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Full text of "Beiträge zur Biologie der Pflanzen"

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Beiti'äoe 


{iologio  (lor  Pllauzen. 


IK-rnu^f^W 


hr.  Frrdinuml  Colin. 


Kwfiiior  Band.    Erstes  Heft. 


Rr«L»a  1876- 

.1.   IT.  ICcrn'*  Verla 
(MU  lnl]«T>. 


-^^^ 


Beiträge 


zur 


Biologie  der  Pflanzen. 


Herausgegeben 


von 


Dr.  Ferdinand  Cohn. 


Zweiter  Band. 

Mit  Be oh.zeh.x^  Jl^skf ein.. 


•      •••        Jv'        •       >         •• 


M^^^J^H 


Breslaa  1877« 

J.  TT.  Kem's  Verlag 

(Haz  MUl«r). 


Register  zum  2^eiten  Bande. 

Heft.  Seit«. 

Averbaolly   Dr.   Leopold,    Zelle   und   Zellkern.     Bemerkungen   zu 

Strasburger^s  Schrift:  „Ueber  Zellbildung  und  Zelltheilung."  I.       1 

Colui)    Dr.    Ferdinand)    Bemerkungen    über    Organisation    einiger 

Schwärmzellen I.  101 

—  Untersuchungen  Aber  Bacterien.  IV.  Beiträge  zur  Biologie  der 
Bacillen.    (Mit  Tafel  XI.) II.  249 

EidAm,  Dr.  Ednard,  die  Reimung  der  Sporen  und  die  Entstehung 

der  Fruchtkörper  bei  den  Nidularieen.    (Mit  Tafel  X.)    .    .     .      II.  231 

Frank)  Dr.  A«  B«,  Ueber  die  biologischen  Verhältnisse  des  Thallus 

einiger  Rrustenflechten.    (Mit  Tafel  VII.) II.  123 

Franstadtf  Dr.  A«,  Anatomie  der  vegetativen  Organe  von  Dionaea 

mutcipula  EM    (Mit  Tafel  I- III.)  .         I.     27 

Jnsty  Dr.  L.y  Ueber  die  Einwirkung  höherer  Temperaturen  auf  die 
Erhaltung  der  Keimfähigkeit  der  Samen.  Arbeiten  aus  dem 
pflanzenphysiologischen  Institut  am  Polytechnikum  zu  Carlsruhe.  IL    III.  31  i 

Koellf  Dr.,  Untersuchungen  Aber  Bacterien.  V.  Die  Aetiologie  der 
Milzbrand-Krankheit,  begriindet  auf  die  Entwicklungsgeschichte 
des  BaeOlu»  Anthracit.    (Mit  Tafel  XI.) II.  277 

—  Untersuchungen  über  Bacterien.  VI.  Verfahren  zur  Untersuchung, 
zum  Conserviren  und  Photograpliiren  der  Bacterien.  (Mit  drei 
Tafeln,  Photogramme  in  Lichtdruck,  XIV.  XV.  XVI.).    .    .    .    III.  399 

Nowakowskly  Dr.  Leon,  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Chytridiaceen. 

(Mit  Tafel  IV- VL) L    73 

—  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Chytridiaceen  II.  Pölyphagti$  Euglevae, 
eine  Chytridiacec  mit  geschlechtlicher  Fortpflanzung.  (Mit  Tafel 

VIIL  und  IX.) IL  201 

Sekroeter^  Dr.  J«,  Ueber  die  Entwickelung  und  die  systematische 

Stellung  von  Tuio§t<ma  Pers I.     C5 

—  Bemerkungen  und  Beobachtungen  fiber  einige  Ustilagineen.  (Mit 

Tafel  XIL) IIL  349 

—  Nachtrag  zu  den  Bemerkungen  Aber  einige  Ustilagineen  .    .    .    III.  435 
Soroklny  Professor  N«)  Ueber  zwei  neue  Entomophthora-Arten.  (Mit 

Tafel  XIIL) IIL  S87 


Zelle  nnd  Zellkern. 

BeiDerkoBgei  n  Stnsbnger's  Sdirili:  „Ueber  IdlbOdaiig  and  tdlAriiaiig.'' 

Von 

Prof.  Dr.  Leopold  Anerbaoh. 


Wenn  ein  Vertreter  der  Zoo -Histologie  sich  erlaubt,  an  diesem 
Orte  einige  kritische  Erörtemngen  in  phytologischen  Angelegenheiten 
Torzabringen,  so  hat  er  dazu  nicht  blos  einen  persönlichen  Anlass 
in  dem  Umstände,  dass  seine  seit  einigen  Jahren  auf  dem  Gebiete 
der  Zellentheorie  entwickelten  Ansichten  in  der  oben  genannten 
wichtigen  Schrift  eines  Botanikers  zwar  eingehende  Berücksichtigung 
aber  trotz  äusserlicher  Uebereinstimmung  mancher  Befunde  doch  im 
Kern  der  Sache  entschiedene  Angriffe  erfahren  haben,  sondern  er 
entnimmt  eine  höhere  Berechtigung  daraus,  dass  es  sich  in  diesem 
Gonflicte  um  fundamentale  Fragen  handelt,  welche  beide  Lager  der 
biologischen  Forschung  gleich  sehr  interessiren  müssen,  ja  sogar  um 
eine  Verständigung  Aber  die  Orundbegriffe  der  Zellenlehre,  über  welche 
man  vielleicht  einen  Zwiespalt  der  Meinungen  nicht  für  möglich 
gehalten  hätte. 

Wer  von  der  genetischen  Einheit  der  organischen  Welt  überzeugt 
ist,  oder  wer  auch  nur  in  abstracterer  Weise  einen  wesentlichen 
Zusammenhang  der  pflanzlichen  und  der  thierischen  Lebensgesetze 
anerkennt  und  dabei  berücksichtigt,  dass  divergirende  Entwickelnngs- 
richtungen  doch  von  einer  gemeinschaftlichen  Grundlage  ausgehen 
müssen,  wird  zugeben,  dass  auf  biologischem  Gebiete  in  fundamen- 
talen Dingen  Uebereinstimmung  vorhanden  sein,  und  wo  sie  für  den 
Augenblick  verloren  scheint,  der  Wissenschaft  wieder  gewonnen 
werden  muss* 

Es  gab  eine  Zeit,  wo  die  Forschung  dieses  Ziel  auf  ihre  Fahne 
schrieb,  jene  Zeit  nämlich,  da  die  Lehre  von  den  Elementartheilen 
der  thierischen   Organismen  als  eine  jüngere  Schwester  der  pflanz- 

Cohn,  Beiträge  cur  Biologie  der  PfUmsen.    Band  IL  Heft  1.  \ 


liehen  Zellenlehre  ans  Liclit  trat  uod  das  bertlbmte  Werk  Schwann 
geradezu  den  Titel  trug:  „Untersuchungen  über  die  Ueberotnatim- 
mnng  in  der  SInictur  und  dem  Wacbsthum  der  Thiere  und  Pflanzeu." 
Das  Streben  nach  Bioblung  vnr  damals  so  gross,  dass  eich  mit  dem 
in  raschem  Anlaufe  erlangten  Einblicke  in  die  Furmähnlichkeit  der 
Elementargebilde  sogar  die  nämlichen  Irrthllmer  in  Belreß'  ihrer 
Entwickelnng  verbanden,  welche  indessen  auf  beiden  Seiten  allmäh- 
lich in  gleichem  Sinne  berichtigt  wnrden  durch  die  Erkenntnisa  des 
Protoplasma  als  der  primüren  nnd  wesentlichen  Orundaubslans  der 
Elementargehilde  und  der  Theilung  der  Zellen  ala  der  Überaus  vor- 
herrschenden Art  ihrer  Vermchrniig.  Auch  in  dieaen  Punkten  vieder 
war  die  botanische  Forschung  immer  um  einen  Schritt  der  zoologi- 
schen voraus,  welchem  aber  letztere  in  ihrer  Art  rasch  folgte. 

Mühsamer  kämpften  sich  einige  andere  Analogiecn  durch, 
welchen  die  Thierphyeiologie  der  pflanzlichen  Vorbild  und  wohl  von 
anregendem  Einflüsse  auf  dieae  gewesen  ist.  So  vor  Allem  der 
Paralleliemna  im  Processi;  der  geschlechtlichen  Befruchtung  in  beiden 
Reichen,  welcher  für  das  grosso  Gebiet  der  Rryplogamen  durch  die 
Entdeckung  der  in  diesem  Überall  vorkommenden  aolhstbeweglidiea 
Sperma -Elemente  fast  zur  Identität  sich  erhob.  Indem  mau  ferner 
die  Aufnahme  von  Saueretofl"  durch  die  Pflanzen  als  einen  wesent- 
lichen Factor  ihres  Stofl'wechacls  verstehen  lernte  und  an  den  inaec- 
tivoren  Pflanzen  die  Fähigkeit  conslatirtc,  Eiweiss- Substanzen  gana 
wie  Thiere  zu  vordaoen,  wnrde  selbst  in  BcIreS'  des  Chemismus  die 
Klnft  zwischen  beiden  Naturreichen  mehrfach  überbrückt. 

Freilich  musaten  auch  andererseits  im  selbständigen  Entwicke- 
Inngagange  beider  Zweige  der  WisHenschafC  manche  der  anfangs 
angenommenen,  namentlich  manche  histologische  Parallelismen  wieder 
geopfert  werden  oder  sich  doch  wesentliche  Modificationen  gefallen 
hissen.  Während  z.  U.  von  Schwann  und  noch  lange  nach  ihm 
die  capiliaren  Lymph-  nnd  Blutgefässe  der  Thiere  ihrer  Entwicke- 
lung  und  ihrem  Bestände  nach,  ganz  analog  dun  pflandichen  OcfUssen, 
ala  communicironde  Hohlzellen  angesehen  wurden,  ergaben  sich  jene 
der  späteren  Forschung  als  Intcrcellulargänge,  welche  unmittelbar 
von  herumliegendem  Gewebe  begrenzt,  nämlich  durch  dünne,  aber 
■US  platten,  kernhatligen  Zellen  zusammengefügte  Wände  eingebaut 
■ind.  Während  ferner  die  pflanzlichen  Elementartheilc,  so  weit  sie 
Gewebe  constitutren,  dnrchweg  Zellen  im  nrsprUn glichen  Sinne  des 
Worte  sind,  nämlich  von  festen  oder  m^mbranSsen  Wänden  einge- 
fasste  Eammem,  hat  es  sich  gezeigt,  dass  im  thierischen  Organis- 
mus die  Mehrzahl  der  eo  genannten  Zellen   nackte  Proloplasmakörper 


bleiben.  Und  während  im  Ban  der  Pflanzen  Intercellnlarsnbstanzen 
nur  eine  geringe  Rolle  spielen,  liefern  im  thieriachen  Körper  ftr  den 
Aufbau  ganzer  Organsjsteme  und  weit  verbreiteter  Gewebe,  wie  der 
Knochen,  de^  Knorpel,  des  Bindegewebes  n.  a.  m.,  Intercellnlarsnb- 
stanzen die  Hauptmasse  und  machen  sich  neuerdings  nicht  als  Aus- 
scheidungen der  Zellen,  sondern  als  unmittelbare  Umbildungen  der 
peripherischen  Schichten  des  Zellprotoplasma  geltend.  Auch  andere, 
für  specifische  Functionen  bestimmte  Umwandlungen  des  Protoplasma 
finden  sich  im  Thierkörper  in  einer  Häufigkeit  und  Mannigfaltigkeit, 
welche  dem  einfacheren  pflanzlichen  Organismus  abgehen,  und  neh- 
men wichtige  Studien  fQr  sich  in  Anspruch. 

Solche  und  andere  Verschiedenheiten  des  Materials,  die  fort- 
schreitende Theilung  der  Arbeit  und  die  Vertiefung  in  specielle 
Probleme,  namentlich  aus  dem  an  Mannigfaltigkeiten  reichen  Gebiete 
der  höheren  Entwickelongen,  haben,  wie  es  scheint,  allmählich  eine 
schädliche  Entfremdung  zwischen  beiden  Lagern  der  organischen 
Naturforschung  begünstigt.  Die  fruchtbare  Wechselwirkung  ist  seit 
längerer  Zeit  ziemlich  sparsam  gewesen,  und  man  dürfte  bei  den 
einzelnen  Forschern  selten  viel  Interesse  selbst  für  die  wichtigsten 
Arbeiten  der  Schwesterdisciplin  finden. 

Eine  um  so  erfreulichere  Erscheinung  ist  in  dieser  Hinsicht  das 
oben  genannte  neue  Werk  Strasburgers,  insofern  es  durch  die 
Berücksichtigung  der  gemeinsamen  Wurzel  pflanzlichen  und  thieri- 
schen  Lebens  und  durch  vergleichende  Untersuchungen  über  analoge 
Processe  auf  beiden  Gebieten  charakterisirt  ist.  Auch  dies  Mal 
freilich  ist  der  Anstoss  von  zoo- histologischer  Seite  ausgegangen. 
In  meinen  Studien  über  die  thierischen  Zellkerne  war  ich  zu  einer 
Reihe  von  Erfahrungen  und  Ansichten  über  die  Entwickelung  und 
die  Lebensgeschichte  dieser  Gebilde  gelangt,  welche  von  den  in  der 
Histologie  herrschenden  Vorstellungen  in  vielen  wichtigen  Punkten 
wesentlich  abwichen,  während  es  sich  fand,  dass  sie  in  mancher 
Hinsicht  mit  denjenigen  Vorstellungen  übereinstimmten,  welche  über 
pflanzliche  Zellkerne  Hofmeister  gewonnen  und  in  theilweise  ent- 
sprechender Art  auch  Sachs  in  seinem  Lehrbuche  niedergelegt  hat. 
In  meiner  bezüglichen  Schrift ' )  verfehlte  ich  nicht  auf  diese  Ueber- 
einstimmung  sowie  auch  auf  andere  botanische  Beobachtungen  (Wan- 
derungen der  Kerne,  Hautschicht  des  Protoplasma  und  ihre  Bezie- 
hungen zur  Bildung  der  Zellmembran)  und    deren  Analogieen  mit 


>)  Auerbach.    Organologische  Studien,   Itcs  und  2tes  Heil,   Breslau  1874 
bei  Morgenstern. 


meinen  Ergebnissen  oachdrdcklich  AnfmerkBam  eh  machen.  I 
Hinwejgungen  fuDileii  nuo  einen  raseben,  wenn  aacb  nicht  gans 
conaonirenden  WieJerliall  in  Strasburger's  Schrift,  aus  welcher 
ich  freilicli,  ebenso  wie  ans  sonstigen  mir  gewordenen  Mittheiltingen, 
ersehen  musate,  Oass  die  Ansichten  Ilorincistcr'a,  auf  die  ich  mich 
berafen  hatte,  in  der  Botanik  keineswegs  darch  eine  allgemeina 
Anerkennung  fixirt  sind.  Zu  besseTem  Zusammenklänge  gaben  gleich- 
seitig noch  anderweitige  ^soologiacbe  Beobachtungen  Veranlassang. 
Einige  Zeit  nach  meinen  erwähnten  Pnbiicationen  halte  Blltschli') 
vorlänüge  Andeutungen  bekannt  gemacht  Ober  eine  von  ihm  bei  der 
Tbeilung  thicrischer  Zellen  in  der  Kernregion  derselben  gefnndene 
Blrnctnrcrschoinang,  welche  gflnzlich  Ähnlich  ist  derjenigen,  die  bei 
Pflanzen  kurz  zuvor  Tschisli ak off^)  als  Pronuclens  beschrieben 
hatte,  und  die  ungefähr  glcicbzeilig  Straaburger  in  vielen  Fällen 
beobachtet  und  zu  einem  Haupt  gegen  stände  der  Darstellong  in  se 
beeeichneten  Schrift  gemacht  hat.  Durch  diese  mehrfachen  BerOb- 
rangen  verschiedenaeitiger  Forschungen  sah  sich  Strasburger  ver- 
anlasst, nicht  blos  auf  die  bezüglichen  Ergebnisse  der  Zoologen  auf- 
merksame vergleichende  Blicke  zu  werfen,  soudern  sogar  selbst  ei 
Excars  auf  das  Gebiet  zoologischer  Beobachtung  zu  machen  Nament- 
lich hil  er  lintersnchungen  über  die  Fnrchnng  der  Eier  von  Phtd- 
lueia  mammillaris  angestellt,  und  seiner  Schrift  eine  Daratellung  der- 
selben einverleibt,  in  welcher  besonders  diejenigen  Vorgänge,  welche 
die  Kerne  betreffen,  wesentliob  conform  seinen  Ergebnissen  an  Pfi<a- 
zen  erscheinen. 

Wenn  man  nnn  die  Befunde  Strsabnrger's  Über  die  Furch miff 
von  r/iallusia  ftiammillann,  abgesehen  von  aller  Dentang,  wie  sie  als 
positive  Eracbeinnngcn  in  seinen  Abbildungen  sich  darbieten,  io 
Betracht  zieht,  ao  zeigt  sich  leicht,  dass  sie  sich  fast  vollständig 
mit  denjenigen  decken,  welche  ich  von  den  Eiern  der  Nematoden 
beschrieben  habe.  Die  Hauptdifferenzen  sind  die,  dass  schon  bei  der 
Bildung  des  ersten  Kerns  eine  strahlige  Anordnung  der  DotterkOgel- 
cben  sich  zeigt,  und  dass  der  Mittelatiel  des  Gebildes,  welches  ich 
karyolytische  Fignr  genannt  habe,  etwas  mehr  Spindel  förmig  aaa- 
sicht  und  eine  meridion&le  Längastreifung  zeigt,  Thatsachen,  von 
deren  Richtigkeit  ich  mich  in  diesem  Herbst  selbst  durch  Unter- 
suchung deaaelben  Objects  überzeugt  habe,  ohne  sie  mit  meineB 
frDher  ausgesprochenen  Ansichten  in  Widerspruch  zn  finden. 

'I  Ztadir.  f.  w.  Zool.  Bd.  XXV.  (18T5).    8  201-913  u.  S.  4:ii;-4tl 
«J  Bot.  Zeitg.  IS75.  No.  1-7. 


Dennoch  ist  Strasbnrger  auf  Ornnd  sowohl  dieser  wie  seiner 
pflanzlichen  Befunde  in  den  die  Kerne  betreffenden  Hauptfragen  zu 
gänzlich  den  meinigen  entgegengesetzten  Resultaten  gekommen,  und 
zwar  hauptsächlich  einerseits  in  Betreff  des  Processes  der  Neubil- 
dung der  Kerne,   andererseits  in  Betreff  der  Art  ihrer  Vermehrung« 
Ich  muss  nun  diesen  Angriffen  gegenfiber  auf  meinen  früheren 
Ansichten    beharren.      Diese    in    extenso  darzulegen  und  zu  recht- 
fertigen ist   indessen  hier  nicht  meine  Absicht,  um  so  weniger,   als 
meine  eigenen  Untersuchungen  sich  bisher  fast  nur  auf  zoologischem 
Gebiete  bewegt  haben.    Nur  in  so  weit  möchte  ich  meine  Ansichten 
hier  vertheidigen,   als  ich  eine  Reihe  triftiger  Gründe  für  dieselben 
aus  einem  genauen  Studium  der  Schrift  Strasburger' s  selbst  ent- 
nehmen zu  können  glaube,  und  werden  daher  die  folgenden  Bemer- 
kungen vorzugsweise  einen  kritischen  Charakter  tragen.    Diese  wer« 
den  aber  nicht  blos  die  eben  bezeichneten  Probleme,    sondern  noch 
eine   wichtige  Differenz    in    den    praeliminaren    Begriffen    berühren 
müssen.     Es  handelt  sich  dabei  um  nichts  Geringeres,    als  um  die 
Frage:    Was  ist  in  einem  gegebenen  Objecte    als   Zelle, 
was  als  Kern,    was  als  Nucleolus  anzusehen?    Man  wird 
zugeben,  dass  diese  Bezeichnungen  heute  nicht  mehr  in  einem  ganz 
allgemeinen,    blos    formalen  Sinne  gebraucht  werden   dürfen,    dass 
man  nicht  mehr,  wie  in  der  Kindheit  der  mikroskopischen  Anatomie, 
jedes  beliebige  Bläschen  als  eine  Zelle,  jeden  festen  Innenkörper  der- 
selben als  Kern  ansehen  und  gelegentlich  etwa,    wie  das  wohl  vor- 
gekommen ist,  sagen  darf,  ein  Amylumkom  oder  ein  ChlorophyUkom 
vertrete  die  Stelle  des  Zellkerns,    dass   vielmehr  jene   Worte  Aus- 
drücke sein  müssen  für  t3rpische  Substrate  und  Organe  des  Lebens, 
deren  jedes  hinsichtlich  seiner  Substanz,    Anlage   und  Bestimmung 
überall  ursprünglich  identisch  ist,    so  sehr  sich  auch  im  Laufe  wei- 
terer Entwickelungen  Metamorphosen  einstellen  mögen.    Da  indessen 
diese  Charakteristika  bisher  noch  sehr  ungenügend  erforscht  sind,  so 
beruht  die  Anwendung  jener  Begriffe  noch   in   gewissem  Grade  auf 
subjectiver  Anschauung,  und  ist  vorläufig  noch  keineswegs  in  ihrer 
Richtigkeit  so  gesichert,  wie  vielfach  angenommen  zu  werden  scheint. 
In  der  That  wird  sich  eben  so  wohl  aus  dem  hier  Vorzubringenden  erge- 
ben, wie  es  auch  aus  der  Betrachtung  anderer  einschlägiger  Arbeiten 
zu  entnehmen  sein  würde,  dass  in  der  Auffassung  und  dem  Gebrauch 
jener  Grundbegriffe  bedeutende  Incongruenzen  vorkommen.      Diese 
fallen  nun  nicht  gerade  dem  einzelnen  Forscher  zur  Last,    und  ich 
möchte  keineswegs  in  den  folgenden   Bemerkungen  dem  Autor  des 
besprochenen  Werkes  irgend  welche  Vorwürfe  piacben.    Wenn  ein 


6 

Kenner  nnd  Forscher  wie  Strasbnrger  in  den  bezeichneten  Punk- 
ten Fehler  gemacht  haben  sollte,  so  mass  ihn  der  gegenwärtige 
Stand  seiner  Wissenschaft  gewissermaassen  dazu  berechtigt  haben, 
und  wenn  ich  selbst  mit  meinen  Einwendungen  nicht  Recht  behalten 
sollte,  so  hoffe  ich  doch  wenigstens  discnssionsbedfirftige  Fragen 
berfihrt  nnd  damit  zu  einer  künftigen  Elärnng  and  Sicherstell nng  der 
Begriffe  beigetragen  zn  haben.     Die  Sache  ist  folgende. 


In  Betreff  einer  ursprünglichen  Nenbildang  von  Zellkernen,  wie 
sie  namentlich  im  Anfange  aller  embryonalen  Entwickelnngen  unzwei- 
felhaft vorkommt,  hatte  ich  behauptet:  Vor  der  Neubildung 
eines  Kerns  ist  das  Zellplasma  durchtränkt  von  einem 
eigenthfimlichen  Safte,  dem  Kernsafte.  Indem  dieser 
sich  an  einem  Punkte  zu  einem  Tropfen  ansammelt,  ist 
die  erste,  einfachste,  oft  lange  als  solche  bestehende 
Form  des  Kerns  gegeben.  Der  Kern  ist  also  bei  seiner 
Entstehung  eine  Art  Yacuole,  d.  h.  eine  tropfenförmige 
Ansammlung  einer  vom  eigentlichen  Protoplasma  ver- 
schiedenen, dickflüssigen,  hellen  und  homogenen  Sub- 
stanz in  einer  anfangs  wandungslosen,  d.  h.  nicht  dnrch 
eine  besondere  Schicht  eingeschlossenen  Höhle  des 
Protoplasma.  Nachträglieh  verdichtet  sich  eine  der 
Oberfläche  des  Tropfens  anliegende  Grenzschicht  des 
Protoplasma  zu  einer  besonderen  Wandung,  der  Kern- 
membran. Die  Kernhöhle  ist  also  das  Primäre  am  Kern, 
seine  Membran  ein  äusseres  Accidens.  Nachträglieh 
auch,  nnd  zwar  oft  noch  vor  der  Bildung  der  Membran, 
treten  im  Innern  der  Höhle  ein  oder  mehrere  Nucleoli 
auf,  sich  bildend,  wie  ich  an  Froscheiem  sehen  konnte,  durch 
allmähliche  Zusammenballung  feinster  Kügelchen.  Da 
die  Nucleoli  sich  in  ihrer  weiteren  Ehitwickelung  als  Protoplasma- 
körper erweisen,  so  nahm  ich  an,  diass  es  entweder  gleich  bei  der 
Aussonderung  des  Kerntropfens  in  diesen  mit  fortgerissene,  oder 
nachträglich  von  der  noch  weichen  Grenzschicht  abgelöste  Proto- 
plasma-Molecüle  seien,  welche  anfangs  in  dem  Kernsafte  zerstreut, 
später  zusammenrückend  die  Nucleoli  constituiren.  Noch  füge  ich 
um  des  Folgenden  willen  hinzu,  dass  die  Nucleoli  der  thierischen 
Zellen,  wenn  sie  grösser  heranwachsen  und  in  lebhaftere  Thätigkeit 
gerathen,  auch  die  Aehnlichkeit  mit  dem  Zellprotoplasma  zeigen, 
dass  sie  gern  Yaouolen  in  ihrer  Substanz  entwickeln. 


Zu  völlig  entgegengesetzten  Ansichten  nun  ist  Strasbnrger  ge- 
langt, so  dass  er  sich  schliesslich  zu  dem  Ausspruche  veranlasst  sieht: 
,,Oegen  die  ^Behauptung  Auerbachs,  dass  die  Zellkerne  Tropfen 
seien,  wendet  sich  unsere  ganze  Erfahrung.^  Nach  ihm  ist  viehnehr 
der  Zellkern  nach  seiner  Entstehung,  und  so  lange  er  Oberhaupt  eine 
Thätigkeit  in  der  Zelle  ausübt,  nur  ein  mehr  oder  weniger  scharf 
abgegliederter  Theil  des  Zellprotoplasma  selbst,  in  dessen  Innerem 
sich,  „wenn  der  Zellkern  £eine  Aufgabe  grösstentheils  vollbracht 
hat  und  zur  Ruhe  kommen  soU,^  Vacuolen  und  Nncleoli  differenziren 
können.  Er  sagt  daher:  „Auerbach  hat  die  in  den  Kernen  sich 
bildenden  Vacuolen  jedenfalls  fflr  die  Kerne  selbst  gehalten.^ 

Letztere  Unterstellung  nun  ist  j fingst  schon  von  0.  Hertwig^) 
auf  Orund  unbefangener  Wiederholungen  meiner  Beobachtungen  wie 
auch  auf  Orund  seiner  eigenen,  sehr  eindringlichen  Untersuchungen 
über  die  Befruchtung  und  Furchung  von  Seeigel -Eiern  entschieden 
zurückgewiesen  worden,  und  ist  überhaupt  auf  die  an  thierischen 
Eiern  zu  beobachtenden  Erscheinungen  so  wenig  anwendbar,  dass 
ich  in  dieser  Beziehung  nur  auf  meine  bezüglichen,  theils  schon 
vorliegenden,  theils  nächstens  zu  publicirenden  Arbeiten  zu  verweisen 
brauche. 

Auch  eine  andere  Meinung  Strasburger's,  nämlich,  dass  bei 
thierischen,  im  Besonderen  bei  Ascidien- Eiern  der  Kern  ein  abge- 
schnürtes und  in's  Innere  der  Zelle  gelangendes  Stück  der  Haut- 
schicht des  Protoplasma  sei,  ist  schon  von  Hertwig  als  nicht  genü- 
gend motivirt  bezeichnet  worden,  und  gehe  ich  darauf  hier  nicht 
näher  ein. 

Was  aber  die  Pflanzen  anbetrifft,  so  erscheinen  Strasbur- 
ger  die  Zellkerne,  wo  er  eine  Neubildung  derselben  beobachten 
konnte,  einfach  als  im  Innern  der  Zelle  auftretende^  anfangs  kugel- 
runde, dunklere,  also  verdichtete  Partieen  des  Protoplasma,  kaum 
scharf  abgegrenzt,  und  als  solche  sich  längere  Zeit  erhaltend.  Es 
wird  somit  diejenige  ältere,  viel  verbreitete  Vorstellung  von  Neuem 
vorgetragen,  welche  ich  in  meinen  Schriften  bekämpft  habe. 

Worauf  gründet  sich  aber  diese  Ansieht  Strasburger's?  Ich 
finde  in  seinem  Werke  nur  zwei  Beobachtungen,  welche  in  seinem 
Sinne  jene  Auffassung  klar  zu  demonstriren  scheinen,  nämlich  die 
gleich  im  Anfange  seiner  Schrift  niedergelegten  Untersuchungen  über 
die  ersten    Embryonal -Processe    im  befruchteten  Ei   von  Ephedra 


1)  Zur  Renntniss  der  Bildung,  Befruchtung  und  Theilung  des  thierischen 
Eies.    Morphol.  Jahrb.,  Bd.  I.,  1875.,  5.  347—434. 


altissima  und  vun  Phnseolua  multifiorua.  Sehen  wir  uds  also  die- 
selben  etwas  genauer  an. 

In  dem  „befruchteten  Embryoaack"  Ton  Phaaeolua  muätß.  etit8to> 
ben,  wie  Strasbnrger  annimmt,  nach  Aaflitanng  des  ursprüngUch«!! 
ZeUlterns  an  zerstreuten  Pnnkten  des  Bcbanmigen,  fein  kämm  er  igen 
Protoplasma  durch  fri^ie  Neubildung  eine  Anzahl  junger,  anfangs 
sehr  kle'mcr  EndoBperm- Zellen,  und  zwar  sofort  in  der  Oeatalt  kugel- 
runder BläBcben  mit  einem  hellen  Inh.ilte  nnd  mit  einem  pnnktfttr- 
migcn,  sehr  dunkeln  Kern  in  ibrem  Centrum,  bo  daas  ea  ofienbar 
ist,  daBB  Zelle  and  Kern  gleichzeitig  entstehen.  Diese  bl&scbenfür- 
migen  Zellen  wachsen  im  Ganzen  nnd  in  allen  ihren  einselneii 
Bestandtheilen  allmitlilicb  immer  mehr  heran,  nnd  je  mehr  sie  wacb> 
sen,  desto  roehr  erweist  sich  ihre  Wandung  als  eine  bautschlcht- 
ähnlicbe  Protoplasma -Membran,  desto  deutlicher  erkennt  man  im 
Innern  radiäre,  netzförmig  verbundene  Protopl  asm ast ränge,  welche 
Ton  der  Hautschicht  zum  Kerne  gehen.  Letzterer  erweist  sich 
mehr  und  mehr  als  ein  grosser,  dunkler  Protop  las  makörper,  welcher 
einige  Vacnolen  in  sich  entwickelt  und  später  seine  knglige  Form 
anfgiebt,  indem  er  durch  zipfelförmige  Fortsätze  in  die  radiftren 
Stränge  übergebt.  Weiterhin  werden  diese  Stränge,  theilweise  zer* 
reiaaend  uud  Terschmclzend,  an  die  Wandscbicbt  der  Zelle  beraogeio- 
gen  und  mit  ihnen  auch  der  Kern.  Durch  ihr  fortschreitendes  Wacha- 
thnm  nähern  sieb  diese  Zellen  einander  immer  mehr;  und  wenn  sie 
dadurch  beinahe  bis  zu  gegenseitiger  Berührung  gelangt  sind,  schei- 
den sie  an  ihrer  Oberflache  CcUulose  aus,  womit  das  erste  Bndosperm- 
Zellgewebe  hergestellt  ist.     So  Strasbnrger. 

Aber  sind  denn  die  Gebilde,  welche  er  als  Zellen  nnd  Zell- 
kerne schildert,  auch  mit  Recht  als  solche  anznseheni'  Auf  dieaa 
Frage  giebt  mir  die  Betrachtung  seiner  Abbildungen,  Fig.  5 
bis  16  seiner  Tafol  V,  eine  für  mich  unzweifelhafte  Antwort;  und 
zwar  mnsB  ich  auf  Grund  zahlreicher,  auf  thierischem  Gebiete  gewon- 
nener Anschanungen  bis  auf  bessere  Belehrung  jene  Frage  entschie- 
den mit  Nein  beantworten.  Von  meinem  Standpunkte  ans  mnsa  ich 
sagen:  Was  hier  Strasburger  fUr  Zellen  ausgiebt,  sind 
Kerne,  nnd  was  er  für  die  Kerne  jener  Zellen  hält,  sind 
die  Nucleoli  jener  Kerne.  In  demjenigen  Aussehen,  welches 
diese  Gebilde  gleich  nach  ihrer  Entstehung  darbieten,  nnd  welches 
in  den  Figuren  5 — 8  wiedergegeben  ist,  dürflen  sie  wohl  Jedem 
sofort  in  dem  von  mir  bezeichneten  Sinne  imponiren.  Auch  Straa- 
bnrger  selbst  hat  das  wohl  bemerkt;  denn  er  fühlt  sich  gedrungen, 
aasdrllcklich    zu    sagen:    „Dasa  aber  der   zarte   Kreis    niobi   etw« 


die  Peripherie  eines  kagligen  Kerns,  der  centrale  Pnnkt  nicht  etwa 
ein  Eemkörperchen  darstellt,  das  zeigen  die  folgenden  Zast&nde.^ 
Allein  gerade  diese  späteren  Zustände  machen  die  Charakteristik 
der  betreffenden  Gebilde  als  Kerne  mit  Nncleolis  nur  noch  yollstän- 
ständiger;  sie  entsprechen  dnrchans  denjenigen  Erscheinungen,  welche 
sehr  heranwachsende,  zu  bedeutendem  Volumen  gelangende  Zellkerne, 
wenigstens  in  thierischen  Organismen,  sehr  häufig  zeigen,  und  ich 
glaube  nicht,  dass  irgend  ein  erfahrener  Zoo-Histologe,  der  sich  das 
Aussehen  vergegenwärtigt,  welches  in  vielen  Fällen  die  Kerne  reifer 
thierischer  Eier,  welches  die  Kerne  vieler  Drüsenzellen  der  Insecten- 
larven,  welches  die  Kerne  mancher  Ganglienzellen  darbieten,  zOgem 
wird  mir  beizustimmen. 

Ffir's  Erste  sind  die  sogenannten  Kerne  Strasburger's  so 
charakteristische  Nucleoli  wie  nur  möglich.  Letztere  sind  zunächst  in 
kleinen  Zellkernen  immer  dunkle  solide  Kügelchen  im  Centrum  des 
hellen  Kemraumes,  wachsend  aber  machen  sie  genau  die  von  Stras- 
burger seinen  Kernen  zugeschriebenen  Metamorphosen  durch.  In 
allen  zu  bedeutender  Grösse  heranwachsenden  Kernen  thierischer 
Zellen  nämlich  stellen  sie  sich  genau  so  dar,  wie  jene  von  Stras- 
burger als  Kerne  angesehenen  Körper,  nämlich  als  relativ  dunkle, 
aus  einer  festweichen,  gleichsam  plastischen  Blasse  bestehende,  häufig 
unregelmässig  zipflig  geformte,  einige  Vacuolen  in  sich  entwickelnde 
Körper.  Und  während  die  Nucleoli  anfangs  immer  und  oft  lange 
Zeit  hindurch  als  dunkle  Körper  in  einem  hellen  Hohlräume  schwe- 
ben, zeigen  sich  nach  übereinstimmenden  Beobachtungen  alle  jungen, 
eben  entstandenen  Kerne  als  helle  Körper  in  dunklerer  protoplasma- 
tischer  Umgebung. 

Das  Gesammtgebilde  aber,  welches  Strasburger  als  Zelle 
bezeichnet,  kann  meines  Erachtens  gerade  deshalb  keine  Zelle  sein, 
weil  es  von  vom  herein  als  ein  Bläschen  sich  zu  erkennen  giebt. 
Ein  durch  freie  Neubildung  entstandener  Elementarorganismus  ist  ja 
sonst  nirgends  von  vom  herein  ein  Hohlbläschen,  sondern  anfangs 
immer  ein  einfacher  Protoplasmakörper.  Dieses  Hauptresultat  der 
neueren  Reform  der  Zellenlehre  dürfte  wohl  nicht  blos  fär  die 
thierischen  Organismen  gelten.  In  diesen  freilich  entwickeln  sich 
überhaupt  fast  nie  eigentliche  Zellhöhlen,  selbst  dann  nicht,  wenn 
eine  Zellmembran  an  der  Peripherie  des  Protoplasma  sich  differen- 
zirt  hat^).    Wenn  nun  hingegen  in  gereiften  Pflanzenzellen  die  Zell- 

1)  Gewisse,  namentlich  aus  rapiden  Zelltheilungen  hervorgegangene  junge 
Zellen  des  thierischen  Körpers  sind  allerdings,  formal  betrachtet,  oftmals 
wirkliche  Bläschen,  nämlich  dann,  wenn  der  bläschenförmige  Kern  relativ  sehr 


1^0 

bSitlc  eine  sehr  gewAhnliche  Erachcinnng  ist,  und  bei  der  Theilttng 
hanlig  &iicb  nicbt  verloren  geht,  gondern  in  die  Tocbtersellen  mit 
hinüber  genommen  wird,  so  igt  es  docb  wobl  Für  die  meisteD  F&lle 
der  eogenxnnten  freien  ZellbÜdnng  wesentlich  andere,  und  sind  z.  B. 
illc  auf  solcbein  Wege  in  eclaUtiter  Weise  entstehenden  ScbwAnnzellei 
oder  Zoosporen  der  Kryptogameu  nuckte,  durcb  und  durcli  protoplas- 
matiBcho  Körper,  welche  ertt  zur  Zeit  der  Keimnng  eine  Meinbrui 
anaetzen  nnd  nachträglich  durrh  versubmelzende  V&cuolen  im  Innern 
eine  Hitblong  entwickeln.  Wohl  aber  erweisen  aich  andererseits  alle 
Zellkerne  sebr  frilbEeitig  ala  dünnwandige  Bläschen  mit  einem  hclleii 
Inhalte.  Ich  kann  mich  hier,  wenn  ich  den  Vorwurf  einer  petitio 
prmcipii  vermeiden  will,  nicht  vorzugsweise  anf  meine  Ergebnisse 
berufen,  nach  welchen  eogar  in  dem  oben  angegebenen  Sinne  die 
Höhle  des  Kerna  das  PrimSre  an  ihm  ist.  Aber  ganz  abgesehen 
von  dieaem  Pnnkte  iat  doch  nach  vielseitigen  Obere  in  stimmenden 
Beobachtungen  Ober  die  ersten  Embryonal -Proceaae  in  tbieriachen 
Eiern  das  gewiss,  dasa  die  Zellkerne  sehr  kurze  Zeit  nach  ihr«r 
Entstehnng  als  eartwandige  Bl&schen  mit  einem  hellen  Inhalte  sieh 
erweisen'),  und  weiterhin  das,  dass  alle  Kerne  lebenakraftiger  Zellen 
Bolche  Btä sehen  sind. 

Nun  acheint  aber  vielleicht  der  AniTassnng  Straaburger'e  fäat 
andere  Tbataache  zu  Hilfe  zu  kommen,  nämlich  die  radiären,  znm 
Tbeil  netzfärmtgen  Stränge  einer  bl&ascn  weichen  Subatsnz,  welche 
von  der  Wand  der  in  Rede  atebenden  Bläacben  zu  ihrem  InnenkOrper 
hinziehen.  Strashurger  sieht  die  Substanz  dieser  Stränge  fUr 
Protoplasma  an,  nnd  es  läge  somit  hier  dasselbe  Verbältniss  vor, 
welches  ao  viele  pflanzliche  Zellen  auazcichnet,  nämlich  eine  slrang- 
oder  netzförmige  Ausbreitung  des  Protoplasma,  welche  die  Wnnd> 
BChicht  mit  dem  Kerne  in  Verbindung  setzt.  Wenn  nun  aber  nach 
diese  Aehn  lieh  keil  mehr  ala  eine  äuaserlichc  sein  sollte,  so  kann  sie 


grois  und  nur  fon  einer  schmalen  Protoplasmaacliicbt  umhailt  iat,  welche  d 
Zellenleib  darstellt.    Wesentlich  ist  aber  dabei,  das«  die  innere  Höhlaiig  aii 
eine   Zellbühle,    aondem   die   KcrohühlF,    d.  h.  nicht  eine  iwUchcn  der  Obc*^l 
fliehe  des  Kernes  und  der  Zell  per!  plierie  aich   au  gh  reite  [ide,    sondern   eine  ü 
Kemnume  gelegene   Höhle   ist,   und  dnss  ein  etwaiger  InneukSrpcr  in  ilTnoifB 
IlShiB  nichi  ein  Zellkern,    sondern  ein  NucImIuü  ist.    Dasa  dem  so  isi,    I 
sowohl  die  VorgeschiebM  wie  die  weitere  Entwicktluiig  solcher  Zellen. 

■  I  Einzelne .  scbeinhar  widersprechende  Beobarhlungen,  wir  diejenigm,! 
welchejQngst  Schwalbe  (Bern,  über  die  Eerac  der  Oanglicntcllen,  Jen.  ZUchr.f 
f.  Med.  u.  Naturw.  1S75  S  äö)  Aber  gewisse  Nervenzellen  der  Keüua  gcbcwe.1 
ner  KUber  verüfTeni licht  hat,  dOrflen  mit  der  Zeil  aidi  besser  einreihen,  dal 
es  xuniehst  scheinen  mag. 


11 

doch  keinesfalls  gegen  die  Deutung  der  fraglichen  Bläschen  als 
Kerne  entscheidend  sein.  Denn  mancherlei  unzweifelhafte  Zellkerne 
tbierischer  Organismen  bieten  genau  dieselben  Erscheinungen  dar, 
und  besonders  deutlich  solche,  welche,  wie  die  hier  besprochenen, 
zu  relativ  bedeutender  Grösse  gedeihen,  nur  dass  man  natflrlieh 
sagen  muss :  die  Stränge  gehen  von  der  Kemwandung  zum  Nucleolus. 
Hier  stehen  in  erster  Linie  die  Keimbläschen  mancher  thierischer 
Eier,  d.  h.  wie  ihre  Bildungsgeschichte  lehrt,  die  Kerne  der  Eizellen. 
Ich  verweise  in  dieser  Beziehung  beispielsweise  auf  die  Beschreibung 
und  die  Abbildungen,  welche  Flemming^)  von  dem  reifen  Keim- 
bläschen der  Anodonta,  femer  auf  diejenigen,  welche  0.  Hertwig^) 
flber  dasjenige  eines  Seeigels,  Toxopneuates  limdus,  geliefert  hat. 
Aber  auch  andere  Zellen  zeigen  Aehnliches,  wie  denn  z.  B«  neuer- 
dings  Schwalbe')  Entwickelungsstadien  gewisser  Nervenzellen 
beschreibt,  in  welchen  er  an  ihren  Kernen  ganz  Entsprechendes 
beobachtet  hat.  Ich  bin  freilich  fär  unsere  Fälle  nicht  der  Mei- 
nung, dass  die  erwähnten  Stränge  von  derselben  Substanz  sind, 
wie  Nucleolus  und  Kernmembran  und  mit  diesen  in  innigem  conti- 
nuirlichen  Znsammenhange  stehen,  so  dass  der  Kern  zeitweise 
oder,  wie  einige  Autoren  meinen,  immer  nur  eine  schwamm- 
förmig  durchbrochene  Protoplasma -Masse  wäre.  Vielmehr  habe  ich 
reichlich  Orfinde  anzunehmen,  dass  jene  Stränge  aus  einem  von  der 
Nucleolarsubstanz  verschiedenen  Stoffe  bestehen,  nämlich  demselben, 
welcher  sich  in  anderen  Kernen  in  Form  discreter  Kügelchen,  der 
von  mir  sogenannten  Zwischenkügelchen  zeigt.  Dies  ist  jedoch  eine 
Frage,  welche  hier  nicht  entschieden  zu  werden  braucht  und  sich 
am  Wenigsten  an  Alkohol  -  Präparaten  entscheiden  lässt,  wie  sie 
Strasburger  benfltzt  hat.  Jedenfalls  bieten  unzweifelhafte  Zell- 
kerne^ und  namentlich,  wenn  mit  Reagentien  behandelt,  oftmals  so 
genau  dieselben  Bilder,  wie  die  Bläschen  in  den  erwähnten  Figuren 
der  Taf.  V,  dass  daraus  eine  Homologie,  nicht  aber  eine  wesentliche 
Verschiedenheit  hervorgeht. 

Ich  frage  aber  weiter:  Wenn  die  Wandung  eines  jeden  dieser 
Bläschen  die  Hautschicht  einer  Zelle  wäre,  wie  Hesse  sich  dann  die 
weitere  Entwickelung  zur  Herstellung  des  Endosperm-Oewebes  erklä- 
r^i?  Um  jene  Membranen  herum  liegt  ja  noch  überall  das  Proto- 
plasma der  Mntterzelle,  und  wenn  sich  auch  die  Bläschen  durch  ihre 


1)    Entwickelung   der   Najaden,    Sitz. -Ber.    der    Wiener    Akad.    d.    W. 
Bd.  LXXL,  Taf.  1.,  Fig.  17  und  18. 
«)  I.  c.  Tafel  X.,  Fig.  1. 
»)  I.  c. 


12 

VergrclBseruDg  aetir  eiiiaiider  Dttliern,  so  gescliiclit  dies  doch  t 
big  tur  Berührung',  es  bleibt  immer  noch  zw'ischeQ  iliaen  protoplas- 
matiache  OrDndsubEtanz  fibrig,  und  in  der  Milte  der  letzterea  scheidet 
§ich  Hchliesslich  die  Cellnlose-Schicbt  aas.  Man  mllaale  aho  anneh* 
nien,  dass  sich  hier  noch  Protoplasma  von  anasen  an  die  HautBCbicfai 
anlegt,  und  dasa  die  Cellulose- Membran  in  einer  gewissen  EDtfer* 
nang  von  der  Hautaclicht  entsteht.  Daa  dürfte  banm  mit  allem 
Bonst  Bekannten  und  auch  nicht  mit  den  von  Strasburger  aelbat 
Ober  die  Uantschicht  entwickelten  Vorstellungen  in  Einklang 
bringen  sein. 

Nach  alle  dem  mnss  ich  also   diese  Zellen  Strasbu rger's    fOr 
Kerne  and  ihre  Innenkörper  für  Nncleoli  halten. 

Wenn  man  aber  eine  solche  Umdeutnng  pflanzlicher  Beobachtno- 
gen  von  Seiten  eines  Nicht-Botanikers  für  alUn  kühn  eranhten 
sollte,  80  bin  ich  in  diesem  Falle  in  der  glücklichen  Lage,  auf  phy- 
tologiscfaer  Seite,  wenigstens  fnr  die  ersten  der  hier  besprochenen 
Stadien,  einen  Genossen  meiner  Auffassungen  vorzufinden,  ond 
zwar  in  keinem  Geringeren  als  in  Hofmeiater,  welcher  denselben 
Gegenstand  untersnrbt  hat  und  zu  folgendem  Resultate  gelangt  tat: 
„In  dem  Protoplasma  des  Embryosacks  treten  freie  Zellkerne 
Aosahl  auf.  Bv\  ihrem  ersten  Sichtbarwerden  eind  die  Kerne  der 
Endospermzelk'n  bläechenäbnlicbe  Gebilde,  ohne  feste  Bildungea  im 
Innern.  Ihre  Orässe  UbertrifFl  erheblich  diejenige  der  später  in  ihnen 
entstehenden  Kernkürpcrebon.  Dm  jeden  Zellkern  hsuft  sich 
Ballen  dichteren  Prutoplaama's,  dessen  Peripherie  die  Best^^hafTenbeit 
einer  Hautachicht  besitzt,  und  der  so  eine  Priinordialzelle  darstellt.** 
(Lehre  V.  d.  Pfl.-Z.  S.  116.1  Diese  ältere  Auffassung  Hofmeister's 
halte  ich  nun  gegenüber  derjenigen  Strasbnrger's  entschieden  ttt 
die  richtigere.  Sie  stimmt  ganz  zu  dem,  was  ich  bei  der  Kemnea- 
bildnng  im  thierise.hen  und  zwar  im  lebendigen  Protoplasma  mub 
Theil  unter  meinen  Augen  geschehen  sah. 

Hieran  ist  noch  eine  andere  Bemerkung  «nEUknIlpfen.  Strsi- 
bnrger  kommt  zu  dem  Scbluaae,  dass  Zelle  und  Kern  gleichzeitig 
entstehen.  Das  würde  nun  jetzt  so  nmznüeuten  sein,  dass  der  Kern 
vom  ersten  Anfange  an  einen  Nneleoins  zeigt.  Allein  auch  i 
könnte  ich  nicht  für  erwiesen  betrachten,  am  Wenigsten  als  allge- 
meines Gesetz  gellen  lassen.  Nach  meinen  Erfahrungen  auf  aoolo- 
gischcm  Gebiete  sind  eben  neugebildete  Kerne  anfangs  immer  enn- 
cleolar,  d.  h.  sie  zeigen  kein  Kcrnkörperchen,  und  dieses  bildet  sieb 
erst  nachträglich  in  ihnen.  Dass  aber  lint  N.tmliche  auch  bei  Päan- 
tm  wieder  zu  finden  sein  darflc,  dafUr  bietet  die  oben  citirt«  Beob« 


J 


achtung  Hofmeisters  einen  Anhalt  Es  wird  die  Annahme  erlaubt 
sein,  dass  diejenigen  Bilder,  welche  Strasbnrger  als  die  frflhesten 
gefanden  und  in  seinen  Figuren  5  nnd  6  der  Tafel  V  dargestellt 
hat,  nicht  wirklich  den  jüngsten  Zuständen,  wenigstens  im  lebendigen 
Zustande  des  Objects  entsprechen,  sei  es,  dass  er  das  jflngste  Sta- 
dium Oberhaupt  nicht  getroffen  hat,  oder  dass  der  von  ihm  ange- 
wandte Alkohol  diejenigen  Niederschläge  oder  Verdichtungen  kftnst- 
Hch  beschleunigt  hat,  welche  im  lebendigen  Zustande  langsamer  zur 
Herstellung  eines  Nucleolus  und  einer  Kemmembran  ftlhren. 

Danach  aber  wfirde  sich  die  wirkliche   Entwickelung  des    Endo- 
sperm  -  Gewebes   von  Phaseolua  folgendermassen  gestalten:   Jn  dem 
schaumigen  Protoplasma  der  Mutterzelle  entstehen    an    zerstreuten 
Punkten   durch  freie  Neubildung  Zellkerne.      Diese  haben  anfangs 
das  Ansehen   einfacher  Vacuolen.     Nach   Kurzem    aber  coneentrirt 
sich    in    ihrem    Mittelpunkte   ein  Nucleolus,    während    zugleich    die 
Grenzschicht  des  Protoplasma  zu  einer  Kemmembran  sich  verdichtet. 
Die  jetzt  bläschenförmigen  Kerne  wachsen  dann  allmählich  zu  sehr 
bedeutender  Grösse  heran,  ahf  Kosten  des  umgebenden  Protoplasma, 
welches  so  als  eine  immer  weniger  voluminöse  und  wegen  flberwie^ 
gender  Abgabe  von  Flfissigkeit  an  die  Kerne  als  eine  mehr  und 
mehr  verdichtete  Zwischensubstanz  der  Kerne    erseheint.      Wegen 
letzteren  Umstandes  erfahren   die  kugligen  Bläschen  an  denjenigen 
Punkten,    wo  sie  einander  am  nächsten  kommen,    einen  grösseren 
Widerstand  und  wachsen  deshalb  von  einem  gewissen  Zeitpunkte  an 
nicht  mehr  gleichmässig  nach  allen  Seiten,    sondern  stärker  in  die 
massigeren  Partieen  der  Grundsubstanz  hinein,  d.  h.  sie  werden  mehr 
polyedrisch  mit  abgerundeten  Kanten  und  Eksken.      Hierdurch  wird 
die  protoplasmatische  Grundsubstanz  auf  plattenförmige,    winklig  an 
einander  stossende  Reste  reducirt  (Strasb.  Fig.  16).    In  der  Mittel- 
ebene jeder  solchen  Platte  wird  eine  Celluloseschicht  ausgeschieden. 
Indem  diese  Cellulose- Wände  natürlich  winklig  an  einander  stossen, 
formiren  sie  ein  vollendetes  Zellgewebe,  grenzen  um  jeden  der  colos- 
salen    Kerne  einen  schmalen   Protoplasma- Mantel  als  Zellenleib   ab 
und  individualisiren  so  den  lebendigen  Inhalt  einer  jeden  der  Kam- 
mern zu  einem  Elementarorganismus.    Diese  Zellen  haben  zwar  eine 
jede  im  Innern  eine  grosse  Höhle,  aber  letztere  ist  nicht  eine  Zell- 
höhle,   sondern  die  Kern -Höhle.     Wenn  eine  Zellhöhle  sich  später 
bilden  sollte,  so  kann  sie  nur  dadurch  entstehen,  dass  der  Kern,  sei 
es  durch  zurfickbleibendes  Wachsthum   relativ  oder  vielleicht  auch 
absolut  wieder  kleiner  wird,  während  das  ihn  umgebende  Protoplasma 
von  verschmelzenden  Vacuolen  durchbrochen'  wird.     Einen  solchen 


14 

ZuBtaad  »teilt   die   Figur   17   dar.     iDdessen   sind   das   wohl   dnrok' 
Tlieilun^  aus  denen  der  Fig.  16  eutHtandene  TocIiterzelUu;  denn  aifj 
erscheioen   bei  derselben  Vergrössernng  viel  kleiner.     Jedenfalls 
ihr  ßau  so  sehr  von  jenen  verschieden,    dsss  sie  nicht  unmiUelbai^l 
Bondtirn   nnr  durch   eine  ßeihe  voo  Z wischen stafen  aus  ihnen  al 
leitet  werden  können. 

Wenn  ich  aber  in  Voraus tehendem  Strssbnrgcr  eine  Verwedi- 
selang  von  Nucleolis  mit  Zellkernen  KUgemuthel  habe,  so  will  ich 
doch  nicht  verfehlen  hiozuzufUgen,  dass  ganz  ähnliche  SchwankongCB 
des  Ürtheils  in  entsprechenden  Füllen  öfterä,  sowohl  auf  phyto-  wie 
auf  EODlogischem  Gebiete  vorkommen.  Üass  die  Klärung  Ober  dieae 
Dinge  eben  noch  nicht  vollendet  ist,  mag  noch  aue  dem  folgende« 
Beispiele  hervorgehen. 

Vor  mehr  als  zwanzig  Jahren  hatte  ich  in  einer  Untersnchasf 
über  Amoeben  ')  nachgewiesen,  dass  in  vielen  Species  dieser  Protist«« 
jedes  Individuum  einen  Kern  besitzt,  welcher  einem  voll  entwickeltoi, 
Zellkerne  gänzlich  ähnlich  und  homolog  ist.  Ich  hatte  dabei  besofl» 
dera  daraaf  aufmerkaam  gemacht,  dass  der  kuglige,  dunkle,  solide^ 
oder  höcbetena  mit  einer  oder  ein  Paar  inneren  Vacuolen  anag^ 
stattete  Körper,  welcher  bei  der  Auffindung  der  Kerne  zuerst  in  dia 
Augen  fallt,  oiclit  der  Kern  selbst  ist,  sondern  der  Nacleolus,  dui 
dieser  letztere  immer  in  einem  Bläschen  mit  Ubrigena  bellem  latuül^, 
dem  wirklichen  Kerne,  eingescbloBBcn  ist,  und  dass  je  nach  der  rela- 
tiven (Jrflsse  deB  Nucleolus  der  lichte  Zwischenraum  zwischen  dieses 
und  der  liliscbeuwandung  schmal  oder  auch  sebr  breit  erscheÜMi 
kann.  Es  war  mir  gelungen,  diese  bläschcnforraigco  Kerne  nil 
ihrem  Nucleolua  in  vielen  Fallen  aufs  Kkrsle  zur  Anschauung  ■• 
bringen,  ja  sogar  in  einzelnen  Fällen  sie  durch  Austreiben  ui 
dem  Amoebenkörper  zu  isoliren  und  in  abgestorbeneu  Exempl«r« 
sie  auf  ualUrlicbem  Wege  isolirt  zu  Süden,  so  daäs  die  volLsUUh 
dige  Gleichheit  mit  voilentwickelten  Zellkerncu  in  meinen  Prip*- 
raten  nnd  Abbildungen  klar  zu  Tage  lag.  Seitdem  ist  nun,  gegw- 
tiber  einaelnen  sehr  heftigen  Anfechtungen  jener  Ideutificirung*] 
im  Allgemeinen  zwar  angenommen,  dass  die  eigentlichen  Amoe- 
hen  «inen  Kern  besitzen,  welcher  einem  Zellkern  homolog  ist; 
indessen  ist  doch  die  besondere  Charakterisirung  und  Uoteraohei- 
duog,  welche  ich  eben  erwähnt  habe,  kaum  beachtet  und  uoch 
weniger  ausdrücklich  anerkannt  worden.  Noch  in  jüngster  Zeil 
glaubte  ein   in  Kliizupoden  •  Studien    besonders   erfahrener  Foracber, 

■)  Auerbach:  Ucbcrd.EiiizclJlgki;itd.Amocl)C[i.Ztacbr.f.wlss.Zaul.Qd.Vll. 

*j  I.  B.  seitens  Claparide  und  Laclimatm.    El  s.  lea  InfuMire«.  6  4ä9. 


15 

F.  £•  Schulze^),  bei  einer  Untersachimg  Aber  eine  neue  Amoeben- 
Gattang,  Mastigamoeba  aspera,  in  Angelegenheit  des  Kerns  sich  die 
Frage  vorlegen  zu  mfissen^  ob  der  dunkle,  in  einem  helleren  Hof- 
ranme  gelegene  protoplasmatische  Innenkörper  als  Kern  oder  als 
NocleoloB  zu  betrachten  sei.  Er  neigt  allerdings  zu  letzterer  Ansicht 
und  bezeichnet  in  nächst  verwandten  Gattungen  denselben  'Körper 
immer  ohne  Weiteres  als  Nncleolos,  das  Gesammtgebilde  aber  mit 
Einscblüss  des  bellen  Hofes  als  Kern.  So  wird  in  dieser  Angelegen- 
heit diejenige  Ansicht,  welche  ich  schon  vor  langer  Zeit  klar  bewie- 
sen zn  haben  meinte,  wenn  auch  nach  einigem  Zögern,  allmählich 
mehr  und  mehr  anerkannt,  und  auch  in  anderen  Fällen  wird  sich 
die  richtige  Unterscheidung  zwischen  Nucleolus  und  Kern  noch 
durchzuarbeiten  haben.  Uebrigens  habe  ich  die  Freude,  in  den 
erwähnten  Beobachtungen  Schulzens  noch  für  einen  anderen  Theil 
meiner  von  Strasburg  er  angegriffenen  Ansichten  Bestätigung  anzu- 
treffen. In  diesen  sehr  niedrig  stehenden  Amoeben  •  Gattungen  sind 
nämlich  nach  Schulzens  Darstellung  die  hellen  Kernränme  nicht 
von  besonderen  Membranen  eingefasst,  stellen  also,  wenigstens  zeit- 
weise, nur  vacuolenähnliche  Räume  im  Protoplasma  dar,  eine  Unter- 
stützung far  meine  bezfiglichen  Annahmen,  wie  ich  sie  nicht  besser 
wünschen  kann.  — 

Indem  ich  nun  zu  der  zweiten  hier  in  Frage  kommenden 
Untersuchung  übergehe,  nämlich  derjenigen  über  die  erste  Zell- 
bildung im  befruchteten  Ei  von  Ephedra  cUtüsima,  so  muss  ich 
gestehen,  dass  ich  mich  dieser  gegenüber  nicht  ganz  so  im  Klaren 
befinde,  wie  bei  der  erst  besprochenen.  Die  von  Strasbur- 
ger hier  gelieferten  Bilder  bieten  zwar,  namentlich  in  den  mitt- 
leren Stadien,  sehr  viel  Aehnlichkeit  mit  denjenigen  von  F/uwedtts^ 
so  dass  man  vielleicht  mit  Becht  geneigt  sein  kann,  sie  ganz  eben 
80  zu  beurtheilen,  wie  dort,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  bei 
Ephedra  nicht  das  ganze  Mutter-Plasma  in  der  Bildung  der  jungen 
Zellen  morphologisch  aufgehen,  sondern  zum  Theil  als  eine  Inter- 
cellularsubstanz  zurückbleiben  würde,  welche  erst  nachträglich  all- 
mählich schwinden  müsste.  Dennoch  wage  ich  es  nicht,  auf  diesen 
Fall  ohne  Weiteres  dieselbe  Deutung  anzuwenden,  die  ich  für  den 
vorigen  vertheidigte.  Erstens  nämlich  sind  die  über  Ephedra  vor- 
liegenden Abbildungen  nicht  ganz  so  klar  wie  diejenigen  über 
Phaseolus,  ein  Umstand,  der  vermuthlich  nur  durch  eine  etwas  ver- 
schiedenartige Einwirkung  des  Alkohols  auf  die    beiderlei  Objecto 


1)  Arch.  f.  mikr.  Anat  Bd.  XI.,  S.  583  (1875). 


bedingt  ist.  Zweitens  &ber  bietet  d&a  Verhalten  in  den  späteren  Stadian, 
wie  fia  im  Texte  geecbilderl  wird,  eine  Schwierigkeit.  Danach  n&m[icli 
bildet  sieb  unmittelbar  an  der  Grenze  der  noch  kngligen  und  noch  weit 
von  einaüder  abstehenden  Blasen  je  eine  Cellnloeehaut.  Wenn  nan  dien 
Bläschen  Kerne  sein  sollten,  ao  wäre  die  Hilfaannahme  nöthig,  • 
trotz  des  anderen  Anscheines  dennoch  eine,  wenn  auch  sehr  schmale 
Protoplasma -Schiebt  zwischen  der  Cellalosehaut  and  der  Oberflftcb« 
des  Kernraumea  eingeschlossen  wird,  welche  nachträglich  dnr^ 
Stoffanfnabmo  von  ausacn  in  die  Dicke  wächst,  eine  Annahme,  welch« 
mir  um  so  mehr  zulässig  erscheint,  als  nach  meiner  Ansicht  die 
Kernmembran  selbst  überall  nur  eine  mehr  oder  weniger  differenstrU 
und  nach  aussen  hin  zuweilen  gar  nicht  scharf  abgeschiedene  Oren»- 
ecbicht  des  Protoplasma  ist.  Indessen  mag  das  dabingestollt  bleiben, 
and  will  ich  mich  für  eine  Weile  in  so  weit  der  Auffassung  Str; 
bnrgers  anschliesscn,  dasa  ich  dasjenige,  was  er  an  diesen  Objeotes 
für  Zellen  und  was  er  für  die  Kerne  dieser  Zellen  hält,  eben  M 
ansehe.  Anch  dann  aber  kann  ich  seine  Scblnssfolgerung  in  Betreff 
des  Processea  der  Eernbildung  nicht  anerkennen,  sondern  muas 
seinen  Figuren  eine  andere  Vorstellnog  ableiten.  Er  hält 
in  seiner  Fig.  T  hervortretenden  dunklen  runden  Flecke  fUr 
Anlagen  der  Kerne,  welche  nachträglich  sich  ausböblcn,  Allein 
wenn  ich  mir  diese  Fig.  T  genau  ansehe,  so  finde  ich,  dasa  in  jeder 
dieser  dunkeln  Kugeln  Im  Centram  schon  ein  aohr  kleines  BUacbN 
etcckt,  welches  sogar  von  einem  besonderen  Grenz- Schatten  eingeüaMt 
ist,  und  wenn  ich  dann  die  Fig.  8  betrachte  und  nachsehe,  wm  !■ 
dieser  letzteren  von  dem  Autor  als  Kern  bezeichnet  wird,  iO 
zeigt  sich,  daas  dieser  Kern  nicht  dem  dunklen  Fleck  der  Fig^.  7 
sondern  dem  kleinen  centralen  Bläschen  in  diesem  Fleck  cnl«prjcht, 
daas  auch  in  Fig.  8  der  bläschenförmige  Kern  von  einem  brcitei 
schattigen  Uofe  nmgeben  isl,  dasa  aleo  in  der  Zwischenzeit  niehtl 
geschehen  ist,  als  ein  ziemlich  gleichmäsaigea  Wacbsthum  «Dar 
Bestandtheile  der  fraglichen  Gebilde.  Strashurger  bat  allerdlngl 
für  die  dunklen  Höfe  nm  die  Korne  seiner  Fig.  8  eine  ander« 
Erklärung  in  Bereitschaft.  Er  sagt:  „Inzwischen  ist  die  helle  Zone 
um  die  Kernanlage  immer  mehr  gewachsen,  und  es  Usst  sich  meii 
in  derselben  eine  Sonderung  verfolgen,  so  zwar,  dasa  diese  Zone  na 
die  Kcrnaulage  dichter,  in  gewisser  Entfernung  weniger  dicht  wird.' 
Das  erscheint  mir  als  eine  willkürliche  nnd  unnOthigc  HilfshjrpotheMk 
Da  die  Entwickeluug  nicht  direct  und  continnirlich  verfolgt  werden 
konnte,  sondern  nur  getrennte  'Stadien  in  Alkohol-Präparaten  nnter- 
aucht   wurden,    so    sind    wir   auf  eine    unbefangene  Und   mOglielHt 


i 


17 

einfache  Vergleichnng  seiner  Präparate  angewiesen.  Eine  solche  nun 
lässt  das  Bild  der  Figur  8  als  eine  einfache  Wachsthumsvergrdsse- 
mng  derjenigen  Verhältnisse  erscheinen,  welche  schon  in  Fig.  7 
enthalten  sind«  Danach  aber  sind  die  Kerne  des  frühen  Stadiums 
der  Fig.  7  schon  Hohlgebilde,  und  was  die  Hauptsache  ist,  die 
dunklen  Kugeln,  welche  Strasburger  für  die  Anlage  der 
Kerne  hält,  werden  bei  der  Bildung  der  Kerne  nicht 
aufgebraucht,  sie  stellen  vielmehr  den  protoplasmatischen  Mutter- 
boden dar,  in  dessen  Innerem  ein  kleiner  Kern  von  vom  herein  als 
ein  Hohlgebilde  differenzirt  wird;  und  es  ist  kein  Grund  vorhanden, 
zu  vermuthen,  dass  dies  in  anderer  Weise  geschehe,  als  in  solchen 
günstigeren  Fällen,  wo  der  Process  direct  zu  beobachten  ist  Eis 
würde  also,  falls  die  eben  entwickelte  Auffassung  der  Sache  ange- 
messen wäre.  Strasburger  bei  Ephedra  in  entgegengesetzter 
Richtung  von  der  wahren  Deutung  abgewichen  sein,  als  bei  Pha- 
aeolus.  Während  er  bei  letzterem  partem  .pro  Mo,  nämlich  den 
Nncleolus  fftr  den  Kern  und  den  Kern  fttr  eine  Zelle  nahm,  würde 
er  bei  Blphedra  als  Kern  angesehen  haben,  was  mehr  als  dieser  ist, 
nämlich  einen  Protoplasmabezirk  mit  einem  in  dessen  Innerem  ent- 
stehenden Kerne. 

Ich  muss  indessen  nochmals  betonen,  dass  ich  auf  die  zuletzt 
dargelegte  Deutung  für  diesen  speciellen  Fall  nicht  in  positivem 
Sinne  Werth  lege.  Ich  habe  sie  hauptsächlich  vorgebracht,  um  damit 
im  Allgemeinen  auf  einen  Fehler  hinzuweisen,  welcher  bei  solchen 
Untersuchungen  leicht  begangen  werden  kann.  Bin  sich  neubildender 
Kern  differenzirt  sich  ja  immer  aus  dem  Protoplasma.  Zuweilen 
nun  ist  die  Stelle  seiner  Entstehung  durch  nichts  von  dem  übrigen 
Protoplasma  der  Zelle  zu  unterscheiden.  Wenn  aber  der  grössere 
Theil  des  Zellplasma  entweder  sehr  schaumig  oder  sehr  körnig,  oder 
durch  innere  Structuren  für  spezielle  Zwecke  differenzirt  ist,  so 
kommt  es  vor,  dass  an  der  Stelle,  wo  der  Kern  entstehen  soll,  vor- 
her eine  entweder  verdichtete  oder  vergleichsweise  homogene  Quan- 
tität Protoplasma's  angesammelt  ist,  welche  sich  von  der  Umgebung 
auffällig  abhebt,  und  dasselbe  ist  der  Fall,  wenn  der  Kemnenbildung 
unmittelbar  eine  Karyolyse  vorangegangen  ist.  In  solchen  Fällen 
kann  dieses  besonders  hervortretende  Protoplasma,  welches  gleich- 
sam die  Matrix  fQr  den  zu  bildenden  Kern  ist,  sehr  leicht  fär  diesen 
selbst  genommen  werden.  Das  ist  in  der  That  hüben  wie  drüben 
mehrfach  geschehen,  und  ich  werde  denselben  Kampf,  wie  hier,  auch 
auf  zoologischem  Gebiete  noch  weiter  auszufechten  haben. 

Jedenfalls  dürften  die  obigen  Erörterungen  gezeigt  haben,    dass 

Cohn,  Beitrage  cor  Biologie  der  Pflansen.    BandlLHeftl.  2 


18 

die  Pfeiler,  auf  welche  Strasburger  seine  Ansicht  von  der  Nem- 
bildnng  der  Zellkerne  gestützt  hat,  nicht  so  fest  gefflgt  sind,  wie 
er  wohl  glanbte,  indem  er  im  Schlnssworte  seiner  Schrift  sagte: 
„Oegen  die  Behauptung  Auerbachs,  dass  die  Zellkerne  Tropfen 
seien,  wendet  sich  unsere  ganze  Erfahrung,^'  und  in  diesem  Geftlhle 
der  Sicherheit  annehmen  zu  dürfen  glaubte,  ich  hätte  „in  den  Kernen 
sich  bildende  Vacuolen  jedenfalls  für  die  Kerne  selbst  gehalten.'' 
Seine  Erfahrungen  lassen  eben  andere  Auffassungen  zu,  welche  idi 
hier  der  Prüfung  der  Botaniker  vorzulegen  mir  erlaubt  habe. 

Wenn  sich  übrigens  an  die  eben  erwähnten  Sätze  noch  eine 
andere  Kritik  meiner  Ansicht  anschliesst,  mit  den  Worten:  ^Wir 
haben  die  Gestalt  der  Kerne  als  den  Ausdruck  in  ihrem  Innen 
wirkender  Kräfte  kennen  gelernt.  Sind  doch  die  Zellkerne  nicht 
einmal  stets  kugelrund,  vielmehr  zeigen  sie  oft  andere  Oeatalten, 
die  dann  meist  in  Beziehung  zu  der  Gestalt  ihrer  Zelle  stehen.  Anf 
Oberflächenspannung  also  kann  ihre  Form  nicht  beruhen,  aonst 
müssten  sie  ja  immer  kugelrund  sein,^  so  wird  dagegen  wohl  die 
Bemerkung  genügen,  dass  auch  in  jedem  Flüssigkeitstropfen  uinere 
Kräfte  wirken,  nämlich  seine  innere  Cohfision,  dass  gleichwohl  jeder 
Tropfen  unter  der  Einwirkung  äusserer  Kräfte,  wie  der  Schwere 
oder  des  ungleichen  Widerstandes  umgebender  Körper,  in  mannig- 
facher Weise  von  der  Kugelgestalt  abweichen  kann,  und  dass  ans 
dem  letzteren  Grunde  in  der  That  die  Vacuolen  im  Protoplasma  sehr 
häufig  nicht  kugelförmig,  sondern  auch  abgeplattet,  eiförmig,  spindel- 
förmig oder  selbst  etwas  polyedrisch  gestaltet  erscheinen. 

Strasburger  hat  indessen  für  seine  und  gegen  meine  Ansichtea 
noch  andere  Gründe,  welche  er  an  der  eben  erwähnten  Stelle  in 
die  Worte  zusammenfasst:  „Auch  könnten  die  Structurverh&ltniste 
und  die  complicirten  Vorgänge,  die  wir  an  den  in  Theilung  begriüe- 
nen  Kernen  beobachtet,  unmöglich  in  einer  Flüssigkeit  auftreten.^ 
Hiermit  sind  diejenigen  auch  von  Tschistiakoff  und  Bütschli 
beobachteten  Erscheinungen  gemeint,  auf  welche  ich  Eingang« 
dieser  Blätter  hindeutete.  Dass  nun  diese  Erscheinungen  in  einer 
Flüssigkeit  auftreten  könnten,  muss  ich  selbst  für  unwahrscheinlich 
halten.  Indessen  wird  es  sich  andererseits  noch  fragen,  ob  denn 
das  Object,  an  dem  sie  vorkommen,  auch  wirklich  einfach  der  Zell- 
kern ist  Die  Antwort  auf  diese  Frage  fällt  in  den  zweiten  Theil 
meiner  Entgegnungen  und  wird  in  dem  Folgenden  enthalten  sein. 


19 

Ich  mnsa  nämlich  jetst  zn  den  Erscheinungen  hei  der  Zelltheilung 
übergehen. 

Bei  jeder  Zelltheilang  verdoppelt  sich  bekanntlich  anch  der  Zell- 
kern, nnd  es  fragt  sich,  anf  welche  Weise  dies  geschieht.  In  dieser 
Beziehung  habe  ich  im  zweiten  Theil  meiner  Org.  Studien  zunächst 
eine  besondere  Art  der  Kemvermehrung  beschrieben,  welche  meiner 
Auffassung  nach  im  Wesentlichen  auf  denselben  Vorgang  hinausläuft, 
den  zuerst,  und  zwar  vor  langer  Zeit,  Reichert  in  einer  Beobach- 
tung über  Eifurchung  angenommen  hatte,  ohne  damit  Anklang  zu 
finden,  und  welchen  dann  Hofmeister  für  pflanzliche  Zellen  begrün- 
dete, nämlich  auf  eine  Auflösung  des  alten  Kerns  und  Neu- 
bildungjunger Kerne,  ein  Process,  welcher  indessen  nach  meinen 
Ermittelungen  unter  sehr  eigenthfimlichen,  sowohl  an  sich  merkwür- 
digen, wie  auch  meines  Erachtens  über  die  Hauptfragen  einige 
Aufschlüsse  liefernden  Erscheinungen  verläuft.  Wegen  des  Genaueren 
muss  ich  auf  meine  genannte  Schrift')  und  demnächst  zu  publici- 
rende  weitere  Mittheilungen  verweisen.  Hier  seien  nur  in  Kürze 
folgende  Hauptpunkte  meiner  Ergebnisse  hervorgehoben,  welche  in 
Folgendem  bestehen.  Bei  Beginn  des  Processes  geht  zunächst 
die  Kernmembran,  wenn  eine  solche  überhaupt  vorhan- 
den war,  durch  Erweichung  und  Bückbildung  in  gewöhn- 
liches Protoplasma  verloren,  und  zugleich  lösen  sich  im 
Innern  dieNucleoli  auf,  so  dass  dann  der  Kern  nur  durch 
eine  mit  einem  hellen  Safte  erfüllte  Höhle  des  Proto- 
plasma dargestellt  ist.  Durch  Contractionen  des  letz- 
teren wird  die  Höhle  spindelförmig.  An  den  Spitzen 
dieser  Spindel  beginnt  dann  der  Kernsaft  in  die  Umge- 
bung zu  diffundiren  und  zwar  in  der  Art,  dass  er  in 
schmalen,  divergirenden  Bahnen  intermoieculär  in  das 
Protoplasma  eindringt,  alle  Körnchen  des  letzteren  auf 
seinen  Bahnen  verdrängend,  welche  hierdurch  als  helle 
Strahlen  hervorleuchten  und  übrigens  an  ihrer  Basis  zu 
einem  rundlichen  hellen  Felde  verschmelzen.  In  der 
Mittelgegend  des  Kerns  geschieht  die  Vermischung  des 
Kernsafts  mit  dem  Zellplasma  vorzugsweise  in  der  Art, 
dass  das  letztere  von  allen  Seiten  unter  Aufsaugung 
des  Kernsafts,  gleichsam  quellend,  in  die  Kernhöhle 
eindringt,  bis  diese  ganz  davon  erfüllt,  und  damit  der 
letzte  Rest  des  Kerns  verschwunden  ist.    Indem  dieser 


1)  Organol.  Studien,  2t€8  Heil. 


80 

Mitteltbeil  mit  den  beiden  vorher  erwähnten  Sonnen    in 
Zusammenhang    steht,     bilden    diese    Theile    zusammen 
eine  helle,  homogene,  hanteiförmige,  an  ihren  Köpfen  mit 
Strahlen  besetzte  Figur,  deren  Mittelstiel  anfangs  spin- 
delförmig ist,    spater  unter   fortschreitender  Streckung 
cylindrisoh  wird,  die  von  mir  wegen  der  Art  ihrer  Ent- 
stehung  sogenannte  karyolytische  Figur.  Bald  nach  ihrer 
Herstellung    beginnt    die   Zelltheilung   durch    eine    vom 
Bande  der  Zelle  her  senkrecht  auf  den  Stiel  der  Figur 
vordringende  £inschnflrung  des  Protoplasma.    Während 
dies  aber  geschieht,  entstehen  durch  Neubildung  die  bei- 
den jungen  Kerne  und  zwar  so,  dass  anzwei,  nach  meinen 
Erfahrungen  immer  im  Stiel  der  Figur  nahe  dem  Oentram 
der  Zelle  gelegenen  Punkten,   je  eine  mit  Kernsaft  sich 
fflUende  Vaouole  im  hellen  Protoplasma  auftaucht    Diese 
rtlckt  dann,    lavinenartig  wachsend,  in  das  Centrum  der 
Tochterzelle   vor,    verharrt   in   dieser  Form   oft   lange, 
bekommt  aber,  in  nicht  ganz  niedrig  stehenden  Organis- 
men,   nachträglich    durch    inneren  Niederschlag    einen 
oder  einige  Nucleoli,^  eventuell  auch  nachträglich  durch 
Verdichtung  einer  Grenzschicht  des  Protoplasma   eine 
eigene  Wandung,    und  damit  ist  der  Zellkern  in  optima 
forma  hergestellt.     Wegen  der  in  dieser  Reihe  von  Vorgängen 
auf  einander  folgenden  Kemauflösung  und  Kemneubildung  habe  ich 
diese  Art  der  Kemvermehrung  die  palingenetische  genannt. 

Diesen  Ergebnissen  gegenüber  sagt  nun  Strasbnrger  auf  S.  181 
seiner  Schrift:  „Etwas  der  palingenetischen  Kemvermehrung  Aehn- 
liches  haben  wir  im  Pflanzenreiche  nicht  aufzuweisen.^  Ich  muss 
nun  bekennen,  dass  es  mir  schwer  verständlich  ist,  wie  der  Ver- 
fasser gegen  den  Schluss  seines  Werkes  einen  solchen  Ausspruch 
thnn  konnte,  da  derselbe,  auch  abgesehen  von  meinen  Ergebnissen 
an  thierischen  Eiern,  nicht  blos  den  Erfahrungen  von  Hofmeister 
und  Sachs  an  Pflanzen,  sondern  sogar  den  eigenen  Beobachtungen 
Strasburger's,  die  im  speciellen  Theile  derselben  Schrift 
niedergelegt  sind,  offenbar  widerspricht.  So  erzählt  er  selbst 
auf  S.  20  von  dem  befruchteten  Ei  von  Picea  wlg.  Folgendes: 
„Alsbald  beginnt  aber  der  Zellkern  des  Eies  zu  schwin- 
„den,  wobei  seine  Masse  sich  in  der  Substanz  des  Eies 
„vertheilt.  Bei  schwacher  Vergrösserung  sieht  man  ihn  dann  hin 
„und  wieder  als  etwas  helleren,  mehr  oder  weniger  elliptischen  Fleck 
„mit  dunkler  Umgrenzung,  der  wohl  der  Hälfte  des  ganzen  Eies  an 


21 

„Grosse  gleich  kommen  kann.  Auf  Längsschnitten  des  Eies 
„habe  ich  auf  solchen  Entwickelungszustftnden  oft  die 
„Zellkernmasse  radial  im  Ei  vertheilt  gesehen.^  Stras- 
burger  ist  also  in  diesem  Falle  zunächst  in  Betreff  der  Karyolyse 
zu  ganz  derselben  Anschauung  gelangt,  welche  in  meiner  von  ihm 
kritisirten  Schrift  entwickelt  und  begründet  ist,  und  wenn  man  seine 
zugehörige  Fig.  19  der  Tafel  IL  ansieht,  so  findet  man  eine  Zeich- 
nung, welche  so  sehr  meiner  karyolytischen  Figur,  wie  ich  sie  an 
Nematodeneiem  und  seitdem  auch  anderweitig  beobachtete,  entspricht, 
wie  man  es  bei  wesentlicher  Identität  des  Processes  nur  irgend 
wOnschen  und  erwarten  kann.  Wenn  man  nun  den  alten  Kern  hat 
„schwinden^  und  sich  weithin  „vertheilen^  sehen  und  dann  in  einem 
späteren  Stadium  zwei  oder  mehrere  neue  Kerne  findet,  so  kann 
man  doch  kaum  annehmen,  dass  die  letzteren  durch  Theilung  des 
ersteren,  im  morphologischen  Sinne  genommen,  sondern  wohl  nur,  dass 
sie  durch  neue  Ansammlungen,  d.  h.  durch  Neubildung,  entstanden  sind, 
womit  schon  dem  Begriffe  der  palingenetischen  Kemvermehrung  ent- 
sprochen ist.  Und  wenn  man  überdies  die  frappante  Aehnlichkeit  der 
karyolytischen  Figuren  in  Betracht  zieht,  wird  man  kaum  zweifeln 
können,  dass  in  allen  diesen  Fällen  auch  der  Neubildungsprocess 
der  jungen  Kerne  in  der  gleichen  Weise  vor  sich  geht,  und  zwar  so, 
wie  er  an  günstigen  Objecten  direct  in  continuo  zu  verfolgen  ist 

Im  Grunde  genommen  ergiebt  sich  übrigens  das  Nämliche  auch 
aus  allen  anderen  Beobachtungen  Strasburger's  über  Zelltheilung, 
wenn  man  sie  unbefangen  prüft  und  sich  namentlich  nicht  durch  die 
ganz  unmotivirte  Deutung  des  bewussten  spindelförmigen,  längsge- 
streiften Wesens  als  Zellkern  irre  führen  lässt,  einer  Erscheinung, 
auf  welche  ich  bald  zurückkomme.  Wenn  ich  z.  B.  seine  Spirogyra 
betreffenden  Figuren  1 — 5  der  Taf.  III.  betrachte,  so  entnehme  ich 
daraus,  dass  das  Zellprotoplasma,  längs  der  SuspensionsfÜden  hin- 
gleitend, sich  in  grösserer  Menge  um  den  Kern  angehäuft  und  dass 
in  diesem  Protoplasma  der  Kern  sich  aufgelöst  hat.  Und  wenn  ich 
dann  weiter  erfahre,  dass  nach  einer  tonnen-  oder  spindelförmigen 
Umgestaltung  dieser  Masse,  an  den  Polen  derselben  zwei  neue  Kerne 
auftreten,  während  der  Mitteltheil  gar  nicht  zur  Kembildung  ver- 
braucht wird,  so  schliesse  ich  daraus,  dass  die  beiden  jungen  Kerne 
sich  aus  jener  gemischten  Masse  differenzirt,  d.  h.  neu  gebildet  haben. 

Was  hat  es  nun  aber  mit  jenem,  anfangs  spindelförmigen,  dann 
tonnen-  und  weiterhin  walzen-  oder  bandförmigen,  immer  aber  fein 
meridional-  oder  längsgestreiften  und  mit  dichteren,  allmählich  sich 
verschiebenden    Querzonen    versehenen    Wesen    auf   sich,    welches 


22 

Tscbistiakoff,    Bütschli,    Strasbarger    und    neuestens  auch 
0.  Hertwig*)  and  Mayzel'')  beschrieben  haben? 

Hier  mnsB  ich  nnn  vor  Allem  auf  Orand  meiner  Studien  über 
diese  Sache  hervorheben,  dass  in  den  bezflglichen  Darstellungen 
zweierlei  mit  einander  verschmolzen  erscheint,  was  auseinander 
gehalten  werden  sollte.  Ein  Theil  der  beschriebenen  meridionalen 
Linien  nämlich,  besonders  der  an  thierischen  Eiern  zu  beobachtenden, 
bezieht  sich  nur  auf  Reihen  dunkler,  dem  Zellprotoplasma  einge- 
betteter Kömchen,  welche  an  der  Oberfläche  der  Spindel  liegen  und 
dem  Bereiche  der  strahligen  Ausbreitung  der  karyolytischen  Fignr 
angehören.  In  manchen  Eiern  nämlich,  z.  B.  auch  denen  von  Phalr 
ItMta,  verlaufen  die  innersten,  d.  h.  der  Achse  der  Figur  nächsten 
Strahlen  in  nach  innen  concaven  Bogenlinien,  welche  von  einem 
Pole  der  Figur  bis  zum  andern  reichen,  und  die  in  den  Zwischen- 
räumen dieser  Strahlen  reihenförmig  dicht  bei  einander  gelagerten 
Dotterkflgelchen  können  bei  schwächerer  Vergrösserung  oder  nach 
Anwendung  zusammenziehender  Reagentien  wolü  auch  als  continuir- 
liehe  meridionale  Linien  erscheinen. 

Allein  nach  Abzug  dieses  in  einzelnen  Fällen  zu  bertlcksichti- 
genden  Verhaltens  bleibt  immer  noch  in  der  Hauptsache  ein  die 
centrale  Tiefe  des  Objects  einnehmender,  sehr  beachtenswerther 
Complex  von  Erscheinungen  übrig,  welcher  in  den  Darstellungen  der 
oben  genannten  Autoren  entsprechend  geschildert  ist  Von  der  Rich- 
tigkeit dieser  Befunde  habe  ich  mich  in  den  letzten  Monaten  selbst 
überzeugt,  und  zwar  zuerst  an  pflanzlichen  Präparaten,  welche  mir 
Herr  Prof.  Strasburger  theils  persönlich  demonstrirte,  theils  smr 
Untersuchung  fibersandte,  womit  er  mich  sehr  zu  Danke  verpflichtet 
hat.  Denn  die  Sache  ist  in  der  That  sehr  merkwürdig  und  fttr 
unseren  Einblick  in  die  inneren  Vorgänge  des  Zellenlebens  gewiss 
von  Belang.  So  gewiss  aber  diese  Erscheinungen  thatsächlich  ond 
wichtig  sind,  so  kann  ich  ihnen  doch  nicht  dieselbe  Bedeutung 
zuschreiben,  wie  die  genannten  Forscher.  Mir  erscheinen  sie  in 
einem  anderen  Lichte  und  zwar  nicht  im  Widerspruch  mit  meinen 
bisherigen  Anschauungen.  In  dieser  Beziehung  sei  es  mir  gestattet, 
meine  Ansichten  hier  für  diesmal  in  derselben  allgemeinen  Form 
und  mit  ungefähr  denselben  Worten  auszusprechen,  mit  welchen 
ich  sie  jüngst  einem  anderen  Leserkreise  in  einer  vorläufigen 
theilung  darlegte'): 

I)  Zur  Keiiutniss  etc.    Morphol.  Jahrbuch,  Bd.  I.  1875. 
«)  Centralbl.  f.  d.  mcdic.  W.   1875.   No.  50. 
»)  Centralbl.  f  d.  medic.  W.  1876.    No.  1. 


28 

„Ich  glaabe  nämlich  eine  Lösung  der  Widersprüche  in  solchem 
Sinne  gefunden  zu  haben,  dass  die  neuerlich  entdeckten  Erscheinun- 
gen den  von  mir  angenommenen  Process  der  Karyolyse  nicht  um- 
stossen,  sondern  vielmehr  einen  vollständigeren,  an  einem  Punkte 
tiefer  vordringenden  Einblick  in  diesen  Process  vermitteln.  Hier 
kann  ich  freilich  meine  Ansicht  von  der  Sache  nur  in  Kfirze  bezeich- 
nen und  begrflnden,  nämlich  folgendermassen: 

I.  Der  bewusste  längsstreifige  Körper  ist  nicht  der 
Kern,  sondern  der  Mitteltheil  der  von  mir  so  genannten 
karyolytischen  Figur,  also  ein  Product  der  Vermischung 
der  eigentlichen  Kern  Substanz  mit  dem  umgebenden  Proto- 
plasma. Die  Orfinde  fär  diese  Annahme  liegen  in  folgenden  Umständen. 

1)  Besagter  Körper  hat  meistens  ein  grösseres,  zuweilen  viel 
grösseres  Volumen  als  der  ursprflngliche  Kern.  Dies  geht  schon 
ans  der  Betrachtung  der  Abbildungen  Batschli 's,  Strasburger's 
und  Hertwig's  hervor,  während  May  zel  ausdrflcklich  die  vergleichs- 
weise sehr  bedeutende  Grösse  dieser  von  ihm  als  Kerne  bezeichneten 
Gebilde  hervorhebt  Auch  Tschistiakoff  schreibt  seinem  Pronudens 
häufig  eine  beträchtliche  Grösse  zu  und  erwähnt  ffir  einzelne  Fälle, 
derselbe  verbreitere  sich  bis  beinahe  zur  Peripherie  der  Zelle. 

2)  Dieses  Gebilde  hat  nach  flbereinstimmenden  Angaben  nicht 
eine  scharfe,  sondern  eine  sehr  verschwommene  Begrenzung,  was 
begreiflicher  Weise  nach  meiner  Ansicht  sehr  erklärlich  ist 

3)  Erst  mit  oder  nach  anscheinendem  Verschwinden  des  alten  Kerns 
ist  der  längsstreifige  Körper  aufzufinden.  Auch  dann  aber  ist  er  im 
natflrlichen  und  lebendigen  Zustande  durchaus  nicht  von  dem  umge- 
benden Protoplasma  zu  unterscheiden  und  flberhaupt  unsichtbar,  oder 
er  erscheint  höchstens  als  ein  unbestimmt  begrenzter,  etwas  hellerer 
Fleck.  Es  bedarf  einer  Behandlung  mit  Chemiealien,  um  eine  Differen- 
zirung  im  Innern  seiner  Substanz  deutlich  zu  machen  und  damit  diese 
centrale  Begion  der  Zelle  aus  der  homogenen  Umgebung  hervorzuheben. 
Die  jet^  kenntlich  werdende  Structurerscheinung  ist  aber  der  optische 
Ausdruck  von  gesetzmässigen  Formverhältnissen,  unter  welchen  die 
Vermischung  und  später  wieder  die  Sonderung  der  beiderlei  Sub- 
stanzen vor  sich  geht,  von  Ungleichmässigkeiten  der  Vertheilung 
derselben,  wie  sie  im  Anfange  und  gegen  das  Ende  des  Processes 
natürlicher  Weise  vorhanden  sein  müssen,  vielleicht  aber  auch  in 
einem  mittleren  Zeiträume  in  gewissem  Grade  sich  erhalten  ^),  und  zeigt 


1)  Dieselbe  Deutung  ist  auch  anwendbar  auf  die  Tinctions- Bilder,   welche 
Flemming    von  £iem    während  der  Furchung  gewonnen   hat.     Vgl  seine 


24 

'andererseits  diejenigen  Muiecniarverschiebnngen  an,  welche  mit  der 
fortschreitenden  Längsstrecknng  des  Ganzen  zasaromenhftngen.  Im  Be- 
sondern bildet  sich  gegen  das  Ende  des  Processes  in  der  Aeqnatorial- 
ebene  durch  Auspressen  des  Kemsafts  in  der  Richtung  nach  den 
beiden  Polen  hin  eine  dichtere  Querschicht;  diese  bleibt  bestehen  und 
verhindert  als  Scheidewand  das  Zusaromenfliessen  der  beiden  jungen 
Kerne,  welche  nach  meinen,  von  Hertwig  bestätigten  Beobachtungen 
in  diesem  Mittelstiel  der  Figur,  ziemlich  nahe  bei  einander  auftauchen, 
und  enthält  zugleich  in  sich  die  Trennungsebene  der  Tochterzellen. 

4)  Dass  der  streifige  Körper  nicht  ausschliesslich,  ja  nicht  einmal 
vorzugsweise  aus  Kemsubstanzen  besteht,  zeigt  sich  auch  dadurch, 
dass  seine  Hauptmasse  gar  nicht  in  die  Bildung  der  jungen  Kerne 
eingeht     Daäüt  komme  ich  auf  den  zweiten  Hauptpunkt 

IL  Die  jungen  Kerne  entstehen  nicht  durch  Theilung 
eines  Mutterkerns.  Die  Beobachtung  lehrt  nämlich,  dass  die 
Substanz  des  streifigen  Wesens  nicht  in  der  Bildung  der 
jungen  Kerne  aufgeht,  dass  vielmehr  letztere  nur  an  den  Polen 
jenes  Gebildes  als  zwei  relativ  kleine,  kuglige,  im  natflrlichen  Zustande 
helle  und  homogene  Körper  sich  differenziren,  zuweilen  deutlich  ans 
kleineren  Tröpfchen  zusammenfliessend,  also  als  Ansammlungen 
einer  vorher  vertheilt  gewesenen  Substanz  sich  kundge- 
bend. Der  grössere  Rest  des  bewussten  Gebildes  aber  geht  nicht 
in  die  neuen  Kerne,  sondern  als  Constituens  des  protoplasmatischen 
Zeilenleibes  in  diesen  Aber  und  kommt  zum  Theil  sogar  an  die  Peri- 
pherie der  Tochterzeilen  zu  liegen,  wo  er  bei  Pflanzen  die  Cellulose- 
membran  ausscheiden  hilft.  Wäre  also  auch  der  streifige  Körper  wirk- 
lich der  Mutterkem,  so  wäre  meines  Erachtens  dennoch  keine  Kern- 
theilung  im  morphologischen  Sinne  anzunehmen.  Ausserdem  aber  sind 
diese  Verhältnisse  wohl  geeignet,  meine  schon  aus  den  anderen,  oben 
betonten  Punkten  gezogene  Schlussfolge  noch  mehr  zu  bekräftigen, 
dass  der  streifige  K({rper  ein  aus  den  Kemsubstanzen  und  dem  von 
den  Seiten  her  in  sie  eingedrungenen  Zell -Protoplasma  combinirtes 
Gebilde  ist,  also  ein  integrirender  Bestandtheil,  und  zwar  bei  manchen 
Zellen,  wie  es  scheint,  der  massigste  Theil  der  karyolytischen  Figur. 

Gewiss  werden  zur  völligen  und  sicheren  Aufklärung  dieser  wich- 
tigen Vorgänge  noch  viele  mühsame  Untersuchungen  nöthig  sein. 
Bei  diesen  Bemühungen  dürften  aber  die  hier  vorgebrachten  Bemer- 
kungen Berücksichtigung  verdienen.     Sie  sollen  darauf  aufmerksam 

,,Studieu  in  der  Eatw.-Gesch.  der  Najadeu."  Stzber.  der  Wiener  Akad.  d.  W. 
Bd.  LXXl,  Taf.  111.  Fig.  2.   (1875.) 


25 

machen,  dass  die  Annahmen  einer  Karyolyse  und  einer  Neubildung  der 
jungen  Kerne  auch  jetzt  noch  ihre  Berechtigung  haben  und  sogar  in 
den  neuerlich  ermittelten  Thatsachen  neue  Stützen  finden  können." 

Fflr  die  meisten  der  in  dieser  kurzen  Aussprache  berührten  Punkte 
finden  sich  auch  in  Strasburger's  Schrift  reichlich  Belege,  die  in 
meinem  Sinne  sprechen,  und  brauche  ich  nur  im  Allgemeinen  darauf 
zn  verweisen.  Die  sub  I.  3  vorgebrachten  Bemerkungen  durften 
Denjenigen,  welche  sich  mit  dem  Studium  dieser  Dinge  beschäftigt 
haben,  wohl  verständlich  sein.  Ausführlichere  Erläuterungen  und 
Begründungen  muss  ich  mir  für  einen  anderen  Ort  vorbehalten. 

Noch  sei  aber  Folgendes  hinzugefügt.  Die  karyolytische  Figur 
oder  —  wie  ich  diesen  meiner  Meinung  nach  durch  Auflösung  des 
Kerns,  respective  durch  reichliche  Vermischung  mit  Kemsaft  verän- 
derten Theil  des  Zell -Protoplasma  künftig  der  Kürze  halber  auch 
nennen  werde  —  das  Karyolyma  tptt  im  natürlichen  Zustande 
nur  dann  deutlich  hervor,  wenn  das  übrige  Protoplasma  zahlreiche 
dunklere  Körnchen  enthält,  aus  welchen  sich  jenes  als  ein  blasser, 
homogener  Bezirk  hervorhebt.  Ist  das  allgemeine  Zellprotoplasma 
hyalin,  so  kann  jenes,  wie  schon  BÜtschli  bei  einer  anderen  Gelegenheit 
richtig  bemerkt  hat,  unsichtbar  bleiben.  Es  ist  aber  in  diesem  Falle 
auch  möglich,  dass  wegen  anderer  Widerstandsverhältnisse  die  karyo- 
lytische Figur  eine  andere,  von  der  bisher  charakteristischen  abwei- 
chende Form  annimmt.  Die  Oestalt  könnte  sehr  wohl,  wie  bei  allen 
organischen  Bildungen,  abgestuften  Variationen  unterworfen,  z.  B. 
die  Köpfe  und  Strahlen  der  Figur  sehr  klein  oder  auf  Null  reducirt 
sein.  Im  letzteren  Falle  würde  sich  nur  ihr  Mitteltheil  ausbilden 
und  dieser  unter  dem  Einfluss  gewisser  Reagentien  als  streifiges 
Gebilde  erscheinende  Bezirk  das  ganze  Karyolyma  repräsentiren. 
Es  sind  das  Eventualitäten,  welche  als  positive  Vorkommnisse  nur 
aus  weiteren  Untersuchungen  hervorgehen  könnten,  auf  welche  indessen 
vom  herein  aufmerksam  zu  machen,  wohl  nicht  überflüssig  ist 

Ein  Paar  besondere  Worte  verdienen  übrigens  die  Angaben 
Tschistiakoffs,  welcher  von  meiner  Auflassung  wenigstens  inso- 
fern weniger  entfernt  war,  als  er  den  gestreiften  Körper  nicht 
einfach  mit  dem  Kerne  identificirte.  Wenn  er  aber  angiebt,  öfters 
gesehen  zu  haben,  dass  dieses  Gebilde  sich  nachträglich  in  einen 
echten  „morphologischen"  Nucleus  umwandele  und  ihm  deshalb  den 
Namen  Pronucleus  giebt,  so  steht  dies  nicht  im  Einklänge  mit  allen 
anderweitigen  Beobachtungen.  Diese  ergeben  übereinstimmend  wenig- 
stens so  viel,  dass  der  streifige  Körper,  welcher  wegen  seiner  Ent- 
stehung auch  ein  postnucleäres  Gebilde  ist,    gewöhnlich  die  Bestim- 


26 

mang  hat,  sich  innerlich  in  zwei  junge  Kerne  an  seinen  Polen  und 
in  einen  mittleren  Theii,  welcher  zur  Bildang  des  Zellenleibes  und 
der  Membran  der  Tochterzellen  mit  verwandt  wird,  zn  differensiren. 
Wenn  es  daher  fttr  diesen  mittleren,  unter  Umständen  gestreift 
erscheinenden  Theil  des  Karyolyma  eines  besonderen  Namens  bedtlrfen 
sollte,  so  könnte  derselbe,  sowohl  im  zeitlichen  wie  im  räumlichen 
Sinne,  passender  als  Internuclens  bezeichnet  werden. 

Schliesslich  spreche  ich  noch  den  Wunsch  ans,  ^ass  die  obigen 
Erörterungen  allseitig  so  gänzlich  als  sachliche,  nur  zur  Förderung 
der  Forschung  beigebrachte  aufgenommen  werden  mögen,  wie  sie 
meinerseits  sine  tro,  wenn  auch  cum  studio,  geschrieben  worden  Bind. 

Breslau,  im  December  1875. 


Anatomie 

der 

vegetativen  Organe  von  Dionaea  mnscipula  Ell, 

Von 

Dr.  k.  Franstadt.    > 

Mit  Tafel  L  bis  IIL 


^^^^^«^i^^NM^t^ 


Obwohl  der  Insectenfang  durch  die  Blätter  bei  derjenigen  Pflanze, 
deren  Anatomie  den  Gegenstand  der  vorliegenden  Abhandlang  bildet, 
bereits  im  vorigen  Jahrhunderte  (1771)  durch  Johann  Ellis  bekannt 
gemacht  wurde,  so  erfuhr  doch  diese  Thatsache  bei  dem  damaligen 
Stande  der  Naturwissenschaften  nicht  die  gebührende  Würdigung. 
Man  sah  in  der  gemachten  Beobachtung  nur  das  Sonderbare  und 
Hess  es  dabei  bewenden,  ohne  aus  ihr  Folgerungen  für  die  Lebens- 
weise der  Pflanzen  zu  ziehen.  Erst  durch  Darwin*)  ist  die  Wich- 
tigkeit der  Insecten  fangenden  und  verzehrenden  Pflanzen  für  die 
Pflanzenphysiologie  erkannt  worden.  Jedoch  berücksichtigt  Darwin 
die  anatomischen  Verhältnisse  nur  in  so  weit,  als  sie  für  seine 
physiologischen  Versuche  in  Betracht  kommen,  wie  dies  im  Plane 
seines  Buches  liegt  Deshalb  unternahm  ich  es  im  hiesigen  pflanzen- 
physiologischen Institute  auf  Veranlassung  und  unter  Leitung  meines 
hochverehrten  Lehrers,  Herrn  Professor  Dr.  Ferd.  Oohn,  die  Vege- 
tationsorgane von  Dümaea  muscipida  Ellis  voUst&ndig,  soweit  dies 
mir  möglich  war,  anatomisch  zu  untersuchen  und  die  ganze  Anatomie 
derselben  in  vorliegender  Arbeit  zusammenzustellen,  um  so  eine 
Ergänzung  zu  den  bis  jetzt  bekannten  Untersuchungen  über  Dionaea 
zu  liefern.  Vorher  aber  habe  ich  es  für  zweckmässig  erachtet,  eine 
vorläufige  Orientirnng  über  den  Habitus  zunächst  der  ganzen  Pflanze 
und  dann  im  Besonderen  eines  einzelnen  i)ibna€ablattes  zu  geben. 

Hahüua  von  Dionaea  muscipula  EIL  Diese  merkwürdige  Pflanze 
besteht  in  ihren  oberirdischen  Theilen  nur  aus  einer  grösseren  oder 


1)  Charles  Darwin.    lusectivorous  plants.     Ix^ndon  1875. 


28 

g(;riDg<!reo  Anzahl  grfioer,  älterer  and  jflngerer  Lanbblätter,    welche 
sämmtlich  um  einen  Mittelpankt  hernm    im  Kreise  angeordnet  sind 
(Tafel  I.  Fig.  1.).     Die  Blätter  von  Dumaea  zeigen  ähnliche  Nnta- 
tionseracheinungen  wie  die  von  Drosera  rotundifdia  L.;  die  älteren, 
d.  h.  fertig  aasgebildeten  Blätter  sind  niedergebeugt,  manchmal  sogar 
den  Boden  berfihrend,  jedenfalls  aber  immer  einen  sehr  spitzen  Win- 
kel mit  der  Horizontalen  bildend,   während  die  jüngeren  Blätter  um 
so  steiler  aufgerichtet  sind,    in  einem  je  unentwickelteren  Zostande 
sie  sich  noch  befinden,  und  sehr  junge,  unansgebildete  Blätter  sogar 
senkrecht  stehen.    Der  Unterschied  der  Blätter  in  Bezug  auf  Alter 
und  Dimensionen  ist  bei  einem  und  demselben  Exemplare  gewöhnlich 
sehr  bedeutend,  da  diese  Pflanze  auch  in  unseren  Gärten  und  selbst 
bei  woniger   guter  Pflege    eine  sehr  grosse  Zahl  von  Blättern  ent- 
wickelt,   wie  das  namentlich  bei  den  grössten  meiner  Exemplare  in 
wahrhaft  auffallender  Weise  sich   zeigte.     Dies  dürfte  vielleicht  mit 
dem  Umstände  in  Zusammenhang  stehen,    dass  jedes  ausgewachsene 
Blatt  nach  den  Beobachtungen  von  Dr.  Canby  und  Mrs.  Treat  nur 
eine  geringe   Anzahl  Insecten  (meist   3   bis  4)  zu   fangen    vermag. 
Ich  selbst  habe  beobachtet,  dass  die  grossen  Blätter  eines  sehr  kräf- 
tigen Exemplares  zwei  bis  drei  Mal  Stückchen  festen  Eiweisses  in 
sich  aufnahmen,    bei   weiteren  Fütterungsversnchen  aber  abstarben, 
ohne  das  Eiweiss   verzehrt  zu  haben.     Jedenfalls    also    fängt    and 
versehrt  jedes   Blatt   immer   nur    wenige    Insecten,    deren    Anzahl 
sich  vermuthlich  nach  ihrer  Grösse,  oder,  was  in  vielen  Fällen  das- 
selbe ist,    nach  der  Menge  der  Nährstoffe  richtet,    welche  von  dem 
Blatte  wirklich  aufgenommen  werden,  so  dass  nnter  Umständen   ein 
ciniiges,  grosses  Insect  schon  genügt  oder  selbst  schon  für  das  Blatt 
tu  viel  giebt;    die  Unfilhigkeit  eines  Blattes,    sehr  viele  Thiere  n 
fangen  und  lu  verdauen,    wird  durch  das  schnelle  Wachsthnm  der 
jüngeren    Blätter    ausgeglichen.       In    ihrem    Vaterlande,    fenehten 
Gegenden  im  östlichen  Theile  von  Nord-Carolina,    bei    gnter  Cnltnr 
auch  in  unseren  Gewichshäusem,  erhebt  sich  aus  der  Mitte  des  Blatt- 
kreises von  Dionaea  der  etwa  15  bis  20  Centimeter  hohe  Blflthen- 
schaft.     Derselbe  ist  von   Ellis^)   beschrieben   worden,    ich   selbst 
hatte  ihn  so  untersuchen  noch  keine  Gelegenheit. 


1)  «loh.  EUis  soc,  reg.  «cienU  Lond.  et  l'psal.  ^od.  de  Dionaea  muscipuU 
plMitA  imubili  nu(>er  detecU  ad  periU.  Ctr.  a  Linne  Y^vl.  ^,  r.  m.  Sueciae 
arvhiau  mod.  c\  U>l.  prof.  rj%»alion»cm  Ä:  c.  opistola.  —  Aus  dun  Englischen 
uberseui  und  horausj^rg^beu  von  1>.  Johann  Christian  Daniel  Nchrcber. 
Kriangcn  ITTl. 


89 

Hahttus  eines  DumaeaUaUes,    Hier  verdient  ranächst  der  Blatt- 
stiel eine  besondere,  ansföhrlichere  Betrachtung;    denn  er  übertrifft 
an  Dimensionen  die  Biattspreite  selbst  immer  bedeutend ;  er  ist  breit 
geflflgelt  (Tafel  I.  Figur  1),  d.  h.  zu  beiden  Seiten  der  sehr  krftftig 
entwickelten    Mittelrippe  in  einen    dünneui    flachen,    grünen   Saum 
erweitert,    welcher  vom  Grunde  des  Blattstieles  an  bis  zu   dessen 
Spitze    allmählich    an   Breite    zunimmt    und  an   der  Spitze  gerade 
abgestutzt  ist,    so  dass  er  die  Gestalt  eines  langen  schmalen  Keiles 
besitzt,  dessen  beide  Ecken  oben  schwach  abgerundet  sind  (Taf.  III. 
Fig.  3).     In  der  Regel  ist  der  Blattstiel  ganzrandig,    schwach  nach 
abwärts  gebogen,  auf  der  Oberseite  meist  etwas  dunkler  grün  geförbt, 
als  auf  der  unteren;  sein  Querschnitt  ist  auf  der  Oberseite  fast  eben, 
während  auf  der  unteren  Seite  die  Mittelrippe,    welche  durch  seine 
ganze  Länge  hindurch  in  gleichmässiger  Stärke  verläuft,  halb  cylin- 
derförmig,  also  im  Querschnitte  halbkreisförmig  vorspringt.    Aus  der 
Spitze  des  Blattstieles  austretend,  verläuft  die  Mittelrippe  eine  kleine 
Strecke,    beim  völlig  ausgewachsenen  Blatte  nur  etwa  einen  Milli- 
meter   ungeflügelt    und    setzt  sich  sodann  in  die  Lamina  fort,    an 
deren  Spitze  sie  als  noch  kürzere,    stumpfe    Hervorragung    endet. 
(Tafel  I.  Fig.  3  bei  e.)    Auf  der  Unterseite  der  Lamina  springt  sie 
ebenso  stark  vor,  wie  auf  derjenigen  des  Blattstieles,  und  ist  dabei 
schwach  nach  abwärts  gekrümmt.     Die  Lamina  selbst  wird  gewöhn- 
lich schlechthin   als   rundlich    und    zweilappig    bezeichnet;    genauer 
lässt  sie  sich  immer  betrachten  als  bestehend   aus  zwei  trapezförmi- 
gen Hälften,   die  mit  ihren  kleineren  Grundlinien  in  der  Mittelrippe 
zusammenstossen,  während  die  beiden  anderen  grösseren  Grundlinien 
durch  flache  Kreisbogen  gebildet  sind.    Das  sind  zugleich  die  beiden 
einzigen  krummen  Theile  des  Randes  der  Blattspreite,  während  der- 
selbe an  der  Basis  und   an   der  Spitze  vollkommen  geradlinig    ist. 
Die  gekrümmten   Ränder  sind  ausserdem  in   eine  Anzahl  (15 — 20) 
lange,  schlanke,  spitzige  und  sehr  feste  Fortsätze  ausgezogen,  welche 
Borsten  oder  Spitzen  {spikes  nach  Darwin)  genannt  und  von  mir  in 
der  Folge  als  Randborsten  bezeichnet  werden  mögen,    während 
der  geradlinige  obere  und   untere  Rand  des  Blattes   derselben  voll- 
ständig   entbehrt    (Taf.  I.    Fig.  3.)      Die    Randborsten    sind    nicht 
alle  von  gleicher  Grösse,    die   mittleren   auf  jeder  Seite    sind    die 
dicksten    und    längsten,    von    da    nimmt    ihre   Grösse    nach   beiden 
Seiten  hin  nahezu  gleichmässig  ab.     Nur  der  Unterschied  in  der 
Länge    zwischen    den    mittleren    und   den   äusseren    ist    bei     ver- 
schiedenen Blättern  verschieden  gross  und  bei  älteren   grösser,    als 
bei  den  jüngeren.     Die  Zwischenräume   zwischen   den   Randborsten 


»0 

sind  durch  stnmpfe,  am  Grande  fast  halbkreisförmige  Aosschnitte 
gebildet. 

Die  beiden  Hälften  der  Lamina  rechts  und  links  von  der  Mittel- 
rippe liegen,  wenn  das  Blatt  geöffnet  ist,  nicht,  wie  bei  den  Blättern 
80  vieler  anderer  Pflanzen,  in  einer  Ebene,  sondern  bilden  einen 
spitzen  Winkel  mit  einander,  welchen  Darwin  in  einem  Falle  so 
80^  gemessen  hat 

Ungefiüir  in  der  Mitte  ihrer  Oberseite  trägt  jede  Blattspreiten- 
hälfte  ausserdem  noch  drei  den  Randborsten  äusserlich  ähnliche, 
aber  schwächere,  kürzere  und  nicht  so  starre  haarförmige  Gebilde, 
welche  wir  später  als  Mittelborsten  näher  kennen  lernen  werden. 
Dieselben  sind  unter  sich  von  einerlei  Stärke  und  Länge;  bei  aänunt- 
lichen  von  mir  zu  anatomischen  Zwecken  untersuchten  Blfittem  dieser 
Pflanze  fand  ich  sie  stets  in  ein  Dreieck  gestellt  (Taf.  I.  Fig.  3  bei  mb), 
und  zwar  so,  dass  die  die  Spitze  dieses  Dreiecks  bildende  Mittel- 
borste der  Mittellinie  des  Blattes  zugekehrt  ist  und  die  Verbindungs- 
linie der  beiden  anderen  Mittelborsten  derselben  ungefähr  parallel 
geht.  Auch  fand  ich  nie  mehr  und  nie  weniger  als  drei  Mittelbor- 
sten, doch  hat  Darwin  zwei  Blätter  mit  vier  und  eins  mit  nur  zwei 
Mittelborsten  gesehen,  er  giebt  indessen  nicht  die  Stellung  derselbe! 
in  diesen  abnormen  Fällen  —  wie  ich  sie  bezeichnen  möchte  — 
an.  Wenn  sich  ein  Blatt  nach  Berflhrung  einer  dieser  sechs  Mittel- 
borsten  schliesst,  wobei  sich  seine  beiden  Hälften  um  die  Mittel- 
rippe als  Axe  gegen  einander  bewegen  und  sich  zusammenlegen, 
so  greifen  die  Randborsten  dergestalt  in  einander  ein,  dass  eine 
jede  in  den  Zwischenraum  zweier  der  anderen  Laminahälfte  ai 
liegen  kommt. 

Die  Ober-  oder  im  geschlossenen  Zustande  die  Innenfläche  der 
Lamina  ist  mit  zahlreichen  Pflnktchen  dicht  besetzt,  welche  wir  weiter 
unten  als  Drüsen  kennen  lernen  werden.  (Taf.  L  Fig.  3  bei  d.) 
In  kräftig  vegetirenden  Blättern  sind  dieselben  roth;  von  ihnen  abge- 
sehen ist  das  ganze  übrige  Blatt  einförmig  grün  geftlrbt,  während 
Ellis,  der  diese  Pflanze  zuerst  beobachtete  und  beschrieb,  in  seiner 
oben  angeführten  Schrift  den  mit  Borsten  besetzten  Rand  und  die 
Mittelrippe  auf  der  Unterseite  der  Lamina  gelb  gezeichnet  hat,  was 
ich  niemals  beobachtet  habe.  Bei  weniger  gut  gedeihenden  und 
minder  reizbaren  Blättern  haben  die  Drüsen  keine  oder  nur  sehr 
schwache  rothe  Färbung;  im  letzteren  Falle  ist  dann  auch  die  Ober- 
Seite  der  Lamina  einförmig  grün. 

Um  endlich  noch  der  Dimensionen  des  Blattes  mit  wenigen  Wor- 
ten zu  gedenken,  so  giebt  William  Young  ans  Philadelphia,  wie 


Sl 

Ellis  anfährt,  die  Länge  der  grdssteD  Blätter,  die  ihm  vorgekommen, 
zu  ungefähr  drei  engl.  Zoll  (jedenfalls  incL  Blattstiel)  und  ihre  Breite 
zu  anderthalb  Zoll  an.  Das  grösste  Blatt  von  fftnf  Exemplaren, 
welches  ich  selbst  gemessen  habe  und  welches  von  einem  flberaus 
kräftigen  und  reizbaren  Exemplare  stammte,  das  ich  durch  die  Otlte 
des  Herrn  Geh.  Rath  Oöppert  aus  dem  hiesigen  Königlichen  botani- 
schen Garten  der  Universität  zur  Untersuchung  erhielt,  hatte  folgende 
Dimensionen:  Die  Länge  der  Lamina  in  der  Mittelrippe  betrug 
IS  Millimeter,  die  Länge  des  die  Borsten  tragenden  Randes  (die 
Sehne  des  gebogenen  Randes  gemessen)  betrug  20  und  die  Breite 
jeder  Hälfte  der  Lamina  in  der  Mitte  (die  Randborsten  abgerechnet) 
15  Millimeter.  Bei  vier  anderen  kleineren  Exemplaren,  welche  aus 
Erfurt  bezogen  wurden,  betrugen  dieselben  Dimensionen  durchschnitt- 
lich etwa  1  Oentimeter,  und  einige  Blätter  eines  anderen  Exemplares, 
deren  Entwickelung  ich  bis  zur  fertigen  Ausbildung  verfolgt  habe, 
erreichten  ihre  definitive  Gestalt  schon  bei  folgenden,  bescheidenen 
Dimensionen:  Länge  der  Blattspreite  in  der  Mitte  4  Millimeter,  in 
dem  borstentragenden  Rande  5  Millimeter,  Breite  jeder  Laminahälfte 
nur  2  Millimeter.  Hierbei  will  ich  bemerken,  dass  in  den  aus  Erfurt 
bezogenen  Pflanzen  fast  sämmtliche  Blätter  je  ein  Thierchen 
eingeschlossen  und  mehr  oder  minder  verdaut  hatten; 
jedoch  waren  es  nicht,  wie  man  nach  den  gewöhnlichen  Angaben 
tlber  die  Nahrung  dieser  Pflanze  vermnthen  sollte,  geflflgelte  insecten, 
sondern  theils  Asseln,  theils  Myriapoden  (Onbcus  ViH^  Fdy- 
destMuj,  welche  auf  dem  Boden  kriechen  und  Schlapfwinkel  auf- 
suchen, und  es  ist  zu  vermuthen,  dass  diese  Thierchen  den  auf  dem 
Boden  ausgebreiteten  Blättern  leichter  zur  Beute  werden,  als  die  in 
der  Luft  umherfliegenden  Insecten. 

Oberflächen-  Verhältnisse  der  Lamina.  Wir  haben  oben  gese- 
hen, dass  die  beiden  Hälften  der  Lamina  nicht  in  einer  Ebene 
Hegen,  sondern  einen  spitzen  Winkel  mit  einander  bilden.  Eben  so 
ist  jede  Hälfte  der  Blattspreite  ftlr  sich  betrachtet  selbst  im  geöff- 
neten Zustande  des  Blattes  keine  völlig  ebene  Fläche,  wie  man  an 
grossen  Blättern  schon  mit  blossem  Auge  erkennen  kann,  in  jedem 
Falle,  aber  ein  Querschnitt  dnrch  die  ganze  Lamina  deutlich  zeigt 
Jede  Blatthälfte  ist  in  ihrem  der  Mittelrippe  anliegenden  Tbeile 
schwach  und  unten  und  aussen  convex;  unter  den  Borsten  des  Ran- 
des dagegen  entgegengesetzt  gebogen,  nämlich  nach  oben  und  innen 
convex  (Taf.  L  Fig.  2  bei  1  und  v).  Beide  so  gebildete  Biegungen 
laufen  fast  durch  die  ganze  Länge  der  Lamina  bis  an  den  grad- 
linigen Rand;    die  Krümmung  nahe  der  Mittelrippe  ist  die  breitere, 


32 

während  die  entgegengesetzte  Biegung  am  Rande  nnr  einen  langen, 
sehmalen  Streifen  einnimmt  Die  Convexität  der  Blattfläehe  nach 
ansäen  vergrössert  sich  nun,  wenn  das  Blatt  ein  Thier  gefangen 
oder  tlber  einer  anderen  organischen  Substanz  sich  geschlossen  hat, 
so  dass  man  ungefUir  die  Grösse  und  die  Umrisse  der  eingeschlos- 
senen Nahrung  von  aussen  her  erkennen  kann.  Darwin  hat  sogar 
die  Grösse  der  Einwärtskrflmmung  beim  geschlossenen  Blatte  gemes- 
sen, indem  er  an  verschiedenen  Stellen  der  Blattfläche  feine  schwarze 
Punkte  verzeichnete,  deren  Abstand  zuerst  an  dem  geöffneten  Blatte 
bestimmte,  und  dann,  wenn  das  Blatt  gereizt  worden  war  und  sich 
geschlossen  hatte.  Da  die  Randborsten  beim  geschlossenen  Blatte 
in  einander  greifen,  so  wird  ausser  der  grossen  Höhlung,  in  welcher 
die  Nahrung  eingeschlossen  gehalten  wird  (Taf.  I.  Fig.  2  bei  hg), 
noch  eine  zweite,  eben  so  lange,  jedoch  viel  schmälere  unter  der 
Kreuzungsstelle  der  Randborsten  gebildet.  (Taf.  I.  Fig.  2  bei  hk.) 
Der  Verschluss  erfolgt  an  dem  gekrümmten,  mit  Borsten  besetzten 
Saume  durch  die  nach  innen  convexe  Region  nahe  dem  Blattrande, 
dagegen  an  den  beiden  geradlinigen,  nicht  mit  Borsten  besetzten 
Säumen  durch  den  Rand  selbst  Schliesslich  möchte  ich  noch  hervor- 
heben, dass  dieselben  Verhältnisse  der  Krümmung  der  Blattfläche  und 
die  nämliche  Art  des  Verschlusses  schon  bei  den  eben  fertig  aus- 
gebildeten Blättern  beobachtet  werden,  ehe  dieselben  sich  geöffnet, 
mithin  noch  keine  thierische  Nahrung  zu  sich  genommen  haben. 
An  dieser  Stelle  will  ich  auch  betonen,  was  meiner  Ansicht  nach  noch 
nicht  genug  hervorgehoben  ist,  dass  sich  die  Blätter  von  Dionaea 
einerseits  nach  der  Berührung  einer  der  Mittelborsten  augen- 
blicklich schliessen,  ohne  die  eben  geschilderten  Formen  der 
Laminaoberfläche  dabei  zu  verändern,  dass  andererseits  die  Blätter  durch 
den  chemischen  Reiz,  welcher  von  der  Absorption  organischer  Stoffe 
durch  die  Drüsen  hervorgerufen  wird,  sich,  jedoch  nur  sehr  langsam 
und  allmählich  schliessen,  dabei  aber  ihre  Oberfläche  in  so  weit 
verändern,  als  sie,  der  organischen  Substanz  sich  dicht  anlegend, 
nach  aussen  eine  grössere  Convexität  annehmen.  Dabei  machte  ich 
noch  die  Beobachtung,  dass  Blätter,  welche  für  den  mechanischen 
Reiz,  hervorgerufen  durch  Berührung  einer  Mittelborsto,  ganz  nn- 
empflndlich  waren  und  sich  selbst  nach  starker  Berührung  aller  sechs 
Mittelborsten  nach  einander  nicht  schlössen,  dennoch  auf  den  chemi- 
schen Reiz  nach  längerer  oder  kürzerer  Zeit  reagirten,  die  Drüsen 
zur  Secernirung  veranlassten  und  die  Lamina  zwar  langsam  aber 
vollständig  schliessen  machten. 


33 

Die  Epidermis  der  BUutsjyreüe  besteht  sowohl  aaf  der  Ober- 
(oder  iDoen-),  als  auch  auf  der  Unter-  (oder  Aussen-)  Seite  im  All- 
gemeinen aus  viereckigen,  etwas  gestreckten  Zellen,  welche  sich  an 
ihren  beiden  schmäleren  Enden  theils  mit  geraden,  theils  mit  schiefen, 
manchmal  sogar  mit  sehr  schrägen  Wänden  begrenzen  (Taf.  I.  Fig.  4 
bei  e).  Die  Längsrichtung  der  fipidermiszellen  folgt  in  der  sehr 
stark  entwickelten  Mittelrippe  der  Längsaxe  des  Blattes  (Taf.  II. 
Fig.  1  bei  em);  in  den  beiden  Hälften  der  Lamina  ist  sie  senkrecht 
zu  dieser  Richtung  (Taf.  II.  Fig.  1  bei  el),  so  dass  also  hier  die 
Epidermlszellen  alle  gewissermassen  gegen  die  Mittelrippe  hin  gerich- 
tet sind.  Zwischen  beiden  Theilen  liegen  Bogenreihen  von  Epi- 
dermlszellen, die  nach  der  Blattbasis  hin  gekrümmt  sind  (Taf.  II. 
Fig.  1  bei  ez).  Am  gekrümmten  Rande  der  Lamina,  zwischen  je 
zwei  Randborsten,  haben  jedoch  die  Zellen  der  Oberhaut  die  ver- 
schiedenste Lage  und  Gestalt,  sind  zum  Theil  kurz  und  besitzen 
.  manchmal  nnregelmässig  gebogene  Zellwände.  Diese  Gruppen  anders 
gestalteter  Epidermlszellen  liegen  zwischen  verlängerten  Zellenreihen, 
welche,  aus  der  Mitte  der  Lamina  kommend,  sich  daselbst  theilen 
und  über  die  Randborsten  hin  sich  fortsetzen.  Auf  der  Oberseite 
ausgewachsener  Blätter  sind  die  Epidermlszellen  meist  höher,  oft 
auch  breiter,  als  auf  der  Unterseite  der  Lamina  (Taf.  II.  Fig.  3  und  7). 
Alle  Epidermiszellen  sind  an  ihrer  freien  Oberfläche  stark  cuticnla- 
risirt  und  enthalten  ChlorophyllkOrner  in  sehr  grosser  Anzahl, 
welche  rundlich  nnd  durchscheinend  sind,  und  in  dem  Falle,  dass 
das  betreffende  Blatt  noch  keine  thierische,  überhaupt 
organische  Nahrung  absorbirt  hat,  sehr  viele  Stärke- 
körner  enthalten,  wie  weiter  unten,  wo  von  der  Einwirkung 
chemischer  Reagenzien  gehandelt  werden  wird,  ausführlicher  ange- 
geben werden  soll.  Die  Epidermiszellen  der  Randborsten  enthalten 
weniger  Chlorophyll  und  erscheinen  deshalb  auch  nicht  so  intensiv 
geflrbt,   wie  die  übrigen  grünen  Theile  des  Blattes. 

Erzeugnisse  der  Epidermis,  Drüsen.  Sehr  viele  Epidermiszellen 
von  der  Oberseite  der  Lamina  sind  Träger  der  Drüsen.  Diese 
sondern,  nachdem  das  Blatt  ein  Thierchen  gefangen  hat,  oder  wenn 
ihm  eine  andere  stickstoffhaltige  organische  Nahrung,  die  aber  feucht 
sein  muss,  gereicht  worden  ist,  einen  farblosen,  etwas  schleimigen, 
sauer  reagirenden  Saft  aus,  welcher  die  Auflösung  der  Nahrung 
bewirkt  In  allen  anderen  Fällen,  also  auch,  wenn  ein  Blatt  in 
Folge  mechanischer  Reizung  sich  geschlossen  hat,  und  selbst  dann, 
wenn  die  stickstoffhaltige  organische  Substanz  nicht  feucht  ist,  secer- 
niren  die   Drüsen  nicht  und  die   Blattoberfläche  bleibt  vollkommen 

Cohn,  Beitrife  cur  Biologie  der  PflanieiL    Band  11.  Heft  1.  3 


84    _ 

trocken  ' ).  Die  Drüsen  sind  aber  nicht  über  die  ganze  obere  Fliehe  der 
Lamina  gleichmässig  verbreitet,    sie  nehmen  allerdings   den  grOutei 
Theil  derselben  ein,  lassen  aber  auf  allen  vier  Seiten  einer  seitlichei 
Blattsprcitenhälfte,  d.  h.  alao  unter  den  Randborsten,  über  der  Mittd* 
rippe,  an  der  Basis  und  an  der  Spitze  desselben  einen  schmalen  Rand 
frei.    Besonders  zahlreich  stehen  die  Drüsen  gegen  die  Mittelrippe  hii 
und  hier  zuweilen   so  dicht  bei   einander,    dass   sie   sich   mit   ihres 
Rändern  berühren.    In  der  oberen  Hälfte  jeder  Blatthälfte  in  der  Nähe 
des  gekrümmten  und  mit  Borsten  besetzten  Randes  stehen  die  Drflsei 
sparsam  und  mehr  vereinzelt  (Taf.  I.  Fig.  3  bei  d);  sie  stehen  also 
zweckmiissiger  Weise  da  am  dichtesten,  wohin  gewöhnlich  das  gefai 
gene  Thier  oder  die  dem  Blatte  gegebene   organische  Nahmng  n 
liegen  kommt.    Abgesehen  davon  habe  ich  eine  Gesetzmässigkeit  der 
Anordnung  der  Drüsen  nicht  auffinden  können.    Jedenfalls  entsteliei 
die  Drüsen  in  Reihen,    wie   die  Epidermiszellen,    deren   Erzeugnisse 
sie  sind;    doch   hat  die  verschiedene  Häufigkeit  der  Drüsen  an  ver- 
schiedenen  Stellen    des    Blattes    ihre    reihenweise  Anordnung    gau 
verwischt  und  unmerkbar  gemacht 

Jede  einzelne  Drüse  befindet  sich  in  einer  seichten  Einsenkong 
der  Epidermis,  so  dass  die  letztere  zwischen  zwei  benachbartei 
Drüsen  eine  flache  Erhebung  bildet,  was  man  besonders  gut  auf 
einem  Querschnitte  durch  die  Lamina  beobachten  kann.  Mitunter 
ist  die  Oberfläche  dieser  Einsenkung  der  Unterfläche  der  Drflsei 
genau  entsprechend  gebogen,  so  dass  sie  gewissermassen  einen  Hohl- 
druck derselben  darstellt.  Jede  Drüse  von  der  Fläche  gesehen  ist 
kreisrund  (Taf.  I.  Fig.  4  bei  d)  und  besteht  aus  drei  concentrischeo 
Zellreihen,  deren  innerste,  eigentlich  eine  Zellschieht,  ans  vier  poly- 
gonalen Zellen  besteht  welche  in  der  Mitte  in  Rreuzform  znaammea- 
stossen.  Die  nächst  äussere  sie  umgebende  Zellreihe  besteht  au 
acht  Zellen  und  die  änsserste  enthält  deren  sechszehn;  doch  kommen 
hin  und  wieder  Unregelmässigkeiten  und  Ausnahmen  von  diesen 
Typus  vor,  auch  sind  die  Zellen  einer  ringförmigen  Reihe  bisweileo 
verschieden  gross  und  auch  sonst  einander  ungleich. 

Drüsen  von  oben  gesehen  zeigen  natürlich  nur  die  Zellen  der 
oberen  Schicht  des  Drüsenkörpers.  Im  Längsschnitte  betrachtet 
besteht  jede  Drüse  im  fertip;en  Zustande  immer  aus  drei  Theilea, 
von  denen  der  erste  in  der  Epidermis  selbst  steckt,  nämlich: 

1)  dem  Basaltheil  der  Drüse  (Taf.  I.  Fig.  8  bei  b), 

2)  dem  Drüsenstiele  (Taf.  I.  Fig.  8  bei  st)  und 

3)  dem  Drüsenkörper  (Taf.  I.  Fig.  8  bei  k). 

>)  Darwin  1.  c.  p.  295. 


35 

Der  Basaltheil  der  Drüse  bat  ungefähr  die  Gestalt  eines  niedrigen, 
abgestumpften  Kegels,  der  Ellipsen  zu  Grundflächen  bat.  Die  grösste 
Axe  desselben  folgt  der  Längsrichtung  der  Epidermiszellen.  Daher 
erscheint  der  Basaltheil  in  längs  durcbschnittenen  Drüsen  stets  nach 
unten  su  deutlich  verbreitert  und  zeigt  im  Umrisse  die  Form  eines 
Trapezes;  er  besteht  aus  einem  Zellenpaar;  die  primäre  Basalzelle 
wird  durch  eine  senkrecht  auf  der  Blattfläche  stehende  Längs- 
scheidewand, welche  der  Längsrichtung  der  Epidermiszellen  parallel 
geht,  nochmals  in  zwei  Zellen  getheilt.  Da  nun  aber  die  Zellen  der 
Oberhaut,  wie  wir  gesehen  haben,  in  der  Mittelrippe  der  Längsaxe 
des  Blattes  folgen,  sonst  in  der  Lamina  senkrecht  darauf  stehen,  so 
ergiebt  sich  daraus  von  selbst,  dass  man  auf  Blattquerschnitten, 
welche  Drüsen  längs  durchschnitten  haben,  jene  Zellwand  nur  in 
denjenigen  Drüsen  sieht,  welche  auf  der  Mittelrippe  liegen,  weil  sie 
nur  hier  vom  Schnitte  getroffen  wird,  dagegen  auf  den  übrigen  Thei- 
len  der  Lamina  der  Schnittfläche  parallel  geht,  und  umgekehrt  sieht 
man  sie  auf  Längsschnitten  durch  das  Blatt  nur  in  den  Drüsen  auf 
den  beiden  Seitenhälften  der  Lamina  (Taf.  IL  Fig.  7)  und  nicht 
in  denjenigen  der  Mittelrippe. 

Der  Drüsenstiel,  welcher  auf  diesen  beiden  Zellen  aufsitzt  und 
über  die  freie  Oberfläche  der  Epidermiszellen  emporragt,  besteht  aus 
swei  niedrigen,  neben  einander  liegenden  und  nach  oben  schwach 
gewölbten  Zellen  (Taf.  L  Fig.  8  bei  st  und  Taf.  IL  Fig.  7  bei  dr), 
von  deren  gemeinsamer  Wandung  ganz  dasselbe  gilt,  was  soeben 
von  den  Basalzellen  angegeben  wurde.  Da  nun  zugleich  jede  der 
beiden  Zellen  des  Stieles  von  oben  gesehen  ungefähr  halbkreisfSrmig 
ist,  so  sehen  Drüsenstiele,  deren  zugehörige  Drüsen  abgefallen  sind, 
Spaltöffnungen  nicht  unähnlich  (Taf.  I.  Fig.  4  bei  ds)  und  können, 
oberfläclilich  betrachtet,  um  so  mehr  zn  Täuschungen  Veranlassung 
geben,  als  wirkliche  Spaltöffnungen  auf  dieser  Stelle  der  Blattober- 
seite,  wie  später  gezeigt  werden  wird,  überhaupt  nicht  vorhanden 
sind.  Häufig  wird  der  Drüsenkörper  durch  rauhe  Berührung  der 
Blattinnenfläche  von  seinem  Stiele  abgetrennt  Dasselbe  gelingt  auch, 
wenn  das  Blatt  nnd  demnach  die  darauf  befindlichen  Drüsen  einiger- 
massen  gross  sind,  durch  vorsichtiges  Schaben  mit  einem  scharfen 
Messer,  und  man  kann  so  die  Drüsenstiele  von  oben  her  in  grösserer 
Anzahl  in  ihrer  Spaltöffnungen  ähnlichen  Gestaltung  sehen. 

Der  eigentliche  Drüsenkörper  selbst  endlich,  welcher  auf  dem 
Stiele  mit  breiter  Basis  aufsitzt,  besteht  aus  zwei  übereinander  lie- 
genden und  wie  die  obere  Fläche  der  Stielzellen  nach  oben  gewölb- 
ten Zellenschichten  (Taf.  L  Fig.  8  bei  k)^  deren  obere  fast  um  die 


36 

Breite  ihrer  Randzelleo  die  unter  ihr  liegende  überragt.  Die  Rand- 
zclleu  der  unteren  Schicht  des  Drttsenkdrpers  sind  am  stärksten  nach 
oben,  diejenigen  der  oberen  Schicht  sehr  stark  nach  auswftrta  ge- 
krümmt. Die  Zellen  des  Drüsenkörpers  sind  bei  kräftig  vegetirendeo 
Pflanzen  mit  einer  schön  purpurrothen,  sonst  aber  mit  farbloser 
Flüssigkeit  erfüllt  und  enthalten  keine  Stärke. 

Was  die  Entwickelungsgeschichte  der  Drüsen  anbetrifft,  so  bt 
dieselbe  ziemlich  einfach  und  leicht  zu  beobachten.  Die  Drflaea 
bilden  sich  aus  einer  Epidermiszelle  durch  eine  papillenartige  Ais- 
stülpung  derselben  (Taf.  I.  Fig.  5  bei  a),  welche  sich  dureh  eine 
Qaerschcidewand  parallel  der  Oberfläche  des  Blattes  abgrenzt.  Die 
untere  der  beiden  so  entstandenen  Zellen  wird  zum  Basaltheil  der 
Drüse ;  sie  verbreitert  sich  spater  nach  unten  und  theilt  sich  durch  eine 
Längsscheidewand  senkrecht  auf  der  Blattfläche  und  parallel  der 
Längsrichtung  der  Epidcrmiszellen.  Die  obere  Zelle  theilt  sich  da- 
gegen nochmals  durch  zwei  Querscheidewände  parallel  der  Blattober 
fläche  in  drei  über  einander  liegende  Zellen,  von  denen  die  nntente 
sich  durch  eine  Längswand  noch  einmal  theilt  und  zum  Drfiaenstiele 
sich  ausbildet,  während  die  beiden  obersten  den  eigentlichen  DrOaeo- 
körper  darstellen,  indem  sie  sich  noch  durch  verschiedentlieh  gestellte 
Zellwände,  die  aber  sämmtlich  zur  Blattfläche  senkrecht  8ind|  in  ob- 
regelmässiger  Reihenfolge  in  diejenigen  polygonalen  Zellen  theilea, 
welche  wir  schon  oben  kennen  gelernt  haben. 

Wie  die  roth  gefärbten  Zellen  in  den  Köpfchenhaaren  von  Dro- 
aera,  so  zeigen  auch  die  Zellen  der  Drüsen  auf  der  Blattoberseite 
von  Diofiaea  die  eigenthümliche  Erscheinung  der  von  Darwin  ent- 
deckten Aggregation  ^).  Darunter  versteht  man  bekanntlich  die  siem- 
lich  raschen  und  unregelmässigen  Gestaltveränderungen  des  rotheni 
von  Darwin  als  Protoplasma  betrachteten  Farbstoffes,  deren  Ueber- 
tragung  auf  die  benachbarten  Zellen  der  Fortpflanzungsrichtnng  des 
Reizes  folgt.  Wie  dort,  so  beginnt  auch  hier  bei  Dionaea,  wie  ich 
selbst  noch  beobachtet  habe,  die  Aggregation  jeder  Drüsenzelle  ge- 
wöhnlich mit  der  Zusammenziehung  des  rothen  Farbstoffes,  der  dabei 
die  verschiedensten  Formveranderungen  durchmacht,  sich  dann  in 
mehrere  Stücke  theilt,  die  sich  entweder  wiederum  theilen  oder  deren 
mehrere  zu  einem  grösseren  zusammenfliessen.  Dabei  macht  sieh 
ähnliche  Mannigfaltigkeit  geltend,  wie  Darwin  an  Drosera  rotun- 
difolia  L.  sehr  ausführlich  beschrieben  und  durch  Zeichnungen  er- 
läutert hat. 

«)  Darwin  l.  c.  cap.  III.  p.  38  seq. 


37 

Indem  ich  gefärbte  Nahrnngsstoffe  auf  die  Blätter 
brachte,  gelang  es  mir,  anch  die. Drüsenzellen  selbst  zu 
fSrben.  Anf  drei  Blätter  wurden  kleine  Stückchen  von  geronnenem  nnd 
durch  Anilinroth  tief  gefärbtem  Eiweiss  aufgelegt.  Sämmtliche  Blät- 
ter blieben  nach  diesem  Versuche  noch  geöffnet,  eines  von  ihnen 
schloss  sich  erst  nach  24  Stunden  zwar  sehr  langsam  aber  vollständig, 
desgleichen  das  zweite  nach  Verlauf  von  abermals  24  Stunden,  und  end- 
lich 6  Stunden  später  auch  das  letzte  von  ihnen.  Die  während  der  ganzen 
Zeit  constante  Temperatur  betrug  -f-  28^  C,  indem  die  Pflanzen  in 
einem  Heizkasten  bei  dieser  Temperatur  feucht  gehalten  wurden.  Nach 
acht  Tagen  öffnete  sich  das  Blatt,  welches  sich  zuerst  geschlossen  hatte; 
das  Eiweiss  war  vollständig  verschwunden,  die  Blattoberscite  schon 
wieder  völlig  trocken  und  mit  zahlreichen  rothen  Pünktchen  bedeckt, 
während  sie  vor  dem  Versuche  gleichmässig  grün  war,  da  die  Drü- 
sen ursprünglich  farblosen  Zellinhalt  besessen  hatten.  Besonders 
lebhaft  gefärbt  war  in  jeder  Drüsenzelle  nach  dem  Versuche  ein 
grosser  rundlicher  Körper,  wahrscheinlich  der  Zellkern  (Taf.  I.  Fig.  4 
bei  d);  das  ganze  übrige  Gewebe  des  Blattes  hatte  von  der  rothen 
Färbung  nichts  angenommen  oder  zeigte  doch  nichts  mehr  davon, 
ausgenommen  einige  peripherische  Gefässe  aus  dem  mittleren  grossen 
Oefllssbündel  des  Blattstieles,  welche  ebenfalls  durch  das  Anilin  roth 
gefärbt  waren,  jedoch  mit  einer  gelblichen  Nuance  gegen  die  Drüsen- 
zellen. Die  auf  solche  Weise  bewirkte  Wiederfärbung  der  Drüsen 
hält  sich  sehr  gut;  sie  ist  jetzt,  14  Wochen  nach  den  eben  be- 
schriebenen Versuchen  noch  recht  deutlich  zu  erkennen  und  hat  nur 
durch  das  Aufbewahren  der  Präparate  in  Glycerin  sowohl^  als  auch 
durch  das  Liegen  eines  Restes  jenes  Blattes  in  absolutem  Alkohol 
seit  jener  Zeit  einen  Stich  ins  Bläuliche  angenommen.  Ein  zweiter 
Versuch  an  anderen  Blättern,  wobei  unter  übrigens  gleichen  Um- 
ständen Saffran  als  Färbemittel  angewendet  wurde,  gelang  weniger 
gut,  denn  die  Drüsenzellen  waren  wohl  gelblich,  doch  nicht  so  in- 
tensiv gefärbt,  wie  in  dem  ersten  Versuche,  auch  konnte  ich  eine 
Färbung  der  übrigen  Theile  des  Blattes,  namentlich  der  Oefässbün- 
del,  in  diesem  Falle  nicht  deutlich  beobachten. 

Die  Stemhaare,  Wie  die  Oberseite  der  Lamina  zahlreiche  Drüsen, 
so  trägt  die  Unterseite  derselben  sternft^rmige,  meist  achtstrahlige 
Gebilde,  welche,  gleich  den  Drüsen,  den  morphologischen  Werth  von 
Trichomen  haben.  Da  ihre  Zellen  röthlichbraun  oder  orange  gefärbt 
srad,  so  werden  die  Stemhaare  erst  mit  Hilfe  des  Mikroskopes  sichtbar, 
wie  die  ungefärbten  Drüsen.  Wie  diese,  so  sind  auch  die  Stemhaare 
nicht  über  die  ganze  Unterfläche  der  Lamina  gleichmässig  verbreitet, 


38 

soodern  sie  sind  am  häufi^^sten  auf  der  Mittelrippe,  während  die 
Drüsen  zu  beiden  Seiten  derselben  am  gedrängtesten  und  zahlreichsten 
stehen.  Auf  denselben  Stellen  der  Unterseite  aber  finden  sich  nur 
wenige  und  zerstreute  Sternbaare  und  ebenso  sind  dieselben  auf  den 
Randborsten  und  zwar  auf  allen  Seiten  derselben,  also  anch  in 
diesem  Falle  auf  der  Blattinnenfläcbe  anzutreffen.  Auf  der  eigent- 
lichen Ober-  oder  Innenseite  des  Blattes  habe  ich  niemals  Stern- 
haare  aufgefunden.  Dagegen  findet  sich  im  Scheitel  des  Win- 
kels, den  je  zwei  Randborsten  bilden,  regelmässig  ein  Stemhaar. 
(Taf.  I.  Fig.  3  bei  s.)  Bei  jüngeren  Blättern  sitzen  diese  Stern- 
haare  an  der  tiefsten  Stelle  des  Zwischenraumes  zwischen  den  ein- 
zelnen Randborsten,  bei  älteren  Blättern  dagegen  findet  sich  zwischen 
den  mittelsten,  also  grössten  Randborsten  eine  niedrige,  stompf- 
pyramidale  Erhebung  des  Blattgewebes  bedeckt  von  der  Epidermis, 
und  trägt,  wo  sie  vorhanden,  auf  ihrer  Spitze  das  Sternhaar.  Wenn 
man  ein  kleines,  aber  völlig  entwickeltes  Blatt  in  der  Mittelrippe 
spaltet  und  dann  eine  Hälfte  nach  mehrtägigem  Liegen  in  absolatem 
Alkohol  mit  einer  schwachen  Vergrösserung  (etwa  30)  betrachtet, 
womit  man  den  gewiroperten  Rand  zum  grössten  Theile  übersehen 
kann,  so  gewährt  die  Regelmässigkeit  der  Lage  je  eines  Stemhaares 
zwischen  zwei  Randborsten  einen  recht  zierlichen  Anblick  (Taf.  I. 
Fig.  3),  um  so  mehr,  als  die  Zellen  der  Sternhaare  ihren  röthlich- 
braunen  Inhalt  nicht  verlieren^  während  das  ganze  übrige  Blatt  durch 
den  Alkohol  entfärbt  wird. 

Der  anatomische  Bau  der  Stemhaare  ist  ganz  ähnlich  demjenigen 
der  Drüsen  auf  der  Oberseite,  deren  homologe  Vertreter  anf  der 
Unterseite  sie  sind.  Die  beiden  Basalzellen  und  die  des  Stieles 
stimmen  in  Form  und  Lage,  wie  namentlich  auch  in  der  Richtung 
ihrer  gemeinsamen  Wandung  vollständig  mit  denen  der  Drüsen  flber- 
ein  (Taf.  I.  Fig.  10  bei  sb  und  sst),  so  dass  also  der  Unterschied 
zwischen  Drüsen-  und  Sternhaaren  wesentlich  nur  in  dem  oberen, 
von  dem  Stiele  getragenen  und  über  die  Epidermis  emporragen- 
den Theile  liegt.  Derselbe  besteht  ebenfalls  aus  zwei  übereinan- 
der befindlichen  Zellschichten,  welche  nur  wenige,  um  einen  Punkt 
strahlenförmig  angeordnete  Zellen  besitzen.  Die  Zellen  der  unteren 
Schicht  bleiben  kurz,  diejenigen  der  oberen  dagegen  wachsen  in  4  bis 
8  lange,  gleichmässig  dicke,  daher  am  freien  Ende  stumpfe  Schltnche 
aus,  die  im  fertigen  Zustande  unter  einem  spitzen  Winkel  gegen  die 
Oberfläche  des  Blattes  aufgerichtet  sind  (Taf.  l.  Fig.  10).  Der  rOth- 
lichbraune  Inhalt  derselben  wird  durch  Alkohol  und  Glyccrin  zusammen- 
gezogen und  nimmt  dabei  eine  dunklere  bis  braunschwarze  Färbung  an. 


_    39 

Die  Entwickelungsgeschichte  der  Sternliaare  zu  beobachteo  war  mir 
noch  nicht  möglich;  dieselben  entstehen  sehr  viel  früher,  als  die 
Drüsen,  so  dass  sie  auf  den  jüngsten,  dem  blossen  Auge  überhaupt 
noch  sichtbaren  Blftttern,  welche,  wie  erst  das  Mikroskop  zeigt, 
fast  allein  aus  der  späteren  Mittelrippe  bestehen,  schon  in  der  fer- 
tigen Form  vorkommen  und  zwar  auffallender  Weise  in  solcher 
Häufigkeit  auftreten,  dass  sie  sich  auf  Längs-  wie  auf  Querschnitten 
durch  ein  solches  junges  Blatt  zum  Theil  verdecken  und  das  junge 
Blatt  wie  mit  einem  dichten  Pelze  von  Sternhaaren  gleichsam  ein- 
gehüllt ist.  Die  Drüsen  sind  in  diesem  Alter  noch  nicht  einmal 
durch  Ausstülpung  der  Epidermiszellen  angelegt.  Ich  zweifle  indessen 
nicht,  dass  die  Entwickelung  der  Sternhaare  denselben  Verlauf  nimmt, 
wie  diejenige  der  Drüsenhaare,  von  denen  sie  sich  nur  durch  die 
geringere  Zahl  und  die  Gestalt  der  beiden  obersten  Zellschichten 
unterscheiden.  Die  Sternhaare  besitzen  keine  so  lange  Lebensdauer, 
wie  die  Drüsen,  indem  sie  vielmehr  bald  vertrocknen  und  abfallen. 
Man  bemerkt  dies  natürlich  am  leichtesten  auf  den  Randborsten  und 
an  den  Stemhaaren  zwischen  denselben,  wo  dann  an  der  tiefsten 
Stelle  zwischen  den  Rand  borsten  oder  auf  der  pyramidenförmigen 
Erhebung  zwischen  ihnen  nur  noch  die  Stiele  der  Stemhaare  zu 
sehen  sind,  gerade  so  wie  bei  den  zuHUligerweise  und  mit  Gewalt 
abgestreiften  Drflsen. 

Die  physiologische  Bedeutung  der  Stemhaare  betreffend,  so  hat 
sich  Darwin  ohne  allen  Erfolg,  wie  er  selbst  sagt,  bemüht,  irgend 
eine  Function  derselben  bei  der  Ernährung  der  Pflanzen  durch  or- 
ganische Substanz  aufzufinden.  Alle  seine  Versuche,  die  er  ange- 
stellt hat,  um  zu  erfahren,  ob  die  Stemhaare  organische  Nahrang 
abflorbiren  könnten,  ergaben  negative  Resultate.  Es  ist  in  der  That 
onwahracheinlich,  dass  die  Stemhaare  zu  der  Ernährung  der  Blätter 
durch  Tbiere  in  irgendwelcher  Beziehung  stehen;  denn  in  diesem 
Falle  stünden  sie  gerade  dort,  wo  sie  am  allerentbehrlichaten  sind, 
nämlich  auf  der  Unterseite  der  Lamina,  auf  den  Randborsten, 
awiscben  ihnen  und,  wie  ich  später  noch  zeigen  werde,  auf  dem 
Blattstiele,  der  weder  reizbar  ist,  noch  auch  irgendwelche  organische 
Substanz  selbstständig  aufzunehmen  vermag,  die  ihm  nicht  ans  der 
Lamina  zugeführt  wird.  Hervorzuheben  ist,  dass  die  Stemhaare 
gerade  an  denjenigen  Stellen  des  Blattes  vorkommen,  wo  auch  die 
Spaltöffiiungen  liegen. 

Die  SpaUoffmmgen  fehlen  der  Oberseite  der  Lamina,  wenn  wir 
von  den  Randboraten  absehen,  durchweg,  dagegen  sind  sie  zahlreich  auf 
der  Unterseite  zu  finden,  aoch  auf  den  Randborsten,  wo  sie,  wie  die 


40 

Steruliaare,  nicht  bloss  auf  der  äusseren  Fläche  derselben,  sondeni 
rings  um  dieselben,  also  auch  auf  der  Oberseite  der  Randbonten 
stehen.  Am  häufigsten  sind  aber  die  Spaltöffnungen,  wieder  wie  die 
Sternhaare,  in  der  Nähe  der  Mittelrippe  der  Unterseite  nnd  anf  dieser 
selbst,  wo  sie  deutlich  in  Reihen  stehen.  Wie  die  EpidennisselleB 
zwischen  der  Mittelrippe  und  den  Lappen  der  Lamina  in  Bogen  an- 
geordnet sind,  so  folgen  auch  die  Spalten  dieser  Richtang,  habet 
also  an  verschiedenen  Stellen  eine  verschiedene  Lage  (Taf.  IL  Fig.  1 
bei  sp),  die  scheinbar  ganz  nnregelmässig  wäre,  wenn  man  von  der- 
jenigen der  anliegenden  Zellen  der  Oberhant  absähe.  Das  voUstio- 
dige  Fehlen  der  Spaltöffnungen  auf  der  Oberseite  der  Lamina  darf 
meiner  Ansicht  nach  nicht  Wunder  nehmen ;  denn  die  Spaltöffnungen 
stehen  bekanntlich  „da  am  häufigsten,  wo  ein  lebhafter  Anstanadi 
der  Gase  zwischen  der  Pflanze  und  der  umgebenden  Luft  stattfindet, 
denn  sie  sind  physiologisch  genommen  nichts  Anderes  als  die  Aus- 
gänge der  Intercellularräume  des  inneren  Gewebes,  die  sich  stellen- 
weise zwischen  den  Epidcrmiszellen  nach  aussen  öffnen  ^).^  Die  Er- 
nährung durch  die  Blätter  scheint  vielmehr  dermassen  vertheilt  m 
sein,  dass  diejenige  durch  organische  Körper,  gewöhnlich  Thiere, 
ausschliesslich  von  der  Oberaeite  besorgt  wird,  während  daneben  noch 
die  Aufnahme  anorganischer,  luftförmiger  Verbindungen  der  Unter- 
seite der  Lamina  und  beiden  Seiten  des  Blattstieles,  welcher  vielleicht 
dafür  ausnahmsweise  so  breit  entwickelt  ist,  zukommt.  Auch  beaitit 
die  Oberseite  der  Lamina  auf  den  Randborsten,  welche  selbst  nach 
dem  Verschlusse  des  Blattes  noch  der  äusseren  Luft  auf  allen  Seiten 
ausgesetzt  sind,  Spaltöffnungen,  durch  die  auch  ein  Gasaustanach 
stattfinden  kann. 

Die  den  Schliesszellen  der  Spaltöffnungen  benachbarten  Epidermia- 
zellcn  sind  nicht  anders  gestaltet,  als  die  übrigen  Zellen  der  Ober- 
haut und  namentlich  ebenso  langgestreckt  (Taf.  IL  Fig.  1).  Die 
Schliesszellen  der  Spaltöffnungen  selbst  haben  von  der  Fläche  ge- 
sehen die  gewöhnliche  halbmondförmige  Gestalt,  sind  nach  oben 
schwach  gewölbt  und  gleichen  von  der  Seite  gesehen  einem  Ring- 
ausschnitte (Taf.  I.  Fig.  12  bei  s).  Sie  sind  gleich  den  (Ibrigen 
Epidcrmiszellen  mit  Chlorophyll  versehen  und  lassen  einen  ziemlich 
grossen  Porus  zwischen  sich.  Dieser  letztere  ist,  in  seiner  vertikalen 
Richtung  betrachtet,  mitten  weiter  als  oben  und  unten.  Auf  einem 
Längsschnitte  durch  die  Spaltöffnung,  welcher  beide  Schliesszellen 
halbirt,  bemerkt  man  darum  in  der  Mitte  eine  im  Umrisse  ungefähr 

1)  Sachs,  Lehrbuch  der  Botanik.    4.  Auflage.  Seite  104. 


41^ 

kreisförmige  Höhlung,  die  sich  nach  oben  und  unten  in  einen  engen 
Kanal  fortsetzt. 

Das  Chundgewebe,  Im  Allgemeinen  besteht  das  Grundgewobe  der 
Lamina  von  Dionaea  aus  verlängerten  parenchjmatischen  Zellen, 
welche  in  ganz  derselben  Richtung  wie  die  Epidermiszellen  gestreckt 
sind,  d.  h.  also  in  der  Mittelrippe  parallel  der  Wachsthumsaxe  des 
Blattes,  in  dem  übrigen  Theile  der  Lamina  hingegen  senkrecht 
darauf.  Im  Besonderen  jedoch  zeigt  das  parenchymatische  Grund- 
gewebe der  Mittelrippe  einige  Verschiedenheiten  von  demjenigen  der 
beiden  seitlichen  Laminahälften,  weshalb  wir  auch  die  crstere  von 
diesen  gesondert  betrachten  wollen. 

Die  in  der  Mittelrippe  unmittelbar  unter  der  Epidermis  liegenden 
Zelienschichten  des  Grundgewebes  sind  von  den  inneren  nicht  wesent- 
lich verschieden,  so  dass  hier  weder  ein  Hypoderm,  noch  eine  eigent- 
liche Pallisadenschicht,  noch  ein  besonderes  Schwammgewebe  unter- 
schieden worden  kann.  Sie  sind  vielmehr  eng,  ungefähr  von  ebenso 
weitem  Lumen,  wie  die  Epidermiszellen,  im  Querschnitte  rundlich 
und  in  der  Längsrichtung  des  Blattes,  wenn  auch  wenig,  so  doch 
immer  deutlich  verlängert.  Von  ihnen  ab  nehmen  die  Zellen  um  so 
mehr  an  Weite  sowohl  wie  an  Länge  zu,  je  mehr  sie  nach  innen 
zu  liegen  und  dem  einzigen  centralen  Gefässbündel  der  Mittelrippe 
sieh  nähern,  gehen  aber  in  dessen  nächster  Umgebung  wiederum  in 
kOrzere  und  engere  Zellen  über;  auch  sind  die  Zellen  der  Oberseite 
des  Blattes  in  der  Regel  etwas  weiter  als  die  der  Unterseite.  Die 
inneren  grösseren  Parenchymzellen  sind  dtlnnerwandig  und  besitzen 
bei  Weitem  nicht  so  viel  Chlorophyll,  wie  die  äusseren  und  kleineren. 
Die  ersteren  sind  femer  ebenfalls  im  Querschnitte  rundlich  und 
lassen  sehr  zahlreiche  Intercellularräume  von  verschiedener  Gestal- 
tung zwischen  sich.  Die  Ghlorophyllkörner  sind  denjenigen  in  den 
Epidermiszellen  gleich,  oval  (Taf.  IIL  Fig.  1),  durchscheinend  und 
in  dem  schon  oben  bei  der  Betrachtung  der  Oberhautzellen  ange- 
führten Falle  mehr  oder  minder  stärkehaltig.  Dabei  findet  ein  all- 
mählicher Uebergang  von  den  engen,  sehr  chlorophylireichen  peri- 
pherischen Zellen  des  Gmndgewebes  zu  den  inneren  desselben  statt, 
so  dass  an  eine  Grenze  verschiedener  Schichten  in  Wirklichkeit,  wie 
erwähnt,  nicht  gedacht  werden  kann. 

Von  dem  Grundgewebe  der  Mittelrippe  unterscheidet  sich  das- 
jenige in  den  beiden  Laminahälften  zunächst  dadurch,  dass  seine 
sämmtUchen  Parenchymzellen  sehr  viel  mehr  in  die  Länge  senkrecht 
zur  Mittelrippe  gestreckt  sind,  als  in  dieser  (Taf.  IL  Fig.  2  bei  gi) 
und  zwar  die  inneren   noch  mehr  als  die  äusseren.     Auch  tritt  im 


42 

Grundgewebe  der  Spreitenhälften  der  Unterschied  von  miitieren  chloro- 
pliyllarmen,  dem  Schwammgewebe  vergleichbaren  Zellensehicbteii  und 
oberen  und  unteren  Chlorophyll  reichen  Zellcnschichten  deatlicher 
hci-vor,  als  in  der  Mittelrippe.  In  der  Breite  übertreffen  die  ionereo 
Orundgewebezellen  der  Spreitenhälften  die  äusseren  viel  mehr,  ala 
dieses  in  der  Mittelrippe  der  Fall  ist  (vergleiche  Taf.  II.  Flg.  3  und 
Fig.  7).  Auch  sind  die  Wände  der  inneren  Zellen  im  Qaerschnitte 
nicht  mehr  gerade  oder  einfach  nach  aussen  gekrümmt,  wie  bei  den 
äusseren,  sondern  in  verschiedener  Weise  nnregelmässig  gebogen 
(Taf.  II.  Fig.  7  bei  ig).  Die  meisten  von  ihnen  enthalten  nicht  nv 
weniger  Chlorophyll,  als  die  äusseren  Zellen  des  Grundgewebea  und 
die  Epidermis,  sondern  viele  entbehren  desselben  sogar  vollständig. 
Endlich  lassen  sie  sehr  grosse,  meist  immer  im  Querschnitte  drei- 
eckige Intercellularräume  zwischen  sich,  deren  Wandungen  ebenfalls 
öfters  nicht  gerade,  sondern  nach  aussen  zu  gekrümmt  sind  (Taf.  IL 
Fig.  7  bei  i).  In  der  Umgebung  der  die  Lamina  zahlreich  ia 
paralleler  Richtung  und  senkrecht  zur  Mittelrippe  durchziehendea 
Gefässbündcl  befinden  sich  wiederum  engere,  viel  Chlorophyll  ent- 
haltende, aber  auch  sehr  langgestreckte  Zellen,  jedoch  findet  auch 
hier  hinsichtlich  der  Weite  des  Lumens  und  bezüglich  des  Chloro- 
phyllgehattes  ein  allmählicher  Uebergang  einerseits  von  oben  und 
unten,  andererseits  von  den  GefUssbündeln  nach  allen  Seiten  hin  atatt 

Gemeinsam  ist  zwischen  dem  Grundgewebe  der  Mittelrippe  und 
dem  der  übrigen  Lamina,  dass  die  mehr  oberflächlichen  Zellen  in 
beiden  Theilen  im  Querschnitte  rundlich  sind  und  die  inneren  sartere 
Wandungen  besitzen,  als  die  äusseren,  ferner,  dass,  wie  die  Bpider- 
miszellen  der  Blattoberseite,  so  auch  die  unter  ihnen  befindlichen  des 
Grundgewebes  weiter  sind,  als  auf  der  Unterseite  der  Lamina  (ver- 
gleiche Taf.  II.  Fig.  3  und  Fig.  7),  und  endlich  ist  gemeinschaftlich 
das  Vorkommen  von  wieder  engeren  und  chlorophyllreicheren  Zellen 
in  der  Umgebung  der  GefUssbündel. 

Die  Zellen  des  Gruudgewebes  in  der  Lamina  von  Dionaea  sind 
in  derselben  Richtung  langgestreckt,  welche  den  kürzesten  Weg 
des  motorischen  Impulses  bildet,  nachdem  das  Blatt  gereizt  ist  Denn 
wiewohl  Darwin')  durch  verschiedene  Versuche  gezeigt  hat,  daat 
der  motorische  Impuls  von  einer  der  sechs  Mittelborsten  ans  nach 
allen  Richtungen  hin  radial  sich  ausbreitet,  so  wird  derselbe  doch 
beim  unverletzten  Blatte  von  der  betreffenden  Mittelborste  nach  der 
Mittelrippe  und  von  da  in  die  andere  Laminahälfte  üboi  gehen.     Viel- 

I)  Darwiu  1    c.  p.  313. 


43 

leicht  bewegt  er  sieb,  wie  schon  Darwin  glaubt,  um  so  schneller, 
je  länger  und  weiter  die  von  ihm  zn  dnrclilaufenden  Zellen  sind, 
und  aus  diesem  Grunde  mögen  auch  die  Zellen  des  Grundgewebes 
in  den  seitlichen  Laminahälften  verlängerter  sein,  als  in  der  Mittel- 
rippe, weil  in  letzterer  der  motorische  Impuls  den  Weg  parallel  der 
Mittellinie  des  Blattes  nie  nimmt,  sondern  quer  durch  von  einer 
Laminahälfte  zur  anderen  geht.  Für  diese  Ansicht  spricht  nun  auch 
die  grössere  Weite  der  oberen  Zellen  des  Grundgewebes  und  der 
Epidermis;  denn  der  motorische  Impuls  wird  von  den  Mittelborsten, 
welche  ja  auf  der  Oberseite  der  Lamina  stehen,  oder  von  der  orga- 
nischen Substanz,  welche  ebendahin  gebracht  werden  muss,  auch 
näher  der  oberen,  als  der  unteren  Blattfläche  in  den  Zellen  geleitet 
werden,  um  das  Blatt  zur  Schliessung  zu  veranlassen.  Endlich  sei 
nur  noch  darauf  hingewiesen,  dass  auch  in  den  Köpfchenhaaren  von 
Drosera  die  Zellen  parallel  der  Längenaxe  gestreckt  sind,  und  diesen 
Weg  allein  kann  hier  der  motorische  Impuls  nehmen,  während  er 
bei  Dumaea  auch  Umwege  machen  kann. 

Die  OefässbiindeL  Auch  in  Hinsicht  der  GefiUsbündel  verhält 
sich  die  Mittelrippe  der  Lamina  von  deren  beiden  Seitentheilen 
sehr  verschieden.  In  der  Mittelrippe  verläuft  ihre  ganze  Länge 
hindurch  und  genau  die  centrale  Axe  einnehmend  ein  einziges, 
sehr  dickes  GefassbQndel,  welches  nach  der  Spitze  des  Blattes  zu 
sich  allmählich  verjfingt  und  schon  vor  derselben  blind  im  Grund- 
gewebe endet  (Taf.  I.  Fig.  3  bei  g).  Von  demselben  gehen  unter 
fast  rechten  Winkeln  zahlreiche,  jedoch  sehr  viel  schwächere  Gef^s- 
bflndel  ab.  Dieselben  verlaufen  unter  einander  scheinbar  parallel, 
in  Wirklichkeit  jedoch  von  der  Mittelrippe  nach  den  Randborsten, 
wie  die  geradlinigen  Ränder  an  der  Blattbasis  und  -Spitze  divergirend. 
Sie  bleiben  ferner  bis  nahe  zum  gekrümmten  Rande  ungetheilt,  dort 
aber  spaltet  sich  ein  jedes  derselben  in  zwei  einen  spitzen  Winkel 
einschliessende  Aeste,  von  denen  sich  jeder  mit  einem  solchen  des 
benachbarten  GeflUsbOndels  vereinigt.  Je  ein  einfaches,  auf  solche 
Weise  wieder  vereinigtes  Qefilssbündel  tritt  in  jede  Randborste  ein. 
Diese  Art  der  Theilung  der  OeHUshtlndel  und  Wiedervereinigung 
Ihrer  Oabeläste  ruft  das  Bild  einer  Zickzacklinie  von  Oefässbflndeln 
hervor,  welche  längs  des  gekrfimmten  Randes  unter  den  Randborston 
in  einem  Bogen,  wie  dieser  selbst  veriäuft.  Natürlicherweise  kommen 
auch  hier  wieder  Unregelmässigkeiten  und  Ausnahmen  von  diesem 
Schema  vor,  so  gabeln  sich  die  aus  der  Mittelrippe  kommenden  Ge- 
fässbündel  nicht  selten  schon  früher  (Taf.  I.  Fig.  3  bei  gf)«  in  der 
Mitte  der  Laminahälften   etwa,    oder   auch  erst  viel  später  (Taf.  I. 


44   

Fig.  3  bei  gs),  als  im  normalen  Verlaufe,  z.  B.  erat  am  Onmde  der 
Randborsten  selbst,  oder  sie  gabeln  sich  mehrmals  flbereiiMUideri 
ohne  dass  jedoch  solche  Unregelmässigkeiten  den  geschilderteil  Ty- 
pus undeutlich  machen  könnten.  Manche  Geftssbündel  erreicheo  die 
Randborsten  gar  nicht  (und  dies  sind  meist  schwächere),  Bondem 
enden  blind  im  Orundgewebe  der  Laminahälften,  bisweilen  achoa 
vor  der  Mitte  der  Strecke^  welche  sie  eigentlich  xorflcklegea 
sollten. 

Das  axile  Geftssbündel  der  Mittelrippe  ist  dicker,  oder  doch 
mindestens  ebenso  dick,  wie  alle  anderen  beider  Laminahälften  n- 
sammengenommen  (Taf.  I.  Fig.  3  bei  g  und  g');  nimmt  man  noch 
dazu,  dass  die  Art  der  Verzweigung  der  OeHlssbflndel  ausserordent- 
lich zweckmässig  ist,  um  auch  die  entferntesten  Punkte  des  Blattet 
mit  einander  in  Communication  zu  bringen,  so  liegt  die  VerrnntboDg 
nahe,  dass  die  Oeßlssbündcl  zu  der  Leitung  des  motorischen  Impul- 
ses in  naher  Beziehung  stehen.  Darwin  hat  indessen  durch  ver- 
schiedene Versuche^  auf  die  ich  hier  nicht  näher  eingehen  kann,  ge- 
zeigt, dass,  entgegen  der  Ansicht  der  meisten  Pflanzenphyaiologea 
über  reizbare  Organe,  die  Oef^sbttndel  ftlr  die  Leitung  des  moto- 
rischen Impulses  in  den  Blättern  von  Dionaea  gar  nicht  nothwendig 
sind^),  und  wir  werden  später  sehen,  dass  in  die  sechs  Mittelboraten, 
auf  deren  Reizung  erst  die  Bewegung  der  Laminahälften  erfolgt, 
überhaupt  gar  keine  OeHlssbündel  eintreten,  sondern  dieselben  niiter 
ihnen,  wie  ich  öfters  auf  Querschnitten  durch  Laminahälften  beob- 
achtet habe,  ohne  von  ihrer  Richtung  abzulenken,  vorbeigeben. 
Auch  enthalten  nach  Cohn^)  die  Blätter  von  Äldrovanda  flberbaopt 
keine  Qefässbündel  und  sind  dennoch  äusserst  reizbar. 

Es  bedarf  wohl  kaum  der  Erwähnung,  dass  die  OeßisabOndel 
auch  mit  den  für  die  Ernährung  der  Pflanzen  durch  organische  Sub- 
stanz so  äusserst  wichtigen  Drüsen  der  Blattoberseite  in  keineriei 
directer  Verbindung  stehen,  wie  schon  hinreichend  aus  der  obigen 
anatomischen  Beschreibung  der  Drüsen  hervorgeht.  Es  acheint  n* 
weilen,  als  ob  Drüsen  von  der  Fläche  gesehen  über  einem  OeflUa- 
bündel  der  Blattspreite  in  einer  Reihe  angeordnet  seien,  jedoch  ist 
dies  immer  nur  Zufall  und  man  überzeugt  sich  abgesehen  von  einem 
Blattquerschnitte  schon  bei  den  übrigen  Drüsen  desselben  Blattes 
vom  Gegentheile. 


>)  Darwin  1.  c.  p.  313. 

*)  Cohn.  Ueber  die  Funktion  der  Blasen  von  Äldrovanda  und  Utri- 
cularia  aus  ,,Beiträge  zur  Biologie  der  Pflanzen.*'  Band  I.  Drittes  Heft. 
Breslau  1875. 


45 

Die  Zasammensetzuog  der  Oeflssbündel  ist  sehr  einfach;  sie  sind 
sämmtlich  geschlossene;  das  Xylem  besteht  in  denen  der  Lamina- 
hälften  aus  lanter  Spiralgeftssen  (Taf.  IL  Fig.  2  bei  sp),  und  selbst 
das  grosse  OeHtosbündel  der  Mittelrippe  besteht  aus  keinen  anderen 
Gefässen.  Das  Phloem  besteht  aus  Weichbast;  echter  Bast  fehlt 
gänzlich.  Der  erstere  enthält  Gitterzellen  und  Cambiforn^  bestehend 
ans  engen,  immer  beträchtlich  verlängerten  nnd  dünnwandigen  Zellen, 
welche  sich  an  ihren  schmalen  Enden  mit  geraden  d.  h.  senkrecht 
zur  LängenrichtUDg  gestellten,  seltener  mit  schiefen  Scheidewänden 
begrenzen  (Taf.  II.  Fig.  2  bei  wb).  Der  Weichbast  setzt  auch  bei 
dem  dicken,  axilen  GefiUabttndel  in  der  Mittelrippe  den  Phloemtheil 
ausschliesslich  zusammen,  so  dass  also  in  den  Bestandtheilen  das 
Geftssbündel  der  Mittelrippe  sich  Tor  den  übrigen  nicht  auszeichnet 
und  lediglich  durch  seine  grössere  Mächtigkeit  dieselben  übertrifft 

Auswüchse   des    Blattgewebes,     Die  Randborsten   und  die    Er- 
hebungen zwischen  ihnen,   Querschnitte  durch  die  Bandborsten  zeigen, 
dass  dieselben  sich  als  dreiseitige,   schlanke   Pyramiden   betrachten 
lassen,  deren  Seitenkanten  abgerundet  sind  (Taf.  I.  Fig.  13.)     Eine 
Seitenfläche  ist  nach  auswärts  und  abwärts  gekehrt,  die  Durchschnitts- 
kante der  beiden  anderen  sieht  nach  der  Ober-   oder  Innenseite  der 
Lamina.   Die  Randborsten  sitzen  dem  gekrümmten  Rande  des  Blattes 
mit  ihrer  breitesten  Querschnittsfläche  auf  und  nehmen,   wie  bereits 
erwähnt,  von  der  Mitte  des  Randes,  wo  die  grössten  stehen,  beiderseits 
an  Länge  und  Dicke  ab.   Im  anatomischen  Bau  gleichen  sie  der  Mittel- 
rippe.    Die  Epidermiszellen  sind  ebenfalls  im  Querschnitte  rundlich, 
langgestreckt  nnd  besitzen  auf  allen  Seiten  Spaltöffnungen  und  Stern- 
haare.    Die   unter  ihnen  liegenden  Zellen    des  Grundgewebes  sind 
meist  ebenso  gross  nnd  nehmen  von  aussen  nach  innen  an  Weite  zu, 
während  sie  zugleich  in  dtßmselben  Verhältnisse  dünnerwandig  werden. 
Alle  lassen   zahlreiche  und  verschieden  geformte  Intercellularräume 
zwischen   sich   ganz  so,   wie   in  der  Mittelrippe.     Die  Randborsten 
werden  von  einem  einzigen,  aus  wenigen  SpiralgeßUsen  zusammen- 
gesetzten Gefässbündel  durchzogen,   in   dessen  Umgebung  die  Zellen 
des  Grundgewebes  wieder  enger  werden.     Das  Gefössbündel    läuft 
nicht  genau   in   der  Mitte   der  Randborsten,  sondern  mehr  nach  der 
Innenseite  derselben   zu,  verjüngt  sich  nach  der  Spitze,    indem  die 
Zahl  der  Spiralgefässe  immer  mehr  und  mehr  abnimmt  und  endet 
endlich  blind  —  oft  noch  weit  vor  der  Spitze  —  im  Grundgewebe. 
Dass  die  Randborsten,  obwohl  von  einem  GefiUsbündel  durchzogen, 
dennoch    keine    eigene    Bewegung    bei    dem  Schliesscn    des  Blattes 
besitzen,    sondern   nur  diejenige  der  Laminalappeu  mitmachen,    und 


46 

vermöge  ihrer  alternireoden  Stellnng  in  einander  greifen  mUssea, 
kann  als  ein  weiterer  Beweis  dafQr  angesehen  werden,  dasa  die 
Gegenwart  der  Geftashündel  fQr  die  Leitung  des  motoriacheo 
Impulses  eben  gar  nicht  nothwendig  ist. 

Die  Erhebungen  des  Blattgewebes,  welche  sich  zuweilen  Doch 
bei  alten  Blättern  zwischen  den  mittleren  Randborsten  befiodeo,  un- 
terscheiden sich  von  den  letzteren  dadurch,  dass  sie  immer  sehr  nie- 
drig bleiben,  indem  die  Reihen  der  Epidermiszellen,  welche  ihre 
Aussenfläche  nach  der  Spitze  convergirend  hinauflaufen,  in  der  Regel 
nur  aus  drei  oder  zwei,  ja  nicht  selten  aus  einer  einzigen  langge- 
streckten Zelle  gebildet  werden,  weshalb  ich  auch  SpaltOffnnngcB 
auf  ihnen  niemals  beobachtet  habe.  Sie  unterscheiden  sich  femer 
von  den  Randborsten  dadurch,  dass  sie  nicht  nur  niedriger,  aondem 
auch  sehr  viel  stumpfer  sind,  nur  ein  einziges  Stemhaar  anf  ihrer 
Spitze  besitzen,  das  aber  später  abHlllt,  und  endlich  darch  den 
Mangel  eines  Geflässbündels. 

Die  Mittelboraten.  Inmitten  der  so  zahlreichen  Drüsen  erheben 
sich  auf  der  Oberseite  jeder  Laminahälfte  gewöhnlich  drei  haarfOrmige 
Gebilde,  welche  ich  im  Gegensatze  zu  den  ähnlichen  Hervorragungeo 
des  Randes  als  Mittelborsten  bezeichnet  habe.  Sie  bestehen  im 
Gegensatze  zu  den  Randborsten  aus  zwei  deutlich  geschiedenen  und 
im  Bau  abweichenden  Theilen.  Der  untere,  den  ich  Basalthell  nen- 
nen will,  ist  kurz,  cylindrisch  aber  am  Grunde  deutlich  verbreitert 
(Taf.  II.  Fig.  5  bei  b).  Er  besteht  aus  denselben  Elementen,  wie 
die  unter  der  Epidermis  liegenden  Schichten  des  Grundgewebes  der 
Laminahälften  selbst,  d.  h.  ans  parenchymatischen,  wenig  und  zwar 
in  der  Längenrichtung  der  Mittclborsten  verlängerten  Zeilen.  Ein 
GefUssbündel  enthält  er  nicht  nnd  bildet  dadurch  einen  wesentlichen 
Gegensatz  zwischen  Mittel-  und  Randborsten,  doch  nimmt  seine  Axe 
ein  Strang  engerer,  kurzer  Zellen  mit  sehr  kleinen  Kernen  ein,  aber 
nie  Gefasse  (Taf.  II.  Fig.  5  bei  ro).  Dieser  basale  Theil  fangirt 
als  Gelenk  der  Mittelborsten  und  ist  demgemäss  oft  am  Rande  ein- 
mal oder  mehrmals  eingebogen  und  erscheint  dann  im  optischen 
Längsschnitte  wie  gekerbt.  Wenn  die  Mittelborsten  unter  rechten 
Winkeln  zur  Blattoberfläche  unbeweglich  stunden,  so  könnten  sie 
leicht  abgebrochen  werden,  wenn  das  Blatt  sich  schliesst,  und  dieses 
würde  dadurch  seine  wichtigsten  Organe  einbüssen.  Das  Gelenk 
gestittet  dagegen  denselben  sich  umzulegen,  wenn  sich  das  Blatt 
sclilicsst,  nnd  in  dieser  Lage  sind  sie  oft  von  mir  beobachtet  worden. 
Selbst  wenn   ein  Theil   der  Lamina,   worauf  eine  Mittelborste    aitzt, 


47 

zwischen  HoUnndermark  gebracht  würde,  um  einen  Längsschnitt 
durch  dieselbe  zu  führen,  so  brach  sie  dennoch  nie  ab,  sondern  be- 
fand sich  anf  dem  Schnitte  nnr  noch  in  mehr  oder  minder  nieder- 
gebeagter  Stellang. 

Der  obere,  sehr  viel  längere  und  kegelförmige  Theil,  welcher  als 
die  eigentliche  Mittelborste  bezeichnet  werden  mag,  ist  an  seinem 
nnteren  Ende,  wo  er  mit  dem  Basaltheile  sich  verbindet,  plötzlich 
eingeschnürt  and  besteht  aus  sehr  verlängerten  und  engen  Zellen 
(Taf.  II.  Fig.  5  bei  o);  wo  er  mit  einem  centralen,  kreisförmigen 
Theile  aufsitzt,  enthält  er  kurze,  polygonale,  meist  sechseckige  Zellen. 

Die  Zellen  des  kegelförmigen  Theiles  oder  der  eigentlichen  Mittel- 
borste sollen  nach  Darwin  gewöhnlich  mit  einer  purpurfarbenen 
Flüssigkeit  erfüllt  sein,  welche,  wie  diejenige  in  den  Drüsen  von 
Dionaea  und  die  der  Zellen  in  den  Köpfchenhaaren  von  Drosera 
Aggregation  zeigt,  deren  Verlauf  aber  bei  den  Mittelborsten  einen 
umgekehrten  Weg  nimmt,  als  bei  Drosera,  d.  h.  von  der  Basis  zur 
Spitze  geht;  ich  selbst  habe  diese  purpurne  Flüssigkeit  in  den  Zellen 
der  Mittelborsten  von  Dionaea  nie  gefunden. 

Die  Mittelborsten  entstehen  durch  Ausstülpung  eines  Zellencom- 
plexes  aus  dem  Grundgewebe  des  Blattes,  bedeckt  gleichmässig  vom 
Dermatogen  und  in  diesem  frühen  Zustande  von  ungeftlhr  halbkuge- 
liger Gestalt,  wie  Querschnitte  durch  sehr  junge  Blätter  zeigen, 
welche  eine  von  den  Mittelborsten  getroffen  haben.  Indem  sich  nun 
diese  Emergenz  verlängert,  nimmt  zugleich  ihr  oberer  Theil  an 
umfang  zu^  während  der  untere  darin  hinter  ihm  zurückbleibt,  so 
dass  die  junge  Mittelborste  in  diesem  Zustande  eine  keulenförmige 
Gestalt,  jedoch  mit  etwas  verjüngter  Spitze,  besitzt  (Taf.  IL  Fig.  4). 
Die  Zellen  des  oberen  Theiles  verlängern  sieh  nun  einfach  bedeutend 
in  der  Richtung  der  Längsaxe,  während  derselbe  zugleich  immer 
mehr  sich  zuspitzt  und  zu  dem  kegelförmigen  oberen  Ende  der 
Mittelborste  ausbildet.  Im  unteren  Theile  dagegen  erfahren  die 
einzelnen  Zellen  keine  weiteren  bemerkenawerthen  Veränderungen, 
um  dasjenige  Gebilde  zusammenzusetzen,  welches  ich  oben  als  das 
Gelenk  der  Mittelborsten  bezeichnet  habe.  Aus  obiger  anatomischer 
Untersuchung  ergiebt  sieh,  dass  die  Mittelborsten  und  Randborsten 
morphologisch  nicht  gleichwerthig  sind;  die  letzteren  «entsprechen 
Blattzähnen,  während  die  ersteren  den  Werth  von  Emergenzen  oder 
Stacheln  besitzen. 

Von  einer  Vergleichung  der  Anatomie  der  Blätter  von  Dionaea 
mit  denen   von   Aldrovanda  und  Drosera,    welche  sehr  interessante 


48 

Homologien  und  Verschiedenheiten  herausstellt,    sehe  ieb,    mls  nieht 
im  Plane  dieser  Abhandlung  liegend,  ab'). 

Der  Blattstiel,  In  anatomischer  Beziehung  schlieast  sieb  der 
Blattstiel  an  die  Mittelrippe  der  Lamina  an.  Die  Epidermissellen  aind 
aämmtlich  langgestreckt  und  zwar  In  allen  Theilen  des  Blattstieles 
in  der  Richtung  der  Wachsthumsaxe,  sie  sind  ferner  ebenfalls  ehloro- 
phyllhaltig  und  erzeugen  sowohl  auf  der  Unter-,  als  auch  auf  der 
Oberseite  zahlreiche  Sternhaare  (Taf.  III.  Fig.  4  bei  st)  und  Spalt- 
Öffnungen.  Durch  letzteren  umstand  wird  der  breitgeflOgelte  Blatt- 
stiel, wie  ich  meine,  gewissermassen  zum  Ersatz  f&r  die  Oberseite 
der  Lamina,  welche  keine  Spaltöffnungen  trägt,  weil  sie  bei  ihrer 
Function  geschlossen  sein  muss.  In  dieser  Ansicht  bin  icb  bestärkt 
worden  durch  die  sehr  grosse  Anzahl  der  Spaltöffnungen  auf  den 
Flügeln  des  Blattstieles  unten  und  nicht  minder  oben.  Die  Spalt- 
öffnungen sind  auf  dem  Blattstiele  sogar  sehr  viel  zahlreieber  all 
die  Sternhaare.  Bisweilen  stehen  einzelne  der  letzteren  aaf  der 
Spitze  ähnlicher  Erhebungen  des  Blattstielgewebes,  wie  ieb  twisehei 
den  Randborsten  der  Lamina  beobachtet  habe.  Beide,  Spaltöflhiingea 
wie  Stemhaare,  stimmen  im  anatomischen  Bau  mit  denjenigen  der 
Lamina  völlig  tiberein,  weshalb  hier  auf  diese  verwiesen  wird.  Auch 
in  Betreff  des  Grundgewebes  ist  nichts  wesentlich  Verschiedenes  vos 
demjenigen  der  Mittelrippe  der  Lamina  anzufahren.  Dasselbe  besteht 
aus  im  Querschnitte  rundlichen,  in  derselben  Richtung,  wie  die  der 
Epidermis,  verlängerten,  parenchymatischen  Zellen,  welche  Tom 
Umfange  nach  innen  zu  an  Weite,  Länge  und  Dttnnwandigkeit 
zunehmen.  Hervorgehoben  verdient  aber  noch  zu  werden  die  Anord- 
nung der  chlorophyllführenden  Zellen;  nämlich  wie  in  der  Lamina 
enthalten  nicht  alle  Zellen  gteichmässig  Chlorophyll;  sehr  chlorophyll- 
reich sind  die  äusseren,  unter  der  Epidermis  liegenden  Zellenscbich- 
ten  des  Grundgewebes,  ferner  diejenigen  in  der  Umgebung  der 
Oefässbündel,  welche  wieder  enger  sind^  und  endlich  einzelne,  grossere 
oder  kleinere  Gruppen  von  Zellen,  die  vom  Rande  nach  innen  vor- 
springen, oder  ganz  von  farblosem  Grundgewebe  umgeben  sind,  eine 
bestimmte,  gesetzmässige  Anordnung  übrigens  aber  nicht  erkennen 
lassen.  Im  Querschnitte  des  Blattstieles  bei  einer  schwachen  Vcr- 
grösserung  erscheinen  darum  nur  die  Flügel  völlig  grün,  weil  hier 
die    chlorophyllführenden   Randschichten    der   Ober-    und  Unterseite 


1)  Vergleiche  über  Aldrovauda:  Cohn,  Flora  1850  No.  43  und  Jahresber. 
der  Schles.  Ocscllschafi  pro  1850  p.  108—114;  Caspary,  Botanische  Zeitung 
1859;  über  Drosera:  Nitschke,  De  Droscrae  folioruni  irritabilitate,  Disser- 
tation 1S54,  Botanische  Zeitung  ISOO  und  1861. 


49 

einander  berühren,  ohne  farbloses  Grnndgewebe  zwischen  eich  zu 
lassen;  die  im  Querschnitte  ungefähr  halbkreisförmige  Mittelrippe 
erscheint  dagegen  fast  farblos,  nmgeben  von  einem  grünen  Rande 
und  einzelne  grüne  Zellengrnppen  wie  Inseln  umschliessend. 

Der  Gefässbündelverlauf  im  Blattstiele  ist  weitaus  verschieden 
von  demjenigen  in  der  Lamina.  Aach  im  ersteren  unterscheidet 
man  zwar  ein  axiles,  sehr  grosses  nnd  zahlreiche  laterale,  sehr  viel 
schwächere  GefUssbündel,  doch  zweigen  sich  die  letzteren  unter  sehr 
spitzen  Winkeln  von  dem  mittleren  ab  (Taf.  III.  Fig.  3)  und  laufen 
deshalb  mit  ihm  eine  Strecke  ungefähr  parallel  oder  in  flachen  Bogen 
und  vereinigen  sich  wieder  mit  den  nächst  oberen.  Sie  gabeln  sich 
ihrerseits  unter  denselben  Winkeln  und  theilen  sich  dabei  in  immer 
schwächere  Gefässbündel,  bis  am  Rande  des  Blattstieles  die  feinsten 
derselben  blind  im  Grundgewebe  verlaufen.  Auch  die  weiten  Maschen 
des  Gefässbündelnetzes  werden  von  schwächeren  Gefässbündeln  aus- 
gefallt und  eben  solche  verbinden  auch  das  mittelste  Gefässbündel 
mit  dem  ihm  benachbarten.  Ein  Blattstielquerschnitt  zeigt  deshalb 
zu  beiden  Seiten  des  axilen  grössten  noch  mehrere  kleinere  Gefäss- 
bündel in  der  Mittelrippe  und  namentlich  in  den  Flügeln,  die  alle  unge- 
fähr in  einer  geraden  Linie  liegen  und  um  so  mehr  an  Zahl  zuneh- 
men, je  weiter  oben  der  Querschnitt  genommen  wird.  Noch  muss 
hervorgehoben  werden,  dass  eine  Symmetrie  in  der  Verzweigung 
der  Gefässbündel  zu  beiden  Seiten  des  axilen  keineswegs  besteht 
(Taf.  III.  Fig.  3),  wenn  auch  der  Verlauf  in  beiden  Flügeln  der- 
selben Regel  folgt. 

Die  Gefässbündel  des  Blattstieles  enthalten  im  Xylemtheile  zwar 
nicht  ausschliesslich,  wie  in  der  Lamina,  aber  doch  vorwiegend 
Spiralgefässe,  daneben  aber  noch  Ring-  und  Netzgefässe,  und  der 
Weichbast,  aus  Cambiform  und  Gitterzellen  bestehend,  ist  auf  der 
Unterseite  bei  Weitem  stärker  entwickelt,  als  auf  der  oberen. 

Der  sehr  kurze,  ungeflügelte,  oberste  Theil  des  Blattstieles  zwi- 
schen dem  geflügelten  und  der  Laminabasis  ist  im  Querschnitte  unge- 
fähr kreisrund,  enthält  nur  das  mittlere  grösste  Gefässbündel  (Taf.  I. 
Fig.  3  bei  z)  und  trägt  auf  allen  Seiten  Stemhaare  und  Spaltöffnun- 
gen, er  schliesst  sich  also  in  letzterer  Beziehung  an  den  Blattstiel  an. 

Die  bisher  geschilderten  anatomischen  Verhältnisse  betrafen  nur 
die  oberirdischen  Theile  des  Blattstieles,  über  die  unterirdischen 
sind  aber  noch  einige  Punkte  von  Bedeutung  hervorzuheben: 

Oberhalb  des  die  Umgebung  von  Dionaea  musciptda  bei  unseren 
Kulturen  bildenden  Torfmooses  verschmälert  sich  der  Blattstiel  all- 
mählich von  seiner  Spitze   ab  nach  der  Basis,    unterhalb  der  Erd- 

Cohn,  Beitrage  tar  Biologie  der  Pflansen.    BandUHeftL  4 


50 

obcrHäclie  dangen  verbreitert  er  «ich  wieder  in  einSD  nielit  mehr 
grQDcn,  soDdern  weiseen  oder  gelblichen,  blalt^chcideDähiilicheii,  io 
Qocrsclinitte  concav-convexeu  oder  siehe irOrm igen  B&saUbeil,  Oieu 
Theile  sämmtlicher  alten  Blätter  bilden  ZQsammen  eine  Art  Zwiebel 
(Taf,  1.  Fig.  1  bei  b)  und  sind  auch,  physiologisch  genommen,  wia 
wir  sogleich  selieo  werden,  eioer  Eolchen  äqaivalcnt. 

In  der  Anatomie  ist  zunUchBt  ala  unterscheidend  von  drn  ober* 
irdiBebeii  Theilcn  zu  betonen,  daas  ein  Zuncbmen  in  der  W«Ue  vad- 
fiberbaupt  Grösse  der  Zellen  des  Grundgewebea  von  aussen  lud 
innen  nicht  stattfindet,  alle  Zellen  desselben  sind  vielmehr  gleich 
gross  (Taf.  III.  Fig.  ä  bei  gr)  und  zwar  ebenso  gross  als  die  inner- 
sten Zellen  im  Grnndgewebe  des  oberirdischen  Theilce  des  Blatt- 
stieles. Deshalb  ist  auch  die  einschichtige  Epidermis,  deren  Zellen 
eng  sind  (Taf.  III.  Fig.  b  bei  e),  wie  im  chlorophylMialtigen  oberen 
Theile,  nnd  auf  der  Ober-  und  Unterseite  Sternhaare  erzeugen,  gegen 
die  unmittelbar  unter  ihr  liegende  Zellenschicht  scharf  abgesetxt, 
während  letztere  im  oberen  Theile  ungefähr  ebenso  grosse  Zellen 
eutbiell.  Sflmmtiiche  Zellen  des  Ornndgewebes  eind  nicht  mehr 
rundlich,  sondern  eckig,  von  geraden  Wandungen  begrenst  nnd 
acblieaaen  in  der  Regel  oline  Intercellularräume  dicht  znsammen. 
Was  endlich  den  Inhalt  anbetrifft,  so  enthalten  sie  eämmtlich,  aowia 
auch  die  Bpidermiszellen  ausschlicaslich  Stärkekörner  nnd  zwnr  in 
so  ungeheurer  Menge,  dass  nicht  der  geringste  leere  Raum  abrig 
bleibt,  die  Zellwände  nicht  mclir  deullieh  nnterschieden  werden  kön- 
nen and  die  dilnnetin  Schnitte  ganz  undurchsichlig  sind,  wenn  nicht 
die  Slärkckörner  durch  Kali  aufgequellt  nnd  dadurch  zugleich  durch* 
sichtig  gemacht  werden.  Die  unterirdischen  Scheidentbeilo  der  BtAt- 
ter  dienen  also  als  Reserve» tolTbehält er  der  perennircnden  Pfluizc- 
Diu  Gestalt  der  Stärkekurner  ist  abweichend  von  denen  im  oberirdl* 
sehen  Blattstiele  und  in  der  Lamina.  Denn  während  sie  hier  ovnl 
sind  {Taf.  III.  Fig.  1),  wie  wir  sahen,  haben  sie  im  ScheidenthcEl« 
eine  mehr  oder  weniger  verlängerte,  cylinder-  oder  stäbchenförmig 
Ge'atalt  (Taf,  III.  Fig.  2),  ohne  indessen  auilers  gebildete  nnasn* 
Bchlicssen,  namentlich  enthalten  die  engeren  Zeilen  in  der  Umgebong 
der  Gefässbllndel  in  mehreren  Schichten  kleinere  nnd  ovale  SUrke- 
kOrttcr.  Natürlich  findet  einerseits  in  Bezug  auf  die  Form  der  Zellen 
des  Grundgewebea,  andererseits  hinnichllich  ihres  Inhaltes  ein  all- 
mählicher üebergang  zwischen  den  rhlorophjllhalligcn  im  oberirdi- 
schen Theile  dea  Blattstieles  und  den  bloss  Stärke  enthaltenden  den 
unterirdischen  Statt. 

BeiirSijf  air  EntwüJi-fluTigsgMchkhk  dea  DionaeablalUa.    DOcbsl 


51 

interessaut  ist  die  Entwickelangsgeschichte  des  Blattes  von  Dumaea. 
Nur  beim  völlig  ausgewachsenen  Blatte  bildet  die  Mittelrippe  der 
Lamina  die  geradlinige  Verlängerung  des  Blattstieles;  bei  jüngeren 
bildet  sie  mit  demselben  einen  stampfen  Winkel,  vorher  einen  rechten, 
ja  spitsen,  und  bei  den  jüngsten  Blättern,  welche  noch  über  die  Erd- 
oberfläche emporragen  nnd  in  dem  Mittelpunkte  der  Blätterrosette 
gesehen  werden,  liegt  die  Lamina  mit  ihrem  gezähnten  Rande  auf 
der  oberen  Fläche  des  Blattstieles  auf  (Taf.  I.  Fig.  1  bei  1), 
oder  genauer,  da  der  letztere  in  diesem  Falle  noch  nicht  flach  aus- 
gebreitet ist,  sondern  seine  noch  schmalen  Flügel  senkrecht  zur 
Mittelrippe  aufgerichtet  sind,  so  liegt  die  Lamina  in  dem  rinnen- 
f^rmigen  Blattstiele  (Taf.  III.  Fig.  4)  ganz  so,  wie  die  Klinge  eines 
zusammengeklappten  Taschenmessers  in  der  Scheide  desselben.  Bei 
noch  jüngeren  Blättern,  welche  aber  von  oben  nicht  mehr  sichtbar 
sind,  sondern  tief  unter  dem  Boden  im  rinnenförmigen  Stiele  des 
nächst  älteren  Blattes  verborgen  stecken,  wächst  der  Winkel,  welchen 
die  Lamina  mit  dem  Blattstiele  bildet,  wieder  bis  zum  gestreckten; 
diese  Blattanlagen  sind  farblos  und  können  erst  nach  dem  Ausheben 
der  Pflanze  und  Entfernen  aller  älteren  Blätter  aufgefunden  werden. 

Die  Lamina  hat  also  im  jüngsten  Zustande  dieselbe  Lage,  wie 
im  erwachsenen  und  beschreibt  im  Verlaufe  ihrer  Entwickelung  zuerst 
einen  Winkel  von  180^  in  der  Richtung  zum  Vegetationspunkte, 
um  später  merkwürdiger  Weise  denselben  Weg  wieder  zurück  zu 
machen.  Allein  ausser  der  Verschiedenheit  der  Lage  in  den  auf 
einander  folgenden  Altersstufen  haben  wir  noch  die  viel  auffallendere 
Verschiedenheit  in  der  Gestalt  der  Lamina  zu  betrachten. 

Den  Vegetationspunkt  von  Dionaea  zu  untersuchen  ist  darum 
nicht  ohne  Schwierigkeit,  weil  derselbe  tief  im  Centrum  in  den 
zwiebelfdrmigen  Basen  der  in  einander  geschachtelten  jungen  Blätter 
verborgen  ist.  Bei  einem  gelungenen  Präparate  glückte  es  mir,  die 
jüngsten  Blattanlagen  bloss  zu  legen,  welche  von  dem  nicht  kegel- 
förmig erhobenen,  sondern  flachen  Vegetationspunkte  erzeugt  waren. 
Diese  Blattanlagen  zeigten  die  Gestalt  zusammengedrückter  Kegel 
mit  stumpfer  Spitze  (Taf.  IIL  Fig  7),  an  denen  zwischen  Blattstiel 
und  Spreite  noch  keine  Sonderung  erkennbar  ist,  doch  entspricht 
ohne  Zweifel  der  primäre  Blattkegel  der  zukünftigen  Lamina,  welche 
demnach  zuerst  gebildet  ist;  jedoch  bleibt  die  Lamina  bald  in  ihrem 
Wachsthume  weit  gegen  den  sich  an  ihrem  Grunde  ausbildenden  Blatt- 
stiel zurück  und  vollendet  erst  sehr  spät  ihre  vollständige  Entwicke- 
lung, wenn  der  Blattstiel  schon  lange  ansgewaehsen  ist*    Die  Lamina 

der  jüngsten  Blätter  besteht  ausschliesslich  aus  der  später  so  genannten 

4* 


bi 


^ 


Hittelrippc  derselben.  Sie  stellt  in  diesem  Zustande  einen  sehr  kv- 
ZCD,  BlumpfeD,  länglichen  Gewobekörper  dar,  von  im  Qaerschnitl« 
eiförmigem  Umriaae,  doBsen  broilcres  Eude  der  definitiven  Dnter- 
Beite  angehört  (Taf.  II.  Fig.  8),  während  an  seinem  epitzpren  Ende 
Bich  die  beiden  SeitentheiJe  ala  stiimpre  ProtnberanEen  erheben, 
DeDförmig  einen  halbe  yl  in  der  römi  igen,  der  Lunge  nach  offenen  Hohlranoi 
ei  nach  Hessen  d.  Indem  eicli  dieselben  verlängern,  krUmmen  bic  sich 
zugleich  mit  ihren  ß&ndern  einwärts,  eo  dase  sie  nach  itineu  eingerollt 
efBchciiicii  {Taf.  II.  Fig.  9),  wie  die  spitzen  junger  Famblättcr  uai 
die  Blatlfiodern  von  Ci/cas,  wenn  sie  aus  der  Knospe  hervortreten. 
Die  spüler  so  aniTallend  verlängerten  Orandgewebczellen  der  Lkmiiia- 
hftjften  sind  in  dem  oben  geschilderten  Entwickclungszustandc  des  Ellat- 
tes  noch  kurz.  Die  späteren  Randborsten  erachoinen  als  stumpfe  Ziline. 
Die  am  Rande  eingerollten  Laminahälften  umgeben  jetzt  eine  allseitig 
geschlossene  Röhlniig,  später  strecken  dieselben  sich  wieder  gerade 
und  greifen  nur  noch  mit  den  Randborsten  in  einander;  endlich 
biegen  sich  auch  diese  aus  einander  und  das  Blatt  ist  nun  geOffMt 
Und  bereit,  nach  der  Reizung  sich  wieder  zu  achliessen. 

Die  Entwickelungsgeschichle  des  Blattstieles  ergiebt  sich  aus  den 
Vorstehenden  zum  Tbeil  von  selbst.  Zu  jener  Zeit,  wo  die  Lamina 
einen  spitzen  Winkel  mit  ihm  bildet,  ist  er,  umgekehrt  wie  im  fer- 
tigen Zustunde,  an  seiner  Basis  ein  wenig  breiler  geflügelt  ala  an 
der  Spitze;  wenn  die  Lamina  parallel  zum  Blattstiele  auf  diesen 
anfliegt,  60  sind  die  schmalen  Flügel  seiner  ganzen  Länge  nach  «)• 
gefkhr  gleich  breit  und  er  hat  dann  ungefähr  dieselbe  Gestalt,  *r[< 
der  untere,  über  dem  Boden  noch  sichtbare  Theil  eines  auagewacb- 
sencn  Blattstieles  d.  h.  er  ist  rianenförmig  mit  nach  oben  gericlitelea 
Flügeln  und  im  Quersuhnitto  sichelförmig  (Taf.  III.  Fig.  4),  wobei 
aber  die  Mittelrippe  auf  der  Unterseite  stark  vorspringt.  Sowie  dch 
die  jnnge  Lamina  wieder  vom  Blattstiele  erhebt  nnd  der  WinM 
wuchst,  den  sie  mit  ihm  bildet,  nimmt  auch  derjenige  der  beida 
Blattstiel II Ugel  zu,  welche  sich  zugleich  verbreitern,  bis  dieaelbea  ib 
einer  Ebene  ausgebreitet  sind. 

Ahnormicäten .  Die  bisher  geschilderte  Form  des  Blattes  ma^  ab 
die  normale  betrachtet  werden,  doch  bcobBchtcte  ich  noch  andere  Er- 
schein ungä  weisen  in  Bezug  auf  Grösse  von  Blattstiel  nnd  Laminn,  nad 
Oostalt  des  ersteren.  Mehrere  Blattstiele  dreier,  suhwacher  Exemplare 
waren  auffallend  lang  nnd  schmal  (Taf.  I.  Fig.  1  bei  3).  die  FlQgelang 
nicht  in  dem  gewöhnlichen  Masse  mit  der  Höhe  wachsend  nnd  dämm 
auch  der  Blattstiel  nur  undeutlich  keilförmig.  Die  Lamina  melirerer 
anderer  Blätter,  deren  Enlwickolung  Ich  verfolgen  konnte,   orreielittt 


53 

ihre  endliche  Gestalt  bei  sehr  geringen  Dimensionen,  während  der 
Blattstiel  noch  sehr  knrz,  aber  desto  breiter  geflügelt  war  (Taf.  I. 
Fig.  1  bei  6).  Bei  denselben  Blättern  zeigte  sich  noch  eine  Ans- 
nahme,  deren  schon  Ellis  Erwähnung  thut.  Der  Blattstiel  war 
nämlich  an  seiner  breitesten  Stelle  am  Rande  gezähnt  nnd  auch 
hier  mehr  abgerundet,  als  gewöhnlich,  im  Uebrigen  aber  ganzrandig. 
Solche  Blattstiele  waren  an  der  Spitze  entweder  normal  abgestutzt^ 
oder  auch  ausgerandet,  so  dass  im  letzteren  Falle  der  Blattstiel,  der 
zugleich  kurz  war,  eine  vollkommen  herzförmige  Gestalt  besass. 

Ich  hatte  auch  zu  beobachten  Gelegenheit,   wie  sich  Blattstiele 
'unabhängig  von  der  Lamina  fertig  entwickelten.     Die  letztere  blieb 
auf  dem  Punkte  stehen,  wo  sie  nur  noch  einen  sehr  stumpfen  Win- 
kel  mit   dem  Blattstiele   bildete    und    ihre  Ränder   noch    eingerollt 
hatte  und  starb  in  diesem  Zustande  ab. 

Van  der  Einwirkung  chemischer  Seagentien  auf  die  Zellen  des 
Blattes.   Die  Zellen  des  Blattes  von  Dionaea  zeigen  in  mehreren  Be- 
ziehungen ein  ungewöhnliches  Verhalten  gegen  Reagentien,  welches  auf 
die  Anwesenheit  eines  eigenthümlichen  Stoffes  hinweist,  dessen  Natur 
jedoch  bis  jetzt  nicht  ausznmitteln  ist.  Anscheinend  findet  sich  derselbe 
in  den  lebenden  Zellen  in  saurer  Lösung  nnd  wird  daher  durch  Basen 
ansgeiUlt,  durch  Säuren  wieder  aufgelöst.    Ammoniak  färbt  die  rothen 
Drflsen  auf  der  oberen  Seite  der  Lamina  grünlich  und  fällt  aus  den 
Zellen,  welche  Stärke  enthalten,  einen  feinkörnigen  Stoff  aus.    Neu- 
tralisirt  man  das  Ammoniak  durch  Essigsäure,   so  wird  dadurch  die 
rothe  Farbe  der  Drüsen  wiederhergestellt  und  die  Körnchen  in 
den  Zellen   werden  wieder  aufgelöst  und  verschwinden. 
Wurde  nunmehr  Kali  zugesetzt,  so  entfärbte  es  die  Drüsen  wieder  und 
quellte    die  Stärkekömer    auf,    indem    es   sie  zugleich   durchsichtig 
machte.   Schliesslich  fällt  es  die  Körnchen  mit  grüner  Farbe  wieder 
aus,  die  auf  Znsatz  von  Ammoniak  in  den  Zellen  sich  gebildet  hat- 
ten.  Wird  das  Kali  sorgfältig  wieder  ausgewaschen  und  sodann  Jod 
(in  Jodkalium)  zugesetzt,    so    werden    die  Zellen  gleichmässig  blau 
oder  violett  gefärbt.     Ich   habe  deshalb   in  den   meisten  Fällen  bei 
Dionaea  erst  Kali  angewendet,  bevor  Jod  zu  den  Präparaten  hinzu- 
gesetzt wurde,  um  die  verschiedenen  Theile  dieser  Pflanze  auf  Stärke 
zu    untersuchen,    besonders    dann,    wenn    es    sich    um    nur   geringe 
Mengen  derselben  handelte. 

