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Full text of "Beiträge zur Etymologie deutscher Flussnamen"

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Beiträge zur Etymologie 



Deutscher Flussnamen 



Theodor jLohmey er , 

Dr. phil. 



Gfittingen, 

Vandenhoeck und Ruprecht's Verlag. 
1881. 



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B eiträge 



zur 



Etymologie deutscher Flussnamen 



Theodor Lohmeyer, 

Dr. phil. 



' • »Ja,. 



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Gottingen, 

Vandenhoeck und Ruprecht's Verlag. 
1881. 






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Vorbemerkungen. 

Da Herr Professor Fick in Göttingen, dem ich 
meine in Herrigs Archiv*) erschienene Arbeit „Zur 
Etymologie hauptsächlich westfälischer Fluss- und Ge- 
birgsnamen^^ vor dem Drucke zur Beurteilung zugesandt, 
sich recht anerkennend über dieselbe geäussert imd 
mich aufgemuntert, nach den angewandten Grundsätzen 
weiter zu arbeiten; da er femer die hier vorliegenden 
Untersuchungen seinem Verleger zum Drucke empfoh- 
len imd dieselben in einem Briefe an mich „eine gründ- 
liche imd durchdachte Arbeit" nennt, sowie hervorhebt, 
dass er die Prinzipien, nach welchen ich arbeite, für 
richtig halte, wenngleich er im übrigen über deutsche 
Namenskunde kein kompetentes Urteil besitze: so glaube 
ich nicht, dass es in diesem Falle besser gewesen wäre, 
diese memhranae intus poliere, eingedenk der goldenen 
Kegel: Delere licehit, quod non edideris. 

Sicherlich werden sich manche Versehen in den 
nachfolgenden Blättern finden. Sehr oft musste ich mich 
z. B. lediglich bei den Beweisführungen bezüglich der 
sachlichen Angemessenheit eines Flussnamens auf die 
Darstellung der topographischen Karten von Liebe- 
now und Reymann verlassen; jedoch auch gute Spe- 
zialkarten, zu denen die genannten gehören, bleiben 
immer nur unzulängliche Terrainbilder und verleiten 
nicht selten zu Ungenauigkeiten. Deshalb bitte ich 
derartige topographische Versehen entschuldigen imd 



*) im 63. Bande; ich werde bei Verweisungen diese Ab- 
handlung mit Abh. bezeichnen. 



iviJeJ28145 



IV 

mir freundlichst mitteilen zu wollen. Auch der Nach- 
weis andrer Fehler, die bei einer solchen Arbeit nicht 
ausbleiben können, würde mir sehr angenehm sein, so- 
wie der Hinweis, dass die eine oder andr^ der vorge- 
tragenen Erklärungen bereits von einem andern ver- 
öffentlicht sei. Hätte ich noch bessere Hülfsmittel ge- 
habt, so würde ich manches viel genauer haben dar- 
legen können : fast sämtliche für diese Untersuchungen 
notwendigen Bücher und Karten habe ich mir selbst 
anschaffen müssen. Man kann ja eine so starke Freude 
an wissenschaftlichen Forschungen empfinden, dass man 
gradezu mit Leidenschaft arbeitet und keine Mühe 
noch Kosten scheut, um einer Sache auf den Grund zu 
kommen. Die Etymologie hat mich schon auf dem 
Gymnasium auf das lebhafteste angezogen, wo der um 
das Bielefelder Gymnasium hochverdiente Professor 
Jüngst uns bei der Lektüre des Mittelhochdeutschen 
mit dem Grimmschen Lautverschiebungsgesetze bekannt 
machte und wir oft unter seiner Anleitung die mit den 
vorliegenden deutschen verwandten griechischen und 
lateinischen Wörter finden mussten. 

„Alte Liebe rostet nicht": von Zeit zu Zeit bin 
ich immer wieder zu diesem Lieblingsgegenstande zu- 
rückgekehrt. Als ich nun vor ungefähr vier Jahren 
hierher, in das süderländische Bergland, kam, indessen 
tief eingerissene Hauptflussthäler sich eine zahlreiche 
Menge von Nebenbachthälem von kurzer Länge öffnet, 
fielen mir die merkwürdigen, uralten Namen dieser 
Bäche und Wasserläufe auf, und so kam ich dazu, die- 
selben zu untersuchen. Grade wegen der Menge dieser 
Bäche und ihres nur kurzen Laufes, war es mir mög- 
lich , die sachliche Angemessenheit eines süderländischen 
Flussnamens, der an verschiedenen Stellen unsers Va- 
terlandes sich gleichfalls vorfand, in vielen Fällen an 
Ort und Stelle festzustellen; dies war dann wieder von 
grosser Bedeutung für jene sprachlich verwandten Na- 
men von Flüssen im übrigen Deutschland, deren Natur 
ich nicht an Ort und Stelle untersuchen konnte. 

So ist also dieses Schriftchen aus reiner Freude 



an der Sache entstanden und cum amore et studio 
ausgearbeitet; deshalb darf ich wohl hoffen, dass das- 
selbe auch^sme ira et studio beurteilt werden wird. 

Im Aiischluss hieran will ich noch bemerken, 
dass die vorliegenden Einzeluntersuchungen zwar im all- 
gemeinen abgeschlossene Ganze sind, jedoch sich gegen- 
seitig in wesentlichen Punkten ergänzen; deshalb möchte 
ich bitten, nicht bloss den einen oder andern Abschnitt, 
sondern das Ganze zu durchlesen; nur so lässt sich 
ein sachliches Urteil über diese „Beiträge'^ gewinnen. 

Alle Mitteilungen über Flussnamen würden mich 
zum lebhaftesten Danke verpflichten; denn oft können 
die dunkeln Gestalten dieser Namen erst durch For- 
schungen an Ort und Stelle in ihrer wahren Bedeutung 
erkannt werden. 

Derartige Untersuchungen sind auch für die Ge- 
schichte nicht unwichtig, denn die Flussnamen gehören 
zu den ältesten Eigennamen. Sind dieselben erst aus 
ganz Deutschland gesammelt und erklärt, sowie nach 
räumlichen Gruppen geordnet, so werden sich daraus, 
glaube ich, nicht unwichtige Schlüsse in betreff der 
Gebietsgrenzen verschiedener Völkerschaften und viel- 
leicht auch ihrer Wanderungen machen lassen; denn 
schon aus diesen „Beitrag en^^ geht hervor, dass bei den 
Flussnamen manche Grund- und Bestimmungswörter 
sich nur in bestimmten Gegenden Deutschlands finden. 

Zu verbessern bitte ich schliesslich Folgendes: 
S. 11, letzte Z. im Text, ist „sofort'^ zu streichen; 
S. 13, drittletzte Z. im Text, ist hinter „geheissen" 
y,hahen^^ einzufügen; ebendaselbst, in der vorletzten Z., 
muss statt „seines" „ihres^^ stehen , sowie S. 34, Z. 15, 
„Werre" statt „Werra". S. 97, Z. 7, muss es heissen: 
„Der alte Name des Flusses war durch den römischen 
Stadtnamen einmal fixierP^y — schliesslich S. 98, Z. 6, 
statt „von Fr." „bei Fr/^ 

Altena i.W., im Juli 1881. 

Lolimeyer. 



Inhalt 

1. Die Wurzel an in dem ersten Bestandteile derFluss- 
namen Anara, Anatrafa, Ahne, Ennepe, Un- 
strut, Unsinn, Untreu, One, Ihna, Eine, Ehn, 
'Indrista, Inda ....... 1 

n. Die mit -antia bez. -anza, -enza zusammenge- 
setzten Flussnamen 19 

in. Laisa und listan bez. laisti, laista als Bestim* 

mungswort in deutschen Flussnamen . . . 51 

ly. Der Begriff des Tönens, Rauschens in den mit 
ban-, kal- und kar-, han- und lap- zusammen- 
gesetzten Flussnamen 61 

y. Der Begriff des Glänzens in den Flussnamen N e k- 
kar, Neger und Nagold und der des Dunkeln 
in den Flussnamen Regen, Rega u. s. w. sowie 
die zu Grundwörtern för Fluss verwandten germ. 
Wurzeln *ald und ars 88 

yi. Moina — ein deutsches Grundwort für Fluss . 105 
yil. Nachtrag . 125 



I. 

Die Wurzel an in dem ersten Bestandteile derPlnss- 

namen Anara, Anatrafa, Ahne, Ennepe, Un- 

strnt, Unsinn, Untren, One, Ihna, Eine, Ehn, 

Indrista, Inda.. 

Wie es in der griechischen Mythologie für dasselbe 
Naturwesen und dieselbe Naturerscheinung eine Menge 
von Göttern gibt; wie dieselben Züge z. B. von ver- 
schiedenen Sonnengöttern, so von Herkules, Theseus, 
Odysseus erzäMt werden; wie die ganze, unendliche 
Reihe von mythischen Sagen sich im allgemeinen auf 
verhältnismässig wenige Naturerscheinungen — in des 
Wortes weitester Bedeutung — zurückführen lässt: so 
treten auch innerhalb der deutschen Flussnamen beson- 
ders einige Vorstellungen ungemein häufig als Motiv 
der Namengebung hervor und gelangen in einem merk- 
würdigen Keichtume von Namensformen zum Ausdruck. 
Und wie verschiedene griechische Stämme z. B. für den 
Sonnengott ihren besondem Namen hatten, so besitzen 
auch die verschiedenen deutschen Stämme zum Teil 
ihre eigenartigen Ausdrücke zur Bezeichnung derselben 
VorsteUung. Welche Menge Ausdrücke für Fluss gibt 



'i»iwLi>eijk96bßnyaka, apa, ara, ambra, strawa, strudy 
moina i) u. s. w. sind sämmtlich deutsche Grundwörter 
für den Begriff „Fluss", aber nicht alle sind bei allen 
deutschen Stämmen gebräuchlich. Jedoch nicht bloss 
innerhalb der Grundwörter begegnet diese Mannigfal- 
tigkeit, sondern ebenso sehr bei den Bestimmungswör- 
tern. Auch die an die Spitze gestellte, zu Flussbestim- 
mungswörtem verwandte Wurzel gibt — nach meiner 
Ansicht wenigstens — einen Beweis für das Gesagte; 
denn ich werde zu zeigen versuchen, dass dieselbe in 
den oben aufgeführten Flussnamen den Begriff des Ei- 
lens ausdrückt, den ich bereits in dem AI-, El-, II- 
der Flussnamen Almina, llmina, lila, Alapa, 
Alara, llara, Eilpe, Elpe gefunden*). 

Die W. 3) an bedeutet ursprünglich atmen, hau- 
chen und erscheint bekanntlich in dem gr. aveinog, im 
lat. animus, in dem goth. anan 6n hauchen (F.I,12*)). 
Die W. hat dann die beliebte Weiterbildung durch den 
T-Laut erfahren, so in an. midi Geist, anda atmen, 
as. ando, ags. anda das Aufgeregtsein, ahd. anadon 
seinen Zorn auslassen = nhd. ahnden (F. IH, 14 
u. 15). Wie sich nun in dem Verbum orifAi aus der 
Bedeutung wehen die Bedeutung erregen, bewegen 
entwickelt — vgl. Hom. 11. 21, 386: dixot Qv^ioq arjzo 
die Seele wurde bewegt oder wogte u. Pind. 
Isthm. 111, 27, wo gleichfalls arfcai in der Bedeutung 
„wird bewegt" steht (s. Krüger, griechische Sprach- 
lehre, 2. T. über die Dialekte, S. 102) — ; wie sich 
ferner aus der W. dhu = 1. anfacnen, hauchen, 
2. heftig bewegen im Gr. sowohl ^w fache an, brenne, 
opfere als ^w bewege mich rasch gebildet 0); wie 



^) s. über moina meine Abh. S. 366 ff. nnd besonders auch 
unten Abschnitt VI. «) s. Abh. S. 360 ff. ») = Wurzel. 

*) = Fick, vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen 
Sprachen. 1. Band, S. 12 der 3. Aufl. — Ich fühle mich grade- 
zu verpflichtet, wiederum hervorzuheben, dass dieses ausg^e- 
zeichnete Werk mir auch diesmal die allerwesentlichsten Dienste 
geleistet. «) s. F. I, 119 u. II, 116 u. 117. 



im Mhd. snurren rauschen, sausen und sausend 
sich fortbewegen bedeutet, vgl.Wg. ß) unter schnur- 
ren; wie dem mitteld. snotven, snöuwen = schnau- 
ben, mit Worten hart anfahren das goth. snivan 
eilen zu Grunde liegt '^); wie in den Worten Bürgers: 
„Der Tauwind schnob durch Welschland" schnau- 
ben sausend dahin stürmen heisst: so hat sich nach 
meiner Ansicht im Germanischen in ähnlicher Weise 
die ursprüngliche Bedeutung derW. an, nämlich hau- 
chen, zu der nahe liegenden „sich rasch bewegen" 
fortentwickelt. Unter den eben aufgeführten ähnlichen 
FäUen bietet besonders die W. dhu ein -schlagendes 
Analogen. Auf eine solche Bedeutungsentwicklung 
scheint auch anda das Aufgeregtsein zu deuten. 
Wer sich rasch bewegt oder in Aufregung ist, atmet 
schneller; deshalb fliessen diese Bedeutungen leicht in 
einander über. In den oben mitgeteilten Flussnamen 
nun kommt sowohl die einfache W. an als die Weiter- 
entwicklung derselben durch den T-Laut zur Erschei- 
nung und zwar letztere in hidrista für Indistra ^) und 
Inda ö). 

Von den obigen Flussnamen gibt Fr. i®) die ahd. 
Formen von Antrift = Anatrafa und Anirafa, Un- 
strut = Onestrudis 11), Innerste (Leine) = Indri- 
sta, sowie von Inde (Roer, Maas) = Inda; schliesslich 



^ = Weigand , deutsches Wörterbuch, 2. Aufl. ') s. Wg. 
unter schnauben. ®) s. Förstemann, Die deutschen Ortsna- 
men S. 81. ®) Ob die In st er in Ostpreussen derselbe Name 
ist, wielndrista, jetzt Innerste, halte ich zwar für möglich, er- 
laube mir darüber aber kein Urteil, da mir die ursprüngliche 
Form dieses Flussnamens nicht bekannt ist. Es sind übrigens 
in Ostpreussen sehr viele Flussnamen deutsch, z. B. gibt es dort 
eine Ilme (Schweine, Alle, Pregel) ; Alle kann aus Alä = Alaha 
entstanden sein und eilender Fluss bedeuten; sie kommt vom 
ostpreussischen Landrücken herab ; vgl. über die mit al- zusam- 
mengesel^ten Flussnamen oben S. 2. — NB . Ilme, (Schweine, 
Alle, Pregel) heisst: die Ilme, ein Nbfl. der Schweine, eines 
Nbfl. der Alle, eines Nbfl. des Pregels. ") d. h. Förstemann, 
Altdeutsches Namenbuch, 2. Bd. : Ortsnamen. **) so bei Gre- 
gor V. Tours; im 8. Jhrh. schon Unstrut, s. Fr. 

1* 



erwähne ich die Anara, nach Fr. der bei Montabaur 
vorbeifliessende Gehlbach (Lahn). 

Was nun zunächst den Vokalwechsel von a, i, u 
bez. in dem ersten Bestandteile dieser Namen betrifft, 
so bemerke ich, dass die Formen mit a neben denen mit 
i grade so zu betrachten sind, wie Alm i na, jezt Ahne 
(Lippe) neben Ilmina, jetzt lim (Saale) ^*), wie Alara 
neben Ilara, wie der Ilussname Else aus Alsa ^^ neben 
Ilse, wie der Baumname Erle aus arila neben Irle i*), 
wie Ameise neben Imse (bez. Emse) ^^). Die Formen 
mit bez. u neben denen mit a erklären sich ebenso, 
wie Alapa*^) neben Olaffa^^) und ülfa und Olpe, 



") s. Abh. S. 360. *») Aleä = Al(i)saha; dies ist wenig- 
stens meine Ansicht, s. Abh. S. 350 u. 351. ^^) so heisst die 
Erle noch im Wetterauischen, s. Wg. unter Erle. ^) s. Wg. 
unter Ameise u.. Emse. *^) s. Abh. S. 360 u. 376 darüber, 
dass Alapa, jetzt Alpe (Aller) eilender Fluss bedeutet, 
i») j. ülfa a. d. Ulfe (Nidda, Main), s. Fr. S. 173. Ferner gibt 
es eine Ulfe (Sonter, Wohre oderWohra, Werra), sodann eine 
Ulfe (Fulda, oberhalb Bebra). Für diese drei gleichnamigen 
Gebirgsflüsse , die ich in meiner Abh. nicht erwähnt und des- 
halb hier nachtrage, passt die Erklärung „eilender Fluss'' recht 
gut. Sodann trage ich hier auch noch nach die Oleff (ürft, 
Koer, Maas), als deren ahd. Form ich Alaffa betrachte, wel- 
ches bekanntlich die oberdeutsche Form für A 1 a p a ist. Alaffa 
hat Fr. für den Ort Alpfen , nordw. von Waldshut im Grossh. Ba- 
den. Dieser hat ofienbar von einem gleichnamigen Flusse seinen 
Namen ; auch Fr. ist dieser Meinung , da er unter apa (affa) auch 
Alaffa aufführt, s. S. 98. Ober- und ünteralpfen liegt nun an ei- 
nem kleinen Bache, der in den Steinbach (Alb, Ehein) mündet, 
dessen Name aber weder auf Reymanns topographischer 
Spezialk arte von Mitteleuropa — bezeichnet mit R. fortan 
— noch auf dem IV. Blatte der recht genauen Schwarzwald- 
karten in Bädekers Rheinlanden angegeben ist. Es ist auch mög- 
lich, dass der Name Steinbach an Stelle von Alaffa getre- 
ten ist; Beispiele davon, dass ein Fluss seinen alten Namen ge- 
gen einen jüngeren verloren, lassen sich mehrere aus Fr. anfüh- 
ren. — Prof. Arnold hält ebenfalls in seinem sehr lehrreichen 
Buche: Ansiedelungen und Wanderungen degatscher 
Stämme — zumeist nach hessischen Ortsnamen, das 
ich mit Am. anfuhren werde, S. 97 Olpe und ülfa für iden- 
tisch, bringt dieselben aber mit nd. äl, ol Sumpf zusammen. 
Das ist wohl nicht angänglich, denn äl = Pfuhlpfütze ist zu- 



wie Sulz aha neben Salzaha, wie Sulziberg neben 
Salziburg, wie Ulmecke ^^^ neben Almecke. 

Die Bedeutung sodann des zweiten Bestandteils in 
Unstrut und Indrista (bez. Indistra). ist schon von Fr. 
festgestellt, vgl. dessen „Deutsche Ortsnamen" S. 31 u. 
Fr. S. 1510 unter Unstrut über strod, strud = Fluss, 
sowie über stra = strawa = Fluss, welches z. B. in 
den Flussnamen Elster, Wilster, Ulster erscheint, 
vgl. Fr., Deutsche Ortsnamen S. 31 u. Fr. S. 1390. 

In Inda fasse ich a = ä aus aha, in Anara ara als 
das bekannte Grundwort für Fluss und nicht als Suffix 
-ar mit hinzugefügtem k = aha. — Es bleibt nun 
noch die Besprechung von -trafa in Anatrafa übrig, 
dessen Erklärung ich noch bei keinem gefunden. Die- 
ses -trafa, das ich auch als Grundwort sehe in dem 
Flussnamen Benetrepha, jetzt Bentreff, über dessen 
ersten Bestandteil Ben- ich noch in Abschnitt IV spre- 
chen werde, sowie in Notreff, einem Flussnamen, den 
ich, wie Benetrepha, Arn. S. 47 u. 97 entnehme, — 
dieses trafa also bringe ich zusammen mit dem Stamm 
drav (draw), dessen verschiedene Fortbildungen zu Wör- 
tern Fluss bedeuten. Dieses Wort ist als indogerma- 
nisches Eigentum zu betrachten, wie Fr. S. 476 bemerkt. 
Dem Stamme drav sind z. B. entsprossen die Wortformen 
Dravm, j. Drau — ein Name, der schon von Bopp mit 
sskr. dravas fluens zusammengestellt ist — imd Tra- 
vena, jetzt Trave, sowie Trewina^ jetzt Drän (Drau), 



sammengezogen aus adel = niireiiie Flüssigkeit, ags. adele. 
Niemak aber erscheinen die ahd. Formen der betreffenden Fluss- 
namen unkontrahiert, was doch unbedingt bei jener Annahme 
notwendig wäre , da adel selbst noch im älteren Nhd. und sonst 
landschaftlich sich findet, s. Wg. unter A h 1. **) Den Namen 
ülmecke habe ich in meiner Abh. noch nicht erwähnt, wäh- 
rend Alm ecke, das Deminutiv von Alme, daselbst S. 373 
besprochen ist. Aus dem in Liebrechts topographisch - 
statistischer Beschreibung des Eegbz. Arnsberg auf- 
geführten Einzelhause Ulm ecke schloss ich auf die Existenz 
eines gleichnamigen Baches. Herr Fast. Böttcher in Meschede 
bestätigte brieflich meine Vermutung: die Ulmecke fliesst in 
den Lötmaringhauser Bach (Henne, Buhr, Ehein). 



6 

s. Fr. S. 477. Travena z. B. ist also eine blosse Diflferen- 
zierung des Stammes durch angefügtes Suffix, ähnlich 
wie nach meiner Meinung Am-ana, Am-isia, Em-a, 
Emm-e (in Holzemme z. B.) sämtlich Sprösslinge der 
Wurzelam sind und schlechthin „Fluss" bezeichnen. Trafa 
übrigens mit einem f statt der Spirans w ist gradeso 
eine berechtigte Nebenform zu trawa, wie ahd. hü wo, 
hüo zu üvo, üfo, üf = neudeutsch Auf = Uhu ^^). 
— Fr. gibt bei Anatrafa die jetzige Form Antrift; 
Arn. S. 94 hat zwei Flüsse, Namens Antref, nämlich 
einen Nbfl. der Ohm (Lahn) und eine Antreflf (Schwalm, 
Eder, Fulda), ausserdem den Ortsnamen Antref ^o), der 
ohne Zweifel von einem gleichnamigen Bache seinen 
Namen hat^^); die Form Antrift erwähnt Am. nicht. 
Die Antrift bei Fr. ist identisch mit der Antreff (Schwalm), 
welche letztere in dem vorzüglichen Methodischen 
Handatlas von E. v. Sydow — künftig mit Syd. an- 
gezogen — als Andreft, sowie auf der Karte von R 
als Antrift bezeichnet wird. Die Grundform ist liir 
alle Anatrafa bez. Antrafa. 

So wäre demnach die Bedeutung von Unstrut, An- 
trift, Innerste, Inde, Anara eilender Fluss. 

Sachlich passt nun diese Erklärung für diese Flüsse 
recht gut. — Die verschiedenen Flüsse des Namens 
Antreff fliessen sämtlich im Berglande; die Antrift 
(Schwalm, Eder, Fulda) entspringt z. B. nach der Karte 
von R. an dem zum Vogelsgebirge gehörigen Stollen- 
berge. — Ferner liegt die mittlere in Stein gefasste 
Quelle der Unstrut bei Kefferhausen, wie ich Dan. 
S. 405 22) entnehme, 1205' über dem Meere, während 
Mühlhausen, bis wohin die Unstrut ungefähr 5 Mei- 
len Lauf länge hat, 680' über dem Meere liegt; der 
Fluss hat also in seinem Oberlaufe ein bedeutendes 



*®) 8. Wg. unter Eule und heulen. 2°) „am Krebsbache 
bei Lohndorf". »ij ^j^ Antreff (Ohm , Lahn) heisst jetzt nach 
Arn. Rulfbach, ebenso kann der Krebsbach früher Antrafa ge- 
heissen haben; der Ort selbst hiess 1267 noch Antreffa, s. 
Am. S. 94. 22) d^ h. Daniels Deutschland 1. Bd., S. 405 der 
3. Aufl. 



Gefälle und somit einen raschen Lauf. — Dasselbe ist 
bei der lüde der Fall, deren Wasser, vom Nordende 
des Plateaus des Hohen Venns im engeren Sinne aus 
verschiedenen Quellbächen zusammenströmend, zum nie- 
derrheinischen Tieflandsbusen, um diesen Ausdruck zu 
gebrauchen, herabfliesst; zu dieser Tiefebene fällt be- 
kanntlich das Hohe Venn im weiteren Sinne mit schar- 
fem Rande ab; die Inde fliesst demnach im Oberlaufe 
sicherlich rasch. — Ganz vorzüglich passt diese Erklä- 
rung auf die Innerste, die, vom Oberharz kommend, 
„der gefährlichste und gefürchtetste aller 
Harzflüsse ist. Bei dem starken Gefälle des ober- 
sten Laufes — auf der kurzen Strecke von der 
Clausthaler Ziegelhütte bis Langeisheim 948' 
— schwillt sie oft furchtbar an" 2^). — Schliess- 
lich die Anara, jetzt Gehlbach, kommt vom Wester- 
walde herab und fliesst gewiss rasch zur Lahn herunter. 

Nun zur Besprechung der nicht in ahd. Form 
überlieferten Flussnamen, die ich in der Überschrift 
genannt. 

Für die Ennepe (Volme, Ruhr) vermute ich als 
ahd. bez. as. Form *Inapa. Dass zunächst -epe ^^) 
aus apa entstanden ist, darüber dürfte wohl kein Zwei- 
fel sein. Das e in Enn- würde sich ganz regelrecht 
aus dem i vermöge der Trübung durch das folgende a 
entwickeln. — Sachlich passt die Bedeutung eilender 
Fluss 25) durchaus auf die Ennepe, denn sie ist von ih- 
rer Quelle bis zur Mündung ein Gebirgsfluss. Sie 
kommt aus dem süderlandischen Gebirge und entspringt 
nach der Karte von L. ^ß) am Osterberge bei Halver, 



38) Worte Dan. S. 450. ^) vgl. über die aus apa entstan- 
denen neuen Formen auf -epe, -pe, -ap u. s. w. Fr. , Deutsche 
Ortsn. S. 30 u. meine Abh. S. 356 ff. Prof. Crecelius' Aufsatz 
über die Flussnamen auf apa, epe kenne ich leider nur 
dem Namen nach. ^) vgl. den griechischen Flussnamen 
^TTBQx^t'OS, der in Pape-Benselers Wörterbuche der 
griechischen Eigennamen mit Schierenheck verdeutscht 
wird mit der Anm. : „scioro = cito , s. Curt. gr. Etym. I, 178". 
2«) d. h. Topographische Karte von Rheinland und 



8 

einem Orte siidw. yon Lüdenscheid. Sie hat einen 
raschen Lauf, wie auch schon aus den Worten Na- 
torps in seinem Buche „Ruhr und Lenne" (S. 119) 
hervorgeht, wo er noch bei der Beschreibung ihres 
Unterlaufs von Gevelsberg bis Hagen den Ausdruck 
braucht: „Unten braust die Ennepe mit ihrem klaren 
Wasser dahin". 

Für Ahne setze ich als ahd. Form ^Än-d, bez. 
*Anaha. Dieser Nebenfluss der Fulda,, den ich Am. 
S. 46 entnehme, kommt vom Habichtswald herunter 
und mündet bei Kassel; sicherlich wird er einen raschen 
Lauf haben. — Möglicherweise gehört hierher auch der 
Anbach (Prims, Saar), den ich der Karte von L. ent- 
nehme. 

Zu einer Gruppe vereinige ich sodann die Ihna 
(Oder), die Ihne (Bigge, Lenne, Ruhr), die Ehn (Hl, 
Rhein) und die Eine (Wipper, Saale, Elbe). Ich setze 
für alle die Grundformen *In-aha, Ina, an, nehme 
also an, dass, wie so häufig, der zweite Bestandteil in 
Ehn ganz fortgefallen sei. Da ich nämlich bis jetzt 
kein Grundwort für Fluss kenne, woraus Ehn ent- 
standen sein könnte, so werde ich auf jene Annahme 
gradezu hingewiesen durch das Gesetz der deutschen 
Flussnamenbildung, welches sich mir als Resultat mei- 
ner bisherigen Untersuchungen über die deutschen Fluss- 
namen ergeben und zwar bis jetzt ohne Ausnahme, so 
dass der Ausdruck „Gesetz" wohl nicht voreilig er- 
scheint. Diese feste Norm wird ausserdem im Fort- 
gange dieser Abhandlung überall sich zeigen, so dass 
am Schluss der vorliegenden Arbeit der Induktionsbe- 
weis für dieses Gesetz vollständiger erscheinen wird. 
Zugleich wird dadurch eine Äusserung des Herrn Prof. 
Fick in Göttingen vortrefflich bestätigt. Derselbe schrieb 
mir nämlich: „So weit ich sehe, sind gerade die Ger- 



Westfalen, bearb. von Liebenow. Im Massstabe von 
1 : 80000. — Die Quelle der Ennepe liegt nach Lieb recht a. a. 0. 
S. 71 1345' hoch, der Bahnhof Gevelsberg 598', der Bahnhof 
Hagen 337' (S. 73). 



manen in der Namenbildung die stärksten Systematiker 
gewesen". Ausgezeichnete Systematiker sind wir gute 
Deutsche, als Nachkommen jener urwüchsigen, mehr 
instinktiven Theoretiker, ja noch jetzt in so vielen Din- 
gen — zum Leidwesen Bismarcks. Das Flussnamen- 
bildungsgesetz nun lautet: 

Ein deutscher Flussname besteht, wenn er nicht zu- 
sammengesetzt ist, aus einem einfachen Grundworte für 
Fluss, wie aha, ambra, apa, moina u. s. w., welches 
durch ein Suffix weiter gebildet werden kann, wie z. B. 
in Travena, oder, wenn er zusammengesetzt ist, aus 
einem Bestimmungsworte mit einem der Grundwörter 
für Fluss 27). 

Eine besteht nun neben Ihne und Ehn, wie Eilpe 
(Volme, Ruhr) neben Ilpe (WennO; Ruhr) und Elpe 
(Ruhr), welche wohl auf ein *Ilapa zurückgehen und 
mit Il-ara, Ill-a, Il-mina, sowie mit Al-mina, 
Al-ara, Al-apa u. s. w. sämtlich von der ursprüng- 
lich al- lautenden Wurzel, deren Sprössling auch nhd. 
eilen ist, bezüglich ihres ersten Bestandteils gebildet 
sind 38). — Eine geht ferner auf *Inaha gradeso zu- 
rück, wie der Flussname Leine in Thüringen ^9) auf 
die ahd. überlieferte Form Linaha = Bergfluss ^o). 
Und wie die Lenne (Ruhr) wohl unzweifelhaft ^i) 
gleichfalls auf * Linaha zurückzuführen ist; wie der 
Linnepe (Volme, Ruhr) und der Lennepe (Wupper, 
Rhein) wohl sicherlich die as. Form *Linapa, ur- 
sprünglich *Hlinapa zu Grunde liegt 3^): so erklärt 
sich auch die Kürze des Vokals und das doppelte n in 
Ennepe neben Ehn und Ihne, wenn wir für Ennepe als 
as. Form *Inapa ansetzen. 



2^) Man vergleiche die Systematik , welche in den deutschen 
Personennamen hervortritt. Andresen, die altdeutschen 
Personennamen spricht das Gesetz S. 8 so aus: „Die deut- 
schen Personennamen beruhen auf der Zusammensetzung zweier 
Stämme; die einstämmig erscheinenden Namen sind aus den 
zweistämmigen durch Verkürzung hervorgegangen".. ^) s. 
Abh. S. 360. 29) ^Iq L^ine (Aller) heisst ahd. Lagina. ^) s. 
Abh. S. 349. ") s. Abh. S. 348 ff. ^^) s. Abh. S. 358. 



10 

Sachlich passt die Bedeutung „eilender Fluss" für 
diese Gruppe ganz gut — Die Ihna fliesst vom pom- 
merschen Landrücken herab zur Oder und wird sicher- 
lich in ihrem Quelllaufe , dessen Beschafifenheit so häu- 
fig das Motiv zur Namengebung geboten «*), rasch flie- 
ssen. — Die Ihne (Bigge, Lenne, Ruhr) kommt vom 
hohen Ebbegebirge und hat einen sehr raschen Lauf. 
Dasselbe ist ohne Zweifel bei der Ehn der Fall, wel- 
chO; auf den Vogesen unweit des Neuntensteines ^^) ent- 
stehend, zur oberrheinischen Tiefebene eilt, — desglei- 
chen bei der Eine, welche von dem Plateau von Harz- 
gerode 3^) zum Harzwipperthale niederfliesst. 

Die Ohne, bez. One (Wipper, Unstrut) möchte 
ich auf ein ahd. *Un-ä. = Unaha zurückführen und 
das als die durch das folgende a bewirkte Trübung 
des u ansehen; jedoch kann o auch die Verdunkelung 
eines ursprünglichen a sein. Die Ohne entspringt auf 
dem Hochplateau des Eichsfeldes und zwar an den Aus- 
läufern der Dünkette nach der Karte von R.; sie wird 
wohl ohne Zweifel einen raschen Lauf haben. Für eine 
Grundform Unaha möchte auch der Umstand sprechen, 
dass die Quelle der Ohne nur ungefähr eine Meile von 
der Unstrut entfernt ist. Deshalb deutet schon Fr. die 
Unstrut als Ohnefluss, ohne freilich das „Ohne" zu 
erklären, jedoch bemerkend, dass er fden ersten Teil 
von Unstrut mit dem Namen Ohne für identisch halte ^^). 



") vgl. z. B. Abb. S. 377. »*) so nach der Karte von R. 
und der Vogesenkarte in Bädekers Rheinlanden , Blatt 11, mitt- 
lere Vogesen. * ^) Dies Plateau hat nach Dan. S. 388 1278' 
Höhe. ^®) s. Fr. S. 1510. — Arn. Erklärung von Unstrut — 
S. 500 — kann ich nicht billigen. Er fasst Strut in Unstrut 
als „Wald" und Un- in der verstärkenden Bedeutung „gross", 
so dass Unstrut vermöge Übertragung des Waldnamens auf 
den Fluss „das aus dem grossen Wald kommende Wasser oder 
in abgeleiteter Bedeutung einen grossen Fluss bezeichnen würde". 
Nun ist ja aber strut = Fluss von Fr. bereits festgestellt. Wenn 
femer „un" scheinbar verstärkt — Arn. zieht Untiefe 
und Untier an — , so geschieht das immer auf dem Grunde 
der Bedeutung, dass es in Verbindung mit Substantiven diesen 
den Begriff des Verkehrten oder Schlimmen aufprägt. Bei Un- 



11 

Hoflfentlich wird nun der Altmeister der deutschen 
Namenskunde bei dieser beiderseitigen Uebereinstim- 
mung meine Erklärung von Ohne und Unstrut um so 
eher als richtig ansehen. 

Es erübrigt noch die Besprechung der merkwürdi- 
gen Namen Untreu und Unsinn, die vielleicht als 
fluvius perfidus und demens manchem Laien sehr leicht 
erklärt scheinen. 

Die Untreu ist ein Nbfi. der Saale oberhalb Hof. 
Soweit man ohne Kenntnis der alten Form urteilen 
darf, ist Un- dasselbe Wort wie in Unstrut. Den 
zweiten Bestandteil stelle ich zu Travena = Trawena 
und -trafa in Anatrafa. Es ist ja bekannt — s. Wg. 
unter dem Buchstaben W — , dass „Schwinden des w 
nach vorausgegangener Bildung eines Diphthonges vor 
oder unter Wirkung von diesem erfolgt'S z. B. in 
dräuen, schon mhd. dröun, dreun aus dröuwen, ahd. 
drawjan, drawan, ferner in Reue mhd. riuwe, riwe, 
ahd. hriwa, hrewa, sowie in freuen mhd. vrewen, ahd. 
frewan d.i. frawjan. Aehnlich heisst Drabonus, wel- 
ches zu demselben Stamme wie Travena gehört — 
jetzt Thron oder Dhron, Drone (Mosel) — schon 
im 8. Jahrh. Drona; dieselbe Ausstossung des Konso- 
nanten hat stattgefunden in Dr.una, jetzt Traun 
(Donau) und bayrische Traun (Alz), ein Name, der 
schon gar nicht in der ursprünglichen Gestalt mit er- 
haltenem Konsonanten überliefert ist. — Die Spirans w 
ist der ursprünglichere Konsonant in diesem Stamme; 
daneben sind auch Formen mit b überliefert, z. B. Tre- 
wina neben Trebina, Dravus neben Trabus, gradeso 
wie Naba und Nawa die Nahe (Rhein) bezeichnen 
(bei Tac. und Auson. Nava, s. Fr.). Mit dem Heran- 
ziehen von Trewina und Dravus übrigens will ich nicht 
etwa diesen beiden Flussnamen sofort germanische Her- 



tiefe bemerkt Wg. ausdrücklich, dass bei der mundartlichen 
Bedeutung ^^dbgrundartige Wassertiefe^^ un die Bedeutung des 
Schlimmen habe. Ein Untier ist also zunächst ebenso ein 
schlimmes Tier. 



12 

kunft beimessen. Also sprachlich kann sich Untreu 
gradeso aus *Untrawa entwickeln, wie Traun, ahd. Druna, 
sich aus einer Form mit der Spirans w gebildet hat, 
worauf Druna verglichen mit Drona aus Drabonus = 
Drawonus unbedingt hinweist. *Untrawa wäre deiflnach 
sprachlich identisch mit der Antrafa (Anatrafa), eine 
bei döm Wiederkehren derselben Flussnamen in den 
verschiedensten Gegenden Deutschlands gewiss sehr an- 
nehmbare Erklärung. Vielleicht ist diese Entwicklung 
von *Untrawa zu Untreu unter Einfluss einer volks- 
etymologischen Anlehnung an das bekannte Wort Un- 
treue erfolgt; das Wort „Treue" ist ja selbst unter 
Einbusse der Spirans aus mhd. triwe^ triuwe, triu, 
ahd. die triwa u. s. w. entstanden ^t). 

Als ich den Namen „Die Unsinn" **) auf der 
Karte von R. fand, war ich sehr erfreut, weil mir da- 
durch sofort klar wurde, dass der Flussname Sinna, 
jetzt Sinn (Frank. Saale, Main) 5^) nicht zusammenge- 
setzt, sondern ein Grundwort für „Fluss" sei. Dar- 
nach hiesse auch Unsinn der eilende Fluss ^^); der Name 
würde mit Unstrut, Untreu und Ohne sich zu einer 
Gruppe vereinigen. 

Wie kommt nun Sinna zu der Bedeutung Fluss? 
Ebenso wie nach meiner Ansicht *i) die Ausdrücke apa, 
ara, Amisia (Amana, Ema, Emme) das fliessende 

^') Dass trawa am Fichtelgeb. eine nicht unbekannte Be- 
zeichnung für Fluss war, sieht man aus dem Flussnamen 
Thronbach (Selbitz, Saale). — Auch sachlich wird die Erklä- 
rung auf die Untreu passen , denn dieselbe entspringt, soweit es 
nach der Karte von R. und Syd. ersichtlich ist, an einem zu 
den südöstl. Ausläufern des Frankenwaldes gehörigen Berge und 
wird sicherlich anfangs einen raschen Lauf haben. •*) Sie 
mündet in den Brockgraben; dieser fliesst, verstärkt durch die 
Alpe, in die Innerste (Leine, Aller). ^^) Die Sinn als Nbfl. 
des Mains zu bezeichnen, wie Fr., ist ungenauer, da dieselbe 
sich kurz vor Gemünden mit der Saale verbindet. **) Sachlich 
passt diese Bedeutung, da die Unsinn, welche auch an einer 
Stelle Ilsenbach heisst, nach der Karte von R. an der Berg- 
kette entspringt, die auf dem rechten Ufer der Innerste im 
Südosten von Hildesheim sich hinzieht. **) s. Abh. S. 356, 
360, 371 u. 372. 



13 

Wasser als das thätige, rastlos sich fortbewe- 
gende bezeichnen, so auch Sinna. Ich bringe dies 
Wort nämlich zusammen mit dem ahd. Yerbnm sinnan 
gehen, reisen, welches, wie Wg. unter sinnen aus- 
einandersetzt, „sich durch Lautangleichung aus einem 
dem hohen Altertume angehörigen sinian, bez. sinjan 
bildete, welche mittelst -i von dem Plural des Präter. 
eines vorauszusetzenden, in eine noch entferntere Vor- 
zeit reichenden ahd. Wurzelverbums dnan sich nach 
einem Ziele bewegen (?) abgeleitet ist". Sinna 
würde also die Gängerin heissen und eine recht pas- 
sende Bezeichnung fiir das in unaufhörUcher Bewegung 
befindUche Flusswasser bilden. Die ^Unsinna würde so- 
mit die rasche Sinna sein. Dasselbe Grundwort 

möchte ich in Senne (Dyle, Kupel, Scheide) finden; 
der ahd. Name ist mir leider nicht bekannt *^)- Mög- 
licherweise gehört auch die Saane (Aare, Bhein) 
hierher, welche im 11. Jhrh. Sanona hiess**). -ona 
wäre Ableitungssilbe und die Form Sanona träte neben 
Sinna,. wie Am-ana und Am-isia neben Em-a, wie Tra- 
vena sich aus dem Stamm drav gebildet. — Zur Un- 
sinn möchte ich dann noch — als ParaUelform mögli- 
cherweise — die Ansen (Acher, Khein) oder den An- 
senbach stellen, wie der Name auf der Karte von R. 
und dem 1. Blatt der Schwarzwaldkarte in Bädekers 
Rheinlanden erscheint. Das -bach ist nach meiner An- 
sicht , wie so häufig, späterer Zusatz. Die Ansen würde 
ahd. darnac'h *Ansinna geheissen und sich bezügUch 
seines ersten Bestandteiles zu An-ara, An-trafa, Ahn-e 
stellen. Grade die Wahrnehmung, dass sich in den 



**) Selbstverständlich kann man da, wo die alten Formen 
nicht überliefert sind, immer nur von mehr oder minder gro- 
sser Wahrscheinlichkeit bez. Möglichkeit sprechen; ich möchte 
dies für aUe derartigen Fälle ein für allemal ausdrücklich her- 
vorheben. *') s. Egli, etymologisch-geographisches 
Lexikon bezügl. der alten Namensform. — In Holland und ei- 
nem grossen Teile der Schweiz finden sich zum Teil dieselben 
Flussnamen, wie im übrigen Deutschland; ich halte diejenigen, 
die ich untersucht, für entschieden deutsch. 



