitere techn. Versuche d. zweiten römisch. Aufenthaltes.
,,Den erwähnten Studienkopf eines Italieners (beim Rats-
herrn Imhof [s. S. 237]) bezeichnete Böcklin als in reiner
Enkaustik gemalt, d. h. mit Harzfarbe. Als das Bild
fertig war, überzog er es mit Wachs in Terpentin. In der
kurzen Zeit hat Terpentin nicht Zeit zum Auflosen der
Harzfarben. Nachdem es fast verdunstet war, erwärmte
er das Bild vorsichtig über dem Feuer, damit das Terpentin
sich nicht entzünde, dann schmilzt auch das Harz und yer-
einigt sich mit dem Wachs zu einer härteren Substanz.
Wo das Bild dann an einigen Stellen stumpf wuide, über-
zog und erwärmte er es ein zweites Mal. Damit die Haare
recht dunkel und glänzend wurden, tat er vor dem Malen
schon in die Farbe ein bisch ?n mehr Wachs. Als das Bild
schliesslich sich wieder abgekühlt hatte, nahm er trockene reine
Lappen und rieb es damit, bis d^e Oberfläche glänzte . . .*'
Der Vollständigkeit wegen sei hier noch folgende
Eintragung Schicks vom 28. Aug. 1866 (S. 1 12) angefügt:
,,DenFaun mit der Amsel für Erhardt hat Böcklin
auch mit dieser*) Tempera oder Harz färbe gemalt; Wachs
nur als Ueberzug (trotzdem sprach Böcklin einmal von
dieser Malerei als ,, Wachsmalerei").
Die Luft, den Körper etc. hat er mit einem (bis zum
Wachsschmelzpunkt) erhitzten Eisen durch darüber Hin'
fahren eingeschmolzen. Die Farben, besonders Rot, lasierte»
Grün und Gelb haben in diesen Farben einen Glanz, der
in Oelfarben nicht zu erreichen ist.
Das Grün ist Chromgrün lasiert."
Obige Versuche stehen in Verbindung mit weiteren,
die Böcklin in reiner Enkaustik angestellt hat«
Von diesen wird der nächste Abschnitt handeln.
*) Auf welches frühere Bild hier Bezug genommen wird, ist
bei Schick nicht ersichtlich. Vermutlich die „Villa am Meer."
VIII.
Versuche in antiker Enkaustik:
ie Probleme der antiken Technik be-
schäftigten Böcklin seit seinem Neapeler
Aufenthalt in intensivster Weise. Sein
Streben ging darauf aus, die Enkaustik
der griechischen Meister wiederzufinden; denn er war
sich darüber klar, und wohl im Einklang mit der An-
sicht vieler Kunstgelehrten, dass ein Volk von so her-
vorragender Begabung für die Plastik und für die
Raumausschmückung auch eine, alle wünschenswerter)
Mittel beherrschende Technik in der Malerei gekannt
haben müsste.
Von den Versuchen zur Rekonstruktion der En-
kaustik um die Mitte des Jahrhunderts hatte Böcklin
wohl Kenntnis (Schick, S. 156) ; aber nach seiner Ansicht
wäre die Methode von Fernbach, nach welcher in
ei :igen Sälen des Münchener Königsbaues grosse
Wandgemälde von Schnorr*) ausgeführt worden waren,
nicht mit der des Altertums zu verwechseln. Schick
schrieb darüber folgende Eintragung (S. 146):
♦) Schicks Angabe betrifft die Ausschmückung der sogen.
Hohenstaufensäle ; Schnorrs Nibelungen-Bilder sind Freskomalereien.
76 VIII. Versuche in antiker Enkaustik.
^Höcklin sprach über antike Enkaustik, die von
der neueren sog. Enkaustik (bei welcher mit Wachs und
Terpentin [kalt] gemalt wird) himmelweit verschieden wäre.
Man hätte noch genaue Nachrichten darüber, und im
Neapolitanischen Museum würden noch einige von den
eisernen Spateln aufbewahrt, mit denen man (im glühenden
Zustande) die Wachsfarbe aus den Töpfchen holte und auf
das Bild schmolz. Sie hatten verschiedene Formen, je nach
ihrer Bestimmung, und ein eiserner Kolben diente dazu,
recht lange die Hitze festzuhalten, damit das dünne Mal-
eisen nicht so schnell verkühlte. Der Handgriff war von
Holz oder be wickelt. •»♦)
Hier zeigt sich Böcklins aussergewöhnliche Be-
gabung, in technischen Dingen gleich das richtige zu
treffen ; er hat sozusagen intuitiv herausgefunden, dass
die damaligen Rekonstruktionsversuehe nicht dem
Wesen der antiken Enkaustik Rechnung trugen, und
wie richtig Böcklins Anschauung war, haben die in
*) In einer Eintragung auf Seite 77 heisst es: ^Zur Wachs-
malerei haben sie [die Alten] auf alten Darstellungen ein Kohlen-
becken neben sich, worin die Farbentöpfe stehen, um die Wachs-
farben immer heiss zu halten. Mit einer Art Modelliereisen (wohl
auch mit Pinseln) wurden sie dann aufgetragen und verteilt'.
Eine solche Darstellung ist mir nicht bekannt. Vielleicht meinte
Röcklin die Darstellung des sog. Pygmaeenateliers , eines ver-
lorenen pompejanischen Bildes, auf welchem eine Figur an einem
runden Tischchen Farben reibt? Die unter dem Tischchen be-
findlichen Farbentupfen hatte man anfänglich für glühende Kohlen
gehalten (zuerst abgebildet bei Mazois, dann bei anderen. Vgl.
die Abbildung in meinem Werk, Maltechnik d. Altert., S. 174).
Mit dem ^Mudelliereisen* ist das sog. yCestrum' gemeint, das bis
in die neueste Zeit als aUeiniges Instrument für Enkaustik ge-
golten hat, bis durch die Verbesserung der sch wiel i ge n Plinius-
SteUe (XXXV, U9) durch Prof. C. Mayhoff, Dresden, festge-
stellt werden konnte, dass lu diesem Zwecke auch ein »cauterium'^
genanntes Instrument diente.
Böcklins Erklärung der Technik. 77
den 80er Jahren aufgefundenen, wirklichen enkaustischen
Mumienporträts aus dem Fajum bewiesen.*) Ueber-
dies haben Untersuchungen neuester Zeit in Ver-
bindung mit der kritischen Prüfung der bis jetzt
unrichtig gedeuteten Pliniustexte**) gezeigt, dass
Böcklin auf völlig richtiger Fährte gewesen ist.
Bei diesen Experimenten hat Böcklin sofort er-
kannt, dass die antike Enkaustik in der Verwendung
von he issflüssigen Wachsfarben, die mit he iss-
zuhaltenden Instrumenten zu verarbeiten waren,
bestanden haben muss.***) Freilich haben ihn die Ver-
suche bald davon überzeugt, dass die Wiedereinfüh-
rung einer derartigen Malweise kaum grosse Vorteile
gewähre.
Es ist interessant, die bezügl. Eintragungen Schicks
daraufhin durchzusehen. So berichtet er über die
Technik der Enkaustik (S. 177):
,,BöckIin sprach von antiker Enkaustik. Nachdem
er in Neapel gewesen, habe er sie nach den Angaben der
Alten, die hinreichend genau wären, auch versucht. Wenn
man sich darauf legte, Erfahrungen darin zu machen, so
*) Schicks Bemerkung S. 260 von einem zu Cortona aus-
gegrabenen antiken enkaustischen Gemälde, eine Cleopatra
darstellend, beruht auf Verwechslung; die Cleopatra wurde in der
Villa des Hadrian gefunden; das Bild zu Cortona stellt aber eine
Muse (Polyhymnia) dar. Beide Gemälde sind auf Schiefer gemalt.
**) Genaueres darüber ist zu finden in meinen Beiträgen zur
Entwicklungsgesch. der Maltechnik, I. u. 11. Folge (Altertum),
speziell in dem Abschnitt: Enkaustik (S. 185 ff.).
***) Zum Unterschiede der vielfach genannten und als ^Lösung
des Problems** erklärten Rekonstruktion der Enkaustik, derzufolge
die Wachsfarben mit Hilfe des „Cestrums" kalt aufgetragen und
erst nachher eingebrannt wurden.
78 VIII. Versuche in antiker Enkaustik.
könne man es gewiss bald zu leidlicher Geschicklichkeit bringen,
doch biete diese Malerei keine besonderen Vorteile, sodass
sich ihre Wiederausübung kaum verlohnen würde. Er
schmolz Harz mit den einzelnen Farben über F^^euer in
Töpfen zusammen und tat dann eine gewisse Quantität
Wachs dazu. Dadurch bleiben die Farben schon beim ge-
ringen Wärmegrad des Wachses schmelzbar, während Harz
allein viel Hitze erfordern würde. Es würde dann noch
Erfahrungssache sein, zu wissen, welche Farben wenif^er
Zusatz von Wachs erfordern, denn einige Farben sind beim
Auftrocknen gerissen. Nach diesen Vorbereitungen werden
die Farben auf einen Kohlenofen gestellt, damit hie flüssig
bleiben, und man fährt dann mit dem Maleisen (die sich
Böcklin hat nachmachen lassen und die einen Glühkolben
und Holzgriff haben) in die Farbtöpfe, holt die Farben
heraus und trägt sie mit dem heissen Eisen auf die Tafel
auf. Mit dem Eisen selbst kann man die Farbe verbreiten,
verstreichen, Uebergänge herstellen etc., da es durch seine
Wärme auch die Nachbarfarben wieder schmilzt. Einen
eisernen Spatel benutzte Böcklin als Vertreiber (in heissem
Zustande) oder vielmehr als Verschmelzen Man könne
einen Kopf von etwa 5" noch sehr gut damit zur Erschei-
nung bringen und die Farbe hat etwas Schönes, Leuchteades.
Um kleinere Bilder und daran z. B. Augen etc. zu malen^
dazu bedüife man speziellerer Erfahrungen und gewisser
Malkniffe. Man gebe aber einmal jemanden, der die Oel-
malerei noch nicht kennt, deren Farben in die Hände, ob
er sich dabei nicht im höchsten Grade ungeschickt benehmen
würde. Plinius spricht nun zwar nicht davon, dass sie
Harze zur Farbe getan hätten, wozu hätten aber sonst
die Maler die vielen kostbaren Harze gebraucht, von denen
in alten Schriftstellern Erwähnung geschieht, da doch aus-
drücklich von ihnen gesagt wird, dass man die Bilder nicht
mit Hrnis überzog?**)
*) In diesem Punkte war Böcklin ungenügend unterrichtet.
Man vergleiche darüber meine Technik des Altertums, S. 183, wonach
Enkaustik der „Sappho". 79
Als Ergänzung kann hier noch die Stelle bei
Schick (S. 183) angefügt werden:
„Als Beweis, dass die Alten mit viel Harzen gemalt
hätten, führte Böcklin an, dass ein Bild des Apelles, das
auf dem Kapitol aufbewahrt wurde (eine Minerva), vom
Blitz verschont wurde, der alles um sie verbrannte, da Harz
ein schlechter Leiter für Elektrizität ist. Das Bild ging bei
einer Feuersbrunst unter, die bei der Ermordung des
Vitellius auf dem Kapitol entstand/^
Auf das technische Verfahren bei der Ausführung
dieser reinen Enkaustik kommt Schick nochmals zu-
rück, als Böcklin seine in dieser Manier gemalte
„Sappho** in Basel wieder sah. Die Eintragung ist
vom 15. Oktober 1868 datiert. Wir lassen sie hier
folgen (S. 181):
^Böcklin sah heute nach vielen Jahren sein Bild „Sappho**
wieder [von 1859], das in Sarasins Besitz ist, und war
sehr zufrieden, wie vortrefflich das Bild sich gehalten hatte.
Es ist in reiner Enkaustik gemalt (eine Malweise, in
welcher die heutige Kunst noch gar keine Erfahrungen ge-
macht hat, über deren Bewährung aber auch er nichts
wusste), doch sei das Bild nach all diesen Jahren noch so
frisch, als sei es eben erst vollendet, und von einer Leucht-
kraft der Farben, die in Oel unerreichbar ist. Das blaue
Kopftuch, das er mit Ultramarin- und Indigo-Lasur gemalt,
sei prächtig leuchtend, die Vergoldungen im gemusterten
Tuch um die Haare so glänzend wie vorher.
Böcklin erzählte darauf einiges von der Technik, die er
bei diesem Bilde angewandt. Es sei auf grundierte Lein-
wand gemalt, auf die er die Farben heiss aufgetragen und
mit einem Krummspatel verbreitet und ineinander ver-
schmolzen hatte. Anfangs schlugen die Farben ein und
die Lösbarkeit der Harze in Oelen im Altertum bekannt war.
Die alten Aegypter überzogen ihre Mumiensärge bereits mit
solchen Firnissen.
80 VIII. Versuche in antiker Enkaustik.
wurden stumpf, da erwärmte er die Rückseite über einem
Kohlenfeuer, so dass das Wachsharz durch sie durchschmolz,
und überzog damit das Bild auch von der Rückseite. Durch
das Erwärmen wurden auch alle Farben auf dem Bilde
wieder flüssig oder doch weich und Hessen sich aufs Neue
besser ineinander vetrreiben. Böcklin wiederholte dann
das letztere Experiment, so oft besseres Verschmelzen oder
Vertreiben nötig war. Wurde beim Malen die Spitze des
Spatels zu kalt, so konnte er noch die hintere Seite des
Eisens brauchen. Die gebrauchten Harze waren Kopal und
sehr wenig Terpentin (Copal k Pessence und Terpentin nur
zum Auflösen des Wachses). Mit diesen zusammen schmolz
und rieb er die Farbe und tat dann in das Farbtöpfchen zu
jeder Farbe nur wenig Wachs, (etwa wie 6 — 8 Erbsen).
Wird die Farbe im Töpfchen kalt , so muss sie sich hart
anfühlen, wie später die Oberfläche des Bildes sein soll.
Schmiert sie aber noch ein wenig oder färbt sie noch ab,
so ist zuviel Wachs in der Farbe, und man muss noch soviel
Harz und Farbstoff zusetzen, bis sie kalt geworden, sich
fest anfühlt.
Lockiges Haar, das über das Gesicht fällt, hat Böcklin
dann mit gewöhnlichem Terpentin und mit dem Pinsel auf-
getragen und durch Erwärmen des Bildes eingeschmolzen,
wodurch es dem andern gleich und ebenso fest und unver-
löschbar wurde".
Ein paar Tage nachher (20. Oktober) ist abermals
von dem gleichen Bilde die Rede. Schick berichtet
(S. 185):
„Böcklin nochmals über die Enkaustik seines Sappho-
bildes. Es Hesse diese Malerei nur breite Behandlung zu,
und es sei gut, das Bild vor dem Malen ganz klar im Kopf
zu haben. Man könnte wohl etwas wieder herunterschaben
oder kratzen, aber das Aendern sei in keinem Bilde gut, auch
in Oelbildern nicht, da dadurch immer das delikate Aeussere
und die Harmonie des Bildes gestört werde. Man tut je-
doch gut, wenn man sich einzelne Gegenstände wählt:
Köpfe oder Brustbilder. Grössere Bilder haben für diese
Erhaltung des Sapphobildes. 81
Technik zu viel unberechenbare Sachen und lassen sich
nicht so eingehend und vollständig konzipieren. Sappho
hat ein weisses Gewand mit farbiger Blumenborte
brillant-dunkelblaues Kopttuch mit Goldverzierungen, daraus
Löckchen in das Gesicht fallen. (Nach der Sappho-Büste
der Villa Albani.) Wenn ich recht gehört habe, ist hinter
dem Kopf blaue Luft. — Brustbild.«*
Ueber das Sapphobild ist noch eine gelegentliche
Bemerkung bei Schick enthalten, als er sich bei dem
Meister um den Unterschied zwischen der Technik
der j^Iphigenia" („Villa am Meer") und der des ersten
Bildes erkundigte; dabei heisst es (S 217):
„Ich fragte Bocklin, ob die Bilder Iphigenia (bei Schack)
und Sappho (Sarasin) in der Technik sich sehr unterscheiden,
und das Eine etwa vorwiegend Wachs- und das Andere
Harzmalerei sei. — Er antwortete: Im Iphigeniabilde wie
in der Sappho sei Harz vorwiegend (und das bei allen
seinen Versuchen mit Wachsfarben). — Das Wachs diene
nur als Schmelzmittel.**
Endlich ist hier noch eine Notiz anzufügen, die
auf die Erhaltung der Malerei „und die ungemeine
Leuchtkraft der Farben" Bezug nimmt. Nach Schick
(S. 200) äusserte sich Böcklin in Anschluss an ein
Gespräch über das mehrfach erwähnte „Porträt seiner
Frau" (mit dem roten Haarnetz) :
„Hätte er das gute Erhalten des Sapphobildes ahnen
können, so hätte er sich in Rom nicht so durch das Ge-
schwätz seiner Bekannten einschüchtern und davon abbringen
lassen. So aber habe er es nicht fortgesetzt, weil er (ohne
Erfahrungen darin gemacht zu haben) baldiges Reissen und
Verändern der Farben befürchtete.**
Bekanntlich war das Sapphobild in der Mün-
chener Internationalen Kunstausstellung im Jahre 1901
Berger, Böcklins Technik. 6
82 VIII. Versuche in antiker Enkaustik.
(im Todesjahre des Meisters) im Glaspalast ausgestellt,
und soviel ich mich entsinne, ist Leuchtkraft und
Erhaltung des Bildes tadellos.
Von weiteren Werken in der Enkaustik deaSappho-
bildes, d. h. mit heiss aufgetragenen und mit erwärmten
Instrumenten verarbeiteten Farben, erfahren wir aus
Schick nichts. Allerdings erwähnt dieser den im Besitz
des Ratsherrn Imhof befindlichen „Studienkopf
eines Italieners" (S. 237) als in „reiner En-
kaustik" gemalt; aber nach der Beschreibung des
angewandten technischen Verfahrens (Schick, S. 242;
8. oben S. 74.) haben wir es hier mit einem in Harz-
farben gemalten und mit Terpentinwachs gefirnisten
Bilde zu tun. Diesen Ueberzug erwärmte Böcklin,
um das Harz mit dem Wachs zu einer härteren Sub-
stanz zu vereinigen und wiederholte die Prozedur ein
zweites Mal. Deshalb bezeichnete er das Bild wohl
als „reine Enkaustik". Auch der mehrfach erwähnte
„Kopf seiner Frau" (Schick, S. 59) ist als „enkaustischer
Versuch" angeführt, weil bei diesem Bilde das Wachs
durch Erwärmen „eingebrannt" wurde; und ähn-
lich mag es sich mit dem zweiten Bilde bei Imhoff
verhalten haben, das eine „Landschaft aus dem
Sabinergebirge" darstellte. Schick berichtet (S. 237):
„Es wurde in Rom in Wachsfarben gemalt.*'
Wie es scheint, hat Böcklin unter seinen „en-
kaustischen Versuchen" jede Art der Technik ver-
standen, bei welcher er den Wachsüberzug durch
Erwärmen befestigte. Er folgte hiebei dem damals
allgemeinen, auch jetzt noch üblichen Sprachgebrauche,
jegliche Wachsanwendung mit dem Ausdruck „En-
Die altägyptischen Muinienbildnisse. 83
kaustik" zu bezeichnen, und er hatte umsomehr das
Recht dazu, als er seine Wachsüberzüge tatsächlich
durch die Erhitzung „eingebrannt" hat, wie es die
„Ganosis" des Vitruv vorschreibt. Mit der eigent-
lichen antiken Enkaustik, die er in der „Sappho"
wieder ins Leben rufen wollte, haben jene enkaustischen
Versuche nichts zu schaffen.
Lasius, der ausser Böckiins „Sappho** und seiner
,,Gattin als Muse" (im Baseler Museum) noch den
g männlichen Römerkopf** zu den „enkaustischen "Bildern
des Meisters zählt, und hinzufügt, dass „sie sich famos
erhalten hätten", berichtet ähnlich wie Schick (S. 177),
Böcklin habe „trotz des guten Resultates diese Technik
wieder aufgegeben, weil sie ihm keine besonderen
Vorteile bot" (Lasius S. 64).
Als Böcklin anfangs der achtziger Jahre die aus
dem alten Arsinoö in der Provinz des Fayüm stammen-
den Mumienbildnisse sah (er reiste eigens von
Zürich nach München, wo die Ausstellung in den oberen
Räumen des Museums der Gipsabgüsse unter den
Arkaden stattfand), war er von deren Trefflichkeit
überrascht. „Bei seiner Rückkehr erklärte er, die
Bilder seien prachtvoll und muten den Beschauer
ganz modern an, so ungezwungen, natürlich und wahr
seien sie in der Auffassung. Sie seien sehr einfach
hergestellt, teils Temperatechnik, teils Wachsmalerei,
welch letztere mit heissem Eisenstabe eingeschmolzen
worden sei und dem Bild einen leichten Glanz ver-
liehen habe, der allerdings heute verschwunden sei.
Er sagte, dass bei der alten Temperamalerei der
Gebrauch des Wachses bekannt war, beschreibt schon
84 VIII. Versuche in antiker Enkaustik.
Plinius.*) Es wurde, anstatt Firnis, zum Schutz der
Farben und zum Herausholen ihrer Leuchtkraft ver-
wendet".
„Immer wieder kam er auf die Mumienbilder zu
sprechen. Die hatten ihn gepackt, nicht zum wenig-
sten wegen der Haltbarkeit in der Technik, auf die
er so grossen Wert legte." (Lasius, S. 64 u. 65.)
*) Diese Angabe findet sich nicht bei Plinius. Nichtsdesto-
weniger mag Böcklin im Rechte sein, wenn er die Kenntnis dieses
Verfahrens den Malern des Altertums zusprach.
IX.
Die Baseler Fresken und die pompejanische
Wandmalerei.
[ as Monumentale in Böcklins Kunst drängte
ihn zur Betätigung in jener einzigen Tech-
nik, welcher die Renaissance ihre grössten
^ vSchöpfungen verdankte, zur Freskotechnik.
Wie sollte dies auch anders sein nach den in Rom
erhaltenen Eindrücken des jüngsten Gerichts von
Michelangelo, der Stanzen von Raffael und der
pompejanischen Wandmalereien, die für ihn stets
Gegenstand grössten Interesses waren? Deshalb griff
er mit Freuden zu, als ihm zwei monumentale Auf-
träge winkten, nämlich die Fresken im Gartenhause
des Ratsherrn Sarasin, mit dessen Familie er von
Jugend auf befreundet war, und jene im Treppen-
hause des Baseler Museums, die ihm durch Ver-
mittlung von Jakob Burckhardt übertragen wurden.*)
*) Höcklin verliess im Herbst 1866 Rom, um nach Basel
überzusiedeln. Er hoffte, dort zahlreiche Aufträge zu erhalten,
und seine Hoffnung erfüllte sich auch.
85 IX- ^i® Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
Um sich für diese Aufgaben vorzubereiten, musste
Böcklin die nötigen Erfahrungen im Technischen der
Freskomalerei erst sammeln; denn ausser gelegent-
lichen kleinen Versuchen, die er kurz nach dem Be-
suche von Neapel in Rom angestellt hatte, und einigen
Kindergestalten auf der Treppe zu seines Bruders
Wohnung (am Blumenrain), von welchen Schick
(S. 364) Kunde gibt, scheint Böcklin in dieser Tech-
nik nicht tätig gewesen zu sein.
Die Fresken bei Sarasin waren dem Künstler als
grössere Vorarbeit für die Museums-Fresken sehr will-
kommen. Er ging mit Feuereifer an die Arbeit und
vollendete sie in wenigen Wochen (Herbst 1868), da
ihm der grosse Auftrag für das Museum in sicherer
Aussicht stand.
Schick berichtet über den Hergang bei der Arbeit
wie folgt (S. 144):
„Für die zu malenden Fresken (im Sarasinschen
Gartenhaus) hat Böcklin zwei Kohlenzeichnungen gemacht
(2' breit, P/t' hoch). Die eine: eine Villa mit Cypressen
in Mittagsonne. Vom unter Büschen die heilige Familie,
der ein Engel eine Schale Wasser bringt: (Flucht nach
A e g 7 p t e n). Die andere: ein Felsenstädtchen (wie For-
mello). Vom grosse Bäume und Christus und die
Jünger, die nach E mm aus gehen. Von rechts ein über-
rankter Ziehbrunnen. Diese Zeichnungen werden nun in
ihren Hauptsachen auf Ellenpapier in Originalgrösse über-
tragen und dann auf die Mauer gepaust und vielleicht mit
Kohle nachgezeichnet. Hiemach wird man dann beurteilen
können, ob die kleine Zeichnung sich auch im Grossen und
zu den umgebenden Gegenständen gut macht. Dann gedenkt
Böcklin jedes Bild, je nachdem es die Konturen der Gegen-
stände darin zulassen, in etwa vier Teile abzuteilen, von
denen ein jeder die Arbeit eines Tages bilden soll.
