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Bertrage
Geſchichte der königl. Stidte Mibrens,
insbeſondere
k. Landeshauptſtadt Brünn.
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(Picks Wert biftet ten IM. Bant ter Schriften ter hiſtoriſch-ſtatiſtiſchen Seltion ber
mi. f. Geſellſchaft yur Beforterung tes Ackerbanes, ter Natur⸗ und Landcotunde).
(Mit einer fith. Tafel, die Anidt dee Ericiberge).
— —— — ·—— OBI OOO —— — —— — —
Brüũumn, SCO.
In Temminñien ter Budheandlauz A. Rrüch
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Geſchichte der kinigl. Stidte Mährens,
ingsbefonbdere
ber
k. Landeshauptſtadt Sriinn.
Von
Chriftiau hws vt,
k. f. Ober + Finanfrathe.
I. Vand.
(Diefes Werk bildet ben XM. Band ber Schriften ber hiſtoriſch⸗ſtatiſtiſchen Geltion der
f. f. m. ſ. Geſellſchaft zur BefSrbderung bes Aderbaues, der Natur⸗ und Landestunde).
(Mit einer Lith. Tafel, bie Anfidht bes Spielbergs).
A
— ——4 — ——— Roc oo —-- ----. — ee.
Griinn, 1860.
($n GCommiffion ber Buchhandlung A. Ritid).
Drud v. RM. Rohrer’é Crden in Sriinn.
© 35074 Higgs — 6103
Vorwort.
— — — —
Seit früher Jugend habe ich an ben Intereſſen meiner Ba-
terſtadt lebhaften Antheil genommen. Schon die Studienzeit in
Brinn mit feinem neuen Landes-⸗Muſeum und in ben Univerfitäts⸗
Städten Olmütz, Prag und Wien mit ihren viel reicheren literd-
rifden Hilfamitteln wurde and dazu benützt, Stoff gu ſammeln
um, aud obne Benützung bes unzugänglichen ftidtifden Archivs, den
Verjud einer Gefdidte von Briinn (1828) gu ſchreiben, welder
freundli& anfgenommen wurde, weil er nach Langer Rube wieder
bie Bahn auf bem Felde der vaterlandifden Geſchichtſchreibung brach.
Als ich in ben Staatsdienſt trat, fam ich bet bem Landesgubernium
und bem briinner Kreisamte burch zwei Jahrzehende in bie Lage,
nidt nur in die Buftinde und Geftaltungen der Vorzeit und Ge-
genwart aus erfter Quelle Einſicht gu nehmen, fondern mid and
bet Ausführungen zu betheiligen, die nad langem Verſäumniß bas
Giegel des Fortfdrittes an fic trugen. Die beharrliche Einwir⸗
fung der höheren Straffenverwaltung gaben den Vorftidten etn gang
anberes Ausſehen. Die nach vieljibrigen Verhandlungen endlich m
Reiten der Moth bewirkte Regulirung der Zwittawa befreite einen
Theil der Vorftddte von regelmafigen Ueberſchwemmungen und bot
ber Stadt die Möglichkeit, fis in ber Thalebene auszubreiten. Die
Gelegenheitsfdrift: Die Schweden vor Brinn, Brinn 1845, unter-
brad ben aufgedrungenen Stillftand in ber literäriſchen Wirkſam—
feit. Als fid) aber die Verbhiltniffe günſtiger geftalteten, wurde
1*
4
jenes flott gemadt, was bet wenig Ausſicht in eine beffere Zutunft
mit ausbauerndem Muthe während ber Zwiſchenzeit war gefammelt
worden.
Mannigfachen Stoff zur Geſchichte Brünns bieten von mei—
nen ſpäteren Arbeiten: Die Geſchichte von Iglau, Brünn 1850
(mit Seitenblicken auf bie anderen k. Staͤdte), bie Geſchichte der
hiſtoriſchen Literatur Mährens und Oeſterr. Schlefiens, Brünn 1850,
bie Bibliothelen und wiſſenſchaftlichen Sammlungen in Mabren und
Schlefien (im 3. H. ber Schriften der hiftor. Sektion, 1852), die
Buderfabrifation in Mähren und Geblefien (eb. S. 41—58, Mittheil.
d. Adferbaugef. 1859 Mr. 7), die Gefchichte bes Cheaters in Mähren
und Gdlefien, Brünn 1852 (im 4. H. d. Gelt. Schr.), die gelebr-
ten Geſellſchaften in Mähren und SGeblefien (im 6. B. d. Set.
Schr., 1853), die Geſchichte des Bücher⸗ und Steindruckes, des
Buchhandels, der Bücher⸗Cenſur und der periodifden Literatur in
Mähren und Schleſien und Nachträge zur hiſtor. Literatur, Briinn
1854 (6. B. b. Gelt. Schr.), bie Cultur⸗Fortſchritte Mährens und
Schleſiens, Brinn 1855, die Geſchichte ber Verkehrs-Anftalten in
Mihren und Schleſien, Brinn 1855 (beide Schriften guf. bilden
ben 8. B. d. Gelt. Schr.), Hangely’s brünner Diarium 1723 —
1755 (im 9. B. d. Gelt. Shr. S. 4388 — 453, über Kunſtzu⸗
ſtaͤnde in Brinn, eb. ©. 394 — 401), die Gefdidte der Schul⸗,
Studien⸗ und CErziehungs-Anflalten in Maͤhren und Schlefien,
Brinn 1857 (bd. 10. B. bd. Sekt. Schr.), bie Geſchichte ber Heil-
und OHumanitits-Anjtalten in Mähren und Schleſien, Briinn 1858
(bd. 11. B. b. Sekt. Schr.), die Einführung gleiden Maßes und
Gewichtes, dann deren Cimentirang in Mähren und Schleſien (im 12.
B. bd. Gel. Schr. 1859, ©. 422 — 468), die Geſchichte ber Preis-
SGagungen (Caren) in Mähren und Schleſien (eb. S. 468—526),
bas bon mir redigirte Motizenblatt der hiftorifden Geltion feit 1855
4
u. a. Auch ſonſt ſtudet fic) noch mancher Stoff vor, namentlid
in Wolny's Topographie, im Codex diplomaticus Moraviae von
Bocel, Chytil und Peter Ritter von Chlumedy (bisher in 7 Bane
ben big 1345), in der Chronik des brünner Rathsherrn und Apo⸗
thefers Lubwig (1555 — 1604), herausgegeben vou Peter Ritter
von Ghlumedy, Briinn 1859. 4
Gleichwohl kann nidt daran gedacht werden, bie Geſchichte
Briinnds in einer völligen Umarbeitung des Verſuches von 1826
ober beffer ganz neu ju ſchreiben, fo lange die reichen Quellen des
ſtadtiſchen Archives nicht zugänglich geworden find. Da hiezu der?*
mal wenig Ausſicht vorhanden gu fein ſcheint, will ich in Bruce
ſtücken jeneS mittheilen, was id feit dem, insbeſondere über die
nenere Reit, zufammengetragen babe.
Hh beginne mit einer drängenden Reitfrage, bie tief in’ alle
Lebensverhaͤltniſſe Briinn’s eingreift, fo tief, wie e8 wobl feit feinem
Beftande nie beribrt worden ift.
Ich verfolge dabei feine Parteigwede, ftelle mid) vielmehr auf
ben unbefangenen Standpuntt bes Geſchichtſchreibers, beabfichtige,
fo weit id e8 vermag, Klarheit und Wabhrhett in die Streitfrage
gu bringen, die aufgeregten Gemüther zu berubtigen.
Die Beredhtigung, ein Wort mitgufpreden, hole ih thetls aus
ben gemachten Studien, theils aus meiner Cigenfdaft als Mitglied
des Gemeindeausfduffes, welche bas Bntereffe an dem Woblfein
meiner Vaterftadt nod) mehr erhöhen und zur Pflidht fteigern mufte.
Seitdem bas Vertrauen meiner Mitbürger mid in den Gemeindes
ausſchuß berufen (1850), habe id) als Referent des Central-Comite’s,
welches fid) mit der Löſung der Fragen der Organifirung, der Ein⸗
richtung der Gefdafte, ber Ordnung bes Haushaltes und aller wich⸗
tigeren Ungelegenheiten gu befaffen hatte, als Obmann ber Orga-
nifirungs- und DMtitglied der Finanz-Seltion, fo wie durch einge-
g.
hende und ununterbrochene Theilnahme an allen Gemeinde⸗Angele⸗
genheiten Gelegenheit gefunden, mich einerſeits mit denſelben vertraut zu
machen, andererfeitS zu Allem mein Scharflein beizutragen, was die Ehre
und Wurde, bas Gedeihen und die Entwicklung ber freien Gemeinde,
Bildung und echten Bilrgerfinn gu fördern, das koſtbare Stammgut
der Treue und Anhänglichkeit der Bewohner Brünns an Kaiſer und
Staat gn bewahren geeignet iſt. Go moͤgen auch gegenwartige Zei⸗
len zur glücklichen Entſcheidung einer Frage beitragen, welche die
Bevillerung der Landeshauptſtadt feit Jahren in Spannung und
Bewegung erbilt'),
1) Es i in vorliegende Whhandhing, welde aun zufällig ben Boriufer ber Beitrige gar
Gefdhidte Briinn’s mast, Mande’ aufgenommen worden, was auferbalb ibrec Gringen
gu ſiegen {deinen fonnte; id habe aber geglaubt, basfelbe mittheifen gu follen, weil es
aud fonftigen hiſtoriſchen Stoff biethet.
I, Abſchnitt.
Sur Gemeinde-Frage.
A.
Wie fidh Brinn gebildet.
Print man nad ben Urfaden, welde Brinn auf feinen dermaligen
Standpunkt gebradt, fo Haben Hiegu mannigfaltige Umftande zuſammengewirkt,
bor allen ne Lage und bie glidliden Berhialtniffe, welde basfelbe gum Sige
der Sanbe fiirften, ber Provinzial— Perwaltung, einer ausgebreiteten Inbduftrie
und bes Hauptverfehrd bes Landes erhoben.
Brinn liegt an der Berbindungs-Linie des Siidben und Often von Cus
ropa, in bem großen Thale, welches die Sudeten und Karpathen einſchließen;
auf den Vorbergen, welche die nach Oeſterreich auslaufende Ebene beherrſchen,
am Vereinigungspunkte der Fluͤſſe Schwarzawa und Zwittawa. RNur ein ſchiff⸗
barer Fluß fehlt.
Als cin Theil ber großen Eiſenbahn⸗Linie, zwiſchen Wien und Brinn, er
dffnet wurde (Nov. 1838), GeſchuͤtzesDonner und ber Jubel von Taufenden
bem Fluge bed fluͤchtigen Seglers ber Erbe folgte, ſchien fic eine neue Mera
antinbigen, wenigftend ben Mangel eines ſchiffbaren Fluffed mehr als erfepen
zu wollen. Laſſen wir einmal, hieß es, burd eine folde Rette und bie Donau
Brünn mit Prag und Bien, mit Leipzig, Pefth und Hamburg, die Rordfee mit
dem ſchwarzen Meere, England mit Afien auf diefer kürzeſten Linie vereinigt
fein, wer will bie Raͤthſel ber Zufunft enthillen! Run fdeint eine kurze Zeit
gelehrt zu haben, daß nicht die Durd-, fondern bie Ausgangspunfte den groͤß⸗
ten Gewinn bes grofen Berfehrdmittels ziehen.
Seiner Lage verdanft e6 Brinn, daß feine Higel zur Romers Zeit mag
ein Gaftell gefront haben. Maͤhrens Apoftel Cyril und Methud follen auf dem
PeterSberge bas Symbol bes Chriftenthums gepflangt haben.
Es find acht Hunbdert Sabre, feit Briinnd Name gecſchichtlich auftauddt.
Fürſten uber einen Theil bes Landed Hielten Hier in bem Haupte einer ber Pro-
vingen des Landed (von Olmütz, 3naim, Lundenburg hiefen andere) ihren Sig.
Am Fufe der alten Burg Spielberg erwuchs eine Stadt, welde ſich aus fleinen
Anfangen mehr und mefr erhob und die erfte Anlage (Altbriinn) Rberfliigelte.
Als fid) gu Anfang bes 13. Jahrhundertes bas ftddtijdhe Element fraftig ent.
faltete, jzogen fo viele Deutidhe und Romanen Hieber, daß man bie Stadt im
Raufe des 13. und 14. Jahrhundertes wiederholt erweitern mufte. Jn der
Conne buͤrgerlicher Freifeit, eined felbftftandigen Wtunicipallebens und mannige
fader Begunftigungen der Landesfuͤrſten entwidelte fic uͤppig die Pflangung.
Bruͤnns Recht verfdhaffte fic weit ber bie Graͤnzen feiner Marfung SGeltung
in Maͤhren, Bohmen, Schleſten und Ungarn, feine Scoffen ertheilten als
Oberhof Belehrungen und Spruͤche in den ftreitigen Rechtsangelegenheiten dies
fer Lander"). Gein Handel defnte fich uͤber entfeente Gebiete aus und ftand
in inniger Berbindbung mit ben flanbrifden Stddten, bem Hauyptfige europai-
ſcher Cultur, wie mit BVenedig, Nurnberg, Polen, Ungarn u. a. Die Mart:
grafen Garl (1333, 1348) und Johann (1373) zwangen den polnifden Hanbel,
fiber Brinn feinen 3ug gu nehmen (Straffengwang und Stappelredt). Sm
golbenen Seitalter Mahrens nannte (1350) Johann Brinn das Haupt feines
glidliden Landes, welded ihm -vorgliglid) am Herjen liege. Denn es befige
eine Menge Weifer und ohne Brinn waren alle tbrigen Staͤdte feines Landed
wie ofne Haupt. Es war, wie er fpdter (1356) riifmte, ein ſtark bevoͤlkerter,
reicher und ausgezeichneter Ort.
Vor mehr als einem Halben Jahrtauſende beginnt die Rivalitat mit Ol⸗
mip, der alten Hauptſtadt bed Landed, eine Rivalitdt, welde ihr Ende erft ere
teldte, alé aud Olmiig um die Hochſchule bes Landes gefommen war. Aber
fhon im 14. Jahrhunbderte fangt an ber Sieg ſich auf die Seite von Brinn
gu neigen, alé bie Marfgrafen ded Landes feit Carl ihre Refideng in ber Burg
auf bem Spielberge aufidlugen, bid mit Jobft bem Bartigen, welden der Tod
— — — > ee ee
1) Diefer ansgebreitete Ginfluf von Brünn in Redtsangelegenheiten fdreibt ſich baber, bak
bie Proving unb Stadt Brinn fdon im frithen Alterthume ihre eigenen Geſetze erbielten,
welche, wie bas iglauer Bergredt, in weitem Umbreife Annabme fanbden.
Right nur bie Proving Brünn, ber wefilide Theil bes Landes, erfreute fid) ſchon
vor nabe adt Jahrhunderten geſchriebener Geſetze bes Fitrften Conrad, welde mit ben Bue
widfen fplterer Zeit Kbnig Premifl Ottofar in bas britnner Stadt. ub Landrecht zuſam⸗
menfafte (1229) und Herzog Ulrich vou Rirnthen feinem Fiirftenthume Lunbenburg (Thei-
len des jeQigen brilnner und hradiſcher Kreiſes) vorzeichnete (1237); auc die Stadt Britian
batte feit ibrem Urfprunge eigene Gewobhnheiten und Redhte, weldhe König Wenge! in die
briinner Stabdtrechte gufammen trug (1243). Diefe erlangten einen fo weiter Kreis der
Anwendung und folde Berithmebeit, daß fie nicht mnebenbiirtige Rampfgenoffert bes magde⸗
burger Rechtes wurden.
Night anf Mähren bloß beſchränkte fic ihe wohlthätiges Sinwirten, aud im Schwe⸗
fterlanbde, anf beutfder und magyariſcher Erbe, in Böhmen, Sadlefien, Oeſterreich und Un-
garn wurden fie gebraudjt und geübt. Selbſt Prag, bee Reiches glingende und mächtige
Hauptftadt, nahm bie freundliche Gabe an. Nur bie Rivalin Olmütz verfdpmdbte fie und
bielt fig an bas magbeburger Becht, welches fle von ben Selbtdhen M. Reuftadt und
Frendenthal gu entlehnen vorzog.
Der brünner Schoppen⸗Stuhl, ein Areopag weit ausgebehnten Landes, ſandte feine
Nechte, Urtheile und Belehrungen bis in das 17. Jahrhundert aus. Rod bewahrt bas
Stadtarchiv eine Sammlung derſelben vom J. 1471 — 1616. Dieſer Appelhof und bad
britnner Munieipalrecht, zwiſchen 1350 und 1360 im einen Codex gujammengefagt, welder
durch Sabrhunberte bie Stelle eines Gefeybuches vertrat, verloren erſt thre Wirkſamleit,
al@ Raifer Leopold die böhmiſchen Stadtredte als allgemeine Norm filr ben Stirgerftand
in Mähren erfldrte (1697) und ber Appellationégng bleibend feine Ridhtung nah Prag ar
ble Mphellationsfammer nahm.
r
noch vor ber wirfligen Befteigung bed ihm durch Wahl zugefallenen deutſchen
Laiferthrones Hinwegnahm, die Reihe ber eigenen Landesfürſten fic) fire immer
ſchloß (1333 — 1411).
Im Kreife um die Stadt erwudfen Vorftddbte, ber deren atſtehen
bisher wenig bekannt iſt. Im Allgemeinen gu bemerken iſt bie merhwitrdige Be⸗
fimmung Koͤnigs Ottokar's, in welcher er die Gerichtsbarkeit der Stadt,
über die Vorſtädte und die dort verſchiedenen Herrſchaften
unterthänigen Einwohner erweiterte, damit jene alte, aber ſchäb⸗
liche Gewohnheit, nach ber fein einem Baron ober jemanden Anderem untectha-
niger Menſch in der Stadt: gefteaft werden finne, ein Ende nehme und jeder
Verbrecher in der Stadt ober in den Borflddten die ganze Scharfe ber Befehe
etfabre; bod follten die von ben SParteien gu entricdtenden Strafgelder nid
bem Stadtridter, fondern ifren Herren gufallen, als waren fie von biefen oder
ihten Richtern verurtheilt worden (ddo. Znoymee 5. Cal. Junii 1276, in meis
ner Geſchichte von Brinn S. 61, Bote’ codex IV. 175). Rinig Johann bes
fahl (Znoymae Non. Apr. 1325), daß die zum Bidthum Olmig gehdrigen Stns
wohner, welche fid) eine Unabhangigfeit und Marktfreifeit angemaft fatten,
aud unter den Geſetzen der Stadt ftehen follen und ber Landeshauptmann
Gorge trage, daß den Leuten, welche ſich in Brinn niederlaffen wollten, die
MAnfiedlung erleichtert werde (Meine Geſch. v. Brinn ©. 103, codex dipl. Vi
219). Als der welehrader Abt im Auftrage ded olmiiger Bifdofs 1293 die
Rreitigen Grangen awifden der alten Pfarre St. Peter und ber neuen St. Jas
fob feftfeste, ließ er es rückſichtlich ber Borftddte bei ber alten Einrichtung ver-
bleiben (Meine Gefh. von Brinn GS. 8i1—84, Botek IV. 405).
Wohl die Altefte ber Borftadte, ber Rern der briimner - Bevolferung, mag
Altbrinn fein. Es fol unter bem Ramen Luje ober Naluze (Sumpfgrund)
fon 884 aur Sr. Reterdsfirde gehdrt Haben, wurde 1052 als Dorf dieſes
Ramens verpflicdtet, gewiffe Abgaben an die neue Collegiatfirde in Bunglau
qu entridten, fam um 1199 theilweife an bad neue Rlofter-Stift Melehrad und
erſcheint feit 1247 unter feinem bermaligen Namen (antiqua Bruna, barges, qui
antiqua Bruna dicitur. QBocef Ill. 67, 134, 179, IV. 409), nachdem fic bie
neue Stadt anfehniich erweitert hatte und bad eigentlide Brinn wurde. G6
bie Ronigin Clifabeth ein Ciftercienfer-RNonnen= Klofter in Altbriinn ſtiftete
(1323), uͤberließ fie Ddemfelben die Marien⸗Pfarrkirche dafelbft, welche Koͤnig
Johann vom Riofter Kanitz eingetaufdt und ihr uberlajfen hatte, fo wie aud
dad Patronat uber die St. Prokopo⸗ und bie St. Wenzels⸗Kirche in Altbriinn,
welded fie gleicdfalld von Johann erworben. Das Rlofter faufte (1345) vom
Stifte Welehrad auch deffen Aeder, Weinberge, Garten und Gartlein und die
jaͤhrlichen Zinjungen in und von Altbruͤnn und begritndete obrigheitliche Rechte
fiber dasſelbe, welche bid in Die 2. Halfte ded vorigen Jahrhundertes yu Hefs
tigen Sireitigfeiten führten. Fie die Bedeutenheit von Altbrünn fprict, daß
es nebſt dieſen drei Kirchen nod das alte Kirchlein St. Anna am Walbe, an
»”
deſſen Stelle bad neue Plofter fam, die Syitaler St Anton und St. Johann
mit bem Kreuzhofe der JohannitersRitter u. a. hatte (Meine Geſch v.
Srinn S. 87 — 95, Wolny UW. 1143 — 116, 130).
-.' Sm der Rahe bed legteren, im Kinigsgarten, erhob fi bad vom
Sénige Johann, feiner Gemahlin Elifabeth und der Familie Qomnig (1312 —
1047) veichlidh geftiftete Riofter ber Dominifanerinnen bei St. Anna Ober
demſelben ſtand ſeit friherer Zeit die Ric dhe aller Heiligen in der vors
deren unb Lodenberg genannten Borftadt, einem Theile ber. jegigen Ba’
dengafie.
Die Borfladt Zeil Cin lat. Urkunden Ponavia) muß fdon zu Anfang ded
14. Sahrhundertes. auSgebreitet gewefen fein, ba fie 1315 wenigftend 3 Bader
hatte, und gehdrte ſchon damals und bié in die neueffe Zeit zur Probſtei St.
Peter in Brinn (Meine Geſch. v. Brinn S. 95—97).
Die Mihle Rablas fommt fdhon 1240, Dornrofl (Durendressel),
Dornid (Dornech) und bie Kröna (Krenaw vulgo Schutta) im 14. Jahr⸗
bunberte urkundlich vor.
Die (fleine) Neugaffe beftand fdon 1424 (Meine Geſch. v. Brinn
G..96;.:411, 124—423).
