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Full text of "Beitrag zur lehre der fabrik-organisation [microform] .."

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NO.  94 


COPYRIGHT  STATEMENT 


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violation  of  the  Copyright  law. 


Author: 


Boveri,  Walter  Eugen 


Title: 


Beitrag  zur  lehre  der 
fabrik-organisation 

Place: 

Heidelberg 

Date: 

1922 


MASTER   NEGATIVE  * 


COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 
PRESERVATION 

BIBLIOGRAPHIC  MICROFORM  TARGET 


ORIGINAL  MATERIAL  AS  FILMED  -     EXISTING  BIBLIOGRAPHIC  RECORD 


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Boveri,  V/altor  Eugen,  1894- 

Beitrag  zur  lehre  der  f abrik-organisation* • . 
von  Walter  Eugen  Bover.i...  Heidelbarg,  Hörning, 


1922. 


viii,  279  p.  tablos,diagrotcharts.   24i 


Thesis,  Zürich« 


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RESTRICTIONS  ON   USE: 


TECHNICAL  MICROFORM  DATA 


FILM  SIZE:J^5mm 


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IMAGE  PLACEMENT:   lA     /IIA      IB      IIB 


DATE  FILMED;      lt)4p-^M- 


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INITIALS: 


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BEITRAG  ZUR  LEHRE  DER 

FABRIK-ORGANISATION 


INAUGURAL-DISSERTATION 


DER 


RECHTS-  UND  STAATSWISSENSCHAFTLICHEN 
FAKULTÄT  DER  UNIVERSITÄT  ZÜRICH 


ZUR  ERLANGUNG  DER 


WÜRDE  EINES  DOKTORS 
DER  WIRTSCHAFTS -WISSENSCHAFTEN 


VORGELEGT  VON 


WALTER  EUGEN  BOVERI 

VON  BADEN  (AARGAU) 


GENEHMIGT  AUF  DEN  ANTRAG  DES 
HERRN  PROF.  DR.  G.  BACHMANN 


HEIDELBERG 
UNIVERSITÄTS  BUCHDRUCKEREI  VON  J.  HÖRNING 

1922 


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Die  rechts-  und  staatswissenschaftliche  Fakultüt  gestattet 
hierdurch  die  Drucklegung  vorliegender  Dissertation,  ohne  da- 
mit zu  den  darin  ausgesprochenen  Anschauungen  Stellung  zu 
nehmen. 

Zürich,  den  23.  Juli  1921. 

Der  Dekan  der  rechts-  und  staatswissenschaftlichen  Fakultät : 

Prof.  Dr.  E.  Grofimann. 


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BEITRAG  ZUR  LEHRE  DER 
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Inhalts  -Verzeichnis. 


Seite 

Vorwort .VII 

Erster  allgemeiner  Teil. 

1.  Der  Begriff  Organisation 1 

2.  Über  die  Lehre  der  Fabrikorganisation 9 

3.  Die  Fabrik 13 

4.  Fabrikorganisation 15 

5.  Dezentralisationstendenzen 19 

6.  Normalisierung 34 

7.  Vordrucke 45 

8.  Die  berufliche  Vorbildung 55 

Zweiter  Teil.    Der  Einkauf. 

1.  Allgemeines 58 

2.  Die  Tätigkeit  der  Einkaufsabteilung. 

a)  Die  Veranlassung  zum  Einkauf 66 

b)  Das  Einholen  der  Offerte -  .  69 

c)  Die  BesteUung 72 

d)  Die  Lieferung 75 

e)  Die  Einkaufsstatistik      .      .      .^ .  76 

f)  Die  Rechnungsrevision 78 

Dritter  Teil.    Lager  und  Lagerverwaltung. 

1.  Allgemeines 83 

2.  Tätigkeit  der  Materialverwaltung. 

a)  Materialanforderung 90 

b)  Kontrolle  der  Lieferung 94 

c)  Die  Materialbezugs-Berechtigung   .      .  ' 95 

d)  Der  Materialausgang IUI 

e)  Die  Verbuchung 105 

f)  Die  Lagerrevision  ' 114 

Vierter  Teil.    Der  Lohn  und  seine  Verrechnung. 

1.  Die  Methoden  der  Entlöhnung. 

a)  Stundenlohn  und  Akkordlohn 116 

b)  Die  Gruppenarbeit 135 

2.  Die  Lohnabteilung. 

a)  Allgemeines 141 

b)  Aufstellung  der  Lohnliste 145 

c)  Die  Lohnstatistik 155 

d)  Ein  mechanisches  Verfahren  zur  Verrechnung  der  Löhne  .  163 


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Seite 
Fünfter  Teil.    Die  Vorkalkulation. 

1.  Allgemeines • ^^^ 

2.  Vorkalkulation  der  Lohnkosten 179 

3.  Vorkalkulation  der  Materialkosten  und  des  Herstellungspreises  1% 
Sechster  Teil.    Nachkalkulation  und  ünkostenverteilung. 

1.  Die  Nachkalkulation      . 205 

2.  Die  Unkostenverteilung. 

a)  Allgemeines 215 

b)  Das  Platzkostensystem 221 

c)  Praktisches  Beispiel •  224 

d)  Die  Ergebnisse 262 


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Vorwort. 


Die  vorliegende  Schrift  befaßt  sich  mit  einzelnen  Proble- 
men der  Fabrikorganisationslehre.  Sie  enthält  kein  vollständiges 
Gefüge  der  Organisation  eines  industriellen  Unternehmens,  son- 
dern nur  die  Elemente  der  Kosten  und  die  damit  in  engstem 
Zusammenhange  stehenden  Fragen.  Auch  erhebt  sie  keinen 
Anspruch  auf  Wissenschaftlichkeit  nach  den  dafür  im  ersten 
Teile  aufgestellten  Forderungen,  da  die  Erfahrung  des  Ver- 
fassers zu  beschränkt  und  das  ihm  zugängliche  Material  zu 
einseitig  war. 

Dieses  Material  stammt  aus  der  Maschinenindustrie,  so  daß 
sich  die  folgenden  Darlegungen  auch  auf  die  Maschinenindustrie 
beziehen,  was  an  dieser  Stelle  ein  für  allemal  erwähnt  sein 
soll.  Es  bietet  diese  Industrie  wohl  auch  das  reichhaltigste 
Material  zu  Studien  der  Fabrikorganisation;  denn  infolge  der 
Kompliziertheit  des  Fabrikationsprozesses  werden  die  allerman- 
nigfaltigsten  Anforderungen  an  die  Organisation  gestellt.  Diese 
Kompliziertheit  liegt  nicht  allein  in  der  großen  Zahl  der  verwen- 
deten Materialien  und  den  teilweise  hohen  Ansprüchen,  welche 
an  die  Fähigkeiten  der  Arbeitskräfte  gestellt  werden  müssen;  sie 
wird  hauptsächlich  bedingt  durch  die  verschiedenen  Bedürf- 
nisse, denen  sich  die  Fabrikate  anzupassen  haben,  was  eine 
immer   mehr  oder   weniger   spezialisierte    Fabrikation    erheischt. 

Auch  ist  das  Produkt  stetigen,  durch  den  technischen  Fort- 
schritt hervorgerufenen  Änderungen  unterworfen,  was  wiederum 
der  Massenfabrikation  hindernd  im  Wege  steht.  Daher  ist  den 
organisatorischen  Fragen  ganz  besondere  Sorgfalt  zu  widmen. 
Nicht  nur  muß  ein  reibungsloser  Geschäftsgang,  der  es  erlaubt 
die  bestehenden  Anlagen  voll  ausnützen  zu  können,  gewährlei- 
stet sein;  es  muß  auch  eine  ausgedehnte  Kontrolle  vorgesehen 
sein,  welche  die  Prüfung  der  großen  Menge  der  sich  aus  dem 


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Fabrikationsprozeß  ergebenden  Funktionen  gestattet.  Zu  einigen 
der  aus  dem  Gesagten  resultierenden  Problemen  sollen  die  fol- 
genden   Darlegungen   Stellung   nehmen. 

Schließlich  möchte  ich  nicht  versäumten  Herrn  Prof.  Dr. 
G.  Bachmann  meinen  herzlichsten  Dank  für  seine  freund- 
lichen Bemühungen  auszusprechen.  Auch  sei  an  dieser  Stelle 
allen  denjenigen  gedankt,  die  mir  beim  Sammeln  des  Materials 
behilflich  waren,  insbesondere  den  Herren  der  Firma  Brown, 
Boveri  &  Cie.,  die  mich  mit  Auskünften  so  reichlich  unterstützt 
haben. 


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ERSTER  ALLGEMEINER  TEIL. 

1.  Der  Begriff  Organisation. 

Unter  Organisation  als  allgemeinen  Begriff  versteht  man  die 
Art  und  Weise,  in  der  verschiedene  Teile  eines  Ganzen  sich 
zusammenschließen  zur  Erreichung  eines  gemeinsamen  Zieles, 
das  vom  Einzelnen  allein  überhaupt  nicht  oder  doch  nur  mit 
unverhältnismäßig  größerem  Aufwand  erreicht  werden  kann. 
Der  zu  erreichende  Zweck  ist  der  maßgebende  Faktor  dafür, 
welche  einzelnen  Teile  oder  Organe  sich  zusammenfinden  müs- 
sen, um  ein  Ganzes  zu  bilden;  auch  entscheidet  er,  welcher 
Beschaffenheit  sie  sein  müssen.  Es  kann  sich  aber  auch  dar- 
um handeln,  schon  bestehende  Teile  so  zu  vereinigen,  daß  sie 
einen  Organismus  bilden,  der  den  gewünschten  Zweck  zu  er- 
füllen in  der  Lage  ist.  Die  Art,  in  der  die  einzelnen  Teile 
Funktionen  übernehmen,  die  in  ihrer  Gesamtheit  geeignet  sind, 
den  verfolgten  Zweck  zu  erfüllen  (einerlei  ob  diese  Funktionen 
schon  bestehenden  Körpern  übergeben  werden,  oder  ob  diese 
Körper  erst  geschaffen  werden  müssen,  um  die  ihnen  auferlegte 
Funktion  auszufüllen),  ist  die  Organisation.  Sie  ist  das  Mittel, 
den  vorgesetzten  Zweck  mit  möglichst  geringer  Mühewaltung 
und  größtmöglicher  Wahrscheinlichkeit  auf  Erfolg  zu  erreichen. 
Durch  sie  sind  ferner  die  wechselseitigen  Beziehungen  der  ein- 
zelnen Teile  zueinander  bestimmt.  Veränderungen  dieser  Be- 
ziehung wie  der  einzelnen  Teile  selbst  kommen  durch  sie  zum 
Ausdruck,  wenn  äußere  Einflüsse  dazu  den  Anlaß  geben,  oder 
wenn  die  Erreichung  des  Endzieles  dadurch  gefördert  wird. 

Die  Organisation  ist  aber  dabei  nicht  als  leitende  Kraft 
aufzufassen,  weder  bei  der  Bestimmung  des  erwünschten  Zie- 
les noch  bei  der  Festsetzung  der  einzelnen  Teile  und  deren 
Beschaffenheit,  noch  bei  Veränderungen,  die  in  dieser  Struk- 
tur vorgenommen  werden;  sie  ist  lediglich  die  Form,  in  der  das 
alles  geschieht,  die  Form,  in  der  der  Organismus  aufgebaut 
wird.     Die  Triebkraft  selber  aber  liegt  allein  im  Zweck. 

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Diese  Definition  im  weitesten  Sinne  umfaßt  und  beschreibt 
den  Begriff  Organisation,  wie  er  sich  in  der  Natur  überall  da 
zeigt,  wo  einzelne  Teile  sich  zu  einem  Ganzen,  zu  einem  Orga- 
nismus zusammenschließen.  Der  menschliche  Körper  ist  nichts 
anderes  als  ein  solcher  Organismus;  nur,  da  der  Mensch  ihn 
nicht  mit  seinen  eigenen  Fähigkeiten  aufgebaut  hat,  bleibt  ihm 
auch  der  Zweck  seiner  Existenz  und  die  treibende  Kraft  ver- 
borgen. 

Selbst  als  ein  aus  mit  den  verschiedensten  Funktionen  be- 
gabten Bestandteilen  zusammengesetzter  Organismus  ist  der 
Mensch  unter  allen  seinesgleichen  doch  wiederum  nur  ein  ein- 
zelner Teil.  Als  solcher  schließt  er  sich  mit  andern  zusammen, 
und  je  nach  der  im  gegebenen  Moment  vorherrschenden  Mei- 
nung und  dem  Kräfteverhältnis  der  einzehien  Individuen  zu- 
einander, bilden  sich  wieder  neue  Organismen,  oder  wie  wohl 
nach  dem  Sprachgebrauch  gesagt  werden  müßte,  Organisatio- 
nen, die  den  verschiedensten  Zwecken  nachgehen. 

Hier  sei  gleich  eingefügt,  daß  dem  Wort  Organisation  zwei 
Bedeutungen  beigelegt  werden,  die,  da  sie  nahe  beieinander  lie- 
gen, zu  Verwirrungen  führen  können.  In  den  allermeisten  Fäl- 
len bestimmt  zwar  der  Sprachgebrauch,  um  welche  der  beiden 
Bedeutungen  es  sich  handelt;  dessen  ungeachtet  ist  es  not- 
wendig, die  beiden  durch  das  Wort  ausgedrückten  Begriffe  von- 
einander zu  trennen.  Unter  Organisation  versteht  man  einer-^ 
seits  die  Form,  in  der  einzelne  Teile  zu  einem  Ganzen  gebun- 
den sind,  um  dieses  Ganze  einem  gewissen  Zweck  nutzbar  zu 
machen.  Sie  ist  in  diesem  Falle  ein  rein  abstrakter  Begriff 
und  bildet  ein  Attribut  oder  eine  nähere  Umschreibung  zu  die- 
sem Ganzen,  nämlich  wie,  al)er  nicht  aus  was  dieses  Ganze 
aufgebaut  ist.  Mit  dieser  Bedeutung  des  Begriffs  werden  wir 
uns  zu  beschäftigen  haben.  Die  andere  Bedeutung  bezeichnet 
das  Ganze  selbst;  nämlich  einen  durch  die  Organisation  ver- 
schiedener Teile  entstandenen  Gesamtkörper,  also  ein  konkreter 
Begriff.  Die  Vereinigung  beider  Begriffe  unter  eift  Wort  ist 
wohl  dadurch  zu  erklären,  daß  die  Art  wie  der  Gesamtkörper 
zusammengestellt  ist,  diesem  selbst  das  Gepräge  gibt,  so  daß 
die  Form  wie  das  daraus  Entstehende  mit  dem  gleichen  Worte 
bezeichnet  werden.  Um  diese  Verwechslung  zu  vermeiden,  soll 
im  folgenden  das  Wort  Organisation  nicht  mehr  in  der  zwei- 
ten konkreten   Bedeutung  angewandt  werden,  selbst  wenn  der 


—    3    — 

Sprachgebrauch    ein   solches   verlangen   sollte.     Das   Wort  Or- 
ganismus soll  an  seine  Stelle  treten. 

Die  meisten  und  wichtigsten  dieser  vom  Menschen  gebil- 
deten Organismen  verfolgen  den  Zweck,  den  Kampf  ums  Da- 
sein überhaupt  bestehen  oder  doch  erleichtern  zu  können;  zum 
mindesten  einen  gewissen  Vorteil  zu  verschaffen,  dessen  Vor- 
handensein ganz  allgemein  gesprochen  Lust,  dessen  Abwesenheit 
Unlust  hervorrufen  würde. 

Ein  solcher  Organismus   ist  der  Staat  und  innerhalb   des- 
selben wieder  die  einzehien  Vcrwaltungszweige,  ein  solcher  fer- 
ner ist  die  Familie.    Eine  weitere  Form  von  Organismen,  die 
auch  diejenigen  einschließt,  mit  denen  wir  uns  im  weiteren  zu 
befassen    haben,    ist    ein    Zusammenschluß,    im    Altertum    oft 
zwangsweiser,  heute  fteiwilliger  Natur,  zur  Erzeugung  oder  zum 
Handel  mit  Gebrauchsgegenständen,  mit  dem  Zwecke  der  Er- 
zielung  eines   Gewinnes,   aus   dem   die   Angehörigen   desselben 
ihre  Lebensbedürfnisse  zu  decken  imstande  sind   (Erwerbswirt- 
schaft).   Diese  Art  des  Zusammenschlusses  ist  jedoch  nicht,  wie 
es  bei  vielen  andern  der  Fall  ist,  unbedingt  notwendig,  um  den 
gewünschten  Zweck  überhaupt  zu  erreichen.    Es  gibt  viele  Ar- 
ten von  Erwerbstätigkeiten,  die  auch  ohne  Zusammenschluß  aus- 
geübt werden   können.     Jedoch  gestattet   ein   Zusammenschluß 
meist  eine  bessere  Ausnützung  der  körperlichen  und  geistigen 
Fähigkeiten  der  Einzelnen.     Anfänglich  ist  häufig  der  größere 
Gewinn  der  Antrieb  zum  Zusammenschluß,  später  wird  es  die 
Notwendigkeit,  um  den  Wettbewerb  aufrecht  erhalten  zu  "kön- 
nen.    Jedoch   sind   die   Beispiele   äußerst  zahlreich,   bei   denen 
die  Ausübung  bestimmter  Erwerbstätigkeiten  einen  Zusammen- 
schluß unbedingt  erfordern.     Genannt  seien   nur  der  Bergbau, 
die  meisten  Zweige  des   Transportwesens,   überhaupt  alle   die- 
jenigen   Veredlungs-    und    Verteilungsprozesse,    bei    denen    die 
Kraft  des  Einzelnen  überhaupt  nicht  ausreicht,  das  vorgesetzte 
Ziel  zu  erreichen. 

Diese  neben  zahlreichen  andern  Eigentümlichkeiten  sind  es, 
welche  in  gewissen  Zweigen  der  Erwerbstätigkeit  eine  Form 
von  Organismen  herausgebildet  haben,  die  mit  dem  Namen 
„Fabrik"  bezeichnet  werden  und  mit  deren  Organisation  wir 
uns  im  folgenden   zu  beschäftigen  haben. 

Nachdem  festgestellt  wurde,  daß  ein  durch  eine  gewisse 
Organisation  zu  einem  zusammenhängenden  Körper  oder  Orga- 


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nismus  gebundenes  Ganzes  geschaffen  wird,  dessen  einzelne 
Teile  nicht  oder  nur  mangelhaft  imstande  sind  den  Zweck  zu 
erreichen,  um  dessen twillen  das  Ganze  geschaffen  worden  ist, 
muß  nun  die  Frage  beantwortet  werden,  was  ein  solcher  Teil 
ist  und  wie  er  beschaffen  sein  muß.  Bei  allen  Organisationen 
innerhalb  der  menschlichen  Gesellschaft  besteht  die  Forderung, 
daß  jeder  einzelne  Teil  das  Ziel,  zu  dessen  Verwirklichung  er 
sich  dem  Ganzen  angeschlossen  hat,  immerhin  soweit  erfas- 
sen muß,  daß  er  den  ihm  zufallenden  Teil  an  der  Gesamtauf- 
gabe im  Interesse  des  Ganzen  erfüllen  kann.  Zum  mindesten 
muß  ihm  ein  Anreiz  gegeben  werden,  seinen  Teil  der  Aufgabe 
zu  erfüllen,  wenn  schon  er  am  Enderfolg  kein  spezielles  Inter- 
esse mehr  hat.  Daraus  geht  hervor,  daß  der  einzelne  Teil  un- 
ter allen  Umständen  ein  Mensch  oder  eine  Gruppe  von  solchen 
sein  muß. 

Das  steht  nun  allerdings  in  scheinbarem  Widerspruch  zu 
dem  eingangs  Gesagten,  jedoch  handelt  es  sich  bei  der  eben 
aufgestellten  Behauptung  nur  um  Organisationen  innerhalb  der 
menschlichen  Gesellschaft.  Wie  schon  erwähnt,  ist  der  Zweck 
das  Ausschlaggebende  für  die  Bildung  einer  Organisation.  Die- 
ser kann  aber,  soweit  es  sich  um  Organisationen  innerhalb  der 
menschlichen  Gesellschaft  handelt,  nur  in  einem  menschlichen 
Gehirn  entsprossen  sein  und  kann  daher,  da  die  einzelnen  Teile 
den  Gesamtzweck  kennen  müssen,  auch  nur  auf  Menschen  über- 
tragen werden.  Auch  Tiere  (wie  Ameisen  und  Bienen)  können 
Organisationen  bilden,  jedoch  können  wir  weder  den  Zweck 
genau  erkennen,  noch  haben  wir  Mittel,  festzustellen,  wie  die 
Erfassung  dieses  Zwecks  auf  die  einzelnen  Individuen  übertra- 
gen wird.    Das  Gleiche  gilt  für  den  menschlichen  Körper. 

Wenn  nun  durch  Organisationen  der  menschlichen  Gesell- 
schaft nur  Menschen  oder  Gruppen  von  solchen  als  einzelne 
Teile  zusammengebunden  werden  können,  so  ist  von  vornherein 
ausgeschlossen,  daß  leblose  Gegenstände  wie  Gebäude  oder  Ma- 
schinen, als  solche  Teile  aufgefaßt  werden.  Sie  sind  nur  Hilfs- 
mittel und  nicht  Bestandteile  des  Ganzen.  Dessen  ungeachtet 
sind  sie  wichtige  Faktoren  des  Ganzen,  die  je  nachdem  mehr 
oder  weniger  dazu  verhelfen,  den  Gesamtzweck  zu  erreichen;  und 
da  die  Organisation  die  Form  ist,  in  der  dieses  Ganze  sich  auf- 
baut, so  hat  sie  sich  auch  mit  ihnen  zu  beschäftigen,  soweit 
die  Beschaffenheit  der  einzelnen  Teile  dadurch  beeinflußt  wird. 


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Daher  fallen  der  Organisation  zwei  Aufgaben  zu.  Die  erste 
besteht  darin,  die  einzelnen  Teile  oder  Organe  zu  bilden  oder 
schon  bestehende  zu  vereinigen  und  zwar  so,  daß  sie  dem  er- 
wünschten Zweck  nutzbar  werden,  ihre  Kompetenzen  festzulegen 
und  ihre  wechselseitigen  Beziehungen  zu  regeln;  die  zweite,  die- 
jenigen Hilfsmittel  zu  wählen,  die  die  einzelnen  Organe  instand 
setzen  sollen,  diese  ihnen  zugewiesene  Aufgabe  auch  erfüllen 
zu  können. 

Handelt  es  sich  um  die  Organisation  einer  Erwerbswirt- 
schaft, so  ist  das  ihr  zugrunde  liegende  Leitmotiv  immer  das 
ökonomische  Prinzip:  das  gewünschte  Ziel  mit  den  geringst- 
möglichen Mitteln  zu  erreichen.  Dieses  Motiv  mag  auch  die 
Organisation  anderer  Gesamtkörper  beeinflussen,  jedoch  ist  es 
dann  nicht  von  ausschlaggebender  Bedeutung.  Die  Folge  davon 
ist,  daß  die  Organisation  der  Erwerbswirtschaft  sich  am  rasche- 
sten äußeren  Einflüssen  anpaßt;  denn  statt  daß  der  erwünschte 
Vorteil  bei  unzeitgemäßer  Organisation  nur  durch  größeren  Auf- 
wand erreicht  werden  kann,  wird  er  im  Einzelfalle  bei  zu  gro- 
ßem Aufwand  anfangs  sehr  verringert  und  schließlich  ganz  aus- 
bleiben. Vom  Einzelfall  aus  betrachtet,  muß  daher  die  Organi- 
sation einer  Erwerbswirtschaft  mit  besonderer  Sorgfalt  ausge- 
baut werden;  handelt  es  sich  doch  nicht  nur  darum,  eine  ge- 
wisse Tätigkeit  auszuüben,  die  durch  den  Zweck,  einen  mate- 
riellen Vorteil,  diktiert  wird;  es  muß  das  auch  auf  rationellem 
Wege  geschehen,  da  sonst  der  Zweck  überhaupt  nicht  erreicht 
werden  kann.  Bei  andern  Organismen,  die  durch  Organisation 
von  Menschen  oder  Gruppen  von  solchen  gebildet  sind,  ist 
das  nicht  der  Fall.  Bei  ihnen  besteht  zwar  auch  die  Forde- 
rung, daß  die  Organisation  rationell  sein  muß,  daß  der  ge- 
wünschte Zweck  mit  möglichst  geringem  Aufwand  erzielt  wer- 
den soll,  jedoch  wird  bei  Nichtbeachtung  dieser  Forderung  der 
Endzweck  nicht  in  Frage  gestellt.  Daraus  ergibt  sich  die  Schwer- 
fälligkeit der  staatlichen  Organisationen,  die  sich  gerade  in  der 
letzten  Zeitperiode  besonders  geltend  gemacht  hat. 

Erwerbswirtschaften  laufen  auch  darum  nicht  Gefahr,  in 
diesen  Fehler  zu  verfallen,  weil  sie  einerseits  sehr  viele  an  Zahl 
sind,  andererseits  die  einzelnen  Ihnen  angehörenden  Personen, 
die  Teile  des  Ganzen  sind,  nicht  zwangsweise  an  sie  gebunden 
sind,  so  daß  sie  diese  je  nach  Gutdünken  verlassen  können, 
wenn  der  vorgesetzte  Zweck  infolge  mangelhafter  Organisation 


—    6    — 

unerreichbar  scheint.  Infolge  des  Wettbewerbs  sind  die  Er- 
werbswirtschaften gezwungen,  eine  rationelle  Organisation  aus- 
zubauen, diese  ist  für  sie  eine  Existenzbedingung.  Kann  der 
Aufwand  nicht  verringert  werden,  kann  auch  der  Organismus 
nicht  mehr  bestehen. 

Die  Forderung,  die  an  eine  gute  Organisation  gestellt  wer- 
den muß,  ist  daher  nicht  nur  die  einer  genauen  Bestimmung  der 
einzelnen  Teile  und  ihrer  Hilfsmittel;  diese  Bestimmung  muß 
gleichzeitig  dergestalt  ausgeführt  werden,  daß  der  gemeinsame 
Zweck  mit  einem  möglichst  geringen  Aufwand  erreicht  werden 
kann.  Einen  Maßstab,  welches  die  obere  Grenze  für  die  Größe 
des  Aufwandes  sein  sollte,  gibt  es  dabei  nicht.  Je  kleiner  der 
Aufwand  desto  besser. 

Diejenige  Erwerbswirtschaft  erfüllt  ihren  Zweck  am  besten 
und  ist,  vorausgesetzt,  daß  die  andern  maßgebenden  Faktoren, 
wie  Rohstoffbeschaffung,  Arbeitsintensität  usw.  die  gleichen  sind, 
am  besten  organisiert,  die  ein  gewisses  Maß  von  materiellem 
Vorteil  mit  dem  kleinsten   Aufwand  zu  erzeugen   imstande  ist. 

Diese  soeben  erwähnten,  das  Resultat  ebenfalls  beein- 
flussenden Faktoren  fallen,  soweit  sie  durch  die  geographische 
Lage  bedingt  werden,  unter  gewissen  Umständen  ebenfalls  in 
das  Gebiet  der  Organisation,  nämlich  dann,  wenn  'der  Zweck 
an  jedem  beliebigen  Ort  erfüllt  werden  kann  und  es  keine  Teile 
gibt,  die  aus  irgend  einem  Grunde  in  den  Gesamtkörper  auf- 
genommen werden  müssen  und  die  diesen  Ort  nicht  erreichen 
können  oder  wollen. 

Bei  der  Betrachtung  oder  Schaffung  einer  Organisation  ist 
also  immer  darauf  zu  achten,  ob  der  gewünschte  Zweck  er- 
reicht wird,  welches  der  Aufwand  ist,  der  dazu  nötig  ist  und 
ob  dieser,  soweit  die  Erfahrung  reicht,  denjenigen  analoger 
Fälle  nicht  übersteigt.  Diese  ausschlaggebende  Bedeutung  des 
Aufwandes  bei  der  Organisation  von  Erwerbswirtschaften  führt 
sie  notwendigerweise  dazu,  sich  alle  arbeitsersparenden  Momente 
der  Produktion  zunutze  zu  machen.  Das  bedeutendste  dieser 
Momente  ist  die  Arbeitsteilung,  die  gleichzeitig  einer  der  wich- 
tigsten Faktoren  ist,  der  zur  Bildung  von  Organisationen  führt, 
denn  sie  bedeutet  nichts  anderes  als  eine  gewisse  Tätigkeit  in 
verschiedene  einzelne  Tätigkeiten  zu  zerlegen,  von  denen  jede 
von  einem  von  vornherein  oder  nach  spezieller  Ausbildung  be- 
sonders dafür  geeigneten  Einzelteil  ausgeführt  wird;  dazu  aber 


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ist  eine  von  allen  Teilen  verabredete  oder  von  einem  einzelnen 
Teil  diktierte  Organisation  erforderlich.  Gerade  die  Tatsache, 
daß  eine  gewisse  Tätigkeit  oder  die  Erreichung  eines  gewissen 
Zwecks  rationeller  und  mit  geringerem  Aufwand  vollführt  werden 
kann,  wenn  sie  in  einzelne  Arbeiten  zerlegt  wird,  von  denen 
jede  von  einem  ausschließlich  dafür  eingeübten  Teil  verrichtet 
wird,  statt  daß  jeder  Einzelne  die  ganze  Arbeit  für  sich  allein 
ausführt,  hat  zum  Zusammenschluß  von  Organismen  geführt. 
Die  Organisation  dieses  Gesamtkörpers  aber  schreibt  vor,  wie 
sich  die  einzelnen  Tätigkeiten,  die  in  ihrer  Gesamtheit  den  ge- 
wünschten Zweck  erfüllen,  auf  die  einzelnen  Teile  des  Ganzen 
verteilen.  Immerhin  ist  die  Arbeitsteilung  im  Gegensatz  zur 
Größe  des  Aufwandes  ein  Moment,  welches  nicht  unbedingt 
der  Organisation  von  Erwerbswirtschaften  das  Gepräge  verleiht. 
Sie  spielt  nänilich  dann  eine  nur  sekundäre  Rolle,  wenn  sich 
unter  sich  gleiche  Teile,  d.h.  solche,  die  alle  die  gleiche  Tä- 
tigkeit ausüben,  zusammenschließen,  z.  B.  um  ihren  Interessen 
gegenüber  andern  erwerbswirtschaftlichen  Organismen  mehr 
Nachdruck  verleihen  zu  können.  Von  diesen  als  Ausnahme  zu 
bezeichnenden  Fällen  abgesehen  ist  die  Arbeitsteilung  ein  der 
Organisation  erwerbswirtschaftlicher  Verbände  zugrunde  liegen- 
des Moment. 

Die  Fortentwicklung  der  Organisation  geht  dahin,  eine  im- 
mer weitergehende  Teilung  in  Einzelorgane  vorzunehmen,  diese 
Einzelorgane  aber  immer  fester  aneinander  zu  schließen.  Der 
Einzelteil  wird  dadurch  für  sein  Bestehen  und  Vorwärtskom- 
men immer  mehr  vom  ganzen  Organismus  abhängig. 

Als  letztes  fällt  noch  unter  den  Begriff  Organisation  die 
Verteilung  des  Vorteils,  um  dessentwillen  der  Gesamtkörper  ge- 
schaffen wurde.  Ist  dieser  Vorteil  nicht  materieller  Natur,  wie 
z.B.  Schutz  des  Eigentums,  Aufrechterhaltung  von  Ruhe  und 
Ordnung,  so  kann  auch  von  einer  Verteilung  meist  nicht  ge- 
sprochen werden.  Fernerhin  auch  dann  nicht,  wenn  er  einem 
Zustand  gleichkommt,  der  nur  unter  gewissen  Bedingungen 
dem  Einzelnen  zugute  kommt,  wie  das  Anlegen  von  Straßen,  von 
Spitälern  usw.  Es  kann  nur  dann  von  einer  Verteilung  des  Vor- 
teils die  Rede  sein,  wenn  dieser  Vorteil  meßbar  und  teilbar 
ist,  was  K^i  den  eben  genannten  Beispielen  nicht  zutrifft.  Bei 
Verbänden  erwerbswirtschaftlichen  Charakters  entsteht  jedoch 
ein  Vorteil  in  Form  eines   Produktionsüberschusses  oder  eines 


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Handelsgewinnes,  welcher  für  eine  bestimmte  Zeitperiode  be- 
trachtet, meßbar  ist.  Auch  ist  er  teilbar,  da  dieser  Überschuß 
ein  materieller  Gegenstand  ist,  welcher,  wenn  nicht  selbst  teil- 
bar, doch  durch  Tausch  oder  Verkauf  in  eine  teilbare  Masse 
umgesetzt  werden  kann.  I>er  Teil  dieser  Masse,  der  dem  Ein- 
zelnen zukommt,  kann  von  diesem  wieder  in  diejenigen  Ge- 
brauchsgegenstände und  Dienstleistungen  umgesetzt  werden,  die 
ihm  zur  Befriedigung  seiner  Lebensbedürfnisse  dienen.  Die 
Summe  dieser  Gebrauchsgegenstände  und  Dienstleistungen,  die 
er  sich  dafür  beschaffen  kann,  entspricht  seinem  Anteil  am  er- 
zeugten Vorteil  des  Ganzen.  Dieser  Anteil  am  Vorteil  des 
Ganzen  muß  aber  zum  mindesten  so  groß  sein  wie  der  Vorteil, 
den  sich  der  Einzelne  allein  verschaffen  könnte,  wenn  er  nicht 
dem  Organismus  beigetreten  wäre;  es  sei  denn,  dieser  Beitritt 
erfolge  zwangsweise. 

Die  Größe  des  Anteils  am  gemeinsamen  Vorteil  ist  aber 
nicht  unbedingt  abhängig  von  diesem  selbst,  sie  steigt  und  fällt 
nicht  immer  mit  ihm;  der  Anteil  kann  durch  einen  vereinbarten 
Betrag  festgelegt  werden  (Arbeitslohn,  Gehalt).  In  diesem  Fall 
kann  auch  bei  Organismen,  wie  dem  Staat,  eine  feststellbare  Ver- 
teilung wenigstens  eines  Teils  des  Vorteils  stattfinden,  indem 
diejenigen,  die  ihre  ganze  Tätigkeit  dem  Staate  widmen,  aus 
der  Summe  der  Opfer  entschädigt  werden,  die  die  Staatsangehö- 
rigen für  die  Vorteile  zu  geben  gewillt  sind,  die  ihnen  der  Staat 
bietet.  Der  einzelne  Verwaltungszweig  steht  dann  da  wie  ein 
Privatunternehmen,  nur  mit  dem  Unterschied,  daß  nur  der  An- 
teil der  Staatsangestellten  meßbar  ist,  der  der  übrigen  Staats- 
angehörigen aber  nicht.  Der  Anteil  der  letzteren  ist  ähnlich 
dem  des  Kapitalisten,  indem  beider  Aufgabe  darin  besteht,  die 
Hilfsmittel  zu  beschaffen  oder  doch  wenigstens  die  Mittel  zu 
deren  Erwerb. 

Es  muß  aber  noch  darauf  aufmerksam  gemacht  werden,  daß 
Aufwand  und  fest  vereinbarter  Anteil  am  Gewinn  nicht  gleich- 
bedeutend sind.  Der  Aufwand  ist  gleichbedeutend  mit  der  An- 
strengung, die  zur  Erreichung  des  Vorteils  geleistet  wird,  aber 
nicht  mit  dem  dafür  gebotenen  Anteil  an  diesem  Vorteil.  Da 
aber  für  ein  gewisses  Maß  von  Anstrengungen  ein  gewisser 
Vorteil  geboten  werden  muß,  um  den  Einzelnen  zu  bewegen, 
dem  Verbände  beizutreten,  so  wird  die  Anstrengung  im  Ein- 
zelfall  durch    die   Größe   des   zu   verleihenden    Vorteils   ausge- 


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drückt.  Auf  diese  Weise  wird  die  Anstrengung  allerdings  nicht 
subjektiv  betrachtet,  nämlich  welches  die  Mühe  ist,  die  sich 
der  Einzelne  geben  muß,  sondern  objektiv,  d.h.  welches  Maß 
an  besonderen  Fähigkeiten  erforderlich  ist,  gleichgültig  ob  die 
Ausübung  dieser  Fähigkeiten  dem  Individuum  viel  oder  wenig 
Mühe  bereitet.  Der  Aufwand  ist  daher  ein  großer,  wenn  auch 
ein  entsprechend  großer  Vorteil  dafür  geboten  werden  muß. 
Daraus  ergibt  sich,  daß  der  Aufwand  verringert  werden  kann, 
einmal  wenn  einzelne  Teile  des  Ganzen  vollständig  ausgeschal- 
tet werden  können,  aber  auch  dann,  wenn  diese  durch  solche 
ersetzt  werden  können,  die  einen  geringeren  Vorteil  am  Ge- 
samtergebnis verlangen. 

Die  Summe  aller  an  die  Einzelteile  zur  Verteilung  gelan- 
genden Vorteile  kann  natürlich  nie  größer  sein  wie 'der  Gesamt- 
vorteil selbst. 

Es  ist  Aufgabe  der  Organisation,  anzugeben,  wie  diese  Ver- 
teilung zu   erfolgen  hat. 

2.  Über  die  Lehre  der  Fabrikorganisation. 

Die  Lehre  der  Fabrikorganisation  beschäftigt  sich  mit  dem 
Studium  der  Organisation  einer  gewissen  Form  der  Erwerbs- 
wirtschaft, die  die  Fabrik  genannt  wird. 

Ihre  Aufgabe  besteht  darin,  gewisse  feststehende  Normen 
zu  finden,  welche  als  Leitsätze  bei  der  Schaffung  von  Organi- 
sationen angewandt  werden  können.  Ihre  Methode  ist  die  Beob- 
achtung und  Beschreibung  einer  möglichst  großen  Zahl  von 
Einzelfällen,  aus  denen  diese  Normen  abgeleitet  werden  kön- 
nen, indem  das  Wesentliche  zusammengestellt,  das  Nebensäch- 
liche oder  nur  für  den  Einzelfall  Wesentliche  beiseite  gelassen 
wird.  Es  besteht  jedoch  die  große  Schwierigkeit,  daß  Betriebe, 
die  sich  durch  Größe,  durch  die  Art  des  Fabrikats,  durch  die 
Lage  zum  Bezugsort  der  Rohstoffe,  durch  das  Land,  in  dem  sie 
ihren  Sitz  haben  usw.  so  weit  voneinander  unterscheiden,  daß 
die  Aufstellung  gemeinsamer  Normen  fast  unmöglich  erscheint. 
Zum  mindesten  wird  die  Zahl  derjenigen,  die  Anspruch  auf 
Allgemeingültigkeit  erheben  können,  bedeutend  reduziert.  Das 
rührt  jedoch  zum  Teil  auch  daher,  daß  bei  der  Forschung  fast 
nur  die  Darstellungsmethode  zur  Anwendung  kommt.  Es  ist 
ja  allerdings  unumgänglich  notwendig,  ein  möglichst  großes  Ma- 


-    10    - 

terial  beisammen  zu  haben,  da  sonst  das  Aufstellen  von  all- 
gemein gültigen  Thesen  unmöglich  ist.  Nichtsdestoweniger  aber 
ist  das  Resultat  meist  ein  Nebeneinanderstellen  von  Beschrei- 
bungen, die  nur  für  den  zugrunde  liegenden  Einzelfall  Gültig- 
keit haben,  das  aber  keine,  oder  doch  nur  sehr  vereinzelte  all- 
gemeine Leitsätze  zuläßt. 

Bis  heute  kann  die  Lehre  der  Fabrikorganisation  eigentlich 
nur  sehr  geringen  Anspruch  auf  Wissenschaftlichkeit  erheben, 
denn  sie  ist  mit  ihrer  Theorie  vollständig  auf  die  Praxis  an- 
gewiesen, ohne  daß  das  Umgekehrte  der  Fall  wäre.  Als  eigent- 
liche Wissenschaft  muß  sie  sich  ihren  Platz  erst  noch  erobern 
und  das  wird  erst  dann  geschehen,  wenn  sie  sich  auf  eine  ge- 
schlossene Summe  von  Schlüssen  stützen  kann,  die  auf  objek- 
tive Tatsachen  gegründet  sind. 

Das  wird  aber  erst  dann  eintreten  können,  wenn  die  Be- 
schreibung auf  einer  Grundlage  basiert,  die  eine  Schematisie- 
rung überhaupt  ermöglicht.  Es  muß  zu  diesem  Zweck  das  Ge- 
biet der  Wissenschaft  erst  umschrieben  werden,  was  nur  durch 
eine  Ctefinition  des  Begriffes  Organisation  möglich  ist.  Durch 
diese  Definition  erst  ergibt  sich  eine  Einteilung,  die  ermöglicht, 
die  gesammelten  Einzelheiten  je  nach  den  verschiedenen  Funk- 
tionen des  Begriffes  Organisation  zu  ordnen,  die  eine  Grund- 
lage bildet,  auf  der  ein  haltbares  System  ruhen  kann.  Das 
Sammeln  von  Erfahrungstatsachen  stößt  jedoch  auf  diesem  Ge- 
biet auf  ganz  besondere  Schwierigkeiten ;  denn  es  erfordert  eine 
sehr  genaue  Kenntnis  der  Einrichtungen  der  zum  Studium  aus- 
ersehenen Betriebe.  Ein  Außenstehender  wird  aber,  selbst  beim 
größten  Entgegenkommen  der  betreffenden  Firmen,  nicht  in  der 
Lage  sein,  sich  alle  gewünschten  Einzelheiten  zu  verschaffen. 
Das  wäre  nur  möglich,  wenn  er  dort  längere  Zeit  in  den  ver- 
schiedenen Abteilungen  tätig  wäre.  Einer  solchen  Tätigkeit 
müßte  er  in  möglichst  vielen  Betrieben  nachgehen,  um  wirk- 
lich in  der  Lage  zu  sein,  eine  wissenschaftliche  Arbeit  darüber 
zu  schreiben,  und  wohlverstanden,  die  Stellung,  die  er  in  den 
betreffenden  Betrieben  einzunehmen  hätte,  müßte  eine  leitende 
sein,  denn  nur  auf  diese  Weise  werden  all  die  Fragen  an  ihn 
herantreten,  die  ihm  einen  Überblick  über  das  gesamte  Ge- 
schäftsgetriebe gestatten.  Es  wird  sich  aber  schwerlich  jemand 
finden,  der  eine  solche  Vorbildung  durchmachen  wird,  mit  der 
ausdrücklichen  Absicht  sich  nach  Beendigung  dieser  Studien,  die 


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Jahre  erfordern  würden,  der  wissenschaftlichen  Ausarbeitung  sei- 
ner praktischen  Erfahrungen  zu  widmen,  ganz  abgesehen  davon, 
daß  er  bei  denjenigen  Betrieben,  bei  denen  er  sein  Material  zu 
suchen  beabsichtigt,  kaum  sehr  gern  gesehen  würde.  Daher  er- 
scheint für  eine  solche  Arbeit  eher  der  langjährige  Praktiker 
qualifiziert  zu  sein.  Dieser  aber  wird  selten  die  Muße  dazu  ha- 
ben, seine  Erfahrungen  niederzulegen.  Zudem  würde  er  nur 
in  Frage  kommen,  wenn  er  in  vielen  verschiedenen  Betrieben 
tätig  gewesen  wäre,  sonst  ist  wieder  die  Gefahr  einer  bloßen 
Beschreibung  sehr  groß.  Auch  ist  bei  Praktikern  das  Vertrauen 
zu  einer  Wissenschaft,  die  sich  mit  den  Grundsätzen  der  Fa- 
brikorganisation befaßt,  sehr  gering,  da  diese  bisher  weniger 
als  Geber,  sondern  mehr  als  Schuldner  auftreten  mußte. 

Dem  Verfasser  sei  hier  die  Bemerkung  gestattet,  daß  er  sich 
als  in  keiner  Weise  qualifiziert  erachtet,  eine  Arbeit  zu  schrei- 
ben, die  seinen  Begriffen  von  Wissenschaftlichkeit  entspricht; 
als  Entschuldigung  diene  ihm  nur,  daß  er  diese  Erkenntnis  erst 
im  Laufe  seiner  Studien  erlangt  hat.  Es  ist  ihm  daher  nur  mög- 
lich, einen  Beitrag  zur  Lehre  der  Fabrikorganisation  zu  schrei- 
ben, der  keinen  Anspruch  auf  Abgeschlossenheit  erheben  kann. 
Solche  Beiträge  können  immerhin  den  Nutzen  haben,  der  Wis- 
senschaft als  Material  zu  dienen,  sei  es,  daß  sie  Beschrei- 
bungen bestehender  Organisationsformen  bringen,  sei  es,  daß 
sie  Anregungen  enthalten,  die  einem  geschlossenen  theoretischen 
System  dienen  können. 

Es  muß  hier  aber  gleich  noch  auf  eine  Gefahr  hingewie- 
sen werden,  die  bei  solchen  Arbeiten  häufig  besteht.  Es  wer- 
den darin  vielfach  Methoden  für  einzelne  Organisationsgebiete 
dargelegt,  und  zwar  in  einer  Form,  die  den  Anschein  erweckt, 
als  ob  sie  auf  einem  größern  Gebiet  Anwendung  finden  könn- 
ten, trotzdem  sie  nur  einem  Einzelfall  entnommen  sind.  Diesen 
Anschein  erwecken  sie  darum,  weil  nur  die  Grundzüge  der  Idee 
entwickelt  werden.  Es  sind  aber  gerade  die  kleinen  scheinba- 
ren Nebensachen  und  Unregelmäßigkeiten  eines  Betriebes,  die 
hier  die  Hauptrolle  spielen  und  die  die  Anwendung  der  Idee 
in  der  Praxis  verunmöglichen.  Mit  der  oberflächlichen  Darle- 
gung einiger  Grundzüge  ist  aber  nicht  das  geringste  gewonnen, 
obwohl  es  oft  auf  den  ersten  Blick  den  Anschein  hat,  als  ob 
etwas  Brauchbares  vorliege.  Es  ist  allerdings  nicht  zu  bestrei- 
ten, daß  eine  Lehre  der  Fabrikorganisation  nicht  mehr  als  all- 


—     12     — 

gemeine  Grundlinien  geben  kann.  Die  Verhältnisse  der  ein- 
zelnen Betriebe  werden  immer  so  verschieden  sein,  daß  sie 
sich  nicht  alle  ein  Schema  zu  eigen  machen  können.  Jedoch 
muß  Sorge  getragen  werden,  daß  einerseits  diese  Grundsätze 
wirklichen  und  nicht  nur  scheinbaren  allgemeinen  Charakter  ha- 
ben; andererseits  müssen  die  Möglichkeiten  angegeben  werden, 
unter  denen  sich  solche  allgemeine  Grundsätze  oder  Methoden 
verwirklichen  lassen  und  welches  das  spezielle  Gebiet  ihrer  An- 
wendung ist. 

Da  die  Lehre  der  Fabrikorganisation  sich  mit  bestehenden 
Einrichtungen  befaßt,  aus  deren  Vielfältigkeit  sie  allgemeine  Re- 
geln abzuleiten  sucht,  ist  ihre  Methode  die  Analyse  bestehen- 
der Einzelfälle  und  daraus  resultierend  die  Induktion. 

Für  die  Analyse  muß  aber  ein  einheitliches  Vorgehen  ge- 
schaffen werden,  und  zwar  am  besten  den  Funktionen  des  Be- 
griffes Organisation  entsprechend. 

Diese  Funktionen  können  nach  folgendem  Schema  eingeteilt 
werden;  je  nachdem  es  sich  um  die  Analyse  eines  einzelnen  Un- 
ternehmens, um  einen  Teil  eines  solchen,  oder  um  einen  gan- 
zen Industriezweig  handelt,  werden  die  einzelnen  Punkte  mehr 
oder  weniger  eingehend  zu  behandeln   sein.     Untersucht  wird: 

1.  Der  Zweck  der  Organisation,  gleichbedeutend  mit  dem 
Zweck  des  Unternehmens  und  die  daraus  resultierenden  be- 
sonderen Förderungen  für  dasselbe,  wie  Standort,  Anwen- 
dung menschlicher  oder  maschineller  Kräfte,  Groß-  oder 
Kleinbetrieb,  Kapitalbedarf,  Verhältnis  von  Anlage  zu  Be- 
triebskapital, die  besonderen  Arbeitsbedingungen  und  die  sich 
daraus  ergebende  Besonderheit  der  Anlage  u.  a.  m.  Ver- 
gleich der  Eigenheiten  dieses  Zwecks  mit  den  Eigenheiten 
anderer  Zwecke. 

2.  Die  einzelnen  Teile.  Wie  wird  die  Gesamttätigkeit  in  Ein- 
zeltätigkeiten aufgeteilt,  welches  sind  die  einzelnen  Teile,  von 
denen  jeder  eine  solche  Einzeltätigkeit  übernimmt  (Direk- 
tion, Werkstätte,  Konstruktion,  Einkauf,  Verkauf,  Betrieb, 
Kalkulation,  Buchhaltung  u.  a.  m.)?  Wie  sind  sie  beschaf- 
fen, um  diese  Tätigkeiten  erfüllen  zu  können?  Wie  weit'  kann 
das  Prinzip  der  Arbeitsteilung  angewendet  werden,  ohne  daß 
eine  Zerstückelung  des  Ganzen  erfolgt?  Ferner,  welches  sind 
die  Beziehungen  der  einzelnen  Teile  zueinander? 


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3.  Die  Hilfsmittel.  Welche  Hilfsmittel  sind  den  einzelnen  Tei- 
len zur  Verfügung  zu  stellen?  Soldie  sind  Maschinen,  Werk- 
statt- und  Bureaueinrichtungen,  Werkzeuge  und  Bureaumate- 
rial, Formulare,  Bücher,  Zeitschriften  usw. 

4.  Der  Aufwand.  Jedes  der  einzelnen  oben  genannten  Momente 
unter  1.,  2.  und  3.  ist  auf  den  Aufwand  hin  zu  prüfen  und 
mit  welchen  Mitteln  dieser  verringert  werden  kann. 

5.  Die  Verteilung  des  Vorteils  oder  Ertrags.  Die  verschiedenen 
Formen,  in  denen  der  Ertrag  zur  Verteilung  gelangt,  wie  Un- 
ternehmergewinn, Dividende,  Tantieme,  Gehälter,  Arbeitslohn, 
und  zwar  bei  letzterem  Stundenlohn,   Akkordlohn   u.   a.   m. 

Dieses  Schema  zergliedert  aber  nur  den  Begriff  Organisa- 
tion, wie  er  bei  der  Fabrik  zur  Anwendung  kommt;  es  gibt 
nicht  die  Reihenfolge,  in  der  die  Untersuchung  vor  sich  ge- 
hen muß.  Je  nach  dem  Spezialobjekt  der  Untersuchung  wer- 
den die  einzelnen  Punkte  ganz  wegfallen  oder  nur  gestreift 
werden  können,  und  je  nach  dem  Ausgangspunkt  wird  die  Rei- 
henfolge eine  verschiedene  sein  müssen.  Jedoch  umschreiben  die 
angeführten  Punkte  den  Begriff  Organisation;  alles  was  dem- 
nach unter  sie  fällt,  gehört  dem  Gebiet  der  Fabrikorganisations- 
lehre an.*) 

3.  Die  Fabrik. 

Die  Fabrik  ist  eine  Produktionsstelle,  in  der  gleichzeitig 
eine  größere  Zahl  von  Menschen  arbeiten,  um  sich  ihren  Le- 
bensunterhalt zu  verschaffen,  und  zwar  in  geschlossenen  Räu- 
men, die  nicht  zugleich  der  Wohnsitz  dieser  Menschen  sind. 
Die  Anzahl  dieser  Menschen  ist  dabei  nicht  unbedingt  maßge- 


♦)  Es  handelt  sich  demnach  um  eine  Begriffsverwirrung,  wenn  man 
bei  Schriften  über  dieses  Gebiet  Titel  wie  z.  B.  den  folgenden  liest: 
„Fabrikorganisation  und  Fabrikbuchhaltung".  Die  Fabrikbuchhaltung  hat 
den  Zweck,  die  Vermögensveränderungen  des  Unternehmens  auf  mög- 
lichst genaue  und  übersichtliche  Weise  darzustellen.  Sie  ist  für  ein 
geordnetes  Unternehmen  eine  notwendige  Aufgabe,  die  eine  Einzeltätig- 
keit innerhalb  der  Gesamttätigkeit  ist.  Sie  wird  ausgeführt  von  einem 
Organ,  das  einen  Teil  des  Unternehmens  darstellt,  daher  ist  sie  auch  ein 
Teil  der  Fabrikorganisation.  Einzig  und  allein  Fragen,  die  den  Ver- 
edlungsprozeß als  solchen  betreffen,  die  sich  mit  der  physikalischen  und 
chemischen  Umwandlung  der  Rohstoffe  in  Halb-  und  Fertigfabrikate 
befassen,  sind  technischer  Natur  und  fallen  daher  nicht  in  das  Gebiet 
der  Fabrikorganisation. 


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bend,  wenigstens  kann  nidit  eine  bestimmte  Zahl  wie  5,  10 
oder  20  als  Minimum  angenommen  werden.  Eine  genau  be- 
stimmbare Grenze  zwischen  Handwerk  und  Fabrikbetrieb  ist 
nicht  vorhanden.  Sie  besteht  auch  nicht  hinsichtlich  der  zur 
Anwendung  gelangenden  Mittel,  sofern  als  Kennzeichen  der  Fa- 
brik die  Werkzeugmaschinen  betrachtet  werden;  denn  es  gibt 
auch  Fabrikbetriebe,  wo  solche  nicht,  oder  nur  in  geringem 
Maße  zur  Anwendung  gelangen.  Das  wichtigste  Merkmal  der 
Fabrik  ist  wohl,  daß  die  Arbeit  in  geschossenen  Räumen,  die 
nicht  ebenfalls  Wohnsitz  der  Arbeiter  sind,  ausgeführt  wird.  Ist 
diese  Forderung  erfüllt  und  handelt  es  sich  um  eine  größere 
Anzahl  von  Arbeitern,  z.B.  mehr  als  20,  dann  kann  auf  Jeden 
Fall  von  einer  Fabrik  gesprochen  werden. 

Ein  wichtiger  Unterschied  ferner,  der  die  Fabrik  vom  Hand- 
werk scheidet,  ist  die  Größe  des  investierten  Kapitals.  Aber 
auch  dieser  Unterschied  läßt  keine  genaue  Begrenzung  zwischen 
beiden  zu.  Auch  zum  Handwerk  ist  Kapital  notwendig,  ob- 
schon  meistens  nur  sehr  wenig.  Immerhin  wäre  das  Handwerk 
ohne  Kapital  denkbar;  wogegen  es  bei  der  Fabrik  ein  essen- 
tieller Bestandteil  ist. 

Weitere  Unterschiede  zwischen  Fabrik  und  Handwerk  sind 
einmal  die  weitgehende  Arbeitsteilung,  die  in  der  Fabrik  durch- 
geführt wird,  und  die  das  Handwerk  nicht  kennt;  denn  bei  ihm 
besteht  im  allgemeinen  ein  Nebeneinander  der  Arbeiten.  Der 
Meister  muß  sich  Gehilfen  zutun,  um  alle  Aufträge  erledigen 
zu  können;  Meister  wie  Gehilfen  verrichten  aber  alle  ungefähr 

dieselbe  Arbeit. 

Dann  die  Verschiedenheit  im  Absatz.  Das  Handwerk  ar- 
beitet für  einen  bestimmten  und  beschränkten  Kundenkreis  und 
meist  nur  auf  Bestellung.  Die  Fabrik  hingegen  sucht  ihren  Ab- 
satz möglichst  auszudehnen  und  sich  von  der  Abhängigkeit  ge- 
wissen Kunden  gegenüber  freizumachen.  Auch  wird  zum  Teil 
auf  Vorrat  gearbeitet,  d.h.  es  werden  Arbeiten  verrichtet,  für 
die  sich  noch  kein  bestimmter  Kunde  gefunden  hat. 

Die  Hauptvorbedingung,  die  zur  Entstehung  der  Fabrik  ge- 
führt hat,  war  die  Schaffung  ausgedehnter  Absatzgebiete,  und 
zwar  auf  direktem  Wege  dadurch,  daß  die  modernen  Verkehrs- 
mittel den  Transport  der  Waren  zu  einem  niedrigen  Preis  bis 
in  die  entlegensten  Weltteile  gestatteten,  auf  indirektem  Wege 
dadurch,  daß  die  Fabrik  über  Produktionsmethoden  verfügt,  die 


das  Abgeben  der  Waren  zu  billigeren  Preisen  ermöglichten,  wo- 
durch die  Nachfrage  und  infolgedessen  der  Absatz  gesteigert 
wurden.  Als  weitere,  wichtige  Vorbedingung  muß  auch  die 
Einführung  der  Gewerbefreiheit  erwähnt  werden.  Zugleich  er- 
folgte eine  Ausdehnung  des  Kreditwesens,  wodurch  dem  Unter- 
nehmer die  Mittel  an  die  Hand  gegeben  wurden,  sich  in  den 
Besitz  des  zur  Errichtung  einer  Fabrik  notwendigen  Kapitals 
zu  setzen.  Die  besondere  Anlage  der  Fabrik  jedoch,  die  aus 
einem  oder  mehreren  Gebäuden  besteht,  die  von  den  Arbeitern 
nur  zur  Ausübung  ihrer  Berufstätigkeit  aufgesucht  werden,  wird 
hervorgerufen  durch  die  Notwendigkeit  der  Arbeitsteilung,  die 
eine  rationelle  Produktion  erst  ermöglicht,  aber  das  Zusammen- 
arbeiten vieler  Arbeiter  an  einem  Ort  erfordert,  und  durch  die 
Anwendung  von  Maschinen,  die  ebenfalls  am  rationellsten  in 
großer  Zahl  an  einem  Ort  vereinigt,  angetrieben  werden  können. 
Ein  wichtiges  Merkmal  der  Fabrik  endlich  ist,  daß  ihre 
Leitung  und  Aufsicht  eine  gesonderte  Tätigkeit  erfordern.  Eine 
oder  mehrere  Personen  müssen  ihre  gesamte  Arbeitskraft  der 
Leitung  des  Unternehmens  widmen;  sie  sind  also  nicht  mehr 
mit  dem  eigentlichen  Produktionsprozeß  beschäftigt.  Ihre  Auf- 
gabe besteht  darin,  sich  mit  dem  Ankauf  der  Rohstoffe,  mit 
dem  Verkauf  der  Produkte,  mit  dem  Studium  der  Absatzmög- 
lichkeiten, mit  den  Produktionsmethoden,  der  Kapitalbeschaf- 
fung und  anderem  mehr  zu  beschäftigen.  Dieses  Merkmal  bil- 
det den  Ausgangspunkt  für  die   Lehre  der  Fabrikorganisation. 

4.  Fabrikorganisation. 

Die  Entwicklungsstufe,  auf  der  einer  Anzahl  Arbeiter,  die 
mit  der  Produktion  im  engsten  Sinne  beschäftigt  sind,  eine  Per- 
sönlichkeit gegenübersteht,  die  mit  der  Leitung  des  Unterneh- 
mens betraut  ist,  bildet  den  ersten  Anfang  einer  Fabrikorgani- 
sation. Es  bestehen  auf  dieser  Stufe  zwei  Teile,  einer,  der  aus 
mehreren  Menschen,  den  Arbeitern  besteht,  der  zweite,  der 
durch  die  Person  des  Unternehmers  oder  einem  von  ihm  be- 
stimmten Leiter  verkörpert  wird.  Mit  zunehmender  Ausdeh- 
nung des  Unternehmens  ist  dieser  aber  nicht  mehr  imstande, 
alle  diejenigen  «Funktionen  zu  übernehmen,  die  gesondert  vom 
eigentlichen  Produktionsprozeß  ausgefüllt  werden  müssen.  Es 
ergibt  sich  die  Notwendigkeit,  einzelne  neue  Teile  einzuschal- 


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ten, von  denen  jeder  eine  dieser  Funktionen,  die  der  Leiter 
ursprünglich  alle  auf  sich  vereinigt  hatte  und  nun  abzugeben 
gezwungen  wird,  übernimmt.  Der  Leiter  wird  dann  nicht  mehr 
in  der  Lage  sein,  alle  Einzelheiten  des  Betriebes  zu  kennen;  er 
wird  sich  damit  begnügen  müssen,  sich  nur  noch  mit  den  wich- 
tigsten Fragen  abzugeben  und  das  übrige  einem  Untergebenen 
zu  überlassen.  Daraus  ergibt  sich  die  Notwendigkeit  einer  Or- 
ganisation, die  jedem  Einzelteil  genau  die  Aufgabe  zuweist, 
die  er  zu  erfüllen  hat  und  zwar  so,  daß  der  Leiter,  der  gleich- 
zeitig diese  Organisation  bestimmt,  sich  jederzeit  auf  möglichst 
einfache  Weise  in  das  Arbeitsgebiet  der  Einzelteile  Einblick 
verschaffen  kann.  Die  Organisation  soll  dem  Leiter  die  Mög- 
lichkeit geben,  Einzelfunktionen  an  Einzelteile  abzugeben,  ohne 
daß  er  dadurch  den  Gesamtüberblick  verliert;  es  müssen  bei 
ihm  automatisch  alle  diejenigen  Dinge  zusammenlaufen,  die  er 
sich  zur  eigenen  Entscheidung  vorbehält.  Nicht  immer  ist  es 
aber  eine  unbedingte  Notwendigkeit,  die  den  Leiter  zwingt, 
einzelne  seiner  Funktionen  an  Untergebene  abzutreten.  Das 
ist  nur  der  Fall,  wenn  er  sie  selbst  nicht  mehr  bewältigen  kann. 
Es  kann  aber  auch  vorkommen,  daß  diese  Teilung  nur  einem 
Gebot  der  Zweckmäßigkeit  entspricht.  Ein  bestimmtes  Arbeits- 
gebiet kann  zwar  vom  Leiter  selbst  bearbeitet  werden,  aber 
nicht  intensiv  genug  (z.B.  ein  genaues  Studium  der  Absatz- 
möglichkeiten). Es  entsteht  nun  die  Frage,  ob  der  verlangte 
Mehraufwand  eine  Kompensation  findet,  in  welchem  Verhält- 
nis er  zum  Gesamtumsatz  steht  und  ob  er  nicht  das  Gesamt- 
ergebnis ungünstig  beeinflußt.  Es  wird  sich  dann  zeigen,  daß 
bei  großem  Umsatz  die  Schaffung  eines  Einzelteils  möglich  ist, 
da  der  Mehraufwand  im  Verhältnis  zum  Ergebnis  gering  ist, 
daß  aber  bei  geringem  Umsatz  dieser  gleiche  Einzelteil  nicht 
geschaffen  werden  kann.  In  der  Beurteilung  des  Für  und  Wi- 
der solcher  Fragen  beruht  aber  die  Hauptschwierigkeit,  die 
sich  dem  Organisator  bietet;  denn  das  Resultat  ist  meistens  ein 
ungewisses.  Erstens  ist  es  bei  der  Schaffung  solcher  neuer 
Einzelteile,  oder  überhaupt  bei  einer  Änderung  der  Organisa- 
tion sehr  schwer  einen  Vergleich  zwischen  dem  jeweiligen  Auf- 
wand der  beiden  Systeme  aufzustellen;  handelt  es  sich  doch 
meistens  nicht  darum,  eine  ganz  neue  Tätigkeit  zu  schaffen,  son- 
dern eine  solche  von  mehreren  Einzelteilen  auf  einen  zu  über- 
tragen, oder  umgekehrt.    Selbst  wenn  das  rechnerisch  möglich 


—     17     — 

ist,  so  werden  auch  noch  andere  Gesichtspunkte  in  Betracht 
fallen;  nämlich:  fügt  sich  das  neue  Glied  harmonisch  in  die 
Gesumtorganisation  ein?  Ist  die  gleiche  Sicherheit  für  einen 
ordnungsmäßigen  Geschäftsgang  gegeben?  geht  nicht  die  grö- 
ßere Einfachheit  und  ein  damit  verbundener  kleinerer  Aufwand 
auf  Kosten  dieses  ordnungsmäßigen  Geschäftsganges?  Endlich 
noch  kann  die  Schaffung  eines  neuen  Einzelteils  zwar  im  Augen- 
blick einen  bedeutenden  Mehraufwand  verursachen,  aber  gleich- 
zeitig die  Möglichkeit  einer  größeren  Produktion  oder  eines 
größeren  Absatzes  für  die  Zukunft  In  sich  schließen.  Ist  dies 
der  Fall,  so  nimmt  der  Leiter  einen  augenblicklichen  Nachteil 
für  einen  spätem  Vorteil  auf  sich.  Der  Erfolg  hängt  davon 
ab,  ob  die  verschiedenen  Zukunftsmöglichkeiten  richtig  einge- 
schätzt wurden.  Diese  sind  abhängig  (abgesehen  von  der  Art 
der  Neuerung)  von  den  speziellen  Verhältnissen  des  Betriebes 
selbst,  so  daß  als  Grundlage  der  Beurteilung  dem  Organisa- 
tor nur  allgemeine  Überlegungen  und  Erfahrungen  aus  analo- 
gen Fällen  zu  Diensten  stehen.  Nur  höchst  selten  können  all- 
gemeingültige  Rezepte  Anwendung   finden. 

Eine  allgemeine  Organisation  muß  um  so  straffer  sein,  je 
jünger  das  betreffende  Unternehmen  ist  und  je  weniger  daher 
die  einzelnen  Organe  eingearbeitet  sind  und  die  Pflichten  ken- 
nen, die  ihnen  speziell  auferlegt  sind.  Ferner  je  unklarer  die 
Verhältnisse  des  Betriebes,  d.h.  je  weniger  Übersicht  sie  dem 
Einzelnen  ermöglichen,  um  so  genauer  muß  der  ganze  Gang 
der  Geschäfte  durch  eine  Organisation  bestimmt  werden.  Hier 
spielt  allerdings  das  persönliche  Moment  eine  wichtige  Rolle. 
Beamte,  die  schon  viele  Jahre  dieselbe  Stelle  bekleiden,  ha- 
ben sich  ein  dem  Ganzen  eingefügtes  Arbeitsfeld  geschaffen, 
ohne  daß  dafür  spezielle  Organisationsvorschriften  bestanden  hät- 
ten, und  ohne  daß  das  Bedürfnis  aufgekommen  wäre,  solche 
zu  schaffen.  Jedoch  sind  dann  die  Schwierigkeiten  immer  be- 
deutend, die  entstehen,  wenn  sie  ihre  Stelle  verlassen,  oder 
wenn  eine  Änderung  in  der  Geschäftsabwicklung  vorgenommen 
werden  muß.  Die  Erfahrung  zeigt,  daß  die  straffste  Organisa- 
tion da  besteht  und  bestehen  muß,  wo  der  größte  Wechsel 
von  Angestellten  stattfindet  (z.B.  in  den  Vereinigten  Staaten 
von  Amerika).  Dort  gehen  die  Bestrebungen  dahin,  jedem  ein- 
zelnen Angestellten  ein  genau  definiertes  Arbeitsgebiet  zu  über- 
geben, von  dem  er  auch  nicht  im  geringsten  Maße  abweichen 

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darf.  Zudem  müssen  alle  Vorschriften  und  alles  Material,  das 
er  zur  Ausübung  seiner  Aufgabe  bedarf,  so  geordnet  sein,  daß 
er  sicli  auch  bei  völliger  Unkenntnis  des  Betriebes  mit  mög- 
lichst geringer  Mühe  und  möglichst  geringem  Zeitaufwand  in 
seinem   Arbeitsfeld   zurechtfinden   kann. 

Jedoch  darf  mit  der  Straffheit  einer  Organisation  nicht  zu 
weit  gegangen  werden,  sie  darf  nicht  zu  pedantisch  durchge- 
führt und  bis  ins  Lächerliche  verfolgt  werden.  Auch  gilt  sie 
nur  für  den  Augenblick.  Die  Fabrik  ist  ein  organisches  Gan- 
zes, das  auf  einem  einmal  eingeschlagenen  Entwicklungsgang 
fortschreiten  will  und  sich  den  Veränderungen  der  äußern  Ver- 
hältnisse anpassen  muß.  In  gleichem  Maße  muß  sich  auch 
die  Organisation  verändern.  Um  das  zu  ermöglichen,  dürfen 
die  einzelnen  Beamten  nicht  in  einen  zu  streng  umschriebenen 
Wirkungskreis  eingeengt  werden,  auch  müssen  von  ihnen  an- 
geregte Verbesserungen  geprüft  und,  wenn  als  zweckdienlich 
empfunden,  eingeführt  werxlen;  denn  ein  einziger  Leiter  wird 
nicht  imstande  sein,  einen  Betrieb  bis  in  alle  Einzelheiten  zu 
kennen.  Außerdem  wird  auch  die  Arbeitslust  der  Angestell- 
ten erhöht,  wenn  von  ihnen  gemachte  Anregungen  nicht  auf 
taube  Ohren  fallen.  Es  muß  eben  der  gesunde  Mittelweg  ge- 
funden werden  zwischen  einer  zu  laxen  und  einer  pedantischen 
Organisation.  Ohne  daß  der  Einzelne  darob  zur  Maschine  wird, 
muß  er  sich  dem  Ganzen  einfügen  als  ein  GHed  desselben. 
Tut  er  das  nicht,  so  wird  er  trotz  hervorragender  Fähigkeiten 
seine  Stellung  nicht  zur  Zufriedenheit  des  Leiters  ausfüllen  kön- 
nen. Der  Leiter  selbst  muß  darum  auch  genügend  Menschen- 
kenntnis besitzen,  um  sich  ein  Urteil  bilden  zu  können,  ob, 
wenn  er  einen  neuen  Beamten  engagiert,  dieser  auch  den  An- 
forderungen entspricht,  die  er  an  ihn  zu  stellen  gedenkt,  und 
besonders  ob  er  gerade  für  den  Platz  geeignet  ist,  der  ihm  an- 
gewiesen werden  soll,  'je  größer  der  Betrieb  wird,  um  so 
wichtiger  wird  diese  Entscheidung  für  den  Leiter,  denn  mit 
zunehmender  Größe  des  Unternehmens  wird  sein  direkter  Ein- 
fluß auf  die  einzelnen  Abteilungen  geringer.  Die  Organisation 
allein  genügt  dann  nicht  mehr,  um  seinem  Willen  Ausdruck 
zu  verleihen.  Er  muß  von  seinen  Kompetenzen  einen  Groß- 
teil an  Unterbeamte  abgeben,  deren  Arbeitstätigkeit  ihm  durch 
die  Organisation,  aber  auch  zu  einem  großen  Teil  durch  das 
Vertrauen  gewährleistet  wird.    Jedem  Beamten  müssen  gewisse 


—    19    — 

Freiheiten  auf  seinem  Arbeitsfeld  gestattet  sein,  damit  ihm  die 
Freude  an  der  Arbeit  bleibt;  der  Leiter  kann  das  aber  nur  ge- 
statten, wenn  er  sich  auf  seine  'Angestellten  verlassen  kann. 
Natürlich  ist  es  mit  dem  Vertrauen  allein  auch  nicht  getan; 
eine  wirksame  Kontrolle  muß  jederzeit  Einblick  gestatten,  ob 
der  Einzelne  seine  Kompetenzen  nicht  überschreitet. 

5.  Dezentralisationstendeiizeii. 

Die  Tatsache,  daß  mit  zunehmender  Größe  des  Unterneh- 
mens nicht  nur  dem  Leiter,  sondern  auch  allen  Angestellten 
(besonders  in  Betracht  fallen  nur  die  höheren),  der  Überblick 
über  das  gesamte  Werk  getrübt  und  das  Interesse  an  einzel- 
nen Geschäftsvorgängen  vermindert  wird,  da  deren  Einzelheiten 
sich  den  Beteiligten  entziehen,  führt  leicht  zu  einer  gewissen 
Bureaukratie.  Ein  Angestellter  z.B.,  der  bei  jeder  Bestellung 
immer  ein  und  dieselbe  Funktion  zu  verrichten  hat,  wird  sich 
auf  keine  individuelle  Behandlung  des  Auftrages  einlassen,  er 
wird  seine  Arbeit  rein  mechanisch  erledigen  und  sich  auch 
durch  auf  ihn  ausgeübten  Druck  anderer  Abteilungen  wenig 
beirren  lassen.  Der  Fehler  liegt  dann  zwar  hauptsächlich  an  der 
Organisation,  die  ein  harmonisches  Arbeiten  zwischen  den  ein- 
zelnen Abteilungen  zu  bewirken  vernachlässigt  hat;  jedoch  ist 
die  Gefahr  in  diesen  Fehler  zu  verfallen  bei  großen  Betrieben 
sehr  naheliegend.  Um  dieser  Gefahr  zu  begegnen,  wird  beim 
Großbetrieb  häufig  eine  gewisse  Dezentralisation  vorgenommen, 
die  sowohl  darauf  ausgeht,  die  Vorteile  des  Kleinbetriebes  zu 
wahren,  wie  den  besseren  Oberblick  über  den  Geschäftsgang 
und  die  größere  Leichtigkeit  im  Zusammenarbeiten  der  einzel- 
nen Abteilungen  zu  bewirken.  Natürlich  darf  das  Unternehmen 
nicht  dadurch  der  Vorteile  des  Großbetriebes  verlustig  gehen. 
Diese  Dezentralisation  äußert  sich  dadurch,  daß  die  Fabrika- 
tion zerlegt  wird;  die  eine  Fabrik  wird  in  mehrere  kleine  Fa- 
briken geteilt.  Jede  dieser  einzelnen  Fabriken  muß,  wenn  ir- 
gend möglich,  ihre  eigenen  Gebäude  haben,  sie  hat  ihr  eigenes 
Personal,  ihre  eigenen  Maschinen  und  verfügt  über  eine  eigene 
Buchhaltung,  die  nach  den  Grundsätzen  eines  selbständigen  Un- 
ternehmens ihre  eigenen  Abschlüsse  macht.  Zusammengehalten 
werden  diese  einzelnen  Fabriken  durch  eine  zentrale  Verwaltung, 
der  alle  diejenigen  Funktionen  obliegen,  die  nicht  auf  die  ein- 


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zelnen  Fabriken  übertragen  worden  sind,  sei  es  daß  dies  nicht 
möglich  war,  sei  es  daß  es  als  unzweckmäßig  erachtet  wurde. 
Ferner  sammelt  sie  durch  eine  zentrale  Buchhaltung  die  Er- 
gebnisse der  einzelnen  Fabriken,  um  so  zum  Geschäftsabschluß 
des  ganzen  Unternehmens  zu  gelangen. 

Diese  Teilung  in  einzelne  Fabriken  ist  natürlich  nur  dann 
möglich,  wenn  sich  der  Fabrikationsprozeß  selbst  in  Einzelpro- 
zesse, die  voneinander  unabhängig  sind,  zerlegen  läßt.  Das 
Fabrikat  jeder  einzelnen  Fabrik  muß  beim  Ausgang  aus  der- 
selben bewertet  werden  können  und  buchhalterisch  fest  halt- 
bar sein.  Die  Teilung  kann  auf  drei  verschiedene  Arten  ge- 
schehen: 

1.  Horizontale  Teilung.  Fig.  1,  Schema  I:  Sie  liegt  vor,  wenn 
alle  Fabriken  auf  der  gleichen  Fabrikationsstufe  stehen.  Jede 
der  Fabriken  ist  dann  von  der  andern  vollständig  unab- 
hängig. Von  dem  Fabrikationsgebiet  des  Unternehmens  fa- 
briziert jede  Fabrik  eine  ihr  zugewiesene  Klasse  von  Fabri- 
katen. Ein  Beispiel  wäre  eine  Maschinenfabrik,  die  elektri- 
sche Maschinen  und  Dampfmaschinen  fabriziert. 


Fig.  1. 
2.  Vertikale  Teilung.  Fig.  1,  Schema  II:  Die  Fabrikation  ist 
in  verschiedene  aufeinanderfolgende  Stufen  des  Veredlungs- 
prozesses geteilt.  Eine  Fabrik  ist  daher  für  ihr  Rohmate- 
rial von  der  vorgeschalteten  abhängig.  Es  gibt  also  eigent- 
lich nur  ein  Fertigprodukt,  an  dem  sukzessive  alle  Fabriken 
arbeiten,  ausgenommen  wenn  die  Fabriken  am  Anfang  der 


—    21     — 

Reihe    mehr    produzieren    als   die    nachfolgenden    verarbeiten 
können,  so  daß  der  Überschuß  direkt  verkauft  werden  muß. 
Ein  Beispiel  ist  die  Vereinigung  von  Kohlenzechen,  Hoch- 
öfen, Stahlwerk  und  Walzwerk  in  einem  Unternehmen. 
3.  Gemischte  Teilung.    Fig.  1,  Schema  Illa:  Eine  Fabrik  liefert 
an  die  andern  ein  oder  verschiedene  Rohmaterialien,  die  von 
■  jeder  der  anderen  zu  einer  gewissen  Klasse  von  Fertigfabri- 
katen verarbeitet  werden.    Die  das  Rohmaterial  liefernde  Fa- 
brik ist  also  von  jeder  anderen  vertikal,  die  anderen  unter- 
einander horizontal  getrennt.     Als  Beispiel  sei  eine  Maschi- 
nenfabrik mit  eigener  Gießerei  erwähnt.    Auch  kann  der  um- 
gekehrte  Fall  vorliegen,   daß   das   Rohmaterial  aus  verschie- 
denen Fabriken  in  nur  einer  verarbeitet  wird,  Fig.  1,  Sche- 
ma III  b. 
Angenommen   ist   dabei   immer,   daß    die   Unternehmungen 
so   organisiert   sind,   daß    der   Verkauf  jeweils    durch   die    zen- 
trale Verwaltung  besorgt  wird,  jedoch  kann  er  auch  direkt  durch 
die  einzelnen  Fabriken  geschehen. 

Es  ist  aber  nicht  die  Teilbarkeit  des  Fabrikationsprozes- 
ses allein,  die  eine  Teilung  in  versdiiedene  Fabriken  ermög- 
licht; denn  die  einzelne  Fabrik  darf  nicht  unter  eine  gewisse 
Größe  herabsinken,  um  nicht  der  Vorteile  des  Großbetriebes 
verlustig  zu  gehen.  Kleinere  Unternehmen  auch  bei  teilbarem 
Fabrikationsprozeß  werden  daher  an  keine  solche  Dezentrali- 
sierung denken  können;  auch  hat  sie  für  sie  keinen  Zweck. 
Jede  einzelne  Fabrik  muß  jedenfalls  noch  so  groß  sein,  daß  in 
jeder  ihrer  Abteilungen  das  Prinzip  der  Arbeitsteilung  gewahrt 
bleibt.  Es  ist  natürlidi  klar,  daß  dieses  Prinzip  immer  weiter 
ausgedehnt  werden  kann;  jedoch  gibt  es  für  jeden  Betrieb  und 
jede  Abteilung  eines  solchen  eine  gewisse  Grenze,  die  besser 
nicht  überschritten  werden  sollte,  weil  sonst  das  Gebiet  des 
Einzelnen  so  klein  wird,  daß  seine  Übersicht  über  den  Geschäfts- 
gang im  allgemeinen  oder  desjenigen  Teils,  der  gerade  in  sein 
Aibeitsgebiet  fällt,  zu  stark  beeinträchtigt  wird.  An  dieser 
Zweckmäßigkeitsgrenze  der  Arbeitsteilung  wird  die  Dezentrali- 
sation einsetzen  können.  Alle  diejenigen  Abteilungen,  die  den 
Bedürfnissen  der  einzelnen  Fabrik  entsprechend  noch  groß  ge- 
nug sind,  um  dem  Prinzip  der  Arbeitsteilung  volle  Geltung  zu 
verschaffen,  werden  den  einzelnen  Fabriken '  angegliedert  wer- 
den; alle,  bei  denen  das  nicht  der  Fall  ist,  werden  in  der  zen- 


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tralen  Verwaltung  bleiben  müssen  und  können  nicht  aufgeteilt 
werden.  Als  Beispiel  sei  das  Lohnbureau  erwähnt,  dessen  Auf- 
gabe es  ist,  die  Löhne  und  Akkorde  der  einzelnen  Arbeiter  aus- 
zurechnen, ihre  Arbeitsstunden  zu  kontrollieren  und  die  Auszah- 
lung zu  veranlassen.  Dieses  Bureau  kann  dann  als  selbständige 
Abteilung  jeder  einzelnen  Fabrik  zugeteilt  werden,  wenn  die 
Arbeit  groß  genug  ist,  daß  sie  so  zerlegt  werden  kann,  daß 
jedem  einzelnen  Schreiber  ein  Arbeitsgebiet  zufällt,  das  er  mit 
einem  Minimum  von  Denkarbeit  routinenmäßig  erledigen  kann 
und  dabei  immer  voll  beschäftigt  ist.  Jedoch  soll  es  ihm  mög- 
lich sein,  den  ganzen  Bureaubetrieb  zu  kennen,  so  daß  er  im 
Notfall  einem  anderen  aushelfen  kann.  Ferner  muß  die  Arbeit 
so  groß  sein,  daß  ein  Bureauchef  voll  beschäftigt  ist,  der  seine 
Untergebenen  in  ihrer  Arbeit  beaufsichtigt  und  kontrolliert  und 
dem  bei  allen  Unregelmäßigkeiten  der  Entscheid  obliegt.  Müßte 
er,  um  seine  Zeit  ausfüllen  zu  können,  auch  hin  und  wieder  ge- 
wöhnliche Schreiberarbeit  verrichten,  so  wäre  das  unrationell, 
denn  er  ist  dazu  eine  zu  teuere  Arbeitskraft.  Würde  es  sich 
aber  herausstellen,  daß  vermittelst  eines  neuen  Systems  die  Ar- 
beit mit  weniger  Arbeitskräften  erledigt  werden  könnte,  als  alle 
Einzelfabriken  zusammen  beschäftigen,  dies  aber  nur  anwendbar 
wäre  bei  einem  größeren  Arbeitsgebiet  wie  das  der  Einzelfa- 
brik, weil  die  dazu  erforderliche  rationelle  Arbeitsteilung  bei 
der  einzelnen  Fabrik  die  Folge  hätte,  daß  gewisse  Angestellte 
nicht  mehr  voll  beschäftigt  wären,  dann  müßte  das  Bureau  wie- 
der zentralisiert  werden. 

Unter  allen  Umständen  zentralisiert  müssen  nur  alle  diejeni- 
gen Abteilungen  bleiben,  die  notwendig  sind,  um  nach  außen 
hin  das  Ganze  als  ein  einheitliches  Gebilde  erscheinen  zu  las- 
sen. Fernerhin  dürfen  alle  diejenigen  Abteilungen  nicht  ge- 
teilt werden,  deren  Tätigkeit  mehr  Nachdruck  verliehen  wer- 
den kann,  wenn  sie  das  Gesamtunternehmen  geschlossen  hin- 
ter sich  haben  (Bargaining  strength).  Es  kann  natürlich  vor- 
kommen, daß  bei  einer  Zergliederung,  die  ja  meistens  durch  den 
Fabrikationsprozeß  selbst  bestimmt  ist,  daher  nicht  willkürlich 
vorgenommen  werden  kann,  einzelne  Fabriken  günstiger  gestellt 
sind  als  andere,  d.h.  bei  einzelnen  Fabriken  sind  die  Bedin- 
gungen für  die  Dezentralisation  gewisser  Abteilungen  erfüllt,  bei 
andern  nicht.  Wird  die  Teilung  dennoch  als  zweckmäßig  er- 
achtet, so  hilft  man  sich  dadurch,  daß  bei  zwei  oder  mehreren 


der  ungünstig  gestellten  Fabriken  gewisse  Abteilungen  ver- 
schmolzen werden;  diese  Fabriken  haben  dann  die  betreffenden 
Abteilungen  gemeinsam.  Das  ist  begreiflicherweise  nur  dann 
möglich,  wenn  die  Tätigkeit  für  beide  Fabriken  eine  analoge  ist, 
was  meistens  nur  bei  horizontaler  Teilung  der  Fall  sein  wird. 
Auf  jeden  Fall  ist  es  wünschenswert,  bei  einer  Teilung  den 
einzelnen  Fabriken  nach  Möglichkeit  die  gleiche  Organisation 
zu  geben.  Dadurch  wird  die  Übersicht  erleichtert;  es  ist  die 
Möglichkeit  gegeben,  die  einzelnen  Abteilungen  auf  ihre  Ren- 
tabilität hin  zu  vergleichen,  es  wird  Material  gespart,  und  end- 
lich können  Beamte  von  einer  Fabrik  in  die  andere  versetzt 
werden,  ohne  daß  ein  erneutes  Anlernen  nötig  wird.  Es  müs- 
sen dabei  jedoch  immer  die  andersartigen  Betriebsverhältnisse 
berücksichtigt  werden.  Ein  Organisationsschema,  das  bei  der 
einen  Fabrik  mit  noch  so  viel  Erfolg  angewendet  wird,  paßt 
nicht  immer  für  die  andere. 

Neben  dem  schon  angeführten  Grund,  der  Großbetriebe 
dazu  führt,  ihre  Fabrikation  zu  teilen  und  jeden  Teil  einer  spe- 
ziell dazu  gebildeten  Fabrik  zu  übergeben,  also  aus  einer  Fa- 
brik mehrere  zu  machen,  gibt  es  noch  weitere,  von  denen  be- 
sonders zwei  erwähnt  werden  müssen. 

Einmal  die  Feststellung  der  Rentabilität.    Rechnet  jede  der 
einzelnen  Fabriken  für  sich  ab,  so  ist  es  natürlich  viel  leichter 
festzustellen,  welche  Fabrikationszweige  rentabel  sind.    Auch  bei 
vollständiger  Zentralisation  ist  das  zwar  möglich.    Eine  Statistik 
muß   immer  vorhanden   sein,  wieviel  am   einzelnen   Zweige  der 
Fabrikation   verdient   worden    ist.     Jedoch   hat   man    damit   nur 
ein    Resultat,    die   Gründe    aber   sind    nicht   genau    feststellbar. 
Die  richtige  Beurteilung  des  Aufwandes  ist,  wie  schon  oben  er- 
wähnt wurde,  nur  auf  dem  Vergleichswege  zu  erlangen.    Schei- 
det  man    daher   den    Aufwand    in    verschiedene    Gruppen,    was 
durch   die   getrennte   Abrechnung   geschieht,   so   ist  diese   Ver- 
gleichsmöglichkeit gegeben.     Die  zentrale  Verwaltung  kann  auf 
diese  Weise  genau  feststellen,  welche  ihrer  Fabriken  am  besten 
arbeitet.     Die   Unkosten,   die  auf  das   Ergebnis   den   ausschlag- 
gebenden Einfluß  ausüben,  sind  so  nicht  nur  nach  ihrer  Art  in 
verschiedene  Konten  geteilt,  sondern  auch  noch  in  besondere  für 
jede    Fabrik.     Es    ist   somit   sofort   möglich,    die   wunde    Stelle 
ausfindig  zu  machen,  um  eine  Untersuchung  einzuleiten,  welche 
Verbesserungen  getroffen   werden   können.     Auch   ist   eine  viel 


ii:l^      ^* 


1 


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} 


—    24     — 

grenauere  Verteilung  der  einzelnen  Unkosten  auf  die  Fabrikate 
möglich,  weil  eine  nähere  Verbindung  zwischen  beiden  geschaf- 
fen wird.  Diese  Frage  soll  später  noch  eingehend  besprochen 
werden. 

Der  zweite  Grund,  der  zur  Dezentralisation  führt,  ist  der 
interne  Wettbewerb.  Es  handelt  sich  dabei  natürlich  nicht  um 
Konkurrenz,  denn  die  Einzelfabriken  verfertigen  ja  verschiedene 
Fabrikate;  aber  jede  Fabrik  wird  bestrebt  sein,  ein  möglichst 
günstiges  Resultat  zu  erzielen.  Allerdings  ist  das  ja  das  Be- 
streben jedes  Betriebes,  jedoch  ist  bei  zu  großer  Zentralisation 
der  Zusammenhang  zwischen  Ursache  und  Wirkung  nicht  so 
deutlich  ersichtlich.  Durch  die  getrennte  Abrechnung,  die  wo- 
möglich vierteljährlich  einen  Abschluß  für  jede  Fabrik  herbei- 
führen sollte,  hat  der  Betriebsleiter  immer  deutlich  vor  Augen, 
wie  seine  Abteilung  gearbeitet  hat.  Würde  diese  Abrechnung 
für  alle  Fabriken  zusammen  erfolgen,  so  wäre  es  viel  schwerer 
festzustellen,  wie  jede  einzelne  gearbeitet  hat,  es  wäre  schwie- 
riger sich  klar  zu  werden,  welche  Abteilung  rentabel  ist  und 
welche  nicht,  da  die  Unkosten  dann  nicht  für  jede  Abteilung 
gesondert  aufgeführt  werden.  Zudem  fehlt  der  Ansporn  für  die 
einzelnen  Abteilungen  ihre  Unkosten  herabzudrücken,  da  das 
nicht  genau  zum  Ausdruck  gelangt,  indem  eine  Reduktion  der- 
selben in  einer  Abteilung  leicht  durch  eine  Erhöhung  in  einer 
anderen  kompensiert  werden  könnte.  Bei  getrennter  Abrech- 
nung aber  hat  der  Leiter  immer  die  Zahlen  vor  sich,  für  die  er 
verantwortlich  ist  und  weiß  daher  genau,  wo  er  auf  eine  Her- 
absetzung der  Unkosten  drängen  muß.  Auch  ist  es  ihm  mög- 
lich, da  er  seinen  ganzen  Betrieb  zu  überblicken  imstande  ist, 
die  Wege  zu  finden,  die  zu  solchen  Herabsetzungen  der  Un- 
kosten führen  und  die  Vorteile  abzuschätzen,  die  ihm  daraus 
erwachsen.  Gerade  die  Tatsache,  daß  er  durch  einen  Abschluß 
immer  vor  Augen  hat,  wie  eine  Abteilung  gearbeitet  hat,  er- 
weckt in  ihm  den  Ehrgeiz,  ein  möglichst  günstiges  Resultat 
zu  erzielen.  Jeder  Abschluß  legt  ein  Zeugnis  für  seine  Fähig- 
keiten ab;  daher  ist  jede  Abteilung  ganz  besonders  bestrebt, 
ein  günstiges  Resultat  zu  erreichen. 

Das  ist  jedoch  nur  die  moralische  Seite  des  internen  Wett- 
bewerbs; es  gibt  aber  auch  noch  eine  materielle,  die  allerdings 
nicht  bei  allen  geteilten  Betrieben  zum  Ausdruck  kommt.  Sie 
hängt  nämlich  davon  ab,  wie  die  Preisbildung  im  internen  Vtr- 


>kii 


—     25     — 

kehr  geregelt  wird.  Muß  eine  Fabrik  einen  Teil  ihrer  Rohma- 
terialien oder  Halbfabrikate  bei  einer  andern  Fabrik  desselben 
Betriebes  beziehen,  oder  muß  sie  gewisse  Arbeiten  an  diese  ver- 
geben, weil  ihr  die  dazu  nötigen  Maschinen,  oder  das  dazu  aus- 
gebildete Personal  fehlen,  so  kann  es  ihr  natürlich  nicht  gleich- 
gültig sein,  zu  welchem  Preise  diese  Arbeit  übernommen  wird. 
Die  ausführende  Fabrik  innerhalb  des  Unternehmens  wird  da- 
mit auf  gleiche  Stufe  gestellt  wie  eine  solche  außerhalb  des- 
selben. Die  bestellende  Fabrik  wird  lieber  von  auswärts  be- 
ziehen als  vom  Unternehmen  selbst,  wenn  sie  dort  billiger  ein- 
kaufen kann  und  dadurch  ein  günstigeres  Resultat  erzielt.  Die 
Schwesterfabrik  wird  dadurch  genötigt,  entweder  durch  ratio- 
nellere Betriebsmethoden  die  betreffende  Arbeit  zu  verbilligen, 
oder  ganz  auf  den  Auftrag  zu  verzichten.  Dadurch  wird  er- 
zielt, daß  Artikel,  die  vom  Betrieb  nicht  rationell  hergestellt 
werden  können,  von  der  Fabrikation  gänzlich  ausgeschaltet  wer- 
den; zum  mindesten  aber  wird  ein  Druck  ausgeübt,  so  billig 
wie  möglich  zu  fabrizieren.  Häufig  wird  jedoch  die  Ausübung 
dieses  Wettbewerbes  dadurch  zunichte  gemacht,  daß  Fabri- 
kate, die  von  einer  der  Einzelfabriken  für  eine  andere  herge- 
stellt werden,  nicht  richtig  kalkuliert  werden,  so  daß  es  den 
Anschein  hat,  als  ob  sie  äußerst  vorteilhaft  hergestellt  wer- 
den könnten,  ohne  daß  dies  den  Tatsachen  entspricht.  Auf 
diese  Weise  wird  vieles  im  eigenen  Betrieb  hergestellt,  was 
zu  viel  günstigeren  Bedingungen  von  auswärts  bezogen  werden 
könnte.  Besonders  gilt  das  für  die  Herstellung  von  Werkzeu- 
gen im  eigenen  Betrieb  bei  Maschinenfabriken.  Vielfach  wird 
bei  ihrer  Kalkulation  nur  die  Summe  von  Material  und  Löhnen 
eingesetzt,  ein  Zuschlag  für  die  Unkosten  aber  erfolgt  nicht. 
Möglich  ist  das  allerdings  nur,  wenn  die  herstellende  Fabrik 
die  Werkzeuge  für  sich  selber  braucht,  für  andere  Fabriken 
muß  natürlich  ein  Zuschlag  gemacht  werden,  da  sonst  die  zum 
Verkauf  gelangenden  Fabrikate  der  herstellenden  Fabrik  zu  stark 
belasten  würden.  Dieser  wird  jedoch  häufig  zu  niedrig  bemes- 
sen. Es  geschieht  das,  damit  das  Unkostenkonto  für  Werkzeuge 
möglichst  niedrig  gehalten  werden  kann,  was  jedoch  ganz  un- 
berechtigt ist,  da  die  verursachten  Unkosten  dann  nur  andere 
Konten  mehr  belasten  und  das  Endresultat  daher-  ein  falsches 
Bild  ergibt.  Auf  diese  Frage  soll  später  noch  eingehender  zu- 
rückgekommen werden.     Hier  sei  nur  erwähnt,  daß   durch  un- 


l 


—     26     — 

richtige  Kalkulation  der  interne  Wettbewerb  zu  Ungunsten  des 
Unternehmens  behindert  werden  kann.  Was  die  Herstellung 
von  Werkzeugen  betrifft,  so  wird  es  sich  bei  genauer  Kalku- 
lation wohl  meistens  erweisen,  daß,  soweit  Massenartikel  in 
Frage  kommen,  diese  zu  billigeren  Preisen  von  auswärts  be- 
zogen werden  können;  Spezialwerkzeuge  und  Vorrichtungen  hin- 
gegen werden  billiger  im  eigenen  Betrieb  hergestellt,  wenn  die- 
ser überhaupt  für  eine  solche   Art  von   Arbeit  eingerichtet  ist. 

Nicht  nur  in  der  Teilung  eines  Unternehmens  in  Einzel- 
fabriken äußert  sich  die  Idee  des  internen  Wettbewerbes,  sie 
findet  auch  noch  auf  andern  Gebieten  der  Organisation  Anwen- 
dung. Das  Prinzip  ist,  daß  sich  die  verschiedensten  Abtei- 
lungen einer  Fabrik  wie  selbständige  Unternehmen  gegenüber- 
stehen, womit  bezweckt  wird,  daß  die  Selbstkosten  der  Fabri- 
kate möglichst  niedrig  gehalten  werden.  Natürlich  darf  darob 
ein  harmonisches  Zusammenarbeiten  nicht  verloren  gehen,  und 
es  ist  Aufgabe  der  obersten  Leitung  dieses  zu  wahren,  sobald 
es  von  einzelnen  Abteilungen  gestört  wird.  Der  Vorteil  dieses 
Selbständigmachens  einzelner  Abteilungen  besteht  darin,  daß  ein 
Geschäft  nicht  automatisch  von  einer  Abteilung  in  die  andere 
geht  und  jeweils  automatisch  erledigt  wird.  Es  findet  eine  ge- 
wisse Reibung  zwischen  den  Abteilungen  statt,  die  den  Zweck 
verfolgt,  sich  selbst  immer  möglichst  günstige  Bedingungen  zu 
verschaffen.  Diese  Art  der  Teilung,  die  sich  also  über  ein  wei- 
teres Gebiet  als  nur  die  reine  Fabrikation  erstreckt,  kann  am 
besten  in  Unternehmen  mit  horizontal  geteilter  Fabrikation  an- 
gewendet werden.  Es  gibt  dann  prinzipiell  drei  Arten  von  Ab- 
teilungen, die  sich  gegenüberstehen,  nämlich  die  Fabrikation, 
die  Konstruktion  und  der  Verkauf.  Die  Teilung  kann  grund- 
sätzlich auf  zwei  Arten  geschehen,  die  analog  der  Teilung  in 
Einzelfabriken  als  eine  horizontale  und  eine  vertikale  bezeich- 
net wird.  Vertikal  ist  die  Teilung  dann,  wenn  sie  sich  auf  die 
Teilung  in  Einzelfabriken  aufbaut,  d.h.  nach  Branchen;  jede 
Fabrik  hat  dann  eine  ihr  zugeteilte  Konstruktionsabteilung  und 
eine  Abteilung,  deren  Aufgabe  der  Verkauf  der  Erzeugnisse  ist. 
Dieser  Fall  ist  nur  anwendbar,  wenn  verschiedene  Gruppen  von 
Artikeln  fabriziert  werden,  die  voneinander  vollständig  unab- 
hängig sind,  er  bietet  keine  andern  Momente,  wie  die  schon 
bei  der  Teilung  in  Einzelfabriken  besprochenen. 

Ihm  gegenüber  steht  die  horizontale  Teilung  oder  der  hori- 
zontale Aufbau  des  Unternehmens.  Für  ihn  ist  maßgebend,  daß 
sich  gegenüberstehen:  einer  Anzahl  von  Einzelfabriken,  eine  An- 
zahl von  Konstruktionsabteilungen  und  eine  Anzahl  von  Verkaufs- 


» 


—     27     — 

abteilungen.  Es  ist  klar,  daß  auch  bei  dieser  Art  der  Eintei- 
lung eine  gewisse  vertikale  Gliederung  bestehen  muß.  Jeder 
Fabrik  müssen  bestimmt^  Konstruktionsabteilungen  zugeteilt  wer- 
den, oder  umgekehrt  jede  Konstruktionsabteilung  ist  einer  Fa- 
brik angegliedert.  Ebenso  beschäftigt  sich  jede  Verkaufsabtei- 
lung mit  dem  Vertrieb  ganz  bestimmter  Erzeugnisse,  die  von 
einer  oder  von  mehreren  Binzelfabriken  hergestellt  werden;  je- 
doch besteht  eine  strenge  Scheidung  der  einzelnen  Funktionen, 
die  Fabrikation,  die  Konstruktion  und  der  Verkauf  stehen  sich 
wie  selbständige  Unternehmen,  natürlich  nur  soweit  dies  den 
Gesamtinteressen  förderlich  ist,  gegenüber.  Besonders  scharf  ist 
die  Teilung  zwar  nur  zwischen  Fabrikation  und  Konstruktion 
einerseits  und  Verkauf  andererseits  durchführbar.  Durch  fol- 
gende Schemas  werden  die  beiden  Arten  des  Aufbaus  veran- 
schaulicht (Fig.  2): 


Schema  /. 


Wie  aus  dem  Schema  sofort  ersichtlich  ist,  kommt  der 
horizontale  Aufbau  dann  in  Frage,  wenn  die  Produkte  der  Ein- 
zelfabriken nicht  ganz  unabhängig  voneinander  sind,  so  daß  ein 
Verkauf  von  zwei  verschiedenen  Produkten  zusammen  möglich 
ist.  Ein  Beispiel  ist  eine  Maschinenfabrik,  die  sowohl  elektri- 
sche Generatoren  wie  Dampfturbinen  fabriziert.  Beides  sind  für 
sich  Produkte,  die  gewisse  Abnehmer  finden,  sie  können  aber 


' 


1 


—    28     — 

auch  (beispielsweise  für  Elektrizitätswerke)  zusammen  als  ein 
Verkaufsgegenstand  gebraucht  werden;  wie  in  Schema  II  die 
Produkte  B  und  G. 

Es  gibt  natürlich  viele  Formen  des  Aufbaues,  die  ein  Zwi- 
schending zwischen  den  beiden  angegebenen  Formen  sind;  die 
beiden  erwähnten  erläutern  nur  den  Grundgedanken.  Für  den 
horizontalen  Aufbau  ist  jedoch  die  Preisbildung  das  Wesent- 
liche. Es  sind  zwei  Arten  der  Preisbildung  möglich,  bei  der 
ersten  und  gewöhnlichen  erhält  der  Verkauf  die  Fabrikate  zu 
den  Selbstkosten  und  veräußert  sie  zum  höchstmöglichen  Preis, 
die  Differenz  zwischen  beiden  ist  der  Gewinn.  Die  Selbstko- 
sten sind  für  verschiedene  Ausführungen  des  gleichen  Fabrikates 
immer  etwas  verschieden,  der  Verkauf  muß  sich  dann  eben  an 
Chirchschnittszahlen  halten;  der  Preis  aber,  zu  dem  ihm  die  Fa- 
brikate belastet  werden,  ist  der  variable  Selbstkostenpreis.  Beim 
horizontalen  Aufbau  hingegen  ist  der  Preis,  der  der  Fabrik  gut- 
geschrieben und  der  Verkaufsabteilung  belastet  wird,  für  ver- 
schiedene Ausführungen  eines  und  desselben  Fabrikates  ein  kon- 
stanter. Nicht  nur  jede  Fabrik,  sondern  auch  jede  Verkaufsab- 
teilung besitzt  eine  getrennte  Abrechnung.  Die  Verkaufsabtei- 
lung ist  für  die  Einzelfabrik  ein  Kunde.  Sie  bezieht  Waren  von 
der  Fabrik  zu  einem  im  voraus  ausgemachten  Preis,  der  nach 
Möglichkeit  für  das  gleiche  Fabrikat  immer  gleich  bleibt,  gleich- 
gültig ob  die  Fabrik  das  betreffende  Geschäft  mit  einem  Ge- 
winn oder  Verlust  abschließt.  Diesen  Preis  wollen  wir  Fa- 
brikpreis nennen;  er  soll  so  bemessen  sein,  daß  das  Fabrika- 
tionskonto sich  ausgleicht,  also  weder  einen  Gewinn  noch 
einen  Verlust  aufweist,  was  praktisch  jedoch  nicht  durchführ- 
bar ist. 

Der  Zweck  dieser  Methode  besteht  einerseits  darin,  einen 
genauen  Maßstab  zu  schaffen,  um  die  Leistungen  auch  der  ein- 
zelnen Verkaufsabteilungen  festzustellen.  Andererseits  soll  jede 
Abteilung  dadurch  angespornt  werden,  möglichst  rationell  zu  ar- 
beiten, was  dadurch  erfolgt,  daß  sie  vermittelst  der  getrennten 
Abrechnung  ihr  Betriebsergebnis  immer  vor  Augen  hat.  Auch 
soll  die  Fabrik  zu  einer  den  Tatsachen  entsprechenden  Vorkal- 
kulation gezwungen  werden,  die  als  bindendes  Angebot  zu  be- 
trachten ist.  Endlich  soll  damit  noch  erreicht  werden,  daß  die 
Selbstkosten  möglichst  niedrig  gehalten  werden,  was  dadurch 
geschieht,  daß  die  Verkaufsabteilungen,  die  selbständigen  Unter- 


—    29    — 

nehmungen  gleichkommen,  immer  einen  möglichst  niedrigen 
Preis  mit  der  Fabrik  zu  vereinbaren  bemüht  sind.  Gesteigert 
wird  der  Ansporn  dazu  noch  durch  eine  den  Chefs  der  Ver- 
kaufsabteilungen eingeräumte  Provision  und  zwar  auf  die  Dif- 
ferenz zwischen  Fabrikpreis  und  Verkaufspreis,  abzüglich  der 
Abteilungsspesen.  Letztere  werden  abgezogen,  damit  der  Chef 
der  Verkaufsabteilung  ein  möglichst  großes  Interesse  daran  hat, 
seine  Bureauspesen  niedrig  zu  halten.  Eine  gleiche  Provision 
kann  auch  den  Konstrukteuren  zugesichert  werden,  damit  sie 
nicht  nur  gute,  sondern  auch  billige  Maschinen  konstruieren. 
Diese  Gegenüberstellung  der  Abteilungen  als  selbständige  Kon- 
trahenten einer  Art  von  Kaufvertrages,  wobei  alle  Abteilungen, 
besonders  die  für  den  Verkauf,  in  einer  dem  selbständigen  Un- 
ternehmen ähnlichen  Stellung  sind,  hat  demnach  den  Vorteil, 
daß  die  Preise  sich  nicht  automatisch  regeln,  sondern  ein  Han- 
deln stattfindet,  allerdings  nur  in  extremen  Fällen,  wodurch  die 
Fabriken  gezwungen  werden,  möglidhst  billig  zu  fabrizieren.  Ein 
umgekehrter  Druck  kann  durch  dieses  System  leider  nicht  aus- 
geübt werden,  nämlidi  daß  die  Verkaufsabteilungen  gezwungen 
werden,  für  diejenigen  Artikel  ein  Absatzgebiet  zu  suchen,  die 
die  rationellste  Fabrikation  erlauben.  Die  Tendenz  geht  zwar 
ohnehin  schon  in  dieser  Richtung,  da  solche  Artikel  von  den 
Fabriken  am  billigsten  abgegeben  werden  können. 

Immerhin  muß  gesagt  werden,  daß  die  Selbständigkeit  der 
einzelnen  Abteilungen  nicht  zu  weit  getrieben  werden  darf,  denn 
sonst  könnte  es  sich  zutragen,  daß  Neukonstruktionen,  die  auf 
dem  Markte  erst  eingeführt  werden  müssen  und  die,  da  sie 
noch  nicht  in  Massen  hergestellt  werden  können,  noch  ziem- 
lich teuer  sind,  von  der  betreffenden  Verkaufsabteilung  nicht 
bestellt  werden,  trotzdem  es  im  Interesse  des  Unternehmens 
liegt,  diesen  Zweig  des  Absatzes  zu  fördern,  um  ihn  für  die 
Zukunft  einträglich  zu  gestalten.  In  solchen  Fällen  muß  dann 
eben  die  oberste  Leitung  eingreifen  und  Anordnungen  treffen, 
daß  die  notwendigen  Arbeiten  ausgeführt  werden,  auch  wenn 
sie  anfänglich  dem  Spezialinteresse  der  einzelnen  Abteilung  zu- 
widerlaufen. 

Der  Fabrikpreis,  also  der  Preis,  zu  dem  die  Fabrikate  von 
der  Einzelfabrik  abgegeben  werden,  kann,  abgesehen  von  der 
Kalkulationsformel,  auf  zwei  verschiedene  Arten  angesetzt  wer- 
den.   Den  folgenden  Beispielen  wird  die  am  meisten  verbreitete 


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dieser  Formeln  zugrunde  gelegt,  nämlich  diejenige,  die  die  Un- 
kosten durch  einen  gewissen  Zuschlag  auf  den  Materialwert  und 
einen  anderen  auf  die  Lohnsumme  deckt.  Der  Fabrikpreis  kann 
dann  so  bemessen  sein,  daß  er  sämtliche  Unkosten  deckt,  die 
Fabrikationsunkosten  sowohl  wie  die  Verkaufsunkosten.  Die 
Differenz  zwischen  Verkaufspreis  und  Fabrikpreis  ist  dann  Rein- 
gewinn und  der  Fabrikpreis  ist  derjenige  Preis,  durch  den  die 
gesamten,  bei  der  Herstellung  des  Fabrikates  verursachten  Un- 
kosten des  ganzen  Unternehmens  einschließlich  einer  Verzin- 
sung von  5  o/o  des  Kapitals  gedeckt  werden.  Die  Formel,  die 
zu  seiner  Berechnung  führt  ist  dann: 

Fabrikpreis  =  [Material  (1  +  x)  +  I-ohn  (1  +  y)]  (1  +  z) 

Durch  die  Faktoren  x  und  y  sind  sämtliche  Betriebsunkosten 
inkl.  derjenigen  der  Konstruktionsabteilungen  ^wenn  dieselben 
den  Fabriken  zugeteilt  sind),  und  sämtliche  Abschreibungen  der 
betreffenden  Fabrik  zu  decken;  fernerhin  noch  die  Verzinsung 
des  Betriebskapitals  dieser  Fabrik.  Die  Festsetzung  desselben 
soll  an  Hand  eines  Zahlenbeispiels  geschehen.  Das  zu  verzin- 
sende Betriebskapital  wird  durch  Auszug  aus  der  jährlichen 
Abrechnung  der  Einzelfabrik  ermittelt.  Es  setzt  sich  z.B.  fol- 
gendermaßen zusammen: 


1. 

Materialien   auf   Lager 

3  000000. 

Fr. 

z 

Unfertige  Fabrikate 

5  000000. 

)» 

3. 

Grundstücke 

1000000.- 

» 

4. 

Gebäude 

2  000000. 

»» 

5. 

Werkzeugmaschinen 

2  000000. 

»t 

6. 

Outhaben  bei  Lieferanten 

1000000.- 

»t 

7. 

Werkzeuge 

1.- 

ff 

8. 

Mobiliar 

1. 

»» 

9. 

Modelle 

1.— 

n 

14  000003.— 

Fr. 

Durch  z  sind  zu  decken  sämtliche  Betriebsunkosten  und 
Abschreibungen  der  zentralen  Verwaltung,  Steuern,  Versicherung 
und  Ausgaben  für  Wohltätigkeit.  Ferner  die  Verzinsung  des 
übrigbleibenden  Kapitals,  das  folgendermaßen  ermittelt  wird. 
(Die  Verkaufsabteilungen  werden  als  Bestandteile  der  zentralen 
Verwaltung  angenommen.)  Es  wird  der  Einfachheit  halber  bei 
diesem  Beispiel  von  der  Annahme  ausgegangen,  daß  es  sich  nur 
um  eine  Fabrik,  nicht  um  mehrere  Einzelfabriken  handelt.  Für 
das  ganze  Unternehmen: 


1. 

Aktienkapital 

10000  000.      Fr. 

2. 

Obligationen 

5  000000.       „ 

3. 

Gewisse  Kreditoren  *) 

4  000003.       „ 

4. 

Reserve 

2  000000.       „ 
21000003.-  Fr. 

Durch  X  und  y  wird  die  Verzinsung  von  14  000003. —  Fr. 
des  investierten  Kapitals  besorgt,  es  bleibt  also  für  z  ein  Ka- 
pital von  7  000000.—  Fr.  zu  verzinsen.  I>er  Fabrikpreis  deckt 
also  durch  die  Faktoren  x,  y  und  z  sämtliche  Unkosten  und 
gestattet  die  Verteilung  einer  Dividende  von  5  o/o.  Die  Ver- 
kaufsabteilung erhält  die  Fabrikate  zu  diesem  Preis  und  sucht 
sie,  wenn  möglich,  zu  einem  höheren  abzusetzen.  Der  Verkaufs- 
preis ist  dann: 

Verkaufspreis  =  [Material  (1  -(-  x)  -|-  Lohn  (1  -|-  y)l  (^  +  z)  +  A 
A  =  Differenz  zwischen  Verkaufspreis  und  Fabrikpreis. 

Wird  dem  Verkäufer  eine  Provision  gewährt,  so  wird  diese 
auf  die  Summe  aller  (A  —  Summe  der  Bureauspesen  der  betref- 
fenden Abteilung)  entrichtet. 

Die  'zweite  Art  der  Ansetzung  des  Fabrikpreises  geschieht 
durch  die  Formel:  Fabrikpreis  =  Material  (1  -|-  x)  -f-  Lohn  (1  -\-  y). 
Er  deckt  also  nur  die  Fabrikationsunkosten,  nicht  aber  diejeni- 
gen der  zentralen  Verwaltung.  Die  Verkaufsabteilung  muß  dann 
diesen  Preis  noch  mit  (1  -{-  z)  multiplizieren  und  einen  Fak- 
tor A  dazu  addieren,  um  den  Verkaufspreis  zu  erhalten.  Eine 
Provision  würde  dann  gewährt  auf  die  Summe  aller 

[Material  (1  +  x)  +  Lohn  (1  +  y)]  (1  -f  z)  +  A 
—  [Material  (1  -(-  x)  +  Lohn  (1  -(-  y)  +  Bureauspesen]. 

Da  die  Differenz  in  diesem  Falle  größer  ist,  müßte  der  An- 
satz für  die  Provision  kleiner  gehalten  werden,  um  zu  einem 
gleichen  Ergebnis  zu  kommen.  Die  zweite  Methode  hat  den 
Nachteil,  daß  sie  beim  Verkaufspersonal  leicht  falsche  Vorstel- 
lungen erweckt,  insofern,  als  der  Fabrikpreis  gerne  als  Selbst- 
kostenpreis angesehen  und  die  starke  Erhöhung  der  Preise,  die 
durch  Multiplikation  mit  dem  Faktor  (1  -J-  z)  erfolgt,  falsch  ver- 
standen wird;  trotzdem  der  Preis  erst  nach  Multiplikation  mit 
diesem  Faktor  die  wahren  Selbstkosten  angibt.  Allerdings  wird 
angeführt,  daß  diese  zweite  Methode  darum  günstiger  sei,  weil 


*)  Nicht  zu  verwechseln  mit  Diverse  Kreditoren. 


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# 


-    32    — 

• 

von  der  Fabrik  nur  diejenigen  Unkosten  zu  decken  sind,  die  sie 
selbst  verursacht  und  die  daher  unter  der  Kontrolle  ihrer  Leiter 
stehen  und  von  ihrem  Einfluß  abhängig  sind.  Dieser  Einwand 
ist  aber  darum  hinfällig,  weil  der  Faktor  (1  +  z)  wenigstens 
für  ein  Jahr  konstant  bleibt  und  alle  Produkte  mit  ihm  zu  mul- 
tiplizieren sind,  so  daß  alle  Preise  einfach  gleichmäßig  erhöht 
werden. 

Bei  der  ersten  Methode  könnte  es  allerdings  vorkommen, 
daß  die  Differenz  zwischen  Fabrikpreis  und  Verkaufspreis,  welche 
als  A  bezeichnet  wurde,  kleiner  ist  wie  die  für  das  betreffende 
Geschäft  verausgabten  Verkaufsspesen,  so  daß  die  gesamte  pro- 
visionsberechtigte Summe  durch  dieses  Geschäft  kleiner  würde. 
Die  Verkaufsabteilung  hätte  dann  ein  Interesse  daran,  das  Ge- 
schäft nicht  abzuschließen;  für  das  Gesamtunternehmen  könnte 
aber  doch  ein  Gewinn  erzielt  werden,  denn  die  Gesamtunkosten, 
also  auch  Verkaufsspesen,  sind  durch  den  Fabrikpreis  schon  ge- 
deckt, der  Gewinn  wäre  =  A.  Dieser  Fall  dürfte  aber  so  sel- 
ten eintreten,  daß  er  nicht  als  Argument  dienen  kann. 