Fresken im Sarasinschen Gartenhaus. 87
Der erste Grund ist jetzt sehr rauh und porös auf die
Mauer getragen, darauf kommt der etwa ^/4 oder '/s Zoll
starke Kalkbewurf für die Malerei. Für diesen Bewurf hat
Böcklin im Keller verschiedene Proben angestellt und dabei
zu dem mit viel Sand versetzten Kalk reichlich schwarze
Farbe mischen lassen, was aber dennoch ziemlich weiss
auftrocknete. Indem er dem Grund so einen mattgrauen
Ton geben liess, ersparte er sich viel Arbeit, denn anstatt
die Luft in gemischten blauen Tönen zu malen, was bei
dem grossen Umfang der Bilder sehr schwer ist, kann er
nun leicht mit Blau über den schon gebrochenen Grund
lasieren. Man kann oder muss vielmehr dabei ziemlich
hart und keck malen, da alles doch viel matter und stumpf
weisslich auftrocknet.**
Für jeden mit den Quellen für Freskotechnik
Vertrauten ist aus den obigen Angaben klar ersicht-
lich, dass Böcklin sich hier an die italienische
Freskotradition zu halten bestrebt war; er machte
sich seinen Karton in der Originalgrösse, um sich
vorher zu vergewissern, wie die Zeichnung wirken
wird (nach Armeninis Veri precetti), er mildert den
allzuweissen Grund durch Zumischen von Schwarz
(nach Borghinis Angaben). Ja, er versäumt es auch
nicht, sich eine Farbenskala für Freskotechnik nach
altitalienischer Vorschrift zusammenzustellen, in der
unter anderem sich echter Ultramarin aus Lapis lazuli
und Ultramarinasche befand (Schick, S. 147 — 149).
Mit der ihm eigenen Umständlichkeit schildert
Schick alle die Phasen der Entstehung dieser Fresken.
Wiederholt mussten Stellen abgeschlagen und frisch
eingeputzt werden, auch beim Auftrocknen veränderten
sich die Töne mehr als zu erwarten war, so dass
sich Böcklin entschloss, nach dem völligen Trocknen
88 ^X, Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
Retuschen mit Wassertempera, die mit Eigelb und
einigen Tropfen Oel gemischt war, vorzunehmen (S.155).
Am meisten behinderte Böcklin das ungleiche Auf-
trocknen der Farbtöne, wo er schon gemalte Stellen noch-
mals überging. „Bei Beginn der zweiten Landschaft",
erzählt Schick (S. 157), „hätte er noch gar keine klare Idee
über die Farbenstimmung und könnte sich nur vor-
stellen, dass die hellen Häuser auf dem Himmelston
als warm Hellgelb aul kalt Grau stehen müssten. Es
käme beim Fresko mehr als beim Oelmalen überhaupt
nur darauf an, dass man über Licht und Schatten in
allen Teilen ganz klar sei und darüber, ob etwas
Warm gegen Kalt oder umgekehrt stehen müsste."
Demnach wollte Böcklin bei den Fresken aus der
Stimmung heraus malen , wie bei seinen Staffelei-
bildern; nun sah er sich aber darin getäuscht, er be-
reute auch, den getonten Grund gewählt zu haben,
wollte künftig nur auf ganz weissem malen und nicht
auf Farbenspiel, sondern vielmehr auf Relief und
plastische Erscheinung ausgehen (S. 1 62). Da Böcklin
keine farbige Vorlage vor sich hatte, die „ihn be-
fangen mache", und glaubte, es sei besser, „sich nach
dem Material zu richten und die Formen entstehen
zu lassen, wie sie durch Material und Zufall entstehen,"
kam er mit der Grundregel der Freskotechnik in
Konflikt, die darin besteht, das begonnene Stück in
einem Tage fix und fertig zu malen. Er wollte
durchaus Mittel finden, mehr als einen Tag, ja noch
am vierten und fünften Tage Bindung zu erzielen, in-
dem „er das Kalkhäutchen zerstörte, und der Kalk das
Wasser wieder einsog" (S. 187). So malte er das
Die Museums-Fresken. 89
dritte Freskobild, den David (eine lebensgrosse
Figur vor einer Nische, zu seinen Füssen eine Engels-
figur) ; aber nach dem dritten Tage schienen nur noch
die mit Kalk gemischten Farben zu binden, während
die dunklen Schatten des Gewandes, das Schwarz der
Harfe und das violette Eisenoxyd am fünften Tage,
ohne gebunden zu haben, sich mit dem Finger ab-
reiben Hessen.
Bei dieser Methode musste naturgemäss ein Miss-
erfolg eintreten, so dass Böcklin sich veranlasst sah,
dieses Bild gründlich zu übergehen. Einer späteren
Eintragung Schicks zufolge, geschah dies „mit Oel-
farbe (!) und Terpentin, was einschlug und so der
Textur des Fresko fast gleichkam** (Schick a. a. O.).
Für die Ausführung der Museums-Fresken
plante Böcklin ein anderes Verfahren. Hier wollte er
ganz genau nach den Vorschriften Vi truvs vorgehen
und die Technik der Griechen, die in den Malereien
zu Pompeji und Herkulanum traditionelle Uebung ge-
funden hatte, wieder erringen. In den Gesprächen mit
Schick und Burckhardt ist immer wieder von den
pompejanischen Malereien die Rede; sie untersuchten
Proben antiker Fresken, die Schick aus Italien mit-
gebracht, um die Zusammensetzung des Grundes
kennen zu lernen (S. 179), und, obwohl Böcklin keine
grosse Achtung vor Wiegmanns Buch über die
Malerei der Alten und ihre Technik hatte, schien er
dennoch dessen Ansicht beizustimmen, dass der Bewurf
ein längeres Malen al fresko gestattet, wenn man
ihn nur möglichst dick aufgetragen hat.
Abermals werden Vitruvs Angaben verglichen
90 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
(S. 197); in einem Gespräch mit einem Physiker lässt
sich Böcklin den chemischen Prozess bei der Bildung
des Kalkhäutchens und die dabei [angeblich] ent-
stehende „grössere Glätte und den Glanz des ver-
wandelten Kalks" erklären (S. 207).
Allerdings hatte Böcklin das Wesentliche des
antiken Bewurfes zum Unterschied vom Bewürfe der
Renaissance richtig erkannt, der darin besteht, dass
bei dem ersteren die Oberfläche nicht bloss sehr hart
ist, sondern auch nach Vitruv glänzend und glatt
sein sollte. Da die ihm von Fachmännern ge-
gebenen Aufschlüsse sich widersprachen (S. 225), hielt
sich Böcklin nur an Vitruvs Vorschriften. Schick
berichtet (S. 218):
„Heute das Fresko I im Museum*) begonnen. 2—3 Kalk-
schichten mit Sand von •/4Z0II, '/sZoU und 3 Linien, darauf
eine Schicht von 2 Linien aus Kalk mit weissem Marmor-
pulver und diese mit Schläghölzern geschlagen, dann
mit dem Brettchen glatt verrieben."
Die Erfahrungen an den Sarasinschen Fresken
benützend, ging jetzt Böcklin ans Arbeiten und malte
von oben nach unten stückweise, sozusagen alla Prima
die Gruppen der wolkenschiebenden Putten, dann die
Hauptfigur und die Tritonen, ohne jede Farben-
skizze nach dem Karton in wenigen Wochen (vom
23. November bis 31. Dezember).
*) Die drei für das Treppenhaus gemalten Bilder sind:
l. „Magna mater^< (Magna parens bei Schick), eine hoheitsvolle
Frauengestalt, auf riesenhafter Muschel, von Wasserkentauren ge-
tragen. 2. „Flora**, welche den grünen Teppich über die Flur
breitet. 3. „Apollo mit dem Viergespann'*. Ausserdem drei
Medaillons („Medusa*, „Kritikus" und „Dümmling").
Führung der Arbeit. 91
Wieder verliess er sich, wie bei den Sarasinschen
Bildern auf sein eminentes Gefühl, das ihn erst während
der Arbeit zum bestimmteren Anschlagen der Farben-
töne veranlasste. „Beim Beginn schwebe ihm für Farbe
und Wirkung nur eine unbestimmte Idee vor. Sie
würde sich erst beim Malen bestimmter und klarer
gestalten", berichtet Schick (S. 210); aber er war sich
der Schwere seines Vorhabens voll bewusst. Als
beim Beginn des ersten Museumsfresko davon die Rede
ist (S. 216), sagte Böcklin, „er stelle sich in dem Bilde
eine schwere hohe Aufgabe und riskiere, ob er der
Sache Herr werden könne, oder ob er dabei Fiasko
mache. Oft käme er sich dabei vor wie ein Seil-
tänzer, der auf hohem Seile gehe. Aehnliche Gefühle
müssen ihn auch heute bedrückt haben, denn er war
den ganzen Tag verstimmt."
Während des Malens fühlt Böcklin aber wieder
seine eigene Kraft wachsen und kaum acht Tage nach
dem Anfange berichtet Schick (29. Nov. 1868): „Böcklin
äusserte, er fühle, dass er das Freskobild jetzt in
seiner Gewalt habe".
Auf genauere Einzelheiten einzugehen, ist hier
nicht möglich; der Leser möge die ausführliche Be-
schreibung bei Schick einsehen, der bei jedem ein-
zelnen Farbenton mitunter nicht unterlässt, anzugeben,
mit welchen Pigmenten er gemischt wurde.
Aber die Voraussetzung, auf dem aus vier Lagen
bestehenden Bewurf ungehindert al fresko malen zu
können, traf nicht zu. Schon der vierte Tag brachte
die Enttäuschung; ein weiteres Aulpausen der Zeich-
nung auf der beinahe festen Oberfläche war kaum mög-
92 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
lieh, weshalb Böcklin nicht weiter malte (S. 229). Am
nächsten Tage wurde der Marmorkalkbewurf (für den
ersten schon halbtrockenen) frisch angetragen, aber
es ergab sich, dass „der zwel^ite Kalkbewurf bald nach
dem Auftragen starke Risse zeigte", so dass in der
Meinung, dem Uebel dadurch abzuhelfen, der Maurer
angewiesen wurde, nach Vitruvs Anweisung (statt
vier) von jetzt ab fünf Lagen zu machen (S. 231).
Der Schnelligkeit des Trockenprozesses vermochte
nun aber Böcklin dennoch nicht zu folgen, und das
Verlangen, seine schon gemalten Stücke zu verbessern
und mit der Umgebung in Einklang zu bringen, be-
stimmte ihn dazu, alle Farben mit Kalk zu mischen,
wie er es bei dem „David" getan. Darüber berichtet
Schick (3. Dezember 1868, S. 235):
,,Böcklin sagt, er hätte die Erfahrung gemacht, dass
man auch über 5 — 6 Tage alte Stellen noch malen kann,
sobald man die Farben mit Kalk mischt, überhaupt solange,
als die Wand noch nicht auszuschwitzen anfängt.
Wenn die Haut, die sich darauf bildet, auch nur dünn
ist, so löst sie sich bei leichtem Waschen wenigstens nicht
auf und wird immer härter, je älter sie wird (Ob diese
später darüber gemalte Farbe aber wirklich dauerhaft ist
und nicht abplatzt, ob dem Darübermalen durch das Aus-
schwitzen in perligen Tropfen eine Grenze gesetzt wird,
darüber hat Böcklin jedoch keine Erfahrung)."
So entstehen noch unter der Arbeit immer wieder
Zweifel an dem endlichen Erfolge, so sehr sich auch
Fachmänner, wie die Physiker Müller und Professor
Hagenbach, Stadtchemiker Dr. Gäbbelsröder und Prof.
Fritz Burckhardt bemühen, Mittel für längeres Fresko-
malen, auf welches Böcklin rechnete, ausfindig zu machen
Allerlei Schwierigkeiten. 93
(S. 225 und 238).*) Es stellten sich allerlei Uebel-
stände ein, wie das Springen der Bewurfschichten,
wenn sie zu rasch aufeinander aufgetragen wurden,
und wenn beim Schlagen mit dem Schlagbrett ganze
Stücke wieder herausgerissen wurden u. dergl. (S. 252).
Dazu kam noch das „Ausschwitzen in perligen
Tropfen", für das niemand eine Erklärung geben
konnte, noch weniger ein Gegenmittel wusste. Schick
berichtet (S. 260) :
„Gestern, am 31. Dezember, mit Jahresschluss , hat
Böcklin das erste Museumsfresko vollendet. Die Feuchtig-
keit des Bildes senkte sich während des Malens am unteren
Stück herunter, sodass es in hellen Wassertropfen an vielen
Orten auszuschwitzen schien. Obwohl das Heruntersinken
der Feuchtigkeit nicht zu bestreiten war, so meinte Böcklin
ein anderes mal doch, es sei nur ein Niederschlag von
aussen auf der gebildeten Kalkhaut, denn sowie er über
eine solche Stelle mit dem Spachtel reibe, schlucke sie alles
Wasser in sich ein/*
Diese Uebelstände bei den folgenden beiden
Fresken auf das Mindestmass zu vermindern oder
ganz zu vermeiden, war Böcklins ganzes Streben.
Im Frühjahr 1869 reiste Böcklin nach Ober-
italien, Lugano, Mailand, Piazenza, Parma, haupt-
sächlich um zu sehen, mit welchen Farbenmitteln Luini,
*) Schick schlug dabei das Experiment vor, den Zutritt der
Luft „durch einen Ueberzug von Kollodium zu verhindern, den
man in dem Masse entfernt, in dem die Malerei vorschreitet. Man
würde dann vielleicht den Kalk immer so frisch und bindungsfähig
finden, als hätte man ihn erst aufgetragen und könne die ganze
Fläche auf ein Mal grundieren. Böcklin meinte, dann könne man
vielleicht auch das Gemalte mit Kollodium bedecken und dann
dieses erst beim Zusammenstimmen entfernen (s, S. 222)".
94 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
Correggio u. a. auf die Ferne gewirkt hatten; er
kam dann ganz erfüllt von den Eindrücken nach
Basel und ging gleich daran, die Vorarbeiten zu den
zwei letzten Bildern im Museum, „Flora" und „Apollo"
zu machen, die er ganz allein auszuführen vorhatte;
denn Schicks Hilfe beim ersten Fresko scheint in nichts
anderem bestanden zu haben, als vielleicht in der
Vergrösserung des Kartons und beim Farbenmischen;
zum Malen „fehle ihm die Leichtigkeit der Behand-
lung und Freiheit im Malen, er würde vielleicht in
penible Aengstlichkeit verfallen (S. 211)". Als Böcklin
das zweite Fresko begann, war Schick abwesend und
er kam von Genf zurück, als bereits ein Fünftel voll-
endet war (7. August 1869).
An diesem Tage, dem letzten seines Zusammen-
seins mit dem Meister, schrieb er noch über die Technik
dieses Bildes (S. 402):
„(Böcklin) hat den letzten Marmorgrund so festschlagen
und festdrücken lassen, dass er mattglänzend war; an
einigen Stellen, z. B. bei den Köpfen, hat er den Grund
durch Andrücken mit dem Spachtel noch glatter gemacht.
Der Maurer hätte sich ungern dazu bequemt, den Grund
zu schlagen. Das einfache Andrücken bewirke aber fast
dieselbe Festigkeit und Glätte."
Nach einigen weiteren Angaben über die zur
Malerei dienlichen Farben, über den Vorteil der grünen
Erde beim Fleischmalen, über die Putten u. a. be-
merkt Schick:
,,Böcklin strebt nicht danach, wie im vorigen Bilde, das
Ganze im Nassen zu stimmen, sondern meint, er könne es
jetzt schon übersehen. Mit der Zeit lerne man doch ge-
wisse Farben kennen und suche sich alle Mischungen zu
merken. So wäre er imstande fortzufahren, selbst wenn
Notwendigkeit von Retuschen. 95
der erste Teil schon trockne; so z. B. mit dem grünen
Mantel, den er im Licht einfach aus grüner Erde und Weiss
gemalt hätte/'
Am Schlüsse heisst es dann:
„Böcklin tadelte jetzt sein Verfahren beim ersten Museums-
fresko, unter die Farben Kalk zu nehmen, als töricht.
Von den, wie er hoffte, durch lasiertes Licht scheinenden
Halbtönen hat sich keiner bewährt; es zeigte sich, dass
mit Kalk gemischtes Licht, gleichviel ob dünn oder dick
aufgetragen, beim Auftrocknen stets gleich deckend er-
scheint. Dieses zweite Fresko ist fast ganz lasierend ge-
malt; im Licht nur wenig Zinkweiss. Das Gewand war
schon ziemlich trocken und band nicht mehr; man merke
das schon bald — nach einer halben Stunde — durch Ueber-
streichen mit dem Finger: ist das Gemalte gebunden, so
färbt es nicht ab; ist es nicht gebunden, so lässt es sich
ganz mehlig abwischen/*
Aus einem späteren, von Mendelsohn (S. 94) ver-
öffentlichten Briefe des Meisters ist zu entnehmen, dass
er den Retuschen mit Eitempera oder mit
Milch bei Vollendung der Fresken grossen Wert bei-
legte, weil „mit dieser Technik ohne Retusche nichts
zu machen sei".*)
Beim dritten Fresko („Apollo") beabsichtigte Böcklin
*) In diesem Briefe (datiert vom 16. Dez. 1881) heisst es:
„Meine Technik ist eine ganz andere [nämlich als die des Cin-
quecento mit ihrem nur zolldicken Bewurf], und ich glaube, dass
sie der antiken sehr ähnlich ist. Ich mache durch öfteres Be-
werfen und Feststampfen einen etwa 4 cm dicken Kalkgrund für
das ganze Bild. Diesen Grund halte ich so gut als möglich frei
von Kohlensäure und kann so einige Wochen lang auf der ganzen
Fläche al fresko malen." Diese Annahme hatte sich bei den Baseler
Fresken, wie wir sahen, als irrig erwiesen. Insbesondere ist das
„Freihalten des Grundes von Kohlensäure" nicht gelungen.
96 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
ein förmliches Ueberarbeiten und wollte „nach dem
Fixieren mit Harz oder Terpentin die weisse Farbe
der Lichter mit Oel- oder Terpentinfarben und
mit dem Pinsel auftragen", wie er es ähnlich beim
„David" versucht hatte (Schick, S. 397).
Während des Monats August 1869 malte Böcklin
das zweite Fresko und im November das dritte, end-
lich auch noch , trotz des Wiederspruches einiger
Herren des Stadtrates, die drei Medaillons über den
Fenstern der Treppenabsätze.
So hat Böcklin denn mit »Ach und Krach*' die
Fresken zu Ende gemalt, nicht ohne sich auch mit
seinen Auftraggebern gründlich überworfen zu haben
(s. Schmid, S. 47).
Worin bestand nun aber die Ursache, dass sich
der Meister so verrechnet hatte ? Auf diese Frage muss
geantwortet werden : Böcklin hielt sein System der
Arbeitsführung bei Tafelbildern auf die Wandfläche
zu übertragen für möglich, ohne zu bedenken,
dass man auf Freskogrund nie „aus der Stim-
mung" heraus malen kann, weil das andersartige
Auftrocknen der Kalkfarben ein richtiges Beurteilen
während der Arbeit völlig ausschliesst. Böcklin
verrechnete sich aber auch darin , dass er dem
Vitruvschen Bewürfe die Eigenschaft zumass, ein viele
Tage langes Malen auf dem Nassen zu ermöglichen,
um endlich von selbst, nur durch Bildung des
Häutchens von kohlensaurem Kalk, eine glatte und
glänzende Oberfläche zu bilden, wie sie die antiken
Stuckmalereien in Pompeji aufweisen.*)
*) Gegen das Unrichtige dieser bis in die letzte Zeit gelten-
den Ansicht habe ich in meiner j, Technik des Altertums" genügend
Vitruvs Anweisungen. 97
Im Anschluss an die Schilderung der Böcklinschen
Freskomalerei wird es am Platze sein, dessen An-
sichten über die römisch -pompejanische Technik der
Wandmalerei hier näher kennen zu lernen. Obwohl diese
sich auch in der von Böcklin gedachten Weise nicht
rekonstruieren liess, zeigen jedenfalls die uns von
Schick überlieferten Stellen von der eminenten
Beobachtungsgabe des Meisters in technischen
Dingen.
Gelegentlich eines Gespräches über die anfangs
der 60er Jahre von Schlotthauer und Bergrat Fuchs
erfundene Wasserglasmalerei oder Stereochromie er-
innert Böcklin an die Freskomalerei der Alten
und an die Reihenfolge der von Vitruv umständlich
beschriebenen*) Bewürfe wie folgt (Schick, S. 95):
1) Ein grobes Kalklager mit Sand, das fest geschlagen wird;
2) etwas feiner (wieder geschlagen);
3) Kalk mit etwas Marmorstaub (geschlagen und geebnet);
4) feiner Kalk mit viel Marmorstaub, dünnes Lager (etwas
geschlagen und geglättet).
Auf dieses letzte Lager wurde dann sogleich die Farbe
des Grundes aufgetragen, wodurch dieselbe dann schonen
Stellung genommen. Nicht versagen kann ich es mir aber, darauf
hinzuweisen, dass gerade der im Grossen unternommene Versuch
Böcklins ein deutliches Argument dagegen ist, einfaches Fresko
für die Technik der antiken Wandmalereien zu erklären.
*) Schicks Angaben betr. Vitruv sind hier unrichtig. (Ver-
bessert S. 197.) Die Stellen finden sich in VII, 3, 5 -10 und
nicht in II, TS. Vitruv schreibt drei Lagen Sandmörtel und drei
von Marmormörtel vor; nach der vorletzte« Schichtung soll der
Bewurf geschlagen werden. Die Notiz über ^Bereitung des
Stuckmarmors** an gleicher Stelle betrifft den sogen. Kunst- oder
Gipsmarmor.
Berger, Bocklins Technik. 7
98 I^- I^ic Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
Glanz erhielt. Hierauf malten die Pompejaner
dann mit anderen Bindemitteln die Ornamente
und Bilder."
Diese letzte, von Böcklin ausgesprochene Ansicht
war damals wohl sehr verbreitet (s. Overbeck, Pom-
peji, II Aufl. 1866), im Gegensatz zu den Anhängern
der enkaustischen Wandmalerei und der Freskotechnik.
Böcklin hatte sich dieser Ansicht angeschlossen, wie
die nachfolgende Eintragung (S. 77) zeigt:
„Die Alten hatten verschiedenartige Malweisen. Sie kannten
die Grundsatz e der Freskomalerei, gebrauchten sie
aber nur, um die Farbe des Grundes durch die Kristal-
lisierung zu härten, auf welchen Grund (schwarz, rot oder
wie er sein mag) sie ihre Bilder mit Gouachefarben oder
(den obigen ähnlichen) Harzfarben malten/'
Zu derartiger Malerei hielt Böcklin die Eitempera
für geeignet, was aus folgender Nachricht (S. 169) zu
schliessen ist:
„Die Eifarbe (mit dem Gelben untermischt, ohne das
schleimige Weisse im Ei) trocknet viel langsamer als die
mit blossem Wasser aufgetragene Farbe, die beim Re-
tuschieren auf Freskogrund augenblicklich trocken wurde.
Ist die Eifarbe aber einmal trocken, so kann man sie mit
Wasser nicht gut wieder fortnehmen, da das Eigelb mit
dem Klebrigen zugleich Fettiges enthält, welche Eigen-
schaften durch das Zusetzen von einigen Tropfen Oel noch
vermehrt werden. (Mit der Zeit wird die Farbe so stein-
hart wie alte Oelfarbe.)
Böcklin glaubt, das sei die Malerei der Pompe-
janer und dass bei einigen Bildern, z.B. den Centauren,
der Tänzerinnen, schwebenden Gruppen etc. die Farbe so
pastos daraufsitze, käme daher, dass sie mehrmals über-
einander gemalt hätten .... Da die Eifarbe eben langsam
trocknet, d.h. höchstens in 1—2 Stunden, so gestattet sie
Technik der pompejanischen Malereien. 99
eher als andere Leim- oder Harzfarben (jedoch immer sehr
schnell) etvsras nass in nass zu vollenden/*
Später, offenbar beeinflusst durch Wiegmanns
Buch, das er während der Baseler Freskenperiode
genauer studiert haben mag, änderte Böcklin seine
Ansicht (Schick, S. 245):
,,Diepompe janischen Tänzerinnen, meint Böcklin,
seien vielleicht ganz al fresco, denn das Weiss ist Kalk ; wäre
nun Leim oder Ei das Bindemittel, so hätte dies ja vom Kalk
Zerstörung erleiden müssen.*) (Kann denn aber nicht das
Weiss aus altem, hartgewordenem und dann zermahlenem
Kalk bestehen, der sich als weisses, indifferentes Pulver
erhalten und auf das Bindemittel keinen chemischen Einfluss
mehr ausüben würde?) Das Bild des Telephus ist
sicher Fresko/*
Wie wechselnd übrigens Böcklins Ansicht über
die antike Technik gewesen ist, zeigt eine Eintragung
vom 31. Mai 1866 mit späteren Zusätzen Schicks (8.32):
,,Bei Böcklin. Ich zeigte ihm mein Fragment antiker
Malerei, das ich bei Prima Porta gefunden — Böcklin
meinte, es sei vielleicht mit Leimfarben auf schwarzen
Freskogrund gemalt. (Späterer Zusatz: 1868/69 erkannte
Böcklin es jedoch als reines Fresko.)*'
Schliesslich sehen wir Böcklin ganz und gar zu
den Anhängern der Freskotheorie übergehen. Schick
berichtet nämlich (S. 400):
,,Ueber den Streit der sogenannten Kenner der pom-
pejanischen Malerei: ob Fresko, ob Wachs oder Leim ?
sagt Böcklin, die Sache sei sehr einfach. Wäre ein fremdes
Bindemittel darin, und dieses, wie behauptet wird, von der
Luft verzehrt, so müssten sich die Farben mehlig abwischen
*) Bekanntlich bildet Ei mit Kalk eine sehr dauerhafte,
chemische Verbindung; der Kalk zerstört es also nicht, wie man
bisher angenommen hat.