14 

verschiedensten Gegenden Deutschlands dieselben Fluss- 
namen finden , ermutigt mich auch hier zu dieser Ver- 
mutung. Die Ansen kommt vom Schwarzwalde und 
fliesst nach kurzem Laufe im Berglande zur oberrheini- 
schen Ebene; sie wird demnach in ihrem Oberlaufe ein 
beträchtliches Gefälle und einen raschen Lauf haben. 

Dass ich eben die Sanona in der Schweiz = Sinna 
anzusetzen wagte, dazu veranlasste mich auch beson- 
ders der Ortsname Bersiningun, in welchem ich 
ziemlich bestimmt den Flussnamen Sinna vermute, denn 
dieser Ortsname ist offenbar mit dem Suffix -ing in der 
Form des Dat. Plur. gebildet **) und zwar nach meiner 
Ansicht von einem Flussnamen *Ber8inna» — Bersiningun 
erklärt Fr. als „eine Wüstung in der Gegend von 
Schaflfhausen, woselbst noch das Berslinger oderMe- 
rishauser Thal". Nun liegt Merishausen an einem Bache, 
der ziemlich bestimmt wegen des Ausdrucks „Berslin- 
ger Thal" früher B er sli ng. geheissen haben dürfte *5); 
Bersling selbst ist ja aus Bersininga vermittelst der 
schon im Ahd. aufbauchenden und offenbar wegen der 
bequemeren Aussprache entstandenen Form Berselin- 
gen hervorgegangen. Nach dem Ortsnamen ist das 
Thal genannt, nicht unmittelbar nach dem Flussnamen. 
Ber-sinna nun, wovon der Ortsname Bersiningun gebil- 
det ist, würde Bär enfluss bedeuten, grade wie Pern- 
affa, jetzt Perf (Lahn), was schon Fr. so erklärt, oder 
wie Berenbach. 

Ebenso erkläre ich Persiniccha**), indem ich 
-icha gradeso als Suffix und Nebenform von -inga fasse, 
wie Fr., Deutsche Ortsn. S. 179 -igga, -igge als Neben- 
formen von -inga, -inge. Es ist demnach Persinicha 
identisch mit dem eben besprochenen Bersininga *'); — 



^) s. über dieses Suffix die schöne Zusammenstellung von 
Fr. S. 905 ff. — Bersiningun vom J. 846, Berselingen 945 , Ber- 
sminga 1094. **) vielleicht heisst er jetzt noch so , vgl. be- 
sonders auch den folgenden Namen. *•) Diese Form v. J. 893 
betrachte ich als die ursprüngliche, nicht Bersnicha von J. 
834, 1045 Persinich. *') der Bär heisst' ahd. sowohl per 
als ber. 



15 

Persinicha erklärt Fr. als „Perschling in Niederöster- 
reich, westlich von Wien, und die beiden Perschling- 
bäche ebendaselbst". Meine Ansicht also, dass dem 
schweizerischen Ortsnamen Bersiningun ein Flussname 
Bersinna zu Grunde liege, wird durch das österreichi- 
sche Persinicha vortrefflich gestützt, denn in diesem 
Falle heissen ja auch die beiden Bäche Perschling. 
Der Ortsname hat aber auf den Flussnamen eingewirkt, 
denn -ling in dem Bachnamen Perschling lässt sich 
ntir aus dem -inga bez. -icha des Ortsnamens erklären. 
Der Flussname *Bersinna ist natürlich älter als der da- 
von abgeleitete Ortsname. Nach der Gründung des 
Ortes Persinicha, jetzt Perschling, nannte man später 
jedoch nach diesem Orte den Bach den Perschlinger 
Bach oder Perschlingbach. — Die heutigen Namen 
Perschling in Oesterreich und Bersling *») in der Schweiz 
tragen überdies so deutlich den Stempel von Zwillings- 
namen an sich , dass die Erklärung des einen -auch den 
Ursprung des andern klar stellt *»). — Ich will übri- 
gens noch bemerken, dass unweit Schaff hausen ein Ort 
Beringen sich findet ^^), den auch Fr. von ahd. her ab- 
leitet. Es deutet dieser Name jedenfalls darauf hin, 
dass in der Gegend von Schaffhausen früher besonders 
viel Bären gewesen sind; auch dies möchte die Erklä- 
rung „Bärenfluss" noch annehmbarer machen. 

Vielleicht ist mit Sinna auch identisch die Seina, 
jetzt Saynbach (Rhein). Seina würde sich zu Sinna 
ähnlich verhalten wie Lais-phe zu Lis-ura ^i). Man 
könnte wohl auch vergleichen Eilpe neben llpe. Eine 
neben Ihne, obgleich dies moderne Formen sind. So 
erscheint auch nach meiner Meinung — wenngleich aus 
anderer Ursache ^^) — moina = Fluss mit verschiede- 
nem Vokal bez. Diphthongen: als mona z.B. in Alc- 



*®) in Berslinger Thal. *^) Bezüglich des üeberganges 
von 8 in seh im In- und Auslaute — Perschling statt Persling — 
8. Wg. unter dem Buchstaben S. '^) Peringen i. J. 965, s. Fr. 
**) die Zusammengehörigkeit der beiden letzteren habe ich in 
Abschnitt III zu zeigen versucht. ***) s. darüber ^ijsch 'H TT 



16 

mona, Liastmona, Salmonna, Monachgowe ß^), — als 
miina z. B. in Alchmiina = Alemona, in Liestmunde = 
Liastmona, — als mana in Alcmana, Salmana, Sul- 
mana, Wermana, — als mina bez. mena in Salmene = 
Salmana, Wirmina, Umina neben Umena. Die Möne 
(Ruhr) heisst nach einer Mitteilung meines hiesigen 
Koll. Nagel noch jetzt beim Volke „de Maine". ^^) 

Wie nun in Holtisminni, jetzt Holzminden, 
das -minni durch die bekannte Weiterbildung vermit- 
telst des T-Lautes zu -minden sich entwickelt hat ^^); 
wie die Liastmona, jetzt Lesum (Weser), schon im 11. 
Jhrh. Liestmunde heisst 0^), so hat auch sinna durch 
dasselbe Suffix eine Fortbildung erfahren ^'^). Letztere 
hat ja auch schon bei dem Stamme stattgefunden, der, 
wie ich glaube, diesem Worte zu Grunde hegt. Denn 
unser nhd. senden — s. Wg. — „ist nach Büdung und 
Begriff nichts Anderes als das Faktitiv des starken goth. 
Verbums sinthan und sein ursprünglicher Begriff dem- 
nach s. V. a. gehen machen, reisen machen. Die- 
ses zur Erklärung von goth. sinths Reise vermutete 
goth. Wurzelverbum sinthan ist aber nach Wg. vermit- 
telst th von einem vorauszusetzenden ahd. Verbum 
sinan, goth. seinan gebildet ^^). 



^') im 8. Jhrh. — neben Moyngowe aus deme. Jhrh. — = Main- 
gau, vgl. Rothmoune, Witzmoune aus dem 8. Jhrh. = Rother, 
Weisser Main. ") s. über Main und Moin Abschnitt VI u. vgl. 
über moina Fluss und den grössten Teil der oben gegebenen Zu- 
sammensetzungen mit diesem Worte Abh. S. 366 ff. **) s. 
Abh. S. 368. ^) s. Fr. s. v. «^ So erkläre ich auch die 
ahd. Form Linde, jetzt Lenne (Weser), neben dem ebenfalls 
ahd. überlieferten Namen dieses Flusses, nämlich Hlunia, vgl. 
Abh. S. 349. Für die Lenne (Ruhr, Rhein) glaube ich in mei- 
ner Abh. S. 348 als ursprüngliche Form *Hlinaha (*Linaha, 
*Linä, *Lenä) nachgewiesen zu haben und zwar in der Bedeu- 
tung „Bergfluss" i Hlin = hlind Berglehne. *Hlinaha fasse 
ich auch als Grundform zu Hlunia; dann ist Linde neben 
Lina ebenso berechtigt, wie Minde neben -mina (vgl. Abh. S. 
367). Die dritte ahd. Form der Lenne (Weser), nämlich Lume, ist 
entweder eine Entstellung als Hlunia oder wahrscheinhcher ein 
Schreibfehler si^Xi Lune. Wegen des Vokals u in Hlunia gilt die 
Gleichung: Hlunia: Linde = Luppia: Lippe. ^) Dieses 



17 

Es bedeutet nämlich der Flussname Per-sante 
in Pommern, wo ein grosser Teil der Flussnamen, den 
ich untersucht, deutsch, bloss häufig, besonders in 
den Endungen slawisch umgeformt ist, — es bedeutet 
JPer-sante nach meinem Dafürhalten dasselbe, was 
Bersin- und Persin- in Bersiningun und Persinicha, 
Das a erscheint in Sanona und Persante neben dem i 
in Sinna, *Persinna, *Unsinna geradeso wie in den S. 
4 mitgeteilten Wörtern. Diese Erklärung von Persante 
wird nicht wenig durch den Namen der an einem Ne- 
benflusse der Persante in ihrem Oberlaufe belegenen 
Stadt Bärwalde gestützt, deren Benennung darauf hin- 
deutet, dass grade in dieser Gegend sich früher beson- 
ders viel Bären gefunden haben. 

Schliesslich möchte ich auch die Zenn (Regnitz, 
Main) und die Zinna (Oder) für identisch mit Sinna 
halten. Zwar heisst Langenzenn a. d. Zenn schon ahd. 
Cinna. Wenn jedoch das z in Ranzen und Bänzel 
aus s entstanden ö^);, wenn umgekehrt bis aus mhd. J% 
und big aus bitz, bitze == bi ze = bei zu, ferner dies 
aus mhd. dig und d% aus diz, rf/^^fe hervorgegangen : so 
erscheint auch der Übergang des s in z schon im Ahd. an 
sich gerechtfertigt ^% da nach nunmehr wohl feststehen- 
dem Grundgesetze der neueren Sprachvergleichung alle 
Lautgesetze ausnahmslos wirken «i). Abgesehen 



ei in seinan ist wichtig 'für das Verständnis des Diphthongen 
in dem Flussnamen Seina. **) s. Wg. s. v. ^) Der Nbfl. 
der Mosel, die Elz, ahd. Elza mit der Nebenform Elssa ist be- 
zügKch des ersten Bestandteiles Elz- nach meiner Ansicht das- 
selbe wie Eis- in Els-e, Els-pe, Ils-e ahd. Ils-a, Eis- 
off, ahd. Els-apha, wie Alz- in Alz-issa — jetzt Alz aus 
dem Chiemsee — mit der Nebenform A 1 s - a ; ein Nbfl. der Streu 
(fränk. Saale) heisst Elz und Eis, ein daran liegender Ort ahd. 
Elisba, jetzt Eisbach (vgl. über die mit Eis- zusammengesetz- 
ten Flussnamen meine Abh. S. 350 und weiter unten) ; aus ahd. 
Sorna ist der Flussname Zorn (Rhein) geworden. ") vgl, 
z. B. Oathoff, das physiologische und psychologische Moment in 
der sprachlichen Formenbildung, S. 6 fif. u. 12 ff., ferner die 
etwas abweichende Ansicht von Delbrück, Einleitung in das 
Sprachstudium, bsd. S. 126 ff. über dieses Gesetz. 



18 

von der schon in der Anm. 60 erwähnten Nebenform 
Alsa för Alzissa, Mssa für Elza finden sich aber auch 
im Ahd. unzweifelhafte Fälle eines Schwankens bez. Über- 
ganges von s in z. Ich teile folgende aus Fr. mit: die 
Schwentine in Holstein heisst nach Fr. in Einhards^ 
Annalen Suentana, später ahd. Zwentina; Saliso,* 
jetzt Selz, erscheint schon in der ahd. Zeit in der Form 
Celsa — c steht ja häufig in den Urkunden statt z — , 
ferner Sirimunti, auch Seremote, als Zirmute» 
die Sincfala, jetzt Zwin, auch als Cincfal. — Hier- 
nach möchte idi auch einen Übergang des s in z in 
folgendem Falle annehmen. 

Die Enns (Donau) heisst ahd. Anisa. Die Enz 

g Neckar) hat Fr. nur in dem zusammengesetzten Worte 
nzingowa **). Ich betrachte nun Anisa als Grund- 
form sowohl für Enns als fik Enz; Enza == Enz ist 
also, wie ich glaube, aus Anisa entstanden. Dieses 
Enza, bez. Anza erblicke ich auch als zweiten Teil 
der Zusammensetzung, also als ein Grundwort für 
Flu SS, in den Flussnamen, welche Fr., Deutsche Ortsn, 
S. 247 zusammenstellt. Es sind dies Bad-antia, bez. 
iRatanzaund Rat-enza, j. ^^ Regnitz, — Rethrat- 
enza, j. Rezat, — Pag-inza, rag-enza, Pag-ancia, 
j. Pegnitz, — Sol-anza, j. Sulz (Altmiihl), — War- 
in za, j. Wemitz (Donau), — Alis-ontia «^, bezeich- 
nend sowohl die Als enz (Nahe), als die Elsenz oder 
auch Eisens (Neckar) und die Alzig oder Aisig, französ. 
Alzette (Sauer oder Sure, Mosel) ö^^, ferner die Arg- 
enza, nach Fr. j. Erg er s (Dl, Rhein) ^% die Scapl- 
anza oder Scafl-enza, j. Scheflenz (Jaxt, Neckar), 
die Prim-antia, j. Prims (Saar), die Brantia, j. 
Brenz (Donau). Die Form -antia scheint mir latini- 
sierende Schreibweise zu sein für anza. Anza nun 



•*) Es giebt auch eine Enz (Prüm, Sure, Mosel), sprachlich 
sicherlich mit Enz (Neckar) identisch. **) = jetzt. •*) so 
bei Ausonius; spätere Formen sind Alas-enza, Alis-entia, 
Alis-inza. ^) Elsenz .und Eisens, Alzig und Aisig sind 
zugleich Beispiele für den Übergang des s in z. "*) ich habe 
diesen Fluss auf der Karte von R. und sonst nicht finden können. 



i9 

mit seinen Nebenformen -enza und -inza erklärt 
sich gradeso aus *ansa = anisa, wie Banzen aus 
Bansen und wie die oben schon aus der ahd. Sprach- 
periode nachgewiesenen Übergänge von s in z. Die 
heutige Form Enns (bez. Enz) entsteht femer ganz 
ähnlich aus Anisa, wie Ems aus Amisia. 

Da ich nun einmal diese Formen als Beispiele für 
den Übergang des s in z angeführt und bereits Anisa 
(Anza, Enza) als ein Grundwort für den Begriff „Fluss" 
hingestellt, so will ich auch die angefangene Erörterung 
zu Ende führen, indem ich zunächst den ersten Be- 
standteil der oben aufgeführten Flussnamen auf -an- 
tia untersuche und sodann meine Ansicht über die 
Etymologie des Grundwortes selbst ausspreche. 



n. 

Die mit -antia bez. -anza, -enza zusammengesetzten 
FInssnamen. 

Ich hatte mich wiederholt der Meinung zugeneigt, 
dass Enz ein keltischer Name sei, der mit Aenus (Inn) 
und vielleicht auch mit dem lateinischen Anio u. s. w. 
auf ein gemeinschaftliches indogermanisches Wort für 
„Fluss" zurückzuführen sei. Ich möchte jedoch des- 
halb Enza mit ziemlicher Zuversicht als deutsch 
betrachten, weil dasselbe in Verbindung mit Bestim- 
mungswörtern erscheint, welche auch in norddeutschen 
Flussnamen von entschieden deutscher Herkunft sehr 
häufig vorkommen. Freilich will man ja jetzt die Kelten 
wieder sogar mitten nach Norddeutschland bringen. 
Wenn man jedoch bedenkt, dass Cäsar auf Grund seiner 
Erkundigungen den grössten Teü der Belgier als ger- 
manischen Ursprungs und ihre Einwanderung nach Bel- 
gien als eine bereits „vor alters" erfolgte bezeichnet «'); 

*') Caes. de b. g. 11, 4: sie reperiebat: plerosque Beigas 

2* 



20 

wenn man erwägt, dass die Haruden, ein germanischer 
Yolksstanmi, zwischen Rhein, Main mid Donau schon 
zu Gäsars Zeit wohnten, dass die germanischen Stämme 
derNemeter, Triboker und Vangionen bereits am 
südhchen linken ßheiQufer sassen — nach Müllenhoff 
allerdings erst unter Ariovist hier angesiedelt — , dass 
die Latoviker als Nachbarn der Helvetier wie die 
Tulinger Germanen waren und wahrscheinlich nörd- 
lich vom Rhein und Bodensee ihre Wohnsitze hatten; 
wenn man damit in Verbindung bringt, dass in Pom- 
mern, Mecklenburg, Schlesien sich zum Teil ganz die- 
selben Flussnamen wie z. B. in Westfalen und Thüringen 
finden; wenn sodann diese wiederkehrenden Flussnamen 
als deutsch nachgewiesen werden können: so ist man 
nicht berechtigt, die noch nicht erklärten Flussnamen 
in Nord- und Mitteldeutschland als keltisch zu be- 
zeichnen; vielmehr hat mau triftigen Grund, auch die- 
jenigen Flussnamen iq Süddeutschland bis zur und 
auch noch südUch von der Donau als deutsch zu bean- 
spruchen, in denen sich, wie es z. B. bei Enza der Fall 
ist, dieselben Bestimmungswörter wie in norddeutschen 
Flussnamen von entschieden deutschem Ursprünge fin- 



esse ortos ab Gennani8.B.heiiumque antiqnitns traductos prop- 
ter loci fertüitatem ibi consedisse Gallosque expulisse. In 
der Einleitung der Kraner-Dittenbergersofien Ausg. der Kom- 
mentarien Cäsars über den gall. Krieg wird S. 17 der 10. Aufl. 
übey den Ursprung der Belgier bemerkt: „Am richtigsten wird 
man mit Rouhz (milanges de philologie cfhistoire et cfantiquitSs, 
Bruxelles 1850, fasc. VI) annehmen, dass dieselben zwar aus 
Germanien eingewandert waren, allmählich aber Sprache und 
Sitten der von ihnen unterworfenen Gallier angenommen hatten". 
Übrigens, glaube ich, kann man aus verschiedenen Gründen 
der Ansicht sein, dass die Frage, ob die grosse Menge der schon 
vor alters nach Belgien eingedrungenen Germanen sämtlich 
ihre germanische Sprache und Sitte aufgegeben haben , noch 
eine offene sei. Müllenhoff und Kiepert, deren schwerwiegende 
Autorität keiner verkennen darf, sind allerdings andrer Meinung, 
8. Kiepert, Zehrbuch der alten Geographie, S. 526; Müllenhoffs' 
Ansicht hierüber sowie über die Vangionen u. s. w. — s. oben 
— kenne ich aus seiner Vorlesung über Tacitus' Germania (zu 
cap. 28), einer Vorlesung, wie ich sie gediegener nie gehört habe. 



21 

den; ja man kann die Vermutung aufstellen, dass 
auch die übrigen süddeutschen Flussnamen bis zur 
Donau sich grösstenteils als deutsch erweisen werden. — 
Bück 68) erklärt: „Nordhald der Alpen finden sich 
verhältnismässig wenig vordeutsche Namen. Zieht man 
die grossenteils vordeutschen Flussnamen, dann einige 
Berg- und Wohnortsnamen ab, so ist fast alles übrige 
Nainenmaterial deutsch". — Ich lege besonderes Gewicht 
darauf, dass ein anerkannt so tüchtiger Forscher wie 
Bück zu diesem Resultat gekommen; vielleicht gelingt 
es mir, bezüglich der Flussnamen sein Urteil etwas zu 
modificieren und einiges dazu beizutragen, dass auch 
die süddeutschen Flussnamen — im allgemeinen bis 
zur Donau — in ihrer ' deutschen Natur erkannt wer- 
den. Bis jetzt haben viele — selbstverständlich rechne 
ich nicht Bück dazu — zu sehr nach dem Sprüchlein 
verfahren — sit venia cantilenae: 

Was man nicht deutsch erklären kann, , 
Das sieht man gleich als keltisch an. 
Man muss eben immer das schöne Wort Fr. «^) beden- 
ken: „Flussnamen, diese ungeschliffenen Juwele in der 
Namenforschung, führen uns oft auf das Ureigentum 
der indogermanischen Sprache zurück". Man kommt 
hier oft erst — hauptsächlich durch Aufsuchen und 
Vergleichen möglichst vieler Glieder derselben oder 
verwandten Namenssippe — auf eine brauchbare Erklä- 
rung, nachdem man monatelang wieder und wieder die 
rätselhaften Wortgestalten mit zäher Ausdauer betrach- 
tet, wie es mir z. B. mit der Ennepe, Unstrut u. 
s. w. ergangen ist, mit deren erstem Bestandteil ich 
recht lange Zeit schlechterdings gar nichts anzufangen 
wusste. 

Doch nun zu den mit -anza zusammengesetzten 
Flussnamen. 

Ich beginne mit den Bestimmungswörtern, in denen 



**) Oberdeutsches Flurnaraenbuch , Vorwort S. 10. ®®) 
Deutsche Orten. S. 31. 



22 

ich alte Bekannte wiederzutreffen glaube, die ich bereits 
in meiner Abh. charakterisiert. 

So ist das Sol-, welches in Sol-anza erscheint, 
wie ich glaube, dasselbe Wort, welches ich inSal-ä = 
Sal-aha und Sal-mana , j. Salm 7®) (Mosel) nachgewie- 
sen, nämlich als zusammenhängend mit sar''^ und 
sal gehen, eilen, strömen. — Ich füge jetzt noch 
hinzu den Flussnamen Saal-ach (Salzach, Lm), des- 
sen -ach = aha einen weiteren Stützpunkt für meine 
in der Abh. ausgesprochene Meinung bietet, dass das a 
in Sal-a = aha sei, — ferner die Sul-aha — s. Fr. — , 
bezeichnend sowohl die Suhla (Hasel, Werra), woran 
Suhl, als die Suhla (Werra), woran Marksuhl; auch 
die Suhle (Hahle, Ruhme, Leine, Aller, Weser) wird 
olme Zweifel auf die Form Sul-aha zurückzuführen 
sein. Hierher gehört auch die Soll-mecke ^*) — das 



'<>) 8. Abh. 366. '*) F. setzt I, 227 als indogermanisches 
Thema an sar, sarati gehen, eilen, strömen; vgl. sskr. 
sar, sal gehen, fliessen, saUila Wasser, oq^fir^ Eile, ak- 
loficci für ttX'jouai = sal-io u. Abh. S. 369 u. 370. — Sar-avus, 
j. Saar, ist nach meinem vorläufigen Urteil bezüglich des Be- 
stimmungswortes dasselbe wie Sal-a, der Bach So r- aha das- 
selbe wie der im Texte gleich zu erwähnende Flussname Sul- 
aha und dieses = Sur-apa, j. Sorpe (Lenne, in ihrem Quell- 
laufe). Surapa muss nämlich der Bach geheissen haben, weil 
der daran liegende Ort Sorpe — bez. die Orte Ober-, Mit- 
tel- und Niedersorpe — in der ahd. Form Sur-opo überlie- 
fert ist. Übrigens liefern -aha und -apa in Sor-aha und Sur-apa 
den sichern Beweis, dass Sor- und Sur- keine Grundwörter 
für Fluss, sondern Bestimmungswörter sind. Doch über diese 
Flussnamen, sowie über die, wie ich meine, damit sprachlich 
verwandten Flüsse Sur-ä, Sor-na=Sor-(a)n-a einmal spä- 
ter. '*) Dieser Bachname beweist zugleich wiederum, dass 
-mecke aus mana entstanden; denn S&l-me-ke ist das Demi- 
nutiv von Sal-mana, wie Al-me-ke (Lenne) von Alme ahd. Al- 
mina; klar zeigt dies besonders Wör-mke ahd. Wer-mana 
(Emmer, Weser); vgl. zu Wörmke den dreimal im Kr. Altena 
erscheinenden Namen Wer-mecke und meine Erklärung von 
Wer-mana Abh. S. 370 u. 371. Es bilden femer eine Gruppe die 
Bachnamen HöU-meke und Hill-meke (Kreis Altena), sowie 
Hill-mike (Kreis Olpe) mit Hel-me, ahd. Helmana. HöU- 
meke steht statt Hel-meke, wie so häufig ö statt e. Über 



23 

Volk spricht SSl-mecke — (Verse, Lenne, Ruhr). 



Hel-mana = Bergfluss s. Abh. S. 376 u. 377; ich füge jetzt noch 
hinzu das germ. Wort hella Hügel, das F. IQ, 70 aufstellt 
und das ags. hyll, hill, engl, hill Hügel; der Yokalisnius der 
ags. Sprache und des westfälischen Nd. hat oft überraschende 
Ähnlichkeiten; das zeigt sich nach meinem Dafürhalten auch 
wieder in dem i in Hill-meke und hill. Übrigens halte ich es 
für meine Pflicht, hier nachzutragen, dass es lediglich ein 
Missverständnis meinerseits war, wenn ich Abh. S. 866 
bezüglich des Flussnamens Helmana bemerkte, dass ihn Fr. an- 
scheinend zu Helm stelle. — Damit sich nun jeder , ohne meine 
Abh. einzusehen, ein Urteil über dieses wichtige Wort -mecke, 
welches allein im Bgbz. Arnsberg in mehr als 60 Ortsnamen vor- 
kommt, bilden kann, will ich noch einiges über das Verhältnis 
von mana und -mecke hinzufügen. Sieht man nämlich, wie das 
-me, bez. bloss -m in den heutigen Flussnamen aus ahd. mana, 
mina eitstanden ist, z. B. ausser den mitgetheilten Al-me, 
Hel-me noch in n-m , bez. Il-me aus Il-mina, in Sal-m aus Sal- 
mana, Wür-m aus Wir-mina, Wü-mme aus Wie-mena 

— vgl. über die Bedeutung derselben Abh. S. 367 — , so wird 
man unmöglich in Namen wie Al-mecke neben Al-me, 
Höll-, Hill-mecke neben Hel-me, Säl-mecke neben 
Sai-m, Ruh-mecke (Ruhr) und Ro-mecke (Mohne, Ruhr) 
neben Ruh-me (Leine, Aller), 01-mecke neben 01-m (Lahn) 

— Ruh-me und 01-m sind mir leider nicht in alter Form be- 
kannt — so wird man unmöglich mit einigem Rechte in -mecke 
eine Entartung von -becke = Bach sehen. Entweder betrach- 
tet man also Almecke, Höllmecke, Sllmecke als Deminutiv- 
formen von Ahne, Helme, Salm(e) vermittelst der Verkleine- 
rungssilbe -ke, wie ich es in meiner Abh. gethan — vgl. be- 
züglich der Annahme von -ke als Deminutivsilbe Wg. unter 
-chen, wo auf die der mhd. Verkleinerungsendung -kin vor- 
ausgehende männliche Deminutivendung ahd. ihho, as. iko 
und eine weibhche ihha hingewiesen wird — oder man nimmt 
an, was mir jedoch unwahrscheinlicher erscheint, dass an die 
bereits abgeschliffenen, unverständlich gewordenen Formen Alme, 
Hellme, Salm(e) tautologisch -beke getreten, welches allerdings 

— in Verbindung mit andern Wörtern am Ende — zu -ke 
verstümmelt werden kann. So heisst z. B. das Dorf Jöllen- 
b e c k bei Bielefeld, ahd. Jolenbecke, im Volksmunde Jüomke ; 
an der Dalke (Ems) liegt Haus Dal-bke; offenbar ist Dalke 
aus Dalb(e)ke entstanden. Da nun die Dalke ahd. Deichana 
heisst, so hat man, wie ich glaube, das nicht mehr verstan- 
dene -chana durch das geläufige beke ersetzt. Zur Entstellung 
des beke vgl noch aus Fr. , D. Ortsn. S« 34 SaWke statt Salbeke, 



24 

Diesen Namen fand ich auf der Kroiskarte von Altena, 
jedoch nur als Wohnplatzbezeichnung an einem kleinen 
Bache. — Ich schloss aus -mecke — s. über -meke = 
kleiner Fluss, Bach meine Abb. S. 373, 374 und 
378 — , dass der Bach auch Sollmecke heissen müsse. 
Mein hiesiger Koll. Nagel hatte die Güte, durch Er- 
kundigung zu ermitteln, dass allerdings der Bach auch 
Sollmecke genannt werde. Das u inSulaha und das o 
in Solanza steht gradeso neben dem a in Sala und 
Salmana wie Sulzaha neben Salzaha, wie Olafifa neben 
Alafifa, vgl. dieAnm. 71 angefiUirten Flussnamen: Sur-ä 
neben Sor-aha, Sur-apa neben Sar-avus. 

Das War- in War-inza habe ich schon in meiner 
Abb. S. 370 mit dem War- in War-inn-ä, j. Werre (We- 
ser) und Wem (Donau), sowie dem Wir- und Wer- in 
Wir-mina, j. Wurm, und Wer-mana, j. Wörmke (Em- 
mer, Weser) zusammengestellt und auf die W. vars 
reissen, raffen zurückgeführt, welche noch in un- 
serm nhd. wirren yorhanden ist, sowie in gr. cr/ro- 
fagae, im lat. verrere erscheint — s. F. DI, 296 — ; 
War-inza würde demnach auch „treibender oder 
rasch dahinfliessenderFluss" bedeuten. DieWer- 
nitz fiiesst von der fränkischen Hochebene der Donau 
zu; sie entspringt — s. Dan. S. 217 — 1290' hoch am 
Schillingsfürster Walde und mündet „nach unendlich 
vielen kleinen Krümmungen" und einem Laufe von nur 
15 Meil. bei Donauwörth 1163' hoch. Demnach kann die 



Steimke aus Steinbeke ; die Helbeke bei Altena heisst als Wohn- 
platzbezeichnung vielfach Hehke neben dem ursprünglicheren 
und auch noch vereinzelt, wie ich jetzt erfahren, im Volksmunde 
gebräuchlichen HöUmecke ; amtlich heisst es jetzt nur Helbeke ; 
die oben genannte HöUmecke ist verschieden von dieser. Für 
die zweite Annahme, die tautologische Anfügung von beke, 
verstümmelt -ke, lässt sich allerdings der in Abschnitt IV ange- 
führte Flussname Quarmbeck gegenüber Quarme und der Name 
der an diesem Bache liegenden Quarmke Mühle geltend machen. 
Eine ähnliche Verstümmelung hat im Volksmunde das in zahl- 
reichen Ortsnamen erscheinende -hausen erfahren, welches „in 
hunderten von Fällen" , wie Fr. Ortsn. S. 84 bemerkt ,; zu -ten 
verschrumpft ist. 



25 

Wernitz nur in ihrem Oberlaufe rasch fliessen; nach 
diesem sind aber die Flüsse sehr häufig benannt. 

Um nun dies Wort War- in Flussnamen noch 
durch mehr Beispiele zu erläutern, füge ich an dieser 
Stelle noch einige in meiner Abh. nicht erwähnte Fluss- 
namen an, in denen ich dies Bestimmungswort erkenne. 
— So betrachte ich das oben erwähnte War inna auch 
als Grundform für den heutigen Flussnamfen Warne 
(Ocker, Aller), welche nach der Karte von R. bei 
Salzgitter am Gitterberge entspringt und schon nach 
kurzem Laufe in der Tiefebene ankommt; sie wird 
also sicherlich einen raschen Oberlauf haben. — Fer- 
ner stelle ich hieher die War-aha ^*), j. Wohre, (Ohm, 
Lahn), die ebenfalls nach den Karten von R. und Syd. 
an einem Berge entsteht. Das -aha in diesem Fluss- 
namen bietet zugleich einen schönen Beweis für die 
Annahme, dass das War- in War-inna Bestimmungswort 
ist. — Sodann bringe ich als Parallelform zu Wir-mina 
und Wer-mana dieWar-manou „die Warmenau, j. Aue 
genannt", wie Fr. sagt. Dieser Bach hat aber noch 
jetzt z. B. bei Wallenbrück, im Kreise Herford, Amt 
Spenge , wo Vf. wiederholt gewesen , seinen prächtigen, 
volltönenden Namen, die Warmenau, behalten, und 
dieser steht auch auf der Karte von Jj. Der Bach 
fliesst in die Else (Werre, Weser). Die Endsilbe -au 
ist entstellt aus a, wie schon Abh. S. 375 bei der El- 
manau, j. Ilmenau (Elbe), hervorgehoben. Wie -ach = 
aha für Süddeutschland charakteristisch ist, so au = 
aha besonders für Norddeutschland, vgl. das sehr oft 
selbst als Flussname vorkommende Grundwort Aue, 
femer die Flussnamen Hau, Linau, Hardau, Hart- 
au, Pinnau, Radau, Espau, Caspau u. s. w. 



") Waraha betrachte ich auch als Grundfonn der Wohr-e 
(Werra) , die auch Wehra heisst. Sie entspringt an einem Berge 
westl. vom Meisnergebirge nach der Karte von K. ; die Bedeu- 
tung würde also auch hier angemessen sein. Vgl. auch die 
Wie r -au (Haase, Ems), die in dem Berglande der westlichen 
Weserkette in der Nähe der Huntequellen entsteht; ich nehme 
als ahd. Form von Wier-au *JV%r-aha an. 



26 

Auch für die Warmenau passt die Bedeutung, denn sie 
eilt von der Nordabdachung des Teutoburgor Waldes 
bei Werther, nordw. von Bielefeld, zur Else herunter. — 
Wie Wür-m aus Wir-mina, Wfir-m-ke aus Wermana, 
Hel-me aus Hel-mana u. s. w., so ist; wie ich vermute, 
der Flussname War-me (Diemel) aus War-mana ent- 
standen. Die Bedeutung würde stimmen, denn der 
Fluss kommt vom Habichtswalde herab. Warme heisst 

auch ein Zufluss der Lesse (Maas) in Belgien. 

Weiter ziehe ich zu dieser Klasse die Wör-pe (Wümme, 
Weser), deren ahd. Name nicht überliefert ist. — Zu- 
nächst erkenne ich in -pe das alte apa '*). Wie nun 
das Wör- in Wör-nitz, einer Nebenform von Wemitz, 
aus War- entstanden ist, so auch, wie ich annehme, 
das Wör- in Wörpe. Demnach würde der Fluss as. 

*War'apa gelautet haben. Gleichfalls erkenne ich 

ein Glied dieser Namenssippe in Wir-pke (Ocker), 
nach meinem Urteil aus * Wir-beke hervorgegan- 
gen. Sowohl für die Wörpe als die Wirpke passt 
die angegebene Bedeutung, denn jene entspringt auf 
dem Landrücken der Lüneburger Haide , diese fliesst 
von den Helmstädter Höhen dem Bruch graben zu, der 
die Ilse (Ocker) mit der Bode (Saale) verbindet. — 
Auch die War-n-ow in Mecklenburg wird wohl der- 
selbe Flussname wie Warne, Wern und auf die Grund- 
form Warinna zurückzuführen sein, vgl. Warne-münde. 
Der ganz deutsche Flussname hat nur die slaw. En- 
dung -ow erhalten; diese ist wohl eine Umformung 
von -au ''ö), das selbst wieder aus aha entstanden ist, 
welches goth. ahva lautete; vgl. ahd. ouwa Aue, das 
auf ein goth. ahvi oder ahvjo, wie Wg. unter Aue be- 
merkt, hinweist. Auch für die Warnow wird die Be- 
deutung bezügUch des Oberlaufes passen, denn dieselbe 
fliesst von dem Landrücken der Mecklenburgischen 
Seenplatte herab. 

Die Alis-ontia oder Alas-enza, Alis-inza wollte ich 
schon in meiner Abh. den Flussnamen Els-e, Ils-e, 



^*) 8. S. 7, Anm. 24. '») fi, oben. 



27 

Els-pe, Eis -off'*) zugesellen, als deren ersten Teil 
ich Else = Erle ''), Eller betrachte; die ursprüngliche 
Gestalt von Else ist alsa, alisa, alesa'»), geradeso 
wie arila und alira die Grundformen von Erle und 
Eller sind. Damals, wo ich anza noch nicht als Grund- 
wort in Verbindung mit echt deutschen Bestimmungs- 
wörtern erkannt, veranlasste mich die Endung -ontia, 
die mir wegen Vesontio als keltisch erschien, den 
Namen einstweilen zurückzustellen; jetzt zweifle ich 
nicht mehr, dass das Alis- in diesem Flussnamen, das 
noch ganz dem von F. aufgestellten urgermanischen 
Worte alsa, alesa, bez. alisa =» Erle entspricht, mit 
unserm heutigen Wort Else zusammenhängt^). — 
Der heutige Name der badischen Alis-ontia, nämlich 
Els-enz, weist auf die Verwandtschaft hin mit Els- 
pe (Lenne, Ruhr), Eis- off (Eder, Fulda), zu de- 
nen ich jetzt noch hinzufüge die Els-awa^^) (Main, 
zwischen Klingenberg und Aschaffenburg), sowie den 
ahd. Namen Elis-ba oder Els-pa = Eisbach a. d. Elz 
(Streu, fränk. Saale) , dessen -pa (ba), wie ich vermute, 
aus apa entstanden ist. Der Ort hat von dem Flusse 
seinen Namen bekommen und -bach in Eisbach ist, 
wie die ahd. Form deutlich zeigt, eine Umformung des 
unverständlich gewordenen apa (ba) ; Els-pa ist iden- 
tisch mit Els-pe rLenne). Der Fluss selbst heisst jetzt 
Elze, Elz und aucn Eis. — Hingegen die Elz (Neckar) 
gehört nicht hieher, da der Fluss ahd. Al-antia«i) 
lautet. Dieser Name war mir besonders ein schwerwie- 
gender Beleg, dass anza mit echt deutschen Bestim- 
mungswörtern zusammengesetzt ist. 

Ich betrachte nämlich als solches AI-, worüber 



'«) s. Abh. S. 350 £f. ") s. Wg. unter Else. '») s. F. 
ni, 27. '•) Gradezu zahllos sind die Flussnamen, die von der 
Erle, die besonders viel an Flüssen wächst, ihren Namen ha- 
ben, vgl. noch Abh. S. 350. ^) awa aus aha, bez. ahva, 
nicht = apa, welches in Oberdeutschland -affa lautet, bez. zu 
-af , -of , -fe u. s. w. geworden ist. **) vgl. die Formen Al- 
anca und Al-enza, zu nehmen aus Alancer marca und Alenzer 
marca; Al-antia u.Al-anca aus dem 8., Alenza aus dem9. Jhrh. 



28 

ich in der Abh. S. 360 ausführlich gesprochen. Zahl- 
reiche Flussnamen sind, wie schon oben S. 2 angedeu- 
tet, mit diesem al- komponirt, welches erscheint in 
goth. aljana, as. Ujan, ahd. Uan, nhd. eilen, nämlich 
Al-apa, 01-pe, El-pe, Eil-pe, Il-pe, Al-mina, 
Il-mina, Ill-ä, lU-ara u. s. w. — Al-antia heisst 
also die eilende Enz, ein für diesen von dem östlichen 
Teile des Odenwaldes zum Neckar herabströmenden 
Fluss nicht unpassender Name. 

Ich trage an dieser Stelle noch anhangsweise fol- 
gende, nach meiner Annahme mit diesem al- zusammen- 
gesetzte und in der Abh. noch nicht erwähnte Fluss- 
namen nach. 

Zuerst die Al-stra **), die Hamburger Alster, wel- 
che von dem Holsteinischen Landrücken herab der 
Elbe zufliesst. — Ich halte es für ganz unwahrschein- 
lich, dass der Al-ster (Itz, Main) eine andere ahd. 
Form zu Grunde liege als Al-stra , fasse demnach auch 
diese Alster als eilenderFluss — ein nicht unpassen- 
der Name , da dieselbe vom nordfränkischen Berglande 
herabeilt. — In dieselbe Namensklasse bringe ich die 
El-stra, j. Elster, welche beim Dorf und Bade Elster 
— wie ich Dan. S. 408 entnehme — noch 1465' über 
dem Meere ist, während Halle, oberhalb dessen die 
Elster mündet, nach Dan. S. 406 nur noch 282' über 
dem Meere liegt; die Elster ist also sicherlich zuerst ein 
rasch dahinströmender Gebirgsfluss. — Die Schwarze 
Elster entspringt im Lausitzer Berglande am 1400' ^^) 
hohen Sibyllenstein »4) und wird demnach, da sie schon 
nach kurzem Laufe in der Ebene ankommt, im Ober- 
laufe schnell fliessen. Dass die Flüsse aber sehr oft von 
der Natur des Quelllaufs den Namen haben, ist schon 
wiederholt hervorgehoben; man vgl. noch z. B. Abh. 
S. 361 das über die Aller Gesagte, ein Fluss, der mit 
der Elster bezüglich des Terrains, welches er durch- 



**) über -stra = strawa = Fluss vgl. oben S. 5. *') s. 
Dan. S. 411. ®*) Meyers Konversationslex. VI, S. 71 der 3. 
Aufl. entnommen. 



29 

fliesst, manche Ähnlichkeit hat. Übrigens verhält 

sich Alster zu Elster wie Alpe (Al-apa) zu Elpe. 

Mit Alstra und Elstra bildet femer Ul-stra, j. Ulster 
(Werra), eine Gruppe; sie kommt vom Rhöngebirge 
herab; XJl-ster: Al-ster = Sulz-aha: Salz-aha - Ul-fe: 
Alpe u. s. w. ; ferner Ulster: Elster = Ulfe: Elpe^^); 

Die n-aha, j. Dach (Lech), ist nach meiner An- 
nahmeidentisch mit der schon in der Abh. besproche- 
nen Hlä. Nach der Karte des Kgr. Bayern von Weiland 
fliesst sie aus einem See ab von Vorhöhen in der s. g. 
Zone der oberen Ebenen der schwäbisch -bayrischen 
Hochebene. — II -aha betrachte ich auch als Grund- 
form für die beiden Nbfl. der Saale (Elbe), die Ihl-e 
und Ehl-e, welche beide vom Fläming herabeilen. 
Auch die Ohl-au (Oder), die von ^en mittelschlesi- 
schen Vorbergen zur Odertiefebene niederfliesst , kann 
hierher gehören und zur Grundform *Al-aha haben: 
Ohlau: Al-aha ==» Olpe: Alapa^*). 