Merkwuͤrdige Aufſchlüſſe tber ben Beand, bie Bevslferung und Steuer-
zahlung ber Stadt und BVorftddte geben die bid in das 14. Jahrhundert zurück⸗
reichenden alten Gtabdtbidher. Rad denſelben war bie Stadt fdon im 3. 1343
in-4 Biertein getheilt und dasſelbe aud bei den (wahrſcheinlich nur den gur
Stadt gehoͤrigen und dahin mitfteuernden) Borftddten ber Fall. Die nadfol-
genbe Ueberficht gibt bie Namen, bie Zahl dex Familien, die Grofe ber fadti-
hen Steuer:
a. in Der Stadt:
Familien Steuer
Bruͤnner Viertel 139 302 Mark 2 Grofden,
Froͤhlicher, 139 249, —
Renner » . 144 244 , —
Moͤniher 111 337 „ 5 Fertonen 2 »
suf. . 533 1132 Mark5 Fertonen 4 Grofcen.
b. Borftadte:
| Familien Steuer
1 Biersel (ohne Namen) 117 41 Mark 3 Loth
inter cerdones ( Handwerker) 70 22» — »
super Anger eo 2. 6 6 64 22 o — i Fert.
bor bem Rennerthor78 — — »»— —
a uf. 329 85 Mart 3 Loth 1 Fert.
4
Mit Einrechnung ber GHandwerfer, welche cigends befteucrt waren, beirug
bie Biirgerfteuer im Jahre 1343: 1400 Mark 1 Ferto und 7 Grofden (4344.
nut 932, 1345: 806, 1346: 738, 1347: 842, 1364: 586, 1356 nur 542,
1357 wieder 770 Mark).
1343 werden aud bie Gaffen ,Hertina,” die ,Heinridd+ und Shwe
bengaffe,” fo wie bie ,Elendé-Anfiedlung,” 1344 der „Ramhof“ mit feinen
Armen, „Boͤhmergaſſe“ gleidfals mit Armen, fo auch der „Pferbemarkt,“ „Po⸗
nagaffef,” angefiedelte Arme ,unter bem Spielberg’ erwabnt. Außer dieſen
fommen nod mehrere andere Gaffen ins und auferhalb ber Stadt urkundlich
vor; fo 3. B. Rebergaffe, Srillowig, Rothgaffe, Zeil vulgo Po-
navia und @rona vulgo Schutta, welde inégefammt im Beginn ded 15. Jahre.
hundertes unter bie uralten Befigungen der Propftei bei St. Peter gezahlt wers
ben. Sm 15. Sahrhunbderte waren auf der Schwabengaſſe Wein- und ba, wie
auf ber Neugaffe viele Saffrangarten. Obwohl im Jahre 1420 aus Furcht
vor einer Belagerung burch bie Huffiten einige Borftadtgaffen abges
brannt wurden, werden bod im 3. 1462 nebft den meiften oben genannten.
nod folgende erwafnt: Handwerfergaffe, Ponagaffe (Zeil), auf dec
Lecz, Hartlgaffe, Burgweggaffe, fundus domini O. 0. Sanctorum
(AderGeiligen), Hottergaffe und bie Neugaffe, diefe jedod nur mit 2
Haufern (Wolny HW. 92—93).
Giferfidtig auf bie Erhaltung des Bürgerthums und ded 3unftmonepolé
bewirften 1524 der Birgermeifter und bie Gefdwornen Brünns vom Koͤnige
Ludwig bie Vewilligung, alle Handwerksleute von frembem Grund und Boden,
welde fid in den Vorftddten niederlaffen, wegzuweiſen und ifrem eigentlicben
Grundherrn ober Richter angugeigen, welder, wie der Aeltefte (der Handwerker)
200 Schock Grofden, zur Halfte an die Kammer und die Stadt, zahlen follen,
wenn fie diefe Befreiung nidt beadten (Meine Geſch. v. Brinn ©. 161).
Schon der elegante ungarifde Geſchichtſchreiber Bonfin (+ 1502) hatte vow
Brinn geriihmt, „dieſes Haupt unter Maͤhrens Stddten, burd einen doppelten
Graben und Mauern befeftigt, ftrahle durd feine herrliden Gebdube, bie Menge
ber dafelbft befindliden Raufleute and ben Reichthum feiner Cinwohner vor allen
hervor.” Eo war bie Beit, wo feine Runftdbenfmaler, bas neue Rathhaus, bie
Jakobstirdhe, bad griine (Juden⸗) Thor entftanden.
Gegen bas Ende ded 16. Jahrhundertes dehnte ſich nach dem Zeugniffe
Jordan's, des erften maͤhriſchen Protomedifus, Brinn in weiten langen Bore
ſtaͤdten nad allen Seiten aud. Rlofter, voll Pract, weit gerubmt durd der
Markgrafen und ber Edlen bes Landed alte ſchimmernde Denkmale, Frucht⸗ uud
Luftydrten und ſchoͤne Haufer bededten ununterbroden das Land einige Tau⸗
fend Sedritte fern. Der fo fructbare Boden und die dadurch fo leichte Befries
bigung ber Bedirfniffe machte, daß bad Bolf, entwohnt miifevoller, Harterer,
aber aud) fraftigender Arbeit, fid den Luften, Trunk und Leidenſchaft bingab
ohne Maß. Reichliche Quelle gaben gu allen Laftern bie Kaufigen Sdmaqusée
>
und Trintgelage, die oͤffentlichen Beluftigungésrter, wo Tang und Mummerei
vor Wem herrſchten, und die Bader. Dafuͤr ſchien bes Himmels Strafe in
jeglider Art yu folgen. Binnen wenigen Jahren (1558, 1571 und 1584) raffte
eine uné unbefannte Geifiel, bie Peft, 11,000 Menſchen, eitfe bem Lande nod
unSefannte Quftfende (morbus brunogallicus, 1577) eine zahlloſe Menge weg
CMeine Geſch. v. Brinn S. 161, 173 — 175). Rod ſchrecklicher wurde die
Rebellion bed auf eine polnifde ober venetianiſche Adelsrepublik absielenden
proteftantifden Abels, in weldien fic) bie k. Stabte fopflos mit hinreißen Lie:
fien, unb ber daraus fervorgegangene dreifigiibrige Grieg (1618 — 1648),
welder bie alte Cultur brad, bie Linder verdbete und auf weit tiber ein Jahr⸗
hundert suritdfepte.
Aber mitten in diefen Grauetn entſchied fic fitr immer bad Uebergewidt
von Brinn fiber bad gänzlich herabgekommene Olmütz. Hatte es auch aufge-
Hort, ber Sig eigener Lanbesherren au fein, fo hatte e8 bod fiir den Weften
bed Landes feine alte Landtafel und Lanbredite, wie Olmütz jene fir ben Often,
befialten und fon voraud, baf Hier gewshnlidh die Landtage gehalten wur-
ben. Gin entfdiedenes Uebergewicht gewann es aber, nachdem bier ein f. Tris
bunal, ald Qanbedregierung, erridtet (1636), nach einem furjen Aufent-
halte in Olmütz, wieder (1641) nad Brinn iibertragen wurde und ſich daſelbſt
gegen alle Verſuche ber erfteren, burch bie Schweden und Belagerungen ruinir-
ten Stadt wahrend bes gangen 17. Jahrhundertes fortan ftandHaft behauptete,
alé bie Qanbredte und Landtafeln vereint (1642) und, wie die Land;
tage, ſtets in Brinn gefalten wurden.
Die betben Ferdinande, ben 2. und 3., bie Geber dieſes koͤſtlichen
Sages, preifet Brinn als die erſten Schöpfer ſeines Glides und feiner Gradfe,
woflir fie mit Begeifterung bad Blut ihrer Birger und Jugend einfegte, alé ber
Ratfer vor bem Siegeszuge Torftenfohnd und Rakoczy's nicht mehr in feiner
Burg ju Wien fider war. Die Firirung ber Landedverwaltung in Brinn zog
nidt nur ben Abel babin; an fle reiften fi aud im Berfolge ber Fett alle
bie abminiftrativen Schoͤpfungen, weldhe bie Auébilbung ber nenen Regierungs⸗
funft unbd bie Bebdtirfniffe einer vorgeriidteren Givilifation hervorriefen.
Der dreifigidbrige Krieg ſchlug ben f. Städten Maͤhrens tiberhaupt die
tiefften Wunden. Die Bevolferung von Olmütz fan€ von 30,000 auf 1675
Menſchen, in Fglau von 13000 auf 299 anfaffige Burger fammt Frauen und
Gefinde herab. Znaim, bad durch bie Peft (1646) bei 6000 Perfonen vere
foren haben ſoll, wurde faft gang obe. M. Reuftadt ſchmolz auf 963 Gin-
wobner, Gaya hatte nod 1668 in ber Stadt nur 43 bewohnte und 4 öde
Hénfer (6. d. Culturfortid. in M. und Sal. S. 4) Die faif. Stadte Maͤh⸗
rené waren 1624, wie Kaiſer Ferdinand Il. felbft ausſprach, mit ftets wabrender
Ginquartirung des Militaͤrs fo ,ausgemergelt und gepreßt“ aud jegt inébefon-
bere fo beftraft worden, daß er fie mit weiterer Beftrafung verfdonte, damit
fie Ble grofe Schuldenlaſt, in welche fle durch das vergangene Unweſen gerathen,
4p
wieber etwas erleichtern und abtragen, fich Seffer erholen fonnten und gu feinem
eigenen Schaden nist ganglih ruinirt werden (Reffript 19. Dez. 1624). Und
bod war died erft am Anfange ber Grauel!
Jn Brünn teat die Peſt 1619, 1622, 1625, 1643 verheerend auf, vers
brannten die wilben Schaaren der Walachen und Tataren ded fiebenbirger
Fürſten und ungariſchen Kronpratendenten Bethlen Gabor 1623 bie Bor fabte,
gab bie Gemeinde nur in den Sabren 1621, 1622, 1623 und 1624 in feiner
Majeſtaͤt höchſt nothigen Angelegenheiten, fir die hohen Minifter, den Guber-
nator, die Generale und Obercommiffarien, groftentheilé aber auf die einquars
titten Regimenter und die hin⸗ und hergegogenen kaiſ. Solbaten an baarem
Gelbe tiber 540,000 Gulden aus, wobei die Exaftionen, Gelberpreffungen, Gere
vice und andere Unterhaltdbeitrage, welde die Biirgerfdaft mit vielen Tauſend
Gulden reichlich und uͤberflüſſig reichen mufte, nod in feinem Anſchlage waren.
Die Stadt fank in eine tiefe Schuldenlaſt. Dak e6 Sig der Landesverwaltung,
Die Hauptftadt bed Landes ') wurde, erhdhte wohl ben Glang feined Namens,
06 bad Gefuͤhl ber Bevolferung, in welchem e6 ber Stadtrath als regnam,
Marchionum Sedes, nunc Regii regiminis domicilium, Fastoram Proyinciae
Castos, theatrum Nobilium et mater Religiosorum pried. Aber die Folgen ent-
widelten fid) erft allmablig mit ber mehr und mehr zunehmenden Audbreitung
ber ſtaatlichen Verwaltung (S. meine Schrift: Die Schweden vor Brinn
6. 17 — 27), wabrend die Bebrangniffe fortwahrten und fic verheerend ent-
luden. Die Blofade (1643) und die VBelagerung Briinn’s durd bie Schweden
(1645) fiigten demſelben innen und außen ben groften Schaden zu. Zum
Schutze der Stadt (Hleiften Die Bertheidiger bie Vorſtädte, ober
e zerſtörte fie ber Feind; fte waren mit ſchoͤnen Gebduden und den
angenehmſten Garten erfiillt gewefen, Hatten fid weit und breit ausgedehnt
Blan in Zeiler's Topographie von Mabren, Franffurt 1650, ©. 92, Blan der
Stadt und ber Umgebung gur Beit der ſchwed. Belagerung von Benno Beyer
und Hans Joͤrg Zeifer, 1845 calcographirt, Pessina, Mars Moravicus, Pragae
1677, p. 68). Mehrere der in jenen agen zerſtoͤrten brinner Borftadte er-
hoben fich fpater wieder aud ihren Ruinen, wie die Krona, Zeil, Neuftift, Doͤrn⸗
rel, Dornid, Altbrann u. a., andere verſchwanden aber auf immer, wie die
Hartiuwia, Huttergaffe u. a. wie aud bie Klöſter und Rirden der Kapuciner
ver bem moniger, Der Frangisfaner und Frangisfanerinnen vor dem Judenthore,
bie Kirche Allerheiligen am Lodens oder Seilerberge (Die Schweden vor Brinn,
Brinn 1845. Die Belagerung von Brinn burh die Schweden, von Koller,
Orimn 1845).
6) Die Giferfudht und ber Rangftreit awifden Olmilg unb Brinn dauerte aber fo unge-
ſchwacht fort, daß erfteres Einſprache madte, als Brünn in einem (Gpecial-) Refcripte
vers 10. Mprif 1762 und in bem Hfote. vom 19. Suni 1762 eine Hauptſtadt genanut
warde, unb burd Velaffung des gleidhen Titels berubigt werden nmfte; dod iff Ofinks
mus cine Honorare odes Litular-Haupthadt (Hfdt. 15, Juli 1819, Luliche MM 9).
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gn ben nddhften hundert Jahren, wahrend weldjen die vielen Kriege nuc
von fern tobten, erholte fid) Brinn wieder etwas, obwohl langſam, da der Han:
bel faft vernidtet war und durch die nun fteté mehr eintretenden Beſchraͤnkun—
gen gelabmt wurde. Es duferten nun aber dod die Bortheile, welche der Sig
ber Regierung gewaͤhrte, ihre Wirkung.
Man ſchilderte Brünn ſchon fruͤher ber Stadt Olmig an Schoͤnheit, Grose
und hohem Abdel nicht ungleich, (pater aber ald weit vorzuͤglicher, mit Fruͤchten,
Wein, Obft, Gatern, Gelb und Reidhthum fehr verfehen und begabt (Thauma.-
turga Brunensis ©. 64).
Ein anderer Zeitgenoffe rühmte, Brinn habe jeit Ueberfegung der Lanbdes-
regierung von Olmig nad Briinn (1642), der Haltung der Landrechte und
Lanbdtage dafelbft viel an Anfehen und Aufnahme gewonnen. Gie gable viele
bem lanbftindifden Abel gehorige Gebdude und an niedliden Bürgerhäuſern
feble es nit. Auger Altbriinn Habe bie Stadt andere hübſche und volfreiche
Borftddte. Angenehme Garten und auf einer Seite Weinberge umgeden die
burd Mauern und die Feftung Spielberg ſtark befeftigte Stadt (Spalowsky,
hebdomas gemino luminari — Joanne Nep. et Sarcando — illustrate, 1721,
p. 125. ©. aud) Stredowsky sacra Mor. hist., Solisbaci 1710, p. 27, welder
aber Brünn nennt post Olomucium secunda et prae caeteris prima, Illustris-
sima et florentissima hodie manet. ©. aud Dalbert’d Garfander @. 125).
Die Bevoiterung von Brinn und in Maͤhren uͤberhaupt hatte fo guges
nommen, daß der fleifige welehrader Chronift Hirfdmengel (+ 1703) gum J.
1700 verfidert, Brinn habe, als er vor 50 Jahren dort ftudirt, die Maͤnner
nur nad Hunderten ſchätzen fonnen, wahrend es nun mit den Vorftadten bei
9000 Bewaffnete (Waffenfahige?) zaͤhle. Dennoch weifet aud ec Brinn nad
Olmütz nur den zweiten Plag in Mähren an, dba es Olmug wohl an. Bevdl-
ferung aber nicht an Ausdehnung gleidfomme (Dudif, Maͤhrens Geſchichtsquel⸗
fen I. 83, 106).
Die Preußenkriege aAnbderten dieſes Verhaͤltniß au Gunften von
Brinn. Denn Olmig fam durch fie und bie Umwmandlung in eine Hauptfefiung
um einen guten Theil ſeiner Vorftadte. Auch Brinn verlor gwar viel, nam-
(id) unmittelbar vor ber Blofade (1742) einen anfebnlichen Theil ſeiner Bor-
ſtädte, indem die Hadelgaffe am Fuffe des Spielberges gegen bas frdhlicde,
Thor, dle Fifdeggaffe vor tem briinner Thore, 14 Haufer oon der Zeil wnd
Herhaupt in ben zunächſt gelegenen Vorſtadtgäſſen viele Häuſer und Gebäude
rafirt und im Grunde abgeriffen wurden; ba jedod in Briinn dle fortififatori-
den Ridfidten nist fo ftreng vorwalteten, war die Möglichkeit geboten, dad
Verlorene gu erfegen.
Die Zahl ber Haufer innerhalb ber Stadtmauern und unter der Magis
firatéjuriébdiftion wurde in feitherer Zeit auf 443 in 4 Biertein (im 1. 97, 2:
180, 3: 112, 4: 104), bie Zahl der Kamine auf 1,310 (in Olmiig 1,239,
Sglau 1,196, Inaim 842, Hradlih 310, Reufladt 277, Gaya 171), angegeden.
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Rah einer anderen Angabe hatte Brinn 574 Haufer (Olmütz 700, Znaim
429, Iglau 550, Reuftadt 205, Hrabifd 148, Saya 151), deren legter Kauf⸗
ſchillingswerth nad ben Stadtbüchern mit 1,383,168 ff. 35 fr. erfoben und
hienach bie Bermigendfteuer mit 3,458 fl. 8%/,, fr. bemeffen wurde.
Meher Licht fam in die Kenntniß von den Bevoͤlkerungs⸗Zuſtaͤnden burd
bie Einfuͤhrung ber jaͤhrlichen Gonffription ber Menſchen (20. Rov. 1762)
ind ded Biches, wie bie Haufers>Rummerirung (19. Juli 1770). |
Bei der (erften) allgemeinen Volkszaͤhlung im 3. 1770 fand man in der
Stadt Brinn, dann ben Vorſtaͤdten: Markt Altbrünn, Reuftift, Dornroffel, Ba-
dens und Rreuggaffe, grofe und Heine Kroͤna, Zeil fanmt Obrowig, große und
fleine Reugaffe und Schwabengaſſe alte, mittelmadgige, junge und kleine annod
bie Muttermild faugende Kinder in Summa 14,972 Seelen (St. Thomafer
Annalen, M. S.).
Brinn hatte fich nicht heben fonnen, fo lange e6 in ben Banden des
MeinsGewerbes und Zunft-Swanges ftillftand; es erhob fic erft, ald unter dem
Gauge ber neuen immer mehr die Einfuhr aus der Frembe befdrantenden Zoll-
gelepgebung feine Groß⸗Induſtrie entftand, Fabriken auffamen und fic mit
uͤberraſchender Schnelligkeit ftets mehr ausbreiteten. Won der Zeit an, wo die
Regierung eine Tabak⸗, bie erfte Tud-Fabrif auf der grogen Neugaſſe
(1764 — 1766) und eine £. k. priv. Pluͤſch⸗ und Wollengeug - Fabrif auf der
Schwabengaſſe (1767), der erfte Private (Wilhelm Mundi 1780) aber eine
Tudfabrif erridtete, bis 1805 waren widtige Farbereien, 14 grofe Feintuch⸗
und Gafimir-Fabrifen, von welden mande damal bei dem Mangel an Maſchi⸗
nen Taufende von Menjden beſchaͤftigte, 1 turkije Kappen⸗, 1 Wollen+ und
Harraéband- und 1 Geidenfabrif, anſehnliche Lohgarbereien aufgefommen, batten
fi die Sahrmartte gu Meffen ausgebildet (patriot. Tagebl. 1805 ©. 401).
Dieſes Aufblühen ber Induftrie, welded bis gu dem grofen Wendepuntte
nad) bem Gintritte bed Friedend nod) mehr gunahm (GS. meine Schrift: Die
Cultur⸗Fortſchritte in M. und Schl. ©. 111 fF), mußte auf den Vevollerunge—
ſtand von Bruͤnn den entſcheidendſten Einfluß üben.
Nach der Zaͤhlung vom J. 1786 enthielt bie Stadt an ſich 554 Haͤuſer
(von denen 16 ben ſogenannten Petersberg oder Dom ausmachten), 2027 Fa⸗
uilien und, ohne das Militar, 8551 Bewohner (davon 200 Abelige und 155
Geiſtliche), in ben Borftadten aber (mit den yum Polizeibereiche gezogenen Ort
ſchaften Obrowif, Kumrowitz, Klein-⸗Mariazell und Petersburggaffe) 745 Haͤu⸗
jer, 2606 chriftlide, 30 juͤdiſche Familien und in allen 10,460 Bewohner, zu⸗
fammen daher 1299 Haufer, 4663 Familien und 19014 Bewohnet (Schwoy,
Topographie von Madhren, Wien 1793, 2. B. S. 10) *).
') Ja dem von Schwoy 1789 bherausgegebenen mähr. Magazin finb S. 1 — 33, 127 —
141 bie Ortfdaften bes briinner Rreifes nach ibrer Cigenfdaft, Häuſerzahl, Bevöllerung
wad ihren Befigern mit Ende Oftober 1788 angegeben. Schmidt (Brünn und feine Um-
Af
Im Jahre 1791 zaͤhlte wan in ber Stadt 557 Haufer, 1973 Familien
und 8829 Geelen (dbarunter 212 Abdelige, 127 Geiftlide, 562 Birger und. 21
Juden), in den BVorftddten (ohne den fiir ſich fonffribirten Markt Altbrünn)
888 Hauler, 2759 Familieon und 11,488 Geelen (barunter 27 Abdelige, 19
Geiſtliche, 334 Birger und 126 Juden), gufammen 1445 Haufer, 4732 Fami-
lign und 20,317 Geelen (barunter 239 Abelige, 146 Geiftlide, 896 Birger
und 147 Subden) und mit Altbruͤnn (nad Schwoy Ul. 40 mit 197 H., 464 §.
und 2497 ©.) im Ganjen 1642 Haufer, 5196 Familien und 22,814 Seelen ').
— — — —— — — — =
gebungen, Brünn 1835, S. 50) bat daraus die Zahl ber Häuſer (1428) und Bewohner
(11,582 männl., 12329 weibl., zuſ. 23,911) jufammengeftellt, dabei aber ben Spielberg,
Kumrowig und Mariazell, weldhe damal zu Grit konſkribirt waren, überſehen, mit beren
Burednung 1532 Hinfer und 24510 heraus fimen, was offenbar gu. viel tire, be nod
bie Jojephftadt und bie Grabengaffe (wenigfters nicht namentlich) in diefen Nachweiſungen
nicht enthalten find. Uebrigens kann wobl die Angabe von 70 Hanfern unb 1721 Vewoh-
nern bet bem Kreuzhofe und der Kreuggaffe zuſammen nicht genau fein. Wahrſcheinlich
wird bie Differenz anf bee Anfuabme ober Anslaffung ber abweſenden Einheimiſchen und
autvefenben Fremden oder Anberem beruhen.