7*
100 IX. Die Baseler Fresken und die pompejanische Wandmalerei.
lassen. Da dies aber nicht der Fall, sondern da die Farbe
fest und unlöslich ist, so findet ein innigeres Verwachsen
mit der Mauer statf ; folglich Icann es nur Fresko sein.'^
Ebenso lautete sein Urteil im Anschluss an eine
Meinung Pettenkofers, die Schick (S, 33) wiedergibt,
durcha usim Sinne der Freskoanhänger.
Der Wiegmannschen Voraussetzung, dem antiken
Verfahren näher zu kommen, wenn der Grund mög-
lichst lange feucht gehalten wird, begegnen wir in
Böcklins Bemerkung auf S. 246, wo es heisst: „Jetzt ver-
stehe er erst, warum Vitruv gar nicht sagt, man
müsse sich beim Malen beeilen. Der Grund, wenn
er so wie dieser zubereitet ist, schluckt und bindet
wohl fast 14 Tage (d. h. mit Kalk gemischte Farben)/*
Dies ist ganz begreiflich, denn Kalk bindet auch auf
trockener Mauer genügend. Dass aber Böcklin in
richtiger Konsequenz seiner Bemühungen dem gesuchten
Resultat endlich doch näher gekommen ist, zeigt
eine sehr interessante Notiz (Schick, S. 392):
„In der Freskomalerei .... hatte er jetzt etwas heraus-
gefunden: Wenn man nach dem Malen mit dem Spachtel
(Stahl wird vom Kalk nicht angegriffen) glättet, so be-
kommt die Malei ei eine ganz eigene rätselhafte Erscheinung.
Die Frische und Keckheit der Behandlung bleibt und kommt
sogar noch mehr zur Geltung und die Textur des Hildes
erhält etwas Delikates.
Das Glätten mit dem Spachtel geschieht nicht mit der
glatten Fläche, sondern sie wird etwas schräg gestellt, als
wollte man mit der scharfen Kante etwas vom Kalkstrich
wegnehmen. Man nimmt jedoch nichts weg, sondern drückt
nur die Farbe glatt an."
Vergleicht man noch, was Schick über die Be-
handlung des zweiten Freskobildes (die „Flora'S S. 402)
Böcklins Glättungsversuche. 101
erzählt und welchen Wert Böcklin in der Folge auf
das Glätten der Fläche durch Andrücken mit dem
Spachtel legt, so wird man begreiflich finden, dass
er die Eigenart der pompe janischen Malerei richtig
erkannte, denn in der Tat ist das Wesentlichste
der antiken Wandmalerei in dem nachherigen Glätten
der Malerei zu erblicken.
Auch dafür kann ein Beweis erbracht werden,
dass Böcklin von seiner Ansicht, bezüglich des „reinen
Fresko" der antiken Malerei abgekommen ist, denn
eine von Floerke (S. 165) mitgeteilte spätere Aeusse-
rung des Meisters lautet:
,,Auch das alte Fresko war nicht allein durch die Aus-
schwitzung des Kalkes gebunden, sondern durch Zu-
fügung eines organischen Körpers, Kasein oder
Milch. Daher Glanz und L euch tkra ft. Alle späteren
sind matt."
Was die Frage des antiken „Fresko" betrifft, so
sehen wir Böcklin, nachdem er die Freskotechnik
gründlich kennen gelernt hatte, zu seiner ursprüng-
lichen Ansicht zurückkehren. Dass Glanz und Leucht-
kraft der pompejanischen Wandmalerei anderen Ur-
sachen zuzuschreiben ist, als der einfachen Fresko-
erhärtung schien ihm sicher; denn dafür hatte der
Meister, wie für alles Technische, den richtigen Blick
und hervorragend feines Verständnis.
Nachschrift:
Als Böcklin fast 30 Jahre später davon Kenntnis
erhielt, dass es dem Verfasser geglückt war, die pom-
pejanisch- römische Technik der Wandmalerei nach
eigenen Gesichtspunkten zu rekonstruieren, liess sich
102 IX. Die Baseler Fretken und die pompejanische Wandmalerei.
der Meister durch ihn über die Manier der antiken
Stuckmalerei unterrichten. Diese fand seinen besonderen
Beifall; nach Kenntnisnahme der Glättungsmetho-
den, welche unterZugrundelegungder Vitruvschen An-
weisungen und des Stuccolustro festgestellt worden
waren, entschloss er sich sofort, die Loggia seiner
damals im Bau begriffenen Villa zu S. Domenico bei
Florenz in dieser Technik auszuschmücken. Eine
daselbst angebrachte Inschrift nimmt, wie mir mit-
geteilt wurde, darauf Bezug, dass die Loggia nach
dieser Rekonstruktion der antiken Wandtechnik aus-
geschmückt wurde.
X.
Technik während des zweiten Münchener und
des Florentiner Aufenthaltes. Temperamalerei
und Firnisfarbe.
ährend seines zweiten römischen Aufent-
haltes hatte Böcklin sich mit vielfachen
technischen Experimenten befasst. Ob er
in Basel daran weiter arbeitete, wissen
wir nicht. In München, wo er sich 1874 niederliess,
scheint er seine Versuche wieder aufgenommen
zu haben. Leider sind wir aber über genauere Ein-
zelheiten nicht unterrichtet; die meisten seiner damaligen
Freunde sind tot, wir können somit nur mutmassen,
nach welcher Richtung sich seine Ziele damals be-
wegt haben mochten: nach der Vereinfachung der
technischen Mittel und nach Verstärkung von
deren koloristischer Kraft.
Unterstützt wurde er in diesem Streben durch
den Verkehr mit dem Kunsthistoriker Adolf Bayers-
dorf er einerseits, der ihn mit den alten Quellen über
Maltechnik näher bekannt gemacht haben dürfte, und
mit dem Physiker Prof. von Bezold, mit dem er
über die von ihm längst studierten Probleme der phy-
104 X. Temperamalerei und FirnUfarbc.
sikalischen Optik intensiveren Meinungsaustausch ge-
pflogen haben mag. Auch Lenbach, dessen tech-
nische Ambitionen mit Böcklin insoferne verwandt
waren, als beide, jeder in seiner Art, die Wieder-
erlangung der „alten Meister-Technik" anstrebten, ge-
hörte zu seinem näheren Umgang.
Aus der Liste seiner damals entstandenen Werke
können wir entnehmen, dass er der Leinwand als
Grund für Gemälde noch den Vorzug gab. Jedenfalls
war auch die Technik anfänglich der von ihm ge-
pflegten Oelmalerei der Baseler Zeit gleich („Wiesen-
quelle" nach Schicks Aufzeichnungen, s. oben S. 47).
Es mögen in dieser Weise einige damals entstandene
Bilder, „Heiliger Hain" (bei Schack), der „Kentauren-
kampf ** der Baseler Galerie, sein Selbstporträt mit
dem fiedelnden Tod (Nationalgalerie), „Ceres und
Bacchus" (im Speisesaal bei Kustermann) u. a. gemalt
sein. Auf Goldgrund hatte er zwei Wandschirme
(„Idyll** und „Malerei**, jetzt teilweise im Baseler
Museum) ausgeführt.
Gleichzeitig hat aber Böcklin in seinen Tempera-
versuchen nicht nachgelassen, ja, es scheint, dass er
jetzt der schon früher (in Rom) geübten Technik
grössere Vorteile abgerungen hatte, und die Tempera
nicht allein zur Untermalung, sondern zur völligen Aus-
führung einiger Werke gebrauchte. Bezeugt wird
dieser Umstand durch Floerke, der von Einführung
der Eitempera in München durch den Meister im
Jahre 1874 berichtet (S. 164) und durch die Bemer-
kungen im Böcklin- Verzeichnis, dessen Redaktion von
Freunden und dem Künstler nahestehenden Personen
Tempera der Münchener Zeit. 105
besorgt wurde. Hier wird unter Nr. 215 die „Sappho"
(mit Lyra, von hinten gesehen) auf Leinwand als
„Temperabild'S allerdings mit einem ? bezeichnet,
dann Nr. 222 das „Porträt der Frau Clara
Bruckmann" (Leinwand, Tempera), die„Landschaft
mit maurischen Reitern** von 1873 (Leinwand,
Tempera), die „Römische Vigne (Nr. 232 „an-
scheinend Tempera"), „Pan, eine Nymphe auf
dem Rücken tragend" (Nr. 238), „Nonnen**
(Nr. 242, Tempera -Leinwand), endlich müssen wir
— last not least — hier noch das berühmteste
Bild der Münchener Zeit „Triton und Nereide**
(a Meeresidylle* bei Schack), anfügen, das nach des
Meisters eigenem Ausspruch mit Eitempera ge-
malt worden war (s. oben S. 4).
Worin die damals wieder aufgetauchte Eitempera
bestand, ist wohl nicht zweifelhaft. Sie enthielt eigent-
lich nur das Gelbe des Hühnereies. Böcklin hatte sie
längst aus Cenninis Traktat kennen gelernt, er unter-
malte damit schon in Rom 1864 sein „erstes Oktober-
fest** (s. Schick, S. 104), in Basel wurde sie ihm bei
den Retuschen seiner Fresken unentbehrlich (Schick,
S. 169, s. oben S. 95). In München arbeiteten Len-
bach, Rud. Seitz, Fritz Aug. Kaulbach und andere
vielfach in dieser Art. Die vorher in Wasser fein
geriebenen Farbenpulver wurden etwa mit der gleichen
Menge von Eigelb angemischt und mit den so be-
reiteten Farben auf einem geleimten, einsaugenden,
sogen. Kreidegrund gemalt. Zur Konservierung des
Eibindemittels goss man ein paar Tropfen Weinessig
in die Näpfchen. Als Bildträger wurde Holztafel oder
106 Temperamalerei und Firnisfarbe.
starke Pappe der Leinwand vorgezogen, weil zu be-
fürchten war, dass die Nässe beim Malen die Leinen-
fasern ausdehnte und beim Trocknen dann leicht
Sprünge in der Farbschicht entständen.*)
Böcklin waren alle diese Dinge längst nichts
Neues. Schick (S. 169 u. 170) weiss darüber zu be-
richten, dass er sogar auch mit der Eigentümlichkeit
des Eies, Oele zu emulgieren vertraut war. Es heisst
a. a. O.:
„Ist die Eifarbe aber einmal trocken, so kann man sie
mit Wasser nicht gut wieder fortnehmen, da das Eigelb
mit dem Klebrigen zugleich Fettiges enthält, welche Eigen-
schaften durch Zusetzen von einigen Tropfen Oel
noch vermehrt werden. (Mit der Zeit wird die Farbe so
steinhart wie alte Oelfarbe.)"
In der Fortsetzung der Stelle (die von der Malerei
der Pompejaner handelt) wird gesagt :
„Da die Eifarbe eben langsam trocknet, d. h. höchstens
in 1 — 2 Stunden, so gestattet sie eher als andere Leim-
oder Harzfarben (jedoch immerhin sehr schnell) etwas nass
in nass zu vollenden. Zu erinnern ist, dass Ei sich in
Spiritus zu einer in Wasser unlöslichen Substanz auflöst. **)
Durch Zugiessen von etwas Essig kann man Eigelb vor
dem Faulen bewahren."
Das von Böcklin unter „Tempera" verwendete
Bindemittel bestand also aus Eigelb mit einigen Tropfen
Leinöl verrührt und mit etwas Essig zur Konservierung
*) Als der Verfasser anfangs der 80er Jahre nach München
kam, war diese Eitempera die allein bekannte und verwendete
Art. Später kam noch die sogen. Wurmsche Tempera, deren Zu-
sammensetzung aber geheim gehalten wurde, hinzu, dann in neqerer
Zeit die v. Pereira usw.
**) Diese Eigenschaft des Spiritus ist nicht zutreffend. Spiritus
kann höchstens konservierend auf das Eigelb wirken.
Lenbachs Technik. IQJ
versetzt. Auch Maler S. Landsinger bestätigt, dass
dieses Temperamittel zur Zeit des Florentiner Aufent-
haltes sowohl von Böcklin als auch seinen Schülern
benützt wurde.
Der Münchener Kreis, vor allen Lenbach, wollte
durch die Tempera hauptsächlich eine Erleichterung
des technischen Verfahrens anstreben. Durch das
schnellere Auftrocknen der Untermalung und die un-
zweifelhafte Klarheit der erzielten Schattentöne, haupt-
sächlich für Hintergrund und Beiwerk (z. B. beim
Porträt) wurde die Arbeit erstens beschleunigt, ja
man konnte dem Stimmungsreiz in der Art der alten
Meister näher kommen, als durch die Oelfarbe.
Dieser letzten musste viel längere Zeit zum Trocknen
gelassen werden ; ein beschleunigtes Verfahren (durch
Sikkative) würde aber für die Erhaltung der Malerei
gefährlich werden. Um nun die erkannten Reize
dieser Technik auszunützen, musste man trachten,
möglichst weit mit Tempera fertig zu malen und
mit Oelfarbe nur die letzten Lasuren und die nötigen
Verschmelzungen zu geben. Zu diesem Zwecke wurde
die Temperaschicht mit einem Firnis (Kopal- oder
Mastixlack und ähnlichen) überstrichen, wodurch die
zunächst matte Malerei sofort in der richtigen Tiefe
zur Erscheinung kam, und in die noch feuchte Firnis-
lage wurden mit Oelfarben alle nötigen Uebergänge,
ebenso Lasuren, halbdeckende und kräftigere Lichter
aufgetragen.
Es liegt in der Natur des Materials, dass die
Leuchtkraft der Tempera durch die Reflektion eines
hellen Untergrundes gesteigert wird, und die ältesten
108 * X. Temperamalerei und Firnisfarbe.
Anweisungen des Cennini, Theophilus u. a. stimmen
darin überein, eine gut geleimte Kreide- oder Gips-
schicht sei die geeignete Unterlage für diese Mal-
weise. Also hell und dicht sollte die Unterlage
sein, und deshalb sind wohl alle Unterlagen der alten
Bilder auf Holz aufgetragen, weil auf diesem am
sichersten ein dichter, d. h. fest geleimter weisser
Kreide- oder Gipsgrund sich herstellen lässt.
Bei einem Versuche, an Stelle dieses Grundes den
üblichen Oelgrund, der auch dicht und hell ist, zu
verwenden, nämlich bei dem schon erwähnten Bilde
»Triton und Nereide** („Meeresidylle") hat Böcklin
die bittere Erfahrung gemacht, dass die Farben in
den tieferen Tönen Sprünge zeigten ; wenigstens schrieb
er die Schuld, seinem eigenen Ausspruch zufolge, der
Verwendung des Oelgrundes zu, der durch seine
allzudichte und glatte Oberfläche den daraufruhenden
Temperafarben nicht genügende Adhäsion verlieh.
Nach dieser Erfahrung hat Böcklin wohl ab und
zu auf Leinwand mit Tempera gemalt (Verz. Nr. 242
„Nonnen", Leinwand. Tempera), aber kaum auf an-
derer als mit Kreidegrund versehenen. In den meisten
Fällen, und in der Florentiner Periode vorherrschend,
hat er stets der Holztafel den Vorzug gegeben.
Wie weit er in der Ausführung der Bilder mit
Tempera gekommen ist, insbesondere, ob er reine
Temperagemälde in dieser Zeit geschaffen hat, lässt
sich kaum mehr feststellen. Auch Landsinger hat
die Ansicht ausgesprochen , die meisten mit „Tem-
pera" bezeichneten Werke dürften mit Oel- oder
Firnisfarben fertig gemalt sein; von bestimmten
Die Florentiner Periode. 109
Bildern allerdings erinnert er sich, dass sie in reiner
Tempera fertig gemalt sind, weil es dem Meister
auch darum zu tun war, zu zeigen, wie weit in dieser
Art auszufuhren möglich ist. Von folgenden Bildern
ist dies bestätigt und zwar von dem Porträt von
A. Bayersdorfer auf Pappe (Verz. Nr. 258) von der
„Flora, Blumen streuend" (Verz. Nr. 260, Holz), und
der „Lautenspielerin" (Verz. Nr. 254).*)
Diese Gemälde stammen aus der ersten Zeit des
Florentiner Aufenthaltes.
Das räumlich grösste und auch wohl bedeutendste
Temperabild der Florentiner Zeit ist die „Kreuz-
abnahme" (jetzt in der Nationalgalerie). Es ist auf
einer grossen Holztafel (164 : 250 cm) gemalt, und
hier hat sich der Meister, seiner persönlichen Mit-
teilung zufolge, der Ei-Emulsion bedient, indem er zum
Eigelb gleich den Firnis (Leinölfirnis oder Kopal-
firnis?) hinzumischte. Zweifellos sind diesem Werke
kleinere Versuche mit dieser Eifirnis-Emulsion voran-
gegangen; aber Böcklin gab sie auf, weil, wie er
sagte, das Bindemittel „arg stinkig", und das Malen
dann „zu unangenehm" würde. Diesen Uebelstand
*) Als „Temperagemälde" der Florentiner Zeit sind im
Verzeichnis ausser den schon angeführten noch genannt:
253. Hochzeitsreise (zweite Variante), Holz.
256. Flora, Brustbild, Holz.
264. Bildnis der Klara Bruckmann, Brustbild, Holz.
273. Der Schatzhüter, Pappe, Harztempera.
286. Meeresbrandung (frühere Fassung), Leinwand.
287. Frühlingsabend (erste Fassung), Leinwand.
290. Selbstporträt (Ende der 70er Jahre), Leinwand.
296. Bildnis der Frau Kopf als Melancholie. Leinwand,
11 X. Temperamalerei und Fimisfarbe.
durch ein Konservierungsmittel zu vermeiden, hatte
er unterlassen ; entweder weil ihm ein geeignetes nicht
bekannt war, oder weil er den sonst verwendeten Essig
nicht für einwandfrei gehalten haben mag.*)
Für die Technik der Florentiner Periode
ist neben der Tempera die Umwandlung der früheren
Oeltechnik in die „Firnisfarbe" von Bedeutung.
In dieser Technik hat der Meister die meisten und
vielleicht die farbenglühendsten Bilder dieser an her-
vorragenden Werken so reichen Zeit geschaffen. Es
mag ja sein, dass ein Mann, wie Böcklin, der immer
nur sein Ziel darin sah, die koloristische Wirksamkeit
seiner Mittel zu steigern, niemals mit dem Erreichten
zufrieden war, stetig daran verbesserte und aus Ver-
langen, dem Neuen Vorteile abzuringen, ein neues
Verfahren versuchte ; wir aber müssen dennoch trachten,
den äusseren Ursachen nachzuspüren, warum er eine
früher geübte Technik fallen Hess.
Treten wir der Frage näher, was für Nachteile
wohl an der noch in München gepflegten Oeltechnik
angehangen haben könnten, so scheint mir der Um-
stand von Belang zu sein, dass Böcklin in dem lang-
samen Trockenprozess des Oeles ein Hindernis ge-
sehen haben mag. Dazu kommt noch die oft reich-
liche Anwendung des Kopaivabalsams, von dem wir
aus Schicks Aufzeichnungen Kenntnis haben (s. oben
S. 45). Kopaivabalsam ist ein sogenanntes Weichharz,
das eigentlich niemals vollkommen fest wird ; es
*) Von Chemikern wird die Gefalir des Essigzusatzes für
einige Farben, wie Ultramarin und Bleiweiss, bestätigt und
iiciiestens Karbol, Toluol, Gojakol u. a. empfohlen bezw. verwendet
Uebergang zur Firnisfarbe. 1 1 1
hält also die völlige Trocknung der Oelfarbe auf.
Schick erzählt (S. 211), welches Missgeschick dadurch
entstand, dass Böcklin den „Petrarka", der „mit Ko-
paivabalsam gemalt und noch ziemlich frisch war*^,
von Rom nach Basel schickte und dabei zum Schutze
die Bildfläche mit Papier, das mit Unschlitt bestrichen
war, bedeckte. In Basel angekommen, hatte der Talg
die Farbe und den Balsam durchdrungen und die
Schichte weich und verschiebbar gemacht. Böcklin
kratzte soviel als möglich von der Malerei ab und
war genötigt, das Bild ganz neu zu malen. Die
Schuld traf zweifellos den Balsam; die Arbeit von
Monaten war so vernichtet worden. Wollte demnach
Böcklin seine Oelfarbentechnik in irgend einer Hinsicht
verbessern, so musste er darauf bedacht sein, die innere
Festigkeit des Malmittels zu vergrössern. Dass diese
Annahme berechtigt ist, zeigt die Notiz bei Floerke
(S. 163), in der Böcklins Ansicht wiedergegeben ist:
,,Malerei ist ein Ueberzug. Bei jedem, der halten soll,
muss die untere Schicht die härteste sein. Das Bindemittel
ist das Härteste, jede Zutat von Farbe erweicht dasselbe:
Also wenig Farbe, Farbe ruiniert. Es entstehen Risse,
wenn man das Härtere nach oben nimmt."
Diese Erklärung der physikalischen Natur einer
Malerei ist im Zusammenhang mit den Erfahrungen
Böcklins mit Oel- und Temperamitteln leicht zu ver-
stehen: Wenn der Ueberzug, d. h. die ganze auf den
Grund aufgetragene Malerei eine homogene Masse
bilden soll, so müssen auch die Schichtungen unter-
einander gleich fest sein. Trägt man z. B. auf einer
weichen, also noch nicht gut getrockneten, oder bei Ge-
brauch von Kopaivabalsam kaum jemals absolut festen
112 X. Temperamalerei und Firnisfarbe.
Farbschichte eine Lage von schnell hartwerdendem
Firnis (Bernstein- oder Kopalfirnis) auf, so reisst die
obere Schichte, durch das Zusammenziehen beim
Trocknen veranlasst; ja bei fortgesetztem Zusammen-
ziehen reisst dann die untere Schicht mit. Dies ist auch
der Fall bei Oelfarbe, die bekanntlich während des
Trockenprozesses durch Sauerstoffaufnahme ihr Vo-
lumen vergrössert, sich also ausdehnt.*) Dass die innere
Festigkeit des Bindemittels durch reichlichen Farben-
pulverzusatz leidet, ist ebenfalls ganz richtig, wenn
man bedenkt, dass eine zu wenig Bindemittel ent-
haltende Farbe eben nicht genügend bindet und, statt
glänzend, matt auftrocknen wird. In richtiger Konse-
quenz dieser Tatsachen musste Böcklin für sein System
der Malerei nicht mehr Untermalung, Uebermalung
und Firnis mit verschiedenen Bindemittteln vornehmen,
sondern für alle drei Operationen ein und dasselbe
wählen.
1879, da Landsinger in Florenz mit dem Meister
in Beziehung trat, hatte Böcklin diese Wandlung
von der Oeltechnik zur Malerei mit „Firnisfarbe^
schon vorgenommen. Zum Anreiben der Farben und
zum Firnissen, wenn dies überhaupt nötig war, be-
diente er sich einer Mischung von ^ji Teil Kopallack
*) Bei Lasius, S. 66, findet sich der Ausspruch Böcklins: „Es
ist doch klar, dass eine feuchte Farbe unter einer trockenen
Schicht arbeitet, sich dehnt und schliesslich die überdeckende
Schicht zersprengt. So eiwas kann bei Tempera nie passieren.
Diese verdammten Oelfarben 1 Die unterste Schicht muss immer
die härteste sein. Das ist die Grundierung. Die muss sorgfältig
gemacht werden, damit sie nicht reisst."
Malerei mit „Firnisfarbe*'. 113
(engl. Kutschenlack), ^Ja Teil Venetianischen Terpentin
und ^/4 Teil Terpentin oder Petroleum; mitunter
wurde auch von jedem ^/s Teil genommen oder die
Mischung variiert, je nachdem die Farben schneller
oder langsamer trocknen sollten. Mit dieser „Fimis-
farbe« hätte Böcklin in Florenz von 1878—1886 ge-
malt; unter den so gemalten Bildern seien erwähnt:
„Gefilde der Seligen", die „Toteninsel" nebst
den Wiederholungen, die j^Ruine am Meer" nebst
den Varianten, der „heilige Hain" (Basel),
„Dichtung und Malerei", die „Prometheus-
bilder", der „Abenteurer", die „Pietä**, »Spiel
der Wellen**, „Faun, eine schlafende Nymphe
belauschend", der „Einsiedler" u. a.
Zwei weitere Momente mögen Böcklin überdies
veranlasst haben, zur „Firnisfarbe" zu greifen: Zu-
nächst die Erwägung, dass die härtesten Harze auch
beste Gewähr für die Dauerhaftigkeit des „Ueberzuges"
bieten; damit stimmte er auch mit dem ihm be-
freundeten Maler Heinrich Ludwig in Rom überein,
wonach Kopal und Bernstein als zwei fossile Harze
den jetzt entstehenden vorzuziehen seien (Floerke,
S. 165); und zweitens das Verlangen, sich in seiner
Technik den Methoden der alten Meister zu nähern.