Das  zweite  System  hat  den  scheinbaren  Vorteil,  .daß  Un- 
kosten überall  da  gedeckt  werden,  wo  sie  entstehen,  jedoch  ist 
auch  das  nicht  richtig,  denn  der  Faktor  z  dient  zur  Deckung 
aller  Unkosten  der  zentralen  Verwaltung  und  nicht  nur  derjeni- 
gen der  Verkaufsabteilung,  diese  Unkosten  können  auch,  wie 
oben  angeführt  wurde,  ebensogut  durch  die  Fabriken  gedeckt 
werden,  da  der  Zuschlag  ein  konstanter  ist. 

Der  Fall  kann  allerdings  eintreten,  daß  dieser  Zuschlag  ab- 
sichtlich auch  während  eines  Geschäftsjahres  verändert  wird  und 
zwar  für  die  verschiedenen  Fabrikate  in  ungleichem  Maße.  Ge- 
schieht das,  dann  muß  unbedingt  das  zweite  System  empfoh- 
len werden.  Solche  Variationen  im  Faktor  z  können  dann  nötig 
werden,  wenn  eine  Neukonstruktion  Herstellungskosten  verur- 
sacht, die  im  Augenblick  ein  Absetzen  auf  dem  Markte  verun- 
möglichen, wenigstens  in  der  vom  Unternehmer  beabsichtigten 
Menge.  Will  man  aber  die  Fabrikation  dieses  Gegenstandes 
dennoch  nicht  aufgeben,  weil  man  hofft,  in  der  Zukunft  bes- 
sere Resultate  zu  erzielen,  so  muß  der  Gegenstand  zunächst 
unter  den  Herstellungskosten,  welche  durch  die  eben  genannten 
Formeln  berechnet  wurden,  verkauft  werden.  Es  wird  daher 
eine  absichtliche  Reduktion  des  Faktors  z  vorgenommen,  aber 
nur   für  die  in   Frage  stehenden   Fabrikate.     Der  Ausfall  kann 


^    33    - 

entweder  durch  eine  Erhöhung  des  gleichen  Faktors  bei  an- 
deren Fabrikaten  vorgenommen  werden,  wenn  die  Marktlage  es 
gestattet,  oder  aber,  und  dieser  Fall  ist  bedeutend  günstiger, 
die  Herabsetzung  des  Preises  hat  eine  Erweiterung  des  Absatzes 
zur  Folge,  so  daß  die  größere  Zahl  der  Fabrikate,  deren  Ko- 
sten mit  1  +  dem  verringerten  Faktor  z  zu  multiplizieren  sind, 
die  gleichen  Unkosten  deckt  wie  die  geringere  Zahl  des  Fa- 
brikates mit  dem  ursprünglichen   Faktor  z. 

Gelangt  nun  aber  die  erste  Fabrikpreisformel  zur  Anwen- 
dung, so  bedeutet  das,  daß  die  Fabrik  das  Risiko  für  den  Ver- 
kauf unter  den  Herstellungskosten  zu  übernehmen  hat.  Es  ist 
das  aber  ein  Risiko,  für  das  die  Betriebsleitung  keine  Verant- 
wortung übernehmen  kann,  da  sie  mit  dem  Markte  in  keine  di- 
rekte Berührung  kommt.  Es  hieße  also  von  ihr  zu  verlangen, 
daß  sie  Verkaufspolitik  betreiben  soll,  oder  aber,  wenn  ihr  die 
Veränderung  der  Preisbildung  von  der  Leitung  diktiert  wird, 
das  Prinzip  der  Verantwortlichkeit  für  die  unter  dem  Einfluß 
des  betreffenden  stehenden  Unkosten  zu  durchbrechen.  Daher 
muß,  wenn  der  Faktor  z  willkürlich  verändert  werden  soll,  die 
zweite  Fabrikpreisformel  zur  Anwendung  gelangen,  damit  das 
Risiko  auf  die  Verkaufsabteilungen  und  die  zentrale  Verwaltung 
fällt,  welche  diese  Veränderungen  zu  bestimmen  haben,  da  sie 
über  eine  genaue  Kenntnis  der  Marktlage  verfügen. 

Beide  Systeme  erfordern  eine  getrennte  Abrechnung  für  jede 
Abteilung  und  verfolgen  den  Zweck,  jeder  Abteilung  ihr  Ergeb- 
nis genau  bewußt  werden  zu  lassen.  Jede  Abteilung  hat  als 
selbständige  Unternehmung  direkten  Einfluß  auf  ihr  Ergebnis, 
wodurch  für  den  obersten  Leiter  eine  Kontrolle  geschaffen  und 
gleichzeitig  der  Ehrgeiz  erweckt  wird,  dieses  Ergebnis  mög- 
lichst günstig  zu  gestalten.  Diese  Trennung  in  selbständige  Ab- 
teilungen, verbunden  mit  getrennter  Abrechnung,  erlaubt  die  Ver- 
teilung einer  Provision,  die  den  festen  Gehalt  noch  erhöht.  Bei 
festem  Gehalt  wird  der  Angestellte  die  Arbeit  wohl  nach  bestem 
Wissen  und  Gewissen  verrichten;  ein  Anteil  am  Gewinn  durch 
eine  Provision  steigert  aber  die  Produktivität.  Allerdings  be- 
steht dann  die  Gefahr,  daß  es  zu  Preisdrückereien  kommt;  diese 
aber,  wenn  sie  nicht  übertrieben  werden,  können  dem  Unter- 
nehmen nur  zum  Vorteil  gereicheti»  indem  sie  die  Produktion 
verbilligen. 


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—    34    — 


-    35    - 


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6.  Normalisierung. 

Eine  weitere  Entwicklungstendenz,  deren  Anfänge  aller- 
dings schon  ziemlich  weit  zurückliegen,  die  aber  besonders  in 
der  allerletzten  Zeit  sich  auf  die  gesamte  Industrie  zu  übertra- 
gen beginnt,  ist  die  Normalisierung  des  Materials.  Darunter 
versteht  man  die  genaue  Festlegung  der  Form  und  Beschaffen- 
heit der  Materialien,  die  in  dem  Betrieb  verwendet  werden  sol- 
len. Sie  verfolgt  den  Zweck,  die  Anzahl  der  im  Betrieb  zu  ver- 
arbeitenden Rohmaterialien  und  Halbfabrikate  auf  ein  Minimum 
zu  beschränken,  wodurch  größere  Ordnung  und  Einfachheit  er- 
zielt und  Herabsetzung  der  Selbstkosten  herbeigeführt  wird. 

In  Werken,  die  keine  Normalien  besitzen,  bleibt  es  dem 
freien  Ermessen  des  Konstrukteurs  überlassen,  die  Konstruk- 
tionselemente zu  bestimmen.  Die  Folge  davon  ist  erstens  eine 
vermehrte  Arbeit  für  den  Konstrukteur,  zweitens  wird  eine  Un- 
menge von  verschiedenen  Materialarten  in  geringen  Quantitäten 
bestellt  werden  müssen,  und  zwar  kann  das  erst  im  Augenblick 
des  Bedarfe  geschehen.  Die  Normalisierung  bezweckt  nun,  dem 
Konstrukteur  eine  Reihe  ausgesuchter  und  durch  die  Erfahrung 
erprobter  Einzelteile  an  die  Hand  zu  geben,  aus  denen  er  sich 
das  Notwendige  aussuchen  kann;  andererseits  muß  er  aber  an- 
gehalten werden,  diese  Normalien,  wenn  irgend  möglich,  auch 
zu  gebrauchen  und  nicht  ähnliche  Teile  in  seine  Konstruktion 
aufzunehmen,  die  leicht  durch  die  vorhandenen  Normalien  er- 
setzt werden  könnten.  Diese  Normalien  werden  den  Konstruk- 
teuren auf  Normalienblättern  übergeben.  Neben  der  Vereinfa- 
chung, die  die  Konstruktion  durch  die  Normalien  erfährt,  bie- 
ten diese  auch  für  die  Lagerverwaltung  eine  bedeutende  Erleich- 
terung. Eine  normalisierte  Materialart  kann  in  großen  Quan- 
titäten bezogen  werden,  wenn  dies  vom  kaufmännischen  Stand- 
punkt aus  als  vorteilhaft  erscheint,  denn  es  besteht  keine  Ge- 
fahr, daß  sie  von  der  Werkstatt  nicht  auch  bezogen  wird.  Die 
Materialverwaltung  hat  die  Gewißheit,  daß  der  bestimmte  Ge- 
genstand verlangt  wird  und  nicht  ein  anderer,  der  vom  gela- 
gerten wenig  abweicht  und  durch  denselben  leicht  ersetzt  wer- 
den kann,  so  daß  das  Vorhandene  liegen  bleibt  und  Nichtvor- 
handenes beschafft  werden  muß.  Auf  diese  Weise  wird  Sta- 
bilität in  die  Tätigkeit  der  Materialverwaltung  gebracht,  auch 
bleiben  die  Vorteile,  die  durch  den  Einkauf  großer  Mengen  er- 


zielt werden  können,  gewahrt,  ohne  daß  sie  durch  ein  endloses 
Auflagerliegen  des  betreffenden  Gegenstandes  wieder  nichtig 
gemacht  werden.  Es  wird  dann  auch  nicht  vorkommen,  daß 
gewisse  vorhandene  Materialien  am  Lager  herumliegen,  so  daß 
ein  Verzeichnis  derselben  angelegt  werden  muß,  das  die  Kon- 
strukteure veranlassen  soll,  dieselben  wenn  irgend  möglich  bei 
der  nächsten  Gelegenheit  zu  verwenden.  Auch  der  Werkstatt 
gereicht  die  Normalisierung  zum  Vorteil,  insofern  als  Stok- 
kungen  in  der  Fabrikation,  verursacht  durch  nicht  vorhandenes 
Material,  bedeutend  seltener  werden.  Auch  die  Arbeiter  kön- 
nen sich  viel  eher  mit  den  zu  verwendenden  Materialarten  ver- 
traut machen,  wenn  deren  Anzahl  auf  ein  Minimum  reduziert 
wird. 

Die  eben  angegebenen  Vorteile  der  Normalisierung  bezie- 
hen sich  aber  nur  auf  Rohmaterialien  und  die  allereinfachsten 
Bestandteile,  und  zwar  nur  soweit  sie  von  auswärts  bezogen 
werden.  Der  Gedanke  der  Normalisierung  läßt  sich  aber  noch 
viel  weiter  verfolgen.  Besonders  Unternehmen,  deren  Fabrika- 
tionsgebiet ein  sehr  weites  ist,  laufen  Gefahr,  sich  durch  Spezial- 
wünsche  ihrer  Kunden  zu  leicht  beeinflussen  zu  lassen.  Haupt- 
sächlich im  Maschinenbau  ist  diese  Gefahr  vorhanden  und  die 
Folge  davon  ist,  daß  kaum  zwei  Ausführungen  der  gleichen 
Sache  genau  gleich  werden.  Dadurch  aber  werden  die  Selbst- 
kosten ganz  bedeutend  erhöht;  denn  nicht  nur  gehen  die  Vor- 
teile der  Massenproduktion  verloren,  sondern  es  müssen  auch 
für  jede  Ausführung  neue  Zeichnungen,  Modelle  und  oft  auch 
Werkzeuge  angefertigt  werden.  Ferner  erfordern  die  Ände- 
rungen häufig  auch  langwierige  Versuche,  die  sehr  teuer  zu 
stehen  kommen  und  die  häufig  dazu  führen,  daß  der  Lieferter- 
min nicht  eingehalten  werden  kann.  Ein,  in  Perioden  schlech- 
ten Geschäftsganges,  auf  Vorrat  fabrizieren  wird  dann  fast  un- 
möglich. Die  Idee  der  Normalisierung  wird  daher,  um  diesen 
Übelständen  abzuhelfen,  auch  auf  die  Fertigfabrikate  angewen- 
det; natürlich  ist  das  aber  nur  in  viel  geringerem  Maße  wie 
bei  den  Rohmaterialien  möglich,  indem  Fortschritte  in  der 
Technik  und  Verschiedenheiten  in  der  Anwendung  des  Fabri- 
kates einer  Normalisierung  im  Wege  stehen.  Immerhin  wird 
ein  Gegenstand  erst  dann  fabriziert,  wenn  er  mit  größter  Sorg- 
falt durchkonstruiert  und  ausprobiert  worden  ist,  so  daß  man 
die  Gewißheit  haben  kann,  daß  er  dem  augenblicklichen  Stand 


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36    - 


—    37    — 


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der  Technik  entsprechend,  in  jeder  Hinsicht  befriedigend  ist. 
Erst  dann  beginnt  die  Fabrikation,  aber  nicht  nur  einzelner 
Stücke,  sondern  gleich  in  großen  Massen;  die  betreffende  Ma- 
schine wird  zur  Normalie.  Das  ist  allerdings  die  höchste  Stufe 
der  Normalisierung,  die  nur  sehr  schwer  zu  erreichen  ist,  be- 
sonders dann,  wenn  kein  genügendes  Absatzgebiet  vorhanden 
ist,  um  große  Mengen  auch  veräußern  zu  können,  obwohl  die- 
ses vielleicht  erobert  werden  kann,  wenn  infolge  der  Massen- 
produktion  die  Selbstkosten  stark  zurückgehen. 

Zwischen  der  Normalisierung  der  Rohmaterialien  und  der 
der  Fertigfabrikate  liegt  aber  noch  eine  Zwischenstufe,  die  Nor- 
malisierung von  Halbfabrikaten,  d.h.  Bestandteilen  des  Fertig- 
fabrikates. Diese  können  Bestandteile  nur  einer  oder  gleichzei- 
tig auch  verschiedener  Arten  von  Fertigfabrikaten  sein.  Je  grö- 
ßer ihre  Anwendungsmöglichkeit,  um  so  größer  sind  die  Vor- 
teile der  Normalisierung.  Ist  eine  solche  Zerlegung  des  Fer- 
tigfabrikates möglich,  so  kann  dasselbe  in  Massen  fabriziert  und 
ans  Lager  gelegt  werden,  so  daß  bei  Auftragerteilung  nicht  mehr 
eigentlich  fabriziert,  sondern  mehr  nur  noch  vorhandene  Teile 
zusammengesetzt  werden  müssen.  Die  Normalisierung  von  Be- 
standteilen bietet  noch  den  Vorteil,  daß  solche  zu  Zeiten  herge- 
stellt werden  können,  wenn  die  V(ferkstatt  nicht  ausreichend  be- 
schäftigt ist  und  daß  bei  starker  Beschäftigung  ein  gewisser 
Teil  der  Arbeit  schon  geleistet  ist.  Ein  weiterer  Vorteil  der 
Normalisierung  der  Bestandteile,  wie  auch  der  Fertigfabrikate 
besteht  darin,  daß  die  Anzahl  der  SpezialVorrichtungen  und  Spe- 
zialwerkzeuge  sehr  viel  geringer  wird  und  daß  dieselben  voll 
ausgenützt  werden  können.  Wären  die  Bestandteile  für  jedes 
Fertigfabrikat  verschieden,  so  müßten  für  jede  neue  Ausführung 
wieder  neue  Spezialwerkzeuge  hergestellt  werden,  die  dann  nur 
in  wenigen  Fällen  gebraucht  würden.  Dadurch  aber  entstehen 
bedeutende  Mehrauslagen,  nicht  nur  für  die  Anschaffung  dieser 
Werkzeuge  selbst,  sondern  auch  für  die  Verzinsung  des  in'  ihnen 
festgelegten  Betriebskapitals.  Ferner  wird  auch  die  Arbeit  des 
Betriebsbureaus,  der  Lagerverwaltung,  wie  der  Werkstatt  be- 
deutend vereinfacht,  indem  zu  einem  großen  Fabrikationsobjekt 
nicht  mehr  alle  kleinen  und  kleinsten  Teilchen  zusammengesucht 
und  zusammengebaut  werden  müssen,  sondern  nur  noch  die  fer- 
tigen Bestandteile.  Besonders  die  Anfertigung  einer  Stückliste 
wird  dadurch  viel  einfacher  und  auch  übersichtlicher,  was  allen 
Organen,  die  damit  in  Berührung  kommen,  zugute  kommt. 


Die  Zerlegung  der  Fabrikate  in  normalisierte  Bestandteile 
und  die  Fabrikation  derselben  auf  Vorrat  erlaubt  auch  die  Ver- 
einbarung von  kürzeren  Lieferzeiten.  Hinzu  kommt,  daß  es  viel 
eher  möglich  wird,  die  Lieferzeiten  genau  zu  bemessen,  wo- 
durch sie  auch  besser  eingehalten  werden  können. 

Ein  weiterer  Vorteil  besteht  darin,  daß  Ersatzteile  rasch  ge- 
liefert werden  können,  da  sie  nicht  erst  hergestellt  werden  müs- 
sen, sondern  schon  vorrätig  am  Lager  liegen. 

LVer  Ausarbeitung  und  Festsetzung  der  Normalien  muß  be- 
sondere Aufmerksamkeit  und  Sorgfalt  gewidmet  werden.  Es 
ist  nicht  ZMlässig,  daß  einfach  die  gewöhnlich  im  Betrieb  ver- 
wendeten Arten  von  Material  zu  Normalien  erhoben  werden  und 
daß  das  von  jeder  Konstruktionsabteilung  vorgenommen  werden 
kann.  Ihre  Zahl  würde  sonst  schwerlich  unter  die  der  frü- 
her verwendeten  Materialarten  herabsinken  und  diese  Zahl  würde 
sich  ständig  vergrößern.  Es  wäre  damit  nur  der  neue  Begriff 
der  Normalie  geschaffen,  ohne  daß  eine  wirkliche  Änderung  zu 
verzeichnen  wäre.  Demzufolge  muß,  um  eine  wirkliche  Norma- 
lisierung zustande  zu  bringen,  eine  besondere  Stelle  geschaffen 
werden,  die  allein  berechtigt  ist,  diese  Aufgabe  zu  erfüllen.  Es 
versteht  sich  von  selbst,  daß  sie  in  engem  Kontakt  mit  den  Kon- 
struktionsabteilungen und  der  Werkstatt  zu  arbeiten  hat  und  je- 
der Zeit  bereitwillig  Anregungen  entgegennimmt  und  auf  ihre 
sachliche  Berechtigung  hin  prüft.  Dieses  Normalisierungsbureau 
darf  aber  nicht  einem  jungen,  womöglich  neu  eingetretenen  Be- 
amten übergeben  werden.  Sein  Leiter  muß  ein  geübter  Prakti- 
ker sein,  der  den  betreffenden  Betrieb  schon  aus  jahrelanger 
Erfahrung  genau  kennen  muß,  um  die  Normalisierung  den  be- 
sondern Betriebsverhältnissen  anzupassen.  Auch  darf  ein  Ge- 
genstand erst  dann  als  Normalie  festgesetzt  werden,  wenn  alle 
daran  interessierten  Abteilungen  zu  Wort  gekommen  sind.  )st 
dies  jedoch  geschehen,  dann  ist  die  Normalie  nicht  nur  ein 
Hilfsmittel,  sondern  auch  eine  Autorität,  an  die  sich  alle  Betei- 
ligten zu  halten  haben. 

Eine  erste  Aufgabe  der  Normalienabteilung  wird  es  sein, 
das  Zeichnungswesen  zu  regeln.  Nämlich  einmal  die  Größe 
des  Zeichnungsblattes,  die  Art  der  Numerierung  und  wo  auf 
dem  Blatt  sich  die  Nummer  zu  befinden  hat.  Ferner  muß  eine 
eindeutige  Darstellungsweise  vorgeschrieben  werden,  so  daß  in 
der  Werkstatt  keine   Verwechslungen  vorkommen   können.     Es 


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-    38    — 

muß  bestimmt  werden,  wo  auf  dem  Blatt  die  Stückliste  einge- 
tragen werden  muß.  Ferner  werden  feste  Regeln  für  die  Ein- 
tragung der  Maße  erlassen  und  die  für  event.  Text  zu  ge- 
brauchende Schrift  bestimmt.  Alle  diese  Vorschriften  und  an- 
dere mehr  verfolgen  den  Zweck,  den  darzustellenden  Gegen- 
stand auf  eindeutige  Weise  zu  bestimmen  und  alle  nötigen  An- 
gaben nach  einem  bestimmten  Plan  auf  das  Blatt  zu  verteilen, 
so   daß  sie  ohne  Zeitverlust  auffindbar  sind. 

Die  zweite  und  wichtigste  Aufgabe  der  Normalienabteilung 
besteht  darin,  die  Konstruktionselemente  wie  Drähte,  Bänder, 
Stangen,  Rohre,  Schrauben,  Bolzen,  Nieten  usw.  zu  sammeln 
und  alle  diejenigen  Formen  und  Beschaffenheiten  festzulegen, 
die  das  Material  fürderhin  besitzen  soll,  unter  Ausschaltung  aller 
derjenigen,  die  nicht  unbedingt  notwendig  sind  und  die  vom 
Zeitpunkt  der  Einführung  der  Normalien  an  nicht  mehr  in  Kon- 
struktionen aufgenommen  werden  dürfen.  Auch  werden  hier 
die  Fertigfabrikate  in  Bestandteile  zerlegt,  die  alsdann  als  nor- 
male Bestandteile  ein  stetiger  Zweig  des  Fabrikationsgebietes 
werden.  Alle  diese  Normalien  werden  auf  Normalienblättern 
gesammelt,  die  ein  einheitliches  Formular  und  eine  einheitliche 
Anordnung  aufweisen,  und  so  den  Konstruktionsabteilungen  in 
Mappen  als  Unterlagen  zur  V^fügung  gestellt.  Alle  neuen 
Zeichnungen  haben  dann  die  Normalienabteilung  zu  passieren, 
einmal  damit  kontrolliert  werden  kann,  ob  die  ergangenen  Vor- 
schriften auch  eingehalten  werden,  aber  auch  damit  die  Nor- 
malien laufend  ergänzt  werden  können. 

Endlich  ist  es  Aufgabe  der  Normalienabteilung,  für  alle  Ma- 
terialien sowohl  wie  Halb-  und  Fertigfabrikate  einheitliche  Be- 
zeichungen  zu  schaffen.  Für  Fertigfabrikate  "bietet  das  meist 
keine  besondern  Schwierigkeiten,  da  ihre  Zahl  selten  eine  sehr 
große  ist.  Es  ist  da  meist  möglich,  die  Art  des  Gegenstandes 
durch  ein  oder  zwei  Buchstaben,  welche  Anfangsbuchstaben  der 
Benennung  des  Gegenstandes  sind  und  durch  eine  Zahl,  welche 
die  besondere  Ausführung  andeutet,  zu  bezeichnen.  Bedeutend 
schwieriger  gestaltet  sich  die  Bezeichnung  der  Halbfabrikate 
und  Rohmaterialien,  da  ihre  Zahl  eine  viel  größere  ist. 

Ein  System  sieht  da  eine  fortlaufende  Numerierung  vor, 
bei  welcher  für  die  gröbste  Unterteilung  für  die  verschiedenen 
Hauptarten  des  Materials  Nummernserien  reserviert  sind. 


—    39    — 


S.  z.B.: 

Fertigfabrikate 


1_  99999 

Halbfabrikate  100  000-1 W  99Q 

Ouß-  und  Schmiedestücke  200  000-299  999 

Metalle,  Drähte,  Röhren,  Stangen,  Bänder  300  000—399  999 

Schrauben,  Bolzen,  Nieten,  Nägel  400000-499  999  usw. 

Die  erste  Klassifikation  erfolgt  also  durch  die  Hunderttau- 
sender, eine  feinere  durch  die  10  000  usw.  So  wäre  z.B.  Nr. 
400058  eine  bestimmte  Schraube.  600000  gibt  an,  um  welche 
Gruppe  von  Materialien  es  sich  handelt,  die  zweite  und  dritte 
Stelle,  also  00,  daß  das  Material  eine  Schraube  ist  und  058  be- 
zeichnet eine  ganz  bestimmte  Schraube.  Daraus  geht  hervor, 
daß  der  Gegenstand  nicht  nur  durch  die  sechsstellige  Zahl  aus- 
gedrückt werden  kann,  sondern  auch  durch  eine  Bezeichnung 
und  das  Ende  der  Nummer,  also  im  gegebenen  Fall:  „Schraube 
Nr.  58".  Diese  letztere  Bezeichnung  hat  den  Vorteil,  daß  man, 
auch  ohne  die  Nummernserien  auswendig  zu  wissen,  ersieht, 
um  was  für  eine  Art  Gegenstand  es  sich  handelt.  Die  sechs- 
stelligen Zahlen  sind  zu  lang,  um  sie  im  allgemeinen  Gebrauch 
anzuwenden.  Die  allerletzten  Stellen  können  noch  dazu  ver- 
wendet werden,  die  Maße  des  Gegenstandes  anzudeuten,  nur 
ist  hier  eine  logische  Durchführung  selten  möglich,  indem  ein- 
mal Längen,  ein  andermal  Durchmesser  dadurch  bezeichnet  wer- 
den. Häufig  ist  es  überhaupt  nicht  möglich  Maße  in  der  Num- 
merierung  zum  Ausdruck  zu  bringen. 

Die  Halbfabrikate  lassen  sich  nicht  mehr  in  Untergruppen 
zerlegen,  welche  Aufschluß  über  ihre  nähere  Beschaffenheit  ge- 
ben. Sie  lassen  sich  jedoch  nach  den  Einzelfabriken  trennen, 
welche  die  betreffenden  Bestandteile  herstellen.  Die  für  Halb- 
fabrikate reservierte  Nummernserie   100000—199  999  wird  z.B. 

zerlegt  in 

100001—129999  für  Fabrik  1 
130000—159  999    „         „       II 
160000—189999    „         „       III 
190000—199  999  freibleibend. 

Damit  die  Zahlen  für  den  Gebrauch  möglichst  abgekürzt 
werden  können,  beginnt  man  die  Numerierung  für  jede  Fa- 
brik mit  1  und  bezeichnet  die  Halbfabrikate  der  ersten  Fabrik 
z.  B.  als  z-Teile,  die  der  zweiten  als  y-Teile  und  die  der  dritten 
als  x-Teile.  Ein  bestimmtes  Kettenrad  aus  Gußeisen  trägt  dann 
z.B.  die  Nr.  z  378.     Will  man  die  vollständige  Nummer  wis- 


I 

I 

I 


m- 


—    40    — 

sen,  so  addiert  man  für  die  erste  Fabrik  100000,  für  die  zweite 
130  000  und  für  die  dritte  160000.  Die  vollständige  Nummer 
des  angeführten  Kettenrades  beträgt  dann   100  378. 

Dieses  System  der  Bezeichnung  durch  fortlaufende  Num- 
mern ermöglicht  zwar  die  eindeutige  Benennung  eines  jeden 
Gegenstandes,  hat  jedoch  den  Nachteil,  daß  von  der  Nummer 
ohne  einen  Schlüssel  nicht  auf  den  Gegenstand  selbst  geschlos- 
sen werden  kann.  Selbst  wenn  die  verkürzte  Nummer  mit  Vor- 
aussetzen des  den  Gegenstand  bezeichnenden  "Wortes  angewen- 
det wird,  ist  aus  der  Bezeichnung  die  genaue  Gestalt  des  Ge- 
genstandes immer  noch  nicht  ersichtlich,  da  seine  Dimensio- 
nen unbekannt  bleiben.  Um  diese  Nachteile  zu  umgehen  und 
um  mit  der  Benennung  des  Gegenstandes  gleichzeitig  eine  ge- 
naue Formulierung  desselben  zu  geben,  bedient  man  sich  häu- 
fig Bezeichnungen,  die  die  Dimensionen  des  Gegenstandes  ent- 
halten. Der  Art  des  Gegenstandes  in  Worten  oder  einer  ent- 
sprechenden Abkürzung  werden  dann  die  Dimensionen  in  Zah- 
len beigefügt.  Es  würde  z.B.  heißen  „Schraube  ViXW,  wo- 
bei V4-20II  der  Durchmesser,  40  mm  die  Länge  der  Schraube 
wäre.  Diese  Bezeichnungsart  bietet  den  Vorteil,  daß  jeder  auch 
ohne  erklärenden  Schlüssel  sich  ohne  weiteres  klar  werden  kann, 
um  was  für  einen  Gegenstand  es  sich  handelt,  besonders  da 
diese  Bezeichnungsart  allgemein"^  üblich  ist.  Sie  erfordert  ein 
Minimum  von  geistiger  Arbeit,  was  das  Ziel  jeder  Schemati- 
sierung ist.  Andererseits  kann  sie  aber  nur  für  die  allereinfach- 
sten  Gegenstände,  nämlich  solche,  die  sich  durch  zwei  Dimen- 
sionen restlos  bestimmen  lassen,  angewendet  werden.  Für  alle 
komplizierteren  Teile  hingegen,  wie  Halbfabrikafe  und  Bestand- 
teile ist  sie  unbrauchbar.  Für  letztere  kann  nur  die  fortlaufende 
Numerierung  mit  verschiedenen  Klassen  für  die  verschiedenen 
Arten   der  Gegenstände   Verwendung   finden. 

Schließlich  kann  dem  Gebiet  der  Normalienabteilung  nocTi 
die  Ausarbeitung  und  Herausgabe  einheitlicher  Betriebsvor- 
schriften und  Anweisungen  für  die  Fertigfabrikate  zufallen. 

Der  Normalisierungsabteilung  wird  auch  vielfach  die  Nor- 
malisierung geschäftlicher  Vorgänge,  wie  das  Bestellungswesen, 
die  Auftragserteilung  an  die  Werkstatt  usw.  übergeben,  jedoch 
ist  das  insofern  unrichtig,  als  es  sich  nur  um  die  gleiche  Grund- 
idee handelt,  die  aber  auf  zwei  ganz  ungleichen  Gebieten  an- 
gewandt wird.    Die  Normalisierung  der  Materialien  ist  eine  rein 


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technische  Aufgabe,  während  die  einzelner  Geschäftsvorgänge 
nicht  das  geringste  mit  Technik  zu  tun  hat.  Jedes  der  Ge- 
biete muß  von  eigens  dazu  geeigneten  Beamten  bearbeitet  wer- 
den, und  es  ist  völlig  zwecklos,  diese  in  einer  Abteilung  zu  ver- 
einigen, weil  dadurch  nur  zu  befürchten  ist,  daß  sich  einer  in 
das  Gebiet  des  andern  einmischt.  Die  Normalisierung  von  Ge- 
schäftsvorgängen   wird    noch    im    folgenden    Abschnitt    berührt 

werden. 

Die  Erweiterung  des  Normalisierungsgedankens  ist  das 
Taylorsystem.  Im  einen  Falle  handelt  es  sich  um  die  Verein- 
heitlichung der  Materialien,  überhaupt  aller  Objekte  (z.B.  auch 
Vordrucke),  die  im  Fabrikbetrieb  verwendet  werden,  im  ande- 
ren um  die  Vereinheitlichung  der  Arbeit,  wobei  auch,  wie  im 
ersten  Falle,  all  dasjenige  ausgeschaltet  wird,  was  nur  dazu 
beiträgt,  den  Aufwand,  sei  es  an  Material  oder  aber  an  Arbeit 
zu  erhöhen,  ohne  daß  dadurch  ein  Vorteil  erzielt  wird.  Eine 
Besprechung  des  Taylorsystems  muß  hier  leider  unterbleiben; 
sie  würde  über  den  Rahmen  dieser  Arbeit  hinausgehen. 

Es  ist  ohne  weiteres  klar,  daß  die  Vorteile,  welche  die  Nor- 
malisierungsidee mit  sich  bringt,  weit  wirksamer  sind,  wenn 
diese  Idee  nicht  nur  in  einem  einzelnen  Unternehmen  nutzbar 
gemacht  wird,  sondern  ein  ganzer  Industriezweig  oder  eher 
noch  die  gesamte  Industrie  eines  Landes  gemeinsam  durch  frei- 
willige Übereinkunft  Normalienvorschriften  ausarbeitet,  denen 
sich  sämtliche  Unternehmen  unterwerfen.  So  könnte  in  viel 
größerem  Maße  die  Massenfabrikation  einsetzen,  als  dies  bis 
anhin  der  Fall  ist.  Betrachten  wir  z.  B.  den  Fall  einer  Schrau- 
benfabrik, welche  ihre  Erzeugnisse  den  verschiedensten  Unter- 
nehmen liefert,  von  denen  jedes  ganz  bestimmte  und  von  den 
andern  Unternehmen  verschieden^  Schrauben  bestellt.  Die  Folge 
davon  ist,  daß  der  Fabrikant  nur  in  sehr  kleinem  Umfang  auf 
Vorrat  produzieren  kann,  da  er  nie  sicher  ist  einen  Abnehmer 
zu  finden.  Er  kann  daher  erst  dann  an  die  Ausführung  einer 
Arbeit  schreiten,  wenn  eine  Bestellung  vorliegt,  was  zur  Folge 
hat,  daß  er  seine  Lieferzeiten  viel  länger  bemessen  muß.  Das 
aber  führt  wiederum  dazu,  daß  der  Besteller  größere  Bestände 
auf  Lager  halten  muß,  als  wenn  er  mit  Sicherheit  annehmen 
kann,  daß  der  Fabrikant  sofort  von  seinem  Lager  zu  liefern 
imstande  ist.  Für  den  Schraubenfabrikant  besteht  aber  noch 
der  weitere  Nachteil,  daß  seine  Anlagen  nicht  gleichmäßig  aus- 


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genützt  werden  können,  da  er  seine  Fabrikation  den  eingegange- 
nen Bestellungen  anpassen  muß.  Zudem  benötigt  er  eine  große 
Anzahl  von  Spezialmaschinen  und  Werkzeugen,  welche  vielleicht 
zum  Teil  nur  sehr  selten  gebraucht  werden.  Diese  Spezialein- 
richtungen  aber  verteuern  das  Produkt,  indem  sie  durch  dessen 
Preis  gedeckt  werden  müssen,  auch  wird  durch  sie  Betriebska- 
pital festgelegt,  welches  verzinst  werden  muß.  Sind  hingegen 
für  Schrauben  Normalien  vorhanden,  denen  sich  alle  Bezüger 
unterwerfen,  so  kann  einerseits  der  Fabrikant  auf  Vorrat  fabri- 
zieren, andererseits  wird  die  Zahl  der  Spezialeinrichtungen  auf 
ein  Minimum  reduziert,  auch  können  sie  gut  ausgenützt  werden, 
so  daß  die  zu  ihrer  Deckung  erforderlichen  Unkosten  das  Fabri- 
kat nur  in  ganz  geringem  Maße  belasten.  Es  darf  auch  nicht 
vergessen  werden,  daß  durch  die  Normalisierung  mehr  Raum 
zur  Anwendung  von  Maschinenarbeit  geschaffen  wird,  und  daß 
somit  billigere  Arbeitskräfte  verwendet  werden   können. 

Ein  anderer  Vorteil  der  weitgehenden  Normalisierung  ist 
ferner  noch  die  Einfachheit  des  Nachbezuges  von  Ersatzteilen. 
Würde  z.  B.  beim  Transport  einer  Maschine  zum  Aufstellungsort 
eine  Schraube  beschädigt  werden  oder  verloren  gehen,  so  ist 
als  wahrscheinlich  anzunehmen,  daß  diese  in  der  Nähe  des  be- 
treffenden Ortes  nicht  beschafft^  werden  kann,  so  daß  in  die 
Fabrik  geschrieben  oder  telegraphiert  und  um  Ersatz  gebeten 
werden  muß.  Dadurch  entstehen  aber  unnötige  Kosten  und  Zeit- 
verluste, welche  beide  dadurch  leicht  behoben  werden  könn- 
ten, daß  für  die  Schrauben  allgemein  gebräuchliche  Normalien 
bestünden,  so  daß  ein  Ersatz  in  irgend  einer  nahe  gelegenen 
Fabrik  oder  Eisenhandlung  erhältlich  wäre.  Auch  bietet  eine 
allgemeine  Normalisierung,  allerdings  nur  wenn  sie  sehr  weit 
fortgeschritten  ist,  eine  Vergleichsmöglichkeit  verschiedener  An- 
gebote und  verhütet  eine  Verschlechterung  der  Produktion  in- 
folge übermäßiger  Konkurrenz. 

Trotzdem  die  Vorteile  einer  sich  über  ein  ganzes  Land  er- 
streckenden Normalisierung  schon  lange  anerkannt  sind,  hat  doch 
erst  der  Krieg  die  Notwendigkeit  von  nationalen  oder  sogar  in- 
ternationalen Abmachungen  dieser  Art  gebracht.  Die  Schwie- 
rigkeiten, die  vor  dem  Krieg  die  Ausführung  allgemeiner  Nor- 
men verunmöglichten,  sind  einerseits  allgemeiner  Natur  und  be- 
stehen auch  noch  heute.  Denn  die  zu  treffenden  Vereinbarungen 
zwischen  einzelnen  Unternehmungen  und  ganzen   Industriezwei- 


gen müssen  auf  freiwilligem  Zusammenschluß  beruhen,  da  sonst 
keine  Garantie  für  deren  Einhaltung  geboten  ist.  Zudem  kön- 
nen solche  Vereinbarungen  nur  getroffen  werden,  wenn  alle 
beteiligten  Kreise  sich  der  zu  lösenden  Aufgabe  widmen  und 
zwar  nicht  nur  die  Produzenten,  sondern  auch  große  Abneh- 
mer, wie  z.  B.  Eisenbahn-  und  Schiffahrtsgesellschaften,  sowie 
Zweige  der  öffentlichen  Verwaltung,  wie  z.  B.  das  Heerwesen. 
Ist  jedoch  die  Notwendigkeit  nicht  unbedingt  vorhanden,  so 
ist  ein  Zusammenschluß  von  so  verschiedenartigen  Interessen  nur 
mit  großer  Mühe  zu  bewerkstelligen.  Dazu  kommt  noch,  daß 
im  besonderen  Produzenten  ihre  Spezialkonstruktion,  wie  Spe- 
zialerfahrungen,  nur  sehr  ungern  der  Öffentlichkeit  preisgeben, 
was  zur  Folge  hat,  daß  sie  einer  allgemeinen  Normalisierung 
sehr  skeptisch  gegenüberstehen.  Nicht  zum  mindesten  stand  fer- 
ner noch  vor  dem  Kriege  die  Überproduktion  einer  allgemeinen 
Normalisierung  entgegen,  indem  gewisse  Firmen  sich  nur  durch 
Spezialarbeiten,  die  mit  viel  Reklame  auf  den  Markt  gelangten, 
über  Wasser  zu  halten  vermochten.  Hierin  ganz  besonders  hat 
der  Krieg  Wandel  geschaffen,  indem  auf  einen  Zustand  übermäßi- 
gen Angebotes  ein  solcher  übermäßiger  Nachfrage  folgte.  Zum 
Wiederaufbau  der  durch  den  Krieg  zerstörten  Werte  ist  eine 
möglichst  große  Produktion  erforderlich,  und  nur  durch  nied- 
rige Herstellungskosten  können  die  finanziellen  Kriegslasten 
getragen  werden.  Auch  sind  die  meisten  Staaten  auf  einen  mög- 
lichst großen  Export  angewiesen,  der  wiederum  nur  durch  nied- 
rige Herstellungskosten  gefördert  werden  kann.  Letztere  ha- 
ben aber  noch  durch  die  gewaltige  Steigerung  der  Löhne  ohne- 
hin bedeutend  zugenommen,  so  daß  mit  allen  Mitteln  Wege  ge- 
funden werden  müssen,  die  eine  verbilligte  Produktion  Urlauben. 
Schon  vor  dem  Krieg  haben  verschiedene  internationale 
Kommissionen  eine  allgemeine  Normalisierung  angestrebt,  je- 
doch wurden  diese  Arbeiten  durch  den  Krieg  wieder  unterbro- 
chen. So  wurden  z.  B.  1898  in  Zürich  gewisse  Schraubenge- 
winde normalisiert  und  1913  tagte  in  Zürich  und  Berlin  die  in- 
ternationale elektrotechnische  Kommission,  ebenfalls  zur  Fest- 
setzung von  Normalien.  Auch  hat  die  A.  E.G.  in  Berlin  in 
einem  Bande  alle  ihre  Normalien  herausgegeben,  welcher  kosten- 
los allen  Interessenten  zugeschickt  wurde,  um  auch  andere  Un- 
ternehmen zu  veranlassen,  sich  dieser  Normalien  zu  bedienen  und 
um  Anregungen  zu  erhalten,  die  eine  Änderung  dieser  Norma- 


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:\\ 


lien  in  dem  Sinne  herbeizuführen  imstande  waren,  die  es  einem 
möglichst  großen  Kreis  von  Unternehmungen  ermöglichen  sollte, 
dieselben  zu  adoptieren.  Jedoch  führten  alle  diese  Bestrebungen 
noch  nicht  zu  einer  allgemeinen  Normalisierung,  da  deren  Vor- 
teile von  den  meisten  Unternehmern  noch  nicht  genügend  an- 
erkannt wurden.  Erst  der  ungeheure  Heeresbedarf  des  Krie- 
ges, der  von  den  verschiedensten  Unternehmen  gedeckt  werden 
mußte,  hat  die  Normalisierung  zur  absoluten  Notwendigkeit  ge- 
macht. So  hat  in  Deutschland  im  Sommer  1917  das  königliche 
Fabrikationsbureau  in  Spandau  beim  Verein  deutscher  Ingenieure 
die  Anregung  gemacht,  durch  freiwilliges  Zusammenarbeiten  die 
Vereinheitlichung  des  Heeresgeräts  herbeizuführen.  In  der  Folge 
bildete  sich  dann  der  Normenausschuß  der  deutschen  Industrie, 
dem  Produzenten  sowohl  wie  große  Abnehmer  angehören.  Es 
ist  besonders  wichtig,  daß  auch  solche  große  Abnehmer,  wie 
das  Heer,  die  Marine  und  die  Eisenbahnen  sich  den  Normalien 
unterwerfen,  da  der  Produzent  sich  ihren  Spezialwünschen  fü- 
gen muß  und  daher  bei  den  für  sie  bestimmten  Fabrikaten  die 
Normalien  nicht  verwenden  kann,  sondern  wieder  zu  Spezial- 
ausführungen  übergehen  muß,  wenn  diese  Abnehmer  die  Nor- 
malien nicht  ebenfalls  anerkennen.  Der  Normenausschuß  der 
deutschen  Industrie  bearbeitet  in  Unterkommissionen  die  ein- 
zelnen Fabrikationsgebiete,  die  Norritalien  werden  dann  von  dem 
gesamten  Ausschuß  genehmigt.  Dabei  ist  es  besonders  wich- 
tig, daß  Vertreter  aller  Industrien  dem  Ausschuß  angehören,  da 
sonst  Zufallsmehrheiten  Beschlüsse  herbeiführen,  die  nicht  den 
Wünschen  der  Gesamtheit  entsprechen.  Die  Veröffentlichungen 
des  Normenausschusses  der  deutschen  Industrie  erfolgen  in  der 
Zeitschrift  „Der  Betrieb". 

In  Frankreich  wurde  im  Juni  1918  auf  Anregung  des  Mini- 
stre  du  Commerce  die  „Commission  permanente  de  Standardi- 
sation"  gebildet,  der  alle  Industrien,  der  Staat,  die  Eisenbah- 
nen und  die  Schiffahrtsgesellschaften  angehören.  In  England 
besteht  zum  gleichen  Zweck  „The  Engineering  Standards  Com- 
mittee". 

Die  Vereinigten  Staaten  von  Amerika,  die  in  der  Normali- 
sierung schon  am  weitesten  fortgeschritten  sind,  besitzen  zwei 
Organisationen,  nämlich  „The  American  Engineering  Standards 
Committee"  und  „The  American  Bureau  of  Standards",  welch 
letzteres  den  Regierungslaboratorien  in   Washington   untersteht. 


Angesichts  dieser  Verhältnisse  in  den  wichtigsten  industriel- 
len Staaten  durfte  auch  die  Schweiz  nicht  weiter  zurückbleiben. 
Allerdings  ist  die  Schweiz  etwas  zu  klein,  um  den  vollen  Nutzen 
aus  einer  nationalen  Normalisierung  zu  ziehen;  sie  ist  daher  ge- 
nötigt, mit  aller  Anstrengung  auf  internationale  Abmachungen 
hinzudrängen.  Dies  kann  zum  Teil  schon  jetzt  dadurch  erleich- 
tert werden,  als  sie  ihre  Normalien  so  viel  als  möglich  denen 
der  umliegenden  Länder  anzupassen  sucht.  Die  Normalisierungs- 
arbeiten haben  schon  seit  geraumer  Zeit  begonnen,  indem  der 
Verein  schweizerischer  Maschinenindustrieller  zu  diesem  Zwecke 
eine  Kommission  gebildet  hat,  welche  die  wichtigsten  Unter- 
nehmen der  Schweiz  auf  diesem  Gebiete  umfaßt.  Die  Resul- 
tate werden  auf  Normalienblättern  bekannt  gegeben.  Die  Arbeit 
wird  dadurch  erleichtert,  daß  verschiedene  dieser  Unternehmen 
schon  seit  mehreren  Jahren  für  ihren  eigenen  Betrieb  Norma- 
lien ausgearbeitet  hatten,  so  daß  die  auf  diese  Weise  gemach- 
ten Erfahrungen  als  eine  wertvolle  Grundlage  dienen  können. 
Es  ist  zu  hoffen,  daß  diese  Bestrebungen  zu  einem  dem  ganzen 
Lande  zum  Vorteil  gereichenden  Ende  geführt  werden,  mit  der 
gleichen  Gesinnung  des  Einzelunternehmens  auf  Aufgabe  seiner 
Sonderstellung  zugunsten  der  Allgemeinheit,  wie  dies  der  An- 
fang der  Arbeiten  verspricht,  und  mit  der  gleichen  Energie  wie 
bis  anhin,  welche  augenblicklich  um  so  höher  bewertet  wer- 
den muß,  als  die  Gewißheit  mangelt,  daß  die  Früchte  der  Ar- 
beit auch  geerntet  werden   können. 

7.  Vordrucke. 

Es  gibt  in  jedem  größeren  Unternehmen  schriftliche  Auf- 
zeichnungen, die  immerfort  wiederkehren  oder  doch  der  Über- 
sicht halber  stets  in  einer  ganz  'bestimmten  Reihenfolge  zu  Pa- 
pier gebracht  werden  müssen.  Der  Gedanke  ist  da  naheliegend, 
diese  Aufzeichnungen  auf  Formulare  zu  drucken,  oder  wenig- 
stens eine  gedruckte  Folge  der  anzugebenden  Einzelheiten  i» 
geben,  so  daß  der  Beamte,  ohne  viel  zu  denken,  diese  Einzel- 
heiten in  systematischer  Reihenfolge  aufzeichnen  kann.  Demzu- 
folge hat  sich  in  vielen  Unternehmen  ein  ganzes  System  sol- 
cher Vordrucke  ausgebildet.  Die  Arbeit  des  Aufzeichnens  selbst 
wird  dadurch  verringert,  indem  einerseits  überhaupt  weniger  ge- 
schrieben werden  muß,  andererseits  das  noch  zu  schreibende  ohne 


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-    46    - 

Verschwendung  von  geistiger  Arbeit  und  ohne  die  Gefahr,  daß 
gewisse  Einzelheiten  übergangen  werden,  erledigt  wird.  Letz- 
terem liegt  das  Prinzip  zugrunde,  daß  die  zu  einer  Handlung 
einmal  geleistete  geistige  Arbeit  für  Wiederholungen  derselben 
Handlung  nicht  wieder  und  wieder  geleistet  werden  soll.  Aber 
es  wird  nicht  nur  dort  Arbeit  gespart,  wo  die  Aufzeichnungen 
erfolgen,  sondern  auch  überall  da,  wo  diese  Aufzeichnungen 
später  verwendet  werden  müssen,  indem  die  stets  gleiche  Rei- 
henfolge sich  schließlich  dem  Gedächtnis  aller  Beteiligten  der- 
maßen einprägt,  daß  das  Auffinden  irgend  einer  bestimmten 
Einzelheit  praktisch  keine  Zeit  mehr  in  Anspruch  nimmt.  Wei- 
ter bietet  die  Anwendung  von  Vordrucken  die  Gewähr,  daß'  eine 
bestimmte  Aufgabe  genau  so  erfüllt  wird,  wie  es  von  der  lei- 
tenden Stelle  beabsichtigt  war,  so  daß  die  Ausführung  dersel- 
ben nicht  dem  freien  Ermessen  des  Beamten  anheim  gestellt 
werden  muß,  der  meistens  nicht  in  der  Lage  ist,  zu  überblicken, 
ob  seine  Arbeit  auf  eine  Weise  verrichtet  wird,  die  den  mit  der 
Weiterverarbeitung  betrauten  Beamten  die  bestmögliche  Unter- 
stützung bietet.  Leider  wird  der  Hauptzweck  der  Vordrucke  viel- 
fach nur  als  Mittel  zur  Verringerung  der  Schreibarbeit  betrach- 
tet, was  zur  Folge  hat,  daß  ihre  Anordnung  nur  im  Hinblick 
auf  diesen  Gesichtspunkt  erfolgt.  Allerdings  wird  ja  immer  dar- 
auf Rücksicht  genommen,  welche  Verwendung  später  dem  For- 
mular zufällt.  Es  wird  jedoch  nicht  selten  vergessen,  daß  der 
Vordruck  ein  Mittel  ist,  welches  dafür  sorgt,  "daß  die  festge- 
setzte Normalisierung  des  Geschäftsganges  auch  innegehalten 
wird.  Sollen  alle  durch  den  Vordnick  erzielbaren  Vorteile  auch 
wirklich  in  Erscheinung  treten,  so  ist  eine  überaus  sorgfältige 
Ausarbeitung  derselben  unbedingtes  Erfordernis.  Auch  darf 
diese  Ausarbeitung  nicht  von  einer  untergeordneten  Stelle  vor- 
genommen werden,  welche  weder  den  nötigen  Überblick  über 
den  gesamten  Geschäftsbetrieb  noch  die  erforderlichen  geistigen 
Fähigkeiten  dazu  besitzt.  Besonders  in  Maschinenfabriken  (im 
Gegensatz  z.  B.  zu  Banken  und  Versicherungsgesellschaften),  wo 
technische  Fragen  und  Fragen  der  Werkstattorganisation  im  Vor- 
dergrund stehen,  wird  der  Normalisierung  der  Bureautätigkeit 
häufig  nicht  die  genügende  Aufmerksamkeit  geschenkt,  so  daß 
die  Unkosten,  welche  durch  die  Bureautätigkeit  verursacht  wer- 
den, eine  Höhe  erreichen,  die  ihnen  niemals  zukommen  dürfte. 
Früher  erfolgte  die  Ausarbeitung  der  Formulare  meist  durch 


—    47    — 

die  Abteilungen,  in  deren  Gebrauch  sie  standen,  selbst.  Es  war 
wohl  der  Gedanke  maßgebend,  daß  die  Verbrauchsstelle  am  ehe- 
sten in  der  Lage  sei,  das  für  ihren  Gebrauch  geeignete  auszu- 
denken. Jedoch  ergibt  sich  dann  die  Unannehmlichkeit,  daß  die 
Vordrucke  für  die  besondere  Abteilung  wohl  scheinbar  geeignet 
sind,  daß  sie  sich  aber  dem  ganzen  Betrieb  und  hauptsächlich 
den  Abteilungen,  welche  von  der  besonderen  Abteilung  abhängig 
sind,  nicht  anzupassen  vermögen.  Ferner  ist  zu  befürchten,  daß 
Abteilungen,  welche  eine  einander  entsprechende  Arbeit  ver- 
richten, z.B.  verschiedene  Konstruktions-  oder  Verkaufsabtei- 
lungen, jede  ganz  verschiedene  Vordrucke  herausgeben,  so  daß 
diejenigen  Abteilungen,  die  mit  den  erstgenannten  zu  tun  ha- 
ben, sich  jedesmal  den  Besonderheiten  derselben  unterwerfen 
müssen,  wodurch  eine  Routinenarbeit  vollständig  verunmöglicht 
wird.  Verschiedene  Formate,  Anordnungen  und  Farben  für  die 
gleiche  Sache,  kurz  ein  Chaos,  in  dem  sich  niemand  zurecht- 
finden kann.  Um  aus  diesem  Zustande  des  Durcheinanders  wie- 
der zu  einem  der  Ordnung  zu  gelangen,  wird  vielfach  vorüber- 
gehend ein  spezieller  Fachmann  engagiert.  Ein  solcher  ist  aber 
nicht  besonders  zu  empfehlen,  da  er  die  Verhältnisse  des  Be- 
triebes nicht  kennt  und  da  er  leicht  geneigt  ist,  seine  Ideen, 
auch  wenn  diese  für  den  in  Frage  kommenden  Betrieb  nicht 
geeignet  sind,  diesem  aufzuzwingen.  Ein  solcher  Fachmann 
kann  nur  von  Nutzen  sein,  wenn  er  längere  Zeit  bei  dem  Unter- 
nehmen angestellt  ist,  wobei  ihm  die  Gelegenheit  gegeben  wer- 
den muß,  die  besonderen  Verhältnisse  desselben  genau  zu  stu- 
dieren. Ein  anderer  Weg  die  Vereinheitlichung  der  Vordrucke 
herbeizuführen  ist,  diese  einer  besonderen  Abteilung  zu  über- 
geben. Am  naheliegendsten  ist  die  NormaHenabteilung,  wenn 
das  Unternehmen  eine  solche  besitzt.  Diese  Lösung  muß  je- 
doch einige  Bedenken  erregen,  indem  es  sich  ja  weniger  um 
die  Vereinheitlichung  der  Formulare  selbst,  als  um  die  Verein- 
heitlichung der  Geschäftstätigkeit  überhaupt  handelt.  Die  Nor- 
malisierungsabteilung wird  wohl  eine  befriedigende  Gestaltung 
der  Vordrucke  in  Bezug  auf  Format  und  Anordnung  herbeifüh- 
ren können,  sie  ist  jedoch  keinesfalls  die  Stelle,  welche  zu  be- 
urteilen vermag,  ob  diese  Vordrucke  auch  ein  rationelles  Ar- 
beiten im  Sinne  der  Leitung  gewährleisten.  Es  werden  ja  aller- 
dings meistens  diejenigen  Abteilungen  angefragt,  welche  den 
Vordruck  später  benützen   müssen,  ob   derselbe   ihnen   die  ge- 


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-    49    - 


wünschten  Dienste  leistet;  das  ist  jedoch  durchaus  ungenügend« 
weil  auf  diese  Weise  keine  Verbesserungen  in  den  Arbeitsmetho- 
den erzielt  werden,  da  die  Normalisierungsabteilung  nicht  in 
der  Lage  ist,  solche  vorzusjchlagen.  Das  Resultat  ist  dann,  daß 
bei  der  Ausarbeitung  eines  Vordruckes  Äußerlichkeiten,  wie  An- 
ordnung und  Format  das  Primäre  sind,  die  Anwendungsmög- 
lichkeiten desselben  aber  das  Sekundäre,  auf  das  nur  Rücksicht 
genommen  wird,  wenn  der  Vordruck  gänzlich  unbrauchbar  ist. 
Es  kann  dann  schließlich  so  weit  kommen,  daß  die  Normali- 
sierungsabteilung sich  die  Vordrucke  einer  Abteilung  beschafft 
und,  ohne  deren  Anwendung  wirklich  zu  kennen,  sie  zwecks  Ver- 
einfachung umzuarbeiten  beginnt.  Daraus  entstehen  dann  For- 
mulare, die  kein  Mensch  brauchen  kann.  Es  besteht  ja  zwar 
keine  Gefahr,  daß  sie  wirklich  in  den  Betrieb  gelangen,  da  die 
Verbraucher  sie  nicht  annehmen  werden,  jedoch  ist  eine  Masse 
Arbeit  verschwendet  worden,  die  von  Anfang  an  niemals  Aus- 
sicht hatte,  etwas  Brauchbares  hervorzubringen,  da  die  notwen- 
digen Unterlagen  gänzlich  fehlten.  Auch  entstehen  so  häufig 
Vordrucke,  die,  um  sich  den  Normalformaten  anzupassen,  zu 
groß  oder  zu  klein  werden.  Es  ist  ja  allerdings  wünschenswert, 
nur  wenige  gangbare  Formate  zu  verwenden,  weil  dadurch  weni- 
ger Papierabfälle  entstehen,  die  nur  die  Kosten  erhöhen  und 
weil  Mappen  und  Registratoren  in  den  auf  dem  Markt  üblichen 
Größen  Verwendung  finden  können,  die  bedeutend  billiger  sind 
als  solche,  die  erst  besonders  verfertigt  werden  müssen.  Es 
darf  aber  hierin  nicht  zu  weit  gegangen  werden.  Ein  Vordruck 
muß  in  erster  Linie  so  beschaffen  sein,  daß  er  das  bestmög- 
lichste Hilfsmittel  für  diejenige  Arbeit  ist,  für  die  er  geschaffen 
wurde.  Ist  er  aber  zu  klein,  so  daß  er  nur  undeutlich  oder  mit 
der  Maschine  überhaupt  nicht  beschrieben  werden  kann,  so  ent- 
stehen Mehrkosten,  welche  die  eines  Spezialformates  um  ein 
Vielfaches  übersteigen.  Der  Hauptfehler  liegt  immer  darin,  daß 
die  Wichtigkeit  des  Vordruckes  nicht  hinlänglich  erkannt  wird. 
Er  ist  nicht  ein  bloßer  Gegenstand,  der  ebenso  wie  andere  im 
Betrieb  verwendet  wird  und  bei  dem  es  hauptsächlich  darauf  an- 
kommt, daß  er  möglichst  wenig  kostet,  was  durch  Vereinheit- 
lichung herbeigeführt  werden  soll.  Er  ist  eines  der  wichtigsten 
Instrumente  der  Leitung,  welches  den  Angestellten  zwingt,  seine 
Arbeit  so  zu  verrichten,  wie  sie  dieselbe  als  am  rationellsten  er- 
kannt hat.     Daher   sollten    Vordrucke    immer   mit  ganz   beson- 


derer Sorgfalt  von  einer  Persönlichkeit  ausgearbeitet  werden,  die 
die  Verhältnisse  des  Betriebes  genau  kennt  und  die  die  nötigen 
geistigen  Fähigkeiten  besitzt,  die  Arbeit  so  zu  organisieren,  daß 
sie  mit  möglichst  geringen  Kosten  verrichtet  werden  kann,  d.h. 
mit  wenigen  und  billigen  Arbeitskräften  und  mit  dem  kleinsten 
möglichen  Zeitaufwand.  Sind  die  Grundzüge  eines  Vordruckes 
dann  bestimmt,  so  kann  derselbe  immer  noch  eine  endgültige 
Gestaltung  durch  die  Normalisierungsabteilung  erhalten,  so  daß 
er,  wenn  dies  überhaupt  angängig  ist,  seiner  äußern  Beschaf- 
fenheit nach  den  als  am  besten  empfundenen  Normalisierungs- 
vorschriften entspricht. 

Der  Form  nach  sind  drei  verschiedene  Arten  von  Vordrucken 
zu  unterscheiden,  nämlich  erstens  solche  in  Buchform,  zwei- 
tens lose  Zettel  und  drittens  die  Kartothek.  Die  »Buchform  hat 
den  Vorteil  der  größten  Ordnung  für  sich,  indem  keine  Gefahr 
besteht,  daß  einzelne  Aufzeichnungen  verloren  gehen,  jedoch  ist 
ihre  Anwendung  nur  mit  großen  Einschränkungen  möglich.  Er- 
stens müssen  alle  Eintragungen  von  einer  Stelle  erfolgen,  für 
die  allein  sie  Unterlagen  sind.  Ein  Buch  darf  höchstens  zu 
ganz  bestimmten  Zeiten  und  möglichst  selten  einer  andern  Ab- 
teilung übergeben  werden  (z.B.  bei  buchhalterischen  Abschlüs- 
sen), da  sonst  neue  Eintragungen  nicht  sofort  vorgenommen 
werden  können.  Benötigen  andere  Abteilungen  die  Unterlagen, 
die  in  dem  Buche  enthalten  sind,  so  müssen  sie  diesen  auf  Spe- 
zialauszügen  übersandt  werden.  Auch  ist  es  unrationell,  wenn 
von  irgend  woher  eine  Einzelheit  verlangt  wird,  das  ganze  Buch 
senden  zu  müssen.  Zweitens  können  in  einem  Buch  die  Unter- 
lagen nur  in  chronologischer  Reihenfolge  aufgeführt  werden. 
Das  Buch  kann  allerdings  für  verschiedene  Gegenstände  ver- 
schiedene Teile  aufweisen,  jedoch  bleibt  innerhalb  derselben 
immer  nur  die  zeitliche  Reihenfolge,  oder  eine  Numerierung, 
die  dieser  ungefähr  entspricht,  bestehen.  Drittens  kann  in  einem 
gegebenen  Augenblick  nur  eine  Person  an  dem  Buche  arbeiten. 
Viertens  ist  ein  Buch  nur  dann  rationell,  wenn  es  viele  Auf- 
zeichnungen umfaßt,  was  aber  mit  sich  bringt,  daß  wegen  der 
Vielseitigkeit  derselben  meist  kein  weitgehender  Vordruck  ver- 
wendet werden  kann.  Es  enthält  daher  gewöhnlich  nur  sum- 
marische Aufzeichnungen.  Eine  Ersparnis  an  Schreibarbeit  fin- 
det nicht  statt. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  der  Vordruck  in  Buch- 

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form  ein  beschränktes  Anwendungsgebiet  hat.  Wegen  der  gu- 
ten Anordnung,  die  durch  ihn  in  die  Unterlagen  gebracht  wird, 
findet  man  ihn  auch  häufig  an  ganz  ungeeigneten  Orten  ange- 
wandt. Das  Gegenstück  zu  dieser  Form  von  Vordrucken  und 
diese  ergänzend  sind  Vordrucke  auf  losen  Zetteln.  Auf  diesen 
kann  allerdings,  um  die  Nachteile  des  Buches  zu  vermeiden,  nur 
eine  einzige  Geschäftsoperation  verzeichnet  sein,  was  zur  Folge 
hat,  daß  der  Papieraufwand  ein  viel  größerer  ist.  Diese  Mehr- 
kosten werden  aber  in  den  meisten  Fällen  durch  eine- Vermin- 
derung der  Arbeit  reichlich  kompensiert.  Andererseits  sind  aber 
die  unbestreitbaren  Vorteile  des  Zettelsystems  sehr  mannigfal- 
tig. Als  erster  ist  die  Verminderung  der  Schreibarbeit  zu  nen- 
nen. Diese  wird  dadurch  erzeugt,  daß  immer  wiederkehrende 
Einzelheiten,  wie  Worte,  ganze  Sätze  oder  Zahlen  auf  dem  For- 
mular vorgedruckt  werden.  Dabei  kann  viel  gewonnen  werden, 
wenn  Bezeichnungen  nach  Möglichkeit  normalisiert  werden,  so 
daß  ihre  Zahl  auf  das  unbedingt  notwendige  Minimum  herab- 
sinkt. In  Amerika  ist  man  sogar  soweit  gegangen,  ständig 
sich  wiederholende  kurze  Sätze  durch  Zahlen  zu  bezeichnen. 
W.  H.  Lef fingwell  führt  in  seinem  Buche:  „Scientific  Office  Ma- 
nagement" ein  solches  Beispiel  an.  Es  möchte  jedoch  fast 
scheinen,  als  ob  hier  das  Bestreben  nach  Verringerung  der 
Schreibarbeit  zu  weit  getrieben  worden  sei;  denn  es  ist  zu  be- 
fürchten, daß  die  Anzahl  der  durch  Nummern  ausgedrückten 
Sätze  so  groß  wird,  daß  kein  Beamter  sie  im  Kopf  behalten 
kann,  wodurch  die  notierten  Informationen  nur  unter  Zuhilfe- 
nahme eines  Schlüssels  verständlich  gemacht  werden  können. 
Die  Folge  davon  ist,  daß  leicht  mehr  Zeit  verloren  geht,  als 
auf  der  andern  Seite  durch  die  geringere  Schreibarbeit  gewonnen 
wird.  Besonders  groß  ist  die  Ersparnis  an  Schreibarbeit  dann, 
wenn  die  Unterlagen  in  mehreren  gleichen  Ausführungen  nieder- 
geschrieben werden  müssen.  Dann  werden  mehrere  Exemplare 
des  Vordruckes  aneinander  geheftet,  so  daß  beim  Beschreiben 
des  Originals  die  gewünschte  Zahl  von  Durchschlägen  entsteht. 
Können  nicht  so  viele  Durchschläge  gemacht  werden  wie  Exem- 
plare benötigt  werden,  so  kann  man  sich  noch  mit  Kopieren  be- 
helfen.  Es  muß  jedoch  beachtet  werden,  daß  diese  Einfachheit 
der  Vervielfältigung  die  Gefahr  in  sich  birgt,  daß  Abteilungen 
einen  Abzug  des  Vordruckes  beanspruchen,  die  sehr  gut  auch 
ohne  ihn  auskommen  könnten.    Es  kann  daher  mit  Vordrucken 


eine  ganz  ungerechtfertigte  Papierverschwendung  eintreten,  die 
es  ferner  noch  mit  sich  bringt,  daß  gewisse  Abteilungen  mit 
Geschäftsdokumenten  überhäuft  werden,  die  sie  eigentlich  gar 
nicht  brauchen. 

Neben  der  physischen  Arbeitsersparnis  bringt  der  Vordrucl^ 
noch  eine  geistige,  indem  er  die  zu  leistende  Arbeit  vorbereitet 
und  die  einzuschlagenden  Richtlinien  gibt.  Der  lose  Zettel  bier 
tet  ferner  noch  überall  da  bedeutende  Vorteile,  wo  Informatio- 
nen von  einer  Abteilung  gesammelt  und  niedergeschrieben  wer- 
den und  von  anderen  weiter  verarbeitet  werden  müssen;  denn 
der  Zettel  kann  leicht  von  einer  Stelle  zur  anderen  gesandt  wer- 
den. Er  enthält  meistens  nur  die  eine  bestimmte  Geschäfts- 
operation betreffenden  Angaben  und  ist  daher  übersichtlich  und 
verhindert,  daß  mit  der  einen  Information  noch  andere,  nicht- 
gewünschte übersandt  werden  müssen,  die  vielleicht  im  gleichen 
Augenblick  von  einer  anderen  Stelle  verlangt  werden.  Ferner 
können  Eintragungen  von  mehreren  Angestellten  gleichzeitig  be- 
sorgt werden,  was  bei  einem  Buch  nicht  der  Fall  ist.  Auch 
können  Zettel  nach  allen  in  ihnen  verzeichneten  Gesichtspunk- 
ten geordnet  und  registriert  werden,  wodurch  das  Auffinden 
einer  gewissen  Einzelheit  in  sehr  kurzer  Zeit  möglich  wird. 
Der  Einwand,  der  häufig  gegen  lose  Zettel  erhoben  wird,  daß 
sie  leicht  verloren  gehen  können,  ist  nicht  sehr  stichhaltig.  Er- 
stens sollte  das  in  einem  geordneten  Geschäftsbetrieb  über- 
haupt nicht  vorkommen.  Trotzdem  muß  damit  gerechnet  wer- 
den, jedoch  kann  man  sich  auf  verschiedene  Arten  behelfen 
Wandert  ein  Zettel  von  einer  Stelle  immer  an  ein  und  dieselbe 
bestimmte  andere  Stelle,  so  können  die  Formulare  fortlaufende 
Nummern  erhalten,  so  daß  sofort  ersichtlich  ist,  wenn  einer 
fehlt.  Gehen  die  Zettel  statt  an  eine  an  verschiedene  Abtei- 
lungen, so  kann  für  jede  dieser  Abteilungen  eine  Nummernserie 
reserviert  werden.  Ferner  wird  meistens,  wenn  ein  Vordruck 
von  einer  Abteilung  ausgestellt  und  in  eine  andere  weiter  ge- 
geben wird,  ein  Durchschlag  in  der  ausstellenden  Abteilung  zu- 
rückbehalten. Handelt  es  sich  um  kleinere  Formulare,  so  wer- 
den diese  meistens  in  ein  Heft  zusammengebunden,  in  dem  der 
Durchschlag  verbleibt  und  das  Original  zur  Versendung  heraus- 
gerissen wird.  Der  Durchschlag  dient  als  Beleg  für  die  rich- 
tige Ausstellung  und  kann  auch  herangezogen  werden  für  den 
Fall,    daß    das    Original   verloren    gegangen    sein   sollte.     Auch 


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kann  ein  Buch  geführt  werden,  in  dem  der  Empfang  eines  Zet- 
tels vom  Empfänger  quittiert  werden  muß,  so  daß  einwandfrei 
festgestellt  werden  kann,  wen  im  Falle  des  Verlorengehens  die 
Verantwortung  trifft. 

Die  Anwendung  von  Vordrucken  wird  immer  dann  von  Vor- 
teil sein,  wenn  sie  auf  das  peinlichste  ausgearbeitet  wurden,  so 
daß  ihre  Anordnung  allen,  Tlie  damit  zu  tun  bekommen,  auch 
wirklich  die  Erleichterungen  bringen,  die  beabsichtigt  waren.  Es 
ist  klar,  daß  nur  dann  ein  Vordruck  geschaffen  werden  kann, 
wenn  die  Arbeit,  die  er  unterstützen  soll,  auch  häufig  genug 
verrichtet  werden  muß,  um  die  Kosten  des  Druckes  zu  recht- 
fertigen. Ein  Vordruck  ist  unrationell,  wenn  er  Angaben  ent- 
hält, die  schon  aus  anderen  Quellen  ersichtlich  sind.  Um  ihn 
für  die  Praxis  brauchbar  zu  machen,  ist  aber  ganz  besonders 
darauf  Rücksicht  zu  nehmen,  daß  kleine  Unregelmäßigkeiten  des 
Geschäftsganges  darin  Platz  finden.  Es  ist  selten  schwer,  die 
Grundzüge  einer  Organisationsform  festzulegen;  sehr  häufig  wer- 
den aber  dabei  scheinbare  Kleinigkeiten  vergessen,  die  die  An- 
wendung der  Idee  als  mit  einem  ordnungsmäßigen  Geschäfts- 
gang in   Widerspruch  stehend  erscheinen   lassen. 

Bei  der  Teilung  in  Einzelfabriken  sollten,  wenn  irgend  mög- 
lich, für  gleiche  Operationen  gleiche  Vordrucke  verwendet  wer- 
den. Erstens  werden  dadurch  die  Druckkosten  geringer  und 
zweitens  kann  ein  Angestellter  von  einer  Fabrik  in  die  andere 
versetzt  werden,  ohne  umlernen  zu  müssen.  Damit  aber  aus 
einem  Vordruck  sofort  zu  erkennen  ist,  um  welche  der  Einzel- 
fabriken es  sich  handelt,  ist  es  am  zweckmäßigsten,  den  Formu- 
laren jeder  Fabrik  eine  bestimmte  Farbe  zu  geben.  Farben  kön- 
nen auch  dann  Verwendung  finden,  wenn  das  gleiche,  oder  ein 
ganz  ähnliches  Formular  für  zwei  verschiedene  Zwecke  ver- 
wendet wird,  z.  B.  Materialbezugsschein  und  Rücklieferungs- 
schein. Jedoch  darf  eine  Farbe  nur  eine  ganz  genau  bestimmte 
Sache  bedeuten. 

Bei  der  Ausarbeitung  eines  Vordrucks  ist  ferner  noch  ge- 
nau zu  erwägen,  ob  derselbe  mit  der  Maschine,  mit  der  Feder 
oder  mit  Bleistift  beschrieben  werden  soll,  und  die  Kolonnen 
sind  dementsprechend  einzurichten.  Es  ist  auch  empfehlens- 
wert, kurze  Instruktionen  für  den  Gebrauch  eines  Formulars 
auf  demselben  anzugeben,  wenn  der  Fall  nicht  so  klar  liegt, 
daß  sich  solche  erübrigen. 


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Auch  der  Zettel  kann  nicht  überall  mit  Erfolg  verwendet 
werden.     Es   mangelt   ihm   die   Ordentlichkeit,   welche   bei    Bü- 
chern in  die  Aufzeichnungen  gebracht  werden  kann,  und  trotz- 
dem er  nach  allen  gewünschten  Gesichtspunkten  registriert  wer- 
den kann,  ist  er  doch  zu  Nachschlagezwecken  nicht  besonders 
geeignet.    Diese  Lücke  wird  durch  die  sogen.  Kartothek  ausge- 
füllt, deren  Hauptzweck  im  allgemeinen  darin  besteht,  das  Auf- 
finden   irgend   einer    Information    in    möglichst    kurzer   Zeit    zu 
gestatten.     Für  je   einen   Gegenstand   besteht   eine   Karte;    die 
Karten  werden  der  alphabetischen  Reihenfolge  der  Gegenstände 
entsprechend  eingeordnet.    Demzufolge  kann  die  Kartothek  im- 
mer erweitert  werden,  ohne  daß  sie  dadurch  an   Übersichtlich- 
keit verliert,  was  bei  einem  Buche  nicht  der  Fall  ist.    Der  feste 
Karton  aber  ist  geeignet,  ein  schnelleres   Durchsuchen  wie  bei 
losen   Zetteln   zu   ermöglichen.     Das    Kartensystem    erlaubt   fer- 
ner, daß  sowohl  mehrere  Beamte  gleichzeitig  Eintragungen  vor- 
nehmen,   als    auch    mehrere    gleichzeitig    daraus    Informationen 
schöpfen  können.    Es  muß  jedoch  darauf  Rücksicht  genommen 
werden,  daß  die  Anschaffung  einer  Kartothek  ziemlich  kostspie- 
lig ist,  da  nicht  nur  die  Karten  an  sich  schon  teurer  sind  wie 
gewöhnliches   Papier,  es  müssen  auch  noch  die  entsprechenden 
Schränke   beschafft  werden.     Die    Karten    werden    entweder   in 
Schubladen   aufbewahrt  oder   in   nach   oben   offenen    Behältern, 
die  am  Arbeitspult  des  Angestellten  angebracht  werden,  je  nach- 
dem ob  eine  oder  mehrere  Personen  mit  den  Karten  zu  tun  ha- 
ben.   Wegen  dieser  hohen  Kosten  sollte  die  Kartothek  nur  da 
Verwendung  finden,  wo  ihre  Vorteile  wirklich  ausgenützt  wer- 
den können.     Solche   Fälle  liegen  vor,   wenn   es   sich   um   das 
häufig  vorkommende  rasche  Auffinden  irgend  einer  Information 
handelt,  wie  z.B.  Angaben  über  Kunden  oder  Lieferanten.   Fer- 
ner auch  dann   noch,  wenn   sehr  viele  kleine   Eintragungen   in 
rascher   Aufeinanderfolge   bei   verschiedenen    Gegenständen    ge- 
macht werden  müssen,  wie  z.  B.   der  Material-Ein-  und   -Aus- 
gang  auf  den    Materialkarten.     Für   die    Lohnabrechnung   kön- 
nen solche  Karten  daher  nicht  als  zweckmäßig  erscheinen  (we- 
nigstens dann  nicht,  wenn  die  Eintragungen  nur  einmal  pro  Zahl- 
tagsperiode zu  erfolgen  haben),  da  die  Zeit,  die  durch  das  Auf- 
suchen der  Karte  beansprucht  wird,  zu  wenig  ins  Gewicht  fällt. 
Besonders  zu  beachten  ist  auch,  daß  die  Karten  nicht  zu  groß 
gemacht  werden,  da  dadurch  die   Kosten  bedeutend  gesteigert 


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werden  und  der  zu  ihrer  Aufbewahrung*  erforderliche  Raum  sehr 
erheblich  wird.  Auch  wird  das  Format  der  Karten  meistens 
dem  Maximum  der  Aufzeichnungen,  die  darauf  zu  stehen  kom- 
men können,  angepaßt,  auch  wenn  dieses  Maximum  nur  in 
ganz  seltenen  Fällen  erreicht  wird.  Die  Karten  werden  daher 
für  den  durchschnittlichen  Gebrauch  zu  groß  und  die  ganze 
Anlage  dementsprechend  zu  teuer.  Man  sollte  in  den  exiremen 
Fällen  daher  versuchen,  sich  mit  zwei  Karten  zu  behelfen.  Um 
das  Auffinden  einzelner  Karten  nach  Möglichkeit  zu  erleich- 
tern, muß  das  Indexwort  zu  alleroberst  und  in  möglichst  gro- 
ßen Buchstaben  und  deutlicher  Schrift  geschrieben  sein.  Auch 
kann  man  sich  für  etwa  je  20  Karten  einer  Leitkarte  bedienen, 
welche  eine  andere  Farbe  wie  die  gewöhnlichen  Indexkarten  auf- 
weist. Werden  die  Karten  von  vielen  Beamten  gebraucht,  und 
müssen  sie  zu  diesem  Zwecke  aus  der  Kartothek  herausgenom- 
men werden,  so  sollen  sie  nur  von  einer  einzigen  Person  wie- 
der zurückgesteckt  werden,  welche  dafür  verantwortlich  gemacht 
wird,  daß  alle  Karten  wieder  an  die  richtige  Stelle  eingeordnet 
werden. 

Da  die  Karten  nur  nach  einem  Gesichtspunkt  geordnet  wer- 
den können,  für  mehrere  Gesichtspunkte  also  ebensoviele  Kar- 
totheken eingerichtet  werden  müssen,  so  ist  der  Gedanke  nahe- 
liegend, ein  Mittel  zu  suchen,  welches  bei  einer  Ausführung 
der  Karte  ein  Sortieren  nach  allen  darauf  verzeichneten  Ge- 
sichtspunkten erlaubt.  Ein  solches  Mittel  ist  die  Hollerithma- 
schine,  bei  welcher  die  Karten  allerdings  nicht  beschrieben,  son- 
dern die  gewünschten  Angaben  durch  Löcher  markiert  wer- 
den. Es  können  daher  aber  nur  Angaben  markiert  wer<len,  die 
sich  durch  Zahlen  ausdrücken  lassen.  Durch  elektrischen  Kon- 
takt werden  dann  die  jeweils  eingestellten  Gesichtspunkte  durch 
die  Sortiermaschine  sortiert  und  die  Zahlen  durch  eine  Rechen- 
maschine addiert,  wenn  dies  der  Fall  erheischt.  Besonders  für 
statistische  Arbeiten  ist  daher  diese  Maschine  sehr  geeignet. 
Sie  kann  auch  sonst  im  Bureau  ein  wichtiges  Hilfsmittel  wer- 
den, auf  welches  im  folgenden  noch  zurückgekommen  werden 
soll.  Ob  ihre  Anwendung  möglich  wird,  hängt  hauptsäch- 
lich von  drei  Bedingungen  ab.  Erstens  kann  die  Maschine  durch 
eine  oder  mehrere  Arbeiten  so  ausgenützt  werden,  daß  ihre  ho- 
hen Anschaffungskosten  als  gerechtfertigt  erscheinen?  Zwei- 
tens können  alle  Angaben,  die  auf  den  Karten  notiert  werden 


sollen,  eindeutig  durch  Zahlen  ausgedrückt  werden,  und  wird 
dadurch  der  Geschäftsverkehr  nicht  unnötig  kompliziert  und 
unübersichtlich  gestaltet?  Endlich  drittens  ist  die  Garantie  für 
eine  wirksame  Kontrolle  geboten,  die  verhütet,  daß  Fehler,  wel- 
che durch  falsches  Lochen  der  Karten  verursacht  werden,  ein- 
fach unentdeckt  bleiben?  Der  letzte  Einwand  wird  allerdings 
durch  eine  soeben  auf  dem  Markte  erschienene  neue  Lochma- 
schine größtenteils  beseitigt,  da  sie  ein  sicheres  Arbeiten  ermög- 
licht. Bei  ihr  werden  die  Löcher  durch  Niederdrücken  von  Ta- 
sten gemacht,  von  denen  jede  einer  Position  auf  der  Karte  ent- 
spricht. Die  niedergedrückten  Tasten  erscheinen  auf  einer  Ta- 
fel vor  den  Augen  des  Beamten,  die  Löcher  aber  werden  erst 
durch  eine  Auslösung  in  die  Karte  geschlagen,  nachdem  alle 
Tasten  heruntergedrückt  worden  sind.  Diese  neue  Lochmaschine 
ermöglicht  auch  ein  bedeutend  rascheres  Arbeiten,  wodurch  sich 
das  Anwendungsgebiet  der  Hollerith-  und  ähnlicher  Maschinen 
wohl  rasch  ausdehnen  wird.  Die  Hollerithkarte  niuß  vor  ihrer 
Einführung  mit  besonderer  Sorgfalt  ausgearbeitet  und  der  Or- 
ganisation des  gesamten  Werkes  angepaßt  werden,  besonders 
da,  wie  schon  erwähnt,  die  Angaben  durch  Zahlen  ausgedrückt 
werden  müssen,  und  da  durch  eine  nachträgliche  Änderung  die 
neuen  Karten  nicht  mehr  gleichzeitig  mit  den  alten  verwendet 
werden  können. 

Sämtliche  Vordrucke  sollten  von  einer  Zentralstelle  bestellt 
und  verwaltet  werden  und  den  beteiligten  Abteilungen  wie  der 
Direktion  rechtzeitig  Kenntnis  davon  gegeben  werden,  wenn  der 
Vorrat  an  einem  derselben  zur  Neige  geht,  damit  er  durch  einen 
neuen  ersetzt  werden  kann,  wenn  der  alte  sich  nicht  bewährt 
hat.  Auch  sollen  dann  die  mit  dem  Vordruck  arbeitenden  Ab- 
teilungen angefragt  werden,  ob  sie  Anregungen  über  Abände- 
rungen zu  machen  haben,  damit  die  größtmöglichste  Arbeits- 
ersparnis erzielt  wird. 

8.  Die  berufliche  Vorbildung. 

In  der  IJteratur  ist  der  Frage  viel  Wichtigkeit  beigemes- 
sen worden,  welche,  ob  die  technische  oder  die  kaufmännische 
Ausbildung  für  die  Innehaltung  einer  leitenden  Stellung  die  ge- 
eignete sei.  Die  Frage  kann  natürlich  nur  für  Personen  ge- 
stellt werden,  die  einen  "höhern  Grad  von  Bildung  besitzen  und 


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die  einer  Spezialausbildung  auf  dem  betreffenden  Gebiet  teil- 
haftig geworden  sind.  Angestellte,  die  nur  über  ein  gewisses 
Maß  von  Allgemeinbildung  verfügen,  werden  eben  für  diejeni- 
gen Aufgaben  angelernt,  die  sie  erfüllen  sollen. 

Was  Personen  in  leitender  Stellung  anbelangt,  so  muß  ge- 
sagt werden,  daß  bei  ihnen  weniger  die  Vorbildung  als  Charak- 
tereigenschaften und  besondere  geistige  Fähigkeiten  ins  Ge- 
wicht fallen.  Daher  ist  auch  eine  strenge  Teilung  in  technische 
und  kaufmännische  Operationen,  welche  von  vorneherein  vorge- 
nommen wird,  bedeutungslos.  Gewiß  gibt  es  rein  technische 
und  rein  kaufmännische  Arbeiten,  jedoch  ist  keine  genaue  Be- 
grenzung der  beiden  Gebiete  möglich.  Die  technische  Bildung 
ist  jedoch  im  allgemeinen  vorzuziehen,  da'  sie  viel  weniger  durch 
bloße  Praxis  erworben  werden  kann  wie  die  kaufmännische. 
Wird  von  gewissen  Fragen  finanzieller  Natur  abgesehen,  so 
ist  in  Maschinenfabriken  das  technische  Element  das  maßge- 
bende, dem  kaufmännischen  kommt  nur  sekundäre  Bedeutung 
zu.  Nicht  selten  wird  jedoch  dem  Techniker  nur  die  Konstruk- 
tion und  die  Fabrikation  im  engern  Sinne  zugeteilt.  Es  wäre 
dann  Aufgabe  des  Kaufmanns,  das  Fabrikat  im  Augenblick,  in 
dem  es  die  Werkstatt  verläßt,  zu  übernehmen  und  für  seine 
Weitergabe  an  den  Kunden  zu  si^rgen.  Demnach  würde  der 
Verkauf  ganz  in  das  Gebiet  des  Kaufmanns  fallen.  Soweit  Ma- 
schinenfabriken in  Betracht  kommen,  beruht  diese  Auffassung 
auf  einer  völligen  Verkennung  der  Tatsachen.  Wie  soll  der 
Kaufmann  einen  Gegenstand  verkaufen,  von  dessen  Konstruk- 
tion und  Anwendungsmöglichkeit  er  nur  sehr  wenig  weiß.  Von 
jedem  Kaufmann  wird  doch  sonst  verlangt,  daß  er  seine  Ware 
genau  kennt,  damit  er  dem  Kunden  deren  Vorteile  auch  vor 
Augen  führen  kann.  Ein  Kaufmann  ohne  oder  mit  nur  ge- 
ringen, durch  Erfahrung  erworbenen  technischen  Kenntnissen 
ist  aber  nicht  in  der  Lage,  das  zu  tun;  es  dürfte  ihm  daher 
manches  Geschäft  entgehen,  das  seine  Firma  wohl  hätte  ma- 
chen können.  Im  weiteren  ist  er  auch  nicht  imstande,  die  Be- 
dürfnisse des  Marktes,  soweit  sie  sich  auf  Neukonstruktionen 
beziehen,  einschätzen  zu  können.  Aber  auch  für  den  Kunden 
wäre  der  Verkehr  mit  einem  Techniker  angenehmer,  da  er  häu- 
fig selbst  nicht  sehr  viel  versteht  und  daher  des  Rates  eines 
routinierten  Fachmannes  bedarf.  Man  denke  z.B.  an  die  Land- 
wirtschaft. 


Die  Unkenntnis  der  Käufer  hat  dazu  geführt,  daß  ein  Zwi- 
schenglied zwischen  Produzenten  und  Konsumenten  entstanden 
ist,  der  „Consulting  engineer".  Dieser  aber  ist  für  beide  Teile 
unerwünscht,  da  er  nur  dazu  beiträgt,  den  Kaufpreis  zu  erhöhen. 
Für  den  Kunden  besteht  noch  der  besondere  Nachteil,  daß  er 
nie  genau  weiß,  woran  er  sich  zu  halten  hat;  denn  als  Mittel- 
person steht  der  „Consulting  engineer"  zwar  selbständig  da,  er 
wird  aber  in  den  meisten  Fällen  ein  Interesse  daran  haben, 
daß  der  Auftrag  einer  bestimmten  Firma  zukommt.  Jedenfalls 
ist  diese  Gefahr  vorhanden.  Der  Vertreter  einer  Firma  wird 
zwar  auch  für  diese  sprechen,  jedoch  ist  das  das  Gegebene, 
was  der  Kunde  von  vornherein  in  Rechnung  zieht.  Auch  für 
den  Fabrikanten  ist  der  „Consulting  engineer"  keine  angenehme 
Persönlichkeit,  da  er,  sei  es  nur  um  sich  herauszustreichen, 
dem  Kunden  das  Verlangen  nach  Spezialausführungen  eingibt. 
Damit  aber  widersetzt  er  sich  der  Normalisierung  und  einer 
rationellen  Fabrikation  überhaupt,  ohne  daß  dem  Kunden  da- 
durch besonders  gedient  wird.  Diese  Übelstände  werden  aber 
von  vornherein  unterbunden,  wenn  das  Verkaufspersonal  sich 
aus  Technikern  zusammensetzt.  Die  Verkäufer  können  dann  die 
Ausarbeitung  von  Projekten  und  Offerten  selber  an  die  Hand 
nehmen,  wodurch  sie  jederzeit  in  die  Lage  versetzt  werden, 
mit  dem  Kunden  verhandeln  zu  können.  Auch  können  sie  von 
Kunden,  mit  denen  «ie  wiederholt  in  Berührung  kommen,  ver- 
nehmen, welche  Erfahrungen  diese  mit  früher  gekauften  Fabri- 
katen gemacht  haben.  Neben  ihrem  technischen  Wissen  be- 
dürfen sie  einzig  und  allein  der  kaufmännischen  Kenntnisse, 
welche  zum  Abschlüsse  eines  Kaufgeschäftes  notwendig  sind. 
Diese  aber  wird  sich  ein  einigermaßen  fähiger  Kopf  nach  nicht 
allzulanger  praktischer  Tätigkeit  aneignen   können. 

Im  allgemeinen  läßt  sich  sagen,  daß  in  einer  Maschinen- 
fabrik alle  diejenigen,  welche  mit  den  Fabrikaten  und  deren  Her- 
stellung in  direkte  Berührung  kommen  und  die  nicht  ausschließ- 
lich Routinenarbeit  verrichten,  technische  Bildung  besitzen  müs- 
sen. Für  den  Kaufmann  verbleiben  die  rein  finanziellen  An- 
gelegenheiten sowie  die  Buchhaltung.  Es  muß  aber  nochmals 
betont  werden,  daß  im  Einzelfalle,  insbesondere  für  die  ober- 
sten Stellen,  das  persönliche  Moment  den  Ausschlag  gibt. 


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ZWEITER  TEIL. 

Der  Einkauf. 

1.  Angemeines. 

Der  Einkauf  ist  derjenige  Teil  innerhalb  einer  Fabrikor- 
ganisation, der  sich  mit  der  Beschaffung  aller  Gegenstände, 
die  zur  Aufrechterhaltung  des  Betriebes  erforderlich  sind,  zu 
befassen  hat  und  die  von  andern  Unternehmungen  (Lieferan- 
ten) bezogen  werden  müssen.  Er  kann  bei  Großbetrieben  in 
Einzelabteilungen  getrennt  sein,  je  nach  der  Art  der  zu  beschaf- 
fenden Gegenstände,  nämlich  in  einen  Einkauf  für  Materia- 
lien, einen  solchen  für  Werkzeuge  und  Werkzeugmaschinen  und 
einen  solchen  für  Bureaumaterialien.  Am  wichtigsten  ist  na- 
türlich der  Einkauf  der  Materialien.  Die  anderen  beiden  Arten 
bedienen  sich  bei  der  Ausübung  ihrer  Tätigkeit  derselben  Me- 
thoden und  brauchen  daher  in  dieser  Besprechung  nur  soweit 
berücksichtigt  zu  werden,  als  sie  sich  vom  Materialeinkauf  un- 
terscheiden. V. 

Die  Funktion  der  Einkaufsabteilung  besteht  darin,  dafür  zu 
sorgen,  daß  erstens  die  von  den  Werkstätten  gewünschten  Ma- 
terialien (bestimmte  Qualität  und  Quantität)  im  Augenblick  des 
Bedarfs  vorhanden  sind,  zweitens  daß  ihre  Beschaffung  zu 
einem    möglichst   niedrigen    Preis   erfolgt. 

Die  Erfüllung  der  ersten  Forderung  wird  gewährleistet 
durch  die  Stellung,  die  dem  Einkauf  in  der  Gesamtorganisa- 
tion zugewiesen  wird.  Es  handelt  sich  um  das  Verhältnis  die- 
ser Abteilung  zu  anderen  Abteilungen,  also  um  ein  externes 
Problem  für  die  Abteilung  selbst.  Die  zweite  Forderung  ist 
ein  internes  Problem,  denn  sie  bleibt  der  Abteilung  selbst  über- 
lassen und  ist  unabhängig  von  anderen  Abteilungen  des  Unter- 
nehmens. Bei  der  Erfüllung  der  ersten  Forderung  handelt  es 
sich  daher  hauptsächlich  um  eine  Frage  der  Gesamtorganisa- 
tion, bei  der  der  zweiten  um  eine  der  Organisation  einer  ein- 
zelnen Abteilung;  jedoch  muß  sowohl  bei  der  Gesamtorganisa- 
tion auf  die  Einzelorganisation  wie  auch  hauptsächlich  umge- 
kehrt Rücksicht  genommen   werden. 


—    59    — 

Die  Stellung  der  Einkaufsabteilung  in  der  Fabrikorganisa- 
tion  ist  nicht  immer  die  gleiche.  Grundsätzlich  können  zwei 
Arten  unterschieden  werden,  nämlich  ein  zentralisierter  und  ein 
dezentralisierter  Einkauf.  Die  meisten  Unternehmungen,  auch 
sehr  große,  verhlgen  über  eine  zentrale  Einkaufsstelle.  Es  ist 
leicht  zu  verstehen,  daß  die  Tendenz  besteht,  gerade  den  Ein- 
kauf der  Materialien  nach  Möglichkeit  zu  zentralisieren,  denn 
die  Tätigkeit  dieser  Abteilung  als  solche  läßt  die  Zentralisation 
als  besonders  günstig  erscheinen.  Sie  vertritt  das  ganze  Unter- 
nehmen nach  außen  hin,  soweit  es  auf  dem  Markt  als  Käufer 
auftritt  und  ist  daher  in  der  Lage,  infolge  der  Größe  der  ein- 
zelnen Abschlüsse  möglichst  günstige  Bedingungen  zu  erzielen. 
Ferner  geht  der  gesamte  Verkehr  mit  den  Lieferanten  über  diese 
Abteilung,  wodurch  ihren  Beamten  eine  genaue  Kenntnis  der 
Marktlage  ermöglicht  wird.  Diese  Vorteile  erstrecken  sich  aber 
alle  auf  das  Gebiet  der  Erzielung  günstiger  Preise;  es  wird  da- 
bei von  der  Annahme  ausgegangen,  daß  diese  die  primäre  Auf- 
gabe der  Abteilung  sei  und  daß  die  Forderung  nach  rechtzeiti- 
ger Deckung  des  Bedarfes  nur  sekundärer  Natur  ist  und  auf 
dem  Wege  der  Organisation  gelöst  werden  muß,  die  sich  die- 
ser zentralen  Einkaufsstelle  eben  anzupassen  hat.  Diese  Auf- 
fassung ist  jedoch  zu  einseitig;  der  Vorteil,  der  durch  niedrige 
Preise  erzielt  wird,  kann  leicht  durch  den  Nachteil  kompensiert 
werden,  der  dadurch  entsteht,  daß  die  Materialien  im  Augenblick 
des  Bedarfs  nicht  vorhanden  sind.  Die  Gefahr  aber,  daß  dieser 
Fall  eintritt,  ist  bei  einer  zentralen  Einkaufsstelle  für  sämtliche 
Materialien  sehr  groß.  Es  kommt  dies  daher,  daß  vielfach  sehr 
bureaukra tisch  gearbeitet  wird.  Mit  dem  Einholen  von  Offer- 
ten wird  viel  Zeit  verschwendet,  Reklamationen  für  zu  späte 
Lieferungen  werden  nicht  energisch  genug  verfolgt,  so  daß  .die 
Materialien  schließlich  zu  spät  eintreffen.  Kann  infolgedessen 
der  Liefertermin  nicht  eingehalten  werden,  so  wird  die  Verant- 
wortung dafür  von  einer  Abteilung  auf  die  andere  geschoben 
werden.  Die  Fabrik  wird  sagen,  daß  ihr  die  Materialien  zu 
spät  oder  in  der  unrichtigen  Qualität  zugegangen  sind  und  die 
Einkaufsstelle  wird  versuchen,  die  Verantwortung  auf  die  Fa- 
brik zu  schieben,  indem  sie  angibt,  die  Aufforderung  zum  Be- 
stellen sei  ihr  nicht  rechtzeitig  zugekommen,  oder  die  gewünschte 
Qualität  sei  nicht  genügend  bestimmt  gewesen.  Die  Ursache 
dieses  unzweckmäßigen  Zusammenarbeitens  ist  darin  zu  suchen, 


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—    60    — 


—    61     — 


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daß  beide  Abteilungen  je  einen  Leiter  haben;  beide  Leiter  sind 
voneinander  abhängig  und  beide  sollen  die  Verantwortung  für 
rechtzeitige  Lieferungen  tragen;  es  läßt  sich  aber  schwer  fest- 
stellen, welcher  von  beiden  im  Spezialfall  der  Schuldige  ist. 
Auch  wird  das  Verantwortungsgefühl  des  Betriebsleiters  ge- 
schwächt, wenn  bei  der  Einhaltung  der  vertragsmäßigen  Liefer- 
termine Unregelmäßigkeiten  vorkommen  können,  die  sich  sei- 
nem Einfluß  entziehen.  Auch  besteht  die  Gefahr,  daß  wenn 
der  Einkauf  nicht  für  rechtzeitiges  Eintreffen  der  Waren  sorgt, 
von  einzelnen  Abteilungen  der  Versuch  gemacht  wird,  ihn  zu 
umgehen  und  direkt  beim  Lieferanten  zu  bestellen.  Besonders 
ist  diese  Gefahr  auch  dann  vorhanden,  wenn  gewisse  Stücke 
verloren  gehen  oder  verdorben  werden.  Allerdings  zeugen  sol- 
che Versuche  von  einer  ganz  ungenügenden  Kontrolle  und  soll- 
ten in  einem  wohl  geordneten  Betrieb  nicht  vorkommen. 

Um  die  eben  angeführten  Mängel  einer  zentralen  Einkaufs- 
stelle zu  beheben,  ist  vielerorts  diese  Stelle  dezentralisiert  und 
auf  die  einzelnen  Fabriken  verteilt  worden.  Eine  zentrale  Ein- 
kaufsstelle bleibt  dann  allerdings  meistens  bestehen,  sie  beschafft 
alle  diejenigen  Materialien,  die  in  großer  Menge  von  allen  Fa- 
briken benötigt  werden,  besonders  aber  Hilfsmaterialien  wie 
z.  B.  Kohle  und  Öl.  Alle  Materialie|i  jedoch,  die  von  einer  Fa- 
brik allein  gebraucht  werden,  bestellt  diese  durch  ihre  eigene 
Einkaufsstelle.  Schematisch  können  die  beiden  Arten  der  Stel- 
lung des  Einkaufs  folgendermaßen  dargestellt  werden: 


VtrUi»b0n»r  xtntrmtmr  BinAmuf 
'  odmr  bloss /^     ^^^Oitfrm/hqfmt 


Fohrikt 


Schema  I. 


Schemaff, 


Fig.  3. 


Bei  Schema  I  ist  angenommen  worden,  daß  dem  zentralen 
Einkauf  ein  zentrales  Lager  angegliedert  ist,  was  in  den  aller- 
meisten Fällen  auch  der  Wirklichkeit  entspricht,  dieses  kann 
jedoch  auch  auf  die  einzelnen  Fabriken  aufgeteilt  sein,  und  zwar 
so,  daß  jede  Fabrik  die  von  ihr  bestellten  Materialien  lagert. 
Auch  bei  Schema  II  ist  ein  solches  .Lager  angenommen  wor- 
den für  alle  diejenigen  Materialien,  die  noch  von  der  Zentral- 
stelle gekauft  werden;  jedoch  dient  es  meist  nur  für  die  Hilfs- 
materialien. 

Zum  Vergleich  der  Vor-  und  Nachteile  der  beiden  Systeme 
ist  zu  sagen,  daß  bei  kleinen  Werken,  wo  der  Betriebschef, 
wie  der  Chef  des  Einkaufs  die  Fabrikation  leicht  überblicken 
können  und  stark  zusammenarbeiten,  wo  also  das  persönliche 
Moment  noch  eine  sehr  wichtige  Rolle  spielt,  die  Zentralstelle 
für  den  Einkauf  das  gegebene  ist.  Bei  großen  Werken  ist  das 
jedoch  unangebracht  oder  doch  zum  mindesten  unrationell,  weil 
der  zentrale  Einkauf  unabhängig  ist,  so  daß  der  Betriebschef 
keine  Mittel  besitzt,  auf  ihn  einzuwirken,  sondern  nur  beratend 
daneben  steht.  Es  ist  dabei  weniger  zu  befürchten,  daß  nicht 
das  richtige  Material  beschafft  wird,  was  Qualität  und  Quan- 
tität anbelangt,  als  daß  Verzögerungen  in  der  Fabrikations- 
dauer eintreten.  Wird  nicht  eingetroffenes  Material'  von  der  Fa- 
brik beim  Einkauf  reklamiert,  so  reklamiert  dieser  zwar  wie- 
der beim  Lieferanten,  aber  nur  auf  dem  gewöhnlichen,  geschäft- 
lichen Weg,  denn  es  fehlt  ihm  sowohl  das  Interesse,  wie  auch 
die  nötigen  Kenntnisse  für  den  betreffenden  Einzelfall. 

Diese  Nachteile  werden  durch  die  Dezentralisation  vermie- 
den. Die  Einkaufsabteilung  der  Fabrik  ist  dem  Betriebschef  der- 
selben unterstellt,  der  auf  diese  Weise  für  alle  Verspätungen  in 
der  Ablieferung  der  Fabrikate  verantwortlich  gemacht  werden 
kann.  Auch  ist  dieser  dezentralisierte  Einkauf  besser  in  der 
Lage  diejenigen  Materialien  zu  bestellen,  die  nur  von  seiner  Fa- 
brik verarbeitet  werden,  besonders  wenn  es  sich  um  Halbfabri- 
kate handelt,  denn  er  besitzt  die  notwendigen  Kenntnisse  oder 
kann  sie  sich  doch  leicht  verschaffen.  Diese  Spezialkenntnisse 
könnten  zwar  der  Zentralstelle  jeweils  mitgeteilt  werden,  je- 
doch wäre  das  in  den  vielen  Fällen  doch  sehr  kompliziert;  auf 
alle  Fälle  ist  nie  ein  so  enges  Zusammenarbeiten  der  Betriebs- 
leitung mit  der  Zentralstelle  möglich,  wie  es  durch  die  Dezen- 
tralisation erreicht  wird. 


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—    62    — 

Jedoch  wäre  es  unrichtig  und  ließe  in  das  andere  Extrem 
verfallen,  wollte  man  den  zentralen  Einkauf  ganz  beseitigen 
und  seine  Funktionen  ganz  den  Einzeleinkaufsstellen  der  Fabri- 
ken übertragen.  Der  Zentralstelle  muß  der  Einkauf  aller  der- 
jenigen Materialien  verbleiben,  die  von  allen  Fabriken  verarbei- 
tet werden.  Es  sind  dies  größtenteils  Rohmaterialien,  wie  Eisen, 
Kupfer,  ebenso  gewisse  Fabrikate,  die  aber  überall  gebraucht 
werden,  wie  Schrauben,  insofern  diese  nicht  im  eigenen  Betrieb 
verfertigt  werden,  kurz  alles  Materialien,  für  deren  Einkauf  zwar 
Materialkenntnisse,  nicht  aber  weitgehende  technische  Überle- 
gungen vonnöten  sind.  Der  Konkurrenzkampf  hat  jedoch  zur 
Folge  gehabt,  daß  jede  Unternehmung  sich  nur  mit  der  Fabri- 
kation derjenigen  Dinge  befaßt,  für  die  ihre  Anlagen  besonders 
günstig  sind.  Beim  Einkauf  macht  sich  das  dadurch  bemerk- 
bar, daß  immer  mehr  Halbfabrikate  gekauft  werden,  anstatt  wie 
früher  nur  Rohmaterialien,  die  im  eigenen  Betrieb  den  ganzen 
Veredelungsprozeß  durchmachten.  Infolgedessen  verringert  sich 
das  Gebiet  der  zentralen  Einkaufsstelle  immer  mehr  und  im 
gleichen  Maße  wächst  das  des  Fabrikeinkaufs.  Der  Krieg  hat 
darin  allerdings  eine  Wendung  geschaffen,  da  jedes  Unternehmen 
darauf  Bedacht  legen  mußte,  von  möglichst  wenigen  Lieferanten 
abhängig  zu  sein;  jedoch  wird  di^e  Wendung  wohl  nur  von 
vorübergehender  Dauer  sein. 

Materialien  jedoch,  die  von  allen  Fabriken  verlangt  wer- 
den, werden  am  besten  durch  eine  Zentralstelle  gekauft,  weil 
durch  die  Größe  der  Bestellung,  gemacht  durch  einen  Kunden 
(die  Zentralstelle),  die  günstigsten  Preise  erzielt  werden  kön- 
nen. Es  geschieht  das  auf  zwei  Arten,  erstens  durch  direkten 
Einkauf  und  Verteilung  der  eingetroffenen  Waren  an  die  Fa- 
briken nach  Maßgabe  des  von  ihnen  im  voraus  angegebenen 
Bedarfes.  Zweitens  durch  Abschlüsse  für  ein  oder  selten  meh- 
rere Jahre.  Jede  Fabrik  hat  dann  anzugeben,  wieviel  von  dem 
betreffenden  Material  sie  voraussichtlich  in  einem  Jahr  braucht. 
Nach  Zusammenstellung  aller  Verbrauchszahlen  macht  der  zen- 
trale Einkauf  einen  Abschluß  mit  dem  Lieferanten.  Dieser  wird 
dann  den  Fabriken  mitgeteilt,  die  je  nach  Bedarf  die  Materia- 
lien zu  den  vereinbarten  Bedingungen  abrufen.  Der  Vorteil 
dieses  Systems  iiegt  darin,  daß  sowohl  der  günstige  Preis,  der 
durch  einen  großen  Kauf  erzielt  wird,  gewahrt  bleibt,  als  auch 
die  Materialien  erst  dann   übernommen   werden  müssen,  wenn 


-    63    -    . 

der  Bedarf  vorhanden  ist,  wodurch  Lagerspesen  gespart  werden 
und  eine  Festlegung  von  großen  Summen  des  Betriebskapitals 
vermieden  wird.  Häufig  wird  bei  solchen  Abschlüssen  keine 
feste  Quantität  (höchstens  ein  Minimum)  und  kein  fester  Preis 
vereinbart,  sondern  nur  eine  Preisskala,  derzufölge  bei  zuneh- 
mender Quantität  der   Preis  automatisch   sinkt. 

Die  Tendenz,  die  dahin  geht,  die  zentrale  Einkaufsstelle 
gänzlich  zu  beseitigen  und  ihre  Funktionen  ausnahmslos  auf 
die  Fabriken  übergehen  zu  lassen,  muß  jedenfalls  schwere  Be- 
denken erregen.  Diese  vollständige  Aufteilung  wird  damit  ge- 
rechtfertigt, daß  die  Betriebsleiter  gegenüber  der  Direktion  in 
allen  Fällen  für  rechtzeitiges  Eintreffen  des  Materials  verant- 
wortlich sein  sollen.  Um  den  Vorteil  großer  Bestellungen  zu 
wahren,  sollen  Materialien,  die  von  sämtlichen  Fabriken  ver- 
braucht werden,  von  derjenigen  Fabrik  gekauft  werden,  deren 
Bedarf  in  diesem  Artikel  am  größten'  ist.  Jedoch  wäre  auf  diese 
Weise  die  Zentralstelle  keineswegs  beseitigt,  sondern  nur  ver- 
teilt. In  jedem  Fabrikeinkauf  würde  sich  ein  Rest  der  alten 
Zentralstelle  vorfinden,  wodurch  der  ganze  Apparat  nur  kom- 
plizierter würde.  Die  Zentralstelle  würde  weiter  bestehen,  nur 
nicht  mehr  als  ein  selbständiges  Ganzes.  Dabei  darf  die  Tat- 
sache nicht  außer  acht  gelassen  werden,  daß  die  selbständige 
Zentralstelle  gewissermaßen  als  neutrale  Abteilung  den  Fabri- 
ken gegenüber  stand,  daß  letztere  aber,  wenn  sie  nicht  nur  für 
sich,  sondern  auch  noch  für  andere  zu  sorgen  haben,  ihre  eige- 
nen Interessen  in  erster  Linie  wahren  werden.  Einmal  kann  es 
zu  Streitigkeiten  kommen,  wessen  Bedarf  zuerst  gedeckt  wer- 
den muß,  oder  wer  bei  zu  großen  Beständen  die  Mehrunkosten 
zu  tragen  hat.  Es  wird  sich  dies  ja  allerdings  im  allgemeinen 
durch  organisatorische  Vorschriften  regeln  lassen,  doch  bleiben 
immer  Unregelmäßigkeiten,  die  niemand  hat  voraussehen  kön- 
nen. Ferner  kann  die  Preisfrage  zu  Schwierigkeiten  Anlaß  ge- 
ben. Die  von  einer  Fabrik  eingekauften  Materialien  werden  in 
ihren  Lagern  aufbewahrt  und  können  von  den  anderen  Fabri- 
ken bei  Bedarf  dort  abgeholt  werden.  Es  ist  klar,  daß  die  ein- 
kaufende Fabrik  zur  Deckung  von  Einkaufs-  und  Lagerspesen  auf 
abzugebende  Materialien  einen  Zuschlag  zu  erheben  berechtigt 
sein  muß.  Jedoch  ist  eine  genaue  Berechnung  eines  solchen 
Zuschlags  äußerst  schwierig,  so  daß  die  Gefahr  für  Reibereien 
sehr  groß   ist,    weil   die    eine   oder   andere    Seite   sich    benach- 


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—    65     — 


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teiligt  fühlt.  Die  Folge  davon  kann  sein,  daß  entweder  jede 
Fabrik  den  Einkauf  dieser  Materialien  auf  eine  andere  abschie- 
ben will,  oder  daß  sie  lieber  selbst  einkauft,  statt  für  ihren  Be- 
zug auf  eine  der  andern  Fabriken  angewiesen  zu  sein.  Bei 
einer  Zentralstelle  fällt  diese  Gefahr  dahin,  weil  sie  alle  Fa- 
briken gleich  behandelt  und  die  Frage  von  vornherein  gelöst 
ist,  welche  Stelle  allein  zum  Einkaufen  der  betreffenden  Materia- 
lien berechtigt  ist. 

Jedoch  selbst  wenn  diese  Schwierigkeiten  behoben  wer- 
den können,  was  durchaus  im  Bereiche  einer  wohlausgearbei- 
teten Organisation  liegt,  stellen  sich  einer  vollständigen  Beseiti- 
gung und  Aufteilung  der  zentralen  Einkaufsstelle  noch  andere 
Schwierigkeiten  entgegen.  Wenn  nämlich  zwei  Fabriken,  ohne 
es  voneinander  zu  wissen,  den  gleichen  oder  einen  ähnlichen 
Artikel  bestellen,  so  kann  leicht  der  Fall  eintreten,  daß  die 
eine  Fabrik  mehr  auf  den  Preis  zu  drücken  sucht  als  die  an- 
dere und  daß  der  Lieferant  der  einen  Fabrik  ein  Zugeständnis 
macht,  weil  er  weiß,  daß  er  sich  bei  der  anderen  schadlos  hal- 
ten kann.  Abgesehen  davon,  daß  ein  solches  Verfahren  einen 
ungünstigen  Einfluß  auf  die  benachteiligte  der  Fabriken  aus- 
übt, muß  noch  berücksichtigt  werden,  daß  beide  unter  dem  Na- 
men ein  und  derselben  Firma  bestellt  haben,  was  bei  dem  Lie- 
feranten einen  sehr  ungünstigen  Emdruck  hervorrufen  muß.  Ein 
solcher  Fall  könnte  bei  der  Bestellung  von  Gußstücken  eintreten, 
da  die  kleinen  verhältnismäßig  teurer  sind  wie  die  großen.  Es 
kann  daher  vielfach  für  die  kleinen  ein  günstigerer  Preis  er- 
zielt werden,  wenn  dem  Lieferanten  auch  die  großen  zugesi- 
chert werden.  Ist  jedoch  eine  Fabrik  Abnehmer  der  großen 
Gußstücke,  eine  andere  Abnehmer  der  kleinen  und  jede  be- 
stellt unabhängig  von  der  anderen,  vielleicht  sogar  bei  verschie- 
denen  Lieferanten,  so  geht  dieser  Vorteil  vertorcn. 

Solche  und  ähnliche  Schwierigkeiten  können  sich  auch  bei 
nur  teilweiser  Überlassung  der  Einkaufsgeschäfte  auf  die  Fabri- 
ken ergeben.  Sie  werden  dadurch  behoben,  daß  jede  Einkaufs- 
bestellung der  Fabriken  die  Zentralstelle  zu  passieren  hat.  Er- 
gibt sich  dann  die  Möglichkeit  eines  Abschlusses,  so  wird  die- 
ser von  der  Zentralstelle  veranlaßt;  scheint  ein  gemeinsames 
Vorgehen  von  zwei  oder  mehreren  Fabriken,  die  einen  gewissen 
Artikel  bisher  getrennt  eingekauft  haben,  als  wünschenswert, 
so  kann  wiederum  die  Zentralstelle  die  Fabriken  darauf  auf- 
merksam machen. 


Demgemäß  muß  im  Falle  einer  vollständigen  Aufteilung  der 
Funktionen  der  Zentralstelle  unter  die  Fabriken  zum  mindesten 
noch  ein  Kontrollorgan  eingeschaltet  werden,  das  ein  gemein- 
schaftliches Auftreten  gegenüber  den  Lieferanten  gewährleistet 
und  die  Vorteile  wahrt,  die  durch  große  Bestellungen  errungen 
werden  können.  Ein  solches  Organ  hat  ferner  noch  die  Auf- 
gabe, zu  kontrollieren,  ob  die  vorgeschriebenen  Normalisie- 
rungen, soweit  sie  sich  auf  Einkaufsobjekte  beziehen,  auch  ein- 
gehalten  werden. 

Der  Einkauf  von  Werkzeugen  und  besonders  Werkzeugma- 
schinen wird  am  besten  einer  gesonderten  Abteilung  überlas- 
sen, da  er  vom  Materialeinkauf  zu  sehr  verschieden  ist,  indem 
er  eine  besondere  technische  Bildung  des  Personals  erfordert. 
Es  ist  bei  Werkzeugmaschinen  im  Gegensatz  zu  Materialien  nicht 
möglich,  daß  die  Bedarfsstelle  die  nötigen  Unterlagen  liefert, 
die  einen  kaufmännischen  Angestellten  in  die  Lage  versetzen 
würden,  den  Einkauf  zu  besorgen.  Andererseits  erfordert  der 
Einkauf  von  Maschinen  noch  ein  viel  engeres  Zusammenarbei- 
ten mit  dem  Betriebsleiter,  da  es  nicht  nur  darauf  ankommt, 
daß  eine  Maschine  eine  gewisse  Arbeit  verrichtet;  es  muß  auch 
Gewähr  geboten  sein,  daß  sie  das  ganze  Jahr  durch  beschäftigt 
werden  kann,  da  sie  sonst  diejenigen  Arbeiten  zu  stark  be- 
lastet, zu  deren  ausschließlicher  Ausführung  sie  allein  geeignet 
ist.  Eine  gesonderte  Abteilung  für  den  Einkauf  von  Werkzeugen 
und  Werkzeugmaschinen  ist  allerdings  nur  dann  möglich,  wenn 
der  Bedarf  groß  genug  ist,  eine  selbständige  Abteilung  voll- 
ständig zu  beschäftigen.  Ist  dies  der  Fall,  so  hat  diese  Abtei- 
lung den  großen  Vorteil,  daß  sie  sich  viel  genauere  Kenntnisse 
über  die  jeweils  neuesten  Erfindungen  auf  diesem  Gebiet  ver- 
schaffen kann,  als  dies  von  der  zentralen  Einkaufsstelle  erwartet 
werden  kann,  selbst  wenn  gewisse  Angestellte  dieser  Stelle  aus- 
schließlich mit  dem  Einkauf  von  Maschinen  beschäftigt  sind. 
Der  Unterschied  der  beiden  Kaufobjekte,  Materialien  und  Ma- 
schinen ist  zu  groß,  als  daß  der  Einkauf  mit  Erfolg  von  einer 
Abteilung  für  beides  ausgehen  kann. 