Es ist, wie schon in der Einleitung zu Teil I be- 
merkt, gradezu merkwürdig, wenngleich sehr erklär- 
lich, wie dieser Begriff des rastlosen Forteilens einen 
so mannigfaltigen Ausdruck bei den Flussnamen gefun- 
den. Ich nehme nämlich denselben auch an in den zahl- 
reichen mit Bad- zusammengesetzten Flussnamen. Sehr 
lange suchte ich nach einer passenden Erklärung die- 
ses Bestimmungswortes vergebens. Ich dachte an Ried, 
ahd. hriot = Schilfrohr, aber der Vokal a in Rad- wi- 
dersprach, und verschiedene Flüsse duldeten durchaus 
nicht diese Erklärung. In letzterer Beziehung war mir 
besonders wichtig die Rathmecke bei Altena, die ich 
ebenfalls hierher ziehe; bei diesem Bache konnte ich 
mich überzeugen, dass die Erklärung „Schilf fluss" 
nicht passe. — An den Stamm rMd== roden zu den- 
ken, verbot gleichfalls der Umstand, dass sich nirgend 
der Vokal u bez. der Diphthong iu in den ahd. über- 
lieferten Namen fand; noch weniger Hess sich bei die- 



^) vgl. oben S. 4 u. 9. ^ -au = aha ist schon oben er- 
wähnt S. 25. 



30 

ser Annahme eine irgendwie passende Bedeutung aus- 
findig machen. Weil femer bei den betreffenden ahd. 
Flussnamen, z. B. bei Radantia, Badaha, Radbiki, nie- 
mals eine Nebenform mit Rod- oder Rot- vorkommt, 
so ist schon aus diesem Grunde eine Ableitung von 
goth. raudas, as. röd, ahd. rot nicht angänglich. — 
Schliesslich aber fiel mir ein, dass ein h vor dem r 
fortgefallen sein könnte, und so gelangte ich endlich 
zu einer Erklärung, die ich für sehr wahrscheinlich 
halte. Ich bringe nämlich Rad- zusammen mit an* 
hradhr »'), ags. hradh, ahd. hrad, rady hrat, rat und 
radi, redi = velox, strenuus zusanmien, so dass 
die hierher gehörigen Flüsse einen neuen Beleg für den 
Satz geben würden, dass in der unendlichen Menge 
von Flussnamen yerhältnismässig wenige Vorstellungen 
zum Ausdruck kommen. Die Bedeutung „eilender 
Fluss^* passt zunächst für die drei in ahd. Form über- 
lieferten Flussnamen Radantia, Rad aha und Rad- 
biki. 

Nach dem Zusammenfluss der Fränkischen und 
Schwäbischen Rezat, ahd. Reth-rat-enza, erhält 
der yereinigte Fluss den Namen Rednitz, ahd. Rad- 
antia, Rat-anza, Rat-enza. Der Name Radantia, 
Rednitz, wird sich aber ursprünglich nicht nur, wie 
jetzt*®), auf das 5 Meilen lange Stück von dem Zu- 
sammenflusse der beiden Rezat bis zur Einmündung 
der Pegnitz 8^) bezogen , sondern offenbar wird eine 
der beiden Rezat zunächst den Namen Radantia er- 
halten haben. Nach meiner Meinung hat derselbe 
ursprünglich an der Fränkischen Rezat gehaftet. Diese 
entspringt nämlich, wie Dan. S. 299 bemerkt, auf der 
Hohen Steig. „Der Brückleinsweiher, 1302' hoch, 

sendet Wasser zur Rezat und Altmühl Die Rezat 

fliesst bei Ansbach, 1191' hoch, vorüber". Bis Ans- 
bach hat die Rezat ungefähr 3 Meil. Lauflänge ^o). Aus 



«') 8. F. in, 82. *«) 8. Dan. S. 299. »») die vereinigte 
Rednitz • Pegnitz hei88t bekanntlich Begnitz. *^) nach der 
Karte von R. abgemessen. 



31 

diesem Gefälle möchte ich schliessen, dass der Fluss 
besonders anfangs einen nicht langsamen Lauf hat und 
daher der rasche Fluss genannt werden konnte. — 
Die schwäbische Bezat entspringt sehr viel niedriger; 
ihre Quelle ist von der Altmühl nur durch eine Bodenan- 
schwellung von 7 Meter getrennt ^i). Sie muss, soweit 
ich es nach der Zeichnung der Karte von B. 
beurteilen kann,, auf einem moorigen, bez. nasswie- 
sigen Terrain ihre Quelle und auch ihren ersten Lauf 
haben ^^); sie ist daher kein Bergfluss, wie die fränki- 
sche Rezat, und wird keinen besonders raschen Gang 
haben. Auf die Schwäbische Rezat passt aber, wie mir 
scheint, der Name Reth-rat-enza recht gut. Dieses 
Roth- bringe ich nämlich zusammen mit ahd. hriot, riot, 
riet und hreod, read, ried^ as. ried, mnd. r^^; ags. hreod 
= Schilfrohr, Sumpfgras, Riedgras, ferner mit 
Sumpfgras bewachsener Grund, Ort mit Ried- 
gras ^*). Ich schliesse aus dem moorigen, bez. wiesi- 
gen Terrain der Quellgegend der Rezat, dass dasselbe 
vielleicht noch jetzt etwas mit Schilfrohr oder Ried- 
gras bewachsen ist, bez. früher bewachsen war, denn 
vor der modernen rationellen Wiesenkultur muss das 
Riedgras weichen. — Man betrachtete nun von vorn- 
herein die Fränkische und Schwäbische Rezat ebenso 
als die Quellflüsse des durch ihre Vereinigung gebilde- 
ten Hauptflusses, nämlich der Rednitz, wie den Roten 
und Weissen Main als die Quellflüsse des Main§i, wie 
die Rauhe und Mittelebrach als solche der Rauhen 
Ebrach, wie die Warme. und Kalte Bode als Quell- 
bäche der Bode, wie die Waldnab, Fichtelnab und 
Heidenab als solche der Nah, wie den Schwarzen und 
Weissen Regen ' als diejenigen des Regens. Man sah 
aber auch mit Recht in der Fränkischen Rezat den 
Hauptfluss; deshalb behielt nicht nur nach der Verbin- 



•1) Meyers Konv. XIII, S* 598 entnommen. •*) Es wäre 
mir sehr interessant zu erfahren, ob dies richtig ist. Unweit 
des Quelllaufs der Schwab. Bezat finden sich auf der Karte von 
R. z. B. Wohnplätze mit dem Namen „Nass wiesen". •*) s. 
Schade, altdeutsches Wrtb. 



32 

düng der Zwillingsflüsse der vereinigte Mass den Na- 
men des Hauptflusses, sondern man gab dem kleineren 
Flusse, um seine Zugehörigkeit zum Haupt- und Stamm- 
flusse ^*) zu bezeichnen, den Stammnamen und verlieh 
ihm noch zur Unterscheidung von seinem stärkeren 
Zwillingsbruder einen Zunamen, welcher auf seine be- 
sondere Herkunft hindeute, nämlich auf seine mit Ried 
bewachsene, wiesige Quellgegend. Indem man also bei 
der Schwäbischen Rezat diesen Vornamen Reth- dem 
Hauptnamen Radantia vorfiigte, hob man damit das 
Unpassende auf, welches in der alleinigen Benennung 
mit Eadantia eilender Flüss gelegen haben würde ^*). 
Desgleichen passt der Name auf die Rad -aha. 
Fr. bemerkt unter Radaha: „Die Rodach, Nbfl. der 
Steinach, südlich von Koburg". Aus der Bemer- 
kung, „südl. von Koburg" geht hervor, dass nur 
die Rodach, welche in die oberhalb Bamberg in den 
Main mündende Itz fliesst, gemeint sein kann. Es ist 
dies im Gegensatz zu der Voigtländischen Rodach, 
welche im Reussischen bei Rodacherbrunn auf dem Thü- 
ringer Walde entspringt, die s. g. Sächsische Rodach. 
Die Voigtländische Rodach nimmt die Steinach auf, 
und daher mag wohl das Versehen bei Fr. rühren. — 
Für die Sächsische Rodach, für welche der Name Rad- 
aha überliefert ist, passt die Erklärung recht gut; 
denn sie entspringt nach der Karte von R. an der Ab- 
dachung des Hahnritzberges, südw. von Hildburghau- 
sen. — Ich möchte es nun als recht wahrscheinlich be- 
zeichnen, dass auch der andern Rodach die alte Form 
Rad-aha zu Grunde liege; dass für diese, welche auf 



**) sit venia nomini praesente nota signato. ^) Das th 
in Bethratanza statt des blossen t bez. d ist nicht von Bedeu- 
tung; neben Reth- hat Fr. auch die Nebenform mit Keht-. 
Keiche Belege für dieses Schwanken zwischen t, th und d 
bieten die zahlreichen Namen auf -rod, welche Fr. S. 1261 ff. 
zusammensteUt. Vgl. bezüglich der Rethratanza die ähnlichen 
mit ahd. r6r=^ arundo zusammengesetzten Flussnamen bei Fr. 
unter dem Stamme Raur und unten meine Erklärung von Ruhr 
(Rhein) und Roer (Maas). 



33 

dem Thüringer Walde ihre Quelle hat, die Deutung 
sehr gut sich eignen würde, liegt auf der Hand. 

Die Rad-biki ferner in der Gegend von Ame- 
lungsborn, wie Fr. angibt, nordöstlich von Holzminden, 
steht auf der Karte von R. nicht namentlich verzeich- 
net; auch hier wird der Name wohl passen, denn Ame- 
lungsbom liegt im östlichen Weserberglande in der 
Nähe des Berges Homburg. 

. Von den übrigen mir in der alten Form nicht be- 
kannten, mit Rad- zu^anmiengesetzten Flussnamen 
möchte ich zunächst als ein sehr wahrscheinliches Glied 
dieser Gruppe bezeichnen die Rathmecke (Rahmede, 
Lenne), da die Erklärung auf diese von den steilhän- 
gigen Lennebergen zuthal eilende Bachrinne sehr gut 
passt und die Farbe des Flusses verbietet — vom Vo- 
kal abgesehen — bei dem Rath- an rot zu denken. — 
Desgleichen wird hierher auch wohl gehören der zur 
Ocker fliessende Brockenfluss die Rad -au; die Er- 
klärung würde auch hier sehr gut passen. — Ferner 
möchte ich hierher stellen die beiden Nebenflüsse der 
Haase (Ems), die Nord- und Süd-Radd-e, welche 
beide vom Hümling kommen, einem über der Ems bei 
Meppen etwa 200' hoch sich erhebenden Sandplateau. 
— Vielleicht- sind auch dieser Klasse zuzuweisen die 
auf der Ponmierschen Seeenplatte entspringende Rad -üe 
(Persante) und die Rad-aune, welche von der Hoch- 
fläche von Carthaus „in raschem Laufe" ^^) zur Weich- 
selniederung strömt 97). 



*•) Diesen Ausdruck entnehme ich Meyers Kon vers XIII 
401. — Vgl. über den raschen Lauf der Rad-üe z. B. die Be- 
merkungen von Foss in dem Buche „Wie ist der Unterricht in 
der Geschichte mit dem geographischen Unterricht zu verbin- 
den? Dargelegt an der Darstellung der Provinz Pommern", 
S. 30: „Von der (pommerschen) Seeenplatte strömen eine Reihe 

vonKüstenflüssen herunter Diese Flüsse haben in 

ihrem mittleren Laufe ein sehr bedeutendes Gefälle. 
*') In einer spätem Abhandlung möchte ich zu zeigen versuchen, 
dass auch dem Flussnamen Stibharna, j. Stever (Lippe), und 
der stammverwandten Flussnamengruppe der Begriff des Eilens 
zu Grunde hegt; denn Stibhar-n-ä hängt, wie ich glaube, 

3 



34 

Auch bei den noch übrigen von den oben aufge- 
führten, mit -antia zusammengesetzten Flussnamen, 
nämlich Pag-inza, Arg-enza, Scapl- antia, Pri-mantia 
und Brantia lässt sich' der erste Teil als germanisch 
nachweisen; jedoch will ich erst, nachdem ich möglichst 
viele mit den Stämmen Pag-, Arg- u. s. w. gebüdeten 
Flussnamen gesammelt, dieselben einer genaueren Be- 
sprechung unterziehen; vorläufig begnüge ich mich, 
meine Vermutung über die Bedeutung^ dieser Be- 
stimmungswörter ganz kurz zu begründen; ich thue 
das schon jetzt, um den deutschen Ursprung derselben 
auch hier als möglich und sogar wahrscheinlich hin- 
zustellen. 

Den ersten Teil von Pag-inza möchte ich auch 
in den heutigen Flussnamen Beg-a (Werra, Weser) 
und Bigg-e (Lenne, Ruhr) wiederfinden. Wiederum 
wird uns hier der Begriff des Eilens als Motiv der 
Namengebung entgegentreten. 

Unser biegen lautet goth. hiugan, ahd. biagan^ 
piogan^ piokan. Den ursprünglichen Vokal zeigt das 
verwandte as.iai Rücken — vom Wenden, Biegen 



mit ahd. atiuban, stiupan = stieben, rennen zusammen — 
ich sage nicht, dass es davon herkommt. Das Faktitiv hierzu 
ist bekanntlich ahd. stoupan, stouben stieben machen, welches 
nicht von Staub abzuleiten ist, wie Wg. unter atauben, stäuben 
bemerkt; Staub ist ja selbst von der Eigenschaft des Umher- 
fliegens so genannt. Dieselbe Weiterbildung mit dem Suffix 
-ar, wie in Stibharna, zeigt sich auch in stöbern = „suchend 
aufscheuchen, wie der Stöber thut", s. Wg. unter stö- 
bern. Das -n in Stibhar-n-ä ist, wie ich glaube, aus dem Suffix 
-an entstanden und das a darin gradeso ausgestossen , wie in 
Adrana und Hlutraha das a vor r, s. darüber Abh. S. 363. 
Auch sachlich würde die Bedeutung passen, denn die Stever 
kommt aus dem Hügellande von Billerbeck und Eoesfeld und 
hat deshalb zuerst einen raschen Lauf. Hinsichtlich der Be- 
deutungsentwicklung von Staub aus stieben erinnere ich an den 
umgekehrten Vorgang bei dem gr. Verbum xovCto ^ 1. mit 
Staub erfüllen, 2. eilig laufen, so dass man Staub erregt, vgl. 
xovlovTsg neSioto hinstäubend durch das Gefilde \ ähnlich heisst 
«täuben wetterauisch „Staub erregend fliehen", s. Wg. 
unter stauben, stäuben. 



35 

so genannt — , ferner goth. and-baht-a-s Diener, ahd. 
ambaht, arnpaht, mhd. ambet, nhd. Amt^^), Ln Sskr. 
heisst bhaj auch eilen, fliehen — s. F. I, 154 — ; 
goth. biuyan baug btigans hängt femer zusammen mit 
gr. q)€vyü)^ €q)vyov, 7C€(pavya^ lat. fagio; ags. steht noch 
bugon = sie flohen 99). Es steht nun nichts im Wege, 
das Pag- in Pag-inza mit dem germ. Thema bug zu- 
sanönenzubringen, — sprachlich nicht, weil das a in 
Pag- im Verhältnis zu dem u in bug nach dem Obigen 
durchaus begründet erscheint, andrerseits die Konso- 
nanten völlig mit dem ahd. piogan stimmen, — sach- 
lich nicht, weil die Pegnitz, an demselben Gebirge 
wie der Rote Main entspringend, ,,im Oberlaufe", 
wie Dan. S. 299 bemerkt, „rasch auf sandigem 
Grunde dahinfliesst". Einer Bemerkung in Meyers 
Konvers. XII, 678 entnehme ich, dass die Pegnitz erst 
bei Buchau den Namen Pegnitz erhalte. Nun befindet 
sich die Pegnitz bei Buchau noch durchaus im Ober- 
laufe und hat bis hier ungefähr nach der Karte von 
E. eine Meile von der Quelle ab in grader Entfernung 
zurückgelegt; auch unterhalb Buchau fliesst sie im 
Gebirge weiter. Demnach wird die Bemerkung Dan. 
auch noch eine gute Strecke unterhalb Buchaus auf 
die Pegnitz passen. Ausserdem, glaub ich, hat die 
Pegnitz ursprünglich auch in ihrem Quelllaufe diesen 
Namen gehabt, da mir der Name Fichtenohe = Fich- 
tenfluss , wie sie jetzt zuerst heisst , viel späteren Ur- 
sprungs zu sein scheint. Sodann ist nicht etwa aus 
dem Namen Buchau i<><J^ in Verbindung mit der obigen 
Notiz zu schliessen, dass die Paginza Buchenfluss 
bedeute; denn bei dieser Annahme Wäre der Vokal in 
Pag- mir wenigstens unerklärlich, da die Buche ahd. 



. **) Die Bedeutung „Diener" entwickelt sich — s. F. I, 154 
— aus der ursprünglichen Bedeutung der germ. W. hak, sskr. 
hhag wenden und zwar vermittelst der daraus abgeleiteten 
„sich zuwenden , ergeben , angehören" , also -bahta = sskr. 
hhakta = Ergebener. ®^) s. Wg. unter biegen. "°) Bu- 
chau hat sicherlich ahd. Buchowa in der Bedeutung Buchenau 
geheissen, s. Fr. unter Buchowa. 

3* 



36 

buocM oder puocli& heisst und in keiner germ. Sprache 
sich in der Stammsilbe dieses Worts ein a findet; F. 
setzt als nrgerm. hdka an. — Bei Buchau fliesst übri- 
gens der Püchenbach = Buchenbach in die Pegnitz. 

Falls die oben erwähnten Flüsse Bega und Bigge 
hierher gehören — der alte Name ist mir leider nicht 
bekannt — , so würde auch für sie die Erklärung recht 
gut passen; denn die Bigge ist ein rasch dahinfliesseRder 
Gebirgsfluss, der im südlichen Teile des Kr. Olpe, an 
der Wasserscheide zwischen Ruhr und Sieg, entspringt, 
— und die Bega fliesst aus dem Lippeschen Berglande 
herab zu der Senke zwischen Teutoburger Wald und 
diesem zum Werrethale sich abdachenden Lippeschen 
Berg- und HügellandCi — Ich sehe keine Möglichkeit, 
wie Bega und Bigge aus as. heki, biki^^^), mnd. beke, 
ahd. pah, nhd. Bach entstellt sein können; denn beide 
Flüsse fliessen auf nd. Gebiete, bezüglich dessen man 
auf die as. Form beki zurückgehen müsste, aus der 
Bega und Bigge schwerlich im nd. Volksmunde ent- 
standen sein können. Der Bach heisst im jetzigen Nd. 
beke und bike, auch bäk und beck^®*). Ich möchte 
als Grundform für beide Flüsse ^Big-aha, *Bigd an- 
setzen, echt ahd. *Pigaha, welches neben Pag-inza grade 
so bestehen würde, wie ll-mina neben Al-mina, II -pe 
neben Al-pe u. s. w. 

Ebenso lässt sich Prim-antia aus dem Germ, 
erklären und zwar in einem recht passenden Sinne. 
Ich werde unten in einem besondern Abschnitte nach- 
zuweisen suchen, dass ebenso wie der einfache BegrifiF 
des Eilens als Bestimmungswort in den Flussnamen 
in der mannigfaltigsten Weise erscheint, so auch der 
Begriff des Tönens, Rauschens, der ja gleichfalls 
in der Dichtung vom homerischen TtOTa/idg xelddwv 
an als Attribut der Flüsse zum verschiedenartigsten 
Ausdrucke gelangt i^^^), 

»Ol) 8. Wg. unter Bach. *««) s. Berghaus, Sprachschatz 
der Sassen. *®') So berührt sich die uralte phantasievolle 
Anschauung des Volkes oft auf das wunderbarste mit den Vor- 
stellungen der modernen Kunstpoesie. Bei den Griechen kommt 



37 

Prim- oder Prem-, deön Premantia kommt auch 
vor, bringe ich zusammen mit ahd. breman oder pre- 
man, lat. fremere, gr. ßgi/Licj, ßgof^og, ßgorti] ^®*) ; Prem- 
antia ist demnach der rauschende Fluss. Dieselbe 
Bedeutung habe ich bereits in Embi-scara, j. Emscher, 
gefunden ^^^). — Auch Bram-aha, j. Brambach (Mu- 
dau, Main), welches Fr. mit ahd. bräma rubus zu- 
sammenbringt, möchte ich hierher ziehen und mit 
grösserer Wahrscheinlichkeit noch die Prum-ia, j. 
Prüm (Sure, Mosel). Wir würden folgende Gleichungen 
erhalten: PrUm-ia : Frim-antia = HlUn-ia : ^Hlin-ä 
= LvLpp'ia : Lipp-,e, — BrSim-aha : PrUm-ia = 
JLl-stra : Ul-stra = JLn-trafa : *Un'trafa : Un- 
strut, — BrSLm-aha : Prim-antia = An-trafa : Ind- 
d : Ihn-a. — Die Bedeutung würde ganz gut passen, 
denn alle drei sind Gebirgsflüsse, bei denen sich also 
ein besonders hervortretendes Rauschen annehmen lässt. 

In Arg-inza ferner führe ich Arg- auf die euro- 
päische W. argh zurück, welche F. I, 498 gibt mit der 
Bedeutung „heftig^bewegen". F. bemerkt daselbst: 
„Dazu vielleicht germ. arga-, arg eigentlich zitternd, 
feige?" Zur W. argh gehört bekanntlich gr. ogxew^ 
OQxeoixai^ welche Wörtef F. auch III, 24 unter dem 
germ. arga anführt. — Dieses Arg- sehe ich auch in 
Ar g-un a, j. Argen (Bodensee) ^^% sowie in Or c-ana i<^^), 
j. Orke (Eder, Fulda). In Orc- kommt die oberdeutsche 
Lautverschiebung zur Erscheinung. Es verhält sich 
sodann Orc-ana : Arg-una = Ol- äff a : JLl-affa = 
Sol-anza : Sai-mana u. s. w. — Argen und Orke sind 



z. B. das Gewitter in vielen Mythen als Schlangenungetüm 
vor; wie rein spiegelt sich dieses Phantasiebild wieder in dem 
bekannten Schillerschen Rätsel : Unter allen Schlangen ist eine 
u. s. w. *o*) 8. F. III, 216. *<>'*) 8. Abh. S. 372 und unten 
Abschnitt IV. *°®) Verschiedene der mir bekannten in den 
Bodensee fliessenden Flüsse haben deutsche Namen, z. B. die 
Bregenzer Ach, femer die bei Friedrichshafen, bei ühldingen 
und die in den üntersee mündende Aach, weiter die Goldach, 
Steinach u. s. w. "t^ ^^^^ g 47 ^ält Orcana für keltisch, 
aber vielleicht umgedeutscht, indem er an „an. urga fremere^ '^ 
erinnert. 



38 

Gebirgsflüsse; für beide wird die Bedeutung passen. — 
Ueber Arg-inza vgl. ob. S. 18, Anm. 66. 

Denselben Stamm finde ich weiter in Orc-unt- 
rura, j. Urftios) (Roer, Maas). 

Rura (Roer) und Oreuntrura sind grade so als 
Zwillingsflüsse betrachtet worden, wie die Ratenza und 
Rethratenza, wie die Obere und Untere Ourthe oder 
Ourt (Maas) u. s. w. Rura, sowohl die Ruhr (Rhein) 
als Roer (Maas) bezeichnend, ist mir nach seiner Ab- 
leitung zwar noch nicht sicher, jedenfalls aber möchte 
ich Rura als Rur-ä = Rur-aha fassen. Rura lässt 
sich nun allenfalls auch auf die germ. W. ras tönen 
zurückführen, von der rasda Stimme, ahd. rSrm 
brüllen, nd. rören heulen herkommen i^a); es wäre 
jedoch wegen des Vokals u an sich viel wahrscheinlicher, 
dass Rura zusammenhienge mit as. hrörian^^^)^ md. 
rören, rüren^ ahd. hruoran, riioran = rühren, womit 
zu vergleichen mhd. ruore, md. (im 15. Jahrh.) rüre, 
rür urspr. eilige Bewegung, dann auch Hatz der 
Hunde auf Wild, Bhd.*ruora, rüra Bewegung, 
Ton spiel, as. hrora Bewegung; Aufregung. Wir 
hätten dann wieder den Begriff des Eilens, welcher 
sehr gut passen würde sowohl auf die Ruhr (Rhein) m) 
als die Roer (Maas), welche von dem Hohen Venu zum 
niederrheinischen Tieflande herabeilt. Aber es würde 
dann — bei meiner Erklärung von Orcunt — in einem 
so uralten Flussnamen, wie doch Oreuntrura offenbar 
ist, eine durchaus unpassende Tautologie anzunehmen 
sein. Deshalb bringe ich Rur-ä, mit germ. rausa, ahd. 



^^^) So nach Fr. Auf der Karte von L. finde ich auch 
eine Er kens rühr, welche ungefähr 72 ^^ile oberhalb der 
Einmündung der Urft ebenfalls in die Roer mündet. Sehr 
wahrscheinlich wird dieser Fluss ahd. auch Oreuntrura gelautet 
haben; er würde dann geographisch und sprachlich ein Zwil- 
lingsbruder der Urft sein. 10») s. F. 111,252. "0) s.Wg. unter 
rühren und Buhr. ***) Das Gefälle der Ruhr beträgt nach 
Liebrecht a. a. 0. S. 67 von ihrer Quelle bis Assinghausen 27' 
auf 100°; Assinghausen liegt nach der Karte von L. von der 
Ruhrquelle ungefähr IVa Meil. in grader Entfernung. 



39 

rtr y nhd. Bohr ii*) zusammen und erkläre es als 
„Schilfrohrfluss". Diese Bedeutung passt ganz gut 
auf die Ruhr (Rhein), die, wie Vf. selbst gesehen, in 
ihrem Quelllaufe mit Röhricht bewachsene Wieöen 
durchfliesst. Man ist ausserdem berechtigt zu schliessen, 
dass früher auf diesen Wiesen das Schilfrohr in ganz an- 
derer Menge als jetzt, wo dasselbe durch die Wiesenkultur 
ausgerottet wird, gestanden habe. Dass der Name 
auch für die Roer (Maas) nicht unwahrscheinlich sei, 
liesse sich wohl schon von vornherein daraus schliessen, 
dass das Hohe Venu, wo die Roer entspringt, be- 
kanntlich ein Plateau voll von Torfinooren ist. Das 
gemeine Teich- oder Schilfrohr wächst aber bekanntlich 
häufig in Teichen, Bächen sowie in Sümpfen und 
„trägt sogar durch seine kriechenden Rhizome zur 
Torfbildung bei"!^^). — Entscheidend aber für mich, 
diese Erklärung vorzuziehen, war nun, dass ich auf 
der Karte von L. ganz in der Nähe der Quelle der 
Roer einen Strich mit „Rohrbusch" bezeichnet fand; 
wiederholt ist ja schon darauf hingewiesen, dass gerade 
die Beschaffenheit der Quellgegend bestimmend für die 
Wahl des Flussnamens gewesen ist. Damit nun die 
Zusammengehörigkeit von Roer und Urft auch im Na- 
men hervorträte, gab man, wie ich annehme, dem Nbfl. 
den Namen des Hauptflusses, charakterisierte ihn aber 
näher durch einen Zusatz, indem man ihn die eilende 
Ruhr nannte 11*). — Auch die Röhr (Ruhr, Rhein) 
wird wohl Schilmuss bedeuten. — Die Silbe -unt in 
Orcunt- fasse ich als Suffix mit euphonisch eingescho- 
benem, bez. aus lautphysiologischem Grunde leicht von 
selbst mitgesprochenem t. 

Schwierig ist die Erklärung von.Brantia, Brentia, 
Brenza. Ist dieser Name wirklich mit -enza zusammen- 
gesetzt, was ich bejahen möchte, so ist in dem Be- 
stimmungsworte etwas ausgefallen. In der Abh. habe 
ich nun S. 355 und 356 den Bergnamen „Brehloh" 



"«) 8. F. m, 247. "») Meyers Konv. I, 979. "*) vgl. 
das über Ratenza und Rethratenza Gesagte, S. 31 ff. 



40 

sowie den Stadtnamen Brilon als „leuchtender Wald" 
erklärt, indem ich die erste Silbe mit mhd. brehen 
leuchten, glänzen, ahd.j9^raÄ^ glänzend zusammen- 
brachte. Dieses Wort möchte ich auch in Brantia 
wiederfinden, welches ich mir zusammengezogen denke 
aus *Breh'antia, so dass das Motiv der Namengebung 
dasselbe wäre, wie bei dem so häufig vorkommenden 
Flussnamen Lutaraha, ferner beiGlana und Adrana^^*). 
Die Brenz hat die Eigenschaft, nur bei sehr grosser 
Kälte zu gefrieren 1 Iß); daraus möchte ich schliessen, 
dass ihr Wasser recht klar ist. Vielleicht ge- 
hören auch zu brehen die Flussnamen Breh-me^^^) 
(Hahle, Ruhme, Leine) und der im Rgbz. Arnsberg 
9 mal vorkommende Name Bre-meke, bez. Bre-mke^i»). 
Es kann auch Brehme = ^Brem-d = ^Brem-aha = 
rauschender Fluss sein und Bremeke das Demi- 
nutiv hiervon; dies erscheint mir aber deshalb nicht 
grade als wahrscheinlich, weil -mecke im Rgbz. Arns- 
berg eine so überaus häufig vorkommende Bezeichnung 
für „kleiner Bach" ist. 

Vielleicht ist auch der Flussname Priesterbach 
(Steckenitz, Trave) damit verwandt, in welchem -bach 
ein Zusatz späterer Zeit sein kann, wie so häufig, 
wenn die eigentliche Bedeutung nicht mehr verstanden 
wurde. Das -st er könnte man nämlich wie in Al-ster, 
El-ster, Ul-ster deuten ^^ 9); das P sodann statt des zu 
erwartenden B würde bei einem nd. Flussnamen wohl 
nicht aus dem Ahd. zu erklären sein, sondern aus einer 
volksetymologischen Anlehnung des nicht mehr ver- 
standenen Namens an das ähnlich lautende Fremdwort 
Priester sacerdos. 

Ebenso könnte man in diese Klasse bringen die 
Pri.efi2o) (Oleff, Urft, Roer, Maas). Das P wäre 



"«*) über letztere beide s. Abh. S. 363 ff. "«) s. Dan, S. 216. 
^*') -me aus mana. ^*®) über -mecke als Verkleinerungswort 
von mana s. ob. S. 22, Anm. 72. "») s. oben S. 5 u. 28. 
****) Die Prief habe ich der Karte von L., den Priesterbach der 
von R. entnommen. 



41 

hier im oberdeutschen Sprachgebiete ^*i) aus dem Ahd. 
beibehalten, vgl. Wg.s Worte unter dem Buchstaben 
P: „Bei manchen Wörtern kommt sowohl p als auch 
b im Anlaute vor, bei einigen jenes erste in Bewah- 
rung aus dem Althoch- oder doch Süddeutschen". — 
Diese Erklärung von Brantia u. s. w. sehe ich übrigens 
selbst für nichts weiter als für eine möglicherweise 
richtige an. 

Für die Erklärung von Scapl-anza — wie Scaflanza 
aus dem 8. Jhrh. überliefert — habe ich folgende Ver- 
mutung, die ich gleichfalls nur anfüge, um zu zeigen, 
dass auch Scapl- als germ. betrachtet werden kann. 

F. setzt — I, 809 — als europäische W. skip = 
skap werfen, schleudern an. Die W. skap erscheint 
z. B. in gr. aKiJTt-riOj im sskr. k-shap werfen, kshipra 
rasch, die Yf.skip in gr. ayiiiiiTtTCjmii Wucht nieder- 
setzen, passiv sich stürzen auf, ferner in mhd. 
schtben vollend fortbewegen, aber auch intr. sich 
rollend fortbewegen i^^). Wie nun ahd. Ulan, 
mhd. Uen, nhd. eilen zusammenhängt mit goth. al-jana, 
so glaube ich, dass im Urgerm. neben der im mhd. 
schien erscheinende W. mit dem Vokal i noch eine 
solche mit a vorhanden gewesen sei. Als eine von der 
letzteren mit der Ableitungssilbe -al i^^) gebildete Wort- 
form betrachte ich nun Scapl- statt Scapal, Es läge 
hier demnach derselbe AusfaU des a vor, welcher statt 
hat in Hlutraha und den ich gleichfalls in Adrana und 
Stibharna angenommen 124^. Auch hier hätten wir 
wieder den bekannten Begriff des Eilens in neuer Ge- 
stalt: die Scaplanza, die dahinroUende Enz, würde 



^2^) auf oberdeutsches Spr. deutet z. B. das -eff in Ol-eff, 
wohl ziemlich sicher aus -affa entstanden, welches auf nd. Ge- 
biete ja -apa lauten würde, s. über AI- affa als vermutliche 
Grundform von Oleff ob S. 4, Anm. 17 und über -ef, -af, -of, 
-f u. 8. w. als Torso von -affa Fr., Deutsche Ortsn. S. 30. 
^'^) vgl. ahd. scibä, scipd Scheibe. "») Das Suffix mit der 
Liquida 1 erscheint bei Flussname^ sehr häufig, vgl. z.B. Tuss- 
ala, j. Dussel, Isela, j Yssel, Iscala, j. Ischl, Rotala j. Rötel 
u 8. w.; 8. Fr., Deutsche Ortsn. S. 236. ^^) s. ob. S. 33, 
Anm. 97. 



42 

dem lat. Flussnamen Volturnus^**) entsprechen, den 
manja mit t^o^ar^ eilen, laufen, fliegen zusammen- 
bringt. Grade wie nun bei volare, welches mit gr. 
ßdXkw aus der W. gval werfen entsprossen ist^*^), 
die Bedeutung eilen, fliegen sich aus der Grundbe- 
deutung werfen entwickelt hat, so auch bei demmhd. 
schiben die Bedeutung „sich rollend fortbewegen" 
aus dem urspr. Sinne der W. skip, nämlich werfen "7). 
Die Scheflenz, welche von den östlichen Ausläufern 
des Odenwaldes, aus dem südlichen Teile des s. g. 
Baulandes herabfliesst, ist ein Gebirgsfluss, auf welchen 
der Name „die dahin roll ende Enz" sicherlich pas- 
sen wird. 

Ueber Brigantia sagt Fr., Deutsche Ortsn. S. 247: 
„Die Br. ist die Bregenz am Bodensee, woran die Stadt 
gleiches Namens liegt". Da ich auf der Spezialkarte 
nur die Bregenz er Ach^*®) finde, so lasse ich die 
Brigantia zunächst bei Seite. Heisst jedoch, was ich 
durchaus nicht bezweifle, der Fluss ursprünglich die 
Bregenz ahd. Brig-antia, Brig-enza, so haben auch für 
diesen Flussnamen die jetzt folgenden Bemerkungen 
über brig- Gültigkeit 

Dass brig- ein keltischer Wortstamm ist, ist bekannt; 
daraus folgt aber noch nicht, dass alle mit brig- zu- 
sammengesetzten Namen keltisch sind. Ohne vorläufig 
der Frage irgendwie vorzugreifen, ob z. B. der in Brig- 
aha, j. Brigach, und in Breg-e, den Quellbächen der 
Donau, sowie in Breg-enbach (Wilde Gutach, Elz, 
Rhein) erscheinende erste Bestandteil keltisch ist oder 
nicht, möchte ich doch zunächst darauf hinweisen, dass 
in der Nachbarschaft dieser Flüsse die mir bekannten 
Bäche sprachlich, soweit ich sie untersucht, entschieden 
deutschen Ursprunges sind, z. B. die L in ach (Brege), 
welche doch wohl ziemlich wahrscheinlich auf eine ahd. 



*^) den Volturnus erwähne ich hier nur wegen des gleich 
bemerkten Zusammenhanges von volo mit gr. ßallo}, "•) s. 
F. II, 96, vgl. noch volucer und vul-tur (vom schnellen Fliegen 
so genannt). "') man vgl. noch besonders sskr. kshipra 

rasch. "®) sowie bei Dan. S. 188. 



43 

Form Lin-aha zurückgeht, wie die Lenne (Ruhr), Leone 
(Weser) und thüring. Leine ^*^) und auch wohl die 
Lin-au (Delvenau, Elbe), welche nach der Karte von 
R. an einem Hügel entspringt; — andere Nachbarbäche 
sind: die Esch-ach (Neckar) = Eschenfluss i*o\ sodann 
die Ur-ach (Brege) = Auerochsenfluss^^^), scnliesslich 
die Kirn-ach^ä^). 

Aber auch sprachlich ist eine Herleitung aus 
dem Germ, möglich. Es kann nämlich brig- zusammen- 
hängen mit der germ. W. brak krachen, prasseln, 
vgl. ags. hrecan fremere., as. brakt = ahd. prahl 
Lärm, an. brak fragor; brak u. s. w. gehört ebenso 
zu brekan brak brechen, wie fragor zu frangere^*^). 
Es müsste demnach Brigaha streng ahd. *Prich-aha 
bez. *Brich-aha lauten. Däss nun im Auslaute, wo 
ch und g nur schlecht in der Aussprache zu unter- 
scheiden sind 13*), zumal bei einem nicht mehr verstan- 
denen Eigennamen eine Vertauschung der beiden Laute 
leicht stattfinden kann, ist klar. Demnach wäre Brig- 
aha der fragosus^ä^) torrens, wie Virgil sich ein- 
mal ausdrückt. Ich halte aber folgende Erklärung für 
besser, ohne jedoch dieselbe als irgendwie sicher hin- 
zustellen. 

Ich habe schon in der Abb. S. 354 die Brach- 
tenbeck (Lenne, Ruhr), welche im Volksmunde noch 
Brachmecke lautet, als Holzbach erklärt, indem ich 
Bracht als eine Ableitung von Brake Holz hinstellte 
und auf die ungemein häufige Verwendung von Brake 
und Bracht zur Bezeichnung von Wohnplätzen hinwies. 
Brake muss aber ursprünglich «icht bloss, wie jetzt im 
Nd., das Schlag- bez. Unterholz bedeutet haben, 
sondern Holz überhaupt, denn das Wort Brake als 
Wohnplatzbezeichnung erscheint sehr häufig da, wo 
schönes Hochholz in Menge wächst; z. B. heisst in 

"») vgl. darüber Abh. S. 348 ff. u. oben S. 16 , Anm. 57. 
**>) 8. Fr. unter Asc-aha. "^) s. Fr. unter ür-aha. "*) vgl. 
Kimbach u. Fr. unter Quirn-aha, sowie Am. S- 24. "•) s. 
F. III, 215. ***) man vgl. sctg und brach, *^) fragosus nehme 
ich absichtlich, weil es mit brak etymologisch verwandt ist. 



44 

Schildesche bei Bielefeld eine Bauerschaft Brake, wo 
noch jetzt — als Trümmer ehemaliger Waldesschön- 
heit — prächtiges hochstämmiges Holz zu finden ist; 
ein zu Schildesche gehöriger Hof hat den Namen Sud- 
brak = Südholz, wo gleichfalls früher ein nicht un- 
bedeutender Wald vorhanden war. — Meine Ansicht 
ist nun die, dass in Brig- die Form ohne ableitendes 
-t in der Bedeutung „Holz" erhalten sei; dem nd. 
brak stände so ein oberdeutsches prack, brach = Holz 
gegenüber. Diese meine Vermutung befestigte sich in 
mir, als ich in der Nachbarschaft der Brege, Brigach 
und des Bregenbaches das Prechthal fand mit seinen 
Abteilungen Unteres, Oberes, Hinteres Prech- 
thal ^^ß). Ich schloss zunächst auf einen gleichnamigen 
Bach, aber der Fluss, welcher diese drei zusammen- 
hängenden Thäler durcheilt, ist die Elz (Rhein); nir- 
gends fand ich weder auf der Karte von R. noch der 
recht genauen Schwarzwaldkarte in Bädekers Rhein- 
landen einen Nebenbach der Elz dieses Namens: diese 
drei Thäler sind eben weiter nichts als besondre Be- 
zeichnungen des oberen Elzthales. Wir haben nun in 
Prech- die Form, welche genau dem nd. brake (braak) 
entsprechen würde; denn der Unterschied der Vokale 
hat hier nichts zu bedeuten; Prechthal hiesse demnach 
Waldthal. Die Schwarz waldberge sind aber bekannt- 
lich mit Ausnahme der höchsten Kuppen dicht mit 
Nadelholz bewachsen; nach der Karte von R. muss 
dies auch im Prechthale der Fall sein. In der oben 
erwähnten Gemeinde Schildesche findet sich der Flur- 
name Braksie k. Das nd. Siek ist bekanntlich soviel 
als Thalsenke; das nd. Brak siek würde also das- 
selbe sein, was Prechthal, nämlich ein mit Holz 
bewachsenes Thal. Dann würden Brigach, Brege und 
Bregenbach „Holzfluss", mithin dasselbe bezeichnen, 
was Bracht-pe, Bracht-bach, ferner Holzbach 



*'*•) Man vgl. auch die WohnplatzbezeichnungPr ag (zwischen 
Bregenbach und Brege liegen diese Wohnplätze); mit Brache = 
umgebrochenes und ruhendes Land können Prechthal 
und Prag wohl nicht zusammenhängen. 



45 

(Wied, Khein), die Holzemme im Harz, die Holt- 
emme (Reues), die Hol-pe (Aue, Leine), die Holz-, 
ape (Diemel, Weser) i*^). Dazu fuge ich jetzt noch 
den Ortsnamen Wald-affa, der o&nbar von einem 
gleichnamigen Flusse so heisst, sowie den Walt-bachi*®). 
Auch die Wett-er-aha, j. Wetter (Nidda, Main), und 
die Holzminde (Weser) habe ich als „Holzfluss" 
erklärt is^). Es wird nun im Fortgange dieser Arbeit 
noch immer mehr sich zeigen, dass sich bestimmte Be- 
griffe bei der Flussnamengebung wiederholen. Vermöge 
der versuchten Deutung würden auch Br.ege, Brigach 
und Bregenbach in eine grosse Gruppe sachlich zu- 
sanmiengehöriger Flussnamen eintreten; auch dies ist 
kein unerhebliches Moment bei der Beurteilung der 
Etymologie eines Flussnamens. — Vorausgesetzt ferner, 
dass die Bregenzer Ache ursprünglich den Namen ;,die 
Bregenz" hatte, so würde auch diese „Holzfluss'' heissen, 
eine Bedeutung, die sehr gut passte, da der Bregenzer 
Wald, welcher -von der Bregenzer Ache durchströmt 
wird, „ehedem von dichtem Walde bedeckt war, der 
allerdings jetzt ziemlich gelichtet ist" ^^^). Dass übri- 
gens am Bodensee -enza auch in Verbindung mit deut- 
schen Wörtern vorkommt, schliesse ich mit ziemlicher 
Bestimmtheit aus dem Ortsnamen Asch-inza, auch 
Asch-enza, j. Eschenz am Ausflusse des Rheins aus 
dem Bodensee, den idi unten S. 48 ff. als Eschenfluss 
gedeutet. 