Wir wissen aus Schick, dass Böcklin mit den alten
Schriften des Armenini u.a. längst vertraut war, und
er hat, wie auch Ludwig, keinen Anstand genommen,
sich des Firnisses zu bedienen, der nach Armeninis
Verl Precetti (Ravenna 1587, Seite 128) aus einer
Mischung von Olio d'abezzo und Olio di sasso bestand.
Diesen Firnis hatten, der gleichen Quelle zufolge, die
Berger, Böcklins Technik. g
114 X. Temperamalerei und Fimisf arbe.
besten Künstler in der ganzen Lombardei in Gebrauch
gehabt und nach der Versicherung des Armenini unter
diesen Correggio, Parmegianino und deren Schüler.*)
Wie Ludwig, dessen Werk „Ueber die Grund-
sätze der Oelmalerei" im Jahre 1876 erschien, nach-
gewiesen, ist unter Olio d'abezzo der sog. Venetianer
Terpentin, der aus einigen Pinusarten ausfliessende
Balsam zu verstehen und unter Olio di sasso das
Steinöl oder Petroleum.
Schon in dem erwähnten Buche spricht er (S. 127)
von Petroleumfirnisfarben, über die er sich dann
später ausführlicher geäussert hat. Ob vielleicht auch
Dr. Bayersdorfer, der gleichzeitig mit dem Meister von
München nach Florenz zog, auf die Verwendung, der
„Fimisfarbe*^ Einfluss genommen hat, lässt sich nicht
mehr versichern.
Der Hauptgrund zur Verwendung dieses neuen
Bindemittels war aber die grosse Schnelligkeit der
Ausführung, die es Böcklin ermöglichte, in unverhält-
nismässig kurzer Zeit seine Werke zu vollenden; sie
standen schon in der ersten Anlage sozusagen mit
dem Firnisüberzug versehen da, und nach der ganz
enormen Arbeitstätigkeit während der Florentiner
Zeit zu urteilen — in den zehn Jahren hatte er
beinahe hundert, teils sehr figurenreiche Werke ge-
schaffen (Verz. Nr. 249 bis 338) — muss die Malerei
mit Firnisfarben ungemein schnell von statten ge-
gangen sein.
*) Vergleiche meine Beiträge zur Entwicklungsgeschichte
der Maltechnik, IV. Folge. Quellen für Maltechnik während der
Renaissance und deren Folgezeit. München 1901, S. 57>
«Spiel der WcUen«. 115
Aber auch diese Firnisfarbe hatte gewisse Nach-
teile, besonders wenn der Grund ein sehr fester war,
wie z. B. auf Zink, das Böcklin einmal bei Wieder-
holung einer seiner ^ Toteninseln*' und bei dem „Porträt
der Frau Gurlitt" benützte. »Die Farbe trocknet
schwer, und beim mehrfachen Uebermalen wird die
Malerei nicht mehr so brillant als man gerne möchte ;
vor allem ist das langsame Trocknen lästig.** Dies
sind Böcklins Worte in dem Gespräche über seine
Technik (s. oben S. 4).
Welch grosse Schnelligkeit im Arbeiten Böcklin
mit der Zeit erlangt hatte, und wie er seine Schöpf-
ungen vollständig fertig im Kopfe mit sich trug, be-
weist folgende, von H. A. Schmid wiedergegebene
Erzählung*) von dem Entstehen des Bildes »Spiel
der Wellen«:
„Der Besitzer des Hauses, in dem Böcklin in Florenz
während der 80er Jahre eine Reihe seiner gefeiertsten
Werke schuf, war selbst Maler, und hatte sich einmal eine
Leinwand erworben und auch schon braun grundiert, die
ihm für seine Blumenstöcke denn doch zu gross schien;
er fragte deshalb eines Tages seinen Mieter, ob er nicht
für diese eine Verwendung habe, Böcklin willigte ein und
wie öfters, an einem Sonntag, als alles um ihn stille war,
begann er auf dieser Leinwand ein neues Bild. Mit farb-
losem Wasser skizzierte er auf dem dunklen Grunde vor
den Augen eines erstaunenden Schülers das «.Spiel der Wellen*'
der neuen Pinakothek in München , eine Komposition, die
vordem noch niemand aus einer Vorarbeit geahnt hatte.
Als die Hauptlinien feststanden, das Wasser aufzutrocknen
und das Bild wieder zu erlöschen begann, wurde mit
*) Arnold Böcklin, zwei Aufsätze von Heinr. Alfred Schmid,
Berlin, F. Fontane & Co., 1899, S. 30.
8*
115 X. Temperamalerei und Fimisfarbe«
Kreide den nassen Strichen und den aufgetrockneten
Rändern, die diese hinterlassen hatten, nachgefahren und
von neuem entstand die Komposition. Nach siebzehn Tagen
soll dann diese grossartige Meeresnovelle fertig gewesen
sein, die allein durch den Zauber, mit dem das Wasser ge-
malt ist, so viele von den Verächtern des Künstlers be-
kehrt hat."
Was an dieser Geschichte Wahrheit und was
Anekdote ist, lässt sich kaum mehr unterscheiden.
Schmids Gewährsmann war Maler Sandreuter, der die Er-
zählung vielleicht schon aus zweiter Hand wiedergab. An
einen „dunkeln Grund* der Leinwand wissen andere
Zeugen der Zeit (Maler Landsinger und Knopf) sich
nicht mehr zu erinnern ; wenig wahrscheinlich ist das
Skizzieren der Komposition mit „farblosem Wasser*'
und das Nachfahren der nassen Striche mit Kreide.
Vielleicht ist der umgekehrte Vorgang glaubwürdiger^
nämlich das Skizzieren mit Kreide und das Abwischen
der überflüssigen Striche mit Wasser, Richtig ist
jedoch die fabelhafte Schnelligkeit, mit der dieses Bild
in 17 Tagen vollendet wurde.
In der Florentiner Zeit hat Böcklin, wie wir ge-
sehen haben, die Fimisfarbe vornehmlich benützt, aber
auch manche Gemälde in gemischter Technik, d. h.
unter Zugrundelegung einer Tempera -Untertuschung
gemalt.
XL
Züricher Zeit. Aufgeben der Fimisfarbe.
Kirschharztempera des Theophilus.
Is Böcklin im Frühjahr 1885 von Florenz
nach Zürich übersiedelte — es war ihm
darum zu tun, seinen heranwachsenden
Söhnen gediegenere deutsche Bildung an-
gedeihen zu lassen — war sein künstlerischer Ruf
auf der Höhe angelangt. Die Bestellung von Bildern
und andere Ehrungen häuften sich; der Entfaltung
der künstlerischen Tätigkeit waren weiter keine
Schranken gesetzt. Auch der Ausübung von Schwester-
künsten, wie der Bildhauerei konnte er sich wieder
mehr widmen.
In seiner Maltechnik folgte er in der ersten Zeit
des Züricher Auf enthaltes der in Florenz geübten Manier
der Firnisfarbe, die ihm wegen des beschleunigten
Verfahrens gute Dienste geleistet haben mag. Aber
in seinem fortwährenden Drange nach Verbesserung
blieb er nicht bei den einmal erprobten Rezepten.
Aus dem anfänglich aus Kopal und Leinöl*) bestehen-
♦) V» Kopalfirnis und «/s Leinöl.
118 XI. Züricher Zeit.
den Malmittel war in Florenz, durch Annäherung an
den Correggiofirnis des Armenini ein anderes Binde-
mittel für den Farbkörper entstanden, bei dem der
Kopalfirnis das festeste war, während Venetianer
Terpentin zum Geschmeidigermachen, Petroleum zum
Verdünnen und längerem Nasshalten dient. Ter-
pentinessenz als Zugabe an Stelle von Petroleum be-
schleunigt zwar die Trocknung, würde aber durch
das schnelle Verdunsten die Malfähigkeit der Farben
beeinträchtigt haben. Floerke (S. 164) berichtet, dass
Böcklin auch in Zürich seine „Firnisfarbe" stetig zu
bessern bestrebt war, wie folgt:
„Er hat mal wieder (November 1885, Zürich) ein neues
Malmittel 'erfunden. Nach Tempera, Petroleum, reinem
Leim, Fresko und Gott weiss was, braucht er nun einen
Firnis, der wie reiner Leim aus dem Pinsel fliesst. Das
erste Hild, welches er damit gemalt hat, ist in der Tat
weniger spröd als andere, sondern weich, morbido, im Vor-
trag an Tademas Marmor etwa erinnernd („Vinum Opti-
mum**). Der Firnis besteht aus sechserlei: gekochtem
Leinöl, Bernstein, Mastix, Balsam copaive, Petroleum und
Terpentin, (Er hat in seinem Leben Kameen geschnitten,
gebildhauert, farbige Skulpturen gemacht, Fresken gemalt,
die alte Tempera wieder neu belebt, mit purem Leim, mit
Petroleum etc. gearbeitet und nun benützt er wieder ein
Malmittel, durch welches faktisch der Vortrag seiner letzten
Bilder (seit dem,, Vinum optimum**) etwas besonders Weiches
und Flüssiges erhalten hat. Es steckt noch ein Stück alter
Künstlerschaft in ihm, die noch etwas gelernt und erfahren
haben musste und den goldenen Boden selbsterworbener
Technik hochachtete.)*'
Fast zwei Jahre später ändert Böcklin immer
noch an der Zusammensetzung seiner Firnisfarbe.
Wir lesen bei Floerke (S. 165):
Technik von 1887 und 1888. 119
„(Mai 1887). Sein neuestes Malmittel ist halb Bern-
steinfirnis, halb Kopalfimis.*)
Schellack, Kolophonium, Kirschharz etc. sind Lacke
jetzt lebende Harze. Im Gegensatz dazu die fossilen
Harze: Bernstein und Kopal. Letztere sind die einzig
brauchbaren, fast unveränderlichen, in schönen Stücken in
gekochtem Leinöl geschmolzen.'*
Der Zeitpunkt, da Böcklin die Malerei mit Firnis-
farbe**) aufgegeben hat , ist nicht genau fixiert.
Einer Nachricht bei Floerke zufolge mag es Mitte
1888 gewesen sein, da Böcklin sich der Kirschharz-
tempera zuwandte. »Jetzt (Mitte 1888) malt er mit
Kirschharz und Wasser nach einem von Lessing mit-
geteilten Rezept." Mit diesen wenigen Worten wird
von der in technischem Sinne weittragendsten Aende-
rung von Böcklins Malweise berichtet, die sich in
Zürich vollzog.
Aber so plötzlich und unvermittelt, als es viel-
leicht den Anschein hat, war die Wandlung nicht
eingetreten ; er kehrte nur zu seinen ^premiers amours"
*) Nach Frei, S. 81, bestand die Mischung aus 2 V> Teilen
Bemsteinfimis und ^/s Teil Kopalürnis.
♦*) Von den Gemälden der Züricher Zeit mögen als in Fir-
nisfarbe ausgeführt die folgenden erwähnt werden: Aus dem
Jahre 1885: „Altröm. Maifeier**; Wiederholungen von „Schweigen
des Waldes", „Toteninsel", „Heiliger Hain", ,,Ueberfall von See-
räubern", „Burgruine^; aus dem Jahre 1886: „Herbstgedanken",
„Spiel der Najaden*, „Meeresstille", „Sieh*, es lacht die Au",
,Meeresidylle* ; 1888: „Vita somnium breve", „Frühlingshymne",
„Heimkehr", ., Lebensinsel" ; 1890: „Armut und Sorge", „In der
Gartenlaube"; 1892: „Antonius predigt den Fischen** u. a.
120 XI. Züricher Zeit.
zurück, als die ruhigere Zeit zum Wieder-Experimen-
tieren es ermöglichte. Zweifellos hat ihn das Ver-
langen getrieben, seine Farben so leuchtend wirken
zu lassen, wie die Bilder der älteren Niederländer
Roger van der Weyden, Dirk Bouts und der früheren
Kölner Meister es zeigen. Stunden verbrachte er in
den Galerien vor diesen Werken und er konnte, immer
wieder von den Details und deren Schönheiten in
Entzücken versetzt, sich kaum davon trennen. Sein
langjähriger Freund und Mentor in kunsthistorischen
Dingen, der mit der Literatur der ältesten Quellen
für Maltechnik vertraute Dr. Adolf Bayersdorf er
mag ihn schon in Florenz auf die Schriften des
Theophilus Presbyter aufmerksam gemacht haben.
Diese waren in Fachkreisen wohl längst bekannt,*)
aber durch die neue deutsche Ausgabe mit der Ueber-
setzung von Ilg (Wien 18/4, VII. Band der Quellen-
schriften für Kunst- und Kunsttechnik des Mittelalters
und der Renaissance) wurde die allgemeine Aufmerk-
samkeit wieder intensiver auf diese älteste Quelle
deutschen Ursprungs gelenkt. Vielleicht hat Böcklin
schon in Florenz in der Art einiges versucht, da „Der
Schatzhüter" als „Harztempera*-Malereiim grossen
Verzeichnis (Nr. 273) angeführt ist und darunter wird
vermutlich die Kirschharztempera zu verstehen sein.
Was uns über Böcklins Kirschharztempera
*) Die Ausgabe von de TEskalopier erschien 1843, eine eng-
lische von Hendrie 1847. Lessing machte schon 1774 in seiner
Schrift »Vom Alter der Oelmalerei aus den Theophilus Presbyter'
auf den Kodex der Wolfenbütteler Bibliothek aufmerksam. Nach
ihm Raspe (London 1781).
,t*
Technik des Theophilus Presbyter, 121
überliefert wird, stammt hauptsächlich aus den Er-
innerungen der Züricher Schüler des Meisters Albert
Welti, Ernst Würtenberger und Otto Lasius,
teilweise vereinigt in dem Buche von A^ Frey;*) er-
gänzt werden diese Nachrichten durch gelegentliche
Mitteilungen von Floerke, Bayersdorfer und briefliche
Aeusserungen des Meisters selbst. Wir müssen aber
von vornherein zwei Arten der Kirschgummi-Tempera,
wie sie Böcklin verwendete, unterscheiden, nämlich
die genau nach Theophilus ausgeübte und eine zweite
modifizierte Form, nämlich die Kirschgummi-Emulsion.
Die erste Art, die man durch die Abwesenheit
von Oel- oder Firniszugabe die „magere" nennen
könnte, ist im XXVII. Kapitel des Theophilus, das
die Ueberschrift trägt : „Wie die Farben mit Oel und
Gummi gerieben werden", wiedergegeben. Im
zweiten Absatz — der erste handelt von der Oel-
malerei, die wegen des langsamen Trocknens gar „lang-
wierig und verdriesslich** ist — heisst es:
„Wenn du aber deine Arbeit beschleunigen willst, nimm
Gummi, welcher aus dem Kirschen- oder Pflaumenbaume
hervorkommt, zerschneide ihn klein und gib ihn in ein Ton-
geschirr, giesse reichlich Wasser darauf, setze es an die
Sonne oder über ein leichtes Kohlenfeuer im Winter, bis
der Gummi flüssig wird, und rühre ihn mit einem runden
Holze fleissig. Dann seihe ihn durch ein Leinen, reibe die
Farben damit und setze sie auf. Alle Farben samt ihren
Mischungen können mit diesem Gummi gerieben und auf-
gesetzt werden, ausser Minium, Bleiweiss und Karmin, die
mit £ikläre zu reiben und aufzusetzen sind . . .^^
*) Arnold Böcklin. Nach den Erinnerungen seiner Züricher
Freunde. Stuttgart und Berlin 1903. S. 80—87.
122 XI. Züricher Zeit.
Im folgenden Kapitel XXVIII „Wie oft die
Farben aufzusetzen sind", heisst es:
„Alle mit Oel oder Gummi gemahlenen Farben darfst
du dreimal auf Holz setzen. Ist die Malerei fertig und
trocken, so überstreiche das an die Sonne gebrachte Werk
mit jenem Firnis (Vemition) und sobald er von der Wärme
abzufliessen beginnt, reibe ihn leicht mit der Hand und tue
es zum dritten Male und lasse es dann gänzlich trocknen.^'
Unter dem „Vemition** ist ein durch Lösung von
Harzen in Leinöl hergestellter Firnis zu verstehen.
(Kap. XXI.)*)
Dieses Theophilus-Rezept ist für die Tempera-
malerei der Angelpunkt, von dem Böcklin bei seinen
weiteren Versuchen ausging und deren er sich von
nun an immer mehr bediente. Nach den Angaben
von Würtenberger hätte der Meister die Kirschharz-
tempera in folgender Art bereitet (a. a. O. S. 11):
„Das Malmittel, mit dem er auch die Farben anrieb,
bereitete er sich selbst und zwar auf folgende Weise: An
Kirsch-, Pflaumen- und Pfirsichbäumen ausgetriebenes Harz
wurde durch Destillieren [soll wohl heissen: Auflösen] an
der Sonne gelöst, oder aber durch Kochen über dem
Feuer, und zwar nicht direkt über dem Feuer, sondern im
Wasserbade. Die aufsteigenden Unreinheiten wurden ab-
geschöpft und, nachdem das Harz ganz gelöst war, wurde
die Flüssigkeit filtriert und dann zu neun Teilen mit einem
Teil Petroleum, Terpentin und Balsam Copaivae gemischt.
Die Mischung, die übrigens leicht ins Brennen gerät, wurde
♦) Die Theophilus-Technik ist als die Technik des 12. bis
14. Jahrhunderts anzusehen. Da Blei weiss und alle Mischungen
dieser Farbe mit Eikläre angerieben wurden, ist die Technik
eigentlich nichts anderes als eine gefirniste Miniaturmalerei.
Vergl. meine Entwicklungsgeschichte der Maltechnik, III. Folge
(Mittelalter) S. 48 ff.
Rezept für Kirschharztempera« 123
noch einmal aufgekocht, während wiederum die aufge-
triebenen Unreinheiten abgeschöpft wurden.*)
Mit dieser Emulsion rieb nun Böcklin die Farben an.
Er malte zum Teil mit ihr, zum Teil mit Wasser. Zwischen
hinein fimiste er gelegentlich mit Balsam Copaivae und
darüber malte er wieder mit der Emulsion. Für Weiss nahm
er dieses Bindemittel nicht, sondern geschlagenes Biweiss,
das wieder flüssig geworden war.
Diese Malerei passte ihm vollkommen für seine Zwecke :
Leuchtende Farben, Klarheit bis in die tiefsten Dunkelheiten,
Möglichkeit der zeichnerischen Vollendung. Vor allem ver-
langt diese Farbe Präzision, ein Herumtasten bezw.
„Schmieren**, wie die Oelfarbe es erlaubt, gibt es nicht."
Im Vergleich mit dem oben angeführten Rezepte
des Theophilus hat Böcklin an der Kirschgummitempera
eine eingreifende Veränderung durch die Beigabe
von Petroleum, Terpentin (ob Terpentinessenz oder
venet. Terpentin ist fraglich) und Balsam copaivae
vorzunehmen für gut befunden ; und die Gründe hie-
für sind leicht einzusehen, weil er durch diese Bei-
gaben und innige Verrührung derselben eine Art Emul-
sion herstellte, die eine Verwandtschaft mit seinem
Zwischenmedium, dem Balsam copaivae, hatte. Die
Schichten konnten sich dann besser aneinanderschmie-
gen als bei der Oelfirniszwischenschicht des Theo-
philus. Einschlägige Versuche lehren, dass Kirsch-
gummi allein sehr leicht Sprünge verursacht, beson-
*) Dass sich Frau Böcklin als eine Meisterin in der Her-
stellung dieses Bindemittels erwies (s. Frey, S. 83), ist nicht zu-
treffend. Sie wählte nur die hellsten Stücke mit Sorgfalt aus und
löste sie in W^asser auf, um ein möglichst klares Bindemittel zu
erhalten (Mitteilung von Carlo Böcklin).
124 XI. Züricher Zeit
ders wenn die gefirniste Unterschichte nicht völlig
getrocknet war.*) Bei dem obigen Bindemittel ist dies
weniger zu befürchten. Aus der in der Anmerkung ver-
zeichneten Variation (Mastixfimis an Stelle von Terpen-
tin, Emulsion von Eiweiss mit Mastixfirnis zur Ueber-
malung etc.) ist ersichtlich, dass ein bestimmtes Rezept
*) Einer freundlichen Mitteilung eines Kollegen, der mit
Würtenberger in Zürich in näherem Verkehr stand, verdanke ich
die folgenden detaillierten Angaben über die Bereitung des KLirsch-
harz-Bindemittels :
1. Kirschharz zerstossen und circa 24 Stunden in Wasser
aufquellen lassen.
2. Etwa Vs Stunde im Wasserbad kochen, bis das Harz voll-
ständig aufgelöst ist.
3. Erkalten lassen und durch ein feines Sieb seihen.
4. ^/lo von der erkalteten Kirschharzlösung wieder zusammen-
geschüttet mit ^/lo, das aus Petroleum, Balsam copaivae
und Mastixfirnis zu gleichen Teilen besteht.
5. Diese Emulsion (?) circa 20 Minuten vorsichtig kochen.
Die Farben werden mit diesem Bindemittel angerieben
ausser Weiss, das mit geschlagenem Eiweiss ange-
rieben wird.
Firnis bezw. Zwischenfirnis: Balsam copaivae und Mastix-
firnis 1:1.
Uebermalung:
Das Klare des Eiweiss, nachdem es geschlagen war,
wird mit der Hälfte bis •/♦ oder mehr von dem oben-
genannten Firnis vermehrt. Genaues Mass kann nicht
gegeben werden, da der Wassergehalt des Eiweiss in
jedem Ei verschieden ist.
Man kann auch mit Kirschharzmedium übermalen, nur
muss der Firnis vollständig trocken sein.
Nach einer weiteren Mitteilung hatte Würtenberger diese Re-
zepte nicht von Böcklin direkt, sondern durch den Maler Änets-
berger erhalten.
Magere und fette Tempera. 125
für diese Art der Technik nicht existierte. Böcklin verän-
derte fortwährend, vielleicht auch bei ein und demselben
Bilde. Aber durch alle diese Versuche wurde er mit
den Eigenschaften der Kirschharz tempera so vertraut,
wie wohl kein Maler vor ihm.
Was Frey von dem Wesen der Emulsion oder der
sog, Oeltempera berichtet, entspricht vollkommen
den jetzt allgemein angenommenen Grundlagen über
diese Mischung von wässerigen und öligen Bindemitteln
(8. S. 83); nur wäre gegen den Satz: „Als Böcklin in
der mageren Tempera heimisch geworden war, lockte
es ihn 1889, auch die fette zu ergründen", einzu-
wenden, dass die von Böcklin gebrauchte Kirschharz-
tempera schon eine Form der „fetten" Tempera war,
da er die mit Wasser nicht mischbaren Mittel, Balsam,
Terpentin oder Firnis, durch den Gummi emulgierte.
Frey gibt darüber Aufschlüsse, die zum grossen
Teil mit meinen Ausführungen über die „Oeltempera"*)
übereinstimmen. Ich lasse hier diese Sätze folgen, weil
sie zur Erklärung der ganzen Technik beitragen:
„Magere Tempera nennt man die schon erwähnten
klebrigen, mit Wasser mischbaren Bindemittel, womit die
Farben angerieben wurden, und dann die mit den Binde-
mitteln gemischten Farben selbst. Fügt man nun diesen
Bindemitteln [durch inniges Verrühren] noch Oel oder Oel-
firnisse bei (Oelfirnisse heissen gekochte Oele und solche,
denen Harze beigemischt sind), so erhält man die fette
Tempera, oder wie sie auch wegen des ihre ganze Art
bestimmenden Zusatzes heisst, die Oeltempera.
*) Vergl. den Abschnitt »Die Oeltempera. Ein Versuch zur
Lösung der Frage von der «Erfindung der Oelmalerei* durch die
Brüder van Eyck**, in der 111. Folge meiner Entwicklungsgeschichte
der Maltechnik, München 1897, S. 219.
126 XI. Züricher Zeit.
Hergestellt wird die Oeltempera vermittels der soge-
nannten Emulsion, weswegen sie auch Emulsionstempera
heisst.
Emulsion ist eigentlich eine künstlich bereitete Milch.
Sie entsteht durch Zerreiben eines jeden ölreichen Samens
mit wenig Wasser, ebenso durch Feinreiben fettartiger
Stoffe mit klebrigen, wasserlöslichen, wie z, B. Gummi.
Diese klebenden Stoffe, welche auch in den Samen ent-
halten sind, gestatten nämlich, Fette und Oele so fein zu
zerteilen , dass die einzelnen Tröpfchen sich nicht mehr zu
vereinigen vermögen, sondern, durch Wasser getrennt,
schweben bleiben. Die auf diese Weise entstandene
Mischung ist weiss, wie jede innige Mischung farbloser
Stoffe, die das Licht verschieden brechen.
In der Natur sind solche Mischungen sehr häufig; alle
Milch der Säugetiere z. B. besteht aus einer Emulsion des
Rutterfettes mit Kasein. Femer sind im Eidotter ein eiweiss-
artiger Stoff, das Vitellin, und das Eieröl emulgiert. Das
Vitellin besitzt, was für den Maler unter Umständen wichtig
ist, eine solche emulgierende Fähigkeit, dass es ausser dem
im Dotter enthaltenen Oel noch ein Quantum zu binden
vermag, das ungefähr dem Gewicht des ganzen Eidotters
entspricht.