1) Schwoy Il. 10 gibt fiir 1791 in ber Stadt 1891 Familien, 8930 Seelen (darunter nur
15 Subden), bann nidt alle Vorſtädte (nämlich nur Altbrünn mit ber Kreuz⸗ und Baden-
gaffe, Swaffengaffe, grofen und fleinen Neugaſſe, Grabengaffe, Jofephegaffe, Kröna, Zeil,
Radias, Dirnriffel, Neuſtift und Sdwabengaffe) und, abweidend von feinen. gréfjeren
Nachweiſungen des Sabres 1788, uur 717 Hiufer, 2498 Familten und 9807 Bewabyec an;
insbefondere in bem eigentlidben Altbriinn fammt ber Kreuz- unb Bäckengaſſe nur 152 Häu⸗
fer und 2427 Bewohner, wibrend im J. 1788 Altbritun £72 Häuſer und 2497 Gewobhner,
bie Bidengaffe 100 Hdufer nab 1842 Bewohner, der Krenghef und die Sreiggaffe 7 70 ©.
mab 1721 B. gebabt baben follen.
Die im Terte fiir 1701 anfgenommenen Angaben fiir die Stadt: und Borhadee
(ohne Altbrünn) find entnommen ber fummarifden Tabelle fiber den erhobenen Popula-
tions⸗ unb Biebftand, wie folder mit Ende April 1791 vom Regimente Wallis befunden
worden. Diefelbe ſtimmt aber auch nidt mit bem Verzeichniſſe der a. 1791 revidirten
Detigaften überein, welches die Boltemenge in ben Vorfkdten (ohne Witdriinw) - net
11,797 Seelen angibt, nämlich große Bäckengaſſe, Krenzgaſſe und St. Aung Grund 2366,
Siraffengaffe 179, große Neugaſſe 1437, Joſephſtadt 353, Grabengajje 542, Meine: Neu⸗
gaffe 448, Kröna 1281, Spielberg 443, Numrowig 188, Klein⸗Mariazell 304, Petersburg-
gaffe 216, Petersgaffe 54, Dörnrößel 369, Neuſtift 691, Sdwabengaffe 543, Zeil 1635,
Obrowly 567, Rabdlas 189 mit 163 Pferden, 4 Maierhöfen (1 bei bem Kreuzhofe, 2 Meme
Reugafie, 1 Obrowig), 433 Haujern von Bitrgern nub 395 von Gartneru unb Hinslern,
3197 Stuben, 85 Stallungen und 46 Gdenern, in welchen in Kriegszeiten 19343 Maun
in Stuben, 838 Pferde in Stallungen und 451 Pferde in Scheuern unterbracht werden
wanen, endlid mit einer Fechſung von 3486 dſterr. Metzen Korn, 1986 M. Gerſte und
725 Gentner Hex.
Rad diefem Verzeihniffe wurden vom Jahre 1779 an He 1701 newe Sazfer
gebant: auf ber Bäcken⸗ und Kreuggaffe 14, großen Neugaſſe 40, Grabengaffe 47, Kröna
8, Mariazell 2, Dörnrößel 4, Neuftift 13, Sdhwabengaffe 2, Feil 11, wurde bie Straffengaffe
1782 angefangen ju bauen, bie Sofepbhftadt feit 1788 erbaut, im ſtädt. Maierhofe auf ber
Heinen Rengaffe 1786 zwei Kubftallungen eingeriffern und 4 Wohnungen für bohmiſche
Unfiedler erbaut.
17
Bie an das Ende ded 18. Jahrhundertes, naͤmlich nah der Conffeiptions.
Revifion bes Jahres 1797, war die Bevodlferung von Brinn in feinem dama⸗
ligen Polizeibereiche erft auf 23191 Scelen angewadfen.
Da diefe Nadweifung die erfte (in meinem Befige) ift, welde ben Popu-
lations Stand gang und verlaplic geigt, wollen wir fie bier mittheilen:
— eee
Dasfelbe Verzeichniß macht auch bie beträchtlichen Aenderungen erſfichtlich, welche
bamal in ben Borftddten vor fid) gingen. Des Zujammenbhanges wegen wollen wir fie
gleich bier anfilbren. Es wurde bas Kloſter St. Anna fammt der Kirche 1788 in ein
Armen-Verforgungs- (Kranten-) unb Findelhaus umgebaut, bad 1784 aufgebobene Pri-
monfiratenfer-Klofter gu Obrowig 1786 in ein Militirs Spital verwandelt, die MMofter-
Kirche zur Pfarrlirde gemadt, in ber alten Pfarrlirdhe St. Kunigunde VBettfournituren
untergebradt, bas Gemeinde-Rirdlein St. Anna anf ber Zeil 1790 in ein Edulbaue
umgebant, bie Raveri-Rapelle bei der kleinen Neugaſſe 1789 in ein Mauthhaus verwanbdelt,
bas fogenannte Klein - Dlariageller Kirchel 1788 vom Grunbe aus rafirt, aus Nr. 18 in
Kumrowitz 1789 eine Pfarre, auf ber Neuftift unter Pr. 84 im Jahre 1788 ein neues
Sdulbaus, 1786 aus bem Waiſen⸗ ein Zucht⸗ (Straf-) Haus, auf ber Kröna 1786 aus
bem gewefenen Bilrgerfpitale und Lazareth eine (Harras⸗) Band⸗Fabrik (bes Leopold Schulz)
und 1786 aus bem gewefencn Militir-Spitale ein Siechenhaus, aus Pr. 78 im Jahre
1:87 eine Fabrik und auf berjelben Gaffe 1788 eine jüdiſche Synagog, in Obrowi 1780
aus Rr. 8B bie mundi'ſche Fabri und 1782 eine fleinerne Vrilde Aber den Flug Zwittawa
gebant, auf ber großen Neugaffe 1785 cine neue Ziegelbittte angelegt und 1789 bas beim
Cingange rechts geftandene Mauthhäuſel eingeriffen und auf ben Graben überſetzt, 1782
(richtig 1787) aus bem ebemaligen Sefuiten-Carléhofe ber Augarten angelegt, 1782 ber fos
genannte Magiſtrata⸗Teich am Augarten gegen Rarthaud und ber fogenanute Hotter-Leid
am @raben links aufgelaffen, 1788 ber Graben burd ben Augarten erweitert, 1785 von
ber Sdhwabengaffe an quer ber Heinen RNeugaffe ein Waffergraben in den eid) gemadt,
1787 bas Gericht⸗ und Kopfhäuſel bei ber Kröna weggeriffem, 1783 bie Felber bee herr⸗
ſchaftlichen Maierhofes in Rumrowig an bie Banern vertheilt, bag Gebäude aber an deu
sub Rr. 17 wohnenden Bauer verfauft, endlich 1783 unweit ber Ziegelſcheuer bet Obro-
Wig cin neuer mit Planfen umgebener Friedbof angelegt, der alte bet ber Pfarrkirche aber
fpiter in einen Garten umgeſtaltet.
Bekannt ift ibrigené, daß in Witbriinn das Cifterctenfer- Ronnenflofter 1782. anfge-
hoben und in basfelbe bie Auguftiner ans ber Stadt überſetzt, daſelbſt die Pfarcfirde ein⸗
gerichtet unb fofort (1788) bie St. Profops- und die St. Wenzels⸗Kirche entweiht, die
erftere balb nadber, bie anbere 1794 abgetragen wurde.
Weniger umgeflaltendD waren bie Aenderungen diefer Beit in ber Stabt. Rah
einem anteren Bergeichniffe, wohl and) von 1791, waren in derſelben (mit 9,584 Einwoh⸗
nern und 370 Pferden) feit 1779 nur 5 Häuſer zugewachſen, wurden die KMBfter ber Fran-
8taner und Dominifaner anfgehoben, ein Theit des erfteren file bie Wohnung bes Pfare
tere ber Kröna, ber andere Theil fiir die Oefonomie, bas Jefuiten+ Collegium 1779 zur
GrenabiereRaferue, das Mofter St. Thomas (1748) gum Gubernialhauſe umgeſchaffen, aus
biefem (bem alten Landhanſe) bie Militär⸗Oekonomie erridhtet und derſelben die (1786) auf-
gebobenen Rirdhen Cyril und Methud, dann Rifolai al6 Depots gugewiefen, die Moriz⸗
lirche 1788 zur Halfte cingeriffen unb ans der anderen Hiilfte ein Rirdhen- Depot gemadt,
bie Barbara⸗Kirche 1789 aufgeboben und vbllig auégerdumt, aus ber ſtändiſchen Reitſchule
tin evangeliſches Verhhaus, 1789 die Brücke gum neuen Thore gebaut.
2
18
Stadt Briinn
Grabengaffe
Straffengaffe
Lackerwieſe
Kreutzgaſſe
St, Annageund
Grofe Neugaffe
Sofephftadt
Seabengatie >
Kleine Neugaſſe
Gaffen Krdna .
Schwabengaſſe
Spielberg
Fürtrag
ioioei
‘Babl der
Aus dem — über die im April 1797, bei dec Stadt Brinn wnd derfelben Borfkdnten vfegenommene Sonffriptions-Revifion, zu
Stand gebrachten Summario.
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Fir dad Jahr 1708 wird bie Gevdifering Brünns in folgender Weile
angegeben (patriot. Tageblatt 1801 ©. 946) Stadt 9826, Altorinn 2497,
Baͤckengaſſe 1842, Kreusgaffe 1721, große Reugaffe 1686, Heine Reugaffe 474,
Zeil 1496, Kröna 1306, Reuftift 744, Echwabengaffe 643, Darnrdfel 356,
Retersgaffe 328, Radlas 219, Straffengafie 180, Felbgaffe 50 (alfo ohne Obro⸗
wig, Rumrowig, Mariajell), gufammen 23,598 Seelen.
3m Sahre 1804 betrug bie Bevoͤllerung Bruͤnns
a) Chriften : booyese ey
1. in ber Gtabt (mantic 3,386, weiblid 5307) oe te » 8693
2. in den Borfadten fart. Gerichtsbarkeit (m. 2,160, w. 2528) 4694
uf. . 13,387
3. in ben übrigen Vorſtädten (m. 5367, w. 6384). . . . 11,751,
b) Juden: |
1. in ber Stadt (m. 10, w. 5) ... .... 13
2. tw den Vorſt. ſtaͤdt. Ser. (m. 47, w. 57) . we e © ~ . 104
3. in ben tibrigen Borftadten (m. 16, w. 22). . . . . . . 88
auf, . 165
inm Ganiyen ‘25,293 Geeien")
Die folgende Ueberſicht zeigt bie Bevdlferung von' Brin im §. 1813 in
ber Stabt und den einzelnen Vorſtaͤdten und nad den Doninien (Gefperus
1814 S. 120).
Innere Siabi ˖ we Re ee eS ETE
Vorſtaͤdte uriter dem —2 a) Badenftraffe .
se ie et ce ee | b) Qaderwiefe 6 wc re we
c): Straffengaffe re
q) Mũhlgraben wees.
ceased @)e ròna - ννν—
f)' Reugaffe (gto)
som " - = gy Rengaffe cietiey- ~*
b) Seihdamm .. . R .
! 14,318
Herrſchaft Altbrünn: 2) Markt Misra. |... 87h
b) Wienergafſe.23318
—_—____——+
Pavivag® . 2696
1) Rach ter Konſkription zählte man 1808 1800 Gaver und über 25000 Cinwohner ohms
Militir umd Mofter- SGefilidleit, mit beiden nabm man 29 — 30,000 Ginwohner an,
vorzüglich im Winter, wo der zahlreiche Landadel wieder in bie Stadt zurücktehrte;
nad anderen ſehr zuverläfſigen umd genauen Daten mute man aber bie Bevillerung wee
nigſtens um 7000 Geelen (hie Gremben unb yeltweitig fis Wafhatteudens Racisr sanchonee
(Andre im patriot. Tagebl. 1805 ©. 401). 4
tes Urbertrag . 2696
| Geerfhaft Minigdfeto: a) Dornvdfel . . . . =... . . 52
; b) Radlag . . . ....... $87
c) Sofephftadt 2 2. . . . . (508.
d) Grabengaffe . . . . 2. . . . .) 202
e) Sdwabengaffe . . . . . .. . 68
y) Reugaffe'(qrofe) . . . . 2. . «1380
Herrſchaft Blajowig: Et. Annagrumd . 2. . . 2. . 2...) 19
Herrſchaft Mritiden: a) Peter6gafie . . . . . . . . . 8 48
co ro b) Petersburggafſe..2234858
c) Grofe Beil! 2. 2. . ww we. «1849
d) Rieine Feil rv ||
Herrſchaft Kreuzhof: Rreujgaffe . . . . . . « 4378
Herrſchaft Poforjig: Reuftife . . . . . . « 848
auf. . 10,340,
im @anjen . 24,655 Geelen.
(Dagu bemerkt Surende in ter Moravia 1815 GS. 435, daß Brinn eine
Pevdiferung von mehr ald 36,000 Menſchen erreicht, wabhrend die officiellen
Tabellen aus brkannten Urfaden nod immer weit weniger aber unridtig, nam-
lid nur 24,655, anfigren).
Die folgende Ueberſicht ordnet bi Bevitterung ber t Hauptftadt Brinn
im Sabre 1827 nad ben Juriédiktions⸗Bezirken.
Bufammen |
Ramen der Dominien einheimiſchen
Bevollerung Dauptſumma
-- £2 Koͤnigl. Hauptſtadt Brinn -. |. 19555 ') |
: 2 Dominium Vonigefeld und : |
" Riecszfomig . .. | 5250
Kritſchen ... 7 64 4847
Altbrimn ~~. 2°. 3198
Poforig ... 1141
Obrowitz... 1049
Kreuzhof . . . aan 652
Blatiowig rect. |
Gofolnig . .- 238
- 10. St. Thomas
ie * 1826 bie Sevttterimg ber Stadt mab b iiiat Gorfikdte mit Jube⸗
9061 Wrem'den onf 19,920 Ceeten ati, Worimnter: mar gegen 680 beeibete 8 fr-
ihe Hau sbefiger.
Die Bermehrung ber Bevolferung geſchah nicht aus fic, fondern durch
Ginwanderer und die Anftalten, weldhe auf Verminderung der Tobesfaͤlle Ein,
fluf nabmen. Denn in Der Periote vom Jahre 1785 — 1804 ftarben im
Durchfdnitte jabrlih um 38 mehr als geboren wurden (678 gegen 640). Sn
der nddften Wfabrigen Periode aͤnderte fic das Verhältniß, ba vor 1805 —
1829 etwas mehr geboren wurben als ftarben (1234 gegen 1218).
Rad bem Wjabrigen Durchſchnitte von 1805 — einſchl. 1829 wurden
in Brinn jährlich 248 Trauungen vorgenommen, jeder 72. Menſch trat in den
Stand ber Che (im ganzen Gouvernement jeder 62.); gebore n-wurben jibes
lid) 1234; gegen 100 Madden famen 106,4 Knaben yur Welt; auf 100 ehe—
lice Geburten famen 59,3 unehelide (nad Ausidheibung des fremden Contin:
2) Die Bevölkerung Brünn's wurde angegeben 1822 nad ber Conftriptions » Revifion =
in ber Stabt mit 671 Häuſern 2330 Familien und 10,835 Seelen, baun 1727 Fremden,
—<——
in ben Vorſtädten in 1375 Häuſern 4714 Familien und 20041 Seelen, Militär 2069, guf. —
in 1946 Hinfern 7044 Familien und 34672 Seelen, tm Jahre 1826 mit 35,899, 1826
mit 36,422, 1827 mit 36,896 Seelen. Im Jahre 1826 befandeu ſich in ber Stabt. ſammt——
ten magift. Borft. 17,839 PBerfonen, darunter 5406 bid einſchl. 15 J., Abweſende 696,
beim Minners (Armen⸗) Verein betheilt 160, männl. Radiwuds von 1 — 14 9. 9606,
per 15 -— 17 3. 285. Qu ber Stadt gablte 6651 Berfonen bie Perſonalſtener.
Um 1824 gab man in ben 23 Vorftddten an:
Haufer Famifien. Geelen
Badengaffe (flart.) . . ~ ~ 115 369 2165
Kreuzgafſe (zu Krenzhof) 20. —- 106 402
Wenzele⸗ und Wienergaffe (yn miter . 47 "TIE: NER -
Straffengaffe (fiabt.) . . ‘ 31 68 289
St. Annagrund (VBlajowig) . . . 25 58 200
Paderwiefe (ftabt.) . . ; 13 54 \ 263
RMiblgraben und Ledergaffe (feet) . 39 — 782
Neuſtift ſammt Grilowig (Poferig) . 98 - 216 - 067
Dörurößl und Dornid (NKiwigsfeld) . 48 148 - C8
Fetersburggaffe (Kritiden) . . 19 62 380
Peterégaffe bto. . . ; . 5 11 46
Elein⸗Mariazell dto. .. 56 87 804
Rréua (fiitt.) = - . ; 68 233 1104
Leber- und Grabengaffe (Ménigefete) . . 17 . 8 346
Grabengafie vom Lammwbirthsbauje ar . 22 57 228
Grege Zeil (Kritſchen) ee . 80 454 2114
Ober⸗Zeil dto. ... 66 - 185 807
Rablag (Rénigételt) . . . . . 14 37 256
Obrewitz ‘Cfrewig) . . . =|. 55 201 .. :; 96
Sciepbfiar: (Renigéfelt)
Teichdamm (Parr) 65 is0 785
Grofe Neugaije (Hadt. unt Ksnigéfelr) . 148 585 3258
Reine Rengafie und rethe Gaffe (ftatt.) . 51 195 778
Schwabengaffe iKonigsfeld' 31 201 . 70
Altbrũnn (mit Leimſtãtten, Fiſchergaſſe, vleich. _
wiele, Steingaffe u. a.) (Altbrünn) . 208 os ar
a5
gented aus bem Gebahr- und Findelhaufe wohl 100,20, im gangen Gouvere
nement 31,6); von 1000 Geborenen waren 19,6 tobt (im Gouv. 9,3); auf
100 Ghen famen 498 Geburien und nad Ausfdheibung der uneheligen 378,9
(im @ouv. 502,8, resp. 406,4); auf 29 Menſchen (im Gouv. 24 — 25) fam
eine Geburt; geſtorben find jährlich 1318; in der Zeit von 1805 — 1817.
1150, von 1818 — 1829 nur 1091; 100 weibl. Gefdledted gegen 100,7
manni.; von 1000 im Alter bi6 1 Jaber 371, bid 4 3. 122, bis 20 J. 94,
bié 40 J. 105, bid 60.3. 128, bid 80 3. 142, bid 100 J. 37, über 100 3.
1; von 1000 an gewöhnlichen Rranfheiten 978, an Blattern 9, am Gelbfts
morbe 2,5, verunglitdt 17,7, juftificirte 9; auf 1000 Geftorbene famen 30,490.
e6 ftarben alfo von 30 — 31 Ginwohnern 1 Cim Gouv. 31 — 32). Jaͤhrlich
ergab fic ein Ueberſchuß ber Geborenen gegen bie Geftorbenen von 15, in der
Zeit von 1818 — 1829 aber fon von 111, fo, daß in ber letzten Zeit auf
100 Todte 121,4 Geborene famen (im Gouv. 100: 144), wabrend in ber Zeit
von 1805 — 1807 ein Ausfall ndmlih 100 Tobdte gegen 86,1 Geborene bes
ſtand (im Gouv. 100 Todte gegen 125,2 Geborne) ') (Mittheilungen 1830
©. 352 — 358).
— — — —
} Die Aufzeichnung und Bekanntmachung ber Traunmgen, Geburten und Tobesfälle begann
erſt 1786. Bir laſſen eine Ueberſicht von Brünn für bie erſten 25 Jahre folgen, wie wir
fie eben bet ber Gand haben (fiir 1823 S. d. brünner Wochenblatt 1824 Rr. 12, filr die
3S Sabre 1828 — 1882 S. Schmidt's Befd. von Brünu S. 26, fiir 1880 bis 1839 vor
Schmidt in ber Moravia 1840 Mr. 61).
Seboren ss etree
Sufammen| MAnntid | Weibli | Zuſammen
24
Der Stadt felbft war durch ihre fortifikatoriſche Cinfaffung eine Sraͤmze
gefest, fie fonnte fid) Daher nur mehr in bie Hohe ausdehnen. Daher ftieg aud
ble Zahl ber Häuſer von 1797 bis 1818 nur von 561 auf: 567 inner§ald
ber Stabtmauern (gedrudtes Bers. d. H. und ihrer Gigenthamer, Brinn 1818),
bi6 gum Sabre 1826 auf 574 (neueſtes Bers. von Ferd. Kraue, Brinn 1837),
bié 1831 auf 576 (Schmidt, Bef. v. Brinn, Brinn 1835 G. 22), bie 1634
auf 582 (Wolny, Topog. von Maͤhren 1836, IT. 2). Biel mehe nahm fe
bei der eben rege getwordbenen Bauluft') in den (26) Borftddten gu, welche 1826
— — — —
') Sriiun mit ben Vorftädten hatte mit Schluß des V. J. 1828: 2055 Gebände, wovon anf
bie Stadt 682, famen. Bom B. J. 1822 (Nov. 1521) bié Rov. 1828 wurden tn ber
Stadt und ben Vorſtädten 163 nene Bauten geitweife von ber Stener befrett, naͤmlich 15
in ber Gtabt (6 gang neue), 10 anf ber Bäckengaſſe, 3 auf der Lacerwiefe, 7 auf ser
Kreuzgaſſe, 1 auf bem St. Annagrunde, 8 in Witbriinn (6 gang mene), 1 auf der Wiener⸗
@affe, 4 anf ber Straffengaffe, 7 anf ber Nenftift, 3 auf bem DBrnrdfel, 15 auf bem
Milhlgraben (9 gang neue), 6 auf ber Krona, 17 ganz nene auf der Olmützergafſe, 10 ‘anf
ber Untergeil (4 gang nene), 1 anf ber Peteregaffe, 2 ganz neue in Obrowit, 12 anf ber
Oberzeil (9 ganz neue), 8 anf ber Joſephſtadt (2 gang nene), Bam Gofephfddter Graben
(1 gang neues), 2 auf bem Teiddamm (1 ganz neues), 5 anf ber grofen Reugeffe
(4 gang neue), 1 auf ber Rothengaffe, 14 auf der Meinen Neugaſſe (13 ganz nene), 1 anf
ber Sdhwabengaffe.
$m Jahre 1831 wurden vom briluner Thore abwärts rechts an Stelle bes raſirten
Militär⸗Magazinſchopfens vier 2 Stod hohe Häuſer qebant und in demſelben Jahre wurte
bie gweite Stadtmauer beim Neuthor, an welder zwei Hiusden and Schopfen · anges
baut waren, rafirt und vier neue 2 Stod hohe Häuſer erbaut. Ginige Jahre ſpäter ent-
ſtand bie fine Häuſerreihe anf ber Ferbdinandsthor-Baftet (4 Hauler).