Da sich femer mehrfach in Ostpreussen deutsche 
Flussnamen finden, so wäre es nicht unmöglich, dass 
auch Pregel ein stammverwandter Flussname ist. Der 
alte Name von Pregel ist mir leider nicht bekannt. 
Gehört Pregel wirklich mit Prechthal, Prag, Brege, 
Brigach, Bregenbach u. s. w. zu demsellDon Stamme, so 
würde zugleich die Erklärung „Holzfluss" gegenüber 
der Bedeutung „tosender Fluss*' unbedingt den Vorzug 
erhalten; denn der Strom, welcher erst nach dem Zu- 



"'j 8. Abh. S. 359 u. 355. "«) s. über beide Fr. ^») s. 
Abb. S. 367 u. 369, Anm. 44. »*«) Meyers Konv. IH, 689. 



46 

sammenfluss der Inster und Angerapi* i) den Namen 
Pregel erhält, ist durchaus ein Fluss der Ebene und 
kann, soweit ich mir von demselben eine Vorstellung 
machen kann, unmöglich als ein tosender bezeichnet 
werden. Der Name Holzfluss würde aber um so besser 
passen; denn nach der Karte von R. finden sich noch 
jetzt von Insterburg bis westlich von Tapiau, besonders 
auf dem linken Pregelufer ausgedehnte Waldungen, so 
der Astrawischkener Forst, der Forst zum Löbenicht- 
schen Hospital in Königsberg, das Imtener, das Gau- 
ledener Forstrevier u. s. w. Welche Ausdehnung mag 
aber der Wald gehabt haben, als der Name Pregel 
entstand, etwa in der Zeit, wo die Gothen hier und 
an der Bernsteinküste wohnten i**). 



^**) auch das -ap in den Flussnamen Anger -ap, Gold-ap 
(Angerap) ist offenbar das bekannte deutsche Wort apa = Fluss; 
man vgl. femer dieSchwenteine(Pi8sa) mit derSchw entin e 
in Holstein, die Schwein-e (Alle) mit dem ahd. Swein-aha, 
sowohl die Schweinach (Donau) als den Ort Schweine in 
Meiningen bezeichnend, sodann die Arge (Nemonin, welche in 
das Kurische Haff mündet) mit dem Arg en ; — alles dies scheinen 
Flussnamen germ. Ursprunges zu sein, worüber eine spätere 
Untersuchung entscheiden wird. ***) In etwas losem Zusam- 
menhange mit Pregel und Prechthal möchte ich hier bemerken, 
dass auch der Name des das Prechthal durcheilenden Flusses, 
der Elz, nach meiner Ansicht auf besonders häufiges Vorkommen 
des Erlenholzes im Elzthal deutet. Die Elz heisst ahd. Helz- 
aha, das, wie ich glaube, für Elz-aha steht. Das h findet sich 
nämlich oft in Urkunden dem anlautenden e vorgesetzt, wie 
folgende Beispiele aus Fr. zeigen: die Eem heisst Hemus "und 
Ema; neben Egmunde findet sich Hecmundum, Erike und 
Heriki sind beides Formen aus dem 9. Jahrb., ebenso Erin- 
st ein und Herinst ein aus dem 10. Jahrb.; ferner stehen 
nebeneinander Erisburc und Herisburc. Wegen dieser Bei- 
spiele ist zunächst die Gleichsetzung von Helzaha = Elzaha 
erlaubt. Sodann ist Elz-, wie mir scheint, dasselbe wie Eis-, 
8. hierüber ob. S. 17 ff. Demnach bedeutet die jK/z Erlen fluss. 
Diese Erklärung soll nun nicht etwa darauf hindeuten, dass im 
Prechthale viel Erlenholz wachsen müsse; ich glaube vielmehr, 
wenn ich die Zeichnung auf der Karte von R. betrachte, dass 
die ELz erst beim Austritt aus dem Söhwarzwalde in ein nass- 
wiesiges Terrain, den Lieblingsboden der Erlen, eintritt; der 
daran stossende Wald berührt zum Teil nach der Karte noch 



47 

Damit wären die oben S. 18 aufgeführten Zusam- 
mensetzungen mit -anza zu Ende. Ich füge weiter 
noch hinzu die Flad-inz, j. „Fladnitz (Donau) und Flad- 
nitz bei Zwiesel unweit der Regenquelle" (Fr.). In 
Flad- hat Fr. S. 561' den Begriff des Reinen, Glän- 
zenden gefunden, also dies Bestimmungswort für deutsch 
erklärt; ich stimme dieser Deutung durchaus bei. 

Sodann stelle ich unter die Kompositionen mit 
-anza poch zwei Ortsnamen, die Fr., Deutsche Ortsn. 
S. 247, unter den Wortbildungen mit -antia nicht auf- 
führt, die aber wohl unzweifelhaft den übrigen zuzu- 
gesellen sind. Es sind dies Ar-enza, j. „Ernzen 
a. d. Erens" nach Fr. und das schon oben erwähnte 
Aschinza. 

Zunächst ist es nicht zweifelhaft; , dass Arenza, 
der ahd. Name für das jetzige Ernzen, oder wie auf 
der Karte von L. steht Er-enzen, auch zugleich der 
Name des vorbeifliessenden# Flusses ist, den L. Erenz 
schreibt; der Ortsname rührt auch hier von dem 
Flussnamen her. Es gibt zwei selbständige Flüsse des 
Namens Erenz, welche ziemlich parallel und beide in 
die Sauer (Mosel) fliessen; der westlichere heisst bei 
L. die Weis'Erenz, der andre die Schwarz Erenz. 
— Das Bestimmungswort Ar- in Ar-enza bringe ich nun 
mit demselben Stamme zusammen, von welchem ich 
das Grundwort für Fluss, nämlich a7'a^ bereits Abh, 
S. 360 abgeleitet. F. setzt HI, 21 als urgerm. Wort 
arva an, welches erscheint in an. örr rasch, ags. earu 
schnell, as. aru bereit, fortig. Beide Flüsse ent- 
springen auf dem noch zu den Ardennen gehörenden 
Hochplateau zwischen Mosel und Alzette und sind offen- 
bar rasch dahinfliessende Gebirgsflüsse. Da ich übrigens 



jetzt den Fluss, der sich hier in viele Anne teilt. Demnach 
würde in diesem Falle nicht die Natur des Quelllaufs ein Motiv 
für die Namengebung gewährt haben, sondern ein Erlenwald 
beim Austritt des Flusses aus dem Gebirge. Ob sich letzteres 
so verhält, müssen die Ortskundigen entscheiden, doch mit 
ziemlicher Sicherheit reiht sich Helzaha in die grosse Gruppe 
der von den Erlen benannten Flüsse und Bäche ein. 



48 

befürchte, dass dieser so oft in meinen Erklärungen 
hervortretende Begriff des Eilens manchem grade we- 
gen dieser Häufigkeit sehr problematisch wird, ja ihm 
vielleicht sogar ein Lächeln und dem Sarkasten den 
Zuruf abnötigt: Festina lenfe, immo vero: Claude jam 
rivum derivandi et deUrandij so möchte ich noch dar- 
auf hinweisen, dass es mit diesen zahllosen Wiederho- 
lungen desselben Begriffs wohl eine ähnliche Bewandtnis 
hat, wie mit den stereotypen homerischen Beiwörtern: 
beide, sowohl der Dichter als die unbekannten Fluss- 
namenschöpfer, haben es ganz natürlich gefunden, eine 
einmal bei einem Gegenstande besonders hervorsprin- 
gende Eigenschaft auch immer wieder hervorzuheben. 
Uns Modernen mag dies vielleicht etwas eintönig und 
geistlos vorkommen — soll doch sogar der Archiphilo- 
loge, der grosse Böckh, wie mir ein Studiengenosse 
mitteilte, einmal bemerkt haben, Homer sei allerdings 
stellenweise etwas langweilig — , aber die unendlichen 
Variationen desselben Themas machen sich überall in 
den Schöpfungen des Volkes bemerklich, z. B. auch in 
den Sagen und Märchen i*^). 

Aschinza, j. Eschenz, liegt an einem Bache, wie 



"') Ehe ich den Flussnamen Erenz in der ahd. Form 
kannte, brachte ich denselben mit Arn-apa^ j. Erft (Rhein), 
bezüglich seines ersten Bestandteils zusammen. Dieses Arn- 
aber, waches auch noch in zwei andern, einmal später zu be- 
handelnden Namen hervortritt, nämlich in dem Flussnamen 
Arriy j. Haren (Hunte), und in dem offenbar auf einen Flussna- 
men zurückgehenden Ortsnamen Arn-effe^ j. Anraff a. d. Eder 
— dieses Arn- möchte ich nicht als eine Weiterbildung von 
der in arna erscheinenden W. ar betrachten , indem man an- 
nähme, das häufig in Flussnamen vorkommende Suffix -an sei 
mit Elision des Vokals zur Anwendung gekommen , sondern ich 
bringe am- zusammen mit an. arna gehen, fahren, goth. 
rinnan, rann — über rann aus am s. F. HI, 22 — , an. ern 
frisch, mutig, goth. arn-iha sicher, ags. eornest, ahd. ernust 
Ernst, vgl. lat. orior, gr. oqvv/xi u. s. F. I, 19 u. 493, sowie 
in, 21 u. 22; arn ist übrigens gradeso wie arva eine Fortbil- 
dung der W. ar. Die Bedeutung der rennende Fluss passt 
recht gut auf die Erft in ihrem Oberlaufe ; denn sie entspringt 
ja in der Eifel und fliesst der niederrheinischen Tiefebene zu. 



49 

ich aus der Spezialkarte der Gegend von SchafiEhausen 
bis Konstanz in Bädekers Schweiz ersehe. Ich ver- 
mute aus dem Namen Asch-inza bez. Asch-enza, dass 
der Ort von dem Bache den Namen hat; daraus folgt 
die weitere Annahme, dass der Bach noch jetzt Eschenz 
heisst oder doch früher so geheissen hat; auf der ge- 
nannten Karte ist kein Name angegeben. Die Formen 
Aschinza und Aschenza kommen je zweimal vor und 
sind daher besser bezeugt als die wenngleich ältere 
Form Exsientia aus dem Urkundenbuche der Abtei St. 
Gallen (vom J. 799), wo zugleich, wie Fr. mitteilt, der 
Name für römischen Ursprungs gehalten wird. Mir 
scheint diese Form nichts weiter als eine latinisierende 
Mönchsetymologie zu sein; man hat den Namen Asc- 
enza verdreht, um durch die barbarische lateinische 
Form Exsientia einen Anklang an exire und eine Hin- 
deutung darauf zu haben, dass hier der'Rhein aus dem 
üntersee geht. Fr., der übrigens Aschinza unter ahd. 
asc Esche aufführt, weist bezüglich der Form Exsien- 
tia auf Confluentia hin; sollte man dann aber nicht 
Exeuntia erwarten dürfen? Jenes asc erscheint nicht 
selten in Flussnamen, z. B. hat Fr. unter asc die Asc- 
aha oder Asch-aha, femer den Asca-hach oder Ascha- 
hachy sowie d^Q Asc-afa oAqt Asch-affa, Aschinza yraiA.Q 
demnach Eschen fluss bedeuten. 

Nachdem ich so die verschiedenen mit -anza zu- 
sammengesetzten Bestimmungswörter zu erklären ver- 
sucht, möchte ich bezüglich der Etymologie des Grund- 
wortes selbst vorläufig nur eine Vermutung anfügen, 
die ich als möglicherweise zutreffend bezeichne. 

Wie ich nämlich Am-isia auf dieW. am zurück- 
geführt habe i**), so möchte ich An-isa mit der W. 
an zusammenbringen. Wie femer ara Fluss ursprüng- 
lich der Rasche bedeutet hat, wie ich nachzuweisen 
versucht i*^); wie in zwei andern nach meiner An- 
nahme **^) zu Grundwörtern für fliessendes Wasser aus- 



»**) Abh. S. 372. »«) Abh. S. 361. »*«) Abh. S. 356 
u. 372. 

4 



50 

gestalteten W., nämlich ap und aniy der Begriff des 
Thätigen, in Bewegung Befindlichen hervortritt; 
wie nach F. I, 687' haka, bdkja Bach zu hhag sich 
wohin wenden, eilen gehört und eigentlich Was- 
serlauf heisst: so kann auch Anisa ein Sprössling der 
in ihrer Bedeutung und Verwendung zu Bestimmungs- 
wörtern betrachteten W. an sein undwieara ursprüng- 
lich den Sinn der Rasche besessen, dann aber zu ei- 
nem Grundworte für fliessendes Wasser über- 
haupt sich entwickelt haben i*^). 

"') Wie ich nachträglich sehe, erscheint der Name Ani- 
aus, j. Enns, schon in der s. g. Peutingerschen Tafel, einer 
bekanntlich erst 1268 angefertigten Handzeichnung, die auf eine 
der ersten Hälfte des 3. Jhrh. n. Chr. angehörige Redaktion der 
Agrippa'schen Erdkarte zurückgeht, s. Kiepert a. a. 0. S. 8. 
Daraus nun, dass Fr. den Namen Anisa als zuerst im 8. «Thrh. 
vorkommend bezeichnet, schliesse ich, dass er diesen Flussna- 
men auf der genannten Karte für eine spätere Hinzufugung 
hält. Liesse sich übrigens nachweisen , dass die Enns schon im 
3. Jhrh. n. Chr. Anisus geheissen, was ich nicht glaube, so 
wäre dieser Name ohne Zweifel nichtdeutsch und wahrschein- 
lich keltisch: er könnte von den Tauriskem herrühren. Dann 
müssteman annehmen, weil doch -anza mit spezifisch deutschen 
Bestimmungswörtern verbunden erscheint und wahrscheinlich 
auch in Mecklenburg und Thüringen vorkommt — s. das über 
Lupentia Abschn. IV und über Recknitz Abschn. V Gesagte — , 
dass ein den Kelten und Germanen gemeinsames Wort für Fluss 
hier vorläge, ähnlich wie ambra ein keltisches und auch nach 
Zeuss ein germanisches Wort für Flusswasser ist, ferner wie 
aus dem Stamme draw sowohl der Flussname Travena im Nor- 
den Germaniens als die wahrscheinlich keltische Bezeichnung 
Dravus in Pannonien entstanden ist; vgl. über die keltische 
Bevölkerung in Pannonien Kiepert a. a. 0. S. 362. Ich möchte 
aber annehmen, dass der Name Anisus erst nach der Völker- 
wanderung, erst nach der Besitznahme dieser Gegend durch 
germanische Stämme als germanische Benennung ebenso an die 
Stelle eines keltischen Namens getreten, wie Salzdha an Stelle 
eines älteren Namens , der nicht sicher zu stellen ist (s. Kiepert 
a. a. 0. 366). Vielleicht ist Anisus ein markomannisches Wort ; 
denn die Bayern, deren Hauptbestandteil ja wohl ohne Zwei- 
fel Markomannen waren, nahmen Norikum, wahrscheinlich mit 
Bewilligung des ostgothischen Königs Theoderich , ein, nachdem 
Odoaker die frühere Bevölkerung aus Norikum nach Italien ab- 
geführt hatte, s. Arnold, Deutsche Urzeit S. 176. 



51 



in. 



Laisa nnd Ilstan bez. laisti, laista^^») als Be- 
stimmnngswort in deutschen FInssnamen. 

Die Flussnamen Laasphe (Lahn) undLaasbeck 
(Lenne, ßuhr) veranlassten mich zuerst über den ersten 
Teil ihrer Zusammensetzung nachzudenken. Am. S. 96 
fiihltselbst, dass die Ableitung von lahs esox salmo nicht 
genügt. Wo bleibt da das h, welches mit folgendem s 
wie X ausgesprochen wird? An. heisst der Lachs lax, 
ags. leax, ahd. lahs, nur im Nd. und Mnd. begegnet 
die abgeschliffene Form lass ^^% Die Laasphe fliesst 
aber auf oberdeutschem Sprachgebiet. Selbst jedoch 
eine bessere Erklärung zu finden, vermochte ich trotz 
immer wiederholter Versuche nicht, — und schon wollte 
ich diese Namen den Keltologen mit Resignation über- 
lassen, als ich den Flussnamen Liast-mona, j. Le- 
sum (Weser), fand, dessen ersten Teil mit Leiste = 
allmählich ansteigende Höhe iö<>) in Verbindung 
brachte und so auch zu einer sprachlich und sachlich 
möglichen Erklärung des Laas- in Laas-phe undLaas- 
beck gelangte. 

Die oben an die Spitze gestellten Wörter laisa und 
listan, laisti kommen von dem urgerm. Verbum lisan 
lais lismn lisana fahren,, erfahren, lernen i^^); laisa 
heisst also die Fahrt, der Gang, der Weg, woraus 
sich die Bedeutung „Wegespur", Gel eis entwickelte. 
An. lista bedeutet Band, Leiste, Kante, ahd. Ustä 
Leisten, Streifen, Saum. Die Bedeutung entsteht 
aus der ursprünglichen so , dass man die Leiste ^^^) als 

^*®) Ich gebe diese Wörter in der urgerm. Form nach F. 
in, 272. i*'0 s. Wg. 8. v. ^) vgl. Sanders' grosses Wör- 
terbuch der deutschen Sprache s. v. , das recht gut ist, soweit 
nur äie Bedeutung und der Gebrauch der Wörter in Betracht 
kommt. "*) 8. F. m, 272. «*) vgl. Wg. s. v. 

4* 



52 

das an etwas hin, herum Gehende fasste. Dass 
diese Bedeutung ,*,ßand" auch schon der Form ohne 
Weiterbildung durch den T-Laut, nämlich laisa, inne- 

Sewohnt hat, zeigt sich, wie ich glaube, auch in 
em ans dem Deutschen aufgenommenen franz. lisihre. 
Diez bemerkt in seinem Wörterbuch der romani- 
schen Sprachen i*»*): „Von ahd. Itstä Saum, Borte 
kommt bekanntlich it.; pg., sp. lista Streifen. Eine 
Ableitung ist fr. lisi^re Saum für listüre^^. Wenn nun 
aber ahd. Itstd von demselben Verbum wie ahd. leisa 
Geleis, nämlich von dem urgerm. lisan abzuleiten ist, 
so ist nicht abzusehen, warum man nicht fr. lisiere un- 
mittelbar auf die Form ohne T-Laut zurückführen 
soll, gradeso wie auch lisse, welches Littre im Dic- 
tionnaire für synonym mit liste erklärt. Neben lisihre 
hat ja das Französische die Formen mit dem T-Laut 
in den Wörtern liste aus ahd. Usta, ferner listet Lei- 
ste 154) und liston. Neben lisibre steht im Fr. auch 
lisSrS = Band, Saum und Ziso/r Querholz über der 
A chse. Lisoir hängt offenbar mit lisere zusammen und 
gelangt gradeso zu der angegebenen Bedeutung, wie 
Leiste, welches nach Sanders ^^^) ;,eine unten auf 
der Achse stehende, oben durch einen Bing an 
den sich dagegen stemmenden und stützenden 
Leiterbaum gesteckte starke Stange" bezeich- 
net, also nicht dieselbe, aber doch eine verwandte Bedeu- 
tung hat. Diese Stange heisst mundartlich auch Liest 
und Liese ^^^); letztere Form ist aber, wie ich meine, 
nicht aus Liest entstanden, sondern dasselbe, was 
laisa, ahd. leisa, nhd. Geleis und bildet einen nicht un- 
wichtigen Beleg für die Ansicht, dass auch laisa die 
Bedeutung Streifen gehabt haben muss. Dem fr. 
lisibre entspricht in Berry liseire, in Spanien lisiera; 
auch hier ist kein Grund, den Ausfall eines t anzu- 
nehmen. 

Es ist nun aber — abgesehen von diesen aus den 



"«) S. 194 der 4. Aufl. *«*) in der Architektur. ^) a. 
a. 0. unter Leiste. *^) s. Sanders unter Leiste. 



53 

romanischen Sprachen sich ergebenden Fingerzeigen — 
an und für sich sehr wahrscheinlich, dass auch schon 
laisa die Bedeutung Band, Streifen gehabt und 
zwar erstens weil das von demselben Verbum herstam- 
mende Ustan, ahd. Itstä diese Bedeutung gewonnen, so- 
dann umgekehrt das durch den T-Laut fortgebildete 
Wort, nämlich goth. laists, die Bedeutung von laisa, 
ahd. leisa, nämlich Spur, bewahrt hat neben der an- 
dern Leisten = calopodium 15^, welche dem ahd. 
und mhd. leist allein zukommt. Es ist dies von grosser 
Wichtigkeit für die mit Las- bez. Lis- zusammen 
gesetzten Flussnamen. 

Wie entsteht nun aus der ursprünglichen Bedeu- 
tung von lista, nämlich Band, Streifen, die noch 
im Hd. vorhandene von Anhöhe, wie sie z. B. er- 
scheint in dem Flurnamen bei Würzburg „die Leiste^', 
auf welcher der bekannte Leistenwein wächst? — Ich 
denke — gradeso wie sich bei oipQvg aus der Bedeu- 
tung Augenbraue, gewissermassen der Leiste oder 
dem Einfassstreifen des Stirnrandes, zunächst die wei- 
tere „erhöhter Einfassstreifen, Rand" entwik- 
kelte 1^®) und sodann aus dieser die von Hügelrand, 
Hügel überhaupt 159)^ so hat sich auch bei lista aus 
der Bedeutung Einfassstreifen, der sich etwas über 
der Fläche erhebt und demnach gleichfalls ein erhöhter 
Band ist, die von Abhangsrand, Abhang heraus- 
gebildet i^<^). Wenn nun laisa nach der obigen Annahme 
gleichfalls Rand bedeutet hat, so hat sich mithin auch 
bei diesem Worte derselbe Begriff, nämlich Abhang, 
herausgestalten können. 

So erkläre ich denn das Las-^ Lis-, Liast-^ Liest- 
in den betreffenden Flussnamen als Bergesrand, 



i»7) vgl. bayr. Leist = Geleise und Schweiz. Leiste = 
Holzrutsche, „gleichsam eine Leis (Geleise)", wie Sanders 
nach Stalder mitteilt, „von dem das Holz bergab gleitet". 
^'^ letztere tritt recht klar hervor, wenn Polybius den Ufer- 
rand des Flusses ausdrückt durch otpQvgjov norafiov. **®) 
vgl 6(pQvi] HxLgel , d(pQv6scs hügeMg, ***•) ÜberXm^ = seit- 
liche untere Bauchgegend — eine Bedeutung, die erst im 



54 

Abhang, bez. Anhöhe, Berg selbst und lasse nun 
diejenigen Flussnamen folgen, die nach meiner Annahme 
mit diesen Bestimmungswörtern zusammengesetzt sind, 
und zwar zunäclist die mir in ahd. Form bekannten. 

Liastmona begegnet auch in den Formen Liest- 
muone, Liestmundi, Liesmundi. Zur Erklärung des ia 
müssen wir auf das goth. laists zurückgehen, welches 
nicht nur „Leisten" bedeutet, sondern auch den ur- 
sprünglichen Begriff „Wegespur" bewahrt hat, ebenso 
wie das ags. last , leäst. In dem ea des Ags. finden 
wir schon einen Fingerzeig für die Erklärung des ia, 
denn die Liastmona fliesst auf as. Sprachgebiete. In 
dem ia haben wir nämlich die Brechung, welche be- 
reits im As. vereinzelt auftritt. Es tritt ie ein nicht 
nur für e, e, sondern auch für e^^i). Nun ist aber 

Nhd. vorkommt — möchte ich hier Folgendes anmerken. Bei 
Wg. heisst es unter diesem Worte : „In Oberhessen sagt man 
hier und da die Ldate, dessen ä ein mhd. und ahd. ei, goth. ai 
voraussetzt. Danach ist denn das Wort nicht eins mit dem fol- 
genden die Leiste, mhd. liste, sondern führt, 9hne das ablei- 
tende t, auf das latinisiHe altfränk. laisus, auch laisa. Usus 
Schoss^^ Mit mhd. liste, ahd. lista ist allerdings Leiste = seit- 
liche untere ßauchgegend nicht identisch, aber wohl mit ahd. 
leisi, goth. laists. Die Leistengegend führt bekanntlich ihren Ka- 
men „von einem sehnigen Strange , welcher wie eine Leiste sich 
hinzieht". Bei dem von Wg. angeführten laisus, laisa Schoss 
hat sich wohl diese Bedeutung aus der von Streifen ent- 
wickelt , da man diesen Streifen in der Bauchgegend xorr' ^lo/ijv 
leiste bez. altfränk. laisus, laisa nannte; die Bezeichnung ei- 
nes Teiles der Bauchgegend hat sich dann zu der allgemeinen 
„Schoss" erweitert. DassXm^ = seitliche untereBauch- 
gegend mit ahd. leist identisch ist, scheint mir auch daraus 
zu folgen, dass das engl, last der Leisten nach Ed. Müller 
in seinem Etymologischen Wörterbuche der engl. 
Sprache — 2. Bd. S. 10 der 2. Aufl. — auch the groin, 
also Schambug heisst, demnach, wie Müller a. a. 0. bemerkt, 
,, genau unserm nhd. Leiste Schambug entspricht". Laisus, 
laisa Schoss würde, wenn die vorgetragene Bedeutungsent- 
wicklung richtig ist, einen neuen Beleg dafür bilden, dass schon 
laisa = Gel ei 8 auch den Sinn von „Streifen" gehabt. *") s. 
darüber „Heyne, Kurze Laut- und Flexionslehre der altgermani- 
schen Sprachstämme" S. 38 der l.Aufl., wo als Beispiele des ie 
für e mitgeteüt werden thiem = üs, hiet = jussi. 



55 

bekanntlich as. e die Verdichtung eines einst dagew^ 
senen ei = goth. äi, wie ja auch schon ahd. e vor ge- 
wissen Konsonanten so eintritt Goth. laists, ahd. 
leist müsste also eigentlich as. lest lauten, wie auch 
das damit zusammenhängende as. Verbum ISstian fol- 
gen, leisten diesen langen Vokal zeigt; in dem vor- 
liegenden Flussnamen erscheint nun aber *lest vermöge 
der Brechung als liest i^^). Liastmona würde sonach 
Haldenfluss, Fluss von der Anhöhe bedeuten und ein 
Analogen bilden zu Linnepe^ Lennepe^ Lenne, Leine (in 
Thüringen) = Bergfluss i^^). 

Bezüglich der sachlichen Angemessenheit der ge- 
gebenen Erklärung ist Folgendes zu bemerken. 

Die Wümme erhält nach ihrer Vereinigung mit 
der Hamme den Namen Lesum i®*). Wenn nun ein 
Ort, wie in diesem Falle das Dorf Lesum, für welches 
der ahd. Name Liastmona zunächst nur überliefert ist, 
an einem gleichnamigen Flusse liegt, so ist, falls der 
Fluss einigermassen bedeutend ist, von vornherein fast 
immer anzunehmen, dass der Ort nach dem Flusse ge- 
nannt sei und nicht umgekehrt. Sodann glaube ich in 
der Abh. S. 366 ff. und unten Abschnitt VI die Existenz 
eines moma = Fluss sicher dargethan zu haben, wenn- 
gleich ich selbst die von mir versuchte Etymologie nur 
für wahrscheinlich halte. Es beweist also die unleug- 
bare Zusammensetzung von Lisüst-mona mit -mona = 
moina gleichfalls die Priorität des Flussnamens. Auf 
Grund der freundlichen Mitteilungen des Reallehrers 
Kohlmann in Vegesack bin ich nun über die in Be- 
tracht konmienden topographischen Momente so ziem- 



"2) Die Form Liastmona gibt Anskarius in V. Wille- 
hadi; Anskarius f 865 , s. Wattenbach, Deutschlands Ge- 
schichtsquellen im Mittelalter, S. 135 der 1. Aufl. 
Später im 11. Jhrh. bei Adam von Bremen findet sich sowohl 
Liastimona als Liestmona. Dieses ia scheint also die ältere 
Brechung für ie zu sein. "«) s. Abh. S 348 ff. *") So 
nach Meyers Konv. XV, 886; Dan. S. 450 bemerkt, dass die 
Wümme auf der untersten Strecke Lesum heisse, Fr., dass die 
Wümme vom Dorfe Lesum ab auch den Namen Lesum empfange. 
Die Angaben schwanken also. 



56 

lieh orientiert. Darnach scheint mir eine dreifache 
Möglichkeit vorhanden zu sein, die sachliche Angemes- 
senheit des Flussnamens nachzuweisen. 

Erstens kann der von Lesumstotel ^^s) herabkom- 
mende Bach, welcher jetzt Aue =s aha heisst, früher 
Liastmona genannt worden sein» Dass Flüsse andre 
Namen annehmen, davon finden sich mehrfach Bei- 
spiele: so hiess nach Fr. der Hahnenbach (Nahe) frü- 
her Kira, die Spülig (Lenne, Weser) ahd. Luzilur- 
sone, ferner heisst nach Arn. S. 47 u. 48 die Notref 
(Losse) 1«^) auch Weddemann. Die Erklärung würde 
passen, denn die Aue kommt von den Anhöhen bei 
Lesumstotel, welche zu der Lüneburger Heide, dem 
Westende des uralisch-karpathischen Landrückens, ge- 
hören und sich zur Hamme sowie zur vereinigten Wümme- 
Hamme ziemlich steil abdachen. 

Zweitens kann der bei dem Dorfe Lesum i^') in 
die vereinigte Wümme-Hamme einmündende Bach frü- 
her Liastmona geheissen haben ^^^); auch hier würde 
die Bedeutung sachlich passen. 

Drittens: das rechte Ufer der vereinigten Wümme- 
Hamme ist gehoben und zwar ungefähr 50 — 60' über 
dem Weserspiegel, so dass der Fluss an einer Anhöhe 
entlang strömt und deshalb auf seiner letzten Strecke 
djßn Namen Liastmona erhalten haben kann. — Diese 
dritte Möglichkeit erscheint mir jedoch den beiden er- 
sten gegenüber als die am wenigsten wahrscheinliche. 

Ausser der Liastmona stelle ich hierher die Les- 
ur-a 1^9), j. Lieser (Mosel), und betrachte diesen Fluss- 
namen als von dem einfachen Stamme ohne t gebildet. 
— Soweit ich es nach der Karte von L. beurteilen 
kann, entspringt der Hauptarm der Lieser am Raders- 
berge in der Eifel, der andre an einem Berge südlich 
von Kellberg, östlich von Boxberg. Es lässt sich -ur 



***) Dies Dorf liegt ungefähr 5 Kilom. in grader Linie von 
dem Zusammenflüsse der Wümme und Hamme. ^^) s. unt. 
S. 60, Anm. 176, ^«^ Dies ist das Liastmona bei Fr. 

*®®) Den jetzigen Namen hat Herr Kohlmann noch nicht erfah- 
ren können. "') so beiAusonius, im 8. Jhrh. Lisera, s. Fr, 



57 

als Ableitungssilbe fassen, wie in Wis-ur-a, Wis-er-ä, 
welches auch in den vollen Formen Wis-ur-aha, Wisar- 
aba und Wiser-aba überliefert ist, oder -ura ist gleich 
ara = Fluss mit Verdumpfung des a in u, wie sie uns 
schon mehrfach entgegentreten. Da Lesura, Lisera 
durchaus eine Parallelbildung zu Wisura, Wisera ist, 
so entscheide ich mich für die erstere Annahme. 

Femer bringe ich in diese Namengruppe die Liese 
(Glenne, Lippe, Rhein). An diesem Bache liegt Lies- 
born ^'^% welches schon im 9. Jhrh. — s. Fr. — so hiess. 
Es entspringt nicht etwa die Liese bei diesem Orte, 
sondern noch über zwei Meilen nordwestl. in dem Teile 
des Münsterschen Landrückens, welchen man die Hü-, 
gelgruppe von Stromberg nennt. Der Name „Hügel- 
fluss" würde demnach auch hier gut passen. — Lies-e 
wäre entstanden aus *Lies-a = Lies-aha. 

Demnach betrachte ich jetzt die in der Abb. S. 352 
berührte Vermutung als entschieden unhaltbar, dass 
Liese durch Volksetymologie aus Else entstanden, die- 
ser Bach zur ßömerzeit Elise gelautet und Aliso an 
der Liese gelegen haben könnte. Schon in der Abh. 
machte ich darauf aufmerksam, dass der Liesenbach 
nicht unmittelbar in die Lippe fliesst, wie die Worte 
des Cassius Dio verlangen, sondern in die Glenne, wel- 
che in die Lippe mündet. Durch die gegebene, sprach- 
Kch und sachlich mögliche Erklärung von Liese wird 
nun meine in der Abh. ausgesprochene Ansicht, dass 
Aliso nicht an der Liese gelegen habe, nur noch gestützt. 



*'®) Vielleicht befindet sich bei Liesborn in der Nähe der 
Liese „der Quell, der Wasser bringt den Bewohnern" , nm einen 
hier grade gut passenden Ausdruck aus Goethes „Hermann und 
Dorothea" zu gebrauchen, so dass der Ort von dieser seiner 
Wasserquelle, dem Borne an der Liese, den Namen em- 
pfangen; Liesbom könnte auch heissen Born an einem Ab- 
hänge, an einer * Liese, Man vgl. den Flurnamen Liss-ing 
bei Altena , der eine Stelle mit einem s. g. Kotten an der Halde 
des Nettenscheider Berges bezeichnet; das -ing ist vielleicht 
auch hier die so häufig in Bergnamen erscheinende Endung, 
wie in Osning, SoUing u. s. w. , s. hierüber Fr., Deutsche Ortsn. 
S. 243. 



58 

Mir scheint demnach die Annahme die richtige zu sein, 
dass der Name Aliso in dem jetzigen Elsen erhalten 
und Dio den Namen der Gegend bez. des Kas- 
tells auf den bei Elsen in die Lippe mün- 
denden Fluss üb ertragen 171); dieser heisst be- 
kanntlich die Ahne, ahd. Almina ^ 7*). 

Die Laas-phe i") (Lahn) hat Am. S. 96 auch 
in der Form Lais-pe aus dem 14. Jhrh. Dieser Diph- 
thong in Laispe scheint mir ein neuer Beleg für meine 
Ableitung Von urgerm. laisa zu sein. 

Die Laasphe, bei Laasphe in die Lahn mündend, 
entspringt nach der Karte von L. am Bärenkopfe; die 
»Bedeutung würde also recht gut passen. Bezüglich des 
langen a in Laasphe verweise ich auf die schon oben 
mitgeteilte Stelle aus Wg.: „In Oberhessen sagt man 
hier und da die Laste, dessen ä ein mhd. und ahd. ei 
voraussetzt". Dies passt auch durchaus auf Las-, wel- 
ches ich bekanntlich mit ahd. leisa zusammenbringe. 

Es mögen nun die mir in älterer Form nicht be- 
kannten Flussnamen folgen, die hinsichtlich ihres Be- 
stimmungswortes, wie ich glaube, demselben Stamme 
angehören. 

Die Last- er (Elb, Lahn) entspringt nach der 
Karte von L. an einem Berge bei Westernohe. Den 
jetzigen Namen führe ich auf ein ahd. *Leist-ara zu- 
rück, indem ich mich wiederum auf dio eben aus Wg. 
angezogene Stelle berufe. Bei diesem Flusse, sowie bei 
der Li est- er (Bigge, Lenne, Ruhr), welche vom Ro- 
then Stein im Ebbegeb. kommt, würde demnach die 
Bedeutung recht gut passen. Das ie in Liester ist 
identisch mit dem ie bez. ia in Liestmona. 

Ein weiteres Glied dieser Gruppe erkenne ich in 
der Löst- er (Prims, Saar). — Bezüglich des ö möchte 
ich bemerken, dass, wie schon oben bemerkt, das Volk 
die Mohne (Ruhr), die ich Abh. S. 368 mit Main 
gleich gesetzt und mit den andern Formen -mona, 



"1) Abh. S. 351 u. 352. "*) Über Almma s. Abh. S. 368. 
"*) Über -phe = aJBfa vgl. ob. Anm. 121. 



59 

-mana, -mina, -mena alsFluss erklärt, noch jetzt „de 
Maine" ausspricht, während der Fluss auf den Karten 
Mohne heisst; man vgl. Main, ahd. Mo in; der Fluss 
heisst bei dem Geographen FrancK und im Würzburgi- 
schen noch heute Mön; hier ist aber der Übergang 
ein umgekehrter: nicht von ai zu oi und 5, sondern 
von oi zu 5 und ai, s. über Mein unten Abschn. VI. 
Es kann also Löster auf * Leister, der verdunkelten 
Aussprache von *Laister, beruhen und dies auf *Leist- 
ara zurückgehen , das ich oben ja auch als Grundform 
für den Flussnamen. Laster aufgestellt. — Ich gestehe 
jedoch offen, dass ich mir über die Entstehung dieses 
ö noch nicht recht klar bin i^*). — Die Bedeutung 
V7ürde recht gut passen, denn nach den Karten von 
L. und Syd. entspringt die Löster am Beurenberge, der 
zum Hochwalde, bekanntlich einem Teile des Huns- 
rücks, gehört. 

Vielleicht ist der Liesebach (Nuhne, Eder, Fulda) 
zu der oben besprochenen Liese zu stellen. Derselbe 
kommt nach der Karte von L. vom Lagerstein, an der 
Südseite der um das Plateau von Winterberg sich la- 
gernden Berge. 

Ferner möchte ich hinzufügen dieLeisse (Wenne, 
Kuhr — unterhalb Meschede) , welche nach der Karte 
von L. an einem Berge bei Fredeburg ihre Quellen hat. 
Es hätte sich hier der Diphthong, wie auch in der 
oben mitgeteilten Nebenform Laispe erhalten. 

Ich weise auch noch auf den Laisbach (Nidda, 
Main) hin, welcher an einem zum Vogelsgeb. gehörigen 
Berge nach der Karte von R. entsteht. 

Sodann fuge ich die Laasbeck (Lenne zwischen 
Altena und Hohenlimburg) hinzu und stelle diesen Na- 
men mit Laster und Laasphe in eine engere Gruppe. 

"*) Andrer Art ist offenbar das ö , welches in Ölfe (Nuhne, 
Eder, Fulda) erscheint; ich habe. .diesen Namen nachträglich 
auf der Karte von R. gefanden. Öl-fe geht wohl wahrschein- 
lich, wie die oben S. 4, Anm. 17 erwähnten Flussnamen 01-eff 
und ül-fe auf die Form Al-afia zurück. Am. S. 97 hat die 
Schreibung 01-fe. 



60 

Die Bedeutung würde gut passen, denn sie entspringt 
nach der Mitteilung des Lehrers Decius in Nachrodt 
(bei Altena^ in einer Wiese auf dem Berglande, welches 
das Lennetnal auf dem linken Ufer oinschliesst und zu 
demselben mit steilen Halden abfällt. 

Ein interessanter Flussname war für mich die 
Losmanne 1^5) und zwar besonders deshalb, weil der- 
selbe wieder ein schöner Beleg für -mana Fluss ist i"^^). 
Los- würde ähnlich neben Las- und Lais- stehen, wie 
VoUme neben Val-me — s. unten Abschn. VI — , die 
ich auf *Faild-mana zurückgeführt. Sie entspringt 
nach der Karte von L. bei Lichtenau , westl. vom Ho- 
hen Meisner. 

Zur Losmanne stelle ich die 'Loss-a (Unstrut), 
worin ich a als aus aha zusammengezogen betrachte. 
Die Bedeutung passt gut, denn die Lossa kommt von 
der Finne, dem bekannten Höhenzuge im ßgbz. Merse- 
burg. — Es gibt auch noch eine Lossa (Mulde, Elbe), 
welche aus demHohburg-Oschatzer Berglande her- 
abfliesst. — 

* Den Lösen-bach (Volme, Ruhr), stelleich wegen 
des ö zu Löster, indem ich zugleich bemerke, dass eine 
volksetymologische Anlehnung an das bekanntere „lö- 
sen" stattgefunden haben kann. Derselbe entspringt 
nach einer mir durch Koll. Nagel vermittelten Mittei- 
lung „in der Mark, einem Berge bei Lüdenscheid, und 
auf der Wiese bei Sonnenhol und Buckesfeld, also in 
zwei Bächen, welche sich in Oberlösenbach vereinigen; 
beide Quellen liegen ziemlich hoch". 

Ich mache schliesslich noch auf die Lessc (Maas) 
aufmerksam, die nach dem Atlas von Syd. an einem 



^'^) Arn. S. 47 teilt denselben mit: „Losse (Lotzmanne, 
Losmanne, Loszemann 13 — 15. Jhrh. oberhalb Heisa noch jetzt 
Lossemann), Zufluss der Fulda bei Kassel". ^'®) ebenso der 
von Am. S. 48 aufgeführte Name die Weddemann, „Zufluss 
der Losse bei Heisa"; ich deute denselben als Weidenfluss, 
vgl. die Wied (Rhein), Wid-aha^ Wtd-im-bachy Kl. Weide 
(Wetter, Nidda, Main) u. Abh. S. 369, wo ich Wie-mena, jetzt 
Wümme (Weser) aus ^Wid-mena abgeleitet. 



61 

Berge des Eisling, eines Teiles der Ardennen, entspringt. 
Es sind in Belgien viele Flussnamen deutscher Her- 
kunft, 



IV. 

Der Begrijf des Tönens, Bauselieiis in den mit 
ban-, kal- nnd kar-, han- nnd lap- zusammenge- 
setzten Flnssnamen. 

„Die Wellen erklingen" — so singt der Dich- 
ter, und dass schon unsre Vorfahren, als sie in grauer 
Vorzeit von Deutschland, vor allen Landen reich an 
Flüssen, Bächen und Quellen, Besitz nahmen, die Mu- 
sik der Flusswellen nicht bloss empfunden, sondern 
auch die Rauscher unter den Flüssen nach dieser 
Eigenschaft benannt haben, das möchte ich in diesem 
Abschnitte zu zeigen versuchen. — So prägt sich auch 
in den deutschen Flussnamen überall das feine und zu- 
gleich mächtige Gefühl für die Natur aus, das noch 
jetzt in deutscher Art liegt. 

a. Das Bestimmiingswort ban. 

Die W. ban, welche ahd. hannan, pannan zu Grunde 
liegt, kommt im Germ, nur in Wörtern vor mit der 
Bedeutung gebieten und verbieten, Begriffe, die 
dann in der mannigfachsten Weise zu verwandten Vor- 
stellungen fortgebildet werden. Aus den in den urver- 
wandten Sprachen der gemeinschaftlichen W. bhä, hhan 
entsprossenen Wörtern lernen wir die Grundbedeutung 
dieser W. kennen, nämlich „tönen" i'^). So heisst 



"») 8. F. I, 156 u. 686; H, 162; IH, 201. 