Bei  der  Prüfung  der  Zellen  von  Dionaea  auf  Stärke  vermittelst 
Jod  zeigte  sich  mir  die  schon  oben  berührte  Erscheinung,  dass 
die  Zellen  solcher  Blätter,  welche  kleine  Thiere  gefan- 
gen hatten,    oder  mit  Eiweiss  gefüttert  worden  waren, 


54 

nnctidcm  sie  diese  Substanzen  einige  Tage  eingoBcbloi- 
8cn  gehalten  liatten,  gar  keino  oder  doch  bei  Weitsn 
weniger  Stärke  enthieltoo,  als  diejenigen,  welche  uoeb 
keine  organische  Nahrung  in  sich  genommen  hatten. 
Von  den  znr  Erledigung  dieser  Frage  von  mir  aDgesteüteD  Var- 
eachcn  will  ich  nar  die  folgenden  anfuhren. 

Versuch  I.     Ein  Blatt,  welchca,  uh  ich  das  betreffende   Exeto- 

plar  erhielt,  fest  geachlossen  war,    zeigte  bei  der  gewaltsamen  OoÄ- 

nnng   noch   Stticke   des   Haulskeletea   eines   Inscctee  eingtiscbloBseii, 

.welches  sich  aber  nicht  weiter  mehr  bestimmen  üess.     Von   diesea 

KBIitte  nahm  ich  einen  Qnersehnitt  dnrch  die  Mitte  des  Stieles  i 

rtebandelte  denselben   zuerst  mit  Kali,   nm  etwa  vorhandene  StArke- 

körner  aufinquellen.    Als  nach  Auswaschung  des  Kali  Jod  zugesetxt 

wurde,  erwiesen  sich  als  stärkohnltig  nar  einige  wenige  Zellen  (etwa 

i — 6),  welche  in  der  Umgebung  des  mittelsten,  grössten  Oeflkssbta- 

delB  lagen. 

Versuch  II.  Von  einem  vollständig  entwickelten  Blatt«,  wel- 
ches aber  seine  Lamina  noch  nicht  geötfnet  hatte,  mithin  noch  gu 
keine  organische  Nahrung  zu  sich  genommen  hatte,  wurde  ebeDfalU, 
wie  im  ersten  Veranehe,  durch  den  Blattstiel  ein  Querschnitt  gemadit, 
and  derselbe  aal  die  nämliche  Weise,  wie  im  vorlicrgebeodea  Falk 
behandelt.  Hier  aber  färbten  sich  sämmtliche,  Überhaupt  Inhalt 
führende  Zellen  sogleich  gani  oder  doch  zum  grössten  Theile  tief 
danketblau. 

Beide  Versuche  wnrden  von  mir  mit  anderen,  denselben  Bedin- 
gungen unterworfenen  Blitttern  zu  wiederholten  Ualen  angestelll, 
lieferten  aber  immer  dasselbe  Ergebnisa. 

Versnob  III.    Querschnitte  durch  die  Spreite  selbst  des  « 
erwttlinten  Blattes,    welches  ein  Thier  eingeschlossen  hatte,     zeigtn 
auch  nicht  eine  Spur  von  Starke. 

Versuch  IV.  Dagegen  waren  sämmtliche  Zellen  in  der  Hittd- 
rippe  der  Lamina  des  schon  zum  zweiten  Versuche  verwcodetea 
Blattes  (welches  uoeh  keine  organische  Nahrung  zu  sich  genomaMB 
hatte)  auf  dem  Querschnitte  sehr  reichlich  mit  Stärke  erfüllt. 

Es  ist  schon  beim  Blattstiele  ausführlich  angegeben  worden,  d 
in  dem  scheidenfflrmig  verbreiterten,  unter  dem  Boden  befindlich«*, 
weissen  Basaltheile  der  Blätter  s&mmtliche  Zelleu  ausschlieBsliefa  i 
anssorordontlich  reichlich  mit  Stärke  crfUIlt  sind.  Dieses  Vcrhallca 
ist  nun  das  NSmliche  sowohl  bei  Bl&ttern,  welche  Ihierisclie  oder 
überhaupt  organische  Nahrung  absorbirt  haben,  als  auch  bei  80leli«Bt 
wo  dieser  Fall  nicbt  eingetreten  ist. 


55 

Weil  also  mit  der  Aufnahme  von  organischer  Nahrang  der  Stärke- 
gehalt schwindet,  aber  nor  in  den  oberirdischen,  chlorophyllhaltigen 
Zellen,  so  können  wir  daraus  den  Schlnss  ziehen,  dass  in  denjenigen 
Buttern,  in  welchen  neben  anorganischer  auch  organische  Substanzen 
aufgenommen  werden,  die  Assimilation,  d.  h.  die  Erzeugung 
von  Kohlenhydraten  im  Chlorophyll  und  die  Absorption 
organischer  Stoffe  einander  ausschliessen.  Dagegen  bedarf 
es  keines  neuen  Beweises  mehr,  dass  die  Gegenwart  von  Blattgrün 
die  Aufnahme  organischer  Substanz  nicht  ausschliesst 

Wir  gehen  nun  zur  Einwirkung  weiterer  Reagentien  zurück. 

Kali  ftrbt  die  Zellen  von  Dionaea  braunroth  und  die  OeßUse  dtron- 
oder  goldgelb  bis  gelbbraun,  wenn  der  betreffende  Pflanzentheil  zuvor 
längere  Zeit  in  Alkohol  gelegen  hat.  Wird  aber  hierauf  Salzsäure  oder 
besser  noch  Essigsäure  zugesetzt,  so  wird  alles  wieder  vollständig 
enterbt  und  ganz  durchsichtig  gemacht.  Dieselbe  Reactiou  ist  auch 
bei  Drosera  rotundifclia  L.  beobachtet  worden.  —  Chromsäure  mit 
sehr  viel  Wasser  verdünnt  färbt  die  Gefässe  ebenfalls  zuerst  roth- 
braun und  macht  sie  undurchsichtig,  binnen  24  Stunden  entnU'bt  sie 
sie  aber  wieder  und  macht  alle  Theile  ausserordentlich  durchsichtig. 
Ich  habe  deshalb  Chromsäure  als  das  wirksamste  Mittel  erprobt,  um 
Schnitte  durch  alle  Theile  von  Dionaea  vollkommen  farbloa  und 
besonders  durchsichtig  zu  machen,  nur  muss  dieselbe  nicht  zu  con- 
centrirt  angewendet  werden,  wenn  man  die  Maceration  vermeiden  will. 
Ein  Blatt,  welches  Poiydesmus  complanatus  eingeschlossen  hielt, 
wie  sich  bei  der  gewaltsamen  Oeffhung  der  fest  geschlossenen  Lamina- 
lappen  noch  deutlich  erkennen  Hess,  wurde  in  absoluten  Alkohol 
gelegt,  worauf  sich  binnen  24  Stunden  die  ganze  Blattspreite  tief 
schwarz  fibrbte,  während  der  Blattstiel  auf  die  gewöhnliche  Weise 
entfbbt  wurde.  Auf  Zusatz  von  concentrirter  Salpetersäure  verlor 
die  Lamina  ihre  schwarze  Färbung  und  nahm  dafür  eine  braunrothe 
an,  blieb  auch  nicht  mehr  so  undurchsichtig,  so  dass  man  das  ein- 
geschlossene Thier  wieder  durchschimmern  sehen  konnte.  Nachdem 
die  Säure  ausgewaschen  und  Kali  zugesetzt  wurde,  fibrbte  sich  das 
Blatt  wieder  schwarz  oder  vielmehr  blauschwarz,  indem  diese  Fär- 
bung von  den  Randborsten  ihren  Anfang  nahm  und  rasch  nach  der 
Mittelrippe  zu  sich  fortsetzte.  In  beiden  Fällen,  sowohl  bei  der 
Röthung,  als  auch  bei  der  Schwärzung,  waren  es  die  Zellenmembra- 
nen selbst,  welche  gefärbt  wurden. 

Die  schwarzen  Flecken  endlich,  welche  ich  immer  auf  den  Blät- 
tern von  Dionaea,  bevor  sie  abstarben,  beobachtete,  werden  gebildet 
durch  sehr   zahlreiche  schwarze  Kömer  in    den   Zellen.     Was  ihr 


56 

VurliiilUii  gegen  cbemUcliu  RuHguntiuu  anbulaugt,  so  liabc  ich  nur 
zu  bumüfkcn,  daas  dicseltun  durcli  SalputerBäurü  nach  Wüni^t 
Uinnten  seLr  schon  orangerotli  gefärbt  werdeu.  ScbwefeUtsre, 
SalzoSore  und  Ammoniak  Übten  auf  die  scbwarien  Flecken  keinetkl 
Einwirkung. 

Der  Stamm.  Zur  Untorsncbnag  der  Anatomie  des  Stammes  sowif 
der  Wurzeln  von  Dioiiaea  war  das  genüge  mir  zu  Gebole  gestellte 
Matcriul  nicht  ganz  ausreichend  und  ich  beaebränkc  mich  datier  au/ 
einige  Bemerkungen.  Der  ganz  unterirdische  Stamm  von  Ih'onaea 
ist  sehr  kurz  und  breit,  aber  mit  blossen  Äugen  an  der  Päanu 
kaum  wahrzunehmen.  Die  Blätter  sitzen  ihm  mit  breiten  InsortioB»- 
flflchcn  auf,  ohne  Internodien  zwischen  sich  zu  lassen  (Taf.  lU. 
Fig.  6).  Das  Gesetz  der  Blattstellung  habe  ich  noch  nicht  ansmitl«hi 
können;  die  jOngaten  Blätter  sind  auheinbar  zweireihig  aageordnet 
(Taf.  III.  Fig.  7)  und  befinden  sich  in  übergreifender  Deckaag, 
indem  sie  mit  ihren  BlattstieldUgelu  einander  abwochselod  gau 
bedecken.    Später  zeigen  die  Blätter  oll'enbar  spiralige  BlallstelliHg. 

Die  Geßtssbündel  des  Stammes  sind  anscheinend  in  einco  Bob- 
ring geordnci,  welcher  einen  engen  Hurkkurper  cinschliesat;  sie  cot- 
hallen  eambiformea  Phlocm  und  sehr  zahlreiche,  knrze,  nctznjnnig« 
oder  getüpfelte  GefUeee  and  Gefäsesellen  —  and  indem  sie  sich  vieUadi 
verzweigen,  bilden  sie  wunderlich  gestaltete  Maschen  oder  Sohleifea. 
Je  eines  tritt  in  ein  Blatt  und  in  eine  Wurzel  (Taf,  III.  Fig.  fi|. 
Man  beubaehtet  daher  auf  Querschnitten  durch  den  Schetdontbeil 
der  Blätter  dicht  über  ihrer  InsertionsHflcbe  nur  ein  einziges  eett- 
tralea  Gefässbilndel,  wie  in  der  Mittelrippe  der  LamJna^  nach  obe* 
w&chat  aber  die  Zahl  der  seitlichen  kleineren  GenisabUndel,  die  s»cb 
von  dem  mittleren  beiderseits  nach  den  Kuden  der  FKlgel  abtweigasi. 
UsB  sehr  entwickelte  Riadonparenchym  des  Stammes  ist  ebcnn 
gleichrnftssig  und  einfach,  wie  das  Grundgewebc  im  BasultheJIe  dar 
Blätter  und  besteht  aus  wenig  verlängerten,  ehue  Intereellularrti 
EUSamme  nach  lies  Ben  den  ParenebfmEellen,  welche  sämmtlich  ebeiw 
reichlich  und  ausschtiesslich  mit  Stärk cköru cm  von  derselben  Fi 
ermilt  sind;  eine  Epidermis  bildet  die  äussere  ümgrensuDg. 

Die    Wurxei.     Da  zwei  Pflanzengattungen,   deren  Hitglieder  i 
von  kleinen  Wasserthieren  ernähren,  nämlich   Utri'eularia  und 
vanda,  absolnt  wurzellos ' )  und  die  Wurzeln  vun  Drosera  knra  xtmL 


')  Dr.  Furd 
und  ('(rtm/oria 
Ur.  Ferdiuini 


laiid  ColiiK  Uebrr  die  Function  der  Ulasen 

„Beilntgc  cur  Uiülogi«?  der  I'Ilaiiirti.      llrraiiHgcgeb^ii  tob 
;oliu.    Hand  1.    Diiitea  H«tV    BreaUu  1875. 


57 

sefawmeh  sind,  so  erwartete  ich  das  Letztere  aneh  bei  Dionaea  zu 
liadeo.  Dem  ist  jedoch  nicht  so.  Die  primäre  Wurzel  habe  ich  an 
meinen  Exemplaren  Ton  Dionaea  nicht  mehr  angetroffen,  statt  ihrer 
eine  Anzahl  Nebenwnrzeln,  welche  sehr  lang  (Taf.  L  Fig.  1  bei  w) 
nnd  Terhftltnissmässig  stark  sind.  Ich  beobachtete  mehrere,  welche 
bei  2  Gentimeter  Länge  schon  0,5  IGllimeter  im  Durchmesser  hatten. 
Sie  entstehen  innerhalb  des  kurzen  Stammes  auf  dem  Holzring  nnd 
durchbrechen  die  Rinde;  ihre  Gestalt  ist  fadenförmig -cylindrisdi, 
doch  sind  dieselben  einige  Millimeter  Aber  der  Wurzelspitze,  wenn 
auch  schwach,  Terdickt.  Bezeicfanend  ist  der  Umstand,  dass  diese 
Nebenwurzeln  sich  niemals  Tcrzweigen.  Sie  sind  begrenzt  Ton  einer 
Epidermis,  deren  Zellen  zu  sehr  zahlreichen,  langen,  dünnen,  unge- 
tbeiiten,  schlauehartigen,  später  braun  werdenden  Wurzelhaaren  ans- 
wadwen.  Das  unter  der  Epidermis  befindliche  Pareneh  jm  der  Wurzel- 
rinde besteht  aus  etwa  5  Zellschichten,  welche  reich  an  kleinkörniger 
Stäike  sind.  Allmählich  Tcrtrocknen  die  Zellen  der  Oberhaut  und  die 
äussersten  Zellreihen  der  Wurzelrinde,  und  ihre  Membranen  werden 
braun  gefärbt,  weshalb  auch  die  ganze  Wurzel  oberhalb  der  Spitze 
ringsum  dunkelbraun  ist.  Die  Bräunung  derRindenzellen  schreitet  immer 
weiter  nadi  innen,  also  centripetal  Torwarts  bis  zur  GefiUsbllndel- 
scheide.  Dieselbe  ist  einschichtig  und  enthält  Tcrlängerte,  recht- 
winkelig begrenzte,  sdimale  Zellen  (Taf,  IlL  Fig.  8  bei  gs),  deren 
radiale  Seheidewände  auf  dem  Querschnitte  durch  die  WnrzH  recht 
deutlich  die  schwarzen  Punkte  zeigen,  welche  auch  sonst  bei  ein- 
fiichen  Strangsefaeiden  in  Stamme  Torkoaunea  und  rem  einer  eigen- 
thflBÜiehen  Faltung  dieser  Wandungen  herrihren*).  Der  starke 
azile  Gefitabtndelejlinder  besteht  hauptsächlich  aas  weitM  Hols- 
zellea;  acht  radiale  Reihen  Ton  grossen  GefiUsen,  deren  Winde 
stärker,  treppenfttnug  Terdickt,  und  oft  braun  geftrbt  sind,  bilden 
auf  dem  QuerKhnitI  einen  aditstrahligea  Stern;  zwischen  ihnen 
befinden  sich  kleine  PhloembflndeL  Der  Vegetnäonspankt  an  der 
Wurseiqntze  besteht  ans  kubischeB  Meristem  und  ist  Ton  der  gross- 
selligca  Wnrzelhanbe  bedeckt;  er  zeigt  eine  rotbe  Firbung  des  Zell- 
Inhalts,  ähnlich  wie  die  Wnrzel^itze  Ton  Dnmera. 

Zum  ScUnase  lasse  idi  no^  eae  kurze  Znsnmmenstellnng 
der  Ergebnisse  HKtner  üntemchnngen  folgen: 

1.  Jede  Lnminnhälfte  ist  sdiwnch  SfÖmng  gebogen,  eine  iUfih- 
Inng  Ar  die  anftnneJnsmden  Tluere  bildend;  der  breitgeMgette 
Blattnüei  ist  ebca. 


*)  Sacht  L  CL  S.  If«. 


58 

2.  Die  Zellen  der  Epidormis  sowie  diejuDigen  dee  Qrnndgewebti 
Biud  gestreckt  und  zwar  a)  im  ganzen  Blattatitsle  und  in  der  Hitltl- 
rippe  der  Lamina  in  der  Längenrichtung  des  BlatK-B,  bj  in  dn 
übrigen  Lamina  senkrecht  zn  dieser  Richtung. 

3.  Die  Epidermiszeilen  enthalten  ebenfalls  Cbloroptijrlt. 

4.  Sie   erzeugen   auf  der  Ober-   und  Unterseite  des   BlaUBlictd 
und  auf  der  Unterseite  der   Lamina   zahlreiche   Spallölfnaiigeii 
Sternbaare,  auf  der  Oberseite  der  Lamina  nur  Drüsen. 

b.     Die  Drüsen   stehen   in  Vertiefungen   der  Kpidermia  und  alal 
gebildet  von  einem  zweizeiligen  Basalllieile,  einem  tweizuitigcn, 
zen   Stiele   und   dem  zwoiachichtigen   rnnden,    nach    oben 
Drüsenkörper. 

C.     Die  Sternhaare  sind   analog  zuaamnnengeBotzt;   nur 
die  Zellen    der   obersten  Schicht    in    gerade,    divergirende    SdtltMk' 
sternförmig  aus. 

7.  Die  Sternhaare  entstehen  sehr  viel  frtlher  als  die  Di 
erstere  sind  scbon  fertig  ausgebildet,  während  letztere  Doch 
einmal  angelegt  sind. 

8.  Die  SIernliaaro  sind  den  Drüsen  homolog. 

9.  Die  Lamina  trügt  am  (gekrümmten)  Seilenrnnde  Kahimcb« 
(15 — iO)  Blattzitbne,  auf  ihrer  Oberseite  Stacheln,  in  der  Kegel  sedH. 

10.  Die  Ulatlzähne  (Randborstcn)  sind  schlank,  dreiseitig  pjn» 
midal,  besitzen  ringsum  Sternhaare  ned  Spallifffiiungen  und  entlullM 
je  ein  Gefdssbllndel  näher  der  Blattober-  als  der  Unterseite. 

U,  Zwiacbcn  je  zwei  Randzähnen  sitzt  ein  Slcmhaar,  biswtälc* 
■nf  der  Spitze  einer  atumpfpyramidalen  Erhebung,  welche  aber  k«t 
Qeraasbttndel  enthält. 

13.  Die  Stacheln  (Mittelborstcn)  bestehen  ans  zwei  Theilen,  d« 
basale  fangirt  als  Gelenk  und  enthalt  einen  aiilen  ZcUenstrmtig;  d<t 
obere,  kegelförmige,  an  der  Basia  oiugeschntlrte  Tbeil  entbehrt 
dieaea  Zellenatranges. 

13.  Die  Zellen  der  Stacheln,  wie  der  DrUaen  zeigen  AggrtgtÜm. 

14.  Im  oberirdischen,  grünen  Thcilo  des  Blattstieles  und  io  der 
Hittelrippe  der  Lamina  nehmen  die  Zellen  des  Grundgewebe«  VM 
aussen  nach  innen  an  Weite  des  Lumens  und  Länge  zu;  die  i 
oberfläch  11  eben  und  die  in  der  Umgebung  der  GeßUBbUndel 
gfUn,  die  übrigen  (innem)  farblos. 

16.     In  der  Lamina   mit  Ausnahme  ihrer  HittelHppo   setsea 
inneren  Zellen  des  Grnndgewcbea  ein  dem  Schwammgewebe 
aus  sehr  weiten,  farblosen  Zellen  mit  wellig  gebogenen  Wäiidci 
wenigen,  kleinen  Intercellalarränmeu  zusammen. 


69 

16.  Die  EpidenniszeUen  der  Ljuniiiaobereeite  und  Grondgewebe- 
sellen  onter  ihnen  sind  weiter  als  die  der  Unterseite. 

17.  Die  Chlorophjllkömer  enthalten  in  dem  Fallei  dass  das 
Blatt  noch  keine  organische  Nahrung  sn  sich  genommen  hat,  reich- 
lich Stftrke. 

18.  Die  Stärke  nimmt  mit  der  Anfhahme  organischer  Stoffe 
durch  die  Blätter  ab  nnd  verschwindet  endlich  vollständig  ans  den 
oberirdischen  Theilen. 

19.  Die  Basen  der  Blattstiele  sind  in  nnterirdische,  farblosci 
scheidenartige  Theile  verbreitert,  welche  snsammen  eine  Art  Zwie- 
bel bilden. 

20.  Ihr  Omndgewebe  enthält  lanter  gleichmässig  weite  nnd 
gleich  lange  Zellen,  welche  vollständig  nnd  ansschliesslich  mit  Stärke 
erfUlt  sind,  sowohl  vor,  als  anch  nach  der  Aufnahme  nnd  Absorp- 
tion organischer  Substanzen. 

21.  Die  Stärkekdmer  in  den  oberirdischen  Theilen  des  Blatt- 
stieles und  in  der  Lamina  sind  oval,  im  basalen  Scheidentheile 
des  Blattstieles  dagegen  cylinder-  oder  stäbchenförmig. 

22.  Die  lebenden  Zellen  der  Lamina  und  des  Blattstieles  ent- 
halten einen  im  Zellsafle  gelösten,  farblosen  Stoff,  welcher  durch 
Basen  in  dunkelen  Kömchen  ausgefUlt,  durch  Säuren  aber  wieder 
aufgelöst  wird. 

23.  Die  Drttsen  enthalten  keine  Stärke. 

24.  Die  rothe  Färbung  der  DrOsen  wird  durch  starke  Basen 
in  grün  verändert,  durch  Säuren  wiederhergestellt 

25.  Farblose  Drflsen  wurden  nach  der  Absorption  roth  gefärb- 
ten Eiweisses  durch  die  Blätter  geröthet,  ebenso  die  Oefkssbündel  bis 
in  den  Blattstiel  hinein  roth  geflirbt,  was  die  Absorption  evident  macht. 

26.  Beim  Absterben  bilden  sich  im  Biattgewebe  schwarze  Kör- 
ner, welche  schwarze  Flecken  auf  den  Blättern  erzeugen. 

27.  Der  Blattstiel  enthält  in  der  Mittelrippe  ein  axiles,  sehr 
mächtiges  OefkssbUndel ,  in  den  Flflgeln  von  ihm  sich  abzweigend 
schwächere,  die  einen  bogennervigen  Verlauf  nehmen,  sich  aber 
verzweigen  und  in  immer  schwächere  Zweige  spalten.  Symmetrie 
findet  dabei  nicht  Statt. 

28.  In  der  Mittelrippe  der  Lamina  verläuft  nur  das  axile,  grosse 
OefkssbUndel ;  von  ihm  zweigen  sich  unter  rechten  Winkeln  parallele 
Gefässbimdel  ab,  die  sich  nahe  dem  Rande  zweitheilen  und  wieder- 
vereinigen. 

29.  Je  ein  so  entstandenes  OefässbOndel  tritt  in  eine  Rand- 
borste ein. 


60 

30.  Das  Phloem  der  OefässbQndel  bestellt  aas  Weichbast;  dai 
Xylem  in  denen  der  Lamina  ansschliesslich  ans  Spiralgeftsaeiii  in 
Blattstiele  auch  ans  anderen  Oeftssen. 

31.  In  den  jüngsten  Blättern  ist  Lamina  nnd  Blattstiel  Dicht  si 
unterscheiden,  doch  entspricht  die  zuerst  ans  dem  flachen  Vegetmtioiit- 
kegel  hervortretende  Anlage  der  späteren  Lamina,  bleibt  jedoch  lia- 
gere  Zeit  sehr  gegen  den  an  ihrem  Ornnde  sich  entwickelnden  Blatt- 
stiel zurück.  Die  Lamina  bildet  zuerst  eine  geradlinige  FortsetsuB^ 
des  Stieles,  beschreibt  dann,  sich  nach  dem  Vegetationspnnkt  bewe- 
gend, einen  Winkel  von  180^,  legt  sich  in  den  rinnenfSmiigci 
Blattstiel  nnd  macht  dann  denselben  Weg  wieder  zurück. 

32.  Die  Lamina  ist  in  der  Jugend  mit  ihren  Seitenrfindem  ebh 
wärts  gerollt. 

33.  Später  breitet  sich  der  Blattstiel  in  eine  Ebene  ans;  die 
Lamina  erreicht  zuletzt  ihre  vollkommene  Entwickelang. 

34.  Der  Stamm  ist  kurz  und  breit,  mit  Holzring,  von  dei 
GeHlssbflndeln  quer  durchzogen,  deren  je  eines  in  ein  Blatt  nnd  ii 
eine  Wurzel  eintritt. 

35.  Die  Neben- Wurzeln  sind  lang  und  stark,  niemals  versweigt, 
die  Zellen  der  Wurzelspitze  roth  geftrbt,  die  Rindenzellen  werdei 
in  centripetaler  Richtung  braun  und  sterben  bis  zur  OefkaabOndel- 
scheide  ab.  Die  Oeffase  entstehen  an  der  Peripherie  des  axilei 
Gcßlssbflndels,  vermehren  sich  in  centripetaler  Richtung  nnd  bUd« 
einen  achtstrahligen  Stern. 


Rguren  -  Erklärung. 


^n^itf^^W«^« 


Tafel  L 

Fig.  1.    Ein  ToIUtändiges  nicht  blähendes  Exemplar  von  Dianaea  wm$ciptJa 
Ellis  mit  Buttern  Tersehiedenen  Alters.  Altersfolge  nach  den  Buchstaben 
a— e.  —  e  Ein  yöllig  aosgewachsenes  Blatt,  welches  sich  über  einem 
Insecte  geschlossen  hatte  ond  sich  bereits  wieder  an  seiner  Lamina- 
basis  zn  oflhen  beginnt,    f  Ein  kleines,  abnorm  ausgebildetes  Blatt 
mit  an  der  Spitze  herzförmigem   ond  am  oberen  Rande  gezähnten 
Battstiele;   o  Erdoberfliche ;    B  die  nnterirdischen,  farblosen,   blatt- 
scheidenformi^en  Basaltheile  der  Blätter  znsammen  eine  Zwiebel  bil- 
deod;  A  Abgestorbene  branne  Blattstiele;  w  Worzeln,  ohne  Neben- 
warzeln,  aber  mit  zahlreichen  Worzelhaaren.  Natfirliche  Grosse, 
^g*  3-    Querschnitt  durch  die  Spreite  eines  ausgewachsenen  Blattes,  welches 
sieh  über  einem  Stückchen  festen  Eiweisses  (0,06  gr.)  geschlossen 
hat;    m  die  Mittelrippe;    g  einziges,  axiles  Geflssböndel  derselben; 
1  die  liamina,  die  doppelte  Biegoi^  zeigend;    ▼  Versefaloss;    rb  die 
Randborsten;  k  Krenzangspnnkt  derselben;  hg  grossere,  hk  kleinere 
Höhlung  im  geschlossenen  Blatte ;  in  ersterer  das  Eiweiss  (e).    Wenig 
▼ergrössert 
Fig.  3.    Eine  BSdht  der  Blattspreite  von  der  Oberseite  gesehen;    m  Mittel- 
rippe;  e  ihre  stampfe  Eodigong  an  der  Spitze;  %  der  (migeflägelte) 
Tbeil    der  Büttelrippe    zwischen    f  jiminabasis   imd   Blaltstielspitze; 
g  einz^es  grosses,  axiles  Gef^bsbondel  der  Miltelrippe;   g'  kleinere 
Gefassbnndel  der  liaminaj    welche  sieh  nahe  dem  gezähnten  Rande 
gabeln  und  wieder  Tereinigen;  gf  frühere,  gs  spätere  Gabelnng  der 
Gefässbündel;  rb  Randzähne  (Randborsten),  je  ein  GefiUsbOndel  ent- 
haltend;  s  Stemhaare  zwischen  den  Randborsten,  noch  mndlich,  da 
ihre  Zellen  noch  nicht  Tcriängert  sind  imd  dirergiren;  d  Drüsen  (der 
Blattoberseite),   in   der   Mitte  am  gedräi^[testen   stehend  imd  sich 
sogar  tbeOweise  mit  ihren  Rändern  berührend,   ringsim  am  Rande 
einen  freien  Sanm  lassend;  mb  die  drei  Staebefai  (filitteiborsten)  jeder 
Laminahälfte  in  ein  Dreieck,  dessen  Spitze  der  Mittelrippe  (m)  zuge- 
kehrt ist,  angeordnet.    Yergrossemng  ISr 


62 


1 


4.  Epidermis  aus  der  Mille  <lrr  Oberseite  einer  LiuninahüKU,  wi 
Abgezogen  wurde,  nachdem' dns  Blatt  ein  Stilckelicn  diircli  Anilinrdth 
geßrbteD,  festen  EiwfisHes  vollständig  absorbTrt  uud  sich  daraur  wjrdrr 
geöffuet  balte.  —  e  EpideroiiBiellea  (gestrecbt  zur  Miiulrippc), 
ehlorophylllialtig;  A  zwei  ÜrüBcii,  die  drei  conceutriacben  Zellenrciben 
von  4,  8  und  16  Zellea  zeigend;  da  ein  DrSaenstiel,  desaeu  DrOsen- 
körper  abgeatreift  worden.    Vcrgr.  375- 

Fig.  5.  Eine  junge  Drüse  durch  den  Cjuerauhniii  eines  nocb  Jungen  BUUm 
liogadurchschnitten,  welche  sich  durch  Auaiitfllpucig  einer  Epidcrniia- 
Kelle  (b)  und  Abtrennung  der  Papille  (a)  durch  eine  Seheid«i«*iid 
parallel  der  Epidermla  (e)  gebildet  hat;  p  Parcnchym  de*  Gnuid- 
gewebes.     V'crgi'.  450. 

Fig.    C-    Lingaschnitt  einer  Alteren  Drüse.    Die  obere  Zelle  (a  in  Fig.  5)  h 
sich  durch   zwei   Scheidewände   parallel    der   erslcren  (Flg.   5),    il 
ohcr«le   der   ao   enlst«ndciien  Zeilen   nochmals  gethellt     Man  unter- 
sclicidel  also  bereits  den  Drüsenkörper  (k),  den  Drüsenstiel  (al)  v 
die  primlre  BaaaUelle  (b).     Vcrgr.  450. 

Fig.     7.    Lingaselmitt  durch  eine  DrOae  eines  noch  spSteren  Allers.  Vci^.  S7&. 

Fig.  8-  Llngssehuitl  durch  eine  ausgcwaehsene  Drüac  auf  dem  Querschnitt« 
durch  die  Milte  einer  Lamioaliälfte,  weshalb  die  auf  der  BUttober- 
Oidic  senkrechte  Scheidewand  der  beiden  BasslT.cDcn  {b)  und  dea 
Drüaenstieles  (sl)  nicht  zu  sehen  ist,  da  sie  der  Bchnittflictie  parallel 
geht.  Vergr.  275.  Vergleiche  Tafel  II.  Fig.  7  bei  dr,  wo  dicaclb« 
Scheidewand  auf  dem  Blattllngssclinitle  durch  dieselbe  Stelle 
geCroffpo  ist.    Die  Qbrige  Bei^ichnung  von  Fig.  7  und  8  wie  in  Fig.  i. 

Fig.     9.     Ein   Slemhaar  von    der   Flftche    gesehen   (von    der   Oberaeit« 
Blattstieles),     st  Stiel  eines  abgefallenen  Slernhaac«s;    e  Epid« 
zollen.     Vergr.   138. 

Fig.  10.  Läugsdurch schnitt  eine-s  Stemhaares  auf  dem  Querschnitte  durch  <dla 
Mittclrippe  der  Lamlna,  deshalb  die  Scheidewand  der  beiden  BasaU 
acllen  (sh)  und  des  kurzen  Stieles  (sst),  welche  der  LingariehtunK 
der  Epidcrmiszellcn  parallel  geht  und  auf  der  Blattoberllftchc  senk' 
recht  Hiebt,  querdurchaehnitlen.  bz  die  verlingerti-'n  und  vod  e 
Punkte  ausstrahlenden  Zellen  des  eigeullichen  Stemhaares;  e  Bpi- 
dermiszellen ;  p  Pareocliym  des  Gnindgcwebes.    Vergr.  225. 

Fig.  II.    Qucrsebnilt  durch  den  unteren  Theil  der  MJItelrippe  der  Lamina 
einer  Spalt  Öffnung. 

Fig.  1i.    Querschnitt  durch  die  Mitte  der  Linierseite  einer  Laminaltilfte,   ( 

der  beiden,  einem  Ringausschnitte  gleichenden  Sehliesszellen  (s)  einer 
Spaliöfftmiig  lingsdurcbschnitten  zeigend. 

E»  bedeutet  ausserdem  in  Fig.  1]  und  12:  p  Port»,  a  Äthem- 
böhle,  e  Epidennistelleo,  pa  Parenchym  des  Oruodgewebea.  Vergr. 
in  beiden  Fig.  (II  und  13)  335. 
,  13.  Querschnitt  durch  eine  RandborsI«.  Die  Seite,  wo  die  beiden  St«ni- 
haare  (at)  stehen,  entspricht  der  Unterseite  der  Lwnina,  die  gegen- 
überliegende stumpfe  Ecke  der  Oberaeite.  gf  GenUabaadd,  dis 
RandhorsM  n&her  der  Oberaeite  durchziebead;  gr.  Onindgcwebe; 
r  Epidermis.     Vergr.  65, 


63 


Tafel  n. 

Fig.  1.  Epidermis  von  der  Mitte  der  Unterseite  der  Lamina.  em  Epidermis- 
seilen  der  Mittelrippe,  in  der  Längsrichtung  letzterer  gestreckt, 
ez  in  Bogen  angeordnete  Epidermiszellen  zu  beiden  Seiten  der  Mit- 
telrippe (hier  nur  diejenigen  einer  Seite  gezeichnet);  el  Epidermis- 
zellen der  übrigen  Blattspreite  senkrecht  zur  Mittelrippe  gestreckt, 
a  die  der  Blattspitze,  ß  die  der  Basis  zugekehrte  Seite ;  sp  Spalt- 
öffnungen; st  ein  Stemhaar.    Vergr.  138. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  eine  seitliche  Laminahälfte ;  der  über  dem  Gefass- 
bfindel  (gf),  die  alle  in  gleicher  Höhe  liegen,  befindliche  Theil  des 
Blattgewebes,  welcher  dem  unterhalb  des  Gefassbündels  liegenden 
gleich  ist,  ist  in  der  Figur  weggelassen  worden. 

Es  bedeutet  e  die  chlorophyllhaltige  Epidermis,  gr  peripherische 
chlorophyllhaltige,  enge,  gi  innere,  chlorophyllfreie,  weite  Grund- 
gewebezellen von  aussen  nach  innen  an  Weite  und  Länge  zunehmend; 
sp  Spiralgefässe,  ausschliesslich  den  Xylemtheil  der  GefössbQndel  in 
der  Lamina  zusammensetzend ;  wb  Weichbast  (Cambiform).  Vergr.  65. 

Fig.  3.  Querschnitt  durch  die  Mittelrippe  der  Lamina;  der  convexe  Theil 
der  Unter-,  der  concave  der  Oberseite  des  Blattes  entsprechend, 
gm  einziges  GeflUsbQndel  der  Mittelrippe;  e  Epidermis,  deren  Zellen, 
wie  diejenigen  des  Grundgewebes  (gr),  auf  der  Blattoberseite  weiter, 
als  auf  der  unteren  sind ;  st  Stemhaare.    Vergr.  65. 

Fig.  4.    Eine  junge  Mittelborste.     Vergr.  138. 

Fig.  5.  Eine  ausgewachsene  Mittelborste,  b  der  als  Gelenk  fungirende 
Basaltheil  mit  einem  axilen  Zellenstrange  (m);  o  der  obere  kegel- 
förmige Theil  oder  die  eigentliche  Mittelborste.     Vergr.  275. 

Fig.  6.    Die  Spitze  einer  Mittelborste.    Vergr.  275. 

Fig.  7.  Längsschnitt  durch  eine  seitliche  Laminahälfte.  Die  Epidermiszellen 
(e)  der  Oberseite,  welche  eine  Drüse  (dr)  zeigt,  sind  weiter,  als  die- 
jenigen der  Unterseite ;  ag  hypodermatische,  enge,  chlorophyllreiche, 
ig  sehr  viel  weitere,  chlorophyllfreie  Zellen  des  Grundgewebes  mit 
Intercelhilarräumen  (i) ;  gf  ein  Gefässbündel.     Vergr.  138. 

Fig.  S.  Querschnitt  durch  die  Lamina  eines  sehr  jungen  Blattes,  welche  fast 
ganz  aus  der  späteren  Mittelrippe  besteht.     Vergr.  30. 

Fig.  9.  Querschnitt  durch  eine  ältere  Blattspreite  mit  nach  innen  einge- 
rollten Rändern.  Die  Stemhaare  (st)  der  Unterseite  sind  bereits 
fertig  ausgebildet,  während  die  Drüsen  (d)  der  Oberseite  erst  durch 
Ausstülpung  der  Epidermiszellen  angelegt  sind.  Das  axile  Gefass- 
bündel  der  Mittelrippe  (gm)  ist  quer,  die  sich  von  ihm  abzweigen- 
den (gl)  längs  durchschnitten;  h  durch  die  eingerollten  Ränder  voll- 
ständig geschlossene  Höhlung  der  Oberseite.    Vergr.  etwa  ^0. 


64 


Tafel  UI. 

Fig.  1.    St&rke  fuhrende  Chlorophyllkorner.     Vergr.  13S. 

Fig.  2.  Stäbchenförmige  Stärke  aus  den  Zellen  des  Basaltheiles  der  Blätter. 
Vergr.  138. 

Fig.  3.  Der  oberirdische  Theil  eines  Blattstieles  von  der  Oberseite  gesehen, 
den  Umriss  und  den  Verlauf  der  GefiLssbündel  zeigend,  st  Stem- 
haare.    Vergr.  10. 

Fig.  4.  Querschnitt  durch  einen  jungen  Blattstiel.  Die  später  in  einer  Ebene 
ausgebreiteten  Flügel  (F)  sind  aufwärts  gebogen  und  daher  der 
Blattstiel  in  diesem  Alter  rinnenförmig  und  im  Querschnitte  sichel- 
förmig, st  Sternhaare  in  beträchtlicher  Menge  den  Blattstiel  ringsum 
bedeckend;  gm  das  grosse  axile  Gef^sbündel  der  Mittehrippe  (Mi; 
gf  die  seitlichen  schwächeren  Gef^sbündel,  welche  jetzt  auf  dem 
Querschnitte  in  einem  Halbkreise  stehen,  später  im  erwachsenen 
Blattstiele  in  einer  geraden  Linie  liegen.    Vergr.  30. 

Fig.  5.  Die  Hälfte  des  Querschnittes  durch  den  Basaltheil  eines  Blattes, 
e  Epidermis  mit  Stemhaaren  (st)  auf  der  Ober-  und  Unterseite; 
gr  Gnindgewebe  mit  im  Allgemeinen  durchweg  gleichen  Zellen.  Die 
Stärk ekömer,  welche  dieselben  in  grösster  Häufigkeit  erfiillen  und 
das  Präparat  ganz  undurclisichtig  machen,  sind  durch  Kali  aufge- 
quellt; gm  mittleres,  grösstes,  gs  seitliche  kleinere  GeflbiabfindeL 
Vergr.  65. 

Fig.  6.  Längsschnitt  durch  die  unterirdischen  Theilc.  st  der  sehr  kone 
und  breite  Stamm ;  g  GefässbOndel,  denselben  quer  durchsetzend  und 
je  eines  in  ein  Blatt  und  eine  Wurzel  ausbiegend;  b  Basaltheile  der 
(abgeschnittenen)  Blätter;  w  Wurzeln.     Vergr.  10. 

Fig.  7.  Längsschnitt  durch  eine  junge  Knospe.  Die  anscheinend  altemirend 
stehenden  jungen  Blattanlagen  bilden  (zusammengedruckte)  Kegel 
mit  stumpfer  Spitze.     Vergr.  65. 

Fig.  8.  Wurzclquersclmitt,  etwa  1  Cm.  über  der  Wurzelspitze,  r  Rinde; 
gs  Gef^ssbündelscheide ;  die  radialen  Wände  ihrer  Zellen  zeigen 
deutlich  je  einen  schwarzen  Punkt;  g  Gciassbündcl  (8),  einen  acht- 
strahligeu  Stern  bildend ;  b  Phloembündcl  mit  den  Gefassbündeln  wech- 
scllagernd;   m  Mark.     Vergr.   138. 


lieber  die  Entwickelong  und 
die  systematische  Stellnng  Yon  Tnlostoma  Pers. 


von 

Dr.  J.  Sehroeter. 


Die  Arten  der  Oattniig  Tulostoma  vollbringen  wie  bekannt  den 
ersten  Theil  ihrer  Entwiekelnng  als  ^unterirdische  Pilze,"  und  ent- 
liehen sieh  wihrend  dieser  Zeit  der  allgemeineren  Beaehtnng;  erst 
wenn  sieh  ihr  Stiel  streekt  nnd  die  Peridie  mehr  oder  minder  weit 
Aber  den  Boden  gehoben  wird,  fallen  sie  ins  Ange.  Zn  dieser  Zeit 
ist  die  Peridie  immer  schon  von  einem  dichten  Capillitinm  dnrch- 
togen,'  zwischen  welchem  die  Sporen  frei  daliegen;  die  Basidien  sind 
vor  Beginn  der  Streckung  des  Stieles  aufgelöst  Diesem  Verhalten 
mag  es  zuzuschreiben  sein,  dass  die  Entwickelung  von  Tulastoma, 
ins  Besondere  auch  die  Bildung  der  Sporen  an  den  Basidien,  bisher 
noch  nicht  vollständig  beschrieben  worden  war. 

Seit  einigen  Jahren  fand  ich  bei  Rastatt  an  mehreren  Orten 
sehr  häufig  die  Form  der  Gattung,  welche  wohl  als  die  verbrcitetste 
in  Europa  angesehen  werden,  der  man  daher  den  von  Linnö 
gegebenen  Artnamen:  Tulogtama  peduncukUum  (L.)  lassen  kann. 
(Lycoperdcn  ped,  Linn6  1762,  Tulostama  brumale  Persoon  1797, 
71  mammowm  Fries  1821,  Tuslanodea  mamtnosa  Fr.)  Von  Anfang 
October  an  erhoben  sich  die  langgestielten  Peridien  aus  dem  Boden 
nnd  hielten  in  Menge  bis  zum  März,  theilweise  sogar  bis  in  den 
Mai  hinein,  aus«  Ich  konnte  in  den  letzten  Jahren  nie  vor  Mitte 
October  an  den  betreffenden  Stellen  Nachgrabungen  anstellen,  aber 
auch  dann  noch  fand  ich  eine  genügende  Zahl  jflngerer  Fruchtsu- 
stände,  an  denen  ich  die  Entwicklung  des  Pilzes  einigermassen  voll- 
ständig beobachten  konnte. 

Die  Fmchtkdrper  liegen  nicht  tief,  etwa  nur  2  bis  3  Centimeter 
unter  der  Erde.     Sie  entspringen  von  einem   weit  zwischen  Gras* 

CohB,  Beiträge  m  Biologie  der  Pflensen.    Band  II.  Heft  L  5 


66 

wursein  und  altcD  Muuästeiigcin  liinUufunilism  a t ran grorm igen  Mycd. 
Dieses  ist  BcLimeweiBB,  besiUl  die  Dicke  starker  Zvrtmsljlden  untl  iat 
TielfacL  verzweigt.  Es  besteht  aus  dicht  nebeu  einander  lagen 
ZelUäden  von  3 — 4  Hikr.  Uicke,  die  toit  zahlreichen  Querwftndea 
versehen  sind ;  ihre  Membran  ist,  besonders  an  den  aussen  liegenden 
Fdden,  von  aufgelagerten  sehr  feinen  EOrncheD  r&uL.  Stellen« 
finden  sich  an  den  Hycelsträngen  spindelförmige  Auftreibungen  von 
viTSchicdener  Dicke;  durch  allmähliche  Zwischenstufen  gehen  iltcM 
Auftreibungen  in  Sclerotium  artige  Körper  über,  die  hier  and  da 
dem  Uycel  aufsitzen.  Diese  sind  innen  und  aussen  schneeweus, 
un regelmässig  gestaltet,  meist  Üach,  bis  G  Hm.  breit  nad  3—3  Hm- 
dick,  an  der  Oberfläche  glänzend,  glatt,  grubig  vertieft,  an  den 
RiLndern  oft  gelappt,  auf  dem  Durchschnitt  fest.  Sie  bestehen  au 
einem  dichten  Hyphengefleebte,  bei  welchem  man  zwei  vereehiedene 
Systeme  unterscheiden  kann.  Dss  eine  derselben  besteht  aus  breiten, 
kurzen  Zellen,  etwa  von  10^13  Mikr.  Breite  und  20  Mikr.  hiogt, 
die  in  der  Mitte  uft  tonnenfürmig  aufgetrieben  sind;  zwischen  ihnen 
liehen  sich  in  grösseren  Zwischenräumen  Stränge  aus  parallelwmn- 
digen  5 — G  Mikr.  dicken  üyphen  hin.  Die  Rinde  wird  aaa  dlcJil 
verHochtenen  dtlnnen  Hyphen  gebildet,  deren  Membran  an  den  freien 
Aestchen  wieder  mit  feinen  Kürnchen  bedeckt  ist. 

Die  Sclerotien  sind  olTenbar  die  Grundlage  fllr  die  Fmcht- 
kCrper.  Wie  dieselben  sich  herausbilden,  kennte  ich  nucli  nicht 
verfolgen.  Wie  mii-  schien,  sprossen  aio  aus  einem  Punkte  an  d« 
Oberfläche  des  Sclerotiums  aus.  Ich  habe  grössere,  flache  Sclerotien 
gefunden,  die  auf  einer  Einbuchtung  eine  kugelförmige  Vorragnng 
trugen,  welche  auf  Durchschnitten  von  dem  Übrigen  ^clerotiuingewcbe 
dnrcb  eine  feine,  fast  kroisfärniige  Grenzlinie  abgegrenzt  erschienen 
und  aus  gleichmttasigen,  reich  mit  Protoplasmit  geflUlten  Ilyphen- 
gliedern  bealnndcn.  Dieses  schienen  mir  die  Anfänge  der  Friiclit- 
körper  zu  sein.  Vorgeschrittenere  Zustände  derselben  sieht  man  aif 
einer  echeibenförmigen  zerfaserten  Membran  aufsitzen,  die  viellüchl 
der  Rest  des  aufgesogenen  Sclerotiums  ist. 

Wenn  der  Pilz  etwa  4  Mm.  im  Durchmesser  erreicht  bat,  erscheint 
er  ganz  kugllch,  und  gleicht  einer  kleinen  lioviata.  Das  Innere  ist 
Bchneeweias,  von  gleichartigen  Hyphen  gebildet,  die  OberlUclie  iat 
braun,  von  einer  dicken  Kruste  fest  anhaftender  Sandkörner  bedeekL 
Uei  einem  Durchmesser  von  6  —  8  Hm.  bat  er  gewöhnlich  einen 
llauptabschnitt  in  seiner  Entwlckelung  vollendet.  Er  ist  dann  etwa* 
L  abgeplatt4>t,  iu  der  Mitte  oben  mit  einem  kegelförmigen  Nabel  ver- 
L  «eben,    nach  dem  Grunde  zu  in  der  Mitte  ebenfalls  zugespitzt,   abo 


67 

im  Gknsen  ohng^fähr  flach  •  citronenförmig.  Man  kann  an  ihm  eine 
branne  HflUe  nnd  eine  weisse  Inhalts  •  Masse  unterscheiden.  Die 
Hfllle  ist  etwa  40  Mikr.  dick,  sie  besteht  ans  einem  sehr  dichten 
Gewebe  dickwandiger  Fäden  Ton  etwa  2  Mikr.  Durchmesser ;  nach 
anaseo  laufen  viele  dieser  Faden  in  freie  Enden  aus,  und  haften  so 
fest  an  einzelnen  Sandkörnern  und  anderen  Boden -Theilchen  an, 
dass  sie  olme  zu  zerreissen  nicht  losgelöst  werden  können,  nach 
innen  setzen  sieh  die  Fiden  unmittelbar  in  die  Markschicht  fort, 
daher  lässt  sich  auch  die  Hfllle  von  dieser  nicht  abziehen.  An  der 
noch  sohneeweissen  Inhaltsmasse  lassen  sich  schon  zu  dieser  Zeit 
drei  verschiedene  Abtheilungen  deutlich  erkennen:  eine  mittlere 
Markschicht,  eine  obere  und  eine  untere  Abtheilung.  Auf  dem 
Durchschnitte  erscheint  die  mittlere  Markschicht  fast  nierenf5rmig, 
von  der  oberen  und  unteren  Schicht  durch  nach  oben  convexe  zarte 
Linien  abgegrenzt  Die  obere  Abtheilang  ist  ungefähr  kegelförmig. 
Sie  besteht  aus  einem  lockeren  Geflecht  von  dünnwandigen,  reichlich 
nnd  meist  rechtwinklig  verzweigten  5  Mik.  breiten  Fäden.  Diese 
Abtheilnng  behält  immer  ihre  weisse  Farbe,  auch  über  die  Sporen- 
reife hinaus.  Sie  ist  die  Grundlage  für  die  kegelig-röhrenförmige 
Mflndung  des  Peridiums,  denn  zur  Zeit  der  Sporenreife  vertrocknet 
das  schwammige  Gewebe  mit  einer  kreisförmigen  Stelle  auf  dem 
Scheitel  des  Peridiums,  und  verschliesst  noch  einige  Zeit  aU  weisser 
Pfropf  den  Ausftlhrungsgang,  der  sich  durch  Zusammenziehen  des 
oberen  Theiles  der  Hülle  um  dieses  geschrumpfte  Gewebe  gebildet  hat. 
Die  untere  Abtheilung  ist  etwa  umgekehrt  abgestumpft  -  kegel- 
förmig. Man  unterscheidet  an  ihr  leicht  einen  mitteren  cylindrischen 
Theil,  der  von  dem  Reste  mantelförmig  umgeben  wird.  Ersterer 
erscheint  fest,  seidenglänzend,  senkrecht  gestreift;  er  besteht  aus 
dicht  neben  einander  gelagerten,  wenig  verzweigten,  und  im  Wesent- 
lichen senkrecht  verlaufenden  Hyphen.  Dies  ist  die  Grundlage  des 
Stieles;  derselbe  hat  jetzt  wenig  über  einen  Mm.  Länge,  seine  Zellen 
haben  aber  schon  dieselbe  Grösse  und  Breite,  wie  in  den  späteren 
fortgeschrittenen  Stadien;  die  Verlängerung  des  Stieles  geschieht 
durch  wirkliches  Wachsthum  (Neubildung),  nach  Analogie  bei  ande- 
ren Pilzen  zu  schliessen,  durch  Wachsthum  an  der  Spitze  des 
Stieles.  —  Die  Hfllle  um  diese  Stielanlage  ist  ein  lockeres  Hyphen- 
geflecht,  ganz  so  gebildet,  wie  die  obere  Abtheilung.  Sie  bleibt 
ebenfalls  beständig  weiss  und  vertrocknet  nach  der  Sporenreife,  so 
dass  dann  zwischen  HüUe  und  Stiel  eine  kleine  Höhlung  entsteht 
Wenn  der  Stiel  nun  wächst,  zerreisst  die  Hülle  an  dieser  Stelle  und 
so  bleibt  der  Theil  derselben,    welcher  die  Höhlung  umhüllte,  zum 


68 

Tbeil  am  Grande  des  Stieles,    znm  Theil  am  Grande  der  Peridie 
als  ringförmige  freie  cylindrische  Scheide  om  den  Stiel  sarQck. 

Die  mittlere  Markschicht  besteht  aas  einem  gleichmässigen  Gewirr 
von  etwa  2  Mikr.  dicken,  mit  vielen  Scheidewänden  versehenen 
Fäden,  die  streckenweise  lange  angetheilt  darcheinander  laafen,  and 
sich  anderweitig  in  anregelmässigen  Zwischenränmen  rechtwinklig 
verzweigen.  Die  Hanptäste  sind  entweder  gabelig  oder  Hf5nnig 
verbanden  and  scheinen  ein  den  ganzen  Frachtkdrper  gleichförmig 
durchziehendes  Gewirr  za  bilden.  Verflechtang  der  Fiden  oder 
Ornppirang  zn  Kammern  oder  Gängen  ist  nicht  im  kleinsten  Maat- 
stabe  angedeatet.  Die  Hauptfäden  geben  kürzere  Nebenäste  ab,  die 
sich  wieder  verzweigen  and  endlich  mit  kurzen,  meist  einzeln,  selten 
zu  kleinen  BOscheln  gruppirten  Aesten  enden.  Das  Ende  dieser 
kurzen  Aeste  grenzt  sich  durch  eine  Querwand  ab  nnd  wird  aar 
sporenbildenden  Zelle  (Basidie).  Die  fertigen  Basidien  sind  cylin- 
drisch  oder  schwach  keulenförmig,  am  Scheitel  abgornndet,  meist 
gerade,  zuweilen  etwas  gekrümmt,  selten  mehr  als  4.5  Mikr.  breit, 
12  bis  15  Mikr.  Ung;  sie  sind  mit  schaumigem  Plasma  gefllllt. 


©\> 


RMidien  von  Tulostoma  pedunculaturo  (L.). 


An  jeder  Basidie  bilden  sich  in  der  Regel  vier  1.5  bis  2  Mikr.  lange, 
grade  Spitzchen  (Sterigmcn),  an  deren  Scheitel  die  Sporen  sprossen. 
Diese  Sterigmcn  stehen  an  den  Seitenwänden  der  Basidien  und  treten 
grade  wagerecht  vor;  sie  entspringen  in  angleicher  Ilöhe,  meist 
gleich  weit  von  einander  entfernt,  das  Oberste  nahe  dem  Scheitel, 
das  Unterste  etwas  über  dem  Grunde  der  Basidie;  in  den  Präparaten 


69 

erscheinen  meist  2  Sporen  rechts,  2  links  von  der  Basidie,  es 
scheint  mir  aber,  dass  sie  spiralig  mit  \  des  Umfangs  Abstand 
angeordnet  sind. 

Die  Basidien  haben  nnr  einen  sehr  kurzen  Bestand.  Man  findet 
sie  nnr  in  den  Fmchtkörpern,  die  im  Innern  noch  vollkommen  weiss 
sind.  Noch  ehe  der  Stiel  zu  wachsen  anfängt,  färbt  sich  die  Mark- 
BQbstana  in  der  Mitte  gelblich,  nnd  zn  dieser  Zeit  sind  schon  simmt- 
liehe  Basidien  aufgelöst,  die  Sporen  frei  geworden.  Die  Sporen  sind 
jetzt  kuglig,  haben  einen  Durchmesser  von  4  bis  4.5  Mikr.,  ihre 
Membran  erscheint  noch  farblos,  mit  kleinen  entfernt  stehenden 
Spitzchen  besetzt,  im  Innern  haben  sie  einen  grossen,  stark  licht- 
brechenden Kern,  der  durch  Jodtinctur  braun  gefärbt  wird.  Sie 
behalten  bis  zur  Reife  dieselbe  Grösse  und  verändern  sich  bis  dahin 
nur  insofern,  dass  der  Inhalt  mehr  gleichförmig,  die  Membran  ocher- 
gelb  gefärbt,  etwas  dicker  \ind  deutlicher  punktirt  wird. 

Die  gelbe  Färbung  verbreitet  sich  schnell  von  der  Mitte  nach 
der  Peripherie  hin,  und  endlich,  noch  ehe  die  Peridie  aus  dem 
Boden  gehoben  wird,  hat  das  ganze  Innere  die  lehmgelbe  Farbe 
angenommen,  die  schliesslich  bleibt.  Diese  Färbung  ist  nur  durch 
die  Farbe  der  Sporen  bedingt,  lässt  man  diese  aus  den  reifen  Peri* 
dien  verstäuben,  so  bleibt  das  Capillitinm  mit  hellgrauer  Farbe  zurück. 

Kurz  vor  dem  Zerfliessen  der  Basidien  treten  die  ersten  Spuren 
des  Capillitiums  auf.  Seine  Fäden  gehen  vielleicht  direct  aus  den  Haupt- 
hyphen  des  Markgewebes  hervor.  Sie  haben  dieselbe  Verzweigung 
wie  diese  und  lassen  sich  anfangs  sehr  schwer  von  ihnen  unter- 
scheiden. Wenn  die  Basidien  noch  vorhanden  sind,  sind  die  Zellen, 
die  bestimmt  als  Capillitinm  zu  erkennen  sind,  nur  wenig^  dicker,  als  die 
Markhjphen,  etwa  4  Mikr.  Ihre  Wände  sind  etwas  dicker,  sie  ver^ 
laufen  vorwiegend  unverzweigt  und  etwas  wellig  gebogen.  In  grösseren 
Entfernungen  nur  zeigen  sich  Scheidewände  und  hier  sind  jetzt  schon 
die  Fäden  knotig  aufgetrieben.  Nach  dem  Zerfliessen  der  Basidien 
sieht  man  das  Markgewebe  noch  fortbestehen,  das  Capillitinm  wird 
aber  immer  reichlicher,  seine  Fäden  nach  und  nach  immer  stärker, 
endlich  bleibt  es  nnr  allein  mit  den  Sporen  in  dem  Peridium  zurück. 
Es  bildet  ein  dichtes  Netzwerk,  welches  fest  mit  den  Wänden  ver- 
wachsen ist.  Die  Fäden  sind  von  sehr  verschiedener  Dicke,  von 
4  bis  13  Mikr.  im  Durchmesser,  die  Membran  bis  3.5  Mikr.  dick, 
verlaufen  grade  oder  wellig  geschlängelt,  oft  bis  1  Mm.  weit  unge- 
theilt,  oft  aber  auch  in  kurzen  Zwischenräumen  gabelig  oder  H  förmig 
verzweigt.  Alle  Fäden  scheinen  in  Verbindung  zu  stehen,  freie 
Enden  werden  nicht  bemerkt,  besonders  auch  keine  spitz  auslaufen- 


70 

den  Zweige.  In  ungleichmässigen  Zwischenräumen  sind  die  Fäden 
mit  Scheidewänden  versehen,  hier  sind  die  Glieder  an  beiden  Enden 
regelmässig  in  charakteristischer  Weise  zwiebeiförmig  verdickt,  als 
ob  sie  sich  an  einander  abgeflacht  hätten.  Diese  Auftreibmigen 
erreichen  bei  dünneren  Fäden  oft  das  dreifache  des  Fadeodnrch- 
messers. 

Nach  Ausbildung  des  Fruchtkörpers  wuchst  der  Stiel  an  einer 
Länge  von  3  bis  6  Centimeter  und  hebt  jenen  hoch  über  den  Boden 
empor.  Er  ist  Anfangs  glatt  und  rund  und  nimmt  aussen  an  der 
Luft  sehr  schnell  eine  rothbraune  Farbe  an.  Dies  geschieht  dareh 
Vertrocknen  der  äusseren  Hyphen.  Durch  weiteres  Eintrocknen 
wird  die  Rinde  dicker,  reisst  dann  fetzenartig  ein,  löst  sich  theilweiae 
los  und  bekleidet  den  Stiel  noch  eine  Zeit  lang  als  mehr  oder  weniger 
sparrig  abstehende  Schuppen,  später  fällt  sie  ganz  ab  und  der  Stiel 
erscheint  grau  und  senkrecht  gefurcht.  Die  Schuppen  entsprechen 
also  keiner  besonderen  Membran-  oder  Haarbildung,  in  ihnen,  wie 
überhaupt  in  der  braunen  Rinde,  ist  die  Structur  der  Stielhjphen 
noch  deutlich  zu  erkennen.  Das  Innere  des  Stieles  bleibt  immer 
schneeweiss,  in  der  Mitte  bildet  sich  meist  eine  Höhlung. 

Die  Peridien  schwankten  bei  völliger  Reife  in  der  Oröase  sehr 
erheblich  von  6  bis  zu  12  Mm.  im  Durchmesser.  Es  schien  mir, 
als  ob  die  zuerst  gebildeten  Pilze  die  grössten,  die  letzten  und  am 
längsten  ausdauernden  die  kleinsten  Peridien  haben.  Ihre  Farbe  ist 
anfangs  ebenfalls  braun,  im  Laufe  des  Winters  löst  sich  die  äussere 
Schicht  der  Hülle  mit  den  anhaftenden  Sandkörnern  ebenfalls  schup- 
penförmig  ab,  und  dann  erscheint  die  Peridie  weisslich,  mit  brmnner, 
nunmehr  weiter  hervortretender  Mündung.  Die  trichterförmige  MOn- 
düng  mit  kreisförmiger,  scharfer,  wie  mit  einem  Locheisen  ausge- 
schlagener Oeffnung  ist  für  die  Art  höchst  charakteristisch  und 
beruht,  wie  ausgeführt  wurde,  auf  einer  besonderen,  früh  angelegten 
Organisation.  Hierdurch  unterscheidet  sich  7W.  peduncukUum  sehr 
sicher  von  T.  fimbriatum  Fr.,  mit  dem  der  Pilz  manchmal,  z.  B.  in 
Erbar.  critog.  Ital.  und  Rabenhorst  fung.  cur.  1911  verwechselt  wor- 
den ist 

Unter  vielen  hundert  Exemplaren  von  T,  jped.  fand  ich  nur  an 
einem  die  Mündung  nicht  regelmässig  ausgebildet.  Dieses,  also 
jedenfalls  eine  seltene  Abnormität,  hatte  gar  keine  Mündung,  son- 
dern nur  einen  braunen  Fleck  auf  dem  Scheitel  der  Peridie,  die  fest 
geschlossen  blieb.  Andererseits  sah  ich  bei  zahlreichen  Exemplaren 
von  Tul,  fimhr,,  die  ich  bei  Spandau  sammelte,  immer  die  flache, 
gefranste   und   gleichfarbige  Oefl'nung  auf  dem  Scheitel  der  Peridie, 


71 

nie  eisen  Uebergang  zor  trichterförmigen  MüDdnng,  überdies  waren 
hier  die  Sporen  beständig  etwas  grösser,  nämlich  5.5  bis  G  Mikr.  im 
Dnrehmesser.  Der  BeschreibuDg  Persoon's  nach  möchte  man 
annehmen,  dasa  er  unter  Tulostoma  brumale  die  letztere  Art  versteht 
Die  Trennung  einer  weiteren  Art:  7W.  squamasum  OmeL  (Persoon 
1.  e.  S.  140),  welche  manche  Autoren  annehmen,  scheint  mir  nur 
auf  einem  Vergleiche  verschiedener  Alterszustände  und  habituelle, 
unwesentliche  Merkmale  gegründet  zu  sein. 

Als  die  bemerkenswertheste  Eigenthflmlichkeit  in  der  Entwick- 
lung des  Pilzes  erscheint  mir  die  Art  und  Weise,  wie  sich  die  Spo- 
ren an  den  Basidien  bilden.  Bisher  wurde  TuloeUmia  unbedenklich 
zu  den  Ocuteromyceten  und  speciell  zu  den  Lyooperdaceen  gestellt. 
Die  Basidienbildung  ist  bei  allen  Gattungen  der  letzteren  Gruppe 
bekannt,  keine  aber  gleicht  der  von  Tuloatoma.  Bei  allen  bilden 
sich  vier  Sporen  in  gleicher  Höhe,  am  Scheitel  der  keulenförmigen, 
oben  fast  kugligen  Basidien.  Bei  Scleroderma  sind  die  Sporen  fast 
ganz  sitzend,  bei  Bomsta  stehen  sie  an  langen,  dflnnen,  gleichlangen 
Sterigmen,  die  bei  der  Sporenreife  vertrocknen  und  an  den  Sporen 
hängen  bleiben,  bei  Lycoperdon  sind  die  Sterigmen  ebenfalls  sehr 
lang,  doch  (wenigstens  bei  den  von  mir  untersuchten  Arten)  von 
ungleicher  Länge  und  mit  den  Basidien  zerfliessend,  die  Sporen 
also  im  Gegensatz  zu  Bovista  ungestielt 

Der  eigenthflmlichen  Fruchtbildung  nach  muss  Ttdastcma  daher 
von  den  LycoperdcLceen  ausgeschlossen  werden.  Aber  auch  bei 
anderen  Abtheilnngen  der  Gasteromyceten  kommt  eine  solche  Bildung, 
so  viel  man  untersucht  hat,  nicht  vor,  sie  ist  sogar  bei  anderen 
Hymenamyceien,  sowie  augenblicklich  die  Klasse  begrenzt  wird, 
nicht  beobachtet  worden. 

Vielleicht  steht  indess  die  Sporenbildung  von  Tulostoma  nicht 
ganz  isolirt  da.  Tulasne  hat  vor  Kurzem  die  Sporenbildung  von 
Füacre  untersucht  und  neuerdings  (Annales  des  Sciences  nat  V.  Ser. 
Bot.  T.  XV.)  abgebildet  Diese  Abbildung  scheint  mir  einen  ähn- 
lichen Typus  darzustellen,  wie  ich  ihn  soeben  bei  Ttdostoma  beschrie- 
ben habe.  Tulasne  giebt  ihr  eine  andere  Deutung,  er  vergleicht 
sie  mit  der  Sporenbildung  bei  Hypochnus  purpureus,  einem  Pilz, 
der  in  dieser  Beziehung  den  Auricularineen  nahe  steht 

Ich  habe  Hypochnus  purpureus  Tul.,  der  in  Wäldern  um  Rastatt 
im  Januar  auf  Erlenstflmpfen  vorkommt,  frisch  untersuchen  und  län- 
gere Zeit  hindurch  cnltiviren  können,  und  kann  die  Tulasne'sche 
Beobachtung  ttber  ihn  nur  bestätigen.  Das  Mycel  desselben  bildet 
einen  rothbraunen,  wergartigen  Filz,  an  den  Enden  der  Fäden  bilden 


72 

- 

sich  farblose  Aeste,  die  sich  an  der  Spitze  spiralig  eioroUen  QDd 
sich  dann  durch  Querwände  in  vier  übereinander  stehende  Fieber 
theilen.  Ans  jedem  Fache  sprosst  ein  langer,  pfriemlicher  Zweig, 
der  an  seiner  Spitze  eine  etwa  11  Mikr.  lange,  anfangs  ei-,  darmof 
fast  nierenßrmige  Spore  bildet,  die  bald  nach  ihrer  Reife  keimt, 
wenn  sie  anf  fenchte  Unterlage  gebracht  wird.  Wären  die  Bndiste 
zn  einem  Hymenium  vereinigt,  so  mOsste  man  den  Pilz  in  der  That 
für  eine  AuriciUaria  erklären,  sprossten  dieselben  Endäste  ans  einer 
Danerzelle  ans,  so  fände  man  dieselbe  Bildung,  wie  bei  der  soge- 
nannten Promycel-  und  Sporidienbildung  der  üredineen. 

Die  Sporenbildung  bei  Tidastama  hat  hiermit  gar  keine  Aehn- 
lichkeit.  Hier  sind  ächte  ungetheilte  Basidien  vorhanden,  aus  deren 
Inhalt  sich  die  vier  Sporen,  wie  es  scheint,  gleichzeitig  bilden. 

Es  wird  wohl  das  Einfachste  sein,  Tiäastama  als  Repräsentanten 
einer  besonderen  Abtheilung  der  Gaaieromyceten  anzusehen.  Ob 
sich  unter  den  noch  nicht  auf  ihre  Sporenbildung  untersuchten  anaser- 
deutschen  Bauchpilzen  noch  verwandte  Gattungen  finden,  mnas  dahin- 
gestellt bleiben,  namentlich  wäre  es  interessant,  Battarraea  darauf 
untersuchen  zu  können,  deren  Entwicklung  in  manchen  Punkten  der 
von  Tulostoma  ähnlich  ist.  Die  Darstellung  Tnlasne's  von  der 
Sporenbildung  bei  Pilacre  scheint  mir  viel  mehr  der  von  Tulasiama, 
als  der  von  Hypochnus  purpureus  ähnlich  zu  sein.  Ich  halte  ea 
darum  für  wahrscheinlich,  dass  dieser  kleine  Pilz,  der  schon  in  den 
verschiedensten  Familien  herumgewandert  ist,  den  Vertreter  einer 
zweiten  Gattung  in  der  Familie  der  TiUostomaceen  darstellt. 

Rastatt,  im  Januar  1876. 


Beitrag  znr  Kenntniss  der  Chytridiaceen. 

Von 

Dr.  Leom  Sowakowski 

aus  Warschau. 
Mit  TiW  IV.  V.  VI. 


Wie  bekannt  bestehen  die  Chytridiaceen  bald  nur  ans  einer 
Zelle  {Chyiridium)j  bald  ans  iwei  Zellen,  von  denen  die  eine  sich 
wnraelfdrmig  oder  mycelinmartig  veristelt  {Rkisidium^  bald  endlich 
bestehen  sie  ans  Zellengrnppen  (Synchytrium).  Bei  einigen  Arten 
der  eioselligen  Gattung  Ckytridium  entwickelt  die  Zelle,  welche  ich 
während  ihrer  Schwftrmsporenbildnng  Zoosporanginm  nennen  werde, 
einen  Wnrzelschlanch  {Chytr.  OUcl  AI.  Br.)  oder  kurze  fadenförmige 
Fortsitse,  welche  Tom  Zoosporanginm  ausgehen  und  gewissermassen 
als  Anfang  eines  Myeelinm  betrachtet  werden  können  (Chytr.  rhi- 
ginum  n.  Chytr.  Lagenaria  Schk.)^).  In  der  zweizeiligen  Gattung 
Bhüidimn  dagegen  kann  die  verzweigte  Zelle  als  die  Repräsentantin 
eines  Myeelinm  angesehen  werden,  welches  eine  ziemlich  hohe  Ent- 
wiekelung  zeigt  Endlich  seheinen  zu  den  ihrem  Bau  nach  am 
meisten  entwickelten  Chytridiaceen  auch  die  von  Sorokin  gefundenen 
Gattungen  Zygochytrium  und  Tetrachytrium^)  zu  gehöreo,  bei 
welchen  die  Zoosporangien  auf  einem  verästelten  Tragfaden  sich 
bilden.  — 

Bei  den  von  mir  im  Jahre  1875  im  pflanzenphysiologischen  Institut 
der  Universität  Breslau,  unter  gütiger  Anleitung  und  Unterstfltzung 
seines  Directors,  Prof.  Ferdinand  Cohn  ausgeftthrten  Untersuchun- 
gen fand  ich  ausser  einigen  Chytridnim-ArieB^  welche  äich  nur  durch 
gewisse  specifische  Eigenthttmlichkeiten  auszeichnen,  auch  andere,  die 

1)  Vergl.  Cienkowski,  Bot.  Ztg.  1857  No.  14;  Schenk,  Algologische 
MtttheiloDgen,  Verhandlungen  der  phys.-med.  Gesellschaft  zu  Wfirzbnrg, 
Bd.  Vlll.  Lfg.  II.  p.  285  1857,  Tab  V.:  Ueber  das  Vorkommen  contraktilcr 
Zellen  im  Pflanzenreiche.     Würzburg  1858. 

^)  Sorokin,  Einige  neue  Wasserpilze.    Bot.  Ztg.  1874.  No.  14. 


74 

ihrem  Ball  nach  wcacntlicL  von  Am  bis  jetzt  buknniilen  Ciy 
tridiaceen  unterschieden  sind,  und  weiter  unten  von  mir  ßeniaer 
beachriebon  werden  sollen.  So  Icommon  bei  Vhylridium  Mtutigo- 
trichis  n.  sp.  Tadenfflrmige  llaaslurien  vur,  welche  aus  der  Ob«rfliob« 
des  Zoogporan^iums  iu  die  benaehbartcn  NAhrpHanien  hineiDwacliteg. 
In  der  Gattung;  Cladoclii/Irium  fand  ich  ein  verfistetlea  ira  Oewebe 
der  Nährptlanie  wncberndes  Myceliiini,  in  welchem  Bicfa  wie  hö 
Protomycea  spindelförmige  oder  Icngligo  A  nach  well  Dogen  bilden,  au 
denen  dann  zahlreiche  Zoosporangiea  entstehen.  In  der  Gattung  ObeU- 
dium,  die  auf  einer  ira  Wasser  faulenden  Mückcnhaul  gefunden 
wurde,  beginnt  ausser  dem  Oppig  sich  ausbreitenden  Uycelium  uieh 
ein  Zoosporangiumlräger  deollicher  lierrorzatreten,  Kndlich  hatte 
ich  Gelegenheit,  die  BntwickolungageBchichle  der  bis  jetzt  nur  unvoll- 
kommen bekannten  Gattung  RhhidiuM  genauer  zn  verfolgen. 

Bekanntlich  entstehen  ilie  Schwärmaporen  der  Chyttidtaceen  hi 
ihren  Zoosporangien  darcli  freie  Zellbiidung  nm  stark  lichtbrecbesde 
Kerne,  welche  sich  vorher  ans  dem  ProtoptaHioa  auBgoachtedea 
haben.  In  vielen  von  mir  beobiichtoteo  Arten  wird  nicht  das  gaue 
Protuplasma  für  die  Bildung  der  Zoosporen  verwendet,  sondern  «in 
Theil  desselben  bleibt  als  eine  schleimige  KlllBsigkeil  Übrig,  w«lck 
die  Räume  zwischen  den  Schwärmaporen  erfllUt,  ähnlich  wie  bei  der 
Sporenbildung  der  Ächlyen  und  der  Mucvrineeii '  )■.  bei  andeni 
Arten  aber  ist  dieser  Sehleim  in  geringer  Menge  vorhanden,  vid- 
leicht  anch  dltnnflflssiger,  und  doshalb  achwer  mit  Bestimmtbeit  ■■ 
unterscheiden.  Diese  „Zwischenaubstanz,"  wie  sie  Brefeld  ■anl, 
verbindet  in  der  Kegel  die  heraustretenden  Schwärmaporen  in  einw 
kngligen  Hasse,  diu  vor  der  OelTnnng  des  Zoosporaogiums  llegta 
bleibt.  Allmiüilicb,  bei  verschiedenen  Arten  nach  kdrzeror  oder 
llngerer  Zeit,  ICst  sich  dor  Schleim  unter  Qnellungserschainnogea 
im  Wasser  auf;  erst  wenn  in  Folge  dessen  die  Schnärrosponia, 
welche  bis  dahin  keine  Bewegung  zeigten,  mit  tlem  Waaaer  la 
unmittelbare  Berllhrnng  kommen,  fangen  sie  au,  sich  activ  an  bewe- 
gen und  auszuBch wärmen. 

Die    Zoosporen    der    Ckytridiaceen    zeigen    gewöhnlich 
artige  Veränderungen  ihres  Körpers,  wie  diea  zuerst  Schenk 


')  Vergl.  A.  de  Bary,  Kinige  ucue  SaproU^itett  in  PriugibriMa  jalr 
bllnhcr  tat  wisa.  Bot.,  II.  Saud,  p.  |74.  Or.  U.  Brafold.  Bnt,<»ixcUe  Uato- 
■nrhungeii  nlier  Bchimmdpilio.  1.  Heft.  Uiplig  187i  |i,  111,  V«n  Tieghew. 
Nuiivi'ilrs  Kerli(?rcliP8  sur  Ich  Miiinrin^a.  Amialrs  <l  sc  iiAtiir.  Sjxitee  aAric. 
Tnini-  I,  l'aris  1875  j..  33. 


TO 


■■lit  weni^riBi  Jkwttmktmai  ^  •  eoHD  Ank  ittlilbmclMiiwtei  Kinm 
t  'Oüifi,  «flieliir  bein  SdiwimaMi  Bidn  iami0r  muiiIi  vnin. 
in  enriiffBi  Axcon  vmlDulir  uwii  hiiflBii  ironrioiiM  in.  lUii 
giiiimwfe  wird  dar  Smi  ■Ijmrtifwrfc  Ttambkrt:  die  ir^reimK  ftiM^ 
-widaiit  entwador  ohne  weiteres  mm  2cioq¥ii«]^iim  mos,  oder 
tnäkt  -vaAm  mn  einem  oder  meiircreo  Punkten  ümn-  Peripherie 
Kenftden,  die  eiidi  mein-  oder  minder  vessweipen.  Sine  Oi^l«ticiD 
der  ZoaiQMirBn  labe  ieh  nie  ^tmähmL  Dmenipurep  sind  bis  Jetst  nnr 
tei  «ngen  auftnÜtm^l  bei  ffirnViniiw  (L  e.).  iBnbaobeinlioh  nek 
1«  ^Sadoafaif^TMny  sowie  bei  den  ▼«!  Sorokin  (LtD  nnd  Cornti^) 
IwciiiklwaBB  ChftriäuMomm  f-efunden:  die  Art  ütrer  Butstehmifr 
tednf  jedoob  nodi  weiterer  AnftÜrnng-:  die  bis  jetitt  nnb^aamle 
KenMHig  derselbeB  ist  ▼on  mir  bei  Shimämm  beobnbblet  worden. 

AL  Brana  bat  die  im  Jabre  I B56  van  Snn  gekannten  Olnfiri/Nmi  in 
HMknre  Onterpittengen  |;elbeilt,  welobeEabenberst'^)  a)8  »Ibfitän- 
digeGnttnngen  anfffibrt.  ZwiecAien  dienen  Gnqipen,  die  baiqrtsfteblicli  nnf 
die  Anweeenbeit  eanes  BaleeB  oder  Dec^ls  begründet  sind,  seigm  siob 
jedoch  viele  Uebergiage ;  idi  werde  dedinlb  in  meiner  Bescbrcibnng, 
welebe  keine  syrttaniiHscben  Zwecke  verfolgt,  vom  ibnen  absehen 
and  die  aesen  Arten  so  ordnen,  dnse  idi  xnerst  die  endophytischen, 
dnan  die  ep^ytiseben  eännellie<en  Ckytrütietiy  nietat  die  tweineUigen 
aad  myoeHMldeBdea  Fonnea  betmebten  werde.  D^  kitsteren  neigen 
aidt  aar  innige  Verwiadtsdimft  zu  den  Saprokgmiac&emy  die  ja  anck 
nekon  frfiber  bemerkt  wnrde,  sondern  lassen  snm  Tbeil  anch  sehr 
aafidleade  Besiehaagea  sn  gewissen  /Votomj^osMrten  erkennen« 


L  Ghytridiiai  A.  Br. 

1.  Chftridüan  deMmums,  nov.  spec.  Taf.  IV.  Pig«  K  Die  Xoonpo- 
rangien  dieser  Art  fand  ich  einsein  im  Innern  der  Zellen  von  Chft^i' 
loftsaia*),    bald  serstrent  im  Faden,    bald  in  mehr  oder  weniger 

>)  Schenk,  Ueber  das  Vorkommen  centraetiler  Zclltn  etc. 

*)  CftyfrMUttm  maetotporwn  n.  sp.,  roteicm  und  einige  in  SA|>rolegni«»<^n 
lebende  Arten  besitzen  keine  Kerne.  (Cornu,  Monographie  don  Hap^ol^i^^Nl. 
Paris  1872  p.  115.) 

')  Ckjftridium  amatrofnun  nach  A.  Braun,  Ch.  (Ucifhen»t  nrnniintthm^  nndih 
genum  und  vagatu  nach  Cornu. 

*)  Max  Cornu,  Monographie  dcR  Saprol<^nif^cii.     Pari«  1872  p.  121. 

»)  Flora  Europaea  Alganim  Scot.  111.  p.  277-285. 

*)  Chaeianema  inegulare  nov.  gen.  et  «pec.  Int  ein«  grniii*  /«Ofinpriii*!*« 
welche   ich   stets  zwischen   den  F&dcii  and(*rrr    Ktnhlfimlgr*r  AIgmi    wut^tiftt-tldi 


76 

zahlreichen  Zellreihen.  Wie  bei  vielen  Ghytridiaceen,  so  macht  sieh 
auch  die  Anwesenheit  des  Chytridtum  destruens  in  der  vom  Para- 
siten ergriffenen  Zelle  dnrch  eine  kugelartige  Anschwellung  deraelbea 
bemerklich.  In  dem  grünen  Zellinhalte  erscheint  das  Chyiridmm 
saerst  als-  ein  feinkörniger  ungefärbter  Protoplasmakdrper.     Dies« 


iusbesondere  im  Sclileime  von  TetrtMpora^  Chaetoj^hora,  Oloiotriekiaf  Cdätf- 
ehMte  pulvinata,  Batrachotpermum  u.  s.  w.  gefimden  habe.  Sie  bildet  unregel- 
massig  verzweigte,  aus  Zellreihen  bestehende  Fäden,  deren  Aeste  nach  ver- 
schicdenen  Richtungen,  ofl  unter  rechtem  Winkel,  ausgespreizt  sind.  Wenn 
nicht  aus  allen,  so  doch  aus  den  meisten  ihrer  Zellen  entspringen  dönne,  ao 
der  Basis  etwas  angeschwollene  Borsten,  welche  sämmtlich  nach  einer  Seile 
gerichtet  sind,  einzeln  oder  zu  zweien,  bald  in  der  Mitte,  bald  näher  dem  Ende 
der  Zelle,  bald  endlich  terminal  in  den  die  Spitzen  der  C&aetonema- Zweige 
bildenden  Zellen.  Da  die  Chaetonema -ZcWcn  während  ihres  ganzen  Lebens 
die  Fähigkeit  besitzen,  die  Borsten  zu  entwickeln,  so  findet  man  g^wohulidi 
auf  den  älteren  Zellen  mehrere,  etwa  3 — 4  abgebrochene  Boratenbasaltheile. 
Die  ChaetonemtȣAdcn  tlieilen  sieh  ofl  in  einzelne  Stucke  und  hierdurch  xer- 
fällt  ein  Individuum  leicht  in  mehrere  getrennte  Pflanzen.  Am  dcutlicfasteo 
kann  man  Chaetonema  mit  getrennten,  aber  noch  offenbar  zusammengehörendeo 
Aesten  im  Tetreupora-SclAcinic  beobachten,  wo  die  älteren  Fäden  noch  in  der 
Verlängerung  ihrer  jüngeren  peripherischen  Zweige  liegen,  von  denen  sie  sich 
aber  schon  in  gewissen  Abständen  befinden. 

Chaetonema  vermehrt  sich  ausser  der  oben  erwähnten  Trennung  in  einxelne 
Fadentheile  auch  durch  Schwärmsporen.  Die  letzteren  bilden  sich  in  aoge- 
schwollenen  mehr  oder  weniger  zahlreichen  Zellen  am  Ende,  oder  in  der  Mitte 
der  Zweige,  in  der  Kegel  in  acropctaler  Folge.  Jede  Zoospore  entsteht  ent- 
weder aus  dem  ganzen  Inhalte  einer  ChaetonemazeWc  j  oder  dieselbe  theüt 
sich  vorher  quer  oder  parallel  der  Fadenaxe  in  zwei,  oder  durch  kreuzförmige 
Theilung  in  vier  oder  seihst  mehr  Sporenmutterzellen.  Die  Zoosporen  schlQpfeD 
aus  in  Folge  der  Auflösung  der  Mutterzcll wände,  'sie  sind  eiförmig  und  tragen 
auf  dem  schmäleren  farblosen  Ende  4  Cilien  und  einen  rotlien  Augcnflcck. 
Nach  dem  Schwärmen  ziehen  sie  sich  zusammen  und  treiben  einen  Keimschlauch 
hervor,  an  welchem  noch  längere  Zeit  der  Augenfleck  sichtbar  bleibt.  Der 
Keimschlauch  legt  sich  an  irgend  einen  Zweig  der  Schleimalge  und  wichst 
längs  desselben  in  einen  verzweigten  Zellfaden  aus,  indem  er  manchmal  die 
Fäden  der  Schleimalge  umwindet  oder  umspinnt.  Die  Zellenthcilung  geht 
in  den  Chaetonemailkdcn  intercalar  und  terminal  vor  sich.  Für  jetzt  ist  dir 
systematische  Stellung  von  (^aetonenia  unsicher,  da  weder  geschlechtliche  Fort- 
pflanzung  noch  Dauersporen  t)e()baehtet  wurden;  vermuthlich  ist  es  aber  mit 
*Stigeoclonium  nächst  verwandt. 

Aus  dem  Vorkommen  unserer  Pflanze  kann  man  schliessen,  dass  sie  ihrt 
Nahrung  nicht  sowohl  aus  dem  Wasser  nimmt,  sondern  vielmehr  aus  dem 
Schh^imo  der  von  ihr  bewohnten  Algen  oder  aus  ihren  verschlriniteii  Wand- 
oberflächen. Das  < 'hfieforicnia  zeigt  sich  in  dieser  Hczichung  ähnlich  den  anderen 
schleimbowohnendcn  Algen,  welche  nicht  Mos  auf  Kirsten  der  unorganischen, 
sondern  auch  organischer  Verbindungen  leben  müssen. 


77 

beginnt  immer  mehr  zu  überwiegen  in  demselben  Maasse,  als  das 
Protoplasma  der  Chaetonema-Zelle  selbst  versehwindet.  Naeh  eini- 
gen Tagen  füllt  der  Parasit  den  ganzen  Ranm  der  ergriffenen  Zelle 
vollkommen  aus,  in  welchem  man  nur  noch  ein  Ueberbleibsel  ihres 
ursprünglichen  Inhalts  in  Form  eines  kleinen  grünen  Elümpchens 
erblickt,  welches  auch  schliesslich  vollständig  verschwindet  Wilh- 
rend  der  Dauer  der  eben  erwähnten  Veränderung  oder,  wie  man  es 
anch  nennen  könnte,  Verdauung  des  Inhalts  der  Chctetanema-ZeWe^ 
treten  im  Protoplasma  des  Chytridium  von  ihm  nicht  verdaute  Theil- 
eben  hervor,  die  in  Form  von  ziegelbräunlichen  Kttgelchen  sich  zu- 
letzt in  ein  einziges  Klümpchen  innerhalb  seines  farblosen  Protoplasma 
vereinigen.  Nunmehr  bildet  sich  die  Ghytridiwnz^WQ  zum  Zoospo- 
rangium  um.  Von  der  Zeit,  in  welcher  das  Ueberbleibsel  der  Ghcteto- 
fiema-Zelle  in  Form  eines  kleinen  grünen  Kügelchens  zuletzt  sichtbar 
war,  verflossen  in  einem  von  mir  beobachteten  Zoosporangium  bis 
zum  Ausschwärmen  der  Schwärmsporen  24  Standen.  In  dieser  Zeit 
bildeten  sich  um  das  ziegeibrännlicho  Klümpchen  herum  zuerst 
zwei  deutliche  Vacuolen;  diese  flössen  bald  in  eine  einzige  grössere 
Vacuole  zusammen,  welche  das  braune  Klümpchen  rings  umschloss 
(Taf.  IV.  Fig.  la).  Nach  kurzer  Zeit  verschwand  dieselbe;  das 
Protoplasma  des  Zooporanginms,  welches  jetzt  etwa  15  Mikr.  im 
Durchmesser  erreicht  hatte,  wurde  allmählich  grobkörniger  und  eine 
dasselbe  umgebende  derbere  Zellwand  wurde  nun  deutlich.  Bald 
darauf  traten  durch  eine  kleine  Oeffnung  des  Zoosporangiums,  die 
ich  jedoch  nicht  sehen  konnte,  die  Schwärmsporen  heraus,  ruhten 
kurze  Zeit  vor  der  Oeffnung  und  schwammen  dann  mit  grosser 
Schnelligkeit  nach  allen  Richtungen  auseinander.    (Fig.  Ib.) 

Die  Schwärmsporen  des  Chytr.  deatruens  sind  sehr  klein,  kaum 
2  Mikr.  im  Durchmesser;  sie  besitzen  eine  etwas  längliche  Gestalt, 
eine  Oeissel  und  einen  stark  lichtbrechenden  excentrischen  Kern.  In 
den  leeren  Zoosporangien  bleibt  das  ziegelbraune  Klümpchen  übrig 
(Fig.  Ib.).  Die  dicken  Wände  der  Zoosporangien  nahmen  eine  ge- 
wisse Zeit  nach  der  Entleerung  eine  rostgelbe  Farbe  an    (Fig.  1  c). 

Aehnliche  Chytridien,  wie  unser  Ch,  deatruens,  kommen  auch 
im  Innern  anderer  Algenzellen  vor,  doch  können  erst  genauere 
Untersuchungen  feststellen,  ob  sie  zur  nämlichen  Art  gehören. 

2.  Chytridium  gregarium,  nov.  spec,  Taf.  IV.  Fig.  2.  Die 
kugeligen,  seltener  etwas  ovalen  Zoosporangien  dieser  Art,  die  mit 
kurzer  schnabelartiger  Papille  versehen  sind,  habe  ich  in  ziemlicher 
Anzahl  in  den  Eiern  eines  Rotatorium  gefunden  (Taf.  IV.  Fig.  2), 
welches  im  Schleim  der  Chaetophora  endiviaefolia  lebte.     Die  CAy- 


78 

Indien  verdmnen  den  rSUilicheii  lahklt  des  Eies  and  nehmen  die 
Färbung  desselben  in  ihrem  Protoplasma  an.  Die  Zahl  and  Ortne 
der  mit  dOnner  Wand  amgrensten  Zoosporangien  im  Innern  einei 
Eies  ist  verschieden.  Bald  kommen  nur  wenige,  bald  mehr  ala  nhn 
vor;  ihre  Grösse  beträgt  30  Hikr.  bia  70  Hikr.  Die  reifen  Zoo- 
sponingien  vachsen  in  knrze,  Btumpfkonisobe  Papillen  ana,  welche 
die  Haat  des  Bieg  nach  aussen  darchbohren  nnd  mit  homogenem 
nngeftrbtem  Plasma  erfOllt  sind.  Wenn  sich  zahlreichere  Zooaponui- 
gien  in  einem  Ei  entwickeln,  ao  werden  durch  den  von  ihnen  au- 
geObten  Drnck  die  Wände  des  letiteren  beträchtlich  ansgedehnt,  M 
dasB  der  nrapmngliche  ovale  Umriss  deaselben  abgernndete  Hervor' 
Tagungen  leigt.  Der  Inhalt  der  Zooeporangien  ist  anfänglich  fün- 
körnig;  in  der  Zeit  ihrer  Reife  aber  ist  das  Protoplasma  von  kleines 
stark  licbtbrecbenden  Kömchen  erfltllt.  Nicht  lange  nachher  treten 
durch  eine  an  der  Spitze  der  schnabelähnlichen  Verlängerung  ent- 
standene OeSTnung  die  Schwärmsporen,  von  Schleim  umgeben,  heraus; 
sie  bilden  daher  vor  der  Oeffnung  des  Zoosporangiums  eine  kogelig» 
Hasse  (Taf.  IV.  Fig.  2a).  Nach  kurzer  Zeit  zerfliesst  der  Scbleüa 
im  Wasser  nnd  die  Sohwärmsporen  schwimmen  rasch  von  der  Oeff- 
ntmg  ans  nach  allen  Seiten  davon;  sie  haben  eine  kngelaitig» 
Gestalt,  eine  lange  Cilie,  einen  oioht  grossen  excentrisohen  ataA 
licbthrecbenden  Kern  nnd  4  Hikr.   im  Onrehmesser  (Fig.  Sb). 

Da  wir  in  den  vom  Chytr.  gregarütm  ergriffenen  Rotiferen-Eleia 
die  Zoosporangien  des  Parasiten  auf  verschiedenen  Entwickelongs- 
stafen  finden,  so  kennen  wir  daraus  schliesaen,  dass  die  SchwKrm- 
sporen  des  Parasiten  in  das  Ei  zn  verschiedenen  Zeitpunkten  einge- 
drungen Bind. 


79 

M&u  beobaektete.  Diese  Art  steht  ODserem  Ghytr.  gregarium  offenbar 
elur  Babe,  sebeiot  aber  doch  wegen  ihrer  elliptischen  Zellen  und  verlün- 
;ertan  Hilse  als  verschiedene  Species  betrachtet  werden  zn  mttssen. 
Sa  ▼ergleieben  ist  aneh  Ckj/tr.  aooiocum  A.  Brann*),  welches  Gla- 
»ar^de  in  einer  todten  Aagnillnia  fand. 

8.     Ckjftridiwm  macrosporum^  nov.   spec     Taf.  IV.  Fig.  3  —  4. 
Neae  Art   habe   ich   bis  jetzt  nnr  in  swel   Exemplaren- gefunden, 
'OB  denen  das  eine  schon  leer  nnd  das  andere  noch  mit  Protoplasma 
ffftllt  war.   Sie  entwickelten  sich  einsein  je  in  einem  Ei,  wahrschein- 
ieh   von   einem  Rotatorinm,   welches  im  Schleim   von   Chaetaphora 
Ugan$  lebte  nnd  55  MiKr.  im  Längs-,  30  Mikr.  im  Qnerdnrchmesser 
icsan      An  der  Seite  des  Eies,  näher  dem  etwas  stumpferen  Ende 
leaseibea,  kam  ein  langer,  starker,  wellenförmig  gebogener  nnd  stumpf 
oslasfeader  röhrehenartiger  Hals  heraus,  der  den  Qnerdnrchmesser 
las  Eies  laindestens  um  das  Fünffache  übertraf  und  eine  Dicke  von 
•^8  Mikr.  besass.   Der  Inhalt  sowohl  des  Röhrchens  als  auch  des 
Ues  selbst  war  angefllllt  mit  farblosem,   feinkörnigem  Protoplasma; 
■  karser  Zeit  serfiel  dasselbe  in  verhältnissmässig  grössere  vieleckige 
Utapehen,  gans  wie  bei  der  Zoosporenbiidung  der  Baprolegniaoe^n. 
B  deai  Halse,  weloher  aus  dem  £i  hervortritt,  waren  die  Plasma- 
lls^peben  in  eine  einfache  Reihe  locker  geordnet,  und  seigten,  von 
tm  gegenseitigen  Drucke  befreit,  ovale  Gestalt  (Fig.  3).     Die  auf 
iesa  Weise  entstandenen  Schwärmsporen  drängten  sich  dann  enger 
Miaaader  und  in  Folge  davon  konnte  man  eine  dünne  Haut  unter- 
eheiden,   welche  sie  sämmtlich  noch  innerhalb  der  Eischale  umgab 
f\%.  4  a).   Diese  Haut,  offenbar  die  eigentliche  Membran  des  Zoospo- 
aagiams,  stand  von  der  Wand  des  Eies  etwas  ab;  es  zeigte  sich 
sCal  dentlieh,  dass  der  Hals  von  ihr  ausgewachsen  und  die  Eischale 
afehbrocben  hatte.   Die  Schwärmsporen  traten  kurze  Zeit  nach  ihrer' 
kisbildaag  durch  eine  am  Ende  des  Halses  entstandene  Oeffbung 
aeh  aassen   und  entfernten  sich  sofort  eilig  (Fig.  4).     Sie  hatten 
mt  elliptische  Gestalt  nnd  eine  bei  den  Chytndüen  ungewöhnliche 
Irüsse,  etwa  6  Mikr.  breit  und   10  Mikr.  lang;  ihr  Inhalt  war  fein- 
Araig  nnd  in  der  Mitte  heller  durchleuchtend  ohne  stark  lichtbrechen- 
Isa  Kern«     Im  Allgemeinen    näherten    sie   sich  in  Gestalt,   Grösse 
isd  fian  ihres  Inhalts  den  Schwärmsporen  der  SaproUgnuiceen.    Die 
UU  der  Gilien  nnd  die  Stelle,   wo  diese  herauskommen,  konnte  ich 
■deas  nicht  deutlich  erkennen. 

Wenn  das  entleerte  Zoosporangium  im  Wasser  zu  Grunde  geht, 
to  verliert  es  zuerst  den  oberen  Theil  seines  Halses,  während  der 

1)  MoDaUbericbte  der  Berliner  Akademie.     185C.  p.  591. 


78 

tridien  verdtneD  den  röthliehen  Inhalt  des  Eies  nnd  nehmea  dl« 
F&rbang  desselben  ia  ihrem  ProtopUsma  an.  Die  Zahl  und  GrfiMe 
der  mit  dflnner  Wand  umgrenzten  ZooBporiDgien  im  laoeni  f&aet 
Eies  ist  verschieden.  Bald  kommen  nnr  wenige,  bald  mehr  aii  adin 
vor;  ihre  OrSsee  beträgt  30  Hikr.  bia  70  Hikr.  Die  reifen  Soo- 
aporangien  wachsen  in  knrze,  BtnmpfkoniBche  Papillen  ans,  welehe 
die  Haut  des  Eies  nach  anssen  dnrclibohren  und  mit  homogenem 
nngefärbtem  Plasma  erfOUt  sind.  Wenn  sieb  zahlreichere  Zoosporan- 
gien  in  einem  Ei  entwickeln,  ao  werden  durch  den  von  ihnen  aos- 
gettbten  Druck  die  Wände  des  letiteren  beträchtlich  ausgedehnt,  so 
dass  der  ursprüngliche  ovale  Umriss  desselben  abgerandete  Herror- 
ragnngen  zeigt.  Der  Inhalt  der  Zoosporangien  ist  anftnglioh  fein- 
kömig  j  in  i3er  Zeit  ihrer  Reife  aber  ist  das  Protoplasma  von  kleinen 
stark  tichtbrechenden  Körnchen  erfttllt.  Nicht  lange  nachher  treten 
durch  eine  an  der  Spitze  der  schnabelähnlichen  Verlängerang  ent- 
standene Oeflnung  die  Scbwärmsporen,  von  Schleim  umgeben,  heraus; 
sie  bilden  daher  vor  der  Oeffnnng  des  Zoosporangiums  eine  kngelige 
Hasse  (Taf.  IV.  Fig.  2a).  Nach  knrzer  Zeit  zerfliesst  der  Schleim 
im  Wasser  nnd  die  Schwärmaporen  schwimmen  rasch  von  der  Dü- 
nung ans  nach  allen  Seiten  davon;  sie  haben  eine  kngelaitiga 
Gestalt,  eine  lange  Cilie,  einen  nicht  grossen  exoentrisoben  atarit 
liohtbrechenden  Kern  und  4  Hikr.   im  Durchmesser  (Fig.  2b). 

Da  wir  in  den  vom  Chytr.  gregarium  ergriffenen  Rotiferen-Biem 
die  Zoosporangien  des  Parasiten  auf  verecbiedenen  Entwickelnnga- 
stufen  finden,  so  kQnnen  wir  daraus  schliessen,  dass  die  Schwüm- 
sporen  des  Parasiten  in  das  Ei  zu  verschiedenen  Zeitpunkten  einge- 
drungen sind. 


79 

Um  beolMicktete.  Diese  Art  steht  onserem  Ghytr,  gregarium  offenbar 
ir  nahe,  scheiDt  aber  doch  wegen  ihrer  elliptischen  Zellen  und  verlün- 
rteo  Hllse  als  verschiedene  Species  betrachtet  werden  za  mttssen. 

▼ergleiehen  ist  anch  Chytr.  aooiocum  A.  Brann*),  weiches  Gla- 
r^de  in  einer  todtea  Aaguillala  fand. 

$•     Ckjfiridium  macrospcrum^  nov.   spec     Taf.  IV.  Fig.  3  —  4. 
Me  Art   habe   ich   bis  jetzt  nnr  in  zwei  Exemplaren- gefunden, 
i  denen  das  eine  schon  leer  und  das  andere  noch  mit  Protoplasma 
Mit  war.   Sie  entwickelten  sich  einzeln  je  in  einem  Ei,  wahrschein- 
li   von   einem  Rotatorinm,   welches  im   Schleim   von   Ghaetaphara 
jatu  lebte  nnd  55  Mikr.  im  Längs-,  30  Mikr.  im  Qnerdnrchmesser 
lass.     An  der  Seite  des  Eies,  näher  dem  etwas  stumpferen  Ende 
iselbea,  kam  ein  ianger,  starker,  wellenförmig  gebogener  nnd  stampf 
»laafeader  röhrehenartiger  Hals  heraus,  der  den  Qnerdnrchmesser 
I  Eies  mindestens  am  das  Fünffache  übertraf  und  eine  Dicke  von 
-8  Mikr«  besass«   Der  Inhalt  sowohl  des  Röhrchens  als  anch  des 
m  selbst  war  angefllllt  mit  farblosem,   feinkörnigem  Protoplasma; 
knrser  Zeit  zerfiel  dasselbe  in  verhältnissmässig  grössere  vieleckige 
lapchen,  ganz  wie  bei  der  Zoosporenbildnng  der  SaproUgniaoe^n. 
den  Halse,  weloher  ans  dem  Ei  hervortritt,   waren   die  Plasma- 
mpchen  in  eine  einfache  Reihe  locker  geordnet,  und  zeigten,  von 
B  gegenseitigen  Dmcke  befreit,  ovale   Gestalt  (Fig.  3).     Die  auf 
S6  Weise  entstandenen  Schwärmsporen  drängten  sich  dann  enger 
liaander  und  in  Folge  davon  konnte  man  eine  dünne  Haut  nnter- 
«iden,  welche   sie  sämmtlich  noch  innerhalb  der  Eischale  umgab 
g.  4  a).   Diese  Haut,  offenbar  die  eigentliche  Membran  des  Zoospo- 
gioms,  stand  von  der  Wand  des  Eies  etwas  ab;  es  zeigte  sieh 
Kl  dentlich,  dass  der  Hals  von  ihr  ausgewachsen  und  die  Eischale 
chbrochen  hatte.   Die  Schwärmsporen  traten  kurze  Zeit  nach  ihrer' 
ibildung  durch  eine  am  Ende  des  Halses  entstandene  Oeffbung 
li   aussen   und   entfernten   sich  sofort  eilig  (Fig.  4).     Sie  hatten 
B  elliptische  Gestalt  und  eine  bei  den  Ckg^ridüen  ungewöhnliche 
iaae,  etwa  6  Mikr.  breit  und   10  Mikr.  lang;  ihr  Inhalt  war  fein- 
Dig  nnd  in  der  Mitte  heller  durchleuchtend  ohne  stark  lichtbrechen- 
I  Kern.     Im  Aligemeinen    näherten    sie   sich  in  Gestalt,   Grösse 
i  Bau  ihres  Inhalts  den  Schwärmsporen  der  Saprolegniaceen,    Die 
il  der  Cilien  und  die  Stelle,   wo  diese  herauskommen,  konnte  ich 
Sis  nicht  deutlich  erkennen. 

Wenn  das  entleerte  Zoosporangium  im  Wasser  zu  Grunde  geht, 
verliert  es  zuerst  den  oberen  Theil  seines  Halses,  während  der 

>)  Monatsbericht«  der  Berliner  Akademie.     1H66.  p.  591. 


tridien  verdsnen  den  rfithlichea  lob&lt  des  Eies  und  nehmea  die 
FftrbuDg  desselben  va  ihrem  ProtopUsma  ui.  Die  Z«U  nnd  OrttM 
dar  mit  dünner  Wand  umgrenzten  Zoosporangien  Im  Inneni  einet 
Eies  ist  verschieden.  Bald  kommen  nur  wenige,  bald  mehr  als  söhn 
vor;  ihre  GrSsse  beträgt  30  Hikr.  bis  70  Hikr.  Die  reifen  Zoo- 
sporangien  wachsen  in  knrze,  stumpfkonische  Papillen  ans,  «elebe 
die  Hant  des  Eies  nach  aassen  dnrcbbohren  nnd  mit  homogenem 
ungefärbtem  Plasma  erfüllt  sind.  Wenn  Bicb  zahlreichere  Zoosporai- 
gien  in  einem  Bi  entwickeln,  so  werden  dnrch  den  von  ihnen  ass- 
geabten  Drnck  die  Wltnde  des  letzteren  beträchtlich  anegedehnt,  eo 
dasa  der  nrsprangliche  ovale  Umrrss  desselben  abgemndete  Hervor- 
ragnngeu  zeigt.  Der  Inhalt  der  Zoosporangien  ist  anf%nglicb  fein- 
k&rnig;  in  iier  Zeit  ihrer  Reife  aber  ist  das  Protoplasma  von  klein« 
stark  lichtbrechenden  Körnchen  erfOllt.  Nicht  lange  nachher  tretu 
durch  eine  an  der  Spitze  der  schnabelähnlichen  Verlängerung  ent- 
standene Oeffuang  die  Scbwttrmsporen,  von  Bcbleim  umgeben,  herau; 
sie  bilden  daher  vor  der  Oeffnung  des  Zoosporangiums  eine  kugelige 
Masse  (Taf.  IV.  Fig.  2a).  Nach  kurzer  Zeit  zerfliesst  der  Schleiin 
im  Wasser  nnd  die  Scbwftrmsporen  schwimmen  rasch  von  der  Oeff- 
Dung  aus  nach  allen  Seiten  davon;  sie  haben  eine  kugelaitige 
Gestalt,  eine  lange  Gilie,  einen  nicht  grossen  ezoentriaohen  atark 
lichtbrechenden  Kern  nnd  4  Hikr.   im  Dnrehmeaser  (Fig.  2b). 

Da  wir  in  den  vom  Chytr.  gregartum  ergriffenen  Rotiferen-Sieii 
die  Zoosporangien  des  Parasiten  anf  verschiedenen  Entviokelnnga- 
stufen  finden,  so  können  wir  daraus  aohliessen,  daes  die  Schwürm- 
sporen  des  Parasiten  in  dae  Ei  zu  verschiedenen  Zeitpunkten  einge- 
drungen sind. 


79 

trilea  beobaektete.  Diese  Art  steht  onserem  Ghytr.  gregarium  offenbmr 
leiur  nahe,  seheint  aber  doch  wegen  ihrer  elliptischen  Zellen  und  verlän- 
periBD  Hilse  als  verschiedene  Species  betrachtet  werden  za  müssen. 
bi  ▼erglelehen  ist  aneh  Ch/tr.  eooiocum  A.  Brann*),  welches  Gla- 
lar^de  in  einer  todten  Aagnillala  fand. 

8.     Ckjfiridium  macrospcrum^  nov.  spec     Taf.  IV.  Fig.  3  —  4. 
Ikntb  Art   habe   ich   bis  jetzt  nnr  in  swei  Exemplaren*  gefunden, 
mm  denen  das  eine  schon  leer  and  das  andere  noch  mit  Protoplasma 
irftllt  war.   Sie  entwickelten  sich  einzeln  je  in  einem  Ei,  wahrsohein- 
ieb   Ton   einem  Rotatorinm,   welches  im  Schleim   von   Chaetophara 
i^gem$  lebte  nnd  55  MiKr.  im  Längs-,  30  Mikr.  im  Qaerdarchmesser 
letaia.     An  der  Seite  des  Eies,  näher  dem  etwas  stampferen  Ende 
iasselbea,  kam  ein  langer,  starker,  wellenförmig  gebogener  nnd  stampf 
«slasfeader  rOhrehenartiger  Hals  heraos,  der  den  Qnerdorchmesser 
las  Eies  mindestens  am  das  Fflnffache  übertraf  and  eine  Dicke  von 
1 — H  Mikr.  besass«   Der  Inhalt  sowohl  des  Röhrchens  als  anch  des 
Uas  salbst  war  angefllllt  mit  farblosem,   feinkörnigem  Protoplasma; 
■  karaer  Zeit  zerfiel  dasselbe  in  verhältnissmässig  grössere  vieleckige 
Utapchen,  ganz  wie  bei  der  Zoosporenbildong  der  Baprolegniaoeen. 
B  dem  Halse,  weloher  aas  dem  Ei  hervortritt,   waren  die  Plasma- 
Jlapchen  in  eine  einfache  Reihe  locker  geordnet,  nnd  zeigten,  von 
les  gegenseitigen  Drucke  befreit,  ovale  Gestalt  (Fig.  3).     Die  auf 
üasa  Weise  entstandenen  Schwärmsporen  drängten  sich  dann  enger 
iMuuuider  aud  in  Folge  davon  konnte  man  eine  dttnne  Haut  anter- 
eheiden,  welche  sie  sämmtlich  noch  innerhalb  der  Eischale  amgab 
P%.  4  a).  Diese  Hant,  offenbar  die  eigentliche  Membran  des  Zoospo- 
sagioms,  stand  von  der  Wand  des  Eies  etwas  ab;  es  zeigte  sich 
Bist  dentlich,  dass  der  Hals  von  ihr  aasgewachsen  und  die  Eischale 
arehbrochen  hatte.   Die  Schwärmsporen  traten  kurze  Zeit  nach  ihrer' 
lasbildaag  daroh  eine  am  Ende  des  Halses  entstandene  Oeffbnng 
aah   aassea  und  entfernten  sich  sofort  eilig  (Fig.  4).     Sie  hatten 
mt  alliptisehe  Gestalt  und  eine  bei  den  ChytridieeH  angewöhnliche 
Iröaae,  etwa  6  Mikr.  breit  und   10  Mikr.  lang;   ihr  Inhalt  war  fein- 
ömig  nnd  in  der  Mitte  heller  durchleuchtend  ohne  stark  lichtbrechen- 
Mi  Kern«    Im  Allgemeinen    näherten    sie   sich  in  Gestalt,   Grösse 
ad  Bau  ihres  Inhalts  den  Schwärmsporen  der  SaproUgntaceen.    Die 
lahl  dar  Cilien  nnd  die  Stelle,   wo  diese  herauskommen,  konnte  ich 
ideaa  nicht  deutlich  erkennen. 

Wenn  das  entleerte  Zoosporangium  im  Wasser  zu  Grande  geht, 
0  verliert  es  zuerst  den  oberen  Theil  seines  Halses,  während  der 

>)  MoMitsbcricbte  der  Berliner  Akademie.     185C.  p.  591. 


78  _ 

Iridien  verdauen  den  rOthUchon  Inhalt  dos  Kies  und  octimcn  di« 
Färbung  duBselben  in  iljiem  Protoplasma  an.  Uie  Zahl  und  OrMMt 
dur  mit  dOoner  Waod  umgrenzten  Zoospurangion  im  Innern  e 
Eies  ist  vorechieden.  Bald  kommen  nur  weni(;e,  bald  mehr  ata  Mha 
vor;  ihre  Orösee  betrügt  30  Hikr.  bis  Tu  Mikr.  Uie  reifen  2oo- 
gporangien  wachsen  in  kurze,  stnmpfkoniache  Papillen  aus,  welch« 
die  Haut  des  Eies  nach  aussen  durchbohren  und  mit  humvgeiHHa 
ungefXrbtem  Plasma  erfllllt  sind.  Wenn  sich  zahlreichere  Zuoaponu- 
gien  in  einem  Bi  entwickeln,  so  werden  durch  den  von  ihnen  ui 
geübten  Druck  die  Wände  des  letzteren  beträchtlich  ausgedehnt,  i 
dass  der  ursprüngliche  uvalo  Umriss  desselben  abgerundete  Ilervar- 
ragungen  zeigt.  Der  Inhalt  der  Zoosporangien  ist  anßnglich  fain- 
kürnig;  in  iler  Zeit  ihrer  ßeife  aber  i^t  das  Protoplasma  von  kleines 
stark  lichtbrechenden  Körnchen  erfüllt.  Nicht  lange  nachher  trel«s 
durch  eine  an  der  Spitze  der  schnabeUhn lieben  Verlängerung  t 
Btandene  OefTnung  die  Schwärmsporen,  von  Schleim  umgeben,  hersiu; 
sie  bilden  daher  vor  der  Ooffnuug  des  Zoosporangiums  eine  kugoH^ 
Masse  (Taf.  IV.  Fig.  2a).  Nach  kurzer  Zeit  zerSiesst  der  Schleim 
im  Wasser  und  die  Schwärmaporeu  schwimmen  rasch  von  der  Oeff- 
nnng  aus  nach  allen  Seiten  davon;  sie  haben  eine  kugeiartige 
Gestalt,  eine  lange  Cilie,  einen  nicht  grossen  ezcenlrischen  stllk 
lichtbrechenden  Kern  nnd  4  Mikr.   im  Durchmesser  (Fig.  2b). 

Da  wir  in  den  vom  (Jltytr.  t/rrgarium  ergriffenen  Rotiferen-BierD 
die  Zoosporangien  des  Parasiten  auf  verschiedenen  Kntwtckelang»- 
stufen  linden,  so  kSnnen  wir  daraus  schüessen,  dass  die  Schwflra- 
sporeu  des  Parasiten  in  das  Ei  zu  verschiedenen  Zeitpunkten  einge- 
drungen sind. 

H.  J.  Carter  hat  in  Bombay  in  den  Eiern  von  Nai»  aibida 
BBckarligc  ChyirtiUen  beobachtet,  welche  in  grösserer  Anzahl  auf 
Kosten  des  Uottcrs  sich  entwickelten,  mit  einem  röhrenartigen  Hall 
die  Eischale  dnrchbohrt<^n  nnd  sehr  zahlreiche,  monadenithnliche,  tail 
Btark  lichlbrechendem  Kern  und  einer  Cilie  versehene  Schwlrm- 
sporen,  eine  nach  der  andern,  austreten  liessen.  Carter')  glaubte 
hier  eine  abnorme  Entwickelung  des  Dotters  beobachtet  au  Hb) 
nach  der  Zeichnung  ist  eine  mit  unseren  Chylr.  grtgiirittm  t 
verwandte,  jedoch  niclit  völlig  übereinstimmende  VhytridiwiwrX  itlehl 
tn  verkennen.  —  A.  Braun-)  beschreibt  und  zeichnet  Chytridiu 
tndogtnuvt,  welches  er  im  Innern  von  ClonUrien  nnd  anderen  Alg«a- 

■  )  11.  J.  Carter,    Ori  tlir  Sjj«rnialulogy  uf  a  ncw  ä|iecieB  »f  Aow.  Annale 
of  natural  l.latury.    3  Sories.  vol.  8.  Aiig  1.S58  p.  Q9.  Taf.  IV.  Fig.  4&,  46. 
">  L  t.  p,  60.  Taf.  V.  Fig.  81. 


J 


79 

lelleB  beobachtete.  Dieae  Art  steht  onserem  Ghytr.  gregarium  offenbar 
sehr  nahe,  scheint  aber  doch  wegen  ihrer  elliptischen  Zellen  und  verlän- 
gerten Hälse  als  verschiedene  Species  betrachtet  werden  za  mttssen. 
Zu  vergleichen  ist  anch  Ckytr.  noUocum  A.  Brann*),  welches  Gla- 
paröde  In  einer  todten  Aagnillnla  fand. 

3.  Ckytridiym  macrosparum^  nov.  spec  Taf.  IV.  Fig.  3  —  4. 
Dkse  Art  habe  ich  bis  jetzt  nur  in  zwei  Exemplaren- gefunden, 
von  denen  das  eine  schon  leer  und  das  andere  noch  mit  Protoplasma 
erflillt  war.  Sie  entwickelten  sich  einzeln  je  in  einem  Ei,  wahrschein- 
lich von  einem  Rotatorium,  welches  im  Schleim  von  Ghaetophora 
eUgans  lebte  und  55  MiKr.  im  Längs-,  30  Mikr.  im  Querdurchmesser 
beaass.  An  der  Seite  des  Eies,  näher  dem  etwas  stumpferen  Ende 
desselbeBi  kam  ein  langer,  starker,  wellenförmig  gebogener  und  stumpf 
aualaufender  rOhrchenartiger  Hals  heraus,  der  den  Querdurchmesser 
des  Eies  mindestens  um  das  Fflnffache  übertraf  und  eine  Dieke  von 
6 — 8  Mikr.  besass.  Der  Inhalt  sowohl  des  Röhrchens  als  auch  des 
Eies  selbst  war  angefüllt  mit  farblosem,  feinkörnigem  Protoplasma; 
in  kurzer  Zeit  zerfiel  dasselbe  in  verhältnissmässig  grössere  vieleckige 
KlUmpchen,  ganz  wie  bei  der  Zoosporenbildung  der  BtMprolegniaoeen. 
In  dem  Halse,  welcher  aus  dem  Ei  hervortritt,  waren  die  Plasma- 
klUmpchen  in  eine  einfache  Reihe  locker  geordnet,  und  zeigten,  von 
dem  g^enseitigen  Drucke  befreit,  ovale  Gestalt  (Fig.  3).  Die  auf 
diese  Weise  entstandenen  Schwärmsporen  drängten  sich  dann  enger 
aneinander  uud  in  Folge  davon  konnte  man  eine  dünne  Haat  unter- 
scheiden, welche  sie  sämmtlich  noch  innerhalb  der  Eischale  umgab 
(Flg.  4  a).  Diese  Haut,  offenbar  die  eigentliche  Membran  des  Zoospo- 
raogiums,  stand  von  der  Wand  des  Eies  etwas  ab;  es  zeigte  sich 
jetzt  deutlich,  dass  der  Hals  von  ihr  ausgewachsen  und  die  Eischale 
durchbrochen  hatte.  Die  Schwärmsporen  traten  kurze  Zeit  nach  ihrer' 
Ausbildung  durch  eine  am  Ende  des  Halses  entstandene  Oeffnung 
nach  aussen  und  entfernten  sich  sofort  eilig  (Fig.  4).  Sie  hatten 
eine  elliptiache  Gestalt  und  eine  bei  den  Ghytridieen  ungewöhnliche 
Grösse,  etwa  6  Mikr.  breit  und  10  Mikr.  lang;  ihr  Inhalt  war  fein- 
körnig und  in  der  Mitte  heller  durchleuchtend  ohne  stark  lichtbrechen- 
den Kern.  Im  Allgemeinen  näherten  sie  sieh  in  Gestalt,  Grösse 
und  ßau  ihres  Inhalts  den  Schwärmsporen  der  Saprolegnuiceen.  Die 
Zahl  der  Gilien  und  die  Stelle,  wo  diese  herauskommen,  konnte  ich 
indess  nicht  deutlich  erkennen. 

Wenn  das  entleerte  Zoosporangium  im  Wasser  zu  Grunde  geht, 
so  verliert  es  zuerst  den  oberen  Theil  seines  Halses,  während  der 

1)  Monatsberichte  der  Berliner  Akademie.     1856.  p.  591. 


^ 


untere  Tbeil  tn  Form  einer  knrzeu  Röhre  Unger  dem  UntersftBg« 
widersteht. 

Obwohl  (Jhytr.  macroaporum  mit  Chytr.  ffregarium  den  Mllu^ 
kOrper  (Bier  von  Rotatorien)  gemein  bat,  bo  mtUB  ieh  dMaelbe 
doch  für  eine  verschiedene  Art  erklären,  da  abgesehen  von  Bfluem 
vereineelten,  nicht  geBulligen  Vorkommen  und  dem  röbrenntrinig  wr- 
lingerten  Halae  seine  Schwünnsporen  sich  durch  die  weit  bedent««- 
dere  Üröese  und  insbesondere  durch  den  Hangel  eines  stark  lieht' 
brechenden  Kerns  qnteracbeidcn,  worin  sie  sich  näher  an  die  Saprv 
tegnien  anschliesscn. 

4.  Chytridium  Cdeochaetea,  nov.  spec.  Taf.  IV.  Fig.  5  — lü. 
Diese  Art  entwickelt  aicU  in  den  Oogonien  der  CoUochaeU  piUvi- 
nata  A.  Br.,  niemals  in  den  vegetativen  Fadenzellen,  auf  denn 
dagegen  A.  Braun  das  Cfii/er.  mamiilatum  entdeckte  ').  Bcksnntliek 
bilden  die  Oogonien  dieser  Alge  terminale  kuglige,  mit  einer  grünes 
Oosphaere  erfüllte  Zellen,  die  sich  an  der  Spiue  in  einen  Ungto, 
oben  offenen  Tarblosen  Hals  verlängern').  Durch  die  OeATonnp  de* 
Halses  tritt  die  Zoospore  des  Chytridium  ein,  und  indem  sie,  ilinlieh 
dem  Spermatozoid  von  Coleochaeie,  bis  zum  Bauch  des  Oogonituu 
und  zur  Oosphaere  vordringt,  entwickelt  sie  sich  zu  einem  etnial- 
ligeu  Parasiten,  welcher  den  ganzen  Inhalt  der  Oospbaerc  zq  «etocr 
Kmährung  verbraucht,  so  dass  im  Bauche  des  Oogoniuma  nar  ein 
unverdauter  Rest  in  Form  eines  grösseren  oder  kleineren  tiefel- 
bräunlichen Ballens  zurückbleibt.  Diese  Zerstörung  der  Ooapluat 
ist  in   unmittelbarer  Berührung  des  Parasiten  am  deutlichsten. 

Der  Parasit  erhtilt  bald  die  Form  einer  röhrenförmigen  Zell«, 
welche  in  den  Hsla  des  Oogoninms  hineinwächst  (Fig.  5— fi)  und 
diesen  so  eng  ansrallt,  dass  seine  Haut  in  dem  Oogoniumhala  sldi 
nur  dnrch  clwaa  grossere  Dicke  der  Membran  desselben  orkßnDU 
läset.  Nachdem  der  Parasit  den  Hals  des  Oogoniums  darchwachaen 
hat,  verlängert  er  sich  Kaachcnlörmig  über  denselben  hinaus,  wird 
aber  weiter  oben  wieder  schmäler  und  wächst  allmählich  in  etn 
stumpfes  Ende  aus  (Fig.  T);  die  parasitische  (^AyCnVi  um -Zelle  ninunt 
daher  die  Form  einer  langgestreckten  Spindel  an,  deri'n  klein«!« 
Bchmälore  Hälfte  im  Oogonium  der  Coleochasle  steckt,   während  die 


Wei 


I)  A 


Braun  über  CVridinm  IS5G  p.  »-i  Tab.  II.  Fig    12.      In    UuiUdNV 
indirl  sich   ClyiruUunt  OUa  A.    Br.   siusclilitsslidi   aiir  Jtn   Oognntaa 


r    Osdogon«iM*T\,    nie    an   ibrco   T(^ßclativen   i£cl1di 
Antrit  fY.t.  neutn/nn/iim,  hrmpei  U.  a.)  vorLnmmiMi. 

•)    Pring»hrini,    ilntirbOrhrr    für    wissenaclinAlirl 
Berlin  18G0.    Taf.  V. 


Botnnlk.    II.   ßaniL 


J 


81 

grössere  Hälfte  von  der  AnschwelliiDg  an  heransragt.  Nunmehr 
wird  die  ausgewachsene  Chytrtdium -ZcWe  zum  Zoosporangium ;  ihr 
Inhalt,  anfangs  farblos  und  homogen,  wird  feinkörnig;  die  im  Proto- 
plasma desselben  sehr  zahlreich  eingelagerten  Körnchen  brechen  das 
Licht  stark;  in  seiner  Gestalt  ähnelt  das  ausgewachsene  Zoosporan- 
gium etwa  dem  Chytr,  LageniUa  A.  Br.  ^ ),  von  dem  es  jedoch  schon 
durch  das  Vorkommen  verschieden  ist;  die  längsten  erreichten 
125  Mikr.,  die  mittlere  Länge  betrug  80  Mikr.,  die  grösste  Breite 
nur  12  Mikr. 

Die  Schwärmsporen  bilden  sich  bei  Ch,  Coleochaetes  wie  bei  den 
übrigen  Arten  durch  fi'eie  Zellbildung  um  Kerne  innerhalb  des  Zoospor- 
angiums;  sie  treten  nach  aussen  durch  eine  an  der  Spitze  desselben  ent- 
standene Oeffnung  (Fig.  8);  sie  sind  sehr  klein,  höchstens  2  Mikr.,  und 
besitzen  einen  sehr  kleinen,  stark  lichtbrechenden  Kern  und  eine 
Oilie  (Fig.  8  a). 

Oft  wachsen  ans  einem  Oogonium  der  Coleochaete  zwei  Zoospo- 
rangien  des  Chytridium  heraus  (Fig.  9).  In  diesem  Falle,  wo  dem- 
nach nicht  wie  gewöhnlich  blos  eine,  sondern  zwei  Zoosporen  einge- 
drungen sind,  finden  wir  im  Bauche  des  Oogoniums  die  divergirenden 
Basaltheile  der  beiden  Parasiten,  während  dieselben  sich  im  Halse 
so  dicht  aneinander  pressen,  dass  man  sie  in  der  Regel  nur  in 
jüngerem  Alter  oder  noch  leichter  nach  Entleerung  der  Schwärm- 
sporen als  getrennte  Zellen  unterscheiden  kann.  Aus  dem  Halse 
des  Oogoniums  herausgetreten  divergiren  die  beiden  Zoosporangien 
wieder.  Manchmal  ist  von  den  zwei  in  einem  Oogonium  zusammen 
vorkommenden  Zoosporangien  das  eine  noch  von  Protoplasma  erfttUt, 
während  das  zweite  ältere  schon  vollständig  leer  ist. 

Etwas  seltener  als  die  ziemlich  häufige  Anwesenheit  von  zwei 
Zoosporangien  finden  sich  in  einem  Oogonium  deren  drei,  und  nur 
einmal  habe  ich  aus  einem  Oogoniumhals  vier  Zoosporangien  heraus- 
treten gesehen,  die  aber  ihre  Reife  noch  nicht  vollständig  erreicht 
hatten  (Fig.  10). 

Sobald  ein  Oogonium«  der  CoUocluiete  durch  das  Chytridium 
befallen  wird,  so  ist  jede  weitere  Entwickelung  desselben  abge- 
brochen ;  insbesondere  unterbleibt  auch  die  Berindung  des  Oogoniums, 
welche,  wie  bekannt,  erst  nach  der  Befruchtung  der  Oosphaere  eintritt 

Das  Chytr.  Coleochaetes  habe  ich  im  Herbst  1875  bei  Breslau 
(am  Margarethendamm)  sehr  zahlreich  gefunden. 

6.  Chytridium  micrasporum,  nov.  spec.  Taf.  IV.  Fig.  11.    Diese 


«)  1.  c.  Taf  II.  Fig  2—7. 

Cohn,  Beiträfo  zur  Biologio  der  paaaten.   Band  n.    Heft  I. 


82 

Art   lebt   auf  der   in    den  tiallcrtkngeln    vun    Chaelophora 
nistenden  Maaligolhrir  aenujinea  Ktzg.,    wie    iUb  aogloich  su  nbil- 
dernde  Cht/tr.  Maattgvtrichü,    dum  üb  rllckBicLtlich  der  Oestalt 
Grösse  abnlicfa  ist. 

Die  von  dUnoen  Wänden  begrenzten  Zoosporangiea  aind  i 
oder  weniger  kugelförmig  oder  ovil,  30  —  50  Hikr.  im  DttrchtneaMr 
und  mit  einem  Funkte  ihrer  Peripberie  An  einem  Hastigotfarisfftdu 
angewachBen.  (Taf.  IV  Fig.  ll.j  Bei  dor  Bildung  der  Sohvinn- 
Bporen  treten  in  ihrem  Inhalte  zahllose  kleini'  Keroc  auT,  welch« 
dicht  aneinander  gelagert  sind,  keine  deotlichen  Umrisse  haben  und 
nur  matl  glänzen,  da  sie  das  Licht  Bctiwacb  brechen.  Um  diese  Kern« 
bilden  sieh  die  Schnärmspoien,  treten  durch  eine  OelTnnng,  die  kb 
jedoch  nicht  wahrnehmcD  konnte,  ans  dem  Zoos po rang i am  b^rasa, 
ohne,  wie  es  schien,  von  Schleim  nmgebeo  im  sein,  und  eilnn  soglekh 
auseinander  [Fig.  II).  Die  im  Innern  des  Zoospurangiutn  tniHek- 
gebliebenen  Seh  wärm  sporon  zeigen  eine  sehr  lebhafte  Bcw^ong, 
Tcrlassen  daaselbe  aber  im  Laufe  einer  kurzen  Zeit  einielo,  sodan 
dieses  zulettt  vollständig  entleert  wird.  Die  Scliwärmsporea  atod 
ao  klein,  dasB  Bie  bei  einer  schwachen  Vergrüaserung  nur  kltia« 
Körnchen  von  Protoplasma  in  sein  scheinen,  welches  etwa  ans  «iBtr 
verletzten  Kelle  he  ran  »geflossen  ist.  Bei  einer  VergrdsseruiK  "^ 
860  erscheinen  sie  als  wirkliche  Ungliche  Chytridiumst)xwi,rmvt  v« 
9  Uikr.  Länge,  aber  kanm  den  dritten  Theil  so  breit  (Fig.  IIa). 
Ihr  Protoplasma  nmschlicast  an  dem  schmäleren  Ende  ein  stärket 
licbtbrechcndoa  Körnchen  mit  nndeutlichen  Umrissen.  Bei  Znsatt 
von  Jod  kann  man  an  den  Schwärmsporen  eine  ziemlich  starke  CJUe 
wahrnehmen,  welche  in  der  Nähe  des  Kernes  hervorkommt  (Fig.  1 1  a). 
Die  Schwärmsporen  schwimmen  Bcbnell,  indem  sie  dabei  di«  Citir 
nach  vorne  kehren  und  sich  in  den  oberen  Schichten  des  WKaaen 
halten. 

6.  ühytridium  Epithemiae,  nov.  spec.  Taf.  IV.  Fig.  12.  II 
Die  Zuusporangien  dieses  Chytridititn  sind  sehr  zierlich,  etwa  radte*- 
cfaenfOrmig,  au  ihrem  oberen  ko^lig  angeachwoUouen  Tlicile  befinden 
Bioh  twei  gi^wölbto  Deckel,  von  denen  der  eine  seinen  Platx  nnhr 
in  der  Mitte  des  Scheitels,  der  andere  mehr  nach  der  Seite  sa  ein- 
nimmt (Taf.  IV.  Fig.  13).  Der  untere  Theil  dos  ZooBporangiomi 
länfl  in  einen  schmalen  Stiel  aus,  welcher  auswendig  an  dor  Scliak 
von  Ejnlhemia  Zebrrt  angewachsen  ist;  auch  kommen  btafig 
awei  Parasiten  auf  einer  £^i>A  ernten  schale  vor.  Die  Wände  de»  Zo*- 
sporangiuua  sind  farblos  und  ziemlich  dick,  sein  Darchmetser  1» 
Uigt  12  Uikr. 


88 

Der  Bildoog  der  Zoosporen  geht,  wie  gewöhnlich,  das  Auftreten 
einer  nicht  sehr  grossen  Zahl  stark  lichtbrechender  Kerne  vorher, 
welehe  gleichmftsaig  in  gewissen  Abständen  im  durchsichtigen  Inhalt 
▼ertheilt  sind  (Fig.  12.  13);  das  Aosschwftrmen  selbst  habe  ich  nicht 
beobachten  können.  Entleerte  Zoosporangien  dagegen  habe  ich  sehr 
aahlreich  auf  den  Epühemien  angetroffen,  welche  von  dem  Parasiten 
getödtet  schienen;  von  den  beiden  Deckeln  war  regelmlssig  nur  der 
eine  abgeworfen,  der  andere  sass  noch  fest;  anf  anderen  Bacillarien* 
arten  habe  ich  dieses  Ghytridium  nicht  bemerkt,  auch  wenn  sie  ge- 
sellig swischen  den  l^nAemien  lebten. 

7.  Ghytridium  Mastigotrichis,  nov.  spec  Taf.  IV.  Fig.  14 — 21. 
Diese  Art  entwickelt  sich  am  häufigsten  auf  den  oberen  Theilen  der 
Fäden  von  Mcutigothrix  aeruginea  Ktzg.;  seltener  kann  man  sie  anch 
an  den  unteren  Theilen  derselben  finden,  offenbar  deshalb,  weil  die 
schmäleren  Enden  dieser  Fäden,  die  der  Oberfläche  der  Gallertkugeln 
von  Chaetophara  elegans  näher  sind,  den  Schwärmsporen  des  Para- 
siten einen  leichteren  Zutritt  gewähren,  als  ihre  tiefer  im  Schleim 
swischen  den  Aesten  der  Chaeiophara  eingesenkten  Basaltheile.  Die 
reifen  Zoosporangien  sind  mehr  oder  minder  regelmässig  kugelförmig 
oder  etwas  elliptisch,  etwa  40  Mikr.  im  Durchmesser  und  laufen 
in  einen  Hals  aus,  dessen  Länge  ausserordentlich  verschieden  ist 
(Taf.  IV.  Fig.  16.  17)  von  einem  unbedeutenden  Schnäbelchen  bis 
SU  einer  langen  Röhre,  welche  den  Durchmesser  des  Zoosporangiums 
fast  um  die  Hälfte  übertrifft;  manchmal  bilden  die  Zoosporangien 
anf  ihrer  Oberfläche  zahnähnliche  Erhöhungen,  gleichsam  kleine 
Bnckelchen.  In  sehr  jugendlichem  Alter  ist  der  Parasit  eine  kleine 
mehr  oder  weniger  kugelige  Zelle  mit  farblosem  Protoplasma,  in 
welchem  stark  lichtbrechende  Körnchen  eingelagert  sind  (Fig.  14); 
mit  der  Zeit  aber  wird  das  Protoplasma  in  seiner  ganzen  Masse 
feinkörnig.  Aus  der  Oberfläche  der  äusseren  Wand  der  Chytridtum- 
zelle  wachsen  gewöhnlich  fadenförmige  Fortsatze  heraus,  wekhe  sich 
zuerst  als  volle  Fäden  darstellen,  ohne  deutliche  Wände;  später  er- 
reichen sie  oft  eine  bedeutende  Länge  und  bilden  sogar  Aeste 
(Fig.  15).  Wenn  diese  Fortsätze  blind  im  Schleime  der  Chaeto- 
phara enden,  dann  laufen  ihre  Spitzen  in  äusserst  feine  Fäden  aus; 
wenn  dagegen  ein  Fortsatz  auf  einen  benachbarten  Magtigothrixhden 
stösst,  so  wächst  er  in  denselben  hinein,  eine  kuglige  Erweiterung 
bildend  (Fig.  15,  Fig.  17 — 20).  Solche  MastigothrixÜAen  zeigen 
durch  das  Gelbwerden  ihres  Inhalts  ihr  Absterben  an,  welches  offen- 
bar in  der  zerstörenden  Einwirkung  des  Parasiten  seine  Ursache 
hat     Es    verhalten   sich   daher    die    fadenförmigen   Fortsätze    wie 

6* 


Hanstorien.  In  der  Regel  ist  die  Zahl  der  HMstoriAB  aliM  b» 
scliränkle;  liäoög  entateheu  bloss  uiii  oder  zwei,  in  aaderoa  Exeo- 
plareii  jedocli  eine  grössere  Zahl  von  lUntitünen;  andererseita  habe 
ich  Individuen  gesehen,  an  welchen  sich  gar  kein  Hsustorinm  befaiul. 
Trotzdem  erscheinen  auch  diese  Chi/tridien  als  normal  entwickelt, 
wenn  aoch  nur  auf  Kosten  des  einen  MastigotkrixiAitna,  an  den  ne 
von  vorn  herein  angewachsen  waren.  £a  ergiebt  sich  hi«ratu,  ' 
der  Parasit  ans  den  entfernteren  Mastigolhrixtk&tn  seine  Nahrug 
durch  die  Enden  seiner  Uanstorion  Eiebt,  während  er  aus  dem  Fsd«*, 
an  welchen  er  nnmittelbar  angewachsen  ist,  seine  Nahrung  mit  seiner 
ganzen  BerUhrungatlache  schöpft,  ohne  das»  sich  an  dieser  Stelle 
irgend  welche  Änhangagebilde  erzengen.  In  diesem  Falle  trennt 
Bioh  das  Zooaporangium  bisweilen  in  ontwickeltem  Zustande  tob  dtm 
cerstörten  .l/aij/<'i/ot/in^radeu  und  aeigt  dann  an  der  ÄnwachssteUr 
eine  völlig  glatte  Obcrfläcbe.  Bisweilen  berlkhrt  ein  Zoosporaugjiw 
zwei  oder  mehr  nahe  bei  einander  befindliche  MaaCiffothritfidea,  vtf- 
wKcbst  mit  allen  diesen  Fftdin  sasammen,  welche  an  der  Berahrno^- 
alelle  bogcnartig  sich  krümmen,  und  zerstört  sie  alle  au  glei^fcer 
Zeit  (Fig.  16). 

Die  Schwärmsporen  bilden  sich  durch  freie  Zellbildung  im  gtMMt 
Zoosporangium,  den  langen  Hals  desselben  mit  eingerechnet;  gax 
Zeit  ihres  Auslreteus  drückt  ihre  Masse  gegen  Jas  obere  Ende  dei 
Halses  und  löst  die  Haut  dossclbeu  iintt-r  dem  Auge  des  Beobachten 
auf  (Fig.  17.  lä).  Ans  der  terminalen  OelTnung  des  Halses  tretet 
die  Schwärmsporen  beraum,  durch  gemeinsamen  Schleim  verbünileD; 
tnerat  erscheint  daher  vor  der  OcfFnnng  eine  kloine,  mit  nur  weniges 
Schwärmsporen  angefüllte  Schletmkugel  (Fig.  ]!*),  die  Jedoch  mehr 
und  mehr  an  Grosse  zunimmt,  entsprechend  dem  fortgesetzten  His- 
Butrelen  der  noch  »uröckgebliebenen  Zooaporen  (Fig,  19).  Während 
die  Schleimmasse  im  Wasser  allmählich  quillt  und  sieb  anHtfst,  enl- 
fenien  sich  die  Schwärmsporen  gleichsam  strahlenartig,  indem  ai« 
loerst  mit  ihren  stumpferen,  abgerundeten  Enden  vorwärts  atrebra 
(Fig.  20).  Zuerst  befreien  sich  diejenigen,  welche  sich  der  Ober- 
fläche der  Schleimkngel  am  nächsten  belinden,  von  dem  unigeb<MM]ea 
Schleime  und  oilen  hinweg.  Da  die  Zahl  der  Scbw&rmsporea  in 
einem  Zoosporanglnm  ziemlich  gross  und  ihr  Heraustreten  nicbt 
gerade  ein  schnelles  ist,  «'>  kann  man  ilir  Auseinanderoilcn  Teririül- 
nUsmäasig  lange  beobachten,  indem  die  einen  bereits  frei  im  Waaaer 
nmh erschwimmen,  während  die  anderen  erst  aus  dem  Zoosporaogiam 
he ra Untre ten.  Zuletzt  bleibt  das  Zuosporangium  ganz  leer  sorHek 
und   voründert  jetzt,    frei   von  dem   ionoren  Drucke  seine*  frObcree 


85 

InhmltB,  die  bisherigen  insseren  umrisse  eiBigrermassen,  um  so  mehr 
ahi  seine  Winde  dflnn  und  wenig  elastisch  sind  und  in  Folge  dessen 
leicht  xvsammensehnimpfen. 

Die  Schwftnnsporen  des  Ckytr.  MaatigciridtiB  unterscheiden  sieh 
in  Tielen  Besiehnngen  von  denen  der  flbrig^  Ckj/tridiooten.  Sie 
sind  verhiltnissmissig  gross  nnd  von  eiförmiger  Oestalt;  ihre  L&ngo 
beträgt  etwa  8,  die  Breite  5  Mikr.  Die  Cilie  befindet  sieh  an  ihrem 
sehmileren  Ende  (Fig.  21);  die  Aossenfliche  der  Sehwtanspore 
besteht  ans  farblosem,  hyalinem  Protoplasma,  welches  an  dem 
Stampferen  Ende  eine  dickere  Schicht  bildet,  gegen  das  qiitiere 
Ende  aber  schm&ler  wird,  so  swar,  dass  es  in  der  Oegend  der  Cilie 
nnr  einen. larten  Ueberzog  darstellt  Diese  hyaline  Schicht  omgiebt, 
Ihnlich  wie  das  Weissei  den  Dotter  des  Hühnerei,  einen  inneren, 
stärker  lichtbrechenden  Körper  von  verlängert  elliptischer  Gestalt, 
der  offenbar  dem  stark  lichtbrechenden  Kerne  anderer  Arten  ent- 
spricht; die  Snbstans  dieses  Kerns  ist  an  ihrer  Oberfläche  dichter 
als  im  Innern.  An  dem  schmäleren  Ende  der  Schwärmspore,  dicht 
an  der  Cilie,  befindet  sich  ein  längliches  Kömchen  eines  besonders 
stark  lichtbrechenden  Stoffes,  welches  anscheinend  dem  sogenannten 
Angenflecke  anderer  Schwärmsporen  entspricht,  mit  dem  einaigen 
Unterschiede,  dass  es  hier  ungefärbt  ist  Oft  kommen  im  Kerne 
der  Sehwärmspore,  dicht  bei  der  Cilie,  seltener  auch  an  anderen 
Stellen,  mehr  oder  weniger  zahlreiche  Kömchen  vor. 

In  einigen  Fällen  habe  ich  amoebenartige  Veränderungen  an  den 
Schwärmsporen  beobachtet  Die  äussere  hyaline  Protoplasmasehicht 
ist  besonders  contractu  und  verlängert  sich,  indem  sie  sich  nach 
einer  Seite  gleichsam  ergiesst  (Fig.  21a  b  cX  während  der  Kern 
sich  entweder  schwächer  verlängert  oder  auch  gar  nicht  seine 
G^estalt  verändert,  wenn  die  Formveränderung  der  ganzen  Schwärm- 
spore überhaupt  eine  geringere  ist 

Die  Schwärmbewegung  der  Zoosporen  des  Chytr.  MagUgoirichü 
geht  keineswegs  schnell  vor  sich;  dabei  verfolgen  sie  beim  Schwim- 
men bald  eine  gerade,  bald  mehr  oder  minder  gebogene  Zickzack- 
artige  Linien.  Manchmal  halten  sie  sich  auf  ihrem  Wege  bei  irgend 
einem  Gegenstande  auf,  wenden  sich  aber  alsbald  wieder  nach  der 
einen  oder  der  anderen  Richtung.  Es  ist  aach  bemerkenswerth,  dass 
die  Schwärmsporen  beim  Schwimmen  stets  ihr  stumpferes  Ende  nach 
vorae  kehren,  so  dass  die  Cilie  gleich  einem  Steuer  nach  hinten 
gerichtet  bleibt,  ohne  jedoch  den  Zweck  eines  solehen  zu  erf&llen. 
Es  scheint  vielmehr  die  Cilie  gar  keinen  Einfluss  auf  die  Bewegung 
der  Schwärmspore  zu  haben. 


^^^^p  n.  Obelidiam ' ),  nov.  gen. 

Das  einsetlige  Zoospitr&ngium  erhebt  aicli  Huf  einem  mehr  uder 
weniger  ansgebildeten  Tiäger  ans  der  Mitte  eines  strahlciiarti;  m 
einer  Ebene  ausgcbreitctoo  dich üto misch  vemwcigton  Ufccta,  nni 
welchem  es  darch  eine  Scheidewand  vallBtändig  abgescbluMon  iaL 
Die  ZooBporen  bilden  sich  in  geringer  Zahl  und  treten  duroh  eiM 
seitliche  Oeffnung  ans. 

1.  OMidium  mwcronatum.  nov.  spec.  Taf,  V.  Fig.  1 — 5.  1b  d«M 
Oeflase,  worin  ich  die  Chaetophoren  cultivirle,  fand  ich  am  leUtea 
Decembor  1875  anf  der  leeren  Haut  einer  MUckenlarve  ausser  eincB 
Pf/thiuni  auch  die  in  Rede  stehende  Chytridincet. 

Das  einzellige  Zoosporangiam  dieser  Art,  welches  e^ne  Liagv 
von  3*2 — 5ß  Mikr.,  im  Mittel  42  Mikr.  und  einen  Qnerdnrchwaaur 
von  it^l5  Mikr.  erreicJit,  besteht  in  typisch  entwickeltem  Zustaiidc 
aus  zwei  Theilen.  Der  obere  bei  wciteni  grössere  hat  eins  kegel- 
mnnige  Gestalt  und  endigt  in  einem  schmalen  soliden  zagexpltalM 
Suchet  (Taf.  V.  Fiß;.  1).  Der  nntere  Theü  dagegen,  der  iV&oA 
darcli  keine  Scheidewand  abgegrenzt  ist,  besteht  aus  einer  fiiaMÜM- 
liehen  Vorschniälerung  mit  bedeutend  verdickter,  doppelt«  Contn 
Keigendcr  Wandnng,  die  gewisse  rmanson  einen  Htiel  oder  SporMigian- 
trftger  bildet;  derselbe  verengt  sich  von  oben  nach  unten,  ^obl 
jedoch  an  der  Basis  wieder  in  eine  kagclfürmige  Erweiterung  Ober, 
mit  der  er  sich  an  die  Obertlttche  der  Larvcnbant  anheftet.  V«a 
dieser  kagelf^rmigen  Basis  gehen  slrahlenartig  mehr  oder  wooigvr 
lahlreiche  überaus  feine,  fast  unmessbar  dtlnne  Hycekweign  mh, 
die  sich  in  der  durchsichtigen  Larveiihaut  dichotomisch  ohne  Qncr- 
wAnde  Üppig  verzweigen.  Sie  bilden  um  das  Zoosporangiam  «inoo 
ziemlich  grossen  Kreis  bis  za  IGO  Mikr.  Durchmesser  (Taf.  V.  Fig.  S). 
In  der  Regel  treten  aus  der  Basis  des  Zoosporanginm Stieles  mir 
wenige  dickere  Mycelftstc,  die  sich  alsbald  nach  allen  Seiten  bin 
gabein.  Manchmal  jedoch  beginnt  das  Hycel  mit  einem  einaigw 
Faden,  der  vom  Zooeporangium  ausläuft  und  sich  erst  «twu  tlefiM 
verllstelt  (Taf.  V.  Fig  4  a),  Die  einseloen  Mycelzwcige  sehen  wie 
farblose,  solide  aber  änsserst  zarte  Pitden  ans;  die  dickeren  Aeste  sber 
der  kräftigeren  Escmplare  haben  znmal  in  der  Nshe  der  Sttelbub 
deutliche  DoppeIwSnde. 

In  dem  farblosen  Protoplasma  des  Zoosporangiums  eotsleben  vor 
der  Rntwickclnng  der  Schwärmsporen  die  Schwarmaporcnkenu, 
welche  für  die  meisten  Chytrirttactfn  cliarakteristisih  sind  (Taf.  IV. 
Fig.  3).     Die  Sohwamsporcn   bilden  sich  nnr  in  geringer  SUU  od 

<)  Der  Nim«  ist  ruu  6/liX6i,  S{>ictu,  gcbildcL 


liefe«  dveh  eine  in  der  Zoo«ponuigiiimwaDd  unter  dem  Stachel  ent- 
■fiailenn  Oeffnnng  nach  «ntsen;  sie  verharren  aber,  ohne  Zweifel 
▼OS  SeUefan  «ng^ebea,  vor  der  Oeffnnng  eine  Zeit  lang  im  Zustande 
der  Rnhe  (Taf.  V.  Fig.  1),  ein  Theil  der  Schwirmsporen  bleibt  un- 
bewegtieh  im  Zoosporanginm  anrflck.  Plötzlich  beginnen  die  zuerst 
aasgelretenen  Zoosporen  sich  nach  allen  Seiten  zu  zerstreuen;  auch 
üa  Im  Zoosporanginm  gebliebenen  schwärmen  £Mt  gleichzeitig  inner- 
halb deaaelbea  und  verlassen  es  erst  nach  einiger  Zeit  Die  kugeligen 
Sehwirmsporen  haben  2,5  llikr.  im  Durchmesseri  besitzen  einen 
kMaea  ezeentrischen  Kern  und  wahrscheinlich  eine  Cilie.  Bei  ihren 
aehaellen  Bewegungen  wenden  sie  sich  rasch  nach  verschiedenen 
Seileo.  Das  entleerte  Zoosporanginm  ist  zart  und  durchsichtigi 
aehnuapft  sehr  leicht  zusammen  und  geht  viel  eher  zu  Grundci  als 
4er  stark  verdickte  Stachel  und  der  steife  Stiel  (Fig.   2). 

Die  Sohwirmspore  keimt  auf  der  Oberfläche  der  Larvenhaut;  aus  ihr 
wiebst  bei  der  Keimung  auf  der  einen  Seite  das  Mycel  (Fig.  5)  hervor, 
wilurood  sie  selbst  sich  zur  Anlage  des  Zoosporangiums  entwickelt. 
Daa  Mycel  verzweigt  sieh  mehr  und  mehr  und  breitet  sich  Aber  eine 
iflUMT  grössere  Fläche  aus,  doch  so,  dass  die  sämmtlichen  Gabel- 
äale  In  der  nämlichen  Ebene  verlaufen.  Die  Anlage  des  Zoosporan- 
gioma  eraehefait  zuerst  als  ein  kleiner  länglicher  protoplasmareicher 
KöqMT  im  (Tentrum  des  Mycels,  von  welchem  er  durch  eine  Quer- 
wand sieh  abgliedert;  er  wächst  bald  in  die  kegelförmige  Spitze  auS| 
i4nm  Inhalt  stärker  lichtbrechend  ist,  als  das  Übrige  Protoplasmai 
■od  deren  Membran  sich  sehr  stark  verdickt;  die  mittlere  Region 
dagegen  schwillt  mehr  oder  weniger  auf,  während  die  Basis  stiel- 
artig sich  verdünnt,  ihre  Membran  dagegen  sich  stark  verdickt  und 
an  der  Seheidewand  die  kugelartige  Erweiterung  ausbildet  (Fig.  4). 
Die  Höhe  des  Stiels  ist  an  verschiedenen  Individuen  sehr  verschie- 
deo«  Maoehmal  fehlt  derselbe  ganz  und  das  Zoosporanginm  sitzt 
zill  der  kugelförmigen  Basis  unmittelbar  auf  dem  Mycel.  In  typi- 
seheo  Individuen  bilden  sich  im  Stiel  keine  Zoosporen;  bei  der  stiel- 
loeMi  Form  entstehen  dieselben  im  ganzen  Zoosporanginm  bis  zur 
kugligen  Basis. 

HL  Bhiiidinm  A.  Er. 

Die  Begrflnduag  und  Beschreibung  der  Gattung  Rhisidiuin 
veffdanken  wir  dem  Entdecker  der  Ckytridiaoeen  AI.  Braun;  sie 
■nteraebeidet  sieh  nach  ihm  von  Chyttidium  „durch  eine  verlän- 
gerte, in  viele  Zweige  mit  äusserst  feinen  Enden  sich  theilende 
Wurzel   und   durch   die   Bildung   einer   zweiten,    zur  Fructification 


^s 

bestimmten  Zelle,  welche  aus  dem  blüBcnartig  erweiterten  oberrn 
Ende  der  vcgätativea  ZcUtj  diircb  seitlicbe  Auatiackiing  LervürwILcbst. 
Die  Fmctißcation  ist  vüu  zweifacher,  auf  verscbiedene  ladividaco 
vertbeilter  Art;  entweder  uSmlicb  bilden  sich  in  der  seitlicbtm  und 
snr  besonderen  Zelle  sich  abachliessendcn  länglichen  Aussacknng 
Zoogonidien,  welche  ganz  di(>  Beschaffenheit  derer  von  Chyirxdium 
besitzen,  oder  diese  Auasackung  nimmt  eine  kugelförmige  Qeatalt  an 
and  wird  zu  einer  einzigen,  sich  allmählich  braun  fArhenden,  mit 
dicker  ond  hückeriger  oder  fast  stacheliger  tlant  und  grossen 
Korn  versebeneD  ruhenden  Spore  ')."  Ausser  der  Art  Rkitiäivm 
mycophilwn  A.  Br.,  welche  man  bis  jetzt  einzig  und  allein  in  dca 
Schleime  der  Vhaetojihora  t^A'f/and  gefunden  hat,  erwähnen  AI.  BrsRi 
und  Schenk  ein  anderes,  HhimiHam  Euglenav*);  Schenk  tut  noch 
ein  dritlca:  Rkizidium  inUMinum  beschrieben,  welches  er  innerlialb 
der  Zellen  von  Niltella  ßeunlis,  in  vielen  Oedogonien  und  einig« 
Male  auch  in  itougeotta  entdeckte'). 

1.  Rhkidiuvi  m^ycopliitum  A,  Br-  Taf.  V.  Fig.  6  —  13,  T«f.  VL 
Fig.  1 — 5.  Ich  hatte  Gelegenheit,  im  dcbleim  von  Ohaeiophora  eiegama 
von  September  bis  November  1875  li/titiditmt  m^copkäum  A.  Br. 
sehr  häufig  aufzutinden,  wo  es,  theils  Lo  einzelnen  Individuen  wet- 
atreut,  theils  gruppenweise  eu  Colonien  mehr  oder  weniger  fest  ver- 
einigt, vorkommt. 

Die  Wurzelzelle  dieses  Rkizidium  ist  oft  sehr  lang  (etwa  bis 
löO  Hikr.)  und  verästelt;  da,  wo  sie  mit  der  Zoosporangiumsells 
znsammenstösst,  ist  sie  etwas  erweitert  und  uft  zwiebelartig  ana^e- 
dehnt.  In  der  Regel  gehen  von  einem  Hauptfaden,  gewissermssaa 
einer  Pfahlwurzel,  Aoste  nach  verschiedenen  Kicbtungen,  welch« 
immer  feiner  werden  und  in  den  letzten  Verzweigungen  in  äusserst 
dünne  Fasern  auslaufen  (Taf.  VI.  Fig.  1).  Seltener  entspringen 
der  zwiebelartigen  Ausdehnung  zwei  gleicli  dicke  Dauptäste,  welche 
eicb  dann  weiter  verzweigen.  Die  Zoosporangiumzelle  ist  bald  rundUefa, 
bald  mehr  länglich,  etwa  25  Mikr.  im  Querdurch messcr  und  40  Hikr. 
lang,  manchmal  auch  derartig  in  die  Länge  gebogen,  dass  leUten 
den  Breitendurchmesser  um  das  zwei-  bis  dreimalige,  wo  ni«ht  gar 
noch  mehr,  ilbertrifft  und  circa  8>t  Hikr.  erreicht;    sie  ist  sar  Zdt 

>)  Munal Al'crichtc  der  Akademie  der  Wissrnscliaftvii  zu  Berlin.    )S6<>  |t.  59|. 

*)  Brau[il.c.:Scheuk,  Algolog.Mitlhpiluiig«up.^4e.  "^  -■*--  ''j'riim. 
da»  teil  fiu  idculisdi  mit  CkylTvlitm  EvjUnae  A.  Br ,  Alihaiidl  i\rr  BcrL 
1856  p.  47.  U  ■  i  1 .  Bvt.  Zi-iuchr.  1855  p.  1178,  halte,  sirllr  ich  nar)>  meiiwi 
Cniersucliuugcii  in  cini:  hmonderr  Onltang,  die  Irh  spilrr  1icHrlir^il>CD 

»)  Dr.  A.  Schenk.     UH)i-r   da^   Vurkommeii  cimtraclitpr  Zellen  in 
aenreiche.    Wftrshurg  litöS. 


der  Sdii 
chea 

Die  ZeMptoit  mmi  W  fienr  Isl  MdL  iaHAmaAdä^  md  fiidUbs: 
bei  Zwrts  vn  JW  aai  lifcwifliaiiin  ianidiir  idki  im»  Uk»  FAr- 
buff  ■■fciBihMiB  Der  Tu  MiiflflT  Inttalit  job  ifariiiiifnr.  irnkdeaBb- 
gern  ProtaffaHML,  wdftiieft  mr  in  ter  jt'^'— "-^«rw'  TuSün^finiiir 
der  Zomf9nmfßmmMSk  wdar  ^mDupoD  nufl  läi»  ILinmäum  JHL 
MiBchBal  glaiiie  icfc  a  Aer  Iifiin|ifianemiBBBlk;  -uiiai  .tetffofts» 
ZeHken  n  ukti—at  HML  TL  ffSgu  iut 

Der  Willis  der  gimyunM  ^dit  ^m  £capf|&iiific&  •&»  JkaXtneOnvm 

BdhtfhwflHaflp  facnt  «iBAfflc.  -wfiiflbt  vub  ibjaühmii 
iHii  ftüftanflinruD  ffii—i ftnrggawum  «mfi.  iCTii^  Z^i 
Dneb  ciie  aa  der  fl^ntee  &w  Lwyugm^iniuc  -uiMHiftttirt;  ^Ndfaniu^ 
iieirt  der  ^tmmmät  briudl  dtHnfttm,  ipaUäifir  w  fiaimBüngiunai 
nd  Schicia  besteift,  mnL  «naiifni  nuä  liüöffl  xiHini:  -tniH:  iku^tifR; 
MiMP;  «dche  T«r  der  KMEnunr  lodttBi  iikdbl  (Fj^.  ^i.  Sun  iit^nnn 
die  Kvgci  dantii  W.winrii  f riniimmi  «usiHRsliiivtiUiaiJ  js  ¥u\^  deeMiJ 
kiBB  an  beli  mm  -ftfs  «iwmwtw  •weiter  vuij  •fuuaiötir  idiaObtikfHiQttii 
BchwliaiifiriM  nätt  nur  äirf  Saoki.  euntocn  ^amsi  fik:  l-ntrsHK'  Otar 
dieccEbcB  «agetoeieB  f^filfipkmiaäiülkai  uutenidifiiDtni  filHxniuf  j^ur- 
4ie  SAeiluiiepuHBataigel  av  -emer  furmiuiKiD  Xwhh:.  nftihilit 
icB  Zonunneidflaf  niit  tem  ZiOMgiunni^ma.  «w  -«Hikditmi 
ÜHUrAlu^Bd  fidiwiujuqHgBii,  ^liiK;  vmok  äf»  miöem.  iiioeiiisiU»- 
ackt  md^atiL  JUk  Mrwkrniepfjgnm  iiMiitffni  to  äidiiii  k^iiH: 
Bevepm^  ek  werteD  mir  flnrdi  fiie  IS/tm^s^gta^  dfw  ^äilfaänw 
FiwiHjiinienfjiiin  aimggfaiiptiMi.  Aji  dw  "tmf^mw  d«r  sntk 
firMInliHuiem»  t«ipiiDQD  die  fi<üniFürmB|H»r<ai  eitiL  iai^eMD 
ä  Pftaeifta^,^  sn  «stam  imd  «oirvuniMiiL,  nuiiaU  ei<r  nh  d<sn  V«6iifttr 
ä  ITMliiiH^,  hanaeaDL,  ednmll  dsvun  (Fi^.  l^i.  Ei»  klebK  Aiualil 
Ue&t  BMh  lai^  in  Zuoapunoi^dniiD  snrftttk:  ek;  vefbeM»  deenalU; 
faJBiA  -cuBe  imact  der  «ndem. 
Ue  SdurAijatfHWBB  aind  ki^elmiid,  I>  Mikr.  iiD  l^ttrotmieeear^ 
aenilkh  ^pmh.  eKoentriwiie  Käme,  äki  atark  da^LnHit  iveobea : 
ae  1w,<Pt^'M  «Kdi  alunwese,  fest  laketenarti^.  JKaebdeai  ihre  Beve- 
gai^  «ac!  gciriew?  lieit  gedauert  iat,  keimen  sie  entweder  ioi 
SAküiii  der  aridnüebeo  ClmBtofAtortLj  von  der  ai«^  ane^re^an^eo  siiwL, 
ediST  ^ctba^pea  iPfdiJ  anöh  in  andere  £sLeinplare  deraelben  Pflaaae. 

Dia  mr  ftiÜK;  ^laortou  Bdrw&nDaporeii  entwiokeio  aitib  au  sieiKHi 
Bimüm^  indem  aas  ilirem  ka^Ii^u  Körper  an  einem  Pnnkle  •ein 
inaaer^n  aarter .  laurer  Kcein»-  oder  W  uxael&deD  liervon^'üolMft,  der  aioL  aeta- 
£riäi  JB  iiucli  feiiiv  ri  ^titiL'jiiitn  von  weist-  An  dtn*  AubefUm^tflelk  aeigt 


der  WarEelfaden  alsbulil  eine  kleine  ßrweilorung,  Ober  wrlcher  ta 
«igentlichc  Körper  der  Zooapore  kugelig  anacbvillt  und  aicli  alliBib- 
lieb  znr  Zoosporangiumzclle  ausbildet.  Hierbei  wird  der  oeliurti|r* 
Kern  immer  kleiner,  sodass  derselbe  offenbar  als  ein  der  Zooipon 
beigegebener  Reaervoatoff  lur  Gmäbrang  der  jungen  Kei 
verbraucht  wird;  das  Protoplasma  der  letzteren  i§t  anf&nglicb 
gen  und  zeigt  V&cnolen;  spater  wird  ce  k<3mig;  nunmehr  ant«rsdiei- 
dcn  sich  die  jungen  Ehizidien  von  den  auagewacbseneD  nur  d 
ihre  geringere  Grösse  (Fig.  4).  Daa  leere  Zouaporangiam  ztigt 
«arte,  dnrebsiebtige  Uembran,  welche  leicht  zaBammenaohrnmpn 
bald  der  Zeralärung  anhcinlAllt.  Die  Wnrzekelle  dagegen,  w< 
SU  der  BÜdnng  der  Schwärmaporen  keinen  Autheil  nimmt,  DohrtüM 
aucli  nach  der  Entloerong  deraelben  in  ihrer  eigenen  Entwickduy 
weiter  fort.  Noch  vor  dem  Erscheinen  der  Seh  wann  sporcn  kerne 
ZooBporaugium  kann  man  HhisitÜen  antrelTen.  in  denen  die  Anacbwel- 
Inng  der  Wurzelzelle  faat  kugelartig  ausgedehnt  und  durefa 
Querwand  abgetrennt  iat,  derart,  dass  man  jetzt  ein  ana  drei  binter 
einander  folgenden  Zellen  beatehendes  Rhizidtum  vor  sich  hat.  {Fig.  i4 
Nach  der  Entleerung  der  S cliw arm a puren  wird  daa  ZooBporangiw 
durch  die  aus  Jener  zwiebelartigen  Anschwellung  entatandeiM  Zdk 
eraetüt;  daher  finden  wir  olt  verliäitniBgmasBig  kleine  Zellen, 
daa  AntiilngBol  einer  langen  Wurzelzelle  bilden. 

Während  ich  die  Kniwickelung  der  ZuoBporcn  nur  in  Oi  pl|« 
ber  beobachten  konnte,  zeigten  sich  apäter  im  Herbat  die  aekwi 
von  A.  Braun  erwihntcn  dickwandigen  Dauersporen.  Uebor  ihn 
Entatcbung  habe  ich  eine  Reihe  hikhat  intercBsantor  Beubacbtug« 
gemacht,  deren  Beachrcibung  ich  mir  für  einen  anderen  Ort  voA» 
halte,  weil  ich  deren  VervollstJütdigung  beahaichtige.  leb  bi:«clirtilH 
mich  daher  hier  auf  daa  bia  jetzt  noch  nicht  gekannte  VerbsHa 
der  Daneraporen  bei  der  Keimnng. 

Die  Daneraporen  finden  sich  einzeln  an  der  Spitze  einer  Wangl- 
aelle  oder  zu  zahlreichen  Colonien  vereinigt,  von  einem  schwer  eal- 
wirrbaren  Knäuel  von  Wurzclzellen  umgehen  und  von  mehr  odtr 
weniger  langen  Dlirchen  filzartig  bedeckt.  Sie  erreichen  15 — HO  lltkr. 
im  Ltingendurchmesser,  ihre  Sporenmembran  beateht  anschoinend  av 
Bwei  Schalen;  die  äuasere  trügt  roeiat  eine  dichte  llekioidtuig  felsar 
Härchen  (Taf.  V.  Fig.  7,  Fig.  8).  Ihr  Inhalt  iat  feinkörniges  Proto- 
ptasma,  in  deaaen  Mitte  ein  »ehr  groaai-r  stark  liohtbi 
Üeltrupfen  aich  auaieichnet  Die  Duuursporen  bleiben  HooMc 
im    Knhezuatande.     Uie    Keimong    begann    bei   dem    in    den    < 


91 

TVig6D  des  November  gesammelten  und  im  warmen  Zimmer  aufbe- 
wahrten Material  Anfang  December  und  dauerte  bis  zu  den  ersten 
Tagen  des  Januar,  wo  der  ganze  reichliche  Vorrath  der  Dauercolo- 
Bien  sich  aufbrauchte. 

An  der  Spitie  der  keimenden  Dauerspore  tritt  zuerst  eine  kleine 
Blase,  nachdem  sie  die  äussere  Sporenhaut  in  einem  kleinen  Punkte 
dmfabroehen,  nach  aussen  hervor  (Taf.  U.  Fig.  6);  sie  enthält  sehr 
lartes  homogenes  Plasma,  welches  von  einer  überaus  feinen  Haut 
umgeben  ist.  Im  weiteren  Verlaufe  vergrössert  sich  die  ausgetretene 
Blase  md  wird  zuletzt  zu  einer  selbständigen  kugeligen  Keimzelle, 
welche  am  Scheitel  der  Dauerspore  aufsitzt  und  das  Plasma  dersel- 
ben vollständig  in  sich  aufnimmt;  in  letzterem  wird  der  grosse  Oel- 
tropfcDf  der  offenbar  "als  Reservenahrung  diente,  allmählich  immer 
kleiner  nnd  verschwindet  zuletzt  ganz,  so  dass  der  Inhalt  der  ausge- 
tretenen Keimzelle  ein  blasses,  gleichartiges  Plasma  darstellt,  welches 
von  dem  körnigen  der  Dauerspore  sehr  verschieden  ist;  ein  Zell- 
kern wurde  von  mir  in  der  Keimzelle  oft  wahrgenommen.  Die  aus 
der  Spore  ausgetretene  Keimzelle  wächst  nun  weiter  und  nimmt 
dadurch  eine  längliche,  mitunter  schlauchförmige  Gestalt  an  (Taf.  V. 
Fig.  8,  9),  sie  ist  oft  an  ihrer  Basis  kolbenartig  erweitert,  ihr 
Protoplasma  ist  feinkörnig,  oder  auch  manchmal  hyalinisch  und  dann 
von  .leiterartig  aufeinanderfolgenden  Querwänden  durchsetzt,  welche 
hier  und  da  kleine  Oeltropfen  enthalten.  Nachdem  die  Keimzelle 
aleh  mehr  oder  weniger  vergrössert  hat,  wird  sie  unmittelbar  zum 
Zooeporangium,  welches  sich  von  den  gewöhnlichen,  schon  früher  ge- 
schilderten nur  dadurch  unterscheidet,  dass  sie  nicht  wie  diese  auf 
einer  Wurzelzelle  aufsitzt  In  ihrem  Protoplasma  entstehen  zahlreiche 
Sehwärmsporenkeme  und  in  det  Folge  auch  Schwärmsporen  selbst, 
treten  durch  eine  an  der  Spitze  der  Keimzelle  entstandene  Oeffnung 
heraus  und  bilden  durch  Schleim  verbunden  eine  kugelige  Masse, 
welche  sich  durch  den  Zufluss  von  neuen  Schwärmsporen  vergrössert 
(Fig.  10),  durch  Wassereinsaugung  ausserordentlich  aufschwillt  und 
zn  einer  grossen  unregelmässigen  Figur  auseinanderüiesst  (Fig.  11). 
Im  Sdileime  verhalten  sich  die  Schwärmsporen  fortwährend  ruhig 
oder  werden  passiv  mit  dem  Strome  des  Schleimes  fortgezogen.  End- 
lieh laaaen  einige  von  ihnen  eine  schwache  Bewegung  im  Schleime 
erkennen,  entfernen  sich  aber  erst  dann,  wenn  sie  mit  dem  Wasser 
in  Berührung  kommen  (Fig.  12).  Von  diesem  Zeitpunkte  beginnt 
ein  allgemeines  Wegschwimmen  der  Schwärmsporen  aus  der  Schleim- 
Ein  kleiner  Theil  von   ihnen  bleibt  jedoch  unbeweglich  im 


9ä 

Innern  der  geöffix^ten  Keimzelle.  Die  SctiwltraiRpuri'n  mit ltbc beiden 
sich  woilor  im  Itan,  noch  in  der  Bewegung  von  den  in  don  früher 
besebriebenen  Zoospnrangiun  entwickelten  nad  bilden  glcicbfallt 
neue  Ilhieidien. 

IV.  Oladoohytriam,  nov.  gen. 

Die  Zooeporangien  dieser  Gattung  entstehen  entweder  tntsrcalar 
aas  den  Protomt/cesSiinllehtin  Anscbwcllungen  eines  in  der  Näbrpflanu 
wuchernden  einzelligen  Uycolium,  von  welchem  sie  aicli  durch  Qner- 
wHndo  abtrennen,  oder  terminal  am  Ende  einzelner  Mycelfltden. 
Die  Zoosporangien  entleeren  sich  entweder  durch  das  OelTnen  einea 
sehr  vorschieden  langen  Haliea,  oder  sie  sind  mit  Deckel  verscben. 
Es  liommt  hier  auch  die  Bildung  von  secund&ren  ZooBporangieii  vor; 
sie  entsfehen  entweder  reibenförmig  nebeneinander  oder  in  iUter«n, 
schon  entleerten  Zoospuran^^ien. 

1.  Cladoclir/triuni  tenitc,  niiv.  speo.,  Taf.  VI.  Fig.  6 — 13.  OieM 
Art  habe  ich  im  Herbst  1875  im  Oewebe  von  Acorun  l'atamtui  nnd 
frts  Pneuiiaiwrrus,  in  der  letzteren  Ttianzo  aneh  Anfang  April  1870 
in  vorjährigen  Exemplaren  gefuoilcn.  Anch  im  Gewebe  von  Olyoeria 
»im'JnbüiK,  welche  Monate  lang  im  Waseer  in  demselbeu  QeflUao 
mit  obigen  PBanEcn  xDsammenfanlte,  habe  ich  dieses  ('tiulochytn'um 
angetrolTen.  Das  Mycel  besteht  ans  dUnnen,  sarten,  farbloseB  Pro- 
toplasma enthaltenden  ungegliederten  Mycelföden,  welche  sich  im 
Zellgewebe  der  Nährpflanze  und  zwar  innerhalb  dar  Zellen  in  kleinereo 
oder  grösseren  Absländen  nach  allen  Richtungen  verzweigen,  dl« 
Wände  der  Zellen  durchbohren  und  im  Innern  derselben  spindelfdr 
migc  Protomi/cegi,hni'iche  AnBchwellungen  bilden  (Fig.  G,  1,  9).  Die 
snrten  Hycel^den,  welche  die  Näbrzellen  meist  in  geringer  Zahl 
darchsieben,  haben  nur  1 — 2  Mikr.  im  Darchrocsscr;  sie  gleichen 
Psendopodien  oder  Protoplasmafilden,  und  zeigen  oft  nur  eine  eiu- 
aige  Spindel  oder  kugelförmige  Angchwellnng  in  jeder  Zelle,  in  an- 
deren Zellen  bilden  sich  die  letzteren  in  grjiascrer  Zahl.  Die  An- 
ecbwellnngen  haben  zarte  Membran  nnd  homogenen  später  körnigen 
Protoplasmainhalt,  in  welchem  ich  im  Winter  einen  grossen  oder 
mehrere  kleine  Oeltropfen  wahrnahm.  Durch  eine  Querscheidewud 
thetlen  sich  oftmals  die  AnBchwcllungcn  in  iwei  gleiche  HUften, 
Von  dunen  jedoch  die  eine  inhaltslos  wird,  während  in  der  andoren 
das  Protoplasma  sich  vermehrt,  auch  die  OrAsse  zunimmt  |Fig.  6,  7). 
Ana  diesen  p rot" plaania reichen  Hälften  der  prim.lreu  Anaehwellungan 
gehen  die  Zoosporangiea  hervor,  indem  ai<'  sich  nueh  sulir  bedenttind 
vergrCssorn,  eine  kugelige  Gestalt  annehmen  und  mit  dichten  Proto- 


99 

pbmft  fUleD;  die  andere  inhaltlose  Hälfte  sitst  in  der  Regel  als  ein 
kleiner  blaaenartiger  Anliang  des  Zoosporangium  an  der  Spitse  des 
Trmgfadens.    Einigemal  sah  ich  Dreitheilnng  der  Anschwellung. 

Die  Zoosporangien  zeigen  Übrigens  verschiedene  Grösse,  ich 
bestimmte  ihren  Qnerdnrchmesser  im  Mittel  auf  18  Mikr.;  in  der 
Begel  nehmen  sie  daher  nnr  einen  Theil  ihrer  Nährzelle  ein,  mit- 
nnter  flElUen  sie  jedoch  dieselbe  ganz  und  gar  aus;  in  eiozeltten 
Zellen  von  Irü  Pseudacorus  fand  ich  solche  riesige  Zoosporangien 
▼OD  66  Mikr.  und  darüber.^  Zuletzt  verlängern  sich  die  Zoosporan- 
gien in  einen  schnabelartigen  Hals  oder  in  eine  längere  Röhre, 
weiche  das  Sporangium  oft  um  das  Doppelte  übertriflft  und  am  Ende 
ein  wenig  eingebogen  oder  in  der  ganzen  Länge  wellenförmig  ge- 
krflmmt  ist  Das  Ende  des  Halses  durchbricht  die  Wand  der  Nähr- 
lelie,  und  dringt  entweder  nach  aussen  ins  Wasser,  oder  tritt  auch 
In  eine  benachbarte  Parenchymzelle  hinein;  mitunter  entwickelt  ein 
Zooaporanginm  mehrere  Hälse.  Wenn  auf  einem  von  dem  Mycel  des 
Cladochytrium  durchzogenen  Pflanzenstengel  die  Kugeln  einer  Chaeto- 
pkora  aufsitzen^  so  dringen  die  Mycelfäden  auch  in  den  Schleim  der 
Omllertalge  ein  und  bilden  im  letzteren  Zoosporangien  (Fig.  12,  13). 
Anch  tritt  das  Mycel  durch  das  Zellgewebe  oft  an  die  Oberfläche 
der  Blätter  und  bildet  hier  ebenfalls  kuglige  Anschwellungen  und 
später  Zoosporangien  (Fig.  8,  9). 

Im  Protoplasma  der  Zoosporangien  entstehen  nun,  wie  gewöhn- 
lieh,  stark  lichtbrechende  Kerne  und  hierauf  um  diese  die  kugligen 
Sehwtrmsporen  selbst,  welche  5  Mikr.  im  Durchmesser,  eine  Cilie 
vnd  einen  ezcentrischen  Kern  besitzen.  Sie  treten  durch  Schleim 
verbunden  in  einer  kugeligen  Masse  aus  einer  am  Ende  des  Halses 
entstandenen  OeflFhung  hervor;  einige  bleiben  längere  Zeit  im  Zoospo- 
raaginm  zurück  und  verlassen  es  später  einzeln  (Fig.  10).  Während 
des  Austritts  nehmen  die  Zoosporen  sammt  ihrem  Kerne  mitunter 
eekige  Gestalt  an;  beim  Schwärmen  jedoch  werden  dieselben 
knglig,  zeigen  aber  auch  amoeboide  Bewegungen  und  Ocstalt- 
▼eftndemngen.  Bei  der  Keimung  nimmt  die  Spore  immer  Kugel- 
gestalt an,  der  Kern  liegt  excentrisch  am  Rande,  an  einem  an- 
deren Punkte  des  Randes  bricht  ein  überaus  feiner  Keimfaden 
hervor,  der  sich  in  ein  paar  Tagen  bedeutend  verlängert  und  zarte 
Aeste  ausschickt,  oder  es  treten  gleichzeitig  an  zwei  Stellen  der 
gekeimten  Zoospore  solche  Fäden  hervor,  die  sich  unregelmässig 
Tenwelgen*  An  einzelnen  Stellen  der  KeimfUdcn  bilden  sich  schon 
sehr  frflh  die  charakteristischen  Anschwellungen,  aus  denen  später 
die  Zoosporangien   hervorgehen   (Fig.    11  a.  b.  c.)*     Während   der 


94 

Keimung  wird  der  ölartige  Zullkern  allm&hlich  reaorbirt  tmd  ein 
klai'es  Protoplasma  bildet  den  Inhalt  der  gekeimten  Sporo.  Die 
Keimung  gebt  niif  der  Oberfiftche  der  Nährpflanzc  oder  im  Innen 
ihrer  Zellen  vor  sich,  je  nachdem  der  Uals  des  ZoosporangiamB  nach 
Riisaen  oder  in  eine  Nachbarzelle  gedrungen  ist. 

In  der  Regel  entsteht,  wie  schon  bemerkt,  d&H  Zouspontaginni 
aus  der  einen  protoplasmareicbcn  Uälfte  einer  Anschwelinng  d« 
Mycels,  wAhrund  die  andere  Hälfte  inhaltleer  bleibt;  sehr  h>ufig 
jedoch  uatwickoln  sich  auch  ungethcilte  Anschwollnngen  ohne  Wei- 
teres zu  ZoDsporangien,  so  dass  die  Thcilang  keine  notfawendige 
Bedingung  der  FortpdaDznng  ist;  andererseits  kOnnen  auch  b«ide 
HSiften  einer  getheilten  Anscbwullnng  zu  Zoospoi-nngien  werden:  in 
diesem  Falle  geht  die  Ausbildung  der  beiden  Hftlften  nicht  immer 
gleichzeitig  vor  sich.  Bei  einem  Cladwhytriwn,  das  seine  Zoospo- 
rangien  im  Schleime  einer  auf  Acorus  Calamun  sitzenden  *Jhasto- 
phora  ele^rtns  entwickelt  hatte,  fand  ich  zwei  nnd  sogar  drei  la 
einer  Reihe  mit  einander  verwachsene  Zoosporangien,  von  denen  dai 
obere  leer  war,  das  nächstfolgende  Protoplasma  enthielt,  woria  scboo 
Schwirmsporenkerne  erkennbar  waren,  und  das  dritte,  welches  siitli 
■ngenscheinlich  zuletzt  gebildet  hatte,  nur  aus  einer  dünnen  Wind 
und  gleichartigem  Protoplasma  bestxnd  (Fig.  12).  Wie  zwei  ersteran 
Zoosporangien  hatten  kurze,  ach  nabelartige  Hälse,  die  MUndnng  der 
letiteren  aber  lief  in  eine  längere  Röhre  aus.  Uieses  Zoosporangiom 
stand  in  Verbindung  mit  einem  Myccifadcn,  welcher  sii^b  zvriaoben 
den  Aeeten  der  Chiietojitkora  verlor.  Nach  Verlauf  von  mehr  ftll 
24  Stunden  traten  aus  dem  zweiten  Zoosporangium  Schwärmaporen 
heraus  und  hierauf  schw&rmtc  auch  daa  dritt«:  vollständig  ans. 

Bei  Cladochytriuvi  tenue  habe  ich  auch  diu  Entwickeinng  von 
sccnndHren  Zoosporangien  in  ähnlicher  Weise  beobachtet,  wie  die« 
de  Bary  bei  Saproltgntaceen  beschrieben  h«t'(.  Im  Innern  ent- 
leerter Zoosporangien  fand  ich  kngelartige,  mit  Protoplasma  erftlllte 
nnd  von  dUnncr  Wand  umgebene  Anschwellungen,  welche  die  Höhlung 
nur  theilwoise  ausfUlllen  nnd  offenbar  durch  Hineinwachsen  des  durch 
eine  Scheidewand  abgegrenzten  Mycelfaden  in  das  leere  Zoosporaa- 
ginm  entstanden  waren  (Fig.  13'').  In  einem  Exemplare,  welcbea 
ich  längere  Zeit  auf  dem  Objecttr&ger  liegen  liess,  entwickelte  sieb 
nach  Verlauf  von  nngefabT  zwei  Tagen  aus  einer  solchen  kugel- 
artigen Anschwellung  ein  kurier  Mycelfaden,  welcher  die  Wand  dei 
leeren   Zoosporangiams   di^rcbbrach   und   sich   in    zwei    lange  Aesta 


'>Pring.bc, 


a  Jahrbücher  f.  wIn.  Botanik.    11.  Band  ISfiO  p-  lä&. 


reigte;  ein  Aiisach wärmen  yon  Zoosporen  fand  jedoch  hier  nicht 
statt  Auch  in  anderen  Fällen  habe  ich  das  Hervorsprossen  von 
dflnnen  Myoelflden  ans  dem  Zoosporanginm  beobachtet 

unser  Cladochytrium  tenue  ist  offenbar  nächst  verwandt  mit  dem 
von  de  Bary  in  den  Bllttem  nnd  Blattstielen  von  Menyanthes  tri- 
foliaia  entdeckten,  als  Protomyces  Menyanihia  bezeichneten  Para- 
siten^); insbesondere  seigt  das  Mycel  mit  seinen  dflnnen  nngetheilten 
Flden  nnd  den  meist  zweitheiligen  Anschwellungen  die  grösstc 
üebereinstimmung  in  Form  und  Vorkommen.  De  Bary  beobachtete 
allerdings  Danersporen,  welche  ich  selbst  nicht  mit  Sicherheit  nach- 
weisen konnte,  während  ihm  die  Entwickelung  der  Zoosporangien 
unbekannt  blieb;  die  letztere  ist  jedoch  ausreichend,  um  unseren 
Organismus  von  der  Gattung  Protomycea  zu  trennen  und  in  die 
Familie  der  Chytridiaceen  einzureihen.  Cladochytrium  scheint  dem- 
nach auf  eine  bisher  nicht  berflcksichtigte  Verwandtschaft  zwischen 
CkjftridiaoMn  und  Protomyceten  hinzuweisen. 

2.  Cladochytrium  elegans,  nov.  spec.  Taf.  VI.  Fig.  14  —  17.  Diese 
Art  habe  ich  im  Schleime  von  Chaetophora  degans  sehr  selten  ge- 
fanden,  wahrscheinlich  deshalb,  weil  der  eigentliche  Ort  ihrer  Ent- 
wickelung andere  Pflanzen  sind,  auf  deren  Oberfläche  die  Chaetoplujra 
znAUig  vegetirte. 

Das  Mycel  besteht  aus  einzelligen  Fäden,  die  ähnlich  wie  bei 
der  vorigen  Art  sich  verzweigen  und  mit  zartem  wenigkömigom 
Protoplasma  erfüllt  sind.  Die  Mycelfäden  sind  stärker  als  die  von  Clad. 
teime,  etwa  3,5 — 5  Mikr.  dick,  bilden  aber  wie  dieses  in  gewissen 
Abständen  mehr  oder  weniger  bedeutende  mit  Plasma  erflallte  spindel- 
nhrmige  oder  unregelmässige  Anschwellungen,  die  an  Pratomyces 
erinnern.  Die  Zoosporangien  habe  ich  nur  endständig  oder  nahe 
der  Spitze  einzelner  Myceläste  angetroffen,  welche  mehr  oder  weni- 
ger kugelig  anschwellen,  mit  Plasma  sich  fflllon  nnd  durch  eine 
Scheidewand  abgliedern;  sie  sind  grösser  als  die  der  vorher- 
beschriebenen Art;  ich  bestimmte  den  Querdurchmesscr  zwischen 
22 — S7  Mikr.,  im  Mittel  =  27  Mikr.,  sie  sind  von  kugeliger,  ovaler 
oder  eiförmiger  Gestalt;  in  entwickeltem  Zustande  besitzen  sie  an 
der  Spitze  einen  schwach  gewölbten  Deckel  (Taf.  VI.  Fig.  14,    15). 

Die  Schwärmsporen,  welche  auf  gewöhnliche  Art  um  Kerne  sich 
bilden  und  nach  dem  Abfall  des  Deckels  das  Zoosporanginm  ver- 
lassen, bleiben  eine  Zeitlang  vor  dessen  Oeffnnng,  wahrscheinlich  in 


')  Dr.    A.    de    Bary,    Beiträge    zur   Morphologie    und    Physiologie    der 
Pill«.    Frankfurt  a.  M.  1864.  p.  25.  Taf.  II.  Fig.  1—7. 


96 

dem  sie  amgebonden  Schleime,  rnhig  liegen;  sie  verändern  durch 
amoebenartige  Bewegungen  ihre  Ghestalt  nnd  schwimmen  dann  aUhaid 
auseinander  (Fig.  16).  Sie  besitzen  einen  ziemlich  grossen  stark 
lichtbrechenden  Kern  und  eine  lange  deutliche  Cilie ;  sie  sind  ebenfalls 
kugelig,  jedoch  bei  weitem  grösser  als  die  von  GlacL  tenue,  7,6  Mikr. 
im  Durchmesser. 

Nach  der  Entleerung  des  Zoosporangi'ums  wölbt  sich  oft  die 
dasselbe  von  seinem  Tragfaden  trennende  Scheidewand  in  das  Innere 
hinein,  und  erhebt  sich  in  seiner  Höhlung  zu  einem  neuen  secun- 
dären  Zoosporangium,  welches  jedoch  weit  enger  bleibt  und  die  Höhlung 
des  primären  nicht  ausfüllt,  sondern  eine  schlauchartige  nach  oben 
verjflngte  Gestalt  annimmt.  Der  Scheitel  des  secundären  Zoosporan- 
giums  ragt  etwas  durch  die  Oeffnung  des  primären  hervor  (Fig.  17) 
oder  endigt  im  Innern  desselben.  Er  ist  an  seiner  Spitze  rund  ge- 
wölbt und  bildet  bei  der  Reife  des  Zoosporangiums  ebenfalls  einen 
Deckel;  die  Bildung  und  Entleerung  der  Schwärmsporen  geht  ganz 
so  wie  in  den  primären  vor  sich. 

Manchmal  entstehen  in  dem  Protoplasma  des  secundären  Zoospo- 
rangiums vor  der  Bildung  der  Schwärmsporen  zahlreiche  Vacuolen 
und  die  Protoplasmamasse  nimmt  hernach  einen  netzartigen  Bau  an. 
In  diesem  Falle  befinden  sich  in  den  dflnnen  Wänden  des  Proto- 
plasmas, welches  die  runden  Räume  des  Netzgebildes  umgiebt,  ein- 
zelne stark  lichtbrechende  Kömer.  Diese  Art  erinnert  in  der  ausser- 
liehen  Gestalt  ihrer  Zoosporangien  an  die  Sorokin  sehen  Gattungen 
Zygochytrium  und  Tetrachytrium ' ),  ist  aber  von  denselben  vollstän- 
dig verschieden  durch  die  Entwickelungsweise  der  Schwärmsporen, 
die  Gestalt  der  Deckel  und  das  Vorhandensein  des  Mycels.  Auffallend 
ist,  dass  von  zwei  einander  so  nahe  stehenden  Arten,  wie  unser 
CUidochytrium  tenue  und  elegans,  das  eine  seine  Zoosporangien 
durch  eine  Oeffnung  am  Schnabel,  das  Andere  durch  Abwerfen  eines 
Deckels  austreten  lässt. 

Breslau,  April  1876. 
>)  I.  c. 


Figuren  -  Erklärung. 

(Alle  Figuren  sind  mit  Hilfe  der  Camera  lucida  gezeichnet.) 


Tafel  IV. 

Cliytridiiuii  destraens  p.  75  (vergr.  400). 

Fig.    1.  a.  Eine  vom  Parasiten  ergriffene  ChaetonemorZeWe.    Im  Innern  des 
Chyiridium  drei  braune  Klflmpchen  von  einer  Vacuole  umgeben. 

b.  Schwärmsporen  das  Zoosporangium  verlassend. 

c.  Das  entleerte  Zoosporangium  mit  gelb  geftrbten  W&nden  und  einem 
braunen  Klümpchen. 

ChytridinBi  flrregAriun  p.  77  (vergr.  400). 

Fig.    S.  Mehrere  in  dem  Ei  eines  Rotatorium  entwickelte  Zoosporangien,  in 
verschiedenen  Entwickelungszust&nden. 

a.  Mit  Schleim  umgebene,  aus  dem  Zoosporangium  hervorgegangene 
Schwftrmsporenmasse. 

b.  Schwärmsporen. 

Chytridiun  macrospomm  p.  79  (vergr.  400). 

Fig.    3.  Ein  Zoosporangium  in  dem  Ei  eines  Rotatorium  entwickelt.    Beginn 
der  Schwärmsporenbildung. 

Fig.    4.  Desgl.  Schwärmsporen,  das  Zoosporangium  verlassend; 
a.  Membran  desselben  von  der  Eihaut  gesondert. 


ColeoehaeteB  p.  80  (vergr.  400). 

Fig.  5—7.  Entwickelung  junger  Chytridien  im  Oogonium  der  Coleochaete  pul' 
vifuUa;  5.  Parasit,  noch  im  Oogoniumhals,  6.  Aber  denselben  hervor- 
tretend, 7.  ausgewachsen;  von  der  Oosphaere  bleibt  nur  ein  braunes 
Klumpchen  fibrig. 

Fig.    8.  Zoosporangium  mit  heraustretenden  Schwärmsporen  a. 

Fig.    9.  Zwei  aus  einem  Oogonium  heraustretende  entleerte  Zoosporangien. 

Fig.  10.  Vier  noch  nicht  vollständig  entwickelte  aus  einem  Oogonium  heraus- 
tretende Zoosporangien. 
Cohn,  B«iftnc«  tur  Biologie  der  Pflanten.    Band  IL  Heft  I.  ^ 


98 

Cliytridiiim  mierospomm  p.  81. 

Fig.  11.  (Vergr.  400.)  Ein  Zoosporangium  tLu£  Moitigotkrix  aeruginea  sitxeDd, 
aus  ihm  treten  Schwärmsporen  heraus;  ein  Theil  der  letzteren  bleibt 
schwärmend  noch  einige  Zeit  im  Zoosporangium  zurück. 

Fig.  IIa.    (Vergr.  850.)    Schwärmsporen. 

Chytridiun  Epithemiae  p.  82. 
Fig.  12.    (Vergr.  850.)  Ein  Zoosporangium  mit  Schwärmsporenkemen  auf  der 

Schale  von  Epithemia  Zebra  sitzend. 
Fig.  13.    (Vergr.  620.)    Ein  entleertes  Zoosporangium  mit  zwei  DeckeUi,  der 

terminale  festsitzend,  der  seitliche  abgehoben. 

Chytridiun  lUstigotrieliiB  p.  83. 
(Vergr.  von  Fig.  15  und  21  620;  der  übrigen  400.) 

Fig.  14.  Ein  junges  Chiftridiumf  auf  dem  oberen  Theile  eines  Moitigothrix- 
fadens  sitzend. 

Fig.  15.  Von  dem  auf  einem  MtutigothriatfhAen  angewachsenen  Zoosporangium 
gehen  fadenförmige  Haustorien  aus,  von  denen  eines  in  einen  benach- 
barten Faden  derselben  Alge  eingedrungen  ist. 

Fig.  16.  Ein  Zoosporangium  mit  langem  Hals  an  zwei  MMtigothrix^Aeji  an- 
gewachsen. Aus  der  Oberfläche  des  Zoosporangiums  erheben  sich 
kleine  Ausstülpungen. 

Fig.  17.  Die  Zoosporenmasse  beginnt  durch  Auflosung  der  Zoosporangium- 
wand  am  Scheitel  einer  Papille  herauszutreten. 

Fig.  18 — 19.  Das  nämliche  Zoosporangium;  die  Schwärmsporenmasse  mehr 
und  mehr  herausgetreten. 

Fig.  20.    Schwärmsporen,  vom  Schleim  sich  befreiend  und  davoneilend. 

Fig.  21.    Schwärmsporen. 

a.  b.  c.    Schwärmsporen,  deren  äussere  hyaline  Hülle  amoebenartig 
ihre  Gestalt  verändert. 

Tafel  V. 

Obelidiam  mneronatiim  p.  86  (vergr.  620). 

Fig.  1.  Reifes  Zoosporangium ;  vor  der  seitlichen  Oeffnung  desselben  ist  ein 
Theil  seiner  Schwärmsporen  herausgetreten  und  bleibt  von  Schleim 
umgeben  ruhig  liegen.  Das  Mycel,  aus  dessen  Mitte  das  Zoosporan- 
gium sich  mit  seinem  Stachel  und  verdicktem  Fuss  erhebt,  ist  hier 
wie  in  Fig.  3  und  4  au  seiner  Peripherie  abgeschnitten. 

Fig.    2.     Ein  entleertes  Zoosporangium  mit   vollständig  gezeichnetem   Mycel. 

Fig.    3.     Ein  fast  stielloses  Zoosporangium  mit  Schwärmsporenkernen. 

B^ig.     4.     Ein  noch  nicht  reifes  Zoo8poran<;ium  mit  schon  verdickten  Stielwänden. 

Fig.  4.  a.  Ein  junges  Zoosporangium,  an  dessen  Basis  ein  einziger  Mycel- 
faden  sitzt,  der  sich  bald  in  drei  Hauptaste  theilt. 

Fig.     5.     Ein  noch  sehr  junges  Zoosporangium  mit  wenig  entwickeltem  Mycelium. 

Bhisidiam  myocphilnm  A.  Br.  p.  87. 
Keimung  der  Dauersporen. 
(Fig.  6  und  8  sind  620,  die  übrigen  4()0  Mal  vergr.) 
Fig.    6.    Aus  einer  nicht  mit  Haaren  bedeckten,  einen  grossen  Oeliropfen  ent- 
haltenden Dauerspore  wächst  die  Keimzelle  hervor. 


99 

i  

Fig.  7.  Die  Keimzelle  aof  einer  mit  Haaren  bedeckten  Dauerspore  ist  grosser 
geworden. 

Fig.  8.  Au^ewaehsene  schlanchartige  Keimzelle  auf  der  entleerten  Dauer- 
spore aufsitzend. 

Fig.    9.    Eine  kleine  Keimzelle,  Scliwirmsporenkeme  enthaltend. 

Fig.  10.  Aus  der  Keimzelle  treten  durch  eine  an  ihrer  Spitze  entstandene 
Oefihung  die  mit  Schleim  zu  einer  kugligen  Masse  verbundenen 
Schw&rmsporen  heraus. 

Fig.  11.    Die  Schw&rmsporenkugel  beginnt  zu  zerfliessen. 

F^.  12.  Die  Schwärmsporen  schwimmen  aus  dem  sie  umgebenden  Schleime, 
welcher  in  eine  unregelmässige  Figur  zerflossen  ist^  auseinander. 


Tafel  VI. 


myeophiliim  A.  Br. 

Entwickelung  der  Zoosporanglen. 
(Fig.  4  ist  620,  die  übrigen  400  Mal  vergr.) 

1.    Zoosporangien  in  eine  Papille  auslaufend  und  Schwärmsporenkeme 

enthaltend. 
Fig.    2.    Dasselbe  Zoosporangium  mit  herausgetretenen  Schwarmsporen,  welche 

mit  Schleim  umgeben  eine  kuglige  Masse  vor  seiner  Oeffnung  bilden; 

ein  Theil  der  Zoosporen  ist  noch  im  Innern  des  Zoosporangiums 

zurückgeblieben. 
F^.    3.    Aus    der  unregelmässig   zerflossenen   Schleimkugel   schwimmen  die 

Schwärmsporen  auseinander. 
Fig.    4.    Schwärmsporen,  zu  neuen  Bhizidien  keimend,  a.  einfacher  Keirafaden, 

b.  Anschwellung  an  der  Basis  des  späteren  Zoosporangiums,  c.  d.  desgL 

junge  Wurzelzellen  weiter  verzweigt. 
Fig.    5.    Ein  ziemlich  junges  Bhisidiwn  mit  getheilter  Wurzelzelle  und  mit 

einem  Zellkern  in  seiner  Zoosporangiumzelle  a. 

Cladoehytrinm  tenne  p.  92. 

Fig.  6.  (Vergr.  4(X).)  Längsschnitt  aus  dem  Zellgewebe  von  Acorus  Caiamus; 
die  verzweigten  Mycelfaden  des  Cladochytrium  dringen  durch  die 
Wände  der  Zellen  und  bilden  im  Innern  derselben  Anschwellungen, 
welche  sich  sehr  oft  quertheilen.  Aus  je  zwei  dadurch  entstandenen 
Hälften  entwickelt  sich  gewöhnlich  nur  die  eine  zum  Zoosporangium, 
während  in  der  zweiten  der  Inhalt  allmählich  verschwindet  Das 
Protoplasma  der  Anschwellungen  enthält  Oeltropfen. 

Fig.  7.  (Vergr.  850.)  In  einer  quergctheilten  Anschwellung  im  Innern  einer 
^coni«zelle  ist  die  eine  Hälfte,  einen  grossen  Oeltropfen  entlialtend, 
bei  weitem  grösser  geworden  als  die  zweite  mit  klarem  Zellinhalt. 

Fig.  8.  (Vergr.  400.)  Das  Mycel  ist  aus  dem  Zellgewebe  von  Iris  Pseudo- 
aeorus  an  dessen  Oberflache  nach  aussen  gewachsen  und  bildet  zahl- 
reiche spindelförmige,  später  kuglige  Anschwellungen,  aus  denen 
Zoosporangien  entstehen. 

F^.  9.  (Vergr.  6C0.)  Mycel  von  demselben  Präparat,  stärker  vcrgrössert,  mit 
einem  schon  entwickelten  Zoosporangium  a. 

7* 


100 

Fig.  10.  (Vergr.  400.)  Schnitt  auB  dem  Zellgewebe  von  Iris  Pieudoaeonu.  In 
einer  Zelle  findet  sich  ein  reifes  Zoosporangium  a.,  aus  dessen  Oeff- 
nung  die  vom  Schleim  umgebene  Schwärmsporenmasse  herausgetreten 
und  die  Zoosporen  sich  im  Wasser  zu  zerstreuen  beginnen.  Ihre 
Kerne  zeigen  eckige  Umrisse,  b.  Ein  entleertes  Zoosporangium, 
dessen  langer  Hals  die  Nährpflanze  durchbohrt  hat;  der  Mycelfaden 
an  der  Basis  blasenartig  angeschwollen.    (Vergl.  Fig.  7.) 

Fig.  11.  (Vergr.  400.)  Reimende  Schwärmsporen;  a.  kurzer  Keimfaden  mit 
mehreren  Aestchen;  b.  längerer  an  der  Spitze  verzweigter  Keimfaden; 
c.  Keimfaden,  der  an  der  Basis  einen  Hauptast  getrieben;  d.  Spore, 
die  zwei  KeimAden  entwickelt,  von  denen  einer  schon  eine  spindel- 
förmige Anschwellung  zeigt;  e.  weitere  Entwickelung  von  c. 

Fig.  12.  (Vergr.  400.)  Drei  Zoosporangien  von  Cladochyirium  tenue  verschie- 
denen Alters,  die  sich  aus  einem  Mycelfaden  d.  im  Schleime  von 
Chaetophora  elegans  hintereinander  entwickelt  haben;  das  obere  a. 
ist  leer,  das  zweite  b.  enthält  Schwärmsporenkerne,  das  jüngste  c. 
mit  langem  Hals. 

Fig.  18.  (Vergr.  400.)  Im  Schleime  von  Chaelophora  elegans  entwickelte  und 
hiemach  entleerte  Zoosporangien  auf  einem  verzweigten  Mycelfaden; 
aus  der  Wand  des  einen  a.  geht  ein  Mycelfaden  hervor,  im  Innern 
des  zweiten  b.  dagegen  entwickelt  sich  ein  secundäres  Zoosporangium. 

Cladooliytriiuii  elegans  p.  95  (vergr.  400). 

Fig.  14.  Ein  noch  nicht  reifes,  vom  Mycel  noch  nicht  durch  eine  Scheidewand 
abgetrenntes  Zoosporangium  a.;  an  seinem  Scheitel  erhebt  sich  ein 
Deckel.  Aus  der  Zoosporangiumwand  geht  ein  verzweigter  MyceU 
&den  hervor. 

Fig.  15.  Ein  verzweigter  Mycelfaden,  zwei  Zoosporangien  mit  ihren  Deckeln 
tragend ;  das  eine  a.  Schwärmsporen  enthaltend,  im  Innern  des  zwei- 
ten entleerten  sitzt  ein  secundäres  Zoosporangium,  ebenfalls  entleert. 

Fig.  IB.  Schwärmsporen;  einige  derselben  aa.  zeigen  amoebenartige  Bewe- 
gungen. 

Fig.  17.  Ein  secundäres  Zoosporangium  mit  Schwärmsporen  im  Innern  eines 
entleerten. 


Bemerknngen 
ftber  die  Organisation  einiger  Schwärmzellen. 


Von 

Dr.  Ferdinand  Cohn. 


1.  In  dem  Auftmtie  Aber  f,Zelle  and  Zellkernes  °^^  welchem 
Anerbaeh  dieses  Heft  unserer  Beitrage  eröffnet,  spricht  derselbe 
folgende  Bemerkungen  ans: 

,,lfaa  wird  zugeben,  dass  die  Bezeichnung  Zelle,  Kern,  Nncleo- 
Ins  heat  nicht  mehr  in  einem  ganz  allgemeinen,  blos  gunz  formalen 
Siane  gebraucht  werden  darf,  dass  man  nicht  mehr,  wie  in  der  Kind- 
heit der  mikroskopischen  Anatomie  jedes  beliebige  Biüscben  als  eine 
Zeile,  jeden  festen  InnenkOrper  derselben  als  Kern  ansehen  und  ge- 
legentlich etwa,  wie  das  wohl  vorgekommen  ist,  sagen  darf,  ein 
Amylnmkorn  oder  ein  Chlorophyllkom  Ycrtrete  die  Stelle  des 
Zellkerns,  dass  vielmehr  jene  Worte  Ansdmck  sein  mflssen  für 
typische  Substrate  nnd  Organe  des  Lebens,  deren  jedes  hinsichtlich 
seiner  Substanz,  Anlage  und  Bestimmung  ursprünglich  identisch  ist, 
•o  sehr  sich  auch  im  Laufe  der  Entwickelung  Metamorphosen  ein- 
stellen mögen  ^).*^ 

Diese  behenigenswerthe  Stelle  veranlasste  mich,  das  erste  gflnstige 
Objeet,  welches  mir  zur  Prüfung  der  hier  angeregten  Frage  geeignet 
ersehien,  einer  genaueren  Untersuchung  zu  unterwerfen. 

S.  Ghrünes  Wasser  in  Uyacinthengläsem.  Im  verflossenen 
Winter  eulUvirte  ich  fllr  einen  physiologischen  Versuch  zehn  aus 
Brfturt  bezogene  Hyacinthenzwiebeln  nach  bekannter  Methode  in  ooni- 
sehen  farblosen  Glisem;  die  Zwiebeln  waren  Ende  October  1875 
auf  die  Oeflbnng  der  Glaser  gelegt  worden,  welche  mit  filtrirtem 
Oderwaaser  ans   der   stadtischen  Wasserleitung   bis   nahe   an   den 

1)  L  c.  p.  5. 


102 

Zwiebelboden  aogeflDllt  und  sodann  in  die  Nähe  eines  Fensters  ge- 
stellt wurden.  Ende  Jannar  1876  färbte  sich  das  Wasser  in  sämmt- 
lichen  Olftsern  grfln,  in  Folge  nnendlicher  Verroehrnng  eines  Oonium; 
zwei  andere  ähnliche  Oläser,  mit  dem  nämlichen  Wasser  angefilUt, 
in  deren  einem  eine  Zwiebel  yon  Alltum  Cepa  cnltlvirt,  im  anderen 
blos  die  Oeffnnng  lose  bedeckt  wurde,  blieben  vollständig  klar,  und 
es  entwickelten  sich  in  ihnen  den  ganzen  Winter  hindurch  keine 
grünen  Algen.  Offenbar  waren  Danersporen  des  Oonium  in  dem 
froheren  Mutterboden  der  Hyacinthen,  von  dem  kleine  ßröckchen  an 
den  Zwiebeln  hafteten  und  allmählich  in  das  Wasser  hineinfielen, 
aber  nicht  im  Wasser  selbst  enthalten  gewesen;  denn  sonst  wäre 
nicht  abzusehen,  weshalb  ausschliesslich  in  sämmtlichen  Hyacinthen- 
gläsern,  nicht  aber  in  den  beiden  anderen  die  Oonien  sich  einge- 
Ainden  hatten. 

Die  grüne  Färbung  nahm,  insbesondere  an  sonnigen  Tagen,  an 
Intensität  zu ;  es  bildete  sich  an  der  ganzen  Oberfläche  des  Wassers, 
namentlich  am  Rande,  ein  grttner  Schleim;  bei  einseitiger  Beleuch- 
tung färbte  sich  die  ganze,  dem  Fenster  zugekehrte  Seite  der  Gläser 
tief  grfln;  auch  die  Hyacinthenwnrzeln  wurden  mit  grflnem  Schleim 
Aberzogen  und  am  Boden  der  Gläser  häufte  sich  ein  grflner  Nieder- 
schlag an;  um  reineres  Material  zu  erhalten,  wurde  das  grflne 
Wasser  auch  in  Gefässen  ohne  Hyacinthen  weiter  oultivirt.  Mitte 
Februar  hörte  allmählich  die  Vermehrung  der  beweglichen  Oonien 
snf,  nnd  es  fanden  sich  seitdem  nur  ruhende  Formen  am  Boden 
und  an  den  Wänden  der  Gläser,  während  das  Wasser  sich  fast 
völlig  klärte. 