Rad buchhalt. Adjnftirnng betrug der nach Abſchlag der bewilligten 15°/, zur Ber-
fteuerung für 1829 ridtig geftellte Hauszins⸗Ertrag 427,584 fl. 545/. kr. ober nad
Abfdlag bes RinGertrages von ben zeitweiſe fteucrbefreiten Gebduten pr. 41,795 fl. 337/,, kx.
— 885,789 ff. 20'4/,, fr. €. M., unb die davon gu entridtende Steuer 69,442 fl. 6 fr.
C. M. in Sriina und feinen Vorftadten. '
Hievon entfiel .
auf die Stadt mit 248,199 fl. 375/,, fr. Ertrag ein Zins von 44,676 fi.
auf ben St. Bezirk |
ber Stadt Stiinn
in ben Borſtädten 44,730 , 15'%/,, , bto. _—bto... 8,051, 18 tf.
auf Rrenghof - . 3,322 ,,, 28!9/,, ,, bto. bto. 38, 3,
»n Sololtits resp.
Blajowig . . 909 , 97/, ,, bto. dio. 168 , 36 ,
auf Gitbrinun . . 20,725 ” 9 4/4 ” bto. dto. 3,780 ” 86 w
» Poforjig . . 5,896 , 5ST!4%/s5 ,, dio. bto. 1,061 ; ‘7 3
» Kitiden . . 19,090 , 491%/,, , dbto. dto. 3,436 », 27 »
» Kbnigsfelb und .
Rzeczkowiiz. 37,853 , 83/4 , dt. dto. 6,813 , 83 »
» Obrowip . . 5,061, 45 . dto. dto. 91, 6,
3m Jahre 1833 unterlagen ber Entridtung bes Zinstrengers für die Lefal-
Kranken⸗ unb PolizeieMnflatten (16,487 ff. 36 fe. ©. M.) ia ber Stadt und allen Bere
ſtädten 494,628 ff. ©. M. Zinfungen, 88,531 fl. waren davon (zeitlich) befrett, was.
26
beRanden (S. Qraus); benn fle war feit 1797 bié 1826 von 1130 (nad Ab⸗
rechnung Per 94 Häuſer in dem nun bei Brinn nicht mehr fonffribirten Mum-
rewig mit Mein-Mariazell und von 10 Haufern auf dem Spielberge) auf 1308,
bié 1831 auf 1383 (Sdmidbt S. 22), bid 1834 auf 1378 (nad BWolny V.
2 und 6) geftiegen. Jn ber Stadt und den Vorftadten (ohne Kumrowig, Klein⸗
Mariage und Spielberg) war die Haufer-Zahl von 1597 im 3.1797 auf 1882
im. J. 1826, 1959 im Sabre 1831 Schmidt ©. 22)1) und 1960 im Jahre
1834 angewachſen.
$n einem ähnlichen Berhaltniffe nahbm die Bevölkerung au, in der
Stadt von 8592 Seelen (mit bem Sypielberge 8956) im Jahre 1797 (9826 im
Sabre 1798) bis 8708 im Jahre 1804, 9391 im Sabre 1813, 10835 im 3.
1822 (ohne Fremte), 12326 mit Einſchluß von 1645 Fremden und 33 Aus:
fandern (Wolny Il. 2 und 6 verwechſelte offentar die Zahl ber Fremden und
Ausländer er inneren mit jener der ganjen Etadt), in den Vorſtädten von
14,235 im Sabre 1797 bis 15,264 im Jahre 1813, bid 20041 im Sabre 1822,
bis 25,275 im Jahre 1834, im Gangen aber von 23191 (und eigentlich obne
Rumrowig und Mariazell mit 494 von 22697) im Jahre 1797 auf 26,295 im
Sabre 1804, auf 24655 im Sabre 1813, 34672 im Jahre 1822 (mit 2069
Militar) und (ohne tad auf 5000 S. veranfdlagte Militar und 894 abwef. Ein⸗
heimiſche) auf 37601 Ginwohner (17,806 maͤnnlich, 19,795 weiblid), worunter
159 Geifilihe, 264 Adelige, 903 Beamte und Honorativren, 1226 Gewerbs-
Inhaber, infiler und AWfademifer, 3012 Frembe (1447 m. 1565 w.) aus
fenffridteten und nicht fonffribirten ‘Brovingen und 112 Auslander (91 mannl.
21 weibl ) 2). |
gufammen eine Höhe vou 538,162 fl. C. M. Hauszine - Ertrag gab (SG. die Specififation
in ber Stabt unb jeder BVorftadt bet Schmidt G. 24).
3m Jahre 1834 wurden 2099 Hauler mit einem Zine-Ertrdgniffe von 543,730 fl.
45 tc. ©. M. (in Olmütz 701 und 423 Haufer mit 84,881 und 68,868 ff. 50 fr. Ertrag)
nadgewiefen.
1) Stadt 576, Altbrünn 215, St. Annagrund 26, Auguſtinergrund 20, Bäckengaſſe 120
Dornich unb Dirnrdffel 51, Joſephſtadt 66, Gofephftadter Graben 22, Rreuggaffe 26, arbno
64, Lackerwieſe 18, Sebergaffe und Mühlgraben 43, große Neugaffe 97, Meine Neugaffe 45,
Reuftift 101, Oberzeil 78, Obrowig 57, Olmilgergaffe 26, Petersburggaffe 21, Petersgaffe
6, Radlaß 14, rothe Gaffe 48, Sdhwabengaffe 32, Siraffengaffe 32, Teichdamm 17, linter-
jet! 86, Wienergaffe 52, guj. 1959.
*) Wir laffen hier wieder (aus Wolny Il. 2 — 6) eine Gefament-Leberficht bes Wohnungs⸗
und Bevillerungs-Standeé vom Jahre 1834. folgen.
Hiufer Cinwobner
Stadt (mit bem Spielberge) . . . . 582 12326
Vorſtädte a) zur magift. Juried. :
1. Bsdettgaffe, grofe und Meine . . . 121 2675
2. Grabengaffe o. Teichdamm (oat 1780
~entfianden) .. re 19 88h
26.
Anders gibt Schmidt (in der Moravia 1840 Rr. 61) die Conffriptions-
Refultate in den Militarjahren 1831, 1834, 1837 und 1840. Rad) ihm ftleg
tie wirkliche Bevilferung (ohne Militar und die abwefenden Ginheimifden, fee
bod) mit den anwefenden Fremben) von 35948 GSeelen (darunter 4694 Frem-
—— —
Ueberirag . 722 Siufer mit 15382 Eintwohuern,
3. Rrbmagaffe . . 1. . 2. we 64 1248
4. Qaderwiefe (1782 angelegt) . . . . 13 280
5. Mühlgraben unb Lebergaffe. . . . 43 1187
6. Meine RNeugaffe mit bem Anguſtiner⸗
Grube (legterer etwa felt 1784 an-
gelegt bom RMofter St. Thomas, zu
beffen Surisbift. er gebdrte) . . . 64 1218
7. Straffengaffe (1782 entftanben) . . 33 355
8. Antheil grofe Rengaffe mit ber Rothen⸗
Gaffe . . 2... - 2. eee 60 659
suf. gur Stabt gehirig . 999 Haufer mit 20329 Einwohnern,
b) frembberrfdaft. Vorftdbte :
9. Rrewggaffe (Rrensbof) . . . | . 26 590
10. Peterdburggaffe (Rritidjen) . . . af 321
11. Peteregaffe dto. oe 6 73
12. grofe Zeil dto. ... 88 3087
13. kleine Zeil dto. ... 7 1213
14. Renflift (Poſotit...... 101 1296
15. St. Annagrund (Gofoinij) . . . 26 279
16. Altbrünn (Altbriimn) . . ... 215 3276
17. Wiener Gaffe dbto. . . 2... 52 545
18. Obrowig (feit 1824 in Zunahme, zu
Obrowig) 2 www 57 1028
19. Döornrößel (Kduigeéf. u. Rjecnowit 51 746
W. Untheil Grabengaffe (ſchon 1N2 an-
gelegt, 1484 erweitert) (Konigs⸗
felb unb Rzeczkowitzz . . 22 264
21. Joſephſtabt Cangefegt 1788) (Rinige-
felb unb Ryecsfowih) 38. |. 66 932
22. Uncheil grofe oo (RBnigefelb
und Wyecgfowig) . . . . 82 2038
23. Rablas — und Rzeczkowis) 14 330
24. Sdwabengaffe (ſchon 1278 ein Hof
da, 1497 abgebdrannt und nen ge-
bant) (Köonigsfeld und Rzecsfowit) 82 876
auf. . «961 Haujec mit 17272 Einwohnern,
gana Griinn aber. 1960 , ,, 37601 "
Die zur Statt gebhsrigen 20,329 Cimvohuer (9644 m. 10,685 w.) waren gréften-
theils Ratholifen, uur 13 nicht unicte Grieden, 146 augéb. und helvet. Belennt. und 135
(190 m. 15 w.) gebuidete Subden. Die Goritadtgaffen gehörten Abrigens nicht gefdloffen
jede tm Gangen zu Ginem Deminium, ſondern waren guten Theils aud unter mehrere
ben) im Sabre 1834, 34,778 -(5876 Gr.) im Jahre 1884, 37183 (8342 Fr.)
im. Jahre 1867 bi6 auf 39,243 (18,865 m. 20,378 w.) Seelen ofne die 1358
abwefenden Ginheimifden und mit den 9490 Sremben (4906 m. 4584 wi) im
Jahre 1840, daher von 183% bis 1840 um 3,295 Seelen ober 8,396 Percent.
In diefer 10jahrigen Periode überſtieg die Bahl ber Geburten im Durchſchnitte
mit 1490 (darunter 621 unehelige oder auf 100 ehelige 41 unefelige, bann bei
1000 Madden 1033 Rnaben) jene ber Todesfälle von 1379.
Bis 1848 wuchs die Bevolferung Brünns auf 41,378 Seelen (in der
Stabt und. den magiftrat. Vorſtädten 13,923, in ben tbrigen
Bor fldbten 14,366, zuſammen 28,289, tann fonffribirte Frembde 13,089),
bié 1846 nad bem Konſkriptions⸗Elaborate auf 45,354 in 1994 Hadufern,
— — — —
zerſplittert, was fic) daraus erklären (aft, daß fie ohne Syſtem nach Zufall, meift durch
Kirchen und Klöſter, in Folge von Schenkungen, einzelnen Käufen u. a. Theilatten eut⸗
ſtanden.
Qu Altbrünn gehörten bec Marit Altbrünn (216 H. 2829 E., wovon 6 H.
und 115 E. an Kritſchen, 32 H. und 158 |& gu Kreuzhof und 3 H. und 25 E. gu Rzecz⸗
kowitz zuſtändig) und bie Vorſtadt Wienergaſſe (52 H. 564 E.), gu Königsfeld die
Vorſtädte Döorurößel (42 H., wovon 9 fremdherrſch, und 590 E.) und Radlaß
(14 8. 240 E.), und Antheil ber Vorſtadt Neugaſſe (10 H. 1890. E.), gu Rzeczkowitz
bie Vorſtädte Joſephſtadt (66 H. 979 E.), Grabengaſſe (22 H. 242 E.), Schwa⸗
bengaffe (82 89. 660 E.), Antheil große Neugaſſe (72 G. 1857 E.), Antheil Gril⸗
lowig (3 H. 29 E.), olmiiger Gaffe (9 H. 164 ©), Antheil kleine Neugaf fe
(3 §.), gu Kreuzhof die Vorftddte Kreuzgaſſe (26 H. 506 E), Grilfowig (4 GH.)
und LehmRatte (22 H., die Babl ber Einwohner in jener von Altbritnn begriffer), gu
Kritſchen (aufer bem nicht mehr nach Brünn konſkribirten Dorje Kumrowitz mit 34 H.
und 213 Ginw. und RKein-Maria-Bell mit 72 H. und 445 Einw.) bie Vorſtädte Peters.
burggaffe (21 ©. 297 Ginw.), Betersgaffe (6 H. 70 Ginw.) und Felbgaffe
(5 H. 196 Ginw.), dann unter der Leitung bes Amtes Kritſchen, aber yu bens felbftftinbigen
Propftei - (biſchofl.) Gute St. Peter (mit Prifenits) gehörig die Borftidte große Beil
(85 $. 2480 E.) und fleine (ober Ober-) Reil (79 H. 1168 EF), zu Obrowi die
Borftsdie Obrawit (57 H. 913 Cinw.) und Antheil olmi ger Gaffe (19 H. 342
Einw.), gu Pofotig bie Vorſtadt Neuſtift (101 H. 1186 -Cinw,, ſchon 1504 mit der
Vorſtadt Grillowitz gu Pofotig geLommen), gu Blazio wi § (aud Konigsgarten und St. Anna
genannt, von Sofoluiy aus verivaltet) die Vorftart Et. Anna- (Grunb, 26 H. 235 Ginw.)
und 1 Haus mit 5 Einwohnern auf der Unterzeil. Man flebt, daß biefe Angaben Wol-
ny's (II. Gb. t. T. S. 125, 180, I. Bo. 2. T, S. 22, 25, 36, 44, 50, 53 und 586,
54, 244, 822, 841, 468, 588) mit ben fritheren und unter fig nicht gang Abereinftimmen.
Deas Häuſer⸗Schema von Vriinn, von Ferd. Kraus, Brünn 1833, gibt dte Zabl
ber Hauler an, wie folgt: Stadt Brünn 576, Altbrünn 215, Annagrund 26, Ruguftinere
Grund. 30,. Vadengaffe 120, Dornich und Dorunrößel 51, Gofephftadt 66, joſephſtädter
Graben 32, Rreuggaffe 26, RKrbna 64, Laderwiefe 13, Lebergaffe unb Mühlgraben 43,
große Rengaffe 97, Meine Neugaſſe 45, Neuftift 101, Oberzeil 78, olmützer Gaffe (Rzecz⸗
fowits) 9, dto. Obrowig 17, Petersburggaffe 21, Petersgafje 6, Radlaß 14, rothe Gaffe
46, Sihwabengaffe: 32, Straffengaffe 32, Teichdamm -17, Unterzeil 86, Wiener⸗Oaſſe 51,
‘wh 1988, re my : mat, tao ek, ;
7 he oy 4 i
und zwar, wie ber nadfolgende Ausweis zeigt, mit (003 Haufern and 28,38
Seelen in der fladtifden, dann 991 Haufern und al. 797 in ben Herigen Sut
biftionen.
a. Stadt und magift. Juriéd.
Haͤuſer, Einwohner,
Die innere Stat.. «5783880
Badengaffe . ...... 12 3383
Teihbamm . ...... 17 476
Kroͤnn. ee 69 1406
Lackerwieſe .. 14 329 _
Müuͤhlgraben und Gedergaffe .. 43 1354 ee
fleine Neugaffe und Auguftiner-
@rnbo.. ww ww 66 1498
Straffengaffe . . . 32 467
große Reugaffe ſtaͤdtiſcher Seits und
rothe Gaffe. . . . . . 68 794
Summa . 1003 23557
b. Fremdherrſchaftliche Vorſtaͤdte: *
Rreusgaffe © . 2. 2. wee 16 — 657 fe
Petersgaffe . . . 2. 2. ww 6 95° * a
Unteryeil 2. 2. 2 ww. 86) 3708
Oberzeii.. .779 1677 -
Reuftift . 2. 2. 2... 102 1717 J
St. Annagrund.. 25 BB
Altbruͤunn.. 228 4327
Wienergaſſe .. 82 v 704 Tg
Oorowlp ON 8
Oimiigergaffe . . . . . . . Bf 867” a
Dori) und Déedpl >... 54 gos
Joſephſtädter Graben 2 2... 22 eS” A
Sofeppftadt . . 66 1244 Pan
Srofle Rerigaffe tng Seite 86 rl re
Mable... . . 14 347° 4.
Gdwabengaffe. . .. . . . . 38 1076 ~ oe
Summa . 991 21797. 2*
In den nage 5 Sabren, namlid bis gum Jahre 1851, erhob RYE
Bevoͤlkerung Brinné nur auf 47,359 Seelen (Tafeln gue erate ber’ ter
Mon. neue Folge (1856) 1. B. 1. H.). E06
Als fide aber bie Mirfungen ber freleren Siaatsverhaͤlmiſſe mehrẽ au ds
fern begannen, die Snduftrie Brünns fid) noc mehr entwidelte, cine Trieth
fhe Cultudgemeinde ſich daſelbſt bildete u. ſ. w. ftieg die Bevdlferung Brünn's
bis aur legten Volkszaäͤhlung Ende Oft. 1857 auf 59,819, alfo gegen den Stand
des Jahres 1850 die einheimiſche Bevolferung um 1818, die frembde ‘aber um
9632, gufammen 11,450 Perſonen.
Diefelbe vertheilt fid in ber inneren Stadt und 30 Borftirten, welde
jufammen in 4 Bezirke und diefe in 21 Siuartiere und 81 Armenbesirfe ger:
fallen, auf 2138 Häuſer, 10,781 Wohnparteien, 33,454 Einheimi—
fie (32,444 ans, 1010 abwefende, 15,429 mann. 18,025 weibl.) und 26,365
(anwef.) Frembde (15,429 mannl. 18,025 weibl., aud Mahren 18,061, Sdle-
fien 1211, Böhmen 4363, Oeſterreich unter der Ens 718 u. ſ. w., aud dem
Auslande 472). .
Ym 4. Gemeindebesicte (in der inneren Stab) befinden fi 14,246 (bar:
unter 6316 §rembde),
im 2. (Schwabengaſſe 1453, Auguftiner-Grund und fleine Reugaffe 1894,
rothe Gaffe 260, grofe Reugaffe 4187, Franz⸗Joſephs⸗Strafſe (Teichdamm)
867, Jofephftinter Graben 381, Jofephftadt 1691, Obergeil 3178, Obrowig
1770, Radlas 432, Untergeil 5018, Lebergaffe 595) 21,726 (9193 Fr),
im 3. (Mrina 2639, Olmiiper Gaffe 2749, Muhlgraben 1303, Dörnroͤßl
und Dornic 1353, Peterdgaffe 21H, Reuftift 1975, Straffengaffe 515, Lacker⸗
wiefe 367, St. Annagrund 712, Wienergaffe 989, vactegeſe— 3,876, Kreuz⸗
gaffe und Hohlweg 833) 17,526 (8578 Fr.)
im 4. (Altoriinn) 6,321 (2278 §.).
Rad ber Religion gibt es in Brinn Einheimiſche und dremde zuſammen
56,694 Ratholiten (23,918 Brembe), 895 Evangeliſche (432 Fremde)
und 2230 Iſ. rgeliten (2015 Fr.), dem Berufe nad spit die. einheimiſche
Bevoͤlkerung 170 Geiſtliche, 1321 Beamte, 232 Militars, 145 Literaten, Sinfi-
fer, 87 Rechisanwaͤlte, Notare und Hilfsperſonen, 100 Sanjtätkperſonen, 62
Grundbeſitzer, 870 Haus- ynd Rentenbefiger, 2249 Gabritgnten und Gewerbs
leute, 500 Handelsteute 2 Schiffer und Fifdher, 98 Dilfgarbeiter ber Land-
wirthſchaft, 3986. dio. fuͤr Gewerbe, 310 dio, fir Handel, 1000 andere Diener,
794 Taglipner,, 1113 Mannéperfonen über 14 Jahre, 20548. Frauen und
Rinder.
. Der Biehfiand beftebt. aus 575 Pferben, 476 Sid, Rindvigs, 12 Eſeln,
158 Schafen, 95. Biegen, 607 St. Borftenvieh (Statift. Darfiellung bes Bee
palterungs-Ctanbes ber t Randeshauptftart Brinn que Grunh ber Volkszaͤh⸗
lung vom 3. 1857, Brünn 1858).
Seit einem Galben Jahrhunderte Gat fid die Bevdlferung Bruͤnns (1804:
25,205) make verdreifacht, wad. gtoͤßeren Theils anf Rechnung ber, Bort ddte
geht,.ba die Bevslferung ber -inneren Stadt pon 8708 im: Jahre 1604 nur auf
14,246 angewachſen iſt.
Die Bat der Oſraelnen 808 119) hat um baé Cierra gue
genommen. . ’
ee on ’
B.
Stadt nnd Vorſtädte in ihrer Verbindang and
Vereiniquag.
Sur Frage der Concentrirung der Verwaltung ').
Die Stadt Brünn beftand gwar von ihrer Bereinigung im Jahre 1850
aué 26 Gemeinten unter 10 Grundherrfdaften.
Diefe BorfladteGemeinden Hatten ihre eigenen von ifren Obrigfeiten bes
ftdtigte Borftinde (Richter und Gefdworne, in Altbrinn auc) Biegermeifter),
forgten für ihren Haushalt durch eigene Mittel und führten darüber abgefons
derte Rednungen, welde ihre Obrigfeiten priften und erledigten.
Die f. Stadtgemeinde Brinn wurde aber nicht burd die Bewohner oder
Gausbefiger der innern Stadt, fondern durch bie Gefammtheit ber Birger, e6
modten diefelben inners oder auferfalb ber Ringmauern wobnen, repradfentirt.
Sn Der That befand fich der grofere Theil in den Borftadren 2). Ade ofne
Unterſchied ihres Wohnſitzes in oder außerhalb der innern Stadt hatten gleiches
Ret und gleiche Srimmen bei der Wahl des ftddtifden Communausfduffes,
welder als Organ der Etadtgemeinde beftand.
Diefe verſchiedenen Gemeinden bildeten allerdings nicht Einen Geſammi⸗
koͤrper, vielmehr hatte jede ihre eigene Verwaltung und Verrechnung, unterſtand
ihrer eigenen Obrigfeit ober hatte, wie Altbrünn bis 1787 einen Ma fe
firat, und fanden fiir gewwiffe Angelegenheiten, beſonders Poligeis und Militär⸗
Saden, ihren Bereinigungspunft in ben Hoheren lanbedfirftliden Behoͤrden
(Polizeikommiſſion, Kreisamt, Polizeidirektion, Gubernium). Allein! mannigfache
Verhaͤltnifſe bahnten nad und nach den Weg zur brüderlichen Verbindung, wie
das Beiſammenleben anf Einem zuſammengedraͤngten Raume durch Jahrhun⸗
derte, die gemeinſamen Erlebniſſe, die Kriegsbedraͤngnifſe, wegen welder “ble
Vorflddte jum Sebuge der Stadt wiederholt grofen Theiles gerflort wurben,
deren: Bewohner aber hier Zuflucht fanden, gemeinfame Anftalten und tad fm
met entſchiedener hervorgetretene Streben der Regierung, der ungede y
lichen Spaltung nad und nach ein Ende gu madden und aus der vielgeglieder⸗
ten Gemeinde eine einige herzuſtellen. Alle dieſe und andere Umftinde knupf⸗
ten allmalig ein Band, weldem nur der Schluß fehlt. Daf die Stabtgemeinde
% Der Stngang diefer Abhandlimg (bis zur Organiſtrung) wurde in ber tos er
vom 18. Ninner 1860 vorgetragen.