62 

sskr. bhan schallen, rufen. So ist auch unser Wort 
Biene dieser W. entsprossen: Biene heisst „Töne- 
rin" 1'*). Im Gr. sind bekanntlich die Wörter q>rifiij 
qrfiptrjy im Lat fari, fama Sprossformen derselben. 
Meine in der Abh. S. 372 ausgesprochene Vermutung, 
dass das Embi- in Embiscara, j. Emscher (Rhein), mit 
sskr. ainbh tönen, gr. Ojuqpr sowie mit ahd. imhi Bie- 
nenschwarm zusammengenöre und mithin Emscher 
heisse tönender, rauschender Fluss, ist mir 
durch dieses in Flussnamen erscheinende Bestinunungs- 
wort ban- zu grösserer Gewissheit geworden i'*>). 

Ich lasse nun zunächst die mit ban- zusammenge- 
setzten Flussnamen folgen, welche in ahd. oder mhd. 
Form überliefert sind. 

Ich gebe zuerst wegen des Vokals a den von Am. 
S. 94 in mhd. Form mitgeteilten Bachnamen Ban-efe, 
j. Banfe bei Waldeck; dazu stelle ich gleich zwei an- 
dere -Bäche, die Am. nicht in mhd. Form gibt, näm- 
lich die Ban-fe (Lahn), um 1500 noch Ban-ephe ge- 
nannt, und die wie die Eder am Ederkopfe entsprin- 
gende Bän-fe oder Ben-fe (Eder); alle drei gehen 
auf die Grundform *Ban-affa zurück. — Fr. gibt so- 
dann in ahd. Form den Namen Bun-aha, welcher so- 
wohl die Baunach (Main bei Bamberg) als den Ort 
Kirchbaune, südw. von Kassel an der Baune bezeich- 
net, folglich auch der Name der Baune selbst ist, von 
der die von Am. S. 111 angeführten Orte Alten-, Kirch- 
und Hangenbaune offenbar den Namen bekommen ha- 
ben. Es verhält sich sodann Bunaha: Banefe = 
Sulaha: Salaha == Sulza^a : Salzaha u. s. w. "o) 

Femer hat Fr. die Bon-in-aha, j. Biena (Rott, 
Inn). Das -in fasse ich als Ableitungssilbe wie z. B. 
in War-in-ä ; Boninaha steht sodann neben Bunaha wie 
koldin aureus neben kuldin, wie Solanza neben Siil- 



*'^) vgl. ahd. piä, biä mit sskr. hha Biene. *'*) Zugleich 
bin ich jetzt von der Richtigkeit des von Fr. angenommenen 
Grundwortes «cora Fluss überzeugt. '~) s. oben S. 4 u. 5 
sowie S. 24 u. 29 und besonders S. 37. 



63 

aha. Andrerseits verhält sich Banefe : Bunaha : Bonin- 
aha = Alapa : Ulfa : Olaffa. 

Ich stelle ferner hierher die Ben treffe 1*1), jetzt 
Bentreff (Wohre, Ohm, Lahn), über dessen zweiten 
Bestandteil, tref=trafa, schon oben S. 5 ff. gespro- 
chen ist. Das e in Ben- steift sich zu dem e in Benfe ; 
man braucht nicht dieses e als Trübung eines i ver- 
möge des folgenden a anzusehen, so dass die Grund- 
form *Binaffa für Benfe und *Binatrafa oder * Ein- 
traf a für Bentreff anzusetzen wäre, sondern man kann 
wegen des in Banefe erscheinenden bau das e in Benfe 
und Bentreff als einen unorganischen Umlaut des a be- 
trachten; die erstere Annahme ist jedoch an sich die 
korrektere. 

Ferner füge ich an die Bien, „Bach und Wiesen 
bei Wahlen unweit Neustadt" ^®*), sowie den Benne- 
bach (Helbe, Unstrut) und den Bambach (Treisbach, 
Wetschaft, Lahn), welchen Arn. S. 94 in der Form 
Bannebach vom J. 1300 anführt. 

Schliesslich möchte ich es wenigstens als möglich 
hinstellen, dass der Peene in Pommern die ahd. Form 
*Pin-ä = Pin-aha zu Grunde liegt oder mit Trü- 
bung des i vermöge des folgenden a Pen-ä i^^). Mit 
der Peene kann man bezüglich des Namens recht gut 
zusammenbringen die Pinnau (Elbe, unterhalb Ham- 
burg), welche von der Südabdachung des Landrückens 
von Holstein herabfliesst und zwar anfangs wohl rasch 
und rauschend. Sprachlich steht nichts im Wege, dass 
die Pinnau ahd. auch *Pinaha geheissen hat. 

Die Bedeutung rauschender Fluss würde bei 
allen genannten Flüssen, welche sämtlich im Gebirgs- 
lande fliessen, passen, auch bei der Peene, denn diese 

"*) So die Form vom J. 1215 nach Arn. S. 94, Benetre- 
p ha vom J. 1270. "«) Arn. S. 46. "») Dan. S. 462 gibt 

als ältere Formen Pena, Panes, Penes. Das P würde nach der 
obigen Erklärung auf as. Gebiete allerdings gradeso auffallend 
sein, wie das P in Persante, falls die oben S. 17 gegebene Er- 
klärung dieses Flussnamens richtig ist. Hat dieses p statt b 
vielleicht sein Analogon in dem sächsischen p statt b? 



64 

entspringt auf der Erhebung der Mecklenburgischen 
Seenplatte; „ihr oberhalb Demmin noch rascher Lauf 
wird unterhalb langsam und schleichend" i^*). Demmin 
liegt aber nach dem Atlas von Syd. in gerader Linie 
über sechs Meilen von dpr Quelle der Peene; dieselbe 
kann also im Oberlaufe, dessen Natur so häufig die 
Namengebung veranlasst, recht rasch und infolge des- 
sen rauschend fliessen. 

Ich halte es jedoch für durchaus unwahrschein- 
lich , dass die Banfe bei Waldeck und die Banfe (Lahn) 
sowie die Benfe als Grenzfluss zu deuten sind, wie 
Am. S. 94 glaubt: „Alle drei zu bana homicidium 
oder bau anathema etwa im Sinne von Grenze, wie 
Bambach bei Wetter". Dass diese Flüsse Grenzflüsse 
gewesen sind, müsste zunächst noch bewiesen werden. 
Meine Erklärung halte ich deshalb für die wahrschein- 
lichere, weil sie einfacher , sachlich zutreffend und eine 
Menge Analoga für sich hat, wie sich in diesem Ab- 
schnitt noch zeigen wird. Aus denselben Gründen kann 
ich auch nicht der von Arn. S. 111 aufgestellten Er- 
klärung des oben besprochenen Baune zustimmen, nach 
der dieser Name gehört „zum mundartl. büne Weiden- 
geflecht zum Schutze der Ufer, wovon zunächst 
die Ortsnamen und dann der Bachname abgeleitet 
scheinen". Es kommt hier noch hinzu, dass in den 
allermeisten Fällen der Ort von dem bereits mit einem 
Namen versehenen Flusse genannt ist, nicht umgekehrt. 
Wenn ich hier und sonst noch mit Herrn Prof. Arnold 
nicht übereinstimmen kann, so möchte ich andrerseits 
noch einmal hervorheben , dass ich seinem vortrefflichen 
Buche ungemein viel verdanke. 



b. Die Bestimmungswörter kal und kar. 

Die germ. W. kcd^ entstanden, wie F. bemerkt, 
aus kar, findet sich in an. kall das Rufen, mhd. 
kalle Gerede, Geschwätz, an. kaUa nennen, sa- 

*»*) Dan. S. 463. 



65 

gen, rufen, ags. ceallian rufen, ahd. challdn, mhd. 
kallen schwatzen. Die germ. W. kar, aus der kal 
entstanden, hat noch die Bedeutung tönen; urver- 
wandt ist damit gr. y^Qvg Stimme, lat. garrire, garru- 
luSf altirisch gair Ruf, Stimme, vgl. femer yfiXaw i*^). 
Wir dürfen nun wohl auch für die aus kar entstandene 
W. kar die Bedeutung tönen in Anspruch nehmen }^^\ 

Zunächst führe ich hier aus Fr. Calmanapah an ^^'^). 
Fr. bemerkt S. 383 über diesen Namen: „fin. u. ortsn. 
8. Nach Fsp. 18 Gallenbach, Idg. Aichach". Ich finde 
nun Gallenbach nordwestl. von Augsburg an einem klei- 
nen in die Paar (Donau) mündenden Bache, dessen 
Name auf der Karte von R. nicht angegeben ist; er 
wird aber jedenfalls Gallenbach heissen. Das -pah zu- 
nächst möchte ich als einen Zusatz betrachten, der ge- 
macht wurde, als die Bedeutung von mana Fluss 
nicht mehr verstanden wurde ; dies war sicherlich schon 
im 8. Jhrh. der Fall. Nach meiner Ansicht hat mithin 
dieser Bach ursprünglich bloss Calmana = rauschen- 
der Fluss geheissen; dass moina im Donaugebiete eine 
nicht ungebräuchliche Bezeichnung war, zeigt unter 
anderm der Flussname Alemona oder Alcmana . j. Alt- 
mühliös). — 

Sodann möchte ich hierher ziehen die Kalbaha, 
nach Fr. „1) Kalbach im Amte Neuhof, südl. von 
Fulda, 2) Kohlbach am Flusse gl. N." Der Kallbach i»») 
fliesst in den Fliederbach (Fulda) und der Kollbach in 
die Vils (Donau). — Sowohl Fr. wie Am. bringen diesen 
Namen mit kalb vitulus zusammen; diese Erklärung 
lässt sich auch durchaus verteidigen. Ich möchte je- 
doch nicht Kalb-aha, sondern Kal-baha trennen und 



1») vgl. über diese beiden W. F. I, 72 u. 565; II, 89; III, 
42 u. 44. ^^) vgl. das oben S. 22, Anm. 71 Gesagte über sal- 
Tind sar- in Flussnamen. ^®') eine spätere Form ist Kalomon- 
bach. *®®) Abb. S. 375 deutete ich diesen Namen als Elen- 
fluss; diese Frklärung möchte ich jetzt mit noch grösserer Zu- 
versicht aufrecht erhalten. — Calmanapah übrigens von calomo 
•alamus abzuleiten scheint mir nicht angänglich. **•) so auf 
der Karte von B. 



66 

zwar deshalb, weil nach meineo Beobachtungen — die 
allerdings, wie ich gern zugebe, für diesen Punkt nicht 
ausgedehnt genug sind — aha nicht für so kleine Bä- 
che gebraucht wird, wie der Kallbach ist, der von sei- 
ner Quelle bis zur Mündung bei Neuhof nicht viel über 
eine Meile in grader Linie entfernt ist. — Wenngleich 
femer für die Etymologie auf die jetzige Namensform 
nicht viel zu geben ist, so ist es doch seltsam, dass 
sowohl in Bayern als in Hessen das Sprachgefühl des 
Volkes von dem bekannten „Kalb" zu dem unbekann- 
ten Kall- ^^^) abgeirrt sein soll; das Umgekehrte wäre 
viel natürlicher. Die Schreibung -hahaj -paha steht 
nicht entgegen, denn in dem bei Fr. unter Kalbaha 
aufgeführten Oparachal- pacha aus dem 8. steht ch, 
womit zu vergleichen die Formen Pahha und Pacha 
für Bac = Bach bei Fr. S. 187. 

Eine weitere Veranlassung, die bis jetzt behandel- 
ten Namen zu diesem Stamme zu stellen, geben mir 
die übrigen, nun zu besprechenden Flussnamen; es 
tritt uns auch hier wieder die oben erwähnte Wieder- 
holung derselben Vorstellungen und derselben Ausdrük- 
ke entgegen. — Wie wiU man sonst die Kila, j. Kyll 
(Mosel), die Kalle (Weser bei Vlotho), die Kahl (Main), 
das Kellwasser (Ocker, AUer), den Kailbach (Salm, 
Mosel) erklären? Ich lasse den Kallenbach (Nahe) 
bei Seite, weil der Name aus Caldenbach entstanden 
sein kann, wie Calenborn und Kallenborn aus 
Chaldebrunna^^^, ferner den Kalbach (Nied, 
Saar, Mosel), weil Fr. ein Kalbach nördl. von Frank- 
furt als aus Caldenbach entstanden erwähnt. Ich 
möchte aber doch hierher bringen den Kallbach 
(Koer), weil die Namen der an demselben belegenen 
Orte, Simonskall und Zerkall, auf eine. Grundform 
Kala ohne den Zusatz -bach hinzudeuten scheinen und 
eine Zugehörigkeit zu chalda unwahrscheinlich machen. 
Freilich ist von den obigen Namen nur die Kyll in ahd. 



»•0) bez. KoU-, Kohl-. "*) 8. Fr. 



67 

Form überliefert, doch möchte ich Kalle, Kahl und 
Kellwasser nicht davon trennen, weil es mir nicht 
gut möglich erscheint, dass die jetzigen Formön ent- 
standen wären, wenn dieselben ursprünglich zu chalda 
gehörten. Es gibt übrigens ausser der Kyll (Mosel) 
noch die Kleine Kyll (Lieser, Mosel), die gewiss 
gleichfalls auf die ahd. Form Kila zurückgeht. Li Be- 
zug auf die Kyll haben wir wegen der ahd. Form 
glücklicherweise festen Boden unter den Füssen. Kila 
ist nach meiner Meinung = Kil-ä. = Kil-aha, wie Fuld-& 
neben Fuldaha u. s. w. i^*). Da nämlich ein Grund- 
wort Kila Fluss nicht nachweisbar ist bis jetzt, so 
halte ich den Namen für zusammengesetzt. Das i in 
Kil-ä erklärt sich gerade sowie llmina neben Almina, 
wie llpe neben Alpe i^*) u. s. w. 

Als weiteres Glied möchte ich dieser Flussnamen- 
sippe die Kalbe (Ocker) einfügen. Diesen Fluss führe 
ich auf die Grundform *Kal-apa zurück. Ähnlich habe 
ich oben S. 27 das -ba in Elisba bz. Elspa aus apa 
erklärt; so habe ich femer schon in der Abh. vermu- 
tungsweise die Helbe (Unstrut) auf ^Hel-apa Berg- 
fluss zurückgeführt'^*). 

Es bleibt noch dieKel-m (Alpe, Aller) übrig, für 
welche ich als ahd. Form *Kel-niana annehme. Diese 
ja nur möglicherweise richtige Vermutung wird aller- 
dings dadurch gestützt, dass z. B. die jetzigen Fluss- 
namen Il-m, Sal-m, Wür-m aus Il-mina, Sal-mana, 
Wir-mina entstanden sind i^^). Wenn Keim wirklich 
von Keimana herkonmit, so wird hierdurch die obige 
Erklärung von Calmanapah um so wahrscheinlicher; 
denn es verhält sich dann Cal-mana : *Kil-mana bez. 



^•*) vgl. das oben S. 9 erwähnte, von mir angenommene Ge- 
setz bei der Flussnamenbildung. ^•*) vgl. oben S. 4. *•*) 
Die Deutung als Bergfluss — s. Abb. S. 377 — halte ich jetzt 
für um so wahrscheinlicher, weil ich auf der Karte von R. ge- 
sehen, dass dieselbe an der Schwarzburger Warte entspringt, 
deren Höhe mit 1351' angegeben ist. ***) s. ob. S. 22, Anm. 
72 u. Abh. S. 366 ff. 

6* 



68 

*Kel-mana = Al-mina : llmina = *Kal-& i»«) : Kil-ä = 
Karabach i»') : Kir-ä. 

Die Bedeutung „rauschender Fluss" wird bei allen 
genannten Flüssen passen, weil sie sämtlich im Berg- 
lande fliessen, bez. wie die Keim von einer Bodener- 
hebung herabkommen. 

Hinsichtlich der mit dem Bestimmungsworte har 
zusanmiengesetzten Flussnamen bemerke ich, dass schon 
Graff und Weigand i98\ den Namen Carabach bez. Cha- 
rabachy j. Karbach (Main) ^9^), zu dem in Bede ste- 
henden Stamme kar stellen, jedoch zu ahd. chara luc- 
tus mit der Bedeutung Klagebach, während ich 
denselben — gemäss des in so zahlreichen Beispielen 
sich ausprägenden Grundsatzes der Wiederholung der- 
selben Begriffe bei der Flussnamengebung — als „rau- 
schender Fluss'^ deute, indem ich auf die auch 
noch im Germ, hervortretende Grundbedeutung von kar, 
nämlich tönen, zurückgreife. — Ich füge hier aber 
als stammverwandtes Glied auch an die Kir-ä, eine 
ganz analoge Bildung wie Kila. Die Kira heisst jetzt 
der Hahnenbach ^^^) (Nahe) ; der alte Name hat sich 
in dem Ortsnamen Kirn erhalten. Kausche fluss 
heisst ja dieser vom Hunsrück herabfliessende Gebirgs- 
bach sehr passend; war doch sein bedeutendes Getälle 
mit Schuld daran, dass sich in der Nacht vom 4/5. 
Aug. 1875 die auf der Höhe des Hunsrücks im Wol- 
kenbruche niedergehenden Wassermassen so rasch zu- 
thal wälzen iind einen grossen Teil auch der Stadt 
Kim verwüsten konnten. 

Desgleichen möchte ich die Q u ar- m e (Bode, Saale) 
hierher ziehen, die ich auf der Karte von R. finde. Das 



*®*) die Konjekturalform von Kall-e (Weser). **') s. die 
folgende Erklärung. *®®) Ich entnehme dies Fr. S. 389, der 
jedoch, wie ich selbst, die Deutung „Klagebach" nicht billigt. 
199^ Femer nach Fr. Earbach im württembergischen Ober- 
amte Wangen und Karben a. d. Nidda; beide haben natür- 
lich von gleichnamigen Bächen den Namen; bei Grosskarben 
ist auch auf der Karte von R. ein kleiner Bach ohne Namen 
verzeichnet. *®°) s. Fr. 



69 

-me betrachte ich hervorgegangen aus mana, gradeso 
wie in Al-me, Il-me, Hel-me, Wti-mme; das Quar- er- 
klärt sich sehr einfach, wenn man bedenkt, dass ne- 
ben lier W. kar auch die Weiterbildung kvar ^^^) vor- 
handen ist, wie dieselbe in ahd. quer an, chweran ge- 
mere hervortritt. Der Name würde für diesen Bach, 
der vom Harz herabkommt und zwar nach der Karte 
von R. von dem daselbst als 1652' hoch angegebenen 
Rammberge, recht gut passen. Auf dieser Karte ist 
zugleich eine an der Qüarme liegende Quarmke 
Mühle angegeben. Das -mke in diesem Namen ist 
ein neuer Beleg dafür, dass -mke oder mecke der 
Torso von mana ist, vorausgesetzt natürlich, was ich 
für sehr wahrscheinlich halte, dassQuarme aus *Kvar- 
mana = ^Carmana entstanden ist. — Ich bemerke 
noch, dass auf der Karte „Quarme Bach" steht; das 
Bach ist ebenso späterer Zusatz, wie in Hasper- 
bach statt Haspe *^2). — Dasselbe, was Quarme- 
bach, ist die Qtmr-m'{beck) (Lachte, Aller), nordöstl. 
von Celle, welche von dem Landrücken der Lünebur- 
ger Heide herabfliesst 2^^). 



c. Das Bestimmungswort hau. 

F. 204) findet es wahrscheinlich , dass die W. can, 
canati, kvan, kvanati tönen, gr. ytavaC^o) rausche, 
lat.cörwer<? klingen, singen imGerm. in Äawaw Hahn, 
hma Henne erscheine. Dafür dürfte auch eine Be- 
merkung sprechen, die ich in dem sehr empfehlens- 
werten Geschichts werke von Arnold Deutsche Urzeit 
(S. 30 der 2. Aufl.) gelesen, nämlich dass unser Wort 
Hahn nur den Germanen und Finnen eigen, letzteren 
aber als germanisches Fremdwort noch in der unver- 



^^) 8. F. III, 42. *«a) g. Abh. S. 359. ««») vgl. übri- 
gens über das Verhältnis von Quarmke in Quarmke Mühle zu 
Quarmbeck, also darüber, dass das -ke in Quarmke der Rest von 
beke sein kann, oben S. 23, Anm. 72. ««*) I, 38 u. 517; II, 
50 u. m, 61. 



70 

Behobenen Form kana zugekommen sei. Übrigens be- 
trachtet auchWg., qui nä molitur inepte, ohne irgend- 
welche Einschränkung Hahn als stammverwandt mit 
canere und leitet das Wort ab „von einem vorÄuszu- 
setzenden goth. Wurzelverbum hanan hdn hanans sin- 
gen", s. Wg. unter Hahn. Die germ. W. han tönen, 
klingen sehe ich auch in folgenden Flussnamen, von 
denen ich zunächst wieder diejenigen erkläre, welche 
in ahd. Form bei Fr. sich finden. 

Die Han-afa, jetzt Hanf (Sieg) *^% hat auch dem 
Orte an ihrer Mündung, nämlich Hennef seinen Na- 
men gegeben. Am. stellt S. 100 Hanafa zu hanaf 
cannabis, wie auch die Hanf- e, welche er S. 95 mit- 
teilt. Wenn er nun aber Hanfe unter den mit affa 
= apa = Wasser komponierten Flussnamen mit Recht 
au£Fuhrt; wenn er ferner bei Hanf die alte Form Han- 
afa anzieht: wie soll man sich dann die Zusammenset- 
zung mit hanaf denken? Es wäre ja das zu hanaf 
gehörige -af völlig fortgefallen , denn das afa in Han- 
afa fasst auch Am. als das Grundwort für Wasser. 
Dieser Ausfall erscheint mir aber bei einem in ahd. 
Form überlieferten Flussnamen nicht wahrscheinlich. 
Etwas merk- und fragwürdig — Herr Prof. Amold 
möge mir diesen scherzhaften Ausdruck gestatten — 
kommt mir ausserdem die Benennung „Hanffluss" vor. 
Nach meiner Erklämng fügt sich aber die Hanafa sehr 
passend der zahlreichen Klasse von Flüssen ein, welche 
vom Klingen und Rauschen ihrer Wellen von unsern 
Vorfahren einen wirklich poetischen Namen empfangen 
haben. Und wie alle echte Poesie realistisch sein muss 
d. h. entweder ein Spiegelbild einer schönen Wirklich- 
keit oder eine auf Naturwahrheit beruhende Neuschö- 
pfung des Dichtergeistes, so ist auch (dieser poetische 
Flussname durchaus naturwahr; denn die Hanf fliesst 
von dem Plateau des Westerwaldes zu dem Tieflands- 



ao6j pj,^ bemerkt, dass der Fluss jetzt Langenbach heisse, 
doch finde ich auf der Karte von L. sowie bei Am. S. 100 als 
jetzigen Namen die Hanf. 



71 

busen nieder, der sich auch um die letzte Laufstrecke 

der Sieg ausbreitet. Selbstverständlich ist auch 

für die Hanfe die Grundform Hanafa. Die Hanfe fliesst 
unterhalb Simmershausen, nördl. von Kassel, in die 
Fulda und kommt nach der Karte von K. und Syd. 
von den Ausläufern des Habichtswaldes. 

Fr. erwähnt unter Hanafa auch einen Ortsnamen 
Hanapia bei Laon; dies würde auch nach Fr.'s An- 
nahme = Han-afa sein, nur in nd. Form; gewiss hat 
dieser Ort von einem gleichnamigen Flusse oder Bache 
seinen Namen. Das germ. Wort hier braucht uns nicht 
zu wundern ; denn die Gegend von Laon liegt im Lande 
der Belgae Cäsars, deren zum grössten Teil germani- 
scher Ursprung bereits oben S. 20, Anm. 67 hervorge- 
hoben wurde. Ist es aus andern Gründen aber nicht 
möglich, dass der Name von den Belgiern herrührt, 
so ist er auf die Franken zurückzuführen , die ja schon 
kurz vor der Mitte des 5. Jhrh. unter ihrem Könige 
Chlojo sich an der Somme festsetzten, s. Arn. Deutsche 
Urzeit S. 150. Auf fränkischen Ursprung weist auch 
das sonstige Vorkommen des Namens. Es ist unmög- 
lich, dass dieser Name keltisch ist. Ich habe schon in 
der Abb. S. 362 die Grosse und Kleine Hel-pe 
(Sambre) mit der Hel-be in Thüringen zusammenge- 
bracht, beide auf eine Grundform ^Hel^pa zurückge- 
führt und als Bergfluss gedeutet; ferner habe ich 
a. a. 0. auf die bei Stenay in die Maas fliessende Wis- 
eppe hingewiesen und den Namen als Wiesenfluss 
erklärt. Diese Erklärungen möchte ich jetzt für um 
so wahrscheinlicher halten, da wir in Han-apia eine 
ganz unleugbare Koincidenz mit Hanafa sehen. 

Von Honnef am Siebengebirge bietet glücklicher- 
weise Arn. in seinem Buche, einer äusserst ergiebigem 
Fundgrube für Untersuchungen, wie die vorliegende, 
auch die alten Formen: ;,m i;//Za Hun-epho, Hun- 
efeh, Hunefa 1102—1181. Hünyppe^oe) 1283".— 
Hun-efe 207) . Han-afa = Sulaha : Sala = Sulz- 

*®®) Hunyppe ist natürlich die nd. Form von Hunafa, vgl. 
unten Hunnippe S. 74. *°') natürlich = Hunaffa. 



72 

aha : Salzaha = Bunaha : Banefe u. s. w. *^®) — 
Nach der Karte von L. und der recht genauen Karte 
des Siebengebirges in Bädekers Kheinlanden fliesst 
durch Honnef ein kleiner in den Rhein mündender Bach, 
der nach den genannten Darstellungen von den Abhän- 
gen der Löwenburgkuppe her ab kommt. Der Name 
des Baches ist zwar nicht bezeichnet, doch erscheint 
es mir nicht zweifelhaft , dass derselbe früher Hunafa 
geheissen; vielleicht lautet derselbe noch jetzt Honnef 
oder ähnlich. Die Ableitung von hun gigas, wie sie 
Am. S. 101 von Honnef und dem gleich zu behandeln- 
den Flussnamen Hunaha gibt, kommt mir unwahrschein- 
lich vor. Wir sehen ja überall, wie einfach und reali- 
stisch unsere Vorfahren bei der Flussnamengebung zu 
Werke giengen: eine besonders hervortretende 
Eigenschaft des Flusses oder der Örtlichkeit, aus der 
er kommt und durch die er fliesst u. s. w. , veranlass- 
ten auch seinen besondern Namen. So habe ich mich 
gewundert, dass z. B. in keinem Flussnamen, den ich 
bis jetzt untersucht, eine mythologische Beziehung her- 
vortritt, wiewohl dieselben zu den ältesten deutschen 
Namen gehören. 

Das Hun- in Hun-aha, j. Haun (Fulda), ist iden- 
tisch mit dem Hun- in Hun-efa; es gilt von der Hun- 
aha die eben zur Erläuterung des u für Hunefa auf- 
gestellte Gleichung. Die Haun, welche aus der s. g. 
kuppenreichen Rhön kommt, hat sicherlich einen 
raschen und rauschenden Oberlauf. 

Auch die sprachliche Identität des Bestimmungs- 
wortes in dem Flussnamen Hun-se mit dem bisher 
behandelten Hun- ist mir nicht zweifelhaft. Dieser 
Fluss fliesst von der Höhe von Westdorp in der Pro- 
vinz Drenthe herab. Der ahd. Name desselben ist 
nicht unmittelbar überliefert, sondern nur mittelbar 
durch den Gaunamen Hunusga^ aus welchem bereits 
Fr., Ortsn. S. 241, auf den Flussnamen Hunusa ge- 
schlossen. Das a fasse ich als ä == aha und betrachte 



^^) s. ob. S. 62. 



73 

mit Fr. a. eben a. 0. -us als Ableitungssilbe; -us und 
-as sind gegenüber dem -is die viel selteneren Suffixe 
mit s209). 

Vielleicht gehört hierher auch der Ortsname Hun- 
bach, in dieser Form bereits aus dem 10. Jahrh. 
überliefert*^^). 

Sodann möchte ich Hun-aha als Grundform der 
mir in alter Form nicht bekannten Hüne oder Hone 
(Euhr, Rhein) betrachten, die im Volksmunde und 
sonst auch Hönne heisst*^^). Fr. weist bereits unter 
dem Stamme Hun auf die mögliche Zusammengehörig- 
keit von Hunaha und Hönne hin. Der Fluss entspringt 
1393' *^*) hoch nicht weit von Neuenrade und rauscht 
bei seinem besonders anfänglich starken Gefalle tüch- 
tig, wie Vf. aus eigener Beobachtung weiss. Grade 
wegen der Formen Hüne und Hone, die Fr. giebt, 
möchte ich diese Erklärung als recht wahrscheinlich 
bezeichnen. Nach meiner Ansicht lässt sich folgende 
Verhältnisgleichung aufstellen: Hüne u. Hone: Hun- 
aha == mügen u. mögen*^^). mhd. mugen, ahd. 
mugan u. mugen = können: mhd. kunnen u. 
kllnnen, ahd. chunnan, kunnan^i^). 

Ebenso ist es möglich, dass die Henne (Ruhr, bei 
Meschede) mit der Hönne identisch ist. Wenn man 
allerdings bedenkt, dass z. B. die Henne (Scheide) aus 
Hagna entstanden, dass Werre (Weser bei Rehme)* 

^^) 8. Fr., Ortsn. S. 241 u. 242, wo eine Zusammenstel- 
lung der mit S-Suffixen gebildeten Flussnamen gegeben wird. 
"°) Fr. S. 869: ,,Hunhach 10. « In der Gegend von Trier; 
ß Humbach an der Sieg\ y das spätere Montabaur in Nassau'''', 
*") Man vgl. bezüglich der geschärften Aussprache des ö in 
Hönne und der daraus sich ergebenden Verdoppelung des n ob. 
S. 9, wo Lenne (aus *Lin-ä, Len-ä), Linnepe, Lennepe (aus 
*Lin-apa, Len-apa), Ennepe (aus *In-apa) als derartige Beispiele 
angeführt sind. *'*) s. Liebrecht a. a. 0. S. 71, der zugleich 
S. 67 bemerkt, dass die Hönne von der Quelle bis zur Mündung 
„ein durchschnittliches Gefälle von 10,9 Fuss auf 100 Ruten" 
habe. **') beide Formen noch bei Luther, s. Wg. *") s. 
über dieses ö, welches aus dem unter Einwirkung des Nieder- 
deutschen stehenden Mitteldeutschen eindrang, Wg. unter 
sowie z. B. unter mögen u. kö?men. 



74 

und Werra, die sich mit der Fulda vereinigt, ebenso 
die thür. Leine und die Leine (Aller) aus ganz ver- 
schiedenen Grundformen entstanden sind, so wird man 
genötigt, die Zurückführung von Henne auf diesen 
Stamm als bloss möglicherweise zutreffend zu bezeichnen. 
Entweder wäre dann die jetzige Form Henne eine wei- 
tere Abschwächung aus dem eben behandelten Hönne — 
vielleicht mit volksetymologischer Anlehnung an Henne 
gallina — , demnach auf Hun-aha zurückzuführen — 
und dies erscheint mir als die wahrscheinUchere An- 
nahme — oder Henne ist aus Han-aha entstanden, 
welches sich bezüglich des a zu dem obigen Hanefa 
stellen würde; man müsste dann weiter einen unorga- 
nischen Umlaut annehmen, dessen Grund vielleicht 
gleichfalls in einer Anlehnung an Henne gallina zu 
suchen wäre. Für eine Zusammenstellung der Henne 
mit Hönne möchte auch der Umstand sprechen, dass 
sich die Flussnamen grade auch im Ruhrgebiete viel- 
fach wiederholen, man vgl. die Volme (Ruhr) neben 
der Valme (Ruhr) 215), die Röhr (Ruhr) und Ruhr^iß), 
die Linnepe (Volme, Ruhr) und Linnepe (Röhr, Ruhr), 
die Haspe (Ennepe, Volme, Ruhr) und Haspe 21 ?) (Sorpe, 
Röhr, Ruhr), die Eilpe (Volme, Ruhr) neben der Elpe 
(Ruhr) u. s. w. — Sachlich würde der Name auf die 
Henne, die aus dem hohen Berglande zwischen der 
' oberen Lenne und oberen Ruhr herabfliesst, gut passen. 

Fr. führt unter den mit apa zusammengesetzten 
Namen dMch Hunnippe auf, welches er S. 874 als das 
jetzige Honneppe oberhalb Deventer bezeichnet. Auf 
den mir zu Gebote stehenden Karten findet sich der 
Name nicht ; unzweifelhaft hat der Ort von einem gleich- 
namigen Bache den Namen bekommen. Hiinnippe ist 
der Zwillingsname von Hunefa nur in nd. Gestalt. 

F. stellt nun neben kan bez. han auch das Thema 
kanati kaneti auf. Eine ähnliche Fortbildung durch 
den T-Laut, wie sie z. B. in Liestmunde neben 
Liestmuone, Liestmona erscheint, erblicke ich auch in 

**^) 8. über Volme u. Valme utit. Abschn. VI. "*) s. ob. 
S. 39. w') ß. Abb. S. 359. 



75 

dem Flussnamen Hun-t-ä, jetzt Hunte (Weser), dessen 
a ich als aha fasse, sowie in dem mir in alter Form 
nicht bekannten Zuflüsse der Lenne, der Hunde nach 
Fr. oder Hundem ^i*). Auf beide Flüsse würde die Er- 
klärung sehr gut passen, denn die Hunte entspringt in 
dem Berglande der s. g. westUchen Weserkette — am 
Moselberge nach der Karte von L. — und wird anfangs 
deshalb sicherlich ein ziemliches Gefalle haben, weil 
sie nach erst kurzem Laufe im Berglande bereits in 
der norddeutschen Tiefebene anlangt. Die Hunde kommt 
vom hohen Rothhaargeb. herab. Ist die Form Hundem, 
wie ich aus den in der Anm. mitgetheilten Ortsnamen 
anzunehmen geneigt bin, wirklich die^ ursprünglichere, 
so ist es möglich, dass dieses -e/w ,* ähnlich wie das 
-um in Lesum, eine Metathesis aus -me und der Rest 
von mana ist. 

Übrigens befinde ich mich im völligen Einverneh- 
men mit Fr. — und das ist mir für meine Überzeu- 
gung hinsichtlich der Richtigkeit der gegebenen Erklä- 
rung sehr wichtig — , wenn ich die Hunte, Hunse und 
Haun auf denselben Stamm zurückführe; s. Fr. S. 872; 
eine Deutung wird allerdings daselbst nicht versucht. 

d. Das Bestimmungswort lap. 

Die Erklärung der unten aufgeführten Flussnamen 
Luppia u. s. w. hat mich sehr lange 21 9) beschäftigt, 

2*®) So finde ich auf einer Karte; dem entsprechend er- 
scheint in den meisten mir zu Gebote stehenden Karten und 
Büchern die Form mit m auch in den Ortsnamen Ober-, Kirch- 
und Altenhundem. Aus dem Namen Altenhundem — am Ein- 
flüsse der vereinigten Olpe-Hundeni in die Lenne, nördl. vom 
Zusammenflusse der Olpe und Hundem — ist zu schliessen, dass 
die Olpe in die Hundem fliesst, nicht umgekehrt; in der Abh. 
S. 360 hatte ich die Olpe als Neben-, nicht als Zufluss der 
Lenne bezeichnet. ***) Um zu zeigen, dass ich mich bemüht, 
die grösste Besonnenheit und reiflichste Überlegung auf dem 
so schlüpfrigen Gebiete der Etymologie anzuwenden und das 
Horazische Nonum prematur in annum zwar nicht wörtlich, aber 
dem Sinne nach zu befolgen , erlaube ich mir ausdrücklich her- 
vorzuheben, dass ich z. B. die Erklärung von Luppia u. s. w. 



76 

ehe ich den hier mitgeteilten etymologischen Versuch 
gefunden. 

Zunächst kann die W. lap hängen *^<^^, lat. labt 
nicht in Betracht kommen, desgleichen nicnt das ur- 
germ. Verbum lapan lecken *^^); ebenso wenig darf 
man etwa wegen des Flussnamens Lahara an das ur- 
germ. Verbum Khan laib bleiben oder an die germ. 
W. lub — vgl. lat. lubere — denken ^^^), Man wird 
eben genötigt, auf eine W. der urverwandten Sprachen 
zurückzugreifen, was selbst Fr. in solchem Falle zu 
thun erlaubt, s. Fr. S. 476. 

Zuvörderst kann die W. Za JA fassen, nehmen ^^s)^ 
welche in e-laß-ov, laß-gdg heftig, ungestüm, in lat. 
rahidus ^^^) erscheint, hier nicht herangezogen werden, 
weil im Germ, die urverwandte W. arbh — nach Fr. 
die Grundform von rabh — z.B. in arb-ai-thi Arbeit 
vorliegt; deshalb dürfte es sehr misslich sein, da- 
neben noch die metathesierte W. im Germ, voraus- 
zusetzen. Ausserdem würde die Bedeutung „der ra- 
sende, wütende Fluss" z. B. bei der X.ippe nicht 
passen. Da nun der Begriff des Rauscheus, wie ich 
nachzuweisen versucht, in den Flussnamen sehr oft her- 
vortritt, so habe ich es schliesslich für möglich und 
sogar wahrscheinlich gefunden, dass in den Flussna- 
men Luppia u. s. w. die europäische W. lap, bez. rahh, 
rah tönen, welche F. I, 741 und 751 aufstellt, stecke. 
Diese W. erscheint in sskr. rap, rapati schwatzen, 
flüstern = lap, lapati, ferner in sskr. lapita Ge- 
schwätz, in gr. olocpvg, olocpvgo), in lat. Id-menUim 
für lap-menfum f vgl. ksl. rupuiu Gemurr, Getön. 
Mit der W. rap ist verwandt die W. rahh, rab 225) er- 
tönen, schallen, welche z. B. sich findet in gr. aga- 
ßio) rasseln, ^aßdaaco lärmen, sskr. rambh^^^) brül- 

über ein Jahr lang sehr oft , aber ohne rechten Erfolg in An- 
griff genommen, bis ich schliesslich etwas sachlich und sprach- 
lich Mögliches fand. »*<>) s. F. III, 266. «") s. F. III, 266. 
222) 8. F. III, 271 u. 277. 228) g^ Y, I, 751. 224) j^jt älterem 
r, vgl. sskr. rdbhas Ungestüm, Gewalt. 226) g p j^ jgg 
u. 741. 226) auch ramb kommt vor, s. F. I, 741. 



77 

len, upa-rambh ertönen lassen. „Mit sskr. lanibh 
tönen = rmnbh darf man vielleicht goÜiJamba- Lamm 
(= blökend) zusammenstellen*' (F.). . Da nun neben 
sskr. rambh auch ein Verbum ohne m vorkommt, näm- 
lich ribh knarren, knistern, murmeln, plaudern, wo- 
mit verwandt ist lett. rtb-ä tönen **7), so kann neben 
dem durch m fortgebildeten Stamme, wie er im germ. 
lamba vermutlich erscheint, auch im Germ, die W. lab 
vorhanden gewesen sein, die ahd. lap und auch lab lau- 
ten könnte. Für die W. to6 lässt sich geltend machen, 
daÄS von derselben vielleicht eine Spur in lamba erhal- 
ten ist, sodann der Flussname Lab-ara, welcher in der 
ältesten Form vom J. 731 ^^^) Lap-ara, in einer Form 
vom J. 829 Lab-ara und im 11. Jhrh., wie noch jetzt, 
Laber heisst, die für* das Ahd. regelrechte Lautverschie- 
bung zeigen würde, da bekanntlich indog. und ^skr. 
bh im Goth. b, im Ahd. p oder b wird. Für die W. lap 
hingegen spricht, dass die älteste der uns überliefer- 
ten Formen, nämlich Luppia, das p zeigt und dieses 
sehr einfach dadurch erklärt werden kann, dass, wie 
F.I, 809 unter sÄ;ap; sfczp bemerkt , das urverwandte 
auslautende p im Germ, sehr oft unverschoben 
erscheint. Das p erscheint in den unten behandelten 
Flussnamen Marchluppe, Lupentia (bez. Lupnitz), 
Luppe, Lupbode, Lupow, Lopau, Leppe ge- 
genüber Leber, Liubisaha, Leba, Lieber Lüb- 
nitz. 

Das u in Luppia gegenüber dem a der W. lap lässt 
sich ganz so erldären wie in den Parallelformen Hlunia 
und Prumia *29)^ sowie in Hunaha, Sulaha, Sulzaha, 
Bunaha u. s. w.: es ist, wie schon Fr. für den Stamm 
sult neben salt S. 1400 bemerkt, der Ablaut. — Das a 
fasse ich als aha. Wie aber erklärt sich das rätsel- 
hafte i, welches auch in Hlunia und Prumia erscheint 
und auch wohl in Embi-scara? ^30) Sollte man das- 
selbe nicht als das vokalisierte Bildungs-j von einem 

*") vgl. riph, riph-ati knurren mit lat. Upire krächzen 
(vom Geier). ««») s. Fr. S. 952. ^^^) s. ob. S. 66. ^) s, 
ob. S. 62. 



78 

Adjektivstamme auf ja in der Femin in form fassen, 
so dass die Femininendung a elidiert wäre? 
Man vgl. z. B. sütl-s im Goth. bezüglich der Vokalisie- 
mng des j und im Ahd. denselben Vorgang bei den 
Adjektivstämmen auf ja, z. B. bei mitif kleini **i). 
Meine Kenntnisse in der Wortbildungslehre der altger- 
manischen Sprachen sind jedoch nicht gründlich genug, 
um über diesen Punkt ein kompetentes Urteil abgeben 
zu können, also: meliora probo. 

Was nun die sachlicne Angemessenheit der Deu- 
tung von Lupp-i'ä als „die rauschende Aha" be- 
trifft, so bin ich durch die freundlichen brieflichen Mit- 
teilungen des Herrn Fast Schneider in Lippspringe 
über die in Betracht kömmenden Momente völlig orien- 
tiert. Derselbe schreibt mir: 

„1. Die Lippe quelle, unmittelbar unter der alten 
Burg und unmittelbar neben der Heilquelle, die rechts 
aus einem tiefen Felsspalt fliesst, kommt ohne alles 
Geräusch aus einem tiefen Kolk und bildet sofort ein 
Bassin (Teich). Wenige Schritte davon treibt die Lippe 
schon eine Mühle. 