Eigentlich  waren  es  verschiedene  Arten  von  Volvocineen,  welche 
in  dem  grünen  Wasser  schwärmten,  deren  Danersporen  offenbar  im 
Mutterboden  der  Hyacinthen  enthalten  gewesen  waren.  Ausser  zahl- 
losen, linear  oblongen  grtlncn,  Schwärmzellen,  deren  Entwickelungs- 
geschichte  nicht  vollständig  ermittelt  wurde,  fand  ich  vereinzelte 
Pandorina  Morum,  so  wie  eine  Chlamydomonaa,  deren  Schwärmer 
den  einzelligen  Zuständen  der  Oonien  zum  Verwechseln  ähnlich, 
gleichwohl  der  genaueren  Untersuchung  charakteristische  Unterschei- 
dungsmerkmale boten.  (Siehe  umstehenden  Holzschnitt  Fig.  5,  6.) 
Das  auch  sonst  beobachtete  gesellige  Zusammenvorkommen  verschie- 
dener Volvocineen,  in  Verbindung  mit  der  scheinbaren  Identität 
mancher  Arten  in  gewissen  Zuständen  erschwert  allerdings  in  nicht 
geringem  Masse  die  zuverlässige  Feststellung  ihrer  Entwickelungs- 
geschichte.  Uebrigens  blieben  in  unseren  Hyacinthengläaem  die 
fremden  Arten   stets  in  geringer  Zahl,   während  Oonium  im  Kampf 


^108 

am'a  Duein   aber  sie  die   Oberhind  gewann  und   die  verwandten 
Mitbewerber  nicht  anflcommen  liess. 

Von  Oonium  aber  fanden  sich  twei  Formen,  du  gewöhnliche 
leaelliga  Oonium  peetorale  Ehrb.,  welches  jedoch  nur  vereinzelt  anf- 
trftt,  ind  ein  aweites  vierselligee,  das  die  angehenre  Uehreahl  bil- 
det«. Prof.  Alezander  Braun  in  Berlin,  den  ich  wegen  der  vier- 
aelligen  Form  anfragte,  theiite  mir  mit,  dass  er  dieselbe  schon  1847 
in  einer  Sandgrube  hei  Preibnrg  i.  B.  constant  gefanden,  nnd  in 
•einen  Papieren  als  Oont'um  Tetras  beeeichnet  habe;  anch  Warming 
habe  dasselbe  bei  Kopenhagen  beobachtet;  ich  werde  in  Folge  dessen 
nnaer  vierzelliges  Gonium  als  Gontum  Tetraa,  A.  Br.  in  litt.  {Gonittm, 
Jamäw  quatarnariü)  aoffaliren  (Fig.  1 — 4). 


3.  Oonitim  Tetras.  —  Die  Zcllfamilien  von  Gonium  Tetras  sind, 
wie  bei  G.  pectoraU,  tafelförmig  in  einer  Ebene  geordnet,  indem  vier 
grilne  Zellen  wie  die  Arme  eines  Krenies  oder  di«  Flügel  einer 
Windmühle  nm  einen  centralen,  im  Querschnitt  quadratischen  Intercel- 
Inlarranm  liegen.  In  der  Aeqn ato Hai- Ansicht ,  senkrecht  auf  die 
Rotationsachse,  etacheint  daher  der  ümriss  der  Zellfamilte  nahean 
ab  Quadrat  mit  stark  abgerundeten  Ecken  (Fig.  2,  4),  der  quadra- 
tiadie  Intercellularranm  in  der  Uitte  ist  diagonal  gegen  das  Quadrat 
dea  lOBBeren  UmriEses  gestellt;  die  vier  grünen  Zellen  nehmen  jede 
an«  Seite  des  Intercellularquadrats  ein;  ihre  gewOtbten  AnssenflAcben 
fUlen  die  E<dien  des  Anssenquadrata.  Jede  Zellfamilie  ist  von  einer 
•ehr  schwer  sichtbaren,  znummengedrtlckt  apharoidalec  Qallerthtllle 


104 

DmgebeD,  deren  Lichtbrechan^Bvermilgen  von  dem  dos  W&saers  sich 
nar  wenig  unteraclieidet;  Bie  erscheint  daher  itm  d  entlieh  st  en,  wenn 
eich  im  Wasser  viele  Bacterien  entwickelt  haben,  denn  ditse  hftaren 
sich  gern  um  die  Schleimhallen  an  und  amf^^eben  die  ZellfamiÜe  in 
einem  gewissen  AhBtsnde  wie  eina  sir&lilige  Wolke,  indem  sie  so- 
gleich mit  ihr,  wie  eine  Atmosphftre  rotiren;  auch  dnrch  Zosats  VOB 
feinen  Karminpartikeln  wird  die  Hülle  meist  sichtbar;  nicht  minder 
macht  sie  sich  durch  die  Unbeneglichkeit  der  innerhalb  <ler  Gallert 
steckundeo  GeisscIstQcke,  im  Oegensatz  zur  Flexibilitilt  di>r  frei  i 
Waexer  wiibolndon  Enden  geltend  (Fig.  1).  In  matichen  Zosiäuden, 
namentlich  wenn  die  Gonien  uobeweglich  im  grllnen  SchleimQberiQg 
der  Glaswände  dicht  gedr&ngt  an  einander  gelagert  sind,  erkennt 
mmi  die  Gallcrthillle  ohne  weiteres  id  «charfer  Begrenzung  (Fig.  4); 
anscbeineod  ist  ihre  Consisteoz  und  die  Erhärtung  ihrer  Oherfllcbe 
nicht  immer  die  n£m liehe. 

Die  vier  zu  einer  Familie  verbundenen  grtlnen  Zellen  sind  von 
eirmiderGeslalt  nnd  besitzen  ein  hinteres,  bniteres,  stumpf  abgerundeten 
und  ein  vorderes,  achmiileres,  in  ein  furbluae:«  spitzes  Scbn&belchen  i 
verjüngendes  Ende,  an  dessen  Seheitel  das  sehr  Itinge  Oeisselpaar 
entspringt  Bei  ruheujen  Familien  bewegen  sieb  die  Geisseln  so 
langsam,  wie  ein  Paar  lässig  ausgeworfene  Angclachnllre;  bei  rascher 
Bewegung  sind  sie  kaum  zu  unterscheiden ;  sie  sind  mindestens 
doppelt  so  lang  wie  die  Zellen  selbst.  Da  die  Zellen  den  centralen 
Intcrcellularraum  mit  nahezu  ebenen  Flachen  begrenzen,  so  lai 
nie  auch  eine  ebene,  nach  innen  gewendete  Bauch-  nnd  eine  nach 
auHsen  eonveie  Rllckentläche  unterBcheiden;  auf  der  letzteren,  n&her 
dem  spitzen  Scheitel,  springt  ein  Scharlach  rothes  Kürnchen,  das  soge- 
nannte AugenhOrperchen,  vor  (Fig.  1,  2).  Jede  Zelle  berührt  eich 
mit  ihren  beiden  Nachbarn  seitlich  an  je  einem  Funkte;  die  Scheitet 
aller  vier  zn  einer  Familie  gehörigen  Zellen  »ind  gleich  gerichtet; 
die  Rotationsachse  der  Gesamrot-Famiüe  geht  vun  vorn  nach  hinten 
durch  den  Pol  der  Scheitel  fläche;  dieser  geht  wie  gewöhnlich  bei 
Ortsbewegungen  voran.  Liegt  die  Rotationsachse  einer  Familie  pa- 
rallel dem  Gesichtsfeld  (MeridianaDsicht  Fig.  1),  so  erblickt  man 
meist  nur  2-3  Zellen  von  dentlich  eirundem  Umriss;  steht  sie  aenk- 
recbt  auf  dem  Gesichtsfeld  (Aeqnatorialauaicbt '),  so  erscbeiaen  alle 


t)  leb  habe  die  Beicichnang  Ac<iuatorialaDaichi  hier  In  anderem  Sinne  | 
braucht,  als  iu  iDeinem  Aufsati  ..Ueber  eine  neue  GaitunK  am  der  Famllia 
der  V'olvoeinttn."    (Zcitwhrifi  f^  wisBciischaftliche  Zoologie  von  Siebold  v 
Koelliker  Haud  IV.  Heft  1.  p.  77-1)6.) 


105 

▼ier  Ton  nmhexn  kreitmndem  ümriss  «a  dum  qmkänüaiAm  Ister- 
eellolarrmam  im  Centmiii  geordnet  (Fig.  2>. 

Die  Grösse  der  Zellen  ist  eebr  TefwkJedcB,  je  ■achrtf  se  ^ea 
mos  der  Theilnng  henrorgegasgen,  oder  «eltot  s»ek  n  t^iies  üb 
Begriff  stehen;  der  Qoerdirchnieaser  Tarüit  Ton  i — 12  Mik^  der 
Lingsdorchmesser  ist  nm  ''^  grosser. 

4.  Innere  Organisation  der  SchtärwuseUnu  Der  ianere  Bsa  der 
Zellen  Usst  mnichst  eine  starre  farbio&e.  einüi^  eontarirU  ZeUkftSt 
erkennen,  welche  die  äussere  Begrenzug  jed^r  Z«l>;  inn^^alb  der 
gemeinseb&füichen  Gallerthfllle  bil-iet  lod  ktM^deri  4titJStb  vird, 
wenn  der  Wassertropfen  ohne  Deckglas  Mmählkh  «snd«n»'«:t  and 
dem  grflnen  Plasmakörper  Wasser  f-ntzieht:  inde«  dieser  »"h  eoa- 
trahirt,  fallt  er  die  Zellh^^hl«  nicht  Tdllir  aas  and  Ifti-t  farb?<rse 
Zwiaehenrtnme  zwischen  der  Zellhaat  frei.  NaiDentikh  aa  *ltm  ße- 
rlbmngspniikten  der  Nachbarzellen,  wekbe  in  der  Aeqaal/^rialaa- 
aieht  den  Ecken  des  Intereellalarqnadrats  ent^preeben,  hWi^jen  Ave 
Plaamakörper  am  längsten  in  Verbind  ong.  IHese  find  sebOn  s  soaragd- 
grän,  feinkörnig;  dicht  unter  dem  ^-'cheitel  erkennt  man  in  denselben 
die  kömer-  ud  farblosen  contractilen  Vaeiolen.  zwei  kleine  kuge- 
lige Hohlränme,  scharf  abgegrenzt  gegen  das  grflne  k^^ige  Pr  ot/>plasma| 
deren  in  constanten  Intervallen  alterairtnde  Palsationea  ich  zv^-rvt  im 
Jabie  1853  bei  Ganium  pedorale  genau  studirt  habe '  ^  Unmittelbar 
WBteriialb  der  contractilen  Vacuolen  umsehliesrt  der  Plajsmskörper 
einen  grossen  wasserhellen,  kugeligen  oder  trichterför- 
migen, excentrisehen  Hohlraum,  den  man  allerdings  in  lebhaft 
grfln  geftrbten  Zellen,  insbesondere  in  der  Aequatorialansicbt,  niebt 
immer  deutlich  wahrnimmt  und  den  ich  deshalb  auch  in  meiner  älteren 
Arbeit  aber  Ganium  pedorale  flbersehen  habe.  Durcb  ZufSgung 
▼OB  Jodtinktur  werden  die  feinen  Körnchen  des  Protoplasma  dnnkel- 
blnn  und  erweisen  sich  dadurch  als  fast  uomessbar  kleine  Stärke- 
könehen,  aie  liegen  dichter  gehäuft  nach  dem  breiteren  Zellende, 
Bfiilielier  gegen  den  spitzen  Scheitel  liin,  der  in  Folge  dieser  An- 
•idnag  lichter  grfln  erseheint;  der  exeentrische  Hohlraum  ist  völlig 
allifcefrei  und  tritt  um  so  klarer  in  seiner  scharfen  Umg^nzung 
henror  (Fig.  1).  Noch  deutlicher  wird  diese  Organisation  in  solchen 
EelleBi  welche  entweder  abgestorben  und  allmählich  durch  das  Licht 
eatlhrbt,  oder  bei  denen  durch  Aleohol  das  Chlorophyll  ausgezogen 
iaL  Die  feinen  Stärkekömcben  liegen  dann  im  farblosen  Protoplasma, 


>)  Entwirkflnngi^efcchicfate  mikrotkopischer  Algen  und  Pilze.    Nova  Acta 
Car.  Leop.  XXIV.  I.  p.  193.  1853. 


106 

niid  können  nnn  in  ihrer  gedrängteren  Vertheilnng  nach  dem  stampferen 
Ende  hin,  namentlich  nach  Jodzusats,  unterschieden  werden,  in  Folge 
dessen  der  angefärbte  Hohlraum  besonders  scharf  gegen  die  schwan- 
blaue  Umhüllung  contrastirt;  auch  die  Zellmembran  ist  in  den  ent- 
färbten Zellfamilien,  die  sich  oft  massenhaft  im  Bodensatz  der  Hya- 
cinthengläser  vorfanden,  am  deutlichsten. 

5.  Amylumkem.  Durch  die  excentrische  Lage  des  grossen 
Hohlraums  wird  der  grüne  Plasmakörper  in  zwei  ungleiche  Partieen 
getheilt;  die  vordere  stärkearme  Hälfte  bildet  nur  eine  massig  dicke 
Umhüllung  des  Hohlraums,  und  schliesst  unmittelbar  unter  dem  Schei- 
tel die  beiden  contractilen  Vacuolen  ein;  die  hintere,  stärkereichere, 
dem  stumpfen  Ende  entsprechende  Hälfte  dagegen  bildet  eine  dichte 
Plasma-Anhäufung  und  umgiebt  einen  grossen  kugeligen,  selten  etwas 
anregelmässigen  Körper,  welcher  die  nächste  Veranlassung  zu  dieser 
Untersuchung  gegeben  hat;  in  einer  Zelle  von  10  Mik.  Durchmesse 
betrug  seine  Dicke  4  Mik.;  ich  werde  denselben  nach  dem  Vorgang 
von  de  Bary  als  Amylumkern  bezeichnen').  Schon  in  meiner 
ersten  (^oniuniarbeit'^)  habe  ich  bemerkt,  dass  man  dieses  Körperchen 
um  so  mehr  für  ein  dem  Zellkern  entsprechendes  Gebilde  zu  halten 
geneigt  sein  könne,  da  es  in  jeder  der  16  Zellen  des  Gonium  pec- 
iorale  stets  nur  einfach  vorkommt,  bei  jeder  Theilung  aber  sich 
ebenfalls  stets  in  entsprechender  Zahl  vervielfältigt;  da  jedoch  ähn- 
liche Körperclien  bei  Stephanosphaera  zu  zweien,  bei  Chlamydocoo- 
CU8  zu  drei  bi»  vier  in  jeder  Zelle  sich  vorfinden,  und  die  Analogie 
mit  den  in  den  Zellen  der  Closlerien,  Mougeotien,  Spirogyren  und 
anderer  Conferven  vorhandenen  grünen.  Stärkehaltigen  Kügelchen 
nicht  zu  verkennen  sei,  zog  ich  es  vor,  dieselben  mit  Naegeli') 
als  Chlorophyllbläschen  zu  bezeichnen,  ohne  über  ihr  Wesen  and 
ihre  Function  eine  Ansicht  auszusprechen^). 

In  den  Zellen  unseres  Oonium  Tetrcis  färbt  Zusatz  von  Jod  den 
Amylumkern  dunkelblau  bis  zur  Undurchsichtigkeit,  und  erweist  dem- 
nach, dass  er  in  der  That  amylumhaltig  Rei;  gleichwohl  lässt 
er  sich  nicht  als  ein  einfaches  Stärkekorn  bezeichnen.  Denn  msn 
erkennt  an  entfärbten  Zellen  ohne  Weiteres,  da.-^s  derselbe  nicht, 
wie  die  gewöhnlichen  Amylumkörnchen,  solid,  sondern  im  Innern 
hohl  und  nur  von  einer  massig  dicken  Stärkeschale 
umgeben   ist.     Zusatz  von  Essigsäure  dagegen  zeigt  sofort,    Oly- 

' )  D  e  B  a  r  y ,  Untersuchungen  über  die  Familie  der  Conjugatae-  Leipzig  1 858  p.  2. 

«)  1.  c.  p.  178. 

S)  Naegcli,  Gattungen  einzelliger  Algen  1849  p.  11. 

*)  Cohn,  1.  c.  p.  178. 


1^7 

eeria  Baeh  eiBiger  Zeit  ein  centrales  dichtes  Kflgelchen, 
welehes  von  einer  liebten,  nach  anssen  scharf  abge- 
grensten  Zone  ■mschlossen  ist;  diese  ist  in  ihrer  Peripherie 
wieder  tob  einer  dichteren  Substanz  umgeben. 

Wir  haben  hier  offenbar  eines  jener  Gebilde,  auf  welches  sich 
die  am  Anfang  dieses  Aufsatzes  citirten  Bemerkungen  von  Auer- 
bach beliehen:  eine  Hohlkugel  von  Stärkesubstanz,  wel- 
che einen  fremden  Körper  nmschliesst,  und  durch  ihr 
Vorkommen  als  constanter  Einschluss  des  Protoplasma 
sich  wie  ein  Zellkern  verhalt.  Als  solcher  bewährt  sie 
sieh  ganz  besonders  bei  der  Zelltheilnng. 

6.  Zdltheilung.  In  der  Regel  gegen  Abend  bereiten  sich  die 
Zellen  des  Ooniwm  Tetras  zur  Theiinng  vor  (Fig.  2),  indem  sich 
der  grflne  ProtoplasmakOrper  innerhalb  seiner  Zellhaut  vom  Rande 
ais  in  einer  durch  den  Scheitel  gelegten  meridianen  Ringfnrche  ein- 
•ehnürt;  der  Amylumkem  verändert  hierbei  weder  seinen  Ort,  noch 
wird  er  aufgelöst;  vielmehr  scheint  seine  Substanz  sich  zu  beiden 
Seiten  der  Thcilungsebene  derart  in  zwei  gleiche  Hälften  zu  son- 
dern, dass  zwischen  beiden  eine  farblose  Chlorophyll-  und  körnchen- 
Ireie  Zone  sich  einschiebt,  welche  unmittelbar  an  die  äussere  Ein- 
lehnQrung  des  Plasmakörpers  sich  ansetzt,  und  diesen  in  zwei  gleiche 
grflne,  durch  eine  farblose  Lamelle  getrennte  Hälften  durchschneidet. 
Die  Theilungsebene  geht  durch  die  Längsachse  der  Zelle  und  erscheint 
in  der  Aequatorialansicht  meist  diagonal  gegen  die  Rcken  des  äus- 
seren Quadrats  der  Gallerthülle  und  senkrecht  auf  die  Seiten  des 
inneren  Intercellularqnadrats  gestellt.  Unmittelbar  darauf  theilt  sich 
fede  ZellhälAe  in  gleicher  Weise  durch  eine  um  90**  divergirende  meri- 
diane  Ebene,  welche  den  Amylumkem  in  4  Quadranten  durchschneidet, 
ao  dass  jede  der  4  Tochterzellen  sofort  einen  kleinen  Kern  einschliesst. 
Die  Tochterkeme  sind  anfangs  sehr  genähert,  mit  ebenen  Flächen 
sieh  bertlhrend,  runden  sich  aber  bald  ab  und  wandern  centri- 
fogal  in  die  Mittellinie  der  Tochterzellen,  während  auch  die  umhül- 
lenden grünen  Plasmakörper,  die  in  Folge  ihres  excentrischen  Hohl- 
rmnmes  in  einem  gewissen  Theilungsmomente  rinnenförmig  offen  sein 
mflssen,  sich  rings  um  ihre  Kerne  schliessen.  So  kommt  es,  dass 
auch  die  jüngsten  Zellfamilien  vier  Amylumkerne  zeigen,  die  jedoch 
bis  zum  ausgewachsenen  Zustande  offenbar  durch  Intussusceptiou 
noch  bedeutend  wachsen  müssen. 

In  Bezug  auf  die  Theilung  habe  ich  noch  nachzutragen,  dass 
die  Bewegung  der  Zellfamilien,  welche  Tag  und  Nacht  ununterbro- 
eben  fortdauert,  nur  während  dieses  Vorgangs,  und  auch  nicht  völlig 


108 

mm  StillstaDcL  kommt;  daas  bei  der  Theilnng  die  Stärke  weder  ia 
den  feinen  Körnchen  noch  in  der  sehalenartigen  Umhüllung  des  Ken» 
verach windet;  dass  schon  in  sehr  frühem  Stadinm  der  Yiertheilnng 
während  die  Quadranten  noch  mit  ebenen  Flächen  sich  an  den 
gekrensten  Trennnngsebenen  berühren,  in  der  Mitte  swischen  ihnen  der 
charakteristische  quadratische  Intercellolarranm  auftritt  (Fig.  2,  S); 
dass  nicht  in  allen  vier  Zellen  einer  Familie  die  Theilung  gleich- 
zeitig beginnt  und  gleich  schnell  vorschreitet.  Daher  findet  man  ia 
der  nämlichen  (7ontumfamilie  ungetheilte,  zwei-  und  viertheilige  Zel- 
len; es  kommt  selbst  vor,  dass  in  einer  Familie  von  4  Zellen  über- 
haupt nur  3,  2  oder  gar  blos  eine  in  Theilung  übergehen,  während 
die  übrigen  ungetheilt  bleiben;  daher  findet  man  vierzellige  Oonim, 
wo  nur  eine  Zelle  zu  einer  Tochterfamilie  sich  ausgebildet  hat,  wäh- 
rend die  drei  andern  unverändert  geblieben  sind,  oder  wo  zwei 
benachbarte  oder  diagonale  Ecken  des  Quadrats  von  Tochterfamilien, 
die  beiden  andern  von  ungetheilten  Zellen  eingenommen  sind  n.  a«  w. 
Da  die  Tochterfamilien  schliesslich  den  Mutterverband  verlassen,  so 
erklärt  es  sich,  dass  man  auch  verstümmelte,  drei-,  zwei-  und  selbst 
einzellige  Formen  des  Oonium  Tetras  antrifft.  Niemals  aber  beob- 
achtete ich  eine  Theilung  in  einer  höheren  Potenz  von  Zwei,  nie 
einen  Uebergang  in  Oonium  pectorale,  dessen  Familien  bekanntlieh 
aus  einer  viermal  wiederholten  Zweitheilnng  der  einzelnen  Zellen 
hervorgehen.  Denn  wenn  auch  die  Familie  des  Oonium  Tetras  am 
Schluss  der  normalen  Theilung  (Fig.  3)  aus  vier  vierzelligen  Golo- 
nien,  also  im  Ganzen  aus  16  Zellen  besteht,  so  zeigt  doch  schon 
deren  Anordnung  in  Gruppen  um  quadratische  Intercellularräume 
eine  leicht  aufzufassende  Verschiedenheit  von  der  so  charakteristi- 
schen Gruppirung  des  Oonium  pectorale.  Es  liegt  daher  kein  Grund 
vor,  trotz  ihres  von  mir  beobachteten  geselligen  Zusammenlebena, 
Oonium  Tetras  mit  Oonium  pectorale  in  eine  Art  zu  vereinigen. 
Uebrigens  besitzen  die  Zellen  von  O.  pectorale  die  nämliche  Orga- 
nisation wie  die  von  O,  Tetras,  insbesondere  auch  den  cxcentrischen 
Hohlraum,  den  hohlen  Kern  mit  der  Stärkeschale,  so  wie  das  rothc 
Augenkörperchen  auf  der  Rückenfläche  des  Scheitels,  das  Ehren - 
berg  und  ich  selbst  früher  übersahen,  aber  Fresenius')  und 
Perty^)  schon  beobachtet  hatten'). 

»)  Fresenius  über  die  Algengattungen  Pandoririay  Oonium  und  Raphi- 
dium.    Abhandl.  der  Senkenbergischen  Gesellschaft  II,  p.  192.  tab.  VIII.  Fig.  9. 

2)  Perty,  kleinste  Lebensformen  1852.   p.  .S4  u.  178.    Tab.  XI.  6. 

3)  Auch  die  acht  grünen  Primordialzcllen  von  Stephano$phaera  besitzen, 
wie  ich  jetzt  mit  den  vollkommneren  Objectiven  von  Hartnack,  Seibert  und 
Zeiss  erkenne,  jede  einen  rothen,  der  RQckenfläche  aufsitzenden  Augenpunkt 


109 

Ans  der  weiteren  Entwickelungsgeschichte  des  Gonium  Tetraa 
flhra  ich  Doch  an,  dass  es  mir  nicht  gelang,  geschlechtliche  Fort- 
pflananng  oder  Paarung  von  Seh wärmsporen ,  auf  welche  Beobach- 
tungen von  Hieronymns  nnd  Rostafinski ')  hiudeaten,  mitl^icher- 
heit  nachsaweisen ,  dass  aber  gegen  das  Ende  ihrer  Vegetation 
(Ende  Febmar  1876)  die  Familien  grösstcntheils  in  Rahezustand 
ttbeigingen,  indem  die  grflnen  Zellen  Kagelform  annahmen,  sich  mit 
diekeren,  doppelt  contnrirten  Zellhänten  umgaben,  und  durch  reichere 
Entwickelung  von  Stärkekdrnchen  ziemlich  undurchsichtig  wurden, 
ftbrigens  aber  ihren  Zellverband  innerhalb  der  jetzt  besonders  deut- 
lichen Qallerthfillen  meist  bewahrten,  und  sich  zu  dicken  schlüpfri- 
gen grflnen  Schleimmassen  an  den  Wänden  der  Gläser  gegen  die 
Lichtseite  anhäuften.  Der  Gesammtdnrchmesser  solcher  ruhender 
Fkmilien  betrng  36 — 48  Mik.,  doch  finden  sich  auch  kleinere  Fami- 
lien; die  einzelnen  Zellen  hatten  12 — 16  Mik.  im  Durchmesser;  beim 
allmählichen  Verdunsten  des  Wassers  vegetirtcn  sie  in  der  feuchten 
Lnft  fort  (Fig.  4). 

7«  Btmctur  des  Amylumkems.  Wenn  die  oben  berichteten  Be- 
obachtungen gezeigt  haben,  dass  die  Amylumkerne  der  Ooniumzel- 
Icn  durch  ihr  Verhalten  bei  der  Theilung  sich  ganz  wie  echte  Zell- 
kerne verhalten,  so  bedarf  es  doch  noch  einer  weiteren  Aufklärung 
Aber  ihren  eigentlichen  Bau.  Diesen  gewann  ich,  wenn  ich  Gonium- 
fiunilicni  nachdem  ich  sie  durch  Alcohol  mehr  oder  minder  vollstän- 
dig cntftrbt,  in  Carminldsung  legte.  Nunmehr  färbte  sich  das 
Innere  der  hohlen  Amylumkerne  schön  roth,  während 
die  StärkehflUe  ungefärbt  blieb;  bei  den  in  Viertheilung 
begriffenen  Zellen  zeigten  sich  vier  rothe  Kerne  um  den  Kreu- 
inngapunkt  der  Theilungslinien  nahe  bei  einander  gela- 
gert; das  äussere  ursprünglich  grüne  Plasma  wurde  gar  nicht,  oder 
nnr  achwach  geftrbt,  dagegen  nahm  das  Intercellularquadrat  eben- 
fidla  eine  rothe  Färbung  an;  offenbar  ist  der  intercellularraum  von 
einer,  durch  die  Zellen  ausgeschiedenen  Substanz  ausgefüllt,  deren 
Drack  auch  die  ebenen  Bruchflächen  derselben  veranlasst. 

Hieraus  ergiebt  sich  mit  der  grdssten  Wahrscheinlichkeit,  dass 
die  hohlen  Amylumkerne  in  den  Zellen  des  Gonium  wirkliche 
Zellkerne  sind,  aus  einem  dichten,  durch  starke  Absorp- 
tion des  Garmin  wie  gewöhnlich  charakterisirten  Pro- 
toplasma (Kemplasma)  gebildet,    um   welche    sich    die    im 


I)  Rostafinski,    quelques  mots  sur  V ffaematococcus  laeuttrU.    Mim.  de  la 
SoeiiU  nationale  de»  »ciencee  naturelle»  de  Cherbourg  1876.  XIX.  p,  146, 


110 

Chlorophyll  durch  den  AssimilationsproieBg  abij^esehie- 
dene  Stärke  als  eine  zneammenhängende  Schale  abgela« 
gert  hat.  Auf  diese  Weise  erklärt  sich  der  scheinbare  Widersproeh 
ihrer  chemischen,  morphologischen  und  entwickelungsgCBchiehtlichea 
Eigenthflmlichkeiten  in  einfachster  Weise.  Mitten  im  Keroplaama 
glaubte  ich  oft,  doch  nicht  immer  ein  festes  KernkOrpercheo  n 
unterscheiden. 

8.   Amylumhem  in  Chlamydonionas  multißlia  Rostaf.  o.  a.  A. 
Ganz  ähnlich  ist   die   Organisation  jener  Ghlamydomonas ,    welebe 
sich  gleichzeitig  mit  Oanium  Tetras,  in  einzelnen  Hyacinthenglisera 
sogar  reichlicher,  entwickelt  hatte  und  eine  längere  Vegetationtteit 
besass;  ich  halte  sie  für  die  von  Fresenius  in  der  oben  oitirten  Ab- 
handlung erwähnte,  auf  Tab.  VIIL  Fig.  22  abgebildete,  später  toi 
Rostafinski  als   Chi.   muUijUis^)  beschriebene  Art  (Fig.  6).     Ef 
waren  kugelrunde  oder  kurz  ovale  Schwärmer  von  sehr  verschiede- 
ner Grösse  (bis  20  Mik.),  deren  Zellhaut  ziemlich  knapp  den  grfloee 
PlasmakOrper  umschliesst;  dem  Scheitel  derselben  sitzt  ein  farbloaes 
nach  aussen  vorspringendes,    abgerundetes  Köpfchen  oder  Sohnibel- 
eben  auf,   an  dessen  Basis  zwei  oder  meist  vier  lange  GeisselfA- 
den  entspringen.     Bei  langsamerer  Bewegung  sind  die  vier  OeiaselB 
nach  allen  Richtungen  wie  Beine  ausgespreitzt  und  die  grünen  Ku- 
geln schwanken  schwerftllig  an  ihnen   hin   und  her,  oder  kriechen 
mit  Hilfe  derselben,    bis  sie  sich  in  Rotation  versetzen  und  davon 
rollen.     Die  grflnen  Plasmakörper  gleichen   denen  von  0(mium  in 
allen  Stocken,  dem  rothen  Augenkörperchen,  den  contractilen  Vacnolen, 
dem  daran  anstossenden ,    excentrischen  trichterförmigen   Hohlraum, 
so  wie  in  dem   einfachen   Zellkern  mit  Amylumschale;    das   grflne 
Plasma  der  Chlamydamonas  ist  jedoch  von  grösseren  Stärkekömehen 
erfüllt  und  erscheint  in  Folge  dessen   etwas  grobkörniger  und  min- 
der  durchsichtig   als  bei   Oonium.     Karmin   färbt  allerdings   diese 
Art  um  so   schwieriger,    weil   das  undurchsichtige   Plasma   und  die 
Stärkekörnchen  die  Färbung  innerer  Tlieile   verdecken;    die  betten 
Resultate  erhielt  ich,  wenn  ich  grössere  Mengen  der  Chlamydomoruu 
erst  mit  Alcohol  entfllrbtc,    dann   in   einen   Tropfen    Karminlösnng 
brachte,  und  mit  dieser  langsam  eintrocknen  liess;  beim  Aufweichen 
findet  man  unter  zahlreichen  Exemplaren,  deren  ganzes  Plaema  rotli 
geworden,    auch   einzelne,    bei   denen  das  Plasma  farblos  geblieben, 
und  um  so  deutlicher  das  rothe  Körperchen  in  der  Mitte  des  Amy- 


>)  Rostafinski,  Heobaclitungrn  fibcr  Paaning  von  Scliwärnjsporm.  Bota- 
nische Zeitung  1871  p.  7S6. 


i^n 

liBkenies  seigt.  Be!  der  Theilang  vermehren  sich  die  Amylnm- 
kenM  wie  bei  Oanium;  während  aber  die  erste  (Zweitheiiung)  bei 
beiden  gleieh  Terläoft,  seigt  sich  der  charakteristische  Unterschied 
bei  der  tweiten  (Vier)  theilnng  darin,  dass  die  vier  Qnadranten  bei 
Oümiwm  kreoiständig,  bei  Chlamydomonaa  dagegen  nabe- 
le tetraedrisch  stehen  (Fig.  6);  das  letztere  ist  eine  Folge  der 
Vereehiebnng  in  dem  begrenzten  Ranme  dei^  kugeligen  Zelihaut. 
DIete  qeillt  nach  der  Theilnng  von  aussen  nach  innen,  so  dass  die 
Anaeeeeehicht  sehon  in  weiterem  Umfang  anfgeqnollen  ist,  während 
die  ianeren  Schichten  eine  optisch  nnterscheidbare,  dichtere  Umgren- 
der  vier  Tochterzellen  bilden,  welche  alsbald  sich  abrunden 
sieh  Jede  mit  einer  festen  Specialhaut  umkleiden;  nach  völliger 
Erweiehmig  und  VerflOssignng  der  Mntterzellhaut  schwärmen  die 
letitereii  ana;  sehr  häufig  entstehen  übrigens  nur  zwei  Tochtersei- 
les ana  einer  Mntterzelle.  Auch  hier  finden  sich  Ruhezustände,  indem 
das  Plasma  sehr  stärkereicli,  auch  Ölhaltig,  röthlichgelb,  die  Mem- 
braa  doppelt  eonturirt,  auch  wohl  durch  schichtenweises  Aufquellen 
ihrer  liaaeren  Lagen  mehrschalig  wird  (wie  bei  Chroococcua  macro' 
ooeau). 

Ueberall,  wo  sich  in  einer  Zelle  nur  ein  Amylumkern  mit  ana- 
leger Organisation  findet,  wie  wir  sie  bei  Oanium  Tetras  geschil- 
dert, vad  sieh  bei  der  Zelltheilung  entsprechend  vermehrt,  werden 
wir  denselben  als  Zellkern  mit  Stärkeschale,  nicht  als  ein  gewOhn- 
liebee  Stirkekom,  d.  h.  als  ein  bei  der  Zellvermehrung  betheiligtes 
neneDt,  nieht  als  eine  einfache  Ausscheidung  von  Reservestoff  ansu- 
eeben  haben.  Dies  gilt  nicht  nur  von  mehreren  Volvocine^n  (Euäfh 
TIM  d^ana)^),  Pandorina  Morufn^)^  Volvox  globator^),  sondern 
aeeh  von  den  meisten  Palmellaceen  und  ander on  einzelligen  Algen  *). 
So  berlehtet  unter  anderen  A.  Braun  von  Charadum  Siebddi,  dass 
das  Stärkekom  in  Jeder  Zelle  nur  einfach  vorkomme  und  einen  gros- 
sen Nnelens  einschliesse,  und  dass  sich  die  Stärkekörner  in  demsel- 
ben Verhältnii^s  vermehren  als  sich  der  Plasmakörper  theilt,  so  dass 
die  Verdoppelung  dieser  Körner,  ja  bisweilen  selbst  das  Auftreten 
von   4   Körnern  den  entsprechenden  Theilungen   des  Plasmakörpers 


t)  Carter,  Add.  of  nat.  bist.  3  ser.  2.  1858. 

S)  Priogsheim,  Ueber  Paarung  der  Schwirmsporen.  Monatsberichte  der 
Berliner  Akademie  der  Wissenschaften.     Berlin  186i>. 

i)  Cohn,  Entwicketungsgcschichte  der  Gattung  Volvox  Bd.  1.  lieft  3  die- 
ser Beiträge  p.  96  Tab.  1.  Fig.  4  u.  a. 

^)  Naegeli,  Gattungen  einteiliger  Algen  1849  a.  m.  O. 


112 

vorangehe^).     Wir  können  uns  vorstellen,   daas  jene  ansiehendeo 
Kräfte,    welche  dem  Zellkern   innewohnen,    eine  Ansammlnng   der 
beim   Assimilationsprocess  der  grflnen   Zellen  im  Lichte  eneogtei 
Amylnmmolecnle  vorzugsweise  in  der  Peripherie  des  Kerns  bewir* 
ken,  die  sich  zu  einer  geschlossenen  Schale  vereinigen^),    und  data 
nur  der  Ueberschnss  der  erzeugten  Stärke   in  feinen  (aber  sich  all- 
mählich vergrdssernden)  Körnchen  das  gesammte  grüne  Plasma  erfällt 
9.   Mehrere  Amylumkeme  in  einer  Zelle*     Anders  scheinen  sieh 
diejenigen  Fälle  zu  verhalten,    wo   in   grünen  Zellen  Amylumkömer 
in  grösserer  Zahl  (zwei  oder  mehre)  sich  finden.     In  den  Zellen 
von  Hydrodictyon  beschrieb  bereits  A.  Braun  die  sehr  zahlreichen 
Amylumkömer,    welche  zuerst  als  kleine  Kugeln  im  grflnen  Wand- 
plasma auftreten,  nicht  durch  Theilung  eines  primären  Korns,  son- 
dern jedes  in    gesonderter  Entstehung;    später   unterscheidet  man 
eine  gelbliche  HflUe,  die  anfangs  von  Chlorophyll  durchdrungen,  im 
ausgebildeten  Zustand  aus  Amylum  besteht,  und  einen  Kern,  dessen 
amylumartige  Natur  sehr  zweifelhaft  blieb.     Diese  Körperchen  aber 
werden  vor  der  durch  freie   Zellbildung   geschehenden  Entstehung 
der  Zoosporen  von  aussen  nach  innen  aufgelöst,   ganz  ebenso  wie 
die  ähnlichen  Amylumkömer  in  den  Zellen  von  Gladophora  glame- 
rata,    Ulothrix,   Aaddium  und  Pediastrutn  kurz  vor  Eintritt  der 
Gk>nidienbildnng  spurlos  verschwinden').      Hier  werden   daher  die 
Amylumkömer  einfach  als  Reservestoffe,   die  für  die  Fortpflanzung 
verbraucht  werden,   aufzufassen  sein.    Dasselbe  gilt  von  den  Amy- 
lumkemen   der  Oonjngaten,    welche    Naegeli^)    und  De  Bmry^) 
untersucht  haben.     Nach   Letzterem   bestehen  dieselben   zuerst  aus 
homogener,   durch  Chlorophyll  gefärbter  Proteinsubstanz;    während 
sie  an  Grösse  zunehmen,    lagert  sich  in  ihrem  Innern  Amylum  in 
Form  einer  hohlkugeligen,  homogenen  oder  aus  kleineren  Kömchen 
zusammengesetzten  Schicht  ab,  welche  aussen  von  einer  dflnnen  Ghlo- 
rophylllage  umgeben  wird,    innen  einen  aus  Proteinsubstanz  beste- 
henden Kem  einsohliesst.     Dass  die  Stärke  dieser  Körperchen   im 

I)  A.  Brauu,  Älgarum  uniceUularium  genera  nova.  Lipsiae  1855.  p.  33. 
Tab.  II.  Fig.  7—11  u.  a.  a.  O. 

*)  Zu  vergleichen  sind  die  Anhäufungen  von  Chlorophyll  und  Stärkekör- 
nern, welche  die  Zellkerne  der  Sporennnitterzellen  von  hiiete»  und  Anthocero$ 
umhüllen  und  verdecken.  Siehe  u.  a.  Strassburger,  Zellbildung  und  Zell- 
kern. 2.  Aufl.   1876.   p.  143. 

•)  A.  Braun,  Ueber  Verjüngung  1851  p.  211. 

4)  Naegeli,  die  Stärkekörner,  in  Naegeli  und  Gramer,  pflanzcnpby- 
siologische  Untersuchungen  Hea  2  p.  529  u.  531.    Taf.  XX.  17—34. 

*)  De  Bary,  Untersuchungen  über  die  Familie  der  Conjugaien  1858  p.  2. 


118 

Dimkeln  xnr  ErnShrnng  der  Zellwände  verbraucht,  durch  die  leben- 
digen Kräfte  des  Sonnenlichts  dagegen  unter  dem  Mikroskop  wieder 
Den  erzengt  wird,  ist  durch  Versuche  von  Famintzin  in  glänzen- 
der Weise  dargethan  worden;  von  einer  Analogie  mit  Zellkernen 
kann  wohl  hier  um  so  weniger  die  Rede  sein,  als  in  den  Zellen 
dieser  Algen  bekanntlich  meist  mittelpunktständige  Zellkerne  vor- 
handen sind,  welche  bei  der  Zellvermehrung  sich  betheiligen. 

Auch  bei  einigen  zu  den  Volvocvieen  gehörigen  Gattungen  finden 
sieh  AmylumkOmer  zu  zwei  oder  mehreren,  und  es  erscheint  nicht  zu- 
lissig,  dieselben  als  Zellkerne  aufzufassen.  Dies  gilt  insbesondere 
▼on  Stephanaaphaera  und  Chlamydococcus'y  zu  letzterer  Gattung 
stelle  ich  ausser  dem  bekannten  Ch.  pluvialts  (nivalis)  auch  eine 
Alge,  welche  ich  im  Mai  1876  in  Regenwasser  einiger  Sandstein- 
höhlungen vom  Gipfel  des  Heuscheuerberges  in  der  Grafschaft  Glatz 
zugleich  mit  Stephanosphaera  beobachtete,  und  die  ich  fElr  die  von 
Cienkowski  als  Ghlamydomonas  obtusa  (?)  A.  Br.  bezeichnete 
Art  halte  M.  Es  sind  grosse,  ellipsoidische,  fast  cylindrische,  grüne 
Scbwirmzellen,  deren  Längs-  zum  Querdurchmesser  sich  etwa  wie  5  :  3 
▼erhält;  sie  sind  an  beiden  Enden  stumpf  abgerundet,  von  einer  ziem- 
lieh dicht  anliegenden  Httllmembran  umgeben;  auf  ihrem  Scheitel 
sitzt  ein  kleines  farbloses  papillenartiges  Köpfchen  auf^  an  dessen 
Basis  zwei  lange  Geisselftden  entspringen;  ich  bestimmte  die  beiden 
Durehmesser  im  Mittel  gleich  25  :  15  Mik.  Allerdings  stimmt  die 
eng  anliegende  Zellmembran  dieser  Art  mehr  mit  den  Arten  der 
Gattung  Chlamydomonaa  Qberein,  als  mit  den  weit  abstehenden  Hal- 
len des  Chlamydococcus  pluvialis^  aber  die  übrigen,  und  wie  ich 
meine,  wesentlicheren  Charaktere  der  Gattung  Ghlamydomonas,  als 
welche  A.  Braun*)  insbesondere  den  Mangel  der  kleineren  Amy- 
InmkOmer,  und  statt  ihrer  ein  einziges  grösseres  „Chlorophyllbläs- 
eben^  (Amylumkem)  anführt,  kommen  dieser  Art  nicht  zu,  vielmehr 
besitzt  dieselbe,  wie  Cienkowski  und  ich  übereinstimmend  beob- 
aehtet,  keinen  Amylumkern,  sondern  zwei  oder  mehr  kleine  Stärke- 
kömehen im  grünen  Plasma');  auch  die  Segmentation  in  4  plancon- 
▼exe,  ellipsoidische  Tochterzellen  durch  schief  geneigte  Scheidewände 
weicht  von  der  tetraedrischen  Theilung  von  Ghlamydomonas  ab; 
ieh  bezeichne  unsere  Form  daher  vorläufig  als  Ghlamydococcus  obtu- 


I)  Cienkowski,  Ueber  einige  chlorophyllhaltige  öheocapsen.  Botanische 
Zeitung  1865  p.  25.  Taf.  1.  Fig.  33. 

S)  A.  Braun,  Verjüngung  p.  230. 

>)  Cienkowski  1.  c.  zeichnet  i  —  S  Stärkekörnchen  in  einer  Zelle  1.  c. 
Fig.  3S.  34. 

Ookn,  Beitric«  rar  Biolofi«  der  Pflansen.    Band  II.  Heft  I.  3 


114 

8ti8;  vielleicht  ist  sie  der  Typus  einer  besondem  Gattnng.  Schon 
Oienkowski  beobachtete  die  beiden  contractilen  Vacnolen  im  Schei- 
tel dieser  Schwännzellen ;  ich  selbst  nnterschied  im  Gentrnm  dersel- 
ben ausserdem  einen  grösseren,  dunkel  feinkörnigen  Hohlraum,  der 
bis  nahe  an  die  contractilen  Vacuolen  reicht.  Brachte  ich  eine  An- 
zahl dieser  Schwärmseilen  in  einen  Tropfen  Karminlösung  und  liess 
sie  in  diesem  mehrere  Tage  in  der  feuchten  Kammer  verweilen,  so 
nahm  dieser  Hohlraum  eine  schöne  rosa  Färbung  an,  während  das 
grflne  Plasma  den  Karmin  nicht  aufnahm,  sondern  eine  nidit  gans 
scharfe  und  regelmässige  grflne  Begrenzung  des  rothen  Hohlraums 
bildete,  mitunter  zeigte  derselbe  stemartige  Spalten,  in  die  die  rothe 
Substanz  vom  Gentrum  aus  eindrang;  auch  der  Raum  der  contracti- 
len Vacuolen  zeigte  sich  roth  gefärbt,  und  manchmal  erkannte 
ich  einen  Znsammenhang  zwischen  den  beiden  rothen 
Räumen.  Die  dunklen  Kömchen,  welche  sich  stets  im  mittleren 
Hohlraum  vorfinden,  nehmen  ebenfalls  eine  lebhaft  rothe  Färbung 
an.  Bei  der  Theilung  zeigten  die  planen,  einander  zugekehrten 
Bauchflächen  der  4  in  einer  Mutterzelle  gebildeten  Tochtenellen  sieh 
schön  roth  gefUrbt  und  mit  mehreren  rothen  Körnchen  erftlllt,  wäh- 
rend die  nach  aussen  convexen  Rflckenfiächen  grfln  geblieben  waren, 
üebrigens  geling^  die  Färbung  mit  Karmin  nicht  bei  allen  Indivi- 
duen gleich  gut;  offenbar  erschweren  nicht  nur  die  Gallerthollen  das 
Eindringen  des  Karmins  ins  Innere  der  grünen  Körper,  sondern  es 
lässt  das  lebende  Protoplasma  überhaupt  keine  Farbstoffe  ins  Innere 
eindringen  und  erst  von  getödteten  Zellen  wird  das  Pigment  ange- 
nommen; eine  vortheilhafte  Methode  schien  es  mir,  die  Zellen  in  einen 
durch  Karmin  gerötheten  Glycerintropfen  einzulegen,  und  wenn  nach 
einiger  Zeit  die  gewünschte  Inhaltsfärbnng  eingetreten,  das  rothe 
Glycerin  durch  farbloses  zu  verdrängen. 

10.  Zellkern  in  ruhenden  Schwärmzellen,  Schon  in  meinen 
Nachträgen  zur  Naturgeschichte  des  Protococcus  (Chlamyäococcus) 
pluvialü  im  Jahre  1850  glaubte  ich  mit  voller  Bestimmtheit  einen 
Zellkern  in  der  Mitte  der  ruhenden  Zellen  unterscheiden  zu  können, 
in  dessen  Gentrum  ich  oft  noch  ein  kleinere»  Körperchen,  also  das 
Kernkörperchen  wahrnehmen  konnte;  in  zweifarbigen  Zellen,  die  eine 
rothe  centrale  Masse  mit  einem  grünen  peripherischen  Ringe  um- 
schliessen,  ist  es  Regel,  dass  sich  die  rothe  Substanz  in  einen  dunk- 
leren Ring  verdichtet,  der  eine  scharf  umschnittene  lichtere  Höhle 
umgiebt^).     Auch  A,  Braun  bezeichnet  ein  im  Ceutrum  der  ruhen- 


')  Nova  Acta  Ac.  Car.  Leop.  uat.  cur.  XXII    p.  II.  p.  G35. 


11» 

des  Zellee  rom  CUamqiaGxatu^  pAwnai^  betfniflinfttfgy  miL  W\A^^ 
keit  gelUlles  Bliwfcf,  »Sa  ,r*^^  Zwei&L  dem  Zdilksm  en^pce- 
ekrad*).''  Ebeato  habe  kk  Bi  dea  rahaniien  Lsilen  vaa  &fpÄ0ff.*> 
qitaem  plmrialii  daca  ccstnkm  ZüUkenL  mic  KfflmkJrpeefteiL  an^- 
seigl,  dtt*  ftafibiglkk  ab  iclttrfb«$reD2td  Eiihie  im  grünen  Plasma 
herroitritty  allmiMick  am  Saide  voa  iiimksLraCker  Zaoft  om^iieo. 
iai,  welche  aack  der  Penphor«  der  Zefln  lick  aBaaraCdmi^  mLesit 
des  geaammtca  lakalt  rotk  tärbt^i;  blenuck  ackgiiit  äük  iaa  rotäe 
Pigawat  laalfkat  ia  der  ÜBgetoi^  des  Zeilkeraa  MhzaxhAidßny  mui 
enl  allaiihlirh  ia  ceatnüi^aler  Bfcfctnag  i^a  Chlarop&jil  m  mliltriren. 
Ia  dea  Schwliaiiellea  da^e^ea  habe  lA  veiier  bei  Step&mugpAaerm 
aoek  bei  CUflaydraenu  dea  Zcflken.  airffinrfiHi  kfluies.  Btin^ 
saa  aber  die  Sckaiimarilea  der  Vüicaein^mk  in  Karmialdeongr  ^ 
wird  der  eealiale  HoUraam,  den  tek  achoa,  oben  angff^efgty  roth. 
gaOrbl,  aobald  Iberfcaapl  der  Farbataif  iizre&  HflEäaat  und  Plasma 
darthgehiafn  wird.  In  firwek  get&eilt«»  ZeHen  erbdit  nain  dann  vier 
kanaiarolke  HoklriaBe. 

Faaaea  wir  die  kier  ^^eb<aca  Beobacktnagea  naammea^  io  ^ebea 
aie  aaa  fol^eadca  Bild  roa  der  Orgmafiatiea  dicaer  Vokocw/een.  Dutt 
PiamikffirpCT  oder  die  PrioMmiialaeile  üt  aoa  cmem  mit  CbloropbjU 
darektriaklea  Protopfiiiaii  p^bildety  ia  weLckea  «in  düorophjUfreier, 
aaa  Piaama  bealekeader  ZeUkcta  (KerapLuma)  efa^eaekiodaen  mL 
Bai  CUaatjfdomomoM  aad  Gcmimm  wird  ia  der  Peripherie  «iea  ZeU- 
keraa  SUriw  ia  Form  eiacr  gcackLoeaeaea  Kigcbebale  abgeaoa- 
dort,  wikread  aaeh  im  griaea  PLuma  «ck  liiwerat  kinkämgt 
Stiirke  aamekeidet.  Weaa  wir  ia  Gljeerinpräpanitcn  den  ei^al- 
liekea  Kera  darA  eiae  arkmaEe  lichte  Zone  roa  der  Arnjlnnuekale 
l^eaoadert  aekea,  ao  bemkt  diea  wie  ick  glanbe  asf  eiaer  geringen 
CoaliaclkHi  dea  Keraplaima  dnick  daa  waoaercntziekeade  Gljeeria. 

Bei  Sj^piamotpiaera  aad  CUamtjfdaeccemä  dagegea  iat  daa  Kera- 
plaaatt  aar  ia  dea  mkeadea  Zefiea  aU  eia  sekarf  begrenzter  klarer 
kageliger  Zellkern  mit  Naeleolai  im  grttnen  WandpLuma  entwickelt,  am 
welekea  daa  rotke  Pigaunt  aick  znnickat  aaklaft,  wikrcnd  die  Stirke 
hier  in  der  Begel  in  mekreren  grSaaeren,  seltener  anek  in  anmeaabar 
kleinen  Kdmem,  jedoek  okae  beatimmte  Bexiehang  znm  Zellkern 
abgeadiiedea  iat.  Nock  anfiraklirea  iat  daa  Yerkaltea  dea  Kerns  in 
dea  SekwirmielleB  tob  CUamjfdococcus  nnd  Siephamotphaera ,   wo 


I)  Vajfiogimg  1851.  p.  1S5l 

*)  Cohn  and  Wiehora,  Ueber  Stepkamtpkmewm  pimwiaiiu  KoTa  Acu  Ac. 
Gar.  Leop.  nat.  cur.  XXVL  I.  p.  9. 


116 

derselbe  der  Analogie  nach  ebenfalls  zu  vermnthen  ist,  doch  bisher 
nnter  dem  Mikroskop  selbst  mit  Anwendang  von  Reageotien  nicht 
unterschieden  werden  konnte.  Das  Verhalten  des  grossen  Hohlrau- 
mes gegen  Karmin  lässt  allerdings  die  Möglichkeit  hervortreten,  dass 
derselbe,  weil  von  einer  eiweissartigen  Snbstans  erffllit,  vielleicht 
dem  Kemplasma  entspricht,  welches  hier  nur  mit  unregelmlssiger 
Contur  innerhalb  des  grünen  Plasma  abgeschieden  ist.  Aber  auch 
in  den  Schwärmzellen  von  Oanium  und  Chlamydomomu,  wo  wir 
einen  echten  Stärkekem  im  grünen  Plasma  eingeschlossen  fanden, 
tritt  jener  grosse  excentrische  Hohlraum  hervor,  hier  meist  trichter- 
förmig, daher  im  optischen  Längsschnitt  fast  dreieckig  (Fig.  5),  die 
Spitze  der  Scheitelregion  zugewendet,  in  welcher  die  contracUleB 
Vacuolen  enthalten  sind.  Die  von  uns  oben  angeführten  Färbungen 
mit  Karmin  setzen  ausser  Zweifel,  dass  dieser  Hohlraum  nicht  eine 
einfache  Vacuole  mit  wässrigem  Saft,  sondern  dass  er  mit  klarem 
Plasma  erfüllt  ist. 

11.  Hohlraum  in  Schwärmzellen,  Ein  solcher  Hohlraum  ist 
aber  offenbar  bei  den  Schwärmzellen  der  Algen  verbreitet  Zahl- 
reiche ältere  Abbildungen  lassen  denselben  bei  den  Zoosporen  der 
PcUmellaceen  und  Volvocmeen  erkennen;  Strasburger  giebt  an, 
dass  das  Innere  der  Schwärmsporen  von  ülothrix  zonata  von  einer 
mit  dünnflüssigem  Inhalt  erfüllten  Blase  eingenommen  sei,  welche  in 
der  Regel  zwei  Drittel  des  Innenraumes  ausfüllt,  und  von  dem 
durch  die  Chlorophyllplatte  grün  gefllrbten,  und  2  bis  3  grössere 
(Stärke)  Körner  einschliessenden  Wandplasma  begrenzt  ist;  er  hält 
diese  Blase  für  ein  durch  Theilung  aus  dem  Lumen  der  Sporen- 
mutterzelle  entstehendes  Gebilde;  den  Kern  der  ruhenden  Uloihrix- 
Zellen  vermisst  er  in  den  Schwärmsporen,  er  vermuthet  nur,  dass 
seine  Substanz  an  der  Bildung  der  farblosen  Mundstelle  betheiligt 
sei^).  Auch  die  Schwärmsporen  von  Saprolegnia  besitzen  ein  cen- 
trales rosa  Bläschen^).  Während  die  Schwärmsporen  von  Oedogo- 
nium  einen  centralen  Zellkern  besitzen,  ein  Hohlraum  jedoch  nicht 
angegeben  wird,  umschliesst  bei  den  Zoosporen  von  Vaucheria  die 
von  Chlorophyllkömern  grün  gefärbte  Plasmamasse  einen  sphärischen 
mit  homogenem  Plasma  gefüllten  Hohlraum,  welcher  excentrisch  an 
den  hellen  Scheitel  der  Schwärmzelle  angrenzt;  Strasburger 
nimmt  an,  dass  derselbe  zwar  nicht  als  Zellkern  im  morphologischen 
Sinne  abgegrenzt  sei,  aber  die  physiologische  Function  desselben  in 


1)  Strasburger,  Zellbildung  und  Zelltheihmg  1875.  2.  AuO.  1876.  p.  167. 

2)  Strasburger  1.  c.  p.  169. 


117 

seiner  besonderen,  in  radialen  Bahnen  sich  fortpflansenden  Wirkung 
anf  das  nmgebende  Protoplasma  ansflbt;  beim  Keimen  der  Schwärm- 
spore vertheilt  er  sich  gleichmassig  auf  das  ganze  Lumen ' ). 

Dass  der  Hohlraum  in  den  Schwärmsporen  der  Volvocineen  die 
Rolle  des  Zellkerns  vertrete,  also  von  dem  unregelmässig,  nicht 
kugelig  begrenzten  Remplasma  gebildet  sei,  ist  zwar  für  Chlamy- 
domcnaa  und  Stephanosphaera  nicht  unmöglich;  für  Oontum  und 
CUamjfdocoocus  dagegen,  wo  wir  einen  wirklichen  Zellkern  mitten 
im  Wandplasma  eingebettet  finden,  nicht  anzunehmen,  und  dadurch 
verliert  diese  Deutung  auch  in  den  flbrigen  Fällen  an  Wahrschein- 
ilehkeit;  ebenso  möchte  Strasburger's  Vermuthnng,  dass  der 
Kern  bei  Uloihrix  den  farblosen  Mnndfleck  bildet,  durch  die  Anwe- 
senheit des  Kerns  neben  dem  Mundfleck  bei  Oedogonium  kaum 
mitersttitit  werden.  Ich  möchte  vermuthen,  dass  wenn  überhaupt 
der  Kern  in  allen  Zoosporen  als  selbstständiges  Organ  vorhanden 
sein  sollte,  er  sich  darum  oft  der  Beobaehtung  entzieht,  weil  er  vom 
grünen  Protoplasma  völlig  verdeckt  wird. 

18«  Ccntradäe  Vacuolen  in  SchtDärmzdlen,  Pulsirende  Vacuo- 
len  waren  bisher  nur  bei  Volvocineen^)  und  Palmellaceen^)  bekannt; 
erst  neuerdings  hat  Strasburger  nachgewiesen,  dass  auch  am 
Mimdfleek  der  Zoosporen  von  Uloihrix  zonata  eine  in  Intervallen 
von  14 — 15  Secunden  pulsirende  Vacuole  vorhanden  ist^),  und  es 
Ist  nunmehr  zu  vermuthen,  dass  diese  Organe  auch  in  anderen 
Sehwinnsporen  verbreiteter  sein  mögen,  als  man  bisher  annahm.  Dass 
aber  die  pulslrenden  Räume  der  Schwärmsporen  identisch  sind  mit 
den  bei  den  Protozoen  {Infusorien,  Bhieopoden,  Myxomyceten)  allge- 
mein verbreiteten,  einer  festen  Wandung  entbehrenden,  aber  an  der 
^eiehen  Stelle  im  Körperplasma  sich  constant  wieder  bildenden  con- 
traetilen  Yaeuolen,  wird  Keiner  bezweifeln,' der  dieselben  einer  ver- 
^eiehenden  Untersuchung  bei  allen  diesen  Organismen  unterworfen 
hat.  Es  ist  im  hohen  Orade  wahrscheinlich,  dass  diese  Vacuolen, 
welehe  stets  dicht  unter  der  Hautschicht  oder  Guticula  liegen,  und  bei 
der  Contraetion  mitunter  in  ein  strahlenartig  den  Körper  durchziehendes 
Syatem  feiner  Kanälchen  sich  umwandeln,  eine  besondere  Organisa- 


1)  Strasburger  1.  e.  p.  185. 

S)  Hier  von  Ehrenberg  entdeckt 

*)  Hier  von  Fresenius  und  Cienkowski  erkannt;  vergleiche  meinen 
Aufsatz:  die  Entwicklungsgeschichte  der  Gattung  Volvox,  Festschrift,  und 
Heft  8.  Band  I.  dieser  Beiträge  p.  94. 

♦)  Strasburger  l.  c.  p.  167,  bestätigt  durch  Dodel,  botanische  Zeitung 
1876  p.  183. 


118 

tioD  der  Zelle  darstellen,  welche  zur  Aufnahme  Sauerstoffhaltigen 
Wassers  von  Aussen,  und  zur  Vertheilnng  desselben  im  KOrperplaama 
angrepasst  ist,  dass  sie  also  die  ersten  Andeutungen  eines  Reapirm- 
tions-  nnd  Cironlationssystems  sind.  Bei  Ganium  und  Chlamydo- 
mon€u  habe  ich  mich  überzeugt,  dass  die  contractilen  Vacno- 
len  mit  der  Spitze  des  trichterförmigen  Hohlraumes  der 
Schwftrmzelle  in  Verbindung  stehen.  Vielleicht  entsprechen 
dieselben  derjenigen  Region  der  Zelle,  wo  die  zur  Erhaltung  des 
Lebens,  insbesondere  auch  zur  Entwickelnng  der  lokomotorischea 
Kraft  erforderliche  Respiration  ansschliesslich  stattfindet;  denn  dan 
die  Oberfläche  der  Zoosporen  im  Uebrigen  für  Diffusion  wenig  dnreb- 
lässig  ist,  möchte  ich  schon  aus  der  Thatsache  vermnthen,  daas  £ul 
alle  Schwftrmzellen  während  ihrer  Bewegung,  auch  wenn  dieselbe 
mehrere  Tage  andauert,  nicht  im  mindesten  an  Grösse  zunehmeui 
während  unmittelbar  nach  der  Keimung  das  Wachsthnm  beginnt; 
sie  scheinen  daher  während  des  Schwärmens  Nährstoffe  nicht  auf- 
zunehmen. In  Olycerinpräparaten  bleiben  die  contractileo  Vacnolen 
von  Oonium  und  ddamydamonaa  als  klare  Räume  erhalten. 

13.  Vergleich  der  Schwärmzellen  mit  einzelligen  Thieren.  Ent- 
sprechen aber  die  contractilen  Vacnolen  der  Schwärmsporen  den 
gleichnamigen  Organen  bei  den  Protozoen,  so  ist  der  centrale  oder 
ezcentrische  Hohlraum  der  erstem  zu  vergleichen  mit  der  Körper- 
höhle jener  niedersten  Thiere.  Der  langjährige  Streit  zwischen 
Ehrenberg,  der  in  den  Infusorien  Thiere  mit  zusammengesetsten 
Organsystemen,  und  zwischen  Siebold  nnd  Koelliker,  weichein 
ihnen  einzellige  Wesen  erblickten,  ist  durch  die  Forschungen  der 
Nachfolger  für  die  meisten  dieser  Wesen  wohl  endgiltig  zu  Gunsten 
der  letzteren  entschieden  worden,  und  zuletzt  hat  noch  Haeekel 
die  Auffassung  sämmtiicher  Gebilde  im  Leib  der  Infusorien  als  mehr 
oder  minder  eingreifender  Modiiicationen  des  Zellenleibes  siegreich 
vertheidigt ' ).  Der  Körper  der  Protozoen  besteht  aus  einer  unter 
der  Cuticula  liegenden  plasmatiscben  Rindenschicht ,  welche  nach 
innen  in  fester  Grenze  einen  Hohlraum,  die  Körperhöhle,  umschlieast; 
der  Inhalt  dieser  Körperhöhle  wird  von  Greef  als  Chymua  oder 
Cbylus,  d.  h.  als  Speisebrei  bezeichnet,  welcher  unter  Entfernung 
gröberer  Nahrungsballen  sich  unmittelbar  in  die  mit  Wasser  vermischte 
Blutflüssigkeit  verwandelt.  Haeekel  dagegen  in  Uebereinstimmung 
mit   Stein   bezeichnet  diesen   Inhalt  als   die  weichere   nn<l  wasaer- 


1)  E.  Haeekel,  Zur  Morphologie  der  Infusorien.    Leipzig  1873.     Separ.- 
Abdruck  aus  der  jeuaischeu  Zeitschrifl  Bd.  VII.  4. 


119 

reiehere  MarksubflUoE  des  Protoplasma,  als  Eodoplasma,  im  Gegen- 
sats  nr  Rindenschicht,  dem  Ezoplasma;  das  Endoplasma  zeigt  bei 
Puroffiecnfm  Bursaria  n.  a.  ganz  ähnliche  Rotationsströmangen,  d.  h. 
iDBere  Protoplasmabewegnngen,  wie  wir  sie  in  den  Zellen  von 
Vallisneria  oder  Nitella  kennen;  während  bei  Trachelitta  Ovum 
und  NodSuca  miliarü  die  Körperhöhle  von  netzförmig  verzweigten, 
▼ertnderliche  Psendopodien  bildenden  Plasmafäden  in  ähnlicher 
Weise  dorchzogen  ist,  wie  die  Zellen  der  Staubfädenhaare  von  7Va- 
descaniia.  Die  Schwärmzellen  der  Algen  zeigen  demnach  die  näm- 
lichen Modificationen  des  Zellentypns,  wie  die  einzelligen  Thiere 
ABS  der  Klasse  der  Protozoen:  nämlich  einen  Protoplasmakörper,  der 
entweder  nackt  nnr  von  der  Hantschicht,  oder  von  einer  differenzirten 
Cnticula  begrenzt,  als  Bewegnngsorgane  Cilien  oder  Geissein  ent- 
wickelt, nnd  der  selbst  in  ein  peripherisches  Ezoplasma  nnd  ein 
ecBtrales  Endoplasma  gesondert,  in  dem  ersteren  nicht  selten  pulsi- 
rende  Yacnolen  und  einen  Zellkern  einschliesst.  Ob  das  constante 
rofhe  Pigmentkörperchen  an  der  Anssenseite  des  Scheitels  so  vieler 
Schwftrmzellen  di^  erste  Andeutung  einer  fflr  Lichtempfindung  loca- 
lisfrten  Stelle  darstellt,  lässt  sich  nur  durch  eine  vergleichende  Un- 
temchung  der  analogen  Pigmentflecke  nnd  Randkörper  bei  niederen 
Thieren  unter  besonderer  Berücksichtigung  ihrer  embryonalen  und 
Larvenznstände  (Medusen,  Aotinien,  Echinodermen,  Wflrmer)  positiv 
eatseheiden,  zu  der  mir  bisher  ausreichendes  Material  gefehlt  hat^). 
Offenbar  tritt  uns  hier  eine  weiter  und  weiter  gehende  Lokalisi- 
rvDg  einzelner  Lebensfunctionen  in  bestimmten  Regio- 
neaeiner  und  der  nämlichen  Zelle  entgegen,  welche  speciellen 
Zwecken  entsprechend  organisirt  werden.  In  anderer  Weise  zeigt  sich 
übrigens  diese  Localisirung  auch  bei  vielen  einzelligen  Algen  nnd 
Pilsen,  in  deren  einfacher  Zelle  die  eine  Region  als  Klammer-  oder 
Sangorgan  (Hanstorium),  eine  andere  als  assimilirendes  oder  leiten« 
des  Organ,  eine  dritte  als  Fmcbttrüger,  eine  vierte  als  Sporangium 
oder  Geschlechtsorgan  sich  differenzirt,  wo  wir  daher  in  derselben 
Zelle  eine  rhizoide,  phylloide,  cormoide,  sexuelle  und  carpoide  oder 
sporogene  Region  unterscheiden  können  (Chytridiaceen,  Mtusoraceeuj 
Perenasporaceen  —  Vaucherta,  Hydrogastrum,  Caulerpa). 

SehoB  im  Jahre  1850  in  meiner  ersten  Abhandlung  „Nachträge 
snr  Naturgeschichte  des  Protococcus  pluvialis^*  habe  ich  ausgespro- 


')  Das  rothe  Korperchen  der  Volvoeineen  vermehrt  sich  bei  jeder  Tliei- 
hing  in  gleichem  Verhältniss;  in  Glycerinpräparaten  verliert  es  die  Farbe, 
bleibt  aber  als  stark  Lichtbrechendes  Körnchen  erkennbar. 


eben,  „dasa  die  SchwXrmzellen  der  Algen  typiach  wie  eiaKellige  Thtere 
gebant  eiad  ([.  c.  p.  747),  und  b'lcIi  in  ihrer  Bntwickelnngsweise 
(1,  c.  p.  734)  wie  in  den  Oeeetzen  ihrer  Bewegnng  weaenilicb  lol- 
cben  gleich  verhalten"  (1.  c.  p.  738).  Ich  habe  diesen  Ausspruch  am 
dem  Satze  abgeleitet  „dass  das  Protoplaama,  welcbea  als  der  Haupt- 
ailz  fast  aller  Lcbenstbütigkeit,  und  Dameotlich  aller  Bewegungaer- 
scheinungen  in  den  Filanzenzellen  betrachtet  werden  rauas,  in  »ei- 
nem  optiachon,  chemiacben  und  phyaihaliachen  Verhalten  mit  der 
Sarcode  oder  contraclilen  SubstanE  der  Thiere  UbereinatimiDe;"  daaa 
es  gleich  dieser  die  Fähigkeit  besitzt,  wäsaerige  HChlnngen  au  bil> 
den,  welche  ich  ganz  allgemein  mit  dem  von  Diijardin  für  die 
Sarcodebläaohen  der  InfuBorien  eitigcfUhrlen  Aasdruck  Vacnole 
zuerst  bezeichnet  habe  (1.  c.  p.  6C3)');  „dass  demnach  das  Prola- 
plasma  der  Botaniker  und  die  contractile  Substanz  und  Sarcode  der 
Zoologen,  wo  nicht  identisch,  so  doch  in  hohem  Grade  analoge  Bü- 
dangen  sein  müssen  (I.  c.  p.  G64);  dass  die  Energie  der  organischcü 
Lebcusthlktigkeiten,  welche  sich  in  der  Bewegung  realisirt,  voriogs- 
weise  an  diese  stickstoffhaltige  eontractilc  Substanz  gebunden,  in 
den  Pflanzenzellcn  durch  eine  starrere,  trägere  (Cellnloae)  Uembraa 
herabgestimmt  and  geresselt  ist,  bei  den  Tbieren  nicht  (1,  c  p.  66Ü); 
daaa  aber  auch  bei  den  Pflanzen  Zustände  vorkommeu,  wo  die  Zell«, 
ohne  von  einer  Cellulosehaut  eingeschlossen  zu  sein,  gewieser  Ver- 
Sndemngcn  der  äusseren  Umrisse  durch  Contraction  und  Eipansion, 
schlängelnde  nnd  ähnliche  Bewegnngsformen,  zum  Theil  auch  Orts- 
bewegungen  fähig  ist;"  solche  Zustände  habe  ich  als  Primordial- 
cellen  „d.  h.  als  eine  Form  des  Primordialschlauchs  (PlaamakOr* 
pers)  bezeichnet,  welcher  selbst  die  Gestalt  einer  Zelle  annimmt,  nnd 
entweder  ganz  ohne  starre  Zellmembran,  oder  doch  iaolirt  von  dersel- 
ben nnd  aelbstständig  auftritt,  wie  dies  namentlich  bei  den  Schwbm- 
tellen  der  Algeu  vorkommt"  (I.  c.  p.  666). 

Ich  glaube  in  jener  Abhandlung  auch  zuerst  den  Versuch  durch- 
geführt zu  hüben,  alle,  auch  die  anscht'inend  heterogensten  Bildun- 
gen einer  niederen  Pflanze  als  eine  Zelle,  oder  ala  Metamorphose 
eines  Theiles  von  einer  Zeile  nachzuweisen  (I.  c.  p.  633);  insbeson- 
dere eine  achr  ungewöhnlich  organisirte  Alge  (ChlamyJococcwi  jJ»- 
vtalüj  in  all  ihren  btologiechen  Verhältnissen   als  einzelligen  Orga- 


')  Vergleiche  «uch  das  Rcfftat  meines  VorU-agcs  über  die  PflanxtaMllB 
in  der  SiUung  der  naturwissenschaftlichen  Sectiou  der  SchleaiscIWQ  Oeacll- 
scliaft  von   £1.  l'cbruu  1849;   Jahresbericht   der  SdilecbchBo   GeMlbohaft 


121 

nismas  aafsnfaBseo,  und  ihre  Eotwickelnngsgeschichtc  auf  den  Gene« 
rmtionaweehsel  lorflcksnflQhren  (1.  c.  p.  634  und  688).  Ich  habe 
diese  Sitae  nicht  aU  leichtsinnige  Hypothesen  hingestellt,  sondern 
anf  ein  eingehendes  vergleichendes  Stndinm  der  Zelle  bei  höheren 
nnd  niederen  Pflanzen,  so  wie  insbesondere  anch  der  niederen  Thiere 
begrflndetf  wie  es  in  gleichem  Umfang  meines  Wissens  damals  kei- 
aer  der  Zeitgenossen  betrieben  hatte.  Ich  weiss  wohl,  wie  mangel- 
haft in  Yielen  Stocken  jene  Jagendarbeit  war,  nnd  dass  die  von  mir 
anagesprochenen  S&tze  erst  dnrch  spfttere  bessere  Arbeiten,  unter 
denen  die  ganz  unabhängigen  und  wenig  später  publicirten  Unter- 
Buehuigen  von  A.  Braun ^)|  sowie  die  Arbeiten  Ober  Protoplasma 
von  Max  Schnitze  1861  und  W.  Kühne  1864  in  erster  Reihe 
stehen,  ihre  volle  wissenschaftliche  Begründung  gefunden  haben.  Aber 
anch  ich  selbst  habe  mich  seit  jener  Zeit  unablässig  bemüht|  neue 
bestätigende  oder  ausführende  Thatsachen  zu  jenen  von  mir  zuerst  aus- 
gesprochenen Gedanken  herbeizuschaffen,  die  wohl  auch  befruchtend  in 
die  Entwickelung  unserer  Wissenschaft  eingegriffen  haben.  Und  wenn 
Jnlins  Sachs  „die  Lehre,  dass  das  Protoplasma  die  unmittelbare 
Grundlage  sowohl  des  vegetativen  wie  des  animalischen  Lebens  ist, 
als  eines  der  bedeutendsten  Ergebnisse  der  neueren  Naturwissen- 
aehaft'*  bezeichnet  *)i  so  glaube  ich  auf  die  Anerkennung  des  mir 
inkommenden  Antheils,  den  mir  derselbe  in  seiner  Geschichte  der 
Botanik  vorenthalten  hat,  ohne  Selbstflberhebung  Anspruch  machen 
n  dflrfen. 

Breslau,  den  15.  Juni  1876. 


>)  A.  Braun,  Betrachtuugeii  über  Verjungun;;  in  der  Natur.  Leipzig  1851. 
^)  J.   ^)acb8,    Geschichte   der    Botanik   vom    16.   Jahrhundert   bis    1860. 
Manchen  1875  p.  339. 


Druck  Ton  Robert  Niacbkowakjr  !■  Br««Utt. 


Inhalt  von  Band  I. 

Heft  I. 

Dl«  r(lAlit«D{iaruitfi)  am  il*i'  f-i  ■ 
Hp|.rneiflr    (Mit  Tafrll-llLj  -  1 
VftH  11.  Lnbcrt  «rtd  K.  Coliii  —  XJtl-  ■ 

mi|>rii.     V-u    Dr.    Kur.!)» And  Cnlii,      , 

Urji^t  ih  Niominflulc  dir  fandtniru.  Wm  lir.  ■!,  ti-- 
Vtbrs  den  UmuutnradFn  flVtnoihrix  peJi/tpara'i  mit  Briiin 
die  iiiiknitLi>]>i«i'bn  Arulyix'  di-a  RniniiPiiiruiiei'«.  ^'im 
ttNhd  r»li>..    (MitTAfHVt)    Pnh  7  Mju-b. 

n«n  n. 

l'iitiT-UH'Jiuiier'ii   liWr  ilic  AlitvNiiiikrniuMiiiiii;  tW  Will* 


4  111.1    Pr«b  0  Mwk. 


B«ilrii«  ;.. 

BMMrkni«!**  »b»  Üripisinti 


^ ^ .  _^-^^=Äsa 

1 

r             m 

^_        Beiträg-e 

'l 

lologie  der  Pflanzen. 

1 

^^^H^                  Heraasg«gebea 

I 

^^^^^^^^^B 

H 

^^^^Dr.  Ferdinand  Colin. 

■ 

B                 Zweiter  Band.    Zveitoa  Heft. 

1 

1 

^^^^                        Breslao 

1 

^                                  .1,   Ij.  Korn'«  Vnrlaa                                                 .    jrii 

Ueber  die 

biologischen  Verhältnisse  des  Thallus  einiger 

Krnstenflechten. 

Von 

Dr.  A.  B.  Frank. 

Hit  Tafel  VII. 


BekanDtlich  besitsen  wir  von  keiner  Flechte  eine  Iflckenloae  Ent- 
wiekeluDgsgeschichte  des  ThallDs,  welche  mit  der  Keimnog  der  Spore 
begönne  und  mit  der  vollkommenen  typischen  Form  des  fructifici- 
renden  Thallas  abschlösse.  Freilich  geschieht  in  der  Natur  die  Ver- 
mehrung  der  Flechten  in  den  weitaus  häufigsten  Fällen  auf  vegeta- 
tivem Wege  mitteist  der  Soredien.  Es  ist  nicht  zweifelhaft,  dass  an 
fleehtenrcichen  Standorten  diese  Organismen  seit  Jahrhunderten  viel- 
leidit  allein  auf  diese  Weise  sich  fortgepflanzt  haben,  dass  Stellen, 
auf  denen  im  Laufe  der  Zeit  eine  Flechtenvegetation  sich  ansie- 
delt, sehr  häufig  zuerst  mit  Soredialanflügen  überzogen  erscheinen, 
deren  Ursprung  auf  benachbarte  Staudorte  soredienbildender  Flechten 
hinweist,  dass  also  dabei  die  Bestandtheile  des  Flechtenthallus,  die 
Hyphen  und  die  Gonidien,  sich  auch  ebenso  lange  Zeit  nur  immer 
durch  Sprossung  und  Thfilnng  vervielfältigt  haben  und  dass  mithin 
der  Gedanke  nahe  liegt,  es  sei  die  Verjüngung  durch  Sporen  ein 
Vorgang,  den  die  Natur  in  sehr  vielen  Fällen  vielleicht  gar  nicht 
kennt. 

Und  doch  ist  die  Frage  nach  der  Entwickelung  der  Flechten  aus 
ihren  Sporen  von  hoher  theoretischer  Wichtigkeit.  Wir  können  die 
Flechtensporen  nicht  für  bedeutungslose  Organe  halten,  und  was  bei 
den  Pilien  so  aligemein  und  so  leicht  geschieht,  muss  auch  bei  den 
Liehenen  erwartet  werden.  Ja  die  Verjüngung  durch  Sporen  hat 
hier  noch  ein  ganz  besonderes  Interesse,  insofern  sich  daran  die 
Frage  nach  der  Beziehung  der  Gonidien  zu  den  Hyphen  knüpft. 

Coha,  Behräg«  rar  Biologie  der  Pllanxcn.    Band  IL   Hefr  IL  rj 


124 

H&n  hat  die  En t nicke Inngsgeacbiclite  dea  FtechteDthxIliis  null 
verschiedenezi  MethodeD  zn  ermitteln  gesucht.  Ansgeheod  von  der 
Annahme,  dass  die  Flecht«  ein  einheitlicher  Organismus  sei,  wie  alle 
anderen  Pflanzen,  der  aus  seinen  [Reimen  (Sporen)  alle  seine  Organe 
SU  reprodaciron  vermag,  Dnt«mahm  man  Aossaaten  von  Sporen  anf 
ein  reines,  der  betreffenden  Species  zusagendes  Siibslrxt.  Dies« 
Experimente  haben  entweder  gar  keine  oder  doch  nur  sehr  awetfel- 
hafte  Resultate  geliefert.  In  der  Regel  bleibt  die  Entwiirkelnng  bei 
der  Bildnng  von  KcimBchläuchcn  stehen').  Wahrend  Hicheli  die 
Apothecien  für  sterile  Bliithen  hielt  und  nur  eine  Keimung  der 
Soredien  kannte,  hat  Ueycr^l  nicht  nur  die  Sporenkeimung  xuerst 
gesehen,  sondern  will  auch  beobachtet  haben,  dasa,  wo  mehrere 
Keimfädeo  sich  treuen,  knotige  Vergrösserongen  entstehen,  die  sich 
(lirben  und  so  den  Thallns  und  die  Apothecien  bilden.  Mehr  Beaefa- 
tODg  als  diese  unsicheren  Beobachtungen,  die  mittelst  unznreichco- 
der  Mikroskope  gewonnen  worden  sind,  verdienen  die  Angaben 
Tnlasne's^>.  Dieser  säte  die  Sporen  der  Verrucaria  muralü  auf 
einen  geglllttetcn  Kalkstein;  er  sah  sie  verästelte  Keimschllgche 
treiben,  welche  sich  allm.lhlieh  dnrch  Querwftudc  in  porlschnurfönnig 
gereihte,  rundliche  Zellen  gliederten  (Protothallus).  Endlich  soll 
aicb  auf  deoHelbeu  eine  weiealiche  Schicht  kleiner  runder  Zellen  ent- 
wickelt haben,  die  fest  unter  sieh  und  mit  den  Fäden,  von  denen 
■ie  ausgingen,  vereinigt  waren.  Eiuige  seien  leer,  andere  mit  Inhalt 
erfüllt  gewesen,  und  bald  hätten  sich  hier  und  da  auf  dieser  Schiebt 
kleine  grllne,  jenen  ganz  ülinliche  Zellen  gebildet,  and  Tnlasne 
war  überzeugt,  hier  den  Anfang  eines  neuen  Thallus  vor  sich  za 
haben.  Die  bildliche  Darstellung  auf  Taf.  Vi  ateht  aber  hiermit 
nicht  ganz  im  Einklänge,  denn  einen  organischen  Zusammenhang  mit 
den  Hyphen  zeigen  die  kleinen  runden  Zellen  nicht  nnd  werden  «ach 
im  jungen  Zustande  in  der  Fig.  12  als  fremde  Körper  beieiehnet. 
Ein  ähnliches  Rcsallat  will  Tulasne  auch  nach  Aussaat  von  Sporen 
äei  Parmelia  partelina  erlangt  haben.  —  SpecrschneidBr*)  säete 
Sporen  von  Rai/eiiia  ciliaris  unf  Holz  und  beobachtete  erst  aacb 
länger  als  einem  halben  Jahre  eine  Veränderung,  indem  die  8portn< 


t)  TiilasQc,    Memoire 


'  Ics  1ich«DB.   Ann.  sc.  nat.  3  »ir.  T.  XVtl. 


*)  Gotwickeluiig,  MeiamorphoBe  und  FonpQantUDg  der  Fleeht«».  GüUlugAii 
1325.  pag.  173. 

*)  1.  c  pag.  9t. 

*)  Zur  Em wickulungagesr dichte  der  Hasenia  eiliarU.  Bat.  Zeitg.  1853. 
pag.  722. 


^* 


d 


125 

hflUe  durch  Verwesmig  zerfiel  und  wenige  oder  ganze  Massen  rund- 
licher ZelleOi  zum  Theil  keimschlauchartig,  hervortraten;  die  grOssten 
dieser  Ifasaen  zeigten  auch  Gonidien,  doch  wie  es  schien,  ohne  orga- 
oiaehen  Zusammenhang  mit  jenen.  Speerschneider  hielt  dies  ftlr 
Aoftoge  des  Thallus.  Doch  ist  es  auch  hier  wahrscheinlich,  dass  die 
grflnen  Zellen  fremdartige  einzellige  Algen  gewesen  sind,  wie  sich 
solche  ja  auf  nassen  Oherflftcben  nach  längerer  Zeit  allzuleicht  einfinden. 
Eine  andere  ent?nckelungsgeschichtliche  Methode  drängte  sich 
auf  in  Folge  der  Hypothese,  dass  die  Flechten  von  Schmarotzer- 
pilzen  hefallene  Algen  seien.  Bewogen  durch  die  Aehnlichkeit  oder 
▼ollst&ndige  Gleichheit  der  Gonidien  gewisser  Flechten  mit  gewissen 
Algen  sprach  zuerst  de  Bary'),  nicht  als  Behauptung,  sondern  als 
Vermnthungi  diesen  Gedanken  bezflglich  der  CoUerruicecLe  und  Byssacei 
Fr.  aus.  Schwendener^)  hat  darauf  in  einer  Reihe  von  Unter- 
suchungen diese  Hypothese  Hlr  sämmtliche  Lichenen  zu  begründen 
gesucht,  indem  er  für  alle  Flechtengonidien  entsprechende  Algen- 
typen nachwies  und  jede  genetische  Beziehung  der  Gonidien  zu  den 
Hyphen  des  Thallus  leugnete.  Durch  Bornet')  erhielt  diese  Hypo- 
these eine  weitere  Stütze,  insofern  derselbe  nachwies,  dass  die 
Beziehung  der  Hyphen  zu  den  Gonidien  im  Flechtenthallus  überall 
diejenige  ist,  wie  sie  die  Theorie  des  Parasitismus  verlangt.  Er 
suchte  damit  die  bis  dahin  gleichberechtigte  Hypothese  zu  entkräfteni 
nach  welcher  die  betreffenden  Algentypen  keine  selbständigen  Orga- 
nismen, nur  frei  gewordene  und  für  sich  fortlebende  Flechtengonidien 
sind.  Diese  Ueberzeugung  hegten  nämlich  schon  die  früheren  Liche- 
nologen  bezflglich  des  Noatoc  und  des  Chroolepus,  weil  man  diese 
Algen  häufig  aus  dem  Thallus  von  Collem<iceen  und  Chaphideen  frei 
werden  sieht  Sie  wurde  in  neuerer  Zeit  auf  das  Bestimmteste  auch 
fttr  die  chlorophyllgrünen  und  für  die  den  Chroococcaceen-Tj^UB 
repräsentirenden  blaugrünen  Gonidien  ausgesprochen  von  Famintzin 
und  Baranetzky^),    denen  es  gelungen  war,    die  grünen  Gonidien 

>)  Morphologie  und  Physiologie  der  Pilze,  Flechten  und  Myxomyceten. 
Leipzig  1866,  pag.  291. 

<)  Verhandlungen  der  schweizer,  iiaturf.  Gesellsch.  zu  Rheinfelden,  9.  Sept. 
1867.  —  Untersuchungen  über  den  Flechtenthallus.  Beitr.  z.  wissensch.  Bot. 
von  Nägeli.  4.  Heft.  1868.  —  Ueber  die  Beziehungen  zwischen  Algen  und 
Flechtengonidien.  iiot.  Zeitg.  1868,  pag.  289.  —  Die  Algentypen  der  Flechten- 
gonidien, Basel  1869.  —  Erörterungen  zur  Gonidienfrage.  Flora  1872,  No.  11  fL 

•)  Recherches  sur  les  gonidies  des  lichens.    Ann.  sc.  nat.  5.  sör.  T.  XVII. 

4)  Zur  Entwickelungsgeschichte  der  Gonidien  und  Zoosporenbildung  der 
Flechten.  Bot  Zeitg.  1868  No.  U.  —  Beitrag  zur  Kenntniss  des  selbständi- 
gen Lebens  der  Flechtengonidien.  Pringsheim's  Jahrb.  f.  wissensch.  Bot.  VII. 

9* 


126 

von  Pannelia  parielina,  Cladmii'a  und  Evernia  von  den  llypheo 
isolirt  fortleben  nnd  in  der  fUr  die  Protocooracefn  charakleristiiclien 
Weise  Schwfinnäporen  entwickeln  zu  sehen.  Die  Flecbtensystematilcer 
haben  dann  aof  die  Scb  wendeneracbc  Hypothese  mit  der  anderen 
geantwortet,  daes  die  niederen  Algen,  denen  Gonidientypen  ent- 
sprechen, keinu  Belbstäudigen  Pflanzen,  sondern  frei  gewordene 
Flechlengonidien  seien').  Körber')  bat  endlich  nenerdings  die 
äeibsttindigkeit  der  Plecliten  aoch  fUr  den  Fall  zu  retten  gesucht, 
dass  die  Tliatsachen,  auf  welche  die  Schwendenerianer  sich  stütien, 
wirklich  begründet  sind.  Er  gicbt  zu,  dass  die  Gonidien  im  Thallus 
nicht  von  den  Hypheu  erzeugt  werden  und  dass  aus  den  Keim- 
schläuchen der  Flechlensporen  nur  dann  ein  Tballus  werden  kann, 
wenn  sie  die  ihnen  specifisch  benStbigte  Gonidie,  d.  h,  die  öonidien- 
form  eben  derjenigen  Spccica,  welcher  die  Spore  angehört,  im  frei 
vegetirenden  Znstande  unmittelbar  finden.  Die  vermeintlichen  Algen 
aber  seien  eben  lauter  freigcwordeno  und  ausserhalb  der  Fleclite 
vegetirende  Gonidien,  und  die  eigenlbümlicben  Verbindungen,  welche 
die  Hyphen  mit  denselben  im  Thallus  eingehen,  nicht  Erscheinungen 
von  Parasitismus,  sondern  umgekehrt  Einrichtungen  zur  Krnihmng 
dur  Gonidien,  welche  eingeschlossen  ira  Thallus  die  zur  Bildung 
ihrer  EiweissstofTe  und  ihres  Cliloruphylls  errufderliclien  N&hrstoffe 
nur  durch  die  [lyphen  zugeführt  erhallen  können.  Wenn  man  onbe- 
uchtet  lasBt,  dass  die  Palviellaceeti  und  Con/ervaceen  den  Archego- 
niatcn  vorausgehende  Glieder  in  der  Eutwickclnng  des  Pflanzenreiche« 
sind  und  dass  es  für  viele  Typen  dieser  Ordnungen  keine  ent- 
sprechenden Flechten  gonidien  giebt,  so  ist  die  Körber'sclie  Hypo- 
these der  Scbwcndener'scheu  gleichberechtigt.  —  Auch  durch  dai 
Experiment  haben  die  Scbwendenerianer  ihre  Theorie  zu  erweisen 
gesucht  und  damit  eine  neue  entwickelungsgeschichtlidie  Hetfaodo 
für  den  Licbenentbullas  eingeschlagen:  sie  säen  die  Flechtenspnren 
auf  diejenigen  Algen,  die  den  Qonidicn  der  betreffenden  Liehene 
entsprechen.  So  hat  Reess^)  zuerst  solche  Sporenaussaaten  von 
(Jollema  glawxscena  auf  Noeloc  iichmioidea  veranstaltet;  er  sab  dabei 
die  KetuschKncbe  in  die  Nostocgallert  eindringen  nnd  mit  ihr  eineii 


')  ^'^i^l'  Nylatidcr,  AniniRdversio  de  theoria  goriidiuruin  «Igologica. 
Flora  1370;  Krcmpelhnber,  Die  Fkclite»  als  Parisilen  der  Algen.  Flora 
1871:  J.  .\lii1li-r,  Flora  1373;  Crumbic.  Oii  tbe  lichen-gonidia  quvation. 
London  1874. 

*)  Zur  Abwelir  der  SchwFndFner-ßornct'schen  Flechten llieorie    Brcoka  IS71. 

I|  Uel>«r  div  Kulsiclmug  der  Flechto  CoUtma  glaacuctui  ÜoSm.  MooaUlker. 
BcrI.  Akad.  Oktober  lä71. 


137 

CSo2Zmia- artigen  Thallasatock  bildeo,  wenn  es  ihnen  gelangen  war, 
inr  Nahrangsanfnahme  das  Substrat  zn  erreichen.  Bornet*)  hat 
einen  ebensolchen  Aussaatversach  mit  den  Sporen  von  Coüema 
pmljmum  auf  Nostoc  lichenoides  angestellt,  und  im  Allgemeinen  an 
der  Alge  das  Gleiche  beobachtet;  nach  einiger  Zeit  starb  sie  ab, 
iiMn8  aYoir  sensiblement  angment^  de  volnme."  Es  ist  nicht  unwahr- 
adieinliehi  daas  die  Keimschlftnche  in  jede  andere  gallertartige  Sub- 
stana  auch  euigedrungen  sein  würden.  —  Treub*)  erhielt  kein 
Resnltat,  wenn  er  Sporen  von  Leoanora  subftisca,  Parmelia  parietina 
nnd  Bamalina  calicaria  auf  Cj/stococcus  humicola  anssäete;  wenn 
er  aber  als  Unterlage  die  ans  den  Flechten  freiprftparirten  Oonidien 
benntste^  die  er  immer  von  anderen  Arten  entlehnte,  als  diejenige, 
deren  Sporen  geslet  wurden,  so  sah  er  die  Uyphen  sich  den  Algen- 
lellen  anlegen  und  vermehrte  Zweige  treiben,  von  denen  ein  Theil 
sieh  wieder  anheftete,  bis  die  Zelle  zuletzt  ganz  umfasst  wurde ;  zur 
Bildong  eines  vollkommenen  Thallus  konnte  es  aber  auch  nicht 
gebraebt  werden. 

Es  giebt  aber  noch  eine  dritte  entwickelungsgeschichtliche  Methode. 
Sie  pilsamirt  irgend  eine  Hypothese  nicht;  es  ist  die  gewöhnliche, 
in  der  Morphologie  übliche,  welche  auf  der  Vergleichnng  der  in  der 
Natur  aufzufindenden  Entwickelungsstadien  verschiedener  Individuen 
beruht.  Sie  vermeidet  die  Schwierigkeiten,  welche  sich  bei  Zimmer- 
knltnren  unter  Glasglocken  entgegenstellen  und  welche  bef  diesen 
Pflanaen,  die  fast  ohne  Ausnahme  nur  gedeihen  an  den  Witterungs- 
einilflssen  ungehindert  preisgegebenen  Standorten,  gegenwärtig  fast 
nnaberwindlich  erscheinen.  Allerdings  verbietet  sich  die  allgemeine 
Anwendung  dieser  Methode  bei  den  Lichenen  wegen  des  Eingangs 
hervorgehobenen  Umstandes,  dass  nur  die  wenigsten  Flechten  in  der 
Natur  ihre  Entwickelung  aus  Sporen  oder  aus  Hyphen  allein  begin- 
nen, man  vielmehr  ihre  ersten  anzutreffenden  Stadien  in  der  Regel 
schon  ans  Gonidien  und  Hyphen  zusammengesetzt  (Soredien)  antrifft. 
Sind  wir  auch,  besonders  durch  Schwendener*s  Untersuchungen, 
schon  vielfach  unterrichtet  worden  Ober  die  Bildung  des  vollkommenen 
FleditenthalluB  ans  den  Soredien  und  Aber  die  Gesetze  des  Wachs- 
thnma  desselben,  so  reichen  diese  Thatsachen  doch  zu  einer  voll- 
bis  auf  den  Anfang  zurückgehenden  Entwickelungs- 
nicht  aus.  Es  giebt  aber  eine  Zahl  Lichenen,  an  deren 
spontanen  Vegetationen  man  noch  einen  Schritt  weiter  zurückgehen 


1)  L  c  pag.  93. 

S)  LieheneDknhor.    Bot.  Zeitg.  1873  No.  14. 


kann.  BesoDders  einladend  mflssen  die  hypophlOodiachen  Krasten- 
flechten  erscheinen,  weil  bei  der  Eigentbflmlichkeit  des  Substrates, 
in  welchem  dieselben  ihren  Thallas  bilden,  die  Untersnchang  uns 
Rechenschaft  geben  mass,  wie  die  Hyphen  and  insbesondere  die 
Oonidien  dorthin  gelangen,  wo  sie  im  fertigen  Thallas  gefanden 
werden.  Ans  diesem  Grunde  und  auch  weil  Bau  und  Wachstham 
des  Thallus,  die  bei  den  meisten  heteromeren  Thallustypen  befrie- 
digend aufgeklärt  sind,  gerade  bei  diesen  Flechten  noch  keiner 
genaueren  Untersuchung  unterworfen  worden  sind,  habe  ich  nach 
der  angegebenen  Methode  die  Entwickelung  des  Thallus  einiger 
rindebewohnender  Graphideen  und  Verrtu;arteen  zu  ermitteln  gesucht 
Diese  Beobachtungen,  aber  welche  ich  bereits  der  Naturforscher- 
Versammlung  zu  Wiesbaden  1873  zum  Theil  referirte,  habe  ich  in 
der  Folge  weiter  fortgesetzt  und  vervollständigt  und  gebe  darüber 
im  Nachstehenden  Bericht.  Ich  betone,  das8  mir  das  rein  morpho- 
logische und  biologische  Interesse  an  der  Entwickelungsgesehichte 
des  Thallus  das  hauptsüchliche  Motiv  zu  diesen  Untersuchungen 
war,  dass  ich  nicht  allein  darauf  ausging,  an  diesen  Flechten  die 
Oontroverse  Aber  die  Beziehung  der  Gonidien  zu  den  Hyphen  zu 
erörtern,  wiewohl  ich  voraussah,  dass  diese  hiermit  innig  zusammen- 
hängende  Frage  dabei  auch  eine  Beantwortung  finden  würde.  Meine 
Erwartungen  in  dieser  Beziehung  haben  mich  nicht  nur  nicht  ge- 
täuscht, sondern  ich  erkannte  auch,  dass  man  bei  diesen  Flechten 
biologis^ho  Verhältnisse  antrifft,  welche  sich  nicht  in  das  Schema 
der  Vorstellungen  fügen,  welche  in  den  letzten  Jahren  für  die  Flechten 
überhaupt  geläufig  geworden  sind.  Trotzdem  liefern  auch  diese 
Ergebnisse  neue  Beweise  für  den  Kardinalpunkt  der  Schwendener- 
ßorne tischen  Hypothese,  dass  die  Gonidien  etwas  der  Flechte 
Fremdartiges  sind. 

Ueber  den  Bau  und  die  Entwickelung  des  hypophlöodischen 
OraphtdeenihMws  begegnen  wir  bei  den  früheren  Lichenologen  fast 
nur  specnlativen  Betrachtungen.  Wallroth  ^)  stellte  sich  vor,  dass 
bei  diesen  Flechten,  die  sich  schon  in  den  glatten  Baumrinden  an- 
siedeln, die  gonimischcn  Brntzellen  aus  der  Atmosphäre  auf  das 
Substrat  gelangen,  daselbst  ihre  Weiterentwickclung  aber  nur  dann 
finden,  wenn  gewisse  Bedingungen  erfüllt  sind,  wenn  sie  eine  für 
Flechtenansiedelung  „urbar  gemachte^^  Rinde  antreffen,  wie  Wall- 
roth  sich  ausdrückt.  Er  versteht  darunter  den  Zustand,  wo  die 
Epidermis    in    dünnen    Schüppchen   sich    abstösst   und    die    dadurch 


')  Naturgeschichte  der  Flechten.    Frankfurt  a.  M.  1825  1. 


129 

bedingte  Unebenheit  das  Anhaften  der  Gtonidien  gestattet.     Letztere 
würden  dann  vermöge  des  überhaupt  jedem  Keime  ioDewohnenden 
„Strebens  nach  nuten'^  trotz  ihrer  Kleinheit  Kraft  genug  besitzen, 
am  durch  ,|die  entweder  durchbrochene  oder  vermöge  ihrer  Zartheit 
leieht   an   durchbrechende  Oberhaut''    tiefer  einzudringen  und  sich 
featansetzen.    Uebrigens  warnt  schon  Wall roth')  davor,   dass  man 
die  von  diesen  Flechten  bewohnten  Stellen  glatter  Rinden,    welche 
besonders  bei  Arthonia-  und  Ferruoarto-Arten  je  nach  den  B&umen 
bald  durch  graulichbraune,    bald  durch   etwas  glänzend  olivengrtUi- 
liche,  bald  durch  glänzend  silberweise  Färbung  sich  kenntlich  machen, 
als  wahre  Kruste   bezeichne  und  sie  der  Flechte  selbst  angehörig 
betrachte,    denn   sie    seien    nichts    als    schon   veränderte  Oberhaut, 
welche  die  Flechte  „als  eine  allgemeine,   so  zu  sagen  zugleich  mit 
verflechtende  Halle  benutze,'*  wodurch  die  „mattweisslicbe  oder  auch 
ehloropliänisch  durchschimmernde  Färbung**  bedingt  werde.     Wall- 
roth*)  unterscheidet  auch   schon   „ein   hypophlöodisches  Verweilen 
ohne    und    mit    epiphlöodischer    Sichtbarwerdung."     Im 
ersteren  Falle  verbleibt  die  Brutzelle  eingesenkt  und  setzt  ungestört 
neue  ähnliche  Brut  ab ;  die  Häufigkeit  solcher  hypophlöodischer  Brut- 
anflflge  sei  so  gross,  dass  „man  sich  kaum  einen  in  dieser  Hinsicht 
aor  Annähme  fähigen  organischen  Boden  denken  könne,  auf  welchem 
nicht  jene  zarten  ünsichtbarkeiten  eingeatreut    wären  ;^    nur    ihrer 
ünscheuibarkeit  wegen  blieben  sie  am  häufigsten  unbeachtet.    Wenn 
man  an  einem  schlankgewachsenen,   glattrindigen  Eschen  bäume  ein 
Bmchstflck  der  Rinde    „in  der  Nachbarschaft  der  schon  entfalteten 
Chraphia  atra  und  insculpta^  betrachte,  so  finde  man  nach  Entfernung 
der  Oberhaut  durch  leise  Scheuerung  goldgelbliche  Kügelchen,  welche 
„wirkliche  Brutzellen  vermuthlich  der  benachbarten  Flechten"  seien. 
Auch   an   Buchen   treffe  man,    sogar  bei   Abwesenheit  jugendlicher 
Fruchtgehäuse  unter  der  unveränderten  Oberhaut  wenn  man  sie  ab- 
sehenre,  oft  derartige  Brutzellen,  die  sich  äusserlich  ganz  unsichtbar 
erweisen.    Wenn  eine  frühzeitige  Auflockerung  und  Trennung  der 
(Kberhant  an  solchen  Stellen  eintritt,  so  würden  die  eingeschlossenen 
Bmtsellen  nach   aussen   streben   und  zu   den  Brutzellenausbrüchen 
Veranlassung  geben,   welche   oft   ganze   Baumstämme   flberkleiden. 
Oft  aber  treten  auch  beide  Theile,  Oberhaut  und  Brutzelle,  „in  freudi- 
ger Gemeinschaft  üppiger  hervor.**  Dieses  Epiphlöodischwerden  stellt 
sieh  Wallroth  so  vor,  dass  hypophlöodisch  angesiedelte  Brutzellen 
,  mehrere  ihres  Gleichen  „in  zusammenhängender  Ineinanderschichtung 

1)  1.  c  pag.  143,  151-153. 
«)  1.  c  psg.  160  £ 


130_ 

ausstOBsen  und  selbst  im  Verborgenen  irgend  einen  bindendoD  Stoff 
aasströmen  lassen/^  Diese  Ansammlang  gewinne  dadarch  an  Con- 
sistenz  und  trete  dann  mit  ihrer  ScheinhflUe  merklicher  hervor,  indem 
sie  eine  weissliche  Fftrbang,  einen  perlmnttorähnlichen  matten  Glans 
nnd  eine  gewisse  Olätte  annimmt,  dem  bewaffneten  Ange  wie  ein 
geronnener  Milchaafgass  erscheint,  an  welchem  alsbald  die  AnflUige 
der  Frachtgehäase  von  innen  hervorbrechen.  Oass  schon  Wall roth 
die  Unterschiede  der  beiden  Formen  des  hypophlöodischen  Thallas 
sich  klar  gemacht  hat,  verdient  am  so  mehr  hervorgehoben  za  wer- 
den, als  selbst  in  der  neueren  descriptiven  Flcchtenliteratur  die  Ter- 
minologie diese  Thallasformen  vielfach  nicht  hinreichend  anterscheidet. 

Tulasne^)  giebt  an,  dass  die  Vegetationsorgane  der  Opegrapha 
atra  unter  der  3.  oder  4.  Zellenlage  des  Korkes  sich  befinden  in 
Form  grüner  zusammenhangender  Oonidien  und  sehr  undeutlicher 
Fasern.  Bei  Arthonia  gcUactites  seien  es  amorphe  oder  unregel- 
mftssig  faserige  Massen,  nntermengt  mit  kurzen  Ketten  grOner  Zellen, 
in  der  oberflächlichsten  Korklage.  Der  einfachste  Bau  finde  sich 
bei  Verrucaria  epidermxdia  atomaria  etc.,  wo  das  Periderm  von 
ästigen,  unregelmässigen  Fäden  durchzogen  sei,  anf  welchen  kleine 
Gruppen  sphärischer  grüner  Oonidien  zerstreut  sind,  die  nur  schwach 
an  einander  und  an  den  Fäden  hängen,  aus  denen  sie  nach  Tuiasne's 
Meinung  entstehen,  und  zu  selten  sind,  um  dem  Thallus  grüne  Farbe 
zu  geben. 

Nach  de  Bary*),  welcher  den  Thallns  von  Oraphü  scripta, 
Opegrapha  varia,  O.plocina  und  anderer  Arten,  Lecanactis  lUecebrosa, 
Arthonta  tmpoltta  und  Pyrentda  nitida  untersuchte  nnd  bei  allen 
im  Wesentlichen  übereinstimmend  fand,  besteht  die  Hanpteigenthüm- 
lichkeit  dieser  Formen  in  der  Beschaffenheit  der  Oonidien,  welche 
zn  oft  vielgliedrigen,  confervenartigen,  ästigen  Zellreihen  vereinigt 
sind,  welche  durch  Spitzen wachsthnm  nnd  Thcilung  der  Endzelle 
sich  verlängern  nnd  dadurch  sich  verästeln,  dass  unter  dem  oberen 
Ende  der  Gliederzellen  eine  Ausstülpung  getrieben  wird  als  Anlage 
der  änssersten  Zelle  des  Astes.  Die  Gliederzellen  haben  meist  eine 
tonnenförmige,  mitunter  fast  knglige,  oder  zumal  am  Rande  des 
Thallos,  schmal  nnd  langgestreckt  cylindrische  Gestalt  und  im  Ver- 
hältniss  zu  anderen  Gonidien  ungewöhnliche  Grosse.  Die  Zellen 
enthalten  einen  durch  Chlorophyll  gleichmässig  gelbgrün  gefsirbten 
Protoplasmakörper,  in  dessen  Mitte  eine  Anzahl  verschieden  grosser 


1)  l.  c.  pag.  9—11. 
»)  1.  c.  pag.  260—262. 


131 

roAgelber  Olartiger  Körner  liegen;  oder  dieselben  nehmen  den  Innen- 
nram  beinahe  gans  ein,  wobei  selbst  die  schmale  peripherische  grOne 
Schicht  fehlen  kann.  Bei  den  rindebewohnenden  Arten  besteht  der 
Thallns  ans  einem  Geflechte  Ton  Gonidienketten  nnd  Hjrphen  ohne 
Differenzimng  in  Mark-  nnd  Rindeschicht;  beiderlei  Bestandtheile 
sind  ausgebreitet  zwischen  den  ins^ersten  Peridermalagen  der  Rinde 
nnd  die  Oonidienketten  Torzogs weise  in  der  Richtung  der  Obcrflftche 
geordnet|  sie  drängen  sich  sammt  den  Flyphen  allenthalben  zwischen 
die  Lagen  und  einzelnen  Zellen  des  Pcriderma  ein.  Die  Aussen- 
fliehe  des  nur  geringe  Dicke  erreichenden  Thallns  ist  stets  bedeckt 
Ton  einem  ans  einer  oder  einigen  Zelleulagen  bestehenden  Pen  derma- 
Bbennge.  Die  weissliche  Farbe  dieser  Thalli  rflhre  von  Luftan- 
sammlung in  nnd  unter  dem  vertrockneten  oberflichlichen  Periderm, 
bei  Chraphü  scripta  auch  Ton  reichlicher  Anhäufung  unregelmässiger 
kTystaliinischer  Stflcke  von  oxalsaurem  Kalk  her. 

Bornet')  hat  Chroolepus  umbrtnum  Ktz.,  welches  die  Gonidien 
der  Opegrapha  varia  Pers.  bildet,  unabhängig  von  der  Flechte  auf 
Zweigen  beobachtet.  Die  Alge  lebe  sowohl  auf  der  Epidermis,  als 
auch  unter  den  äusseren  Peridermaschichten,  krieche  auch  in  die 
Zellen  derselben  hinein  und  verzweige  sich  in  denselben.  Der  rothe 
Inhalt  fehle  bisweilen  nnd  die  Zelle  enthalte  dann  nur  ein  hell  und 
glänzend  grflnes  Chlorophyll,  was  besonders  in  den  tieferen  Periderm- 
sehiehten  der  Fall  sei.  Am  Rande  der  genannten  Flechte,  wo  die 
weisse  Kruste  undeutlich  wird,  bemerke  msn  theils  im  Periderm, 
theils  auf  den  oberflächlichen  Zollen  desselben  locker  verfilzte  Hyphen, 
welehe  gegen  den  Rand  hin  seltener  werden;  wo  sie  mit  den  im 
Periderm  befindlichen  kettenförmigen  rothbraunen  Gonidien  zusammen- 
treffen, befestigen  sie  sich  an  einzelnen  Zellen  der  Ketten.  Im  eigent- 
lichen Thallns  seien  die  Hyphen  stärker  entwickelt,  umstricken  die 
Gonidien  mit  viellsppigen  Zweigen,  besonders  auch  an  den  Ein- 
Bchnflrungen  der  Ketten,  so  dass  letztere  in  kurze  Stticke  getrennt 
werden.  Bei  Verrucaria  nitida  Schrad.  bestehen  ähnliche  Verhält- 
nisse. Diese  Darstellung  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  wie  Bornet 
sich  das  Zustandekommen  dieser  hypophlöodischen  Thslli  vorstellt: 
■Is  ein  Befallenwerden  der  ursprflnglich  fUr  sich  allein  im  Periderm 
lebenden  Alge  durch  die  ein-  und  vorwärtsdringenden  Hyphen. 

Aus  der  Familie  der  Gfraphideen  habe  ich  den  hypophlöodischen 
Thallns  von  Arthonia  vulgaris  Schaer.,  A.  epipaata  Krb.  und  Oraphia 
Bcripia  Ach.  untersucht  und  zwar  vorzflglich  an  jungen  und  mittel- 


1)  L  c.  psg.  54—56. 


132 

alten  noch  gUttrindigen  Stämmen  der  Bscben  und  Eichen,  an  denen 
besondere  die  beiden  erstgenannten  sehr  hänfig  nnd  an  Terschieden- 
alterigen  Bänmen  oder  in  verscbiedenen  Höhen  leicht  in  allen  Eät* 
wickelnngsstadien  zu  finden  sind.  Doch  kommen  beide  auch  an  an- 
deren  jungen,  glattrindigen  Laabhölzem  häufig  vor,  nnd  ich  habe  sie 
auch  an  solchen  verglichen.  Stets  verwendete  ich  frisch  gesammel- 
tes Material  zur  üntersnchnng;  wo  das  nicht  der  Fall  war,  habe 
ich  es  ausdrücklich  bemerkt.  Die  frisch  gesammelten  Flechten 
stammten  aus  der  Umgegend  von  Leipzig  und  Dresden. 

Zur  Orientirung  über  den  Bau  des  Periderms  der  Eiche  und 
Esche,  wie  er  schon  an  den  wenigjährigen  Zweigen  und  solange  als 
der  Stamm  glatt  bleibt  sich  zeigt,  sei  Folgendes  voransgesehlckt 
Auf  dem  Querschnitte  unterscheidet  man  leicht  zwei  Schichten  des 
Periderms:  eine  innere  dickere  und  eine  äussere  dünnere,  stets  Cub- 
lose.  Die  erstere  grenzt  unmittelbar  an  das  Korkcambinm; 
Zellen  sind  ungleich  deutlicher  und  regelmässiger  als  die  der 
deren;  sie  haben  rectanguläre  Gestalt,  liegen  ziemlich  genau  in 
dialen  Reihen;  ihr  Lumen  ist  gewöhnlich  weiter,  die  Membranen 
sind  ziemlich  kräftig  und  gleichmässig  gebsnt.  Bei  der  Esche  be- 
steht diese  Schicht  aus  sehr  weiten,  fast  quadratischen  Korkaellen, 
die  nur  in  zwei  Lagen  übereinander  liegen,  leer,  lufthaltig  nnd  nur 
Mass  graubräunlich  gefärbt  sind;  daher  erscheint  die  Eschenrinde 
graugrün,  indem  die  grüne  primäre  Rinde  durchscheint.  Im  späteren 
Alter  werden  immer  mehr  solche  Korkzelllagen  gebildet.  Bei  der  Eiche 
ist  diese  Schicht  aus  vielen  Zellenlagen  zusammengesetzt  und  mehr 
oder  weniger  braun  gefärbt;  ihre  Zellen  sind  rectangulär  tafelförmig, 
von  massiger  Weite;  ihr  Lumen- übertrifft  die  Dicke  der  Wände  nm 
das  Mehrfache;  sie  führen  meist  einen  amorphen  gebräunten  Inhalt, 
welcher  die  Farbe  dieser  Schicht  bedingt;  daher  sieht  die  glatte 
Eichenrinde  bräunlich  aus.  Die  Zellen  der  stets  farblosen  und  dnreh- 
scheinenden  äusseren  Schicht  sind  ungleich  enger,  ihr  Lumen  über- 
trifft manchmal  kaum  die  Dicke  ddr  Wände,  ja  es  liegen  oft  Aoasen- 
und  Innenwand  aneinander;  ihre  Gestalt  ist  un regelmässiger,  indem 
die  radialen  Wände  gewöhnlich  mehr  oder  weniger  schief  gezogen 
oder  verbogen  sind,  so  dass  auch  die  Zellen  mehr  seitlich  zwischen 
einundergeschoben,  weniger  deutlich  in  radiale  Reihe  geordnet  er- 
scheinen. Es  sind  dies  offenbar  die  Folgen  des  durch  die  Ausdeh- 
nung der  inneren  Gewebe,  zunächst  der  inneren  Schicht  des  Peri- 
derms, hervorgebrachten  Druckes,  durch  den  jene  Schicht  immer 
mehr  in  Spannung  versetzt  wird.  Die  Dicke  derselben  schwankt  bei 
der  Eiche  zwischen   4  bis  6,  bei  der  Esche  nur  zwischen   2  bk  4 


radiai  hintereinander  liegenden  Zellen.  Diese  beiden  Sehichten 
iMien  flieh  aneh  nnterseheiden,  wenn  man  das  Peridenn  durch  Schnitte 
parmllel  der  Oberfläche  abgetragen  hat.  Mittelst  sehr  dttnner  Schnitte 
erliilt  man  anr  die  farblose  äussere  Schicht;  Schnitte,  die  etwas 
dicker  anafiülen,  zeigen  bei  der  Eiche  an  den  betreffenden  Steilen 
uHerwirta  die  hellbraunen  Korkzellen;  bei  der  Esche  lässt  sich 
diese  Schicht,  ans  dieser  Richtung  betrachtet,  nur  an  den  kräftigeren 
Zellmembranen  und  dem  gleichmässigeren  Gewebe  erkennen.  Ich 
will  beide  Theile  einfach  als  äussere  und  innere  Korkschicht  be- 
■eiehnea. 

1.  Arthonia  Tolgaris  Schaer. 

KOrber')  charakterisirt  die  mit  Opegrapha  nächst  verwandte 
OAttong  Ärihonia  durch  Apothecien  ohne  Ezcipulnm,  die  daher 
▼OB  Anfang  an  nackt  und  nichts  als  Hjrmenium  sind,  welches  un- 
■ittalbar  der  Baumepidermis  oder  einem  später  gebildeten  eigenen 
Thallaa  aufsitzt,  keine  Paraphysen,  kurz  bimförmige  Schläuche  hat 
•sd  meist  sternförmig  strahlige  Gestalt  besitzt;  die  Asci  enthalten 
4  bia  8  in  einer  oder  zwei  Reiben  nebeneinander  gelagerte  Sporen; 
letztere  alnd  vier-,  bisweilen  nur  zweizeilig;  ihre  Gestalt  wird  poppen- 
ftnnlf  (nymphaeformis)  genannt,  wegen  der  Aehnlichkeit  mit  den 
alt  Kinderapielseng  bekannten  Wickelpuppen,  indem  die  oberen  Zellen 
■Miflt  breiter  und  länger  sind.  Arthonia  vulgaris,  welche  an  glatt- 
radigen  Eachen  und  Eichen  ausserordentlich  gemein  ist,  hat  nach 
KOrber*)  einen  „thalliui  efwtus,  primum  hypophloeadea,  dein  nu- 
dmt,  ienuäer  leprosua,  aUndo-cineraacens  L  olivaceus/^  Als  wichtigste 
Merkmale  beachte  man  die  vom  unregelmässig  Kreisrunden  ins  Ge- 
lappte oder  schwach  Sternförmige  strebende  Gestalt  der  ziem- 
Bdi  flachen  Apothecien  und  die  zu  G — 8  in  einem  Ascus  enthaltenen 
▼ierzelligen  hyalinen  Sporen.  Diese  aof  die  Frflchte  bezflglichen 
Merkaule  aind  die  allein  zuverlässigen,  da,  wie  das  Folgeade  zeigen 
wird,  die  Beschaffenheit  des  Thailos  in  gewissen  Zuständen  Ton  dem« 
jeaigea  anderer  Arten  nicht  zu  unterscheiden  ist. 
*  Die  Zeit  des  ersten  Erscheinens  des  Thallus  dieser  Flechte  ist 
aa  ein  bestimmtes  Alter  des  Baumes  nicht  gebnnden.  Man  kann 
setae  Anfrage  schon  an  1  Ctm.  dicken  Stämmen  und  Aesten  junger 
Eiehea  fiaden,  an  Eschen  erscheint  er  meist  erat  an  etwas  dickeren 
8täanaea,   und   solange   der  Baum   gUttrindig  bleibt,   können  neue 


^  Systema  Itchenum  Germaniae.    pag.  989. 
>)  L  c.  pag.  S90. 


134 

Thalli  an  ihm  entstehen.  Die  Flechte  liebt  einen  etwas  geschllicteii 
Staudort,  siedelt  sich  an  den  retner  nnd  unversehrter  bleibenden 
Stämmchen  des  Unterholzes  lichter  Wälder  lieber  an  als  anf  den 
etwas  rauheren  nnd  mit  Algen-  nnd  Soredienanflügen  stärker  bedeck- 
ten Rinden  ganz  freistehender  Stämme.  Einzige  Bedingung  fttr  die 
Ansiedelung  der  Flechte  scheint  hiernach  ein  unversehrtes,  an  der 
Oberfläche  reines,  mit  der  unterliegenden' Rinde  organisch  zusammen- 
hängendes fortbildungsfähiges  Peridcrm  zu  sein. 

Das  erste  Sichtbarwerden  des  Thallns  anf  Eschen  besteht  in  dem 
Auftreten  grflnlicher  Flecken,  die  sich  durch  diese  Farbe  von  dem 
mehr  unrein  graugrün  oder  völlig  grau  gefärbten  normalen  Periderm 
unterscheiden.  Dieselben  sind  im  Allgemeinen  von  runder  Form,  gehen 
aber  mehr  oder  weniger  ins  Elliptische,  indem  sie  in  der  Richtong 
des  Querdurchmessers  des  Stammes  gewöhnlich  etwas  breiter  sind 
als  in  longitudinaler,  was  jedenfalls  zum  Theil  mit  dem  währead 
ihrer  Bildung  fortschreitenden  Dickewachsthnm  des  Stammes  zu- 
sammenhängt, daher  auch  an  den  älteren  Thalli  sich  steigert.  Ihre 
Grösse  liegt  zwischen  weiten  Grenzen,  gleichwie  die  des  fertigen 
Thallns,  und  sie  treten  bisweilen  schon  bei  ihrem  ersten  Sichtbarwer- 
den in  demjenigen  Umfange  anf,  den  sie  im  entwickelten  Zustande 
haben.  Dass  sie  die  Anfänge  unserer  Flechte  sind,  ergiebt  sich  un- 
zweifelhaft, wenn  man  von  den  weiter  entwickelten  Individuen  anf 
die  jüngeren  Entwickelungsstadien  vergleichungsweise  zurückgeht, 
mit  denen  sie  nicht  selten  an  einem  und  demselben  Stamme  ange- 
troffen werden.  Noch  weiter  zurück  verfolgt,  entschwinden  diese  grüneren 
Flecken  bald  der  Wahrnehmung,  indem  das  Anfangs  gleichmäsaig 
graue  Periderm  in  der  Ausdehnung,  in  welcher  die  Flechte  auftritt, 
allmählich  die  grünere  Färbung  erhält.  An  diesen  Stellen  ist  das 
Periderm  in  Bau  und  Zusammenhang  im  Wesentlichen  ganz  gleich 
dem  anderen^  und  nichts  als  die  andere  Farbe  verräth  die  Anwesen- 
heit eines  fremden  Organismus,  der  jetzt  bereits  in  demselben  zu 
finden  ist.  Aber  dieser  ist  auch  nicht  die  unmittelbare  Ursache  die- 
ser Farbe,  denn  die  letztere  wird  vom  Baume  selbst  dadurch  hervor- 
gebracht, dass  das  Periderm,  besonders  die  äussere  Korkschicht, 
festeren  inneren  Zusammenhang  hat  und  starker  angespannt  ist,  wo- 
durch die  ganze  Haut  fester  an  die  Rinde  angedrückt  wird,  deren 
Farbe  durch  solches  Periderm  besser  durchscheint.  Die  Oberfläche 
behält  dabei  eine  gewisse  Glätte,  ja  sie  zeigt  wohl  auch  einigen 
Glanz,  während  das  andere  Periderm,  dessen  äusserste  Korkzellen- 
lage nicht  in  so  gleichmässigem  Verbände  bleibt  und  sich  wohl 
sogar   etwas   abschuppt,    diese    Eigenschaften    weniger    zeigt    und 


I 

t 


oft  Mitig  mit  Aoflflgeii  anderer  Organismen,  besonders  Pleuro- 
f,  sieh  reichlich  bedeckt,  von  denen  jene  Stellen  nichts  oder 
lagieieh  weniger  leigen. 

la   diesen    Stellen    des   Periderms    erkennt   man    innerhalb   der 
lästeren    Korkschicht    nnd    iwsr    immer    nnr    in    dieser,    ausser- 
ordentlieh  feine  hyaline  Hyphen   von  nnr  0,8  Microm.  Dicke    und 
gais  regellos  geschlingeltem  Verlauf,  hin  und  wieder  dichotom  in 
Aeato  getheilt,  aber  nicht  eigentlich  mit  einander  verwebt.  Man  be- 
■erkt  sie  sowohl,  wenn  man  die  äussere  Korkschicht  von  der  Ober- 
iiebe  betrachtet,  als  auch  auf  dannen  Querschnitten  durch  dieselbe: 
fai  beiden  Fällen    flberzeugt  man  sich,   dass   sie   zwar  wegen   der 
der  äusseren  Korkschicht,  auf  die  sie  beschränkt  Bind,  vor- 
in  den  Richtungen  der  Fläche  derselben   sich  auBbreiten, 
doch  alle  Membranen  der  Korkzellen  in  allen  möglichen  Rich- 
dnrchdringen,  auch  durch  die  sehr  engen  Lumina  derselben 
laiadarehgehen  und  ttberhaupt  in  ihrem  Verlaufe  völlig  unabhängig 
▼Ol  der  adligen  Struktur  der  äusseren  Korkschicht  sind :  sie  durch- 
•^tiea  dieselbe   wie  ein  homogenes,    nach  allen   Richtungen  gleich 
Kracht   durchdringbares    Substrat.     Sie    sind    in    allen    Theilen   der 
Korkschicht  zu  finden,  auch  in  der  nach  aussen  grenzenden 
in  der  oberflächlichen  Korkzellenlage,  so  dass  sie  zum  Theil 
deren  Oberfläche   vorragen   und    frei    liegen.    Dieser   von   den 
Zivilen   der  Nährpflanze    in    keiner  Weise    beeinflusste   Verlauf  der 
Bypken    iai   zwar   bei    Schmarotzerpilzen    eine    seltenere  ^    wiewohl 
keineswegs  unerhörte  Erscheinung,  denn  z.  B.  die  braunfUigen  Myce- 
Uen  von  Plmtpora  und  verwsndter  in  Hautgeweben  schmarotzender 
J^frtnontjfcsten    zeigen    ganz   Analoges;    sehr   gewöhnlich    aber    ist 
^  Braeheinnng  an  solchen  Pibmycelien,   welche  todte  organische 
Otwebe   bewohnen.    Der  Umstand,  dass  die  Hyphen   in  der  festen 
Ktrksnbstans  sieh  befinden,  welche  mit  ihnen  fast  gleiches  Licht- 
httehangsverroögen  hat,  erschwert  die  Erkennbarkeit  dieser  ohnebin 
iSMsrst   feinen   Fäden  auf  tangentialen  Schnitten    bedeutend;    ver- 
Hiate  Kaliiösung   klärt   dieselben    etwas   mehr  auf;   ähnlich   wirkt 
iieh  Cbloraiolgod,  wenn  Behandlung   mit  Kali   vorausgegangen   ist. 
DiMe  Hyphen  gehören  allein    der  Flechte  an;  als  fremdartig  von 
kssB  an  unterscheiden  sind   die  auf  der  Oberfläche  des  Periderms 
Mgesiedelten  Wesen,  die  Überhaupt  auf  jeder  Baumrinde  vorkommen. 
Dil  shid  hauptsächlich  Pteurococcus-  und  ausserdem  i>sfiia<tttiii-artig6 
Bldifan ;  sterile,  bald  hyaline,  häufiger  aber  braunCi  meist  torulöse  ge- 
lUoderte  Hyphen,  die  auch  manchmal  in  Tbrti^-artige  Glieder  sich  auf« 
MMi  nnd  gewöhnlich  vielmai  dicker  oind,  als  die  Fäden  der  Flechte. 


186 

Diese  Bildun^n  sind  fast  nur  epiphyt,  obwohl  sie  sich  der  Ober- 
fläche innig  anschmiegen  nnd  wie  Pleurococcua  gern  in  den  Ver- 
tiefiingen  nnd  unter  balbabgelösten  Korkzellen  sich  ansiedeln.  Aaf 
den  nicht  Ton  der  Flechte  bewohnten  Stellen  sind  diese  Weseo^  wie 
schon  angedeutet,  gewöhnlich  sehr  reichlich;  da  wo  die  Fkehle 
Platz  gegriffen  hat,  treten  sie  nicht  in  solcher  Menge  auf,  dass  des 
unbewaffneten  Auge  ihre  Anwesenheit  verrathen  wflrde ;  das  Mikroskop 
flberzeugt  uns,  dass  sie  auch  hier  nicht  gänzlich  fehlen,  bald  kon- 
men  sie  nur  sehr  sporadisch,  höchstens  vereinaelte  Individnen  toi 
Pleurococcua,  bald  auch  in  zahlreicheren  Oesellschaften  Tor.  Der 
Orund  dieses  spärlicheren  Auftretens  an  diesen  Stellen  liegt  einfach 
in  der  grösseren  Glätte,  in  dem  Mangel  von  Rauhigkeiten  der  Ober- 
fläche, weiche  für  die  Ansiedelung  dieser  Pflänzchen  nicht  genügend 
feste  Punkte  darbietet. 

Die  Ausbreitung  der  Hyphen  auf  dem  ganzen  Räume,  den  später 
der  Flechtenthallus  einnimmt,  muss  sehr  rasch  geschehen,  alsdann  aber 
die  Zahl  der  Hyphen  sich  vermehren,  so  dass  durch  dieselben  allmählick 
diejenige  Wirkung  auf  das  Periderm  hervorgebracht  wird,  welche 
das  veränderte  Aussehen  dieser  Stellen  bedingt.  Die  peripherische 
Ausbreitung  der  Hyphen  verlangsamt  sich  aber  damaoh  sehr  bedeu- 
tend oder  wird  wohl  auch  ganz  sistirt,  indem  die  Thalli  nicht  merk- 
lich an  Umfang  gewinnen  und  auf  den  sehr  verschiedenen  Grössen 
verharren,  welche  sie  bei  der  Anlage  zuflillig  erreichten.  Die  Wir- 
kung der  Hyphen  auf  die  äussere  Korkschicht  ist  aber  augenschein- 
lich die,  dass  sie  die  Zellen  derselben  fester  nntereinander  verbinden, 
sowohl  in  der  Richtung  der  Oberfläche,  als  auch  in  radialer  Rich- 
tung, dadurch  das  Abstossen  der  Korkzellen  verboten,  somit  diese 
Schicht  zu  einer  an  der  Oberfläche  glatten,  in  sich  fester  zusammen- 
hängenden dehnbaren  Haut  machen,  welche  den  unteren  Theilen 
inniger  aufliegt-  Es  kommt  aber  auch  noch  eine  andere  Abweichung 
des  Periderms  hinzu:  der  Kork  ist  hier  dichter,  er  besteht  beson- 
ders in  der  inneren  Korkschicht  aus  kleineren,  etwas  dickwandigeren 
fest  zusammenhängenden  Zellen;  der  nicht  von  der  Flechte  bewohnte 
ist  minder  dicht,  weicher,  seine  Zellen  sind  etwas  grösser,  die  Wände 
dflnner.  Darum  schneidet  sich  auch  der  letztere  in  tangentialer 
Richtung  leichter,  der  von  der  Flechte  eingenommene  erweist  sich 
beim  Schneiden  fester  und  härter.  Wir  müssen  diese,  wenn  auch 
geringfügige  Veränderung  in  den  während  der  Anwesenheit  der 
Flechte  sich  ausbildenden  Zellen  als  eine  Einwirkung  derselben  auf 
die  um  sie  liegenden  Gewebe  der  Pflanze  betrachten. 

In  der  That  sind,   solange   der   Phallus   das    beschriebene  Aus- 


137 

4ie9c  Hypk«!!  der  fiaiiire  Befttaidtheil  de«* 
s«1Wb;  er  ist  ^«aidieilos.     £s  lAMt  «ich  du  niuweiMliaft 

Gma&m  aü  Sicherheit  im  Periderm  ntchiiwetiieii 
aa^  wo  sie  wirklich  auftreten  aad  weil 
■it  aaderea  Zellen  hier  aas^fcaciiloasiea  int^  we 
darch  ihre  Ei^ifthaialiciikeitea  hialAagli<li 
Ml  will  gleich  hier  bemerkea,  da««,  da  bei 
G«BidieB  häufig  ohae  da«  orang«^be  Oel  aaf« 
greif»  nii««,  om  «ie  «icher  aafkafiiHlea% 
ai^  durch  Chlorsinkjod  im  Periderm  nachwei«en> 
wie  aaf  Qoeraehaitten,  selh>t  dann,  wenn 
Kark  eiBge«chlos«en  sind,  indem  «ie  dadarcii  eine  leb« 
Flrbang  aaaehmen.  Es  ist  aar  Sicherheit  der  Reac^ 
dia  Schnitte,  nachdem  man  die  Lnft  an«  dem  Kork  dnrch 
hat,  eiaige  Minnten  in  Tcrdttnnte  Kalilange  tu  legea, 
mit  Essigsinre  su  nentrallsiren  und  nach  aber« 
Chlondnkjodlösang  aatusetson.  Etwa  in  den 
KOgelchen  des  charakteristischen  Oeles  werden 
tief  adiwanblaa  gefärbt  Weder  an  der  Überfläche,  noch  in  der 
isaaereB,  noch  in  der  inneren  Korkschicht  finden  sich  in  dieser  Pe* 
rMe  Gondiea  der  Arikcnia,  nnd  man  kommt  immer  in  demselben 
Ihanttsfi  TOD  welchem  Punkte  des  Thallns  auch  man  die  Schnitte 
henahflMB  mag.  Ebenso  fehlen  dieselben  im  normalen  Periderm 
dnrdiaBa.  Bornet,  welcher  Opegrapka  varia  Pers.  untersuchtCi 
befrachtet  das  Vorkommen  von  Chroolepus  auf  und  unter  den  äusseren 
Peridermschichten  ausserhalb  der  Flechte  an  den  Zweigen  gleichsam 
fir  eia  nbiquistisches.  Ich  vermuthe,  er  hat  das  Periderm  in  der 
Nähe  des  Randes  solcher  Thalli  untersucht  nnd  sich  bereits  im  Go* 
biete  der  Flechte  befunden;  wir  werden  bei  Oraphü  auf  diesen 
Unatand  xnrfiekkommen.  Fflr  die  von  mir  untersuchten  mit  Arthofiia 
besetxten  Eschenrinden  muss  ich  das  Fehlen  des  Vhroolepua  in  der 
normalen  Rinde  auf  das  entschiedenste  behaupten. 

Nach  einiger  Zeit  bekommen  diese  grünlichen  Stelion  ein  weiss* 
fleckiges  Aussehen.  Das  ist  das  sichere  Zeichen,  dsss  die  Oonidien 
erschienen  sind;  sie  finden  sich  auch  nur  iu  diesen  weissen  Flecken, 
aber  hier  ausnahmslos;  die  Stellen  des  Thallns,  welche  noch  unver* 
ändert  grflnlich  erscheinen,  sind  auch  jetzt  noch  gonidienlos«  Wenn 
man  von  einem  solchen  weissen  Fleck  durch  einen  tangentialen 
Sehnitt  das  Periderm  oder  wenigstens  dessen  äussere  Korksohioht 
abträgt  und  in  der  beseichneten  Weise  mit  ChiorzinkJodlOsung  prüft, 
so  bemerkt  man  jetzt  unter  der  zweiten  oder  dritten  äusseren  Kork- 


138 

zellenUge,    also  in  der  unteren  Region  der  äusseren  Korkaehiefct, 
gewöhnlich  eine  grosse  Anzahl  lebhaft  weinroth  gefärbter  grosser 
Zellen  von  runder  oder  etwas  polygonaler  Gestalt,  im  Dorehmesser 
etwa  den  dritten  oder  vierten  Theil  des  durchnittliohen  Darchmesaeft 
der  über  ihnen  liegenden  deutlich  sichtbaren  Korkaellen  betragend. 
Sie  liegen  oft  streckenweis  in  einer  zusammenhängenden  einfaekea 
Lage  nebeneinander,  bisweilen  so  dicht,  dass  sie  durch  gegenaeitigeB 
Druck  polygonal  werden  und  den  Eindruck  einer  parenchymatiacbai 
Zellenfläche  hervorbringen;   wo   sie  sich   nicht  drucken,    haben  sie 
runde  oder  ovale  Oestalt  (Fig.  1).     Auf  dem  Querschnitt  zeigt  aidi 
die  Anordnung  in  einer  einfachen  Lage  und  dass  sie  in  der  unteren 
Region  der  von  den  Hyphen  eingenommenen  äusseren  Korkaehieht 
vorhanden  sind,  auf  das  Deutlichste  (Fig.  2).     Bei  ünteranchnng  in 
Wasser   erscheinen    die   Membranen    dieser    Oonidien    farbloa    and 
massig  dick.     Der  Inhalt  ist  ein  bald  dflnnes,  bald  dichteres,  tut 
homogenes  Protoplasma,  fast  ein  Epiplasma  nach  de  Bary*B  Be- 
zeichnung;   durch  Reagentien  contrahirt  es  sich  etwas,  wird  nodi 
dichter  und    etwas   glänzend;    Chlorzinkjod    färbt   es    blassgelblieh« 
Es  ist  von  Natur  entweder  biassgranlich  gefärbt  oder  auch  farblos, 
nnd  sehr'  oft  fehlen  ihm  die  für  Chroolepua  charakteristischen  rothea 
Oelkömchen  vollständig.   Aus  diesem  Grunde  sind  hier  die  OonidieB 
wenigstens  ohne  Anwendung  von  Reagentien   nicht  sehr  auffallend; 
Kör  her*)    scheint  auf  den   Mangel   des   rothen  Oeles  anfmerksam 
geworden   zu   sein,    denn    er   spricht   bei  dieser  Flechte   von   einer 
„nicht  erythrogonimischen  Kruste,^  deren  Veilchendiift  ihm  desshalb 
auffällig  erschien.    Doch  ist  es  ebenso  häufig,  dass  man  in  einzelnen 
oder  sogar  in  vielen  dieser  Gonidien  goldglänzende  Oelkömchen  an- 
trifft.    Dieselben  treten  bald  als  ein  oder  mehrere  grössere  Tropfen 
bald  in  vielen   kleinen  Körnchen  fast  emulsionsartig  auf.     Jod  färbt 
sie  schwarzblau.     Stärkemehl    ist   nicht  vorhanden,   denn   wenn  dem 
Zelleninhalt  das  Gel  durch  Aetber  entzogen  worden  ist,  so  färbt  er 
sich  durch  Jod  nur  gelb. 

Wenn  man  Thalli  untersucht,  welche  eben  in  dieses  zweite 
Lebensstadium  einzutreten  beginnen  und  erst  weiss  gesprenkelt  oder 
marmorirt  sind,  so  gelingt  es,  das  erste  Erscheinen  der  Gonidieo 
zu  beobachten.  Die  Gonidien  wandern  von  aussen  in  den 
schon  vorhandenen  Thallus  der  Flechte  ein.  Ausser  mehr 
oder  weniger  grossen  Ansammlungen  von  Gonidien,  welche  schon 
innerhalb  des  Periderms  sich   festgesetzt  haben  und   die  dem  unbe- 

1}  Systeina  lichenuni  Gennaiiiae.     pag.   JÜl. 

«9 


189 

Av^  sichtbareD  kleinen  weissen  Flecke  bedingen,  findet 
kier  msf  Queren  Strecken,  die  noch  keine  Gonidien  beherbergen, 

cioxelne   iaolirte  Individnen  derselben  von   der  Oberfl&che   ans 

oder  weniger  weit  in   den  Kork  eisgedmngen.     Dieis^e  in  der 

begriffenen  Gonidien  sind  bei  Betrscfatnog  in  WaisKer 

Glyeerin  nicht  leicht  sichtbar  tn  machen,  denn  sie  sind  ans- 
■akiHlos  ohne  farbige  Oelkdmchen,  ihr  Protoplasma  seigt  keine 
■erklidi  grttne  Farbe,  nnd  zudem  sind  die  Zellmembranen  meist  min- 
der  killtig  gebant,  der  Zeileainhalt  ist  veoiger  reichlich.  Das  alles 
trigt  daso  bei,  daas  sie  auf  nnd  in  den  ähnlich  lichtbrechenden 
Korkiellhtnten  sich  schwer  xn  erkennen  geben.  Anvendong  von 
Cklondnkjod  llsst  sie  jedoch  wegen  ihrer  Höthnug  sehr  dentlich 
kenrortreten.  Die  Infectionspankte  liegen  sehr  serstreut.  lltofig 
sneht  man  sie  im  ganzen  Präparate  vergebeuii,  sowohl  aof  als  in 
dem  Peridenn,  nnd  nnr  an  einem  einzigen  Funkt  befindet  sich  eine 
knne  Kette  von  zwei  oder  mehreren  solcher  ovaler  oder  tonnenför- 
Bsi^r  Zellen  des  farblosen  Ckroolepus,  und  man  sieht  stet«,  dass  diese 
iaolirten  Anfinge  noch  ganz  oder  wenigstens  an  dem  einen 
£iide  an  der  Oberfläche  des  Periderms  liegen,  indem  ge- 
wlSlinlicb  das  andere  Ende  der  Kette  bereits  onter  die  oberste  Kork- 
lelie  in  wenig  geneigter,  der  Oberfläche  faKt  paralleler  Richtung 
eagedfiingen  ist.  Kan  kann  sich  von  diesen  Lagenverhältnissen  mit 
der  grtesten  Praeision  dnrch  feine  Einstellung  überzeugen  und  findet 
steta,  dass  es  die  jüngste,  das  Längenwachsthum  der  Kette  vennit- 
telade  Endzelle  ist,  welche  die  tiefere  Kichtang  eingeschlagen  hat 
In  Fig.  3,  welche  einige  solche  Zustände  darstellt,  sind  die  ober- 
lliehlieb  liegenden  Stücke  der  Ketten  durch  stärkere  Contonren  be- 
aeiehnet,  das  üebrige  liegt  bereits  innerhalb  des  Korkes.  Links, 
wo  die  Kette  erst  aus  2  Zellen  besteht,  ist  nnr  die  ältere  und 
böebstens  der  hintere  Band  der  anderen  Zelle  auswendig.  Die  letztere 
erweist  sieh  dnrch  ihre  Gestalt  deutlich  als  die  ßcheitelzelle  der 
werdenden  Zellreihe.  In  Fig.  3  rechts  scheint  die  grossere  Zelle  der 
oberfllehliehen  Kette  die  älteste  zu  sein,  von  welcher  nach  rechts 
ein  knrxer  Spross  ausgeht,  der  sogleich  ins  Periderm  eingedrungen 
iat|  während  sie  nach  links  zwei  Zweige  entsendet,  von  denen  der 
eine  zn  einer  ans  3  kleinen  Zellen  bestehenden  oberflächlich  geblie- 
benen Kette  geworden  ist,  die  sich  nicht  weiter  fortbildet,  d.r  an- 
dere aber  ins  Periderm  gelangt  ist  und  wie  aus  der  Gestalt  seiner 
Zellen  ersichtlieh,  zu  einer  rflstigen  Fortbildung  sich  anschickt 
Man  sieht  auch  hierbei  wieder,  wie  die  festen  Korkzellmembranen 
von    der   fremden   Pflanze    ohne  Ilindemiss    durchwachsen    werdeUi 

C«ha,  BeHrüce  sv  Riolofie  der  Fflaaien.    Baad  II.  Heft  IL  IQ 


140 

md  68  ist  TOD  iMtoiMtei  diese  Wirkng  sogar  toq  einer  Alge  •■!- 
geübt  n  selieo.  Es  findet  hier  eine  Trennung  der  KoikaelloB  Md 
ein  Bindringen  in  Zwiscbeorinme  keineswegs  statt;  denn  die  KoA- 
seUen  erweisen  sieh  in  festem  Verbände  nnd  die  Ooaidien  m  die 
Snbstsnx  des  Korkes  eingegraben.  Da  Pilse  dies  sn  thnn  ▼««Qgen, 
so  kann  es  aaeh  von  Algen  erwartet  werden;  von  CUorod^firmm 
Lemmae  Cohn  ist  Ihnliehes  schon  bekannt 

Einmal  ins  Periderm  gelangt,  breitet  sieh  die  Alge  laseh  aas. 
Man  findet  leieht  alle  Deberginge  Ton  den  «rsten  ein-  oder  wenig- 
selligen  Kolonisten  bis  sn  grosseren  ans  vielen  Zeilen  beslebeaden 
Lagern.  Die  Alge  wuchert  im  Peridenui  indem  sie  dnreh  TiaUMhe 
dichotome  Zweigbildnng  die  Zahl  der  Ketten  vermehrti  die  aber 
meist  genau  in  einer  einsigen  Ebene  inneriialb  der  ftusserea  Koik- 
sehieht  liegen  und  in  centrifngaler  Biehtung  wachsen,  sodass  die 
Alge  bald  rings  um  den  Infectionspnnkt  gleiehmissigi  bald  nur  sMkr 
nach  einer  Seite  hin  sieh  ausbreitet  Sie  dringt  dabei  in  den  Zell- 
hOhlen  einer  und  derselben  Korksellenlage  vorwirts  und  waitei  die- 
selben aas;  daher  die  Anordnung  der  Oonidien  in  einer  einfJM^sn 
Lage.  Eine  Zeit  lang  bleiben  die  Ketten  deutlieh  nnteraeheidhar. 
Die  Oliedersellen  aeigen  ovale  oder  etwaa  tonnenflirmige  Oestsit; 
mitunter  trifft  man  auch  welche,  die  an  beiden  Enden  mehr  schlankt 
£ut  schlauehfftrmig  und  nur  in  der  Mitte  bauchig  gedunsen  sind, 
was  wohl  von  der  Eigenthflmlichkeit  des  Substrats  bedingt  sein  ang. 
Aber  wegen  der  reichliehen  Zweigbiidung  kommen  die  Ketten 
immer  mehr  mit  einander  in  Gontsct,  die  Lfleken  swischeu  ihnen 
werden  fast  alle  nach  und  nach  durch  Sprossungen  ausgeflillt,  end- 
lich sind  die  einseinen  Ketten  nicht  mehr  su  unterscheiden,  es  hat 
sich  dss  oben  beschriebene  scheinbar  parenchymatische  Lsger  gebil- 
det Die  Infectionspunkte  entschwinden  späterhin  der  Beobachtung, 
nicht  sowohl  weil  sie  überhaupt  sehr  einseln  nnd  serstreut  liegen, 
sondern  auch  weil  die  oberfltchlich  liegenden  Anfangsglieder  der 
eingedrungenen  Ketten  sbzusterben  und  su  vergehen  oder  abgestosoen 
SU  werden  scheinen.  Das  ganze  Oonidienisgcr  ist  somit  dureh  die 
obersten  Korkzellscbichten  nach  aussen  abgeschlossen. 

Nach  der  Einwanderung  der  Oonidien  nimmt  die  Bntwickeinng 
der  Hyphen  an  den  von  jenen  besetzten  Stellen  ungemein  zn.  Sie 
setzen  sich  in  Menge  an  die  Gonidien  an,  wuchern  in  den  Zwischen- 
räumen derselben  nnd  zwängen  sich  sogar  manchmal  zwischen  die 
aneinander  gewachsenen  Zellen  einer  nnd  derselben  Kette  ein,  die 
dadurch  vollends  aufgelöst  wird.  In  solchem  Falle  nisten  die  ein- 
zelnen Gonidien  in  einer  Hyphonroasse,  die  sich  wegen  der  dichten 


141 

TerieehtüBg  mid  der  UDregelmässig  gelappten  Verzweigung  der  Fä- 
des  nicht  entwirren  läset  (Fig.  4,  A).  In  den  noch  vorhandenen 
Zwkehenrftnmen  zwischen  den  Oonidien  und  den  angrenzenden  Kork- 
sallealagen  findet  sich  Lnft  ein;  dies  ist  der  Grund,  wesshalb  die 
▼OB  den  Oonidien  eingenommenen  Stellen  weiss  erscheinen,  und  da 
die  obarstan  von  Hyphen  durchwucherten  Korklagen  als  eine  zu- 
aunmenblngende  ziemlich  glatte  Haut  darüber  ausgespannt  sind,  so 
erhalten  sie  ein  fast  perlmutterartiges  Ansehen.  Diese  Stellen  sind 
aieb  gewöhnlich  schwach  erhaben,  weil  die  verhältnissmftssig  volu- 
«iedsen  Oonidien  ins  Periderm  gekommen  sind. 

Die  Rolonisimng  des  Thallns  durch  die  Alge  geschieht,  wie  aus 
den  Vorstehendem  erhellt,  an  mehreren  Punkten  gleichzeitig  oder 
hmeriialb  eines  gewissen  Zeitraumes  durch  verschiedene  Individuen, 
wekhe  offenbar  nicht  gleiche  Abstammung  zu  haben  brauchen.  Unter 
sokben  Umständen  ist  auch  zu  erwarten,  dass  diese  Einwanderung  an 
keine  bestimmten  Punkte  des  Thallns  gebunden  ist,  sondern  ganz  dem 
Zefall  anheimgegeben  jeder  Regelmässigkeit  entbehren  mnss.  In  der 
Thal  bietet  auch  der  Eintritt  des  Weissfleckigwerdens,  welches  das 
Zeichen  ataltgefundener  Einwanderung  des  Chroolepus  ist,  ein  Bild, 
in  welchem  diese  Zufälligkeit  sich  deutlich  ausspricht.  Oewöhnlich 
miBd  ea  einzelne  kleine,  oft  marmorartig  verzogene  Flecken,  welche 
avgeQoa  Aber  den  Thallns  vertheilt  sind,  hier  seltener,  dort  in 
iT  Anzahl  beisammen  stehen,  ohne  dass  in  dieser  dichteren 
donneren  Oruppirung  irgend  eine  Regel  zu  erkennen  wäre. 
Sieweiien  erscheint  nur  an  einer  einzigen  Stelle  ein  weisser  Fleck, 
^er  aUmählich  seinen  Umfang  vergrössert,  indess  der  ganze  übrige 
*TbAlloa  noeh  grünlich  bleibt,  bis  vielleicht  auch  auf  ihm  später  solche 
Vieeke  auftreten  oder  jener  sich  über  ihn  verbreitet  hat.  Die  ersten 
Flecke  treten  ebenso  oft  an  den  Rändern  oder  nur  an  einem 
m  Rande  als  in  den  der  Mitte  näher  liegenden  Theilen  auf. 
viele  kleine  Flecke  auf  dem  Thallus  erscheinen,  so  fliessen 
lie  beld  zusammen,  die  Marmorirung  wird  gröber,  es  bleiben  kleine 
Inliehe  Inseln  in  der  susammenfliessenden  weissen  Masse,  und 
^Badlieh  werden  auch  diese  ausgefüllt.  Jedenfalls  ist  früher  oder 
4^qiAler  der  anfangs  grünliche  Thallus  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
mifleiehniäasig  weiss  gefkrbt  Niemals  aber  treten  solche  weisse 
;e  ausserhalb  der  grünlichen  Peridermstellen  auf,  und  ich  habe 
nie  auf  dem  von  der  Flechte  nicht  bewohnten  Periderm  jene  im 
Undringen  begriffenen  oder  schon  eingedrungenen  Cliroolepus-Indlvi- 
mit  farblosem  Zellinhalte  bemerken  können.  Es  folgt  daraus, 
hier   die   Alge   nur    in    solches    Periderm    sich    ein- 


bohrt,     welehes    von    den    Hyphen    der    Flechte     darcb- 
wachsen  ist. 

Wie  die  Entstchang  der  Flechte  in  ihrem  goiiidienloeen  Zastande 
an  kein  bcBtimmtcB  Lebtfnaaiter  des  BanmeB  geknilpft  ist,  80  IH 
auch  der  Eintritt  dieaes  zweiten  StadiumR  hiervon  nnitbhängig;  man 
findet  solche  weissfleckig  werdende  Tbitlli  sowohl  an  verhältnisamAa- 
sig  noch  dünnen,  als  anch  an  schon  bejahrteren  Kschenetümmcn,  nnd 
es  geht  daraus  hervor,  dass  nur  die  F.inwanderung  der  Oonidien 
diesen  zweiten  Znstand  des  Thallua  bedingt.  Wie  bald  aber  ein 
Tballns  durch  Chroolepns  kolonisirt  wird  oder  wie  lange  soin  goni- 
dienloser  Zustand  währen  kann,  ist  aus  demselben  Grunde  nicht 
durch  Vergleichnngen  eu  ermitteln;  es  mOxste  zu  diesem  Zwecke  an 
Standorte  selbst  ein  bestimmter  Thallns  in  seiner  Entwiokelong  v*r- 
folgt  werden.  Da  man  aber  gerade  an  der  Esche  diese  Thalli  so 
sehr  hänfig  im  Zustande  der  eben  beginnenden  und  der  verschieden 
Weit  fortges  eh  ritte  Den  Kolonisirnng  findet,  bo  darf  man  wohl  anneh- 
men, dass  diese  Zeiträume  nach  Jahren  bemessen  werden  müssen. 
Es  mag  auch  vorkommen,  dass  einzelne  Thalli  ganz  von  der  Alge 
unberührt  bleiben,  und  somit  ihr  Leben  ein  vergebliches  geweaeo 
ist.  Denn  man  findet  bisweilen  solche  glatt  gewesene  Stellen,  die 
ohne  eine  weitere  Bildung  zu  zeigen,  wieder  im  Vergeben  begriffen 
sind,  indem  ihre  äussere  Korkachiebt  rissig  zu  werden  nnd  sich  mit 
den  gewdbnlicbeo  rindebewohnenden  Organismen  zu  bekleiden  be- 
ginnt, wie  es  an  dem  umliegenden  Periderm  schon  in  viel  höherem 
Qrade  der  Fall  ist.  Auch  die  Abnormität  kommt  vor,  dass  bei 
verspäteter  Ansiedelung  die  Alge  sich  nicht  mehr  in  dem  ganzen 
ursprünglichen  Thallus  ausbreiten  kann,  wenn  stellenweise  durch 
Qborre ichlichen  Ansatz  jener  gewöhnlichen  Bindebewohner  die  inasere 
Korkschicht  rissig  nnd  pulverig  geworden  und  so  der  in  ihr  lebende 
Arthonia-T'hixWng  zeretHrt  ist.  Die  weisse  Ernste  des  Tcrligen  Thalloi 
erscheint  dann  unvollständig  oiler  unterbrochen,  bisweilen  umschlfcMl 
sie  eine  Insel  von  rauher  pulveriger  BescIialTenheit,  bewohnt  vo» 
nrnssenbariera  PUuro<:ij>aiit  n  s.  w.,  denen  wohl  auch  AnTänge  an- 
derer Kmateiillechten,  welche  oberfläehlieh  leben,  sich  beigesellt  haben. 
Das  Protoplasma  der  im  Periderm  ausgebreiteten  Gonidienlager 
Ist  oft,  allerdings  nur  sehr  blaas,  grDn  gefärbt,  gicichmllasig  in  allen 
Theilen.  Es  enthält  bisweilen  kleine,  stärker  lieht  brechen  de,  ebenrall« 
blasse  Kümchen,  mitnnter  auch  einzelne  oder  mohrern  Vacuolen. 
Anch  die  noch  als  deutliche  Ketten  sich  nnsbroitcnden  OoDidioo 
zeigen  oft  schon  grünes  Protoplasma,  sobald  sie  nur  einigermaiiKeii 
ini  Periderm  eingedrungen  sind.     Hei  Bebandinng  mit  ChlorKlnWa^» 


143 

Idsnng  lässt  das  contrahirte  Protoplasma  anch  noch  die  grünliche 
Farbe  erkennen  (Fig.  4).  Bisweilen  ist  aber  anch  die  Färbung 
im  ganzen  Gonidienlager  so  blase,  dass  man  über  die  Anwesenheit 
seilfct  geringer  Chlorophyllmengen  in  Zweifel  kommt.  Wie  schon 
oben  bemerkt^  fehlt  das  orangegelbe  Oel  manchmal  im  ganzen  Thallns. 
An  manchen  Standorten  scheint  dieser  Zustand  besonders  häufig  zu 
sein;  ich  habe  solche  Thalli,  die  bis  zur  Reife  der  Apothecien  ent- 
wickelt waren,  mehrfach  gefanden.  Oefter  sind  wenigstens  einzelne 
Stellen  in  der  Flechte  damit  versehen,  besonders  gilt  dies  von  den 
tiefer  ins  Periderm  eintretenden  Wucherungen  der  Gonidien  in  spä- 
teren Zuständen  des  dicker  krustig  werdenden  Thallus  und  vorzüglich 
TOD  den  in  der  Nähe  der  Apothecien  liegenden.  Nicht  selten  ist 
aber  auch  die  Anwesenheit  des  Oeles  eine  allgemeine  im  ganzen 
Thallus.  Zellen,  die  mit  demselben  versehen  sind,  zeigen  häufig 
auch  deutliche  Ergrflnung  des  Protoplasma's,  wiewohl  es  auch  in 
solchen  vorkommt,  die  nicht  merklich  durch  Chlorophyll  gefärbt  sind. 
Ana  dem  Gesagten  geht  hervor,  dass  die  Anwesenheit  des  ftlr  Chroo- 
lepus  so  charakteristischen  Oeles  weder  fQr  die  Alge  noch  für  die 
Flechte  nothwendig  ist.  Es  dürfte  ein  als  solches  für  das  Leben 
niefat  nothwendiges  Nebenprodukt  sein,  welches  bei  lebhafterer  Stoff- 
bildung abgeschieden  wird. 

Späterhin  erstarkt  der  Thallus  noch  weiter,  indem  er  sich  zu 
einer  dickeren,  gefelderten^  weissen  Kruste  entwickelt.  Dies  beruht 
auf  einer  Vermehrung  beider  Elemente  des  Thallus.  Die  Gonidien 
treiben  SprossungeUi  welche  ebenfalls  von  Hyphen  begleitet,  sich 
Aber  oder  unter  das  anfängliche  Lager  schieben;  dieses  ist  dann 
nicht  mehr  aus  einer  Lage  von  Zellen  gebildet;  es  hat  seinen 
Baum  noch  mehr  ausgeweitet,  so  dass  auf  dem  Querschnitte  elliptische 
Nester  von  Gonidien  sichtbar  sind.  Aber  auch  in  etwas  tiefere 
Schichten  des  Periderms  dringen  jetzt  von  Hyphen  begleitete  Spros- 
songen  der  Gonidien  ein.  Eine  weitere  Veränderung  ist  die,  dass  die 
äussere  Korkschicht  durch  die  vermehrten  Ilyphen,  welche  sie  in  Menge 
und  nach  allen  Richtungen  durchdringen,  unkenntlich  wird.  Die  zellige 
Struktur  derselben,  die  man  auch  nach  der  Einwanderung  der  Gonidien 
zQoächst  noch,  besonders  bei  Flächenansichten,  wahrnehmen  kann,  ist 
ganz  verschwunden;  die  verworrene  Uyphenmasse  ist  gleichsam  an  ihre 
Stelle  getreten,  und  wenn  sie  dieKorkzellbäute  auch  vielleicht  nicht  ganz 
aufgezehrt  hat,  so  hat  sie  sich  doch  mit  den  von  diesen  noch  verbliebenen 
Besten  zu  einer  krustigen  Masse  vereinigt.  Der  Thallus  ist  jetzt 
eigentlich  nicht  mehr  hypophlöodisch,  sondern  frei  an  die  Oberfläche 
getreteui  „epiphlöodisch  sichtbar  geworden,^  um  mit  Wallroth  zu 


144 

reden.  Die  Fclileruiig  rührt  zum  '(lieil  sction  d.ihcr,  ilaas  die  durch 
die  EiiiwuiiJt'rung  der  (ioniilien  enUtehcnUcn  wei§scn  FIccko  ent 
Dicli  und  nach  mit  oiuxnder  in  Berllhrang  kommen,  so  das«  bis 
dnrch  niedrigere  Linien  von  einander  geschieden  sind.  Die  ApoQie- 
den,  welche  in  der  Regel  bald  nach  dem  ErHcheinen  der  weissen 
Flecke  entstehen,  sind  je  einer  solchen  Areole  t-ingeBctst,  weil  ge- 
rade an  den  Apothccien  die  Venlickung  der  KruBte  besonders  stark 
ist.  Da  nan  aber  die  Entwicketung  des  TballuB  Jahre  in  Aaipmcfa 
nimmt,  diese  Kruste  aber  nicht  wie  normales  I'eriderni  durch  Dehn- 
barkeit  und  p>weiternng  vermittelst  eigener  Fortbildung  der  Zniuikme 
des  Umfangcs  des  Stammes  zu  folgen  vermag,  so  rcisst  die  Knute 
in  wirklichen  Rissen  eiu,  welche  an  den  dUnnaten  Stellen,  also 
swischen  den  Areolen  entstehen,  wodurch  letEtero  noch  bestimmter 
abgegrenzt  werden.  In  dieser  Form  erhält  sich  nun  der  Thallos 
noch  viele  J.ihre  auf  dem  Stamme;  lu  diese  Zeit  füllt  die  allmilhliche 
Ansreifung  der  Apothecicn.  Durch  die  inzwischen  beginnende  Uorke- 
bildnng  wird  der  Thallus  der  Lange  nach  noch  mehr  zerrisseD,  in- 
dem diu  ihn  tragenden  üusscren  Theile  des  Periderms  anseinandet- 
veichcn  nnd  im  Grunde  der  Furchen  neuer  Kork  an  die  Oberflftdie 
tritt.  Dabei  bleiben  immer  die  Areolen  des  Tlialln*  intact,  denn 
das  Auseinanderweichen  geschieht  durch  Erweiterung  der  EisH 
Ewischen  denselben.  Der  in  den  letzEercu  neu  erschienene  Kork 
leigte  mir  nichts  von  Elementen  der  Flechte;  letztere  ist  also  wirk- 
lich in  einielne  Theile  zerrissen,  welche  auf  den  höchsten  ftlt«st«a 
Theilen  der  Borke  sitzen,  hier  aber  mit  den  unterliegenden  Partien 
in  festem  Verbände  und  daher  uuch  jetzt  noch  lebendig  bleiben  and 
so  lange  fortlebe»  wltrden,  bis  am  bejahrten  Daumsisinme  die  stAr- 
kere  Borke  nbüdnng  alle  Alteren  Theile  der  Oberflache  abstOsat.  In 
der  Regel  erreicht  aber  die  Flechte  scKon  vorher  mit  der  völligen 
Bntwickelung  nnd  Reife  der  Apotheeien  ihr  natürliches  Lebenssiel. 
Der  hier  geachilderto  Entwickoinngsgang  des  Thallus  besiebt 
I  sich  Bpeciell  auf  die  Esche.  An  der  Eiche  entwickelt  sich  die 
Arthonia  mUgaris  im  Wesentlichen  unter  denselben  Erscheinungen. 
Auch  hier  geht  ein  gonidienloser,  nnr  von  Hyphen  gcbildctsr  Zu- 
stand voraus.  Die  betrcfTenden  Stellen  des  Periderms  nntorscheid« 
sich  nbt-r  hier  nnr  dnrch  eine  hellere,  etwas  silbcrgrane  Farbe  vm 
dem  bräunlichen  normalen  Periderra.  Bei  der  anderen  Beschaffenheit, 
die  hier  das  letztere  hat,  kann  natflrlich  das  grllne  Rinde parenchym 
unter  keinen  ürostihiden  (iurchnchimmern,  wie  bei  der  Esche;  die 
Oberfläche  kann  also  hier  immer  nur  die  Farbe  des  Periderms  teigoo. 
Das   Darohscheinen  der  braunen  inneren   Korkacbicht   wird  «fi  d^| 


145 

▼OD  der  Flechte  eingenommenen  Stellen  geschwächt  durch  das  weiss- 
liche  Lieht,  welches  durch  die  in  den  oberflächlichen  Korkzellen 
aosgebreitete  Hyphenmasse  hervorgebracht  wird.  Die  Hyphen  er- 
seheinen  hier  reichlicher  und  dichter  als  bei  der  Esche.  Es  sind 
eben  solche  äusserst  feine,  sehr  vielverzweigte,  stark  hin-  und  her- 
geechlingelte  hyaline  Fäden,  welche  eine  Neigung  zu  netzförmiger 
Verbindung  zeigen.  Daher  sind  die  Korkzellen  hier  sehr  bald  von 
einer  gleichmässigen  Hyphenmasse  durchwuchert,  in  welcher  der 
Verlauf  der  einzelnen  Fäden  nicht  mehr  zu  verfolgen  ist.  Nur  am 
Bande  der  ganzen  Ausbreitung  gelingt  dies.  Fig.  5  stellt  zwei 
oberfliehliehe  Korkzellen  aus  dieser  Region  dar;  die  Grenze  beider 
iat  ungefUir  der  momentane  Rand  des  Thallus. 

Sehr  auffallend  ist  aber  an  der  Eiche  die  zeitige  und  rasche 
Einwanderung  der  Oonidien.  Die  meisten  ThallusanAnge  zeigen  die 
Kolonisten  bereits  in  mehr  oder  weniger  grosser  Anzahl  und  es  sind 
verfaäHnissmässig  weit  seltener  als  an  der  Esche,  noch  ganz  gonidien- 
lose  Thalli  zu  finden.  Manchmal  folgt  der  ersten  Entstehung  des  aus 
Hyphen  gebildeten  noch  kleinen  Thallus  die  Einwanderung  der 
Oonidien  auf  dem  Fusse,  und  in  dem  Masse,  als  er  sich  periphe- 
risch ausbreitet,  erscheinen  neue  Kolonisten  auf  dem  von  ihm  ergrif- 
fenen Areale.  Aber  das  hat  die  Flechte  mit  der  an  der  Esche 
gemein,  dass  auch  hier  die  ersten  Oonidienansammlungen  an  ver- 
aehiedenen,  regellos  zerstreuten  Punkten  des  Thallus  und  niemals 
aisserbalb  der  Grenzen  desselben  sich  zeigen  und  dass  hier  eben- 
falls die  ersten  sichtbar  werdenden  Oonidien  als  kurze,  mit  ihrem 
hinteren  Ende  oberflächlich  liegende,  in  den  Kork  sich  einbohrende 
Ketten,  als  wirldiche  Eindringlinge  sich  zu  erkennen  geben.  Auch 
hier  erfaüt  der  Thallus  durch  die  eingewanderten  Oonidien  ein 
weisses  und  zum  Theil  graugrflnes  Ansehen.  Das  Orfln  rflhrt  hier 
von  dem  Chlorophyll  der  Oonidienlager  her  und  verändert  sich  in 
dem  Masse  in  Weiss,  als  Luft  in  demselben  sich  einfindet.  Auch 
hier  treten  die  andersfarbigen  Stellen  in  einer  Mehrzahl  kleiner, 
mehr  oder  weniger  marmorartig  zusammenfliessender  Flecken  auf, 
die  aber  zlemlidi  rasch  sich  verbreitern  und  vereinigen  und  dem 
Thallus  bald  ein  gleichmissig  weisses,  perlmutterartig  glänzendes 
Aussehen  verleihen.  Die  Oonidien  zeigen  hier  dieselben  Eigenthflm- 
liehkeiten,  wie  an  der  Esche,  sowohl  hinsichtlich  der  Oestalt  beim 
Eindringen  und  bei  der  qiäteren,  lagerartigen  Ausbreitung,  a|s  auch 
hinsichtlieh  der  Reaetion  und  hinsichtlich  der  Beschaffenheit  des 
Inhaltes;  hier  finden  sieh  aber  in  den  hypophlöodischen  Lagern  die 
oraagegelben  Oelkagelehen  allgemein  und  das  Protoplasma  ist  meist 


146  

grfln  geflirbt  Die  eindringendeii  Ketten  aber  sind  aseh  hier  farbloi, 
ohne  OeU  Aoeh  hinsichtlich  der  spftteren  Zoet&nde  des  Thallns  gilt 
das  vom  eschenbewohnenden  Gesagte. 

Bei  Artkonia  vulgaris  ist  die  Fmetifieation  von  dem  Yorhandea- 
sein  der  Gonidien  abhängig:  die  Anlage  der  Apotheoien  bildet  sieh 
immer  erst,  wen»  Gonidien  in  den  Thallns  eingewandert  siad.  Es 
gilt  dies  sowohl  flir  die  Flechte  auf  der  Esche,  wie  für  die  aaf 
Eiche.  Man  moss  sich  in  dieser  Besiehnng  hüten,  unsere  Flechts 
mit  anderen  ArihaniarJkxti^  deren  Thallns  gonidiealos  ist  und  welche 
oft  gesellig  mit  jener  Torkommeni  sn  verwechseln.  Sehr  leicht  kann 
man  besonders  durch  A.  punßtiformü  Ach.  getiuscht  werdeoi  wei 
diese  nicht  blos  einigermassen  in  der  Gestalt  der  ApotheeieSi  sea- 
dem  auch  in  der  Beschaffenheit  der  Sporen  mit  A.  tmlgaru  llbareia^ 
stimmt.  Hat  man  sich  aber  die  unten  angegebenen  Eigeuthflariisk- 
keiten  der  Apotheden  dieser  Flechte  einmal  klar  gemaeht|  ao  wird 
man  sie  immer  von  der  A.  vulgaris  unterscheiden  kOnnen.  Gewfiha- 
lieh  erscheinen  die  ersten  Apothecien  sehr  bald,  nachdem  di«  Goni- 
dien in  den  Thallns  gelangt  sind,  oft  noch  ehe  die  weissen  Flecke 
SU  einer  einsigen  Kruste  susammengeflossen  sind.  INeselbeB  kom- 
men dann  einaeln  auf  den  grösseren  Flecken  tum  VorseheiB;  qiter 
entstehen  andere  auf  den  inswischen  weiss  gewordenen  Stellen.  Se 
folgen  sich  hier  die  Apothecien  innerhalb  eines  Thallns  ohne  Jede 
riumliche  Ordnung,  eben  nach  der  Znfiüligkeit  der  Kolonisation  der 
einseinen  Stellen  durch  Gonidien,  keineswegs  in  centrifligaler  Sne- 
cession,  wie  bei  den  meisten  blatt-  und  krustenartigen  Flechten. 

Die  Entwickelung  des  Apotheciums  beginnt  damit,  dass  in  der 
unteren  Region  des  Thallus,  in  der  Ausdehnung,  welche  das  inkinf- 
tige  Apothecium  besitst,  die  feinen  Hyphen  sich  beträchtlich  ver- 
mehren und  sich  su  einem  Knäuel  ordnungslos  und  überaus  dicht 
verflechten.  Dieses  Hyphenkoäuel  sitzt  mit  ebener  Basis  der  Lage 
von  KorkaeUen  auf,  welche  zunächst  unter  dem  Thallns  sich  hinaieht 
Nur  eine  oder  wenige  Korkzelllagen  sind  es,  in  deren  Bereiche  die 
Hyphenmasse  sich  entwickelt  hat  und  welche  von  ihr  ausgeweitet 
und  80  aufgelöst  werden,  dass  einzelne  Stücke  von  Korksellhiuten 
mitten  in  diesem  Hyphenknäuel  eingeschlossen  sind.  Die  oberfläch- 
lichsten Lagen  sind  ebenfalls  ganz  von  derselben  Hyphenmasse 
durchsetzt;  hier  ist  aber  die  letztere  nicht  so  stark  entwickelt,  um  die 
Zellen  auszuweiten  und  auseinanderzuschieben.  Daher  bleibt  diese 
äussere  Korkhfllle  noch  kenntlich,  besonders  an  der  Eiche,  wo  sie  über- 
haupt dauerhafter  ist,  aber  sie  wird  durch  die  Entstehung  des  Hyphen- 
knäuels  nach  aussen  gehoben.     Die  ganze  Peripherie  des  Knäuels, 


147 

mÜ  AvBoahme  seiner  Grundfläche,  schwärzt  bis  in  einige  Tiefe  seine 
Hyphen;  an  der  Anssenseite  sind  dies  hauptsächlich  die  in  der 
inaaeren  Korkhfllle  aasgebreiteten.  Diese  schwarze  Partie^  welche 
alliniblieh  in  das  Innere  flbergeht,  stellt  eine  Art  Excipulum  dar. 
Daa  Innere  bleibt  farblos.  Nun  schwillt  der  Körper  unter  Gleich- 
bleiben der  flbrigen  Beschaffenheit  stärker  an;  die  äussere  Korkhttllc, 
welche  die  vergrösserte  Peripherie  nicht  mehr  zu  umspannen  vermag, 
wird  allmählich  in  ihre  einzelnen  Zellen  aufgelöst,  welche  noch  lange 
im  Exeipnlom  deutlich  bleiben.  Währenddem  sprossen  aus  dem 
Boden  des  Körpers  senkrecht  zur  Basalfläche  schlauchförmige  und 
fadenformige  Zellen  in  der  ganzen  inneren  farblosen  Ilyphenmasse 
bis  nahem  an  das  Excipulum  empor  und  verdrängen  den  grösstcn 
Tbeil  der  ersteren.  Die  schlauchförmigen  erweitern  sich  bald  keulen- 
ftrmig  und  werden  zu  den  Asci;  die  fadenförmigen  bleiben  sehr 
dUnn,  überragen  die  Asci  und  gehen  mit  ihren  Enden  in  die  die 
Apothecienscheibe  bedeckende  schwarze  Schicht,  an  deren  Färbung 
dieselben  theilsunehmen  scheinen;  sie  stellen  die  sehr  feinen  Para- 
pbyaen  dar.  Zwischen  diesen  Elementen  bleibt  das  ursprüngliche 
feine  Fadengeflecht  noch  einige  Zeit  erkennbar.  Nach  Behandlung 
mit  Kali  nehmen  alle  Bestandtheile  des  Apotheciums,  nicht  bloss 
die  Aaoi,  sondern  auch  daa  die  Anlage  desselben  darstellende  feine 
Hyphengefleeht,  und  daher  auch  das  Gewebe  des  Excipulum,  soweit 
lueht  die  natflrliche  dunkle  Färbung  desselben  dies  verhindert,  mit- 
telst Chlorzinljodlösnng  rasch  und  leicht  eine  intensiv  und  rein  blaue 
Färbung  an.  Auch  habe  ich  mitunter  an  den  im  Thallus  zwischen 
den  Gonidien  befindlichen  Hyphen  diese  Reaction  nicht  undeutlich 
eintreten  sehen.  Die  Systematik  spricht  der  Gattung  Arthonia  ein 
Exeipnlum  ab;  wenn  sie  die  dflnne  schwarze  peripherische  Partie, 
die  hier  so  genannt  worden  ist,  mit  zum  Hymenium  rechnet,  so  mag 
sie  inaofem  Recht  haben,  als  z.  B.  bei  Oraphis  diese  nämliche 
Partie  zu  einem  dicken,  kohligen,  vom  Inneren  ziemlich  scharf  abge- 
j^rensten  Gehäuse  wird,  welches  später  über  dem  eigentlichen  IJymc- 
ainm  anseinanderweicbt  und  dasselbe  oben  blosslegt. 

8.  Arthonia  epipasta  Ebr. 

Diese  an  glatten  Rinden  jflngerer  Stämme  und  Aeste  zahlreicher 
Lsvbhölser,  besonders  der  Eschen,  Eichen,  Ahome,  Zitterpappeln 
vngemein  häufige  Speciea  hat  nach  Körber  einen  „thallua  L  hypo- 
pUoeodeM  subnuUua,  L  qnphloeodes  plemmque  determincUus  continguus 
submembranaceus,  albus  L  cinerascens  imo  olivaceus/^  was  derselbe 
Aator  m  der  Anmerkung  mit  deutschen  Worten  so  ausdrückt:    „Im 


U8 


besten  twicki'Iten    Zastni 
griiu   Oller   bräunlich; 


ist  der  Thallns  dUnnschorBg,  rcinweiu, 
andern  FKlIcn  scheint  das  Peridcrm  der 
Baumrinde  Beine  Stelle  zu  vertreten."  Das  beste  Herkmal  bieUo 
wieder  die  Apothecien.  Sie  stellen  in  gleichmitsBigen,  Kiemllob 
enlfernten  Distunzen,  and  die  ziirteu,  linealisch  rerlSnger' 
tan,  gebogenen  und  oft  verzweigten  schwarzen  FignrSD,  die 
sie  bilden,  lussen  diese  FlecJite  immer  erkennen.  Dazu  kommt,  dats 
i]io  ebenfalls  puppenfurmigeu,  hyalinen  Sporen  zweizeilig  aind. 

Auch  diese  Flechte  kann  au  sehr  veracbieden  alten  StAmnieheB 
lind  Zweigen  erscheinen;  sie  kommt  aber  häufiger  als  die  vorige  an 
jüngeren  Zweigen  vor,  an  Eichen  z.  B.  schon  an  4 — 7  Um.  dicken 
nicht  selten;  auch  für  sie  scheint  die  Unversehrtheit  des  lebendigen 
reridorms  die  einzige  Bedingung  zu  sein.  Sie  bildet  gleichfill« 
rnndliche  Flecke  von  scbr  verschiedener  Ürtisse,  die  sich  von  den 
übrigen  Periderm  nur  unterscheiden  durch  eine  vollkomninere,  meiit 
mit  etwas  Glanz  verbundene  Glätte  und  durch  ein  andenis  Cotorit 
Hervorstechend  ist  das  letztere  nur  dann,  wenn  es  anfandersrarbiger 
Rinde  in  rein  silbcrgrauer  oder  weisslieher  Farbe  erscheint,  wie  an 
der  Eiche  und  am  Ahorn,  besonders  aber  an  Zitterpappeln.  Dieses 
Aussehen  wird  hervorgebracht  durch  die  Farbe  der  in  grösserer 
Menge  in  der  flussercn  Eorkschicht  vorhandenen  Hyphen  der  Flecht«. 
Sind  letztere  minder  reichlich,  so  ist  das  ColoriC  mehr  ein  Oemiaeli 
ans  Qrau  und  der  Farbe  des  reinen  I'eriderms  oder  es  ist  geraden 
die  typische  Farbi'  dos  letzteren,  was  anch  an  den  genannten  Blamen 
mgleich  vorkommen  kann,  also  brflnulich  oder  rothbraun  oder  grQn- 
Uch.  An  der  Esche  ist  dies  letztere  sogar  der  gowöhnlicbo  Pal); 
hier  siebt  der  Thallns  grau  oder  grauhräunüch  aus,  oft  mit  einem  SUeh 
ins  Grünliche,  was  von  dem  Durchscheiuen  der  grünen  Rinde  her- 
rOhrt.  In  solchen  Fällen,  wo  die  Hyphen  nichts  zur  Färbung  bei- 
tragen, besteht  ein  Unterschied  des  von  der  Flechte  eingenommenen 
Peridenns  von  dem  nicht  befallenen  hinsichtlicli  der  Farbe  nur  darin, 
dass  das  letztere  einen  nureinen  Farbeiiton  zeigt,  hervorgebnctit 
durch  die  zahllosen  kleinen  Unebenheiten,  welche  dnrch  das  ftllmih- 
liehe  Ablösen  der  äusscräten  Korkzellcn  entstehen,  sowie  durch  die 
reichlichere  Ansiedelung  der  mehrfach  erwähnten  rindebewohnen- 
den Algen-  und  Pilzzellen,  die  eben  in  diesen  Unebenheiten  sich 
bequem  ansetzen  können,  während  das  von  der  Flechte  bewohat« 
Periderm  durch  die  Hyphen  zu  einer  tntacten,  an  der  Oberfitebe 
glatten  Haut  zusammengehalten  wird,  auf  welcher  frenulartige  Ansie* 
dctnngen  aulTallend  selten  sind.  Hit  zunehmendem  Aller  dt»  Stam- 
moB  steigert  sich  deshalb  dieser  Unteracbicd  immer  mehr,  iodeni  die 


14f 


Besebalfenheit  des  Tkütai  Miu^iil  UtOA.  Grwihiliifc  ut  mWr 
die  Pleebte  anch  tchoB  duck  die  kkr  Mir  seiH^  erMteiMadea 
ApotheeieD  gekeomeiekaet. 

Der  Thmllos  besiebt  ns  H jfikea.  viicfe  ■k4m»  nr  ia  der 
tasseren  Korksebiebl  TorbaadcB  sad  aad  ia  Griiag,  GefCalt  aad 
Besebaffenbeity  sowie  ia  der  All,  «ie  säe  fie  KofkaeUea  darckvacbera, 
deBJeaigea  der  ArtAomia  tmlgarü  licb  gaas  gleicfc  Ycrbaltea.  Bald 
tretea  sie  ebeaso  diefat,  wie  bei  jeaea,  bald  aüader  dickt  aal^  so 
dass  sie  sidi  eiasela  aocb  tei  folge»  isswa  Ia  der  Mille  des  Tballas 
aber  siad  sie  viel  reieklicker,  gegca  dea  Baad  bia  Terlaafea  sie 
eatferater  von  eiaaader. 

VoB  al|;eaaitigea  BeflMatea  aber  calbilt  der  Tballas  dieser 
Fleebte  aiemals  eiae  Spar,  weder  tob  Chfoole|NU  aodi  voa  eiaer 
anderen  Gonidieaform,  weder  ia  dea  erslca  Lebeasstadiea,  aoeb  xa 
irgend  einer  sptteren  S^eü,  saeb  daaa  aickt,  weaa  die  Apolbedea 
aaf  ibm  entwiekelt  siad;  ÄrAomia  epipasta  ist  eiae  seillebeas 
gonidienlose  Fleebte.  Xaa  ibeneagt  sieb  bierroa  mH  aabe- 
diagtor  Gewissheit,  weaa  msn  Sebaille  ia  der  aagegebeaea  Weise 
mit  Kali  behandelt  and  daraof  mit  Cblorxiakjodldffang  prflit  Be- 
sonders sind  hienn  FliebensebniHe  geeignet,  weil  aiaa  mittelsl  die- 
ser grossere  Strecken  des  ThaUas  aiit  eiaem  Male  antersaebea  kann. 
Man  findet  dann  nirgends,  aaeb  niebt  im  üsd^reise  aad  aaterlialb 
der  Apotfaeeien,  ii^end  weldie  Algeaeiaseblfisse,  ron  welchem  Pnnkle 
des  Tballas  nach  das  Priparat  geaomaiea  seia  mag.  leb  habe  aaf 
diese  Weise  sahlreicbe  Tballi  dieser  Flechte  roa  YerschiedeBeB 
Biammi  nnd  von  Tersebiedeaen  SUadortea  aaeb  Ooaidien  darehsaclit 
aad  immer  n^ative  Besaitale  erbaltea.  Eiaaeiae  frd  anf  der  Ober- 
illebe  des  Periderms  liegende  Zeilen  ron  PUwroeocau  sind  natflrlicb 
fremde  Wesen  gleich  denen,  die  aasserhalb  der  Tballi  die  Oberfliche 
des  Periderms  in  nngleich  grosserer  Menge  bewohnen.  Einen  Za- 
sammenbang  mit  den  im  Periderm  befindlichen  Hyphen  der  Arthama 
habea  sie  nicht;  nicht  selten  ist  anch  die  Oberfliche  des  von  der 
Fleehle   bewohnten   flberans  glatten  Periderms  gans  frei  von  ihnen. 

Dass  das  Hjphengefleeht,  ans  welchem  der  Thallns  besteht,  cen- 
trifbgal  sich  aasbreitet,  ist  an  jangen  Zweigen,  die  noch  ein  gans 
aaTersebrtes  Periderm  besitsen,  am  Thallnsrande  deatlich  sn  erkennen, 
sowohl  aa  dem  allmählichen  Uebergsng  der  die  Flechte  anseigenden 
Firbaag  als  aaeb  an  den  gegen  den  Rand  hin  immer  spärlicher  wer- 
deadea  Hjphen.  Je  nach  dem  an  einseinen  Pnnkten  nngleich  rasch 
fortaehreiteiiden  Umsichgreifen  wird  dabei  der  Rand  mitunter  mehr 
oder  weniger  gelappt.    Diese  Ansbreitung  erreicht  aber  bald  ihre 


150 

Grenne.  Äu  düDoeu  StAinmen  Dd<1  Zweigen  Ut  ilie  leUUre  schon 
durcli  die  geringen  Dimeneioiiun  dieser  gegeben,  und  nn  horizonUlcB 
und  Hcliieftn  Zweigen  eotwieküll  sicli  der  Th&llaä  vurwiegeod  auf 
der  dem  Lieble  ausgesetzten  Seite  und  bildet  sich  itn  der  Unler- 
Beite  nicht  fort,  aach  wenn  in  der  ßeachaffcnheit  des  Peridermi 
daselbst  keine  ninilernisse  gegeben  sind,  wita  auf  EintIttsse  iueMrer 
Kräfte  hindeutet.  An  dickeren  Stämmen,  vo  der  Thallad,  besonder« 
uü  den  lange  glatt  bleibendeo  Eschen,  mitunter  recht  ansehnliche 
Dimensionen  erreichen  kann,  ist  doch  seiner  Ansbreitang  verhältniss- 
milaaig  bald  eine  Grense  gesetzt  durch  die  natürliche  Ver&ndemng, 
welche  die  Oberfläche  des  Pcriderms  frühzeitig  aunimmt.  Nor  das 
jugendliche  Periilerm,  dessen  oberste  Eorkzellcn  sich  noch  nicht  ab- 
schuppen, aondero  von  den  Hyphea  noch  zu  einer  gleichmäsaigen 
Haut  zusammengewoben  wi:rJen  künnon,  ist  der  geeignete  Boden 
far  die  Entwickelnug  des  Thallus.  Sobald  aber  die  Losung  jener 
Korkzellen  begonnen  hat  und  dio  Jtaiihigkeit  der  Oberfläche  zugleich 
durch  die  dann  stets  sich  einfindenden  rindebewohnendeu  Vagabunden 
noch  erhöht  wird,  ist  der  für  die  Ansiedelung  der  Flechte  angeeig- 
nete Zustand  eingetreten.  Daher  ist  an  einigermasscn  dickeren 
Slämmchen,  wo  eben  diese  Dcschatfvnheit  der  Kinde,  soweit  sie  noch 
nicht  von  der  Art/wnia  eingenommen,  bereits  vorhanden  ist,  die 
weitere  centrifugale  Ausbreitung  der  Flechte  begrenzt,  alle  erat  in 
der  zuletzt  verflossenen  Zeit  angelegten  Thalli  sind  klein  geblieben, 
neu  entstehende  aber  gar  nicht  mehr  zu  sehen.  Kbenfalls  begren- 
zend auf  die  Ausbreitung  des  Thallus  wirken  natürlich  die  votbut- 
denen  Thalli  benachbarter  Individuen  derselben  Art,  sowie  anderer 
hypophl Modischer  Speciea,  nicht  minder  allerband  gröbere  Bsnhig- 
keiten,  wie  LcnticcUen,  aufgesprungene  Stellen,  Wunden,  Narben 
von  Blättern  und  Zweigen. 

Da  der  Thallus  gonidienlos  ist,  so  bchtllt  er  anuh  zeillebeos  die 
beschriebene  Beschaffenheit  bei,  er  wird  nie  eu  einer  dickeren 
Kruste  nnd  ändert  seine  Farbe  nie,  wie  es  bei  Art/ionia  vulgarü 
der  Fall  ist;  die  äussere  Korkschicht  selbst  bleibt  der  vorwaltende, 
seine  Zelleustrnktur  nicht  einbtisaende  Bestandlheil,  in  welchem  nnr 
die  llyphen  verbreitet  sind.  Solange  die  Flechte  lebendig  ist,  erhill 
sie  auch  das  Periderm  intact  und  glatt  und  fast  frei  von  fremden 
Organismen.  Besondera  anffallcud  ist  dies  an  FachensUmmon,  w 
denen  oft  noch  wenn  sie  Schenkeldicke  erreicht  haben,  unaen-  Fleehte 
in  schöner  Entwickeinng  sich  befindet:  snf  der  oft  schon  aber  und 
über  mit  einem  dicken  Anfinge  von  Pleurococ4ru*  eingehullluu  Rinde 
erscheinen  die  von  der  Arthimta  «^i^jxuhi  bewohnten  Stellen  als  tlbv- 


151 

am  rane,  glatte  Inseln.    Was  oben  bezQglieh  der  Arthania  vulgaris 
Aber  die  Einwirkong  anf  die  tiefer  liegenden  Zellen  des  Eschenperidenns 
bemerkt  wnrde,  gilt  in  sehwftcherem  Grade  anch  von  dieser  Flechte. 
Hittsichtlieh  des  Intaetbleibens  der  insseren  Korkschieht  scheint 
an  allen  Gehdlsen,  welehe  die  Arthcnia  epipasta  tragen,  ein  Kampf 
iwisehen  der  Pflanze  und  der  Flechte  zn  schweben,  der  frflher  oder 
aplter  mit  dem  Unterliegen  der  letzteren   endet     Denn  das  Dicke- 
waehithnm  des  Stammes  bedingt  ein  Abstossen  der  ältesten  äusseren 
Korkselllagen,    welche    dnrch  jflngere    ersetzt   werden.      Wie    sich 
Artiamia  vulgaris  mit  ihrem  tiefer  in*s  Periderm  eingreifenden,  krnsten- 
förmigen,   in  Areolen    trennbaren   Thallas    dagegen    schätzt,    haben 
wir  oben  gesehen.     Arihonia  epipasta   besitzt   diese   Mittel    nicht, 
ihr  dünner  Thallas  ist  anf  die  änssere  Korkschicht  beschränkt,  nnd 
sobald  diese  dem  inneren  Drucke  nachgiebt  und  in  Stflcke  zerreisst, 
die  aneh  nach  unten  keine  feste  Verbindung  mehr  haben,  geht  die 
Flechte  zu  Grunde.     Das  geschieht  keineswegs  immer  erst  dann, 
wenn   dieselbe   sich    bis   zur  Sporenreife   entwickelt   hat,    vielmehr 
wird  die  Flechte  sehr  häufig  schon  vorher  von  dieser  Katastrophe 
überrascht,  und   das  ist  um  so  eher  möglich,  als  gerade  bei  dieser 
Oraphidee  vermuthlich  wegen  der  bei  dem  Mangel  der  Oonidien 
überhaupt  ganz   abweichenden   Emährungsverhältnisse    die  Sporen- 
bildnng  in  den  Ascis  sehr  langsam  fortschreitet.     Sehr  häufig  findet 
man  die  Asci  noch  ohne  oder  mit  kaum  angelegten  Sporen,  und  auf 
etwas  älteren  Zweigen  die   Flechte  bereits  verschwanden,   so  dass 
keine  sporenreife  Individuen   sich  antreffen    lassen.     Dass  es  aber 
Qiirichtig  wäre,  hier  die  Reife  der  Früchte  als  von  der  Anwesenheit 
von  Gonidien  abhängig  zu  betrachten,  geht  daraus  hervor,  dass  man 
ja  wirklich  reife  Individuen  findet,  in  denen  nichtsdestoweniger  keine 
Oonidien  vorhanden   sind.     Die   kurz  keulenförmigen,   durch   Chlor- 
sinkjodlOsung  gleich  denen  der  Arihonia  vulgaris  intensiv  und  rein 
blau  sich  färbenden,  im  Scheitel  gewöhnlich   nicht  ausgefällten  Asci 
enthalten  dann  meist  8  ordnungslos  liegende,  leicht  heraasschlüpfcnde 
längliche,  puppenförmige,  stets  zweizeilige,  hyaline  Sporen.   Vielmehr 
hat  das  häufige  Vergehen  der  Flechte  vor  Eintritt  der  Reife  eben 
nur  in  den  angegebenen  äusseren  Umständen  seinen  Grund. 

Dieser  die  Flechte  vernichtende  Zustand  des  Periderms  tritt  an 
der  Eiche  schon  an  ziemlich  dünnen  Stämmchen  und  Zweigen  ein; 
am  spätesten  an  der  Esche;  an  dickeren  Stämmen,  die  noch  wohl 
entwickelte  Arihonia  vulgaris  tragen,  ist  aber  auch  hier  die  Flechte 
verschwunden.  Die  Erscheinungen  bei  diesem  Vergehen  bestehen 
darin,  dass  die  schwarzen  Striche  der  Apothecien  undeutlich  werden, 


15S 


labMÜmmta  dnkele  Flaeke  an  ihrer  Stdle  nrttokbMbflB,  ud  dMi 
die  Unebenheiten,  die  von  ihnen  herrflhren,  den  allveibreiteten  Rindt- 
bewohnem  {Pleurocoöcm»  ete.)  die  ersten  Punkte  nr  Antiedelnic 
gewähren.  Dann  wird  nveh  der  flbrige  riaaig  gewordene  TlieU  du 
Tballaa  von  dieaen  Weaen  bevOll^erti  nnd  die  Fleehte  iat  veraehwnndaa. 

Da  die  Bntatehnng  der  Apotheeien  bei  dieaer  Fleehle  idefat  wie 
bei  Artkoma  tmlgarü  von  dem  Vorhandenaein  von  Oonidien  abhlngti 
ao  aehen  wir  hier  dieaelben  aehon  fiühseitig  nnd  in  regekniaaigar 
Anfinaanderfolge  anftreten:  die  enten  eracheinen  ateta  Im  OaatnBi 
dea  TliaUna  nnd  in  eentrifkigaler  Biditnng  folgen  die  fibrigeai,  aa 
Bande  findet  man  gewUinlich  kleinere,  nocb^nnvoUitlndig  entwiekaUei 
nnd  wenn  der  TliaUna  aelbtt  noch  in  eentriftigaler  Anabreitaag 
begriffen  iat,  ao  iat  eine  Randaone  deaaelben  noeh  gani  frei  van 
AiKitheeien.  INe  Entwiekelnng  dieaer  Frtlehte  geaehieht  im  Weaant- 
liehen  ao  wie  bei  der  vorigen  Speciea.  Bin  im  Grande  der  ■naarinn 
Korkaehicht  mit  ebener  Gmndfliehe  anlaitaender  Kdrper,  nna  diebt- 
verflochtenen  Hyphen  anaammengeaetat|  hebt  die  darflber  beflndliehaa 
Lagen  von  Korlciellen  in  die  HOliei  dorehbricht  aiOi  wenn  nie  van 
etwaa  featerer  Oonaiatens  aind,  wie  i.  B.  bei  der  Eiche,  oder  v«^ 
flechtet  nnd  vertheili  aie  wohl  anch  in  aeiner  oberfliehlidien  Partie» 
welche  anch  hier  dnreh  Firbnng  der  Hyphen  dnnkel,  nnd  swar 
achwiralichgrfln  eraeheint.  Ana  der  Baaia  dea  KOrpera  dringen  aieh 
dann  die  kenlenfSUrmig  aieh  erweiternden  Schlinche  in  die  farUeae 
Innenmaaae  dea  dichten  Hyphengewebea  senkrecht  empor;  Paraphjaea 
aind  mir  nicht  deatlich  geworden.  Die  Reaction  der  BeatandtheOe 
dea  Apotheeinma  gegen  Jod  stimmt  überein  mit  den  fElr  Arikamia 
pulgarü  angegebenen. 

Arthania  pimctiformü  Ach.  schlieast  sich  in  der  Vegetations* 
weise  innig  an  A.  ep^pa$ta  an.  Sie  kommt,  oft  mit  ihr  «f^^mmiWt 
an  den  nämlichen  Holspflansen  vor,  and  swar  gewöhnlich  nneh  achoa 
an  ao  jungen  Zweigen  wie  diese.  Sie  ist  nur  durch  die  Apotheeiaa 
von  ihr  su  unterscheiden.  Diese  stehen  auch  hier  in  grtoaerea 
Distansen  als  bei  A.  vulgaris  und  haben  eine  tupfenförmig  rundliche 
Gestalt,  die  nur  schwach  ins  Eckige  geht,  aber  niemala  atrahlig 
gelappt  oder  sternförmig  wird;  sie  sind  niedrig  und  flach,  achwarz- 
gefärbt  Der  anatomische  Bau  ist  derselbe,  die  Asci  sind  ebenfalls 
kurz  keulenförmig,  die  Sporen  aber  vierzellig,  wie  bei  A.  vulgarü. 
Mit  A,  epipasta  stimmt  diese  Art  flberein  in  dem  zeitlebens  gonidien- 
losen  Thallus,  welcher  ebenfalls  nur  aus  Hyphen  besteht  und  nach 
dieselbe  Farbe  und  BescLafTenheit  des  Periderms  erzeugt,  wie  jeae, 
anch  die  zeitige  Vergänglichkeit  mit  ihr  theilt 


153 


Oraphis  scripta  Ach. 

Die  gemeine  Schriftflechte  siedelt  sich  ebenfalls  auf  glatten  Rinden 
oder  aof  glatten  OberflJtohen  von  Borkenplatten  an  und  sucht  in  der 
Regel  schon  etwas  bejahrtere  Stämme  anf.  Instructiv  für  ihre  ersten 
Entwickelnngsznstände  sind  jnnge  Eichstämme  mit  noch  glattem 
Peridenn.  .Hier  ist  die  centrifugale  Entwickelung  des  Thallas  sehr 
deutlich.  Gewöhnlich  finden  sich  mehrere  gesellig  nebeneinander 
serstrent,  bisweilen  Aber  weite  Strecken  verbreitet.  Jedes  Individuum 
bildet  eine  im  Umfange  ungefähr  runde,  je  nach  Alter  verschieden 
groBaCi  weissliche  Kruste,  die  sich  am  Rande  allmählich  in  das 
Periderm  verliert,  im  Centrum  oft  schon  eine  Anzahl  Apothecien  zur 
Entwickelung  bringt  Streng  genommen  sind  das  aber  keine  Indi- 
vidnen,  denn  das  ringsum  und  zwischen  diesen  Thalli  befindliche 
Periderm  gehört  bereits  der  Flechte  an;  wir  haben  hier  wiederum 
den  nur  aus  Hyphen  bestehenden  gonidienlosen  Zustand  derselben 
▼or  uns.  Denn  dieses  Periderm  hat  eine  glänzend  weissliche  Farbe, 
während  das  nicht  von  der  Flechte  bewohnte  bräunlich  aussieht 
la  der  That  ist  jenes  auch  überall  in  der  äusseren  Eorkschicht 
dorchwnchert,  sowie  bei  Arthonia  wlgaris,  von  sehr  feinen,  eben- 
falls höchstens  0,8  Mikr.  dicken,  hyalinen,  unter  sich  verschlungenen 
Hyphen.    Manchmal  hat  fast  das  ganze  Periderm  dieses  Aussehen. 

Auf  diesem  ganzen  weisslichen  Periderm  findet  nun  Ansiedelung 
Bad  Einwanderung  von  Chroalepus  statt,  unter  Erscheinungen,  die 
mÜ  den  von  Arthonia  vulgaris  beschriebenen  so  vollkommen  Aber- 
eiastimmen,  dass  dem  hier  nichts  weiter  hinzuzufügen  ist.  Es  sei 
bemerkt,  dass  älteres  Eichenperiderm,  und  zwar  auch  an  diesen  von 
der  Flechte  bewohnten  Stellen,  häufig  braune,  stellenweis  auch 
hyaline,  mehr  oder  weniger  torulös  gegliederte,  meist  3  bis  8  Mikr. 
dieke  Fäden  von  Demaiium  trägt,  welche  mitunter  auch  zu  braunen 
Zelleneonglomeraten  vergrössert  sind.  Diese  Elemente  kriechen  dicht 
aa  der  Oberfläche  hin,  dringen  selbst  ein  wenig  in  die  Substanz  des 
KoAes  ein,  wie  oben  bereits  erwähnt  wurde.  Es  kommt  daher  auch 
vor,  dass  aie  zufällig  über  oder  neben  solchen  im  Eindringen  begrilTe- 
aea  Individuea  von  Chroolepus  liegen  oder  an  ein  Ende  derselben  an- 
atosaea.  Maa  hat  dies  selbstverständlich  nicht  als  einen  organischen 
oder  genetischen  Zusammenhang  zu  betrachten.  Mit  den  nur  im 
Kork  WBchemden  vielmal  feineren  und  stets  hyalinen,  nicht  geglie- 
dertea  Hyphea  der  Flechte  können  sie  nicht  verwechselt  werden. 
Fig.  6  zeigt,  von  der  Oberfläche  gesehen,  eine  Stelle  solchen  Eichen- 
periderma  ans  dem  Umkreise  eines  Specialthallus  mit  drei  getrennt 


154  _ 

nebeneioaDiler  licgeodeD  jnngen  Chr-oolepus-Kelteo,  dnrcb  Chlomok- 
jodlOsung  gefärbt.  Letztere  bidi]  bereits  unter  die  Obertlttclie  ge- 
drungen, nur  die  illteBten  Ponkte  (s)  liegen  oberflächlicb  and  beieichneo 
die  EiDtrittsslellco  der  Alge.  In  Fig.  7  ist  ein  andereg  Stück  solchen 
PcridermB  dargestellt,  unt  welchem  ein  weiter  entwickeltes,  inner 
halb  des  Korkes  wucherndes  Individuum  von  Chroolepu«  eu  sehen 
ist,  dessen  Eintrittsstelle  etwas  von  jenen  fremden  Pilzbildangen 
verdeckt  wird.  Das  feine  Ilyphengeflecht  der  Grnpkia  in  den 
Korkzellen  ist  in  beiden  Figuren  nicht  ausgEfUhrt.  Man  siebt  hier, 
dass  die  Alge,  wenn  sie  ins  Periderm  eingedrungen  ist,  entweder 
Eunachat  noch  in  mehr  gestreckten  wcuigSstigon  FKden  wichst  Oder 
sogleich  dendritisch  sich  verbreitet.  Manche  Individuen  enthalten  bereits 
in  dieser  Periode  in  einigen  Zeilen  orangcgclbes  Gel,  welches  dorcli 
Cblorzinhjod  schwarzblaa  gefArht  wird.  Die  im  Eindringen  begriffeBca 
jnngen  Algentndividuen  sind  auch  bei  Grapht»  ohne  Oel  und  obae 
merklichcB  Chlorophyll.  Wo  nun  solche  Gonidienansiedelungen  sainml 
dem  cndoperidermalen  Hyphengeflecbt  sich  kräftiger  entwickeln  nod 
weiter  susbreiten,  da  entstehen  die  Anfänge  der  Eingangs  erwähnten 
dicklichen,  meist  kruBtigen  Lager,  welche  dann  in  dem  gleieheo 
Masse  wie  die  Gonidiea  centrifugal  sich  wiilcr  bilden.  Unter  diesen 
Umständen  kann  leicht  die  Meinung  entstehen,  daaa  C/iroolfpua  gleich 
den  nirgends  fehlenden  gemeinen  Rindchowohncrn  ubiquiBlisch  im 
Periderm  vorkomme,  die  Flechtcnhyphcn  aber  erst  sccundftr  erschei- 
nen und  die  Alge  im  Periderm  aufsuchen,  eine  VorBtelInng,  die,  wio 
oben  angedeutet,  Bornct  hinsichtlich  der  Optgrapha  $ich  gebildet 
hatte.  Allein  diese  eigenthllmliche  Form  von  ('hrooUjnu,  wie  sie 
für  die  anfänglichen  Stadien  der  Oonidien  im  GrajiMdeenthnHw 
hier  beschrieben  wurde,  fehlt  an  solchen  Stellen,  welche  frei  »on 
den  Thalli  hierhergehOrigcr  Üra^/ii(/een  sind;  sie  fohlt  z.  B.  in  dem 
ganzen  Periderm,  welches  von  Arthonta  epi/iasta  and  punctiformi» 
eingenommen  ist,  desgl.  in  solchem,  welches  überhaupt  keine  Flechte 
mit  (.'ArWe/nM-Oonidicn  enthält,  was  nicht  der  Fall  sein  kSnnte, 
wenn  diese  Alge  ohne  Wahl  in  jcglicliem  Periderm  sich  ansiedelte. 
Vielmehr  gebt  ans  dem  Vorstehenden  hervor,  daBs  auch  bei  Grapki* 
scripta  die  Flechte  znnichst  in  einem  lediglich  aus  Elyphen  beste- 
henden Zustande  im  Periderm  lebt  und  hier  erst  von  einwKDdeniden 
Oonidien  kolonisirt  wird. 

Einmal  eingedrungen  vorgrCasert  sich  die  Alge  durch  Sproaann- 
gen  bcdenlend  und  nimmt  bald  als  ein  ziemlich  EasammenhüDgendea 
Lager  die  tieferen  Regionen  der  äusseren  Korkschicht  ein,  ntid  dringt 
von  da  aus  mit  einzelnen  Sprossnngen  anch  noch  etwaa  tiefer,  Überall 


^^ 


J 


155 

▼on  reichlichen  HyphenmeDgen  begleitet.  Fig.  8  zeigt  dies  an  einem 
Durehaehnitte  durch  den  Rand  eines  8pecialthallns.  Man  sieht,  dass 
die  Alge  in  den  Lnmina  der  Korkzellen  sitzt  nnd  nebst  den  Hyphen- 
massen  stellenweis  dieselben  ausweitet.  In  der  Mitte  ist  anch  he* 
merkllchi  wie  eine  knrze  Chroolepusketie  ans  einer  höheren  in  eine 
tiefere  Korkzelle  dnrch  die  Scheidewand  beider  hindurch  dringt 
Die  in  den  tieferen  Regionen  ansgebreiteten  Gonidien  enthalten 
meistens  orangegelbes  Oel  nnd  sind  bei  dieser  Flechte  auch  ziemlich 
deutlich  chlorophyllhaltig.  Doch  werden  auch  hier  mitunter  einzelne 
Ketten  beobachtet,  welche  ungewöhnlich  schmale  und  gestreckte 
Glieder  haben  nnd  in  denen  bald  nur  einzeüie  2^11en  des  gefärbten 
Inhalts  entbehren  oder  welche  fast  ganz  hyalin  sind  mit  Ausnahme 
einiger  dickerer  und  mit  Chlorophyll  und  farbigem  Gel  versehener 
Oliederzellen.  Fig.  9  zeigt  einige  solcher  Ketten  aus  den  oberflftch- 
lieheren  Schichten  einer  entwickelten  Graphiskruste,  in  welcher  die 
einzelnen  Korkzellen  nicht  mehr  deutlich  nnd  in  der  Figur  nicht 
angedeutet  sind,  welche  aber  zum  Theil  von  den  an  der  Oberfliche 
lebenden  fremden  braunen  PilzAden  durchwnchert  ist 

Der  entwickelte  Thallns  der  Schriftflechte  stellt  eine  derjenigen 
der  Arthonia  vulgaris  ähnliche  Kruste  dar,  die  der  Hauptsache  nach 
ans  Hyphen  und  Gonidien  besteht,  und  in  welcher  die  Struktur  der 
Korkzellen  mehr  oder  weniger  verwischt  ist.  Sie  nimmt  auf  dem 
▼on  den  Hyphen  durchwachsenen  weisslichen  Areale  des  Periderms 
regelmässig  allseitig  centrifugal  an  Umfang  zu,  bis  sie  mit  anderen 
Specialthalli  zusammentrifft  oder  durch  andere  äussere  Hindemisse 
aufgehalten  wird. 

Die  Apotheden  erscheinen  hier  viel  später  als  bei  Arüumta 
vMlgarü,  wenn  die  von  Gonidien  kolonisirte  Kruste  schon  einen 
grösseren  Flächenraum  eingenommen  hat  Daher  treten  sie  hier 
auch  nicht  regellos  auf:  im  Centrum  der  Kruste  brechen  die  ersten 
hervor  und  schrittweise  folgen,  wie  der  Thallus  centrifugal  sich  ver- 
grössert,  in  gleicher  Richtung  die  fibrigen,  so  dass  an  dem  noch  in 
der  Zunahme  begriffenen  Thallns  eine  Randzone  noch  frei  von  Apo- 
theeien  ist  nnd  die  änssersten  derselben  jflnger  erscheinen,  als  die 
weiter  gegen  das  Centrum  zu  gelegenen. 

Chroolepna. 