%) 1826 gab es in ber Stadt unb ben magiftratifden VGorftddten nur gegen 600
Bileger und Hausbeſitzer 1832 im bewaffneten Bürgerlorps 168, nebſt dieſen sod 219
ſtadtiſche unbehauste, 251 vorſtädtiſche unbehauste und 156 behauste, zuſammen 794 Bir;
get, 1885; 576 bebanste und 644 unbehauste Viirger (S. auch S. 18).
cad
31
felbft das Bedürfniß ber Ginigung lebhaft fihlte, geht ungrweifelhaft aus ihrem
leiber nicht in Grfiliung gegangenen Wunſche Hervor, bei Berduferung der
Fondsherrſchaften Obrowitz, Gofolnig, Koͤnigsſeld, Rzeczkowitz, Alibrünn u. a.
in ben 1820ger Jahren die dahin gehörigen Vorſtädte an ſich gu ziehen. Die
unter der Jurisdiktion bed Magiſtrates geſtandenen Vorſtädte (1846 in 425
Haufern 9707 Bewohner), welde mit ber inneren Stadt (578 Häuſer und
13,850 Ginw.) ungefabr bie Halfte (23557 Seelen) der Gefammtbevoiferung
Brünns bildeten, Hatten allerdings innigere Begiehungen mit diefer, alé die 15
fremdherrſchaftlichen Wor ftadbte Cin 991 H. 21,797 &). Allein!
abgefehen tavon, dag bie Borftadte Uberhaupt, obwohl gum Theile alt, nach den
gropen Berwiiftungen wahrend der Sweden = und Preufen - Kriege, eigentlid
bod erft feit Joſef Il. Tagen entftanden find ober fic) bedeutend ausgedebnt
haben, wurden felbft die fremdherrſchaftlichen Vorftidte in vielen ber wichtighen
Zweige der dffentliden Verwaltung mit ben Bewohnern ber innern Etadt und
ber anderen Borftadte gleichmäßig Sehanbdelt.
Wir wolen nicht in die frithere Vergangenheit zurückkehren, nicht erwäh—⸗
nen, daß Die Vorftadte uberhaupt feit Jahrhundecten bei dem brünner Stadtrathe,
einem Areopage, welder feine Wirkſamkeit mit Rechtd-Belehrungen unt Ent-
(deibungen bid nad Bogmen, Ungarn und Schleſien erftredte, Recht ſuchten
und fanden und der altbrünner Stadtrath durch bie ganje Zeit feined Beftan-
des ſich in ſchwierigen Zeiten dort Raths erholte, bas der branner Stadtrath
feit der Zeit, als (felt 1729) die ehemaligen 200 Halegerichte auf wenige redu⸗
cirt tourben, RKriminalgeright der Borfladte war. Wir wollen bei der neuen
Zeit bleihen.
Vor Kaiſer Joſeph I. batten nur die Vorftabtmeifter, welhe fid
auf fadtifdem Grunde befanden, mit ben Stadtmeiftern
gleide Rete, weil fie mit diefen gleichmäßbzig die bicgerlic
den. und gewerblichen Laften trugen, Die Vorſtadtmeiſter auf fremb-
herrſchafilchen Bründen durften dagegen ihre Gewerbe nur in den Borftadten
betreiben, weil fie, obgleid) ben ftadtifden Zuͤnften inforporirt, auger den Quar⸗
tal-uflagen | keine anderen ſtaͤdtiſchen ober gewerbſchaftlichen Auflagen trugen.
Kaiſer Joſeph hob aber dieſen Unterſchied im Gewerbsbetriebe und Verkaufe der
Fabrikate wiſchen ben Stadt⸗ und Vorſtadtmeiſtern gegen verhältnißmaͤßige Bei⸗
ziehung der fremöherrſchaftlichen Gewerbsleute gu ben gewerbſchaftlichen Laſten
auf (Hfot. 10. Maͤrz 1783).
Bevor Kaiſer Joſeph in Brinn eine Polizei-Direktion einſetzte (1785)
leitete eine Polizei-Hauptkommiſſion aus bem Mittel der Landesſtelle, nad Auf⸗
hebung der erſteren das Kreisamt in Gemeinſchaft mit Rathsdeputirten bed
Magiſtrates die Polizeiverwaltung in der Stadt und für ſich allein auch jene
ber Vorſtädte. Nach Exrichtung der Polizeidirektion blieb bem Magiſtrate unter
deren Leitung bie Beſorgung der Pol izeigeſchaäfte in der Stadt. Um bie Abficht
ber neuen Polizei-Einrichtung, naͤmlich die Sicherheit ber Stadt⸗ und BVorftadt:
Se ee ee oe ees EE ee — —
wee ole —
Fs
Die BermeHrung der Bevdlferung gefdah nicht aud ſich, fondern dure
Ginwanberer und die Anftalten, welde auf BVerminderung der Tobesfale Gin:
flug§ nabmen. Denn in der Pertote vom Jahre 1785 — 1804 ftarben in
Durchfdnitte fahrlid um 38 mehr alé6 geboren wurden (678 gegen 640). Sr
ber nddften 25jahrigen Periobe änderte fis das VerHhaltnif, ba von 1805 —
1829 etwas mehr geboren wurden ald ftarben (1234 gegen 1218).
Nah dem VWijdbrigen Durchſchnitte von 1805 — einfdl. 1829 wurden
in Brinn jährlich 248 Trauungen vorgenommen, jeder 72. Menſch trat in der
Stand ber Che (im gangen Gouvernement jeder 62.); geboren wurten jabr:
li 1234; gegen 100 Madden famen 106,4 Rnaben zur Welt; auf 100 ehe
liche Geburten famen 59,3 uneheliche (nad Ausſcheidung des fremden Contin:
2) Die Vevdlferung Vriinn’s wurde angegeben 1822 nadh der Conftriptions - Revifior
in ber Stadt mit 671 Haufern 2330 Familien unb 10,835 Seelen, dann 1727 Fremben
in ben Vorſtädten in 1875 Häuſern 4714 Familien mb 20041 Seelen, Militix 2069, guf
in 1946 Häuſern 7044 Familien und 34672 Seelen, im Sabre 1825 mit 35,899, 1826
mit 36,422, 1827 mit 36,896 Geelen. 3m Jabre 1826 befanden fid) in ber Stabt ſamm
ben magift. Borft. 17,839 Perfonen, barunter 5406 bis einfdl. 15 J., Abwefenbe 696,
beim Dinners (Armen-) Berein betheift 160, männl. Radwuds von 1 — 14 J. 2606
yon 15 -— 17 3. 285. Qu ber Stadt zahlten 6651 Perſonen bie Perſonalſtener.
Um 1824 gab man in ben 23 Borftdbten an:
Hinjer Familien Seelen
Bäckengaſſe (ſtädt.) 115 569 2165
Krenjgaffe (zu Krenzhof) 20 106 403
Wenzele-s und Wienergaffe (31 miter) i {ne : Coiba. aie
Straffengaffe (ftabt.) . . . 31 68 289
St. Annagrund (Blajowitz) . . . 25 58 . 200
Laderwiefe (fabt.) ‘ ‘ . 13 54 263
Muͤhlgraben und Lebergaffe (abt) ; . 39 — 782
Neuftift ſammt Grillowig (Poforie) ; 98 216 - 867. -
Dörnrößl und Dornich (Kinigéfeld) . . 48 148 “is
Petersburggaffe (RKritiden) . . , . 19 62 280
Petersgaffe dto. . . ; . 5 11 46
Rein-Mariasell dio. : oo ; 56 87 804
Aröua (fibbt.) —. oo 68 233 1104
Reber- und Grabengaffe (Rénigefeld) Lk 17 87 346
Grabengaffe vom Lammwbirthebaufe ar . 22 57 228
Große Beil (Kritſchen) 80 454 2114
Ober⸗Zeil dto. .. 66 188 807
Rablaß (Rinigefelb) . . . . . 14 37 256
Obrowig (Obrowib) . . «© |. 55 201 :. , 916
Jofephftadt (Kinigsfelb)
Teidbamm (Abt) © 10 *
Große Neugaffe (ſtadt. und Königsfeld) . 148 585 2258
Reine Reugaffe und rothe Gaffe (ftdbt.) . 51 195 778
Schwabengaſſe (Konigsfelb) 31 201. —980
Altbriinn (mit Leimſtätten, Fiſchergaſſe, Sleich. J F— . we
wieſe, Steingaffe ua.) (Altbrünu).. 20 | GB. .Nu⸗
a5
genteé aus bem Gebähr⸗ und Findelhaufe wohl 100,20, im gangen Gouvere
nement. $1.6); von 1000 Geborenen waren 19,6 tobt (im Gouv. 9,3); auf
100 Ghen famen 498 Geburien und nad Ausfdheibung der unebheligen 378,9
(im Gouv. 502,8, resp. 406,4); auf 29 Menſchen (im Gouv. 24 — 25) fam
eine Geburt; geftorben find jährlich 12318; in der Zeit von 1805 — 1817.
1150, von 1818 — 1829 nur 1091; 100 weibl. Gefdledted gegen 100,7
manni.; von 1000 im Alter bi6 1 Jahr 371, bid 4 3. 122, bis 20 % 94,
bie 40 3. 105, bid 60.9. 128, bid 80 3. 142, bid 100 J. 37, ber 100 3.
1; von 1000 an gewöhnlichen Rrantheiten 978, an Blattern 9, am Selbſt⸗
morbe 2,5, verunglidt 17,7, juftificirtt 9; auf 1000 Geftorbene famen 30,490,
es ftarben aljo von 30 — 31 Ginwohnern 1 Cim Gouv. 31 — 32). Jaͤhrlich
ergab ſich ein Ueberſchuß der Geborenen gegen die Geftorbenen von 15, in der
Beit von 1918 — 1829 aber (hon von 111, fo, daß in der letzten Zeit auf
100 Todte 121,4 Geborene famen (im Gouv. 100: 144), wabrend in der Zeit
won 1805 — 1807 ein Audsfall naͤmlich 100 Todte gegen 86,1 Geborene bes
fiand (im Gouv. 100 Todte gegen 125,2 Geborne) ') (Mittheilungen 1830
GS. 352 — 358).
T} Die Aufyeichunng and Bekanntmachung ber Tranungen, SGeburten und Tobesfalle begann
érft 1766. Wir faffen eine Ueberfidht von Brünn für die erfterr 25 Jahre folgen, wie wir
fie eben bet ber Hand haben (fiir 1823 S. b. britnner Wodenblatt 1824 Rr. 12, filr die
3S Qabre 1828 — 1882 ©. Schmidt's Beſch. von Brilun S. 26, fiir 1880 6i6 1839 von
Schmidt in der Moravia 1840 Mr. 61).
“Gabe [Getrant] Geboren | j§§ Geftorben
1786 185 366 341 707 346 972 618 |
1787 136 232 218 450 193 168 961 ,
1786 136 298 470 ‘ 270 585
1789 134 319 257 576. 295 281 576 |
1790 150 299 553 1 3849 318 667
1791 132 328 213 571 417 899 739
1792 98 151 123 274 196 180 826 |
1793 70 138 150 288 162 136 298
1794 77 132 134 266 125 114 939
1795 86 128 149 277 132 128 260
| 4796 68 130 137 267 119 145 264
1797 98 133 153 286 16t 185
1798 205 457 492 949 591 667 1258
1799 219 518 492 1005 545 1083
1800 190 466 468 934 593 571 1094
1801 216 437 394 831 438 940
1802 88t 633 570 1203 604 586 1190
1803 606 545 1151 607 1215 |
1804 294 600 576 1176 564 506 1067
1805 576 540 1116 573 546 4119 |
1806 233 417 419 836 1184 1138 9317
1807 339 641 536 1177 586 572 1168 |
1808 418 889 869 1758 808 866 1674 |
1809 167 585 562 1147 819 821 1640 |
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wiefe, St. Annagrund, Badengafie, Kreuzgaſſe fammt Hohlweg, Altbrinn, Feld-
gaffe, Wienergafje in ihrem vollen Gataftralumfange cine eingige felb fre
ſtändige Ortsgemeinde (die PeterSburggaffe ift ausgeſchieden, wie friiher
fon Rumrowig und Klein⸗Mariazell).
Die Gemeinde zerfaͤllt in folgende vier Begirfe:
a. Den erften Bezirk bildet die innere Stadt mit bem Spielberge nad
ihrer gegenwartigen Gataftral-Grinjge (nad der damal legten Con(fription vom
Jahre 1846; 578 Häuſer und 13,850 Ginwohner),
b. ben zweiten Bezirk bilden die Vorftadte Schwabengaſſe, Auguftinergrund,
Heine Neugaffe, grofe Neugaffe, Teichdamm, FofepHhftadter-Graben, Fofephftade,
Oberzeil, Obrowig, Radlaß, Untergeil und Ledergaffe bid gum Viaduft ber novd-
liden Staatsbahn (zuſ. 636 Haufer, 16296 Ginwohner),
c. ben dritten Begirf bilben die Borftadte: Muͤhlgraben, Krona, Olmiiger-
Gaffe, Petersgaffe, Dornich, Doͤrnroͤßl, Reuftift, Straffengaffe, Lacerwiefe, St.
Annagrund, Badengaffe, Wienergaffe, dann Rreuggaffe fammt Hohlweg, mit Aus⸗
nabme bes dahin gufataftrirten Antheilé der Lehmſtaͤtte (zuſ. 552 H., 10874 Cinw.),
d. ben vierten Bezirk bildet die bidherige Marktgemeinde Altbrünn in ihrer
Cataftralgrange mit Einſchluß der Lehmftatte, in fo weit fie zut Cataftralgemeinbde
Kreuzgaſſe gehirte und mit Ausſchluß ber Wienergaffe (228 H. 4327 E.).
Jedem Bezirke bleibt fein Bermogen ungeſchmaͤlert. Wie bewegliden und
unbewegliden Gaden, fo wie alle Geredhtjamen, Gefalle, Renten und Privile-
gien, in deren Befig fic cin Bezirk befindet, dann alles dasjenige, was er fiinf-
tighin erwirbt, bilbet baher ein befondered Vermoͤgen dieſes Bezirkes.
Dagegen find alle Ginnahmsquellen, bie nad) dbiefer Gemeindeordbnung gur
Bedeckung ber Gemeindebedirfniffe beftimmt find, fo wie die Fonbde, bie fiir diefe
Bedtirfniffe igre Widmung haben, ein Bermdgen ber Gemeinde.
Das im Bezirke vorhandene Stiftungdvermogen darf feiner Wibmung in
feinem Falle entgogen werden (§. 4).
Die privatrestliden Verhaltniffe überhaupt und indbefondere bie Eigen:
thums⸗ und Nutzungsrechte ganger Claffen oder eingelner Glieder der Gemeinde
ober eines Bezirkes bleiben ungedndert (§. 5).
Die Gemeinde Brinn bildet einen eigenen politifden Bezirk unter der
unmittelbaren Stellung ded Kreispraftbenten (§. 6, nad Aufhebung diefes Pos
ftend ber Statthalterei).
Die Gemeinde wird in allen ihren Angelegenheiten burdh ben grofen
Ausſchuß und ben Gemeinderath vertreten, an deren Spite ber Burs
germeifter ftebt.
Der Ausſchuß wird von ber Gemeinde, welche nad ber Hohe ber Steuerzahlung
und nach ben perfinliden Gigenfdaften der Mitglieder in 3 Wahlkoͤrper getheilt ift, aud
ihrer Mitte gewaͤhlt; bie Mitglieder ded Ausſchuſſes verwalten ihr Amt unentgeltlid.
Der Biiegermeifter wird vom Ausſchuſſe aus feiner Mitte auf 3 Fabre gewablt,
von Seiner Majeftat beftatigt und begieht Funttions « Gebdhren; dex Auoſchuß
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wablt aud einen Borftandd-Stellvertreter (Bicebiirgeemeifter) auf bie Dauer
eines Jahres, welder, wie bie Gemeinderdthe, Funktionsögebüͤhren erHalt (§. 36,
37, 57, 58, 62, 63, 71).
Die befonderen Sntereffen der Bezirke werden durch Bezirksausſchuͤſſe vers
treten, von Denen jener fur bie innere Stadt aue 18, jeder der drei Rbtigen
Gemeindebesirfe aber aud 9 Mitgliedbern beſteht.
Die Wahl der Bezirksausſchuͤſſe wird in jebem Gemeinbdebegirfe von und
aus den wablberedtigten Cinwohnern dedfelben vorgenommen. Seder Begirfé-
Ausſchuß wahlt aus feiner Mitte einen Vorſteher und Bicevorfteher, welche
Sunttiondgebiuhren bejiehen, wahrend bas Wmt Der tibrigen unentgeltlidy ift
(§. 72 — 78).
Die Gemeinde Hat gu beforgen: |
Lim natirliden Wirfungsfreife (8. 79): 1) ihre Vermoͤgens⸗
Verwaltung (§. 83, 114), 2) bie Lokal⸗Polizei (§. 91, 118, naͤmlich Reinlich⸗
feit, Straffen, Pflafter, Beleuctung, Canale, Briden, Brunnen, Wafferleitun-
gen, Geſundheits⸗ Keuery, Markt-, Baur, StraffensPoligei, Aufſicht uber Maaß
und Gewidt, Ueberfdivemmung wu. a.), 3) die Armenpflege (§. 94), 4) die
Lofal-Eanitats-Anftalten (§. 95), 5) die Aufnahme in ben Gemeinde Verband
und Grtheilung bed Birgerredtes (§. 96), 6) die Controle über die Gemeinde:
Anftalten und Aemter, Econtrirung ber Gemeinde-Fondsfaffen (§. 98, 114),
Il. im ibertragenen Wirkungskreiſe (§. 79, 80, 119): 1) die
Kundmadung ‘ter Gefege (§. 120), 2) Ginhebung und Abfuhr der direften
Steuern (eb.), 3) Conffription und Refrutirung (eb.), 4) Meilitar-Einquar-
tirung und Borfpann (eb.), 5) Ausftellung ber GHeimatfdeine (eb.), 6) Er:
theilung ber Gheconfenfe (eb.), 7) bad Sdhubmefen (e6.), 8) fonftige vom Ges
ſetze, Statthalter und Mreié-Regterungs-Prafidenten zugewieſene Geſchaͤfte (eb.),
9) bie’ Verleihung von Gewerbs⸗ und Handelsrechten (F. 121), 10) die Volke—
ſchulen (§. 122) und 11) Patronats-— Angelegenheiten (§. 140).
3ur Berwaltung biefer Gefchafte find beftimmt der Birgermeifter, Bices
Dirgermeifter, 9 vom Ausſchuſſe aud feiner Mitte gewahlte Gemeinderathe,
bie nothige Anzahl bon befähigten referirenden Stabträthen, welche wie
alle uͤbrigen Gemeindebeamten mit Gehalt auf Lebenszeit angeſtellt ſind, und
das erforderliche Hilfe: Perfonal (§. 67, 74, 140, 128, 134), insbeſondere aud
cine Raffe für bad Gemeindevermogen (§. 84), die Steuern (§. 120), die
Gemeindes und Fonds⸗Kaſſen (§. 98, 114), ein Bauamt fiir Baupoligei
Straffen u. a. (§. 98, 114), ein Rechnungs-Revident (§. 85).
Die Begirfsvorfteher und Bezirks8aueſchüſſe find Crefutivorgane bes grofen
Aus(duffes und Gemeinderathes, und miffen fic zur Unterftigung bed Birger:
meifters in Gemeinde-Angelegenheilen und namentlid in Handhabung der Lokal⸗
polizei innerhalb ihres Bezirkes, ausnahmmsweiſe aber auch außerhalb bedfelben
verwenden laſſen. Weiter haben ſie die Sonderintereſſen ihres Bezirkes wahr⸗
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zunehmen, bezüglich welder fle von bem großen Ausſchuſſe, dann bem Gemeinde⸗
rathe unabhaͤngig find.
Für Sonderintereſſen werden jene erklärt, deren Verwirklichung nicht ber
Gemeinde uberhaupt zukömmt, ober die ſich auf die Verwaltung und Verwen⸗
bung bed dem Begirfe gehorigen Bermogens beziehen. Einen Streit hierüber
hat ber Lanbtag und, wenn er nicht verfammelt ift, proviforifd der Statthalter
gu entfdeiben.
In Beziehung auf bie Gonderintereffen haben die Bezirksausſchüſſe indbes
fondere die nothigen Aemter gu organiftren und gu befegen, die Patronats—
rechte auszuüben und fir die Ecfudung ber damit verbuntenen Pflidten Gorge
gu tragen, bad Bermogen bed Begirfes gu verwalten und die Gintiinfte davon,
in fo fern fie nicht fdon eine beftimmte Widmung haben, vor allen fiir die
Gonbderintereffen ded Bezirkes, die didponiblen Ueberſchüſſe aber zur Dedung
ber bem Bezirke anrepartirten Gemeindeauslagen zu verwenden u. ſ. w.
(§. 136 — 140).
Der Biirgermeifter fann bei den Gigungen der Bezirksausſchüſſe erfdeinen
und gu jeder Zeit Dad Wort ergreifen, ohne jedod an der Abftimmung Theil
gu nehmen (§. 148).
Es dringt fic) ber Gebanfe von felbft auf, daß bei der bedeutenden Bers
pflidtung, welche ber neuen Gemeinde aufgelegt wurde, im Entgegenhalte der
geringen Mittel, welde auf fie ubergingen, bei ber Dehnbarfeit und Bielbeutig-
feit bed Begriffes von Conderintereffen und welche Einnahmsquelle yu Gemein-
Debeburfniffen beftimmt fei, bei Der Spaltung der Gemeinde in flinf Rorper mit
fic) gegentiber ftehenden Sntereffen, bet der ziemlich unabhangigen Stelung der
Bezirksausſchüſſe, beren Sdentitat mit den friheren Vertretungen fic nicht von
felbft ergab, eine Neibung, ein Zuſammenſtoß awifdhen ber bas Ganze reprafen:
tirenben vereinten Gemeinde und ben eingelnen Begirfen felbft bei bem verſoͤhn⸗
lidften Entgegenfommen nidt leit ausbleiben fonnte.