2. Etwa drei Minuten nordwestl. von der Lippe- 
quelle entspringt der Jordan. Derselbe kommt sehr 
mächtig und rauschend aus der Erde. Sein Wasser ist 
sehr kalt. Er verbindet sich nach einem Laufe 
von etwa sieben Minuten mit der Lippe." 

Hiernach glaube ich nun, dass ursprünglich der 
Jordan als der eigentliche Quellfluss der Lippe betrach- 
tet ist, weil er weiter westlich als die jetzt so ge- 
nannte Lippequelle entspringt und demnach bis zum 
Zusammenflusse mit der Lippe einen längeren Lauf hat 



*") 8. Heyne a. a. 0. S. 238 u. 252. — An den Themavokal 
i, wie er z. B. in Stetiheim erscheint, kann man wohl nicht 
denken, vgl. über diese in der Komposition erscheinenden 
Stammdeterminative a i u und ja Fr., D. Ortsn. S. 175. Man 
vgl. noch wegen des i den von Ptol. angeführten Ort uilx i/ioev- 
vlg , der — an der Altmühl belegen — uns den ältesten Namen 
der Altmühl, ahd. Alemona, überliefert, — ferner Liastimona 
= Liastmona. 



79 

als dieser Bach. Der Name Jordan stammt selbstver- 
ständlich aus der christlichen Zeit. „Wie fränkische 
Chronisten berichten", sagt Dan. S. 437, „wurden zur 
Zeit Karls des Gr. Tausende von Sachsen aus diesem 
„Jordan" getauft ***). Dass im J. 776 in der Gegend 
des jetzigen Lippspringe viele Sachsen getauft worden 
sind, geht aus Einhards Annalen klar hervor. Es 
heisst daselbst unter dem J. 776: Nam ad fontem 
Lippiae veniens, immensam illius perfidi populi multitu- 
dinem relut devotam et suppUcem, et quam erroris sui 
poemteret^ veniam poscentem invenit. Öui cum et mise- 
ricorditer ignovisset tt eos, qui se christianos fieri velle 
affirmabant, baptizari fecisset etc. 2»»). Aus den Wor- 
ten Dan.'s schliesse ich, dass andere fränkische Chro- 
nisten gradezu den Lippebach selbst als Taufifluss er- 
wähnt und ihn bei dieser Gelegenheit „Jordan" ge- 
nannt haben. Auf jeden FaU, glaube ich, wird der 
Name Jordan, seit der Taufe Christi in demselben 
zum Tauffluss ytar s^ox^v geworden, auf dieses Ereig- 
nis zurückzuführen sein. Vor der Sachsen taufe durch 
Karl den Gr. hat der jetzt „Jordan" genannte Bach 
offenbar nicht so geheissen. Wir können aber daraus, 
dass berichtet wird, die Sachsen seien in der Lippe 
getauft, in Verbindung damit, dass der Tauffluss ohne 
Zweifel der jetzt „Jordan" genannte Bach gewesen ist, 
den Schluss machen, dass der Jordan früher auch den 
Namen Luppia gehabt hat. Ohne Frage hiess der 
andere Quellbach, die jetzige Lippequelle, gleichfalls 
Lippe. Ist nun meine Erklärung richtig, so hat der 
Fluss den Namen nicht von der jetzt so genannten, 
„ohne alles Geräusch" aus der Erde kommenden 
Lippequelle erhalten, sondern von der „sehr mächtig * 
und rauschend" der Tiefe entströmenden Quelle des jet- 
zigen Jordans. Es war aber natürlich, dass diese Be- 
zeichnung auf den ZwQlingsbruder des Jordanquells, 



^ Dan. hat vorher erwähnt, dass „als Quellbach der Lippe 
der bei Lippspringe gilt". ***) Einhard bemerkt also nicht 
ausdrücklich, dass die Sachsen in der Lippe selbst getauft 
worden sind. 



80 

den jetzigen Lippequell» überging, weil man beide not- 
wendigerweise sJs zusammengehörig betrachtete. Grade 
weil ich wusste, dass die jetzt s. g. Lippequelle aus ei- 
nem tiefen „Eolke^S um dies gute auch von Freiligrath 
gebrauchte nd. Wort hier zu wiederholen, ohne Geräusch 
konunt; weil ich andrerseits die Überzeugung hatte, 
dass meine Erklärung von Luppia u. s. w. richtig sei, 
dass also irgend ein rauschender Quellbach vorhanden 
sein müsse : schrieb ich an Hm. Fast. Schneider. Seine 
Beschreibung der Jordanquelle ist für mich ein neuer 
Beweis für die Wahrscheinlichkeit der vorgetragenen 
Erklärung. Dass die Beschaffenheit des Quelllaufs 
sehr häufig ein Motiv bei der Flussnamengebung bildet, 
ist schon wiederholt hervorgehoben; in diesem Falle 
wählte man den Hsjaen Lippe Rauscheflusswasser, 
um einer besonders auffalligen Eigenschaft der Quelle 
selbst, dass sie nämlich als mächtiger Sprudel aus der 

Erde emporrauscht, Ausdruck zu geben. Der 

Glaube ist immer subjektiv und kann deshalb doch sehr 
fest sein; seinen Glauben muss man aber niemand auf- 
drängen wollen. Wenn ich demnach an die Richtig- 
keit der obigen Deutung von Luppia glaube, so bin ich 
doch weit von der Anmassung und Thorheit entfernt, 
diese Ableitung, wissenschaftlich betrachtet, für 
etwas andres als eine mögliche, höchstens als eine 
wahrscheinliche auszugeben. 

Des Namens Lab-ara*»*) oder Lap-ara, j. Laber, 
gibt es verschiedene Flüsse in Bayern: einer mündet 
oberhalb Regensburg, die andern beiden zwischen Re- 
gensburg und Straubing in die Donau, ausserdem ein 
vierter in die Altmühl. Alle vier fliessen im Berglande; 
deshalb wird die Erklärung" sachlich wohl für dieselben 
sich eignen. Die oberhalb Regensburg mündende La- 
ber entspringt am Fränkischen Jura. 

Da die Marhlupp-ä, Marchlupp-ä, j. Mar- 
lupp (Inn), auf den mir zu Gebote stehenden Karten 



^^) Ich fasse demnach ara als das bekannte Grundwort für 
Wasser. 



81 

nicht yerzeichnet ist, so kann ich weder über das 
March- noch über die sachliche Angemessenheit der 
Deutung „Rauschefluss" die nötige Aufklärung geben. 
Fr. erklärt es S. 1058 mit Recht ffir schwierig, die Zu- 
sanmiensetzungen mit ahd. marha, marcha, auch marca 
Grenze und ahd. n^arach, marck Pferd zu sondern. 
Weil aber nach Grimm *^s) die ursprüngliche Bedeu- 
tung von Mark Wald ist und dieselbe auch noch jetzt 
hervortritt in dem von Wg. im Lexikon zuletzt aufge- 
führten Sinne „Gleichberechtigten gemeinsam gehöriger 
Wald, Weidegebiet^^, so möchte ich mich für die Erklä- 
rung „Waldluppe", nicht „Rossluppe" entscheiden **ß) 
— und zwar besonders wegen des Flussnamens Marc- 
laha, jetzt Marklach (Regen), den Fr. mitteilt. In ei- 
ner spätem Untersuchung werde ich in teilweiser Über- 
einstimmung mit Fr., D. Ortsnamen (S. 34), zu zeigen 
versuchen, dass Laca Leck, das -laha in Antilaha 
u. s. w. dasselbe Grundwort ist mit der Bedeutung 
Flu SS. An der keltischen Herkunft von Licus, glaube 
ich, kann man allerdings nicht rütteln, s. Kiepert a. 
a. 0. S. 366; doch wird eine gründliche und vorsich- 
tige Betrachtung lehren, ob in Flussnamen, in welchen 
ein deutsches Bestimmungswort mit -laha u. s. w. zu- 
sammengesetzt ist, dieses Grundwort Anspruch auf 
germanischen Ursprung hat oder als ein aus dem Kel- 
tischen überkommenes Wort zu betrachten ist 

Marclaha würde ich demnach alsWaldfluss erklären 
Fr. gibt nur die Form Marclaha aus dem 9. Jhrh 
Niemals aber kommt in der ahd. Sprachperiode marach 
Pferd in der Form marc vor, wohl aber marha, 
inarcha Grenze auch dlB marca; das fehlerhafte, aber 
übliche marc Pferd ist mhd. 



***) 8. Wg. untet Mark. ***) Marchluppa wäre so eine 
Doppelzusammensetzung, wie Kethratenza; auch in Marchluppa 
würde das erste Bestimmungswort wohl die Quellgegend näher 
charakterisieren sollen. VieUeicht gibt es dort noch eine Luppe, 
welche zu der Differenzierung durch March- Veranlassung gab, 
ähnlich wie man die Kethratenza durch einen Zusatz von der 
Ratenza unterschied. 

6 



82 

Femer ziehe ich hierher den Ortsnamen Lup- 
entia, Lujhenze, j. Lnpnitz *>7). Das -entia^ enze 
scheint mir wegen Rat-antia, Rat-enza = Red- 
nitz, Pag-antia, Pag-inza » Peg-nitz, War-inza 
» Wer-nitz in Verbindung mit dem Fllttsnamen Liib- 
nitz rölschnitz, Weisser Main) und in Gemässheit der 
oben Detrachteten, mit dem urundwort -anza, -enza 
Flnss zusammengesetzten Flussnamen unbedingt auf 
einen Flussnamen zu deuten >>^). Nun fliesst allerdings 
bei Grosslupnitz ein Bach in die Nesse. Dieser heisst 
aber nach der freundlichen Mitteilung des Herrn Dir. 
Rein in Eisenach die Beyer und der bei Wenigenlup*- 
nitz in die Nesse mündende Bach nach der Auskunft 
des Herrn Schulrats Eberhard die Nater. Dass jedoch 
von einem Bache, mit Namen Lup-enza, der Ortsname 
Lupnitz herrührt, das scheint mir notwendig zu sein. 
Es muss demnach , wie schon bei der Besprechung von 
Liagtmana hervorgehoben ist, ein Fluss in dortiger Ge- 
gend früher einen andern Namen gehabt haben. Herr 
Schulrat Eberhard meinte, dass vielleicht die Nesse in 
dieser Gegend ehemals anders geheissen. Das ist mög- 
lich, aber dann wäre nicht gut erklärlich, dass der 
Fluss auf seiner untersten Strecke den Namen Lupentia 
verliert und wieder Naz-aha lautet. Mir scheint Fol- 
gendes wahrscheinlicher zu sein. In den bei Gross- 
lupnitz in die Nesse mündenden Hauptbach, die Beyer, 
fliesst ein kleiner Bach bei Beuemfeld ein, welches 
nach der Karte zum grossen Teile zwischen dem Haupt- 
und Nebenbache liegt Beuemfeld hat, wie auch Herr 
Dir. Rein annimmt, von der Bever seinen Namen, vgL 
z. B. bei Fr. Bihirhach, der auch Beuerbeki heisst. 
Nach meiner Meinung ist nun der Nebenbach früher 
Bever und der Hauptbach Lupenza genannt worden. 
Später übertrug man den wohl noch verständlichen ^^^) 

**') Gross- und Wenigenlupnitz an der Nesse (Hörsei, Werra). 
*"*) über dieses in deutschen Flussnamen aus -inza (enza, anza) 
entstandene -nitz vgl. noch unten Abschn. V. *■•) Die Biber, die 
jetzt nur noch vereinzelt in Deutschland vorkommen, müssen 
in früherer Zeit ungemein häufig in unserm wasserreichen 



83 

Namen Beyer auch auf den Hauptbach, dessen Bezeich- 
nung unverständlich und ungebräuchlich geworden war; 
der alte Name blieb nur noch erhalten in den Ortsna- 
men Gross- und Wenigenlupnitz. — Diese Vermutung 
soll natürlich nichts weiter als eine möglicherweise zu- 
treffende sein. 

Für identisch mit Lup-nitz halte ich die schon 
eben angeführte Lüb-nitz **^), für deren Grundform 
ich gleichfalls Lup-entia halte. Der Name würde gut 
passen, denn nach der Karte Yon R. entspringt dieselbe 
am Westabhange der zum Fichtelgebirge gehörigen 
Kette des Grossen Waldsteins unweit der Quellen der 
Saale. 

Auch die Liub48'dha, j. Loisach (Inn), stelle ipk' 
zu der W. lap. Das -is betrachte ich als die schon 
mehrfach erwähnte Ableitungssilbe. Den Diphthongen 
kann ich mir nicht anders erklären, als dass man ihn 
als Ablaut einer W. lup betrachtet, wie z. B. bium 
sum nach Heyne a. a. 0. S. 39 „das nach der vierten 
Ablautreihe gebildete Präsens der W. bu ist und sich 
zu^dieser nicht anders verhalt wie Hiutu fluo zu sei- 
ner W. flulf'. Man vgl. liupy litib von der W. lub. 
Diese W. lup würde neben lap gradeso stehen, wie z. B. 
die germ. W. stu neben sta **i). Oder darf man viel- 
leicht iu als Umlaut von u ansehen , verursacht durch ' 
das i in -is, ähnlich wie am Ende der ahd. Zeit der 
Plural von hüs domus und chrüt herba hiuser und 
chriuter lauteten ***) ? Hier gilt das Horazische: Si quid 
novisti rectius istis, candidus imperti; si non, his utere 
mecum. Sachlich würde die Bedeutung recht gut pas- 
sen, denn der Fluss kommt aus den Bayrischen Alpen, 

Lande gehaust haben, wie die zahh*eichen nach ihnen benann- 
ten Bäche beweisen. Deshalb können damals, als die Lupentia 
ihren Namen verlor, die Biber noch in Menge in dortiger Ge- 
gend vorhanden und somit auch der Name Bever verständlich 
gewesen sein. **®) Die Ölschnitz, in welche die Lübnitz fliesst, 
heisst auch Ölsnitz. Dieses kann für *EUnHz stehen, £ls*nitz 
femer = Els-enz = Alis-inza = Alis-ontia sein, s. oben S. 26 
u. 27. "») 8. über «tu und «te F. HI, 889 und 342. «*«) s. 
Heyne a. a. 0. S. 32. 

6* 



84 

entspringt 1658 Met. hoch und mündet 557 Met. hoch 
bei einer Länge Yon 120 Eilomet ^^'); er hat also ein 
bedeatendes Gefalle, wobei das Banschen nicht fehlen 
wird. 

Ich lasse nun die mir nicht in alter Form bekann- 
ten Flussnamen folgen, die ich hierher ziehe. 

Das u, welches in Luppia erscheint, zeigt sich 
auch in der Lupp-e (Saale). Als Grundform sehe 
ich an ^Lup-d = *Lup-aha. Dieser Fluss wird gewöhn- 
lich als ein Arm angesehen, den die Elster entsendet. 
Nach der Karte yon Syd. möchte ich Folgendes als das 
vielleicht ursprüngliche Sachverhältnis vermuten. Auf 
dieser ist ein Fluss verzeichnet, der von der Boden- 
erhebung, auf welcher Markranstedt liegt, herab- 
kommt. Dieser steht durch einen Arm mit dem Ge- 
wirre von Wasserläufen, die zur Elster gehören, in Ver- 
bindung. Nach meiner Ansicht hat ursprünglich dieses 
Flüsschen den Namen Luppe erhalten, der darauf auf 
den mit der Luppe in Verbindung stehenden Elsterarm 
übergegangen ist. 

Desgleichen bringe ich hierher die Lup-ow***), 
als deren Grundform ich auch * Lup-dha annehme. 
Sie fliesst vom pommerschen Landrücken herab. Die 
Erklärung würde recht gut passen, denn, wie Dan. 
S. 460 bemerkt, „ist der Lauf der Lupow und Stolpe, wel- 
che aus einer Höhe von 450' herabkommen, ausser- 
ordentlich schnell im Oberlaufe". Nach der 
Natur des Oberlaufes werden ja aber die Flüsse sehr 
häufig genannt. 

Femer vemeuhochdeutsche ich die bei Treseburg 
in die Bode'mündende Lffp-^o^e als rauschende Bode 
oder Fluss. Ich werde vielleicht einmal später zeigen 
können, dass auch Bode^ ahd. Bada und Bota, ein 
Grundwort für Fluss ist. Dass es ein Grundwort 
und kein Bestimmungswort ist, geht hervor aus den 
damit komponierten Flussnamen Lup-bode und Salz- 
boed ^^^) (Lahn); letztere finde ich auf der Karte 

•*•) 8. Meyers Konvers. X, S. 910. ***) s. über -ow oben 
S. 26. ««) == Salz-aha, j. Salza. 



85 

von L.; sodann teilt Arn. die Wiesbtide mit**«). Es 
wird sich auch bei einer späteren Untersuchung her- 
ausstellen, ob Patra, j. Pader (Lippe) >*^), dasselbe 
Grundwort ist nur mit dem Suffix -ar, dessen a elidiert 
wäre>*8); mir scheint das schon jetzt nicht grade un- 
wahrscheinlich. — Übrigens würde für die Lupbode, 
einen echten Gebirgsbach, die gegebene Erklärung ge- 
wiss auf das vortrefifiichste passen. 

Das i, welches schon im ähd. Lippia statt Lup- 

Sia erscheint, begegnet auch in Lippe **^), einem Zu- 
usse der Unstrut. Femer heisst ein Ort an einem 
Nebenflusse der Heller (Sieg) Lippe; daraus möchte 
ich schliessen, dass auch der Bach lippe heisst. — 
Sodann gehört hierher die Leppe (Agger, Sieg), wel- 
che von der Südseite des hohen Ebbegeb. herabkommt 
— sicherlich mit Rauschen. Den Ortsnamen Leppara, 
,J. Lippern bei Duisburg", wie Fr. bemerkt, lasse ich 
einstweilen beiseite, da ich auf der Karte von L. kei- 
nen Bach ähnlichen Namens gefunden. 

Wohl aber betrachte ich als Glieder dieser Fluss- 
namengruppe die Leb-a und Leb-er oder Leb-erau 
(Dl), als deren Grundformen man *Lib-aha und *Lib- 
ara und deren e man als die durch das folgende a 
hervorgebrachte Trübung des i ansehen kann. Über 
die Leba, welche von dem pommerschen Landrücken 
herabeilt, bemerkt Dan. S. 460: „Die L. entspringt 
500' hoch. Um die Stadt Lauenburg selbst erscheint 
das Land zwar ebener, aber weiter hmab begleiten das 
tief aufgewühlte Bett der Leba romantische Berg- 
höhen". Femer hebt Foss a. a. 0. **^®) ausdrücklich 
die Leba hervor als zu den Flüssen gehörig, welche in 



**•) Am. S. 48: „Zufluss der Bieber bei Bieber im Kreise 
Gelnhausen". Wiesbüde = Wis-aha, j. Wies-eck (Lahn) = Wie- 
senfluss, s. über Wieseck u. s. w. Abh. S. 362. **') vgl. Pa- 
drabrunno bei Fr., femer die Formen Boderabrunnun, Bodir- 
bmnnun, Boderenbrunnen, sowie vom J. 927 Bodarbrunnensis. 
•*•) s. über diese Elision des SuffixvokaleB a ob. S. 41. **•) 
In Lippebach auf der Karte ist -bach späterer Zusatz. "•) s. 
S. 33, Anm. 96. 



ihrem mittleren Laufe ein sehr bedeutendes Gefälle 
haben. Die Bedeutung „Rauschefluss^* würde demnach 
recht gut passen. — Foss bemerkt jedoch a. a. 0. S. 30 
durchaus bestimmt: „Der Name der Leba ist derselbe 
wie Labe und Labe nennen die Slawen die Elbe. Lauen* 
bürg ist Labenburg, daraus entstand Lawenburg und 
dann Lauenburg^^ S. 20 erklärt er mit gleicher Be- 
stimmtheit den Namen Peene für slawisch. 

Jeder muss zunächst zugeben, dass die Hauptflüsse 
Pommerns **>!) zur Zeit, als die Germanen hier wohnten, 
bereits Namen hatten. Wenn man nun z. B. in Pom- 
mern den Flussnamen Wipper findet und denselben 
auch in Mitteldeutschland, wo die thüringische und 
Harzwipper begegnen, femer in dem von Slawen ganz 
unberührt gebliebenen Westdeutschland, welches die 
Wipper bez. Wupper ***) aufzuweisen hat, so wird man 
an eine Herleitung aus dem Slawischen für alle Flüsse 
dieses Namens unmöglich denken dürfen ^^^\ Vergleicht 
man femer den pommerschen Flussnamen Ihna mit dem 
westfälischen Ihne in einer Gegend, wohin nie Slawen 
vorgedmngen sind, so wird man auch hier von einer 
Herleitung beider Namen aus dem Slawischen Abstand 
nehmen müssen — ganz abgesehen *s*) von den oben 
geltend gemachten Gründen, welche z. B. die Ihne und 
mna einer grossen Gruppe stammverwandter Flussnamen 
zuweisen. Man wird aber noch einen Schritt weiter 
gehen und auch derartige pommersche Flussnamen 
als germanisch in Anspruch nehmen dürfen, wofern 
sich eine sprachlich und sachlich zutreffende Erklämng 
aus dem Germ, finden lässt, und zwar deshalb, weU 
ja an und für sich die Möglichkeit germanischer Fluss- 
namen in Pommem durch die geschichtliche Über- 
lieferung durchaus nicht ausgeschlossen ist. Nun glaube 

^^) „Pommern" ist ein slawischer Name = Land am Meer, 
s. Foss a. a. 0. S. 3. »*) Die Wupper heisst in ihrem Ober- 
laufe Wipper, vgl. den Namen der Kreisstadt Wipperfürth. 
**") Ich werde später versuchen, diesen Flussnamen als deutsch 
nachzuweisen. *^) meine Auseinandersetzungen könnten ja 
als nicht völlig beweisend angesehen werden. 



87 

ich aber z. B. hinsichtlich der Flussnamen Ihna, Per- 
sante und Lupow eine sprachlich und sachlich korrekte 
Erklärung gegeben zu haben ; dasselbe, denke ich, wird 
mir unten bei dem pommerschen Flussnamen Rega ge- 
lingen *5ö). Demnach verdienen die Versuche eine 
durchaus gründliche und sachliche Erwägung und Be- 
urteilung, welche dann die pommerschen Flussnamen 
aus dem Germanischen erklären wollen, wenn sie sich 
auch im übrigen Deutschland in Gegenden wiederfinden, 
die niemals von Slawen in Besitz genommen sind. — 
Dies gilt auch von meiner Erklärung des Flussnamens 
Leba. 

Übrigens ist die Identität der pommerschen Iluss- 
namen Ihna und Wipper mit den gleichnamigen im 
übrigen Deutschland so schlagend >^^j, dass man schon 
hierdurch zu der Annahme genötigt wird, die auch 
sonst viel Wahrscheinliches hat, dass die Germanen 
nicht bis auf den letzten Mann ausgewandert sind, wie 
man von diesen Stämmen an der Ostsee gewöhnlich 
annimmt, sondern dass in Pommern einzelne Abteilungen 
zurückgeblieben sind, von welchen die slawischen An- 
kömmlinge die germanischen Namen überkamen. Und 
nach ein paar Jahrhunderten flutete ja auch die ger- 
manische Völkerwoge nach Osten und Norden zurück, 
welche zur Zeit der grossen Völkerbewegung nach Sü- 
den und Westen abgeströmt war. 

Neben der Leba hatte ich schon die Leber (Hl) 
genannt. Diese entspringt auf den Vogesen an einem 
Berge, der auf der Spezialkarte der mittleren Vogesen 
in Bädekers Bheinlanden als 1027 Met. hoch bezeichnet 



***) Man vgl. femer bezüglich des Namens die Ferse, die 
von der pommerschen Seeenplatte zur Weichsel ' herabströmt, 
mit der Verse (Wümme, Weser) und beide mit der Verse 
(Lenne, Kuhr), der Versbeck (Lenne, Ruhr), sowie der Vers 
(Salzboed, Lahn); man wird auch hier in Verbindung mit den 
übrigen Momenten eine zufällige Übereinstimmung oder eine 
Herleitung aus dem Slawischen abweisen müssen. Ich hoffe 
später auch diesen noch mehrfach vorkommenden Flussnamen 
aus dem Germanischen erklären zu können. ***) ganz abge- 
sehen von Lupow, Leba, Persante, Radüe und Feene. 



88 

ist. Das Leberthal ist bokanutlicti ein malerisches Ge- 
birgsthal, und auf den dasselbe durcheilenden Fluss 
wird gewiss die Erklärung „die rauschende Ära" passen. 

Wahrscheinlich gehört zu demselben Stamme auch 
die Lieber '5^) (KyU, Mosel), die ganz im Oberlaufe 
der Kyll oberhalD Kronenburg mündet Das e in ie 
ist wohl bloss durch Anlehnung an lieb in den Namen 
gekommen; dann würde für Lieber gleichfalls als ahd. 
Form *Lib'ara anzusetzen sein. Auch für diesen in 
der Eifel fliessenden Bach würde die Deutung ange- 
messen sein. 

Schliesslich kann man auch die Lop -au (Luhe, 
Elbe) hierherziehen, welche vom Landrücken der Lüne- 
burger Heide herabfliesst. Als Grundform Hesse sich 
*Lup-aha aufstellen und das o als eine durch das fol- 
gende a bewirkte Trübung des u ansehen ^ö»). 



Der Begriff des Olänzens in den Flnssnamen Nek- 
kar, Neger und Nagold und der des Bnnkelit 
in den Flassnamen Regen, Rega n. s. w. sowie die 
za Grundwörtern für Plnss verwandten germ, W. 
"^ald und ars. 

Schon in der Abh. ^^^^ "ixsihG ich als Flüsse, die 



**') Ich entnehme diesen Namen der Karte von L. *^®) 
über -au = aha ist oben schon wiederholt gesprochen. **®) S. 
363 ff. — Ich möchte als mit Eder (Fulda) zu demselben Stamme 
gehörig jetzt noch nennen die Etter (Nahe) und die Itter (Eder, 
Fulda), sowie die Itter (Diemel) und Eder (Diemel, unterhalb 
Warburg). Die Eder heisst auch Edder; das t in Etter und 
Itter zeigt die regelrechte zweite Lautverschiebung, wie sie 
auch hervortritt in dem nhd. eitel eig. glänzend, ^B.tdaly ahd. 
ital. Mit Ausnahme der Itter (Eder) habe ich diese Flüsse auf 
der Karte von L. gefunden. 



89 

von ihrer Farbe genannt seien, die E der, Eitrach, 
Auerbach und die Diemel gegenübergestellt und 
zwar jene als „glänzenden Fluss", als Hlutraha 
oder Lutaraha, diesen als „dunkeln Fluss", als eine 
Schwarza gedeutet. Ich möchte hier noch nachtragen, 
dass vielleicht auch die Dahme (Spree) mit der 
Diemel zu der von F. *ßo) aufgestellten germ. W. ihSim 
dunkel sein gehört, welche auch erscheint in as. 
thimm dunkel, ahd. demar Dämmer; in alter Form 
könnte die Dahme ^Dam-ä - Dam -aha gelautet 
haben. Nach der Karte von Syd. durchfliesst dieselbe 
mehrfach bruchiges Terrain, kann demnach mehrfach 
eine schwarze Farbe haben. Auch die Dame (Per- 
sante) kann stammverwandt sein, desgleichen die De- 
mer (Dyle, Scheide), für die man als alte Form *Dim- 
ara, bez. mit Trübung des. i *Dem-ara aufstellen 
möchte. Über die Farbe dieser Flüsse weiss ich nichts 
Sicheres anzugeben; über die Eder und Diemel s. be- 
züglich dieses Punktes die Abb. 

Wie ich nun die Eder und Diemel als ein der 
sprachlichen Bedeutung nach entgegengesetztes Fluss- 
namenpaar fasse, so auch den Neckar und Regen: der 
Neckar entspricht nach meiner Erklärung der Eder, 
der Regen der Diemel. 

Die indogerm. W. WÄjr, wojr waschen, reinigen^^i) 
erscheint z. B. in gr. vitfo Tut vlyja), ahd. nichus Nix, 
Wassergeist, in sskr. nagna nackend, goth. woga- 
thas, afries. nakad nackend. Wir sehen an sskr. nagna 
und unserm nackend^ dass der Begriff des Waschen s, 
Reinigens in den des Blanken, Glänzenden über- 
gegangen ist; deshalb sagt auch F. I, 124: ,,nagna 
nackend von nag, nig blank machen". Wir haben 
demnach hier dieselbe Bedeutungsentwicklung, wie von 
der germ. W. hlut spülen zu ahd. hlütar lauter, 
rein und die gleiche Verwendung dieses Begriffes für 
Flussnanjen. Ich möchte nun besonders auch deshalb 
diesen Begriff des . Glänzenden in dem Flussnamen 



») m, 130. w^) 8. F. 1, 124, 129, 644, 652; IH, 157 u. 163. 



90 

Nic-ar*^*) erblicken, weil derselbe in das ganze schon 
mehrfach hervorgehobene Flussnamensjstem passt, da 
ja der Begriff des Glänzens nicht nur hervortritt in 
den von mir erist so gedeuteten Flussnamen Eder u. s. w., 
sondern auch in Lutaraha, Glana***). — Fr. erwähnt, 
dass man bei dem Neckar auch an die Verwandtschaft 
mit dem oben aufgeführten ahd. nichtis Nix gedacht 
habe, und bemerkt, dass dann Neckar einfach „Ge- 
wässert^ bedeuten würde. Mich hat jedoch besonders 
der Flussname Nag-alta, j. Nag-old, darauf geführt, 
dass Neckar als ein zusammengesetztes Wort zu be- 
trachten sei. — Fr. erwähnt auch den möglichen Zu- 
sammenhang mit ags. niclian incurvare, genicled 
obuncus. Mir erscheint diese Ableitung deshalb als 
nicht statthaft, weil ags. niclian mit ahd. nicchen zu- 
sammenhängt und dieses das Faktitiv von ahd. bnikan, 
bnigan sich neigen ist***). Der Name Nicar ist 
abet* schon aus dem 3. Jhrh. überliefert; es müsste 
deshalb unbedingt das anlautende h überliefert sein. — 
Auch an einen Zusammenhang mit Nahe (Bhein), — 
ein Flussname, der uns nicht bloss von Tacitus und 
Ausonius, sondern auch aus dem 8. Jahrh. in der Form 
Nava = Nawa überliefert ist*®^) — kann nicht ge- 
dacht werden; denn es müsste ebenfalls die ursprüng- 
liche Spirans w bei dieser Annahme in der Namens- 
form des Neckar aus dem 3. Jahrh. sich zeigen*««). 
Das -ar in Nic-ar betrachte ich als ara Fluss; Neckar 



***) Nicar aus dem 3. Jhrh., Nechar, Nechra und Neckare 
aus dem 9. Jhrh. *••) Glana habe ich auch mit Fr. u. a. als 
„glänzender Fluss^* gefasst, aber diesen Flussnamen abweichend 
von Fr. u. s. w. aus dem Germ, abgeleitet. ***) s. Wg. unter 
nicken und Neige u. Müller a. a. 0. S. 143. *^) erst im 9. 
Jhrh. tritt die Form Naha auf, aus dem 8. Jhrh. hat Fr die 
Zusammensetzung Nachgowi, s. Fr. 1135 if. *••) Dieses Nawa 
führe ich — beiläufig bemerkt, später hoffe ich eine gründ- 
lichere Erörterung geben zu können — auf die W. nu = snu 
flies sen zurück, welche in nare, y^w, vdoi, äol. vavo}, sskr. 
ndva Schiff, an. n6r Schiff, ags. naca^ as. nako^ ahd. nacho 
erscheint; in letzteren Wörtern ist der Guttural jüngeres Ein- 
schiebsel, 8. F. I, 130 u. 250. 



91 

heisst somit der glänzende Fluss, eine für diesen 
klarflutenden Bergstrom gewiss recht passende Bezeich- 
nung. Er entspringt nach Dan. S. 306 2150' hoch und 
zeichnet sich besonders auch in seinem Oberlaufe durch 
die Klarheit seines Wassers aus, wie mir mitgeteilt. 

Auch ein Nbfl. der Schweiz. Thur heisst Neckar; 
für diesen Bergfluss wird die Erklärung gleichfalls 
wohl angemessen sein* — Femer heisst ein Nbfl. der 
Ruhr in ihrem ersten Oberlaufe Neger. Ahd. heisst 
der Neckar auch Neckar; aus dieser Form ist wohl 
Neger zu erklären; es ist möglich, dass die jetzige 
Schreibung mit g durch volksetymologische Anlehnung 
an das bekannte Wort Neger erfolgt ist. Auch die 
Neger, welche, wie Liebrecht S. 67 bemerkt, vom Asten- 
berge kommt, wird wohl ohne Frage klares Wasser 
haben bei ihrem bedeutenden Gefälle; der Astenberg 
ist nämlich nach Liebrecht a. a. 0. S. 72 2682^ hoch. 

Auch zwei Orte an einem Zuflüsse der Bigge 
(Lenne, Ruhr) heissen Neger (Ober- und Untemeger); 
ich schliesse daraus, dass der Bach selbst so heisst, 
wie das so oft der Fall ist. 

Die Ansicht, dass Neckar ein zusammengesetzter 
Flussname ist, wird nun nach meiner Meinung beson- 
ders auch durch den Flussnamen Nag-aUa^ j. Nagold, 
(Enz, Neckar) gestützt. Das regelwidrige g lässt sich 
vielleicht durch Annahme einer Stockung der Laut- 
verschiebung erklären; denn die Eigennamen bewahren 
oft viel zäher die alte Form als die übrigen Wörter. 
Eine solche Stockung der Lautverschiebung habe ich 
höchst wahrscheinlich gemacht in den Flussnamen 
Nidda und Nied*^*'). Es bleibt aber noch eine andre 
und mir wahrscheinlicher dünkende Erklärung übrig. 

Schon im Ahd. ist die Volksetymologie, die Um- 
deutung und Anlehnung nicht mehr verstandener Wörter 
an bekanntere, thätig. So ist z. B. kartag = Trauer- 
tag in garotag = Rüsttag entstellt**®). So kann 

««') 8. Abb. S. 353. «««) 8. Andresen, über deutsche Volks- 
etymologie S. 50, welcher noch verschiedene Beispiele aus dem 
Ahd. aiSzählt. 



92 

das unverstandene ^Nachalia, welches die streng ahd. 
Form wäre, an ahd. nagal angelehnt sein. Bück a. a. 0. 
S. 188 teilt auch die Form Nak-alfa mit; dieselbe »«9) 
würde sidi unmittelbar zu Nik-ar (Nicar) stellen und 
den Guttural auf der ersten Lautverschiebungsstufe 
zeigen. Hinsichtlich des Vokals a würden sodann mit 
Nakalta eine engere Gruppe bilden: der von Fr. mit- 
geteilte Flussname Nak'dl'ä^'^% sowie die von Bück 
aus Oberdeutschland erwähnten Bachnamen Nagelbach 
und Nagba^h, desgleichen der von Fr. aufgeführte Orts- 
name ifagalbachy der ohne Zweifel von einem gleich- 
namigen Bache herrührt. 

Was bedeutet nun aber der zweite Bestandteil in 
Nag-alta? 

Als ich den Flussnamen Nagold in der ahd. Form 
Nag-alta bei Fr. fand, fielen mir sofort die Flussnamen 
Äldena, j. Olle (Hunte) "i), Mda, j. Eide (Elbe) "«)ein ; 
aus den Karten hatte ich mir femer schon gemerkt 
die Elina oder Elda«") (Werra), die Elte (Börsel), 
die Altenaue (Ocker, oberhalb Wolfenbüttel), die 
Altena (Alme, Lippe). Auch den Bach Altenau, den 
Dan. S. 663 erwähnt, ziehe ich hierher; Dan. bemerkt 
daselbst: „Die Erzählung" — nämlich von Altena = 
all to nah = all zu nah — „ist eine Fabel: der Name 
kommt von dem Bache Altenau, der den Ort 
von Hamburg trennte". Es schien mir sofort sehr 
annehmbar, das -alta in Nagalta mit diesen Flussnamen 
zusammenzubringen und den in Aldena u. s. w. erschei- 
nenden Stamm als Grundwort für Fluss anzusehen. 
Dies ist aber auch sprachlich möglich. 



^•®) Ich weiss nicht, ob sie bezeugt ist ; Fr. hat nur die Fonn 
mit g. *^®) -al fasse ich als Suffix, a als aha. *'*) auf der 
Karte von K. heisst sie Ollen; dort steht auch verzeichnet die 
Bauerschaft Ölten und das OUener Moor. *'*) ausser diesen 
ahd. Flussnamen hat Fi*, auch den Namen Lang-aüa aus dem 
11. Jhrh.; unter Cald bezeichnet er denselben als Flussnamen, 
aber nicht unter dem Namen selbst. Ich lasse ihn deshalb 
einstweilen beiseite. *'*) beide Formen auf der Karte von R. 



93 

Im Sskr. heisst ard wallen, strömen, entspre- 
chend gr. aqduv netzen * 7*). 

Wie nun die indogerm. W. ark, welche in gr. aQxiwy 
Tat. arceo hervortritt, nicht bloss im Gräkoitalischen 
die Nebenwurzel alk hat — vgl. aAxif, lat. ulcisci — , 
sondern auch im Germ., was hervorgeht aus ags. ealgian, 
algian schirmen, goth. älki Heiligtum neben und 
gegenüber dem zu der W. ark = alc gehörigen ags. 
earh Pfeil, goth. arhva-zna Pfeil *^ö): gradeso ist 
auch nach meiner Meinung die indogerm. W. ard im 
Germ, zu ald geworden. Dass aus der indogerm. W. 
ard strömen sehr passend ein Gnmdwort zur Bezeich- 
nung des Begriffes Fluss erwachsen konnte, liegt auf 
der Hand: Jjdena, Elda u. s. w. bedeuten nichts weiter 
als der Strömende, der Strom. 

Die beiden Flüsse, Aldena und Elda, deren Namen 
in ahd. Form überliefert sind, fliessen auf as. Sprach- 
gebiete; sie sollten demnach, falls meine Herleitung 
richtig ist, die Form Altena und Elta zeigen; denn, da 
Bedeutung und Etymologie dieser Namen nicht mehr 
lebendig war, wurden ^eselben doch wohl in der alt- 
sächsischen Form niedergeschrieben. Nun findet aber 
mehrfach in den Urkunden ein Schwanken zwischen d 
und t statt. Eine dem vorliegenden Falle ähnliche, 
jedoch nicht dieselbe Unregelmässigkeit zeigt sich z. B. 
in mehreren mit alt vetus zusammengesetzten Eigen- 
namen. So heisst z. B. Altenstadt, nördl. von Hanau, 
sowohl Ältunsteti — aus dem 9. Jhrh. — als Aldenstat 
aus dem SJ''^) — , femer Allstedt, südöstl. von Sanger- 
hausen, sowohl Aldstedi — aus dem 11. Jhrh. — als 
Altsteti — aus dem 10. Jhrh. — ; sodann ^'^ 7) erscheint 
Paderborn in den Formen Padrahrunno (in Einhaxds 
Annalen), Patllurbrunnon (aus dem 10. Jahrh.) und 
Patrisbrunna (aus dem 8. Jhrh.); die Namen Dietrich 
und Dortmund erscheinen in den Urkunden des 9 — 11. 

«'*) 8. F. I, 24 und 498. ««) s. F. I, 22 und bsd. 497. 
*'•) 8. Fr. S. 50. *'*) 8. über die folgenden Schwankungen 
AUhoff, Grammatik altsächsischer Eigennamen in den Urkuräen 
des 9—11. Jhrh,, S. 52 flF. und über Paderborn Fr. 



94 

Jhrh. in folgenden Formen: Tbiederic (Thidfic), IXo- 
terieus und Teodericus, — Tbrotmanni, I>rotinannie, 
Trotmannie; es begegnet auch die Form JDrodmannia. 
Damach ist die Media in Aldena und Elda kein 
Grund, die vorgetragene Erklärung abzulehnen. Es ist 
auch möglich, dass schon &üh bei dem nicht mehr 
yerstandenen Flussnamen eine Anlehnung an as. cdd 
ahd. alt stattgefunden. Schliesslich kann auch eine 
Stockung der Lautverschiebung vorhanden sein, wie sie 
bei dem Nag- in Nagalta möglich erschien. Das 
-alta in Nagalta, femer die Flussnamen EUe, Altenaue j 
Altena zeigen den Dental auf der ersten Stufe der 
Lautverschiebung **'8); auch in dem Namen der Bauer- 
schaft Ölten, von der Aldena so genannt, zeigt sich die 



*'■) Ich möchte trotz der mir nicht bekannten ahd. Form 
von Elte u. s. w. doch die Identität dieser Flussnamen mit 
Mdoy Aldena als sehr wahrscheinlich bezeichnen. — Fr. gibt 
AUina auch als ahd. Namen für Ober- und Nieder elten, südl. 
V. Paderborn. Nun finde ich aber in dem vom Oberlandesge- 
riohts-Sekretär Dreymann herausgegebenen alphabetischen Ort- 
Bchaftsverzeichnis für den Oberlandesbezirk Hamm, der bekannt- 
lich ausser verschiedenen zur Rheinprovinz gehörigen Orten 
die ganze Provinz Westfalen umfasst, in Westfalen keinen Ort 
dieses Namens, sondern nur Elte im Kr. Burgsteinfurt, welches 
auch auf der Karte von L. verzeichnet steht; dieses Ortschafts- 
verzeichnis führt sogar die Namen der Einzelgehöfte auf. Auch 
auf der Karte von L. findet sich südl. v. Paderborn kein EUeUy 
aber wohl an der Altena die Orte Mteln und AUeln, welche 
auch in dem genannten Ortschaftsverzeichnis als Orte des Kr. 
Büren, zum Amtsgerichte Lichtenau gehörig, aufgeführt werden. 
Mteln hat Fr. auch als Mlinun, unter Altina gibt er für sein 
Elten südl. v. Paderborn auch die Form JSUinun, Alles würde 
stimmen, wenn JStlinun eine Nebenform von £Uinun wäre oder 
Atteln und Etteln auch Elten hiessen, bez. noch heissen. Das 
muss aber der Fall sein, da ich auf der im Verlag von Ritter 
in Arnsberg 1875 erschienenen Karte des Rgbz. Arnsberg für 
Etteln Elten a. d. Altena finde, für Atteln allerdings auch At- 
telen. Hiemach kann es nicht zweifelhaft sein, dass mit den 
bei Fr. als Elten (Ober- und Nieder -Elten) bezeichneten Orten 
Atteln und Etteln a. d. Altena gemeint sind, und so ist denn 
AUina ganz ohne Frage auch die ad. Form für den jetzigen Fluss- 
namen Altena; die beiden Orte haben, wie so oft, von dem 
Flusse ihren Namen bekommen. 