Die  Uebereinstimmung,  welche  zwischen  den  Gonidien  der  Cfra- 
fkideem  nnd  den  in  die  Gattung  Ckroolepus  gehörigen  Algen  besteht, 
Teraolaast  nns,  die  letzteren   mit  den  bei  jenen  gefundenen  Eigen- 

CskB,  BcÜriffB  snBioloci«  dcrPfiaaiCB.    B«b4  IL  Hcf»  IL  H 


Ift6 

thUmliehkeiteii  sii  Tergleicheii.  Das  an  Baamrindm  nd  alteM  HoImM 
rothbramia,  kOrnig-kniBtige  Uebonflge  bildende  Chtroolepm»  mmhimmm 
Kts.  {ProioeoocHB  onuiaeeua  Kin^  P.  umbrinuB  Kta.)  wirde,  weil  et 
ihnlieh    wie    /^«pra-Bildnngen    auftritt ,    schon    Ton    Mieheli    ab 
„Licken  enuiaeeua  puheruleniua  ruber  arboribu$  adnoBomuf*  be- 
xeiobnet  Die  mehnten  naeh  ihm  kommenden  Sehriftateller  alnd  ihm 
darin  gefolgt,  Aeharina  gab  der  Pflanae  sogar  den  Namen  Ltfira 
ruhen».  Dillenins  hatte  sie  anter  die  Pilie  in  die  Oattang  ^jfMw 
gebraeht;  gleiches  thaten  Sprengel i  welcher  sie  MmnOia  eimrnm 
barina,  MnrtinSi   welcher  sie   Tarula  cimnabarina  nannte,  n.  A. 
Wallroth*)  erkannte  aber  ihre  Uebereinstimmnng  mit  den  Gimidien 
der  Ghraphideeu  nnd  erklärte  sie  fOr  frei  gewordene  nnd  flir  sich 
weiter   lebende   nnd   sich   vermehrende   Bmtsellen  jener  Fleehten. 
Auch  wegen  der  Kngelform  der  Zellen  nnd  deren  stanbartiger  An* 
häofäng  ist  ihm  die  Pflanse  wesentlich  Terschieden  von  der  glei^ 
farbigen  I   aber   ans   Fäden  bestehenden    TVemtepoUiä  aurea  Hart 
{ByeeuB  aurea  L.),   welche   er  bei   den  Pilsen  belisst     Agnrdh 
stellte  soerst  Air  die  hierher  gehörigen  Bildungen  die  Algengattnag 
Ckroolqme  anf;  ihm  folgte  Kfltaing,  welcher  die  oben  genannte 
Speeies  wegen  ihrer  isolirten  kugeligen  Zellen  Anfangs  sn  IVoAMOoeiif 
stellte;   spftter   erkannte   er  das   reihenfftrmige  Verbnndensein   nnd 
brachte  sie  in  den  Speeies  Algarum  in  Chroolepue.    Naeh  Co  ha 
hat  schon  Flotow  durch  Uebergiessen  mit  Wasser  ans  dieser  Pflanie 
bewegliche  Zellen  erhalten,  nnd  ihm  selbst  ist  es  nach  mehrfaehea 
▼ergeblichen  Versnchen  gelangen,  die  Scbwftrmsporen  dieser  Pflanse 
zu  bcobachtep'),  so  dass  er,  falls  die  Flcchtennstur  derselben  sich 
erweisen  sollte,  darin  eine  neue  Fortplflanaungsweise  der  Flechten- 
gonidicn  erkennt.  Stitzcnberger^)  zeigte  später  die  gleiche  Beobach- 
tung an,  will  jedoch  von  dem  Zusammenhange  mit  Opegrapha  nnd 
anderen  Flechten   und   selbst   von   einer  Zustromengehdrigkeit   des 
„Protoooccus  crustaceut^^  und   des  ^fikroolepua  umbrinum^*  die  er 
sllerdings  untermengt  fsnd,  nichts  wissen.    Auch  Caspar y^)  hat 
die  Sporenbildung  bei  Chroolej>u8  aureum  und  Ch,  umbrtnum  beobach- 
tet und  gicbt  über  die  letztere  Pflanze  einige  uns  interessirende  nähere 
Details.     Er  hält  den  Protococcua  crustaceus  Cohn's  nicht  fdr  die 


I)  Ich  fand  diese  Speeies  aucli  auf  Gestein,    an   einer   Mauer,    wo   sie  der 
auf  Rinde  und  Holz  ganz  gleich  und  nicht  mit  Chr.  JolithuM  zu  verwechseln  war. 
*)  Naturgeschichte  der  Flechten  I.  p.  303  ff. 
9)  Hedwigia  1852.    No.  1. 
4)  Hedwigia  185 j.    No.  11. 
«)  Flora  1858.    No.  36. 


157 

Pflame  Klltzing's,  weil  sie  einen  intensiTen  Veilchengernch  besitze, 
die  letztere  aber  geruchlos  sei,  sondern  für  identisch  mit  Chroolepus 
odcratum  Ag.,  weiches  also  das  Chroolepus  betulinum  Ktz.  sein 
würde«  loh  kann  dem  nicht  beipflichten  und  muss  gleich  hier  be- 
merken,  dass  der  Veilchengernch  fflr  die  Unterscheidung  der  Species 
dnrehauB  trilglich  ist.  Das  Chroolepus  umbrinum  habe  ich  allerdings 
auch  80  wie  man  es  sammelt,  immer  geruchlos  gefunden;  nach  län- 
gerem Verschluss  in  einer  zugekorkten  Glasbflchse  wurde  jedoch 
beim  Oeffnen  der  Geruch  bemerklich.  Von  dem  rostrothen  Oel, 
welches  allerdings  auch  ein  flüchtiger  Körper  ist,  kann  er  nicht 
wohl  abhängen^  da  bekanntlich  der  Veilchenstein  seinen  Duft  noch 
von  sich  giebt,  wenn  längst  seine  Farbe  verblichen,  das  Oel  ver- 
flflehtigt  ist  Caspary  fand  seine  Pflanze  an  Allee-  und  Chaussee- 
bftumen  (Papulus  pyramidalis,  canadensis,  Pyrus  Malus^  Prunus 
domesttcus,  Sorbus  aucuparia)  bei  Bonn  und  Aachen  und  beobachtete 
Zoosporenbildung  Mitte  Juni  und  Ende  Mai;  es  gelang  ihm  dies  aber 
nicht  zu  derselben  Zeit  nach  dem  äusserst  trockenen  und  heissen 
Frflhjabr  von  1858.  Im  Spätsommer  und  Herbst  fand  er  nie 
Schwärmsporen.  Auch  hat  er  die  Erfahrung  gemacht,  die  sich  jedem 
Beobaehter  aufdrängen  wird,  dass  man  bei  diesen  Pflanzen  am  ehesten 
auf  Zoosporenbildung  rechnen  kann,  wenn  man  die  damit  bedeckten 
Kndenstttcke  eine  Nacht  in  einen  feuchten  Raum  legt.  Der  Chroo- 
lepus wnbrinum  besteht  nach  Caspary  aus  einzelnen,  oft  jedoch 
aus  2 — B,  selten  4 — 7  im  Zusammenhange  befindlichen  Zellen;  ver- 
zweigte Fäden,  wie  sie  Kützing  angiebt,  sah  er  nicht.  Wohl  aber 
bemerkte  er  mitunter  ebenfalls  die  ,. Fasern,^'  welche  jeuer  als  aus 
der  äusseren  Wand  der  Zellen  hervorgewachsen  ansah,  die  nach 
seiner  Meinung  aber  „vielleicht  Pilzßlden  gewesen  sind,  die  aber 
nichts  mit  dem  Chrool.  umbr.  zu  thun  haben.^  Die  Schwärmsporen 
sah  er  in  etwas  grösseren,  sonst  von  den  übrigen  nicht  verschiedenen 
Zellen  in  einer  massigen  Anzahl  sich  bilden.  Während  es  ihm  bei 
Chroolepus  aureum  gelang,  die  Zoosporen  keimen  und  zu  einer 
kurzen  Zellenreihe  sich  entwickeln  zu  sehen,  scheint  er  derartiges 
bei  Ch.  umbrinum  nicht  beobachtet  zu  haben.  Zwar  lautet  die 
hierauf  bezügliche  Stelle  also:  „Die  Schwärmsporen  sanken  nach 
längerer  Bewegung  zu  Boden,  nur  wenige  wuchsen  zu  vegetirenden 
Zellen  heran;  der  Inhalt  derer,  welche  btarben,  die  braunen  Köm- 
eben,  wurden  in  kürzester  Zeit  nach  dem  Aufhören  der  Bewegung 
frei  und  zerstreuten  sich  unter  heftiger  Molekularbewegung  weit  und 
breit  nach  allen  Seiten."     Weiter  bemerkt  aber  Caspary:     „Ein 

Sichfestsetzen   an   irgend   einen   Gegenstand   konnte  ich  weder   bei 

11* 


158 

CkroolepUB  auremn  noeh  umbrinum  beobtehteni  obglmoh  dies  dodk 
bei  anderen  Algen  leicht  wahrnehmbar  ist;  die  Zooaporen  beider 
ChroolqmS'Arien  sanken  gans  einfach  irgendwo  nieder;  solche  bloss 
niedergesunkene  SchwArmsporen,  die  ich  unter  feuchter  Olaaglocks 
auf  den  ObJektiTgläsem  hielt,  waren  es,  die  ich  bei  Ckroobput 
aureum  durch  Theiluug  ihrer  Zellen  sich  vermehren  sah.^  Aach 
Gaspary  spricht  sich  gegen  eine  Besiehung  dieser  Algen  sv  ge- 
wissen  Flechten  auS|  freilich  ohne  eine  Vergleichung  mit  den  Goai- 
dien  derselben  vorgenommen  su  haben.  £rst  de  Bary*)  hat  wie* 
der  die  üebereinstimmung  beider  hervorgehoben  und  betraehtet  im 
Chrodqms  umUmnum^  indem  er  von  dem  mit  der  Abstoasug  der 
oberflächlichen  Pcridermalagen  zu  Stande  kommenden  Freiwerden 
der  Gonidienketten^  sammt  den  sie  umspinnenden  Hyphen  aaa  dem 
Thallus  hypophlOodischer  Oraphideen  als  von  einer  feststeheadea 
Thatsache  ausgeht,  als  einen  Abkömmling  dieser  Flechten* 

Eine  Vergleichung  cwischen  dem  typischen  CkrodUpu»  wmhvimmm 
und  den  Gonidien  der  Arthonia  pulgarü  und  Oraphi»  seryMa  (die- 
jenigen  anderer  hypophldodischen  Graphideen  verhalten  sldi  nach 
de  Bary's  Angaben  und  meinen  flflchtigen  Betrachtungen  im  We- 
sentlichen denselben  gleich)   Hast   allerdings  gewisse  ünteraehiede 
nicht  verkennen,  sunichst  in  Ordsse  und  Gestalt.    Das  CkrooUpu 
umUfrinum,  welches  auf  Buchenrinde  in  den  hiesigen  Aiieawildeni 
grosse  Flachen  mit  einer  leicht  cerreiblichen,  körnigen,  braonrothea 
Kruste  Übersieht,    besteht  aus  siemlich  sphärischen,   nur  an  ihren 
Berflhnmgsstellen  mehr  oder  weniger  gradlinig  begrenitea  Zellen, 
welche  meist  zu  wenigen  in  kurze  perlschnurförmige,  aber  fast  immer 
unregelmässig  gekrümmte,   mitunter  einmal  verzweigte  Ketten  ver- 
bunden sind.    Ihr  Durchmesser  schwankt  zwisclien  20  und  97  Mikrom. 
Die  im  Eindringen  und  in  der  ersten  Ausbreitung  im  Periderm  be- 
griffenen Gonidien  zeigen  dagegen  immer  ausgeprägt  kettenAnnigen 
Zusammenhang,    häufig  mit   regelmässiger  dichotomer  Venweigang 
der  Ketten;    die  Gliederzellen  haben  fast  immer  eine  mehr  in  der 
Richtung  der  Kette  gestreckte  Gestalt,  sind  an  den  Verbindungs- 
stellen genau  geradlinig  begrenzt,   in   der  Mitte  sm   breitesten,  so 
dass  ihre   Form  vom   schmal   Elliptischen   ins  Tonnenförmige  geht, 
manchmal  auch  sehr  unregelmässig  wird,  mit  Ausnahme  der  Scheitei- 
zelle,  welche    eine    mehr    oder    weniger    gestreckte    konisch -cylin- 
drische  Gestalt  besitzt.     Die  Grösse  der  Zellen  ist  merklich  gerin- 
ger:  Sie  haben  eine  Breite  von  meist  8,  seltener  bis  18  Mikrom.; 


«)  1.  c.  pag.  291—92. 


159 

die  Lioge  schwankt  zwischen  13  und  21;  die  dfinnsten  und  schUiik- 
sten  Fonnen,  von  denen  oben  die  Rede  war,  haben  bei  der  angege- 
benen Länge  eine  Breite  von  manchmal  nnr  5  Mikrom.  Die  in  die 
tiefere  Region  des  Periderms  gelangten  und  daselbst  zum  Gonidien- 
lager  deh  ausbreitenden  Zellen  zeigen,  wie  oben  ausgeftlhrt  wurde, 
wegen  ihrer  Anhäufung  meist  nicht  mehr  den  ursprünglich  ketten- 
ftmiigen  Zusammenhang,  sie  haben  hier  vorwiegend  isodiametrische 
Form,  sind  rundlich  oder  durch  gegenseitigen  Druck  unregelmässig 
polyedrisch,  wiewohl  auch  hier  noch  einzelne  länglich  tonnenför- 
mige  Zellen  su  bemerken  sind;  ihr  Durchmesser  schwankt  in  den 
Grenzen  8  und  17  Mikrom.;  die  gestreckten  werden  bis  21  lang; 
die  grdsste  Mehrzahl  hat  einen  Durchmesser  von  fingefllhr  12.  In 
den  angegebenen  Dimensionen  verhalten  sich  die  Oonidien  der  Artho- 
nia  tmlgarü  und  der  Graphü  scripta  sowohl  auf  Esche  wie  auf 
Eiebe  einander  gleich. 

Ein  anderer  sehr  auffallender  Unterschied  ist  die  Beschaffenheit 
der  Membran.  Das  typische  Ghraolepus  umbrinum,  welches  mir  zur 
Untersuchung  diente,  hat  sehr  dicke  und  fast  ausnahmslos  sehr  deut- 
lich coneentrisch  geschichtete  Membranen,  welche  zugleich  eine  Inein- 
andersebacbtelung  der  Tochterzellen  nach  Gloeocapaa- Arihediugeu,  Ge- 
wObnlieh  beträgt  der  Durchmesser  derselben  4  bis  6  Mikrom«,  ich 
&nd  ihn  nicht  unter  3,  mitunter  erreicht  er  aber  8  Mikrom.  Dage- 
gen sind  die  Membranen  der  Oonidien,  sowohl  der  eben  eindringen- 
den als  auch  der  im  vollkommen  entwickelten  Thallus  vorhandenen 
nur  1,0  bis  1,8  Mikrom.  dick  und  stets  homogen.  Auch  hierin  ist 
kein  Unterschied  zwischen  Artkania  und  Oraphü.  Das  regelmässige 
Fehlen  des  rothen  Oeles  und  meist  auch  merkbarer  Mengen  von 
Chlorophyll  in  den  eindringenden  Gonidien  wäre  als  ein  weiterer 
Unterschied  anzuftthren.  Im  typischen  ChrooUpua  enthält  das  Pro- 
toplasma  immer  die  rothen  Körnchen,  gewöhnlich  in  so  grosser  Menge, 
dmss  nur  eine  Randzone  des  Protoplasmas  davon  frei  und  dann  meist 
durch  Chlorophyll  grfln  gefärbt  ist;  aber  auch  Zellen  anscheinend  ' 
ganz  ohne  Chlorophyll,  nur  mit  rother  Inhaltsmasse  vollgestopft  kom- 
men häufig  vor.  Auch  hat  das  Oel  in  den  Gonidien  häufig  mehr 
eine  gelbrothe,  oft  orangegelbe  Farbe,  das  der  freilebenden  Alge  ist 
immer  intensiv  rostroth. 

Endlieh  würde  zu  den  Unterschieden  auch  die  Schwärmsporenbil- 
dnng  gehören.  Zwar  ist  bei  Ghroofepus  umbrinum  sowie  auch  bei 
anderen  Arten  nicht  jederzeit  mit  Sicherheit  auf  diese  Erscheinung 
xn  rechnen^  wenn  man  die  Alge  mit  Wasser  unter  das  Mikroskop 
bringt;    allein    sie   ist    doch    so    häufig,    dass   sie    keinem    Beob- 


160 

aebter  entgaDgen  ist,  der  sieh  eiDigermtaBe«  mit  dieMr  Piaaic 
beschäftigt  hat,  und  es  Icommt  dato  die  avffallead  geringe  Zeit, 
welche  immer  yon  derBenetsuDg  mit  Wasser  bis  nur  Gebart  der  Schwiim- 
sporen  vergeht,  indem  daswiseben  gewöhnlieh  nor  5—10  Muiatea 
verstreichen.  Dem  gegenflber  luuin  es  nicht  safUUg  sefaHy  data  Boch 
keinem  Beobachter  eine  Bildung  von  Zoosporen  ans  den  an  Daieh- 
schnitten  dnrch  Oraphideenthallas  blostgelegten  Gonidien  begegaet 
Ist  Vorausgehende  Trockenheit  beeintrichtigt  die  Fihi|^eit  des 
ChrodUpua  Bchwtrmsporen  an  bilden,  Verweilen  in  fenchtom  BaaiM 
begünstigt  sie ;  man  mflsste  also  gerade  bei  dem  vor  euem  stArkerca 
Austrocknen  geschutiten  Aufenthalte  der  Gonidien  im  Periderm  eine 
Begünstigung  der  Zoosporenbildung  erwarten,  wenn  sonst  keine  V6rsekie> 
denheiten  bestunden.  Auch  ich  habe  diese  Erscheinung  hier  nie  gaaehsB. 

Diesen  Unterschieden  gegenüber  sind  die  üebereiasUmmangca 
desto  grösser,  und  auch  die  ersteren  schwinden  mehr,  weu  mea 
das  Chroolepus  wnbrinmn  in  seiner  Lebensweise  genaaer  verfolgt 
und  die  abweichenden  Verhiltnisse  berttoksichtigt|  unter  danea  es 
im  hypophlOodischen  Graphideenthallus  lebt.  Zu  den  wiektigstea 
Uebereinstimmungen  gehört  das  Vorhandensein  des  rothen  Oeks. 
Trots  der  oben  berührten  .offenbar  unwesentlichen  Farbeanaaneea 
wird  die  Identitit  desselben  durch  sein  ganies  Übriges  VeAattea 
bewiesen:  es  tritt  in  den  Gonidien  wie  im  freilebenden  Ckrool^m 
innerhalb  des  Protoplasma's  in  verschieden  grossen  KOmehen  auf^ 
es  ist  ein  fluchtiger  Stoff,  der  in  beiden  Füllen  bei  trockener  Auf- 
bewahrung sich  mit  der  Zeit  verliert,  und  es  hat  auch  in  beidea 
Fällen  die  gleichen  Reactionen:  Unlöslichkeit  in  Wasser  und  Aleo- 
hol,  Auflöslichkeit  au  einer  gelben  Flüssigkeit  in  Aether,  Sehwara- 
biauftrbung  durch  Jod.  Das  Protoplasma  ist  meistens  gleichmissig 
durch  Chlorophyll  grün  geArbt  Die  Zellmembran  seigt  in  beiden 
FÜlen  In  Ohlordnkjodlösung  weinrothe  Färbung,  am  intensivsten  nach 
voriieriger  Beliandlung  mit  Kali. 

Auch  die  Wachsthumsverbältnisse  sind  in  beiden  Fällen  die 
gleichen.  Zwar  ist  die  Bildung  der  Ketten  durch  eine  Scbeitelselle, 
welche  rückwärts  durch  Theilung  die  Gliederseilen  abscheidet,  an 
den  langgestreckten  Ketten  der  Gonidien  Im  Periderm  besonders 
deutlich.  Aber  auch  am  Chroolepus  sind  die  Endglieder  der  Ketten 
im  Wachsthum  und  in  der  Theilung  begriffen :  sie  haben  die  relativ 
dünnsten  Membranen,  indem  sie  durch  ihr  Spitzenwachsthum  die 
älteren  Membranschichten  an  ihrem  Scheitel  durchbrechen.  Eine 
Theilung  der  Gliederzcllen  kommt  hier  gewöhnlich  auch  nicht  mohr 
vor,  und  wo  sie  bemerkt  wird,  da  ist  ein  Zerfall  der  Kette  in  seine 


161 

Glieder  in  Vorbereitung  oder  schon  nahezu  vollendet  Das  kommt 
bei  Chroolqnis  nicht  selten  vor  und  geschieht  dadurch,  dass  die  über 
die  Grenzen  der  Oliedersellen  hinweggehenden  älteren  Membran- 
aehiehten  serstOrt  und  abgestossen  werden  und  die  Scheidewände 
der  Gliederseilen  sich  spalten,  indem  sie  zugleich  mehr  oder  weni- 
ger eonyex  gegeneinander  werden.  Die  Gliederzellen  werden  dann 
also  an  neuen  Scheitekellen.  Hierauf  beruht  die  eigentliche  Ver- 
mehrung der  Staubmasse  des  Chrodepus  umbrinum»  Auch  die  Ver- 
tweigung  gesehieht  bei  ihm  ebenso  wie  bei  den  Gonidienketten  nach 
gewöhnlicher  Gonfenraceenarty  indem  neben  dem  acropetalen  Ende 
der  Gliederselle  eine  neue  Wachsthumsrichtung  aus  dieser  hervor- 
geht; nur  sind  diese  Verhältnisse  wegen  der  Kugelgestalt  der  Glie- 
der und  der  sehr  unregelmässigen  und  gekrümmten  Form  der  Kette 
hier  nndeutlieber.  Während  das  Längenwachsthum  der  Ketten  des 
freilebenden  ührooiepua  ein  sehr  träges  ist,  gestaltet  sich  seine  Mem- 
braaverdiokung  überaus  kräftig,  so  dass  auch  die  noch  wachsenden 
Seheitelzellen  schon  ansehnlich  dicke  Membranen  besitzen.  Wir 
haben  ea  hier  ohnstreitig  mit  einer  Anpassung  der  Pflanze  an  ihre 
Lebensverhältnisse  zu  thun,  indem  die  ganz  freilebende  Alge  eines 
viel  grOeseren  Schutzes  als  die  innerhalb  des  Periderms  wachsende  bedarf. 
Das  Chrodepus  wnbrinum  hat  die  eigenthümliche  Neigung, 
sieh  In  seine  Unterlage  zu  vertiefen:  es  dringt,  wo  es  Ueberzüge 
an  Baumrinden  bildet,  mit  einzelnen  Ketten  in  die  äusseren  Theile 
des  Periderms  ein.  Und  wo  dies  geschieht,  ändern  sich  sofort  seine 
Gestalt  und  Ausbildung.  Die  Alge  sendet  lange,  oft  ziemlich  gerade, 
sehr  wenig  zur  Stammoberfläche  geneigte  Ketten  ins  Periderm 
hinein,  deren  Gliederzellen  nicht  rund,  sondern  mehr  länglich 
elliptisch,  gestreckt  tonnenförmig  sind  und  welche  häufig  in  eine 
schlank  eylindrische  Scheitelzelle  endigen.  Bei  den  auf  Buche  wach- 
senden Individuen,  welche  mir  bezüglich  des  Vorigen  zur  Unter- 
anehung  dienten  und  bei  denen  der  Znsammenhang  dieser  endoperi- 
dermalen  Wucherungen  mit  den  frei  auf  der  Rinde  lebenden  Zellen 
auf  das  Sicherste  zu  constatiren  ist  (Fig.  10),  finde  ich  die  Glieder- 
aellen  dieser  eingedrungenen  Ketten  meist  nur  17  Mikrom.  breit, 
aber  35  bis  37  Mikrom.  lang-,  die  schlanksten  Formen  sind  nur  8 
breit  bei  einer  Länge  von  30  und  mehr;  ja  es  kommen  Zellen  vor, 
die  bei  dieser  Breite  bis  54  Mikrom.  Länge  erreichen.  Solche  Zel- 
len Bind  oft  etwas  geschlängelt.  Manche  Glieder  haben  auch  noch 
eine  Breite  von  20  bei  einer  Länge  von  25  bis  29  Mikrom.;  über- 
haupt finden  alimähliche  Uebergänge  zu  den  grösseren  Formen  statt 
inaerhalb  derselben  Kette,  wenn  diese  in  ihren  Anfangsgliedem  noch 


_  '^2  _ 

küsserbHlti  deB  Periderm"»  aicli  befindet.  Mit  der  gröBscrcn  Regel- 
tnäBBigkeit  der  Ketten  trilt  auch  die  typisclio  Form  der  Veriweigun^. 
welclio  aacb  hier  Btellcnweise  vorkommt,  deutlicher  hervor.  Wir 
sehen  also  mit  der  Aenderiing  des  Medinme  die  rniTcrkennbarate 
Annälierang  an  die  GestalU-  nod  GrÖsseDverhältnisse  der  eindringen- 
den Gonidien.  Daza  kommt  ferner  die  geringere  Dicke  der  Hembrui 
an  den  eodoperi dermalen  Sprcisstngen  —  sie  beträgt  hier  onr  etw«  14, 
kaDm  noch  20  Mikrom.  —  sowie  das  Verschwinden  der  Schichtang. 
Aehnlicbes  gilt  anch  vom  Zelleoinhalle.  Zwar  ist  dereelbo  an  den 
meisten  dieser  eben  erst  ans  obertlacblichen  Zellen  hervorgegangenen 
endoperidermalen  Sprossnngcn  noch  nicht  verändert.  Allein  in 
manchen  Zellen  findet  sich  das  rothe  Oel  in  auffallend  geringerer 
Menge,  ja  es  fehlt  in  einigen  gänzlich,  und  wir  bemerken  hier  in 
der  Zelle  nur  ein  blassgrttn  gefärbtes  oder  anch  ein  anscheinend 
ganz  farbloNCB  Protoplasma;  besonders  gilt  dies  von  manchen  Schei- 
teiiellen  nnd  wohl  auch  einer  oder  einiger  ihnen  snnächst  liegenden 
Gliedcrz«]1en,  wiewohl  auch  interstitiell  zwischen  rothen  Zellen 
einzelne  oder  mehrere  blasse  vorkommen.  Auch  hier  ist  dies  bitnfiger 
D  den  dünnsten  and  schlanksten  Zellen,  als  an  den  breiteren.  OhneZwei- 
I  ftl  hfingt  auch  diese  Erscheinung  mit  RinflUsson  des  HodinmB  iDsammea. 

Das  freilebende  ührodepus  dringt  nicht  bloss  in  schon  vor- 
handene Spalten  unter  die  sich  ablösenden  Schuppen  der  kusseren 
Theile  des  Periderms,  sondern  oa  hat  anch  die  Fähigkeit,  sieb 
aktiv  in  den  zuBammenhnngenden  Zellen  dieses  Gewebes  vorwlrta 
zu  bohren,  wobei  es  mitunter  die  deckenden  KorkzellpUttchen  in 
Folge  seiner  Volnmenzunahme  abhebt  (Fig.  101.  Zn  znsammonhla- 
genden  Lagern,  wie  die  Gonidien  im  bypophlOodischen  Graphideen- 
Ihallus,  habe  ich  jedoch  reines  t'hroolepua  im  Pcriderm  sieb  niebt 
entwickeln  sehen.  Auf  Eichen  zeigte  mir  die  Alge  in  jeder  Hin- 
sicht die  gleichen  Verhältnisse  wie  die  so  eben  beschriebenen. 

Ans  allem  geht  hervor,  dass  die  morphologischen  und  btologiBChen 
VerhAltnisse  des  typischen  Üiiroolejms  sich  innerhalb  einer  liemlich 
weiten  Sphkre  bewegen,  und  dass  alle  die  EigenthDmlichkeiten,  welche 
unsere  Alge  als  Ansiedler  im  Flcchtenthallas  zeigt,  der  freilebenden 
Pdanze  keineswegs  so  fremd  sind,  wie  ea  auf  den  ersten  Blick 
scheinen  mag,  Die  geringe  Grosso  und  die  Dflrfligkeil  in  der  Ana- 
bildung der  Membran  und  des  Inhaltes,  welche  die  in  den  TballOB 
eindringenden  Gonidien  so  ausnahmslos  schon  in  ihren  ersten,  an 
der  Oberlläche  des  Pcriderms  liegenden  Gliedern  xeigen,  dürften 
wohl  daher  rühren,  dass  die  letzteren  aas  SchwArmsporen  hervof 
gehen,  welche  irgendwo  von  einem  freilebenden  Individuum 


168 

werden  nbd  sich  an  der  Oberfläche  des  Periderms  aDsetsen.  Die  Zoo- 
aperen  des  typischen  Chroclepus  umbrinum  haben  im  Maximum  eine 
Länge  von  12  Mikrom.  und  wenn  sie  zur  Rahe  gekommen  sind  und 
aieh  abgemndet  haben,  einen  Durchmesser  von  8  —  10.  Diese  Dimen- 
sionen stimmen  in  der  That  sehr  zu  den  oben  angegebenen  Grössen 
der  im  Eindringen  begriffenen  Gonidien.  —  Dass  die  Alge  in  der 
Gonidienform  keine  Zoosporen  bildet,  dazu  giebt  uns  die  Tbatsache 
den  8eblfl88el,  dass  auch  das  typische  Chroolepus  umbrinum  immer 
nur  die  grOssten  und  inhaltsreichsten  Zellen  seiner  Ketten  zu  Zoo- 
aporangien  werden  Iftsst,  wie  solche  im  Thallns  gar  nicht  gebildet 
werden,  wo  ja  ohnehin  die  Zellen  in  kleineren  Dimensionen  auftre- 
ten. Wir  können  also  alle  scheinbaren  Unterschiede  zurfickführen 
anf  Modifieationen,  welche  crwiesenermassen  die  Alge  durch  das  ver- 
änderte  Medium  annimmt,  und  werden  dazu  auch  die  Einflüsse  mit 
sn  rechnen  haben,  welche  durch  die  Beziehungen  hervorgerufen  wer- 
den, in  welche  die  Hyphen  der  Flechte  zu  der  eingedrungenen  Alge 
treten,  wohin  wohl  das  lagerartige  Ausbreiten  der  Gonidien  in  dem 
von  den  Hyphen  occupirten  Terrain  gehören  mag.  Denn  die  Alge 
mnas  ii^nd  einem  günstigen  Einflüsse  seitens  der  Flechte  begegnen ; 
es  wäre  sonst  nicht  zu  erklären,  dass  sie  zumal  auf  jüngerer  Esche, 
we  reines  Chroolepus  umbrinum  eigentlich  nicht  wächst,  die  von 
Arüumia  vulgaris  bewohnten  Stellen  aufsucht  und  alles  Uebrige 
80  auffallend  streng  meidet. 

Es  bliebe  noch  die  Frage  zu  erörtern,  ob  die  in  den  Graphi- 
deenthallns  eindringenden  Chroolepus-ZtWen  aus  Schwärmsporen  die- 
aer  Alge  hervorgehen.  Die  Bildung  und  das  Verhalten  der  Zoosporen 
derselben  ist  von  Gohn  und  Caspary  bereits  beschrieben  worden. 
Ich  fllge  hinzu,  dass  die  Zoosporangien  an  einer  vorgebildeten,  als 
ein  rundes  Loch  von  6 — 8  Mikrom.  Durchmesser  sich  öffnenden  Stelle 
austreten.  Dieselbe  entsteht  durch  eine  stärkere  Verdickung  der 
innersten  Membranschicht,  welche  die  äusseren  Schichten  nach  aussen 
vortreibt  und  so  eine  Art  Papille  erzeugt;  zuletzt  weichen  die 
äusseren  Sehiehten  an  diesem  Punkte  auseinander  und  die  verdickte 
Masse  der  Innenhaut  löst  sich  auf.  Das  Loch  bleibt  auch  an  dem 
entleerten  Zoosporangium,  welches  sich  seiner  derben  Membran  wegen 
lange  erhält,  siehtbar.  Man  findet  oft  viele  solcher  wirklich  leerer, 
dnreh  einen  runden  Perus  geöffneter  Zellen  unter  den  übrigen;  sie 
sind  ein  sicheres  Zeichen,  dass  die  Alge  in  der  vorliegenden  Probe 
fiUiig  ist  Zoosporen  zu  bilden,  auch  wenn  es  nicht  gelingen  sollte, 
solche  zur  Zeit  der  Untersuchung  entstehen  zu  sehen.  Es  glückte 
mir  mitunter  nicht,  an  Proben,  welche  viele  solche  von  Zoosporen 


164 

▼erUsseoe  Zellen  enthielten,  die  Enobeinang  heironarufen,  obgleich 
sie  einige  Zeit  in  einem  fenehten  Banme  sieh  beftinden  hntteni 
während  andere  Proben,  die  snr  nämliehen  Zeit  ge—mmelt  worden 
wiren,  den  Proeees  insserst  relehlich  ceigten.  Wovon  die  Pridiepo- 
sition  inr  Zoosporenbildong  abhängen  mag,  laue  ich  dahiBgeaCellt 
Caspary'a  Aenssemng,  daas  im  Spätsommer  nnd  Herbit  der  ProaesB 
nicht  stattfinde,  mnss  ich  bestreiten,  da  ich  ihn  auch  im  September 
beobachtet  habe.  Ausgang  Winters  habe  ich  ebenfalls  Sehwinn^o- 
rea  reichlieh  gesehen,  so  dass  wohl  keine  Jahresaeit  ihre  BUdaag 
▼erhindert  Gleich  nach  der  Gebnrt  sind  die  Zoosporen  dliptiach 
nnd  linsenfBrmig  abgeplattet,  leigen  sowohl  spärlich  Chlorophyll  als 
Kömchen  des  rothen  Oeles,  sind  aber  am  Vorderende,  welehea  iwei 
sehr  lange  Cilien  trägt,  hyalin.  Sie  schwimmen  sehr  mtnter  über 
grosse  Strecken  dahin  onter  gleichseitiger  Achsendrehnng,  wobei 
abweehsehid  die  breiten  nnd  die  schmalen  Seiten  sichtbar  werden. 
Aber  sdion  ongefUir  5  Minuten  nach  der  Gebnrt  erlischt  die  Be- 
wegung allmählich;  die  Oilien,  deren  flimmernde  Bewegang  an  Leb- 
haftigkeit yerliert,  werden  dadurch  leichter  eriEcnnbar,  die  Spore 
beschreibt  kflrsere,  oft  kreisfBrmige  Bahnen,  wobei  auch  mitnnter  riek- 
läufige  Bewegungen  eintreten,  bei  denen  das  oilientrsgende  Bade 
nachgeschleppt  wird;  sugleich  rundet  sie  sich  an  ToHkommen  sphi- 
riaeher  Gtostalt  ab;  dann  folgen  sich  Momente  yollkommener  Bake 
und  wälaender  Bewegung  ohne  eigentliche  Loeomotion,  wobei  die 
Cilien  noch  träge  wellenförmige  Schwingungen  machen,  um  bald 
gana  in  aiemlieh  gerade  vorgestreckter  oder  spreisender  Richtung  in 
Buhe  au  yerfallen.  Der  Körper  aeigt  zunächst  noch  keine  Verän- 
derung ausser  der  Gestalt,  höchstens  dass  bisweilen  eine  Vaeaole 
in  ihm  erscheint  Aber  schon  nach  weiteren  5  Minuten  tritt  der 
Tod  ein:  Die  Masse  wird  stärker  kömig  und  verliert  augleich  die 
scharfe  Gontour,  von  der  sie  bis  dahin  begrenzt  wurde,  sie  löst 
sich  in  eine  Anzahl  rundlicher  oder  unregelmässiger  theila  farbloser, 
theils  rothbrauner  Körnchen  auf.  Die  Cilien  bleiben  dabei  ima^r 
noch  lange  vorhanden  und  sogar  ohne  Jod  deutlich  sichtbar.  Eine 
Vertheilung  der  Körnchen  unter  MolekuUrbewegnng,  wie  sie  Cas- 
pary  beschreibt,  habe  ich  nnr  vereinzelt  beobachtet,  in  den  meisten 
Fällen  blieb  die  Masse  noch  ungefilhr  sphärisch  beisammen.  Da  die 
Geburt  der  Schwärmsporen  aus  den  reifen  Zoosporangien,  welche 
in  der  unter  dss  Mikroskop  gebrachten  Probe  vorhanden  sind,  nicht 
gleichzeitig  erfolgt,  so  tritt  auch  der  eben  beschriebene  Zustand 
succesiv  auf;  aber  nach  45  Minuten  schon  wsr  er  allerwärta  vor 
banden.    Eine  Paarung  von  Sehwärmsporen  habe  ich  nicht  bemer- 


165 

keD  kOnDen.  Bisweilen  verfaDg^  sich  zvei  Spam  out  ikren  Cilico, 
wss  sowohl  die  elliptlseheii  pkttCDf  al«  zm^  di«  Bth^m  sphiiisch  gt- 
wordenen  betreffen* kann;  die  eine  schleppt  dann  di^  andere  fort  oder 
beide  serren  sich  nmher,  nnmitlelbar  sich  berthrend,  aber  eine  Vtr- 
sehmelning  beider  Körper  bemerkte  ich  nicht,  Tidaehr  ^«nschieht  es 
gewöhnlich,  dass  beide  nach  einiger  Zeit  s]cfa  witdtr  von  einander 
befreien«  Bei  manchen  Schwinnsporen  OMcht  das  Schwinden  in  den 
nlehsten  Standen  noch  weitere  Fortschritle,  indes  nnr  einige  form- 
lose rothbranne  nnd  farblose  Klunpen  an  der  Stelle  ibng  Uesben, 
wo  die  Zoospore  lag,  wobei  oft  iauer  noch  Rndimeale  der  Ciliea 
sieh  wahrnehmen  lassen;  dann  leigen  die  Keste  keine  TeribMiemng 
weiter.  Manche  behalten  aber  doch  ihre  Sabstanz  and  aach  ihre 
▼olle  gemndete  Gestalt  scheinbar  nnTeriodert,  so  daas  man  sie  ftlr 
lebensfiUiig  halten  kann;  Umhtllmg  mit  einer  festen  Membran  konnte 
ich  aber  doch  nicht  an  ihnen  bemerken.  Ich  habe  aneh  Sehwirmi^ren 
sowohl  auf  reines  Periderm  als  auch  anf  solche  M^rllen,  welche  den 
gonidienlosen  Jngendznstand  der  AwÜHmia  vndgarü  tragen,  aosge- 
sSeti  indem  ich  dfinne  Oberflichenscfanitte  de«  Periderms  auammen  mit 
CkrooUpua  in  Wasser  anter  Deckgliser  brachte.  Die  bald  darnach 
geborenen  Zoosporen  schwirmten  aach  tber  die  Oberfliche  des  Pen- 
derma  wie  gewöhnlich  dabin,  kamen  hier  in  der  nimlichea  Z^H  xmt 
Rahe  nnd  Terhielten  sieh  gana  so  wie  in  anderen  Fällen:  manche 
sehienea  sieh  anfinldaen,  andere  verharrten  in  sphirischer  Form  on- 
▼erindert.  Aber  aneh  hier  kam  es  an  keinem  Fortschritte,  obgleich 
es  dnreh  Emeaerong  des  Wassers  gelang,  die  Objekte  eine  Woche 
lang  vor  Finlnissoiganiamen  leidlich  an  bewahren«  Es  ist  mir  nicht 
aweifUhaft,  daas  der  Misserfolg  hauptsächlich  in  der  bei  dieser  Alge 
norssal  n«gemein  laagaamen  Entwickelang  seine  Erklirong  findet, 
welche  iberdies  nnter  Verhiltnissen,  die  Ton  den  natflriichen  abwei- 
chen, wahrscheinlich  noch  mehr  beeintrichtigt  wird. 

Dasa  Chroolepma  mmbrinum  ans  dem  Thallas  der  hjrpophldodischea 
Graphideen  wieder  sich  befreit,  wenn  derselbe  entweder  durch  Alter 
▼ergeht  oder  in  Folge  einer  Verftndemng  des  fbr  ihn  günstigen 
Znsfandea  dea  Periderma  erschüttert  wird,  ist  eine  leicht  nnd  FielCKh 
an  beobachtende  Erscheinnng.  Es  sei  hier  noch  angegeben,  wie  er 
mA  dabei  allmthlieh  wieder  in  die  typische  Form  zorfickbildet* 
Der  Anfangs  dlnne,  staubige  rothbranne  Anfing,  welcher  aus  solchem 
ThaDna  answittert,  besteht  ans  isolirten  sphlrischen  C'Aroo£(;piMxellen 
▼OB  meist  12 — 20  Mlkrom.  Durchmesser;  erst  wenige  sind  bis  29 
gross.  Sie  stehen  alao  an  Grösse  hinter  dem  typischen  Ckroolqmu 
bctriehtlieh  xurfiek,  haben  gegen  die  Dimensionen,  welche  sie  inner- 


166 

halb  des  Thallus  beaitien,  erst  wcuig  zugenommen.  Faat  hIIg  Zei- 
len Bind  noch  reichlich  von  dcnaelbon  llyphen  und  in  dcrselbea 
Weise  aberzogen  wie  im  Thallus  nnd  hangen  ans  dioseni  Grunde 
meist  nicht  sasammcn,  indem  sie  durch  ihre  HyphenhUllo  von  einander 
getrennt  Bind.  Aber  vielfach  hat  auch  schon  eine  Theüung  dieser 
Zellen  begonnen,  durch  welche  die  künftige  SclieiteUelle  der  KettQ 
gebildet  ist.  Die  Membranen  Bind  meiat  nur  1,4  —  2  Hikrom. 
dick  und  nn  geschieh  tot;  wenige  Zellen  haben  bis  4,2  Mikrom.  dicke 
und  dann  etwas  gCBchichtcte  Membranen.  Der  Zellcninhall  iit 
immer  wie  bei  der  typischen  Alge  bereits  reichlich  mit  rolbbranneo 
Kßmchen  versehen.  (Fig.  II.)  SchwArmsporen  habe  ich  aber  ia 
diesem  Zustande  nie  eich  bilden  sehen,  auch  nicht  wenn  die  Pflanta 
tu  derselben  Zeit  gesammelt  und  genau  gleich  behandelt  worden 
war,  wie  Proben  von  typischem  Chroohpus,  welche  darnach  Zuitsporeti 
zeigten.  Auch  entleerte,  von  SehwSrmsporen  verlassene  Zellon  kom- 
men hier  noch  nicht  vor. 

Wenn  solche  Gonidienansbrticbe  älter  geworden  sind,  so  beft«it 
sich  die  Alge  allmählich  von  den  Hypben.  Die  letzteren  finden  Tafar- 
scheinlicb  nnlcr  diesen  Verhältnissen  nicht  mehr  ihre  nftthigen  Le- 
bensbedingungen, denn  sie  sterben  allmählich  ab:  ihr  Inlmlt  uehl 
Rieh  in  einzelne  stark  lichtbrecliende  Ktigelchen  zuBammen,  die  UmriH« 
der  Hyphe  schwinden,  offenbar  wegen  AntlOsnng  der  Membran;  ms 
zerfallt  in  die  cinzelmn  stärker  licbtbrechendeu  PartikelebcD,  die 
tfaeils  noch  an  der  i'hroolepusKtWti  haften,  tbeils  sieb  nnler  Moleks- 
larbewegung  ablösen.  So  findet  man  Zellen,  die  thells  mit  mehr 
oder  weniger  Il.vphen  umgeben  sind,  theils  schon  ^^Anzlich  von  den- 
selben sich  gereinigt  haben.  Man  darf  dies»  Hypbrn  nicht  verwech- 
seln mit  fremden  Pilzbildungen,  die,  nie  allcrwärts  auf  Raumrinde, 
so  auch  gar  hftufig  iwischen  Chroolepus  vorkommen ;  schon  die 
SlSrke  ihrer  Filden  und  Zellen  läast  sie  leicht  von  jenen  unlrrscfaci- 
den,  welche  durch  eine  Dicke  von  nur  1,0  bi«  ),i  Mikrom.,  durch 
ihre  starken  engen  Krümmungen  nnd  kurzen  knorrigen  oder  papil- 
lenartigen  Verzweigungen,  mit  denen  sie  dem  Chroo/fipua  fiich  innig 
anschmiegen,  als  die  echten  Itchenischen  Elcmonto  sich  kundgeben. 
An  noch  älteren  Goniiticnausbrtlcben  sind  diese  letzteren  gar  nicht 
mehr  zu  finden.  Die  rolhbranne  Kruste  ist  dann  dicker  geworden, 
sum  Beweise,  daas  die  Alge  in  Vermehrnng  II bergegangen  ist.  An 
einer  solchen  Wucherung,  deren  lichenischer  Ursprung  durch  die 
noch  halb  erhaltenen  alten  Apolbecicn  der  nnterl  legend  in  Rinde  nnd 
durch  das  stellenweise  noch  deutliche  hitufcbenweise  HervurbrechcD 
aus    dem    zerstörten   Thallus    erwiesen    wird,    finde  ich   die   Zellen 


167 

20  bis  33  Mikrom.  gross,  sphärisch  und  bald  einzeln,  bald 
lu  3  sDsammenhängend;  ihre  Theilnng  ist  hier  allgemeiner;  man 
findet  lahlreiebe  Zustande  derselben  in  allen  Stadien.  Es. trennen 
sieb  aber  gewöhnlich  die  Tochterzellen  bald  von  einander,  indem  die 
beideo  Lamellen  der  Theilungswftnde  sich  convex  gegen  einander 
wUbeDi  wodurch  die  Tochterzellen  sich  abrunden  und  von  einander- 
schieben;  die  ältesten  Membranschichten  zerreissen  dann  über  der 
Fnrehung.  Wir  haben  also  denselben  Process,  wie  er  oben  vom 
typisehen  Gkrociepus  geschildert  wurde.  Die  Membranen  sind  hier 
3,0 — 4,2  Mikrom.  dick  und  meist  geschichtet,  wenige  Zellen  haben 
dflonere  und  ungeschichtete  Membranen.  An  wenigen  bemerke  ich 
Boch  Spuren  der  dflnnen  Flechtenhyphen.  Schwärmsporen  habe 
ich  aber  hier  in  reicher  Menge  beobachtet.  Es  geht  daraus  her- 
▼or,  dass  die  ans  dem  Thallus  sich  befreiende  Alge  wieder  allmäb- 
licli  alle  ihre  typischen  Eigenthümlicbkeiten  annimmt,  dass  sie 
insbesondere  auch  der  Zoosporenbildung  fähig  wird,  sobald  ihre 
Zellen  wieder  die  hierzu  erforderliche  Grösse  erreicht  haben.  Diese 
BQekbildnng  scheint,  und  darin  zeigt  sich  besonders  die  träge  Ent- 
Wickelung  dieser  Alge,  oft  lange  Zeiträume  in  Anspruch  zu  nehmen. 
Ich  entsinne  mich,  Anfangsstadien  der  Befreiung  der  Alge  aus  zer- 
fallendem Thallus  an  bestimmten  Standorten  schon  vor  Jahren  gese- 
hen SU  haben,  an  denen  sie  gegenwärtig  noch  nicht  merklich  fort- 
geschritten sind. 

Arthopyrenia« 

Die  Arten  dieser  angiokarpen  Flechtengattung  haben  untereinander 
ood  mit  den  verwandten  eigentlich  nur  durch  die  Beschaffenheit  der 
Sporen  unterschiedenen  Gattungen  Microtkelia  und  Leptorhaphis 
grosse  Aehnlichkeit.  Sie  leben  alle  an  jüngeren  glattrindigen  Stäm- 
men und  Zweigen  und  an -glatten  Peridermstellen  älterer  Bäume  der 
verschiedenartigsten  Gehölze  in  mehr  oder  weniger  ausgedehnten, 
oft  nnregelmässig  begrenzten  Flächen.  Ihre  zahlreichen,  dem  blos- 
sen Auge  als  schwarze  Punkte  erscheinenden  Perithecien  nisten  in  der 
äusseren  Korkschicht  des  Periderms,  aus  welchem  sie  mit  ihrem 
oberen  Theile  frei  hervorragen.  Das  Periderm  aber  erscheint  dem 
nnbewafi^neten  Auge  oft  gar  nicht,  auch  in  der  Farbe  nicht  ver- 
ändert, oder  es  hat  auch  eigene  Färbung. 

Der  Bemerkungen  Tulasne's  aber  den  Bau  des  Thallus  der 
„Verrucaria  epidermidis,  cUomaria  etc/'  ist  bereits  oben  gedacht 
worden.     Körber')   spricht  bei    der  Gattung   Arthopyrenia    kurz 

1)  8jfitema  Liehenum  Oermaniae,  pag.  367  und  369. 


168 

von  einem  „Thallua  crusUiceua,  uniformü,  pUrumque  hypaphloeodes/' 
seine  näheren  Angaben  bei  Arthonia  CercLsi  Kbr.  Bind  aber  hier 
wiedernm  unzureichend  und  sogar  unzutreffend;  denn  wenn  er  hier 
sagt:  „thaUua  hypophloeodea  dein  denudatua  effusua  tenuisnwu 
leprosus  cineraacens^^  und  dazu  bemerkt:  |,Die  silbergraue,  glänzende 
Epidermis  der  Kirschbaumrinde  wird  häufig  für  den  Thidlas  der 
Flechte  angesehen ;  in  Wahrheit  aber  ist  derselbe  hypophlöodisch  und 
efflorescirt  (um  so  zu  sagen)  erst  später  als  ein  sehr  dflnneri  grau- 
iicher,  ununterbrochener  staubartiger  Schorf  beim  Aelterwerden  des 
Baumes  aus  dessen  Epidermis  hervor,  wo  dann  die  Apothecien  mehr 
unkenntlich  werden  und  endlich  ganz  verschwinden/^  so  kann  aieh 
das  nur  auf  die  Zerstörung  der  äusseren  Peridermschichten  nach 
dem  Absterben  der  Flechte  beziehen. 

Nach  den  Untersuchungen,  die  ich  an  vielen  Exemplaren  mehrerer 
Arten  dieser  Gattungen  vorgenommen  habe,  ist  die  Beschaffenheit 
bei  den  meisten  im  Wesentlichen  dieselbe.  Ich  will  sie  an  Art/uh 
pyrenia  cercm  Rbr.  beschreiben.  Die  Stellen,  welche  diese  Flechte 
auf  der  Rinde  der  Kirschbäume  einnimmt,  sind  entweder  unverändert 
rOthlichgrau  wie  das  normale  Periderm,  oder  durch  weisse  Farbe 
auffallend.  Betrachtet  man  durch  tangentiale  Schnitte  abgetragene 
Stflcke  der  äusseren  Korkschicht,  so  bemerkt  man  stets  braune 
gegliederte  Hyphen  von  8  Mikrom.  Dicke,  welche  in  allen  Richtun- 
gen die  Oberfläche  und  die  äussern  Korklagen  ttber-  und  durchwach- 
sen und  in  denen  wir  die  schon  mehrfach  erwähnten  rindebewohnen- 
den Organismen  wiedererkennen.  Wir  finden  aber  ausser  ihnen 
ebendaselbst  auch  viel  feinere  etwa  2  Mikrom.  dicke  und  farblose, 
aber  sonst  in  gleicher  Weise  wachsende  Hyphen,  welche,  wie  man 
sich  besonders  durch  Anwendung  von  Kalilauge  überzeugen  kann, 
ähnlich  wie  jene  gegliedert  sind,  nur  dass  die  Gliederzellen  gestreckter 
und  cylindrisch  sind.  Auch  hält  es  nicht  schwer  Uebergänge  zwischen 
beiden  Formen  zu  finden,  welche  uns  belehren,  dass  die  braunen 
Zellreihen  ans  den  hyalinen  Hyphen  dadurch  hervorgehen,  dass  die 
Glieder  in  kürzere  Zellen  sich  tbeilen  und  diese,  indem  sie  ihren 
Durchmesser  vergrössern,  zugleich  dickere  und  allmählich  sich  bräu- 
nende Membranen  bekommen.  Denn  selbst  die  braunen  Zellreihen 
kommen  in  sehr  verschiedenen  Dicken  vor.  Man  glaubt  anfänglich 
in  diesen  Bildungen  den  TliuUiis  der  Flechte  vor  sich  zu  haben, 
und  es  darf  vermuthet  werden,  dass  Tulasne  damit  dieselben  auch 
geroeint  hat.  Sic  haben  jedoch  auch  hier  mit  der  Flechte  nichts 
zu  tliun.     Dies  geht  schon  daraus  hervor,  dass  sie  auch  ausserhalb 


169 

des  ArtkapyreniathMüB  flberall  das  Periderm  in  dieser  Weise  über- 
slebea.  Aaf  dem  noch  sehr  intacten  glatten  Periderm  junger  Stämm- 
cheii  und  Zweige  sind  sie  spärlich,  erst  in  der  Bildung  begriffen; 
auf  ilterea  Peridennen  aber  oft  so  reichlich,  dass  die  Färbung  des- 
aelbea  dadnreh  mit  bedingt  wird.  Und  zwar  sind  sie  dann  an  den 
nieht  voa  Arthopyrenia  bewohnten  Stellen  sogar  häufiger.  Hier  ist 
nlnitich  das  Periderm  durch  oberflächliches  Einreissen  mit  vielen 
klauMB  Spalten  und  Ritzen  versehen,  in  denen  hauptsächlich  der 
Pilz  sieh  ansetzt;  daher  die  dunklere  Farbe  der  im  Allgemeinen  noch 
glatten  Peridermbänder  erwachsener  Kirschbäume  im  Vergleich  mit 
der  fast  weisslichen  Färbung  der  Oberfläche  derselben  an  den  von 
der  Arikcpyrtnia  bewohnten  Stellen.  An  den  letzteren  bilden  die 
ftosseren  Korkzelllagen,  wie  von  einem  unsichtbaren  Bindemittel  fester 
znsammengehalten,  eine  gleichmässigere  glatte  und  sprödere  Masse, 
die  wegen  der  letzteren  Eigenschaft  nur  stellenweise,  aber  in  kurzen, 
schärfen,  schmalen  Rissen  gebrochen  erscheint.  We^en  dieser  Beschaf- 
fenheit, und  weil  die  brannen  Hyphen  hier  merklich  spärlicher  sind, 
haben  diese  Stellen  ein  helles  Aussehen. 

Nieht  selten  trifft  man  in  Gesellschaft  dieses  brannfädigen  Pilzes 
einzelne  oder  in  Gruppen  beisammen  liegende  runde  grüne  Zellen, 
die  sich  fast  immer  als  gemeiner  PUurococcua  zu  erkennen  geben, 
sowohl  ausserhalb  als  auch  auf  den  von  der  Arthopyrenia  bewolin- 
tea  Arealen.  Sie  liegen  einfach  zwischen,  auf  oder  unter  den  Fäden, 
gern  an  tiefen  und  versteckten  Punkten,  ja  sie  lieben  es  sogar,  un- 
terhalb von  Korkplättchen,  die  sich  zufällig  so  abgelöst  haben,  dass 
fremde  Körper  von  der  Seite  her  unter  sie  gelangen  können,  sich 
aaznaetzen.  Zwar  kommt  es  vor,  dass  dünne  farblose  Hyphen  jenes 
Pilzes  sich  an  sie  anschmiegen  und  sie  mehr  oder  weniger  umfassen. 
Allein  dies  scheint  nur  zufällig  zu  sein,  da  gegen  die  Mehrzahl  der- 
selben der  Pilz  sich  gleichgültig  verhält  und  seine  dünnen  farblosen 
Hyphen  in  ähnlicher  Weise  auch  an  andereii  auf  dem  Periderm  lie- 
genden  kleinen  Körperchen,  z.  B.  Pilzsporen,  sich  anschmiegen. 
Ohne  Zweifel  hat  Tnlasne  diese  grünen  Zellen  für  die  Gonidien 
unserer  Flechte  gehalten,  denn  andere  chlorophyllhaltige  Zellen  fin- 
den sieh  am  Periderm  nicht,  auch  dort  nicht,  wo  die  Arthopyrenia 
lebt;  nnd  die  Beschreibung,  die  er  von  ihrem  Vorkommen  giebt, 
stimmt  überdies  mit  den  hier  gemeinten  Pi2eurococctM- Individuen 
g^nan  aberein.  Eine  genügende  Bestimmung  des  Pilzes  ist  bei  der 
nnvollatindigen  Entwickelung,  in  der  er  sich  überall  nur  darbietet, 
nieht  möglich;  doch  ist  es  unzweifelhaft  ein  Ascomycet,  wahrschein- 


170 

lieh  Pyrenomycet,  wie  deren  viele  so  beschaffene  Myeelien  beaitieD. 
Dies  scheint  auch  durch  die  Acrosporenform  des  Pilses  bewiesen 
zu  werden,  die  ich  stellenweis  auf  dem  Mycelium  desselben  an  Kirsch- 
peridenn  auffand:  kurze,  etwas  geschlängelte,  mit  einigen  Septa 
versehene,  vom  Periderm  sich  erhebende,  unten  farblose,  oben  braun- 
werdende  Hyphen  mit  einer  terminalen  braunen  £[poru209fiinfm-Spore. 

Die  Flechte  aber  besteht  aus  viel  feineren  Fftden,  weiche  in 
der  Substanz  der  Korkzellen  wachsen  und  nicht  sehr  deutlieh  er- 
scheinen, weil  sie  mit  jener  ziemlich  gleiches  Lichtbrechnngayermö- 
gen  haben.  Von  denen  des  Pilzes  sind  sie  unschwer  zu  unterschei- 
den: sie  haben  ziemlich  gleiche  Dicke,  sind  nur  etwa  0,8  Mikron, 
dick,  nicht  gegliedert,  immer  farblos  (mit  Ausnahme  der  nnmittelbar 
ins  Perithcciumgehftuse  Übergehenden),  und  während  jene  in  ziemlich 
geradem  Verlaufe  oder  weiten  Bogen  Aber  mehrere  Korksellen  hin- 
laufen, beschreiben  diese  innerhalb  des  Areales  einer  einzigen  Kork- 
selle sahireiche,  enge,  vielgewundene  Linien  und  haben  eine  Nei- 
gung netzförmig  susammen  zu  fliessen.  Oft  ist  d^s  Gewirr  der  Fäden 
so  dicht,  dass  sie  sich  nicht  verfolgen  lassen  und  dass  die  Substanz 
des  Korkes  dadurch  fast  wie  punktirt  erscheint.  Fig.  13  stellt  eine 
Korkselle  dar,  die  nur  erst  in  einem  Theile  einige  Hyphen  enth&lt,  wo 
der  Verlauf  derselben  noch  su  verfolgen  ist  Durch  Kali  werden 
die  Hyphen  etwas  deutlicher.  Chlorzinkjod  bringt,  auch  nach 
Behandlung  mit  Kali,  an  ihnen  keine  merkliche  Färbung  hervor. 
Die  Zugehörigkeit  dieser  feinen  Hyphen  zur  Flechte  wird  auch 
dadurch  bewiesen,  dass  sie  unter  allmählicher  Braunfärbung  und 
pseudoparenchymatischer  Verflechtung  in  die  Elemente  des  Gehäuses 
der  Perithecien  übergehen.  Hiernach  ist  auch  diese  Flechte  in 
ihren  Hyphen  sehr  ähnlich  den  peridermbewohnenden  Oraphideen. 
Von  gonidienartigen  Elementen  ist  aber  in  diesem  dUnnen  Hyphen- 
lager,  welches  die  äusseren  KorkzclUagen  einnimmt,  nichts  vor- 
handen. Die  aussen  aufliegenden  vereinzelten  Pleurococcus-Zelltn 
stehen  in  keiner  Beziehung  zu  ihm.  Ihre  Anwesenheit  ist  mehr 
noch  als  die  des  braunfädigen  Pilzes  rein  zufällig;  an  jungen  glatten 
Rinden  fehlen  sie  manchmal  ganz,  auch  richtet  sich  ihre  Anwesenheit 
ohne  Zweifel  nach  Standortsverhältnissen.  Dagegen  ist  das  eben 
beschriebene  feine  Hyphengeflecht  überall  zu  finden,  wo  durch 
die  Perithecien  die  Anwesenheit  der  Flechte  angezeigt  wird,  gleich- 
gültig ob  es  ein  sehr  junger,  von  fremden  Wesen  fast  noch  ganz  ver- 
schonter Zweig  oder  ein  älterer  Stamm  ist.  Wir  haben  somit  hier 
abermals  ein  Beispiel  einer  gonidienlosen  Flechte. 

Als   in   der  Beschaffenheit   des  Thallus  abweichender  und  eigen- 


171 

thflnlidi  oeime  ieh  folgende  hierher  gehörige  Arten.  Zanächst  eine 
Form  anf  Oasearille,  welehe  als  Sagedia  planorbis  (Ach.)  be- 
ideluiet  wird.  Sie  Arbt  die  Rinde  rein  weiss;  Schnitte  parallel  der 
Oberliehe  leigen  die  mit  Lnft  erf&Uten,  ziemlich  weiten,  polyedri- 
sdien  Korkselleo.  Orflne  Gebilde  fehlen  vollständig,  aber  die  Kork- 
seDeB  enthalten  viele  farblose,  dnrch  Ohiorsinkjod,  auch  nach  Behand- 
lung mit  Kali  nicht  merklieh  sieh  fUrbende  Hyphen.  Dieselben 
waehsen  anf  den  Innenwanden,  besonders  den  Seitenwänden  der  Zelle, 
and  tapesiren  dieselbe  oft  fast  ganz  ans.  Sie  sind  zwar  zum  Theil 
nv  ]|0  bis  1,4  Mikrom.  dick  nnd  fadenförmig  gegliedert;  die 
matoten  aber  bilden  eiförmige  Glieder  von  6,8  Mikrom.  Lange  und 
S,0  bis  8,0  Dicke. 

Von  Artkopyrenia  rhyponta  Massal.,  welche  schwärzliche 
Fledce  auf  Baamrinden  bildet,  standen  mir  zur  Ansicht  No.  229  der 
Rabenhorst'sehen  Lichenes  europaei,  welche  von  Rehm  an  Gipfel- 
aweigea  der  Pcpulua  pyramidalis  bei  Dietenhofen  in  Baiem  gesam- 
■Mite  Exemplare  enthält^  sowie  No.  591  von  Schär  er.  Lieh.  hdv. 
DerThallaa  besteht  hier  aus  vielen  braun-  und  dickwandigen,  knrz- 
gagliederten,  eylindrischen  Hyphen  von  6,8 — 8,4  Mikrom.  Dicke, 
deren  Gliederseilen  meist  ungeMir  ebenso  lang  als  breit  sind,  und 
welehe  auf  und  innerhalb  der  äusseren  Peridermlage  in  geschlän- 
geltem  Verlaufe  In  versehiedener  Richtung  in  Menge  neben  und  flber- 
eiaander  hinwaehsen,  stellenweise  sogar  zu  einer  einschichtigen  Lage 
aieb  seitlich  verbinden  nnd  dadurch  die  dunklen  Flecke  auf  der 
Rinde  eneagen.  GrOne  Zellen  fehlen  hier  ebenfalls,  oder  treten 
aar  sporadisch  wie  allerwärts  an  der  Oberfläche  auf  und  erweisen 
aieh  daher  als  fremde,  snAllige  Gäste. 


Leeanora  pallida  Bchreb. 

Der  Thallns  dieser  Flechte  ist  im  ausgebildeten  Zustande,  wie 
i  der  Gattung  Oberhaupt,  eine  Kruste  von  heteromcrem  Baue, 
welehe  frei  anf  der  Oberfläche  der  Rinden  verschiedener  Bäume 
wiehaL  Im  frflhesten  Entwickelungszustande  ist  er  aber  vollkom- 
mea  hypophlöodiseh  und  homöomer;  erst  bei  weiterer  Erstarkung 
duehbrieht  er  die  ihn  bedeckende  Peridermschicbt  und  tritt  unter 
Difcreaaimng  in  Rinde-,  Gonidien-  und  Markschicht  frei  hervor. 
Aber  aaeh  dann  behält  die  in  centrifugaler  Richtung  sich  ausbrei- 
tende Baadzone  mehr  oder  weniger  jene  Beschaffenheit  bei.  Weder 
in  der  deaeriptiven  Litteratur  noch  in  den  auf  allgemeine  Flechten- 
kaade    beztiglichen    Schriften    ist    dieses    eigenthOmliche   Verhalten 

Coka,  n«ltrit«  «ur  Eiolofie  der  PlUasen.  Band  IL  llert  IL  12 


178 

erwähnt;  de  Bary')i  welcher  den  Bau  itoa  fiitwickelteo  Thitlln* 
verschicdeuer  rindebewoliucnder  Kriisteiiflechton,  unter  deaeii  aacb 
obige  Flechte  sieb  befindet,  untorsacht  and  apcciell  «n  Leciddio 
enteroleuca  beachriebcn  bat,  deutet  dies  weuigstuns  dnrvh  die  Bemer- 
tcnog  an,  dass  „die  Hypbcnetideii  der  Margma]7;one  Iheilweise  ivi- 
schen  die  änaserea  Periderm lagen  aicL  eindrftR^'OD."  Schvende- 
ner*)  bemerkt  bei  Gelegenheit  des  Narliweiaca,  das a  der  Bogeoannte 
Prototliallus  vieler  Kruatenflecliten  nur  die  RaudEone  des  Thallni 
iai,  in  welcher  durch  UifTorensirang  in  die  einEelneo  Schiclitrii  der 
eigentliche  Thallus  oder  die  Thallusarcolen  entstehen,  daas  er  bei 
Callopisma  cerinum  ans  isolirteo  oder  eu  lockeren  Btlsuhelo  verei- 
nigten Paaern  besteht,  „welche  zwiecben  und  nnter  den  Zellen  der 
Rinde,  worauf  die  Fleehte  wjicbst,  schlängelnd  verlauTen"  .... 
„Uanche  derselben,  welche  irgendwo  unter  die  obertUchliche  Zell- 
Bchicht  eingedrungen  sind,  wuchern  unterhalb  deraelbcn  fort,  andere 
scheinen  in  ihrem  Verlaufe  sich  nach  den  kleinen  Vertiefungen  und 
Spalten  su  richten,  welche  snf  der  AuesenHftche  der  Rinde  sich  ror- 
finden."  In  geringer  Butfernnng  von  den  peripheriachen  Enden  der 
Faserbascbel  seien  die  ersten  grllnen  Zellen,  sum  Theil  aocli  ver- 
einzelt, entweder  noch  ungetheilt  oder  boroits  in  Theilang  begriffen 
EU  bemerken;  andere  bilden  kleine  Grnppen,  welche  von  raacrJUten 
locker  umflochten  sind;  dann  folgen  grossere,  soredicnShn liehe,  deut- 
lich befindet«^  Nester,  welche  zn  den  Tballnsachllppchen  sich  evt. 
wickeln.  Wie  die  ersten  Oonidien  eigentlich  in  der  Randxon«  «nt- 
alehen  und  wie  sie  dahin  gelangen,  giebt  Schwendoner  nirgends  ao. 
Der  vollkommen  hypophlSodische  Jugendzustand  nnserer  Flechte 
atelll  sich  am  schünaten  dar  und  erhält  sich  am  läugste»  an  solchen 
Räumen,  deren  äussere  Peridermlagen  sehr  dauerhaft  sind  nnd  nicht 
leicht  zerreisscn,  daher  vor  allen  an  der  Kiche.  Hier  entsteht  die 
Flechte  meist  schon  an  noch  gans  glattrindigon  Stämmen  junger 
Bäamehen  und  der  Thallus  wächst  dann  oft  auf  ziemlich  weite 
Strecken  ganE  innerhalb  des  Periderms,  welches  an  diesen  Btcllcn 
eine  weiasliche  und  wo  Oonidien  reichlicher  angehäuft  sind,  rein 
hellgrüne  Farbe  zeigt  und  durch  den  Ulanz  schon  dem  unbewalTiM- 
ten  Auge  seine  vollkommene  Erhaltung  nnd  L'nvcrietzthoit  rerrUli. 
Wo  der  Thalhis  nur  in  dieser  Ubrigons  stets  sterilen  Form  «ns^ 
troffen  wird,  kann  man  im  Zweifel  sein,  was  fllr  eine  Fleehta  SMU 
vor  sich  hat;  am  allerwenigsten  denkt  man  an  die  im  entwickelt«!! 


')  I.  c.  pag.  252. 

«)  Flora  1Ä6C.    pag.  <  10-411. 


17S 

Zittmde  gins  anders  erscheinende  Lecanara  paHida.  Dasa  die  Biktnag 
in  der  Hiat  sn  dieser  Flechte  gehdrt,  geht  oozweifelhaft  ans  den 
Udiergangsstadien  henror,  die  man  unter  geeigneten  umständen 
ia  reieUiehster  Menge  beobachtet  Geschlitzter,  schattiger  Standort 
ha  üaterhols  scheint  die  längere  Daner  des  hjpophiöodischen  Lebens 
an  begünstigen,  während  im  freien  Stande  die  Flechte  schneller  an 
die  Oberfläche  herrortritt  nnd  ihre  typische  Form  annimmt  An 
Bänmen  mit  dünnwandigeren  nnd  daher  leichter  serstörbaren  äosse- 
ren  Korkcellen,  s.  B.  an  Eschen,  ist  der  hypophlöodische  Jngendsn- 
atand  nnd  eben  dieses  Verhalten  des  Randes  des  älteren  Thallns 
Tiel  rascher  TorUbergehend  nnd  minder  dentlich.  Eine  lange  an- 
danemde  Fortbildung  des  hypophlOodischen  Znstandes  habe  ich  Ober- 
haupt nur  an  der  Eiche  beobachtet,  wo  derselbe  manchmal  weite 
Strecken  an  den  Stimmchen  einnimmt 

Auch  dieser  hypophlOodische  Thallns  hat  seinen  Ort  innerhalb 
der  äusseren  Korkschicht  des  Periderms.  Wenn  man  durch  tangen- 
tiale Schnitte  abgetragene  Lamellen  des  letsteren  von  der  äusseren 
Fliehe  betrachtet,  so  bemerkt  man  unter  einer  in  der  Regel  wohl- 
erimltenen  und  susammenhängenden  Haut  von  Periderm,  welche,  wie 
besonders  aus  Querschnitten  ersichtlich,  i  bis  4  2«ellenlagen  dick  ist, 
daa  grflne  Oonidienlager  der  Flechte  ausgebreitet  Vorläufig  sei 
bemerkti  dass  die  Oonidien  hier  isolirte,  sphärische,  mit  reinem 
tftlorophyll  versehene  Zellen  von  dem  gewöhnlichen  Pamellaceen- 
tjpus  sind,  wie  sie  in  den  meisten  heteromeren  Flechten  und  auch 
in  der  typischen  Leoanora  paUida  vorkommen.  Znsammen  mit  den 
Oonidien  bemerkt  man  auch  die  Hyphen  der  Flechte:  auch  diese 
gMehen  denen  des  vollkommenen  Zustandes;  sie  sind  weit  stärker 
aia  diejenigen  der  bisher  betrachteten  hypophlOodischen  Flechten 
und  darum  viel  leichter  und  deutlicher  im  Periderm  au  erkennen, 
ungefthr  1,6  Mikrom.  dick,  spärlich  gegliedert,  gleichdick  nnd 
gesehläagelt,  stets  hyalin,  und  durch  diese  Merkmale  unschwer  von 
den  hin  und  wieder  und  zwar  mehr  oberflächlich  vorkommenden 
■ehrfiidi  erwähnten  Dmnatium'BWdnugen  zu  unterscheiden.  Am 
Bande  fehlen  in  dner  ziemlich  breiten  Zone  die  Oonidien,  der  Thal- 
lns besteht  dort  lediglich  aus  Hyphen  und  soweit  als  diese  reichen, 
hat  auch  daa  Periderm  weissliches  Aussehen,  welches  offenbar  von 
der  weissen  Farbe  der  Hyphen  herrührt  Am  äassersten  Rande 
verlauliBD  die  Fäden  einzelner,  zwar  regellos  geschlängelt,  vor- 
iriegend  aber  doch  in  radialer,  centrifugaler  Richtung.  Weiter 
rlAwirts  wird  ihre  Zahl  rasch  grösser;  sie  liegen  hier  eng  bei« 
einander,  meist  sich  unnmittelbar  berflhrend,  theils  parallel  nebeui 


174 

IheÜB  Bich  krenEPnd  übereinander  hinwegw*ch8fnd,  eioe  vieißdigr, 
aber  doch  nicht  eigentlich  verßkte  Fadcnmasae  bildend,  in  welcher 
trotz  vieler  Schlltn^elungoii  und  Kreuznngen  dach  noch  eine  yorwie- 
gcTid  radiale  Richtung  nicht  zn  verkennen  ist.  Der  Verlanf  iat  auch 
hier  von  der  zcUigen  Arcliitektontlc  des  Pcriderms  völlig  nnabhftn- 
gig.  Querschnitte  zeigen  die  Ilyphen  sowohl  reichlichst  in  den 
nolilränmen ,  als  auch  in  verschiedenen  Richtungen  die  Membranen 
der  in  ihrer  Strnktnr  jetzt  noch  wohl  erhaltenen  Korkzellen  durch- 
dringend; und  zwar  sind  sie  in  allen  Zellenlagen  der  äaasoren  Kork- 
schiebt zu  bemerken.  An  den  einzelnen  Punkten  des  Umfanges 
wAchst  die  Randzonc  meist  ungleich  sciineU;  der  Urariss  des  Thallai 
wird  dadurch  nnregelm&Bsig,  manchmal  der  ganze  Thallus  bnchtig 
oder  ganz  nnregeimässig  gestaltet.  Durch  alle  diese  RigenthUmlich- 
keiten  erweist  sich  die  Randzone  als  das,  was  man  «n  vielen  xiide- 
ren  Krusten II echten  Protothallns  nennt. 

Die  Gonidien  sieht  man  im  hypophlöodischen  Thallns  im  Allge- 
meinen in  einer  einfachen  Lage  in  dersellien  Region  wie  die  Hyphen 
liegen,  bald  eins  dicht  am  anderen,  häufiger  stelleiiweiae  eine 
Anzahl  gehäuft  beisammen  nnd  durch  kleine  Zwiscbenränroe  Ton 
benachbarten  ähnlichen  Gruppen  getrennt.  In  dem  Maasae  als  die 
Kandzone  weiter  rückt,  breitet  sich  offenbar  auch  das  Oonidienlag«T 
ebenfalls  hypophlOodiech  weiter  ans,  d.  h.  es  erscheinen  ancb  an 
den  Stellen  Gonidien,  die  vorher  nur  von  der  Randzone  eingenom- 
men waren.  Der  Umstand,  dass  die  Gonidien  hier  einfache  apliarisebe 
Zellen  darstellen,  die  nur  durch  Theilnng  an  dem  Orte,  wo  aJe 
liegen,  sieh  vermehren,  dass  sie  nicht  wie  Chroolepus  mitteilt 
Spitzenwachathnrns  sich  verlängernde  durch  feste  Membranen  aicb 
bohrende  nnd  von  Zelle  zu  Zelle  im  Kork  weiter  wachsende  FAdea 
Bind,  Iftsal  Angesichts  des  bei  den  Graphideen  ermitteilen  Vorgan- 
ges hier  am  so  mehr  an  eine  Kolonisirung  des  Thallna  durch  von 
Aussen  an  Ort  und  Stelle  oinschlüpfende  Gonidien  denken.  Allein 
auch  dem  atebt  die  UnmtIgliHikeit  entgegen,  dass  eine  sph&riacbe 
Zelle,  die  nicht  tn  einem  Schlanche  sich  verlHngern  kann,  als  solche 
(Inrch  die  festen  darQberliegenUen  Zellmembranen  hindurch  gellt; 
und  seibat  wenn  et  sich  nm  nackte  Zellen  (Schwärmsporen)  bandelt«!, 
wUrdo  die  Sache  wenig  von  ihrer  Schwierigkeit  verlieren.  Mohr 
aber  als  dnrrb  diese  a  priorin  tischen  Bedenken  verbietet  nxcb  eine 
solche  Annahme  durch  die  Thatsaclie,  ilass,  wie  das  besonders  *a 
sonst  reinen  Rindii^telleu  evident  ist,  anch  an  dein  eich  fortbilden- 
d«n  Kunde  des  Oonidienlagers  die  grüunn  Zellen  sSramtlich  in  der- 
selben Region  wie  die  altereti,   nuhren:    Zellenlugen    tief   unter  der 


I7& 

Oberfläche  des  nnTerletiten  Peridermt  liegen,  keioe  so  wie  bei  den  Gra- 
phideen in  gering^eren  liefen  nnd  noch  an  der  Oberflache  angetroffen 
wird,  was  nicht  der  Fall  sein  könnte,  wenn  die  xahlreichen  einaeln  lie- 
genden Oonidien  nnd  Gonidiengmppen  in  der  Xihe  des  Randes  von  einer 
Einwandemng  ebensovieler  Individnen  von  aussen  absnleiten  wären. 

unter  diesen  Umständen  drängt  sich  fast  die  Vermathong  anl^ 
dass  die  Hyiriien  der  Flechte,  welche  allerwirts  hindringen,  an  Ort 
nnd  Stelle  die  Gonidien  dorch  Abschnflmng  erzengen.  Leicht  könn- 
ten dasn  aneh  gewisse  Aehniichkeiten  zwischen  jnngen  Gonidien  nnd 
Hyphenstflcken  Tcrleiten,  worflber  nnten  einige  Bemerkungen  folgen. 
Trotsdem  ist  diese  Annahme  snrflckzn weisen;  es  lässt  sich  vielmehr 
seigeni  dass  hier  die  Gonidien  dnrch  Theilang  von  einander  abstam- 
men nnd  die  Tochteraellen  wirldich  innerhalb  des  Thallns  nnd  des 
Periderms  anf  eigenthflmliche  Weise  weiter  fortbewegt  werden.  Wie 
das  letitere  geschieht,  wird  ans  dem  Folgenden  ersichtlich   werden. 

Ueberall,  wo  die  Randsone  in  den  mit  Gonidien  versehenen  Theil 
des  Thallns  übergeht,  werden  die  Hjphen  bedeutend  zahlreicher, 
Ihr  Verlattf  zugleich  viel  verschlungener;  sie  sind  zu  einer  Masse 
▼erfilsty  in  welcher  der  Verlauf  der  einzelnen  Hyphe  nicht  mehr  ver- 
folgt werden  kann,  nnd  in  welcher  die  Gonidien  nisten.  Das  damit 
snsammenhängende  Dickerwerden  des  Thallns  bewirkt,  dass  die 
Lage  Ton  Rorkaellen,  in  welcher  diese  Entwickelung  stattfindet  und 
welche  immer  eine  der  tieferen  der  von  der  Flechte  eingenommenen 
Ist,  ausgeweitet  wird,  dergestalt,  dass  soweit  das  Gonidienlsger  reicht, 
ein  Zwischenraum  im  Periderm  gebildet  und  vom  Thallns  ausgefüllt 
wird,  die  darüber  befindlichen  äusseren  Korklagen  aber  als  eine  un- 
▼ersehrte,  zusammenhängende  Haut  darüber  ausgespannt  bleiben. 
Es  wird  nun  begreiflich,  wie  der  Thallns,  indem  stetig  die  an  das 
Gonidienlager  angrenzenden  Hyphen  der  Bandzone  die  eben  beschrie- 
bene Vermehmng  und  Verflechtung  erleiden,  in  centrifugaler  Bich- 
tnng  die  Korklagen  auseinanderdrängt,  welche  im  Bereiche  der  Band- 
zone noch  mit  einander  im  Verbände  stehen.  Dass  und  wie  nun 
die  dueh  Thellung  vermehrten  Gonidien  auseinander  und  in  jener 
nämlichen  Blehtung  wirklich  fortgeschoben  werden,  wird  anschau- 
lieh, wenn  man  an  einem  tangentialen  Schnitte  durch  die  Band- 
zone das  Bild  studirt,  welches  sich  in  der  Anordnung  und  Beschaffen- 
heit der  am  Saume  des  Gonidienlagers  liegenden  grünen  Zellen  dar- 
bietet. Nur  solehe  Präparate  sind  hierzu  tauglich,  welche  die  Be- 
gi<m,  in  der  das  Gonidienlager  sitzt,  vollständig  enthalten.  Am 
sichersten  controiirt  man,  dass  der  Schnitt  nicht  durch  diese  Begion 
selbst  gegangen  und  man  vielleicht  einige  Gonidien  anf  der  geschälten 


176 

Kindeatelle  zurllckgolasäcn  hat,  wenn  man  den  ScIiniU  vorkehrt  legL 
Sieht  man  an  der  dann  nach  oben  gekehrten  Innenseite  das  Goni- 
dtenlager  voa  einer  eus a mm en hängenden  gonidienloaen  Korklaga 
bedeckt,  ao  beweist  dies,  daai  der  Schnitt  unterhalb  der  Region  d«a- 
selben  gegangen  ist.  B^in  solches  Priparat  ist  in  der  eben  bescioh- 
neten  Lage  in  Fig.  13  dargestellt.  In  der  Linie  i  setcte  atch 
das  Gonidienlager  in  dio  alteren  Partien  fort,  der  Sanm  deaaelbeti 
liegt  hier  vor  ana  in  allen  grUnen  Zellen  copirt,  welche  auf  diesem 
Areale  vorhanden  sind.  Die  mit  a',  a'^,  a'  bezeichneten  Gonidiea- 
gruppen  sind  die  äussersten.  Es  ist  nicht  zweifelhaft,  dass  die  ein- 
zelnen Zellen  jeder  dieser  Grappen  ans  einer  ursprünglicbeu  HqKm^ 
zelle  abstammen.  Wir  sehen  auch  in  jeder  Gmppe  eine  Telrade 
von  Gonidien,  aus  deren  krenzweiser  Stellnng  die  letzte  kUralicfa 
vollzogene  gewöhnliche  tetraedrische  Tbeilang  noch  zn  erkennen  ist. 
In  a'  hängen  die  Tochtcrzellen  der  Tctrade  noch  zusammen,  in  a^ 
nnd  &'  aber  sind  sie  durch  das  sie  umgebende  Gewirr  von  Hypben, 
welches  anch  zwischen  dieselben  sich  eingeschoben  hat  und  hier 
allmählich  erstarkt,  mehr  oder  weniger  aaseinandergedrängt  worden. 
Bei  der  Grappe  a^  iat  dies  bereits  ao  weit  fortgeschritten,  daas  die 
vier  Zellen  der  Tetrade  nm  soviel  sich  von  einander  entfernt  haben, 
wie  die  drei  noch  nicht  getheillcn  Schwesterzellen  der  Tetrade  anter 
sich  nnd  von  den  letzteren.  Denken  wir  uns  also  die  ursprOngliobt 
Mutterzelle,  aus  welcher  die  ganze  Gruppe  hervorgegangen  iat,  U 
der  Stelle  gelegen,  wo  Jetzt  noch  das  dem  Centram  dea  Tballns 
nSchste  Gonidium  sich  befindet,  so  würde  die  von  ihr  abstammende 
Gonidienbrot  auf  diese  Weise  nahezu  um  die  Breite  zweier  Kork- 
Zellen  sich  in  centrifngaler  Richtung  verbreitet  haben.  Auf  gleiche 
Weise  sind  natürlich  auch  die  Hutterzellen,  ans  welchen  die  drei  ia 
Rede  stehenden  Gonidieogruppen  hervorgegangen  sind,  von  ibren 
rllckwArts  liegenden  Scbwesterzellen,  ans  denen  inzwischen  aneb 
Gonidiengruppen  geworden  sind,  dnrcb  die  Bntwickelong  des  Hjrpbea- 
getlechtes  zwischen  ihnen  bis  an  ihre  jetzige  Stelle  geschoben  wor- 
den. Da  nun,  wie  oben  erw&hnt,  das  die  Gonidien  einseblieuende 
Hyphengeflecht,  indem  es  gegen  den  Rand  bin  weiter  wächst,  die  Korii- 
Isgen  auseinander  treibt,  so  drilckt  es  auch  gleichzeitig  die  an  sei- 
nem Kusaersten  Saume  betindlichen  grUnen  Kugeln  in  der  gleieben 
Riehtnng  vorwärts.  Die  Gonidien  verhallen  sich  also  hier  gana  pM- 
siv;  die  Hyphen  sind  es,  welche  die  Verbreitung  deraelben  im  Tbal- 
lns besorgen,  deren  sie  jeglichen  LSngenwachsthums  haar  in  dem 
festen  Korkgowebe  unmöglich  selbst  fähig  sein  wurden. 

Die   Gonidien   sind    sphärische   Zellen   mit   homogener,    ziemlich 


177 

r,  aber  dentlieh  doppelt  contonrirter,  farbloser  Membran  und 
dardi  Chlorophyll    gleiehmäasig  grfln    geftrbtem   Protoplasma*     In 
alteren  Tbeilen  des  hypophlöodischen  Thallns  schwankt  ihr  Durch- 
seeeer   swiscben    5    und    15  Mikrom.     Die    Vermehrung  geschieht 
dareh  Thellnng  und  beginnt  an  der  noch  vollkommenen  sphärischen 
Zelle  mit  einer  simultanen  Zertheilung  des  Inhaltes  in   3,  4  oder 
eine  grossere  Ansahl  einander  nahezu  gleicher  Portionen.   Die  tetrae* 
drieehe  Thellnng  in  4  Tochtersellen  ist  besonders  hanfigi  seltener  ist 
die  Tbeiloag  in  8  Zellen;    nicht   selten  aber  kommen  Thellongen 
in  eise  grossere  Ansahl  vor.     Fig.   14  stellt  verschiedene  Formen 
dieeea    Vorganges   dar.      Nach   geschehener   Theilung    wachst   die 
Tdehtenelle  nm  ein  Gewisses  bevor  sie  sich  abermals  theilt.    Allein 
es  besieht  dorehans  keine  bestimmte  Gresse,  bei  welcher  die  Zelle  wie- 
der thdlnngsfthig  wird:   man  sieht  sowohl  verhaltnissmässig  kleine 
Zelle«  bereits  in  Theilung  begriffen,  als  auch  die  maximalen  GrOs- 
seil  welehe  in  der  Begel  in  Theilung  begriffen  getroffen  werdeui 
mitaiter  noch  ohne  Jede  Andeutung  einer  solchen  (vorgl.   Figur); 
doeh  kommen  Theilungen  in  eine  grosse  Anzahl  Tochtenellen  nur 
aa  grOeserea  Gk>nidien  vor.    Im  Allgemeinen    ist  die  Vermehrung 
aas  lebhaftesten  am  Rande  des  Gonidienlagersi  daher  dort  die  rela- 
tiv klelnerea  Zellen  vorkommen  von  4,2  bis  8,4  Mikrom.  Durchmesseri 
wahrend  die  eben  erwähnten  oft  theilungslosen  Maximalformen  ge- 
wOhaUeh  im  Centrnm  des  Thallus  geAinden  werden.     Die  Gröue 
der  Oonldlen  hangt  also  ab  erstens  von  dem*  GrC^ssenzustande,   in 
welehem  die  Motterteile  sich  theilt,  und  zweitens  von  der  Anzahl 
der  Toehteraellen,  in  welche  sie  serfUlt.     Die  kleinsten  Gonidien 
reealtlren  aas  der  Theilung  in  zahlreiche  Tochterzellen;   und  diese 
•iad  an  DnrehoMsser  dickeren  Hyphenstellen,  wie  sie  sich  besonders 
ia  dem  Geflecht  finden,  in  welehem  die  Gonidien  nisten,  ziemlich 
gieidu     Trotzdem  lassen  sie  sich  von  solchen  ohne  Schwierigkeit 
onteraeheiden,  sobald  sie  grfln  gefirbt  sind.    Stellenweise  kommen 
aber  in  dem  Ck>nidienlager  auch  farblose  Gonidien  vor.    Diese  glei- 
chen dea  normalen  hinsichtlich  ihrer  Grdsse,  G^talt,  ihrer  Theilungs* 
fonaeBf  ihrer  Membran  und  ihres  ziemlich  dichten  und  stark  licht- 
breeheaden  Protoplasmas  ganz  und  gar,  nur  der  Mangel  der  Farbnng 
nateraeheldel  sie.     Sie  machen  nicht   den  Eindruck   abgestorbener 
ZeUen,  da  dies  mit  ihrem  reichen  Zelleninhalte  und  ihren  Theilungs* 
snstiadea  nicht  vereinbar  ersdieinen  wflrde.     Sie  sind  nicht  noth- 
weadig  in  Jedem  Thallus  vorhanden,  and  wo  sie  angetroffon  wer^ 
den,  ist  ihr  Vorkommen  ohne  Jede  Begel:  sie  treten  auf  sowohl  Im 
CeatnUB  als  aaeh  stellenweise  am  Rande  des  Gonidienlagers,  sowohl 


1T8 

eiDEelniT  und  zerttlrcitt  unter  den  grilnen,  aU  aurli  in  kleinen  ztuan- 
iDen)iänj!cnilen  Arealen  fUr  sieb  allein.  Die  kleineren  dieser  f*rb- 
loften  Gonidieii  sebcu  allerdings  innerhalb  des  Hyphengewirrc«  dicke- 
ren Hyphengliedern  Hobr  ähnlich  nnd  könnten  mit  solchen  verwocii- 
seit  werden,  wenn  man  ihre  wahre  Beziehung  nicht  kennte.  Zur 
Annahme  einer  Entstehung  der  Gonidien  aus  den  Hyphen  köniteD 
sie  schon  desahalb  nicht  verleiten,  weil  die  chlorophylllos«  Gonidien- 
forni  kein  noihwendiger  /.ustand  in  der  Entwickelang  der  Gunidieo 
ist,  denn  sonst  milsste  man  ihr  tiberall  am  ^aume  dei  OonidienUgeri, 
wo  thatsächlich  stetige  Neubildung  der  grünen  Zellen  stattfindet, 
■  begegnen,  was  durchaus  nicht  der  Fall  ist,  Zwar  treten  Palmellacven 
y  im  Treilebenden  Zustande  immer  nur  grUn  auf,  doch  hat  d^a  Vor- 
kommen chlorophylloser  Formen  in  Gesellschaft  grllner  nicbta  Be- 
fremdendes; unter  den  Confervaceen,  Rivulariaceen  und  aacb  unter 
den  höheren  Algen  ist  das  Vorkommen  farbloser  Zellen  ausser  d» 
Chlorophyllhalligen  weitverbreitet;  aber  selbst  die  PalmelUceen  bteUn 
fUr  das  Letztere  Beispiele  (Mischococcwi,  Coamocladium).  Die  BrsoheJ- 
nnng  erinnert  an  das  analoge  Verhalten,  welches  wir  bei  Chroo- 
Upu8  im  hypophlöodischen  Graphideenthatlns  kennen  gelerot  haben. 
Die  fortdauernde  Vermehrung  des  Hyphen  gerechtes  nnd  der 
Gonidien  hat  früher  oder  spüter  ein  Zerreisseo  der  bis  dahin  nnver 
■ehrten  Peridermdecke  zur  Folge.  An  Bitumen  mit  leicht  teniöt- 
barer  äusserer  Korksrhicbt  genügt  dazu  schon  die  Verflechtung  der 
Hyphen  nm  die  ersten  Gonidien,  so  dass  hier  wenig  mehr  als  die 
RandKone  hypophiöodisch  ist.  Bei  der  Eiche  ist  dazu  eine  atArkcre 
Verdickung  des  Thalius  erforderlich.  An  freien  Standorten  aber, 
wo  die  Erstarkutig  des  Thalius  und  die  Fruetitication  rasch  eintritt, 
ist  mitunter  auch  hier  schon  am  Saume  des  Qonidienlagers  die  Ent- 
wickelang des  HypheageflechtoB  so  lebhaft,  dass  das  darllberl  legende 
Peridorm  weicht;  in  anderen  Fallen  beginnt  erst  weiter  rUckwtrta 
vom  Saume  des  Gouidienlagera  das  Epiphtüodiscbwerdeu,  und  an 
Orten,  wo  die  Bedingungen  der  FructiKcation  fehlen,  bleibt  das 
hypophloodische  Verweilen  «uf  die  Dauer.  Tritt  jenes  zweite  Sta- 
dium ein,  so  weicht  die  abgehobene  Peridermichicht  an  verschiede- 
nen Punkten  sasoinander,  die  einzelnen  Korkteilen  oder  Hautfetaea 
werden  abgeslosaen,  einige  bleiben  auch  in  die  TballnsoaMe  ver- 
flochten au  deren  Oberfläche  haften.  Damit  ist  zugleich  ein«  DilTerea- 
airung  dea  Thalius  in  Schichten  verbunden,  er  wird  heteroner. 
ladem  an  der  freien  Seile  das  Uyphengeflecht  oberhalb  der  Oonidica 
SO  einer  gonidienlosen,  dichteren,  keine  Luft  in  den  Interstitiell  < 
h»ltenden,  nach  aussen  hin  bisweilen  etwas  brlonücbeo  Sehleht  eich 


179 

entwiekelty  enlsteht  eine  Rinde.  Der  darunter  befindliche  ans  locke- 
rer Terfloehtenen  Hyphen  bestehende  nnd  die  Gonidien  enthaltende 
^rteaere  Theil  des  Thallns  bildet  die  Gonidiensohicht.  Die  grttnen 
ZeBen  tiiid  darin  betriehtlich  vermehrti  sie  liegen  jetst  anch  nach 
allen  Riebtongen  gehtnffc  neben-  nnd  flbereinander.  Endlich  sind 
mmA  Ton  der  unteren  Fliehe  des  Gonidienlagers  viele  Hyphen  in 
die  innittihift  darunter  liegenden  Lagen  des  Periderms  eingedrungen, 
was  wihread  des  hypophlöodisehen  Zustandes  nicht  zu  bemerken  ist. 
Dieaelben  können  als  Bhinnen  betrachtet  werden  und  vermitteln 
offnbar  die  feste  Anheftnng  und  Ernährung  der  nun  frei  geworde- 
■e»  Kraate.  In  diesem  Thallns  entstehen  nun  rasch  die  Apothecien. 
Da  der«Thallas  unserer  Flechte  hypophlöodiseh  beginnt,  so  ent- 
atebl  die  Frage,  wie  derselbe,  insbesondere  wie  die  ersten  Gonidien 
ma  Innere  des  Periderms  gelangen.  Ich  habe  die  kleinsten  durch 
weiaslidie  Farbe  kenntlichen  punktförmigen  Anfänge  von  Thalli 
avf  Bieheaperidenn  aufgesucht,  die  sich  leicht  mittelst  eines  einzi- 
ges kleinen  Tangentialsdinittes  in  ihrer  Totalität  abtragen  lassen, 
nnd  hier  Erscheinungen  beobachtet,  welche  mir  eine  genfigende 
Beantwortung  dieser  Frage  gestatten.  Allerdings  ist,  so  kleine 
Anfkage  man  aneh  getroffen  haben  mag,  auch  hier  schon  der  Thal- 
Iw  hypophldodiseh:  nach  allen  radialen  Richtungen  laufen  die  Fasern 
des  Protothallus  aus  und  im  Centmm  bemerkt  man  bereits  eine 
Anzahl  von  Gonidien  oder  Gonidiengruppen,  gleichfalls  von  Periderm 
flbenogmi.  Aber  in  der  Regel  überzeugt  man  sich  leicht,  dass  die 
bedeckende  Peridermhaut  an  einer  Seite  abgelöst  und  durch  die 
darunter  befindlidie  Hyphenmasse  etwas  Aber  das  Niveau  des  benach- 
barten Periderms  erhoben  ist,  so  dass  der  Wundrand  etwas  frei 
liegt  nnd  einen  wenn  auch  sehr  niedrigen  Zugang  bietet  zu  dem 
Baume,  in  welchen  sich  die  Flechte  eingenistet  hat  und  aus  welchem 
wohl  auch  ihre  Bestandtheile  ein  wenig  hervorragen.  Iftanchmsl  ist 
es  etne  verhftltnissmissig  lange  Kluft  oder  eine  durch  das  Fehlen 
einer  oder  einiger  Korkzellen  bedingte  Lflcke,  bisweilen  nur  ein 
kurzer  minder  leicht  aufiiufindender  Riss;  aber  eine  Oeffnung  ist  so 
mllgeflnein  vortiaadea,  dass  ihre  Anwesenheit  gerade  Aber  diesen 
Anfiuigsaustinden  des  Thallns  nicht  bedeutungslos  sein  kann,  wäh- 
rend das  Periderm  über  denjenigen  Theilen  des  weit  ausgebreiteten 
Tliallua,  welche  durch  hypophlöodische  Fortbildung  aus  einem 
Anfluigssnstande  hervorgegangen  sind,  so  gleichmftssig  in  seiner 
Oontinuitit  erhalten  ist.  Unzweifelhaft  bezeichnen  diese  Oeffnungen 
die  Eintrittsstelle  der  ersten  Elemente  der  Flechte.  Wahrscheinlich 
sind  dieselben  schon  vor  der  Einwanderung  als  kleine  Risse  vor- 


180 


banden,  wie  sich  dergleiclien  Ubortinupt  stelltiiiwoiso  auf  dem  PcrklenD 
bemerken  laesen;  es  ist  aber  nicht  za  bezweifeln,  dasa  sie  durch  dii 
Flechte  nusgeweitet  und  deutlicher  werden.  Algunscllen,  diu  dei 
Gonidien  dieser  Flechte  gleich  sind,  Duden  sich  da,  wu  sitlchn  ThalU 
im  Entstehen  begriffen  sind,  nicht  seilen  auf  der  ObertlAche  du 
PcriderniB,  und  sie  zeigen  eise  Neigung  in  geachlltEteu  Stellen  der- 
selben, in  Ritzen  und  besonders  unterbnlb  sich  ablösender  Plättchea 
von  Periderm  sich  aniasetzen,  so  dsss  man  einzelne  solcher  Zollen 
oder  kleine  Gruppen  derselben  nicht  selten  schon  tbeilweise  voa 
Periderm  bedeckt  sieht,  wo  von  der  Flechte  noch  gar  nicht«  vor- 
handen ist.  Es  bleibt  also  nur  die  Annahme  öhrig,  dass  wo  die 
Hyphen  der  Flechte  die  für  sie  geeigneten  grünen  Zellen  antreffen, 
and  sie  werden  diese  ungemein  verbreiteten  Wesen  kaum  irgendwo 
vergebens  suchen,  sie  sich  stärker  entwickeln  und  festen  Fou  (a*- 
Ben,  indem  sie  sowohl  parallel  der  Oberfläche  als  auch  in  liefert 
Korklagen  eindringen  und  die  von  ihnen  umstrickte  Brut  il«r  tidi 
vermehrenden  Gonidien  in  der  oben  geschilderten  Weise  in  ebea 
diesen  Richtungen  im  Periderm  verbreiten.  Einmal  in  letzten« 
eingedrungen  verbreitet  sich  die  Flechte  in  demselben  ohne  die  sie 
bedeckende  Korkachicht  zu  verletzen;  am  umfangreicher  geworde- 
nen ThalluB  wird  man  daher  nur  zufallig  die  Lücke  antreffen,  dureli 
welche  die  Flechte  eingedrungen  ist. 

Variolaria  commanis  Aofa. 
Unter  diesem  Namen  verstehe  ich  eine  in  den  Wäldern  der  hi«- 
fligon  Gegend,  besonders  an  Alteren  Hainbuchen,  sehr  hluBge,  In  die- 
ser Form  auanahmsloa  sterile  Flechte,  deren  meist  ziemlich  kreis- 
runder, häufig  lederarti^er,  zusammenhängender,  grüner  Thallus  der 
freien  Oberfläche  der  Stämme  allenthalben  fest  aufgewachsen  ist 
und  am  Rande  eine  weisse,  dünnere,  aber  ebenfalls  zusammenhän- 
gende Msrginalzone  bildet,  welche  in  radialer  Richtung,  dem  Sub- 
strate innig  angeschmiegt,  allen  Erhöhungen  und  Vertiefungen  des- 
selben folgend  fortwächst-  Nicht  selten  zerfällt  die  Kruato  mehr 
oder  weniger  in  weisse  Soredlenmassen;  bisweilen  aber  bildet  sie 
sich  ungeat(irt,  mitunter  ohne  jegliche  Soredienentwicklnng  lange 
Zeit  fort  und  erreicht  so  oft  mehr  als  Handgrösae.  Sie  vnrde  ttt- 
her  als  Variolaria  communis  var.  orhicwlata  Ach.  heteichnet  vaA 
wird  jetzt  für  einen  Zustand  der  Pertusaria  wmmuni»  DC.  erklUt. 
Ich  lasse  es  dahin  gestellt,  ob  die  Unterschiede  nur  auf  eine  grflMai« 
Ueppigkeit  der  Thalluabildung  bei  Variolaria,  welche  dl«  UrtMbl 
der  Unfruchtbarkeit  sein  kdonte,  anrückzufuhren  sind. 


181 

Eio  Qveraehnitt  durch  den  mittleren  entwickelten  Theil  des 
Thallns  leigt  Rinde-,  Gonidien-  nnd  Markschicht.  Die  Ilyphen  sind 
gleichdieke,  stellenweise  septirte,  hyaline  Fäden.  Die  Rindeschicht 
besteht  ans  einer  relativ  dicken  Lage  dicht  an  einander  liegender, 
{MuraUeler,  simmtUoh  in  der  Richtung  der  OberflAche  radial  verlan- 
fender  Hyphen.  In  der  Markschicht  haben  die  Fäden  im  Allgemei- 
neo  dcB  gleichen  Verlanf,  sind  aber  weniger  dicht  gestellt  nnd  las- 
sen  Infthaltige  IntersUtien  swischen  sich,  welche  die  weisse  Farbe 
dietea  Thelles  bedingen.  Die  Gonidienschicht  bildet  eine  zusam- 
menlilDgende  oder  mehr  in  einselne  Nester  gesonderte  Zone,  in 
weleher  die  Hyphen  regellos  Terworren  Gonidien  und  Gonidiengmp- 
pen  umgeben  und  swischen  deren  Zellen  sich  eindrängen.  Die 
Gonidien  sind  aneh  hier  sphärische  Zellen  von  verschiedenen  Grössen, 
mit  mlasig  dieker  Membran,  gleichmässig  grfln  gefärbtem  Protoplasma 
■nd  meist  excentriseh  liegendem  Zellenkern.  Im  vollkommen  ent- 
wickelten Theile  des  Thallns  finden  sie  sich  von  allen  Grössen,  zwischen 
8,4  nnd  16,8  Mikrom.  Durchmesser  schwankend;  besonders  sind  hier 
die  maximalen  Formen  vorherrschend.  Theilnngssnstinde  findet  man 
veriiiltninmässig  wenige,  was  dafttr  spricht,  dass  hier  die  Theilnng 
liemlieh  raseh  erfolgt  nnd  die  Tochterzellen  sich  schnell  wieder 
abmnden.  Doch  gelingt  es  durch  Zerfssem  und  Zerdrücken  in  Kali, 
wobei  sidi  die  Ck>nidien  in  Menge  isoliren,  Theilungszustände  auf- 
safladen,  die  an  grösseren  und  kleineren  Zellen  auftreten  und  im 
Allgemeinen  dieselben  Verschiedenheiten  zeigen,  die  wir  bei  Leoanara 
paBida  angetroffen  haben;  aber  auch  hier  scheint  die  tetraedrische 
TheOvng  in  je  vier  Tochterzellen  der  häufigere  Fall  zu  sein*  Die 
Befeatignng  des  Thallus  geschieht  durch  die  untersten  Markhyphen, 
welche  alle  Prominenzen  der  Rindenoberfläche  umfassen,  in  alle 
Veitieftuigen  derselben  sich  einfDttem  und  zugleich  alle  frem- 
den Köiper,  welche  sich  darauf  befanden,  insbesondere  die  Leichen 
der  allverbreiteten  Rindebewohner,  welche  vormals  dort  vegetirten, 
eiBsehliessen. 

Die  Randione  ist  ebenhlls  vollständig  epiphlöodisch.  Sie  be- 
steht lediglieh  ans  Hyphen,  welche  auf  dem  radialen  Durchschnitte 
gerade  nnd  parallel  laufen  und  vom  äussersten  Saume  an  nach  rück- 
wärts meist  rasch  an  Zahl  zunehmen,  indem  von  hinten  her  immer 
nena  swiseben  die  vorhandenen  sich  einschieben,  so  dass  der  Thallus 
entaprecheod  dieker  wird*  Von  der  Fläche  aus  betrachtet  zeigt 
die  Bandione  ihre  Hyphen  zwar  mehr  oder  weniger  in  sanften 
Bogen  geschlängelt,  doch  sämmtlich  radiale  Richtung  einhaltend. 
Am  Sanme  sind  sie  ungleich  lang,  so  dass  einige  am  weitesten  vor 


182 

anderen  voraus  Bind;  ea  macht  daljer  auch  bier  den  Eindruck,  dau 
die  Hyphen  unabliäDgig  von  einander  wachset). 

Üie  Gunidien  beginnen  hinter  der  Marginalson«  dort,  wo  dik 
wcisslicbe  Farbe  der  letzteron  in  das  Graugrün  des  Tbitllu«  ttlM«> 
g«ht.  Zngk-ich  mit  ihnen  tritt  aber  »uch  eine  Vorändernng  im  Iljrpbg» 
gewebe  ein;  denn  ausnahmslos  siebt  man  in  derselben  mittler«! 
Region,  in  welcher  die  Gonidien  liegen,  die  Hypben  einen  regcilM 
verworrenen  Verlauf  annehmen.  Dieses  Fadengewirr  reiebt  niek| 
Über  die  äussersten  Vorposten  der  Gonidien  hinaus,  «bvr  auch 
bis  EU  diesen.  Rückwärts  aotzt  c&  sich  aU  conlinairliohc  Lag« 
durch  den  ganzen  Thallus  fort,  indem  zugleich  die  Gonidien  io  i 
an  Zahl  rascb  zunehmen.  Wir  haben  dann  die  vollkommene  G< 
dienschicht  vor  uns.  Durch  das  Auftreten  derselben  wird  die  Mmt* 
ginalzono  Eugleich  in  die  Rinde-  und  Markschicht  differeoiirt: 
beiden  bleibt,  wie  oben  schon  angedeutet  wurde,  die  ßeBcbafTeDbeit 
nnd  der  Verlauf  der  Hyphen  unverändert. 

Die  hinter  der  Randzonc  beginnenden  ersten  Gonidiflo  li< 
meist  ziemlich  vereinzelt  nnd  von  einander  enirernt  und  aio 
sftmmtlich  aulTallend  kleine  Formen  von  6  bis  7,s  Mikrom.  Dnrck 
messer;  mittelgroese  und  die  grösaten  Gonidien  fehlen  hier  di 
aus.  An  ebenen  Stellen  gelingt  es  leicht,  durch  einen  Tao^nliat 
schnitt  eine  hinreichend  grosse  Partie  des  Randes  des  tionidleat» 
gers  im  Zusammenbaugc  zu  gewinnen,  auf  welcher  die  Vortlieilonf 
der  ersten  Gonidien  üb<'rblickt  werden  kann,  welche  nach  KnlferBUi^ 
der  Luft  durch  Alkohol  und  Zusatz  verdünnter  Kalilaug»  sehr  deot 
lieb  werden.  Das  Bild,  welches  sich  dann  darbietet,  bringt  um  i 
der  Ueberzeugung,  daas  auch  hier  die  Tochterzellen  der  Qooidii 
durch  das  FiUgewebe  auseinander  gedrängt  und  weiter  im  Tball« 
verbreitet  werden.  Das  ganze  Gonidicnlager  ist  umsftnmt  von  eine« 
ganK  un rege ImiUs igen  Gürtel  solcher  vorgetriebener  VorpoBten  VM 
Gonidien,  welche  an  den  neuen  Punkten,  die  sie  gewonnen  haben, 
nach  einiger  Zeit  sich  wieder  vermehren  und  deren  Brut  dann 
Theil  wieder  dasselbe  Schicksal  erleidet.  Diejenigen,  welch« 
nicht  mehr  die  äusser^ten  sind,  vormehren  sich  weiter,  h&ufen  sieb 
da  Bie  nicht  mehr  merklich  von  einander  getrieben  werden,  eu  klei- 
nen Nestern  an,  die  immer  grösser  werden  und  mit  benachbarten  !• 
Berührung  kommen,  so  dass  die  Gonidienschichl  immer  ■ 
grünen  Zellen,  die  nun  auch  an  Grösse  zunehmen,  erfüllt  wird, 
als  Worte  vermag  die  nnmütelbare  Anschauung  das  et>ea  OvaasW 
ev  verdeutlichen,  weshalb  anf  die  Abbildung  einer  Partie  ans  ilefl 
Rande  der  Oonidienschicht   rn   Fig.    Ift    verwiesen   sein  ntaf. 


188 

der  Fortbildung  des  Fllsgewebes  in  centrifngaler  Richtung  mögen 
swar  Hyphen  der  Randcone,  indem  sie  einen  stark  gesclilftngelten 
YerUvf  maaebmen,  mit  betheiligt  sein;  der  Hauptsache  nach  kommt 
diea  aber  ohnstreitig  anf  Rechnung  der  eigenen  Fortbildung  dieses 
Gewebea,  welehes  dnreh  fortwährende  Ausdehnung  an  seinem  Rande 
iB  die  parallelfaserige  Randione  sich  hineinschiebt  und  dabei 
immer  eine  Anaabl  Oonidien  vor  sich  her  treibt.  Denn  stets  sehen 
wir,  data  die  lussersten  Vorposten  der  letzteren  unmittelbar  hinter 
neb  Filigewebe,  vor  sich  nur  die  parallelen  Fasern  der  Marginal- 
aone  haben;  ond  stellenweise  ragt  eine  besonders  fortgeschrittene 
Partie  Jenea  Gewebes  mit  einem  Gonidium  an  seiner  Spitze  in  die 
RaadKme  hinaas.  So  sehen  wir  auch  hier  wieder  die  Gonidien 
paeair  aieh  Tcrhalten  und  den  Hyphen  des  T%allns  die  Aufgabe 
beadiiedea,  sieh  selbst  die  Gonidien  im  Thallus  zu  yertheilen.  Bis- 
weil«!  helfen  sieh  die  Hyphen  hierbei  auch  dadurch,  dass  eine  mit 
ihrer  Spitze  von  hinten  her  an  das  Gonidium  anwichst  und  indem 
sie  aieh  verlingert,  dasselbe  ein  Stflck  weit  in  die  Randzone  hinaus- 
•Aiebt,  waa  die  parallelfaserige  Struktur  derselben  und  die  geringe 
OrOaae,  die  an  dieser  Stelle  alle  Gonidien  haben,  ohne  Schwierigkeit 
gealatteB.  So  kommt  das  auch  anderwärts  so  oft  gesehene  Ange- 
waeliaeaseln  eines  Gonidiums  an  der  Spitze  einer  Hyphe  zu  Stande, 
aai  ea  hat  dasselbe  also  ausser  etwaigen  Emihrungszwecken  auch 
die  hier  auegesproelieBe  Bedeutung.  Fig.  16  stellt  einen  solchen 
Fan  vor.  Es  ist  dabei  bedeutungsvoll,  dass  das  Gonidium  stets 
aa  der  dem  Rande  des  Thallus  zugekehrten  Spitze  einer  Hyphe  sitzt. 
Im  Filigewebe,  besonders  um  und  zwischen  beisammenliegenden 
Gonidien,  zeigen  die  Hyphen  sehr  häufig  eigenthflmliche  unregel- 
«laaige  Anaehwellungen ,  deren  Unregelmässigkeit  durch  die  vie- 
len Krümmungen,  welche  die  Hyphen  machen,  noch  erhöht  wird 
(Fig.  17).  Dieselben  sind  bald  rundlich,  so  dass  der  Faden  fast 
toralöe  erseheint,  bald  länglich,  eine  grössere  Strecke  des  Faden  sein- 
nehmead.  Diese  Anschwellungen  haben  ungefähr  den  gleichen  Durch- 
measer,  wie  die  kleineren  Gonidien.  In  den  Knäueln,  welche  diese 
Flden  mit  ihren  Anschwellungen  bilden,  sind  die  Gonidien  in  allen 
OHissen  eingetehlossen  und  daselbst  mit  jenen  ebenso  innig  in  Be- 
rihrang  wie  die  letzteren  unter  sieh  (vgl.  Fig.  17).  Diese  Erschei- 
mmg  verleitet  im  höchsten  Grade  dazu,  die  Gonidien  fttr  ebensolche 
gewordene  Glieder  der  Hyphen  zu  halten  und  hat  mir  frflher 
diese  Täaschung  vemrsicht,  zumal  da  das  Grfln  mitunter 
weaig  mtenaiv  ist.  Ich  erkenne  aber,  dass  dies  lediglich  durch 
die  gerade  in  diesem  speciellen  Falle  änsserliche  Aehnlichkeit  der 


184 

beiderlei  eng  verbuodenen  Elemente  in  Grdsee  nnd  Ge«tmlt  ker 
vorgebrmcht  worden  ist  Denn  diese  Art  der  Verbindnog  swieckeB 
Hypben  und  Gonidien  ist  nicht  die  in  den  heteromeren  Flechtet 
gewöhnliche^  bei  welcher  die  Hyphen  als  relativ  dfinoere  Fäden  die 
Gonidien  umspinnen.  Die  angeschwolleneren  Hyphen  liegen  hier 
gleich  mit  einer  grösseren  Fläche  den  Gonidien  an.  Aach  kommt 
eine  wirkliche  Verwachsung  beider  hier  nicht^  oder  doch  aar  seltea 
vor,  denn  die  Gonidien  sowohl  als  die  Hyphenglieder  lassen  aieh  ia 
Wasser^  und  noch  vollständiger  bei  Anwendung  verdflnnter  Kalilauge 
durch  geringes  Reiben  in  Menge  isoliren. 

Es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  die  auf  der  Oberfläelie  der 
Rinde  lebenden  Palmellaceen,  welche  mit  allen  anderen  auf  der 
Rinde  befindlichen  fremden  Körpern  in  den  ThsUns  der  Varülaria 
aufgenommen  werden,  darin  nicht  als  Gonidien  fortleben;  sie  ster 
ben  hier  im  Gegentheil  bald  ab  und  ihr  Inhalt  erscheint  deaorga- 
nisirt.  Es  beweist  dies,  dass  swischen  den  in  der  Flechte  ala  Goni- 
dien lebenden,  einseiligen  grflnen  Algen  und  den  ihnen  sonat  gleiches 
frei  vegetirenden,  ein  Unterachied  hinsichtlich  der  Fähigkeit,  mit 
der  Flechte  gemeinschaftlich  zu  leben,  besteht«  Elin  apecifiacher 
Unterschied  braucht  das  nicht  zu  sein;  denn  es  Hesse  sich  deakea, 
dass  durch  lange  Zeit  fortgesetzte  Fortpflanzung  in  diesen  betiM- 
deren  Verhältnissen  allmählich  gewisse  Anpassungen  an  die  Bedin- 
gungen, nnter  denen  hier  die  Alge  leben  muss,  gewonnen  worden 
sind.  Dass  etwas  dem  ähnliches  besteht,  geht  schon  aus  der  That- 
Sache  hervor,  dass  am  Saume  des  Gonidienlagers  sich  lediglieh 
minimale  Gonidienformen  finden  und  dass  diese  eben  auch  immer 
schon  als  kleine  Zellen  wiederum  sich  theilen,  während  sie  in 
älteren  Theile  des  Thaiius  merklich  grösser  werden,  und  in  alles 
Grössenzuständen  namentlich  an  den  grösseren  Formen  Theilnngen 
vorkommen.  Es  scheint  dies  eine  Art  Anpassung  der  Alge  an  die 
Verhältnisse  des  Flechtenthalius  zu  sein,  durch  welche  die  Leich- 
tigkeit der  Verbreitung  der  Gonidien  im  wachsenden  Thallas,  um 
die  es  sich  bei  den  hinter  der  Randzone  gelegenen  handelt,  wesent- 
lich erhöht  wird. 

Anfangszustände,  welche  darüber  Anf&chiuss  geben  könnten,  wie 
die  Hyphen  und  die  Gonidien  ursprünglich  zusammenkommen,  habe 
ich  bei  dieser  Flechte  nicht  finden  können.  Bei  der  überaus  reich- 
lichen Bildung  von  Soredien  wird  wohl  in  den  allermeisten  Fällen 
der  Thallus  ans  letzteren  sich  entwickeln.  Die  Gonidien  wflrden 
dann  also  unzählige  Generationen  hindurch  schon  innerhalb  der 
Flechte  gelebt   haben;    und  das  dürfte    es   erklären,   dass   gewisse 


AnputvogeB  deraelbca  am  üt  ipmübDob  T4 
lea  Fleehteaart  ndi  UEtWa  fakten. 


»•^1^1 


BigdM 

Dia  TontobeBdaa  MHthfihwgM  Ukea  iMiihif  pnö^ 
eine  dofipeite  Art  gicbt,  vie  fie  GuMiüirm  in  FkwAitfrtfaihB  «t- 
Bteheii.  Sie  nnd  catwtiitt-  BiaaitEkä  Xachk«maM9  öer  m^m 
■nprttaiglieh  !■  dem  cistca  Aa&a^  4»  UmIIib  TvskKt&tmm  G^m- 
dien,  so  «mCuisreidi  «ad  m  all  dmwihe  aacA  ^eawdf  sob  bi^ 
Oder  sie  wanden  aaeh  aad  aaeh  ia  anUrnciiea  EäaieGadmdaca 
TOB  aaasea  ia  dca  wichifadfa  Tballai  «cd.  maRfcica  wk  daria 
aber  aadi,  ao  daaa  die  MUieaifick  ia  der  Fkdhte  rof^aadeaea  Geai- 
dtea  Naekkoaawa  der  fiaariara  FiiUaiiira  aML 
üaf  era^iede  aiad  ib  €tt  Ckanktenüak  der 
dea  LidMoeathallaa  ia  craler  Lnoe 

Verweilea  wir  laem  M  deai  veüaaf  gewrifcafichifpa 
Falle,  ao  maaa  aaeh  dca  Ma  jctii  rwlkyeadea  Kfaafaiwa  aage- 
aonmea  werdea,  daat  wo  es  mtk  a»  Ealatekaait  der  Flecfcte  dardb 
Zoeaanaentritt  ihrer  bcideriei  Cewpoae äff a  <akht  aaf  ßorodiea,  ia  deaca 
dieae  Vereia^ancr  tdboa  ^oifciadfa  ist)  fcsaflfit,  dieseiW  aar  mO^- 
lieh  iat,  weaa  die  Hjphea  rnftlüg  die  ihara  saaa^eadea  Goaidiea 
ffaden,  waa  bd  der  Allfeihieitagg  der  htlifftadea  Algca  ieichl  cia- 
trifft  Am  deafliehalea  iaC  dieaer  Tofgaag  da,  wo  dk  Al^  seihst 
sehoa  enea  vielselligea  ThaUas  dantaüt,  aaf  aad  ia  wckhcai  sieh 
die  Hyphea  nor  eiafiMh  sa  ▼erhrcüea  braaehea,  wie  es  beaoaders 
▼oa  Epiebs  aad  GoUemui  bekaaat  iat  Bei  deajeaigea  Fleehtea, 
derea  Goaidiea  dea  PalaMllaeeeatjpas  eatqwedbeai  warde  ana 
dagegea  bis  aaf  die  kleiastea  AaHage  sarickgehea  artssea,  weaa 
ea  gttekea  aoU,  daa  Belalleawetdea  der  Alge  dareh  die  erstea 
Hyphea  sa  aehea« 

Die  Art|  wie  ava  ia  dieseai  gewdbaliehstea  Falle  die  Alge  mit 
deai  ThaUas  der  Fleefale  heraawiehst,  resp.  sie*  ia  ihsi  verbreitet 
aad  aar  Goaidieasehieht  sie*  eatwiekelt,  aeigt  wiederaai  drei  rer- 
aehiedeae  Xjpea.  Der  eiae  wird  bcieirhaet  dareh  ditjealgeB  Fledi- 
tea,  bei  deaea  eiae  viebellige  Alge  oder  eiae  Algeakoloaie  dea 
aaasaHishsa  TheU  des  ThaUaa  bUdet,  die  Hyphea  aaf  aad  ia  der 
Alge  aieh  aaebreitea  aad  ihrer  Aasdehaaag  folgea  (Ephehe,  EpkAeHa, 
Cöemcgamimm,  Cf9tooolem$).  Wibread  hier  die  Alge,  Gestalt  and 
WaAathaa  des  Thallaa  bediagt,  ist  ia  dea  folgeadea  beiden  FaUea 
der  aaa  dca  Hyphea  besteheade  Theil  der  Fleehte  der  daa  Wachs- 
versiittefaide  aad  fonagebeade,  die  Goaidiea  folgea  ihsi  passir. 


18B 

hier  wieder  nicht  das  Epilziel  aeiimr  Entwicketiing  erreichen  kutn, 
ohne  FmcLtbitdung  wieder  vergeht,  wono  Uie  betreffenden  Alg«n 
iliit  nicht  ßiiJeu. 

In  beiden  F&llen  spriilit  Bich  bii-rnach  deutlich  die  Notbwendij- 
kcit  der  Verbindung  beider  Wesen  aus,  um  den  HOhepnokt  der 
Eiitwickctung  doa  Hyphiiikürpcrs  und  seine  FructificKtivn  sn  er- 
reichen. Aber  doch  sind  innerhalb  dieser  Uanptbedingnng  die  V«r- 
hältnisse  in  beiden  P'Sllen  wieder  verschieden.  Die  Äbbingigk«it 
der  Uyphen  von  den  Gonidien  ist  itn  ersten  Falle  eine  ausaerat 
strenge.  Die  Qouidien  eind  hier  eine  noihwendigo  Bedingung  schon 
fflr  die  allererste  Entwickclung  des  Thallns:  Niemand  hat  je  mit 
Sicherheit  anch  nur  den  kleinalo»  Anfang  eines  eulohen  F I echte ntbal Ins 
ohne  Gonidien  gesehen.  Die  Notliwcndigkeit  der  Bpiiehung  liegt  liier 
olTcnbar  in  ErnährungBverhftlCnisiien:  die  Ilypbeii  kOnnen  gewiste 
zu  ihrer  Ernähning  erforderliche  Stoffe  nur  von  den  Gonidien  «m- 
pfangen,  nnd  hier  sind  wir  berechtigt,  ao  der  gegenwitrtig  fOr  die 
Lichenen  flbcrhaupt  gelflußg  gewordenen  Vorstellung  festzntialtcn, 
Wunacb  der  von  den  Uyphen  gebildete  Bestandtheil,  ein  Tili  aos 
der  Ablbeilung  der  Aseomyceten,  als  echter  Schmarotzer  die  die 
Gonidien  vorstellenden  Algen  Ijcfälll.  Anders  im  EWeilen  Falle, 
Hier  entwickeln  sich  die  Uyphen  bereits  zu  einem  Thallns  von  od 
ansehnlicher  Ausdehnung,  ehe  noch  ein  Oonidium  von  der  der  Flechte 
eigenen  Art  in  demselben  vorhanden  ist,  an  reinen  Rindestellen  lOgsir 
bei  Abwesenheit  jeglicher  fremdartiger  zufällig  auf  der  Rinde  leben- 
der grllner  Algonzellcn,  so  dass  bei  dem  streng  nnr  in  den  Insae- 
rcn  Thcilcn  des  Periderms  wachsenden  Tballus  eine  parasitische  £r- 
nllhning  im  Sinne  des  ersten  Fslles  entschieden  anegeschlOBsen  ist, 
vielmehr  das  noch  gonidicnlosc  Wesen  hinsiehllieh  seiner  Bmtbrang 
genau  unter  denselben  Bedingungen  sich  befindet,  wie  jeder  andere 
aof  oder  im  Periderm  höherer  Pflanzen  lebende  Pilz.  Seinem  Wirth 
gegenüber  kann  es  nicht  wohl  als  Schmarotzer  angesehen  werden. 
Richtig  iai  zwar,  daas  die  hypophlOodischen  Flechten,  um  die  es 
sich  hier  handelt,  nur  im  Periderra  lebender  Theile  vorkommen, 
allein  dabei  sind  jedenfalls  nnr  physikslische  Zustande  Ausschlag 
gebend,  welche  die  Flechte  nur  in  sulchcm  Periderm  findet.  Denn 
sie  dringt  mit  keinem  ihrer  Theile  in  die  tieferen  eigentlich  leben- 
digen Gewcbeschiehleu,  ja  sie  wird  an  iiltoren  BAumcn  sogar  hi 
glatten  Oberflächen  von  Borkeoplatten  gefunden,  also  in  Theilen, 
die  tinzweifelhaft  abgestorbenes  Gewebe  sind  und  wo  die  Bypben 
■Ich  ntir  ernlUiren  können  aus  den  Tboilcn  der  Korkzellmembnuien, 
dio  Bic,  indum  sie  in  denaclbco  sich  Bahn  brechen,   audOsen.     Aber 


J 


189 

fai  eiMOl  sweiten  Lebenutadinm  Ändert  die  Pflanze  Ihre  Ernfthrangs- 
▼erbIltBi88ey  oder  vielmehr  es  machen  sich  fiQr  die  in  diesem  8ta- 
diani  an  ersengenden  Bildungen,  d.  1.  für  die  Frnctificationsorgane, 
aadere  Nahrnngsquellen  nOthig,  welche  der  Pilz  nur  in  den  Gonidien 
findet.  Es  mag  dies  zusammenhängen  mit  dem  ungleich  höheren 
Bedarf  an  assimilirten  Stoflfen  zur  Bildung  der  Apothecien  mit  Ihren 
Atel  and  Sporen.  Die  Untersuchungen  haben  erwiesen,  dass  die 
Aalage  der  Apothecien  immer  erst  dann  erfolgt,  wenn  und  auch 
aaaaahawlos  nur  an  solchen  Stellen,  wo  die  Gonidien  in  den  Thallus 
eingewandert  sind.  Man  konnte  das  Verhältniss  vielleicht  so  aus- 
drieken,  dass  der  Pilz  im  ersten,  vegetativen  Stadium  Saprophyt, 
ins  sweiten  fractifieirender  Parasit  ist. 

Von  diesem  Falle  ist  dann  nur  noch  ein  Schritt  bis  zu  dem  Ver- 
hältniss, wo  der  Thallus  flberhaupt  gar  nicht  von  Algen  kolonisirt 
wird,  wo  die  Flechte  zeitlebens  gonidienlos  bleibt,  auch  ihre  Fructi- 
ficatlon  nnr  bei  saprophyter  Ernährung,  ohne  Betheiligung  chlorophyll- 
baltiger  Organe  zu  Stande  kommt,  wie  wir  dies  bei  Arthonia 
^pipaHa^  A.  punoitfarmü  und  bei  den  Verrucarieengattungen  Artlto- 
pfrtnia  nnd  Verwandten  gefunden  haben.  Somit  giebt  es  für  die 
drei  bei  den  Lichenen  flberhaapt  denkbaren  Ernährungsverhältnisse 
aoeb  wirklich  concreto  Fälle. 

Diese  Betrachtungen  führen  uns  zu  der  gegenwärtig  viel  discutir- 
ten  Flechtenfrage,  die  wir  Eingangs  beiOhrt  haben,  und  in  der  Thst 
tiefem  die  vorliegenden  Ergebnisse  einiges  Material,  welches  geeignet 
ist  hierbei  mit  in  die  Wagschale  gelegt  zu  werden.  Gleich  Th.  Fries 
eriilärt  neuerdings  K Orber  ausdrücklich  den  Besitz  von  Gonidien 
alz  das  einzige  Kriterium  aller  Flechten ' ),  indem  er  die  In  ande- 
res Flechten  schmarotzenden  sogen.  Pseudolichenes  jetzt  zu  den 
Ascomyeeten  rechnet.  Das  Gonidium  ist  ihm  ein  nothwendigcs 
Organ,  ein  integrirender  Bestandtheil  des  FlechtenkOrpers;  es  kann 
wohl  seitweilig  ftir  sich  allein  ausserhalb  des  letzteren  vegetlren, 
wird  aber  doch  zuletzt  wieder  einmal  von  einem  Individuum  seiner 
speclfisfheo  Flechte  gefunden,  und  es  stellt  sich  das  alte  Verhältniss 
wieder  her.  Für  Körbor  ist  das  Gonidium  das  eigentlich  liche- 
alsebe;  ja  er  ist  sogar  so  weit  gegangen  manchen  Flechten  eher 
die  Hyplien  abzusprechen,  was  sich  jedoch  als  unrichtig  erwie- 
sen hat*). 

Die  Sachlage  Ist  vielmehr  die  umgekehrte:  Die  Uyphen  sind  der 


*)  Zur  Abwehrte,  pag.  10. 

t|  Vergl.  Winter,  Flor»  1875,  No.  9. 


13* 


190 

keiner  Flechte  fehlende  Bestandtheil,  wofür  auch  die  Torltegendei 
UnterBochongen  weitere  Belege  beigebracht  haben;  aber  nicht  alle 
Flechten  besitzen  Oonidien.  Und  diese  letztere  Thataache  nimmt 
meines  Erachtens  den  Anti-Schwendenerianern  anch  den  letzten 
Grund,  den  sie  für  ihre  Ansicht  vorgebracht  haben.  Nahe  lagen 
die  Grenzen  der  Ascoinyceten  und  der  Lichenen  stets,  aber  so  lange 
generische  Unterschiede  noch  eine  Trennung  beider  gestatteten  ond 
so  lange  die  eigenthUmlich  lichenischen  Typen,  deren  sImmtUcbeo 
Angehörigen  man  Oonidien  zuschrieb,  von  den  Ascomyceten  aiiage- 
schlossen  blieben,  mochte  eben  unter  Voraussetzung  des  Oonidien- 
kriteriums  die  Sondersteilung  eine  gewisse  Berechtigung  haben. 
Gegenüber  der  Thatsache  aber,  dass  der  eigenthümliche  Graphideen* 
typus  sowohl  mit  als  ohne  Gonidien  auftritt,  dass  innerhalb  einer 
ihrer  Fruchtbildung  nach  sehr  natttrlichen  und  scharfbcgreniteo 
Gattung,  Arthonia,  sowohl  gonidienftthrende  als  gonidienlose  Arten 
vorkommen,  zumal  dass  von  Arthonia  vulgaris  und  A.  pundiformis, 
zwei  Arten,  die  im  Bau  ihrer  Apothecien,  Asci  und  Sporen  die 
grösste  Uebereinstimmung  zeigen,  die  eine  mit  Gonidien  versehen, 
die  andere  gonidienlos  ist,  dieser  Thatsache  gegenüber  mnaa  jeder 
Einwand  dagegen  verstummen,  dass  die  Flechten  und  die  Aaco- 
myceten  zusammen  ein  einziges,  untrennbares  systema- 
tisches Ganze  im  Pflanzenreiche  bilden. 

Der  Besitz  oder  der  Mangel  von  Gonidien  bei  diesen  Pilsen  ist 
aber  ein  systematisch  so  untergeordnetes  Moment,  dass  man  sogar 
innerhalb  einer  und  derselben  Gattung  Arten  mit  und 
ohne  Gonidien  findet.  Und  der  bisher  scheinbar  so  schroffe 
Unterschied  des  Vorhandenseins  und  des  Fehlens  von  Gonidien  in 
einem  aus  Hyphen  bestehenden  Thallophyt  wird  durch  die  Auffindung 
des  bei  den  gonidicnführcnden  Graphideen  bestehenden  Verhältnisses, 
dass  der  Thallus  normaler  Weise  eine  Zeitlang  ohne  Gonidien  sich 
entwickelt  und  erst  in  einer  späteren  Periode  dieselben  enthält, 
wesentlich  gemildert. 

Wer  nicht  mit  einer  gewissen  Voreingenommenheit  an  die  Frage 
herantritt,  vermag  nicht  einzusehen,  wie  von  lichenologischer  Seite 
mit  einer  Ereiferung  dafür  eingetreten  werden  kann,  dass  es  durch- 
aus nicht  so  sein  darf.  Die  Ascomyceten,  welche  sich  gewisser 
Algen  zu  ihrer  Ernährung  bedienen,  sind  nach  wie  vor  selbständige 
Species,  deren  systematische  Behandlung  die  unveränderte  Aufgabe 
der  Lichenologic  bleibt. 

Die  hier  dargelegten  Verhältnisse  sind  auch  für  die  Biologie  der 
Pflanzen   im  Allgemeinen  von  Interesse.     Man  bezeichnet   die  Bezie- 


191 

bvBg  der  Flechtenhyphen  zn  den  Gonidicn  meist  schlochthin  als 
ParasilisiDiu  und  drttckt  damit  allerdings  nichts  thatsäcblicli  anrieh- 
tiges  ans.  Aber  das  VerhAltniss  ist  doeh  etwas  mehr  als  blosser 
Pandtismns  in  dem  gewöhnlichen  Sinne,  denn  wenn  wir  von  den 
gmos  oder  Anfangs  gonidienloscn  Flechten  absehen,  so  sind  hier 
Sehmarotser  und  Wirth  von  Anfang  an  vereinigt  zu  einem  gleich- 
sain  euibeitlieben  nenen  Organismas,  den  keiner  der  beiden  Theile 
flttr  sieh  allein  zu  bilden  vermag,  und  wo  beide  Genossen  sich  in 
die  Emibmngaarbeit  theilen.  Denn  so  sicher  wie  es  ist,  dass  z.  B. 
in  den  auf  naektem  Gestein  wachsenden  Lichenen  die  Gonidien  die 
kohlenstoffhaltigen  ersten  Assimilationsprodnkte  far  die  ganze  Flechte 
heratelleni  so  wenig  darf  verkannt  werden,  dass  die  völlig  im  Flech- 
tenkörper eingesehlossenen  sehr  stark  sich  vermehrenden  Gonidien 
alle  ihre  anderweiten  Nährstoffe  durch  die  Hyphen  zugeführt  erhal- 
ten mflsaen,  ebenso  wie  es  bei  den  neuerdings  bekannt  gewordenen 
parasitisehen  Algen  in  Organen  und  Geweben  höherer  Pflanzen,  die 
nnter  ganz  analogen  Verhältnissen  leben,  der  Fall  ist.  Rörber 
mag  daher  ganz  Recht  haben,  wenn  er  in  der  zwischen  den  Goni- 
dien nnd  den  sie  umspinnenden  Hyphen  sich  herstellenden  organi- 
•ehen  Vereinigung  nicht  sowohl  eine  Einrichtung  zur  Beraubung  der 
Gonidien  als  zugleich  zur  Ernährung  derselben  erblickt.  Daher  ist 
die  Eracheinnng  auch  nicht  völlig  in  Parallele  zu  stellen  mit  den 
dnreh  manche  Schmarotzerpilze  und  besonders  durch  gallenbildcnde 
thierisehe  Parasiten  an  ihren  Wirthen  hervorgebrachten  Hypertrophien, 
mit  denen  sie  ftusserlich  das  gemein  hat,  dass  hier  ebenfalls  aus 
der  Vereinigung  zweier  Organismen  eine  Bildung  von  durchaus  neuer 
eigenthflmlicher  Form  resuUirt  (Hexenbesen  der  Weisstanne,  Euphor- 
bia Cypcnrüsias  mit  Aecidium  Euphorbiae,  Blttthen  und  Fruchtkno- 
ten von  Capsella  u.  a.  mit  Oystopus  candidua,  Taschen  der  Pflau- 
men, dnrch  Insekten,  Milben  und  Anguillulen  erzeugte  Gallen) ;  denn 
hier  liefert  der  Parasit  zur  Ernährung  dieser  neuen  Gebilde  keinen 
materiellen  Beitrag.  Ein  biologisches  Verhältniss  aber,  wo  der  Pa- 
rasit auch  umgekehrt  fOr  die  Ernährung  seines  Wirthes  sorgt,  er- 
heiaeht  eine  andere  Bezeichnung  als  Parasitismus.  Biologisch  noch 
eigenthflmlicher  aber  gestaltet  sich  das  Verhältniss  bei  den  hypophlöodi- 
sehen  gonidienfahrenden  Graphideen,  insofern  hier  —  wenn  man  an 
der  seit  Seh  wenden  er  geläufig  gewordenen  Vorstellung  festhält  — 
die  Nährpflanae  (Gonidien)  sich  selbst  ihren  Parasit  (den  Hyphen- 
körper  der  Flechte)  aufsucht  und  in  denselben  eindringt,  ein  Ver- 
hiltnias,  dessen  in  der  ganzen  organischen  Schöpfung  Unerhörtes 
nnd  Paradoxes  in  die  Augen  springen  würde.     Vielmehr  stellt  sich 


198 

offenbar  dieses  letitere  Verhältniss  den  in  höheren  Pflansen  leben- 
den Algen  unmittelbar  an  die  Seite,  so  dass  man,  wie  es  hinsiohtlifk 
der  letzteren  ja  allgemein  geschieht,  vielmehr  umgekehrt  die  ein- 
dringende Alge  den  Schmarotser,  den  PflanienkOrperi  der  sie  aif- 
nimmt,  die  Nährpflanie  nennen  könnte» 

Indem  ich  die  Kenntniss  der  sogenannten  parasitischen  Algen, 
welche  Reinke  im  Stamm  von  Ghtnnera  nnd  in  den  Wnraeln  von 
Cyoaa,  Jancsewski  im  Lanb  von  Anthooeraa  nnd  Blasia,  Slrns- 
bnrger  in*dcn  BlattbOhlen  von  AtoUa,  Gohn  in  Lemna  trimUeä 
nnd  in  Polyides  aufgefunden  haben,  hier  voranssetsei  will  ich  nnr 
der  Urtheile  knn  gedenken,  welche  die  betreirenden  SehrifUteller 
Aber  dieselben  gefUlt  und  wie  sie  dieselben  mit  den  Gonidiea  der 
Flechte  verglichen  haben.  Reinke')  Äusserte  sieb  Anfangs  über 
das  Naatoe  in  Ounnera  also:  „Betrachten  wir  diese  Bildnag  nater 
dem  Gesichtspunkte  der  neueren,  duroh  de  Bary  nndSehweade- 
ner  begrflndeten  Theorie  des  Flechtenthallus,  so  veriialtea  aieh  die 
Gonidien  von  Ounnera  genau  umgekehrt,  wie  die  der  Flechten.^ 
SpAter  *)  bediente  er  sich  fllr  das  Verhftltniss  bei  den  Liehesen,  wo 
die  susammenlebenden  Organismen  sich  wechselseitig  emihren,  des 
von  Grisebach')  vorgeschlagenen  Namens  Gonsortium;  doch  will 
er  davon  die  Algen  der  Ounnera  ausgeschlossen  wissen,  wekhe 
nach  seiner  Auffassung  ausschliesslich  auf  Kosten  dieser  Pflanie 
leben  nnd  nicht  einmal  selbst  assimiliren  (?)•  Bei  Janesewaki^ 
finden  wir  dagegen  hinsichtlich  der  Verhältnisse  bei  den  Lebermoo- 
sen schon  folgende  Bemerkungen:  „Physiologisch  betrachtet  ist  das 
entophyte  Nostoc  ein  chlorophyllhaltiger  Parasit,  welcher  jedenfalU 
seine  rohen  Nährstoffe  ans  dem  Thallus  von  Antkocero§  besieht 
Seine  Besiehung  zum  Anthoceros  ist  also  ungefähr  dieselbe  wie  die 
der  Gonidien  heteromerer  Flechten  zu  den  Hyphen.  Der  Anthocerag 
steht  aber  zu  Nostoc  in  ganz  anderer  Besiehung  als  die  Hyphen  zu 
den  Gonidien;  er  bedarf  von  Nosioc  gar  nichts  und  bezieht  von 
ihm  weder  rohe  noch  assimilirte  Stoffe.  Beide  Organismen  können 
selbstständig  leben,  wss  beim  Pilz  einer  Flechte  nicht  der  Fall  ist.^ 
Auch    Leitgeb^)    äussert   sich    betreffs    Blasia    ähnlich:     „Diese 


1)  Sitzungsber.  d.  kunigl.  Gcsellsch.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen  2.  Decctn- 
bcr  1871;  Bot.  Zeitg.  1872,  No.  4;  später  in:  Morphologische  Abhaudlungciu 
Leipzig  1873,  pag.  92—97. 

<)  Morphologische  Abhandlungen,  pag.  95. 

S)  Göttinger  Nachrichten  1872.  pag.  108.    ♦)  Bot.  Zcitg.  1872,  No.  5. 

A)  Untersuchungen  über  die  Lebermoose.  I.  BUuia  ptmlla.  Jcua  1S74, 
pag.  23  —  25. 


19S 

die  Nasioc-Kugel  dorchsetsenden  Sehlioche  Termitteln  zweifellos  ein 
iDDigeres  WechselveriiftltiiisB  zwiscben  den  beiden  Orgmnismen  und 
haben  für  beide  yielleieht  dieselbe  Bedeotong  wie  die  farblosen 
kugeligen  Zellen  in  den  entophyten  A^o^toc-Kolonien  von  Anthoceros. 
Ob|  wie  Janocewski  meint,  snsschliesslich  nur  Noaioc  an3  diesem 
Zusammenleben  Nntsen  zieht,  ob  niebt  Tielleieht  Anlhoceroa  wie 
Blaria  die  ^ostoc-Oallert  bei  Trockenheit  und  Dflrre  gewissermas- 
sen  als  Wasserreservoir  benutzen,  mag  dahingestellt  bleiben;  gewiss 
ist,  dass  die  iVos^oo-Ansiedelnngen  der  Tragpflanze  in  keiner  Weise 
sehidlieh  werden.'*  •  •  •  .  „Aber  bei  Bla$ia  ist  die  Verbindung  der 
dureh  die  Verzweigung  der  Innenpapille  entstandenen  Schituche  mit 
der  jWostoo-Kugel  noch  eine  weit  innigere  und  erinnert  geradezu  an 
den  Aufbau  des  Fleehtenthallus."  Noch  weiter  geht  endlich  Stras- 
burger M;  er  sagt:  „Liesse  sich  in  dieser  eigenthflmlichen  Höhlung 
auf  der  Blattflieho  (von  AsoUa)  nicht  vielleicht  eine  besondere  An- 
passungseinriehtung  erblicken,  bestimmt  das  Kastoc  aufzunehmen? 
Ich  werde  in  dieser  Annahme  durch  die  Haare  bestärkt,  welche  der 
Epidermis  im  Innern  der  Höhle  entspringen  und  die  ^o^tocsebnüre 
durchsetzen/'  ....  „Man  sollte  fast  glauben,  dass  die  AWocschnflre 
den  BUttem  der  AzoUa  in  ihrer  Assimilationsarbeit  bebfllflich  sind 
und  somit  in  gewisser  Weise  eine  ähnliche  Rolle  in  denselben  wie 
im  Innern  des  Fleditenthallus  spielen.'' 

Es  kann  nicht  verkannt  werden,  dass  eine  vollständige  Analogie 
iwisehen  diesen  sogenannten  parasitischen  Algen  und  dem  bei  den 
gonidienfilhrenden  Graphideen  ermittelten  biologischen  Verhältnisse 
besteht:  in  beiden  Fällen  sind  es  Algen,  welche  zwar  vielfach  frei 
Ar  sich  leben,  aber  mit  Vorliebe  die  Körper  gewisser  anderer 
Pflanzen  aufsuchen,  in  dieselben  eindringen,  um  innerhalb  derselben 
weiter  zu  leben  und  sich  beträcLtlich  zu  vermehren.  Was  dort  Blät- 
ter, Stämme  und  Wurzeln  höherer  Pflanzen  sind,  ist  hier  das  fertig 
gebildete  Mycelium  bestimmter  Ascomyceten.  Der  einzige  Unterschied, 
dass  im  letzteren  Falle  der  die  Alge  aufnehmende  Organismus  chloro- 
phylllos ist,  steht  offenbar  erst  in  zweiter  Linie.  Jedenfalls  stehen 
die  Gonidien  der  Oraphideen  den  parasitischen  Algen  der  höheren 
Pflanzen  ungleich  näher  als  den  Gonidien  der  übrigen  Flechten,  und 
durch  sie  ist  die  Brflcke  geschlagen  zwischen  den  beiden  bisher  un- 
vermittelten Fällen,  die  einerseits  in  den  Gonidien  der  Flechten,  an- 
dererseits in  den  parasitischen  Algen  höherer  Pflanzen  gegeben  sind« 
So  erscheint  das  Auftreten   von  Algen  als  Gonidien  im  Körper  ge- 


1)  Ueber  AzoUa.    Jena  1873,  pag.  39  -40. 


194 

wisBer  Ascomyccten  nur  nls  ein  spcciellcr  Fnll  cinos  Über  «las  ginxe 
Pflanzenreich  in  manniclifaili^en  Formen  vcrbreilcli-n  morkwardi^n 
biulugiacheii  VerhKltnisaeü,  in  welcliem  sicL  eine  grosse  Anuiil  vor- 
Bcliiodcncr  Algen  den  Körpern  anderer  Ffl&nzen  gegcoDber  geftllt 

DaBs  bei  diesem  Zusammenleben,  welches  so  weit  Ober  di« 
Pfjanzenreicb  verbreitet  igt,  die  Natur  in  den  Rollen,  die  sie  jeden 
der  beiden  Theile  giebt,  nicht  nach  einem  starren  Schema  vcrfEhrl, 
sondern  dass  sich  dies  naclj  den  besonderen  VerhHl missen  und  Oe- 
dUrfniaacn  in  jedem  Einzelfalle  richtet,  das  mUssen  wir  schon  von 
vornherein  erwarten.  Uebcr  das  Nähere  dieser  Beeiebungcn  befin- 
den wir  uns  aber  noch  faut  ganz  anf  dem  Gebiete  der  llypothesirn ; 
die  obigen  Anji^abcn  der  Schril^steller  haben  schon  die  HSglichkei- 
ten  zum  Theil  bcriihrt.  Wo  der  Wirth  selbst  assimiiirt  (die  Wirthe 
der  eigentlichen  parasitischen  Algen)  oder  saprophyt  von  vorgebil- 
deten organischen  Verbindungen  ernährt  wird  (rindebewohnende 
Graphideen)  sind  ülerhaupt  3  Eventualitäten  vorhanden.  Erstens 
konnte  die  assimilirende  Alge  ihre  erarbeiteten  Assimilationapro- 
dacte  fUr  sich  allein  behalten,  oder  zweitens  sie  kOnnto  anch  einem 
solchen  Wirtbe,  vielleicht  dem  Organe,  in  welchem  sie  wohnt  und 
welches  für  sie  besonders  vergröBsert  und  eingerichtet  werden  moa» 
(^Blasia,  ÄioUa)  von  ihren  Aasimilationsproduclen  einen  Nahrunga- 
beitrag  zukommen  lassen,  oder  drittens  kannte  die  Alge  von  einem 
solchen  Wirth  ausser  den  rohen  Nfthrstofl'en  anch  einen  Beitrag  an 
assimilirten  Stoffen  empfangen.  Wo  der  Wirth  weder  aelbst  assimi- 
iirt, noch  saprophyt  ist  (echte  Lichenen),  da  moss  naturlich  die  Ali;« 
allein  mit  ihrer  Assiniilalion  für  beide  Theile  einstehen.  Welche 
dieser  Eventualitäten  hei  den  untersuchten  gonidienfilhrendtn  Grm- 
phideen  znlrifTt,  muss  dahin  gestellt  bleiben.  Bei  dem  Vorkommeo 
ganz  gooidienloser  Graphideen  auf  Banmrinde  ist  diese  Frage  nit 
grosser  Vorsicht  zu  behandeln,  um  so  mehr  als  selbst  die  gonidien- 
fOhrenden  Arten  ihren  Thallus  bis  zu  einer  gewissen  Orfisae  ohne 
Oonidien  entwickeln.  Da  das  Auftreten  der  AputliecteD  von  dem 
Vorhandensein  der  Oonidien  abhängt,  so  scheint  mir  allerdings  der 
Pilt  einen  gewissen  mBtericlIen  Nutzen  aus  seinem  Hicther  zu  sie- 
hen.  Es  ist  mir  nämlich  trotz  vielen  Sachens  nie  gelungen  an  der 
noch  goniUienloaen  Arlhonia  vulgaria  Anfinge  von  Apolhecien  n 
finden.  Einige  Male  habe  ich  in  einem  Tliallus,  der  erst  partiell 
von  Cliroof-ffui  kolonisirt  war,  auf  Strecken,  welche  noch  grünlich 
gefärbt  waren,  bereits  schwane  Flecke  beobachtet,  die  auch  in  der 
That  als  Apothecienanfänge,  nümlich  als  äusserlich  sich  schwärzende 
Anhäufungen  von  Hypb  enge  Hecht,  sich  erwieseo.    Uie  mikroskopiscbe 


J 


195r 

PiHfiiBg  Beigte  aber  In  der  unmittelbareD  Umgebung  derselben 
efmelBe  eingedrungene  C%foo2epiM-Individacn,  ganz  abgeseben  davon, 
dasa  aolehe  Eisebeinnngen  nnr  an  Tballi  Torkommen,  welcbe  bereits 
an  anderen  Stellen  die  dnrcb  die  dngewanderte  Alge  bedingten 
weisakmatigen  Fleeke  gewöbnlieh  mit  Apotherien  zeigen.  VollsULo- 
dig  gonidienlose  Tballi  mit  Apotheeien  babe  ich  nieht  gesehen.  Be- 
rtekaiehtigt  man  ausserdem  die  gewöhnliehe  Erseheinnng,  dass  die 
ersten  kleinen  weisskmstigen  Flecken  anf  weiten  Strecken  des  Thallns 
eiaaeln  and  serstrent  auftreten  and  bestimmt  nur  in  diesem  ein  Apo- 
tbecinm  aum  Vorschein  kommt,  so  wird  man  zu  der  Ueberzeugung 
gedringt,  dass  ein  nothwendiger  Zusammenhang  zwischen  der  Bildung 
der  Apotheeien  und  der  Anwesenheit  der  Gonidien  besteht. 

Naeh  den  erweiterten  Kenntnissen,  die  wir  in  den  letzten  Jahren 
Ober  daa  Znaammenleben  zweier  Terschiedenartiger  Wesen  gewonnen 
haben,  Ist  es  ein  dringendes  Bedflrfhiss,  die  einzelnen  von  einander 
abweichenden  Formen  dieser  Verhältnisse  mit  besonderen  Bezeich- 
nugen  au  belegen,  da  man  fast  fllr  alle  bisher  den  Ausdruck  Para- 
aitismus  gebrauchte.  Wir  mflssen  sämmtliche  Fälle,  wo  flberhanpt 
ein  Auf-  oder  Ineinanderwohnen  zweier  Tcrschiedener  Species  statt- 
findet, unter  einen  weitesten  Begriff  bringen,  welcher  die  Rolle,  die 
beide  Wesen  dabei  spielen,  noch  nicht  berflcksichtigt,  also  auf  dss 
bloase  Zusammenleben  begrUndet  ist,  und  wofar  sich  die  Bezeichnung 
Symbiotismus  empfehlen  dfirfte.  Dieses  Verhftltniss  z^^igt  nun  in 
der  organischen  Schöpfung  Terschiedenen  Charakter,  indem  wir  meh- 
rere Stufen  yon  dem  lockersten  Verhaltnisse  bis  zur  innigsten  und 
nothwendigen  Verbindung  beider  Wesen  unterscheiden  können.  Die 
niedrigste  Stufe  wUrde  das  sein,  was  Pseudoparasitismus genannt 
werden  kann  und  alle  die  Fälle  begreift,  wo  das  Auf-  oder  Inein- 
aaderwachsen  zweier  Wesen  durch  den  Zufall  bedingt,  fflr  keine  der 
Beiden  nothwendig  ist,  indem  keiner  durch  den  andern  ernährt  wird, 
Tielmehr  nur  eine  mechanische  Verbindung  besteht,  so  dass  auch 
lebloses  Substrat  den  tragenden  Organismus  ersetzen  kann.  Hierher 
gehören  die  zahlreichen  Diatomaceen,  Protococcaceen,  Confervaceen 
und  kleineren  Fucaideen  und  Florideen,  welche  auf  grösseren  Wasser- 
pflanzen festsitzen,  unter  den  höheren  Gewächsen  der  an  Baumstämme 
sieh  anheftende  Epheu,  die  auf  Bäumen  wohnenden  tropischen  Orchi- 
deem  n.  a.  Fälle.  Ausser  diesen  Epiphytcn  gehören  hierher  aber 
aaeh  die  Verhältnisse,  wo  innerhalb  einer  gallertartigen  Algencolonie 
oder  eines  solchen  Algenthallus,  z.  B.  von  Chaetcphara  oder  Afeso- 
gfoia,  fremde  Algen  sich  einnisten. 

Eine  festere  und  wenigstens  fAr  den  einen  Theil  nothwendige 


196 

Buxtehiiiig  xcigl  diQ  riüclist  liühere  Stufe,  welche  wir  ])«i>»<;iid  alloia 
noch  als  Purasitismiia  bezeicboeD.  äie  bugräift  alle  tliierUchou 
Psrasiten  der  Pfiftiizeii  und  alle  chloropbyllloacn,  alsu  niobt  solbal 
asHimiliretiden  pflanzlichen  Schmarotzer.  Diese  VVesco  mDBSen  ganz 
nnd  gar  von  einem  anderen  OrganiBinus,  dem  Wirtli,  beBtebeaÜicb 
der  Nährpflanzc,  ernährt  weiden,  ohne  daas  sie  diesem  dafür  eine 
tiegenleiatang  bieten.  Darin  liegt  der  beBtimmte  Charakter  dieacs 
Falles,  und  wir  tragen  so  dum  Sinn  des  Wortes,  welches  wir  auf 
dieses  Verhältnisa  beachrilnken,  die  gebührende  Rechnung,  indem 
hier  das  fremde  Wesen  sich  wirklich  als  ein  Schmarotzer  erweist, 
welcher  nur  nimmt  und  niehlä  dafUr  giebt,  ja  welcher  sogar  teratOrt, 
wo  der  Wirlli  nicht  durch  geeignete  Neubildungen  (Hypertrophien, 
Gallco)  vorbeugt,  am  den  schädlicheD  Einflues  zu  paralyslren. 

Bestimmt  von  diesem  Verhältnisae  unteiscbiedeu  ist  dasjenige,  fBr 
welches  die  in  hölieren  Pflanzen  lebenden  Algen  das  anschaulichst« 
UcUpiul  gewähren;  vielleicht  schliesseo  sich  ihnen  auch  die  Loram- 
thaceen  an.  Diese  miethcn  sich  zwar  im  Körper  einer  anderen 
Pflanze  ein,  lassen  eich  von  ihr  auch  die  rohen  NäbrstotTe  darreichen, 
aasimiliren  aber  selbstündig,  so  ilass  sie  walirscheinUch  ihrem  Wirth 
nichts  von  den  Stoffen  nehmen,  die  er  sich  durch  Heine  A^similatiuna- 
arheit  gcachafTen  bai,  duLer  aie  auch  eine  eigentlich  schädliche,  aer- 
störcnde  Wirkung  an  demselben  nicht  hervorbringen.  Eher  scheinen 
aie  uder  wenigsteus  einige  von  ihnen  umgekehrt  von  ihren  eigenen 
Aasimilatiunsprodukten  ihrem  Wirlh  einen  Theil  zukommen  id  laues, 
wie  ea  fllr  ilas  ebenfalls  hierhergehörige  C/irmilepua  im  Thallus  der 
Ora/ihideen  fast  unzweifelhaft  ist,  so  üass  also  hier  die  fremden 
Organismen  im  Kdrper  der  von  ihnen  bewohnten  Pflanze  anstJlodige 
liebe  Oaatfreundc  sind,  welche  fUt  das  Eiupfangene  auf  andere  Weiae 
aieh  revanchiren.  Man  kann  dieses  VerhAltni^s  Hiethe  nennen  und 
die  dabei  betheiliglen  Wesen  als  Wirth  und  Miolher  unlcrscbeidan. 
Uicr  sowohl  wie  in  den  beiden  vurigon  F&ilen  werden  wir  dorch 
den  Zusatz  epipbyt  uml  endophyt  die  Jeweiligen  rtumlichen  Verfallt- 
nisHU  beider  Wesen  zu  einander  genauer  andeuten  können. 

In  allen  bisherigen  Fillcii  Bt*'ht  der  eine  Organismutt  dem  anderen 
immer  noch  als  freiudea  Wesen  gegenüber,  welches  auf  oder  In 
dem  vorhaudenen  Körper  des  anderen  sich  ansiedelt,  aber  doch  nicht 
nothwendig  vorhanden  zu  sein  braucht,  fllr  das  Leben  deaaclben 
nicht  unentbehrlich  ist.  Abzusehen  in  dieser  Uinsichl  ist  vielleicht 
von  den  vollkommensten  Fällen  dieses  Typus  bei  den  Oraphideem, 
welche  bereits  den  Uebergang  zu  der  uftclidten  und  höchsten  Stufe  dea 
Symbiotisnius  darstellen.  Letztcrc  besteht  darin,  dass  beide  Weien  tioh  j 


197 

gieidiaaiD  zn  einem  einfachen  Individuum  verbinden,  in  welchem  sie 
weebselseitig  sich  unentbehrliche  Dienste  leisten,  jedes  dem  Dienste 
des  GftBien  sich  so  unterordnet,  dass  sie  die  Bedeutung  selbstän- 
diger lodiyidnen  zu  verlieren  scheinen,  dass  sie  nur  noch  als  Or{^ano 
des  Garnen  fongiren,  dessen  erste  Existenz  schon  in  der  Vereinigung 
beider  Wesen  begannt.  Fflr  dieses  Verhältniss  dürfte  sich  vielleicht 
die  Bezeichnnng  Homobinm  empfehlen.  Der  Ausdruck  Consortium 
Iftsst  weniger  an  das  Vereintleben  denken  und  setzt  überdies  eine 
Betheilignng  der  Einzelnen  in  gleichem  Sinne  voraus;  ähnlich  ist  es 
mit  der  Bezeichnung  Commensalismus,  denn  die  Emährungsverhältnisse, 
welehe  durch  denselben  allein  angedeutet  werden,  sind  doch  nicht 
das  einsige  und  anch  nicht  das  wesentlich  charakteristische  Merkmal 
dieses  Verhältnisses,  welches  wir  vielmehr  in  dem  Umstand  suchen 
mflssesi  dass  durch  die  Verschmelzung  beider  Wesen  ganz  neue 
Lebensformen  geschajQTen  werden,  welche  mit  gewissem  Rechte  bisher 
als  selbständige  Pflanzen  sich  betrachten  Hessen.  Und  es  ist  ganz 
besonders  zn  betonen,  dass  die  Gemeinsamkeit  des  Lebens  Beider 
nicht  bloss  in  einer  eigenthfimlichen  Theilung  der  Ernährungsarbcit 
sieh  ansspricht,  sondern  dass  in  den  neuen  Lebensformen  zugleich 
eine  Vermehrung  in  Gestalt  der  unter  den  Lichenen  so  weit  verbrei- 
teten Soredien  sich  vollzieht,  durch  welche  beide  Organismen  anch 
vereint  fortgepflanst  werden.  Die  Zukunft  wird  nun  weiter  zu  ent- 
scheiden haben,  wie  fest  in  den  einzelnen  Fällen  die  beiden  Thcil- 
wesen  durch  die  Bande  des  Homobinms  verknüpft  sind ;  mit  anderen 
Worten,  ob  nnd  wo  es  möglich  ist,  dass  einer  oder  beide  l'heile  frei 
von  einander  ihr  eigenes  Leben  führen.  Die  HyphenkOrpcr  der  typi- 
sehen,  von  Anfang  an  mit  Gonidien  versehenen  Flechten  ohne  Goni- 
dien  sn  erziehen,  ist  bis  jetzt  noch  in  keinem  Falle  gelungen.  Da- 
gegen hat  man  bekanntlich  die  Gonidien  mancher  hierhergehöriger 
Flechten  zn  selbständiger  Vegetation  zu  bringen  vermocht,  in  welcher 
sie  sich  ihren  verwandten  Algen  analog  verhalten.  Nichts  spricht 
aber  gegen  die  Möglichkeit,  dass  in  anderen  Lichenen  die  Festigkeit 
des  Homobinms  einen  solchen  Grad  angenommen  hat,  dass  anch  die 
Gonidien  gleich  wie  die  Hyphen,  wegen  constant  nnd  erblich  gewor- 
dener Emährungsverhältnisse,  nicht  mehr  fflr  sich  allein  zn  vegetiren 
yermögen. 

Leipzig^  im  März  1876. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  Vü. 

Fig.  1 .  StQrk  eines  Gonidletilagers  von  Ärthonia  vulgaris  auf  Esche,  an  einer 
Stelle,  wo  dasselbe  noch  unvollständig  ist,  in  Chlorzinkjodlüsung, 
wodurch  die  Membranen  weinroth,  der  contrahirte  Zelliuhalt  gelblich 
geflürbt  ist.  Die  Hyphen  sind  nicht  ausgeführt,  die  bedeckenden  Peri- 
dermzellen  sind,  wo  sie  noch  deutlich  waren,  angedeutet.    Vgr.  200. 

Fig.  2.  Querschnitt  durch  ein  Stück  des  Thallus  von  Ärthonia  vtägaria  auf 
Esche,  in  Chlorzinkjodlösung,  wodurch  die  Gonidien  weinroth,  die 
Korkzellhiute  gelb  gefUrbt  sind.  a.  die  äussere,  i.  die  innere  Rork- 
schicht  des  Periderms.     Vgr.  300. 

Fig.  3.  Stück  der  Oberfläche  des  Periderms  von  Esche  an  einer  von  Ärthonia 
mUgari§  bewohnten  Stelle  mit  zwei  im  Eindringen  begriffenen  Indi- 
viduen von  CkroolepuSf  durch  Chlorziukjodlosung  gefärbt.  Die  Hyphen 
der  Flechten  sind  nicht  ausgeführt.  Die  stärker  schraffirten  Theile 
der  CbroolepufKeiien  befinden  sich  oberflächlich,  die  Spitzen  liegen 
bereit«  im  Periderm.    Vgr.  200. 

Fig.  4.  Einige  Gonidien  aus  dem  entwickelten  Thallus  von  Ärthonia  vulgaris 
auf  Esche  mit  den  zwischen  ihnen  befindlichen  Hyphen  der  Flechte, 
in  A  mit  rothen  Oelkönichen,  in  B  ohne  solche.    Vgr.  300. 

Fig.  5.  Zwei  Rorkzellen  aus  der  Randzone  des  Thallus  von  Ärthonia  vtd- 
garis  auf  Eiche,  durch  Jod  gelb  gefärbt,  die  sehr  feinen,  in  der  Rork- 
substanz  wachsenden  Hyphen  der  Flechte  sind  farblos.    Vgr.  500. 

Fig.  6.  Stück  der  Oberfläche  des  Periderm  von  Eiche  mit  drei  im  Eindringen 
begriffenen  Individuen  von  Chroolepus  auf  einer  von  Qraphis  scripta 
bewohnten  Stelle,  durch  Chlorzinkjodlösung  gefärbt.  Bei  x  x  x  die 
oberfläefalich  liegenden  Eintrittsstellen,  die  übrigen  Theile  der  Retten 
liegen  tiefer.  Die  Flechtenhyphen  sind  nicht  ausgeführt.  Rechts 
liegen  fremdartige  Pilzbildungen.    Vgr.  200. 

Fig.  7.  Ein  ebensolches  Präparat  wie  in  Fig.  6,  mit  weiter  entwickelten  ein- 
gedrungenen CAroo^epti«- Individuen.  Links  liegen  fremde  braune 
Pilzhypben.    Vgr.  etwas  kleiner  als  200. 


200 

Fig.  8.  Durchschnitt  durch  die  ftussere  Korkschicht  des  EieheDperidermt, 
ein  Stück  hinter  der  Randzone  des  Thallus  von  Chaphu  »eriptaf  in 
Chlorxinkjodldsung,  welches  die  Gonidien  weinroth  und  die  in  ihnen 
vorhsndenen  rothen  Oelkomchen  schwarzblsu  geHirbt  bst.  Die  Go- 
nidien befinden  sich  von  Hyphenmasse  umgeben  innerhalb  der  Kork- 
Zellen,  diese  ausweitend  und  zum  Theil  die  Membranen  derselben 
durchwachsendL    Vgr.  wie  Fig.  7. 

Fig.  9.  Drei  einzelne  Stflcke  von  Gonidienketten  mit  zum  Theil  sehr  schma- 
len und  (arblosen  Gliederzellen  aus  der  oberen  Region  des  Thallu» 
von  OraphU  ieripta  auf  Eiche,  zum  Theil  in  Begleitung  einiger  frem- 
der Pilzbildungen.  Rorkzellen  und  Flechtenhyphen  sind  nicht  ausge- 
führt   Vgr.  800. 

Fig.  10.  C^&ooleput  wnbrimm  auf  Buchenrinde,  dessen  reehtsliegende  grossere 
runde  Zellen  auf  der  Oberfläche  des  Periderms  sich  befinden«  aber 
zu  einer  in  den  Kork  eingedrungenen  Rette  schlanker  QUederzellen 
mit  51freier  Scheitelzelle  ausgewachsen  sind     Vgr.    800. 

Fig.  11.  Emzelne,  noch  von  den  Uyphen  der  Oraphideen  theilweis  bekleidete 
Zellen  von  Ckrodepur  vmbrimm  im  ersten  Stadium  der  Befreiung  ans 
zerfkllendem  OropAuieenthallus.    Vgr.  800. 

Fig.  12.  Eine  Korkzelle  vom  Periderm  des  Kirschbaums  aus  der  Gegend  des 
Thallusrandes  der  Arthopyrmia  certui,  mit  den  am  inssersteo  Rande 
gelegenen  echten  Hyphen  der  Flechte.    Vgr  500. 

Fig.  13.  Stück  vom  Saume  des  Gonidienlagers  aus  dem  hypophlGodischcn 
Thalluszustande  der  Leeanora  paliida  auf  Eiche,  von  der  unteren 
Seite  betrachtet.  Bei  i  i  i  setzt  sich  das  Gonidienlager  an  den  älteren 
Theil  an;  a|,  a^,  Ss,  die  am  weitesten  nach  aussen  liegenden 
Gonidiengruppen.    Vgr.  200. 

Flg.  14.  Einige  grössere  Gonidien  aus  dem  hypophldodischen  Thalluszustande 
der  Leeanora  paliida^  theils  ungetheilt,  theils  in  verschiedenen  Thci- 
lungsformcn.    Vgr.  500. 

Fig.  15.  Stück  aus  derjenigen  Zone  der  Variolaria  commttntf,  in  welcher  die 
äussersten  Voq)ostcn  der  Gonidien  durch  das  Filzgewebe  in  die 
parallelfascrigc  Randzonc  vorgetricbeu  werden.     Vgr.  ungefllhr  100. 

Fig.  IG.  Ein  Gonidiuin  der  Variolaria  communit  vom  Rande  des  Gonidien- 
lagers, an  die  Spitze  einer  Hyphe  angewachsen,  durch  deren  Wachs- 
thuni  es  zwischen  die  parallelen  Hyphen  der  Randzone  von^ärts 
gescliobcn  wird.  Das  centripetalc  Ende  der  Hyphe  liegt  am  unteren 
Ende  der  Fignr.     Vgr.  300. 

Fig.  17.  Die  cigenthumlich  angeschwollenen  Hyphen  der  Variolaria  commimif, 
wie  sie  sich  zwischen  die  grünen  Zellen  der  in  der  Nähe  des  Randes 
liegenden  Gonidiengnippen  eindrängen.  Vgr.  300. 


Beitrag  znr  Eenntniss  der  Chytridiaeeen 

Dr.  Leoa  V owakowskL 


IL 


eine  Cliytridiacee  mit  cpeMcrhleclAtBeher  J-V^rtr^fl^ri^tinae« 

li  Tffel  VUL  m4  DL 

i.  Geschichtliches.  Im  Jahre  1^51  Ter^eatliefate  Dr.  G.  Groa 
in  Moskau  eine  Abhaodlnng,  worin  er  „mit  otttb^nnatii^lier  GewU»- 
heit^  den  Nmebweis  geftilirt  xa  haben  glambte,  da««  ein  einfaeber 
ElementarorganUmns  (ProioceüuU)  je  naeh  den  Umständen  tieb  in 
die  versehiedensten  niedem  Thiere  nn«]  Pflanzen  zn  entwiekeln  fähig 
•ei;  als  eine  solche  Protocdbde  bexeiehnete  Gros  die  Euglenen,  die 
er  ftr  die  gemeinsehafiliche  Matrix  fast  aller  Infosorieni  gewisser 
Pflanzen  (Glosterien,  LHalom^jcn,  C<mferveA,  Moose),  sowie  Tielleieht 
aller  Räderthiere  erkUrte.  In  Dentsehland  beobaehtete  Gros  onter 
Anderem,  dass  Millionen  Indlvidnen  einer  rothen  Euglena  (wohl  E. 
sanguinea  Ehr.)  sieh  etwas  entfärbten  nnd  *b  ihrer  Oberfläche  einen 
farblosen  gestielten  kugeligen  Sehlaceh  austrieben,  der  seinen  blasigen 
Inhalt  wieder  an  der  Spitze  in  eine  Art  ejlindriseher  Seheide  aoütrieb; 
in  dieser  Seheide  wnchsen  die  BUsehen,  animalisirten  sich  mehr  und 
•ehwirmten  endlich  aU  Monaden  mit  einer  voransgehenden  Cilie  ans  ' ). 

Im  Frflhjahr  1855  nntersuehten  C.  Tb.  ▼.  Sieboid  nnd  Dr. 
Meiaaner  gemeinschaftlich  zu  Mftnchen  Euglena  viridis-,  sie  fanden 
an  encjstirten  aowie  an  kugelig  contrahirten  Exemplaren  farblosCi 
TencbiedeBartig  gestaltete,  mei«t  sehlanehartig  verUngerte  Gebilde, 


1)  G.  Gros,   De  Xtmhryofjfmt  asceixiante  des  tsyteces  oa  generation  pri- 

d    apontaoife  et    metamorphoses    de  certaios  auimaux  et 
Boiletins  de  \m,  Soc.  imp.  de  naturalistes  de  Moscou  1S51. 
No.  L  pu  283,  No.  IL  p.  429,  Tab.  C'.  Fig.  7  mit  Erkläniug  auf  p.  474. 


202 

bald  einzeln,  bald  ca  mehreren  (3-4),  ansäen  featsitsen;  ihre  Bam 
schwillt  fast  kngelig  an  and  grenzt  sich  durch  eine  Binschnflnuig 
von  dem  dickeren  Schlauch  etwas  ab;  manohmml  findet  ur,h  der 
kugelige  Bulbus  seitlich  am  Schlauch;  in  letiterem,  nicht  aber  in 
dem  Basaltheil,  bilden  sich  bewegliche  Keimiellen,  welche  ans  der 
ohne  Deckel  sich  öffnenden  Spitze  des  Schlanchs  ansschwAnnen;  sie 
sind  verlängert  oval  und  schleppen  die  lange  Wimper  an  dem  mit 
scharf  begrenztem  Kern  versehenen  Ende  nach. 

Im  Jahre  1855  wurde  der  nftmliche  Parasit  der  Euglena  in  Bres- 
lau von  Th.  Ball  untersucht;  die  Keimzellen,  die  ihre  Wimper  als 
Steuerruder  nachziehen,  setzten  sieh,  nachdem  sie  lAnger  als  eine 
Stunde  schwärmten,  an  EugUnen,  oder  machten  auch  im  freien  Was- 
ser Halt  und  nahmen  eine  verkehrt  bimfSrmige  Gestalt  an,  woraaf 
sie  mehrere,  oft  vier,  ins  Kreuz  gestellte,  sehr  zarte  lange  Fldez 
aussandten,  welche  sich  sogar  verzweigten,  und  ein  wahret  Netsge- 
fleeht  bildend,  an  die  Pseudopodien  der  Aeineten  erinnerten,  jedoch 
nicht  contractu  waren«  Anscheinend  aus  einem  solchen  Faden  gizg 
durch  allmähliches  Dickerwerden  ein  langer  stielfSrmiger  Fortsatz 
hervor,  während  der  eigentliche  Körper  zu  einem  sehr  grosteni  dann- 
oder  wurstförmigen,  bisweilen  auch  keulen-^  bim-,  ei-  oder  kngelßr* 
migen  Schlanche  auswuchs;  in  ihm  entstanden  sehr  zahlreiche,  mehr 
oder  minder  regelmässig  geordnete  Oeltropfen,  welche  zn  Kernen  von 
Schwärmsporen  wurden;  diese  selbst  traten  durch  eine,  selten  zwei, 
nicht  scharf  umschriebene,  deckellose  Mündungen  langt^am  nach  ein- 
ander aus*). 

Am  7.  Juni  1855  trug  A.  Braun  seine  berühmten  Untersuchao- 
gen  Aber  die  Gattung  Chytridium  der  Berliner  Akademie  vor,  wobei 
er  den  Parasiten  der  Euglenen  unter  dem  Namen  Chytridium  Euglenat 
A.  Br.  beschrieb,  indem  er  die  Beobachtungen  von  Gros,  v.  Sie- 
bold, Meissner  und  Bail  zu  Grunde  legte;  jedoch  wog  er  die 
wurzelartige  Fadenbildung,  die  Bail  beschrieben,  als  einen  den  Übrigen 
Chytridien  fremden  Umstand  in  Zweifel,  obwohl  Bail,  der  damals 
an  der  Breslauer  Universität  studirte,  seine  Untersuchungen  unter 
den  Augen  von  Ferdinand  Cohn  gemacht  und  sich  auf  dessen 
Zeugniss  berufen  hatte'''). 


>)  Bail,  Mykologischc  Berichte  III.  Chytridium  Euyleixae,  Botanische  Zei- 
tung vom  2.^.  Sept.  1865  p.  678. 

2)  A.  Braun,  Uebcr  Chytridium,  Monatsberichte  der  Berliner  Akademie 
Juni  1S55,  Nu.  11.  Ueber  Chytridium,  eine  Ciattung  einzelliger  Schinarotier- 
gewäelisc  auf  Algen  und  Infusorien;  Abhandlungen  der  Berliner  Akademie 
185G  p.  41.  Tab.  IV.  Fig.  26,  27. 


Am  1.  Decbr.  1856  begrflndete  A.  Braun  in  einer  Sitsung  der 
Berliner  Akademie  die  zweizeilige  Gattung  Rhizidium^  deren  Fort- 
pflanzongszelle  als  aeitliche  Aussackung  aus  der  wurzelartig  ver- 
iweigten  vegetativen  Zelle  hervorwicbst ;  er  stellte  hierbei  die  Ver- 
muthung  auf,  dass  der  BaiTsebe  Parasit  ein  Bhizidium,  und  von 
dem  dorch  Meissner  u.  Siebold  untersuchten  Chytridium  Eugle- 
nae  verschieden  sein  möge^). 

In  den  Sitzungen  der  phys.-medizin.  Gesellschaft  zu  Wflrzburg  vom 
20.  März  und  18.  April  1857  beschrieb  Schenk  von  neuem  die  Schma- 
rotzer der  Euglena  viridis;  er  beobachtete  nicht  die  stielartigen  Fort- 
sätze und  die  wurzelartig  in  die  Euglenen  eindringenden  fadenförmigen 
Verlängerungen,  die  Bail  erwähnte,  und  stellte  die  Schwärmsporen 
als  kugelig  dar,  mit  vorangehender  Wimper;  sie  bildeten  sich  nar 
in  dem  schlauohartigen  Theile,  der  an  der  Spitze  ein  oder  zwei,  selbst 
drei  stumpfe  Vorragungen  hat  und  schwärmten  aus  den  inzwischen 
durch  Einreissen  geöffneten  Fortsätzen  ^aus;  eine  am  festsitzenden 
Ende  des  Parasiten  verschmälerte  Basalzelle,  die  Bail  bei  seiner 
Beschreibung  nicht  unterschieden  hatte,  ist  um  diese  Zeit  inhaltsleer 
und  ergiesst  vermuthlich  ihren  Inhalt  in  die  zur  Sporenbildung  bC' 
stimmte  Z^Ue,  worauf  sich  zwischen  beiden  eine  Scheidewand  bildet; 
da  der  Organismus  hiemach  entschieden  zweizeilig  ist,  so  trennte 
ihn  Schenk  von  Chytridiwn  und  stellte  ihn  ebenfalls  zu  Rhizidium^), 

Seit  jener  Zeit  ist  meines  Wissens  Ober  die  Parasiten  der  Euglenen 
nichts  weiter  bekannt  gemacht  worden;  um  so  lebhafter  war  mein 
Wunsch,  dieselben  zu  beobachten  und  die  tbeilwei«en  Widersprüche  der 
früheren  Beobachter  aufzuklären.  Ende  April  dieses  Jahres  hatte  ich 
das  Olflck,  in  einem  Graben  bei  Breslau  unter  Euglena  viridis  auch 
den  lange  gesuchten  Parasiten  aufzufinden  und  durch  eine  mit 
gütiger  Beihilfe  des  Herrn  Prof.  Ferdinand  Cohn  im  pfianzen- 
physiologischen  Institut  der  Universität  Breslau  gemachte  Unter- 
suchung die  vollständige  Entwickelungsgeschichte  desselben  fest- 
zustellen. Die  hierbei  ermittelten  Thatsachen  haben  so  viele  wesent- 
liche Verschiedenheiten  von  den  Gattungen  Chytridium  A.  Br.  und 
Rhixidium  A.  Br.  herausgestellt,  dass  sie,  wie  in  der  Folge  specicller 
dargelegt  werden  wird,  zur  Aufstellung  einer  neuen  Gattung  unter 
dem  Namen  Polyphagus  berechtigen,  in  welcher  als  bis  jetzt 
einzige  Art  der  Parasit  ^tt  Euglenen  als  Polyphagus  Euglenae 
aufgefUirt  werden  soll. 

1)  Monatsberichte  der  Berliner  Akademie  1856  p.  592. 

*)  A.  ScIiCDk,  Algologische  MittheilungeD,  Verhandlungen  der  pbys.-med. 

Gcaellsch.  za  Wurzbarg  Bd.  Vlll.  Lief.  11.  p.  246. 

Goka,  Befttif«  zw  Btotogie  der  Pflanses.    Band  II,  Haft  IL  j^ 


2.  Organisation  von  Polyphagua.  Als  die  Euglene«  tob  d*m 
oben  erwähnten  Graben  einige  Tage  in  0 laagefUssea  ndie  den  Pfn- 
stern  des  Inatitnls  ciillivirt  norden  waren,  bildete  sich  wie  gevMia- 
lieh  auf  der  dem  Lichte  zugewendeten  Seite  der  Geftase  ein  graiieT 
schleimiger  Ueberzng,  welcher  aua  di-u  sich  EDr  Ruhe  vorbereiteodea 
und  zum  Theil  schon  encyatirten  EuqUtien  bestand.  Zwisrhon  dtwen 
Eeigte  sich  der  von  mir  geauchte  Parasit  in  üppigster  Entwickolang. 
Seine  Schwärmsporen  keimen  nach  Beendigung  ihrer  Bevc^ngco 
swJBChen  den  rnhenden  Euylenen;  sie  nehmen  kugelige  Geatalt  Kn  nnd 
erscheinen  daher  zaerst  ala  kleine  farblose,  mit  einem  stark  lichtbrechen- 
den,  etwaa  gelbliclien  Kern  versehene  Kugelzetlen;  hieraaf  treiben 
dieselben  von  ihrer  Oberllttche  vier  kreuzförmig  gestellte,  »dvr  mehrer« 
(5  — G)  strahlcnartig  ausgehende,  nnmcaabar  dOnne  Fitden  (KeimnkieD) 
nRch  allen  Seiten  aaa  (Taf.  VIII.  Fig.  1).  Jeder  dieser  F*den  ver- 
längert sich  mehr  oder  weniger,  bis  er  «nf  eine  der  in  der  Nachbar- 
schaft znr  Kiiho  gekommenen  Euglenen  trifft,  sodann  durchbohrt  er 
die  Haut  derselben  und  dringt  in  ihr  grnnes  Protuplüsma  ein;  indem 
er  dasselbe  allmfihlich  aussaugt,  verhalt  er  sich  nnnmehr  als  ein 
Hanatorinm.  Einer  der  Keimf^den,  nämlich  derjenig«,  welcher 
snerst  in  eine  Euglena  eingedrungen  war,  übertrifft  bald  die  übrigen 
an  Dicke,  and  erscheint  daher  als  röhrenförmiger  Stiel,  durch  velchn 
der  ParMit  oft  keulenfürmigo  Gestalt  erhjill  (Taf.  VIII  Fig.  2,  4). 
Der  Körper  des  Polyjihfitpia  vergrössert  sich  In  Folgo  seiner  reicli- 
liehen  Ernährung  durch  die  von  ihm  ausgesaugten  Eu<flenen  immer 
mehr;  der  in  ihm  anfangs  beßndlicho  starklichtbrechendo  Kern  der 
Schwärmspore  verkleinert  aich  sIlmMilich  und  verschwindet  achlieaa- 
lich  ganz;  statt  seiner  kommen  im  Protoplaama  mehr  oder  weniger 
zahlreiche  Oeltropfeii  und  anch  Vacuolen  lum  Vorachein.  Die  Übri- 
gen Danstorien  bleiben  entweder  in  ihrem  primären  fadenfOrmigen 
Znatande  während  dea  ganzen  Lebens  dea  Parasiten,  oder  sie  rer- 
ISngern  and  verzweigen  aich,  indem  sie  neue  EugUiien  aufsneheii 
(Taf.  VIII.  Fig.  2,  4).  Inzwiachen  haben  diejenigen  HanstoritB, 
welche  schon  frllh  in  Eu^lenen  eingedrungen  waren,  sich  bedenleod 
verdickt,  verlängert  und  neue  aeitliehe  Aeste  getrieben,  nicht  sowohl 
ftua  ihrer  ganzen  Länge,  ala  besonders  ans  der  Nähe  derjenigeD 
Stelle,  an  der  aie  sich  in  die  Eughne  einbohrten  (Taf.  VIII.  Fig.  7  a.  ».). 
Selten  wachaen  sie  sogar  durch  die  ergriffene  Eu^lene  hJodireb 
und  dringen  in  die  nächetliegende  ein  (Taf.  VIII.  Fig.  ISa.).  So 
ontwickclu  sich  viele  atärkero  und  schwächere,  zum  Theil  achetsbar 
'  gabelige,  wurzelartigc  Zweige,  die  sich  zuletzt  in  sehr  feine  Fädobeji 
Terftsteln  (Taf.  VUI.  Fig.  7,  IS).   Da  wo  ein  Uaustorium  die  Wand 


S05 

der  Euglene  dnrehbohrt,  zeigt  es  bei  seiner  spftteren  Verdickong  oft 
eine  sehwache  EinschDamng  (Taf.  IX.  Fig.  7);  im  Innern  der  Euglena 
▼enwtigt  es  sieh  mitunter  noch  mehrere  Male  (Taf.  IX.  Fig.  9e}. 

Wenn  eine  Schwftrmspore  des  Polyphagus  unmittelbar  anf  der 
Oberfliehe  einer  verpappten  Euglena  gekeimt  ist,  so  treibt  sie  an 
der  Berflhmngastelle  ein  Haustorium,  welches  ganz  und  gar  im  Innern 
der  EugUna  verborgen  ist,  so  dass  der  ParasitenkOrper  auf  der 
Euglena  %n  sitzen  acheint  (Taf.  VIII.  Fig.  6).  Nicht  selten  keimen 
nnd  entwickeln  sieh  anf  einer  Euglena  mehrere  Parasiten  (Taf. 
VUI.  Fig.  5). 

lodern  die  EugUnen  durch  die  Hanstorien  des  Parasiten  ausge- 
aaogt  werden,  verliert  ihr  Körper  allmählich  sein  grflnes  Protoplasma 
md  wird  zierst  grflulich  gelb,  dann  ganz  entfärbt  bis  auf  einen 
brftunlieheii  körnigen  Rflckstand;  die  Paramylnmkömer,  welche  in 
den  grflnen  Euglenen  meist  zahlreich  eingelagert  waren,  sind  in  den 
getödteten  verschwunden;  ihre  Membran  leistet  am  längsten  Wider- 
atandi  geht  aber  schliesslich  ebenfalls  zu  Grunde.  Der  braune  Rflck- 
ataad  bleibt  als  letzter  Rest  der  verzehrten  Euglenen  an  den  Hau- 
itorien  haften. 

Die  Hanstorien  des  Polyphagus  ähneln  in  ihrem  Verhalten,  be- 
sonders im  jungen  Zustande,  den  Pseudopodien  gewisser  Bhvsopoden 
oder  Acmeien,  wie  schon  Bail  bemerkte;  sie  verändern  aber  nie 
ihre  Gestalt  nnd  besitzen  schon  frfih  eine  starre  allmählich  sich  ver- 
diekende  Membran,  welche  durch  Jod  und  Schwefelsäure  nicht  blau 
gefib*bt  Würde.  Weil  die  Hanstorien  nur  Verlängerungen  des  Para- 
aifm  sind  nnd  keine  Querwände  besitzen,  muss  unser  Organismus 
als  einzellig  bezeichnet  werden.  Sein  Protoplasma,  welches  viele 
gelblich  geftrbte  Oeltropfen  enthält,  färbt  sich  durch  Jod  röthlich 
brau,  wie  dasjenige  der  Hanstorien,  in  welchen  man  aber  nur  selten 
daige  Oeltropfen  wahrnehmen  kann. 

Der  Körper  des  Polyphagus  zeigt  in  seiner  Gestalt  und  Grösse 
viatfatiM  Mannigfaltigkeit,  besonders  in  jugendlichem  Zustande.  Im 
Allgemeinen  stellt  er  zwei  Hauptformen  dar:  kugelige  oder  keulen- 
fftnnige;  doch  kann  er  auch  eiförmig  oder  mehr  elliptisch  sein;  er 
erseheioty  wie  Bail  sich  ausdrtlckt,  acinetenähnlich,  wenn  eines  seiner 
Haiuitorien  sich  durch  Dicke  und  Länge  von  den  übrigen,  welche 
dftnn  fadenförmig  geblieben,  bedeutend  unterscheidet.  Ueberhanpt 
sehetot  oft  die  ganze  Gestalt  des  Parasiten  von  der  Entwickelnng  seiner 
Hanstorien  abhängig  zu  sein.  Gelingt  es  den  letzteren,  sämmtlich 
und  gleiehzeitig  Euglenen  auszusaugen,  so  entwickelt  sich  der  Para- 
sit Badi  allen  Seiten  hin  regelmässig  und  wird  daher  kugelig;  da* 


806 

gegen  Überwiegt  seine  Aasdehnnng  in  dieser  oder  jener  Richttiuj  ja 
nach  der  stärkeren  Enlwickelung  einea  in  eine  Ewjlena  eingodnii* 
gonen  HaitaturiuiDS.  MaDdimul  verlängert  sich  der  Pol^kagua-Kürftt 
ganz  anlfftllend,  indem  er  an  Beinern  Scheitel  wachst,  and  eine  sehluke 
Bohlanchförmige,  im  oberen  Theile,  welcher  sehr  groue  Vu-oolei 
entljält,  etwas  verschmälerte  Gestillt  annimmt.  Er  erreicht  hiorW 
oft  ausBerordentltchfi  Linge,  über  0,8  Mm.  (200  Mikr.|,  wAhrend  di« 
Orüsse  der  kngeligen  ParaBitenkSrper  in  der  Regel  nicht  Über  3T 
Mikr.  nnd  die  grösste  Dicke  der  Hauatorien  etwa  G  Uikr.  belrlft 
Die  PurtpSaoEung  von  Polyphagus  geseliiebl  in  doppeller  W«iM, 
auf  ungeachlechllicheni  nnd  auf  gsBChli-clitlichem  Wege.  Brslerc, 
welche  ich  zuerst  am  Anfang  meiner  Beubachtungen,  Ende  April, 
antrar,  geschieht  durch  8ch wfirmsporen;  letitere  ftod  ich  erat 
einige  Tage  nach  Beginn  nnd  von  da  an  bis  zum  Schlaaa  meiMr 
Ciiltarcn  (Mitte  Jani   18TC). 

3.  Ungeschlechtliche  Fortpßaneuttg  durch  Schwärmsportn.  Die 
Scbw&rmsporeii  entalebeu  in  Zuoaporangien,  welche  aa 
der  Aasscnseite  des  Parasiteokörpers  aus  seinem  ge- 
sammten  aungetretenen  Protoplasma  hervorgehen;  daher 
kann  nach  einem  von  Delpino  zueral  iwtckmassig  gebildeten  Ad»- 
drnck ')  der  eigentliche  ParasilenkOrpcr  auch  aU  Pro- 
sporangiam  bezeichnet  werden.  Die  Zoosporangien  bilden  aick 
anf  folgende  Weise: 

Das  gesammtc  Protoplasma  des  Polyphagua  durchbohrt  die  Z«l^ 
wand  an  einem  Punkte  und  tritt  dnrch  eine  liemüch  groMc  kreit- 
itinde  OeffnuDg  nach  Hiissen  licrans.  Zuerst  dringt  b  roch  sack  artig 
eine  kleine  ProloplaamabUse  hervor,  welche  sich  langsam  ver- 
grOssert;  wenn  endlich  die  Blase  das  ganee  Protoplasma  auf- 
genommen hat,  SD  bildet  dasselbe  entweder  einen  scharf  begreDa* 
len  ovaluu  oder  elliptischen  Körper  unmittelbar  vor  der  Oeffnung 
des  Prospornngiums  (Tafi.'l  VIII.  Fig.  8,  9,  10)  oder  es  nimmt  eine 
walzlieh  achlauchfSrmige,  verlängerte  tieatalt  an,  indem  es  eich  («r- 
minal  in  einer  der  ProsporaogiumßlTnung  enlgugengesetzten  Kichtnn; 
ausdehnt  (Taf.  VIII.  Fig.  13).  Der  ausgetretene  ProtoplaamakArpcr 
Bcbliesst  ansserst  kleine  Körnchen  ein,  welche  oft  beaondera  neta- 
artig  geordnet,  ein  eharakteristiscbe«  Ansehen  zeigen,  oder  er  eat- 
hält  kleinere  oder  grossere  OeltrOpfclien. 

Das  Heranstreten  der  Piotoplasmublase  aud  dem  Prosponngioni 
gebt  so  langsam  vor  sieb,    dass  man  es  unmittelbar  nicht  wafarneb- 


>J  Delpino.    Reviata  botaniea  degli  anni  1S74  c  I8Tä.  Milano  1ST6  p.  97. 


807 

men  kann;  nur  am  Scheitel  zeigt  das  Protoplasma  das  deutliche 
Bestreben,  so  weit  wie  möglich,  oft  auf  Kosten  seiner  Breite  sich  zu 
verllDgem.  Deshalb  bleibt  der  ans  dem  Prosporanginm  hervorge- 
tretene Plaamakörper  nahe  der  AastrittBdffnnng  dicker  nnd  oft  etwas 
breiter,  während  er  weiter  oben  flacher  nnd  nicht  selten  anch  enger 
ist.  Eine  die  Protoplasmablase  umkleidende  Haut  kann  man  anfangs 
nicht  nachweisen;  erst  wenn  dieselbe  eine  gewisse  Grösse  erreicht 
hat,  icigt  sie  sich  von  Aussen  mit  einer  Haut  bekleidet,  steht  aber 
noch  in  unmittelbarer  Verbindung  mit  dem  Reste  des  im  Prosporan- 
ginm snrflckgebliebenen  Protoplasmas  (Taf.  VIII.  Fig.  12).  Im  Pro- 
sporanginm treten  schon  ziemlich  früh  grössere  und  kleinere  vacuolen- 
ihnliehe  Rinme  anf  (Taf.  VIII.  Fig.  lOv.v.),  welche  sich  im  Ver- 
hiltniss  snm  weiteren  Abfluss  vermehren.  In  Folge  dessen  zeigt 
der  Inhalt  des  Prosporangiums  zuletzt  einen  zellartigen  oder  schau- 
migen Bau  (Taf.  VIII.  Fig.  11p.,  12  p.),  indem  die  dünnen  Proto- 
plasmawinde der  Vacuolen  durch  gegenseitigen  Druck  polyedrische 
Gestalt  annehmen  und  einigermassen  an  ein  Parenchymgewebe  erin- 
nern^). Schliesslich  verlässt  auch  der  letzte  Rest  des  Protoplasma 
das  Prosporanginm  und  vereinigt  sich  mit  dem  schon  früher  hervor- 
getretenen; dieses  trennt  sich  sodann  durch  eine  gegen  das  Prospo- 
ranginm eingewölbte  Scheidewand  (Taf.  IX.  Fig.  5),  welche  sich  in 
der  Anstritts-Oeffnung  bildett  von  dem  vollständig  entleerten  Körper 
des  Parasiten  ab  und  stellt  nunmehr  das  eigentliche  Zoosporangium 
dar.  Die  geaammte  Entwickelung  desselben  nimmt  mehrere  Stunden 
in  Ansprodi  (Taf.  VIII.  Fig.  13  z,  Taf.  IX.  Fig.  1,  2). 

Die  Gestalt  des  Zoosporangiums  entspricht  der  des  ausgetretenen 
Protoplasmakörpers;  es  ist  seltener  oval  oder  elliptisch,  in  der  Regel 
bedentend  verlängertt  schlauchförmig  und  dabei  nicht  selten  gekrümmt 
and  gebogen  (Taf.  IX.  Fig.  1,  2,  3,  4,  5).  Auch  seine  Grösse  ist  sehr 
Tcrschieden,  von  minimalster  bis  zu  riesig  verlängerter,  welche  ich 
einmal  anf  375  Mikr.  im  Längsdurchmesser  bestimmte.  Das  Volu- 
men aber  entspricht  nicht  immer  der  Länge,  denn  je  länger  sie  wer- 
den, desto  flacher  ist  ihre  Form. 

Nach  korser  Zeit  entstehen  im  Protoplasma  des  Zoosporangiums 
stark  lichtbrechende  gelbliche  Kerne,  um  welche  herum  die  verhält- 
nissmlssig  grossen  Schwärmsporen  selbst  sich  bilden  (Taf.  IX«  Fig.  3). 


1)  Nach  meinen  Beobachtungen  entspricht  auch  die  parenchymatische  Zeich- 
nung in  den  Stielen  von  Dictyostelium  mticaroides  Brefeld  nicht  einem  wirk- 
liehen Zellgewebe,  sondern  einer  seifenschaumartigen  Verbindung  von  Vacuolen 
in  Folge  der  Wanderung  des  Protoplasmas  gegen  den  Scheitel  des  Fnicht- 
trigen  aar  BÜdung  der  Sporenmasse.  F.  Cohn. 


sog 

Letztere  bestellen  aus  klarem  farblosem  Proloplasmn,  das  den  K*lb- 
Ürheo  Kern  concontrisrh  amliUlll;  sie  siud  bcrcita  im  Zooaporangium 
scharf  begrenzt,  bald  von  kngetiger  Gestalt,  bald  nelimeii  sie  durcli 
gegenseitigen  Drack  polycdriache  parenchymähn liehe  Umrlaw  an. 
Schliesslich  treten  durch  eine  an  der  Spitze  des  Zoosporanginini 
entstandene,  nicht  grosso  Ocn'nnng  die  SchwÄrmsporen  ans  denaclbcii 
eine  nach  der  andern  heivor,  ohne  voa  Schleim  umgeben  za  leio 
und  entfernen  sich  rasch  (Taf.  IX.  Fig.  5),  wahrend  gleichaettif 
auch  die  im  Znosporangium  zurllrkgebtiebenen  Zooapor^n  inoerWb 
desselben  zu  schwärmen  beginnen;  doch  verlassen  auch  dies«  bald 
das  Sporangiiim. 

Die  Scbwiltmsporcn  sind  verhültniBsmässig  gross,  verliagert  ej-Ua- 
drisch,  an  ihren  beiden  Enden  abgerundet;  in  der  Hitte  etwas  ehi- 
gCBchntlrt,  namentlich  dann,  wenn  sie  sich  ein  wenig  strecken  (Taf.  IX. 
Fig.  6);  weil  sie  aber  contmclil  sind,  so  können  sie  ibro  QmUU 
etwas  verändern  und  kUrzere,  dickere,  manchmal  fast  kugelige  Pons 
annehmen.  Ihre  Orüsae  ist  nicht  coustant,  in  verschiedenen  Zoospo* 
rangien  verschieden:  die  gritssten  sind  13  Hikr.  lang,  6  Mikr.  breit, 
bei  den  kleinsten  betragen  diese  Dimensionen  6  :  3  Uikr.  In  der 
Mitte  der  Schwärmspore  kann  man  eine  ziemlich  grosse  Vaeaols 
unterscheiden;  viele  kleine  Vacnolen  befinden  sich  am  vorderun  Ende, 
welches  zarter  erscheint,  als  das  hintere;  an  letzterem  ist  eine  lang« 
Cilie  angeheftet.  Nahe  am  Ursprung  der  Cilic  enthklt  die  Schwlnn- 
spore  einen  nicht  sehr  grossen  stark  licbtbrochenden  exceutriscbeQ 
Kern,  dieser  ist  gelblich  geffirbt  und  stimmt  sowohl  in  seiner  Ftr- 
bnng,  als  in  seiner  Lichtbrechung  aulTallend  tiberein  mit  den  gelb- 
lichen Ocltropfun  des  Parasiten,  welche  eine  constante  Erscbcinuiig 
in  seinem  Protoplasma  darstellen.  Man  kSnnte  die  Kerne  für  Od- 
tropfen  halten.  Werden  dieselben  in  Olycerin  entt^rbt,  so  Eeigen 
sie  sich  als  solide  KOrpercben,  welche  das  Licht  nicht  mehr  Olarlig 
brechen.  Die  8eb  wärm  Sporen  schwimroeu  hin  nnd  her,  indem  sie 
ihre  Cilie  stets  nach  hinten  tragen.  Nach  einiger  Zeil,  DngeflÜtf 
schon  nach  einer  Stunde,  kann  man  leicht  unter  dem  ÜeckglaM 
beobachten,  wie  sie  zwischen  den  Eitglenmi  znr  Ruhe  kommen  nod 
eine  kugelige  Gestalt  anuehmcn.  Hierauf  keimen  sie  und  entwickela 
sich  va  neuen  Parasiten  in  der  schon  oben  beschriebenen  Weite. 

Die  Zahl  der  in  einem  Zuosporangium  entwickelten  Zoosporen 
entspricht  im  Allgemeinen  der  OrOsse  des  ersteren;  diese  scheint 
wieder  abhängig  zu  sein  von  der  Zahl  der  von  einem  Parasjlen 
ergriffenen  EugUnen.  F<ine  einzige  Euglme  ist  oft  im  Stande,  eiaeto 
Parasiten   so  viel  Nahrung  su  geben,  äaae  er  »ein«  SohwArauporc« 


809 

entwkftelii  kann.  DaraoB  folgt,  dass  die  Zahl  der  in  einem  Zoospo- 
ranginm  gebildeten  Schwärmsporen  ausserordentlich  variirt  Ich  habe 
einmal  in  einem  Zoosporanginm  blos  zwei  Schwärmsporen  gesehen 
(Taf.  IX.  Fig.  4).  Oewöhnlich  kommen  sie  aber  in  grosser  Anzahl 
Tor.  In  den  sehr  verlängerten  Zoosporangien  ist  jedoch  die  Zahl  der 
Sehwinnsporen  nicht  so  gross,  wie  man  vermnthen  könnte,  denn  sie 
bilden  hier  inm  grössten  Theil  bloss  eine  einfache  Schicht,  welche 

obem  Theile  des  Zoosporangiams  oft  nur  ans  zwei  oder  gar  nur 
mer  Beihe  besteht,  während  sie  an  der  Basis  in  mehreren 
Schichten  Aber  einander  liegen.  Wir  sehen  also,  dass  der  Parasit 
eine  gewisse  Grenze  in  seinem  Wachstbnm  nicht  flberschreiten  kann, 
mterhalb  dieaer  Grenze  aber  ist  er  im  Stande,  in  verschiedener 
CMaae  aelne  Schwärmsporen  zn  entwickeln.  Diese  scheinen  oft 
•ellwt  ans  dem  Protoplasma  sehr  junger,  mit  dünner  Haut  und  zar- 
ten Haistorien  versehenen  Individuen  zu  entstehen.  Offenbar  ist 
Ar  die  Enengnng  der  Zoosporen  ein  gewisser  StüLstand  im  Wachs- 
thom  des  Paraaiten,  welcher  mit  der  Beendigung  der  Ernährung  be- 
ginii  nothwendig. 

Da  man  unter  dem  Mikroskope  unmittelbar  beobachten  kann,  dass 
jede  Zoospore  die  Fähigkeit  besitzt,  zu  keimen  und  sich  weiter  zu 
entwiekehi,  so  muss  sich  natflrlich  Polyphagus  in  der  Cultur  äusserst 
nach  and  zahlreidi  vermehren.  In  einem  Glasgeflisse,  in  welchem  ich 
▼mi  P6bfphagu8  befallene  EugUnen  züchtete,  zeigte  sieh  nach  wenigen 
T^^n  der  ursprünglich  grüne  Euglenen^henxkg  an  den  Gefässwänden 
gelblich  und  bfaun.  Wenn  man  ein  kleines  Stückchen  eines  solchen 
aehleimig-häntigen  üeberzugs  unter  dem  Mikroskope  betrachtet,  so 
aieht  man,  dass  derselbe  ganz  und  gar  aus  Parasiten  und  schon 
aerstArtcn  Euglehen  besteht.  Man  findet  auch  oft,  dass  die  Parasiten 
mtHk  gruppenweise  entwickeln;  solche  Gruppen  sind  in  ihrer  Umge- 
baBg  von  einer  Zone  bräunlicher,  durch  sie  zerstörter  EugUnen  um- 
lagert; vermnthlich  ist  jede  Gruppe  aus  einem  einzigen  Zoosporan- 
ginm hervorgegangen,  dessen  Schwärmsporen  sich  nicht  weit  von 
ihier  Gebnrtsstätte  entfernen.  In  diesen  Gruppen  aeigen  die  Para- 
siten eine  sehr  merkwürdige  Wachsthumsrichtung;  ihre  Körper  strecken 
aich  nimlieh  so,  dass  die  Scheitel  nach  dem  Centrum  der  Gruppe 
eonvergiren  und  dort  nur  zarte  Keimfllden  aussenden,  während  ihre 
Lingadurchmesser  radial  geordnet  und  die  nach  den  Euglenen  hin 
aoagetriebenen  Ebustoriensysteme  sich  in  centrifugaler  Richtung 
atnUIg  oft  au  überraschender  Länge  entwickeln'). 

1)  Die  Orientining  in  der  gegenseitigen  Lage  der  Parasiten  wie  in  der 
stofenweisen  Entwickelung  der  ganzen  Cultur  von  Tag  zu  Tag  wird  dadurch 


210 

Die  PsraBiten  veriiicliteii  fast  «Ue  Eugfenen  in  dur  Ciiltnr;  iiin 
vermeliri-'n  sicli  so  zalilroiclj,  ilass  sie  zulelzt  gvrHilcEii  die  Eut/ltnen 
vcrtroton.  Msn  könnte  also  in  der  That  aagoii,  abtr  oicLt  im  SioD« 
von  0.  OroB,  dass  die  Eugletien  aich  in  Parsailen  vorwandclt  luUica. 

Die  Individuen  des  Polyphaijtis,  welche  sich  in  vcrBchiedenen 
WachRtliumHziiBtAnden  befinden,  liegen  ZQletzt  bo  dicht  neben  einsn- 
dor,  dasB  eie  oft  mehrere  Schichten  bilUeo;  dabei  entwickeln  sie 
eine  so  flberraachende  Menge  von  Schwiirinsporen,  dasa  Ietzt«>«e,  in- 
dem sie  keimen,  anf  ganzen  Strecken  dichte  Lager  bilden,  »nm 
grÖBsten  Theil  aber  itn  Kampf  nniH  Dasein  wegen  Mangel  an  Nahrung 
ZD  Grunde  gehen. 

4.  Gegckiechtliche  Forlpßantung  durch  glatthäuttge  ßati^rgportm. 
In  diese  Kpoche  des  Entwickclnngskreisea  fällt  di«  Er- 
zeugung geachlechtlicher  Dauersporen.  Unter  den  i*o/y- 
;'Acu/iMindividnen,  welche  sich  in  den  beengten  Zwischenrflnmcn  d«r 
nbgeBlorbrnen  Euglenen  entwickeln,  betiriden  sich  zweierlei  Formen, 
welche  man  als  Hftnnchen  und  Weibchen  bezeichnen  kann. 

Die  Weibchen  sind  in  der  Regel  grösser,  mehr  oder  weniger 
kugelförmig,  "der  auch  unregelmUsBig,  indem  sie  eckige  Vorlängerun- 
gen  bilden,  welche  in  Haustorien  tibergehen.  Die  Htnnclien  da- 
gegen Bind  kleiner,  keulenf5rmig,  oder  verlHngert,  railunter  spindsl* 
förmig,  von  ihren  RauBtorien  ist  in  der  Regel  eines  atielartig  am 
meisten  entwickelt;  die  Übrigen  bleiben  entweder  in  ihrem  primtren 
dUnn  fadenförmigen  Zustande,  wenn  sie  nXtnIich  in  keine  Euglme» 
eingedrungen  sind  (Taf.  IX.  Fig.  10  m,  Fig.  7  m),  oder  sie  entwickeln 
aich  krüftiger,  wenn  sie  in  Evglenen  enden  (Taf.  IX.  Fig.  9  m.  h.). 
Doch  ist  obiger  Gestalt- Unterschied  nicht  streng;  denn  es  kommt 
aneh,  obwohl  verhaltnisamüssig  seltener,  vor,  dasa  kenlenförniige 
Individuen  sich  bei  der  Befruchtung  als  Weibchen  verhalten;  aoa- 
nahmswciBt;  haben  auch  Männchen  nicht  kenlenfQrmige,  sondern  eino 
andere  Gestalt.  Es  'M  daher  oft  schwer,  vor  der  Befruchtung 
die  Geschlechter  als  solche  zu  unterscheiden,  wahrend  bei  dem  Copn- 
lalionsacte  selbst  Männchen  nnd  Weibchen  in  den  meisten  FAllen 
hinlänglich  charakteriairt  sind. 