Dies war bei bem 2. und 3. Begirke, welche fein Vermögen befigen und
fi baber, wo es eine Erleichterung gibt, nicht ungern an die vereinte Gemeinde
anfdliefen, weit weniger ber Fall, wohl aber bei dem 1. und 4. Begirke, welde
bad ehemalige Vermögen ber fF. Stadt Brinn und begiehungdweife der ehema⸗
ligen Marftgemeinde Altbrünn verwalten und der erflere fir fid, der andere
aber, mit Ausflug der fogenannten Dominifaliften, fir fogenannte 155 Ruſti⸗
faliften in Aufprud nimmt, welde von Gemeinbebeitragen befreit gewefen und
nod fein follen ').
1) Die Gemeinde Altbriinn war dem Ciftercienfer-Nonnen-KMofter in Altbrünn unterthänig
und filbrte über bie Leiftungen an dasfelbe durch Jabrhunbderte Streit. Auf bie Vorfielinng
ihrer lieben getrenen Unterthanen, bes Ridters unb ber Geſchwornen and ber ganjen Ge-
mein von alten Griinn, daß ihre Git! und Hanfer leicht gemegt feyen, weil fle ihren aus⸗
gekauften Anfall nicht haben und ihre Giiter bet gefundem Leib nach ihrem Woftecben Nie⸗
BT
Radhbem die Wahlen in ben Gemeinde: Ausf mug!) und die Be:
rtsausſchuͤſſe (Diftdt. 18. Juli 1850, L. Gef. Blatt S. 223) vollzogen wor-
en’), conftituirte ſich ber erftere am 29. Desember 1850 und beftellte
in Gentral s Gomité*), um die organifden Ginrichtungen zur Fibrung der
manben verfdaffen können,“ befreite fle tam Sabre 1552 die Aebtiffin Rofina von Lichtenftein
und der ganze Convent von dem Anfallérecdhte im ber Art, daß fie ohne Hinderniß der
Obrigteit iiber ihre Giiter im Leben und auf den Tob frei verfilgen können, wogegen fie
jabrlid gu Georgi 600 Eyer an bas Kofter abgugeben und die Robot, wie fie vou alten
Beiten unb bermalen bem Kloſter geleiftet worden, dem alten Brauche nad mit Unterthinig-
feit leiſten folle.
Bur Zeit, als die Schweden die Stadt belagerten (1645) flitchteten die Bewohner
bon Altbriinn in biefelbe und halfen fie (mad einem Bengniffe vom 1651) tapfer verther-
theibigen, wogegen ber Feind ben Markt Altbriinn mit bem Gemeindehauſe und der Kirde
St. Sobann bet bem Kreuzhofe niederbrannte (Meine Gefdsh. von Brünn S. 90, die Schwe⸗
ben vor Brinn, von mir, GS. 74, 78).
In ber Mitte bes 17. Sabrhunbertes feben wir Altoriinn in ben Banden der voll-
enbetften linterthinigteit befangen. Man kann wobl fein treffenderes Bild fiber bie dama-
figen Zuſtände felbft ber Bewohner einer Lanbeshauptftadt geben, ale ba wir das nach⸗
folgende Dofument mittheilen.
In Nahmen der allerheyligften Treyfaltigheit Vatter, Sohns vnndt hevligen geiftes
amen.
Kundt Vnndt Zue wißen fey Febermanighichen, bevorab heme dießes angebet, daß
beiint ondten gefaczten Dato ein guetwilliger Vergleich befcheben fey, Zwiſchen Ihr hoch⸗
würdigen vnndt gnabden fufanna abbtifin fambt onndt in Nahmen eines gangen Ldbliden
Gonuents Sue Marid Saal oc. ciner Gents, barn anc) einer ganten, gemeldten Löblichen
Stiefft onndt Mofter onndterthdnigen Burgerfcdafft in alt Sriinn 2c. anderen theilß volgend-
ter geftalt;
Erſtlichen, bemnad fide woll faft anſehen bat laßen, alß ob ſich gedachte Burger-
fcbafft ber Vnderthänigkeit ſchämebte, vmdt deremtwegen in ihren Priutlegten ober freyheiten
(mebrs vielleicht durch bößer leüth anftifinng, alß in ber fad gegritnten Wahrheit) fpigfilnd-
tig nad ſchluge ob Bue etlichen Roboten ein gehör Bue geber ober nicht, Wie dann auch
bero ſelben Roboten merftertheil fid) watgerte, Ridter Vnndt Rath veradtete, vnndt in
folliger Wieberſponſtigkeit cin geraume Reith verbarete 2c. Go tft bod die gnädige obrig-
feit in ihrer Guetigheit gegen ber Vnterthanen keineßwegs verendert worden, fondern lübet
vnndt ſchützet bie felben einen Weeg we bet anderen, vndt ob woll Sie mitt! onndt Weeg
genueg gebabt, die Bugehorfambleit mit Gewalt gue bezwingen, bat Sie dod deren keineß
für bie Sandt wollen nebmen, fondertt nihmmet dlefelben gleichſamb anffs newe zue gna-
den auff vnudt fecget alleß vnndt Sedes in rechter Vergeßenheit, wah irgendt bießhero aus
Bnverftandt möchte für Vber fein gangen,
Fürs andere, Waß anbelangt die gefambte oundterthanige Burgerfdafft in alt Sriinn,
bie weil fie bie grofe Genadt vnndt Guetigheit ber obrigkeit fo febr Spuhrt vnndt erfabrt,
Berobliegiert fie Sic) vnndt alle Shre Nachkhimling keineß weegh mehr in geringften ſich
wiberfpenftig jue erzeygen, Sondern in allen vnndt iedten; Graben ranmen, fanbdtladen,
mit bey onndt getreibt ombgeben, haniff reiffen, haber gelbt geben, bie alten Weingarten
allein bearbeiten, den fdniedt neben dem Baners Boldh veridten; dem Garttner, Maue⸗
rer, Zimerleüthe 2c. verſehen, onudt in allen anbern Vhralten ſchuldigkeiten geborjamblid, ge-
trem vnndt fleißig fic) etnguftellen. Herendtgegen wierdt Ihnen auß billichen bedenckchen
für dießmahl nachgeſehen: das Jagen gue Bbraflaw vnndt Welletitz, bas haber iedten, bas
newe Weingebürg zue arbeithen, Thung laden; vnndt denſelben gue braidten, haimlich ge⸗
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Gemeinbeangelegenheiten in Antrag gu bringen; 616 zur Ausfibrung bed Ors
ganismus blieben hinſichtlich der offentliden Gefdafte ber briinner Gemeinbdes
rath, die kak. BegirfShauptmannfdaft und die Borftinde der Vorftadtgemeinden
in ihrer bidherigen Wirkfamfeit (Rundmadungen ded RKreisprafidenten vom
mid vnndt fal faubern; Wierdt thnen aud hiemit verfproden, das gewöhnliche Robott
Brott trewlid zuereichen, bod bas fie bie obrigheit wegen deff Trunkeß nimer Bberlauffen;
vnndt werden in bie robotten mit redten geſchirr onndt tangliden Leiithen erſcheinen,
Tridtens bie weil viel firiettigheiten auch zwiſchen etnen Ehrſamben Rath onndt der
. Semein endtftandten, alf ob ber felbe ber Gemeiu ontrew in etliden fachen ware, dabero
wirdt in Crafft befen Verordnet bas 3 auß der gedachten Gemein geftellt werden, bie ben
gewöhnlichen ſchwur ber obrigheit vnndt gemein Treu gue fein ablegen onndt in allen onndt
Jeden Gemeinßſchlußen, neben einen Erſamben Rath fein follen ;
Endtlichen gue erhaltung mehreß friedtß onndt einigheit, wie bann auc) guer beferer
Beobachtung defen wah vundt wah geftalifR hierinen ein iedeß beſchloßen, wierdt hiemit
ein Jedes bef gedachten Burgerſchafft (Manß vnndt Weibs Perſchon) ernfilid Verbähnt,
ba fern eins Wieder dießen Guettwilligen Vergleich ſich Solte ſetzen: ober eineß ben an-
deren bie ſchuldt geben, ober aber etwaß waß Vorhero Beſcheben in geringſten ſolte fitr
werffen 2c. ein ſolicheß Solle ber obrigkeit Zwanintzig mähriſche Thaler verfallen fein. We⸗
fen allen Que mehrer Glaubwürdigkeit vndt Begrafftigung haben beyde Vartheyen, das iſt
bie gnadige obrigkeit vnndt geſambte Burgerſchafft in alten Brünn gegenwertigen Vergleichß
Brieff mit gewohnlichen Pettſchafft vnndt Handtſchrifft verſertiget, Actum Cloſter Mariä
Saal den 22. Juli Anno 1668.
Juſtina von Gottes Gnaden Abbtiſſin und der ganze Convent des Kloſters Maria
Saal beſtätigte auf bie Bitten ber ehrbaren Manner Richter Burgermeiſter und Geſchwor⸗
nen aud ber ganjen Gemein von alten Brünn, ihrer lieben getreuen Unterthanen im Ber-
trage vom St. Bartholomai-Tage 1677 nidt nur ben Anfalls - Brief von 1552, fondern
mebrte nnb erweiterte benfelben in folgenden Buntten: bie Gemeinde inne hinfür alferlei
Handwerker halten unb von jedem Handwerk bret Handwerker mad dem uralten Ge-
brand alé angefeffene Nachbarn annehmen, die Hanbwerfer können hinführ einige Bunft
unter einanber aufrichten, bie Gemeinde fol thre Bufammentiinfte nur in bem
wieder reparirten und gngericdteten Rathhanfe halten, fic) wie anderwärts beim Gericht
brdudig eines Gemeindedieners auf ihre Roften gebrauchen; ber obrigk. Weinſchank foll
aud am Profopi- Marlt ober wenn nod mebrere Jahrmärkte gu Wege gebracht würden,
wie bon Alters nur im Rathhauſe, ber Wein -Ausfdhanl ber Nadbarfdaft aber
nad einer beftimmten Reih⸗Ordnung geſchehen, baber die vermBgenbderen Nachbaren die
armen mit bem Raufe ber Weingirten nicht unterdrücken; im Rathhaufe foll rechte grofe
Wag unb eigene Maaß zum Weinſchanke feyn, itber Wag, Maaß und Gewicht durd
Schöppen und Gefdworne Aufficht gefitbrt werden.
Dagegen follen Richter, Burgermeifter und Gefdworne aud) die ganze Gemein gn
Wltbriinu, unfere (bes Kloſters) liebe getrene Unterthanen alle Schuldigkeiten und Robot
wie bon Alters her verridten.
Die Achtiffin erwirtte aud beim Raifer Leopold I. fiir bie Gemeinde Altbritnn die
Verleihung nener Jahrmärkte (1679).
Ale , wegen ber von Alters ber habenden Weinfdantgeredtigteit und aller
bisher abgeforderten Roboten und Sduldigteiten und wegen bes Vertrages von 1663 aller.
hanb Mifverftindniffe, Uneinigteiten unb Zwietradt mit beiderſeits grofer Ungelegenheit
entftanden waren, tam zwiſchen bem Mofter und bem Ridter, Geſchwornen fammt der
unterthinigen Gemeinde in Altbrunn am 35. Februar 1690 mit Mufhebung aller früheren
39
24. Dezember 1850 und 22. Marg 1851) und die Füuͤhrung ber Geſchaͤfte im
natirliden Wirkungskreiſe uͤbernahm im BVollmadténamen der brinner Ge⸗
meinderath (Brünner Zeitung 1851 Nr. 3, 5, 14, 20, 28).
Bertrage cin newer Vergleid) zu Stande. Das Klofter entließ bierin anf ewige Zeiten bie
unterthanigen Altbriinner von allen erdenfliden Roboten und allen anderen vorber abge-
forderten Schuldigkeiten, nämlich Heu-, Haber-, Brauntwein-, Keffel-, Fleiſchbank⸗ Gelb
u. f. to.
Die Gemeinde Altbrünn fol in dem von Alters her erworbenen und beredhtigten
Weinſchanke vermige bes 1477 zwiſchen dem Kloſter und her königl. Stadt Brünn auf-
gerichteten ewigen Vergleiches ruhig verbleiben. Gegen bie Erlaffung aller Roboten und
Schuldigkeiten fol aber jeder Hausanſäſſige jährlich nebſt dex gewöhnlichen Grundzinſen,
als Eyer, Hühner und Gelb in bie obrigk. Kloſter⸗Renten 7 fl. rheiniſch in 4 Terminen
jebesmal mit 1 ff. 45 tr. abführen und nebfibem 4 Tage im Schnitte bet dem klöſt.
Maierhofe in Altbriinn mit tauglichen Lenten und anf ber Königswieſe tm Hen-
maden 2 Lage an arbeiten ſchuldig fein.
Die Gemeinde Altbriinn fprad in bürgerlichen und peinlichen Saden (ale Halsge-
richt) Recht, wenn aud ſtark anter dem belehrenden Einfluſſe ber Stadt.
Sie bediente ſich bes Titels ,Stadt,” and dann nod, alé ihr deffen Gebrauch
bet Strafe von 500 Gilden unterfagt worden war (11. Juni 1681). Denn ber k. Kam⸗
merprofitrator beridtete (wahrſcheinlich aus Anlaß von Befdwerden) am 1. Februar 1734
ber f. Laudeshanptmanuſchaft, daß Ridter und Geſchworne von Alt-VBriinn fic biefes Ti⸗
tels in Siegeln und Schriften feit unbdenfliden Jahren gebranchten und ihm felbft von der
Landesftelle deigelegt worben fet (Meine Gefeh. von Brinn GS. 91). Dies that, wie wir
gleich ſehen werden, felbft ber Raifer; und das Reffript som 26. Auguft 1748 verorbnete,
den abgeforberten Bericht gu befdrdern, weil ſich Altbrünn annod allegeit bes Wortes Stadt
anmaffet. |
Das Abfommen von 1690 hatte den alten Streit mit ber Obrigheit nicht beendet.
Ge erhoben ſich fpdter wieder Streitigheiten, ber ,,Giirgermeifter, Ridter und Rath wie
and ganze Gemeinde ber , Stadt” Alt⸗Brünn“ befdwerten fich, zugleich mit dem Anſuchen
um Beftitigung ihrer Privilegien, bet Kaiſer Kari VI. gegen ihre Obrigteit bas Kloſter Maria
Saal wegen verfdiedener Cingriffe und Rrintungen, welde gegen ihre Privilegien und
Handveften geſchehen follen.
Da die entftandenen Differengen immer mehr angewachſen unb je linger defto mebr
in Streit gerathen feten, befabl ber Raifer bem k. mähr. Tribunal, biefelben burch die fiir
UnterthanésStreitigfeiten beftellte Commiffion unterfuden, in Güte ausgleichen gu laffen,
over uad ben ergangenen @eneralien ausgumaden, bie Gemeinde aber wider Redt und
Billigkeit nicht kränken gu laffen, foudern in allen billigen Sachen gu fdiigen (Reffript vom
9. Sauner 4738).
Diefe Differengen wegen Jurisdittion nnd in anderen Angelegenheiten währten feit
1729 nod im Jahre 1748 fort, als die Ratferin Maria Thereſia Aber eine Vorftellung des
Riofters bem f. Xribunale die bisher micht erfolgte Erledigung ber Weifung von 1738
fireng gur Pflicht machte. Nachdem ans dem Berichte bes lesteren, wie e6 im a. h. Res
ftripte beift, bervorgefommen, daß bas Kloſter⸗Stift immer nad etnander nene Inciden⸗
zien erwedet, mit unaufhörlichen neuen factis, vielfältigen Berarreftirumgen unb anberen
Proceburen gegen bie Alt-Briinner Gemeinde fiirgegangen, denen von End an diefelbe
ergangenen vielen Inhibitorialien feine Gewaltthatigteiten auszuüben, fonder pendente lite
alles in statu quo 31 laſſen, miemablen einige parition geleiftet, bie von der Alt VBriinner
Gemeinde in Sachen gn verfdiedenen mablen an End, auch fo gar anbero ergviffene Re-
cursus contra ordinem joris nidt anberft alé quoad effectaum devolutivam, nicht aber
i
Wis ber neue Birgermeifter (Oberlandesgeridtdrath und Hausbeſitzer An-
ton Haberler) und Biceblirgermeifter (bürgl. Handelsmann Sofeph Aler.
Herlth) am 11. bee Gemeinderath aber (aus den Ausſchuß-Mitgliedern
Platzatka, Erwa, Slatinffy, Greifinger, Bauer, Schindler, Zuiſch, Gaftl und
— ee — —
suspensivam attendiren wollen, ſondern ſtätte Thätigkeiten mit nenen überhäufft und hier⸗
durch ſelbſten die weithere progredirung in der Sach verzögeret, Uns aber mit ungleichen
Anbringen zu behelligen ſich nicht geſcheuet, ſo werdet Ihr ſolches dem Kloſter⸗Stift ſcharf
verhoben, und nachmahls demfelben nicht nur alle Thätigkeiten ernftgemeffen unterſagen
und alle weithere Umtriebe und aufzüge einſtellen, ſondern aud dasſelbe zur ſchuldigen
parition anhalten, folglichen in casam inparitionis mit benen poenalien, wie es bie gene-
ralien vermögen, fürgehen“ (Reffript vom 6. Sept. 1748).
Dieſe Streitigkeiten waren noc 1759 nicht entſchieden und erft am 1. Februar
1766 erfolgte em (intereffanter) Hofreceß wegen ber Jurisdiftion, dann Unterthinigleit der
Marftgemeinde Altheiinn, fo wie wegen Beftatigung ibrer Privilegien.
Im Jahre 1782 hob Kaiſer Fofeph bas Klofter Maria⸗Saal in Altbritnn (wobin
bie Augnftiner ane ber Stadt überſiedelten) auf und bie Herrfdaft Altbrünn fam an den
Religionsfond, welder fie 1825 an einen Privaten verduferte. Der Kaiſer führte (1763)
auf allen unter der Aufſicht ber Staatsverwaltung geftandenen Staats-, Fonds-, Stiftungs-,
Kirchen⸗ and ftddtifden Gütern bas fogenannte raab'ſche Syftem ein, in Folge beffen die
Maierhofs⸗ unb Abrigen Dominikal⸗Grundſtücke unter hie Unterthanen entgeltlidh vertheilt
und bie unterthanigen Frohnen in anbere minber läſtige Schulbigkeiten verwandelt wurden.
Unter ben 125 Herrfdaften unb Gfitern Mährens und Schleſiens, welde diefe Reform
traf, war and Wibritnn. G8 wurde bas Sailer-Wohnhaus, bas wralte Wirthshanus jum
blanen Swen, eine Junkerei mit 238 Metzen Aedern abverfanft (Wolny MM. 118); hie⸗
bard und in anderen Wegen entftanden bie fogenannten D ominitaliften.
Eine Hauptermerbsquelle ber Bewohner von Altbriinn war ſeit Jabrbunderten ber
Weinban. Es zeigen bie’ fon die Gemeinde⸗Siegel, welche nicht immer gleid waren.
Eins vom Jahre 1622 ftellt cinen Brunnen vor und führt bie Umſchrift Sigillum veteris
Brunse; ein anberes von 1666 at eine Traube, ein Gawmeffer und ein Herz in der Mitte,
mit ber Legenbe: Ridter und Sefhworne in Witbriinn, ein dbrittes führt eine boppelte
Wingerbane und ein Grabſcheid tn ber Mitte. Anf bem uralten Rathhanfe felbft, neben
ber Mühle, befand fic ein Brunnen wand eine Tranbe.
Die Gemeinde Altoriinn befaf faft fein anbderes eigenthümliches Vermigen als bas
alte ebenerdige Rathhaus; ihc Haupteinfonrmen flof ané bem Ertrage ber Jahrmärkte,
bie febr alt, von ben Ratfern Joſeph M., Franz II., welder jeden Jahrmarkt um 2 Tage
verllingerte (a. h. Handbillet 21. Nov. 1834), und Ferdinand IV. beftdtigt wurden. Seine
jeyt regierenbe Majeftlt dehnte bie Berechtignug ber „Marktgemeinde Altbrünn“ auf 3
Jahrmärkte mit 4 Tagen auf bie Daner von je 8 Tagen aus (Privilegihtm vom 20. Oft.
1849). Aus dem Ginfommen von ben Jahrmärkten baute bie Gemeinde (1841 — 2)
uicht nur ein neues zwei Stodiwerle hohes Rathhaus in ber Eigenſchaft eines Zinshauſes,
weldes aber in nenefter Zeit größtentheils ſeine Beſtimmung zur Unterbringung der von
ber grofen Gemeinde gegriindeten und erbaltenen Communal-linterrealfdule erbielt, fondern
diefe Einkünfte reichten aud bin, um die 165 Ruftifaliften, mit Ausſchluß ber 55 Domi-
nifaliften, son ber Tragung der Gemeindeanslagen yu befreien, bie auf Beſitzer anbderer
Hänuſer repartict werden. Bei ber Gilbung ber vereinten Gemeinde und der Bezirke muften
gwar (wie ber Gemeinderath in feinem gedrudten Gortrage vom 23. Dezember 1859 S.
15 und 22 fagt) bie Ruftifaliften die friiher ausſchließend gefithste Vermigens-Verwaltung
mit ben iibrigen Anjaffen bes 4. Gemeindebezirkes und begiehungsweife mit ben von biefem
gewählten Bertretern theilen; die Ruftifalifien ſprechen aber als ebemalige Reprafentanten
41
Butſchek) am 15. und 22. Mai 1851 gewahlt, der Birgermeifter von Seiner
k. k. Majeſtaͤt beftatigt und der neue Verwaltungs-Organidmus ausgeführt wore
ben war, ibernahm die vereinte Gemeinde am 10. Suli 1854
bie Berwaltung in die eigenen Han de (brinner Zeitung 1854
Rr. 21, 28, 46 ff).
=~:
ber Gemeinde Altbriinn bas Vermögen derfelben (beziehungsweife bes 4. Bezirkes) arse
ſchließend als bas ibrige an, obwob! aud in Altbriinn fein Hauseigenthiimer gum Bezuge
eines pofitiven Nugens aus bem Gemeindevermigen beredtigt war.
Da bie Ruftifaliften bisher von Gemeinde-Umlagen fret waren, weil bie Gemeinde.
bebiirfniffe burd bie Gemeindecintiinfte (bauptfadlidh in ben DMtarttftandgelbern und Haus-
miethginfen beftebend) bededt waren, machte aud ber Gemeinderath ben Antrag, die
Befiger jener 155 Gaufer, weldhe die vormalige Marftgemeinde Altbriinn repräſentirten,
fiir alle Zeiten von ben, auf die Hauszinsſteuer ober anf ben Hansbefig umzulegenden
CommunaleLaften (mit Ausnahme ber Miltdr- Bequartirnng) befrett gu laffen, welchem
Antrage ber Gemeinde⸗Ausſchuß in ber Vorausfegung des wirklichen Beftandes diejer Be⸗
rechtigung beipflidtete.