Man gewinnt eine Oelemulsion, indem man zum Beispiel
einenTeil pulverisierten Gummi [arabicum] unter allmählicher
Zugabe von 17 Teilen Wasser mit zwei Teilen Oel verreibt.
Die Zahl der Oelemulsionen und damit diejenige der Oel-
temperarezepte ist nahezu unbegrenzt, so dass neue Ver-
bindungen und Varianten in grosser Menge möglich sind.
Zu den Kennzeichen einer guten Oeltempera gehört das
feste und das rasche Auftrocknen. Dieses rasche Auf-
trocknen bildet einen ihrer Vorzüge, aber nicht den einzigen.
Sie ermöglicht nämlich auch, da man die mit ihr ange-
riebene Farbe sehr verdünnen kann , eine häufige Ueber-
malung und ein rasches Arbeiten zugleich, weil man, wenn
man die Temperaschicht mit einer Oel- oder Oelfirnislasur
überzogen hat, auf dieser Lasur, selbst wenn sie noch nass
Oeltempera (Emulsion.) 127
ist, (vieder Tempera auftragen kann.*) Sie gewährt femer
gegenüber der mageren Tempera insofern ein leichteres
Schaffen, als man mit der beliebig zu verdünnenden Farbe
sehr ins Detail gehen und ausführen kann. Oeltempera ist
auch gegen Feuchtigkeit und Wasser gefeit wegen des Oel-
gehaltes und die mit ihr gemalten Bilder erhalten sich
besser als Oelbilder, weil die Oeltemperafarben nur etwa
den vierten Teil enthalten von dem Oelquantum der ge-
wöhnlichen Oelfarben, somit vor Vergilbung und Trübung
eher geschützt sind.
Mit einem Worte, man darf sagen, dass die Oeltempera
die Vorzüge der mageren Tempera und der Oelmalerei
vereinigt, wie sie deim auch aus der Verbindung dieser
beiden hervorgegangen und recht eigentlich ihr Kind ist.
Denn die beiden sind älter als sie.'<
Dieses Loblied Freys auf die Oeltempera ist nur
dann berechtigt, wenn die Technik auch in dem Sinne
der frühmittelalterlichen Meister angewendet wird.
Aber Böcklin war es ja gerade darum zu tun. Frey
sagt (S. 84) : „Als er sich anschickte, der Oeltempera
ihre Geheimnisse abzuringen, hatte er sich ein ganz
bestimmtes Ziel gesteckt:'*
„Er wollte die sieben Siegel lösen vom geheimnisvollsten
und zugleich verlockendsten Mysterium der gesamten Mal-
technik, nämlich von der Eycktechnik. Dass diese Oel-
malerei gewesen sei, das gehörte für ihn seit langem zum
Köhlerglauben. Er hielt sie für eine vielleicht mit Firnis-
malerei kombinierte Oeltempera, was sie wohl . . , .♦♦) auch
gewesen ist . . . .**
*) Dazu gehören allerdings gewisse Vorsichtsmassregeln und
die geeigneten Emulsionen. Mit Gummi - Oel - Emulsion wird
dies viel schwieriger zu machen sein als mit Ei- oder Kasein-
Emulsionen.
*♦) Frey nimmt an dieser Stelle in sehr anerkennender Weise
auf die Untersuchungen und Versuche des Verfassers Bezug. Es sei
128 XI. Züricher Zelt.
,,Das ganze Unterfangen wurde ihm natürlich dadurch
erschwert) dass er auf keiner handwerklichen Tradition und
Atelierpraxis weiterbauen konnte, sondern alles gleichsam
von vom anzufangen gezwungen war. Daraus erklärt sich
das teilweise Misslingen seiner ersten Versuche. Er erfuhr
nämlich mit einer Emulsion von Eiweiss und Leinöl und
mit einer anderen, von Kirschgummi und Leinöl, was später
Berger *) bei ähnlichen Versuchen auch erlebte ; die Gummi-
öltempera knäult beim Malen zusammen und wird so trocken,
dass sie mit der gleichen Tempera nicht wieder übergangen
werden kann, das heisst die Farbe perlt und tränt, der
Untergrund ninmit sie nicht an, wie sie denn auf getrock-
netem Oelgrund schlecht, auf feuchtem gar nicht haftet.
Ganz anders die Eigelböltempera. Sie ist selbst auf
auf nassem Oelgrund [d. h. mit Gel angefeuchtetem] leicht
aufzutragen. Aber Böcklin besass, wie gegen das Nussöl,
das sich zur Emulsion besser eignet, als das von ihm ver-
wendete Leinöl, eine entschiedene Abneigung gegen das
Eigelb. Und offenbar infolge dieser Abneigung hat er sich
nie zur Eigelbtempera entschlossen.**)
gestattet zu erwähnen, dass diese Versuche ganz ohne Kenntnis
der Böcklinschen vorgenommen wurden. Sie sind zuerst rer-
öffentlicht worden in der Zeitschrift für bildende Kunst (Neue
Folge, VI. Heft 8 u. 9, 1895), dann ausführlich beschrieben in der
oben zitierten 111. Folge meiner Entwicklungsgeschichte der Mal-
technik (München, 1897).
*) Was hier folgt, bezieht sich auf die oftmals beobachteten
Unterschiede zwischen der Gummi-Oeltempera und der Ei-Oel-
tempera. Die oben angegebenen Mischungen hatte Böcklin
übrigens meist viel später und zwar 1896 und 1897 verwendet.
Vgl. den I. Abschnitt S. 5 und 6.
**) Diese Angaben sind irrig. Böcklin hatte die „Kreuzab-
abnahme' 1876 bereits mit Eigelb- und Oelfirnis-Emiilsion gemalt.
Die Abneigung gegen Eigelb ist darauf zurückzuführen, dass
Eigelb einen Farbstoff enthält, der auf alle hellen Farben mehr
Kirschgummi-Emulsionen. 129
Er begann vielmehr zu kombinieren, indem er mit der
Gummitempera des Theophilus untermalte, mit Eikläre
oder Firnis fixierte und mit Farben fertig malte, die mit
Bernsteinfirnis, Parabalsam (Kopaivabaltam) und etwas Pe-
troleum gemischt waren, also mit Fimisfarben ....
Um die Emulsion zu konservieren und die Fäulnis dei
Bindemittel zu verhüten, tat er nur sehr wenig ; mit Eigelb,
das sich am leichtesten zersetzt [nicht leichter als Eiklar I)
malte er, wie Albert Welt berichtet, wenigstens bis 1890
nicht [vergl. die Anmerkung] und, wie schon bemerkt, offen-
bar auch später niemals; Kirschgummi fault nur langsam
und war ja durch den Zusatz von Terpentin, Kopaivabalsam
und Petroleum, sowie durch das erneute Aufkochen vor
Verderbnis geschützt. Ueberdies schloss ihn Böcklin im
Gefäss vor der Luft durch eine dünne, darübergegossene Oel-
schicht ab. Eikläre muss immer frisch geschlagen werden
und trocknet, wenigstens in kleinen Quantitäten, eher stein-
hart auf, als dass sie verdirbt; zudem hat Böcklin in den
letzten Jahren Borax unter das Eiweiss genommen, aller-
dings nicht nur, um der Fäulnis vorzubeugen, sondern auch,
um dem Bindemittel mehr Konsistenz verleihen. Uebrigens
war er gegen allfällige Düfte der Malmittel nichts weniger
als verzärtelt und lachte über die Maler, die mit Wohlge*
rüchen malen.''
Wenn man einen strengeren Masstab an die oben
beschriebenen vielfachen Variationen der Gummi-
Emulsion anlegt und durch einschlägige Versuche sich
über deren Zweck vergewissert, dann kommt man zu
dem Resultat, den Begriff der Emulsion etwas erweitern
zu müssen. Eigentliche Emulsionen sollten, einmal
mit Wasser verdünnt, in dem suspendierten Zustande
verbleiben. Dies ist bei den Kirschgummi-Emulsionen
oder weniger Einfluss haben wird. Böcklin wusste dies ganz
gewiss aus seinen vielfachen früheren Versuchen mit Eitempera
in München und Florenz.
Berg er, Bdcklins Technik. 9
130 XI. Züricher Zeit.
mit den obigen Zusätzen meistens nicht der Fall, die
öligen Teile scheiden sich nach kurzer Zeit wieder ab,
es entstehen Schichtungen. Auch die zweite Be-
dingung, die Unempfindlichkeit gegen Wasser, die bei
richtig hergestellten Emulsionen nach einiger Zeit zu
bemerken ist, lässt bei vorherrschendem Gummianteil
sehr zu wünschen übrig. Diese Einwände treten je-
doch bei Böcklins Emulsionstechnik in den Hinter-
grund, weil er erstens sein Farbenmaterial täg-
lich frisch bereitete, also die Gefahr der Ab-
scheidung der fetten von den wässerigen Bestandteilen
vermieden wurde und überdies angenommen werden
kann, dass die richtige Emulsion während des
Reibens der Farben vor sich ging. Auf die Unemp-
findlichkeit der getrockneten Malerei gegen Wasser
brauchte er nicht viel Gewicht zu legen, weil die
Fimisschichte der Uebermalung genügenden Schutz
geboten hat.
In der Züricher Zeit sind (nach den Angaben des
Verzeichnisses) folgende Bilder in Tempera gemalt:
339. Selbstbildnis mit dem Weinglas; 352. „Su-
sanna im Bade"; 360. „Kampf auf der Brücke*
(skizzenhaft, Harztempera); 361. Wiederholungeines
Bildnisses von Gottfried Keller; 363. das Tryp-
tichon „Marien sage" (hievon auch die erste Fas-
sung des Mittelbildes); 367. „Venus Anadyomene*;
369. „Die Freiheit"; 375. „Landschaft zu einer
Jagd der Diana'* (umgestaltet 18%).
Als Böcklin an dem Bilde „Mariensage" arbeitete,
glaubte er eines Tages auf der Bildfläche eine Menge
kleiner Sprünge zu bemerken und war darüber so er-
Albert Weltis Notizen 131
regt, dass er (nach Maler Landsingers Erzählung) die
Nacht schlaflos verbrachte. Die Risse haben sich aber
nach dem Firnissen nicht wieder gezeigt.
Im Anschlüsse an die Bemerkungen über die
Technik Böcklins während des Züricher Aufenthaltes
tnögen hier noch ein paar Sätze beigefügt werden,
-die einem kleinen Aufsatze Albert Weltis, betitelt
^Bei Böcklin"*) entnommen sind. Welti war im
Jahre 1888 und 1889 als Schüler und Famulus in des
Meisters Atelier tätig und berichtet über seine Arbeit
4es Farbenreibens, Grundierens der Maltafeln, über
4ie Bereitung des Kirschharzgummis u.a.; er malte in der
gleichen Technik und war auch Zeuge der Wandlung
innerhalb der neu aufgenommenen Temperatechnik.
Böcklin war damals mit dem Tryptichon „Mariensage**
{links die Geburt Christi; in der Mitte die thronende
Madonna und rechts der Abschied Jesu von Maria)
l)eschäftigt, dies alles in Tempera, ausserdem arbeitete
•er an der „Cimbernschlacht", welche einmal „sehr farbig
schön war, die er aber später in Nebel hüllte, um die
Situation besser zu erklären.*
Daran knüpft Welti folgende Bemerkung über
Kias technische Verfahren während dieser Zeit:
„Nach einem viertel- oder halben Jahr machte der Meister
schon eine kleine Schwenkung in der Technik; er suchte
das Eiweiss, das er für die Mischungen mit Weiss benützte,
mit Oel bezw. Firnis zu emulsionieren, was aber nicht gut
ging. Ich machte die Schwenkung natürlich auch mit, und
bald darauf auch die teilweise Rückkehr zur Oel-, bezw.
Firnismalerei, welche einen nach den Strapazen des Tem-
*) Im Böcklinhefte des ,Kunstwart*, 14. Jahrg., Heft 9,
i^ebruar 1901. S. 400.
9*
132 XI. Züricher Zeit.
pera- und besonders des Emulsionsfeldzuges recht erfrischte
und wieder recht im freien Schaffen ergehen Hess. Hätte
der Meister sich damals entschliessen können, statt Eiweiss
Eigelb zur Emulsion zu nehmen, wäre alles ganz leicht ge-
gangen, aber er hatte mit dem Eigelb allein schlechte Er-
fahrungen gemacht.'
„Das Springen der Farbe war immer noch die Haupt«
kalamität der Tempera. Einer kleinen Madonna, an welcher
ich mit grosser Liebe malte, war schliesslich durch die
täglichen freilich ganz berechtigten Einsprachen des Meisters
stückweis von der Tafel der Grund mit der Malerei ab-
gefallen, einmal sah sie ganz ordentlich aus. Dann kamen
die Emulsions- und Fimiswehen, und die Frische war zum
Teufel. So ging es schliesslich mit allem, was ich anfing»
zuletzt waren gewöhnlich bloss noch die Knochen übrig.
Auf den Vorwurf des Meisters, dass ihm doch nichta
springe, zeigte ich ihm boshaft eine Stelle auf seinem Ma-
donnenbilde, di2 ich beobachtet hatte, als ich, wie oft in
seiner Abwesenheit, vor seinen Bildern stand. Es war
wirklich auch eine abgefallene Stelle, er musste es selbst
zugeben. Die Tempera wurde aber nie ganz aufgegeben,,
sie wurde zur Untermalung beibehalten. Von den Farben
musste ich ihm nur noch Bleiweiss in Firnis reiben, und
zwar hatte er an einer kleineren Tube ein halbes Jahr oder
noch länger genug. Die übrigen Farben bereitete er sich
immer selbst täglich auf der Palette in sehr kleinen Mengen,,
wenn er so zwischen 9 bis 10 Uhr ins Atelier kam . . . ."^
XII.
Letzte Periode. Die alten Meister. Florenz und
Ssui Domenico.
einer durch den Schlaganfall im Früh-
jahr 1892 schwer betroffenen Gesundheit
wegen gingBöcklin wiederholt an dieRiviera,
hielt sich dann zwei Jahre in Florenz auf
und nachher hat er sich in nächster Nähe von Florenz,
in S. Domenico, dauernd sein Heim geschaffen» Aber
immer und überall beschäftigt ihn das liebgewordene
Problem, wie die alten Meister zu malen, und er glaubte
in der Tat der Lösung dieses Problemes durch seine
letzten Erfahrungen näher gekommen zu sein.
Ein Brief, der schon S. 21 u. 35 erwähnt wurde,
gestattet einen deutlichen Einblick in den Gedanken-
gang, der ihn zu der Theophilus-Technik führte. Wir
lassen ihn hier (nach Mendelsohn S. 217) folgen:
„2. Oktober 1893. S. Terenzo Golfo di Spezia.
Lieber Freund I
Von meiner neuen, vielmehr alten Malweise kann ich
Dir nur soviel melden, dnss sie nach der Vorschrift des
Theophilus Prebyter ist, der circa um das Jahr 1000
gelebt haben soll. Kirschgummi und Ei weiss das ge-
134 XII« Letzte Periode. Florenz und San Domenico.
schlagen wird, sind die Bindemittel und Harz (Mastix,.
Kopal) mit Leinöl der Ueberzug. Damit haben zweifel-
los Holbein, Dürer, Pietro Perugino und Raifael gemalt.
Mit Geduld und Aufmerken musste die Sache verfolgt
werden ; denn gleich anfangs geht es eben nicht, da alle
möglichen Schwierigkeiten sich entgegenstellen. Mit-
teilung aller dieser Hindemisse ist durchaus fruchtlos»
So kann Niemand z. B. ein Brett mit Kreide und Leim
gründen, ohne dass der Grund sofort reisst. Was hilft
da eine Vorschrift. So sagt Theophilus bei der Gelegen-
heit der Mischung von Farben mit Gummi : ,,Dann mische
genug Gummi dazu. Nun wirst Du aber fragen: Wie-
viel wird genug sein? Ich antworte: Darum hat Dir
Gott den Verstand gegeben usw.**) Wie oft habe ich
an diese Worte denken müssen I Und wie oft muss ich
sie wiederholen, wenn einer klagt, dass ihm dieses oder
jenes passiert sei. Ich bin aufgefordert worden, mein
Geheimnis schriftlich zu veröffentlichen, von der Re-
daktion eines Kunstblattes. Ja, wenn das ginge. Der
erste Erfolg einer solchen Mitteilung wäre, dass ich von
sämtlichen Malern, die reinfallen, verflucht und ver-
wünscht würde. Dazu gehört anhaltender Unterricht
folglich eine Schule, eo ipso mit Schülern. Solltest
Du etwa nach näheren Mitteilungen schmachten, was ich
nicht vermute, da Du schon genug hast,, so bin ich zu
näherem Eingehen bereit.
Auch glaube ich erwähnen zu müssen, dass die
Leuchtkraft der Farbe daher kommt, dass das Oel sein
Volumen wenig verändert und mit der Zeit seine Durch-
sichtigkeit verliert, während der Gummi durchsichtig
bleibt und bei unveränderlicher Bindekraft das Volumen
des Wassers ausdunstet, so dass die damit gemischten
Farbkörperchen viel näher beieinander auf der Oberfläche
sichtbar sind.
*) Diese Stelle findet sich weder an dem angegebenen Orte,
noch überhaupt bei Theophilus, sondern in Cennino Cennini.
Die „alten Meister«. 135
Mische einmal versuchsweise eine Farbe mit Gummi
und firnisse sie, dann eine ebensolche mit Oel und
• der Unterschied wird sich mit der Zeit immer mehr
zeigen. —
Für heute genug? ....
Herzlichen Gruss
Dein A. Böcklin.«
Die „alten Meister" und die Klarheit und Durch-
sichtigkeit ihrer Farben, die hatten es ihm angetan!
Auf der Höhe der Meisterschaft zeichnete er seine
Stellung zu dieser Frage und die Ziele, die er ins
Auge gefasst hatte, ungefähr folgendermassen (Frey,
Seite 101);
„Die reinen Temperabilder des vierzehnten und fünf-
zehnten Jahrhunderts haben sich am frischesten erhalten
und besitzen eine unveränderte Klarheit. Ueber Dauer und
Schönheit der Farbe kann man sich also nur bei diesen
Alten Rats erholen, ganz besonders bei den Brüdern van
Eyck. Indem diese den Zauber der Fimislasuren entdeckten,
das heisst die Schönheit der in dünner Schicht über einen
Kreide- oder Gipsgrund gezogenen Fimisfarbe, und bei
späteren Versuchen auf die Emulsionstempera gerieten, er-
richteten sie ein sicheres Malsystem, ' das die f einge-
stimmteste Farbenpracht mit höchster Plastik vereinigte
und vor allem ein feineres Abstimmen der Farbe ge-
tattete als die pure Gummitempera. An diesem System
hielten die Maler der Frührenaissance fest, bis dann Lion-
nardo da Vinci kam. Er warf das Halbdunkelproblem in
die Malerei, das eigentlich ein plastisches und gar kein
malerisches Problem ist. Dadurch wurden viele Maler
gegen die Farbe mehr und mehr gleichgültig. Das Halb-
dunkel steht noch heute im Vordergrund und herrscht als
Luftperspektive. Ihr opfern die Maler eine kräftige deko-
rative Wirkung. Diese ist aber eine erste Anforderung
an ein Bild. Will man die dekorative Wirkung nicht, so
genügt ja das Zeichnen und ein kleineres Format. Solange
136 XII. Letzte Periode. Florenz und San Domenico.
man den Van Eycks folgte, blieben die Farben durchaus klar,
trotz der gilbenden Wirkung des Oels, wovon man allerdings für
die Lasuren nur eine geringe Menge brauchte. Er§t später
scheint man dazu gelangt zu sein, das deckende Oelweiss und
seine vielfaltigen Mischungen mit den anderen Farben (die
sogenannten Tinten) zu verwenden. Wie weit man es seit-
dem gebracht hat, sieht man ja : je dicker die Farbe, desto
mehr Oel war vonnöten, und so ist es dsnn kein Wunder,
wenn die Bilder gelb, schwarz imd unscheinbar werden.
Die Unsolidität hat bis in unsere Tage grössere Fortschritte
gemacht. Neuere Bilder haben sich nicht so viele Jahr-
zehnte gehalten, als die der alten Meister Jahrhunderte.
Zu diesen alten Meistern müssen wir also zurück.*
Es trieb ihn immer wieder zu den alten Meistern,
deren Technik für ihn der Inbegriff der Vollendung-
und das alleinige Ziel seiner technischen Versuche
der letzten Jahre war.
F 1 o e r k e überliefert eine ähnliche Aeusserung
von 1889, die hier im Anschluss beigefügt sei (S. 166):
„ ... er bewies mir überzeugender als je in der Alten
Pinakothek (München), dass die ganze van Eyck-
Schule, trotz aller auf Oel lautenden Kontrakte, dass
Dürer in den meisten Fällen nicht, dass Rubens nicht und
Tizian nicht in unserem Sinne mit Oel gemalt haben können.
Pinselstrich, Flüssigkeit, nachweisbare Schnelligkeit der
Uebermalung, Farben, die es in Oel nicht gibt etc. Eine
Reihe von Farben, die noch Dürer hat, sieht er mit Neid
— wir haben sie nicht mehr. So etwas ist etwa durch
Zufall gefunden und — einmal verloren gegangen — braucht
es einen neuen Glücksfall. Ueberall bedauert er die Unter-
brechungen in der Ueberlieferung. So hat er denn auch
einen Heidenrespekt vor allen schriftlichen Rezepten des
Altertums. Denn dass die Alten auch in der Malerei mit
vollem Bewusstsein viel gewusst und gekonnt haben, ist
ihm ganz klar.**
f
Technik der letzten Zeit. 137
Diese Ansichten hatten sich bei Böcklin völlig fest-
gesetzt — Anfänge davon sind allerdings schon in
Schicks Aufzeichnungen zahlreich vorhanden — so
dass es nicht Wunder nehmen kann, wenn er der end-
lich gewonnenen Ueberzeugung bis zu seinem Ende
treugeblieben ist und unablässig an der Verbesserung
seiner Temperatechnik tätig war. Starke Wandlungen
sind es freilich nicht, sondern immer nur Varianten
innerhalb ein und derselben Sache. Dabei hat es
wenig zu bedeuten, wenn eine Zeitlang statt des
Kirschgummi Eiklar mit gebleichtem Leinöl emulgiert
wird, wie es Bayersdorf er im Mai 1897 berichtete,
oder ein Jahr darauf wieder Kirschgummi mit Kopaiva-
balsam bevorzugt wurde. „Als feststehend darf
jedoch angenommen werden, dass Böcklin wohl nie
ein Bild mit Tempera fertig gemalt hat. Zum Schluss
kam immer irgend eine Firnislösung zur Verwendung,
mit welcher er meist die Farben selbst anrieb.***)
Als Carlo Böcklin im Jahre 1894 zu seinem
Vater in die Lehre trat, malte er mit einer Mischung
von Kirschgummi, Kopaivabalsam und ein wenig Nuss-
öl, die jedoch den Anspruch auf richtige Emulsion
nicht erheben konnte, indem die einzelnen Teile im
Laufe der Arbeit durch Umrühren gemengt wurden
und ein Abscheiden der Teile nur durch immer wieder-
kehrendes Umrühren einigermassen zu vermeiden war.
Dabei muss erwähnt werden, dass im Verhältnis zum
Kirschgummi nur wenig Balsam und noch weniger
*) Diese und die folgenden Nachrichten stammen von des
Meisters Sohne, Carlo, welcher mir dieselben in liebenswürdigster
Weise zur Verfügung stellte.
138 XII. Letzte Periode. Florenz und San Domenico.
Oel zur Verwendung kam. — Die richtige Emulsion
entstand also wohl erst beim Anreiben der Farben.
Damit malte Böcklin bis beiläufig 1897; dann kam
eine andere Emulsion zur Verwendung, bestehend aus
arabischem Gummi und Kopaivabalsam, die
aber diesmal, um die Teile richtig zu bemessen, durch
den Apotheker hergestellt wurde. Hierbei sei betont,
dass auch damit die Bilder niemals fertig gemalt wur-
den, sondern dass der Meister zur Beendigung stets
Firnisfarben nahm. Mit dieser Emulsion hat der Meister
bis zu seinem Tode gemalt.
Ob Böcklin in diesem letzten Rezepte des Rätsels
endgültige Lösung gefunden hat, ist nach einer Be-
merkung am Schlüsse der mir zugesandten Nachricht
von Carlo Böcklin fraglich, denn eine allen Bedürf-
nissen entsprechende Tempera zu finden, scheint ihm
nicht geglückt zu sein. Soviel ist aber sicher : auf
dem einmal betretenen und von ihm als richtig erkannten
Wege ist er vorgeschritten und hat, allerSchwierigkeiten
ungeachtet, sein möglichstes getan, durch künstle-
rische Taten seinen Worten Recht zu verschaffen.*)
*) Es bleibt uns hier noch übrig, einzelne von Böcklins
Werken anzuführen, die in der letzten Periode seines Schaffens
in der geschilderten Art gemalt wurden. In Florenz 1893/95
sind entstanden: Verz. Nr. 387. ^Melpomene** erste Version,
Tempera, Holz; 388. „Francesco da Rimini**, Gummitempera,
Leinwand; 390. „Venus gcnetrix**, Tryptichon, Tempera, Holz.