Die  Einkaufsstelle  für  Maschinen  und  Werkzeuge  wird  in 
der  Regel  eine  zentrale  Stelle  sein,  einerseits  weil  die  Größe 
des  Bedarfs  wohl  in  den  wenigsten  Fällen  eine  Aufteilung  zu- 
läßt, andererseits  weil  die  Pünktlichkeit  der  Lieferung  keine  so 
wichtige   Rolle  spielt   wie   bei   Materialien.     Bedingung  ist   nur 


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teiligt  fühlt.  Die  Folge  davon  kann  sein,  daß  entweder  jede 
Fabrik  den  Einkauf  dieser  Materialien  auf  eine  andere  abschie- 
ben will,  oder  daß  sie  lieber  selbst  einkauft,  statt  für  ihren  Be- 
zug auf  eine  der  andern  Fabriken  angewiesen  zu  sein.  Bei 
einer  Zentralstelle  fällt  diese  Gefahr  dahin,  weil  sie  alle  Fa- 
briken gleich  behandelt  und  die  Frage  von  vornherein  gelöst 
ist,  welche  Stelle  allein  zum  Einkaufen  der  betreffenden  Materia- 
lien berechtigt  ist. 

Jedoch  selbst  wenn  diese  Schwierigkeiten  behoben  wer- 
den können,  was  durchaus  im  Bereiche  einer  wohlausgearbei- 
teten Organisation  liegt,  stellen  sich  einer  vollständigen  Beseiti- 
gung und  Aufteilung  der  zentralen  Einkaufsstelle  noch  andere 
Schwierigkeiten  entgegen.  Wenn  nämlich  zwei  Fabriken,  ohne 
es  voneinander  zu  wissen,  den  gleichen  oder  einen  ähnlichen 
Artikel  bestellen,  so  kann  leicht  der  Fall  eintreten,  daß  die 
eine  Fabrik  mehr  auf  den  Preis  zu  drücken  sucht  als  die  an- 
dere und  daß  der  Lieferant  der  einen  Fabrik  ein  Zugeständnis 
macht,  weil  er  weiß,  daß  er  sich  bei  der  anderen  schadlos  hal- 
ten kann.  Abgesehen  davon,  daß  ein  solches  Verfahren  einen 
ungünstigen  Einfluß  auf  die  benachteiligte  der  Fabriken  aus- 
übt, muß  noch  berücksichtigt  werden,  daß  beide  unter  dem  Na- 
men ein  und  derselben  Firma  bestellt  haben,  was  bei  dem  Lie- 
feranten einen  sehr  ungünstigen  Eindruck  hervorrufen  muß.  Ein 
solcher  Fall  könnte  bei  der  Bestellung  von  Gußstücken  eintreten, 
da  die  kleinen  verhältnismäßig  teurer  sind  wie  die  großen.  Es 
kann  daher  vielfach  für  die  kleinen  ein  günstigerer  Preis  er- 
zielt werden,  wenn  dem  Lieferanten  auch  die  großen  zugesi- 
chert werden.  Ist  jedoch  eine  Fabrik  Abnehmer  der  großen 
Gußstücke,  eine  andere  Abnehmer  der  kleinen  und  jede  be- 
stellt unabhängig  von  der  anderen,  vielleicht  sogar  bei  verschie- 
denen  Lieferanten,  so  geht  dieser  Vorteil  verloren. 

Solche  und  ähnliche  Schwierigkeiten  können  sich  auch  bei 
nur  teilweiser  Überlassung  der  Einkaufsgeschäfte  auf  die  Fabri- 
ken ergeben.  Sie  werden  dadurch  behoben,  daß  jede  Einkaufs- 
bestellung der  Fabriken  die  Zentralstelle  zu  passieren  hat.  Er- 
gibt sich  dann  die  Möglichkeit  eines  Abschlusses,  so  wird  die- 
ser von  der  Zentralstelle  veranlaßt;  scheint  ein  gemeinsames 
Vorgehen  von  zwei  oder  mehreren  Fabriken,  die  einen  gewissen 
Artikel  bisher  getrennt  eingekauft  haben,  als  wünschenswert, 
so  kann  wiederum  die  Zentralstelle  die  Fabriken  darauf  auf- 
merksam machen. 


Demgemäß  muß  im  Falle  einer  vollständigen  Aufteilung  der 
Funktionen  der  Zentralstelle  unter  die  Fabriken  zum  mindesten 
noch  ein  Kontrollorgan  eingeschaltet  werden,  das  ein  gemein- 
schaftliches Auftreten  gegenüber  den  Lieferanten  gewährleistet 
und  die  Vorteile  wahrt,  die  durch  große  Bestellungen  errungen 
werden  können.  Ein  solches  Organ  hat  ferner  noch  die  Auf- 
gabe, zu  kontrollieren,  ob  die  vorgeschriebenen  Normalisie- 
rungen, soweit  sie  sich  auf  Einkaufsobjekte  beziehen,  auch  ein- 
gehalten  werden. 

Der  Einkauf  von  Werkzeugen  und  besonders  Werkzeugma- 
schinen wird  am  besten  einer  gesonderten  Abteilung  überlas- 
sen, da  er  vom  Materialeinkauf  zu  sehr  verschieden  ist,  indem 
er  eine  besondere  technische  Bildung  des  Personals  erfordert. 
Es  ist  bei  Werkzeugmaschinen  im  Gegensatz  zu  Materialien  nicht 
möglich,  daß  die  Bedarfsstelle  die  nötigen  Unterlagen  liefert, 
die  einen  kaufmännischen  Angestellten  in  die  Lage  versetzen 
würden,  den  Einkauf  zu  besorgen.  Andererseits  erfordert  der 
Einkauf  von  Maschinen  noch  ein  viel  engeres  Zusammenarbei- 
ten mit  dem  Betriebsleiter,  da  es  nicht  nur  darauf  ankommt, 
daß  eine  Maschine  eine  gewisse  Arbeit  verrichtet;  es  muß  auch 
Gewähr  geboten  sein,  daß  sie  das  ganze  Jahr  durch  beschäftigt 
werden  kann,  da  sie  sonst  diejenigen  Arbeiten  zu  stark  be- 
lastet, zu  deren  ausschließlicher  Ausführung  sie  allein  geeignet 
ist.  Eine  gesonderte  Abteilung  für  den  Einkauf  von  Werkzeugen 
und  Werkzeugmaschinen  ist  allerdings  nur  dann  möglich,  wenn 
der  Bedarf  groß  genug  ist,  eine  selbständige  Abteilung  voll- 
ständig zu  beschäftigen.  Ist  dies  der  Fall,  so  hat  diese  Abtei- 
lung den  großen  Vorteil,  daß  sie  sich  viel  genauere  Kenntnisse 
über  die  jeweils  neuesten  Erfindungen  auf  diesem  Gebiet  ver- 
schaffen kann,  als  dies  von  der  zentralen  Einkaufsstelle  erwartet 
werden  kann,  selbst  wenn  gewisse  Angestellte  dieser  Stelle  aus- 
schließlich mit  dem  Einkauf  von  Maschinen  beschäftigt  sind. 
Der  Unterschied  der  beiden  Kaufobjekte,  Materialien  und  Ma- 
schinen ist  zu  groß,  als  daß  der  Einkauf  mit  Erfolg  von  einer 
Abteilung  für  beides  ausgehen  kann. 

Die  Einkaufsstelle  für  Maschinen  und  Werkzeuge  wird  in 
der  Regel  eine  zentrale  Stelle  sein,  einerseits  weil  die  Größe 
des  Bedarfs  wohl  in  den  wenigsten  Fällen  eine  Aufteilung  zu- 
läßt, andererseits  weil  die  Pünktlichkeit  der  Lieferung  keine  so 
wichtige   Rolle   spielt   wie   bei   Materialien.     Bedingung   ist   nur 

5 


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—    66    — 

ein  sehr  inniges  Zusammenarbeiten  mit  den  Betriebsleitern  der 
Fabriken.  Die  Verrechnung  wird  am  günstigsten  so  erfolgen, 
daß  die  Fabriken  die  Maschinen  und  Werkzeuge  zum  Einkaufs- 
preis, inkl.  Versandspesen  plus  einem  geringen  Zuschlag  zur 
Deckung  der  Unkosten  der  Einkaufsabteilung,  zu  übernehmen 
haben. 

Was  einen  selbständigen  Einkauf  für  Bureaumaterialien  be- 
trifft, so  ergibt  sich  dessen  Zweckmäßigkeit  als  Folge  der  selb- 
ständigen Bureaumaterialverwaltung,  der  er  dann  angeschlossen 
wird,  natürlich  nur  sofern  es  die  Größe  des  Unternehmens  er- 
laubt. Die  Verwaltungs-  und  Lagerungsstelle  für  Bureaumateria- 
lien ist  aber  auf  jeden  Fall  von  derjenigen  für  Fabrikationsma- 
terialien getrennt,  da  sie  andere  Abnehmer  zu  bedienen  hat  und 
ihre  Materialien  ausnahmslos  auf  Unkostenkonten  gebucht  wer- 
den. Die  Trennung  der  Einkaufsstelle  für  diese  Materialien 
von  der  der  Fabrikationsmaterialien  bietet  auch  keinen  Nachteil, 
da  es  sich  wohl  in  den  allermeisten  Fällen  um  ganz  verschie- 
dene Materialien,  die  verschiedene  Kenntnisse  erfordern,  sowie 
um  verschiedene  Lieferanten  handelt,  andererseits  gewährleistet 
eine  Verbindung  von  Einkauf  und  Lagerverwaltung  dieser  Ma- 
terialien ein  rechtzeitiges  Vorhandensein  in  der  gewünschten 
Qualität  im  Bedarfsfalle. 

2.  Die  Tätigkeit  der  Einkaufsabteilung. 

a)   Die  Veranlassung  zum  Einkauf. 

Die  Veranlassung  zum  Einkauf  kann  der  Einkaufsstelle  auf 
verschiedene  Arten  zugehen.  In  den  allermeisten  Fällen  geht 
sie  von  der  Materialverwaltung  aus.  Jedoch  handelt  es  sich 
dann  meistens  um  normalisierte  Materialien.  Neben  diesen  Ma- 
terialien, die  immer  in  größerer  Zahl  auf  Lager  gehalten  wer- 
den müssen,  gibt  es  aber  noch  solche,  die  nur  in  Einzelfällen 
benötigt  werden  und  daher  keinen  ständigen  Lagerartikel  dar- 
stellen. 

Beim  dezentralisierten  Fabrikeinkauf  kann  die  Aufforderung 
zum  Bestellen  so  geschehen,  daß  die  Einkaufsstelle  vom  Be- 
triebsbureau die  Materialliste  für  die  betreffende  zu  erstellende 
Maschine  erhält.  Auf  dieser  Liste  sind  alle  Materialien,  die  für 
den  betreffenden  Auftrag  erforderlich  sind,  aufgeführt.  Alle  die- 
jenigen, Materialien,  die  nicht  auf  Lager  gehalten  werden,  wcr- 


-    67    —     > 

den  vom  Betriebsbureau  besonders  angezeichnet  und  müssen  vom 
Einkauf  sofort  bestellt  werden.  Wird  der  Einkauf  durch  eTn^ 
Zentralstelle  besorgt,  so  gehen  die  Materiallisten  an  die  Mate' 
na  Verwaltung  und  diese  besorgt  die  Aufforderung  zum  Mate- 

F^h  .'"?.  I""" J"  ''"'^'"  '^^"^  ^^^'^*  «'^h  der  Vorteil  des 
sam"r  ."'"''  cla  besonders  bei  anormalen  Materialien  ein  Zu! 
weTIsTdr  h^"  ,^^^"^^^^"--  -d  Einkaufsstelle  wünschens- 
7Jl     i.  a        ''  ^^'   Emrichtung  einer  Zentralstelle   nicht  in 

t^l^  :  Tri''  '''"  ''""•  ^^"^  ^"^^^  Veranlassung  zum 
Emkaufen  findet  dann  statt,  wenn  die  Einkaufsstelle  fs  ak 
zweckmäßig  erachtet,  für  einen  Artikel  einen  Abschluß  mit  einet 
Lieferanten  auf  längere  Dauer  zu  machen.      Diesem  muß   S 

fu^^^^h'en     ^'^^^^^^  '"  ^''^'''^  '''  ^'"-'-"  Abnehmer  vor! 
Bei  Beschaffung  von  normalen  Materialien  durch  die  Mate- 
[fTi^:^  ergeht  von   dieser  eine  schriftliche  Auff^rde^lg 
Irw"  u  "*''  '*'''^"  ermächtigt,  zur  Bestellung  beim  Lie 

S  e"n  1  "iTt";  '''  '"  Anforderung  dieser  ^Materialien 
2fch..^  f "?  ^''^"^'^^  Formulare,  die  die  Schreibarbeit 
möglichst  vereinfachen  sollen  und  gleichzeitig  eine  regelmäßige 

elT trof  "^It'ir  ^^'^"'  '''  ^"^"  billigten  San^^^^^^ 
eine  gute  Übersichtlichkeit  ermöglichen.  In  vielen  Fällen  wer- 
den  zu  diesem  Zweck  Bücher  angelegt,  in  denen  die  Material- 
Verwaltung  in  zeitlicher  Reihenfolge  ihren  Bedarf  angibt  Ein 
solches  Buch  enthält  Kolonnen  für  1.  das  Datum  der  Eintel" 
Sn\  T  '^-  3.  Gewicht  und  Menge,  4.  zu  belastendes 
Konto,   5.  den  gewünschten   Lieferungstermin.     Alle  diese  An- 

LtVh't^'%'':  Materialverwaltung  eingetragen,  worauf 
das  Buch  an  den  Einkauf  weitergegeben  wird,  wo  die  Bestel- 
lung  veranlaßt  wird  und  die  Angaben  je  nach   Bedarf  ergänzt 

numt;  TL?'  '"^"^""?. '''  '*^'^^^"^->  ^-  ^2X 

nummer,  Liefertermin  usw.  Der  Vorteil  eines  solchen  Buches 
beruht  in  der  Papierersparnis,  indem  für  jeden  Auftrag  nur  ein^ 
Unie  erforderlich  ist.  Jedoch  sind  andererseits  schVere  T 
denken  zu  verzeichnen,  die  ein  solches  Buch  als  unzweckmäßiir 
erscheinen  lassen.  Einmal  ist  es  notwendig,  daß  zwe!Büchef 
a^tr;:?^  ^enn  während  das  ei'n'e  in  derkkaut 

ab  eilung  als  Unteriage  zur  Ausarbeitung  von  Anfragen  oder  Be- 

verualtung    hegen,    um    notwendig    werdende    Materialanforde- 


-V«rr 


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L»     1 


_     68    — 

rungeii  sofort  eintragen  zu  können,  anderenfalls  besteht  die  Ge- 
fahr  daß  solche  Anforderungen  vergessen  werden.    Ein  weiterer 
Nachteil  dieser  Bücher  ist  die  Unübersichtlichkeit;  ein  Ordnen 
nach  einem  anderen   Gesichtspunkt  wie  das   Eintragsdatum   ist 
nicht  mehr  möglich,  so  wenig  wie  das  Herausnehmen  einer  ein- 
zelnen Anforderung.     Diese  Mängel  werden  durch  das  Zettel- 
system behoben,  obwohl  diesem  der  Vorwurf  größeren  Papier- 
verbrauchs nicht  erspart  bleiben  kann,  der  allerdings  durch  den 
Vorteil   besserer   Ordnung   mehr   als   kompensiert  wird.     Diese 
Zettel  sollen  aber  nur  dem   einen  Zweck  der  Materialanforde- 
rung dienen  und  nicht  noch  für  andere  Notierungen  verwendet 
werden,    besonders    dann    nicht,    wenn   diese  Notierungen  von 
anderen  Instanzen  eingetragen  werden  müssen,  wie  z.B.  Mah- 
nungen   zu    rechtzeitiger    Lieferung,    Kontrolle    des    Materials, 
ebenso  Eintragung  des  Lieferanten,  des  Liefertermins,  des  Prei- 
ses- denn  diese  Dinge  haben  mit  der  eigentlichen  Anforderung 
des'  Materials   nichts   zu   hin   und   erfordern   ein   fortwahrendes 
Umlaufen  des  Zettels,  wodurch  dieser  abgenützt  wird  oder  viel- 
leicht sogar  verloren  geht.     Meistens  sind   diese   Angaben   auf 
anderen  Formularen  erhältlich,  z.  B.  einer  Kopie  der  Bestellung, 
so  daß  ein  nochmaliges  Abschreiben  unnötig  wird  und  nur  da- 
zu  führt    daß   das   Formular  vergrößert  werden   muß.     Hinge- 
gen ist  es  gut,  wenn  mit  der  Anforderung  gleichzeitig  Mittei- 
lung über  den  gegenwärtigen  Lagerbestand  und  über  den  Ver- 
brauch in   den   letzten   drei   Monaten  gemacht  wird,   da  solche 
Unterlagen   dem    Einkauf   die   Zweckmäßigkeit   eines   Abschlus- 
ses vor  Augen  führen  können;  ferner  könnte  es  auch  vorkom- 
men, daß  der  Einkauf  eine  größere  als  die  geforderte   Bestel- 
lung zu  viel  günstigeren  Preisen  erhalten  kann.    Angaben  über 
Verbrauchsziffern   setzen   ihn   dann   in   die   Lage   zu   beurteilen, 
ob  eine  größere  Quantität  bestellt  werden  darf,  ohne  daß  Ge- 
fahr  besteht,    daß   sie    auf   unabsehbare   Zeit   im    Lager   hegen 
bleibt.     Den  angegebenen  Forderungen  würde  ungefähr  neben- 
stehendes Formular  genügen. 

Das  Formular  wird  bis  auf  die  letzten  beiden  Kolonnen  von 
der  Materialverwaltung  ausgefüllt.  Es  besteht  aus  zwei  glei- 
chen Blättern;  alle  Blätter  sind  zusammengebunden.  Dieses 
Buch  wird  in  den  Einkauf  gebracht,  woselbst  der  Empfang  auf 
der  dazu  vorgesehenen  Linie  bestätigt  wird;  darauf  wird  das 
Original  herausgerissen  und  bleibt  im   Einkauf,  die  zusammen- 


—    69    — 


Ergänzung  normaler  VorrSte. 


Gegenstand 

Zaiehan  u. 
Oimanaioii 

Lagar- 
bastand 

Unarladigto 
Baatallungan 

V 

Zuaamman 

Varbraueh 

dar  latztan 

3  Monata 

Neubestellung 

Quantum ;  Eink.-Nr.     Datum 

• 

• 

Datum                                                                                                            Visum  dar  Einkaufsstalla 
Lagar 

Formular  I. 

gebundenen  Durchschläge  gehen  zurück  an  die  Materialverwal- 
tung. Die  zwei  letzten  Kolonnen  sind  für  Eintragungen  der 
Einkaufsabteilung.  Das  Visum  der  Einkaufsabteilung  wird  vor 
dem  Herausreißen  des  Originals  verlangt,  damit  für  die  Mate- 
rialverwaltung kein  Zweifel  bestehen  kann,  daß  die  Einkaufs- 
abteilung den  Auftrag  erhalten  hat.  Ein  Visum  des  Betriebs- 
bureaus, wie  es  vielfach  verlangt  wird,  sollte  nur  notwendig  sein, 
wenn  es  sich  um  anormale  Materialien  handelt,  bei  normalen 
ist  es  jedoch  ganz  überflüssig  und  verringert  höchstens  das 
Verantwortlichkeitsgefühl  der  Materialverwaltung.  Je  weiter  die 
Normalisierung  der  Materialien  fortgeschritten  ist,  je  weniger 
ist  eine  Kontrolle  der  Materialverwaltung  durch  das  Betriebs- 
bureau notwendig. 

b)  Das  Einholen  der  Offerte. 

Der  nächste  Schritt  nach  der  Materialanforderung  ist  das 
Einholen  der  Offerten.  Es  wird  selbstverständlich  nicht  immer 
derjenige  Lieferant  den  Auftrag  erhalten,  dessen  Preise  die  nie- 
drigsten   sind.     Es    muß    vorher    eine   genaue    Qualitätsprüfung 


^^* 


70     — 


71     — 


I 


vorgenommen  werden,  über  deren  Resultat  in  vielen  Fällen  nicht 
der  Einkauf  allein  entscheidet!  kann.  Wem  die  Entscheidung  zu- 
fällt, ist  in  verschiedenen  Werken  ganz  verschieden,  es  handelt 
sich  dabei  meistens  um  eine  Personal  frage,  wer  nämlich  über 
die  größten  Materialkenntnisse  verfügt.  Die  Anfrage  sollte  etwa 
an  3—5  Lieferanten  gestellt  werden,  die  dem  Unternehmen  für 
gute  Lieferungen  bekannt  sind.  Auch  ist  es  günstig,  solche  zu 
wählen,  die  möglichst  gute  Transportverbindungen  mit  dem 
eigenen  Unternehmen  haben,  damit  keine  Verteuerung  des  Ma- 
terials durch  allzuhohe  Transportspesen  eintritt.  Auch  dürfen 
nicht  zu  viele  Firmen  angefragt  werden,  jedenfalls  nicht  mehr- 
fach hintereinander.  Ein  Lieferant,  der  öfters  angefragt  wird, 
ohne  jemals  einen  Auftrag  zu  erhalten,  wird  schließlich  des 
Antwortens  überdrüssig.  Hauptsächlich  wird  er  sich  nicht  mehr 
bemühen,  möglichst  günstige  Bedingungen  zu  machen,  wodurch 
der  Zweck,  den  man  mit  Anfragen  an  verschiedene  Firmen  ver- 
folgt, nämlich  die  Kenntnis  der  möglichst  günstigen  Kaufsbedin- 
gungen, verloren  geht.  Endlich  könnte  das  noch  zu  einer  Über- 
einkunft der  Lieferanten  führen,  daß  alle  Angefragten  hohe  Preise 
angeben,  so  daß  ein  bestimmter  Lieferant  immer  den  Auftrag 
erhält,  der  dann  den  Gewinn  mit  seinen  Konkurrenten  teilt. 
Andererseits  darf  auch  nicht  immer  beim  gleichen  Lieferanten 
bestellt  werden,  ohne  vorherige  Kontrolle  seiner  Preise  durch 
die  Konkurrenz,  da  man  sonst  Gefahr  läuft,  schließlich  zu  hohe 
Preise  bezahlen  zu  müssen.  Auf  jeden  Fall  muß  den  Lieferan- 
ten ein  gerechter  Wettbewerb  ermöglicht  werden.  Dieser  er- 
fordert, daß  der  Leiter  der  Einkaufsabteilung  über  jegliche  Be- 
stechlichkeit erhaben  ist.  Jedoch  selbst  wenn  dies  der  Fall  ist, 
so  ist  immer  noch  die  Möglichkeit  vorhanden,  daß  ein  Unter- 
beamter der  Bestechlichkeit  zugänglich  ist  und  die  eingegange- 
nen Offertpreise  einem  Lieferanten  mitteilt,  der  sich  dann  bei 
der  Abfassung  seiner  Offerte  darnach  richten  kann.  Es  konnte 
in  einem  Fall  beobachtet  werden,  daß  bei  der  Beurteilung  der 
Offerten  immer  diejenige  eines  gewissen  Lieferanten  fehlte,  daß 
dieselbe  dann  aber  immer  verspätet  eintraf  und  die  allergün- 
stigsten  Bedingungen  enthielt,  so  daß  der  Auftrag  immer  die- 
sem Lieferanten  zufiel.  Für  das  Werk  haben  diese  Machenschaf- 
ten besonders  den  Nachteil,  daß  der  Lieferant  sich  für  die  her- 
abgedrückten Preise  durch  schlechte  Lieferung  schadk>s  zu  hal- 
ten suchen  muß.    Fällt  ihm  dagegen  der  Auftrag  auf  rechtmäßige 


(. 


\ 


Weise  zu,  so  wird  er  bestrebt  sein,  möglichst  gut  zu  liefern, 
um  auch  spätere  Aufträge  wieder  zu  erhalten.  Um  eine  gerechte 
Beurteilung  der  eingegangenen  Offerten  zu  ermöglichen,  wird 
folgendes  System  mit  Erfolg  angewandt.  Der  Anfrage  wird  ein 
Kuvert  beigegeben,  das  von  außen  erkennen  läßt,  daß  es  für 
die  Einkaufsabteilung  bestimmt  ist,  ferner  trägt  es  eine  Num- 
mer, die  einen  ganz  bestimmten  Komplex  von  Anfragen  be- 
zeichnet. Dem  Lieferanten  wird  ein  bestimmter  Termin  an- 
gegeben, bis  zu  welchem  die  Offerte  eingereicht  werden  muß 
und  nach  dessen  Ablauf  die  Beurteilung  erfolgt.  Später  eintref- 
fende Offerten  können  dann  nicht  mehr  berücksichtigt  werden. 
Auch  muß  die  Offerte  in  dem  der  Anfrage  beigelegten  Kuvert 
gesandt  werden.  Dieses  wird  dann  bei  Eintreffen  nicht  sofort 
geöffnet,  sondern  alle  Kuverte  mit  der  gleichen  Nummer  wer- 
den zusammen  aufbewahrt.  Ihre  Öffnung  erfolgt  erst  an  dem 
festgesetzten  Datum.  Damit  wird  vermieden,  daß  durch  eigene 
Beamte  die  Bedingungen  des  einen  Lieferanten  dem  anderen  mit- 
geteilt werden.  Auch  ist  es  ausgeschlossen,  daß  die  Bestel- 
lungen mit  Reisenden  abgemacht  werden,  die  besonders  gün- 
stige Bedingungen  versprechen,  wenn  ihnen  der  Auftrag  sofort 
erteilt  wird,  bevor  die  Konkurrenz  zum  Wort  gekommen  ist. 
Nicht  selten  benützen  allerdings  die  Lieferanten  die  eben  er- 
wähnten Kuverte  trotz  wiederholter  Mahnungen  auch  zu  an- 
deren Mitteilungen  an  die  Firma.  Kann  diese  Gewohnheit  nicht 
beseitigt  werden,  so  müssen  die  Kuverte  bei  Eintreffen  von 
einem  vertrauenswürdigen  Beamten  geöffnet  werden,  der  alles, 
was  nicht  zu  der  betreffenden  Offerte  g^ehört,  herausnimmt. 
Ist  der  Tag  der  Beurteilung  der  Offerten  gekommen,  so 
werden  alle  eingelaufenen  Kuverte  geöffnet  und  die  Offerten 
auf  ein  dazu  geschaffenes  Formular  übertragen.  Eine  spezielle 
Kolonne  ist  dabei  der  letzten  Bestellung  dieses  Artikels  zuge- 
wiesen, damit  die  Offerten  auch  mit  dieser  verglichen  werden 
können.  Nach  erfolgter  Auswahl  werden  diese  Formulare,  für 
jeden  Artikel  jedoch  immer  nur  das  letzte,  nach  Gegenständen 
rigistriert,  um  bei  erneuten  Anfragen  zu  wissen,  welche  Liefe- 
ranten es  sich  anzufragen  der  Mühe  lohnt.  Zweckmäßig  ist 
es  femer,  noch  zur  Feststellung  der  Lieferanten  eine  Kartothek 
zu  führen.  Jede  Art  von  Material  erhält  eine  oder  mehrere 
Karten,  die  nach  Gegenständen  alphabetisch  geordnet  werden. 
Auf  ihr  sind  die   Lieferanten   für  das   betreffende  Material  mit 


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11 


—     72     ~ 

genauer  Adresse  zu  verzeichnen.  Diese  Karten  haben  auch  den 
Zweck,  für  ein  bei  Montagen  plötzlich  benötigtes  Material, 
den  dem  Montageort  nächstliegenden  Lieferanten  schnell  aus- 
findig machen   zu   können. 

c)    Die   Bestellung. 

Ist  irgend  eine  Offerte  ausgewählt  worden,  so  erfolgt  die 
Bestellung.  Alle  Bestellungen  erhalten  fortlaufende  Nummern. 
Das  Material  kann  auch  je  nach  seiner  Beschaffenheit  in  ver- 
schiedene Klassen  geschieden  werden,  von  denen  jeder  eine 
gewisse  Nummernserie  reserviert  wird,  so  daß  aus  der  Ein- 
kaufsnummer sofort  die  Art  des  Materials  erkenntlich  gemacht 
wird.  Jedoch  darf  diese  Klassifizierung  nicht  zu  weit  getrieben 
werden,  da  sonst  die  einzelnen  Klassen  nicht  im  Kopf  behalten 
werden  können,  wodurch  der  Vorteil  hinfällig  wird.  Um  unnö- 
tige Schreibarbeit  zu  vermeiden,  erweist  es  sich  als  geeignet, 
die  Bestellung  nicht  auf  ein  gewöhnliches  Briefpapier,  sondern 
auf  ein  eigens  dafür  geschaffenes  Formular  zu  schreiben.  Die- 
sem sind  zwei  Durchschläge  anzuheften,  von  denen  der  eine 
in  der  Einkaufsabteilung  verbleibt,  während  der  andere  an  die 
Materialverwaltung  geht.  Vom  Original  wird  nach  erfolgter  Un- 
terzeichnung noch  eine  Kopie  gekommen,  um  die  Originalbe- 
stellung auch  in  der  Kopie  nachweisen  zu  können.  Wieviele 
Reproduktionen  der  Originalbestellung  notwendig  sind,  darüber 
entscheidet  die  jeweilige  Organisation,  jedoch  können  die  drei 
hier  angeführten   genügen. 

Bei  der  Ausarbeitung  der  Bestellung  ist  besonders  darauf 
Gewicht  zu  legen,  daß  sie  in  allen  Punkten  ganz  unzweideutig 
formuliert  wird.  Um  hier  den  Beamten  Erleichterungen  zu  ge- 
währen, wird  häufig  ein  Buch  über  die  festgesetzte  Material- 
beschaffenheit angelegt,  in  dem  sich  für  jedes  Material  die  be- 
sonderen Bestimmungen  wie  Bearbeitung,  Festigkeit,  Toleranz 
usw.  vorfinden.  Ferner  muß  auch  das  Prinzip  beobachtet  wer- 
den, daß  einem  Beamten  zur  Bearbeitung  möglichst  immer  nur 
eine  Art  von  Materialien  übergeben  wird,  so  daß  er  sich  auf 
seinem  Gebiet  möglichst  weitgehende  Kenntnisse  aneignen  kann, 
anstatt  daß  er  von  allen  Gebieten  wenig  und  nirgends  genü- 
gend weiß.  Neben  denen  technischer  müssen  aber  auch  noch 
alle  Bestimmungen  kaufmännischer  Natur  in  der  Bestellung  ent- 
halten   sein,   so   daß   später   keine    Irrtümer   entstehen   können; 


—    73    — 

und  zwar  nicht  nur  der  Preis,  sondern  auch  der  Termin,  et- 
waige Konventionalstrafe,  der  Lie'erungsort,  die  Versicherung, 
die  Verpackung,  ob  und  zu  welchem  Preise  dieselbe  zurück- 
genommen wird  und  andere  Bedingungen  mehr,  wie  sie  eben 
der  betreffende  Fall  erheischt.  Lieferungsbedingungen,  die  das 
Unternehmen  in  jedem  Falle  gewahrt  wissen  will,  werden  am 
besten  gleich  auf  das  Original  des  Einkaufsformulares  gedruckt. 

Meistens  wird  vom  Besteller  eine  Bestätigung  seiner  Be- 
stellung durch  den  Lieferanten  verlangt,  auf  der  alle  Kaufsbe- 
dingungen nochmals  aufgeführt  werden,  um  sicher  zu  sein,  daß 
auch  vollständige  Übereinstimmung  zwischen  den  beiden  Par- 
teien herrscht.  Ferner  hat  diese  Bestätigung  den  Zweck  zu 
verhüten,  daß  der  Lieferant  bei  für  ihn  ungünstigen  Ände- 
rungen der  Konjunktur  nicht  behaupten  kann,  die  Bestellung 
nicht  erhalten  zu  haben.  Auch  wenn  diese  Bestätigung  nicht 
ausdrücklich  verlangt  wird,  so  erfolgt  sie  doch  in  den  meisten 
Fällen,  da  sie  mit  der  Zeit  kaufmännische  Usance  geworden 
ist.  Es  muß  aber  immerhin  darauf  hingewiesen  werden,  daß 
der  Bestätigung  der  Bestellung  nicht  die  Wichtigkeit  zukommt, 
die  ihr  besonders  in  der  Literatur  beigelegt  wird,  wenigstens 
in  den  einfacheren  Fällen  nicht,  bei  denen  es  sich  um  den  Kauf 
eines  leicht  zu  umschreibenden  Artikels  auf  kurze  Lieferzeit  hin 
handelt.  Es  gibt  Werke,  die  sich  die  Bestätigung  der  Bestel- 
lung ausdrücklich  verbitten,  wenn  der  Lieferant  mit  allen  Bedin- 
gungen einverstanden  ist.  Bloßes  Stillschweigen  wii^d  also  als 
Annahme  betrachtet.  Dabei  wird  von  der  Tatsache  ausgegangen, 
daß  die  Bestätigung  für  beide  Kontrahenten  nur  eine  Mehrarbeit 
bedeutet,  die  auch  weggelassen  werden  kann.  In  der  Tat  zeigt 
auch  die  Erfahrung,  daß  die  durch  das  Weglassen  der  Bestäti- 
gung verursachten  Streitfälle  ausnehmend  selten  sind  und  durch 
die  Ersparnisse  an  Arbeit  reichlich  kompensiert  werden.  Bei 
großen  Unternehmungen  ist  das  auch  leicht  verständUch,  da 
der  Lieferant  Gefahr  läuft,  sich  eines  guten  Kunden  zu  berau- 
ben, wenn  er  sich  solche  Praktiken  zu  eigen  macht.  Handelt 
es  sich  jedoch  um  große  Käufe  mit  langen  Lieferzeiten,  oder 
um  Abschlüsse  oder  Preisvereinbarungen  auf  lange  Dauer,  dann 
muß  eine  Bestätigung  unter  allen  Umständen  verlangt  werden. 

Von  den  zwei  im  Einkaufsbureau  verbleibenden  Exempla- 
ren des  Bestellungsformulars  wird  die  Kopie  nach  Einkaufs- 
nummern,   der    Durchschlag   alphabetisch   nach    Lieferanten   und 


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—     74     — 

zwar  getrennt  in  erledigte  und  unerledigte  Bestellungen,  abge- 
legt. Der  Stelle  auf  dem  Blatt,  die  beim  Original  die  für  alle 
Fälle  geltenden  Lieferungsbedingungen  trägt,  entspricht  auf  den 
Durchschlägen  ein  Vordruck  für  die  Lieferungen  mit  drei  Ko- 
lonnen für  Datum,  Stückzahl  und  Gewicht  und  ein  solcher  für 
Reklamationen  und  event.  Änderungen  des  Liefertermins.  All- 
wöchentlich einmal  werden  die  unerledigten  Bestellungen  durch- 
gesehen und  noch  nicht  eingetroffenes  Material,  dessen  Ver- 
fallzeit heranrückt  oder  schon  überschritten  ist,  wird  reklamiert. 
Das  Datum  der  Reklamation  wird  auf  dem  Bestellungsdurch- 
schlag auf  dem  dafür  geschaffenen  Vordruck  vermerkt.  Häu- 
fig werden  auch  die  .Bestellungsnummern  nach  Daten  in  ein 
Buch  eingetragen,  und  zwar  bei  demjenigen  Datum,  an  dem 
der  Beamte,  der  das  Buch  täglich  durchsieht,  die  Bestellung 
reklamieren  muß.  Dieses  Datum  wird  je  nachdem  wie  es  der 
Spezialfall  erfordert,  verschieden  gewählt,  meist  aber  vor  dem 
Fälligkeitstag.  Ist  die  Sendung  besonders  wichtig,  so  wird  es 
schon  auf  einen  Tag  nach  Ablauf  von  ungefähr  der  Hälfte  des 
Liefertermins  angesetzt;  an  diesem  Tage  wird  dem  Lieferanten 
dann  mitgeteilt,  daß  man  bestimmt  damit  rechnet,  die  Ware  zur 
Zeit  zu  erhalten.  Ein  solches  Buch  erweist  sich  jedoch  als 
überflüssig,  wenn  die  unerledigten  Bestellungsformulare  in  be- 
stimmten Zeitabschnitten  sorgfältig  durchgesehen  werden.  Viel- 
fach wird  die  Terminkontrolle  auch  an  Hand  von  Karten  vor- 
genommen, die  nach  Verfallsdaten  geordnet  werden.  Zur  bes- 
sern Übersicht  werden  dann  häufig  die  einzelnen  Stufen  des  be- 
treffenden Geschäftes  durch  Reiterchen  in  verschiedenen  Far- 
ben bezeichnet,  z.B.  ob  gemahnt  wurde,  ob  die  Lieferung  er- 
folgt ist  u.  a.  m.  Diese  Kartotheken  bieten  allerdings  den  Vor- 
teil unbeschränkter  Ausdehnbarkeit  und  ermöglichen,  das  Ge- 
suchte sehr  rasch  aufzufinden.  Diese  Vorteile  sind  aber  für 
den  vorliegenden  Fall  nicht  maßgebend,  da  die  Zahl  der  uner- 
ledigten Bestellungen  nie  sehr  groß  sein  wird  und  auch  im 
Laufe  der  Zeit  immer  ungefähr  konstant  bleibt.  Ein  solches 
Kartensystem  hat  aber  andererseits  den  Nachteil,  daß  die  Be- 
stellung noch  einmal  abgeschrieben  werden  muß,  wenigstens 
einzelne  Teile  derselben,  daß  aber  diese  Abschrift  den  genauen 
Wortlaut  der  Bestellung  doch  nicht  wiedergibt,  so  daß,  wenn 
es  sich  um  eine  genaue  Feststellung  der  Tatsachen  handelt,  der 
Bestellungsdurchschlag  doch  zur  Hand  genommen  werden  muß. 


—    75     — 

Mahnungen  zur  Einhaltung  der  Lieferzeit  oder  Reklama- 
tionen bei  verspäteten  Lieferungen  sollen  unter  allen  Umstän- 
den an  den  Lieferanten  ergehen.  Es  kommt  jedoch  vor,  daß 
das  nicht  geschieht,  und  zwar  dann,  wenn  'weniger  vom  Lager 
geholt  als  ursprünglich  vorgesehen  wurde.  In  solchen  Fäl- 
len besteht  die  Tendenz,  den  Lieferanten  nicht  zur  Einhal- 
tung seiner  Verpflichtungen  anzuhalten,  sei  es  daß  man  ver- 
meiden will,  daß  die  Lager  überfüllt  werden,  sei  es  daß  Zin- 
sen gespart  werden  sollen.  Demgegenüber  läuft  man  jedoch 
Gefahr,  daß  die  Lieferanten  sich  angewöhnen,  die  vereinbar- 
ten Termine  nicht  mehr  so  genau  zu  nehmen,  so  daß  die  Ma- 
terialien auch  dann  nicht  mehr  zur  Stelle  sind,  wenn  die  Werk- 
statt notwendig   ihrer   bedarf. 

d)   Die  Lieferung. 

Es  ist  allgemein  üblich,  daß  vom  Lieferanten  im  Augen- 
blick der  Versandbereitschaft  der  Ware  die  Ausstellung  und  Zu- 
sendung eines  Lieferscheins  gefordert  wird,  der  den  genauen 
Inhalt  der  Sendung  angibt.  Trifft  dieser  Lieferschein  in  der 
Einkaufsabteilung  ein,  so  wird  sein  Vorhandensein  im  Bestel- 
lungsdurchschlag vermerkt.  Daraufhin  geht  der  Lieferschein  an 
die  Materialverwaltung,  wo  er  das  Eintreffen  der  Sendung  er- 
wartet und  wenn  dieses  erfolgt  ist,  auf  seine  Richtigkeit  hin 
kontrolliert  wird.  Letztere  wird  durch  einen  Stempel  bestätigt 
Bei  Nichtübereinstimmung  erfolgt  eine  diesbezügliche  Berich- 
tigung, worauf  der  Lieferschein  an  die  Einkaufsabteilung  zu- 
rückgeht. Dort  wird  dann  das  empfangene  Material  als  ge- 
liefert gebucht,  womit  die  Bestellung  erledigt  ist  und  der  Be- 
stellungsdurchschlag  zu  den  erledigten  Bestellungen  abgelegt  wer- 
den kann.  Ein  Zurückkommen  der  Lieferscheine  von  der  Ma- 
terialverwaltung an  den  Einkauf  ist  nicht  nur  wegen  event. 
Nichtübereinstimmung  des  Lieferscheins  mit  der  Sendung  gebo- 
ten, was  nur  ziemlich  selten  vorkommt,  sondern  auch  weil  der 
Lieferschein  häufig  der  Sendung  beigelegt  wird,  so  daß  er  die 
Einkaufsabteilung  überhaupt  noch  nicht  passiert  hat.  Die  Folge 
davon  kann  sein,  daß  eine  Sendung  reklamiert  wird,  die  in 
Wirklichkeit  schon  eingetroffen  ist,  besonders  wenn  die  Kon- 
trolle der  Lieferung  längere  Zeit  in  Anspruch  nimmt.  Nicht 
selten  schickt  auch  der  Lieferant  überhaupt  keinen  Lieferschein, 
so  daß  er  vom  Lager  auf  einem  dafür  angelegten  Formular  aus- 


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—     76     — 

gestellt  werden  muß.  In  solchen  Fällen  muß  allerdings  der  Lie- 
ferant angehalten  werden,  bei  späteren  Sendungen  das  Versäumte 
nachzuholen.  Im  Falle  einer  Teillieferung  wird  die  gelieferte 
Quantität  mit  Datum  in  die  dazu  bestimmte  Kolonne  des  Be- 
stellungsdurchschlages eingetragen.  Der  noch  zu  liefernde  Rest 
wird  behandelt  wie  eine  gewöhnliche  Lieferung.  Die  Bestellung 
kann  erst  nach  Eintreffen  der  gesamten  bestellten  Quantität  als 
erledigt   ausgeschieden    werden. 

Mangelhaftes  Material  wird  dem  Lieferanten  entweder  zu- 
rückgeschickt, indem  gleichzeitig  und  ohne  Veranlassung  durch 
die  Materialverwaltung  eine  neue  Bestellung  auf  die  gleiche 
Quantität  ausgegeben  wird,  oder  es  erfolgt  ein  Nacharbeiten 
der  fehlerhaften  Stücke  im  eigenen  Werk  und  entsprechende 
Belastung  des  Lieferanten.  Die  Ergebnisse  der  Materialprüfung 
hinsichtlich  Qualität  werden  von  der  Materialverwaltung  nach 
erfolgter  Kontrolle  der  eingegangenen  Waren  in  ein  Kontroll- 
buch eingetragen.  Was  als  mangelhaftes  Material  zu  betrach- 
ten ist,  und  ob  dieses  zurückgesandt,  im  eigenen  Werk  nachge- 
arbeitet, oder  zu  einem  niedrigeren  Preis,  so  wie  es  ist,  be- 
halten werden  soll,  darüber  entscheidet  das  Betriebsbureau.  An 
Hand  dieses  Kontrollbuches  und  event.  Laboratoriumsberichte 
stellt  das  Einkaufsbureau  Materialprüfungsberichte  auf,  die  auch 
Angaben  über  die  Übereinstimmung  zwischen  Bestellung  und 
Lieferung  enthalten  müssen.  Diese  Berichte  werden  nach  Lie- 
feranten geordnet  registriert  und  bilden  eine  wertvolle  Unterlage 
bei   erneuten   Anfragen. 

e)    Die    Einkaufs  Statistik. 

Die  Einkaufsstatistik  bietet  dem  Käufer  wichtige  Unterlagen. 
Sie  zerfällt  in  zwei  Arten,  nämlich  in  eine  Verbrauchsstatistik 
und  eine  Preisstatistik.  Beide  brauchen  nur  für  Materialien  an- 
gewandt zu  werden,  in  denen  ein  großer  Konsum  besteht.  Die 
Verbrauchsstatistik  ist  besonders  für  eine  Zentraleinkaufsstelle 
von  Wichtigkeit,  da  sie  einerseits  die  Zweckmäßigkeit  von  Ab- 
schlüssen erkennen  läßt,  anderseits,  wenn  solche  schon  beste- 
hen, den  Nachweis  erbringt,  ob  die  von  der  Firma  übernom- 
menen Verpflichtungen,  d.h.  eine  genügend  große  Abnahme, 
auch  erfüllt  werden.  Hand  in  Hand  mit  dieser  Statistik  muß 
aber  die  Preisstatistik  gehen,  welche  die  Preise  für  einen  ge- 
wissen  Artikel   am    besten   auf  graphischem    Wege   veranschau- 


—     77     — 

licht.  In  diese  so  entstandene  Kurve  werden  die  Preise  einge- 
tragen, zu  denen  ein  Einkauf  erfolgt  ist.  Aus  ihr  kann  auch 
der  Vorteil  eines  Abschlusses  deutlich  dargetan  werden.  Na- 
türlich dürfen  diese  Abschlüsse  nicht  auf  allzulange  Dauer  ge- 
macht werden,  da  dadurch  das  Risiko  erhöht  wird,  so  daß 
das  Geschäft  schließlich  auf  eine  Spekulation  hinausläuft.  Soll 
durch  das  Abschlußgeschäft  auch  der  Bedarf  einer  Filiale  ge- 
deckt werden,  deren  Sitz  in  einiger  Entfernung  vom  Stammhaus, 
vielleicht  in  einem  andern  Lande  liegt,  dann  müssen  die  Preise 
immer  loco  Fabrikhof  angegeben  werden,  denn  für  die  betref- 
fende FiUale  könnte  unter  Umständen  ein  anderer  Lieferant  gün- 
stiger sein. 

Die  Preisstatistik  muß  für  möglichst  viele  Materialien  ge- 
macht werden;  denn  obwohl  die  Gründe  der  Preisschwankungen 
auf  dem  Weitmarkt  äußerst  vielgestaltig  und  unberechenbar  sind, 
lassen  sich  trotzdem  einige  Anhaltspunkte  bei  Vergleichen  zwi- 
schen verschiedenen  Zeitperioden  gewinnen.  So  ist  zum  Bei- 
spiel meistens  am  ersten  Januar  und  am  ersten  April  ein  Stei- 
gen der  Preise  wahrnehmbar,  welches  durch  die  größere  Nach- 
frage zu  Anfang  eines  Geschäftsjahres  verursacht  wird.  Durch 
den  Krieg  hat  diese  Statistik  allerdings  stark  an  Bedeutung  ver- 
loren, da  keine  Preisnotierungen  mehr  erhältlich  waren.  Die 
quotierten  Preise  für  „British  government  Orders'*  waren  aller- 
dings noch  erhältlich,  jedoch  blieben  sie  immer  stabil  und  es 
konnte  zu  ihnen  nicht  eingekauft  werden.  Zudem  hat  auch  die 
Frage  des  Preises  während  der  Kriegszeit  keine  so  große  Rolle 
mehr  gespielt,  da  der  Fabrikant  froh  sein  mußte,  überhaupt  Ma- 
terialien beziehen  zu  können.  Auch  mußte  meistens  so  viel  ge- 
nommen werden,  wie  überhaupt  erhältlich  war,  ohne  Rück- 
sicht auf  etwaige  Zinsverluste,  da  diese  immer  noch  ein  bedeu- 
tend geringeres  Übel  als  eine  Fabrikationseinstellung  wegen  Ma- 
terialmangels waren. 

Als  Beispiel  wird  die  nachfolgende  Statistik  (Fig.  4)  ange- 
führt. Sie  veranschaulicht  die  Preise  für  Kupfer  (American  Elec- 
trolytic  Wire  Bars)  für  das  Jahr  1915,  wie  sie  in  den  Daily 
Commercial  Reports  angeführt  wurden  und  zwar  pro  Tonne 
in  £\ 

Über  bezahlte  Preise  kann  in  Form  einer  Kartothek  eine 
weitere  Statistik  angelegt  werden.  Jede  Art  von  Material  er- 
hält eine  Karte,  auf  der  die  bezahlten   Preise  für  dieses  Mate- 


—    78    — 


-   7g   - 


'S     n     ff 


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Fig.  4. 

rial,  sowie  Menge  und  der  betreffende  Lieferant  in  *  zeitlicher 
Reihenfolge  eingetragen  werden.  Sie  hält  dem  Einkäufer  immer 
vor  Augen,  in  welcher  Richtung  sich  die  Preise  bewegen  und 
welche  Vorteile  durch  den  Kauf  einer  großen  Menge  erzielt 
wurden. 

f)  Die  Rechnungsrevision. 

Die  Rechnungsrevision  erfolgt  entweder  in  der  Einkaufs- 
abteilung oder  in  einer  selbständigen  Abteilung.  Meistens  er- 
folgt sie  in  der  Einkaufsabteilung,  wobei  von  der  Vorausset- 
zung ausgegangen  wird,  daß  die  mit  ihr  betraute  Person  das  in 
sie  gesetzte  Vertrauen  rechtfertigt  und  keine  Rechnungen  als 
richtig  befunden  erklärt,  deren  Preise  nicht  mit  den  vereinbar- 
ten übereinstimmen.  In  den  allermeisten  Fällen  dürfte  dieses 
Vertrauen  ja  auch  gerechtfertigt  sein.  Zudem  wird  gegen  eine 
selbständige  Revisionsstelle  angeführt,  daß  ihr  ebenso  wie  der 
Einkaufsstelle  die  gesamte  ein  Geschäft  betreffende  Korrespon- 
denz zur  Verfügung  stehen  müßte,  was  mehr  Schreibarbeit, 
oder  doch  zum  mindesten  einen  größeren  Papierverbrauch  ver- 
ursachen würde.  Auch  sei  die  Gefahr  vorhanden,  daß  Ände- 
rungen der  Preise  oder  anderer  wichtiger  Kaufsbedingungen  der 
Revisionsstelle  nicht  angezeigt  würden,  wodurch  viele  Rückfra- 
gen entstehen  würden.  Andererseits  kann  es  aber  nicht  be- 
stritten werden,  daß  eine  vom  Einkauf  völlig  getrennte  Stelle, 
die  allein  für  die  Revision  der  Fakturen  verantwortlich  ist,  eine 


viel  strengere  Kontrolle  gewährleistet.  Der  Einkäufer  könnte 
dem  Lieferanten  einen  höheren  Preis  zugestehen,  als  ursprüng- 
lich bei  Bestellung  vereinbart  wurde,  sei  es  eines  eigenen  Vor- 
teils willen,  oder  auch  in  gutem  Glauben,  und  er  könnte  diesen 
Preis  auf  der  Faktura  zu  Recht  bestehen  lassen,  ohne  daß  ein 
schriftlicher  Beleg  vorhanden  ist,  der  eine  ausreichende  Begrün- 
dung gibt.  Die  Rechnung  würde  daher  zur  Zahlung  angewiesen 
werden,  ohne  daß  jemand  etwas  von  der  Differenz  erfährt.  Be- 
steht jedoch  ein  selbständiges  Revisionsorgan,  so  sind  für  die- 
ses irgendwelche  Änderungen  der  Kaufsbedingungen  nur  dann 
gültig,  wenn  ein  schriftlicher  Beleg  besteht,  der  nicht  nur  von 
der  Einkaufsabteilung,  sondern  auch  von  der  Revisionsstelle  und 
der  Direktion  oder  der  Betriebsleitung  unterzeichnet  sein  muß. 
Bei  der  Revision  geht  der  Kontrollbeamte  die  ganze  Korrespon- 
denz über  das  betreffende  Geschäft  durch  und  muß  ganz  auto- 
matisch zu  dem  richtigen  Resultat  gelangen.  Um  zu  vermeiden, 
daß  in  der  Rechnungsrevision  die  ganzen  Unterlagen  noch  ein 
zweites  Mal  vorhanden  sein  müssen,  ist  es  am  besten,  sie  wird 
mit  der  Einkaufsabteilung  im  gleichen  Räume  untergebracht. 
Beiden  steht  dann  zu  ihren  Arbeiten  das  gleiche  Material  zur 
Verfügung,  welches  sie  unabhängig  voneinander  benutzen  können. 
Die  Revision  der  Fakturen  erfolgt  nach  drei  Gesichtspunk- 
ten. Erstens  Obereinstimmung  der  Rechnung  mit  der  Lieferung, 
zweitens  Übereinstimmung  der  Rechnung  mit  der  Bestellung 
und  drittens  Kontrolle  der  Richtigkeit  der  Zahlen  betrage.  Die 
Kontrolle  der  Übereinstimmung  mit  der  Lieferung  ist  eine 
Quantitätsprüfung,  die  an  Hand  des  kontrollierten  Lieferschei- 
nes vorgenommen  werden  kann.  Diese  Kontrolle  geht  häufig 
in  der  Materialverwaltung  vor  sich,  und  zwar  meistens  dann, 
wenn  die  Revision  nach  den  andern  beiden  Gesichtspunkten  im 
Einkauf  vorgenommen  wird  und  zwar  einmal,  um  aus  den  oben 
erwähnten  Gründen  die  Revision  nicht  ausschließlich  dem  Ein- 
kauf zu  überlassen,  aber  auch  von  dem  Gedanken  ausgehend, 
daß  die  Kontrolle  der  Menge  da  vorgenommen  werden  soll, 
wo  das  Material  abgeliefert  wird.  Letzteres  wird  aber  hinfäl- 
lig, wenn  ein  vom  Lager  kontrollierter  Lieferschein  besteht. 
Auch  ist  eine  Trennung  der  Revisionsarbeiten  überflüssig,  wenn 
eine  selbständige  Revisionsstelle  vorhanden  ist.  Andererseits  er- 
scheint es  als  unzweckmäßig,  einen  Teil  der  Revisionsarbeiten 
der   Materialverwaltung   zu   übergeben,    weil   dadurch   ein    Her- 


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—     80     — 

umschieben  der  Rechnung  von  einer  Abteilung  in  die  andere  nö- 
tig wird,  wodurch  leicht  Verzögerungen  im  regelmäßigen  Ge- 
schäftsgang eintreten.  Zudem  ist  es  auch  wünschenswert,  die 
Anzahl  der  Personen,  die  Einblick  in  die  Einkaufspreise  haben, 
nach  Möglichkeit  zu  beschränken,  um  das  Risiko  möglichst  zu 
verringern,  daß  solche  Preise  an  Außenstehende  abgegeben 
werden. 

Sehr  viele  Unternehmungen  verlangen  von  ihren  Lieferanten 
die  Faktura  in  zwei  Ausführungen.  Ob  das  wirklich  notwendig 
ist,  darüber  muß  die  Organisation  der  betreffenden  Fabrik  ent- 
scheiden. Wird  jedoch  der  Einkauf  von  einer  zentralen  Stelle 
aus  besorgt  und  erfolgt  die  Rechnungsrevision  in  einer  selb- 
ständigen, dem  Einkauf  angegliederten  Stelle,  so  sollte  ein  Exem- 
plar genügen.  Zwei  sind  dann  erforderlich,  wenn  die  Kontrolle 
von  verschiedenen  Abteilungen  vorgenommen  wird,  so  daß  ein 
Exenjplar  durch  diese  Abteilungen  wandern  muß.  Zwei  Aus- 
führungen sind  ferner  auch  dann  notwendig,  wenn  der  Einkauf 
und  mit  ihm  die  Rechnungsrevision  dezentralisiert  und  den  Ein- 
zelfabriken übergeben  wird,  die  Kasse  jedoch,  die  die  Zah- 
lungen anzuweisen  hat,  ein  Bestandteil  der  zentralen  Verwal- 
tung bleibt.  Das  eine  Exemplar  dient  dann  der  Kasse  als  Be- 
leg für  die  Zahlung,  das  andere  der  Fabrik  als  Unterlage  zur 
Berechnung  der  Materialpreise,  wie  sie  die  Kalkulation  benö- 
tigt. Diese  Unterlage  kann  ja  allerdings  durch  Übertragung 
von  der  Rechnung  z.B.  in  eine  Kartothek  geschaffen  werden; 
es  ist  jedoch  immer  vorteilhaft,  wenn  eine  solche  Mehrarbeit 
unterbleiben  kann,  zumal  da  die  Übertragung  eine  unnötige 
Fehlerquelle  schafft.  Beide  Exemplare  müssen  aber  die  Rech- 
nungsrevision passieren  und  die  Kontrollvermerke  erhalten,  nur 
geht  das  eine  dann  an  die  Kasse  zurück,  damit  die  Zahlung  ver- 
anlaßt werden  kann.  Dieses  Exemplar  dient  auch  der  Buch- 
haltung als  Unterlage. 

Trifft  die  Rechnung  in  der  Revisionsstelle  ein,  so  werden 
die  sich  auf  das  betreffende  Geschäft  beziehenden  Unterlagen 
hervorgesucht.  An  Hand  des  Lieferscheines  wird  die  auf  der 
Rechnung  angegebene  Quantität  geprüft,  an  Hand  des  Kontroll- 
buches event.  auch  die  Qualität.  Vermittels  des  Bestellungs- 
durchschlags und  event.  Korrespondenzen,  die  sich  auf  den 
Preis  beziehen  und  die  auf  dem  Bestellungsdurchschlag  ver- 
merkt  sein    müssen,   erfolgt   die    Kontrolle   der    Preise   und   die 


—    81     — 

der  Übereinstimmung  zwischen  Bestellung  und  Lieferung. 
Schließlich  wird  die  Faktura  noch  auf  ihre  rechnerische  Rich- 
tigkeit hin  geprüft.  Dann  erhält  sie  einen  Stempelaufdruck  (wie 
Form.  2),  auf  dem  die  Richtigkeit  der  zu  kontrollierenden  Ge- 
sichtspunkte bestätigt  wird. 

Für  die  Fälle,  in  denen  die  Preise  nicht  inklusive  Fracht 
und  Zollspesen  vereinbart  werden  konnten,  wird  noch  ein  zwei- 
ter Stempel  hinzugefügt,  auf  dem  diese  Spesen  eingetragen  wer- 
den können  (Form.  3).  Ein  dritter  Stempelaufdruck  (Form.  4) 
gestattet  die  Verteilung  des  Rechnungsbetrages  auf  die  einzelnen 
Lagerkonten.  Die  Transportspesen  müssen  natüriich,  soweit  das 
durchführbar  ist,  mit  möglichster  Genauigkeit  ebenfalls  verteilt 
werden. 


FOr  Liefftrusg 

FOr  BMchaffenheit 

FOr  Pr«i« 

Nachg«rechnet 

Frachtbrief  Nr. 

Erledigt  am 

Fraclit  Fr. 

Zoll 

Spaten 

Totol 


Material-Kt.  1 


Materlal-Kt  II 


Material-Kt  11! 


Summe 


Zur  Zahlung  angewieeen  den 


Verbucht 


Formular  3. 

Formular  2.  Formular  4. 

Gutschriften  oder  Belashmgen  an  den  Lieferanten,  welche 
von  der  Revisionsstelle  vorgenommen  werden,  werden  auf  der 
Faktur  mit  roter  Tinte  eingetragen.  Dem  Lieferanten  werden 
sie  durch  ein  Schreiben  angezeigt,  von  dem  die  Buchhaltung 
eine  Kopie  erhält.  Häufig  werden  vom  Lieferanten  die  Fak- 
turen nicht  für  jede  einzelne  Lieferung  verlangt,  sondern  eine 
monatliche  Abrechnung,  die  bis  zu  einem  festgesetzten  Termin 
eintreffen  muß.  Die  Revision  erfolgt  dann  für  alle  Abrech- 
nungen nach  Ablauf  dieses  Termins.  Wenn  die  Zahlungsbe- 
dingungen es  eriauben,  ist  diese  Methode  vorzuziehen,  da  bis 
zum  Ablauf  dieses  Termins  die  gesamten  Unteriagen,  -xlie  zur 
Revision  erforderlich  sind,  voraussichtlich  eingetroffen  sind. 
Das  gilt  besonders  für  den  Lieferschein,  dessen  Kontrolle  im 
Lager  oft  längere  Zeit  in  Anspruch  nimmt.  Muß  die  Rechnung 
sofort  beglichen  werden,  bevor  die  Materialkontrolle  vorgenom- 
men werden  konnte,  so  muß  die  Zahlung  unter  dem  Vorbehalt 
geschehen,  daß  der  Lieferant  für  mangelhaftes  Material  später 
noch   mit  einer   entsprechenden   Summe   belastet  werden   kann. 

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Ist  bei  dieser  monatlichen  Abrechnung  von  einer  Faktura  erst 
eine  Teilsendung  im  Lager  eingetroffen,  so  wird  der  Fehlbetrag 
in  Abzug  gebracht  und  der  Lieferant  muß  angehalten  werden, 
für  den   Rest  eine  neue  Rechnung  auszustellen. 

Nach  erfolgter  Revision  aller  Fakturen  werden  dieselben  in 
ein  Faktureneingangsbuch  eingetragen,  in  welchem  auf  der  Un- 
ken Seite  das  Konto  des  Lieferanten  (Soll  seine  Belastungen, 
Haben  seine  Gutschriften)  aufgeführt  wird;  auf  der  rechten 
Seite  erfolgt  die  Verteilung  des  Betrages  auf  die  einzelnen  La- 
ger. An  den  Lieferanten  gerichtete  Belastungsschreiben  müssen 
natürlich  in  diesem  Buch  ebenfalls  eingetragen  werden.  Die 
monatliche  Abrechnungsweise  ermöglicht  ein  rationelleres  Ar- 
beiten, indem  die  Eintragungen  dann  alle  gleichzeitig  erfolgen 
können.  Datum  und  Ort  der  Eintragung  werden  auf  dem  drit- 
ten Stempelaufdruck  verbucht.  Ist  für  eine  Rechnung  im  Augen- 
blick der  Revision  der  Lieferschein  noch  nicht  vom  Lager  zu- 
rück, so  muß  gleichwohl  Verbuchung  im  Faktureneingangsbuch 
erfolgen;  die  endgültige  Erledigung  der  Rechnung  kann  jedoch 
erst  dann  vorgenommen  werden,  wenn  der  Lieferschein  einge- 
troffen ist.  Das  Faktureneingangsbuch  muß  mit  dem  in  der 
Buchhaltung  geführten  Materialienkonto  übereinstimmen. 

Letzte  Aufgabe  der  Rechnungsrevision  ist  es,  die  Einheits- 
preise für  das  Material  nach  Gewicht,  Maß  oder  Stückzahl  aus- 
zurechnen, die  dann  später  der  Kalkulation  als  Grundlage  die- 
nen. Diese  Berechnung,  die  zwar  eigentlich  mit  dem  Wesen 
der  Rechnungsrevision  nichts  zu  tun  hat,  wird  doch  mit  Vor- 
teil dieser  Abteilung  übergeben,  da  sie  über  die  in  die  Einheits- 
preise einzubeziehenden  Spesen  am  besten  Bescheid  weiß.  Die 
Einheitspreise  werden  auf  die  Faktura  eingetragen. 


Ü 


DRITTER  TEIL. 

Lag:er  und  Lagrerverwaltune. 

1.  Allgemeines. 

Das  Lager  ist  der  Sammelplatz  für  alle  Materialien,  die 
auf  Verarbeitung  warten.  Es  ist  wie  ein  Reservoir,  dessen  Auf- 
gabe darin  besteht,  die  Werkstatt  mit  allen  nötigen  Materia- 
lien zu  versehen,  ohne  daß  die  geringsten  Fabrikationsstok- 
kungen  entstehen,  welche  durch.  Nichtvorhandensein  derselben  im 
Bedarfsfall  verursacht  werden  könnten.  Sein  Vorhandensein  wird 
aus  dem  Umstand  zum  Gebot,  daß  die  Materialien  günstiger  in 
größeren  Massen  beschafft  werden  können,  nicht  nur  wegen  des 
dadurch  erzielbaren  niedrigeren  Preises,  sondern  auch  wegen 
der  Einkaufsspesen,  welche  für  eine  kleine  wie  für  eine  große 
Bestellung  praktisch  dieselben  bleiben.  Andererseits  geschieht 
aber  die  Abrufung  dieser  Materialien  in  die  Werkstatt  in  klei- 
nen Posten  in  mehr  oder  weniger  großen  Zeitabschnitten,  je 
nach  der  Art  des  Materials.  Infolgedessen  dürfen  die  zu  be- 
schaffenden Mengen  wiederum  auch  nicht  zu  groß  sein,  da  sie 
sonst  zu  lange  gelagert  werden  müssen,  wodurch  einerseits 
größere  Lagerspesen  und  Zinsen  betrage  verausgabt  werden  müs- 
sen, andererseits  das  Risiko  besteht,  daß  in  der  Zwischenzeit  die 
Materialpreise  fallen,  wodurch  die  Konkurrenzfähigkeit  des  Un- 
ternehmens herabgemindert  wird.  Hier  gilt  es  den  richtigen 
Mittelweg  zu  finden,  wobei  aber  immer  als  Hauptaufgabe  des 
Lagers  das  Bereithalten  des  Materials  für  den  Augenblick  des 
Bedarfs  verbleibt. 

Der  Zusammenhang  zwischen  sinkendem  Einkaufspreis  bei 
Bestellung  großer  Quantitäten  einerseits  und  Verlust  an  Zin- 
sen und  Lagerspesen  wegen  langer  Lagerfrist  andererseits,  kann 
durch  folgende  graphische  Darstellung  veranschaulicht  werden. 
Dabei  muß  allerdings  vorausgesetzt  werden,  daß  die  ganze  Lie- 
ferung auf  einmal   eintrifft  und  daß   sie  gleich  bezahlt  werden 


ji. 


■-rvÄ 


—    84     — 

muß.     Handelt   es   sich  um   ein   AbschhiBgeschäft  auf  längere 
Dauer,  so  liegen  die  Verhältnisse  anders. 

Weitere  Annahmen,  die  dem  Beispiel  zugrunde  liegen,  sind: 

1.  Der  Bedarf  ist  ein  gleichmäßiger  und  beträgt  1000  Stück 
pro  Monat. 

2.  Die  größere  Quantität  Material  kann  noch  zu  den  gleichen 
prozentualen  Spesen  gelagert  werden. 

3.  Die  Gesamtlagerspesen  betragen  7,2  o/o,  welche  sich  zusam- 
mensetzen aus  5  o/o  für  Verzinsung  des  im  Material  festge- 
legten Betriebskapitals  und  2,2  o/o  für  sämtliche  Lagerunko- 
sten. 

4.  Es  soll  immer  der  Bedarf  für  einen  Monat  unangetastet  am 
Lager  liegen.  Von  den  Spesen  für  die  in  einem  laufenden 
Monat  angebrochenen  1000  Stück  wird  abgesehen. 

5.  Der  Einkaufspreis  stellt  sich  folgendermaßen  dar: 


—    85 


FOr  eine 

Preis  pro 

Preisredaktion 

Spesen  xn  7^«/« 

Menge  von 

1000  Stack 

in»/. 

pro  Monat 

1000  Stück 

1000  Fr. 

0 

6.-  Fr. 

2000      , 

> 

995 

» 

V. 

5.97  „ 

3000      , 

I 

990 

t» 

1 

D.tW    1, 

4000      , 

1 

960 

» 

2 

5.88   .. 

5000      , 

t 

970 

»f 

3 

5.82   „ 

6000      , 

t 

965 

1» 

3^/« 

5.79   „ 

7000      , 

)) 

965 

11 

3V« 

5.79   „ 

8000      , 

)t 

960 

f» 

4 

5.76   „ 

9000 

»t 

960 

$t 

4 

5.76   „ 

10000 

tj 

940 

*f 

6 

5.64  „ 

11000 

t» 

940 

t> 

6 

6.64  „ 

12000 

tt 

935 

f( 

6V, 

5.61    „ 

Würde  der  Bedarf  monatlich  gedeckt  werden,  so  würden 
für  die  gelagerten  1000  Stück  in  diesem  Zeitraum  Fr.  6.—  an 
Spesen  verausgabt  werden  müssen.  Wenn  immer  diese  Zahl 
infolge  größerer  Käufe  unter  6  herabsinkt,  ist  die  Möglichkeit 
gegeben,  größere  Mengen  ans  Lager  zu  nehmen. 

Auf  der  y-Achse  sind  für  die  Spesenkurve  die  Spesenbe- 
träge in  Franken,  für  die  Preiskurve  die  Reduktion  vom  ur- 
sprünglichen Preis  ebenfalls  in  Franken  aufgetragen;  auf  der 
X-Achse  die  Bedarfszahlen  und  damit  korrespondierend  die  Zeit 
(Fig.  5). 


so 


40 


30 
30 

» 


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t33450700»n         J2ß4onatt 
1000    OOeO     MOO    4000    SOOO     $000     7000     0000     0000     nOOO    11000    12000Stydt 


0 


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3 

4 

5          S          7          0 
Schmma  a 

9         10        n         12  Monat» 

Fig. 

5. 

% 

Es  ergeben 

sich  dann  an: 

Spesen 

pro 

Monat  fflr 

Noch  zu  bezahlende  Spesen 
nach  Abzug  der  Preisreduktion 

Monat 

1 

Fr. 

6.— 

Fr.  -f 

6.- 

»> 

2 

11.94 

,1   -h 

6.94 

»» 

3 

17.82 

»   + 

7.82 

»» 

4 

23.52 

II 

3.52 

»1 

5 

29.10 

»» 

0.90 

>» 

6 

34.74 

»> 

0.26 

n 

7 

40.53 

1,   -f 

5.53 

II 

8 

46.08 

1» 

6.08 

II 

9 

51.84 

•        1.   + 

11.84 

II 

10 

56.40 

1» 

3.60 

II 

11 

62.04 

1» 

2.04 

II 

12 

67.32 

»» 

2.32 

Für   alle   diejenigen   Monate   (resp.   Verbrauchszahlen),    de- 
ren  Restbetrag  an  zu  deckenden  Spesen  kleiner  als  6  Fr.  ist, 
wird  ein  entsprechender  Einkauf  rationeller  als  bei  monatlicher 
Deckung  des  Bedarfs.    In  einigen  Monaten  (5ter,  öter,  lOter) 
findet  gegenüber  dem  Ausgangspunkt  durch  die  Preisreduktion 
sogar  eine  Überdeckung  statt.    Im  2ten,  3ten,  Sten  und  Qten 
Monat   übersteigen   die   Spesen   diejenigen,   welche   bei   monat- 
licher   Deckung   des    Bedarfs    verursacht   würden    (Schema    II). 
Ist  A  der  ursprüngliche   Einkaufspreis  einer   Einheit, 
Z  die  Verbrauchszeit  dieser  Einheit  in  Monaten, 
Ai  der  reduzierte  Einkaufspreis  pro  Einheit  für  ein  größeres 
Quantum, 


—    86    - 


—    87     — 


I 


^ 


Zi  die  Verbrauchszeit  in  Monaten  für  dieses  größere  Quan- 
tum, 

S  die  Spesen  in  Prozenten  des  Wertes, 
dann  ist  ein  größerer  Einkauf  zu  reduziertem   Preis  zu  befür- 
worten, wenn 


100.12 


A-S.Z 


^^      ^»'\  100.12 


Daraus  geht  noch  hervor,  daß  je  geringer  die  Spesen  sind, 
um  so  kleiner  die  Preisreduktion  sein  kann,  um  das  Resultat  für 
den  größeren  Einkauf  günstiger  zu  gestalten,  denn  die  Reduk- 
tion von  S  macht  sich  bei  S-Zi  stärker  geltend  wie  bei  S-Z, 
da  Zi  immer  größer  ist  als  Z.  Dadurch  ergibt  sich  aber,  daß 
durch  Reduktion  von  S  nicht  nur  kleinere  Unkosten  ausgedrückt 
werden,  sondern  daß  auch  Preisreduktionen  beim  Einkauf  grö- 
ßerer Mengen  besser  ausgenützt  werden  können. 

Wäre  S  im  obengenannten  Beispiel  6  o/o  statt  7,2  o/o,  dann 
würden  die  noch  zu  bezahlenden  Spesen  betragen:  für  den 


Monat  1  +  5.—  Fr. 
n       2  +  4.95 

3  -f  4.85 

4  —  0.40 

5  —  5.75 

6  -  6.05 


») 


*t 


»I 


M 


If 


)f 


H 


f» 


» 


Monat 

7 

2.23  Fr 

w 

8  - 

1.60 

1» 

9  + 

3.20 

»> 

10  - 

13.- 

)l 

11  - 

8.30 

»1 

12  - 

8.90 

Der  kleinste  Einkauf  wäre  demnach  der  allerungünstigste. 
Solche  und  ähnliche  Berechnungen  können  auch  bei  Fabrikation 
von  Bestandteilen  und  Fertigfabrikaten  auf  Vorrat  Bedeutung 
erlangen. 

Die  Stellung  der  Lagergebäude  in  der  Fabrik  muß  der  Be- 
darfsstelle möglichst  nahe  sein,  so  daß  beim  Heranholen  des 
Materials  in  die  Werkstatt  möglichst  wehig  Zeit  verloren  geht 
und  möglichst  wenige  Hilfsmittel  für  'den  Transport  aufgewen- 
det werden  müssen.  Ein  einziges  Lagergebäude  ist  daher  nicht 
immer  besonders  zweckmäßig,  obwohl  der  weitere  Weg  bis  zu 
einzelnen  der  Bcdarfsstellen  durch  ein  rationelleres  Arbeiten  der 
Materialverwaltung  kompensiert  werden  kann.  Doch  ist  die  Er- 
sparnisgrenze bei  zentralisierter  Verwaltung  sehr  bald  erreicht. 
Wo  das  Qesamtunternehmen  in  Einzelfabriken  zergliedert  ist, 
wird  es  sich  als  am  günstigsten  erweisen,  jeder  dieser  Einzel- 
fabriken ihr  eigenes  Lager  anzuweisen,  welches  in  möglichst  ge- 


ringer Entfernung  von  der  betreffenden  Werkstatt  sein  muß.  Da- 
durch wird  auch  die  Ünkostenfeststellung  für  die  Einzelfabrik 
bedeutend  erleichtert.  Zudem  wird  die  Anzahl  der  zu  lagern- 
den Rohmaterialien  und  besonders  Halbfabrikate  für  das  Einzel- 
lager eine  beschränktere,  wodurch  das  Lagerpersonal  eine  ge- 
nauere Materialkenntnis  und  eine  bessere  Übersicht  erlangt.  LJm 
diese  Übersichtlichkeit  über  das  Lager  nach  Möglichkeit  zu  ver- 
vollständigen, empfiehlt  sich  eine  noch  weitergehende  Eintei- 
lung, nach  der  die  Materialien  innerhalb  des  einzelnen  Lagers 
räumlich  getrennt  werden.  Am  meisten  zu  befürworten  ist  eine 
Einteilung  nach  1.  Rohmaterialien,  2.  Halbfabrikaten  und  Bestand- 
teilen und  3.  Fertigfabrikaten.  Die  Scheidung  in  diese  drei  Grup- 
pen ist  nicht  nur  auf  den  sachlichen  Unterschied,  der  für  das 
Personal  leicht  faßbar  ist,  zurückzuführen,  sondern  hat  auch  ihre 
Berechtigung  in  der  verschiedenen  Behandlung  auf  buchhalte- 
rischem Gebiet,  die  diesen  Gruppen  zuteil  wird.  Rein  theore- 
tisch läßt  sich  allerdings  nicht  bestimmen,  was  unter  den  Be- 
griff Rohmaterial  oder  Halbfabrikat  fällt,  eine  genaue  Umschrei- 
bung ist  nur  vom  Standpunkt  des  einzelnen  Unternehmens  aus 
möglich.  Demnach  fallen  unter  den  Begriff  Rohmaterialien  alle 
diejenigen  Stoffe,  die  sich  auf  einer  Stufe  des  Veredlungsprozes- 
ses befinden,  die  der  Anfangsstufe  des  betreffenden  Unterneh- 
mens entspricht.  Demzufolge  müssen  sie  alle  von  auswärts  be- 
zogen werden.  Materialien  hingegen,  die  auf  irgend  einer  Stufe 
des  Veredlungsprozesses  stehen,  welche  innerhalb  der  Fabrika- 
tionsgrenzen des  betreffenden  Unternehmens  liegt,  oder  auf  einer 
gleich  hohen  Veredlungsstufe  stehen,  sind  Halbfabrikate,  sie 
können  von  auswärts  bezogen  werden,  doch  werden  sie  in  der 
Regel  der  eigenen  Faj3rikation  entstammen.  Fertigfabrikate  end- 
lich sind  Gegenstände,  deren  Veredlung  bis  zu  dem  Punkte  ge- 
diehen ist,  der  durch  das  Ende  des  beabsichtigten  Fabrika- 
tionsgebietes gekennzeichnet  wird,  oder  auf  einer  entsprechen- 
den Stufe  stehen.  Fertigfabrikate  werden  nur  dann  von  auswärts 
bezogen,  wenn  es  sich  um  Dinge  handelt,  die  nicht  im  eige- 
nen Werke  hergestellt  werden,  die  aber  mit  Eigenfabrikaten  ver- 
bunden werden  müssen,  damit  letztere  Verwendung  finden  kön- 
nen. 

Auch  innerhalb  dieser  Gruppe  von  Materialien,  besonders 
in  der  des  Rohmaterials,  muß  eine  genaue  Klassifizierung  ge- 
macht werden,  nach  der  dasselbe  gelagert  wird.    Diese  bereitet 


\ 


1"^ 


.  —    88    — 

keine  besondern  Schwierigkeiten,  da  eine  Unterteilung  nach  der 
Substanz,  aus  welcher  die  Materialien  bestehen,  leicht  durchzu- 
führen ist.  Bei  etwas  weiter  verarbeiteten  Stoffen  ist  die  Form 
maßgebend  (Schrauben,  Bolzen  usw.),  die  feinste  Unterteilung 
endlich  erfolgt  nach  den  Dimensionen  des  betreffenden  Gegen- 
standes. Besitzt  das  Unternehmen  eine  fortlaufende  Numerie- 
rung für  Materialien  aller  Art,  wie  das  im  Abschnitt  über  die 
Normalisierung  beschrieben  wurde,  so  kann  die  Einordnung  ins 
Lager  entsprechend  dieser  Numerierung  eingerichtet  werden. 

Die  Vorteile  eines  ordentlichen  Lagers  sind  mannigfaltig. 
Erstens  wird  jedes  beliebige  Stück  rasch  aufgefunden  werden 
können,  zweitens  kann,  wenn  das  Lager  eine  gewisse  Größe  er- 
reicht hat,  so  daß  mehrere  Arbeiter  mit  dem  Ausgeben  von  Ma- 
terial beschäftigt  sind,  jedem  derselben»  eine  bestimmte,  immer 
gleichbleibende  Gruppe  von  Materialien  zugeteilt  werden,  so  daß 
er  imstande  ist,  diese  Materialien  genau  kennen  zu  lernen.  End- 
lich gewährt  ein  systematisch  eingeteiltes  Lager  dem  Chef  des- 
selben die  ständige  Möglichkeit  einer  wirksamen  Kontrolle.  Diese 
kann  noch  dadurch  erhöht  werden,  daß  die  einzelnen  Materia- 
lien, wo  immer  solches  möglich  ist,  in  Fächern  oder  Schränken 
verwahrt  werden,  deren  Dimensionen  die  Aufnahme  einer  be- 
kannten Stückzahl  gestatten.  Hauptsächlich  muß  die  Anzahl 
Stücke,  welche  der  Länge  und  der  Breite  des  Faches  nach  ge- 
nau darin  Platz  finden  können,  sofort  übersehbar  sein.  Sind  die 
Materialien  zu  klein,  um  eine  solche  Einordnung  vornehmen  zu 
können,  wie  z.  B.  kleine  Schrauben,  so  kann  man  sich  dadurch 
behelfen,  daß  ein  oder  wenige  Pakete  derselben  (meist  zu  100 
Stück)  zu  sofortigem  Gebrauch  geöffnet  werden,  die  andern  aber 
geschlossen  in  den  eben  erwähnten  Fächern  verwahrt  bleiben. 
Diese  Aufbewahrungsart  erleichtert  nicht  nur  die  Inventur,  in- 
dem sie  das  Zählen  der  Stücke  überflüssig  macht,  sie  ermög- 
licht auch  jederzeit,  ohne  viel  Mühe,  die  Kontrolle  der  Über- 
einstimmung  des    Lagerbestandes    mit   dem    Buchbestand. 

Wenn  irgend  möglich  sollten  die  Bureaux  der  Lagerverwal- 
tung im  Lagergebäude  selber  untergebracht  werden  und  zwar 
so,  daß  von  ihnen  aus  ein  möglichst  großer  Teil,  inbegriffen, 
der  Eingang  der  Lagerhallen,  übersehen  werden  kann.  Bei  den 
meisten  Unternehmen  ist  das  jedoch  nicht  der  Fall,  was  daher 
rührt,  daß  die  Materialien  in  Schuppen,  deren  Zahl  je  nach 
Bedarf  vergrößert  wird,  aufbewahrt  werden.     Diese  sind  mei- 


—    89    — 

stens  sehr  leicht  gebaut,  da  bei  ihrer  Herstellung  nach  mög- 
lichst geringen  Kosten  getrachtet  wird.  Infolgedessen  sind  sie 
zur  Aufnahme  von  Bureauräumlichkeiten  ganz  ungeeignet.  Die 
Lagerverwaltung  wird  infolgedessen  in  irgend  einem  Bureauge- 
bäude untergebracht.  Diese  Anordnung  ist  aber  sehr  unratio- 
nell, da  sie  die  Angestellten  zwingt,  immer  zwischen  Lagerge- 
bäuden und  Bureauräumlichkeiten  hin  und  her  zu  laufen.  Es 
braucht  wohl  kaum  betont  zu  werden,  daß  dabei  nicht  nur  die 
Zeit,  die  zum  Hinundhergehen  erforderlich  ist,  verloren  geht. 
Die  Spaziergänge  werden  sicher  gerne  so  oft  als  irgend  mög- 
lich wiederholt  und  auf  eine  möglichst  lange  Dauer  ausgedehnt. 
Es  sei  hier  beiläufig  erwähnt,  daß  die  gesamte  Industrie,  um 
ihre  Arbeitskräfte  so  viel  wie  irgend  möglich  ausnützen  zu  kön- 
nen, dazu  wird  übergehen  müssen,  von  jedem  ihrer  Arbeiter 
oder  Angestellten  die  tägliche  Verrichtung  eines  ganz  genau  um- 
schriebenen Arbeitspensums  zu  fordern.  Dieses  Pensum  muß 
hoch  bemessen  sein  und  hoch  bezahlt  werden.  Es  darf  nur  bei 
voller  Anstrengung  des  Einzelnen  erfüllbar  sein,  aber  es  müs- 
sen auch  alle  Vorkehrungen  getroffen  werden,  die  geeignet  sind, 
dem  Angestellten  jedwelche  Hilfe  zu  leisten,  so  daß  er  nicht 
gezwungen  ist,  unnötig  Zeit  zu  verschwenden.  Ein  solches  Sy- 
stem verlangt  aber  mannigfaltige  Vorbedingungen,  unter  ande- 
rem auch  die  des  Ausbaues  und  der  Anordnung  sämtlicher  Ge- 
schäftsräume auf  eine  Weise,  die  den  Verkehr  zwischen  densel- 
ben möglichst  wenig  zeitraubend  gestaltet;  denn  es  handelt  sich 
dabei  um  eine  Tätigkeit,  für  deren  Dauer  keine  bestimmte  Zeit 
veranschlagt  werden  kann. 

Auch  hat  eine  räumliche  Trennung  von  Lager  und  dessen 
Verwaltung  den  weiteren  Nachteil,  daß  als  Lagerarbeiter  teu- 
rere Arbeitskräfte  verwendet  werden  müssen,  denn  gewisse  Ver- 
waltungsarbeiten werden  dann  unbedingt  durch  die  Lagerarbei- 
ter verrichtet  werden  müssen.  ^ 

Da  die  Arbeiten,  die  durch  die  Lagerangestellten  einerseits 
und  durch  die  Lagerverwaltung  andererseits  verrichtet  werden 
müssen,  so  eng  miteinander  verbunden  sind,  überhaupt  eine  ge- 
naue Grenze  zwischen  den  beiden,  besonders  wegen  der  Ver- 
schiedenheit verschiedener  Organisationen  nicht  gezogen  wer- 
den kann,  erscheint  es  als  unumgänglich,  sie  gemeinsam  zu  be- 
handeln. 

Diese  Arbeiten  beziehen  sich  auf  die  Verwaltung  des  Ma- 


i 


—     90     — 

terials  und  allem  was  damit  zusammenhängt.  Da  diese  Materia- 
lien sehr  große  Werte  repräsentieren  "können,  muß  ihre  Verwal- 
tung in  zuverlässige  Hände  gelegt  werden,  die  Gewähr  bieten, 
daß  mit  dem  ihnen  anvertraiften  Out  keine  Verschwendung  ge- 
trieben wird. 

Im  besonderen  fallen  der  Materialverwaltung  folgende  Auf- 
gaben zu: 

1.  Es  muß  Sorge  getragen  werden,  daß  immer  genügende 
Mengen  von  Material  für  den  Bedarf  bereit  liegen. 

2.  Die  eingelieferten  Materialien  müssen  allen  in  Bezug 
auf  Qualität  und  Quantität  an  sie  gestellten  Anforderungen  ge- 
nügen und  daraufhin  kontrolliert  werden. 

3.  Die  vorhandenen  Materialien  müssen  ordnungsgemäß  als 
vorhandener  Bestand  verbucht  und  auf  möglichst  ordentliche 
und  übersichtliche  Weise  in  den  Lagergebäuden  untergebracht 
werden.  Auch  müssen  die  nötigen  Vorkehrungen  getroffen  wer- 
den, um  sie  vor  Diebstahl  zu  behüten. 

4.  Die  Materialien  müssen  im  Bedarfsfalle  an  die  Werk- 
statt abgegeben  werden,  worauf  eine  entsprechende  Entlastung 
des  Lagerkontos  und  Belastung  des  Fabrikationskontos  zu  erfol- 
gen hat. 

5.  Es  müssen  die  Unterlagen  geschaffen  werden,  die  eine 
Zergliederung  des  dem  Fabrikationskonto  zu  belastenden  Po- 
stens in  die  zu  Lasten  der  einzelnen  Kommissionsnummern  zu 
verbuchenden  Posten  erlaubt. 

Es  sei  noch  erwähnt,  daß  die  mannigfaltigen  Aufzeich- 
nungen, die  im  Verlaufe  aller  dieser  Aufgaben  vorgenommen 
werden  müssen,  auf  eine  Weise  anzuordnen  sind,  die  das  zwangs- 
läufige Auffinden  von  Fehlern  bewerkstelligt,  oder  solche  Fehler 
praktisch  ganz  verunmöglicht;  denn  es  kann  sich  um  bedeu- 
tende Beträge  handeln,  welche  infolge  von  Irrtümern  verloren 
gehen.  Die  Vielseitigkeit  der  Arbeit  aber  bringt  es  mit  sich, 
daß  solche  Fehler  bei  einer  nicht  bis  in  alle  Einzelheiten  durch- 
gearbeiteten Organisation  häufig  auftreten. 

2.  Tätigkeit  der  Materialverwaltung. 

a)  Materialanforderung. 

Die  Materialanforderung,  welche  nach  dem  eben  Gesagten 
die  erste  Aufgabe  der  Materialverwaltung  ist,  erfolgt  auf  dem 


—    91     — 

im  letzten  Kapitel  dargestellten  Formular  1  (Seite  69).  Das  Ori- 
ginal dieses  Formulars  geht  an  die  Einkaufsstelle,  der  Durch- 
schlag bleibt  in  der  Materialverwaltung.  Diese  ist,  soweit  die 
Anforderung  in  Betracht  kommt,  für  rechtzeitiges  Eintreffen  der 
Materialien  verantwortlich.  Den  zu  bestellenden  Quantitäten 
müssen  genaue  Berechnungen  zugrunde  liegen,  damit  genügende, 
aber  auch  nicht  zu  große  Mengen  angefordert  werden.  Immer- 
hin ist  es  besser,  reichlich  bemessene  Mengen  zu  bestellen,  bei 
denen  Gewißheit  vorliegt,  daß  auch  ein  außerordentlicher  Be- 
darf gedeckt  werden  kann,  anstatt  daß  die  regelmäßige  Fabri- 
kation leidet,  um  Zinsen  zu  sparen.  Die  Wegleitung,  wann  und 
wieviel  zu  bestellen  ist,  wird  durch  Bestands-Minima  und  -Ma- 
xima  gegeben,  welche  aus  der  Erfahrung  abgeleitet  werden.  Zu 
ihrer  Festsetzung  ist  nicht  nur  der  monatliche  Verbrauch,  son- 
dern auch  die  mutmaßliche  Dauer,  welche  zwischen  Bestellung 
und  Lieferung  liegt,  maßgebend.  Aber  auch  wenn  von  dieser 
Dauer  abgesehen  wird,  kann  der  momentane  Bestand  nicht  als 
einzige  Grundlage  für  Neubestellungen  gelten,  denn  der  Ver- 
brauch an  einem  bestimmten  Material  kann  ein  unregelmäßiger 
sein.  Sollte  er  daher  aus  irgend  einem  Grunde,  der  sich  der 
Materialverwaltung  entzieht,  plötzlich  steigen,  so  würden  die  auf 
den  Verbrauchsziffern  der  letzten  Monate  basierenden  Bestel- 
lungen den  Bedarf  nicht  decken.  Bei  Materialien,  für  die  ein 
regelmäßiger  Bedarf  besteht  und  die  in  allen,  oder  doch  einer 
gewissen  Anzahl  von  Fabrikaten  ständige  Verwendung  finden, 
kann  man  sich  allerdings  an  den  jeweiligen  tatsächlichen  Bestand 
halten.  Für  alle  Materialien  hingegen,  bei  denen  diese  Voraus- 
setzungen nicht  zutreffen,  muß  zum  Mittel  der  Vordisposition 
gegriffen  werden,  d.h.  die  Materialien  werden  so  früh  wie 
möglich  für  eine  bestimmte  Kommissionsnummer  reserviert,  so 
daß  für  eine  Beurteilung  des  tatsächlichen  Lagerbestandes  nicht 
erst  der  Augenblick  maßgebend  ist,  in  dem  sie  von  der  Werk- 
statt abberufen  werden.  Um  zu  einer  genauen  und  ausreichen- 
den Berechnung  des  Bedarfes  zu  gelangen,  ist  daher  folgender 
Weg  einzuschlagen.  Zuerst  ist  die  monatliche  Verbrauchsziffer 
zu  ermitteln.    Z.B.: 

Lagerbestand   am    I.Juni   1919  4136  Stück 

Bestellungseingang  im  Monat  Juni        2000      „ 

Total    6136  Stück 
Lagerbestand    am    30.  Juni    1919  5120      „ 

Verbrauch  pro  Juni  1016      „ 


-    92    — 


—    93     — 


1 ' 
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Angenommen,  der  Verbrauch  für  die  vorangegangenen  bei- 
den Monate  habe  985  resp.  990  Stück  betragen,  so  kann  als 
durchschnittlicher  Monatsbedarf  die  Zahl  von  1000  Stück  an- 
genommen werden. 

Es  sei  nun  angenommen,  die  Lieferzeit  für  das  neue  Ma- 
terial betrage  ungefähr  zwei  Monate  und  es  soll  ein  Vorrat 
am  Lager  liegen,  der  für  mindestens  drei  Monate  reicht  unter 
Berücksichtigung  eines  starken  Mehrbedarfes.  Es  kann  sich  dann 
ungefähr  folgendes   Bild  ergeben: 

Augenblicklicher  Lagerbestand  1000  Stück 

Noch  nicht   abgeliefertes  Material  2000      „ 

Nk>ch  unbezogenes,  aber  schon  reserviertes  Material  3000  Stück 

Mutmaßlicher  dreimonatlicher  Verbrauch  3000      „ 

Neubestellungen  .  3000      „ 

Total    6000  Stück    6000  Stuck 

Aus  diesem  Schema  geht  hervor,  daß  der  augenblickliche 
Lagerbestand  zuzüglich  der  noch  unerledigten  Bestellungen  ge- 
rade ausreicht,  um  den  schon  im  voraus  bekannten  Bedarf  zu 
decken.  Dieser  Bedarf  kommt  ungefähr  demjenigen  von  drei 
Monaten  gleich;  aber  es  ist  nicht  gesagt,  daß  einerseits  die  Ab- 
berufung aucli  wirklich  innerhalb  dieser  drei  Monate  und  nicht 
später  erfolgt,  andererseits  daß  nicht  plötzlich  ein  unerwarteter 
Bedarf  entsteht,  der  im  Zeitpunkt  der  Bestellung  noch  nicht  vor- 
ausgesehen werden  konnte.  Berücksichtigt  man  ferner,  daß  die 
Lieferzeit  für  die  Neubestellungen  mit  etwa  zwei  Monaten  in 
Anschlag  zu  bringen  ist,  so  wäre  nach  Ablauf  dieser  Frist  der 
Bedarf  für  ungefähr  vier  Monate  gedeckt,  für  fünf  Monate,  wenn 
die  Lieferzeit  nur  einen  Monat  beträgt.  Die  Vordisposition  hat 
den  Zweck,  auch  bei  starken  Schwankungen  der  Abberufung  sei- 
tens der  Werkstatt,  der  Materialverwaltung  die  Mittel  an  die 
Hand  zu  geben,  einem  außerordentlichen  Bedarf  begegnen  zu 
können.  Von  der  Vordisposition  soll  weiter  unten  wieder  die 
Rede  sein. 

Um  eine  ständige  Kontrolle  zu  schaffen,  ob  die  Material- 
verwaltung auch  wirklich  ihre  Aufgabe  erfüllt,  kann  man  sich 
eines  Fehlmeldebuches  bedienen,  in  das  vom  Bezüger  oder  des- 
sen Meister  alle  diejenigen  Materialien  und  die  entsprechende 
Kommissionsnummer  eingetragen  werden,  die  im  Bedarfsfalle 
nicht  erhältlich  sind.  Die  Eintragungen  dieses  Buches  müssen 
dann  von  der  Materialverwaltung  ergänzt  werden,  nämlich  wann, 


wo  und  wieviel  bestellt  worden  ist,  ebenso  muß  der  Eingang  des 
in  Frage  stehenden  Materials  darin  später  verzeichnet  und  nach 
erfolgter  Benachrichtigung  der  Bedarfsstelle  von  dieser  quittiert 
werden.  Das  Buch  aber  Ist  in  bestimmten  Zeitabschnitten  der 
Direktion  oder  dem  Betriebsbureau  vorzulegen.  Die  Kontrolle, 
die  damit  ausgeübt  wird,  ist  eine  doppelte.  Einmal  wird  fest- 
gestellt, welche  Materialien  verwendet,  aber  nicht  gelagert  wer- 
den; dann  aber,  und  das  ist  von  besonderer  Wichtigkeit,  welche 
Materialien  zwar  am  Lager  liegen  sollten,  aber  im  Augenblick 
des  Bedarfes  tatsächlich  nicht  vorhanden  sind.  Handelt  es  sich 
um  Materialien,  die  regelmäßige  Lagerartikel  darstellen,  so  wird 
aus  dem  Buch  ersichtlich  sein,  wer  für  ihr  Fehlen  verantwort- 
lich gemacht  werden  muß,  nämlich  ob  die  Materialverwaltung  zu 
wenig  Material  angefordert  hat,  oder  ob  dies  zu  spät  geschehen 
ist,  ob  das  Verschulden  auf  die  Einkaufsstelle  fällt,  oder  end- 
lich ob  der  Lieferant  mit  seiner  Sendung  im  Rückstand  ist.  Han- 
delt es  sich  um  anormale  Materialien,  die,  wie  im  letzten  Ka- 
pitel angeführt  wurde,  auf  den  Materiallisten  angezeichnet  und 
vom  Einkauf  direkt  ohne  Veranlassung  durch  die  Materialver- 
waltung bestellt  werden,  so  kann  auf  letztere  kein  Verschulden 
fallen.  Der  Fehler  wird  in  der  Regel  bei  der  Einkaufsstelle  oder 
beim  Lieferanten  gesucht  werden  müssen.  Er  kann  jedoch  auch 
beim  Betriebsbureau  liegen,  wenn  dieses  die  Materialliste  zu  spät 
herausgegeben,  oder  den  Materialtermin  auf  ein  zu  frühes  Da- 
tum angesetzt  hat.  Der  Materialtermin  ist  ein  Datum,  welches 
auf  jede  Materialliste  gesetzt  wird  und  welches  den  Tag  angibt, 
an  dem  alle  Materialien  für  den  betreffenden  Auftrag  eingetrof- 
fen sein  müssen;  er  spielt  natürlich  nur  dann  eine  Rolle,  wenn 
der  Auftrag  Materialien  umfaßt,  welche*  nicht  ständig  am  Lager 
liegen.  Erst  an  diesem  Tage  wird  die  Arbeit  aufgenommen. 
Dieser  Fixierung  eines  bestimmten  Tages  liegt  der  Gedanke 
zugrunde,  daß  eine  Arbeit  erst  dann  begonnen  werden  soll, 
wenn  alle  Materialien  vorhanden  sind,  damit  die  Fabrikation 
ohne  Stockungen  durchgeführt  werden  kann,  denn  andernfalls 
würden  halbfertige  Stücke  in  der  Werkstatt  herumliegen  müs- 
sen, an  denen  nicht  weitergearbeitet  werden  kann,  weil  noch 
irgend  ein  Teil  nicht  eingetroffen  ist.  Dadurch  aber  entsteht 
Unordnung  in  der  Werkstatt  und  es  wird  Platz  versperrt,  der 
zum  Arbeiten  nötig  ist.-  Auch  besteht  die  Gefahr,  daß  Auf- 
träge unerledigt  liegen  bleiben,  obschon  dazu  kein  Grund  mehr 
vorhanden  ist. 


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Um  auf  das  Fehlmeldebuch  zurückzukommen,  ist  noch  zu 
sagen,  daß  alle  Beteiligten  außer  dem  Bezüger  ein  Interesse 
daran  haben,  daß  es  so  wenig  Eintragungen  wie  möglich  ent- 
hält. Der  Idealzustand  wäre  natürlich  dann  erreicht,  wenn  gar 
keine  Eintragungen  mehr  gemacht  werden  müßten.  Durch  den 
Krieg  sind  Verspätungen  wieder  viel  häufiger  geworden,  jedoch 
ist  damit  nicht  gesagt,  daß  das  Verschulden  einem  Teit  des  Un- 
ternehmens selbst  zugeschrieben  werden  muß. 

b)   Kontrolle  der  Lieferung. 

Die  erste  Aufgabe  nach  Eingang  des  Materials  besteht  in 
der  Kontrolle  der  Sendung  und  zwar  einerseits  im  Hinblick 
auf  ihr  Übereinstimmen  mit  der  Bestellung,  andererseits  auf 
ihr  Übereinstimmen  mit  dem  vom  Lieferanten  übersandten  Lie- 
ferschein. Für  die  erstgenannte  Kontrolle  sollte  der  Grundsatz 
gelten,  daß  zuviel  geliefertes  Material  dem  Lieferanten  zurück- 
geschickt wird,  besonders  wenn  es  sich  um  die  Bestellung  eines 
nicht  normalen  Gegenstandes  auf  eine  bestimmte  Kommissions- 
nummer handelt,  ausgenommen  wenn  ein  Bedarf  an  dem  zuviel 
gelieferten  nachgewiesen  werden  kann.  Was  die  Kontrolle  der 
Lieferung  in  Bezug  auf  die  Menge  betrifft,  so  ist  es  meistens 
üblich,  dem  damit  beauftragten  Lagerarbeiter  den  Lieferschein 
zu  übergeben,  auf  dem  er  die  Richtigkeit  der  Quantität  einzeich- 
net. In  der  Regel  geschieht  das  durch  einen  Stempelaufdruck, 
auf  dem  der  Befund  und  der  Name  des  Arbeiters  eingetragen 
werden  muß.  Diese  Art  der  Quantitätskontrolle  ist  aber  un- 
zureichend, da  der  Arbeiter  die  vorhandenseinsollende  Menge 
auf  dem  Lieferschein  vor  Augen  hat,  und  er  sich  daher  mit 
dem  Nachzählen  keine  besondere  Mühe  machen  wird,  da  es  für 
ihn  weitaus  am  einfachsten  ist,  die  Übereinstimmung  zwischen 
Sendung  und  Lieferschein  zu  bescheinigen.  Versuche  haben  er- 
geben, daß,  wenn  die  Zahlen  des  Lieferscheins  in  irgend  einer 
Weise  absichtlich  verändert  wurden,  der  Arbeiter  trotzdem  häu- 
fig sein  Kontrollvermerk  für  Richtigkeit  der  übersandten  Menge 
gibt.  Es  ist  daher  empfehlenswert,  dem  Kontrollarbeiter  nicht 
das  Original  des  Lieferscheins,  sondern  einen  Auszug  aus  dem- 
selben in  die  Hand  zu  geben,  auf  dem  alle  Mengenangaben 
weggelassen  werden.  Der  Arbeiter  ist  dann  genötigt,  genau 
nachzuzählen  oder  zu  wiegen,  je  nachdem  wie  es  der  Fall  er- 
fordert.   Die  Materialarten  müssen  aber  auf  diesem  Auszug  an- 


gegeben sein,  denn  dadurch  wird  die  Kontrolle  in  nichts  be- 
einträchtigt, die  Arbeit  aber  für  den  Kontrollarbeiter  doch  be- 
deutend vereinfacht.  Die  Ausübung  der  Quantitätskontrolle 
würde  also  auf  ähnliche  Weise  zu  erfolgen  haben  wie  in  den- 
jenigen Fällen,  in  denen  es  der  Lieferant  unterlassen  hat,  einen 
Lieferschein  zu  schicken,  in  welchem  Fall  ein  solcher  auf  Grund 
der  Bestellung  angefertigt  werden  muß.  Es  wird  allerdings  gegen 
diese  Art  der  Behandlung  eingewendet,  daß  das  teilweise  Ab- 
schreiben des  Lieferscheins  eine  bedeutende  Vermehrung  der 
Schreibarbeit  mit  sich  bringt.  Darüber  kann  natürlich  kein 
Zweifel  sein,  nur  muß  beachtet  werden,  daß  im  einen  Fall  eine 
wirksame  Mengenkontrolle  stattfindet,  im  andern  aber  nicht. 
Will  man  eine  genaue  Kontrolle  der  Eingänge  herbeiführen,  was 
unbedingt  ratsam  ist,  so  muß  die  Organisation  dafür  sorgen, 
daß  diese  Kontrolle  auch  effektiv  wird. 

Ist  die  Mengenkontrolle  erfolgt  und  ihr  Resultat  auf  dem 
Lieferschein  oder  einem  Auszug  aus  demselben  vermerkt,  so 
erfolgt  die  Kontrolle  der  Qualität,  welche  von  einem  eigens  da- 
für geschulten  Kontrolleur  vorgenommen  werden  muß.  Ihr  Re- 
sultat wird  in  das  Kontrollbuch  eingetragen  (siehe  vorhergehen- 
des Kapitel).  Neben  den  speziellen  Eigenschaften  der  Sendung, 
sowie  Name  des  Lieferanten,  Art  der  Ware,  wird  der  Zusam- 
menhang zwischen  Kontrolleintragung  und  Lieferschein  durch 
eine  fortlaufende  gleiche  Numerierung  der  beiden  hergestellt. 

Nach  erfolgter  Kontrolle  werden  die  eingegangenen  Mengen 
auf  den  Lagerkarten  verbucht,  worauf  die  Lieferscheine  zur  wei- 
teren Verarbeitung  an  den  Einkauf  und  die  Rechnungsrevision 
gehen. 

c)  Die  Materialbezugs-Berechtigung. 

Der  Grundsatz,  daß  Material  nur  gegen  einen  schriftlichen 
Ausweis  vom  Lager  abgegeben  werden  darf,  der  von  einer  da- 
zu berechtigten  Person  unterschrieben  sein  muß,  bat  allge- 
meine Geltung  erlangt.  Eine  Liste  dieser  Unterschriftsberech- 
tigten muß  im  Lager  aufliegen,  um  zu  verhüten,  daß  auch  von 
unberechtigter  Seite  Bezüge  gemacht  werden  können.  Allein  die- 
ser Grundsatz,  dessen  Zweck  darin  besteht,  die  Bezüge,  die  auf 
eine  Kommissionsnummer  fallen,  auf  das  notwendige  Minimum 
zu  reduzieren,  so  daß  Nachbezüge,  die  durch  Veruntreuung  oder 
schlechte  Arbeit  verursacht  werden,  nicht  ohne  weitere  Kon- 
trolle  gemacht   werden   können,   verbürgt   für   sich   allein   noch 


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keinen  ordnungsmäßigen  Geschäftsgang.  Es  muß  daneben  noch 
bestimmt  werden,  welchen  Stellen  die  Berechtigung  zur  Bestim- 
mung des  Materialbezuges  gegeben  werden  darf.  Erst  wenn 
diese  Frage  in  befriedigender  Weise  gelöst  ist,  ist  die  Gewähr 
geboten,  daß  sowohl  das  richtige  Material,  wie  auch  nicht  mehr 
als  die  notwendige  Quantität  bezogen  wird.  Erst  dann  ist  auch 
die  Möglichkeit  für  eine  genaue  Vorausbestimmung  der  Herstel- 
lungskosten gegeben,  denn  nur  bei  wirksamer  Kontrolle  der  Ma- 
terialbezüge kann  die  Materialverschwendung,  deren  Ursache  in 
fehlerhafter  Bearbeitung  liegt,  auf  ein  Minimum  reduziert  wer- 
den. Die  Berechtigung  zum  Materialbezug  wird  in  sehr  vielen 
Fällen  dem  Meister  eingeräumt,  jedoch  möchte  es  erscheinen, 
als  ob  er  nicht  die  geeignete  Persönlichkeit  Wäre,  einen  ord- 
nungsmäßigen Geschäftsgang  nach  den  eben  angegebenen 
Grundsätzen   zu   verbürgen. 

Es  fällt  dabei  in  erster  Linie  in  Betracht,  daß  er  das  Ma- 
terial zwar  auf  Grund  von  ihm  übergebenen  Unterlagen  (Stück- 
listen) bezieht,  daß  diese  Unterlagen  für  ihn  jedoch  keinen  ver- 
bindlichen Charakter  haben  können,  sondern  ihm  nur  als  In- 
formation dienen.  Das  ergibt  sich  schon  daraus,  daß  die  Stück- 
liste nicht  immer  ganz  vollständig  •  ist,  so  daß  der  Meister  das 
Fehlende  von  sich  aus  verlangen  muß.  Ebenso  bleibt  es  dem 
Meister  dann  auch  meistens  überlassen,  Form  und  Größe  eines 
Stückes  des  Rohmaterials  zu  wählen,  aus  dem  irgend  ein  Be- 
standteil fabriziert  wird.  Endlich  besteht  wiederum  die  Ge- 
fahr, daß  mangelhaft  bearbeitete  Stücke  ein  zweites  Mal  ausge- 
führt werden,  ohne  daß  eine  genügende  Würdigung  des  betref- 
fenden Falles  durch  die  Betriebsleitung  erfolgen  kann. 

Die  Kalkulation  wäre  ja  allerdings  nachträglich  iir  der  Lage, 
eine  genaue  Kontrolle  über  den  Materialbezug  auf  eine  be- 
stimmte Nummer  vorzunehmen.  Jedoch  ist  das  nur  möglich, 
wenn  sie  eine  vollständige  Rekapitulation  des  Fabrikationspro- 
zesses an  Hand  der  Unterlagen  über  die  Verausgabungen  an 
Löhnen  und  Materialien  vornimmt.  Diese  muß  allerdings,  so- 
weit es  sich  nicht  um  Massen fabrikate  handelt,  immer  erfol- 
gen, bei  letzteren  wird  eine  einmalige  Vornahme  genügen;  es 
ist  jedoch  zu  bezweifeln,  ob  diese  Kontrolle  in  allen  Fällen  mit 
der  erforderlichen  Sorgfalt  ausgeführt  wird.  Es  muß  auch  noch 
beachtet  werden,  daß  auf  diese  Weise  ein  aus  irgend  einem 
Grunde  unberechtigter  Materialbezug  erst  lange,  nachdem  er  er- 


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folgt  ist,  zutage  tritt,  so  daß  keine  Abhilfe  mehr  geschaffen 
werden  kann. 

Die  Bezugsberechtigung  des  Meisters,  die  auf  Grund  von 
Unterlagen  ausgeübt  wird,  die  nicht  zwangsmäßig  eingehalten 
werden  müssen  und  auch  keine  genügend  genaue  Fixierung  jedes 
einzelnen  Gegenstandes  bieten,  so  daß  der  Bedarf  nur  durch 
eine  ganz  bestimmte  Materialform  gedeckt  werden  kann,  überläßt 
diesem  zu  große  Kompetenzen.  Seine  Aufgabe  besteht  in  der 
Anweisung,  Verteilung  und  Überwachung  der  Arbeit,  soweit 
diese  von  andern  Stellen  genau  vorgeschrieben  ist.  Dabei  muß 
aber  die  Bestimmung  aller  Aufwendungen  (sei  es  Lohn  oder  Ma- 
terial) durch  andere  Stellen  erfolgen,  die  an  diesen  Aufwen- 
dungen kein  Interesse  haben.  So  muß  auch  der  Materialbe- 
zug durch  eine  Stelle  geregelt  werden,  die  kein  Interesse  daran 
hat  event.  verdorbenes  Material  zu  verheimlichen,  wie  es  auch 
niemandem  einfallen  würde,  die  Festsetzung  der  Akkordpreise 
dem  Gutdünken  des  Meisters  zu  überlassen. 

Geschieht  der  Materialbezug  durch  den  Meister,  so  wer- 
den die  Materialbezugsscheine  verwendet.  Es  sind  dies  lose 
Zettel  mit  einem  dem  betreffenden  Betrieb  entsprechenden  Vor- 
druck, auf  denen  das  gewünschte  Material  eingetragen  und  durch 
einen  Arbeiter  im  Lager  verlangt  wird.  Der  Zettel  bleibt  im 
Lager  als  Beleg  für  den  Ausgang.  Auch  der  Meister  muß  einen 
Beleg  für  die  ergangene  Bestellung  zurückbehalten.  Die  in  ein 
Buch  zusammengehefteten  Zettel  werden  daher  häufig  in  zwei 
Abschnitte  getrennt,  die  durch  Perforierung  voneinander  ge- 
schieden sind.  Den  feinen  Teil  behält  dann  der  Meister  zurück, 
der  andere  wird  abgerissen  und  geht  ans  Lager.  Diese  Methode 
hat  jedoch  den  Nachteil,  daß  alle  Angaben  zweimal  geschrie- 
ben werden  müssen,  was  sowohl  mehr  Zeit  beansprucht,  als 
auch  mit  der  Gefahr  verbunden  ist,  daß  infolge  von  Schreib- 
fehlern nicht  beide  Abschnitte  gleich  sind.  Diese  Gefahr  wird 
dadurch  noch  vergrößert,  daß,  wie  es  häufig  der  Fall  ist,  die 
beiden  Abschnitte  nicht  die  gleiche  Anordnung  aufweisen.  Es 
dürfte  daher  vorteilhafter  sein,  den  Bezugsschein  mit  einem  je- 
nem gleichen  Durchschlag  anzufertigen,  wobei  das  Original  her- 
ausgerissen wird  und  ans  Lager  geht,  der  Durchschlag  im  Buch 
zurückbleibt  und  dem  Meister  als  Beleg  dient.  Durch  einen  sol- 
chen Zettel  darf  immer  nur  Material  für  eine  einzige  Kommis- 
sionsnummer  bezogen   werden,   da  diese  Zettel  Unterlagen   der 

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Kalkulation  darstellen  und  nach  Kommissionsnummern  geordnet 
werden  müssen.  Auch  sollten,  wenn  sie  überhaupt  mehrere  Ma- 
terialien enthalten,  diese  nahe  verwandt  sein  und  für  den  glei- 
chen Bestandteil  des  Fertigfabrikates  verwendet  werden,  damit 
die  Zettel  auch  nach  einzelnen  Teilen  des  Fabrikates  oder  nach 
Materialien   geordnet   werden   können. 

Das  Zettelsystem  ist  auch  dann  noch  anwendbar,  wenn  nicht 
der  Meister,  sondern  ein  Beamter  des  Betriebsbureaus  Aussteller 
ist.  Im  Betriebsbureau  muß  ohnehin  an  Hand  der  Zeichnungen 
jedes  Fabrikationsobjekt  genau  durchgangen  und  die  Verteilung 
der  einzelnen  Arbeiten  an  die  verschiedenen  Meister  verursacht 
werden.  Soll  dann  die  Arbeit  beginnen,  so  werden  die  ausge- 
füllten Materialbons  denjenigen  Meistern  übergeben,  die  das  Ab- 
holen der  Materialien  vom  Lager  veranlassen  müssen.  Dadurch 
wird  eine  genaue  Kontrolle  des  Materialbezuges  geschaffen,  in- 
dem kein  Material  erhältlich  ist,  ohne  den  vom  Betriebsbureau 
ausgestellten  und  unterzeichneten  Materialschein.  Auch  ist  das 
Betriebsbureau  dann  in  der  Lage,  eine  sehr  wirksame  Kontrolle 
über  die  Reihenfolge  der  Arbeiten  auszuüben,  die  allerdings  auch 
auf  andere  Weise  erzielt  werden  kann.  Besondere  Bedeutung 
erlangt  diese  Kontrolle  bei  unregelmäßiger  Beschäftigung  der 
Werkstatt  oder  doch  einzelner  Abteilungen  derselben.  Diese 
Art  der  Ausstellung  der  Materialscheine  hat  noch  den  weiteren 
Vorteil,  daß  die  zur  Bearbeitung  gelangenden  Stücke  des  Roh- 
materials nicht  zu  groß  bemessen  werden,  so  daß  vermieden 
wird,  daß  immer  größere  Stücke  wie  eigentlich  notwendig  be- 
zogen werden,  deren  Resten  dann  in  der  Werkstatt  herumlie- 
gen, um  schließlich  zum  Ersatz  für  ein  verdorbenes  Stück  zu 
dienen. 

Andererseits  hat  dieses  System  auch  gewisse  Nachteile,  de- 
ren erster  darin  besteht,  daß  einige  der  Zettel  infolge  ihrer 
großen  Anzahl  verloren  gehen  können.  Der  Meister  wird  ja 
allerdings  dann  einen  neuen  verlangen,  jedoch  geht  dadurch 
Zeit  verloren.  Auch  könnte  es  bei  ungenügender  Kontrolle  vor- 
kommen, daß  von  der  Werkstatt  vorgegeben  wird,  es  sei  ein 
Zettel  verloren  gegangen,  wenn  das  betreffende  Stück  zwar  be- 
zogen, aber  bei  der  Bearbeitung  verdorben  worden  ist.  In  sol- 
chen Fällen  muß  allerdings  im  Lager  festgestellt  werden  kön- 
nen, ob  der  in  Frage  stehende  Materialschein  eingelöst  wor- 
den ist  oder  nicht.    Bedeutend  schwerwiegender  ist  der  Einwand 


der  Unübersichtlichkeit.  Die  Anzahl  der  ausgestellten  Material- 
bezugsscheine, die  im  Betriebsbureau  ihre  Weitergabe  an  die 
Werkstatt  erwarten,  wird  eine  sehr  große  sein.  Die  Scheine, 
die  sich  auf  einen  gewissen  Auftrag  beziehen,  werden  alle  vor 
Beginn  der  Arbeit  ausgestellt  werden  müssen,  trotzdem  die 
Fabrikation,  besonders  wenn  es  sich  um  ein  großes  Objekt  han- 
delt, nur  stufenweise  wird  ausgeführt  werden  können.  Es  wird 
daher  eiri  sehr  gut  organisiertes  und  übersichtliches  System  der 
Einordnung  für  die  ausgefüllten  Bezugsscheine  gefunden  werden 
müssen,  so  daß  im  Bedarfsfalle  die  richtigen  sofort  zur  Über- 
mittlung* an  die  Werkstatt  herausgefunden  werden  können. 