1) Die Mitglieder ber erften Reprifentang der vereinten Gemeinde Brünn waren folgende:
I. Wabhltsrper.
1. Herr Ludwig MBfer, Apothefer und Hansbefitser (+).
2. , Andreas Gad, Hanbelemann und Hausbefiger.
8. , Rudolf Ort, JI. U. Dr. und Advofat.
4. , Sarl Vutidef, Handelsmann und Hanebefiger.
5. , Johann Goff, Großhändler unb Hawsbefiger.
6. » Rarl Offermann, Cudfabrifant unb Hansbefiger.
7. » Anton Gaberier, k. k. Oberlanbdesgeridterath und Hausbefiger.
8. , Binzenz Steinbredher, Handelsmann unb Hausbeſitzer.
9. » Johann N. Waegner, Handelémanun und Hausbeſitzer.
10. , Theodor Bauer, Großhändler und Hausbefiter.
li. , Philipp Sher, Fabrifant unb Hawsbefiger.
12. ,, Rubolf Feeg, Tiſchlermeißer und Hausbeſitzer.
13. ,, Vinzenz Czerny, Hausbeſitzer (+4).
14, ,, Ghriflof Slatinety, Hansbefiger.
15. ,, Selig Soxhlet, Fabrifant und Gausbefiger (+).
16. rang Zuiſch, Handelemann und Hausbefiger.
Tl. Wabhllirper.
1. Here Auguſt Wenglicite, J. U. Dr. und Lanbesadvolat.
„Joſef Stella, J. U. Dr. und Lanbesadvofat.
Philipp Gabriel, Dr. der Philofophie und Gymnafial-Diveltor (in Folge
feines Wegfommens von Grilun ausgetreten).
n Florian Schindler, Direftor ber politedhnifden Lebranftalt.
„Franz Graf Mazuchelli, k. k. Landesgerichtsrath.
„Alois Erwa, Ledermeiſter und Hausbeſitzer.
Anton Aichinger, Kammmacher und Hausbefitzer.
„Chriſtian d' Elvert, k. k. Finanzrath.
„Wilhelm Bachmann, Inſtrumentenmacher nnd Hausbefiger (P).
„Balentin Neumayer, bürgerl. Drechslermeiſter und Hausbeſitzer.
„Max Bahyer, Sdhinfirber und Hausbeſitzer.
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Bom 1. Juli 1852 an hörte and die Autoritat ber friuhes
ren Gemeindevorfteher in den Vorſtädten auf und trat die
neue Cintheilung ber gangen Gemeinde in 4 Stadt> und
17 Borfiabts Biertel und die Wirkſamkeit der neuen Organe iné Leben,
indem in jebem Stadt⸗ und Borftadt-Biertel ein Viertelmeiſter und gue
gleih FeuerfFommiffar mit swei Stellvertretern beftellt wurde (Ausz. der
Sig. Prot. S. 107, Kundmachungen des Gemeinderathes vom 1. Juli 1852
Rr. 1990, die 2. gleichlautend, jedoch mit der Gintheilung der Stadt und Vorftddte *).
--- — — — — — — — — —
12. Herr Leopold Turetidel, Hausbeſitzer.
13. „Eugen Schlemlein J. U. Dr. und Landesadvolat (+).
14. ,, Sarl Rieger, f. k. Staatsbuchhaltungs⸗Rechnungsrath (wie bei Gabriel).
15. , Ritter von Laminet, k. k. Landesgerichtsrath.
16. , Alois Seiteles, Med. Doctor (+).
WW. Wabhltirper.
1. Herr Moriz Greifinger, Bürger und Bergwerlsmitbefiger.
2. , Johann Müller, Vittualienhindler unb Hausbefiger (+).
3. , Johann Oberal, Redafteur (wie bei Gabriel).
4. , Franz Kolloſchel, Weinſchänker und Haushefiger (+).
5. , Jobanu Botidhel, Webermeiſter.
6. , 9. A. Herlth, bürgerl. Handelsmann.
7. » Ignaz Hannak, bilrgerl. Tifdlermeifter.
& 6, 3. E. Schrimpf, biirgerl,. Handelsman.
9. , Sarl Plagatha, bürgerl. Haudelsmann und Hausbefiger.
10. , Yobann Piller, Gpenglermeifter und Sansbeliger.
11. , Johann Rjebat, Haushefiger.
12. , Lubdwig Pemfl, Handelsmann und Saushefiger p.
13. , Johann Ilek, Fleiſchhauermeiſter (ausget.)
14. „ Johann Blähs, Graveur und Hausbeſitzer (+).
„Joſef Watzata, bürgerl. Taſchnermeiſter.
16. , Karl Tumpert, Weinſchänler.
Nad §. 56 der Gemeindeordnung find bie Mitglieder bes großen Ausſchuſſes anf
3 Sabre gewählt und jähelich folk cin Drittheil ausſcheiden. Es wurde aber bis jum Er⸗
fceinen ber nenen Städteordnung dieſe Ausſcheidang ſowohl int Ausſchuſſe als in ben Be⸗
zirlsausſchüſſen fiftirtt nnb and ber Bicebitrgerineifter bis babin belaffen (Erlaß der Kreis.
regierung vom 11. Nov. 1852 3. 11661, Auszüge ans den Sit. Prot. S. 68, 130, 135);
als jebod) bie Babl her Mitglieder 616 auf 40 berabgefommen war, wurbe 1856 bet der
t. k. Statthalteret bas Anſuchen um Ergingung ber Bollzahl 46 ans ben erften Wabl-
Lifter geftellt (eb. GS. 246, 268). Jn Folge deſſen traten als nene Ausfdup-Mtitglieder
ein die Herren: Carl Haut, Franz Hirfde, Carl Meyer, Vincenz Menzel, Franz Paulue,
Heirrich Pagofety, Wlerander Suchanek und Morty Winterholler.
Nad Haberler’s Abgehen wurde Dr. Ott VBiirgermeifter (1856).
2) Vorfieber bes 1. Bezirkes wurde Dr. Stella, des 2. Sohann Waiguer, bes 3. Wenzel Schwab,
des 4. Emil Weeger.
3) Aus ben Mitghtedern Dr. Ott, Schrimpf, Dr. Wenglicte, Dr. Schlemlein, Finangrath d'Elvert,
Dr. Stella, .Grafen Mazuchelli, Ritter von Laminet, Oberal und Offermann, welde d' Elvert
gum Referenten wählten.
Seit threr Bertreibung aus Brinn (1454) burch Jahrhunderte im forts
wabrenden nahezu exfolglojen Berfude und Kampfe, Wiebereingang und Eris
fteng in Brinn gu finden, sffneten fid ben Iſfraeliten feit 1848 bie Sdran-
fen; fie grambeten dafelbft eine Cultus:Gemeinde, fabrten mit Bewil⸗
ligung bes Minifteriums (1852) einen Pracht⸗Tempel mit einem Koſtenaufwande
von 100,000 fi. auf, ftellten ein Frauenbad und einen Friedbhof her (Ausz. der
Gig. Prot. S. 82, 110) und wudfen gu einer Bevolferung von mehr alé 2000
Seefen Heran.
4) Die erfte lautet: Mad dem Inhalte bes §. 1 der prov. Gemeinbdeorbnung beftellt die Lanz
deshanptſtadt Brünn mit Inbegriff aller Vorſtädte in ihrem vollen Kataftralumfange eine
einzige felbfiftinbdige Ortsgemeinde.
Hiedurch iſt vom Zeitpunkte ber Konſtituirung des vereinten Oemeindekörpers die
meiſt nad ben Patrimonialverhältmiſſen beſtandene Eintheilung dieſer Hauptſtadt in mehrere
kleinere Gemeinden geſetzlich aufgehoben, und es hat auch in dieſem Momente alle Wirkſam⸗
keit und Autorität der unter verſchiedenen Namen beſtehenden Gemeindevorſteher um ſo mehr
the Ende erreicht, als dermal fiir ben ganzen Bereich der Stadt Brünn ſammt allen Vor⸗
ſtädten nur ein einziger Gemeindevorſtand in der Perſon des an die Spitze des Gemeinde⸗
rathes geſtellten Bürgermeiſters geſetzlich anerfannt werden kann.
Nur bezüglich einzelner Geſchäftszweige und zwar namentlich nur wegen Beſorgung
der Durchzugsbequartirung und Vorſpannsleiſtung wurde mit der hierortigen Kundmachung
vom 15. Juli v. J. Z. 8499 ü. die Mitwirkung ber in dieſes Geſchäft eingeweihten Or⸗
gane der früheren Vorſtadtgemeinden einſtweilen und inſolange beibehalten, bis die defini⸗
tive Regulirung ber zur Unterſtützung bes Executiv⸗Dienſtes ffir den Gemeinderath und
bie Bezirksausſchüſſe aufzuſtellenden neuen Organe im Sinflange mit ber dermaligen Ge-
meindeeinthetlung zur Durdfithrung gebradt fein wird.
Die bem dermaligen Beditriniffe und ben Anforderungen bes sffentliden Dienftes
entfpredenbde, im Grunde ber §§. 119, 120 und 124 ber prov. G. O. verfafte Cintheilung
ber Gemeinbezirfe ift num vollendet und bat mit bem Delrete vom 4. Mai b. J. 8. 4225
bie Beftitigung ber h. k. k. Kreisregierung erlangt.
Nach biefer genchmigten Eintheilung zerfällt die ganze Gemeinde in 4 Stadt- und
17 Borftadtviertel.
In jedem Stadt- nnb BVorftadt-Biertel ift cin Viertelmeifter und zugleich Feuerfom-
miffdr mit zwei Stellvertretern beftellt und aftivirt.
Die Obliegenbeiten und Pflichter dieſer vollziehenden Organe, deren Unterordnung
unter ben betreffenden Bezirksausſchuß und beziehuugsiweife dew Gemeinderath, fo wie die
Abgränzung ihres Wirkungskreiſes iſt durd eine befondere Juftruttion geregelt, welche von
ber h. k. k. Rreisregiernng mit bem Defrete bom 15. Mai b. J. 8. 5252 genebmiget
worben ift.
Mit bem heutigen Tage beginnt bie Altivitdt biefer vollziehenden und beanffidti-
genden Organe, und eben mit dieſem Zeitpuntte wird jede Autorität ber beftanbenen vor
ſtädtiſchen Gemeinbdevorfteber, unter weld’ immer Benennung, 3. B. Gemeinbevorftand,
Biirgermeifter, Grunbridter, Geſchworner, Gemeindedltefter, Gemeinderechnungsführer u. a.
wie fie bisher beftanden find, anfgehoben erflirt, und es werden Ddiefelben ihrer &mtliden
Stellung im ganzen Bereiche ber f. Hanptftadt Briinn enthoben.
Die hiernadh gebotene Amtoübergabe von ben nunmehr anfgehobenen an die neuen
Organe wird, infoweit diefelbe in den Wirtungstreis der Lewteren gehört, angebabnt, und
e8 werben jene Gegenftinbde, bie den Wirfungstreis ber VBiertelmeifter überſchreiten, von
ben Bezirieansfdhiffen, und nad Umſtänden ven bem Gemeinderathe ſelbſt übernommen
werber.
ah.
Als vom 1. Fanner 1851 die Verwaltung fiir Rednung ber vereinten
Gemeinde Brimn begann, wurden ibe nur die Marktboleten und fogenannten
Gerichtsgebuͤhren, die Gemeindeaufnahms⸗ und Biirgerredts>Tazen, Polizeiein⸗
fluffe, cin Zinokreuzer in ber Stadt und ben Borftddten (fir die Lokal⸗Kranken⸗
Unflalten) und ber VBergehrungsfieuer - Gemeindeguidlag übergeben, den Ertrag
berednete man für die Zeit vom 1. Janner 1851 bis gum Gintritte des neuen
B. 3. (vom 1. Rov. 1854 an) auf 55,000 fl. © M. Da aber die vereinte
Gemeinde gur Beftreitung ber Verwaltungs⸗, Sanitäts⸗, Sicherheits⸗ u. a. Aus⸗
lagen in dieſer Zeit 79,000 fl. bensthigte, legte fie einen gweiten Zins—
Kreuger in ber Stadt und den BVorftadten vom 1. Sanner 1851, dann vom
1. Rov. 1850 an einen 12'/, percentigen Einkommenſteuer-Zuſchlag
ober 7'/, fr. von jedem Gulden derfelben in ber Stadt und ten Borftadten
(fle trug 1850 daſelbſt nur bei 48,000 fl) um und erfdhte ben Berge bh:
rungSfteuer:Gemeinbdegufdlag ober dente denfelben auf bisher
nidt belegte Gegenftande aud (gedrudte Kundmachung bed Gemeinte- Aus:
ſchuſſes vom 8. April 1851 3. 100 und wegen des B. St. G. Zuſchlags der
Kreisregierung vom 19. Mai 1851 3. 5075).
Mit Ruͤckſicht auf die vom ehemaligen Mtagiftrate (in den legten Jahren
Gemeinderathe) und den BorftadteDominien an den neuen Gemeinterath aber:
gegangenen oben erwahnten Geſchaͤfte fyRemificte ber Gemeinde⸗Ausſchuß (fur
bad 3 1851 berednet)
1. den Stand bes Berwaltungsperfonals in folgender Weife:
. Piirgermeifter mit. . 2. 2 2. 6 ee + ~=©=6 8000 Ff.
Bicebiirgermeifter . . 1800 ,')
5 Stadtrathe (1 mit 1600, 2 je mit 1400
und 1200 fl) . . 6800 ,
> Stabtfefretdre (1 mit 1000, 2 je mit 900
und 800 fL), wovon aber nur 3 Stellen
befegt wurden =. |. 4400 ,
5 Conceptéadjunften (2 mit 500 und 3 mit
400 fl) . 2 2 ew ee ee) 2200,
f Ginteidhungs-BrototoliRen mit . eee 700 ,
Giirtrag . 18900 fl.
— — —
In Bollziehung dex bent Viertelmeiſter, Feuerkommifſär ober deſſen Stellvertretern
zugewieſenen Verfügungen des natürlichen und Mbertragenen Wirlungslreijes iſt jeder Be⸗
wohner bes betreffenden Viertels verpflidtet und gehalten, ben Anorbnungen derſelben un⸗
weigerliche Folge zu leiſten.
Bon vorſtehenden Verfügungen werden alle Bewohner diefer f. Hauptſtadt zur Dar⸗
nachachtung in bie Kenntniß geſetzt.
) Die Gemeinderathe haben in Anerkennung der beſchränkten Mittel ber Gemeinde bisher
keine Funktionsgebühren bezogen.
Uebertrag 19900 {f.
1 Erpeditor mit * 6 © 6 800 ,
1 Regiftrator mit . 900 ,
6 Ranyliften (ie 2 gu 600, 500 und 400 fl) 3000 ,
4 Amtddiener (fe 2 gu 400 und 300 fl.) . . 1400 ,
{ Raffier mit toa 1200 ,
1 Gontrofor 1000 ,,
1 Official , 600 ,
1 Diener fiir die Rafe 400 ,
2 Gurforen dto. . 400 ,
1 Sngenieur 1000 ,
1 Revident . 1000 ,,
10 Diurniften mit 45 fr taglich 3800 ,
juf, . 33600 fl.
HT. Remunerationen (fir Gemeinderdthe, weldhe aber .
ſolche nie bezogen) und Auébitfen 1500 ,
I. Kangleiz-Auslagen 5695 ,,
IV. Didten und Reifefoften . .. 200 ,
V. Ganitats-Auslagen (bei 60,005 fl. Erforderniß
und 36,998 fl, Einnahme — darunter 8352 fl. Intereſſen
von 266,138 fl. Kayitalien in Pamatfen, Staats⸗ und
Privat-Obligationen — bie mit 24,007 fi abgangige Dv:
tation fic bas Rranfen+ und Siechenhaus, Argneien fur
bie Lofalarmen 3363 fl.) : 27370 ,
VI. Sicherheits Austlagen . 91 und 92 ber Gem,
Orbnung, Grlag der Statth. 19. Sept. 1850 3. 17424,
Polizeiwache, oͤffentlicher Polizeidienſt, argtl. Perfonal fiir
bie Stadt und Vorſtädte, Marktauffeher, RNachtwadhter, |
Schlachtkontrolore, Feuerwache u. a.) 20858 ,
VII. Schub Sbefirderung Corfebuproife) 600 .,,
VI, Sonflription und Refruticung — 100 ,
IX. Unterhalt ber Gefanglinge . 1200 ,
X. Außerordentliche Auslagen - 4000 ,
XI. fur unvorhergefehene Falle ; . 6000 ,
sufammen: . 101123 {1.
In Einnahmen ergaben fich file dew erften Augenblick (unbeſtritten):
J. Die Marktbolleten⸗Gebühren (weldhe jeder Bik
tualienbanbdler in ber Stadt und den Borftédten und die
loͤſcher Handler zu zahlen haben (Ofadt. 3. April 1829,
Marktordnung von 1846 §. 17 und 18) nad bem
Durchſchnitte ber J. 1847. 1848 und 1849 mit . 923 fi.
I. Die Gerichtsgebühren (Efür bie Aufficht tiber
Markthitten und Gewslbe, anc in Altbriinn einge-
führt 1851) mit . . . 4117 ,
III, Die Bürgerrechts⸗ Saren (Minifde. 6. Sepi 1849
im Reichsgeſ. nad §.19 b.G.O.6 Duk.) ungefdhr mit 300 _,,
IV. Die Taren fir bie Aufnahme in den Ge: :
meindeverband (naw §. 13 d. G. O.2 Duf.) . 1000 ,
V. Polizei-Einflüſſe (Laren, Strafgeldber) . . 222 , -
VI. Sntereffen bes Polizeifondes (von 11,690 fi. in
Pamatken und 2,670 fl. in Obligat. . . 236 ,,
Vi. Zinskreuzer, 1 fr. aud ber Stadt fiir ben Qo.
falfranfenfond (ber andere Rreuzer blieb ber inneren
Stadt fiir die Poligeianflalt') mit . . . . . . 7067 , 30fr.
und ter eine in den Vorſtädten beftandene mit ©. . 5383 _, 2)
VII. Der Verzehrungsſteuer-Gemeindezu—
FOlag. we ee ee ee wee + + 39000 ,
gufammen . 65247 fl. 30fr. CM.
Sm Entgehenhalte bes Jahres: Erforderniffes von 101,123 fl. EM. ergab
fid fonad ein nod gu bedeckender Abgang von. . 45,875 fi. 30 fr. @ M.,
welder ſich jetod fir ben Theil des Fahres, von weldjem at die bisher vom
Gemeinderathe ber inneren Stadt ‘im Delegationswege beforgte Berwaltung
an bie neu beftellten Organe der vereinten Gemeinde liberging (10. Sulit 1851),
auf 24,000 fl. verminbderte.
Die Standgelbder (Mftdte. 5. Mai und 12. September 1849, Reichsgeſ.
S. 280 und 706) und die Stadt-, Heus und Fifh- Wage, weldhe aus bem
Titel bed Polizeirechtes, und die fogenannte Epocillationsgebühr ber
Ring Ssleute, welche aus dem Titel der Handhabung der Poligeigewalt an⸗
gefproden wurden, fonnten nicht erlangt werden; von 15 Stiftungen und
Anflalten, deren Obforge ter Gemeinderath als Sffentlidhe Verwaltungsbe:
horde verlangte, wurden nur 8 an Ddiefen tibergeben, 7 behauptete der Ausſchuß
1) Der fidbt. Sinstrengerfond hatte 6500 fl. €. M. Mapitalten in Obligationen, der Bee
leuchtungefond eine Pamatka von 6400 ff. nominal unb eine 5°/, Obligation mit
400 f. C. M.
2) Der Hanezine-Crtrag war 1850: 802,990 ff. und nad Abſchlag ber ftenerfreiew 15 Pere
cent für bie Erbaltung ber Gebäude 701,628 fl. 18 fr. (Stadt 362,594 ff. 53 kr., Bor-
ſtüdte 339,033 ff. 24 fr.), bie Hauszinsſteuer 149,147 fl. 28 fr. (Stadt 77,353 fl. 32 fr.,
Vorftibte 71,793 ff. 56 fr.) nnd nad Abſchlag ber zeitlichen Befreiungen 126,303 fi.
38 fr. C. M.
4]
bed inneren Stadibezirkes fic ſich (S. bie ged. Audgiige aus ben Gig. Prot.
6. 90, 140, 179, meine Geſch. der Geils und Gum. Anft. S. 341 — 5),
Gr bebhielt aud den Leidhenboffond (1850 mit 10,326 ff. 44 fr. © M.
Kapital, es waren aber flix die Erweiterung 4280 fl. gu zahlen) und den Bür⸗
ger-Berforgungsfond (Ende 1850 mit 30,015 fl. ©. M.). Auch die
Jahrmärkte blieben der inneren Stadt und Altbriinn.
Rur ben Mitgebraud beds Stadtwappens und Ciegels, wie ed
vom Ferdinand III. verliehen worden, und theilweife bed Rat hhaufes geftate
tete man ber neuen Ctadtgemeimde; tiber ben Titel fF Lande sShauptftadt
Brunn fam ed aber gu einem Conflifte, der an eine Ehrenbeleidigung ftreifte
(auszüge S. 124 — 125).
Die Militars Bequarticung blieb wie bidher in ber Art getrennt,
daß bie Stadt dad ftabile, bie Borftidte dad trafenne untergubringen §aben.
Die Einführung eined Zuſchlages gur E cw er bs (fie terug 1850 in Brinn nur
39,186fl.) und Hauszins fteuer, einer Collienmaut, eines Aufſchlags
auf 3uder und Raffée, von Qurusfteuern, einer Frembens und einer
Hundes Tare uia., fam gwar in Verhandlung, um die ohne eigene Krafte in bie
Welt gefegte Gemeinde in den Stand gu bringen, ihren dürftigen Haushalt gu
orbnen, jedod) nidt gur Ausfugrung (©. die gedructen Auszüge aus ben
Sigungs-Protofollen bed Gemeinde⸗Ausſchuſſes der f. Landeshauptftadt Briinn
vom Safre 1851 bié 1856, Brinn 1857).
Die Beſchränkung bed Erforderniffes auf das Meuferfte wurde übrigens
nur burd den Beſchluß ded Gemeinde + WAas(Huffes vom 24. Februar 1851 3.
100 mdglid, bie Erhaltung der Lofal-Polizget«Anflalten (Reini-
gung der Straffen, Unterhaltung ber Steaffen und bes Pflafterd, der ndchtliden
Beleuchtung, Canale, Wafferleitungen und Feuerlofdh « Anflalten) fie dermal, fo
lange namlid bie Kraͤfte der vereinten Gemeinde nidt auéreiden, dieſe ift im
§. 91 der G. O. übertragene Berpflichtung felbft gu beforgen, ben bisher
BVerpflidteten gegen Begug der Hiefiir beftimmten Dotationen gu über—⸗
laffen (deßhalb bebielt aud ber innere Stadtbezirk den einen Zinéfreuger).