In Fiesole 1895 ausser den Wandmalereien in der Loggia und
3 Supraporten in Tempera (auf Leinwand und Papier) : 398. „Land-
schaft mit Jagdzug der Diana**, Tempera, Holz; 399. „Der Krieg**;
401, „Pan und Dryaden**, Tempera, Leinwand ; 403. „Melpomene**,
Tempera**, Holz; 404. „Kapelle"; 405. „Orlando furioso**; 406. „Der
heil. Petrus**; 407. »Die Pest*'. Die letzteren Bilder sind unvol-
lendet geblieben.
XIII.
Technische Einzelheiten. Grundierung der Lein-
wand und der Holztafehi. Böcklins Palette.
eich grossen Wert Böcklin auf die Unterlagen
verwendete, ist schon angedeutet wor-
den. Das Korn und die Färbung der
yoKWsJ^y^ Leinwand waren für ihn immer von beson-
derer Wichtigkeit, und solange er sich als Unterlage
für seine Bilder hauptsächlich der Leinwand bediente,
hat er diesen Dingen seine Aufmerksamkeit geschenkt
und auch Versuche gemacht, sie sich selbst zu be-
reiten. Schick erzählt darüber (S. 12):
„Auch den Leinwandgrund hat Böcklin sich selbst zu-
zubereiten versucht. Die Leinwand muss dann erst leicht
mit Leim überzogen werden, damit die Farbe nicht ein-
schlägt. Ist der Gipsgrund zu stark, so möge man erst die
ganze Leinwand nassmachen und dann mit dem Spachtel
das Ueberflüssige bis auf den Faden abkratzen, sodass der
Grund nur in den Poren sitzt.**
Als ihm die Leinwand zum Petrarca zu rauh vor-
kam, verbesserte er den Mangel durch Schlämmkreide,
die er mit Kopaivabalsam verrieb, dazwischen auf der
Palette den Ton nachmischte und damit die Poren
ausfüllte (Schick, S. 42).
140 XIII. Technische Einzelheiten. Böckiins Palette.
Zur Bereitung des Grundes benützte er
Leim mit Schlämmkreide (bianco santo), und hauptsäch-
lich diente ihm dieser Grund für Bilder, die nicht mit
Oelfarben begonnen werden sollten (so zur Harz-
malerei); für Oelmalerei hielt er es für praktischer,
sich fertig präparierte Leinwand zu kaufen (Schick
S. 106). Auf ungrundierte Leinwand zu malen und
die Farben „aussaugen" zu lassen, erklärte Böcklin für
schädlich, und Schick erzählt von einem Bilde Ruths,
der in Rom einmal auf unpräparierter Leinwand, die
hinten, um das Oel aufzusaugen, mit Gipsgrund [d. h.
Kreide]*) bedeckt war, gemalt hatte, nach Vollendung
des Bildes sei dieser Grund heruntergenommen und
gewaschen worden, und infolgedessen seien grosse
Stücke der Luft abgefallen (Schick S. 103).
Schick gibt an anderer Stelle die Ansicht Böck-
iins wieder (S. 336):
„Viele Maler haben den Glauben, Firnis und Farbe ver-
wüchse mit der Leinwand zu innigerem Zusammenhange,
und sie sträuben sich deshalb, auf Holz, Schiefer und
dergl. zu malen. Die Farbe hält nur durch Ad-
häsionskraft. Auf sehr glattem Grunde jedoch fasst sie
nicht g^t und reisst gewöhnlich beim Trocknen, so auf
Glas ; Schiefer ist schon rauher auf der Oberfläche. Ebenso
reisst auch auf glatt abgekratzten Stellen die Farbe sehr
leicht, zumal wenn die Stelle schon hart ist. Um die Glätte
zu zerstören, ist es darum gut, die Stelle mit Weingeist ab-
zureiben.*
*) Dass hier, ebenso wie an anderen Stellen, Kreide gemeint
sein muss, ergibt sich aus dem Zusammenhang. A. a. O. wird
noch gesagt, ebenso schädlich sei Gipsgrund. Bei Schick ist
unter „grundierter' Leinwand die gekaufte, mit Oelgrund ver-
sehene, zu verstehen, unter Gipsleinwand meist die mit Kreide und
Leim grundierte.
Leinwandgrundierung. 141
Eine feine ungrundierte Leinwand, die Böcklin
aus Berlin erhalten hatte, gefiel Böcklin, und er sagte^
sie wäre leicht für den Gebrauch zuzubereiten. ^Erst
überzieht man sie ganz dünn mit Leim, dann mit
einer dünnen Lage Farbe** (Schick S. 225), Aus diesen
wenigen Notizen ist zu ersehen, dass Böcklin über die
Bereitung der Leinwanden völlig orientiert war. Eigen-
tümlich ist nur seine anfängliche Abneigung gegen die
Holztafel, die er in der zweiten Periode des Schaffens
kaum entbehren konnte. Bei Schick finden wir die
folgende Eintragung (S. 186):
„Auf Holztafeln und anderen präparierten Grund zu
malen ist unratsam wegen der geringen Beständigkeit.
Gute Leinwand sei das beste, und noch besser habe er,
Böcklin , die Schiefertafel befunden , die ihm einmal
vom Stuhl auf den Boden gefallen war ohne den geringsten
Schaden. Ganz glatt grundierte Leinwand ist immer vor-
zuziehen, denn sie lässt Einem die grösste Freiheit in der
Technik.«
Böcklin wusste übrigens auch ganz genau die Art
der Bereitung der Holztafeln der „älteren Meister",,
die Schick wie folgt angibt (S. 42):
„Die älteren Meister bereiteten sich ihren Malgrund
auf Holztafeln folgendermassen : Erst geleimt, dann Leim
und Schlämmkreide, dann wieder Leim und alles ganz blank
geschliffen. — Natürlich kann man auf einem blanken Grund
der Farbe mehr Reiz geben.**
Und bei anderer Gelegenheit, da von der „Gips-
leinwand", auf welcher Böcklin die „Anadyomene*^
begonnen, die Rede ist, dass sie zu dünn grundiert
wäre und das ziemlich grobe Gewebe durch die Malerei
hindurchschiene, verzeichnet Schick folgende Aeusserung:
des Meisters (S. 276):
142 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
^ Am besten sind darum auch gut ausgetrocknete, fehler-
freie Holztafeln, die deshalb auch von den Alten so gern
gebraucht wurden. Die echten Bilder von Rubens in
München: „Sturz der Verdammten**, „Amazonenschlacht**,
„Porträt seiner Frau* etc. seien alle auf Tafeln, die sich
nicht im mindesten geändert oder geworfen hätten ..."
Ausserdem „ersten Oktoberfest*^ dasBöcklin
„auf eine sehr alte Tischplatte (von hartem Holz), die
geflickt und zugekittete Risse hatte , die später durch
das Bild durchwuchsen und es ganz verdarben" (ge-
malt 1864, Schick S. 232), hat Böcklin in der ersten
Zeit, kleinere Werke*) ausgenommen, wenig auf
Holztafeln gemalt, wohl aber vielfach auf Malkarton,
Pappe, auf Kupfer (Nr. 147, „Lucia" 26 : 22 cm) und
auf Schiefer (Nr. 159 „Viola", 70:53 cm). Das erste
auf Holz gemalte Bild der späteren Zeit ist nach dem
Verzeichnis die 1872/73 (nach A. Lang 1878) gemalte
„Venus Anadyomene" (Nr. 226), Während des
Florentiner Aufenthaltes fing dann Böcklin an, Holz-
tafeln als Unterlage für Tempera-Malerei zu bevor-
zugen, aber auch bei mit Oel- bezw. Firnisfarbe ge-
malten Werken beginnt er auf Holztafeln zu malen.**)
♦) Vergl. das Verz.: Nr. 119. Selbstbildnis (38:30 cm).
142. Bildnis der Frau Böcklin (42 : 32); 152. Skizze. Junger Faun
<32 : 25); 188. Bildnis eines Kindes in Sommertracht (30 : 23).
*•) Florent. Zeit: Verz. Nr. 253. „Hochzeitsreise«*; 256. „Flora*;
260. „Flora Blumen streuend*; 264. Bildnis der Frau Klara Bruck-
mann; 265. Kreuzabnahme" (164:2501); 286. „Meeresbrandung«;
300. „Toteninsel* in drei Wiederholungen, eine vierte auf Zink
{nicht auf Kupfer); 305. Wiederholung von „Ruine am Meer*;
309. „Sommertag* ; 329. „Faune, eine Nymphe belauschend*;
330. „Der Einsiedler*; 332. „Veritas* (in Zürich zerstört);
334. „Schweigen des Waldes".
Bereitung der Holztafeln. 143
Er liess sich den Grund für die Holztafeln vom Ver-
golder herstellen oder bezog sie vom Händler fertig
durch Vermittlung des Kunsthändlers Gurlitt.*)
Auch in Zürich malte er anfänglich auf Maha-
gonitafeln, die er aus der gleichen Quelle zugeschickt
erhielt. Frey erzählt (S. 88) darüber wie folgt:
,Nach Entzweiung mit diesem (Gurlitt) wählte er Bretter
von Eichenholz, wovon er bei einem Klavierfabrikanten
einen ansehnlichen Vorrat erwarb. Wie den schädlichen
Einflüssen der Zeit entgegenzuwirken wäre, darüber dachte
er ernstlich nach und bemühte sich, aus dem Verhalten
der alten Meister Rat zu schöpfen. Er fertigte die Holz-
tafeln nicht aus einem Stück, sondern aus dreien, indem
er drei dünne Tafeln — doch war die mittlere dicker —
kreuzweis übereinanderlegte, sodass die Fasern der mittleren
zu denen der beiden äusseren rechtwinklig liefen. Durch diese
Schichtung, die indessen auch keine volle Sicherheit bieten
soll, hoffte er das Reissen, Werfen und Verbiegen des
Holzes zu vermeiden. Dem nämlichen Zwecke diente ein
auf der Rückseite der Tafel angebrachter hartholzerner Rost,
den er sogar durch darauf angeschraubte Eisenbänder ver-
stärkte, um gegen ein etwaiges Arbeiten des l^rettes einen
kräftigen Widerstand zu schaffen."
,Die dergestalt hergerichtete Holztafel rüstete er in
ziemlich engem Anschluss an die Weisungen des Theophi-
lus.**) Zuerst klebte er mit Kasein, also mit dem stärksten
Leim, ein Stück rohe Leinwand über die ganze Fläche,
dann tränkte er diesen Ueberzug mit dünnem, heissen Leim-
wasser aus Kölner Leim und strich nun schichtenweise den
warmen Kreidegrund darauf, den er mit Champagnerkreide
und Kölner Leim bereitete. Für die oberste Schicht ver-
*) Mitteilung von Maler S. Landsinger.
*♦) Die Anweisungen finden sich bei Theophilus Kap. 1 7 bis
19 des ersten Buches in vielfacher Uebercinstimmung mit den
Kap. 113 bis 121 des Cennino Cennini.
144 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
wendete er Kreide und Gips, weil Gips den Grund härter
und blanker macht und weniger Farbe einsaugt als Kreide.
Er legte nämlich sehr viel Gewicht darauf, dass die Tafel
möglichst blank war und, ohne doch mit Oel getränkt zu
sein, möglichst wenig aufsog. War dieser Kreidegrund»
dessen Dicke kaum über einen Millimeter betrug, trocken
geworden, so wurde er mit Bimsstein geschliffen.*'
Otto Lasius kommt auch ausführlicher auf die
Präparation der Holztafeln zu sprechen und berichtet
darüber (S. 66):
„Ich habe Böcklin oft zugesehen, wie er im Atelier mit
Leim und Kreide für seine Temperabilder einen leicht
schluckenden Grund präparierte und die Bretter zum
Trocknen unter die Vorhalle seines Ateliers an die Sonne
bringen Hess. Als ich ihn einmal fragte, wieviel Leim-
Kreide man nehmen müsse, antwortete er: „Das muss man
probieren. Auf die Grundierung setzt man die Farben und
zwar mit nur so viel Bindemittel, als absolut notwendig ist.
Jedes Zuviel ist vom Uebel. Wenn alles ganz trocken ist,
gibt man erst vorsichtig den Firnis darüber. Der holt dann
die Leuchtkraft der Farben heraus und schützt die Bildtafel
vor äusseren Einflüssen. Auf solche Weise, gemalte
Bilder können nicht springen und reissen, da nichts zum
Springen und Reissen da ist." So versuchte ich's denn
auch mit dem Grundieren, aber es gelang mir nicht sonder-
lich gut. „Wozu nehmen Sie Schlämmkreide?* belehrte
mich Böcklin, ,die ist viel zu grobkörnig und rauh. Beim
Abschleifen reissen die Körner Löcher. Mit feingemahlener
Tonpfeifenerde geht*s am besten. Machen Sie daraus ein
rahmartiges Gemengsei, vermischen Sie*s mit dem Leim-
wasser und dann streichen Sie damit den Grund ein. Aber
vorsichtig 1 Je weniger Leim« desto besser. Wenn Sie viel
nehmen, so springt erst recht alles ab."
,Als Böcklin einmal gefragt wurde, weshalb er lieber
auf Holztafeln male als auf Leinwand, sagte er: „Eine gut
ausgetrocknete Holztafel ist, wenn sie von hinten gut ver-
Auswahl der Farben. 145
steift ist, sodass sie sich nicht werfen kann, immer besser
als Leinwand. Die gut erhaltenen Malereien der Alten
sind grösstenteils auf Holz gemalt. Die Leinwand eignet
sich für Kreidegrundierung bei weitem nicht so gut, da
man diese zu dick auftragen muss, bis man einen schönen
glatten Grund hat. Das erklärt sich durch die Fäden des
Gewebes. Auf Leinwand springen eben deshalb die Farben
viel leichter ab als auf Holz, zudem lässt sich auf dieses
viel leichter und besser malen ; die Farben kommen da schon
in dünnem Auftrag zu besserer Leuchtkraft." —
Die allergrösste Sorgfalt legte Böcklin auf die
Zubereitung seiner Farben, die ihm gar nicht
fein genug geschlämmt und gerieben sein konnten,
denn er wusste aus Erfahrung, dass die Farben um
so mehr leuchteten, d. h. ihren Farbencharakter inten-
siver zur Geltung brachten, je feiner sie zerteilt
waren. Bei der von ihm bevorzugten Lasurtechnik musste
es oberstes Prinzip sein, dünn zu malen, ja er erklärte
„Dickmalen wäre überhaupt etwas Rohes, wodurch
stets alle Form und milde Erscheinung zerstört würde"
(Schick S. 42). Die Sorgfalt in technischen Dingen
führte Böcklin naturgemäss schon frühzeitig zur be-
sonderen Auswahl für seine Palette. Bei Schick
finden wir wiederholt Gutachten über Dauerhaftig-
keit der Pigmente, die auf regen Verkehr mit Che-
mikern, die Böcklin in zweifelhaften Fragen um Rat
anging, hinweisen. In München war der nachher be-
rühmt gewordene Max vonPettenkofer mit Böcklin
in Verkehr. Böcklin versäumte es aber auch nicht
sich selbst über die Richtigkeit der ihm als haltbar,
empfohlenen Farben zu vergewissern, ohne freilich
tiefergegründete chemikalische Kenntnisse zu besitzen.
Differenzen, wie solche Schick (S. 99) erwähnt, sind
Berber, BOcklins Technik. 10
146 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
auf Kosten der Verwechslung gleichnamiger Pig-
mente zu setzen, wie z. B, bei dem von Pettenkofer
und anderen Chemikern auch unter allen Umständen
empfohlenen ChromgrOn, das beim Aufschlämmen des
rohen Farbstoffes in Wasser sedimentierte. Damit
ist wohl Chromgrünoxyd zum Unterschied von der
Mischfarbe gleichen Namens, die auch mit grünem
Zinnober bezeichnet wurde, gemeint gewesen. Die
Angaben über Farbstoffe bei Schick sind stets im
Hinblick auf die damals üblichen, im Handel vor-
kommenden Bezeichnungen zu beurteilen.
Auch Ansichten, z. B. über die Gefährlichkeit
der Mischung von Kremserweiss mit Zinnober oder
Ultramarin müssen stets vom Standpunkte der damals
geltenden Ansichten betrachtet werden. Für uns von
Wert ist es dabei zu sehen, wie vorsichtig und genau
Böcklin in diesen Dingen war; denn es ist immer-
hin für einen Maler der 60er Jahre viel, dass er
überhaupt über chemische Zusammensetzung der
Farben Bescheid wusste. (In manchen Einzelnheiten
weichen Schicks Angaben von der heute geltenden
Erfahrung ab.)
Durch seine fortgesetzten Versuche mit Farb-
stoffen und Pigmenten hatte auch die Palette Böck-
lins manche Variation durchgemacht. Ueber die von
ihm zur römischen Zeit der 60er Jahre ver-
wendeten Farbstoffe und über die Stellungnahme zu
einzelnen derselben gibt am besten die Einschreibung-
bei Schick Kunde, die hier folgt (Schick S. 98):
j,13. August 1866. Bocklin hatte sich Krapp gerieben,
der eine wundervolle Tiefe hatte (Geschenk eines rdmisclien
Farbenliste der römischen Zeit. 14/
Beamten, der früher Architekt war, jetzt Sekretär). Der
Krapp wird durch Alaun gereinigt, mit dem er eine lack-
artige Verbindung eingeht. Nach dem Trocknen krümliche
Krystalle. Es gilt nun den Alaun so herauszuziehen, dass
der blosse staubartige Farbstoff übrig bleibt (Qualität wie
Waschblaustückchen). Der Möwesche Krapp, der als bester
im Handel gilt, ist hell dagegen,
Cochenille oder Karmin wird durch die Oelsäure zer-
stört, gibt aber mit Kopaiva einen haltbaren Lack. Als
Farbstoff will er nur in Wolle halten.
Scharlach wird aus Cochenille gewonnen. Purpur wurde
im Altertum aus der Purpurschnecke gewonnen. Sonderbar,
dass sie jetzt gar nicht mehr getischt wird. Sie ist unt
nur aus der Naturgeschichte bekannt. Man hüte sich, Blei-
und Schwefelfarben zu mischen, also nicht: Zinnober oder
Ultramarin, gelb oder blau, auch nicht Chromgelb mit
Neapelrot oder Bleiweiss.
Gelber Ultramarin ist chromsaurer Baryt (kein Ultramarin)
und darum nicht zu empfehlen. Hellgrünen und dunkel-
grünen Zinnober wendet Böcklin nicht an, weil sie nach
kurzer Zeit ganz tot und matt werden. Sie sind stets ge-
mischte Farben (oft Chrom- und Berlinerblau), was daraus
hervorgeht, dass sie aus jeder Fabrik einen anderen Ton
haben.
Chromgelb sei haltbar.
Auch Chromgrün hält nicht Stich. Dagegen ist
Mennige haltbar. Von Chromgrün hatte Böcklin den rohen
Farbstoff in Wasser gerührt, um ihn abzudämmen, da setzten
«ich zwei Schichten ab, die obere gelb, die untere blaugrün
und der Niederschlag wurde ziemlich hart. Und dieses
Chromgrün wurde Böcklin von Pettenkofer und anderen
Chemikern als unter allen Umständen haltbar empfohlen.
Aehnlich würde sich vielleicht der grüne Zinnober nieder-
schlagen. Böcklin hat mit ihm darüber Versuche gemacht,
ihn mit Oel, Leim (worüber nachher Firnisüberzug), Kopaiva
und Wachs aufgetragen und der Luft ausgesetzt , und
«chon nach kurzer Zeit war alles gleich schwärzlich geworden.
148 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
Die Ton Böcklin am meisten gebrauchten Farben sind:
Weiss, Kremser- und Venetianisch- Weiss (dieses heller und
kälter), Kemschwarz, wenig Elfenbeinschwarz, gebrannte
und ungebrannte grüne Erde (später hat Böcklin sie nicht
mehr gebraucht, da sie eine leicht sich verändernde Mangan-
verbindung ist), violettes Eisenoxyd (dunkel Caput mortu-
um), wenig Englisch Rot, wenn Blau durchaus nötig ist:
Ultramarin, keinen Kobalt, der grau wird. Neapelgelb wird
mit Weiss schwarz.
Ganz zuletzt wendet er Zinnober und die Lacke an«
Gelben Ultramarin hat Böcklin haltbar gefunden. Vom grünen
Lack (Lacca verde bei Dorizielli) sparsam in der Anwendung,,
denn er ist auch wenig haltbar.
Böcklin braucht femer noch: Indisch Rot, Mumie,.
Morellensalz, Vandykbraun und Marsgelb (ein künstlicli
dargestellter Eisenocker) und Garance Lacke, die passabel
beständig ....
Smalte ist unverwendbar für Oelfarbe. Obwohl im
Mörser f eingestossen , ist es doch nicht mehlig, sondern
krystallinisch krümlig und so hart, dass es die gläserne
Reibplatte zerschrammte.
Bronzegold hat Böcklin sehr viel angewendet, über dunkle
Stellen, auf welche er hell malen wollte, um damit das
Nachdunkeln zu verhüten. Man müsse sich dabei aber in
acht nehmen und es nicht mit Metallfarben, wie Zinnober
oder auch mit echtem Gold zusammenbringen, da sonst
chemische Veränderungen entstünden.
Nussöl ist schon von den Alten dem Leinöl und Mohnöl
vorgezogen worden (Armenino). Leinöl, auch gekochtes,,
gilbt sicher nach.
Zusatz: "Grüner Lack wird blau, wenn er aus Kupfer,^
und vergeht oder wird schwärzlich trüb, wenn er aus.
Pfianzenstoffen bereitet ist.
Gelber Ocker, recht abgeschlämmt, d. h. in Wasser ge^
rührt, dann vom Bodensatz immer das oberste genommen
und wieder geschlämmt (die unreinen Teile sind schwer
Farben für Freskomalerei. 149
und sinken zu Boden), oder Steii^ocker ebenso behandelt,
geben ziemlich durchsichtige gelbe Farben.
Ungebrannte Terra di Siena wird mit der Zeit trüb und
schwer wie Umbra.*
Bei Schick finden wir mehrfach ähnliche Stellen,
aus denen ersehen werden kann, dass Böcklin sich
schon frühzeitig mit der Materialienkenntnis intensiv
beschäftigte. Am deutlichsten geht das hervor, als
er daranging, sich seine Fresko färben in Basel
zusammenzustellen. Dabei macht Schick, (Seite 148)
folgende Eintragung vom 25. August 1868:
,)Material zum Fresko-Malen.
Weiss: Blanc de Troyes. (Böcklin meint jedoch, er
wolle das Weiss im Bilde mit reinem Kalk malen, das sei
auch kreideweiss und binde stärker.)
Gelb: Lichter Ocker, Chinesischer Ocker (noch feiner
und reiner als der vorige). Cadmium hell.
Goldocker (vielleicht etwas zweifelhafte Farbe). ' Neapel-
gelb ? Terra di Siena (gebrannt). Die ungebrannte weniger
zu empfehlen, auch selbst für Oelfarbe nicht, da sie anfangs
leuchtend aussieht, bald aber ihre Brillanz verliert. Chrom-
gelb ist nicht haltbar, wohl aber Chromrot und Chrom-
grün (hell).
Grün: Grüne Erde (hell und dunkel). Gebrannte grüne
Erde (hell und dunkel). Kobaltgrün.
Schwarz: Mineralschwarz und Rebenschwarz.
Braun: Kasseler Erde, Umbra.
Rot: Englisch Rot, Morellensalz.
Blau: Smalte (möglichst fein gerieben, wie Mehl).
Kobalt, Ultramarinasche schon sehr teuer, noch mehr der
echte Ultramarin (römischer) , von dem das Loth etwa
29 Gulden kostet. Der nachgemachte Ultramarin hält nicht
wegen der Beimischung von Schwefel, der durch den Kalk
zerstört wird. Auch Berliner Blau und seine Nebenartea
150 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
tind al fresco unhaltbar. Auch Zinnober enthält Schwefel
und ist darum zerstörbar.**)
Auch während der Arbeit sammelte Böcklin fort-
gesetzt Erfahrungen über die Farben und ihre Wir-
kung in Mischung mit einander und mit Kalk (Schick,
S. 249) und befragte Chemiker über bestimmte Einzel-
heiten (S. 378).
Was Böcklins Palette während der Florentiner
Zeit betrifft, so fehlen uns genauere Nachrichten, wohl
aber besitzen wir ein Verzeichnis der von ihm ge-
brauchten Farben aus der Züricher Periode, in
welcher er sie teils als Temperafarben, teils als Firnis-
farben verwendete. Nach Weltis Angaben (Frey,
Seite 76) bediente er sich durchschnittlich folgender
Farben:
„Weiss: Blei weiss, d. h. Kremser Weiss. Zinkweiss
zuweilen, wo chemische Rücksichten das Blei weiss verboten.
Gelb: Gelber Ocker. Chromgelb, das Böcklin gegen alle
Verdächtigungen in Schutz nahm. Neapelgelb. Indisch
Gelb. Helles und dunkles Kadmium.
Rot: Vor allem die Eisenoxyde. Dann auch Zinnober,
den er niemals mit Weiss zusammenbrachte. Echter Krapp-
lack. Gebrannte Terra di Siena. Femer verwendet er
Terra di Pozzuoli, die bei der Bindung stark dunkelt und
beim Trocknen ebenso stark aufhellt. Auch Mennig brauchte
er, aber nicht häufig, da er dem Zinnober ähnlich ist, nur
etwas gelber. Ob er Chromrot anwandte, ist nach der
Meinung Albert Weltis nicht mit Sicherheit anzunehmen.