Wo  immer  es  sich  um  die  Herstellung  von  Massenerzeug- 
nissen oder  wenigstens  um  ziemlich  gleichartige  Fabrikate  han- 
delt, bei  denen  immer  ein  gewisser  Komplex  von  Materialien 
Verwendung  findet,  ist  die  Möglichkeit  für  einen  Vordruck  ge- 
schaffen, der  nicht  nur  für  jeden  Einzelfall  eine  gewisse  Arbeits- 
ersparnis herbeiführt,  sondern  auch  die  Verwertung  von  einmal 
geleisteter  geistiger  Arbeit  für  alle  nachfolgenden  gleichen  Ope- 
rationen bedeutet.  Es  werden  solche  Materialien  zusammen  auf 
einen  Bezugsschein  gedruckt,  daß  nur  noch  Mengen  und  event. 
abweichende  Dimensionen  eingetragen  werden  müssen.  Be- 
dingung dazu  ist  jedoch,  daß  alle  diese  Materiaüen  zusammen 
verarbeitet  und  infolgedessen  auch  zusammen  bezogen  werden 
können.  Diese  Bedingung  ist  allerdings  nur  dann  von  Bedeu- 
tung, wenn  von  dem  früher  allgemein  üblichen  Weg  des  Mate- 
rialbezuges durch  lose  Zettel,  welcher  für  die  Verrechnung  ge- 
wisse Vorteile  bietet,  die  im  folgenden  besprochen  werden  sol- 
len, nicht  abgewichen  werden  soll.  Andernfalls  führt  die  Wei- 
terentwicklung der  Idee  des  gemeinsamen  Bezugsscheines  für 
mehrere  Materialien,  die  gleichzeitig  und  zusammen  verarbeitet 
werden,  zur  Aufstellung  einer  Material-  oder  Stückliste,  welche 
sämtliche  für  ein  Fabrikat  zur  Verarbeitung  gelangende  Mate- 
rialien umfaßt  und  zum  Materialbezug  dient.  Gegenüber  den  lo- 
sen Bezugszetteln  bietet  dieses  System  den  Vorteil  von  Erspar- 
nis an  geistiger  Arbeit,  da  eine  einmal  hergestellte  Materialliste 
für  gleiche  Ausführungen  desselben  Fabrikates  wieder  verwendet 
werden  kann,  oder  doch  bei  geringen  Änderungen  auch  nur 
geringe  Ergänzungsarbeiten  verursacht.  Auch  bietet  sie  gewisse 
Vorteile  bei  den  Verrechnungsarbeiten.  Dabei  ist  besonders  zu 
beachten,    daß    das   ganze   einer    Kommissionsnummer   zu    bela- 


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stende  Material  an  einer  Stelle  und  von  Materialien  für  andere 
Kommissionsnummern  gesondert  verzeichnet  und  mit  letzteren 
während  des  ganzen  Verrechnungsprozesses  nie  vermengt  wird. 
E>er  Unterschied  zwischen  diesem  System  und  dem  der  einzelnen 
Bezugsscheine  besteht  aber  nicht  hauptsächlich  darin,  daß  in 
einem  Fall  eine  vollständige  Aufstellung  aller  zu  verwendenden 
Materialien  erfolgt  und  in  anderen  nicht.  Denn  auch  zur  Aus- 
stellung der  Materialbezugsscheine,  besonders  wenn  diese  durch 
den  Meister  erfolgt,  ist  eine  Unterlage  notwendig,  welche  nichts 
anderes  wie  eine  Stückliste  ist,  nur  dient  dieselbe  nicht  zum 
Materialbezug,  sondern  ist  nur  eine  Informationsquelle.  Ge- 
wöhnlich wird  sie  auf  das  Zeichnungsblatt  direkt  aufgetragen 
und  bildet  gewissermaßen  eine  Erläuterung  zu  der  Zeichnung 
selbst.  Demnach  könnte  allerdings  angenommen  werden,  daß 
auch  beim  Zettelsystem  keine  größere  Verausgabung  an  geisti- 
ger Arbeit  erfolgt,  da  es  sich  um  ein  bloßes  Abschreiben  von 
der  Stückliste  handelt.  Das  ist  jedoch  unrichtig,  da  der  Kon- 
strukteur, dem  die  Anfertigung  dieser  Stückliste  obliegt,  die- 
selbe von  seinem  Gesichtspunkte  aus  anfertigen  wird,  was  zur 
Folge  hat,  daß  sie  aus  einer  Aufzählung  der  Teile  des  Fertig- 
fabrikates besteht.  Die  spezielle  Art  der  Bearbeitung  fällt  je- 
doch nicht  in  sein  Gebiet,  infolgedessen  kann  diese  Stückliste 
nicht  direkt  zum  Materialbezug  verwendet  werden;  sie  liefert 
nur  die  Unterlagen,  mit  deren  Hilfe  die  benötigten  Materialien 
bestimmt  werden  können.  Je  nach  der  Art  der  Bearbeitung  kön- 
nen diese  aber  verschieden  sein;  ihre  Wahl  muß  demnach  durch 
das  Betriebsbureau  geschehen,  dem  die  Entscheidung  über  die 
Ausführung  des  Fabrikationsprozesses  zufällt.  Das  Betriebsbu- 
reau muß  ohnehin  an  Hand  der  Zeichnungen  den  gesamten  Fa- 
brikationsprozeß  genau  durchgehen,  um  der  Werkstatt  die  nö- 
tigen Anleitungen  geben  zu  können  und  um  eine  Vergebung  der 
einzelnen  Operationen  an  die  verschiedenen  Werkstattabteilungen 
und  Meister  herbeizuführen.  Für  diese  Ausarbeitung  durch  das 
Betriebsbureau  spricht  ferner  noch,  daß  dasselbe  meistens  in 
engerer  Fühlung  mit  dem  Lager  steht  und  daher  mit  größerer 
Leichtigkeit  die  Bezeichnung  der  zu  verwendenden  Materialien 
vornehmen  kann.  Auch  darf  nicht  außer  acht  gelassen  wer- 
den, daß  bei  weitgehender  Arbeitsteilung  in  den  Konstruktions- 
abteilungen,  die  Zeichnungen,  besonders  wenn  es  sich  um  ein 
großes   und  kompliziertes  Fabrikationsobjekt  handelt,  nicht  von 


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einer  einzigen  Person  angefertigt  werden.  Das  hat  zur  Folge, 
daß  die  Stückliste  nicht  einheitlich  hergestellt  wird,  ihre  Unter- 
teilung sich  also  mit  den  aufeinanderfolgenden  Stufen  des  Fa- 
brikationsprozesses auch  nicht  decken  wird.  Darin  könnte  nur 
Abhilfe  geschaffen  werden,  wenn  sämtliche  ein  Objekt  betref- 
fende Zeichnungen  nach  ihrer  Fertigstellung  einem  Beamten  zur 
Ausarbeitung  der  Stückliste  übergeben  würden.  Da  das  jedoch 
den  gedanklichen  Aufbau  der  ganzen  Fabrikation  erfordert,  was 
auf  alle  Fälle  im  Betriebsbureau  zu  geschehen  hat,  so  ist  es 
besser,  diese  Arbeit  gleich  diesen  zuzuteilen. 

d)   Der  Materialausgang. 

Die  Ausführungen  des  letzten  Abschnittes  zusammenfassend 
gibt  es  also  zwei  gebräuchliche  Methoden  des  Materialbezuges; 
die  eine  durch  lose  Zettel,  auf  denen  je  nur  eine  oder  doch  nur 
wenige,   für   die   Fabrikation   zusammengehörige   Materialformen 
verzeichnet  sind;  die  andere,  welche  durch  eine  Liste  sämtlicher 
zu   einem   Fabrikationsobjekt  zu  verarbeitenden   Materialien  ge- 
kennzeichnet wird.     Beide,  der  lose  Zettel  sowohl  wie  die  Ma- 
terialliste,   gleichgültig   von    wem    sie    ausgestellt    worden    sind, 
gelangen   an   die  einzelnen   Meister  der  Werkstatt,   welche   den 
Materialbezug  zu  veranlassen  haben.    Hier  jedoch  zeigt  sich  ein 
wesentlicher   Unterschied   der  beiden   Systeme,   indem   im   Falle 
der  einzelnen   Bezugsscheine  der  Meister  nur  diejenigen  erhält, 
die  zum  Bezug  desjenigen  Materials  berechtigen,  das  er  in  sei- 
ner Abteilung  zu  verarbeiten  hat,  wohingegen  ihm  in  den  mei- 
sten Fällen  beim  zweiten  System  die  gesamte  Materialliste  über- 
geben  werden   muß,  da  ihre   Reihenfolge  sich  wohl  kaum   mit 
den   Arten   der  verschiedenen   Arbeitsoperationen   decken   kann, 
nach  denen  die  Werkstatt  zergliedert  ist.    Bei  kleinen  Betrieben, 
die  hochentwickelte  Halbfabrikate  verwenden,  so  daß  die  wich- 
tigste  Arbeit   im   Zusammenbau   besteht,   kann   der  A^aterialbe- 
zug  durch  denjenigen  Meister  geschehen,  der  den  Zusammen- 
bau unter  sich  hat.     Darin  beruht  ein  weiterer,  sehr  bedeuten- 
der Vorteil  der  Materiallisten,  da  sie  dem  Montage-Meister  ein 
Verzeichnis  aller  zu  verwendenden  Stücke  gibt,  an  Hand  dessen 
er  den  Eingang  der  Halbfabrikate  aus  anderen  Abteilungen  kon- 
trollieren kann.     Beim  Zettelsystem  muß  die  Möglichkeit  einer 
solchen  Kontrolle  erst  geschaffen  werden. 

Alles  Material  für  ein  Fabrikationsobjekt  kann  dann  zu  Be- 


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I 


ginn  der  Arbeit  vom  Hauptlager  in  ein  Zwischenlager  der  Werk- 
statt gebracht  werden,   das  diesem   Meister  untersteht  und  aus 
dem  er  anderen  Meistern  gewisse  Stücke  zur  Verarbeitung  über- 
gibt.   Dieses  System  wird  aber  nicht  immer  zur  Anwendung  ge- 
langen   können,    so    daß    bei   Materiallisten    häufig   der    Meister 
eigentlich    eine    Berechtigung   zum    Bezug   des   gesamten    Mate- 
rials  erhält,   die   er  aber  nur  für  das   durch   ihn   zur  Verarbei- 
tung gelangende  Material  ausnützen   darf.     Das  könnte  jedoch 
dazu    führen,    daß    auf   verschiedenen    Meisterlisten    das    gleiche 
Material    zweimal    bezogen    wird.     Allerdings    könnte    in    einer 
Kopie  der  Materialliste  die  Materialverwaltung  bei  Abgabe  des 
Materials  einen  entsprechenden  Vermerk  machen,  zum  mindesten 
würde  die  Kalkulation  den  Fehler  schließlich  ausfindig  machen. 
Damit   das   aber   überhaupt  nicht  vorkommen   kann,   ist  es   am 
besten,   auf  der  Liste  jedes  Meisters  diejenigen   Positionen  an- 
zuzeichnen, die  zu  beziehen  er  berechtigt  ist.    Diese  Arbeit  kann 
gleichzeitig  mit  der  Verteilung  der  Arbeiten  auf  die  Werkstatt- 
abteilungen  vorgenommen   werden.     Für  sämtliche  Meister  nur 
eine  Materialliste   auszustellen  und  sie  von  einem   zum   andern 
behufs   Materialbezuges   wandern  zu  lassen,   wäre  kaum   durch- 
führbar;   wie    es    auch   unmöglich    wäre,    nur   dem    Lager   eine 
solche  Liste  zukommen  zu  lassen,  welches  an  einem  gewissen 
Fälligkeitstermin  die  Materialien  ohne  weiteres  an  die  Werkstatt 
liefert,   denn   das  würde  eine  sehr  regelmäßige  Fabrikation  er- 
heischen,   anderenfalls    das   Material   eine   gewisse   Zeit   in   der 
Werkstatt  herumliegen  würde.     Es  kann  jedoch  jedem  Meister 
eine  Liste  nur  der  von  ihm  zu  verlangenden  Materialien   über- 
geben werden,  nur  muß  darauf  geachtet  werden,  daß  die  Zahl 
dieser  Meister  nicht  zu  groß  wird.     Ein  Ausgleich  kann  durch 
die  Vergebung  einer  Arbeit  von  einem  Meister  zum  andern  er- 
folgen.    Besteht  nur  eine   Liste,   die  jedem   bezugsberechtigten 
Meister  ganz   übergeben   wird,   dann   kann   die   Bezugsberechti- 
gung auf  eine  Weise  erteilt  werden,  daß  für  die  verschiedenen 
Materialarten  nur  je  ein  Meister  die  Autorisation  zum  Abholen 
am  Lager  erhält.    Wiederum  erhalten  dann  andere  Meisterabtei- 
lungen diese  Materialien  durch  Vergebung  von  Arbeit  von  Mei- 
ster zu  Meister.    Dadurch  wird  vermieden,  daß  ein  Meister  auf 
die  Materialliste  hin  Material  bezieht,  das  eigentlich  einem  an- 
dern  zukommt,   da  dieses  andere  Material  in  seiner  Abteilung 
gar  nicht  verarbeitet  werden  kann. 


Im  Augenblick  des  Bedarfes  geht  ein  Transportarbeiter  mit 
dem  Materialbezugsschein  oder  der  Materialliste,  je  nach  der 
entsprechenden  Organisation,  nach  dem  Lager,  um  das  Mate- 
rial zu  verlangen.  Überbringt  er  einen  oder  mehrere  Material- 
bezugsscheine, so  kann  er  das  Material  sofort  in  Empfang  neh- 
men; denn  die  Buchung  kann  nachträglich  an  Hand  des  von 
ihm  als  Ausgabebeleg  zurückgelassenen  Materialscheines  erfol- 
gen. Das  hat  meistens  zur  Folge,  daß  das  Lager  nur  zu  ge- 
wissen Tagesstunden  zum  MateriaFbezug  geöffnet  ist,  um  wäh- 
rend der  übrigen  Zeit  die  Verbuchungen  vornehmen  zu  können. 
Diese  Schließung  des  Lagers  während  gewisser  Stunden  kann 
jedoch  nicht  als  besonders  zweckmäßig  erachtet  werden,  da  es 
immer  vorkommen  kann,  daß  die  rechtzeitige  Abberufung  ein- 
zelner Stücke  vernachlässigt  wird,  was  Betriebsstockungen,  wenn 
auch  nur  für  kurze  Dauer,  zur  Folge  haben  kann.  Sie  wird  durch 
eine  rationellere  Arbeitsteilung  im  Lager  bedingt,  die  darauf  ba- 
siert, daß  die  mit  dem  Ausgeben  des  Materials  betrauten  Arbei- 
ter nicht  voll  beschäftigt  sind,  so  daß  sie  noch  zu  Verbuchungs- 
arbeiten  herangezogen  werden  müssen.  Ist  dies  der  Fall,  dann 
ist  es  vorzuziehen,  wenn  sie  den  einen  Teil  des  Tages  ausschließ- 
lich die  eine,  den  andern  Teil  die  andere  Arbeit  verrichten,  an- 
statt fortwährend  von  einer  zur  andern  Arbeit  überzugehen. 

Anders  verhält  es  sich  bei  der  Abgabe  von  Material  auf 
Materiallisten.  Diese  können  nicht  im  Lager  zurückbehalten  wer- 
den, worin  ihr  größter  Nachteil  besteht;  denn  dieser  Beleg,  der 
im  Lager  zurückbleibt,  könnte  zu  mancherlei  Verrechnungsar- 
beiten herangezogen  werden;  ist  er  nicht  vorhanden,  so  müs- 
sen neue  Unterlagen  hergestellt  werden,  die  einen  bedeuten- 
den Mehraufwand  an  Schreibarbeit  zur  Folge  haben.  Zweierlei 
Gründe  verunmöglichen  das  Zurücklassen  der  Materialliste  im 
Lager.  Einmal  wird  nicht  alles  Material  gleichzeitig  bezogen 
werden,  sondern  erst  wenn  der  Bedarf  dafür  vorhanden  ist.  Es 
könnte  allerdings  an  ein  Zwischenlager  in  der  Werkstatt  abge- 
liefert werden,  jedoch  bringt  dieses  bei  großen  Werken  eine  be- 
deutende Erhöhung  der  Lagerspesen  mit  sich.  Der  zweite  Grund 
Hegt  in  der  Trennung  in  verschiedene  Lager,  so  daß  eine  Mate- 
rialliste zum  Bezug  in  verschiedenen  Lagern  vorgewiesen  wer- 
den muß.  Allerdings  liegt  ein  gewisser  Vorteil  darin,  wenn  der 
Bezüger,  besonders  wenn  er  viele  verschiedenartige  Materia- 
lien abholt,  das  Verzeichnis  derselben,  welches  auch  die  zu  be- 


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I 

) 


lastende  Kommissionsnummer  enthält,  mit  zurückbringt.  Je- 
doch fällt  dieser  Vorteil  weniger  ins  Gewicht  als  derjenige  der 
losen  Zettel,  als  weitere  Verrechnungsunterlagen  zu  dienen. 

Für  die  Ausgabe  von  Material  auf  Materiallisten  muß  unbe- 
dingt der  Grundsatz  bestehen,  daß  zuerst  eine  Verbuchung  im 
Lager  in  irgend  einer  Form,  dann  die  Verbuchung  auf  der  Ma- 
terialliste selbst  zu  erfolgen  hat.  Erst  wenn  das  geschehen 
ist,  dürfen  die  Materialien  abgegeben  werden.  Da  diese  Verbu- 
chungen,  besonders  wenn  gleichzeitig  eine  ganze  Menge  von  Ma- 
terialien abberufen  werden,  eine  gewisse  Zeit  in  Anspruch  neh- 
men, muß  der  Bezüger  zweimal  ins  Lager  gehen,  einmal  um  die 
Materialliste  zu  überbringen,  ein  zweites  Mal  nach  einer  ihm 
angegebenen  Zeit  von  etwa  ein  bis  zwei  Stunden,  um  das  Ma- 
terial in  Empfang  zu  nehmen.  Nach  Ablauf  dieser  Frist  sind 
dann  die  Verbuchungen  vorgenommen  und  alles  Material  mit 
der  Materialliste,  die  einen  Vermerk  über  die  ausgegangenen 
Quantitäten  trägt,  bereitgelegt  worden,  so  daß  es  der  Bezüger 
nur  noch   abzuholen   braucht. 

Muß  vom  Lager  eine  größere  als  die  durch  die  Material- 
liste verlangte  Menge  ausgegeben  werden  (eine  Rolle  Draht), 
so  muß  auch  diese  wirklich  ausgegebene  Menge  auf  der  Ma- 
terialliste verbucht  werden.  Der  Meister  hat  dann  das  übrig- 
bleibende Quantum  zusammen  mit  einem  Retourschein,  der  eine 
dem  Materialbezugsschein  analoge  Anordnung  aufweisen  kann, 
sich  aber  von  diesem  nicht  nur  durch  die  Überschrift,  sondern 
am  besten  noch  durch  eine  andere  Farbe  unterscheidet,  dem 
Lager  zurückzuliefern.  Kommen  solche,  das  verlangte  Quantum 
übersteigende  Materialausgaben  nur  selten  vor,  so  daß  über  sie 
im  Lager  nicht  besonders  Buch  geführt  werden  muß,  da  sie 
den  augenblicklichen  Lagerbestand  nicht  wesentlich  beeinflus- 
sen, so  übt  die  Kalkulation  die  Kontrolle  darüber  aus,  ob  das 
zuviel  gelieferte  Material  dem  Lager  zurückgegeben  wurde.  Denn 
für  einen  auf  der  Materialliste  vermerkten  zu  großen  Ausgangs- 
posten muß  ein  entsprechender  Retourbon  vorhanden  sein.  Ist 
dies  nicht  der  Fall,  so  muß  eine  Anfrage  an  den  Meister  er- 
gehen, wobei  es  sich  herausstellen  kann,  daß  die  zuviel  gelie- 
ferte Menge,  statt  daß  sie  dem  L^er  zurückgegeben  wurde, 
für  einen  andern  Auftrag  Verwendung  gefunden  hat.  Dement- 
sprechend muß  aber  auf  der  Materialliste  dieses  Auftrages  ein 
Posten  unbezogen  geblieben  sein.  Es  ist  dann  nur  Aufgabe  der 
Kalkulation,   eine   entsprechende   Umbuchung  vorzunehmen. 


Diese  den  Bedarf  übersteigenden  Materiallieferungen  wer- 
den für  gewisse  Materialien  immer  vorkommen  müssen,  jedoch 
sollte  danach  getrachtet  werden,  sie  nach  Möglichkeit  zu  redu- 
zieren, was  dadurch  geschieht,  daß  dem  Lager  Maschinen  und 
Einrichtungen  übergeben  werden,  welche  die  Materialien  so  zer- 
teilen können,  daß  sie  genau  dem  Einzelbedarf  entsprechen. 
Z  B.  für  Stangen  und  Röhren  liegen  solche  Fälle  vor,  da  sie, 
wenn  sie  nicht  im  Lager  zerschnitten  werden  können,  meistens 
in  der  Länge  abgegeben  werden  müssen,  in  der  sie  von  aus- 
wärts bezogen  wurden.  Solche  Maschinen  können  allerdings 
nur  dann  in  den  Lagergebäuden  aufgestellt  werden,  wenn  ge- 
nügend Beschäftigung  für  sie  vorliegt,  um  sie  auch  wirklich 
auszunützen.  Wird  eine  Maschine  ausschließlich  für  das  Zer- 
teilen solcher  Materialien  verwendet,  dann  wird  sie  auch  im 
Lager  aufgestellt  werden  müssen,  sofern  sie  dort  ohne  beson- 
dere Kosten  angetrieben  werden  kann,  da  dadurch  das  Material 
am  wenigsten  herumgeschleppt  werden  muß  und  die  Arbeit 
schon  vor  dem  Bezugstermin  erledigt  werden  kann. 

e)  Die  Verbuchung. 

Eine  erste  Verbuchung  des  Materialausgangs,  die  allerdings 
in  den  wenigsten  Fällen  erfolgt,  kann  durch  den  ausgebenden 
Arbeiter  auf  Karten  erfolgen,  welche  außen  an  den  Fächern 
oder  Schränken  angebracht  werden,  in  denen  das  Material  ver- 
wahrt wird.  Sie  enthalten  eine  ähnliche  Anordnung  wie  die 
später  zu  besprechenden  Lagerbestandskarten  mit  links  Kolon- 
nen für  den  Materialeingang,  welche  in  dem  Augenblick  aus- 
gefüllt werden,  in  dem  das  Material  in  den  Schränken  oder 
Fächern  untergebracht  wird  und  rechts  Kolonnen  für  den  Aus- 
gang, in  denen  Gegenstand,  Menge  und  Kommissionsnummer 
unmittelbar  vor  Ausgabe  des  Materials  notiert  werden.  Sie  er- 
möglichen eine  verschärfte  Kontrolle,  indem  die  jeweils  in  einem 
Fach  untergebrachte  Materialmenge  sofort  aus  der  Karte  ersicht- 
lich ist.  Ihre  Bedeutung  tritt  aber  besonders  dann  zutage,  wenn 
der  Materialbezug  durch  Materiallisten  geschieht,  weil  die  Un- 
terlage, welche  zur  Buchung  auf  die  unten  zu  besprechenden 
Lagerbestandskarten  der  Lagerverwaltung  dient,  nicht  die  Ma- 
terialliste selbst  sein  kann,  da  diese  nicht  bis  in  die  Bureaux  der 
Lagerverwaltung  weitergegeben  werden  darf,  da  sonst  zu  viel 
Zeit  zwischen  dem  Abruf  und  dem  wirklichen  Abholen  des  Ma- 


«  M'  riSj* 


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terials  verstreichen  würde.  Die  Unterlage  für  die  Verbuchung 
auf  die  im  Lager  geführten  Lagerkarten  ist  zwar  die  Material- 
liste,  die  der  Lagerbestandskarten  der  Materialverwaltung  aber 
die  Materialausgangsliste.  Letztere  enthält  Kolonnen  über  Ge- 
genstand, Menge,  Kommissionsnummer,  den  beziehenden  Mei- 
ster, Einheitspreis  und  Gesamtpreis.  Die  Eintragungen  mit  Aus- 
nahme der  Preise  erfolgen  im  Lager  in  chronologischer  Reihen- 
folge der  Ausgänge,  und  zwar  sobald  eine  Materialliste  zum 
Bezug  im  Lager  abgegeben  wird.  Im  Anschluß  daran  wird  die 
Verbuchung  auf  der  Materialliste  selbst  und  auf  der  Lagerkarte 
vorgenommen.  Jedes  Lager  führt  eine  besondere  Ausgangs- 
liste, die  täglich  der  Lagerverwaltung  abgegeben  wird,  worauf 
jeder  einzelne  Posten  auf  die  Lagerbestandskarte  übertragen 
wird.  Nach  Ausrechnung  der  Preise,  welche  später  von  der 
Kalkulation  verarbeitet  werden,  dient  sie  zur  Entlastung  des 
Lagerkontos.  Handelt  es  sich  um  ein  einer  bestimmten  Fabrik 
zugeteiltes  Lager,  welches  aber,  wie  es  immer  geschehen  wird, 
ab  und  zu  auch  an  andere  Fabriken  Material  abgeben  muß,  so 
kann  zur  Belastung  des  Fabrikationskontos  mit  Materialien  für 
jede  der  Fabriken  eine  besondere  Ausgangsliste  geführt  wer- 
den; da  diese  Posten  aber  ziemlich  selten  sind,  so  können  sie 
auch  aus  der  gemeinsamen  Ausgangsliste  ausgezogen  werden. 
Auch  kann  die  Verrechnung  über  Fabrikationskonto  beim  Ab- 
schluß einer  Kommissionsnummer  erfolgen,  was  besonders  dann 
geschieht,  wenn  eine  andere  als  die  den  Auftrag  ausführende 
Fabrik  nicht  nur  einige  Materialien  liefert,  sondern  diese  auch 
noch  bis  zu  einer  gewissen  Stufe  zu  Lasten  der  ausführenden 
Fabrik  verarbeitet. 

Für  den  Bezug  von  Materialien  durch  Materialbezugs- 
scheine sind  solche  Listen  nicht  unbedingt  notwendig.  Der 
Gang  der  Verbuchung  kann  dann  folgender  sein.  Nach  Eingang 
der  Scheine  werden  diese  auf  die  Materialbestandskarten  ver- 
bucht; je  nachdem  in  diese  Karten  Preise  eingesetzt  werden 
oder  nicht,  erfolgt  die  Ausrechnung  dieser  Preise  vor  oder 
nach  der  Verbuchung.  Als  zweiter  Schritt  werden  die  Scheine 
nach  den  verschiedenen  Lagern  geordnet,  was  sie  voraussicht- 
lich schon  von  Anfang  an  sind,  und  die  Preise  vermittelst  einer 
Rechenmaschine  aufaddiert.  Die  sich  ergebende  Summe  wird 
dem  betreffenden  Lagerkonto  gutgeschrieben.  Endlich  werden 
die  Zettel   nach    den  verschiedenen    Kommissionsnummern   sor- 


tiert und  gehen  zur  Weiterverarbeitung  an  die  Kalkulation.  Es 
sind  demnach  nur  zwei  Schreiboperationen  erforderlich.  Er- 
stens das  Ausstellen  der  Materialbezugsscheine  und  zweitens 
ihre  Übertragung  auf  die  Lagerbestandskarten.  Dazu  kommt 
noch  die  Arbeit  des  Aufaddierens  der  zur  Entlastung  des  Lager- 
kontos gelangenden  Beträge  und  das  Sortieren  nach  Kommis- 
sionsnummern. Bedeutend  größer  ist  die  Arbeit,  wenn  der  Ma- 
terialbezug durch  Materiallisten  vor  sich  geht.  Es  sind  dann 
folgende  Operationen  zu  verrichten:  Erstens  Ausstellen  der  Ma- 
terialliste, zweitens  Übertragung  auf  die  Lagerkarten  (diese  ist 
nicht  unbedingt  notwendig),  drittens  Übertragung  auf  die  Aus- 
gangsliste, viertens  Quittierung  des  Ausgangs  auf  der  Material- 
liste, fünftens  Übertragung  sämtlicher  Posten  der  Ausgangs- 
liste auf  die  Lagerbestandskarten.  Hinzu  kommt  das  Aufaddie- 
ren der  Beträge  der  Ausgangsliste  zur  Entlastung  des  Lager- 
kontos. (Das  Einsetzen  der  Preise  erfolgt  in  beiden  Fällen, 
das  eine  Mal  auf  dem  Materialbezugsschein,  dan  andere  Mal 
auf  die  Ausgangsliste.)  Dem  Sortieren  nach  Kommissionsnum- 
mern im  ersten  Fall  entspricht  eine  Kontrolle  im  zweiten  Fall, 
welche  die  Übereinstimmung  jedes  Postens  der  Ausgangsliste 
mit  einem   Posten  auf  irgend  einer  Materialliste  feststellt. 

Soweit  die  Frage  nach  dem  Aufwand  in  Betracht  kommt, 
scheint  daher  entschieden  der  Vorteil  beim  ersten  System  zu 
liegen.  Jedoch  hat  es  auch  bedeutende  Nachteile,  welche  in 
der  geringeren  Sicherheit  der  Kontrolle  beruhen.  Es  kann  da- 
her nur  dann  mit  Erfolg  angewendet  werden,  wenn  die  An- 
zahl der  verschiedenen  Materialien,  die  in  ein  Fabrikationsob- 
jekt verarbeitet  werden,  eine  geringe  ist,  so  daß  Übersichtlich- 
keit auch  ohne  besondere  Unterlagen  geschaffen  werden  kann. 
Dies  aus  zwei  Gründen.  Erstens  könnte  es  vorkommen,  daß 
ein  Materialbezugsschein  nach  erfolgtem  Bezug  verloren  geht, 
oder  daß  er,  besonders  wenn  seine  Ausstellung  in  jder  Werk- 
statt erfolgt,  eine  unrichtige  Kommissionsnummer  trägt.  In  bei- 
den Fällen  würde  dann  das  Resultat  der  Kalkulation  ein  un- 
richtiges sein;  im  ersten,  weil  ein  Materialposten  überhaupt 
fehlt,  im  zweiten,  weil  er  auf  eine  falsche  Kommissionsnummer 
gebucht  würde.  Zweitens,  und  das  hängt  mit  dem  ersten  sehr 
nahe  zusammen,  weil  die  Kalkulation,  besonders  wenn  es  sich 
um  viele  verschiedenartige  Materialien  handelt,  eine  sehr  hoch 
qualifizierte  geistige  Arbeit  erfordert,  welche  darin  besteht,  den 


i  il#. 


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—     109 


IV 


I.« 


Fabrikationsprozeß  an  Hand  der  Materialscheine  zu  rekonstruie- 
ren. Tut  sie  das  mit  großer  Sorgfalt,  dann  wird  sie  zwar  die 
oben  genannten  Versehen  auffinden;  es  kann  jedoch  nicht  be- 
zweifelt werden,  daß  ihre  Arbeit  durch  das  Bestehen  einer  vom 
Betriebsbureau  ausgestellten  Materialliste,  deren  Richtigkeit  sie 
nach  einmaliger  Kontrolle  voraussetzen  darf,  ungeheuer  erleich- 
tert wird.  Die  mehrfache  Übertragung  beim  System  der  Ma- 
teriallisten schließt  zwar  die  Wahrscheinlichkeit  vermehrter  Feh- 
ler beim  Abschreiben  in  sich;  diese  Fehler  können  aber  leicht 
durch  Vergleichung  der  Eintragungen  auf  den  Lagerkarten  und 
den  Ausgangslisten  gefunden  werden.  Ist  der  gleiche  Fehler 
auf  beiden  gemacht  worden,  so  wird  er  durch  die  Kalkulation 
bei  Gegenüberstellung  der  Materialliste  und  der  Ausgangsliste 
zum  Vorscliein  kommen.  Eine  Ausgangsliste  kann  auch  in  Ver- 
bindung mit  dem  System  der  losen  Materialbezugsscheine  zur 
Anwendung  gelangen.  Die  Bewertung  des  Ausgangs  findet 
dann  nicht  auf  dem  Bezugsschein,  sondern  auf  der  Ausgangs- 
liste statt.  Diese  Einschiebung  einer  Ausgangsliste  soll  herbei- 
führen, daß  Materialbezüge  auf  verloren  gegangenen  Bezugs- 
scheinen dennoch  in  der  Kalkulationssumme  enthalten  sind.  Da 
das  Material  erst  nach  Verbuchung  auf  die  Ausgangslisten  aus- 
gegeben werden  darf,  besteht  keine  Gefahr,  daß  abhanden  ge- 
kommene Bezugsscheine  der  Verrechnung  entgehen. 

Zur  Umgehung  der  Ausgangsliste  beim  System  des  Ma- 
terialbezugs durch  Listen  aus  Gründen  der  Vereinfachung  der 
Schreibarbeit  wäre  es  denkbar,  dem  Lager  eine  Kopie  der  Ma- 
terialliste zu  übergeben,  in  welcher  alle  ausgegebenen  Materia- 
lien angezeichnet  werden.  Diese  Liste  würde  dann  alle  der 
Ausgangsliste  zufallenden  Aufgaben  zu  erfüllen  haben.  Diese 
Methode  könnte  jedoch  nur  dann  Anwendung  finden,  wenn  alle 
Materialien  gleichzeitig  und  wenn  möglich  von  einem  Lager 
bezogen  würden.  Eine  Unterteilung  der  Materiallisten  nach  La- 
gern wäre  nicht  durchführbar,  weil  dies  den  Bedürfnissen  der 
Werkstatt  kaum  entsprechen  würde.  Es  wäre  allerdings  auch 
nicht  unbedingt  notwendig,  da  die  von  einem  Lager  nicht  zur 
Ausgabe  gelangenden  Materialien  einfach  frei  bleiben  könnten. 
Geschieht  jedoch  der  Bezug  in  unregelmäßigen  Zeitintervallen, 
so  könnten  die  Materiallisten  nicht  sofort  an  die  Materialver- 
waltung zur  Verbuchung  auf  die  Lagerbestandskarten  weiter  ge- 
geben  werden,   da  sie  unter   Umständen  gleichzeitig  im   Lager 


zur  Ausgabe  von  Material  benötigt  würden.  Das  gleiche  gilt 
in  erhöhtem  Maße  für  die  Einsetzung  der  Preise,  welche  zur 
Entlastung  des  Lagerkontos  erforderlich  sind.  Dasselbe  könnte 
daher  erst  entlastet  werden,  wenn  alle  Materialien  bezogen  wor- 
den sind,  was  mit  der  Fertigstellung  des  Fabrikates  beinahe 
gleichbedeutend  ist.  Da  diese  aber  unter  Umständen  sehr  lange 
Zeit  in  Anspruch  nimmt,  so  würde  ein  Abschluß  des  Lager- 
kontos nie  ein  richtiges  Bild  ergeben.  Das  Lohnkonto  wird 
ja  zwar  häufig  analog  geführt,  indem  ihm  die  in  einer  Zahl- 
tagsperiode ausbezahlten  Gesamtlöhne  gutgeschrieben  und  die 
auf  einen  bestimmten  Auftrag  fallende  Lohnsumme  belastet  wird. 
Wird  dann  aber  ein  Abschluß  z.B.  einer  Einzelfabrik  gemacht, 
so  kann  der  Saldo  des  Lohnkontos,  welcher  die  verausgabte 
Lohnsumme  für  unfertige  Aufträge  darstellt,  vorübergehend  auf 
das  Fabrikationskonto  übertragen  werden.  Eine  analoge  Fest- 
stellung der  für  unfertige  Aufträge  verausgabten  Materialsumme 
ist  aber  nicht  möglich,  da  die  Bewertung  erst  nach  Vollendung 
des  Auftrages  oder  zum  mindesten  erst,  wenn  sämtliches  auf 
einen  Auftrag  fallendes  Material  bezogen  wurde,  herbeigeführt 
werden  kann. 

Zur  raschen  Übersicht  über  alle  einen  Materialbezug  be- 
treffenden Einzelheiten  kann  man  sich  auch  der  Hollerithma- 
schine  bedienen.  Die  Anzahl  der  Gesichtspunkte,  nach  denen 
ein  Ordnen  der  Karten  erfolgen  kann,  scheint  jedoch  die  An- 
schaffungskosten der  Maschine  kaum  zu  rechtfertigen;  denn  es 
kommt  nur  ein  Ordnen  und  Addieren  nach  Kommissionsnum- 
mern für  die  Kalkulation,  ein  Ordnen  nach  Materialarten  für 
die  Verbrauchsstatistik  und  ein  Ordnen  nach  Lagern  in  Be- 
tracht, wobei  zu  beachten  ist,  daß  die  letzte  Aufgabe  ohnehin 
nur  geringe  Mühe  bereitet.  Zudem  ist  nicht  zu  vergessen,  daß 
eine  sehr  genaue  Numerierung  zur  Bezeichnung  der  verschie- 
denen Materialarten  durchgeführt  werden  muß,  die  ^überall  zur 
Anwendung  zu  gelangen  hat.  Wegen  der  großen  Anzahl  der 
verschiedenen  Materialien  kann  diese  aber  für  den  Geschäfts- 
betrieb  hinderlich   werden. 

Die  Kommissionsnummern  beendeter  Aufträge  werden  vom 
Betriebsbureau  auf  Listen  zusammengestellt  und  den  Lagern 
übergeben.  Auf  erledigte  Kömmissionsnummern  darf  dann  kein 
Material  mehr  verabfolgt  werden. 

Auf  welche  Weise  der  Materialbezug  und  seine  weitere  Ver- 


V 


—     110     — 


—   111    -- 


I 

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buchung  auch  stattfindet,  müssen  in  der  Materialverwaltung  im- 
mer genaue  Unterlagen  über  den  Materialausgang  vorliegen,  die 
den  Materialeingängen  auf  den  Lagerbestandskarten  gegenüber- 
gestellt werden.  Als  Unterlage  für  den  Materialeingang,  soweit 
er  durch  auswärtige  Lieferanten  erfolgt,  dient  der  Lieferschein; 
handelt  es  sich  um  Materialien,  die  von  der  Werkstatt  dem 
Lager  übergeben  werden,  wie  lagermäßige  Bestandteile,  auch 
Fertigfabrikate  oder  Retoursendungen  zuviel  gelieferten  Mate- 
rials, so  kann  die  Verbuchung  durch  eine  Eingangsliste  gesche- 
hen, welche  sowohl,  was  Anordnung  wie  Behandlung  betrifft, 
analog  der  Ausgangsliste  geführt  wird.  Wie  aber  schon  oben 
erwähnt  wurde,  kann  der  Materialverwaltung  zur  genauen  Kon- 
trolle über  den  Lagerbestand  eine  Gegenüberstellung  der  tat- 
sächlichen Ein-  und  Ausgänge  nicht  genügen.  Es  ist  dazu  noch 
eine  Übersicht  über  die  zwar  schon  bestellten,  aber  noch  nicht 
eingetroffenen  Materialien  einerseits  und  die  für  einen  Auf- 
trag vorgemerkten,  aber  noch  nicht  vom  Lager  geholten  Mate- 
rialien andererseits  notwendig.  Diese  Gegenüberstellung  wird 
mit  Hilfe  einer  Kartothek  bewerkstelligt,  in  welcher  jeder  Ma- 
terialart eine  Karte  ausgestellt  wird,  auf  welcher  links  das  An- 
forderungsdatum, die  Einkaufsnummer  oder  der  Lieferant,  die 
Stückzahl  und  das  Datum  des  Materialeingangs  notiert  werden. 
Dieser  Teil  der  Karte  kann  auch  noch  zur  Kontrolle  der  Mate- 
rialbestellungen dienen.  Die  rechte  Seite  hingegen  enthält  Ko- 
lonnen für  den  Materialtermin  (vom  Betriebsbureau  angegebe- 
nes Datum,  an  dem  alle  für  einen  bestimmten  Auftrag  zu  ver- 
wendenden Materialien  bereit  liegen  müssen),  die  Kommissions- 
nummer und  die  vorgemerkte  Menge.  Ist  einer  dieser  Posten 
dann  bezogen  worden,  so  muß  bei  demselben  auf  der  Karte 
eine  diesbezügliche  Eintragung  gemacht  werden.  Unterlage  für 
die  Eintragungen  auf  der  linken  Seite  ist  die  Bestellungskopie, 
der  Materialanforderungsschein  und  endlich  der  Lieferschein;  für 
die  rechte  Seite  eine  Kopie  der  MaterialHste,  die  einen  Ver- 
merk trägt,  daß  sie  nicht  zum  Materialbezug  berechtigt.  Ge- 
schieht der  Materialausgang  durch  Bezugsscheine,  dann  ist  diese 
Form  der  Reservierungen  nicht  durchführbar,  da  die  Scheine, 
wenn  sie  in  der  Werkstatt  vom  Meister  ausgestellt  werden, 
erst  im  Augenblick  des  Bedarfes  entstehen.  Auch  wenn  ihre 
Ausstellung  dem  Betriebsbureau  übergeben  wird,  kann  die  Re- 
servierung keine  Anwendung  finden,  da  es  zu  umständlich  wäre. 


alle  Zettel  sofort  nach  ihrem  Entstehen  die  Lagerverwaltung  pas- 
sieren zu  lassen.  Es  könnte  ja  allerdings  im  Betriebsbureau  eine 
Liste  aller  zu  reservierenden  Materialien  aufgestellt  werden,  je- 
doch kann  diese  weder  so  genau  noch  so  übersichtlich  sein  wie 
eine  Dispositionskartothek.  Eine  Übertragung  solcher  Listen  auf 
eine  Kartothek  in  der  Lagerverwaltung  kommt  auch  einer  be- 
deutenden Vermehrung  der  Schreibarbeit  gleich.  Es  ist  selbst- 
verständlich, daß  auch  alle  Änderungen,  wie  Annullierungen  eines 
Auftrages  in  der  Dispositionskartothek,  Aufnahme  finden  müssen. 

Die  Vordisposition  liefert  dem  Lager  eine  genaue  Grund- 
lage für  die  Festsetzung  der  Menge  und  des  Zeitpunktes  neuer 
Materialanforderungen.  Sie  wird  um  so  nötiger,  je  geringer 
der  Verbrauch  an  einem  bestimmten  Material  ist,  da  es  dann 
zeitweise  überhaupt  nicht  gelagert  werden  muß,  je  unregel- 
mäßiger die  Abrufung  geschieht,  da  sonst  der  Fall  eintreten 
kann,  daß  das  Lager  nicht  imstande  ist  den  Bedarf  zu  decken, 
und  je  länger  und  unregelmäßiger  die  Liefertermine  für  den 
betreffenden  Gegenstand  sind.  Auch  können  mit  Hilfe  der  Re- 
servierungen die  für  ein  Material  angelegten  Summen  des  Be- 
triebskapitals reduziert  werden. 

Neben  dieser  Kartothek  wird  die  eigentliche  Lagerbestands- 
kartothek geführt,  welche  für  jede  einzelne  Materialart  eine  Ge- 
genüberstellung von  wirklich  erfolgten  Eingängen  und  Aus- 
gängen herbeiführt.  Sie  muß  jederzeit  die  im  Lager  liegende 
Materialmenge  angeben.  Damit  sie  diesen  Zweck  erfüllen  kann, 
müssen  die  Eintragungen  über  Ein-  und  Ausgänge  auch  an  dem 
Tage  gemacht  werden,  an  dem  diese  Ein-  und  Ausgänge  er- 
folgten. Es  können  zwei  wesentliche  Arten  von  Lagerbestands- 
karten unterschieden  werden,  nämlich  solche,  die  nur  Aufschluß 
über  die  aus-  und  eingegangenen  Mengen  geben  und  solche, 
die  auch  noch  die  Materialpreise  enthalten.  Letztere  Art  von 
Karten  wird  meistens  dann  angewendet,  wenn  das  Lagerkonto 
ein  reines  Bestandkonto  sein  soll.  Dem  Prinzip  nach  soll  dann 
jeder  ausgehende  Materialposten  zu  seinem  Einkaufspreis  (inkl. 
Spesen)  dem  Lagerkonto  gutgeschrieben  werden.  In  Wirklich- 
keit ist  das  jedoch  nicht  durchführbar,  weil  gleiches  Material 
zusammen  gelagert  wird,  so  daß  in  den  meisten  Fällen  nicht 
mehr  feststellbar  ist,  von  welcher  Einkaufsbestellung  es  her- 
rührt. Rechnerisch  ist  es  aber  genügend,  wenn  eine  der  Be- 
stellung entsprechende  Menge  zum  Einkaufspreis  dieser  Bestel- 


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—     112     — 

lung  in  Ausgang  gebracht  wird.  Sind  von  einer  alten  Bestel- 
lung daher  z.  B.  noch  5  Stück  irgend  einer  Materialform  nicht 
ausgegeben  worden  und  es  muß  ein  Bedarf  von  10  Stück  ge- 
deckt werden,  so  müssen  5  Stück  zum  Preise  der  alten  und 
5  Stück  zum  Preise  der  neuen  Bestellung  verrechnet  werden. 
Diese  allerdings  genaue  Art  der  Verrechnung  ist  aber  ziemlich 
umständlich  und  hat  dazu  noch  den  weitern  Nachteil,  daß  die 
Materialpreise  sämtlichen  Beamten  der  Materialverwaltung  zu- 
gänglich sind.  Es  ist  jedoch  wünschenswert,  die  Zahl  derer, 
die  sich  Einsicht  in  diese  Preise  verschaffen  können,  möglichst 
zu  beschränken.  Ferner  ist  es  auch  nicht  unbedingt  notwendig, 
daß  das  Lagerkonto  ein  reines  Beständekonto  sei;  denn  der  je- 
weilige Lagerbestand  ist  auch  aus  den  Lagerbestandskarten  er- 
sichtlich. Es  kann  ja  allerdings  nicht  bestritten  werden,  daß  es 
unvorteilhaft  ist,  wenn  auf  Materialien  Gewinne  oder  Verluste 
erzielt  werden,  da  diese  nicht  der  Wirklichkeit  entsprechen  und 
nur  dazu  beitragen,  beim  Aufbau  der  Selbstkosten  ein  falsches 
Bild  in  Erscheinung  treten  zu  lassen.  Jedoch  ist  dies  nur  in 
nennenswertem  Maße  der  Fall,  wenn  ein  großer  Unterschied 
zwischen  Einkaufs-  und  Verrechnungspreis  besteht  und  wenn 
diese  Verbuchungen  zu  anderen  wie  den  Einkaufspreisen  häufig 
vorkommen. 

Um  daher  die  Verbuchung  so  einfach  wie  möglich  zu  ge- 
stalten und  um  gleichzeitig  dafür  zu  sorgen,  daß  möglichst  we- 
nige Angestellte  Einsicht  in  die  Materialpreise  erhalten,  kann 
eine  besondere  Materialbewertungsstelle  geschaffen  werden.  Da 
die  Aufgabe  dieser  Stelle  lediglich  im  Einsetzen  von  Material- 
preisen besteht,  verfiigt  sie  (natürlich  entsprechend  der  Größe 
des  Unternehmens)  nur  über  eine  geringe  Zahl  von  Angestell- 
ten. Dieser  Abteilung  werden  die  Fakturen  nach  Berechnung 
der  Einheitspreise  von  der  Rechnungsrevisionsabteilung  zuge- 
stellt, welche  diese  Preise  auf  Karten  einträgt,  die  nach  den 
verschiedenen  Materialarten  geordnet  sind.  Die  ausgerechneten 
Preise  werden  dann  entweder  direkt  auf  die  Materialbezugs- 
scheine oder  aber  auf  die  Ausgangslisten  eingetragen.  Ein 
Preis  gilt  so  lange,  bis  für  die  gleiche  Materialart  eine  neue 
Faktur  eintrifft.  Diese  Zeit  wird  sich  auch  ungefähr  mit  der- 
jenigen decken,  in  der  die  vorhergehende  Bestellung  aufge- 
braucht worden  ist,  indem  die  Faktur  in  der  Regel  erst  einige 
Wochen  nach  Eingang  des  Materials  in  der  Materialbewertungs- 


—     113     — 

stelle  anlangt.  Das  trifft  besonders  dann  zu,  wenn  die  Ver- 
rechnung mit  dem  Lieferanten  nur  einmal  monatlich  erfolgt 
Zudem  darf  nicht  außer  acht  gelassen  werden,  daß  in  normalen 
Zeiten  die  Preisschwankungen  sehr  gering  sind,  der  Gewinn 
oder  Verlust  also,  der  auf  Materialienkonto  gemacht  wird, 
praktisch   keine  Rolle  spielt. 

Sind  jedoch  große  Preisschwankungen  vorliegend,  wie  das 
während  der  Kriegszeit  der  Fall  war,  dann  ist  erst  recht  eine 
Entlastung  des  Lagerkontos  zu  tatsächlichen  Einkaufspreisen 
nicht  am  Platze,  weil  dadurch  der  Kalkulation  jede  Vergleichs- 
möglichkeit zwischen  Fabrikaten  älteren  und  neueren  Datums 
genommen  wird.  Die  Mehrkosten  können  dann  durch  einen 
besonderen  Zuschlag  gedeckt  werden,  was  allerdings  zur  Folge 
hat,  daß  das  Materialienkonto  mit  einem  bedeutenden  Verluste 
abschließt,  der  aber  durch  einen  Gewinn  auf  Fabrikationskonto 
wieder  ausgeglichen  wird.  Im  allgemeinen  kann  gesagt  wer- 
den, daß  es  wenig  Nutzen  hat,  wenn  das  Materialienkonto  ein 
reines  Bestandeskonto  ist,  wenn  darauf  geachtet  wird,  daß  ent- 
stehende Gewinne  oder  Verluste  (die  in  jedem  Falle  auftreten 
werden)  nur  sehr  klein  sind.  Eine  Verrechnung  nach  Nor- 
malpreisen, die  für  eine  längere  Periode  Geltung  haben,  soll 
aber  nicht  empfohlen  werden,  weil  dabei  doch  eine  zu  starke 
Abweichung  von  der  Wirklichkeit  eintreten  kann.  Es  ist  aber 
zwecklos,  unter  allen  Umständen  die  Verrechnung  genau  nach 
den  tatsächlichen  Einkaufspreisen  durchführen  zu  wollen,  wenn 
dadurch   der  ganze  Geschäftsgang  komplizierter  gestaltet  wird. 

Die  Materialbestandskarten  enthalten  auf  der  linken  Seite 
Kolonnen  für  Datum  des  Eingangs,  Einkaufsnummer  oder  Lie- 
ferant, Menge  und  event.  Preis;  auf  der  rechten  Seite  Datum 
des  Ausgangs,  Kommissionsnummer,  Menge  und  event.  Preis, 
zudem  eine  Kolonne  für  den  augenbücklichen  Lagerbestand. 
Die  Eintragungen  haben  laufend  zu  erfolgen,  da  sonst  die  La- 
gerbestandskarten kein  Bild  über  die  augenblicklichen  Vorräte 
geben.  Die  Kartenführung  wird  unter  die  damit  betrauten  Be- 
amten nach  Materialkategorien  aufgeteilt,  die  je  nach  der  Größe 
des  Unternehmens  verschieden  weit  bemessen  werden.  Die 
Karten  selbst  sind  zweckmäßig  so  anzuordnen,  daß  einer  Ko- 
lonne für  den  Eingang  zwei  oder  sogar  drei  für  den  Ausgang 
entsprechen,    um    eine    übersichtliche   Gegenüberstellung   zu   er- 

8 


ii^ 


—    114    — 


-    115    - 


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möglichen,  da  die  Zahl  der  Ausgänge  naturgemäß  viel  größer 
als  die  Zahl  der  Eingänge  ist. 

Die  beiden  Arten  von  Karten  (Dispositions-  und  Bestands- 
karten) können  auch  zu  einer  vereinigt  werden,  jedoch  leidet 
darunter  die  Übersichtlichkeit.  Jeden  Monat  einmal  werden  die 
beiden  Arten  der  Karten  gegenübergestellt  und  Ergebnisse  zu 
einer  Statistik  zusammengezogen.  Diese  hat  die  gleiche  Ge- 
stalt wie  das  Materialanforderungsformular  (Form.  1).  Ferner 
kann  aber  noch  eine  Aufstellung  über  den  Bestand  am  Anfang 
eines  Monats  und  den  Verbrauch  während  dieses  Monats  her- 
gestellt werden,  aus  der  ein  erfahrungsmäßiger  Minimalbestand 
errechnet  werden  kann,  der  auf  der  Lagerbestandskarte  einge- 
tragen wird.  Auf  dieser  Gegenüberstellung  der  Dispositions- 
mit  den  Bestandskarten  basiert  die  Beurteilung  neuer  Material- 
anforderungen nach  der  Berechnungsweise,  wie  sie  im  Ab- 
schnitt 2  a  dieses  Teils  behandelt  wurde. 

f)   Die   Lagerrevision. 

Nicht  nur  einmal  im  Jahr,  im  Augenblick  der  Inventur,  son- 
dern auch  in  kurzen  Zeitabständen  z.  B.  allwöchentlich  muß  eine 
gewisse  Kontrolle  ausgeübt  werden,  welche  zu  prüfen  bezweckt, 
ob  die  durch  die  Lagerbuchführung  ausgewiesenen  Materialbe- 
stände den  Tatsachen  entsprechen.  Diese  häufig  wiederkeh- 
rende Kontrolle  kann  natürlich  nicht  für  sämtliche  Materialien 
vorgenommen  werden,  da  das  zu  viel  Zeit  in  Anspruch  nehmen 
würde;  man  muß  sich  daher  mit  Stichproben  begnügen.  Diese 
verfolgen  den  Zweck,  die  Tätigkeit  der  Lagerverwaltung  zu  kon- 
trollieren und  Fehler,  welche  sowohl  durch  ein  mangelhaftes 
System,  als  auch  durch  nachlässige  Anwendung  desselben  ent- 
stehen, so  rasch  als  möglich  ausfindig  machen  zu  können.  Auch 
sollen  event.  Veruntreuungen  ans  Tageslicht  gebracht  werden. 
Kleine  Differenzen,  die  auf  irgend  ein  Versehen  zurückzufüh- 
ren sind,  können  aber  kaum  ganz  ausgeschaltet  werden;  durch 
die  Revision  werden  sie  jedoch  entdeckt,  und  es  kann  zur  Rich- 
tigstellung eine  Ausgleichbuchung  vorgenommen  werden. 

Um  aber,  trotz  der  geringen  Zahl  von  Materialien,  die  auf 
einmal  zur  Revision  herangezogen  werden,  doch  eine  wirksame 
Kontrolle  über  die  Materialverwaltung  ausüben  zu  können,  darf 
keine  bestimmte  Reihenfolge  der  zu  revidierenden  Materialarten 
bestehen.    Diese  müssen  durch  die  Direktion  oder  die  Betriebs- 


leitung ausgesucht  und  der  Materialverwaltung  erst  im  Augen- 
blick, in  dem  diese  die  Revision  vornehmen  soll,  bekannt  gege- 
ben werden.  Es  ist  bei  der  Kontrolle  nicht  nur  anzugeben,  ob 
der  Lagerbestand  mit  dem  Buchbestand  übereinstimmt,  sondern 
wenn  sich  eine  Differenz  ergibt,  muß  auch  noch  geforscht  wer- 
den, welches  ihre  Ursache  ist. 

Auf  einem  eigens  dazu  geschaffenen  Vordruck  wird  der 
Direktion  resp.  der  Betriebsleitung  das  Resultat  der  Revision 
angezeigt.  Vor  dessen  Ausfüllung  werden  die  Rechnungsope- 
rationen der  in  Frage  kommenden  Lagerbestandskarten  auf  ihre 
Richtigkeit  hin  geprüft.  Dann  erfolgen  die  Eintragungen  in  Ko- 
lonne 1,  2,  3,  4,  6,  7  und  8  durch  die  Lagerverwaltung  (siehe 
Form.   5). 


RevisioBSzettel 

VOM 

1.— 31. 1. 

1919. 

Nr.  1. 

Lfd. 
Nr. 

Dat 
d. 

Beieichnung 
dM 

Gegenstandes 

Nr. 

Lager- 
bestand 

Buch- 
bestand 

Differenx 

+           - 

Preis 

Betrag  der 
Differenx 

+      - 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

iQig 

/ 

3.  /. 

Schrauben 

— 

2432 

2450 

— 

i8 

6.— 

— 

1.08 

2 

J.  /. 

Kabelschuhe 

— 

1230 

1230 

— 

— 

— 

—  ■ 

— 

3 

J.  /. 

Muttern 

— 

1830 

1820 

10 

— 

4'— 

^.40 

— 

Formular  5. 
Kolonne  7  wird  von  einem  Lagerarbeiter,  Kolonne  9,  10, 
11  von  der  Lagerverwaltung  resp.  der  Materialbewertungsstelle 
ausgefüllt.  Auf  einem  andern  Zettel  werden  die  Ursachen  der 
Differenzen  mitgeteilt,  welche  im  vorliegenden  Falle  z.  B.  fol- 
gende sein  können:  Bei  Revision  Nr.  1  wurden  18  Schrauben 
zwar  ausgegeben  und  im  Lager  ordnungsgemäß  verbucht,  die 
Übertragung  des  Postens  von  der  Ausgangsliste  auf  die  Lager- 
bestandskarte aber  übergangen.  Bei  Revision  Nr."*  3  liegt  ein 
Schreibfehler  vor,  indem  statt  20  Stück  30  Stück  auf  der  La- 
gerbestandskarte in  Ausgang  gebracht  worden  sind.  Es  muß 
daher  in  beiden  Fällen  auf  der  Lagerbestandskarte  eine  Aus- 
gleichsbuchung vorgenommen  werden  und  zwar  müssen  im  er- 
sten Fall  18  Stück  unter  den  Ausgang,  im  zweiten  Fall  10  Stück 
unter  den  Eingang  gebucht  werden.  Als  Beleg  für  diese 
Buchungen   dient   der   Revisionszettel. 


( ii 


—    116    — 


—     117     — 


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VIERTER  TEIL. 

Der  Lohn  und  seine  Verrechnung. 

1.  Die  Methoden  der  Entlohnung. 

a)    Stundenlohn    und    Akkordlohn. 

Unter  Lohn  versteht  man  die  Vergütung,  die  der  Unter- 
nehmer dem  Arbeiter  für  geleistete  Arbeit  zukommen  läßt  und 
zwar  entweder  nach  Maßgabe  der  zur  Arbeit  aufgewendeten 
Zeit  in  Stunden  (Stundenlohn)  oder  Tagen  (Tagtohn)  oder  ent- 
sprechend der  geleisteten  Arbeit  selbst,  ohne  Rücksicht  auf  die 
dazu  aufgewendete  Zeit  (Stück-  oder  Akkordlohn).  Ein  Unter- 
schied wird  im  Fabrikbetrieb  noch  gemacht  zwischen  produk- 
tiven und  unproduktiven  Löhnen.  Unter  ersteren  versteht  man 
Löhne,  die  für  Arbeiten  verausgabt  werden,  welche  am  Vered- 
lungsprozeß unmittelbaren  Anteil  haben  und  die  daher  eine 
genau  feststellbare  Quote  der  Herstellungskosten  irgend  eines 
Fabrikates  darstellen.  Handelt  es  sich  hingegen  um  Löhne,  die 
nur  mit  Hilfe  eines  Schlüssels,  der  praktisch  nie  genau  mit  den 
Tatsachen  übereinstimmt,  auf  die  Herstellungskosten  verteilt 
werden  können  (wie  z.  B.  Materialtransportlöhne)  oder  um 
Löhne,  die  sich  auf  Arbeiten  beziehen,  die  nicht  direkt  mit  der 
Herstellung  eines  Fabrikates  zusammenhängen,  obwohl  dieser 
Zusammenhang  hergestellt  werden  könnte  (wie  z.  B.  gewisse 
Verrechnungsarbeiten,  das  Reinigen  einer  Werkzeugmaschine 
usw.),  so  werden  dieselben  als  unproduktive  Löhne  bezeichnet 
und  fallen,  soweit  ihre  Verteilung  auf  die  einzelnen  Produkte  in 
Betracht  kommt,  in   die  Kategorie  der  Unkosten. 

Die  hierzulande  gebräuchlichen  Formen  der  Entlöhnung 
werden  in  die  zwei  eben  erwähnten  Gruppen  geteilt,  nämlich 
den  Zeitlohn  und  den  Akkordlohn.  Durch  den  Zeitlohn  erhält 
der  Arbeiter  eine  Vergütung,  welche  nach  der  Länge  der  Ar- 
beitszeit, nicht  aber  der  in  dieser  Zeit  geleisteten  Arbeit  be- 
messen wird.    Er  erhält  das  Produkt  aus  Stundenlohn  mal  Stun- 


denzahl. Der  Lohn  ist  ein  gleichmäßiger,  denn  für  jede  Stunde 
Arbeit  wird  die  gleiche  Vergütung  entrichtet.  Die  Lohnkosten 
auf  der  andern  Seite  sind  variabel,  d.  h.  abhängig  von  der  Ar- 
beitsdauer; sie  steigen  mit  der  Zeit,  die  die  Arbeit  in  Anspruch 
nimmt.  Hierin  liegen  die  Nachteile  dieser  Entlöhnungsmethode. 
Für  den  Unternehmer  wird  die  Arbeitszeit  für  die  Lohnkosten 
ausschlaggebend,  ohne  daß  der  Arbeiter,  der  allein  die  Zeit 
verkürzen  könnte  (abgesehen  von  den  Werkstatteinrichtungen), 
daran  ein  Interesse  hätte.  Ein  rascheres  Arbeiten  bietet  dem 
Arbeiter  keine  Vorteile,  da  er  immer  den  gleichen  Zeitlohn  be- 
zieht. Er  wird  daher  nur  soviel  leisten,  als  zur  Vermeidung 
der  Kündigung  durch  den  Arbeitgeber  unbedingt  notwendig  ist. 
Die  Folge  davon  ist  eine  auf  den  ganzen  Betrieb  übergreifende 
Laxheit  im  Arbeiten,  die  noch  den  weiteren  Nachteil  mit  sich 
bringt,  daß  eine  Vorausberechnung  der  Herstellungskosten,  we- 
nigstens soweit  die  Löhne  in  Betracht  fallen,  nur  sehr  ungenau 
ausfallen  kann,  da  gleiche  Arbeiten  möglicherweise  sehr  ver- 
schiedene Kosten  verursachen.  Noch  schwieriger  gestaltet  sich 
die  Vorkalkulation  einer  Erstausführung,  da  die  zwar  ungefähr 
bestimmbare  notwendige  Arbeitszeit  in  Wirklichkeit  wohl  we- 
sentlich überschritten  werden  wird,  was  besonders  dann  von 
großer  Tragweite  sein  kann,  wenn  der  Absatz  nur  zu  einem 
bestimmten  Preise  gesichert  ist.  Durch  rigorose  Kontrollmaß- 
nahmen und  sofortiges  Ausscheiden  schlechter  Arbeiter  kann 
ja  allerdings  eine  Erhöhung  der  Leistung  herbeigeführt  wer- 
den, jedoch  ist  das  nur  eine  halbe  Maßnahme,  wobei  noch 
zu  berücksichtigen  bleibt,  daß  eine  verschärfte  Kontrolle  ver- 
mehrte Unkosten  im  Gefolge  hat. 

Alle  diese  Nachteile,  deren  Ursache  in  einer  geringen  Ar- 
beitsleistung liegen,  geraten  durch  Anwendung  des  Stück-  oder 
Akkordlohnes  ganz  oder  doch  teilweise  in  Wegfall.  Der  Ak- 
kordlohn sichert  dem  Arbeiter  für  die  Ausführung  einer  be- 
stimmten Arbeit  einen  gewissen  Preis,  unabhängig  von  der  Zeit, 
welche  diese  Arbeit  in  Anspruch  nimmt.  Baut  sich  der  Ak- 
kordlohn auf  den  Stundenlohn  auf,  dann  wird  als  Akkordpreis 
das  Durchschnittsprodukt  von  Stundenzahl  mal  Stundenlohn  für 
die  betreffende  Arbeit  angesetzt,  wobei  von  der  durch  die  Er- 
fahrung erwiesenen  Tatsache  ausgegangen  wird,  daß  sich  die 
Arbeitszeit  verkürzt,  wenn  eine  Erhöhung  der  Leistung  durch 
einen  materiellen  Vorteil  belohnt  wird.    Zum  Unterschied  vom 


i 


—     118     — 

Zeitlohn  sind  nun  die  Stundenbezüge  des  Arbeiters  je  nach  der 
Leistung  veränderlich,  wohingegen  die  vom  Unternehmer  zu 
entrichtenden  Lohnkosten  immer  konstant  bleiben.  Trotzdem 
ist  der  Unternehmer  daran  interessiert,  daß  die  Ausführungszeit 
eine  möglichst  kurze  ist.  Das  Interesse  des  Arbeiters  sowohl 
wie  das  des  Unternehmers  ist  daher  ein  gleiches. 

Zweierlei  Vorteile  erwachsen  dem  Unternehmer  aus  einer 
Verkürzung  der  Arbeitszeit  für  irgend  ein  Fabrikationsobjekt; 
erstens  wird  mit  den  gleichen  Anlagen  eine  größere  Menge  von 
Fabrikaten  erzeugt,  welche  in  ihrer  Gesamtheit  einen  größeren 
Gewinn  abwerfen,  wenn  durch  die  größere  Menge  der  Preis 
nicht  zum  Sinken  gebracht  wird.  Die  Ursache  des  zweiten  dem 
Unternehmer  zufallenden  Vorteiles  ist  in  der  Tatsache  zu  su- 
chen,  daß  eine  Steigerung  der  Produktion  infolge  des  Gesetzes 
vom  steigenden  Ertrag,  dem  die  meisten  Fabrikbetriebe  unter- 
worfen  sind,  keine  proportionale,  sondern  eine  geringere  Stei- 
gerung der  Unkosten  zur  Folge  hat. 

Die  Unkosten  können  in  zwei  Gruppen  geschieden  werden, 
nämlich  in  konstante,  welche  unabhängig  von  der  Produktions- 
menge   immer   den    gleichen    Betrag   ausmachen    und    variable, 
welche  bei  einer  Steigerung  der  Produktionsmenge  im  gleichen 
Maße  anwachsen.    Zu  den  ersteren  gehören  die  meisten  Verwal- 
tungsunkosten,  die  Amortisation  von  Grundstücken  und  Gebäuden 
und  andere  mehr.    Auch  sollten  zu  ihnen  die  Amortisation  von 
Werkzeugmaschinen    gerechnet    werden.      Diese    werden    zwar 
durch  die  Mehrarbeit  auch  mehr  abgenützt;  es  muß  jedoch  be- 
achtet werden,  daß  in  einem  ordnungsgemäß  geführten  Betrieb 
die  meisten  Werkzeugmaschinen  nicht  erst  dann  vollständig  ab- 
geschrieben sein  dürfen,  wenn  sie  gänzlich  unbrauchbar  gewor- 
den sind,  sondern  zu  einem  früheren  Zeitpunkt,  da  das  Veral- 
ten für  die  Festsetzung  der  Amortisationsquote  bedeutend  stär- 
ker ins  Gewicht   fallen   sollte  als   die  Abnützung.     Andernfalls 
leidet  darunter  die  Konkurrenzfähigkeit  des  Unternehmens.     In 
die  Gruppe  der  variablen  Unkosten   fallen  Auslagen   für  Werk- 
zeuge,   Energieverbrauch,   Materialtransporte   usw. 

Folgendes  Zahlenbeispiel  erläutert  die  Vorteile,  welche  so- 
wohl  der  Unternehmer  wie  der  Arbeiter  aus  dem  Akkordsystem 
im  Vergleich  zum  Zeitlohnsystem  ziehen.  Da  die  Materialkosten 
pro  Stuck  konstant  sind,  kann  von  ihrer  Berücksichtigung  ab- 
gesehen werden. 


119    — 


Aus  der  durchschnittlichen  Arbeitsdauer  ergibt  sich  bei 
Zeitlohn  eine  Lohnkostenhöhe  von  1  Fr.  pro  Stück.  Die  Ar- 
beitszeit beträgt  eine  Stunde,  der  Stundenlohn  1  Fr. 

Für  den  Arbeiter  ergibt  eine  Gegenüberstellung  bei: 


Zeitlohn 
10  Stück 

1.—  Fr. 


Akkordlohn 

14  Stück 

14 


10 


=  1.40  Fr. 


Zettlohn 
1000  Stück 
1000.—  Fr. 
1000.—    „ 
100  o/o 

2.-  ,. 
200. —  „ 
200.—    „ 


Akkordlohn 
1400  Stück 
1400.—  Fr. 
1190.— 
85  o/o 
1.85 
490.— 
280.— 


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Arbeit    in    10   Stunden 
Stundenverdienst 

Für  den  Unternehmer  bei: 

Produktionsmenge  in   1000  Stunden 

Lohnkosten   für   diese   Zeit 

Unkosten   in   1000  Stunden 

Unkostenzuschlag 

Stückkosten    (Lohn    -f   Unkosten) 

Verdienst    bei    Verkaufspreis    von    Fr.    2.20 

Verdienst   bei    Fr.    —.20  Oevk^inn    pro   Stück 

Ausschlaggebend  für  den  Vorteil  des  Unternehmers,  wenig- 
stens soweit  er  nicht  durch  den  vergrößerten  Umsatz,  sondern 
durch  eine  Verringerung  der  Unkosten  pro  Einheit  des  Produk- 
tes erzielt  wird,  ist  das  Verhältnis  der  variablen  Unkosten  zu 
den  Gesamtunkosten.  Dieses  Verhältnis  ist  aber  nur  sehr  schwer 
zu  ermitteln,  da  der  Einfluß  einer  Steigerung  der  Arbeitsleistung 
auf  die  sehr  verschiedenen  Posten,  aus  denen  sich  die  Unkosten- 
summe  zusammensetzt,  nur  sehr  schwer  zu  ermitteln  ist.  Be- 
kannt ist  nur  die  Zunahme  der  Leistung  und  die  Gesamtun- 
kostensumme für  die  größere  und  die  kleinere  Leistung.  Das 
rührt  besonders  daher,  daß  in  Tat  und  Wahrheit  eine  Tren- 
nung in  konstante  und  variable  Unkosten  nicht  durchführbar 
ist,  da  die  meisten  Unkosten  bei  einer  größeren  Produktions- 
menge steigen  werden,  nur  nicht  proportional  zur  Produktions- 
vermehrung. Gleichwohl  läßt  sich  eine  maximale  Summe  für 
die  variablen  Unkosten  berechnen,  von  deren  Höhe«  zu  den  Ge- 
samtunkosten der  Vorteil  für  den  Unternehmer  abhängig  ist. 

Es  seien  Uj  die  Unkosten  bei  Anwendung  von  Zeitlohn, 
Ug  die  Unkosten  nach  Einführung  des  Akkordsystems,  Ji  die 
Arbeitsleistung  pro  Zeiteinheit  bei  Stundenlohn,  Jg  bei  Akkord- 
lohn. X  sei  der  unbekannte  Teil  der  variablen  Unkosten  von 
Ui  und  y  der  unbekannte  Teil  der   konstanten   Unkosten  von 

Ui.     Der    Faktor  q  -    i^.    Dann    ergibt    sich: 


li 


;♦ 


r. 


\ 


1) 

2) 

aus  Gleichung   1) 

aus   Gleichung    2) 


—  120  — 

X .  q  -f-  y  =  Ug  daraus  geht  hervor 

•q+(Ui-x)=u, 

Je  kleiner  dieser  Fakter  x  wird,  um  so  mehr  ist  es  der 
Muhe  wert  eine  Steigerung  der  Leishing  bei  gleichen  Lohn- 
kosten  anzustreben,  wobei  der  Vorteil  selbstverständlich  mit  zu- 
nehmendem Faktor  q  wächst.  Ist  daher  die  Differenz  der  Un- 
kostensumme  {V,^V^)  allein  bekannt,  so  kann  sie  auf  ein 
großes  q  und  kleines  x  oder  umgek"Jhrt  zurückzuführen  sein, 
üiese  Relation  wird  ausgedrückt  durch 

Usf-Ui  =  x(q-1), 
was  graphisch  dargestellt  eine  Hyperbel  ergibt. 

Auf  das  oben  angeführte  Zahlenbeispiel  angewendet,  zeigt 
die  Formel,  daß  die  anfänglichen  Unkosten  von  1000  Fr  sich 
m  X  =  475  Fr.  variable  und  y  =  525  Fr.  konstante  Unkosten 
zerlegen.    U^  =  1190  Fr.  zerfällt  in  y  =  525  und  x  =  665  Fr. 

Wie  aber  schon  erwähnt  wurde,  entspricht  diese  Scheidung 
in  konstante  und  variable  Unkosten  nicht  den  Tatsachen.  Eine 
größere  Summe  wie  x  wird  sich  um  einen  kleineren  Faktor  als 
q  vermehren.  Für  die  Feststellung  der  Unkostenveränderung 
und  ob  diese  für  eine  Herabsetzung  der  Arbeitszeit  bei  glei- 
chen  Lohnkosten  besonders  günstig  ist,  muß  das  nicht  berück- 

sichtigt  werden.     Formel   2  würde  dann  event.   lauten  2-q  + 

y  =  U2,   was  aber   mit  xq  +  y  =  U2  gleichbedeutend   ist. 

Zwischen  dem  Zeitlohn  und  dem  Akkordlohn  liegt  noch  das 
Pramienlohnsystem,  bei  welchem,  wenn  von  der  durchschnitt- 
liehen  Arbeitszeit  bei  Stundentohn  ausgegangen  wird,  bei  geringe- 
rer als  dieser  Arbeitszeit  eine  Prämie  ausbezahlt  wird.  Die 
Hohe  dieser  Prämie  ist  aber  abhängig  von  der  Differenz  zwi- 
schen den  veranschlagten  Lohnkosten  (Akkordpreis  oder  durch- 
schnittliche Lohnkosten  bei  reinem  Zeittohnsystem)  und  dem 
Produkt  aus  Stundenlohnsatz  und  wirkUch  aufgewendeter  Ar- 
beitszeit. Diese  Differenz  wird  nach  einem  bestimmten  Ver- 
hältnis z.B.  1:1,  1:2  oder  2:1  zwischen  Arbeiter  und  Unter- 
nehmer geteilt.    Der  Arbeiter  stellt  sich  dabei  ungünstiger  wie 


—     121     — 

beim  Akkordlohn.  Dementsprechend  ist  der  Anreiz  zur  Ver- 
kürzung der  Arbeitszeit  geringer  wie  beim  Akkordlohn.  Eine 
besondere  Besprechung  des  Prämienlohns  erübrigt  sich  deshalb, 
weil  für  ihn  das  gleiche  wie  für  den  Akkordlohn,  jedoch  ent- 
sprechend der  Höhe  der  Prämie  in  abgeschwächtem  Maße  gilt. 
Auch  findet  dieses  System  hierzulande  sehr  wenig  Anwendung. 
Dasselbe  gilt  für  das  Taylorsche  Differenziallohnvcrfahren,  wel- 
ches in  seinen  Ansätzen  noch  über  das  Akkordsystem  hinaus- 
geht. Bei  diesem  System  erhält  der  Arbeiter  eine  Prämie,  wel- 
che bei  einer  Verkürzung  der  Arbeitszeit  noch  über  den  Ak- 
kordbetrag hinausgeht.  Jedoch  sinkt  der  Akkordpreis,  wenn 
die  Arbeit  mehr  als  eine  vorgeschriebene  Zeit  in  Anspruch 
nimmt.  Dieses  System  kann  nur  dann  Anwendung  finden,  wenn 
die  variablen  Unkosten  einen  sehr  kleinen  Teil  der  Gesamtun- 
kosten  ausmachen. 

Der  zwischen  den  verschiedenen  Lohnsystemen  angestellte 
Vergleich  basiert  nun  allerdings  darauf,  daß  als  Berechnungs- 
unterlage eine  Lohnkostenhöhe  angenommen  wird,  wie  sie  sich 
unter  Anwendung  des  Zeitlohns  aus  Stundenlohnsatz  und  Stun- 
denzahl ergibt.  Ein  solcher  Ausgangsbetrag  ist  aber  nur  dann 
vorhanden,  wenn  direkt  vom  Zeitlohn  zum  Akkordlohn  über- 
gegangen wird.  Auch  dann  noch  bietet  er  keine  sichere  Un- 
terlage, weil  die  Differenzen  zwischen  den  Arbeitsleistungen 
der  verschiedenen  Arbeiter  zu  groß  sind  und  daher  eine  Durch- 
schnittszeit von  zu  vielen  Zufälligkeiten  abhängig  wird.  Es  muß 
daher  für  das  Prämiensystem  das  Akkordsystem,  sowie  für  das 
Differenzialk)hnsystem  die  Arbeitszeit  berechnet  werden.  Bei  den 
ersten  beiden  dieser  Systeme  wird  die  Arbeitszeit  für  einen  mit- 
telmäßigen, für  das  dritte  die  eines  guten  Arbeiters  berechnet. 
Obwohl  berechtigte  Ruhepausen  sowie  Arbeitsunterbrechungen 
in  die  Berechnung  einbezogen  werden  müssen,  wird  die 
sich  ergebende  Arbeitszeit  in  den  meisten  Fällen  etwas  niedri- 
ger sein  wie  die  durchschnittliche  Arbeitszeit  bei  Zeitlohn,  weil 
bei  diesem  dem  Arbeiter  meistens  Gelegenheit  zum  Nichtstun 
gegeben  ist.  Besonders  beim  Differenziallohn,  der  dem  Arbei- 
ter für  Mehrleistungen  einen  das  übliche  Maß  bedeutend  über- 
steigenden Verdienst  zusichert,  muß  als  Berechnungsgrundlage 
die  durchschnittliche  Leistung  eines  guten  Arbeiters  genommen 
werden.  Aber  auch  bei  Anwendung  des  Akkordsystems  wird 
sich  der  Arbeiter  im  allgemeinen  nicht  so  gut  stellen,  wie  wenn 


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—     122    — 

jwr  Festsetzung  des  Akkordpreises  die  Arbeitszeit  bei  Stunden- 
lohn  als  EJerechnungsbasis  dient.     Jedoch  müssen  die  Akkord- 
preise  immer   so    angesetzt   werden,    daß    nicht   nur   der   gute, 
sondern   auch  der  mittlere  Arbeiter  in   die  Lage  versetzt  wird, 
einen  Überschuß  zu  erzielen.    Die  Berechnung  des  Akkordprei- 
ses selbst  wird  noch  im  nächsten  Kapitel  Gegenstand  der  Be- 
handlung sein.    An  dieser  Stelle  sei  nur  erwähnt,  daß  der  Be- 
stimmung des  Akkordpreises  ein  Stundenlohnsatz  zugrunde  lie- 
gen   muß,    der   als   Akkordbasis    bezeichnet   wird.     Da   für   die 
gleiche   Arbeit   auch   immer  der  gleiche   Preis   bezahlt  werden 
muß,   so   muß    die   Akkordbasis   ein    Maximalstundenlohn   sein, 
damit  auch  die  besten  und  für  einen  hohen  Stundenlohn  enga- 
gierten Arbeiter  in  die  Lage  versetzt  werden,  einen  Überschuß 
zu  erzielen.     Auf  diese  Weise  wird   der,   durch  die  gegenüber 
der  Stundenlohnzeit  kürzere  Akkordzeit,  für  den  Arbeiter  ent- 
stehende Nachteil  wieder  ausgeglichen.     Die  Akkordbasis  kann 
jedoch   für  verschiedene  Abteilungen  der  Werkstatt  verschieden 
angesetzt   werden,   jedoch    muß   sie   immer   ungefähr   dem   Ma- 
ximum   des   in    dieser  Abteilung   bezahlten    Stundenlohnes   ent- 
sprechen.   Auch  bei  Anwendung  des  Akkordsystems  muß  mei- 
stens mit  dem  Arbeiter  ein  Stundenlohnsatz  vereinbart  werden, 
welcher,   abgesehen   von   seiner   Bedeutung   für  die  Qruppenar- 
beit,  was  weiter  unten  noch  zu  besprechen  ist,  einen  dem  Ar- 
beiter zugesicherten  Minimallohn   darstellt.     Dieser  spielt  aller- 
dings nur  dann  eine  Rolle,  wenn  das  Produkt  aus  diesem  Stun- 
denlohn und  der  Stundenzahl  größer  wird  als  der  Akkordpreis. 
Von  diesem  Punkt  an  steigen  dann  die  Lohnkosten  proportional 
der  aufgewendeten   Mehrzeit.     Der  Stundenverdienst   wird   von 
diesem    Punkt   an    konstant,    seine    Höhe    entspricht   dem    dem 
Arbeiter  garantierten  Mindestlohn.    Von  dieser  garantierten  Min- 
destentlöhnung  wird  allerdings  meistens  dann   Abstand  genom- 
men,  wenn   der  Akkordpreis  durch   nachweisbares   Verschulden 
oder  grobe  Nachlässigkeit  seitens  des  Arbeiters  nicht  eingehal- 
ten  wird.     In   der  Regel   kann  ein   solcher  Nachweis   nicht  er- 
bracht werden.     Auch   darf  nur  in   extremen   Fällen  ein   Abzug 
von   der  garantierten   Stundenlohnhöhe  gemacht  werden;  jeden- 
falls ist  Ungeschicklichkeit  kein  Grund  dazu.    Erfolgt  ein  Abzug 
am  Mindestlohn  des  Arbeiters,  dann  bleiben  die  Lohnkosten  un- 
abhängig von  der  Arbeitszeit  konstant,  der  Stundenverdienst  des 
Arbeiters  hingegen  sinkt  je  nach  der  Länge  der  aufgewendeten 


—    123     — 

Mehrzeit  unter  den  garantierten  Mindestlohn.  Weist  die  wö- 
chentliche Lohnabrechnung  eines  Arbeiters  mehrfach  keinen  Ak- 
kordüberschuß, sondern  im  Gegenteil  Übersteigungen  des  Ak- 
kordbetrages auf,  dann  ist  er  für  den  betreffenden  Betrieb  un- 
geeignet und  muß  entlassen  werden.  Hierin  trmogUdtä  tmdh 
noch  der  Stundenlohnsatz  eine  gemimt  Kontrolle,  indem  er  so- 
wohl den  Arbeiter  wie  den  Akkordpreis  kontrolliert,  da  bei  der 
Lohnabrechnung  eine  Zerlegung  des  Akkordpreises  in  Stunden- 
lohnbetrag und  Akkordüberschuß  erfolgt.  Das  Akkordsystem  hat 
im  weiteren  auch  noch  das  Gute,  daß  die  Entlöhnung  genau 
nach  der  Arbeitsleistung  erfolgt.  Beim  Zeitlohn  werden  die  ver- 
schiedenen Arbeiter  je  nach  der  Lage  des  Arbeitsmarktes,  des 
Berufs  und  der  Zeugnisse  zu  verschiedenen  Stundenlöhnen  ein- 
gestellt, die  aber  nicht  nach  den  Leistungen  abgestuft  werden 
können,  da  diese  im  voraus  noch  nicht  bekannt  sind.  Auch 
beim  Akkordlohn  werden  zwar  die  Arbeiter  zu  verschiedenen 
Lohnsätzen  engagiert,  jedoch  spielen  diese  im  allgemeinen  bei 
der  Festsetzung  des  Stundenverdienstes  keine  Rolle  mehr.  Für 
die  gleiche  Arbeitsleistung  wird  unabhängig  vom  Stundenlohn- 
satz der  gleiche  Betrag  ausbezahlt.  Haben  zwei  Arbeiter  ver- 
schieden hohe  Stundenlöhne,  leisten  aber  beide  gleichviel,  so 
ist  einzig  und  allein  in  der  Verrechnung  ein  Unterschied,  in- 
dem der  Arbeiter  mit  niedrigerem  Stundenlohn  einen  geringeren 
Stundenlohnbetrag,  dafür  aber  einen  höheren  Akkordüberschuß 
erhält,  die  Gesamtsumme  aber  bleibt  in  beiden  Fällen  gleich, 
ebenso  der  Stundenverdienst. 

Der  Hauptgrundsatz,  der  bei  der  Anwendung  des  Akkord- 
systems unter  keinen  Umständen  verletzt  werden  darf,  ist  der, 
daß  ein  einmal  für  eine  bestimmte  Arbeit  angesetzter  Ak- 
kordpreis nicht  mehr  reduziert  werden  darf.  Der  Grundgedanke 
des  Akkordsystems  liegt  gerade  darin,  daß  infolge  der  Möglich- 
keit eines  Mehrverdienstes  der  Ansporn  zu  größerer  Leistung 
resp.  kürzerer  Arbeitsdauer  gegeben  wird.  Auch  muß  dafür  ge- 
sorgt sein,  daß  gleich  hohe  Leistungen  immer  mit  gleich  ho- 
hem Verdienst  belohnt  werden.  Es  ist  deshalb  gänzlich  un- 
richtig, wenn  angenommen  wird,  daß  durch  stetiges  Herabsetzen 
der  Akkordpreise  das  Arbeitstempo  immer  mehr  beschleunigt 
werden  kann.  Im  Gegenteil  wird  der  Arbeiter  sobald  er  merkt, 
daß  bei  zu  großem  Überschuß  der  Akkordpreis  herabgesetzt 
wird,  die  Arbeit  nach  Möglichkeit  in  die  Länge  ziehen,  um  den 


—     124     — 


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Anschein  zu  erwecken,  als  ob  der  Akkordpreis  eher  zu  niedrig 
als  zu  hoch  bemessen  wäre.    Diese  Versuche  des  absichtlichen 
Schleppens  sind  bei  der  Arbeiterschaft  ohnehin  schon  sehr  ver- 
breitet und  können  nur  durch  eine  genaue  Berechnung  der  Ak- 
kordpreise sowie  andauernde  Stabilität  derselben  bekämpft  wer- 
den.   Diese  Berechnung  ist  allerdings,  besonders  wenn  es  sich 
um  Handarbeit  handelt,  sehr  schwierig,  da  sie  nicht  auf  Beob- 
achtung der  Arbeit  beruhen  kann,  wenigstens  nicht  wenn  der 
Arbeiter  etwas  davon  weiß,  da  er  sonst  leicht  die  Arbeit  nach 
Möglichkeit  in  die  Länge  zu  ziehen  sucht.    Eine  Herabsetzung 
der   Akkordpreise  schadet   aber  nur   dem    Unternehmer  selbst, 
da  er  sich  damit  des  Mittels  beraubt,  die  Arbeitsintensität  zu 
heben,  wodurch  die  gesamten  Fabrikanlagen  eine  bessere  Aus- 
nützung erfahren.    Es  ist  auch  trotz  strengster  Anwendung  des 
Grundsatzes,  daß  Akkordbeträge  nicht  reduziert  werden  dürfen, 
sehr  schwer  das   Mißtrauen   der  Arbeiterschaft  zu  überwinden. 
Der  Arbeiter  fürchtet  immer,  daß  ihm,  wenn  er  zu  große  Über- 
schüsse erzielt,  der  Akkordpreis  herabgesetzt  wird  und  zwar  auch 
dann  noch,  wenn  er  sich  durch  eine  eigene  Buchführung  davon 
überzeugen    kann,   daß    das   nicht   der   Fall   ist.     Es   wurde   in 
einem  Werk,  dessen  Akkordpreise  nie  verändert  worden  waren, 
infolge    der   Zeitverhältnisse    eine    Erhöhung   der   Akkordpreise 
um    10  o/o   vorgenommen.     Gleichzeitig  wurden   auch   die  Stun- 
denlohnsätze  erhöht,   jedoch   nicht  um    10,   sondern   um    12  o/o. 
Die  zu  erwartende  Folge  dieser  ungleichmäßigen  Erhöhung  wäre 
ein  Sinken  des  in  Prozenten  vom  Stundenlohnbetrag  ausgedrück- 
ten Akkordüberschusses  gewesen.    Es  hat  sich  jedoch  herausge- 
stellt,  daß   die   prozentualen   Überschüsse  nicht  gesunken,  son- 
dern ungefähr  gleich  geblieben  sind.    Die  Arbeitsleistungen  sind 
demnach  in  die  Höhe  gegangen,  und  es  kann  daraus  wohl  der 
Schluß  gezogen  werden,  daß  der  Arbeiter,  obwohl  es  in  seinen 
Kräften   stünde,  nicht  mehr  als   einen  gewissen   Überschuß  zu 
erzielen,  sich  bemüht,  sei  es,  daß  er  befürchtet,  daß  eine  Re- 
duktion der  Akkordpreise  erfolgt,  wenn  sein  Überschuß  ein  ge- 
wisses Maß  übersteigt,  sei  es,  daß  er  eine  niedrigere  Ansetzung 
neuer  Akkordpreise  dadurch  verhindern  will,  daß  er  nie  so  viel 
leistet,  wie  er  es  vermag.    Es  fehlt  ihm  feben  die  Einsicht,  daß 
die  Fabrikleitung  für  hohe  Leistungen  auch  hohe  Löhne  zu  be- 
zahlen bereit  ist. 

Die  Regel,  daß  Akkordpreise  nicht  herabgesetzt  werden  dür- 


fen, kennt  aber  gewisse  Ausnahmen.  Zwar  darf  keine  Herab- 
setzung erfolgen,  wenn  infolge  eines  Kalkulationsfehlers  ein  zu 
hoher  Betrag  errechnet  worden  ist.  Ist  der  Fehler  sehr  groß, 
dann  kann  allerdings  dadurch  Abhilfe  geschaffen  werden,  daß 
die  in  einem  Akkord  vereinigte  Arbeit  in  mehrere  Akkorde  ge- 
teilt wird,  deren  Summe  kleiner  wie  der  anfängliche  Akkord  ist. 
(Auf  diese  Weise  bemerkt  der  Arbeiter  die  Herabsetzung  nicht.) 
Es  darf  aber  diese  Methode  nur  in  ganz  extremen  Fällen  an- 
gewendet werden. 

Andererseits  kann  eine  allerdings  nur  gleichmäßige  Her- 
absetzung sämtlicher  Akkordpreise  durchgeführt  werden,  wenn 
ein  allgemeines  Sinken  der  Löhne  eintritt. 

Ein  weiterer  Fall,  in  dem  eine  Reduktion  des  angesetzten 
Akkordpreises  vorgenommen  werden  kann,  tritt  ein,  wenn  der- 
selbe zwar  für  eine  Einzelausführung  berechnet  wurde,  aber 
eine  gleichzeitige  Vergebung  einer  großen  Stückzahl  an  einen 
Arbeiter  erfolgt.  Die  Arbeitszeit  wird  für  jedes  einzelne  Stück 
dadurch  je  nach  den  Umständen  mehr  oder  weniger  verringert, 
je  nachdem  ob  gewisse  Operationen  auch  bei  Ausführung  einer 
größeren  Stückzahl  nur  ein  einziges  Mal  ausgeführt  werden  müs- 
sen. Daneben  muß  der  Zeitverlust  berücksichtigt  werden,  wel- 
cher beim  Übergang  von  einer  Akkordarbeit  zur  anderen  unver- 
meidlich ist.  Auch  besteht  meistens  eine  Ersparnis  an  geistiger 
Arbeit,  indem  das  Studium  der  Zeichnung  nur  einmal  zu  erfol- 
gen hat.  Handelt  es  sich  um  Maschinenarbeit,  so  braucht  die 
Maschine  nur  einmal  eingestellt  zu  werden.  Zu  Arbeiten  ohne 
Maschine  müssen  die  Werkzeuge  nur  einmal  bei  der  Ausgabe- 
stelle geholt  werden,  was  besonders  dann  ins  Gewicht  fällt,  wenn 
es  sich  um  Spezialwerkzeuge  handelt,  die  nur  selten  verwendet 
werden.  Nicht  zuletzt  erwirbt  sich  der  Arbeiter  durch  Massen- 
herstellung eine  gewisse  Fertigkeit,  was  auch  dazu  beiträgt  die 
Arbeitszeit  pro  Stück  zu  verringern.  Das  gilt  im  (besonderen 
für  Handarbeit.  Diese  Arbeitszeitverkürzung,  welche  durch  grö- 
ßere Fertigkeit  des  Arbeiters  verursacht  wird,  darf  jedoch  vom 
Akkordbetrag  nicht  in  Abzug  gebracht  werden,  denn  Geschick- 
lichkeit kann  auch  durch  verschiedene  Einzelausführungen  erwor- 
ben werden.  Zudem  soll  gerade  durch  das  Akkordsystem  der 
Arbeiter  dazu  angespornt  werden,  sich  möglichst  große  Fer- 
tigkeit anzueignen.  Daher  darf  er  der  Früchte  seiner  Anstren- 
gungen nicht  beraubt  werden.    Es  dürfen  demnach  in  eine  Re- 


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duktion  nur  wirkliche  Verringerungen  an  Arbeit  eingeschlossen 
werden. 

Die  Reduktion  in  Prozenten  vom  anfänglichen  Akkordpreis 
kann  folgendermaßen  berechnet  werden.  Setzt  sich  ein  Akkord- 
preis aus  den  Faktoren  a  und  b  zusammen,  von  denen  a  der 
Preis  für  die  bei  jeder  Ausführung  zu  verrichtende  Arbeit  ist, 
b  der  Preis  für  nur  einmal  zu  leistende  Arbeit  für  alle  Ausfüh- 
rungen bei  Vergebung  einer  größeren  Stückzahl,  dann  ist  der 
Akkordpreis  für  eine  Einzelausführung  a  +  b.  Es  sei  ferner  n 
die  vergebene  Stückzahl  und  x  die  Reduktion  in  Prozenten  von 
a-)-b  bei  Massenherstellung. 

n  Stück  kosten  daher  n-a  +  b,  jedes  einzelne  Stück 


n»a  +  b 


+ 


n 


dann  ist  x  = 


a  +  b-(a+^)-100 

n 


a  +  b 
^lOOb 

a  +  b 


('-f) 


n_ 

a  +  b 
1 


100 


Tritt  hingegen  der  umgekehrte  Fall  ein,  daß  der  Akkord- 
preis a  +  b  für  n  Stück  kalkuliert  wurde,  aber  nur  eine  ge- 
ringere Zahl  q  fabriziert  werden  soll,  dann  muß  !-i-^  .  q  mit 


n 


a  4-  b 
einem  prozentualen  Zuschlag  x  auf  — i—  belegt  werden,  wel- 
cher von   der  Größe  des   Faktors   q  abhängig  ist.     Der   Preis 

a  -i-  b 
eines  Stückes  ist  dann  nicht   —!--,  sondern 

n 


woraus  sich  ergibt  x  = 


q 

n       q 


n       q 


a  +  b 


n 


a  +  b 


.100  =  -3 


-b 


a  +  b 


100 


x  = 


100  b 
a  +  b 


(--1) 

q 


Beispiel  für  Einzelkalkulation  des  Akkordpreises  und  Reduk- 
tion für  Massenausführung.  Es  sei  a  =  7,  b  =  3  Fr.,  also  ein  Ak- 
kord von  10  Fr.    Es  treten  dann  folgende  Reduktionen  ein: 


—     127 


Stackzahl 

Reduktion 
in«/o 

Akkordpreis 
n  Stack  in 

rar 

Fr. 

Akkordpreis 
pro  Stack  in  Fr 

n  =      1 

0 

10. 

10.— 

n  =      2 

15 

17. 

8.50- 

n  =      5 

24 

38. 

7.60 

n  -    10 

27 

73.- 

7.30 

n  ==    20 

28,5 

143. 

7.15 

n  -    50 

29,4 

353. 

7.06 

n  -  100 

29,7 

703. 

7.03 

Beispiel  für  Akkordpreiskalkulation  einer  Menge  (n)  bei 
Ausführung  geringer  Stückzahlen.  Es  sei  n  =  100,  a  =  97Fr., 
b  =  3Fr.    Der  Akkordpreis  für  100  Stück  beträgt  demnach  100  Fr. 


Stackzahl 

q 

100 

q 

— 

80 

q 

50 

q 

— 

20 

q 

^ 

10 

q 

'•'— 

5 

q 

— 

1 

edaktion 
in«/o 

Akkordpreis  für 
q  Stack  in  Fr. 

Akkordpreis 
pro  Stack  in  Fr 

0 

100.— 

1. 

V4 

80.60 

1.007 

3 

51.50 

1.03 

12 

22.40 

1.12 

27 

12.70 

1.27 

57 

7.85 

1.57 

297 

3.97 

3.97 

Das  Maß  der  Herabsetzung  und  des  Zuschlages  ist,  wie 
auch  aus  der  Formel  hervorgeht,  abhängig  von  dem  Verhältnis 
des  Faktors  b  zum  Faktor  a.  Der  erste  Fall  ist  durch  unten- 
stehende graphische  Darstellung  (Fig.  6)  illustriert.   Es  sind  darin 


lO 

1            1 

M 

b-4 

^5 

^ 

».-' 

m 

\ 

/ 

/ 

/. 

g 

i 

i 

/ 

) 

/ 

.  -J 

t 

j 

/ 

s 

/ 

/ 

1 

7 

/ 

y 

J 

/ 

/ 

/ 

r 

/ 

/ 

r 

2 

Jy 

'  A 

r 

y* 

^ 

2i 

£^ 

^ 

0 

v 

» 

30 

40 

50 

10% 

-JT 

Fig.  6. 

die  Kurven  für  ein  Verhältnis  von  b:a  +  b  wie  1:10,  2:10,  3:10, 
4:10,  5:10,  6:10  und  7:10  eingezeichnet.  Die  Reduktion  für 
ein  beliebiges  n  kann  daraus  auf  der  x-Achse  abgelesen  wer- 
den. Durch  eine  gleiche  Darstellung  kann  der  2.  Fall  veran- 
schaulicht werden. 


—     128    — 


—     129 


0 


Schließlich  kann  eine  Herabsetzung  des  Akkordpreises  bei 
Maschinenarbeit  stattfinden  und  zwar  dann,  wenn  ein  Arbeiter 
an    zwei   oder   sogar   drei   Maschinen   gleichzeitig   arbeitet,   die 
Akkordpreise  aber  für  die  Arbeit  an   nur  einer  Maschine   be- 
rechnet sind.    Die  Arbeit  setzt  sich  dann  aus  zwei  Operationen 
zusammen,  nämlich  das  Einrichten  der  Maschine  und  das  Auf- 
spannen des  Stücks  einerseits  und  die  Überwachung  der  in  Gang 
gesetzten  Maschine  andererseits.     Es  kann  daher  einem  Arbei- 
ter  nur   dann   Arbeit  an   verschiedenen    Maschinen   gleichzeitig 
übergeben   werden,  wenn  er  die  erste  der  beiden  angeführten 
Operationen   an   einer   Maschine  verrichten   kann,   während   die 
beiden  anderen  im   Betrieb  sind.     Demnach  könnte  theoretisch 
der  Akkordpreis  für  jedes  Stück  durch  die  Anzahl  der  Maschi- 
nen, an  denen  ein  Arbeiter  gleichzeitig  arbeitet,  dividiert  wer- 
den.    Diese   Berechnungs weise   wäre  jedoch   ungerecht,   da  der 
Arbeiter    für   die   verschiedenen    Arbeiten    zwar   vielleicht   nicht 
mehr  Zeit  wie  für  eine  einzige  aufwendet,  jedenfalls  aber  der 
Arbeit  größere  Aufmerksamkeit  entgegenbringen  muß.  Auch  darf 
nicht  vergessen  werden,  daß  die  Arbeit  an  einer  der  Maschinen 
zeitweise  ganz  unterbrochen  werden  muß,  da  nie  ganz  vermie- 
den  werden  kann,  daß  zwei  Maschinen   die  Arbeit  gleichzeitig 
beendet  haben.    Daher  muß  der  Arbeiter  von  jedem  Akkordbe- 
trag einen  größeren  als  den  durch  Division  durch  die  Maschinen- 
zahl sich  ergebenden  Teil  erhalten.    So  wird  z.  B.  bei  Arbeit  an 
zwei  Maschinen  von  jedem  Akkordbetrag  1/3,  bei  Arbeit  an  drei 
Maschinen  1/2  abgezogen.    Ein  wie  großer  Abzug  gerechtfertigt 
ist,  hängt  von  den  besonderen  Verhältnissen  ab,  von  der  Zeit,  die 
das  Einrichten  der  Maschine  und  das  Aufspannen  des  Stücks  in 
Anspruch   nimmt,  von   der  Dauer  der  Bearbeitung  an  der  Ma- 
schine und  von  dem  notwendigen  Maß  der  Überwachung. 

Treten  solche  Reduktionen  der  Akkordpreise  ein,  dann  müs- 
sen sie  gemäß  einer  einmal  festgelegten  Methode  erfolgen,  die 
auch  dem  Arbeiter  bekannt  ist.  Überhaupt  muß  in  die  Behand- 
lung der  Akkorde  möglichste  Stabilität  gebracht  werden,  so  daß 
jeder  Arbeiter  bei  gleicher  Leistung  gleich  viel  verdient  und  seine 
Verdienstmöglichkeit  immer  vor  Augen  hat.  Es  ist  daher  gänz- 
lich verfehlt,  wenn  die  Ausrechnung  eines  Akkordpreises  beson- 
dere Schwierigkeiten  bereitet,  die  Arbeit  ohne  fest  vereinbarten 
Preis  zu  vergeben  und  dem  Arbeiter  nach  Beendigung  dersel- 
ben   einen   gewissen    Zuschlag   auf  den    Stundenlohnbetrag   als 


Akkordüberschuß  zu  gewähren.  Der  Arbeiter  findet  dann  sehr 
bald  heraus,  daß  er  den  Zuschlag  auch  bei  langer  Arbeitsdauer 
erhält,  das  Akkordsystem  existiert  nur  noch  dem  Namen  nach, 
in  Wirklichkeit  erfolgt  Entlöhnung  nach  einem  erhöhten  Stun- 
denlohnsatz. 

Auf  alle  Fälle  muß  zu  Beginn  der  Arbeit  ein  von  beiden 
Teilen  anerkannter  Preis  bestehen,  denn  nur  dann  ist  für  den 
Arbeiter  der  Anreiz  vorhanden,  die  Arbeit  in  möglichst  geringer 
Zeit  zu  vollenden.  Bestehen  wirklich  besondere  Schwierigkei- 
ten, die  eine  genaue  Vorausbestimmung  des  Akkordbetrages 
verunmöglichen,  dann  muß  gleichwohl  mit  dem  Arbeiter  ein 
gewisser  Preis  vereinbart  werden.  Dieser  wird  dann  in  der  Re- 
gel etwas  zu  niedrig  angesetzt.  Zeigt  es  sich  dann,  daß  der 
Arbeiter  zu  diesem  Betrag  nicht  genügend  verdienen  kann,  dann 
kann  vor  Beendigung  der  Arbeit  ein  Zusatzbetrag  bewilligt  wer- 
den. Die  Berechtigung  solche  Zulagen  zu  gewähren,  darf  je- 
doch nicht  beim  Meister,  sondern  nur  bei  der  Betriebsleitung 
oder  der  die  Akkordbeträge  berechnenden  Stelle  liegen.  Auch 
dürfen  solche  Zusätze  nur  in  sehr  seltenen  Fällen,  und  wenn  die 
Vorausbestimmung  des  Akkordbetrages  eine  technische  Unmög- 
lichkeit ist,  bewilligt  werden,  damit  der  Arbeiter  nicht  zu  der 
Annahme  gebracht  wird,  daß  jedesmal  eine  Nachzahlung  er- 
folgt, wenn  er  für  eine  Arbeit  mehr  als  die  veranschlagte  Zeit 
braucht.  Zusätze  zum  Akkordbetrag  können  auch  dann  be- 
willigt werden,  wenn  sich  im  Verlaufe  einer  Arbeit  unvorher- 
gesehene Schwierigkeiten  (wie  zu  hartes  Material)  ergeben,  wel- 
che eine  Verlängerung  der  Arbeitszeit  verursachen,  an  der  den 
Arbeiter   kein    Verschulden    trifft. 

Ist  eine  Vorausbestimmung  der  für  eine  Arbeit  aufzuwen- 
denden Zeit  überhaupt  unmöglich,  oder  läßt  sich  die  zu  lei- 
stende Arbeitsmenge  nicht  genau  umschreiben  und  ist  daher 
nicht  genau  bestimmbar,  dann  muß  von  der  Anwendung  des 
Akkordsystems  überhaupt  Abstand  genommen  werderr.  Versuche, 
es  dennoch  einzuführen,  schädigen  nur  den  Unternehmer,  denn 
sie  liefern  dem  Arbeiter  ein  ganz  besonderes  Interesse,  die  Ar- 
beit nach  Möglichkeit  in  die  Länge  zu  ziehen.  In  solchen  Fäl- 
len ist  daher  der  gewöhnliche  Stundenlohn  das  einzig  anwend- 
bare Entlöhnungsverfahren ;  die  rationellere  Arbeitsweise,  wel- 
che das  Akkordsystem  gewährt,  läßt  sich  dann  doch  nicht  ver- 
wirklichen.   Ferner  kann  der  Akkordlohn  für  Arbeiten,  die  große 

9 


V 


~     130    — 

Genauigkeit  erfordern  und  für  die  ein  Antreiben  zu  schnellem 
Arbeiten  ungünstig  wäre,  nicht  angewendet  werden  (Feinmecha- 
nik). Es  kommt  bei  solchen  Arbeiten  mehr  auf  die  exakte  Ar- 
beit als  ein   rasches  Arbeitstempo  an. 

Der   besondere   Vorteil,   den   das   Akkordsystem   bietet,   be- 
ruht darin,  daß  eine  Arbeit  zu  einem  von  beiden  Teilen  aner- 
kannten  Preise  vergeben   wird.     Der  Unternehmer  gewinnt  da- 
durch eine  feste  Berechnungsbasis  für  jedes  einzelne  Stück,  sein 
Risiko    wird    dadurch    vermindert.     Es    besteht   Gleichheit   zwi- 
schen von  auswärts  bezogenen  und  im  eigenen  Werk  hergestell- 
ten   Stücken,    indem    beide   einen    festen,   im   voraus   bekannten 
Preis   haben.     Dem   Arbeiter  bietet  der   feste  Akkordpreis  grö- 
ßere  Verdienstmöglichkeit,   welche   sich  je  nach   der  Arbeitslei- 
stung erhöhen  läßt.     Er  wird  selbst  zu  einer  Art  Unternehmer, 
welcher   auf  Grund    eines   Vertrages    (des   Akkordvertrages)   zu 
einem  festen  Preise  Fabrikate  an  einen  Kunden  (den  Unterneh- 
mer)  liefert.     Dementsprechend   übernimmt  er  auch   ein  gewis- 
ses  Risiko,   indem   sein   Verdienst  sich  verringert,  wenn  unvor- 
hergesehene Hindernisse  auf  die  Arbeitszeit  verlängernd  einwir- 
ken.    Dieses   Risiko  wird  allerdings  durch   den   bei  unverschul- 
deten   Verlängerungen    über    das    vorausberechnete    Zeitmaß    in 
Erscheinung  tretenden  garantierten  Stundenlohn  verringert,  was 
aber  darin  seine   Berechtigung  findet,  daß  auch  die  Verdienst- 
möglichkeit  eine   beschränkte   ist.     Immerhin    bildet   diese   grö- 
ßere  Verdienstmöglichkeit  einen  Anreiz  zu  rascherer  Arbeit,  be- 
sonders darum,  weil  die  Höhe  des  Mehrverdienstes  direkt' von 
der   Person   abhängig   ist,   der   er  zugute  kommt.     Die   Durch- 
führung des  Grundsatzes,  daß  ein  Mehrverdienst  gewährt  wer- 
den kann,  wenn  er  von  einer  Handlung  seines  Bezügers  direkt 
abhängig  gemacht  wird,  gelangt  im   Fabrikbetrieb  immer  mehr 
zur  Geltung.     Dieser  Grundsatz  äußert  sich   nicht  nur  im   Ak- 
kordsystem, sondern  auch  in  den  gewissen  Angestellten  gewähr- 
ten  Provisionen.     Jedoch  liegen  die  Verhältnisse  für  eine  nach 
der   Leistung   abgestufte   Entlöhnung   für   den   Arbeiter  wesent- 
lich   günstiger    als    für    die    meisten    der    Angestellten,    da    bei 
letzteren   die  geleistete   Arbeit  häufig   nicht  genau   meßbar  ist. 
Ist  dies  jedoch  der  Fall,  dann  könnte  durch  irgend  eine  Form 
der  Entlöhnung  auch  dem  Angestellten  ein  Interesse  an  größe- 
ren Leistungen  verliehen  werden.    Bis  heute  jedoch  sind  solche 
Entlöhnungsformen    in    Europa    nicht   gebräuchlich,    was    einer- 


—     131     — 

seits  auf  das  Vorurteil  der  Angestellten  zurückzuführen  ist,  wel- 
che es  als  unter  ihrer  Würde  wähnen,  anstatt  eines  festen  mo- 
natlichen Gehaltes  einen  nach  der  Arbeitsleistung  abgestuften 
Lohn  zu  beziehen,  andererseits  seine'  Begründung  in  der  Schwie- 
rigkeit der  Festsetzung  der  Arbeitsleistung  findet.  Daher  sind 
Provisionen  nur  dann  üblich,  wenn  eine  genau  bestimmbare 
Arbeitsleistung,  welche  durch  einen  rechnerisch  feststellbaren 
Vorteil  für  das  Unternehmen  ausdrückbar  ist,  vorliegt.  Es  er- 
halten daher  meistens  nur  höhere  Beamte  eine  solche  Gewinn- 
beteiligung. Es  muß  aber  nochmals  ausdrücklich  darauf  Ge- 
wicht gelegt  werden,  daß  dieser  rechnerisch  feststellbare  Vor- 
teil von  der  besonderen  Leistung  des  die  Provision  beziehenden 
Angestellten  abhängig  sein  muß.  Es  kommen  daher  für  Pro- 
visionen besonders  Abteilungsvorstände  in  Betracht,  deren  Ab- 
teilungen über  eine  getrennte  Abrechnung  verfügen.  Es  muß 
aber  betont  werden,  daß  diese  getrennte  Abrechnung  dem  Ab- 
teilungsvorstand meistens  schon  genügend  Anreiz  zu  erhöhter 
Leistung  bietet,  da  er  sich  mit  dem  Unternehmen  solidarisch 
fühlt,  was  für  den  Arbeiter  keineswegs  zutrifft. 

Die  heutzutage  vielfach  verlangte  Gewinnbeteiligung  aller 
Arbeiter  und  Angestellten  am  Ergebnis  des  Unternehmens  ver- 
letzt das  Prinzip  des  Mehrverdienstes  bei  Mehrleistung.  Sie 
ist  eine  Utopie,  die  nur  von  ungenügend  unterrichteter  Seite 
vertreten  werden  kann;  denn  abgesehen  von  ihrer  die  Löhne 
herabdrückenden  Wirkung  bringt  sie  es  mit  sich,  daß  der  Ar- 
beiter einen  Teil  des  Risikos  übernehmen  muß,  ohne  daß  er 
dadurch  irgend  welchen  Einfluß  auf  die  Gestaltung  des  Unter- 
nehmens und  der  Marktlage  gewinnen  könnte.  Auch  erstrebt 
der  Arbeiter  keinen  ungewissen,  in  der  Ferne  liegenden  mate- 
riellen Vorteil;  was  er.  erstrebt,  ist  eine  augenblickliche,  mög- 
lichst große  Vergütung  seiner  Anstrengung  und  diese  ist  nur 
durch  gesteigerte  Leistung  erzielbar.  Daher  beruht  es  auf  einer 
völlig  irrigen  Auffassung,  wenn  angenommen  wird,  daß  die 
Aussicht  auf  ein  günstiges  Geschäftsergebnis  den  Arbeiter  zu 
erhöhter  Leistung  anspornt.  Der  Einfluß,  den  er  auf  dieses 
Ergebnis  ausüben  kann,  ist  so  gering  und  unsicher,  sein  An- 
teil daran  meistens  so  unbedeutend,  daß  zwischen  Mehrleistung 
und  Mehrverdienst  für  ihn  kein  Zusammenhang  mehr  besteht, 
und  infolgedessen  kann  von  einem  Ansporn  zu  größerer  Ar- 
beit nicht  die  Rede  sein. 


*.  <_  ^  > 


—     132     — 


Dtr   Einfluß,   den    eine   dem    Arbeiter   deutlich   vor  Augen 
tretende   Verdienstchance  auf  seine  Arbeitsleistung  ausübt   und 
das    Abnehmen    dieses    Einflusses   mit   weniger   deutlichem    Zu- 
tagetreten dieser  Verdienstchance  ist  durch  die  Anwendung  des 
Akkordsystems   einwandfrei   bewiesen   worden.     Das   Bestreben, 
für   ein    Arbeitsstück    nur   einen   Akkord   auszustellen,   hat  viel- 
fach  (z.B.  bei  großen  Gußstücken)  dazu  geführt,  daß  der  Ak- 
kordbetrag  eine   bedeutende    Höhe   erreicht   hat,   oft  von    1000 
und    mehr   Franken.     Selbst  wenn   eine   solche   Arbeit  an   eine 
Anzahl  von   Arbeitern   vergeben  wurde,  so  war  doch  die  Aus- 
führungsdauer  eine  so   lange,   daß   dem    Arbeiter   eine   Berech- 
nung eines   event.   Mehrverdienstes   infolge   rascheren   Arbeitens 
nicht    mehr    möglich    war.     Die    Abrechnung    solcher    Akkorde 
zeigt  denn  auch,   daß  sie  in   der  Regel  keinen    Überschuß   ab- 
werfen,  ja   sogar   sehr   häufig   überstiegen    werden,   obwohl   in 
ihrer  Ansetzung  nicht  zu  niedrig  gegriffen   wurde.     Auch  kann 
festgestellt   werden,   daß,   wenn   solche  Akkorde   nach   den   ein- 
zelnen Operationen  in  einzelne  Akkorde  zerlegt  werden,  für  die 
die  Addition  aller   Beträge  wieder  den  ursprünglichen  Akkord- 
betrag ergibt,  der  Arbeiter  seine  Akkorde  mit  einem  Überschuß 
beendet.     Es    ist   auch   leicht   begreiflich,    daß    ein   kleiner   Ak- 
kord  von   z.B.    5   Fr.,   den   Arbeiter   zu  viel  größerer  Leistung 
antreibt,  da  ihm  der  Vorteil,  den  er  erreicht,  wenn  er  die  Ar- 
beit in  möglichst  geringer  Zeit  beendet^  stets  vor  Augen  bleibt. 
Es  sind  daher  in  den  meisten  Werken  die  großen  Akkorde,  wo 
immer    möglich,    beseitigt    worden.     Es    möchte    scheinen,    daß 
eine  Höhe  von  3—15  Fr.  zur  Steigerung  der  Leistung  am  mei- 
sten   beiträgt,   da   bei   dieser   Höhe   die  Gewinnmöglichkeit  am 
leichtesten    zu    errechnen    ist.      AUzufeleine   Akkorde   haben    den 
Nachteil,   daß   die  Arbeit  zu   häufig  unterbrochen   werden  muß. 
Neben   der  auf  das  Arbeitstempo  lähmenden   Wirkung  der 
großen    Akkorde   bringen    dieselben   noch   eine   bedeutende   Er- 
schwerung der  Abrechnung  mit  sich,  denn  der  bloße  Stunden- 
lohn   bietet   dem    Arbeiter  keine   genügende   Entschädigung,   so 
daß  er  noch  Vorschüsse  auf  den  erst  viel  später  fällig  werden- 
den   Akkordüberschuß   verlangen    muß.     Ganz   besonders    kom- 
pliziert gestaltet  sich   die  Abrechnung  dann,   wenn   ein  solcher 
Überschuß  vom  Arbeiter  überhaupt  nicht  erzielt  wird.     Es  muß 
ihm    dann    entweder    ein   Zuschuß    zum    Akkordbetrag   gewährt 
werden,    was    den    Prinzipien    des    Akkordsystems    zuwiderläuft, 


—     133     — 

oder   der  gewährte   Vorschuß   muß   von   späteren    Bezügen   des 
Arbeiters   wieder  in   Abzug  gebracht  werden. 