Der  Vorgang  bei  Erzeugung  der  Daaersporeu  l&sst  aich  ala 
Copulation   auffassen,    da  die    Spore   aas  der   Vereinigung 

erleichtert,  daaa  die  JCuftmtn  aaniint  ihren  Paruiileu  ruhig  imuer  auf  dertd- 
beu  Swile  blclbeu,  indem  sie  dcD  «clioo  crwühiilfii  hiutigen  UebenU|;  bilden, 
wtichrr  atüli  Irlchc  mit  einem  Meastr  vom  Getiase  auf  du  Ubjeolglaa  Qb«r^ 
tragen  Usst. 


211 

des  gesamniten  Protoplasmas  zweier  Individuen  her- 
vorgeht; die  Spore  ist  daher  als  Zygospore,  aber  auch  wegen 
der  sexuellen  Verschiedenheit  der  gepaarten  Individuen,  als  Oospore 
zu  beaeichnen. 

Die  männlichen  Individuen,  welche  in  Copulation  eintreten,  können 
in  jedem  Alter  stehen  (Taf.  IX.  Fig.  7  m,  8  m,  10  m)  und  man  triflft 
selbst  solche,  welche  bei  dem  Acte  der  Befruchtung  nicht  weiter 
in  ihrer  fintwickelung  vorgeschritten  sind  als  keimende  Schwärm- 
sporen (Taf.  IX.  Fig.  1 1  m).  Die  Weibchen  dagegen  copuliren  erst 
in  demjenigen  Zustande,  in  welchem  sie  auch  selbst  Schwärmsporen 
bilden  konnten. 

Die  Copulation  beginnt  damit,  dass  aus  dem  Körper  des  Weib- 
ehens  durch  eine  kreisrunde  Oeffnung  das  gesammte  Protoplasma 
in  ähnlicher  Weise  in  einer  bruchsackartigen  Blase  austritt,  wie  wir 
dies  bei  der  Bildung  der  Zoosporangien  bereits  geschildert  haben; 
es  verhält  sich  daher  der  Körper  des  Weibchens  auch  in 
Besug  auf  die  Erzeugung  der  Oospore  als  Prosporan- 
ginm«  Das  Protoplasma  wölbt  sich  durch  die  Oeffnung  nach  aussen 
als  eine  ovale  Blase,  welche  langsam  an  Grösse  zunimmt,  während 
in  der  allmählich  sich  entleerenden  weiblichen  Zelle  vacuolenähnliche 
Räume  entstehen  und  derselben  zuletzt  ein  netzartig  schaumiges 
Aussehen  verleihen.  Sobald  das  gesammte  Protoplasma  aus  der 
weibliehen  Zelle  ausgetreten  ist,  bildet  es  eine  ovale  Masse,  welche 
unmittelbar  vor  der  Oeffnung  liegt»  und  entspricht  nun  einer  Be- 
fraehtungskngel  oder  Oonosphaere;  die  verlängerte  Schlauch- 
form, der  wir  oben  bei  Bildung  der  Zoosporangien  oft  begegnet 
waren,  kommt  nur  ausnahmsweise  vor.  Nach  meiner  Meinung  be- 
sitst  die  Befruchtungskugel  (Oonosphaere)  anfangs  keine  eigentliche 
Zellhaut,  sondern  ist  nur  von  einer  Hautschicht  begrenzt,  welche 
am  Scheitel  in  weicheres  Protoplasma  flbergeht. 

Die  Befruchtung  geschieht  so,  dass  das  ausgetretene  Gesammt- 
plasma  eines  Weibchens  sich  mit  dem  Gesammtplasma  eines  Männ- 
chens vereinigt;  die  Copulation  zweier  Geschlechtszellen  wird  durch  die 
gruppenweise  Lagerung  der  Parasiten  erleichtert.  Der  ausgetretene 
Protoplasmakörper  oder  die  Befruchtungskugel  eines  Weibchens 
kommt  bei  der  Copulation  in  Berührung  mit  dem  stielartigen  Hausto- 
riam  eines  benachbarten  Männchens;  die  Membran  des  Haustorlums 
wird  an  der  Berflhrungsstelle  aufgelöst;  sodann  wird  das  gesammte 
Plasma  der  Männchenzelle  durch  das  Haustorium  entleert  und  fliesst  mit 
dem  weiblichen  zusammen  (Taf.  IX.  Fig.  7,  9).  Der  Inhalt  des  Männchens 


818 

nimmt  während  des  UcberSiesBeiis  eine  älinlichc  gchaomigp  nesctiaffrn- 
heit  an,  wie  wir  dies  oben  bei  dtsn  Weibchen  angegeben  haben  (Taf. 
IX.  Fig.  8m.f).  Wahrscheinlich  vergehen  mehrere  Standen,  «he 
die  beiden  copnlirten  Individuen  sich  vollstünilig  cnlteort  haben. 

Nachdem  der  Protoplasmakürper,  der  aua  dem  Weibchen  hervor- 
getreten war,  mit  dem  Plasma  des  M&nnchens  Rieh  vereinigt  hat  DDd 
dadurch  befruchtet  ist,  entwirkolt  er  sich  zar  Zygospore;  er  beklei- 
det sich  in  seinem  Umfang  mit  einer  Zellhant,  welche  erat  lart,  einfach, 
BpSter  dicker  und  aas  zwei  gesonderten  Schalen,  Intioe  nnd  Bxine, 
gebildet  iat;  die  letztere  wird  gelb,  bleibt  über  glatthäatig.  Im  In- 
halt der  Zfgoapore  tritt  ein  grosser  Oeltropfen  neben  vielen  kleineren 
auf  (Taf.  IX.  Fig.  S,  lOo);  das  anf  der  einen  Seite  der  Spor«  a<t- 
hirirende  Weibchen  und  das  befrnchtende  Hanstorinm  des  Hannchens 
grenzen  sich  durch  Scheidewände  ab,  bleiben  aber  aU  leere  Hlnte 
immer  mit  der  Spure  in  Verbindung  <Taf.  IX.  Fig.  10,  12,  13).  Die 
Lage  des  Männchens  zur  ovalen  Spore  ist  fast  immer  so,  daas  dai 
befruchtende  Uaustorinm  an  dem  einen  Theile  der  Spore  mit  seiner 
kleinen  Oeffnnng  ansetzt,  während  das  Weibchen  mit  breiterer  Oelf- 
nung  entweder  am  dtametraleti  Pole  (Taf.  IX.  Fig.  7,  8,  9,  10),  oder 
auch  an  einer  anderen,  selbst  um  90"  divergirenden  Stelle  uigt- 
heftet  iat. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  das  stielartige  ITaastorium,  vermittelit 
dessen  das  Hännclien  copnlirl,  oft  seitliche  Verästelongen  entwickelt 
bat  nnd  daher  offenbar  vorher  zur  Einsaugnng  der  Nahrnng,  nach 
der  Copnlation  aber  nmgekehrt  zur  Entleernng  des  mAnntlchea  Pro- 
toplasma diente,  also  zuerst  als  Fmährnngaorgan,  sodann  ala 
Befrnchtnngsrühre  oder  Pollinodinm  sich  verhält.  Je 
nach  der  grösseren  oder  geringeren  Enifornnng  der  eopnlirten  Oc- 
Bchlechts Zellen  ist  das  befruchtende  llanstoriara  oft  ausserordentlich 
lang  (bis  zu  135  Mikr.),  zu  anderen  Malen  aber  auch  weil  kOraer, 
and  manchmal  sitzt  der  Körper  des  Hannchens  unmittelbar  auf  der 
Danerspore  mit  einer  ähnlichen  jedoch  engeren  OelTnnng  wie  das 
Weibchen.  Selten,  wenn  die  OefTnungen  der  beiden  Oeschlechtaiellen 
nahezu  gleich  gross  sind,  kann  man  dieeelbeu  eben  nur  an  ihrer  ver- 
achicdenen  Grösse  nnterachcidenlTaf.  IX.  Fig.  12).  Es  machte  dies  anf 
mich  den  Eindruck,  als  sei  das  kurze  befruchtende  Haustorium  dei 
Männchens  vollständig  im  Protoplasmahörper  des  Weibchens  anfgelAat 
worden.  Nicht  selten  gehen  von  der  Peripherie  einer  Daneitpore 
ein  oder  mehrere  Haustorien  hervor,  welche  sich  sogar  iu  feinen 
Aeste  verzweigen  (Taf.  IX.  Fig.  8a,  Fig.  lOa);  sie  treten  dann  In 
der  Regel  in  unmittelbarer  Verlängernng  des  befrachtenden  Haaato- 


21S 

riiiM  mis;  hier  ^anbe  ich  den  Beweis  fftr  eine  ursprüngliche  Ver- 
biBdoDg  der  beiden  Haustorienhälften  und  die  Auflösung  des  Mittel- 
Stackes  durch  die  ausfliessende  weibliche  Protoplasmamasse  su  finden, 
obwohl  SS  mir  nicht  glflckte,  den  Vorgang  an  einem  und  dem  näm- 
liehen  Exemplar  vollstindig  zu  verfolgen.  Auf  der  anderen  Seite 
kommt  es,  wenn  auch  verhältnissmässig  seltener  vor,  dass  das  am 
stirksten  entwickelte  Haustorium  eines  Männchens  nicht  zur  Befnich- 
tinfr  benntit  wird,  letzteres  vielmehr  mit  einem  anderen  Theil  seines 
Körpers  eopnlirt  ist  (Taf.  IX.  Fig.  12). 

Die  reifen  Dauersporen  sind  in  ihrer  Gestalt  ziemlich  verschieden, 
in  der  Regel  oval,  doch  auch  mit  unregelmässigerem  Umriss;  ihre 
Grosse  entspricht  der  ihrer  Copulationszellen;  doch  scheinen  sie  die 
Liage  von  30  Mikr.  und  die  Breite  von  20  Mikr.  nicht  zu  ttber- 
sehreitSB« 

Während  sich  die  Dauersporen  entwickeln,  kommt  anfangs  in 
einzelnen  Exemplaren  auch  noch  ungeschlechtliche  Schwärmsporen- 
bildung vor;  später  aber  finden  sieh  in  den  ganzen  Culturen  aus- 
sdiliesslich  befruchtete  Dauersporen.  Auffallend  ist,  dass  die  beiden 
Gesehleehter  in  den  Polyphagusgtnp^^n  sich  in  gleicher  2iahl  ent- 
wickeln nnd  sich  daher  nur  ganz  ausnahmsweise  ein  Weibchen  findet, 
bei  welchem  der  PlasmakOrper  seitlich  hervorgetreten  und  mit  einer 
Membran  bekleidet  ist,  ohne  doch,  weil  er  mit  keinem  Männchen 
kopnHrte,  zu  einer  wirklichen  Dauerspore  sich  zu  gestalten. 

6.  Stachelhäuiige  Daiuersporen.  In  denselben  Culturen  und  zur 
nimliehen  Zeit,  wo  sich  die  glatthäutigen  Oosporen  auf  die  eben 
beschriebene  Weise  entwickeln,  bildet  sich  auch  noch  eine  andere 
Art  von  geschlechtlich  erzeugten  Dauersporen.  Sie  sind  fast  stets 
kugelig,  mit  einer  derben,  doppelten  Membran  umgeben,  deren  Exine 
suerst  sehwefel-,  dann  dnnkler  gelb  gefirbt  und  mit  feinen 
Stacheln  dicht  besetzt  ist.  Sie  variiren  in  der  Grösse  wenig  und 
selten  (im  Mittel  30  Mikr.).  Ganz  übereinstimmend  mit  dem  der 
glatlen  Sporen  ist  auch  ihr  körniger  Inhalt  und  der  centrale  grosse 
gelbe  Oeltropfen,  der  oft  ein  Drittel  des  Sporendurchmessers  einnimmt. 
Ich  glaube  gefunden  zu  haben,  dass  die  stacheligen  Sporen  sich  in 
etwas  anderer  Weise  entwickeln,  als  die  glatten.  Während  bei  den 
letiteren  aus  der  Zielle  des  Weibchens  das  gesammte  Protoplasma 
btreHs  aasgetreten  ist,  ehe  es  noch  mit  dem  befimchtendeB  Aste  des 
Männchens  sieh  eopnlirt,  beobachtete  ich  einige  Male,  dass  zur 
Erzeugung  einer  stacheligen  Spore  ein  von  dem  Minnchen  ausgehen- 
des Haustorium  an  die  Seitenwand  eines  Weibchens  anstiess,  nnd 
dass  erst  in  Folge  dieser  Berflhrung  aus  dem  Körper  des  Weibchens 


214 

eine  gcw<Mbte,  bereits  mit  Stacheln  beJeckte  Ausstülpung  liorvorlmt, 
in  welche  sicli  sowohl  aus  dem  Häoocben,  als  aucli  aus  dt^ui  Weib- 
cben  das  Protoplasma  langsam  hinein  ergoss,  während  in  ihren  Zellen 
selbst  die  schaumige  Vacuolenbildang  eintrat;  erst  gaoE  «Um&hlieli 
erwuchs  jene  AiiBatülpung  zu  einer  vollständigen  Dauerapore  (Taf.  IX. 
Fig.  14,  15).  Die  stacheligen  Sporen  von  Pdyphagu»  entstehen 
daher  ähnlich  wie  die  Zygosporen  von  Piptocejihalis  und  Syncephaii»} 
sie  wachsen  auch  vollständig  analog  mit  jenen')  nnd  seigen  einen 
ähnlichen  stAcfaeligen  Baa  ihrer  Membran.  Die  znr  Erseugang  der 
Slachelsporen  copulirenden  Polyphagu3-\üd.n\i\tGa  finden  sich  eben* 
TnIIs  in  Orappen  vereinigt;  sie  sind  gewöhnlich  grüsser  und  krtfliger 
ala  die  der  glalthäutigen  Sporen,  so  daas  sie  sieb  offenbar  anter 
gOnstigereu  Verhältnissen,  reichlicher  ErnAhrnng  nnd  Beleuchtung 
entwickeln.  Ob  die  glatlsporigen  und  die  atachelsporigen  Polt/phagtw 
formen  als  zwei  verschiedene  conslant  sich  vererbende  Generationen 
(Arieo,  Bacrn),  oder  ob  sie  nur  als  nnweaentlicbe  Abiadernngon 
derselben  Art  zu  betrachten  sind,  wollen  wir  nicht  entscheiden,  dt 
es  ans  noch  nicht  gelang,  die  beiden  Formen  durch  mehrere  Qen^ 
rationen  rein  zu  tQchten;  vielleicht  ist  die  atachelhäutige  die  Normal- 
Torrn  und  die  glatthantige  auf  eine  minder  kräftige  Vegetation  dea 
Parasiten  in  rück  zuführen. 

Ö.  Keimung  der  Dauerspore».  Die  Keimung  der  stacheligen  Sporen 
habe  ich  nicht  beobachtet,  wohl  aber  die  der  gl* tt häutigen.  Uoge> 
flihr  nach  einem  Monate  verkleinerte  sich  der  grosse  Oellropfen  in 
denselben  oder  er  zerlheilte  sich  in  kleine  Tröpfchen;  dann  dsreh- 
bohrle  der  Protoplnemakörper  der  Spore  die  Exine  und  tnl  «la 
Blase  nach  aussen  hervor,  ganz  so,  wie  wir  ea  bei  Bildnn;  der 
ZooBporangien  bereits  beacbrieben  haben.  Der  aus  der  Dauerspore 
ausgetretene  FrotopiaamakArper  bildete  sich  ebenfulla  zu  einem  Zoo- 
aporangiura  aus,  in  welchem  um  gelbliche  Kerne  (Taf.  IX.  Fig.  16a| 
die  Scbwärmaporen  entstanden.  Es  lägst  sich  daher  mit  Bezug  auf 
ihr  Verhalten  bei  der  Keimung  die  geschlechtlich  erzeugte  Daaer- 
spore  \ on  Pdyphaijua  gcwissermasaen  als  Dauer  prosporangiam 
auffassen. 

6'.  Sf/stemattKche  Sfelliturf  von  Polyphagu».  Was  die  syetema- 
tische  Stellang  unseres  Organismus  betrilft,  so  gehört  derselbe  trotz 
minor  vielen  Eigentbamlichkeiten   ohne  Zweifel   au   der  Familie  der 


1)  Dr.  U.  Brefeld.  Bounlsche  Uiitersnchuiigcii  ühtt  SfhilnI[l>rl|>■lI^  I.  Heft. 
Leipiig  ISTä  y.  49.  Tiif  VL  Fig.  19h.  Van  Tiighciu.  nouvellei  Rfcherehcs 
•ur  les  MucoriDeea.  Ann.  d.  sc.  nat.  6.  ser.  I.  pag.  \'ii.  fig.  89—93. 


815 

Ckytridiaeeen;  als  Mitglied  derselben  charakterisiren  ihn  insbesondere 
die  Entstehnngsweise  nnd  der  Bau  seiner  Schwärmsporen ;  anch  seine 
anderen  Merkmale  sind  den  Ghytridtaceen  nicht  fremd.  Er  besteht 
namentlieb  während  seines  Yegetationssnstandes  ans  einer  einzigen 
Zelle;  das  Hervorsprossen  mehr  oder  weniger  zahlreicher  Haastor ien 
findet  sein  Analogen  bei  dem  von  mir  beschriebenen  Ghytridium  Mastt- 
gotricku^).  Das  Zoosporanginm  dieses  Chytridiums  aber  entspricht 
morphologisch  nicht  dem  von  Polyphagus^  sondern  offenbar  seinem 
Prosporanginm. 

Da  sich  das  Zoosporanginm  bei  Polyphtigua  dnrch  eine  Scheide- 
wand von  der  vegetativen  Zelle  des  Parasiten  (Prosporanginm)  ab- 
trennt, 80  könnte  es  scheinen,  als  ob  nnser  Organismus  zweizeilig 
sei  nnd  snr  Gattung  Rhizidium  gehörte;  diese  Vermnthnng  ist  be- 
reits von  A.  Brann  nnd  Schenk^)  ausgesprochen  worden,  die  un- 
seren Parasiten  deshalb  als  Rhizidium  Euglenae  bezeichneten ;  denn 
ich  bin  Qberaeugt,  dass  auch  das  von  Bail  beschriebene  Ghytridium 
Euglenae  mit  dem  Rhizidium  Euglenae  identisch  ist. 

Die  Gattung  Rhizidium  ist  jedoch  während  ihrer  ganzen  Ent- 
wickelnng  immer  zweizeilig;  die  eine  ihrer  Zellen  ist  die  verzweigte 
Wurselselle,  die  andere  wird  zum  Zoosporanginm,  in  dessen  Innern 
sich  die  Zoosporeii  bilden.  Dieser  Unterschied  trennt  also  schon 
vollständig  die  beiden  Gattungen.  Doch  stehen  ohne  Zweifel  Pcly* 
pkagus  und  Rhizidium  sich  sehr  nahe  nnd  bilden  einen  besonderen 
Verwandtschaftskreis  (Rhizidieae),  in  den  vermuthlich  auch  unser 
Obdidium^)  sich  einreihen  wird.  Namentlich  ist  die  Keimung  der 
Dauersporen  bei  Rhizidium-  und  Polyjphagua  ganz  übereinstimmend, 
da  bei  beiden  Gattungen  der  Gesammtinhalt  der  Dauerspore  aus  den 
Sporenliäuten  anstritt  und  zu  einem  Zoosporanginm  wird. 

Auf  der  anderen  Seite  erinnert  die  Entstehung  der  Zoosporangien 
aus  dem  ausgetretenen  Protoplasma  der  PolyphagusztW^n  ^  welche 
sich  in  Bezug  auf  die  Schwärmsporenbildung  als  Prosporangien  ver- 
halten, an  die  ähnlichen  Erscheinungen,  welche  Sorokin  bei  ^^^o- 
chytrium  nnd  Tetrachylrium  entdeckt  hat^).  Nach  Sorokin  bildet 
aber  bei  letzterwähnten  Organismen  aus  dem  ausgetretenen  Proto- 
plasma das  Zoosporanginm  sich  erst  nach  seiner  vollständigen  Tren- 
nung von  dem  Prosporanginm,  während  bei  Polyphagus  das  Zoospo- 

1)  Siehe  diese  Beiträge  Band  II.  Heft  I.  p.  83  Taf.  IV.  Fig.  15-19. 
S)  A.  Braun,  Monatshefte  der  Berliner  Akademie  1856  p.  592.  Schenk, 
Algologische  Mittheilungen  1.  c.  p.  247. 
S)  L  c.  p.  86. 
^)  Sorokin,  Einige  neue  Wasserpilze.    Botanische  Zeitung  1874  No.  20. 


216 

n       im  immer   anf  dem  Prosporangiam  an  der  darch  eine  Scheide- 
na    abgeschloaseDen    Anstritta-Ocffnnng    angewachsen    bleibt.      In 
aer  Bexiehnng  entspricht  die  Entwtckclungsveise  der  Zooeporan- 
gieu  bei  Polyphagus,  Zjigochylriwn  und  Tetrachytrium  ganz  beson- 
ders auch  den  analogen   Erscheinangen,    welche   die    Saproteg- 
nceengattang    Pythium    zeigt').     Während  demnach  in  der 
eechlechtlichen  Fortpflantung  obige  Ckytridiaceen  offenbare,  nbri- 
echon  früher  od  betonte  Verwandtschaft   mit  den  Sajrrofegnta- 
besitzen,  nähern  eie  sich  in  ihrer  geschlechtlichen  Fortpflanianr 
1er  den  Zygomyceten.    Diese  Verwandtschaft,  auf  welclic 
1  äorokin  aufmerksam  gemacht  hat,   tritt  am  deutlichsten  bei 
m  Zygochytrium  hervor,    wo  sich  zwei  Mycclaeate  eines  Indivl' 
^  s    sur   Bildung    einer    stacheligen    Dauerspore    copulireu.     Bsi 

ohngtis   ist  ein  Unterschied  der  Ocschleohter,   wenn   auch  nicht 
rameu    ausgesprochen,    welcher    die    Individuen    als    diöciadi 
ai         irt   und  eine   neue   merkwürdige   Zwischenstufe   iwiMhen 
Uiwu  und  sexueller  Befruchtung  darstellt, 
f  Grund   oben    erwShnter  Thatsachen   gehOrcn    die   in   Besug 
ilecbtiiche  Fortpflanzung   genauer  untersuchten  Gatlnn- 
tridiaceen    zur  Gruppe   der  Siphomyixleti.       In  welcher 
g   aoer   zu    dieser  Gruppe    die   Übrigen  Vhytridiacten   und 
mdere  die  Bynchytrien  stehen,  bei  welchen  keine  Uefrncbtting 
Et    gefunden    wurde,    mllsaen    die   späteren    UntcrsuchuDgen 


Brealan,  den  30.  Jnni  1876. 


')  ^Tgl'  Pringiheim,  JahrbScher  Band  I.  p.  2S7.  De  Barjr,  Pringaheimi 
JabrbOcher  II.  p.  18S.  Vergl.  H F^Uim  D^arfmm^  Halle  1874  p.  W. 


Erkifirung  der  Abbildungen. 

Alle  Figuren  sind  mit  Hilfe  der  Camera  lucida  gezeichnet. 

Tafel  VIII. 

Die  Figuren  8»  9,  10  sind  600  Mal,  die  Qbrigen  400  Mal  vergrössert. 

hh  Haustorien,  ee  Euglenen. 

PolyphagiiB  Eaglenae. 

Fig.  1.  Zwei  keimende  Schwärmsporen  je  mit  einem  stark  lichtbrechenden 
Kerne  und  fünf  strahlenartig  ausgehenden  Keimföden  (Haustorien), 
deren  zwei  schon  etwas  dicker  und  in  die  nebenliegenden  Euglenen 
ee  eingedrungen  sind. 

Flg.  2.  Ein  junges  Individuum  mit  einem  dickeren  Uaustorium  h,  welches  in 
eine  schon  zerstörte  Euglena  e  eingedrungen  ist  und  seitliche  Aeste 
treibt.  Von  den  übrigen  fadenförmigen  Haustorien  stösst  eines  an 
eine  grfine  Euglena  an,  während  die  anderen  noch  frei  liegen.  Das 
Protoplasma  des  bimformigen  Parasitenkorpers  enthält  kleine  Oel- 
tropfen. 

Fig.  3.  Ein  ähnliches  aber  älteres  Exemplar  mit  einem  kräftig  entwickelten 
Haustorium.  Von  den  drei  ergriffenen  E%iglenen  ist  eine  schon 
gelb  und  offenbar  zerstört,  die  zwei  übngen  noch  grün. 

Fig.  4.  Ein  junger  Parasit  mit  einem  kurzen  dicken,  in  eine  zerstörte  Euglena 
e  eingedrungenen  Haustorium,  die  übrigen  Haustorien  sind  dünn, 
fadenförmig;  ihre  sich  verzweigenden  Aeste  dringen  ebenfalls  in 
Euglenen  ein.    Das  Protoplasma  des  Parasiten  enthält  Oeltropfen. 

Fig.    5.    Drei  Parasiten  auf  einer  Euglena  sich  entwickelnd. 

Fig.  6.  Ein  Parasit,  viele  Oeltropfen  enthaltend,  und  unmittelbar  auf  einer 
Euglena  aufsitzend,  in  deren  Körper  eines  seiner  Haustorien  völlig 
eingedrungen  ist. 

Fig.  7.  Ein  typisch  entwickeltes  Individuum  vor  der  Zeit  der  Zoosporangien- 
bildnng.  Aus  dem  rundlichen,  zahlreiche  Oeltropfen  enthaltenden 
Körper  p  (Prosporangium)  gehen  nach  allen  Seiten  wurzelformig  sich 
verzweigende  Haustorien  aus;  sie  enden  in  den  fast  sämmtlich  zer- 
störten Euglenen;  aa  seitliehe  Aeste  der  in  die  Euglenen  (e)  einge- 
drungenen Haustorien. 


218 

Bntwiokfllnng  der  Zoosporang^ien  (Flg.  S—IS)- 
i,  9,   10.     Diei  verschiedene  Eiemplai-c  von  Prosporatigien,  den  AiiatriN 
der  Pmloplaamablase  in  drei  aiifeinander   folgende»  Stufen  zeigend; 
lihh  abgeechnitiene  IlaustuHen:  vv  zwei  vacuolciiihnliche  tUuror. 
.    Die   ausgetretene   ovale   Proloplasmablaae   sitzt    srillith  am   Prospo- 
rangium  p;  das  in  diesem  aui-flckgebliebeiie  Protoplasma  icigi  schau- 
migen Bau. 
.    Ein  junges,   aus   dem  ausgetretenen  Protoplasma  gebildclea  Zixm|hi- 
nmgium  i  ist  selion  mit  einer  Haut  bekleidet;  das  im  Prosporaiigiuin 
irQckgebliebene  Protoplasma  zeigt  aehaumigrn  Bau.     Die  Hauato- 
hh  sind  abgeschnitteD. 
uaa  Zoosporan^ium  i  bat  sich  von  dem  entleerten  Frosporangiom  p, 
aus  welchem  sein  Protoplasma  dureh  ein  kreiafÜnnigei  l'Oeh  heraut- 
getreteu   ist,   durcb   eine  Scheidewand  abgetrennt;    a  ein  durch  eine 
Eiighti»  durchgewachseDcs  Uauslorium  ist  in  eine  bcnaebbarte  HngUno 
eingedrungen. 


Tafel  IX. 

■Mwlflki  In-  SMqma  (Fig.  1-6). 

;r.  <  I       ses  gebogenes  und   unrcgelmlssij(  gekr&mntte« 

■<  i  tu,  der  Zeit  der  Seliivirmsporeubildnn|t,  auf  deui 
angium  p  aitzend ;  hh  iwei  abgescluiilleutllauatoricn. 
ihnliehea  Zoospor.tngiiim,  aber  kleiner. 
Zoosporangiam,  Junge  SehwSrmsporcu  enthAltotd; 
p  i  I <>B|fvningiuin,  hhh  abgeachnitlene  Ilaustorien. 
_■    4.     Verfir.  600.     Ein  kleines  Zouspurangium.    nur   iwei  Sebwinnsporen 
enthaltend;  h  Bauatorium,  p  Proaporanpum. 
Fig.    5.     Vergr.   400.      Schw^rmaporen ,    durch    die    lerminale  Oe&ung    dn 
ZooBporaD^iuna  Mtatreteod;    p  Proaponmgium,    hh  abgeadtnittenc 
Huutorian. 
Fig.    6.    Vcrgr.  «tmSOO-  Schwirnuporen,  atark  liditbrecbende  Ketne  und  Va- 
euolen  enthaltond. 

■itwlafcttiig  in  gwaklMktUokMi  SHtnpafw  (Brgocpwta,  OHpona), 
eutto  BMenponm  (Fig.  7~1S). 

Fig.  7.  Vergr.  400.  Daa  Weibchen  f  mit  einem  atark  entwickelten  in  der 
lerstiSrten  Eugiarta  e  endenden  Uauatoriom  h  lässt  «ein  Protoplasma 
o  seitlich  anatreten;  dieaea  wird  von  einem  Minnchen  m  vermilteUt 
eines  ala  Befruehtungsröhrc  dienenden  Hsustorium  h  befnichtet;  das 
Minnchen  hat  noch  iwei  fidenförmige  Haustnrien  entwickelt. 

Fig.  S.  Vergr.  600.  Weitere  Ausbildung  der  befrueliieien  üauerapore  mit 
einem  grossen  und  sahlreiehen  kleineren  Oeitropfen;  m  Minnehen, 
f  Weibehen,  noch  schaumartiges  Protoplasma  enthaltend;  hh  Ilausto- 
rien in  die  Rcrslörteb  EtiyUnen  ee  eibdringendi  a  ein  Ilauslorium- 
ast,  auB  der  Wand  der  Dauerapore  berausnachaend,  wahrscheinlich 
frfiher  dem  Minnchen  angehörig. 


219 

Fig.  9.  Vergr.  750.  Zwei  geschlechtliche  Individuen  zur  Befruchtung  der 
Dauerspore  copulirt;  ihr  Protoplasma  ist  in  Vereinigung  begriffen, 
wie  die  Contraction  durch  Glycerin  deutlich  erkennen  lässt;  f  das 
weibliche,  m  das  männh'che  Individuum  mit  ihren  in  Euglenen  eee 
eingedrungenen  Haustorien  hh;  o  die  in  Folge  der  Befruchtung  ent- 
stehende, schon  mit  einer  dicken  Haut  umgebene  Oospore. 

Fig.  10  und  folgende  sind  400  Mal  vergrössert.  Die  Dauerspore  o  mit  einem 
grossen  und  vielen  kleineren  Oeltropfen,  von  einem  sehr  kleinen 
Männchen  m  befruchtet;  a  ein  Theil  des  befruchtenden  Haustoriums 
des  Männchens  m  ist  nicht  vom  Protoplasma  des  keulenförmigen 
Weibchens  aufgelöst  und  bleibt  an  die  Wand  der  Dauerspore  o  ange- 
wachsen. 

Fig.  11\  Eine  glatthäutige  Dauerspore,  einen  grossen  Oeltropfen  enthaltend; 
m  ein  sehr  kleines  Männchen  mit  drei  fadenförmigen  Haustorien;  f 
Weibchen. 

Fig.  12.  Eine  kleine  glatthäutige  Dauerspore,  entstanden  aus  der  Copulation 
zweier  gleich  gestalteter  und  nur  durch  die  Grosse  verschiedener 
keulenförmiger  Individuen. 

Fig.  13.  Eine  glatthäutige  Dauerspore  o,  einen  grossen  Oeltropfen  enthaltend; 
das  Männchen  m  ist  in  seiner  Form  und  Grosse  kaum  von  dem 
Weibchen  unterscheidbar. 

Staehelige  Danersporen  (Fig.  14,  15). 

Fig.  14.  Eine  stachelige  Dauerspore,  welche  sich  noch  während  der  Befruch- 
tung vergrössert;  f  das  Weibchen,  dessen  Protoplasma  zahlreiche 
Oeltropfen  enthält;  m  das  Männchen  mit  einem  langen  befruchtenden 
Haustoriuro,  einen  Oeltropfen  enthaltend;  von  den  vielen  übrigen 
fiulenformigen  Haustorien  sind  zwei  in  Euglenen  eingedrungen  ee. 

Fig.  15.  o  Eine  vollständig  ausgebildete  stachelige  Dauerspore,  einen  grossen 
Oeltropfen  enthaltend;  f  das  entleerte  Weibchen  mit  abgeschnittenen 
Haustorien  hhhiih;  m  das  entleerte  Männchen. 

Fig.  16.  o  Eine  glatthäutige  Dauerspore  keimend ;  im  Zoosporangium  z  bilden 
sich  Schwärmsporenkerne. 


Ooka,  Bettrife  sw Biologie  der  PfUnsen.    B»nd  IL  Heft  IL  15 


/ 


Die  Keimung  der  Sporen  nnd  die  Entstehung  der 
Frnclitkörper  bei  den  Nidularieen. 

VOD 

Dr.  Eduard  Eidam. 

Mit  Tafd  X. 

EüUeüung.  Die  mr  Gruppe  der  Nidularieen  gehörigen  Pilie 
Biod  schon  oftmaU  beaehrieben  worden;  das  sonderbare  Aasseben 
der  reifen  Fmehtkörper  dieser  den  Otuteramyceten  sich  anschliessen- 
den Gebilde  mnsste  frflhzeitig  zn  näherer  Beobachtung  auffordern. 
Dennoch  sind  die  tiefer  eingehenden  entwickelungsgeschiehtlichen 
Untersuchungen  Aber  die  Nidularieen  verbal tnissmässig  neueren 
Datums.  Es  war  zuerst  J.  Schmitz'),  der  den  merkwürdigen  Bau 
des  in  Laubwäldern  häufigen  Cyathtu  striatns  Willd.  von  seinen 
jugendlichen  Zustanden  an  bis  zur  völligen  Reife  studirt  hat  und 
bereits  zwei  Jahre  darauf  erschien  eine  Arbeit  der  Gebrüder  Tu- 
lasne*),  welche  die  Untersuchungen  von  Schmitz  in  ausgezeich- 
neter Weise  fortgesetzt  und  vervollständigt,  zugleich  auch  die  erste 
monographische  Bearbeitung  der  Nidularieen  und  deren  Reduction 
aaf  die  Gattungen  Cyathua,  Crudbulum  nnd  Nidularia  unternommen 
hatten.  Endlich  ist  von  Sachs')  eine  vorzügliche  Entwickelungs- 
geschichte  des  Crueibulum  vulgare  Tnl.  veröffentlicht  worden. 

Die  genannten  Forscher  gingen  bei  ihren  Untersuchungen  von 
den  bereits  fertig  gebildeten  Pilzen  aus,  sie  stellten  sich  die  Auf- 
gabe, jene  interessanten  Gewebsdifferenzirungen  kennen  zn  lernen, 
welche    mit    dem  Erscheinen   der  Fruchtkörper    als    sandkomgrosse 


t)  Linnaea  Band  16  Heft  2.  1842. 
*)  Annal.  des  scienc.  naturell.  S^r.  3.  Tom.  I.  1344. 
*)  Botan.  Zeitnng  1855  No.  48.  vgl.  auch  dessen  Lehrbach  der  Botanik, 
4.  Aufl.  1874  S.  338. 

15* 


388 

stehen    beginnen,   nm    mit   den    reifen    xierliotien   Bechern   abn- 
leBBcn,   deren  Inneres  von  sahlroiclien  linsenföriDigen  SporAngien 
_        efOllt  wird. 

Während   wir  also   über  die  in  den  heranwachsenden  PrachUn- 

■n   vor  sich  gehenden  Umbildangen  wenigstens  bei  Ci/athiu  nnd 

cibidum  sehr  genau  nntcrriclitet  sind,  ist  dies  nm  so  weniger  mit 

Setmnng  der  Sporen,  sowie  mit  dem  Vorhalten  des  aus  letzteren 

roFKehenden  Myceliums   der  Fall   und  ferner  bedarf  die  Art,  wie 

3  Gestaltung  der  Fruchtkörper  gtatlfindel,   noch  nSherer 

Allee,  wua  wir   von  der  Sporenkeimung  wissen,  be- 

mkt  sicli  auf  einige  lllckenharte  Angaben  tiber  Ct/alhu»  utrüitwi, 

welchem   Pilze    sie    bi^reitä   Iloffmann')    im  Jahre   t6b^   nnd 

ase')    kürzlich    aufs  Neue    boxchiieben    und    abgebildet   haben. 

Keimung  der  Sporen   von    Cnicidulum   aber  ist  überhaupt  bis 

-,[  nicht  gelungen  nnd  nocli  jUngat  von  ßeces^)  ohne  Erfolg  ver- 

it  worden. 

wahrend  des  vergangenen  Winters  elellle  ich  im  pflanzen phfsio- 

:n  Institut    der  Universität  Breslau    zahlreiche  Culturvuraitcb« 

""n  Sporen  von  Orucibulum  vult/are  Tul.  und  Cyathtts  »triattu 

ch   beobachtete    deren  Keimung,    sowie    die  Ausbildung 

auf  knnstlichen  und  natürlichen  Näh  raubet  raten,  endlich 

I        ich    den  Aufban  ihrer  Fruchtkitrper  von  den  allcrjün^ten 

tänden    an    bis   zur  Sonderuog    der  Gewcbsscbichten    im    Inn«ni 

dersfllben. 

Methode.  Da  alle  bisherigen  VerBOche  der  Forscher,  die  Sponn 
von  Nidvlarieen  nnd  von  Qasteromyeelen  Oberhaupt  inr  Keimnag 
aninregen,  theils  gar  nicht,  theils  nur  mangelhaft  das  gawUnaekle 
Ziel  erreichen  konnten,  ao  suchte  ich  eine  andere  Uethode  in  An- 
wendoDg  an  bringen,  welche  geeignet  wäre,  ein  kriftigea  Hyeel  in 
eniehen  und  dabei  die  nnansgeaetzte  Beobachtung  mit  den  Hikroakop 
an  gestatten.  Denn  die  Erfolgloaigkeit  der  froheren  Bemttbutgei 
mnaste  eben  nnr  darin  in  suchen  sein,  dass  die  Sporen  nicht  ia  die 
fOr  ihre  Keimung  nnd  weitere  Entwickelung  erforderiichen  Umstände 
gebracht  worden  waren,  so  dass  sie  kurz  vor  oder  nach  der  Keimung 
zu  Grunde  gingen.  Das  von  mir  benntzte  Verfahren  bestand  darin, 
daas  ich  die  Sporen   bei  gleichaeiliger  Gegenwart   passender   Nähr- 

")  BoUn.  Zeitung  1859  No,  25. 

*)  Jahrbücher  für  wisscDschaftliclic  Uotaulk  von  Pringsheim  1875.  tO. 
ßd.  2.  H. 

*)  Uebcr  den  Bcfruchtungsvoi^ang  bei  den  Bandiawiyeetat.  Priogs- 
heiro's  JahrbQcher  10.  B.  S.  U.  S.  185. 


828 

verliilinisae  einer  Tmg  nnd  Nacht  anhaltenden  Temperatur  von  20 
bis  25  ®  C.  anssetste  unter  Glasglocken,  deren  Innenraum  ganz  und 
gar  mit  feuchtem  Flieaapapier  flberkleidet  war.  Durch  diese,  ver- 
mittebt  eines  Wftrmkastens  erzielten  höheren  Wärmegrade  wurde 
die  Lebensthätigkeit  der  ausgesäten  Sporen  gefördert  und  die  rasche 
Mjcelentfaltung  erheblich  begtinstigt  üebrigens  stellte  ich  auch 
während  der  Monate  October  bis  December  1875  bei  gewöhnlicher 
Zimmertemperatur  Keimungsvcrsuche  an,  welche  ebenfalls,  nur  viel 
langsamer  und  unregelmässiger,  von  Erfolg  begleitet  waren. 

Als  Culturflflssigkeit  verwendete  ich  neben  Abkochungen  von 
Pflaumen,  Binde,  Heu,  zersetztem  Holz  etc.  am  meisten  krystallklar 
filtrirtea,  nach  Bre fei d' scher  Methode  dargestelltes  Pferdemistdecoct, 
welches  wegen  seiner  Bestandtheile  und  seiner  Haltbarkeit  nach 
meinen  Erfahrungen  am  besten  zu  derartigen  Versuchen  geeignet  ist. 

Alle  kttnstUchen  Culturflflssigkeiten  haben  aber  neben  dem  Vor- 
theil  der  jederzeit  ermöglichten  mikroskopischen  Beobachtung  immer 
den  Nachtheil,  dass  wir  bei  Anwendung  derselben  nicht  allein  die 
Filze  zwingen,  in  einem  ihren  natürlichen  Bedingungen  der  Begel 
naeh  nicht  entsprechenden  Medium  sich  anzusiedeln,  sondern  dass 
wir  auch  bei  unserer  noch  mangelhaften  Kenntniss  über  die  physio- 
logischen Wachsthumsverhältnisse  dieser  Organismen  ihnen  eine 
Nahrung  darreichen,  von  der  wir  nicht  wissen,  ob  sie  alle  Stoffe 
enthält,  welche  diese  Pflanzen  in  der  Natur  fOr  sich  verwenden.  Wenn 
der  Pilz  flppig  wächst,  so  können  wir  zwar  annehmen,  dass  ihm  die 
gebotene  Nahrung  zusagt,  dennoch  aber  sind  nur  selten  alle  Um- 
stände vorhanden,  um  seine  sämmtlichen  Entwickelungsstadien  und 
Fmchtformen  hervorzurufen,  so  dass  wir  in  dieser  Beziehung  eben 
sehr  häufig  wieder  zu  natürlichen,  d.  h.  nicht  flüssigen  Substraten 
nrflckgreifen  müssen. 

Zum  Zweck  der  Aussaat  brachte  ich  die  harten  und  spröden 
Sporangien,  nachdem  bei  Crucibulum  die  äussere  pergamentartige 
Hfllle  durch  Schälen  mit  der  Nadel  entfernt  worden  war,  zunächst 
einige  Minuten  in  absoluten  Alkohol,  um  etwa  anhängende  fremde 
Pilisporen  zu  tödten,  darauf  legte  ich  sie  in  einen  Tropfen  destUlir- 
ten  Wassers  und  liess  sie  so  eine  Viertelstunde  lang  mazeriren. 
Nach  dieser  Zeit  waren  sie  völlig  erweicht  und  durch  Zerdrücken 
mit  reinen  Nadeln  erhielt  das  Wasser  eine  milchweisse  Farbe,  von 
den  in  ihm  suspendirten  zahhreichen  Sporen  herrührend.  Die  Reste 
des  schleimigen  Funiculus  wurden  entfernt  und  das  so  gewonnene 
möglichst  reine  Sporenmaterial  zur  Aussaat  verwendet.  Sobald  die 
Keunlinge  etwas  an  Grösse  zugenommen  hatten,  vertheilte  ich  sie 


224 

zu  einem  oder  weniger  in  frische  Cnltnrlropfcii  auä  crnpitertc  icUlt-rr, 
um  die  AnsiedL-lDng  von  llate.  nod  KHcterio»  möglichst  za  bindern, 
nach  tAglicb  wiederboltcm  vermittelet  Flicsspapier  »nsgeftüirlem  vor- 
sichtigem Wegwiachen. 

G;atho8  striatiis  Willd. 

Das  von  mir  zn  den  AnaBvatvcrRQchen  angt^weudcle  MatorinI  cnt- 
alanimte  f'j(i(/ias- Bechern,  weteJic  im  Oclober  vorigen  Jahres  ge»«m' 
melt  und  seitdem  trocken  aufbevnhrt  worden  waren. 

Sj>orenkeiviutig.  Frisch  ans  den  Sporangien  genommen  uni)  in 
Wasser  verthoilt  sind  die  Sporen  fnrbioa,  mehr  oder  wcnif^er  regel- 
mässig, von  Ijinglich  ovaler  Gestalt,  oft  beiderseilit  eiDgcdrQckt;  sie 
besitzen  ein  vollstftndig  gluttea  Epi-  und  Endosporium.  Ihre  durch. 
Bchnittliche  Ungo  beträgt  18  Hikr.,  ihre  Breite  9—10  Uikr.  Als 
ich  sie  in  Miatdecocl  bei  einer  Temperatur  von  etwa  35"  C-  •■>■ 
säte,  nahmen  sie  bald  von  aassen  Flüssigkeit  ins  Innere  auf,  ik 
echwollon  prall  an,  ihr  gleichmässig  feinkörniges  Protoplaama  avn- 
dorCc  sich  in  Folge  iler  regen  Kmlosmose  in  dichtere  Partisen, 
welche  vereinzelte  oder  mebri^re  mit  dtlnnerem  (nUalt  errnllle  Uohl- 
ränme  notüartig  nmgaben.  In  seltenen  Fällen  theilte  sich  die  Spore 
kurz  vor  der  Kcimang  durch  eine  Scheidewand  in  xwi'i  etwa  glrich- 
grosae  Hälften. 

Hierauf  wurde  dfts  Episporium  von  den  hervordringenden  Keim- 
schläuchen  durchbrochen,  Fig.  I,  2,  3,  4.  Gewöhnlich  kamen  letz- 
tere za  einem  oder  rwci,  Fig.  2,  an  den  abgerundeten  Enden  der 
Spore  zum  Vorschein,  in  anderen  Fällen  jedoch  entstanden  sie  in 
nnbestimmtcr  Gegend  seitlich,  Fig.  1,  und  zwar  Hessen  einzelne 
Sporen  bis  drei  Keimachläuche  erkennen,  Fig.  3.  Sehr  häufig  vcr- 
sweiglen  sich  letztere  unmittelbar  an  der  Anstrittstelle,  Fig.  4, 
ironnf  jeder  Zw«ig  in  «ntgegeBgeBetitaT  RJchtnng  weiter  wnclu  lod 
durch  diesen  Umstand  gewann  es  den  Anschein,  als  ob  awei  Kfiu- 
schlinche  gleiehieitig  von  demselben  Punkt  aas  sich  entwiekelt  bitten. 
Letxteren  Vorgang  hat  Hoffmann')  bereits  richtig  beschrieben, 
nnd  wenn  auch  nicht  gut,  so  doch  deutlich  erkennbar  abgebildet, 
was  ich   hier  ansdrOcklich  bemerke,   weil  Hesse*)  in  Folge  seiner 

')!.  e.  Taf.  II.  Fig  21. 

>)  1.  c.  Aiim.  Ich  bemerke,  das«  die  von  Hesse  flir  seine  Figuren  ange- 
gebene Verj;rösscning  von  800  unmöglirh  riclilig  sein  karm;  der  Grösse  dicMr 
Abbildungen  nach  muss  sie  mehr  als  das  Do[>peltc  belrageti.  WalirBcheinlich 
sind  die  Bilder,  ebenso  wie  die  meinigen,  mit  dem  Zeichnenprisma  entworfen 
imd  hat  Hesse  die  Je  nach  der  Kiitfeniung  des  I'apieres  vom  Objecttisch 
bedeutend  gesteigerte  VergrÖsseruDg  uicht  in  Kcchnung  gexogcn. 


BeoVaehtang  der  Ansieht  ist,  als  ob  Hoffmimii's  KeiniTersiidie  ^in 
ihrem  Besiltmte  der  Wirkliehkeit  fero  geblieben  wiren.^  Hesse 
Site  die  Sporen  Oberhaupt  nur  in  destillirtes  Wasser  ans,  so  dass 
sie  aneh  Ton  aussen  keine  Nahmng  weiter  anfnnebxnen  im  Stande 
waren  nnd  keine  Rede  von  der  Ernebvng  eines  kräftigen  If yeelinms 
sein  konnte.  So  besebrinkt  sieh  denn  das  Ergebniss  seiner  Versnobe 
allein  darauf,  dass  er  einen  oder  selten  swei  kftmmerliche  Keim- 
sehlänehe  erhielt,  welehe  höchstens  die  cwei-  bis  dreimalige  Länge 
der  Spore  erreiehten,  „mitunter  ein  gans  kurzes  Seitenxweiglein 
bildeten,^  dann  im  Waehsthum  stillstanden  und  in  kurze  eylindri- 
sehe  Zellehen  auseinanderfielen. 

In  die  entstehenden  KeimsehUnehe  nun  fliesst  fast  das  gesammte 
Plaama  der  Spore  Aber;  letstere  nimmt  immer  mehr  Wasser 
▼OB  aussen  her  auf,  in  Folge  dessen  wird  ihr  Volumen  vergrössert, 
die  Vaeuolen  im  Innern  werden  vermehrt  und  das  Plasma  auf  einige 
strangartige  Beste  besehriakt,  Fig.  1^4. 

Die  Keimsehltuehe  selbst  sind  ihrem  ganzen  Verlauf  naeh  von 
gleiehmissiger  Dieke,  hödistens  an  der  äussersten  Spitse  veijflngen 
sie  sieh  etwas,  sie  waehsen  rasch  in  die  Länge  und  zeichnen  sich 
dureh  die  fast  gerade,  nur  schwach  wellenförmig  oder  in  weitem 
Bogen  verlaufende  Biehtung  aus,  welche  sie  einsehlagen.  Immer  an 
ihrem  Ende  findet  sieh  das  dichteste  Protoplasma,  weiter  snrflck 
treten  mehr  und  mehr  Vaeuolen  auf  und  die  Zellmembran  erscheint 
deutlicher.  Nicht  immer  jedoch  ist  der  Vorgang  so  regelmässig, 
und  als  ich  ^e  Sporen  in  ungflnstige  Nährflflssigkeiten  oder  bei 
gewöhnlicher  Zimmertemperatur  im  Februar  und  März  aussäte,  ent- 
wickelten  sich  spärliche  Keimschläuche,  welche  nur  wenig  und  lang- 
sam sieh  verlängerten,  knorrig  hin  und  her  gebogen  waren  nnd  an 
verschiedenen  Stellen  Dilatationen  erkennen  liessen,  die  später  in 
kurze  verdünnte  Aeste  fibergingen. 

An  den  normalen  Keimschlänchen  aber  entstehen  sehr  bald  zahl- 
reiehe  Verzweigungen  und  Scheidewände.  Letztere  befinden  sich  oft 
dicht  an  der  Austrittstelle,  sie  sind  nur  da  deutlich  sichtbar,  wo  das 
Protoplasma  bereits  die  Vaeuolenbildung  begonnen  hat  Wo  eine 
Scheidewand  zu  bemerken  ist,  entsteht  gewöhnlich  unterhalb  dersel- 
ben ein  Seitenast,  obwohl  letztere  auch  oberhalb  der  Septa  oder 
mitten  von  der  Zelle  aus  ihren  Ursprung  nehmen  können,  Fig.  2 
bis  6.  Die  Verzweigung  geschieht  tbeils  durch  reichliche  Veräste- 
lang  des  Hauptfsdens,  theils  durch  direete  Gabelung  desselben,  bis- 
weilen kommen  unmittelbar  neben  einander  auf  derselben  Seite  des 
Fadens  Aeste  sum  Vorsehein,  die  nach  entgegengesetzten  BIchtungen 


226 

wachsen  und  sicli  so  kieuzcn;  in  sndcrD  Fitllen  eDtsU-licn  sw^i 
Acate  niiT  gleicher  llöho  einander  gegentibor.  Eine  beaondurc  An- 
ordnung in  der  Aetbildung  tEt  nicbt  zu  erkunnen,  alle  Aeat«  aber 
gleichen  in  ihrem  DurcIimesBer  dem  Bauptfaden  and  wie  dieser 
wachsen  sie  nur  schwach  gebogen  entweder  parallel  mit  ihm  oder 
in  mehr  oder  weniger  senkrechter  Richtung  abgewendet,  weiter, 
Fig.  5. 

Verhallen  des  Mt/celiums  auf  flüssigem  un<l  festem  XäArhodeti. 
So  breitet  sich  schon  nach  drei  Tagen  ein  äuaeeret  aartcr  spinii- 
wobenartiger  FiU  in  dem  Cniturtropfen  ans,  dessen  einzelne  FAdcn 
sehr  klebrig  sind  und  beim  Heranszichen  der  Nadel  als  schleimige 
Masse  auLängcn.  Das  Junge  Mycelium  schwimmt  auf  der  OberflAclie 
der  FlOssigkeit,  wfthrend  am  Grunde  derselben  die  ungekeimten  nnd 
todten  Sporen  entleert  sia  Uänte  mit  dicken  zusammengerallenen 
Membranen  herumliegen.  Han  muss  mit  laolining  der  Keimlinge 
beginnen,  wenn  dieselben  noch  möglichst  klein  sind,  denn  spAt« 
verwirren  sie  steh  unter  einander  und  können  nur  unter  Verletsoog 
wieder  getrennt  werden.  Nach  Verlauf  von  etwa  aecha  Tagen  durch- 
lieht  bereits  ein  reichliches  Hycelium,  von  einer  Spore  ausgegangen, 
welche  demselben  als  aufgeblasener  Sack  anhängt,  die  Ntlirlösnng, 
mit  zahlreichen  nach  allen  Richtungen  abgehenden  Verlstelnngen 
ansgostattot.  Ist  der  Tropfen  klein,  so  kommen  die  EndanslAnfer 
des  Uyceliums  aus  demselben  heraus,  sie  kriechen  tbeils  über  seine 
Bttndcr  auf  den  ObjecttrSger,  thcila  erheben  sie  sich  in  die  Luft 
und  so  entsteht  über  der  FlUasigkeit  ein  weiSBwelliges  Ftlzgcwebe. 
Aber  nicht  in  allen  Fallen  kommt  es  zur  Ausbildung  eines  so  reich- 
lichen fädigen  Myceliuma,  viele  Keimlinge  zeigen  vielmehr  «in  ver- 
Bcliiedenes  and  sehr  merkwürdiges  Verhalten. 

Während  n&mlich  die  meisten  Aeste  derselben  in  gewfthnlicher 
Weise  weiterwachsen,  bekommen  andere  zahlreiche  Septa,  sie  glie- 
dern sich  in  Folge  dessen  in  länglich  cylindriaehe  ZellcheUj  winden 
sieh  hin  nnd  her  und  häufig  rollen  sie  sich  spiralig  zusammeo,  Fig. 
5  und  C.  Nach  kurzer  Zeit  fallen  die  gebildeten  Zellen  von  den 
Tragiken  ab,  Fig.  6,  sie  liegen  in  Menge  theils  zwischen  dem 
Hycelium,  theils  in  dem  gesammtcn  CnlturtropfLU  zerstreut  umher, 
theils  isolirt,  theils  in  ver^ichiedener  Anzahl  apiratig,  zickcack-  oder 
kuttenarlig  längere  oder  kürzere  Zeit  mit  einander  in  Zusammenhang 
bleibend.  Die  eben  beschriebene  Bildung  ist  die  gewöhnliche:  nur 
einzelne  SeilcnJtste,  wohl  auch  die  Enden  von  Uanptästen,  zerfallen, 
Fig.  5,  während  das  übrige  MyccI  weiter  wachst  und  fortgesetzt 
neue  Verzweigan^en   hervorbringt.     Ein  Theil   der   lotztereD   erliebt 


287 

sich  senkrecht  Tom  Mntierfmden  mus  über  die  Oberflftehe  der  FlOssig- 
keit|  entwiekelt  seitliche  oder  dichotome  Aeste,  welche  kurz  bleiben, 
und  diesen  Gebilden  ein  zierliches,  bsnmartiges  Ansehen  verleihen« 
Bald  aber  gliedern  sich  die  Aestchen  ihrem  gesammten  VerUnf  nach 
ebenfiüls  in  kurze  Zellen  tou  derselben  Beschaffenheit,  wie  sie  oben 
beschrieben  wurden  und  nur  mit  dem  einen  Unterschied,  dass  sie  in 
solchen  Fällen  frei  in  der  Luft  entstanden  sind.  Aber  noch  andere 
Abweichungen  sind  zu  bemerken.  Befinden  sich  die  Sporen  in  un- 
gfinstigen  Nihrverhältnissen,  wohin  auch  der  Fall  zu  zählen  ist,  dass 
ihrer  zu  viele  in  einem  Culturtropfen  vorhanden  sind,  so  tritt  bereits 
an  den  jungen,  noch  ganz  kurzen  Keimftden  die  auffallende  Neigung 
hervor,  sich  zu  zergliedern  und  auseinanderzufallen,  wie  dies  auch 
Hesse*)  bereits  angegeben  hat  Ich  beobachtete  Sporen,  welche 
mehr  oder  minder  verästelte  Keimschläuche  getrieben  hatten,  aber 
schliesslich  gänzlich  in  Gliedzellen  auseinanderfielen,  so  dass  also 
eine  vollständige  Zerbröckelung  der  Haupt-  und  Nebenäste  eintrat, 
Fig.  7.  Sobald  aber  das  Mycelium  kräftig  gedeiht,  so  entstehen 
diese  Zerfallprodukte  viel  seltener,  auch  wohl  gar  nicht,  ersteres 
nimmt  vielmehr  dann  Formen  an,  welche  weiter  unten  beschrieben 
werden  sollen. 

Was  die  abgegliederten  Zellen  betrifft,  so  ist  die  Mehrzahl  der- 
selben dicht  mit  stark  lichtbrechendem  feinkörnigem  Protoplasma  an- 
gefüllt; die  an  einem  Faden  gemeinsam  entstandenen  sind  oftmals 
so  ziemlich  von  der  nämlichen  Länge,  welche  letztere  wieder  dem 
Breitendurchmesser  gleich  oder  denselben  um  das  Doppelte  und  mehr 
fibertreffen  kann,  Fig.  6.  Sie  gleichen  in  diesem  Znstande  in  hohem 
Grade  den  von  mir^)  an  ^^orictMarten  beschriebenen  Bildungen, 
welche  bei  Sporenculturen  am  Mycel  dieser  Pilze  zum  Vorschein 
kommen  und  welche  ich  seitdem  in  gleicher  Weise  bei  Agartcus 
plecpodiua  Bull,  erzielt  habe  und  bei  Coprinus  atramentarius  Ball., 
wo  sie  auf  stattlichen  Trägern  sich  entwickeln.  Sehr  häufig  jedoch, 
zumal  wenn  das  ganze  oder  der  grösste  Theil  des  aus  einer  Cyathus- 
spore  hervorgegangenen  Myceliums  zerbröckelt,  sind  die  Zerfallzellen 
von  ganz  ungleicher  Länge:  bald  zerbricht  der  Faden  unter  viel- 
fiuhen  Zickzaekkrflmmungen  in  eine  Reihe  grösserer,  dann  wieder 
kleinerer  Stflcke,  bald  finden  sich  diese  beiden  Formen  gemischt  vor. 

Am  meisten  ähnelt  das  beschriebene  Verhalten  des  Cyathua- 
liums  in  Nährlösungen  —  denn  auf  festen   Substraten  konnte 


t)  1.  c. 

S)  Botan.  Zeitung  1S75  No.  40,  41,  45. 


I  I 

828 

uie  tioobachU^ti  —  tli?n  bei  dorn  f^eineinen  O'i-dinm  hirtiH  schon 
t  bckmiiittn  Ersctieinringeii,  wclclicn  I'ils  II  abcrlandt '>  ktln- 
ifa  Neue  bearhrieben  und  ubgebildet  hat.  Auch  bei  O'idium  troScn 
in  BOBgerordoDdicher  RegelmAflei^koit  diese  Zergliederung  du 
□mton  Mycelinma  mler  einzelner  Zweige  desselben. 

:)ite   das    weitere    Vt^rlinltim    der   von   dem   ilytdhua-Myexi 

rteu  Zellen  zu  bciliachten.     Ks  zeigte  sich,  wie  ein  Tbei) 

Mizellen,  die  kürzeren  sowohl  wie  die  längeren,  anscbwoll, 

D   sich  abrnndclon   und   sie   sm  Ende  oder    in    ihrer  Mitt« 

faden  entwickelten,  Kig.  8  bis  12.     D&bei  liess  eich  nocb 

s  kettotifUrtniße  Atiordnuitg  der  aue  einem  Fadcti  hervor 

Glieder  erkennen.    Uie  Kdnin4den  wnchsen  in  die  liAng«, 

len    neue    Vorzwcigiingun,    Fig.   10    und    II,   und    oianclimMl 

CS,   «la   ob  zwi-i   vorher  getrennte  Ulieder  volIatAntlig  mit 

jer  verscbnialzen  und  finnstouioairten,  Fig.  8,    12.    Doch  kunntu 

r  aber  letzteren  Punkt  durch   dirocle  BoobachtunfC   keine  Qe- 

leit  verschafTen. 

kann   aber  keine  Rede  davon  sein,   diu  b<'acbriebeoeR 

.    ais    „Spennalien"    in    nnaerem    biahi^rigen    Sinn«    «niuseben, 

(Cr       wie    dies    fernerhin    bei  obigen  AijfiricuKtcWaa    zullssig 

muht  allein  dasa  bei  letzleren  van  Tieghem')  die  Kei- 

geaehen  und  sie  daher  als  Conidien  bezeichnet  hat,  so  scheint 

II  in  Folge  der  neuerdings  von  diesem  Foracber  aowohl  ala  von 

Hrefeid  (a.  weiter  unten)  gemacbten  Entdeckungen  über  Knlslehnng 

der  Hntpilie    dia    Annahme    einer  Spermatieabefraohtung    darehaa 

tuunliaiig. 

Den  CyatkuntWtta  sebeint  Tielmehr  ebeifalts  die  Bolle  von  Pro- 
pagatioBiorganen  laiakommen  nnd  ich  bin  der  Ansieht,  dsM  sie 
flberhenpt  onr  unter  solchen  Umständen  entstehen,  wo  nicht  eile 
dem  Hjeel  snm  «ndnnemd  kriftigen  Gedeihen  nothwendigen  Be- 
dingnngen  erfUlt  sind.  leb  betraehte  sie  daher  als  eine  nnt«-  ab- 
Bonnen  Verhlltniaeen  eintretende  Erseheinnng,   dain  bestimmt,  das 


■)  F.  Haberlandt,  Wisaenschafllicli-pnctisclie  Untera.  auf  dem  Gebiet« 
des  Fflanzenbauea.  Wien  1875.  Haberlandt  erhielt  bei  seinen  Culturea  dcu 
von  Brofeld  1869  enUlecklea  Myxomyceten  DicIyottelÜM  ntueoroidet,  er- 
kannte denselben  jedoch  nicht,  sondern  hielt  ihn  für  eine  bcsocidere  Enlwicke- 
lung  von  Oidfun  laelit.  In  Folge  dieses  Irrtliums  glaubt  er  damit  die  bis  jetit 
vergeblich  gesuchte  Ascosporenform  des  Oütium  larlii  gefundrn  id  haben! 

^  Bot.  Zeitung  1876  No.  11.  Annal.  des  scienc.  naturell,  Sir.  VI.  Tom. 
II.  p.  361. 


8» 

Mycel  anch  noter  nngflnstigeii  Bedim^ngtm  n  erhalten  ood  fortsa- 
pflaozen. 

Wenn  in  den  Cultnrtropfen  nnr  wenige  keimende  Sporen  rorhmnden 
sind,  80  dasB  die  entstehenden  Myeelien  frei  naek  aUen  Riebtongen 
sieb  anabreiten  können,  wenn  man  ferner  für  öftere  Emenerong  der 
NihrllOssigkeit  Sorge  trägt,  so  tritt  die  besebriebene  Zergliederang 
nur  selten  an  vereinzelten  Aesten  Lerror.  Das  Myeel  wiebst  riel- 
mebr  kräftig  beran,  es  xeiebnet  sieb  dnreb  die  grosse  Liage  seiner 
einzelnen  Zellen  ans  nnd  die  sablreiebea  Verzweigngen  wachsen 
oft  so  eng  neben*  nnd  dnrebeinander  bin,  dass  sie  sieb  gegenseitig 
nmseblingen  nnd  dadnrcb  xn  mebr  oder  minder  diehten  strangartigeo 
Partieen  gestalten.  Ausserdem  beginnt  eine  Oberaas  reicbliebe 
Sebnallenzellenbildnng  Aber  die  ganze  MjeeUUebe  bin,  und  demselben 
ein  sehr  ebarakteristisebes  Ansehen  rerleihead.  Bekanntlich  ent- 
stehen die  Sebnallenzellen  an  Hjpben  gewöhnlieb  in  der  Nälie  Ton 
BeheidewAnden  durch  AusstOlpugen,  welehe  sehr  kurz  bleiben  und 
nieht  wie  die  Aeste  vom  Mutter&den  weg  wachsen,  sondern  unter 
bogenförmiger  Krtlmmung  demselben  sieh  alsbald  wieder  anlegen, 
wobei  eine  mebr  oder  weniger  dentiieb  berrortretende  Oese  zu 
Stande  kommt.  Diese  Bildungen  habe  ich  an  den  Mycelien  der  an- 
teranchten  Nidularieen  stets  massenhaft  und  unter  maneberlei  Ab- 
änderungen auftreten  sehen;  ihr  Aussehen  am  Mycel  ist  ein  ganz 
anderes,  als  an  den  eigenthümliehen  Zellen  des  /unicu/us,  wo  sie 
nehoB  Sehmitz*)  und  Tulasne*)  besehrieben  haben. 

Die  zu  den  Sebnallenzellen  sieb  gestaltenden  AusstOlpungen  ent- 
ateben  an  der  Hyphe  bald  einseitig,  bald  anf  beiden  Seiten,  Fig.  18 
bis  22;  in  letzterem  Falle  kommen  bisweilen  fast  regelmässig  ben- 
kelartig  in  der  Mitte  sich  verbindende  Gebilde  zur  Entwickelang, 
Fig.  21.  Durch  Verästelung  der  Myeelflden  und  durch  oftmalige 
Wiederholung  dieser  Sebnallenzellenbildnng  in  kurzen  Zwischen- 
räomen  an  den  neuen  Aesten  gewinnt  das  Gesammtbild  noch  mehr 
an  Mannigfaltigkeit,  Fig.  19.  Vielmals  jedoch  wuchsen  die  ur- 
aprünglieb  zu  Sebnallenzellen  bestimmten  Anlagen  in  wirkliche  Seiten- 
aweige  aua,  während  sie  in  andern  Fällen  zur  Entstehung  von  Ana- 
stomosen Veranlassung  gaben.  Denn  in  so  weit  vorgeschrittenem 
Zustand  des  Myeelinms  sind  Anastomosen  durebaas  nicht  selten. 
Ich  beobachtete,  dass  in  jenen  Fällen,  wo  zwei  MycelfMen  gekreuzt 
Ibeminaader  lagen,  an  der  Berflhmngsstelle  entweder  die  jungen 
SchaaUeaaellenanlagen  selbst  sich  nicht  ihrem  eigenen,  sondern  dem 

M  L  c    «j  L  c. 


830 

fremden  Faden  anlegten  und  mit  ihm  Terwnchwn,  Fi^.  18,  od« 
dass  andere  AnaBialpungen  ebenfalls  die  Anastomoie  aweiar  fremder 
Fftden  einleiteten,  Fig.  17.  Eine  sonderbare  Bildung  habe  ich  ii 
Fig.  15  aufgezeichnet,  die  wohl  in  der  Weise  entstanden  ist,  diu 
ein  Hfoelfaden  sich  unmittelbar  an  die  bereits  gebildete  SohnaUea- 
zelle  eines  andern  Fadens  anlegte,  worauf  letttcre  dr«  neue  Harror 
treibnngen  gebildet  hatte. 

Alle  diese  Anastomosen  und  Sohnallenaellenbildungen  begOnatigeo 
sehr  die  atrangartige  Ausbildung  des  Myeeliums  und  sie  dOrften 
wohl  auch  durch  Plasmazufubr  eine  Krtniguug  einzelner  Partieeo 
herbeifOhren,  welche  znr  Entstehung  einer  Uenge  neuer  Verftatelnn- 
gen  die  Veranlassung  abgiebt.  Hau  erkennt,  wie  manche  Hycel- 
enden  oder  Seitenäste  in  bizarrer  Weise  rechts  und  links  theila  sieh 
ansbuchten,  Fig.  13  und  17,  theila  unter  Anschwellung  kurie  Her- 
vorragnngen  erzeugen,  Fig.  14.  Dabei  sind  nicht  selten  gekrümmte 
oft  dichotome  Answflchse  aus  den  Mycelf&den  zu  bemerken,  Fig.  16 
und  %'i,  welche  bald  von  einseinen,  bald  von  mebreren  neben  einan- 
der verlaufenden  Hyphen  entstehen.  Diese  endstindig  oder  im  Ver- 
lauf der  Hyphen  zum  Vorschein  kommende»  Auawfichae  bilden  neue 
und  kurz  bleibende  Verzweigungen  aus,  sie  verwirren  und  nmsehlin- 
gen  sich  dicht  und  knauelartig  und  treten  auch  wohl  Aber  die  Ober- 
fläche der  FIDssigkeit  in  die  Luft  hervor. 

Soweit  konnte  ich  die  Hycelentwickelung  aus  den  Sporen  von 
Ci/athiu  atrüUue  auf  dem  Objectträger  verfolgen,  sie  blieb  trota  an- 
scheinend bisher  guten  Gedeihens  und  trotz  fortgesetzter  Emenenug 
der  NlhrlAsuDg  auf  dem  zuletzt  geschilderten  Znstand  der  Auebildang. 
Auch  nach  wochenlanger  Frist,    wo  die  DberhandnehmeDde  Ansiede- 


«81 

Ziamertanperatiir,  nod  nach  etwm  8  Tagen  überzog  ein  feinftdiges 
Mycelism  den  Mitt,  wobei  man  erkennen  konnte,  wie  dasselbe  von 
des  Sporen  aoe  seinen  Ursprung  nahm.  Dieses  Mycel  verhielt  sich 
dofdums  wie  das  eben  beschriebene,  es  seigte  ebenfalls  sehr  reich- 
liche Sehnalleniellen,  nie  aber  serfiel  dasselbe  in  die  oben  geschil- 
derten Oliedemngeni  auch  sah  ich  keine  Frnchtkörper  an  demselben 
herrorkoninien. 

Bbensowenig  war  dies  der  Fall,  als  ich  im  Oswitzer  Wald  bei 
Brealaa  an  einem  abgehanenen  bemoosten  Bachenstumpf  im  April 
geeannelte  and  nnversehrt  sammt  ihrem  Substrat  nach  Hanse  ge- 
brachte 0]f€Uku9  «IrtatiM-Becher  in  einem  Olasgefltos  unter  Glocken 
bei  gewöhnlicher  und  bei  höherer  Temperatur  feucht  erhielt.  Hier 
aber  leigte  sieh  eine  andere,  schon  von  Tulasne^)  knrs  hervor- 
gehobene Erscheinung.  Während  nämlich  das  eigentliche  in  der 
HKidemden  Humuserde  befindliche  Cyathtut- Mycel  kein  Wachsthum 
erkennen  liess,  waren  die  am  Innenrand  der  Becher  befindlichen 
Zellen  energisch  fortbildungsfähig  und  schon  nach  wenigen  Tagen 
strahlte  von  denselben  allseitig  ein  neu  entstandenes  Hyphengewebe 
ans,  deasen  ältere  Fäden  anfangs  vollkommen  farblos  waren,  bald 
aber  aieh  bräunten,  ihre  Membran  beträchtlich  verdickten  und  ihren 
Protoplasmavorrath  auf  Kosten  der  jüngsten  Zweige  verloren.  Die 
so  ans  reifen  Pruchtkörpem  entstandenen  Fäden  besitsen  ausser- 
ordentlich lange  Zellen,  sie  verfiechtcn  sich  bald  zu  dichten  Haupt- 
strängen,  von  denen  dOnnere  ausgehen,  die  selbst  wieder  in  ein 
tartea,  mehr  kurazelliges  Fadengeflechte  sich  auflösen.  Auch  hier 
lelgte  sich  die  8chnallenzellenbilduDg  in  ausgeprägtester  Weise,  fast 
an  jeder  Seheidewand  erschienen  sie,  oft  von  geringerem  Durch- 
aesaer  als  der  Mntterfaden.  Sehr  häufig  erreichten  auch  hier  die 
■rsprflnglich  sn  Schnallenseilen  bestimmten  Auswfichse  die  Nachbar- 
aellen  nicht,  sie  wuchsen  vielmehr  vom  Mutterfaden  ab  und  in  lang- 
gestreckte Hyphen  aus,  die  wohl  mitunter  schmäler  als  der  Mntter- 
faden waren,  im  üebrigen  aber  den  Wachsthumstypus  desselben 
fortsetzten.  Von  den  am  Rande  der  Schale  befindlichen  Bechern 
kroch  das  Mycel  längs  der  feuchten  Glaswand  selbst  empor,  ein 
zierlich  verästeltes  weisses  Pilsgewirre  auf  derselben  darstellend. 
Dieses  neugebildete  Mycel  wuchs  und  erhielt  sich  längere  Zeit  hin- 
durch frisch,  endlich  aber  verlor  es  seine  Lebenstliätigkeit,  es  trock- 
nete aus  und  fiel  in  sich  zusammen.  Von  den  in  den  Bechern  ent- 
haltenen Sporangien  gingen  nur  vereinzelte  llyphenbOndel  aus,  die 
In  ihrem  Wachsthum  ebenfalls  bald  stillstanden. 

«)  I.  c.  p.  49. 


28-2 

Enlilekutig  der  jungen  Fnichtkorjier,  AU  ich  AnfsDga  Juui  den 
n&miichen  Baclienstamm  wieder  snrauclite,  vod  welchem  ich  im  April 
die  vorjährigen  reireo  Beclier  greeammelt  hatte,  zeigte  iloraelbo  ein 
vollstlinilig  verändertes  AnselieD:  auf  seiner  mit  modemdem  HoIm, 
mit  Uoos  Dnd  Uammerde  besetzten  OberflAehe  standen  nun  neu  ge- 
bildete Oyalhua-VWz^  in  reichlichster  FQIIe  nnd  in  allen  Entwicke- 
ln ngs  atadien.  Uie  Dammerde  war  von  den  MyceUtrftngen  maaaen* 
haft  dnrchutgen,  letztere  in  verschiedenster  Dicke  nnd  Veriatelnng; 
bereits  in  den  nächsten  Tagen,  nachdem  ich  den  Pili  satnmt  dicken 
Lagen  seines  Substrates  nnd  bei  Gegenwart  hinreichender  Krnchtig- 
keit  in  Glasochalen  eingesetzt  hatte,  war  das  Hj'cel  an  tahlreichen 
Stellen  weiter  gewachsen.  Die  Neubildungen  befanden  sich  in  Porta 
zartwolligcr  weisser,  bräunlicher  bis  rnthbraoner,  mehr  oder  minder 
ansgedelinter  üyphencomplcie,  zum  Theil  in  Polstern  ausgebreitet, 
tum  Theil  dicht  rerHoohten,  an  den  Enden  zcrrtssenrr  Mycelstr&ngc 
vielmals  in  divcrgirende  Fuden  ausstrahlend,  sowohl  zwischen  dem 
lockeren  Humus,  als  an  der  Süsseren  Oberflitche  desselben.  Aber 
auch  die  Neubildung  vou  Fruchtkiürpern  h^lle  keine  UnterbreebRox 
erlitten:  an  vielen  Stollen,  oft  dicht  beieinander,  eeigien  sich  aarle, 
ein  zehntel  bis  ein  Millimeter  grosse  FIttckchcn,  deren  kleinste  schnee- 
weiss,  die  filteren  mehr  und  mehr  gelbbraun  gefärbt  waren  nnd 
welche  sAmmtlich  als  jnnge  FnichlkOrpcrnnl.igen  in  den  verschieden- 
sten  UebergHngi'n  sich  erwiesen.  Indem  ich  sowohl  die  Klieren  alt 
die  neugebildetcn  MycelslrAngc  in  möglichst  langen  Partieen  wamml 
ihren  Verzweigungen  isolirtc  nnd  mit  dem  Mikroskop  absuchte,  konnte 
ich  die  Anlage  der  Fruchtkörper  in  ihren  näheren  Details  beobachten. 
Soweit  die  Arbeiten  froherer  Foracher  auf  diesen  Pnnkt  Qeaug 
nehmen,  linden  wir  zunächst  bei  Schmitz')  folgende  Bemerkungen: 
8.  IG2:  „Ich  entdeckte  auf  dem  MyccÜDro  weisse  oder  gelblich  weisse 
flockige  Pünktchen,  die  aus  kurzen,  convcrgirenden  nnd  sich  kreusen* 
den  Hitrchen  bestanden  and  vielleicht  als  die  primitiven  Gebilde  oder 
eratfn  Anfiinge  von  partiellen  Mycelien  zu  betrachten  sind,  woran' 
die  Peridienkörner  nnd  die  Pcridien  selbst  hervorgehen,"  S,  Mti: 
„Anf  einer  der  untersten  Stufen,  wo  das  Peridium  an  Orässo  kaum 
ein  Sandkorn  llberlrillt,  ist  es  von  kugelförmiger  Gestalt  und  weiaa- 
Hoher  oder  weisengolber  Farbe.  Im  Innern  befindet  sich  eine  achwam- 
mige,  dem  llolluudermark  ähnliche  Substanz  ohne  heterogen«  Tbeile, 
welche  sich  allmählich  nach  ansäen  in  eine  dnnklere,  zottige  Scliielit 
verliert." 


')'■< 


Talasne*)  erwähnt,  dass  die  jungen  Individuen  zumeist  auf 
dem  nengeblldeten  zarten  Mycel  entstünden,  welches  aber  dann  rasch 
an  Dieke  zunehme  unter  gleichzeitiger  Braunfärbung  der  anfangs 
weissen  cjlindrischen  oder  hügligen  Auswüchse,  die  unter  Schuppig- 
werden  ihrer  Aussenseite  sich  mehr  und  mehr  zu  neuen  Fruehtkör- 
pem  differenziren. 

Diese  Angaben  der  älteren  Beobachter  konnte  ich  im  Verlauf 
meiner  Untersuchungen  durchaus  bestätigen.  Von  neueren  Forschem 
sind  Sachs  und  Brefeld  anzuführen.  Auf  die  Arbeit  von  Sachs^) 
werde  ich  bei  Schilderung  der  Fruchtkörperentstehung  von  Cnunbu- 
Irnn  Bezug  nehmen;  Brefeld^)  macht  in  seinem  Aufsatz:  „Die  Ent- 
wickelnngsgeschichte  der  Basidiomyceten**  unter  Absatz  6  folgende 
Bemerkung:  „Bei  den  Nidularteen  und  PhaUoideen  entstehen  die 
Fraehtkörper  an  den  Spitzen  der  Stränge  durch  reichliche  Verzwei- 
gung der  Hyphen."  Auf  die  Nidularteen  kann  dieser  Satz  jedoch 
nur  zum  Theil  Anwendung  finden,  denn  ich  habe  die  Fruchtkörper  von 
Ctfothua  und  besonders  häufig  von  Crucibulum  ebensogut  im  Verlauf 
wie  an  den  Enden  der  Mycelstränge  entstehen  sehen,  obwohl  für 
GyaihuB  die  endständige  Stellung  am  häufigsten  vorzukommen  pflegt. 

Durch  vorsichtige  Anwendung  von  Nadeln  und  Pincette  sowie 
unter  Zuhilfenahme  der  Loupe  gelang  es,  die  neuentstandenen  Mycel- 
stränge, welche  nur  lose  dem  Substrat  aufsassen,  fast  rein  und  unver- 
sehrt von  demselben  abzunehmen,  worauf  sich  unter  dem  Präparir- 
mikroskop  auch  die  letzten  störenden  Reste  von  Erdstflckchen  ent- 
fernen liessen.  Diese  Mycelstränge  bestehen  aus  langgestreckten 
Hyphen  mit  zahlreichen  Schnallenzelleu  und  Astbildungen,  die  äusse- 
ren sind  mehr  hell-  bis  dunkelbraun,  mit  stark  verdickter  Membran, 
oft  hin  und  her  gewunden  und  stellenweise  erweitert,  im  Innern 
vielfach  mit  glänzenden  kleinen  Körnchen  versehen,  an  den  Enden 
feitwachsend  und  farblos  werdend.  Der  innere  Kern  der  Stränge 
aber  besteht  aus  zarteren^  meist  farblosen,  reich  Plasma  führenden 
Hyphen,  gewöhnlieh  von  etwks- geringerem  Durchmesser  als  die  äusse- 
ren; sie  sind  ebenfalls  reich  verästelt  und  dicht  zopfartig  verschlungen 
und  ineinander  gewirrt.     Hie  und   da  sind  Anastomosen  erkennbar. 

An  ihren  Endigungen  verästeln  und  dichotomiren  sich  diese  Mycel- 
•trängei  ihre  Ausläufer  gehen  mehr  und  mehr  in  farbloses  Hyphen- 
gewebe  über  und  letzteres  ist  es^  dessen  einzelne  Fäden  in  ungemein 
vaiürenden  Formen  sich  hin  und  her  biegen,  kurz  bleiben,  sich 
umaeblingen  und  eine  Menge  neuer  meist  gekräuselter  Seitenzweige 


1)  l.  e.  p.  43.        •)  1.  c.        •)  Botanische  Zeitung  1876  No.  4. 


234 

her  vortreiben.  Auch  diese  vciitstcln  Bicli  anfs  Nene  und  behtUeii 
bftld  ihre  den  (Ibrigcn  Rliiilielie  NormalgeeUIf,  b.iM  verjUngon  sich 
iliru  Knilcii,  bald  Bpaltcn  sie  eieii  in  gabelartige  kurxo  Zweige  nnd 
AuHstttlpangen,  bald  schwellen  sie  iu  ilirem  Verlauf  oder  eadsl&ndig 
an  und  erhalten  lOffel-  oder  faolbenfjirtnige  Oeetalten.  Sammtlichc 
Hyphen  eind  plasmaatrolzend,  knrzzellig,  fast  an  jader  Scheidewand 
mit  !jclmBlleD  Tcrscbcn,  sie  besilzeu  eine  sehr  zarle  Membran,  die 
ich  einigemal  mit  Krystallen  incrustirt  fand.  Letztere  geben  sieb 
in  Folge  itirer  UnlöBlichkeit  in  Gsaigsäurc  und  Lö^lichkeit  ohne 
Anfbransen  in  Salzsäure  als  aus  oxalsaiirem  Kalk  bestehend  id 
erkennen;  ähnliche  KrystalUblagernngen  bnbe  ich  auf  den  in  Näbr- 
lOflDogen  cultivirlon  Mycelicn  beobachtet,  bcaondcra  an  Fäden,  wvlehe 
in  die  Lnft  hineinragten. 

Durch  die  erwähnten  Verästelungen  der  Uyphen  und  durch  die 
Verwirrung  derselben  kommen  bald  dicht  verflochtene  Knftucl  kd 
Stande,  deren  allerdings  geht'  kümmerliche  und  unvüllkommcnc  Zu- 
stände  ich,  wie  oben  erwähnt,  bei  Cnltur  der  Hycelien  aus  Spuren 
in  Nährlösungen  erhallen  hatte.  Hier,  wo  alle  natürlichen  Bedin- 
gungen ihres  guten  Gedeihens  vorhauden  waren,  zeigten  sie  aieb 
äuBaerst  kräftig  und  vollkommen  entwickelt  Sowie  die  knüacl-  oder 
knotenartjge  Vcrdeehtnng  gebildet  ist,  wächst  dieselbe  ausserordent- 
lich rasch  heran,  ihre  Zelb.n  vermehren  sich  in  rapider  Weise,  to 
dasa  CS  schwierig  wird,  dem  weiteren  Verhalten  derselben  zu  folgvo. 
Doch  ist  zu  erkennen,  dass  das  Knäuel  in  sich  selbst  fortbildnngt- 
tihig  ist,  dass  durch  Auswachsen  der  bereits  bestehenden  Elemente 
sowie  durch  Einschicbung  neuer  Aestu  zunächst  das  von  Scbuiti 
erwähnte  sclineuweisso  PUnktchcn  zur  Ausbildung  gelangt,  welches 
anfange  so  klein  ist,  ilasa  es  nur  mit  der  Loupo  bemerkt  werden 
kann,  sehr  bald  aber  sein  Volumen  vcrgröaacrt. 

Diese  Punktchen  sind  nisü  rundliche  oder  ovale,  auch  hie  nod 
da  etwas  plattgedrückte  Ilyphenvereinigungen,  welche  mit  den  ihneD 
als  Ausgangspunkt  dienenden  Hutterütringon  zwar  in  Verbindung 
stehen,  sich  aber  bereits  durchaus  selbstständig  individualisirt  haben; 
sie  sind  mit  einem  Worte  die  primitiven  Anfänge  der  merkwürdigen 
(.'_ya  (Aus- Becher. 

Wenn  diese  Gebilde  am  Hnde  der  Mycelstränge  entstehen,  so 
sieht  man  sie  Ihcils  vereinzelt,  thcila  bUschcl-  oder  bcacnfurmig  oft 
dicht  beieinander,  zur  Ausbildung  kommen;  der  in  käraerc  oder 
längere  Seitenstränge  sich  verzweigende  Hauptmycelstrang  trtgt  n 
letzterem  Falle  fast  an  jedem  auch  noch  so  kurzen  Ast  einen  jUDgen 
PruchtkOrpcr,  so  dass  das  (lanze,  zumal  wenn  dieselben  etwns  grOwof 


^ 


«85 

werdeOi  ein  trmobenartiges  Ansehen  gewinnt  Entstehen  die  jungen 
Froehtkörper  aber  anf  Myeelflöckchen,  welche  an  die  Oberfläche  des 
Nihrbodens  herausgewachsen  und  daselbst  ausgebreitet  sind,  so  er- 
keont  man,  wie  die  Verflechtung  der  Hyphen  zu  dem  Knötchen  von  dem 
Centrum  eines  eng  verschlungenen,  ebenfalls  überaus  reich  Schnallen- 
seilen  tragenden  und  aufs  vielfachste  verzweigten  Fadenconglomerats 
ans  stattfindet.  In  dem  Verlauf  der  Mycelstränge  endlich  wird  diese 
Bildung  derartig  eingeleitet,  dass  die  zur  Vereinigung  bestimmten 
jnngen  Hyphenelemente  im  Innern  der  Stränge  sich  ansammeln,  die- 
selben wulstig  auftreiben  und  bald  den  älteren  Theil  der  umgebenden 
braunen  Hyphenschicht  durchbrechen ;  sie  breiten  sich  dann  auf  der- 
selben aus  oder  constituiren  sich  wohl  auch  mehr  seitlich,  auf  einen 
Blatt-  oder  Stengelrest  gestützt.  Direct  auf  dem  Mycelstrang  fest- 
sitsend,  befinden  sie  sich  alsdann  unmittelbar  auf  der  meist  deutlich 
sichtbaren  Anschwellung,  welche  von  den  ihre  Entstehung  durch 
Verzweigung  einleitenden  ersten  Hyphen  hervorgebracht  wurde,  und 
welche  letztere  selbst  im  weiteren  Verlauf  zu  dem  kräftig  entwickelten 
Fadengeflecht  des  Pilzes  heranwachsen. 

Die  blendendweisse  Farbe  aber,  welche  das  junge  Fruchtkörper- 
flöekchen  auszeichnet,  rührt  von  einem  beträchtlichen  Luftvorrath  her, 
welcher  zwischen  den  Interstitien  der  Hyphen  sich  befindet  und  die 
Benetznng  derselben  unmöglich  macht.  Es  ist  dies  ein  umstand,  welcher 
der  Untersuchung  als  bedeutendes  Hindemiss  sich  in  den  Weg  stellt,  und 
um  die  bisher  geschilderten  Vorgänge  auszumitteln,  war  es  vor  Allem 
nothwendig,  die  eingeschlossene  Luft  zu  entfernen.  Als  bestes  Mittel 
hierzu  diente  mir  absoluter  Alkohol,  nach  dessen  Einwirkung  ein 
Zusatz  von  Ammoniak  erfolgte,  welcher  das  Wiederaufquellen  und 
das  ursprüngliche  Ansehen  der  Hyphen  herbeiführte.  Erst  nach 
dieser  Behandlung  war  das  Präparat  in  allen  Theilen  erkennbar  und 
die  Knäuel  erwiesen  sich  als  durchweg  aus  ganz  gleichartigen 
dicht  verflochtenen,  nur  mit  den  schon  oben  erwähnten 
Formverschiedenheiten  in  den  Dimensionen  ausgestat- 
teten und  unmittelbar  den  Mycclzellen  entspringenden 
Hyphen  zusammengesetzt  Von  irgend  welchen  Zellencomplexen, 
welche  sich  etwa  durch  besondere  Grösse  und  abweichenden  Bau 
auszeichneten  und  als  weibliche  Organe  —  Carpogonien  —  gelten 
ktanten,  ist  keine  Spur  zu  bemerken.  Wir  haben  es  in  der  That, 
wie  Brefeld')  sagt,  mit  einer  reichlichen  Verzweigung  von  morpho- 
logisch und  physiologisch  gleichartigen  Hyphen  zu  thun. 


1)  L  c  Absatz  19. 

CokB,  Beitrice  xar  Biologie  der  PfUnxen.  Band  IL  Heft  IL  IQ 


HV  ■ 

obÄld  eiDmal  die  junge  Frachtkurperaolsge  besteht,  wKchst  die- 

I  in  Uberuus  energischer  Weise  liernn  Diid  zwar  von  der  Itual- 

,  Mittelregion   aua;    die   Raiiditypheii    divergiren    bei    vielen    der 

[en  nach  allen  Richtungen,   und   wahrend  die   Basis   aebr   bald 

bräunt,   bleibt  die  obere  Partie  am  Ungaten  farbloa   oder  gelb- 

j  eeftrbt,     Dcbrigena    bildeten    sich    von    den    in   meiner  Caltnr 

I  Jenen   PrnobtkCrpcrnnliigcn    dnrcbau«    nicht  alle   weiter  am: 

lerselben  blieb  vielmehr  mdimentftr,  während  ein  anderer  bU 

m  Reife    im  Waclistbum  vorscbrilt  nnd  dabei  in  anfTallen- 

ae  dem  Lichte  sich  Euwcndele.   Wenn  die  Pilze  an  unterhalb 

srlläche  des  lockeren  Nährbodens  verlaufenden  Mfcelstrttngen 

Jen   sind,   kommen  sie   bei   ihrer   weiteren  Entwickelung  mit 

a    HAlfle    aU    bereits    feste    bellgelbe    Knöllchen     hervor. 

a  der  Basalthcil,  woselbst  die  Nabrnngsaufnahme  gesebeheD 

d   mit   vorschreitender  Ausbildung   sehr  verdickt,   er  wird 

hei  nnd  an  den   reiferen  Exemplaren  bildet  er  eine  dicht« 

■n-artige  Masse,   welche  nach  oben   unmittelbar  in   da« 

erldienhUllen  Ubergebl. 
ipi  ■  jugendlichen  Frucbtkörper  mnd  Ubcrans  aart; 

äuel  vorsichtig  nntcr  dem  Deckglas  Ecrdrttckt,  er- 
lie  KandhypbcD  nicht  besonderen  Ursprungs,  sondern 
irer  der  centralen  Füden  sind, 
rortschreitendem  Wachathum  aber  dilfereneircn  sich  die  Hyphen 
der  iUndpiirtieen   mehr   «ml   mehr  von  di'm  mitlU.ircn  Tlieil,  sie  flr- 
b«n  sieb  eaerrt  gelblich,    dann  braun,    ihre  eintelnen  Zellen  werden 
la  langen,  oft  tomlfls  «afgeechwollenen  Scbllochen,   didiotoniraa 
aleb  wohl  auch,  sie  enden  rundlich  oder  zngeapitat,  haben  verdi^te 
Winde,  sind  inhaltsleer  and  scfaliessen  das  centrale  Oowebe  Ton  der 
Ansaenseite  ab,  wie  ein  schüttender  sottigor  Hantel  daaaelbe  beklei- 
dend.    Dadorch  aber  werden  die  innerhalb  der  Fruchtanlage  befind- 
liehen Hyphen  noch  viel  empfindlicher  gegen  Äussere  Einfltlase,    so 
dasB   sie   schon   unter  Wasser    wie  corrodlrt  ansseben,    anch   wohl 
gftnzlich  terflieasen. 

Der  junge  Pila  vergrSssert  sich  von  Tag  zu  Tag,  besondere  wenn 
seinem  Gedeihen,  wie  in  meinen  Culturen,  fortdanernd  gQnstige  Feneh- 
tigkeitsverhiltniase  zu  Gebote  stehen,  nnd  bald  beginnt  in  aciner 
Innenmasse  der  sonderbare  Verschleim nngsprocess,  welcher  die  Tren- 
nung in  seine  verschiedenen  Gewebsschtchten  zur  Folge  hat  leb 
konnte  bequem  sowohl  die  unter  der  Glasglocke  fort  nnd  fort  sich 
vollziehende  Entstehung  neuer  Fruchtkörper  verfolgen,  als  auch  die 
Ausbildung  der  bereits  vorhandenen  bis  zur  völligen  Reife  beobachten, 


i3l 

welche  letstere  nach  etwas  mehr  als  vier  Wochen  stattgefanden 
hatte.  Es  ist  jedoch  nnodthig,  näher  die  während  des  weiteren 
Waehathnms  der  Fmchtkörper  erfolgenden  Veränderungen  zn  he- 
Bfn^eheOi  da  die  Arheiten  von  Schmitz')  und  Tnlasne^)  unmit- 
telbar sieh  hier  ansehliessen. 

Cruoibnlam  vulgare  Tal. 

Ich  benutzte  zu  meinen  während  der  vergangenen  Wintermonate 
ausgeführten  Sporenaussaaten  Pilze,  welche  im  Herbst  1875  an  ver- 
schiedenen Orten  zur  Reife  gelangt  waren. 

SporenJceimung,  Die  Sporen  von  Crucibnlum  vulgare  sind  läng- 
lich oval,  8  Mikr.  lang,  4  Mikr.  breit,  an  einem  Ende  gewöhnlich 
etwas  spitzer,  mit  glattem  Episporium,  Fig.  23  a;  das  Endospor  ist 
an  den  ungekeimten  kaum  zu  unterscheiden;  sie  sind  farblos,  mit 
feinkörnigem  Protoplasma  angefüllt.  Vor  der  Keimung  schwellen  sie 
sehr  bedeutend,  fast  um  das  Doppelte  ihrer  ursprünglichen  Grösse 
an,  ihre  Membran  wird  nach  allen  Seiten  hin  ausgedehnt,  ihr  Inhalt 
lichtbrechend,  dann  kömig,  sie  erhalten  meist  vollständige  Kugel- 
gestalt, Flg.  23b— 26. 

Die  Spore  verlängert  sich  nun  an  einem  Ende  oder  an  beiden, 
bisweilen  an  drei  Stellen  zugleich,  in  einen  dicken,  reich  mit  Proto- 
plasma erfüllten,  gewöhnlich  nicht  mit  parallelen,  sondern  mit  hin- 
nnd  hergebogenen  Wänden  versehenen  Keimschlauch,  Fig.  24  und  25; 
sehr  häufig  spaltet  sich  derselbe  sofort  nach  seinem  Austritt  in  zwei 
Aeste,  die  meist  in  völlig  entgegengesetzter  Richtung  abgehen.  Manch- 
mal hat  die  Spore  einseitig  bereits  einen  langen  Keimschlauch  getrie- 
ben, worauf  an  der  anderen  Seite  eine  dünne,  fingerförmige  Ausstül- 
pung Bum  Vorschein  kommt,  die  später  ebenfalls  weiterwächst.  So 
geschieht  es,  dass  an  dem  einen  Ende  ein  dickerer  Keimschlauch 
sich  zeigt,  als  am  andern,  Fig.  26,  und  ersterer  kann  fast  die  Dicke 
der  Spore  erreichen,  zumal  wenn  diese  auch  nach  dem  Anschwellen 
noch  annähernd  ovale  Gestalt  beibehalten  hat.  Es  ist  also  der  Kei- 
mungsanfang bei  Crucibulum  abweichend  von  demjenigen  bei  Gyathus: 
während  dort  die  Spore  fast  immer  ihre  ovale  Gestalt  beibehält, 
mndet  sich  dieselbe  hier  ab  und  die  der  Crucibtdum-^^ovQ  entsprin- 
genden Fäden  sind  nicht  überall  von  gleichem,  sondern  von  sehr 
Tcrschiedenem  Durchmesser.  Auch  das  weitere  Verhalten  ist  dem- 
entsprechend verschieden. 

Verhalten  des  Myceltuma  auf  künstlichem  und  natürlichem  Nähr- 

«)  L  c.       «)  1.  c. 

16* 


»88 

bodem.  Der  KeimBohUnch  versweigt  sich  sehr  bald,  die  Aeste  biegei 
sieh  hin  and  her,  sie  geben  nenen  den  Ursprong  nnd  das  so  ent- 
stehende Mycel  ist  von  etwas  geringerem  Durchmesser  als  der 
nrsprflngliche  Keimsehlaoch;  es  enthält  dichtes  nnd  feinkOmigea  Pro- 
toplasma, die  Scheidewinde  sind  nnr  bei  scharfer  Einsteiinng  dont- 
lioh  sn  sehen.  In  den  Cnltortropfen  keimen  anch  bei  diesem  Pils 
die  aasgesMten  Sporen  sehr  nngleichmässig:  eine  Ansah!  derselben 
bleibt  ohne  Veränderung  anf  dem  Boden  des  Objecttrigers  liegesi 
während  die  gekeimten  auf  der  Oberfläche  der  Flflssigkeit  schwim- 
men nnd  rasch  weiterwachsen.  In  den  sich  entwickelnden  Myeel- 
hyphen  erscheinen  mehr  nnd  mehr  Vacoolen;  von  den  Haaptästen 
gehen  oft  dicht  hintereinander  Verzweigungen  ab,  welche  sieh  an 
der  Spitse  gabeln  nnd  nnter  Verläogemng  nene  AnswUchse  bilden; 
sie  verleihen  so  dem  Faden  ein  sehr  sonderbares  geweihartigea  Ans- 
sehen,  Fig.  26.  Manche  der  Seitenäste  sind  bischofstabartig  nnge- 
bogen  nnd  viele  derselben  treten  im  Verlauf  der  Cnltur  ans  dem 
Tropfen  heraus,  auf  demselben  einen  dünnftdigen  weissen  Fils 
darstellend.  Diese  in  der  Luft  befindlichen  Hyphen  versweigen  sich, 
sie  bekommen  wohl  auch  mit  sunehmendem  Alter  hinter  einander 
sahireiche  Oliederungen. 

Niemals  bemerkt  man  jedoch  am  Crucüulum-Mjeel  jenes  Zer- 
fallen in  Theilsellen,  welches  bei  dem  in  Nährlösungen  enltivirten 
Mycel  von  Cyaihus  strüUua  so  auffallend  hervortritt  In  weiterem 
Wachsthnm  aber  gleichen  sich  die  anfiinglicben  Unterschiede  am 
Mycel  beider  Pilse  in  mancher  Hinsicht  aus:  auch  bei  Crucändum 
erscheinen  bald  Schnallensellen  in  ebenso  reichlicher  und  verschieden 
sich  gestaltender  Weise  wie  bei  Cyaüiua;  anch  das  CrucOndum" 
Mycel  lässt  Anastomosen  erkennen  und  gestaltet  sich  zu  strangartigen 
Vereinigungen.  Zur  Darstellung  dieser  Verhältnisse  können  daher 
die  auf  unserer  Tafel  fQr  Cyathus  stnatus  gegebenen  Zeichnungen, 
Fig.  18 — 21«  ebenfalls  dienen.  Dabei  vermehren  sich  die  dem 
Grucilndum-Mycel  eigenthtimlichen  geweih-  oder  arabeskenartigen 
AuBstfllpungen,  doch  bleiben  dieselben  an  den  Mycelien  noch  ziem- 
lich einfach,  während  sie  die  grOsste  Mannigfaltigkeit  der  Gestaltung 
in  den  Fruchtkörpern  erlangen. 

Trotzdem  ich  die  herangezogenen  Mycelien  so  viel  wie  möglich 
frisch  zu  erhalten  suchte,  trotzdem  sie  auch  durch  reichliche  Vcr- 
ästelnng  sich  ansehnlich  vergrösserten,  so  gingen  sie  doch  schliess- 
lich zu  Grande,  ohne  dass  Frachtkörper  auf  ihnen  zur  Ansbildang 
gelangten.  Wohl  aber  waren  auch  hier  wie  bei  Cyathua  Verflech- 
tungen einzelner  kurzer  Seitonäste  erkennbar. 


239 

leh  (and  in  der  Nähe  von  Breslau  reife  Frachtkörper  des  Cru- 
oSmhan  vulgare  auf  dem  Stamm  anscheinend  kräftiger  Weiden  am 
Oderatrand  in  der  Höhe  von  ein  Meter  über  dem  Boden,  deren  Ent- 
wieklnng  an  solch  ungewöhnlichem  Standort  jedenfalls  auf  während 
UeberBchwemmnngen  abgelagerte  Sporangien  zurtlckgefQhrt  werden 
mofls.  Die  Binde,  in  deren  Spalten  der  Pilz  festsass,  trennte  ich 
in  grösseren  Stacken  von  den  Bäumen; -ich  durchtränkte  dieselbe 
mit  Wasser  und  hielt  sie  fortdauernd  feucht  unter  Glasglocken. 
Schon  nach  em  bis  zwei  Tagen  kamen  an  den  verschiedensten  Stellen 
farUose  zarte  Mycelftden  hervor^  die  sich  überaus  reich  verzweigten 
und  llber  die  ganze  Oberfläche  der  Rinde  hinwuchsen. 

Diese  Hyphen  zeigten  alle  Eigenschaften  der  auf  dem  Object- 
träger  erzogenen:  sie  waren  äusserst  reichlich  mit  Schnallenzellen 
Terseheai  anastomosirten  hier  und  da  und  entwickelten  die  oben  er- 
wähnten bäum-  oder  geweihartig  verzweigten  End-  und  Seitentriebe. 
Ihre  Zellen  verlängerten  sich  unter  Verlust  des  Protoplasmas  und 
bedeutender  Verdickung  der  Zellmembran  ausserordentlich,  sie  asso- 
dirten  sich  sehr  bald  an  ihrem  Ausgangspunkt  zu  dichten  Strängen, 
welche  schnell  eine  intensiv  gelbe  Färbung  annahmen.  Je  weiter 
von  der  Austrittstelle  entfernt,  desto  mehr  waren  die  Hyphen  farblos, 
knnzeUiger  und  unter  vielfacher  Verzweigung  strahlig  über  die 
Rindenoberfläohe  ausgebreitet.  Schon  Sachs  ^)  erwähnt,  dass  das 
Myeel  von  Crudbulum  aus  zweierlei  Hyphenformen  bestehe,  die  aber 
dnrehaus  auf  den  nämlichen  Ursprung  zurückgeleitet  werden  müssen. 
Derselbe  Faden,  welcher  am  untern  Ende  gelb  und  langzellig  ist, 
verästelt  sich  am  obem  und  wird  farblos,  entwickelt  wohl  auch  hie 
und  da  farblose  Seitenzweige;  ein  Verhalten,  wie  wir  es  auch  beim 
Cyathtu-Mjcel  angetroffen  haben.  Auf  Durchschnitten  durch  die 
frisch  vom  Baume  genommene  und  völlig  ausgetrocknete  Rinde  konnte 
ich  in  dem  Zellengewebe  derselben  nur  die  gelben  stark  verdickten 
Ifycelfäden  des  CrucibtUum  erkennen;  sie  sind  in  grosser  Menge 
vorhanden  und  stellen  ein  resistentes,  perennirendes,  anscheinend 
abgestorbenes  Mycel  dar,  dessen  Zellen,  sobald  ihnen  hinreichende 
Wasserzufuhr  gesichert  ist,  sich  aufs  Neue  beleben  und  an  den  En- 
den und  seitlich  junge  und  zarte  Mycelftden  hervorbringen,  die  mit 
zunehmendem  Alter  wiederum  in  den  Dauerzustand  übergehen.  Ganz 
die  nämlichen  Eigenschaften  sind  auch  an  dem  CycUhusmycel  zu 
bemeriLcn. 

Kdmmg  der  Sporen  innerhalb  der  Sporangien.  Aber  nicht  blos 

1)  L  c.  p.  888. 


i 


24fl 

das  in  der  Rinde  bereits  vorhandene  Mycel  entwickelte  sich  in  raeioen 
Cultaren,  sondern  ich  sah  wählend  des  Monats  Mü!  aDch  direet  6p«- 
rangicn  anskeimen,  welche  zaiilreicb  iaolirt  der  Rinde  aufj^eklebt 
waren.  Die  änaaere  Umhüllung  und  das  Glänze  Innen^cwebe  dersel- 
ben erweichten  vuUständig  unter  dem  Einflasa  der  Feuchtigkeit,  die 
Sporen  begannen  in  Masse  zn  lieimen  und  nach  etwa  14  Tsg«R 
hatten  sich  an  vielen  Sporangien  Ihcils  basal,  theils  von  ihrer  Ober- 
ttftcbe  ans  dichte  MjeelatrAnge  gebildet,  deren  Enden  in  farbloiea, 
zierlich  verÄsteltea  Hyphengewebe  übergingen.  Beim  Zerthetlen  d« 
Sporangien  in  Wasser  konnte  ich  viele  keimende  Sporen  erkeaaea 
mit  der  Dämlichtn  Entwicklung  wie  auf  den  Objectträgercaltiireiii 
die  also  hier  beim  Weiterwaclisen  direet  die  Sporangialgeweba  dtHtk- 
bohrt  hatten,  um  ins  Freie  heraUBznkummen,  P'ig.  37. 

Entstehung  der  ptngm  Frue/il/yörj>er.  Aiisaer  der  ungemein 
kräftigen  Neubildung  des  HyeeliumB  kamen  nun  aber  auch  aaf  der 
Rinde  eine  grosse  Menge  von  neuen  FruchtkOrporn.  oft  dicht  ge- 
drängt neben  einander,  zam  Vorschein,  so  dasa  ich  Gelegenheit  hatte. 
die  Entatehnng  derselben  von  den  allerjUngsten  Zuständen  an  durch 
alle  Entwicklungsstufen  hindurch  kennen  zu  lernen. 

Sachs')  hat  in  seiner  rauslergUltigen  Arbeit  ebenfalls  dleaea 
OegcneUnd  bertleksiehtigt,  er  erwähnt,  „dass  sieh  die  Bntateliaog 
des  Filzes  im  Mycelium  durch  das  Erscheinen  eines  gelben  KnAtchens 
ankündige,  welches  im  Centrum  eines  aus  dicht  verachlnngenen 
Mycelfäden  gebildeten  weissen  Flöckchens  auftrete.  Dnrcli  Vermeh- 
rung der  Fadenäate  nnd  dnrch  dichtcrei  Verschlingen  derselben  in- 
dividnalisire  sieh  das  centrale  Fadenconvolat  des  Flöckchens  an  dem 
Rniltchon,  schllesae  sich  von  aussen  ab  und  werde  selbstetlndiger 
in  dem  Maasse  als  es  dichter  und  grösser  werde." 

Dnrch  diesen  Aasaprncli  hat  Sachs  eigentlich  bercita  im  Jahre 
1855  die  Frage  nach  den  Vorgängen  bei  der  FruchtkOrperentat«hnBg 
beantwortet  und  anch  durch  Abbildnngen  erlintcrt.  Sachs  macht 
ferner  nähere  Angaben  ilber  den  Bau  der  llyphenelemente  an  den 
jungen  Frnchtan lagen,  welche  ich  durchaus  bestätigen  musa,  so  daa* 
mir  nur  Übrig  bleibt,  besondere  Einzelheiten  ins  Auge  zu  fassen. 

Die  FruchtkOrper  enUtehon  nicht  allein  an  den  Enden  der  Uycel- 
strängo,  sondern  auch  im  Verlanfe  derselben  nnd  öfters  beobtehtet« 
ich  ihre  Entwicklung  auf  den  oberdächlichcn  zuerst  intensiv  und  rein 
gelb,  später  schmutsiggelb  gefärbten  Mycebtritngen,  welche  nnler 
der  Olocke   auf  der  ausgelegten  Weidenrinde  «ich  gebildet  hatten. 


n 


t)  L  c.  p.  837, 


^1 

So  bewahre  ich  das  Pripant  v«d  eünfim  Myofiktxmg^  ans  düfisfin  obd- 
tralen  HypbenelaiieBtai  luster  tditaiidfir  drd  Fnudiauila^eii  iierror- 
gekommen  warea.     la  dieaem  Falle  und  ancib  Bcmsi  L&izfi^  felihe 
das   stiahlige   HypheaiterikAai   gaiuücd)^   widcheB   Bacls   ak    ^ 
FmehtkOrpereben  «Bg;ebeDd  beaehriebeD  Lal.    £§   entetanöfiD  Bogar 
in  meinen  Gnttarea  mehrere  FmehtiDla^oi  auf  dem  Beeltfirrande  eänee 
▼Olüg  dnrehwelehten  alten  aad  lia^  ana^ereiheii  PibeE  in  Folge 
stattgefondeaer  Neabelebvn^  too  HjpLenhkwnfnrtfm,  derem  Z^ei^e  ash 
in  einem  jngeadliehen  Pilie  agglomenrt  häüOL    Bi)  wird  anch  Tcm 
SehmitB*)  nnd  Tnlaine^)  angvigeben,   wie  fiie  bei  Cycsümt  nnd 
bei  Orudbulum  im  SehooaM  ilterer  Becher  eineD  nenes  in  dfoi  altea 
eingeechaehteitea  beobachtet  kUten,  der  aütTdin^  ancL  ans  keimen- 
den Sporen  eatstandea  eein  koante.    Die   dem   tülai  proliferireBden 
Mntterpila  anfutaeadea  Tochteraalagea  erreichten  thn^ens  in  meinem 
Versneh  nnr  einen  halbea  bii  emen  IfiHiimitw  im  Itarchmeaeer  nnd 
es  dtrftea  solche  Fllle  der  Rntrtplinng  thahufft  zu  dea  Annahms- 
ersehdnnngen   gebilRa.     Sie   beweisen   aber   asfs  Kene,    dasf  die 
ilteren  Torfaer  laage  aasgetrodmetea  Füdeo  der  Nidmlarieen  dtamoeh 
nidil  abgestorbea  sind,  sondera  beim  Kasswerden  ihrt  Lebenslh&tig- 
keit  nnter  Cmstinden  eneiig^seh  wieder  aufnehmen  kOonea.   Die  Be- 
generationsfiüiigkeit   konnte   ich    bei    CrmciMum   in   noch   anderer 
Weise  beobachten.    AU   ich   aimlidb   dnreh  Zniail   mit   der  Nadel 
einen  schon  weiter  vorgeschrittenen    kldnea  FmehlkOrper  zerslSft 
nnd  in  mehrere  Stocke  getrennt  hatte,  bemerkte  ich  Tsgs  darani^ 
wie  der  grdsste  Theii  dieses  Fmchlk^^rpers  zwar  abgestorben  war, 
wie   sieh    aber   ans   dem  Centram  der  xerstdrten  Anlage  ein  nener 
Pils  an  entwickeln  begann.  Ich  xertheilte  nnn  in  der  Folge  mehrere 
andere  bereits  bestehende  jagendliehe  Fmchtaalagen  nnd  hatte  bo 
Gtol^enheit,   diese   merkwürdige  Erscheinung   wiederholt   eintreten 
an  sehen. 

Die  znletzt  erwihnten  Vorginge  reihen  sich  wohl  den  anfikllen* 
den  Entdecknngen  Tan  Tieghem's')  nod  Brefeld's'*)  an,  welche 
fanden,  dass  reife  Frflchte  von  Ayaricua-Arien  oder  von  Sclerotien 
derselben,  sobald  sie  in  Stficke  zerschnitten  nnd  fencht  erhalten 
wnrden,  ans  den  oberflichlichen  Zellen  eines  jeden  solchen  Theil- 
stflekes  dardi  Veristelnng  der  Hyphen  neue  Fmchtanlagen  hervor- 
bringen kennen.  Brefeld  wischte  die  an  Sclerotien  entstandenen 
Fmehtkjltaperanlagen  täglich  ab  und   täglich  entstanden  dann  nene, 


»)  L  c.        «)  1.  c.  p.  49  Taf.  6. 

*)  Botan.  Zeitung  1876  No.  11.        «)  I.  c.  sub  Absatz  13. 


242 

80  dass  uIbo  dacIi  iltm  jede  beliebige  Zelle  eines  Scicrotiam«  cur 
nildung  des  FnicbtkÖrpers  auf  rein  vegeUtivi-m  Wege  belobigt  ist. 

Die  FrucLtkÜiper  <]eu  Crticibulum  vulgare,  welcbe  icb  beobach- 
tete, kamen  im  Ganzen  sultener  an  den  freiliegenden  Hyceletrlogen 
KOr  Entwicklung,  sie  entstunden  vielmehr  der  Regel  nach  ans  fvinen 
llyphengefl echten,  welche  dircct  aus  der  Rinde  horvorkaineD.  äia 
saaeen  entweder  diesem  obcriläclilich  antige breiteten  MyccIgeiipiRnate 
oder  Jq  anderen  Fjlllen  ancli  acheinbar  frei  unvermittelt  und  obne 
erkennbares  Myeel  dem  Substrat  auf.  Eb  kann  natürlich  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daas  sie  auch  in  letzterem  Falle,  wo  sie  hluGg 
zu  mehreren  dicht  nebeneinander  sicli  gruppirlen,  durch  wicderer- 
wacbloB  Wacliathum  von  Hyphen  ausgegangen  waren,  welehu  in  der 
unteren  Schicht  der  Weidcnrinde  sich  befanden  und  neue  verftstelte 
Zweige  an  die  Oberfläche  gesendet  hatten.  Mit  Vorliebe  siedellflB 
sie  sich  auf  Querschnitten  der  feuchten  Rinde  an. 

Die  allererste  Entstehung  der  Fruchthänfchen  kündigt  sich  dnrcli 
Karte,  neben  einander  aus  einer  Anzahl  von  Mycelhyphen  entsprin- 
gende farblose  Zweige  an,  welche  dicht  mit  Protoplasma  erfüllt  sind 
nnd  alsbald  eine  überaus  reichlicho  Verästelung  beginnen,  Fig.  28 
und  20.  Durch  Ineinanderflechten,  durch  fortgeaetites  Neueinscbie- 
bcn  zunilcbil  kurz  bleibender  Seitonxweige  und  dadurch  bewirkte 
Votnmensunabme  entsteht  sehr  bald  ein  ans  eng  verschlungeoeti 
Fäden  zusammengesetEtes  zartes  Knäuel,  welches  sich  immer  mehr 
verdichtet  nnd  dann  ala  schneeweisses,  kaum  sichtbares  FUoktcbeji 
hervortritt.  Dasaclbu  ist  durchweg  aus  den  erwähnten,  aufs  reich- 
lichste vcritstelton,  aber  völlig  gleichartigen  Hyphen  zusammen- 
gesetzt. Es  Bind  an  letzteren  besonders  viele  Schnallenzellen,  mit- 
unter anch  Anastomosen  zu  beobachten. 

Die  Hypben  sondern  sieh  aber  alsbald  nach  der  ersten  Ornppirang 
des  Knäuels,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  es,  wie  Sache  bemerkt, 
erkennbar  bleibt,  wie  sie  nicht  verschiedenen  Ursprungs  sind,  soodem 
nnr  „die  Associationen  der  homologen  Zweige  derselben  polymorphen 
Füden  darstellen." 

Es  constiluirt  sieh  in  dem  entstandenen  Knötchen  ein  centrales 
Markgewebe  —  Prtmordialmark  (Sachs) —  und  eine  Rindenschicbt, 
welche  die  ganze  Anlage  liberiticht.  Beide  Schiebten  aber  sind,  wie 
eben  angegeben  wurde  und  wie  dies  auch  bei  CifcUhue  der  Fall  ist, 
von  denselben  Fäden  entstanden,  deren  Zweige  Ihcila  nach  der  Peri- 
pherie zuwachsend  sich  in  einem  Bestandtbeil  der  Rinde  umgeat«lten, 
theila  dem  Centraltheil  sich  einschieben  nnd  das  Markgewebe  bilden 
helfen. 


i 


i4S 

In  diesem  berats  mekr  TorscacfaitteBC»  lastMaäft  est  fie  jvas* 
FroehtkdrpenaUige  Yom  rvidlicker,  öfters  a&^i^Sfte&iH'  G««talft,  sb«r 
ihre  ganze  Oberfliche  hin  ziehen  sdb  diie  gUkh  niLm^  zx  beMkrri- 
benden  Rindenhyphen,  nnd  in  FoE^e  <ler  Metnmorp&oiie  letzterer 
erhält  das  anfiuigs  als  rein  veiaMs  Kadtrhen  osehieneaie  Hjphen- 
kninel  aehr  bald  eine  hellgelbe^  znletzt  ganz  dunkel^  Q<it^r  orange- 
gelbe Färbung. 

Was  znnlehst  die  Yerzweigv^  der  Hjphen  dea  Rindeagewebes 
betriffti  80  geaehieht  dieaelbe  entweder  dnreh  wirkliche  AstbLIdong 
oder  doreh  dichotome  Gabelnng,  vekh'  letitere  sich  oAnals  wiederholt, 
wobei  die  nenentwiekelten  Anasttlpangcs  in  den  Tenehiedeasten 
Winkeln  atehen,  aber  ganz  knrz  bleiben,  von  Ter^hiedeoer  Länge 
aind  nnd  in^eaammt  in  Form  Ton  Zaspitzangcnr  hie  nnd  da  anch 
Ton  ebenfalla  mit  Spitzen  veraehenen  aonderbaren  Erweitemngenf 
endigen.  In  Folge  dessen  entstehen  eigenthäadiehe  Bjphenformen, 
aut  Mner  grossen  Anzahl  zackiger  Fortsätre  Teraehen  and  letztere 
in  so  mannigfacher  Anordnung,  dass  sich  ein  bestimmtes  Yerhättaias 
dafür  nicht  feststeUen  läsat  Diese  anfallenden  Zweige  sind  für  die 
Fmchtkdiper  Ton  Cnteämbfm  sehr  charakteristisch,  sie  sind  weit  riel- 
geataltiger  als  die  Eindenhjphen  bei  Cyttihu,  sie  sind  Ton  Sachs*) 
nnd  Tnlasne*)  ebenfalls  beschrieben  nnd  abgebildet  worden  nnd 
eraterer  hat  aie  ihrer  Form  nach  mit  gothiadien  Arabeakoi  Ter- 
glichen.  Sehr  bald  verdicken  sich  die  Membranen  dieser  Gebilde 
unter  Verlust  ihres  Protoplaamaa,  und  gleichzeitig  damit  fiürben  sie 
sidi  zuerst  blasa  gelblich,  zuletzt  braungelb.  Dann  stellen  sie  in 
ihrer  Oesammthdt  dunkelgelbe  bis  orangefsrbene  Anaammlungen  dar, 
welehe  in  dieaem  bereits  älteren  Zustand  ihre  ursprfingliche  Zartheit 
ToUstindig  Tcrloren  haben.  Sie  fiberkleiden  allseitig  die  Fruchtan- 
lage, in  welcher  ein  regea  Leben  beginnt,  denn  der  eigeatliche  Kern 
des  jungen  Hlzes,  daa  Markgewebe,  gewinat  durch  Auswachsen  der 
achon  Toihandenen  und  durch  fortgesetztes  Sprossen  neuer,  larbloser 
Hyphen  an  Volumen;  ea  wächst  anter  seiner  mit  Spitzen  und  Zacken 
aufr  Reichlichste  ausgestatteten  Schntzdeeke  wohl  geborgen  kräftig 
weiter. 

In  einigen  Fällen  jedoch,  wo  das  Substrat  anfangs  feucht,  dann 
aber  zu  trocken  gehalten  worden  war,  sah  ich  das  Bfarkgewebe  sieh 
gar  nicht  entwickeln,  blos  die  aus  ursprfinglich  farblosen  nnd 
zarten  Fäden  entstandene  gelbe,  flach  ausgebreitete  und  erhärtete 
Arabeskendecke  war  vorhanden,  welche  lange  Zeit  hindurch  in  dem 


1)  L  c  Tau  13  Fig.  2,  3,  9,  11.        *)  L  c.  pUnche  8,  fig.  13. 


nftmliclien  Zuatand  verharrte;  bei  Zutritt  grosserer  Mengen  von  Feoch- 
tigkeit  aber  begann  auch  hier  durch  Neabelcbung  der  Dotor  lUeier 
Docke  liegenden  Ilyphcii  Jus  Markgewobe  und  damit  ein  normaler 
FruchlkSrper  sich  za  erzeugen. 

D&8  Primordiiilmark  der  ersten  Pruchtaiilnge  igt  ana  reirb  plu- 
mafübrcnden  Hyphenverzweignngen  Kiteammcngcsctzl,  welche  letxtAr« 
in  gleich  hihem  Grade  wie  die  Rludcnljyphon  durch  ManoigfsitiRkelt 
der  Formen  sich  auszeichnen,  Fig.  30.  Uic  Markhypben  aber  sind 
Überaus  zart  und  emplindlich  gegen  äussere  Einflösse,  Bcbon  im 
Wasser  gerinnt  ihr  Protoplasma,  wobei  sie  zum  Theil  gänzlich  ler- 
fliesscn.  Um  nüherc  Einsicht  in  die  mit  Luft  erftllllen  jnngcn  llypbiiB- 
kniiue]  zu  gewinnen,  benotete  ich  dalier  wie  bei  Ci/athiui  Alkohol 
und  Ammoniak,  und  ea  licsa  sich  alsdann  die  morpbolo^tache  Be- 
BChaffunheit  der  Fikdcu  itiit  ihren  ungemein  eahlreichen,  utt  losservt 
dünnen,  wie  fingerförmigen  Ausstülpungen  erkennen,  Fig.  30,  wol«b« 
letzteren  im  weiteren  Verlaure  zu  neuen  grosseren  Zwoigon  &»- 
wachaen. 

Wlbrend  so  das  Harkgeflecht  aufa  ilppigale  sieh  Tcrvii^lAltigl, 
Eat  diea  mit  den  gelben  Tlyphenetementen  der  Rinde  dnrchana  nieht 
der  Fall.  Diese  werden  vielmehr  mit  der  Vergrönsening  des  Pilzea, 
welche  ihren  lleerd  zumal  an  der  Basia  hat,  mehr  und  mehr  in  die 
Höhe  gehoben,  so  dsBs  sie  demselben,  der  dann  im  unteren  Tbwl 
weiss  und  von  geradCÜ'Iigen  radialen  Hypben  bekleidet  int,  als  gelbe 
Kappe  BUfsitaen;  noch  später  schHeaaen  sie,  gemeinsam  mit  der  nnler 
ihnen  liegenden  PeridienschJcht,  den  Innenraum  der  reifenden  Becher 
in  üeatalt  eines  dUnnen  vergänglichen  Häntcheos  deekelartig  von 
aussen  ab.  In  dieaem  Verhalten  der  Frnchtkörper  dea  CrucüntMm 
vulgare  zeigt  sich  alao  ein  bedeutender  Unterachied  von  demjenigvi 
bei  Ct/athtu  itrt'atus,  denn  letzterer  bleibt  wfthrond  seines  gamen 
Wachethunis  von  den  sieb  später  zn  einem  dicht  zottigen  Uebenog 
gcptaltenden  peripherischen  Ilypben  allseitig  unisohloastm ;  nnt  bei 
der  Keife  (ritt  in  Folge  der  unaserordcutlichen  Vulumentunahroe  des 
Pilios  diese  Rindenaehicht  am  Scheitel  auseinander  und  noler  ihr 
erscheint  das  schnoeweiaae  und  dünne  Diaphragma  über  den  gaaxm 
Bccherrand  hin  ausgespannt. 

In  meinen  Cnltnren  blieben  zwar  viele  FrncbtkOrpor  des  Cmei- 
fiuf'im  klein,  andere  aber  wuchsen  wie  in  der  Natur  in  normaler 
Weise  hcrao,  ja  in  Folge  der  unausgesetzt  gegen wirti gen  Funchtig- 
keit  noch  weit  gOnatigcr  nnd  schneller;  in  dem  soeben  angegebMiMi 
Zustand  glichen  sie  fast  klolmm  noch  nnvollkommenea  Ilitpilt«B, 
gingen  aber  sptter  in  vollstiUidige  Cylindergeslalt  Hbcr.     Einea  dor- 


M 


i 


245 

artigen  Fnichtkörper  liess  ich  völlig  ausreifen,    wozu   er  etwa  vier 
Woehen  gebrauchte. 

80  konnten  an  diesen  cultivirten  CrucHmlum -FWzen  alle  jene 
oomplicirten  Gewebsveränderungen  beobachtet  werden,  welche  von 
der  ersten  Gestaltung  an  bis  au  dem  Oeflfnen  der  reifen  Becher  sich 
geltend  maehen  und  welche  fttr  die  weiter  vorgeschrittenen  Zustände 
von  Saehs  und  Tulasne  in  erschöpfender  Weise  beschrieben 
worden  rind. 

8cUu8sbemericungen.  Wenn  wir  nun  die  geschilderte  Entwicke- 
longsweise  der  Nidtdarieen  übersehen,  so  stellt  sich  dieselbe  in  sehr 
einfmehem  Lichte  dar:  diese  Pilze  besitzen  als  Fruchtform  allein  nur 
die  längst  bekannten  Becher,  es  schaltet  sich  unter  natürlichen  Ver- 
bältniasen  weder  ein  Conidienzustand,  wie  bei  so  vielen  Asca-  und 
Basidiomyoeten,  noch  sonst  eine  andere  ausgesprochene  Vermehrungs- 
art in  ihren  Lebensgang.  Denn  die  bei  Cyathus  erwähnten  Zerfall- 
zellen sind  nach  Allem  abnorme  Erscheinungen,  die  in  der  Natur  fttr 
gewöhnlich  nicht  auftreten,  die  aber,  wo  sie  sich  bilden,  vermöge 
ihrer  Keimungsfthigkeit  das  Mycel  auch  nach  Einwirkung  ungünsti- 
ger Verhältnisse  erhalten.  Das  Mycel  der  Nidtdarieen  ist  überhaupt, 
wie  letztere  Eigenschaft  ergeben  hat  und  wie  es  durch  seine  peren- 
nirenden,  bei  vorhandener  Feuchtigkeit  aufs  Neue  sich  belebenden 
Zustände  weiter  bewiesen  wird,  zum  Ersatz  fehlender  Propagations- 
formen  um  so  mehr  mit  der  Fähigkeit,  schädlichen  Einflüssen  gegen- 
über Widerstand  zu  leisten,  ausgestattet.  In  zwei  Modificationen 
haben  wir  es  kennen  gelernt:  als  zartes,  farbloses,  plasmareiches 
Hyphengewebe  und  in  Gestalt  derber,  inhaltsleerer,  verdickter  und 
geftrbter  Schläuche,  in  flockigen  Ansammlungen  oder  zu  dichten 
Strängen  vereinigt  und  mit  zäher  Resistenzfähigkeit,  in  dieser  Be- 
ziehnng  den  Sclerotien  anderer  Pilze  vergleichbar.  Das  zarte  Mycel 
aber  geht  sowohl  aus  der  Spore,  wie  aus  dem  Dauermycel  hervor, 
ta  verwandelt  sieh  wieder  in  letzteres  oder  es  ist  bei  günstigen 
Bedingungen  der  Ausgangspunkt  für  die  jungen  Fruchtanlagen. 

Diese  letzteren  selbst  in  ihren  ersten  Zuständen  sind  nichts  weiter 
als  innige  Verflechtungen  neu  erstandener,  einer  überaus  reichen 
Verästelung  fähiger  Hyphenfäden,  weiche  durch  Ineinanderwachsen 
ein  snnäehst  homogenes  Flöckchen  hervorbringen.  Erst  später  er- 
leidet dasselbe  eine  Differenzirung  seiner  ursprünglich  gleichartigen 
Bestandtheile  und  es  ist  das  Erzeugniss  nur  weniger  Hyphen  des 
Myeelinms.  Darum  lassen  sich  zumal  bei  Grudbulum  die  Knäuel 
meist  sehr  leicht  von  ihrem  Substrat  abnehmen. 


246 


[Vun  dem  VorhtndcDsoia  blasenartiger,  apiraliger  oder  sniiBt  tsf- 
rullind  geBlalteler  Gebilde,  welche  den  Knflueln  vorhergingen  und 
nach  Einleitung  eines  Bernichtnngsvorgsngea  Erzeuger  derselben 
wären,  ist  auch  keine  Spnr  zu  bemerken;  es  kann  also  von 
einem  Befrucbtungsprocess  in  der  nna  getAafigen  Wetso 
überhaupt  nicht  die  Rede  sein.  So  oit  und  so  viele  der  An- 
lagen von  den  ersten  bis  zn  den  folgenden  Zostilnden  ich  auch  uiiler- 
BUchte,  immer  wieder  bekam  ich  dasselbe  Bild  einer  dureh  SprosMung 
gleichartiger  Hyphcn  sich  aufbauenden  Zusammensetzung.  Meine 
UntersuchUDg  schliesst  sich  also  den  Qberrasch enden  Resultaten  an, 
wie  sie  Brefeld  und  van  Tiegbem  erhielten,  sie  ist  eine  Be- 
BtitigUDg  der  von  diesen  Antercu  hervurgehobonon  ungescblecbt- 
lieben  Entstehung  des  Frucht kdrpers  der  liaskUomyccIcn. 
Breslau,  den  28.  Juni  1876. 


ErkiSning  der  Abbildungen. 


Tafel  X 

Cyatkw  strUtes  Wm«. 

Fig.  1.  Keimende  Spore  tod  C^foikma  tiruUus  mit  einem  Keimschlanch,  der 
seitlich  heraustritt.    Vergr.  S7a 

Fig.  2.  Ebenso  mit  zwei  Keimsehlänchen,  Ton  welchen  der  eine  sich  bereits 
ftiemlieh  Tcrlii^rt  nnd  veristelt  hat.    Vergr.  530. 

F^.     3.    Elbenso  mit  drei  Keimsehlänchen.    Vergr.  870. 

Fig.  4.  Ebenso  mit  unmittelbar  nach  dem  Austreten  sich  verzweigenden 
KeimschliucheD.    Vergr.  870. 

Fig.  5.  Verästeltes  Myeelium  von  Cjfaikus  siriahUj  aus  einer  bei  a  liegen- 
den Spore  herrorgewachsen;  einzelne  Hauptaste  Ycrlingem  sich  un- 
Terindert  weiter  und  entwickeln  neue  Seitenzweige,  andere  gliedern 
sieh  in  kurze  Theilstficke,  die  in  Spiral-  oder  Zickzacklinien  lose 
Ycrbunden  umherliegen.    Vergr.  70. 

Fig.  6.  Zweig  eines  solchen  Myceliums  stärker  Ycrgrössert;  die  Theilzellen 
sind  Ton  verschiedener  Grösse  und  besitzen  länglich-cylindrische 
Gestalten.    Vergr.  530. 

Fig.  7.  Spore  von  C^aihts  §iriaius,  deren  Keimschläuche  bald  nach  dem 
Austreten  und  kurzer  Verästelung  gänzlich  in  Theilstücke  auseinan- 
dergefallen sind.    Vergr.  870. 

Fig.  8.  Solche  Theilzellen  in  ihrem  weiteren  Verhalten;  sie  runden  sich  ab, 
einige  treiben  kurze  Fortsätze  —  Keimschläuche  —  andere  scheinen 
mit  einander  zu  Tcrsehmelzen.  Man  erkennt  noch  die  ursprüngliche 
kettenartige  Anordnung.    Vergr.  870. 

F^.  9,  10,  11,  12.  Keimschlänche  einzelner  Theilzellen  mehr  verlängert,  bei 
11  verzweigt.    Vergr.  870. 

Fig.  13.  Mit  unregelmlssig  buchtigen  Hervortreibungen  versehene  Endigung 
eines  Mycelastes;  bei  a  b^innende  Schnallenzellenbildung.  Vergr.  870. 

Fig.  14,  15,  16.    EigenthOmliche  Verästelungen  des  Myceliums.    Vergr.  870. 

Fig.  17.    Anastomose  am  Myeelium.    Vergr.  870. 

Fig.  18,  19.  Schnallenzellenbildung  durch  Ausstülpungen  auf  beiden  Seiten 
eines  Mycelastes;  dieselbe  kommt  nur  einseitig  wirklich  zu  Stande, 
denn  der  andere  Ast  legt  sich  nicht  an  die  Nachbarzelle  an,  sondern 
wächst  in  19  zu  einem  gewohnlichen  Zweig  aus,  in  18  anastomosirt 
er  mit  einem  benachbarten  Mycelfaden.    Vergr.  870. 

Fig,  20,  21.  Andere  Verschiedenheiten  in  der  Schnallenzellenbildung.  Vergr.  870. 


Sondcritnrc  Hf^rvnrtrrl Zungen  und  dadurch  emgcleilete  Vprwirbliingfn 
am  Myerlium.  Wrnn  diese  Sprossen  von  mehreren  brnu^hbarHn 
Ilyphi'n  dureheiiiandt^r  wachsen  und  sich  verlingern,  entslehen  kntuel- 
■Tllge  Bildungen.     Vergr.  87ü. 

CmclbnlDm  TDlgare  Tal. 
B  Sporen  in  im  gekeimt  ein  und  ungcquollenem  Zustande,  h  griiioUrn 
tlieila  uniuillclbar  vor  der  Kciniuug,   Uieila   niil  schon   ciitclandMirDi 
kurxem  Keitnschlauch.     Vergr.  37Ü. 

;.  24,  25-    Keimschldueh  weiter  gewachsen  und  ver&alclt.    Vcrgr.  S10, 

Aus  einer  Spore  a  hervargcgsngencs  Mycellnin,  Kelmaehlauch  aiit 
einer  Seite  etwas  dicker;  nhcrall  Kiihlreiche  Ausstülpungen,  welche 
apiler  lU  MjcelSslcn  auiWOchsen  und  deiu  Ganzen  ein  gcwrlhartige* 
Atisehen  rerleibeu.    Vergr.  320. 

Der  Sporeninhall  eiues  auf  Weidenrinde  liegenden  Sporangiunu  a 
hat  gekeimt;  es  gehen  vom  Sporangium  thells  an  der  Ober-,  theil* 
an  der  Unterseite  eine  Menge  dicht  verllochtener  gelber  Mycelsiringe 
an«,  welche  sich  vielfacli  verialelu,  besondert  am  Eudverlauf,  ww  »ie 
in  einen  larlen  weissen  Mycelfllz  übergehen.     Vergr.  12. 

;.  28.  29.  Junge  piasmareiche  Hyphen,  deren  sich  eine  oder  iwct  uis  den 
einzelnen  Mycelzellen  erheben,  an  den  Enden  mit  vielfachen  oft  didi»- 
loinen  Ausstülpungen  verschen.  Indem  sieh  dies«  Gebilde  mit  an- 
deren Ihnltcb  gestalteten  Nachbarhyphen  verwirren,  auch  Kuwellen 
Miimlomasiren  und  immer  reichlicher  verlitnin,  grtippirt  aiph  da* 
nanic  bald  SU  einem  rundliclien  schneewciiisen  Fldekchen,  wonul 
dann  die  Anlage  eine«  neuen  Frnclitköqiers  lu  Stande  gekonunen 
ist.     Vergr.  870. 

;.  30.  llyplien  sii«  itchr  jnngcn  bereit«  entstandenen  Fnichlaiilttgeii ;  diMel- 
beii  siud  ungern  ciu  rcieijÜtJ)  vemvcigl,  »ehr  larl  um)  jojt  vieJcD 
Spitien  und  Zaeken  veraehen.  An  den  fettten  drei  Figaren  labl- 
reiebe  SchnallenselleR.    Vergr.  870. 


Untersuchungen  über  Bacterien. 

IV. 
Beiträge  zur  Biologie  der  Bacillen. 

Von 

Dr.  Ferdinand  Cohn. 

Hiemi  TM  XI. 

/.  Die  Bacterien  und  die  Urzeugung.  Unter  den  Problemen, 
welebe  von  der  modernen  Naturwissenschaft  ihre  Ldsnng  erwarten,  ist 
vielleicht  keines  bedeotnngsvoller,  als  die  Frage,  ob  lebende  Wesen 
sich  ansschliesslich  ans  Keimen  entwickeln,  welche  von  Wesen 
gleicher  Art  erzeugt  worden  sind,  oder  ob  sie  nicht  auch  ans 
nnlebendiger  Materie  (dnrch  Abiogenesis,  Archigenesis,  Urzeugung, 
Generatio  spontanea)  entstehen  können.  Mit  Unrecht  haben  die 
meisten  Naturforscher  namentlich  in  Deutschland  diese  Frage 
als  längst  im  Sinne  der  ersten  Alternative  entschieden  betrachtet; 
denn  wenn  auch  seit  Redi  zahllose  Experimente  und  Beobachtungen 
herausgestellt  haben,  dass  die  unendliche  Mehrzahl  der  Thiere  und 
Pflanzen  sich  nicht  entwickeln,  wo  nicht  Keime  (Bier,  Samen  oder 
Sporen)  ihrer  Art  vorhanden  sind,  so  wäre  es  doch  ein  übereilter 
Schluss,  daraus  zu  folgern,  dass  eine  Entstehung  ohne  Keime  für 
alle  Wesen,  auch  fUr  die  einfachsten  und  niedersten,  unmöglich  sei. 
Diejenigen  Naturforscher,  welche  eine  absolute  Grenze  zwischen  an- 
organischen und  organischen  Verbindungen,  zwischen  lebenden  und 
leblosen  Körpern  leugnen,  und  das  Leben  als  eine  Function  der 
Dämlichen  Kräfte  ansehen,  welche  auch  in  der  unlebendigen  Natur 
thätig  sind,  haben  auch  nicht  den  mindesten  Grund,  an  der  Mög- 
lichkeit zu  zweifeln,  dass  unter  gewissen  Verhältnissen  durch  eine 
gewisse  Combination  chemischer  und  physikalischer  Kräfte  aus  den  Ato- 
men der  Kohle,  desSauerstoflfs,  des  Wasserstoffs  und  des  Stickstoffs  eben- 
sogut Protoplasma  gebildet  werden  könne,  wie  sich  thatsächlich  kohlen- 
saures Ammoniak  oder  Harnstoff  erzeugen  lässt,  und  dass  dieses  künstlich 


«50 

oder  aponUo  gebildete  Protoplasma  in  Lebeoasehwin^iigeB  genÜMi 
und  £n  einer  lebendigen  emährnngs-  nnd  fortpflansnagsflUiigen  Moaare 
sieh  gestalten  kOnne.  Es  ist  daher  ein  nicht  gering  in  aehltiendee 
Verdienst,  wenn  in  neaerer  Zeit  Ponchet  nnd  insbatondere 
Ch.  Bastian,  ohne  sieh  bei  der  Voranssetinng  einer  erwieseaea 
Unmöglichkeit  der  Ursengnng  voreilig  in  bemhigeni  Tielmehr  den 
Weg  des  Experiments  betraten,  nm  die  Bedingungen  ausfindig  ti 
machen,  nnter  denen  möglicher  Weise  lebende  Wesen  ans  orga- 
nischer, aber  nnlebendiger  Materie  sich  entwickeln  können;  denn 
die  andere  Seite  des  Problems,  die  Ersengnng  des  Protoplasma  ans 
anorganischen  chemischen  Verbindnngen  ist  bis  jetit  ernstlidi  noch 
nicht  in  Angriff  genommen  worden. 

Dass  die  Untersachnngen  der  Aohinger  der  Ursengnng  nicht 
ohne  wissenschaftliche  Berechtigung  sind,  ergiebt  schon  eine  Kritik 
der  Experimente^  durch  welche  die  Gegner  diese  Lehre  widerlegt 
SU  haben  glauben.  Nach  der  Annahme  der  letsteren  ist  es  eine  un- 
bestreitbare Thatsache,  dass  in  Substansen,  in  welchen  keine  eat- 
wickelungsfUiigen  Keime  lebender  Wesen  vorhanden  sind  oder  naeh- 
triglich  hineingerathen,  sich  auch  nie  und  nirgends  lebende  Wesen 
entwickein.  Da  aber  die  Abwesenheit  solcher  Keime  wegen  ihrer 
Kleinheit  direet  nicht  erweisbsr  ist,  so  werden  die  fllr  derartige 
Experimente  benutsten  Substansen  in  der  Regel  vorher  einer  Tem- 
peratur ausgesetst,  von  der  angenommen  wird,  dass  sie  ausreiche, 
um  alle  vorhandenen  Keime  zu  serstdren;  als  solche  wurde  bisher  die 
Temperatur  des  siedenden  Wassers  betrachtet,  wenn  dieselbe  auf 
eine  organische  Substanz  eine  Zeit  lang  eingewirkt  hat;  praktisch  re- 
ducirt  sich  daher  die  oben  angeregte  Aufgabe  auf  die  Behauptung, 
dass  in  Substanzen,  welche  einige  Zeit  der  Siedhitzo 
ausgesetst  sind,  sich  keine  lebenden  Wesen  entwickeln. 

2.  Widerstandsfähigheit  der  Bacterien  gegen  Siedkitze,  In 
dieser  Fassung  ist  die  Behauptung  jedoch  unrichtig. 
Schon  Schwann  vermochte  bekanntlich  nicht  in  allen  FftUen  Fleisch 
u.  s.  w.  durch  Kochen  vor  Fäulniss,  d.  h.  vor  der  Entwickelnng 
von  Bacterien  zu  bewahren;  Pasteur  fand,  dass  erst  bei  einer 
Teroperatnr  von  110"  Milch  vor  dem  Sauerwerden  durch  Milchsäure- 
Bacterien  geschützt  ist;  Schroedcr  verlangte  130",  um  die  Rnt- 
Wickelung  von  Bacterien  in  Fleisch,  Eigelb  und  Milch  unmöglich  zu 
machen;  Andere  noch  höhere  Temperaturen').     In  dieser  Beziehung 


<)  Vergleiche  die  Zusammenstellung  in  R.  G sehe! dien:   Uebcr  die   Ahio- 
yenciii  Iluizinga's  in  Pflugrrs  Archiv  für  Physiologie  IX.  p.  1G6. 


251 

sind  Yon  gmni  besonderem  Interesse  die  Versuche,  welche  im  aller- 
grossartigsten  Massstabe  behufs  der  Conservirnng  von  Fleisch,  Oe- 
Biaen  u.  s.  w.  in  hermetisch  verschlossenen  Blechbflchsen  angestellt 
werden;  denn  bekanntiieh  ist  die  Herstellung  conservirter  Speisen 
nach  der  Appert'schen  Methode  einer  der  bedeutendsten  Industrie- 
iweige  der  Neuzeit  geworden,  der  noch  immer  weitere  Verwendung 
findet  and  immer  neue  Nahrungsmittel  auf  unbegrenzte  Zeiträume 
baeterienflrei  für  den  internationalen  Handel  präparirt  Schon  meh- 
rere Male  habe  ich  Veranlassung  gehabt,  mich  Aber  die  Fabrikation 
toleher  bacterienfreier  und  daher  der  Fäulniss  nicht  unterworfener 
Nahrangsmittel  zu  belehren;  Herr  Senator  Dr.  W.  Bremer  theilte 
nur  auf  meine  Bitte  freundlich  mit,  dass  zu  Lübeck  in  mehreren 
Fabriken  alle  Oemflse  durch  Kochen  bei  100^  in  Blechbflchsen 
haltbar  gemacht  werden,  ohne  dass  jemals  in  einer  dieser  Dosen 
(die  Zahl  betrug  im  Jahre  1873  mehr  als  80,000)  Oährung  eintritt, 
sobald  dieselben  gut  yersehlossen  sind;  eine  einzige  Ausnahme  machen 
die  Erbsen,  welche  frtther  auch  bei  100^  eingekocht  wurden*;  nach- 
dem aber  in  warmen  Jahren  fast  die  Hälfte  aller  Dosen 
trotz  luftdichten  Verschlusses  durch  eingetretene  Oäh- 
rung yerdorben  waren,  werden  seit  1858  die  Erbsen  in  Wasser, 
worin  28  %  Kochsalz  aufgelöst  ist,  bei  einer  Hitze  von  108"  ge- 
kocht und  seitdem  verdirbt  keine  gut  verschlossene  Dose  mehr. 
Gleiches  Resultat  wird  erzielt,  wenn  die  Erbsen  ohne  Salzwasser- 
Meong  nach  einem  in  Frankreich  erfundenen  Verfahren  bei  einer 
ffitze  von  117^  gekocht  werden;  nach  diesen  Methoden  werden 
allein  in  Lflbeck  jährlich  ca.  50,000  Dosen  Erbsen  eingekocht  und 
meist  in  tropische  Länder  verschickt,  ohne  dass  im  Laufe  vieler 
Jahre  auch  nur  eine  verdirbt 

Vor  längerer  Zeit  erhielt  ich  durch  meinen  früheren  Schfller, 
Herrn  Apotheker  Dr.  Schröder  zu  Frauenfeld  im  Thurgau,  der 
mich  schon  mehrfach  in  meinen  Studien  über  Oährungsorganismen 
freundlich  unterstützte,  mehrere  Blechbüchsen  mit  Erbsen,  welche  ein 
dortiger  Fabrikant  bei  105"  mit  einem  Zusatz  von  Soda  eingekocht, 
vsd  die  trotz  des  hermetischen  Verschlusses  ssmmtlich  in  Fäulniss 
gerathen  waren,  ohne  Zweifel,  weil  das  Kochen  aus  Besorgniss  vor 
der  erweichenden  Einwirkung  der  Soda  kürzere  Zeit  als  sonst  üblich 
fortgesetzt  worden  war. 

Wenn  freilich  Ch.  Bastian  aus  diesen  und  ähnlichen  Versuchen 
den  Schlnss  gezogen  hat,  dass  in  solchen  Substanzen,  bei  denen 
Kochen  die  Entwickelung  von  lebenden  Organismen  nicht  verhindert, 
die  letzteren  durch  Urzeugung    entstanden  sein    müssen,    da  nicht 

Ooka,  Beltric«  nurntolofio  d«rPfl«ii8Mi.    Band  II.  Heft  IL  17 


252 

aniunehmen  sei,  dass  ihre  Keime  der  Siedhitze  von  100^  widerttehen 
können,    so  wird  von  den  Gegnern   die  letztere   VormnsaetzaBg  als 
eine   dnrchans   unbewiesene    erklärt    and    der    darauf   begrfliideten 
Schlnssfolgemng  mit  Recht  jede  Beweiskraft  abgesprochen.      Aller- 
dings konnte  Ch.  Bastian  in  einem  vor  korzem  erschieneDen  Auf- 
sätze nicht  weniger  als  20  gewichtige  Zeugen,  unter  ihnen  Physiologen 
ersten  Ranges,  aufführen,  welche  bei  ihren  Versuchen  lu  dem  Resul- 
tate gekommen  waren,    dass  organische  Substanzen    durch  Kochen 
nicht  unter  allen  Umstünden  desinficirt,  d.  h.  f&r  Bacterienentwieke- 
lung  und  Fäulniss  unßihig  gemacht  werden^).    Aber  eben  so  Ober- 
einstimmend  sind  die  Resultate  darin,  dass  durch  eine  Erhitzong  Aber 
100^  schliesslich  in  jeder  Substanz  die  spontane  Bacterienentwiekelmig 
unmöglich  gemacht  werden  kann,  und  dass  dabei  die  Höhe  der  Tempera- 
tur und  die  Dauer  ihrer  Einwirkung  in  umgekehrtem  Verhältoiate  coo- 
curriren,  d.  h.  dass  durch  eine  höhere  Temperatur  in  kflrserer  Zeit,  durch 
eine  relativ  niedere  Temperatur  nach  längerer  Einwirkung  in  jeder  orga- 
nischeir  Substanz  die  Entstehung  von  Organismen  verhindert  wird.  Es 
hat  sich  dieses  Resultat  mit  Evidenz  insbesondere  aus  den  vielfaeh  mo- 
dificirten  Untersuchungen  ergeben,  welche  auf  Veranlassung  der  Ch. 
Bastian'schen  und  der  Huizinga'schen  Experimente  von  Burdoa 
Sanderson,  Samuelson  und  Oscheidlen  veröffentlicht  worden 
sind*).  Noch  vor  Kurzem  hat  Tyn da  11  in  einem  anregenden  Vortrage 
,,flber  das  optische  Verhalten  der  Atmosphäre  in  Beziehung  zur  Fäulniss 
und  Infection^  Bericht  erstattet  Aber  das  Ergebniss  einer  ausgedehn- 
ten Versuchsreihe,  welche  das  Erfttlltsein   der  Luft  mit  Schwärmen 
oder  Wolken   von   Bacterienkeimen   —   abwechselnd   mit   bacterien- 
armen  oder  freien  Zwischenräumen  —  erweisen  und  die  Phänomene 
der  Fäulniss    und   der  Contagien   durch   Infection  mit  den   aus  der 
Luft  stammenden  Keimen  erklären  sollten').      Mehrere  hundert,    in 
mannigfaltigster  Weise  variirte  Versuche  lieferten  das  flbereinstimmende 
Ergebniss,    dass  alle   möglichen   thierischen   oder  pflanzlichen  Stoffe 
oder  Infnsionen  ausnahmslos   2 — 3  Tage   nach   dem  Kochen   faulen, 
wenn  sie  bei    15 — 20 '^  C.   der   gewöhnlichen  Luft  ausgesetzt  sind, 
nicht  aber   wenn   die   Lnft  filtrirt   oder   auf  andere  Weise  staubfrei 
gemacht  worden  war,  und  sich  bei  der  Beleuclitung  mit  einem  clec- 


«)  Naturc  Febr.  1870. 

^)  Burdoi)  Sanderson,  Naturr  VI.  1873;  Samuelson,  Pliriger*?. 
Arehiv  VIII.  p.  277;    dscheidlen,  ibid.  IX.  p.   103. 

*)  Tyndall,  ».on  (lernis."  Auszug  ans  einer  vor  der  Royal  Soeiety  am 
13.  Jan.   1JS76  gelesenen  Abhandlung.     Nature  187G  Febr.  No.  32C  u.  3*7. 


MB 


tritebea  SIrmhl  als  optisch  leer  erwies').  Aber  alle  diese  Stoffs 
warea  ft  Miaaten  laag  ia  Reagenieyliadeni  ia  einem  Salswasser- 
oder  Oelbade  gekocht,  also  anf  eiae  Temperatnr  Aber  100^  erhitit 


Ist  abmr  die  gaaie  Sache  wirklich  dorch  den  nnnmehr  gewönne- 
■ea  Nachweis  erledigt,  dass  swar  nicht  dorch  Kochen  bei  lOO^, 
wohl  aber  darch  Iftngeres  oder  kflrxeres  Erhitzea  Aber  100^  Bade- 
rieaeatwickelang  in  organischen  Stoffen  unbedingt  verhindert  werden 
kaaa,  wean  nicht  aeae  Infection  dorch  yon  aussen  eingefiahrte  Keime 
elatritt?  Weshalb  sind  100^  fllr  das  Tddten  der  Bacterien  nicht 
BMhr  als  aasreichead,  da  doch  alle  anderen  lebenden  Wesen  schon 
dareh  weit  geringere  Temperatnren  getddtet  werden,  nnd  da  in  dea 
aaadrflckUch  Ar  diesen  Zweck  nntemommenen  Versuchen  die  Bacteriea 
sallMl  geaelgt  haben,  dass  sie  yerhftltnissmissig  niederen  Wärmegradea 
aieht  widerstehen  können? 

Schon  im  Jahre  1872  habe  ich  die  Frage  direct  und  experimen- 
tell la  iQsea  gesacht,  hei  welcher  Temperator  Bacterien  die  Fähig- 
kdt  der  Vermehrnng  Terlieren.  Es  stellte  sich  dabei  heraus,  dass 
bei  Aaweseaheit  fester  organischer  Stoffe  (ausgekochter  Lupinen,  Erbsen 
a.  8.  w.)  die  Resultate  unsicher  wurden,  und  ich  erklärte  dies  daraus,  dass 
dergidebea  feste  Körper  als  schlechte  Wärmeleiter  die  durch  das 
Thermometer  aagexeigte  Temperatur  der  Verauchsflflssigkeit  nur  sehr 
laagtam  ia  ihrer  ganten  Masse  aanehmen  und  einselnci  in  ihren 
Spaitea  oder  Intercellalarräumea  yerborgeae  Bacterien  sehr  laage 
Yor  der  tödtlichtti  Erhitsung  schfltsen  können*).  Es  wurde  deshalb 
•iae  geriage  Meage  eatwickelungsfähiger  Bacterien  (ein  Bacterien- 
tropfen)  la  einer  klaren  FlOssigkeit  (Bacteriennährlösung)  lugefiagt,  and 
dareh  Tergleichende  Verauchsreihen,  welche  Dr.  Horyath  auf  meine 
Bitte  flberaahm,  ermittelt,  dass  eine  60  Minuten  laage  Erwärmung 
aaf  CO  —  62®  die  Vermehrung  der  Bacterien  yerhuidere').  Dr. 
Seh  röter  bestimmte  bei  seinen  Verauchen  Ober  Dcsinfection  die 
Temperatargrease,  durch  welche  schwärmende  Bacterien  unbeweglich 
aad  wahrscheinlich  auch  in  weiterer  Entwickelung  unfähig,  d.  h.  ohne 
Zweifel  getödtet  werden,  im  Minimum  auf  58"^). 

Abmr  aach  diese  Temperatur  flbertrifft  bereits  nicht  unerheblich 


<)  Vgl  Tyndall,  über  Staub  und  Krankheit  in  „Fragmente  aus  den  Natur- 
wissmschsftcn"  1874  p.  333. 

t)  Siehe  Band  I.  Heft  2  dieter  Beitrige  p.  218. 

S)  L  e.  p.  »0. 

«)  Schroeter,  Prüfung  einiger  Desinfeetionsmittel.  Band  I.  Heft  3  dieser 
Beitriige  p.  35. 


254 

den  Wftrmegrad,  welcher  f&r  die  Tödtung  der  meisten  anderen  leben- 
den Organismen  als  ansreichend  erachtet  wird.  Obwohl  die  iosaerate 
Grenze  für  alle  Organismen  noch  nicht  sicher  festgestellt  Ist,  wird 
dieselbe  doch  nach  den  Untersnchnngen  der  meisten  Forseher  anf 
nicht  höher  als  35  50"  C.  angesetzt  ^),  da  lebendes  Protoplasma  meist 
schon  bei  einer  Temperatur  von  48"  gerinnt,  während  andere 
Proteinverbindnngen  erst  durch  Erhitzen  anf  60"  getrabt  nnd  bei 
70 — 75"  flockig  coagnlirt  werden. 

Allerdings  war  bei  nnseren  frflheren  Bacterienversnchen  der  Ein- 
finss  der  Zeitdauer  nicht  mit  in  Berflcksichtigung  gezogen  worden;  es 
Hess  sich  aber  vermuthen,  dass  bei  längerer  Einwirkung  schon  ge- 
ringere Wärmegrade  den  nämlichen  lethalen  Einflnss  üben  werden, 
wie  verhältnissmässig  höhere  in  kOrzerer  Zeit.  Von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  wurde  von  Dr.  Eidam  auf  mein  Ansuchen  im  hiesigen 
pflanzenphysiologischen  Institut  eine  Reihe  von  Versuchen  angestellt; 
es  ergab  sich,  dass  gewöhnliche  Fäulnissbacterien  in  einer  Flüssig- 
keit durch  14  standiges  Erwärmen  auf  45",  wie  durch  dreistOndiges 
auf  50"  getödtet  werden,  während  sie  bei  40"  zwar  in  Wärmeatarre 
verfallen,  aber  sich  wieder  erholen. 

3.  Versuche  mit  gekochtem  Heuaufguss.  Ist  nun  der  Widerspruch 
dieser  Versuche  mit  den  frtther  erwähnten  einzig  und  allein  darauf 
lurOckzuftthren,  dass  bei  den  ersteren  feste,  bei  den  letzteren  aus- 
schliesslich flüssige  Nährstoffe  benutzt  wurden?  Ich  selbst  habe 
noch  vor  Kurzem  bei  den  vielbesprochenen  Bastian'schen  Versuchen 
mit  Rabendecoct  in  dem  beigefügten  Käse  die  materia  peccans  ge- 
sucht, welche  als  schlechter  Wärmeleiter  die  Keime  gewisser  Bac- 
terien  vor  der  tödtlichen  Siedhitze  in  ähnlicher  Weise  bewahre,  wie 
etwa  die  im  Muskelfleisch  eingekapselten  Trichinen  bei  nur  kurzem 
Aufkochen  lebendig  bleiben^). 

Aber  bereits  Bastian  hatte  bei  seinen  Experimenten  verschie- 
dene Flüssigkeiten  ausfindig  gemacht,  in  denen  sich  bei  vollständiger 
Abwesenheit  fester  Körper  selbst  nach  5  bis  10  Minuten  langem 
Kochen  gleichwohl  lebende  Organismen  entwickeln.  Von  ganz  beson- 
derem Interesse  sind  in  dieser  Beziehung  die  von  Dr.  W.  Roberts 

')  Sachs,  Lehrbuch  der  Botanik  4.  Aufl.  p.  G9S;  Kühne,  Protoplasma 
p.  12.  Hoppe  Scylcr  fand  1S75  in  Iscliia  noch  Algen  an  Felsen,  deren  Tem- 
peratur durch  heisso  Dampfe  auf  G4,7^  gebracht  war,  in  Li  pari  bis  j3*^;  eben 
so  hoch  (43^  R.)  hatte  ich  1801  die  f  Irenze  für  die  (hrlllarim  des  Carlsba«ler 
Sprudels  bestimmt.  (Abhandlungen  dei  Schles.  (icscllsch.,  Raturw.-medizin. 
Abtheil.  11.   1SG2.) 

»)  Bd.  1  Hel\  3  dieser  Beitrage  p.   19K   195. 


255 

am  3.  Mftrs  1874  der  Royal  Society  in  London  vorgelegten  Versuche, 
welehe  den  Zweck  hatten,  die  zor  Sterilisation  von  Flflssigkeiten 
erforderliehen   Hitzegrade    an    ermitteln    und    dadurch    zugleich   zu 
einem  ürtheil  Aber   die   etwaige  Entstehung   yon  Bacterien    durch 
ünengnng  zu  gelangen  M*  Olaskölbchen  von  30 — öOcm.^^*  wurden 
ZV  *|3  mit  einer  Flüssigkeit  gefnllt;  der  abgetrocknete  Hals  mit  einem 
Baumwollpfropf  in  der  Mitte  verstopft  und  seine  lang  ausgezogene 
Spitze  angeschmolzen,    hierauf  das  KAIbchen  im  kochenden  Wasser- 
bade längere  oder  kürzere  Zeit  aufrecht   stehend  belassen;    wenn 
völlig  erkaltet,  wurde  der  Hals  durch  Abfeilen  der  Spitze  wieder 
geöflfiiet.    Nach  dieser  Methode,   durch  welche  das  Verdampfen  und 
Aufstossen  der  kochenden  Flüssigkeit,  ebenso  wie  die  nachträgliche 
Infection  durch  Keime  aus  der  Luft  verhindert  werden  sollte,  wurden 
vier  Jahre  hindurch  mehrere  hundert  Versuche  angestellt     Decocte 
verschiedener  organischer  Thier-  und  Pflanzengewebe  durch  kurzes 
Aufsieden  mit  Wasser  hergestellt,  sowie  Lösungen  organischer  Salze 
und  gesunder  oder  diabetischer  Urin  wurden  schon  nach  3 — 4  Minu- 
ten sterilisirt;  Inftisionen,  bei  Blutwärme  durch  langsames  Digeriren 
von  Fleisch,  Fisch,  Rüben,  Möhren,  Früchten  dargestellt,  erforderten 
5 — 10  Minuten;    Wasser,  dem  Stücke  von  grünen  Gemüsen  (Kohl, 
Spargel,  grüne  Erbsen  und  Bohnen),  Fisch,  Fleisch,  Eiweiss,  Käse 
angefügt  waren,   sowie  Milch,  Blut  und  albuminöser  Urin  mussten 
nicht  weniger  als  20  bis  40  Minuten  der  Siedhitze  ausgesetzt  werden, 
ehe  sie  sterilisirt  wurden.   Am  schwierigsten  aber  verhielt  sich  über- 
neutralisirte    Heuinfusion;    in    dieser    wurde    bisweilen    erst 
durch    ein-    bis    zweistündiges    Verweilen    im    kochen- 
den   Wasserbade   die   Bacterienentwickelung   verhütet; 
im  Oel-  oder  Salzwasserbade  genügten  schon  5  bis  15  Minuten. 

Diese  Ergebnisse,  in  streng  wissenschaftlicher  Methode  gewonnen, 
yerdienten  eine  ernstliche  Prüfung,  und  ich  habe  deshalb  die  Ro- 
berts'schen  Versuche  mit  der  Heuinfusion  viele  Male  wiederholt, 
wobei  mich  Mr.  Robert  Hare  aus  Ottawa  (Canada),  der  in  unserem 
pflanzenphysiologischen  Institut  arbeitet,  auf  das  Bereitwilligste  unter- 
stützte. Hierbei  stellte  ich  mir  aber  die  besondere  Aufgabe,  die  in 
den  gekochten  Heu-Infusionen  entwickelten  Organismen,  die  bisher 
nnr  achlechthin  als  Bacterien  bezeichnet  worden  waren,  unter  dem 


1)  W.  Roberts,  Studies  on  Biogenesis.  Philos.  Transact.  of  the  Royal 
Society  of  London  vol.  CLXIV.  II.  p,  474.  Als  permanente  Sterilität  wird  der 
Zustand  einer  Flüssigkeit  definirt,  in  welchem  sie  zur  Entstehung  von  Or- 
ganismen unßUiig  ist,  nicht  aber  die  Fähigkeit  zur  Ernährung  und  Ver- 
mehrnngder  (von  aussen  eingeführten)  Organismen  verloren  hat 


«56 

Mikroskop  geaaner  in  aotortiiolieDi  rnn  won^hh  n  enoilMBi  «b 
nicht  in  gewiatan  specifitehen  Eigenaehaftea  danalbaa  dia  ütaaaka 
ihrar  ODglaablieliaD  WideratandsfUiigkait  gagan  daa  koafaanda  Waaaar 
gaAindan  wardan  kOnna. 

Dia  Haninfluton  wurda  gani  naah  dar  Mathoda  tob  Bobarta  ia 
folgandar  Waiaa  dargattallt:  Hau  warda  ia  aiaam  Glaaqfliadar  adl 
wanig  Waaaar  abargosaan  and  mit  damaalbaa  bat  86*  flar  Staadaa 
laag  digarirty  diaaar  Aafgaaa  Toa  daakalrothbraaaar  Fiarba  wvda 
darah  Zamts  tob  daatUUrtam  Waaaar  aaf  daa  apaa.  G^wiabt  1006 
Tardttnnt  aad  doppelt  filtrirt;  ar  war  aaa  Tollko««aa  klar, 
aabOa  goldgalb,  atwa  wia  MOachaBar  Biar,  aad  raagirta  daalUdi  aaaar; 
ar  aoU  daahalb  ala  saarar  Haaaafgaaa  baaaiabaat  wardaa. 

W.  Bobarta  hatta  gaAmdaa,  daaa  naalralar  Haaaafjpua  gaaa 
baaoadars  aahwiarig  in  stariliairaa  aai;  wardaa  la  SOO  aau  *^  aaaraa 
Haaanfgnaa  1,6  am.^^*  Ujuar  poiaisae  lagaaatati  äo  raagirt  daraalba 
gagaa  Laamaa  nnd  Cnraamapapier  aaatral;  diaaa  FlSaaigkeili  dia 
aiaht  klar,  aoodara  trtba  opalitirand  iit,  aoü  ala  aaatralar  Haa- 
aafgaaa basaiabaat  wardaa.  Offaabar  aathilt  flriaahar  HaaaaljpNa 
aiaaa  in  ainar  Sinra  galMan  Stoff,  dar  durah  Nantraliafaraa  dar 
Slara  anigafUlt  wird  nnd  sieh  allmihliah  ala  dnnkalbranaar  Abaati 
aladaraabligt,  wodnrah  dar  nantrala  Haaanfgnaa  mit  dar  Zait  na 
aalbat  wiadar  klar  wird;  aia  paar  Tropfaa  Biaigaiara  löaaa  dia 
TrUbaag  anganbliakliah  anf  nnd  maahan  dia  Flflaaigkait  klar.  Von 
ainar  Baetarientrflbnng  ist  hiarbei  nicht  dia  Bada. 

Anfangs  machta  ich  die  Versnche  genan  nach  der  Angabe  yob 
Boberts  in  kleinen  langhalsigen  Olasköibchen,  deren  Hals  in  der 
Mitte  mit  einem  Banmwollenpfropf  ansgestopft,  yor  dem  Kochen  aa 
der  Spitie  ingeachmolieny  nach  dam  Kochen  wieder  anfgabroehan 
wnrda.  Der  Nachtheil  dieser  Methode  besteht  darin,  dass  es  schwer 
ist,  den  Baumwollenpfropf  während  des  Versnches  Tor  tnflUligam 
Benetien  mit  dem  Henanfgnss  in  wahren,  wodurch  eine  Infection 
daa  latsteren  eintreten  kann;  auch  könnte  der  beim  Kochen  ent- 
wiakalta  Dampf,  welcher  die  ßanmwolle  durchdringt  und  im  Hala 
sich  theilweis  condensirt,  sich  leicht  mit  Keimen  beladen;  gani 
besonders  aber  ist  bei  dieser  Methode  das  Herausnehmen  kleiner 
Proben  der  VersuchsflOssigkeit  sur  mikroskopiscbeo  Untersuchung 
erschwert.  Es  wurden  deshalb  die  spAteren  Versuche  in  gewöhn- 
liehen Beagenscylindem  gemacht,  deren  mittlerer  Theil  Aber  der 
Gasflamme  in  eine  lange  Röhre  ausgezogen  wurde;  jeder  Cylinder 
wurde    vermittelst   einer  Pipette   mit   10 — 15  gm.  üeuaufguts  zur 


257 

EUUfte  oder  iwei  Drittel  gefnllt,  sodann  der  eingeschnürte  Hslstheü 
mit  einem  feinen  Drath  umwunden,  an  dessen  freies  Ende  ein  kleines 
Bleigewicht  passend  befestigt  wurde.  Das  Erhitzen  geschah  in  einem 
eisernen  Kessel,  der  mit  warmem  Wasser  gefiUlt  und  in  welchen 
eine  AnsaU  der  priparirten  Reagenzcylinder  vermittelst  ihrer  um 
den  Kesselrand  gebogenen  Drähte  eingehängt  wurden ;  sie  waren  durch 
die  Bleigewichte  in  aufrechter  Stellung  derart  festgehalten,  dass  ihre 
offenen  Enden  niemals  vom  Wasser,  welches  durch  eine  unter  dem  Kes- 
sel befindliche  Oasflamme  zum  Sieden  gebracht  wurde,  erreicht  werden 
konnten.  Der  Heuaufguss  in  den  Reagenzcylindem  zeigte  bald,  wie 
ein  eingesetztes  Thermometer  nachwies,  99 — 100",  ohne  jemals,  wie 
am  offenen  Feuer,  aufsustossen  oder  fiberzulaufen;  das  Sieden  im 
Kessel  wurde  2—3  Stunden  unterhalten,  die  Versuchscylinder  jedoch 
nach  kflnerem  oder  längerem  Verweilen  in  vorher  Terabredeten, 
meist  von  je  10  bis  15  Minuten  abgestuften  Intervallen  herausge- 
nommen und  ihre  OeflFnung  erst  dann  mit  Baumwolle  verstopft,  wenn 
die  im  Hals  niedergeschlagenen  Wasserdämpfe  wieder  verdunstet 
waren,  was  nach  1  bis  2  Minuten  eintritt.  In  der  Regel  wurde 
gleichseitig  ein  Cjlinder  mit  saurem  und  mit  neutralem  Heuaufguss 
ans  dem  siedenden  Wasser  herausgenommen;  sämmtlicha  Cylinder 
wurden  nnn  anf  einen  Beagenzständer  neben  einander  gestellt  und 
in  dem  schon  frflher  in  diesen  Heftei|  beschriebenen  Wärmekasten 
bei  einer  Temperatur  von  24 — 30"  aufbewahrt;  zum  Vergleich  wur- 
den jedesmal  auch  Beagenzcylinder  mit  ungekochtem  sauren  oder 
neutralem  Heuaufguss  neben  die  gekochten  gestellt 

Ich  beschränke  mich  darauf,  das  Gesammtresultat  dieser  Versuche 
hier  zusammenzustellen,  welche  am  25.  Oct  1875  begonnen  und  bis 
Mitte  Jnli  1876  immer  von  Neuem  aufgenommen  wurden,  und  deren 
Anzahl  sich  auf  mehrere  Hundert  beläuft 

Ueberlässt  man  ungekochten  Heuaufguss,  gleichviel  ob 
sauer  oder  neutral,  sich  selbst,  so  wird  derselbe  in  der  Begel  schon  nach 
12—20  Stunden,  bei  niederer  Zimmertemperatur  erst  nach  einigen 
Tagen,  trflbe  und  undurchsichtig;  oben  sammelt  sich  eine  dichtere 
Baeteriensehicht  und  Aber  dieser  Zoogloeaschleim;  am  Boden  schlägt 
sieh  weisslieher  Absatz  nieder;  ununterbrochenes  Aufsteigen  von  Gas- 
bläsehen verräth  den  Eintritt  einer  Gährung.  Die  gesättigte  gold- 
gelbe Farbe  des  sauren  Anfguss  wird  von  Tag  zu  Tag  heller  und 
blasser,  trflbem  Pilsener  Bier  vergleichbar.  In  der  FlOssigkeit  ent- 
wickeln sieh  sehr  verschiedenartige  Organismen,  hauptsächlich  zahl- 
lose Schwärme   des   strichförmigen   Bacterium   Termo,    aber   auch 


S58 


SeUeimeoloDieeii  Ton  Microoooou^f  darmfftmiig  gewoadflsei  b  kkiae 
Segmente  gelappte  GhiUertrOhren  tod  ÄBOoeoccuM*)^  BarcmaMhmWAt 
Haufen,  rosenknuiiArmige  Tbm/oketten  {Ifyooikrix),  st&beheBaitige 
'BadUen,  längere  LepiothrixMen^  aaeh  HefeMlleOi  ans  denen  iHuq^ 
Biehlieh  der  reichliehe  weisse  Absats  besteht  Obae  SBweilU  tritt 
In  der  ans  den  sflssen  Grashalmen  aosgelangtea  ZwtknÜ&mg  lang- 
same Alkoholgfthmng  ein,  die  jedoeh  bald  in  Bssiggihmng  ib«gelit; 
auf  der  Oberfliehe  der  Flflssigkeit  breiten  sich  die  chagrimtigea 
Jf&rocoocM»-Sehleimmassen  der  tissigmatter  ans;  die  noasigkeit 
selbst  wird  stark  saner;  Welleicht  bildet  sich  aneh  Hilehalnre. 
Aach  nentraler  Henanfgnss  wird  von  selbst  mit  der  Zeit  saner,  wenn 
auch  nicht  so  stark  wie  der  nicht  nentralisirte;  er  wird  aneh  lang- 
samer entftrbt  Doch  ist  die  Bntftrbnng  nicht  Ton  einer  wirklichen 
Zerstörung  des  PigmentSi  sondern  von  einer  Bindnng  doaaelbon 
dnrch  die  im  gihrenden  Henanfgnss  eriengten  Slnren 
veranlasst;  denn  dnrch  Znsats  von  etwas  Ammoniak  erhill  der  blasse 
Henanfgnss  sofort  wieder  seine  flrQhere  goldklare  Firbnngi  welehe 
dnrch  nachtrigiiches  Nentralisircn  mit  etwas  Salisiare  von  Nenm 
verschwindet  Znletst  siedelt  sich  in  der  Begel  anf  der  Oberiieha 
der  Anfii^e  PenioiUium  an  nnd  dnrchwndiert  mit  seinem  Hjeel 
die  Bacterienschleimhant  Inftisorien  landen  sieh  nie  bei  naiMn 
Versnehen. 

Nicht  selten  entwickelt  sich  nach  einiger  Zeit  im  Henanfgnsae  ein 
sehr  gesättigtes  Orangepigment,  welches  snerst  an  der  Oberfliche 
erscheint  nnd  die  schwimmenden  Häute  intensiv  biann  ftrbt,  mit  der 
Zeit  aber  nach  der  Tiefe  sich  aasdehnt,  sodass  der  Anfgnss  swei 
flbereinander  schwimmende  Schichten,  eine  tiefere  blassgelbe  and  eine 
obere  granatrothe  unterscheiden  läset 

Anders  verhalten  sich  die  gekochten  Henanfgflsse.  Aneh 
in  ihnen  können  Veränderungen  eintreten,  welche  auf  der  Vermehmng 
mikroskopischer  Organismen  beruhen,  selbst  nach  längerem  Verweilen 
Im  kochenden  Wasserbade,  und  gleichviel,  ob  die  Anfgflsse  saner 
oder  neutral  waren. 

Umstehende  Tabelle  giebt  Über  einige  unserer  Versuchsreihen 
Aufschluss. 


1)  Siehe  diese  Beitrage  Band  I.  Hefl  3  p.  151.  Der  Atcoeoccu»  der  Heu- 
sufgüsse  zeigte  nur  dfinne  GsllerthüIIen  und  verdient  eine  besondere  Unter- 
suchung; er  ähnelt  der  von  Billroth  abgebildeten  Form  (CWco6ac<ena  septiea 
Tab.  III.  Fig.  23.  25). 


259 


Im  gekochteo  Heaanfgnss  entwickelten  sich 
Ihrgaaismen.  |  keine  Organismen. 

Dauer  der  Erhitzung  auf  100®. 
1875 

5—  15  Min. 
5—  15 


28.  Oet. 


sauer 
neutral 
7.  Nov.  aauer 

neutral 
18.  Nov.  sauer 

neutral 
24.  Nov.  aauer 
neutral 
I.  Dec.   sauer 

neutral 
1876 
5.  März  sauer 

neutral 
5.  Juli    sauer 


5-  20 
5—  15 
5-  20 
5-  15 
5-  90 
5-120 
30-  60 
—  30 

20-  80 

20 

5-  30 


30  Min.  und  mehr. 


30 
20 
30 
20 
120 


dito 
dito 
dito 
dito 
dito 


90-180  Min. 
90-180     . 

100-120  . 
40-120  . 
40—120  . 


Ans  dieser  Znsammenstellong  ergiebt  sich,  dass,  während  in 
den  5  — 15  Minuten  lang  gekochten  Henaufgflssen  ohne 
Ausnahme  Organismen  sich  entwickelten,  bei  längerem 
Verweilen  im  siedenden  Wasserbade  die  Ergebnisse  ungleich  ausfielen; 
manehmal  waren  20  Minnten,  im  anderen  Falle  30,  einige  Male  1^ 
bis  2  Standen  snm  Sterilisiren  erforderlich.  Es  wurde  aach  bei  einer 
Versuchsreihe  beobachtet,  dass  in  den  60  Minuten  lang  gekochten 
Reagenacylindem  Organismen  sich  entwickelten,  während  die  45  Mi- 
nuten gekochten  freiblieben.  Im  Allgemeinen  zeigten  die  kttrsere 
Zeit  gekochten  Henanfgflsse  niemals  am  folgenden,  wohl  aber  in  der 
Regel  schon  nach  2  Tagen,  die  länger  erhitsten  erst  ein  bis  2  Tage 
später  die  Anzeichen  einer  Vermehrung  yon  Organismen;  ein  con- 
stanter  Unterschied  in  der  Zeitdauer  zwischen  sauren  und  neutralen 
Anfgflssen,  wie  ihn  Roberts  gefunden,  trat  in  unseren  Versuchen 
nicht  hervor;  die  Ungleichheiten  der  gewonnenen  Resultate  leite  ich 
von  zufllligen  Verschiedenheiten  in  der  Beschaffenheit  des  zu  den 
Anessen  benutzten  Heues  ab. 

Ehe  ich  über  die  Organismen  berichte,  welche  sich  in  den  ge- 
kochten Anfgflssen  entwickelten,  will  ich  bemerken,  dass  an  eine 
nachträgliche  Infection  derselben  durch  von  aussen  nach  dem  Kochen 
eingeschleppte  Keime  bei  unseren  Versuchen  nicht  zu  denken  ist 
TyndalP)  hat  mit  Unrecht  die  von  Roberts  als  Verschluss  be- 


»)  1.  c.  Natore  1876.  Febr. 


860 

nutzte  Baumwolle  in  Verdacht  gesogen,  die  sich  bia  jetzt  flberall, 
auch  in  seinen  eigenen  Versuchen,  als  ein  vollkommenes  Filter  gegen 
die  in  der  Luft  schwimmenden  Bacterien  bewährt  hat;  ebenso  wenig 
tritt  eine  Infection  aus  der  Luft  in  dem  kurzen,  bei  meiner  Methode 
zwischen  dem  Herausnehmen  der  Reagenzcylinder  aus  dem  Kesael 
und  dem  Verstopfen  mit  Baumwolle  liegenden  Zeitraum  ein;  aelbat 
wenn  die  Cylinder  einfach  offen  gelassen  und  der  Hals  nach  Pastenr- 
scher  Methode  umgebogen  ist,  gelangen  wohl  einmal  Sdiimmel- 
sporen,  aber  kaum  jemals  Bacterien  in  die  Versuchsflflssigkelt  Ich 
habe  Übrigens  aueh  die  Versuche  so  abgeändert,  dass  ich,  ohne  Banm- 
wolle  anzuwenden,  den  Hals  der  Kölbchen,  die  ich  mit  Henanfgua 
zur  Hälfte  gefbllt,  an  der  Oasflamme  zuschmolz  und  sie  sodann  In 
dem  Kessel  mit  siedendem  Wasser  vollständig  untertauchte;  bei 
einem  Versuch  am  5.  Juli  entwickelten  sich  Organismen  in  den  5, 
15,  25,  85  Minuten,  nicht  aber  in  den  45,  60  Minuten  und  darüber 
in  siedendem  Wasser  untergetauchten  zugeschmolzenen  Kölbeheo. 
Da  die  in  den  Kölbchen  eingeschlossene  Luft  zur  Entwickelnng  von 
Organismen  sich  als  ausreichend  erwies,  so  brauchten  dieselben  nach 
dem  Kochen  nicht  geöffnet  zu  werden,  so  dass  ein  naehträgUebea 
Verunreinigen  durch  Keime  aus  der  Luft  absolut  ausgeschlosaeB  war, 
gleiehwohl  verhielten  sich  die  zugeschmolzenen  Kölbchen  in  Besag 
auf  das  Auftreten  der  Organismen  genau  so,  wie  die  mit  Banmwolle 
verstopften  Reagenzcylinder. 

4.  Untersuchung  der  in  gekochten  Heuaufgüssen  entwickeltem 
Organismen,  Nachdem  unsere  Versuche  uns  eine  vollständige  Bestäti- 
gung der  Basti  an- Roberts' sehen  Angaben  und  damit  einen  neuen 
Beleg  zu  der  wichtigen  Tbatsache  gebracht  hatten,  mit  der  wir 
fortan,  namentlich  bei  Desinfectionen,  rechnen  müssen, 
dass  in  filtrirten,  vollkommen  klaren  Flüssigkeiten 
selbst  durch  längeres  Erhitzen  auf  100^  die  Entwicke- 
lnng von  Organismen  nicht  immer  verhindert  wird,  und 
dass  es  unter  Umständen  eines  mehrstündigen  Kochens  bedarf,  um 
des  Sterilisirens  sicher  zu  sein,  wendete  ich  mich  zum  zweiten  Theile 
meiner  Aufgabe,  der  bisher  meines  Wissens  noch  nicht  in  Angriff 
genommen  worden  war,  nämlich  durch  die  mikroskopische  Unter- 
suchung zu  ermitteln,  welcher  Art  die  Organismen  angehören, 
die  eine  so  unerwartete  Widerstandsfähigkeit  gegen  die 
tödtliche  Einwirkung  der  Siedhitze  besitzen?  Schon  auf 
den  ersten  Blick  Hess  sich  erkennen,  dass  die  Entwickelnng 
der  Organismen  in  den  gekochten  Henaufgttssen  einen 
ganz  anderen   Verlauf  nimmt,    als   in   den    ungekochten. 


861 

Wihread  in  den  letiteren,  wie  schon  erwähnt,  die  Flüssigkeit  sich  voll- 
ttindig  bis  inm  Boden  trflbt,  monatelang  trfibe  bleibt  und  sich  dabei 
langsam  entftrbt,  stark  sauer  wird,  einen  starken  Absatz  von  Hefe 
ind  oben  eine  Sehleimsehicht  von  Zoogloea^  sowie  später  einen  An- 
ing  von  Schimmelpilzen  erhält,  fanden  sich  in  den  gekochten 
Aufgflssen  weder  Hefe  noch  Penicillium,  noch  anch  Asco- 
coeeuB  oder  Sarcina.  Ebenso  wenig  verblasste  die  intensive  Fär- 
bong  der  gekochten  Anfgfisse,  sie  erlitt  nur  eine  kurze  Torttber- 
gehende  Trflbnng  und  wurde  bald  wieder  vollkommen  goldklsr  bei 
den  sauren,  dunkler,  wie  Porter,  bei  den  neutralen  Infusionen;  wir 
wissen  bereits,  dass  jene  Farbenveränderung  von  einer 
aanren  Oährnng  herrührt,  die  in  Folge  des  Kochens 
nnterblieb. 

Das  erste  Anzeichen  der  Neubildungen  in  den  gekoch- 
ten Aufgüssen  ist  nach  etwa  zwei  Tagen  die  Entstehung  eines' 
zarten  irisirenden  Anflugs  auf  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit;  bald 
darauf  beginnt  die  oberste  Schicht  sich  zu  trüben  und  eine  schlei- 
mig-flockige oder  schülfnge  Beschaffenheit  anzunehmen,  ohne  dass 
jedoch  die  Trübung,  wie  in  den  ungekochten  Aufgüssen,  sich  all- 
mählich steigernd  bis  zum  Grunde  ausdehnte.  Am  dritten,  spätestens 
am  vierten  Tage  schwimmen  in  den  oberen  Schichten  der  Flüssigkeit 
unzählige  punktförmige  weissliche  Schüppchen,  die  sich  vergrössem 
und  zu  einer  auf  der  Oberfläche  schwimmenden  Haut  verbinden; 
am  dritten  Tage  gleicht  diese  einer  schleimigen  Milchrahmhaut;  am 
vierten  ist  sie  bereits  fester,  an  der  Oberfläche  kreideweiss ;  charak- 
teristisch  ist,  dass  diese  Haut  immer  trocken,  gleichsam  fettig 
und  nur  schwer  benetzbar  ist;  durch  Bewegung  der  Flüssigkeit 
haftet  sie  leicht  an  den  oberen  Glaswänden  und  läset  dieselben  wie 
einen  Fettrand  oder  wie  mattes  Glas  erscheinen.  Auf  den  ersten  Blick 
kann  man  diese  troekenen,  zusammenhängenden  schuppi- 
gen Häutchen  von  dem  gewöhnlichen  ZoogloeaBchleim 
faulender  Flüssigkeiten  sicher  unterscheiden.  Oa  die  Haut 
am  Glasstab  nicht  adhärirt,  so  lässt  sie  sich  nur  behutsam,  dann 
abmr  in  grosseren  Lappen  und  Fetzen  herausnehmen.  Bald  wird  die 
Haut  rinnig -runzlig,  indem  sie  sich  in  unregelmässigen  Windungen 
faltet|  wie  ich  dies  1872  von  der  gelben  Haut  des  Micrococau 
bUeus  berichtete  M  vnd  Billroth  1874  in  ausgezeichnet  getreuer 
Weise  von  einer  anf  Hydrocelcnflflssigkeit  entstandenen  Asoococcug- 
Haot  abgebildet  hat*).     Bei  einem  Versuch  in  grösserem  Massstab, 

1)  Siehe  diese  Behrige  Band  I.  Heft  2  p.  153. 

«)  Billrotb,   Coeeobaetena  1S74  p.  12,  Tat  II.  Fig.  17. 


262 

wo  saurer  Heaaafgiiss  in  einem  500  gm.  fastenden  Kolben  fast 
2  Stunden  gekocht  worden  war,  bildete  die  runslig-faltige  Haut  sich 
besonders  flppig  aus. 

Schtittelt  man  die  Versuchsglftser  ein  wenig,  so  sinkt  die  ganie 
Haut  leicht  an  Boden;  auch  von  selbst  setzen,  schon  yom  dritten 
Tage  an,  die  feinen  Pünktchen,  Schüppchen  und  Schleimflöckehen, 
welche  in  den  oberen  Schichten  des  Aufgusses  dicht  gedrängt  schwim- 
men, sich  allmählich  nieder,  trfiben  während  ihres  Herabsinkens  die 
tieferen  Flflssigkeitsschichten  und  bilden  zuletzt  einen  gallertartigen 
Absatz,  während  der  Aufguss  selbst  sich  klärt;  da  mit  ihrer  Abla- 
gernng  am  Boden  der  Oläser  die  gesammte  Entwickelnng  ihren  Ab- 
schluss  erreicht,  so  wird  nach  einigen  Tagen  die  gekochte  HeninAi- 
sion  von  selbst  vollkommen  klar  und  contrastirt  nun  mit  ihrer  wenig 
veränderten  goldgelben  Farbenintensität  gegen  die  andauernd  getrflb- 
ten  und  entfllrbten  ungekochten  Aufgüsse. 

Untersucht  man  Heuaufguss  24—48  Stunden  nach  dem  Kochen, 
wenn  kaum  die  erste  Spur  des  irisirenden  Anflugs  bemerkbar  ist, 
unter  dem  Mikroskop,  so  findet  man  bereits,  dass  jeder  von  der 
Oberfläche  entnommene  Tropfen  von  zahllosen,  feinen,  geraden,  lebhaft 
bewegten  Stäbehen  schwärmt;  die  Dicke  derselben  beträgt  höchstens 
0,6  Mikr.,  ihre  Länge  ist  in  dieser  Entwickelungsstnfe  noch  sehr 
verschieden,  3,  5,  7  Mikr.  und  darüber,  doch  gehören  sie  sämmt- 
lich  einer  einzigen  Art  an,  dem  Bacillus  aubtilis^).  (Vgl. 
Fig.  8  Taf.  XI  bei  a),  Die  kürzesten  allerdings  könnte  man  jetzt 
leicht  mit  Fäulnissbacterien  (Bacterium  Termo)  verwechseln;  doch 
sind  diese,  wenn  von  gleicher  Länge,  bereits  in  Tbeilung  begriffen 
und  daher  in  der  Mitte  eingeschnürt,  während  die  kürzesten  Stäbchen 
der  Heubacillen  keine  Spur  von  Theilnng  zeigen.  Die  meisten  Ba- 
a7/ti«-Stäbchen  sind  mindestens  doppelt  oder  viermal  so  lang,  aber 
auch  zehn-  und  mehrmal  länger  als  die  längsten  ßacterien  der  Fäulniss; 
oft  zickzackartig  gebogen,  oder  winkelig  gebrochen,  zerfallen  sie 
leicht  in  kürzere  Glieder,  die,  sobald  sie  frei  geworden,  rasch  um- 
herscbwimmen ;  längere  Fäden  zeigen  etwas  schlangelnde  Bewegung. 

Der  irisirende,  einem  Fetthäntchen  ähnliche  Anflug  selbst  besteht 
schon  am  zweiten  Tage  ganz  und  gar  ans  Bacillen,  welche  in 
Berührung  mit  der  Luft  ihre  Bewegung  verloren,  dafür 
aber  in  lebhaftes  Wachsthum  und  Zelltheilnng  einge- 
treten sind.  Dem  Charakter  der  Gattung  Bacillus  entsprechend, 
wachsen  sie  in  dünne,  farblose,  scheinbar  ungegliederte 


>)  Siehe  diese  Beiträge  Band  1.  Heft  2  pag.  175. 


263 

ansserordentlieh  lange,  unbewegliche  Fäden  (LepiothrtX' 
form)  aoB,  welche  in  einfacher  Schicht,  etwa  wie  die  Halme  in  einer 
Bohrdecke,  parallel  nnd  eng  nebeneinander  gelagert  sind  (Fig.  8  links). 
Hier  nnd  da  lassen  anfangs  die  parallelen  Fadenreihen  swischen  sich 
Laennen,  in  die  sich  kflrzere  Bacillen  einschieben  (Fig.  Sab);  in- 
dem diese  aber  ebenfalls  rasch  answachsen  nnd  die  Zwischenräume 
anafbllen,  entsteht  eine  snsammenhängende  zarte  Hant,  welche  die 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  vollständig  bedeckt  Da  aber  die  Zell- 
Vermehrung  nnd  das  davon  bedingte  Längenwachsthum  der  Fäden 
noch  längere  Zeit  mit  grosser  Lebhaftigkeit  fortdauert,  so  müssen 
die  Fäden  wegen  Mangel  an  Raum  in  den  engen  Reagenzcylindem 
sich  wellenförmig  nach  aussen  und  oben  krflmmen,  das  ganze  Häut- 
ehen nimmt  in  Folge  dessen  jene  runzelig  faltige  Beschaffenheit  an, 
welche  wir  schon  oben  erwähnt  haben. 

Gleichaeitig  aber  verdickt  sich  das  Häutchen  durch 
Anlegung  von  BacHlusfikden  auf  der  Unterseite.  Hier 
nnd  in  der  FlOssigkeit  selbst  wachsen  die  farblosen  zarten  Bacülus' 
finden  nicht  minder  lang  aus;  sie  gmppiren  sich  meist  bündelweise» 
nnd  indem  sie  an  ihrer  ganzen  Fläche  Schleim  ausschei- 
den, treten  die  Fadenbflndel  in  einen  gewissen  Zusam- 
menhang, etwa  wie  die  Oscillarienbündel  der  Phormtdien  oder 
der  grünen  Wasserblüthe  Limnochlide  flos  aquae]  so  entstehen  wirre 
Stränge  oder  nnregelmässige  dicht  verflochtene  Knäuel;  dem  blossen 
Ange  erscheinen  sie  als  kleine  weisse  Schüppchen  oder  Schleim- 
fldekehen.  In  diesen  Strängen  nnd  Knäueln  verflechten  die  schleim- 
nmhflUten  Fadenbündel  in  den  seltsamsten  lockigen  Windungen  sich 
sn  grösseren  Gallertfilzmassen,  oder  gruppiren  sich  zu  hohlen,  netz- 
artig durchbrochenen  Schleimballen  (Fig.  10).  Die  Bildung  von 
Schleimsträngen  und  Oallertfilzknäueln  war  bisher  von  mir  bei  Ba- 
cillus noch  nicht  beobachtet  worden. 

5.  Sporenbädung  bei  Bacillus  subtäis.  Nunmehr  bereiten 
sich  die  £aot7/ti«-Fäden  zur  Sporenbildung  vor.  In  ihrem 
homogenen  Inhalt  treten  stark  lichtbrechende  Körperchen  auf;  aus 
jedem  dieser  Körperchen  entsteht  eine  oblonge  oder  kurz 
cyl  in  drisch  e,  stark  lichtbrechende  dnnkelcontourirte 
Spore;  in  den  Fäden  findet  man  daher  die  Sporen  in  ein- 
fache Reihen  geordnet  (vgl.  Fig.  4).  Die  in  Schleim  einge- 
betteten Fadenbündel  verhalten  sich  ebenso,  wie  die  freien  Bcunllus- 
Fäden;  in  Folge  dessen  besteht  das  auf  dem  Aufgnss  schwimmende 
Sehnppenhäutchen  gar  bald  (schon  am  3.  oder  4.  Tage)  aus  un- 
läUigen  parallelen   Sporenreihen    und    ändert  dadurch    sein  Licht- 


«64 

brediingsyemi^lgeB,  iadem  es  Ton  oben  kreideartig  wries  ereAefaiL 
Bobtld  die  Sporenbiidang  YoUeodet,  sind  die  etnselneB  Flden  ia  der 
Regel  nieht  mehr  naterseheidbar,  and  es  maeht  dea  Biadrvek,  ab 
ob  die  Sporen  Töilig  frei  im  Sehleim  lägen,  doeh  ▼errith  sekoa  die 
lineare  Anordnung  noeh  immer  ihre  Entstehnng  im  Innern  der  Faden 
(Flg.  1 1).  Ailmahiieh  lOsen  sieh  die  Faden  wirkiieh  anf,  die  Badlleriunt 
wird  in  einem  Terstänbenden  Pnlver  anfgelOsti  die  Sporen  fkllen 
heraus  und  sinken  anf  den  Boden  der  Flflssigkdt,  wo  sie  sieh 
massenhaft  absetsen  (vgl.  Fig.  4  b). 

üeber  die  Vorgänge  bei  der  Sporenbildnng  kfianea  nnr  sehr 
starke  Immersionssysteme  genauere  Kenntniss  gewahren  (F|g.  9, 
die  mit  Seibert  Imm.  8  geseiehnet  ist).  Obwohl  die  JgamBJMsIMen 
selbst  unter  starken  VergrOssemngen  seheinbar  ungegliedert  sind,  ao 
ist  dies  in  Wirkliehkeit  doeh  nieht  der  Fall;  die  einaelnea  Glieder, 
ans  denen  die  Fäden  bestehen,  sind  etwa  Tiermal  so  laag  als  breit 
In  jedem  Oliede  entsteht  eine  Spore,  welche  dessen  Höhle  sieht 
gani  ausflillt,  sondern  von  der  leeren  Zellhaut  beideraeits  wageben 
ist.  Die  Sporen  sind  1,5  -3,a  Mikr.  lang  und  0,8  Mikr.  didc,  also  S  Ms 
8  Mal  länger  als  breit;  ihrer  Entstehung  naeh  seheinea  sie  deaen 
der  No&tootm  (Oylindroqfermmm,  NoMoe,  ßimrwumira  a.  a.)  tot- 
gldehbar.  Je  naehdem  der  JBacäZasfiuien  kUraer  oder  länger,  aaa 
awei,  aas  wenigen  oder  sehr  Tielen  Gliedern  besteht,  finden  wb  die 
Sporen  in  einem  Faden  su  sweien,  mehreren,  oder  in  langen  Keltea 
gereiht  (Fig.  9) ;  durch  Zerfallen  der  Baeübutfkiem  isolirea  sieh  aaeh 
einselne  Glieder,  welehe  nur  eine  einsige  Spore  einsehliessen.  Wenn 
diese  duroh  Anstritt  aus  ihrer  Mntterzelle  völlig  frei  geworden,  leigt 
sie  eine  aarte,  anscheinend  gallertartige  UmhOllnng  (Sporenhant)  aad 
einen  stark  liehtbreohenden  Inhalt  Aus  der  fettigen,  Wasser  nieht  an- 
nehmenden Beschaffenheit  der  weissen  Schnppenhäutchen,  die,  wie 
wir  nunmehr  wissen,'gans  und  gar  aus  den  im  Schleim  eingelagerten  Ba- 
oiZäiisporen  gebildet  sind,  ist  su  vermuthen,  dass  entweder  der  Inhalt 
dieser  Sporen  ölartig,  oder  ihre  Membran  fttr  Wasser  schwer  benets- 
bar  ist.  Mit  der  Reife,  dem  Freiwerden  und  Absetsen  der  Sporen 
ist  die  fintwickeinng  der  Bacillen  zunächst  abgeschlossen,  und  in 
den  HeuaufgUssen  tritt  keine  weitere  Veränderung  ein,  nur  die 
Häute  nehmen  später  meist  eine  braungelbe  Färbung  an,  vermuthlich 
durch  Ausscheidung  von  Pigment  ans  den  Anfgflssen. 

Die  Sporen  sind  jedoch  keimfähig.  Zwar  keimen  sie, 
wie  es  scheint,  nicht  in  derselben  Flflssigkeit,  in  welcher  sie  steh 
gebildet  hatten;  wenigstens  sah  ich  niemals,  dass  nach  Rntstehung 
der  Sporenmassc  in  einem  der  Versuchsgläser  sich  später  eine  neue 


«65 

Trflbimg  geieigt  hätte,  die  auf  eine  zweite  Generation  der  Baciüen 
hätte  lorfiekgefllhrt  werden  können;  yielmehr  blieben  die  Henaufgflsse, 
oaehdem  sie  sieh  einmal  geklärt,  trotz  ihrer  zahllosen  Sporen  fortan 
unverändert;  aber  wenn  ich  eine  kleine  Portion  der  Sporenmasse  in 
einen  Reagenzcylinder  brachte,  dessen  Heaanfgnss  noch  nicht  die  Fer- 
mentation der  Bacillen  durchgemacht  hatte,  sondern  durch  stunden- 
langes Kochen  yollständig  sterilisirt  und  in  der  That  selbst  bei  län- 
gerem Verweilen  im  Wärmkasten  nicht  verändert  war,  so  keimten 
offenbar  die  Sporen;  denn  oft  schon  am  folgenden  Tage  hatte  sich 
ein  weisses  schleimiges  ^octZZu^häutchen  auf  der  Oberfläche  des 
Avfgnsses  gebildet,  in  welchem  die  Entwickelung  der  Leptothrix- 
bflndel,  bald  darauf  der  Sporenketten  ihren  regelmässigen  Verlauf 
nahm.  Als  ich  eine  geringe  Menge  Sporen,  welche  schon  seit  Mo- 
naten auf  dem  Boden  eines  gekochten  Aufgusses  abgelagert  waren, 
mit  einem  frischen  Tropfen  in  die  feuchte  Kammer  brachte,  glückte 
es  mir,  die  Keimung  direct  zu  beobachten.  Die  Sporen  schwollen  etwas 
an  und  trieben  an  einem  Ende  einen  kurzen  Keimschlauch,  sie  er- 
schienen nun  als  Köpfe henbacterien^).  Der  stark  lichtbrechende 
Körper  der  Spore  verschwand  bald;  der  Keimschlauch  glich  dann 
einem  kurzen  ^aciZ7iMStäbchen,  das  sich  in  Bewegung  setzte,  durch 
Quertheilnng  gliederte,  dann  fadenförmig  verlängerte.  Bald  schwärm- 
ten im  Tropfen  lahllose  kflrzere  und  längere  BacüUnj  letztere  gin- 
gen in  Ruhezustand  Aber  und  verfilzten  sich  in  weisse,  schon  dem 
blossen  Auge  sichtbare  Filzmassen.  Wenn  mit  den  ^octZZu^-Sporen 
Keime  von  Bacterium  Termo  eingeschleppt  wurden,  so  misslangen 
meist  die  Keimungsversuche,  da  dieses  sich  rascher  vermehrte  und 
die  Bacillen  uuterdrflckte  *)• 

6.  Schlusgfolgerungen.  Die  hier  mitgetheilten  Beobachtungen,  die 
sich  in  mehreren  hundert  Versuchen  mit  der  Constanz  physikalischer 
Experimente  ausnahmslos  wiederholten,  scheinen  mir  den  SchlQssel 


1)  Siehe  diese  Beiträge  Band  I.  Heft  2  p.  145,  Heft  3  p.  188. 

*)  Die  BaeiUen^hrung  der  Heuaufgüsse  bietet  flbeiraschende  Analogien  zu 
dem  Verlauf  vieler  Infectionskrankheiten.  Im  Heuaufgnase  dauert  die  Incubation 
in  der  Regel  zweimal  24  Stunden,  während  deren  die  inficirte  Flflssigkeit  an- 
scheinend unrerindert  bleibt,  obwohl  gerade  in  dieser  Zeit  die  lebhafteste 
Verniehnmg  der  Bacillen  stattfindet;  am  dritten  Tage  ist  der  Paroxysmus  mit 
allgemeiner  Trübung  erreicht;  bereits  vom  vierten  Tage  ab,  wo  die  Sporen- 
bfldnng  b^nnt,  tritt  Remission  ein,  die  Flüssigkeit  fUngt  an  sich  wieder  zu 
kliren;  wenige  Tage  später  ist  alles  vorüber,  die  Fermentorganismen  sind 
simmtlich  in  Sporen  fibergegangen  und  werden  durch  Häutchenbildung  und 
Abeeizen  eliminirt;  die  Flüssigkeit  ist  von  da  ab  immun,  kann  aber  die  An- 
steeknngskeime  auf  andere  noch  nicht  inficirte  Substrate  übertragen. 


des  Rifhtels  in  entliAlteiiy  welches  die  Entwickeln^  Ton  Orgaalsi 
In  gekochten,  organischen  Stoffen  bisher  noch  dmrbot     Folgende 
Thatsachen  werden  dnrch  dieselben  erwiesen: 

L  In  gekochten  FIflssigkeiten  entwickelt  sich  nicht 
Baeierium  Termo,  noch,  so  viel  bis  Jetit  beknnntt  ein 
anderer  mikrojkopischer  OrganismnSi  mit  Ansnahae  der 
Bacillen.  Die  Ursache  dieser  Erscheinnng  liegt  nicht  etwa  darin, 
dass  die  Flllssigkeit  dnrch  das  Kochen  die  Fähigkeit  Tcrtleit,  Brno- 
imrmm  Tenmo  nnd  die  anderen  Organismen  an  emihren  nnd  ihre 
Termehmng  an  veranlassen.  Denn  wenn  ich  In  einen  gekoehlsn 
Henan^nss,  in  welchem  sich  flberhanpt  nichts  Lebendes  entwickelt 
hatte,  nnd  der  In  Folge  dessen  Töliig  nnverindert  geblieben  war, 
einen  Tropfen  ans  einem  nngekochten.  In  Gihmng  nnd  Finlniaa  Iber 
gegangenen  Anfgnss  hineinbrachte,  so  war  der  gekochte  Anljpms  am 
folgenden  Tage  vollstindig  trflbe,  entflürbt,  nnd  wimmelte  ronButimiwm 
lirmo,  Hefe  nnd  den  anderen  Im  Tropfen  Torhandenen  BMwopkgim. 

Die  einaige  Ursache  Ar  das  Ansbleiben  Jener  Organismen  In  ge- 
kochten Anfgflssen  kann  daher  nnr  darin  liegen,  dass  dieeelbea  u- 
bedingt  dnrch  Kochen  getOdtet  werden,  wie  Ja  anch  die  dirselen 
▼ersnche  geaeigt  haben,  dass  dieselben  bereits  dnrch  die  Ar  alle 
höheren  lebenden  Wesen  tOdtliche  Temperatur  der  Protopkamaeoagn- 
limng  (drca  50®)  ihre  Vermehmngsfthigkelt  Tcriieren,  d.  h.  ohne 
Zweifel  getOdtet  werden  ')• 

II.  Wenn  sich  Bacillen  In  den  gekochten  Anfgflssen 
entwickeln,  so  ist  die  Ursache  davon  in  der  von  nns  nun- 
mehr ermittelten  Entwickelnngsgeschichte  derselben  an 
s neben.  Wir  können  nicht  daran  aweifeln,  dass  im  Ben  BocSImb- 
Sporen  enthalten  sind,  mögen  dieselben  schon  an  den  lebenden  Oras- 
hsimen  adhiriren  oder  erst  während  des  Mähens  nnd  Trocknens  oder 
beim  späteren  Aufbewahren  des  Heues,  während  welcher  Operationen 
eine  gewisse  Fermentation  eintritt,  hinein  gelangen.  Im  trocknen 
Heu  sind  diese  Sporen  geschrumpft  und  mit  Wasser  schwer  beneti- 
bar;  während  des  Digerirens  werden  sie  losgespfllt  und  gelangen  In 
den  Heuaufguss ;  doch  solange  die  Sporen  nicht  mit  Wasser 
imbibirt  nnd  gequollen  sind,  können  sie  auf  100"  erhitst 
werden,  ohne  ihre  Keimfähigkeit  zu  verlieren,  wie  das 
unter  gleichen  Verhältnissen  nicht  blos  fttr  Pilzsporen,  sondern  selbst 

I)  Vergleiche  unter  andern  auch  die  beröhniten  Versuche  von  Pasteur  Ober 
Conservation  des  Weines  durch  Erhitzen  der  Flaschen  auf  50—60^,  welche 
ausreichen,  um  alle  Keime  der  Essig-,  schleimigen,  bitteren  Gährung  u.  a.  w. 
zu  zerstören. 