Dagegen liebte er gebrannten lichten Ocker, wovon er
einen Vorrat feiner Qualität sorgfaltig aufbewahrte.
*) Es kann nicht unsere Aufgabe sein, auf einzelne Un-
richtigkeiten in den oben angeführten Farbenlisten Bocklint hin-
zuweisen, oder sie hier richtigzustellen.
'
Farbenliste der Züricher Zeit. 151
Grün: Ausser den Mischungen aus Blau und Gelb,
brauchte er böhmische und Veroneser grüne Erde. Chrom-
oxydgrün. Auch Grünspan (Schweinfurter Grün). Diese
Farbe bewahrte er sorgsam und wandte sie s/ehr behutsam
an. Er brauchte sie ausschliesslich unvermischt und legte
sorglich Firnis drunter und drüber, damit sie den anderen
Farben nicht schade.
Blau: Kobalt. Echtes Ultramarin (Lapis lazuli). Diese
Farbe behandelte er besonders vorsichtig. Preussischblau.
Ein sehr schönes Blaugrünoxyd. Ob. er noch andere blaue
Farben in Anwendung brachte, vermag Albert Welti nicht
mehr mit Bestimmtheit anzugeben.
Braun: Er besass ein sehr schönes Kasseler Braun in
Körnern und ermahnte Albert Welti, es mit Vorsicht zu
benützen. Gebrannte grüne Erde. Gebrannter Ocker. Ge-
brannte Terra di Siena.
Schwarz: Er bevorzugte Korkschwarz, ein sehr feines
Grauschwarz. Rabenschwarz*), zuweilen Elfenbeinschwarz ;
gegenüber Albert Welti, der es ihm sehr gründlich reiben
musste, behauptete Böcklin, es werde umso schöner, je
länger man es reibe. Später verwarf er das Elfenbein-
schwarz, weil es eine zu fettige tiefe Nuance gibt, und be-
vorzugte Lampenschwarz. *
Eine Zusammenstellung von Böcklins Palette,
vielleicht aus dem letzten Jahrzehnt, dessen genauere
Provenienz nicht angegeben ist, findet sich noch in
L. H. Fischers Technik der Oelmalerei (Wien 1898)
S. 88 abgedruckt. Danach gebrauchte Böcklin:
„Zur ersten Untermalung: Bleiweiss. Terra majolica.
Neapelgelb, Lichter Ocker, gebrannter Ocker, gebrannte
Umbra, gebrannte und ungebrannte grüne Erde, Eisennoxyd,
Graphit, Korkschwarz.
I *) Soll wohl heissen Rebenschwarz, ein Schwarz von bläu-
licher Nuance, das aus dem Holz der Weinreben oder Tresterab-
fällen gebrannt wird.
152 XIII. Technische Einzelheiten. Böcklins Palette.
Zur Uebermalung : Kobaltblau, Elfenbeinschwarz, Krapp-
lack, Zinnober, Kadmium.
Malmittel : Emulsion von Gummi arabicum mit hellem,
reinem Nussöl und Balsam Copaiva di Para/
Dass Böcklin auch seinem übrigen Malgerät die
grösste Sorgfalt zuwendete, braucht wohl kaum be-
sonders hervorgehoben zu werden. »Für sein Werk-
zeug, seine Farben und Präparate empfand er etwas
wie Verliebtheit", sagt Frey (S. 87). »Er pries seine
Pinsel, obgleich gar nichts Besonderes daran war
und sich etliche recht struppige und ausgediente
Gesellen darunter befanden. Ihre Stiele hielt er so
sauber und blank, dass es aussah, als ob er immer
mit frischer Ware arbeite. Er bevorzugte, da sie
mehr Farbe fassten, die runden vor den eckigen;
namentlich brauchte er zum Zeichnen runde Marder-
pinsel.*
„Er benutzte eine mittelgrosse Holzpalette für die
Fimisfarben; für die Temperafarben eine runde, mit
Vertiefungen versehene Blechpalette, die er abends
mit allem, was darauf war, ins Wasser legte. Die
Fimispalette putzte er sorgfältig und setzte die ab-
gehobenen Farben gleichfalls unter Wasser (a. a. O.,
S. 76).«
„Seine Farben bereitete er sich in kleinen Por-
tionen selbst. Er rieb sich nämlich von seinen Farb-
stoffen einen gewissen Vorrat auf dem Farbenreiber-
tisch im Wasser an. Diejenigen Farben, die er für
Tempera verwenden wollte, wurden unter Wasser
oder wenigstens feucht aufbewahrt, wogegen er die
für die Firnismalerei bestimmten wieder eintrocknen
Farbenreiben. 1 53
Hess und erst später vor dem Gebrauch zerklopfte»
Der harte Kern der sandigen rauhen Farbe war
durch das Abreiben im Wasser gebrochen und blieb
es auch, obgleich die Masse beim Auftrocknen wieder
zusammenbuk."
^Um das Verhalten der Farben zu einem neuen
Bindemittel zu prüfen, begnügte er sich (in Zürich)
damit, Farbenproben an das neue Atelierfenster und
auf Bretter zu streichen, die er monatelang den Un-
bilden der Witterung preisgab. Noch bis in die
letzte Lebenszeit brauchte er Schwefelsäure, um dem
Anilin nachzuspüren, womit gerade einige der teuersten
Farben geschönt werden". (Frey, S. 79).
XIV.
Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
enige Maler der neueren Zeit haben sich
mehr um die technischen Einzelnheiten
ihrer Kunst bemüht, als es Böcklin getan.
Wir haben gesehen, dass es ihm nicht
zu geringfügig erschien, die unbedeutendsten hand-
werklichen Fertigkeiten selbst auszuführen und dass
er alles daran gesetzt hat, an seine Schöpfungen nicht
nur in koloristischer Hinsicht, sondern auch in bezug
auf Dauerhaftigkeit den höchsten Masstab zu legen.
Haben sich nun auch seine Voraussetzungen bewahr-
heitet oder nicht? Diese ausnehmend wichtige Frage,
die mit Böcklins Künstlerruhm innig verknüpft ist,
lässt sich, soweit dies bis heute übersehen werden
kann, mit „Ja" beantworten. Böcklins Werke werden
bestehen bleiben, denn er hat die Ursachen studiert,
warum Malereien verblassen oder vergehen und hat
nichts verabsäumt, was nach menschlichem Er-
messen zu deren dauernden Erhaltung beitragen
könnte.
Dass sich unter seinen Bildern einzelne befinden,
die den Keim des Verderbens in sich tragen, kann
Angebliche Schäden. I55
freilich nicht geleugnet werden; aber diese Bilder
waren Probiersteine oder Experimente, sie waren not-
wendige Vorarbeiten auf dem Wege der Erkenntnis'
und wie alle Versuche Böcklins nur zu dem Zwecke
unternommen, dem Ideale einer dauerhaften Technik
nahezukommen. Einige aus ganz früher Schaffens-
periode, da Böcklin noch nicht die durch rastloses
Arbeiten immer mehr erweiterten Erfahrungen sich
angeeignet hatte, könnten hier noch beigezählt werden;
aber selbst diese Werke sind nicht weniger „solid*
gemalt, als die zahlreichen Bilder seiner Zeitgenossen,
die ebenso wie er in der gleichen Technik der Oel-
malerei geschaffen haben.
Von Zeit zu Zeit tauchen immer wieder wie
Unkenrufe die Klagen auf, dass Böcklinsche Bilder
„in Gefahr** seien, dass sie sich „in bedenklichem Zu-
stande** befinden und dass „es höchste Zeit ist, in
zweckmässiger und feinfühliger Weise alles zu tun,
was zu deren Erhaltung geschehen kann.** So war
im Winter des vorigen Jahres (1904) in einer Tages-
zeitung eine Zuschrift eines „speziell mit den Mal-
verfahren Böcklins vertrauten Künstlers** zu lesen, in
der mit allem Nachdruck hinsichtlich der Instand-
haltung der Werke Böcklins in der Schackgalerie
energische Reformen verlangt wurden. Dabei waren
folgende „Schäden** bemängelt:
„Zur Sache in Nr. 16 (die düstere „Villa am Meer«*) ist
ein ganzes Stück aus dem Himmel überm Meer rechts
herausgefallen, ebenso ein anderes weiter links im Felsen am
Rande des Wassers. £s ist bedenklich übermalt. Auch oben in
der Luft sind ein paar Farbflecke, die undenkbar von Böcklin
stammen können. In Nr. 24 (^Vinum novum") ist aller-
156 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
dings ein Astsprung, wie ich vermute, vorhanden, doch ist
das kein Grund, das Interieur mit dem Kneipenden mit
einer völlig fremden Farbe zu übermalen. Von der Luft
gar nicht zu sprechen, Nr. 15 („Villa am Meer**, die hellere):
Starkes Aufblättern der Farbe überm Garteneingang und
auch darunter. Durch gelindes Daraufdrücken und Darüber-
wischen müsste die Farbe abfallen. Am unteren Rahmen-
rand rechts ist das Meer bedenklich restauriert. Ueberm
Meer sind eine Anzahl Sprünge; wenn da einmal, wie
oben links, einige Flächen sich aufheben, dann fällt über-
haupt der ganze Himmel bis zu zwei Drittel herunter.
Nr. 25 (»Tod und Herbst"): Links in der Baumgruppe ist
ein Firnis übergestrichen, welcher wie Schwarte daran-
hängt. Ist dieser ganz trocken und zusammengezogen, so
wird er auch die untere Farbe mitnehmen und zerreissen.
Er gehörte abgelöst. Vielleicht wenige Künstler werden
sich so eingehend mit Tempera- und Harzfarben beschäftigt
haben wie ich, daher werden auch den meisten diese Schäden
ungefährlich erscheinen, da sie die Folgen nicht übersehen
können. Wer aber darum weiss, der kann ruhig voraus
sagen , dass binnen 20 Jahren solche Verwüstungen ent-
stehen werden, dass überhaupt nur noch mit Uebermalungen
in breitester Form eingegriffen werden könnte; was dies
bedeutet, kann man sich vorstellen, wenn man jetzt schon
sehen muss, was im kleinen geleistet wird. Man steht ja schon
leider vor der Tatsache, dass viele Bilder Böcklins reparatur-
bedürftig sind („Wellenspiel' zeigt auch Schäden), aber
man sollte den Ruin aufhalten. Die Sprünge sind an
sich nicht so schlimm, die können ewig bleiben — aber
wenn erst das Ablösen der Farbe eintritt, dann steht es
schlimm, sehr schlimm um eines der schönsten Güter, das
Deutschland besitzt.*
Bei einem sofortigen Besuche der Galerie haben
wir die tröstliche Gewissheit erlangt, dass der
Alarmruf nicht nur unberechtigt war, sondern dass
die angezeigten Schäden zum grössten Teil über-
;Die Bilder der Schackgalerie. 15/
trieben worden sind. Neuerlich haben wir (Februar
1905) die fraglichen Bilder wieder genau darauf hin
angesehen und sind zu folgenden Resultaten gelangt:
Von all den oben erwähnten Schäden und „be-
denklichen" Uebermalungen beruhen einzig und allein
diejenigen auf der dunklen „Villa am Meer**' auf
richtiger Vermutung. Aber der „mit den Malverfahren
Böcklins vertraute Künstler" hätte die Entstehungs-
geschichte des Bildes nach den bezüglichen Nach-
richten in Schicks Aufzeichnungen und die Ursache
der Abblätterung in Betracht ziehen müssen und hätte
wissen können, dass die Schäden schon beim Eintreffen
des Gemäldes vom Grafen Schack beanstandet und
dann „so gut als möglich" repariert worden waren.
Er hätte sich daran erinnern sollen, dass Schack das
infolge des Aufrollens beschädigte Bild nicht über-
nehmen wollte und dass Böcklin deshalb das zweite
Bild gemalt hat; er hätte dann richtig schliessen
müssen, dass die „Uebermalungen" älteren Datums
sind und nicht aus neuerer Zeit stammen könnten»
Die eigentlichen Ursachen dieses Missgeschicks haben
wir bereits des näheren erörtert (s. oben S. 71).
Was die Schäden an der helleren „Villa am
Meer" betrifft, so sind sie überhaupt nicht vor-
handen. Das Bild ist vollkommen intakt. Weder
irgend ein Abblättern, noch irgend welche Sprünge
konnten wir bemerken. Von „bedenklicher" Restaurie-
rung fanden wir keine Spur.
Ueber ,,Vinum novum" hätte der Artikelschreiber
sich ebenfalls in Schicks Aufzeichnungen instruieren
können und die Erklärung dafür gefunden, warum
158 XIV, Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
der Astsprung sichtbar ist. Aber von einer Ueber-
malung des Interieurs mit den KLneipenden „mit einer
völlig fremden Farbe** zu reden, ist auch nicht der
geringste Anlass. Wie dieses köstliche Bild jetzt da-
steht, ist jeder Strich von Böcklins Hand, und wenn
auch, wie es heisst, dieses Bild „in Fachkreisen schon
lange gewissermassen aufgegeben ist", so glauben wir
dennoch, dass Generationen sich, wie es jetzt ist,
werden daran erfreuen können.
Der gerügte Firnisüberstrich, welcher „wie
Schwarte" an der linken Baumgruppe von „Tod-
und Herbst" hängen soll, war nichts weiter als eine
Trübung des Firnisses infolge der Niederschläge, wie
solche in den ungeheizten Räumen der Galerie mehr-
fach zu bemerken sind. Ein Schaden ist für das Bild
nicht entstanden.
Aus all dem ist zu folgern, dass die Befürch-
tungen übertrieben sind, und dass wir glück-
licherweise doch nicht „vor der Tatsache stehen,
dass viele Bilder Böcklins reparaturbedürftig sind".
Auf diesen Umstand muss mit allem Nachdruck hin-
gewiesen werden; denn wir haben gesehen, dass der-
artige Alarmnachrichten die öffentliche Meinung über
den Stand der Bilderschätze sehr beeinflussen können.
Selbst in der bayerischen Kammer der Abgeordneten
ist von dem Verfalle der Bilder Böcklins ausführlich
die Rede gewesen!
Mit Ausnahme der dunklen „Villa am Meer",
von „Triton und Nereide*, das, in Temperatechnik
auf Oelgrund gemalt (s. oben S. 108), wie mit kleinen
ritzartigen Sprüngen bedeckt erscheint und der „Idealen
Jetziger Zustand der Bilder. 159
Landschaft** (mit der Nymphe an der Quelle vom
Jahre 1855, sehr nachgedunkelt und voll Firnisrisse)
sind alle Gemälde Böcklins in der Schackgalerie im
besten Zustande. Die unbedeutenden rissigen Stellen
der dick gemalten weissen Wolke im „Gang nach
Emmaus'' und an der weissen Mauer in „Mörder und
die Furien" kommen gar nicht in Betracht, wenn
man andere Gemälde der Galerie daraufhin ver-
gleicht, z. B. die Lenbachbildnisse und -Kopien, die
Bilder von Karl Rahl, Böheim, Dreber, Linden-
schmidt u. a.
Ob und inwieweit die Räumlichkeiten der Galerie
oder die mitunter starken Temperaturunterschiede mit
schuld tragen, soll hier nicht weiter erörtert werden.
Jedenfalls ist es mit Freude zu begrüssen, dass
Zeitungsnachrichten zufolge der Neubau der Galerie
in naher Aussicht steht.*)
An dem Zustande der übrigen Bilder, wie „Ana-
choret'S „Pan erschreckt einen Hirten", „Drachen-
höhle", „Hirtin bei ihrer Herde", „Italienische Villa",
„Ideale Frühlingslandschaft", „Heiliger Hain" und
der einzig schönen „Klage des Hirten" (Amaryllis),
der helleren „Villa am Meer" wird auch der penibelste
*) Was bis dahin zu tun wäre, um die Bilder gegen die durch die
Temperaturunterschiede unvermeidlichenNiederschläge derP'euchtig-
keit zu schützen, bestände unseres Erachtens in der Isolierung der
Leinwandrückseiten, durch geeignete, Feuchtigkeit nicht durchlässige
Schichten (vermutlich ist dieses inzwischen auch ausgeführt
worden) und durch Verglasung von vorne. Leider wäre das letztere
infolge der gegenwärtigen Lichtverhältnisse und der Engigkeit der
Galerie untunlich.
160 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
Beobachter nichts auszusetzen haben. Diese Bilder
bestricken durch ihren Farbenzauber, und da sich bis
jetzt, nach mehr als 40 Jahren, kein Schaden gezeigt
hat, ist anzunehmen, dass es in künftigen Zeiten,
falls keine aussergewöhnlichen Zufälle eintreten, eben-
so bleiben wird.
Die Oelfarbe muss ja schon längst ihren Trocken-
prozess beendet haben, und wenn ein Springen der
Schichten zu befürchten gewesen wäre, hätte sich
dies inzwischen auch gezeigt haben müssen.
Wie es mit der Erhaltung der in Firnisfarben
gemalten Bilder der mittleren Periode des Meisters
bestellt ist, muss erst abgewartet werden. Aber auch
bei diesen Bildern ist die Gefahr gering, weil Böck-
lin stets sehr dünn gemalt hat, niemals mit Asphalt
oder Lacken in dicken Schichten die Malerei über-
ging und alles vermieden hat, was als „ unsolide **
Technik erkannt ist. Ein Einwand könnte erhoben
werden, dass nämlich bei den Firnisfarben die Lösung
der Harze in Leinöl erfolgte (Kopalfirnis, Bernstein-
oder Kutschenlack) und solche Harz-Oelfirnisse die
Tendenz zum Nachdunkeln haben. In der Tat
hört man ab und zu, dass Bilder dieser Periode an
Wirkung verloren haben sollen. Firnisfarben haben
meist die Eigentümlichkeit, dass sie mit der Zeit
durchsichtiger werden, die Untermalung wird dabei
stärker sichtbar, deshalb ist es wohl möglich, dass
sich gewisse Veränderungen zeigen.
In Florenz hatte Böcklin, wie Landsinger sich er-
innert, eine Zeitlang von einem dort ansässigen
Schweizer Lackfabrikanten Stünzi seine Firnisse be-
Mit Fimisfarben gemalte Werke. 161
reiten lassen, und dieser kochte anfangs das Leinöl
mit Bleiglätte. Ein mit solchem Oel hergestellter
Bemsteinfimis*) ist dem Nachdunkeln in der Tat sehr
viel mehr ausgesetzt, er ist auch von Anfang an von
dunklerer Farbe. Reichlicher Gebrauch eines solchen
Bindemittels muss wohl ein Nachdunkeln der Malerei
befördern und mit der Zeit ein eventuelles Verändern
des Tones zur Folge haben. Es scheint übrigens,
dass die Hauptgefahr der Firnismalerei, nämlich das
unaufhaltbare Springen der Malschichte bei Böcklins
Bildern durch die übrigen Beigaben von Terpentin-
balsam und Petroleum hintangehalten worden ist;
denn von einem Springen dieser Gemälde ist bis
jetzt nichts zu sehen.
Den mit der modernen Maltechnik Vertrauteren
ist es bekannt, dass gegen das Petroleum vom che-
misch-wissenschaftlichen Standpunkte mancherlei Ein-
wände erhoben werden, dass es nie völlig und nicht
ohne Rückstände trocknet, dass es mit Harzfirnissen
sich nicht mischen lässt, ohne das Harz zu „fällen**,
dass es also für die Firnismalerei eigentlich ungeeignet
ist. Aber bei Böcklins Firnisfarbe sind diese Uebel-
stände durch Anwendung von Oelfirnissen (z. B.
Kutschenlack), die Beigaben von Balsam und Terpen*
tinöl sehr verringert, die Fällung des Harzes aus
solchen Lösungen wird, wenn auch nicht vermieden,
so doch weniger bemerkbar und in der angeriebenen
♦) Stünzi (Firma Nicolini & Co.) lieferte an Böcklin damals
zwei Arten von Firnis, einen schnell trocknenden und einen lang-
sam trocknenden.
Berber, BöckliDS Technik. 1 1
162 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
Farbe kaum irgendwie von optischer Bedeutung sein.*)
Deshalb hatBöcklin niemals Anstand genommen, Petro-
leum zu seinen Firnisfarben zu verwenden, und es mag
in Verbindung mit dem Harzbalsam auch das widrige
Reissen der Fimisfarben unmöglich gemacht haben,
weil die Farben durch diese Beigaben eben elastisch
bleiben und sich den Einflüssen von Wärme oder
Feuchtigkeit mehr oder weniger anschmiegen.
Gehen wir nunmehr zur Technik der letzten
Periode, nämlich der Tempera des Theophilus
über, so kann gesagt werden, — und dies gilt für
Tempera im allgemeinen — dass Schäden an solchen
Malereien, soferne sie auf das Bindemittel zurückzu-
führen sind, sich stets sehr bald zeigen, denn der
Trockenprozess der Tempera ist ungleich schneller
beendigt als bei jedem anderen öligen Bindemittel,
Die Volumveränderung bleibt für die Folge bestehen,
eine Gefahr irgendwelcher Art, wie das Nachdunkeln
ist ziemlich ausgeschlossen, und nur wenn der Unter-
grund erhebliche Veränderungen erleidet, wäre die
Farbschicht nicht imstande, diesen zu folgen und
würde brüchig werden. Temperabilder auf Leinwand
— diese dehnt sich bei Feuchtigkeitsaufnahme er-
heblich aus und zieht sich beim Trockenwerden
wieder zusammen — sind dem Springen deshalb
leichter ausgesetzt als Temperabilder auf Tafeln,
Aber auch das Holz zieht sich bei Trockenheit zu-
*) Bekanntlich ist das ganze System der Ludwig sehen Pe-
troleummalerei auf der Verwendung von ähnlichen Mischungen
von Bemsteinfirnis, Oel, Petroleum und Terpentin aufgebaut.
Vergl. dessen „Technik der Oelmalerei".
Mit Tempera gemalte Bilder. 163
sammen und dehnt sich bei Feuchtigkeit entsprechend
wieder aus, sodass die Erscheinung der sog. Craque-
lure auf alten Bildern durchaus nichts Seltenes ist.
Aber auch Böcklins Tempera der letzten Periode
war so zusammengesetzt, dass sie — physikalisch ge-
sprochen — expansionsfähig war, und deshalb werden
diese Gemälde voraussichtlich in ihrem gegenwärtigen
Zustande verbleiben. Wo vielleicht Defekte bemerk-
bar sind, stammen sie jedenfalls noch von der Zeit
der Entstehung her.
Man mag vielleicht noch fragen, wie sich Bilder
in gemischter Technik, d. h. mit Tempera-Untermalung
und Firnisfarbe - Uebermalung verhalten würden und
ob deren Dauerhaftigkeit gesichert ist? In diesen
Fällen sind die Bedingungen naturgemäss etwas kom-
plizierter; aber soviel kann man sagen; Solche Bilder
sind dem Nachdunkeln gewiss weniger ausgesetzt als
Oelgemälde, weil die Farben an sich weniger Oel ent-
halten, sie werden ihre Leuchtkraft erhalten, weil die
Farben in sehr dünner Lage und auf weissem Grunde
aufgemalt sind, also wird das Tiefen licht in der
Farbenkomposition stets mit wirksam bleiben.
Wir wissen, dass auf diesem Tiefenlicht, oder
wie man sich auch ausdrückt: dem Leuchten aus der
Tiefe, der Hauptvorzug der frühniederländischen Bilder
begründet ist. Auch die Ansicht, dass diese Wirkung
schon von den älteren Niederländern sehr wahrschein-
lich mit Hilfe gefirnisster Tempera erreicht worden
ist, gewinnt immer mehr an Boden, es ist demnach
nicht ausgeschlossen, dass die Böcklinschen Bilder
ebenso wie die von allen bewunderten Werke der
11*
154 XVI. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
alten niederländischen und altdeutschen Meister ihre
Leuchtkraft auch dauernd erhalten werden.
Ueberblicken wir zum Schluss noch einmal Böck-
lins technisches Können, das er sich in rastlosem Vor-
wärtsschreiten während seiner ganzen Lebenszeit er-
rungen und vergleichen damit, was er erreicht, dann
werden wir auch ermessen können, was wir ihm in
dieser Beziehung alles zu danken haben« Die eiserne
Konsequenz, auf dem einmal für richtig er-
kannten Wege bis zum Ende zu gehen, ist
allein schon bewundernswert, um so mehr,
wenn wir noch beifügen, dass er eigentlich nur seinem
freilich hoch entwickelten Empfindungsvermögen für
farbige Reize folgte. So ist er der Lösung der
schwierigsten Probleme der Maltechnik, wie wir ge-
sehen haben, immer näher gekommen, je länger er
sich damit beschäftigte. Als solche schwierigsten Pro-
bleme haben seit jeher gegolten: Die antike En-
kaustik, die Technik der pompejanischen
Wandmalerei und die Van Eyck-Technik. An
alle drei ist er herangetreten; er hat erkannt, dass
die bisherigen Anschauungen dem Wesen der Sache
nicht entsprechen, und für alle drei Probleme hat er
den richtigen Weg uns gewiesen. Die Fäden der
verloren gegangenen alten Tradition hat er wieder
neu gesponnen und systematisch das Band gewebt,
das seine Kunst mit der Kunst der Alten verknüpft.