Zum  Schluß  dieses  Abschnittes  muß  noch  auf  die  Nach- 
teile des  Akkordsystems  hingewiesen  werden,  die  allerdings  we- 
niger im  System  selbst  als  in  seiner  Anwendung  liegen.  Es 
handelt  sich  hier  um  das  Schieben  von  Zeit  von  einem  Ak- 
kord auf  den  anderen,  mit  der  Absicht,  den  Gesamtverdienst 
zu  erhöhen.  Besonders  einfach  gestalten  sich  diese  Machen- 
schaften für  den  Arbeiter,  wenn  er  abwechselnd  einmal  im 
Stundenlohn  und  dann  wieder  im  Akkordlohn  arbeitet,  weil  er 
dann  mehr  Stunden  für  Stundenlohnarbeit  in  Anschlag  bringen 
kann,  als  diese  Arbeit  in  Wirklichkeit  erfordert  hat.  Natür- 
lich ist  das  nur  bei  ungenügender  Kontrolle  möglich,  was  aber 
für  alle  Arten  von  Schiebungen  gilt.  Dieser  Art  von  Schie- 
bungen kann  am  druchgreifendsten  dadurch  abgeholfen  werden, 
daß  ein  Arbeiter,  wenn  immer  möglich,  entweder  nur  im  Stun- 
denlohn  oder  nur  im  Akkord  beschäftigt  wird. 

Eine  weitere  Art  von  Schiebungen  beruht  darauf,  auf  gün- 
stige Akkorde  möglichst  wenig  Zeit  zu  veranschlagen  und  das 
Versäumte  auf  Akkorde  zu  schlagen,  für  die  am  ehesten  eine 
Rechtfertigung  für  Übersteigen  des  Akkordbetrages  gefunden 
werden  kann.  Die  häufig  schwierige  Festsetzung  der  Akkord- 
preise bringt  es  mit  sich,  daß  nicht  alle  Akkorde  für  den  Ar- 
beiter gleichgünstig  sind.  Auch  beruhen  die  Unterlagen,  auf 
welchen  der  Akkordpreis  fußt,  zum  Teil  auf  Beobachtungen  beim 
Arbeiter.  Da  aber  nicht  alle  Arbeiter  gleich  schnell  arbeiten, 
so  kann  es  leicht  vorkommen,  daß  die  Ansätze  etwas  vonein- 
ander abweichen.  Allerdings  ist  diese  Art  von  Schiebungen  nur 
bei  garantiertem  Stimdenlohn  möglich,  jedoch  sollte  davon  nicht 
Abstand  genommen  werden,  da  sonst  zu  häufig  ein  nachträg- 
licher Zuschlag  zum  Akkordbetrag  bewilligt  werden  muß,  näm- 
lich immer  dann,  wenn  ohne  Verschulden  des  "Arbeiters  aus 
technischen  Gründen  die  veranschlagte  Arbeitszeit  nicht  einge- 
halten werden  kann.  Das  aber  führt,  wenn  es  häufig  gesche- 
hen,muß,  dazu,  daß  der  Arbeiter  die  Arbeit  absichtlich  in  die 
Länge  zieht.  Es  darf  bei  diesen  Schiebungen  nicht  damit  ge- 
rechnet werden,  daß  sie  vom  Arbeiter  aus  moralischen  Über- 
legungen unterlassen  werden.  Es  ist  nur  rein  menschlich,  sich 
ein  Mehrverdienst  ohne  besondere  Gegenleistung  zu  verschaf- 
fen, jedoch  ist  das  kein  Grund,  nicht  dagegen  anzukämpfen.  . 


>^3Ei; 


;* 
i. 


—     134    — 

Zur  Verunmöglichung  dieser  Art  von  Schiebungen  können 
zwei  Mittel  angewendet  werden,  von  denen  das  eine  sehr  ra- 
dikal ist,  aber  den  Nachteil  aufweist,  das  Prinzip  des  garan- 
tierten Stundenlohnes  teilweise  zu  suspendieren.  Es  besteht  da- 
rin, alle  in  einer  Woche  beendeten  Akkorde  zusammen  zu  ver- 
rechnen. Man  gelangt  dann  zum  Akkordüberschuß,  indem  man 
von  der  Summe  aller  Akkordbeträge  den  Gesamtstundenlohn- 
betrag der  ganzen  Woche  abzieht.  Der  garantierte  Stundenlohn 
tritt  dann  erst  in  Erscheinung,  wenn  überhaupt  kein  Akkord- 
überschuß erzielt  worden  ist,  oder  wenn  er  durch  überstiegene 
Akkorde  voll  ansgeglichen  wird.  Der  Arbeiter  behält  also  sei- 
nen gesicherten  Minimalverdienst,  nur  wird  der  Akkordüber- 
schuß geringer,  wenigstens  wenn  einige  Akkorde  überstiegen 
wurden,  da  dieser  Betrag  vom  Gesamtüberschuß  in  Abzug  ge- 
bracht wird.  Es  darf  aber  ein  Abzug  nur  von  dem  in  der  glei- 
chen Woche  erzielten  Akkordüberschuß  gemacht  werden,  denn 
mit  dieser  Art  der  Berechnung  soll  nicht  das  Risiko  des  Ar- 
beiters unnötig  vergrößert,  sondern  nur  den  Schiebungen  ein 
Riegel   vorgeschoben   werden. 

Das  zweite  Mittel  besteht  darin,  die  Zeiteintragungen  auf 
die  verschiedenen  Akkorde  nicht  durch  den  Arbeiter,  sondern 
durch  den  Meister  oder  einen  besonderen  Kontrollbeamten  vor- 
nehmen zu  lassen,  was  jedoch  auf  den  entschiedenen  Wider- 
stand der  Arbeiter  stößt.  Das  gleiche  kann  auch  durch  eine 
kurz  vor  Kriegsbeginn  auf  dem  Markte  erschienene  Maschine 
bewerkstelligt  werden,  an  der  der  Arbeiter  zu  Beginn  und  zu 
Ende  einer  Arbeit  eine  Akkordkarte  abstempeln  lassen  muß. 
Die  Zeit  (je  nach  Bedarf  in  1/4  oder  Vio  Stunden)  wird  in  für 
eine  Woche  fortlaufenden  Nummern  angegeben.  Bei  Abstemp- 
lung  bei  Beendigung  der  Arbeit  wird  gleichzeitig  noch  die  für 
die  Arbeit  aufgewendete  Arbeitszeit  automatisch  berechnet  und 
auf   die   Karte   eingetragen. 

Können  diese  Mittel  zur  Vermeidung  von  Schiebungen  in- 
folge des  Widerstandes  der  Arbeiter  nicht  angewendet  werden, 
dann  muß  zum  mindesten  für  jeden  überstiegenen  Akkord  vom 
Meister  eine  genaue  Begründung  verlangt  werden.  Auch  ist 
eine  Statistik  nach  Meisterabteilungen  über  die  in  einer  Woche 
zu   bezahlenden    Übersteigungen   zu   führen. 


—     135    — 

b)   Die  Gruppenarbeit. 

Die  Gruppen-  oder  Kolonnenarbeit  unterscheidet  sich  von 
der  Einzelarbeit  dadurch,  daß  der  Akkordvertrag  anstatt  von 
einem,  von  mehreren  Arbeitern  gemeinsam,  mit  dem  Unterneh- 
mer abgeschlossen  wird.  Eine  Gruppe  wird  meistens  nicht  nur 
für  eine  bestimmte  Arbeit  zusammengestellt,  sondern  sie  besteht 
mit  geringen  Personenänderungen  für  eine  längere  Dauer;  an- 
derenfalls sind  die  durch  sie  bezweckten  Vorteile  für  die  Fa- 
brikation nur  teilweise  realisierbar.  Jeder  Gruppe  steht  ein 
Gruppenführer  vor,  der  das  Recht  haben  muß,  sich  seine  Leute 
auszusuchen.  Er  leitet  die  einzelnen  Mitglieder  seiner  Gruppe 
bei  ihrer  Arbeit  an,  besorgt  die  Verteilung  der  durch  die  Gruppe 
übernommenen  Arbeiten  auf  ihre  einzelnen  Mitglieder  und  ver- 
handelt mit  dem  Meister  über  die  von  der  Gruppe  zu  über- 
nehmenden Arbeiten.  Auch  ist  er  dem  Meister  gegenüber  für 
die  /arbeiten   der  Gruppe  in  erster  Linie  verantwortlich. 

Die  Gruppenarbeit  ist  eine  Folge  der  Arbeitsteilung.  In 
erster  Linie  ermöglicht  sie  eine  Entlastung  des  Meisters,  dem 
in  vielen  Fällen  infolge  anderer  Arbeiten  die  Möglichkeit  ge- 
nommen ist,  jeden  einzelnen  Arbeiter  in  Bezug  auf  seine  Lei- 
stung genau  zu  kennen.  Zwischen  ihn  und  die  Arbeiterschaft 
tritt  bei  Gruppenarbeit  der  Vorarbeiter,  welcher  nicht  nur  we- 
gen der  geringen  Zahl  der  Mitglieder  einer  Gruppe  die  Lei- 
stungen jedes  Einzelnen  genau  kennt;  er  ist  auch  für  die  Be- 
obachtung bedeutend  günstiger  gestellt,  da  er  ständig  mit  sei- 
nen Leuten  arbeitet.  Dazu  gesellt  sich  noch  das  materielle  In- 
teresse, welches  dem  Meister  fehlt  und  welches  den  Gruppen- 
führer veranlaßt,  jede  Arbeit  dem  dazu  am  meisten  Befähigten 
zu  übertragen. 

Die  Behauptung,  daß  bei  Gruppenarbeit  sämtliche  Arbei- 
ter schließlich  das  Arbeitstempo  des  schlechteste»  Arbeiters  der 
Gruppe  annehmen,  ist  vollständig  unbegründet.  Einmal  werden 
der  Gruppenführer  sowohl  wie  die  einzelnen  Teilnehmer  der 
Gruppe  darauf  dringen,  daß  ein  schlechter  Arbeiter,  der  auf 
den  Verdienst  der  Einzelnen  drückt,  aus  der  Gruppe  ausge- 
schieden wird.  Aber  auch  wenn  es  nicht  so  weit  kommt,  wird 
sich  kein  Arbeiter  seinen  Verdienst  durch  einen  andern  schmä- 
lern lassen  wollen.  Im  Gegenteil  ist  es  rein  menschlich,  mit 
dem   anderen   noch   strenger   als   mit  sich   selbst  zu   sein.     Es 


t  .  '' 


—     136    — 

findet  daher  bei  Gruppenarbeit  ein  gegenseitiges  Anspornen  zu 
erhöhten  Leistungen  statt,  das  bei  Einzelarbeit  vollständig 
dahinfällt. 

Hinzu  kommt  aber  noch,  daß  die  im  Rahmen  der  Gruppe 
möglich  werdende  Arbeitsteilung  eine  Steigerung  der  Leistung 
herbeiführen  wird.  Es  eignen  sich  daher  auch  nur  solche  Ar- 
beiten zur  Ausführung  durch  eine  Gruppe,  bei  denen  die  ein- 
zelnen Arbeiter  mehr  oder  weniger  aufeinander  angewiesen  sind, 
wie  z.B.  Montagearbeiten.  Arbeitet  jeder  Arbeiter  völlig  selb- 
ständig z.B.  an  einer  Maschine,  an  der  er  auch  das  Einrich- 
ten und  Aufspannen  besorgt,  dann  ist  die  Bildung  einer  Gruppe 
zwecklos.  Es  kann  dann  höchstens  ein  Vorarbeiter,  der  einer 
gewissen  Gruppe  von  Arbeitern  Anleitung  erteilt,  dem  Meister 
beistehen. 

Der  Gruppenführer  muß  ein  gelernter  Arbeiter  sein,  der 
mit  dem  Wesen  der  Konstruktionszeichnung  genau  vertraut  ist, 
damit  er  die  für  die  Gruppe  zu  leistende  geistige  Arbeit  allein 
und  infolge  seiner  größeren  Fähigkeit  mit  einem  minimalen 
Zeitaufwand  und  größtmöglicher  Gründlichkeit  bewältigen  kann. 
Im  weiteren  führt  die  Anwendung  des  Prinzips  der  Arbeitstei- 
lung dazu,  daß  jedem  Arbeiter  eine  Arbeit  zugeteilt  werden 
kann,  die  dem  Maximum  seiner  Befähigung  und  Geschicklich- 
keit entspricht.  Alle  weniger  schwierigen  Arbeiten  werden  durch 
weniger  ausgebildete  Arbeiter  erledigt.  Dadurch  wird  die  beste 
Ausnützung  aller  Fähigkeiten  der  Arbeiter  erzielt.  Der  gelernte 
Arbeiter  wird  zwar  wahrscheinlich  einfachere  Arbeiten  schnel- 
ler ausführen  können  wie  irgend  ein  ungelernter  Arbeiter.  Je- 
doch ist  der  Zeitunterschied  meistens  nicht  so  groß,  als  daß 
nicht  die  Einstellung  billigerer  Arbeitskräfte  niedrigere  Lohn- 
kosten herbeiführen  würde.  Besonders  bei  Maschinenarbeit  be- 
steht eine  Minimalarbeitsdauer,  die  auch  vom  besten  Arbeiter 
nicht  mehr  verringert  werden  kann.  Demnach  ist  es  immer 
unrationell,  wenn  eine  Arbeit,  die  auch  durch  eine  billigere 
Arbeitskraft  ausgeführt  werden  kann,  an  eine  teure  vergeben 
wird.  Der  qualifizierte  Arbeiter  soll  nicht  Arbeiten  verrichten 
müssen,  die  auch  ein  Hilfsarbeiter  oder  ein  lehriing  ausführen 
kann.  Es  ist  oben  gesagt  worden,  daß  unabhängig  vom  Stun- 
denlohnsatz für  gleiche  Leistungen  die  gleiche  Entlöhnung  ge- 
währt werden  muß.  Daraus  darf  jedoch  nicht  der  Schluß  ge- 
zogen werden,  daß  für  alle  Arbeiten  mit  der  gleichen  Akkord- 


—     137     — 

basis  gerechnet  werden  muß.  Auch  die  Akkordbasis  wird  für 
verschiedene  Arbeiten  ungefähr  nach  dem  dafür  geltenden  Stun- 
denlohnsatz abgestuft.  Muß  ein  Arbeiter  ausnahmsweise  einen 
Akkord  übernehmen,  dessen  Basis  unter  der  seinem  Stundenlohn 
entsprechenden  Höhe  ist,  dann  wird  er  gezwungen,  die  leich- 
tere Arbeit  auch  in  einer  kürzeren  als  der  durchschnittlichen 
Arbeitszeit  zu  bewältigen.  Andererseits  muß  für  eine  Arbeit, 
deren  Akkord  für  die  Leistungen  eines  gelernten  Arbeiters  be- 
rechnet ist  und  die  sich  in  schwierige  und  leichtere  Operatio- 
nen zeriegen  läßt,  mit  einer  dem  gelernten  Arbeiter  angepaßten 
Akkordbasis  gerechnet  werden.  Wird  die  gleiche  Arbeit  aber 
einer  Gruppe  übergeben,  in  der  die  weniger  schwierigen  Ar- 
beitsoperationen durch  weniger  geschulte  und  billigere  Arbeits- 
kräfte zur  Ausführung  gelangen,  so  kann  der  Akkordbetrag  her- 
abgesetzt werden,  ohne  daß  dadurch  der  gelernte  Arbeiter  eine 
Einbuße  an  seinem  Verdienst  erieidet.  Es  soll  das  durch  die 
folgenden    Zahlenbeispiele    erläutert    werden. 

L     Einzelarbeit:  Der  Stundenlohn   des   Arbeiters  A  sei   Fr. 
1.— ,  der  Akkordpreis  Fr.   20.—.     Es  sei: 

Überschuß  iÄ^hÄS 

5.—  Fr.  3373  "/o     • 


Stundenzahl 

15    Stunden 


Stundenlohnbetrag 
15.—  Fr. 


II.    Gruppen  arbeit:    Der    Arbeiter    A    arbeitet    mit    einem 
Hilfsarbeiter  B,  der  einen  Stundenlohn  von   Fr.   — .60  erhält. 


Stunden- 
zahl   . 

stunden- 
lohnbetrag 

Arbeiter  A    10 

10.-  Fr. 

Arbeiter  B      6 

3.60   „ 

Total    16 

13.60  Fr. 

Oberschuß 
10.6.40 


1X60 

3.60.6.40 

13.60 


=  4.70 
=  1.70 


Oberschuß  in  %  des 
Stundenlohnbetnges 

47  o/o 
47  0/0 


6.40  Fr. 


47  0/0 


Soll  der  Akkordpreis  so  bemessen  werden,  daß  bei  glei- 
cher Anstrengung  ein  gleicher  prozentualer  Überschuß  (also 
33 Vs  ^/o)  erzielt  wird,  so  muß  er  für  den  zweiten  Fall  13.60  -{- 

— '  .^ — - —  =  18.13  Fr.  betragen.  Es  kann  daher  vom  ur- 
sprünglichen Akkordpreis  von  Fr.  20.—  eine  Reduktion  von 
9,06  o/o  vorgenommen  werden. 

Wird  diese  prozentuale  Reduktion  für  Gruppenarbeit  mit 
X   bezeichnet,    der   Akkordbetrag   mit   A,    der   Stundenlohn   und 


—     138 


—     139    — 


m 


die  Stundenzahl  bei  Einzelarbeit  mit  L  resp.  Z,  der  prozentuale 
Akkordüberschuß  bei  Einzelarbeit  mit  q  und  für  Gruppenar- 
beit die  Stundenlöhne  mit  Ij,  I2,  I3  .  .  .,  entsprechend  die 
Stundenzahlen  mit  Zj,  Zg,  Zg  .  .  .,  ferner  die  Summe  aller  Stun- 
denlohnbeträge mit  Slz,  dann   ist: 


A  =  L.Z-f- 


LZ>q 

100 

Slz*q 


und  der  reduzierte  Akkordbetrag 


A,  =  Slz  -| joQ    •  ^^>c  Reduktion  beträgt  demnach 

A  -  A  =  LZ  4-  ^^'^  —  (%\t  -I-  Üi^^  - 

=  ^^  (^  +  W)  -  ^''  (^  +  W)  =  (^  +  W)  •  <LZ  -  Slz) 

In  Prozenten  vom  ursprünglichen  Akkordbetrag  beträgt  die 
Reduktion : 


X  =■ 


100(1 +^).(LZ- Slz) 


_(100  +  q).(LZ-Slz) 


A  A 

t)ie  einfacheren  Arbeiten  der  Gruppe  können  statt  durch 
Hilfsarbeiter  oft  auch  durch  Lehrlinge  unternommen  werden; 
jedoch  Ist  ihre  Verwendung  für  eine  regelmäßige  Fabrikation 
nicht  sehr  zu  empfehlen,  da  sie  häufig  während  der  Arbeits- 
zeit zum  Besuche  von  Unterrichtsstunden  von  der  Werkstatt 
fernbleiben  müssen.  Ist  ein  Akkord  für  die  Arbeit  eines  ge- 
lernten Arbeiters  berechnet,  der  bei  ihrer  Ausführung  durch 
einen  oder  mehrere  Lehrlinge  unterstützt  wird,  so  ist  vom  Ak- 
kordpreis ein  sogen.  Lehrlingsabzug  zu  machen.  Die  Größe 
dieses  Abzuges  ist  meistens  gleich  dem  Stundenlohnbetrag  der 
Lehrlinge,  also  nach  den  oben  gewählten  Bezeichnungen  Slz. 
Da  aber 

Slz    <    Slz    (1     +    -j3g-), 

da  (1  -f  — )  größer    ist    als    1,   so    findet    bei    Lehrlingsarbeit 

ein  geringerer  Abzug  wie  bei  Gruppenarbeit  statt,  was  darin 
seine  Berechtigung  hat,  daß  dem  Arbeiter  eine  gewisse  Ent- 
schädigung für  die  Unterweisung  der  Lehrlinge  zuteil  werden 
muß. 

Die  Lohnrechnung  und  die  Verteilung  des  Akkordüberschus- 


ses bieten  bei  Gruppenarbeit  gewisse  Schwierigkeiten.  Würde 
die  ganze  Gruppe  gleichzeitig  nur  an  einem  Akkord  arbeiten, 
dann  könnte  eine  Verteilung  des  ganzen  Akkordbetrages  nach 
Maßgabe  gewisser  Verhältniszahlen,  welche  der  Gruppenführer 
mit  den  übrigen  Teilnehmern  vereinbart,  geschehen.  Wird,  wie 
es  bei  großen  Akkorden  der  Fall  ist  und  was  zweifelsohne  die 
richtigere  Methode  ist,  der  Stundenlohnbetrag  auf  alle  Fälle 
ausbezahlt,  dann  gelangt  nur  der  Akkordüberschuß  zur  Vertei- 
lung. Die  Verteilung  erfolgt  dann  im  Verhältnis  der  Stunden- 
lohnbeträge; der  Anteil  des  einzelnen  Teilnehmers  am  Über- 
schuß ist  dann,  wenn  der  Gesamtüberschuß  als  U  bezeichnet 
l,z..U 


wird  = 


Slz 


In  den  meisten  Fällen  aber  und  ganz  besonders  bei  einer 
größeren  Anzahl  von  Gruppenteilnehmern  wird  die  Gruppe 
gleichzeitig  eine  größere  Zahl  von  Akkorden  übernehmen.  Da- 
durch wird  auch  eine  bessere  Ausnützung  der  Fähigkeiten  der 
einzelnen  Arbeiter  erwirkt.  Jedoch  bringt  es  die  gleichzeitige 
Übernahme  mehrerer  Akkorde  mit  sich,  daß  nicht  alle  Arbeiter 
an  jedem  der  einzelnen  Akkorde  beschäftigt  sind.  Die  Verrech- 
nung der  Löhne  kann  dann  so  erfolgen,  daß  der  Vorarbeiter 
vom  Meister  die  unausgefüllten  Akkordzettel  erhält,  in  die  er 
die  von  jedem  Arbeiter  für  einen  Akkord  aufgewendete  Ar- 
beitszeit einträgt.  Nach  Ausrichtung  der  Stundenlohnbeträge  er- 
folgt die  Verteilung  des  Überschusses  unter  diejenigen  Arbei- 
ter, die  an  dem  Akkord  gearbeitet  haben  und  zwar  nach  der 
eben  angeführten  Formel.  Es  darf  aber  nicht  vergessen  wer- 
den, daß  diese  Art  der  Verrechnung  ziemlich  kompliziert  ist, 
so  daß  der  Arbeiter  keine  genaue  Kontrolle  seiner  Bezüge  vor- 
nehmen kann.  Er  ist  daher  für  seinen  Anteil  am  Akkordüber- 
schuß von  der  Verteilung  seiner  Arbeitsstunden  auf  die  einzel- 
nen Akkorde  abhängig.  Diese  aber  muß  durch  den  Vorarbei- 
ter erfolgen,  da  sonst  infolge  gegenseitiger  Schiebungsversuche 
eine  nur  annähernde  Übereinstimmung  mit  den  tatsächlichen  Ver- 
hältnissen nicht  zu  erwarten  wäre.  Immerhin  ist  damit  dem 
Gruppenführer  die  Möglichkeit  gegeben,  seine  Arbeitszeit  auf 
ohnehin  schon  günstige  Akkorde  zu  notieren,  oder  Akkorde  mit 
seinen  Arbeitsstunden  mit  einer  geringeren  als  der  aufgewende- 
ten Zeit  abzuschließen,  was  natürlich  zum  Schaden  der  übri- 
gen Gruppenarbeiter  geschieht. 


Wm 


—     140    — 

Das  nachfolgende  Beispiel  soll  eine  solche  Schiebung  illu- 
strieren, wobei  die  tatsächlichen  Verhältnisse  durch  Kolonne  I 
und  II,  die  infolge  der  Schiebung  entstandene  Abrechnung  durch 
III  und  IV  dargestellt  wird.  Eine  Gruppe  von  3  Arbeitern  A, 
B  und  C  erhalten  zwei  Akkorde,  beide  im  Betrag  von  20  Fr. 
Die  Stundenlöhne  betragen,  für  den  Gruppenführer  A  Fr.  1.— , 
für  die  Arbeiter  B  —.80  und  C   —.70. 


I 

Akkord  1 
Stunden  Produkt 

Fr. 

A4         4. 

II 

Akkord  2 
Stunden  Produkt 

Fr. 

8         8.- 

ni 

Akkord  1 
Stunden   Produkt 

Fr. 

8         8.- 

IV 

Akkord  2 
Stunden    Produkt 

Fr. 

4         4.- 

B       10 

8.- 

2 

1.60 

5 

4. 

7 

5.60 

C        3 

2.10 
14.10 

11 

7.70 

3 

2.10 



11 

22 

7.70 

17 

21 

17.30 

16 

14.10 

n.'io 

Überschuß 

5.90 

2.70 

5.90 

2.70 

Vom 

Überschuß 

erhält: 

I                  II 

Akkord  1           Akkord  2 
Fr.                    Fr. 
A          1.67                1.25 

Totiü 

Fr. 

2.92 

ni 

Akkord 
Fr. 
3.35 

IV 
1           Akkord  2 

Fr. 

a63 

ToUl 
Fr. 
3.98 

B          3.35 

0.25 

3.60 

1.67 

0.87 

- 

2.54 

C          0.8S 

1.20 

2.08 

0.88 

1.20 

2.0S 

5.90  2.70  8.60  5.90  2.70  8.60 

Um  solchen  Schiebungen,  die  im  Laufe  der  Zeit  bedeutende 
Differenzen  zu  Ungunsten  der  Gruppenteilnehmer  hervorrufen 
können,  ein  für  allemal  die  Spitze  abzubrechen,  kann  man  da- 
zu übergehen,  sämtliche  Akkorde,  gleichgültig  welche  der  Grup- 
penarbeiter daran   teilgenommen   haben,  zusammen  zu  addieren 

und  den  Gesamtüberschuß  nach  der  Formel    '^l'      auf  die  ein- 

Slz 
zelneri  Arbeiter  zu  verteilen. 

Beträgt  die  Summe  der  Akkordbeträge  in  14  Tagen  Fr. 
420  und  sind  für  die  Gruppe  folgende   Bedingungen  gegeben: 


beiter 
A 

Stundenlohn 

Fr. 

1.— 

Stunden 

96 

StundenlohnbetrsK 
Ft. 
96. 

B 

0.80 

94 

75.20 

C 

0.80 

96 

76.80 

D 

0.70 

96 

67.20 

E 

0.65 

92 

• 

59.80 

Total  375.— 

so  beträgt  der  Oberschuß  420  —  375  =  45  Fr.,  dieser  verteilt  sich 
auf  die  Arbeiter  wie  folgt. 


—     141 


Es  erhält  vom   Überschuß: 


A. 

375'^      = 

Fr. 

1132 

B. 

3?5-^5-^- 

9.02 

C. 

3^5.76.80- 

9.22 

D. 

3^^67.20- 

Ö.06 

E. 

3^^59.80- 

7.18 

45.— 

Dieser  Methode  kann  ja  allerdings  der  Vorwurf  gemacht 
werden,  daß  sie  den  einzelnen  Arbeiter  an  Akkorden  interes- 
siert, an  deren  Ausführung  er  nicht  teilgenommen  hat.  Jedoch 
wird  gerade  dadurch  die  Gruppe  enger  zusammengefügt,  wo- 
durch die  bestmögliche  Ausnützung  der  besonderen  Fähigkei- 
ten jedes  Einzelnen  auch  zum  Interesse  sämtlicher  Gruppenteil- 
nehmer wird.  Dadurch,  daß  die  Arbeiter  für  ihren  Verdienst  noch 
in  erhöhtem  Maße  voneinander  abhängig  werden,  steigert  sich 
noch  das  Interesse,  alle  schlechten  Elemente  aus  der  Gruppe 
zu  eliminieren. 

2.  Die  Lohnabteihing. 

a)    Allgemeines. 

Der  Verkehr  des  einzelnen  Arbeiters  mit  dem  Unternehmer, 
soweit  seine  Entlöhnung  in  Frage  kommt,  wird  durch  eine  be- 
sondere Abteilung  geregelt,  die  im  allgemeinen  als  Lohnabteilung 
oder  Lohnbureau  bezeichnet  wird.  Diese  Abteilung  befaßt  sich 
nicht  mit  Problemen,  wie  sie  sich  aus  den  Beziehungen  der  ge- 
samten Arbeiterschaft  zum  Unternehmen  ergeben,  wie  z.  B.  die 
Art  der  Entlöhnung,  die  Arbeitszeit,  die  Arbeiterfürsorge  u.  a. 
m.  Alle  diese  Probleme  sind  von  so  fundamentaler  Bedeutung, 
daß  sie  der  Fabrikleitung  vorbehalten  bleiben  müssen. 

Andererseits  fallen  auch  alle  diejenigen  Aufgaben,  die  aus 
dem  Verkehr  des  einzelnen  Arbeiters  mit  dem  Unternehmen 
hervorgehen  und  bei  denen  es  sich  um  die  zu  leistende  Arbeit 
handelt,  nicht  in  das  Gebiet  der  Lohnabteilung.  Solche  Auf- 
gaben  werden   vom   Meister  und   Betriebsbureau   erledigt. 

Demzufolge    beschränkt   sich    die    Tätigkeit    der   Lohnabtei- 


m 


—     142    — 


-     143     - 


WH't. 


lung  auf  die  Berechnung  der  dem  einzelnen  Arbeiter  nach  einer 
festgesetzten  Periode  für  seine  Anstrengungen  auszubezahlende 
Entschädigung  und  alle  damit  im  engsten  Zusammenhang  ste- 
henden Aufgaben.  Im  wesentlichen  setzt  sich  daher  das  Ar- 
beitsfeld der  Lohnabteilung  aus  folgenden  Aufgaben  zusammen: 

1.  Kontrolle  und   Eintragungen   über  ein-  und  austretende   Ar- 
beiter und   ihre   Beschäftigung  im   Unternehmen. 

2.  Ausrechnen  des  zur  Auszahlung  gelangenden  Lohnes. 

3.  Lohnstatistik. 

4.  Verteilung  der  einzelnen  Lohn  betrage  auf  die  verschiedenen 
Kommissionsnummern. 

Die  letzte  der  aufgezählten  Aufgaben  fällt  allerdings  logi- 
scherweise außerhalb  des  Bereichs  der  Lohnabteilung,  wird  ihr 
jedoch  meistens  anstatt  der  Nachkalkulation  zugeteilt,  da  die 
zur  Lohnabrechnung  nötigen  Unterlagen  auch  zur  Verteilung 
der  Lohnbeträge  auf  die  einzelnen  Kommissionsnummern  ver- 
wendet werden   müssen. 

Erfolgt  die  Entlöhnung  nach  irgend  einem  System,  welches 
nicht  von  der  Arbeitsdauer,  sondern  von  der  geleisteten  Arbeits- 
menge ausgeht,  wie  Akkord,  Bonus  oder  Prämienlohn,  so  ent- 
steht noch  eine  weitere  Funktion,  die  die  zu  leistende  Arbeit 
mit  der  Höhe  der  Entlöhnung  in  Zusammenhang  bringt,  d.h. 
deren  Zweck  in  der  Ansetzung  von  Akkordbeträgen  oder  eines 
gewissen  Arbeitspensums  liegt.  Auch  diese  Funktion  gehört 
nicht  in  das  Gebiet  der  Lohnbureaux,  und  zwar  weil  sie  einer- 
seits von  der  Lohnverrechnung  so  verschieden  ist,  daß  sie  ein 
ganz  anders  geschultes  Personal  erfordert,  andererseits  in  so 
engem  Zusammenhang  mit  der  Ausarbeitung  von  Kostenvoran- 
schlägen steht,  daß  sie  am  besten  der  dieses  Gebiet  bearbei- 
tenden Abteilung  angegliedert  wird.  Es  wird  Aufgabe  des  näch- 
sten Teiles  sein,  die  Arbeiten  dieser  Abteilung  zu  besprechen. 
Beide  Abteilungen  müssen  aber  immerhin  in  ständigem  Kontakt 
verbleiben,  da  es  sich  bei  der  Lohnverrechnung  zeigt,  ob  der 
Akkordbetrag  oder  das  Arbeitspensum  richtig  und  gerecht  an- 
gesetzt worden  ist. 

Zur  Lohnabteilung  und  ihrer  ersten  Aufgabe  zurückkehrend 
muß  zuerst  gesagt  werden,  daß  ihr  bei  der  Einstellung  neuer 
Arbeiter  mehr  nur  ein  kontrollierender  Einfluß  zusteht.  Die 
Initiative  zur  Einstellung  einzelner  neuer  Arbeiter  geht  vom 
Meister   aus,   da   dieser   im    Bereiche   seiner   Abteilung   in   eng- 


ster Verbindung  mit  der  Produktion  und  den  Arbeitern  steht. 
Er  kann  am  besten  beurteilen,  ob  und  was  für  ein  Ersatz  für 
einen  austretenden  Arbeiter  beschafft  werden  muß.  Auch  ist 
er  in  erster  Linie  in  der  Lage,  abzuschätzen,  ob  eine  zeit- 
weise oder  ständige  Vermehrung  seiner  Arbeitskräfte  zur  Be- 
wältigung der  aufgegebenen  Arbeitsmenge  notwendig  ist,  so- 
weit eine  solche  Vermehrung  nicht  gleichzeitig  eine  Erweiterung 
der  maschinellen  Einrichtungen  erfordert,  in  welchem  Falle  der 
Entscheid  dem  Betriebsbureau  oder  der  obersten  Leitung  zu- 
fällt. 

Trotzdem  die  Meister  die  Bedürfnisse  der  Werkstatt  am 
besten  kennen,  ist  es  dennoch  nicht  zu  empfehlen,  ihnen  die 
Anwerbung  neuer  Arbeitskräfte  vorbehaltlos  zu  überlassen,  da 
zu  befürchten  wäre,  daß  sie  die  ihnen  eingeräumten  Kompe- 
tenzen dazu  benützen  würden,  Arbeiter  nicht  wegen  ihrer  be- 
sondern Eignung  für  die  betreffende  Arbeit,  sondern  aus  Gefäl- 
ligkeit denselben  oder  Freunden  gegenüber,  aufzunehmen.  Auch 
muß  eine  Kontrolle  darüber  ausgeübt  werden  können,  daß  die 
Arbeiterzahl  nicht  unnötigerweise  gesteigert  wird.  Besonders 
gilt  das  für  die  sogen,  unproduktiven  Arbeiten,  wie  Material 
transportieren,  Werkstatt  und  Maschinen  reinigen  usw.  Um 
solche  Lohnausgaben  auf  ein  Minimum  beschränken  zu  kön- 
nen, wird  in  der  Lohnabteilung  eine  nach  Meistergruppen  ein- 
geteilte Statistik  geführt,  welche  Vergleichsmöglichkeiten  zu; 
Festsetzung  der  notwendigen  Höhe  dieser  Ausgaben  liefert. 

Braucht  ein  Meister  einen  neuen  Arbeiter,  so  meldet  er 
das  der  Lohnabteilung  auf  einer  besonderen  Karte  unter  An- 
gabe der  betreffenden  Berufsart.  Diese  Karten  werden  nach 
Berufskategorien  geordnet  an  einer  Tafel  angebracht,  damit  der 
Chef  der  Lohnabteilung  ständig  vor  Augen  hat,  nach  was  für 
Berufskategorien  Bedarf  besteht.  Meldet  sich  ein  Arbeiter,  der 
auf  Grund  einer' solchen  Karte  und  guter  Zeugnisse  zur  Probe 
aufgenommen  wird,  so  hat  er  seine  Personalien  und  voraus- 
gegangene Anstellungen  auf  einem  Anmeldeschein  einzutragen. 
Dieser  Schein  erhält  einen  Stempelaufdruck  zur  Eintragung  der 
Kontrollnummer,  der  Registernummer  und  des  Stundenlohnes. 
Der  Stundenlohn  wird  zwischen  Meister  und  Arbeiter  verein- 
bart, wobei  der  Meister  jedoch  nicht  völlig  freie  Hand  hat,  in- 
dem er  sich  an  einen  nach  den  verschiedenen  Berufskategorien 
abgestuften  und  vorgeschriebenen  Maximal-Stundenlohn  zu  hal- 


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ten  hat.  Die  Probedauer  beträgt  meistens  ungefähr  14  Tage 
bis  4  Wochen,  während  welcher  Zeit  beiden  Teilen  das  Recht 
zusteht,  das  Arbeitsverhältnis  ohne  vorausgegangene  Kündigung 
zu  lösen. 

Jeder  Arbeiter  erhält,  wie  oben  erwähnt,  bei  Eintritt  in 
das  Werk  eine  Fabrikregister-Nummer.  Diese  Nummern  sind 
von  Anbeginn  des  Unternehmens  fortlaufend;  jeder  Arbeiter, 
der  demselben  einmal  angehört  hat,  ist  unter  seiner  Nummer 
in  einem  Register  eingetragen.  Gleichzeitig  wird  eine  nach 
Namen  alphabetisch  geordnete  Kartothek  über  sämtliche  Arbei- 
ter geführt.  Diese  Aufzeichnungen  dienen  dazu,  Aufschluß  über 
einen  einmal  angestellten  Arbeiter  zu  erhalten,  so  z.  B.  wenn 
derselbe  wiederum  Anstellung  sucht,  oder  nach  längerer  Zeit 
ein  Zeugnis  verlangt.  Zeugnisse  werden  auf  Grund  von  beim 
Meister  eingeholten  Erkundigungen  durch  das  Lohnbureau  aus- 
gestellt und  in   alphabetischer   Reihenfolge  registriert. 

Neben  der  Fabrikregisternummer  erhält  jeder  Arbeiter 
noch  eine  Kontrollnummer,  unter  der  als  einfachster  und  be- 
stimmter Bezeichnung  sein  Verkehr  mit  dem  Unternehmen  ge- 
regelt wird.  Die  Anordnung  der  Kontrollnummern  kann  auf 
zwei  verschiedene  Arten  erfolgen,  nämlich  einmal  nach  der  or- 
ganisatorischen Einteilung  des  Unternehmens,  das  andere  Mal 
nach  den  verschiedenen  Stufen  des  Fabrikationsprozesses,  was 
einer  Unterteilung  nach  Berufskategorien  gleichkommt.  Im  er- 
sten Falle  wird  jeder  der  Einzelfabriken,  insofern  solche  be- 
stehen, eine  gewisse  Nummernserie  reserviert,  innerhalb  wel- 
cher wieder  Reservierungen  für  die  verschiedenen  Meisterab- 
teilungen vorgenommen  werden.  Dementsprechend  wird  durch 
die  Nummer  der  Arbeitsplatz  jedes  einzelnen  Arbeiters  ziem- 
lich genau  charakterisiert.  Die  Kontrollnummern  einer  Meister- 
abteilung werden  sich  aufeinander  folgen  mit  höchstens  eini- 
gen Auslassungen  für  ausgetretene  Arbeiter.  Wird  ein  Arbeiter 
von  einer  Meisterabteilung  in  die  andere  versetzt,  so  wird  auch 
die  Kontrollnummer  gewechselt.  Die  dadurch  freigewordene 
Nummer  kann  einem  andern  Arbeiter  zugeteilt  werden,  jedoch 
erst  nach  Ablauf  von  14  Tagen,  d.h.  einer  Lohnperiode,  und 
zwar  unv  die  Gewißheit  zu  haben,  daß  alle  auf  die  Nummer  auf- 
gelaufenen Beträge  ihrem  ersten  Inhaber  verrechnet  worden  sind. 

Die  zweite  Art  der  Verteilung  der  Nummern  nach  Berufs- 
kategorien   wird   so   vorgenommen,    daß    für   die   verschiedenen 


Arten  der  Arbeit  wie  Gießen,  Drehen,  Fräsen  usw.  Nummern- 
serien reserviert  werden.  Jeder  Beruf  erhält  daher  aufeinander- 
folgende Nummern.  Diese  Art  der  Numerierung  eignet  sich 
nur  dann,  wenn  ein  oder  wenige  gleichartige  Produkte  in  Mas- 
sen hergestellt  werden,  so  daß  die  Berufsgruppen  mit  den  Mei- 
sterabteilungen zusammenfallen,  da  sonst  durch  die  Nummer 
der  Arbeitsplatz  des  Arbeiters  nicht  genügend  definiert  wird. 
Zudem  erfolgt  die  Lohnabrechnung  nach  Meistergruppen,  da 
die  Auszahlung  der  Löhne  besonders  in  großen  Werken  durch 
den  Meister  oder  deren  Schreiber  vorgenommen  wird.  Durch 
die  Einteilung  der  Nummern  nach  Meisterabteilungen  wird  aber 
die  Abrechnung  und  deren  Kontrolle  wesentlich  erleichtert,  in- 
dem der  Lohn  eines  Arbeiters  nur  dann  irrtümlich  an  die  un- 
richtige Stelle  gelangen  kann,  wenn  der  Arbeiter  eine  falsche 
Kontrollnummer   erhalten   hat. 

Beim  Eintritt  ins  Werk  erhält  jeder  Arbeiter  seine  Werk- 
zeuge und  zwei  verschiedene  Arten  von  Blechmarken  mit  sei- 
ner Kontrollnummer,  welche  zum  Bezug  von  Zeichnungen  resp. 
SpezialWerkzeugen  berechtigen,  Dinge,  die  dem  Arbeiter  nur 
zum  unmittelbaren  Gebrauch  überlassen  werden.  Bei  Austritt 
oder  Entlassung  aus  dem  Werk  sind  diese  Marken  vollzählig 
abzugeben,  wodurch  der  Beweis  geliefert  ist,  daß  sich  keine 
Zeichnungen  oder  Spezialwerkzeuge  mehr  im  Besitze  des  Arbei- 
ters befinden.  Ebenso  sind  die  dem  Arbeiter  zu  ständigem  Ge- 
brauch überlassenen  Werkzeuge  abzuliefern.  Die  Kontrolle  über 
diese   Ablieferungen    liegt   beim    Lohnbureau. 

b)  Aufstellung  der  Lohnliste. 

Als  zvveite  Obliegenheit  der  Lohnabteilung  wurde  die  Ver- 
rechnung der  Löhne  genannt.  Sie  wird  je  nach  der  zur  Anwen- 
dung gelangenden  Entlöhnungsform  einfacher  oder  komplizier- 
ter. Am  einfachsten  gestalten  sich  die  Verhältnisse  bei  Stun- 
denlohn, da  nur  eine  Multiplikation  von  Stundenlohnsatz  mit 
Stundenzahl  erforderlich  ist.  Wesentlich  komplizierter  stellt  sich 
die  Ausrechnung  der  Löhne  bei  Akkordarbeit  dar,  besonders 
dann,  wenn  in  Gruppen  gearbeitet  wird  und  die  im  letzten  Ab- 
schnitt angegebene  Formel  Verwendung  findet.  Noch  mehr  Ar- 
beit kann  schließlich  zur  Ausrechnung  von  Bonus  und  Prämien- 
löhnen notwendig  werden.  Im  folgenden  sollen  hauptsächlich 
die  Verhältnisse  bei  Akkordlöhnung  betrachtet  werden.    Als  Un- 

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terlage  dient  der  vom  Meister  oder  von  anderer  Seite  aasge- 
stellte Akkordzettel.  Er  enthält  Kontrollnummer  und  Name  des 
Arbeiters,  Bezeichnung  der  Arbeit,  Stückzahl,  Zeichnungsnum- 
mer, Name  des  Meisters,  Kommissionsnummer,  Akkordnummer, 
Datum  und  Akkordpreis.  Ausgestellt  wird  er  in  drei  Exem- 
plaren, von  denen  das  eine  dem  Arbeiter  übergeben  wird.  Ein 
zweites  verbleibt  beim  Meister  als  Beleg  und  ein  drittes  geht 
zu  Beginn  der  Arbeit  direkt  an  das  Lohnbureau.  Es  soll  da- 
mit verhütet  werden,  daß  der  Arbeiter  den  Akkordpreis  auf  dem 
ihm  überlassenen  Akkordzettel  verändert,  um  sich  einen  unrecht« 
mäßigen   Vorteil   zu  verschaffen. 

Auf  der  Rückseite  des  Akkordzettels  trägt  der  Arbeiter 
täglich  die  für  den  betreffenden  Akkord  aufgewendete  Stunden- 
zahl ein.  Die  Gesamtsumme  aller  dieser  Stunden  innerhalb 
einer  Lohnperiode  muß  mit  den  auf  der  Uhrenkarte  verzeich- 
neten Stunden  übereinstimmen.  Eine  nähere  Beschreibung  der 
Kontrolluhr,  welche  täglich  die  Ein-  und  Ausgangszeit  eines  je- 
den Arbeiters  abstempelt,  erübrigt  sich,  da  dies  von  anderer 
Seite  schon  hinlänglich  geschehen  ist.  Stimmt  die  vom  Arbei- 
ter angegebene  Zeit  nicht  mit  der  auf  der  Uhrenkarte  einge- 
tragenen   überein,   so   wird    letztere   als   maßgebend    betrachtet. 

Da  das  eigenhändige  Eintragen  der  Arbeitszeit  auf  die  Ak- 
kordzettel durch  die  Arbeiter  häufig  Anlaß  zu  Schiebungen  bie- 
tet, wie  sie  im  letzten  Abschnitt  erwähnt  wurden,  kann  die 
Kontrolluhr  auch  zur  Eintragung  der  Zeiten  auf  die  Akkordzet- 
tel benützt  werden.  Es  würden  dann  zwei  verschiedene  Karten 
nebeneinander  zur  Anwendung  gelangen;  die  eine  zur  Kontrolle 
des  Kommens  und  Weggehens  der  Arbeiter,  die  andere  als  Ak- 
kordzettel. Letztere  würde  alle  Angaben  des  oben  erwähnten 
Akkordzettels  tragen,  nur  mit  dem  Unterschied,  daß  sie  zu 
Anfang  und  Ende  der  Arbeit  an  der  Kontrolluhr  abgestempelt 
werden  muß.  Allerdings  müssen  die  Kontrolluhren  dann  in  der 
Werkstatt  untergebracht  werden.  Ferner  müßte  der  Arbeiter 
die  Uhr  selber  einstellen,  damit  die  zu  notierende  Zeit  auf  die 
richtige  Stelle  des  Zettels  gesetzt  wird.  Durch  diese  Art  der 
Festsetzung  der  Arbeitszeit  entsteht  allerdings  eine  gewisse  Mehr- 
arbeit für  die  Lohnabteilung,  da  es  schneller  geht,  täglich  auf- 
gewendete Stundenzahlen  zu  addieren,  als  die  Zeitdifferenz  zwi- 
schen zwei  gegebenen  Stunden  zu  berechnen,  die  aber  ange- 
sichts der  größeren  Genauigkeit  nicht  ins  Gewicht  fällt.    In  den 


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neben  den  Kontrolluhren  meistens  angebrachten  und  mit  den 
Kontrollnummern  der  Arbeiter  versehenen  Fächern,  die  zur  Auf- 
nahme der  Uhrenkarten  dienen,  können  auch  die  Karten  der  in 
Ausführung  befindlichen  Akkorde  verwahrt  werden.  Dadurch 
kann  kontrolliert  werden,  ob  ein  Arbeiter  immer  nur  im  Be- 
sitze eines  Akkordes  ist,  was  allerdings  ein  allgemeines  Prinzip 
sein   sollte,    das   aber   nicht   immer   (durchgeführt   werden   kann. 

Ist  eine  Arbeit  beendet,  so  muß  das  fertig  gestellte  Stück 
dem  Kontrolleur  vorgewiesen  werden,  der  es  auf  seine  Ausfüh- 
rung hin  zu  begutachten  hat.  Ist  es  zufriedenstellend,  so  setzt 
er  sein  Visum  auf  den  Akkordzettel,  womit  der  Akkord  been- 
det ist,   andernfalls  geht  es  zurück  an   clen  Arbeiter. 

Am  Ende  jeder  Woche  sendet  der  Meister  sämtliche  er- 
ledigten Akkordzettel  zur  Weiterverarbeitung  an  die  Lohnabtei- 
lung. Auch  die  unbeendeten  werden  eingezogen  und  der  Lohn- 
abteilung zugestellt,  sei  es,  um  zu  Ende  der  Lohnperiode  die 
Stundenlohnbeträge  ausbezahlen  zu  können,  sei  es,  um  zu  Ende 
jeder  Woche  die  vom  Arbeiter  angegebenen  Stunden  mit  der 
Uhrenkarte  zu  vergleichen.  Für  den  eingezogenen  unerledig- 
ten wird  dem  Arbeiter  ein  neuer  Akkordzettel  ausgestellt,  der 
sich  durch  ein  leicht  erkennbares  Merkmal,  z.  B.  andere  Farbe, 
vom   Originalakkordzettel  unterscheiden   muß. 

Die  von  den  Meistern  abgegebenen  Akkordzettel  werden 
nun  in  der  Lohnabteilung  zuerst  nach  den  einzelnen  Arbeitern 
sortiert.  Die  Verrechnungsarbeit  für  jeden  Arbeiter  gestaltet 
sich  nun  folgendermaßen.  Die  vom  Arbeiter  angegebenen  Ar- 
beitsstunden werden  addiert  und  mit  den  durch  die  Uhrenkarte 
verzeichneten  verglichen.  Darauf  wird  jeder  einzelne  Akkord- 
betrag in  Stundenlohnbetrag  und  Akkordüberschuß  zerlegt,  was 
auf  dem  Akkordzettel  eingetragen  wird.  Alle  überstiegenen  Ak- 
korde, d.h.  solche,  deren  Stundenlohnbetrag  den  Akkordbetrag 
übersteigt,  werden  pro  Meister  nach  Arbeitern  geordnet  und 
auf  besondere  Bogen  eingetragen.  Vermittelst  dieser  Bogen 
werden  die  Meister  um  die  Gründe  befragt,  aus  denen  der  Ar- 
beiter nicht  vermocht  hat,  mit  dem  angesetzten  Akkordbetrag 
auszukommen.  Handelt  es  sich  um  grobe  Fahrlässigkeit  des 
Arbeiters,  was  aber  in  den  wenigsten  Fällen  nachgewiesen  wer- 
den kann,  so  wird  der  Mehrbetrag  vom  gesamten  Akkordüber- 
schuß abgezogen.  In  den  meisten  Fällen  aber  handelt  es  sich 
um  neu  eingetretene  Arbeiter,  die,  da  sie  mit  ihrer  Arbeit  noch 


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nicht  vertraut  geworden  sind,  die  Akkordbeträge  nicht  einzu- 
halten vermögen.  Ist  ein  Arbeiter  auch  nach  längerer  glei- 
cher Beschäftigung  nicht  imstande,  die  geforderte  und  von  an- 
dern Arbeitern  erfüllte  Arbeitsleistung  zu  vollbringen,  so  muß 
er  entlassen  oder  doch  wenigstens  versuchsweise  zu  einer  an- 
dern Arbeit  versetzt  werden.  Die  Resultate  der  Ausrechnung 
der  Akkordzettel,  d.h.  Gesamtstundenlohnbetrag  und  Gesamt- 
akkordüberschuß, sowie  die  täglich  aufgewendeten  Stunden  wer- 
den für  jeden  Arbeiter  auf  vorgedruckten  Blättern  eingetragen, 
welche  als  Unterlage  zur  Aufstellung  der  Lohnlisten  dienen. 
Unfertige  Akkorde  werden  nach  Verrechnung  des  Stundenlohn- 
betrages von  den  übrigen  abgesondert,  um  später  mit  den  neu 
ausgegebenen  Zetteln  für  den  gleichen  Akkord  zur  Berechnung 
des  Überschusses  zusammengebracht  zu  werden.  Dazu  dienen 
die  Akkordnummern,  welche  fortlaufende  Ordnungsnummern 
sind,  die  keinen  Bezug  auf  die  Art  der  Arbeit  haben. 

Vielfach,  und  das  ist  besonders  dann  anzuraten,  wenn 
große  Akkorde  vergeben  werden,  wird  eine  andere  Behand- 
lungsweise  der  Akkordzettel  angewendet.  Der  Unterschied  be- 
steht darin,  daß  der  Akkordzettel  bis  zur  Vollendung  der  Ar- 
beit, unabhängig  ob  sich  diese  über  mehrere  Lohnperioden  er- 
streckt, im  Besitze  des  Arbeiters  verbleibt.  Dagegen  muß  vom 
Arbeiter  täglich  eine  Tageskarte  ausgestellt  werden,  auf  wel- 
cher er  anzugeben  hat,  auf  welche  Akkorde  sich  seine  Arbeits- 
stunden verteilen.  Diese  Karte  wird  vom  Meister  visiert  und 
am  nächsten  Morgen  in  die  Lohnabteilung  weitergeleitet.  Da- 
selbst kann  auf  verschiedene  Arten  vorgegangen  werden.  Ein- 
mal können  die  verwendeten  Stunden  unabhängig  voneinander 
pro  Arbeiter  und  pro  Akkord  gesammelt  werden.  Zu  diesem 
Zweck  wird  für  jeden  Akkord  ein  Abrechnungsformular  aus- 
gestellt, auf  dem  unter  der  betreffenden  Akkordnummer  alle 
für  diesen  Akkord  aufgewendeten  Stunden  eingetragen  werden. 
Ist  der  Akkord  beendet,  so  gelangt  der  Akkordzettel  auf  die 
Lohnabteilung,  welche  hierauf  den  Abrechnungszettel  abschließt, 
indem  sie  den  Akkordbetrag  in  Stundenlohn  und  Überschuß  zer- 
legt. Diese  Abrechnungsformulare,  welche  neben  der  Akkord- 
nummer auch  Name  und  Kontrollnummer  des  ausführenden  Ar- 
beiters tragen,  können  durch  eine  Perforierung  in  zwei  Hälf- 
ten geteilt  werden,  von  denen  die  eine,  welche  die  Gesamt- 
stundenzahl, den  Lohnbetrag  und  den  Überschuß  zu  tragen  hat, 


dem  Arbeiter  baldmöglichst  als  Beleg  für  die  Verbuchung  des 
eben  beendeten  Akkordes  übergeben  wird.  Auf  diese  Weise 
kann  der  Arbeiter  sofort  reklamieren,  wenn  er  mit  der  Ab- 
rechnung nicht  einverstanden  ist.  Auch  fällt  der  Fehler  nicht 
in  die  Gesamtabrechnung,  wo  er  nur  viel  schwerer  ausfindig 
gemacht  werden  kann. 

Neben  diesem  Abrechnungsformular  wird  das  Kontoblatt  des 
Arbeiters  geführt.  Es  kann  sich  über  mehrere  Lohnperioden 
erstrecken.  Unter  jedem  der  durch  Vordruck  angegebenen  Tage 
wird  an  Hand  der  Tageskarte  die  Stundenzahl  vermerkt,  ohne 
Angabe  des  Akkordes,  nur  getrennt  nach  Stundenlohn -Stunden 
und  Akkordlohn-Stunden  bei  gemischtem  Lohnsystem.  Daneben 
sind  Kolonnen  für  den  Stundenlohn,  den  Stundenlohnbetrag,  den 
Gesamtakkordüberschuß,  event.  Zuschläge  und  den  Bruttolohn- 
betrag. Der  Gesamtakkordüberschuß  kann  aus  der  Rückseite 
des  Kontoblattes  ermittelt  werden,  auf  welche  getrennt  für  jede 
einzelne  auf  der  Vorderseite  angegebene  Lohnperiode  die  Ak- 
kordüberschüsse aus  den  Abrechnungsformularen  übertragen  und 
addiert  werden. 

Das  Abrechnungsformular  und  das  Kontoblatt  können  aber 
auch  auf  einem  Vordruck  vereinigt  werden.  Allerdings  kommt 
dadurch  der  für  den  Arbeiter  bestimmte  Teil  des  Abrechnungs- 
formulars in  Wegfall,  jedoch  darf  demselben  keine  allzugroße 
Bedeutung  beigemessen  werden.  Zudem  kann  er  auch  noch 
nebenbei  geführt  werden.  Ein  solcher  kombinierter  Vordruck 
würde  ungefähr  wie  nachstehend  abgebildeter  (Form.  6)  aus- 
zusehen haben.  Allerdings  hat  derselbe  den  scheinbaren  Nach- 
teil der  vielen  Übertragungen,  wenn  die  Arbeit  an  gewissen 
Akkorden  auf  längere  Zeit  unterbrochen  wird,  da  die  schon 
dafür  aufgewendeten  Stunden  immer  wieder  aufgeführt  werden 
müssen.  Solche  Unterbrechungen  sollten  aber  nur  in  ganz  sel- 
tenen Ausnahmefällen  vorkommen.  Sie  sind  immer  ein  Beweis 
dafür,  daß  die  Fabrikation  im  engsten  Sinne  ungenügend  vor- 
bereitet worden  ist. 

Aus  dem  eben  dargestellten  Ausrechnungsformular  werden 
solche  Fälle  aber  sofort  ersichtlich,  was  nur  als  Vorteil  be- 
trachtet werden  kann.  Auch  geht  daraus  deutlich  hervor,  ob 
sich  Arbeiter  gleichzeitig  im  Besitze  melirerer  Akkordzettel  be- 
finden.    Die   Eintragung   des   Akkordpreises   erfolgt,   wenn    der 


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Akkordzettel  als  erledigt  von  der  Werkstatt  abgeliefert  wird; 
dann  kann  auch  die  Berechnung  des  Überschusses  vorgenom- 
men werden.  Da  Akkordnummer  23  noch  nicht  als  beendet  an- 
gegeben ist,  so  müssen  die  auf  sie  verwendeten  Stunden  in 
der   nächsten   Lohnperiode   an   erster  Stelle   aufgeführt   werden. 

Um  sich  die  Tageskarten  zu  ersparen,  werden  Vordrucke 
wie  der  eben  erwähnte  "häufig  in  der  Werkstatt  durch  den 
Meister  oder  seinen  Schreiber  ausgefüllt.  Diese  Methode  ist 
jedoch  völlig  verfehlt,  einmal  weil  in  der  Werkstatt  so  wenig 
Schreibarbeit  wie  möglich  geleistet  werden  soll,  denn  dadurch 
wird  Raum  in  Anspruch  genommen,  der  zu  anderem  verwendet 
werden  sollte  und  Arbeitskräfte  hergezogen,  die  besser  an  an- 
deren Orten  untergebracht  werden  könnten.  Zudem  hätte  der 
Meister  die  Arbeit  zu  leisten  oder  doch  zum  mindesten  zu 
überwachen,  was  beides  keinesfalls  zu  seinen  Obliegenheiten 
gehört.  Ferner  werden  die  Abrechnungsblätter  in  der  Werk- 
statt leicht  beschmutzt,  und  endlich  werden  dadurch,  daß  die 
Arbeit  in  den  Händen  von  Beamten  liegt,  die  sie  automatisch 
täglich  auf  Grund  der  Tageskarten  und  ohne  direkten  Kontakt 
mit  der  Arbeiterschaft  verrichten,  zuverlässigere  Resultate  ge- 
wonnen. 

Das  System  der  Lohnverrechnung  mittelst  Tageskarten,  wel- 
ches infolge  seiner  größeren  Übersichtlichkeit  gegenüber  dem 
erstgenannten  System  zweifellos  den  Vorrang  genießt,  ist  aber 
bei  Gruppenarbeit  nicht  anwendbar,  wenigstens  dann  nicht, 
wenn  die  im  letzten  Abschnitt  empfohlene  Abrechnungsweise 
zur  Anwendung  gelangt.  Der  Grund  hierfür  liegt  in  der  Tat- 
sache, daß  die  Arbeitsstunden  des  einzelnen  Gruppenteilneh- 
mers nichf  von  Anfang  an  auf  bestimmte  Akkorde  verteilt  wer- 
den können.  Es  könnte  daher  von  einem  Gruppenteilnehmer 
auf  der  Tageskarte  nur  verzeichnet  werden,  daß  er  an  einem 
gewissen  Tage  soundso  viele  Stunden  gearbeitet  hat,  eine 
Angabe,   die  ohne  weiteres   aus   der  Uhrenkarte   ersichtlich  ist. 

Deshalb  erscheint  es  als  zweckmäßiger  für  Gruppen  arbeit, 
das  erste  System  anzuwenden,  bei  welchem  der  Lohnabrechnung 
nur  der  Akkordzettel  zugrunde  liegt,  welcher  einerseits  bei  Vol- 
lendung der  Arbeit,  andererseits  am  Ende  einer  jeden  Woche 
der  Lohnabteilung  zugestellt  wird.  Auf  der  Rückseite  des  Ak- 
kordzettels, der  auf  den  Namen  des  Gruppenführers  ausgestellt 


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—     152     — 

wird,  muß  derselbe  täglich  die  von  andern  Arbeitern  aufgewen- 
deten Stunden  eintragen,  ohne  daß  diese  Verteilung  der  Ar- 
beitszeit jedoch  für  die  Verteilung  des  Überschusses  maßge- 
bend wäre.  Von  der  durch  die  Uhrenkarte  ausgewiesenen  Stun- 
denzahl können  einem  Arbeiter  für  die  Verteilung  des  Über- 
schusses der  ganzen  Gruppe  nur  diejenigen  Stunden  in  Abzug 
gebracht  werden,  während  welcher  er  mit  Einzelarbeit  be- 
schäftigt war.  Für  solche  Arbeiten  muß  er  dann  aber  einen  be- 
sonderen Akkord-  oder  Taglohnzettel  (letzterer  mit  analoger  An- 
ordnung wie  der  Akkordzettel)  abgeliefert  haben. 

Wie  auch  immer  die  erste  Berechnung  der  auszuzahlenden 
Löhne  erfolgt,  so  werden  die  aus  den  Kontrollblättern,  Abrech- 
nungsformularen und  ähnlichen  Vordrucken  gewonnenen  Resul- 
tate auf  eine  Lohnliste  übertragen,  durch  welche  die  Ausbe- 
zahlung bei  der  Kasse  veranlaßt  wird.  In  ihr  werden  alle  An- 
gaben der  einzelnen  Unterlageblätter  geordnet  und  gesammelt. 
Jede  horizontale  Linie  enthält  die  Abrechnung  für  einen  Arbei- 
ter, welche  durch  vertikale  Kolonnen  zergliedert  wird.  Die  Lohn- 
liste enthält  Kolonnen  für  Kontrollnummer,  Name  und  Beruf 
des  Arbeiters,  Stundenzahl,  Stundenlohn,  Stundenlohnbetrag,  Ak- 
kordüberschuß, Zuschläge,  Bruttolohn,  ferner  Abzüge,  wie  Kran- 
kenkasse, Bußen,  Materialschaden,  Materialbezüge,  Mietzins, 
Vorschüsse  und  Spareinlagen.  Die  letzte  Kolonne  enthält  den 
zur  Auszahlung  gelangenden   Nettolohn. 

Die  zur  Eintragung  der  Stunden  vorgesehene  Kolonne  wird 
häufig  in  je  eine  für  Tages-,  Über-  und  Nachtstunden  zerglie- 
dert, und  zwar  dann,  wenn  Über-  und  Nachtstundenarbeit  Aus- 
nahmefälle darstellen,  für  die  ein  besonderer  Zuschlag  bezahlt 
wird,  z.B.  für  Überstunden  25  o/o,  für  Nachtstunden  50  o/o.  Al- 
lerdings ist  eine  solche  Zergliederung  nicht  notwendig,  wenn 
der  Shindenzuschlag  nicht  in  den  Stundenlohnbetrag  eingerech- 
net wird,  was  kaum  gerechtfertigt  erscheinen  kann,  da  dadurch 
nur  der  Akkordüberschuß  vermindert  wird.  Erfolgt  diese  Ein- 
rechnung  nicht,  so  sind  Zuschläge  in  die  dafür  vorgesehene  Ko- 
lonne einzutragen.  Andernfalls  ist  eine  weitere  Kolonne  für  das 
Total  der  effektiv  geleisteten  Stunden  und  eine  für  das  Total 
der  zu  berechnenden  Stunden  beizufügen.  Setzt  sich  das  To- 
tal der  effektiven  Stunden  aus  320  Tagesstunden,  16  Überstun- 
den und  10  Nachtstunden  zusammen,  so  wird  in  diese  letzte 
Kolonne   die   Summe   von: 


—     153 

320  Tagesstunden  = 

16   Oberstunden    -f-  25  o/o  = 
10  Nachtstunden  -f  50  »/o  = 

Summe  = 


Anrnrechnende  Stunden 
320 
20 
20 

360 


eingetragen. 

Der  Lohnliste  wird  ferner  noch  für  jeden  Arbeiter  ein  Pa- 
piersäckchen  beigegeben,  welches  zur  Aufnahme  des  Geldes 
dient  und  auf  welchem  die  gesamte  Abrechnung,  oder  doch  ein 
wesentlicher  Teil  derselben  zur  Kenntnisnahme  für  den  Arbei- 
ter wiederholt  wird. 

Das  Ausstellen  der  Lohnliste  sowie  der  Geldsäckchen  ver- 
ursacht eine  nicht  geringe  Schreibarbeit,  wobei  für  die  Lohn- 
liste noch  das  Addieren  langer  Zahlenreihen  hinzukommt.  Die 
Richtigkeit  der  Additionen  wird  dadurch  bestätigt,  daß  der  Ge- 
samtbruttolohn  gleich  der  Summe  der  Kolonnen  für  Stunden- 
lohnbetrag, Überschuß  und  Zuschläge,  der  Gesamtnettolohn 
gleich  der  Differenz  von   Bruttolohn  und  Abzügen  ist. 

Heute  können  diese  Arbeiten  durch  maschinelle  Einrich- 
tungen wesentlich  verkürzt  werden.  Angaben,  die  über  eine 
längere  Dauer  unverändert  bleiben,  wie  Name,  Kontrollnummer, 
Beruf  und  Stundenlohn  des  Arbeiters  können  sowohl  auf  die 
Lohnliste  wie  auf  die  Geldsäckchen  mit  einer  Adressiermaschine 
(z.  B.  Adressograph)  aufgetragen  werden.  Für  jeden  Arbeiter 
ist  dann  ein  Metallplättchen  zu  stanzen,  welches  immer  wieder 
verwendet  werden  kann.  Da  die  Maschine  wesentlich  schneller 
arbeitet  wie  ein  Schreiber,  verursacht  sie  eine  bedeutende  Ar- 
beitsersparnis. Die  weitern  Eintragungen  in  die  Lohnliste  kön- 
nen vermittelst  einer  schreibenden  Rechenmaschine  (z.B.  Bur- 
rough  oder  ähnliches  System)  vorgenommen  werden.  Der  Wa- 
gen solcher  Maschinen  kann  für  ein  bestimmtes  Formular  ein- 
gestellt werden,  so  daß  automatisch  je  nach  der  Stellung  des- 
selben die  gewünschten  Kolonnen  addiert  und  subtrahiert  wer- 
den. Die  Richtigkeit  bestätigt  sich  durch  Addition  der  senk- 
rechten Kolonnen,  was  auch  vermittelst  der  Maschine  geschieht. 

E)urch  eine  gleichartige  Maschine  können  auch  die  Geld- 
säckchen geschrieben  werden,  jedoch  ist  es  noch  vorteilhafter, 
dieselben  nur  mit  den  unveränderlichen  Angaben  zu  versehen. 
Die  Abrechnung  erhält  der  Arbeiter  dann  auf  einem  Streifen, 
welcher   zu    dem    Geld    in    das   Säckchen    gelegt   wird.     Dieser 


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—     154     — 

Streifen  entsteht  dadurch,  daß  der  Lohnliste  ein  zweites  g[lei- 
ches  Blatt  angeheftet  wird,  welches  vermittelst  eines  Durch- 
schlagpapiers gleichzeitig  mit  der  Lohnliste  beschrieben  wird. 
Es  unterscheidet  sich  jedoch  vom  Original  dadurch,  daß  die 
horizontalen  Linien  durch  Perforierung  voneinander  getrennt 
sind.  Ferner  sind  auf  jeder  dieser  Linien  die  Kolonnenbezeich- 
nungen wiederholt;  voneinander  getrennt  liefert  jede  die  voll- 
ständige   Abrechnung    eines    Arbeiters. 

Mit  dem  Gesamtbetrag  der  Lohnlisten  einer  Zahltagsperiode 
wird  das  Lohnkonto  belastet.  Seine  Entlastung  und  die  ent- 
sprechende Belastung  des  Fabrikationskontos  kann  auf  zwei  Ar- 
ten vor  sich  gehen.  Entweder  können  die  auf  eine  abgeschlos- 
sene Kommissionsnummer  fallenden  Löhne  dem  Lohnkonto  gut- 
geschrieben werden,  oder  auch  die  Summe  der  abgeschlossenen 
Akkorde,  wie  sie  aus  den  Abrechnungformularen  oder  beson- 
dern Akkordlisten,  die  auch  zu  statistischen  Zwecken  verwendet 
werden,  ersichtlich  wird.  Letztere  Art  bringt  zwar  eine  we- 
sentlich raschere  Entlastung  mit  sich,  jedoch  zeigt  der  Saldo 
des  Lohnkontos  nur  den  Betrag  der  unvollendeten  Akkorde, 
wohingegen  er  bei  der  ersten  Methode  die  Summe  der  auf 
unfertige  Fabrikate  ausbezahlten  Löhne  nachweist,  was  wesent- 
lich  wichtiger   ist. 

Da  die  eben  beschriebene  Verrechnung  der  Löhne  zu  ihrer 
Ausarbeitung  eine  gewisse  Zeit  erfordert,  fällt  das  Ende  der 
Lohnperiode  nicht  mit  dem  Auszahlungstage  zusammen.  Bei 
vierzehntägigen  Lohnperioden  erfolgt  die  Auszahlung  acht  Tage 
nach   deren    Ende. 

Die  dem  Auszahlungstage  folgende  Woche  wird  zur  Lohn- 
entzifferung, d.h.  zur  Übertragung  der  Lohnbeträge  auf  die 
einzelner  Kommissionsnummern  und  zu  statistischen  Aufstel- 
lungen verwendet.  Beschäftigt  sich  das  Unternehmen  mit  der 
Anfertigung  von  Spezialprodukten,  die  nicht  in  Massen  herge- 
stellt werden  können,  dann  genügt  es  nicht,  wenn  die  Lohn- 
beträge für  eine  Kommissionsnummer  zusammengestellt  und  als 
Oesamtposten  der  Kalkulationsabteilung  mitgeteilt  werden.  Es 
muß  füll  jeden  einzelnen  Posten  die  dafür  ausgeführte  Arbeit  an- 
gegeben werden.  Zu  diesem  Zweck  werden  der  Lohnabteilung 
bei  Eröffnung  einer  Kommissionsnummer  von  der  Kalkulation 
diese  Nummer  tragenden  Vordrucke  übergeben.  Alle  vom  Mei- 
ster  der   Lohnabteilung   direkt   übermittelten    Akkordzettel   wer- 


'  _     155     — 

den  unter  Angabe  des  Betrages  und  der  Bezeichnung  der  Ar- 
beit auf  die  linke  Seite  dieser  Vordrucke  (Entzifferungsblätter) 
übertragen.  Trifft  dann  der  abgeschlossene  Akkordzettel  ein, 
so  wird  der  Betrag  auf  der  rechten  Seite  nochmals  aufgeführt. 
Beide  Beträge  müssen  gleich  sein,  da  sonst  der  eine  nachträg- 
lich geändert  worden  sein  muß.  Wurde  der  Akkord  überstie- 
gen, so  ist  der  Mehrbetrag  extra  und  in  anderer  Farbe  auf- 
zuführen. 0, 

Diese  Entzifferungsblätter  können  dann  in  Wegfall  kom- 
men, wenn  die  abgeschlossenen  Akkordzettel  nach  Verbuchung 
der  Beträge  auf  die  einzelnen  Arbeiter  direkt  an  die  Kalkula- 
tion abgegeben  werden.  Eine  besondere  Aufstellung  wird  dann 
meistens  nicht  gemacht.  Je  nachdem,  ob  das  Produkt  nur  rech- 
nerisch oder  auch  im  Hinblick  auf  die  Art  der  aufgewendeten 
Arbeit  durchkalkuliert  wird,  ist  ein  mehr  oder  weniger  sorg- 
fältiges  Durchgehen   der   Akkordzettel   notwendig. 

c)    Die   Lohnstatistik. 

Nach  Abschluß  der  Arbeiten  für  die  Lohnlisten  und  even- 
tueller Entzifferungsblätter  werden  die  aus  der  Abrechnung  er- 
haltenen Zahlenangaben  zu  mannigfaltigen  statistischen  Aufstel- 
lungen verarbeitet.  Der  Zweck  dieser  Statistiken  besteht  darin, 
über  die  zeitlichen  Veränderungen  und  gleichzeitigen  Verschie- 
denheiten des  Arbeitsverdienstes  und  der  Arbeitszeit,  unter  Um- 
ständen auch  der  Arbeitsleistung,  klaren  Aufschluß  zu  erhalten. 
Die  erlangten  Resultate  erlauben  jedoch  wie  bei  jeder  Statistik 
keine  oder  doch  nur  geringe  direkte  Schlußfolgerungen;  erst 
durch  Vergleiche  verschiedener  Perioden  erhalten  sie  ausschlag- 
gebende Bedeutung,  indem  dadurch  die  Veränderungstendenzen 
der  Arbeitsbedingungen  erfaßt  werden  können.  Den  Arbeitern 
gegenüber  liefert  die  Lohnstatistik  Zahlenmaterial,  das  durch 
seine  Unanfechtbarkeit  die  Erledigung  von  Lohnstreitigkeiten  we- 
sentlich erleichtern  kann.  Dem  Unternehmer  erlaubt  sie  Ver- 
gleiche der  Lohnsätze  verschiedener  Berufsarten  einerseits  und 
verschiedener  Arbeiter  der  gleichen  Berufsart  andererseits  an- 
zustellen. Sie  gibt  ferner  ein  klares  Bild  über  die  Aufwendungen 
für  unproduktive  Arbeiten,  welche  einen  wesentlichen  Teil  der 
Unkosten  darstellen  können.  Schließlich  kann  sie  Aufschluß  über 
die  Leistungsfähigkeit  der  Arbeiter  erteilen.  Besonders  gilt  das 
bei  Anwendung  von  nach  der  Leistung  abgestufter  Entlöhnungs- 


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—     156     — 

formen.  Erfolgt  die  Entlöhnung  durch  Stunden-  oder  Taglohn, 
so  fällt  der  Statistik  keine  wichtige  Bedeutung  zu,  denn  auch 
ohne  besondere  Aufstellungen  kann  man  sich  einen  Überblick 
über  die  Lohnhöhe  verschaffen.  Veränderungen  der  Leistungs- 
fähigkeit wären  dadurch  zu  ermitteln,  daß  man  den  Umsatz 
durch  die  Zahl  der  Arbeiter  (inkl.  unproduktive  Arbeiter)  divi- 
diert, allerdings  nur  unter  der  Voraussetzung,  daß  Produktions- 
bedingungen und  Marktlage  keine  Vtränderungen  erfahren  haben. 

Anders  gestalten  sich  die  Verhältnisse  bei  Akkord-,  Bonus- 
oder Differentiallohn,  da  bei  diesen  Lohnformen  die  Lohnhöhen 
ausgedrückt  in  Stundenverdienst  für  verschiedene  Arbeiter  viel 
größere  Schwankungen  aufweisen  werden.  Auch  kann  ein  kla- 
rer Überblick  über  die  Verhältnisse  nicht  aus  der  Lohnliste, 
sondern  erst  aus  besondern  Aufstellungen  gewonnen  werden. 
Zwei  Arten  solcher  Statistiken  sind  jedoch  deutlich  voneinander 
zu  scheiden.  Die  eine,  welche  die  Arbeiter  als  eine  Gesamt- 
heit betrachtet,  die  nur  nach  den  verschiedenen  Berufskatego- 
rien zergliedert  wird,  ist  die  gangbare;  sie  dient  zur  Ermittlung 
von  Durchschnittszahlen,  welche  ja  letzten  Endes  für  den  Un- 
ternehmer ausschlaggebend  sind,  da  sich  die  Arbeiterschaft  im- 
mer aus  mehr  oder  weniger  leistungsfähigen  Elementen  zusam- 
mensetzt. Die*  andere  Art,  welche  jedoch  noch  sehr  wenig  Ver- 
breitung gefunden  hat,  befaßt  sich  mit  dem  einzelnen  Arbeiter 
als  Objekt  der  Beobachtung.  Sie  überwacht  ständig  seine  Lei- 
stungsintensität, um  die  Gründe  ausfindig  machen  zu  können, 
durch  welche  dieselbe  beeinflußt  wird.  Wird  diese  Methode  so- 
weit vertieft,  daß  auch  die  persönlichen  Verhältnisse  des  Ar- 
beiters berücksichtigt  werden,  so  kann  sie  wesentlich  dazu  bei- 
tragen, ein  gutes  Einvernehmen  zwischen  Arbeitgeber  und  Ar- 
beitnehmer zu   schaffen. 

Zurückkommend  zur  erstgenannten  Art  statistischer  Auf- 
stellungen muß  gesagt  werden,  daß  diese  auf  sehr  verschie- 
dene Weise  gemacht  werden  können,  wobei  aber  immer  unge- 
fähr die   nämlichen   Fragen   Beantwortung  finden. 

Als  Unterlage  für  jede  derartige  Statistik  kann  die  Lohn- 
liste, wie  sie  im  letzten  Abschnitt  beschrieben  wurde,  dienen. 
Sie  kann  z.B.  mit  einem  Statistikblatt  auf  einem  Bogen  ver- 
einigt werden,  dessen  vertikale  Kolonnen  die  verschiedenen  Be- 
rufskategorien darstellt,  von  denen  jede  wieder  in  eine  Ko- 
lonne für  Stundenzahl  und  Bruttoverdienst  zerlegt  ist.    Für  jeden 


—     157     — 

Arbeiter  wird  nun  die  Übertragung  dieser  beiden  Angaben 
aus  dem  Lohnlistenblatt  in  das  Statistikblatt  vorgenommen, 
und  zwar  in  die  seinem  Berufe  entsprechende  Kolonne.  Diese 
mit  einem  Statistikblatt  verbundene  Lohnliste  ergibt  daher 
noch  den  Gesamtverdienst  und  die  Gesamtstundenzahl  für 
jede  Berufsklasse  in  der  betreffenden  Meisterabteilung,  die 
Zusammenziehung  aller  dieser  Statistiken  die  entsprechenden 
Angaben  für  das  ganze  Werk.  Durch  Division  des  Ge- 
samtbruttoverdienstes durch  die  Stundensumme  läßt  sich  somit 
der  durchschnittliche  Stundenverdienst  für  jede  Eierufskategorie, 
sowohl  innerhalb  jeder  Meisterabteilung,  als  auch  für  das  ganze 
Werk  feststellen.  Die  auf  diese  Weise  erhaltenen  Angaben  sind 
jedoch  unzureichend,  da  sie  keine  Zerlegung  des  Bruttoverdien- 
stes in  Stundenlohnbetrag  und  Akkordüberschuß  enthalten,  so- 
mit keinen  Aufschluß  über  die  Zusammensetzung  des  Verdien- 
stes geben,  dem  eine  große  Bedeutung  zukommt,  vorausgesetzt, 
daß  eine  nach  Möglichkeit  objektive  Methode  zur  Festsetzung 
der  Akkordbeträge  in  Anwendung  gebracht  wird,  so  daß  gleich- 
hohe Prozentsätze  des  Akkordüberschusses,  bezogen  auf  den 
Stundenlohnbetrag  ungefähr  einem  gleichen  Grade  von  Ge- 
schicklichkeit oder  gleicher  Mehran&trengung  seitens  des  Ar- 
beiters entsprechen. 

Am  vorteilhaftesten  ist  die  Übertragung  des  Zahlenmate- 
rials von  der  Lohnliste  auf  ein  besonderes  Statistikblatt,  wel- 
ches Raum  für  alle  gewünschten  Angaben  enthält.  Ein  solches 
Blatt  kann  für  jede  Berufskategorie  innerhalb  einer  Meister- 
oder Werkstatt-Abteilung  angefertigt  werden,  und  zwar  so,  daß 
sich  in  jeder  horizontalen  Linie  die  Angaben  über  eine  Lohn- 
periode  befinden.  Alle  Blätter  einer  Berufskategorie  können 
dann  noch  auf  einem  analogen  Blatte  für  das  ganze  Werk  ge- 
sammelt werden. 

Dieses  Statistikblatt  könnte  ungefähr  das  Aussehen  des 
umstehenden  Formulars  7  erhalten.  Werden  auch  vereinzelte 
Nacht-  und  Überstunden  gearbeitet,  so  ist  die  Stundenkolonne 
dementsprechend  zu  erweitern.  Die  für  solche  Stunden  be- 
zahlten Zuschläge  sind  in  eine  besondere  Kolonne  einzutragen, 
um  die  der  Bruttoverdienst  (5)  vermehrt  wird.  Wurden  diese 
Zuschläge  in  den  Stundenlohnbetrag  (3)  eingerechnet,  dann  ist 
der  durchschnittliche  Stundenlohn  (7)  durch  Division  des  Stun- 
denlohnbetrages durch  die  um  die  Zuschlagshöhe  zu  vermehrende 


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—     158     — 


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Meister :  A.  Meier, 


Beruf:  Schlosser, 


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St.  Lb. 

Ak.  Üb. 

Br.L. 

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Durchtchn. 
St.  L.      Ak.  L. 

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Darchtchnltt 

pro  Wocho 

8t  L.      Ak.L. 

Max.  L. 

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2 

3 

4 

5 

6 

7       !       8 

9 

10 

11            12 

13 

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367,20 

172,80 

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10 

85 

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47 

9 

40,80 

60.- 

7335 

LP. 

—  Lohnperiode                      St.L. 
Stundenzahl                      Ak.L. 

St.Z. 

StLb. 

Stundenlohnbetrag           Üb*/, 

Ak.üb. 

Akkord-Uebetschuß         VA. 

Br.L. 

^  Bruttolohn                          Max.L 

AZ. 

Arbeiterzahl 

Formular  7. 

Stundenlohn 
Akkordlohn 
Ueberschufl  in  */o 
Vollart>eiter 
Maximallohn. 


Stundenzahl  (siehe  Beschreibung  der  Lohnliste)  zu  ermitteln  und 
nicht  durch  Division  durch  die  effektiven  Stunden,  da  sonst  der 
Durchschnittsstundenlohn  wegen  zufällig  geleisteter  Überstunden 
hin  aufgesetzt  zu  sein   scheint. 

Zur  Berechnung  des  Wochenverdienstes  (11,  12)  genügt  es 
nicht,  den  Stundenlohnbetrag  resp.  den  Akkordbetrag  durch  die 
Arbeiterzahl  zu  dividieren,  da  es  unwesentlich  ist,  zu  ermitteln, 
wieviel  die  Arbeiter  durchschnittlich  pro  Woche  tatsächlich  ver- 
dient haben;  auf  was  es  ankommt  ist,  wieviel  ein  Arbeiter,  der 
während  der  gesamten  vorgeschriebenen  Arbeitszeit  anwesend 
ist,  verdienen  kann.  Das  Resultat  darf  nicht  durch  zeitvveises 
zufälliges  Wegbleiben  eines  oder  mehrerer  Arbeiter  beeinflußt 
werden.  Um  solche  Unregelmäßigkeiten  auszuschalten,  wird  die 
Zahl  dei'  Vollarbeiter  ermittelt,  d.  h.  die  Zahl  von  Arbeitern  fest- 
gestellt, welche  notwendig  wäre,  um  die  vorgeschriebene  Ar- 
beitszeit durch  die  effektiv  geleisteten  Arbeitsstunden  auszufül- 
len. Diese  Zahl  läßt  sich  errechnen,  indem  die  effektiv  auf- 
gewendeten Stunden   durch  die  Wochenstunden  feines  Arbeiters 

432 
dividiert  werden.     In  dem   angeführten   Beispiel  also    —  =  9. 

Enthält  die  Woche  einen  Feiertag,  so  sind  natürlich  entspre- 
chend weniger  Stunden  einzusetzen.  Dividiert  man  durch  diese 
Zahl  den  Stundenlohnbetrag  und  den  Akkordbetrag,  so  erhält 
man  die  Resultate  der  Kolonnen  11  und  12.  Dasselbe  kann 
allerdings  auch  durch  Multiplikation  von  Kolonne  7  resp.  8  mit 
der  vorgeschriebenen  Stundenzahl  erreicht  werden,  wodurch  eine 
Kontrolle  erreicht  wird.  Die  Ermittlung  der  Vollarbeiter  emp- 
fiehlt sich   aber  auch   deswegen,   weil  ihre   Zahl   nie  andauernd 


wesentlich  kleiner  als  die  der  effektiven  Arbeiter  sein  darf,  da 
das  auf  unrationelle  Ausnützung  einer  Abteilung  hindeutet. 

Ferner  empfiehlt  es  sich  auch,  den  maximalen  Stunden- 
oder Wochenlohn  anzuführen,  um  festzustellen,  bis  zu  welchem 
Grade  ein  Mehrverdienst  durch  Geschicklichkeit  oder  Anstrengung 
erreichbar  ist.  Das  Minimum  braucht  nicht  besonders  aufge- 
führt zu  werden,  da  es  schon  aus  Kolonne  11  resp.  7  ersicht- 
lich ist. 

Es  braucht  kaum  besonders  angeführt  zu  werden,  daß  bei 
Versetzung  eines  Arbeiters  von  einer  Abteilung  zu  einer  an- 
deren Akkordüberschüsse  in  der  Statistik  der  früheren  Abtei- 
lung aufgeführt  werden  müssen,  auch  wenn  sie  in  der  neuen 
ausbezahlt  werden. 

Sind  auch  die  Angaben  für  jede  Berufsklasse  für  das  ganze 
Werk  gesammelt,  dann  ist  alljährlich  eine  vergleichende  Auf- 
stellung der  Stundenverdienste  aller  Berufsarten  herzustellen. 
Diese  Aufstellung  kann  durch  einfache  Gegenüberstellung  der 
Zahlen  herbeigeführt  werden;  anschaulicher  wird  sie,  wenn  die 
Verschiedenheiten  durch  Kurven  dargestellt  werden.  Wird  ne- 
beneinander im  Stundenlohn  wie  auch  im  Akkordlohn  gearbei- 
tet, dann  sind  vier  verschiedene  Kurven  aufzuzeichnen.  1.  Durch- 
schnittsverdienst der  Stundenlohnarbeiter.  2.  Durchschnitt  des 
Stundenlohnsatzes  (für  Akkordarbeiter).  3.  Akkordverdienst. 
4.  Totaldurchschnitt  (siehe  Fig.  7). 


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Fig.  7. 


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Neben  dieser  hauptsächlichen  Lohnstatistik  werden  meistens 
noch  andere  zu  den  verschiedensten  Zwecken  aufgestellt. 

So  z.  B.  werden  in  jeder  Zahltagsperiode  die  für  überstie- 
gene  Akkorde  ausbezahlten  Beträge  nach  den  verschiedenen  Mei- 
sterabteilungen geordnet  aufgeführt.  Die  Resultate  sind  jeweils 
den  Meistern  bekanntzugeben.  Ein  Zunehmen  dieser  Beträge 
bei  unveränderten  Stundenlohn-  und  Akkordsätzen  läßt  sich  ent- 
weder auf  allgemeine  Arbeitsunlust  zurückführen,  oder  aber  auf 
unrichtiges  Aufnotieren  der  verwendeten  Stunden  auf  die  Ak- 
kordzettel seitens  der  Arbeiter,  wie  das  schon  im  letzten  Ka- 
pitel erwähnt  wurde. 

Eine  weitere  Statistik  stellt  die  Auslagen  für  unproduktive 
Arbeiten  in  der  Werkstatt  zusammen,  auch  ihre  Resultate  sind 
den  Meistern  bekanntzugeben.  Sie  wird  ebenfalls  in  jeder  Lohn- 
periode angefertigt  und  am  Ende  des  Jahres  für  das  ganze 
Werk  zusammengezogen.  Das  Blatt,  das  zur  Aufnahme  der  An- 
gaben für  eine  Meisterabteilung  bestimmt  ist,  enthält  in  jeder 
horizontalen  Linie  die  Aufzeichnungen  einer  Lohnperiode.  Die 
Vertikalkolonnen  enthalten  die  verschiedenen  Arten  von  unpro- 
duktiver Arbeit,  wie  Materialtransport,  Werkstattreinigen,  Kon- 
trolleurlöhne, Meisterschreiberlöhne,  Bedienung  der  Kräne,  Zeich- 
nungs-  und  Werkzeugausgaben  u.  a.  m.  Bei  Vergleichen  dieser 
Zahlen  sind  natürlich  die  besonderen  Verhältnisse  einer  jeden 
Abteilung  zu  l)erücksichtigen. 

Anschließend  an  diese  Formen  der  Lohnstatistik  soll  nun 
noch  kurz  auf  die  schon  oben  erwähnte  Form  zurückgekommen 
werden,  die  sich  mit  dem  Arbeiter  als  Individuum  befaßt.  Sie 
ist,  da  für  den  Einzelfall  Stundenlohn  und  Arbeitsstunden  als 
Konstante  betrachtet  werden  können,  vorwiegend  Leistungstati- 
stik. Angewendet  kann  sie  nur  bei  nach  der  Leistung  abgestuf- 
ter Lohnhöhe  werden,  indem  die  Leistung  durch  den  erzielten 
Lohn  oder  durch  die  aufgewendete  Zeit  ausgedrückt  wird.  Aller- 
dings kann  sie  nur  dann  Aufschluß  über  die  Schwankungen  der 
tatsächlichen  Leistungsfähigkeit  geben,  wenn  der  zu  beobach- 
tende Arbeiter  während  eines  längeren  Zeitraumes  immer  die 
gleiche  Arbeit  verrichtet,  da  sonst  Nebenumstände,  hervorgeru- 
fen durch  den  Wechsel  der  Arbeit,  wie  Neuanlernen,  Gewöh- 
nung an  die  neue  Arbeit,  auch  wenn  diese  von  der  alten  nicht 
wesentlich  verschieden  ist,  das  Resultat  beeinflussen.  Trifft  diese 
Voraussetzung  zu,  dann  wäre  bei  Anwendung  des  Akkordsystems 


^    161    - 

die  Höhe  des  Überschusses  in  Prozenten  des  Stundenlohnbetra- 
ges auszudrücken,  was  bei  Bezeichnung  des  prozentualen  Über- 
schusses durch  q,  des  Akkordüberschusses  in  Franken  durch  U, 
des   Stundenlohnbetrages    in    Franken    durch   S   vermittelst   der 

Formel    q= — ^ —  zu   geschehen    hat. 

Es  muß  hier  allerdings  noch  bemerkt  werden,  daß  diese 
Statistik  nur  dann  wichtige  Aufschlüsse  über  die  Schwankung<en 
der  Leistungsfähigkeit  zu  geben  vermag,  wenn  die  Resultate 
für  jeden  Tag  niedergelegt  werden  können.  Das  erfordert  je- 
doch, daß  die  Akkorde  so  klein  sind,  daß  täglich  von  jedem 
Arbeiter  wenigstens  einer,  aber  besser  mehrere  zum  Abschluß 
gebracht  werden.  Es  eignen  sich  daher  diejenigen  Arbeiten  am 
besten  zur  Beobachtung,  die  darin  bestehen,  daß  vom  Arbeiter 
täglich  ein  gewisser  Bearbeitungsprozeß  an  einer  größeren  Stück- 
zahl vollzogen  wird,  für  den  ein  bestimmter  Preis,  oder  was 
gleichbedeutend  ist,  eine  bestimmte  Arbeitszeit  vorgeschrieben  ist. 

Je  nach  seiner  Höhe  ist  der  prozentuale  Akkordüberschuß 
dann  in  verschiedene  Gruppen  zu  teilen,  die  durch  verschiedene 
Farben  bezeichnet  werden,  so  z.  B. : 

1.  Überstiegene  Akkorde         schwarz 

2.  Überschuß  von     0—10  o/o   rot 

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5.  „  „  31—40  0/0  gelb 

6.  „  „  41  und  höher,  violett. 

Diese  Farben  sind  für  jeden  Tag  in  folgender  Weise  für 
jeden  Arbeiter  einzutragen  (siehe  Fig.  8).  Die  über  den  Farben 
leer  bleibende  Rubrik  wird  nur  bei  überstiegenen  Akkorden  aus- 
gefüllt und  dient  zur  Anführung  der  Gründe,  welche  die  Über- 
steigung verursacht  haben.    Da  die  gleichen  Gründe  immer  wie- 

Statistik  der  Leistungsfähigkeit 


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Fig.  8. 


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derkehren,  kann  man  sich  zu  ihrer  Bezeichnung  eines  Schlüs- 
sels bedienen,  z.  B.  U  =  ungelernter  Arbeiter,  V  =  zu  einer 
andern  Arbeit  versetzter  Arbeiter,  N  =  nachlässiger,  F  =  un- 
fähiger Arbeiter  usw. 

Wird  statt  des  Akkordsystems  ein  Bonussystem  verwendet, 
bei  welchem  mit  dem  Arbeiter  nicht  ein  Preis  sondern  eine  Zeit 
vereinbart  wird,  so  ist  die  Leistungsfähigkeit  durch  den  Faktor 

— y  rr — ^^-TT  zu  ermitteln,  wobei  1  als  100  o/o  ige  Leistungs- 
gebrauchte  Zeit  "*  ** 

fähigkeit  bezeichnet  wird. 

In  beiden  Fällen  ist  es  vorteilhaft,  dem  Arbeiter  am  Ende 
jeder  Woche  oder  Lohnperiode  die  Durchschnittszahl  seiner  Lei- 
stungsfähigkeit bekanntzugeben,  da  das  als  Ansporn  wirken  kann. 
Ferner  sind  die  Durchschnittszahlen  für  jede  Abteilung  zu  er- 
mitteln, die  mit  denen  der  allgemeinen  Lohnstatistik  überein- 
stimmen müssen. 

Allerdings  ist  das  Anfertigen  dieser  Art  Statistik  nur  dann 
von  Wert,  wenn  ihre  Resultate  mit  Sorgfalt  und  Verständnis 
verarbeitet  werden,  denn  sie  zeigt  nur  Wirkungen,  deren  Ur- 
sachen meistens  noch  zu  ermitteln  bleiben.  Auf  keinen  Fall 
zeigt  sie  den  bestimmten  Weg,  auf  dem  eine  gewünschte  Wir- 
kung zu  erreichen  ist.  Schlechte  Resultate  finden  ihre  Ursache 
nicht  immer  beim  Arbeiter,  sondern  können  auch  in  mangelhaf- 
ter Werkstattorganisation  zu  finden  sein.  Dementsprechend  be- 
weisen gute  Resultate  nicht  nur  hochgradige  Fertigkeit  und  Fleiß 
auf  Seiten  des  Arbeiters;  sie  bestätigen  auch  einen  gut  gere- 
gelten Betrieb.  Gelingt  es,  Unregelmäßigkeiten,  auf  welche  die 
Statistik  aufmerksam  macht,  zu  beseitigen,  so  wird  die  Angabe 
von  Lieferzeiten  auf  eine  viel  sichere  Basis  gestellt.  Auch  wird 
es  möglich,  schlechten  Gewohnheiten,  wie  das  Nachlassen  der 
Leistungsfähigkeit  an  Montagen  und  Samstagen  zu  steuern,  wenn 
darüber  sichere  Angaben  vorliegen.  Weniger  guten  Arbeitern 
kann  unter  Umständen  nachgeholfen  werden,  wenn  es  ihnen  nicht 
am  nötigen  Fleiß,  sondern  an  mangelnder  Belehrung  gebricht. 
Um  den  Meister  dazu  anzuhalten,  diese  Belehrung  zu  erteilen, 
wird  es  sich  als  sehr  wirksam  erweisen,  ihm  nach  Festsetzung 
einer  bestimmten  Leistungsnorm  für  jeden  Arbeiter,  der  die- 
selbe täglich  erreicht,  einen  gewissen  Bonus  zukommen  zu  las- 
sen. Der  Bonus  wird  für  jeden  Arbeiter  verdoppelt,  wenn  sämt- 
liche Arbeiter  der  Abteilung  die  festgesetzte  Leistung  erreichen. 


Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  daß  diese  Statistik  der 
Leistungsfähigkeit,  vorausgesetzt  sie  wird  mit  dem  nötigen  Ver- 
ständnis gehandhabt,  die  Kosten  ihrer  Anfertigung  vollauf  recht- 
fertigt. 

d)  Ein  mechanisches  Verfahren  zur  Verrechnung 

der  Löhne. 

Zur  gesamten  zahlenmäßigen  Verarbeitung  der  Löhne,  wie 
sie  soeben  besprochen  wurde,  können  die  schon  früher  genann- 
ten Hollerithmaschinen  (siehe  erster  Teil,  Abschnitt  7)  mit  Vor- 
teil Verwendung  finden.  Den  gleichen  Zweck  erfüllen  auch  die 
neueren  Powermaschinen.  Der  Hauptunterschied  der  beiden  Ma- 
schinengruppen besteht  darin,  daß  bei  den  Hollerithmaschinen 
die  Sortier-  sowie  die  Addiertätigkeit  durch  Herstellen  eines 
elektrischen  Kontaktes  an  einer  durchlochten  Stelle  der  Karte 
herbeigeführt  wird.  Bei  den  Powermaschinen  geschieht  das 
durch  Nadeln  oder  Stifte,  die  vermittelst  schwacher  Federn  an 
die  Karte  gedrückt  werden  und  die  gelochten  Stellen  durchsto- 
ßen. Dieses  zweite  System  ist  zweifellos  bedeutend  weniger  de- 
likat, Betriebsstörungen  sind  weniger  zu  befürchten,  auch  dürf- 
ten sie  leichter  zu  beseitigen  sein.  Beide  Maschinengruppen  be- 
stehen aus  drei  voneinander  getrennten  Maschinen  und  zwar 
einer  Lochmaschine,  einer  Sortiermaschine  und  einer  Addier- 
maschine, welch  letztere  beim  Powersystem  die  Resultate  auch 
noch  gleichzeitig  aufschreibt.  Für  beide  Systeme  kann  die  glei- 
che Anordnung  der  Karten  gewählt  werden.  Bei  der  Ausarbei- 
tung der  Karten  darf  jedoch  nicht  vergessen  werden,  daß  es 
für  die  meisten  Betriebe  recht  einfach  ist,  sie  so  zu  entwerfen, 
daß  in  ihr  der  normale  Geschäftsgang  in  großen  Zügen  Auf- 
nahme findet.  Damit  ist  nicht  genug  geschehen.  Jede  kleine 
Einzelheit  und  Unregelmäßigkeit  muß  sorgsam  erwogen  wei;^ 
den,  um  auch  sie  durch  die  Karte  zum  Ausdruck  bringen  zu 
können.  Auch  darf  nicht  übersehen  werden,  daß  das  normale 
Kartenformat  nur  45  senkrechte  Zahlenkolonnen  enthält,  so  daß 
mit   dem    Raum    sehr   sparsam    umgegangen    werden    muß. 

Das  nun  folgende  Beispiel  ist  für  einen  bestimmten  Betrieb 
ausgearbeitet  worden.  Es  kann  daher  in  dieser  Form  schwer- 
lich anderswo  Verwendung  finden.  Sein  einziger  Zweck  ist,  an- 
zugeben, wie  bei  Verwendung  solcher  Maschinen  vorgegangen 
werden  kann  und  wie  die  einzelnen  Bezeichnungen  durch  die 
Karte  zum   Ausdruck  gelangen: 


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—     165     — 

Für  jeden  Akkordzettel,  gleichgültig  ob  er  abgeschlossen 
ist  oder  nicht,  immer  aber  wenn  er  von  der  Werkstatt  der  Lohn- 
abteilung übermittelt  wird,  ist  eine  Karte  zu  lochen  (siehe  Form. 
8),  in  die  seine  sämtlichen  Angaben  übertragen  werden.  Fehlen 
gewisse  Angaben  auf  dem  Akkordzettel,  so  wird  die  entspre- 
chende Kolonne  der  Karte  freigelassen.  In  die  erste  Kolonne 
der  Karte  wird  die  Kontrollnummer  des  Arbeiters  gelocht;  kein 
Schlüssel  ist  notwendig,  da  es  sich  ohnehin  nur  um  eine  Zahl 
handelt.  Über  jede  Zahlenreihe  können  aber  noch  zwei  Löcher 
gestanzt  werden,  die  man  mit  x  das  untere  und  „blanco'^  das 
obere  bezeichnet.  Selbstverständlicherweise  beeinflussen  diese 
Löcher  die  Addition  nicht.  Sortiert  können  sie  werden,  indem 
das  Kartenpaket  auf  den  Kopf  gestellt  in  die  Sortiermaschine 
gebracht  wird,  da  immer  das  untere  Loch  einer  Zahlenreihe 
zuerst  die  Kontaktbürste  oder  die  Sortiernadel  passiert.  Dem- 
entsprechend könnte  dem  x  der  Reihe  4  die  Bedeutung  beige- 
legt werden,  daß  der  betreffende  Arbeiter  ein  Lehrling  ist.  Ko- 
lonne 2  enthält  den  Beruf  oder  die  spezielle  Arbeit  des  Arbei- 
ters, und  zwar  handelt  es  sich  bei  x  in  Reihe  6  um  eine  un- 
produktive Arbeit.  Nehmen  wir  die  in  der  aufgeführten  Lohn- 
statistik angegebenen  Berufe,  so  könnte  in  Reihe  5  und  6  be- 
deuten : 

Ohne  X  in  Reihe  5  and  6  Mit  x  in  Reihe  6 


1. 

Maler 

Materialtransport 

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Bandsäger 

Werkstattreinigen 

3. 

Anreißer 

Kontrolleur 

4. 

Dreher 

Meisterschreiber 

5. 

Bohrer 

Lagerarbeiter 

6. 

Fräser 

Bote 

7. 

Schleifer 

Zeichnungsausgabe 

8. 

Schlosser 

Werkzeugausgabe 

9. 

Werkzeugschlosser 

Kranbedienung 

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Bauschlosser 

Allgemeines 

11. 

Monteur 

12. 

Installateur 

13. 

Feinmechaniker 

14. 

Wickler 

Da  die  Zahlen  1 — 99  zur  Verfügung  stehen,  so  können  in 
Maschinenfabriken  für  die  produktiven  Arbeiter  die  Zahlen  des 
Verbands  Schweizerischer  Maschinenindustrieller  verwendet  wer- 
den, was  die  von  diesem  Verband  verlangte  Statistik  er- 
leichtert. 


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—     166    — 

Kolonne  3  dient  zur  Aufnahme  des  Stundenlohnsatzes  in 
Centimes,  um  Platz  zu  sparen,  wird  1  Franken  durch  x  Reihe 
7  und  2  Franken  durch  x  Reihe  8  bezeichnet,  was  dadurch  er- 
möglicht wird,  daß  Stunden k)hnsätze  nie  addiert  werden  müssen. 

Kolonne  4  enthält  die  Einzelfabrik.  Bei  Arbeiten  für  Rech- 
nung eines  Kunden  ist  die  besondere  Bezeichnung  der  Einzel- 
fabrik nicht  notwendig,  da  sie  sich  ohne  weiteres  aus  der  Kon- 
trollnummer des  Arbeiters  ergibt.  Im  vorliegenden  Falle  muß 
diese  Kolonne  nur  dann  Verwendung  finden,  wenn  es  sich  um 
Arbeiten  handelt,  die  irgend  einem  Unkostenkonto  einer  Ein- 
zelfabrik belastet  werden,  da  die  verschiedenen  Arten  von  Un- 
kostenkonten  durch  Zahlen,  die  Einzelfabriken  durch  Buchstaben 
bezeichnet  werden.  Für  diese  Buchstaben  ist  natürlich  noch  ein 
Schlüssel  zu  bilden. 

Kolonne  5  enthält  die  Kommissionsnummer.  Arbeiten  für 
Unkostenkonten  werden  durch  das  x  der  Reihe  15  besonders 
kenntlich  gemacht.  Da  im  vorliegenden  Falle  die  gröbere  Zer- 
gliederung der  Unkostenkonten  durch  Zahlen  vor,  die  feinere 
durch  Zahlen  nach  der  Fabrikbezeichnung  zum  Ausdruck  ge- 
bracht wird,  so  ist  mit  dieser  vordem  Zahl  in  Reihe  10  mit 
der  hintern  von  rückwärts  in  Reihe  15  zu  beginnen.  Die  Zah- 
len an  Stelle  von  x  und  blanco  in  den  Reihen  10—15  dienen 
zur  Zergliederung  der  Kommissionsnummer  bei  sehr  großen 
Objekten,  die  sich  aus  mehreren  ganz  verschiedenen,  voneinan- 
der unabhängigen  Teilen  zusammensetzen.  Es  wird  dann  für 
jeden  Teil  der  Kommissionsnummer  ein  das  ausführende  Kon- 
stniktionsbureau  bezeichnender  Buchstabe  und  eine  von  1  an 
fortlaufende  Indexzahl  angehängt.  Diese  Indexzahlen  können 
in  X  und  blanco  der  Reihen  10—15  eingetragen  werden  (mit 
Ausnahme  von  x  Reihe  15  für  Unkosten).  Die  Bezeichnung 
des  Konstruktionsbureaus  findet  vermittelst  eines  Schlüssels  in 
Kolonne  6,  Reihe   16  Aufnahme. 

Die  sechs  Stellen  der  Kolonne  7  enthalten  die  Zeichnungs- 
nummer, die  zwei  der  Kolonne  8  die  Positionsnummer.  Da- 
durch soll  die  nähere  Bezeichnung  der  Arbeit  geliefert  werden. 
Hierin  aber  liegt  das  bedeutendste  Hindernis,  das  sich  der  me- 
chanischen Verrechnung  der  Löhne  in  den  Weg  stellt;  denn  be- 
sonders bei  sehr  verschiedenartigen  Produkten  erhält  die  Kal- 
kulation in  manchen  Fällen  nicht  genügend  Aufschluß  über  die 
Zusammensetzung  der  Lohnsumme,  die  auf  eine  Kommissions- 


—     167     - 

nummer  entfällt,  selbst  wenn  diese  Summe  nach  den  einzelnen 
Positionen  der  Zeichnungen,  und  was  ebenfalls  möglich  ist, 
nach  dem  Anteil  der  einzelnen  Berufskategorien  zergliedert  wird. 
Denn  eine  Kontrolle,  ob  alle  nötigen  Arbeiten  und  keine  ande- 
ren der  betreffenden  Kommissionsnummer  belastet  worden  sind, 
besonders  wenn  es  sich  um  eine  größere  Stückzahl  handelt,  be- 
steht nicht  unbedingt.  Allerdings  fällt  dieser  Einwand  gänzlich 
dahin,  wenn  die  Kalkulation  nur  als  eine  buchhalterische  Stelle 
betrachtet  wird,  die  die  auf  eine  Kommissionsnummer  entfal- 
lenden Beträge  sammelt,  ohne  zu  kontrollieren,  ob  sie  auch  zu 
Recht  bestehen.  Aber  auch  bei  einigermaßen  normaler  Fabrika- 
tion ist  diese  Gefahr  sehr  gering,  da  die  Lohnbeträge  für  die 
einzelnen  Teile  der  Fabrikate  von  früheren  Ausführungen  her 
bekannt  sind,  besonders  wenn  sie  nicht  nur  nach  den  Positionen 
der  Zeichnung,  sondern  auch  durch  die  Berufskolonne  nach  der 
Art  der  Arbeit  aufgeteilt  werden.  Im  Zweifelsfalle  kann  noch 
eine  genauere  Zerlegung  herbeigeführt  werden,  indem  auch  die 
einzelnen  Positionen  in  die  Berufsarten  zerlegt  werden,  schließ- 
lich kann  noch  der  Arbeitsplatz  aus  Kolonne  13  zu  Hilfe  ge- 
nommen werden.  Besteht  aber  immer  noch  eine  Unklarheit, 
so  können  endlich  noch  die  ursprünglichen  Akkordzettel  heran- 
gezogen werden.  Auch  können  durch  einen  Kontrolleur  die 
Eintragungen  des  Meisters  oder  seines  Schreibers  in  die  Ak- 
kordzettel ständig  kontrolliert  werden,  damit  nicht  fälschlicher- 
weise ein  Akkordzettel  eine  unrichtige  Kommissionsnummer 
trägt.  Ist  auf  dem  Akkordzettel  demnach  die  Kommissions- 
nummer unrichtig  eingetragen  worden,  so  wird  sich  das  in  vie- 
len Fällen  dadurch  herausstellen,  daß  unter  dieser  unrichtigen 
Nummer  eine  der  au^eführten  Zeichnungen  gar  nicht  figurie- 
ren kann. 

Anstatt  durch  Zeichnungs-  und  Positionsnummer  kann  auch 
darnach  getrachtet  werden,  die  Bezeichnung  der  Arbeit  auf  an- 
derem Wege  zu  erreichen.  Bei  normalen  Fabrikaten,  wenn  sie 
sich  nicht  aus  zu  vielerlei  Arbeiten  zusammensetzten,  könnte 
man  die  einzelnen  Operationen  numerieren.  Das  ist  allerdings 
auch  bei  verschiedenartigen  und  aus  einer  großen  Zahl  verschie- 
dener Arbeiten  sich  zusammensetzender  Fabrikate  denkbar.  Er- 
hält der  Meister  die  Akkordpreise  auf  einer  Art  Stückliste  oder 
einer  Lohnaufstellung  (siehe  nächsten  Teil),  auf  welcher  alle  für 
ein    Fabrikat   nötigen    Arbeitsoperationen    mit   ihrem    jeweiligen 


^M 


-     168    - 


169 


Preise  aufgeführt  sind,  so  kann  durch  Numerierung  der  ein- 
zelnen Positionen  mit  vorangestellter,  das  Fabrikat  bezeichnen- 
der Nummer  eine  Arbeit  genau  umschrieben  werden.  Jedoch  ist 
diese  Numerierung  in  vielen  Fällen  nicht  durchführbar.  An- 
genommen, die  Lohnaufstellung  gibt  für  das  Drehen  irgend  eines 
Artikels  folgende  Preisangaben: 


1  stflck 
Fr. 

100  Stflck 
Fr. 

Drehen 

Fläche   a 

.40 

30.- 

M 

„        b 

-.50 

42.- 

n 

c 

.40 

33.- 

»» 

»        d 

-.40 

30. 

SO  sind  vier  Operationen  zu  verrichten.  Bei  Ausführung  einer 
größeren  Stückzahl  (z.B.  100)  würden  vier  Akkorde  mit  den  da- 
für angegebenen  Preisen  ausgestellt.  Für  eine  Einzelausführung 
wären  aber  die  Preise  zur  Ausstellung  eines  Akkordes  pro  Ope- 
ration zu  niedrig.  Es  wird  daher  in  diesem  Falle  dem  Meister 
freigestellt,  die  vier  Operationen  zum  Preise  von  Fr.  1.70  in 
einem  Akkord  zu  vergeben.  Dadurch  müßten  aber  vier  Zah- 
len, die  zwar  meistens  nur  in  der  Einerstelle  verschieden  sind, 
in  die  Karte  eingelocht  werden,  was  aber  dennoch  nicht  mög- 
lich ist.  Ferner  ist  noch  zu  beachten,  daß  das  Arbeiten  mit 
größeren  Zahlen  ohnehin  sehr  unpraktisch  ist.  Auch  hieße  es 
die  Vorteile  der  vorliegenden  Verrechnungsmethode  zunichte  ma- 
chen, wollte  man  die  Lohnsumme  wieder  in  ihre  ursprünglichen 
Bestandteile  zerlegen.  Sie  ist  daher  nur  anwendbar,  wenn  keine 
solche  Zerlegung,  sondern  nur  eine  Aufteilung  nach  verschie- 
denen Gesichtspunkten  der  Kalkulation  Genüge  leisten  kann. 

Kolonne  9  ist  zur  Eintragung  der  Akkordnummer  bestimmt, 
die  das  Zusammenbringen  der  verschiedenen  unvollständigen 
Zettel  eines  Akkordes  erlaubt.  Das  x  der  Reihe  27  besagt,  daß 
es  sich  um  einen   noch  unabgeschlossenen   Akkord  handelt. 

Kolonne  10  ist  für  den  Akkordbetrag  vorgesehen.  Die  er- 
sten drei  Reihen  sind  für  die  Franken,  die  letzten  zwei  für  die 
Centimes,  x  in  Reihe  28  besagt,  daß  für  den  gleichen  Akkord 
schon  ein,  in  Reihe  29  zwei,  in  Reihe  30  drei  und  in  Reihe  31 
vier  Zettel  (gleich  vier  Wochen)  ausgegeben  worden  sind,  x 
in  Reihe  32  besagt,  daß  es  sich  um  Stundenlohnarbeit  handelt; 
daher  bleibt  in  diesen  Fällen  der  Rest  von  Kolonne  10  frei.  Für 
unfertige  Akkorde  wird  in  diese  Kolonn«  der  aufgelaufene  Stun- 
denlohnbetrag eingetragen. 

Kolonne  11   enthält  die  überstiegenen   Akkorde,  und  zwar 


die  Differenz  zwischen  auszuzahlendem  Betrag  und  Akkordbe- 
trag, wobei  in  Reihe  33—34  die  Franken,  35—36  die  Centimes 
eingetragen  werden,  x  Reihe  36  gibt  an,  daß  der  betreffende 
Akkord  für  eine  unvorhergesehene  Mehrarbeit  ausgestellt  wurde. 

Kolonne  12  dient  zur  Aufnahme  der  Stundenzahl.  In  Reihe 
40  werden  die  Viertelstunden  gelocht.  Da  sie  addiert  werden 
müssen,  darf  in  die  gleiche  Reihe  nichts  anderes  mehr  gelocht 
werden  (außer  x  und  blanoo).  Auf  der  Addierungsm aschine  läßt 
man  sie  durch  ein  besonderes  Zählwerk  addieren.  Nach  Divi- 
sion durch  4  addiert  man  sie  zu  den  ganzen  Stunden,  x  38  be- 
deutet einen  Zuschlag  von  25  o/o,  x  39  von  50  o/o  für  Über- 
und  Nachtstunden. 