95 

Tennis; vielleicht, ist dieselbe im Volksmunde immer 
ausgesprochen. Ähnlich ist in den Flussnamen Neckar 
nicht die streng ahd. Form mit der Aspirata durchge- 
drungen, sondern der jetzige Name erscheint gleichfalls 
auf der ersten Stufe der Lautverschiebung, wiewohl 
verschiedene Formen aus der ahd. Sprachperiode mit 
der Aspirata bei Fr. zu finden sind. — Das -en in Aldena 
ist dasselbe Suffix, was auch in dem Grundwort Tra- 
vena^ j. Trave, und dem gleich zu behandelnden Ursena 
erscheint. 

^a9o2(J! heisst demnach d er g 1 ä n z en d e oder k 1 ar e 
Flu SS, eine Bedeutung, die gewiss auf den vom Schwarz- 
walde herunter und nur im Berglande strömenden Fluss 
passen wird. So soll auch nach Benseier im Wörtet*- 
Imch der griech, Eigennamen die wahrscheinlichste Be- 
deutung von nrjveiog der Glänzende sein*^^). 

In etwas losem Zusammenhange mit *ala = ard 
strömen möchte ich anhangsweise erwähnen, dass die 
W. ar« strömen nach meiner Meinung in den Fluss- 
namen Ursena^ j. Oertze (Aller), ürsela, j. Ursel 
(Nidda, Main), und Luzilursone steckt. Der zuletzt ge- 
nannte Fluss hat seinen alten Namen verloren und heisst 
jetzt nach Fr. die Spiilie, nach den Karten von L. u. 
R. die Spülig. — F. setzt III, 25 als germ. W. ars 
gleiten, strömen an, welches in germ. ars = gr. 
oQQoq^ femer im germ. ersla Mann — as. erl, ags. 
eorl — sowie in goth. airzjan irren erscheine. Ur- 
sena, Ursela und Ursone sind Sprossformen der W. ars 
mit dem Suffix -en, bez. -on und -el und Grundwörter 
für Fluss. Luzilursone heisst „kleine Ursone, klei- 



*™) Benseler: „viell. richtiger = 4*riv€i6g von 4»i;roff = Aafi- 
TtQos^^. — Das Epitheton aQyvQodCvng, welches der Peneios II. 
2, 753 enthält, könnte an sich auch recht gut zur Erläuterung 
von Nagold u. s. w. herangezogen werden, aber ich fasse das- 
selbe — mit Hentze z. d. St. und im Anhange — als ein Bei- 
wort, welches nicht den Gesamtfluss veranschaulichen soll, 
sondern nur die eine Laufstrecke, wo „der Peneios beim reissend 
schnellen Einströmen des Titaresios glänzend weisse Wellen 
schlägt und Strudel bildet". (Hentze). 



96 

ner Fluss'^ Bezüglich des u in Ursena u. s. w. ge- 
genüber dem a der W. verweise ich auf S. 77. — 
Vielleicht ist dieselbe W. auch in dem Flussnamen 
Erse (Fuse, Aller) enthalten. 

Das Gegenteil von Neckar u. s. w. sollte der Flusa- 
name Regen mit seiner sprachlichen Sippe bedeuten, 
nämlich dunkler Fluss. 

An. heisst röhr Finsternis; zu demselben Stamme 
gehört goth. riqisa Finsternis; F. setzt I, 189 als 
indogerm. Wort ragas Dunst, Dunkelheit an, welches 
erscheint in sskr. rajas Dunkel. — Der Regen heisst 
in den ältesten bei Fr. überlieferten Formen aus dem 
9. Jhrh. Regan und Regana, entsprechend dem^Regan- 
in der Form Reganisburg » Regensburg aus dem 
8. Jhrh. Das -an fasse ich, wie in Adrana, Orcana 
u. s. w. als Suffix und das Schluss- a =» aba, wie in 
Sal-4, War-in-ä., eine Erklärung des a, welche durch 
die Flussnamen Salmana, Sol-anza, Warinza, Waraha 
ihre Bestätigung finden dürfte *8<^). Das urverwandte 
g in ragas, welches im Nr. u. Goth. regelrecht zur 
Tennis verschoben ist, sollte im Ahd. ch werden; folg- 
lich müsste der Fluss nach meiner Erklärung streng 
ahd. Rechana lauten. Nun wurde aber Regensburg 
als römisches Kastell bekanntlich ungefähr 14 v. Chr. 
angelegt und vom Flusse Regen Casfra Regina oder 
Reginum genannt *®i). Ob hier bereits ein keltischer Ort 
mit dem erst in Heiligenlegenden des 8. Jhrh. vorkom- 
menden Namen Radasbona bestand — vgL Kiepert a. 
a. 0. S. 367 — ist durchaus nicht ausgemacht; selbst 
wenn dies aber auch der Fall wäre, so würde es gegen 
den germanischen Ursprung von Regana nichts be- 
weisen. — Nach der Annahme von Grimm erfolgte die 
erste Lautverschiebung im ersten Jhrh. unsrer Zeit- 
rechnung *8*); in diesem Falle wäre der Guttural uns 
unverschoben überliefert. Mag man aber auch den 



^) B. ob. S. 22, 24 u. 25. «si) ^gj ^^ g Dan. II, S.211. 
*®*) Es ist mir nicht unbekannt, dass dieser Annahme vielfach 
widersprochen wird, vgl. z. B. Arnold, dtsche Urzeit S. 35 u. 36. 



97 

Beginn der ersten Lautverschiebung früher ansetzen, 
so kann die vorgetragene Erklärung doch richtig sein; 
denn die Eigennamen leisten der Lautwandlung über- 
liaupt zäheren Widerstand als die übrigen Wörter. 
Der Name Regen würde so ein weiteres Beispiel zu 
den lautverschiebungsfreien Flussnamen bilden. Der 
alte Name der Stadt und damit des Flusses war durch 
den römischen Namen fixiert, und so kann es xms nicht 
wundem, dass dieser Name, in seiner Form gewisser- 
massen erstarrt, unberührt von der Lautwandlung blieb 
und sich erhielt. — Die regelrechte ahd. Aspirata zeigt 
sich, wie ich glaube , in den bei Fr. mitgeteilten Fluss- 
namen Ricchina^^^) , Richinhach und Richara. — Die 
Richina — der Name ist aus dem 8. Jhrh. überliefert — 
fliesst nach Fr. in Hessen ; der Richinbach — aus dem 
8. Jhrh. — ist eine sehr oft vorkommende Benennung, 
welcher nicht bloss die jetzige Form Reichenbach, son- 
dern auch Rickenbach entspricht; die Richara fliesst 
nach Fr. in Holland in der Gegend von Alkmaar. Nach 
den bisher nachgewiesenen Motiven der Flussnamenge- 
bnng erscheint es mir nicht angänglich, die letzten 
drei Flussnamen mit unserm reich, as. riki, ahd. rfchi 
zusammenzubringen. Was heisst ein „reicher Fluss"? 
Reich ist hier ein relativer Begriff; man muss ergänzen 
„an Wasser". In as. rtki u. s. w. war jedoch der ur- 
sprüngliche Begriff des rex, des Herrschers, nicht er- 
loschen: weil die Herrscher zugleich an Schätzen reich 
waren, nahm riki den jetzigen Begriff von „reich" an. 
Es wäre demnach sowohl eine Übertragung als eine 
unvollständige Ausdrucksweise anzunehmen , die bei 
diesen uralten Flussnamen mir nicht statthaft erscheint. 
Abgesehen hiervon ziehe ich m,eine Erklärung auch 
deshalb voi-, weil vermöge derselben diese Namen in 
die' sehr zahlreiche Klasse derjenigen Flussnamen ein- 
treten, welche von der Farbe genannt sind. 

Den erwähnten möchte ich ferner zugesellen den 
von Fr. mitgeteilten Reginbach^ welches die Grundform 



^') = Richina, wie Ricchinbach = Richinbach, s. Fr. 

7 



98 

für die jetzigen Formen Regenbach, Rheinbach und Äa^- 
hach ist***). Gehört der Name zu dieser Gruppe, so 
ist ein Stocken der Lautverschiebung anzunehmen, 
welche vielleicht durch volksetymologische Anlehnung 
an Regen, ahd. regan, rekan erfolgt ist*®^). Dies sind 
die von Fr. in ahd. Form überlieferten Flussnamen, 
die ich als „dunkle Flüsse" deute. 

Über die sachliche Angemessenheit dieser Erklä- 
rung lässt sich natürlich aus den Karten in diesem 
Falle nichts entnehmen; doch, glaube ich, wird meine 
Erklärung durch Folgendes gestützt. 

Der Regen entsteht bekanntUch aus dem Schwarzen 
und Weissen Regen; der Hauptquellfluss ist jedoch der 
Schwarze Regen. Dieser Name besagt klar, dass der 
Regen zu den schwarzfarbigen Gewässern gehört; für 
den Schwarzen Regen würde demnach die gegebene 
Erklärung recht gut passen ^^ö). Zwar kommen die 
Ausdrücke Albus Regin und Niger Regin schon im 11. 
Jhrh. vor, aber nach meiaer Ansicht sind dieselben 
viel späteren Ursprungs als der Name Regen selbst. 
Man sagte, wie ich glaube, „Schwarzer Regen", als 
man die ursprüngliche Bedeutung von Regen nicht 
mehr verstand. Der Weisse Regen kann nach meiner 
Annahme ursprünglich gar nicht den Namen Regen ge- 
habt haben, sondern ist erst später so genannt, um 
ihn dadurch als Zwillingsöuss des Schwarzen Regens 
zu bezeichnen. Hat er jedoch von Anfang an Weisser 
Regen geheissen, so muss man dasselbe annehmen, wie 
bei der Rethratenza: man fasste die beiden Flüsse als 
zusammengehörig auf und gab deshalb dem kleineren 
Zwillingsflusse den Namen des grösseren Bruders, gab 
ihm aber zugleich einen Zunamen, um seine besondere, 
von dem grösseren Flusse verschiedene Natur hervor- 
zuheben. 

Der Name Regen würde sehr gut für diesen Fluss 

*^) 8. Fr. ^ Ich weise auch noch auf den Bigenbach, 
den Fr. als den Rheinbach bei Simmem aufführt, hin. *®^) 
In Pape-Benselers Wrth. der gr. Eigen, werden aus Griechenland, 
Kleinasien u. Sicilien 9 Flüsse des Namens Mikas aufgeführt. 



99 

des Böhmerwaldes passen, „dessen Inneres rauh und 
■wild ist durch unwegsame, sumpfige Strecken, durch 
hohe, mit Tannenwald bewachsene Berge, voll steiler 
Felswände, Abgründe und Windbrüche, durch men- 
schenleere, von dunkeln Waldbächen durchbrauste 
Thal er" «87). 

Ich lasse nun die nicht in ahd. Form überUeferten 
Flussnamen folgen, die ich hierher bringen möchte. 

Ich beginne mit der Bega in Pommern. 

Egli bemerkt a. a. 0. unter Beka: „Im Slawischen 
= Fluss; der Name hat sich auch in der Bega des 
altslawischen Hinterpommem noch erhalten". Ich 
glaube jedoch aus folgenden Gründen weder, dass 
Bega slawisch ist, noch, dass es etwa ein deutsches 
Grundwort für Fluss ist. 

Erstens — wenn Bega slawisch ist, warum erscheint 
der Flussname denn nicht in der slawischen Gestalt 
nait der Tennis, wie die Beka, der Oberlauf des Timavo, 
im Karst? Sodann möchte ich auf Folgendes hinweisen. 
Der Name der Bugii, welche an der Ostsee wohnten, 
hat sich, wie mit Becht angenommen wird, noch in 
den Namen Rügen , Rügenwalde ^ sowie in Regenwalde^ 
"^Povyiovy „der s. g. Stadt des Volkes*', erhalten «8«). 
Nun liegt Begenwalde an der Bega. Es finden sich 
aber unter den germanischen Völkerschaften nicht we- 
nige, die von Flüssen ihren Namen bekommen haben. 
So bedeutet Ampsivarii Anwohner der Ems 289), 
Nordalbingi das Volk nördlich der Elbe; die 
Suardones bringt man sehr wahrscheinlich mit der 
Schwartau, die Sigambri mit der Sieg in Verbin- 
dung ^^o). ferner leitet Fr. den Namen Thuringi^^^) 
von dem Flusse Tyra in Thüringen ab, indem er über- 
haupt die Deutung der Völkernamen aus den Namen 
bestimmter Örtlichkeiten „als die beste Fährte" em- 



««') Meyers Konv. HI, 436; vgl. Dan. S. 275 u. 276. ^ 
8. z. B. Lübkers Reallexikon des klass. Altertums unter Rugii 
3. Aufl.). ^) 8. z. B. Nipp, zu Tao. Ann. II, 8. ^) s. Fr., 
"- Ortsn. S. 234 u. 239. «»*) Fr., D. Ortsn. S. 245. 

7* 



s 



100 

pfiehlt*'*). So können auch die Wariner ihren Namen 
haben von der Warnow, als deren mutmassliche ahd. 
Form ich ob. S. 26 * Warinna hingestellt. Fr. bemerkt 
unter Varini: „In der Nähe der Havel und der Elbe, 
vielleicht auch am Niederrhein, zuerst wohl in Schles- 
wig und dem südlichen Jütland". Hierzu würde die 
vorgetragene Erklärung ganz gut passen; vgl. über die 
„Warnen^' ^ wie er sie nennt, noch Am., Deutsche Ur- 
zeit S. 167 ff. Ich möchte deshalb glauben, dass die 
Rugier von der Rega genannt sind, die vielleicht ähn- 
lich wie Luppia, Hlunia, Prumia, Lupow u. s. w. als 
ersten Bestandteil Rüg- gehabt hat. Als die Rugier 
nun weiter nach Westen und auch über die Insel Rügen 
sich verbreiteten, erhielt letztere wiederum von dem 
Volke ihren Namen. Wir hätten demnach in dem 
Völkernamen Rugii, geradeso wie es auch bei dem 
Flussnamen Regana angenommen wurde, die unver- 
schobene Form. Das muss man ja auch erwarten, weil 
die Rugii gewiss schon lange vor der Zeit des Tacitus 
an der Ostsee gewohnt haben *^'). Also auch diese 
sehr wahrscheinliche Zusammengehörigkeit von ^Povytov 
= Regenwalde a. d. Rega und der Rega selbst ver- 
anlasst mich, diesen Flussnamen als einen deutschen 
zu betrachten. Was zwingt xms aber überhaupt, den 

^) a. a. 0. S. 239. «»«) Ich halte es für durchaus un- 
wahrscheinlich, dass, wie einige annehmen, noch zu Cäsars Zeit 
sich das eigentliche Germanien nur bis zur Elbe erstreckt und 
jenseit derselben Slawen gewohnt hätten, dass hauptsächlich 
erst durch die von Cäsar verhinderte überrheinische Auswande- 
rung der Germanen die germanischen Auswanderungsscharen 
sich nach dem Osten gewandt und die slawische Bevölkerung 
zwischen Elbe und Weichsel unterwarfen. Wie ist es denkbar 
— von allem andern abgesehen — dass in der verhältnismässig 
kurzen Zeit von Cäsar bis Tacitus das ganze Land von der 
Elbe bis zur Weichsel so vollständig germanisiert werden konnte, 
dass Tacitus hier nur germanische Völkerschaften kennt? Mit 
dieser Ansicht lassen sich auch wohl nicht die Angaben des 
Massilioten Pytheas reimen, der bekanntlich um das Jahr 340 
V. Chr. unge&hr seine Reise unternahm und etwa bis in die 
Gegend der Eidermündung gekommen ist, s. z. B.Arn., Deutsche 
Urzeit S. 26. 



101 

pommerschen Flussnamen durchaus slawische Herkunft 
aufzunötigen, wenn eine passende deutsche Erklärung 
vorhanden ist? Als die Slawen in die zum allergrössten 
Teile verlassenen Sitze der ßugier xmd Turcilinger 
gegen Ende des 5. Jhrh. einrückten, hatten doch die 
Hauptflüsse bereits ohne Zweifel germanische Namen ^s*); 
es wurden neue slawische Orte mit slawischen Orts- 
namen gegründet, aber die alten Namen der Flüsse 
verschwanden nicht, wenngleich auch sie mehrfach sla- 
"wisiert wurden. 

In etwas losem Zusammenhange mit der Abweisung 
der bei Egli sich findenden Etymologie der pommer- 
schen Bega möchte ich noch nachzuweisen versuchen, 
dass Regen, Rega u. s.w. nicht füglich ein deutsches 
Grundwort für Fluss sein kann. Wäre nämlich Regen 
ti. s. w. ein solches deutsches Grundwort, dann wäre 
es seltsam, dass sich gar keine Zusammensetzungen 
mit diesem Worte finden, wie es doch der Fall ist bei 
aha, apa, anza, ara, sina u. s. w. Lässt sich aber das 
Eich- in Richinbach von dem ßeg- in Reg-ana nicht 
gut trennen, so gibt uns, glaube ich, das -bach in 
Richinbach in diesem Falle die Wahrscheinlichkeit, dass 
Rieh- ein Bestimmungswort und kein Grundwort ist *^^). 
— Wenn man ferner Flussnamen, wie die Reck-nib: 
in Mecklenburg, die Rög-nitz (Sude, Elbe) mit Red- 
nitz, Wör-nitz, Peg-nitz, Flad-nitz vergleicht ^^^), welche 
bekanntlich aus Rad-antia, War-inza, Pag-inza, Flad- 
inz entstanden sind, so dünkt mich die Annahme glaub- 
lich, dass die Endung -nitz auch in Reck-nitz und Rög- 
nitz aus inza, bez. anza unter slawischem Einflüsse ent- 
standen ist. Man wird hierin bestärkt, wenn man erwägt, 
dass sowohl oberhalb als unterhalb der Stadt Hof in 
Bayern eine Regnitz in die Saale fliesst. Es scheintdoch 
unzweifelhaft, dass diese beiden bayrischen Flüsse des Na- 



>*»*) s. oben S. 86 ff. *^) Es sind hier eben keine Gründe 
ersichtlich, die, wie es bei Calmanapah der Fall war, das -bach 
als einen spätem Zusatz erscheinen lassen. ***) Man vgl. fer- 
ner die Bemerkungen über Lupnitz, Lübnitz und Oelsnitz 
(S.82ff. u. S.83, Anm. 240). 



102 

mens Regnitz mit Rögnitz bez. Recknitz ^3') identisch 
sind. Dieselbe Ursache — der slawische Einfluss — 
hat in Nord- und Süddeutschland die gleiche Wirkung 
hervorgebracht, nämlich die Verwandlung des inza 
(enza, anza) in- -nitz bei vielen Flussnamen. Es gibt 
grade in der Nähe des Fichtelgebirges eine grosse 
Menge von Flussnamen auf -nitz ; z. B. fliesst dort auch 
eine Par-nitz (Saale) = ahd. ^Par-enza nach meiner 
Annahme und der Bedeutung nach = Barmecke (Lenne) 
= Ber-inecke (Heve, Mohne, Ruhr, Rhein) = *Berinana 
= Bärenfluss a»»). 

Diese Annahme wird weiter dadurch gestützt, dass 



■®') ahd. Richinbach entspricht nicht bloss Reichenbach, 
sondern auch Rickenbach. *•*) Das a in Parnitz, Barmecke 
kann nicht dieser Deutung entgegen sein, da der Bär ahd. pSro, 
h'ero^ mnd. bare, neund. hdr und auch haor^ bor heisst, s. Wg. u. 
Berghaus a. a. 0. — Durch Iserlohn fliesst ein Bach, JBaarhach 
(Ruhr) genannt; auch diesen deute ich als Bärenbach und finde 
eine Bestätigung dieser Erklärung in dem Namen der nördl. 
von Iserlohn und unweit des Baarbaches liegenden Ortschaft 
bez. Bauerschaft Barendorf, als Barendorfer Fabrik bei Lieb- 
recht und Dreymann a. a. 0. aufgeführt. Als ebenso zusam- 
mengesetzt betrachte ich die Paar (Donau), bei welcher das 
Grundwort -^ wohl ä = aha — wie nicht selten, fortgefallen ist, 
— ferner die Bahr (Streu, frank. Saale), deren ahd. Form of- 
fenbar in dem an der Bahr liegenden Orte Bar-dha^ j. Bahra, 
überliefert ist, — sodann die Bar-heck (Stör) in Holstein, die 
Behr (Donau in Württemberg) und die Behre bei Ilefeld am 
Harz. Alle diese Flussnamen — von der Paar an — entnehme 
ich Fr., der unter Bar einen besondern Stamm Bar für Fluss- 
namen annimmt. Daraus jedoch, dass Bar-aha^ Bar-meke^ 
Bar-heck deutlich sich als zusammengesetzte Flussnamen kenn- 
zeichnen, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit schliessen, dass 
gleichfalls die übrigen zuletzt angeführten, auch nach Fr. der- 
selben Sippe angehörigen Flussnamen mit demselben Bestim- 
mungsworte komponiert sind. Dem entsprechend erkläre ich 
den von Fr. unter demselben Stamme aufgeführten Orts- und 
Gaunamen Baringi^ Paringe — vgl. Waldberungen , ahd. Wald- 
baringi, in dem Gau Baringi — , desgleichen die daselbst von 
Fr. mitgeteilten Dorfnamen Oster-, Gross- und Wolfsbehringen, 
ahd. Paringi, als Bär-ingen; Paringi = Behringen erscheint 
auch wahrscheinlich in den Formen Beringe, Beringa, s. Fr. 
S. 207. Weiteres vielleicht einmal später. 



103 

die Toll-ense ^^^), deren zweiten Namensteil ich mit dem 
oben behandelten -enza zusammenbringe , „bei Älteren", 
wie Dan. S. 463 bemerkt, Toll-enze heisst. 

Darnach halte ich es für wahrscheinlich, dass das 
-nitz in Rögnitz und Recknitz aus -inza infolge slawi- 
scher Umformung hervorgegangen ist. Ebenso wie nun 
Bichinbach auch die alte Form für das jetzige Bicken- 
bach ist, so kann auch, wie schon angedeutet, das 
Beck- in Reck-^itz aus einer ahd. Form Rieh- entstan- 
den sein, oder vielmehr — es erscheint, da der Fluss 
auf as. Gebiete fliesst, das as. k, welches dem urver- 
wandten g entsprechen würde, unverschoben noch in 
der jetzigen Form. Dann würden demnach Recknitz 
und Rögnitz ahd. ^Rich-anza^ as. ^Rik-ansa lauten. 

Einen weitern Hinweis darauf, dass Regen u. s. w. 
kein Grundwort ist, erblicke ich in der merkwürdigen 
Bezeichnung die Reiche Ebrach (Regnitz, Main) und die 
Reiche Raming (Enns, Donau). Aus denselben Grün- 
den, weshalb ich die Erklärung von Reichenbah als rei- 
cher Bach fiir nicht passend erklärte, deute ich auch 
die Reiche Ebrach u. s. w. nicht als die wasserrei- 
che, sondern als die Schwarze Ebrach. Recht klar 
wird einem das Unangemessene der Deutung von reich 
als dives, wenn man der Reichen Ebrach eine Arme 
Ebrach gegenüberstellt. 

Vielleicht gehört auch zu dieser Gruppe die Regge 
(Vecht, neue Yssel). 

Da die geographischen Handbücher über die Farbe 
dieser Flüsse nichts mitteilen, so ist es mir leider nicht 
möglich meine Erklärung auch sachlich zu stützen. 

Anhangsweise möchte ich noch bemerken, dass Arn. 
S. 94 u. 95 die Flüsse Arpe (Wenne^oo)^ Ruhr), Erpe 
(Twiste, Diemel), Erpbach, Erfa (Main) zu an. jarpr, 
ags. earp^ eorp, ahd. erpf fuscus stellt ^^^). Ich möchte 



*®*) Das Toll-, welches noch in verschiedenen andern Fluss- 
namen erscheint, hoffe ich in einer spätem Untersuchung als 
deutsch erweisen zu können. ^®) bei Arn. steht — wohl in- 
folge eines Druckfehlers — Unne statt Wenne. *®*) vgl. gr. 
d^yvoff .finster, 0Q(f/vri Finsternis u. F. I, 498; II, 25 u. III, 37. 



104 

dem, soweit ich das ohne eigene nähere Untersuchung 
darf, zunächst durchaus beistimmen; doch würde ich 
nicht mit Am. als Grundform für Arpe *Arpapa, son- 
dern *Arp-aha ansetzen, weil dies hier das Natürlichere 
und Wahrscheinlichere sein dürfte , denn nach der Kon- 
sonantverbindung rp könnte apa wohl nicht völlig ver- 
schwunden sein. — Arn. hätte übrigens bei Erpe auf 
Ärbalo hinweisen können, welches Fr. aus Plin. nat. 
bist XI, 17, 55 mitteilt, mit der an erster Stelle ge- 
gebenen Deutung „die Erpe, Nbfl. der DiemeV^ ;. genauer 
wäre: Zufluss der Diemel oder Nbfl. der Twiste 
(Diemel). Arbalo scheint mir jedoch wegen des o ein 
Flurname, kein Flussname zu sein, man vgl Idisiaviso 
und Aliso. Ich lasse daher einstweilen diesen Namen 
bei Seite, möchte es aber für recht wahrscheinlich hal- 
ten, dass Arbalo mit europäisch arpa ^^^) zusammen- 
hängt; es wäre sprachlich durchaus möglich, dass die 
Erpe früher *Arb-al-ä geheissen und davon der Orts- 
name Arbalo gebildet ist 

Es Hesse sich aber von den mitgeteilten Flussna- 
men wohl nicht die Orb-aha, j. Orb (Einzig, Main), 
trennen. Der Name ist aus dem 11. Jhrh. überliefert. 
F. setzt als gräko-italisches Thema 11, 25 arpo, arpno 
dunkel an; dem urverwandten p kann im Ahd. im 
In- und Auslaute sowohl f wie b und p entsprechen, 
so dass das b in Orbaha der Erklärung nicht wider- 
spräche. — Ich würde schliesslich auch den mir in al- 
ter Form nicht bekannten Flussnamen Orpe hierher- 
stellen; die Orpe ist nicht wie die Erpe ein Zu-, son- 
dern ein Nebenfluss der Diemel. 

Demnach wäre auch bei diesen Flüssen die Farbe 
das Motiv der Namengebung gewesen. 



»2) 8. F. I, 498. 



105 



VI. 

Moina — ein deutsches Grundwort fftr Fluss»«»). 

Wenn man die Flussnamen War-aha, War-inn-ä, 
War-inza, * TTar-opa *04) , War-manou, ferner *Pr«r- 
ah<i^^^), Wir-becke ^^^) ^ Wir-mina mit einander ver- 
gleicht, so zeigt uns das allgemein als Grundwort für 
Fluss anerkannte aha deutlich , dass War- Bestimmungs- 
wort ist; auf dasselbe Resultat führt -inza, welches ich 
als Grundwort für Fluss nachzuweisen suchte. Wir wer- 
den es daher auch schon bei dem Flussnamen War-manou 
und Wir-mina wahrscheinlich finden, dass. War- Bestim- 
mungswort ist. Stellt man femer zusammen Al-apa, 
Al-affa, OUaffa, Al-ara, Al-stra, El-stra, Al-antia mit 



'**) Eine Ergänzung zu der Auseinandersetzung in der Abh. 
S. 366 ff. u. 375 ff. So grosse Ehrfurcht ich auch vor Kieperts 
Autorität habe, so scheint er mir doch zu weit zu gehen, wenn 
er in seinem Lehrbuch der alten Geographie es als ganz be- 
stimmt hinstellt, dass ^ßie Römerfestung Mogontiäcum nach dem 
einfliessenden Main benannt^'' sei und dieser ursprünglich Moginos 
geheissen habe. Es heisst nämlich auch a. a. 0. S. 520, Anm. : 
„Komisch Moenus, altkeltisch , wie Glück nachgewiesen, Moinos 
und ursprünglich Moginos (-os, wie im Griech. gewöhnliche 
keltische maskuline Endung, durch Inschriften beglaubigt)". 
Desgleichen kann ich nicht zustimmen, wenn er ähnlich S. 526 
alle Namen der Flüsse des deutschen Mosellandes ohne jede 
Beschränkung und ohne jeden Zweifel als keltisch be- 
zeichnet, z. B. auch die Salmona, abgesehen von Lesura und 
Saravus; man vgl. auch S. 522 über die keltischen Namen der 
Nebenflüsse des Neckar und der zum Rhein gehenden Schwarz- 
waldbäche. — Dass der Main — um nur eins hervorzuheben 
— ursprünglich Moginos geheissen, bleibt doch immer nur eine 
Vermutung, gegen die sehr gewichtige Gründe sprechen. 
Wenn femer z. B. Zeuss, der doch sicherlich einer der her- 
vorragendsten Keltologen war, die Zusammengehörigkeit von 
Mogontiacum und Moin leugnet, wie ich Fr. S. 1108 entnehme, 
so lässt sich dieselbe doch nicht mit zweifelloser Gewiss- 
beit behaupten. ^) s. oben S. 26. ^) s. oben S. 25, 
Anm. 73. ~«) s. oben S. 26. 



106 

Al-mina bez. Almana ^ sodann * ll-apa^^"^), lUara, 11- 
aha, Ill'd mit lUmina und El-manau, j. Il-menau, so 
tritt uns das gleiche Ergebnis entgegen: apa bez. aff^a 
in Al-apa und AUaffa, stra m Al-stra, aha in Il-aha 
sind — ganz abgesehen von -anfia in Al-antia — an- 
erkannte Flussgrundwörter, so dass al- und il- ganz 
unzweifelhaft Bestimmungswörter sind; durch diese 
zweite Gruppe wächst also die Wahrscheinlichkeit ganz 
bedeutend, dass auch in Al-mina und Il-mina al- und 
il- Bestimmungswörter sind. Diese Wahrscheinlichkeit 
nähert sich immer mehr der Sicherheit, wenn man 
dasselbe wiederum bei der Gruppe mit dem Bestim- 
mungsworte Sal- beobachtet: Sal-d, Saal-ach, Sul-aha^ 
Sol-anza gegenüber Sal-mofine ^^^) und SU^ecke ^^^). 
Desgleichen weisen die übrigen mitgeteilten Flussnamen 
auf -mana, bez. -me und -mecke, die Annahme entschie- 
den zurück, dass diese Wortformen in den oben be- 
rührten Fällen ganz oder teilweise zu dem vorausgehen- 
den Bestandteile gehören. 

Hält man nun weiter zusammen die Formen Moe- 
nus mit 'fioevvLQ in IdXyLi'fxoavv lg = ahd. Alc- 
mona 5^®), sodann Mon- in Monachgowe und Mo- 
nichgowe 311), jetzt Maingau, mit -mona in Alc-mona, 
Liast-mona und auch Sal-monna, ferner -moune in 
Witz-moune, Roth-moune 3^^) mit Liast-muone : so wird 
man zunächst an der Identität der verglichenen Glie- 
der nicht zweifeln, so wird man zweitens in Verbin- 
dung mit den im Anfange dieses Abschnittes hervorge- 
hobenen Momenten mit Notwendigkeit darauf geführt, 
dass moina ein Grundwort für Fluss ist, und zwar 



^®') 8. ob. S.O. ^ so lautet die älteste Form, etwas spä- 
ter Sal-mana, 8. Fr. ^ s. oben S. 22 u. 23; merkwürdig ist 
auch der Flussname Sor-monne (Maas) — vgl. ahd. Sal-monne, j. 
Salm — gegenüber Ä^or-aha , iSwr-apa, s. S. 22, Anm. 71. ®") 
so heisst bei Ptol. ein „höchst wahrscheinlich an der Altmühl 
liegender Ort" (Fr.); durch diesen Namen wird zugleich die äl- 
teste für uns urkundlich erreichbare Gestalt des Fluss namens 
Altmühl erschlossen. '*^) Formen aus dem 8. Jhrh., s. Fr. 
®'^) j. Weisser, Eother Main; man vgl. as. bnom mit ahd. poum. 



107 

deshalb ein Grundwort, weil es sonst nicht in Verbin- 
dung mit einem Bestimmungsworte erscheinen könnte. 
Da dies Wort sich aber in Ost- und West-, in Süd- 
nnd Norddeutschland vorfindet, da die mit demsejben 
verbundenen Bestimmungswörter sich sämtlich aus dem 
Deutschen herleiten lassen : so kann man moina al» ein 
deutsches Grundwort mit vollem Rechte beanspruchen. 

Da wir nun neben Alemona schon früh die Neben- 
form Alcmana finden und im 9. Jhrh. schon Alchmuna 
begegnet, so wird man das -mana in Hel-mana — aus 
dem 10. Jhrh. — für identisch mit dem in Alcmana 
erscheinenden halten müssen, zumal uns in dem aus 
dem 8. Jhrh. überlieferten Hel-mungowe das u , wie in 
Alchmuna entgegentritt; dem entsprechend wird man 
auch das mana in Sal-mana ***), Wer^mana, War-ma- 
nou, El-manau als dasselbe Grundwort betrachten. 

Da weiter neben Al-mina *i*) auch Al-man-go ^^^) 
aus dem 9., sowie Al-mungo aus dem 11. Jhrh. vor- 
kommt, da neben Helmungc^we auch Helmingouwe und 
Helmengowe erscheint, sowie neben Sal-mana Sal-mene: 
so sind wir gleichfalls berechtigt, -mina bez. -mena auch 
dann als identisch mit -mona und -mana zu betrach- 
ten, wenn diese letzteren Formen neben jenen nicht 
überliefert sind; dies ist z. B. der Fall bei Ilmina und 
Umena, j. Ihn (Donau) und lim (Saale), bei Wir-mina, 
j. Wurm, und Wie-mena, jetzt Wümme. 

So glaube ich denn den thatsächlichen Beweis 
geliefert zuhaben, dass moina, -mona, -moune, -muna, 
-mana, -mina und -mena identisch sind. Ich will nun 
noch versuchen, die genetische Entwicklung dieser 
Formenreihe darzustellen, möchte jedoch ausdrücklich 
bemerken, dass ich nichts als einen Versuch gebe, des- 



**'*) vgl. die schon angeführte älteste Form Sal-monna. 
"") d. i. Alme (Ober- und Niederalme) a. d. Alme; schon Fr. 
hat — D. Ortsn. S. 231 — aus diesem Ortsnamen mit Recht 
auf den Flussnamen Almina geschlossen. '**) aus Almango 
schliesst wiederum Fr. mit Recht, dass die Alme auch Almana 
geheissen habe. 



108 

sen bessere Ausführung seitens Kundiger mir sehr er- 
wünscht wäre, dessen endgültige Darlegung ich den 
Meistern in der germanischen Vokalismuskunde em- 
pfel)le. 

Zunächst halte ich an der bereits in der Abh. er- 
örterten Ansicht fest, dass in Moina der Stamm moid- 
enthalten sei, der ursprünglich wallen und zwar vom 
Wasser bedeutet. Wie nun der Stamm draw neben 
dem unmittelbar abgeleiteten JDravm, j. Drau, auch 
durch Suffixe eine Differenzierung erfuhr, z. B. in Trav-- 
ena, Trew-ina, so gleichfalls nach meiner Annahme der 
Stamm mad. Ich betrachte aber jetzt nicht mehr als 
Grundform Madina, sondern Modina, jedoch mit der frü- 
heren Annahme, dass das d fortgefallen ^^^) ^^ld so die 
Form Moina entstanden sei. Ganz ähnlich ist manare 
aus madnare, finis nach Corssen aus fidnis geworden; 
so heisst im ravensbergischen Niederdeutsch ^i') bleoen 
bluten, bden baden, man roden, Süerlant ==: Sü- 
derland, ?/;/ame = Pfarrhaus aus wedeme^^^); ähn- 
lich ist. Rhone aus Rhodanlis entstanden. — Grade so 
wie nun die Traun (Donau) xms nur in der kontrahier- 
ten Form Druna aus dem 7. Jhrh. überliefert ist und 
in den Urkunden nicht mehr in der vollen unkontra- 
hierten Gestalt mit erhaltenem Konsonanten erscheint, 
welche der mit Traun völlig identische Flussname 
Drone (Mosel) noch als Drabonus bei Ausonius zeigt: 
ebenso müssen wir auch bei Mein eine vorurkundliche 
uralte Ausstossung des d annehmen. Diese muss in 
sehr entlegener Zeit erfolgt sein, weil sich nur so er- 
klären lässt, dass z. B. ausser Mein auch schon der 
älteste für uns erreichbare Name der Altmühl, nämlich 
I4l7ii^i0€vvig , diese Ausstossung aufweist. Nach mei- 
ner Meinung also gab es ein urgermanisches Wort 



. '") Schon Grimm erklärt, dase der Diphthong oi in Moin 
durch Ausfall eines Konsonanten hervorgegangen sei. ^*^) und 
auch sonst noch im westfäl. Nd. bei einigen Wörtern; s. über 
die ravensberg. Formen Jellinahaus, Westfäl. Grammatik S. 54 ; 
vgl. über manare und finis F. II, 183 u. 171. '**) wedeme 
um 1650, 8. Jellinghaus a. a. 0. 



109 

* Modina, welches jedoch schon in der germanischen 
Grundsprache seinen vollen Lantbestand eingebüsst hatte 
und zu Moina geworden war *i^). 

Sodann nehme ich jetzt aus drei Gründen nicht 
mehr Maina als die ursprüngUche Form an, sondern 
Moina. 

Erstens die älteste, uns im römischen Gewände 
überlieferte Gestalt dieses Wortes führt nur auf den 
Diphthongen oi. Die Römer konnten ja das oi in Moina 
allein durch ihr oe ausdrücken; denn nur bis zum 
Ende des punischen Krieges finden sich die Formen 
oino, oinvorsoi, ploirume u.s.w **<>), aber schon in den 
punischen Kriegen schrieb man Poenicus, um 100 v. 
Chr. kommt oe neben oi .sehr gewöhnlich vor und selbst 
schon kurz vor 100 und in höherem Grade später wird 
die Schreibart mit u die gewöhnliche. So drückt ja 
die lateinische Sprache das gr. oi immer durch oe aus. 

Zweitens gehe ich von dem Diphthongen oi aus, 
weil in den ältesten ahd. Formen dieses Grundworts 
sich der Vokal o und nicht a zeigt, nicht bloss bei 
Mein, das in allen bei Fr. aufgeführten Formen den 
Diphthongen oi oder den Vokal o aufweist, wie z. B. 
in Monachgowe aus dem 8. Jhrh., sondern auch bei 
Liastmona, welches in den Urkunden aus der ahd. Zeit 
nur mit o bez. uo oder u vorkommt, und bei Salmonna, 
der ältesten Form des Flussnamens Salm. Möun **i) 
heisst der Main auch im Nibelungenliede. 

Drittens veranlasst mich besonders auch die Auto- 
rität Pauls, welcher in seinen Untersuchungen über den 
germanischen Vokalismus S. 359 bemerkt: „Einen posi- 
tiven Beweis, dass ein Übergang von o in a in der 
Wurzelsilbe stattgefunden, dürfen wir vielleicht, wor- 
auf mich Sievers aufmerksam macht; in goth. alev 



^^^) Das Suffix mit n zeigt sich schon in sskr. mac^ana Wol- 
lust, moe^anl eine Pflanze, sowie ingr. fxaStmfCa eine Was- 
serpflanze; auch dies dürfte für die vorgetragene Etymolo- 
gie sprechen. '**•) s. Gossrau, Latein. Sprachlehre S. 15 der 
2. Aufl., ''^) so schreibt Lachmann (1464, 1), Bartsch in sei- 
ner Ausg. (1524, 1) Meun, 



110 

sehen, welches doch wohl Lehnwort aus lat. oleum sein 
muss. Ich möchte femer hinweisen auf Moguntiacum 
— Maainza und für a im Diphthonqen auf Moenus". 

Weiter das o, welches z. B. in Monachgowe er- 
scheint, betrachte ich als eine Verdichtung des Diph- 
thongen oi, ähnlich wie ahd. ö sich aus ou, goth. au 
verengt und ahd. e aus ei, goth. ai. Dieses o kommt 
sodann auch vor in -mona als zweitem Bestandteile ei- 
nes Kompositums, wie in Liast-mona, Alemona, Sal- 
monna. 

Das ou femer in Witzmoune leite ich daraus ab, 
dass der Diphthong oi, weil er in eine nicht haupt- 
tonige Silbe verpflanzt war, nicht mit der ausreichen- 
den Tonintensität hervorgebracht wurde und so dem 
verdumpfenden Einfluss des folgenden Nasals unter- 
lag ***). Übrigens möchte ich auch darauf hinweisen, 
dass sich bei Williram oi für ou findet, z. B. hoibet 
Caput, toi ros, gdoiben ^ gelonhen^^^). Weitere 
Schwächungen infolge der geringeren Tonstärke sind 
sodann : erstens das u in Alchmuna 3^*) und in Liast- 
munde; femer das a in Alcmana u. s. w., schliesslich 
das e und i in Salmene und Ilmina u, s. w. 

Zur Vergleichung — jedoch zu nichts weiterem — 
kann man die Lautabstufung u, o, a, — e, i 3*^) her- 
anziehen, welche Paul a. a. 0. S. 342 ff. und S. 390 ff. 
behandelt; ich hebe z. B. hervor „die Abstufung in den 
Wurzelsilben der proklitischen Partikeln*' j welche Paul 
a. a. 0. S. 411 auch auf den Einfluss des Accents zu- 



'***) Vgl- über den verdumpfenden Einfluss des Nasals Paul, 
a. a. 0. S. 272, wo nicht der hier vorliegende Fall erörtert 
wird, sondern der, dass sich germ. u in der a-Reihe in ur- 
sprünglich (indog.) unbetonter Silbe unter dem Ein- 
flüsse eines Nasals oder einer Liquida entwickelte. 
'*") s. Heyne a. a. 0. S. 34. — Es findet sich schon bei ^Jlx*- 
fioewCg die Var. uiXxiixovwig. ***) aus dem 9. Jhrh. '***) 
Aus den entwickelten Gründen ist hier die Stufenfolge oi und 
— ou, u, a ; es lässt sich sodann nicht sagen, dass i jünger ist 
als e und selbst als a, denn Ilmina ist ebenso gut aus dem 8. 
Jhrh. überliefert, wie Salraana; ich möchte die Abschwächung 
des oi in i als eine der in a koordinierte betrachten. 