Und wie merkwürdig: was Böcklin vor Jahrzehnten
rein empirisch, intuitiv als richtig vermutete, ist durch
neuere Forschungen, auf ganz anderem Wege er-
rungen, auch als richtig erwiesen worden.
Böcklins technische Kenntnisse. 165
Bei der antiken Enkaustik ist es ihm sofort klar
gewesen, dass die Wärme sowohl zum Auftragen als
auch zur Verarbeitung der Wachsfarben unbedingt
nötig war, und er hat darin das Wesentliche der En-
kaustik richtig erkannt und durch einige Versuche
die Ausführungsmöglichkeit bewiesen. Wir haben
darüber bereits gehandelt (im Abschnitt VIII). Um
das Problem der antiken Wandmalerei hat sich Böck-
Hn Verdienste erworben, da er bei der Ausführung
der Baseler Fresken die traditionell als Freskoanweisung
geltenden Angaben Vitruvs in die Wirklichkeit um-
setzen wollte. Durch das Misslingen dieses Ver-
suches hat er sich aber nicht beirren lassen und ist
rein empirisch zur Erkenntnis gelangt, dass nur dann
eine aufs Nasse gemalte Farbe glatt wird, wenn man
sie glättet. Damit ist Böcklin schon vor 40 Jahren
genau zu dem nämlichen Resultate gelangt, als die mit
vielen mühevoll herbeigeschafften Beweisen festgestellten
Tatsachen neuester Forschung. Für ihn bedurfte es
keiner langen Beweisführungen und Gutachten von
Gelehrten oder Chemikern, er hat mit dem Blicke des
gewiegten Fachmannes alsbald erkannt, dass die so
lange gesuchte Technik der italienischen Stukkolustro-
technik nahekommt.*)
Der ungeheure Respekt vor den alten Traditionen
in technischen Dingen hat Böcklin, wie wir gesehen
haben, zur Theophilus-Technik geführt; er mochte
sich gesagt haben, dass diese aber nur der Vorläufer
der späteren Jahrhunderte gewesen sein konnte, und
♦) Vergl. die „Nachschrift« S. 101.
166 XIV. Erhaltung der Bilder. Schlussbemerkungen.
deshalb hat er in völlig richtiger Voraussetzung die
Theophilus-Technik so weit umgestaltet, bis er eine
für seine Absichten entsprechende Mal weise daraus
schuf. Auch in diesem Punkte müssen wir Böcklin
zugestehen, den Weg geebnet zu haben zu der jetzt
immer mehr durchdringenden Anschauung, dass die
Van Eycks nicht, wie man bisher angenommen hat,
die „Erfinder der Oelmalerei" gewesen seien, sondern
durch die Einführung der emulgierten Oele ein neues
System der Oeltechnik begründet haben mussten.
Alle diese neueren Anschauungen, die uns in der
Erkenntnis der Geschichte der Maltechnik ein grosses
Stück vorwärts gebracht haben, finden in dem tech-
nischen Streben Böcklins weitgehende und tiefbegründete
Stützpunkte. Die Forscher späterer Zeit werden nicht
darüber hinweggehen können, und Böcklins Schaffen
wird in Zukunft für alle auf dem Gebiete Tätigen
von unermesslichem Werte sein.
Böcklin ist aber bei seinen vielfachen technischen
Versuchen nicht von antiquarischen Motiven geleitet
gewesen, er hat nicht nur die Technik der Alten an-
gestrebt, um sie zu imitieren, sondern weil er heraus-
gefühlt hat, dass auf diesem Wege für seine Kunst
und für seine künstlerische Anschauung am meisten
zu erringen war. So oft er auch seine technischen
Mittel änderte, der Zweck war stets der gleiche,
nämlich die Verwendung derselben zur koloristischen
Steigerung der Farben. Das ist es, was er uns ge-
lehrt; mit den einfachsten Mitteln die grössten Wir-
kungen zu erzielen, mit einem Hauch der Farbe, in
dünnster Schichte, durch genaues Abwägen der Kon-
Zauberkraft der Farbe. [67
traste, mit einer Sparsamkeit sondergleichen die edelsten
Stimmungen wiederzugeben.
Aber noch viel mehr verdanken wir ihm : Er hat
zu einer Zeit, da die Graumalerei Mode war, wieder
gezeigt, was für Zauberkraft die „Farbe* haben kann,
er hat uns gelehrt, was wir mit Farben ausdrücken
könnten, wenn wir den ^heiligen Hain" der Natur
betreten, mit dem Sinne für das Schöne im Herzen.
Schon dies allein ist ein Verdienst, das unseres höchsten
Dankes würdig genannt werden muss.
Register.
„Abenteurer« 113.
Adhäsion der Farben 140.
Aenderungen 27.
Aether 61.
Alte Meister 33, 133, 135, 141.
„Altrömische Maifeier«" 119.
„Amaryllis* (Des Hirten Klage)
12, 27, 39, 159.
^Anachoret** 39, 159.
yAnadyomene'' 141.
Anetsberger 124.
Anlage des Bildes 46.
, Antonius predigt den Fischen*
; 14, 32, 119.
Apelles 79.
„Apollo mit dem Viergespann''
90, 94.
Aquarellfarbe 53.
Armenini 4, 87, 113, 118, 148.
„Armut und Sorge** 119.
Art des Schaffens 24.
Athos, Malerbuch vom Berge 20.
Aufgeben der Firnisfarbe 116.
Aufpausen 91.
Aufzeichnung 46.
Ausschwitzen 92, 93.
Balsam copaivae, s. Kopaiva-
balsam«
Basel 11, 12, 17, 85.
Baseler Fresken 85 — 96.
Bayersdorf er Dr. 6, 102, 114, 120,
137.
Begas 39.
Bereitung des Grundes s.
Grundierung.
Berlinerblau 147, 149.
Bemsteinfimis 43, 112, 118, 119,
129, 161.
Bewurf für Fresko 97.
Pezold V. 102.
Bildnis s. Porträt.
Bindemittel 71. Hl* 8. Tempera,
Oel u. s. w.
Blanc de Troyes 149.
Blaugrünoxyd 151.
Bleiweiss 121, 132, 147, 148, 150,
151.
Borax 129.
Borghini 87.
Bronzegold 148.
Burckhard, Fritz 92.
„ Jakob 17, 55, 85.
„Burgruine* 119.
Cadmium 149, 150.
Caput mortuum 148.
Caravella-Leim 54.
Carlo Böcklin 137.
Cennino Cennini 4, 53, 105, 143.
„Ceres und Bacchus* 104.
Champagnerkreide 143.
Chiaroscura 33.
Chromgelb 147, 149, 150.
Chromgrün 74, 147, 149.
Chromoxydgrün 151.
Register.
16Q
Chromrot 149, 150.
,1 Cimbemschlacht ** 131.
Cinquecento, Meister des 55.
»Cleopatra« 77.
Copal k Phuile 52.
„ a Tessence 80; s. Kopal.
Correggio 55, 94, 114.
Correggiofimis 118.
^Daphnis u. ChloS* v. Schick 45.
Dauerhaftigkeit 1 60— 1 63.
»David« 89, 92.
Deckfarbe 58, 64.
Deckgrün 40.
Dekoration, gemalte 57.
^Dichtung und Malerei« 14, 113.
Didier 69.
Dirk Bouts 120.
,Drachenhöhle« 159.
»Dümmling«* 90.
Ki (ganzes) 5, 53.
Ei-Firnisfarbc 4.
Eifarbe s. Eitempera.
Eigelb 4, 53, 88.
Eiklar (Eiweiss) 6, 21, 51, 53,
121, 124, 129.
»Einsiedler« 113, 142.
Einzelheiten, techn. 139.
Eisen, heisse 19, 20.
Eisenoxyd 148, 150.
Eitempera 13, 19, 51, 95, 104.
Elfenbeinschwarz 148, 151.
Emulgieren 106, 109.
Emulsionen 22, 123, 126—128,
137, 138, 152.
Englischrot 148, 149.
Enkaustik, antike 6, 59, 75—84,
146.
Enkaustik, Versuche in 20, 75.
Entstehung des Bildes 24.
Erde, grüne, s. grüne Erde.
Erinnenmgen, persönliche 1.
Erhaltung der Bilder 154.
Essig, 5, 53, 106.
Farbe des Grundes 40.
Farben, subjektive 48.
Farben-Bereitung 145.
» -Disposition 29, 31, .
» -K.omposition 38.
» -Proben 153.
^ -Reiben 130, 152.
» -Skizze 30, 90.
» -Liste 146—152.
» -Wirkung 27, 29, 32.
Fäuhiis des Bindemittels 129.
»Faun, Junger* 142.
»Faun, schlafende Nymphe be-
lauschend« 113, 142.
Feigentriebe 53.
Fernbach 75.
Festigkeit des Malnüttels 111.
Fimisfarbe 4, 12, 34, 108, 110,
112, 160.
Fimisfarbe, Rezept für 6, 1 12, 1 19.
Fischer L. H. 151.
Fischleim 53, 55.
Fixiermittel 44, 46.
»Flora«* (Fresko) 90, 94, 100.
»Flora,Blum. streuend« 14, 109,142.
Floerke G., 9, 12, 14, 17, 20, 25,
28, 61, 101, 104, 111,118, 136.
Floerke H. 9.
Florentiner Aufenthalt 6, 9, 13,
109—116.
Florentiner Aufenthalt, letzter 14,
102, 133.
„Franzesko da Rimini« 138.
Frau Böcklin 50, 123.
»Freiheit« 130.
Fresko 12, 57, f. Sarasin 85.
Fresko-Farben 87, 149.
, -Grund 23, 87, 95, 97.
» -Malerei der Alten 97, 99.
« 9 geglättete 6, 101.
„ -Versuche 86.
Fresken, Baseler 85-96.
Frey 10, 14, 21, 27, 29, 121, 125,
135, 150, 152.
»Frühlingserwachen« 14.
»Frühlingshymne« 119.
170
Register.
„Oang nach Emmaus** 159.
Ganosis 65.
„Gartenlaube« 14, 32, 119.
^Gattin als Muse«* 83.
»Gefilde der Seligen« 113.
„Geburt der Venus«* 44, 46,
Gegenlinien 38.
^Geisselnder Eremit* 12, s. Ana-
choret.
Giotto 42.
Gipsgrund 55, 138, 144 s. Kreide-
grund.
Glätten des Grundes 94.
Glätten der Freskomal. 100, 102.
Gljcerin 19, 53, 56.
Goldocker 149.
„Götter Griechenlands«* 40.
Gouachefarben 98.
Graphit 151.
Gründe, geleimte 4, 44.
„ getönte 34,39—4 1 ,42, 1 1 6.
„ weisse, 42, s. Kreide-
Leinwand- u. Freskognind.
Grundierung der Tafeln 138, 141,
143.
Grüne Erde 40—42, 148, 149, 161.
Grünspan 151.
Gummi arabic. 54, 126, 138, 152.
Gunkel (Maler) 43.
Gurlitt 143.
Magenbach, Prof. 92.
Halbdunkel 135.
Hannover 11, 54, 56.
Harze 56, 113, 119.
Harzmalerei 66 — 74, 98.
Harztempera 120.
„HeUiger Hain« 14, 104, 113, 119,
159.
j.Heimkehr« 119.
„Herbstgedanken« 119.
„Hirtin bei ihrer Heerde« 159.
Holbein 134.
Holztafel 105, 138.
Holztafel-Grundierung 141, 143.
Honig, 5, 52.
Hoogstraeten 1.
„Horch, es schallt der Hain von
Liedern«* 31.
„Ideale Landschaft«* 158.
„Ideale Frühlingslandschaft« 159.
„Idylle«* und ^Malerei« 104.
Imhof 74, 82.
Indischgelb 150.
Indischrot 148.
„Iphigenia« s. „Villa am Meer«.
„Italiener, Kopf eines« 74, 83.
„Italienische Villa«* 159.
„Jagdzug der Diana« 12, 39.
Jugendzeit 11.
Kalk 87- 90, 92, 95, 97-101, 149.
Kalkbcwurf s. Freskogrund.
Kalkhäutchen 90, 93.
„Kampf auf der Brücke" 130.
Kandiszucker 54.
Kaolin 7.
„Kapelle** 38.
Karmin 121, 147.
Kasein (Käseleim) 54, loi, 126, 143.
Kasseler Erde 149, 151.
Kaulbach, Fr. A. 105.
Keller, Gottfr. 130.
„Kentaur und Nymphe«* 42.
„Kentaurenkampf«* 13, 104.
Kernschwarz 40, 148.
Kirschgummi(harz) 6, 7» 21, 117,
129, 131, 137.
Kirschgummi-Tempera 5, 12, 14,
21, 119, 122.
Knopf, Maler 116.
Kobalt 148, 151, 152.
Kobaltgrün 149.
Kollodium 93.
Kölner Meister 120.
Koloristik 29.
Kolophonium 119.
Komplementärfarben 31, 41, 48.
Register.
171
Konservierungsmittel f. Tempera
4, 106, 129.
Kontrastwirkung 27, 29.
Kopaivabalsam 7i 21, 34, 37, 42,
43—48, 63, 110, 118, 123, 129,
137, U7, 152.
Kopalharz (-firnis) 4, 6, 107, 109,
112, 116, 119, 134.
„Kopf seiner Frau« 65, 66, 69, 82.
Korkschwarz 151.
Krapp 146, 150, 152.
Kreidegrund 34, 105, 143, 144.
„Krieg« 15, 138.
Kremserweiss s. Bleiweiss.
„Kreuzabnahme« 4, 14, 109, 142.
„Kritikus« 90.
Kupfer 142.
Kutschenlack 6, 113, 161.
liack 147.
„ de garance 148.
„ grüner 148.
Lampenschwarz 151.
„Landschaft« 62.
„ mit Jagd der Diana«
15, 130, 138.
„Landschaft mit maurischen
Reitern« 105.
„Landschaft aus dem Sabiner-
gebirge« 82.
Landsinger S. 5, 13, 28, 107,
108, 116, 131, 143.
Lapsis lazuli 87 1 151.
LasiusO. 9, 14, 28, 83, 112, 121,
144.
Lasuren 29, 37, 58, mit Weiss
gemischt 47, mit Fimisfarben
126, 137.
Lauge 61.
„Lautenspielerin« 109.
„Lebensinsel« 119.
Leim, Kölner 143.
„ -färbe 49, 52, 54—58.
„ -maierei 3, 12, 48, 54, 56,
64, 118.
Leinöl 4, 6, 109, 116, 118, 137, 148.
Leinwand 4, 34^ 40, 56, 104,
„ -grundierung 1 39 — 141,
Lenbach 39, 51, 69, 105, 107, 159.
Lessing 4, 22, 119, 120.
Lionardo (da Vinci) 42, 136.
Literatur 9.
Loggia i. S. Domenico 102, 138.
Lomazzo 4.
„Lucia« 142.
Lulni 93.
Ludwig H. 113, 162.
„Magdalena an der Leiche Christi«^
12, 48.
„Magna mater« 90.
Maleisen für Enkaustik 76.
Malerei s. Tempera, Öl-, Firnis etc.
Malkarton 142.
„Marien8age„ 31, 130, 131.
Marmorgrund 94.
Marmorpulver 90.
Marsgelb 148.
Mastix 107, 118, 124, 134,
Mayhoff Prof. 76.
„Medusa« 90.
„Meeresbrandung« 142.
„Meeresidylle« (Triton u. Nereide)
4, 13, 25, 105, 108, 158.
„Meeresstille« 119.
„Melancholie« 32.
„Melpomene« 138.
Mendelsohn Henri 10, 21, 23, 34,,
35, 58, 133.
Mennige (Minium) 121, 150.
Milch 95, 101.
Mineralschwarz 149.
Miniaturmalere» 54.
Mohnöl 148.
„Mörder und die Furien« 159.
Morellensalz 148, 149.
Mumie 148.
Mumienporträts 77, 83.
Münchner Aufenthalt 10, 13 103.
Museumsfresken, Basel 17» 84.
172
Register.
nachdunkeln 160.
Nachgilben des Oeles 45.
^Nacht* 32.
Neapel 49.
Neapelgelb 40, 148, 149, 150.
^Nonnen« 105, 108.
Nussöl 45, 128, 137, 148, 152.
Ocker 148, 149, 150, 151.
^Oktoberfest« 19, 20, 53, 142.
Gele 8. Leinöl, Nussöl etc.
„ ätherische 34.
Oelfarbe 3, 12, 34, 35, 111.
„ für Freskoretouche 89.
Oelfirnis s. Firnis.
Oeltemperal25 — 127s.Emulsionen.
Optik physiol. 104.
„Orlando furioso«* 138.
Ostini Fr. v. 10.
Palette, BöckUns 139, 145, 152.
„Pan im Schill 12.
^Pan und Nymphe** 105.
„Pan und Dryaden«* 138.
^Panischer Schreck** 12, 39, 159.
Pappe 142.
Parabalsam 129 s. Kopaivabalsam.
Pergamentleim 50.
Persönliche Erinnerungen 1.
Perugino 134.
^Pest« 15, 138.
^Petrarka«* 27, 40, 44, 64, 139.
Petroleum 6, 21, 113. 114, 118, 161.
^Petrus** 138.
Pettenkofer Max ▼. 43, 145, 147.
^Pietä« 4, 13, 32, 34, 113.
Pinsel 152.
Piinius 4, 59, 65, IT.
Pompejan. Malerei 49, 89, 98, 106.
^Porträt** V. Bayersdorfer 14, 109.
„ seiner Frau 52, 54, 81,
82, 142.
„Porträt** V. Frau Clara Bruck-
mann 105, 142.
^Porträt** ▼. Frau Gurlitt 4, 115.
„Porträt** eines Irssinnigen 44, 46.
G. KeUer 130.
„ eines K.inde8 142.
„ V. Lenbach 52.
Pottasche 61.
Preussischblau 151.
„Prometheus** 4, 14, 113.
Punisches Wachs 12, 60.
Purpur 147.
Quellen für B*s Technik 8.
Raffael 134.
Rebenschwarz 40, 42, 149, 151.
Reiben der Farben s. Farben.
Reissen der Holztafel 143.
Rembrandt 1, 5.
Requeno 59.
Retuschen für Fresko 88, 95.
Rezept für Fimisfarben 6, 112,
119.
Rezept für Kirschharztempera 122,
124, 137.
Roger van der Wcyden 120.
„Römerkopf, männlicher** 83.
„Römerschlacht** 14.
„Römische Vigne** 105.
Rubens 5, 136, 142.
„Ruine am Meer** 113, 142.
Ruths, Maler 140.
8andiog (Sandarac) 19, 22, 55, 67.
„Sappho** 79—83, 105.
Sarasin 81, 85.
„ , Fresken im Hause v. 12
85 bis 89.
Schack, Graf 19, 68, 81, 157.
Schackgalerie 4, 12, 155—159.
Schäden an Bildern 155.
„Schatzhüter** 120.
Schellack 119.
Schick Rud. 9, 12, 16, 27, 40
bis 100, 137, 139, 145.
Schiefertafel 41, H, 140, 141.
Schirmer Joh. Wilh, 37.
Schlaghölzer 90, 93.
Register.
173
Schlämmkreide 40, 44, 138, 144.
Schmid H. A. 10, 20, 116.
Schnitzelleim 54.
^Schweigen des Waldes«* 14, 119.
Schweinfurtergrün 151.
Schwerspat 7.
S. Domenico 132.
Seitz Rud. 105.
„Selbstbildnis«" 142.
„ mit dem fiedelnden
Tod 13, 104.
„SelbstbUdni8<< mit dem Weinglas
130.
,Sieh' es lacht die Au" 14, 119,
Skizzen 27.
Smalte 148, 149.
„Sommertag** 142.
Spachtel 94, 100.
„Spiel der Najaden«* 14, 119.
„Spiel der Wellen 14, 113, 115, 156.
Spiritusfirms 55, 56.
Sprünge der Farbe 130, 132, 156.
Staffage 38.
Stein a. Rhein 6.
Steinocker 149.
Steinöl 114, s. Petroleum.
Stereochromie 97.
Stukkolustro 102, 165.
Stuckmarmor 97.
Studien 24.
,Studienkopf eines Italieners"
(Römerkopf) 74, 82.
Subjektive Farbien 48.
'„Susanna im Bade" 130.
Tagebuchaufzeichnungen s.
Schick.
Talg 111.
Tänzerinnen, pompej. 99.
Tempera 49, 51, 125.
„ der alten Meister 5, 135.
„ -Gemälde 109, 138.
„ -Malerei 49—58, 103 bis
110, 162.
„ -Untermalung 5, 51, 58,
107, 137.
Terpentin 21, 44, 48, 113.
Terpentin, venetian. 6, 113, 114,
Terra di Pozzuoli 150.
„ „ Siena 149, 150, 151.
Theophilus (Presbyter) 4, 14, 20^
120, 133, 143, 162.
Thoma Hans 3.
Tonpfeifenerde (Kaolin) 144.
Tintoretto 42.
Tizian 136.
„Toteninsel" 4, 14, 113, 115, 119^
142.
„Triton u. Nereide" s. Meeresidylle»
Uebelstände beim Fresko 93.
„Ueberfall von Seeräubern" 119,
Uebermalung 5, 124, 126, 152.
Uebersicht der Quellen 8.
Ultramarin 48, 87, 147, 151.
„ gelb 147.
Ultramarinasche 87, 149.
Untermalung 37, 51, 58, 132, 15U
Van Eyck 126, 135, 136, 164.
Vasari 4, 59, 65, 89, 97.
Venetianer Meister 33.
„ Terpentin s. Terpentin,
Venetianisch Weiss 148.
„Venus Anadyomene" 130, 142.
„Venus genetrix" 15, 138.
„Veritas" 28, 142.
Versuche in antik. Enkaustik 75
bis 82.
Versuche enkaustische, 12, 65, 74,
„ technische 49—74.
„Villa am Meer" 12, 19, 58, 60
bis 73, 81, 155—159.
„ Vi I. um bonum (Optimum)" 19, 118,
155, 157.
„Viola" 41, 43, 48, 56, 142.
„Vita somnium breve" 14, 28,119,
Vitruv 4, 59, 65, 89, 97.
Wachs 63, 64, 72, 73, 11, 147.
„ -färben 82.
„ -firnis 20, 63, 66.
„ -Malerei 19, 59—74, der
Alten 76, 83.
174
Register.
Wachs, punisches (Wachsseife) 12,
61—63.
Wandgemälde(Hannover) 54,66,57.
Wandmalerei im Atelier 57.
„ der Loggia 101, 138.
„ pompejaii. 6, 49, 97
bis 102, 164.
Wasserfarbe 52, 64, 88 s. Tempera
und Leimfarbe.
^Wassernymphe* 52.
Wedekind 54.
Weihrauch 5, 19, 22, 55, 67.
Weimar 11, 39.
Weinessig 105.
Weingeist 140.
Weisse Farben s. Kremserweiss etc.
Welti, Alb. 14, 121, 129, 131, 160,
Wiegmann R. 60, 89.
„Wiesenquelle« 12, 27, 28, 46,
47, 104.
Würtenberger E. 10, 14, 20, 30,
121, 122.
Zink als Malgrund 4, 115, 142.
Zinkweiss 95, 150.
Zinnober 65, 147, U9, 160, 152.
„ grüner 147.
Züricher Aufenthalt 6, 10, 14, 117
bis 132.
Zwischenfimis 124.
Yerlagsbacliliandlttng Cjeorg D. W. Callwey in München.
Beiträge zur Entwicklungs-
Geschichte der Maltechnik.
Mit Unterstützung des KgU Preussischen Ministeriums der
geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenlieiten, heraus-
gegeben von Ernst Berger.
I. u. IL Folge: Die Maltechnik des Altertums.
Vollständig umgearbeitete Auflage der ^ Erläuterungen zu den
Versuchen zur Rekonstruktion der Maltechnik des Altertums**.
In Lex. 80 u. 313 S., m. 2[farb. Taf. n. 57 Illustrationen.
München 1904. Preis Mk. 8.-,
Früher sind erschienen:
III. Folge: Quellen und Technik der Fresko-,
Oel- und Temperamalerei des Mittelalters.
München 1897. Preis Mk. 7.—.
IV. Folge: Quellen für Maltechnik der Re-
naissance imd deren Folgezeit, nebst
dem De Mayeme-Manuskript.
München 1901. Preis Mk. 10.—.
Vom gleichen Autor:
^= Katechismus der Farbenlehre. ==
Mit 40 in den Text gedruckten Abbildungen u. 8 Farbentafeln.
Verlag von J. J. Weber, Leipzig. 1898.
(Webers illustrierte Katechismen Nr. 167).
= Die Technik der Aquarellmalerei ==
und ihre Anwendung in Kunst und Kunstgewerbe.
Mit Buchschmuck von J. V. Cissarz und einer Aquarellfarbentafel.
Verlag von E. Haberland in Leipzig. 1901.
(^m^^MdSiWmy
AXW174
4021 »Wbt,^
IUI.
THE BORROWER WILL BE CHARGED
AN OVERDUE FEE IFTHIS BOOK IS NOT
RETURNED TO THE LIBRARY ON OR
BEFORE THE LAST DATE STAMPED
BELOW. NON-RECEIPT OF OVERDUE
NÖTIGES DOES NOT EXEMPT THE
BORROWER FROM OVERDUE FEES.'
DUE FL; Ol >k^FA
4021
B66be
r>