M7 


flir  PliaaerDCfamenMiiieB  aaeligewiescB  ist').  Dam  die  mmgeqmMentn 
BadBuMj^Ttn  mindestens  15  Mnnie»,  «meine  sogmr  1 — 3  Standen, 
im  siedenden  Wssser  bleibmi  können,  ohne  ^etddtel  xm  werden,  beruht 
▼ermnthlieh  anf  ihrem  öinrtigen  Inbnlt,  Tiefleieht  nndb  anf  einer  der 
Sporenhant  stark  adhirirenden  Lnllsehieht,  velehe  Leidenfrost'sehe 
Phänomene  henrormfen  mag;  xam  Thefl  hinigt  es  von  indtridnellen 
Eif^nthflmliehkeiten  ab;  aaeh  beim  Qnellen  nnd  KeisM«  anderer 
Sporen  nnd  Samen  seigen  sieh  ansserardentliehe  VerMhiedaiheiten 
in  der  erforderliehen  Zeitdaner*).  Je  Hager  jedoeh  das  Kodien  fori- 
gesetst  wird,  desto  weniger  AicxZZacssporen  bleiben  keimfkhig,  desto 
nnsleherer  nnd  snßüliger  werden  die  Ergebnisse;  sehliesslieb,  bei 
Erbitten  Aber  100^  sehneller,  werden  alle  Sporen  getddtet  nnd  die 
Flüssigkeit  ist  dann  voilkosunen  sterilisirt  >obald  aber  aneh  nnr 
einige  Sporen  snr  Keimnng  gelangen,  so  gehen  aas  ilmen  bewegliehe 
Stibehen  hervor,  die  sieh  dnreh  Qnerthetlnng  rsseh  vennehren;  sind 
ihrer  am  ersten  Tage  aneh  nnr  so  wenig,  dass  sie  dem  blossen  Ange 
sieh  nieht  bemerklieh  maehen,  so  haben  sie  sieh  am  zweiten  Tage 
aebon  so  stark  vermehrt,  nm  eme  hinlige  Sdrieht  an  der  Oberiliehe 
an  bilden,  nnd  in  lange  nnbewegliehe  FMen  aasa wachsen;  tehon 
am  drlttm  Tage  b^^nt  die  Ersengnng  der  Sporen;  ist  diese  ToHen- 
det,  so  gehen  die  Fiden  an  Gmnde,  die  Sporen  werden  frei  nnd 
ktanen  die  Infeetion  weiter  verbreiten. 

IIL  InallenFlIlen,  woimmer  in  gekoehtenorganisehen 
Stoffen  sieh  Organismen  entwickeln,  habe  ich  bisher 
einaig  nnd  allein  sporeneraengende  Bacillen  gefnnden« 
Daaa  in  den  Bastian'sehen  Riben-Kisedeeoeten  es  nidbt  der  Raben- 
anfgnss,    sondern  die    im  Eise   eingeschlossenen   Danersporen   der 

1)  Nach  Pattcnr  können  trockene  iVMfii7fiMitt>orrnaaf  121*,  nsgb  Mspss« 
sein  anf  140-150*  erhitit  wcfdcn,  ohne  Reinifihigibeil  ni  verlieren.  Eine  weh 
geringere  fiSlitndf  (70 — 80*|  xcigm  die  Angiüben  von  Tarnowaki  (Saeha, 
Lehrbocfa  der  Botanik,  4.  Anfl.  p.  €9dj;  doch  iat  anr  die  Methode,  durch 
welche  dieselben  gewonnen  find,  nicht  bekannt. 

*)  Bei  den  Untemchnagen  ober  Keinrfahigkeit  werden  die  HanKn  vorher 
in  deatiltirtcm,  von  Zeit  xn  Zeit  emcnteni  Wwer  bei  einer  Temperalor  von 
IS— 91  *  geipKfll;  Nobbe  &nd  n.  a.  bei  eineni  Veranch  nut  Tr^öümm  yraiemMe, 
daan  von  1000  Samen  m  nach  einem  Tage,  8  nach  3,  9  nach  5,  4  nach  9, 
U  nach  10-19,  €  nach  21—96,  7  nach  Sl-3^  3  nach  43-4^  3  nach  52-59, 
S  nach  91,  4  nach  147  nnd  3  nach  156  Tagen  quollen  (Nobbe,  Handbuch 
der  Hifntiimlf  1876  p.  112).  Bei  den  Prfifimgen  in  den  SamencontroUata- 
tionen  weiden  die  innerhalb  10  Tagen  gekeiatfen  Samen  der  PapilHmaeeem 
getShlt,  von  den  nagecpiollen  gebliebenen  noch  ein  Drittel  dem  Retmnng^ro- 
ecnfaals  hinm  addirt,  weil  erfahrangMnSaaig  noch  eine  entaprechende  Zahl 
dieser  Samen  nachtriglich  keimt  (Eidaai,  Landw.  Versnchaatationen  XVIIL) 

C«aB,  niMiii«i  XV  Bfotocfe  4cr  PSHucaL    Baa4  IL  n«ft  OL  |8 


368 

LahbactUen  seien,  welche  der  Kocbhitte  so  liiiige  widersteben,  hibc 
ich  bereiU  im  vorigen  Jahre  wahrscheinlich  gemacht').  Dua  in 
gekochten  Erbsen  nnd  Lnpioen  aich  nicht  Bacterium  Tervw,  BODdern 
Bacillus  guUilU  vermehrt  und  zu  Leptothr!x(lkAen  nnd  dichten  H*n- 
fengewtrren  entwickelt,  bemerkte  ich  schon  im  Jahre  1872  in  moiner 
ersten  Abhandlung  Über  liacteHim '^).  Zu  dem  n&mlicfaen  Resnllatc 
fOhrten  auch  die  von  Bidam  ant^eatellten  Veraacbe  mit  Erbsen  und 
UUhnereiweisB,  welche  14  Tage  einer  Temperatur  von  44 — 4G"km- 
gesetzt  worden  waren'}.  Indem  ich  meine  Tagebücher  vergleiche, 
linde  ich,  dass  ich  bei  allen  diesen  Versurhen  auch  stets  die  oliloo- 
gen,  stark  lichtbrechenden  Sporen  sich  massenhaft  habe  entwickeln 
aehen,  von  denen  mir  früher  nnr  entgangen  war,  dass  sie  in  den 
Bacillus-  (LeptothrixJ  fkden  entstehen.  Auch  in  den  bennetiach  vor- 
achlossenen  Blechbdohsen  ans  Frauenfetd,  in  denen  gekocht«  Erbavo 
verdorben  waren,   hatte  ich  ansscbliesalich  Bacillen  beobachtet 

Wenn  andere  Bacterien  nnd  sonstige  Ferment  Organismen  (^lyaM- 
phyUn}  beim  Erhitzen  nicht  das  nHmliehe  Verhalten  zeigen,  wie  die 
BadBen,  so  liegt  der  Ornnd  darin,  dass,  so  viel  wir  bis  jetzt  wia*», 
einzig  und  allein  bei  den  Bacillen  Sporenbildnng  vorkommL 

Der  scheinbaren  Stütze,  welche  die  ErschciiiniigBl 
bei  den  gekochten  Heuanfgnasen  der  Hypothese  *ier  Dr- 
Zeugung  gewähren,  wird  dnrch  diese  BeobachtnngeA 
jeder  Halt  entzogen. 

IV.  Nach  Analogie  der  Beobachtungen  an  anderen  Organismen 
mosst«  vermnthet  werden,  dass  bereits  Temperaturen  nntor  100" 
ausreichen  würden,  um  diu  Kniwickel ang  der  Bacillen  in  HuDanf- 
gßsBen  zu  verhindern,  wenn  diu  Warme  nnr  lange  genug  ninwickea 
kdnne.  Um  hierüber  zu  experimenteller  Entscheidung  tu  gelangen, 
wurden  im  LanfL-  des  Juli  c.  unter  freundlicher  AssistenB  dea  Beim 
Dr.  Eidam  in  unserem  Institut  eine  grosse  Zahl  von  Veruaehen 
angestellt,  welche,  obwohl  sie  noch  nicht  abgeschlossen  werden  konn- 
ten, dennoch  ein  interessantes  Verhalten  der  Heuladllen  gegen  hflber« 
Temperaturen  unter  IQO"  bereits  erkennen  licssen. 

Von  gewöhnlichem  saurem  Ilcuaurguss  wnrden  je  10  tiramn  in 
Reagenzcylinder  gebracht,  die  vorher  in  einen  engen  Bals  ansgexogen, 
nnd  nachdem  sie  gefulll,  derart  zngesahmolien  wurden,  dass  eine 
ansreicheude  Lnftmrnge  mit  eingeschlossen  ward;  hierauf  wurden  die 

■l  8<«lii?  diese  Beiuägc  Bmid  1.   Hrft  3  p.   196.  l8rS. 
*)  Ehiirigt  Band  1.  Heil  i  p.  31$ 
>)  1.  c.  Band  I.  Heft  3  ji.  Sl«. 
*)  I.  c  Band  I.  Hen  3  p-  3uu. 


169 

OlliebeB  in  eiBen  Kessel  ontergetawJity  detsea  Wasser  a«f  den  ge- 
wOnsehten  Wlrmegrad  erbitst  war,  nm  ihnen  in  knrxer  Zeit  die  filr 
jeden  Versnch  erforderliehe  Temperatur  niitsatheilen.  Eine  Anzahl 
80  priparirter  Oläsehen  wnrde  in  mne  grosse  Glassehltosel  gestellt 
nnd  mit  Watte  umgeben,  sodann  die  Sehfissel  in  den  Heixranm  eines 
unserer  Wirmkasten  gebraebt,  dessen  Temperatur  dnreh  eine  Termit- 
telstdes  Bunsen'seben  Regulators  regulirbare  Gasflamme  Tagelang 
nahesu  auf  coustanter  Höhe  erhalten  werden  konnte;  mehrere  Ther- 
mometer, welehe  theils  in  Tersebiedener  Höhe  im  Heiaranm  aage- 
braeht,  theils  direet  in  eines  der  VersnehsgUser  ei^efllhrt  waren, 
gestatteten  die  Controle  der  eraielten  Temperatsr.  Eine  absolute 
Genauigkeit  war  allerdings  nicht  au  erlangen,  well  die  Temperatur  des 
Heiaraumes  am  Boden  und  am  Deekel  nm  du  Paar  Onde  differirte. 
AUe  Stunden  wurden  in  der  Regel  je  2  Gliser  aas  dem  Heizraum 
heraus  genommen,  endlieh  simmtliebe  Gliser  neben  einander  auf  ein 
geeignetes  Stativ  gestellt  und  in  einem  aweiten  Wirmkasten  bei 
25—30^  ihrer  weiteren  Entwiekelung  flberlassai.  Ein  Uebelstaad, 
der  bei  diesen  Versueben  sieh  herausstellte,  dass  nimlieh  bei  Itnge- 
rem  Erwärmen  aus  den  Henaufgissen  ein  sehwanbrauner  Stoff  sieh 
in  klumpigen  Flöekeben  absetste  und  aaeh  auf  der  Oberfliebe  der 
Flllssigkeit  ein  harsiges  Hlutehen  sieh  bildete,  ersehwerte  zwar  die 
makfoskopisehe  Beobachtung,  konnte  jedoch  kaum  zur  Verwechselung 
mit  den  dmrakteristischen  weissen  ^adZZmmembranen  Tcrleiten;  die 
mikroskopische  Untersodiung,  die  in  allen  zweifelhaften  Fällen  Tor- 
genommen  wurde,  gab  ohne  Weiteres  entscheidende  Aufkllmng. 

1*  Zuerst  wurde  die  Temperatur  im  Heizkasten  auf  47 — 50^  ge* 
braebt  und  mehrere  Reagenzcylinder,  deren  Heuaufgnss  durch  Zu- 
lllgung  eines  jSadZZmtropfens  infieirt  war,  hineingesetzt;  schon  nach 
34  Stunden  hatten  sidi  an  der  Oberfliebe  der  Aufgflsse  dicke  Bacillen' 
messbranen  gebildet;  andere  Schigopkyien  dagegen  kamen  nicht  zur 
Entwiekelung. 

2.  Die  Temperatur  im  Heizkasten  wurde  auf  57 — 60^  gebracht, 
und  34  Reagenz^linder  darin  2  17  Stunden  lang  belassen;  der 
Heusufgnss  war  nidit  absichtlich  infieirt  worden;  am  folgenden  Tage 
war  allea  unTcrindert,  am  zweiten  hatten  bereits  20  Gliser,  die  2 
Ina  16  Stunden  lang  erwirmt  waren,  sich  getrflbt  und  ein  Bacillus' 
hintehen  gebildet;  am  dritten  Tage  waren  noch  4,  am  vierten  noch 
2,  bb  sam  adbnten  noch  6  Gliser  von  Bacillen  getrflbt,  nur  je  eines 
der  11,  15  und  17  Stunden  lang  erwirmten  Gliser  war  unverändert 
geblidMa. 

Bei    einer    Wiedeiholung    dieses    Versuchs    zeigten    simmtliebe 

18» 


S70 


Gläser,   die   I — 11  Stniiden   l&ng  in  einer  Temperatar  von  &7— 60** 
verweiU  hatten,  zwei  Tage  später  Bact'l/^nhüdnag' 

3.  Hehrere  ttbaiclitlich  ioficirte,  sodann  zngeachmolsene  oder 
mit  Baumwolle  veratopfte  Gläser  wurden  24 — 73  Stunden  lang  in 
HeiEraum  bei  53 — 55  und  bei  57 — 60"  belaasen;  in  keinem  dieser 
Gläser  entwickelten  sich  Bacillen  während  i]er  {Exposition  in  der 
höheren  Temperatur;  in  den  nacli  24  Stunden  herausgenoiatiieneo 
anil  sodann  bei  25  —  30"  aufgestellten  Oläseni  bildet«  sieb  die 
ßacHUiAi&ai  zwei  Tage  später. 

4.  20  Gläsclieu  wurden  '2-  15  Stunden  lang  auf  67— 70"  er- 
hitzt, swei  Tage  später  hatten  16,  darunter  auch  die  am  lingatea 
erwärmten  eiae  BaciUcnh&at  bekommen;  vier  tje  eines  der  G,  10, 
IS,  14  Stunden  exponirten)  waren  sterilistrt. 

5.  42  Gläschen  wurden  2-26  Stunden  anf  77—80"  erhiüt, 
awei  Tage  apäter  hatte  sich  in  31  Gläsern  die  Bacillenhnut  gebildei, 
nnd  zwar  auch  in  den  24 — 26  Stunden  lang  exponirten;  11  Gliaer 
(10,  16,  18,  20,  22,  23,  25  Stunden  erhitzt)  schienen  nicht  ver 
ändert,  doch  trat  uacbträglicb  noch  in  sieben  derselben  Bacäl^n- 
bildung  ein,  nur  drei  (22,  23,  25  Stunden  ciponirtl  waren  stcrilieirt. 

6.  Um  die  Einwirkung  nach  längerer  Erhitsung  zu  ermitteln, 
wurden  34  Gläschen  einer  Temperatur  von  72— 7 j"  ausgosetst; 
die  ersten  drei  nach  12,  die  folgenden  drei  ii&cli  24,  die  nicbsien 
drei  nach  36  Stunden  u.  s.  f.,  die  letzten  drei  nach  96  ätiiaden 
herausgenommen.  Die  12  Stunden  lang  exponirten  zeigten  swej 
Tage  später  das  fiooiV/iMhäutchen ;  von  den  24  Standen  exponirten 
hatte  eines  am  dritten  Tage  ein  Hautchen  gebildet,  die  beiden  an- 
deren zeigten  eine  geringe  Trübung,  bildeten  aber  kein  lIlatcfatiD; 
in  einzelnen  der  36  und  48  Stunden  erhitzten  zeigten  sich  llaoiJivH 
am  vierten  Tage,  in  einem  60  Standen  erwärmten  erschien  am  sech- 
sten, in  einem  84  Stunden  erwärmten  am  siebenten,  and  in  einem 
der  96  Stunden  erhitzten  noch  sm  neunton  Tage  ein  Anflug  von 
BacäUn. 

7.  Eine  Aniahl  zugeschmolzener  Reagenzgläser,  welche  73  bis 
91  Stunden  der  Temperatur  von  7(1—75"  ausgesetzt  gewesen  mm 
and  in  denen  sich  nichts  Lebendes  entwickelt  hatte,  wurden  dorcb 
Aufbrechen  des  Halses  geöffnet  und  mit  Hülfe  einer  voilier  ans^- 
glubten  Stahlnadel,  ein  jedes  mit  einem  Tropfen  schwärmender  Ben- 
ßaciUen,  die  eben  im   BegritT  standen,  Sporen  zu  bilden,  inflcirt. 

Die  eine  Hälflo  dii^scr  Gläser  wnrde  in  den  Wännkaaten  bei 
35—30"  gebracht;  nach  17  Stunden  halten  sich  die  Jlitoi/Un  stark 
remchrt,  waren  in  lauge  Fädi-n  aufgewachsen,  tlieiU  in  achirlrmen- 


871 

der  BewegQDgi  theiU  zu  einem  schwimmenden  Häatchen  parallel  an- 
einandergelagert,  welches  Tags  darauf  in  Sporenbildong  überging; 
es  war  also  der  Henanfgiiss  noch  geeignet  Bedeuten  zu  entwickeln. 

Die  andere  HUfte  der  inficirten  Gläschen  dagegen  wnrde  in  den 
Heisranm  snrflekgestellt  nnd  in  diesem  bei  ca.  75 "  noch  24  Stunden 
belassen,  die  Flüssigkeit  war  vollkommen  klar  geblieben ;  nnter  dem 
Mikroskop  zeigte  sich,  dass  die  zugesetzten  Bacillen  unbeweglich 
geworden,  mit  der  harzigen  Abscheidung  inkrustirt  und  in  Zersetzung 
flbergegangen  waren;  einige  Sporen  mussten  jedoch  keimfähig  ge- 
blieben sein,  denn  drei  Tage  später  hatte  sich  bei  einer  Temperatur 
TOB  25 — 30^  ein  i^oetZZenhäutchen  gebildet. 

Aehnllche  Versuche  mit  Reagenzcylindem,  die  nicht  zugeschmol- 
zen sondern  mit  Baumwolle  verstopft  waren,  gaben  ähnliche  Re- 
•oltate«  Aus  alledem  lassen  sich,  wie  ich  glaube,  folgende  Schluss* 
folgerungen  Ober  das  Verhalten  der  HeuiaotZ2en  bei  höheren  Tempe- 
raturen unter  100^  entnehmen: 

a.  Bei  einer  Temperatur  von  47 — 50^  vermehren  sich 
die  Bacillen  noch  lebhaft  und  gelangen  in  normaler 
Weise  zur  Haut-  und  Sporenbildung,  während  die  flbri- 
gen,  im  Heuaufguss  vorhandenen  Schizophyten  bereits 
bei  dieser  Temperatur  zur  Fortentwickelung  unfähig 
werden  (Versuch  1.). 

b.  Bei  einer  Temperatur  zwischen  50  und  55^  hört 
alle  Vermehrung  und  Entwickelung  der  Bacillen  auf, 
sie  bilden  bei  dieser  Temperatur  weder  Häute  nochSpo- 
ren,  die  schwärmenden  und  die  wachsenden  Fäden  werden 
getödtet,  die  Sporen  dagegen  behalten  längere  Zeit(min- 
destens  17  Stunden)  ihre  Keimfähigkeit  (Versuch  2.,  8.). 

c.  Während  gewöhnlieh  die  Heuaufgttsse  schon  nach 
24  Stunden  langem  Verweilen  in  einer  Temperatur  von 
60^  und  darüber  sterilisirt  werden,  scheinen  einzelne 
Bacillu8%i^ox^T\  sogar  drei-  bis  viertägige  Erwärmung 
auf  70 — 80^  zu  fiberdauern,  ohne  ihre  Keimfähigkeit 
einzubfissen  (Versuch  4-6.). 

Eine  genauere  Feststellung  der  Temperaturgrenzen,  in  denen 
sich  die  Entwickelung  der  Bacillen  bewegt,  behalte  ich  späteren 
ünterauehnngen,  die  sich  auf  exactere  Methoden  stützen  sollen,  vor. 

V.  Auch  in  ungekochten  Flüssigkeiten  entwickeln  sich 
Bacillen;  im  ungekochten  Heuaufguss  erscheinen  sie  gleichzeitig 
mit  BacUrium  Termo  und  gelangen  meist  auch  zur  Fadenbildung, 
werden  aber  von   ihren   lebenskräftigeren  Mitbewerbern  bald  unter- 


draoKi^  will  read  im  stark  erhitston  Substrat  ihre  Sporen  allein  lebeu- 
fäbig  bleibeo  und  daher  ausscbliesBlicb  zDr  Entwiokelang  gelangen '). 
Wie  bäalig  sieb  BaciHen  iu  den  serösen  FtUasigkeiten  tbicrltcher 
Oewcbe  entwickeln  und  zur  Sporenbildong  gelangen,  kann  aus  den 
Darstellungen  und  Abbildungen  von  Billroth  entnommen  werden. 
Wir  halten  es  fUr  wahrscheinlich,  dass  anch  die  vielen,  in  patholo- 
gischen Bildungen  beobachteten  LejXolhrictoTitien  in  den  Bntwick«- 
lungekreis  unserer  Gattung  Bacillus  gehören,  wenn  auch  der  gene- 
tische Znaammunhang  noch  dunkel  ist.  Insbesondere  bedarf  der  Anf- 
klAruDg  noch  die  wegen  ihres  scheinbar  normalen  Auftretens  in  llnod 
und  Rschenhdhle  so  räthselbafte  LejytotkrLv  buccalts  Robin,  deren 
steife  Fadenbllndol  ganz  so  aussehen,  als  seien  sie  anbeweglich  ge- 
wordene Enlwickelaogszuatlinde  eines  Bacillus.  Dass  sich  anch  im 
Magen  der  Kinder  Bacillen-  und  LeptoihrixMea  normal  entvickela, 
habe  ich  schon  früher  als  wahrscheinlich  hingestellt'). 

VI.  Ueber  die  Physiologie  der  Bacillen,  namentlich  Ober 
ihre  Fermentwirkungen,  fehlt  es  noch  an  ausreichenden 
Untersucbangen,  insbesondere  vom  chemischen  Gesichtspankte. 
Unsere  Beobachtungen  an  den  Bacillen  der  □eaanfgüsBe  haben  geseigt, 
dass  die  besonders  Üppige  Vermehrung  derselben,  das  Auswachsen  in 
lange  PAden  und  die  Sporenbildang  aasechHesBlich  an  der  Oberfliehe 
der  Nährflassigkeit,  also  offenbar  unter  Rinfluss  der  Lnft  stattfindet 
In  allen  unseren  Versuchen  mit  zngesehmolzenen  und  daher  mit  einer 
beschränkten  l^uPtmenge  versehenen  Kölbchen,  deren  Zahl  weit  Ober 
100  betrug,  entwickelte  sich  auf  der  Oberltäche  der  gekochten  Ben- 
anfgttssc  zwar  immer  das  aus  ruhenden  Bacillusrädea  in  parallelen 
Reiben  oder  SchleimbUndeln  gebildete  Häuteheu;  aber  es  blieb  tteta 
Ausaeret  dOnn,  zart,  fettig;  anrsehr  selten  begann  dieSporen- 
bildnng.  Wenn  in  einigen  dieser  Kölbchen  dicke,  staubige,  weisse 
oder  gelbe  Häule  gefnnden  wurden,  so  ergab  sich  ausnahmslos,  daaa 
der  zogeachmolzene  Hals  durch  Zufall  wieder  aufgebrochen  war,  wenn 
auch  nur  in  eine  feine  Oeffnung,    und  in  allen  diesen  FKllcn  hatten 

■)  Iu  thiiliclier  Weise  werden  die  chromogeDen  Mitracotctn  auf  Kanofftla 
u.  ■.  w.  durch  Haet.  Tmm  unterdrückt  (Beiirtge  1.  i.  p.  113,  l6U),  Auf  » bt 
•olchcB  Uebcrwuchern  dtr  ttaeiUtn  durch  Baeternm  Ttrmo  aind  tcmnillilldi 
di«  mir  »uosi  UDvcrsUndlichen  Angsben  von  Pasleur  turOektufHhrcn,  wel- 
ciier  die  FIuIoIbb  durch  die  Miiwlrkung  von  iweicrlri  Ürgsnlsiuca,  von  Tbieren 
(Bactcricn),  die  des  Sauustofia  bcdOrffu,  utid  von  PfUnicn,  Vllirionea  (wahr- 
•cbeiiillch  Bacillen),  die  durch  Sauerstoff  augeblich  getödl«t  werden,  ui  erkli- 
rcn  versuchi  ha).  CoRi|)t«s  reiidiis  d«  VAcadriiiiio  des  •cienees  de  Paria  lS6t. 
tu.  all.  344. 

*)  Bettrige  Band  L  Heft  9.  p-  194. 


178 

Hch  Sporen  oiMseiihaft  gebildet     Es  unterliegt  daher  keinem  Zwei- 
fel, dass  die  vollkommene  Entwiekelnng  der  Bacillen  und 
insbesondere  ihre  Fortpflanzung  dnreh  8poren  nur  bei 
nngebindertem  Lnftsntritt   eintritt.     Aber  gerade  bei  den 
der  Lnft  frei  ansgesetzten  nnd  von  reicher  i^ootT^t^hant  bedeckten 
Aa%Q8Ben  findet  keine  anffisllende  Fermentation  statt ;  dieselben  blie- 
ben,  nachdem  sie  sich  kurze  Zeit  getrabt,  spfiter  völlig  unverändert. 
Auf  der  andern  Seite  wissen  wir,  dass  in  hermetisch  verschlossenen 
Blechbttchsen  mit  Conserven,  in  welchen  durch  stundenlanges  Kochen 
alle  oder  doch  der  bei  weitem  grösste  Theil   der  Luft  ausgetrieben 
sein  mnsBi  sich  mitunter  Bacillen  entwickeln,  ohne  sich  jedoch  beson- 
ders reichlich  zu  vermehren,  gleichwohl  aber  eine  äusserst  energische 
Fermentation  veranlassen,  in  Folge  deren  sich  Gas  unter  mftchtigem 
Druck  entwickelt.    In  den  am  Anfang  dieser  Abhandlung  erwähnten, 
ans  Frauenfeld,  Canton  Thurgau,  bezogenen  Blechbflchsen  mit  ver- 
dorbenen Erbsen  waren  durch  die  Spannung  des  Gases  die  Deckel 
oonvex  nach  aussen  gewölbt,    und  als  einer  der  Steuerbeamten  bei 
Ankunft  der  Sendung  aus  der  Schweiz  seiner  Pflicht  durch  Anbohren 
eines  Deckels  glaubte  Oenflge  leisten  zu  mflssen,  wurde  der  flüssige 
Inhalt  der  Bfichse  im  Nu  explosionsartig  nach  Aussen  geschleudert 
Aehnlicbe  Explosionen  habe  ich  sdion   187 2  bei  der  Oihrung  ge- 
koehter  Lupinen  in  zugeschmolzenen  Glaskölbchen  erwähnt'). 

leb  vermuthe,  dass  unter  solchen  Umständen  Butter- 
sftmregihrung  eintritt  und  dass  die  £act7/6n  die  Erreger 
derselben  sind;  denn  bei  sonst  gleichen  Verhältnissen  unterbleibt 
in  den  Conserven  die  Oährung,  wenn  keine  Bacillen  sieh  entwickeln, 
nnd  umgekehrt').  Hiernach  geht  die  Fermentwirkung  der 
Bacillen  in  luftfreiem  Räume  mit  besonderer  Intensität 
yor  sich,  während  intensives  Wachsthum  und  Sporenbil- 
dung an  den  ungehinderten  Zutritt  der  Luft  gebunden 
ist  leb  verzichte  darauf  die  nahe  liegende  Parallele  zwischen  die- 
sen und  den  Beobachtungen  Ober  das  Verhalten  des  Alcohol-Hefe- 
pilzes  auszufilhren,  weil  eben  die  chemische  Seite  der  Fermentthätig- 
keit  der  Bacillen  mir  nicht  genfigend  durchgearbeitet  scheint'). 

Eigentliche  Fäubiss,  welche  erst  mit  der  völligen  Zerstörung  der 
faulenden  Substanz  abschliesst,  tritt  in  gekochten  Substanzen  und 
Anfgttssen  niemals  ein,    wenn  nicht  nachträgliche  Infection  mit  dem 


1)  Beiträge  Bsnd  1.  Heft  2  p.  318. 

S)  Vergl.  auch  Pasteur,  Compt.  rend.  1861.  LH.  344. 

*)  Vergl.  Jahresbericht  der  Sehles.  (yeieUschaft  1873,  Botan.  Section  p.  117. 


274 

Fermtnl  der  FsuInJaG,  Bactenum  Teniio  '),  atatllinii^l ;  bei  H^iunfgAa- 
a<^n  t;eiiil^'t  Brwürniiing  auf  &0",  um  Uiese  VeränJcruDgru  «Ivrch 
H.  Temui,  nicht  aber  di«  durch  Bacillus  zn  verhindern.  UnKre  Unter- 
snchungen  geben  neue  Stutze  dem  Satze,  den  ich  als  den  Angvl- 
pnnkt  fUr  die  wiDscnscbsftliche  Erkennlnisa  der  Bsclo- 
rien  und  ihrer  cliemischen  nud  patbogenen  Fermentwir- 
kungon  Oberhaupt  betrachte,  dasB  es  ganz  verscbiadaa« 
Gatlangun^)  dieser  Organismen  giebt,  wclcbo  immer  nur 
auä  Keimen  gleicher  Art  hervorgehen  and  durch  ver- 
schiedene Entwickeinng,  verschiedene  biolugische  B«- 
dingUDgen  und  Fermentthütigkciten  eich  acharf  and 
constant  unterscheiden.  Als  zwei  solche  völlig  distinote  Qal- 
tongen  haben  wir  insbesondere  Bacterium  Tenno  nnd  die  ßa- 
ciäen  nachgewiesen,  welche  höchstens  in  ihren  ersten  Gntwicke- 
lungszn ständen  verwechselt  werden  können,  etwa  wie  die  Zoosporea 
und  Keimlinge  einer  Vhnetophora,  einer  Cladoi'horn,  einer  Ulothrix 
u.  a.  verwechselt  werden  können,  die  aber  durch  ihre  geaammte 
Entwickelungsgeschichle,  durch  ihr  Verbalten  gegen  höhere  Tempe- 
raturen und  andere  Lebensbedingungen,  sowie  durch  ihre  Ferment- 
wirkung sich  durchaus  verschieden  erweisen. 

VII.  Unter  den  bisher  beobtchteten  Bacillen  nehmen  die  im  Blat 
milzbrandkranker  Thiere  und  Menschen  sich  in  nnendlichcr  Meng« 
entwickelnden  insofern  eine  besondere  verbängnissvolle  Stellung  e 
als    ihre     pathogene    Bedeutung    ausser     allem    Zweifel 


>)  Nicht  Iniiisorien,  Vibriouen  oder  Bacierica  Bchlechlhin,  wie  man  Mbcc 
Mgle,  tooderD  eine  von  den  Obrlgen  Baclerieo  disiincie  Art,  Batttriam  2Wi 
iai,  wie  ich  schon  im  Jahre  1872  iiisgespruchcn  (Beilrige  fiMid  1.  Heft  i 
p.  169,  203)  da*  Ferment  der  Fiulnias  io  dem  ntmllchcn  Sinne,  in  dem  .'itorka- 
Tomj/eet  als  Ferment  der  AlkoholgaUrung  lieieichnet  wird.  Wer  n*di  heul 
die  Fluluisi  von  CLuer  spontanen  DLSBorialion  der  Proteiomolemle,  mler  von 
einem  uoorgaalsirlen  Feriucoc  ableitet,  oder  gar  au*  „SticksioKspliueni" 
die  BsJken  lur  Stölce  seiner  Fiulnissthcoric  zu  ümmem  versuchl,  hat  tucrsi 
den  Sa»  „Keine  Fiulalss  obne  Baettrium  Ttrmo"  zu  widerlegen.  Da 
auch  in  Wasser  unlöslii-be  Albuniinaie,  1. 1).  harigekocliteB  1 1 öl inerci weiss,  duii:^ 
die  Fiulniisliacterieii  xerslürl  werden,  su  ist  auiuDchiiieii.  da»  diese  Bacterien 
luuiclist  ein  (lattrige*  äccrei  auMcheideri,  welches,  Abnlich  dem  Pepatii,  ai 
feste  •tickslofThaliige  Verbindungen  i\x  vcrQüasigcD  und  lu  spalten  veriuag;  d 
ein  Theil  dieser  Spaltangsprudnclc,  nnd  zwar  Amraoniikverbiuduagen, 
Emihrung  und  Vcrmelirung  der  Baelerien  vcrwerthel  werden,  liabe  ich  acbon 
Irilhrr  (Band  I,  Heft  2  p.  210)  wahrscheinlich  lu  macheu  gesucht. 

>)  Meine  (iatiungen  f .Uieroeoccw,  ßacltriam,  BaeiUui,  Vitrio,  ^irUlnm, 
SptToeliaettJ  halte  icti  tSr  nalflrlich,  während  ich  die  von  mir  aufgMleflten 
Arten  dieser  Oallungen  nur  als  provisorisch  anscbe. 


875 

steht.  Im  Jmhre  1875  habe  ieh  darauf  anfmerksam  gemacht, 
da  die  Bacälen  sich  In  der  Regel  durch  Danersporen  fortpflanzen, 
daas  amch  bei  den  Stäbchen  des  Milzbrandes  solche  zn  erwarten, 
ud  daas  in  diesen  die  Keime  der  Infection  in  scheinbar  Stäbchen- 
freiem  Blute  an  Terrnnthen  seien').  Zn  meiner  grossen  Frende  er- 
hielt ieh  von  Dr.  Koch  in  Wollstein  eine  briefliche  Anzeige  vom 
SS.  April  c,  dass  derselbe  sich  längere  Zeit  mit  der  Untersnchnng  des 
Milabrandeontaginms  beschäftigt  habe,  und  dass  es  ihm  endlich  gelun- 
gen sei,  den  vollständigen  Entwickelungsgang  des  Bacillua  AtUhracü 
maftufiaden;  er  sprach  seine  Bereitwilligkeit  ans,  im  hiesigen  pflan- 
senphysiologisehen  Institut  die  nothwendigsten  Experimente  unter 
meinen  Augen  anzustellen  und  mein  Urtheil  Ober  den  Befund  einzu- 
holen. In  Folge  dessen  hielt  sich  Herr  Dr.  Koch  vom  80.  April 
bis  3.  Mai  in  Breslau  auf  und  machte  in  unserem  Institute  durch  Ein- 
impfsn  mitgebrachten  Milsbrandmaterials  auf  lebende  Frösche,  Mäuse 
und  Kaninchen  eine  Reihe  von  Experimenten,  welche  mir  Oelegen- 
heit  boten,  mich  von  der  vollen  Richtigkeit  seiner  Entdeckungen 
aber  die  Entwickelung  der  Milzbrandbacillen  zu  flberzeugen;  auch  die 
Herren  DrDr.  Auerbach,  Cohnheim,  Eidam,  Lichtheim,  M. 
Traube,  C.  Weigert  haben  diesen  Versuchen  und  Demonstrationen 
beigewohnt.  Indem  ich  es  Herrn  Dr.  Koch  Obertasse,  Ober  seine 
dnreb  sinnreiche  Methoden  gewonnenen  Resultate  in  seiner  am  Schluss 
dieses  Aufsatzes  aufgenommenen  Abhandlung  selbst  zu  berichten, 
ood  die  hochwichtigen  Schlussfolgerungen,  welche  sich  aus  seinen 
Untersnehungen  Aber  die  Natur  und  Verbreitung  des  Milzbrandcon- 
tagiums  ergeben,  selbst  vorzutragen,  bemerke  ich  hier  nur,  dass 
die  Entwiokelungsgeschichte  der  Milzbrandbacillen  ganz 
und  gar  mit  der  fflr  die  Bacillen  der  Heuaufgflsse  ermit- 
telten flbereinstimmt.  Zwar  fehlt  den  Milzbrandbacillen  das 
bewegliche  Stadium,  im  Uebrigen  aber  ist  ihre  Aehnlichkeit  mit  den 
Heubacillen  eine  so  vollständige,  dass  ich  die  Zeichnungen  von 
Koch  ohne  Weiteres  zur  Erläuterung  der  von  mir  beobachteten 
Zustände  herbeiziehen  konnte,  sowie  umgekehrt  einzelne  meiner  Zeich- 
nungen zur  Illustration  der  Milzbrandstäbchen  dienen  können.  Ffir 
Diejenigen,  denen  die  Autopsie  dieser  merkwürdigen  Verhältnisse 
abgeht,  bemerke  ich  ausdrflcklich,  dass  von  einer  Unsicherheit  der 
Koeb*sehen  Untersuchungen  in  Folge  etwaiger  Verwechselungen  oder 
Verunreinigungen  absolut  nicht  die  Rede  sein  kann.  Es  liegt  hier 
einer  jener  Fälle  vor,    deren  die  Lehre  von  den  Bacterien  mehrere 


1)  Beiträge  Band  L  Heft  3  p.  200. 


»76 

aofzufuhren  hat,  daBS  eine  und  die  namllcLe  Bacterienform  udnr  vid- 
mehr  iwei  unter  dem  Mikroskop  uicht  sicher  lU  notcrscheiilend« 
Arten,  die  eine  im  menacblichen  OrgsniBmue  als  conaUnter  Begiaiter 
epeciJiRcber  pathologischer  Zustände,  ohne  Zweifel  ala  Trag«r  de« 
Contaginma,  die  andere  ausserhalb  des  Organisrnns  in  indifferenUn 
Medien  und  ohne  bekauDte  od«r  mit  ganz  verschiedenartiger  Pennent- 
wirkung  auftritt.  Ob  die  Zukunft  einen  genetischou  Zusammenhang 
iwischeD  den  ßacillen  des  Heu's  nod  des  Miltbrandes,  iwischen  drr 
Hpirochaete  des  Snmpfwasscra  ond  des  Recurrens,  iwischen  den  Mic.ro- 
rvcctMColonieen  verdorbener  Trinkbrannen  oder  g&hrender  Spetaen 
and  des  Typhus  oder  der  Diphtherilis  n.  s.  w.  wird  erkennen  laeaen, 
oder  ob  ea  aicb  hier  um  Sasserlich  ähnliche  aber  specifisch  verschie- 
dene Arten  oder  Rassen  handelt,  das  zu  entscheiden  mag  der  Wcitei- 
entwickelnng  der  Wissenschaft  anheimgeslellt  werden,  welche  seit 
der  Tcrbaltnisamäseig  kurzen  Zeit,  wo  diese  Fragen  ernatlicb  nod 
mit  eiacter  Methode  in  Angriff  genommen  werden,  schon  so  viele 
wichtige  Thatsachen  auf  diesem  Gebiet  ans  Licht  gebracht  bat. 
Brealaa,  Juli  1876. 


Untersnchnngen  über  Bacterien. 

V. 

Ke  Aetinlogie  der  Kilibrand-KraiiUieit,  begründet  auf  die 
Batwiokimigigeiolliohte  des  Baeillas  Anthraois. 

Von 

Dr.  Koch, 

Rreisphysikus  in  Wollstein, 
ffiem  TifelXL 


I.  Einleüung.  Seit  dem  Anffinden  der  stftbcheDftrmigen  Körper 
im  Blate  der  ao  Milibruid  gestorbenen  Thiere  hat  man  8ich  vieifaeh 
Mflhe  gegeben,  dieselben  als  die  Ursache  für  die  direkte  Uebertrag- 
barkeit  dieser  Krankheit  ebenso  wie  Ar  das  sporadische  Auftreten 
derselben,  also  als  das  eigentliche  Contagium  des  Milzbrands  nach- 
snweisen.  In  neuerer  Zeit  hatte  sich  hanptsftchlich  Davaine  mit 
dieser  Aufgabe  beschäftigt  und  gestfltzt  auf  sahireiche  Impfversuche 
mit  frischem  oder  getrocknetem  stäbchenhaltigen  Blute,  mit  aller 
Entschiedenheit  dahin  ausgesprochen,  dass  die  Stäbchen  Bacterien 
seien  und  nur  beim  Vorhandensein  dieser  Bacterien  das  Milzbrand- 
blut die  Krankheit  von  Neuem  zu  erzeugen  vermöge.  Die  ohne 
nachweisbare  direkte  Uebertragung  entstandenen  Milzbranderkran- 
knngen  bei  Menschen  und  Thieren  führte  er  auf  die  Verschleppung 
der,  wie  er  entdeckt  hatte,  im  getrockneten  Zustande  lange  Zeit 
lebensffthig  bleibenden  Bacterien  durch  Luftströmungen,  Insekten 
und  dergL  zurflck.  Die  Verbreitungsweise  des  Milzbrandes  schien 
hiermit  vollständig  klar  gelegt  zu  sein. 

Dennoch  fanden  diese  von  Davaine  aufgestellten  Sätze  von 
verschiedenen  Seiten  Widerspruch.  Einige  Forscher  wollten  nach 
Impfung   mit   bacterienhaltigem   Blute    tödlichen    Milzbrand    erzielt 


8T8 

huben,  ohne  dasB  eich  nachlior  Bncterien  iiD  Rlutc  fatiden,  rniil  um- 
gekehrt liess  eich  wieiler  durch  Iraprnng  mit  diesem  bacterienrnicti 
Blnle  Milzbrand  hervorrufen,  bei  welchem  Bucterien  im  Blute  ¥0r- 
handen  waren.  Andere  machten  dar&uf  anrmcrkum,  daas  der  MiU- 
brand  nicht  allein  von  einem  Contagium  abhänge,  welche«  oberhalb 
der  Erde  verbreitet  werde,  sondern  dans  diesfi  Krankheit  in  einem 
onzweifelhaften  Zusammenhange  mit  BodcnverhMltnissen  itebe.  Wie 
würde  eonst  zii  erklären  eein,  dnsa  das  endemische  Vorkommen  de* 
Milzbrandes  an  feuchten  Boden,  aliio  namentlich  an  FlnMlhAler, 
SiimpfiÜBtrikte ,  Umgebungen  von  Seen  gebunden  igt;  dasa  ferner 
die  Zahl  der  HilzbrandfSlle  in  nasBen  Jahren  bedeotender  ist  und 
aich  hanptBüchlic)]  anf  die  Monate  Angnst  und  September,  in  welchen 
die  Cnrve  der  Bodenwärme  ihren  Oipfelpnnkt  erreicht,  lasammen- 
drängt,  dass  in  den  Milzbranddistricten,  sobald  die  Heerdrn  in 
bestimmte  Weiden  und  Trfinken  gefuhrt  werden,  jedesmal  eine  grM- 
aere  Anzahl  von  Erkrankungen  unter  den  Thierer  eintritt. 

Diese  Verbflltnisse  sind  allerdings  durch  die  Annahme  ßavaine't 
nicht  zn  erklären  und  das  Ungenügende  derselben  hat  aar  Folg« 
gehabt,  dass  von  Vielen  die  Bedeutung  der  Baeterien  für  den  Hlb- 
brand  ganz  gelengnet  ist. 

Da  ich  einige  Male  Gelegenheit  hatte,  Thiere,  welche  an  MiU- 
brand  gefallen  waren,  zu  untersuchen,  ao  benntile  ich  dieae  zn  einer 
Reihe  von  Verauclien,  welche  zur  Aufklärung  der  chen  angedenteten 
dunklen  Ptinkte  in  der  Miizbrandätiologie  beitragen  sollten.  Hierbei 
kam  ich  sehr  bald  zu  der  Ueberzeugnng,  dass  die  Da  vain  e'scfa« 
Theorie  über  die  Verbreitungaweise  des  Milzbrandes  nnr  znm  Tbeil 
richtig  ist. 

Es  zeigte  sich  nämlich,  dass  die  Stäbchen  des  Milzbrandblates 
bei  Weilern  nicht  so  resistent  sind,  als  Davaine  seinen  Versuchen 
entnehmen  zn  müssen  glaubte.  Wie  ich  später  nachweisen  werde, 
bewahrt  das  Blut,  welches  nur  Stäbchen  enthält,  seine  Impffibigkeit 
im  getrockneten  Zustande  nnr  wenige  Wochen  und  im  feuchten  nnr 
einige  Tage  Wie  sollten  also  ao  leicht  vergängliche  Organismen 
du  oft  während  des  ganzen  Winters  und  im  feuchten  Boden  viel- 
leicht Jahrelang  schlummernde  Contaginm  de»  Milzbrandes  bilden? 
Hier  blieb,  wenn  die  Bacterien  wirklich  die  Uraacho  dea  MtUbrandea 
abgeben,  nichts  anderes  Übrig  als  anzunehmen,  daas  sie  durch  einen 
Qeneralionswechael  in  einen  anderen  gegen  abwechselndes  Eintrocknen 
und  Anfeuchten  unempfindlichen  Zustand  übergeben  kSnnen,  oder, 
was  weit  mehr  Wahrscheinlichkeit  bat  and  was  von  Prof.  Cobn 
schon  im  zweiten  ll<'ft«,  Band  I.  dieser  Beiträge  p.  145,  angedeutet  wurde, 


279 

daas  die  Bacterien  Sporen  bilden,  welche  die  Fähigkeit  besitzen, 
naeh  llngerem  oder  kflrserem  Ruhezustände  von  Neuem  zu  Bacterien 
anasvwaehaen. 

Alle  meine  weiteren  Versuche  gingen  nun  dahin,  diesen  vermuthe- 
ten  Entwicklnngazustand  der  Milzbrandbacterien  aufzufinden.  Nach 
maachen  vergeblichen  Bemflhungen  gelang  es  denn  auch  schliesslich 
dieses  Ziel  su  erreichen  und  damit  die  wahre  Milzbrandätiologie  in 
ihren  Omndzttgen  festzustellen. 

Da  die  Entwicklungsgeschichte  der  Milzbrandbacterien  nicht  nur 
botaniaehes  Interesse  bietet,  sondern  auch  manches  Licht  auf  die  bis 
jetzt  so  dunkle  Aetiologie  der  vom  Boden  abhängigen  Infections- 
krankheiten  zu  werfen  im  Stande  ist,  so  habe  ich  es  jetzt  schon, 
obwohl  meine  Versuche  noch  nicht  abgeschlossen  sind,  unternommen, 
die  wichtigsten  Resultate  derselben  zu  veröffentlichen. 

II.  Entwicklungsgeschichte  des  Bacillus  Anthrads,  Die  Milz- 
brandbacterien gehören  nach  Prof.  F.  Cohn's  System  der  Schizo- 
phyten^)  zur  Gattung  Bacälus  und  sind  mit  dem  speciellen  Namen 
Bacillus  Anthrads  belegt,  dessen  ich  mich  im  Folgenden  statt  des 
viel  umfassenden  Ausdrucks  Bacterien  bedienen  werde. 

1.  Im  Blute  und  in  den  Oewebssäften  des  lebenden 
Tbieres  vermehren  sich  die  Bacillen  ausserordentlich 
schnell  in  derselben  Weise,  wie  es  bei  verschiedenen 
andern  Arten  Bacterien  beobachtet  ist,  nämlich  durch 
Verlängerung  und  fortwährende  Quertheilung. 

Es  ist  mir  allerdings  nicht  gelungen,  diesen  Vorgang  direct  zu 
sehen;  derselbe  lässt  sich  aber  aus  den  schon  häufig  vorgenomme- 
nen und  von  mir  in  folgender  Weise  wiederholten  ImpfVersuchen 
schliessen.  Als  sehr  bequemes  und  leicht  zu  habendes  Impfobjekt 
benatzte  ich  meistens  Mäuse.  Anfangs  impfte  ich  dieselben  an  den 
Ohren  oder  in  der  Mitte  des  Schwanzes,  fand  aber  diese  Methode 
unsicher,  da  die  Thiere  durch  Reiben  und  Lecken  das  Impfmaterial 
entfernen  können;  später  wählte  ich  als  Impfstelle  den  Rücken  der 
Schwanzwurzel,  wo  die  Haut  schon  verschiebbar  und  mit  langen 
Haaren  bedeckt  ist.  Die  in  einem  verdeckten  grossen  Olase  sitzende 
Maas  wird  zu  diesem  Zwecke  mit  einer  langen  Pincette  am  Schwänze 
gefasst  und  letzterer  aus  einer  schmalen  Spalte  zwischen  Deckel  und 
Glasrand  so  weit  hervorgezogen,  dass  bequem  ein  flacher  querver- 
laufender Einschnitt  in  die  flaut  des  Schwanzwurzelrttckens  gemacht 
und  ein  möglichst  kleines  Tröpfchen  der  bacillenhaltigen  FIflssigkeit 


1)  Band  I.  Heft  3  dieser  Beiträge  p.  202. 


in  die  kleine  Wunde  gebracht  werden  kanu.  In  dieser  Wciae  asa- 
geführte  ImpfuDgen,  welche  ich  in  grosser  Zahl  gemacht  habe,  hatt«ii 
ansnahtDBlos  ein  positives  Resnltat,  sobald  ganz  friache 
Milzbrand-Substanzen  angewandt  wurden;  und  ich  glaube  deawegcB 
eine  derartige  Impfung,  je  naob  ihrem  Erfolg,  als  ein  iicheres  Bea^U 
auf  das  Leben  oder  Abgeatorbensein  der  Bacillen  auseben  eq  kOuMa: 
eine  Ansicht,  welche  durch  andeic,  spater  eq  erwithoende  VenaclM 
kls  richtig  erwiesen  wird. 

Theils  nun,  um  immer  mit  frischem  Material  Terseheo  in  müh, 
theils  aber  anch  nm  zu  prüfen,  ob  nicht  nach  einer  bestimmten  Zahl 
von  Generationen  die  Bacillen  in  eine  andere  Form  tibergehen,  wur- 
den mehrere  Haie  Mänse  in  aufeinanderfolgender  Reihe  geimpft,  so 
daaa  ohne  Unterbrcchang  die  folgende  Hans  immer  mit  der  Mili- 
anbstanz  der  kurz  vorher  an  Milzbrand  gestorbenen  inficirt  wurde. 
Die  längste  dieser  Reihen  betrug  zwunzig  Häuae,  so  das»  also  eben 
so  viele  Bacillengencrationen  vorlagen;  aber  bei  Bümmtticben  Tbieren 
ergab  sich  derselbe  Befund;  immer  war  die  Milz  erheblich  geschwollen 
nnd  mit  zahlloaen  Mengen  von  glasbvUen  Stäbchen  gefüllt,  welch« 
geringe  U rossen differenzen  hatten,  unbeweglich  waren  und  kein« 
Sporeiibildnng  oder  dergleichen  zeigten.  Dieselben  Bacillen  TandeB 
sich  auch,  aber  bei  weitem  nicht  so  zahlreich  ata  in  der  Ulla,  im 
Blute.  Bei  diesem  Versuche  hatten  sich  also  durch  viele  Gene- 
rationen ans  wenigen  Bacillen  immer  wieder  bedentcnde  Muses 
ebenso  gestalteter  Individuen  derselben  Art  entwickelt  nnd  da  man 
unter  diesen  neu  entstandenen  Bacillen  viele  mit  einer  beginnenden 
Qaertbeilang  in  ihrer  Mitte,  manche  an  dieser  Stelle  geknickte  nnd 
noch  andere  unter  einem  Winkel  loae  Zusammenhang  endo  erblickt, 
so  Usst  sich  wobt  eine  andore  Weise  ihrer  Vermehrung  «la  dnrcli 
Verlängerung  nnd  Quertheilung,  nachdem  sie  ungefähr  die  doppelte 
Länge  erreicht  haben,  kaum  annehmen.  Es  durfte  aber  auch  Mwb 
diesem  Resnltat  schwerlich  zu  erwarten  sein,  daae  dnrch  oooh  län- 
gere Reihen  von  Impfungen  eine  Form  Veränderung  der  Bacillen  er- 
reicht werden,  oder  dass  man  schliesslich  auf  einen  Generations- 
wechsel derselben  treffen  könnt«.  Auch  in  dem  der  Impfstelle 
benachbarten  aeröa  inlillrirten  Unterliaotzellgewebe  und  in  den  näcb- 
Bten  Lymphdrüsen  fand  ich  bei  Kaninchen  und  Meerschwcinefacn 
nnr  korze  und  in  der  Theilung  begrifTeno  Stäbchen, 

Die  Vertheiinng  der  Bacillen  im  KSrper  der  gfimpften  Thlere 
ist  nicht  immer  gleichmäsaig.  Bei  Meerschweinchen  enthielt  das 
Blut  aUBserordentlich  viele  Bacillen,  so  dass  ihre  Zahl  oft  derjenigen 
der  reihen  BlutkOrper  gleichkam  oder  aio  selbst  Obertraf;   im  Bläte 


der  Kaniiiehen  sind  sie  erheblich  weniger  sahireich,  oft  so  selten, 
dass  man  mehrere  Gesichtsfelder  durohmostern  mnss,  ehe  man  einige 
findet;  bei  Minsen  enthält  das  Blnt  stets  eine  so  geringe  Zahl 
Bacillen,  dass  sie  manchmal  zn  fehlen  scheinen^).  Dafür  findet 
man  bei  Kaninchen  die  Bacillen  um  so  reichlicher  und  sicherer  in 
den  Lymphdrüsen  und  in  der  Milz,  und  bei  Mäusen  in  erstaunlicher 
Meage  in  der  Milz.  Einigemale  habe  ich  die  Marksnbstanz  der  Tibia 
▼on  Mänsen  untersucht,  aber  nur  vereinzelte  Bacillen  darin  gefunden. 

Auf  weitere  hierher  gehörige  Details  über  die  Lagerung  der 
Baeillen  im  Gewebe  der  Milz^  in  den  Blutgeßtosen,  über  ihre  An- 
hiaf^gen  in  den  Capillaren  und  kleinen  Venen  und  die  dadurch 
bedingten  lokalen  Oedeme,  Gefässzerreissungen  und  Blutaustritte 
▼ermag  ich  wegen  des  rein  pathologischen  Interesses  dieser  Ver 
hUtnisse  hier  nicht  weiter  einzugehen. 

Ebenso  wflrde  es  zu  weit  führen,  die  Frage  nach  der  eigentlichen 
Todesorsache  der  an  Milzbrand  sterbenden  Thiere  zu  erörtern,  ob 
dieselben  durch  die  bei  dem  intensiven  Wachsthum  der  Bacillen  im 
Blvte  entwickelte  Kohlensäure  oder,  was  wohl  wahrscheinlicher  ist, 
dureh  giftig  wirkende  Spaltprodukte  der  von  den  Parasiten  zu  ihrer 
Emähmng  verbrauchten  Eiweisskörper  getödtet  werden. 

2.  Im  Blute  des  todten  Thieres  oder  in  geeigneten 
andern  Nährflflssigkeiten  wachsen  die  Baeillen  inner- 
halb gewisser  Temperaturgrenzen  und  bei  Luftzutritt 
IV  avsserordentlich  langen,  unverzweigten  Leptothrix- 
ihnliehen  Fäden  aus,  unter  Bildung  zahlreicher  Sporen. 

Am  einfachsten  überzeugt  man  sich  von  der  Richtigkeit  dieses 
Satzes  durch  folgendes  Experiment: 

Auf  den  Objectträger  wird  ein  Tropfen  von  möglichst  frischem 
Rinderblutserum  oder  Humor  aqueus  von  Rinderaugen  gebracht,  in 
diesen  ein  kleines  Stückchen  frische  bacillenhaltige  Milzsnbstanz  ein- 
getragen und  das  Deckgläschen  so  darauf  gelegt,  dass  die  Bacillen- 
masse nngefUhr  in  die  Mitte  des  Präparats  zu  liegen  kommt  Hierauf 
wird  der  Objectträger,  um  die  Verdunstung  der  Flüssigkeit  zu  ver- 
bitten, sofort  in  einen  feuchten  Raum  gebracht  und  mit  diesem  in 
den  Brutkasten  gestellt*). 

1)  Derartige  Fälle  haben  wahrscheinlich,  wenn  nur  das  Blut  der  mit  Milz- 
brand geimpften  Thiere  untersucht  wurde,  zur  früher  erwähnten  Ansicht 
gef&hrt,  dass  Milzbrand,  ohne  dass  Bacillen  im  Blute  sich  finden,  vorkomme 
and  dass  man  durch  Impfung  mit  bacillenfreiem  Blute  wieder  Milzbrand  er- 
zeugen k&me. 

S)  Als  feuchten  Raum  benutzte  ich  flache  mit  nassem  Sand  gefüllte  Teller ; 
auf  dem  Sand  lag  eine  Schicht  Kiltrirpapier  und  auf  diesem  die  Präparate. 


Der  Waasergehiilt  der  Luft  in  dem  feuchten  Ratim  mos*  so  n- 
gDÜrt  werden,  dass  die  Flaaaigkeit  nicht  nnter  dem  Deckglase  her- 
vordringt und  daaa  das  Serum  am  Rande  des  Deckglases  aicbt  ein- 
trocknet. Im  ereteren  Falle  werden  die  Bacillen  unter  dem  Deck' 
gläBcben  wcggeachwemmt  und  entgehen  der  Beobachtung,  im  lettteren 
wird  durch  die  Iruckne  Randschicht  des  Sernms  die  Luft  von  den 
Bacillen  abgesperrt  und  jede  weitere  Bctwickelung  derselben  damit 
verbindert. 

Die  so  zubereiteten  Prüparate  bleiben  15 — 20  Standen  im  Brut- 
apparat bei  einer  Temperatur  von  35 — 37".  Bei  einer  alsdann  vor- 
geDommenen  Untersuchung  finden  sich  in  der  Uitte  des  Präparats 
(Taf.  X[.  Fig.  t)  zwischen  den  noch  gut  erhaltenen  Zellen  der  Mili- 
pulpa  und  den  Blutkörperchen  (a,  b)  noch  viele  unverändert«  Ba- 
cillen, jedoch  in  geringerer  Zahl  als  im  frischem  Pr&paralc.  Sobald 
man  aber  die  Mitte  des  Prttparatee  verllsst,  IrifTi  man  auf  Bacillen, 
welche  um  dss  .1  —  8  fache  verlängert  sind  und  dabei  einige  leichte 
Knickungen  und  KrDmmnngen  zeigen  (Fig-  3).  Je  nlher  man  nno 
dem  Rande  des  Deckglases  kommt,  um  so  längere  Fiden  findet  man, 
welche  vielfach  gewunden  sind  und  schliesslich  die  hundert-  and 
mehrfache  Länge  der  ursprünglichen  Bacillen  erreichen  (Pig-  3). 
Viele  dieser  langen  Fäden  haben  ihre  gleicbmäaaige  Stmktnr  und 
ihr  glasbelles  Aussehen  verloren,  ihr  Inhalt  ist  fein  grannlirt  nnd 
itelleuweis  treten  in  demselben  kleine  stärker  11  cht  brechend«  Kdm- 
eben  in  regelmässigen  Abständen  auf  (Fig.  3b).  In  den  diebt  am 
Hände  befindlichen  Fäden,  welche  also  in  Bezug  auf  den  Gaaaoa- 
tausch  in  der  NährflOssigkeit  am  günstigsten  liegen,  ist  die  Gntwicke- 
lung  am  weitesten  vorgeschritten;  sie  enthalten  vollatindig  aasge- 
bildete  Sporen,    welche   in   der  Gestalt  von  etwas  lAnglieh  nDdea, 

Der  Teller  wurde  mit  einer  GlssplaMc  bedeckt.  Wenn  die  Sandaohichl  ao 
hoch  ist,  dus  der  Abstand  iwisclieii  der  OberflSehc  der  Prlparair  und  dw 
unteren  Seite  der  Gluplalte  '^  bis  1  Clm.  I)elrigl,  dum  bleilien  die  Pripa- 
rate  genügend  fpucht.  Der  von  mir  sngewuidle  Bnllspparat,  welch»  «Mha 
auf  einander  gPBlellle  Teller  tnil  Prip4raieD  aulnehmen  konnte,  wurde  In  Er- 
mangelung von  Gas  durch  eine  mit  Cylinder  versehene  Petruleumlampe  rr- 
wlnnt  Allen,  wclelie  ohne  Gas  oder  ohne  Regulator  derartige  Verauchr  inii 
dem  BrfllapiiarBt  unlemchmeii  wollen,  bann  ich  diese  Methode  der  Heilung 
nicht  genug  empfehlen.  Da  man  mit  einer  kleinen  Flamnic  einen  grasaea  Ap- 
parat geuQgend  erwlrmen  kann,  so  ist  bei  einem  eiiugcnua«»cn  gtpaieo  P«- 
Irolcauircservoir  der  Lajiiiic  iinr  iiötlilg,  dieselbe  ungeftlir  tigllch  einmal 
au  fiillen  und  die  Höhe  der  Flamm«  ßr  die  gewünsehte  Temperswr  richtig 
ausiu|>roblren.  um  ohne  bcKondere  Mühe  oder  AtifKlelit  fortwährend  riar  kaum 
um  ("i"  «chwaiikcndr  Temperatur  eu  haben. 


>85 

stark  liditbreeheDden  Körpern  in  ganz  regelmässigen  kansen  Abstän- 
den der  Substanz  der  Fäden  eingelagert  sind  (Fig.  4  a).  In  dieser 
Form  gewähren  die  Fäden,  namentlich  wenn  sie  in  vielfach  verschlnn- 
geiien  und  nm  einander  gewundenen  Linien  gruppirt  sind,  einen  über- 
tasehenden  Anblick,  der  sich  am  besten  mit  demjenigen  höchst  zier- 
lieher,  kflnstlich  angeordneter  Perlschnüre  vergleichen  lässt. 

Ifanehe  Fäden  sind  auch   schon   in   der  Auflösung  begriffen  und 
ihre  frohere  Gestalt  nur  noch  durch  die  reihenförmige  Lagerung  der  von 
einer  sehleimigen  Bindesubstanz  zusammen  gehaltenen  Sporen  ange- 
deutet   Dazwischen  liegen  dann  bisweilen  einzelne  freie  und  kleine 
Häofehen  zusammen  geballter  Sporen  (Fig.  4  b).     In  einem  einzigen 
solehen  gut  gelungenen  Präparate  sind  also  alle   Uebergänge  von 
dem  kurzen  Bacillusstäbcben  bis  zu  langen  sporenhaltigen  Fäden  und 
freien  Sporen  vertreten  und  es  könnte  damit  schon  der  Beweis  daf&r 
gebracht  sein,  dass  letztere  aus  ersteren  hervorgegangen  sind.    Trotz- 
dem  ich  anfangs  diesen  Versuch  mehrfach   wiederholte  und   immer 
wieder  zu  demselben  Resultate  kam,    stiegen  mir  doch  verschiedene 
Bedenken  gegen  die  Richtigkeit   dieser  Annahme  auf.     Wie  kamen 
die  Bacillen,   an  denen  ich   bis  dahin  keine  selbständige  Bewegung 
wahrgenommen  hatte,    an   den  Rand  des  Präparates,    während   die 
Blntkörperchen    in  der  Mitte  liegen   blieben?     Konnten  die  langen 
sporenhaltigen  Fäden  nicht  möglicherweise  am  Rande  der  FlQssigkeit 
doreh  aus  der  Luft  dahin   gelangte  Keime   entstanden  sein?     Denn 
gegen  eine  derartige  Verunreinigung  ans  der  Luft  waren  die  Präpa- 
rate nicht  geschätzt  und    in  der  That  wucherten  neben  den  Fäden 
avf  diesem  Wege   oft  die  schönsten  Colonien   von  Micrococcus  und 
Baderium  in   das  Präparat  hinein;    einigemale  erschien   auch  eine 
der  nnsrigen  ähnliche  Bacillusart.     Hier  kam   also  Alles  darauf  an, 
vollständige  Sicherheit   zu   erlangen   und   nicht  in   einen   Fehler  zu 
verfallen,    welcher  leider  schon  so  oft  bei  Culturversuchen  mit  den 
niedersten  Organismen  von  erfahrenen  Forschern  begangen  ist  und 
durch  welchen  die  Untersuchungen  auf  diesem   Gebiete   in    neuerer 
Zeit   etwas  in  Misscredit  gekommen  sind.     Ich    meine  den  Fehler, 
ähnliehe  Formen,  welche  in  derselben  Nährflüssigkeit  zu  gleicher  Zeit 
oder   kurz   nacheinander   entstanden    und    zugleich  mit   scheinbaren 
Uebergaagsformen  vermischt  sind,    ohne  Weiteres  als    verschiedene 
Eatwickelnngsstadien  desselben  Organismus  zu  erklären. 

Da  mir  die  Bedingungen  fflr  die  Entwickelung  des  Bacillus  An- 
thracis  bekannt  waren,  nämlich  die  NährflOssigkeit,  die  Temperatur 
bei  welcher  er  wächst  und  die  Nothwendigkeit  der  Luftzufuhr,  so 
versuchte   ich   auf  dem    Mikroskoptisch    diese  Erfordernisse  herzu* 

GokB,  matrifo  lorBiolofie  derPfluixen.    Band  II.  Ueft  II,  19 


384 


stellen,  um  ao  direkt  die  Vortinderang  der  Bacillen  beobichton  la 
kSnnen. 

So  sotiwiorig  ich  mir  anf&ags  die  AusFDljmng  dieica  Vcninchci 
vorgestellt  hatte,  so  cinfacli  gestaltete  er  bicIi  in  der  Wirklicbkuit. 
Mach  maiichem  missglticktem  Experiment  fand  ich  folgende  Methode 
als  die  zwtickmSssigBte : 

AU  W&rmeqoelle  diente  ein  M.  Schnlie'scher  lioizbarer  Olücct- 
tiech,  welchen  ich,  ebenso  wie  früher  vom  BrDtapparat  angegeben 
ist,  mit  einer  Petroleumlampe  erwärmte.  Das  Mikroskop  mas>  aller- 
dings anf  einen  Untersatz  gestellt  werdun,  um  die  Lampe,  welche 
mit  einem  Hachen,  aus  Itlech  gearbeiteten  Pelroleumreservoir  ver- 
sehen ist,  mit  ihrem  Cylindor  unter  den  Ann  des  heizbaren  Objecl- 
tiaches  na  bringen.  Eine  einzige  kleine  Flamme,  angefthr  unter  der 
Mille  des  einen  Arms  stehend,  genilgte  bei  meinem  Apparat,  um 
tag<:lang  den  Objecttisch  auf  der  erforderlichen  Temperatur  an  er- 
halten. Der  fcuclite,  lufthaltige  Raum  wurde  von  einem  durch  daa 
Deckglas  geschlossenen  hoblgeschlilTenen  Objecttrftger  ersetzt  (Fig.  6). 
Das  den  Bacillen  hierdurch  fUr  ihre  Entwickelung  gewährt«  Lufl- 
quantum  ist  sehr  gering,  aber  wie  die  Erfahrung  lehrt,  gcntlgt  es 
zum  Gelingen  des  Versuches.  Um  nun  die  richtige  Temperatur  für 
die  von  mir  angewandte  Sorte  von  hohlgeschlitrencn  Objecttrdgem 
SU  finden,  benntzte  ich  den  Schmelzpunkt  von  Rindertalg,  welcher 
im  Wasaerbade  anf  ziemlich  genau  4Ü"  bestimmt  war.  Von  diesem 
vorher  geprUlten  Rindertalg  wnrde  ein  Tröpfchen  auf  ein  Deckglas 
gebracht  und  dieses  durch  eine  rings  nm  die  Höhlung  des  Object- 
trtlgers  gepinselte  Schiebt  Proveoceröl  luftdicht,  und  zwar  mit  dem 
Talgtröpfchen  nach  unten  gerichtet,  auf  den  Hohlraum  des  Object- 
trügers  aufgesetzt.  Es  ergab  sich  dabei,  dass  der  Objecttisch  auf 
45"  erwärmt  werden  musste,  um  den  Tropfen  unter  dem  Deckglare 
eben  zum  SchmclEen  zn  bringen.  Für  die  zu  meinen  Versuchon  er- 
forderliche Temperatur  genttgte  es  also,  den  Objecttisch  so  zu  hcisen, 
dass  sein  Thermometer  dauernd  auf  40"  zeigte.  Zu  gteieher  Zeit 
mnsste  es  auffallen,  dsss  eine  Annäherung  des  Tubus,  wie  sie  tur 
Einstellung  eines  Objectes  fUr  üartnaek  Obj.  7  Ocul.  3,  welche 
ich  bei  diesen  Untersuchungen  benutzte,  erforderlich  ist,  jedesmal 
stark  abkühlend  wirkte  und  die  Temperatur  in  dem  Tropfen  nm  b 
bis  8"  herabsetzte.  Nach  diesen  Ermittelungen  brachte  ich  auf  die 
untere  Seite  des  Deckglases  einen  Tropfen  frisches  Rinderblntnemm 
oder,  was  sich  fitr  diesen  Versnch  noch  viel  besser  bewihrle,  einen 
Tropfen  ganz  frischen  und  möglichst  reinen  Tluntor  agvetu  tob 
Rinderaugen.     Der  Tropfen    darf  natürlich    nur    ao  diek  aetn,   dMt 


«85 

man  noch  alle  seine  Schichten  mit  dem  Mikroskop  darchmustern 
kann^).  Hierauf  wurde  in  den  Rand  des  Tropfens  eine  möglichst 
geringe  Menge  gans  frischer  bacillenhaltiger  Milzsnbstanz  eingetragen 
nnd  das  Deckglftschen  sofort  auf  den  mit  Oel  bestrichenen  Object- 
träger  gelegt  Der  kleine  Hohlraum  füllt  sich  schnell  mit  Wasser- 
dampf und  die  anftngliche  Verdunstung  des  Tropfens  ist  so  gering, 
dass  anr  am  inssersten  Rand  einige  Bacillen  vertrocknen;  später 
behält  der  Tropfen  tagelang  unverändert  seine  Gestalt.  Das  so  her- 
gerichtete Präparat  wurde  nun  auf  den  geheizten  Objecttisch  gebracht 
und  nachdem  die  Strömungen  in  der  sich  erwärmenden  Flüssigkeit  sich 
gelegt  hatten,  einige  mehr  nach  dem  Innern  des  Tropfens  zu  gelegene 
Bacillen  fixirt,  rasch  noch  ihre  Form  und  Lage  gezeichnet  und  dann 
der  Tubus  hinaufgeschroben,  um  eine  ungleichmässige  und  zu  lange 
Abkflhlnng  des  Präparates  zu  vermeiden.  Bei  der  nun  folgenden 
alle  10  bis  20  Minuten  vorgenommenen  Untersuchung  wurde  wahr- 
genommen, dass  die  Bacillen  anfangs  etwas  dicker  werden  und  an- 
scheinend aufquellen,  sich  aber  in  den  ersten  beiden  Stunden  kaum 
merklich  ändern.  Dann  aber  beginnt  ihr  Wachsthum.  Schon  nach 
3  bis  4  Stunden  haben  sie  die  10 — 20  fache  Länge  erreicht,  sie 
fangen  sich  an  zu  krümmen,  gegenseitig  zu  verdrängen  oder  geflecht- 
artig durcheinander  zu  schieben.  Nach  einigen  weiteren  Stunden 
sind  die  einzelnen  Fäden  schon  so  lang,  dass  sie  durch  mehrere 
Gesichtsfelder  reichen;  sie  gleichen  einem  Haufen  Glasftden,  welche 
nach  Art  von  Schlingpflanzen  sich  in  der  verschiedensten  Weise 
bald  zu  langen  parallelen  Zügen  oder  zu  äusserst  zierlichen  spiral- 
förmig gedrehten  Bündeln  vereinigen,  bald  aber  in  den  unregel- 
mässigsten  Figuren  zu  einem  unentwirrbaren  Knäuel    verschlingen. 


1)  Unter  verschiedenen  Arten  hohlgeschliffener  ObjecttrSger  fand  ich  am 
bequemsten  einen  von  3  Mm.  Dicke,  welcher,  beiläufig  bemerkt,  60  Mm.  lang 
and  20  Mm.  breit  ist.  Seine  obere  Fläche  ist  matt  geschliffen;  der  Hohlraum 
hat  die  Form  eines  Kugelabschnittes,  einen  Durchmesser  von  14  Mm.  und  eine 
Tiefe  von  1,5  Mm.  Hartnack*sche  Deckgläschen  von  IS  Mm.  Quadrat  und 
0,15  Mm.  Dicke  lassen  sich  auf  solchen  Objectträgem  sehr  gut  durch  Oel 
luftdicht  befestigen.  Dem  Tropfen  auf  der  unteren  Seite  des  Deckglases  gab  ich 
einen  Durchmesser  von  ungefalur  5—7  Mm.,  so  dass  er  vom  Oel  ringsum  ungefähr 
noch  3—5  Mm.  entfernt  bleibt  und  dieses  ihn,  selbst  wenn  es  unter  dem  Deck- 
glas etwas  nach  innen  fliesst,  nicht  leicht  erreichen  kann.  Zu  Rulturversuchen 
im  Brütapparat  habe  ich  Objectträger  mit  einem  darauf  befestigten  Paraffinring 
sehr  praktisch  gefunden,  man  kann  sich  dieselben,  in  jeder  beliebigen  Grosse 
und  Form,  leicht  selbst  anfertigen  und  ganz  in  derselben  Weise  wie  hohlge- 
sehliffene  ObjecttrSger  benutzen, 

19» 


i86 

io  da9s  GS  ganz  unmöglidi  wiril,  den  einiolDcn  Faden  in  seiner 
ganzen  Länge  weiter  21t  verfolgen. 

Betrachtet  man  das  freie  Ende  eiaes  Fadeoe  andanemd  darch 
längere  Zeit,  etwn  15  bis  20  Minuten,  dann  vermag  man  leiclit  die 
fortwährende  Verlängerung  desaelbeo  dircct  wahrEonehmen  nad  kann 
Bich  so  das  merkwürdige  Schanspiel  von  dem  sichtbaren  Wachaen 
der  Bacillen  verachaffen  und  die  unmittelbare  Uebersengung  von 
ihrer  Weiterent Wickelung  gewinnen.  Schon  nach  10  bis  li  Slaaden 
cTScheint  der  Inhalt  der  kräftigsten  und  am  üppigsten  gcwacbiencn 
Ffiden  fein  grauulirt  und  bald  scheiden  eich  in  regelmässigen  Ab- 
stünden sehr  kleine  mattgUnzende  Körnchen  ab,  welche  sich  nach 
einigen  weiteren  Stunden  zu  den  stark  lichtbrechenden  oirttnden 
Sporen  vergrössern.  Allmählich  zerfallen  dann  die  Fäden,  serbröckeln 
an  ihren  Enden,  die  Sporen  werden  frei,  sinken  dem  Ocsette  der 
Schwere  folgend  in  die  unteren  i^chichten  des  Tropfens  und  sammeln 
sich  hier  in  dichten  Haufen  an.  In  diesem  Zustande  bleibt  dana 
das  Prüparat  wochenlang  nnvorändcrt.  Die  auf  der  Tafel  XI.  ba- 
findlicben  Abbildungen  geben  ein  möglichst  getreues  Bild  (Fig.  1 — 4) 
von  den  eben  geschilderten  verschiedenen  Entwickelungsstufen  dw 
Dncillui  Anthracü. 

Auch  in  den  Präparaten,  welche  nach  dieser  Ucthode  angefortift 
und  behandelt  wurden,  traten  bisweilen  verschiedenartige  Bacterien 
in  grossen  Schwärmen  und  ruhenden  Colunien  als  nngebelene  Gäste 
auf  nnd  stjjrten  die  Beobachtung  der  späteren  Entwickehingsatadten 
des  BaciUuit  Anthracia.  Sobald  man  aber  eine  grössere  Antahl  von 
Präparaten  mit  einiger  Sorgfalt  unter  Anwendung  von  mAglichal 
frischem,  reinem  Humor  aqueits  oder  Blutserum  and  anmittelbar 
dem  tuüten  Thierkdrper  entnommener  Milzsubstanz  anfertigt  und  iu 
den  Brutapparat  bringt,  wird  man  mindestens  in  der  Hälfte,  Öfter  fn 
allen,  hei  wiederholter  Untersuchung  eine  vollkommene  reine  Onltur 
von  Milzbrandbacillen  ßndeu.  Uleibt  unter  den  im  Vorhergehenden 
angegebenen  Bedingungen  die  Entwickoluug  der  Bacillen  ganz  aus, 
oder  wachsen  letztere  nur  kümmerlich  und  kommen  nicht  zur  Sporen- 
bildung,  dann  liegt  irgend  ein  Fehler  in  der  Anordnung  des  Experi- 
mentes vor.  Auf  welche  Kleinigkeiten  es  hierbei  unter  Umständen 
ankommt,  mag  mau  daraus  ersehen,  dass  mir  anfangs  manche  Cni- 
luren  missglUckten,  weil  ich  alle  Deckgläsi-hen  nach  dem  Uebranch 
in  eine  Üarbolsäurcldsung  legte  und  trotz  sorglUltigcr  Beioignng 
darch  den  Ucruch  erkennbare  Sparen  von  Csrbolsänre  biawcilou  an 
den  GläNchen  haften  blieben.  F.rst  nachdem  ich  mich  durch  Cuntrol- 
vorsacho   davou   Qberiengt  hatte,    dass   schon   ao   äusserst  gering 


287 

Meof^n  der  Carbolsftore  genügten,  um  die  Coltar  der  Bacillen  za 
stdren  und  demgemftss  die  Gläschen  immer  durch  mehrfaches  Ab- 
spdlen  Yon  der  Carbolsäare  vollständig  gereinigt  hatte,  blieb  ich 
▼on  diesen  Misserfolgen  verschont.  Später  wollte  es  mir  einmal 
dorebans  nicht  mehr  gelingen,  die  Fäden  zur  Sporenbildnng  zn  brin- 
gen; sie  wuchsen  in  eigenthQmlichen  gekräuselten,  ziemlich  langen 
PormeDy  verkflmmerten  aber  schliesslich,  nachdem  sie  nnr  vereinzelte 
oder  gar  keine  Sporen  angesetzt  hatten.  Ich  suchte  vergeblich  den 
Omnd  In  fehlerhafter  Beschaffenheit  des  Wärmeapparates,  der  Nähr- 
flflssigkeit  und  dergl.  Endlich  fiel  es  mir  auf,  dass  das  zum  Schliessen 
des  Präparates  benutzte  Oel  nach  flQchtigen  Fettsäuren  roch  und  als 
ieh  nun  zu  gleicher  Zeit  mehrere  Präparate  genau  in  gleicher  Weise 
aofertigtei  aber  fftr  einige  ranziges  Oel,  fttr  andere  tadelloses  Pro- 
veneeröl  zum  Befestigen  des  Deckglases  gebrauchte,  kamen  die  Ba- 
cillen In  letzteren  zur  vollkommensten  Sporenbildung,  in  ersteren 
zeigten  sich  nur  spärliche  Sporen.  Da  mir  diese  Wirkung  der  flüch- 
tigen Fettsäuren,  oder  vielleicht  nur  einer  bestimmten  Säure,  welche 
Dicht  einmal  direct  mit  dem  die  Bacillen  enthaltenden  Tropfen  in 
Berührung  kamen,  sondern  nnr  durch  ein  sehr  geringes  Quantum 
ihrer  Dämpfe  darauf  einwirken  konnten,  sehr  merkwürdig  erschien, 
80  wiederholte  Ich  diesen  Versuch  zu  verschiedenen  Zeiten  und  er- 
hielt Immer  dasselbe  Resultat. 

3.  Die  Sporen  des  Bacillus  Anthracia  entwickeln 
sieh  unter'  gewissen  Bedingungen  (bestimmte  Tempera- 
tur, Nährflüssigkeit  und  Luftzutritt)  wieder  unmittel- 
bar zu  den  ursprünglich  im  Blute  vorkommenden  Bacillen. 
Dass  die  in  den  langen  Fäden  gebildeten  glänzenden  Körperchen 
in  der  That  Sporen  sind  und  nicht  etwa  zufällige  Zersetzungspro- 
ducte  oder  Rückstände  der  absterbenden  ausgewachsenen  Bacillen, 
Hess  sich  wohl  schon  von  vom  herein  nach  Analogie  der  Entwicke- 
lungsgeschichten  anderer  Organismen  aus  der  Reihe  der  Pilze  und 
Algen  mit  Bestimmtheit  annehmen.  Später  zu  erwähnende  Impfver- 
suche mit  Flüssigkeiten,  welche  nur  Sporen  von  Bacillus  Anthracis 
und  keine  Spur  von  Bacillen  oder  Fäden  mehr  enthielten  und  doch 
Im  Stande  waren,  mit  derselben  Sicherheit,  wie  mit  frischen  Bacillen 
Milzbrand  zu  erzeugen,  bestätigten  diese  Vermuthung.  Um  aber 
einen  vollständigen  Einblick  in  den  Lebenslauf  des  Bacilius  Anthracis 
zu  gewinnen  und  namentlich  zu  erfahren,  ob  die  Sporen  durch  eine 
Zwischenform,  etwa  eine  im  Wasser  lebende  Schwärmspore,  oder 
direct  und  in  welcher  Art  und  Weise  wieder  in  die  Bacillen  über- 
gehen, war  es  das  Oerathenste,  den  einmal  betretenen  Weg  weiter 


Ell  verfolgen.  Womöglich  mnsste  orreirtit  werden,  die  Retmunf;  der 
Sporen  kUnatlicti  unter  Verliältnisaen  vor  sieb  golien  zu  lagaen,  wclrh« 
eine  directe  mikroskopische  Beubachtong  gesUlteu- 

Alle  Bemühungen,  die  Sporen  in  destilltrtcm  Wasner  and  Bnumeii- 
wssser  zur  Fortentwickloiig  bei  gewdbnlichor  Temperatur  oder  bei 
36"  zu  briDgen,  schlugen  fehl  In  Bliiteeram  oder  Humor  ufUmu 
nacb  der  früher  beechriebenen  Methode  in  geschlossenen  Zellen  ond 
im  Brutapparat  versuchte  Cnlturen  führten  nnr  zn  unvullltommeora 
Resaltaten;  es  entnickellen  sich  uoEweifel hafte  Bacillen,  welch«  an 
langen  Füden  aaswacbaen  nnd  Sporen  ansetzten;  aber  ihre  Zahl 
war  gering  und  der  Ucbergang  einzelner  Sporen  in  die  Bacillen  lieaa 
sieh  in  dem  Sporenhaufen  nicht  mit  genügender  Sicherheit  verfolgea. 
Schliesslich  schlug  ich  folgendes  Verfahren  ein,  weiches  sam  !Uete 
führte.  Ks  wurden  aas  Pr&paratcn ,  welche  nach  mikroskupiscber 
Prüfung  eine  ganz  reine  Cuitur  von  liaciÜus  Anthracü  enthieltan 
nnd  nachdem  die  langen  FSden  ganz  oder  grüsstentheila  zerfallen 
waren,  Tröpfchen  mit  Spurenmassen  entnommen,  auf  ein  Ueokglaa 
gebracht  and  Iheilweise  dicht  neben  dem  Rande  desaelbon,  thcilweiae 
mehr  nach  der  Hitte  zn  eclinell  eingetrocknet.  Dieses  Eintrocknen 
hat  den  Zweck,  da«s  die  SporenhfLufchen  zusammengehalten  und 
nicht  von  der  Nähr- Flüssigkeit  auaeinandergcschwemmt  and  zq  selir 
zerstreut  werdeu.  Die  Sporenmaaeen  blieben  einige  Standen  oder 
selbst  Tage  trocken;  aladano  worde  auf  einen  gewöhnliohen  (nicht 
hohl  goBchlilTeneo)  ObjecttrUger  ein  der  Qrösse  des  Deckgluea  eot- 
sprechender  Tropfen  Humor  aqueus  gebracht  und  das  Deckglas  so 
aufgelegt,  daas  die  Sporenmassen  von  der  FlQssigkeit  benetst  wurden. 
Daa  Präparat,  welches  also  nicht  mit  Oel  abgeschlossen  wird,  kam 
in  den  früher  beschriebenen  feuchten  Raum  und  mit  diesem  in  den 
Brutapparat,  welcher  eine  WÄrmc  von  35"  hatte. 

Nach  einer  halben  Stunde  fingen  die  hier  und  da  noch  zwiscbeo 
den  Sporen  liegenden  Reste  der  ausgewachsenen  Faden  an,  vollstln- 
dig  zu  zerfallen  und  nach  nngcf&hr  1^  bis  2  Stunden  waren  sie 
verschwunden. 

Schon  nach  3 — 4  Stunden  war  eine  Entwicklung  der  Sporen  la 
bemerken. 

In  den  Sporenhanfcben  am  Rande  des  Deckglases  war  ai«  am 
weitesten  fortgeschritten;  denn  sie  hatten  sieb  schon  faat  gau 
FtLden  verwandelt;  wahrend  nach  der  Uitle  des  FrAparatea  id  alle 
L'eberg&ogc  von  diesen  F&den  bis  in  den  einfachen  Sporen  atoh  faii> 
den.  Nach  Beobachtungen  an  zahlreichen  darartigen  Priparatcn 
gestaltet  aich  der  Vorgang  bei  der  Sporenentwicklung  folgendormauen. 


«89 

Bei  geaaiMr  Untemichiuig  mit  stärkeren  Vergrössernngen  (i.  B. 
Hartnaek  iamen.  9)  erscheiDt  jede  Spore  tod  eiförmiger  Gestalt 
ud  ia  eine  kaglige  glashelle  Masse  eingebettet,  welche  wie  ein 
heller  aehmaler,  die  Sporen  umgebender  Ring  aussieht,  deren  kng- 
lige  Form  aber  beim  Bollen  der  Sporen  nach  verschiedenen  Rich- 
tnngen  leieht  au  erkennen  ist  Diese  Masse  verliert  zuerst  ihre 
Kngelgeatalt,  sie  verUngert  sich  in  der  Richtung  der  Längsachse 
d«r  Igoren  naeh  der  einen  Seite  hin  und  wird  langgezogen  eiförmig. 
Die  Spore  bleibt  dabei  in  dem  einen  Pol  des  kleinen  walsenförmigen 
Kdrpers  li^^.  Sehr  bald  wird  die  glashelle  Hülle  länger  und 
CMtonförmig  und  an  gleicher  Zeit  fängt  die  Spore  an  ihren  starken 
Qlans  an  verlieren,  sie  wird  schnell  blass  und  kleiner,  zerfiillt  wohl 
auch  in  mehre  Partieen,  bis  sie  schliesslich  ganz  verschwunden  ist 
In  Fi|^.  5  ist  ein  solcher  Sporenhaufen  mit  den  Uebergängen  zu 
Fäden  nach  einem  solchen  Präparate  wiedergegeben. 

Später  ist  es  mir  auch  oft  gelungen  in  demselben  Präparat  und 
in  demselben  Tropfen  Humor  aqueua  aus  den  Bacillen  die  Sporen 
und  sofort  aus  diesen  wieder  eine  zweite  (Generation  von  sporen- 
haltigmi  Fäden  zu  erziehen.  Wenn  nimlich  nur  wenige  Bacillen 
in  den  Tropfen  gelangten,  hatte  sich,  wie  auch  sonst,  ungefthr  nach 
20 — 24  Stunden  die  Sporenbildung  vollzogen ;  das  Nährmaterial  war 
aber  noeh  nicht  verbraucht  und  einige  Stunden  später  wuchsen  die 
Sporen  sdion  wieder  zu  Bacillen  und  diese  zu  Fiden  aus. 

Namentlich  in  derartigen  Präparaten  konnte  der  Uebergang  der 
Sporen  zu  den  Bacillen  mit  Sicherheit  beobachtet  werden;  die  Fig.  5  b. 
ist  einem  solchen  Präparat  entnommen  und  Herr  Prof.  F.  Cohn 
hatte  die  Oflte,  diese  Zeichnung  unter  Anwendung  einer  Vergrösse- 
mng  mit  Seibert  immers.  VIII.  selbst  anzufertigen.  Aus  diesen 
höchst  einfachen  Formveränderungeu  der  Spore  bei  ihrer  Keimung 
geht  also  hervor,  dass  sie  aus  einem  stark  lichtbrechenden  Tröpfchen, 
vielleicht  einem  Oel,  besteht,  welches  von  einer  dünnen  Protoplasma- 
schicht eingehüllt  ist.  Letztere  ist  die  eigentliche  entwicklungsfähige 
Zellsubstanz,  während  ersteres  vielleicht  einen  bei  der  Keimung  zu 
verbrauchenden  Reservestoff  bildet 

Mit  dieser  letzten  Reihe  von  Untersuchungen  ist  der  Kreis, 
welcher  von  den  Formverändemngen  des  Bacillus  Anthracü  gebil- 
det wird,  geschlossen  und  damit  die  vollständige  Entwicklungs« 
gesehidite  desselben  gegeben. 

Da  in  den  letzten  Jahren  oft  die  wunderbarsten  Beobachtungen 
und  die  widersprechendsten  Ansichten  über  krankheitserregende 
Schiaaphyten  veröffentlicht  sind  und  deswegen,  wie  ich  schon  früh« 


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anilcutcle,  Arbeilcn  iiteer  Art  sowohl  von  BoUnikFi-n  als  Acuten 
mit  ciiium  wnhl  berechtigten  Misetrauen  auf^rtiommen  werde»,  so 
mnche  ich  nochmals  beeonderB  ilarunf  nufmerkRini,  liass  m  alch  bd 
meinen  Unteraiichungcn  nicht  um  eine  znOllligc,  vereinzelte  Beob- 
achtnn^,  sondern  um  itiöglichBt  oft  wiederholte,  mit  volUlinilig  atche- 
rem  Erfolg  zu  jeder  Zeit  anzustellende  Experimente  handelt. 

Um  Jeden,  der  ein  Intorease  fUr  die  Sache  hat,  in  den  Stand  EU 
setzen,  ohne  Schwierigkeit  »ich  selbst  durch  den  Augenschein  von 
der  Richtigkeit  des  Resultates  meiner  Untersuch ongcn  zu  Dberzcugrn, 
habe  ich  die  oft  durch  mühevolle  und  zeitranbende  Versuobn  gewon- 
nenen SIcthodcn,  nach  denen  ich  gearbeitet  habe,  möglichst  genau 
besehrieben.  Ganz  beiionderos  Gewicht  lege  ich  Ubrigons  nocb 
darauf,  daas  Herr  I'rof.  F.  Cohn  sich  auf  meine  Bitt«,  der  mich  an 
besonderem  Danke  verpflichtenden  MUho  unterzog,  meine  Angaben 
über  die  Entwicklungsgescbichte  des  Ilacidus  Anthracia  eingeliend 
an  einer  Reihe  von  PrAparalcn  and  von  mir  im  pflanzen  physiologischen 
Institut  zu  Breslau  angestellten  Experimenten  zu  prllfen  und  iu  allen 
Punkten  zu  bestätigen. 

Die  auf  die  Anthraibacillen  bezOgliche  Literatur  ist  mir  nur 
Iheilweise  xug&uglicb  gewesen  und  ich  musa  daher  auf  eine  vollslin- 
digc  Angabe  derselben  verzichten.  Nur  einige  Arbeiten,  weiche  mir 
erst  nach  Aoffinilang  der  Entwicklungsgeseliicble  des  BadUua  An- 
thracia  zur  Kenntniss  kamen,  möchte  ich  mit  einigen  Worten  berüh- 
ren. Bollinger')  meinl,  dass  dio  Bacillen  aus  Reihen  von  Kogel- 
bactericn  zusammengesetzt  sind,  in  welche  sie  gelegentlich  zerfallen, 
und  dass  diese  Kugelbaclerien  allein  im  Blute  vorkommen,  sich  durch 
Thoilung  vermehren  und  zu  Kcihcn  vereinigt  wieder  SUbchen  bilden 
können.  Fast  könnte  es  hiernach  scheinen,  als  ob  Bollinger  auch 
die  Sporenbildung  gesehen  hatte.  Doch  ist  dies  nicht  der  Fall,  denn 
er  giebt  an,  nur  einmal  Bacillen  von  0,06  Mm.  Lang«  gesehen  m 
haben,  eine  Grösse,  bei  welcher  die  Bacillen  noch  nicht  zur  Sporen* 
bildung  kommen.  Auch  dio  I.  c.  p.  465  gegebene  Abbildung  ent- 
hült  nur  abgestorbene  Bacillen,  auf  deren  Form  ich  spater  larflck- 
komme. 

Im  dritten  Heft  des  ersten  Bandes  dieser  Beilrage  p.  200  äusaert 
F.  Cohn  bei  der  Besprechung  der  eben  angefUhrtcn  Angaben  Bol- 
Hnger's,  dasa  er  die  Milzbrandstabchen  dennoch  für  Bacillen  halte 
und  daSB  man  nach  Analogie  anderer  Bacillen  eine  KortpflaBinng 
derselben  durch  kugelige   Danersporen   erwarten   mtisac;    eine  Ver- 


<)  Ziemsi 


9  Ihudk.  dci' 


l'siliol. 


iitid  TliFriip.   Ud.  3.  p.  4M. 


»1 

mttthQDgi  wdche  sich  sehr  bald  Terwirklichi  hat  Die  neoeste  Ver- 
öffentliehang  Aber  MilsbrandbaeterieD,  welche  von  C.  0.  Hars  her- 
rflhrt,  enthili  nach  dem  mir  vorliegenden  Referat  (AUgem.  med. 
Centimlseitnng  1876  No.  33)  nnr  negative  Resnltate,  welche  den  von 
mir  erhaltenen  positiven  gegenüber  ihre  Bedeutung  verlieren  mflssen. 

///.  Biologie  des  BadOu»  Änikraeis.  Die  Möglichkeit,  den 
Baeälue  Anthracis  unter  kOnstlichen  Verhiltniesen  an  sporenhaltigen 
Fiden  und  seine  Sporen  wieder  an  Bacillen  an  entwickeln,  beweist 
natflrlidi  noch  nicht,  dass  das  Vorkommen  des  Milzbrandes  unter 
allen  umständen  auf  die  verschiedenen  Entwickelungsformen  dieser 
Baeterienart  snrflckgeflihrt  werden  mttsse.  Da  er  im  lebenden  Orga- 
nismusi  wie  froher  geseigt  wurde  (allerdings  vorläufig  nur  ffir  die 
Thierqieeies,  mit  welcher  experimentirt  wurde,  beweisend),  sich  nicht 
weiter  entwickelt,  so  kann  nur  durch  Versuche  Ober  das  Verhalten 
des  Baeälus  ÄrUhracia  unter  Bedingungen,  welchen  er  auf  seinem 
muthmasslichen  Wege  nach  dem  Absterben  des  von  ihm  bewohnten 
Thieres  unterworfen  ist,   eine  Aufklärung  hierüber  gesucht  werden. 

um  nicht  su  ausführlich  su  werden,  muss  ich  die  sehr  umfang- 
reichen In  dieser  Richtung  angestellten  Versuchsreihen  kurz  zusam- 
menflusen. 

Substanzen,  welche  Milzbrandbacillen  enthalten,  können  in  trocke- 
nem Zustande  oder  in  Flflsslgkeiten  suspendirt  verbreitet  werden. 
Dass  sie  eingetrocknet  lange  Zeit  wirksam  sein  können,  war  schon 
bekannt;  doch  schwanken  die  Angaben  über  die  Dauer  dieser  Wirk- 
samkeit Um  diese  letzteren  genauer  zu  bestimmen,  wurden  folgende 
Versuche  gemacht: 

Milz,  Lymphdrüsen,  Blut  von  Mäusen,  Kaninchen  und  Meer- 
schweinchen wurden  sofort,  nachdem  sie  dem  Thierkörper  entnom- 
men waren,  an  einem  schattigen  luftigen  Ort  getrocknet,  und  zwar 
in  grösseren  Stücken,  in  kleineren  ungefthr  erbsen-  bis  hiersekom- 
grossen  Massen  und  in  am  Deckglase  eingetrockneten  dünnen  Schich- 
ten. Mit  diesem  Material  wurde  anfangs  täglich,  später  von  zwei 
au  zwei  Tagen  zu  gleicher  Zeit,  nachdem  eine  entsprechende  Menge 
in  Humor  aqueue  aufgeweicht  war,  eine  oder  mehrere  Mäuse  geimpft 
und  ein  Culturversuch  in  einer  Paraffinzelle  gemacht.  Die  in  sehr 
dünnen  Lagen  eingetrockneten  Bacillenmassen  verloren,  je  nach  ihrer 
Dicke,  nach  12 — 30  Stunden  ihre  ImpflßUiigkeit  und  ebenso  auch  die 
Mögtlehkeit,  im  Brütapparat  zu  langen  Fäden  heranzuwachsen,  un- 
mittelbar nach  dem  Anfeuchten  hatten  die  Bacillen  dasselbe  Aussehen, 
wie  im  frischen  Zustande;  aber  sie  zerfielen  sehr  bald  unter  später 
genauer  zu  beschreibenden  Veränderungen,  sie  waren  also,  nachdem 


^u^einen  gewissen  Theit  ihrer  Fencbtigkeit  verloren  hatten,  u^^ 
stürben.  Uickere  getrocknete  Stucke  hicllen  aiclt  Ewei  bia  droi 
Wochen  impf-  und  cutwit^kelungRfähi^.  Nocli  grössere  behielten  ibr« 
Wirksamkeit,  oiTenbnr  weil  sie  langsamer  vollkomnencr  luritrockcn 
werden,  gegen  vier  bia  fünf  Wochen.  Aber  lungere  Zeit  hindntch 
frisch  getrocknete  bacilleabsltige  Musuen  impITiiliig  su  erhalten,  iat 
mir  nie  gelangen,  obwohl  ich  diese  Versuche  in  der  verschiedenstea 
Weise  modificirt  and  wiederholt  habe,  weil  ich,  anf  Davains's 
Angaben  mich  verlassend,  anfangs  beatiraml  glsabto,  mir  anf  di«a« 
Weise  frisch  erhaltene  Milsbrandsiibstanien  filr  spHtf^re  Veraticb« 
sichern  za  können;  doch  wurde  ich  stets  auf  das  Empiindlichste 
getäuscht  und  niusslc  meine  Arbeiten  deswegen  mehrfach  nnterb rechen, 
bis  ca  mir  spfttcr  gelang,  in  anderer  Weise  einen  stets  wirksam«! 
Impfstoff  lu  gewinnen  und  mich  dadurch  vom  Zufall  unabhingig  n 
machen. 

Auf  eine  Erscheinung,  welche  hei  dieser  Versuchn reihe  reehl 
anffallend  hervortrat,  mnss  ich  noch  besonders  anfmerk>tam  ntachen, 
dass  nämlich  nur  solche  getrocknete  Substanzen  Mili- 
brand  hervorriefen,  aus  welchen  bei  don  gleichseitig 
angestellten  Cul  tur  versuchen  eich  spuren  hall  igo  PAilaa 
entwickelten  uml  umgekelirt.  Ea  würde  diese  Deubachtang 
allein  schon  genügen,  nm  die  directe  Uebertragbarkcit  dea  UiUbraa- 
des  als  von  dem  Vorhandensein  lebeusfilbigcr  Bacillen  abhängig  zu 
beweisen. 

Ehe  ich  su  den  Versuchen  Über  HilzbraudflUsdigkeilcn  Dbergehc, 
mUBB  ich  eine  Reihe  von  Cultarverauchen  bei  vcrschicdeiuen  Tempe- 
raturen erwähnen.  ¥.s  war  mir  hauptsächlich  darnm  an  thun,  die 
unterste  Temperatnrgrcnie  zu  finden,  bei  welchen  der  liaeäbu 
Anthraci»  noch  keiraßihige  Sporen  an  entwirkeln  vermag.  Ei  wur- 
den also  eine  Anzahl  Paraflinzelicn  in  der  früher  besclirii' heuen  Weite 
mit  Nährflassigkcit  und  frischt-n  lebe  na  kräftigen  BaeilUn  bcscbickt 
nnd  bei  verschiedenen  Temperaturen  aufbewahrt.  Da  diese«  Expe- 
riment während  dos  Winters  angcslillt  wurde,  so  war  es  mir  leiekt, 
einzelne  Präparate  in  einem  bis  auf  5"  abgekahlten  Baum  an  halten. 
Die  höheren  Temperaturen  (über  10")  wurden  vermittelst  des  heia- 
tiaren  Objecttisches  erhalten.  Hierbei  atellle  sich  heraus,  daaa  die 
kFlden  am  schnellsten  bei  36"  wachsen;  schon  nach  20  Stni4«a  i 
F  können  sie  bei  dieser  Temperatur  mit  den  schönsten  Sporen  v»rMlm 
aein.  Bei  30"  zeigen  sieb  die  Sporen  etwas  später,  niffl>i«li  nach 
nngcffthr  30  Stunden,  liei  nuch  niedrigerer  Tenipiratur  wird  ancli 
die  Eulwickelung  der  BaciUeu  eutaprecbeod  langsamer.    IteJ  16 — Üi" 


»98 

(Cels.),  miao  gewOhnlieher  Zimmertemperatiir,  brauchen  sie  uogefthr 
Bwei  ond  einen  halben  bis  drei  Tage  zor  Sporenentwickelung.  Unter 
18®  kommt  es  nnr  noch  ansnahmsweise  anr  Sporenbildnng  und  unter 
IS®  habe  leb  flberhaupt  kein  Wachsthum  der  Fiden  mehr  beobachtet 
Ueber  40  ®  wird  die  fintwickelung  der  Bacillen  kfimmerlich  und  schien 
mir  b«  45®  aufzuhören;  doch  habe  ich  die  Versuche  Aber  die  oberen 
Temperaturgrenxen  für  das  Wachsthum  der  Bacillen  nicht  oft  genug 
wiederholt  (da  der  heiabare  Objecttisch  immer  nur  die  Beobachtung 
eines  einielnen  Präparates  sulisst),  um  dieselbe  gans  genau  angeben 
an  können« 

leb  komme  nun  auf  das  ftlr  die  Aetiologie  des  Milzbrandes  so 
lusaerst  wichtige  Verhalten  der  Bacillen  in  verschiedenen  Flüssig- 
keiten und  unter  mögliehst  natflrlichen  Bedingungen.  Da  tou  dem 
mir  zu  Gebot  stehenden  Versuchsthier,  der  Maus,  nur  ein  sehr  gerin- 
ges Quantum  Blut  zu  erhalten  war  und  dieses  Blut  ausserdem  noch 
sehr  wenige  Bacillen  enthllti  so  nahm  ich  frisches  Rinderblut  oder 
den  Ton  mir  mit  Vorliebe  gebrauchten  Humor  aqueua,  einigemale 
aneh  Glaskörper  von  Rinderaugen  und  zerrieb  in  diesen  Flüssigkeiten 
frische  baeillenhaltige  Minsemilz,  so  dass  das  Gemenge  in  der  Zu- 
sammensetzung nngefUir  dem  Blute,  serösen  und  schleimigen  Flüssig- 
keiten Ton  an  Milzbrand  gefallenen  Thieren  glich. 

Derartige  Flüssigkeiten  in  ein  gut  yerkorktes  Glas  gefüllt,  neh- 
men im  Brfltapparat  sehr  schnell  einen  höchst  penetranten  Fftulniss- 
geruch  sn.  Die  Bacillen  sind  schon  nach  24  Stunden  verschwunden, 
ohne  dass  sie  zu  Fäden  ausgewachsen  wären  und  es  gelingt  dann 
■ieht  mehr,  damit  Milzbrand  zu  erzeugen.  Davon  dass  das  Abster- 
ben der  Bacillen  in  diesem  Falle  weniger  von  dem  Einfluss  der  sieh 
entwickelnden  Fäulnissgase,  welche  nieht  entweichen  können,  sondern 
von  dem  Mangel  an  Sauerstoff  abhängt,  kann  man  sich  leicht  durch 
folgendes  Experiment  überzeugen.  Ein  zwischen  einem  gewöhnlichen 
Objectträger  und  Deckglas  ohne  Luftblasen  befindlicher  baciilen- 
haltiger  Blutstropfen  wird  durch  eme  auf  den  Rand  gepinselte  Oel- 
aehieht  luftdicht  eingeschlossen  und  auf  dem  heizbaren  Objecttisch 
erwärmt  Das  Blut  zeigt  mit  dem  Mikrospektroskop  untersucht  an- 
fiuigs  die  beiden  Streifen  des  Ozyhämoglobin;  dabei  fangen  die 
BaelHan  ganz  wie  in  den  Zellenpräparaten,  an  sich  zu  verlängern 
und  erreichen  nach  ungefähr  drei  Stunden  die  4  — 5  fache  Länge. 
Dann  ist  der  Sauerstoff  verbraucht,  es  verschwinden  die  beiden 
Streifen  und  es  erscheint  dafür  der  zwischen  beiden  liegende  Streifen 
des  reducirten  Hämoglobin.  Von  diesem  Zeitpunkte  an  hört  auch 
das  weitere  Wachsthum  der  Bacillen  vollstündig  auf,  obwohl  noch 


»94 

keine  Fanlnissbacterien  bemerkt  werden  und  die  eigentlich  Fiolniu 
noch  nicht  eingetreten  ist').  An  einem  nolehen  PrAparftte  kann  mu), 
wenn  es  bei  niedriger  Temperatur  gcljaltea  wird,  in  voriaglicher 
Weise  die  Veränderungen  der  Bacillen  beim  Abstorben  atodiren. 
Dieser  Vorgang  gcstallet  «icb  folgen  derma  sticn.  Wahrend  friache 
Bacillen  nnd  im  kräftigen  Wachsihum  befindliche  (mit  Anannhinc  ■!«• 
Zeitpunktes  dicht  vor  der  Sporonhildiing)  immer  einen  homogeneB 
glaBbellcn  Intialt  haben  nnd  nur  g«ni  vereinzelt  eine  aunat  nur  darch 
winklige  Knickungen  angedeutete  Gliederung  neigen,  erkennt  nun 
in  den  absterbenden  Bacillen  als  erstes  Symptom  eine  Trllbnng  Am 
Inhalts  nnd  eine  Snndorung  desselben  in  kürzere  Abtheilungen.  Die 
Bacillen  erscheinen  dann  mehr  oder  weniger  deullieli  gegliedert, 
namentlich  so  lange  noch  die  iusaeret  feine  Ze1lenmenibr*B  die« 
Theilo  acheidenartig  nrahflllt  nnd  Enaammenhült.  Aber  sehr  bald 
verlieren  die  KaciUcn  ihre  scharfen  Contouren,  sie  scheinen  aus 
hnricn,  rundlichen,  lose  suBaromenhängcnden  Stückchen  a»  bcclebeo 
und  Eorfallcn  schliesslich  vollständig.  Die  mir  vorliegende  Abbildnng 
Bollinger's  (I.  c.  p.  4Gb)  ist  eine  ziemlich  getreue  DaratetlaDC 
solcher  abgestorbener  Bacillen.  Ich  habe  einzelne  in  dieser  Weis« 
zerfallende  Bacillen  in  den  verschiedensten  Präparaten  oft  tagelang 
von  Zeit  zu  Zeit  beubachtct,  habe  aber  niemals  einen  Ucbcrgang 
derselben  in  Micrucoccen  oder  dergleichen  gesehen. 

Ganz  andere  Bilder  gewähren  dagegen  bei  Öfters  wiederholter 
Untersuchung  die  genannten  bacillen  haltigen  Flüssigkeiten,  wean  der 
Zutritt  von  Sauerstoff,  und  sei  es  auch  nur  in  sehr  geringer  Mesgv, 
gestattet  wird  und  ihre  Temperatur  nicht  dauernd  unter  18"  h«nb- 
sinkt.  Sehr  gut  lassen  sich  die  hierbei  eintretenden  Vcrftuderaagss 
verfolgen,  wenn  ungeffthr  10 — 20  Gramm  der  FlUssigkeil  in  tiatm 
Ghrglase,  auf  wilclies  eine  nicht  fe^tschliesaende  Glasplatte  ftnfg»- 
legt  wird,  mehrere  Tage  bei  Zimmertemperatur  bleiben.  Die  Flttaaig* 
keit  nimmt  schon  nach  24  Stunden  FAnlnissgeruck  an,  der  nach 
weiteren  24  Stunden  gewöhnlich  aebr  penetrant  ist.  Dem  entspre- 
ohend  finden  sich  auch  sehr  bald  Micrococcen  nnd  Uaclerien  ' 
grosser  Menge.  Danehen  aber  gedeiht  der  Badliui  Anlhraci»  i 
gut,  als  ob  er  der  alleinige  Bewohner  der  Nilirtlitsaigkeit  wtre. 
Seine   Fäden   erreichen    schon    nach   24  Standen    eine    betrlchtltehA 

i|  Im  niclit  geölBielen  Körper  einei  an  Milibnuid  geaUirbenrn  Tliicrc« 
vei-lingeni  sirh  die  Bacillen,  lucli  wenn  der  CailAvcr  lingere  Zeil  bei  ei 
Temperatur  von  18  — 2<J<*  gdaaiieii  wird,  nur  sehr  wenig  oder  gar  nlehi:  olcn- 
bar  weil  der  Haueratoff  de«  Blute«  nach  dem  Tode  schnell  durch  Dijrdaiioi 
proeeMC  verbraucht  und  nicht  wicdar  «racttt  wird. 


895 

Länge  und  haben  öfters  schon  nach  48  Stunden  und  selbst  noch  sei- 
figer Sporen  in  grosser  Menge  angesetzt^).  Nach  der  Sporenentwiok* 
Inng  seirfallen  die  Fäden  und  die  Sporen  sinken  zn  Boden.  Die 
Vegetation  der  übrigen  Schizophyten,  welche  znfUlig  in  die  FlOssig- 
keit  eindrangen  und  sich  darin  vermehrten,  geht  noch  Tage  lang  in 
flppigster  Weise  weiter.  Allmählich  aber  verschwinden  anch  diese, 
der  charakteristische  Fäulnissgemch  nimmt  ab,  schliesslich  bildet 
sieb  ein  schlammiger  Bodensatz  und  die  darüber  stehende  Flüssig- 
keit wird  arm  an  geformten  Bestandtheilen  nnd  fast  klar.  Sie  hat 
znletzt  einen  schwachen  Geruch  nach  Leim  oder  Käse,  verändert 
sieh,  wenn  sie  bisweilen  durch  den  Zusatz  von  destillirtem  Wasser 
vor  dem  Austrocknen  geschützt  wird,  nicht  mehr  und  ist  vollständig 
ausgefault. 

Wurden  bacillenhaltige  Substanzen  mit  destillirtem  oder  Braunen- 
Wasser  massig  verdünnt,  dann  verhindert  das  die  Sporenbildung 
nicht;  aber  bei  stärkerer  Verdünnung  entwickeln  sich  die  Bacillen 
nicht  mehr^),  sie  sterben  bald  ab  und  erzeugen  ungefähr  nach  30 
Stunden  eingeimpft  keinen  Milzbrand  mehr.  Die  Nährflüssigkeit 
mnss  also  eine  gewisse  noch  näher  zu  bestimmende  Menge  an  Salzen 
und  Eiweiss  enthalten,  damit  die  Bacillen  bis  zur  Sporenbildung 
kommen  können. 

Es  unterliegt  wohl  keinem  Zweifel,  dass  die  meisten  Cadaver 
der  an  Milzbrand  gefallenen  Thiere,  welche  im  Sommer  massig  tief 
eingescharrt  werden,  oder  längere  Zeit  auf  dem  Felde,  im  Stalle, 
in  Abdeckereien  liegen,  ebenso  die  blut-  und  bacillenhaltigen  Abgänge 
der  kranken  Thiere  im  feuchten  Boden  oder  im  Stalldünger  min- 
destens ebenso  günstige  Bedingungen  für  die  Sporenbildung  des 
Bacillus  Anthracü  bieten,  als  es  in  den  vorher  geschilderten  Ver- 
suchsreihen der  Fall  ist.  Durch  diese  Experimente  würde  also  der 
Beweis  geliefert  sein,  dass  nicht  blos  durch  künstliche  Züchtung  im 
Ausnahmefalle  die  Sporen  des  Bacülua  Anthracü  entstehen,  son- 
dern dass  dieser  Parasit  in  jedem  Sommer  im  Boden,  dessen  Feuch- 
tigkeit das  Austrocknen  der  den  Höhlungen  des  noch  lebenden  oder 
schon  abgestorbenen  milzbrandigen  Thieres  entströmenden  Nähr- 
flflssigkeit  verhindert,  seine  Keime  in  unzählbarer  Menge  ablagert 

Dass  sich  diese  Keime    im   Wasser  nicht   verändern,    aber  in 


>)  In  Paraf&nzellen  zu  gleicher  Zeit  und  unter  denselben  Verhältnissen 
gexQchtete  Bacillen  wuchsen  langsamer  und  kümmerlicher.  Vielleicht  wegen 
des  erheblich  geringeren  Sauerstoffvorraths. 

Z)  z.  B.  Bacillen  in  Mausemilz  mit  dem  zwanzigfachen  Quantum  destillirten 
Wassers  verdünnt,  wuchsen  nicht. 


296 


Humor  ar/ueun  nnd  Blutseruin  wieJcr  zu  Bicillen  heran  wachsen, 
haben  wir  frUhtT  gesehen.  Da  liesso  eich  wohl  schon  von  vornherein 
annehmen,  Jass,  wenn  von  dtesun  Sporen  anf  irgemi  finem  Wege 
eine  oder  auch  melirure  in  den  ßlntstrom  eines  für  HÜEbrand  empflUig- 
lichen  Thierea  gelangt,  hier  eine  neue  Generation  von  Bacillen  er- 
sengt  wird.  Um  diese  Annahme  auch  eiperiinenlelt  so  prtUieB, 
wurden  noch  folgende  Versuche  angestellt. 

Von  zwei  mit  hacillenhaltigem  Blutxernm  gcftllUen,  verdeckten 
UhrglSaern  blieb  daa  eine  im  Zimmer,  das  andere  wurde  in  einem 
kalten  Kanme  (8")  anfbewalirt  nnd  von  beiden  tiglich  nvei  Thier« 
geimpft.  Im  Blutserum,  welches  kalt  stand,  fingen  die  Bacillen  am 
dritten  Tage  an  körnig  und  gegliedert  za  werden,  bis  dahin  war  ca 
wirksam;  die  spiltcr  damit  geimpften  Thiere  blieben  gesund.  Die 
Impfungen  mit  dem  warmetohenden  Blutserum  waren  vor  und  nach 
der  Sporonbildiing  in  den  Fäden  des  liadUun  Anlhracü  wirksam; 
selbst  nach  14  Tagen  liess  eich  mit  solchem  gefaulten  Blute,  welches 
ßacillen-Sporcn  enthält,  noch  mit  derselben  Sicherheit  Milzbrand  er- 
zeugen, wie  mit  frischer  slabchenhaltiger  Milz.  Die  Sporen  schninen 
sich  sehr  lange  Zeit  in  faulenden  Flüssigkeiten  ebenso  gut,  wie 
in  nicht  faulenden,  keirotähig  zu  erhallen.  Denn  mit  Glaskörper 
von  Rinderangen,  in  welchem  ich  bei  ungefähr  20"  Bacilteu  «na 
einer  Mausemilz  zur  Sporenbildung  kommen  Bess  nnd  welcher  nach 
dri-i  Wochen  vollständig  ausgefault  war,  konnte  noch  nach  eilf 
Wochen  mit  absoluter  Sicherheit  darcli  Impfung  Hilibrand  borvor- 
gernfen  werden.  Der  Bodensatz  dieser  ansgefauUen  Flüssigkeit  ent* 
hielt  sehr  viele  von  kleinen  Schhimllocken  zusammengehaltene  Es- 
oillen-Sporcn,  wahrend  man  in  der  fast  klaren  Flüssigkeit  bei  mikros- 
kopischer Untersnchang  oft  mehrere  GeBichtsfeldcr  durchsuchen 
musste,  che  man  einige  vereinzelte  Sporen  fand.  Von  Fldcn  war 
DttUrlich  nicht  das  Geringste  mehr  vorhanden.  Büi  den  Impfnngea 
mfl  dem  sporenreicben  Bodensatz  und  mit  der  sporenarmen  Plllssig* 
kcit  stellte  sich  die  interessante  Thatsache  heraus,  dass  mit  er»terera 
also  mit  vielen  Sporen  geimpfte  Mäuse  nach24StnndeD, 
mit  letzterer  also  mit  weniger  Sporen  geimpfte  Mause 
nach  drei  bis  vier  Tagen  au  Milzbrand  starben.  Ich  be- 
merke noch  besonders,  dans  ich  diesen  Versuch  mehrere  Haie  und 
immer  mit  demselben  b^rfolg  wiederholt  habe. 

Sporenhallige  Flocken  derselben  FlQssigkcit  wurden  drei  Wochco  in 
einem  mit  Brnnucnwasser  gefUIlten  olTmen  Reageniiglase  aufbewahrt; 
trotzdem  blichen  dieselben  wirksam  boi  der  damit  vorgenommeuea 
Impfung. 


897 

Ebeasolche  sporealuiltige  Sabstanzen  worden  getrocknet,  nach 
miiger  Zeit  mit  Wasser  wieder  anfgeweicht  nnd  dieser  Procedar 
wiederholt  unterworfen;  aber  sie  verloren  ihre  Fähigkeit  Milabrand 
SQ  erseogeo,  dadurch  nicht. 

Hiemach  wird  es  nnn  aach  leicht  erklärlich,  warnm  die  Meinan- 
gen  der  Experimentatoren  über  die  Wirksamkeit  des  getrockneten 
Milsbraadblotee  so  weit  auseinandergehen;  da  der  Eine  frisches, 
schnell  getrocknetes  Blut  benatzte,  welches  keine  Sporen  enthielt 
lud,  wie  ich  frtther  gezeigt  habe,  sich  höchstens  fünf  Wochen  wirk- 
sam erhält;  von  Anderen  dagegen  wurde  mit  Blut  geimpft,  das  lang- 
sam bei  Zimmer-  oder  Sommer-Temperatur  eingetrocknet  war  nnd 
In  welchem  sich  Sporen  gebildet  hatten.  Ich  besitze  eine  kleine 
Sammlung  von  Milzbrandsubstanzen,  welche  unter  den  verschieden- 
aten  Umständen  und  zu  verschiedenen  Zeiten  getrocknet  und  in 
nnverstöpselten,  enghalsigen  Gläsern  aufbewahrt  sind.  Als  ich  auf 
die  Bedeutung  der  Sporen  in  getrockneten  Milzbrandmassen  auf- 
merksam wurde,  untersuchte  ich  diese  getrockneten  Blat-,  Milz* 
und  Drflsenstflckchen  nochmals  genau  auf  ihre  Fähigkeit,  mit 
Humor  aqueua  aufgeweicht  in  Glaszellen  die  charakteristischen  spo- 
renhaltigea  Fäden  des  Bacillus  Anthracü  nnd  bei  der  Impfung 
Milzbrand  entstehen  zu  lassen.  Hierbei  stellte  sich  heraus,  dass 
die  in  kleinen  Stflcken  schnell  getrockneten  Theile  keine  Sporen 
enthielten  und  weder  Fäden  noch  Milzbrand  hervorzubringen  ver- 
mochten. Schafmilz  dagegen,  welche  in  grösseren  Stflcken  im  Zimmer 
langsam  getrocknet  war,  und  einige  Blutproben,  welche  in  grösseren 
Quantitäten  aufgestellt  gewesen  waren  und  mehrere  Tage  zam  vollstän- 
digen Eintrocknen  gebraucht  hatten,  enthielten  zahlreiche  mehr  oder 
weniger  freie  Sporen  und  Bruchstücke  von  sporenhaltigen  Fäden.  Alle 
diese  sporenhaltigen  Substanzen  riefen  nach  der  Einimpfung  Milzbrand 
hervor  und  entwickelten  in  Nährflassigkeiten  oft  die  schönsten  sporen- 
haltigen Fäden  von  Bc^ciUus  Anthracü.  Wie  lange  sich  die  getrock- 
neten Sporen  keimfähig  halten,  lässt  sich  zur  Zeit  nicht  mit  Bestimmt- 
heit angeben ;  wahrscheinlich  wird  dieser  Zeitraum  eine  längere  Reihe 
von  Jahren  umfassen;  wenigstens  habe  ich  mit  Schafblut,  welches 
vor  fast  vier  Jahren  getrocknet  ist,  noch  in  letzter  Zeit  vielfach  Impfun- 
gen ausgeführt,  welche  ausnahmslos  tödtlichen  Milzbrand  bewirkten  ^). 

Mehrfach  ist  die  Identität  der  durch  Impfnngen  mit  Milzbrand- 
blut hervorgerufenen  Krankheit  mit  Septicämie  und  ebenso  das  um- 

1)  Die  beim  Bearbeiten  von  Häuten,  Haaren  und  dergl.  entstandenen  Milz- 
branderkrankungen  bei  Menschen,  können,  wenn  diese  Gegenstände  schon  vor 
Jahren  getrocknet  aind,  nur  durch  sporenhaltige  Staubtheiie  veranlasst  sein,  • 


298 

gekehrte  Verh&llnies  belianptct  worden.  Um  diesen  Binwatii],  der 
möglicher  weise  nach  meinen  mit  faulerileo  MilKbran<IiiubgUnx(^D  »agt- 
etetlten  Impfvcrauchen  gcmaclit  werden  kilniite,  m  begegnen,  Irabe 
ieh  mit  faulendem  Blute  von  gesunden  Thieren  mit  bacillenfreiem 
faulenden  Humor  a^ueus  und  Glaskörper  Httuse  mehrfach  geimpft. 
Dieselben  blieben  fast  immer  gesund,  nur  zwei  HAnso  starbcD  vuq 
EwOlf  geimpften,  und  zwar  einige  Tage  nach  der  Impfung;  sie  halten 
vergruBserte  Milz,  aber  diese  sowohl  wie  das  Ülut  waren  vollaUindig 
frei  TOD  llacillen.  Ferner  wurden  Tbiere  mit  faulendem  OlaskOrper 
g^oimpft.  in  welchem  sich  eine  dem  Hacil/us  AnthraciK  sehr  iholiche 
Baeillusart  spuutan  entwickelt  halte.  Die  Sporen  der  bi-ideu  Uacilluit- 
arten  waren  weder  in  Grösse  noch  sonstigem  Ansschen  von  einander 
an  unterscbeideo ;  aar  die  Fäden  des  ülaBk5rper-Bacilliis  waren  kOr- 
■er  und  deutlich  gegliedert.  Alle  Impfungen  mit  diesen  mebrmala 
von  mir  auf  Glaskörper  gefundenen  Bacillen  und  mit  ihren  Sporvn 
vermochten  keinen  MilEbrand  zu  erzeugen.  Anch  solche  Thierc, 
welche  mit  Sporen  der  im  lleu-Infus  von  Prof.  F.  Cohn  gciQchleten 
Bacillen  geimpft  wurden,  blieben  gesund.  Dagegen  habe  ich  mehr- 
fach  mit  Sporenmassen,  welche  in  Olaszellen  gesUehlet  waren  uad 
wie  ich  mich  vorher  durch  mikroskopische  Untersuchungen  versicherte, 
aus  ganz  reinen  Cultnren  von  Bacitlua  Anthmcis  stammten,  geimpft 
und  jedesmal  starben  die  geimpften  Tbiere  an  Milzbrand.  Et  folgt 
hicruua,  dass  nur  eine  Baeillusart  im  Stande  ist,  diesen  spccifischen 
KrankheilHproccsB  zu  veranlaesen.  wahrend  andere  Schizophyten  darch 
Impfung  gar  nicht  oder  in  anderer  Weise  krankhi'its  errege  od  wirken. 
Es  könnte  auffallend  erscheinen,  daüs  von  meinen  mit  fanlenden 
Blute  geimpften  Versuchsthicren  nur  ausnahmaweisc  eins  an  Septi- 
cAmie  tu  Grunde  ^ing;  dem  gogenllbcr  bemerke  ich,  das»  ich  nicht, 
wie  es  gewöhnlich  llblich  ist,  das  faulende  Blut  nach  Cubikccnti- 
meiern  einspritzte,  sondern  nur  eine  versehwindend  kleine  Menge 
desselben  dem  Körper  des  Thieres  einimpfe  und  damit  natarlJch 
die  Wahrscheinlichkeit,  die  im  Blute  viellcieht  spamam  vorhandenen 
•eptiscb  wirkenden  Formclemcnte  in  den  Blutstrum  zu  bringen,  sebr 
verringert  wird. 

Uass  die  Spuren  des  Itact/Ju»  Anthraci»  Milzbrand  bcrvorrnren, 
wenn  sie  direkt  iu  den  SäAestrom  des  Thierkörpors  gebracht  werden, 
ist  durch  die  znletzt  besprochenen  Versnehe  wohl  hinreichend  bewie- 
sen. Die  Sporen  mtlssen  also  wirksam  werden,  sobald  sie  in  getrock- 
netem Zustande  als  Staubpartikel  eben  oder  in  FIÜDsigkeilen  suspon- 
dirt  auf  Wnndrn,  wenn  diese  auch  noch  so  klein  sind,  gelangen. 
Uan  dürft«  wubl  kaum  eines  unsrer  Uauathiere  finden,  dessen  lUol 


J 


Bidit  mit  einigen  Krmtswnnden  oder  kleinen  dnreh  Sohenern,  Beiben 
und  dergl*  entstandenen  Hantabschärfangen  versehen  ist  nnd  damit 
dem  gefUiriieben  Sehmarotser  einen  bequemen  Eingang  darbietet. 
Trotidem  ist  damit  noch  nicht  gesagt,  dass  die  Milzbrandsporen  nnr 
anf  diesem  Wege  dninwandem  vermögen.  Es  mflssen,  um  die  Mils- 
bnuditiologie  vollstlndig  zn  haben,  auch  die  Verdanongswege  nnd 
die  Sespirationsorgane  anf  ihre  Resorptionsfthigkeit  fttr  MiLzbrand- 
baeOien  nnd  deren  Sporen  nntersnoht  werden. 

Um  zu  sehen,  ob  das  MUzbrandcontsginm  vom  Verdannngskanai 
ans  in  den  Körper  eindringen  kann,  habe  ich  znert  Mftuse  mehrere 
Tage  lang  mit  frischer  MUs  von  Kaninchen  nnd  vom  Schaf,  welche 
an  Milzbrand  gestorben  waren,  gefüttert  Mftnse  sind  ansserordent- 
lieh  gefrässig  nnd  nehmen  in  kurzer  Zeit  mehr  als  ihr  Körpergewicht 
beträgt,  an  milzbrandigen  Massen  anf,  so  dass  also  ganz  erhebliche 
Mengen  von  Bacillen  den  Magen  und  Darm  der  Versnchsthiere 
passirten.  Aber  es  gelang  mir  nicht,  dieselben  anf  diese  Weise  zn 
infieiren.  Dann  mengte  ich  den  Thieren  sporenhaltige  Flüssigkeit 
unter  das  Futter;  auch  das  frassen  sie  ohne  jeden  Nacbtbeil;  auch 
dnreh  Fütterung  grösserer  Mengen  von  sporeubaltigem,  kurz  vorher 
oder  schon  vor  Jahren  getrocknetem  Blute  konnte  kein  Milzbrand 
bei  ihnen  erzeugt  werden.  Kaninchen,  welche  zn  verschiedenen 
Zeiten  mit  sporenhaltigen  Massen  gefüttert  wurden,  blieben  ebenfalls 
gesund.  Für  diese  beiden  Thierspecies  scheint  demnach  eine  Infection 
vom  Darmkanal  aus  nicht  möglich  zu  sein. 

Ueber  das  Verhalten  der  mit  Staub  in  die  Athmüngsorgane  ge- 
langten Sporen  vermag  ich  bis  jetzt  nichts  anzugeben,  da  es  mir 
noch  nicht  möglich  war,  darauf  bezügliche  Versuche  anzustellen. 

Ich  schliesse  hier  noch  einige  Versuchsreihen  und  Beobachtungen 
an,  weiche  nicht  direct  mit  der  Aetiologie  des  Milzbrandes  in  Ver- 
bindung stehen,  aber  doch  Interesse  genug  bieten,  um  mitgetheilt  zn 
werden« 

Den  schon  von  Brau  eil  gemachten  Versuch,  sowohl  mit  dem 
baeillenhaltigen  Blute  trächtiger  Thiere,  als  mit  dem  bacillenfreien 
Blute  des  Fötas  derselben  zu  impfen,  habe  ich  mit  einem  trächtigen 
Meerschweinchen  und  zwei  trächtigen  Mäusen  wiederholt.  Das  Re- 
sultat war  das  nämliche,  wie  bei  dem  Experiment  von  Braueil; 
die  mit  dem  mütterlichen  Blute  geimpften  Thiere  starben  an  Milz- 
brand, die  mit  dem  fstalen  Blute  geimpften  blieben  gesund.  Um  zn 
sdien,  wie  bald  nach  der  Impfung  die  ersten  Bacillen  im  Blute  oder 
in  der  Milz  der  geimpften  Thiere  sich  einfinden,  wurden  neun  Mäuse 
zu  gleicher  Zeit  geimpft.    Nach  zwei,  vier,  sechs,  acht,  zehn,  zwölf| 

Cohn,  B«itri(e  bot  Biolofto  d«r  Pfluuen.  Band  II.  Heft  II.  20 


«00 

vierzehn  nnd  sechszehn  Standen  wurde  jedesmal  eine  dieser  Miise 
durch  Chloroform  getödtet  nnd  Blnt  sowohl  als  Milz  sofort  unter- 
sacht.  In  den  sechs  ersten  Thieren  worden  keine  Bacillen  gefionden. 
Erst  in  der  Milz  der  vierzehn  Standen  nach  der  Impfiing  getödtetea 
Maas  zeigten  sich  vereinzelte  Bacillen.  Bei  der  Maas,  welche  aeeht- 
zehn  Stunden  gelebt  hatte,  fanden  sich  schon  mehr  BaciU^i  nnd  die 
Milz  war  vergrössert.  Die  letzte  starb  nach  siebzehn  Standen  nnter 
den  gewöhnlichen  charakteristischen  Symptomen;  ihre  Milz  war  erheb- 
lich vergrössert  und  vollgestopft  mit  dichten  Bacillenmaasen.  Das 
Eindringen  der  Bacillen  in  den  Blutstrom  scheint  also  langsam  vor 
sich  zu  gehen,  aber  wenn  sie  erst  einmal  hineingelangt  sind  nnd 
hier  in  ihrer  eigentlichen  Ueimath  festen  Fuss  gefSust  haben,  ver- 
mehren sie  sich  in  der  üppigsten  Weise. 

Ausser  an  Mftusen,  Kaninchen  nnd  Meerschweinchen  habe  ieh 
Impfversnche  an  zwei  Hunden,  einem  Rebhuhn  und  einem  Sperling 
gemacht.  Obwohl  ich  diese  Thiere  wiederholt  mit  ganz  frischem 
Material  impfte,  so  ist  es  mir  doch  nicht  gelungen,  sie  mit  Milzbrand 
zu  inficiren. 

Auch  Frösche  sind  ganz  unempflUiglich  fflr  Impfungen  mit  Ba- 
cillua  Anihracia  oder  dessen  Sporen.  Als  ich  einigen  Fröschen 
grössere  Stflcke  Milz  von  an  Milzbrand  gestorbenen  Mausen  unter 
die  Rflckenhaut  brachte,  die  Thiere  nach  48  Stunden  tödtete  nnd 
untersuchte,  stellte  sich  folgender  bemerkenswerthe  Befund  heraus. 
Das  BInt  der  Frösche  war  vollkommen  frei  von  Bacillen.  Die  Mause- 
milz war  mit  ihrer  Umgebung  leicht  verklebt  und  hatte  statt  ihrer 
dunkelbraunrothen  Farbe  eine  mehr  hellgraurothe  angenommen.  Bei 
der  mikroskoplRchen  Untersuchung  derselben  finden  sich  in  der  Mitte 
noch  unveränderte  Bacillen  in  grosser  Menge,  aber  in  den  äusseren 
Schichten  trifft  man  auf  viele  Bacillen,  welche  dicker  geworden 
sind  und  sich  verlängert  haben,  und  zwischen  diesen  sieht  man  eigen- 
thümliche  Gebilde  in  grosser  Zahl;  nämlich  mehr  oder  weniger 
regelmässig  spiralf5rmig  gewundene  Bacillen,  welche  theils  frei  sind, 
theils  aber  auch  von  einer  sehr  dünnwandigen  Kapsel  eingeschlossen 
werden.  Die  Erklärung  für  diese  ungewöhnliche  Gestaltung  der  Bacillen 
ist  leicht  zu  finden,  wenn  man  die  fast  gallertartige,  anscheinend  von 
der  Froschhaut  ausgeschiedene  äuseerste  Umhüllungsschicht  der  Milz 
untersucht  (Fig.  7).  Diese  Seliielit  hesteht  aas  grossen,  in  «Miie 
strukturlose  zahtiüssige  Orundsubstanz  eingebetteten  Zellen,  welche 
fast  die  Grösse  der  F'roscbbiutkörperehen  erreichen  (Fig.  7  a).  Die- 
selben sind  trotz  ihrer  Grösse  sehr  biass  und  zart,  haben  einen  sehr 
deutlichen  Kern  mit  Kcrnkörperehen  und  enthalten  viele  sehr  kleine, 


Ml 

ui  IcUaAnlv  Malafariariiqwegiuig  betiDdüciie  KQnMstai»  In  don  OKt- 
ften  Toa  dmes  ZeHen  mm.  beliiideB  seil  diiu»im  oiier  mehrere  knrse 
geri^  Bürfllfiii,  in  andoon  etwa»  geJnUniinti*,  geknickte,  m  Haa^n 
Mmä  BiBdebi  vereinigte  and  vurxngsweis«  apiraifönni^  gedrehte 
Baeüten  (Wi^  7  b).  Sobald  die  Zeilen  asehr^re  Bacillen  befaerber^pen» 
eneheinen  &  Maleknlarkömchen  in  ihnen  ver^nMsert,  nimmt  aber 
die  Bacillenwnekeran§^  in  ihnffli  dberfaand.  dann  Terschwinden  diese 
Kdnehen  vad  aaletzt  aoch  der  noch  am  läDgsten  xa  erkennende 
Kann.  Oase  doB  ais  knrae  Stäbchen  von  den  Tlellen  aa%enommetten 
Baeülen  in  diesen  wadiaen  und,  aacJidem  »e  das  Innere  derselben 
nnter  BUdnng  tom  Terscfaiedenen  Eüiickim^n  nnd  Krthnmmigen  aoa- 
gefUIt  haben,  aeUieaalich  sprengen,  geht  daiaos  henror,  dass  man 
neben  den  freigewordenen  Bacillen-Spiralen  (Fig.  7^)  und  -Bändeln 
«aammengrfrikne  nnd  leere  Zellmembranen  als  letzten  Rest  der  2ei> 
tlArten  Zellen  fndet  (Fig.  7c)  M- 

Gana  beeondera  schön  snid  diese  baeilienhaltigen  Zeilen  zn  sehen, 
wenn  dem  Prtpaiat  etwas  destillirtes  Wasser  ingesetzt  wird.  Die 
Z^en  qnellen  dadnrch  etwas  anf,  ihr  Inhalt  wird  dentlicher  und 
wenn  sie  dnrch  die  FlftssigkeitsstrOmnngen  fortgerissen  in  eine  rol- 
lende Bewegung  Tersetit  werden,  kann  man  sich  leicht  die  Ueber- 
aengnng  Ycrschaffen,  dass  aneh  einzelne  Bacillen  wirklieh 
Im  Innern  der  Zelle  nnd  zwar  gewöhnlich  dicht  neben 
dem  Kern  liegen  nnd  nicht  etwa  nur  in  die  weiche  Zelieu^Ober- 
fliehe  eingedrflckt  sind.  Man  hat  schon  Tielfach  die  Vermuthung 
ansgeaprochen,  dass  die  amöboiden  Zellen  des  Thierkörpers,  also 
Tor  Allem  die  weissen  Blutkörperchen  in  derselben  Weise,  wie  sie 
den  leicht  nachweisbaren  kflnstlich  ins  Blat  eingefilhrten  Farbeköm« 
eben  den  Eingang  in  ihr  Protoplasma  gestatten,  so  auch  die  in 
die  Blntbahn  eingedrungenen  Micrococcen  aufzunehmen  Termögen. 
So  viel  ich  weiss,  ist  es  jedoch  bis  jetzt  nicht  gelungen,  die 
weder  dnrch  ihre  Form  noch  dnrch  ihre  Reactionen  von  den  Molo- 
kulaikömchen  dieser  Zellen  scharf  unterschiedenen  Micrococcen  als 
solche  mit  Bestimmtheit  nachzuweisen.  Auch  scheint  bis  jetzt  über- 
haupt  kein  vollkommen  sicheres  Beispiel  fttr  das  Vorkommen  von 
sehizophjrtenhaitigen  lebenden  thierischen  Zellen  bekannt  zu  soin, 
und   ich  habe   deswegen   von  den   vorhin  beschriebenen  Zellen  in 


1)  Zu  mehr  als  mittlerer  Lange  wachsen  die  FAden  unter  der  FniMchhaut 
nicht  aus,  ich  habe  auch  niemals  Sporenentwickciung  in  denaolhen  gen^htMi. 
Nach  mehreren  Tagen  wird  ihre  Zahl  geringer,  sie  scheinen  allnifthlich  »ii  xt^r- 
fallen,  doch  habe  ich  bei  einem  Frosche  zehn  Tage  nach  TranNplautatiun  der 
Blausemilz  noch  lange  Fäden  und  bacillenhaltige  Zellen  gelunden. 


302 

Fig.  7  eine  Abbildung  gegeben.  Diese  Beobachtung  steht  in  soffra 
nicht  vereinzelt,  «Is  ich  bei  andern  Fröschen,  nachdem  faules  ge 
trocknetca  Blut  unter  die  KUcicoiihaut  gebracht  war,  dieselben  Zell« 
gefunden  habe;  aber  in  diesem  Falle  enthielten  sie  gans  ladcre 
knrzgliederigc  Bacillen,  welche  meistens  mit  einer  Dauorspor«  rer* 
sehen  waren  (Billroth'a  Helobacterien).  Auch  in  der  frisch  oatar- 
suchten  Milz  eines  an  Milzbrand  gefallenen  Pferdes  (die  einaige, 
welche  ich  zu  untersuchen  Gelegenheit  hatte)  waren  neben  sehr 
zahlreichen  freien  Stäbchen  grosse  blasse  Zellen,  meistens  mit  meh- 
rereu  Kernen  vorhanden,  von  denen  viele  eine,  bis  sehn  nnd  mehr 
Bacillen  enthielten. 

IV.  Aetiologie  des  MUzbratuU».  Werfen  wir  nun  einen  Blick 
snrflck  auf  die  bis  Jetzt  gewonnenen  Thatsachen  nnd  verBDcben  wir 
mit  ihrer  Hülfe  die  Aetiologie  des  Milzbrandes  festinstellen,  so  dür- 
fen wir  ons  nicht  verhehlen,  dass  znr  Construotion  einer  laokeaioaon 
Aetiologie  noch  Manches  fehlt.  Vor  Allem  ist  nicht  >n  vergauen, 
dass  sämmtiiche  Thiereiperimente  an  kleinen  Nagethicren  angestellt 
sind.  Es  ist  allerdings  unwahrscheinlich,  dass  die  Wiederkäacr,  die 
eigentlichen  Wghnthiere  des  uns  beschäftigenden  Parasiten,  sich  die- 
sem gegenüber  sehr  veuchieden  von  Nagethicren  verhalten  sollten. 
Aber  schon  bei  den  Impfversuchen  besteht  in  sofern  ein  Unterschied, 
dass  kleine  Tbiere  nach  24 — 30  Stunden,  grosse  erst  nach  mehreren 
Tagen  sterben.  Könnten  nicht  vielleicht  w&hrend  dieser  Ungeren  Zeit 
die  Bacillen  an  irgend  einer  Stelle  des  thieriscben  KOrpera  tnr 
Sporenbildung  kommen?  Oder  gelangen  sie  überhaupt  niemals  in 
lobenden  Körper  znr  Ansetzung  von  Sporen?  Ferner  sind  die  Füt- 
ter nngs  versuche  mit  Bacillen  und  Sporen  bei  Nagethicren  mit  ihrem 
negativen    Resultat   durchaus    nicht    massgebend    für    Wiedcrkftuer, 

[  deren  ganzer  Verdau nngsprozeas  doch  wesentlich  anders  isL  Kin- 
Athmungs versuche  mit  sporen haltigen  Massen  fehlen  noch  gutz. 
Auch  sind  Versnebe  über  das  Verhallen  grösserer  Milzbraudcadaver 
bei  verschiedenen  Temperaturen,  in  verschiedenen  Bodentiefen  nud 
Bodenarten  (Thon-,  Kalli-,  Sandboden,  trockener  Boden,  feuchter 
Boden,  Einäuss  des  tirundwassers)  in  Bezug  auf  die  Sporenbildung 
der  Bacillen  noch   nicht  gemacht  und  es  wurde  doch  von   hCchslera 

.  pralctischem  Wcrlh  sein,  gerade  hierüber  sichere  Kenntniis  lu  er- 
langen. Noch  eine  Menge  Einzelheiten  über  das  Verhalten  der  Ba- 
cillen nnd  ihrer  Sporen  gegen  zerstörende  oder  ihre  Enlwickolang 
hindernde  Stoffe,  über  den  Vorgang  ihrer  Einwanderung  in  die  Blat 
nnd  Lymphgefllsse  mllssteo  erforscht  werden.  Wenn  aber  aneb  noch 
manche  Frage  aber  diesen  bisher  so  rftthaelhafteu  Parasiten  tu  löwti 


808 

ist,  so  lie|^  sein  Lebensweg  jetzt  doch  so  weit  vor  uns  offen,  dass 
wir  die  Aetiologie  der  von  ihm  veranlassten  Krankheit  wenigstens 
ia  den  Omndzflgen  mit  voller  Sicherheit  feststellen  können. 

Vor  der  Thatsache,  dass  Milzbrandsnbstanzen,  gleichviel  ob  sie 
verhftltaissmissig  frisch  oder  ansgefanlt  oder  getrocknet  nnd  Jahre 
alt  sind,  nnr  dann  Milsbrand  an  erzengen  vermögen,  wenn  sie  ent- 
wieklnngsfthige  Bacillen  oder  Sporen  des  BaciUus  Anthracia  ent- 
halten, vor  dieser  Thatsache  mflssen  alle  Zweifel  ob  der  Bacillus 
Äntkraeü  wirklich  die  eigentliche  Ursache  nnd  das  Contaginm  des 
Milzbrandes  bildet,  verstummen.  Die  Uebertragnng  der  Krankheit 
dnreh  fenchte  Bacillen  im  ganz  frischen  Blnt  kommt  in  der  Natnr 
wohl  nnr  selten  vor,  am  leichtesten  noch  bei  Menschen,  denen  beim 
Sehlachten,  Zerlegen,  Abhftnten  von  milzbrandigen  Thieren  Blnt  oder 
Oewebssaft  in  Wnnden  gelangt  Häufiger  wird  wahrscheinlich  die 
Krankheit  durch  getrocknete  Bacillen  veranlasst,  welche,  wie  nach- 
gewiesen wurde,  ihre  Wirksamkeit  einige  Tage,  im  günstigsten  Falle 
gegen  flinf  Wochen  erhalten  können.  Durch  Insekten,  an  Wolle  und 
dergleichen  haftend,  namentlich  mit  dem  Staub,  können  sie  auf  Wunden 
gelangen  nnd  dann  die  Krankheit  hervorrufen.  Bacillenhaltige  Massen, 
welche  in  Wasser  gelangen  und  dort  stariL  verdflnnt  werden,  verlieren 
sehr  bald  ihre  Wirksamkeit  und  tragen  zur  Verbreitung  des  Milz- 
brandes wAhrscheinlich  nnr  ausnahmsweise  bei. 

Die  eigentliche  Masse  der  Erkrankungen  aber,  welche  fast  immer 
anter  solchen  Yerhfiltnissen  eintritt,  dass  die  eben  genannten  lieber- 
trmgnngsweisen  ausgeschlossen  werden  mflssen,  kann  nur  durch  die 
Einwanderung  von  Sporen  des  Bacälus  Anthraoü  in  den  Thierkörper 
verursacht  werden.  Denn  die  Bacillen  selbst  können  sich  in  dauernd 
trocknem  Zustande  nnr  kurze  Zeit  lebensfiihig  erhalten  und  vermögen 
deswegen  sich  weder  im  feuchten  Boden  zu  halten,  noch  den  wech- 
selnden Wittemngsverhftltnissen  (Niederschlugen,  Thau)  Widerstand 
zu  leisten,  während  die  Sporen  dagegen  in  kaum  glaublicher  Art 
und  Weise  ausdauem.  Weder  jahrelange  Trockenheit,  noch  monate- 
langer Aufenthalt  in  faulender  Flflssigkeit,  noch  wiederholtes  Ein- 
trocknen und  Anfeuchten  vermag  ihre  Keimfthigkeit  zu  stören. 
Wenn  sich  diese  Sporen  erst  einmal  gebildet  haben,  dann  ist  hin- 
reichend daflir  gesorgt,  dass  der  Milzbrand  auf  lange  Zeit  in  einer 
Gegend  nicht  erlischt.  Dass  aber  die  Möglichkeit  zu  ihrem  Ent- 
stehen oft  genug  gegeben  ist,  wurde  früher  schon  hervorgehoben. 
Ein  einziger  Gadaver,  welcher  unzweckmässig  behandelt  wird,  kann 
fast  unzählige  Sporen  liefern  und  wenn  auch  Millionen  von  diesen 
Sporen  schliesslich  zu  Grunde  gehen  ohne  zur  Keimung  im  Blute 


304 

eines  Tliierea  ku  golsogea,  so  ist  bei  ihrer  groBscn  Zalil  doch  die 
Walirscheinliclikoit  nicht  gering,  dass  einige  vielleicht  n«cli  Langer 
Lagerung  im  Boden  oder  im  Grundwasaer,  oder  an  Haaren,  HCmem, 
Lumpen  und  dergleichen  angetrocknet  als  Staub,  oder  «neb  mit 
WaBaer  auf  die  Haut  der  Thiere  gelangen  und  hier  direct  darcb 
eine  Wunde  in  die  Biatbahn  eiatreten,  oder  auch  später  dnrcb 
Beiben,  Scheuem  und  Kratzen  des  Thicres  in  kleine  BautabscbiUe- 
rangen  eingerieben  werden.  Möglicberweifle  dringen  aie  auch  top 
den  Luftwegen  oder  vom  Verdanangskanal  ans  in  die  Blut-  od«r 
Lympfgct^sBe  ein. 

Wenn  es  nun  gelungen  ist,  die  Art  und  Weise  der  Verbreitang 
des  Milzbrandes  und  die  Bedingungea  anfzuündcs,  unter  denen  das 
Contagiuin  sich  immer  wieder  von  Neuem  orzengt,  sollte  es  da  niebt 
möglich  sein,  unter  BerückBicbtigung  jener  Bedingungen  das  CobU- 
gium,  also  den  Bacillus  Anlhracü,  in  seiner  Entwicklung  in  hin- 
dern und  BO  die  Krankheit  auf  ein  möglichst  geringes  Uasa  ao 
reduciren,  vielleicht  sogar  gänzlich  auBznrottenr'  Dass  diese  Prag« 
«in  nicht  geringes  Interesse  beansprucht,  mag  daraas  hervorgehen, 
nach  Spinola')  ein  einziger  prenasischer  Kreis  (Hanosfelder 
|8eekreie)  jährlich  für  180,000  Mk.  Schafe  durch  HtUbraod  verlieit, 

■  allein  im  Gonvernemont  Nowgorod  in  den  Jahrcu  1S67 — 1870 
Aber  56,000  Pferde,  Kühe  und  Schafe  nnd  ansserdem  b2S  Menschen 
an  Milzbrand  zu  Grunde  gingen'). 

Die  jetzt  bestehenden  Massregeln  gegen  den  Milzbrand  beschrtn- 
ken  sich  auf  Anzeigepflicht,  Vorgraben  der  Cadavcr  in  mksstg  liefen 
Gruben,  üeaiofection  und  Absperrung  des  von  der  Seuche  befallf>nen 
Ortes.  Ganz  abgesehen  davon,  dass  orfahrungsgemiss  wegen  der 
höchst  lustigen  Sperrmaanregein  die  wenigsten  MilzbrandfUle  asgc- 
aeigt  werden  und  dass  der  gerade  unter  den  Schafen  am  nebten 
verbreitete  Milzbrand  fast  ganz  unbeachtet  bleibt  und  vernacliUnigt 
wird,  so  mUBs  offenbar  das  Eingraben  der  Cadaver  in  den 
feuchten  Erdboden  die  Bildung  von  Sporen  nnd  damil 
die  Portpflanzung  des  Contagiums  eher  fördern  ala  die- 
selbe verhindern.  Bis  jetzt  ist  es  anscheinend  auch  noch  nir- 
gends wo  gelungen,  anf  diese  Weise  den  Milzbrand  dauernd  an  IW' 
aeitigen.  Im  Gegentheil  hatOemlcr^)  seinen  ScbafrerloBt  na  Mib- 
bnnd  von  äl  %  pro  anno  anf  2  %  herabgebracht,  onebdem  er  dM 

I,  SaniUupalizei  Band  II.  p.  2T6. 

chow**  Anrhiv  B.  M  [>.  3G3)  clUrt  nach  Bollingcr  L  c 


))  Pappenfafli 
»)  Grimm  (Vii 


I)  Bollioger  L  c  p.  AbS. 


805 

Yeraeluurren  aller  Cadaver  ohne  AasDahme  auf  Feldern  nnd  Weiden 
auf  das  Strengste  untersagt  hatte. 

Wir  mflssen  nns  also  naeh  anderen  Mitteln  nmsehen,  am  die 
Heerden  von  diesem  Wflrgeengel  za  befreien  nnd  tansende  von 
Mensehen  vor  einem  qnalvoUen  Tode  zn  schlitzen. 

Das  sicherste  Mittel  wftre,  alle  Substanzen,  welche  BaciUua  An- 
tkraoü  enthalten,  zu  vernichten.  Da  es  aber  nicht  aasfOhrbar  ist, 
diese  Menge  von  Cadavern,  wie  sie  der  Milzbrand  liefert,  darch 
Chemikalien  oder  Siedehitze  mischädlich  zu  machen,  oder  gar  durch 
Verbrennen  ans  dem  Wege  zn  schaffen,  so  mflssen  wir  anf  dieses 
Badiealmittel  verziohten.  Wenn  es  aber  anch  nnr  gelänge,  die  Ent- 
Wickelung  der  Bacillen  zu  Sporen  zu  verhindern  oder  wenigstens 
auf  ein  Minimum  zu  reduciren,  dann  müssten  schon  die  Milzbrand- 
Erkrankungen  immer  mehr  und  mehr  abnehmen  nnd  schliesslich  ver- 
sehwinden. 

Da  die  Bacillen,  wie  wir  gesehen  haben,  zur  Sporenbildung  Luft- 
zufuhr, Feuchtigkeit  und  eine  höhere  Temperatur  als  ungefthr  15^ 
ndthig  haben,  so  muss  es  genflgen,  ihnen  eine  dieser  Bedingungen 
SU  nehmen,  um  sie  an  der  Weiterent Wickelung  zu  hindern.  Die 
sehnelle  Austrocknung  grosser  Cadaver  wflrde  besondere  Apparate 
erfordern  und  selbst  grössere  Schwierigkeiten  machen,  als  das  Ver- 
brennen. Dagegen  könnte  man  ohne  erhebliche  Mflhe  und  Kosten 
die  Milzbrand-Cadaver  längere  Zeit,  auch  selbst  im  Sommer,  unter 
15^  abkflhlen,  ihnen  gleichzeitig  den  Sauerstoffzutritt  beschränken 
nnd  auf  diese  Weise  die  Bacillen  zum  Absterben  bringen.  Wenn 
man  nämlich  bedenkt,  dass  im  mittleren  Europa,  also  namentlich  in 
Deutschland  in  einer  Boden-Tiefe  von  8 — 10  Metern  eine  fast  con- 
stante  Temperatur  herrscht,  welche  dem  Jahresmittel  sehr  nahe 
kommt,  also  auf  jeden  Fall  unter  15^  C.  bleibt,  so  brauchte  man 
nur  geräumige  Brunnen  oder  Oruben  von  dieser  Tiefe  anzulegen 
und  die  Milzbrandcadaver  darin  zu  versenken,  um  die  Bacillen  zu 
vernichten  und  die  Cadaver  dadurch  unschädlich  zu  machen.  Je 
nach  der  Dnrchsehnitts-Zahl  der  MilzbrandfUle  mflssten  derartige 
Oruben  in  geringer  oder  grosser  Zahl  ftlr  bestimmte  Bezirke  ge- 
macht werden.  Dieselben  wflrden  sich  in  massiger  Entfernung  von 
den  Wirthschaftsgebänden  befinden  und  natflrlich  mit  einem  sicheren 
Verschluss  zu  versehen  sein.  Man  wflrde  dadurch  zugleich  den 
nicht  zu  unterschätzenden  Vortheil  erlangen,  dass  nicht,  wie  es  jetzt 
gewöhnlich  geschieht  und  wie  ich  aus  eigener  Erfahrung  weiss,  die 
vorschriftsmässig  oder  anch  vorschriftswidrig  vergrabenen  Milzbrand- 
cadaver regelmässig  von  Dieben  (oft  genug  von  denselben  Leuten, 


»06 

welche  siu  am  Tage  cingeBcbarrt  babeo)  des  NiichtB  wieder  benus- 
geliolt,  zertlieilt  und  (Iberall  bin  verschleppt  werdeo. 

Vielleicht  verhiDdert  auch  der  EinftasB  gewisser  Bodenarten  oder 
ein  gewisser  Peuchtigkeitsmaugel  und  tiefer  Grundwasserstand  dt« 
Sporenentwickcinng,  worauf  das  an  bestimmte  Oegenden  geband«M 
Vorkommen  des  Milzbrandes  and  die  Abnahme  desaelbcn  nach  aiu- 
gedehnlen  Meliorationen  und  Entwjtsaerungen  hindeutet. 

Der  von  Bubi  berichtete  Fall'),  dass  Milzbrand  unter  Pferden 
auf  dem  Gestüte  Neohor  bei  Donauwörth  vollkommen  aufbOrtc,  aU 
man  anf  den  Rath  v.  Pettenkofer's  den  Stand  des  GrnndwMBers 
durch  Drainage  herabgesetzt  hatte,  wurde  gleichfalls  hierher  gehören. 

Anf  jeden  Fall  hl  die  Mügliehkeit,  die  Eutwickelung  der  Mils- 
brandaporen  zu  verhüten,  gegeben  und  das  grosse  Interesse,  weldie« 
diese  Angelegenheit  beaiitiprucht,  mtlaste  lu  weiteren  Versoclien  in 
der  angegebenen  Richtung  auf  geeigneten  Versuchsatstioncn  dringend 
n&ffordern. 

Eine  Wahrnehmung,  welche  ich  in  hiesiger  Gegend  Über  du 
Vorkommen  des  Milzbrandes  gemacht  habe,  schliesse  ich  hier  noch 
an,  weil  dieselbe  für  die  Milzbrandprophylaxis  wohl  zn  herOckaiditi- 
gen  isL  Es  ist  nämlich  auffallend,  dssa  der  Milzbrand  da«  ganu^ 
Jahr  hindurch  fast  ohne  Unterbrechung  unter  den  Schaftm  herrscht. 
In  den  grOsaeren  llecrden  fallen  fast  niemale  viele  Schafe  auf  ein* 
mal,  sondern  gewöhnlich  einaelno  oder  wenige  in  ZwiachenrftoinaD 
von  einigen  Tagen  oder  Wochen.  Rinder  werden  weit  aeltcner  nod 
nur  in  grossen  Pausen  befallen,  so  dasa  öfters  mt^hrerc  Monate,  ein 
halbes  Jahr  und  noch  länger«  Zeit  zwischen  den  einzelnen  Fillea 
liegen,  tloi  I'ferdeo  tritt  Milzbrand  hier  nur  ganz  ananahmsweis« 
auf-  Ea  scheint  demnach,  daas  das  Schaf  das  eigentliche  Wohnthier 
des  Bacillus  AnihracU  ist  nnd  dsss  er  nur  anter  besonderen  Ver- 
blltnissen  gelegentlich  Excursionen  auf  andere  Tbierarten  macht. 
Für  diese  Ansicht  spricht  auch  die  Beobachtung  von  Leonhardt*), 
dass  in  Bdnstadt,  welches  sehr  viel  durch  Milzbrand  litt,  derselbe 
unter  den  Rindern  fast  vollkommen  erlosch,  nachdem  man  die  Schafe 
abgeschafft  hatte,  welche  im  Sommer  massenhaft  an  Milzbrand  fiele». 
Es  folgt  aber  daraus,  daae  bei  allen  Massregeln  gegen  die  Seuebe 
der  Milzbrand  unter  den  Schafheerden  die  meiste  Beachtung  verdienL 

V.  Vergleich  des  Milzbrandes  mit  anderett  Infections-  KraiJt- 
heilen.  Damit,  dasa  der  Milzbrand  auf  seine  eigentlichen  Ümebcn 
auniokgefahrt  wurde,    ist  es  gleichseitig  Kum  ersten  Male  gelungen, 


I)  Bollinger  L  e.  p.  456.        ■)  Bolltngei 


:■  p.  U9. 


807 

Lieht  Aber  die  Aetiologie  einer  jener  merkwürdigen  Krmnkheiten  bq 
▼erbreitesi  deren  Abhängigkeit  von  Bodenverhältnissen  genügend  «nf- 
siklären  weder  den  Anstrengungen  der  Forsehang,  noeh  den  kfihn- 
sten  Qod  verwiekeltsten  Hypothesen  bislang  mOglieh  gewesen  ist.  Eis 
liegt  deswegen  sehr  nahoi  einen  Vergleich  zwischen  Milzbrand  nnd 
den  dnreh  ihre  Verbreitnngsweise  ihm  nahestehenden  Krankheiten, 
Tor  Allem  mit  Typhus  and  Cholera  aninstellen. 

Mit  Typhus  hat  der  Milzbrand  Aehnliehkeit  durch  die  Abhängig- 
keit TOm  Orundwasser,  dnreh  die  Vorliebe  flir  Niederungen,  durch 
das  aber  das  ganze  Jahr  vertheilte  sporadische  Auftreten  und  das 
daaeben  eintretende  Ansehwellen  der  Erkrankungsftlle  zur  Epidemie 
im  Spätsommer.  Die  ersten  der  oben  genannten  Punkte  treffen  auch 
fttr  die  Cholera  zu;  in  einer  Hinsicht  aber  stimmt  das  Contagium 
der  Cholera  mit  dem  des  Milzbrandes  in  so  eigenthflmlicher  Weise 
zusammen,  dass  wohl  die  Annahme  eines  reinen  Zufalls  ausgeschlos- 
sen werden  muss.  v.  Pettenkofer  hat  darauf  hingewiesen,  dass 
das  Cholera-Contagium  auf  Schiffen,  wenn  diese  kein  Land  berflhren, 
nmst  in  drei  bis  vier  Wochen  abstirbt,  nur  wenn  dasselbe  vor  dieser 
Zeit  wieder  in  geeigneten  Boden  gelangt,  vermag  sich  die  Krank- 
heit weiter  zu  verbreiten.  Nehmen  wir  nun  einmal  an,  dass  der 
Milzbrand  eine  Krankheit  wäre,  welche  in  Indien  heimisch  ist,  und 
dass  von  dieser  Krankheit  befallene  Thiere  nur  nach  vier-  bis  fllnf- 
wdehentlicher  Seefahrt  zu  uns  gelangen  könnten,  dann  würde  gerade 
00  wie  bei  der  Cholera  eine  Verschleppung  auf  dem  Seewege  nicht 
Böglieh  sein,  da  sieh  aus  Mangel  an  feuchtem  Boden  keine  Sporen 
bilden  könnten  und  die  etwa  an  Gegenständen  eingetrockneten  Ba- 
eillen  sehen  vor  Beendigung  der  Fahrt  abgestorben  wären.  Worden 
wir  noch  femer  annehmen,  dass  der  Milzbrand  eine  Krankheit  sei, 
die  nieht  dnreh  grosse  Bacillen,  sondern  dureh  andere  ausserordent- 
lich kleine,  an  der  Grenze  des  Sichtbaren  stehende  Schizophyten 
erzengt  werde,  welche  nicht  frei  im  Blute,  sondern  (wie  die  Bacillen 
in  der  Pferdemilz)  in  den  weissen  Blutkörperchen,  in  den  Zellen  der 
Lymphdrflsen  und  der  Milz  versteckt,  ihre  deletäre  Wirkung  aus* 
flbten,  dann  mflsste  mau  diesen  Schizophyten  eine  noch  viel  nähere 
Verwandtschaft  mit  dem  Contagium  der  Cholera  und  des  Typhus 
zugestehen.  Keine  Substanz  könnte  in  der  That  eine  grössere  Aehn- 
liehkeit mit  dem  Contagium  dieser  Krankheit  besitzen,  als  ein  der- 
artiges Milzbrandeontagium. 

Bei  solchen  Betrachtungen  regt  sich  unwillkflrlich  die  Hoffhung, 
dass  such  das  Typhus-  und  Cholera-Contagium  in  Form  von  Kngel- 
bacterien  oder  ähnlichen  Schizophyten  {aufzufinden  sein  mflsse.    Dem 


stehen  jedoch  die  erheblichsten  Bedenken  entgegen.  Vursna^esetzt 
Dämlich,  dass  diese  Krankheiten  von  einem  beichten  Contagtam  ab- 
li&DgcD,  so  mnsa  augenommen  werden,  dasB  dseeelbe  unBern  uptiHchcD 
BUlfsmitteln  schwer  oder  gar  nicht  zagäogHcb  ist,  da  viele  der  geüb- 
teBlen  UikroBkopiker  es  bis  jetzt  vergeblich  gesucht  haben.  Sollte 
ein  derartiges  Contagium  noch  gefunden  werden,  dann  wQrde  ans 
auRBerdem,  da  Typhus  und  Cholera  nicht  anf  Thiere  tu  Übertragen 
ist,  das  einzige  Mittel  fehlen,  um  uns  stets  von  der  Identität  der 
mOglicherweiae  in  ihrer  ftuaseren  Qestait  wenig  charakterist  ischea 
Schiüophytcn  zu  Qberzeugen.  Also  gerade  das,  was  die  Untcrsachun- 
gen  Ober  das  Hilzbrand-CoDtagiam  so  cinfacli  und  so  sicher  macht, 
nUmlich  die  unverkennbare  Form  der  Bacillen  und  äie  darch  Impfung 
fortwahrend  Über  sie  ausgeübte  Controle,  würden  für  Typhus  nod 
Cholera  fehlen.  Trotzdem  dOrfen  wir  uns  durch  die  fUr  manche 
Krankheiten  vorUnlig  noch  unüberwindlich  erscheinenden  Uindenüaae 
nicht  abschrecken  lassen,  dem  Ziele,  so  weit  als  unsere  jetzigen  tldlfs- 
niittel  es  zulassen,  nachzustreben.  Nur  darf  man  nicht,  wie  bisher, 
mit  dem  Schwierigsten  beginnen.  Erst  mnss  das  Naheliegende 
erforscht  worden,  was  von  unseren  HillfBmittcIn  noch  eireiclit 
werden  kann. 

Durch  die  hierbei  gewonnenen  Resultate  and  Untersuchnngame- 
tbodon  müssen  wir  uns  dann  den  Weg  zum  Ferneren  und  Udkd- 
gftnglichercn  zeigen  lassen.  Das  vorläufig  Erreichbare  auf  diesem 
Gebiete  ist  die  Aetiologio  der  infectiösen  Thierkrankheitcn  nnd  der- 
jenigen meuachlichen  Krankheiten,  welche,  wie  Diphtheritis,  siif  Thiere 
Übertragen  werdcu  können.  Diese  Krankheiten  gestatten  nna,  die 
für  diese  Untersuchnngen  allein  nicht  mehr  aasreichende  KraA  de« 
Mikroskops  durch  das  Tbier-Biperiment  zu  ergänzen. 

Kur  mit  ZabilUenabme  einer  so  gewonnenen  vergleichenden 
Aetiologic  der  Infectionskrankbeiten  wird  es  möglich  sein,  das  Wesen 
der  Seuchen,  welche  das  meneoblichc  Geschlecht  ao  oft  und  to 
schwer  heimsuchen,  zu  ergründen  und  sichere  Uittel  zu  finden,  um 
•ie  fem  h«lten  in  kttnnen. 

Wollstein,  OroBshertogthnm  Posen,  27.  Hai  1876. 


Rguren  -  Erklärung. 

Tafel  XL 

EniwiekelmigBflrescliiclite  tob  Bacillng. 

Fig.  1-7  MüibrandbacUlen  (BaeUhu  AnthraeU). 

Fig.  1.  Milzbrand^oeittm  vom  Blut  eines  MeerschweincheDs;  die  Baeillen  als 
glashelle  Stibchen,  zum  Theil  mit  beginnender  Quertheilung  oder 
geknickt,  a  weisse,  b  rothe  Blutkörperchen  (p.  282). 

Fig.  2.  MilzhnxkdbaeiUen  aus  der  Milz  einer  Maus,  nach  dreistQndiger  Cultur 
in  einem  Tropfen  Humor  aqueut;  in  Fäden  auswachsend,  um  das 
3— 8fache  verlängert,  zum  Theil  geknickt  und  gekrümmt  (p.  282). 

Fig.  3.  Gesichtsfeld  aus  dem  nämlichen  Präparat  nach  zehnstflndigcr  Cultur; 
die  Bacillen  in  lange  Fäden  ausgewachsen,  die  od  zu  Bündeln  um 
einander  geschlungen  sind;  a  in  einzelnen  Fäden  erscheinen  stärker 
lichtbrechende  Romchen  in  regelmässigen  Abständen  (p.  282). 

Fig.  4.  Gesichtsfeld  aus  dem  nämlichen  Präparat  nach  24 stundiger  Cultur; 
a  in  den  Fäden  haben  sich  länglich  nmde  Sporen  perlschnurartig  in 
regelmässigen  Abstanden  entwickelt;  b  manche  Fäden  sind  in  Auf- 
lösung begriffen,  die  Sporen  frei,  einzeln  oder  in  Häufchen  zusammen- 
gehallt (p.  233). 

Fig.  5.  Keimung  der  Sporen;  a  mit  Hartnack  9  Imm.  von  Roch,  b  mit 
Seibert  VIII.  Imm.  von  Cohn  gezeichnet  (vgl.  p.  289).  Die  Spore 
verlängert  sich  in  ein  walzenförmiges  Rörperchen,  die  stark  licht- 
brechende  Masse  bleibt  an  einem  Pole  liegen,  wird  kleiner,  zerfällt 
in  2  oder  mehr  Partieen  und  ist  schliesslich  ganz  verschwunden. 

Fig.  6.  Darstellung  der  Cultur  der  Milzbrand&oci^^en  in  einem  hohlgeschliffe- 
nen, mit  einem  Deckglas  bedeckten,  vermittelst  Olivenöl  ringsum  luft- 
dicht abgeschlossenen  und  durch  einen  heizbaren  M.  Schulze' sehen 
Objecttisch  auf  Bliitwärme  erhitzten  ObjecttHSger;  Natiirl.  Grösse. 
Die  Badüen  befinden  sich  in  einem  Tropfen  von  frischem  Ilunior  aqueus ; 
schon  mit  blossen  Augen  erkennt  man  die  von  der  Stelle  der  Aus- 
saat in  den  Tropfen  hineingewucherten,  leicht  flottirenden  äusserst 
feinen  Fadenmassen  (p.  284). 


tio 

Oeaichtsrold  aus  d«r  Umhdllaiigsschieht  t'mea  iintrr  4i*  R0ckf4i)iaut 
Frosches  gebrachten  Sl^lekl^hens  von  dct  Mili  r!nrr  tnilUin»- 
digen  Mau«;  die  Schicht  beercht  ans  groascn.  kcrnhalUitcn  Zctlra  a; 
in  rinielneD  Zellen  sind  mehrere  kurze,  etwa«  geknickte  oder  g^ 
krflminle,  lu  üauren  verciaigle  oder  *|>iralig  g«dt«lite  BacUltit  <b) 
•iirgenommeD,  welche  in  den  ZelleQ  weiter  warlisen  und  dirs«  iule«zt 
aprengeo;  e  ziisaraineiigefBllene  Zeltmcmbranrn,  g  {n'igrwnritat  Ba- 
eitlen sp i ralen ;  e  Blutkörperchen  des  Frosches;  auch  niiYrrtailfrln 
Baeillen  sind  sichtbar  |p.  301). 


10   HeobMlUen  (BaeUlut  nUlHUt}. 


Bacilltn  in  Ungi^,  parallel  neben  ciiiandi-r  Kflagerte  Fldrn  uuge- 
wachsen,  welche  ein  irisirendea  Hlutchen  auf  der  (IberiUehe  eine* 
gokuchtea  Hruaufgiisse«  nach  34 — tS  Stuadeo  bilden;  in  deo  Lamim 
der  Psrallel reihen  Rodel  man  noch  bewegtidie  kurM  (b)  wier  in  Ver- 
tingeniDg  begriffene  Stäbchen  (a)  |p,  8GS). 

Spore iibildung  in  den  gegliederten  Fldeit  drr  lh»baciUen  nach  3  Tagra 
(p  268). 

Fig.  10.  ItaciUutCldeix  bflodclwrisc  (hirch  SrJilciin  verbunden  und  in  kTSuscn 
Schldnllockcn  gruppirt;  atu  linken  Kiule  der  Zcicbaung  beginnl  die 
Bildung  der  SporenLetleii  In  den  Faden  (p.  363). 

Fig.  II.  Fragment  eines  Schlei nibtindels,  in  welehein  sich  die  Bildung  der 
Hfurenketlen  vollendet  und  die  einMhieii  B^UiufUtn  uudvuttieli 
geworden,  die  Sporen  aber  noch  in  parallelen  B«ihtn  geordnet  iiim) 
durch  Schleim  iuaamm«ugchalleu  erschrinrn  (p.  361). 

Die  Figuren   1—7  sind  nach  Milxbrand£aciUfn  {BafUlut  JnlkfacüJ 

von    Dr.   Koch,    Fig.  8—11    nach   Mtabaällat   von   I'rof.   Colin  gezeichnet; 

Tcrgl.  abrigeus  p.  375.    Vergröaserung  Ton  1—7,  8  u.  10  =  650  IgeMichnet  vil 

Ilartuack  Immem.  IXl.   von  hl  u.  U  Vergr.  lU&ü  IgeMiehDci  mit  Reiben 

Inuucrs.  VIII),  von  II  Vergr.  WO  (Scibert  Vl.j. 


> 


■  KoImK  XlMhkawtkr  li  BfwiM. 


Inhalt  von  Band  I 

fltft  L  Di*  rUMitnopkruilRa  au«  ! 
J.  Schracior.  (Mit Tafel  I-IU.)  —  ' 
Vo»  H,  l,»h-ri  i.i>.l  9  (:»(.n   —  U*l: 


Dl   J   s 


in.  llr.;i-.Kf  !,.-  ;i,.il,.^>.-  rin-  ii.,.r-,,  „  1  l\-  F  :i:.u.-L'.l.i 
TemperUnrrD  und  de»  Eiiiir.ictnmi  aut'  die  HiicwitVIiinx  ' 
Ttmm  Diij.     Von  Dr.  Eduitra  h.<<Um.     Pr«!«  11  Muk. 

Inhal!  von  Band  II. 


.,,     Von   Or.   Ur.. 
.-1  f]  Ötirr  Oi-pwiMli 

-r-l,   :   »url. 


k 


I'rrli  10  Mork- 


'■iffT't 


Beiti'äÄe 


Biologie*  der  Pflanzen.  I 


BerausegebeD 


Dr.  Ferdinand  Cohn. 


Zweitsr  Baad.    Dritt«  H*ft. 

Uli  niar  TTaarlii. 


.r  U.  Kern'a  Vorln« 
(Hut  ■niBT). 


-  Mem  IMf  turf  TtUI  Md  BfgBia  ta  0^  IL  tma  bii  ibiHa  >M|  k^nfM«. 


Inhalt  von  Band  I. 


IMb  PdafiiPoiMruiitru  lu«    i 

(Äüt-rJa  i-iiii  -  I 

Von  El.  L«b«rt  u>i.t  F  Cohn.  —  U'> 
tmpen.   Von  Dr.  Kcrd.  C.ilin.   (Mit  1 

(lufc  Atr  l'midiin^ji.    Vur.  |i, 

(Crfnolhrir  fmlj/ijmm)  mit.  Bin, 

DrunnciKvuaiTt.     Von  Ur,   I 

Hüft  1!.     r„i,T.n--lmui;-: 


1  (•niuirratiireii   und  da»   iCtnirwinrn«    ml   rlir   fcutwirkliuio   i 
7'f™«  Duj.    Von  Dr.  EJunrJ  Kiil.m,    froU  II  Mark. 
Inhalt  von  Band  II. 
B«rt  1 

Aciktniiii 
Tt  ...■■■  . 


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Liilier  dw 
Bcüme   ra 

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rl>«i    V 
Dr,  A, 

ko-r- 

Dle  Kr  ,. 

d<.< 
Uotrr-u 

PnlH  1(1  Mark. 


'^/M/t^'i 


'He^^>-e^i. 


Beiti'äffe 


»iologie  der  Pflauzen. 


Heraasgegeben 


Dr.  Ferdinand  Cokn. 


Zweiter  Band.    Drittea  Heft. 


nn>*Uu  1877. 

3.    CT.   KLora's  Vci-lnn 

(Xu  «Her). 


■  Itctt«  »lud  Tu»!  und  RegiMer  m  ßind  II.  (rnim  üu  ilnllci  tt»&)  Iwi^tboi. 


812 

anführen.    Die  vielfachen  Angaben  über  höhere  TemperataroD|  welche 
Sporen  von  Pilzen,  Bacterien  ertragen  können,  übergehe  ich. 

Ueber  Erwärmung  von  Samen  liegt  eine  ganze  Reihe  von  Unter- 
suchungen vor,  in  denen  diese  Frage  mehr  oder  weniger  eingehend, 
auch  von  verschiedenen  Gesichtspunkten  aus,  behandelt  wird. 

F.  Nobbe  behandelt  diese  Frage  in  seinem  Handbuch  der  Samen- 
kunde S.  226  auf  Orund  der  vorhandenen  Literatur.  Die  von 
Nobbe  citirte  Schrift  von  M.  Fleischer:  Beiträge  zur  Lehre  vom 
Keimen  der  Samen,  war  mir  leider  nicht  zugänglich.  Nobbe  theilt 
auch  mehrere  Fälle  mit  (228),  in  denen  es  gelang,  Samen  nach  einem 
Aufenthalt  in  kochendem  Wasser  keimfUhig  zu  erhalten.  Es  gelingt 
dies  jedoch  nur  bei  solchen  Samen,  die  während  des  Siedens  nicht 
aufquellen,    bei  denen  also  das  Wasser  nicht  in  daa  Innere  dringt 

Fiedler')  machte  nach  Sachs'  Angaben  und  unter  dessen  Leitung 
eine  Reihe  von  Versuchen,  bei  denen  Erbsen,  Roggen,  Linsen,  Gerste, 
Mais,  theils  in  lufttrockenem  Zustand,  theils  nach  vorangehender  Quel- 
lung durch  24  Stunden,  durch  je  eine  Stunde  bei  verschiedenen 
Temperatnrgraden  erwärmt  wurden.  Es  zeigte  sich,  dass  von  den 
lufttrockenen  Samen  nur  Weizen  noch  eine  Temperatur  von  70 — 72^ 
ertrug,  aber  auch  nur  mit  bedeutender  Schädigung  der  KeimfUiig- 
keit  (Von  100  Samen  keimte  einer.)  Gerste  bflsst  schon  mit  65^ 
ihre  Reimfilhigkeit  ein.  Nach  vorheriger  Quellnng  ertragen  nnr 
noch  Erbsen  eine  einstündige  Erwärmung  auf  53 — 54^,  die  Mehr- 
zahl der  Erbsen  wird  jedoch  bei  dieser  Temperatur  schon  getödtet 
(Von   100  Samen  keimten  20.)     Gerste  stirbt  schon  mit  51"  C. 

Edwards  undColin'^)  setzten  Samen  von  Diilsenfrüchten  nnd 
Getreide  der  Einwirkung  von  Wasserdiimpfen  aus,  welche  62*^  C. 
und  75"  0.  bcsassen.  Bei  62"  C.  war  nach  15  Minuten  nnr  die 
kleinere  Hälfte  getödtet;  bei  72"  C.  hingegen  hatten  alle  Samen  ihre 
Keimfähigkeit  eingebüsst. 

Für  Getreidearten,  Hülsenfrüchte  genügte  schon  eine  längere 
Zeit  andauernde  Einwirkung  von  warmem  Wasser  von  35"  C,  um 
die  Samen  zu  tödten.  In  feuchtem  Sand  ertragen  sie  längere  Zeit 
45"  bis  60"  C. 

Pouchet^)  fand,  dass  Samen,  die  in  der  nngewaschenen  brasi- 
lianischen Schafwolle  sich  befanden,  zum  Theil  noch  keimten,  wenn 


*)  Sachs,  ExpcrimtMitalpliysiologie  S.  6<>. 

'^)  Moni,  de  raOiHl.  des  scienrcs  natur('ll<\«i  II.  Srr.  1.  1^34  —  Dif  Origl- 
iKilabhandluiig  stand  mir  nicht  zur  Vorfiigiing,  ich  ciiire  daher  nacli  Nobbe' s 
Handhiich  der  Samenkiinde  S.  228. 

»j  Couipt.  read.  Bd.  G3.  S.  939. 


818 

die  Wolle  vier  Stunden  hindurch  zum  Zweck  der  Reinigung  mit  sie- 
dendem Wasser  behandelt  worden.  Es  handelte  sich  zumeist  um 
Medicagosamen.  Bei  Versuchen,  die  nun  mit  andern  Medicagosameo 
Torgeoommeo  wurden,  stellte  sich  heraus,  dass  nach  längerem  Kochen 
dieser  Samen  sich  stets  einzelne  fanden,  in  die  das  Wasser  nicht 
eingedrungen  war.  Diese  Körner  hatten  ihre  Keimflihigkeit  zumeist 
behalten,  während  die  anderen  aufgequoUene^n,  getödtet  waren.  Bei 
Yersaehen  mit  andern  Samen  konnte  ein  analoges  Verhalten  nicht 
festgestellt  werden.    Nobbe')  bestätigte  diese  Erfahrung. 

H.  Hoffmann*)  Hess  Samen  (mit  den  Steinhttllen)  von  Brombeere 
und  Himbeere  durch  einige  Stunden  in  siedendem  Wasser  verweilen, 
konnte  aber  nach  dieser  Behandlung  niemals^  nachdem  die  Samen 
iB  Erde  ausgesäet  waren,  eine  Keimung  beobachten. 

Wiesner')  theilt  in  einer  Abhandlung:  „lieber  den  Einfluss 
hoher  Temperaturen  auf  die  Keimflihigkeit  einiger  Samen^  mit:  dass 
die  Samen  einiger  Nadelhölzer  eine  Erwärmung  auf  70*^  C.  ertra- 
gen ohne  die  Keimfilhigkeit  zu  verlieren.  Einer  vorherigen  Trock- 
ming  waren  diese  Samen  nicht  ausgesetzt.  Wiesner  beobachtete 
aaeh,  dass  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  die  erwärmten  Samen  schnel- 
ler keimten  als  die  nicht  erwärmten. 

Haberiandt  F.^)  fand  im  Jahre  1863,  dass  Samen  unter  gfln- 
■tigen  Umständen,  d.  h.  wenn  sie  sehr  trocken  sind,  eine  48  ständige 
Erwärmung  auf  100^  ertragen,  ohne  getödtet  zu  werden.  Der  in 
Eede  stehende  Versuch  wurde  mit  88  Arten  und  Varietäten  unserer 
Colturpflanzen  aus  17  Familien  ausgeführt  und  von  jeder  Art  20  Samen- 
körner entnonamen.  Die  Samen  gehörten  den  nachstehend  genannten 
Familien  an: 

Oramineen  (38  Arten),  Läiaceen  (3),  Chenopodiaceen  (2),  Poly- 
goneen  (1),  ürticeen  (1),  Ccmposittn  (4),  Labiaten  (1),  Banuncu- 
laeeea  (1),  Solaneen  (2),  Bubiaceen  (1),  Coniferen  (8),  Papaveraceen 
(1),  Lineen  (1),  Umbdliferen  (7),  Cttcurbitaceen  (4),  Sanguisorbeen  (1), 
Papüionaceen  (18).  — 

1)  Versuchsstationen  15.  S.  262.  —  Handb.  der  Samenkunde  S.  228. 

*)  Allgemeine  Forst-  und  Jagd -Zeitung.  Neue  Reihe.  Jahrgang  44.  — 
1868.  —  S.  36. 

>)  Sitxungsberichte  der  Wiener  Akademie  der  Wissenschaften.  Bd.  64. 
I.  Abtheilang  S.  426. 

4)  Allgem.  land-  und  forstw.  Zeit.  1.  Bd.  1863»  p.  389  ff.  Ich  entnehme 
dieses  Citat,  da  mir  das  Original  nicht  zur  Verfugung  stand,  der  Abhandlung 
▼.Höhneis:  „Welche  Wärmegrade  trockene  Samen  ertragen  ohne  ihre  Keim- 
flhigkett  EU  verlieren/'  in  Wiss.  praktische  Untersuchungen  auf  dem  Gebiet 
des  Pflanzenbaues  U.  S.  79. 

21* 


814 

Die  verschiedenen  Speeles  zeigten  gegen  den  Einfloss  der  hohen 
Temperatur  eine  verschiedene  Widerstandsflthigkeit  Während  bei 
einer  Temperatur  von  100^  C.  eine  grössere  Zahl  von  Arten  ihre 
Keimfähigkeit  einbüsste,  wurde  bei  der  Einwirkung  einer  Tempera- 
tur von  56  oder  75^  C.  kein  schädlicher  Einfluss  bemerkbar.  Viele 
Samen  keimten  jetzt  sogar  früher  als  nicht  erwärmte«  — 

Diese  Haberlan  dt 'sehen  Versuche  ergeben  femer  die  That- 
sache,  dass  eine  vorsichtige  und  allmähliche  Erwärmung  lufttrocke- 
ner Samen  auf  56^ — 87,5^  C.  im  Allgemeinen  eine  Verkdrzung 
der  Keimdauer  zur  Folge  hat.  Nimmt  man  nämlich  aus  allen 
Beobachtungen  die  Mittel,  so  erhält  man  fOr  Erwärmungstem- 
peraturen von: 

37,6 <>C.    56*^  C.    75*^0.    87,5<>  C.    lOO**  C.  durch  je  48  Stunden, 
eine  mittlere  Keimdauer  von: 

5,46.         5,2.         5,2.  5,08.         7,47  Tagen. 

Wie  man  sieht,  nimmt  die  Keimdauer  im  Allgemeinen  ab;  erst 
bei  einer  dauernden  Erwärmung  auf  100^  C.  tritt  eine  bedeutende 
Verspätung  ein,  die  nach  Haberlandt  möglicherweise  cum  Theil 
durch  eine  ausserordentliche  Verhärtung  von  Samen-  und  Frueht- 
häuten  bedingt  ist. 

Krasan  ^)  machte  Untersuchungen  Aber  die  Temperaturen,  die  der 
Weizensamen  ertragen  kann,  ohne  die  Keimflihigkeit  zu  verlieren. 

Er  fand: 

Starke  Austrocknung  der  Samen  unter  dem  Einfluss  von  Chlorcal- 
cium  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  hat  keinen  schädlichen  Einfluss 
auf  die  Keimung.  Getrocknete  Samen  ertrugen  die  Erwärmung  um 
so  leichter,  je  sorgfältiger  die  Austroeknung  war.  Die  Samen  bflss- 
ten,  bei  sehr  sorgfältiger  Austrocknung,  auch  durch  eine  Temperatur 
von  100^  C.  ihre  Keimfähigkeit  nicht  ein,  zeigten  aber  doch  eine 
Schädigung,  die  sich  durch  bedeutende  Verzögerung  des  Eintritts  der 
Keimung  kundgiebt.  Kr.  stellte  auch  Beobachtungen  über  die  Ent- 
wicklung der  Keimpflänzchen  an,  und  fand,  dass  dieselben,  gegenüber 
normalen  Pflanzen,  sich  um  so  lan^csamer  entwickelten,  je  höher  die 
bei  der  Erwärmung  der  Samen  anj^ewendete  Temperatur  war.  Das 
Würzelcben  blieb  am  meisten  im  Waehstlnim  zurück. 

Ueber  die  Temperatur  von  100**  C.  wurden  diese  Untersuclinn- 
gen  nicht  fortgesetzt.  Kine  Beschleunigung  der  Keimung  bei  den 
erwärmten  Samen  bat  K.  nie  beobaebtet. 


M  Sitzungsl).    (1er    Wiener    Akademie    der    Wi.sseusehaften,    Wien    1^73. 
LXVIII.  lid.,  I.  Al)lh.  p.   1"J5. 


S15 

In  den  Sitzungen  der  boUnisehen  Section  der  Xatarforseber- 
Versammlnng  zu  Breslau^)  hielt  iefa  einen  Vortng  iber  die  Einwir- 
kung höherer  Temperaturen  anf  die  Keimfähigkeit  der  Samen  von 
Trifolium  pratense,   —   Ich  hatte  festgestellt|  das?  die  Samen  bei 
einer  Temperatur,  die  oberhalb  39^   C.  liegt,  nicht  mehr  keimen. 
Samen,  die  in  dnnBtgesIttigter  Atmosplilre  einer  Temperatur  von 
75^  C.  durch  eine  Stunde  auBgeaetzt  waren,   btUsten  ihre  KeimfiU 
higkeit  ein.    ßs  kommt  hierbei  auf  die  Dauer  der  Einwijkung  an, 
80  dass  solche  Samen,  die  durch  48  Stunden  eine  Temperatur  von 
nur   50^  C.  in  duuBtges&ttigter  Luft   ertragen  hatten,   nicht   mehr 
keimten.    Samen,   die  vor  und  während  des  Erwirmens  sorgfiUtig 
getrocknet  wurden,  büssten  erst  nach  Einwirkung  einer  Temperatur 
von  120^  C.  ihre  Keimf^igkeit  Tollkommen  ein,  während  sie  Tem- 
peraturen, die  unterhalb  120^  C.  lagen,  ertrugen.     Es  handelte  sich 
hierbei   um  Temperatureinwirkungen  durch   | — 2  Stunden.     Unter 
allen  umständen  zeigt  sich,  dass  Samen,  die  einer  hohen  Tempera- 
tur ausgesetzt  waren,  meist  langsamer  und  in  geringerer  Anzahl  keim- 
ten,  als  solche,  die  eine  niedere  Temperatur  ertragen  hatten.    Je 
aorgfUtiger  die  Trocknung,  desto  geringer  die  Schädigung  durch  die 
hohe  Temperatur.     Jedoch  kann  man  auch  durch  die  sorgfllltigste 
Trocknung  eine  sehr  bedeutende  Schädigung   durch  Temperaturen 
über  100^  G.  nicht  beseitigen.    Samen  von  Trifolium  j/ratense,  die 
sehr  sorgfUtig  getrocknet    und  auf  100  und  mehr  Grad  erwärmt 
waren,  zeigten  eine  grössere  Schädigung,    wenn  ihnen  das  Air  die 
Keimung  nöthige   Wasser  schnell,    während  sie  noch  heiss  waren, 
gegeben  wurde,   als  wenn  sie  dasselbe  langsam  erhielten.     Es  ent- 
spricht dies  ähnlichen  Vorgängen,   die  man  an  Pflanzen,  die  Frost- 
wirkungen unterlagen,  beobachtete. 

y.  Höhnel*)  erwärmte  Samen  Terschiedener  Arten   auf  höhere 
Temperaturen  und  kam  zu  folgenden  Resultaten: 

1)  Die  meisten  Samen  können  eine  einstflndige  Erwärmung  auf 
110^  G.  durchmachen,  wenn  sie  nur  hinreichend  trocken  sind. 

2)  Die  Maximaltemperatur,  bis  zu  welcher  Samen  wenigstens 
15  Minuten  erwärmt  werden  können  ohne  ganz  ihre  Keimfiüiig- 
keit  zu  verlieren,  liegt  zwischen  110"  und  125''  C. 

Im  üebrigen  beweisen  die  HöhneT  sehen  Versuche,   dass  die 


1)  Botan.  Zeitung  1875.  S.  52. 

*)  ▼.  Höh  Del.  Welche  Wärmegrade  trockene  Samen  ertragen,  ohne  ihre 
Keimfähigkeit  einznböasf^n.  —  Untersuchungen  auf  dem  Gebiet  des  Pflanzen- 
baues, herausgaben  von  F.  Haberlandt.    Bd.  II.  S.  77. 


816 

Sehädignng  der  Samen  um  so  grösser  ist,  je  weniger  sorgAltig  die 
Trocknung  stattfand.  Die  Schädigung  giebt  sich  immer  durch  gerin- 
gere KeimfUhigkeit  und  Verlängerung  der  Keimdaner  kund.  — 

Höhnel  macht  sehr  richtig  darauf  aufmerksam,  ndass  et  nicht 
statthaft  ist,  einen  bestimmten  Temperaturgrad  als  Orenswerth  ffkt 
eine  bestimmte  Art  anzugeben,  da  ein  solcher  nur  für  ein  bestimmtea 
Samenindividnnm  gilt,  nicht  aber  fOr  eine  ganze  Art,  oder  gmr  fbr 
alle  Arten.  Jene  Individuen  derselben  Art,  welche  die  längste  Keim- 
dauer haben,  sind  ihrem  Tode  am  nächsten  und  werden  auch  unter 
den  gewöhnlichsten  Temperatur-  und  Feuchtigkeitsschwankungea 
suerst  zu  Grunde  gehen,  und  daher  auch  bei  geringeren  Hitzegraden 
erliegen.  Es  finden  zwischen  den  in  allen  Theilen  bereits  todtea 
Samen  und  den  ganz  gesunden  alle  möglichen  üebergänge  statt^ 

Es  ist  auch  wohl  sicher,  dass  Samen  derselben  Art,  die  unter 
verschiedenen  klimatischen  Verhältnissen,  flberhaupt  unter  veraehie- 
denen  Vegetationsbedingungen  entstanden  sind,  sich  in  ihrer  Wider- 
standsfUhigkeit  gegen  Erhitzung  verschieden  verhalten. 

Höhnel  berflcksichtigte  auch  die  von  mir  angeregte  Fragei  ob 
stark  getrocknete  und  erhitzte  Samen  bei  schneller  oder  langsamer 
WasserzufOhrung  sich  verschieden  verhalten.  Ich  komme  auf  diesen 
Punkt  weiter  unten  zurück. 

Eine  Beschleunigung  der  Keimung  durch  Erwärmung,  wie  sie 
von  Haberlandt  und  Wiesner  beobachtet  wurde,  konnte  Höhnel 
in  einzelnen  Fällen  auch  constatiren,  ohne  jedoch  „diesen  schwer 
verständlichen  Vorgang  damit  näher  beleuchten  zu  können.^  Bei  der  Er- 
wärmung befanden  sich  die  Samen  in  den  Höhn  ersehen  Versuchen 
in  geschlossenen  Reagenzgläsern.  Die  Samen  wurden,  was  gewiss 
sehr  vortheilhaft  ist,  mit  feinen  Messingfeilspähnen  umgeben,  damit 
ihre  vollkommnere  Erwärmung  rascher  vor  sich  gehen  konnte. 

Haberlandt^)  stellte  Versuche  über  die  Frage  an,  welchen 
Einflnss  die  Temperatur  des  Quellungswassers  auf  dieKeimfllhigkeit  hat 
Die  Untersuchungen  wurden  mit  Weizen,  Roggen,  Gerste,  Hafer, 
Mais,  Hirse,  Mohär,  Moorhirse,  Hanf,  Buchweizen,  Zuckerrüben,  Lein, 
Rothklee,  Luzerne,  Fisolen,  Erbsen,  angestellt.  Für  jeden  Einzel- 
versuch kamen  100  Samen  zur  Verwendung.  Die  Versuche  wurden 
in  zweierlei  Richtung  angestellt,  indem  die  Samen  entweder  direct 
in  das  auf  eine  bestimmte  Temperatur  gebrachte  Wasser  kamen,  und 


1)  llaherlandt.  Fr.  Der  Einfluss  des  Quollungswaiisers  verschiedener 
Temperaturen  auf  die  Keiuifal»igkeit  der  Samen.  Wisscuschafll.  prakt.  Uuicr- 
suchungen  etc.     ßd.  II.  8    47. 


SIT 

dieser  eonstaatea  T^^entv  4mm  4mA  i — 10  Blimu6m  nxteriigcB, 
oder  indem  sie  erst  34  8laa»dBB  m  Wawer  tob  li — 3^**  C.  gththem 
wurden  md  dnnn  in  das  Wasser  t«d  V«^äDnirt«r  T^aoptanitiir  ksacnu 

Die  TwnperstnracliirsBkaagtM  des  W^swrF  bcftm^ren  3<^  40,  M, 
55^  C.  —  Die  Tempcntem  T«a  !>(' — 40*'  C.  iriiin^  ^nrcik  10  Sem- 
den,  die  hOliem  Gnde  datk  5  dtnnäfliL  Vsb  dfai  fianpt^etreide- 
arten  kamen  die  Kdner  Bonnkd  dazrcaii  ^  vk  durtli  W  Standen  in 
den  Wlrmkaslen. 

Haberlandt')  katte  in  CBBcr  frfilwrD  As^eot  dk  IkC^eliBten  Kei- 
mangstemperatnren  fir  eine  Rob«  rcoi  Sssdcid  fofit^tnlelll.  Bei  den 
oben  erwähnten  Versnckca  iteUle  £i'jb  moi  ]be9raiA&,  daat  die  Teaipen- 
tar  des  QaeUangswassers,  otme  dk  Ssjnea  las  t&dlem,  bcber  sein  kennte 
als  die  höchste  Keiman^rtenapentBr.  Ftr  Wcanea  &.  B.  lie^  die 
Orenxe  der  Keimangslempentar  xwiKfaen  ^1*'  C.  nnd  ^7^'  CL,  wih- 
rend  naeh  sehnstlndigcni  Einqnellen  d«e  WeiaeaLS  in  Wasser  Ton 
50^  0.  noeh  62%  keiasn. 

Es  kommt  hierbei  also  iedfiglielt  aaf  dk  Daner  der  Eiawiilnn^ 
an,  denn  Wasser  ron  wcni^  mehr  ais  %1^  C.  testet  dk  ßaaMn, 
w«in  es  dnrch  eine  so  lange  Zeil  canaiihl,  wk  üt  dk  Samen  anter 
gewöhnlichen  Bediagangen  Ton  4eT  Aussaat  in  das  feaefate  Keimbett, 
bis  sam  Beginn  der  Keimaag  branebeau  Dks  beveiiea  aaeh  sehoa 
die  oben  erwihnten  Untenaehangea  Ton  Edwards  aad  Colia. 

Feiner  leigt  EL,  «daas  sieh  dk  naehiheilige  Wirinng  des  waraMn 
Qeellnngswassers  bei  jenen  SaaKn,  dk  ror  der  Einbringnng  in  das 
wanne  Wasser  noeh  dnreh  i4  Standen  in  Wasser  Ton  gewdhnlieho' 
Zimmertemperatar  eiageweiciit  waren,  darehgehends  in  rkl  höherem 
Grade  gdtead  macht,  als  bei  jenen,  welche  eine  sokhe  Torherge- 
hende  QaeUang  nicht  eifdbren  hatten.'' 

„Die  Widerstand  sflihigkeit  der  TcrMhiedenen  Arten  gegen  dk 
aehidigenden  Einflüsse  ist  eine  rerschieden  grosse  and  bei  den  ein- 
neinen  Yersnehen  wechselnde." 

Ferner  antersndite  H^  „ob  üb*  auuiche  SaaKn  anch  dk  finwir- 
knng  des  Qaellnngswasaers  Toa  gewöhnlicher  Temperstar  Ton  Behug 
aaL  Dm  Vwsnche  warden  mit  den  Samen  der  Haaptgetreidearten 
ao  angealsilt,  daas  je  100  Körner  ohne  yorsasgehende  Qnellang, 
je  100  nach  24stllndiger  Qoellang  in  kaltem  nnd  lanwara^m  Waaser 
aar  Keimang  angestellt  warden.  Die  einxaqnellenden  Körner  wurden 
in  offenen  BecherglSsem  theils  in  einem  angeheizten  Zimmer,  thdls 


1)  Landw.  VersochwUdoiico  B.  17.  S.  104 


818 

in  einem  Wärmkasten,  bei  einer  constanten  Temperatnr  von  -f*  '^  G. 
nnd  -f"  18 — 20^  C.  in  destillirtem  Wasser  eingeweicht.  Die  Versuche 
zeigten,  dass  Weizen,  Roggen,  Rispenhirse,  Mais,  Reis,  gar  nicht  oder 
kaum  merklich  durch  das  Einquellen  in  ihrer  Keimfilhigkeit  alterirt 
wurden,  während  sich  ein  entschieden  schädlicher  Einflnss  bei  Oerste 
nnd  Hafer  geltend  machte.  Gerste  leidet  mehr  als  Hafer,  der  nur  im 
bespelzten  Zustand  sich  geschädigt  zeigt.  Der  nachtheilige  Einfloaa 
steigert  sich  mit  der  Temperatur.^ 

Haberlandt  giebt  nicht  an,  wie  hoch  die  Wassersäule  war,  die 
in  den  Bechergläsem  über  den  eingequellten  Samen  atand.  leh 
glaube  aber,  dass  hierauf  sehr  viel  ankommt,  denn  je  höher  die 
Wassersäule,  um  so  weniger  Sauerstoff  werden  die  Samen  während 
der  Quellung  erhalten  und  dieser  Sauerstoffmangel  dflrfte  schon  an 
sich  eine  Schädigung  der  Keimfilhigkeit  veranlassen.  Wenigstens 
habe  ich  bei  den  Untersuchungen  in  der  hiesigen  Samenprflfnngsan- 
stalt  wiederholt  die  Erfahrung  gemacht,  dass  solche  Samen,  die  bei 
der,  vor  dem  Eintragen  in  den  Keimapparat  vorgenommenen  Quel- 
lung mit  einer  Wasserschicht  von  4  —  6  Centimeter  Höhe  bedeckt 
waren,  schlechter  keimten  als  Samen  derselben  Probe,  die  nur  nnter 
einer  Wasserschicht  von  ^ — 1  Centimeter  lagen. 

Der  Mangel  an  Sauerstoff  dürfte  auch  bei  den  oben  erwähnten 
Versuchen  H.'s  die  schädigende  Wirkung  des  warmen  Wassers  unter- 
stützt haben,  da  die  Einquellung  in  zugestöpselten  Pnlvergläsem  vor- 
genommen wurde.  Solche  zugestöpselten  Gläser  wurden  den  offe- 
nen vorgezogen,  weil  es  bei  denselben  der  Verdunstung  wegen  nicht 
möglich  war,  eine  constante  Temperatur  des  Wassers  zu  erhalten. 

„Beim  Mais  bewirkte  der  Aufenthalt  in  warmem  Wasser  von  30 
und  40^^  C,  durch  5  und  10  Stunden  eine  Beförderung  der  Keim- 
fähigkeit, selbst  dann,  wenn  der  Einwirkung  des  warmen  Wassers 
eine  24  8tttndige  Einquellung  vorausging." 

Haberlandt*)  stellte  für  eine  Reihe  von  Samen  fest,  dass 
bei  denselben  die  Keimung  um  so  rascher  eintritt  und  um  so  schneller 
verläuft,  je  jünger  die  Samen  sind.  Am  schnellsten  verlor  Roggen 
seine  Keimfähigkeit,  auch  Weizen  zeigte  schon  nach  wenig  Jahren 
eine  bedeutende  Verminderung  seiner  Keimkraft,  am  längsten  blieb 
Hafer  keimfähig.  — 


■>■ 


»)  Allpjcin.  laiul-  und  f(»rst\vlr(hsrliafilir]>e  Zcitunj»   ISf)!,  S.  201.  --  .l.ihrt 
bericht    über    die    Fortsrhrittt-    auf  dem    (loaniiiilgebiet    der    Agrleulturehemle 
B.  4.  S.  72. 


S19 

Haberlandt  hat  aneh  ansfUiriidie  üntenadimigeH  Aber  die 
Dauer  der  Erhaltungder  Keimfähigkeit  TerachiedeDer  Samen  gemacht  ^). 

Die  Samen  erhielten  ihre  Keimfthigkeit  um  so  Unger,  je  trocke- 
ner sie  aufbewahrt  waren.  Die  Vertnche  erstreckten  sich  Aber  einen 
Zeitraum  Ton  10  Jahren. 

üeber  diese  Frage  veröffentlichte  auch  Nie.  Dimitrievicz*) 
eine  Abhandlung,  die  die  von  Fr.  Haber lan dt  gewonnenen  Resul- 
tate bestitigte.  D.  arbeitete  mit  21  'Samenarten,  die  ein  Alter  tou 
6 — 13  Jahren  hatten  und  die  seiner  Zeit  von  Haberlandt  aufbe- 
wahrt worden  waren. 

Die  letsten  Abhandlungen,  die  direct  mit  der  hier  behandelten 
Frage  nichts  zu  thun  haben,  habe  ich  in  dieser  Znsammenstellung 
der  einschligigen  Literatur  deshalb  berücksichtigt,  weil  die  Erschei- 
nungen, die  bei  erwärmten  Samen  sich  geltend  machen,  sehr  viel  Aehn- 
lidikeit  mit  denjenigen  haben,  die  man  an  den  dorch  lange  Zeiten 
hindurch  (Jahre)  unter  Terschiedenen  Bedingungen  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  aufbewahrten  Samen  beobachtet 

W.  Veiten')  yeröffentlichte  eine  Abhandlung  Aber  die  Folgen 
der  Einwirkung  der  Temperatur  auf  die  KeimfUiigkeit  und  Keim- 
kraft der  Samen  von  Pihus  Picea^  Du  Bai.  —  V.  unterscheidet 
iwischen  KeimfUigkeit  und  Keimkraft.  Unter  Keimßlhigkeit  (Keim- 
Termögen)  versteht  er  „das  Yerhiltniss  des  Keimprocentes  für  eine 
bestimmte  oder  unbestimmte  Zeit,  wahrend  welcher  ein  Same  den 
Keimungsbedingungen  ausgesetzt  ist,  gleichviel  ob  derselbe  in  einer 
gewissen  Zeit  einen  grossen  oder  kleinen  Keimling  zum  Vorschein 
kommen  lissf^  „Die  Keimkraft  (Keimungsenergie)  hingegen  wird 
daraus  abgeleitet,  ein  wie  grosses  Volumen  oder  Gewicht  oder  welche 
Länge  ein  ausgewachsener  Embryo  für  eine  gegebene  Zeit  besitzt.'^ 

Diese  Definition  ftlr  Keimkraft  ist  keineswegs  ganz  zutreffend. 
Bei  gleicher  Keimungsenergie  können  sicherlich  Volumen  und  Gewicht 
iweier  Keimpflanzen  sehr  verschieden  ausfallen,  wenn  die  ursprüng- 
lichen Samen  nicht  ganz  gleichartig  sind.  Man  muss  jedenfalls 
Samen  voraussetzen,  bei  denen  das  Verhältniss  zwischen  dem  Gewicht 
des  Embryos  und  der  Beservestoffe  durchaus  dasselbe  ist,  in  denen 


1)  Die  Reimfthigkeit  der  Getreidekorner,  ihre  Dauer  und  die  Mittel  ihrer 
ErfaaltoDg.  Wiener  landw.  Zeitung  1873,  S.  126.  —  Botanischer  Jahres- 
heriebt  L  S.  259. 

^  *)  Fr.  Haberlandt,  Wissenschaftlich-praktiache  Untersuchungen  auf  dem 
Gdbiet  des  Pflanzenbaues,  Bd.  I.  S.  98. 

S)  Sitzungsbericht  der  Raiserl.  Akademie  der  Wissenschafleu  in  Wien. 
Bd.  74»  n.  Abth. 


880 

flberdies  die  Gewichte  der  Embryoneo  sowohl  wie  der  Reservettoffe 
gleich  sind,  in  denen  endlieh  Embryonen  und  Reservestoffe  von  dnreh- 
ans  gleicher  Beschaffenheit,  gleicher  Entwickelong  sind.  Man  wird 
mit  einiger  Sicherheit  Samen,  die  diesen  Anforderungen  eotsprecheiii 
erhalten,  wenn  man  dieselben  zn  gleicher  Zeit  von  derselben  Pflame 
erntet  und  ausserdem  nur  solche  von  möglichst  gleicher  Beschaffen- 
heit und  besonders  von  gleichem  Oewicht  verwendet  Femer  wird 
man  einen  Ausdruck  für  die  Keimnngsenergie  nicht  von  einer  eintelsea 
Keimpflanse  herleiten  dflrfen,  sondern  hierzu  besser  ein  Durehscbnitta- 
resultat,  das  sich  aus  der  Verwendung  einer  grösseren  Anzahl  von 
Keimpflanzen  ergiebt,  verwenden.  Endlich  ist  es  nicht  zweckmlatig, 
wie  in  obiger  Definition  geschehen,  ganz  allgemein  vom  Gewicht  der 
Keimpflanzen  zu  sprechen ;  die  Hauptsache  ist  jedenfalls  das  Trocken- 
gewicht. Dass  man,  um  Oberhaupt  einen  brauchbaren  Vergleich 
zwischen  zwei  Keimpflanzen  anstellen  zu  können,  im  Stande  sein 
mnss,  die  Vegetationsbedingungen,  unter  denen  die  Pflanzen  erzogea 
werden,  vollkommen  zu  übersehen,  ist  selbstverständlich. 

Veiten  benützte  dann  zur  Bestimmung  der  Keimungsenergie 
lediglich  die  Volumengrössen  der  Keimpflanzen,  da  brauchbare  Oewichta- 
bestimmungen  wegen  der  stattfindenden  Verdunstung  schwer  dordi- 
ftlhrbar  waren,  und  Längenmessungen  nicht  gut  brauchbar  sindi  da 
gleich  lange  unter  gleichen  Verhältnissen  erwachsene  Keimpflanaea 
„dick  und  dünner  sein  können.^  V.  machte  übrigens  bei  dieser 
Gelegenheit  selbst  einen  Theil  der  obigen  Erwägungen. 