Kolonne  13  ist  für  die  Unkostenverteilung  nach  dem  Platz- 
kostensystem vorgesehen.  Plätze,  für  die  der  gleiche  Stunden- 
zuschlag berechnet  worden  ist,  kommen  in  eine  Klasse  und  er- 
halten eine  entsprechende  Nummer. 

Kolonne  14  enthält  das  Datum,  und  zwar  wird  der  Monat 
in  Reihe  43  (Januar  =  1,  Oktober  =  0,  November  =  x,  De- 
zember =  blanco),  der  Tag  in  Reihe  44  (10—19  durch  x  und 
Zahl,  20—29  blanco  und  Zahl,  30  und  31  durch  x,  blanco  und 
Zahl)  eingetragen. 

Kolonne  15  endlich  gibt  die  betreffende  Lohnperiode  an; 
wiederum  werden  die  Zehner  durch  x,  die  Zwanziger  durch 
blanco  zum  Ausdruck  gebracht. 

Unter  Anwendung  der  eben  beschriebenen  Karte  und  einer 
der  oben  genannten  Maschinen  würde  sich  die  Arbeit  der  Lohn- 
abteilung ungefähr  folgendermaßen  gestalten:  Die  von  den  Mei- 
stern nach  Kontrollnummern  geordneten  Akkordzettel  werden 
der  Lohnabteilung  übergeben  und  dort  ausgerechnet.  Eine  Aus- 
rechnung hat  allerdings  nur  bei  überstiegenen  Akkorden  zu  er- 
folgen. Die  Höhe  der  Übersteigung  wird  dann  auf  dem  Akkord- 
zettel eingetragen.  Für  unfertige  Akkorde,  die  von  den  andern 
zu  sondern  sind,  wird  der  aufgelaufene  Stundenlohnbetrag  aus- 
gerechnet und  eingetragen.  Darauf  werden  alle  Angaben  in  die 
Karten  übertragen. 

Eine  der  wichtigsten  Fragen,  ob  diese  Art  der  Verarbeitung 
zweckmäßig  ist  oder  nicht,  besteht  darin,  wieviele  Karten  stünd- 
lich an  einer  Maschine  gelocht  werden  können,  und  zwar  so,  daß 
sie  keine  fehlerhaften  Angaben  enthalten.  Das  hängt  sowohl  von 
der  Beschaffenheit  der  Lochmaschine,  wie  von  der  Fertigkeit  des 


—     170     — 


—     171     — 


daran  arbeitenden  Angestellten  ab.  Die  Fertigkeit  im  Lochen 
kann  zwar  mit  der  Zeit  gewaltig  gesteigert  werden,  besonders 
bei  übersichtlicher  Anordnung  der  Unterlagen  (hier  Akkordzet- 
tel), jedoch  tut  man  wohl,  die  von  den  Fabrikanten  angegebe- 
nen möglichen  Leistungen  sehr  skeptisch  aufzunehmen.  Die  von 
der  Hollerithgesellschaft  auf  den  Markt  gebrachte  Lochmaschine 
ist  jedenfalls  ganz  ungeeignet,  ein  schnelles  und  fehlerfreies  Ar- 
beiten zu  ermöglichen.  Die  Karten  müssen  von  Hand  einge- 
führt werden,  für  jede  der  zwölf  Bezeichnungen  ist  nur  eine 
Taste,  mit  der  im  Niederdrücken  das  Loch  gestanzt  wird,  was 
auf  die  Dauer  zuviel  Kraft  erfordert  und  ein  Korrigieren  verun- 
möglicht.  Auch  ist  nicht  ohne  weiteres  ersichtlich,  auf  welche 
Zahlenreihe  die  Maschine  in  einem  gegebenen  Moment  einge- 
stellt ist,  was  besonders  dann  zu  Fehlern  Anlaß  gibt,  wenn  ge- 
wisse Reihen  beim  Lochen  übersprungen  werden  müssen.  Fer- 
ner besteht  noch  der  Nachteil,  daß  auf  verschiedenen  Karten 
wiederkehrende  gleiche  Angaben  nicht  auf  der  ursprünglichen 
Lochmaschine  arretiert  werden  können,  sondern  extra  in  Ge- 
nerallocher  eingesetzt   werden    müssen. 

Eine  Lochmaschine,  die  ein  rasches  und  sicheres  Arbeiten 
ermöglichen  soll,  müßte  kurz  folgende  Beschaffenheiten  haben. 
Die  Karten  müssen  mechanisch  eingeführt  werden  können.  Je- 
der Position  auf  der  Karte  muß  eine  Taste  entsprechen,  so  daß 
gleichzeitig  mehrere  Tasten  niedergedrückt  werden  können.  Die 
Taste  soll  beim  Niedergedrücktwerden  kein  Loch  stanzen,  son- 
dern nur  in  der  neuen  Stellung  verbleiben.  Das  Stanzen  soll 
erst  durch  eine  besondere  Auslösung  erfolgen,  wenn  alle  not- 
wendigen Tasten  niedergedrückt  worden  sind.  Um  Fehler  zu 
verbessern,  sollen  die  niedergedrückten  Tasten  jeder  einzelnen 
Reihe  durch  eine  besondere  Taste  wieder  gehoben  werden  kön- 
nen. Ferner  muß  für  jede  Zahlenreihe  eine  weitere  Taste  für 
mehrfach  wiederkehrende  Eintragungen  bestehen,  die  das  Hoch- 
heben der  einzelnen  Zahlentasten  nach  erfolgter  Auslösung  ver- 
hindert. Alle  diese  Funktionen  weist  die  Tastatur  der  Burroughs- 
Addiermaschine  auf;  auch  ist  in  den  früheren  Katalogen  der 
Powergesellschaft  eine  solche  Maschine  abgebildet;  aus  welchen 
Gründen  sie  jedoch  nie  auf  den  Markt  gelangte,  ist  dem  Ver- 
fasser unbekannt.  Allerdings  kommt  eine  der  heutigen  Loch- 
maschinen der  genannten  Gesellschaft  den  gestellten  Anforde- 
rungen ziemlich  nahe,  jedoch  hat  dieselbe  statt  Tasten,  für  jede 


Zahlenreihe  eine  treppenförmig  gestufte  Leiste.  Jede  Stufe  trägt 
eine  der  Zahlen.  Das  gewünschte  Loch  wird  dadurch  eingestellt, 
daß  ein  Finger  auf  die  Stufe  der  betreffenden  Zahl  gelegt  und 
die  gan^e  Leiste  bis  an  einen  Metallrand  heruntergezogen  wird. 
Da  die  niedrigeren  Zahlen  oben  an  der  Leiste  sind,  muß  für 
diese  der  längste  Weg  durchlaufen  werden.  Der  Nachteil  die- 
ser Maschine  besteht  darin,  daß  das  Niederziehen  der  Leisten, 
wegen  des  längeren  Weges  mehr  Zeit  in  Anspruch  nimmt  als 
das  Niederdrücken  einer  Taste,  daß  wegen  der  verschiedenen 
Länge  des  Weges  hohe  und  niedere  Zahlen  nicht  gleichzeitig 
niedergezogen  werden  können  und  endlich,  daß  das  Niederzie- 
hen der  Leisten  zuviel  Kraft  erfordert,  so  daß  mit  einer  Hand 
nicht  mehr  wie  zwei  Löcher  zusammen  eingestellt  werden  können. 
Zur  Kontrolle  der  Richtigkeit  der  eingestanzten  Löcher  wird 
von  der  Powergesellschaft  eine  besondere  Maschine  fabriziert. 
Diese  ist  gleich  wie  die  Lochmaschine,  nur  hat  sie  vorne  eine 
kleine  Metallplatte,  in  welche  ebensoviele  Löcher  gebohrt  sind 
wie  in  die  Karte  eingestanzt  werden  können.  Jedes  dieser  Lö- 
cher wird  durch  ein  rotes  Licht  erleuchtet.  Wird  nun  eine  zu 
kontrollierende  Karte  auf  die  Platte  gelegt  und  die  zu  lochen- 
den Angaben  aufs  neue  durch  diese  Maschine  eingestellt,  so 
löscht  das  Licht  in  jedem  der  eingestellten  Löcher  aus.  Scheint 
daher  nach  Abschluß  der  Einstellung  durch  eines  der  Löcher 
noch  immer  Licht,  so  ist  dieses  Loch  unrichtig,  die  Karte  muß 
vernichtet  und  eine  neue  angefertigt  werden.  Die  Kontrolle  kann 
jedoch  auch  ohne  eine  solche  Maschine  bewerkstelligt  werden, 
man  braucht  nur  die  einzelnen  Angaben  zu  addieren,  aus  den 
Unterlagen  auf  einer  gewöhnlichen,  von  den  Karten  auf  der 
besonderen  Addiermaschine,  auch  wenn  die  Summe  später  nicht 
gebraucht  wird  (z.  B.  alle  Kontrollnummern).  Die  sich  aus  den 
beiden  Maschinen  ergebenden  Summen  müssen  einander  gleich 
sein.  Der  Akkordbetrag  muß  noch  auf  andere  Weise  kontrol- 
liert werden,  um  festzustellen,  daß  die  Arbeiter  die  Beträge  auf 
ihren  Zetteln  nicht  verändert  haben.  Die  in  einer  Lohnperiode 
ausgegebenen  Zettel,  welche  direkt  vom  Meister  der  Lohnab- 
teilung zugestellt  werden,  werden  aufaddiert.  Diese  Summe  um- 
faßt am  Ende  der  Lohnperiode  fertige  und,  unfertige  Akkorde 
(Summe  I).  Die  vom  Arbeiter  kommenden  fertigen  und  unfer- 
tigen Akkorde  werden  nach  Ausscheidung  der  schon  in  einer 
früheren   Periode   begonnenen   ebenfalls   addiert  und   zwar  die 


■,5t 


bf.  I 


—     172     — 

Nennbeträge  (Summe  II).  Diese  Summe  muß  gleich  Summe  I 
sein,  wodurch  bewiesen  ist,  daß  keine  willkürlichen  Änderungen 
des  Akkordbetrages  vorgenommen  worden  sind.  Darauf  wird 
die  Summe  der  innerhalb  einer  Lohnperiode  fertiggestellten  plus 
der  Summe  des  Stundenlohnbetrages  für  unfertige  aus  den  Ak- 
kordzetteln ermittelt  (Summe  III).  Das  Gleiche  geschieht  aus 
den  Karten  (Summe  IV).  Gleichheit  von  Summe  III  und  IV 
liefert  den  Beweis  für  richtiges  Lochen  der  Akkordbeträge.  Sind 
alle  Karten  gelocht  und  kontrolliert,  so  kann  mit  der  Aufstel- 
lung der  Lohnliste  begonnen  werden.  Zu  diesem  Zweck  werden 
die  Karten  zuerst  auf  der  Maschine  nach  Kontrollnummern  sor- 
tiert. Falls  der  Akkordüberschuß  der  Lehrlinge  nicht  ausbe- 
zahlt, sondern  der  Krankenkasse  übergeben  wird,  so  sind  sie 
innerhalb  jeder  Meisterabteilung  von  den  übrigen  Arbeitern  zu 
trennen. 

Nun  läßt  man  die  Karten  eines  jeden  Arbeiters  durch  die 
Addiermaschine  laufen  und  zwar  so,  daß  das  erste  Zählwerk 
die  ganzen,  das  zweite  die  Viertelstunden,  das  dritte  die  Akkord- 
beträge und  das  vierte  die  überstiegenen  Akkordbeträge  ad- 
diert. Die  Stundenzahl  wird  darauf  mit  der  Uhrenkarte  vergli- 
chen. Dann  folgt  die  Aufstellung  der  Lohnliste  mit  der  oben 
beschriebenen  automatischen  Addiermaschine.  Durch  Multipli- 
kation des  Stundenlohnsatzes  und  der  Stundenzahl  wird  der 
Stundenlohnbetrag  ermittelt.  Differenz  zwischen  Akkordbetrag 
und  Stundenlohnsatz  ergibt  den  Akkordüberschuß.  Den  Brutto- 
lohn schreibt  die  Maschine  automatisch  auf;  er  muß,  wenn  keine 
besonderen  Zuschläge  ausbezahlt  werden,  der  Summe  von  Ak- 
kordbetrag und  Übersteigung  gleich  sein.  Ist  die  Lohnliste  be- 
endigt, so  kann  zur  Aufstellung  der  Statistik  geschritten  wer- 
den. Die  Karten  werden  zu  diesem  Zweck  nach  den  Berufska- 
tegorien sortiert,  und  sämtliche  einer  jeden  Kategorie  zusam- 
men addiert.  Aus  der  Additionsmaschine  werden  die  gleichen 
Summen  wie  früher  für  einen  Arbeiter,  nun  für  die  ganze  Be- 
rufskategorie abgelesen.  Auf  gleiche  Weise  verfährt  man  für 
die  Statistik  der  unproduktiven  Werkstattarbeiten.  Das  Sortie- 
ren derselben  kann  aus  der  Berufskolonne,  aber  auch  aus  der 
der  Kommissionsnummern  erfolgen,  da  jede  dieser  Arbeiten 
einer  Kontobezeichnung  entsprechen  muß. 

Als  nächste  Arbeit  folgt  die  Lohnentzifferung.  Sämtliche 
Karten    einer    Lohnperiode    werden    zuerst    nach    Kundenbestel- 


_     173     — 

lungen  und  Belastungen  auf  Unkostenkonten  und  dann  nach  den 
einzelnen  Nummern  sortiert.  So  sind  sie  in  Fächern  aufzube- 
wahren. Eine  Verteilung  des  Lohnbetrages  auf  die  einzelnen 
gewünschten  Gesichtspunkte  kann  allerdings  für  jede  Woche 
hergestellt  werden,  jedoch  ist  es  besser,  diese  Arbeit  aufzuschie- 
ben, bis  die  betreffende  Kommissionsnummer  als  abgeschlossen 
gemeldet  wird.  Dann  werden  ihre  sämtlichen  Karten  vorgenom- 
men, nach  Zeichnungs-  und  Positionsnummern  sortiert  und  für 
jede  Position  der  Akkordbetrag  sowie  der  Betrag  event.  Über- 
steigungen ermittelt.  Nachträglich  bewilligte  Akkordbeträge  sind 
extra  aufzuführen  (x  Reihe  16).  Die  fertige  Lohnkalkulation  be- 
käme dann  ungefähr  das  Aussehen  von 

Schema  I. 
Kommissionsnummer  324057. 


ichnang  Nr. 

Fo8it..Nr. 

Akkordbetrag 
Fr. 

Übersteigungen 
Fr. 

123426 

1 

24.50 

— 

M 

2 

18.20 

2.40 

M 

3 

6.80 

— 

123427 

1 

35.80 

— 

tt 

2 

17.90 

— 

»» 

3 

26.40 

1.80 

Mehrarbeit 
Fr. 

ToUl 
Fr. 

24.50 

— 

20.60 

4.- 

10.80 

— 

35.80 

— 

17.90 

28.20 

Total    129.60 


4.20 


4.— 


137.80 


Eine  Position  kann  auf  diese  Weise  allerdings  in  zwei  Po- 
sten zerlegt  werden,  indem  eine  der  Zeichnungen  eine  General- 
zeichnung, die  andern  Detailzeichnungen  sind,  in  denen  das 
gleiche  Stück  dargestellt  ist.  Die  Zusammenstellung  muß  dann 
von  der  Kalkulationsabteilung  vorgenommen  werden.  Die  Summe 
der  Kolonne  „Akkordbetrag''  muß  ziemlich  genau  mit  dem  für 
das  betreffende  Stück  von  der  Vorkalkulation  ermittelten  Lohn- 
betrag übereinstimmen.  Größere  Abweichungen  in  der  einen 
oder  anderen  Richtung  sind  zu  untersuchen.  Statt  nach  Zeich- 
nungs- und  Positionsnummern  kann  die  Lohnsumme  nach  den 
verschiedenen  Arbeitsberufen  (Drehen,  Fräsen,  Bohren  usw.)  zer- 
legt werden. 

Bei  Berechnung  der  Unkostenzuschläge  nach  dem  Platzko- 
stensystem wird  endlich  noch  nach  den  Klassen  der  Kolonne  13 
sortiert  und  die  Stundenzahl  für  jede  Klasse  ermittelt.  Diese 
wird  mit  dem  Stundenzuschlag  multipliziert,  wodurch  die  Un- 
kostensumme  für  jede  Klasse  und  für  das  ganze  Fabrikat  fest- 
gestellt wird.  Die  sich  ergebende  Aufstellung  erhält  das  Aus- 
sehen von 


-     174    - 


-^     175    - 


Schema  II. 
Unkosten   für  Kommissionsnummer  324057. 


Klasse 

1 

2 
3 

4 
5 
6 
7 


Stondenxuschlag  in  Fr.        Stundenzahl 


1.50 
2.- 
3.— 
4.- 
5.- 
6.— 
7.- 


23 
18 

32»A 

"Vi 
23i/, 

21V, 


Total 
Fr. 

34.50 
36.- 
96.25 

56.25 
141.— 
150.50 

516.50 


Total    130 

Es  ist  sehr  wichtig,  bei  späteren  Ausführungen  des  glei- 
chen Fabrikates  die  entstandenen  Unkosten  mit  denen  der  frü- 
heren  Ausführungen  zu  vergleichen. 


,. 

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''^^^^kI^ 

'^^^m'^" 

■ 

FÜNFTER  TEIL. 

Die  Vorkalkulation. 

1.  AHgemeines. 

Unter  Vorkalkuiation  in  einem  industriellen  Unternehmen 
ist  jede  Vorausbestimmung  von  Kosten  zu  verstehen,  welche 
durch  die  vom  Unternehmen  bezweckten  Veredlungsoperationen 
verursacht  werden.  Immer  sind  drei  verschiedene  Faktoren  zu 
unterscheiden,  aus  denen  sich  diese  Kosten  zusammensetzen; 
es  sind  dies  Materialkosten,  Lohnkosten  und  Unkosten.  Bei  der 
Vorausbestimmung  der  mutmaßlichen  Selbstkosten  eines  Fabri- 
kates sind  diese  drei  Kostengruppen  einzeln  zu  bestimmen  und 
dann  zusammenzustellen.  Jedoch  ist  es  auch  möglich,  daß  für 
gewisse  Zwecke  nur  die  Kosten  einer  Gruppe  zu  bestimmen  sind, 
so  z.  B.  bei  Festsetzung  der  Akkordpreise  die  Lohnkosten  für 
eine  gewisse  Arbeitsoperation,  bei  Vorausbestimmung  der  Un- 
kostenzuschläge, die  Unkosten,  die  durch  die  Fabrikation  des 
in  Frage  stehenden  Produktes  verursacht  werden.  Während  der 
Bestimmung  der  Materialkosten  ein  Preis  zugrunde  liegt,  ist 
für  Lohnauslagen  und  Unkosten  die  Arbeitszeit  der  maßgebende 
Faktor.  Das  gilt  natürlich  nur  für  jedes  Unternehmen  als  Ein- 
heit betrachtet,  das  mit  gewissen  bestehenden  Einrichtungen  eine 
bestimmte  Klasse  von  Produkten  herstellt.  Werden  diese  Ein- 
richtungen als  konstant  betrachtet  und  sind  sie  ausreichend  zur 
Herstellung  des  gewünschten  Fabrikates,  so  bestimmen  sich  die 
Lohnkosten  durch  die  Zeit,  die  zu  jeder  einzelnen  Arbeitsopera- 
tion aufgewendet  werden  muß.  Der  der  Berechnung  von  Ak- 
kordbeträgen zugrunde  liegende  Lohnsatz  kann,  wenigstens  für 
die  einzelnen   Berufsklassen,  als  konstant  betrachtet  werden. 

Auch  die  auf  ein  einzelnes  Fabrikat  entfallende  Unkosten- 
summe  ist  vom  Standpunkt  des  einzelnen  Unternehmens  aus  in 
hervorragendem  Maße  abhängig  von  der  Zeit,  d.h.  von  der  Fa- 
brikationsdauer. Das  gilt  vorbehaltlos  für  die  sogen,  festen  Un- 
kosten, d.h.  Unkosten,  die  nicht  von  der  jährlichen  Produk- 
tion sondern  von  den  bestehenden  Einrichtungen  abhängig  sind. 


il 


I 


—     176    - 

Denn  diese  Einrichtungen  repräsentieren  investiertes  Kapital,  das 
amortisiert  und  verzinst  werden  muß,  unabhängig  von  der  Pro- 
duktionsmenge, die  sie  hervorbringen.  Je  schneller  dieses  Ka- 
pital umgesetzt  wird,  oder  was  gleich  bedeutend  ist,  je  schneller 
das  einzelne  Fabrikat  fertiggestellt  werden  kann,  um  so  geringer 
ist  die  Quote  dieser  Kosten,  die  auf  das  einzelne  Fabrikat  ent- 
fällt. 

Daneben  können  auch  die  variablen  Unkosten  von  der  Ar- 
beitszeit abhängig  sein,  so  z.  B.  Energieverbrauch,  Verbrauch 
an  Schmiermaterial  usw.  Nicht  unmittelbar  abhängig  von  der 
Zeit,  sondern  von  der  geleisteten  Arbeit  selbst,  sind  Unkosten, 
die  durch  Abnützung  von  Maschinen  und  Werkzeugen  entstehen; 
je  größer  die  Produktionsmenge  in  einer  gegebenen  Zeit,  um  so 
größer  ist  auch  die  Abnützung,  die  solche  Dinge  erfahren.  Im- 
merhin ist  nach  Feststellung  der  gesamten  Unkostensumme,  die 
dem  einzelnen  Fabrikate  zu  belastende  Quote  im  wesentlichen 
abhängig  von  der  Fabrikationsdauer,  was  zur  Vorausbestimmung 
der  Selbstkosten  von  großer  Wichtigkeit  ist. 

Der  Hauptzweck  des  Vorkalkulierens  ist  Risikoverminde- 
rung. Es  handelt  sich  dabei  um  das  Zusammensetzen  mutmaß- 
licher Kosten,  die  in  ihrer  Gesamtheit  den  Selbstkostenpreis  er- 
geben, der,  damit  das  Unternehmen  seinen  Zweck  erfüllt,  klei- 
ner sein  muß  wie  der  Verkaufspreis.  Bei  Herstellung  gleicher 
Massenprodukte  braucht  eine  Vorausbestimmung  der  Kosten  nur 
einmal  vorgenommen  zu  werden,  und  zwar  um  zu  erkennen,  ob 
unter  gegebenen  Absatzverhältnissen  die  Fabrikation  des  frag- 
lichen Artikels  Erfolg  verspricht  oder  nicht.  Anders  liegen  die 
Verhältnisse,  wenn  auch  Einzelausführungen  von  Fabrikaten,  die 
ganz  bestimmten  Zwecken  zu  entsprechen  haben,  hergestellt  wer- 
den müssen.  Denn  für  solche  müssen  zur  Ausarbeitung  der  Of- 
ferte die  Kosten  ermittelt  werden,  was  in  einem  Zeitpunkt  zu 
geschehen  hat,  in  dem  diese  Kosten  noch  nicht  entstanden  und 
daher  genau  noch  nicht  bekannt  sind.  Je  genauer  daher  die 
Resultate  der  Vorkalkulation  sind,  um  so  sicherer  sind  die  Grund- 
lagen, auf  die  sowohl  bei  der  Bestimmung  der  Preise  als  auch 
bei  der  Ermittlung  des  Gewinnes  im  Falle  von  Neukonstruk- 
tionen abgestellt  werden  kann,  und  um  so  geringer  folglich  ist 
das  Risiko. 

Weitere  Zwecke  der  Vorkalkulation  sind  z.  B.  die  Prüfung 
früherer    Verkaufspreise,    ferner   die    Ermittlung   von    Ersparnis- 


—     177     — 

sen,  die  durch  veränderte  Fabrikationsmethoden  erzielt  werden 
können.  Das  fällt  besonders  in  Betracht,  wenn  Einzelfabrikate 
normalisiert  werden,  um  in  Massen  hergestellt  werden  zu  kön- 
nen. Zur  Sicherung  eines  möglichst  großen  Absatzes  muß  in 
solchen  Fällen  öfters  der  Preis  herabgesetzt  werden,  so  daß  es 
zu  ermit  In  gilt,  in  welchem  Maße  die  Vorteile  der  Massenher- 
stellung eine  Herabsetzung  der  Preise  ermöglichen.  Ferner  ist 
hier  auch  häufig  zu  berechnen,  ob  sich  die  Anschaffung  ge- 
wisser SpezialWerkzeuge  und  Spezialmaschinen  lohnt.  Allerdings 
ist  das  häufig  davon  abhängig,  ob  diese  Maschinen  und  Werk- 
zeuge voll  ausgenützt  werden  können,  was  mit  dem  Bestellungs- 
stand zusammenhängt.  Derselbe  aber  kann  nicht  vorkalkuliert 
sondern  höchstens  geschätzt  werden.  Die  Vorkalkulation  hat  in 
solchen  Fällen  auch  nur  auf  den  Zusammenhang  zwischen  der 
Ausnützung  und  dem  Maße  der  Ersparnisse  hinzuweisen. 

Alle  Vorkalkulationsarbeiten,  soweit  solche  im  Betriebe  stän- 
dig vorgenommen  werden  müssen  und  mit  Hilfe  wissenschaft- 
licher Methoden  ausgeführt  werden,  überträgt  man  im  allge- 
meinen einer  besonderen  Abteilung.  Infolge  ihrer  Beftignis,  die 
Akkordpreise  festzusetzen,  muß  diese  Abteilung  in  ständigem 
Kontakt  mit  der  Lohnabteilung  stehen.  Aus  dem  gleichen  Grunde 
muß  sie  auch  ständige  Beziehungen  zur  Werkstatt  unterhalten. 
Auch  mit  dem  Betriebsbureau  muß  ein  andauerndes  Zusammen- 
arbeiten gesichert  werden,  einerseits  weil  die  Vorkalkulation  vom 
Betriebsbureau  veranlaßte  Änderungen  der  Betriebsmethoden 
zahlenmäßig  zum  Ausdruck  zu  bringen  hat,  andererseits  weil  das 
Vorkalkulieren  eine  genaue  Zerlegung  des  auszuführenden  Fabri- 
kationsprozesses in  alle  Einzelheiten  verlangt,  die  auch  dem  Be- 
triebsbureau bei  Ausführung  der  Arbeit  zur  Verfügung  stehen 
muß.  Aus  diesen  Gründen  ist  die  Vorkalkulationsabteilung  mei- 
stens dem  Betriebsbureau  angegliedert  und  dem  Betriebschef  un- 
terstellt. 

Da  das  Vorkalkulieren  aus  einer  Zusammenstellung  mut- 
maßlicher Größen  besteht,  die  teils  durch  mathematische  Be- 
rechnung, teils  durch  Abschätzung  zu  ermitteln  sind,  muß  das 
Personal  dieser  Abteilung  verschiedenen  Anforderungen  genü- 
gen. Die  Abteilung  muß  Angestellte  enthalten,  die  über  eine 
genügende  technische  Bildung  verfügen,  um  die  vielfach  rein 
auf  theoretischer  Grundlage  beruhenden  Berechnungen  vorneh- 
men zu  können.    Dazu  gehört  z.  B.  die  Bestimmung  der  Arbeits- 

12 


—    178    - 


—    17Q    — 


I- 


zeit  an  Werkzeugmaschinen,  die  während  deren  Laufzeit  genau 
berechenbar  ist.  Daneben  ist  die  für  Handarbeit  notwendige  Ar- 
beitszeit zu  ermitteln,  was  nicht  auf  rein  wissenschaftlichem 
Wege  geschehen  kann.  (Von  den  sogen.  Zeitstudien  soll  im 
weiteren  Verlaufe  noch  die  Rede  sein.)  In  solchen  Fällen  muß 
man  sich  daher  der  Schätzung  bedienen,  deren  Genauigkeit  al- 
lerdings durch  die  verschiedenartigsten  Unterlagen  erhöht  wer- 
den kann.  Schätzungen,  die  Anspruch  auf  Genauigkeit  erheben 
dürfen,  können  aber  nur  von  Leuten  mit  ausgiebiger  Werkstatt- 
praxis vorgenommen  werden.  [>ementsprechend  werden  häu- 
fig Meister  oder  gute  Vorarbeiter  in  die  Vorkalkulationsabtei- 
lung versetzt.  Da  sich  die  besonderen  Kenntnisse  dieser  Leute 
aber  weniger  auf  gewisse  Arten  von  Fabrikaten,  sondern  mehr 
auf  die  verschiedenen  Bearbeitungsweisen,  wie  Schmieden,  Frä- 
sen, Drehen  usw.  erstrecken,  so  muß,  um  nicht  auf  ihr  Fach- 
wissen verzichten  zu  müssen,  eine  Unterteilung  der  Arbeiten  nach 
Fabrikaten  unterbleiben.  Es  muß  vielmehr  eine  Verteilung  nach 
der  Art  der  Bearbeitung  vorgenommen  werden,  obwohl  da- 
durch die  Übersichtlichkeit  etwas  leidet.  Schließlich  muß  ein 
Teil  des  Personals  auch  noch  gewisse  kaufmännische  Kennt- 
nisse besitzen,  da  ein  gewisses  Verständnis  der  Fabrikbuchhal- 
tung, besonders  wenn  es  sich  um  die  Unkosten  betreffende  Fra- 
gen handelt,  sehr  erwünscht  sein  kann. 

Da  die  berechneten  Werte  zur  Abgabe  verbindlicher  Preise 
dienen  müssen,  ist  die  früher  häufig  gangbare  Methode  der 
Preisbestimmung  nach  dem  Materialgewicht  unter  Zugrundelegen 
gewisser  Formeln  viel  zu  ungenau.  Jede  Vorkalkulation  muß  sich 
auf  eine  Zeichnung  stützen,  aus  der  der  ganze  Bearbeitungsvor- 
gang bis  in  die  kleinsten  Einzelheiten  abgelesen  werden  kann. 

Es  sei  noch  erwähnt,  daß  bei  Verrechnung  der  Fabrikate 
von  Seiten  der  Fabrik  an  die  Verkaufsabteilungen  zu  festen-  Prei- 
sen (siehe  erster  Teil,  Absatz  5)  die  Genauigkeit  der  Vorkal- 
kulationen eine  ganz  besonders  wichtige  Rolle  spielt;  denn  der 
angegebene  Preis  ist  für  die  Fabriken  späterhin  verbindlich,  was 
zur  Folge  hat,  daß  Mehrkosten  in  der  Bearbeitung  einen  Verlust 
auf  Fabrikationskonto  im  Gefolge  haben.  Deshalb  ist  es  aber 
ausgeschlossen,  daß  solche  Mehrkosten  nicht  besondere  Beach- 
tung finden,  was  häufig  der  Fall  sein  dürfte,  wenn  sie  sich  nur 
in  einer  Verringerung  der  Differenz  zwischen  Verkaufspreis  und 
Selbstkostenpreis  äußern.     Die  Vorkalkulation  wird  dann  zwar 


immer  mit  einer  gewissen  Sicherheitsmarg^  rechnen  müssen; 
daß  dieselbe  aber  nicht  zu  groß  wird,  dafür  werden  die  Ver- 
kaufsabteilungen, besonders  in  Zeiten  schlechter  Konjunktur, 
schon  sorgen. 

2.  Vorkalkulation  der  Lohnkosten. 

Der  Vorkalkulation  von  Lohnkosten  kommt  nicht  nur  die 
Bedeutung  der  Ermittlung  eines  im  Fabrikationsprozeß  aufzu- 
wendenden Kostenfaktors  zu.  Sie  ist  gleichzeitig  für  den  einem 
Arbeiter  erreichbaren  Stundenlohn  im  wesentlichen  maßgebend, 
was  natürlich  nur  für  über  den  garantierten  Shindenk)hn  hinaus 
erreichbaren  Verdienst  bei  nach  der  Leishing  abgestuften  Ent- 
löhnungsformen  gilt.  Der  Geist,  in  dem  Akkordsätze  berechnet 
werden,  ist  ein  Moment,  das  wesentlich  dazu  beiträgt,  gute  Be- 
ziehungen zwischen  Arbeitgeber  und  Arbeitnehmer  herbeizufüh- 
ren. Praktische  und  theoretische  Kenntnisse  genügen  daher  dem 
solche  Ansätze  berechnenden  Beamten  nicht,  er  muß  auch  über 
moralische  Qualitäten  verfügen,  die  dem  Arbeiter  eine  zwar 
streng  gerechte,  aber  den  besonderen  Schwierigkeiten  seiner  Ar- 
beit entgegenkommende  Behandlung  zuteil  werden  lassen. 

Das  Sträuben  der  Arbeiter  gegen  eine  besondere  Abteilung, 
deren  Beftignis  die  Festsetzung  von  Akkordpreisen  ist,  wird  bald 
verschwinden,  wenn  nach  Möglichkeit  mit  wissenschaftlichen  Me- 
thoden und  mit  strenger  Unparteilichkeit  vorgegangen  wird.  So- 
bald der  Arbeiter  sich  darüber  klar  wird,  daß  keine  Herabset- 
zung der  Löhne  angestrebt  wird,  so  wird  er  bald  einsehen,  daß 
er  sich  bei  genauer  und  stabil  bleibender  Bestimmung  der  Ak- 
kordansätze wesentlich  besser  stellt,  als  bei  einer  individuellen 
Festsetzung  derselben,  die  auf  grober  Schätzung  beruht.  Daraus 
ergibt  sich,  daß  eine  Verbilligung  des  Fabrikates  resp.  der  ihm 
innewohnenden  Lohnkosten  nur  durch  eine  Verbesserung  der  Ar- 
beitsmethoden herbeigeführt  werden  kann.  Damit  aber  die  Vor- 
kalkulationsabteilung bei  der  Arbeiterschaft  nicht  in  Mißkredit 
gerät,  muß  sie  dafür  sorgen,  daß  für  gleiche  Arbeiten,  sie  mö- 
gen zeitlich  noch  so  weit  auseinander  liegen,  immer  der  gleiche 
Betrag  veranschlagt  wird.  Dazu  sind  nicht  nur  genaue  Berech- 
nungsmethoden vonnöten,  die  für  gleiche  Arbeiten  auch  immer 
ein  gleiches  Resultat  ergeben,  sondern  auch  eine  ausgedehnte 
Registrahir,  die  es  erlaubt,  eine  früher  vergebene  Arbeit  rasch 
ausfindig  machen  zu  können. 


—     180     — 

Daneben  ist  aber  noch  eine  Akkordstatistik  anzulegen,  die 
über  die  erreichten  Stundenverdienste  Aufschluß  gibt,  durch 
welche  die  Richtigkeit  der  Ansätze  geprüft  wird.  Es  können  na- 
türlich nicht  alle  vergebenen  Akkorde  in  diese  Statistik  aufge- 
nommen werden,  da  sie  dadurch  zu  umfangreich  würde  und  auch 
ihre  Übersichtlichkeit  einbüßen  müßte.  Es  genügt  daher,  wenn 
aus  den  Akkordzetteln  einer  Lohnperiode  einzelne  zu  Stichproben 
ausgesucht  werden.  Dabei  sind  besonders  frisch  vergebene  Ak- 
kordbeträge für  die  ersten  Male  ihrer  Ausführung  zu  berück- 
sichtigen. Die  Statistik  wird  so  angelegt,  daß  für  bestimmte 
Teile  des  Fabrikates  (z.  B.  ein  Gehäuse),  oder  besser  noch  für 
bestimmte  Arten  der  Arbeit  an  je  einem  solchen  Teil  ein  be- 
sonderes Blatt  oder  eine  Karte  ausgefüllt  wird.  Diese  Karte 
(siehe  Form.  Q)  enthält  dann  in  ihren  verschiedenen  Kolonnen: 
1.  das  Datum  der  Eintragung,  um  verschiedene  Zeiten  verglei- 
chen zu  können.  2.  Name  und  Nummer  des  Arbeiters  zur  Be- 
urteilung, ob  der  Verdienst  durch  einen  guten,  mittleren  oder 
schlechten  Arbeiter  erzielt  wurde.  3.  Zur  Bezeichnung  der  Ar- 
beit Kommissionsnummer  und  Zeichnungsnummer.  4.  Zur  Be- 
zeichnung des  Akkordzettels,  dem  die  betreffenden  Angaben  ent- 
nommen wurden,  die  Akkordnummer.  5.  Die  Stückzahl.  Wei- 
tere Angaben  sind  6.  der  Akkordbetrag;  7.  der  Stundenlohnsatz; 
8.  die  Stundenzahl.  Daraus  wird  der  Stundenverdienst  und  der 
Überschuß  in  Prozenten  berechnet.  In  eine  letzte  Kolonne  ist 
nötigenfalls  noch  der  prozentuale  Akkordzuschlag  einzutragen. 
Dem  kommt  folgende  Bedeutung  zu:  Die  durch  die  Kriegszeit 


GegeilStMd :  Gehäuse, 

Arb0it: 

Drehen, 

DatHm 

Nam« 

2 

Komm.- 
Nr. 

Zoichn.. 
Nr. 

■: 

S 

0. 

• 

< 

__ 

Akkord- 
botrag 

Stunden- 
lohn 

4_ 

II 
II 

0  o~ 

i? 

15.  lU.  19 

6.  VI.  19 

29.Vm.19 

Scherrer 

MülUr 

Werner 

2^93 
2521 

2654 

792S5 
90486 

102348 

269314 
26942t 
269378 

'4 
12 

to 

56 
136 
205 

2 

I 
3 

50.20 
48.60  •\-t. 60 

27'  — 

25ao-\-iJ8o 

73.60 
71,50-^-2.10 

1.05 

—'95 
t.io 

2^lt 

5^1^ 

1.50 
1,45 

42J85 
26^1 

3l»8i 

loVo 

25V* 

2SV* 

Formular  9. 


—     181     — 

entstandenen  Lohnerhöhungen  werden  am  besten  nicht  durch 
eine  Erhöhung  der  Akkordbasis  zum  Ausdruck  gebracht,  da 
sonst  keine  Vergleiche  der  Lohnkosten  mit  früheren  Ausführungen 
mehr  angestellt  werden  können,  sondern  einen  zum  Akkordbe- 
trag zu  addierenden  prozentualen  Akkordzuschlag.  Derselbe  ist 
in  der  Statistik  anzugeben,  besonders  wenn  die  Akkordbeträge, 
was  vielfach  geschieht,  nicht  in  gleichem  Maße  gesteigert  wur- 
den wie  die  Stundenlohnsätze. 

Für  Maschinenarbeit  ist  der  Akkordbetrag  immer  in  pro- 
duktive und  unproduktive  Arbeit  zu  trennen.  Die  produktive  Ar- 
beit besteht  aus  dem  Auf-  und  Abspannen  des  Stückes  und  sei- 
ner eigentlichen  Bearbeitung  (drehen,  bohren  usw.);  die  unpro- 
duktive aus  dem  Einrichten  und  Reinigen  der  Maschine  und  dem 
Herbeiholen  von  Zeichnungen  und  Werkzeugen. 

Eine  Trennung  in  die  beiden  Klassen  ist  darum  notwendig, 
weil  bei  Vergebung  einer  größeren  Stückzahl  nur  der  produk- 
tive Akkordbetrag  mit  der  Stückzahl  zu  multiplizieren  ist,  der 
unproduktive  aber  immer  gleich  bleibt.  Dementsprechend  wer- 
den die  Kosten  pro  Stück  je  nach  der  vergebenen  Anzahl  ver- 
schiedene sein.  Es  müßten  daher,  wenn  beide  Klassen  von  Ar- 
beit in  einem  Akkordbetrag  vereinigt  würden,  für  die  gleiche 
Arbeit  je  nach  der  Stückzahl  verschiedene  Akkordbeträge  ange- 
setzt werden,  was  wegen  der  dadurch  entstehenden  Unklarheit 
leicht  zu  Streitigkeiten  mit  der  Arbeiterschaft  führt.  Eine  Tren- 
nung in  produktive  und  unproduktive  Arbeit  hat  auch  noch  den 
großen  Vorteil,  die  durch  Massenfabrikation  in  dieser  Hinsicht 
erzielbaren  Ersparnisse  leicht  abwägen  zu  können.  Zur  bes- 
seren Beurteilung  des  Verhältnisses  von  produktiver  zu  unpro- 
duktiver Arbeit  ist  daher  in  der  vorstehend  genannten  Statistik 
die  zur  Vergebung  gelangte  Stückzahl  einzutragen. 

Eine  Kontrolle  über  die  Richtigkeit  der  Akkordansätze  wird 
neben  der  Statistik  auch  durch  den  Arbeiter  selbst  ausgeübt, 
allerdings  nur  in  Fällen,  wo  der  Akkord  zu  niedrig  berechnet 
wurde.  Denn  wenn  der  Akkordbetrag  dem  Arbeiter  zu  niedrig 
erscheint,  so  kann  er  sich  vor  Beginn  der  Arbeit  beschweren. 
Die  Kontrolle  einer  solchen  Beschwerde  wird  durch  kleine  Ak- 
korde bedeutend  erleichtert,  da  ein  event.  Fehler  leicht  ausfin- 
dig gemacht  werden  kann.  Auch  wird  der  Arbeiter  seine  Ver- 
dienstchancen leichter  abwägen  können.  Häufig  wird  ein  Ar- 
beiter sich   mit  einem  großen   Akkord   nicht  einverstanden   er- 


_     182    — 

klären,  muß  aber  bei  genauer  Prüfung  zugeben,  daß  er  mit  allen 
Ansätzen  für  die  einzelnen,  den  ganzen  Akkord  bildenden  Ope- 
rationen auszukommen  vermag.  Eine  Beschwerde  seitens  des 
Arbeiters  über  einen  zu  niedrigen  Akkordbetrag  darf  aber  nach 
Beendigung  des  betreffenden  Akkordes  nicht  mehr  berücksich- 
tigt werden.  Eine  Ausnahme  bilden  höchstens  überstiegene  Ak- 
korde, die  der  Meister  mit  zu  niedriger  Ansetzung  begründet. 
Findet  der  Arbeiter  den  Akkordbetrag  zu  niedrig  und  hat  er 
ein  gutes  Gewissen,  so  wird  er  schon  zu  Beginn  oder  doch  im 
Verlauf  der  Arbeit  eine  Beschwerde  einreichen.  Nachträgliche 
Untersuchungen  sind  ohnehin  in  den  meisten  Fällen  nicht  mehr 
möglich. 

Damit  aber  dem  Arbeiter  eine  gute  Verdienstchance  gege- 
ben wird,  müssen  die  Beobachtungen,  welche  zur  Bestimmung 
der  Akkordsätze  angestellt  werden,  an  mittleren  Arbeitern  vor- 
genommen werden.  Jedes  Werk  hat  gute,  mittlere  und  schlechte 
Arbeiter,  was  sowohl  auf  Verschiedenheit  in  der  Veranlagung 
und  Geschicklichkeit,  als  auch  auf  Verschiedenheit  der  Anstren- 
gungen zurückzuführen  ist.  Es  wäre  jedoch  ungerecht,  wollte 
man  nur  auf  die  Leistungen  guter  Arbeiter  abstellen,  so  daß 
alle  übrigen  nicht  imstande  wären,  einen  Überschuß  zu  erzie- 
len. Ebenso  wenig  darf  jedoch  die  Leistung  eines  schlechten 
Arbeiters  als  Grundlage  dienen,  da  solche  nur  ein  notwendiges 
Obel  sind.  Zudem  bestünde  die  Gefahr,  daß  die  daraus  hervor- 
gehenden hohen  Oberschüsse  guter  Arbeiter  diese  zu  einer  Ver- 
minderung ihrer  Leistungsföhigkeit  veranlassen  würden.  Nur  die 
Praxis  kann  natürlich  bestimmen,  welche  Leistung  als  eine  mitt- 
lere zu  bezeichnen  ist.  Frühere  Werkstattarbeiter  oder  Meister 
eignen  sich  daher  besonders  für  solche  Untersuchungen. 

Gerade  diese  Vielfältigkeit  der  Leistungen  bildet  die  größte 
Schwierigkeit,  welche  sich  der  Ansetzung  von  Akkordpreisen  in 
den  Weg  stellt.  Da  es  sich  nicht  um  tote  Gegenstände,  sondern 
um  eine  Gruppe  menschlicher  Individuen  handelt,  die  unter  sich 
durch  Verschiedenheit  des  Charakters  und  der  physischen  Ver- 
anlagung wesentlich  voneinander  abweichen  und  die  den  ver- 
schiedensten äußeren  Anstößen  unterworfen  sind,  die  wiederum 
verändernd  auf  sie  einwirken,  ist  eine  rein  wissenschaftliche  Er- 
mittlung ihrer  Leistungsfähigkeit  wohl  kaum  denkbar.  Es  kann 
besten  Falls  eine  Methode  ausfindig  gemacht  werden,  die  die- 
ser Mannigfaltigkeit  einigermaßen  gerecht  wird.     Dabei  ist  es 


—     183    — 

klar,  daß  auf  Massenbeobachtung  beruhende  Resultate  auf  grö- 
ßere Genauigkeit  Anspruch  erheben  können,  als  solche,  die  sich 
auf  Beobachtungen  an  einem  oder  doch  nur  wenigen  Arbeitern 
stützen.  Allein  sind  jedoch  selbst  die  Massenbeobachtungen  und 
die  daraus  abgeleiteten  Durchschnittszahlen  ungenügend.  Han- 
delt es  sich  um  Beobachtungen  an  einer  großen  Zahl  von  Ar- 
beitern, so  ist  durchaus  nicht  bewiesen,  daß  der  sich  erge- 
bende Mittelwert  die  Arbeit  eines  mittleren  Arbeiters  darstellt, 
da  die  gesamte  beobachtete  Arbeiterschaft  sich  sowohl  aus  vor- 
wiegend guten  wie  auch  aus  vorwiegend  schlechten  Elementen 
zusammensetzt.  Zudem  mag  es  sich  um  eine  neue  Arbeit  oder 
Arbeitsmethode  handeln,  die  den  Arbeitern  noch  nicht  geläu- 
fig ist.  Was  aber  für  Beobachtungen  an  einer  ganzen  Gruppe 
von  Arbeitern  gilt,  das  gilt  in  diesem  Falle  auch  für  die  Beob- 
achtungen an  einem  einzelnen  Arbeiter,  den  man  viele  Male 
die  gleiche  Arbeit  verrichten  läßt,  um  die  mittlere  Arbeitsdauer 
festzustellen.  Hier  zeigt  es  sich,  daß  vielfach  für  die  gleiche 
Operation  so  verschiedene  Zeiten  aufgewendet  werden,  daß  auf 
das  Vorhandensein  von  Ursachen  geschlossen  werden  muß,  die 
sich  der  genauen  Bestimmung  entziehen.  Deshalb  sind  Werte, 
die  sich  auf  Grund  irgend  einer  Formel  aus  den  gemachten  Beob- 
achtungen ableiten  lassen,  sehr  skeptisch  aufzunehmen.  Von 
einer  auf  wissenschaftlicher  Grundlage  beruhenden  Ansetzung, 
wie  sie  hauptsächlich  von  den  amerikanischen  Anhängern  der 
Zeitstudien  (Time  studies)  verfochten  wird,  kann  daher  wohl 
kaum  die  Rede  sein;  es  sei  denn,  daß  auch  alle  das  Individuum 
beeinflußenden  äußeren  Einflüsse,  wie  z.B.  die  Ermüdung  (die 
sich  in  verschiedenen  Tageszeiten  verschieden  geltend  macht), 
die  Einwirkung  des  Beobachtetwerdens  (die  gewisse  Arbeiter 
ihr  Tempo  verlangsamen  läßt,  andere  zu  einer  nervösen  Be- 
schleunigung antreibt,  die  auf  die  Dauer  nicht  aufrecht  erhalten 
werden   kann)   u.   a.   m.   zum   Ausdruck   gebracht  werden. 

Es  sind  selbstverständlich  Regelmäßigkeiten  vorhanden,  die 
zwar  ausgenützt  werden  müssen,  aber  nicht  dazu  verleiten  dür- 
fen, ein  strammes,  gedankenloses  Schema  zur  Anwendung  zu 
bringen.  Wie  hierbei  bei  den  sogen.  Zeitstudien  verfahren  wird, 
kann  am  besten  durch  ein  Zahlenbeispiel  gezeigt  werden.  Es 
seien  für  eine  bestimmte  Operation  120  Beobachtungen  gemacht 
worden,  wobei  es  ziemlich  gleichgültig  ist,  ob  diese  an  einem 
oder  mehreren  Arbeitern  vorgenommen  worden  sind.    Meistens 


—     184     — 


—     185     — 


stammen  sie  allerdings  von  einem  Arbeiter.  Welche  Zeiteinheit 
benützt  wird,  ob  Minuten  oder  Vioo  Minuten,  ist  für  das  Bei- 
spiel belanglos.  Nach  Ordnen  der  Zeiten,  nehmen  wir  an,  er- 
geben sich  folgende  Zahlen: 


Antahl  Beobachtungen 

Zeit 

Aniahl  Beobachtungen 

Zeit 

1 

1.0 

10 

2.7 

2 

1.2 

11 

2.8 

3 

1.4 

• 

3.0 

2 

1.5 

7 

3.1 

3 

iJß 

5 

3.2 

4 

1.9 

3 

3.4 

4 

2.0 

2 

3.6 

5 

2.1 

3 

3.8 

7 

2.2 

2 

4.0 

10 

2.4 

2 

4.3 

12 

2.5 

1 

4.5 

13 

2.6 

Trägt  man  nun  diese  Zahlen  (siehe  Fig.  9,  Kurve  I)  in 
der  Weise  auf,  daß  auf  die  X-Achse  die  verschiedenen  Zeiten, 
auf  die  Y-Achse  die  Zahl  der  Beobachtungen  zu  stehen  kommen, 
wobei  auf  jede  einer  Zeit  entsprechende  Gruppe  von  Beobach- 
tungen die  nächstfolgende  gesetzt  wird,  so  ergibt  sich  in  den 


JGrlbn» 


Fig.  9. 

meisten  Fällen  eine  S-förmig  verlaufende  Kurve;  denn  je  mehr 
Beobachtungen  gleiche  und  ähnliche  Zeiten  aufweisen,  um  so 
steiler  verläuft  die  Kurve,  die  sich  bei  geringen  Beobachtungs- 
zahlen mit  verschiedenen  Zeiten  wieder  abflacht.  Dementspre- 
chend würde  der  günstigste  Fall,  in  dem  alle  Beobachtungen  die 
gleiche  Zeit  ergeben  haben,  durch  eine  senkrechte  Gerade  zur 
Darstellung  gelangen.  Je  spitzer  der  Winkel  dieser  Geraden  und 
der  X-Achse  wird,  um  so  ungünstiger  wird  das  Ergebnis.    Al- 


lerdings ergibt  sich  nur  dann  eine  Gerade,  wenn  bei  allen  sich 
aufeinanderfolgenden  Beobachtungen  die  Zeit  im  gleichen  Ver- 
hältnis zunimmt.  Wie  schon  erwähnt,  ergibt  sich  jedoch  mei- 
stens eine  S-förmige  Kurve,  die  bei  regelmäßigem  Verlauf  der 
Sinuskurve  nahekommen  könnte,  was  darauf  zurückzuführen 
ist,  daß  die  kürzesten  wie  die  längsten  Zeiten  mit  kleinen  Beob- 
achtungszahlen zusammenfallen  werden.  Die  meisten  Beobach- 
tungen dagegen  werden  irgend  einen  Mittelwert  ergeben.  Der 
Durchschnitt  aller  dieser  Zeiten,  und  zwar  unter  Berücksichti- 
gung der  Anzahl  der  Beobachtungen,  liegt  im  Wendepunkt  der 
Kurve,  kann  daher  meistens  von  bloßem  Auge  mit  genügender 
Genauigkeit  eingetragen  werden.  Im  angeführten  Beispiel  ent- 
spricht der  Wendepunkt  einer  Zeit  von  2,624,  also  zirka  2,6. 

Häufig  wird  jedoch  nicht  dieser  Mittelwert  als  normale 
Arbeitsdauer  zur  Ansetzung  von  Akkord-  oder  Prämienlöhnen 
verwendet,  sondern  der  Wert,  der  sich,  mit  der  kleinsten  Zeit- 
dauer angefangen,  nach  einer  bestimmten  prozentualen  Höhe 
aller  Beobachtungen  ergibt.  Bezeichnet  man  alle  gemachten 
Beobachtungen  mit  100  o/o  (hier  also  120  Beobachtungen),  so 
würde  z.  B.  ein  Wert  gewählt,  der  sich  nach  30  o/o  aller  Beob- 
achtungen, also  36,  ergeben  würde.  Im  nebenstehenden  Beispiel 
wäre  dieser  Wert  2,3. 

Es  braucht  nicht  besonders  betont  zu  werden,  daß,  wenn 
schon  die  rein  rechnerische  Festsetzung  der  Durchschnittszeit 
als  den  wirklichen  Verhältnissen  nicht  unbedingt  entsprechend 
bezeichnet  werden  muß,  die  willkürliche  Annahme  einer  pro- 
zentualen Beobachtungszahl  noch  viel  weniger  genügen  kann. 
Es  wird  auch  von  den  Anhängern  dieser  letzten  Methode  zu- 
gegeben, daß  Abweichungen  von  der  allgemeinen  Regel  oft  not- 
wendig werden.  Schließlich  könnte  man  auch  diejenige  Zeit 
festsetzen,  die  die  meisten  Beobachtungen  auf  sich  vereinigt. 
Kurve  11  des  Schemas  stellt  die  21ahl  der  Beobachtungen  dar, 
die  eine  gleiche  Zeit  ergeben  haben.  Die  maximale  Beobach- 
tungszahl von  13  entspricht  einer  Zeit  von  2,6,  die  sich  unge- 
fähr mit  der  Durchschnittszahl  deckt,  was  jedoch  durchaus  nicht 
notwendig  ist. 

Letzten  Endes  ist  es  ziemlich  gleichgültig  wie  die  Aus- 
wahl der  normalen  Zeit  aus  den  mit  der  Stopuhr  ermittelten 
Zeiten  getroffen  wird.  Die  Gefahr  bleibt  immer  bestehen,  ganz 
besonders  wenn  von  der  Annahme  ausgegangen  wird,  daß  es 


-     186    — 


—     187     — 


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sich  um  eine  Methode  handelt,  deren  Resultate  wissenschaftliche 
Genauigkeit  beanspruchen  können,  daß  eine  rein  rechnerische 
und  damit  gedankenlose  Zeitbestimmung  vorgenommen  wird, 
die  zweifeltos  in  vielen  Fällen  den  besonderen  Verhältnissen  der 
Arbeit  nicht  gerecht  wird.  Damit  soll  die  Bedeutung  der  Stop- 
uhr  nicht  herabgemindert  werden.  Für  gewisse,  besonders  nicht 
maschinelle  Operationen,  kann  sie  sicherlich  für  die  Ansetzung 
der  Normalzeit  gute  Dienste  leisten.  Es  soll  nur  davor  gewarnt 
werden,  sich  ausschließlich  auf  sie  zu  verlassen.  Augenblicklich 
kann  hierzulande  allerdings  von  der  Anwendung  der  Stopuhr 
kaum  die  Rede  sein,  da  die  Arbeiter  in  ihr  ein  Instrument  zur 
Herabsetzung  der  Akkordsätze  sehen.  Genaue  Aufzeichnungen 
sind  aber  nur  mit  Wissen  des  Arbeiters  möglich.  Demnach 
verdienen  die  vereinzelten  Versuche,  in  denen  sich  ein  Beamter 
mit  in  der  Tasche  versteckter  Stopuhr  Unterlagen  zur  Anset- 
zung der  Normalzeit  sucht,  keine  besondere   Beachtung. 

Es  bleiben  demnach  noch  zwei  Mittel,  die  zur  Bestimmung 
der  Arbeitszeit  angewendet  werden  können,  erstens  die  Schät- 
zung und  zweitens  die  mathematische  Berechnung,  welche  aller- 
dings nur  für  Werkzeugmaschinen  unter  genauer  Angabe  ihrer 
Einstellung  anwendbar  ist. 

Bei  der  Schätzung  muß  beachtet  werden,  daß  sie  natür- 
lich nach  gewissen  Regeln  vorzunehmen  ist,  die  eine  angemes- 
sene Genauigkeit  gewährleisten  und  jede  Willkür  ausscheiden. 
Um  das  zu  erreichen  ist,  wie  bei  Anwendung  der  Stopuhr,  die 
zu  bewertende  Operation  in  die  kleinstmöglichen  Unteropera- 
tionen zu  zergliedern.  Dadurch  wird  das  Schätzen  bedeutend  er- 
leichtert und  die  Möglichkeit  Fehler  zu  begehen,  stark  vermin- 
dert; denn  wenn  eine  Einzeloperation  nur  eine  oder  wenige  Mi- 
nuten in  Anspruch  nimmt,  so  kann  ein  in  ihrer  Berechnung  ein- 
gelaufener Fehler  den  Gesamtbetrag  nicht  wesentlich  verändern. 
Zudem  ist  bei  Kontrollen  der  Richtigkeit,  z.  B.  veranlaßt  durch 
einen  Arbeiter,  die  dann  natürlich  nur  mit  der  Stopuhr  vor- 
genommen werden  können,  die  fehlerhaft  angesetzte  Operation 
leicht  auffindbar.  Auch  ist  zu  bedenken,  daß  solche  Schätzungen 
nur  von  geübten  Praktikern,  am  besten  frühern  Meistern  oder 
Vorarbeitern,  angestellt  werden,  die  die  betreffenden  Arbeiten  ge- 
nau kennen  und  daher  wohl  in  der  Lage  sind,  die  erforderliche 
Dauer  richtig  einzuschätzen.  Fortgesetzte  Übung  bietet  natür- 
lich noch  erhöhte  Gewähr  für  Genauigkeit.     Ferner  steht  schon 


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nach  kürzester  Zeit  ein  großes  Erfahrungsmaterial  zur  Verfü- 
gung, das  besonders  bei  der  feinen  Zerlegung  in  Einzelopera- 
tionen immer  wieder  verwendet  werden  kann.  Durch  besondere 
Aufstellungen  kann  dasselbe,  zu  Kurvenblättern  und  Tabellen  zu- 
sammengestellt, sogar  häufig  dazu  verwendet  werden,  die  Zeiten 
für  Arbeiten  zu  bestimmen,  für  die  noch  keine  Schätzungen  ge- 
macht worden  sind.  So  lassen  sich  z.  B.,  wenn  füi^  das  Aufspan- 
nen von  Wellen  verschiedener  Größe  und  Gewichte  die  betref- 
fenden Zeiten  niedergelegt  wurden,  auch  die  Zeiten  für  solche 
Größen  und  Gewichte  bestimmen,  die  nicht  besonders  eingetra- 
gen wurden,  indem  man  einen  Mittelwert  zwischen  den  beiden 
nächstbekannten  Größen  wählt.  Solche  Tabellen  und  Kurven 
verhüten  auch  verschiedene  Ansätze  für  die  gleiche  Arbeit  und 
ermöglichen  gleichzeitig  eine  große  Zeitersparnis. 

Irgend  eine  Berechnung  eines  mittleren  Arbeiters  oder  einer 
mittleren  Arbeitsleistung  muß  nicht  erfolgen.  Es  geschieht  dies 
nach  bestem  Wissen  und  Gewissen  der  mit  der  Ansetzung  der 
Akkordpreise  betrauten  Beamten,  die  infolge  ihrer  eigenen  Werk- 
stattpraxis und  ihrer  ständigen  Berührung  mit  der  Werkstatt 
zu  beurteilen  in  der  Lage  sind,  welches  eine  mittlere  Leistung 
ist,  selbst  wenn  dieses  Maß  von  Leistungsfähigkeit  an  keinem 
Arbeiter  beobachtet  wurde.  Es  möchte  erscheinen,  als  ob  diese 
berufsmäßige  Schätzung,  besonders  wenn  sie  durch'  aus  dem  Ar- 
beiterstand hervorgegangene  Beamte  vorgenommen  wird,  jede 
auch  unbeabsichtigte  Willkür  viel  eher  beseitigt,  als  die  aus- 
schließlich mit  der  Stopuhr  gemachten  Berechnungen,  die  viel- 
fach von  Beamten  vorgenommen  werden,  die  die  besonderen  Ver- 
hältnisse der  Arbeit  nicht  zu  beurteilen  vermögen.  Es  muß  na- 
türlich immer  dafür  gesorgt  werden,  daß  auch  die  Schätzung 
gleichmäßig  und  streng  objektiv  gehandhabt  wird,  damit  der 
Arbeiter  die  Gewißheit  erhält,  daß  ihm  eine  seinen  Leistungen 
entsprechende  Entlöhnung  zuteil  wird.  Als  Hilfsmittel  dazu  ist 
die  Stopuhr  oft  sehr  empfehlenswert,  solange  ihre  Bedeutung 
nicht  überschätzt  und  nicht  ausschließlich  auf  sie  abgestellt  wird. 

Neben  die  Schätzung  einer  unwissenschaftlichen  Methode 
tritt  für  die  Arbeit  an  Werkzeugmaschinen  die  Berechnung  auf 
rein  wissenschaftlicher  Grundlage.  Nachdem  die  genaue  Einstel- 
lung der  Werkzeugmaschine  bestimmt-  und  vorgeschrieben  ist, 
ebenso  Form  und  Material  des  zu  bearbeitenden  Stückes,  läßt 
sich  die  Zeit,  welche  zur  Bearbeitung  durch  die  Maschine   er- 


«i 


—     188    —  T-    . 

forderlich  ist,  genau  berechnen,  da  die  Beschäftigung  des  Ar- 
beiters hauptsächlich  in  der  Überwachung  besteht,  oder  doch 
zum  mindesten  wesentlich  weniger  Zeit  in  Anspruch  nimmt  als 
die  Dauer  der  Bearbeitung,  welche  die  Maschine  erfordert.  In 
diese  Zeit  kann  natürlich  das  Einrichten  der  Maschine  und  das 
Aufspannen  des  Stückes  nicht  einbezogen  werden.  Beides  ist  ge- 
sondert durch  Schätzungen  zu  ermitteln  und  für  das  Einrichten 
der  Maschine  auch  in  einem  gesonderten  Akkorde  zu  vergeben. 
Da  die  die  Länge  der  Arbeitszeit  einer  Werkzeugfmaschine 
beeinflussenden  Momente  immer  die  gleichen  sind,  ist  es,  um 
unnötige  Arbeiten  zu  vermeiden,  zweckmäßig,  Kurvenblätter  für 
die  einzelnen  Arten  von  Maschinen  anzulegen,  aus  denen  für 
gewisse  Größen  des  zu  bearbeitenden  Stückes  oder  gewisse  Ein- 
stellungen der  Maschine,  die  Bearbeitungsdauer  oder  der  ange- 
setzte Preis  sofort  abgelesen  werden  kann.  Sind  für  die  Zeiten 
des  Aufspannens  gewisse  Werte  ermittelt  worden,  die  als  fest- 
stehend betrachtet  werden,  so  können  sie  zu  der  Maschinenar- 
beit addiert  und  durch  eine  einzige  Kurve  dargestellt  werden. 
(Siehe  Fig.  10  und  11.)  In  Fabriken,  in  denen  keine  allzugroße 
Verschiedenartigkeit  der  Werkzeugmaschinen  und  keine  zu  große 

Schraub«ntchneider«i  —  Stiftschraubtn. 

Zwischen  den  Strichen  liegende  Werte  sind  normale  Bolzen. 
Preise  pro  Stflck  in  Cto.  Maschine  einrichten  30  CU. 


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Fig.  10. 

Zahl  von  verschiedenen  Teilen,  aus  denen  sich  die  Fabrikate  zu- 
sammensetzen, besteht,  oder  im  allgemeinen  für  immer  wieder- 
kehrende Maschinenteile,  ist  es  nicht  notwendig,  Kurvenblätter 
für  die  verschiedenen  Maschinen  aufzustellen.     Es  kann   für  je- 


—     189     — 

den  Teil  des  Fabrikates  eine  Tabelle  aufgestellt  werden,  in  die 
die  verschiedenen  Ausführungen  dieses  Teils  mit  Maßen  und 
Zeichnungsnummern  eingetragen  werden.  Eine  dazu  gehörige 
Tabelle  oder  Karte  weist  die  Zergliederung  der  Bearbeitung  an 


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Ounhmtiw  m  mm 


320    420    4tO     JOO 


Fig.  11. 

diesem  Stück  in  die  einzelnen  Operationen  auf,  unter  Hinzufü- 
gung des  jeweiligen  Preises,  und  zwar  getrennt  in  die  eigentlich 
produktive  Arbeit  und  das  Einrichten.  (Siehe  Form.  10  und  11.) 
Bei  Teilen,  die  in  verschiedenen  Dimensionen  verwendet  werden, 
dient  diese  Karte  noch  zur  Abstimmung  der  Preise,  um  zu 
vermeiden,  daß  für  große  Stücke  gleiche  oder  niedrigere  Löhne 
bezahlt  werden  wie  für  kleine.  Mittlere  Dimensionen  können 
ohne   besondere    Berechnung  geschätzt  werden. 

Stopfböehsen. 


■: 

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Zaiehg. 
Nr. 

Zaiehg. 
Nr. 

Zaicbg. 
Nr. 

Zalcbg. 
Nr. 

Zaichg. 
Nr. 

Zaichg. 
Nr. 

Zaichg. 
Nr. 

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D. 

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100 

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118 

21 

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16710t 

206041 

252001 

220 

170 

100 

200 

t33 

21 

2 

167102206042 

252002 

220 

igo 

100 

220 

148 

21 

3 

167103206043 

252003 

270 

205 

120 

240 

163 

26 

4 

167 104^6044 

252004 

270 

230 

120 

270 

t83 

26 

Formular  10. 


-     190    — 


191 


StopfbOchsen-Preiskarte. 


Ohne  Vorrichtung 

Mit  Vorrichtung 

I 

s 

Drehbank 

Auflen  vor- 
drehen.Boh- 

runs  und 
Nuten.  Zum 

Streifen 
einsetzen. 

Drehbank 

AiiBen 

auf  MaA. 

und  Streifen 

fertis- 

drehen. 

Bull.  Bk. 

Vordere 
Seite  auf 

Länge,  und 
auflen  auf 

MaA+lmm. 

• 

BnlLBk. 

Kaminseite 
auf  Linffe, 

und 

Bohrung, 

ohne  Nuten. 

BalLBk. 

Nur  Nuten 
einstechen. 

Drehbank 
Mit  Mehr- 
stahlhalter. 
Streifen 
fertig- 
drehen.  Um- 
spannen und 
andrehen fflr 
Putter. 

Bull,  oder 
Spos. 

Au0en  auf 
MaA. 

1.  Opar. 

2.  Oper.    1    t  Opar. 
Nach  rot 

2.  Opor. 

Nach  blau 

3.  Opar. 

Nuten 

4.  Opor. 

Streifen 

5.  Opor. 

Nach  XXX 

O 

/ 

.2 

3 

4 

5.00  4-  60 
5JO  4-  <5o 
5-35  4-  <^o 
5.po  4-  ^0 
tf  .20  4-^0 

j.oo  -j-  60 
3J0  4-  ^0 
3»20  4-  60 
3.70  4-  tfo 

j.*o  4-  tf 0 

—7o-\-i.oo 

—  72-^1.00 

-74-^100 

—SS-^LOO 

—90-\-i.oo 

-80  +  70 

-S3  +  70 

-86  +  70 

'-05  +  70 

j.io  +  70 

-46  +  80 
-48  +  80 
-50  +  80 

• 

-60  +  80 

-  62  +  80 

''65  +  60 
t.6s  +  60 
t.6s  +  60 
1^0  +  60 
tJ8o  +  60 

-46+50 

—  50  +  50 

—  52+50 
—56  +  50 
-58  +  50 

Formular  11. 

Bei  größeren  Lohnkalkulationen  darf  das  Verhältnis,  das 
zwischen  dem  auf  feststehenden  Kurven  und  Tabellen  und  dem 
auf  reiner  Schätzung  beruhenden  Teil  der  Unterlagen  nie  außer 
acht  gelassen  werden.  Wenn  schon  viele  der  verwendeten  Kur- 
ven ursprünglich  ebenfalls  auf  Schätzungen  beruhen,  so  sind  sie 
doch  das  Resultat  längerer  Erfahrungen  und  Versuche  und  be- 
sitzen daher  die  nötige  Genauigkeit.  Demgegenüber  stehen  reine 
Schätzungen  für  Operationen,  die  entweder  noch  nie  ausgeführt 
wurden,  oder  die  zu  geringfügig  sind,  um  sie  aus  früheren  Be- 
rechnungen her\'orzusuchen  und  die  sich  zur  Darstellung  durch 
Kurven  oder  Tabellen  nicht  eignen.  Die  Zahl  dieser  Schätzungen 
darf  aber  im  Verhältnis  zu  den  aus  festen  Unterlagen  entnom- 
menen Werten  nicht  zu  groß  werden,  worüber  stets  zu  wachen 
ist;  denn  wenn  irgend  möglich  sollen  feste  Unterlagen  geschaf- 
fen werden,  damit  dem  einzelnen  Beamten  keine  zu  großen  Be- 
fugnisse eingeräumt  werden  müssen,  wodurch  die  Gefahr,  daß 
unrichtige  Ansätze  vergeben  werden,  vergrößert  wird. 

Zu  jeder  berechneten  Zeit  ist  noch  eine  gewisse  Toleranz 
oder  Umtrieb  hinzuzuaddieren,  die  den  Arbeiter  vor  unvorherge- 
sehenen   Störungen   schützen   soll.     Der   Umtrieb   variiert   mei- 


stens zwischen  10  und  25  0/0  der  geschätzten  Zeit.  Es  handelt 
sich  dabei  um  Erfahrungswerte,  die  eine  besondere  Berechnung 
nicht  zulassen.  Die  größten  Toleranzen  sind  zu  gewähren  für 
Arbeiten,  die  auch  zu  denken  geben,  für  solche,  die  Spezialwerk- 
zeuge  erfordern,  und  für  Arbeiten  an  komplizierten  Maschinen. 

Ist  die  genaue  Arbeitszeit  bestimmt,  so  wird  sie  zur  An- 
setzung  des  Akkordbetrages  mit  der  Akkordbasis,  die  keinen 
Stundenlohn,  sondern  den  Stundenverdienst  eines  mittleren  Ar- 
beiters vorstellen  soll,  multipliziert.  Dieser  Stundenverdienst  soll 
so  aufgefaßt  werden,  daß  auch  der  schlechte  Arbeiter  zum  min- 
desten seinen  Stundenlohn  wirklich  verdient,  daß  also  der  Stun- 
denlohnbetrag zum  mindesten  den  Akkordbetrag  nicht  über- 
steigt. Zu  Vergleichszwecken  ist  die  Akkordbasis  meistens  auf 
ihrer  Vorkriegshöhe  belassen  worden;  die  Lohnerhöhungen  der 
Kriegsjahre  werden  dann  durch  Zuschläge  zum  Ausdruck  ge- 
bracht. Je  nach  der  Kategorie  der  Arbeiter  und  der  ihnen  durch 
die  Lage  auf  dem  Arbeitsmarkt  zukommenden  Lohnhöhe  wird 
mit  einer  verschiedenen  Akkordbasis  gerechnet. 

So  z.  B.  für: 
gelernte  Arbeiter  Fr.   1.— Akkordbasis 

ungelernte  Arbeiter  „  —.80 

weibliche  und   Hilfsarbeiter  „  —.55 

Lehrlinge  mit  Stundenlohn  unter  Fr.  — .25     „  — .35 

Die  Übermittlung  der  Akkordpreise  an  die  Werkstatt  kann 
auf  zwei  verschiedene  Arten  erfolgen.  Entweder  kann  eine  der 
Materialaufstellung  oder  -Liste  ähnliche  Lohnaufstellung  an  die 
Werkstatt  gegeben  werden,  aus  der  der  Meister  die  einzelnen 
Posten  je  nach  Bedarf  auf  die  Akkordzettel  überträgt,  wenn  die 
betreffende  Arbeit  zur  Vergebung  gelangen  soll;  oder  es  kön- 
nen die  Akkordzettel  schon  in  der  Vorkalkulationsabteilung  auf 
Grund  der  dort  ausgearbeiteten  Unterlagen  ausgestellt  und  suk- 
zessive mit  fortschreitender  Arbeit  an  die  Werkstatt  abgeliefert 
weiden. 

Geschieht  die  Übermittlung  der  Akkordbeträge  an  die  Werk- 
statt vermittelst  einer  Lohnaufstellung,  so  sind  die  Berechnungs- 
unterlagen entsprechend  zu  ordnen.  Nach  Bestimmung  der  Rei- 
henfolge aller  größeren  Operationen  sind  für  jede  dieser  Opera- 
tionen die  Einzeloperationen  zusammenzustellen,  da  sie  zu  klein 
sind  um  einzeln  vergeben  zu  werden.  Diese  Zusammenziehung 
zu  Akkorden  kann  natürlich  auf  verschiedene  Weise  geschehen, 


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—     192     — 

wenigstens  wenn  die  Arbeit  nicht  ein  untrennbares  Ganzes  bil- 
det,   und   zwar  je   nachdem    welche   Akkordbetragshöhe   als   die 
zweckmäßigste  angesehen  wird.     Bei  Fabrikaten,  die  immer  un- 
gefahr    m    der   gleichen    Zahl    zusammen    und    vorwiegend    bei 
großen  Objekten,  die  meistens  nur  in  einer  Ausführung  an  die 
Werkstatt  vergeben  werden,  können  die  einzelnen  Akkorde  ge- 
nau  umschrieben  werden,  ohne  daß  dem  Meister  besondere  Frei- 
heiten  überlassen  zu  werden  brauchen.   Anders  verhält  es  sich  bei 
kleinen   Stucken,  an   denen   verschiedene,   in   ihrer   Art  ähnliche 
Bearbeitungen  vorgenommen  werden  müssen,  von  denen  jede  nur 
eine  geringe  Zeit  in  Anspruch   nimmt.     In   solchen   Fällen  ver- 
ändert  sich  die  Zweckmäßigkeit,  wie  viele  Operationen  zu  einem 
Akkord  vereinigt  werden  sollen,  nach  der  vergebenen  Stückzahl 
Je  geringer  diese  ist,  um  so  weniger  weit  kann  in  der  Arbeits- 
teilung gegangen  werden,  was  zur  Folge  hat,  daß  mehr  Opera- 
tionen   zu   einem   Akkorde  vereinigt  werden   müssen.     Da  aber 
für  ein   bestimmtes   Fabrikat  oder  Teil  eines  solchen   nur  eine 
Lohnaufstellung   angefertigt    werden    soll,    die    für   verschiedene 
gleiche  Ausführungen   immer  wieder  zur   Verwendung  gelangt 
so  muß  sie  auch  für  die  eben  erwähnten  Fälle  besonders  ange-' 
legt  sein,  d.  h.  es  dürfen   in   ihr  nicht  zu  viele  Operationen  zu 
fertigen  Akkorden  zusammengezogen  werden;  es  muß  das  dem 
Meister  je  nach  dem  Umfang  der  Bestellung  vorbehalten  bleiben 
Der  Meister  hat  sich  jedoch  auf  alle  Fälle  an  die  in  der 
Lohnaufstellung  enthaltenen  Zahlen  zu  halten.    Da  kein  Arbeiter 
eine  Arbeit  beginnen  soll,  bevor  er  einen  Akkordzettel  mit  Ak- 
kordpreis erhalten  hat,  so  kann  auch  kein  Auftrag  begonnen  wer- 
den, bevo*-  nicht  dem  Meister  die  betreffende  Lohnaufstellung  zu- 
gegangen ist.   Es  kann  allerdings  der  Fall  eintreten,  daß  gewisse 
von    der    Vorkalkulationsabteilung    nicht   vorgesehene    Arbeiten' 
die  sich  -rst  im  Verlauf  der  Bearbeitunng  als  notwendig  heraus- 
stellen, in  der  Lohnaufstellung  nicht  enthalten  sind.     Liegt  ein 
solcher  Fall  vor,  so  darf  der  Meister  für  die  Mehrarbeit  nicht 
von  sich  aus  einen  Akkord  vergeben.    Unter  Benützung  eines  be- 
sonders kenntlich  gemachten  Akkordzettels  hat  er  sich  dann  an 
die  VorkaUculationsabteilung  zu  wenden,  wobei  es  gleichgültig  ist, 
ob  er  einen  Preis  vorschlägt,  der  von  der  Vorkalkulation  geprüft 
und  durch  Unterzeichnung  bestätigt  wird,  oder  ob  die  Vorkal- 
kulation den  Preis  besonders  berechnet  und  selbst  einsetzt.    Der 
erste  Weg  dürfte  meistens  vorzuziehen  sein,  da  er  weniger  Zeit 


—     193     — 

in  Anspruch  nimmt.  Entsteht  die  Mehrarbeit  nur  in  diesem 
einen  Fall,  so  ist  die  absolute  Genauigkeit  des  Ansatzes  ohne- 
hin ziemlich  belanglos,  andernfalls  muß  die  betreffende  Opera- 
tion von  der  Vorkalkulation  berechnet  und  in  der  Lohnaufstel- 
lung nachgetragen  werden.  Solche  Mehrarbeiten,  die  eine  Er- 
höhung der  Akkordbeträge  über  die  durch  die  Lohnaufstellung 
gegebenen  Ansätze  benötigen,  können  auch  dadurch  verursacht 
werden,  daß  die  Werkzeugmaschine,  für  welche  der  Ansatz  be- 
rechnet wurde,  für  eine  längere  Zeit  so  beschäftigt  ist,  daß  die 
Arbeit  auf  einer  andern,  für  den  vorliegenden  Fall  aber  weniger 
rationellen  vorgenommen  werden  muß.  In  solchen  Fällen  ist 
von  der  Vorkalkulationsabteilung  an  Stelle  des  in  der  Lohnauf- 
stellung eingetragenen,  ein  der  zur  Verwendung  gelangenden 
Werkzeugmaschine  entsprechender  Akkord  zu  berechnen.  Da 
verschiedene  Werkzeugmaschinen  und  Vorrichtungen  auf  die 
Dauer  der  Arbeit  einen  wesentlichen  Einfluß  ausüben,  genügt 
es  nicht,  wenn  die  Lohnaufstellung  nur  die  Bezeichnung  der  Ar- 
beit und  den  dafür  angesetzten  Preis  aufführt,  es  müssen  auch 
diejenigen  Werkzeugmaschinen  und  SpezialVorrichtungen  ange- 
geben werden,  die  der  Berechnung  zugrunde  liegen.  Es  ver- 
steht sich  von  selbst,  daß  immer  mit  den  für  eine  Arbeit  ratio- 
nellsten Vorrichtungen  gerechnet  wird.  Ein  Wechsel  der  Werk- 
zeugmaschine ist  nur  dann  statthaft,  wenn  die  vorgesehene  schon 
stark  belastet  ist,  eine  andere  jedoch,  an  der  die  Arbeit  eben- 
falls verrichtet  werden  kann,  ohne  Beschäftigung  ist,  da  es  mei- 
stens rationeller  ist,  höhere  als  die  unbedingt  notwendigen  Lohn- 
kosteii  aufzuwenden,  dafür  aber  die  bestehenden  Vorrichtungen 
voll  auszunützen  und  die  Fabrikation  ohne  Stockungen  weiter- 
zuführen. Die  Vorkalkulationsabteilung  kann  aber  meistens 
durch  das  Betriebsbureau  schon  vorbereitet  werden,  w^i.n  die 
vorgesehenen  Werkstattvorrichtungen  nicht  verwendet  i. erden 
können,  denn  es  ist  zweckmäßig,  ein  Exemplar  der  Lohnauf- 
stellung dem  Betriebsbureau  zukommen  zu  lassen,  dem  dadurch 
eine  erneute  Aufstellung  der  Reihenfolge  der  Operationen  erspart 
bleibt.  An  Hand  der  Lohnaufstellung  kann  das  Betriebsbureau 
die  Verteilung  der  Arbeiten  auf  die  Werkzeugmaschinen  vor- 
nehmen, indem  aus  dem  Akkordbetrag  die  Stundenzahl  errech- 
net wird,  für  die  jede  einzelne  Operation  die  Werkzeugmaschi- 
nen in  Anspruch  nimmt.  Bei  dieser  Verteilung  der  Arbeiten  zeigt 
es  sich  daher,  ob  die  von  der  Vorkalkulation  gemachten  Disposi- 

13 


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J 


—     194 


tionen  aufrecht  erhalten  werden  können,  oder  ob  für  einzelne 
Fälle  Neuberechnungen  veranlaßt  werden  müssen.  Es  ist  selbst- 
verständlich, daß  das  Betriebsbureau  auch  darum  Einsicht  in 
die  Lohnaufstellung  haben  muß,  um  fortgesetzten  Aufschluß  über 
die  Kosten  verschiedener  Fabrikationsmethoden  zu  haben. 

In  der  Werkstatt  ist  eine  Kontrolle  einzusetzen,  die  fest- 
zustellen bezweckt,  ob  vom  Meister  oder  dessen  Schreiber  keine 
andern  als  die  Preise  der  Lohnaufstellung  in  die  Akkordzettel 
eingetragen  werden.  Die  Gefahr  wissentlich  falschen  Einsetzens 
ist  allerdings  nicht  sehr  groß,  da  es  für  den  Meister  zu  gefähr- 
lich ist,  und  da  das  Übertragen  der  Akkordbeträge  rein  auto- 
matisch vor  sich  geht.  Immerhin  liegt  darin  die  Schwäche  des 
Systems  der  Übermittlung  der  Akkordpreise  durch  Lohnaufstel- 
lungen, denn  eine  unbedingt  zuverlässige  Kontrolle  ist  wegen 
ihrer  Umständlichkeit  kaum  durchführbar;  man  wird  sich  mit 
Stichproben  begnügen  müssen.  Andererseits  hat  das  System 
den  Vorteil,  daß  die  Arbeiter  nie  ohne  Beschäftigung  zu  sein 
brauchen,  da  der  Meister  kurz  vor  ßeendigung  einer  Arbeit  zur 
Ausstellung  eines  neuen  Akkordes  schreiten  kann. 

Wird  der  Akkordzettel  in  der  Vorkalkulation  oder  in  einer 
andern  Abteilung  ausgestellt,  so  sind  auch  bei  bestem  Funktio- 
nieren dieser  Stellen  kleine  Verzögerungen  immer  möglich.  Da- 
gegen ist  allerdings  noch  zu  sagen,  daß  Schreibarbeiten  so  viel 
wie  möglich  von  der  Werkstatt  ferngehalten  werden  sollen.  Vom 
Standpunkt  der  Vorkalkulationsabteilung  ist  es  natürlich  wün- 
schenswert, wenn  die  Übertragung  in  der  Werkstatt  erfolgt,  da 
sie  dadurch  von  Schreibarbeiten  entlastet  wird.  Es  muß  aber 
doch  betont  werden,  daß  eine  Schreibarbeit,  die  auf  alle  Fälle 
zu  verrichten  ist,  eher  einem  Bureau  als  der  Werkstatt  zuge- 
teilt werden  soll. 

Das  zweite  genannte  System,  bei  dem  die  Akkordzettel 
schon  in  der  Vorkalkulationsabteilung  ausgestellt  und  je  nach 
Bedarf  an  die  Werkstatt  abgegeben  werden,  hat  die  schon  er- 
wähnten Vorteile,  die  Schreibarbeit  aus  der  Werkstatt  zu  ent- 
fernen und  eine  richtige  Einsetzung  der  Akkordbeträge  zu  ga- 
rantieren. Auch  wird  insofern  Arbeit  erspart,  als  die  beson- 
dere Ausarbeitung  der  Lohnaufstellungen  wegfällt.  Dadurch  wird 
auch  eine  größere  Übersichtlichkeit  erzielt,  indem  die  Vorkal- 
kulation von  Lohn-  sowie  Materialkosten  auf  einem  Vordruck 
zusammengezogen    werden    kann,    was,    wenn    eine    besondere 


195     — 


Lohnaufstellung  zu  machen  ist,  eine  nicht  gerechtfertigte  Mehr- 
arbeit bedeutet.  Ein  solcher  Vordruck  würde  auf  der  linken 
Seite  die  genaue  Bezeichnung  der  Materialien,  ihrer  Gewichte 
und  Preise  enthalten,  rechts,  für  jedes  Material  in  der  gleichen 
Linie  fortgesetzt,  die  entsprechenden  Lohnkosten  der  Bearbei- 
tung, und  zwar  in  senkrechte  Kolonnen  nach  den  Berufsarten  ein- 
geteilt. Eine  Scheidung  in  produktive  und  unproduktive  Löhne 
(eigentliche  Bearbeitung  und  Einrichtung  der  Maschine)  wird 
durch  einen  Bruchstrich  erzielt,  der  die  beiden  Preise  trennt. 
Diese  Darstellung  liefert  dem  mit  der  Berechnung  der  Akkord- 
preise betrauten  Beamten  genügende  Anhaltspunkte  zur  Aus- 
füllung der  Akkordzettel,  würde  aber  dem  Meister  nicht  ge- 
nügen. Sie  bietet  den  Vorteil,  daß  die  verschiedenen  Kosten 
eines  Stückes  (Lohn-  und  Materialkosten)  sich  automatisch  zu- 
sammenfinden. 

Welches  der  beiden  Systeme  der  Übermittlung  der  Akkord- 
preise zur  Anwendung  gelangen  kann,  hängt  weniger  von  den 
diesen  Systemen  innehaftenden  Vor-  und  Nachteilen  als  von  den 
besonderen  Verhältnissen  des  Betriebes  ab.  Wäre  dem  nicht  so, 
so  müßte  wohl  dem  System,  das  die  Ausstellung  der  Akkord- 
zettel der  Vorkalkulation  überläßt,  der  Vorzug  eingeräumt  wer- 
den. Dieses  System  macht  eine  Annäherung  von  Vorkalkula- 
tions-  und  Betriebsbureau  notwendig.  Es  wird  häufig  ein  be- 
sonderes Arbeitsverteilungsbureau  gebildet,  das  alle  oder  doch 
gewisse  Funktionen  des  Betriebsbureaus  übernimmt.  In  diesem 
Bureau  werden  alle  von  der  Vorkalkulation  ausgestellten  Akkord- 
zettel gesammelt  und  nach  Bedarf  an  die  Werkstatt  abgegeben. 
Es  darf  aber  nicht  vergessen  werden,  daß,  um  zu  vermeiden, 
daß  für  die  gleiche  Arbeit  zwei  Zettel  ausgegeben  werden,  alle 
zu  einem  Auftrag  gehörenden  Akkordzettel  auf  einmal  ausge- 
stellt werden  müssen,  trotzdem  sich  die  Fabrikation  oft  über 
Monate  hinzieht.  Das  hat  zur  Folge,  daß  sich  im  Arbeitsvertei- 
lungsbureau eine  große  Masse  von  Akkordzetteln  ansammeln 
kann,  die  auf  eine  Art  und  Weise  einzuordnen  sind,  die  für  jede 
gewünschte  Übersicht  Gewähr  bietet.  Das  ist  aber  in  Unter- 
nehmungen, die  sich  mit  der  Herstellung  sehr  verschiedenarti- 
ger Erzeugnisse* in  geringen  Stückzahlen  befassen,  nicht  in  ge- 
nügendem Maße  möglich,  so  daß,  wenn  auch  nur  geringe  Stok- 
kungen  in  der  Fabrikation  wohl  kaum  zu  vermeiden  sind,  wenig- 
stens  nicht  ohne   die  Zahl   der   Beamten   über  das   wünschens- 


^~JSKfS^^i: 


—     196     — 

werte  Maß  zu  erhöhen.  Bei  einer  derartigen  Fabrikation  müs« 
sen  dem  Meister  für  die  Verteilung  der  Arbeiten  innerhalb  sei- 
ner Abteilung  gewisse  Freiheiten  gelassen  werden.  Anders  ver- 
hält es  sich  bei  der  Fabrikation  weniger  Erzeugnisse  in  großen 
Massen,  oder  weniger  großer  Objekte,  durch  die  gleichzeitig 
ein  bedeutender  Teil  der  Werkstatt  beschäftigt  wird,  weil  da- 
durch größere  Einfachheit  und  Übersichtlichkeit  geschaffen  wird, 
welche  die  Disposition  für  die  Werkleitung  sehr  erleichtern.  In 
eine  Unzahl  von  Bestellungen  der  verschiedenartigsten  Dinge 
von  verhältnismäßig  geringer  Bedeutung  ist  es  aber  einer  Zen- 
tralstelle kaum  möglich,  die  nötige  Übersichtlichkeit  zu  bringen. 
Da  kann  nur  ein  harmonisches  Zusammenarbeiten  aller  Betei- 
ligten Erfolg  versprechen,  von  denen  einem  jeden  ein  gewis- 
ser Wirkungsbereich  vorbehalten  bleiben  muß. 

3.  Vorkalkulation  der  Materialkosten  und 
des  Herstellungspreises. 

Wie  für  die  Bestimmung  der  Lohnkosten  ist  auch  für  die 
Bestimmung  der  Materialkosten  eine  genaue  Durchsicht  der 
Zeichnungen  notwendig,  nur  mit  dem  bedeutenden  Unterschied, 
daß  für  die  Materialkosten  alle  bestimmenden  Faktoren  mit 
Ausnahme  des  Preises  schon  in  der  Zeichnung  enthalten  sind, 
oder  doch  daraus  abgeleitet  werden  können,  wobei  die  unbe- 
rechenbaren Faktoren,  die  die  Berechnung  der  Lohnkosten  er- 
schweren, in  Wegfall  kommen.  Für  die  Rohmaterialien  der  un- 
tersten Stufe  ist  vor  allem  die  Bestimmung  des  Gewichtes  vor- 
zunehmen. Dabei  ist  zu  beachten,  daß  nicht  nur  auf  Maße 
und  Gewicht  des  bearbeiteten  Teils  abgestellt  werden  kann,  es 
muß  auch  auf  das  durch  die  Bearbeitung  verloren  gehende  Ma- 
terial Rücksicht  genommen  werden.  Wie  groß  der  Zusatz  zum 
bearbeiteten  Stück  veranschlagt  werden  muß,  kann  nicht  durch 
feste  Zahlen  angegeben  werden,  sondern  ist  ganz  vom  Material 
und  der  Form  des  Stückes  abhängig. 

Die  Bestimmung  des  Bruttogewichtes  wird  durch  Tabellen, 
welche  für  die  einzelnen  Rohmaterialien  eine  Gegenüberstel- 
lung der  Maße  und  Gewichte  bieten,  erleichtert.  Als  weitere 
Erleichterung  müssen  dem  Kalkulator  die  Lagerlisten  zugäng- 
lich gemacht  werden,  in  denen  die  vorhandenen  Materialien  mit 
Maßen  und  Gewichten  eingetragen  sind.    Für  Materialien,  welche 


~     197    — 

abgeschnitten  werden  müssen,  ist  noch  ein  besonderer  geringer 
Zuschlag  für  Reste,  die  keine  Verwendung  mehr  finden  kön- 
nen, hinzuzurechnen.  Die  Materialpreisberechnung  findet  nach 
dem  Bruttogewicht  statt.  Die  Preise  für  100  kg,  100  m  oder 
100  Stück  werden  der  Vorkalkulationsabteilung  auf  besonderen 
Preislisten  übergeben  und  zwar  wird  mit  normalen  konstan- 
ten Preisen  gerechnet.  Eine '  Veränderung  der  als  Rechnungs- 
unterlage dienenden  Preise,  auch  wenn  dieselbe  durch  die 
Marktlage  vollauf  berechtigt  wäre,  ist  darum  nicht  zu  empfeh- 
len, weil  dadurch  jegliche  Vergleichsbasis  zerstört  würde.  Neh- 
men wir  z.  B.  an,  es  würde  an  einer  früher  zu  gewissen  Mate- 
rialpreisen kalkulierten  Maschine  durch  die  Konstrukteure  eine 
Verbesserung  vorgenommen,  die  darauf  abzielt,  die  Fabrikation 
zu  verbilligen.  Die  Kalkulation  des  neuen  Types  gelangt  nun 
aber  zu  einem  höheren  Preis,  da  in  der  Zwischenzeit  die  Ma- 
terialpreise gestiegen  sind,  wodurch  die  Verbesserung  entweder 
gar  nicht  zur  Geltung  kommt,  oder  doch  nicht  zahlenmäßig 
ausgedrückt  werden  kann.  Liegen  nur  kleinere  Schwankungen 
der  Materialpreise  vor,  so  kann  ein  Ausgleich  durch  Ver- 
änderung der  Rabattsätze,  wenn  diese  nicht  vertraglich  festge- 
legt sind,  gesucht  werden.  Trotzdem  empfiehlt  es  sich  in  sol- 
chen Fällen,  daneben  noch  eine  Liste  aller  derjenigen  Materia- 
lien aufzustellen,  welche  den  Preisschwankungen  unterworfen 
waren,  um  zu  errechnen,  in  welchem  Maße  die  Veränderung 
der  Preise  die  Herstellungskosten  des  Fabrikates  beeinflußt.  Bei 
einer  Erhöhung  des  lOOkg-Preises  um  A  Fr.  und  einer  im 
Fabrikat  enthaltenen  Materialmenge  von  M  kg  ergibt  sich  für 
jedes  der  Steigerung  unterworfenen   Materialien   ein   Mehrpreis 

M-A 


für  das  Fabrikat  von  x  =■- 


100* 


Bei  den  durch  den  Krieg  veranlaßten  gewaltigen  Material- 
preissteigerungen ist  diese  Methode  jedoch  unzureichend,  da 
sie  infolge  der  allgemeinen  Teuerung  zu  viel  Zeit  in  Anspruch 
nehmen  würde.  Die  Preissteigerung  muß  daher  in  einem  für 
jede  Art  von  Fabrikaten  besonders  berechneten  Teuerungszu- 
schlag zum  Ausdruck  gebracht  werden.  Zur  Berechnung  des 
Teuerungszuschlages  ist  eine  besondere  Aufstellung  zu  machen. 
Für  die  Lohnkostensteigerung  wäre  das  nicht  notwendig,  da 
für  das  ganze  Unternehmen  meistens  gleiche  Lohnerhöhungen 
vorgenommen  wurden,  die  in  einer  prozentualen  Erhöhung  der 


—     198    — 


Akkordbeträge  (z.B.  25  o/o)  unabhängig  von  der  Art  des  Fa- 
brikates ausgedrückt  werden.  Dieser  Prozentsatz  ist  daher  in 
der  Kalkulation  einfach  zu  den  ursprünglichen  Lohnkosten  hin- 
zuzufügen.  Anders  liegen  die  Verhältnisse  bei  den  Materialien, 
deren  Preissteigerungen  ganz  unregelmäßig  sind  und  daher  ver- 
schiedene Fabrikate  in  sehr  verschiedenem  Maße  beeinflussen. 
Hier  müssen  die  Materialkosten  für  vor  Beginn  der  Teuerung 
vollendete  Ausführungen  mit  denen  der  vorliegenden  Ausfüh- 
rungen verglichen  werden  und  zwar  getrennt  nach  den  einzel- 
nen Materialarten.  Für  jedes  Fabrikat  oder  Type  eines  solchen 
werden  aus  den  Kosten  von  Einzelausführungen  die  durch- 
schnittlichen  Materialkosten  ermittelt,  die  dann  der  Berechnung 
des  Teuerungszuschlages  für  dieses  Fabrikat  zugrunde  gelegt 
werden.  Die  folgende  Aufstellung  zeigt  z.  B.  die  Materialpreis- 
steigerung. 


Grauguß 
Type     frflher         jetit 


A 
B 


680 
6205 


2034 
20382 


Metalignß  Stahlgufl 

frflher       jeUt  frflher 

5          14  377 

263        870  8445 


jetzt 
912 
20308 


A 
B 


Kopfer  Stahl  u.  Eisen      Lasermaterial        Diverses 

rflh 


frflher '     jetzt       frflher 

750       1652  22 

13204    30420      3265 


jetzt      frflher 
64        — 

8535      1730 


jetzt     frflher     jetzt 
85       242 


Bleche 
frflher  jetzt 

223  1530 

4622         23200 

Total-Material 
frflher         jeUt 

2142         6448 


5682  940  2425  38683   MI822 

Die  Steigerung  der  Materialkosten  beträgt  demnach  für 
Type  A  Fr.  4306.-,  für  Type  B  Fr.  73139.-.  Um  nun  zum 
Teuerungszuschlag  zu  gelangen,  sind  sämtliche  Kosten  einander 
gegenüberzustellen.  Rechnet  man  mit  der  Formel: 
Herstellungskosten  =  [Material  (1  -f  x)  +  Lohn  (1  +y)]  (1  -f  z) 
und  setzt  für  x  =  0,05,  für  y=l,50  und  für  z  =  0,15,  was  be- 
deutet, daß  zur  Deckung  der  Fabrikunkosten  ein  Zuschlag  von 
5  0/0  auf  Material  und  von  150  o/o  auf  die  Löhne  erhoben  wird, 
plus  einem  Zuschlag  auf  die  sich  ergebende  Gesamtsumme  von 
15  0/0  zur  Deckung  der  Unkosten  der  zentralen  Verwaltung,  so 
ergibt  sich  folgende  Gegenüberstellung. 

Type  A 


Material 

5  O'o  Unkosten 

Löhne 

25  o/o  Teuerungszulage 

150  0/0   Unkosten 

15  0/0    Unkosten 
Total 


frflher '  jetit 

Fr.  Fr. 

2142.-  6448.- 

107.10  312.40 

502.-  502.- 

-.-  125.50 

753.-  941.25 

3504.10  8339.15 

525.60  1250.90 


Type  B 

frflher  jetzt 

Fr.  Fr. 

38683.—  111822- 

1934.15  5591.10 

4836.—  4836.- 

-.-  1209.- 

7254.—  9067.50 


52707.15  132325.60 

7906.10   19878.83 

4Cß9.70  9590.05   60613.25  152404:45 


199     — 


Daraus  wird  ersichtlich,  daß  zur  Deckung  aller  durch  Preis- 
steigerung neu  entstandener  Kosten  für  Produkt  A  ein  Teue- 
rungszuschlag von  238  o/o  und  für  Produkt  B  ein  solcher  von 
251  o/o  erhoben  werden  muß.  Geschieht  die  Verrechnung  der 
Fabrikate  an  die  Verkaufsabteilungen  nach  festen  Preisen  (er- 
ster Teil,  Abschnitt  5),  so  war  für  früher  nicht  der  Preis  von 
Fr.  4029.70  resp.  60  613.25  maßgebend,  da  die  Vorkalkulations- 
abteilung immer  mit  Minimalkosten  rechnet.  Zu  diesen  errech- 
neten Kosten  muß  noch  eine  gewisse  Sicherheitsmarg^  zuge- 
fügt werden,  so  daß  der  feste  Fabrikpreis  z.  B.  für  A  =  4200, 
für  B  =  61  000  Fr.  gewesen  wäre.  Da  aber  auf  Fabrikations- 
konto keine  Gewinne  erzielt  werden  sollen,  häufig  auch  um  die 
Preise  der  Konkurrenz  anzupassen,  wird  die  Sicherheitsmarge 
nicht  mehr  in  die  Teuerungszuschläge  eingerechnet,  also  der 
Fabrikpreis  nicht  um  238  resp.  251  o/o  erhöht.  Es  werden  zu 
den  Fabrikpreisen  nur  die  durch  die  Teuerung  entstandenen 
Mehrkosten  hinzugezählt,  also  Fr.  4200  +  5560.35  =  9760.35 
resp.  61000  +  91791.20  =  152  791.20,  was  einem  Teuerungs- 
zuschlag auf  Fabrikpreise  von  zirka  233  o/o  resp.  250  o/o  entspricht. 

Nach  Berechnung  der  Material-  und  Lohnkosten  sind,  um 
zu  den  Herstellungskosten  des  Fabrikates  zu  gelangen,  noch  die 
Unkosten  hinzuzufügen,  was  in  den  meisten  Fällen  nach  be- 
stimmten Formeln  geschieht.  Es  sind  besonders  zwei  Arten  sol- 
cher Formeln  zu  unterscheiden,  auf  die  hier  nicht  näher  einge- 
treten werden  soll.  Bei  der  einen  (I)  werden  sowohl  Lohn-  wie 
Materialkosten  mit  dem  gleichen  oder  doch  annähernd  gleichen 
Zuschlag  belegt  (etwa  30—50  o/o),  wogegen  bei  der  andern  (II) 
die  Materialkosten  mit  einem  prozentual  kleinen  (zirka  5  o/o),  die 
Lohnkosten  mit  einem  prozentual  großen  (zirka  100 — 250  o/o)  be- 
lastet werden.  Es  sei  an  dieser  Stelle  nur  darauf  hingewiesen, 
welchen  schädlichen  Einfluß  solche  Formeln  auf  sonst  genaue 
Vorkalkulation  haben  können  und  wie  sie  das  Bild  von  Kosten- 
veränderungen zu  trüben  vermögen.  Angenommen,  es  wird  mit 
der  erstgenannten  der  beiden  Formeln  gerechnet,  so  wird  der 
Konstrukteur  dazu  angehalten,  so  viel  wie  möglich  Material  zu 
sparen,  da  dadurch  das  Fabrikat  am  ehesten  verbilligt  werden 
kann.  Wurde  nun  ein  derartig  verbilligtes  Fabrikat  unter  Zu- 
hilfenahme der  zweiten  Formel  kalkuliert,  so  könnte  es  sich 
leicht  herausstellen,  daß  das  Fabrikat  nicht  etwa  billiger,  son- 
dern  teurer  geworden   ist,   da  es   zwar  weniger  Material-  aber 


—     200     — 


—     201 


'mHI 

^^1 

^B' 

m 

1 

m 

^Hi 

1 

i' 

mehr  Bearbeitungskosten  verursacht  hat,  was  sich  mit  der  einen 
Formel  in  einer  Verbilligung,  mit  der  andern  in  einer  Verteue- 
rung  äußert.  Das  wird  durch  folgendes  Zahlenbeispiel  beleuch- 
tet, wobei  von  der  Annahme  ausgegangen  wird,  daß  ursprüng- 
lich beide  Formeln  das  gleiche  Kalkulationsresultat  ergeben 
haben.  * 


Material 
Lohn 


-f   34  0/0    Unkosten 
Herstellungskosten 


Formel  I 

Fr.   2000.— 
500.- 


•) 


Fr.   2500.— 
,.       850.- 


Material 
-f    5«/o 
Lohn 
-f   150  0/0 


Formel  II 

Fr.   200a- 
100.- 

500.- 
750.- 


>i 


n 


t» 


Fr.   3350.—  Herstellungskosten        Fr.   3350.— 

Nun  wird  durch  eine  Neukonstruktion  eine  Materialerspar- 
nis von  200  Fr.  erzielt,  die  aber  eine  Vermehrung  der  Lohn- 
kosten um  100  Fr.  mit  sich  bringt.  Es  ergibt  sich  dann  folgen- 
des Bild:  "^ 


Materia! 
Lohn 


+   34  0/0    Unkosten 
Herstellungskosten 


Formel  I 

Fr.    1800.— 
600.- 


» 


Fr.   2400.— 
„       816.- 


Material 

+    5  o/o 

Lohn 

-f-    150  o/i 


Formel  II 
Fr.    1800.— 

»       QO.- 

600.- 
000.- 


» 


I» 


Fr.   3216.—  Herstellungskosten        Fr.   3390.— 

Bei  Berechnung  mit  Formel  I  also  eine  Verbilligung,  mit 
Formel  II  eine  Verteuerung  des  Fabrikates.  Da  die  Betriebs- 
leitung auf  Grund  von  Vorkalkulation  bei  den  Konstruktionsab- 
teilungen auf  die  Richtung,  in  welche  Verbilligungen  anzustre- 
ben sind,  hinwirken  kann,  so  werden  diese  Verbilligungen  je 
nach  der  angewandten  Formel  in  Lohnkosten-  oder  Material- 
kosten-Ersparnissen gesucht  werden. 

Sind  nach  Ermittlung  aller  Kostenfaktoren  die  mutmaßlichen 
Herstellungskosten  eines  Fabrikates  zusammengestellt,  so  wer- 
den sie  den  Verkaufsabteilungen  als  Unterlage  zur  Anfertigung 
von  Offerten  mitgeteilt.  Hierzu  dient  ein  besonderer  Vordruck, 
Her  sowohl  von  der  Vorkalkulationsabteilung  ausgestellt,  als 
auch  von  irgend  einer  Verkaufsabteilung  via  der  entsprechenden 
Konstruktionsabteilung  als  Anfrage  in  Umlauf  gesetzt  werden 
kann.  In  diesem  zweiten  Falle  hat  die  Vorkalkulation  nur  die 
Gewichte  und  Preise  einzusetzen  und  den  Zettel  auf  dem  glei- 


chen Weg,  den  er  gekommen  ist,  wieder  zurückzusenden.  Sol- 
che Preiszettel  bestehen  dann  meistens  aus  mehreren  zusammen- 
gehefteten Blättern,  die  in  Original  und  Durchschlägen  jeder 
der  beteiligten  Abteilungen  einen  Beleg  geben.  Ist  für  irgend 
ein  Fabrikat  ein  Preiszettel  ausgestellt  worden,  so  wird  bei  er- 
neuten Anfragen  kein  zweiter  mehr  ausgegeben;  es  genügt  ein 
Hinweis  auf  den  ersten.  Ein  neuer  kommt  nur  dann  in  Frage, 
wenn  das  Fabrikat  eine  Veränderung  erfahren  hat,  oder  wenn 
die  Produktionsbedingungen  sich  derart  verändert  haben,  daß 
eine  Änderung  der  Preise  notwendig  wird. 

Damit  nicht  irrtümlicherweise  für  ein  und  dasselbe  Fabrikat 
zwei  verschiedene  Preiszettel  ausgegeben  werden  und  um  zu 
vermeiden,  daß  einzelne  Teile,  die  in  mehreren  Fabrikaten  Ver- 
wendung finden,  mehrfach  und  ungleich  kalkuliert  werden,  muß 
die  Vorkalkulationsabteilung  über  eine  ausgedehnte  Registratur 
all  ihrer  Berechnungen  verfügen.  Die  viele  Schreibarbeit,  die 
mit  einer  solchen  verbunden  ist,  wird  durch  die  Zeit,  die  mit 
unnötigem  Suchen  verloren  geht,  und  durch  die  Sicherheit,  mit 
der  ein maU gemachte  Berechnungen  wieder  verwendet  werden 
können,  voll  ausgeglichen.  Um  die  gewünschten  Unterlagen 
für  die  verschiedensten  Arbeiten  leicht  zugänglich  zu  machen, 
bedient  sich  die  Vorkalkulationsabteilung  mehrerer  Kartensy- 
steme. Die  wichtigste  dieser  Karten  ist  die  Zeichnungskarte,  in- 
dem nie  ohne  eine  Zeichnung  kalkuliert  wird,  und  nicht  das 
Objekt,  sondern  die  Zeichnungen  des  Objektes  Grundlage  der 
Berechnung  sind.  Für  jede  behandelte  Zeichnung  wird  daher 
eine  Karte  ausgestellt,  die  unter  der  betreffenden  Zeichnungs- 
nummer eingereiht  wird.  Diese  Karte  liefert  folgende  Angaben: 
Erstens  die  Nummer  der  entsprechenden  Material-  und  Lohn- 
aufstellung. Wird  demnach  eine  Zeichnung  zur  Behandlung  an 
die  Vorkalkulation  gegeben,  so  ist  aus  der  Karte  ersichtlich, 
ob  die  Löhne  für  diese  Zeichnung  schon  berechnet  worden  sind 
und  ob  darüber  eine  Lohnaufstellung  existiert.  Bei  notwendigen 
Änderungen  der  Lohnsätze  werden  die  angeführten  Lohnauf- 
stellungen zur  Abänderung  eingezogen.  Zweitens  enthält  die 
Karte  die  Nummer  des  Preiszettels,  in  den  die  sich  aus  der 
Zeichnung  ergebenden  Berechnungen  aufgenommen  sind.  Da- 
durch soll  vermieden  werden,  daß  neue  Preise  ausgegeben  wer- 
den, ohne  daß  die  alten  annulliert  wurden.  Drittens  wird  in  die 
Zeichnungskarte  eingetragen,   bei   welchen   Typen   des   Fabrika- 


^i 


3 


- 


—     202     — 


—     203 


tes  die  Zeichnung  verwendet  wird.  Besondere  Eintragungen 
geben  noch  die  Zeichnungsnummern  event.  zur  ursprünglichen 
Zeichnung  gemachter  Änderungen.  Fehlt  es  an  der  nötigen 
Zeit,  eine  Lohnaufstellung  herauszugeben,  oder  wird  ihre  An- 
fertigung unterlassen,  da  es  sich  um  einmalige  Herstellung  einer 
veralteten  Konstruktion  oder  einer  Versuchsausführung  handelt, 
so  wird  der  Zeichnungskarte  eine  zweite  Karte  angeheftet,  auf 
der  die  verausgabten  Löhne  eingetragen  werden.  Diese  Karte 
wird  vernichtet,   sobald   eine   Lohnaufstellung  ausgegeben   wird. 

Eine  zweite  Karte  ist  die  Typenkarte.  Alle  Typen  der  Fa- 
brikate werden  meistens  durch  Buchstaben,  Zahlen,  oder  bei- 
des kombiniert,  bezeichnet.  Nach  diesen  Bezeichnungen,  die  am 
Kopf  der  Karte  eingetragen  werden,  sind  dieselben  zu  registrie- 
ren. Ihr  Hauptzweck  besteht  darin,  dem  Kalkulator  darüber 
Aufschluß  zu  erteilen,  ob  für  die  betreffende  Type  sowohl  Ma- 
terial- wie  Lohnkosten  bereits  berechnet  worden  sind.  Es  wird 
daher  die  Nummer  der  Kalkulation  und  der  Lohnaufstellung  in 
die  Karte  aufgenommen,  ebenso  die  Nummer  des  Preiszettels 
und  die  Kommissionsnummern,  unter  denen  das  f^brikat  zur 
Ausführung  gelangt  ist.  Schließlich  wird  noch  der  Schrank  und 
das  Fach  angegeben,  in  dem  die  betreffende  Kalkulation  auf- 
bewahrt wird. 

Ferner  muß  eine  Karte  für  die  normalen  Bestandteile  ge- 
führt werden.  Mehrere  solcher  Bestandteile  zusammen  können 
wieder  einen  normalen  Bestandteil  ergeben,  schließlich  kann  auf 
diese  Weise  ein  ganzes  Fertigfabrikat  zur  Normalie  werden. 
Diejenigen  Maschinenteile,  die  zu  Normalien  erhoben  werden, 
werden  durch  das  Betriebsbureau  bestimmt  und  der  Vorkalku- 
lationsabteilung, wie  auch  den  übrigen  Interessenten  durch  Li- 
sten mitgeteilt.  Diese  Teile  sind  damit  als  fertig  durchkonstru- 
iert zu  betrachten  und  können  in  Massen  auf  Vorrat  fabriziert 
werden.  Da  sie  bei  Verwendung  für  Fertigfabrikate  nicht  mehr 
einzeln  angefertigt,  sondern  vom  Lager  abberufen  werden,  ver- 
dienen sie  auch  eine  besondere  Behandlung  durch  die  Vorkal- 
kulation. Sie  stellen  eine  Maschineneinheit  dar,  die  immer  wie- 
der von  der  Werkstatt  verlangt  wird.  Aus  diesem  Grunde  wer- 
den die  Preise  für  die  Herstellung  von  100  Stück  berechnet,  und 
es  wird  die  gesamte  Kalkulation  für  ein  solches  Stück  auf  einer 
Bestandteilkarte  zusammengestellt.  Die  eine  Seite  dieser  Karte 
dient  der  Materialkalkulation   und  enthält  die   Bezeichnung  des 


Materials,  seine  Art,  Brutto-  und  Nettogewicht,  den  Einheits- 
preis .  und  schließlich  Materialkosten.  Am  Kopf  dieser  Seite 
wird  die  Nummer  des  Bestandteils,  nach  der  die  Karten  eingeord- 
net werden,  sowie  die  Nummer  der  Zeichnung  und  die  genaue 
Bezeichnung  des  Stückes  in  Worten  eingetragen.  Die  andere 
Seite  enthält  die  Lohnkalkulation,  geordnet  in  der  Reihenfolge 
der  Operationen  mit  zur  Ansetzung  von  Akkorden  zusammen- 
gesetzten Preisen,  wie  in  der  Lohnaufstellung,  wieder  getrennt 
in  die  eigentliche  Arbeit  und  das  Einrichten  der  Maschine.  Für 
Kalkulationen  von  Fertigfabrikaten,  die  sich  ganz  oder  doch 
teilweise  aus  normalen  Bestandteilen  zusammensetzen,  können 
daher  diese  Karten  verwendet  werden,  indem  die  Kosten  für 
die  Bestandteile  nicht  mehr  gesondert  zu  berechnen  sind,  son- 
derh  einfach  aus  denselben  übertragen  werden  können. 

Schließlich  seien  noch  die  Karten  für  Spezialwerkzeuge  er- 
wähnt, die  nach  Zeichnungsnummern  abgelegt  werden.  Unter 
jeder  Position  der  Zeichnung  werden  die  zu  ihrer  Bearbeitung 
vorhandenen  SpezialVorrichtungen  aufgeführt  unter  Angabe  des 
Verwendungszwecks  und  der  event.  Zeichnungsnummer  des 
Werkzeuges.  Eine  besondere  Rubrik  dient  noch  zur  Aufnahme 
von  Angaben  über  die  Bestellung  solcher  Werkzeuge.  Da  als 
Grundlage  der  Berechnungen  immer  die  billigste  und  rationell- 
ste Bearbeitungsmethode  angenommen  werden  soll,  ist  es  not- 
wendig, sich  einen  klaren  Überblick  über  die  vorhandenen  Vor- 
richtungen und  ihre  Verwendungsmöglichkeit  zu  verschaffen, 
was  bei  der  großen  Zahl  solcher  Werkzeuge  nicht  aus  dem 
Gedächtnis  möglich  ist.  Um  bei  Behandlung  einer  Zeichnung 
die  dazu  gehörigen  Werkzeuge  übersehen  zu  können,  sind  diese 
Karten  für  SpezialVorrichtungen  anzulegen. 

Die  fertigen  Kalkulationen  werden  in  Mappen  aufbewahrt, 
auf  deren  Deckel  die  Bezeichnung  des  Gegenstandes,  die  Num- 
mer der  Zusammenstellungszeichnung,  der  Lohnaufstellung  und 
der  Aufbewahrungsort  angegeben  werden.  Ebenso  ist  ein  Ver- 
merk anzubringen,  ob  die  Kalkulation  in  allen  Teilen  vollendet 
ist.  Bevor  eine  neue  Mappe  angelegt  wird,  muß  in  den  Ty- 
penkarten nachgesehen  werden,  ob  für  die  betreffende  Type 
noch  keine  Mappe  vorhanden  ist;  für  eine  neue  Mappe  muß 
umgekehrt  auch   eine   Typenkarte   eingereiht   werden. 