111 

rückfuhrt, z. B. goth. tuz-, ahd. zar-^ za- = ahd. ^Ur)-, 
ze(ry, as. ti-, te-; dem Einfluss des die folgenden Ton- 
silben schwächenden Hauptaccents möchte ich es fer- 
ner zuschreiben, wenn ähd. gam, gowi, gouwi in Zu- 
sanmiensetzungen auch als gewi ^*^) erscheint. — So 
wird z. B. auch im Lateinischen durch den Wortton 
die Tonsilbe derartig angespannt, dass davon die nächste 
Silbe vor und nach geschwächt wird und mit ihr der 
Vokal: jDro, pejero, cano •— cecini, dare — per-dere. 

Hier möchte ich nun zur weiteren Ergänzung des 
betreffenden Abschnittes der Abh. noch einige Fluss- 
namen anscbliessen, die mit Moin identisch bez. zusam- 
mengesetzt sind. 

Ein Mein(bach) fliesst unterhalb Prüm* bei Watze- 
rath in die Prüm (Sure, Mosel); die Monne ist ein 
Nbfl. der Losse (Unstrut). Der Mein — das -bach 
halte ich für einen späteren Zusatz — stellt sich zu 
Main und auch zu Mohne (Ruhr); letztere wird, wie 
schon oben mitgeteilt, noch jetzt vom Volke „de Maine" 
genannt; die Form Monne gehört zu dem in Salmonna, 
Alemona, Liastmona erscheinenden -mona. 

Sodann möchte ich hierher ziehen den Ortsnamen 
Botinmanna y nach Fr. sowohl Rothenmann, südl. von 
Fulda und Rottmann ^^t^^ südöstl. von Erding in 
Oberbayern. Rothenmann liegt an einem auf der Karte 
von R. nicht namhaft gemachten Bache, welcher in den 
Fliederbach (Fulda) fliesst; man vgl. übrigens die gleich- 
falls hessischen Flussnamen Losmanne und Wedde- 
mann ^^^). Ebenso liegt Rottmann an einem Bache, 
der nach der Karte von R. in den Strogen (Sempt, 
Isar) fliesst. Diese Orte haben also nach meiner Ver- 
mutung von gleichnamigen Bächen ihren Namen erhal- 
ten und Botinmanna halte ich somit für identisch mit 
Bothnoune == Roter Fluss, welches nach meiner An- 
sicht auch die Rote Min-de ^^^) (Weser) bedeutet. 



^*) 8. Fr. ^^ auf der Karte von K. steht Kottenmann. 
^^ 8. oben S. 60. ^ 8. über die Weiterbildung durch -de 
oben S. 16 und über die Holzminde und Rote Minde über- 
haupt Abh. S. 367. 



112 

Auch Am. S. 290 u. Fr. stellen die Herleitung des Na^ 
mens Rotinmanna von einem Eigennamen hmno rufu^ 
als eine sehr fragliche Möglichkeit auf; ich möchte 
diese Etymologie noch bestimmter als ziemlich unmög- 
lich bezeichnen. 

Mit noch grösserer Wahrscheinlichkeit bezeichne 
ich als ein Kompositum mit dem vorliegenden Grund- 
worte den Ortsnamen Fiormenni **®), jetzt Viermünden 
bei Frankenberg a. d. Eder. Demselben liegt, wie ich 
glaube, gradeso ein Flussname ♦Fior-mana zu Grunde, 
wie Holtis-minni der Flussname *Holtismina **^). 
♦Fiormana ist also* genau dasselbe wie Vierheche »»a)^ 
letzt Vierbach, der, wie ich Fr. entnehme, auf dem 
Meisner bei Kassel entspringt. Nach der Karte von 
L. entsteht nun der oberhalb Viermünden in die Eder 
mündende „Vierfluss** aus der Vereinigung von vier 
Bächen; zwei davon verbinden sich zunächst zu einem 
Wasserlaufe am Ostende des Ortes Viermünden; dieser 
läuft dann noch ungefähr 300 Schritte weiter und er- 
giesst sich an derselben Stelle in einen grösseren Bach, 
wo zugleich von der anderen Seite noch ein Nebenbach 
in den letzteren einfliesst; der so entstandene Bach mün- 
det dann in die Eder. So findet also am Ostende des 
Ortes Viermünden und 300 Schritte von demselben ein 
Zusammenfluss von Bächen statt. 

Als eine weitere Zusammensetzung mit -mina sehe 
ich den Ortsnamen Hademinm, jetzt Hedemünden süd- 
westl. von Göttingen an. Der Ort liegt an dem Ein- 
flüsse eines Baches in die Werra. Derselbe entspringt 
nach der Karte von R. an einem Berge, welcher da- 
selbst mit „Kl. Kopf bezeichnet ist. Nach meiner 
Meinung hat der Ort von diesem Bache den Namen 
bekommen; darnach muss letzterer *Hademina gelau- 
tet haben. Ich bin nun mit Fr. einverstanden, dass 
Hade- stammverwandt ist mit ahd. hadu Kampf ^^^), 

"®) aus dem 9. Jhr., Fiormanni aus dem 11. Jhrh., s. Fr. 
»*) s. Abb. S. 367. ««) aus dem 11. Jbrh., s. Fr.; es bedeu- 
tet zugleich einen Wald und Ort in der bezeichneten Gegend. 
~») 8. F. m, 60. 



113 

kläre den Namen aber nicht als „Kampffluss" , sondern 
bin der Ansicht, dass die ursprüngliche Bedeutung von 
hath, nämlich jagen, treiben, in Betracht kommt. 
Die Hademina ist der „dahinjagende Fluss^', ein ttot«- 
fibg XdßQog oder (oxvQOogj um einen homerischen Aus- 
druck zu gebrauchen. Wenn man Hademina mit flu- 
vius citiis übersetzt, so wählt man in citus einen mit 
hath in letzter Linie wurzelhaft verwandten Ausdruck. 
Denn citus kommt von der W. ki erregen, wetzen, 
treiben *3*), welche erscheint in sskr. pf cinoti schär- 
fen (ved. erregen, treiben), sskr. $ita angetrieben, 
schnell ; diese gräko-italische W. ki, indog. 1^ ist aber eine 
Nebenwurzel von indog. Jfa schärfen, wetzen, sskr. 
ga gi-gd-ti schärfen, wetzen, erregen, und andrer- 
seits ist indog. hxt weggehen, vergehen, fallen, 
caus. jagen, fällen, welches eben urgerm. Aa^A jagen, 
treiben ist und dem lat. cat-ax fallend zu Grunde 
liegt, eine Weiterbildung der W. ka vermittelst t ^^^). 
— Den Begriff schnell braucht man somit nicht erst 
aus dem von jagen ableiten, was gleichfalls durchaus 
statthaft erscheint, sondern derselbe kann, aus der 
Grundbedeutung der W. %a entsprossen, vielleicht noch 
in einem urgermanischen, aus der W. hath entsprunge- 
nen Adjektivum bez. Partizipium vorhanden gewesen 
sein, welchem sich sskr. gita^ lat. citus vortrefflich an 
die Seite stellen Hesse. 

Der Bach * Hademina würde sich also in die grosse 
Gruppe derjenigen, die von ihrem raschen Laufe den 
Namen bekommen, sehr gut einfügen. — Sachlich 
würde die Erklärung gewiss angemessen sein, denn der 
Bach, dessen Name leider auf der Karte von R. nicht 
angegeben ist, fliesst vom Berge herab. — Ich hoffe, 
dass Fr. und Am. diese Deutung annehmbar finden 
werden; beide haben sich bis jetzt noch für keine Er- 
klärung entschieden, sondern den Namen als rätsel- 
haft bezeichnet ^^^). 

Was nun weiter den von Fr. mitgeteilten Namen 



»•*) 8. F. n, 60. »») 8. hierüber F. I, 54 und 56; vgl. 
I, 545 u. 549. ^ s. Fr. unter Manni und Arn. S. 645. 



114 

Umieimi aiüangt, ao ist es möglich, aber JÜcht w^- 
scaeinlid;!, dßss von dem Personeiuianie& Tlpmanrij wel- 
ches also einen Mann bezeichnet, der auf d^r Höhe 
wohnt, der ganze Ort den Namen bekommen hfub^^^). 
Ich halte es für wahrscheinlicher, d^ass von einem Bache 
Upmana d. h. Höhenfluss (der von der Höhe kommt) 
der Ort genannt ist **®). 

*") Der Name üpmann ist in Westfalen z. B. recht ge- 
i)räachlich, älinlich heisst femer in der Gemeinde Schildesche, 
Kr. Bielefeld, ein auf einer Anhöhe wohnender Hofbesitzer Up- 
meier, sein Holz das Uphok, das daranstossende Feld das Up- 
feld. Nebenbei bemerkt — heisst Schildesche der Schild- 
Esch oder der wie ein Schild d. h. sanft gewölbte 
Esch oder Acker flur, s. über diese Bedeutung von Schild 
Bück a. a. 0. und über Esch Wg., vgl. über nd. esk Jelling- 
haus a. a. 0. — Dieser Name passt ganz genau auf den ältesten 
Teil von Schildesche, nämlich die Bauerschaft Alten-^childesehe, 
welche, wie Verf. aus eigener Anschauung weiss, auf eifern 
solchen Bodenschilde, aui einer sanft von der Aa (Werre, 
Weser) ansteigenden Bodenerhebung liegt. Der jetzige Name 
Alten -Schildesche erscheint bei Fr. als Alden Schilaece (aus 
dem J. 974), in einer Urkunde aus dem J. 1244 ~ s. 2*0- 
Uen^ Denkwürdigkeiten aus der Vergangenheit Westftdens S. 223 
— treffen wir die Form Schildezge^ sowie Oldenscilde. Nun 
führt Fr. unter Atisc (goth. atiec, ahd. e55isc, mhd. esch aus 
e^esch) als Komposita von Esch unter andern auchBohter-esge, 
Bram-ezcbe, Linch-esce, Trever-esga auf, woraus ganz unzwei- 
felhaft hervorgeht, dass -ezge in Schildezge — Esch iat und r^e 
in der Urkunde vom J. 974 entweder eine Entstellung wie Ol- 
denscHde oder eine graphisch unvollkommene Wiedergabe von 
esch(e) bez. esk(e) ist. — Esch ist übrigens eine in der Gem. 
Schildesche noch recht gebräuchliche Bezeichnimg; so hat der 
Meier zuDrewer den „Drewer Esch" , der Hälemeier den 
„Haler Esch". ?'^) Man vgl. über diese Zusammensetzungen 
mit up Fr. Auch dieser stellt Ußahun, Uflon, welches t^yiob. 
Salzuffeln bei Herford bezeichnet, unter die Zusammensetzun- 
gen mit up, ohne sich jedoch imter dem Worte Lon über die 
Bedeutung des zweiten Bestandteiles in Uflon bestimmt aus- 
zusprechen. Uflon bedeutet einen Ort — das liegt in dem Dat. 
Flur., den auch ich in dem vpr liegenden -lahnn bez. Ion an- 
nehme, s. Fr. unter Lon und vgl. über die Örtsname^bildung 
durch den Dat. Plur. Fr., D. Ortsn. S. 195 — es bezeichnet 
also einen Ort, der auf einer mit Holz bewachsenen Bodener- 
hebung liegt. Wenn man nun -lon in Uflon mit dem von Fr. 
unter Xo^ aufgeführten Eompositis Mundlatm nnd Thvrislaun 
verglicht und diese weiter mit jßin}ohun imd RyamMjkun^ so 



115 
Auch Dtd-meni, welches sowohl Dülmen siidwesÜ. 



braucht man, fflaube ich , nicht daran zu zweifehi , dass -Ion in 
Uflon durch Eontraktion aus loun, hhun entstanden, also ein 
Dat. Plur. ist, zumal da üflon auch als üflahan erscheint, als 
dessen kontrahierte Form ich die ebenfalls vorkommende Uflan 
betrachte; vgl. über die Zusammensetzung mit Loh = Holz 
Fr. und Abh. S. 355 über Ion in einigen westfälischen Ortsna- 
men. — Der Name würde z. B. für die nordöstlich und in näch- 
ster Nähe von Salzuffeln beginnenden, zum Teil noch jetzt bewal- 
deten Anhöhen recht gut passen. Desgleichen möchte ich 

hier anfügen, dass auch der rätselhafte Flussname Ocker, der 
schon auf alle mögliche Weise gedeutet ist, dasselbe bedeuten 
kann, wasüpmana, nämlich^Höhenfluss. In den Annales 
Laurissenses, als deren Überarbeitung und Fortsetzung die 
Annalen Einhards zu betrachten sind — vgl. z. B. Watten- 
hoch, Deutschlands GeschichtsqueUen im Mittelalter S. 105 ff. 
der 1. Aufl. und Pertz in der Vorrede zu der Ausg. von JEin- 
hards Annalen in usum scholarum — also in diesen alten Anna- 
len heisst der Fluss OJyaerus (auch Soh-acar mit dem häufig 
hinzugefügten h, s. oben S. 46), während in Einhards Annalen 
Ov^acra und Ov-acrus und erst später bei Thangmar von Hil- 
desheim Ovokare. Die Form Obacrus halte ich für die ältere 
und Ob- für identisch mit ahd. opa, oha, ohe = oben, ober- 
halb, über, welches den Wörtern oben und ober zu Grunde 
liegt; über seine Verwandtschaft mit goth. uf und seine eigen- 
tümliche Bedeutungsentwicklung gibt Wg. unter „ober^^ eine 
recht klare Auseinandersetzung. In -acra sehe ich ein Grund- 
wort für Fluss, welches nach meiner Vermutung als blosses 
Grundwort, als Simplex erscheint in Ackara Agger (Sieg), so- 
dann in Agara, nach Fr. die Eger (Elbe), Eger (Wemitz) 
und die aus dem Attersee kommende Ager bezeichnend; das 
gleiche Grundwort möchte ich auch annehmen in Ecker, dem 
am Brocken entspringenden Nbfl. der Ocker, sowie in ücker, 
von der die Uckermark den Namen bekommen hat; Ucker 
würde Mch verhalten zu Ackara, wie Ulstra zu Alstra u. s. w. 
Der Name Höhenfluss würde sehr geeignet sein fär die am 
Brachberge im Harze entspringende Ocker. Nach der Karte 
von R. tritt die eine Quelle ganz in der Nahe des einen Torf- 
hauses am Bruchberge zu Tage; dieses Torfhaus am Südwest- 
emde des eigentlichen Bruchberges liegt nach der Karte 
2480* hoch, während die Höhe des Bruchberges selbst in Meyers 
Konv. m, 764 mit 975 Met. — also über 3000' — angegeben 
ist; die Quelle der Ocker würde demnach auch wohl noch 2000' 
hoch liegen. Mit dieser einfachen Erklärung wäre der Name 
Ocker ak deutsch gerettet. In einer spätem gründlichem Un- 
tersuchung über diese Namensfanulie von dunkler Herkunft werde 
ich hoffentlich die jetzt vor- und beiläufig gegebene Etymologie 

8* 



116 

von Münster als Dollen (Dohlen'), südl. von Oldenburg 
im Huntegebiet, bezeichnet, Kann hierher gehören. 
Dem Dulmeni kann ein Flussname *Dulmana ss *Dal~ 
mana = Thalfluss zu Grunde liegen; es verhielte 
sich ^DvUmana : *Daimana = Svlz-aha : SsUz-aha = 
Hunaha : Hanaha u. s. w. ; Dulmana wäre =» Dolaha, 
j. Thalach (Schwarzach, Altmühl). — Schon in meiner 
Abh. S. 373 habe ich die Vermutung aufgestellt, dass 
inDelme (Weser) das -me aus mana entstanden nach 
Analogie von Ahne, Helme, Dme u. s. w. und Delme 
mit Dill (Lahn), Dyle, Did-fe (Weis, Sieg) Thalfluss 
bedeute. Sachlich würde nun der Name Thalfluss auch 
in vorliegendem Falle passen, besonders wenn man die 
Lage des Dorfes Haus Dülmen in Betracht zieht, 
welches ungefähr V» Stunde von der Stadt entfernt ist. 
Haus Dülmen liegt nämlich am Zusammenflusse des 
Heu- und Mühlenbaches und zwar nach der Karte von 
L. auf einem niedrigen Wiesenterrain, während sich 
auch nach der Karte von Syd. östlich von der Stadt 
Dülmen, von Südosten nach Nordwesten bis zur Hügel- 
gruppe von Koesfeld hinziehend, eine Bodenerhebung 
bemerkbar macht und im Südwesten von Dülmen der 
Heubach zwischen der Hohen Mark und den Bor- 
kenbergen durchfliesst, also hier nicht bloss wie bei 
Haus Dülmen und im Oberlaufe in einer Bodensenkung, 
sondern in einem wirklichen Thale strömt. Es kommt 
nun sehr häufig vor, dass die ursprünglichen Flussna- 
men verloren gehen und durch neue ersetzt werden; 
wir sahen dies z. B. bei der Lesum, der Spülig, dem 
Hahnenbach. So kann auch der Name Heubach bez. 
Mühlenbach an Stelle des älteren * Dulmana getreten 
sein. 

Auch in der Nähe von Dohlen entspringen zwei 
zusammenfliessende Bäche, welche ebenfalls nach der 



bestätigen, sowie mich entscheiden können, ob auch die Oppa 
(Oder) mit opa, oha zusammengesetzt ist, also ahd. etwa *Qp- 
aÄrt, *Oh'aha = *Op-ä, *Ob-ä Höhen fluss heisst; hoch ge- 
nug — nämlich 979 Met. nach Meyers Konv. XU, 334 — ent- 
springt dieselbe. Zugleich werde ich dann versuchen, die Ety- 
mologie des Grundwortes Agara bez. Ackara zu geben. 



117 

Karte von R. in einer Bodendepression der Hunte zu- 
fliessen. 

Schliesslich möchte ich die Vabne (Ruhr) und Volme 
(Ruhr) mit ziemlicher Sicherheit als Zusammensetzun- 
gen mit -mana bezeichnen, sowie vorläufig — vorbe- 
haltlich näherer Untersuchung — bezüglich des Yal- 
bemerken, dass die Wasserfarbe der Volme — abge- 
sehen von verschiedenen andern Momenten — es ver- 
bietet, an fahl = gelblich, gelblich grau zu den- 
ken, dass vielmehr das Bestimmungswort, wie ich an- 
nehme, mit Feld, welches nd. noch vielfach fallt heisst, 
zusammenhängt. 

Jellinghaus, ein gründlicher Kenner der westfälisch- 
niederdeutschen Mundart, der sich durch die Heraus- 
gabe seiner Westfälischen Grammatik *39) ein entschie- 
denes Verdienst um die Erforschung der nd. Sprache 
erworben, bemerkt daselbst S. 24, nachdem er die ra- 
vensbergischen Wörter, wie aisen fürchten, faige dem 
Tode verfallen, laige schlecht u. s. w. aufgezählt, 
deren ai goth. ai entspreche, weiter: „Hier sind noch 
zu erwähnen: failt Feld, Westfailinger Westfale, 
lainen leihen"; „dieses ravensberg. ai", heisst es S. 
23, „findet sich aber noch weithin in den angrenzen- 
den Gebieten, im märkischen Süderlande u. s. w." — 
Nach meiner Vermutung hat also die Valme bez. 
Volme ^*<>) ursprünglich *Faildmona oder *Failthmona 
geheissen, aber nicht in der Bedeutung Feldfluss, so 
dass Feld eine Fläche zum Fruchtbau bedeutet, sondern 
in der von Hochfeldfluss ^^i), was nicht bloss auf die 
Valme und Volme, sondern auch auf die Fulddha — 
von Grimm als „Landfluss" gedeutet ^^^) — vortrefflich 
passt. Die Fulda entspringt nämlich an der zur Ho- 
hen Rhön gehörigen 3**) Kl. Wasserkuppe. Von der 
Hohen Rhön bemerkt Dan. S. 291: „Die höchsten Er- 



889) Westfälische Grammatik. Die Laute und Flexionen der 
Ravensb ergischen Mundart. Bremen (Kühtmann). ^^ Das o 
in Volme ist weiter nichts als die bekannte Verdunkelung des 
a in o. ***) oder Plateaufluss. •**) der es zusammenbringt 
mit as. folda, an. fold, welches mit Feld verwandt ist, s. Wg. 
unter Feld. »*») s. Dan. S. 370. 



118 

hebungen (Kuppel) sind wie Kegel oder breite Berg- 
flächen und Felder geformt^^; über das zur Hohen Rhön 
gehörige Dammersfeld heisst es unter anderm: „Das D., 
2948' hoch, hat gegen Südosten Massen von über ein- 
ander gestürzten Basalten, die mit dem schönsten Laub- 
holz bäeckt sind. Der grösste Teil des ansehnli- 
chen Berges mit langem Rücken trägt Wiesen". 
Ähnlich wird in Meyers Konv. IV, 941 gesagt: „Das 
D. hat einen langen und breiten, mit grossen Moo- 
ren und Wiesen bedeckten Rücken , auf dem sich noch 
eine Kuppe erhebt**. — Das -feld in Dammersfeld »**) 
bin ich geneigt unmittelbar mit dem -ßeld z. B. in 
DoYre^eld (im skandinavischen Hochgebirge) zusammen- 
zubringen; es bedeutet im germanischen Norden tmd 
Süden dasselbe, nämlich die Bergfläche, das Berg- 
feld, im Gegensatz zu den Berg kuppen, die sich 
darauf erheben. — Ähnlich wie mit dem Dammers- 
feld verhält es sich bekanntlich, wie schon angedeutet, 
bezüglich der Berggestaltung mit der Hohen Rhön über- 
haupt. So bemerkt Guthe in seinem vortrefflichen 
Lehrbuch der Geographie kurz und treffend 5*^) : „Die 
Hohe Rhön besteht aus einer zusammenhängenden 
Massenerhebung von Basalt, über welche sich 
noch vereinzelte höhere Kuppen auftürmen". 
Die Hohe Rhön besteht eben aus Bergfeldem bez. aus 
Bergfeldem mit Bergkuppen. — Aber nicht nur passt 
der Name Bergfeldfluss vortrefflich für die von der 
Hohen Rhön herabkommende Fulda, sondern auch für 
die gleichfalls von dort herabfliessende Felde, auch 
Volle (Werra), ahd. Feld-aha. 

Die Vahne hat ihre Quelle an dem um den Kahlen 
Astenberg sich nordwestl. lagernden Plateau oder Hoch- 
felde, desgleichen dieVolme an dem Bergfolde, welches 
sich an das Ebbegebirge im Südwesten anschUesst; das- 
selbe möchte ich nach dem in der Nähe hegenden 
Flecken das Hochfeld von Meinerzhagen nennen. 

^ Dammersfeld hat Fr. als Staberesfeld aus dem 11. Jhrh.; 
darin ist -feld sicherlich nicht verderbt, wenngleich Fr. — be- 
züglich des ersten Bestandteiles offenbar — ein „verderbt?" an- 
fügt. 8«) S. 500 der 1. Aufl. 



119 

« 

IKe Quelle der Volme liegt nach L. a. a. 0. S. 71 
1489' hock 

Kurz will ich jetzt nur berühren, dass zunächst der 
Ausfall des Ä in ^Faildmona nichts AufiTalHges hat 
JelHnghaus bemerkt a. a. 0. S. 56: „Nach langem 
diphthongischen Laute fallt d (sc. in der Konsonanten- 
verbindung Id) aiis, z.B. /btfor Felder, tweofe Mulde"; 
Fr. setzt z. B. Veltpah als die eigentliche Form hin 
und fügt dann aus d^n Urkunden diesen Flussnamen 
in der Gestalt aus dem 8. u. 11. Jhrh., nämlich Fei-^ 
back und Velbach, an; man vgl. auch Velbert (Kr. 
Elberfeld), ahd. Feld-broMi — 9. Jhrh. — und VeUbraM 
— 11. Jhrh. «*«). — Sodann halte ich das a in Valme 
ebenso für eine Verengung des ursprünglichen Diph- 
thongen, wie sie erscheint in Lasphe neben Laispe, 
vielleicht auch inLaca, j.Leck, neben Laika. Die Ver- 
dunkelung des a in in Volme stellt sich neben die 
in Losmanne vorkommende, welches ich oben **^) = 
'^'Lasmana erklärt. 

Schliesslich möchte ich noch einmal ausdrücklich 
hervorheben, dass unser Wort Feld ursprünglich grade 
wie das altnordische fiall ^^^) auch B ergf lache, Hoch- 
feld nach meiner Aiinahme bedeutet h»t, eine Bedeu- 
tixng) deren nähere Nachweisung und Begründung ich 
einer spätem Untersuchung vorbehalte. 



Erst nach der Absendung der vorliegenden Unter- 
suchungen erfuhr ich auf einem Ausfluge auf das zwi- 
schen Lenne, Bahmede (Lenne) und Verse (Leime) sich 



"«) Wahrscheinlich ist Valbert, ahd. Fak-hreht (Kegbz. 
Arnsberg) derselbe Name; ist das der Fall, so wäre auch der 
Vokal a für das a in Val-me gegenüber dem e in Feld-aha, 
Vell-e, bemerkenswert. — Vgl. übrigens über die Einschiebung 
und Aasstossung von Konsonanten noch Sievera, Grundzüge der 
Phonetik, S. 212 der 2. Aufl. »*') s. S. 60. »*») Man vgl. 
den angenommenen Ausfall des d in *Faild-mona mit der Laut- 
angleichung U statt Ith im An. sowie über die Identität von 
JFWrf und 9,u.ßaU Wg. unter Feld, femer über die wurzelhafte 
Verwandtschaft von Fel-d und Fel-s Wg. unter Fels. 



.T:^ 



120 

erhebende Hochfeld **^) den Namen eines auf der Kreis- 
karte von Altena zwar verzeichneten, aber nicht nam- 
haft gemachten Baches, nämlich der Völmeke; sie 
mündet in die Rahmede (Lenne). Völmeke ist offenbar 
ebenso die Parallelform von Volme, wie Almecke von 
Ahne, Hellmecke von Helme, Sollmecke von Salm u. s. w. 
Die Entfernung von der Quelle der Völmecke bis zur 
Volme beträgt in grader linie eine Meile. — Das ö in 
Völmecke ist entweder aus e entstanden, wie Höllmecke 
statt Hellmecke, so dass nicht wie bei Volme und Valme 
die Form mit ai (faild), sondern die mit e (fdd) zu 
Grunde liegt, oder es kann auch — und dies ist wegen 
der Nähe der Volme wohl das Wahrscheinlichere — das 
ö in Völmecke gradeso aus ai hervorgegangen sein, wie 
Löster nach meiner Annahme auf *Leistara bez. * Laist- 
ara zurückgeht. Der Name Völlmecke bietet zugleich 
einen weitem schlagenden Beweis dafür, dass -meke 
nicht eine Entstellung aus beke ist, sodem dass an 
-me, den Torso von mana, -ke entweder als Verkleine- 
rungssilbe oder als der Best eines tautologisch ange- 
hängten beke getreten ist. 

Hier konnte ich mich nun an Ort und Stelle über- 
zeugen, dass meine Erklärung von Volme und Valme 
sehr wahrscheinlich sei, da dieselbe auf die sprachlich 
verwandte Völmecke ganz vortrefflich passt. — Das 
oben erwähnte Hochfeld zwischen Lenne, Verse und 
Rahmede, auf welchem ungefähr ^/i Stunden von der 
Einmündung der Bahmede in die Lenne mehrere Ge- 
höfte liegen mit dem charakteristischen Namen Berg- 
feld, nimmt nämlich ungefähr V« Stunde weiter bei 
Rossmart erst recht den Charakter eines Bergfeldes 
an, indem es an Ausdehnung bedeutend zunimmt. An 
dem Rande dieses Hochfeldes nun entspringt in meh- 
reren Quellen die Völmecke und fliesst in einer Thal- 
mulde mit ziemlich starkem Gefälle zur Rahmede hin- 
unter. 

Da ich hier die Rahmede erwähne, so benutze ich 

'*') Der Name eignet sich sehr gut zur Bezeichnung eines 
Plateaus von geringerem Umfange ; denn unter einer Hoch eb en e 
versteht man doch ein ausgedehntes Plateau. 



121 

die Gelegenheit, um eine inder Abh. vorgetragene Deu- 
tung dieses Namens zu yerbessem. 

Ich hatte daselbst S. 354 Rahmede als Wild- 
matte erklärt, entstanden aus as. hrä roh, wild und 
tnede = Matte =s nnld. mat, aMs. mede. Ich nahm 
also an , dass ausnahmsweise — wenn auch erst später 
— der Fluss Ton dem Thale bez. dem Orte den Namen 
bekommen habe. Dies darf man aber immer erst nur 
bei solchen in alter Form nicht überlieferten Flussna- 
men in letzter Linie annehmen; Fr. D. Ortsn. S. 199 
bemerkt hierüber: „Dass umgekehrt Flüsse nach Ör- 
tem heissen, ist eine ganz moderne Erscheinung". 
Wenn sich daher eine liklärung finden lässt, nach 
welcher der Ort von dem Flusse den Namen bekommen 
hat, so ist diese unbedingt vorzuziehen. Eine solche 
ist aber bei Rahmede möglich. 

Ich fand nämlich auf der Karte von L. ungefähr 
20 Minuten von dem Einfluss der Valme in die Ruhr 
das Dorf Velmede, ahd. Felmedo (s. Fr.); femer er- 
fahr ich durch Erkundigung an Ort und Stelle, dass 
der Bach, welcher bei Veserde — im Kreis Altena — 
entspringt, Versbeck heisst. Felmedo führt Fr. — 
D. Oirtsn. S. 227 — unter den Ortsnamen mit dem Suf- 
fix 'ithi, bez. -idi an, welches nhd. meistens als -de 
oder 4e erscheint. Veserde heisst auch auf Karten 
Verserde und wird im Volksmunde noch ziemlich all- 
gemein Vers« de ausgesprochen, wodurch die Identität 
des Vers- in Versbeck und des Ves-, bez. Vers- in Ve- 
serde bez. Verserde ausser Zweifel gesetzt vrtrd. Ve- 
serde sollte also nach meiner Annahme Versede heissen ; 
das r hat sich vor dem d als Bequemlichkeitslaut ein- 
geschlichen, nachdem es aus der ersten Silbe aus dem- 
selben Grunde verdrängt war. Velmede würde darnach 
heissen der Ort bei der Valme ^s®), Versede der Ort 

***) In dem Umstände, dass Velmede 20 Minuten von der 
Einmündung der Valme in die Ruhr entfernt liegt, kann kein 
Grund liegen, die Erklärung abzuweisen; z. B.Wennemen 
a. d. Ruhr , welches doch wohl sicherlich von der f a s t 20 Min. 
von hier einmündenden Wenne den Namen hat, liegt sogar auf 
dem rechten Ruhrufer, während die Wenne links einfliesst; 



122 

an der Verse bez. Versbeck. So erkläre ich nun auch 
Rahmede als den Ort an der Rah-me, Bah-me aber 
als eine Zusanunensetzung aus as. hrd wild '<>^X höse 
und "tne, sodann -me als den Best von mana bez. 
moina; Bahme hiesse demnach Wildbach. — Nun 
entspringt die Bahmede in mehreren Quellen an dem 
Hochfelde von Lüdenscheid — diese Stadt liegt nach 
Liebrecht a. a. 0. 1383' über dem Meere — ; der Bach 
mündet in der Nähe des am oberen Ende von Altena 
befindlichen Lennepegels, wo ein paar Fuss über der 
Strasse an einem Felsen die Höhe über dem Meeres- 
spiegel mit 158 Met, also ungefähr 505^ auf einer Me- 
tallplatte bezeichnet ist; die l^nmündung der Bahmede 
erfolgt ungefähr lO' niedriger, also etwa 495' hoch« — 
Lüdenscheid liegt aber nach Liebrecht a. a. 0. S. 3 *^*) 
von Altena 140 Minuten entfernt. Dies ist auch unge- 
fähr die Entfernung von der Quelle der Bahmede bis 
zu ihrer Mündung; denn die Chaussee von Lüdenscheid 
nach Altena ist — bis auf eine ganz unbedeutende 
Strecke bei Lüdenscheid — ihrer Gesamtausdehnung 
nach im Thale der Bahmede herabgefiihrt und demnach, 
weil das Thal sehr enge ist, im ganzen und grossen 
ebenso* lang wie der Bach selbst. Hieraus ist ersicht- 
lich, dass das G-efälle der Bahmede ein sehr bedeuten- 
des ist, infolge dessen auch im Bahmedethale sehr viele 
Fabriken u. s. w. liegen, welche die Kraft dieses vor- 
züglichen Wassergef^Ules ausnutzen. Somit passt der 
Name Wildbach recht gut auf die Bahmede, die sich 
allerdings schon seit langer Zeit beinahe in ihrem gan- 
zen Laufe unter die zwingende Hand des Menschen hat 
beugen müssen, der zum Betriebe seiner Werke Sam- 
melteiche gegraben sowie Ableitungskanäle zur wirksa- 
meren Ausnutzung des Gefälles gezogen und dadurch 
dem wilden Gange des Baches vielfach Hemmschuhe 
angelegt hat. 



Yelmede ist nach der Karte von L. zu beiden Seiten der Ruhr 
gelegen. "*) s. Wg. unter roh. ■**) S. 3 der Ortschafts- 
und Entfemungstabelle des Kgbz. Arnsberg , wo „die Entfernun- 
gen in Minuten = Vioo pr. Meü. = 1 Nummerstein auf den 
Itaatschausseeen angegeben sind*^ (S. 1.) 



123 

Für diese Erklärung spricht auch der Umstand, 
dass so die Bah-me mit der Ruh-me (Leine), mit der 
Bo-mecke, einem Zuflüsse der Mohne, und der Ru- 
mecke (Ruhr) eine Gruppe bildet Diese letzten drei 
Flussnamen habe ich schon in der Abh. als „Wildbach^^ 
erklärt und ihren ersten Bestandteil mit „roh*^ zusam- 
mengebracht, welches ahd. r^, rd, rou lautet. — Die 
Ruhme entspringt nach der Karte von R. und Syd. 
noch oberhalb Ruhmspringe am Rothen Berge und 
hat sicherlich anfangs einen sehr raschen Lauf. — Die 
Rumecke (Ruhr) kommt nach der dem Natorpschen 
Buche Bunr und Lenne angehängten Spezialkarte 
von der Hellefelder *ö*) Höhe, welche nach Liebrecht 
a. ai 0. S. 72 1582' hoch ist. DiQ Rumecke mündet 
bei Freienohl. Nun Hegt die Ruhrbrücke bei Freienohl 
nach Liebrecht a. a. 0. S. 71 733' über dem Meeres- 
spiegel; die Rumecke hat aber nur eine Lauf länge 
von ungefähr einer Meile ®ö*), also bei einer so kurzen 
LauMrecke ein ungemein stiaxkes Gefälle; die Erklä- 
rung würde somit vorzüglich passen. — Die Romecke 
hat ihre Quellen in dem Berglande zwischen Ruhr und 
Mohne, welches von Brilon bis in die Nähe von Ne- 
heim sich hinzieht und mit dem Namen Arnsberger 
Wald®**) bezeichnet wird; sie entspringt nördl. von 
Hirschberg und wird sicherlich einen reissenden Lauf 
haben. 

Nach meiner Meinung würde nun auch die Rah- 
mede bez. Rahme jetzt wahrscheinlich Rahmecke lau- 
ten, wie die vielen andern Bäche auf -mecke besonders 
auch im Kr. Altena, wenn nicht im Thale der Rahme 
schon früh der Ort Rahmede entstanden und dieser 
Name mit der Zeit nicht bloss zur Bezeichnung des 
Ortes und des betreffenden Thalabschnittes, sondern 
auch zur Benennung des ganzen Thaies angewandt wäre. 
Hierdurch geriet der Flussname anfangs in den Hinter- 



"■) HeUefeld wohl ziemlich sicher = Berffhochfeld; s. 
über das germ. heüa = Berg F. III, S. 70; sachlich würde die 
Bedenttmg recht gat passen. ^'^) nach der Karte von L. und 
der Spezialkarte zu Natorps Ruhr und Lenne abgemessen. 
«») Liebrecht a. a. 0. S. 59. 



124 

grund und schliesslich in völlige Vergessenheit, da der 
Name des Ortes und Thaies auch zur Bezeichnung des 
das Thal durchfiiessenden Baches gebraucht wurde; 
dasselbe habe ich bei dem oben besprochenen Bachna- 
men Perschling angenommen. Man sagt also jetzt die 
E ahme de und bezeichnet damit sowohl den Stadtteil 
Altenas als den Bach; ähnlich bedeutet die Nette so- 
wohl einen Stadtteil Altenas, als den Bach Nette 
(Lenne) '^ß), welcher seinem engen Thale und dem in 
demselben belegenen Orte den Namen gegeben hat. — 
Übrigens war ich recht erfreut, als ich von einem hie- 
sigen sehr ortskundigen und zuverlässigen Manne hörte, 
dass man noch vielfach ganz deutlich sage: „In der 
Bahme^^ Ich sehe in diesem Volksausdruck nicht eine 
Abschwächung aus Rahmede, sondern eine Bewahrung 
des Ursprünglichen. 



VII. 

Nachtrag. 

Ich halte den Namen Veldenzer Bach, den ich 
nachträglich auf der Karte von L. gefunden, für wich- 
tig genug, um ihn — wenn auch an dieser Stelle — 
noch anzufügen und zu besprechen. 

Nach meiner Meinung ist hier „Bach" , wie so oft, 
späterer Zusatz, und das Flüsschen hat ursprünglich 
die Veldenz geheiasen; die an demselben gelegenen und 
nach ihm genannten Orte Veldenz und Thalveldenz 
haben den ursprünglichen Namen bewahrt. — Die 
Veldenz mündet oberhalb BernkacStel gegenüber der 
links einfliessenden Lieser in die Mosel und kommt vom. 
Hunsrücken herab. — - Nun ist bekanntlich der Huns- 



^) Über den häufig vorkommenden Flussnamen Nette habe 
ich Abh, S. 352 ff. gesprochen. 



125 

rücken seinem Grundchaxakter nach ein Plateau, auf 
welchem sich allerdings an mehreren Stellen Bergket- 
ten erheben. Auf einem solchen Plateau oder Hoch- 
felde entspringt die Veld-enz und hat deshalb ihren 
Namen Hochfeldfluss mit Kecht. Ich betrachte dem- 
nach *Feld'enza als die ahd. Form für Veldenz. Der 
Name bildet mit Fulda, Felde, Valme, Volme, 
Völmeke eine Gruppe und ist deshalb recht wichtig, 
weil er auf das klarste z.eigt, dass Enz in Verbindung 
mit unzweifelhaft deutschen Bestimmungswörtern er- 
scheint. Ich möchte es somit nochmals als sehr wahr- 
scheinlich, ja als fast sicher bezeichnen, dass Enz ein 
deutsches Grundwort für Fluss ist. 

Sodann trage ich hier noch nach die Helbe 
(Volme, Ruhr, Rhein). So heisst nämlich der Bach, 
wie mir mein hiesiger KoU. Nagel auf Grund persönli- 
cher Erkundigungen an Ort und Stelle mitgeteilt; 
auf der Karte von L. wird er Halver Bach genannt. 

Ich halte diesen Flussnamen für identisch mit der 
thüringischen, bereits oben erwähnten Helbe; die oben 
gegebene Erklärung „Bergflms^^ würde recht gut auf 
die unweit Halver entspringende Helbe passen. Nach 
Liebrecht a. a. 0. S. 71 liegt die Küsterei bei Halver 
1421' hoch, der Ort Halver selbst aber auf einem Pla- 
teau, von welchem — anfangs in westlicher Richtung 
im allgemeinen — die Quellbäche der Ennepe, nach 
Nordosten die Helbe abfliesst. Demnach erscheint das 
Plateau von Halver, von dem Helbethale aus gesehen, 
als ein Berg, so dass die Bezeichnung „Bergfluss^^ recht 
gut passen würde. Wie also der thüringischen Helme 
eine süderländische Hellmeke bez. Höllmeke ent- 
spricht, so tritt dem thüringischen Helbefluss als 
Namensbruder der süderländische Helbebach zur Seite. 

Bezüglich der Zurückführung von Helbe auf *HeU 
apa will ich noch bemerken, dass im Volme- und 
;&inepegebiet grade das Grundwort apa recht gebräuch- 
lich ist, man vgl. z.B. die Flussnamen -Eww-ßjoe, Has-pe^ 
Eil'pe, KierS'pe, Linn-epe (s. Abb. S. 366 fif.), während 
in den Namen der Neben- und Zuflüsse der Lenne im 
Kr, Altena das auf moina zurückgehende Grundwort 



126 

-meke ungemein häufig mch findet; man TgL die Soll- 
mecke, HöUmecke, Volmecke, Brachmecke^ Barmecke, 
femer die einmal später zu behandelnden Flnssnamen 
Düsmecke, MöUmecke, Hemecke (bez. Hamecke). Sodann 
möchte ich noch darauf aufinerksam machen, dass auch 
die in Abschnitt HI besprochene Laasbeck (Lenne) im 
Yolksmunde nicht vereinzelt, sondern sehr oft Laos- 
mecke lautet. Da -mecke auf moina, -mana zurückgeht, 
so wäre demnach Laasmecke identisch mit dem 
gleichMis oben erwähnten Flussnamen Losmanne. 

In betreff des in Abschnitt IV erwähnten Flussna- 
mens Leber, für den ich als Grundfonn *Libara an- 
gesetzt, bemerke ich schliesslich noch, dass ich nach- 
träglich bei Fr. S. 979 den Ortsnamen „Lebraha. 9. Lü- 
vre bei St. Marie aux Mines, W. v. Scfdettstadt^^ gefun- 
den. St. Marie aux Mines heisst deutsch bekanntlich 
Markirch undLievre auf der Sparte von R. Leberau. 
Da Leberau an der Leber liegt und -aha in Lebraha 
» Leberau unbedingt auf einen Fluss hindeutet, so lei- 
det es keinen Zweifel, dass L^-aha — auch Lepr^-aha 
aus dem J. 856 — die alte Form für den jetzigen 
Flussnamen Leber ist 

Das r in Lebraha betrachte ich als aus ar entstan- 
den, wie Adrana aus ^Adarana, Hluthraha aus 
Hlutaraha. Hier wäre demnach wie in Wis-ur-aha 
und nach meiner Annahme auch in Les-ur-ä das 
Grundwort an das Bestimmungswort vermittelst eines 
Suffixes gefügt; die gleiche Kompositionsweise mit ei- 
nem Suffixe nahm ich an in Liub-is-aha, dessen 
liub- mit dem leb- in Leb -r- aha in Abschnitt III als 
stammverwandt hingestellt wurde. 



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