Die  von  V.  verwendeten  Samen  waren  von  demselben  Standorte 
zu  gleicher  Zeit  geerntet.  Die  Samen  wurden  ohne  vorherige  Ana- 
trocknung durch  4  Stunden  Temperaturen  von  40,  45,  50,  55,  60, 
65,  70,  75,  80,  90,  100"  C.  ausgesetzt,  dann  bei  einer  Temperator 
von  24"  C.  durch  24  Stunden  eingequellt,  und  endlich  in  Keimap- 
parate gebracht,  die  in  einem  Thermostaten  ständen,  in  welchem  con- 
stant  eine  Temperatur  von  24"  C.  herrschte.  Die  Keimversuche 
wurden,  um  die  durch  das  Licht  veranlassten  Differenzen  im  Volu- 
men auszuschliessen,  alle  im  Dunkeln  augestellt  Die  Versuche  wur- 
den stets  auf  eine  Zeit  von  1 4  Tagen  ausgedehnt.  Ein  Same  wurde 
als  gekeimt  angenommen,  wenn  er,  horizontal  gelegt,  an  seiner  aus- 
tretenden Wurzelspitze  eben  die  Wirkung  der  Schwerkraft  durch 
eine  schwache  Krümmung  nach  abwärts  verrieth. 

Ich  halte  die  Zeit  von  14  Tagen  für  Keimversuche  mit  Samen 
von  Nadelhölzern  für  viel  zu  kurz,  denn  es  ist  keineswegs  richtig, 
dass  die  nach  14  Tagen  noch  keimenden  Samen,  „ausgesprochen 
leidend^^  sind.     Samen,  die  länger  als   14  Tage  in  den  Keimappara- 


821 

ten  liegen,  werden  freilich  leicht  yod  Pilzen  befallen,  wenn  man 
die  Samen  aber  möglichst  gegen  das  Verschimmeln  schätzt  (Rei- 
mnng  in  Erde),  so  erwachsen  aus  Samen,  die  selbst  erst  nach  mehreren 
Woehen  anfangen  zn  keimen,  noch  darchaos  gesunde  nnd  normale 

Pflanzen. 

Bei  den  Volnmenbestimmangen  benutzte  V.  die  Keimpflanzen 
mit  den  Samenresten  (Schalen).  Non  ist  es  mir  aber  nach  eigenen 
Yeranehen  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  Aafquellongsflihigkeit  der 
Samenaehalen  dnrch  Brhitzen  der  Samen  nicht  unbedeutend  ver- 
mindert wird.  Wenn  V.  somit  an  den  aus  erhitzten  Samen  erzo- 
genen Keimpflanzen  geringere  Volumina  beobachtete  als  an  den 
ans  den  nicht  erhitzten  Samen  gewonnenen  Pflanzen,  so  ist  jeden- 
fidla  ein  Theil  dieser  Volumendifferenz  auf  die  erwähnte  geringere 
QiellnngsfUiigkeit  der  Schalen  zurflckzufQhren.  Immerhin  aber 
werden  die  von  V.  vorgenommenen  Volumenbestimmungen  noch 
gedgnet  sein,  uns  wenigstens  eine  Vorstellung  von  der  Grösse  der 
Keimnngsenergie  in  den  ersten  Stadien  der  Keimung  zu  geben. 

„Eine  erste  Versuchsreihe  ergab  nun,  dass  mit  Erhöhung  der 
Temperatur  das  Keimvermögen  allmählich  abnimmt,  dass  durch  eine 
einatttndige  Erwärmung  auf  80^  C.  der  Nullpunkt  der  Keimfähig- 
keit fast  erreicht  ist  Die  erwärmten  Samen  keimten  fast  durch- 
geliends  langsamer  als  die  unerwärmten.  Ein  ^stflndiges  Erhitzen 
anf  40  bis  45^  C.  hatte  kaum  einen  Einfluss  auf  die  Keimfähigkeit.^ 

„Die  Volumenbestimmungen  ergaben,  dass  nicht  nur  das  Kei- 
mnngsvermögen,  sondern  auch  die  Keimkraft  mit  Erhöhung  der  Tem- 
peratur abnimmt,  bis  sie  sich  schliesslich  dem  Werthe  Null  nähert. 
Die  Abnahme  des  Volumens  erfolgt  allmählich,  man  kann  sagen  pro- 
portional der  Zunahme  der  Temperatur.^ 

Die  von  V.  mitgetheilten  Zahlen  zeigen  diese  Proportionalität 
keineswegs.    Bei  der  Temperatursteigerung 

von  55—60^  C.  fiel  das  Volumen  von  3,7  auf  3,4, 
s     60—65®  C.     5      5  s  s     3,4     5    3,0, 

«     66—70®  C.     5      s  s  *     3,0     r    1,9, 

«     70—75®  C.     s      5  s  s     1,9     s    1,8. 

Die  Volumina  beziehen  sich  auf  je  100  Keimpflanzen. 

,iDie  Abnahme  des  Keimvermögens  und  der  Keimkraft  erfolgt  in 
Folge  der  Erwärmung  nicht  in  demselben  Verhältniss.^ 

Bei  einer  zweiten  Versuchsreihe  ergaben  sich  im  Allgemeinen 
Iludiehe  Besultate,  aber  es  zeigte  sich  mit  der  Erhöhung  der  Tempe- 
lator  ein  wiederholtes  Steigen  der  Keimzahl,  wenn  auch  die  der 
naerwiimten  Samen  nicht  erreicht  wurde.    Bei  Berflcksichtigung  der 


828 


. 

T. 

o«c. 

2,G. 

40  ^ 

2,7. 

50  c 

2,7. 

60  5 

2,8. 

70  -. 

2,2. 

80  s 

1,8. 

Volntnina  der  gekeimten  Samen  zeigte  sich  jedoch,  dass  die  Keim- 
kraft mit  der  Erhöhung  der  Temperator  allmählich  abnimmt. 

Bei  den  geringen  Differenzen,  die  sich  bei  dieser  zweiten  Ver- 
snchsreihe  ergaben,  ist  mir  jedoch  die  Berechtigung  jenes  Schlnssei 
sehr  zweifelhaft.  Ich  führe  hier  die  V/sche  Tabelle  aoi  in  der 
t  =  Temperatur,  v.  =  Volnmen  ist. 

Die  Volumina  beziehen  sich  wieder  auf 
100  Pflanzen.  Die  höchste  beobachtete 
Differenz  beträgt  nur  0,4  Ccm.,  eine  Diffe- 
renz, die  wohl  ebenso  leicht  durch  eine 
Abnahme  in  der  Quellungsfthigkeit  der 
Samenschalen,  wie  durch  eine  verminderle 
Keimungsenergie  hervorgebracht  sein  kann. 
Sehr  interessant  sind  einige  weitere 
Untersuchungsresultate,  die  V.  mittheilt. 
Fichtensamen,  die  im  Winter  nach  der  Ernte  zur  Keimung  gebracht 
wurden,  zeigten  ein  sehr  geringes  Keimprocent,  während  dieselben 
Samen  im  nächstfolgenden  Sommer  zur  Keimung  gebracht,  eine  sehr 
grosse  Keimfähigkeit  zeigten.  Dieselben  Samen  nun,  die  im  Winter 
jene  geringe  KeimHihigkeit  zeigten  (21%)  wurden  durch  Erwärmung 
auf  55^  C.  durch  3  Stunden  21  Minuten  zu  einer  sehr  grossen 
KeimHUiigkeit  gebracht  (97%).  Veränderungen,  die  also  unter 
natürlichen  Verhältnissen  die  Länge  der  Zeit  und  die  höhere  Sommer- 
temperator ganz  allmählich  hervorbringt,  worden  dorch  den  Einflnss 
einer  Temperatur  von  55"  C.  schnell  bewirkt.  Es  wäre  sehr  wichtig 
zu  untersuchen,  ob  bei  irgend  welchen  anderen  Samen  sich  ähnliche 
Erscheinungen  geltend  machen.  Höchst  wahrscheinlich  sind  wohl 
dorch  dieses  Verhalten  die  von  einigen  Autoren  mitunter  beobachteten 
Thatsachen  zu  erklären,  bei  denen  durch  eine  nicht  zu  weit  getrie- 
bene Temperaturerhöhung  nicht,  wie  gewöhnlich,  eine  Schädignn 
der  Keimfilhigkeit  eintrat,  sondern  vielmehr  eine  Beförderung  der- 
selben. (Vergleiche  oben  8.  313.  314.  316.)  Ebenso  wie  die  Keim- 
fähigkeit hatte  auch  die  Keimkraft  bei  den  im  Winter  auf  55"  C. 
erwärmten  Samen  sehr  zugenommen. 

Ich  halte  übrigens  fUr  möglich,  dass  diese  ^anze  Erscheinung 
darauf  zurückzuführen  ist,  dass  die  Samen  durch  längeres  Liegen, 
Risse  in  den  Samenschalen  bekommen  und  somit  leichter  aufquellen 
und  keimen.  Eine  derartige  Beförderung  des  Aufquellungsvermögens 
wird  auch  leicht  durch  Erwärmung  erzielt  werden  können.  —  Samen, 
die  im  Winter,  also  kurze  Zeit  nach  der  Ernte,  zu  den  Keimver- 
suchen  verwendet   werden,   haben  jedenfalls   noch  eine   sehr  dichte 


er 


mid  weoig  riatige  SiaconMsliAk;,  dk  öd  dm  Bbiiibd  der  Fichte  ja 
ohnehin  sehr  fett  ist.  Mna  had  gnii&fiwg  jfidan&Ds  nicht  nfidng^ 
mr  Erkltmnf^  jener  Exveheinnng  tiei^g^eheode  jdiTBiologiBdie  Yerin- 
demngen  im  Samen  TOfanBEnBetEcnL  Hitte  Teilen  seine  £.eim- 
Tersoehe  durch  Hagere  Zeit  ak  dnrcib  14  Tage  fcntgcBfit^L,  bo  wtzrde 
er  wohl  auch  im  Winter  eine  hGbere  Kwmftingkeit  der  Samen  beob- 
achtet haben.  Jedenfüls  bedarf  nnd  Tcrdient  diene  Frage  einer 
«rneneten  Unteisaehug. 

Bei  weiteren  Untersndbimgen,  die  ebenfallB  im  Winter  an  im  tot- 
hei^^enden  Herbst  geemteten  Samen  Torgenommen  worden,  snciile 
¥•  den  Einflnss  Tendiieden  langer  Erw&rmnng  festmfit^en.  Bei 
einer  Temperatur  Ton  40^'  C  aeigte  tich  der  gfinstige  EinflPM  der 
Erwirmong  noch  nach  einer  Einwirknng  dnrdi  41  Standen.  Bei 
50^  aeigt  sich  ein  gflnstiger  Kinüm«  bis  aar  Daner  durch  8  Standen, 
wihrend  die  dnrdi  12  Standen  fortgesetcte  Temperatnrelnwiiknng 
adion  eine  Schldignng  Teranlasst.  AefanliciieB  aeigt  sich  bei  60^. 
Hdhere  Temperataren  kamea  nidit  aar  Anwendung. 

Veiten  stellt  am  Schlnsse  seiner  Abhandhmg  die  gewonnenen 
Beanltate  wie  folgt,  aasammen: 
1)  Das  Keimproeent  sowohl,   wie  die  Keimgeseh windigkeit,  giebt 

keinen  sichern  Anfschlnss  fiber  die  Keimkraft  der  Samen. 
S)  Die  Erwirmnng  der  Samen  kaan  eines  gllastigea  oder  nngfln- 
stigen  Einflnas  auf  dai  Keimnngtrermdgen  ansflben,  je  nach- 
dem der  physiologische  Zustand  ist,  in  dem  der  Same  nch  befindet 
S)  Die  Zeitdauer  der  Erwirmnng  ist  Ton  wesentlichem  Einfiuss 
auf  die  Entwickelung  der  Samen«  indem  Uageres  Erwärmen 
auf  niedere  Temperataren  denselben  Effect  wie  kurzes  Erwär- 
men auf  höhere  Temperaturgrade  henrorrufen  kann'). 

Metkoden* 

Fast  alle  Keimungen  wurden  in  den  Nobbe*schen  Keimappa- 
raten vorgenommen.  Die  Apparate  standen  in  einem  Zimmer,  in 
welchem  durch  einen  Regulirofen,  der  fortdauernd  in  Brand  war, 
Monate  hindurch  eine  nahezu  constante  Temperatur  erhalten  wurde  ^). 
Die  gekeimten  Samen  wurden  täglich  zu  derselben  Zeit  aas  den 
Keimapparaten  entfernt.  Selbstverständlich  war  dtLtür  gesorgt,  dass 
die  Feuchtigkeitsverhältnisse  in  allen  Apparaten  möglichst  gleich- 
artig waren.    Zu  jedem  Keimversuch  wurden  100  Samen  verwendet. 

1)  Id  dieser  Fassung  ist  der  Satz  sicher  nicht  richtig.    J. 
*)  Ich  kann  die  Meidinger'schen  FöIIofen  xur  üerstcllung  constanter 
Temperaturen  in  grossen  Räumen  ganz  besonders  empfehlen. 


-'1 


Dm  TroekMB  im  SMMB^^mde  attntor  dmk  WiitJhii 
■dlMB  ta  einen  mit  Sohwefelaiire  TenekeaeB  Friieciter 
etaUigt  In  der  MehnaU  der  FlUe  Jedoeh  wnden  die 
Iblfender  Weise  getrocknet:  In  ein  Bengen^flas  kna  eine  wM 
gegMktem  CUoreeUlnm  gefUIte  Papieikfllee.  Anf  diene  Habe 
eine  tweite  geeetiti  die  die  Snmen  enfldelti  nnf  dieee  e>dlMi  wie* 
der  eine  dritte,  die  wieder  mit  CUoreeleinM  gefUlt  wnr«'  Die  ne 
beeehiekten  Gliaer  wurden  dnreb  gnt  sehlieiieBde  Ketke  nbgeMkleeMn 
nnd  dann  noeb  mit  einer  Kenteeknekkeppe  iremdien.  Wenn  en  iuaaf 
nnknm  direet  die  Tempemtnr  der  Semen  absnieeen,  ao  war  dnnk 
den  Kork  ein  Tbermometer  in  das  Seagenagias  eingelfekrt  md  dar 
Kork  werde  dann  mit  einem  ans  Mebl  nnd  Leim  bergesfellten  EM 
Teraekmiert — In  einaelnen  Fftüen  wurden  beide  TroekanngaaMlhedan 
eombinirt  üeber  die  Daner  der  Anstroeknnng  ibden  siA  die  albenn 
Angaben  nnten  in  der  Beseiireibnng  der  einaelnen  Vaenahe.  —  Alle 
Brwifnnngen  der  Samen  fluiden  für  Temperatnren  bis  an  SO*  OL 
in  Horstmannseben  Tkermostaten  stalti  die  mit  Hilfe  efaMO  The^ 
moiegnlators  aehr  leiekt  Monate  bfaidnreh  anf  dner  eonetnatai  Tsas- 
peralnr  eriialten  werden  können«  ESae  Besebreibnng  dieser 
alalen  gebe  ieh  im  Anbaag.  Für  Temperatnren  nm  60—100* 
darttbeTi  werden  einfcehe  Thermostaten  ▼erwendet  nnd  nwnr 
Gefltase  ans  Terainntem  Bisenbleeb,  die  am  Boden  nnd  an  den  BeHan 
mit  einer  doppelten  Wand  Terseben  sind  nnd  dnreb  einen  doppdü- 
wandigen  Deckel  yersehloisen  werden.  Der  Ramn  awiseben  den 
beiden  Wänden  wird  für  Temperatoren  bis  an  100^  mit  Waaeer 
gefliHt,  Ar  bObere  Temperatnren  mit  Glyeerin  von  wecbselnder  Coa- 
eentration  oder  mit  Oel.  Die  aar  Erwärmung  dienende  Gtasfiamow 
wird  ebenfalb  durch  einen  Thermoregnlator  regnlirt 

Yeranelie. 

Brste  YermehsrsiheL 

Wdebes  Ist  die  bMiste  Temperatur,  bei  der  die  Samen  Ten  Katar  nnd 

Gerste  Sberhaupt  noch  keimen  t 

Die  mehrfach  wiederholten  Versuche  ergaben: 


Höcliste  ICcixxiuzisstcxni;>eratiii*. 


Just.  Sachs  >)• 


Gerste 37—380  C.  36,2—37,50  C. 


Haberlandts). 


31,26—87,60  0.    I 


Hafer |        37— 38,50  C.       |    Nicht  untersucht.   |    31,26-37,60  C.    | 


1)  Pringsheim's,  JahrbQcher  II.  S.  364. 

2)  Versuchs-Stationen  XVII.  S.  113. 


885 

Ich  habe  in  der  Toratehenden  Tabelle  die  froher  von  Sachs 
«nd  Haberlandt  gefondeDen  Zahlen  neben  die  meinigen  gestellt. 
Alle  Zahlen  stimmen  nahezu  flberein.  Bei  den  einxelnen  Versuchen 
ergeben  sieh  flbrigens  immer  kleine  Differenzen  in  der  Anzahl  der 
gekeimten  Samen.  Es  ist  sicher,  dass  es  fftr  eine  Species  kein  ganz 
bestimmtes  Temperatnr-Mazimnm  ftar  die  Keimung  giebt;  je  nach 
der  Abstammung  der  Individuen  einer  Species,  je  nach  dem  Grade 
der  Ausbildung,  nach  dem  Alter  etc.  wird  die  Maximaltemperatur, 
bei  der  noch  Keimung  eintritt,  etwas  höher  oder  niedriger  liegen. 
Beim  Hafer  waren  durch  eine  Temperatur  von  38,5^  C.  die  Samen 
inmeist  getödtet,  in  einzelnen  Fällen  aber  kamen  einige  zur  Keimung. 

Die  Samen  erleiden  durch  den  Einfluss  der  höchsten  Keimungs- 
temperatur eine  Schädigung,  die  sich  zunächst  dadurch  bekundet,  dass 
die  Keimung  später  eintritt,  als  bei  der  günstigsten  Keimungs- 
temperatnr  (Optimum).  Bei  Hafer  und  Gerste  beträgt  diese  Ver- 
aögerung  gegenüber  dem  Optimum  gegen  24  Stunden.  Die  Ver- 
sflgerung  ist  bei  Gerste  etwas  grösser,  als  bei  Hafer.  —  Auf  dieses 
Verhalten  macht  auch  F.  Haberlandt')  aufmerksam  und  beson- 
ders Sachs^). 

Bei  den  vorstehend  erwähnten  Versuchen  lagen  die  Samen  in 
flaehen  Porzellanschalen  auf  feuchtem  Fliesspapier.  Die  Schalen 
standen  in  den  auf  die  betreffenden  Temperaturen  gebrachten  Ther- 
mostaten. Die  Thermometer  waren  unmittelbar  zwischen  die  Keim- 
pflanien  gestellt  In  den  Thermostaten  befanden  sich  GeßUse  mit 
Kalilauge  zur  Absorption  der  gebildeten  Kohlensäure. 

Zweite  Versuohsreihe. 

Wie  verhalten  sich  die  Samen  von  Gerste  und  Hafer  in 
Ihrer  Keimfähigkeit,  wenn  sie  in  dnnstgesättigter  Luft  verschiedenen 

Temperaturen  ausgesetzt  werdenl 

Durch  mehrere  Vorversuehe  stellte  sich  heraus,  dass  von  den  ver- 
wendeten Samen  unter  den  gewöhnlichen  Verhältnissen  im  Versuchs- 
raum bei  einer  Temperatur  von  20^  C,  von  100  Samen  Gerste 
durchschnittlich  95,  von  Hafer  96  Samen  keimten.  Die  Keimung 
war  stets  in  längstens  acht  Tagen  beendet  und  verlief  derartig,  dass 
schon  nach  24  Stunden  eine  kleine  Anzshl  Samen  keimte  (5 — 10), 
dass   nach   ungefähr   60   Stunden   eine   grosse   Zahl    gekeimt   war 


1)  Versuchs-Stationen  B.  XVII.  S.  114.  —  Die  oberen  und  unteren  Tem- 
peraturgrenzen  für  die  Reimung  der  wichtigeren  landwirthschafll.  Sämereien.  • 

•)  Pringsheim's  Jahrb.  II.  S.  352—360.  Abhängigkeit  der  Keimung 
von  der  Temperatur. 


SM 


I  aDmlhlieb   itathoMidar  bU.    Db 


(M— flO).    IHs  Gbrign  SO— U  8 

■iahitaa   Tigs   md   iwar  in  i 

KflÜBBOfC  !•'  ■)•(>   eiM  BDgldflhfitoiBlge,   mit   i 

>w«itcB  oder  drittaa  Tigs.    IHeie  BrftJiniig  muht  i 

bd  alioD  KdfflTenieheB  mit  gemdea  Suwa  i 

■tigea  KeimnneilMdiBgiiiigaa.    SelbttrantladllAh  Twiddebt  tUk  te 

Biatritt  dw  Kaimmgimaximiimi,  J«  udidem  die  betnfltede  BpeeJM 

•ine  Ungera  oder  ktlnai»  Zelt  nr  Kdmug  nMiIg  bat.    Jadeaftllt 

■ber  liegt  dleeee  KefmuigtmaximinD  bei  «llen  Bumb,  die  aitU  Mhr 

Uoge  Zeit  tu  Kumnog  bnitobea,  wobi  immer  in  der  entea  HlHIs 

der  Kefaatugudt. 


Üffl  die  Samen  in  dnnstgeeittigter  Lnft  an  etbilten,  w^rd*  in  im 
ItemMteten  Wesier  gagouen.  EH«  Semen  Ugeu  In  einer  flnchw 
CHueebale.  Dleae  Sobale  war,  am  die  Bunen  rot  dem  tob  d«i 
Deekel  dee  Tbermoiteten  abtropfenden  Waaaer  n  aolriltien,  mit  atair 
nrdten  geirfllbten  Sehale,  deren  Band  Aber  die  erate  Bdbale  Iber- 
griff,  bedaebt.  Ei  war  daftr  geaorgt,  dan  die  aweita  Sehala  aUrt 
bat  nt  der  eraten  auflag,  ao  daaa  der  Zatritt  der  duatgaalttigCen 
Lvft  n  den  Bauen  nleht  gehindert  war.  IXe  Tennebe  wudea  fkr 
die  Tempentnm  von  SO»,  40<*,  SO»,  60°,  a^eatallL  Die  Srnrnm 
blieben  dnreh  veiaebledea  lange  Zdten  in  den  Thermoataten  md 
kamen  dann  in  die  Kelmapparate. 

A.  Wirkung  der  Temperatar  von  80**. 
Tabelle  L 

X>  keimten  nacb  Tbbsii: 


M' 

2   9   4 

& 

6 

7 

8 

3 

5 

3 
5 

4 
4 

9 

10 

11 

li 

13 

14 

15 

" 

17 

18 

19 

30 

11 

4 

1 

^.oLJ.» 

8 
10 

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In   der  Tkbelt«   bedeutet  a  Oersto,  b  Hafer.     Es  iat  erBichtlicb, 
bBs  der  Hafer  einen  Aufenthalt  in  dunstgeBättigter  Luft  dnreb  vier 


S«7 

Standen  ohne  Setadigug  ertrtgt,  vikiori  bei  der  Genie  mer 
diesen  Teriiftltnineii  beraU  ei>e  Yanügermmg  der  Keünch  ebrtritt. 
Je  Ui^er  die  Sunen  bü  30"  !■  diBatgeeitt^ter  Laft  TcrveOfs,  dato 
grOBser  wird  die  Sehftdign>g,  die  Bcb  dueb  iaaer  grtMere  Ah»ibT 
der  KeimfUigkeit  nod  imMcr  lia^Ke  Kcindaaer  ksadgiebt.  Das 
KeimaDgamAximnm  tritt  iamn-  spUer  uf  Mnd  wird  Iberdies  ■■  M 
ondeDtUcfaer,  je  lioger  die  Kiviikmag  der  ervibHtea  Ti  ihlllsisf  i 
atsttfiodet').    Die  Gerste  vird  nebr  geacbidi^  sls  der  Hftfer. 

Es  ist  beksnnt  and  zunal  dnrcb  F.  Haberlsndt  (siebe  ob» 
8.  318)  durch  ansgedefante  Verssebc  festgestellt,  dass  Ssaea  aater 
den  ^wShnliehen  Verfall taissen  ihre  KeimtUigkeit  je  aacb  der 
Bpecies  n&d  je  nach  der  IndividBaliUt,  mehr  oder  veniger  sebnell 
einbflasen.  Wfchrend  fOr  Gerste  nad  Hafer  nater  gewöhulicben 
Bedingnogen  Jahre  nHhig  und,  nm  die  KeimfUiigkeit  gaax  anfm- 
heben,  genügen  dun  bei  einer  Tenperatmr  von  30"  C.  in  dnnst- 
gealttigter  Lnft  wenige  Uonate.  leb  habe  die  Keimversaebe  mit  Samea, 
die  linger  als  25  Tage  im  Tbermostaten  weilten,  nieht  mehr  «sge- 
stellt,  denn  nach  dieser  Zeit  waren  die  äaoMn  regelmässig  so  sehr 
von  Pilsen  beEsUen,  daas  sie  nicht  mehr  aU  branchbares  Material 
fOr  weitere  Unterancbongen  dienen  konnten.  Die  angestellten  Ver- 
snche  genflgen  Übrigens  scboa  ToHkommca  am  n  seigen,  dasa  unter 
den  erwähnten  Versnchsbedingsngen  eine  verfa&ltnissnilasig  knrae 
Zeit  genügt,  am  die  Samen  so  tfldten.  Wollte  man  einen  bestimmten 
Ansdmck  für  die  Zeit  gewinnen,  in  velcher  die  Samen  getSdtet 
werden,  ao  mttsste  man  die  Versuche  so  Tomehmen,  daas  die  Samen 
im  Thermostaten  vor  dem  Befallenwerden  von  Pilsen  gesehotst  sind. 
B.  Wirknng  einer  Temperntnr  von  40°  C. 
Tabelle  n. 

Gekeimt  nacb  Xasen.: 


Aufntbll  ' 

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1 

1        1    ' 

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a.  bedeutet  wieder  Gerste,  b.  Hafer.  —.So  wich  ii 


■)  Die  Zahlen,  welche  die  Eeluurngsmaxims  sngeben,  t'iad 
fen  gedruckt 

Coha,  Kciirtf*  luSiolaci*  darPBaura.  Biad  U.  Bari  UL 


allen  folgenden  Tabelleo. 

dea  Tabellen 


V.  ^ 


3S8 


Bai  der  Tempenttiir  von  40"  eeigt  sich  die  schädliche  Wirknag 
Dach  4  T»(ren  schon  suhr  dontlich,  noch  dontüchrr  nach  C  Tagun. 
Ucberhanpt  trolon  di*i  hei  dor  Wirkung  einer  Tempt^ratur  von  30"  C. 
beobachteten  Thatsachen  weit  schneller  auf.  Nach  19  Tap»n  aiml 
die  Samen  getödtut.     Gerate  leidet  viedor  mehr  wie  Hafer. 


^1  Bei  der  Temperatur  von  50"  C.  erleiden  die  Samen  «cbon  in  der 

^M  Zeit  von  34  Standen  eine  sehr  bedeutende  Sehüdt^nng^,   die  fc^AMer 

^M  ist    ala    diejenige,    die    eine    Temperatur    von    40"    'm    vier  T»g«n 

^H  bewirkt.     In  drei  Tagen  sind  die  8amen  getfidtet. 


C.   W 

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einer  Temperator  von 
TabeUe  m. 

kelinben  naoh  Tason: 

50*  C. 

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46 

D.   Wirkung  einer  Temperatur  von  60"  C. 
Ute  Samen    waren,    nachdem    sie    24  Stunden  in  danatgesKtttgtor 


Lnft  bei  60"  verweilt  batten,  dorehveg  getodtet. 


) 


Bei  allen  voratebend  beaohriabeiien  Versueben  belknd  aidh  ia 
Thermoataten  ein  Qefkaa  mit  Kalilange  anr  Kohlenalnreabaorptioa. 
Femer  würde  durch  die  Thermoitaten  ein  achwaober  Laftotrom 
geaangt  Die  in  den  ThemoitateB  eintretende  Lnft  war  vorlier  anf 
die  Temperatnr  dea  betreffenden  Thermoataten  gebracht  worden. 

Bei  all  diesen  Versnchcn  in  dunatgesXttigter  Lnft  beobachtete 
ich  niemals  eine  Keimung  der  Samen  im  Thermoataten  seibat,  also 
lediglich  unter  dem  Einfluss  der  Luftfeuchtigkeit  Die  von  den 
Samen  aus  der  Luft  bei  constanter  Temperatur  aufgenommene 
Feuchtigkeit  genOgt  also  nicht,  um  die  Samen  zur  Keimnag  aa 
bringen.     Diese   Erfabraug    machte    auch    F.   Haberlandt '),    der 

■)  Aufnahme  von  gasförmigem  Wasaerdurchdie  Stunen,  inF.  Haborlandl'*: 
W  isaeoschaftl  ich- praktiiche  Untersuchungen  auf  dem  Gebiet  des  FflanscDbaue«. 


durch  eine  Reihe  üntereiichQDgen  mit  sahireiehen  Samenarten 
feststellte  I  dsss  in  donstgesittigter  Lnft  nur  dann  eine  Ketmnng 
eintritt,  wenn  dorch  sUrkere  nnd  hlnfige  Temperatnrscbwanknngen 
eine  wiederholte  Thanbildong  auf  den  Samen  stattfindet.  Haber- 
landt|  der  seine  Versuche  bei  gewöhnlicher  Temperatur  anstelltCi 
leigte  anch,  dass  schon  bei  dieser  Temperatur  die  Samen  in  dnnst- 
gesättigter  Lnft  in  verhlltnissmlssig  knner  Zeit,  (in  fflnf  Tagen) 
sehr  bedentende  Schädigungen  ihrer  Keimfiüiigkeit  erleiden. 

Dritte  VersndiireOie. 

Wie  Terhalten  sich  Samen  tom  C^erste  md  Hafer,  wen  sie  in  Wasser 
Tcrschiedenen  Temperataren  aasg^setst  werden? 

Hierher  gehören  von  den  von  mir  angestellten  Versnchen  zunächst 
diejenigen,  welche  ich  zur  Feststellung  der  höchsten  Keimungs- 
temperaturen unternahm.     (Vergl.  oben  S.  324.) 

Fernere  Versuche  wurden  in  folgender  Weise  angestellt:  Von 
den  in  den  Versuchen  verwendeten  Samen  kamen  immer  je  100  in 
weite  offene  Reagenzgläser,  in  die  so  yiel  Wasser  gegossen  war,  dass 
dasselbe  nur  1  Centimeter  über  den  Samen  stand.  Samen,  die  auf  der 
Oberfläche  des  Wassers  schwammen,  wurden  durch  andere,  untersin- 
kende ersetzt.  Diese  Reagenzgläser  wurden  in  ein  zum  Theil  mit 
Wasser  geflllltes  Becherglas  gestellt,  welches  dann  in  den  Thermo« 
staten  kam.  Das  Thermometer  zeigte  die  Temperatur  des  Wassers 
im  Becherglas  an.  In  dem  Thermostaten  befand  sich  wieder  ein 
Gefäss  zur  Absorption  der  Kohlensäure.  Es  war  ausserdem  fQr 
Luftemeuerung  im  Thermostaten  gesorgt.  Femer  wurde  in  den 
Innenraum  des  Thermostaten  etwas  Wasser  gegossen,  so  dass  eine 
Verdunstung  von  den  Reagenzgläsern  aus  und  damit  eine  Tempera- 
turschwanknng  in  dem  dnnstgesättigten  Raum  nicht  stattfinden  konnte. 
Die  Samen  erlitten  ausserdem  bei  den  getroffenen  Einrichtungen  kei- 
nen erheblichen  Sauerstoffmangel.  Die  einzelnen  Reagenzgläser  wur- 
den nach  verschiedenen  Zeiten  aus  dem  Thermostaten  herausgenom- 
men und  die  Samen  in  die  Keimapparate  gebracht. 

A.  Einwirkung  einer  Temperatur  von  45^  C. 

(Siebe  Tabelle  IV.) 
Aus  nachstehender  Tabelle  ist  zunäelist  wieder  ersichtlich,  dass 
der  Hafer  die  angegebenen  Einfiflsse  besser  erträgt  als  die  Gerste. 
Letztere  bt  getödtet,  wenn  sie  unter  den  erwähnten  Versuclisbedin- 
gnngen  5  Stunden  im  Thermostaten  bleibt,  während  vom  Hafer,  auch 
nach  emem  Aufenthalt  von  9  Stunden  im  Apparat,  noch  einige  Samen 

22» 


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keimen.  Der  Eintritt  de«  Keimangsiiuxiffliinw  venOgert  sieh  am  eo 
m«hr,  je  länger  die  Samen  im  Apparat  verweilen.  Ansaerdem  vird 
das  AnAreten  einea  aoleben  Keimangamazimnma  immer  ondeotttcber. 
Die  dnrchiefanittliehe  Keinueit  wird  mit  der  llagem  Temperatorein- 
wirking  eine  immer  aaagedehntere,  die  Zahl  der  keimenden  KArner 
eine  Immer  geringere.  Bei  den  Hafersamea,  die  9  Stunden  im  Ther- 
mMlaten  verweilt  hatten,  trat  die  Keimung  erst  naeh  15  Tagen  ein. 
Et  Migt  «ich  bei  diesen  irie  bei  allen  KeimreraMchen  mit  erwirm- 
ten  Samen,  dasa  dieselben  regelmlaaig  nm  ao  mehr  der  Fftnlniai 
nnterliegen,  je  mehr  aie  dnreh  die  Temperatur  geaebldigt  aind. 
Samen,  die  Oberhaopt  noeh  lebenafUig  sind,  haben  aneh  die  Fähig- 
keit, der  Fänlniu  mehr  in  widerstehen.  Samen,  die  in  Waaser 
erwtrmt  wurden,  fanlen  Jedoch  leichter  als  solche,  die  trocken, 
aelbst  anf  hohe  Temperatnren  erhitzt  wnrden  nnd  nachher  in  Wm- 
■er  kamen. 


Binwirknng  einer  Temperatar  von  55°  C. 
Tabelle  T. 
SSb  keimten  nacli  Xasen: 


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■.  bednut  Gertte,  b.  Hafer. 
Ba  seigt  sich,  daaa  aowohl  Hafer  wie  Qerste  naeb  einem  Aufent- 
halt von  drei  Standen  im  ThennosUten  getsdtet  aind.  Im  Uebrigen 
aeigen  sieb  die  bei  der  Einwirknng  von  45°  C.  eingetretenen  Eraehel- 
nnngen  bei  den  Temperatnren  ron  55"  C.  nm  ao  schneller  und 
deitlicber. 


C.  Einwirkung  einer  Temperatur  von  65"  C. 
Dieee  Temperatur  wurde  nar  von  einigen  Hsfersamen  dsrch  eine 
halbe  Stunde  ertragen,    wihrend   Gerste  nach  einem  halbstflodigen 
Aufenthalt  im  Thermostaten  getOdtet  war. 


«82 

Nachstehend  Btclle  ich  noch  die  von  Fr.  Hiborlind  t ')  nsd 
die  von  mir  gewonnenen  Rcsultste,  soweit  ea  sich  am  ilic  Kimrii^ 
kaag  warmen  W&esers  auf  die  ßrbaltniig  der  KeiniflLlitgkeit  tcmi 
Hafer  und  Gerste  bandelt,  nebeneinander. 


BftberUudt. 


a)  Controlprobe 

b)  bei  30"  G.  durch  6  Stünden 


C. 
40"  C. 
40"  C. 

50"  C. 


a)  Controlprobe 

b)  bei  30"  C.  durch  5  Stunden 


C. 
40"  C. 
40"  C. 
50"  C. 
50"  C. 


Procsnle  d«i 
gckeimtao  San 


58. 
86. 


a)  Controlprobe     ..... 

b)  bei  45"  C.  durch   1    Stunde 
3  Standen 
5 
^  Sttude 


=) 

46"  0. 

i) 

45°  0. 

') 

55«  0. 

1) 

55°  0. 

«) 

65°  0. 

Hafer. 

a)  C«iibrolprob« 

b)  bei  45°  0.  dnrcfa  1  Stande 


'  0. 
45°  0. 
45°  C. 
45°  C. 
65°  C. 
55"  C. 
65°  C. 


78. 
76. 


■)  W'lMeuscIiafllich  praktische  Untci^urhungeii.    Bd.  11.  S.  53. 


Ans  dieser  ZnsammensteÜQog  geht  deutlich  genug  henror,  dass 
bei  meineD  Venachen  die  Samen  eine  etwas  grössere  Widerstands- 
lihigkeit  gegen  die  schidigenden  Einflösse  der  Wftrme  seigten.  Ich 
glaube,  diese  Differena  Ilsst  sich  lediglieh  dadurch  erklaren ,  dass 
die  Samen  bei  meinen  Versuchen  gegen  Sauerstoffmangel  mehr 
geschfltxt  waren.     (Vergleiche  oben  S.  $17  und  318.) 

Ausftlhrliche  Untersuchungen  aber  die  Schädigung  der  Samen 
durch  warmes  Wasser  verdanken  wir  zumal  Fr.  Haberlandt 
(Siehe  oben  S.  316.) 

Hier  sind  auch  die  Untersuchungen  Fiedler's  au  berflcksichtigen. 
(Siehe  oben  S.  312.) 

Hierher  gehören  auch  die  Untersuchungen  von  Ant  ZoeblM 
über  die  Frage:  ^Wie  lange  behalten  die  Samen  im  Wasser  ihre 
^eimOhigkeiti^  —  Z.  stellte  seine  Versuche  mit  sahireichen  Samen- 
arten in  der  Weise  an,  dass  er  Aber  die  Samen  einen  continuirlichen 
Strom  Wassers  von  gewöhnlicher  Temperatur  fliessen  lless.  Von 
jeder  Samenart  wurde  nach  verschiedenen  Zeiten  eine  Ansahl  Samen 
zum  Keimen  ausgelegt.  Es  zeigte  sich,  dass  nach  69  Tagen  die 
Mehrzahl  der  Samen  getödtet  war.  Gegen  diese  Untersuchungen  ist 
jedoch  eine  Einwendung  zu  machen.  Schon  während  des  Aufent- 
haltes im  Wasser  fingen  manche  Samen  an  zu  keimen,  während  zu 
den  Keimversuchen  die  übrig  bleibenden  noch  nicht  gekeimten  Samen 
verwendet  wurden.  Nun  giebt  es  aber  bekanntlich  selbst  bei  den 
besten  Samen  in  einer  grösseren  ZM  immer  einige,  die  an  und  ftar 
sieh  nicht  keimen,  bei  manchen  Samen  machen  diese  todten  Individuen 
sogar  einen  grossen  Procentsatz  aus.  Je  länger  also  Z.  seine  Ver- 
suche fortsetzte,  um  so  mehr  muss  er  es  in  den  Fällen,  in  denen 
vorher  eine  Keimung  im  Wasserbehälter  eintrat,  mit  Samen,  die  schon 
an  sich  todt  waren  und  nicht  erst  durch  den  Einfluss  des  Wassers 
ihre  Keimfähigkeit  verloren  hatten,  zu  thun  gehabt  haben.  Es  ist 
ohnehin  auffallend,  dass  bei  den  Z.'schen  Versuchen  nicht  die  Mehr- 
zahl der  Samen  anfing  zu  keimen.  Wenn  dies  nicht  geschah,  so 
kann  dies  wohl  nur  daran  liegen,  dass  die  Samen  sich  so  tief  unter 
Wasser  befanden,  dass  es  ihnen  an  Sauerstoff  mangelte.  Dieser 
SauerstoffiaMngel  wird  nun  wohl  an  sich  schon  schädigend  auf  die 
Keimfähigkeit  eingewirkt  haben,  so  dass  Zoebl  es  in  all'  seinen 
späteren  Versuchen  wahrscheinlich  mit  Samen  zu  thun  hatte,  die 
sowohl  durch  den  Einfluss  des  Wassers  wie  durch  Sauerstoffmangel 
geschädigt  waren.    Die  Frage,   wie  sich  Samen  unter  Wasser,   bei 

i)Fr.    Haberlandt,    WisflcnschafUich    praktische   Untersnchiiiigen   auf 
dem  Gebiete  des  Pflanzenbaues.    Bd.  I.  S.  89. 


334 


^B  TerBchiedenen  Temperaturen,  einerseits  bei  Saaerstoff^xn^cl,  ani1«ror- 

^H  «eits  bei  uagehindcrtem  Zutritt  von  SaaeretofT  vcrhkllen,  bmUrf  jcdfn- 

^B  falla   einer    besonderen   Untersuchung.     Immerhin  aber    dit^nen    die 

^^  lahlreichen    und    snagedehnten    Z'achen    Versaclie    gans   wohl    Juu, 

^H  in  zeigen,  Anas  die  Samen  schon  dnrch  den  Einflusa  des  Wassers  von 

^H  gewühnliclier  Temperatur  in    mehr   oder   weniger   kurzer   Zeit  eine 

^B  Schädigung  der  Keimfähigkeit  erleiden. 

^H  Vierte  Versuchsreihe. 

^H  Wie  Terlialteii  sich  die  Hainen  von  (ierste  and  Uftfer. 

^^m  wenn  sie,  In  ansgretrockneteni  Xastand,  der  Elntrlrbttng  höherer 

^H  Tentpcratnren  nnsgeseUt  nffdent 

^m  A.     Einwirkung  einer  Temperatur  von    KHl"  C.  (I.) 

^H  Lieber    die    Art   der   Trocknung   ist   bereits    oben   das   Nflthige 

^H  (Methoden)  mitgetheÜt.    Fiir  die  Versuche,  deren  Resultate  in  narh- 

^M  etehender  Tabelle  VI),  verzeichnet  sind,    wurden  die  Samen,    bovor 

^R  sie   in   die   ReagenzglAser   kamen,    durch   drei  Tage   im   Kxsicuator 

^H  dber   ScbwefeUünre   gehalten.      In   der  Tabelle   bedeutet   m.  Gerste, 

^1  b.  Hafer,  m.  Oerste,  n.  Hafer.     Die  Samen  Dir  die  Veranclifl  a — ft*, 

^^^  b — b*  wurden   sehr  allmählich   getrocknet  und  erwiirmt.     Die  Rca- 

^^M  genzgläser   lagen   erst    10   Tage    bei    gewöhnlicher  Temperatur    im 

^^P  Zimmer,  dann  wurden  Bie  durch  einen  Tag  auf  30"  0.,  durch  swei 

^^ft  Tage  auf  50"  C.  erwärmt  and  kamen  dann  erst  in  den  Tbcrmuata- 

^^V  ten  von  100"  C.    —■    m.  m.'    n.  n.'   kamen   direct   in   olTeDen  Be«- 

^^  genzgläsern  in  den  Thormost8.Ien  von  iOO"  C,  nachdem  sie  3  Tage 

b«i  gewshaliehar  Zimmertamperatnr  ober  defiwefelatore  gehalten 
waren.  Ueber  di«  Zeit,  durch  welobe  die  Samen  im  Thennoitaten 
verweilten,  giebt  die  naobitehende  Tabelle  VII.  AofsehluM. 

Es  ist  eriiohtlieh,  dasa  die  Hafersamen  wieder  die  Veranehabe- 
dingoDgen  besser  ertrugen  als  die  Geratesamen.  Wlfarend  bei  der 
Gerate,  die  doreh  24  Stunden  einer  Temperatnr  Von  100"  C.  ana- 
gesetxt  war,  die  KeimAhigkeit  aehr  gelitten  hatte,  zeigt  dieselbe 
beim  Hafer  erst  eine  geringe  Abnahme.  Anch  die  mittlere  Keimaeit 
ist  bei  der  Oerste  viel  grAaaer  geworden  ').  —  Gerste  nnd  Hafer  aber 
ertragen  aneh  dnrch  48  Stunden  eine  Temperatur  von  100"  0.  ohne 
gani  getSdtet  zu  werden. 

Wenn  der  Hafer  aich  aneh  weniger  geschädigt  zeigt  als  die  Gerate, 
so  tritt  die  erste  Keimung  jedoch  bei  ihm  meist  etwas  später  ein, 
was  aich  wohl  durch  die  geringere  Qnellangsfthigkeit  des  Hafers 
erklärt.     Die  gesammte  Keimzeit  ist  bei  Hafer  meist  Unger  als  bei 

■)  Mildere  KeitnHit-AniaM  der  auf  die  );aDzc  Kcimieii  fallenden  Tage, 
dividirt  durch  die  Anzahl  der  in  der  ganten  Keimieit  gekeimten  Samen. 


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kls  von  Gerste.  Uiesc  Erfahraogen  beatltigten  aoch  die  Versnche 
V.  HühneTa').  Im  Uebri^cn  zeigt  sicli  auch  bei  diesen  Vanucben 
wieder,  gegenüber  der  Keimung  unter  normnlen  VorhSItniasen,  tlie 
Verschiebung  oder  das  gänzliche  Fortfallen  des  Keimungsmaxi  manu 
(Gerste  a*),  der  Bplllere  Eintritt  der  Keimung,  Verläogeraog  der 
absoluten  und  mittleren  Keimzett,  Verkleinerung  des  Keimproc«nt's. 
All'  diese  Erscheinungen  werden  um  so  deutlicher,  je  Ilager  die 
Temperaturwirkung  dauert. 

Wie  wesentlich  fUr  die  Erhaltung  der  Keimfähigkeit  ein  mdgliehat 
geringer  Wassergehalt  der  Samen  ist,  dies  zeigen  m.  m'.  n.  n'. 
Die  zu  diesen  Versuchen  verwendeten  Samen  hatten  eine  sehr  unvoll- 
ständige Trocknung  erfahren,  bevor  sie  erwärmt  worden  (3  Tage 
Über  Schwefelsflure),  und  es  keimte  schon  nach  Einwirkung  der 
Temperatur  von  100"  C.  durch  nur  sechs  Stunden  kein  einziger 
Same  mehr. 

B,   Einftusa  einer  Temperatur  von  100"  C.  (II.) 
(Siehe  Tabelle  VUI.) 

Die  in  dieser  VerBuchsreihe  angestellt«n  Untersnchoogen  »olllett 
zunächst  dazu  dienen,  den  Einflnss  mehr  oder  weniger  sorgfllItig«r 
Trocknung  noch  deutlicher  zu  machen.  Die  benutzten  Samen  waren 
zwei  Tage  Uher  Schwefelsäure  getrocknet  worden,  bevor  «io  in  die 
Keagenzglaser  kamen.  Die  in  bekannter  Weise  beschickten  Reagenz 
gläser  blieben  10  Tage  bei  gewShnÜclier  Zimmertemperatur  liegen. 
Der  Aufenlhalt  im  Thermostaten  helief  sich  fUr  alle  Samen  mat 
drei  Tage. 

a'.  nnd  li'.  kamen  ohne  vorherige  allm&bliche  Erwärmung  direct 
in  den  Thermoatatcn.  Es  zeigt  sich,  dasa  Gerste  nahexa  getAdtrt 
ist  und  dass  auch  der  Hafer  eine  bedeutende  Schädigung  crfbhr. 

a".  nnd  I»'.  wurden,  bevor  sie  in  den  Thermostaten  von  100"  C, 
kamen,  durch  7  Tage  bei  einer  Temperatur  von  äO"  C.  erhalten. 
Mit  dieser  sorgfaltigen  Trocknung  steigt  auch  sofort  wieder  die 
KeimOlbigkeit  sowohl  für  Gerste  wie  fflr  Hafer. 

a'.  und  b*,  wurden  noch  sorgfältiger  getrocknet.  Die  Reageaa- 
gUaer  wurden  9  Tage  bei  50"  0.,  2  Tage  bei  GO"  0.,  3  Tage  bd 
80"  C.  erhalten  und  kamen  erst  dann  in  den  Thennoataten  von 
100"  C.     Es  ergiebt  sich  nach   dieser  sorgfältigeren  TrockDOng  fUr 


WiMenachafllich    praktische    Utitfraucbiin^u    . 
U.  8.  85. 


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die  Qerste,  in  geringerem  Grade  »uch  for  Hafer,  sogleich  wieder  ein« 
grÖHSere  Steigerung  der  Keim  (Eiligkeit.  Bei  der  Gerste  tritt  xach 
wieder  ein  sehr  üeullichea  Keimung^mmimum  ein. 

Aaeh  bei  all  diesen  Versuchen  zeigen  sich  die  mebrrach  etwlbnlea 
Schädigungen  mehr  oder  weniger  deutlich.  Bemerkcnawertb  Ist  auch, 
wie  rait  der  sorgfältigeren  Trocknung  bei  a'.  tind  b*.  auch  alae 
zeitigere  Keimung  eintritt  als  bei  a'.  nnd  b'. 

Bei  diesen  Versncfaen  snehte  ich  auch  fest  zu  stell  er,  ob  du  scbnell« 
oder  langsame  Abkühlen  nnd  die  Oeschwindigkeit  der  WsssersHTabr 
zu  den  erhitzten  Samen,  von  Bedeutung  für  die  Erbaltoog  der  Koim- 
ßhigkeit  sei.  Demgemäss  blieben  a^.  und  b',  nachdem  sie  ans  dem 
Thermostaten  von  lÜO"  G.  herausgenommen  waren,  in  den  Reageoi- 
glasern  und  kamen  so  durch  2  Standen  in  eine  Temperatur  tob 
&0"  C,  dnrch  weitere  '2  Stunden  in  eine  Temperatur  ?on  30"  C. 
Dann  wurden  die  Samen  ans  den  Reagenzglilsern  entfernt  uod  !■ 
trockene  Keimapparate  gebracht,  in  denen  sie  durch  3  Tage  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  im  Verauchsranm  liegen  blieben,  so  dua 
sie  durch  Hygroscopicität  ans  der  Luft  geringe  Mengen  Wasser  anf- 
nehmen  konnten.  Jetzt  erst  wurden  die  Samen  in  den  Keimappara- 
ten angefeuchtet.  Zwei  andere  Reagenzgläser  wurden  bis  zu  dem  Anf- 
enthalt  im  ThermOBlalcn  obenno  behandelt  wie  a^.  nnd  b'.  Oie 
Samen  kamen  aber,  nachdem  sie  drei  Tage  der  Tempcratnr  von 
100"  C.  ausgesetzt  waren,  aus  den  Reagenzgläsern  direet  in  die 
fencbten  Keimapparato,  in  deren  Keimachale  vorher  noch  etwas  Was- 
ser ron  10"  C.  gegossen  war.  Bei  der  nun  folgenden  Keinnng 
zeigte  sieh  bei  beiden  Versuchsreihen  durchaus  kein  nennenawertber 
Unterschied  in  der  Anzahl  der  gckcimten  Samen,  der  Keiiadaner  etc. 

Ich  halte  früher  (»ergl,  3.  315)  bei  erwttrmlen  Samen  von  Tri- 
folium  iiratejtse  nachgewiesen,  daas  dieselben  stärker  geschädigt  wer- 
den, wenn  sie  noch  heisa  mit  Wasser  befeuchtet  werden,  als  wenn 
sie  nach  vorheriger  Abkühlung  ganz  allmählich  angefeuchtet  werden. 
Ich  halte  den  Versuch  damals  wiederholt  mit  günstigem  Erfolge 
angestellt.  Immerhin  ist  mir  die  Sache  jedoch  noch  zweifelhaft,  da 
es  sich  nm  Samen  handelte,  die  Über  100"  erwurmt,  in  ihrer  Keim- 
fähigkeit sehr  stark  geschädigt  waren.  Wenn  nun  von  solchen 
Samen  in  dem  einen  oder  andern  Pall  einige  mehr  oder  weniger 
keimen,  so  kann  dies  ebenso  durch  die  grössere  oder  geringere  Sehi- 
digung,  die  die  Erwarmnng  hervorgebracht  hat,  bedingt  aeia,  wie 
dnrch  den  Einflnss  der  langsameren  oder  schnelleren  Kuftlbnuig  v«« 
Wasser. 

V.  n  ö  h  n  e  I  hat,  »nf  die  von  mir  gegebene  Anregung  hln(«rgl.  8.  S 18), 


diese  Fni|^  bei  sehieii  Untertochiiii^ii  ebenfells  berfieksiehti^.  H  9  h  d  e  1 
hatte  Samen  yoii  Bumex  patientia  oad  Trifolium  hybruium  aof 
118— 121  **  C.  erhitxt  Eine  Partie  wirde  aefanell  befeoehtet  nnd 
snm  Keimen  anogele^  eine  andere  wurde  einige  Tage  an  der  Lnft 
liegen  gelassen  nnd  dann  snm  Keimen  ausgelegt  Von  den  schnell 
angefeuchteten  keimte  ans  mehreren  Handert  Samen  von  liumex 
patientia  1,  TV^olium  hyhridmm  1.  Von  den  allnuihlich  angefeuchteten 
keimten  von  Bumex  paiiemtia  1,  Trifoliitm  kybridum  2.  Diese  eine 
Keimpflanse  mehr  bei  Trifolimm  kyhridwm  kann  natflriicb  kaum 
dasu  dienen,  eine  Bestitigung  meiner  frflheren  Angabe  sn  liefern. 
Die  Versuche  snr  Liösung  dieser  Frage  mllsscn  fibrigens  nach  anderen 
Methoden  angestellt  werden,  als  sie  von  mir  und  ▼.  H5hnel  ange- 
wendet wurden.  Ich  bin  gegenwirtig  mit  Untersuchungen  in  dieser 
Richtung  beschäftigt  und  behalte  mir  Ter,  aber  das  Resultat  dersel- 
ben sptterhin  su  berichten. 

C.  Wirkung  einer  Temperatur  von  110^  C. 

(Hierzu  Tabelle  IX.) 

Trodannig  und  ErwinDong  der  Samen  wie  filr  die  Vernnehe  hei  \(0^  0. 

a.  und  b.  Seite  3dl. 

Die  nachstehende  Tabelle  bedarf  nadb  dem  eben  Oesagten  kei- 
ner weiteren  Erläuterung.  Die  Schädigung  der  Samen  ist  eine  der 
höheren  Temperatur  entsprechende  grossere» 

D.  Wirkung  einer  Temperatur  Ten  \tt^  C, 

(Hierai  Tabelle  X.) 

Trodannig  und  Erwänmmg  der  Samen  wie  Ar  die  Verauehe  bei  100^  C. 

a.  und  b.  Seite  334. 

Es  ist  cfnchtlich,  dass  nur  die  Hafersamen  nodi  die  Temperatur 
Ton  13i^  C.  in  nennenswerther  Weise  ertragen.  Yen  den  Oersten- 
SUBMU  ist  nndi  einer  kalbsttodigen  Einwirkung  der  Temperatur  nur 
Bodi  einer  nach  adbt  Tagen  sur  Keimung  gekammen.  Auch  der 
Hafer  scigt  nadb  einem  halbstlndigen  Aufenthalt  im  Thermostaten 
eine  bedeirtende  Schädigung.  Es  ist  aber  bemerkenawerth,  wie  die 
höchste  Keinueit  auf  29  Tage  Tcrlängert  ist  Der  Hafer  erträgt 
die  Temperatttr  Yon  132^  C.  selbst  durdi  drei  Stunden  ohne  gans 
gelMtet  m  sein.  Nach  12  Stunden  ist  sowohl  Hafer  wie  Gerste 
geCMtet. 


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F..  Wirkung  von  Tet 
als  133" 

Die  bei  wechselnden  Tempera tori^n  bis  tu  13G"  C  aopeitelltcii 
Verauehe  zeigten  durehgohenda,  dass  die  SHmen  von  Hufor  nnd 
tierslo  jene  Temperaturen  nicM  ertragen,  wenn  sie  seibat  nach  aorg- 
fkltigstor  Trockntingr  anch  iinr  ?0  Minuten  lang  der  betreffenden  Tempe- 
ra tnr  unterlagen. 

Bei  allen  Versoclien,  bei  denen  Temperaturen  von  100 — IBfi^C. 
in  Anwendung  kamen,  waren  die  Thermometer  direct  in  die  Reafcna- 
gUaer  eingefügt,  so  dass  nie  also  nomittelbir  die  Tempertliir  der 
Samen  angaben.  Die  angegebenen  Zeilen  wurden  von  dem  Moment  an 
gerechnet,  in  welchem  die  Thermometer  nnch  EinHlhrnng  der  Samen 
in  die  Thermoataten   wieder  die  gewünschte  Temperatnr  teigen. 

Ich  habe  bei  dienen  Untersuchungen  vornehmlich  Temperatonn 
tlber  100"  C.  in  Anwendung  gebracht,  da  es  ja  durch  frühere  Unter- 
■üchungen  bekannt  war,  dasa  getrocknete  Samen  Temperatnren  bU 
cu  100"  C.  ohne  Verlust  ihrer  Keimfähigkeit  ertragen  können. 

Ke  Eeigt  sich  alao,  dasB  8am<'n,  Dach  sehr  aorgralliger  Trocknong, 
Temperaturen  bis  ed  ]-22"  C.  ohne  gSnelichen  Verlust  der  Keim- 
flhigkeil  ertragen  können.  Ich  stimme  jedoch  v.  H  Ohne  I  dnrchaua  bei, 
wenn  derselbe  aagt,  daas  man  wohl  fOr  keine  Species  eine  bettimmti.- 
Temperatur  wird  angeben  kOnnen,  bei  der  die  getrockneten  8«m<-D 
•terbeu.  Ea  ist  vohl  eicher,  daas  die  Individualitat  der  Samen 
(Abaummang,  Haimatta,  Alter,  Qrad  der  Anabildnng)  Immer  geriBge 
SebwankiingeD  der  TOdtnogatemperatnr  wranlaMen  wird.  (Tergl. 
S.  316.)  Die  nngemein  verllngerte  Keimieit  für  einieliie  Suwb  hat 
etwa*  sehr  Anffallendea.  Dieae  Thituebe  erinnert  aa  di«  Ereebatann- 
gen,  die  raui  bei  uftigen  Pflansentheilen  »la  „Wirmeatarr«'*  bueicb- 
net,  ohne  daai  ieh  bebsnpten  will,  dau  beiderlei  ErseheiBnagm  dnrcb 
gleiche  Uraaeben  bedingt  Beieo. 


F.  Wirkting  einer  Temperatnr  »on  60"  C. 
Ich  hatte  vor  Beginn  der  bisher  beschriebenen  Experimente  einige 
Versuche  angestellt,  welche  mir  zeigten,  dass  die  llafersamen  beim 
Austrocknen  ihr  Wasser  langsamer  abgeben  als  die  Oerslensnmen. 
Wenn  also  die  Aaatrocknnng  der  Samen  nicht  energisch  genug  vor- 
genommen wurde,  so  konnten  die  Oerslensamen  nor  noch  geringeren 
Wasiergehalt  icigen,  wlbrend  die  Hafersamen  weit  grOssere  Waaser- 
mengen  enthielten.  Ea  war  antanehmen,  dasa  unter  solchen  Ver- 
bsltniseen  die  llafersamen  bei  Erwärmung  mehr  geschldigt  werden. 


ggnifcgjBre  WMti  mwlufjfc^fcqt  ge^pai  <fe  ITiiÜpfrf  Irth^rwr 


Eenltite  IM  d«r 


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3Tige. 


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1    i    i    I         ^ 


M. 


Die  Samem  waren  Dir  diesen  Veraoeh  2  Tmgt  Ober  Seliw«M«tUur« 
gehnllen  nnd  kamen  dann  in  bekannter  Weiae  mit  Chlorealeiim  in 
die  Reageu^liaer.  Die  Gliser  blieben  iwei  Tage  bei  gewidinUeliejr 
Lnft  liegen,  kamen  dann  dnreh  einen  Tug  in  eine  Temperatur  von 
50^  &  nnd  dann  erst  in  den  Thermostaten  Ton  60^  C«  Wie  sieh 
leigty  hatte  der  Hafer  eine  bedeutende  Sehldignng  der  Keimfiüiif^ 
keit  erlitten« 

Ana  diesen  Versnehen  ergiebt  sieh  aber  noeh  ein  anderes  inter- 
essantes  Besnltat.  Die  Gerste  seigt  nftmlich  gar  keine  Sohidigiing 
ihrer  Keimfiüiigkeit,  im  Gegeotheil  ist  dieselbe  befördert  Die  Kel* 
mung  trat  etwas  aeitiger  (am  einige  Standen)  ein,  als  unter  gewittin«^ 
liehen  Bedingungen,  das  Keimungsmaximum,  das  überaus  gross  ist, 
seigt  sieh  schon  am  sweiten  Tage. 

Es  ist  dies  der  einzige  Fall,  in  dem  bei  meinen  Versuchen  eine 
Beschleunigung  und  BegflnstigUDg  der  Keimung  durch  Erwftrmuug 
der  Samen  eintrat.  '  Bolche  Beförderungen  der  Keimung  durch  Erwär- 
mung sind  nun  Yon  andern  Beobachtern  auch  schon  nachgewiesen, 
so  ¥on  Haberlandt  (vergl.  S.  314),  Veiten  (vergL  S.  8:ii), 
Wiesner  (vergl.  S.  813).  Auch  v.  Höhnel  theilt  mit,  dass  er 
'bei  seinen  Versuchen  in  einzelnen  Fällen  eine  Beschleunigung  der 
Keimung  beobachtet  habe  (vergL  S.  816). 

Unter  gewöhnlichen  Bedingungen  brauchen  die  zum  Keimen  sus 
gelegten  Samen,  bei  genflgender  Temperatur  und  genttgender  Feuch 
tigkeit,  je  nach  der  Species  eine  mehr  oder  weniger  lange  Zeit,  um 
in  einen  Zustand  zu  kommen,  in  welchem  die  einzelnen  Theile  des 
Keim's  anfangeh  zu  wachsen.  Es  wäre  nun  mOglich,  dsss  die  Samen 
bei  geringem  Wassergehalt  und  nicht  zu  hoher  Temperatur  (60 — 70^  0.) 

Cohn,  Beitrife  iiir  Biologie  der  PflAasen.    Band  n.  Heft  HL  23 


Khn«ller  in  jenen  ZastsDd  geUngen  kis  unter  normalen  Btiiingimgen. 
Welcher  Art  die  begUnatigendeo  Einflüsse  sind,  ob  ea  tich  nm  tiefer 
gehende  physiologische  Erscheinungen,  oder  nur  nm  eine  Anflockervif 
und  leichtere  Qaellnngsf^higkeit  der  Samenschale  handelt,  darfliwr 
ist  zuDftchet  natürlich  nichts  ansinsagen. 

Sicherlich  schadet  Jede  Temperatur  oberhalb  des  oberen  Nwll- 
punbles  für  die  Keimung,  bei  gana  dnrctmftssten  Samen  nm  so  mehr, 
je  hoher  die  Temperatur  ist  nnd  je  Unger  dieselbe  einwirkt  und 
ferner  wird  von  einem  gewissen  Wassergehalt  der  Samen  an  irgend 
eine  Temperatur  oberhalb  des  oberen  Nnllpnnktes  fDr  die  Keimntig, 
im  Allgemeinen  am  so  mehr  schaden,  je  grösser  der  Wassergehalt 
der  Samen  ist.  Ea  bleibt  aber  die  Einschrinknng  besteben,  dats 
Temperataren  bis  zn  60 — 70"  C.  auf  die  Keimfähigkeit  mancher  Samen 
gOnatig  einwirken  können,  wenn  der  Wassergehalt  deraelben  dae 
bestimmte  Qrenie  nicht  tlherschreitel. 

Wenn  Samen  oder  Sporen  in  kochendem  Wasser  ihre  Keimft- 
higkeit  nicht  verlieren,  so  wird  dies  wobl  Immer  nur  daran  liegen, 
dass  sie  durch  irgend  welche  Organ isationsverbiillnissi'  längere  Zeit 
Tor  dem  Eintritt  des  Wassers  in  die  inneren  Gewebe  geschiltEt  sind. 

Wie  die  Tedtung  der  Samen  durch  hohe  Temperaturen  stattfin- 
det, ist  zunächst  nicht  anfgeklart.  Sicherlich  aber  hat  diese  TOdtnng 
nichts  mit  dem  Gerinnen  des  Eiweisa'  zu  thun,  denn  die  Samen  ster- 
ben auch  bei  Temperaturen,  die  unter  der  Oerinnungstempfrator  ilea 
Biweiss'  liegen,  wenn  jene  Temperaturen  nur  gentlgend  lange  ein- 
wirken, und  kfionen  andererseits  Temperaturen  oberhalb  der  Qeria- 
nUDgstemperatur,  selbst  wenn  sie  nicht  gani  trocken  sind,  dorcb 
mehrere  Stunden  ertragen.  Diese  Tfaatsache  bebt  auch  Sacba') 
für  saftige  Pflanseutheile  gcgcnllber  U.  Hoffmann*)  hervor. 

Ebenso  sind  aach  nnr  die  Sclittdignngen  der  KeinfUigkeil 
durch  Erwärmung  suDächst  nicht  anfgekllrt.  Ob  es  sich  dabei  «n 
eine  starke  VerhXrtnng  und  somit  geringere  QuellnngsfUhigkeit  der 
Sehale  handelt  (P.  Haberlandt  vergl.  8.  314),  oder  nm  irgend 
welche  andere  Dinge,  ist  nicht  so  sagen.  Diese  Seit«  der  VngB 
bedarf  noch  weiterer  l'ntersnchnngen. 

Ich  glaube  dach,  dass  die  Scb&digungen   nicht  bloan  die  SaaiM- 
•ehale  treffen,  sondern  viel  tiefer  geben.     Bei  femeren  ein| 
Untersttchungen  wftren  das  Verhalten  der  Samenacbale,  dna  Vi 


■)  Sacbi  in  Flora  IS64   S.  9.  34.  39.  75.  -  Ueber  die  obere 
I  greote  der  Vegetation. 

t)  H.  Iloffmann  in  Pringsbcim'*  JahrbOcbeni  IL  S.  837. 


845 

der  Resenrestoffe,  die  histoli^iadieii  Eigeaeeiiifteii  des  Keims  resp. 
des  Endosperms,  die  oemotiseheii  EraeheinsiigeB  sii  berfteksiektigen* 
Sehr  wiebtig  wirea  ebemisdie  ÜBtersseliuigeii,  AsitreteB  von  Fer- 
menten, Verindemngen  der  Reserrestoffe  ete.  Dm  bei  den  stark 
gesehidigten  Samen  eine  sehr  lange  Keimdaner  beme^bar  ist,  mOgen 
die  Reservestoffe  dnreh  die  Temperatnrwirkongen  Tielleicht  in  einen 
Znstand  flbergefUirt  werden,  in  dem  sie  nnter  dem  Einflnss  von  Fer- 
menten nnr  sehr  langsam  in  eine  fftr  die  Entwiekelnng  des  Keimes 
branehbare  Form  flbergeken.  Von  gans  besonderer  Wichtigkeit 
wären  femer  Beobaehtnngen  Aber  die  weitere  Entwiekelnng  der  Keim- 
pflansen,  sowohl  während  der  Keimnng  wie  in  späteren  Stadien.  Die 
bisherigen  Beobaehtnngen  Veiten 's  (vergl.  S.  S19)  nnd  Krasan*s 
(TergL  S.  814)  leisten  in  dieser  Hinsieht  noch  nicht  Tiel. 

Ich  habe  diese  Dinge  nnr  deshalb  angedeutet,  nm  anf  die  Rich- 
tung, die  weitere  Untersnchnngen  sn  nehmen  haben,  hinsnweisen. 

Nachstehend  stelle  idi  einige  Sätze  anf,  die  sich  ans  den  Beob- 
achtungen Anderer  nnd  meinen  eigenen  ergeben. 

1)  Es  giebt  kein  gans  bestimmtes  Temperatnr-Maximnm  ftr  die 
Keimnng  der  Samen  einer  Species.  Dasselbe  macht  vielmehr,  je 
nach  der  Individoalität  der  einzelnen  Samen,  geringe  Schwankungen. 

i)  Die  Samen  erleiden  dnrch  die  Einwirkung  des  Temperatur- 
Maximums  während  der  Keimung  eine  Schädigung,  die  sich  sowohl 
durch  die  Verlängerung  der  Keimungsseit  bemerkbar  macht,  wie  durch 
langsamere  Entwiekelnng  der  Keime. 

8)  Die  Keimung  gesunder  Samen  yerläuft  nnter  normalen,  gün- 
stigen Keimungsbedingungen  ungleichförmig.  Das  heisst,  von  einer 
grösseren  Zahl  der  sur  Keimung  ausgelegten  Samen  beginnt  su  irgend 
einer  Zeit  eine  geringe  Anzahl  zu  keimen,  später  steigt  die  Zahl  der 
in  gleichen  Zeiträumen  keimenden  Ssmen,  erreicht  ein  Maximum,  um 
dann  allmählich  bis  auf  Null  zu  fallen.  —  Beginn  und  Beendigung 
der  Keimung,  Eintritt  des  Maximums,  sind  sowohl  nach  den  Species, 
wie  nach  der  Samenbeschaffenheit  innerhalb  einer  Species  verschieden. 

4)  Unter  den  gewöhnlichen  Verhältnissen  yerlieren  Samen  ihre 
Keimfthigkeit,  je  nach  der  Species  UQd  je  nach  der  Individualität 
der  betreffenden  Samen  mehr  oder  weniger  schnell.  Dieser  Verlust 
der  Keimfthigkeit  tritt  in  dunstgesättigter  Luft  um  so  schneller  ein, 
je  höher  die  Temperatur  ist;  bei  einer  Temperatur  von  ungefähr 
60®  C.  schon  in  24  Stunden,  aber  auch  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
zeigt  sich  in  dunstgesättigter  Luft  bei  einigen  Samen  sehr  schnell 
eine  Schädigung  der  Keimfähigkeit. 

5)  In  dunstgesättigter  Luft  kommen  Samen,  allein  nnter  dem  Ein- 

23* 


346 


Anas  der  Lnftrearliti^keil,  nicht  zur  Keioian^,  wenn  die  Temperatur 
coQstunt  bleibt.  Eine  Kciniling  kann  nur  dftim  eintreten,  veBn  dnrcb 
gröasere  und  wiedeiiiolte  Temperaturachwanknngen  eine  ThAttbUdniic 
anf  den  Samen  sUttÜDdel. 

6)  Viele  Samen  erleiden  darch  tleii  Aufenthalt  in  Wasser  t^ine  Bebi- 
dignng  ihrer  Keitnfühiekeit,  die  je  nscli  Species  und  lnd)Tidi]aliUt, 
mehr  oder  weniger  schnell  eintritt.  Wenn  schon  Wasser  von  gewObn- 
lieber  Temperatur  diese  Schädigung  hervorbringt,  so  tritt  dies»lbf 
doch  am  so  schneller  ein,  je  hdher  die  Temperatur  ist.  Immerhin 
aber  können  Samen  eine  Temperatur,  die  nicht  zu  bocb  obi^balb  ilei 
Keimungsmasimnms  liegt  (bis  55"),  in  Wasser  mehrere  Stauden  ertragen. 

T|  Befinden  sich  die  Samen  bei  der  Erwärmung  unter  Waa««- 
in  Sauersloflmangcl,  so  leiden  sie  mehr  als  bei  angebindertem  ZntfiU 
des  Sauerstoffs. 

8)  Samen,  die  nasa  und  gequollen  sind,  Kcigen  awar  gegen  die 
schädigenden  Einwirkoogen  höherer  Tfmp<;rBtari-n  einen  etwa«  gtüt- 
seren  Widerstand  als  saftige  Ptlanzentbeile  (Stengel,  Blatter  etc.), 
indessen  ist  der  Uuterschied  kein  aehr  bedeutender.  Ein  grosser 
L'nicrachied  besteht  aber  darin,  dass  Samen  am  so  besKer  gegen  die 
Schlidignngen  durch  hohe  Temperaturen  geachütit  sind,  je  mehr  sie 
ausgetrocknet  werden,  wülirend  saftige  Pflanzeniheile  acbon  darefa 
das  Austrocknen  an  sich  zu  Onmde  gehen. 

9)  Wenn  auch  Samen  durch  sorgfältige  Austrocknung  gegen  di« 
Schädigungen  hoher  Temperaturen  sehr  geschütxt  werden  kOnnen, 
so  gelingt  es  doch  selbst  durch  die  weitgehendste  Auilrocknus 
nicht,  die  Schädigungen  durch  hohe  Temperaturen  ganz  zu  beaeiligen. 

10)  Die  buchsteu  Temperaturen,  die  manche  Samen  in  anag«- 
getrocknetem  Zustand  ertragen  können,  liegen  zwischen  120  and 
125"  C.  Man  kann  jedoch  fllr  die  Snmou  einer  Speciea  keinc«««ga 
eine  ganz  bestimmte  T'jdtungBtemperalur  angeben ,  dieselbe  wird 
vielmehr  je  nach  der  Individualittlt  der  Samen  geringe  Scliwanktingca 
zeigen.  Ausserdem  werdeu  auch  die  Samen  verschiedener  Speeiea 
bei  verschiedenen  Temperalu rgraden  getödtet. 

11)  Sicherlich  schadet  jede  Temperatur  oberhalb  dea  oberen 
Nullpunktes  fur  die  Keimung,  bei  ganz  durchnissten  Samen  um  so 
mehr,  je  höher  die  Temperatur  ist  und  je  länger  dieselbe  einwirkt 
and  femer  wird  bei  nicht  ganz  trockenen  Samen  irgend  eine  Tem- 
peratur oberhalb  des  oberen  Nnllpnnktes  für  die  Keimung,  im  Allge- 
meinen am  SU  mehr  schaden,  je  grösser  der  Wassergehalt  der  8«Ri«n 
ist.  Es  bleibt  aber  die  Einschränkung  bestehen,  dass  Tempenttmn 
bis  zu  60—70"  C.  (mitnnter  wohl  nocb  höher)  auf  di«  Koimfllbif- 


147 

keit  mancher  Smai«i   §§mMä^  witkea,  w^mn  der  WtL^werg^kah  der* 
selben  eine  bestimmte  Grdese  nidit  AendveiteL 

13)  Wenn  Samen  in  kochendem  Wawer  ibre  Keoifidiig^eit  nidrt 
verlieren,  so  wird  dies  wobl  immer  mir  danm  llegeii,  das«  die 
betreffenden  Organe  dnreli  ii^eTid  w^che  OrgMriwtaoMvgriiiltniime 
gegen  den  Eintritt  des  warmen  Waaeers  ia  dk  imiereB  Gewebe 
geacbUtzt  sind. 

13)  Die  dnrcfa  Wlrmewirknagea  her v  wgebraetoea  8cbidigmigan 
der  Samen,  sowohl  fenehter,  wie  troekeaer,  {^^"^  ^o.  4)  habea 
grosse  Aehnlichkeit  mit  desjenigen  Sdiidigangen,  die  die  Samen 
nnter  natflrliehen  Verhiltaissen  bei  gandbancndem  ÄUer  erleiden, 
wenigstens  so  weit  es  sieh  nm  Beginn  der  Keimnng,  Keimdaaer, 
Keimprocente  handelt. 

14)  Die  dnrch  hohe  Temperatnren  henrarg^raditen  Sdudigangea 
machen  sidi  in  folgender  Weise  geltend:  Der  Beginn  der  Keimnng 
wird  Yeradgert  —  Die  absohrte  Keimzeit  ^  >  sowohl,  wie  die  rdaüve*) 
wird  yerlingert.  —  Das  Keiannganaxinram  tritt  taamer  spiter  ein 
und  wird  immer  nndeatlidier.     Das  Keimnagnw'oeent  wird  geringer. 

15)  Die  Tödtnng  der  Saa^n  dardb  Temperstarwirknngen  (25  bb 
125®  C.)  hat  nichts  mit  dem  Gerinnen  des  föweiss  aa  than. 

Besehrdbnng  des  Ifsiilmsnn^schen  ThenaMtat««« 

Der  Thermostat  besteht  ans  einem  cflindriscben  Gefitos,  welches 
mit  drei£Mher  Wand  Tcrsehen  ist  Fig.  L  Seite  S48.  Der  Baam 
swischen  den  Winden  a.  and  b.  wird  mit  Wasser  geMlt  Durch 
den  Ranm  xwiaehea  den  Winden  b.  and  c  strömt  die  warme  Laft, 
welche  von  einer  anter  dem  Th«rmostatea  stehenden  Gasflamme  aas- 
geht. Dnrch  feine  Oeflbnagen,  die  in  dem  oberen  Theil  dieses  Bau- 
mes angebracht  siad,  tritt  diese  wanne  Luft  ans  dem  Thermostatoi 
heraus.  Der  mit  do^ielter  Wand  Tersebene  Detkel  des  Thermostaten 
hat  mehrere  Durchbohrungen  zur  Einffthrung  tob  Thermometern 
sowie  eines  Thermoregulators  zur  Eegalirang  der  Flamme.  Es 
getilgt  flbrigeas  für  die  melstea  Fälle  durehaas,  wem  man  den  Ther- 
oMregnlator  nicht  in  den  Deckel  eioHUgt,  sondern  durch  eine  der 
beiden  Oefisungen,  die  zur  Fillnng  des  Wasserraums  bestimmt  sind 
o.  p.  —  Wird  der  fibergreifende  Rand  des  Detkeh  Terkittet,  so  kann 


1)  Die  Zeh,  die  Tcrgeht,  bis  bei  einer  bestimmten  Anzahl  Samen  (in  onserm 
FaU  je  100)  die  letzten  gekeimten  Samen  auftreten. 
*)  VergL  Seite  3S4  Anmerkung. 


^«« 


348 


^1  man  in  den  Raum  des  Tliermostaten  beliebige  Gue  bineintreton  lu- 

^M  Ben.     Soll  die  bei   der  Thätigkeit   eines  Aepiratora   in  den  Thermo- 

^H  Btaten  eintretende  Luft  die  Temperatur  des  Tbermoataten  haben,  au 

^H  kann   man   die   Laft  durch   eine  gebogene   Rdhie,    deren    Scbenkel 

^H  dicht  aneinandergebogen  sind,    und    die   durch    eine   der  Oeäfnungen 

^1  0-  oder  p.  in  das  warme  Wasser  dea  WaBerraums  bineingoatellt  iat, 

^B  hin  durchs  an  g;ea.     Ersetzt  man  den  gewöhnlichen  Deckel  dnrcb  einen 

^M  solchen,   der   in   der  Mitte  eine  groase  OelTnang  hat,    so  kann  nun 

H  auf  diese  Oeffnung  eine  Qlaaglocke  stellen,    in  welche  Pflanzen,  die 

^L  in  einem  im  Thermostaten  stehenden  Topf  sich  belinden,  hincinwacb- 

^H  sen.     Wenn  der  Thermostat  einmal  auf  eine  bestimmte  TempcratUT 

^H  eingeetellt  ist,   so  zeigt  selbst  die  Laft  in  der  Qlocke  nur  unbedea- 

^H  tende  Temperataracbwankungen.     Bei  Anwendung   des  gewOhnlicbeo 

^H  Deckels  gelingt  ea  bei  einiger  Sorgfalt   leicht,    die   Temperatur  de> 

^H  Thermostaten   Monate   hindurch   conatant  zu   erhalten,    ao   data  nnr 

^H  Sohwankangen  von  0,ä"  C.  vorkommen. 

^H  Die   Einriebtang  mit  der  Glocke  hat  wegen  des  leichten  Abhe- 

^B  bens  der  Glocke  groeae  Bequemlichkeit,  immerhin  kommen  aber  bei 

^B  dieaer  Ei&riohtnng  doch   noch   Schwankungen   von  3",   in  der  Luft 

^H  j,        -t.  ^  der  Glocke  vor.     Wenn  dieselben  also 

^H  '     y  /^     J    ^      vermieden   werden  «ollen,    dUrft«  der 

V  A-A  y  ~"n"1         kU^lich  von  Veiten')  beaohriobcne, 

^V  complicirtere  Thermostat  vonniieheB 

aein.  Uebrigens  könnte  man  wobl 
durch  Anwendung  einer  Glocke  mit 
doppelter  Wand  jene  Schwankungen 
sehr  vermeiden.  Man  gewinne  damit 
auch  noch  den  Vorthcil,  farbiges  Licht 
anwenden  eu  können,  dnrcb  EinfUIIra 
gefärbter  Flllasigkeiten  tu  den  Ranm 
zwischen  den  beiden  Winden  der 
Glocke. 
Carlarnhe,  den  S.  April  1877. 


')  Sittungsbericbl«     der   Kaiierlicheii    Aradfinie   der    WiaaenKchafleo   in 
Wien.    8.  74,  Abih.  11. 


Bemerknngen  und  Beobaehtnngeii  ftber  einige 

CstilagiiieeiL 


Von 

Dr.  J. 


1)  Die  Sysleaalik  der  UaüligMeai  iü  Ms  «  £e  felJEle  Zeit  dasdb 
eise  tolehe  Ftlle  tob  Baiclaftoilea  geCMeit  wef4e0«  itm  der 
Woseh  wohl  aUgeaeoi  W,  die  Ei-^t>mm>  dwiettf  ai  eiMr 
OeiMtdiralelltt^  dieser  Fnrifie  sataMM9c;eCMet  n  eribe»  Bfai 
•okiies  Werk  luAea  wir  ni  der  «BchitM  Zeit  tob  k.  Fif  eker  res 
Waldkeia  n  erwartea  ^),  fllr  eise  denutige  OmteUaiif  isSckle  iek 
m  des  felgeiidea  MHOeitaiieea  sock  eMs<«  Metaiel  MeieiL 

Wie  iek  i^ke,  kielet  eise  aeck  des  Oieadiiffee  aeaerer  Sjrsle' 
■elik  dsrAgeMkrte  MoMsrapUe  derBiiadpiif  eise  Umnti  deak- 
kaie,  we^  aaek  iauMr  aodi  ackwierige  Aafgike.  Mekr  ali  kd 
▼ielea  aadeiea  Pfaaaeaennliea  tritt  kct  dea  UiHlagteeea  der  Oraad- 
•ata  ia  dea  Yoidefgraad,  die  Zieirkca  aattflicfcer  Verwaadteekaft 
«ekt  eiaeeifig  darek  aiorpkoiogiocke  MerkaMle  xa  fcfetiaiMMi  eoa- 
deta  sie  ia  der  AekaBckkeit  der  giiMMtMi  EMwiAetaag  aa  iadea. 
Die  üateiaaekaag  tioekeaer  Pivkea  kielet  giade  kei  dea  UstUagi' 
aeea  aar  aekr  weaig  Material  fib*  die  Etkeaatatto  der  OeeaaHateat- 
wieketaag  eiaer  lifatiMaiif  Speeieo,  daria  Uegt  eiae  keeoadere 
Sekwiefigkett  fkr  die  «jiteaiitiker.  Bae  aadere  Sckwierii^oit  fade 
ick  daria,  daM  Tieie  Foraea,  die  roa  geaaaea  aad  oekarCrfaaigea 
Beokaektera  ali  differeate  Artea  lageeekea  werdea,  eiek  oft  aar 
ackwer,  wie  iek  BMiae,  arit  Zwaag  darck  aMNrpiMilogiaeke  M erkawle 


I)   A.   Fiteher   de   WaUhdaL     Aperga    sjitenuift.    de«   UttibgiBfas. 
Pteii  1677.   a  7. 


8S0 

Grade  daran  aber  sehe  ich  eio  Interesse  gebnUpft,  welches  mir 
die  Systematik  der  Ustüagioeen  zu  bieten  scheint.  Wenn  wir  alle 
die  zahlreichen  nnd  genan  beobachteten  Thatiachen  berUcksicUifcn, 
die  ans  über  die  EntvickelnngBgeachichte  nnd  LebenaweUe  tL'r  ein- 
zelnen Brandpilzformen  mitgethetlt  worden  Bind,  können  wir  aiu  der 
Wahrnebmang  nicht  verachlieascD,  dass  nns  hier  eine  Reihe  von  For- 
men vorliegt,  deren  verschiedenwerthige  Unteracheidnngaaierkinale 
sehr  verschiedene  Abstände  der  natürlichen  Verwandtscha-l  beteicb- 
nen.  Einseloe  Formen  eracheinon  mir  morphologisch  gloichgestAllot, 
sie  besitzen  aber  unterachcidondc  biologische  Eigenschaften  nnd  hal- 
ten sieh  auf  bestimmten  Nfthrpflanzen  oder  Gruppen  (Familien) 
bestimmter  Nährpäanzen  beschrünkt.  Andere  Formen  zeigen  kleine 
morphologische  Eigenthümlichkoitcn,  man  würde  sie  in  anderen  Pdan- 
zenfamilien  vielleicht  für  Varietäten  erklären,  hier  kommen  aber 
bestimmte  festatebende  biologische  Eigenthümlichkeiten  hinzu  ud 
ihr  feater  Parasitismaa  auf  beatimmten  Nährptlanzen.  Manche  die- 
ser Formen  bilden  eine  sich  allmählich  ditTcreuzirende  Reibe,  deren 
einzelne  Glieder  im  Zusammenhange  betrachtet  wenig  veracbi«dcn  er- 
scheinen,  aber  bedeutend,  wenn  entfernte  Glieder  der  Kette  betraebt«! 
werden.  Andere  wieder  sind  morphologiach  gat  nnd  fegt  nnteracheid- 
bar,  sie  besitzen  aber  eine  grosse  Zahl  in  der  Entwicklnngsgesehiefate 
besonders  hervortretender  gemeinschaftlicher  Merkmale,  daas  man 
sogleich  dahin  gedrängt  wird,  ihre  gemeinsame  Abatammung  auV' 
nehmen.  So  geht  die  Uifferenzirang  der  Formen,  Gruppen  nnd  Gat- 
tungen weiter,  und  anwillkUriich  stellt  sich  uns  dnrch  dieae  Ver- 
gleiche wieder  der  Satz  vor  Augen,  da«s  die  sogenannten  bestlsdi- 
gen  Formen  nnd  Formengrnppen,  die  wir  als  Art  und  Gattung 
bezeichnen,  sich  sncb  durch  Betrachtung  der  bestehenden  Generalio- 
nen als  etwas  Werdendes  erkennen  lassen.  Wenn  wir  femer  s«hen, 
daas  einzelne  Gruppen  in  leicht  und  allmählich  differensirten  For- 
men sich  auf  bestimmten  verwandten  Näbrpflanzen  entwickeln,  und 
daas  viele  Formen  zwar  in  zahlreichen  Näbrpflanzen  von  ^roMer 
natürlicher  Verwandtschaft  vorkommen,  aber  in  ontfernler  stofaendoD 
Nährpflanzen  nicht  loben,  so  läset  sich  hieraus  wohl  ahnen,  daaa  die 
verschiedene  Emäbrnng  auch  mit  der  Uilforenzirnng  der  Art«ii  in 
Beziehung  steht. 

Wie  diese  Verachiedenwerthigkeit  der  Artdifferenzen  in  einer 
syatema tischen  Znaammeoatellung  zur  Anschauung  gubraebl  werden 
sollte,  ist  schwer  zu  enlacheiden.  Die  Annahme  von  Unterartoa  and 
Varietäten  von  einer  ttlter  beschriebenen  Art  entaprechcn  wob!  nicht 
dem  natürlichen  Sachverhalt,  die  Auffassung  der  neueren  BeotwcbtM', 


4 


des 


--•■•■  r»     -M*  ♦ 


xm 

Fm&k 

wirdea  ^  Tielea  Tjirkrm  wekk«  HKitr«  K«aifiü»  äer  rstüa^riaeea 
jetit  Bork  bielely  im  fmet  Mhtksm  VmrsbiilnMj^  m9<k  liel  skktbwr 
hervortreteB  als  es  Vei  tmu  rnnkr  ujBipfcirft^iicbea  ZasaKBea^teilva^ 
der  Fan  ist. 

2)  Persooa*)  grtadeCe  seiae  Graupe  Csiäa^  ais  Ualera^ 
theilong^  Toa  Uredo  Mm£  cia  sorpkol'^^isekes;^  scäoa  bei  der  roa 
ihm  bier  aafgelakrtea  Uredik  rklacea  aickt  aebr  nrtreieaiied^  aad 
aaf  ela  Iriolagiaebea  MerkaaL  Das  Letitare  wird  aacb  jetat  moA 
TOB  dea  meisleB  Aatorea  als  ebarakterisüsebcs  Merkmal  Dir  eiae 
Ustüaginee  gehaliea.  Weaa  wir  geaaa  TctfiibreB  wollea,  so  dtrfea 
wir  jetst  aar  daaa  eiae  PQaforai  als  üstSagiaee  beieiebaea,  weaa 
wir  bei  derselbea  eiae  Saaiae  Borpbolo^iselier  aad  blologiseher 
Merkmale  safgefiiadeB  babea,  atailieb:  i)  dass  das  Mjeel  ia  dem 
Oewebe  lebeader  Pflaasea  lebt,  9)  dass  die  Sporea  sieb  aas  Mycel- 
tbellea  (Tbeilea  der  sporenbildeadea  Eadiste),  iaoerbalb  der  aäbrea* 
den  Pflaaze  bilden,  aad  aidit  aa  mebr  oder  weniger  aasdaaerndea 
freien  Endisten  (Sterigmen),  aad  dass  bei  der  völligea  Sporeareife 
dies  Mycel  sebwiadet,  3)  dass  sieb  bei  der  Keimang  der  Sporea 
eine  typisebe  Yorkeimang  seigt  dareh  Bildaag  karzer  KeimsebUnebe 
mit  begrenztem  Wacbstbam  (Promycd),  aa  welcbem  secandftre  Spo- 
ren (Sportdien)  entsteben. 

Ueberwiegt  biemaeb  bei  Umgrenzung  der  Familie  die  ßeacb- 
tnag  der  biologiscbea  Merkmale,  so  ist  dies  bei  Umgrenzung  der 
Oattangen  noeb  viel  mebr  der  Fall.  Es  mass  jetzt  als  ganz  un- 
mOglicb  angeseben  werden,  von  einer  Ustüaginee  mit  Sioborbeit  zn 
bestimmen,  ob  sie  zu  der  Gattung  UsHlago  oder  TiUetia  gehört, 
wenn  bei  ibr  die  Art  der  Sporenbildung  oder  Keimung  nicht  bekannt 
ist     Da  dies  für  sehr  viele  Arten  zutrifft,  mnsscn  wir  zugestehen, 


«)  Persoon,  Synopsis  mcthodica  fungorum.    Gott.  1801.  8.  224:  Umlo 
Pulyerenigrescente  aut  hisco,  inplantarumfructificationibuspsrasitico.  (Viiüago*) 


SM 


1 


fernlio^eiide  gcinuiiitiaRie  (Triindrorm,  nur  haben  sirh  dl«  elnmlnen 
Merkmal«  in  verachicdenor  Richluiig  diflfi'rcnzirt:  Vst.  Succimie  lial 
die  grössleii  Sparen  und  die  bellste  Fsrbung  dos  Epispors,  Ctt. 
flosiyui,  die  kleinsten  Sporeu  abur  eine  in  der  Hitle  stehende  Flr 
buDg  des  EpUporü,  TJst.  tnterm.  hält  in  Bezug  aul  die  Sporcn- 
grdsse  die  Mitte,  Lesitzt  aber  das  dunkelste  Epiapur.  —  In  der  glolclivD 
Art  der  ersten  ßiitwicklung  der  Promycel-  nud  Sporidieitbildnp^ 
kommt  die  iiHtllrlicbe  Verwandischart  wieder  un  klarsten  sur 
EreebetDUDg. 

Achnlich  ist  wohl  die  Keimung  imd  Sp^ridienbildung  bei  Ctt, 
Cardui  Fisch,  t.  Waldh.  {.Iht.  Reesiatia  J.  Kflhnfl.  Via  Kei- 
mnng  bei  6V.  Kükniava  W  o  1  f  f  ^ )  unteracheidet  eich  ilnrcii  «in 
viel  längeres  Promycel  und  durch  zahlreiche  wirtebtanilige  Sporidies, 
die  bei  den   Beobacbtuugrn  von  Wolff  nicht  copulirten. 

4)  Er  giebt  wobt  kaum  eine  PtlaDzenfamitie,  welche  auf  eine  gleich 
geriuge  Anzahl  ihr  zagohörijfer  Arten  eine  gleichgrosae  Anubl  ver- 
BCbicdener  Brandpike  crnfthrl  wie  die  der  Poly^onecn.  .Soweit  mir 
bekannt,  sind  auf  denselben  durch  die  bis  in  die  neaosle  Zeit  noch 
von  Erfolg  begleitet«  Untersuchung  T  verschiedene  Brand-Arten 
beschrieben  worden.  Seit  mehreren  Jahren  sehen  glaubte  ieh  aiu 
der  als  Untäago  utiiculosa  (Lk.)  beachriebeueu  Art  ein«  in  dca 
BlUthen  von  Poii/gontim  G(mvolvultis  L.  und  P.  dumelontm  h.  vor- 
kommende Form  ala  specilisch  verschii'den  ansehen  zu  kOnnen.  8je 
nnterflcbeidet  sieh  von  der  lypi sehen  z.  H.  nnf  Po/i/i/cimn/ii/tat/iifolntm 
vorkommenden  Form  durch  viel  helleres,  im  frischen  Zustande  roaei- 
farben,  troeken  hell  rothbrftunliches  Sporenpnlver.  Der  ChirehBics 
ler  der  Sporen  misst  9 — 11  (gewShnlich  10)  Hik,,  ist  also  etwa  m 
gross  wie  bei  der  typischen  Form,  da«  Epispor  ist  viel  beller  (Ums 
rosenroth),  die  nettfSnnigen  Leisten  sind  schwfteher  nnd  die  HM^an 
enger  (meist  nicht  gana  2  Hik.  im  Dorchm.).  Den  ansgebildctei 
Sporen  sind  in  grosser  Heuge  farblose  Sporen  von  etwas  geringerer 
OrSsse  beigemischt,  die  mit  einer  sehr  schwach  netzfQrmig  geaaieli- 
neten  oder  auch  gant  glatten  Membran  versehen  sind.  Uiese  Bei- 
mischung, die  übrigens  auch  bei  der  Form  anf  Pol.  lapathifolium 
und  P.  iVo/i-arj'ci  vorkommt,  trügt  gewiss  aitih  da/.u  bei,  dem  Spo- 
renpulver im  Uanzen  eine  bellote  Karlie  zu  geben,  —  Uie  geschil- 
dertu    Furm    habe    ich    schun    seit   längerer  Zeit  iu  Currespondenien 


')  J.  Küiiii.     l>i  Itabcntiurst,  l-ungi  fiiro|.afi  1798:  rfa»  l'r. 
sicli  dun-li  (JinTwäiidc  lind  bildt'l  zaliliriclic  L-ir>Miiij;r  Sjioridicii. 
*)  Ür.  R.   Wo  irr  in  Bot.  Zcilung  1ST4  S.  SU. 


855 

als  UsU  paäida  beseichnet,  neuerdings  bat  sie  J.  Knnze')  unter 
dem  Namen  Ust.  anomala  J.  Kze.  beransgegeben.  Sie  ist,  wie  icb 
glanbe,  dnreb  ganz  Dentscbland  verbreitet,  icb  babe  sie  sowohl  im 
Westen  (Baden)  als  im  Osten  (Scblesien)  gefunden. 

Es  wollte  mir  lange  niebt  gelingen,  die  Sporen  zur  Keimung  zu 
bringen,  weder  sogleicb  nacb  der  Reife,  noch  dann,  wenn  icb  sie 
den  Winter  fiber  im  Zimmer  aufbewahrt  hatte.  Anfang  März  1876 
fand  icb  an  einem  Waldrande  Ranken  von  Pclyg.  dumetorum,  welche 
in  eingetrockneten  Blfithen  noch  reichliche  Sporen  der  üstilago  tru- 
gen. Diese  keimten  bei  Aussaat  auf  Wasser  im  gebeizten  Zimmer 
sogleich.  Ihre  Promycelien  waren  24  Stunden  nach  der  Aussaat 
fertig  entwickelt,  sie  waren  cylindriscb,  gleichmftssig  dick,  24  bis 
37  Mik.  lang,  an  den  Enden  abgerundet  Sie  theilten  sich  meist 
dnreb  drei  Querwände,  welche  indess  anfangs  kaum  kenntlich  waren 
nnd  erst  später  bei  Entleerung  des  Plasmas  deutlich  sichtbar  wur- 
den, erst  dann  zeigten  sich  auch  an  den  Scheidewänden  leichte  Ein- 
sehnfimngen.  Die  Sporidien  bildeten  sich  an  den  Scheidewänden, 
sehr  regelmässig  immer  zwei  zusammen  an  demselben  Punkte.  Sie 
waren  elliptisch,  an  der  der  Scheidewand  zugekehrten  Seite  abge- 
flacht, 5  Mik.  lang,  2,5  bis  3  breit.  Sie  fielen  immer  zusammen  ab 
md  waren  meist  an  ihren  unteren  Enden,  seltener  an  der  abgeflachten 
Seite  verbunden.  Nie  sah  ich  die  Copulation  erst  später  an  abge- 
fallenen Sporen  erfolgen.  Keimung  der  Sporidien  habe  ich  nicht 
beobachtet 

Die  morphologischen  Merkmale  dieser  Form  von  der  typischen 
Ust.  utriculosa  sind  so  gering,  dass  man  geneigt  sein  kann,  sie  nur 
als  eine  Varietät  derselben  zu  betrachten.  Giebt  man  zu,  dass  diese 
eonstant  und  an  das  Vorkommen  auf  bestimmte  Nährpflanzen  gebun- 
den ist,  so  giebt  man  jener  Bezeichnung  eine  Bedeutung,  welche 
eine  logische  Unterscheidung  derselben  von  der  Species  nicht  mög- 
lich macht 

In  der  Art  der  Keimung  finden  sich  einige  Aehnlichkeiten  mit 
der  der  in  Dipsaceen  gefundenen  Uatüagineen,  die  regelmässige  Copu- 
lation der  Sporidien  repräsentirt  aber  einen  wesentlich  andern  Typus. 

Wie  sich  die  vielen  anderen  auf  Polygcneen  vorkommenden  Usti- 
lagmeen  verhalten  ^),  ist,  soviel  ich  weiss,  noch  nicht  bekannt     Eine 

1)  Joh.  Kunze.    Fungi  selecti  exsiccati.    Isleb.  4877.    No.  23. 

*)  Es  sind  ausser  den  bisher  genannten  UsL  utriettloaa  Fr.,  Ust.  paüida 
und  Uit.  Kähniana  Wolff  noch  Uit.  HydropiperU  (Schum.)  (=  Ust,  CandoUei 
Tul.),  Utt.  BUtartarum  (DC),  Ust.  marginaHs  (DC),  Ust.  vinosa  Tul,  Ust. 
Farlaiarü  Fischer  v.  Waldh. 


dieser  Formen,  welche  in  den  Blftttem  von  Polygonum  Bittorta  L. 
and  P.  vivipanim  L.  lebt  nod  bier  anfangs  hnchrothe  Pasteln  bi)il«t, 
die  später  nofbrechen  nnd  einen  f*at  »chwarten  SporeDstanb  enllee' 
ren,  ist  von  Fnckel  frllher'l  als  TilJttia  IndlaiaT.  beieicfaa et  wor- 
den, sie  ist  indeas  lange  Zeit  schon  bekannt  und  von  De  Candolle*) 
als  Uredo  bistortarum  a  puntulata  recht  gnt  kenntlich  beschrieben 
worden.  In  den  Thalern  des  Scbwarzwalde«  kommt  dieser  Pili  anf 
den  Wurselblättern  von  Polyg.  Bütorta  blufig  vor.  Seine  Jansen 
Pnsteln  zeigen  sich  auf  ihnen  schon  Anfang  Mfirs.  In  ihnen  üttiri 
man  das  sporenbildende  Hycel  als  gallertartige  stark  liebt brecbeade 
Strenge  von  2 — 3  Mik.  Dicke  zwischen  den  Gewebszellen  und  in 
den  Intercellulargängen  verlaufend.  Die  Enden  sind  vielfach  ver- 
zweigt und  Icnäuelartig  zusammengeballt.  In  jedem  Astende  eotgtehl 
eine  Reihe  stärker  lichtbrechender  Kerne,  die  von  der  aufgeschwol- 
lenen Qallertmasse  der  Fadenwand  umgeben  sind,  sieb  spAter  hell- 
violett  fKrben  nnd  endlich  die  kugligen  oder  kurz-elliptischen  11  bis 
16  Mik.  langen,  11  — 13  breiten  Sporen  bilden.  Ihr  Epispor  ist 
nDdeutlioh  warzig-punktirt  oder  fast  glatt,  im  frischen  Zustande  vio- 
lett, später  brannticb  werdend.  Nach  dieser  Art  der  gporenbildiiag 
mnss  der  Pilz  zu  Ihtüago  gestellt  werden,  nnd  ist  also  als  U*L 
Bistortarum  (DC.)  zn  bezeichnen.  Seine  Keimung  habe  icb  leider 
nicht  beobachten  können,  wiewohl  ich  wiederholt  die  Sporen  sowohl 
bald  nach  der  Reife,  als  auch  nach  der  Ueberwinterung  ausgeait  habe. 

Nach  den  Drfabrungen,  die  ich  bei  llsdl.  jnilliila  gemacht  habe, 
mochte  ich  schliesseu,  dass  man  die  Keimang  vieler  l'atilagiieea, 
deren  I^poren  bis  jclzt  durchaus  nicht  zu  weiterer  Entwickloog 
gebracht  werden  konnten,  dadurch  erreichen  konnte,  dasa  man  sie 
im  Freien  snf  ihrer  Nfthrptlanze  tlberwinlern  lässt.  In  der  fni«s 
Natur  ist  dies  aber  in  den  meisten  Fällen  nicht  leicht,  jene  TW.  BütoH. 
habe  ich  z.  B.  acbou  im  Jnli  nicht  mehr  wieder  auffinden  kOBun, 
obschoo  mir  die  Stellen,  an  welchen  sie  vorkam,  ganz  genan  bekamt 
waren.  In  Vereuchsgärten  wird  es  aber  gar  keine  Schwierigkeiten 
bieten,  die  Pilze  auf  ihren  NährpAanzen  zu  lassen  und  zu  eonlroti- 
nn,  bis  die  Zeit  ihrer  KeimAhigkeit  herangekommen  ist. 

b)  Uitilago  violacea  (Pers.)  ist  auf  so  vielen  Pflanzen  ans  da 
Familien  der  Silenaceen  gefunden  worden,  dass  man  za  der  AmhImm 
VArsDcbt  wird,  sie  möchte  sich  auf  alle  Reprssentanten  dic«er  Fami- 
lie übertragen  lassen.     Allerdings   ist  sie  nnr  auf  bestimmten  Nibr- 


^ 


1}  Fuekcl,  Symbolae  mycologiriic    S  46- 

>)  De  Candelle,  Flore  frucaite.  Bd.  VI.  Tom.  II.  p.  76. 


857 

pflaDzea,  besonders  Melandryum  cUbum  (MilL),  Bapcnaria  cfficindlü 
L.  und  D%a$Ukus  Carihusianarttm  L.,  Süene  inßata  Sm.  allgemeiD 
▼erbreitet,  aber  anch  anf  anderen  s.  B.  Süene  ntUans  L.,  Melan- 
drywm  rubrum  Eneke,  Viscaria  vulgaris  Rohling,  Coronaria  ßm- 
eueuli  (L.)  kömmt  sie  (wenigstens  in  Schlesien)  häufiger  vor;  als 
selteneres  Anftreten  glaubte  ich  ihr  Vorkommen  anf  Dianthus  dd- 
toidea  L.,  Säene  rupeatrü  L.  nnd  Dianthus  supevius  L.  auffassen 
tn  können,  auf  Ersterer  fsnd  ich  den  Brandpils  bei  8t.  Maergen  im 
Badischen  Schwarzwalde,  auf  Dianthus  süperb,  bei  Eubigheim  im 
Bad.  Odenwalde,  auf  Sil,  rup.  im  Haslithale  in  der  Schweiz. 

Viel  weniger  verbreitet  ist  der  Pilz  in  der  Familie  der  Alsineen. 
leh  selbst  fsnd  ihn  nur  an  Stellaria  graminea  L.  bei  Freiburg  i/B., 
auf  SteUaria  Holostea  L.  sah  ich  ihn  in  dem  von  Duby  herstam- 
menden Herbar  (in  dem  Herbar  der  Universität  Strassburg).  Die 
Exemplare  waren  schon  seit  1827  bei  Beauvais  gesammelt;  vor 
Kvrzem  hat  ihn  anf  dieser  Pflanze  auch  Cornn  bei  Paris  gefunden. 

Sein  Vorkommen  auf  Pflanzen  aus  anderen  Familien  (Lüiaceen) 
ist  unerwiesen,  die  Angaben  darauf  scheinen  auf  Verwechslung  mit 
Usiäago  Vaälaniii  zu  beruhen. 

Da  man  wohl  bei  den  erwähnten  Nährpflanzen  eine  gleiche 
Empfänglichkeit  ftlr  die  Einwanderung  des  Pilzes  voraussetzen  darf, 
kann  es  auffallen,  dass  man  ihn  oft  nur  auf  einer  Nährpflanze  fin- 
det, während  z.  B.  benachbarte  Pflanzen  einer  anderen  Sileneen-Art 
gesund  bleiben.  Ich  fand  z.  B.  bei  Rastatt  in  Baden  auf  weiten  Strecken 
den  Pilz  anf  Sapanaria  verbreitet;  von  Silene  nutans^  reichlich 
daswischen  wachsend,  war  in  der  ganzen  Umgegend  der  Stadt  nie 
eine  vom  Pilze  befallene  Pflanze  zu  finden,  ebenso  traf  ich  dort 
anf  weiten  Strecken  die  UstHago  auf  Dia$Uhus  Carthusianarum ; 
anf  SteUaria  graminea,  die  dicht  daneben  in  Menge  wuchs,  ging  sie 
nicht  über.  Ungezwungen  erklärt  sich  dies  Verhalten  wohl  daraus, 
dass  der  Pils  in  den  Wurzelst(k!ken  jener  Pflanze  perennirt,  nnd 
anf  ihnen  jedes  Jahr  wieder  zum  Vorschein  kommt.  Erwachsene 
PflansenstOcke  werden  dnreh  die  Sporen  nicht  inficirt,  die  (belegen- 
heli,  Keimpflanzen  anderer  Arten,  die  auch  znr  Blflthenentwicklung 
gelangen,  an  infidren»  scheint  aber  der  Pilz  an  den  betreffenden 
Stellen  nicht  sn  finden. 

An  den  Dämmen  des  Murgufers  bei  Rastatt  wachsen  grosse  Heer- 
den  von  A^xmarta- Stöcken,  die  theilweise  von  der  UstUago  befsllen 
dnd.  Bei  den  kranken  Blfithen  zeigte  sich  sehr  häufig  eine  Nei- 
gmg  wem  Uebergang  in  gefällte  Blllthen,  indem  die  Blumenblätter 
vtetCsdi  gehalten  nnd  dnreh  Spaltung  vermehrt  waren.    Es  erscheint 


358 

mir  nicht  nii  wall  rscbe  in  lieh,  dass  hier  ein  RinfluBS  des  Pilzes  snf 
die  Nährpflnuzo  die  Variabilität  io  don  BlQtlioD  bcganetiglo,  an  den 
geflonden  Pflanzen  trat  dieselbe  wi^nigsteos  an  diesem  ^tandurtu  oictit 
auf.  Aach  bei  Stellaria  graminea  scliien  mir  ein  aolclier  Einflus 
Obznwalten.  Die  Pflanzen,  Wülche  von  der  Ustilago  befallen  waren, 
besaesen  aiilTällig  kleine  Blumenblätter;  sie  erreichten  meist  sur  die 
halbe  LäDge  der  Kelchblatter.  Einzelne  gesunde  Pflanzen,  welebe  la 
der  NAlie  wuchsen,  ^lielen  gans  normale  Blutfaen,  in  denen  die  Bin- 
menblJlttcr  so  lang  wie  die  KelchbUltcr  waren.  Auch  in  den  von 
Uatilago  befallenen  BlOtben  der  Slel/aria  Holoatea,  die  ioli  gesehei 
habe,  Bind  die  BlomenbUtlf^r  selir  verkllrzt,  kaum  so  lang  all  4ic 
KelcbbUtter. 

Die  Keimung  von  U»l.  violacmi  erfolgt  sehr  leicht,  aogleiob  nach 
der  Reife.  Bei  Regenwetter  tritt  sie  sogar  acbon  in  den  BlDtheo 
der  NährpH&nze  ein,  ich  sah  im  Herbst  manchmal  die  Kelclirabren 
von  Diavihtis  carthiisianorum  ganz  erfQllt  mit  Promycelien  notl 
Sporidien.  Die  Art  der  Keimung  ist  hinreichend  bekannt.  Sie  atefll 
einen  Typus  dar,  welcher  vou  den  beiden  vorhergehend  besproche- 
nen Typen  bedeutend  abweicht.  Das  elliptiach-spindelfürniige  Pro- 
ayeel,  welches  in  grösater  Entwicklung  etwa  die  doppelte  Lkage 
und  die  halbe  Breite  der  Sporen  erreicht,  fällt  nach  vollendeter  Au- 
bildung  meiat  sofort  ab.  Ea  gleicht  ao  sehr  einer  grosaen  Sporidie, 
dasB  es  sogar  als  solche  bezeichnet  worden  ist,  in  seiner  weiteren 
Entwickliirif:  glpichl  es  al.cr  gnai.  den  amlrrcn  Promycolion,  denn 
u  theilt  sich  dnrcb  eine  mittlere  Scheidewand  in  zwei  Hllften,  wu 
bei  Sporidien  nicht  beobachtet  ist.  Spiter  kann  aich  jed«  HllAa 
noch  einmal  theilen.  Zuweilen,  jedoch  nicht  hAufig,  apalten  aieh  die 
beiden  Hilften  von  einander.  QewOhnlioli  bleiben  lie  vereUigt,  an 
der  Scheidewand  bildet  eich  fast  regelmlUaig  eine  warMoftlraiige 
Erhöhung,  in  welcher  der  Inhalt  der  beiden  HAlften  oonuauiietrt 
Diene  Copulation  ist  gans  ihnlich  wie  die  an  den  Promycelies  voa 
Uatä.  Carbo  nnd  U$t,  deatntena.  Charakteriatiich  iat,  dMa  kena 
eigentlichen  Gopnlationskste  abgegeben  werden,  aondem  die  Verei- 
nigung aofort  an  einem  gemeinacbaftlichen  Pnnkt«  der  Scheidewand 
stattfindet.  Die  Sporidien  sind  elliptisch  oder  eiförmig,  oft  anf  einer 
Seite  etwas  abgeflacht,  etwa  4  Uik.  lang,  2—3  breit  leb  sah  nicht, 
daas  sie  später  sich  vergröaserten.  Copulation  oder  Keimnag  habe 
ich  bei  ihnen  nicht  beobacbtet 

6)  In  mancher  Hinsicht  ähnlich  ist  die  Sporenkeimung  bei  l'gti- 
lago  VailUmtit  Tul,  Die  Sporen  aus  den  BlUtlien  von  Scilla  bij'o- 
lia  und  von  Muacari  comosum  verhielten  sich  darin  gani  gleich,  sie 


I 


959 


keimten  sofort  nmeh  der  Reife,  weaa  ne  bei  Bitti|;er  Laftwlrae 
(Anfangs  April)  anf  Wmsser  ansgetiet  mirden.  Bei  der  Ketmuig 
wird  das  Epispor  an  einer  Stelle  xertplittert,  et  bildet  sieb  aaniebst, 
wie  sebon  De  Bary  (knrs  erwtbnt  in  der  Abbandlnng  von  Fiseber 
▼  on  Waldbeim)  beobaebtete,  ein  knrter  Stiel,  weleber  sieb  in  einen 
linglieb-elliptiseben  Körper  fortMtxt  Der  Stiel  wird  etwa  3^  Mik. 
lang,  i  breit,  der  elliptiBcbe  Körper  16—  18  Mik.  lang,  3.5—4  breit. 
Letzterer  mnss  in  demselben  Sinne,  wie  der  cjlindrisebe  abfiülige 
Keimseblancb  der  Spore  von  UsL  ßa9cmlantm  nnd  der  elliptisebe 
derer  von  üsL  violaoea  als  Promyeel  beseiebnet  werden.  Allerdings 
▼erstebt  man  dann  nnter  diesem  Namen  bei  den  Ustilagineen  ein 
morpbologisebes  Gebilde,  welebes  eber  die  Eigensebaften  einer  Spore 
als  die  eines  Myeels  trägt  Dieses  Promyeel  gliedert  sieb  bald  von 
dem  Stengel  ab  nnd  erscbeint  dann  als  spindelftemiger  Körpen  Es 
tbeilt  sieb  doreb  eine  Qnersebeidewand,  welebe  niebt  immer  genau 
in  der  Mitte,  sondern  oft  dem  einen  Ende  Tiel  niber  liegt  Oft  tbeilt 
sieb  ancb  das  Promyeel  in  drei  Tbeile.  Copnlation  der  einxelnen 
Abtbeilnngen  finden  niebt  statt  Hieranf  grossen  am  Ende  des  Pro- 
myeels  oder  ebenso  btnfig  an  einem  beliebigen  Punkte  an  der  Seiten- 
wand jeder  Sporenabtbeilang  die  Sporidien  ans.  Aneb  bierbei  erbebt 
sieb  an  dem  Sprossnngspnnkte  ein  aarter  Stiel,  der  sieb  bald  an  einer 
spindelförmigen  Sporidie  erweitert  Der  Inbalt  der  Promyeel-Abtbel- 
Inngen  siebt  sieb  dabei  naeb  dem  Ansatapnnkte  bin  and  wird  bei 
der  Sporidienbildnng  erseböpft.  Die  Sporidien  werden  manebmal  bis 
1 2  Mik.  lang,  3  breit,  meist  jedoeb  babea  sie  eine  Lftnge  von  4  bis 
6,  bei  einer  Breite  von  2  Mik.  Der  Inbalt  der  Spore  ist  btnflg 
dnrcb  die  Bildung  des  abgefallenen  Promyeels  niebt  erseböpft  An 
dem  verbliebenen  Reste  des  Stieles  bilden  sieh  dann  naehtriglieb 
kleine  Sporidien,  welebe  denen,  die  aas  dem  Promyeel  gebildet 
wurden,  gans  gleieb  sind. 

7)  Auf  einigen  Care2?-Arten  kommt  ein  Brandpils  vor,  weleber  auf 
den  Blättern  und  Halmen  derselben  in  langen  und  sebmalen  tief- 
sebwarsen  Häufeben  berrorbricbt  leb  sah  Ihn  suerst  in  dem  Erbat, 
eriacg.  italiamOj  wo  ihn  Hausmann  unter  dem  Namen  ÜMago 
degtnims  a  foUicola  aasgegeben  hatte,  sodann  auf  Carex  rigida, 
im  Seblesiseben  Riesengebirge  gesammelt  Dr.  Magnus  bat  sebon 
darauf  aufmerksam  gemaebt,  dass  dieser  Pils  identiseh  ist  mit  Uredo 
mdamogrofmma  DG.  leb  habe  in  dem  Herbar  der  Universität  Strass- 
bürg  den  Pils  in  Originalen  von  Cbaillet  im  Jura  auf  Carex  digüaia 
gesammelt  gesehen,    dies  sind,   wie  De  Candolle^)  angiebt,  die 

t)  Flore  frmnfaiM  Vol.  VI.  1815.  p.  75.  No.  613«. 

C«ka,  aiilriff«  svrBiolotie  der  PflawMB.  B*b4  IL  Heft  UL  24 


360 


^H  Ori^inaleiemplare,    welche    ihm   vorgelegen   h^ben,  durch   sie   wird 

^H  die  OIcichlicit  bei<ler  Pilze  gauz  sicher  gcalelll. 

^H  Die  nntigcibiliieten  Sporen  dieser  Form  bestehe»  immer  ans  a*«l 

^H  Zellen,  die  mit  mehr  oder  weniger  breiter  Plftche  aneinander  haflra. 

^H  Dieser   ümoUnd    bewog   Ungcr'),   d«n  Pili  ala  Puccinia  km/hmo 

^H  gramma  za  bezeichnen,  nnd   mich  aelbat,    ihn  in  die  Galtnog  Gnmi-' 

^H  ttfila  zn  stellen^). 

^B  Im  Juni  1876  fmid  ich  diesen  PiU  in  der  Umgegend  ron  lUttall 

^H  ~  sehr  Teichlich  auf  Cnrex  digtiata,    er    trat   hier    nicht  nnr,    wie  vaa 

^H  den  Autoren  angeführt  wird,  an  den  Blällern,  sondern  auch  an  den 

^1  Halmen  in  länglichen  Häufchen    auf.     Auf  anderen  Carex-krin  (C. 

^H  glauca,  China,  V.  pilulifera),  weiche  in  dichter  Nschbarachaft  nü 

^H  der  »ngegebeoen  Nährpflanze  lebten,    fand  ich    ihn    nie.      L'ebvr  i)i« 

^^M  Beschaffenheit,    welche    die    ausgebildeten    frischen    Spüren    iio   Joai 

^H  zeigten,  iat  Folgendes  zn  bemerken.    Jede  Spor«  bestand  regelmku; 

^H  BUB  zwei  Zellen,  einfachi:  Sporen  fanden  sich  höchst  aeltoa,  sie  kono- 

^H  ten  als  lerriaseno  DoppeUpuren  gedeutet  werden.     Ucr  Zusammenhang 

^H  der    beiden    Zellen    fand    nur    an    einer    verhältaissmilssig    achmalen 

^^M  Stelle    der    Membran    statt,    nicht    mit    breiter    Fläche,    wie    bei    den 

^^M  Doppeleporen  von  Geminella  Delaelrina.    Jede  einzelne  Zelle  bestand 

^H^  aus  zwei  verAchiedencn  Hllften,  die  Süssere  Hälfte  bildete  eine  harte 

^^B  brtlchige,  dunklere  braune,  halbkugelige  Schale,  von  einer  doppellen 

^H  Hombran  gebildet,  die  innere  Hälfte,  mit  welohcr  die  beiden  Zellen 

^f_  znsaraminhingen,    bestand  nue  einer  dünnen   hellolivenbraunen   Haut, 

welche  beim  Eintrocknen  tniammeDflel,  bei  WaMortutate  abar  wie- 
der aufquoll.  Wenn  die  Sporen  stark  eingetroeknet  wann,  gtwtui 
es  den  Anseheis,  dais  sieh  die  beiden  ftasaentD  Sehklu  n  timtt 
kngligen  Zelle  snsammenfllgten,  in  welcher  die  beides  HiUtos  dar 
Spore  wie  Toehterzellen  eingesohlossen  zn  sein  sohienen. 

Die  Sporen  worden  bald  nach  dem  Einsammeln  anf  Waaew  aM- 
geilt  und  keimten  hier  bei  einer  Lnflwirme  von  16 — 17°  C.  toglaiek. 
IS  Standen  nach  der  Anssaat  wamn  die  Promyselien  adKm  fertig 
anegebildet.  Jede  der  beiden  Sporenhilften  bildete  eiaen  Kein- 
Bchlanch,  der  immer  an  einem  Punkte  der  inneren  dünnwandigen 
Seite  entsprang,  nnd  zwar  meist  auf  derselben  Seite,  so  das«  die 
Promycelien  dann  gekreuzt  Ober  einander  lagen.  Diese  waren 
cylindrisch,  an  beiden  Enden  verschmftlert,  spindelförmig  ingespitat. 


> 


t)  F.  Unger,  Uebrr  denKinnussdes  Bodensauf  die  VfriheilungderUewiehne 
1836.  S.  217. 

■)  Brand-  und  Roatpike  Scidesiens  S.  6:  QtmintUa  /alüeoia. 


iSl 

sie  wurden  15—17  Mik.  bn^,  3  liraiL  Sie  fiel«  Mkr  lockt, 
sehon  vor  der  Sporidienbildm^  mb.  Gewjhalich  Udctc  ütk  sogleick 
AD  der  Spitse  des  Promycels  eiae  Sporidie,  Mdii»  tibdite  mk  jeaes 
dnrch  zwei  sehr  larte  Qaerwiade  ia  drei  Theüe,  aad  es  Mdetea 
sieh  sodmim  an  den  Sdieidewiadea  aodk  je  eiae  wehere  Sporidie. 
Sie  Sassen  auf  sehr  knixea  Stieidbea  aa,  crwcilcstai  mtk  daaa  aad 
worden  längUeh  elliptiseh  bis  5.5  ICk.  laa^  f  bmt  Copalalioa 
oder  Keimnng  beobachtete  ieh  bei  ibaea  aiekt 

Ende  Februar  dieses  Jahres  sachte  ich  aa  dea  an-  bfhsaatca 
Standorte  die  Nthrpflaaxea  des  Piins  wieder  aaf  aad  ealtirirte 
einige  Stöcke  derselbea  im  Zinaier.  MiHe  Min  ctichieaea  aa  dea 
Spitsen  der  ans  der  Mitte  der  iberwiateitea  Blsltnmcttra  frisch  aaf- 
geschossenen  BUttehea  kleiae  schwane  Flttktm,  ia  welehea  ieh  dia 
jungen  Sporen  des  Pilses  Csad.  Dieaelbea  waidea  aar  ia  dea  Epi- 
dermisiellen  ausgebildet,  wie  ich  aa  feiaca  QaerachaiHea  des  Bhtftea 
regelmlssig  fand.  Die  weiten  Epidenaisseflca  warea  aut  halbrcifea 
^loren  erfflllt,  ihre  Winde  wardca  g^riaat  aad  eadlidi  gespreagt, 
so  dass  die  Sporenmassea  lassataifaicaica,  eadlieh  waide  die  obere 
Wand  der  ZeUea  emporgdiobea  aad  srhlirasiich  daidbbroehea;  ia 
den  darunterliegenden  dilorophjlllihreadea  Fareaeh janellea  trsf  idi 
keine  8porenbildang  aa.  SteUeaweise  sah  ich  ia  dea  Zellea,  besoa- 
dera  am  Raade  der  8poreahiaf<Aca  eta  staik  lichtbrecheades  $  bis 
8,5  MQl  dickesi  rielfaeh  geaclsliageltea  Mjeel,  dicaes  versehlaag 
sich  SU  Ejilueln,  die  die  gaase  Zelle  erffelltea,  es  tratea  tUtker 
Hditiirechende  Kerne  ia  ihaea  aaf  aad  aehlieaslieh  war  die  gaasa 
Zelle  erfftllt  mit  gallertartigea  Kagela  arit  hellea  Karaea,  Mjeeliste 
sdilangen  sich  tarn  TheO  am  die  Mtssea  hcraai.  Die  jaagea  Spo- 
rea  umgabea  sich  adt  eiaor  braaaea  Meaibraa  aad  haitea  dabei 
einen  Durchmesser  Toa  9—11  Mik.  trrtkkL  Ia  dea  jUagerea  Bal- 
len sind  die  Sporen  ein^Mh,  daaa  tretea  awei  helle  scharf  begrenste 
Kerne  aaf,  hierauf  sieht  maa  eiae  Theilaag  des  lahalts  eintreten, 
und  endlich  sind  die  Sporen,  wihread  sie  aoeh  aaaihemd  kagelige 
oder  ellipsoide  Gestalt  habea,  darch  eiae  Qaerwaad  ia  xwei  Theile 
getheilt.    Krst  spiter  treaaea  sieh  die  beidea  Hilfkea. 

'  Durch  die  %Knreabildung  sowohl  als  dareh  die  Art  der  Keimaag 
uaterscheidet  sich  diese  üstilaginee  so  merklieh  von  OemmeOaDekutr., 
dasa  es  uathunlich  ist,  sie  mit  dieser  ia  dieselbe  Oattang  xu  stellen, 
sie  bietet  ein  deutliches  Beispiel  daAr,  dass  aiaa  aaf  die  einseitige 
Kenntniss  morphologischer  Merkmale  hin  die  systemstische  Stellang 
eines  Brandpilses  nicht  sicher  bexeichnen  kaaa.  Ia  jeder  der  bei- 
den sngefiyirten  Besiehungen  steht  U.  wtdamogramtma  der  Oattang 


> 


868 

Uslilago  sehr  nahe  nnd  nnterächeidel  sicli  nur  durch  die  nachlrlf- 
liche  Tbeiliing  dt^r  Sporen  zu  einer  Doppclspore.  AnT  dieses  Hrrk- 
mal  hin  könnte  mon  eine  besondere  Ablheilung-  einfuhren,  flir  di« 
ich  den  Namen  Schizotiella  vorschlage. 

Rarslen')  bcBChreJbl  unlor  dem  Namen  UnliUtgo  amhienn  tian 
Brandpilz,  der  in  den  nillttern  von  Gräsern  auf  Spittbergea  ror- 
kommt.  Ich  finde  denselben  an  t^xemplaren,  die  ich  der  Frenndlieh- 
keit  dos  Autors  aclbal  verdanke,  ganz  ithnlich  gebildet  wie  U.  nu/a- 
nogrammrt,  soweit  eich  diea  ans  den  reifen  Sporen  benribcileD  lAwt. 
8)  Der  Pilz,  den  Tulaane  1847  Eiterst  als  Tkecaphora  Defastrina 
beschrieben  hat,  kommt  wie  es  scheint,  weit  verbreitet  in  dcp  Frtlcb- 
ten  verschiedener  Keronica- Arten  vor.  Ich  fand  ihn  auf  Vei-onica 
triphyllos  L  ,  V.  arivnsis  L.  und  1'.  hederifolia  L.  in  Sehteaien  wA 
Baden,  Auf  der  erstgenannten  Njihrpflanze  aali  ich  ihn  in  dem  alten 
Hcrhar  von  Bonjean  und  Ouby,  welches  Jetzt  in  dem  Ilcrbar  d«r 
Universität  Straasburg  enthalten  ist,  an  Rxemplaren,  die  etwa  in  den 
Jahren  zwischen  1820  und  183'«  gesammelt  waren,  es  ist  daher  auf- 
fallend, dass  der  PilE  nicht  schon  frnhcr  bekannt  geworden  iat. 

Die  von  Fingerhuth  aufgestellte  Gattung  Thecaph»ra  amfaut 
eine  Anzahl  sehr  verschiedenartiger  Ustiingineen,  von  denen  die 
meisten  der  Gattung  SoroitfKn-iuvi  nahe  stehen.  Ich  glanbtc  dargm 
auf  obige  Form  eine  eigene  Gattung  aufstellen  zu  müssen,  die  nicht 
allein  durch  die  Bildung  der  fast  immer  nur  aas  zwei  Zellen  ver- 
einigten Sporen,  sondern  auch  durch  eine  besondere,  von  der  anderer 
UitiUgineett  veraehiedene  Art  der  Keimung  cbarkkteriairt  «in.  Idi 
fand  (lieu  Keimang  Im  Jani  1869  an  Sporen,  die  ieh  io  8ehl«mi 
•nf  Veronica  orvetuü  geaammelt  hatte,  gans  ebenso,  wie  sie  lebM 
von  Tnlasne  beachrieben  worden  war.  Von  den  beiden  1 
ren  tah  ich  hier  immer  nnr  eine  keimen.  Der  Keinuehlauh  < 
la  der  Reget  ans  der  Seitenwand  der  Sporen,  hatte  an  leiaaa 
apniBf  etwa  %,b  Hikr.  Breite,  nnd  Terlingerte  aieh 
immer  dieaelbe  Dicke  beibehaltend.  Drei  Tage  naeh  der  Anataat  hatte 
er  etwa  die  5  hl«  6faehe  Llnge  der  Sporen  erreicht,  S  —  4  Qner- 
winde  gebildet  und  gewöhnlich  einen  koraen  Seitenaat  getrieben,  der 
sich  dnrcb  eine  Scheidewand  abtrennte.  EifSrmige  KSrperchen  von 
5  bis  6  Hik.  Linge  und  3  Hik.  Breite,  die  hftnfig  den  Enden  der 
Keimschläuche  anhingen,  hielt  ieh  für  die  Sporidien.  In  der  Umge- 
gend von  Raststt  findet  sich  der  Pilz  sehr   hänfig   in  den  Frachten 

t)  Karaten,   örvcrsigt  af  k.  vetensk.  Akad,  Fnrhandlingar.   lS7j.  Blork- 
bolm.   No.  1.   S.  108. 


S68 

von  Ver&nica  hederifolia.  Die  Form  der  Sporen  weicht  hier  von 
der^  die  ich  loerst  anf  V,  arvensia  fand,  etwas  ab.  Die  Sporen 
bestehen  hftnfig  nnr  aus  einer  Zelle,  welche  dann  etwas  grös- 
ser ist  als  die  einseinen  Zellen  der  zweizeiligen  Sporen,  der  grös- 
sere Theil  der  Sporen  ist  indess  auch  hier  zweizeilig,  was  bei  den 
Ustilago- Sporen  nie  der  Fall  ist.  Ein  anderer  Unterschied  besteht 
darin,  dass  die  warzenartigen  Verdickungen  des  Epispors  minder 
stark  sind,  sie  ragen  bei  Einstellung  anf  den  Rand  nnr  als  schwache 
Wellen,  nicht  als  Zapfen  vor,  nnd  erscheinen  bei  Einstellung  auf 
die  Fliehe  oft  als  flache  kurze  Leisten.  —  Bei  dieser  Form  ent- 
wickelt sich  die  Schale  der  Samen  ganz  normal,  der  dunkel  blan- 
grane  Sporenstanb  ftlUt  dieselben  zuletzt  aus,  die  Kapseln  scheinen 
gedunsen  wie  bei  gesunden  Frflchten. 

Die  Sporen  dieser  Form  keimten  sehr  leicht,  und  zwar  sowohl 
bald  nach  der  Reife,  als  auch  im  December  im  geheizten  Zimmer 
nach  Aufbewahrung  im  Herbar.  Die  Keimung  trat  bei  den  frischen 
Sporen  schon  in  den  ersten  24  Stunden,  bei  dem  aufbewahrten  Material 
am  zweiten  oder  dritten  Tage  ein.  Der  Vorgang  war  bei  vielfach 
wiederholten  Aussaaten  immer  derselbe,  und  zwar  sehr  abweichend  von 
dem,  wie  er  mir  früher  vorgekommen  war.  Bei  den  Doppelsporen  keimte 
gewöhnlich  nnr  eine,  doch  zuweilen  auch  beide  Zellen.  Das  Epi- 
apor  wurde  bei  der  Keimung  an  einem  Punkte  zersplittert  und  durch 
den  Keimschlauch  etwas  vorgedrängt,  so  dass  es  dessen  Ursprung 
wie  eine  kurze  Scheide  umgab.  Am  Grunde  war  der  Keimschlauch 
etwa  2  Mik.  breit,  erweiterte  sich  dann  bauchig  auf  3  bis  4  Mik. 
und  verengte  sich  darauf  wieder  in  einen  schmalen  Hals,  so  dass 
er  im  Ganzen  flaschenförmig  erschien,  er  erreichte  meist  eine  Länge 
von  6  bis  7,  seltener  von  9  Mik.  Nachdem  er  sein  Wachsthum 
vollendet,  schwillt  die  Spitze  kugelförmig  an.  Diese  Anschwellung 
schnflrt  sich  darauf  ab  nnd  wird  zur  ersten  endständigen  Sporidie. 
Bald  darauf  schwillt  das  Promycel-Ende  wieder  an  und  bildet  eine 
zweite  kuglige  Sporidie,  die  mit  der  Ersten  verbunden  bleibt,  die 
Sprossung  setzt  sich  nun  fort  bis  der  Inhalt  der  Sporen  erschöpft 
ist«  Die  Sporidien  lösen  sich  entweder  einzeln  ab  oder  bleiben  in 
Ketten,  meist  aus  4,  znweilen  aber  auch  aus  6 — 7  Sporidien  beste- 
hend, an  der  Spitze  des  Promycels  haften.  Jene  sind  kuglig,  2.5  bis 
3  Mik.  im  Durchmesser,  mit  farblosem  Inhalt  erfallt,  dessen  Mitte 
eine  grosse  stark  lichtbrechende  Kugel  einnimmt.  Ich  habe  sie  nicht 
keimen  sehen,  auch  keine  Copulation  bei  ihnen  beobachtet  Da  die 
Keimung  der  Sporen  bei  der  gewöhnlichen  Lufttemperatur  bald  nach 
der  Reife  eintritt,  kann  sie  auch  im  Freien  bei  den  starken  Juni- 


8«4 


^H  Regen  nicht  anableibeD.     Die  Sporidien   finden   Dm  diese  Zeit  kei« 

^H  tiflegenbeit  in  Keimptlaiiien  der  Acker- Blireapreisarten  eiozüdrinfpen, 

^^M  ea  ist  dalier  ziemlicli  wahrachoinlich,  daaa  die  Sporidicn  eine  Unsere 

^^1  Ruhezeit  durchza machen  haben. 

^^B  Diese  Art  der  Sporetikciraang  ist    von    der   anderer  L'eliUginccn 

^H  Sporen  so  verschieden,  da»s  durch  dieselbe  die  Ablrenouitg  der  tiat 

^H  tung  Oemindia  noch  sicherer   begründet   wird.     Die  von  TuIaso« 

^H  beschriebene   Keimangsart  habe   ich  nicht   wieder  erzielen   kdnDeo, 

^H  vielleicht  entspriclit  sie  der  fadenrörmigen  Keimung  ohne  I*romjrc«i, 

^H  die  manchmal  bei  TilUtta  nod  Entyloma  eintritt. 

^H  Ein  anderes  wichtiges  Merkmal  zur  CharakterigiriiDg  von  Grm- 

^H  nella   ist    die   von    anderen    Ustilagineeo    verBchiodeno   Bildanur   der 

^^L  Sporen,    die    von    G.   Winter')    ao    volistflndig  beschrieben  worden 

^^P  ist,   dasB  ich   das  hier  nur  anzudeuten  brauche.     Besonders  wichtig 

^^B  ist,   dass  die  Membran   der  sporenbildenden  Aeste  nicht  gallertartig 

^H  aafquillt,   dasB  dieee  Aeste  .schon  bei  Anlage  der  Sporen  die  Br«it« 

^^^  derselben  haben  und   in   sehr   frühem  Stadium   sowohl   als  bit  knn 

^^P  vor  der  Sporenreife  sehr  deutliche  Querwände  beBitzen. 

^V  Qfminelia  Delastrina  steht  somit  sowohl  binsicfatlicli  ihrea  Hyeela 

^V  als  hinsichtlich  der  Keimung  ihrer  Sporen  ganz  verctoaell  nater  den 

^K  Usttlsgineen  da. 

^^L  9)   Die   2\'^ia- Arten   Bind,    soweit  sie   bisher  doreb   Keimoog 

^^t  und   Bildung   der  Sporen   sicher  in  diese  Gattung    gestellt    werden 

^^  kdnnen,  s&mmtlich  nur  Paraeiton  von  Grasarten,  sie  leben  zum  grO** 

•eren  Theil   in  den  FraebtkDOten   der  Grftser,   nnr  venige  Foraei 

koomien  in  dem  Blattg«webe  vor. 

Di«  Fraditknoten  bevoboenden  TUfeften  bilden  xoMunBea  eine 
utSiiiche  Gruppe,  denn  Glieder  dnreb  viele  gemeinubaftliebe  Merk- 
mal« ihre  oatOrliohe  Verwaadtaehaft  rerrathan.  Hienn  gebSrt  die 
gleiche  Art  Ihres  Vorkommens,  die  Ihnliobe,  in  Tenehiedenen  Ab- 
•tofkingen  von  Brann  aehwankende  Fftrbung  dea  Epispora,  lad  der 
«peeiflaehe  Gerneh  naeb  Herlngaiake,  weleber  alleo  dieien  Arte*  in 
frlaehem  Znstande  eigen  zu  sein  seheint.  loh  fud  denaelben  auh 
bei  TÜl.  deäpüru  (Pen.*)  und  Till,  aeporata  }.  Kze.*).  Das  leb- 
tere  Merkmal  ist  bei  Pilzen  als  Zeichen  naher  Verwandtschaft  nicht 

>)  G.  Winter.  Einige  Not Ixeu  fiber  die  Familien  der  UsiilagiDeen.  Flora 
187l>.  S.  146. 

*)  PersooQ.  Synopsis  S.  225:  i  Urtda  decipient:  pulvere  loco  ««niiDiiiD 
giumis  iiicluBO,  latente.  —  Hab.  intra  glumas  Agrostis  pumilac  L.,  varictatii 
morbosae  Agr.  vu1);aris. 

*)  J.  Kunze.    Fungi  selecti  exaiccaii  No.  29. 


unwichtig.  Bei  grOssereo  Pilsen  wird  sehr  oft  eine  Species  durch 
einen  ihr  eigenthOmlichen  Geruch  charakterisirt,  und  dieses  Merkmal 
bleibt  dann  oft  unverändert,  während  Grösse,  Gestalt  und  Farbe  in 
weiten  Grenzen  variiren. 

Hinsichtlich  der  Grösse  der  Sporen,  der  Höhe  der  Leisten  des 
Epispors,  der  Weite  der  Maschen  und  der  mehr  oder  weniger  dun- 
kelen  Färbung  finden  sich  bei  den  einzelnen  Formen  erhebliche  Dif- 
ferenzen, die  Formen  lassen  sich  aber  in  eine  Reihe  zusammenstel- 
len, in  welcher  diese  Unterscheidungsmerkmale  bei  den  nabestehen- 
den Formen  nur  gering  sind. 

Bei  öfterer  Untersuchung  der  TVKe^- Formen,  von  denen  ich 
selbst  Proben  besitze,  ^nd  ich  folgende  Maasse: 

NährpflAitse.        Sporen- Darchm.         Höhe    Weite    Farbe  de« 

der        der       Epispors. 
Leisten.  Maachen. 

\)  Tia.foeten${detk.fAQ.)  Tritieum  15-20  0        0      hellbraun. 

•      T.  laevU  Kühn  (<"«  ellipti»che  Spore 

18-22:15—17) 
2)  7.  Xott«  KahD  jLo/tumaroeme  1 6- 18(nieist  16)0.5—1       3.5    ocbert^irbeD. 

Z)  T.  niaphila  {diUn.)     Triticum  16— 20(mei8tl7)  1— 1.5       4     bnuu. 

4)  7.  Seealia  (Gofda.)      JSeeaie  eereaU  18-22(iDeiit20)     2       3.5 — 4  duukelbreun. 

5)  T.  ealospora  Passerioi  Alopecurus 

agrestu         20  -22  (meist  20)  2—2.5  3.5—4  bnun. 

6)  T,  eonirovena  Kflho    Agropyrum 

repeiM  20— 22  (meist  22)  2—2.5    dito,   braao. 

7)  2*.  tqftarata  J.  Kie.    Apera  Spiea 

venu  22— 24  (meist  24)  2.5—3      4       duukelbraun. 

8)  T.  dedpietts  (Pen.)    Agroitia  tml- 

garU  24— 28  (meist  26)  2.5—3     4      duukelbraun. 

Ffir  diese  Reihe  sind  gewiss  noch  weitere  Mittelglieder  yorhanden. 
Rörnicke^  beschreibt  z.  B.  eine  Täletia  Hordei,  welche  ihren 
Maassen  nach  zwischen  T.  sitcphila  und  71  secalü  steht  und  Fischer 
von  Waldheim^)  eine  TM.  in  Holcus  lanatus,  welche  der  T.  deci- 
piena  am  nächsten  steht,  und  sie  wohl  noch  hinsichtlich  der  GrOsse 
der  8poren  (26 — 30)  und  der  Dicke  des  Bpispors  (3 — 4)  übertrifft 
Wahrscheinlich  kommen   noch  in  dem  Fruchtknoten  anderer  Gräser 


<)  Fr.  Korn  icke.    Mykologische  Beiträge.    Hedwigia  1877  S.  30. 

«)  Aper^  e.  c.  S.  50:  „127  TiUetia  Rauwenhoffii  F.  de  W.  (=  Folycyatis 
Boid  Westd.).'*  Auf  diese  Bemerkung  hin  würde  sie  der  von  mir  befolgten  Art 
der  Nomenclatur  nach  als  Till.  Holet  (Westd.)  zu  bezeichnen  sein.  Ich  halte 
es  für  geeignet  bei  einer  Species  den  Speciesnamen  des  ersten  Autors  unbe- 
dingt festzuhalten,  und  fQr  genügend  den  ersten  Autor  hinter  dem  Speciesna- 
men zu  citiren.  Hat  sich  der  Gattungsname  geändert,  so  kann  dies  durch 
Klammern  um  den  Namen  des  ersten  Autors  angedeutet  werden. 


366 


Tilielia-Formen  vor,  welche  leicht  noch  mehr  Zwischeostufcn  bililon 
wllrtluD. 

Wie  ich  schon  im  Eingang  erwähnte,  bio  ich  nicht  der  Anii^ 
diUB  man  »nf  diese  Zwiachenformon  hin  berechtigt  ist,  eine  dioccr 
Formen  als  Slamroform,  die  anderen  aU  Ablnderungon  anrinfaaicK, 
sie  stehen  vielmehr,  da  sie  coiiatant  und  in  ihrer  Beitonderheit  t*i 
beatlmmte  NthrpflanEen  beschränkt  bleiben,  gleichbereebtiKt  eescB- 
aber.  Sie  beiitsen  auch,  wie  J.  Kuhn')  eo  klar  nachgewiraca  bat, 
besondere  biologiache  Eigen thUmlichkeiten,  durch  welche  aio  «ich 
unterscheiden. 

10)  Die  blattbewfthDenden  TiUelia-F otmea  aind  bisher  noch  wenif 
untersucht  worden.  Nur  von  7*.  otidti  (Riesa)  =  T.  endophgila  De 
By.  und  T.  striaeformU  (Weald.)  =  7".  (fc  Baryana  Fisoh.  ». 
Waldh.  atebt,  bei  Eraterer  durch  die  Uiitersachnngen  van  De  Uary, 
bei  Letsterer  durch  die  van  Fischer  von  Waldheim  feat,  daM 
es  wirkliche  Tilletia- Arten  sind. 

T.  gtriaeformü  ist  auf  Holcua  ianattu  h.  sehr  weit  verbreitet 
leb  habe  den  Pils  auf  dieser  NährptianEc  in  verschiedenen  Geben- 
den von  Baden  und  Schlesien  selbst  sehr  hnnSg  eingesamaielt  snd 
besitce  auch  Eiemplare  aus  England.  Qanc  gleich  erscheint  mir 
eine  Uatüaginee,  welche  ich  auf  Ductylü  iflomerata  L.  Öfter  in 
Schlesien  und  Baden  gesammelt  habe.  Ich  habe  diese  Form  früher 
fUr  Uitila^  Salveii  B.  et  Br.  *)  gehalten,  und  bin  aach  jetit  noch 
der  Ansicht,  dasa  T.  striaef.  und  Unt.  SatveÜ  idenlisch  sind.  Die 
BesehreibBog  des  Letsteren,  w«lehe  Berkelej  uid  Cooke  K«b«a, 
•timmt  ao  liemlieh  mit  T.  wir.  abareio  und  ich  betitse  E&empUr«  au 
Boglaiid,  die  «!•  Ü$L  Balv.  bAHichnet  Bind  nnd  deren  Sporeo  ia  Fora 
Bad  OrOMeTollatiadig  denen  jener  7\22atia  gleichen.  0*u  den  frlelehsa 
Pill  flnde  ieli  aaeh  asf  den  Bltttem  von  Srüa  media  L.,  M3imm 
efiuMm  h.  wd  ÄgroitU  vulgaris  With.,  die  in  Sehleaiea  von  htik- 
r«r6erhardt  nnd  Zimmermano  gesammelt  wurden,  nnd  mat  Ärri&- 
naüurum  tlatüu  (L.),  auf  dem  ieb  ihn  aelbat  bei  Baatatt  in  Badei  hmi. 

Auf  allen  diesen  Orisem  finde  ich  die  Sporen  dea  Brandpilua 
xiemlieh  gleich,  knglig,  elliptisch  oder  eiffirmig,  oft  etwas  einseitig 
abgeplattet,  9—11  Mik.  breit,  10—13  lang.     Das  Bpispor  ist  mehr 


■|  J.  Kühn.  Der  WeiienateiDbrand  u.  a.  w.  LsndwirthschaAl.  Zeitung  f. 
Westfalen  und  Lippe  1875.  No.  1  und  2. 

*|  In  Cooke:  Huidbook  und  allen  spilereu  Quelleu  ist  V,i.  Salväi  B.  ci 
Er.  citirL  In  Streioi  Nomenclalor  fungomm  ä,  655  6nde  ich  augefilhrt; 
UnUa^  Haieei  Desm.  ann.  ac.  uai.  I»63  XIX.  213. 


oder  weoi^r  ofi^eabnun^  mit  iiemfiek  didäaMtmadenj  kmaiß.  l  Mik. 
Imogen  StadieiB  betetit  Bei  üefeer  BJMteilmig  der  Sporember- 
fläche  eracheiat  diese  zureäea^  und  xwar  bei  aUes  FenM%  niit 
feiner  NetsieiebBm^  Terseben. 

Wenig  ndencbieden  eraebeint  mir  sseb  eine  Form,  die  Lebrcr 
Gerhardt  im  Scbleiierhen  Bieaen^bii^  anf  Calmnat/rtmtU  HaUeri 
DC.  gesammelt  bat.  Sie  eatspriebt  TieUeiebt  der  TSlada  Calmmtk- 
grottidi»  Faefc.  *),  bei  den  Exemplaren,  die  ieb  utersaebter  &umI  ieb 
die  Darebmeaser  der  Sparen  meiit  xa  li — IS,  ia  eiaaelnea  Fftllea 
selbst  bis  15  Mik.  Ihr  Epispor  mdebte  ieb  ebenfiOU  sie  stsebüf 
beaeidinen,  nadMrtliebe  Ketanriebnang  ist  aaeb  hier,  wie  bei  dea 
▼oj^eaaaateB  Foraiea  oft  aaürafladea,  ooeb  Mer  wird  «e  dareb  Oel- 
tropfen  ia  dem  l^oreaiabalt  ▼orgettlasefat. 

Morpbologiseb  stebea  diese  Formen  der  ton  a»r  In  dea  BlAltefR 
voB  Pkalaru  anrndimacem  aal^^sAiadeBea  UMeyo  ecUrntta^)  sab«, 
aar  siad  bei  dieser  die  Sporea  merfclieb  gr9merf  admiiih  SMist  Ift  bia 
16,  ia  eiasefaMB  FiUea  seibat  19  Wlu  im  Darebmeaser.  TieUefekt 
fiaden  sieh  in  den  Buttern  aaderer  CMaer  aoeb  übaltebe  Braadpilaer 
die  ia  albnlftlieben  Uebergftngea  die  Ualersebiede  swieebea  dietea 
Formen  rermitteln,  wie  diea  bei  dea  TUlfiim  Formea  la  dea  Fraebf^ 
kaotea  der  FaU  ist 

Es  ist  abrigeaa,  wie  idi  hier  bemarbsa  wfll,  aiebi  gaaa  s^ref ' 
fend,  weaa  als  LocaKsstisn  ftr  die  Spete  der  TUL  siri»^€rmü  aar 
die  Biltter  der  rersebiedeaca  Orasartea  aagtgebea  werden.  Sowohl 
aaf  Holems  als  aaeb  aaf  Dae^fU»  aad  aaf  Arrkemaiktwwm  habe  ieb  die 
Sporea  bftaflg  aa  dea  Hahnen  aad  den  Blitbeaspbidebi  getroAa«. 
Der  Pils  gleiebt  darin  ibense  wie  m  dem  sCriebAraHgen  AaHretea 
aaf  dea  BUUtera  der  Uroegtik  aeemba,  er  kaaa  daher  Meht  mit 
derselbea  rerwe^seU  werden,  baaondara  aaf  Arfhmaiherwmf  das  roa 
beidea  Pihea  heimgesaeht  winL 

Mir  selbst  ist  es  me  gdaagea,  die  Sperea  ron  21  ttriatfc^rmU 
sam  Keimea  sa  bnagea,  wiewohl  ieb  aie  sa  reraeUedenen  Jahreo- 
selten  aasgesit  habe. 

1 1)  Die  Gattaag  Emtf^ioma  sieht,  wie  sieh  wtA  den  Cateraaehaa* 
gen  De  Barj'a')  ergehea  bat,  ^m  Gattaag  TUUtia  ia  ihrer  Eat- 
wickfang  aasserordeatlieh  aahe.    Madbdem  jeae  Uatersaebaagea 


I)  Fnekel,  Sjmb.  oiyeoL  S.  40. 
<)  Bnuid-  mid  Boatpihe  SeblesieiM  S.  4, 

^  A.  de  Bar  j.    Fntam^teB  wtkrmpanu  and  aeine  VerwaadtcB.    Bot.  Ze>- 
1874  S.  31  C 


.iJB    ^ 


allt;6[neinc  AurnicrkaHinkeit  der  Mykologcn  «uf  diese  Pilze  gecogM 
b&t,  Btclll  ea  sieb  hcraue,  dass  sie  zu  den  verbreilelat«n  PAhnicn- 
scfamarolEcni  gehören.  Dies  gilt  zunächst  fQr  den  er^ieu  fiupriMn- 
Unlen  der  Gattung,  den  Protomyces  mt'crosj^orua  Uiigcr,  das  Entj/luma 
Ungerianum  Do  Bary')'  leli  habe  diese»  Pamsilcn  nur  Aanwnoi/tw 
T^tetia  in  Baden  fast  an  allen  Orten  gefunden,  aueli  wo  ich  midi  mir 
vorübergehend  aafgehallen  habe,  auf  Waldwiest-n,  au  Aclcerraine«, 
Wcger&ndern,  in  der  Ebene  und  in  den  Uergen,  vom  Mai  bin  in 
den  December;  in  der  Schweiz  traf  ich  ihn  t.  B.  an  der  CioU- 
luirdlstrasae  bei  Altdorf;  aus  Schlesien  erhielt  ich  ilin  durch  Lehrer 
Gerhardt,  der  ihn  aehon  1871  bei  Liegnitt  gesammelt  hatte.  Der 
selbe  fand  diesen  Pilz  auch  in  einer  neuen  Form,  ttuf  Itantmaün» 
hilbosHs  L.  Auf  den  Blüttern  dieser  Pflanze  verursacht  er  dieaelb«« 
halbkugligcn  oder  schwielenartigen  Auftreibungeu  wie  &nt Ran.  rtpetä. 
Die  Sporen  haben  ebcnfalla  ein  dickes  und  höclceriges,  mebfachleb- 
tigea  Epispor,  welches  4  bis  5,  und  an  den  Hackern  bis  7  Hlk. 
Dicke  erreicht  Der  Durchmesser  der  ganzen  Spore  betrlgt  dadurch 
17  bis  22  Hik. 

12)  In  den  BIftttern  von  Ranuticulua  Fioaria  (L.)  lebt  ein  Pilz, 
der  von  G.  Winter^)  zuerst  als  Entifloma  erkannt,  aber  als  etae 
Form  von  E.  Ungen'anum  DBy.  anfgcfssat  wurde,  er  ist  indeza  von 
dem  EntylotiM,  welches  in  den  beiden  vorhcrgenannten  Ranuitaäu»- 
Arten  gefunden  wurde,  durch  einige  wesentliche  Merkmale  verschie- 
den. KuuJtchsl  bildet  er  keine  schwieligen  Erbebtingen,  aondern  nur 
flache  kreisförmige  Pleoken  toh  der  Dicke  der  Blütter  von  S  bii 
S  mm.  Darchm.  und  vod  weiascr,  aplter  in  der  Mitt«  gelbbrAnnliobar 
Farbe.  Die  Sporen  haben  meist  eioen  DnrchmeiMr  von  II,  bSeh- 
Btena  von  13  Hik-,  ihr  Epispor  ist  glatt,  kanm  1  Uik.  diek,  aebr 
hetlbrinnlich;  efe  IhnelD  mehr  den  Sporen  ron  E.  GorydaUa  DBy^ 
«la  denen  von  £.  mÜTMjxMtMn  (Ung.);  ve»  den  Ertteren  uiterMhei- 
d«n  aie  aieh  fut  nar  dnrofa  das  hellere  Epispor. 

Der  Pilt  ist,  vie  ea  aeheint,  aberall  sehr  hinfig,  w  Cndet 
sieh  an  den  heerdemreise  verbreiteten  Nfthrpfluiien  in  Wildem, 
Heeken,  selbst  an  Dorfwegen  nnd  ist  dnreh  die  weiasen  Flecken, 
welche  in  grosser  Menge  über  die  Blätter  aerstrent  sind,  von  Weilern 
schon    auffällig.      Dass    diese  Entyloma-Fojm   nicht    schon    frflher 


')  Aus  den  Rüctsichlen,  die  ich  bei  Till.  Hotel  anfillirie.  bin  ich  der  Ansieht, 
m  der  Pill  ata  Eni.  mictoiporum  (Uiiger)  beieiciiiiet  wfrden  mtna.  Der 
nzufilguiig  eines  Ewetlcii  Autoruainens  bedarf  es  aurh  liier  nieht. 

S)  In  Babeoborsi:  Fungi  europaei  exsiccati  No.   1873. 


Obeiüiche  Jb-  FlecfcBü^  ipds&r  mt  ttTttüaitiniv  ooBim  Imtfpt  sgmätA- 
förmige  Spofva  sb  wmatmßScmi^x  TsiABmism^  ifiBfiD%.  <&  <fiir  AM- 
merksmakeil  Jv  ffiiliwliftii  aftgyriwifa:  üofttsflu  ffibcwr  «id  jis  /^i 
dnim  Rttmurnfwli  ^«b  B»a«iin£eiii^  ani&r  Sasssr  ffiana&nmi^ 
Ton  Fackel  (iftpiirfifif-.  imy:A  Sk.  m^^i  hasAxa^m  mw^OL  Mntt 
Sepioria  Fiemrim  Dtanm.  güass^  Bli^mmm  ßemnoHmaHm  lÜHvcftup  aäi 
der  ne  ia  der  spMdfiBmqae»  F«biii:  (Öbt  :^ii:«m  if&mraiibiiiiiBtp  äil 
dieses  JFWmIhbi  aicii  la  iRHiewaüarim.  Wbxtitf'ir  «nftüiBti  (&#<:  i^- 
reo  ftr  die  CeoidkaimB  ^sft  .£i^gii&jHML 

Oeas  gleicfc  der  Fmhb  joc  FSamiß  'jsc  «htt^  nvflf&e  erf^—i— 

iB  Rabeakersf's  Faüy-  «Hrrpu  Xii.  U9l<C  tatfaer  fttir  ttusatMiaaais: 
8^pCoria  jyiieaaiiL'wfi'  WaDBntojp»  ^iHgufitfteJiL  Am  (4bb  Ejupanpifwey 
welekes  M  davea  tonctae^  fati«  ss&  amfiifir  «Qüioltefe  «ii«  EObsa»  ia 
kraafilnugCB  nsekea  die  arikanaDtfiart^pui  i^Mia  (äf»r  /^MfaiFiimiMtigra 

Ich  erkiell  des  gflcicfea  PSe  moA  wm  Dr  Xa^aa»  jn«  der  Vm- 
g^gead  Tea  Bcrfia^  v«a  Ijdb«r  Gerii^rda  aas  Iiüfganr.  aad  rea 
J.  Kaaze  aas  iTiiirfciia  Zm  <fe  Fnmatm  der  Rutodkteaig  ndhl% 
la  eleilea,  saM  kk  tuiaiiaiaat  daai  aar  Hit.  Magaas  sckaa  Mai 
1873 


Dr.  W.  6.  Sekaeider 


Aaf  dea   Büttera 

Fled^ea,  die  doa 

der  Tkst  Üiaficfc 

aber  daakeler  sk  dk  Üe%e  PI  iiTtai  ■iiitf  aad  ia  iiafa  aar  dsf  Ge- 

webe  dieht  cffUlt  aal  ka^filpai  Spmm,  dk  dcaea  dea  Emiylmma 

aaf  Fiearia  m  jeder  fffigifha«^  gleieb  aanau 

Der  sagcAÜbtea  CJalegahiidantBaiiisnh  wcgca  katte  ick  dea 
Pils  als  bcasadeia  flperiw  kstiackHi,  «id  m  Cemnpsadcatca  als 
EmL  Fioariae  bfigfirfcait,  es  efgiekC  sädb  aber«  dass  er  darekaas 
aiekt  aea  iü.  äeiae  Kmiylimm-^pmmm  mmi  raileickt  laerrt  vaa 
Dr.  Magaas  aa%e<aadea  vafdea,  fitetaiisck  eraikat  weidea  se 
Toa  Coraa  aad  Rase«  die  ia  dea  BaDedas  de  Ia  Soeielid  bot.  de 
Pruee  1874  &  163  ctaei  Pnttamgcet  Fiaariae  gedeakea,  dea  sie 
ia  der  üaigegead  roa  Fans  gefaadea  ksbea.  Ob  (T&Mo^iornBa 
RamumaJi  B.  (Cooke    faag.  hnL  633),  welckes  6/Wialer  als 


870 

Synonym  citirt,  eim:  ältere  Beieichnnng  fllr  diese  Form  ist,  ist  mir  nicht 
beküiint.  In  M.  C.  Cookc:  llnodbook  of  Briliüli  Pungi  L.  )«7) 
No  1413  wird  «iicli  ein  Gloeo»j'oriuvi  Ficariae  Herk.  auf^fllhrt, 
w'lchoa  wolil  liierlier  güliört.  Borllcksichtigt  man  noch  die  Beseidi- 
nungen,  wckho  die  FusidiumSporen  gefiiiideii  haben,  so  sind:  Fun- 
ditim  RanunaUi  Bonon\en  Handbnch  der  Myk.  Itöl  p.  43,  Stjftorw 
JianuncuU  Weslendoip  5""  Notice  aur  los  Crypl  «ob»,  ou  tn^d.  de 
U  flore  Beige,  (Jahrgang  ist  mir  unbekMnnI)  sii  crwKhncD.  Von 
diesen  Synonymen  wird  der  älteste  eur  Bezeichnon^;  des  Püei»  bu- 
snwithlen  sein,  wuhrscheiDlich  ist  er  aonit  Enlyloma  Samiimaili 
(Bonorden)  zn  nennen. 

IS)  Abweichend  von  diesen  beiden  Efttyloma-Fanavn  *v( Staum 
culus-Artaa  ist  ein  Pilz,  welchen  Prof,  Passerini  bei  Parma  nt 
Banunculus  velutintu  gefnnden  hat.  Er  veranlasst  auf  den  Blutern 
flache  braune  Flecke  von  etwa  ^  Centimeter  Lange,  oft  snaaninien- 
flieesend.  Uie  Sporen  liegen  ganz  wie  bei  den  anderen  Entt/loma-AHtM 
dicht  gedr&ngt  zwischen  den  Parenchymzellen,  sie  sind  kuglig  oder  kort 
elliptisch,  1-2  bis  16  (meist  15)  Hlk.  lang,  II  bis  14  breit;  ihr 
Epispur  ist  hellbräunlich,  l.ä  bis  i  Mik.  dick,  und,  was  fflr  die  Form 
charakteriitisch  ist,  ziemlich  dicht  nnd  regelraissig  mit  flachen  rund- 
lichen WarEen  besetzt,  die  bei  der  Btnstellnng  anf  den  Rand  als 
regelmässige  Wellenlinien  vortreten  nnd  bei  tiefer  Einstellung  d«r 
Fliehe  wie  undentliche  Netzzeichnnng  erscheinen.  I'rof.  Passerini 
hat  diesen  Pili  neuerdings  Entyloma  verruciäosum  ^ )  benannt. 

14)  De  Bary  hat  schon  die  Vermuthung  ausgesprochen,  c« 
würden,  wenn  einmal  die  Aufmerksamkeit  darauf  gerichtet  wQrdc, 
bald  noch  mehrere  Pilzformen  gefunden  werden,  die  EU  der  Oattnng 
Rnlyloma  zu  rechjicn  wären.  Die  vorhergebenden  Bemerkungen 
bestätigen  dies  schon,  aber  gewiss  trilTt  die  Vermuthung  noch  in 
viel  weiterem  Umfange  zu.  Ich  kann  noch  einige  solcher  Fonocn 
anfuhren,  die  in  ihrem  habituellen  Auftreten,  in  dem  Sitz  der  Spo- 
ren zwischen  den  Parencbymzellen  der  Nährpilanson,  der  Uyeelbil- 
dnng  und  der  Form  und  Grilssc  der  Sporen  soviel  Aehnücbkek  mit 
den  bekannten  Bntyloroa- Arten  zeigen,  dass  es  wohl  nicht  zu  nnvor- 
sichlig  sein  wird,  solange  Aber  ihre  Entwicklung  nichta  nlherM 
bekannt  ist,  sie  zu  dieser  Gattung  lu  rechnen. 

Eine  derselben  erhielt  ich  1875  ebenfalls  durch  Prof.  PasBorini 
aus  Parma.  Sie  war  auf  den  Blätteni  von  ifuscari  comotum  gflfnn- 
deu  worden  und  wurde   mir  nnter  der  Bezeichnung  des  Uredo'a  an 


■  )  Id  Kabenhoriit,  Fuiigi  europ.  eisicc.  2263. 


.(dAiy)  :Bil9afluttt.    HA  iMte  ini  Vram.  Ave 

adi  ImiBE  Thadone  mm.    St  ^ifitae  n  Abu  M/ti^ 

miwniiiMugp&,  ssVBR  j  uesBi- 

lidhc,  ouidBäi^-inliiiiiialK  FJuks^.    JkaT  äsr  Oiifsr- 

faiBBrlBi  dE^inBiiiiiläiiii^  si  imwarfüm,  dif-  OiiBr- 

flunüüiriHäiBP.    Svosiiaii  iIbd  2ttUflD  ite  matt- 

^»ifftigf**  'RpMwwwm  wati  ittm  ^  J  Mik.  ItorBiiniFini 

^>Hll^i»TBniiflni     äBnoBD  ShiinHir  TVBmsiuD-  ^^-^   Sit 

milgftfhrflhp  Iteisckmi^  ifas  DntöfiflkmB  das»  Pikee 

ijb  Sutplßmn  MatmMBii  ^mmesbii)  iaaaidmBL  so 

iDoa^ihDäD^BQli  üam  £.  'Cor^äaStf  iHt  ^.  mehr  umim. 

IkudkaeaSkä  aar  ?üki^   meMit  Ludmr  üi^rhATÜt  Im» 

mtfl  mir  frH|»iiIlwgwt^  xstr  w  f iBiiP'"'*"'jp  johhuwü^ 

reiche  fimmitaiiif;  Pümmmu  urmi  Immrim  rmägofrits  maL, 

bbA  flbar  sät  iiiil— iii  flUkm  iMStreot  «man. 

euAnn^  OBi  laibaB  -etaa  2  mUm.  im  BnRämiBHNB:;. 

Flfidken,  >fie  omi  «aU  tfler  aotf  «ffioerranae  tfindel, 

BecbasKheB  V^etMgmigsm  oAbt  dtsn  fitfliMQiiiKBii  inäcsr 

y^tm   JkponijwMiltnj    li»i  iflfliMu    (wlirwifahMilifii    &.   BL 

<I>BaiE.i,  tttemäKD&B  »e  mtAi  9»^itk  dttöorak, 

jOi  me  £e  imnteBAe  BSitt- 


ia  Se  grttee  ■htteäbateB  twiiyi—tm,  D^  Fleekoi 
die  Fm0ylmmm  RammmrmK  hMü,  m  aMTirh,  Jmi  et 
Mke  la^,  hier  eiMs  ikafichea  Panaüea  aa  mthm.  la  der  Tka 
faadea  nch  aaek  cviechea  dea  ZeBea  des  IWiltpanifcjiai  reieUicIw 
^Kirea.  DieM  warea  ki^Qg:aderkmclliplBck,  11  lit  14  (awtst  11) 
Mik.  laa^,  9  bis  11  hnü;  mt  bentaea  eiae  aas  zwei  gleiciidickea 
Seliiehteabesleheade^isiGaatea  1  bis.  l^lGk.fiekeocbeffubeaeMeB> 
braa;  die  laMere 8ebicbt  ist  steüeaveise  wl  dacbea  Veidiekaasea  Ter- 
sebea,  so  da«  die  ^orea  Meist  etwas  edd^  ersebeiaea.  Dieser, 
▼OB  Gerbardt  Aafaag  Noveaiber  gelaadeae  Püs  stellt  wobl  eiae 
l^t  sa  aatersehetdeade  En^flmma-ATi  dar,  die  EmL  Lmariae 
g^eaaaat  seta  oKlge. 

16)  8iB  aaf  den  BUttera  tob  Ckrymmplemimm  aUem^hlimm,  wie 
es  sebeiat  aiebt  selten  irorkommender  Pils  ^hört  anch  in  diese 
Gattung.  Er  bildet  flscbe  gelbliehweissei  kreisförmig  Fleeke  Ton 
3  bis  6  Millim.  Dnrehmesser,  die  besonders  anf  der  Blattnnterseite 
deutlieh  henrortreten.     Die  Sporen,  welebe  diesen  Fleeken  erftUleni 


37a 

sind  liiiglig,  meint  10  Hik.  im  DurchineaEer,  voo  <;in«m  glilien, 
TaBt  rarbloBcm  ßpispor  amklcidet,  und  mit  blaBsgc-lblJcliem  Inhalt 
errtlllt.  Ich  fand  den  I'IIe  bei  Rastatt  nnd  bei  Freiborg  in  Bades. 
Er  möge  als  Ent.  Chrysoaplenü  bezeiclmet  ßein. 

17)  Ent.  Calendulae  (Ondemans)  faini  ich  in  Baden  sehr  vcrtreilei. 
In  mehreren  Gärten  sah  ich  den  Parasiten  auf  GaUndtda  ofßänaiit 
jedes  Jahr  wiederiiehren.  In  den  Wäldern  bei  Freiborg  la  Bades 
fand  ich  im  September  1876  anf  den  Blflttern  von  Hieradum  wlga- 
tum  K.  eine  Enti/lowa-Form,  welche  dem  E.  C'alead.  sehr  lihaltch 
iet  Sic  bildet  auf  den  Wurzel-  und  Stengelblftttcrn  1—3  Mm  briila 
golhliohweiBap,  in  der  Mitte  hei IbrAun liehe  Flecke,  die  pnal«!-  oder 
lehwielenfSrmig  Über  die  ItlattsubBtani  vorragen.  Die  Sporen  aiwl 
knglig,  II — 13,  meiet  II  Mk.  im  Dchm.,  ihre  Membran  Ut  bei 
vMliger  Reife  hellbraun,  ziemlich  glatt,  1.5 — 2  Hk.  dick,  ana  awei 
gleichdickcn  .Schichten  gobildtrt.  Bei  Ent.  auf  CatnKlula  off.  aind 
die  Sporen  meiBt  etwi«  weniges  grösser  und  die  Membran  etwas 
dickor.  leli  glaube  die  LTnterEchicde  sind  rc>  gering,  das«  jene 
£^f. -Form  auf  ilmaciwu  vorlftußg  zu  Eni.  Calendula«  g«rccba«t 
werden  kann. 

18)  Eine  weitere  Entylonui- kti  findet  sich  Im  FrOlyahre  (AprU, 
Mai)  auf  den  RUttern  van  Mf/osolia  slrtcta  Lk.  und  M.  hüpida 
Schi.  Der  Pils,  den  ich  als  Entifl.  oanescens  bezeichne,  bildet  anfanga 
anf  den  WurEelhUltern,  spittor  auch  auf  den  SlengelbUttem,  flache 
weisse  Flecke,  gewöhnlich  von  kreisrunder  Gestalt,  von  1 — 2  Mm. 
Dnrehm.,  deren  Umriiao  scharf  von  der  Blattsnbstani  abgefreiMt  and. 
Die  Sporen,  welehe  in  dichten  Maaaen  swischen  den  ParenekjBiellea 
lagern,  sind  kngltg  1 1 — 13  Mk.  im  Dnrobm.,  mit  1^  Hk.  dicker,  glatt«r 
tweiaohiebtlger  Membran.  Sie  keimen  aebr  leicht  bald  nach  ikrar 
Reife  nnd  bilden  in  derselben  Weiie  wie  E«L  wnentpomm  aa 
der  Spitte  des  etwa  4  Mk.  breiten  U — 30  Mk.  langen  VorkeiMea, 
laag-ipindelfQrmige  KrantkSrper  (Sporidien)  von  26—40  Mk.  Ulige 
und  2.3 — 8  Mk.  Breite.  Die  Keimung  der  Sporen  erfolgt  aoeh  regel- 
missig  anf  der  lebenden  Pflanae,  nnd  iltere  f^fy&ma-Flecke  aind  dicht 
überzogen  mit  Lagern  von  Sporidien.  —  Der  Pilz  ist,  wie  ich  glanbe, 
sehr  verbreitet.  Ich  habe  ihn  erst  beachtet,  seit  mir  Enlyloma  Banun- 
culi  bekannt  geworden  war,  und  ich  in  Folge  dessen  eine  Reihe 
von  Formen  genauer  unteranchte,  die  wir  bis  dahin  als  Fundium- 
Formen  betrachtet  hatten.  Jene  weissen  Flecke  auf  J/yosofubllt- 
tern  waren  mir  frUher  oft  aufgefallen,  ich  hatte  aber  geglaubt,  sie 
wQrden  durch  eine  Ramularia  hervorgerufen,  die  anf  anderen  Boragint^n 
1.  B.  besonders  häufig  anf  Pidmonaria  officinalU  ähnliche  kroisfOnnige 


171 

Fleeke  heirorraft  (Cylmdwtpam  oomeemirioa  Grer^  FutidAmi  aflm- 
drasporum  Corda).  Diese  Bamularia-Form  hat  mdets  mett  die 
{geringste  Besiehnog  su  EtUylotna  came^oetu,  kk  habe  sie  bei  nihe- 
rem  Vergleieh  auf  Jfyosaiü  noch  ndst  aafgefaidea,  das  Entyloata 
aber  traf  ich  in  der  Nihe  von  Rastatt  in  Baden  flberaU  lebr  küifig, 
^  die  MyoBOtiapflanxen  von  bdberen  Griaem  in^;ebea  anfamehfea, 
besondere  an  den  Abhängen  tos  Dinnnen. 

19)  Wie  es  seheint,   lassen  sieh  die  EtUflamia'Ärieu  ihrer  Ent- 
wicklung nach  in  zwei  Gmppen  scheiden,  tos  denen  die  eine  Arten 
enthält,  deren  Sporen  bald  nach  der  Reife  aaf  der  lebenden  Piaaxe 
keimen  und  hier  i^nsuftWiartige  fi^ridien-Lsger  bilden,  während 
bei  den  Arten  der  zweiten  Gmppe  die  Sporen  erst  keinen,  wenn  sie  ans 
ihren  Lagern  isolirt  sind,  ao  dass  sieh  hier  anf  der  lebenden  Pflanze 
keine  Fuaidium-Lager  bilden.    In  die  zweite  Grnppe  gehören  wohl  E. 
mierosparum  (üog.)'))   ^«   Eryngü  (Cda.),   E.   CaUadulae  (Ond.), 
E.  Corydalü  OBy.     Letzteres  ist  in  GebttBehen   in  der  Umgegend 
von   Rastatt  auf  Carydali»  aolida  mekt  selten,  ich  beobachtete  es 
▼on   seinen  ersten   Anflogen  an,    konnte   aber  keine   Bildoog  Ton 
Sporidienlagem  aaf  der  lebenden  Pflanze  auffinden«     in  die  zweite 
Gmppe    sind   E.  BanuncuU  (Bon.)   nnd  E.   cawuoma  tu   stellen* 
Ferner  gehört  hierher  ein  Euijflama  (ich  will  es  E.  fuaatm  nennen)« 
das  ieh  in  dem  letzten  Frühjahr  in  den  Blättern  Ton  Papofftr  Arge^ 
mone  fand.     Anf  den  Wnrselblättem  junger  Pflänzchen,  welche  an 
einem   Dammabhange  zwischen  Gras  nnd  Moos   fencht   eingebettet 
wnehsen,  fanden  sieh  yiellisch  weisse  Flecke.     Diese  waren  manch 
mal   anf  einen  kleineren  Hieil  des  Blattes  begrenzt,  nahmen  aber 
znweilen  fast  die  ganze  Blattfläche  ein,  besonders  dentlich  erschie- 
nen sie  anf  der  Unterseite,  das  Blatt  war  nicht  merklich  verdickt, 
die  Umrisse  der  Flecke  waren  nicht  bestinunt   umgrenzt.     In  der 
Blattsabstanz  ruhten  in  dichten  Lagern  mudliche  Zellen,  sie  bestan- 
den ans  einer  inneren  hügligen  oder  elliptischen  Spore  von  11  bis 


1)  Auf  EammeuluB  repem»  iLommt  ein  Fusidinnurtiger  Pilx  Tor,  dessen 
Sasseres  Ansehen  ganx  an  die  SporidienUger  ron  E.  BanuncuU  erinnert  Er 
bildet  ebenfalls  flache,  elfenbeinweisse,  in  der  Mitte  gelbliche  Flecken  von 
P^— 2  mm.  Dorebm.,  reichlich  über  die  ganze  Blattflicbe  Ycrstrent.  Sie  be- 
stehen ans  diehten  Lagern  fadenförmiger,  an  den  Enden  ingespitzter,  40 — ^50  Mik. 
langer,  9.5—3  Mik.  breiter  farbloser  Sporen,  die  den  Sporidien  von  B.  Batu 
ganz  ihnlich  sehen.  In  dem  Blattparenchym  verUafl  ein  donnes  Myoel,  es 
findet  sich  aber  hier  keine  Spur  der  j^/y^omo^poren.  VorÜnfig  Usst  sich 
also  eine  Beziehong  dieser  Fruchtform  (Ftuidktm  ebwmeum  n.  f.  ad  int.)  za 
nicht  feststellen. 


i 


S74 


>in«3 


15  Mik.  Dohro.,  umhllllt  von  einer  1  Mik.  dicken  kaaUnienbm 
gUtton  Membran;  um  dieac  herani  lagerte  eine  dicko  mclimcbictiljg* 
gatlf^rt artige  Hfiile,  die  3  bis  b  Hik.  stark,  anfangB  farbiM, 
spAtcr  hollbräunlicb  war,  nicht  an  nlicn  Stellen  gleirb  dick,  so  du« 
die  Sporen  in  den  änsseren  UmrlBsen  nicht  gant  regelmJUeig  wareo; 
ihr  Dnrehmeaser  mit  dieser  äusHeren  Hülle  betrug  17 — 23  Mik. 
Bei  feuchtem  Wetter,  oder  im  Zimmer  in  feuchter  Luft,  bedcdclea 
sich  die  weissen  Flecke  mit  zarten  baschartigen,  weissen,  arbimmel- 
fftrmigen  Ragen,  einer  Ramularia  nicht  onfthnlich.  Auf  Unrchacliait- 
tei)  des  Blattes  war  deutlich  zu  erkennen,  düss  die  En/i/loma^po- 
ren  Keimgohläuche  getrieben  halten,  die  aus  den  Spallitffnnngon  bflo- 
delweise  hervortraten.  An  ihrer  Spitze  bildeten  diese  krantfamifE 
b — H  Sporidien,  die  anfangs  cylindrisch  waren,  sp&ter  dieselbe  lutg- 
spio de) förmige,  fast  fadenförmige  Gestalt  annahmen  wie  die  Spori- 
dien von  E.  Ganescena;  auch  die  OrORsenverhlltDiBsa  lind  Bchliesa- 
lieh  dieselben. 

30)  Vor  einigen  Jahren  halte  U.  C.  Cooke  einen  in  England  auf 
Aruin  maoulatum  gefundenen  Pilz  als  ProlomgctM  /In' beaobriebeii. 
leb  veimuthe,  dass  derselbe  identisch  ist  mit  einem  Pilze,  den  E.  Roi- 
trnp  anf  Ftincn  in  ÜKnemark  auf  derselben  l'ftanzc  gefunden  und 
in  V.  Thllmen's  Mycotheca  umversalü  No.  &31  unter  dem 
Namen  Usti/ago  pfuml/ea  a.ii»gegehea  iiAt.  Die  dicken,  festen,  tmnef 
von  der  Oberhant  bedeckten  Schwielen,  welche  der  Pilz  bildet,  bieten 
nicht  das  Anssehen  einer  echten  fWAi^o-Oalle.  Die  Sporen  lagern 
in  dichten,  niemals  staubig  werdenden  Haufen  zwischen  den  Zellea 
des  Blattdiachyms,  und  oft  haften  ihnen  noch  Reste  eines  i  bia  3 
Mik.  dicken  Uycels  an.  Sie  sind  elliptisch  eifOrmig  oder  polygoaal, 
eckig,  meist  14  bia  18,  manchmal  bis  22  Mik.  lang,  12  bis  14  breil; 
ihr  Epiapor  ist  dunkelbraun  2.5  bis  3  Mik.  dick,  dentlich  zweiseliicb- 
tig;  die  Äussere  Schicht  ist  etwas  heller  gefllrbt,  und  roeiat  an 
I  bis  4  Stellen  zu  Dachen  Höckern  verdickt,  durch  welche  die  Spo- 
ren ihre  vieicckige  Gestalt  erhalten.  —  Leider  habe  ich  bei  d«N 
im  Frühjahr  1876  ausgesäten  (ein  Jahr  alten)  Sporen  keine  Keimung 
enifllt,  kaoD  «Im  kein  lieberes  Urtheil  Ober  die  syatematiBcbe  Stetlmg 
de«  Pilzea  geben.  Dem  geschilderten  Verhalten  nach  acfaeint  er  aber 
kaum  zur  Gattung  Uitäago  zu  gehören,  dagegen  hat  er  soviel  mit 
einzelnen  £^niy/oma-Formen,  beaonderi  mit  Ent.  Etyngii  gemein, 
daas  ieh  ihn  vorlinfig  wenigstens  in  diese  Gattung  atellen  wQrde. 

Der  Pill,  den  F.  Unger  auf  Parw  fand  und  alt  Proiomt/otM 
Paridü  bezeichnete,  acheint  der  ansfahrlichen   Beschreibung    naeb, 


die  er  tob  deaeAcB  gnA*  ^)^  cfam  vaiflsrimigixMiiBBffii  PacaaiBi  »itr 
■ehe  m  etekca  edcr  o»  Mütetütirilnny  npieBhoa  ümrai  loiil  Po^ 
^fsA  Celekid  iiinnltiinii  Lniiific  iac  aas»  wie  «i  idimiifc  maiic 
mehr  wiedcrscÜMita  raduiv  mim:  wird  iim  a&er  jaifmaiilft  m  liaa 
UtUlagiaeeB  wtdkmm  ■Ohcb. 

21)  Die  Ailn  da-  Cettitig  Bjiycyatdn  (lafveüle  L.i4iß  snd  tsinoiidar 
ia  ihree  VielegiKkiB  Taftüduam  aa  *h"''g*ii  in  ihren  marphoLogischai 
MerioBaleB  oft  ee  TefioAufich«.  cfauB  a  aiuBerardaalliefa.  «hwer  ist» 


Vergleicht  ■>■  Pd^piy<iMi  Fqrmea^  cBe  Püdiuen  aoa  weiisiidiemfi- 
steheedee  Fiuufica hcveftaeBr  ft.  Bl  P:  .ljwm4ifuw  (Psra.)  aar'  äamemc-»- 
/acem  mit  P.  «onAa  (WaDr.)  aaf  ^Jrmmimtegn,  m  &Rt  die  Uotsr- 
•eheideeg  nehl  echiw^r:  lUmiielt  es  äcfe  aber  um  den  Verlieh  von 
Poneeo,  die  nf  Pfiaaaea  (ierseÜMii  Fimilie  wohnen,  an  ist  es  meist 
eehr  sehwierig,  sichere  wmi  beaomiers  eonstute  Cnteracheidnngmerk- 
male  anfimfades. 

Pclyeyttü  ccemha  ^Waflbro^K  ist  fibr  dem  Ea^gtst  eine  ihnHrhe 
Plage  wie  TiBeiia  säopUla  ftr  liea  Weiaea.  Ea  ist  ei^ntkdmlicL, 
dasB  sie  sich  ia  Earepa  asf  keiaer  anderea  der  cniti-firten  Cktreide- 
griser  fiadet,  aad  daas  sie  aicht  aUg^emem  verbreitet  nad  eadeauiMhy 
soadern  strichweise  aad  cpidaBeartig  auftritt^  wlkrend  die  aaf  wiid- 
wachseadea  and  Wicacagilacia  ▼orfcommcadea  Poi^eystit -Fotmiem 
sehr  yerbreitet  siad  aad  jedes  Jahr  wiederkehrea.  Man  kaaa  dies 
kaam  andos  erkllrea,  als  dadarch,  dasa  Pü/^.  occulta  voa  jeaea 
Formen  specifioch  Tcrschiedea  ist 

Wenn  dies  wirklich  der  Fall  iit,  so  mass  ich  gestchen,  dasa  ich 
aicht  Im  Stande  bia,  die  Artea  durch  morphologische  Merkmaie  in 
nnterscheiden. 

Ich  habe  bis  jetst  aaf  folgeadea  Grasarten  Po/yry«/ij- Formen 


1)  T.  Unger.  Die  Exantheme  der  Pflanzen.  Wien  IS^.  8.  344:  ..Naher 
der  erstem  Form  (iVofonyeef  nocfwponu)  verwandt,  sah  ich  eine  seltene 
Art,  ProUmafct9  Paridis,  aof  den  Stengeln  ond  Blättern  von  Pari*  faadrifoiia^ 
stellenweise  jene  in  schwirxUchen  Ausbreitungen  durchdringend  oder  an  diesen 
nach  Art  eines  Xyloms  ausgebreitet.  Die  Anschwellungen  des  Stengels  waren 
verflossen  und  enthielten,  sowie  die  dunkeln  mehr  umschriebenen  Stellen  der 
Blätter  in  den  erweiterten  Intercellulargangen  ebenfalls  eine  dunkele  Sporen- 
masse. Die  Sporidien  zeichnen  sich  aber  hier  besonders  dadurch  aus,  das» 
sie  eine  ebenso  zusammengesetzte  Form  darstellen,  wie  wir  in  Caeoma  jtompho' 
llfgodes  und  C  ficariae  Schi,  bemerkten,  nur  bemerke  ich,  dass  der  krnnkhaAe 
Stengel  und  das  Blatt  der  Peuris  ebensowenig  aufbricht,  als   diess   bei  /Vo/»> 

wtjfees  im  Allgemeinen  der  Fall  ist." 

Cohn,  B«itrü€e  zur  Bioiogi«  der  Pflanzen.  Band  II.  Heft  III.  25 


876 

gesehen :  Seeale  cerecUe  L.,  Triticum  repens  L.,  Arrhenatherum  da- 
tius  (L.)y  Festuca  rubra  L. 

PolycysHs  occulta  aof  Becale  besitze  ich  ans  Saehaes,  Bayeri 
und  Schlesien.  In  Baden  habe  ich  sie,  trotzdem  ich  fortwfthread 
daranf  geachtet  habe,  noch  nicht  gefanden,  in  Schlesien  wurde  sie 
schon  1873  von  Lehrer  Gerhardt  in  Liegnitz  gesammelti  aber  erst 
in  vorigem  Jahre  hat  sie  sich  dort  epidemisch  aber  die  ganie  Pro- 
vinz verbreitet').  . 

Die  Polycystü'Y oim  auf  Trüicum  repens  ist  zuerst  im  Jahre  1849 
von  Prenss  in  der  Ober -Lausitz  beobachtet  und*)  als  Urtdo 
Agropyri  beschrieben  worden.  Sie  ist  jedenfalls  sehr  weit  verbrei- 
tet, ich  kenne  sie  von  vielen  Orten  Schlesiens  und  Badens,  und  sah 
sie  an  den  Stellen,  wo  ich  sie  zuerst  antraf,  alljährlich  wiederkehrea, 
so  dass  ich  glaube,  sie  ist  in  dem  Wurzelstoeke  der  Quecke  perea- 
nirend;  auch  aus  Sachsen,  Böhmen,  Italien  und  Dänemark  besitze 
ich  Exemplare  dieser  Form.  Körnicke  deutet  an'),  dass  aie 
wahrscheinlich  identisch  sein  möchte  mit  einer  Form,  die  in  Nenbol- 
land  auf  Weizen  gefunden  worden  ist  Sollte  sich  dies  dnreh  telae 
Versuche  bestätigen,  so  wflrde  auch  auf  die  Weisen-Form  der  Naae 
Polyc,  Agropyri  (Preuss)  zu  übertragen  sein.  Die  morpbologisehea 
Unterschiede,  welche  Körn  icke  zwischen  UrocyHiB  Tritiei  Kke. 
und  U.  oamlta  Wallr.  findet,  konnte  ich  bei  den  von  mir  unter- 
suchten Exemplaren  nicht  constant  finden.  Gewöhnlich  wird  für  U, 
Agropyri  nur  das  Vorkommen  in  den  Blättern  angeführt,  ich  fand 
sie  aber  auch  oft  an  dcu  Ilalmeo  und  in  den  Blüthenspindeln,  ja 
selbst  an  den  Hüll*  und  Deckspclzen,  wobei  dann  die  Bluthen  ver- 
kümmerten. 

Die  Form  auf  Arrhenatherum  elatius  ist  schon  von  Fuckel*) 
erwälint  worden.  Ich  sah  sie  seit  mehreren  Jahren  in  der  Umge- 
gend von  Rastatt  an  vielen  Orten  in  Men^e  auftreten*). 

Auf  den  Grasflächen  des  Festungs-Glacis,  welches  grossentheiU 
mit  Arrhenatlierum  bestanden,  ist  sie  jedes  Jahr  an  denselben  Stel- 
len wieder«^ekehrt.  Bei  dem  geselligen  Waehsthum  der  Nährpflanzc 
war  ihr  vorderblichcr  Einfluss  auf  dieselbe  recht  klar  ersichtlich. 
Die  Tllanzen  blieben  ge^en  ihre  gesunden  Xaehbarn  sehr  im  Waehs- 
thum zurück,  die  mit  reichlichen  scliwarzen  Längslinien  des  Pilzes 
beäetzten  Blätter    welkten    bald,    und    standen    schon  Mitte  Mai  gelh 


>)  F.  Colin,    Der  Landwirth.  \.    11.  und  21.  Juli   1S70. 

-I  Linn.ir.i     II  md   2\   S     in-J      3,  .^   a.  O.   S.  .",4. 

**j   S\ni!)   iiiyr.  S    11      •')  Au>^;^.l'<  !'  in  Kalfrujuu  ^t.   l-'uni^i  c  inoj»   ex«.    No   ITlH». 


877 

da,  während  die  beDaehbarten  Raygraspflanzen  noch  kräftig  grünten 
und  hoeh  anfschossen.  Gewöhnlich  ging  der  Pilz  aach  auf  die 
Halme  und  Blflthenstände  über,  diese  blieben  aber  meist  unentwickelt 
in  den  Blattacheiden  eingeschlossen;  manchmal  indess  schössen  die 
Halme,  wiewohl  sie  mit  langen  Brandstreifen  bezeichnet  waren,  empor 
and  erreichten  fast  die  normale  Länge,  die  Blüthen  entwickelten 
aieh  aber  immer  sehr  kümmerlich.  Die  Art,  wie  die  einzelnen  Blü- 
thentheile  ergriffen  waren,  war  sehr  mannigfaltig.  Sehr  oft  waren 
nnr  die  Aehrchenstiele  in  dicke,  kolbige,  schwarze  Anschwellangen 
Terwandelt,  die  Blüthen  verkümmerten  dann  gänzlich,  ohne  dass  der 
Pils  in  sie  eindrang;  in  anderen  Fällen  entwickelte  sich  dieser  in 
den  Blflthentheilen  selbst,  manchmal  zeigte  er  sich  nur  auf  dem 
Rfleken  einer  Deckspelze,  manchmal  erfüllte  er  den  Blüthenstiel  und 
den  Fruchtknoten,  von  dem  nur  die  Narben  frei  blieben,  sehr  häufig 
fllUte  er  nnr  die  Staubfäden  ans,  oder  auch  nur  einen  derselben  und 
hatte  diesen  in  eine  dicke  schwarze  Keule  verwandelt,  an  deren  Spitze 
die  verkümmerten  Staubbeutelfächer  aufsassen,  manchmal  war  auch 
Bor  ein  Theil  des  Fruchtknotens  von  der  Sporenmasse  durchsetzt. 

£ine  fiigenthümlichkeit  dieser  Polycystis'FoTmen  ist  es,  dass  sie 
nicht  selten  mit  anderen  Brandpilzen  znsammen  dieselbe  Nährpflanze 
bewohnen.  Schon  Prof.  J,  K  ü  h  n  ^ )  bemerkte,  dass  die  von  ihm 
ala  Urocyatis  Preussii  bezeichnete  Form  auf  den  Blättern  von  Tri- 
ticum  repens,  an  denselben  Exemplaren  vorkam,  welche  an  den  Hal- 
men von  Ustüago  hypodytes  (Schi.)  besetzt  waren.  Auf  Arrhena- 
therum  habe  ich  häufig  an  demselben  Exemplare  auf  den  Blättern 
Polycystü,  in  den  Blüthenständen  Ustüago  segetum  (Pers.)  beide 
reichlich  entwickeltgefunden ;  die  Ustüago  hatte  meist  alle  Blüthentheile, 
sämmtliche  Spelzen  bis  zu  den  Grannen  hin,  die  Spindeln  und  Stiele 
der  Aehrchen,  ja  sogar  die  Rispenäste  bis  zu  dem  Ansatz  an  den 
Halm  ergriffen  und  zu  dicken  schwarzen  Massen  umgewandelt  In  den 
Halmen  sah  ich  in  diesen  Fällen  keine  Folycystü'E&nfchen^  auch 
fand  ich  nie  Sporen  dieses  Pilzes  zwischen  den  Ustüago  •S]ßOTen, 
Die  beiden  Parasiten  schliessen  sich  also  auf  derselben  Pflanze 
räumlich  aus. 

Wie  schon  erwähnt,  habe  ich  in  Baden  noch  nie  Pol.  occulta 
auf  Roggen  gefunden,  oft  aber  fand  ich  die  Polycystis -Formen  auf 
Arrkenatherum  und  Trittcum  repens  an  Wiesenstücken,  Wegerän* 
dem  und  Feldrainen,  welche  dicht  an  Roggenfelder  grenzten.  Es 
ist  gewiss  auffallend,    dass  hier  keine   Infection   erfolgte.     Ich  bin 


1)  Id  Rabenhorst,  Fungi  europaci  exs.  No.  189S. 

25* 


S78 

ganz  dazu  geneigt  aozanehmen,  dass  hier  wirkücb  vcncbiedcDe  FM' 
tuen  vorliegen,  deren  einziger  Unterschied  aber  in  ihrem  biologische« 
Verhalten  beruht.  Dieses  iat  aber  noch  nicht  genau  ergrOodel, 
endgültig  kann  nur  dnrch  oft  wiederholte  und  genau  Qberwaehta  CiU 
turen  ein  Urtbell  aber  die  specifiscbe  Veraebiedenhoit  diewr  Foma 
gewonnen  werden. 

'22)  Bei  der  Unleracheidang  morphologisch  ähnlicher  psraattiaeher 
Filze  wird  meiBt  der  GrundBati  festgehalten,  dasa  solch«  Pilsa  all 
specißacb  verschieden  erachtet  werden,  wenn  eie  anf  NthrptlasiaB 
aus  verschiedenen  Familien  vorkommen.  Ob  dieser  Grandaats  berech- 
tigt ist  oder  nicht,  kann  nur  durch  sorglUltige  Eiperioient«  eDlsehie- 
den  werden,  die  Tür  die  einzelnen  Fälle  meist  nicht  schwer  dsrcl»- 
fUhrbar  sein,  aber  doch  jahrelang  fortgesetile  Versncherelheo  erfor- 
dern würden.  Wenn  wir  vorurtheüsfrei  EUr Uckblicken,  mUneii  wir 
Überrascht  sein,  dass  in  früheren  Jahren,  ala  an  der  strengen  Sebel- 
düng  der  Form-Arten  festgehalten  wurde,  od  ala  einziges  Uerkinal 
bei  Speciesbogrenzung  das  Vorkommen  auf  diffcrenten  Nlbrttflanun 
aufgestellt  wurde.  Nach  den  GrundsStzen,  die  in  den  einleitea- 
dcn  Slltzen  zugegeben  sind,  würde  es  immerbin  als  genflgcitd 
erachtet  werden  können,  eine  Form  für  specifiach  verscbioden  an 
hallen,  wenn  sie  bei  übrigens  morphologlichDr  Gleichheit  (wcmit 
nur  bezeichnet  werden  soll,  dass  sie  bei  nnseren  nnti  iiilli  hliimaiil 
thoden  morphologisch  gleich  erscheinen)  coustant  ansschlieawBd 
verschiedene  Nährpflarizen  bewohnen. 

Kommen  nahestehende  Formen  auf  nahestehenden  Familiea  vor, 
so  ist  der  Entschluss  des  Syslematikcrs,  jene  als  besondere  Spodea 
aufznfassen,  erfahrangsgemäss  schwerer.  Dies  zeigt  a.  B.  auch  4ie 
Form,  die  gewöhnlich  als  Fo/yct/atü  Colchtci  (Schlecht.)  rmaw 
gefasat  wird,  gleichviel  ob  sie  anf  Lätaceen  oder  auf  Valrkimvm» 
vorkommt.  Erst  in  nonercr  Zeit  ist  der  auf  oinselnen  IMiaeum 
lebende  Pili  mit  besonderen  Namen  belegt  worden,  von  Paaierinl 
mit  dem  Namen  Unicyslia  maijica  und  von  Körnicke  ftia    U,  Orn- 

lob  kenne  den  Pili  auf  folgendun  Lt'liaceen:  Scilla  bifotia  L.; 
AUium  nignun  L.  (von  Prof.  Pastserini  ans  Parma  erhaUra); 
AlUtim  rottindum  L.i  Alliuvi  Cejia  h.;  t'&nvaünria  Po/j/ffmtatMm  L.; 
Miuieari  comosum  L.  (letztere  beiden  Formen  von  v.  Niesal  au 
Mtthren  ertaalton);  Mu»cari  racetnosum  L. 

In  allen  diesen  Formen  aeigten  Sporen  und  Sporenbailen  nicM 
iinrrhcblielio  Abänderungen  in  (irässe  und  Zahl  der  centralen  Sporen 
DuU  der  Uüliiullen,  oonsUnl  war  besonders  immer  eine  gru**c  7.M 


der  Letiteren,  die  aogv  BaadaBaS  Bckndbkfttig:  wtnm,  Ci 
üntenehiede  zwiactea  der  Fen  scf  LdSmntmem  mifl  jad  *i'iiUät^:mm 
sind  mir  ueht  eafge&UeB.  SoSl  &  Z«2feiBaM»-FiinB  tmitai  iHsMiDOfr- 
reo  Namee  hibca,  so  «iid  der  irae  Passeriai.  ireikäitsj  vioj  inkii»! 
pablieirt  ist,  bfirahrhiltf  aoa. 

W^en  Qirea  TnilraaiMfT   aaf  «ödu*  Ciü£iZ37ifiaaiB£  iic  dft  Funa 
anf  AUimm   Cepa  erwikwsevcrilL.    kfti  «ali  «nö^  Ex^anytfcTt  äae- 
•er  Poroi,  wdehe  ia  Sfld-Fnakreiieb  geeaanubil  varuL  in  öeni  Harter 
derüaiTertitilStraattai;^;  diePiaiiiia«»«D  aäirerfiatiTHtt^ 
doi  Pik  erlieblieh  graffcidigl-    Die  BÜttiff  -rarea  ia  d>dk:ttt  kn^ta 
PoUtera  tod  den  Parantea  beMtH,   bBaoaden  asdi  ex  dtsu  saler- 
irditehea  TtMÜea,    eiae  ZviebcJtvfldaa^  ra  iei  öcr  Jcureft  P&sxe 
aiehl  ordeatlidi  xa  Slaade  gck<MaaMm,  «Ceaiar  wirde  fSt  lüeli  iixiii 
habea  weiter  eatwiekela  \JOmmtm,     Da  der  Püe  aaf  penaotirmdea 
LiUaeemi  Toritoauaty  die  ia  Girtea  ^tauä^ßm  verdea  aad  iiai  Jlt^t-kera 
waehaea,  wSre  et  aefar  wey  »Sgitidii,  daes  er  eiaaul  eä»t  Epadcaie 
bei  dea  aa^ebaatea  Laadmtea  ▼eriajaeira  k^fiaate.     ^vt  kaixtai 
erregte  ia  N.-Aaierika  eiae  epidcaüache  KiaaUbeit  dtr  Garteaxvit- 
bela  AafiMhea,  es  werde  aaefa  bericÜH,  daai  aaf  dea  kraakea  P&a- 
aaa  ein  Püs  lait   UroofttU-mgü^^ok  5poica  gtfaadea    woidca   sct. 
Daaa  dieser  Pils  wirklich  eiae  PdfOfttu  ^wtmat  wirb,    ist  iadees 
aas  dea  Besehreiliaages  deaaetbea  aiekt  sa  fiytfc^p 

PolycgMti»  Cclekid  flbli  wie  es  seheiaty  aaefa  eiaea  tiacbUiealigea 
Hafloss  aaf  seine  Nikfpiajue  aas,  ieL  habe  wenigstens  6b«rall,  wo 
ieh  dea  Pils  £uid,  ihn  aie  aaf  eiaem  ftachttiagendea  Exemplare  ge- 
Anden,  so  dass  ieh  aaaehmea  mSehte,  er  Terhiadert  die  Aoebildong 
der  Frflehte. 

2S)  Aoeh  aaf  dea  dea  LSUaeoem  aad  Cclckkacoen  zonlehsl  ste- 
henden Pflanienfamilien,  den  Irideen  and  Jumcaoeen,  kommen  ihnliche 
Po/jrgf»fw-Formen  TOr.  Die  Form  aaf  Gladicliu,  welche  schon  seit 
langer  Zeit  bekannt  ist  Mi  ut  neaerdings  toh  W.  G.  Smith")  in 
England  wiederentdeckt  and  als  aeae  Art  beschrieben  worden. 

Lehrer  Gerhardt  hat  bei  Jener  in  Schlesien  eine  CstiUginee 
aaf  lAumla  pÜMa  WiUd«  gefanden,  welche  in  den  unterem  Theile 
der  Butter  mehrere  Centimeter  lange  Lingsreihen  bildet  Diese  Rei- 
hen bleiben  bestlndig  von  der  Oberhant  bedeckt  nnd  erscheinen 
daher  bleigran;  gewöhnlich  stehen  sie  ganz  dicht  nebeneinander,  über 


■)   üredo  Gladioli  RequicD  b  Duby.   Bot.  Galt.  II.   —  Erytibe  anilata   y, 
GladiolL  Wallroth.  flor.  crypt.  IL  S.  211. 

•)  W.  G.  Smith.    The  gladiolus  disease.  Gardeners  chronicie  1876.  S.  4*0. 


i 


980 

die  ganze  Blittflitcijc  verbreitet  und  enden  nur  nach  oben  abgebrochen 
in  ungleicher  Uöhc.  Sie  enthalten  Sporen-Ballen  von  iingliger  oder 
cllipti«cbe.r  Geatalt,  24  bia  35  Milt  im  Dclira.,  von  dunkelbraniMir 
Farbe,  fast  nndnrchBicIitig.  Sie  bestehen  in  der  Mitte  aoa  einen 
Coiiglonierat  von  2—b  ruuilllchen  Sporen  von  11  —  15  Mik.  Dchm. 
nnd  mit  dunkelbrauner  Membran,  umgeben  von  einer  Illlll«  kloinTtr 
Zellen-  Diese  haben  5—7  Mik,  im  Dchm-,  aind  ebenfalh  donkd- 
brnun  nnd  meist  Knaammcn gedruckt,  oft  bo  stark,  dasa  ale  kann 
erkenntlich  ainil  und  nnr  wie  eine  hSckrige  UUlImembraii  erscheinen. 
Der  PÜE  mns8  ebenfalls  En  Polycyslla  gcBtollt  wurden  und  mag  all 
P.  Luzulae  beseichnet  aein. 

24)  PoUjcystiH  Fiiipettdulae  TnUsne,  Ist jedenfatla  identisch  mit  VrtJo 
Filipmiiiulai  Dietrich  und  wohl  anch  mit  fVcrfo  Filifetidulat  Lasch. '). 
Fi  acher  von  Waldhaim'j  rechnet  sie  in  seiner  IMonographi«  in  den 
Bwelfelhaften  ['foci/st{»ktlon.  Ich  fand  dioBelbe  vor  langeron  Jahron 
bei  Trobniti  in  Schlesien  und  glaube,  dasa  sie  eine  got  chanktcrisirt« 
SpoeicB  dieser  (lattiing  ist.  Fs  finden  sich  atlerdinga  in  dem  Sporen- 
staube  ortor  iaolirte  Sporen,  aber  häufiger  Sporen  ballen,  th«iU  Dbwwie- 
gend  auK  ausgebildeten  Sporen  zu  zwei  oder  mehreren  verbunden  bosl«- 
kend,  theils  von  kleineren  Zellen  von  dunkeler  Farbe  eingehOllt.  Di« 
Grituso  der  Ballen,  die  Anzahl  der  HUlIcellcn  nnd  der  susg«bi)d«tea 
Sporen  in  einem  Ballen,  sowie  die  Grosse  der  Ballen  und  Sporen,  wed»- 
seit  in  sehr  weiten  Grenzen,  es  ist  diea  aber  bei  den  versebiwleBes 
Formen  von  Poh/c.  Atifmanes  (Pera.»  (Pofi/c.  jxmiji/wlt/'jottet  Liv. 
nnd  der  meisten  Autoren)  ebenso  der  Fall.  Ein  besonderes  Merk- 
mal der  P-  Filip.  scheint  mir  darin  zu  bestehen,  dass  die  oentraleB 
Sporen  meist  unrcgelniiksfiig,  oft  »ehr  langgestreckt  (bis  24  Mik.  laogl, 
und  hJlnfig  eckig  erscheinen-  Letzteres  rührt  davon  her,  dass  das 
Epispor  stellenweise  zu  flnctien  Höckern  verdickt  ist. 

Ich  BAete  Sporen,  die  etwa  zwei  Monate  aufbewahrt  worden 
waren,  auf  destillirtea  Wasser  sns.  Diese  keimten  snm  Theil 
nach  ein  bia  3  Tagen,  und  trieben  einen  Keimeehlauch,  der  etwa 
die  LtDgfl  der  Sporen  erreichte.  Auf  seiner  Spfue  bildete  ewt 
ein  kegelförmiges  Bflschel  von  5  bis  6  Unglich  cylindriediea 
Sporidien  von  ungefXhr  derselben  LAnge  nnd  fast  derselben  Breite 
wie  die  Keimschlauche.  Eine  weitere  Entwicklung  habe  ich  niebt 
beobschtet.  Jedenfalls  genOgte  dies,  um  den  Pili  nnmifelhaft  vt 
Polycystis  zu  stellen. 

•)  In  Ksbenhorst,  Herbar.  uiycolog.  590. 
t)  Pringshcim-»  Jahrbücher  1.  VII. 


»81 

25)  Die  wenigen  Arten  der  Gattung  Sorosparium  sind  hiDsiclitlieh 
ihrer  Entwieklnngsgeechicbte  noch  so  wenig  bekannt,  dass  es  bis 
jetst  nicht  möglich  ist,  ihnen  eine  sichere  Steile  im  System  anzn- 
weiaen.  Morphologisch  kommen  die  einseinen  Sporen  den  Ustilago- 
Sporen  am  nflchaten,  nnd  dies  gilt  anch  für  die  Sporenbildung, 
soweit  dieselbe  nntersncht  ist. 