Die  Registratur  muß  natürlich  ganz  den  besonderen  Ver- 
hältnissen des   Betriebes  angepaßt  sein;  die  hier  kurz  niederge- 


<■*'■ 


—     204     — 

legten  Qrundzüge  geben  nur  die  Hauptmerkmale.  Auf  alle  Fälle 
ist  es  nur  vermittelst  einer  übersichtlich  und  ordentlich  geführ- 
ten Registratur  möglich,  das  schnell  sich  mehrende  Zahlenma- 
terial voll  auszunützen,  so  daß  jede  Vergeudung  an  mensch- 
licher Arbeit  vermieden  wird  und  Resultate  erzielt  werden,  die 
alle  gemachten  Erfahrungen  in  sich  vereinigen. 


—     205     - 


SECHSTER  TEIL. 

Nachkalkulation  und  Unkostenverteilune. 

1.  Die  Nachkalkulation. 

Die  Nachkalkulationsabteilung  ist  vorwiegend  eine  Kontroll- 
stelle, welche  den  abgeschk>ssenen  Fabrikationsprozeß  zu  über- 
prüfen hat.  Es  wird  durch  sie  jedoch  keine  Prüfung  hinsicht- 
lich der  Qualität  des  Fabrikates  und  der  von  ihm  verlangten 
Leistungen  angestrebt;  das  geschieht  durch  Werkstattkontrol- 
leure und  eine  besondere  Versuchsabteilung.  Die  Kontrolle  der 
Nachkalkulation  erstreckt  sich  auf  die  durch  den  Herstellungs- 
prozeß verursachten  Kosten.  Sofern  es  sich  jedoch  nicht  um 
ganz  einfache  Fabrikate  handelt,  die  als  einziges  Produkt  von 
dem  in  Frage  stehenden  Unternehmen  in  größeren  Massen  fa- 
briziert werden,  genügt  die  einfache  Zusammenstellung  der  Ko- 
sten zur  Ermittlung  des  Herstellungspreises  nicht,  da  dieser 
Zusammenstellung  an  sich  noch  keine  Kontrollfunktion  anhaf- 
tet. Auch  muß  streng  auseinander  gehalten  werden,  daß  eine 
Überprüfung  der  Kosten  aus  einer  bloßen  Prüfung  von  Zahlen, 
also  einer  rein  buchhalterischen  Funktion,  und  einer  Prüfung  des 
Fabrikationsprozesses  selbst,  einer  buchhalterischen  sowie  auch 
technischen  Funktion  stattfinden  kann.  Nur  letztere  bietet  ab- 
solute Gewähr  für  Genauigkeit  und  stellt  eine  Kontrolle  dar,  die 
sich  in  rechnerischer  Beziehung  über  den  ganzen  abgeschlosse- 
nen Fabrikationsprozeß  erstreckt.  Es  soll  damit  eine  Kontrolle 
auch  über  die  Werkstatt  ausgeübt  werden,  ohne  daß  die  Nach- 
kalkulationsabteilung mit  dieser  in  direkte  Berührung  tritt.  Da- 
bei ist  von  der  Vorstellung  auszugehen,  daß  jeder  durch  den 
Fabrikationsprozeß  verursachten  Handlung  ein  Kostenfaktor  ent- 
spricht, durch  den  diese  Handlung  ausgedrückt  wird.  Die  Ele- 
mente einer  Kalkulation  dürfen  daher  nicht  als  tote  Zahlen,  son- 
dern als  Tcitoperationen  des  Fabrikations prozesses,  die  lediglich 
durch  Zahlen  ausgedrückt  sind,  aufgefaßt  werden.  Demgemäß 
wäre  z.  B.  nicht  nur  zu  kontrollieren,  ob  ein  einer  Kommissions- 


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—    206    — 

nummer  belasteter  Arbeitslohn  die  vorgeschriebene  Höhe  nicht 
übersteigt  und  richtig  berechnet  worden  ist,  sondern  auch  ob 
die  durch  diesen  Arbeitslohn  ausgedrückte  Arbeitsoperation  zur 
Herstellung  des  betreffenden  Fabrikates  notwendig  gewesen  ist. 
Um  das  zu  erreichen,  ist  der  Fabrikationsprozeß  an  Hand  der 
Zeichnungen  im  Geiste  zu  rekonstruieren  und  mit  der  durch  die 
Zahlenunterlagen  ermöglichten  Rekonstruktion  zu  vergleichen. 
Bei  Wiederholung  gleicher  oder  doch  ganz  ähnlicher  Ausfüh- 
rungen können  allerdings  die  Zahlenunterlagen  genügen,  da  der 
Kalkulator  die  Erfordernisse  der  Fabrikation  mittlerweile  auch 
ohne  Zuhilfenahme  der  Zeichnung  kennen  gelernt  hat. 

Es  sollen  jedoch  nicht  einzig  die  Kosten  des  Fabrikations- 
prozesses und  dieser  selbst  von  der  Nachkalkulation  Icontrol- 
liert  werden,  sondern  auch  die  für  denselben  vorausberechneten 
mutmaßlichen  Kosten,  also  der  Voranschlag  der  Vorkalkulation. 
Kleine  Abweichungen  zwischen  den  veranschlagten  und  den  ef- 
fektiven Kosten  sind  natürlich  unvermeidlich,  besonders  wenn 
man  bedenkt,  daß  die  Vorkalkulation  immer  mit  den  rationell- 
sten Fabrikationsmethoden  rechnet,  die  nicht  immer  angewen- 
det werden  können.  Rechnen  beide  Abteilungen  mit  denselben 
Preisen,  so  ist  ein  Mehraufwand  für  Materialien  auf  Stücke  zu- 
rückzuführen, die  entweder  in  der  Vorkalkulation  nicht  enthalten 
waren,  oder  die  ersetzt  werden  mußten,  da  sie  in  der  Fabrika- 
tion verdorben  wurden.  Differenzen  in  den  Lohnkosten  entste- 
hen durch  übers tiegene  Akkorde,  oder  ebenfalls  durch  unvorher- 
gesehene Mehrarbeit.  Deckt  sich  die  Summe  von  Lohn-  und 
Materialkosten  der  Vorkalkulation  mit  der  der  Nachkalkulation, 
so  müssen  sich,  wenn  mit  den  gangbaren  Kalkulationsformeln 
gerechnet  wird,  auch  die  Gesamtresultate  decken.  Daraus  er- 
gibt sich  aber,  daß  in  beiden  Berechnungen  die  Fabrikations- 
dauer außer  acht  gelassen  wird.  Es  entstehen  daher  scheinbar 
keine  Mehrkosten,  wenn  die  Fabrikation  eine  längere  Dauer  be- 
ansprucht als  ursprünglich  erwartet  wurde.  Daß  dem  jedoch 
nicht  so  sein  kann,  liegt  klar  auf  der  Hand.  Im  folgenden  soll 
auf  diesen  Widerspruch  noch  näher  eingetreten  werden. 

Endlich  vertritt  die  Nachkalkulationsabteilung  noch  die  Fa- 
brik im  engeren  Sinne  gegenüber  den  Verkaufs-  und  Verwal- 
tungsorganen. Infolge  ihrer  mannigfaltigen  Erfahrungen  und 
Unterlagen  ist  sie  die  geeignetste  Stelle  zur  Prüfung,  ob  die 
von  den  Verkaufsabteiiungen  vereinbarten  Preise  für  die  Fabrik 


—     207     — 

annehmbar  sind  oder  nicht.  Das  gilt  natürlich  ganz  besonders 
dann,  wenn  die  Fabrik  die  Fabrikate  zu  festen  Preisen  abgibt. 
Weil  die  abgegebenen  Preise  für  sie  bindend  sind,  ist  ein  Ver- 
lust auf  Fabrikationskonto  nicht  ausgeschlossen.  Daher  sind  die 
von  den  Verkaufsorganen  auf  Grund  von  Preislisten  in  die  Be- 
stellung aufgenommenen  Fabrikpreise,  welche  die  Grundlage  der 
Verkaufspreise  bilden,  vor  dem  endgültigen  Abschluß  des  Ge- 
schäftes noch  zu  prüfen,  um  einer  unrichigen  Übertragung  oder 
Ansetzung  der  Fabrikpreise  vorzubeugen,  bei  der  die  Fabrik 
Gefahr  läuft,  den   Auftrag  mit  Verlust  abzuschließen. 

Schließlich  ist  noch  eine  buchhalterische  Funktion  der  Nach- 
kalkulationsabteilung zu  nennen,  die  darin  besteht,  die  Monats-, 
Quartals-  und  Jahresziffern  der  Fabrikationsmenge,  ausgedrückt 
in  Herstellungspreisen,  die  zur  Entlastung  des  Fabrikationskon- 
tos und  zu  verschiedenen  statistischen  Arbeiten  verwendet  wer- 
den, festzustellen.  Bei  der  Verrechnung  der  Fabrikate  zu  festen 
Fabrikpreisen  kommt  noch  die  Ermittlung  der  Differenz  zwischen 
der  Summe  dieser  Fabrikpreise  und  der  Summe  der  Herstel- 
lungskosten hinzu,  die,  da  das  Fabrikationskonto  in  diesem  Falle 
mit  den  Fabrikpreisen  entlastet  wird,  einen  Gewinn  resp.  Ver- 
lust für  dieses  Konto  zur  Folge  hat. 

Das  Verhältnis  der  buchhalterischen  zu  den  auch  die  tech- 
nische Seite  der  Fabrikation  kontrollierenden  Funktionen  der 
Nachkalkulationsabteilung  wird  prinzipiell  durch  die  Art  der  Fa- 
brikation (Massen-  oder  Einzelfabrikation)  bedingt.  Praktisch 
kommt  es  jedoch  auf  die  Unterlagen  an,  welche  häufig  auch 
bei  Einzelfabrikation  eine  zuverlässige  Kontrolle  nicht  zulassen. 
Trotzdem  handelt  es  sich  immer  um  ein  Zusammenstellen  von 
Zahlen  aus  von  der  Werkstatt  gelieferten  Unterlagen,  die  aber, 
je  nach  ihrer  Anordnung,  den  Fabrikationsgang  mehr  oder  we- 
niger genau  zu  überblicken  gestatten.  Folglich  sind  auch  die 
zur  Nachkalkulation  angewendeten  Systeme  in  verschiedenen  Un- 
ternehmungen äußerlich  ganz  verschiedene.  Sie  ergeben  sich 
aus  der  Gesamtorganisation  des  Betriebes,  welche  wiederum 
zum  Teil  von  der  Auffassung  abhängig  ist,  welche  über  die 
Aufgabe  der  Nachkalkulation  besteht.  Da  aber  alle  diese  Sy- 
steme eine  Sammlung  der  zur  Herstellung  eines  Fabrikates  ver- 
ausgabten Kosten  bezwecken,  so  ist,  abgesehen  von  der  Kon- 
trollmöglichkeit, der  Grundgedanke  immer  derselbe.  Es  soll 
daher  hier   nur   kurz  auf  den   Gang  der  Nachkalkulationsarbei- 


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—     208     — 

ten  hingewiesen  werden,  wie  er  sich'  aus  den  oben  besprochenen 
Methoden  der  Verrechnung  für  Löhne  und  Materialien  ergibt. 

Jeder  Auftrag  gewinnt  eigentlich  erst  nach  seiner  Vollen- 
dung Bedeutung  für  die  Nachkalkulationsabteilung.  Vor  diesem 
Zeitpunkt  kommt  sie  mit  ihm  nur  bei  der  oben  erwähnten  Preis- 
kontrolle und  bei  der  Ausstellung  des  Lohnentzifferungsblattes, 
welches  zur  Eintragung  der  Lohn  betrage  dient  (siehe  4.  Teil, 
2  b),  in  Berührung.  Erst  nach  Bekanntgabe  der  Fertigstellung, 
die  durch  das  Betriebsbureau  vermittelst  der  Schließungslisten 
erfolgt,  kann  die  eigentliche  Nachkalkulation  beginnen.  Aller- 
dings wird,  besonders  bei  Objekten  mit  langer  Fabrikations- 
dauer, schon  vor  diesem  Datum  eine  Sammlung  der  aufgelau- 
fenen Kosten  vorgenommen,  der  aber  noch  nicht  die  Bedeutung 
einer  Kalkulation  zukommt.  Es  handelt  sich  dabei  um  vorbe- 
reitende Arbeiten,  die  auch  durch  andere  Abteilungen  ausgeführt 
werden  können.  Auch  zur  Ermittlung  des  Postens  Halbfabrikate 
oder  unfertige  Fabrikate  für  Quartals-  und  Jahresbilanzen  werden 
die  aufgelaufenen  Kosten  (nur  Material-  und  Lohnkosten)  zusam- 
mengestellt. Jedoch  ist  auch  diese  Zusammenstellung  keine  Kal- 
kulation, da  sie  rein  buchhalterischen  Charakter  trägt  und  eine 
Kontrolle  über  die  Berechtigung  der  einzelnen  aufgelaufenen  Ko- 
sten nicht  stattfindet.  Der  ermittelte  Wert  dient  lediglich  zur 
Eintragung  in  die  Quartalsbilanzen,  wohingegen  in  die  Jahresbi- 
lanz der  Inventurwert  aufgenommen  wird,  der  allerdings  mit 
dem  Buchwert  ziemlich  genau  übereinstimmen  sollte. 

Die  Schließungslisten  werden  auf  Qrund  von  Fertigmel- 
dungen von  Seiten  der  Werkstatt  ausgestellt.  Sie  umfassen  Fa- 
brikate, die  während  einer  gewissen  Periode,  am  besten  einer 
Lohnperiode,  vollendet  worden  sind.  Die  Eintragung  der  Fabri- 
kate erfolgt  nach  Kommissionsnummern  unter  Hinzufügung  des 
Lieferungsdatums.  Nach  Herausgabe  einer  Schließungsliste,  wel- 
che an  alle  beteiligten  Stellen  übermittelt  wird,  dürfen  auf  die 
in  ihr  figurierenden  Nummern  keine  Materialien  mehr  bezogen 
und  keine  Löhne  mehr  ausbezahlt  werden.  Sofort  nach  ihrem 
Erscheinen  sind  sämtliche  sich  auf  die  fertiggestellten  Nummern 
beziehenden  Unterlagen  an  die  Nachkalkulationsabteilung  zur 
Verarbeitung  abzuliefern.  Die  Kalkulation  beginnt  jedoch  erst, 
wenn  alle  Unterlagen  nicht  nur  für  eine,  sondern  für  alle  in 
einer  gewissen  Periode  geschlossenen  Kommissionsnummern  bei- 
sammen  sind,   was   ein    rationelleres   Arbeiten    ermöglicht.     In- 


—    2og    — 

folge  eines  ungünstigen  Kalkulationsergebnisses  lassen  sich  die 
Preisabmachungen  mit  den  Kunden  ja  ohnehin  nicht  mehr  ver- 
ändern. Nur  für  Reparaturarbeiten  wird  eine  raschere  Erledi- 
gung notwendig,  da  der  Kalkulationsbetrag  dem  Kunden  bela- 
stet wird. 

Die  eigentliche  Kalkulation  beginnt  mit  der  Durchsicht  der 
Bestellung  und  der  verwendeten  Zeichnungen  und  zwar,  um  sich 
die  notwendigen  Fabrikationsoperationen  zu  vergegenwärtigen. 
Nach  dieser  allgemeinen  Übersicht  über  das  zu  kalkulierende 
Objekt  beginnt  die  Materialkalkulation,  welche  sich  je  nach  dem 
angewendeten  System  der  Materialverrechnung  (siehe  3.  Teil) 
verschieden  gestaltet.  Bei  Verrechnung  der  Materialien,  aus- 
schließlich mit  Materialbezugsscheinen,  kann  keine  genügend 
strenge  Kontrolle,  wie  sie  als  wünschenswert  erachtet  werden 
muß,  angestrebt  werden.  Die  Prüfung  kann  sich  einerseits  nur 
auf  die  von  der  Werkstatt  bezogenen  Materialien  erstrecken  und 
nicht  auf  die  durch  die  Materialverwaltung  vorzunehmende  Bu- 
chung, da  der  Materialbezugsschein  die  Materialverwaltung  nur 
passiert,  um  ihr  vorübergehend  als  Unterlage  zu  dienen.  An- 
dererseits ist  aber  auch  die  Kontrolle  über  den  Materialbezug 
keine  vollständige,  besonders  bei  Einzelfabrikation  mit  vielerlei 
Materialien,  da  Bezugsscheine  vertoren  gehen  können,  was  un- 
ter Umständen  nur  mit  Schwierigkeit  ausfindig  gemacht  werden 
kann.  Durch  Verschwinden  eines  Bezugsscheines  oder  eines 
Retourbons  wird  daher  für  das  betreffende  Objekt  die  Material- 
kalkulation   einen   zu   kleinen   resp.   zu  großen    Betrag  ergeben. 

Vorteilhaft  wird  diese  Methode  allerdings  infolge  ihrer  Ein- 
fachheit, wenn  sie  zur  Kalkulation  von  Massenfabrikaten,  die  aus 
wenigen  Materialien  erzeugt  werden,  zur  Verwendung  gelangt. 
Hat  nämlich  der  Kalkulator  alle  notwendigen  Materialien  im 
Kopf,  so  ist  eine  Kontrolle  über  die  Materialbezüge  auch  ohne 
besondere  Unterlagen  durchführbar.  Die  Materialbezugsscheine 
können,  nachdem  geprüft  wurde,  daß  weder  zu  wenig  noch  zu 
viel  Material  bezogen  worden  ist,  einfach  addiert  werden,  womit 
alle  Übertragungsarbeiten  ausgeschaltet  sind. 

Genauer  und  daher  für  die  komplizierteren  Verhältnisse  der 
Einzelfabrikation  auch  angebrachter  sind  die  Verrechnungsmetho- 
den, welche  sich  auf  eine  Materialaufstellung  und  eine  Ausgangs- 
liste stützen.  Die  Kalkulation  bedarf  eigentlich  immer  einer  Ma- 
terial- oder  Stückliste,  auch  wenn  dieselbe  wegen  ungenügender 

14 


—    210    — 


-     211     - 


Normalisierung  des  Fabrikates  nicht  zum  Materialbezug  verwen- 
det werden  kann.  Ist  keine  solche  Materialliste  vorhanden  und 
erfolgen  die  Materialbezüge  auf  Grund  von  einzelnen  Bons,  so 
muß  die  Kalkulationsabteilung  die  Materialliste  selbst  aufstellen. 
AI»  Grundlage  dieser  Aufstellung  dient  die  schon  früher  be- 
schriebene Lager-Ausgangsliste.  Die  so  entstandene  Material- 
liste wird  die  Materialien  dann  allerdings  nicht  in  der  dem  Fa- 
brikationsprozeß entsprechenden  Reihenfolge,  sondern  eher  ge- 
ordnet nach  Lagern  in  erster  und  Bezugsdaten  in  zweiter  Linie, 
enthalten.  Dadurch  wird  natürlich  die  Übersicht  und  damit  die 
Kontrolle  erschwert.  Allein  es  darf  nicht'  vergessen  werden,  daß 
die  Kalkulationsabteilung  nur  dann  als  Aussteller  der  Material- 
liste in  Frage  kommt,  wenn  das  Fabrikat  noch  auf  einer  Stufe 
steht,  die  eine  Ausstellung  durch  das  Betriebsbureau  nicht  er- 
laubt, da  die  Gewähr  noch  nicht  vorhanden  ist,  daß  sich  alle 
beteiligten  Stellen  auch  strikte  daran  halten  können.  Mit  Aus- 
nahme der  durch  das  Aufstellen  der  Materialliste  verursachten 
Arbeiten  bleibt  für  die  Kalkulationsabteilung  die  Arbeitsweise 
dieselbe  wie  in  denjenigen  Fällen,  in  denen  der  gesamte  Ma- 
terialbezug durch  Listen  erfolgt.  In  solchen  Fällen  erhält  auch 
die  Nachkalkulationsabteilung  bei  Vergebung  der  Arbeit  eine  Ma- 
terialliste, die  sich  jedoch  von  dem  Werkstatt-Exemplar  dadurch 
unterscheidet,  daß  sie  um  zwei  Kolonnen  zur  "Eintragung  von 
Einheitspreis  und  Gesamtpreis  erweitert  ist.  Die  Materialbe- 
zugskontrolle wird  nun  durch  Vergleich  der  Ausgangs-  und 
Eingangslisten  mit  den  Materiallisten  vorgenommen.  Jeder  Po- 
sten einer  Ausgangsliste,  der  von  der  Materialbewertungsstelle 
bewertet  worden  ist,  wird  mit  dem  entsprechenden  Posten  auf 
der  Materialliste  zusammengebracht,  was  dadurch  erreicht  wird, 
daß  der  Betrag  von  der  Ausgangsliste  auf  die  Materialliste  über- 
tragen wird.  Das  Auffinden  wird  dadurch  erleichtert,  daß  auf 
die  Ausgangsliste  neben  der  Nummer  der  Materialliste  resp. 
Kommissionsnummer  auch  noch  die  Nummer  der  Position  ge- 
setzt wird.  Ist  der  Posten  der  Ausgangsliste  größer  als  der  ent- 
sprechende der  Materialliste,  so  muß  der  Mehrbetrag  auf  einer 
Eingangsliste,  in  der  jede  Position  durch  einen  Retourbon  be- 
legt wird,  gesucht  werden.  Ist  dieser  Posten  nicht  auffindbar, 
so  ist  anzunehmen,  daß  das  betreffende  Material  in  der  Werk- 
statt zurückbehalten  und  für  eine  andere  Nummer  verwendet 
wurde,  was  darin  seine  Bestätigung  finden  muß,  daß  auf  eine 


andere  Kommissionsnummer  durch  die  Ausgangsliste  ein  zu  klei- 
ner Betrag  ausgewiesen  wird.  Da  auch  das  zum  Materialbezug 
berechtigende  Exemplar  der  Materialliste  von  der  Werkstatt  an 
die  Kalkulationsabteilung  abgeliefert  worden  ist,  so  kann  ohne 
weiteres  festgestellt  werden,  wenn  ein  Materialposten  der  Ein- 
tragung auf  der  Ausgangsliste  entgangen  ist.  Da  aber  die  Aus- 
gangsliste zur  Entlastung  des  Lagerkontos  verwendet  wird,  so 
muß  der  Fehlbetrag  der  Materialverwaltung  angezeigt  und  über 
ein  besonderes  Konto  auf  das  Lagerkonto  verbucht  werden. 
Sollte  ein  Materialposten  unter  falscher  Kommissionsnummer  auf 
die  Ausgangsliste  verbucht  worden  sein,  so  ergibt  sich  das  ganz 
ohne  weiteres  aus  der  Materialliste.  Der  Fehler  kann  nur  bei 
der  Lagerverwaltung  liegen.  Anders  verhält  es  sich  bei  Bezü- 
gen mit  Bons,  da  der  Fehler  nur  dann  leicht  ausfindig  gemacht 
wird,  wenn  für  die  angegebene  Kommissionsnummer  das  betref- 
fende Material  gar  nicht  verwendet  wird  oder  doch  nur  in  einer 
bedeutend  kleineren  Menge.  Zudem  kann  das  Verschulden  aber 
auch  beim  Aussteller  des  Bezugsscheines  liegen. 

Aus  all  dem  geht  hervor,  daß  die  Kontrolle,  welche  über 
Materialbezüge  auf  Grund  von  Materiallisten  ausgeübt  werden 
kann,  eine  viel  wirksamere  ist,  da  sie  sich  auf  alle  mit  dem  Ma- 
terial in  Berührung  kommenden  Instanzen  erstreckt.  Zudem  voll- 
zieht sie  sich  rein  automatisch  und  erfordert  daher  nur  geringes 
Wissen.  Ist  die  Kontrolle  dagegen  abhängig  von  der  Denk- 
arbeit der  mit  ihr  betrauten  Beamten,  so  ist  keine  sichere  Ge- 
währ gegen  Nachlässigkeiten  geboten.  Selbst  wenn  nämlich  eine 
ebenso  wirksame  Kontrolle  durch  Überlegung  und  sorgfältige 
Bearbeitung  der  Unterlagen  möglich  wäre,  was  allerdings  im 
vorliegenden  Falle  nicht  zutrifft,  so  ist  es  doch  sehr  unwahr- 
scheinlich, daß  in  jedem  Einzelfalle  mit  strengster  Gewissenhaf- 
tigkeit gearbeitet  wird.  Wird  zu  dem  Materialbezug  durch  Bons, 
zu  dem  die  Kalkulationsabteilung  eine  Materialliste  aufgestellt 
hat,  eine  Ausgangsliste  hinzugefügt,  so  ist  zwar  eine  genauere 
Prüfung  möglich,  die  jedoch  immer  noch  von  äußerster  Ge- 
wissenhaftigkeit und  technisch  ausgebildetem  Personal  abhän- 
gig ist. 

In  ähnlicher  Weise  wie  die  Materialkosten  sind  auch  die 
Lohnkosten  zu  ermitteln,  jedoch  ist  für  letztere  eine  automa- 
tische Prüfung,  wie  die  für  Materialien  soeben  beschriebene, 
kaum  denkbar,  was  seine   Begründung  darin  findet,  daß  einer- 


—     212     — 

seits  die  Anzahl  der  Akkorde  meistens  viel  größer  ist  wie  die 
der  Materialien  und  daß  andererseits  der  Arbeitsvorgang  viel 
schwerer  zu  normalisieren  ist,  indem  von  dem  festgesetzten  Plane 
häufig  abgewichen  werden  muß,  oder  Mehrarbeiten  entstehen, 
die  überhaupt  nicht  vorauszusehen  waren.  Das  gilt  also  für  alle 
Arten  von  Fabrikation,  mit  Ausnahme  derjenigen,  bei  der  nicht 
nur  das  Produkt  sondern  auch  der  gesamte  Arbeitsgang  bis  in 
alle  Einzelheiten  normalisiert  werden  konnte.  Daher  wird  für 
die  Lohnkosten  eine  immer  mehr  oder  weniger  auf  Überlegung 
beruhende  Prüfung  notwendig  werden.  Wiederum  können  ana- 
log der  Behandlung  der  Materialien  die  verrechneten  Akkord- 
zettel von  der  Kalkulationsabteilung  nach.  Kommissionsnummern 
sortiert  und  die  auf  jede  Nummer  entfallenden  Beträge  addiert 
werden.  Das  kann  sowohl  nach  Schließung  der  einzelnen  Num- 
mern als  auch  sofort  nach  Eingang  der  Akkordzettel  erfolgen. 
Letzteres  ist  vorzuziehen,  weil  dadurch  die  Akkordzettel  sofort 
geordnet  untergebracht  werden  können.  Zu  jedem  einer  Kom- 
missionsnummer angehörenden  Stoß  von  Akkordzetteln  wird  eine 
Karte  gelegt,  auf  welcher  die  jeweiligen  Beträge  einer  Lohnpe- 
riode eingetragen  werden.  Eine  Lohnperiode  nach  Beendigung 
der  betreffenden  Nummer  haben  sich  so  die  gesamten  Lohn- 
kosten dieser  Nummer  zusammengefunden.  Zur  weiteren  Kon- 
trolle sind  dann  sämtliche  Akkordzettel  daraufhin  zu  prüfen, 
ob  sie  alle  notwendigen,  aber  keine  überflüssigen  Arbeiten  um- 
fassen. Diese  Arbeit  wird  für  die  Nachkalkulationsabteilung  da- 
durch erleichtert,  daß  die  einzelnen  Akkordzettel  schon  im  Lohn- 
bureau  auf  die  Entzifferungsblätter  übertragen  werden,  welche 
eine  Gegenüberstellung  der  vorkalkulierten  und  effektiven  Löhne 
und  eine  kurze  Bezeichnung  der  Arbeiten  in  Worten  bieten 
(3.  Teil,  Abschnitt  2  b).  Dadurch  ergibt  sich  ohne  weiteres,  ob 
die  verausgabten  Lohnkosten  sich  mit  den  voraus  bestimmten 
decken,  und  bei  welchen  Arbeiten  eine  Differenz  entstanden  ist. 
Das  läßt  sich  allerdings  auch  ohne  Entzifferungsblatt  auf  ein- 
fache Weise  ausfindig  machen,  indem  nur  die  Zettel  für  über- 
stiegene  Akkorde  und  für  Mehrarbeit  auf  irgend  eine  Art  be- 
sonders kenntlich  zu  machen  sind.  Wichtiger  ist  jedoch,  daß 
sich  mit  einem  Entzifferungsblatt  die  Kontrolle  für  Vergebungen 
einer  größeren  Stückzahl  unter  einer  Kommissionsnummer  leich- 
ter gestaltet.  In  solchen  Fällen  ist  auf  das  genaueste  zu  unter- 
suchen, ob  jede  der  notwendigen  Operationen  in  der  vorgeschrie- 


—     213     — 

benen  Anzahl  von  Malen  ausgeführt  und  auf  die  richtige  Num- 
mer verbucht  wurde.  Solche  Verbuchungsfehler  können  beson- 
ders dann  vorkommen,  wenn  die  Gesamtstückzahl  nicht  gleich- 
zeitig fabriziert  wird  und  die  jeweilig  fertiggestellten  Fabrikate 
in  Teillieferungen  an  den  Kunden  veräußert'  werden. 

Immerhin  muß  gesagt  werden,  daß  die  Nachkalkulation 
durch  Entzifferungsblätter  nicht  wesentlich  erleichtert  wird,  be- 
sonders wenn  man  noch  den  Mehraufwand  an  Schreibarbeit 
in  Betracht  zieht.  Sie  ermöglichen  allerdings  ein  rascheres  Auf- 
finden von  effektiven  Lohnkosten  irgend  eines  Teils  eines  frü- 
her einmal  kalkulierten  Fabrikates,  als  dies  durch  Aufsuchen  der 
damals  verwendeten  Akkordzettel  geschehen  könnte;  dasselbe 
gilt  für  die  Kontrolle  früher  vergebener  Akkordbeträge.  Rein 
vom  Standpunkt  der  Kontrollmöglichkeiten  und  dem  dazu  not- 
wendigen Arbeitsaufwand  aus  gesehen,  sind  aber  beide  Systeme 
(mit  oder  ohne  Entzifferungsblatt)  ziemlich  gleichwertig,  da  in 
beiden  Fällen  sämtliche  Lohnposten  systematisch  durchgesehen 
werden  müssen.  Ein  Fehler  ist  nur  durch  technische  Überle- 
gungen auffindbar.  Eine  rein  automatische  Kontrolle,  analog 
derjenigen  für  Materialien,  ist  nur  bei  ausgedehnter  Normali- 
sierung denkbar,  und  zwar  so,  daß  jedem  Posten  der  durch  die 
Vorkalkulation  ausgestellten  Lohnaufstellung  ein  Akkordzettel  ent- 
sprechen muß.  Wird  diese  Methode  jedoch  schon  bei  ungenü- 
gender Normalisierung  zur  Anwendung  gebracht,  so  besteht  ent- 
weder die  Gefahr,  daß  gerade  die  unvorhergesehenen  Lohnko- 
sten, die  dann  sehr  häufig  auftreten  werden,  nicht  mehr  genü- 
gend Beachtung  finden,  da  die  Kalkulationsbeamten  sich  an  die 
mehr  automatische  Bearbeitungsweise  gewöhnt  haben,  oder  aber, 
daß  zahlreiche  Anfragen  wegen  solcher  Mehrarbeiten  an  die 
Werkstatt  gelangen,  die  hindernd  auf  den  Betrieb  einwirken. 
Allerdings  können  unvorhergesehene  Mehrarbeiten  als  hinrei- 
chend begründet  angesehen  werden,  wenn  die  dafür  ausgestell- 
ten Akkordzettel  von  der  Vorkalkulationsabteilung  visiert  wur- 
den, jedoch  fällt  dann  jegliche  Kontrolle  über  die  Vorkalkulations- 
arbeiten dahin,  was  erst  dann  geschehen  darf,  wenn  auch  die 
Lohnaufstellungen  vollständig  normalisiert  sind.  Um  daher  eine 
wirksame  Kontrolle  zu  schaffen,  ist,  ausgenommen  in  Fällen 
vollständiger  Normalisierung,  eine  im  Geiste  vorzunehmende  Re- 
kapitulation des  Fabrikationsprozesses  bis  in  alle  technischen 
Einzelheiten  notwendig.    Unterstützt  und  erleichtert  kann  diese 


—     214     — 


—     215 


1'  ';■"     1    ' 


Arbeit  allerdings  durch  Zusammenstellung  von  Lohnkosten  glei- 
cher oder  ähnlicher  Ausführungen  werden.  Lohnkostenergeb- 
nisse kleinerer  Einheiten  eines  Fabrikates  können  bei  der  Kal- 
kulation späterer  Ausführungen  summarisch  Verwendung  finden. 

Die  ermittelten  Material-  und  Lohnkosten  müssen  endlich, 
um  zum  Herstellungspreis  zu  gelangen,  noch  um  die  Unkosten 
vermehrt  werden,  was  meistens  durch  prozentuale  Zuschläge 
auf  die  erstgenannten  Gruppen  von  Kosten  geschieht.  Es  wird 
dabei  gleich  verfahren  wie  für  Vorkalkulationen,  so  daß  bei 
gleichen  Lohn-  und  Materialkosten  auch  der  gleiche  Herstel- 
lungspreis errechnet  wird. 

Nach  beendeter  Kalkulation  werden  sämtliche  Kalkulations- 
unterlagen in  einem  Umschlag  verwahrt,  auf  dessen  Deckblatt 
die  einzelnen  Kostengruppen  und  der  gesamte  Herstellungspreis 
eingetragen  werden.  Ferner  werden  die  Kalkulationsergebnisse 
in  ein  nach  Typen  der  Fabrikate  geordnetes  Buch  eingeschrie- 
ben, in  dem  die  Selbstkosten  einer  jeden  Ausführung  der  be- 
treffenden Type  einander  gegenübergestellt  werden.  Diesem 
Buch  kommt  eine  statistische  Bedeutung  zu.  Daneben  wird  zu 
buchhalterischen  Zwecken  das  Tabrikationsbuch  geführt.  Es  ent- 
hält folgende  Angaben:  1.  die  Kommissionsnummer,  2.  den 
Besteller,  3.  die  Bezeichnung  des  Fabrikates,  4.  Material-  und 
Lohnkosten  getrennt,  5.  Unkostenzuschläge,  wiederum  getrennt 
nach  auf  das  Material,  die  Löhne  oder  die  Gesamtsumme  er- 
hobenen, 6.  den  Herstellungspreis  und  endlich  bei  Verrechnung 
zu  festen  Preisen  7.  diesen  festen  Preis  und  8.  den  entstande- 
nen Gewinn  oder  Verlust.  Wird  nicht  nur  für  direkte  Kunden- 
bestellungen sondern  auch  auf  Vorrat  fabriziert,  so  sind  diese 
beiden  Arten  von  Bestellungen  zu  trennen,  um  die  dem  Konto 
des  Fertigfabrikatlagers  zu  belastende  Summe  gesondert  zu  er- 
halten. Das  Fabrikationsbuch  wird  monats-  oder  quartalsweise 
abgeschlossen.  Zu  der  sich  ergebenden  Endsumme  sind  die 
Teillieferungen  der  laufenden  Periode  zu  addieren,  da  sie  in  der 
Endsumme  noch  nicht  enthalten  sind,  weil  nur  abgeschlossene 
Kommissionsnummern  nach  beendeter  Kalkulation  in  'das  Fabri- 
kationsbuch eingetragen  werden.  Dagegen  sind  die  Teilliefe- 
rungen der  vorangegangenen  Periode  von  der  Schlußsumme  ab- 
zuziehen. Die  auf  das  Ende  einer  Periode  aufgelaufenen  Teillie- 
ferungen werden  in  die  nächstfolgende  Periode  vorgetragen.  Mit 
der  sich  nun  ergebenden  Abschlußsumme  ist  das  Fabrikations- 


li« 


konto  zu  entlasten  und  mit  der  Summe  der  auf  die  Fabrikate 
erhobenen  Unkostenzuschläge  (neben  Material  und  Löhnen)  zu 

belasten. 

Aus  Vergleichen  der  durch  die  Nachkalkulation  festgestell- 
ten Selbstkostenpreise  mit  den  Verkaufspreisen  lassen  sich  die- 
jenigen Fabrikate  ermitteln,  die  den  größten  Gewinn  abwerfen 
und  auf  die  daher  das  Hauptgewicht  der  Fabrikation  zu  legen 
ist.  Genaue  Kalkulationsergebnisse  erlauben  daher  die  für  das 
Unternehmen  vorteilhafteste  Entwicklungsrichtung  zu  bestimmen 
und  verhüten  Verluste,  welche  durch  wiederholte  unrichtige  An- 
setzung  von  Preisen  verursacht  werden.  Sie  gewähren  kurz  sämt- 
liche Vorteile,  welche  eine  genaue  Kenntnis  der  Kosten  ver«^ 
ursachenden  Faktoren  für  den  Geschäftsgang  mit  sich  bringt. 
Selbstverständlich  ist  dieses  Ziel  durch  nur  vermeintliche  Ge- 
nauigkeit der  Ergebnisse  nicht  erreicht.  Feste  Unkostenformeln 
geben  jedoch  Anlaß  zu  solchen  Ungenauigkeiten  wegen  der  da- 
mit verbundenen  summarischen  Behandlungsweise.  Die  Ergeb- 
nisse für  Material-  und  Lohnkosten  entsprechen,  gewissenhafte 
Arbeit  vorausgesetzt,  immer  der  Wirklichkeit,  da  die  einzelnen 
Posten  mit  ihren  wirklichen  Kosten  eingesetzt  werden.  Die  in 
Anrechnung  gebrachten  Unkostenzuschläge  entsprechen  aber  im 
Einzelfall  nicht  genau  den  wirklich  entstandenen  Unkosten.  Es 
wird  einzig  darauf  abgestellt,  die  Gesamtzuschläge  mit  den  Ge- 
samtunkosten in  Übereinstimmung  zu  bringen,  wobei  man  aller- 
dings den  besonderen  Eigenheiten  der  verschiedenen  Fabrikate 
nach  Möglichkeit  gerecht  zu  werden  sucht.  Jedoch  beruhen  sol- 
che Abstufungen  der  Zuschläge  meistens  auf  mehr  oder  weni- 
ger genauen  Schätzungen.  Selten  aber  wird  angestrebt,  das  ein- 
zelne Fabrikat  mit  denjenigen  Unkosten  zu  belasten,  die  es 
während  des  Fabrikationsprozesses  verursacht  hat.  Im  nächsten 
Abschnitt  soll  versucht  werden,  darzulegen,  wie  eine  solche 
Übereinstimmung  im   Einzelfall  angestrebt  werden  kann. 

2*.  Die  ünkostenverteilung. 

a)  Allgemeines. 

Die  besondere  Schwierigkeit  der  Unkostenverteilung  besteht 

darin,  die  einzelnen  Operationen  des  Fabrikationsprozesses  mit 

den  auf  sie  entfallenden  Unkosten  in  Zusammenhang  zu  bringen. 

Ein  Fabrikationsobjekt  erfordert  eine  gewisse  bekannte  Material- 


—    216    — 


—     217     — 


menge  zu  einem  ebenfalls  bekannten  Preis  und  einen  bestimm- 
ten, wiederum  bekannten  Lx>hnbetrag.  Daneben  werden  aber 
noch  Kosten  verursacht  durch  das  Bestehen  von  Gebäuden,  ma- 
schinellen Einrichtungen  und  durch  allgemeine  Verwaltungs-  und 
unproduktive  Arbeiten  u.  a.  m.,  deren  Anteil  an  den  produk- 
tiven Arbeiten  im  engeren  Sinne  nur  schwer  und  auch  dann 
nur  annähernd  bestimmt  werden  kann.  Da  diese  Kosten  aber 
nicht  zu  umgehen  sind,  so  müssen  sie  durch  den  Herstellungs- 
preis gedeckt  werden.  Erschwerend  fällt  noch  ins  Gewicht,  daß 
viele  der  Unkosten posten  erst  am  Ende  eines  Geschäftsjahres 
in  ihrem  ganzen  Umfang  wahrnehmbar  sind,  also  zu  einem 
Zeitpunkt,  wo  die  sie  verursachenden  Fabrikate  zu  einem  gro- 
ßen Teil  schon  an  die  Kunden  abgeliefert  und  verrechnet  wor- 
den sind.  Daher  muß  für  jedes  laufende  Jahr  mit  der  Unko- 
stenhöhe des  vorangegangenen  Jahres  gerechnet  werden,  wo- 
bei natürlich  mutmaßliche  Veränderungen  einzelner  Posten  für 
das  laufende  Geschäftsjahr  berücksichtigt  werden  können.  Auch 
der  Umsatz,  auf  den  die  Unkosten  zu  verteilen  sind,  ist  zu  Be- 
ginn des  Geschäftsjahres  unbekannt.  Allerdings  läßt  er  sich 
bei  Objekten  mit  einer  längeren  Fabrikationsdauer  aus  dem  Be- 
stellungsbestand ermitteln;  ist  das  nicht  möglich,  so  muß  der 
Umsatz  des  vorangegangenen  Jahres  der  Berechnung  zugrunde 
gelegt  werden,  jedoch  sind  wiederum  voraussichtliche  Verände- 
rungen der  Geschäftslage  zu  berücksichtigen.  Vermittelst  dieser 
beiden  Größen,  Gesamtunkosten  und  Umsatz,  werden  nun  die 
Unkostenzuschläge  berechnet.  Stellt  es  sich  aber  zu  Ende  des 
Geschäftsjahres  heraus,  daß  die  Gesamtunkosten  kleiner  oder 
der  Umsatz  größer  war  als  vorausgesehen  wurde,  so  hat  eine 
Überdeckung  der  Unkosten  stattgefunden;  der  Herstellungspreis 
wird  daher  höher  berechnet  als  es  die  aufgewendeten  Kosten 
rechtfertigen,  wodurch  die  Konkurrenzfähigkeit  des  Unternehmens 
leiden  kann.  Im  umgekehrten  Falle  findet  eine  Unterdeckung 
der  Unkosten  statt,  was  einen  verminderten  Gewinn  oder  gar 
einen  Verlust  zur  Folge  haben  kann.  Obwohl  schon  im  Laufe 
des  Geschäftsjahres  die  Unkostenzuschläge  verändert  werden 
können,  nämlich  wenn  es  sich  zeigt,  daß  die  "Gesamtunkosten 
oder  der  Umsatz  von  der  vorausgesehenen  Höhe  dieser  Werte 
abweichen,  so  handelt  es  sich  doch  immer  um  variable  Größen, 
die  nicht  mit  absoluter  Genauigkeit  zum  Ausdruck  gebracht 
werden  können,  denn  es  muß  immer  von  einer  bestimmten  Höhe 


der  Unkosten  wie  des  Umsatzes  ausgegangen  werden,  obwohl 
diese  Größen  beständigen  Veränderungen  unterworfen  sind. 

Die  Berechnung  des  Anteils  der  Unkosten,  welche  auf  das 
einzelne  Fabrikat  entfallen,  geschieht  meistens  nach  bestimmten 
Formeln.  Der  Zuschlag  wird  auf  die  bekannten  Größen,  Lohn 
und  Material  erhoben.  Dadurch  eröffnet  sidi  aber  eine  weitere 
Fehlerquelle,  indem  nicht  nur  von  festen  Unkosten  und  Umsatz- 
summen, die  in  Wirklichkeit  veränderlich  sind,  ausgegangen 
werden  muß,  sondern  meistens  auch  von  einem  stationären  Ver- 
hältnis der  Lohnsumme  zur  Materialsumme.  Auch  dieses  Ver- 
hältnis ist  infolge  Veränderungen  der  Produktionsmethoden  stän- 
digen Schwankungen  unterworfen.  Die  gebräuchlichsten  Kalku- 
lationsformeln zur  Unkostendeckung  sind: 

1.  Herstellungspreis   =   (M -|^  L)    (1+v) 

2.  „  =     M  +  L     (1  +  w) 

3.  •.  =     M   (l+x)  +  L(l+y). 

Die  im  Herstellungspreis  inbegriffenen  Unkosten  betragen 
daher  für  Formel  1  =  (M  +  L)v,  2.  =  Lw,  3.  =  Mx  +  Ly. 
Alle  drei  Formeln  können  richtig  sein,  es  können  aber  auch  alle 
drei  unrichtige  Resultate  liefern,  wenn  sich  die  Bestimmungen, 
die  der  Bemessung  von  v,  w,  x  und  y  zugrunde  gelegt  wurden, 
verändert  haben.  Ganz  besonders  gilt  das  für  die  Formel  1, 
da  durch  sämtliche  Fabrikate,  deren  Summe  M-f-L  gleich  ist, 
die  gleichen  Unkosten  gedeckt  werden,  obwohl  durch  Fabrikate 
mit  größerem  L  und  entsprechend  kleinerem  M  ungleich  mehr 
Unkosten  verursacht  werden  wie  für  Fabrikate  mit  großem  M 
und  kleinem  L.  Die  Unkostendeckung  wird  daher  in  hervor- 
ragendem Maße  abhängig  von  der  Materialsumme,  die  oft  ein 
Vielfaches  der  Lohnsumme  beträgt,  obwohl  die  Unkosten  haupt- 
sächlich im  Zusammenhang  mit  der  Bearbeitung,  also  mit  der 
Lohnsumme,  entstehen.  Aus  dieser  Überlegung  gelangt  man  zu 
Formel  2,  welche  zur  Deckung  der  Unkosten  nur  einen  Zuschlag 
auf  die  Lohnsumme  erhebt.  Wenn  schon  die  allermeisten  Un- 
kosten im  Laufe  der  Bearbeitung  entstehen  und  somit  mit  der 
Lohnsumme  steigen  und  fallen,  so  darf  doch  der  mit  den  Mate- 
rialien zusammenhängende  Teil  der  Spesen  nicht  ganz  vernach- 
lässigt werden.  Zwei  Fabrikate  mit  zwar  gleicher  Lohnsumme, 
aber  mit  ganz  verschiedenen  Materialkosten,  würden  nach  die- 
ser  Formel   die   gleiche   Summe   an   Unkosten   aufbringen,   ob- 


—     218 


219     — 


wohl  das  Fabrikat  mit  den  größeren  Materialkosten  mehr  Un- 
kosten verursachen  wird,  besonders  für  Lagerspesen  und  Ver- 
zinsung des  in  den  Materialien  investierten  Betriebskapitals. 
Um  diesen  Fehler  zu  beseitigen,  gelangt  man  zu  Formel  3, 
welche  unter  der  Voraussetzung,  daß  der  auf  das  Material  er- 
hobene Zuschlag  genau  den  Lagerspesen  und  den  direkt  mit  den 
Materialien  zusammenhängenden  Kosten  entspricht,  richtige  Re- 
sultate liefert.  Sobald  jedoch  der  Faktor  x  das  durch  die  rei- 
nen Materialkosten  bedingte  Maß  übersteigt,  so  treten  die  bei 
Formel  1  erwähnten  Fehler  von  neuem  in  Erscheinung.  Die 
dritte  Formel  kommt  daher  den  tatsächlichen  Verhältnissen  am 
nächsten,  da  ein  Steigen  der  Material-  und  Lohnkosten  auch 
eine  erhöhte  Unkostendeckung  mit  sich  bringt  und  zwar  in  einem 
Verhältnis,  das  ungefähr  als  der  Wirklichkeit  entsprechend  be- 
zeichnet werden  kann.  Allerdings  findet  auch  unter  Zugrunde- 
legung dieser  Formel  bei  steigendem  Umsätze  eine  Überdek- 
kung  der  Spesen  statt. 

Muß  jedoch  die  Formel  auf  verschiedene  durch  das  Un- 
ternehmen hergestellte  Fabrikate  angewendet  werden,  so  schiebt 
sich  wiederum  eine  Fehlerquelle  ein.  Für  ein  einzelnes  Fabri- 
kat bestimmt  sich  der  Faktor  x  durch  *^-r-^ — ~ — r-  .  der  Fak- 

Lagerumsatz 

tor  y  durch  ..!!.  ..  ^  -, — r .  Verschiedene  Fabrikate  wer- 

•^  jährliche  Lohnsumme 

den  aber  auch  verschieden  hohe  Unkosten  verursachen,  so  daß 
für  jedes  Fabrikat  mit  einem  andern  y  gerechnet  werden  muß. 
Sofern  der  Faktor  x  nur  zur  Deckung  der  reinen  Materialspe- 
sen bestimmt  ist,  kann  er  für  alle  Fabrikate  in  der  gleichen  Höhe 
beibehalten  werden.  Eine  genaue  Abstufung  des  Faktors  y  ist 
aber  ungemein  schwierig,  besonders  dann,  wenn  die  Fabrikation 
in  den  gleichen  Werkstatträumen  und  mit  für  beide  gemeinsa- 
men Maschinen  vor  sich  geht.  Durch  Erweiterung  der  Formel 
kann  allerdings  größere  Genauigkeit  angestrebt  werden.  So  ge- 
langt man  (siehe  Abschnitt  5,  erster  Teil)  zur  Formel 

[Material  (1+x)  +  Lohn  (1+y)]   (1+z) 

wobei  durch  z  die  Verwaltungskosten  ausgedrückt  werden  sol- 
len. Auf  diese  Weise  läßt  sich  die  Formel  beliebig  erweitern 
und  zwar  so,  daß  die  Lohnsumme  oder  die  Summe  Material 
(1+x)  -\-  Lohn  (1+y)  für  jede  weitere  Abteilung,  welche  das 


Fabrikat  zu  passieren  hat,  mit  einem  den  Unkosten  dieser  Ab- 
teilung entsprechenden  Zuschlag  multipliziert  wird.  Je  weiter 
diese  Zerle;gung  ausgedehnt  werden  kann  und  je  genauer  die 
sich  daraus  ergebenden  Unkostenzuschläge  berechnet  werden, 
um  so  sicherere  Angaben  erhält  ^er  Unternehmer  über  die  wirk- 
lichen Kosten  seiner  Produkte.  Durch  unrichtige  Ansätze  wird 
aber  nicht  nur  ein  Moment  der  Unsicherheit  in  den  Geschäfts- 
gang gebracht,  es  wird  auch  die  Fabrikation  auf  diejenigen  Fa- 
brikate hingelenkt,  die  für  das  Unternehmen  am  unvorteilhaf- 
testen sind.  Ist  nämlich  der  Unkostenzuschlag  für  ein  Fabrikat 
A  zu  niedrig,  für  ein  zweites  Fabrikat  B  aber  zu  hoch  angesetzt 
worden,  so  wird  für  Fabrikat  A  ein  zu  niedriger,  für  Fabrikat 
B  dagegen  ein  zu  hoher  Herstellungspreis  errechnet.  Demzu- 
folge wird  die  Erteilung  von  Aufträgen  für  das  Fabrikat  A  be- 
günstigt, für  das  Fabrikat  B  aber  behindert.  Wird  infolgedessen 
die  Fabrikation  von  A  erweitert  und  von  B  eingeschränkt,  so 
wird  es  sich  bei  Jahresschluß  herausstellen,  daß  die*Unkosten 
nur  ungenügend  gedeckt  wurden  und  daß  deshalb  der  Gewinn 
vermindert  oder  ganz  ausgeblieben  ist.  Dieser  Gefahr  kann  nur 
dadurch  ausgewichen  werden,  daß  jeder  der  einzelnen  Unkosten - 
posten  genau  analysiert  wird,  um  den  auf  die  verschiedenen 
Fabrikate  entfallenden  Anteil  genau  zu  bestimmen.  Allein  das 
ist  in  der  Praxis  kaum  durchführbar,  weil  zwischen  manchen 
Unkosten  einerseits  und  den  einzelnen  Fabrikaten  andererseits 
kein  unmittelbarer  Zusammenhang  besteht.  Ein  solcher  Zusam- 
menhang besteht  aber  zwischen  den  reinen  Fabrikationsunko- 
sten und  den  einzelnen  Operationen  des  Herstellungsprozesses. 
Das  ist  aber  hinreichend,  um  die  Unkosten  einer  Werkstatt- 
abteilung zu  ermitteln  und  durch  Zuschläge  auf  die  Arbeitsope- 
ration schließlich  die  einzelnen  Fabrikate  zu  belasten.  Wer- 
den die  in  drei  Werkstattabteilungen  für  ein  Fabrikat  veraus- 
gabten Löhne  mit  L^,  Lg  und  Lg,  die  Zuschläge  mit  y^,  yg 
und  ys  bezeichnet,  ferner  die  Unkosten  der  in  Frage  kommen- 
den Verkaufsabteilung  mit  q,  so  würde  sich  die  Formel  ergeben 

Herstellungspreis  =  [Material  (1  +  x)  +  L^  (1  +  y^)  +  L,  (1  -4-  yg) 

+  L3(l+y3)l(l+q)(l+z). 

Aber  auch  diese  Formel  ist  durchaus  nicht  befriedigend,  denn 
sie  läßt  zwei  wichtige  Momente  unberücksichtigt.  Betrachtet 
man    nämlich    die   einzelne   Werkstattabteilung   als    Einheit,    auf 


^h: 


ii- 


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f. 

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In  ^ 


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—     220     — 

welche  sich  die  Unkosten  konzentrieren,  so  wird  der  Umstand 
außer  acht  gelassen,  daß  die  verschiedenen  Arbeitsoperationen 
innerhalb  einer  solchen  Abteilung  sehr  verschiedene  Unkosten 
verursachen  können.  So  verlangt  z.  B.  die  Arbeit  an  einer  gro- 
ßen Werkzeugmaschine,  deren  Anschaffungswert  beispielsweise 
40  000  Fr.  betragen  hat  und  die  einen  großen  Energieverbrauch 
erfordert,  einen  wesentlich  höheren  Unkostenzuschlag  wie  die 
Arbeit  an  einer  kleinen  Maschine  mit  3000  Fr.  Anschaffungs- 
kosten und  geringem  Energieverbrauch.  Sind  daher  in  einer 
Werkstattabteilung  sehr  verschiedenartige  Werkzeugmaschinen 
untergebracht,  so  genügt  ein  Pauschalzuschlag  für  die  gesamte 
Abteilung  nicht  mehr,  es  muß  vielmehr  für  jede  Maschine  resp. 
für  jeden  Arbeitsplatz  ein  seinen  Besonderheiten  entsprechen- 
der Zuschlag  berechnet  werden. 

Dem  zweiten  Moment,  welches  keine  Berücksichtigung  durch 
die  oben  erwähnte  Formel  findet,  kommt  schon  darum  beson- 
dere Bedeutung  zu,  weil  es  in  den  allermeisten  Betrieben  gänz- 
lich vernachlässigt  wird.  Dieses  Moment  ist  die  Zeit,  d.h.  die 
Arbeitsdauer.  Ginge  man  von  Stundenlohnarbeit  zu  einem  für 
alle  Arbeiter  gleichen  Satze  aus,  so  würde  allerdings  durch  einen 
prozentualen  Lohnzuschlag  auch  die  Arbeitsdauer  ausgedrückt 
werden.  Wird  zu  verschiedenen  Stundenlohnsätzen  gearbeitet, 
so  gilt  das  nur  noch  in  verringertem  Maße.  Bei  Akkordarbeit 
schließlich  besteht  keine  eigentliche  Relation  zwischen  Lohnhöhe 
und  Arbeitsdauer  mehr.  Ein  prozentualer  Zuschlag  auf  die 
Lohnsumme  bringt  daher  die  Arbeitsdauer  nicht  mehr  genü- 
gend zum  Ausdruck.  Mancherorts  werden  die  Zuschläge  für 
Arbeiten  an  Werkzeugmaschinen  auf  die  l^ufzeit  berechnet,  was 
eben  dadurch  begründet  wird,  daß  die  Maschinenunkosten  nur  von 
dieser  Laufzeit  und  nicht  von  dem  Lohne  des  die  Maschine 
überwachenden  Arbeiters  abhängig  sind.  Wie  aber  schon  oben 
erwähnt  wurde,  sind  nicht  nur  die  reinen  Maschinenkosten,  son- 
dern auch  die  allermeisten  übrigen  Unkosten  von  der  Zeit  ab- 
hängig, so  daß  es  als  durchaus  gerechtfertigt  erscheinen  muß, 
die  Unkosten  nicht  durch  Zuschläge  auf  die  Lohnbeträge,  sondern 
durch  Stundenzuschiäge  zu  decken.  Dadurch  entsteht  ein  direk- 
ter Zusammenhang  zwischen  der  Einheit  des  Fabrikates  einer- 
seits und  der  Umlaufgeschwindigkeit  des  Kapitales  andererseits. 
Konstante  Betriebsanlagen  vorausgesetzt,  bildet  aber  die  Um- 
laufgeschwindigkeit des   Kapitals   den   Hauptfaktor,   welcher  die 


—     221     — 

auf  eine  Fabrikateinheit  entfallende  Unkostenquote  bestimmt. 
Dazu  kommt  noch,  daß  der  ungewisse  Faktor  Umsatz  aus  der 
Berechnung  der  Zuschläge  ausscheidet,  wodurch  die  Unkosten- 
verteilung auf  eine  sicherere   Basis  gestel|,t  wird. 

b)    Das    Platzkostensystem. 

Allen  diesen  Ansprüchen  wird  das  Platzkostensystem  ge- 
recht. Es  handelt  sich  bei  diesem  System  darum,  sämtliche 
Unkosten  auf  die  vorhandenen  Arbeitsplätze  zu  verteilen  und 
für  jeden  Platz  die  Quote  zu  bestimmen,  die  er  pro  Stunde  auf- 
zubringen hat.  Je  nach  der  zeitlichen  und  räumlichen  Ausnüt- 
zung der  bestehenden  Werkanlagen  wird  ein  niedrigerer  oder 
höherer  Stundenzuschlag  errechnet  werden.  Dabei  besteht  die 
Hauptschwierigkeit  darin,  gewisse  Kategorien  von  Unkosten  auf 
die  Arbeitsplätze  zu  verteilen.  Dazu  ist  eine  Analyse  der  ein- 
zelnen Unkostenkonten  notwendig.  Am  Schlüsse  aber  müssen 
sich  sämtliche  Unkostenposten  auf  die  einzelnen  produktiven  Ar- 
beitsplätze konzentrieren. 

Wie  eine  solche  Berechnung  von  Platzkosten  vor  sich  ge- 
hen kann,  soll  an  dem  nachfolgenden  Beispiel  gezeigt  werden. 
Eine  gruppenweise  Schematisierung  der  einzelnen  Kategorien 
von  Unkosten  soll  unterbleiben,  weil  sie  nur  die  Kritik  heraus- 
fordert und  leicht  zu  unrichtigen  Schlüssen  verleitet,  damit  das 
aufgestellte  Schema  gewahrt  bleibt. 

Bei  dieser  Methode  der  Unkostenverteilung  kommt  die  eine 
der  ungewissen  Größen,  auf  welchen  die  Berechnungen  beru- 
hen, nämlich  der  Umsatz,  in  Wegfall.  Dagegen  muß  wiederum 
mit  einer  bestimmten  Gesamtunkostenhöhe,  oder  besser  mit 
einer  bestimmten  Höhe  der  einzelnen  Arten  von  Unkosten,  ge- 
rechnet werden.  Durch  die  viel  eingehendere  Behandlung  der 
Unkosten,  welche  das  Platzkostensystem  unter  allen  Umständen 
erfordert,  werden  aber  durch  willkürliche  Schätzungen  verur- 
sachte Fehler  viel  seltener.  Veränderungen,  welche  einzelne  Un- 
kosten infolge  eines  Steigens  von  Materialpreisen  oder  Löhnen 
erfahren,  können  in  ihrem  genauen  Ausmaße  in  die  Berechnung 
aufgenommen  werden,  da  eine  Zerlegung  der  Gesamtunkosten- 
summe in  die  feinsten  Einzelheiten  der  Unkostenauslagen  er- 
stes Erfordernis  der  Berechnung  ist.  Da  fernerhin  der  Anteil 
jeder  Art  von   Unkosten   an  dem  stündlichen  Zuschlag  bekannt 


M 
'im 


—    222     — 

sein  muß,  so  können  Veränderungen  der  einzelnen  Posten  durch 
Veränderung  der  Zuschläge  sofort  ausgeglichen  werden. 

Allerdings  tritt  an  Stelle  der  ungewissen  Größe  Umsatz  eine 
andere,  ebenfalls  nicbt  genau  bestimmbare  Größe.  Es  ist  das 
die  jährliche  Stundenzahl,  während  welcher  ein  Arbeitsplatz  aus- 
genützt werden  kann.  Wird  der  Stundenzuschlag  für  eine  jähr- 
liche Stundenzahl  von  z.  B.  2500  Stunden  berechnet,  es  kann 
aber  nur  2400  Stunden  gearbeitet  werden,  da  keine  genügende 
Beschäftigung  für  das  Unternehmen  vorhanden  ist,  so  muß  eine 
Erhöhung  des  Zuschlages  erfolgen.  Umgekehrt  tritt  eine  Her- 
absetzung der  Stundenzuschläge  ein,  wenn  der  Absatz  eine  grö- 
ßere Arbeitszeit  erlaubt,  so  daß  z.  B.  eine  Nachtschicht  einge- 
legt werden  kann.  Die  Veränderung  der  Zuschläge  hat  zu  er- 
folgen, sobald  die  Arbeitszeit  verändert  wird.  Die.  Berechnung 
der  Höhe  der  Veränderung  soll  im  weiteren  Verlauf  zur  Sprache 
kommen.  Besondere  Schwierigkeiten  erwachsen  dabei  nur  dann, 
wenn  die  Beschäftigungsveränderung  eine  ungleichmäßige  ist, 
so  daß  nur  gewisse  Abteilungen  oder  sogar  nur  gewisse  Arbeits- 
plätze (z.  B.  SpezialWerkzeugmaschinen)  davon  betroffen  werden. 
Sind  nämlich  die  einzelnen  Unkosten  nach  gewissen  Regeln  auf 
die  verschiedenen  Arbeitsplätze  verteilt  worden,  so  kann  die  auf 
einen  Platz  entfallende  Quote  nicht  immer  nur  durch  die  Stun- 
denzahl dividiert  werden.  Denn  würde  eine  Verringerung  der 
Arbeitszeit  an  einem  Platze  durch  eine  Erhöhung  des  Zuschla- 
ges ausgeglichen,  so  würde  der  Anteil  an  gewissen  Kosten  (z.  B. 
Gehälter)  diesen  Platz  in  scheinbar  ungerechtfertigter  Weise  be- 
lasten. Zieht  man  hingegen  einen  als  angemessen  erscheinenden 
Teil  davon  vom  Zuschlag  ab,  so  bleiben,  wenn  nicht  gleich- 
zeitig eine  entsprechende  Erhöhung  aller  übrigen  Zuschläge  vor- 
genommen wird,  diese  Kosten  ungedeckt.  Wird  eine  solche 
Erhöhung  der  Zuschläge  aller  übrigen  Plätze  durchgeführt,  so 
werden  aber  die  an  diesen  Plätzen  hergestellten  Fabrikate  um 
ein  Entsprechendes  verteuert,  was  infolge  heftiger  Konkurrenz 
den  Absatz  beeinträchtigen  kann.  Es  darf  aber  nicht  verges- 
sen werden,  daß,  wenn  ein  Teil  der  Werkstattanlagen  nicht  ge- 
nügend beschäftigt  werden  kann,  eben  ein  Verlust  entsteht,  der 
nicht  immer  von  dem  gut  beschäftigten  Teil  der  Werkstatt  ge- 
tragen werden  kann.  Wenn  schon  die  Überwälzung  von  Un- 
kosten von  einem  Platz  auf  einen  andern  unter  Umständen  als 
wünschenswert  erscheinen  mag,  so  ist  sie*  doch  an  sich  nicht  ge- 


.     —    223    — 

rechtfertigt.  Ungenügende  Ausnützung  eines  Teils  der  Werk- 
stätte hat  immer  einen  Verlust  zur  Folge,  und  wenn  derselbe 
durch  die  Methode  der  Unkostenverteilung  klar  zutage  tritt,  so 
ist  das  keinesfalls  als  ein  Fehler  des  Systems  zu  betrachten. 
Werden  nur  eine  oder  doch  nur  ganz  wenige  Maschinen  von 
dem  Beschäftigungsmangel  betroffen,  so  ist  der  Ausfall  ohnehin 
nicht  von  großer  Wichtigkeit,  so  daß  der  Geschäftsabschluß  kaum 
wesentlich  beeinflußt  wird,  um  so  mehr,  als  in  die  Zuschläge 
eine,  wenn  auch  nur  sehr  geringe,  Sicherheitsmarge  aufgenom- 
men werden  muß,  welche  kleinere,  nie  ganz  zu  vermeidende 
Stockungen  in  der  Fabrikation  ausgleichen  soll. 

Wichtiger  noch  als  die  Veränderungen  der  zeitlichen  Aus- 
nützung fallen  Veränderungen  in  der  räumlichen  Ausnützung 
der  Werkstatt  erschwerend  ins  Gewicht.  Die  Höhe  der  einzel- 
nen Platzzuschläge  ist,  wie  wir  sehen  werden,  von  der  Aus- 
nützung des  Raumes  in  hervorragendem  Maße  abhängig.  Die 
Zuschläge  werden  berechnet  für  eine  bestehende  Anordnung  der 
Werkstatteinrichhingen.  Wird  daher  aus  irgend  einer  Abteilung 
oder  Halle  irgend  eine  Maschine  entfernt,  ohne  durch  eine 
andere  ersetzt  zu  werden,  so  werden  sämtliche  Zuschläge  der 
übrigen  Arbeitsplätze  dieses  Raumes  zu  niedrig.  Sobald  daher 
die  Anordnung  der  Werkstatteinrichtungen  wesentlich  verändert 
wird,  ist  eine  Revision  der  Zuschläge  vorzunehmen,  was,  da 
eine  bedeutende  Arbeit  damit  verbunden  ist,  als  ein  nicht  un- 
beträchtlicher Nachteil  des  Systems  erscheinen  muß. 

Was  den  Anteil  der  einzelnen  Unkosten  an  verschiedenen 
Fabrikaten  betrifft,  so  ergibt  sich  dessen  Bestimmung  durch 
die  bei  der  Fabrikation  berührten  Arbeitsplätze  ganz  von  selbst. 
Unter  der  Voraussetzung,  daß  die  Platzzuschläge  richtig  berech- 
net wurden,  muß  sich  auch  ein  den  tatsächlichen  Verhältnissen 
genau  entsprechender  Herstellungspreis  ergeben,  welcher  von 
allen  den  Kalkulationsformeln  anhaftenden  Fehlern  frei  ist.  Da- 
durch entstehen  allerdings  große  Schwankungen  zwischen  den 
Herstellungspreisen  verschiedener  Ausführungen  ein  und  dessel- 
ben Fabrikates.  Bei  konstantem  Preisniveau  sind  zwar  die 
Schwankungen  in  Material  und  Lohnkosten  nur  sehr  geringfügig, 
hingegen  kann  der  Anteil  der  Unkosten  stark  variieren,  je  nach 
den  verwendeten  Werkzeugmaschinen  und  der  aufgewendeten 
Zeit.  Gerade  das  kommt  aber  durch  die  gewöhnlichen  Kalkula- 
tionsformeln nicht  zum  Ausdruck.    Starke  Variationen  der  Her- 


'^^ 


m 


—     224     — 

stellungskösten  für  dasselbe  Fabrikat  sind  allerdings  für  den 
Unternehmer  unangenehm.  Da  sie  jedoch  bestehen,  ist  es  wich- 
tig, sie  auch  wahrnehmen  zu  können,  denn  nur  dadurch  ist  es 
möglich,  Abhilfe  zu  sdiaffen  und  die  Herstellungspreise  auf  das 
unbedingt  notwendige  Minimum  zu  reduzieren.  Die  sich  erge- 
benden Kalkulationsresultate  sollen,  im  Anschluß  an  das  nun 
folgende  Zahlenbeispiel,  welches  bezweckt,  die  Berechnung  der 
Zuschläge  darzutun,   noch  eingehender  erläutert  werden. 

c)    Praktisches    Beispiel. 

Durch  den  untenstehenden  Plan  (Fig.  12)  wird  eine  Fabrik 
veranschaulicht,  für  die  nun  die  Platzkosten  berechnet  werden 
sollen.    Wie  oben  schon  erwähnt  wurde,  sind  zu  diesem  Zweck 


Fabrik-Plon, 


V§rwaltungag9bäudm 

4 


Gussktg0rp/ah 


Lageryhäudm 
3 


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Eingang 


j|  Gar^o60  2  \'£:;vi:^s\iSüa%ji 


Vtrsuch»- 
abt0ilung 


WfkstoH-^G^bäud» 


Halle  r 

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Hallen 
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(HöhmlOmi^ 


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W39ansaiius» 


Wu 


Fig.  12. 


die  einzelnen  Unkosten  mit  den  Arbeitsplätzen  in  Zusammenhang 
zu  bringen.  Da  ein  solcher  Zusammenhang  für  die  Unkosten 
der  Verwaltung  und  des  Verkaufes  nicht  besteht,  ist  vor  allem 
eine  Trennung  zwischen  der  Verwaltung  einerseits  und  der  Fa- 
brik im  engeren  Sinne  andererseits  vorzunehmen,  und  zwar  auch 
dann,  wenn   das  Unternehmen   (wie  der  Einfachheit  halber  an- 


—     225     — 

genommen  werden  soll)  nicht  in  mehrere  Einzelfabriken  zer- 
gliedert ist.  Um  das  zu  ermöglichen,  muß  erstens  die  Fabrik 
eine  selbständige  Buchhaltung  besitzen,  damit  ihre  Unkosten 
von  denen  des  Gesamtunternehmens  getrennt  ausgewiesen  wer- 
den können,  und  zweitens  müssen  die  bestehenden  Aktiven  zwi- 
schen Fabrik  und  Verwaltung  geteilt  werden.  Mit  dem  Aus- 
druck „Fabrik"  soll  von  jetzt  an  die  Fabrik  im  engern  Sinne, 
also  ohne  Verwaltung  bezeichnet  werden. 

Die  Trennung  zwischen  Fabrik  und  Verwaltung  erhält  auch 
noch  dadurch  besondere  Bedeutung,  daß  sie  die  reinen  Herstel- 
lungskosten im  engeren  Sinne  dartut.  Für  große  Gesellschaf- 
ten, die  mehrere  gleichartige  Fabriken  an  verschiedenen  Orten 
besitzen,  liefert  die  Kenntnis  der  reinen  Herstellungskosten  einen 
Anhaltspunkt  über  die  rationellste  Zuteilung  einzelner  Fabrika- 
tionszweige an  die  verschiedenen  Einzelunternehmen.  Die  Be- 
deutung der  Berechnung  reiner  Herstellungskosten  für  die  Ver- 
teilung von  Provisionen  an  Angestellte  ist  schon  in  anderem 
Zusammenhange  besprochen  worden. 

Es  sei  an  dieser  Stelle  noch  darauf  hingewiesen,  daß  die 
folgende  Berechnung  der  Zuschläge  eine  ziemlich  rohe  ist.  Al- 
lein sie  soll  nur  dazu  dienen,  die  waltenden  Prinzipien  darzule- 
gen, ohne  durch  eine  allzufeine  Gliederung  die  Übersichtlichkeit 
zu  zerstören. 

So  wurden  z.  B.  die  Konstruktionsabteilungen  (die  als  zur 
Fabrik  gehörend  betrachtet  werden)  in  das  Verwaltungsgebäude 
verlegt,  um  die  Art  und  Weise  darzustellen,  in  der  die  Verrech- 
nung für  ein  gemeinsam  benutztes  Gebäude  durch  zwei  getrennt 
abrechnende  Abteilungen  erfolgt.  Der  Übersichtlichkeit  halber 
wird  aber  davon  abgesehen,  alle  diejenigen  Unkostenarten,  an 
denen  die  Konstruktionsabteilungen  einen  Anteil  haben,  ihnen 
zu  belasten.  Es  wären  aber  eigentlich  zu  den  Gehältern  der 
Konstrukteure  auch  die  übrigen  Unkosten  der  Konstruktions- 
abteilungen hinzuzufügen  und  die  Summe  auf  die  Weise  auf 
die  Fabrikate  zu  verteilen,  wie  das  für  die  Gehälter  allein  vor- 
geschlagen wird. 

Nach  erfolgter  Trennung  soll  sich  für  die  Fabrik,  mit  der 
wir  uns  hauptsächlich  beschäftigen  werden,  folgende  Bilanz  er-, 
geben. 

15 


% 


fc 


—     226     — 


Bilanz  der  Fabrik. 


Fr. 

Fr. 

Grundstücke 

125  000.— 

Zugeteiltes   Betriebs- 

Gebäude 

650000.— 

kapital 

5  875  005. 

Materialien 

2  500  000.— 

Halbfabrikate 

2600  000.— 

Werkzeugmaschinen 

!• — 

Geleise 

1  ™ 

Mobilien 

1  "^"^ 

^.'- 

Werkzeuge 

Modelle 

1. — 

- 

Total 

5  875  005.— 

«i  RT%  im«» . 

Von  dem  Grundstück  von  11 900  m^  (siehe  Plan)  ist  der 
Fabrik  ein  Anteil  von  8500  m^  zugeteilt  worden.  Der  der  Ver- 
waltung anheimfallende  Teil  von  3400  m»  enthält  einmal  das 
Verwaltungsgebäude,  der  Rest  ist  leer  und  wurde  bei  Gründung 
des  Unternehmens  für  event.  Vergrößerungen  der  Werkstatt 
erworben.  Der  Gebäudewert  verteilt  sich  folgendermaßen  auf 
die  einzelnen  Gebäude: 


Gebäude  Nr.  1 


Gebäude  Nr.  2' 


Gebäude  Nr.  3 
Anteil    an 
Gebäude  Nr.  4 


Werkstatt 

Parterre  Garderobe, 
Werkzeugzimmer, 
Zeichnungsausgabe ; 

1.  Stock  Betriebsbu- 
reau ; 

2.  Stock  Kalkulation, 
Buchhaltung,  Ma- 
terialverwaltungen, 
Einkauf    u.  a.  m. 

Lager 

Ven^'altungsgebäude 


Grundfliche 


50x80m  =  4000m> 


Bachwert 

Fr. 
430000.- 


5x50m  =    250  m» 
16x30m  =    480m2 


45  000.- 
65  000.- 

110000.- 
650000.- 


Die  der  Fabrik  zugeteilten  Konstruktionsabteilungen  haben 
ihre  Bureaux  im  Verwaltungsgebäude,  weshalb  von  dessen  Wert 
von  Fr.  250  000.—  ein  Anteil  von  Fr.  110  000.—  der  Fabrik  be- 
lastet wird. 

Die  Konten  für  Werkzeugmaschinen,  Geleise,  Mobilien,  Werk- 
zeuge und  Modelle  werden  immer  auf  Fr.  1. —  abgeschrieben. 
Die  jährlichen  Ausgaben  für  diese   Konten  erscheinen  daher  in 


I 


—    227    — 

der  Gewinn-  und  Verlustrechnung.    Aus  dieser  ergeben  sich  nun 
folgende  von   der  Fabrik  zu  deckende   Unkosten: 


Unkosten 

Fr. 

Grundstück-Amortisation    2  o/o 

2  500. 

Gebäude-Amortisation  5  o/o 

32  500.  - 

Werkzeugmaschinen 

111500. 

Geleise 

1550. 

Mobilien 

9750.- 

Werkzeuge 

60300. 

Modelle 

13150. 

Verzinsung  ä  5  o/o 

293  750.- 

Betriebsunkosten 

219100. 

Gehälter 

333  550. 

Versicherung 

17825.- 

Fehler  und  Verluste 

14150. 

Versuche 

10275. 

Reparaturen 

45  850. 

Heiztmg 

19450. 

Kraft  und  Licht 

17  600. 

Installationen 

3200. 

Totalunkosten 

1206000. 

Diese  Unkosten  werden  nun,  je  nach  ihren  besonderen 
Eigenarten,  auf  verschiedene  Weise  aufgestellt.  Es  kommen  fünf 
Arten  der  Verteilung  in  Betracht:  1.  Verteilung  auf  die  Boden- 
fläche in  m2;  2.  gleichmäßig  auf  die  Arbeitsplätze;  3.  propor- 
tional zu  den  durch  1.  und  2.  verteilten  Kosten,  also  proportio- 
nal der  auf  einen  Arbeitsplatz  aufgelaufenen  Unkostenquote; 
4.  Verteilung  auf  das  Material  vermittelst  eines  Zuschlages  (nur 
für  Materialunkosten);  5.  durch  Zuschlag  auf  den  Wert  des  Fa- 
brikates (Material  +  Lohn  -f  Unkosten  unter   1,  2,  3  und  4). 

Man  beginnt  nun  mit  denjenigen  Kosten,  die  sich  nach 
der  Bodenfläche  verteilen  lassen.  Dadurch  entstehen  gewisse 
Quoten  von  Unkosten,  die  jährlich  von  einem  m^  Bodenfläche 
aufgebracht  werden  müssen.  Diese  müssen  hierauf  auf  der- 
jenigen Fläche  gesammelt  werden,  auf  die  ein  Deckungszuschlag 
erhoben  werden  kann.  Das  ist  einmal  die  Fläche,  die  durch 
produktive  Arbeitsplätze  bedeckt  ist,  dann  aber  auch  die  zur 
Lagerung  von  Materialien  ausgefüllte  Fläche  (produktive  Fläche). 

1.  Wir  beginnen  nun  mit  den  Grundstückkosten.  Das 
Grundstück  der  Fabrik  umfaßt  8500  m^,  die  mit  einem  Werte 
von  Fr.  125  000.—  zu  Buche  stehen.  Der  Wert  eines  m^  ist 
daher  Fr.  14.70,  davon  2  «/o  für  Amortisation  und  5  o/o  für  Ver- 


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—    228     — 

zinsung  ergibt  pro  m»  jährlich  1.029,  also  zirka  1.03  Fr.  Diese 
1.03  Fr.  pro  m^  müssen  der  Werkstattfläche  von  4000  m«  einer- 
seits und  der  Lagerfläche  von  480  m»  andererseits  belastet  wer- 
den. Da  der  Qußlagerplatz  nur  sehr  selten  ganz  mit  Gußstücken 
bedeckt  sein  wird,  das  Lagergebäude  andererseits  aber  mehr- 
stöckig ist  und  hochwertigere  Materialien  enthält,  ist  es  nicht 
angebracht,  bei  der  Verteilung  der  unproduktiven  Fläche  dem 
Gußlagerplatz  einen  Anteil  zuzuweisen.  Daher  werden  die 
1000  m2  desselben  zuerst  von  der  Gesamtfläche  von  8500  m« 
abgezogen.    Es  ergibt  sich  daher: 

Gesamtfläche  7500  m« 

produktive  Fläche  (ohne  Gebäude  Nr.  2)  4480  m« 
unbebaute   Fläche  3020  m« 

Die  Fläche,  welche  durch  das  Gebäude  des  Betriebsbureaus 
bedeckt  ist,  wird  nicht  als  produktiv  betrachtet,  da  in  diesem 
Gebäude  keine  produktive  Arbeit  geleistet  wird,  und  auch  keine 
Produkte  daraus  hervorgehen,  die  mit  einem  Zuschlag  belegt 
werden  können. 

Für    einen    m«    der    produktiven    Fläche    müssen    nun    zur 

3020 
Deckung  der   Kosten   der  unproduktiven   Fläche   1    -|-   j^  = 

=  1,674  m«  gesetzt  werden.  Die  jährlichen  Grundstückkosten 
für  1  m«  der  Werkstattfläche  betragen  daher  1,674  •  103  — 
1.72  Fr.  Die  auf  das  Lager  entfallenden  Grundstückkosten  be- 
tragen: 


für  das  Lagergebäude    480  .  1.72  = 
für  den  Gußlagerplatz  1000.  1.03  = 


825.60  Fr. 
1030.—    „ 

Total     1855.60  Fr. 


2.  Geleisekonto:  Die  Geleisekosten  betragen  1550.—  Fr., 
die  Fläche  der  Fabrik  ist  8500  m«,  so  daß  auf  einen  m«  0.182  Fr. 
jährlich   entfallen.     Auf  einen   m«  der   produktiven    Fläche  von 

?^  .  0.182  =  0,35  Fr.  jährlich.    Dem 


4480  m«  entfallen  daher 


Lager  fällt  ein  Anteil  von  Fr.  156.80  zu. 

3.  Gebäudekonto:  Der  Wert  der  der  Fabrik  zugeteilten 
Gebäude  beträgt  Fr.  650000.—.  Von  Gebäude  Nr.  2  wird  Ve 
dem  Lager  belastet,  da  der  halbe  zweite  Stock  die  Bureaux  des 


—     229     — , 

Materialeinkaufs   und   der  Materialverwaltung   enthält.     Es   ent- 
fällt daher  vom  Gebäudewert  der  Fabrik  auf  das  Lager: 


1.  Gebäude  Nr.  3 

2.  Ve  Oebäudc  Nr.  2 


65  000  Fr. 
7  500  „ 


72  500  Fr. 
davon  5  o/o   Abschreibungen  =  3625  Fr. 

Auf  die  Werkstatt  entfällt: 

1.  Gebäude  Nr.  1  430000  Fr. 

2.  Ve  von  Gebäude  Nr.  2  37  500  „ 

3.  Der  Anteil  an  Gebäude  Nr.  4     110000  „ 

577  000  Fr. 
davon  5  o/o  Abschreibungen  =  28  875  Fr. 

Für  die  Werkstatt  muß  dieser  Betrag  nun  noch  auf  die  Bo- 
denfläche verteilt  werden.  Die  Verteilung  darf  aber  nicht  nach 
der  Boden  fläche,  sondern  nur  nach  dem  Kubikinhalt  der  Werk- 
statträume vorgenommen  werden.  Die  Werkstatt  besteht  nun 
aber  aus  vier  Hallen,  von  denen  die  äußern  eine  Grundfläche 
von  15  X  50  m  und  eine  Höhe  von  8  m,  die  zwei  innern  eine 
Grundfläche  von  25  X  50  m  und  eine  Höhe  von  10  m  haben, 
zusammen  also  37  000  m^.  Auf  einen  m^  entfallen  daher  Fr. 
15.60.  Der  auf  einen  m«  entfallende  Teil  jeder  Halle  ist  daher 
Kubikinhall^der  Halle  ^  ^^^  _  „^^  ^^^  „^„^  .  ^^^^  ^ 
Flächeninhalt  der  Halle 

entfällt  somit  auf  Im«  von  Halle  I  und  IV  ein  Gebäudewert 
von  Fr.  124.80  und  auf  Im«  von  Halle  II  und  III  ein  solcher 
von  Fr.  156.— .  5  o/o  dieser  Summen  ergeben  eine  jährliche 
Quote  für  Gebäudeabschreibungen  von  Fr.  6.24  pro  m«  in  Halle 
I  und  IV  und  Fr.  7.80  pro  m«  in  Halle  II  und  III.  Zur  Verzin- 
sung des  in  den  Gebäuden  investierten  Betriebskapitals  müssen 
diese  Sätze  verdoppelt  werden.  Die  Quote  erhöht  sich  daher 
für  Halle  I  und  IV  auf  Fr.  12.48  pro  m«  und  auf  Fr.  15.60  pro 
m«  für  Halle  II  und  III.  Der  Anteil  des  Lagers  erhöht  sich  auf 
Fr.  7250.—.  Diese  Quoten  werden  aber  vorteilhafterweise  noch 
gleich  um  einen  Betrag  erhöht,  welcher  die  Deckung  der  Repa- 
raturkosten an  Gebäuden  besorgt.  Aus  der  Zusammenstellung 
.  der  Unkosten  ergibt  sich  für  sämtliche  Reparaturen  ein  Betrag 


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—    230    — 

von  Fr.  45  850.—.    Diese  Reparaturkosten  sollen  sich  folgender- 
maßen zusammensetzen: 


n 
n 


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»» 


»» 


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»» 


Reparaturen   an  Gebäuden 

Werkzeugmaschinen 

Werkzeugten 

Werkzeugmaschinen   der  Versuchsabteilung 

Werkzeugen  der  Versuchsabteilung 

Heizungsanlagen 

elektrischen  Leitungen 

Gas-,  Wasser-,  Dampf-  und  Luftleitungen 

Kranen 

Modellen 

Mobilien   der   Werkstatt 

„     Versuchsabteilung 
des    Lagers 

der   Konstruktions-Abteilung 
in   Gebäude   Nr.   2 


n 


»» 


ff 


ff 


»» 


»» 


f» 


Fr. 

3  060.- 

13100.- 

17  200.— 

650.— 

2  400.- 

1400.— 

1800.- 

180.— 

2100.— 

2800.— 

QOO.— 

100.— 

50.— 

60.— 

50.— 


Total    45  850.— 

Von  den  Fr.  3060.—  für  Reparaturen  an  Gebäuden  entfal- 
len auf  1  Fr.  Gebäude  wert  3060:650  000  =  0.0047  Fr.  Es  ent- 
fallen daher  auf  das  Lager  72  500  .  0.0047  =  342.75  Fr.,  wo- 
durch dessen  Anteil  an  den  Gebäudekosten  sich  auf  Fr.  7592.75 

erhöht.    Der  Anteil  pro  m^  Werkstattraum  beträgt  ^^'^'^^'^ 

*^  37000 

=^  0.0733  Fr.  Das  gibt  eine  Vermehrung  der  Gebäudekosten  pro 
m»  in  Halle  I  und  IV  um  0.59  Fr.  auf  13.07  Fr.  und  in  Halle 
II  und  III  um  0.73  Fr.  auf  Fr.  16.33. 

4.  Kosten  für  Heizung:  Diese  betragen  laut  Unkostcnauf- 
stellung  Fr.  19  450.—.  Da  wir  die  Kosten  der  im  Verwaltungs- 
gebäude untergebrachten  Konstruktionsabteilungen  ausschließlich 
der  Werkstatt  belasten  wollen,  so  ist  der  Anteil  der  Fabrik  an 
den  Heizungskosten  des  Verwaltungsgebäudes,  welcher  der  Fa- 
brikbuchhaltung am  Ende  der  Heizperiode  mitgeteilt  wird,  vor- 
erst von  den  Heizungskosten  der  Fabrik  abzuziehen,  bis  der  An- 
teil des  Lagergebäudes  ermittelt  ist.  Wir  gehen  dabei  von  der 
Voraussetzung  aus,  daß  das  Unternehmen  die  Platzkostenberech- 
nung zum  erstenmal  durchführt  und  daher  die  Kosten  der  Hei- 
zung für  das  Lagergebäude  nicht  gesondert  in  der  Buchhaltung 
aufgeführt  werden,  was  in  späteren  Jahren  zu  geschehen  hätte. 
Die  Heizungskosten  für  die  Konstruktionsabteilungen  sollen  nun 
Fr.  2100.—  betragen.    Dadurch  vermindert  sich  der  Gesamtheiz- 


—    231     — 

betrag  auf  Fr.  17  350.—,  wozu  noch  die  Reparaturkosten  an  Hei- 
zungsanlagen im  Betrag  von  Fr.  1400.—  addiert  werden  müssen, 
woraus  eine  Summe  von  Fr.  18  750.—  entsteht.  Die  Höhe  des 
Lagergebäudes  sei   13  m,  sein   Kubikinhalt  6240  m^.     Daher  er- 

1  8  750  .  6240 
gibt  sich   ein   Anteil  an  den   Heizkosten  von   x=       ^^240 

=  2706  Fr.  Wenn  der  Kohlenverbrauch  für  das  Bureaugebäude 
Nr.  2  in  der  Buchhaltung  ebenfalls  gesondert  aufgeführt  würde, 
so  müßte  er  zwischen  Lager  und  Werkstatt  im  Verhältnis  von 
5:1  geteilt  werden.  Die  hier  angewendete  Verteilungsformel  ist 
aber  praktisch  genügend  genau,  besonders  da  der  Kubikinhalt 
des  Lagergebäudes  ungefähr  1/5  des  Kubikinhaltes  der  Werkstatt 

erreicht. 

Der  von  der  Werkstatt  zu  deckende  Teil  des  Kohlenbedar- 
fes beträgt  18  750  Fr.  -  2706  Fr.  +  2100  Fr.  =  18144  Fr. 
Dividiert  durch  die  37  000  m»  der  Werkstatt  ergeben  sich  0.49 
Fr.  pro  m\  also  0.49  •  8  =  3.92  Fr.  pro  m^  in  Halle  I  und 
IV  und  0.49  .  10  =  4.90  Fr.  pro  m^  in   Halle   II  und  III. 

5.  Fabrikmobilien :  Eine  direkte  Relation  zwischen  den  Ko- 
sten für  Fabrikmobilien  einerseits  und  dem  Herstellungspreis  der 
Fabrikate  oder  den  einzelnen  Arbeitsplätzen  andererseits  läßt 
sich  allerdings  nicht  ableiten.  Ein  Verteilungsmodus  muß  je- 
doch gefunden  werden  und  so  läßt  es  sich  immerhin  rechtfer- 
tigen, diese  Kosten  nach  der  produktiven  Bodenfläche  aufzu- 
teilen. Es  läßt  sich  das  einigermaßen  damit  begründen,  daß 
Arbeitsplätze,  die  einen  verhältnismäßig  großen  Teil  der  pro- 
duktiven Fläche  bedecken,  auch  in  höherem  Maße  zur  Aufbrin- 
gung der  Unkostendeckung  herangezogen  werden  sollen.  Die 
Kosten  für  Mobilien  von  9750.—  Fr.  sollen  folgendermaßen  auf 
die  verschiedenen  Gebäude  fallen. 


Gebinde 

1.  Werkstatt  (Gebäude   1) 

2.  Konstrukt.-Abtlg.    (in   Gebäude    4) 

3.  Lager  (Gebäude  3) 

4.  Bureau  (Gebäude  2) 

5.  Versuchs- Abtlg.  (innerh.  Gebäude  1) 

Total    9750.—         1160.—        10910.— 

Davon  sind  dem  Lager  die  Kosten  unter  (3)  und  Vc  ^^r  Ko- 
sten unter  (4)  zu  belasten,  also  Fr.  675.—.  Der  für  die  Werk- 


Mobilien* 
konto 

Fr. 

4800.— 

3200.— 
500.— 
700.— 
55a— 


Reparaturen 
an  Mobilien 

Fr. 

900.— 
60.— 
50.— 
50.- 

100.— 


ToUl 

Fr. 

5  70a— 

3  260.— 
550.— 
750.— 
650.— 


jt 


t,i 


—    232     — 

statt  verbleibende  Rest  beträgt  nunmehr  Fr.  10  235.—,  was  für 
1  m2  die  jährliche  Quote  von  Fr.  2.56  ergibt.  Dabei  ist  zu  beach- 
ten, daß  die  Mobilienkosten  der  Versuchsabteilung  der  ganzen 
Werkstatt  belastet  wurden,  trotzdem  die  Versuchsabteilung  un- 
produktiv ist,  was  zur  Folge  hat,  daß  ihre  Kosten  schließlich 
auf  die  übrige  Werkstatt  verteilt  werden  müssen.  Wir  wollen 
aber  vorerst  die  jährliche  Quote  pro  m^  Werkstattfläche  er- 
mitteln, derer  wir  zur  Weiterführung  der  Berechnungen  bedür- 
fen. Würde  nun  die  Quote  der  Versuchsabteilung  von  derjeni- 
gen der  Halle  II,  in  der  sie  untergebracht  ist,  abweichen,  so 
würde  das  für  das  folgende  eine  Erschwerung  bedeuten.  Letzten 
Endes  ist  es  auch  ziemlich  gleichgültig,  in  welchem  Stadium  der 
Berechnung  die  in  Frage  stehende  Belastung  erfolgt,  besonders 
wenn  es  sich  um  unbedeutende  Beträge  handelt,  die  das  Oe- 
samtresultat  nicht  wesentlich  zu   beeinflussen  vermögen. 

6.  Modelle:  Mit  diesen  soll  gleich  verfahren  werden  wie 
mit  den  Fabrikmobilien,  was  natürlich  nur  dann  angeht,  wenn 
sämtliche  in  der  Werkstatt  hergestellten  Fabrikate  Kosten  für 
Modelle  verursachen.  Ist  das  nicht  der  Fall,  so  muß  mit  die- 
sen Kosten  wie  mit  den  Gehältern  der  Konstrukteure  verfah- 
ren werden  (siehe  unt^n).  Nicht  weil  es  als  ungerechtfertigt 
erscheint,  sondern  weil  ein  logisches  Verteilungsschema  kaum 
gefunden  werden  kann,  muß  von  einer  teilweisen  Belastung  des 
Lagers  mit  Modellunkosten  abgesehen  werden.  Demnach  werden 
die  Modellkosten  von  Fr.  13150.—  plus  den  Kosten  für  Repa- 
raturen an  Modellen  von  Fr.  2800.— ,  zusammen  also  Fr.  15Q50.— 
auf  die  4000  m^  der  Werkstatt  verteilt,  wodurch  sich  pro  m« 
Fr.  4.—  ergeben. 

7.  Weiter  werden  nach  der  Fläche  verteilt: 

Installationen 

Reparaturen  an  elektrischen  Leitungen 

Reparaturen  an  Gas-,  Wasser-,  Dampf-  und  Luftleitungen 


Fr.  3200.— 
„  1800.— 
..        18a- 


Fr.   5180.— 


Auf  1  m2  Werkstattfläche  fallen   x  = 


5180-4000       5180 


4480  .  4000  "■  4480  " 
Fr.  1.16.  Auf  das  Lager  fallen  480  •  1.16  =  Fr.  556.80.  Da 
das  Lagergebäude  zweistöckig  ist,  so  könnte  man  seine  Fläche 
zur  Berechnung  dieser  Kosten  verdoppeln;  allein  das  ist  darum 
in  diesem  Falle  nicht  gerechtfertigt,  weil  es  sich  um  Kosten  han- 
delt, die  vorwiegend  durch  die  Werkstatt  verursacht  werden. 


—     233     — 

8.  Die  Kosten  für  elektrische  Beleuchtung  werden  ebenfalls 
nach  der  Fläche  verteilt.  Von  den  17  600  Fr.  für  Kraft  und 
Licht  sollen  Fr.  3600.—  auf  die  Beleuchtung  entfallen  und  zwar 
laut  Ablesungen  an  Zählern  auf: 

Gebäude    Nr.    1  Fr.  2000.— 

2  ..  450.- 

3  ..  300.- 

4  „  650.- 
Beleuchtung  im  Freien  »  200.— 

Total    Fr.   3600.— 
Davon  entfiLllt  auf  die  Werkstatt  2000  +  375  e/g  von  450) 


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+  650  + 


200     4000 


=  Fr.  3203.60  =  0.80  Fr.   pro   m^.     Für  das 


4480 
Lager  verbleiben   daher  Fr.  396.40. 

9.  Die  Qehälter  der  Beamten  des  Betriebsbureaus,  der 
Vor-  und  Nachkalkulation,  der  Buchhaltung  und  der  Lohnabtei- 
lung, sowie  gewisse  unproduktive  Löhne  für  im  Taglohn  be- 
schäftigte Angestellte  der  eben  genannten  Abteilungen  (inkl. 
Reinigung  der  Bureaux)  lassen  sich  ebenfalls  nach  der  Fläche 
verteilen,  allerdings  hängt  das  von  den  besonderen  Verhältnis- 
sen eines  jeden  Betriebes  ab.  Für  die  Beamten,  die  Gehälter 
beziehen,  kommt  noch  die  Unfallversicherungsprämie  von  3Voo 

hinzu.  '  . 

Die  genannten  Gehälter  gehen  aus  dem  Konto  für  Gehäl- 
ter, die  unproduktiven  Löhne  aus  dem  für  Betriebsunkosten  her- 
vor.   Beide  dieser  Konten  sollen  aus  folgenden  Zahlen  bestehen: 

1.  Betriebsbureau,  Vor-  und  Nach- 
kalkulation, Lohnabteilung  und 
Buchhaltung 

2.  Konstruktionsabteilung 

3.  Lagerverwaltung  u.  Materialeinkauf 

4.  Meister 


Summe  der 
Gebllter 

Fr. 

92  300.— 

186  000.— 

30250.— 

25  000.— 


Versicherung 

Fr. 

276.90 

558.— 

90.75 

75.- 


Totel 

Fr. 

92  576.90 

186  558.— 

30  340.75 

25  075.— 


333  550.—   1000.65   334  550.65 


Betriebtunkosten. 

1.  Betriebsbuieau,   Vor-   und   Nachkalkulation,    Lohnabteilung 
und  Buchhaltung,  Materialverwaltung  und  Einkauf 

2.  Lager 

3.  Werkstattabteilungen 

4.  Versuchsabteilung 

5.  Werkstattkontrolleure 

6.  Bedienung  von   Kranen 

7.  Betriebsmaterialien    wie:    Ol,    Putzfäden    usw. 


Fr. 

58  300.— 
24600.— 
52  200.— 
31400.— 
18  400.— 
14  000.— 
20200.— 

Total    219100." 


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234     — 


—     235     — 


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Zur  Verteilung  auf  die  Werkstattfläche  gelangt  aus  dem  Ge- 
hälterkonto der  Posten  1  =  92  576.90  Fr.,  aus  dem  Betriebs- 
unkostenkonto Vti  von  Pos.  1  =  48  583.30,  Pos.  4  =  31  400.—, 
Pos.  5  =  18  400.—,  alles  in  allem  190  960.20  Fr.,  was  pro 
m2  47.74  Fr.  ergibt. 

Der  Anteil  des  Lagers  an  diesen  Kosten  setzt  sich  zusam- 
men aus  Pos.  3  des  Gehälterkontos  =  30  340.75  Fr.  und  aus 
Pos.  2  =  24  600.—  und  i  e  von  Pos.  1  =  9716.70  des  Be- 
triebsunkostenkontos,  zusammen   also   64  675.45   Fr. 

10.  Für  die  Werkstatt  sind  schließlich  noch  die  durch  die 
Kranen  verursachten  Unkosten  auf  die  Fläche  zu  verteilen  und 
zwar  für  jede  Halle  die  Kosten  des  in  ihr  befindlichen  Krans. 
Dabei  ist  von  der  Überlegung  auszugehen,  daß  infolge  des 
Vorhandenseins  eines  Krans  die  darunter  gelegene  Fläche  einen 
gewissen  Mehrwert  erhält,  der  auch  dann  zu  decken  ist,  wenn 
die  Fläche  durch  einen  Arbeitsplatz  ausgefüllt  wird,  für  den 
der  Kran  niemals  benützt  werden  muß.  Da  die  jährliche  Lauf- 
zeit eines  Krans  ganz  unbestimmbar  ist,  so  wird  von  einer  Zu- 
teilung der  Stromkosten  an  die  ihn  treibenden  Motoren  abge- 
sehen, wodurch  die  Motoren  der  Werkzeugmaschinen  eine  ge- 
ringe Mehrbelastung  zu  tragen  haben.  Es  seien  nun  vier  Kra- 
nen mit  folgenden  Anschaffungswerten  vorhanden  und  zwar  in 
jeder  Halle  einer. 

AnschaflTungswert  inkl.  Motoren 

Fr. 

7  557.40 

26856.— 

15  683.— 

10143.20 


Kran  in 


Halle 


t» 


I 

II 
III 
IV 


1U*/o  Amortisation 

Fr. 

756.- 

2686.— 
1568.- 
1014.- 


60239.60 


6024. 


Zu  der  Amortisationssumme  ist  nun  noch  der  Betrag  für 
Reparaturen  an  Kranen  von  Fr.  2100.—  hinzuzurechnen,  sowie 
der  Lohn  der  Kranenführer  im  Betrage  von  Fr.  14  000.—.  Es 
ergeben  sich  unter  Berücksichtigung  dieser  Kosten  folgende 
Werte  für  die  einzelnen  Kranen. 


Kran  in 
Halle         1 

Amortisation 
Fr. 
756. 

Reparaturen 
Fr. 
263.10 

Bedienung 
Fr. 
3500. 

Total 
Fr. 
4519.10 

„          II 

2686. 

934.75 

3500.- 

7120.75 

„     in 

1568. 

545.70 

3500. 

5613.70 

„        IV 

1014. 

352.90 

3500.- 

4866.90 

Es  entfalten  daher  auf  1  m^  von  Halle  I  Fr.  6.03,  von  Halle 
II  Fr.  5.70,  von  Halte  III  Fr.  4.50  und  von  Halle  IV  Fr.  6.49. 

Damit  sind  die  Kosten,  welche  sich  auf  die  bare,  vorhan- 
dene Fläche  des  Werkstattraumes  verteilen  lassen,  erledigt.  Sie 
sollen  Hallenunkosten  genannt  werden  und  sind  immer  für  einen 
m^  der  bebauten  produktiven  Fläche  zu  verstehen.  Im  vorlie- 
genden Fall  betragen  die  Hallenunkosten  für  Halle  I  Fr.  81.35; 
Halte  II  Fr.  85.26;  Halte  III  Fr.  84.06  und  Halte  IV  Fr.  81.81. 
Der  Kostenanteil  des  Lagers  dagegen  beträgt  für  alle  unter 
1—10  genannten  Positionen  Fr.  78  614.80.  (Über  die  Zusam- 
mensetzung der  Hallenunkosten  und  die  prozentuale  Höhe  der 
einzelnen  Positionen  am  Gesamtbetrag  siehe  umstehende  Ta- 
belle,   Fig.    13.) 

Die  nächste  Gruppe  von  Kosten,  welche  es  nun  zu  ermit- 
teln gilt,  umfaßt  die  Kosten  der  einzelnen  Meisterabteilungen, 
die  wir  als  Abteilungsunkosten  bezeichnen  wollen.  Diese  ge- 
hen aus  der  im  Lohnbureau  geführten  Statistik  über  unproduk- 
tive Arbeiten  (siehe  4.  Teil,  Abschnitt  2  c)  hervor.  Für  unser 
Beispiel  betragen  sie  Fr.  52  200.—  (siehe  Betriebsunkosten- 
konto). Der  Aufwand  für  Betriebsmaterialien  gehört  eigentlich 
auch  zu  den  Abteilungsunkosten. 

Da  es  jedoch  nicht  angeht,  diese  Kosten  nach  der  Boden- 
fläche zu  verteilen,  werden  sie  vorerst  aus  der  Berechnung  aus- 
geschlossen. Die  Abteilungsunkosten,  die  demnach  hier  zu  be- 
rücksichtigen sind  und  die  sich  aus  Löhnen  für  unproduktive 
Arbeiten,  wie  Werkstatt-  und  Maschinenreinigen,  Materialtrans- 
port, Lohn  der  Meisterschreiber  u.  a.  m.  zusammensetzen,  sol- 
len sich  folgendermaßen  auf  die  fünf  Meisterabteilungen  (diese 
sind  im  Werkstattplan  durch  — .—  Linien  umschrieben  und  mit 
den  römischen  Zahlen  I— V  bezeichnet)  verteilen.  Hinzuzurech- 
nen ist  noch  für  jede  Abteilung  der  Gehalt  eines  Meisters  (siehe 
Gehälterkonto).    Es  ergibt  sich  nun: 

Abteilung 

I 

\\ 
III 
IV 

V 


Unproduktive  LOhne 

Fr. 

10440.— 

8  150.— 

8710.- 

12240.- 

12660.— 


52  200.— 


Meistergehalt 
Fr. 
5  015.— 
5  015.— 
5  015.— 
5015.— 
5015.— 

'25Ö75.— 


Total  Abteilungsunkosten 
Fr. 
15  455.— 
13  163.— 
13  725.— 
17  255.— 
17  675.— 


77  275.— 


Aus  diesen  Zahlen  sind  nun  die  Abteilungsunkosten  pro  m-' 


'.•:^:!:?s 


^r-ari^" 


—     236    — 


—     237     — 


Haflenunkost9n, 


//«//# 


X.Krän 


900% 


7»4% 


fX.69hilhr        5aA5% 


0^%'jnti 


ViMoMIt 


V.HoMfM 


tAHmtynf 


4,92% 


V5% 


4,82% 


Mi 


ML69k4u^  10,  f  % 


tt.S»hi$»  Ot 

l.6run4sHkk       t^% 


a 


VI 


N 


4llt=Jlft= 


Uf 


frs.9l^    fOO%t 


t,03  i^% 


47,74        5X92% 


o,ao 

1,H 


0^ 


0^f4% 
1^% 

4,7% 


4,00      j,or% 

3,92 


U 


M. 


VI 


N 


13,0?        0,2  % 


2.02% 


Hl 


L 


rn.95^   100\ 


5,70  135% 


/// 


ly 


47,74      5i,77% 


0,00 
1,16 


2,5ä 


0A9 


Fig.  13. 


0,95% 


4.00         <»* 


J^^ 


4,90  i^% 


nJ3         19,45% 


ij94% 


IX 


VL 


VI 


N 


rrj.94,of    tao%,      . frj. m,ot 


4.50         7,93% 


47,74      MJ7% 


0,00 
1.1* 

\4,00 


0,90% 
1^2% 


2,56        4,09% 


4.90  -».W* 


4,79% 


ttr5J        15,94% 


0J5 
t,72 


0.43% 
2,10% 


IX 


ä 


VI 


N 


IX 


6,49 


47,74 


0,00 

r,r§ 

4,00 


2,H 


3,99 


13,07 


0^5 
1,72 


Total  Abteiluagsunkosten 

Fr. 
15  455.- 

FUche  in  m" 
525 

Abteilungsttiikosten 
pro  m* 

29,44 

13165.- 

350 

37,62 

13725. 

766,25 

17,91 

17  255. 

940 

18,36 

17  675.- 

925 

19,11 

77  275.— 

3  506,25 

für  jede  der  fünf  Abteilungen  festzustellen,  wobei  wir  folgende 
Zahlen    erhalten: 

AbteUung 

I 

11 
III 
IV 

V 


Innerhalb  einer  jeden  Meisterabteilung  gibt  es   aber  dane- 
ben noch  eine  zweite  Gruppe  von  Kosten,  welche  auf  die  Fläche 
der  Abteilung  zu  verteilen  sind.    Es  sind  das  die  Hilfemaschinen- 
kosten.     Nicht   jede    Werkzeugmaschine    kann    nämlich    als    ein 
Arbeitsplatz  angesehen   werden,   der   zur   Unkostendeckung   mit 
einem  Stundenzuschlag  belegt  werden  kann.     Das  ist  nur  dann 
möglich,  wenn  die  Maschine  eine  einigermaßen  schätzbare  jähr- 
liche Betriebsdauer  hat  und  das  wird  immer  dann  der  Fall  sein, 
wenn   zu   ihrer   Bedienung   ein   bestimmter   Arbeiter   vorhanden 
ist,   wobei   nicht  unbedingt   gesagt  sein    muß,   daß   diesem   Ar- 
beiter nur  die  eine  Maschine  zugeteilt  wurde,  da  er  sowohl  un- 
ter Umständen  mehrere  Maschinen  gleichzeitig  als  auch  abwech- 
selnd  bedienen   kann;  letzteres   nur  dann,*   wenn   der  Auftrags- 
bestand  keine  volle   Beschäftigung   der  einzelnen   Maschine   er- 
laubt.    Daneben    gibt   es    aber   Maschinen,    die   von   ganz   ver- 
schiedenen Arbeitern  einer  Abteilung  je  nach   Bedarf  zur  Aus- 
führung kleinerer  Teiloperationen  verwendet  werden,  für  die  kein 
besonderer  Akkord  aufgestellt  wird,  wodurch  die  Basis  zur  An- 
rechnung des  Stundenzuschlages  fehlt.    Hinzu  kommt  noch,  daß 
die   Arbeitsdauer  solcher   Maschinen   so   unregelmäßig   ist,   und 
zur   Schätzung   derselben   sogar   keine   Anhaltspunkte   vorliegen, 
daß    es   vorzuziehen    ist,    den    Stundenzuschlag    für   solche    Ma- 
schinen ganz  wegfallen  zu  lassen.    Eine  Maschine  ist  also  dann 
als  Hilfsmaschine  zu  betrachten,  wenn  ihr  kein  ständiger  Arbei- 
ter zugeteilt  ist  und  wenn  die  an  ihr  ausgeführten  Operationen 
nicht  in  einem  gesonderten  Akkord  vergeben  werden.    Ihr  Vor- 
handensein verleiht  einer  Abteilung  gewissermaßen  einen  höhe- 
ren  Wert  und   daher   sind   die   durch   sie   verursachten    Kosten 
auch  der  ganzen  Abteilung  zu  belasten,  was  mangels  eines  ge- 
naueren Schlüssels  am  besten  durch  Verteilung  auf  die  Boden- 


-    238    - 


—     239     — 


,1 


tu''- 


■i 


fläche  geschieht.  Die  Kosten  bestehen  aus  der  Amortisation  der 
Maschine  und  event.  eines  Motors.  Ist  ein  solcher  vorhanden, 
findet  aber  keine  Anrechnung  von  elektrischer  Energie  statt, 
denn  es  gilt  in  diesem  Falle  das  Gleiche  wie  für  den  Energie- 
verbrauch der  Krane.  Folgende  Maschinen  auf  dem  Werkstatt- 
plan sind  Hilfsmaschinen.  Ist  ein  Motor  vorhanden,  so  ist  des- 
sen Amortisation  zu  der  Amortisation  der  Maschine  hinzuge- 
zählt. 


Hilfsmaschinen. 

Standort 

Maschioen-Nummtr 

Amortisatioo 

Halle   1 

Fr. 

Abteilung 

I 

13 

32a- 

26 

280.- 

Halle    1! 

Abteilung 

I 

29 

15a- 

Halle    I 

Abteilung 

11 

34 

520.- 

36 

700.- 

46 

85a- 

Halle    11 

Abteilung 

111 

50 

1230.- 

53 

920.- 

55 

830.- 

Halle   111 

.    Abteilung 

IV 

60 

720.- 

69 

340.- 

Halle    IV 

Abteilung 

IV 

82 

5ia- 

Halle    III 

Abteilung 

V 

99 

4ia- 

Halle    IV 

Abteilung 

V 

117 

90.- 

Daraus  sind  nun  wiederum  die  Kosten  pro  m-  für  jede  der 
Abteilungen  zu  errechnen,  wodurch  man  folgendes  Ergebnis  er- 
hält: 

Abteilung  Kosten  fflr  Hilfsmaschinen 


pro  m' 


I 

11 
III 

IV 
V 


Fr. 


750.- 

1,43 

2ffJ0.— 

5,92 

2980. 

3,89 

157a 

1,67 

500.— 

0,54 

Mit   diesen   letzten    Kosten    ist   nun    die   Zuteilung   pro   m^ 
Werkstattfläche  abgeschlossen  und  es  kann  damit  begonnen  wer- 


den,  die  Zuschlagsquoten  auf  die  Arbeitsplätze  zu  konzentrie- 
ren. Dabei  sei  noch  einmal  erwähnt,  daß  die  Verteilung  auf 
die  einzelnen  Arbeitsplätze  keine  gleichmäßige  ist,  indem  solche, 
die  eine  größere  Fläche  beanspruchen,  auch  eine  höhere  Be- 
lastung erfahren.  Gerade  darin  weicht  das  Platzkostensystem 
von  den  meisten  andern  Systemen  der  Unkostenverteilung  ab. 
Obwohl  selbstverständlich  nirgends  darüber  ein  Zweifel  besteht, 
daß  große  Werkzeugmaschinen  größere  Unkosten  verursachen, 
wird  doch  meistens  derjenige  Teil  der  Kosten,  dessen  Anteil 
am  Arbeitsplatz  nicht  unmittelbar  ermessen  werden  kann,  mehr 
oder  weniger  vernachlässigt,  was  zur  Folge  hat,  daß  die  an 
diesen  Plätzen  hergestellten  Fabrikate  auf  Kosten  der  übrigen 
zu  niedrig  bewertet  werden. 

Fortfahrend  in  der  Berechnung  besteht  nun  die  nächste 
Aufgabe  darin,  den  unmittelbaren,  durch  Arbeitsplätze  belegten 
Teil  der  Werkstattfläche  zu  ermitteln,  wobei  jedoch  die  durch 
Hilfsmaschinen  besetzte  Fläche  als  unbenutzt  in  die  Rechnung 
einbezogen  werden  muß.  Hingegen  sind  Arbeitsplätze  ohne 
Maschine  zu  berücksichtigen,  wobei  angenommen  werden  soll, 
daß  diese  eine  Fläche  von  je  2m2  einnehmen.  Diese  Annahme 
ist  auch  dann  zu  machen,  wenn  ein  Arbeiter  keinen  bestimmten 
Arbeitsplatz  (z.B.  eine  Bank)  besitzt,  was  besonders  in  Mon- 
tageabteilungen häutig  eintreffen  wird. 

Im  Werkstattplan  (Fig.  14)  wird  die  jeweils  von  einer  Ma- 
schine besetzte  Fläche  eingetragen,  die,  um  willkürliche  Mes- 
sungen nach  Möglichkeit  einzuschränken,  vorzugsweise  so  eng 
wie  möglich  zu  berechnen  ist.  Hinzu  kommt  nun  noch  die  an- 
genommene Fläche  für  Arbeiter  ohne  bestimmten  Platz,  wodurch 
man  das  Total  der  belegten  Fläche  erhält. 

Die  gesamte  belegte  Fläche  erlaubt  nun  die  Berechnung 
eines  Faktors,  durch  welchen  ausgedrückt  wird,  wie  viele  m- 
der  effektiven  Fläche  einer  Abteilung  einem  m^  der  belegten 
Fläche  angerechnet  werden  müssen.  Hier  kann  allerdings  der 
Einwand  gemacht  werden,  daß  es  von  Anfang  an  möglich  gewe- 
sen wäre,  die  Kosten  statt  auf  die  effektive  gleich  auf  die  be- 
setzte Fläche  zu  berechnen,  wodurch  die  gesamte  Berechnung 
abgekürzt  würde.  Obwohl  es  damit  seine  Richtigkeit  hat,  darf 
doch  nicht  vergessen  werden,  daß  dadurch  der  Vergleich  der 
Hallenunkosten,  wie  sie  sich  aus  der  bloßen  Beschaffenheit  der 
Gebäude,  ohne  Berücksichtigung  der  darin  untergebrachten  Ar- 


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W»rkaton-Pton. 


Hall»  III 


Hall»  V 


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1  A^istmr-Pu/f     CHj  ^oyy^lr  /iw/  Schrau^shek 

Fig.  14. 


oAnirmbamthr 


beitsplätze  ergeben,  dahin  fallen  müßte.  Durch  den  eben  er- 
wähnten Faktor  wird  aber  zudem  noch  die  Ausnützung  des 
Raumes,  welche  einen  wesentlichen  Einfluß  auf  die  Höhe  der 
Unkostenzuschläge  ausübt,  zum  Ausdruck  gebracht.  Deswegen 
soll  dieser  Faktor  auch  als  den  Ausnützungsfaktor  bezeichnet 
werden.  Es  ist  nun  zwar  zu  beachten,  daß  sich  der  Ausnüt- 
zungsfaktor je  nach  dem  Zwecke  einer  Abteilung  verändern  kann, 
ohne  daß  daraus  sichere  Schlüsse  über  die  Zweckmäßigkeit  der 
Anordnung  abgeleitet  werden  können.  Eine  Montageabteilung 
vorwiegend  für  große  Objekte  (wie  Abteilung  III,  Halle  II  un- 
serer  Werkstatt)  wird  notgedrungen  einen  großen  Ausnützungs- 
faktor ergeben;  das  Umgekehrte  hingegen  sollte  der  Fall  sein 
für  eine  Abteilung,  die  vermittelst  kleinerer  Werkzeugmaschi- 
nen einzelne  Bestandteile  herstellt.  Wird  jedoch  diese  Verän- 
derlichkeit des  Ausnützungsfaktors  hinreichend  beachtet,  so  kann 
er  wichtige  Anhaltspunkte  über  die  Zweckmäßigkeit  der  Anord- 
nung der  Werkstatteinrichtungen  geben. 

Aus  der  nachfolgenden  Tabelle  läßt  sich  der  Ausnützungs- 
faktor für  die  einzelnen  Abteilungen  ermitteln.  Daraus  werden 
die  Hallen-  und  Abteilungsunkosten  inkl.  Hilfsmaschinenkosten 
für  jeden  Arbeitsplatz  berechnet,  was  ebenfalls  in  die  Tabelle 


^    2\\     - 

aufgenommen  worden  ist.  Ferner  enthält  diese  die  Amortisa- 
tion der  Werkzeugmaschinen.  Die  Amortisation  beträgt  jähr- 
lich 10  o/o  vom  Anschaffungswert,  was  als  ein  fester,  vom  Ge- 
winn des  Unternehmens  unabhängiger  Unkostenbetrag  zu  betrach- 
ten ist.  Im  vorliegenden  Falle  sind  allerdings  die  Werkzeugma- 
schinen in  der  Bilanz  auf  einen  Franken  abgeschrieben  worden. 
Das  bedeutet  aber  nichts  anderes,  als  daß  die  Anschaffungsko- 
sten neuer  Maschinen  (gänzliche  Amortisation  der  alten  voraus- 
gesetzt) auf  laufende  Rechnung  genommen  werden  können. 
Unter  der  Voraussetzung  nun,  daß  die  durchschnittliche  Qe- 
brauchsdauer  einer  Werkzeugmaschine  wirklich  10  Jahre  betrage, 
ist  jährlich  ungefähr  ^/^q  des  gesamten  Anschaffungswertes  der 
Maschinen  zu  decken,  was  durch  die  10  o/o  ige  jährliche  Amorti- 
sation der  gesamten  vorhandenen  Werkzeugmaschinen  geschieht. 
Diese  Behandlungsweise  der  Amortisation  kann  allerdings  nur 
dann  zur  Anwendung  gebracht  werden,  wenn  das  Unternehmen 
auf  einige  günstige  Jahre  zurücksieht,  welche  Abschreibungen 
über  das  unbedingt  nötige  Maß  erlaubten.  >X^enn  irgend  mög- 
lich sollte  so  vorgegangen  werden,  daß  nach  Vollendung  des 
Einrichtens  der  Werkstatt  Neuanschaffungen  an  "Werkzeugma- 
schinen sofort  auf  laufende  Rechnung  genommen  werden.  Das 
Gros  der  Maschinen  aber,  welche  zu  Beginn  des  Unternehmens 
angeschafft  wurden,  soll  so  rasch  es  die  Verhältnisse  erlauben 
(Maximum  10  Jahre)  gänzlich  abgeschrieben  werden.  Dadurch 
werden  die  Vorteile  beider  Amortisationssysteme,  nämlich  Ab- 
schreibungen vom  Anschaffungswert  und  Abschreibungen  vom 
Buchwert  vereinigt.  Diese  bestehen  in  der  weitaus  größeren  Ein- 
fachheit des  ersteren  und  der  rascheren  Amortisation  des  größ- 
ten Teils  des  Wertes  zu  Beginn  der  Gebrauchsdauer  des 
zweiten  Systems.  Sämtliche  Vorteile,  die  zugunsten  der  Ab- 
schreibung vom  Buchwert  aufgeführt  werden  können,  bestehen 
in  der  raschen  Amortisation  eines  ausschlaggebenden  Teils  des 
Wertes  während  einer  möglichst  kurzen  Dauer,  ein  Vorteil,  der 
durch  Übernahme  der  Kosten  für  Werkzeugmaschinen  auf  lau- 
fende Rechnung  in  noch  weit  höherem  Maße  realisiert  wird. 
Ist  das  Werkzeugmaschinenkonto  einmal  ganz  abgeschrieben 
worden,  so  erfordert  die  Amortisation  durchschnittlich  keine  hö- 
heren Summen  mehr  wie  die  gewöhnliche  10  o/o  ige  Amortisation 
vom  Anschaffungswert.  Zudem  fallen  die  Auslagen  für  die  Ver- 
zinsung des   in  Werkzeugmaschinen   investierten   Kapitals   dahin. 

16 


~     242 


243     — 


i 


Die  in  der  Tabelle  aufgeführten  Amortisationsbeträge  sol- 
len der  Einfachheit  halber  gleich  auch  die  Amortisation  des  An- 
triebsmotors enthalten,  wobei  ein  durch  eine  Transmission  meh- 
rere Maschinen  antreibender  Motor  auf  diese  zu  gleichen  Tei- 
len verteilt  wird.  Eine  ungleichmäßige  Verteilung  ist  nur  dann 
vorzunehmen,  wenn  der  Anteil  einer  Maschine  am  Energiever- 
brauch weitaus  überwiegt.  In  den  allermeisten  Fällen  kann  eine 
gleichmäßige  Verteilung  hingenommen  werden  und  zwar  we- 
gen der  Geringfügigkeit  des  Betrages. 

Die  Reparaturkosten  für  Werkzeugmaschinen  von  13  100.— 
Fr.  und  die  Betriebsmaterialien  im  Betrage  von  20  200.—  Fr. 
sind  proportional  zur  Höhe  des  Amortisationsbetrages  zu  ver- 
teilen, erstere  gemeinsam  für  die  gesamte  Werkstatt,  letztere 
getrennt  für  die  einzelnen  Meisterabteilungen.  Der  Anteil  der 
einzelnen  Meisterabteilungen  an  den  Kosten  für  Betriebsmateria- 
lien sei  folgender: 

Abteilung     I 


Unkosten-Tabelle  I. 


ff 
ff 

M 
ff 


11 
111 

IV 
V 


Fr. 

4  000. 
3  200. 
2100. 

5  100.- 
5  800.- 

20200.- 


Für  jeden  Arbeitsplatz  ist  nun  neben  der  Anzahl  der  be- 
legten m^  der  Fläche  noch  ein  Kostenfaktor  mit  dem  Ausnüt- 
zungsfaktor  zu  multiplizieren.  Dieser  Kostenfaktor  beträgt  für 
die  einzelnen  Hallen  resp.  Abteilungen  laut  vorausgegangener 
Berechnung: 


Fflr 


Halle 


n 


tt 


ff 


f> 


» 


1 

Abt. 

1 

II 

»» 

1 

1 

»» 

II 

II 

»1 

111 

III 

»» 

111 

II 

1* 

IV 

III 

f» 

IV 

IV 

1» 

IV 

III 

»» 

V 

IV 

«« 

V 

Hallen- 

Abteilungs- 

Hilf*. 

Toul 

Unkosten 

unkosten 

maschinen 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

81.35 

29.44 

1.43 

112.22 

85.26 

29.44 

1.43 

116.13 

81.35 

37.62 

5.92 

124.89 

85.26 

17.91 

3.89 

107.06 

84.06 

17.91 

3.89 

105.86 

85.26 

18.36 

1.67 

105.29 

84.06 

18.36 

1.67 

104.09 

81.81 

18.36 

1.67 

101.84 

84.06 

19.11 

0.54 

103.71 

81.81 

19.11 

0.54 

101.46 

Unter  Berücksichtigung  dieser  Zahlen  kommt  für  die  vor- 
läufig aufgeteilten  Unkosten  folgende,  nach  den  Meisterabtei- 
lungen  getrennte   Tabelle  zustande: 


1 

Abtei 

lung    1. 

# 

■                                      Maschinen-    1 

Belegte 

FUche- 

Amortis. 

Reparatur  u. 

Total 

1                                            St. 

kosten 

Betriebsmat 

1 

V                     Halle  1 

%        Fr. 

Fr. 

Fr. 

Flr. 

]                                    1 

2 

920.- 

760.— 

220.40 

1900.40 

2 

2 

920.- 

740.- 

214.60 

1  874.60 

3 

2 

920.- 

720. 

208.80 

1848.80 

4 

2 

920.- 

780.- 

226.20 

1  926.20 

5 

4 

1840.— 

900.- 

261. 

3001. 

6 

4 

1840.- 

920. 

266.80 

3  026.80 

7 

6 

2  760.- 

97a— 

281.30 

4  011.30 

8 

7 

3220.- 

950.— 

275.50 

4445.50 

9 

10 

4600.— 

1400.— 

406.— 

6  406. 

10 

4fi 

2 116.— 

850. 

246.50 

3  21Z50 

11 

6 

2  760.- 

890.— 

287.10 

3  937.10 

12 

6 

2  760. 

920. 

266.80 

3  946180 

14 

3 

1380.- 

860.- 

249.40 

2  489.40 

15 

3 

1380.— 

840.— 

243.60 

2  46a60 

16 

3f2 

1  472. 

880. 

255.20 

2607.20 

17 

2 

920.- 

4ia 

118.90 

1448.90 

18 

5,3 

2  438. 

885. 

256.75 

3  579.75 

19 

4 

1840.- 

920.- 

266.80 

3026.80 

20 

Vi 

207a— 

1230. 

356.70 

3  656.70 

21 

4 

1840.- 

1120. 

324.80 

3  284.80 

22 

4ß 

2070.— 

125a 

362.50 

3  682.50 

23 

4 

1840.- 

960. 

278.40 

3  078.40 

24 

8 

368a- 

1320.- 

382.80 

5  38280 

25 

6 

2  760.- 

9ia— 

263.90 

3  93190 

Halle    11 

27 

8 

3808.- 

1300. 

53a 

5  641.— 

28 

M 

2  094.40 

890. 

365.— 

3348.40 

30 

4 

1904.- 

87a- 

352.50 

3126.50 

3  Plätze  ohne 

Maschine 

6 
129,5 

2856.— 
59928.40 

25  445.— 

• 

2856.— 

7  771.25 

93144.65 

■ 

Abteil 

ung   11. 

Halle  1 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

31 

6 

2  532.— 

1220.- 

500.20 

4  252.20 

32 

w 

2  236.60 

1050. 

430.50 

3  717.10 

33 

4 

1688.— 

9ia 

373.40 

2  971.40 

35 

3^4 

1  434.80 

880.- 

360.80 

2  675.60 

37 

3 

1266.- 

73a- 

299.30 

2295.30 

38 

3 

1266.— 

750.- 

•       307.50 

2  323.50 

39 

3 

1266.- 

780.- 

319.80 

2365.80 

Übertrag 

•27,7 

1 1  689.40 

6  320.— 

2  591.50 

20  600.90 

—     244     ~ 


K 


Maschinen- 
Nr. 

Bd^e 

Fliehe, 
kosten 

Amortis. 

Reparatur  a. 
Betriebsmat 

Total 

Übertrag:  27,7 

Fr. 
1 1  689.40 

Fr. 
6320. 

Fr. 

2591.50 

Fr. 

20600.90 

40 

3 

1266.- 

720.- 

295.20 

2281.20 

41 

4.2 

1772.40 

9ia- 

373.10 

3  055.50 

42 

3,7 

1561.40 

880.- 

360.80 

2802.20 

43 

3.7    • 

1561.40 

900. 

369. 

2830.40 

44 

3.7 

1561.40 

860.- 

352.60 

2774.- 

45 

4 

1688.- 

950.- 

389.50 

3  027.50 

30   Plätze   ohne 

Maschine 

60 
110,0 

25  320.- 
46420.- 

^"^a 

^"*e^^ 

2532a- 

11540.- 

4731.70 

62691.70 

Abtei 

lung  111. 

Halle  II 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

51 

15 

16  050.— 

1  57a— 

879.20 

18  499.20 

52 

8 

8  560.- 

1  na- 

655.20 

10  385.20 

(Halle  III) 

54 

24 

25  392.- 

219a- 

1226.40 

28806.20 

15  Plätze  ohne 

Maschine 

30 
77 

32  loa— 

• 

• 

32 100.— 

82102.- 

4930.- 

2760.80 

89792.60 

■ 

Abtei 

lung   IV. 

Halle  II 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

56 

70 

2065a- 

5  250.- 

1522.50 

27  422.50 

Halle    III 

61 

21 

6132.- 

234a 

678.60 

915a60 

62 

21 

• 

6132.- 

1700. 

493.- 

8  325.- 

63 

10 

2920.- 

1150. 

333.50 

4403.50 

64 

27 

7  884.- 

3  200.- 

928.- 

1201Z- 

65 

12 

3504.- 

1260.- 

365.40 

5129.40 

66 

10 

2920. 

960. 

284.20 

4184.20 

67 

6 

1752. 

820.- 

337.80 

2809.80 

68 

6 

1752. 

830. 

240.70 

2822.70 

70 

60 

17  520. 

4800.- 

1392.- 

23  792- 

71 

12 

3504.- 

1  3ia- 

379.90 

519190 

72 

10 

2  920. 

1150.- 

333.50 

4403l50 

Halle    IV 

73 

^ 

1  282.50 

7ia 

205.90 

2198.40 

74 

^ 

1  282.50 

650. 

188.50 

2121.- 

75 

4^ 

1  282.50 

630. 

182.70 

2095.20 

76 

6 

1  7ia 

790. 

229.10 

2729.10 

77 

6 

17ia 

750. 

217.50 

2  677.50 

78 

10 

2850. 

95a 

275.50 

4  075.50 

79 

10 

2850.- 

1020. 

295.80 

4 165.80 

80 

10 

285a- 

980. 

284.20 

4114.20 

81. 

10 

2850.- 

940. 

272.60 

406Z60 

4   Plätze  ohne 

- 

Maschine 

8 

2280.- 

• 

""^•"^^ 

2280.- 

338,5 

98  537.50 

32  2ia— 

934a90 

140068.40 

) 


Maschinen-      Belegte 

Nr.  1^ 

Halle   III 

83  5,2 

84  5,2 

85  6 

86  4 

87  4 

88  2,6 

89  2,6 

90  2,6 

91  2,6 

92  2,6 

93  2,6 

94  2,6 

95  2,6 

96  8,6 

97  8 
96  8 

100  9 

101  7,4 

102  12 

103  5,2 

104  5,2 
106  7,4 

106  6 

107  5,2 
106  5,2 

8  Plätze  ohne 

Maschine  16 

Halle  IV 

109  7,4 

110  1,6 

111  2 

112  5,2 

113  5,2 

114  5,2 

115  12 

116  8 

118  4 

119  4 
2  Plätze  ohne 

Maschine  4 


207,0 


245     — 


Abteilung^   v. 


FUche- 
kosten 

Fr. 

2  428.40 
2428.40 
2802.— 
1868.- 
1868.- 
1  214.20 
1  214.20 
1  214.20 
1  214.20 
1  214.20 
1  214.20 
1  214.20 

1  214.20 
4  016.20 

3  736.— 

3  736.— 

4  203.— 
3  455.80 
5604.— 

2  428.40 
2428.40 

3  455.80 
2802.— 
2  428.40 

2  426.40 

7  472.— 

3  381.80 
731.20 
914.- 

2  376.40 
2  376.40 
2  376.40 

5  484.— 
3656.- 
1828.- 
1826.— 

1826.- 


Amortis. 

Fr. 

850.— 
860.— 
930.— 
790.— 
820.— 
630.— 
590.— 
600.— 

6ia— 

640.— 
620.— 
630.— 
580.— 

1020.— 
990.— 

1040.- 

1130.— 
740.— 

1360.— 
950.— 
960.- 
84a— 

8ia— 

690.- 
720.— 


980.- 
120.- 
340.- 
880.- 
900.- 
890.- 
1420.- 
1  17a- 
65a- 
720.- 


Reparatar  u. 
Betriebsmat. 

Fr. 

28a50 

283.80 

306.90 

260.70 

270.60 

207.90 

194.70 

196.— 

201.30 

211.20 

204.60 

207.90 

191.40 

336.60 

326.70 

34120 

372.90 

244.20 

448.80 

313.50 

316.80 

277.20 

267.30 

227.70 

237.60 


323.40 
39.60 
112.20 
290.40 
297.- 
293.70 
468.60 
386.10 
204.50 
237.60 


96083.- 


Total 

Fr. 
3  558.90 

3  572.20 

4  038.90 
2  918.70 
2  958.60 
2  052.10 
1998.90 
2012.20 
2025.50 
2  065.40 

2  038.80 
2052.10 
1965.60 

5  372.80 
5  062.70 
5119.20 
5  705.90 
4  440.— 
7  412.80 
3691.90 

3  705.20 

4  573.— 
3  879.30 
3  346.10 
3  386.— 

7472.— 

4685.20 
890.80 
1366.20 
3  546.80 
3  573.40 
3  560.10 
7  372.60 

5  212.10 
268Z50 
2785.60 

1828.— 


28  47a—  9  385.10        133  936.10 


«'"'^i^^ 


1'  ,i 


■.^!  ä' 


—     246     — 

Zur  Erklärung  dieser  Tabellen  sei  noch  hinzugefügt,  daß 
sich  aus  der  Anzahl  der  m»  der  belegten  Fläche  folgende  Aus- 
nützungsfaktoren  ergeben: 


AbteilunK 
I 
li 
III 

IV 
V 


525 

350 

766,25 

940 

925 


129,5 
110 
77 

338,5 
207 


=    ca. 


» 


>» 


t» 


ff 


Ausnützungsfaktor 

4,1 
3,2 
10,0 
2.8 
4.5 


Die  belegten  m»  wurden  deshalb  mit  folgenden  etwas  ab- 
gerundeten Zahlen  multipliziert: 


Fflr 
Halle    I 
,      U 

n  I 

.  II 

n  III 

.  II 

.  III 

.    IV 

«  III 

,    IV 


Abt.    I 
.       I 


II 

III 

III 

rv 

IV 
IV 
V 
V 


Kosten  in  Fr. 
112.22 
116.13 
124.89 

107.06 
105.86 
106.29 
104.09 
101.84 
103.71 
101.46 


Ansnfltzungsfaktor 

4;l 

4,1 
3.2 

10,0 
10,0 

2,8 

2,8 

23 

4.5 


Prodakt  in  Fr. 

ca.  460.— 
476.- 
422.- 
1070.- 
1058.- 
259.— 
292.- 
285.- 
467.— 
457.— 


ft 

„ 

.. 

»» 


Die  gesamte  sich  aus  den  Tabellen  ergebende  Amortisation 
von  Werkzeugmaschinen  beträgt  Fr.  102  595.—;  rechnet  man 
noch  die  Hilfsmaschinen  hinzu,  so  steigt  der  Betrag  auf  Fr. 
110  465.—.  Gegenüber  den  Ausgaben  für  Neuanschaffungen  von 
Werkzeugmaschinen  laut  Unkostenaufstellung  bedeutet  das  einen 
Fehlbetrag  von  Fr.  1035.—.  Dieses  Resultat  wird  aber  im  wei- 
teren Verlauf  der  Berechnung  noch  durch  die  Maschinen  der 
Versuchsabteilung,  des  Lagers  und  durch  die  Transformatoren 
verändert. 

Die  Beträge  der  fünften  Kolonne  der  Tabellen,  für  Repa- 
raturen an  Werkzeugmaschinen  und  Betriebsmaterialien  werden 
folgendermaßen  ermittelt: 

Der  Reparaturenbetrag  für  Werkzeugmaschinen  ist  Fr. 
13100.—,  die  Amortisationssumme  beträgt  Fr.  102  595.—.  Auf 
einen  Franken  dieser  Summe  entfallen  daher  13100:102  595  = 
zirka  0.13  Fr.  Auf  gleiche  Weise  verfährt  man  für  jede  ein- 
zelne Abteilung  zur  Verteilung  der  Kosten  für  Betriebsmateria- 
lien. Für  beides  zusammen  entsteht  pro  Franken  Amortisation 
folgendes  Resultat: 


—     247     — 


Abteilung 
I 

I! 
III 
IV 

V 


4000:25  445 
3200  :  11  540 
2100:  4930 
5100:32  210 
5800 :  28  470 


—    ca. 


Fflr  Betriebtmaterial 
Fr. 

0.16 
0.28 
0.43 
0.16 
0.20 


Für  Reparaturen 
Fr. 


ca. 


» 


>» 


fi 


I. 


>. 


») 


.1 


»» 


0.13 
0.13 
0.13 
0.13 
0.13 


Total 
Fr. 

0.29 
a41 
0.56 
a29 
0.33 


Mit  dem  Total  der  vorausgegangenen  Tabellen  sind  jedoch 
noch  nicht  alle  Unkosten  gedeckt.  Es  soll  nun  als  nächste%der 
Stromverbrauch  auf  die  Arbeitsplätze  verteilt  werden.  Dies  ge- 
schieht proportional  zur  Pferdestärke  der  Motoren.  Es  ist  da- 
her eine  Motorenliste  aufzustellen,  um  den  Anteil  jeder  Maschine 
an  der  Zahl  der  Pferdestärken  des  sie  antreibenden  Motors  zu 
erhalten.  Auf  Grund  dieser  Liste  soll  sich  nun  eine  Gesamt- 
zahl von  200  PS  ergeben.  Darin  sind  Motoren  für  Kranen, 
Hilfsmaschinen  und  solche  der  Versuchsabteilung  nicht  inbe- 
griffen, da  ihr  Stromverbrauch  später  doch  wieder  auf  die  pro- 
duktiven Arbeitsplätze  zu  verteilen  wäre.  Die  Gesamtkosten  für 
Stromverbrauch  setzen  sich  folgendermaßen  zusammen: 

1.  Energieverbrauch  aus  dem  Konto  „Kraft  und 
Licht" 

2.  Platzkosten  der  Transformatorenstation  (Halle 
111   37,5  m»  ä  84.05) 

3.  3  Transformatoren  im  Werte  von  Fr.  8477.50 
(davon  10  o/o) 


Fr.  14  000.— 


3152.25 


847.75 


Es  ergibt  sich  daraus  für  1   PS    jährlich 


18  000 


200 


Fr.  18  000. 
=  90  Fr. 


Ferner  ist  der  Unfallversicherungsbetrag  zu  verteilen,  und 
zwar  erhält  jeder  Arbeitsplatz  den  gleichen  Anteil.  Von  den 
17  825  Fr.  Versicherungsspesen  sind  1000.65  schon  bei  Behand- 
lung der  Gehälter  gedeckt  worden.  Es  verbleiben  demnach  noch 
Fr.  16  824.33.  Die  Werkstatt  enthält  im  ganzen  161  produktive 
Arbeitsplätze,  so  daß  ein  Platz  mit  16  824.35:161  =  104.50  Fr. 
belastet  werden  muß. 

Die  nächsten  zu  behandelnden  Kosten  sind  die  Werkzeug- 
auslagen. Da  besonders  die  großen  Werkzeugmaschinen  einen 
großen  Aufwand  an  solchen  Kosten  erfordern,  erscheint  es  ge- 
rechtfertigt, sie  proportional  zu  den  bis  hierher  ermittelten  Un- 
kostenquoten zu  verteilen.  Da  nun  aber  der  Wert  der  im  eige- 
nen Unternehmen  erzeugten  Werkzeuge  nur  durch  die  Summe 
von  Material  plus  Lohn  bestimmt  wird,  um  eine  doppelte  Be- 


—    248     — 


lastung  der  Unkosten  der  Werkzeugabteilung  zu  umgehen,  ist 
im  vorliegenden  Falle  mit  einem  größeren  Betrag  zu  rechnen, 
der  den  tatsächlichen  Selbstkosten  gleichkommt.  Ist  das  Platz- 
system einmal  eingeführt,  so  ergibt  sich  das  von  selbst.  Es 
wird  dann  allerdings  notwendig,  die  Werkzeugabteilung  getrennt 
abrechnen  zu  lassen.  Analog  wäre  z.B.  mit  einer  Kesselanlage 
zu  verfahren.  Qeht  man  aber  von  der  gewöhnlichen  Verrech- 
nung der  Werkzeuge  zu  Material  plus  Lohn  aus,  so  setzen  sich 
die  zu  verteilenden  Werkzeugrkosten  aus  den  folgenden  Posten 
zusammen:  1.  Betrag  des  Werkzeugkontos,  2.  des  Kontos  für 
Reparaturen  an  Werkzeugen,  3.  Platzkosten  der  Werkzeugab- 
teiluhg  bis  und  mit  Unfallversicherung  und  4.  Hallenkosten  des 
Werkzeugzimmers,  wenn  dieses  in  einer  der  Werkstatthallen 
untergebracht  ist.  Ist  das  Platzkostensystem  aber  eingeführt,  so 
werden  die  im  Unternehmen  hergestellten  Werkzeuge  mit  Ma- 
terial plus  Lohn  plus  Platzkostenzuschlag  verrechnet  und  es 
muß  der  Verbrauch  an  solchen  für  jede  Abteilung  getrennt  er- 
mittelt und  auf  die  Arbeitsplätze  verteilt  werden.  Auf  diese 
Weise  gelangen  auch  die  Werkzeuge  der  Werkzeugabteilung  in 
ihren  Platzkosten  zur  Verrechnung.  In  unserem  Beispiel  schließt 
die  Platzkostenberechnung  der  Werkzeugabteilung  mit  den  Ver- 
sicherungskosten; nach  Verlauf  eines  Jahres  hingegen  würde 
noch  der  Eigenverbrauch  an  Werkzeugen  hinzukommen.  Nach 
dem  eben  Gesagten  finden  wir  folgende  Kosten  für  Werkzeuge: 

1.  Werkzeugkonto  Fr.    60  300.— 

2.  Reparaturen   an   Werkzeugen  „      17  200.— 

3.  Platzkosten  der  Werkzeugabteilung         „     69  255.20 

Fr.  146  755.20 
Diese  Summe  ist  nun  auf  den  Gesamtbetrag  der  Platzkosten 
von  Abteilung  I,  III,  IV  und  V  zu  verteilen.    Gemäß  Unkosten- 
Tabelle  II   (siehe  unten)   betragen  die   Platzkosten   bis  und  mit 
Unfallversicherungsspesen:  Fr. 

Abteilung     I  93659.15 

„  III  93  743.60 

n  IV  149900.90 

n  V  142  420.60 

Total    479  724.25 

Zur    Deckung   der   Werkzeugkosten   sind    daher    für   jeden 

1 46  755  20 
Franken  Platzkosten  -479 ^2425    ^  ^'^^^  ^^'  hinzuzuaddieren. 


—     249     — 


10275.— 
26110.90 

6  000.— 
650.— 

2  400.— 


Nach  dem  gleichen  Prinzip  können  auch  die  noch  verblei- 
benden Kosten  für  Versuche  sowie  Fehler  und  Verluste  aufge- 
teilt werden,  also  proportional  zu  den  durch  einen  Arbeitsplatz 
verursachten  Unkosten.  Das  erscheint  auch  gerechtfertigt,  wenn 
man  bedenkt,  daß  fehlerhafte  oder  Versuchsausführungen  dem 
Unternehmen  gerade  dann  sehr  teuer  zu  stehen  kommen,  wenn 
sie  Arbeitsplätze  mit  hohen  Kosten  beansprucht  haben.  Aus  der 
Zusammenstellung  dieser  Kosten  ergibt  sich  folgendes  Bild: 

Fr. 

1.  Konto    Fehler    und    Verluste  14150.— 

2.  Konto    Versuche 

3.  Platzkosten    der   Versuchsabteilung 

4.  Werkzeugmaschinen-Amortisation    der    Versuchs-Abteilung 

5.  Reparaturen    an    Werkzeugmaschinen 

6.  Reparaturen    an    Werkzeugen 

Total    59585.90 

Auch  die  verbleibenden  Kosten  der  Versuchsabteilung  sind 
an  dieser  Stelle  einbezogen  worden,  obwohl  ihre  Aufgabe  haupt- 
sächlich darin  besteht,  die  fertigen  Fabrikate  zu  prüfen.  Dem- 
nach würde  die  gerechteste  Deckungsweise  darin  bestehen,  diese 
Kosten  proportional  zum  Anteil  des  Fabrikatwertes,  der  jedem 
Arbeitsplatz  zufällt,  aufzuteilen.  Dieser  Anteil  ist  aber  schwer- 
lich ermittelbar,  wenigstens  nicht  auf  eine  einfache  Art.  Zudem 
würde  er  von  dem  Unkostenanteil  voraussichtlich  nur  sehr  we- 
nig abweichen,  so  daß  man  sich  mit  letzterem  begnügen  kann. 
Pro  Franken  Platzkosten  ergibt  sich  für  diese  Kosten  eine  Mehr- 

.    ,    X.  59  585.20 

belastung   von     47Q  ^24.25     =   ^'^24    Fr.,   zusammen    mit  den 

Werkzeugkosten  Fr.  0.43. 

Das  Schlußergebnis  der  Platzkostenberechnung  erhält  man 
daher  durch  Multiplikation  der  bis  und  mit  dem  Unfallversiche- 
rungsantcil  aufgelaufenen  Kosten  mit  1.43. 

Aus  Unkosten-Tabelle  II  erhält  man  das  Endergebnis  der 
jährlich  von  einem  jeden  Arbeitsplatz  zu  deckenden  Kosten.  Es 
sind  darin  die  Endzahlen  der  Unkosten-Tabelle  I  noch  um  die 
Kosten  für  Strom,  Unfallversicherung,  Werkzeuge,  Versuche  und 
Fehler  und  Verluste  vermehrt  worden. 


250     — 


—     251 


Unkosten -Tabelle    II. 


Maschinen- 
Nr. 

Halle  I 

1 

2 

3 

4 

5 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

12 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

23 

24 

25 
Halle    II 

27 

'28 

30 
3  Plätze  ohne 

Maschine 
pro    Platz 


Total  von 
Tab.  I 

Fr. 

1900.40 

1  874.60 

1  848.80 

1  926.20 
3  001.— 

3  026.80 

4  011.30 
4  445.50 
6  406.— 
3  212.50 
3  937.10 
3  946.80 

2  489.40 
2  463.60 

2  607.20 
1  448.90 

3  579.75 
3  026.80 
3656.70 
3  284.80 
3  682.50 
3  078.40 
5  382.80 
3  933.90 

5641.— 
3  349.40 
3  126.5(» 

2  856.— 


Halle   1  Fr. 

31  4  252.20 

32  3  717.10 

33  2  971.40 
35  2  675.60 

Übertrag  13  61630 


Abteilung    I. 

Kosten  inkl.  Unfall- 
Strom       Versicherung  k  Fr. 
104.50  pro  PlaU 

Fr.  Fr. 

90.—  2  094.90 

90.—  2  069.10 

90.—  2  043.30 

90.—  2120.70 

90.—  3195.50 

90.-  3  221.30 

135.—  4  250.80 

90.—  4640.— 

gO._  6  600.50 

90.—  3  407.— 

90.-  4  131.60 

90.—  4141.30 

90.—  2  683.90 

90.—  2  658.10 

135.—  2846.70 

135.-  1 688.40 

135.-  3  819.25 

90.—  3  221.30 

90.—  3  851.20 

90._  3  479.30 

90._  3  877.- 

90.-  3  272.90 

360.—  5  847.30 

360.—  4  398.40 


450.— 
450.— 
180.— 


6195.50 
3  903.90 
3  411.— 

2  960.50 


Total 
Platskosten 

Fr. 

2995.70 
2  958.81 

2  921.92 

3  032.60 

4  569.56 

4  606.46 
6  078.64 
6  635.20 
9  438.72 
4872.01 

5  908.19 
5  922.06 
3  837.98 

3  801.06 
4070.78 
2  414.41 
5  461.53 
4606.46 
5  507.-22 

4  975.40 

5  544.11 

4  680.25 
8  361.64 

6  289.71 

8  859.56 

5  582.57 
4877.73 

4  233.51 
1  411.17 


93144.65  3  960.-         100030.65         143043.82 


Abteilung    11. 


Fr. 

180.- 
180.- 
180.— 
135.- 


Fr. 
4  536.70 
4  001.60 
3  255.90 
2  915.10 


675.- 


14  709.30 


Klasse 

III 

III 

III 

IV 

V 

V 

VI 

VII 

VIII 

V 

VI 

VI 

IV 

IV 

IV 

III 

VI 

V 

VI 

V 

VI 

V 

VIII 

VI 

VIII 

VI 

V 


11 


V 

IV 

fV 

III 


Maschinen- 
Nr. 

Total  von 
Tab.  I 

Strom 

Kosten  inkl.  Unfall- 
versicherung ä  Fr. 
104.50  pro  Platz 

ToUl 
Platskosten 

Klass 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Übertrag 

13  61630 

675. 

14  709.30 

37 

2  295.30 

135.- 

2  534.80 

III 

38 

2  323.50 

135.- 

2563.- 

111 

39 

2  365.80 

135.- 

2605.30 

III 

40 

2  281.20 

135.- 

2  520.70 

III 

41 

3065.50 

270.— 

3430.— 

IV 

42 

2802.20 

135. 

3  041.70 

IV 

43 

2830.40 

135.— 

3069.90 

IV 

44 

2  774.- 

135.— 

3  013.50 

IV 

45 

3027.50 

180. 

3  312.- 

IV 

30  Plätze  ohne 

Maschine 

25  320.- 

• 

28  455.— 

pro   putz 

^^^•""^~ 

"■^"•■^~' 

977.— 

1 

Halle  II 

Fr. 

51 

18  499.20 

52 

10385.20 

(Halle  III) 

54 

28806.20 

15  Plätze  ohne 

Maschine 

32 100.- 

pro   Platz 

• 

62  691 .70  2  070.—  69  255.20 


Abteilung  III. 

Fr.  Fr. 

720.-  19  323.70 

-.—  10489.70 

1  350.-  30  26Z70 

— .—  33  667.50 


Fr. 

27  632.89 
15  00a27  V 

43  275.66 

48 144.52 
3209.63 


89  792.60 


2070.—  93  743.60         13405134 


Halle  II 

56 

Halle  III 
61 
62 
63 
64 
66 
66 
67 
68 
70 
71 
72 


Fr. 
27  422.50 

9150.60 
8  325.- 

4  403.50 
12  012.- 

5129.40 
4184.20 
2809.80 
2822.70 
23  712.- 

5  193.90 
4  403.50 


Abteilung   IV. 

Fr.  Fr. 

1  350.—  28  877.— 


540.- 
540.- 
540. 
630.- 
135. 
135. 
135. 
135. 
1530. 
90. 
90. 


9  795.10 
8  969.50 
5  048.— 
12746.50 
5  368.90 

4  423.70 
3  049.30 
3  06220 

25  346.50 

5  388.40 
^4  598.— 


Fr. 
41  294.11 

14006.99 
12826.38 

7  218.64 
18  227.49 

7  677.53 

6  324.89 
4360.50 
4  378.95 

36  245.50 

7  705.41 
6  575.14 


XI 


XII 


IV 


XII 

X 

IX 

VII 

X 

VII 

VI 

V 

V 

XII 

VII 

VI 


Übertrag  109569.10  5850.-  116673.10  166841.53 


.i.-!4«r 


%' 


—    252     — 


—    253    — 


PC  ■•  V 


I 


r.-i 


Maschinen*        Total  von 
Nr.                 Tab.  I 

Fr- 
Übertrag  109569.10 
Halle    IV 

Strom 

Fr. 
5850.- 

Kosten  in&l.  Unfall- 

▼ersicherong  *  Fr. 

104.50  pro  Plati 

Fr. 
116673.10 

ToUl 
Platzkotteo* 

Fr. 
166841.53 

KUmi 

73 

2198.40 

90. 

2392.90 

3  421.85 

IV 

74 

2121.- 

90. 

2  315.50 

3  311.16 

IV 

75 

2  095.20 

90. 

2  289.70 

3  274.27 

IV 

76 

2  729.10 

90. 

2  923.60     • 

4  180.75 

V 

77 

2677.50 

90. 

2872.- 

4106.96 

V 

78 

4  075.50 

225 

4  406.- 

6  299.15 

VI 

79 

4  165.80 

225. 

4495.30 

6  428.28 

VI 

80 

4114.20 

225. 

4  443.70 

6  354.49 

VI 

81 
4   Plätze  ohne 

4  062.60 

225.- 

439210 

6  280.70 

VI 

Maschine 

2  280.- 

• 

2698. 

3858.14 

pro    Platz 

■     •     ^ 

• 

^"^•"^" 

964.53 
214  357.28 

I 

140088.40 

7  200.- 

149900.90 

Abteilungr   v. 

• 

Halle  III 

Fr. 

Fr. 

Kr. 

Fr. 

83 

3  558.90 

90.- 

3  753.40 

5  367.36 

V 

84 

3  572.20 

90.- 

3  766.70 

5  386.38 

V 

85 

4  038.90 

90.— 

4  233.40 

6  05176 

VI 

86 

2  918.70 

45.- 

3068.20 

4  387.52 

V 

87 

2  958.60 

45.-^ 

3108.10 

4  444.58 

V 

88 

2  052.10 

45.— 

2  201.60 

3148.29 

IV 

89 

1998.90 

45.- 

2148.40 

3  072.21 

IV 

90 

2  012.20 

45.- 

2161.70 

3091.23 

IV 

91 

2  025.50 

45.- 

2175. 

31]ai() 

IV 

92 

2  065.40 

45.- 

2  214.90 

3  167.30 

IV 

93 

2  038.80 

45.- 

2  188.30 

3129.27 

IV 

94 

2  052.10 

45.- 

2  201.60 

3148.29 

IV 

95 

1985.60 

45.- 

2 135.10 

3  053.19 

IV 

96 

5  372.80 

180.- 

5  657.30 

8  089.94 

VII 

97 

5  052.70 

180.— 

5  337.20 

7  632.20 

VII 

98 

5119.20 

180.- 

5  403.70 

7  727.29 

VII 

100 

5  705.90 

•  ^^^* 

5810.40 

8  306.87 

VIII 

101 

4440.- 

180.- 

4  724.50 

6  756.04 

VII 

102 

7  412.80 

270.- 

7  787.30 

11  135.84 

IX 

103 

3691.90 

135.- 

3931.40 

5  621.90 

VI 

1(M 

3  705.20 

135.— 

3  944.70 

5  640.92 

VI 

106 

4  573.- 

135.- 

4812.50 

6881.87 

VII 

106 

3  879.30 

135.— 

4118.80 

5  889.88 

VI 

107 

3346.10 

135.- 

3585.60 

5  127.41 

V 

106 

•  • 

3386.- 

135.- 

3625.50 

5  184.47 

V 

Maschinen- 
Nr. 

Total  von 
Tab.  I 

Strom 

Kosten  inkl.  Unfall- 
versicherung k  Fr. 
104.50  pro  PlaU 

Total 
Platzkosten 

Klasse 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Fr. 

Übertrag 

88  962.80 

2  520.- 

94095.30 

134556.11 

8    Plätze   ohne 

Maschine 

7  472. 

• 

8  308.- 

11880.40 

pro   Platz 

• 

"^^9 

• 

1485.05 

11 

Halle  111 

109 

4  685.20 

9a- 

4879.70 

6977.97 

VII 

110 

890.80 

— , — 

995.30 

1423.28 

11 

111 

1366.20 

1  470.70 

2 103.10 

111 

112 

3  546.80 

180.- 

3  831.30 

5  478.76 

VI 

113 

3  573.40 

180. 

3857.90 

5  516^ 

VI 

114 

3  560.10 

180.- 

3844.60 

5  497.78 

VI 

115 

7  372.60 

270. 

7  747.10 

11078.35 

IX 

116 

5  212.10 

180.- 

5  496.60 

7  860.14 

VII 

118 

2  682.50 

90.- 

2  877.- 

4114.11 

V 

119 

2  785.60 

90. 

2980.10 

4  261.54 

V 

2  Plätze  ohne 

Maschine 

1828.- 

— . — 

2037.- 

2  91291 

pro   Platz 

~~~»~^' 

— . — 

^^~» 

1  456.45 

11 

133  938.10 

3780.- 

142  420.60 

203  661.25 

Übertrag  8896280  2520.-  94095^        134  556.11 


Die  letzte  Kolonne  gibt  Aufschluß  über  die  Zuschlagsklasse, 
in  welche  der  Arbeitsplatz  eingeordnet  wird.  Um  für  die  Stun- 
denzuschläge runde  Zahlen  zu  erhalten,  wählt  man  vorzugsweise 
Beträge,  die  ein  Vielfaches  der  jährlichen  Stundenzahl  betragen. 
Letztere  wurde  mit  2400,  was  ungefähr  der  48-Stundenwoche 
entspricht,  angesetzt.  Eine  Platzkostenquote  von  Fr.  2400.— 
würde  demnach  einen  Stundenzuschlag  von  Fr.  1.—,  eine  solche 
von  Fr.  24  000.—  einen  Zuschlag  von  Fr.  10.—  erfordern.  Der 
Qrenzbetrag  zwischen  zwei  Klassen  kann  durch  das  arithmeti- 
sche Mittel  der  Produkte  Stundenzuschlag  X  jährliche  Stunden- 
zahl dieser  beiden  Klassen  ermittelt  werden.  Es  darf  jedoch 
an  dieser  Trennung  nicht  strikte  festgehalten  werden,  da  es 
sich  ergeben  könnte,  daß  eine  überwiegende  Zahl  von  Arbeits- 
plätzen innerhalb  einer  Klasse  Platzkosten  aufweisen,  die  das 
Produkt  von  Zuschlag  X  jährlicher  Stundenzahl  überschreiten, 
wodurch  die  Unkosten  nur  ungenügend  gedeckt  werden.  Die 
Klasseneinteilung  hat  ohnehin  so  zu  erfolgen,  daß  sich  eine  ge- 
wisse Überdeckung  der  Unkosten  errechnen  läßt,  da  sich  an- 
derenfalls aus  dem  Umstand  Verluste  ergeben  können,  daß  die 
Summe  aller  Akkordstunden,  auf  die  die  Zuschläge  berechnet 


\v 


$ 


—     254     — 

werden,  kleiner  ist  als  die  Summe  der  Arbeitsstunden.  Das 
Produkt  als  Zuschlag  X  jährliche  Stunden  braucht  nicht  etwa 
in  der  Mitte  der  Grenzwerte  einer  Klasse  zu  liegen,  es  kann 
von  dieser  Mitte  ziemlich  weit  entfernt  sein,  wenn  nur  dafür 
gesorgt  ist,  daß  seine  Plus-  und  Minus-Differenzen  gegenüber 
den  Platzkosten  sich  ungefähr  die  Wage  halten.  Trotzdem  dür- 
fen die  Grenzen  einer  Klasse  nicht  zu  weit  gesteckt  werden,  da- 
mit nicht  in  ihren  Platzkosten  stark  voneinander  abweichende  Ar- 
beitsplätze ein  und  denselben  Zuschlag  erhalten.  Damit  soll 
allerdings  nicht  eine  allzugroße  Zahl  von  Klassen  empföhlen 
werden,  da  dadurch  die  Kalkulation  bedeutend  erschwert  wird. 
Hier  gilt  es  eben  den  richtigen  Mittelweg  zu  finden.  Für  un- 
ser Beispiel  werden  die  12  Klassen  der  letzten  Kolonne  von  Ta- 
belle 2  durch  folgende  Aufstellung  umschrieben. 


Klasse 

l 

II 

III 

IV 

V 

VI 

VII 

VIII 

IX 

X 

XI 

XII 


Stundenzuschlag         Deckungsprodukt 


Fr. 

Fr. 

.45 

1080.— 

-.65 

1560.— 

1.10 

2640. 

1.50 

3600. 

2.- 

4800.— 

2.50 

6000. 

3.— 

7  200. 

4.- 

9600. 

6. 

12000.- 

7.— 

16800. 

12.— 

28  800. 

17.50 

42  000.— 

Grenzwertel 
Fr. 


0- 
1  320.- 
2100.- 

aooa— 

4100.- 

5  400.- 

6600.— 

8  200— 

10800.- 

13  200.- 

20400.— 

34  000.— 


-  1  319.- 

-  2  099.- 

-  2  999.- 

-  4  099.- 

-  5  399.- 

-  6  599.- 

-  8 199.- 

-  10799.- 

-  13199.- 

-  20399.- 

-  33  999.— 
und  mehr. 


Somit  ist  die  Platzkostenberechnung  beendet.  Es  bleibt  nun 
noch  zur  Deckung  der  übrigen  Fabrikunkosten  die  Feststellung 
des  Materialzuschlages.  Bei  der  Ermittlung  der  Hallenunkosten 
ergab  sich  ein  auf  das  Lager  entfallender  Anteil  von  Fr.  78  614.80, 
dazu  kommen  noch  die  Hallenunkosten  des  in  Halle  IV  gelege- 
nen Zwischenlagers  (105  m^)  von  105.81.81  =  8590.05  Fr. 
Ferner  sollen  sich  im  Lager  noch  zwei  Maschinen  zum  Zer- 
teilen von  Materialien  mit  einem  Anschaffungswert  von  Fr. 
10  000.—  befinden,  zu  deren  Amortisation  der  Betrag  von  Fr. 
1000.—  einzusetzen  ist,  zusammen  also  Fr.  88  204.85.  Diese 
Summe  ist  jedoch  noch  nicht  hinreichend,  indem  die  Unkosten- 
aufstellung einen  Betrag  von  Fr.  293  750.—  für  Verzinsung  des 
Betriebskapitals  enthält,  von  dem  erst  Fr.  38  750.—  gedeckt  sind, 
und  zwar  Fr.  6250.—  für  das  in  Grundstücken  und  Fr.  32  500.— 


—     255     — 

für  das  in  Gebäuden  investierte  Kapital.    Es  verbleiben  demnach 
noch    Fr.   255000.—,   welche   laut   Bilanz   Zinsen   darstellen    für 
die  in  Rohmaterialien  und  Halbfabrikaten  investierten  Kapitalien, 
Daß  die  Verzinsung  des  in  Rohmaterialien  investierten  Kapitals 
direkt  den   Materialien  zu  belasten   ist,  erscheint  ohne  weiteres 
als  gerechtfertigt.     Wenn   mit  dem   in   Halbfabrikaten   investier- 
ten Kapital  gleich  verfahren  wird,  so  kann  das  damit  begründet 
werden,  daß  diese  als  noch  lagernde  Materialien  betrachtet  wer- 
den   können.     Diese   Annahme    ist    für    die    Maschinenindustrie 
um    so    mehr   gerechtfertigt,    als    die   Materialkosten    des    Halb- 
fabrikatwertes   meistens    ein    Vielfaches    der    Lohnkosten    betra- 
gen.    Auch   sind   die   anderen   bisher  verwendeten   Verteilungs- 
arten für  diese  Kosten  nicht  verwendbar.    Jede  Art  von  Kosten 
ist   immer   an   ihrem    Entstehungsorte   oder  möglichst   nahe   da- 
bei  zu   erfassen.     So   hat   sich   die    Belastung   der   Grundstück- 
zinsen  bei   den   Grundstückkosten,   der   Gebäudezinsen   bei   den 
Gebäudekosten   ergeben.     Für  den   Fall,   daß   ein   Teil   des   Be- 
triebskapitals  in   Werkzeugmaschinen   investiert  ist   (wenn   diese 
nicht  gänzlich   abgeschrieben   sind),   würden   die   Amortisations- 
beträge eine  Erhöhung  zur  Aufbringung  der  Zinsen  zu  erfahren 
haben.     Es   wäre  allerdings   denkbar,   zur   Deckung  der  Zinsen 
überhaupt  von  der  Überlegung  auszugehen,  daß  jede  der  Werk- 
stattabteilungen,   sowie    das    Lager    mit    allem,    was    diese   Ge- 
bäude  enthalten,   einen   gewissen    Teil   des   gesamten    Betriebs- 
kapitals beansprucht  haben,  dessen  Zinsen   auf  die  Fläche  ver- 
teilt werden   können.     Die   Berechnung,  oder  besser  Schätzung 
dieser   Anteile,    liefert   aber   nie   so   genaue    Resultate    wie    die, 
welche  der   Bilanz  entnommen   werden   können.     Zudem   ist  es 
nicht   mehr   als   recht   und   billig,   abgeschriebene   Werte,   wenn 
möglich,  von  der  Belastung  durch  Zinsen  zu  befreien.    Was  die 
Halbfabrikate  anbelangt,  so  ist  noch  zu  sagen,  daß  es  ziemlich 
gleichgültig   ist,   auf  welche   Weise   die   durch   sie   verursachten 
Zinsen   angerechnet  werden,   wenn   nur   dafür  gesorgt   ist,   daß 
jedes    Fabrikat   mit   seinem    rechtmäßigen    Anteil   belastet   wird. 
Durch  Anrechnung  der  Zinsen  für  Rohmaterialien  und  Halb- 
fabrikate zu  den  dem  Material  zu  belastenden   Kosten   erhöhen 
sich  diese  auf  Fr.  343  204.85.     Nehmen  wir  an,  es  betrage  der 
Lagerumsatz,    eingerechnet    die    lagermäßigen    Bestandteile,    Fr. 
6  500000.—,   so   würde   sich   ein    Materialzuschlag   von    5,28  o/o 
ergeben. 


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—     256     — 

Es  ist  nun  im  allgemeinen  üblich,  den  auf  diese  Weise  er- 
mittelten Zuschlag  auf  sämtliche  Materialkosten,  und  zwar  ohne 
jegliche  Abstufung,  zu  erheben.    Aus  der  Zusammenstellung  der 
dem  Material  zu  belastenden  Kosten  geht  aber  hervor,  daß  ein 
solches  Verfahren  unrichtig  ist.    Von  den  343  204.85  Fr.  Mate- 
rialunkosten sind  Fr.  255  000.—,  also  etwa  74,3  o/o,  Aufwendungen 
fiir  Zinsen.    Es  leuchtet  aber  ohne  weiteres  ein,  daß  die  durch 
eine  Materialeinheit  verursachte  Zinsenlast  proportional  mit  der 
Zeit  ansteigt,  während  welcher  diese  Materialeinheit  sich  im  Be- 
sitze des  Unternehmens  befindet.   Eine  ähnliche  Relation  besteht 
auch  zwischen  der  Zeit  und  den  übrigen  Materialspesen,  obwohl 
nicht  behauptet  werden  kann,  daß  diese  genau  proportional  mit 
der  Zeit  steigen  und  fallen.     Immerhin  ist  jede  Verteilung  der 
Materialunkosten  vermittelst  eines  von  der  Zeit  abhängigen  Zu- 
schlages   den    Tatsachen    weitaus    mehr   entsprechend    wie   die 
[>eckung  durch   einen   stets   konstanten  'Zuschlag.     Um   nun  zu 
einer  den  wirklichen  Verhältnissen  nahe  kommenden  Abstufung 
des  Zuschlages  zu  gelangen,  sind  die  Fabrikate  nach  ihrer  durch- 
schnittlichen Fabrikationsdauer  zu  gruppieren.    Daß  die  Fabrika- 
tionsdauer verschiedener  Ausführungen  ein  und  desselben  Fabri- 
kates sehr  verschieden  sein  kann,  wird  durch  eine  zu  ermittelnde 
Durchschnittsdauer  berücksichtigt.     Eine  genauere  Relation  zwi- 
schen   Objekt    und    Fabrikationsdauer    für    den    Einzelfall    kann 
wegen  der  damit  verbundenen  Umständlichkeit  nicht  angestrebt 
werden.     Es     wird     beabsichtigt,     die     Materialkosten     einiger- 
maßen   den    tatsächlichen    Verhältnissen    entsprechend    auf    die 
verschiedenen  Objekte  zu  verteilen,  womit  dem  Faktor  Zeit  und 
seinem  Einfluß  auf  die  Unkostenhöhe  Rechnung  getragen  wird. 
Entsprechend  der  geforderten  Gruppierung  des  Gesamtumsatzes 
ist  eine  Gruppierung  des  Materialumsatzes  vorzunehmen.    Es  sei 
nun  bei  einem   Materialumsatz  B  derjenige  Teil  desselben,  der 
für  Fabrikate  mit  z^  Monaten  Fabrikationsdauer  verwendet  wird 
Bi,  für  eine  Dauer  von  z^  Monaten  B^,  für  eine  Dauer  von  Zn 
Monaten  B„.       Demnach  ist  B  =  B^  -f-  B^  .   .   .   B,.       Es  sei 
ferner  der  Materialzuschlag  bei  gleichmäßiger  Verteilung  =  q. 
Bei  dieser  gleichmäßigen  Verteilung  würde  daher  B^  einen  Zu- 
schlag von     1^  -  erhalten  und  es  wäre 

100  "^  100 "^  100  ■"  100 


—     257     — 

Multipliziert  man  nun  die  Zinsbeträge  der  einzelnen  Mate- 
rialgruppen mit  der  jeweiligen  Fabrikationsdauer,  so  erhält  man 

durch-^J^**  ^^100^    ""^    ^lm~    Verhältniszahlen,    welche 

zwar  die  gewünschte   Bedingung  einer  nach   der   Fabrikations- 
dauer abgestuften  Belastung  erfüllen,  deren  Summe  aber  den  er- 

forderlichen  Betrag  von^j^  übersteigt.    Wird  mit  s^  die  durch 

El  aufzubringende  Summe  bezeichnet,  so  erhalten  wir  folgende 
Proportion. 

B  q   .  FBt  q  z,       B,  q  z,      Bnqz,>1__      .  B,  q  z^ 
100     L    100    "*"    100      •     100   J  -    *       100 

Bq 


daraus  folgt    s^  z=    '  ^^  ^ 


IB,  qz, 


100 


I  B,qz^      

100     "*"     100    •      100 


^«      B,qz,  J 


und 


.  _B,qz,  r B__ 

** ""    100    LBi  z,  +  B,  z, 


] 


Bezeichnen  wir  die  prozentualen  Zuschläge  für  B^,  Bg  und 
B.  mit  x^,  X2  und  x„,  so  erhalten   wir 

B  B,  qz> 

100 


Xi  = 


(B|  Z|  -j-  B,  Zj  .  .  .  -f-  Bn  Zn) 

B, 


.100  = 


B 


x«  = 


x„  = 


B 


(Bj  Z,  +  Bg  Z, Bn  z„) 

R 

(BxZi  +  B,Z, BnZ„) 


(B,z,+  B,z, B«z„)"^'^* 

q .  z, 


q-Zn. 


Nehmen  wir  an,  es  sei  q  =  5,  und  es  seien  die  Fabrikate 
in  drei  Klassen  geteilt  worden,  so  erhalten  wir  die  Formel 


B 


'''~(B,z,+B,z,  +  B,Z3) 


5«Zi  usw. 


Es  sind  nun  aber  noch  immer  6  variable  Größen  vorhan- 
den, so  daß  wir,  um  zu  einer  Darstellung  der  Formel  zu  ge- 
langen, noch  weitere  Annahmen  machen  müssen.    Nehmen  wir 

17 


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:.  .j  . 


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r. 


-    258    ~ 

z.  B.  an,  es  sei  Zi  =  1  Monat,  z,  =  2  Monate  und  z,  =  3  Mo- 
nate, so  ist  z,  =  2  Zi  und  Z3  =  3  Zj.  Dadurch  erhalten  wir 
die  Formel: 

X  = B e, 5B 

'      B.z.+2ß,z,  +  3B,z/^^»-  ßi  +  2B.  +  3B. 

Die  Gleichung  Bj  =  B  -  B^  -  B,  erlaubt  ferner  die  QröÖe 
Bi  zu  eliminieren,  wodurch  wir  erhalten 

X  5B 

»       B  +  B,  +  2B, 

Analog  erhalten  wir  für 

'^ = B+IrrBi  »"«*'-''.= B+lrFB; 

Durch  Festhalten  von  B^  und  Variieren  von  B,  innerhalb  der 
möglichen  Grenzen  erhält  man  je  eine  Kurve  für  Xj,  Xg  und  x,. 
Die  nebenstehende  graphische  Darstellung  veranschaulicht  Fälle 
B«  =  V«.,  B3  =  0  -  !«/„;  B,  =  */.».  B 


-    250    - 


10/,,,   B,  =  0  -   io/,„;   B,  =  iV,o,   B,  =  0 


,0,  o,  =  0  -  17,0 ;  B,  = 


"/ 


20* 
20) 


6/      . 

/so» 


B,  = 


B,   =  0   —   2/^0.     Durch   die   horizontale   Linie  bei   5  0/0 


wird   die  gleichmäßige  Verzinsung  dargestellt. 

Die  sich  ergebenden  Kurven  sind  Hyperbeln  mit  der  Glei- 
chung 

2  xi  B3  +  xi  (B  +  B,)  -  5  B  =  0, 
wobei  Xi  und  B3  die  Unbekannten  sind.  Daraus  lassen  sich 
jedoch  keine  weiteren  für  die  Praxis  verwendbaren  Schlüsse 
mehr  ableiten.  Die  Anrechnung  des  auf  diese  Weise  ermittel- 
ten Zuschlags  erfolgt  wie  allgemein  üblich  bei  der  Kalkulation, 
nur  mit  dem  Unterschied,  daß  die  Materialkosten  nicht  mit 
einem  stets  gleichen,  sondern  je  nach  dem  Fabrikat  mit  einem 
dessen    Klasse   entsprechenden   Zuschlage   belastet   werden.     Ist 

^1  =  V20>  B2  =  ^/2o  und  B3  =  ^/2o»  so  ergibt  sich  laut  gra- 
phischer Darstellung  (Fig.  15)  x^  =  2,5  0/0,  x,  =  5  0/0  und 
X3  =  7,5  o/ü.  Es  würden  daher,  wenn  A  ein  Fabrikat  der  Gruppe 
Bi,  C  ein  solches  der  Gruppe  B,  und  D  ein  solches  der  Gruppe 
B3  ist,  etwa  folgende  Kalkulationsergebnisse  entstehen: 

Fabrikate 


Material 
Zuschlag 
Lohn 
Platzkosten 


A 

Fr. 
2  000.— 

(2,50/0)     50.- 

800.— 

looa— 


c 

6200.— 

(50/0)    310.- 

1500.- 

3800.- 


D       • 

Fr. 
8500.— 

(7,5%)   637.50 

220a- 

6400.— 


3850.— 


11  810.— 


17  737.50 


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Fiß.  15. 

Sind  auf  diese  Weise  die  Preise  des  fertigen  Fabrikates  er- 
mittelt, so  sind  diese  noch  um  einen  weiteren  Zuschlag  zu  er- 
höhen. Dieser  dient  einmal  zur  Deckung  der  Kosten  der  Kon- 
struktionsabteilung (in  unserem  Falle  also  nur  die  Gehälter), 
und  zwar  soll  jedes  Fabrikat  nur  die  Kosten  der  von  ihm  be- 
anspruchten Konstruktionsabteilung  tragen.  Die  Berechnung  die- 
ses Zuschlages  geschieht  auf  allgemein  übliche  Weise,  unter  Zu- 
grundelegung eines  mutmaßlichen  Umsatzes  und  mutoaßlicher 
Unkosten.  Auf  die  gleiche  Weise  werden  schließlich  auch  die 
Unkosten  der  zentralen  Verwaltung  gedeckt,  nur  daß  der  Zu- 
schlag für  alle  Fabrikate  der  gleiche  bleibt.  Davon  sind  aller- 
dings die  Kosten  der  Verkaufsabteilungen  auszunehmen,  wenn 
es  sich  herausstellt,  daß  einzelne  Fabrikate  ungleich  mehr  Ver- 


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4 


—     260     — 

kaufsspesen  verursachen  wie  andere.  In  solchen  Fällen  muß  wie 
für  die  Konstruktionsabteilungen  verfahren  werden.  Betragen 
die  Zuschläge  für  die  Konstruktionsabteilungen  z.  B.  Kj  o/o, 
Kg  o/o,  K3  0/0  usw.,  für  die  Verkaufsabteilungen  VjO/o,  Vg  »/o, 
V3  0/0  usw.,  der  Zuschlag  für  die  zentrale  Verwaltung  6  0/0,  so 
beträgt  der  die  reinen  Fabrikationsunkosten  umfassende  Herstel- 
lungspreis für  ein  Fabrikat  von  Gruppe  Bj,  dessen  Konstruk- 
tionsabteilung einen  Zuschlag  von  Kj  0/0  und  dessen  Verkaufs- 
abteilung einen  solchen  von  V^  o/©   hat: 

Herstellungspreis  der  Fabrik  = 

[Material  (1  +  ^jr^^-j^ r^— r )  + 

^  ^   ^100(ß,z, +B,z,....  ^BnZnV^ 

+  Lohn  +  Platzkostcnl  (1  +  ^). 

Der  gesamte  Herstellungspreis  beträgt  folglich 

H  =  [Material  (1  +  4k^  •  7^ .  ^    ^ )  4. 

^^100     (B.z,  +  B,z,....+ß„z.^  + 

+  Lohn  +  Platzkosten]  (1  +  ^)  d  +  Ä)  (1  +  ^  ) 

In  der  Praxis  ist  die  Formel  natüriich  bei  weitem  nicht  so 
kompliziert,  wie  es  auf  den  ersten  Blick  den  Anschein  hat.  Er- 
stens werden  die  Materialzuschläge  für  die  einzelnen  Fabrikate 
nur  zu  Beginn  eines  jeden  Jahres  festgesetzt;  die  etwas  um- 
ständliche Berechnung  hat  also  nicht  bei  jeder  Kalkulation  zu 
erfolgen.  Zweitens  können  die  Zuschläge  für  die  Verkaufs- 
abteilung und  die  zentrale  Verwaltung  zusammengezogen  wer- 
den, so  daß  für  jede  Verkaufsabteilung  ein  Zuschlag  entsteht, 
der  gleichzeitig  auch  die  Kosten  der  zentralen  Verwaltung  deckt, 
wodurch  eine  Rechnungsoperation  gespart  wird. 

Die  Probe  über  die  Richtigkeit  der  Berechnung  der  Platz- 
kosten ergibt  sich  aus  der  Addition  sämtlicher  Platzquoten  plus 
dem  Anteil  der  Materialien  plus  den  Gehältern  der  Konstruk- 
teure. Da  Abteilung  II  auf  die  übrigen  Abteilungen  verteilt 
wurde,  ist  sie  bei  der  Addition  zu  übergehen.  Somit  erhalten 
wir: 


—     261     — 


Ff. 

Plaizkosten   Abteilung     I 

143  043.82 

III 

134  053.34 

IV 

214  357.28 

V 

203  661.46 

Materialanteil 

343  204.85 

Oehälter  der  Konstrukteure 

186  558.— 

Total     1224878.75 

Fabrikunkosten 

1  206  000.- 

Oberdeckung 

18878.75 

fc,. 

X.' 


Nun  wird  aber  an  einem  Arbeitsplatz  nicht  genau  die  Platz- 
quote, sondern  das  Produkt  aus  Stundenzuschlag  X  Stunden- 
zahl der  Klasse,  welcher  der  betreffende  Arbeitsplatz  angehört, 
zur  Deckung  gebracht.  Es  ist  daher  zu  prüfen,  ob  durch  Mul- 
tiplikation der  Produkte  jeder  Klasse  mit  der  Anzahl  Plätze 
dieser  Klasse  ein  ausreichender  Betrag  zustande  kommt.  Auf 
diese  Weise  läßt  sich  nun  folgender  Betrag  ermitteln: 


Mse 

Zuschlag  X  Stundenzahl 

Anzahl  PlStze 

Produkt 

Fr. 

Fr. 

I 

1080. 

34 

36  720.  - 

11 

1560. 

14 

21840. 

III 

2640.— 

10 

26400. 

IV 

3600.— 

37 

133200.- 

V 

4800.— 

20 

96  000. 

VI 

6  000.- 

21 

126  000.- 

VII 

7  200.- 

11 

79  200. 

VIII 

9600.— 

4 

38  400. 

IX 

12  000. 

3 

36000. 

X 

16  800.- 

3 

50400.- 

XI 

28800. 

1 

28  800.- 

Xil 

42  000. 

3 

Total" 

126000.- 

798  960.- 

Vermittelst  dieses  Totais  ergibt  die   Probe 

Fr. 

Platzkosten  798  960.— 

Materialanteil  343  204.85 

Oehälter  der  Konstrukteure  186  558.— 

Total    1  328  722.85 
1206000.— 


Fabrikunkosten 
Oberdeckung 


122  722.85 


Diese  ziemlich  große  Überdeckung  rechtfertigt  sich  da- 
durch, daß  die  meisten  Arbeitsplätze  nicht  während  der  ganzen 
Zahl  der  jährlichen  Arbeitsstunden  mit  produktiver  Arbeit  be- 
legt werden  können,  so  daß  zur  Vermeidung  von  Verlusten  eine 


ff 


'  .1 


:-ir'i-!i 


—     262     — 

gewiss«  Sicherhcitsmarg^  in  die  Zuschläge  eingerechnet  werden 
muß,  die,  wenn  sie  sich  als  zu  hoch  erweist,  leicht  durch  die 
Klasseneinteilung  vermindert   werden   kann. 

d)  Die  Ergebnisse. 
Aus  der  Art  der  Berechnung  der  Platzkosten  geht  hervor, 
daß  der  prozentuale  Anteil  der  einzelnen  Arten  von  Unkosten 
an  der  Platzquote  für  verschiedene  Plätze  verschieden  sein  muß. 
Um  ein  ungefähres  Bild  über  diese  Anteile  zu  erhalten,  ist  es 
daher  notwendig,  einige  möglichst  verschieden  gestaltete  Ar- 
beitsplätze herauszugreifen.  Wir  wählen  zu  diesem  Zweck  einen 
Arbeitsplatz  ohne  Maschine,  einen  an  einer  kleinen,  einen  an 
einer  mittleren  und  endlich  einen  an  einer  großen  Werkzeug- 
maschine und  zwar: 

Nr.  Standort 


1. 
2. 
3. 
4. 


große       Maschine 

mittlere 

kleine 

Platz  ohne 


» 


»» 


56 

85 

1 


Halle 


)} 


» 


M 


ti 


II 

111 

I 

IV 


Platskotten 

Fr. 
41294.11 
6  063.76 
2995.70 
964.53 


KlUM 

XII 
VI 

III 
I 


Unkosten 

Grandstfick 

Geleise 

Gebinde 

Heixung 

Mobilien 

Modelle 

Install. 

Belencht. 

Gehiltcr 

Kran 

Hilfsmasch. 

Abt  Unkosten 

.  Amortisation 

Strom 

Rep.a.Werkzm. 

Betriebsmat. 

Unfallvers, 

Werkzeug 

Versoche 

Fehl.  u.  Verl. 


Die  Zerlegung  in  die  einzelnen  Unkosten  führt  nun  zu  fol- 
genden Zahlen: 


Nr.  56 
Fr. 

337.12 

68.60 

3203.68 

960.40 

501.76 

784.— 

227.36 

156.80 

9363.20 

1118.20 

327.32 

3601.56 

5250.- 

1350.— 

682.50 

840.— 

104.50 

8836.36 

2108.02 

1472.73 


•/. 


0,81 
0,16 
7,76 
2,32 
1,21 
1,90 
0,55 
0,38 

22,63 
2,77 
0,79 
8,72 

12,71 
3,27 
1,65 
2,03 
0,25 

21,40 
5,12 
3,57 


Nr.  85 
Fr. 

46.50 

9,45 

441.10 

132.40 

69.17 
108.— 

31.37 

21.60 

1289.98 

121.60 

14.58 
516.25 
930.- 

90.— 
120.90 
186.— 
104.50 
1295.41 
309.04 
215.91 


% 

0,76 
0,15 
7,28 
2,18 
1,14 
1,78 
0,52 
0,36 

21,30 
2,01 
0,24 
8,53 

15,37 
1,49 
2,00 
3,07 
1,73 

21,40 
5,12 
3,57 


Nr.l 
Fr. 

14.10 

2.85 

107.15 

32.14 

20.90 

32.80 

9.50 

6.55 

391.45 

49.44 

11.72 

241.40 

760.- 

90.— 

98.80 

121.60 

104.50 

641.01 

152.92 

106.84 


PlaU  ohne  Hasch.    % 
Fr. 


0,47 
0,09 
3,58 
1,07 
0,70 
1,09 
0,32 
0,22 

13,06 
1,64 
0,39 
8,06 

25,37 
3,00 
3,30 
4,06 
3,49 

21,40 
5,12 
3;57 


9.63 

1.96 

7115 

21.94 

14.33 

22.40 

6.49 

4.48 

267.20 

36.32 

9.35 

102.75 


1,00 
0;20 
7,60 
2,28 
1,49 
2,32 
0,67 
0,46 

27,71 
3.76 
0,97 

10,65 


104.50 

206.40 

49.23 

34.40 


10,80 

21,40 

5,12 

3,57 


Total   41294.11       100,00      6053.76      100,00      2995.70      100,00        964.53        100,00 


—     263     — 

Aus  dieser  Aufstellung  geht  hervor,   daß  die  prozentualen 
Anteile  verschiedener  Arbeitsplätze  an  einer  Unkostenart  häufig 
sehr  stark  voneinander  abweichen.    Daraus  wird  wiederum  er- 
sichtlich,   daß    es    äußerst   schwierig    ist,    die    auf   einen    Platz 
entfallende    Quote    zu    schätzen,    oder    durch    eine    rohe    Über- 
schlagsrechnung   zu    ermitteln.     Noch    viel    schwieriger    ist    es 
dann  aber,  die  auf  verschiedene  Fabrikate  zu  erhebenden  Lohn- 
zuschläge festzusetzen;  so  daß  eine  den  wirklichen  Verhältnis- 
sen entsprechende  Abstufung  der  Herstellungspreise  stattfindet. 
Abgesehen   von   der   Höhe   der  Unkosten   selbst  üben   die   An- 
zahl der  m*  bedeckter  Fläche  und  der  Ausnützungsfaktor  einen 
maßgebenden   Einfluß  auf  die  Höhe  der  Platzquote  aus.     Der 
prozentuale   Anteil   der   einzelnen    Unkostenarten   unterliegt   na- 
türlich gewissen  Schwankungen,  welche  durch  die  Höhe  einzel- 
ner  Kosten,   wie   z.B.   der  Amortisationsquote   verursacht   wer- 
den.   Deshalb  läßt  sich  aus  den  Prozentzahlen  nicht  ohne  wei- 
teres auf  die  Belastung  schHeßen,  welche  gewisse  Arbeitsplätze 
durch  die  einzelnen  Unkostenarten  erfahren.    Sehr  wichtig  sind 
aber  solche  Feststellungen  besonders  für  diejenigen  Kosten,  für 
die   keine   logische   Relation   zwischen    ihrer   Ursache   und   den 
einzelnen   Arbeitsplätzen   hergestellt  werden   konnte.     Insbeson- 
dere gilt  das  fiir  die  Gehälter,  welche  zu  den  die  Arbeitsplätze 
am    meisten    belastenden   Unkosten   gehören.     Für   die   meisten 
Betriebe    wird   es   sich    rechtfertigen,    keine    allzu    scharfe    Pro- 
portionalität   zur   Größe    der    Arbeitsplätze    der    Verteilung    zu- 
grunde zu  legen,  so  daß  auf  die  kleineren   Plätze  eine  höhere 
prozentuale  Quote  entfällt  wie  auf  die  großen.    Der  Übersicht- 
lichkeit halber  ist  in  unserem   Beispiel  davon  Abstand  genom- 
men worden.    Bezogen  auf  die  Summe  der  Hallen-,  Abteilungs- 
und  Hilfsmaschinenunkosten    ergeben   sich   darin    folgende   pro- 
zentuale  Belastungen   für   Gehälter: 

Plats  Nr.  56  Nr.  85  Nr.  1      ohne  Maschine 

fl^  Fr.  45.34  45.65  42.54  46.87 

Mit  Ausnahme  von  Nr.  1,  für  welche  eine  ziemlich  starke 
Reduktion  des  prozentualen  Gehälterzuschlages  wahrzunehmen 
ist,  besteht  demnach  eine  geringe  Verminderung  des  Zuschla- 
ges mit  zunehmender  Größe  des  Arbeitsplatzes.  Um  jedoch 
diese  Verminderung  bedeutend  zu  verstärken,  kann  ein  Teil  der 
Gehälterkosten    aus   den    Hallenunkosten   herausgenommen   und 


m 


w 


—     264     — 


—     265     — 


ir. 


1 


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gleichmäßig  (wie  die  Prämie  der  Unfallversicherung)  auf  alle 
Plätze  verteilt  werden;  so  daß  z.  B:  60  o/o  der  Oehältersumme 
nach  der  Fläche,  die  übrigen  40  o/o  hingegen  zu  gleichen  Teilen 
auf  die  Arbeitsplätze  verteilt  werden.  Dadurch  werden  die  ein- 
zelnen Platzquoten  einander  näher  gebracht,  wodurch  die  Zahl 
der  Zuschlagsklassen  herabgesetzt  wird,  was,  wenn  diese  Be- 
handlung der  Gehälter  den  besonderen  Verhältnissen  eines  Un- 
ternehmens entspricht,  nur  als  einen  Vorteil  betrachtet  werden 
kann. 

Im  weiteren  wäre  nun  zu  untersuchen,  welchen  Einfluß 
eine  Veränderung  der  jährlichen  Stundenzahl  auf  die  Stimden- 
zuschläge  ausübt.  Das  ist  nicht  nur  von  Wichtigkeit  für  Zu- 
oder  Abnahmen  der  Arbeitstätigkeit,  die  sich  über  die  gesamte 
Werkstatt  erstrecken,  sondern  auch  für  solche  Veränderungen 
der  jährlichen  Arbeitsdauer,  von  denen  nur  ein  einziger  oder 
ganz  wenige  Arbeitsplätze  betroffen   werden. 

Betrachten  wir  nun  zuerst  diesen  letzten  Fall  und  nehmen 
wir   an,   ein    einziger   Arbeitsplatz   könne   wegen   ungenügender 
Aufträge  nicht  mehr  voll  beschäftigt  werden.    Es  gibt  nun  ohne 
Zweifel  Unkosten,  die  durch  diese  Einschränkung  der  Arbeits- 
zeit  keine   Veränderung   erfahren.     In  "diesem    Spezialfall   müs- 
sen dazu  auch  alle  diejenigen   Unkosten  gerechnet  werden,  die 
keinen    direkten    Zusammenhang    mit    dem    Arbeitsplatz    erken- 
nen  lassen.     So   ist  es   z.B.   höchst  wahrscheinlich,   daß   durch 
eine    solche    partielle    Einschränkung   die    Summe    der   Gehälter 
keine  Veränderung  erfahren  wird.     Daher  kann  auch  keine  Re- 
duktion der  Gehälterkosten  für  diesen  Arbeitsplatz  vorgenommen 
werden,  ohne  daß  Hand  in  Hand  eine  entsprechende  Erhöhung 
dieser  Kosten  für  alle  übrigen  Plätze  erfolgt.    Da  das  aber  er- 
fordern   würde,    die   Quoten    aller   andern    Plätze   umzurechnen, 
kann   dieser  Weg  nicht  beschritten   werden.     Es  können  daher 
nur   diejenigen    Kostenanteile   reduziert   werden,   die   direkt  von 
dem    sich   in    Betrieb   befindenden   Arbeitsplatz   abhängig  sind. 
Es  sind  dies  Stromverbrauch,  Reparahiren  an  Werkzeugmaschi- 
nen,   Betriebsmaterialicn,    Werkzeuge,    Versuche    (Prüfung    von 
Fertigfabrikaten)  und  Fehler  und  Verluste.     Die  beiden  letzten 
weisen   zwar  keinen   so   direkten   Zusammenhang  mit  dem   Ar- 
beitsplatze auf,  jedoch  ist  zu  erwarten,  daß  sie  durch  eine  Ar- 
beitseinschränkung eine  gewisse  Verminderung  erfahren  werden. 
Das  gleiche  könnte  auch  für  die  Amortisation  der  Werkzeug- 


maschinen gesagt  werden,  jedoch  darf  über  eine  zehnjährige 
Amortisationsdauer  nicht  hinausgegangen  werden,  da  der  Wert 
meist  mehr  durch  Veralten  als  durch  Abnützung  herabgemindert 

wird. 

Zur  Berechnung  der  Veränderung  des  Stundenzuschlages 
können  wir  nun  annehmen,  es  bleibe  ein  Teil  der  Unkosten 
konstant,  der  andere  vermindere  sich  proportional  zur  Ein- 
schränkung der  Arbeitszeit.  Ist  Uj  der  konstante  Teil  der  Un- 
kosten und  U2  der  variable,  ferner  Si  die  ursprüngliche  Ar- 
beitszeit und  Sg  die  eingeschränkte,  so  beträgt  der  ursprüng- 
liche Stundenzuschlag  Zj  -  "^  *""*  ;  der  neue  Stundenzuschlag 
für  die  verkürzte  Arbeitszeit  hingegen 


Z,  = 


s,    __   u,     .     u, 


=  ^  + A 


Der  neue  Zuschlag  hat  demnach  gegenüber  dem  alten  eine  Er- 
höhung von 

1    ^U,  S,   +  Uj  Sj, 


y7«=100  [l-^(- 


0] 


Ul  +  U» 

erfahren.  Wird  das  Resultat  dieser  Formel  negativ,'  so  ist  der 
ursprüngliche  Zuschlag  um  y  o/o  zu  erhöhen,  wird  es  positiv, 
so  ist  der  Zuschlag  um  y  o/o  herabzusetzen. 

Angewendet    auf   das    Beispiel    von    Maschine    Nr.  85    er- 
halten   wir    nun    folgende    Zerlegung    der    Unkosten: 


Konstante  Unkosten 

Hallen-,  Abteilungs-  und       Fr. 

Hilfsmaschinenkosten      2802.— 
Amortisation  930.— 


Unfallversicherung 


104.50 


Variable  Unkosten 

Strom 

Reparatur   an   Werkzeugma- 
schinen 

Betriebsmaterial 

Werkzeuge 

Versuche 

Fehler  und  Verluste 


3836.50 


Fr. 

90.- 

120.90 
186.— 
1295.41 
309.04 
215.91 

2217.26 


Die  Maschine  fällt  in  die  Unkostenklasse  Nr.  VI  mit  einem 
Stundenzuschlag  von  Fr.  2.50.  Genauer  müßte  der  Zuschlag 
bei  2400  Arbeitsstunden  Fr.  2.52  betragen.  Unter  Anwendung 
der   oben   genannten    Formel   ergibt   sich    nun    für   verminderte 


.'«.V..^^»    ..  I  .  '^     ^ 


■«k       .       .« 


H' 


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':  1 


—    266    — 

Arbeitszeiten  die  untenstehende  Kurve  (Fig.  16),  durch  welche 
die  verschiedenen  Stundenzuschläge  dargestellt  werden.  Eben- 
so sind  die  Klassen  eingetragen,  in  welche  der  Arbeitsplatz 
durch  eine  Einschränkung  der  Arbeitsdauer  verschoben  wird. 
Es  hätte  demnach  eine  Verdoppelung  des  Zuschlages  einzu- 
treten, wenn  die  Arbeitsdauer  von  2400  auf  zirka  932  Stun- 
den vermindert  werden  müßte. 

Maschine  Np.  85.    Kurve  för  partielle  Arbeitseinsehrinkuno. 

SAmäm  Zuschlag 
in  Fr*. 


Kusse 

tm 

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J 

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1 
1 

1 

0 

1 

1^ 

1 

*      JahHkhm  ^uodtnxohl. 
Fig.    16. 

.  Gehen  wir  nun  zu  dem  Fall  über,  in  dem  die  Einschrän- 
kung der  Arbeitsdauer  sich  auf  die  gesamte  Werkstatt  er- 
streckt, so  ist  es  ohne  weiteres  klar,  daß  gewisse  Kategorien 
von  Unkosten,  die  noch  eben  zu  den  konstanten  gerechnet 
wurden,  nun  als  variable  betrachtet  werden  müssen.  So  z.B. 
erfahren  die  Kosten  für  Beleuchtung  oder  Heizung  keine,  oder 
doch  nur  eine  ganz  unwesentliche  Verminderung  infolge  Ar- 
beitseinschränkung  an  einem  Arbeitsplatze;  wohingegen  zwei- 
feltos bei  allgemeiner  Arbeitszeitverkürzung  bedeutende  Erspar- 
nisse erzielt  werden  können,  die  sicherlich  proportional  zur 
Einschränkung  anwachsen.     Ebenso   werden   Gehälter  und   Ab- 


—    267    — 

teilungsunkosten  nicht  mehr  als  konstant  betrachtet  werden  dür- 
fen, indem  auch  hier  eine  gewisse  Reduktion  vorgenommen 
werden  kann,  die  allerdings  weniger  als  proportional  der  Ar- 
beitszeitverminderung anwachsen  wird.  Dasselbe  gilt  für  die 
Amortisation  der  Werkzeugmaschinen,  denn,  obwohl  das  für 
eine  partielle  Einschränkung  öesagte  auch  hier  noch  gilt,  darf 
doch  nicht  vergessen  werden,  daß  eine  Verminderung  der  Ar- 
beitszeit   die   Summe    der   Neuanschaffungen    auf   ein    geringes 

Maß   reduziert. 

Nach  dem  eben  Gesagten  hätten  wir  nun  zwischen  drei 
Arten  von  Unkosten  zu  unterscheiden:  Erstens  konstante,  zwei- 
tens variable,  die  proportional  der  Arbeitsverminderung  abneh- 
men und  drittens  variable,  deren  Abnahme  eine  geringere  ist. 
Wir  wollen  nun  annehmen,  es  sei  diese  Abnahme  halb  so  groß 
wie  die  proportional  zur  Arbeitszeit  verlaufende.  Das  ist  eine 
Annahme,  die  in  Wirklichkeit  sdiwerlich  bestehen  könnte,  die 
wir  aber,  um  zu  einer  Berechnung  der  Veränderung  der  Zu- 
schläge zu  gelangen,  machen  müssen.  Ebenso  wird  sich  auch 
bei  der  Zuteilung  der  Unkosten  in  die  drei  eben  genannten 
Klassen  manches  aussetzen  lassen.  Allein  es  ist  äußerst  schwie- 
rig, die  Veränderung  der  Unkostenhöhe  bei  Veränderungen  der 
Arbeitszeit  vorauszusehen.  Auch  werden  sich  solche  Verände- 
rungen von  Betrieb  zu  Betrieb  verschieden  gestalten.  Schließ- 
lich würde  sich  ein  näheres  Eingehen  auf  das  Wesen  dieser  Ver- 
änderungen als  so  kompliziert  herausstellen,  daß  darauf  für  un- 
sere Zwecke  verzichtet  werden   muß. 

Wir  hätten  also  drei  Kategorien  von  Unkosten,  Uj,  Ug  und 
Us,   deren    Veränderungen   sich   ausdrücken   lassen   durch: 

u,  (s,)  =  konstant 

"*  ^^»^ "  — 2^;^ — • 

Der  ursprüngliche  Zuschlag  beträgt  folglich  Zj  = 

Der  Zuschlag,   welcher   durch   eine   Verkürzung   der  Arbeitszeit 
von  Si  auf  s,  nötig  wird,  hingegen 


U1  +  U1  +  U3 


z,= 


•1 


^^  =  ^(u.  +  ^)+^(u.+^) 


i; 


U 


•  )  iii 


l      l 


—     268     — 

Demnach   beträgt  die  Veränderung  in    Prozenten  von   z^: 

y7o  =  100  11  -  ^'(^"»+u.)  +  s.(2u.  +  uA 

2s,(u,  +  u,  +  u,)         J- 
Untersuchen    wir    nun    die    Veränderung    des    Zuschlages, 
welche  infolge  einer  allgemeinen  -\rbeitszeitveränderung  für  Ma- 
schine Nr.  85  vorgenommen  werden  muß,  so  erhalten  wir  fol- 
gende   Beträge    für   u^,   Ug   und    Ug: 


u^ 


u 


Fr. 


2 


w« 


Grundstück  46.50 

Gebäude  441.10 

Geleise  9.45 

Mobilien  69.17 

Modelle  108.— 

Installation  31.37 

Unfallvers.  104.50 

Total  810.09 


Fr. 

Gehälter  1289.98 

Kran  121.60 

Hilfsmasch.  14.58 

Abt.  Unkost.  516.25 

Amortisation  930.— 

Versuche  309.04 


Total     3181.45 


Fr. 

Heizung  132.40 

Beleuchtung  21.60 

Strom  90.— 
Rep.  an  Werkzm.  120.90 

Betriebsmat.  186.— 

Werkzeuge  1295.41 

Fehler  u.  Verl.  215.91 

Total     2062.22 

Die  sich  nunmehr  ergebenden  Zuschläge  werden  durch  die 
nebenstehende  Kurve  (Fig.  17)  dargestellt.  Die  Art  und  Weise 
der  Berechnung  erlaubt  es  jedoch  nicht,  sich  vom  Ausgangs- 
punkte (2400  Stunden)  zu  weit  zu  entfernen,  da  für  große  Dif- 
ferenzen  in  der  Arbeitszeit  nicht  mehr  mit  einem  regelmäßigen 
Verlauf  der  Verschiebungen  der  Unkostenhöhe  gerechnet  wer- 
den kann.  Die  Formel  ergibt  für  zwei  Schichten  (4800  Stun- 
den) einen  Zuschlag  von  Fr.  2.02,  für  drei  Schichten  (7200 
Stunden)  einen  solchen  von  Fr.  1.85.  Daß  diese  Zahlen  sich 
jedoch  der  Wirklichkeit  anpassen,  darf  nicht  ohne  weiteres  be- 
hauptet werden. 

Will  man  die  Erhöhung  des  Zuschlages  ermitteln,  welche 
sich  durch  den  Übergang  vom  Neunstundentag  zum  Achtstunden- 
tag ergibt,  so  erhält  man  in  Kurve  I  für  9  Stunden  einen  Zu- 
schlag von  Fr.  2.41,  wohingegen  der  Zuschlag  für  8  Stunden 
tägliche  Arbeitszeit  Fr.  2.52  beträgt.  Es  hat  demnach  eine  Er- 
höhung des  Zuschlages  um  4,41  o/o  stattgeftinden.  Diese  Er- 
höhung ist  jedoch  ungenügend,  da  durch  die  Reduktion  der 
Arbeitszeit  die  unter  Ug  aufgeführten  Kosten  keine  Verminderung 
erfahren,  denn  einmal  bleiben  alle  Löhne  und  Oehälter  gleich, 
ohne  daß  eine  Reduktion  des  Personalbestandes  vorgenommen 
werden  kann.  Auch  die  Amortisationsbeträge  dürfen  nicht  ver- 
ringert werden.  Man  wird  daher  der  wirklichen  Veränderung 
der  Zuschläge  näher  kommen,  wenn  man  mit  der  Formel  für 


—    269     — 

die  partielle  Arbeitseinschränkung  rechnet.  Es  werden  nun  die 
unter  u^  aufgeführten  Kosten  zu  u^  hinzugerechnet,  wohinge- 
gen Ug  unverändert  bleibt,  u^  beträgt  somit  Fr.  3991.54,  Ug 
Fr.  2062.22.  Wir  erhalten  nun  für  2700  Stunden  einen  Zuschlag 
von  Fr.  2338;  die  Erhöhung  beträgt  demnach  7,32  0/«  (siehe 
Fig.  17,  Kurve  II).  Diese  7,32  o/o  sind  unabhängig  von  der 
12,5  o/o  igen  Lohnerhöhung,  welche  der  Übergang  vom  Neun- 
zum  Achtstundentag  mit  sich  gebracht  hat 

Matchint  Nr.  86.    Kurvt  fOr  allgtmtint  Arbtitstintchrankung. 


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i$9»       3090        1S00        1000         800 

Jährlieh»  Stundmn. 


Fig.  17. 

Schon  mehrfach  ist  darauf  hingewiesen  worden,  daß  die 
gangbaren  Kalkulations formein  den  Faktor  „Zeit"  unberücksich- 
tigt lassen.  Wie  dieser  Faktor  in  die  Kalkulation  Aufnahme 
findet,  ist,  soweit  der  Materialzuschlag  in  Betracht  kommt,  be- 
reits besprochen  worden.  Vermittelst  der  oben  berechneten 
Stundenzuschläge  werden  nun  die  Herstellungskosten  eines  Fa- 
brikates wesentlich  durch  die  Bearbeitungsdauer  beeinflußt, 
denn  je  mehr  Stunden  an  produktiven  Arbeitsplätzen  die  Bear- 


'    , 


!  5 


270     - 


—     271     — 


t 


beitung  in  Anspruch  genommen  hat,  um  so  höher  sind  auch  die 
dem  Fabrikate  anzurechnenden  Unkosten.  Je  höher  ferner  der 
Unkostenzuschlag  eines  gewissen  Arbeitsplatzes  ist,  um  so  mehr 
fällt  auch  die  Zeit  ins  Gewicht. 

Es  ist  nun  durchaus  nicht  einzusehen,  warum  nur  Material- 
und  Lohnkosten  (besonders  letztere)  während  des  Fabrikations- 
prozesses genau  überwacht  werden  sollen;  die  Unkosten  dage- 
gen anläßlich  der  Kalkulation  eine  rein  summarische  Erledi- 
gung erfahren,  wobei  das  Hauptaugenmerk  nur  darauf  gerich- 
tet wird,  daß  die  Summe  der  Unkosten  durch  die  Summe  der 
Unkostenzuschläge  gedeckt  wird;  besonders  wenn  man  bedenkt, 
daß  die  Unkosten,  welche  ein  Fabrikat  zu  tragen  hat,  häufig 
ein  Mehrfaches  der  Lohnkosten  darstellen.  Dem  kann  durch 
die  Stundenzuschläge  abgeholfen  werden.  Es  handelt  sich  nur 
darum,  einen  neuen  Preisbegriff  einzuführen,  den  wir  mit  dem 
Worte  „Bearbeitimgskosten"  bezeichnen  wollen.  Diese  Bear- 
beitungskosten unterscheiden  sich  von  den  Lohnkosten  dadurch, 
daß  sie  neben  letzteren  auch  noch  die  Platzkostenzuschläge  ent- 
halten. Bezeichnen  wir  den  Unkostenzuschlag  mit  z,  den  Stun- 
denlohnsatz mit  1  und  die  Stundenzahl  mit  q,  so  betragen  die 
Bearbeitungskosten  (B)  bei  Stundenlohnarbeit  B  =  q  (l+z). 
Für  Akkordarbeit  bei  einem  Akkordpreis  (A>  ist  B  =  A  -|-  q  z. 
Betrachten  wir  nun  z  als  für  einen  Arbeitsplatz  konstant,  so  ist 
die  Abhängigkeit  der  Bearbeitungskosten  von  q  leicht  zu  er- 
.  kennen. 

Wenn  wir  nun  für  jede  Arbeit  eine  Normalzeit*  ansetzen, 
d.h.  eine  Zeit,  während  welcher  ein  Durchschnittsarbeiter  die 
betreffende  Arbeit  zu  erledigen  vermag,  so  erhalten  wir  nor- 
male Bearbeitungskosten  für  sämtliche  Arbeiten.  Jede  geringere 
als  die  Normalzeit  bedeutet  nun  eine  Ersparnis,  d.h.  eine  Ver- 
minderung der  Herstellungskosten.  Erst  auf  diese  Weise  tritt 
die  enorme  Bedeutung  der  Bearbeitungsdauer  ins  richtige  Licht. 
Für  Arbeiten,  die  unter  der  Normalzeit  ausgeführt  werden, 
kann  nun  der  Unternehmer  ganz  bedeutend  höhere  Löhne  be- 
zahlen, wodurch  der  Arbeiter  dazu  angeregt  werden  soll,  die 
Arbeitsdauer  für  eine  bestimmte  Operation  zu  verkürzen.  Ak- 
kord, Prämien  und  Bonuslöhne  gehen  nun  allerdings  von  dem 
gleichen  Gedankengange  aus,  indem  sie  durch  den  Anreiz 
eines  höheren  Stundenverdienstes  die  Arbeitsintensität  zu  stei- 
gern suchen.    Allein  sie  sind  alle  mit  dem  gleichen  Fehler  be- 


haftet, indem  der  Mehrlohn  nie  im  richtigen  Verhältnis  zu  den 
durch  verminderte  Arbeitszeit  gemachten  Ersparnissen  steht 
und  zwar  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  diese  Ersparnisse 
unbekannt  sind.  Durch  die  Einführung  des  Begriffes  der  Be- 
arbeitungskosten können  aber  diese  Ersparnisse  auf  die  ein- 
fachste Weise  ermittelt  werden,  und  es  ist  folglich  auch  mög- 
lich, gestützt  darauf  ein  Lohnsystem  aufzubauen.  Wir  wollen 
nun  für  das  Folgende  von  dem  Grundsatze  ausgehen,  es  seien 
die  Ersparnisse  zu  gleichen  Teilen  zwischen  Unternehmer  und 
Arbeiter  zu  teilen;  es  muß  nicht  besonders  hervorgehoben  wer- 
den, daß  auch  von  einem  andern  Verhältnis  ausgegangen  wer- 
den kann.  Gleich  wie  für  die  Bestimmung  der  Akkordpreise 
wäre  nun  die  normale  Arbeitszeit  zu  ermitteln  und  mit  der  Ak- 
kordbasis zu  multiplizieren.  Es  wird  dabei  aber  notwendig,  für 
alle  Kategorien  von  Arbeitern  mit  der  gleichen  Akkordbasis  zu 

rechnen. 

Vermittelst  der  Größe  Bearbeitungskosten  kann  nun  sowohl 
das  System  der  Stundenlohn-Entlöhnung  wie  das  der  Akkord- 
entlöhnung erweitert  werden.  Betrachten  wir  vorerst  den  Stun- 
denlohn und  bezeichnen  die  Normalzeit  mit  n,  so  betragen  die 
normalen   Bearbeitungskosten,  die  als  Ausgangspunkt  dienen: 

B   =   n   (1+z) 

Werden  Ersparnisse  zu  gleichen  Teilen  zwischen  Unterneh- 
mer und  Arbeiter  geteilt,  so  betragen   die  Lohnkosten   L 

L^0+')  ("-<!)    I   iq^Un  +  q)  +  z(n~q) 
2  •  2 

Demnach  erhalten  wir  für  den  Stunden  verdienst  V  des  Ar- 
beiters: 

l(n  +  q)  +  z(n~q) 
2q 
Die  Bearbeitungskosten  betragen  für  jede  beliebige  Zeit 
B^l(n  +  q)  +  z(n-q)  ^  ^  ^  ^  d +z)(n  +  q) 

Schließlich   beträgt  der  Gewinn  „G"   des   Unternehmers: 

n^nn-L^^      (l+z)(n  +  q)_(l+z)(n-q) 
G=n(l+z) 2 '"~ 2 

und  das  ist  gleich  dem  Gewinn  des  Arbeiters,  was  Voraus- 
setzung war.  Durch  umstehende  graphische  Darstellung  (Fig. 
18)  wird  nun  dieser  transformierte  Stundenlohn  dai^estellt.    Es 


.'    I 


I  :i 


1! 


—     272     — 
Transformiarttr  Stundtniohn. 


n 


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Fig.  18. 

sei  für  die  betreffende  Arbeit  eine  Normalzeit  von  8  Stunden 
angesetzt,  woraus  sich  ein  Normalpreis  für  Bearbeitungskosten 
von  Fr.  24.-,  für  z  =  2  Fr.;  Fr.  16.-,  für  z  =  1  Fr.  und 
Fr.  12.—,  für  z  =  0.50  Fr.  ergibt.  Der  Stundenlohn  wurde 
der  Einfachheit  halber  mit  Fr.  1.—  angesetzt.    Wir  erhalten  nun 


—    273    — 

transformierte  Stundenlöhne,  die  für  eine  geringere  als  die  Nor- 
malzeit größer,  für  eine  größer  als  die  Normalzeit  kleiner  als 
die  ursprünglichen  Löhne  sind.  Das  Gleiche  gilt  für  die  ur- 
sprünglichen und  für  die  transformierten  Bearbeitungskosten, 
nur  mit  dem  Unterschiede,  daß  das  Verhältnis  der  ursprüngli- 
chen zu  den  transformierten  Bearbeitungskosten  für  ein  gege- 
benes q  stets  konstant,  also  unabhängig  von  z  ist,  denn  es  ist: 

q(i+z) 

(l  +  z)(n+q)_      2q(l  +  z)      _    2q 
2  -(l  +  z)(n  +  q)      n+q 

wohingegen  das  Verhältnis  der  ursprünglichen  zu  den  trans- 
formierten Löhnen  abhängig  ist  von  z,  da  wir  dafür  den  Wert 

2Jj 

l(n  +  q)-f-z(n-q) 

erhalten,  je  größer  daher  z  wird,  um  so  mehr  weichen  auch 
die  transformierten  von  den  ursprünglichen  Lohnkosten  ab,  wo- 
von weiter  unten  noch  die  Rede  sein  wird.  Ist  z  größer  als 
l,  so  sind  die  Lohnkosten  für  zunehmende  Arbeitsdauer  stets 
im  Abnehmen,  für  z  kleiner  als  1  hingegen  im  Zunehmen,  wenn 
schon  schwächer  wie  bei  gewöhnlichem  Stundenlohn.  Für 
z  =  1  schließlich  erhalten  wir  konstante  Lohnkosten,  was  nichts 
anderes  bedeutet,  als  daß  der  gewöhnliche  Stundenlohn  sich 
in   den   Akkordlohn  verwandelt  hat. 

Da  nun  aber  die  Ansetzung  einer  Normalzeit  beim  Stun- 
denlohn etwas  Unbekanntes  ist,  so  wird  es  vorteilhafter,  bei  der 
Transformation  vom  Akkordlohn  auszugehen.  Dem  Akkord- 
lohne liegt  der  Gedanke  zugrunde,  daß  für  eine  Arbeit  stets 
ein  konstanter  Preis  bezahlt  werden  soll,  da  eine  kürzere  Ar- 
beitszeit selbst  bei  konstanten  Lohnkosten  vorteilhaft  ist.  Dem 
Arbeiter  soll  auf  diese  Weise  durch  ein  höheres  Stundenver- 
dienst eine  Belohnung  für  Mehrleistungen  zukommen.  Nach 
der  oben  besprochenen  Methode  der  Unkostenverteilung  zeigt 
es  sich  nun  aber,  daß  der  durch  eine  Verkürzung  der  Arbeits- 
zeit realisierbare  Gewinn  so  groß  ist,  daß  für  eine  verkürzte 
Zeit  sogar  mehr  als  der  konstante  Preis  bezahlt  werden  kann. 
Es  entsteht  somit  ein  gleitender  Akkordpreis,  de**  mit  abneh- 
mender Zeit  gleichmäßig  ansteigt  und  umgekehrt;  also  ein 
Lohn,   der  ein  genauer  Gegensah  des   Stundenlohnes   ist.     Bei 

16 


M^. 


—     274     — 


—     275     — 


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A  =  Akkordpreis,  d.h.  Akkordbasis,  x  =  Normalzeit  erhÜten 
wir  analog  wie  für  den  Stundenlohn  drei  Gleichungen,  dUrch 
welche  die  Werte  B,  L  und  V  ausgedrückt  werden.  DItse 
heißen: 

B  =  A+|(n  +  q) 
L  =  A+|(n-q) 
V=|[A  +  |(n-q)l 

Durch  das  nebenstehende  Kurvenblatt  (Fig.  19)  erhält  man 
die  graphische  Darstellung  des  transformierten  Akkordlohnes. 
Daraus  geht  die  Abhängigkeit  der  Lohnkosten  von  dem  Stun- 
denzuschlag z  hervor.  Je  größer  dieser  Zuschlag,  um  so  stärker 
vermindern  sich  die  Lohnkosten  bei  zunehmender  Zeit.  Bei 
Zuschlägen  von  2  und  besonders  mehr  Franken  würden  die 
Lohnkosten  eine  solche  Verminderung  erfahren,  daß  von  einer 
praktischen  Anwendung  dieser  Entlöhnungsmethode  nicht  mehr 
die  Rede  sein  kann.  Aus  unserem  Zahlenbeispiel  geht  jedoch 
hervor,  daß  der  höchste  Stundenzuschlag  für  Arbeiten  ohne 
Maschine  Fr.  1.50  beträgt  (Halle  II,  Abt.  III,  Klasse  IV),  und 
gerade  solche  Arbeiten  sind  es,  bei  denen  das  Bedürfnis  nach 
einer  der  Leistung  entsprechenden  Entlöhnung  am  stärksten  ist. 
Bei  den  meisten  Arbeiten  an  Maschinen  (besonders  bei  großen) 
wird  das  Arbeitstempo  durch  den  Gang  der  Maschine  bestimmt. 
Es  ist  daher  nur  in  sehr  geringem  Maße  möglich,  den  Arbei- 
ter durch  eine  höhere  Entschädigung  zu  rascherem  Arbeiten 
zu  veranlassen.  Bei  den  allermeisten  Arbeiten  ohne  Maschine 
und  bei  vielen  an  kleinen  Maschinen  hingegen  ist  das  sehr 
wohl  durchführbar  und  wegen  der  bedeutenden  Ersparnis,  welche 
eine  Verkürzung  der  Arbeitszeit  mit  sich  bringt,  auch  in  ho- 
hem Grade  wünschenswert.  Das  vorliegende  Lohnsystem  hat 
nun  den  Vorteil,  daß  der  Mehrlohn  in  direkter  Abhängigkeit 
zu  den  erzielten  Ersparnissen  steht.  Hinzu  kommt  noch,  daß 
die  neuen  Bearbeitungskosten  weniger  stark  ansteigen  wie  die 
ursprünglichen.  Dadurch  werden  die  Differenzen,  welche  in- 
folge des  Platzkostensystems  zwischen  verschiedenen  Ausfüh- 
rungen der  gleichen  Arbeitsoperation  bei  verschiedener  Arbeits- 
dauer entstehen  können,  verringert.     Das  steht  jedoch  keines- 


Träntformitrter  Akkordlohn. 


f- 


tt34S*7ß9t0ttf2t3f4 


I        I        \Morm0f-70fn        I 

Fig.  19. 

falls  im  Widerspruch  zu  dem  oben  Gesagten,  daß  nämlich  tal- 
sächliche Schwankungen  in  den  Herstellungskosten  auch  erkenn- 
bar sein  sollen,  denn  die  neuen  Bearbeitungskosten  entsprechen 
noch  immer  der  Wirklichkeit,  da  es  sich  nicht  um  eine  bloße 
Ausgleichsoperation  handelt,  die,  ohne  mit  der  Wirklichkeit  über- 
einzustimmen, nur  darauf  ausgeht,  den  Geschäftsgang  zu  ver- 
einfachen. 


li 
P 

I 


—     276     — 

Ohne   den    Begriff  der    Bearbeitungskosten   setzt   man   sich 
leicht  der  Gefahr  aus,  organisatorische   Änderungen   zur   Reali- 
sierung von   Ersparnissen  vorzunehmen,   die  aber  im   Gegenteil 
eine  Verteuerung  mit  sich   bringen,  die  jedoch  nicht  erkennbar 
ist.     So   werden   vielfach    einfachere   Arbeitsoperationen  'billigen 
Arbeitskräften   (z.B.   weiblichen)   übergeben,  wodurch  allerdings 
die    Lohnkosten    eine    Verminderung    erfahren    können.     Allein 
würde   der   Begriff   Bearbeitungskosten    bestehen,   so   würde   es 
sich   zweifellos  vielfach  herausstellen,   daß   infolge   der  längeren 
Arbeitsdauer    die    Bearbeitungskosten    eine    Steigerung    erfahren 
haben.    Wiederum  haben  wir  es  mit  der  gleichen   Erscheinung, 
nämlich    der   Vernachlässigung  des   wichtigsten   die   Kosten   be- 
einflussenden  Faktors,  der  Zeit,  zu   tun.     Ganz  besonders  wird 
diese   Erscheinung  bei   Lehrlingsarbeiten  hervortreten.     Einfache 
Arbeiten  werden  vorzugsweise  an  Lehrlinge  mit  ganz  niedrigen 
Stundenlöhnen    vergeben,    weil    dabei    die    Auffassung    herrscht, 
daß    diese    Arbeiten    dadurch     niedriger    zu    stehen    kommen! 
Würde   man  vermittelst  des   Platzkosten  Systems  die  durch   eine 
solche   Arbeit  verursachte   Unkostensumme   feststellen   und   dar- 
aus   den   prozentualen    Lohnzuschlag    ermitteln,    so    käme    man 
zu   ganz   abnorm   hohen    Beträgen.     Weniger   ungünstig  gestal- 
ten sich  die  Verhältnisse,  wenn  man  die  absoluten  Summen  der 
aufgelaufenen  Unkosten  vergleicht.    Immerhin  wird  es  sich  noch 
dann  und  wann  herausstellen,  daß  die  durch  Lehriingsarbeit  ver- 
ursachten  Bearbeitungskosten  diejenigen  eines  gewandten  Arbei- 
ters übersteigen,  und  zwar  besonders  bei  Arbeitsplätzen  mit  ho- 
hen Zuschlägen.    Da  die  Ausbildung  neuer  Arbeitskräfte  jedoch 
nicht  vernachlässigt  werden  darf,  so  müssen,  sollte  es  sich  her- 
ausstellen, daß  die  Bearbeitungskosten  der  Lehriingsarbeiten  den 
Normalpreis  stets  wesentlich  übersteigen,  diese  Arbeiten  zu  Nor- 
malpreisen verrechnet  werden,  wobei  der  verbleibende  Rest  auf 
einem  Unkostenkonto  gesammelt  und  auf  alle  Arbeitsplätze  ver- 
teilt wird. 

Es  kann  nun  von  dem  Prinzip  der  Garantie  eines  festen 
Stundenlohnes  nicht  wohl  abgewichen  werden;  jedoch  ist  diese 
Garantie  mit  dem  oben  vorgeschlagenen  transformierten  Akkord- 
system sehr  wohl  vereinbar,  ohne  daß  zu  befürchten  wäre,  daß 
der  gesamte,  durch  verkürzte  Arbeitszeit  erzielte  Gewinn  gu- 
ter Arbeiter,  durch  die  längere  Zeit  schlechter  Arbeiter  wieder 
verloren   ginge.     Rechnet  man    nämlich   für   sämtliche   Arbeiter 


—    277    — 

mit  der  gleichen  Akkordbasis,  so  erhalten  bei  gleicher  Arbeits- 
dauer auch  alle  den  gleichen  Lohn  und  zwar  unabhängig  von 
ihrem  jeweiligen  Stundenlohnsatz,  da  dieser  eine  Größe  ist, 
welche  die  Formel 

B  =  A  +  |(n  +  q) 

nicht  enthält.  Nun  soll  aber  der  Stundenverdienst  nie  kleiner 
werden  als  der  Stundenlohnsatz  1 ;  es  muß  also  von  den  gege- 
benen   Formeln   abgewichen   werden,   wenn 

|[A  +  -L(n-q)l  =  l 

Wir   erhalten   daraus 

^  2A  +  zn 

^         21  +  z 

wodurch  die  Stundenzahl  ausgedrückt  wird,  bei  welcher  der 
Stundenverdienst  eines  Arbeiters  bei  seinem  Stundenlohne  an- 
gelangt ist.  Je  geringer  nun  dieser  Shindenk>hn  ist,  um  so 
länger  wird  die  Zeit,  innert  welcher  an  dem  oben  erwähnten 
Akkordsystem   festgehalten   werden   kann.     Sobald   q   den   Wert 

2  I   I   ^     erreicht  hat,  biegt  bei  garantiertem  Stundenlohn  die 

B-Linie  um  und  veriäuft  nun  parallel  zur  Linie  des  ursprüng- 
lichen B  für  Stundenlohn  nach  dem  Satze  des  betreffenden  Ar- 
beiters. Das  Gleiche  geschieht  mit  der  L-Linie.  Obwohl  die 
Bearbeitungskosten  stets  mit  der  Zeit  anwachsen  und  für 
schlechte  Arbeitskräfte  der  Normalpreis  häufig  überschritten 
wird,  so  wird  mit  einer  Abstufung  der  Stundenlöhne  nach  der 
Qualität  des  Arbeiters  die  Gefahr  des  rascheren  Ansteigens  der 
Bearbeitungskosten,  welches  bei  Bezahlung  des  garantierten 
Stundenlohnes  der  Formel 

B  =  q  (l  +  z) 
folgt,  größtenteils  beseitigt.  Erhalten  daher  schlechtere  Arbeits- 
kräfte niedrigere  Stundenlöhne,  so  Icann  man  sie  zu  den  glei- 
chen Bedingungen  wie  die  guten  Arbeitskräfte  arbeiten  lassen. 
Es  sei  noch  hinzugefügt,  daß  diese  Entlöhnungsform,  wie 
übrigens  alle  andern  auch,  auf  sehr  verschiedene  Weise  ge- 
handhabt werden  kann.  Sowohl  der  Anteil  an  den  'Ersparnis- 
sen, wie  auch  die  Normalzeit  erlauben  starke  Variationen,  von 


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denen  die  Lohnhöhe  der  Arbeiter  abhängig  wird.  Es  sei  hier 
auf  das  anläßlich  der  Ansetzung  von  Akkordpreisen  Gesagte 
verwiesen.  Das  eben  beschriebene  System  beansprucht  ledig- 
lich, dem  Zusammenhang  zwischen  Lohnhöhe  und  Kosten  der 
Bearbeitung  Ausdruck  zu  verleihen.  Es  beweist  aufs  klarste, 
daß  hohe  Löhne  und  niedrige  Herstellungskosten  keine  Gegen- 
sätze sind. 

Beim  Übergang  von  der  Kalkulation  vermittelst  der  üb- 
lichen Formeln  zu  der  oben  beschriebenen  Platzkostenmethode 
wird  es  sich  vor  allem  herausstellen,  daß  nun  plötzlich  die 
Preise  verschiedener  Ausführungen  desselben  Fabrikates  gro- 
ßen Schwankungen  unterworfen  sind.  Ebenso  ist  mit  ziemlicher 
Sicherheit  anzunehmen,  daß  die  angewandten  Lohnzuschläge 
nicht  mit  den  Platzkosten  übereinstimmen  werden.  Vermutlich 
werden  die  kleinen  Objekte  zu  hoch,  die  großen  hingegen  zu 
niedrig  berechnet  worden  sein.  Trägt  man  die  Fabrikate  ge- 
ordnet nach  ihren  prozentualen  Lohnzuschlägen  auf  der  X- 
Achse  eines  Koordinatensystems  auf  (Fig.  20)  die  Lohnzu- 
schläge auf  der  Y-Achse  und  nimmt  das  Gleiche  auch  für  die 
aus  den  Platzkosten  errechneten  Lohnzuschläge  vor,  so  ist 
etwa  folgendes  Bild  zu  erwarten. 


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Fig.  20. 

Da  sich  dieses  Bild  voraussichtlich  für  die  allermeisten 
Unternehmungen  ergeben  wird,  so  treten  die  Nachteile,  welche 
durch  Unterwertung  resp.  Überwertung  einzelner  Fabrikate  ent- 
stehen müßten,  nicht  in  Erscheinung.  Da  wahrscheinlich  über- 
all die  großen  Objekte  zu  einem  zu  niedrigen  Preis  kalkuliert 
werden,  findet  keine  Bevorzugung  eines  einzelnen  Unterneh- 
mens bei  der  Auftragserteilung  statt.  Die  zu  niedrige  Bewer- 
tung großer  Objekte  auf  Kosten  der  im  gleichen  Unternehmen 
hergestellten   kleinen   ist  dadurch   leicht  erklärlich,   da   Aufträge 


—     27Q     — 

in  großen  Objekten  mehr  von  sich  reden  machen  und  daher 
eine  Form  von  Reklame  darstellen.  Es  ist  also  die  Erhaltung 
oder  Gewinnung  eines  gewissen  Prestiges,  welche  die  Unter- 
nehmer dazu  treibt,  ihre  großen  Objekte  zu  niedrigeren  als  den 
eigentlichen  Kosten  abzugeben,  womit  nicht  gesagt  werden  soll, 
daß  diese  mit  Verlust  verkauft  werden.  Es  hat  sich  allerdings 
diese  Tendenz  nur  darum  ausbreiten  können,  weil  die  gang- 
baren Kalkulationsformeln  keinen  klaren  Einblick  in  das  We- 
sen der  Kosten  erlauben.  Was  die  Schwankungen  der  Preise 
verschiedener  Ausführungen  desselben  Fabrikates  anbelangt,  so 
ist  schon  der  erste  Anstoß  zu  ihrer  Beseitigung  dadurch  gege- 
ben, daß  sie  für  jeden  Einzelfall  durch  die  Kalkulation  zum 
Ausdruck  gebracht  werden.  Damit  wird  allerdings  noch  nidit 
jede  Schwierigkeit  behoben  sein.  Der  Verfasser  ist  leider  man- 
gels genügender  Erfahrung  nicht  in  der  Lage,  auf  dieses  Ge- 
biet näher  einzutreten.  Es  kann  jedoch  keinem  Zweifel  unter- 
liegen, daß  Mittel  und  Wege  gefunden  werden,  die  Organisa- 
tion eines  Unternehmens  auf  eine  Art  und  Weise  abzuändern, 
welche  ungeachtet  dieser  Schwankungen  einen  stabilen  Ge- 
schäftsgang ermöglicht.  Wie  eingangs  ausgeführt  wurde,  ist 
jede  Organisation  nur  Mittel  zum  Zweck  und  dieser  Zweck  ist 
im  vorliegenden  Falle  die  Erzielung  eines  Gewinnes.  Dieser 
kann  aber  nur  erreicht  werden,  wenn  über  das  Wesen  der  Ko- 
sten Klarheit  besteht^  daher  darf  nichts  vernachlässigt  werden, 
was  zu  dieser  Klarheit  beiträgt.  Es  ist  das  Bewußtwerden  der 
helfenden  und  hindernden  Faktoren,  welches  die  Auswahl  der 
vorteilhaftesten  Mittel,  die  einen  gewünschten  'Zweck  herbei- 
führen sollen,  begünstigt.  Das  Kernproblem  der  Bestimmung 
der  Mittel,  d.h.  der  Bestimmung  des  Aufbaues  und  der  Or- 
ganisation eines  industriellen  Unternehmens  ist  aber  das  Pro- 
blem der  Kosten  im  allgemeinen,  ganz  besonders  aber  derjeni- 
gen Kosten,  deren  Anrechnung  auf  die  größten  Schwierigkeiten 
stößt  und  die  als  Unkosten  bezeichnet  werden. 


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Curriculum  vitae. 


Ich,  Walter  Eugen  Boveri,  wurde  am  6.  Dezember 
1894  in  Baden  im  Aargau  geboren.  Dort  besuchte  ich  die 
Primarschule.  Nach  Beendigung  der  Sekundärschule  im  Land- 
erziehungsheim „Glarisegg"  Icam  ich  an  die  Kantonsscliule 
Aarau,  wo  ich  im  Herbst  1913  die  Maturitätsprühmg  der  tech- 
nischen Abteilung  bestand.  Im  Frühling  1914  absolvierte  ich 
noch   die   Ergänzungsmaturität   für   Latein   in   Zürich. 

Meine  Studien  begann  ich  im  Herbst  1914  an  der  Univer- 
sität Oxford  (Christ-Church  College),  wo  ich  im  Sommer  1915 
das  sogen.  Diploma  in  Economics  and  Political  Science  erwarb. 
Hierauf  besuchte  ich  für  ein  Semester  die  Universität  Genf. 
Im  Frühling  1916  begann  ich  meine  Studien  an  der  Universität 
Zürich,  die  ich  am  23.  Juli  1921  mit  dem  Doktorexamen  be- 
schloß. 

Meinen  Lehrern,  deren  Vorlesungen  ich  während  der  Stu- 
dienzeit besuchte,  spreche  ich  an  dieser  Stelle  meinen  Dank  aus. 


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COLUMBIA  UNIVERSITY  LIBRARIES 


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N  1  'S  1928 


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