Sorosporimfi  Saponariae  Rud.  ist  ein  Parasit,  der  ziemlich  die- 
■elben  Pflantengmppen  bewohnt  wie  üstüago  violacea  (Fers.)*  Auf 
BtgMmaria  qfficinalü  L.  ist  er  am  meisten  verbreitet,  auf  Siletie 
wßaia  hat  ihn  J.  Kunze  bei  Eisleben  gesammelt,  auf  Dianthua 
ddtaides  erhielt  ich  ihn  aus  Liegnits  von  Gerhardt,  kn( Stellarta 
Hdostea  L.  von  v.  Niessl  aus  Brflnn,  auf  Cerasttum  arvense  L. 
aus  Liegnitz  von  Gerhardt  und  aus  Bayreuth  von  v.  Thümen. 
Die  letztere  Form  wurde  mir  unter  der  Bezeichnung  Ustilago 
Durieuana  Tnl.  zugesandt  Ich  kann  nicht  feststellen,  ob  die  Pro- 
ben dem  Tulasne'schen  Pilze  entsprechen,  jedenfalls  konnte  ich 
bei  ihnen  keinen  wesentlichen  Unterschied  von  der  Sorosportum- 
Form  auf  Sajxmarta  finden.  Eine  Verschiedenheit  in  der  äusseren 
Erscheinung  des  Parasiten  wird  allerdings  dadurch  herbeigeführt, 
dass  er  bei  den  Pflanzen  aus  der  Gruppe  der  Bäeneen  meist  die 
Blflthentheile ,  besonders  Blumenblätter,  Staubfäden,  Blüthenboden 
der  mehr  oder  weniger  weit  entwickelten  Blüthen  bewohnt,  während 
er  bei  den  Alsineen  (Stellaria,  Cerasttum)  die  Spitzen  der  Aeste 
und  den  Grund  der  oberen  Blätter  erfüllt,  die  sich  dann  zu  einer 
knospenartigen  Anschwellung  schliessen,  und  einer  Blattgalle,  wie  sie 
s.  B.  nicht  selten  in  den  Zweigspitzen  von  Stell,  Holost.  zu  finden  ist, 
gleichen,  v.  Niessl  hat  schon  in  Rabenhorst's  Fang,  europ. 
No.  1899  auf  dieses  Verhalten  des  Pilzes  auf  Stellaria  Holostea 
aufinerksam  gemacht,  und  bemerkt,  dass  er  sich  hier  erst  nach  der 
Blfithezeit  entwickelt 

Sorosporium  bullatum,  welches  ich  vor  Jahren  in  den  Frucht- 
knoten von  Fanicum  Orus  galli  L.  gefunden  hatte,  traf  ich  in  Baden 
ebenfalls  verbreitet  an.  Ich  konnte  hier  an  halbreifen  Exemplaren 
wenigstens  das  Sporen  bildende  Mycel  des  Pilzes  auffinden.  Der 
Pilz  tritt  gewöhnlich  nur  in  einzelnen  Blüthen  auf,  die  zwischen 
ganz  gesunden  zur  normalen  Frucht  heranreifenden  Blüthen  sehr 
zerstreut  sind.  Im  ausgebildeten  Zustande  ist  er  sehr  auflfäUig  durch 
die  bedeutende  Auftreibung,  welche  die  Früchte  erfahren,  in  jünge- 
rem Alter  ist  er  aber  nicht  leicht  zu  finden.  In  den  jüngsten 
Zuständen,  die  ich  sah,  war  die  junge  Frucht  ganz  von  dem  sporen- 
bildenden  Mycel  des  Pilzes  erfüllt     Dieses  war  in  seinen  Haupt- 


382 


1 


Ewoiifen  4  bis  ä  Mik.  dick,  von  koorpeUrtigt-m  AnaeliCn;  M  ghie 
in  melirfacli  ilichotome  VersneigUDgeu  aoe  nnd  bildete  gekriliaalt 
Endikatfl,  die  eine  bedeutendere  Dicke,  vod  7  bis  9  Mik.  beai 
und  mit  balbkugliger  Äbrundiing  endeten.  Sie  verflocbt«t>  sldt  ta 
dichten  Knäueln,  die  atark  lichtbrechende  g«llertartige  Ball«a  bBde- 
ten,  im  Umfange  vun  dicken  kurzen  Zweigen  eingeiicbloateD,  dl« 
nach  allen  Seiten  etnihlenfarmig  abstanden.  Die  freicu  Kndtiü 
hatten  ein  ausgespi'tchen  gallertartiges  Ansehen,  in  ihrem  Innerai 
zeigten  sich  reihenweiae  hellere  Stellen,  Ewiachen  denen  di«  Fidta 
eingeachnilrt  waren,  aber  ohne  Scheidowandbildung.  la  der  li%,Vi 
der  Knäuel  trat  eine  brftanlicbe  Fikrbnng  ein,  und  die  Auabilding 
der  Sporen  sehritt  in  den  einzelnen  Ballen  von  der  Uilte  nach  der 
AnasenÜdche  fort.  In  dem  Innern  der  jüngsten  Bnilen  sah  ich 
Menge  von  etwa  2  Uik.  breiten,  stark  lielithrecbenden  Kerne« 
eine  OallerlmasBe  eingebettet.  Die  Bildung  der  Sporen  ist  kIbo  wqU 
tnch  hier  sehr  ähnlich,  wie  bei   (htäago. 

36)  Die  Gattung  Tliecajihora  Fingerhnth  anteracbeidet  aish  vm 
Styroi'pfV'tum  meiner  Anaicht  nach  nnr  sehr  wenig,  die  Sporen  sind  !■ 
den  meinten  Fällen  in  den  Ballen  Tester  vereinigt  und  ihre  Membru 
ist  iu  Folge  desaen  an  den  vereinigten  Stellen  gUU,  witlirend  sia 
an  den  anawärta  gekehrten  Flftcben  meist  mit  verachied«oftrtig«i 
Warzen,  Stacheln  n.  s.  w.  heaetet  iat.  Wie  aioh  die  Sporen  bei  dar 
Keimung  verhalten,  iat  mir  unbekannt. 

Zu  'Pidnirctnia  Fries,  möchte  ich  vorUnüg  einen  PamsiUn  rech- 
nen, welcher  in  den  Stengeln  von  Veronica  hedtraefolia  lebt,  nod 
welchen  ich  nirgends  anders  passender  einreiben  ksuii.  Ich  erhielt 
ihn  von  Lehrer  Gerhardt  aus  Liegnitz  zageaeadet,  ur  tiodet  sich 
dort  auf  Sand-  und  Lehmickern  im  Mai,  wie  mir  mitgelhcilt  wnrde 
immer  nnr  an  sehr  fcncbtun  Stellen.  Die  von  den  Parasiten  ergriffen«! 
Pflanzentheile :  Stengel  und  Blattstiele  sind  feder  kiel  artig  aufgetriebei 
bis  zar  Dicke  von  i  Millimeter,  zumeist  sind  aie  auch  stark  ver- 
krümmt,  aie  haben  völlig  das  Ansehen  von  Instktcng allen.  Oit 
AnachwclIuDgeu  sind  ganz  erfüllt  mit  einem  zimmtbrannen  Pnlver, 
welches  aus  kugeligen  oder  elliptoidiBchen  Sporcnballen  besteht,  »wi- 
schen den  aich  ein  sparsames  Myccl  vorfindet.  Letzteres  ist  vicIfMk 
geacfaUngelt ,  sparsam  verzweigt,  mit  uadaatlichen  ScbeidewAndi 
versehen,  in  den  atJirhcreD  Aesten  6,  in  den  urteren  3  bis  4  Ui 
dick.  Ulf  Sporenballen  sind  hcllbr«an.  meist  U  bis  '2i,  aber 
bis  2»  Mik.  lang,  18  bis  24  Uik.  breit.  Sie  sind  aus  einer  gr 
Zahl  einzelner  Ztlien  zusammengesetzt,  die  aber 
und  farblosen  gemeinschaftlichen  Caticala   bedeckt,   und   so  fest 


»88 

einander  verBehmoIsen  sind,  dies  sie  sieh  dnreh  Druck  nicht  trennen 
lassen,  änch  wölbt  sich  ihre  Aassenwand  nnr  wenig  vor,  die  Ballen 
erseheinen  daher  als  siemlieh  regelmässige  Kugeln  oder  EUipsoide, 
deren  Oberfliehe  mit  rundliehen  Feldern  von  4  bis  4.5  Mik.  bedeckt 
ist.  Durch  Kochen  mit  Kalilösnng  und  Glycerin  werden  die  Ballen 
sehr  durchsichtig,  man  erkennt  dann,  dass  sie  aus  einer  einfachen 
Lage  von  Zellen  bestehen,  die  sich  nach  innen  zu  verschmälem,  und 
in  der  Mitte  einen  freien  Baum  von  etwa  6  bis  9  Mik.  Durchm. 
lassen.  Nach  dieser  Behandlung  lassen  sich  auch  die  einzelnen  Zel- 
len trennen  und  erscheinen  dann  eiförmig-pyramidal,  8  bis  9  Mik. 
lang,  im  oberen  Theile  meist  4  bis  4.5  Mik.  breit;  ihre  Membran 
ist  glatt,  an  der  äusseren  breiteren  Seite  verdickt,  etwa  2  Mik.  stark; 
in  ihrer  Mitte  findet  sich  em  rundlicher  stark  lichtbrechender  Kern. 
Ich  habe  diesen  eigenthdmlichen  Parasiten  (er  mag  vorläufig 
Tuburdnia  Vercnioae  genannt  sein)  nur  im  völlig  ausgebildeten  Zn- 
stande genauer  untersuchen  können,  es  ist  jedenfalls  noch  weitere 
Beobachtung  nöthig,  um  über  seine  Natur  und  seine  systematische 
Stellung  klar  su  werden. 

Rastatt,  im  Marx  1877. 

(Hit  ir«clitnc«i  Tom  Jvli  IS77.) 


'^^^^^^^»^^^^^^•^-^^^^f^^^ß^f^^^ 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Tafel  XII.     • 

Fig.  1.  Uitilago  hUertnedia  Sehr,  a)  Promycel-  und  Sporidienbildung. 
b)  Abgeüdlenes  Promycel  mit  Sporidien.    e)  Ruhende  Sporidien. 

Fig.  9.     Uitilago  ßoteulomm  DC.    Promycel  mit  Sporidienbildung. 

Fig.  3.  Uiiüago  in  den  Blöthen  von  Folygonum  dumeiarum,  a)  Promycel  mit 
Sporidienbildung.    b)  Copulirte  Sporidien. 

Fig.  4.  üitUago  VaiUantü  Tul.  aus  den  BlOthen  von  SeiUa  hifolia.  a)  Pro- 
mycelbildung.  b)  Sporidienbildung  aus  dem  Stiele  nach  Abfall  der 
Promycelien.  c)  Sporidienbildung  aus  den  Promycelien.  d)  Ruhende 
Sporidien. 

Fig.  5.  Oemineüa  Vekutrina  (Tul.).  a)  Reimung  und  Promycelbildung. 
b)  Sporidienbildung.    c)  Ruhende  Sporidien. 

Fig.  6.  Schizonella  melonogramma  (DC).  a)  Keimung  und  Promycelbildung. 
b)  Sporidienbildung.    c)  Sporidien  abgefallen. 

Vergr.  1200  :  1;  Zeichnung  mit  Oberhauserschem  Zeichenapparat. 


lieber  zwei  nene  Entomophthora- Arten. 


Von 

Prof.  H.  Sorokin. 

Mit  TM  XIIL 


Obgleieb  die  InMktankrankheiteii,  welche  durch  die  Oattang 
Entomophtkora  (Empu§a,  MyiopkyUm)  venirtaeht  werden,  tehon  seit 
OOthe  bekaont  slnd|  to  haben  wir  doch  eine  grflndliche  Kennt- 
nita  Ton  der  Entwicklung  dieaer  Paraaiten  erat  in  der  letaten  Zeit 
erhalten,  Dank  den  anafihrlichen  Fortchnngen  von  Ferd.  Cohn*), 
Lebert*),  0.  Brefeld'),  die  aowoh!  den  Anatecknngaproieaai 
ala  anch  die  Entwicklnng  der  Krankheit  erklärt  haben.  Die  eben 
erwähnten  Gelehrten  nnd  mehrere  Andere  (Cienkowaki,  Wo  ro- 
nin, Bail),  die  die  Frage  vom  Poljrniorphiamna  berflhrten,  beotn 
achteten  aber  melttentheila  den  Paraaiten  der  Stobenfliegen  (Eni. 
M%iMoae)y  und  nur  bei  Freaenina  treffen  wir  7  EniomopUkam' 
Arten,  die  auf  Tcrachiedenen  Inaekten  vorkomoiea,  an;  leider 
beachrieb  Freaenina  aehon  todte,  vertrockneta  Inaekten  nnd  die 
Entwickeinngageachichte  der  von  ihm  beobachteten  Arten  konnte  daher 
nicht  berflhrt  werden  ^\  Ana  B  r  e  f e  1  d  *  a  grflndlichen  nnd  acharfainnigen 


I)  JSb|NMtt  Mm$co»  nnd  die  Krankheit  der  Slabenflicgrn.  iNova  Acta 
Aead.  Leop.  etc.  1S56.  T.  XXV.  p  1.) 

«)  Teber  die  PiltlLrankheit  der  FHegen.  1<15«. 

*)  Untertuchnngfn  Ober  die  Entwicklung  der  fNmfmm  MmsemM  nnd  JSa^ 
f  tfenwt,  oml  di«  dnreh  ete  rerureaehten  Epidemien  der  Stnbcnäiegen  und 
lUttpen.    (Abhendl.  d.  Maturf.  GcmII.  tu  Halle.   1871.   B.  XII.    1.  Heft.  8.  |.) 

«)  Abhandl.  der  Senkenbergaehen  Naturf.  GearlL  Bd.  %.  II.  Abth.  8.  SOI. 
In  Bot  Zeitung  1856.  8.  8S9  erwihnt  Freteniut  kurt  drei  Arten  von  Smt^ 
mvphtharm  —  E.  Mu$ea9,  A*.  Orplli  nnd  S,  «pAa«ro«p«r«a  und  webt 
nof  die  verscbiedrnf»  Form  der  Hporen  hin. 


388 

Bcubacljlungeti  der  Ent.  radtcata,  die  in  Kohlraopen  tebt,  iit  ei 
bekannt  geworden,  dass  einige  Arten  dieBer  GaCtnog  so^aumtc 
Haftorgaiie,  Becundaie  Sporen  u.  s.  w.  entwickeln  können;  kurz  die 
Entwicklang  einzelner  Arten  kann  siemlicli  stark  von  dem,  wu  wir 
bei  dem  l'ilz  der  Flicgenkrankheit  beobachten,  abweichen. 

Erwätint,  aber  nicht  näher  bcaolriebeD  ist  von  ßcicIiarJt, 
Cohn  und  Scbnoidcr ')  E.  AuUcae  and  Jassi.  EndlM 
erwlthnt  Cornn*)  eine  Ent.  Planchoniana. 


1)  Im  Jnli  1676  bemerkte  ich  in  dim  grossen  mit  Wann 
angcftiltten  Kuren,  die  £Qm  Begiesseu  der  Pflanzen  im  botanisch^D 
Garten  von  Kasan  Linge.itellt  waren,  eine  Hungo  tudter  Ultckeii, 
welche  zu  den  drei  Arten  C'uIaj:  jiipietLi,  C.  aunuUUa»  aud  C.  n«iiw- 
rosus  (?)  gehörten.  Sie  schwammen  alle  aar  der  Oberdich«  de» 
Waeacrs  mit  nach  oben  gekehrtem  Abdomen,  nach  allen  SeilMi  asi 
gestreckten  Fusschen  und  halbentfalteten  HUgcIn.  Das  Abdomea 
war  stark  aufgeblasen,  die  Segmente  waren  auseinandergcgao^eii  «nd 
ans  den  Zwischenrjtumen  kam  eine  wcisae  dicke  Masse  hervor.  Der 
mittlere  Theil  dea  Abdomen  war  von  dieser  Masse  wie  mit  einer 
dichten  Schicht  bedeckt  (Fig.  1).  Kurz,  die  todten  HOcken  halten 
gans  dasselbe  Ansehen,  wie  die  Stnbcntliegcn,  die  von  Eni.  mutoa^ 
gCtOdtct  waren.  Man  konnte  auf  der  Oberfläche  des  Wassers  auch 
solche  Hucken  antreffen,  deren  Abdomen  aufgebissen  war,  die  aber 
noch  Bcbwacho  Lebenszeichen  von  sich  gaben:  entweder  standen  lic 
wie  versteinert,  suweilen  krampfhaft  mit  den  FUsschen  zockend,  oder 
lagen  anf  der  Seite  und  machten  zuweilen  Anstrengungen  sich  saf 
xuricbten.  Man  konnte  diese  kranken  Insekten  mit  den  Händen  fas- 
sen, sie  betrachten  und  dann  wieder  auf  die  Oberfläche  des  Waa- 
acrs  legen  —  und  dennoch  machten  sie  nicht  den  geriogalen  Ver- 
such davonenfliegeii. 

Bei  aufmerksamer  Bcobachtong  derjenigen  Exemplare,  die  auf 
der  Seite  lagen,  konnte  man  bemi-rkcn,  dass  anf  der  Seite,  mit  wel- 
cher sia  das  Wasser  berflbrten,  das  Aaseinandergehen  der  SegmeBte 
weit  frflher  begann,  als  anf  der  Seite,  die  der  Laft  ingekehrt  war. 
Sobald  alle  Segmente  aaseinandergingen,  erfolgt«  der  Tod  des  Insek- 
tes und  es  fiel  langsam  anf  den  Rücken. 

Mach  der  Aebnlichkeit  der  Symptome,  welche  iwischen  den  kran- 


» 


1)  Just,  Jahresberichl.    1873.    S.  51;    Cohu,   Biulogic 
Ersies  Heft.  S.  77. 

«)  Just,  I.  c.  S.  S-2,  83. 


keo  MQeken  wid  knioken  Fliege«  •Utt  fimd,  mnaate  uuui  gleich  auf 
den  Oedanken  kommeo,  das«  aoeh  ia  dieaem  Falle  die  Krankheit 
durch  die  Entwickloag  eiaer  Entomophthora  eatstandeo  sei.  Dies  beati- 
tigte  sich  auch  wirklich  bei  mikroskopischer  Untersnchnng,  obgleich 
der  Unterschied  swiachea  E.  musoae  and  dem,  was  ich  bei  der 
MQckenkrankheit  beobachtete,  recht  gross  war. 

Die  weisse  Masse,  die  sich  anf  dem  Abdomen  oder  swischen 
den  Segmenten  befand,  stellte  sich  ala  Sporen  des  Parasiten  heraus. 
Sie  hatten  eine  kngelfftnnige  Oestalt,  waren  an  einem  Ende  angespitzt 
nnd  in  der  Mitte  befand  sich  ein  grosser  glänzender  Oeltropfen. 
(Fig.  2.)  Solche  Sporen  kamen  aber  ziemlich  selten  vor,  meisten- 
theils  hatten  sie  schon  eine  verinderte  Form:  einige  streckten  das 
angespitzte  fiode  ans  (Fig.  3),  bei  anderen  verbreitete  sich  dies 
£nde,  nachdem  es  eine  geringe  Linge  erreicht  hatte;  bei  den  drit- 
ten endlich  bestand  die  Verindernng  der  Form  darin,  dass  ans  der 
Spore  zwei  grosse  nnd  breite  Sprossen  heryorkamen  (Fig.  4);  znwei- 
len  glich  die  keimende  Spore  einer  kleinen  Schanfel  (Fig.  5).  In 
allen  diesen  FlUen  koaate  maa  den  dlartigen  Kern  ganz  deutlich 
sehen.  Man  konnte  ebenfalls  ziemlich  lange,  durch  Scheide  winde 
getheilte  Keimschlinche  antreffen,  —  das  eine  Ende  des  Schlau- 
chea  kam  ans  der  Spore  hervor;  das  kdmchenreiche  Protoplasma 
füllte  nur  den  am  Gipfel  stehenden  Theil  des  Schlauches  an,  wäh- 
rend der  Obrige  Theil  und  die  Sporenhaut  selbst  leer  blieben  (Fig.  6). 

ßei  der  Section  der  Macke  stellte  es  sich  heraus,  dass  der  ganze 
Körperraum  mit  Zellen  von  verschiedener  Form  und  Grosse  ange- 
füllt war;  die  Zellen  waren  so  fest  untereinander  verbunden,  dass 
man  mit  leichter  Mohe  mit  Hilfe  von  Nadeln  die  ganze  Masse  der 
Parasiten  in  Form  eines  kleinen  ziemlich  harten  Knäuels  hervorho- 
len konnte. 

Die  Zellen,  welche  sich  im  Abdomen  des  Insekts  befanden, 
waren  zuweilen  sehr  kurz,  ohne  Scheidewände,  hatten  eine  uuregel- 
mässige  Form  und  enthielten  einen  kOmchenreichen  Inhalt  mit 
kleinen  Oeltropfen.  Das  Protoplasma  verbreitete  sich  durch  den 
ganzen  Zellranm  in  der  Form  von  StrOmen,  die  sich  in  einer 
hellen  durchsichtigen  FlOssigkeit  durchkreuzten;  man  konnte  in 
Folge  dessen  die  Kdrnchenbewegung  des  Protoplasma  recht  deutlich 
beobachten.  In  einer  und  derselben  Zelle  (Fig.  7)  wurde  es  mög- 
lich zwei  ganz  selbstständige  von  einander  unabhängige  Strömungen 
zu  unterscheiden;  an  einem  Ende  nämlich  (bei  a)  stiegen  die  Körn- 
eben  längs  der  einen  Seite  der  Zelle  empor,  erreichten  den  Scheitel 
und  glitten  an  der  anderen  Seite  nieder,  um  dann  wieder  in  früherer 


390 

Kiclitung  emporEiistt'igen,  wfthrend  aiu  aaderen  Ende  (b«i  b)  ein 
in  der  Mitte  der  Lttngaaie  der  2elle  belindliolier  Strom  sich  ta  iwei 
Anne  zertheilte,  von  denon  Jeder  auf  der  inneren  FItebe  der  Hmb- 
brmn  an  den  beiden  einander  entgegengesetzten  Seiten  der  Zelle  nie- 
derglitt  (s.  die  mit  den  Pfeilen  bezeichnete  Richtung  der  Fig.  t). 
Die  Benegang  wurde  bald  langsamer,  bald  sebnetler;  auch  Indeftn 
die  Strümclien  ihre  Richtung,  vereinigteu  «iob  au  einem  Strom«)  v«r- 
theilton  sich  in  mehrere  kleine  Arme  n.  e.  w. 

Ausser  den  Zellen,  die  ohne  Scheidewände  ««ren,  befanden  tiek 
im  Abdomen  auch  siemlieh  lange  Scbtiiaehe,  die  mit  Scheidewtodn 
versehen  waren  (Fig.  6,  7*).  Entweder  waren  sie  nicht  rerzwcigt 
oder  bildeten  stumpfe  breite  Ansstlllpnngen.  In  allen  diesen  Ftlleo 
konnte  man  bemerken,  dass  das  Protoplasma  sich  immer  in  der 
am  Scheitel  des  Schlauches  beßndlichen  Abtheilang  befand;  die 
Obrigen  Abtbeilungen  blieben  leer.  Hatte  der  verzweigte  Schlauch 
nur  eine  Scheidewand,  so  w«r  gewöhnlich  die  eine  Seite  den  Scblaa- 
chcs  weit  rnhaltreicber  als  die  andere  (Fig.  7*). 

Oas  Abdomen  endlich  war  mit  sehr  langen  SehlSnchen,  die  faaapt- 
sachlich  die  Masse  des  Parasiten  bildeten,  an);efullt;  untere ioand« 
verflochten  gelaugten  sie  bis  zur  Obertillchc  des  InsektenkOrpcrs, 
erreichten  die  Zwischenrftnmc  zwischen  den  Segmenten  des  Abdonwn, 
sprengten  sie  auseinander  und  streckten  ihre  Spitsen  nach  Ansson 
hinaus.  Diese  Spitzen  hatten  eine  kenlenartige  Form  (Fig.  8l.  t.^ 
waren  mit  einem  körnigen  Inhalt  angefollt  nnd  enifaielteD  einen  gnis- 
sen  Ooltropfen.  Znweilcn  konnte  man  statt  eines  t^roasen  Tropfens 
mehrere  Oeltropfen,  aber  von  geringerem  Umfang  sotrelT«».  Ver- 
folgte man  die  Über  die  OberflAcho  des  InsektenkArpera  hinaus|ro- 
tretenen  Spitzen  der  SchUuche,  so  erkannte  man  leicht,  dasa  sie 
der  Litnge  nach  mit  ScheidewSnden  versehen  waren,  die  desto  dichter 
aufeinander  folgten,  je  mehr  sie  sich  dem  untern  Ende  des  Scblaaches 
näherten.  Zugleich  zeigte  sich,  dass  das  nntero  Ende  der  Schlauche 
nicht  frei  war,  wie  es  bei  E.  mugi-ne  vorkommt,  sondern  an  d«n 
grossen  leeren  Zellen  befestigt  war  (Fig.  Ü  B.a.).  Das  Protoplannft 
nammelle  sich  nur  am  freien  Ende  des  Schlauches,  das  wir  mit  de« 
Namen  Scheitel  bezeichnen  wollen.  Die  leeren  grossen  Zellrn  wnrcft 
ebenfalls  in  dem  Räume  des  KOrpers  nicht  frei;  sie  verbandea 
«ich  unter  einander  ganz  unregelmitssig  und  glichen  einander  weder 
an  Form  noch  an  Grösse. 

Demnach  besieht  der  Parasit,  weleher  die  Mtlcken  lAdtet,  ana 
zwei  Theilcn:  aus  langen  mit  Protoplasma  angefüllten  SchUncken 
(Fig.  8  z.  ü.)  ntid   aus  nnregelmasaigon    Zellen    ohne  kürnigvn  Inhalt 


1 


J 


»91 

(Flg.  8  a.a.).  Die  letsteren,  dicht  nntereiiuuider  yerflochten,  bilden 
das  8tromju  Vom  Stroma  Tenweigen  sich  nach  verschiedenen 
Bichtongen  die  Schlänehe,  in  welchen  man  ebenfalls  die  Bewegung 
des  Protoplasma  beobachten  kann.  Die  Zellen  des  Stroma,  beson- 
ders in  der  Mitte  des  Abdomen  des  Insekts  (die  älteren?),  haben  ein 
sehr  originelles  Aussehen  (Fig.  9  A.B.C.):  ihre  Sprosse  besitzen 
eine  fast  runde  Form,  als  wenn  sie  eine  Art  von  Brutknospen  bil- 
deten; je  mehr  das  Stroma  sich  der  Oberflftche  des  Insekts  nähert, 
desto  mehr  gleicht  die  Form  ihrer  Zellen  einem  Viereck,  oder  rich- 
tiger einem  Vieleck  (Fig.  9*). 

Die  Scheitel  der  Schläuche,  bis  zu  den  Zwischenräumen  der  Seg- 
mente angelangt,  bilden,  wie  ich  schon  erwähnte,  keulenartige  Spitzen 
(Fig.  8).  In  der  eingeschnflrten  Stelle  erscheint  eine  Scheidewand 
(8,  9  sp.)  und  auf  diese  Weise  bildet  sich  eine  Spore,  die  mit  den 
analogen  Fortpflanzungszellen  von  E.  muscae  viel  Aebnlichkeit  hat. 

Die  sporentragenden  Schläuche  befinden  sich  in  einem  gespannten 
Zustande  und  bei  der  Reife  der  Sporen  erreicht  diese  Spannung  den 
hödisten  Grad;  der  Inhalt  drückt  auf  die  Anheftungsstelle  der 
Spore,  letztere  reisst  ab  und  wird  weit  fortgeschleudert.  Ein  Theil 
des  Protoplasma  vom  Gipfel  des  Schlauches  spritzt  mit  der  Spore, 
wie  es  schon  bei  E.  muacae  und  EnL  radicana  beobachtet 
worden  war,  hervor,  und  die  Spore  klebt  sich  an  die  Oberfläche  des 
Gegenstandes,  auf  welchen  sie  gerathen  ist,  an  (Fig.  11).  Der  auf 
solche  Weise  entleerte  Schlauch  schrumpft  zusammen  (Fig.  10).  Die 
bei  der  Reife  fortgeschleuderte  Spore  bleibt  einige  Zeit  von  einem 
Tropfen  Protoplasma  umgeben  (Fig.  11);  nachher  wird  die  Haut- 
sehicht  dieses  Protoplasma  immer  härter,  erhält  sogar  einen  zweiten 
Contonr  und  hat  endlich  alle  Eigenschaften  einer  Membran,  worauf 
schon  Brefeld  bei  EnL  muscae  hinwies.  Lässt  man  auf  solch  eine 
Membran  einen  Tropfen  Wasser  fallen,  so  löst  sie  sich  langsam  in 
demselben  auf.  Auf  der  Oberfläche  des  Abdomen  oder  zwischen  den 
Segmenten  des  Hinterleibes  kann  man  immer  solche  Sporen  antref- 
fen, die,  obgleich  vom  sporentragenden  Schlauche  abgelöst,  dennoch 
znrflckblieben,  als  hätten  sie  sich  zwischen  den  Schläuchen  des  Para- 
siten eingeklemmt.  Natürlich  bemerkt  man  dann  den  die  Spore  um- 
ringenden Tropfen  des  Protoplasma  nicht  (Fig.  2 — 5). 

Auf  trocknen  Stellen,  z.  B.  auf  den  Flügeln  des  Insekts,  auf 
dessen  Füssen,  auf  den  Wänden  des  GeflMses  u.  a.  beginnen  die  fort- 
geschleuderten Sporen  sogleich  auszuwachsen,  wobei  die  verlän- 
gerte Sporenspitze  die  sie  umgebende  Plasmahaut  durcbreisst.  In  einen 
Tropfen  Wasser  hineingelegte  Sporen  erzeugten  ein  oder  mehrere 

C  0 h  B,  Beiträge  rar  Biologie  der  Pflauen.    Band  H.  Heft  UI.  2$ 


^ 


KcimschlAuche ;  in  einen  deraelbeu  glitt  ü»  PrutopUaina  tiinOber, 
e%  erschieDOQ  SolieiUewaudä  nnd  das  Ganee  ähnelie  einer  Zell«  dM 
StrotDA  mit  jungen  sporcti tragenden  Sproagen.  Obgleich  ich  di« 
Sporen  in  Tropfen  von  Wasaer  cultivirte,  bemerkte  ich  doeh 
nie  daa  Entstehen  von  secnndlreu  Sporen;  die  EnlwieUiuf 
hOrte  bald  anf. 

Die  Experimente,  die  ich  anstellte,  am  tu  erfahren  ob  di«  Krank- 
heit ansteckend  aoi,  gelangen  mir  vOllig  nnr  in  folgenden  Ftllea: 
wenn  man  die  Sporenmae^i-  auf  der  Oberti^ehc  dos  Abdomen  od«r 
zwischen  den  Segmenlun  einer  gcaunden  MiJckq  anbringt  (waa  aehr 
leicht  geschehen  kann,  wenn  niAn  der  MUcke  eine  klein«  Wände 
mit  einer  apitien  Nadel  beibringt),  so  verlangern  aicb  die  äpona; 
die  Schlauche  werden  duruh  Scheidewände  gelheilt,  kunt,  »ie  erachai- 
non  in  der  Gestall  dL-r  Figuren  4,  5,  6,   7,  7*. 

Ea  gelang  mir  immer  die  Anateckung  bia  zum  Ende,  i.  k.  bil 
xur  Entwicklung  der  Spuren,  tu  fuhren.  Ich  musa  aber  kekenieo, 
dB8a  ea  mir  nicht  gelungen  ixt,  den  Moment  des  EintreCena  des  ParaatUn 
in  den  Kftrperrinm  des  In^ickla  mit  solcher  Genanigkeit  en  rerfol- 
gen,  wie  es  Brefeld  beachreibl.  Deshalb  kann  ich  auch  nicht  mJl 
Bestimmtheit  sagen,  ob  hier  ebenfalls  solche  Bildungtslnfen  vor- 
kommen  wie  sie  Brefeld  auf  T»fel  III.  Fig.  lä  aeiocr  Arbeil 
darstellt,  oder  ob  die  Sporen  unserer  Kntomvphthora  unmittelbar 
sich  in  die  ScbUuche  dos  Purasilen  verlängern.  Dieae  Lllck«  in 
meinen  Forachiingen  wird  vielleicht  verKeihlicb  aeln,  w<-nn  maB 
erwägt,  wie  schwer  an  cini;m  so  kleinen  Geschöpfe  wie  eine  HOeka 
Beobachtungen  angestellt  werden  ktinncn.  Weit  boeaor  ist  e»,  bat 
den  Experimenten  mit  der  Ansteckun;;  su  zu  verfahren,  wie  e*  awA 
Brefeld  vorachiSgt '  i.  Die  nicht  auf  das  Abdomen,  ao&dan 
auf  den  Thorax  gebrachten  Sporen  drangen  nie  in  dro  Korper 
des  Insekts  ein.  Zur  Vergicichung  aonderle  ich  ein  Haar 
Hiicken,  mit  welchen  ich  dieselbe  Operation  nicht  vurgenotni 
ab.  Nach  drei  Tagen,  während  die  angesteckten  Hacken  sei 
lagen,  waren  die  zur  Prüfung  abgesonderten  tusekten  gani 
geblieben.  Mau  kann  also  gaui  bestimmt  annehmen,  daaa 
Parasit  Inaeklen  ansteckt,  indem  er  iwiaohen  den  Segnsataa 
oder  durch  die  Haut  dea  Abdomens  eindringt. 

Daa  Vorhandensein  des  Stroma  bei  der  erörterten  Art  ist  im  M 
hohem  Grade  bezeichnend,  dass  man  schon  aus  diesem  Grunde  den  Pill 
dar  Hackenkrankhcit  als  eine  besondere  Art,  die  ich  Entomo^Okara 


()  U  e.  S.  38. 


8chla§^  anfttellea 


2)  Aasser  des  oImb  enrftiurtcB  todtem  Muckern  wir^  die  Wände 
der  Knfen,  ein  weni^  tob  der  Ofaertfädle  de»  Waasen  entfernt^  mit 
Qobewegüchen  (T^mmoBtiu-ExempUren  bedeckt.  Bei  emigen  konnte 
man  noch  einige  Lebenazeiehe*  beobaekten^  die  meisten  waren  aekon 
todt  Ea  stellte  sich  bei  anfowrksamer  B«obacktnn^  bermoa^  dnas  der 
Thorax  der  Insekten  stark  angcaefa wollen^  mit  wefaaem  PulTer  be- 
deckt war  nnd  nnr  in  ^tt  Mitte  selbat  einen  Beat  der  Chitinbant 
hatte  (Fig.  12).  An  den  Selten  de;»  Thorax  waren  RIaae  ent- 
standen, nnd  ans  diesen  kam  das  weiaae  Sporenpni^er  znm  Vorschein. 
Das  Abdomen  des  Chiron&mM»  hatte  die  gewöhnliche  normale  Grösse 
nnd  Breite.  Ans  dem  Thorax  endlich  traten  feine  aarte  weisse 
Fi  den  herror,  mit  denen  das  Insekt  an  die  lenchten  Wände  der 
Knfen  angeheftet  zn  sein  schien  (Fig.  12)  *j.  Unter  einigen  Hun- 
derten Exemplaren,  welche  ich  nntf^rsnchte^  traf  ich  drei  oder  Tier 
Male  anf  Chironcmus,  deren  Abdomen  gani  so  wie  bei  Culex  auf- 
geblasen,  nnd  die  dennoch  mit  den  Fäden  an  die  Unterlage  ange- 
heftet waren  (Fig.  13).  Wenn  man  daa  todte  Insekt  in  die  Höhe 
hob  und  es  von  der  Seite  betrachtete,  so  konnte  man  dentlich  bemer- 
ken, dass  der  Thorax  fast  gleichoiiasig  nach  allen  Seiten  aufgebla- 
sen ist  (Fig.  12*). 

Die  Larren  des  CAiranamus,  welche  an  tansenden  im  Wasser 
in  den  Kufen  nmherwimmelten,  blieben  gesnnd  nnd  ich  traf  nur  anf  ein 
Exemplar  (welches  hoch  Aber  der  Oberfläche  des  Wassers  sich 
befand),  dessen  Thorax  an  den  Seiten  aufgeplatzt  war;  durch  die 
^Mlten  konnte  man  die  weisse  pnderartige  Sporenmasse  sehen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  bestätigte,  dass  wir  es  wieder 
mit  einer  Entofnophthcra ,  die  sehr  der  Eni.  ccnglomerata  ähnelt, 
an  thun  haben. 

Wirklich  war  der  Innenraum  des  Thorax  mit  Stroma  angefüllt 
(Fig.  16),  dessen  Zellen  yerhältnissmässig  kleiner  als  bei  der  Eni. 
conglcmeraia  waren.  Dessen  ungeachtet  erzeugten  sie  Seitensprosse, 
die  sich  als  sporentragende  Schläuche  erwiesen. 

Die  Sporen  waren  am  Scheitel  zugespitzt  (Fig.  17  a,  18  a.  b.). 
Daa  Fortachleudem  der  Sporen  bei  der  Reife  geschah  auch  ganz 
so  wie  bei  Ent,  conglomerata  (Fig.  17*  a.  b). 

1)  Gegen  Ende  des  Sommers  (im  Juli  und  August)  bedeckten  die  todten 
C%srofioiRitf- Exemplare  massenweise  die  Balken  und  Bretter  der  Badehäuser, 
der  Bnmnen  u.  s.  w. 

26* 


,     894 

Bei  der  Keimung  im  WasMrtropf« 
eraeagte  die  Spore  entweder  ci»eit  «eil- 
lieben  Keimaclilaacli,  bei  desttt^n  Verilo- 
gerung  verlndcrle  sich  aucli  die  Foraidcr 
Spore,  Bio  wurde  rund  (Fig.  IT  ■.  b.); 
oderuiDgekebrt,  die  Spore  schwoll  «Bla^p 
aaf,  erhielt  eine  runde  Form  ond  tct- 
Ungerte  sich  erst  spAter. 

Unit  tQsn  die  Spore  nicht  im  WuMt, 
sondern  in  fouclitcr  Luft,  ao  envagl  m 
runde  sccundftre  Sporen  (SporidMo) 
(Fig.  18  8 — d.),  die  sehr  leicht  keimoi. 
Die  Iteob&chtnngeD  hinsichllicb  der  EbI- 
etehnng  der  sccnndären  Sporen  kann  DU 
leicht  anstellen,  wenn  man  di«  fortft- 
Bchleuderteo  Sporen  in  der  Nlbe  der 
todten  Körper  sacamell. 

Bei  der  Ansteckung  des  Chironomut 
mit  der  erwalmten  Entontojjkt/iirra-KH 
verwandeln  steh  die  Sporen  nicht  uomitlei- 
bar  in  die  parasitischen  SchläQclie,  aOnden 
bilden  immer  tocrat  seeundUre  Sporea, 
welche  eehr  bald  keimen  und  immer  tlefsr 
in  den  Thorax  eindringen.  Uabci  mUBB  ich  bemerken,  dass  dies  anch 
in  dem  Falle  gB«chiebt,  wenn  man  durch  einen  Stich  die  iSpore  ontcr 
diu  CbitiuhQlle  des  Thorax  hineinbringt.  Die  Spure  erzengt  dam 
gleich  secundfiro  Sporen. 

Es  ist  mir  nicht  geinngeu  die  Ansteckung  durch  die  Segmonle 
Lervormrufen,  ebensowenig  dnrch  das  UeberCragen  der  Entinttojikthota 
conglomerala  von  Culex;  in  beiden  Ffllleu  blieben  die  operirten  Uii4 
die  Eur  Vergleicbung  abgesonderten  Insekten  ganz  gesnnd. 

Auch  hier  entsteht  die  Schwierigkeit  der  unmittelbaren  Beobachtung 
der  ersten  Momeole  der  Ansteckung,  theils  durch  den  zarten  Bau 
der  IneektcD,  theils  dadurch,  daaa  die  Kiemplare  des  Cliironontua  ve^ 
hältnissmässig  seltner  als  Cu/fj' vorkommen,  und  ich  also  weit  weniger 
von  gesundem  Material  zur  Beobachtung  hatte,  als  im  ersten  Falle. 
Was  die  Fäden  bcIrilTt,  mit  denen  eich  die  Insekten  an  die  Unter- 
lage befcBtigen,  so  bestehen  sie  aus  unverzweigten  Btindeln  durch- 
faiciiliger  mit  Scheidewänden  versehener  FaserscbUucbe  (Fig.   15). 

Bemerkenswertb  ist  nocb  folgende  Thatsache.  Versetzt  man  ein 
eben  gestorbenes  Insekt  mit  denselben  Stückohen  Holx,  u  welciiet 


68  befestigt  igt,  in  feuchte  Liijft,  lo  veiiiagem  sdk  die  fparabfl- 
denden  Schlinche,  die  ans  den  Speltes  des  Thorax  herw^nkammemj 
sehr,  ohne  FortpflanniiigBorpuie  ra  enevges  aid  TerwaideiB  iich 
in  lange  eilberweisee  Fasern,  denen  ganz  ihnlieL  mittelst  welchen 
das  Insekt  angeheftet  ist  und  die  man  Haftfasern  oder  Hanito- 
rien  benennen  kann*). 

Die  Krankheit  des  Chironcmuä  gehdrt  also  eben£ül8  zn  einer 
Eniomophthora-Aii]  nnd  obgleich  diese  sehr  der  E%L  amghmerfUa 
Shnelt,  so  mnss  sie  dessen  ungeachtet,  —  der  Form  der  Sporen, 
der  besflglichen  Grösse  nnd  hanptsichlich  des  Vorhandenseins  der 
Hanstorien  wegen,  —  zn  einer  besonderen  Art,  die  ich  Ento- 
mophthora  rimoaa  (risstge  Eniomophihora)  benennen  will,  ge* 
aihlt  werden. 


Bei  einem  Exemplare  einer  kleinen  grilnen  Fliege,  die  ich  lei- 
der nicht  näher  bestimmen  konnte  imd  die  sieh  onter  den  todten 
Chiranomus  befand,  bemerkte  ich  dasselbe  Aofblasen  des  Thorax 
(Pig.  19). 

Die  mikroskopische  Untersnchnng  bezeugte,  dass  aach  hier  Ento- 
mophthora  rimoaa  sich  entwickelt  hatte.  .Sowohl  die  OrAsse 
der  Sporen,  als  ihre  Form  und  auch  die  Stromazellen  mit  Flausto- 
rien  —  waren  die  nimlichen.  Ob  die  Fliege  durch  kranke  Ckiro" 
nomus  angesteckt  war,  konnte  ich  nicht  ermitteln. 


3)  Ein  EfUomophthora  in  Mflcken  hat  schon  A.  Braun  gefun- 
den, von  ihm  Empusa  Culicü  genannt,  „die  sich  Ton  E,  MiMcae 
durch  um  die  Hälfte  kleinere  Verhältnisse  aller  Dimensionen  (Durch- 
messer der  Wurzelschläuche  ^^ — Thi'"    l^i*^^ — ^i^    Mik.),    der 


Fruchtschläuche  ^^  —  7^0'"  (11,25— 12,5  Mik.),  der  Sporen  ^J„'" 
(9  Mik.)  und  durch  blau-grflnliche  Farbe  unterscheidet^ ;  er  fand  sie 
während  des  ganzen  Sommers  am  Rande  Ton  WasserflMsem  des  Ber- 
liner botanischen  Gartens  an  absterbenden  Mflcken  (Culex  pipien$), 
an  deren  Thorax  sie  mit  horizontalem  geschlossenem  Gfirtel,  zwischen 
den  Segmenten  des  Abdomen  dagegen  mit  engeren  yertikalen,  auf 
der  Unterseite  unvollständigen  Gflrteln  hervorbricht^).  Eidam 
macht  hierzu  nach  mündlichen  Mittheilungen  von  A.  Braun  die 
Bemerkung,    dass  die  Mflcken   schon  bei  ihrem  ersten  Ansschlflpfen 


1)  Die  Fasera,   welche  Haustorien  bilden,  sind  im  Thorax  an  die  Stroma- 
zcUen  angeheftet. 

S)  A.  Braan,  Alganim  unicellularium  genera.  Lips.  1845  p.  105. 


39g 

aua  der  Puppe  mit  Jeni  Pi)2  behaftet  aeien;  da  nnn  die  CvlAouin 
ihrcu  ganzen  Larven  saatand  im  WaBser  Enbringea,  so  mlUeeo  di« 
Larven  von  den  Spoioii  gerade  in  dem  Augenblick  getroffen  wer- 
den, wo  sie  nm  Atbem  za  schöpfen,  an  die  Oberfläche  du  WaaMri 
kommen').  Fresenius  führt  den  Pilz  der  Mücken  a]s  Enterntt^ 
phthora  Culici»  irnf,  und  giebt  an,  daaa  er  gewissermassen  ein  Üioti- 
nutivum  des  Fliegenpilzes  darstelle,  die  kleiusten  Sporen  von  all» 
Ärt«n  besitie;  diese  hnben  >m  obern  Ende  bitld  ein  Spitseben,  b«M 
fehlt  ei  ihnen,  auch  fand  er  noch  nicht  bi«  £ur  Sporeaentwiekeltac 
vorgcschriltcDe  Fäden  bereits  dreiiellig'];  die  Dicke  der  Ftdea  an 
nicht  angeschwollenen  Theil  giebt  er  anfy^ —  ^  ■"  =  5 — 6,6  MQl, 
die  der  Sporen  auf  ^^  """^  =  1 1,5  Mik.  an. 

Ausserdem  beschreibt  Fr  esenius  eine  £.  Tiputae,  veleho  T.Hej- 
den  an  eiuer  grödacren  Tt'pufa  gefunden,  die  todt  und  ohne  PlOg«! 
am  Schilf  sass;  ihre  ovalen  Sporen,  mit  kurzem  breitem  abgrraide- 
tem  Vorsprung,  an  der  Basis  ohne  Oelkero,  sind  ^,  —  Ö  ""  ^ 
33,3—40  Mik.  lang.  Uit>  Fiiden  lan;r,  schlank,  leicht  trennbar,  ein- 
lelne  vierzeUig,  j^  — A  ""  ("'  "i'  Mik.),  Farbe  des  InltalU 
der  Fäden  und  Spon^n  grtt  dich- bräun  lieb;  im  ersteren  sahlreicbe 
VaoQolen ' ). 

Aus  obigen  nnvollkommenon  Boscbrcibangen  Usst  sioli  wellt  i 
erkennen,  in  wie  weit  die  von  uns  beschriebenen  Entowvophthorem 
mit  schon  frfiher  beobachteten  Arten  Übereinstimmen.  Die  GrOsaei»- 
verhällnisse  nnaerer  auf  Cutej-  gefundenen  Enf.  rtni^lomenUa  eriBn«ni 
an  E.  Tipxdae  Freneu.,  doch  stimmt  weder  die  Sporenforra,  noch 
das  Vorkommen  an  verschiedenen  Thiergattungen.  Auf  drr  andera 
Seite  erinnert  das  Aussehen  der  Thorairinge,  wie  die  winii^co 
Dimensionen  und  die  glockigen  Sporen  unserer  auf  Chironomu*  wach- 
senden E.  rimoaa  an  E.  Cvlici»  A.  Br.  (Fresen.)  do^h  sind  bei  leti- 
terer  die  so  charakteristischen  Uaftfasem  nicht  beobachtet  wordan. 
Ich  glaube  hiernach  mich  berechtigt,  die  von  mir  beobachteten  Ettt^ 
mophlltoroArlen  als  noch  nicht  bcachriobon  anzunehmen,  und  mit 
neoen  Namen  in  bezeichnen*). 

Kasan,  den  36.  December  18Tti. 

'1  Eidam,  Gegenwärtiger  Standpunkt  der  Myculogiu  IST:!,  p.   155. 

*)  Fresenius.  üIkt  die  Pilcgaltung  iÄiiamophikora.  Abhaiidl.  der  !j«ukri]' 
bcrgschen  GeselUthaft  II.  p.  SOfi.  Tab.  IX.  Fig.  «—45, 

»I  Ebendaselbst  p.  206.  Fig.  4G-50. 

*)  In  meiner  „Vorläufigen  Mittheiluag  über  einige  jSnfomopllAarB- Arten" 
Uedu'igia  1370  No.  10,  hat  sieh  ein  Fehler  eingesehliehen:  üntomophltnrm 
AphidU  Freien,   ist  nicht  eins  und  dasselbe  was  £'iif,  Pianchottitma  Comu. 


> 


Erklärung  der  Abbikhingen. 


An«  Fiear»,  uMcr  der  I,  12,  19«,  12,  14,  ud  If,  nnd  bei  SWficbw  VcrfröMeruf  gCMictoel) 

Tafel  Xin. 
Satomopliihfni  conyloMWili  Fig.  1 — ^U. 

Fig.  1.  Eine  von  Bmtamtopktkarm  eomfiamemtm  m.  gctödtete  Mücke.  (VergrÖM. 
durch  die  Lupe.) 

Fig.     2.     Spore  der  Eniomopkthora  ean^lowteraia. 

Fig.    3—5.    Die  auf  der  Oberflache  des  Insektes  keimenden  Sporen. 

Fig.  6.  Reimende  Spore:  der  Keimsddaoch  tbeüt  sich  durch  Scheidewände; 
das  Protoplasma  befindet  sich  nur  iu  der  letzten  Abtheilung  des 
Schlauches. 

Fig.  7.  Eine  Zelle  aus  dem  Abdomen  der  Mfieke,  mit  dem  strömenden  Pro- 
toplasma.   Die  Richtung  der  Bewegung  ist  mit  Pfeilen  bezeichnet. 

Fig.  7*.  Aehnliche  Tcrzweigte  Zelle  durch  nur  eine  Scheidewand  getheilt.  In 
der  einen  Hälfte  befindet  sieh  das  Protoplasma,  die  andere  ist  nahezu 
inhaltsleer. 

Fig.  8.  Zellen  der  Stroma  (a.  a.)  und  die  auf  verschiedenen  Entwicklungs- 
stufen befindlichen  Sporentragenden  SchlSuche.    Sp.  junge  Spore. 

Fig.  9.  A.  B.  C.  Stroma  aus  der  Mitte  des  Abdomen  der  Mücke,  zz  sporen- 
tragende Schläuche. 

Fig.  10.    Ein  sporentragender  Schlauch  nach  dem  Fortschleudern  der  Spore. 

Fig.  11.  Eine  eben  fortgeschleuderte  und  in  einem  Tropfen  Protoplasma 
liegende  Spore. 

Entomophthora  rimoia.    Flg.  12 — 19. 

Fig.  12.  Zwei  Exemplare  Ckironomut  sp.  von  Entomophthora  rimogam  getodtet 
(durch  die  Lupe  vergrössert). 

Fig.  12*.  Ein  von  der  Entomophthora  rimota  getödtetes  Exemplar  von  Chiro- 
nomuSf  welebes  von  dem  Substrat  herabgenommen  und  von  der  Seite 
gezeichnet  ist    (Vergröss.  durch  die  Lupe.) 


898 

Ausashninweiscr   F&it    dt^r   Enttvicklung   ier   Snltmophihem  naoM 
wetchp  snwolil  Jen  Thorax  aU  aiicli  daa  AbdumtMi  bpschUigt  hu. 
Auaoah  ms  weiser   Fa!l    dfr   Entwicklung    des   Entmiaphik^m    cBWa 
im  Thorax  der  Cftironommlarve. 
.  lA.     Ein   Bündel    der   Fascm,    welche   eine   llaftraser    oder   HansiArion 

Sporentragendc  Schiiuche  van  versohledeiitm  Alter  mit  Siruina  u. 
a — b.     In  einem  Waascrtropfcn  keimende  Sporen. 
'  o.  b.     Id  Tcuclitcr  Luft  kcimeode  Sporen   der  £n<«in«pAlfcor«  riaM^ 
welche  Beoundire  Sporea  bilden  (b), 

.  IS.    a)  Spore,  die  eine  accundire  Spore  (Spon'die)  bildet,  b)  mIIii 

Spore,  c)  d)  keimende  secimdlre  Sporen. 
,  19.     £ine  kleiac  grüne  Fliege  durch  Entoiiioplil)tara  riaujta  ^tSdtct.    (Dniti 
die  Lupe  vergrösaert, ) 


J 


> 


üntersucliimgeii  ftber  Bacterien. 

VL 

Yerfiüiren  zax  Vntenachnng,  nun  Conserviren  nnd  Fhotographiren 

der  BaoteiieiL 

Von 

Dr.  Koch, 

Kreispbysikns  in  Wollstein. 
Hierzu  drei  Tafeln  Pbotognmme  in  Liehtdrack  XIV.  XV.  XVL 


1.  Die  letzten  Jahre  haben  erhebliche  VerbesseniDgen  in  den 
Methoden  znr  üntersnchnng  der  Bacterien  gebracht.  So  hat 
namentlich  die  durch  Dr.  Weigert^)  ▼enrollkommnete  Haematoxy- 
linftrbnng  wesentlich  aar  Kenntniss  der  Bacterienverbreitnng  in 
thieriBchen  Oeweben  beigetragen.  Von  Dr.  Salomonsen^)  ist 
eine  eigenthflmliche  Art  von  Gultnr  der  Bacterien  in  langen  Olas- 
capillaren  angegeben,  vermittelst  deren  es  gelingt,  die  verschiede- 
nen Formen  der  Bacterien  im  CanleDden  Blate  mehr  oder  weniger 
zu  isoliren.  Dnrch  verbesserte  and  vielfach  modificirte  Impfmetho- 
den, besonders  durch  die  Benatznng  der  Cornea  als  Impfstelle')  ist 
unsere  Kenntniss  Aber  das  Wachsthum  der  Bacterien  im  thierischen 
Körper  und  die  vorzugsweise  bei  septischen  Processen  auftretenden 
Bacterien  gefordert     Indessen   bleiben   noch   manche   Hindemissei 


1)  Beschrieben  in  Billroth  und  Ehrlich,  Untersuchungen  ober  (7oeeo6ae- 
teria  $eptiea.  Langenbeck's  Archiv  für  Chirurgie  Bd.  XX.  p.  403.  In  neuester 
Zeit  hat  Dr.  Weigert  die  Anilinfarbung  zum  Nachweis  von  Bacterien  in 
thierischen  Geweben  angewandt  und  ausgezeichnete  Erfolge  damit  erzielt. 

*)  C.J.  Salomonsen:  Studi&r  over  hlodetsforraadnelse,  Kopenhagen  1 877. 

S)  Frisch:  Experimentelle  Studien  fiber  die  Verbreitung  der  Fäulniss- 
organismen in  den  Geweben  und  die  durch  Impfullg  der  Cornea  mit  pilzhalti- 
gen  Flüssigkeiten  hervorgerufenen  EntzQndungserscheinungen.    Erlangen  1874. 


400 

welche  sirli  der  genauen   Erforseliung  der  Bucterien  ent^^tutcllen, 
in  UberwindeD. 

Die  erheblinhsteD  Schwierigkeiten  verursachen  die  bringe  GrtMe, 
die  Beweglichkeit,  die  einfache  Form  der  Racterien  und  ihr  Hang«! 
an  FürboDg  oder  stärkerem  Lichtbrechungaverinögeu. 

Wenn  die  ßacterien  auch  noch  kleiner  wären,  als  man  «i«  bi> 
jetEt  gefunden  hdt,  so  wilrde  zwar  dieser  Umslaud  allein  noch  nirlil 
das  Erkennen  derselben  vermittelst  der  stärksten  t mm ersionssy steint 
Terbindern;  denn  manche  noch  recht  scharf  sn  unterscheidende  Linicv- 
systeme  auf  Distomaceenschalen  sind  bei  Weitem  feiner  als  die 
durch  eine  Gruppe  der  kleinsten  ßacterieu  bedingte  Zeicknong. 
Erst  dadurch,  dasa  diese  kleinen,  nicht  mit  scharfen  Umriaaen  vc^ 
aehenen  Körper  eich  in  der  lebhafl^sten,  selbständigen  Bewegmng 
oder  in  nnaufhürlicber  zitternder  Mokkularbewcgung  befinden,  wtf 
den  sie  ein  ho  achwierigee  Untersuchongsobjekt- 

Es  Ist  gradezu  ein  Ding  der  Unmöglichkeit,  in  einem  Schwua 
von  Bacterien  ein  Exemplar  so  zu  lixiren,  dass  man  eine  geiwae 
Ueasiing  desselben  vornehmen,  oder  eine  genllgunde  Zeichnung  daros 
entwerfen  könnte.  Bald  tanzt  Jas  winzig«  ätitbchen  oder  KUgelchen 
tur  Seite  und  Terscbwiudct  iu  d<  m  dichten  Haufen  der  Übrigen  Bu- 
terien;  bald  erhobt  es  sich  Über  die  Einsteltangsebone  od«r  UDcbl 
unter  dieselbe  hinab.  Aber  aucii  wenn  sich  die  llaclerien  zu  rihea- 
den  Zoogloeamsssen  vereinigt  finden,  erseheincn  sie  nicht  wie  eia 
Haufen  von  deutlich  abgegrenzten  Körpern,  sondern  vermOga  ibr« 
geringen  Lichtbrechung«  vermöge  na  machen  si<^  vielmehr  den  Kindrnck 
eines  wolkeniihnlicheD  ticbildc»,  dessen  Zusammenselznng  aus  «tusel- 
aen  Kllgelchcu  uder  Slitbchen  fast  niciit  mehr  zu  erkennen  ist. 

Fast  eben  so  hemmend,  wie  diese  in  de»  Baclurii-a  selb«!  fi»- 
genden  Hindemisse,  scheint  mir  auf  die  Baclerienfnmchnng  dor  L'sh 
ttand  gewirkt  zu  habe»,  duws  es  bis  jetzt  an  einem  Verfahren  gefielt 
bat,  die  Bacterien  in  ihrer  nalllrliehen  tieatnll  und  Lagerung,  atwur 
wenn  sie  thierischen  Geweben  eingebettet  sind,  tn  conserTir«n  und 
Abbildungen  derselben  herznalellen,  welche  von  jeder  wÜlkUrlieheB 
oder  nnwillkQrlichen  Entstellung  frei  sind. 

Ich  bnincho  wohl  nicht  den  Nutzen  auseinander  an  setzen,  wel- 
chen Sammlungen  mikroskopischer  PrAparatef  Ur  das  Studium  haben, 
nnd  wie  die  Mltlheilung  wichtiger  Befunde,  durch  Einsendung  ««aacr- 
virter  Prlparatean  anditre  Mikruskopiker  znr  Berichtigung  eines  fabchen 
Urthcils,  zum  schnelleren  Bekanntwerden  einer  Entdeckung  dienen. 
Wie  manche  uiivollkcmmene  Beubachtung  und  wie  manche  falsche 
Behauptung  Über  das,    was   die  Bacterien  gethan   oder  nicht  gethu 


J 


401 

haben  aollen,  wftre  nieht  in  die  Oeffentliehkeit  gelang^  nnd  hfttte  die 
Bacterienliteratar  sn  einem  trüben  Strom  anschwellen  lassen,  wenn 
ein  Jeder  das,  was  er  gesehen  hat,  in  beweisenden  Präparaten  andern 
Forschem  vorgelegt  hätte* 

Wenn  man  die  Spirochaete  plicatäü  und  die  Spirochaeie  des 
Zahnschleims  in  Samminngen  mikroskopischer  Präparate  finden  nnd 
sich  leicht  von  ihrer  eigenthttmlichen  Form  flbersengen  könnte,  wie 
wäre  es  dann  wohl  möglich,  dass  selbst  in  neuester  Zeit  noch  die 
Existenz  der  ersteren  bezweifelt  nnd  die  letztere  mit  der  Spirochaete 
des  Rflckfalltyphns  verwechselt  warde ' ). 

Bei  andern  Natnrgegenständen,  welche  sich  nicht  conserviren 
lassen,  vermag  man  sich  wenigstens  durch  bildliche  Darstellung  zn 
helfen,  aber  auf  die  Bacterien  lässt  sich  dieser  Ausweg  leider  nur 
sehr  unvollkommen  anwenden.  Es  scheint  zwar  von  vornherein 
unglaublich,  dass  so  einfach  gestaltete  Körper  nicht  leicht  zu  zeich- 
nen seien,  und  doch  ist  es  so.  Es  kommt  hier  oft  selbst  bei  den 
grössten  Bacterien  aaf  äusserst  geringe  Grössenunterschiede  an  und 
die  Zeichnung  erfordert  so  zarte  und  weiche  Linien,  dass  die 
naturgetreue  Wiedergabe  der  Bacterien  schon  eine  aussergewöhn- 
liche  Sorgfalt  beansprucht.  Und  dennoch  bleibt  es  fraglich,  ob  auch 
die  kleinsten  Formen  so  gezeichnet  werden  können,  dass  die  Abbil- 
dung genau  dem  Original  entspricht  und  nicht  zu  Verwechslungen 
mit  ähnlichen  Formen  fahrt.  Die  meisten  Abbildungen  sind  rein 
schematisch  gehalten  und  vernachlässigen  die  Grössenverhältnisse  so 
sehr,  dass  es  unmöglich  ist,  dieselben  zum  Vergleich  mit  der  Wirk- 
lichkeit zu  benutzen.  Manche  sind  so  nachlässig  angefertigt,  dass 
Oberhaupt  nicht  mehr  zu  erkennen  ist,  ob  der  Autor  auch  wirkliche 
Bacterien  gesehen  bat.  Wie  wenig  derartige  Abbildungen  zum  Be- 
weis einer  möglicherweise  ganz  richtigen  Beobachtung  dienen  kön- 
nen und  dass  sie  niemals  zur  Verständigung  aber  Streitpunkte  fah- 
ren werden,  muss  einleuchten. 

Um  die  hier  angedeuteten  Hindernisse  zu  überwinden,  habe  ich 
ein  Verfahren  angewandt,  welches  kurz  zusammen  gefasst  darin 
besteht,  dass  die  bacterienhaltige  Flüssigkeit  in  sehr 
dünner  Schicht  auf  dem  Deckglas  eingetrocknet  wird, 
um  die  Bacterien  in  einer  Ebene  zn  fixiren,  dass  diese 
Schicht  mit  Farbstoffen  behandelt  und  wieder  aufge- 
weicht wird,  um  die  Bacterien  in  ihre  natürliche  Form 
zurückzuführen  und  deutlicher  sichtbar  zu  machen,  dass 


1)  Heydenreich:  Ueber  den  Parasiten  des  Rückfalltyphus  p.  40  u.  44. 


402 


r.tp« 


das  ao  güwoniiene 
keiten  eingeschlo 
von  naturgetreueo  Abbiidnn 


in   coRserTirende   Flflitif- 
chlieaeüch  zur  UerstcilDBg 
eil  photogmphirt  wird. 
Die  einzeloen  Theile  dieses  VerfabreD8  vcrie  ich  ddd  «ingcbcad« 
beacbreibea : 

'2.  Sintroe-kneti,  OioHenteUungeinerdQQnen  Trockenecbicbt  itlMlir 
einfach.  Nachdem  man  sich  vorher  durch  UntersncliDUf:  einer  Plflulg- 
keit  Über  ihren  Gehalt  an  Bacterien,  fiber  die  Fona  der  letttern  ood 
ihre  Bewegungen  in  gewöhnlicher  Weise  orienlirt  bat,  nimmt  man  mit 
der  Spitze  eines  Skalpells  ein  Tröpfchen  der  FlOasigkeit,  z.  B.  faul»- 
des  Blat,  Zahnschieim,  die  oberste  Schiebt  von  Tanleuden  Infnaloaea 
und  dergl.  nnd  breitet  dasselbe  durch  einige  kreisförmige  Bewegnogai 
2D  einer  runden  etwa  ei  Den  halben  Oentimeter  breiten  ra6glidiat 
dUnnen  Schicht  aus.  Man  legt  das  Deckgläseben  hteranf  zweokmftaMgar 
Weise  auf  einen  bohlen  ObjekttrSger  and  nntersncht  das  TröpfoliCB 
nochmals,  ob  es  auch  die  früher  beobachteten  Formen  in  ^Oaaerer 
Zahl  enthält.  Je  consistenter  die  FlUsaigkeit  ist,  um  so  kleiner  Dosa 
dae  Tröpfchen  genommen  werden  und  es  ist  dann  vortbeilbaft,  dl« 
Hasse  strichförmig  anf  das  Deckglas  zu  bringen. 

Die  Substanz  ist  stets  in  einer  so  ilUnnen  Schicht  anBEUbreiteD, 
dass  die  Bacterien,  BlntkOrpercheo  u.  s.  w.  sich  nicht  decken,  son- 
dern von  einander  dnrch  kleinere  oder  grössere  Zwi sehen rllnae  ge- 
trennt liegen.  Je  dltnner  die  Schicht  geworden  ist,  nm  ao  HChDeller 
trocknet  sie  natürlich  ein.  Uewöbnlich  ist  das  Präparat  schon  nacb 
wenigen  Minuten  znr  weiteren  Bearbeitung  fertig.  Eiwei  seh  altig« 
FlOssigk eilen,  namentlich  Blut,  lässt  man  etwas  IMnger,  womöglich 
einige  Stnnden  trocknen.  So  zubereitete  Deckgläschen  kann  man 
indessen  anch  Wochen  nnd  selbst  Monate  lang,  nnr  vor  Staab  geeebütat, 
aufbewahren,  ohne  dags  sich  die  angetrockneten  Bacterien  vertnderiL 
Es  ist  dies  in  sofern  sehr  vortheilhafl,  als  sobald  die  Umstünde  die 
sofortige  weitere  l'ntersnchnng  nicht  znlassen,  man  die  Präparate  aar 
10  weit  herstellt  nnd  spftter  weiter  bearbeitet.  Ich  habe  mir 
^n  Kästchen  füt  zwanzig  Deckglaschen  maoben  lasdeo,  welches  ebe«< 
BO  eingerichtet  ist,  wie  die  zur  Ann>ewabrDng  der  mikroskoplsofau 
Priparate  gebrauchten  Kasten;  dasselbe  führe  Ich  stets  bei  mir  Bad 
bin  dadurch  leicht  in  den  Stand  gesetzt,  bei  Sectionun,  am  Kranken- 
bette oder  bei  andern  Oolegenheiten  Proben  von  Flüssigkeiten,  weJcbe 
Ich  auf  Bacterien  unterancben  will,  jederzeit  an  sammeln.  Deckglla- 
ehen  mit  angetrockneten  llaeterien  lassen  sich  auch  gut  verModea. 
L  8o  habe  ich  beispielsweise  durch  W^rmittlnng  von  Prof.  P.  Cofan 
LDeckgliacbcn    mit    angetrocknetem     Ktlckfalltfphna-Blnt    von    Dr. 


408 

Albrecht  in  Petersburg  erhalten,  welches  sich  ganz  ebenso  wie 
andere  Blutproben  prftpariren  and  zum  Photographiren  der  darin  ent- 
haltenen Spirochaeten  benatzen  Hess  (cf.  Taf.  XVL  Fig.  7  o.  8)^). 

Einen  weiteren  Vortheil  gewährt  das  schnelle  Eintrocknen  da- 
durch, dass  in  der  Zeit  von  der  Entnahme  der  Flassigkeit  bis  zu  der 
Untersuchung  derselben  ein  Entwickeln  oder  Eindringen  fremder 
Bacterienarten,  wie  es  bei  anderen  Untersuchungsverfahren  gewiss 
schon  vorgekommen  ist,  hier  unmöglich  ist. 

Oegen  dieses  Trocknen  der  Bacterien  muss  natfirlich  der  Ein- 
wand erhoben  werden,  dass,  wie  die  Erfahrung  an  andern  mikros- 
kopischen Gegenständen  lehrt,  dadurch  die  Gestalt  der  Bacterien  in 
erheblichster  Weise  verändert  werden  muss.  Auch  ich  war  anfangs 
davon  flberzeugt  und  hofifte  erst  durch  das  Aufweichen  die  Ursprung 
liehe  Form  wiederzuerhalten.  Aber  schon  bei  den  ersten  in  dieser 
Richtung  angestellten  Versuchen  sah  ich  zu  meinem  Erstaunen,  dass 
die  Bacterien  nicht,  wie  die  meisten  Infusorien,  Monaden,  mikros- 
kopischen Pflanzen,  zerfliessen  oder  zu  unförmlichen  Massen  zusammen- 
schrumpfen, sondern  wie  ganz  starre,  von  einer  SchleimhflUe  um- 
gebene Körper  vermittelst  dieser  Schleimhülle  am  Glase  ankleben 
und,  ohne  ihre  Gestalt  namentlich  in  Länge  und  Breite  merklich  zu 
ändern,  eintrocknen.  Dass  es  sich  in  der  That  so  verhält  und  dass 
jede  Bacterie  eine  schleimige,  für  gewöhnlich  unsichtbare  Hfllle  be- 
sitzt, lässt  sich  aus  andern  Verhältnissen  (Zoogloeabildung)  scUiessen*), 
ist  aber  auch  nach  dem  Eintrocknen  sofort  daran  zu  erkennen,  dass 
der  Bscterienkörper  von  einem,  je  nach  der  Beschaffenheit  der  zu- 
gleich mit  eintrocknenden  Flüssigkeit  mehr  oder  weniger  deutlich 
zu  erkennenden  scharf  begrenzten  glashellen  8aum  umgeben  ist. 
Meistens  werden  zwar  beim  Eintrocknen  der  Flüssigkeit,  in  welcher 
Bacterien  sich  befinden,  letztere  von  einer  Decke  coiloider  oder 
krystallinischer  Masse  so  überzogen,  dass  sie  nur  undeutlich  zu  er- 
kennen sind.  Aber  am  Rande  des  eingetrockneten  Tropfens  findet 
man  sehr  oft  einzelne  isolirte  Exemplare,  welche  sich  vortrefflich 
dazu  eignen,  um  sich  von  der  Beständigkeit  der  Gestalt  beim  Ein- 
trocknen des  Bacterienkörpers  zu  überzeugen.  Die  einzigen  auf- 
fallenden Veränderungen,  welche  vorkommen,  bestehen  in  der  Ab- 
plattung der  kugligen,  gelappten  oder  verzweigten  Zoogloeamassen 
und  in  der  Verwandlung  schraubenförmiger  Körper  in  eine  Wellen- 


1)  Schon  Ehrenberg  empfiehlt  rasches  EintrockDcn  als  Aufbewahrungs- 
mittel  mikroskopischer  Organismen  in  Sammlangen:  Infusionsthierchen  1838 
p.  XVU.      s)  Vergl.  F.  Cohn,  Beiträge  zur  Biologie  I.  2.  p.  138. 


404 

ünie.  Dieser  Uebelstand  lisst  sich  indeBSen  dadnrcli  li-iclit  vemwidra, 
dasa  mau  sofort,  nachdem  die  letzte  Rpur  von  sichtbarer  FeiKhric- 
keit  vom  Deckglas  verschwunden  ist,  das  Präparat  in  der  «pll«t 
aningebendcn  Weise  wieder  anfweicbt.  Die  Schleimhlllle  d«r  Ba^ 
terien  qaillt  dann  voIJstftadig  wieder  auf  und  gestattet  dem  Kooifloea' 
häufen  oder  der  Spirale  ihre  nat'lrlichc  Gestalt  wieder  einsaiMliniriL 
Znm  Beweise  dea  Gesagten  verweise  ich  auf  die  PhotogramiBe  der 
Zoogloea  ramigern,  Tfif.  SIV.  Fig.  1  u-  i  nnd  des  Spirillutn  uiidula, 
Taf.  XIV.  Fig.  3,  deren  zugehörige  Präparate  in  dieser  Weise  Ge- 
bändelt wurden.  Feine  Spirillen  mit  schmalen  Windungen  verlieiea 
10  wenig  durch  das  E)introckn'>n  an  ihrem  natOrlicben  Anasebett, 
dass  man  sie  in  getrocknetem  Zustande  conserviren  and  pbotographlm 
kann.  Beispiele  hierfür  sind  die  Photogramme  der  Spiroebaete  dea 
Zahnachleims  Taf.  XIV.  Fig.  H,  und  der  Oeiselftden  der  BacMIek, 
(Taf.  XIV.  Fig.  i)  u.  6),  welche  nach  trocknen  Präparaten  angefertigt 
sind.  Sie  mögen  zugleich  als  Beweis  dafür  dienen,  das«  das  Bia- 
Irocknen  allein  eine  wesentliche  Hülfe  beim  untersuchen  der  Bae- 
terien  leisten  kann,  indem  es  die  Zahnspirochaeten,  welche  im  Speichal 
wegen  des  geringen  ßrechnngsnnterscbiedes  sehr  blaas  eturbciDra, 
nach  dem  Verdunsten  der  Flüssigkeit  aneserordentlich  deutlich  werden, 
und  die  in  FlUBaigkeiten  ohne  Fftrbnnf:  ongemeiD  schwer  aiclitbim 
Oeiselftden  sofort  zum  Vorscheiu  kommen  llsst. 

Auf  eine  eigenthUmliche  Veränderung,  welche  die  Hilabrandbaeinei 
beim  Eintrocknen  erleiden,  komme  ich  spXle.r  bei  der  Beachraibitac 
der  PhnioKramrae  aurUck. 

3.  Aitfireichen  und  Fiirhen.  Der  üweite  Abschnittdes  Verfahre«  be- 
steht in  <iem  Aufweichen  und  Färben  der  getrockneten  BaclerieaacbichL 

Bringt  man  ein  mit  getrockneter  Bacterienschiobt  vereebeitaa 
Deckglas  in  deslillirtcs  Wasser  oder  Ulycerin,  dann  löst  sieb  die 
Schicht  schnell  auf  und  wird  vom  Glase  fortgeschwemmt.  Für  sioh 
allein  genommen  sind  dah<-r  diese  Flllssigkeiten  aur  weitrreii  IMk- 
paralion  der  Baclerienscbicht  nicht  au  gebrauchen. 

Durch  Einlegen  des  Gläschens  in  absoluten  Alkohol,  noch  besavr 
in  eine  Lösung  von  Ohromsäure  (0,&i|l,  llist  sich  die  Schicht  ao- 
iQslicb  in  Wasser  und  Glycerin  machen,  aber  eine  onerwOntdll« 
Nebenwirkung  dieser  erliärtenden  FiQsaigkeiten  besteht  darin,  data 
die  Schleimbulle  der  Bacterien  nicht  mehr  aufquillt  und  deswegen 
die  Bacterien  fest  am  Glase  angcpresst,  oder  in  die  coagulirte  Grand- 
Substanz  eingebettet,  ihre  nattirliche  Gestalt  nicht  wieder  annebiDen 
können.  AU  ein  Mittel,  um  die  Schicht  wieder  aarzuquellen,  oha« 
dasB  sie  sich  vom  Glase  ablöst,  hat  sich  mir  eine  Lösang  von  tmig- 
saurem  Kali   (I   Theil   auf  i  Theile   dost  Wassers)    erwiesen.     1 


405 

Baeterien  nehmen  in  derselben  vollkommen  ihre  nrsprflngliehe  Form 
wieder  an,  werden  aber  blasser  and  durchsichtiger  als  sie  waren. 
Für  grössere  Formen  ist  dies  kein  Nachtheil,  ebenso  anch  nicht  f&r 
sporenhaltige  Baoterien,  da  bei  diesen  die  Sporen  stark  glänzend 
bleiben,  also  anch  dentlich  zn  sehen  sind.  Eine  weitere  vortreffliche 
Eigenschaft  der  Lösung  von  essigsaurem  Kali  ist  die,  dass,  nachdem  die 
Bacterien  aufgequollen  sind,  sie  sich  in  derselben  nicht  weiter  ver- 
ändern. Man  kann  daher  diese  Flüssigkeit  zum  Conserviren  des 
Präparates  verwenden  und  letzteres  sofort  verkitten.  Präparate, 
welche  ich  vor  sechszehn  Monaten  in  dieser  Weise  angefertigt  habe, 
sind  bis  jetzt  noch  ganz  unverändert  und  werden  sich  vermuthllch 
auch  noch  lange  Zeit  halten.  In  den  meisten  Fällen,  namentlich  wenn 
es  sich  um  die  kleinsten  Formen  handelt,  werden  indessen  die  Bacterien 
zur  genaueren  Untersuchung  und  zum  Photographiren  zu  blass  und 
es  ist  dann  nothwendig,  sie  durch  Farbstoffe  deutlicher  zn  machen. 

Die  verschiedensten  Farbstoffe,  welche  in  der  Mikroskopie  und  in 
der  Färberei  benutzt  werden,  habe  ich  versucht,  aber  von  allen  eig- 
nen sich  die  Anilinfarbstoffe   am  meisten   zur  Färbung  der  Bacterien. 

Letztere  nehmen  die  Anilinfarben  mit  einer  solchen  Sicherheit, 
so  schnell  und  so  reichlich  auf,  dass  man  diese  Farben  als 
Beagens  zur  Unterscheidung  der  Bacterien  von  kry- 
Btallinischen  und  amorphen  Niederschlägen,  auch  von 
feinsten  Fetttröpfchen  und  anderen  kleinsten  Körpern 
benutzen  kann.  Ausserdem  wirken  die  Anilinfarben  in  ihren 
wässrigen  Lösungen  ganz  ähnlich  wie  das  essigsaure  Kali,  indem 
sie  die  Schicht  aufweichen,  aber  nicht  vom  Glase  ablösen.  Unter 
den  Anilinfarben  habe  ich  anfangs  nur  die  im  Wasser  löslichen 
benutzt  und  zwar  vorzugsweise  Methylviolet  und  Fuchsin.  Die  fibri- 
gen,  namentlich  Safranin,  Oelb,  Eosin,  Oran^^e,  Methylgrfln,  Jodgrttn, 
Blau  fllrben  nicht  so  kräftig  und  sind  auch  nicht  beständig.  Fttr 
einzelne  Objekte  eignet  sich  Fuchsin  besser,  da  es  nicht  so  intensiv 
Arbt  wie  Methylviolet.  Gewöhnlich  jedoch  giebt  das  letztere  die 
besten  Resultate.  Von  den  verschiedenen  Farbenabstufungen  des 
Methylviolet  habe  ich  die  blauen  (in  den  Preislisten  tlber  Anilin- 
farben mit  Methylviolet  BBBBB  bezeichnet)  mit  Vorliebe  angewandt. 

Später,  als  es  mir  nicht  allein  darauf  ankam,  die  Bacterien  fflr 
das  Auge,  sondern  auch  far  die  photographische  Platte  bemerklicher 
zu  machen,  wandte  ich  meine  Aufmerksamkeit  auch  den  Anilin- 
färben  zu,  welche  die  chemisch  wirksamen  Lichtstrah- 
len, also  den  blauen  Theil  des  Spektrums,  nicht  durch- 
las aen.  Die  besten  Resultate  habe  ich  in  dieser  Beziehung  mit 
einem  Aniiinbraun,  sogen.  Neubraun,  erzielt. 


406 

Die  Änwenttan^  der  Anilinfarben  ist  ebenso  einfach  «b  du 
flbrige  bisher  beschriebene  VerfAliren. 

Von  einer  concentrirten  spirituöEen  LCsang  des  Hetbylviolct  o4«r 
Fnchsin  setze  ich  einige  Tropfen  zu  1& — 30  Gramm  desUUirtm 
W&BBorB,  so  dasB  sieb  letzteres  intensiv  färbt;  hiervon  brinfe  ieh 
tDit  einer  kleinen  Pipette  einige  Tropfen  anf  die  zn  fArbeode  Ba«- 
terienscfaicbt  and  halte  die  Flüssigkeit  luf  dem  Üeckglase  doreli 
Drehen  desselben  in  beständiger  fiewegnng.  Nach  oiiiigeo  SekanileB 
wird  d&s  Deckglas  so  schr&g  gehalten,  dass  die  Anilinlitsung  ao  den 
Rand  fliesst  und  die  ßacterienschicht  frei  wird.  An  der  mehr  oder 
weniger  blanen  Farbe  der  letzteren  erkennt  man  dann  leicht,  ob  aie 
echon  genügend  gefftrbt  ist  oder  nicht;  im  letzleren  Falle  Iftaat  Bau 
die  Farbe  von  Nenem  darüber  hinfüesaen,  bis  die  gewünschte  Ftr- 
bnog  erreicht  ist.  Nach  einiger  Uebnng  wird  man  bald  die  Coft- 
centration  der  Anilinlösnng  und  die  Dauer  der  Färbung  fOr  die  ver- 
aebiedenen  Objekte  richtig  benrtheilen  lernen.  Wenn  die  Anilin- 
lOsnng  zu  schwach  ist,  löst  sich  die  Bacterienschicfal  vom  Olas«  ab; 
ist  sie  zu  stark,  dann  fllrbt  sich  die  0  rund  Substanz,  welche  die 
Bacterien  nmgiebt,  zn  stark,  and  letztere  heben  sich  zu  wenig  von 
ihrer  Umgebung  ab. 

In  einem  gelQDgeoen  Präparate  mosB  nach  der  Färbaog  die 
Grund snbatjiuz  (d.  h.  der  Ruckstand  der  verdunsteten  Flliaigkeil) 
kanm  zu  bemerken,  die  Bacterien  dagegen  müssen  kriftig  geftcbt 
sein.  Die  grosseren  Formen  f&rbt  man  weniger  stark,  ao  da« 
Sporen  bildung,  Oüedernng,  körnige  Beachaffenbeit  des  Inhaltes  moA 
gut  zu  erkennen  ist. 

äobald  der  richtige  Grad  von  Färbung  erreicht  ist,  wiaebt  nHUi 
die  Anilinlösung  vom  Rande  des  Deckglases  oder  saugt  aie  nüt 
Fltesspapier  möglichst  vollstAndig  weg,  oder  man  spQlt  sie  mit  desttl- 
lirtem  Wasser  oder  einer  verdünnten  Lösung  von  esBigeaureiD  Rati 
(1 ;  10)  fort.  Auch  hierin  verhalten  sich  die  einzelnen  i'rAparate 
verschieden;  manche  vertragen  das  Abspülen  mit  deatiliirtem  Waaser, 
andere  wieder  nicht. 

Die  Färbung  mit  Anilinbraun  ist  von  der  eben  beBchriebeoen  mit 
Methyl violet  und  Fuchain  etwas  verBohieden.  Da  die  mit  Brau 
gef&rbten  Pr&parale  in  der  Lösung  von  esaigsaurem  Kali  die  Farbe 
verlieren,  dagegen  die  Aufbewahrung  in  Glycerin  vertragen,  ao  habe 
ich  sie  gleich  von  vornherein  mit  einem  Tropfen  einer  conceatrirtes 
Losung  von  Anilinhrauu  in  gleichen  TheÜen  von  Gly oerin  und  Wasser, 
welche  von  Zeit  zu  Zeil  filtrirt  werden  musa,  bedeckt  nod  eiaic« 
MioBteii  stehen  lasses.     Alsdann  haben  die  Bacterien  sich  genOgead 


V 


J 


467 

gefilrbt  and  e8  kann  die  Farbstofflösnng  mit  reinem  Glycerin  abge- 
spfllt  werden. 

Eiweisshaltige  Substanzen,  wie  Blnt,  Eiter  nnd  dergl.,  welche 
sieh  mit  den  wlesrigen  Lösangen  des  Methylviolet  nnd  Fnchsin  nnr 
schlecht  Arben  lassen,  geben  mit  in  Glycerin  gelöstem  Braun  ganz 
▼orzflgliche  Präparate,  welche  sich  aneh  besonders  gnt  zum  Photo- 
graphiren -eignen. 

4.  Canaerviren.  Znm  Conserviren  der  so  gefärbten  Präparate  kann 
man  Ganadabalsam,  concentrirte  Lösung  von  essigsaurem  Kali  oder 
Glycerin  yerwenden. 

Zum  Einlegen  in  Canadabalsam  eignen  sich  nur  die  mit  Methyl- 
Tiolet  und  Fuchsin  geflürbten  Präparate.  Man  lässt  sie  nach  der 
Entfernung  der  Färbeflflssigkeit  eine  viertel  bis  eine  halbe  Stunde 
liegen,  so  dass  sie  wieder  vollkommen  trocken  geworden  sind  und 
kann  sie  dann  in  gewöhnlicher  Weise  in  Canadabalsam  einlegen. 

In  einem  derartigen  Präparat  gewähren  die  geftrbten  Bacterien, 
namentlich  Schwärme  von  Vibrionen,  Bacillen,  Micrococcenketten 
einen  ausserordentlich  schönen  und  zierlichen  Anblick.  Leider 
erscheinen  Zoogloeahaufen  und  grössere  Spirillen  platt  gedrückt.  Auch 
ist  es  mir  bis  jetzt  nicht  gelungen,  von  Canadabalsampräparaten  gute 
Photographien  zu  erhalten.  Andererseits  aber  halte  ich  sie  ftlr  ebenso 
dauerhaft  wie  andere  in  Canadabalsam  eingelegte  mikroskopische 
Objecto  und  aus  diesem  Grunde  würden  sie  besonders  fSr  Samm- 
lungen von  Bacterienpräparaten  zu  empfehlen  sein. 

Mit  Methylviolet  und  Fuchsin  gefärbte  Präparate  müssen,  wenn 
sie  zum  Photographiren  benutzt  werden  sollen  und  wenn  man  die 
Bacterien  in  möglichst  natürlicher  Form  erhalten  will,  in  eine  Lösung 
von  essigsaurem  Kali  (1  :  2)  und  zwar  unmittelbar  nach  Entfernung 
der  Parbstofflösung  noch  feucht  eingelegt  und  mit  einem  der  gewöhn- 
lich gebrauchten  Kitte  verschlossen  werden. 

Glycerin  kann  man  zum  Einlegen  dieser  Präparate  nicht  gebrau- 
chen, da  es  die  Farbe  auszieht  Für  die  mit  Anilinbraun  gefärbten 
Präparate  ist  dagegen  Glycerin  die  beste  Flüssigkeit  zum  Con 
serviren. 

5.  Photographiren.  Das  Photographiren  der  Bacterien  unterscheidet 
sich  von  demjenigen  anderer  mikroskopischer  Gegenstände  nicht 
wesentlich.  Die  Bacterien  sind  allerdings  als  sehr  kleine,  blasse 
Körper  nicht  ganz  leicht  zu  photographiren.  Doch  gestatten  die 
nach  dem  beschriebenen  Verfahren  angefertigten  Präparate,  weil  die 
zu  photographirende  Schicht  sich  unmittelbar  unter  dem  Deckglase 
befindet,   die   Anwendang  der  stärksten   Immersionssysteme.     Auch 

Cohn,  B«itrife  lar  Biologie  derPflanxen.  Bftod  II.  Heft  III.  27 


4M 

da»  geringe  Lichtbrecbun^BvermÖgen  Ueet  eicti,  wie  schoo  frabcr 
angedttatet  wnrde,  durch  die  P&rliuug  der  Bakterien  mit  brasiMa 
Anilin,  welches  di«  rlicmiscli  wirksamen  Sirahlen  zurUckbAlt,  Ar  An 
pliotographiechen  Proceaa  urseUeo. 

Unter  gUnaligen  VerbftlUiissen  lasseD  sich  indeeeen  auch  labeate 
ßacterien,  aoferti  eie  nur  iinbewcglicli  sind,  photographtr«!!,  wituu 
Jen  Pliotograinmen  der  MJIzbrandbacillen  Ta(.  XVT.  Fig.  I  u.  j  u 
cr^eheo  ist;  sei bstvcrslüiiit lieb  mdsBle  immer  einem  derarti^n  PtK>- 
tu};ramm,  ailcb  wenn  es  nocb  su  blasa  auafjlllt,  der  Vorzug  vor  dea- 
jeiiigen  gegeben  werden,  welches  die  prAparirten  und  gefirbten  ßac- 
terien daratellt.  Ich  iweiäe  nicht,  dass  alle  nibeuden  Uaclerieai, 
namentlich  die  Uierococcen  nach  dem  Leben  photographirt  wtrdc« 
können,  und  werde  später  darauf  beEüglicbe   Versuche  anslollm. 

Sporenbsitige  Bacillen  und  Fäden  lassen  sich  wegen  <lc»  atukta 
Lichtbrechnngsvermögen  der  meisten  Sporen  am  besten  nogc&iM 
pbotographiren. 

Qervurbeben  muss  ich,  daas  mir  niemals  gelungen  ist,  >ba«tM 
ecliarfe  Umrisse  der  Bacterien  za  erhalten.  Dnrch  den  Anbliek  itr 
Dialomaceen-Pbotographien  nnd  der  üblichen  mit  acbarfen  Uiira 
versehenen  Abbildungen  von  Bacterien  verwohnt,  hielt  ich  dtM 
anfangs  f[|r  die  Folge  eines  fehlerhaften  Veifabrena.  Docä  habt 
ich  mich  spüter  davon  nberzengt,  dass  in  Wirklichkeit  auch  di« 
BtArksten  mir  zn  Gebote  stehenden  Linsen  -  Systeme  (Scibcrta  !•- 
mersiooBsysteme  H  nnd  9)  die  Bacterien  niobt  schArf  coKtonrirt 
erscheinen  lussen.  Deswegen  nehme  ich  an,  dasa  der  KArpcr  tfrr 
Bacterien  gegen  die  SchleimhUUe  nicht  scharf  abgcgirnzi  ist,  •«•• 
dorn  sllmählig  in  dieselbe  Qbergebt. 

Bei  dieser  Gelegenheit  mOchte  ich  darauf  aufinerknuii  loacbeii, 
dasB  die  photogiapbiache  Platte  Überhaupt  das  mlkrui- 
kopiache  Bild  besser  oder  vielmehr  sicherer  windet- 
giebt,  als  es  die  Netihant  des  Aoges  xn  enpfladea 
vermag. 

Die  lichtempfiDdliche  Platte  ist  gewisBennassen  ein  Ange,  wekikM 
nicht  durch  helles  Licht  geblendet  wird,  welches  nicht  bei  der  anhal- 
tenden Unterscheidung  der  geringsten  Lichtunterschiede  ernUdet  und 
das  nicht  durch  GlaskörpertrUbnngcn  oder  andere  Fehler  bebindert 
wird.  Oft  habe  ich  auf  dem  Negativ,  wenn  das  Bild  nar  aebuf 
eingestellt  gewesen  war,  feine  Objecte,  t.  B.  feinste  Gets«l(U«i 
gefunden,  welche  ich  nachträglich  nnr  mit  lusserster  Mube  und  uatcr 
den  gOnetigsten  Bei euchtuugBverh&I missen  im  Mikroskop  erbUdtM 
konnte. 


^ 


_  409  _ 

Peine  MessUDgen  sehr  kleiner  blasser  Gegenstände,  welche  sich 
unmittelbar  mit  dem  Mikroskop  gar  nicht  ausfahren  lassen,  können 
aaf  dem  Negativ  leicht  und  sicher  vorgenommen  werden.  Manche 
Streitfragen  Aber  feinere  Straktnrverhältnisse  werden  vielleicht  mit 
Htilfe  der  Photographie  zn  lösen  sein,  namentlich  wenn  statt  der 
bisher  tiblichen  blanen  and  rothen  Farben  mehr  von  gelben,  brau- 
nen oder  solchen  rothen  Farbstoffen,  welche  den  chemisch  wirksa- 
men Theil  des  Spektrums  nicht  durchlassen,  ein  vorsichtiger  Ge- 
brauch gemacht  wird.  Weitere  Versuche  mit  den  letzteren  Farben 
worden  bestimmt  auch  für  die  Bacterien  -  Photographie  noch  bessere 
Resultate  gewinnen  lassen,  z.  B.  die  Möglichkeit:  Canadabalsam- 
Präparate  zu  photographiren. 

Anfangs  habe  ich  den  von  Reichardt  und  Sttfrenburg^)  angege- 
benen Apparat  und  auch  die  Methode  derselben  zum  Photographiren 
der  Bacterien  angewandt.  Diese  besteht  darin,  bei  einfachem  Tages- 
licht, welches  für  schwächere  Vergrösserungen  ausreicht,  ein  Negativ 
herzustellen  und  dieses  dann  durch  eine  zweite  oder  dritte  Aufnahme 
auf  die  gewünschte  Vergrösserung  zu  bringen.  Für  manche  Objecto 
mag  dieses  Verfahren  angebracht  sein,  aber  in  unserem  Falle  gehen 
bei  der  zweiten  oder  gar  dritten  Aufnahme  zu  viel  Details  verloren. 
Mit  einer  verbesserten  Beleucbtungsvorrichtung  war  es  mir  noch 
möglich,  mit  einfachem  Tageslicht,  Bacillen  mit  ihren  Geiselfäden 
bei  dreihundertfacher  Vergrössernng  zu  photographiren.  Weiter 
vergrössert  und  zwar  nur  dreimal,  also  bis  zu  neunhundertfacher 
Vergrösserung,  war  indessen  kein  genügendes  Bild  von  der  ersten 
Platte  mehr  zu  erzielen.  Deswegen  verliess  ich  dieses  Verfahren 
und  arbeitete  später  auf  den  Rath  des  Hüttendirektor  Jauisch 
in  Wilhelmshütte  bei  Seesen  und  des  Professor  Dr.  G.  F ritsch 
in  Berlin,  welchen  beiden  Herrn  ich  meinen  aufrichtigsten  Dank 
ausspreche  für  die  Bereitwilligkeit,  mit  der  sie  mich  mit  ihren  Er- 
fahrungen auf  dem  Gebiete  der  Mikrophotographie  unterstützt  haben, 
mit  dem  vom  Professor  G.  F ritsch  angegebenen,  einfachen  aber 
sinnreichen  Apparat,  welcher  unter  Anwendung  von  Sonnenlicht  das 
Photographiren  bei  stärksten  Vergrösserungen  ermöglicht^). 

Das  Wesentliche  dieses  Apparates  besteht  darin,  dass  die  Camera, 


1)  Lehrbuch  der  mikroskopischen  Photographie  von  0.  Reichardt  und 
C.  Stürenburg.    Leipzig  1868. 

*)  Beschrieben  in  der  photographischen  Zeitschrift:  Licht,  herausgegeben 
vom  photogr.  Verein  zu  Berlin.  Berlin,  Verlag  von  Liebheit  &  Thiesen.  1869. 
Ek'ster  Jahrgang  p.  140. 

27* 


410 

das  Mikroskop  nnd  dis  Beleuchtnngarorricbtang  borizootal  aaigeatcUl 
uud  geDSD  centrirt  sind.  Diese  drei  Theilc  des  Appanttea  siod  j«dtr 
fbr  sich  beweglich  uad  von  den  beiden  anderen  Stücken  unabbftllf^. 
Hierdurch  nnlerscheidet  sieb  der  Apparat  von  allen  anderen  ibnUcltn 
ZuflammeuBtelliingen,  bei  denen  die  eineelnen  Theile  an  eiacm  SUtJT 
befestigt  oder  Domiltelbar  mit  einander  fest  venehrobea  aiad.  Die 
Vorzüge  der  von  Prof.  Fritsch  getroffenen  Anordnung  Hegen  daria, 
daas  Fehler  in  der  Centrirung  leicbt  und  schnell  corrigirt  weidca 
können,  dass  ErBchtttternngen,  welche  beim  Einsetzen  der  KkMeUe, 
beim  Richten  des  Spiegels  n.  s.  w.  unvermeidlich  sind,  nur  ciin 
Theil  des  Apparates  treSen  nnd  sich  nicht  auf  die  anderen  rorts«tUB 
können;  dass  schiefe  Beleuchtung  durch  Drehung  der  Beleocbtaagi- 
Vorrichtung  nach  der  Seite  hin  in  der  einfachsten  Weise  erreidtt 
wird,  und  dass  scbliessiicb  sowohl  Mikroskop  als  C&inera  jederult 
SU  anderen  Zwecken  benutzt  werden  können.  lusoferu  bin  ich  to- 
dessen  von  dieser  Einrichtung  abgewichen,  dass  ich  das  SonoeDlidit 
durch  einen  Oeüostaten  dem  Apparat  zufQlire  nnd  damit  das  [fatifC 
Richten  des  Spiegels  vermeide.  Im  Fensterladen,  vor  welchem  der 
Heliostat  aufgestellt  ist,  befindet  sich  ein  Schieber,  der  vomilteUt 
einer  Schnur  vom  Standpunkt  neben  der  Kassette  ans  ohne  die  ge- 
ringste Ei'BchUtteriing  des  Mikroskops  oder  der  Camera  lor  Be- 
lichtung der  empündlichen  Platte  geöffnet  nnd  wieder  geschlwem 
werden  kann.  Der  durch  diese  Oeffnnng  gebende  Liebtctraiil  wii4 
durch  ein  oder  mehrere  matte  Gläser  in  zerstreutes  Licht  verwudett, 
paasirt  nuter  Umständen  noch  eine  Cnvette  mit  KupferamraoniaklOeaif 
oderKoballgläser,  und  wird  durch  eine  mit  verschiedenen  Diaphragou« 
versehene  Beleuchtougsliuse  auf  das  ku  photographirendo  Object 
geworfun.  Als  Beleuchtungslinse  kann  mau  die  dem  Uikrvskvp  iMi- 
gegebeue  zur  Beleuchtung  opaker  Gegenstände  dienende  Lina«  ge- 
brauchen. Doch  habe  ich  meistens  uud  zwar  mit  sehr  gutem  Erfolg 
sn  diesem  Zwecke  ein  mikroskopisches  Objectivsystem  (Hartnack'i 
Übjectiv  2  oder  4),  welches  in  die  Blendenbolse  nnter  dem  Object- 
tiech  geschoben  wird,  benutzt.  Vor  dem  Gebrauch  habe  ich  Jedea- 
mal  nach  Entfernung  der  matten  Gläser  und  Einschaltnug  «ehr 
dnnkler  Kobaltglaser  das  von  dem  Bolencbtungsobjectivajstem  ent- 
worfene Sonnenbildcheu  genau  auf  die  Mitte  des  Objectea  und  auf 
die  Ebene  desselben  eingestellt.  Sobald  dann  der  Sonnenatrabl  dareb 
das  matte  Glas  wieder  zerstrent  wird,  tritt  der  beste  Belenchtimg«- 
effekt  ein.  Etwaige  Störnngen  im  Gange  des  Ueliostalea  linrn 
sich  ebenfalls  leicht  daran  erkennen,  daas  nach  einiger  Zeil  du 
Sonnenbild  ans   dem  Mittelpunkte   des  Oesichtafeldes  gewicbea  ist; 


J 


411 

die  Correctur  dieser  Störung  ergiebt  sich  aas  der  Richtnng  der  Ab- 
weichung von  selbst  Anf  einen,  wie  mir  scheint,  nicht  gleichgflltigen 
umstand  will  ich  noch  anfmerksam  machen,  der  das  Arbeiten  mit  dem 
mikrophotographischen  Apparat  nicht  unwesentlich  erleichtert.  Da 
das  Mikroskop  und  die  Camera  unmittelbar  znsammenstossen,  so 
bleibt,  wenn  das  Object  in  das  Gesichtsfeld  gebracht  oder  inner- 
halb desselben  verschoben  werden  soll,  nichts  anderes  flbrig,  als  das 
Mikroskop  ans  seiner  horizontalen  Lage  anfzurichten,  oder  was  noch 
umständlicher  ist,  die  Camera  so  weit  zn  verkürzen,  dass  man  mit 
der  Hand  den  Objecttisch  erreichen  kann.  Um  diese  zeitraubenden 
Yerrichtangen,  welche  möglicherweise  auch  die  Centrimng  des  Appa- 
rates stören,  zn  umgehen,  habe  ich  am  Objectivbrett  der  Camera 
einen  trichterförmigen  Ansatz  anbringen  lassen,  der  sich  mit  dem 
Objectivbrett  ohne  Verschiebung  des  Mikroskops  oder  der  Camera 
leicht  abnehmen  lässt,  und  dann  soviel  Spielraum  zwischen  Camera 
und  Mikroskop  gewährt,  dass  man  bequem  nach  Einsetzen  des  Ocu- 
lars  in  das  Mikroskoprohr  mit  dem  horizontal  stehenden  Mikroskop 
in  gewöhnlicher  Weise  die  zu  photographirende  Stelle  des  Objectes 
anftuchen  und  in  die  passendste  Lage  bringen  kann.  Nachdem  dies 
geschehen,  wird  das  Ocular  entfernt,  ein  innen  geschwärzter  Papier- 
Cylinder  in  das  Mikroskoprohr  gesteckt,  um  die  Spiegelung  der 
glänzenden  Metalltheile  zu  beseitigen,  dann  das  Objectivbrett  mit  dem 
Trichter  eingesetzt  und  die  Mflndung  des  letzteren,  welche  sich  nahe 
▼or  dem  Ende  des  Mikroskoprohrs  befindet,  durch  eine  Hfllse  von 
schwarzem  Tuch  lichtdicht  mit  dem  Mikroskop  verbunden.  Jetzt 
bedarf  es  nur  noch  der  Einstellung  des  Bildes  fUr  die  Ebene,  welche 
die  empfindliche  Platte  einnehmen  soll.  Auch  für  diesen  Zweck  hat 
Professor  Fritsch  eine  sehr  praktische  Vorrichtung  angegeben, 
welche  darin  besteht,  dass  die  zur  feinen  Einstellung  dienende  Schraube 
des  Mikroskops  vermittelst  eines  Zahnrades  und  eines  durch  zwei 
Kugelgelenke  verbundenen  Stabes  aus  beliebig  weiter  Entfernung 
bewegt  wird.  Zur  groben  Einstellung  kann  das  Bild  auf  einer 
matten  Visirscheibe,  aber  zur  feinsten  Einstellung  muss  es  auf 
einer  durchsichtigen  Scheibe  mit  einer  Lupe  beobachtet  werden. 
In  Betreff  der  eigentlichen  photographischen  Manipulationen  muss 
ich  den  sich  dafHr  Interessirenden  auf  die  Lehrbücher  der  Mikro- 
photographie von  Reichard t  und  Stürenburg'),  Beneke') 
und  Gerlach'),    von  denen   namentlich  das   letzte  für  den  Anfln- 

1)  1.  c.  *)  Beneke:  Die  Photographie  aU  Hülfsmittel  mikroskopischer 
Forschang.  Brannschweig  1868.  ')  Ger  lach:  Die  Photographie  als  Hülfs- 
mittel mikroskopischer  Forschung.    Leipzig  1863. 


413 

gcr  sebr  piakli^ch  nnd  EiivcrlftMig  iat,  vcrwi-iiien,  neben  wplcbvn 
Schril'teo  jedoch  ilio  Kenntnis»  einea  grüaseren  pli'jlogrxphiMbeD 
Luhrbuchea  z.  B    des  vud  Vogel'),  uncntbebrlicli  ist. 

ßcmerlceti  will  ich  iiocii,  dass  für  mikrophotographiHohe  ZwcL'ke, 
sobald  ea  aicli  um  alarke  Vergrdsse rangen  handelt,  nur  dat  Vtr- 
faliren  mit  nassen  Collodiumplatten  ood  EW&r  mit  eioetn  niOflirlut 
ämpfindlichen  Collodium  verwondbar  ist.  Trockenplatlen  dciin 
sich  wegen  ihrer  geringen  Empfindlichkeit  höcbstens  fUr  acbwiete 
VergrÖBRerungen. 

Was  die  Wahl  der  Mikroskop-Objective  betrifTl,  sa  gebrauchte 
ich  xtiarst  Uartnack'Bche  Objective  (No.  7  aod  9  immer«),  war 
aber  von  den  damit  angererligten  Bildern  wenig  befriedigt.  Dann 
schaffte  ich  mir  die  Seibert  und  Krafft'scben  photographiaelm 
Objective  1  Zoll,  ^  Zoll,  ^  Zoll  and  dessen  ImmerBiongayateme  T, 
8  and  9  an  und  erreichte  damit  ao  gnte  Reaallate,  daas  ich  aar 
noch  mit  diesen  Objcctiven  gearbeitet  habe. 

Die  photographiBchen  Objective  und  daa  ImmerBiona-Byatea  ' 
sind  vollkommen  frei  von  Focnadiflfereazen  and  geben  tcbr  feia«^ 
scharfe  Bilder.  Pftr  die  Untersuchnng  der  Baclericn  schien  mir  mt- 
läufig  eine  600 — 700  fache  Vcrgrösscrang  xasreichond  la  adn,  vsd 
da  ich  diese  toit  dem  Immersions-Syatem  7  beiincni  rrreieh«,  ao  Itaba 
ich  dieses  System  fast  aasscblieaslich  angewandt. 

Die  Bestimmung  dieser  Vergr5sserung  Hast  sich  mit  j^rOMiar 
Sicherheit  vornehmen;  sie  geschah  in  der  Weise,  dasa  daa  Bild  eiBM 
Objectivmikroroelers  anf  der  malten  Scheibe  entworfen,  mit  des 
Zirkel  genau  gemessen  und  die  Camera  so  weit  ausgezogen  inrde, 
bis  die  Vcrgrössening  genaa  500  respectivo  700  betrag.  Die  hier- 
dureli  gefundene  Eiitfernnng  der  Visireeheibe  vom  Objecüvsyateai 
wurde  dann  bei  der  Aufnahme  der  Bilder  eingehalten. 

Bislang  habe  ich  nur  in  gerader  Richtung  einfallendes  Lieht 
zum  Photugraphiren  benutzt.  Doch  mücble  ich  es  für  ooUivendif 
halten,  dasa  in  Zukunft  versucht  wird,  die  Bacterien  mit  den  sllrit- 
Bten  Objectiveu  und  unter  Anwendung  von  mehr  oder  weniger  B«br*g 
einfallendem  Lichte  zu  photographiren.  Vielleicht  wurde  man  lUicit 
noch  weitere  Aufschlüsse  Über  den  feineren  Bau  der  Bacterien  nud 
wie  die  Beobachtung  von  Dallinger  und  Urysdalc'l  vennntben 
ISsat,  aber  daa  Vorkommen  von  Qeiselfaden  bei  den  kleinstcii  bavKg- 
lieben  Baclerionformen  erbalten. 

•I  U.  Vogel:  Ulu'boeh  d«r  l'hologrBpbie.    B«rliu  ItHJ. 
*)  On  iKe  egiMtmeg  of  ßagtUa  m  ßatttriiaa   leww*.      MovtUf 
Jaunutl.    Sepi    1870. 


tit 

MoaochroanctiMibeB  blaiMB  Licht,  weldm  «nsii  beim  Pliotognipiii- 
ren  der  DutonifteeeD  so  ofttsliofa  erwteseD  faiit,  gewiLfaxte  mir  imr 
fir  Imm  gefärbte  PrSparmte  Vortheil,  dapregen  fUr  tm^Bfiirlite  mid 
fllr  mit  Methjhriolet  geftrbte  Präparate  echien  ee  mir  eher  iiacl*- 
tbeOig  n  wirkem. 

Dm  die  Baeterien  mir  kleine  Körper  sind  rnid  gewOimlicb  xaiü- 
reiehe  IndiTidaen  derBelben  Fiirm  diclit  neben  einander  liegen,  au 
gaotgt  gewöhnlieh  die  Anfoafame  einee  kleinen  BildeB.  Uebrigens 
▼ermodite  ieh  ndt  meinem  Otrfeetivaystem,  wegen  starker  Erfimmung 
der  Bildfllche,  bei  500licdier  VergrUeHernnfr  nnr  ein  BCharf  einge- 
stelltet  Bild  tob  1| — 4  Centim.  DnrclmieBfter  nnd  iiei  TdOfatiher 
Vergrdisenmg  tob  4 — 5  Centim.  Dnrclmiesser  zu  erbalteii.  Dnndi 
Anwendimg  tob  Blenden  im  Objecttv{;jstem  würde  810*11  dm»  Büd 
sMhr  ebnm  lassen,  dadnrob  aber  ancL  an  Li(^stftrke  eiobüsseu. 
Ans  diesem  Grande  nnd  weil  die  Herstellnng  eines  grosseren  &e- 
aiehtsfeldes  dnreh  den  Gegenstand  niefat  geboten  war,  habe  ieb  keint 
Blenden  angewandt  nnd  es  bei  den  kleinen  Bildern  gelasHeu. 

Denjenigen,  welcher  die  MikrojAoto^npfaie  anstiben  nnd  sieb 
das  listige  nnd  langweilige  Anfertigen  der  Cupien  nach  seineu  B^ega- 
tiren  verein&ehen  will,  maehe  ich  hier  nodb  darauf  ait&nerksam,  daH 
in  neuerer  Zeit  haltbares  iiefatempfindiiches  Papier  im  Handel  jsn 
haben  ist.  Ich  habe  nkh  nuMr  des  sogenannten  Licsbtpanspapieres 
(mit  Glaas)  Ton  R.  Talbot^)  sv  meiner  grOssten  Znfriedenbat  be- 
dient. Dnreh  P^erposhzre  wird  ntan  indessen  niemals  alle  Fein- 
heiten des  NegatiTS  niedergeben  kftnnen,  und  wenn  es  sieb  nm  eine 
gaaa  geaaae  Beprodnetion  des  Negatiirs  handelt,  wird  man  seine 
Znflneht  snm  Kohledmek  nehmen  müssen. 

Nachdem  ich  das  ron  mir  befolgte  Terikbren,  die  Bsrterien  tn 
prtparirea  nnd  sn  photograpfairen,  geschildert  habe,  m6cfate  leb  noch 
aasdrflcklich  bemei^ea,  daas  ich  dasselbe  noch  rieler  Abiodernng 
nnd  Yerbessening  fUiig  halte.  Vielleidit  giebt  es  noch  andere 
Farben  nnd  bessere  Consenrimngsflflssigkeiten,  als  die  Ton  mir  be- 
nntsten.  Die  photographiscbe  Technik,  welche  ich  mir  nnr  durch 
Stadium  der  früher  genannten  Lehrbflcher  aneignen  konnte,  wird  in 
geübterer  Hand  besseres  leisten,  als  ich  es  Termochte.  Namentlich 
wflrden  sich  unsweifelbaft  durch  richtige  Auswahl  der  Belichtnngs- 
seit  und  der  Versttrkungsmethoden  noch  kräftigere  Bilder  erzielen 
lassen.  Vielleicht  könnte  man  auch  ein  besonderes,  f&r  die  im  Bac- 
terien-Priparat  befindliche  Anilinfarbe  wenig  empfindliches  CoUodium 


>)  BerÜD  N.  Augostatrasse  So.  68. 


(geerbtes  Bromcullodiiim)   auweuden,    um   uocli   sUrkere   Rilder    tu 
erbalteo. 

6.  Beachreihuvg  der  Photogramme.  Ans  einer  ^rüsaerea  Sunnitikg 
von  Bactenen-Präpnr&ten  und  darnach  hergestelUon  Negativea  baka 
ich  einige  Beispiele  zur  VeranschanlitrbuDg  des  Geoaglen  aiugswftlilL 
Viele  sehr  ii^ressaDte  Objecte  musRto  ich  zurück  lasBen,  im  dcrea 
UittheiliiDg  ich  vieüeii'lit  spikter  Oelegenbeit  finde. 

Sei  betv  erstand  lieh  ist  durcbaas  keine  Rotouche  an  den  Negatir- 
platten  oder  su  den  Copien  vorgenommen.  Letztere  wurdeo  itadi 
den  Original -Negativen  dnreh  die  Lichtdruck -Änatall  der  Uirru 
Römniler  und  Jon8§  in  Dresden  angefertigt. 

Wenn  in  der   folgenden  BescUreibnng  Aber  Fürbung   d«s  Pripa- 
rates   and  ObjectivBystem,  mit  welchem  photographirt  wurde,    nidita 
bemerkt  ist,  dann  ist  das  Präparat  mit  Methylviolet  gefUrbl  nnd  Dil 
Selber t's  Objectivsyatcm  7  photographirt  worden. 
Tafel  3UT. 

Fig.  L  Vergr.  200.  Mit  p ho to graphischem  Objeetiv  i^ull  uml 
Fig.  2.  Vergr.  500  mit  Seibert's  Immersionsobjectiv  No.  7  photograpbtrl; 

Zoogloea  ramigera.  Itzigs.  Beim  ersten  Anblick  der  Fig.  l 
wird  man  unter  dem  banmfünnigen  Gebilde  alles  ander«  eher  rer- 
muthen,  als  eine  Bactericncolonie,  eine  Koogluea.  Bei  genauerer 
Betrachtung  erkennt  mau  Jedoch  bald,  dass  Stamm  und  Zweige  dec 
beiden  Baumcben,  von  denen  das  grössere  seinen  AnheftaBgapinkt 
unten,  das  kleinere  dagegen  links  oben  hat,  ganz  gleJchmlwig 
kleinen  Körnchen  znaammongesetzt  sind.  Und  bei  sUrkeror  50QI 
VergröBsening  einus  kleinen  Stammes  (Fig.  2|  siebt  mi 
selbe  ans  ovalen,  vielfach  in  Theiluug,  alao  in  raschem  Wi 
begriffenen  Bacterieii  besteht.  Zuerst  wurde  diese  eiguDthtlniid4' 
Zoogloea  von  Ür.  ItsJgttühn  in  sich  zersetzenden  Algenknltorcn  ge- 
funden nnd  der  Gesellschaft  der  nstnrforschcnden  Freunde  tu  Bertis 
schriftliche  Mittheilung  darüber  gemacht  ')•  Nach  Itzigsohn  aoU 
aich  durch  dendritische  Verzweigung  dua  uraprUnglich  mehr  oder 
weniger  kngligen  Gallertkörpers  bilden,  nnd  die  zu  Spirillen  gewer> 
denen  ovalen  Körperchen  ansschw&rmen  lassen.  Ich  habe  die 
gloea  ramigera  nur  einige  Haie  vom  Jani  bis  August  1876  ebenfklU 
auf  faulender  AlgenSlissigkeit,  und  zwar  einmal  in  ungeheurer  Menf;« 
gefanden.  Sie  war  untermengt  mit  anderen  wolkenfthnliob  gebiidetea 
Zoogloeamasaen,   deren   Baclerien   indessen   grösser  waren,  als  dii 


>)  Siuungvliericbt   der  Cdu-Ilsrhan   osturforBchcnder    Freunde   i 
19.  November  1S67.     Dr.  Eidam.    Mykologie  1ST3  p.  19L 


BerliB 


415 

jeDigen  der  Zoogloea  ramigera,  einen  üebergang  zwischen  Beiden 
oder  ein  Answju^hsen  der  kngiigen  Zoogloea  in  banmförmig  gestal- 
tete habe  ich  nicht  auffinden  können.  Im  Oegentheil  sieht  man 
schon  bei  den  kleinsten  Colonien,  welche  ans  wenigen  Individuen 
bestehen,  dass  die  Bacterien  sich  dicht  an  einander  schliessen  nnd 
SU  langgestreckten  Stftmmchen  entwickeln.  Bei  einer  jfSknge,  welche 
nngefllhr  der  in  Fig.  2  entspricht,  schwillt  das  obere  Ende  an  nnd 
theilt  sich  schliesslich  in  zwei  oder  mehrere  Aeste.  Ebensowenig 
kann  ich  die  von  Itzigsohn  behauptete  Verwandlung  der  eiförmigen 
Bacterien  in  Spirillen  bestätigen.  Ich  habe  trotz  sorgftltiger  Beob- 
achtung nichts  derartiges  gesehen. 

An  die  Schilderung  der  Zoogloea  ramigera  anknüpfend,  will  ich 
Aber  die  Zoogloeenbildnngen  im  Allgemeinen  bemerken,  dass  die- 
selben in  sehr  verschiedenen  aber  wohl  charakterisirten  Formen  vor- 
kommen. Eine  der  merkwürdigsten  nnd  aufifallendsten  ist  jedenfalls 
die  Zoogloea  ramtgera.  Andere  Zoogloeen  haben  gelappte  Oestalt, 
noch  andere  sind  knollenförmig,  einige  haben  reine  Kugelgestalt  und 
sind  entweder  gleichmässig  mit  Bacterien .  gefüllt  oder  sie  lassen  in 
der  Mitte  einen  Hohlraum.  Auch  Präparate  mit  ringförmigen  besitze 
ich.  Die  meisten  werden  von  kngiigen,  ovalen  oder  lang  ovalen 
Bacterien  gebildet,  doch  giebt  es  auch  solche,  die  aus  kurzen  Stäb- 
ehen nnd  ans  kleinen  Spirillen  zusammengesetzt  sind.  Die  Zoogloeen 
enthalten  immer  unbewegliche  nnd  in  schneller  Vermehrung  begrif- 
fene Bacterien,  sie  bilden  also  Ruhezustände,  wie  sie  im  Formen- 
kreis der  niedrigsten  Organismen  fast  niemals  fehlen.  Die  Zoogloea- 
form  allein  kann  indessen  zur  Charakteristik  einer  bestimmten  Bac- 
terienart  nicht  genügen.  Andererseits  ist  es  aber  auch  sehr  unwahr- 
scheinlich, dass  eine  Bacterienart  bald  in  dieser,  bald  in  jener  Grup- 
pimng  ihren  Ruhezustand  einnehmen  wird,  namentlich  da,  wie  ich 
einzelnen  Beobachtungen  entnehme,  die  Entwickelung  der  Bacterien 
zur  Zoogloea,  gerade  so  wie  die  Bildung  von  Eäutchen  (Taf.  XV, 
Fig.  2)  oder  bei  manchen  Bacillen  das  Auswachsen  zu  langen  Glie- 
derfäden (Taf.  XVI,  Fig.  2  und  3)  der  Entwicklung  von  Sporen 
.vorhergeht  Es  ist  daher  geboten,  in  Zukunft  den  Zoogloeen  mehr 
Aufmerksamkeit  zu  schenken  nnd  womöglich  festzastellen,  ob  ihrem 
Zustandekommen  ein  Schwärmzustand  der  betreffenden  Bacterien  vorher- 
geht und  wie  die  Sporenbildung  sich  in  ihnen  gestaltet.  An  einer  in 
Begenwasser  entstandenen  kngiigen  ans  ovalen  Bacterien  bestehenden 
Zoogloea  konnte  ich  im  Laufe  von  mehreren  Wochen  folgenden  Vor- 
gang bemerken.  Nachdem  die  Zoogloea  eine  gewisse  Grösse  erreicht 
hatte,  bildeten  sich  in  ihr  Gruppen  von  10  — 12  Bacterien,  welche 


4Iß 

bis  dahin  {r»iiE  ^leichmflSHig  im  Zoogloeancliloiin  vcrtbcilt  ; 
waren;  «ic  nickten  immer  tiäliiT  KJsammeii  iinil  orKobiutieii  I 
lieh  wie  xiiaammi^ngeballl;  dann  bildete  aii-li  in  einigen  I 
je  ein  glänzendes  Körneiien,  welcliea  ganz  d«a  Ausstehen  von  ä 
halte.  Das  Hfiufchcn  schrumpfte  immer  mehr  cusanmen  iinil 
blasa.  Zuletzt  bestand  die  Zoogioea  aus  Oriijtpen  jener  fcUnseedva 
KörncbeD  und  ciimelnea  Resten  von  Bacterien.  In  dieseoi  1. 
senkte  sich  die  kleine  Flocke  aar  den  Buden  dos  OeHtsRes,  wtlirwl 
an  der  Oberflache  immer  nene  Zoo^Ioecn  entatandon. 

Fig.  3.   Vergr.  500.    Üpinäum  l'ndiäa.  Sehr  schwach  mit  UHtkjrl* 
violet   gefärbt  und   nach   ganz   kurzem  Eintrocknen   mit  < 
KalilÖBung  aufgeweicht. 

Jeder,  der  dieses  eebr  häutig  io  allen  mlt^liehen  TauIeDdiMi  PlOt- 
sigkeiten  vorkommende  Spiri/lui»  gensn  beobachtet  hat,  wird  findea, 
daas  von  der  feinkörnigen  Beschaffen  hei  t  und  der  eigentliUmUcbcii 
Gestalt  der  einem  kleinen  deutschen  -^"Pt-^  gleichenden  Spirale  dea- 
selben  durch  die  PrAparatiou  niclils  verloren  gegangen  ist. 

Fig.  4.  Vcrgr.  5(10.  N'üch  einem  trocknen  ungeßlrbten  Prdipant 
photographirt.  SfiirÜlum  l'ndula  mit  Geiaeln.  Die  Figuren  3  and  * 
mSgen  Kur  Bostilti);ang  dessen  dienen,  waa  bei  Schilderung  des  I'ri> 
parationa Verfahrens  über  Eintrocknen  der  Bacterien  nnd  Skblbar- 
machen  der  Oeisclu  gesagt  wurde.  Das  in  Fig.  3  als  wirklklw 
Spirale  erscheinende  SpirUlum  ist,  wie  Fig.  4  icigt,  naeJi  dem  Ria- 
trocknen  SfSrmig  geworden,  nnd  wtthrend  bei  dem  tn  Fldaai^keit  b 
findlichen  SpirUlum  die  Geiseln  wegen  ihrns  geringen  Licbtbreebuf»- 
Vermögens  nicht  sichtbar  sind,  bllen  sie  nach  Entfernung  der  Fllaai^ 
keit.  also  nach  dem  Trocknen,  sofort  in  die  Angen.  Die  OmUU 
dieser  Geiseln  ist  die  eines  langen,  leicht  bogenflroiig  geacbwmgeBa» 
kräftigen,  aber  nach  dem  Ende  an  sich  verjüngenden  Fadeni.  Dh 
SpiriUttm    UudtUa  tragt  au  jedem  Ende  eine  derartige  Geisel. 

Aohnlicho  aber  etwas  schwächere  und  kilrzcre  tioiselii  habe  idi 
bei    V&rio  Buffula  gesehen. 

Fig.  b.  Vergr.  500.  Nach  einem  trocknen  nngedlrbtrn  PrtpvaM 
pholographiri.  Mehrern  Bacillen  mit  Geiseln.  In  der  Mitte  b 
den  sich  drei  Exemplare  und  nachdem  Kaude  tu iwei eb<^n*o1cbe,  weteka 
ein  wenig  unterhalb  der  Einslell ungesehene  liegen,  da  sie  bell  mit 
dunklen  Rändern  Kntcheinnn.  Dicao  Bacillen  haben  eine  sebwerAlliKa 
wackelnde  Bewegung,  sind  dicker,  in  manchen  Exeroplarea  aaeli 
linger  als  die  Bacillen  der  Fig.  ti  theitn  Vergleich  tat  so  I 
das»  Fig.  5  500  mal  und  Fig.  ti  TuO  mal  vergrOsscrl  ist), 
hiidung  bähe  ich  bei  diesen  Bacillen  nicht  geaeheo;  vemutk 
den  Bio  lange  Fftden  und  entwickeln  dann  erst  Sporen. 


417 

Oröase,  der  eigeBthOmlichen  Bewegung:  und  des  Fehlens  der  Sporen 
in  den  beweglichen,  noch  kurzen  Stäbchen,  halte  ich  es  für  sehr 
wahrseheinlich,  dass  diese  Bacillen  dem  eigentlichen  Bacillus  subtäia 
angehören,  der  sich  im  Hen-Infns  entwickelt.  Ich  habe  sie  an  der 
Oberfläche  von  faulenden  Pflanzenaufgfissen  oft  gefunden.  Die  Form 
der  Geisel  ist  ebenso  wie  die  Bewegung  von  derjenigen  des  folgenden 
Bacillus  verschieden.  Er  trägt  an  jedem  Ende  eine  starke  mit  ein 
bis  swei  grossen  Krfimmungen  versehene  oder  aufgerollte  Geisel. 

Fig.  6.  Vergr.  700.  Nach  einem  trocknen  ungefärbten  Präparat 
photographirt  Dieser  Bacillus  findet  sich  oft  an  der  Oberfläche 
von  faulenden  Pflanzenaufgflssen  und  zwar  in  solcher  Menge,  dass 
er  eine  ziemlich  dicke  schleimige  Haut  auf  denselben  bildet.  Er 
hat  eine  eigenthttmliche  zitternd  rotirende  Bewegung,  durch  welche 
er  leicht  von  andern  Bacillen,  namentlich  vom  Vorhergehenden,  zu 
unterscheiden  ist.  Beide  Enden  des  Bacillus  tragen  eine  Geisel,  welche 
eine  feine  regelmässig  gestaltete  Wellenlinie  bildet  Auf  seine  eigen- 
thflmliche  Sporenbildung,  welche  die  Fig.  B.  Taf.  XV.  zeigt,  komme 
ich  bei  Besprechung  dieser  Figur  zurück.  Da  dieser  Bacillus  vom 
BactUus  suhtilis  sich  durch  die  abweichende  Sporenbiidung  und  von 
dem  von  Tr6cul  und  van  Tieghem*)  beschriebenen  BaciUus 
amylobacter  sich  dadurch  unterscheidet,  dass  er  nicht  im  Pflanzen- 
gewebe, sondern  an  der  Oberfläche  von  Aufgüssen  sich  findet  und 
die  beim  Bacillus  amylobacter  gefundene  Jodreaction  nicht  giebt,  so 
halte  ich  ihn  für  eine  besondere  Art  und  schlage  den  Namen  Ba- 
cillus tremulus  Ar  ihn  vor. 

Zu  den  drei  vorhergehenden  Photogrammen,  welche  geiseltragende 
Bacterien  enthalten,  habe  ich  hier  noch  folgende  Bemerkungen  ein- 
zuschalten. Ehrenberg  hat  zuerst  an  einem,  von  ihm  als  Bacterium 
trUoculare  bezeichneten  Bacillus  eine  fadenartige  wirbelnde  Geisel 
(Rüssel)  an  einem  Ende  des  Stäbchens  gesehen  und  abgebildet^). 
Sodann  hat  F.  Cohn')  Geiselfäden  an  Spirillum  volutans  gefun- 
den und  in  diesen  Beiträgen  beschrieben.  Später  haben  Dal- 
linger  und  Drysdale  (1.  c),  wie  aus  der  Figur  und  dem 
benutzten  Objectiv  (Powell  and  Lealand  \")  zu  entnehmen  ist,  bei 
ungefähr  1500facher  Vergrdsserung  und  mit  einer  besondem  Vor- 
richtung ftlr  sehr  schiefe  Beleuchtung  (with  the  supplementary  stage 
for  very  oblique  illumination)  Geiseln  an  Bacterium  Termo  gesehen. 


1)  M.  Ph.  van  Tieghem:   gur  le  btunüuM  amylobacter  et  son  role  dans  la 
putrifactum  de»  iissus  v^g^taux,  BuU.  de  la  Socbotanique  de  France,  XXIV.  J877. 
«)  InhisioDsthierchen  1838  p.  76.  Tab.  V.  Fig.  1.  3. 
S)  Diese  Beiträge:  Bd.  I.  Hefl  2  p.  183. 


418 

Mit  welchen  Schwierigkeiten  dies  indessen  verknUpfl  w»r,  m»g  rau 
darBQs  Abnehmen,  daee  der  eine  der  beiden  Forscher  enl  luth  laa 
gam  Suchen  (after  uearly  ßt^  houra  of  indrimant  cnilcaivur  a  ßa- 
geüum  ipiu  dütincUi/  seen  at  one  entt  af  hrc  Urnto  tcktrX  ftrt 
moving  slowly  acroas  the  field)  eine  Geisel  erblickte  und  dann  ertt 
nach  weiterer  mehrst  findiger  Arbeit  beide  ein  BacUrium  tamti  ndl 
einer  Geisel  an  jedem  Ende  sahen.  Es  dOrfte  wohl  nur  weniga 
Mikroskopikern  vergönnt  sein,  dieae  Beobachtung,  deren  Ri«htigktil 
ich  durchaus  nicht  bezweifle,  nach  derselben  Unteranchnngametlioda 
tu  hestfiligen;  es  gehören  schon  ganz  besonders  glOcklich  conatrvErte 
Augen  dazn,  nachdem  mau  fünf  Stunden  lang  liactfrrium  ttnma 
beobachtet  hat,  dann  noch  ein  so  ungemein  zartes  und  blaaae«  Ge- 
bilde wie  eine  Geisel  eu  erkennen.  Mir  wenigstens  wQrde  du 
nnmüglich  sein.  Eine  dritte  Angabe  Über  OeiselfHden  der  Barterien 
iet  von  ür.  Warming  ')  gemacht.  Er  fand  sie  bei  röthlichen  Vibrio- 
nen und  Spirillen,  welche  an  der  dänischen  Rnate  vorkommen.  Dieu 
Sehriften  von  Warming  und  von  Dallinger  und  Drrsdale  hab« 
ich  indessen  erst  kennen  gelernt,  nachdem  ich  die  Goiselftdcn  srbov 
bei  mehreren  Bacterien  gesehen  hatte.  Meine  Aufmerksamkeit  wurde 
dadurch  auf  die  Geiself^den  gelenkt,  dass  ich  bei  Exemplaren  von 
Sjn'rßlum  Ündula,  welche  am  Rande  eines  Tropfens  lagen  and  bi 
der  fiacheji  FlQasigkeitssebicht  sieh  nicht  fortbewegen  konnten,  ein« 
wirbelnde  Bewegung  der  Flüssigkeit  an  den  Enden  waliraekmen 
konnte.  Aber  trotz  aller  Anstrengung  gelang  es  mir  niebt,  die  aU 
Ursache  dieses  Wirbels  vermnthele  Geisel  zu  erkennen.  Sobald 
indessen  die  Flüssigkeit  verdunstete  und  das  SpirCtlum  eintrocknete, 
waren  mit  einem  Mak-  die  Geiseln  sehr  deutlich  zu  seheo.  Dvnli 
diese  Beobachtung  geleitet  gelang  es  mir  dann  noch  weiter  an  Vürto 
liufjuia,  wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  und  an  Bacillen  GciaelfUen 
aufzufinden.  Diese  eben  genannten,  sowie  eine  Art  sehr  klelHf 
Spirillen,  besitzen  an  jedem  Ende  eine  Geisel.  Dagegen  fand  ick 
bei  einer  kleinen,  sehr  wenig  gekrümmten  Bacterie  von  kurzer  ge- 
drungener Gestalt  nar  eine  Geisel,  welche  sehr  fein  ist  and 
langgestreckten  S  gleicht.  Mit  äusserst  zarten  Geiseln,  weli 
durch  die  sp&ter  au  erwähnende  Behandlung  mit  Extr. 
zum  Vorschein  kamen  nnd  pholographirt  werden  konnten, 
Bacterie  versehen,  welche  ihrer  Grösse  und  Bewegung 
Bacter.  Uneola  gehalten  werden  muss.  MerkwQrdigerweiae  trigt 
Art  die  beiden  Geiseln  an  dem  einen  Ende  dicht  neben  cinanderetehand. \ 


^ 


l)  Dr.  Eug,  W>i, 
KjöbenlUTen  18T6. 


n  g.    On  nojU  rtd  Danmarlu  Kgittr  levtnii  £«kl«rte.4 


41» 

Bei  diesen  ünteraachniigen  war  es  jedoch  sehr  störend,  dftss  die 
Geiseln  nur  an  solchen  Bacterien  sichtbar  worden,  welche  dicht  am 
Bande  des  Tropfens  oder  noch  besser  ausserhalb  desselben  einge- 
trocknet waren.  Nach  dem  Innern  des  Tropfens  sn  waren  sie  durch 
die  mit  eintrocknenden,  gelösten  Bestandtheile  der  Flüssigkeit  zu 
stark  verdeckt.  Um  dem  abzuhelfen  und  zugleich  den  Beweis  zu 
fahren,  dass  die  OeiselfUden  an  den  eingetrockneten  Bacterien  nicht 
etwa  ein  zuftiliges  seltnes  Vorkommen  oder  gar  ein  Kunstprodnet 
seien,  habe  ich  versucht,  dieselben  mit  Farbstoffen  zu  imprägniren 
und  dadurch  leichter  wahrnehmbar  zu  machen.  Dass  fQr  diesen 
Zweck  mit  Anilinfarben  nichts  zu  erreichen  war,  konnte  ich  schon 
daraus  abnehmen,  dass  ich  in  keinem  der  vielen  mit  Anilin  gefärb- 
ten Bacterienprftparate  bis  dahin  Geiseln  gefunden  hatte.  Indessen 
versuchte  ich  nochmals  alle  mir  zugänglichen  Anilinfarben  und  Ober- 
sengte  mich  von  der  eigenthflmlichen  Thatsache,  dass  so  schnell  und 
so  reichlich  der  Körper  der  Bacterien  die  verschiedensten  Anilin- 
farben aufnimmt,  doch  die  Geiseln  von  keiner  einzigen  derselben 
auch  nur  im  geringsten  gefärbt  werden.  Dann  wandte  ich  Carmin, 
Bftmatoxylin  —  Alaunlösung,  Tannin  und  noch  verschiedene  andere 
Farbstoffe  an  mit  demselben  negativen  Erfolg.  Nur  mit  Pikrinsäure 
gelang  es,  die  Geiseln  etwas  deutlicher  zu  machen.  Zuletzt  ver- 
suchte ich  verschiedene  Pflanzenextracte  und  fand,  dass  sich  das 
Exiractum  campech.  in  einer  concentrirten,  wässrigen 
Lösung,  der,  um  Schimmelbildung  zu  verhüten,  ein  wenig  Campher 
zugesetzt  war,  ganz  vortrefflich  zur  Färbung  der  Geiseln 
eignet.  Durch  vorsichtigen  Zusatz  dieser  Lösung  zu  bacillen-  und 
spirillenhaltiger  Flüssigkeit  gelingt  es  sehr  leicht,  die  Geiseln  sicht- 
bar zu  machen.  Noch  deutlicher  und  schöner  sind  sie  zu  sehen, 
wenn  man  die  Lösung  einige  Zeit  auf  die  am  Deckglas  eingetrock- 
nete Bacterienschicht  wirken  lässt,  entfernt  und  das  Präparat  wieder 
trocknet.  Ich  habe  auf  diese  Art  Präparate  erhalten,  in  denen  unter 
Schwärmen  von  Bacillen  fast  jeder  einzelne  Bacillus  sehr  schöne, 
braun  gefürbte  GeiselfMen  erkennen  lässt.  Derartige  Präparate  las- 
sen sich  in  den  gewöhnlichen  Einschlussflüssigkeiten,  namentlich  Gly- 
cerin,  nicht  auf  die  Dauer  bewahren,  da  der  Farbstoff  sehr  bald  aus- 
gezogen wird.  Doch  kann  man  sich  dadurch  helfen,  dass  man  das 
Deckglas  nach  der  Behandlung  mit  Extr,  catnpech^  in  eine  schwache 
Chromsäurelösung  oder  in  die  MüUer'sche  Flflssigkeit  bringt,  es 
bildet  sich  dann  eine  braunschwarz  gefärbte  unlösliche  Verbindung 
des  Eodr,  campech.  mit  Chrom  (bekanntlich  werden  viele  Sorten 
Schreibtinte  vermittelst  Blauholzabkochungen  und  Chromsalzen  her- 


gestellt).  Hierauf  kann  man  daa  PrAparat  in  Olyrerln  oder  Mck 
nochmaligem  Eintrocknen  in  Canadabalaain  legen.  Et»  »olcbe* 
CanadalialHam- Präparat  besitze  ich  von  Jiaciltua  Irtmulua,  in  dtm 
an  vielen  Exemplaren  tngleicb  Sporen   und  OeiBotn  zd   sehea   Bi»d. 

Da  nnn  8ehon  bei  einer  nicht  geringen  AoEahl  von  Dactcrie«  Gci- 
selfadeu  als  Dewegiingsorganc  aufgefnndcn  sind,  eo  ist  die  AnsakM« 
wohl  gerechtfertigt,  dasa  alle  mit  selbMAndigur  Bcwegang  Vfneht- 
nen  Baclerien  Geiselfäden  besilsen.  Uir  erBobeint  es  attch  diur^ 
ans  nicht  sweifelliaft,  dase  mit  Hülfe  von  alsrken  Objectivos,  acbrl- 
ger  Beieuf-htung  und  Firbung  mit  Exir.  cam/iech.  oder  andcrcD  vM- 
leicht  noch  wirksameren  FarbatotTen,  die  GeisGln  bei  den  klelHtta 
Bactcrien  naclixii  weisen  nnd  za  photugraphiren  Rind. 

F.  Cohn  sprach  »ich  schon  frllber '  I  nber  di<-  Venrandt- 
BChaftabeniebnngen  der  Bacterien  daliin  aus,  dasa  die  Kugel-  aad 
Stäbchcnbacteden  leicht  mit  kugligen  oder  elliptiachen  Möaaden  (t 
verwechseln  seien  nnd  dasa,  wenn  die  von  ihm  bei  Spi'rtiiunt  totn- 
tan»  entdeckten  ticiseln  auch  bei  den  eigentlichen  Bacterien  gera- 
den wurden,  wie  Ehrenberg  vermuthet  habe,  dünn  die  roiiudlmea 
Arten  der  bisherigen  Gattung  Monas  iinmitlolbar  mit  den  g«i*el- 
fahrenden  Bacterien  vereinigt  werden  roOeBtcn.  Dieser  Fali  ist  jetit 
eingetreten  und  es  würde  also  noibwendig  «ein,  die  Galtaog  itmat 
la  IreDDen  und  tbeilweise  den  Infusorien,  atao  dem  1'birrreiehe., 
theil>^'eise  den  Bacterien,  also  dem  PflanEenretohe,  zaiutli^ilea.  IMa 
Grcn/H  zwischen  Thier-  nnd  Pflanzenreich,  welche  in  ihren  nntrrstni 
Kegioneii  undeutlich  nnd  veiwiBchl  eraclieint,  würde  «ich  dadareh 
weit  Bcliüi-fer  Eiohen  lassen. 

Fig.  7.  Vergr.  500.  S^'roc/iaets  plicatili».  Häufig  in  RinntlCiDen, 
im  Stadtgraben  von  WoUstcin,  im  I^ehlamm  ain  Rande  des  Wollttrincr 
Sees,  wahrend  des  ganeen  Summers  gefunden.  Die  eigenthUmlirbeti, 
ausaerordenllich  schnellen  Bewegungen  nnd  die  tweifaohe  Weite*- 
Haie,  welche  sie  bildet,  unterscheiden  diese  8pirochacle  sehr  leJeU 
von  andern.  Die  primtlren  Windungen  sind  bei  allen  Ezetnplarao 
gleich  gross,  die  secundiren  dagegen  sind  oft,  Damentlieh  bei  Ha- 
geren Individuen,  von  ungleicher  OrOsse.  Ausser  der  Gpirockaelt 
pticatilis  enthält  dieses  Photogramm  noch  mehrere  Exemplare  von 
Vibrio  Rngula,  welche  in  ziemlich  rege Imftss igen  Abstlnden  mit 
dunklen  Körnchen  versehen  sind,  ferner  noch  eine  andere  knrae 
dicke  Spirochaete  (oberhalb  und  links  von  der  Spiroch.  pficat.), 
welche  in  der  ersten  Hälfte  des  Sommers   h&nfig   im  Schlamme  des 


» 


))  Diese  Beiträge  Bd.  I.  Heft  2  p.  185. 


4*1 

Wolbteiner  Sees  vorkommt;  die  Bewegnogen  dieser  letzteren  Spiro- 
ehiete  sind  langsam. 

Fig.  8.  Vergr.  500.  Spirochaete  des  Zahnscbleims ').  In 
trocknem,  ongeftrbtem  Zustande  photographirt.  Mit  eseigsanrem  Kali 
eingelegte  Präparate  wurden  ebenfalls  photographirt;  sie  fallen  blasser 
ans,  während  die  Länge  und  Dicke  der  Spirochaeten  dieselbe  wie 
in  Fig.  8  ist.  Diese  Spirochaete  scheint  mir  ein  ebenso  regel- 
mässiger Bewohner  der  menschlichen  Mundhöhle  zu  sein,  wie  Lejy- 
toikrix;  ich  habe  vielfach  den  Inhalt  von  kariösen  Zähnen  nnd  den 
Schleim^  welcher  sich  an  der  Basis  der  Backzähne  nnd  zwischen 
denselben  findet,  nntersucht  und  diese  Spirochaeten  ohne  Ausnahme 
in  grossen  Mengen  gefunden.  Sie  hat  grosse  Aehnlichkeit  mit  der 
Spirochaete  des  Rückfalltyphus,  ist  jedoch  kfirzer  nnd  etwas  dünner; 
einige  Exemplare  erreichen  wohl  die  Dicke,  aber  nie  die  Länge  der 
Typhns-Spirochaeten. 

Von  Manassöin^)  wurden  in  dem  Inhalte  einer  nach  der 
Mundhöhle  zu  offnen  Balggeschwnlat  mehrere  Monate  lang  Spiro- 
chaeten gefunden,  für  identisch  mit  den  Recurrensspirochaeten  erklärt 
«od  aus  dieser  Beobachtung  irrige  Rückschlüsse  über  die  Bedeutung 
der  Spirochaeten  für  den  Recurrenstyphus  gemacht.  Dass  es  sich 
in  diesem  Falle  jedoch  nicht  um  Recurrensspirochaeten,  sondern 
höehst  wahraeheinlich  nm  Zahnsehleimspirochaeten  handelte,  bedarf 
wohl  mit  Rücksicht  auf  den  Fundort  der  Spirochaeten  keiner  weiteren 
Begründung.  (Bei  der  Vergleichung  der  Figuren  7  nnd  8  auf 
Tafel  XIV  mit  Fig.  7  und  8  auf  Tafel  XVI,  welche  die  Typhusspiro- 
chaeten  enthalten,  ist  zu  berücksichtigen,  dass  letztere  700  fach  und 
die  Spirochaeten  der  Tafel  XIV  nur  500 fach  vergrössert  sind.) 

Die  Spirochaete  des  Zahnschleims  würde  sich,  da  sie  jederzeit  und 
sehr  leicht  zu  beobachten  ist,  vielleicht  dazu  eignen,  die  Entwicklungs- 
geschichte dieser  eigenthümlichen  Gebilde  zu  studiren,  was  für  die 
Aetiologie  des  Rückfalltyphus  vom  grössten  Werth  sein  könnte.  Auf- 
fallend ist  es,  dass  die  Zahnsehleimspirochaeten  nicht  blos  eine  sehr 
verschiedene  Länge,  sondern  auch  verschiedene  Dicke  besitzen,  manche 
sind  ungemein  dünn  und  klein.  Vielleicht  sind  dies  verschiedene 
Entwicklungsstadien. 

Tafel  XT. 

Fig.  1.  Vergr.  500.  Sehr  wenig  mit  Methylviolet  gefärbt,  um 
die  Sporenbildung   nicht   zu    verdecken.     Kurze   keulenförmige 


t)  Cohn,  Beitrige  I.  2.  p.  180. 

*)  Heydenreich:  Ueber  den  Parasiten  des  Rückfalltyphus  p.  40. 


422 


^ 


Bacillen  ohne  Bewegung.  Gefundeti  im  Jahre  187'  im  Saht 
einer  TsDleD  Zwiebel,  wekhe  in  einem  Sumpf  gelegen  hatte.  Dtt 
keulenförmige  Gestalt  ist  durch  Bildung  einer  Spore  am  einvD  EsA« 
des  Bacillus  bedingt.  Einige  Bacillen  eind  norb  vollkommen  cjrtta- 
drisch,  in  anderen  zeigen  sirh  die  ersten  Andentnngen  der  9|Kif«, 
welche  immer  grOsaer  und  dnnkler  wird.  Schlieaalich  wird  der  BMÜtoh 
faden  blaas,  Bchwindot  faat  ganE  und  bildet  nnr  ein  Anh&ngael  der  Spore. 
In  der  Gruppe  befindet  aicli  noch  ein  kleiner  cylindrischer  Ba- 
oillna  mit  vier  Sporen  in  gleichen  Abständen.  Einem  bedesUnd 
^Oeaeren,  aber  durch  Sporenbildong  cbenfalla  kealenfAnni^  geataltetn 
BacilluB  begegnen  wir  in  Fi^.  2.  Ausserdem  besitse  ich  iio«li  Prt- 
parate  mit  ähnlichen  keulenförmigen  Bacillen,  welche  sich  dnrck  die 
Dicke  oder  Länge  des  BacillenfadenB,  sowie  die  Grdeee  der  Sport 
von  diesen  beiden  hier  mitgetheilten  Formen  wesentlich  unltrsebeid«. 
Hehrere  deraelben  zeicbnen  sich  dadurch  aus,  dass  aie  2 — 6  gliedrift 
Kelten  bilden,  in  denen  die  Sporen  oder  die  steriteu  Enden  iw«ier 
benachbarter  Glieder  znaammenstossen,  also  in  dieser  Weiae:  —  .  .  — 

—  .  .  —  —  .  sehr  hänfig  sieht  man  dieae  Form :  . .,  weld« 

auch  in  Fig.  ä  auftritt.  Alle  diese  Bacillenformen  scbeinen  keine 
selbständige  Bewegung  zu  besitzen;  Geiaelfäden  habe  ich  an  ihnen 
nicht  wahrgenommen.  Vorzugsweise  finden  sie  eich  in  FrOcbten, 
Wurzeln,  im  saftigen  Stengel  von  Wassi^rpllauzen,  welche  im  VPuacr 
faulen.  Unzweifelhaft  gehört  die  von  \an  Tieghtm  liaciUttt  oaty 
tohacter  genannte  Art')  in  dieae  Gruppe  von  Bacillen.  Ob  disaeilM 
aber  mit  der  hier  abgebildeten  identisch  ist,  vermag  ich  nicht  n 
sagen,  da  van  Tiegbem  die  Oröasenverhältnisse  seines  BaetJim» 
nicht  angegeben  hat  und  ich  noch  nicht  Gelegenheit  hatt«,  die  Ein- 
wirkung, welche  Jod  auf  dieselben  hat,  zu  prllfen.  Nach  van  Tief- 
hcm  sollen  diese  Bacilluaarten  nur  Celtnlose-Pänlniis  veranlasfvn; 
ich  habe  aie  mehrfach  im  KOrper  todter  Wasaerinaekten,  denselben 
ganz  aiismiend,  einigemale  auch  in  faulendem  Blute  ^>  gefunden, 
was  wohl  darauf  schliedsen  Iftsst,  dass  aie  sich  unter  ITmsUnden  sneh 
aji  der  Zersetxnng  eiweieehaltiger  Substanzen  betheiligen.  Erwfchnen 
will  ioh  noch,  dass  ich  neben  den  kenlenffirmigen  Bacillen  nwh  ein« 
Andere,  wie  mir  scheint,  hierher  gehörige  Form  gefanden  habe,  deren 
Individuen  etwas  kürzer,  als  diejenigen  der  Fig.  4,  lanzettf&rmig  ge- 
staltet and  mit  einer  dem  einen  Ende  näher  gelegenen  Bpor«  ver> 
sehen  sind,  welche  indessen  oval  geformt  ist  nnd  den  BacillenUqMr 
nicht  keulenförmig  oder  bauchig  auftreibt. 

I   der  SchriA  WS  Salo« 


•  CD  L 


c.      ■!  Vcrgl,   »uth   di*   Abbildungen   i 
u  Tat  UI.  Fig.  1.  3.  4-  T  etc. 


488 

Fig.  2.  Vergr.  500.  ungefärbt  Lange  kealenförmige  Bacil- 
len mit  Sporen.  An  der  Oberfläche  von  Kartoffeln,  welche  in 
Wasser  ans  dem  Wollsteiner  Stadtgraben  fanlten,  gefunden, 

Fig.  3.  Vergr.  500.  Der  schon  bei  Taf.  XIV.  Fig.  6  erwähnte 
Bacillus  tremulus  mit  Sporen. 

Dieser  Bacillus  gehört,  was  die  Sporenbildnng  betrifft,  einer  an- 
deren Gmppe,  als  die  vorhin  erwähnten  keulenförmigen^  mit  endstän- 
digen Sporen  versehenen  Bacillen  an.  Die  hier  photographirten  Exem- 
plare haben  allerdings  simmtlich  nur  eine  Spore  zur  Entwicklung  ge- 
bracht, doch  ist  das  nicht  die  Regel.  Bei  üppigem  Wachsthum  sieht 
man  oft  ganz  ähnlich,  wie  bei  Fig.  4,  den  BcunHus  tremulus  mit  2 
anch  3  vollständig  entwickelten  und  einigen  verkümmerten  Sporen. 
Die  ansgebildeten  Sporen  liegen  dann  bald  mehr  dem  Ende,  bald 
mehr  der  Mitte  zu,  sind  also  durchaus  nicht  regelmässig  endständig. 
Das  eigenthflmliche  bei  der  Sporenbildung  der  Bacillengrnppe,  welcher 
der  BacülrM  tremulus  angehört,  ist  indessen,  dass  die  Spore  dicker 
wird,  als  der  Bacillenkörper ;  dabei  aber  letzteren  nicht  keulen-  oder 
spindelförmig  auftreibt,  sondern  blasenartig  aus  dem  Bacillus  hervor- 
quillt. Deswegen  erscheint  die  ausgewachsene  Spore  gewöhnlich 
seitenständig.  Auch  diese  Gruppe  umfasst  ausser  diesen  und  der 
folgenden  noch  andere  Formen.  Eigenthttmlich  ist  es,  dass  manche, 
80  auch  die  in  Fig.  4  gegebenen  Bacillen  nur  zur  Sporenbildung 
kommen,  nachdem  sie  Häntchen  an  der  Oberfläche  von  destillirtem 
oder  Regenwasser,  überhaupt  von  Flüssigkeiten,  welche  keinem  eigent- 
lichen Fäulnissprozess  unterworfen  sind,  gebildet  haben.  Ob  diesem 
Ruhezustande  ein  bewegter  vorhergeht,  habe  ich  bis  jetzt  nicht  fest- 
istellen  können.  Der  Bacillus  tremulus  dagegen  findet  sich  nur  in 
faulenden  Flüssigkeiten  und  bis  jetzt  habe  ich  ihn  niemals  in  einem 
Ruheztistande  gesehen.  Dass  er  mit  Geiselfäden  versehen  ist,  wurde 
schon  früher  besprochen. 

Fig.  4.  Vergr.  500.  Bacillen  mit  mehreren  seitlichen 
Sporen.  Diese  Art  fand  sich  an  der  Oberfläche  von  Regenwasser  nach 
mehrtägigem  Stehen  zugleich  mit  weit  ausgedehnten  Häutchen,  die  von 
einer  dem  Bact.  termo  ähnlichen  und  ebenfalls  sporenhaltigen  Bac- 
terie  gebildet  waren.  Die  Sporen  dieser  letzteren  Art  sind  auch 
dicker  als  der  Bacterienkörper  und  treten  kugelartig  aus  diesem  her- 
vor; doch  habe  ich  noch  eine  andere  kleinere  Form  von  Bact.  termo 
öfter  gesehen,  welche  sich  lebhaft  bewegte  und  mit  Sporen  versehen 
war,  die  den  Durchmesser  des  Bacterienkörpers  nicht  überschritten; 
ich  möchte  daher  annehmen,  dass  das,  was  bis  jetzt  gewöhnlich 
unter  dem  Namen  Bact.  termo  begriffen  wird,  mehrere  durch  Sporen- 

CohB,  Beiträge  cor  Biologie  der  PflanieD,  Band  II.  Heft  III.  2v^ 


«24 


^ 


bitdnog  und  Grösse  verscliiedene  Arten  amfasat,  welche  gelcgentliefa 
nDterschieden  werden  müssen. 

Fig.  5.  Vergr.  TOO.  Mit  Anilinbraan  geftrbt,  in  OIjroerJD  «ingclegt.' 
Schafblut,  welches  vier  Tage  lang  bei  einer  Tümprrstar 
von  8—  ICC.  in  einem  offenen  Guraasgestandea  hatte. 
Links  oben  befindet  aich  eine  Gruppe  mitlelgroeaer  Hicrococcea,  nseb 
unten  von  diesen  eine  elwus  kleinere  Form  nnd  an  der  rechten  Seite  der 
grossen  Gruppe  eine  dunkel  gefirbte  kleinste  Form,  an  welche  sieb 
noch  weiter  nach  rechts  wieder  eine  Gruppe  dvr  kleineren  Pona 
anschliesst.  In  demselben  Präparat  war  eine  noch  grossere  Micro- 
coccenform  vertreten,  die  grässte.  welche  ich  bis  jeltt  llberbaopt 
gefunden  habe;  sie  bildete  ebeiilaüa  Gruppen  und  die  einsrlaea 
Individuen  derselben,  welche  fast  den  dritten  Theil  vom  Ünrchm«» 
aer  eines  Blutkörperchens  erreichten,  befanden  sich  meistens  in  der 
Tbeilang,  also  io  lebhsftem  Wachsthum.  Leider  ist  das  Negativ, 
welches  eine  Grnppe  dieser  grOasten  Uicrococcen  neben  andere! 
kleineren  Formen  enthielt  nnd  ebenfalls  veritlTentlicht  werden  eolltat 
beim  Copiren  fUr  den  Lichtdruck  eerbrochen.  Wir  haben  alao  ia 
demselben  faulenden  Blut  gröeste,  mittelgrosse,  kleinere  und  kleiMt« 
Micrococceu  zu  unterscheiden  und  zwar  bildet  jede  Form  ftlr  aich 
eine  tiemüch  genan  begrenzte  Gruppe,  ao  deren  Band,  wie  es  hei  deB> 
PrSparat  Ions  verfahren  nicht  anders  möglich  ist,  sich  einicine  od«r 
mehrere  Hicrococcen  einer  anderen  Form  anlegen;  doch  sind  aoob 
in  diesem  Falle  die  nicht  zur  Gruppe  gehörigen  Microcuccen  letdit 
lu  erkennen.  UnzweifelhaUe  Uebergangsformen  zwischen  diesen  ytf 
schiedenen  Gruppen  sind  nicht  vorhanden. 

Fig.  6.  Vergr.  700.  Mit  Anilinbraun  gef»rbt,  in  OlyMrln  «in- 
gelegt.  Dasselbe  Blut,  welches  dta  Präparat  lu  Fig.  &  geliefert 
hatte,  enthielt  nach  vierwöcbentlichera  Stehen  bei  deraethea 
Temperatur  die  in  Fig.  6  wiedergegebenen  Formen  von  Bacterien.  Dt« 
Blutkörperchen,  welche  in  Fig.  5  noch  gat  erhalten  sdieinen,  aind 
in  Fig.  6  verschwunden  und  statt  der  in  Gruppen  gelagerten  Uicro- 
coccen erscheinen  hier  reihenförmig  angeordnete,  daneben  «ioaelM 
sehr  kleine  Uicrocuecen  und  längliche  zu  Bact  termo  gehörig« 
Farmen,  die  auch  schon  in  Fig.  b  zu  bemerken  sind. 

Fig.  7.  Vergr.  700.  Mit  Anilinbraun  geßrht,  in  Otycerin  fltDgelegL 
Kettenförmig  angeordnete  Mierococcen,  welche  aich  cooatant 
und  oft  in  grosser  Menge  im  Zungenbelag  finden.  Zwischen  je  awei 
oder  vier  Hicrococcen  ist  immer  ein  deutlicher  Zwischenranm.  Die 
beiden  grossen  ovalen  Eclrper  sind  Kerne  vom  Platten  epithel  der 
UaadbOhle.     Au  dem  einen  Knde   der  Ketle  befindet  sich  nia  Ums- 


i 


425 

fen  kleinster  Mtorococeen,  welche  in  dichten  Zoogloeamassen  den 
eigentlichen  Zahnschleim  bilden.  Gewöhnlich  nmschliessen  diese  letz- 
teren, wie  ee  auch  hier  der  Fall  ist,  kleine  Gmppen  von  einem 
etwas  grösseren  Micrococcns,  der  sich  dnrch  eine  nie  fehlende  jedes- 
mal ein  bis  vier  Individuen  nmschliessende  breite  glasartige  Schleim- 
hfllle  ansseichnet  (in  Billroth*s  Werk  Aber  Coccobacteria  septica 
anf  Taf.  III.  Fig.  22  abgebildet). 

Fig. 8.  Vergr.  500.  Reihenförmig  geordnete  Micrococcen, 
eine  feine  Hant  anf  Wasser  bildend,  welches  in  Schleim  ein- 
gebettete QamphonematLYteti  enthielt  und  mehrere  Tage  der  Fänlniss 
flberlassen  blieb.  Nnr  im  Frtlhjahr  1877  einigemale  gefunden.  In  der 
Flflssigkeit  selbst  fanden  sich  lange  Ketten  desselben  Micrococcns 
aber  keine  Zoogloeabildnng. 

In  den  Figuren  5  bis  8  sind  nur  einige  Micrococcenformen  wie- 
dergegeben; ihre  Zahl  ist  damit  noch  nicht  erschöpft  und  ich  hätte, 
wenn  es  der  Ranm  gestattete,  wohl  dreimal  so  viel  Photogramme 
von  verschiedenen  Micrococcenformen  veröffentlichen  können.  Bei 
der  Auswahl,  welche  ich  hier  getroffen  habe,  kam  es  mir  nur  darauf 
an,  zu  zeigen,  dass  auch  die  Kugelbacterien  sich  recht  gut  in  For- 
men trennen  lassen,  welche  allerdings  vorläufig  nur  durch  die  Grösse 
und  characteristische  Gruppirung  (auch  die  Zoogloea  ramtgera  muss 
hierher  gerechnet  werden)  unterschieden  werden  müssen  —  sowie  dass, 
sobald  diese  Gruppen  nicht  gestört  und,  wie  es  gewöhnlich  bei  der 
Untersuchung  von  Bacterienflüssigkeiten  geschieht,  nicht  Alles  durch- 
einander gerührt  wird,  auch  keine  Uebergangsformen  zwischen  den 
verschiedenen  Microeoccen  vorkommen.  In  Betreff  des  letzten  Punk- 
tes, welcher  noch  so  vielfach  Widerspruch  findet,  will  ich  noch 
aaftlhren,  dass  man  sich  von  der  Richtigkeit  desselben  am  leichte- 
sten durch  Culturen  in  kleinen  Glaszellen  überzeugen  kann.  In 
einem  eingeschlossenen  Tropfen  fäulnissfühiger  Flüssigkeit,  z.  B. 
Blut,  Fleischwasser,  entwickehi  sich  gewöhnlich  nur  eine  oder  wenige 
Bacterienformen ,  die  immer  colonieweise  jede  für  sich  von  einem 
Entwicklungscentrum  aus  wuchern,  sich  schliesslich  berühren  oder 
verdrängen,  auch  durch  einander  mengen,  wenn  sie  beweglich  sind, 
aber  niemals  Uebergangsformen  bilden.  Alle  diese  Vorgänge  lassen 
sich  in  dem  Tropfen,  weil  die  Flüssigkeit  fortwährend,  ohne  sie  zu 
bewegen,  beobachtet  werden  kann,  bequem  verfolgen.  Bei  einer 
sehr  grossen  Reihe  von  in  dieser  Weise  angestellten  Untersuchungen, 
ebenso  auch  in  frei  faulenden  Flüssigkeiten,  welche  mit  möglichster 
Vorsicht  in  sehr  dünner  Lage  auf  das  Deckglas  gebracht,  und  um 
die  Bacterien  in  ihrer  natürlichen  Anordnung  zu  lassen,  eingetrocknet 

28* 


42« 

nod  dann  erat  weiter  unteraucht  wurde,  liabe  ich  niemKl*  Ceb«r- 
gangsformen  ündeo  känoen,  welche  lu  der  Vermathnng  gefOkrt  hu- 
tCD,  Jaaa  wie  maa  healziitagc  uoch  vielfach  aDnioiiDt,  die  Bacteric« 
Bämmtlich  in  den  Bntwicblungakieis  einer  oder  weniger  Formen  gefattrea. 
Tftfel  X^T. 

Fig.  1.  Vergr.  TOO.  BaciUa»  Atithraoü.  Dietes  Piiotognan 
zeigt  die  MiUbrandbacillen  in  ganz  friacfaeiD  lebendei 
Zuatande.  Milzsnbatauz  einer  unmitti-lbar  rorher  an  IioprUilzbrawl 
gealorbeneu  Maus  wurde  möglichst  achnell  nnter  einem  Deekgllt- 
oben  mit  Oel  in  einen  hohlen  Objectträger  eingeaehlossen,  am  dis 
Vei'dnnstung  zu  verhüten  nnd  eoforl  phologrsphirt. 

Die  Blatkörpercheu  tracheinen  hier  aehr  dnnkel,  da  sie  %\%  g«A- 
rotbe  Kclrper  nur  wenig  chemisch  wirksame  Strahlen  durchUwea 
nnd  weil  die  Platte,  um  die  zarten  Linien  der  Bacillen  zu  erbaJtM, 
nur  möglichst  kurze  Zeit  belichtet  werden  kounle.  l'ebrig«!»  bt 
die  homogene  BeachafTcDhelt  der  Bacillen  und  die  dchwadi  aagede«- 
tete  Theilung  einzelner  Fftden  ganz  naturgetreu  wiedergegeben. 

Fig.  2.  Vergr.  700.  Daaaelbe  Präparat,  welohca  die  Fig.  I 
Eeigl,  nachdem  ea  24  Stunden  bei  IS -20"  C.  gebatten 
war.  Uie  Milzbrandbacillen  sind  achon  bedeutend  gewachsen,  k&b«D 
diQ  Blutkörperchen  zurückgedrängt  und  bilden  eine  diofate  verfllst« 
Masae.  Auch  diese  Bacillen  sind  ohne  jede  FrAparation  nadi  d«B 
Leben  photograpbirt. 

Fig.  3  und  4.  Vergr.  700.  H  ilzbrandbacillen,  w«l«h«  il 
humor  d^ueus'l  zu  langen  FAdenauagewaiihsen  »indoBil 
Sporen  gebildet  haben.  Um  die  Fftdcn  zum  Photograpbiren  w 
eine  Ebene  zu  bringen,  wurde  die  PIllHaigkeit  tingetrocknel,  aber  di« 
getrocknete  Substanz  unmittelbar  nachher  wieder  in  Kali  aoet.  hmfff 
weicht  und  ohne  gefärbt  zu  sein,  photügraphirt.  In  Fig.  3  eradicioea 
die  Faden  noch  deatlicb;  Fig.  4  zeigt  ein  weiterea  Stadium,  in  dem  die 
Faden  zerfallen  nnd  rorschwinden,  ao  dass  die  Sporen  allein,  «bw 
noch  in  Reihen  geordnet,  zurück  bleiben. 

Im  Gegensatz  zu  den  kolbcnfCrmigen  sporen haltigen  BacillM 
und  zu  den  Bacillen  mit  blasenartig  hervortrete  öden  äporen  bildoo 
der  Bacillus  Antkracis,  der  Bacillus  su&tili»  nnd  einig«  andere 
hierher  gehörige  Formen  eine  dritte  Bacillengruppe,  welche  zu  mehr 
oder  weniger  langen  Kt^tten  oder  Fitden  auswachaen  und  dann  ertt 
in  jedem  Gliede  eine  die  Dicke  des  Fadens  nicht  abertreCTende  Spare 
ent  wickeln. 


>)  Tgl.  diese  Beitrlg«  Bd.  II.  Heft  II.  p.  28$- 


^ 


4n 

Die  Präparate,  nach  denen  die  Photogramme  der  Milzbrandbacillen 
angefertigt  Würden,  stammen  vonThieren  her,  die  mit  mehr  als 
fflnf  Jahre  altem,  getrockneten,  Sporen  enthaltenden  Mils- 
brandblnt  erfolgreich  geimpft  sind.  Ich  erwähne  dies  ans- 
dröcklieh,  da  es  Fes  er  ^)  bei  Wiederholung  meiner  Versuche  Aber 
Impfungen  mit  Sporen  des  Bacillus  Antkracis  nicht  gelungen  ist,  diese 
länger  als  einige  Monate  wirksam,  aho  lebensfähig  zu  erhalten,  und  er 
daraus  sehliesst,  dass  „die  Milzbrandsporen  die  von  mir  behauptete 
Lebenszähigkeit  nicht  besitzen.^  Aber  ich  habe  nicht  allein  zu  meinen 
frflheren  Versuchen  meistens  sporenhaltige  Substanzen,  welche  schon 
Jahre  alt  waren,  gebraucht,  sondern  noch  in  der  allerletzten  Zeit 
vielfache  Impfungen  (einige  noch  vor  wenigen  Wochen  im  pflanzen- 
physiologischen  Institut  zu  Breslau)  mit  sporenhaltigem  Milzbrand- 
blut gemacht,  welches  vor  ein  oder  zwei  Jahren  und  selbst  vor  Anf 
Jahren  getrocknet  war  und  zum  Zwecke  der  Impfung  in  destillirtem 
Wasser  oder  Olycerin  aufgeweicht  wurde.  Alle  diese  Impfungen 
sind  ausnahmslos  erfolgreich  gewesen. 

Die  jahrelange  Haltbarkeit  der  Milzbrandsporen  ist 
also  eine  ganz  feststehende  Thatsaehe,  welche  dadurch,  dass 
ein  anderer  Beobachter  ein  negatives  Resultat  bei  seinen  Versuchen 
erhält,  nicht  umgestossen  werden  kann.  Fflr  die  Praxis  würde  es  sehr 
wichtig  sein  zu  untersuchen,  unter  welchen  Bedingungen  die  Milzbrand- 
sporen  so  schnell  unwirksam  werden,  wie  bei  den  Feser'schen  Versn- 
ehen  der  Fall  war,  es  müssten  sich  daraus  am  einfachsten  die  Mass- 
regeln ergeben,  welche  man  znr  Ausrottung  des  endemischen  Milz* 
brandes,  welcher  nur  durch  die  Bildung  der  lange  haltbaren  Milz- 
brandsporen bestehen  kann,  zu  ergreifen  hat.  Vielleicht  geben  die 
Feser'schen  Versuche  hierfbr  einen  Anhalt.  Von  diesen  Versuchen 
müssen  als  nicht  ganz  zweifelsfrei  diejenigen  ausgeschlossen  werden, 
bei  denen  direkt  von  den  frischen  Cadavem  entnommene  Gewebs- 
theile  znr  Sporenbildung  angesetzt  wurden,  ohne  sie  vor  dem  Ein- 
dringen anderer  Bacterien  zu  schützen,  da  Fes  er  selbst  sagt 
(p.  394),  dass  die  in  diesen  Substanzen  später  gefundenen  Sporen 
möglicherweise  von  andern  ähnlichen  in  faulendem  Blut  und  der- 
gleichen vorkommenden  Bacillen  herrühren  konnten.  Es  bleiben 
also  nur  die  Versuche  mit  in  geschlossenen  Zellen  gezüchteten  rei- 
nen Milzbrandsporen  übrig.  Wie  nun  aus  den  betreffenden  Proto- 
kollen (S.  393  und  394)  zu  ersehen  ist,   hat  Fes  er  die  sporenhal- 


1)  Archiv  für  wissenschaflliche  und  praktische  Thierheilkunde  1877.   Heft 
d  und  6. 


ti^  FlUasigkeit  aof  Schreibpapier  eingetrocknet,  and  gerade  hierio 
scheint  mir  der  Urniid  für  dns  Uiasliut^cn  der  später  mit  iliroctii 
Material  angestellten  Impfversnche  eq  liegen,  denn  es  ist  bokaniit, 
daes  Seh  reih  papier  meistens  einen  nicht  tinbedealenden  0«hall  an 
Blei,  Knpfer  oder  Arsen  hat,  der  an«  den  Farbetoffen  der  tttr  Fatwi- 
kation  dienenden  Lumpen  stammt,  oder  aach,  nm  dem  Papier  «inen 
gewissen  Farbentoii  lu  geben,  abaiehtlioh  Etigesetxt  wird,  üa  et 
aber  bia  jctxt  noch  nicht  erwiesen  und  auch  t^m  unwahrschclntioli 
ist,  daas  die  Milzbrsndnpareu  dnrch  Sake  der  genannlcD  Uetalic 
nicht  getOdtet  werden,  so  ist  die  von  Keser  befolgte  Methode  dVKh- 
SI18  nicht  so  fehlerfrei,  wie  er  annimmt. 

Fig.  6.  Vergr.700.  Von  derselben  MilEsubstaaE,  welch«  Ur 
Herstellung  der  vorhergehenden  Photogratnme  gedient  hatte,  warde 
eine  dnnne  Seliicht  auf  Hiiiem  Ueokgläschen  eingetruclt- 
net,  mit  Auilinbrann  gefärbt  ond  in  Glycerin  eingelegt. 
Durch  dieses  Verführen  wurden  die  Blutkflrpercheo  ihres  Farbatoffe« 
beraubt,  dagegen  die  Bacillen,  sowie  die  Kerne  der  weissen  ßlutkdrpei- 
cben  braun  gefärbt.  Anf  derE'hotogiaphie  erscheinen  daher  jet^t,  imUe- 
gensatz  zur  Photographic  der  frischen  unprSparirten  MiUsubstani,  die 
Blutkörperchen  kaum  angedeutet  als  blasse  Kreise,  die  Kerne  der  weissen 
Blntkürperchen  Eiemlich  dunkel  und  die  Bacillen,  w«il  sie  am  mei«t«i 
brann  gefärbt  sind,  ungemein  kriiftig  und  dunkel.  Zugleich  (Ult 
aber  auch  auf,  daas  die  Bacillen  zwar  nicht  in  L&nge  und  Breite 
verändert  sind,  aber  doch  denllieh  gegliedert  und  an  dem  Ende  nicht 
abgerundet,  sondern  abgestutzt  erscheinen.  Ausserdem  ist  die  Oli»- 
dening  insofuru  eigen  thiiral  ich,  dass  die  Glieder  nicht  durch  eine 
einfache  Querlinie  geachiedeD  sind,  soudeni  dass  die  belle  Trennlinie- 
liuie  in  der  Mitte  eine  kleine  Anschwellung  besitzt  und  dus  die 
Verbindungsstelle  zwischen  zwei  Qliedern  eine  schwache  knotenför- 
mige Verdickung  zeigt.  Beim  ersten  Anblick  macht  deswegen  der 
Bacillus  den  Eindruck,  als  ob  er  in  regelmässigen  Abständen  mit 
bellen  Punkten  besetzt  wäre.  Dieses  ausserge wohnliche  Verhalten 
beim  Eintrocknen  findet  sich  bei  keinem  von  allen  andern  Bncillen, 
die  ich  bis  jetzt  untersucht  habe,  wieder.  HOchstena  wird  die  Olie- 
dening  dnrch  das  Trocknen  und  Färben  der  Bacillen  und  ihrer  Ket- 
ten ein  wenig  prägnanter.  Aber  dieses  abgestutzte  und  punktirle 
Aussehen,  wie  es  der  getrocknete  und  gefärbte  Milebraodbacillas 
annimmt,  ist  fllr  diesen  so  charakteristisch,  dass  man  dasselbe  tor 
Diagnose  des  Milzbrands  mit  vollkommener  Sicherheit  benutzen  kann. 
Und  in  der  That  habe  ich  vor  einigen  Monaten  bei  einem  Menschen, 
welcher  zwei  Tage  vorher  an  Milzbrand  in  Form  einer  diffusen  An- 


489 

•ehwellaog  an  der  linken  HalBseite  erkrankt  war,  doreh  das  Auffin- 
den einiger  Bacillen,  welche  dieses  charakteristische  Kennseichen 
hatten,  die  richtige  Diagnose  stellen  können,  welche  letztere  durch 
erfolgreiche  Ueberimpfung  der  Anthrsxsobstanz  auf  Thiere  bestätigt 
wurde.  Die  getrockneten  Milzbrandbacillen  habe  ich  auch  mit  Blau- 
holzeztraktlösung  geftrbt  und  genau  untersucht,  aber  nicht  die 
geringste  Andeutung  von  Geiseln  finden  kOnnen.  Ich  erwähne  das 
nur,  weil  damit  auch  ein  morphologischer  Unterschied  zwischen  dem 
BadUuB  Anthraoü  und  dem  Bacillus  subtüis,  welcher  ersterem  in 
Grösse,  Wachsthum  und  Sporenbildung  ungemein  ähnlich  ist,  aber 
Geiseln  besitzt,  gegeben  wird.  Für  die  Milzbrand*Aetiologie  wflrde 
hierdurch  der  Einwand,  welchen  man  so  oft  gemacht  hat,  dass 
unmöglich  derselbe  Organismus  das  eine  Mal  als  Bacillua  subtüis 
Buttersfturegihrung  und  das  andere  Mal  als  Bacillus  Änthracis  tödt- 
liehe  Krankheit  erzeugen  könne,  beseitigt  werden;  denn  B.  subtilis 
und  B.  Änthracis  sind  nicht  nur  in  ihrer  physiologi- 
schen Wirkung,  sondern  auch  in  ihrer  Gestalt  und  in 
ihren  ganzen  Lebensbedingungen  Tollkommen  von  einan- 
der abweichende  Organismen. 

Fig.  6.  Vergr.  700.  Mit  Anilinbraun  geftrbt.  Blut  aus  der  ^r^ 
hasilaris  einer  nach  zwei  Tagen  (im  Juni)  secirten  £r- 
atickungsleiche.  Im  Pericardialserum  derselben  Leiche  fanden 
sieh  dieselben  Bacillen,  theilweise  zu  drei  bis  vier  Mal  längeren  Fäden 
ansgewachsen  und  mit  Sppren  versehen.  Wahrscheinlich  gehören 
diese  Bacillen  derselben  Form  an,  welche  Billroth  in  seinem  Werke 
aber  Coccobacteria  septica  auf  Taf.  IV.  Fig.  34  abgebildet  und 
ßtreptobacteria  gigas  genannt  hat.  Nach  meiner  Erfahrung  sind  dies 
gewöhnlich  die  ersten  Bacterien,  welche  im  Blute  von  Leichen  auf- 
treten, daneben  finden  sich  oft  noch  andere  kleinere  und  dflnnere 
Bacillenformen,  von  denen  auch  in  Fig.  6  eine  kleine  Gruppe  zu 
sehen  ist.  Erst  später  kommen  im  Leichenblute  Micrococcen,  Bao- 
terüisn  termo  und  ähnliehe  Arten  zum  Vorschein.  Ob,  wie  von  Man- 
chen angenommen  wird,  die  Keime  jener  ersten  Bacillen  schon  im 
lebenden  Blute  enthalten  waren,  aber  erst  im  Leichenblute  die  Be- 
dingungen ftlr  ihre  Entwicklung  finden,  muss  ich  dahin  gestellt  sein 
lassen.  Wahrscheinlicher  ist  es  mir  jedoch,  dass  sie  erst  nach  dem 
Tode  aus  dem  Verdauungskanal  in  das  Pericardialserum  und  in  das 
Blnt  einwandern,  da  man  sie  zuerst  und  in  grösster  Zahl  immer  in 
der  Nähe  der  Verdauungsorgane  findet.  Im  frischen  Zustande  sind 
sie  nur  etwas  deutlicher  gegliedert  als  die  Milzbrandbacillen,  sonst 
sind  sie  diesen  in  iiänge  und  Breite  so  ähnlich,   dass  man  sie  nur 


4M 

bei  sorgrAltiger  ITotereuchung;  unterscheiden  k»iiD',  um)  muiebe  Be> 
hniiptang  Aber  Blut,  welches  MihbrandbacUlcn  CDtbiell  und  aicii  betm 
loipfeu  erfolglos  erwies,  und  ähnliche  IrrtbUmer  sind  sweirc-lIoM  ilnnh 
Verwechslung  des  BacUlwn  Anüiraein  mit  dletieD  Bacillen  enutuf 
den.  Der  Unterschied  zwischen  beidt^n  tritt  weit  deutlicher  diueh 
Eintrocknen  und  Färben  hervor,  und  um  dies  recht  aagenl&Ilig  u 
machen,  habe  ich  die  beiden  Photugr«mme  neben  einander  geiteUt. 
Beide  sind  genau  in  derselben  Weise  prAparirt  und  gef&rbt;  ab« 
sofort  fallen  bei  den  Milzbrandbactllen  die  eckigen  fest  aDeiiw^M 
schliesaenden,  an  den  Enden  noch  verdickten  Glieder  des  SttfwktM 
auf  im  OegensatE  zn  den  lose  verbundenen  Kbgernndctra  Glieden 
des  BacillDS  im  faulenden  Blute. 

Diese  beiden  letzten  Photogi-amme  veranlassen  mich,  ooeh  aaf 
einen  Punkt,  welcher  von  Naegeli  in  seinem  neusten  Werke') 
berührt  wurde,  einzugehen.  Naegeli  nimmt  nämlich  an,  daes  alle 
dickeren  Stäbchen  nnd  Fäden  (oft  selbst  die  dünneren)  bei  Rebaii4- 
Inng  mit  verschiedenen  Reagontien  (namentlich  mit  Jodtlnctar,  asck 
beim  Austrocknen)  bald  torulos  (wodurch  die  Gliederung  nur  ang»- 
dentet  wird),  bald  deutlich  kurzgliederig  erscheinen,  und  er  giebt 
in  Fig.  i  Ipag.  1)  eine  schcmatische  Zeichnung,  wie  diese  Gliederung 
an  Bacillen  nnd  Spirillen  beschaffen  sei.  Gerade  anf  diesen  l'nutaoid 
hnbr  ich  mein  heennileres  An^enmerk  vom  Anfang  meiner  UotcrsB- 
chungeu  SU  gerichtet,  d»  schun  früher  von  anderen  Seiten  über  du 
Zerfallen  von  Bacillen  in  Micrococcen  und  umgekehrt  Über  daa  Bat' 
stehen  von  Stiibchen  ans  Micrucocceo  berichtet  ist  und  j«  mchdcB 
diese  Angaben  sich  bt'stfitiglen  oder  als  IrrlhUmer  heransBlolltea,  u- 
sere  gesammten  Ansclinuungen  über  die  Baclerien  sich  gnutdra- 
schieden  gestalten  mllsseu.  Es  ist  also  gewissermassen  eine  Prin- 
cipienfrage,  deren  Entscheidung  man  anstreben  muss,  wenn  «iim 
Verständigung  unter  den  Bacterien forschem  erreicht  werden  soll  ud 
zu  diren  Lösung  ein  Jeder  nach  seinen  Krlflen  beizatragen  Wl. 
Meine  Erfahrung  nun,  welche  sich  auf  tausende  von  getrocknelM 
Präparaten  stützt,  von  denen  viele  mit  Jodlinctnr  nnd  auch  mit  Ka- 
dern Reagentien  behandelt  wurden,  widerspricht  den  Nsegelfachea 
Beobacbtnngen.  Das  habe  irh  aucli  gefunden,  da?s  Gliederungen  von 
Faden  durch  Eintrocknen  deutlicher  worden,  was  ja  namenUich  au 
den  beiden  letzten  Photogrammen  hervorgeht;  ferner  dass  JodtioktBr 
hl  manchen  Bncillen,  Spirillen  und  Vibrionen  den  feinkOrnigea  Inhalt 
atirker  hervortreten   lässt.     Aber   so   knra  gegliederte  BaolUeti  nad 

■}  Die  niederen  Pilte  in  ihren  Bctiehuageo  i 
nad  der  Geeundbeilspüege.    UOnchen  1S77. 


deo  InfcktionskranUtdta 


4SI 

SpirilleD  wie  sie  Naegel!  abbildet,  habe  ieh  niemals,  weder  nach 
Eiotrookneo  noch  nach  Behandlung  mit  Jodtinktur  gesehen.  Die 
Figuren  4,  5,  6  nnd  8  der  ersten  Tafel  steilen  sftmmtlich  im  ge- 
trockneten Zustande  befindliche  Bacterien  dar,  alle  flbrigen  Bacillen 
(mit  Ausnahme  von  Fig.  1  und  2)  und  Spirochaeten  sind  vor  dem 
Fftrben  getrocknet  gewesen;  aber  an  keinem  dieser  Bacterien  wird 
man  eine  torulose  oder  kurzgliedrige  Beschaffenheit  erkennen.  Ein 
Irrthum  meinerseits  kann  hier  unmöglich  vorliegen,  denn  es  würde 
wenigstens  an  den  eingetrockneten  Bacterien,  welche  so  stark  ver- 
grdsaert  und  so  scharf  eingestellt  photographirt  wurden,  dass  ihre 
Geiseln  zum  Vorschein  kamen,  eine  etwa  vorhandene  Gliederung  nicht 
verborgen  geblieben  sein.  Den  Einwand  aber,  den  ich  auch  schon 
frflher  gehOrt  habe,  dass  man  nämlich  nach  Belieben  eine  Bacterie 
auf  der  Photographie  gegliedert  oder  ungegliedert  erscheinen  lassen 
könne,  kann  nur  derjenige  im  Ernste  machen,  der  nicht  die  geringste 
Kenntniss  von  Microphotographie  besitat 

Fig.  7  und  8.  Vergr.  700.  Mit  Anilinbrann  geftrbt,  in  Glycerin 
eingelegt.  Spirochaete  Ober  meiert.  Vom  Methylviolet  werden  die 
Reeurrens-Spirochaeten  sehr  intensiv  gefärbt  und  eignen  sich  vorzflglich 
zum  Einlegen  in  Ganadabalsam.  Auch  Anilinbraun  nehmen  sie  gut 
an  und  geben  damit  gefftrbt  ziemlich  kräftige  Bilder.  Wie  schon 
frflher  angegeben  wurde,  verdanke  ich  das  Material  zu  diesen  Photo- 
grammen Herrn  Dr.  Albrecht  in  Petersburg,  welcher  die  Gttte  hatte, 
mir  eine  Anzahl  Deckgläschen  mit  eingetrocknetem  Blut  von  Recnrrens- 
kranken  zu  senden.  Ich  war  dadurch  in  den  Stand  gesetzt,  eine 
grössere  Anzahl  von  Photogrammen  anzufertigen,  von  denen  ich  des 
knappen  Raumes  wegen  nur  diese  beiden  mittheilen  konnte.  Das 
dazu  benutzte  Präparat  stammt  von  einem  22jährigen  Manne,  28  Stunden 
nach  Beginn  des  zweiten  Anfalles.  Da  die  Spirochaeten  nicht  so  regel- 
mässige Windungen,  wie  in  den  bekannten  Abbildungen  und  in  man- 
chen Präparaten  resp.  Photogrammen  noch  stärkere  Biegungen  und 
Knickungen,  wie  in  Fig.  7  zeigten,  so  vermuthete  ich,  dass  sie  durch 
Eintrocknen  so  verändert  würden.  Diese  Vermnthung  erwies  sich  in- 
dessen als  unrichtig,  da  Dr.  Alb  recht  auf  eine  Anfrage  folgende 
Mittheilung  machte :  „Was  die  Formverhältnisse  der  Spirochaete  vor 
dem  Eintrocknen  anbelangt,  so  kamen  Spirochaeten  vor,  welche  in 
gradliniger  Richtung  regelmässige  Spiralen  zeigten.  Dieselben  Spiro- 
chaeten nehmen  oft  bei  gleichmässig  bleibenden  Windungen  eine  schwach 
gebogene  Richtung  an.  Bei  Weitem  die  Mehrzahl  derselben  zeigte 
jedoch  schon  während  des  Lebens  Formen,  wie  sie  auf  Ihren  von  Prof. 
Gohn  mir  zugeschickten  Photogrammen  sehr  schön  zu  sehen  sind» 


m 

nur  dasa  bei  dea  achnetlen  Bewegnogen  ein  beBUmdlger  Weeiuel 
des  Biegnngs  wink  eis  Klatt  hatte.  Dabei  kCiineD  die  beiden  Endes 
sich  bis  zur  Berüliraog  einander  nahern,  sogar  übereinander  beni 
gehen,  um  dann,  zornckgebend,  eine  mehr  gerade  KIchlang  am 
nehmen.  Dabei  erscheinen  die  Windungen  nie  gleichmäasig  geformt, 
vielmehr  sind  in  der  Gegend  der  Knickang  immer  eine  oder  mekrer« 
Windnngen  grösner  und  Unger,  «la  die  Übrigen.  Di«  ««hnellea 
Bewegungen  und  der  besiAndige  Weuhsbl  der  Formen  bsMD  mm 
genaue  Prüfung  der  Gröeae  und  Zahl  der  Windangen  ntcbl  sb." 

F.B  beBtatigte  Hieb  also  auch  hier  wieder,  daaa  die  Oesttit  im 
Bacterien  dnrch  schnelles  ICintrucknen  mit  wenigen  Aasnahm«B  bicM 
verftodert  wird.  Die  Spirochaete  der  Fig.  H  leiehnct  sich  nicht 
durch  ihre  regelmäsaige  OeBtalt,  sondern  noch  durch  eia«  kleiM 
knotenförmige  Verdickung  in  der  Mitte  bub  (das  Negativ  seigt 
selbe  weit  deutlicher,  als  das  Papierbildl;  ii^h  habe  diese  Verdicknsgsi, 
welche  auch  Heydenrcich  auf  Taf.  I  Fig.  27  seiner 
abgebildet  bat,  nicht  oft  gefunden  und  vermag  Ober  die 
derselben  nichts  anzugeben. 

Etwas,  worauf  tneioes  Wissens  noch  nicht  aufmerksa 
ist,  tritt  auf  den  Photographieu  sehr  deutlich  hervor,  daas  die  Spirv' 
ehaeten  des  Becurrens  ebenso  wie  die  Zahnschleiiiispic«> 
chaeten  an  beiden  Buden  zugespitzt  sind,  während 
ren  Spirochaeten  mehr  oder  weniger  gestutzte  Enden  haben.  ! 
reich  ISsst  es  unentschieden,  ob  die  iS^n'rocA.  pltoatili»,  dttZ^ki 
spirochaete  nud  die  Sptroch.  (ihermneri,  zu  ein  und  dererlbon 
ren  oder  nicht  und  bäll  ee  für  mf>glicb,  dass  die  geringen  Uniei 
OeBtalt  und  Gr^tsae  dicaer  drei  Spirochaeten  durch  versohledsM 
bedingnngen  ta  Stande  kommen  können.  Dem  gegenober 
«n,  dass  die  drei  Spirocli.  Art'U  streng  von  einander  >u 
Die  Spiroch.  pUcatilis  iiniersL-heidet  sich  von  der  Keourrensapli 
durch  die  doppelte  Wellenlinie  und  die  ZahnscbletmEpirochMt« 
geringere  Dimensionen  von  derselben.  Aber  auch  abgOMbei 
dieseu  Foruunterschieden  spricht  gegen  die  Identität  der  ilrei  ArMa 
schon  der  Omatand,  d«»a  die  SjiirocttaeU  plkittUin  seit  f»8l 
Jahren  von  tnir  in  Wullstciii  und  Umgegend,  wo  bis  j'.-txl  aocb  nt^ 
mals  eine  Uecurrens-Epideniie  vorkam,  hXnfig  gefunden,  und  di«  Z«b«- 
«cbleimspirocbaele  wabracheiutieli  ein  hsrmloser  Begleiter  der 
Menschen  ist.  Damit  soll  natürlich  nicht  gesagt  sein,  i%n 
currenaspirodiaete  nicht  mdglicber  VVeise  auch  «nders  «o  vorkoamM 


»Jl.« 


48i 

kÖBote,  als  im  menflchlieheo  Blute;  aber  wo  sie  rieh  findet,  da  mnss 
sie  aoeh  dorch  gelegeotliohea  £indriogen  in  deo  menschlicheD  Blut- 
Btrom  und  dadurch  bewirkte  charakteristische  KrankheitserscheiDUDgen 
sich  manifestiren. 

7.  Zum  Schlnss  meiner  Arbeit  möchte  ich  noch  einmal  auf  den 
Werth  der  Photographie  fDr  die  Bacterienforschnng  hinweisen.  Jeder, 
der  sich  mit  Bacteriennntersnchnngen  abgegeben  hat,  kennt  die  ausser- 
ordentliche Mannigfaltigkeit  in  den  Formen  der  Bacterien  und  die 
grosse  Schwierigkeit,  dieselben  richtig  aus  einander  zu  halten  und 
zn  gruppiren.  Viele  Formen  in  diesem  Chaos  gewinnen  jetzt  schon 
an  Consistenz  und  mftssen  fixirt  werden,  so  vor  allen  Dingen  die 
mit  Sporen  versehenen  Bacterien,  dann  die  geiseltragenden  Bacterien, 
femer  die  Zoogloeabildungen  und  manche  durch  charakteristische  Ge- 
stalt leicht  erkennbare  Formen.  £s  ist  durchaus  nicht  nöthig,  dass 
sofort  eine  jede  dieser  Formen  als  besondere  Art  bezeichnet  wird, 
obwohl  man  dies  in  Betreff  der  sporenhaltigen  Bacterien  schon  jetzt 
«obedenklich  thun  könnte«  Es  ist  auch  wahrscheinlich,  dass  bei 
weiterer  Erforschung  der  Bacterien  gewisse  Formen  dieser  einzelnen 
dveh  Sporen,  Geiseln  u.  s.  w.  bezeichneten  Reihen  als  zusammen 
gehörig  gefunden  werden. 

Vorläufig  mttssen  aber,  wie  schon  gesagt,  alle  fixirt  werden,  um 
eine  naturgemässe  Classification  der  Bacterien  zu  ermöglichen.  Dazu 
eignet  sich  aber  nichts  mehr,  als  die  Photographie.  Es  ist  dringend 
an  wflnschen,  dass  in  Zukunft  von  allen  bemerkenswerthen  Funden 
haltbare  Präparate,  welche  sich  photographiren  lassen,  oder  womög- 
lich gleich  Photographien  selbst  angefertigt  werden.  Um  so  mehr 
ist  es  geboten,  wenn  es  sich  um  seltene  Gegenstände  handelt,  oder 
wenn  die  Verhältnisse  sich  so  gestalten,  dass  das  üntersuchungsoh- 
ject  nicht  Jedem  zugänglich  ist,  z.  B.  das  Vorkommen  von  Bacte- 
rien bei  seltneren  Krankheiten.  So  wäre  beispielsweise  sehr  wich- 
tig, wenn  die  in  neuster  Zeit  von  Klebs')  entdeckten  Monas-  und 
Navicula-artigen  Organismen  und  die  kleinen  die  Ckstalt  eines  unre- 
gelmässigen Tetraeders  besitzenden  Infusorien,  denen  er  einen  Ein- 
fluss  auf  die  Kropf  bildung  zuschreiben  zu  mflssen  glaubt,  so  wie  die 
von  ihm  durch  fractionirte  Cultur  mit  Tuberkelmassen  erhaltenen  impf- 
fthigen  Körperchen  *),  wenn  diese  also  photographirt  und  das  natur- 
getreue Bild  dieser  Dinge  zu  Aller  Kenntniss  gebracht  wttrde. 


t)  Klebe:  Studien  über  Cretinismus.     Prag  1877. 

*)  Klebe:  Ueber  Tubercnlose.    (Nach  einem  Referat  in  der  Allgem.  med 
Central-Zeitung  1877.  No.  78—91.) 


AU 

Daaaolbe  grilt  von  der  Eotdecknng  des  Prof.  Seniner'),  wfkhor 
im  Speichel  und  Blnt  wntlikranker  Unndc  feinkörnigen  Utcroroeirn« 
HDi]  kleine  Ketteiiformen,  and  bei  acht  an  Wuth  cin^ri^Mnfcrara  Kid- 
dern  im  Blate,  »uaser  Kugel-  nnd  Stäbchen bactorion  niioh  „geMbwtnite, 
den  Spennatozoen  ahtilicbe  Gebilde"  fand. 

Sehr  wichtig  wäre  es  ancb,  dass  die  liei  Diphlheriti«  and  Se^ 
tikämie  gefundenen  Bacterien,  llber  den^n  HeflchafTdnlieit  die  Anga- 
ben sehr  widersprechend  sind,  photographirt  wllrd«n.  Es  lieM«* 
aicb  dann  leichter  Vergleiclie  dieser  mit  änderten  Bacterien  anaielln 
nnd  man  wflrde  bcatimmt  dss  Richtige  an  dieaen  Angaben  vom  Irr- 
thilmlichen  scheiden  kOnno».  Um  solche  Vei^leiche  EU  ermöglich«!, 
mtlaatcu  Sammlungen  angelegt  werden,  welche  allct  bisher  auf  dem 
Gebiet  der  Bacterienkunde  gewonnene  Material  umfsssten,  nnd  damit 
dicaea  Material  durch  naturgetreue  Abbildungen  Jedem  ingln^ich 
gemscht  wflrde,  mtlsete  Sbolicb  dem  Sehmidt'scben  AUa»  der  Dia- 
tomiceenknnde  ein  pbotographisches  äammelwerk  geschaffen  wer* 
den.  Ünzweifnlhatl  worden  aoleho  Einrichtungen  von  grOatlm 
Natien  sein,  am  die  zahlreichen  wilden  ächiS»alinge,  welch«  difl- 
Bacterienkunde  getrieben  hat  und  die  ihrem  Gedeihen  anaserordeoi- 
lich  hinderlich  sind,  zu  beseitigen. 

t|  frof.  ti.äeiulucr  (Dorpat):  Zur  Gen» i>  ili  i  «i  [iliiilii  ii  Illiilii  mlaiiiigaii 
(Nach  einem  Referat  in  der  Allgcm.  med    CeDtral-Zciliuig  1ST7.  No  M  u.  57^ 

Wöllalein,  November  1877. 


Nachtrag  zn  den  Bemerkungen  über  einige 

Ustüagineen. 

Von 

Dr.  J.  Sehroeter. 


Zn  meioen  Bemerkungen  Aber  Entyloma  möchte  ich  hier  noch 
einige  Beobachtungen  nachtragen,  welche  ich  in  diesem  Herbst  an 
machen  Gelegenheit  hatte. 

Wie  anf  anderen  Üanunott^-Arten  kommt  aneh  anf  ^n.  aoer  L. 
eine  Entylama-Yoim  vor.  Ich  traf  dieselbe  reichlich  im  October 
nnd  November  dieses  Jahres  auf  einer  schattigen  Wiesenstelle  in  der 
Nähe  von  Rastatt.  Die  Wnrzelblfttter  der  Nährpflanaen  waren  auf 
der  Rflckseite  mit  zahlreichen  kreisrunden,  1  bis  2  Mm.  breiten,  fla- 
chen, schneeweissen  Flecken  bestrent.  Anf  der  Oberseite  entsprachen 
ihnen  bräanliche  Flecke  von  derselben  GrOsse,  gegen  das  Licht 
gehalten  erschienen  sie  undurchsichtig.  Die  weisse  Farbe  war  durch 
eine  krflmelige  Anhäufung  von  Sporidien  veranlasst,  nach  ihrer  Ent- 
fernung erschienen  die  Flecke  auch  auf  der  Unterseite  blassbräun- 
lich. An  den  jOngeren  Stellen  der  Flecke  waren  die  Sporidien  in 
regelmässigen  Abständen  bflschelig  gestellt,  entsprechend  den  Spalt- 
öffnungen aus  denen  sie  hervortraten.  Sie  waren  meist  spindelför- 
mig, etwas  gebogen,  18  bis  22  Mik.  lang,  2.5  bis  3  breit.  Zwischen 
den  Diachymzellen  lagerten  in  den  Flecken  regelmässig  in  dichten 
Massen  kugelige  Zellen  von  10  bis  12  Mik.  Dnrchm.,  mit  glatter 
etwa  1^  Mik.  dicker  farbloser  Membran.  Diese  Entyloma-Yotm  ist 
also  fast  ganz  gleich  deijenigen,  die  auf  Ran.  auricomus,  R.  scdenUiis 
und  Ficaria  vorkommt,  nur  sind  die  Sporidien  kürzer.  Die  Flecken 
unterscheiden  sich  durch  ihr  mehr  bräunliches  Aussehen,  sie  ähneln 
in  dieser  Beziehung  mehr  denen  von  Ent  vermculosum  Pass.,  von 
dem  sich  die  Sporen  aber  durch  das  ganz  glatte  Epispor  unterschei- 
den. In  biologischer  Beziehung  ist  die  Form  von  jenen,  welche,  der 
Yegetationsweise   ihrer  Nährpflanzen  entsprechend,  nur  im  Frülijahr 


I  bis  1.5  Mik.  dickoH  farbloses  Mycel.  DioseB  drftD^e  sich  «h>  Avn 
SpallöffDungen,  zum  Theil  auch  zwischen  den  Bpidermiszellea  hrrrnr, 
Dnd  trieb  die  letzteren  theils  zur  Seite,  theiU  überwuchert«  t»  i'tt- 
selben,  so  dass  das  freie  Liger  auf  der  BUttoberflÜch«  gebildet 
wurde.  Die  Sporen  bilden  sich  an  den  Enden  der  F&den  einieln, 
anfangs  als  eiförmige,  spater  »pludelförinige  Körper.  In  den  frfl- 
besten  Zuständen  fand  ich  zwischen  den  Diachyoitellen  keine 
fniyonia-Kngeln,  obige  Spurenbildnng  von  dem  Mycel  ist  tllo  nach 
der  tlblichen  Benennungsweiae  als  Conidienbildung  ZQ  beieiehneo, 
nicht  mehr  ah  Sporidienbildnng,  unter  welcher  nur  Sporenbildnog 
von  einem  Promycel  anegehend,  verstanden  werden  kann.  Bald 
erscheinen  nun  in  dem  Blatt-Diachym  an  den  Mycelßldon  EntylcmO' 
Sporen,  aber  anfangs  anoh  nur  in  (geringer  Zahl  unter  den  dichteB 
Conidienrnsen.  Später  nimmt  die  Zahl  dieser  Sporen  to,  nnd  »e 
erfallen  Bchliesstich  in  dichten  Klassen  die  Flecken,  die  jetzt  brana 
werden,  sich  durch  einen  dnnkiercn  Hof  vun  der  gcsandrn  Blatt- 
subatanz  abgrenzen  und  sich  dadurch  vergrÖsBcrn.  Die  mii)i<farbrnen 
Flecken  fliessco  nun  ofi  zusammen,  das  Blalt  vertrocknet,  ersrheial 
schwärzlich,  mit  den  helleren  Entylwia-YXtvXif^u  besetzt  Die  Siiorea 
sind  denen  von  Ent.  canetcens  gleich,  knglig,  11  — 13  Hik.  Im 
Dorchm.,  von  einem  glatten  hell  bräunlichen  Epispor  umgeben,  mÜ 
stark  lichtbrechendem  Inhalt  erfilllt,  in  der  Mitte  oft  mit  einem  hel- 
leren Kern  versehen.  Oft  grenzen  sich  die  alten  Flecken  aber  für 
aich  ab  nud  zwischen  ihnen  erscheinen  später  im  .'■eptember  and 
October  N»chBchllbe  kleinerer  weisser  Flecken  von  Enii/loma-Sporen. 

Die  ersterwähnte  Couidiaiibildung  von  dem  vegetativen  Mycel, 
die  der  Sporenbildung  vorausgeht,  also  nicht  mit  ihr  Im  Zusammen- 
hange steht,  gleicht  der  Form,  die  ich,  wie  frtlher  orw&bnt,  anf 
Kanitncu/un  re}>enf  beobachtet  nnd  vorläntig  als  Funt'dium  Ranun- 
culi  bezeichnet  hatte,  sie  bildet  einen  für  diese  und  wohl  auch  aoeh 
einige  andere  Arten  charakteristieche  Entwicklungawets«,  die  M- 
anderen  Ustilagineen  nocb  nicht  bemerkt  worden  ist. 

Man  kann  in  dieser  Conidienbildung  eine  Annäherang  der  UMf* 
lagineen  an  die  Hymeoomyceten,  specteil  an  die  Tremellaceen  finden. 
Diese  Conidienbildung  wUrde  der  Spennatienbildang  bei  Trem«lla 
an  die  Seite  gestellt  werden  kennen,  die  Bildung  der  Sporidiea  bei 
Sfih/lonia  würde  mit  der  Sporenbildnng  bei  Tremella  harmoniren, 
wenn  man  annähme,  dass  Basidieo  und  itie  aus  ihren  Qnadranleo 
hervorgehenden  Sterigmen  vereinigt  blieben. 

Wahrscheinlich  gebt  auch  bei  Eni.  JianuneuU  und  E.  caneatxia 
der  Sporonbildnng  eine  Conidienbildung   voran  oder  fleichxeitig  mil 


^^b 


«11 


J 


489 

ihr  einher.  Direct  beobachtet  worden  ist  dies  allerdings,  soweit  ieh 
weiss,  noch  nicht 

Bei  anderen  Ent- Arten,  speeiell  aneh  bei  Eni.  müroaparum 
(üng.)  nnd  EnL  Calendulae  (Oud.))  forma  Hteracii,  die  ieh  in  ver- 
gangenem  Sommer  nnd  Herbst  in  der  Umgegend  von  Rastatt  hänfig 
von  ihren  ersten  Anfilngen  bis  znr  Sporenreife  auf  der  lebenden  Pflanse 
verfolgte,  habe  ich  Andeutungen  einer  Conidien-  oder  Sporidienbildung 
auf  der  Nihrpflanze  während  der  Vegetationsperiode  des  Pilzes  nie 
bemerkt 

Die  ganze  Gmppe  der  mir  bekannten  Entyloma -Formen  könnte 
schliesslich  in  folgender  Weise  gruppirt  werden: 

Entyloma  De  Bary. 

A.  Formen  bei  denen  Conidienbildung  von  dem  vegetativen  Mycel 
oder  Sporidienbildung  auf  der  lebenden  Pflanze  bei  fortschreitender 
Entwickelung  des  Pilzes  stattfindet 

a)  J^yiomo-Sporen  mit  GallerthQlle  umgeben. 

1)  E.  fiueum. 

NährpfL  Fapaver  Aryemone  L. 

b)  EntylomaSporen  ohne  Gallerthülle. 

2)  E.  Banuneuli  (Bon.). 

N&hrpfl.  1.  Bammeuiui  aeer  L. 

2.  B.  aurieomui  L. 

3.  B*  acderaius  L. 

4.  B.  Fiearia  L. 

3)  E»  eanescena. 

N&hrpfl.  5.  Äfyo^oti*  ftrieta  M. 

6.  M.  hitpida  Schldl. 

7.  M,  tUvatica  Hoflm. 

4)  E.  teroHnum, 

Nfthrpfl.  8.  SympkjfUxm  ofßevnaU  L. 

B.  Formen  bei  denen  keine  Conidien-  oder  Sporidienbildung  wäh- 
rend der  fortschreitenden  Entwicklung  des  Pilzes  eintritt 

a)  J^y/oma-^poren  mit  glattem,  schwachen,  gleichmissig  dicken  Epiapor. 

5)  E.  CaUnduiae  (Oud.). 

N&hrpfl.    9.  CiOendula  qffUsinalis  L. 
10.  HieraeiuM  vulgaium  Fr. 

6)  E.  Carydali»  DBy. 

N&hrpfl.  11.  CarydaiU  »oiida  Sm. 

7)  E,  Ckry$o$plenii. 

Nähqifl.  12.  Chryiosplenkim  aUerrufoUum  L. 

8)  E»  Muicari  (Passerini). 

N&hrpfl.  13.  Museari  eomotum  Mill. 

b)  EntylamaSportn  mit  flach-warxig  verdicktem  Epiapor. 
Cohn,  B^itrife  sur Biologie  d«r  Pflanien.    Bft»d  ILHeftlU.  29 


440 

9)  ET,  vemmuloHim  Pmb. 

NlbrpQ.   14-   liatainculiit  lanugitutut  L. 

c)  ^IpJoMO' Spore u    srhwacb    eckig,    Epiapor   ungleichmisiig    Tcrdkkt, 
SsrJiirhlig. 

10)  ft,   Linoria». 

NShrpIl.  15.  ZAnaria  vulgarU  I.. 

d)  Enti/lmuiSporeti  mit  stark  vcnÜcklcm,  farblonen  oder  hei!  octwrfvb«- 
ntm  Epi^>or. 

11)  E.  sumMfiamn  (Unger). 

Nilirpfl.  16.   hnnvnniUu  reprnii  L. 
17.  Ji.  buOotut  L. 
13)  E.   Eryngii  (Cord«). 

Nihrpfl.   18.  Ergngitan  campeilre  l- 
e)  Spurtn  mit  stark  v(^^llkklcl^,  iiifhrichichtigcin,eckigetii,brkuDem£piap<ir. 
lü)  K.  (?)  pbimhtum  (IbHlr.). 
(Ari  Cookf's). 
Nihn.n.  19.  An 
Raatttt,  den  I3.  Novrnibcr  1977. 


Dmk  lOD  Roben  Nlichkowik)  li 


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«iidF.Cohu  -UfW 
Coltti.  (Mit  Tafel  IV,  t 
Dr.  J.  Schracttv.  ~ 
Hi-mRrkiingpn  flhri'  dji- 
Ilr.  I'rrd,  Cuhii, 


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Mit 


Unnd  1.      Hcn  IL 

Uutiraui^hiingpn  Alier  cli«  AliwArlkkniinnian};  Ji-rWnncI.   Viui  Dr.Tliatt- 
pliilCirai^Uki.  (MitTofel  M  -  Td-or  dir  Up-undd^KirUrnnj  ..Svlr 
luiiidcr  iiBii  ««l>iiiL'r>.Br  t'UniiMiilhi-ile.   Von  Dr.  A.  B.  ftÄnL 
iJ*che  Alt,f».     Vo»  Dr.  I'erd.  üobi>.  (Mit  T*(U  U.i  -  l 
lUclorien  (ct^bildctR  l'igniuitu,     Vou  Dr.  J.  Hchroeter.  —   i 
aborBactrJ'ipn,    Von  Ur.  Kord.  (lohn.  (MRT«fiilIII,)l.Vi.  i-rruuMar 

BMid  I.  H«n  m. 

EnlwipUuiigfigrsi-liichte   eiiiigsr  ltaiiipI1iK>.     V'ii»  IV   .1,  Kpti»nn»r 
Uiit^raui'liuupin  Olicr  den  Widerstand,  .1       '     "  -  ■  i     ■     '■ 

riilgr);i-iinetf.t^U.     Vi'li  Dr.  I..  .luHl 
durch    licoliacbtiiiig  ihrer   Kiuwirkuiiu 
J.   adirnncr.   —   Ucbw    dir    ciiin,i, 
«iiiiger   kluxluinvi.igrn  luüuretmuiirii 
Vwii  Dr.  A    B.  Frank.  —  Ofhcr  di<  I 
»ml  (•(TKu/nrio  von  Dr.  Fcrd  r.,!iii 
ge*i;hicht^  drr  Oaiiiiiig    Vul. 
—  Cutcrsuctiuugcn  flbor  J'<c  ', 
IM»  Taftl  IIL  und  IV. I  ■     I 
Focd.  Lohn.     iMil  Tafti  \ 

ni,  Beilrüi;«  »iir  BlnlKglo  ilrr  B^tiuiui  1.  \h.  iuiii\ui.ui« 
TnmjKrKiiiven  uiid  de«  Elntrii«linftu  «itf  iJi»  lüiiwlokluD|[  i 
Terme  DiiJ.     Vnn  Dr.  KdiiArd  F.idkni.  \lCf».    Prris  U  Mark. 


liand  II.  Heft     I.  U76.     frei«     7  Mark. 

Dnixl  II.  Iloft    11.  1876.     Pniiii  Ui  Mirk. 

BkDd  II.  Heft  fll.  1877.     ?n\»   Vi  Mttrk. 

Der  Inlialt  der  Hiiii>--liii^n  Ilurir  Vf>n  Bi&d  tl-  ut  *iw  drin  das  lurlicfnidni    J 

IIb(1«  lisigcipihrncu  InhftlOi-^tTPwIini*«  tarn  ]|>uupd  lUnilr  pr«l«kilidi. 


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