Spater wollte gwar die Gemeinde die Polizei⸗Anſtalten vom 1. November 1852
an, aupergewohnlide Auslagen aber gleich bamal uberneHmen (Be⸗
ſchluß vom 28. Mai 1851), der erfte Bezirk mate aber dagegen Ginfprade
unb es wurde aud) der bidherige Stand Hinfictlid) der Beforgung ber Lofals
Polizei und der Beftreitung ber damit verbundenen often bid zur Erlaffung
ber in Ausficht geftellten neuen Städteordnung belaffen und nebftbei aud mit
ber Entſcheidung uber bie Vermigenésan(pri@e feitens der gros
fen Gemeinde an bie Begirke ſiſtirt (Statthaltdtt. 28. September 1852
3. 5835). : :
Das Erforderniß der vereinten Gemeinde nahm aber bald betraͤchtlich gu,
ald fie fiir bie Lofalitdten und Cinridtungsfaden der neuen Hanbels- und
Gewerbefammer gu forgen hatte, fie die Lokalitäten, Einridtungsftide und
Lefemittel ber neuen Ober > RMealfGule in hervorragender Weife Sorge
trug, ald fle bad Vols fahulwefen durd angemeffene Befoldbung ber Leh—⸗
rer (gegen Gingiehung ber Schulgelder) und ihre anfehnliche Bermehrung ") fare
berte, Wafferleitungen, Gtraffen, Briden, Ganadle, einen
neuen grofen Friedhof in Obrowig u. a. herftelte, naw allen Gelten Akte
patriotifd@er Hingebung und Wohlthätigkeit ubte, ihr Vers
waltungéperfonal vermehren, auf die Poligeiwade mehr
aufwenden mufte, Realitadten?) gu nothigen und niglthen 3weden ers
warb u. ſ. w. 3)
1) Der Beſchluß bes Gemeindeausſchuſſes vom 4. September 1853 riidfidtlid ber Bolts-
ſchulen ift fo denkwürdig unb auch in ökonomiſcher Beziehung fo einflufreid, daß wir ibn
bier mittheilen wollen. Gr lautet: Ueber bie Anträge bes Gemeinberathes bezüglich der
Regelung bes Bolksſchulweſens in Brünn und gwar:
1. Bermehrung ber gegenwirtig bei allen Schulen vorhandenen 36 Lehrzimmer auf
43 zur anftandélofen Unterbringung vom 4814 ſchulfähigen Rinbern;
2. Erridtung von dritten Klaffen in ben Vollsſchulen in Altbriiun, Laderwieſe und
große Neugaffe und Verwandlung biefer, dann der Schulen gu St. Jalob und in ber Vor⸗
fiabt rina in Pfarrhauptfdulen ;
3. Erridtung einer höheren Mädchenſchule von 3 Klafſen, Miethung der erforder-
liden ehrzimmer und Veftellung eines Oberiebrers, zweier Unterlebrer unb ciner Subu-
firielebrerin ;
4. Beftimmung fixer Gebalte fiir ba’ Lebrperfonale und gwar für die Oberlebrer an
ben Pfarrhauptidulen und ber Mädchenſchule mit 600 fl. und an ben Trivialſchulen mit
500 fi. nebft Naturalwohnung, flix ben erften Unterlebrer an ber Mädchenſchule mit 400 fi.,
ffir den zweiten Unterlebrer und bie Induſtriallehrerin, bann 8 Unterlebrer erfter Mathegorie
an ben Volfefdulen mit 300 fl., fiir 8 Unterlehrer zweiter Rathegorie mit 250 fl., fiir eben
fo viele britter Rathegorie mit 200 ff. und vierter Rathegorie mit 150 ff. ©. M.;
5. Ginhebung bes Schnlgeldes aus allen Volfefdulen fiir die Gemeinde und Ab⸗
fubc an bie Gemeiubefaffa;
6. Einflußnahme ber Gemeinde bei Anftellungen bes Lehrerperfonales;
I. Ueberwadhung bes Schulunterridtes und des Schulbeſuches ourd eine biegu ers
nannte Rommiffion und
‘8. Beftellung eines Herrn Gemeinberathes gum Sehulreferenten, —
mud fiber bie Mittheilung bes Herrn Biirgermeifters Aber bie mittlerweile von den
boben f. k. Unterrichtsminiſterinm mit Defret vom 3. Auguft 1853 3. 7285 mit einigen
Modifikationen erfolgte Veftitigung des vorgelegten Organifations-Entwurfes wurben bie
Antrige bes’ Gemeinderathes bezüglich ber Vollsſchulen mit ber Mobdififation gum Beſchluße
erhoben, daß bie Organifirung ſogleich in Angriff gu nehmen und bei Herftellung oder
Miethe bon Unterrichtelofalititen bie gefewliche Conkurrenzpflicht der Patrone und der eine
geſchulten Gemeinden in Anfprud zu nehmen fet, bezüglich ber Mädchenſchule aber ber
Gemeinderath bie Verhandlung fortguffibren habe (Sig. Prot. S. 160—162). Sie filbrte
bisher gu feinem Erfolge, bauptiidlid weil ber Bau und die Einridjtung der Oberreal-
fdule die Kräfte ber Gemeinde febr in Auſpruch nabm.
2) Gekauft wurben der St. Jafobs-Pfarrgarten gum Bane ber Real» unb begiehungsweife
Mädchen⸗Schule, bas abgebrannte ſtädt. Malze und bas milſchiezel'ſche Haus zum Bane
ber Realfdhule, bas ſtädt. Waſchhaus gur Unterbringung der nenen Zimentirungs -Anfalt,
“9
Yin allem bem nadfommen ju finnen, wurde es ungeachtel bes betraͤcht⸗
ligen Steigens der Ginnahme vom Verzehrungsſteuer⸗Gemeinbe—⸗
zuſchlage und Zinskreuzer ndthig, neue Quellen gu eroͤffiren. Es waren
1. bie Ginflihrung der Getreide-Einſchreibgebühr von 1 fr. vom
Megen ber auf ben Hiefigen Wodhenmarkten yum Berkaufe gelangetden 10 Ge⸗
treidegattangen und von Graupen (Beſchluß vom 16. Oft. 1851, genehmigt
von ber Kreisregierung am 24, Oft. 1851 3. 12880. Aue Anlaß ded Real:
bie Polizetwadh-Raferne und bie rafirten Gader-Laden auf bem großen Plage. Fitr bie
Brandfielle, auf 35,000 fl. geſchätzt, erbielt ber 1. Bezirk 37,000 fl. ©. M., fiir bas
Waſchhaus, welches bei 100 ff. Zins gab, 7000 fl. C. M., für bie Poliged - Raferne
12000 ff. C. M.
3) Fite bie Wirkſamkeit ber vereinten Gemeinde in ber kurzen Dauner ihres Beftandes bei be-
ſchränkten Mitteln ſpricht wohl nichto mehr, al’ bie gur Kenntniß der VBeobdilerung Vriinns
gebrachte nadfolgenbe Ucberfidt:
Aue gan g
ans bem Sigungepeotofolle des Gemeinde-Ansfdufes ber k. CanbeshauptGust Grits vom
22. Rovember 1859.
Angenommen ben 13. Dezember 1859.
Der Berit ber Finang+Seltion, womit eine Ueberfidht über die hervorragendſten
Mortente der Penretndevermigensgebahrung vom Beginne bed Beriwalinngsjabres 1851
bic suit Schluße der Verwaltungsjahres 1859 vorgelegf wurde, ift zur Kenntniß genom-
men ub hierüber beſchloſſen worben, bie in bemfelben enfhaltene Darſtellung fowohl durch
bie Lanbdeszeitng, als and burch eine in Dru’ gn legende und an fAnimtlide Hausbeſitzer
yu vertheilende Pundmadhung zu verdffentfiden.
Rack dieſer Darkelitg find in bem erwähnten Seitramn neben ben bedentenden
turrenten Gnslagen fiir die innere Serwaltung, fiir Lofalpolizel, Woblehstigheits- und Lehr⸗
cratten feb sampette Seteige veranegast worben, wortmter bie bisherige Dotation der
Verforgungeanfidtten 222,952 I. 95 tr.
jene bes Siderfeitefendes . 211,811 , 85 ,
bie Rofien ber Mealfdule 8 . . - « «+ 67,470 , 95, ,
bie Rofen ber Volteſchulennn 67,656, ZC,
Mebdifamente fir Arme oe eee ee 16,971, 371, ,
Gebalte bes Ganitatsperfonaies - « 12,153 , 741/,
bie Roften der Berſorgung anterRant lofet Binder - . 6551 , 551, ,,
betragen.
Heberdles find Sffentfidhe Swede realifirt worden, welche durch nadfichende, aus ben
vorhaudenen Sedfiamngen geſchöpfte Uniige bes Ansgabs-Budgets belenchtet werden.
Anfdhaffunges vew CinridftungéPiiden fix tic Handels- und
2364 fl. 15 tr.
Gerfiellungen im den fritheren Sealjdullofalitates . . 3, 8,
eet a wee Usieines REnentiaie . . . oe , 99 ,
fit Sebrmitied . 1176, 98,
gaiemmen 477 ſI. 45 fr.
#
ſchulbaues wollte man fie auf. 3 fr. erhohen, wad jedoch nicht durchging, viel:
mehr verordnete bad Minifterium 1859 die Auflaffung diefer 6 --- 7000 fi. bee
tragenden. Gebuͤhr);
Herftellungen von Communicationsmitteln, unb gwar:
ber Schreibwälder Fahrbriide und des Gehfteges . « 8938 ff. 68 te. .
" Straße in der Oberzeil 2417 ,, 95,
„Fyndeis'ſchen Briide fiber den Sdenenermiibiehen . 2437 „24,
„Joſephſtädter Straffe und Grilde . . . 1002 , 19 ,,
» Straffe anf der Spitalwiefe . . . . . . 3308 , 77 ,
n Odwabengaffe-Straffe . . . .~ . . . 2098 , 54 ,
» Obrowiger Muhlgrabenbrücke . «+ « 1692 , O,
„Struſſe in ber Laderwiefe el . «. 147 , 24,
n Dtithigrabenbritde in ber Laderwiefe . . . . £1793 , —,
gufaemmen =, - 90154 ff. 21 fr.
Errichtung bes Ugentrafen- Renal Cee ee 7988 fle Ot Be.
ber Badebitten . . : . . . . 558 , 30,
des Obrowitzer Friebbofes ~ 6 6 «6 « + 19985 , 30,
bec Gpetfeballe 2. wwe ett ti et ett iT —
— — —
gufammen . 29,663 fi. 81 tk.
Ankauf vow Realitkten, und gwar: für die von dem Ausſchuße des 1. Gemeinde-
begirfes um 88,850 fl. angefauften Stadthdufer Nr. 463 und 464 (bas ehemalige Malz-
Gans) anf Abſchlag des Kaufſchillings ~ «6 « « 19950 fl — hr.
flix ben St. Jalobs-Pfarrgarten (1860 um 20000 fl. wieder verf.) 14715 , 75 ,
fiir bas zur Simentirungéanftalt abaptirte Gans Nr. 63 ber
Vorftadt Bäckengaſſe ſammt Bauloſten und Biwentirunge-
Requiſtiten. 16051 , 75 ,,
für bie Bäckerläden um bas Souptoadgebie am son
Plage (welde rafirt wurden) 2 3150 , — »
jufammen . 58867 ff. 50 fr.
Waſſerleitung in bie Borftibte . . : . . 41565 , 90 ,
Wohlthketigkeitsatte:
Aus Anlaß ber Anweſenheit Ihrer k. k. Majeſtäten, zur Aus-
(dfung von Pfändern. - 1050 fl. — fr.
aus bemfelben Unlaffe dem wohlthatigen Mannervereine . 1050, —,
der Rettungsanſtalt für verwahrloſte Jugend ..109050, — »
ber FranzeJofeph-Stijtung für Hilfsarbeiter . - 1050 ,-— ,.
Dotirnng ber Suppenfod-Anftalt | - oe 1050 , — ,
Unterftiigung ber Armen ans Anlaf der gliidliden Gutinbung
Ihrer Majeſtät ber Kaiferin . 1060 , —
Subvention bem Rofterfpitale der barmbergigen Bruder 1575 » — w»
KronpringsRudolf-Stipendien-Stiftung für Realſchüler . 87830 ,— »
gufammen =. ; 11655 ff. — tt.
2. ote Einfuͤhrung eines gweiten Zinskreuzers in ber Stadt
und ben Vorſtädten (GBeſchluß vom 7. Rov. 1854) ) unb {pater eines
Dritten Zinskreuzers (Beſchluß vom 20. Oftober 1853);
Im Allgemeines:
Fiir Herfielungen und Feftlidleiten aus Anlaß ber * Aanvelenbet Ihrer f. k. Majeſtäten in
ben Jahren 1852, 1854 und 1858 . . . 15149 fl. 27 tr.
Beitrag gum Votiv-Rirhenbau =. tit; ~ . « « 1050 , 50,
für beigeftellte Armeepferde 1859 . .. . 4097, —,
Auslagen ſür bie mähriſchen Freiwilligen 1959 - «© «+ 12380, —
zuſammen J 185550 ff. 29 fe.
Ueberbies wurde dem 1. Gemeindebegirfe das zur Unterbringung ber k. k. Militär⸗
Polizeiwache beftimmte Haus Mr. 242 um den in 10 Jabresraten zahlbaren und mit 5 pet.
verzinslichen Kaufſchilling von 12600 ff. dft. W. abgetanft.
Bum Baue bes zunächſt zur Unterbringung ber f. k. Oberrealfdule beftimmten Com-
munalbanfes Nr. 463 und 464 der Gobannesgaffe wurde bei ber erften mähriſchen Spar-
faffa ein Aniehen gegen 5%, Berjinfung und 2°/, Kapitalériidjablung im Betrage vor
157500 ff. 8. W. effeftuirt; nachdem jedoch die vertragsmdfigen Bauloften ben Betrag von
174950 fi. erreichen, tie innere Einrichtung aber einen Roftenaufwandb von 9961 ff. 10 fr.
erforbert, fo wird tm Entgegenbalte dieſer Summe zum obigen Anlehen ber Mehraufwand
pon 27351 ff. 10 fr. reell aus Communalmitteln beftritten.
Ueberdies verfilgt die Gemeindeverwaltung im gegenwartigen Momente itber einen
Caffabeftand von 57,689 ff. 18 fr. 3. W. in Barem, und 463890 in Obligationen, und
gwar in Pamatien a 2 %, 1230 ff., Pamatfer a 2'/, °/, 6430 ff.; in Staatsfdhulbver-
ſchreibungen à 31/, 9/, 4030 fl., Staatefduldverfdreibungen a 5 °/, 2670 ff.; Metalli-
ques a 5 %, 3000 fl.; Staatefdhuldverfdreibungen vom 3. 1854 (verlosbare) 17650 fi.
Rational-Anlebens-Obligationen 27280 fl.; gufammen 46390 fl. 5. BW.
1) Gs war bies bet ber Feftfegung des Praliminars filr 1852, bas wir hier mittheilen weil
e@ ben Ganshalt im erften vollen Jahre der neuen Gemeinde zeigt :
I. Bebdedua g.
1. Standgelber — fetue.
2. Marktbolletengebühren werden mit . . . 9BK GM.
eingeftellt.
3. Gelihtegebiifren . . . «© «. «| 117, #4
4. Bilrgerredhtstayen . tt . - 800, ”
5. Aufnabme in ben Gemeindeverband . : 800 , ”
6. Polizet-Ginfliiffe . oe le . 222, "
7. Poligeifonds-Sntereffer . 2 . . — » ”
8. Rinstrenjer 2. 24900 » sn»
indem zugleich beſchloſſen wird, “fie bas tommende Jahr 1859 ben zweiten Zins-
Kreuger in ber Stadt und in ben Vorftddten einguheben, und hievon ber k. k.
Kreisregierung Bericht gu erſtatten, ſo wie dieſen Beſchluß motivirt in der Zeitung
zu verdffentlichen und bem Publitum das Präliminar egtraftive kundzumachen
9. Berzehrungsſteuer⸗Zuſchlaaagggg. «. 46600 ff. © M.
10. Ginfommenftener-Semeindezujdlag . « §000 , ”
14. Diesfitagn 2 ww ww lew PON ln
4*
3. politifme Daren ober Taren fir politiidhe Geſchäſtsalte aba:
nehmen (Beidlifie vom 16. Oft. umd 7. Rov. 1851).
Unter ten grégtentheilé erfolgloien Bemiibungen und Qampfen dex verein⸗
ten Gemeinte, tie Betedung fir ihre Beburimine aufzubringen und Bem ihr vex
ber Gemeinteortnung auferlegten, jetodh wegen Unjzulinglidfet dex Mittel am
theilweiſe ibernommenen BGerpilidtungen nadyufommen, mufie ſich von felbf
bas Bedürfniß fühlbar maden, tad Bermogen ter Bezitke fax Bic Grhaltung
Ginforeiigebiibren tem Getreibe - . |. 450000 E& ME
Polttiide Taren . ; . . 1000 , -
. Shnbbeferbernnss<Grfay ; ee 50. 83»
Miethe ber Polizei⸗Wachſtube 60 ,
Waggefalle; dieſe Rubrik if ms Priliminar “obme Siffer cimguftellen, mab be
Gemeinbderath angugebez, tie Durdfiibruny ter deßhalb ſchwebenden Berhend-
tang bei ter b. Negierung zu befördern.
Ge exgibt fich ſonach tie Gejaunutiumme ter
genebmigten Bededung mit . . tt. . $8,272 fl. © M.
I. rforbdberni §.
Verwalhangéperfonal =i“ . + 30960 @. ©. M.
Gunttionsgebiigren fix bie Gemeinberdthe . — » ep
Da diefelben ihre Thatighett bem Junterefje der
grefen Gemeinte ofne Anjprnd axnj cin Gut-
gelt aud fernerhin widmen wollen.
Remnmerationen und Anshiljen 700, on
Sangleiauslagen 9005 rd ”
Reifelofien und Didten 200 , on
Sanitiisauslagen 18481 , ,
Siderheitsanslagen - . 22155 , i»
SGdubbeforbrungsiofien . . - »« BO,
Ronftriptions- nub Retruticangétofen , . 100,»
. Unterbalt ber Gefinglmge - . 600, .
- Sdulanslagen . . - +» 3000, -
Auslagen fiir die Sanbeletammer - . 40, ,
Außerordentliche Auslagn . - +. 4000, w
. Unvorbergefehene Anuslagen . . . - WOO, en
. Beitrag fix den Rannerverein . 300 nw
. Paffio-Rapitalien. Dem Gemeinderathe ‘Germ
VBaner ift ber zur Fundirung der Gemeinde-
taffa vorgefdeffene Getrag per . . - 300, -«
yariidgufieflen.
Die Gefanuntfunmme des Eſordernifes ſtellt
ſich denmach mit. ° . . 98501 Ps )
berans, wabrend die Bedetung . . + S6872,
ergab, daher ein Defizit von . Iw ew
vefultirt.
ber Gemeindeanflalten angemeffen heranzuziehen und beziehungsweiſe gu dieſem
Swede cine Vereinigung, vor Allem der Verwaltung, anguftreben. |
„Sobald einmal (Geift e6 im gedrudten BVortrage bed Gemeinderathes an
den Gemeindeausſchuß vom 23. Dezember 1859 GS. 17) Sonder-Gntereffen der
Bezirke anerfannt und fegalifict waren, mußten die Bezirksausſchuüͤße dieſe Son-
berintereffen in ber midglidften Fernhaltung ber Verwendung ibred Vermigend
gu allgemeinen Gemeindeswecten in einer oft tbertviebenen Gonbderung von der
Gemeinde wahrzunehmen fucen, welche endlich gu der Anfdauung fihrte, daß
tie Gemeinde « Reprafentans von den Bezirksausſchuͤßen als ein den Begirfen
gang frembded, ja ihnen feindfelig gegentiber ftehended Glement, betradtet und
beHandelt wurde.
Die Weigerung des erften und vierten Gemeindebezirkes, auch nur jenen
Theil der in ihrem Befige befindlichen Einahmsquellen, welther zur Deckung
beS Aufwandes der Lofal-Polizetanftalten diente, auf Grund ded §. 4 der prov.
Gemeindeordnung ju tibergeben, führte mehrfache Collifionen und Beſchwerden
berbei, welche gulegt durch ben Erlaß bed £. £. Geren Statthalters ddo. 28.
September 1852 3.5835 niedergefdlagen, aber nicht definitiv entſchieden, ſondern
Da jedoch mit Schluß bes Milit.⸗Jahres
1851 eine Raffabaarfdaft von . . . 13392, .,
verblteb und an Ptarftbolletengebiibren . . 400,
dann an Einkommenſteuer⸗Gemeindezuſchlag circa 2500 , »
rüdftändig finb, fombt cin Rechnungsreſt von . 15492, ,
fig ergibt, wovon pro conto bes Sabres 1851
nur e . ° . .
zu decken find, fo bleibt nod ein Kaffaſtand von 11942, ,
welder, burd Dedung bes Defizits pro 1852
mit . . . : :
perivendet, einen fernern Ueberſchuß von ‘ ANB non ;
Cond. Miluge zeigt (aus ben gebr. Anczügen der Sigungeprotofolle ©. 86). .
Am 11. November 1851 wurde befehloffen: Das Prillintinar (ebenda S. 89) fir
bas Verwaltungsjahr 1852 abzuſchließen, jedoch am Ende deffelben einen Zuſatz yu maven,
worin alle Auslagen, welde der grofen Gemeinde bevorfiehen, aber wegen nicht möglicher
Ermitileng der Höhe im Priliminar nicht angeführt werden fonnten, wohl aber Gegen-
ſtand ber Berathung find, ale: Regulirung ber Marktpolizei (Marktanffeher); Organiſtrung
der Volksſchulen und Dotirung der Lehrer; Ranalifirung ber Waffere ub Strafſenabpugs⸗
Griben in mehreren Vorſtadtbezirken; Dotirung der Ezelutivo-Organe ffir bie Bezirksvor⸗
ſtände, namentlic) fitr jene, welche feine Fonde hiezu befigen; Auslagen für bie Geus—⸗
barmerie, Berinehrung bes Banamt sperfonals und ber Dinrniften; Vermehrung und Gee
haltserhöhung ber Poligeiwadmannfdaft; Erhöhung der Kranfenhansbotation, — angefithrt
und wegen Dedung dieſer Auslagen auf bie Ausfindung neuer und Bindizirung jener Ein⸗
nabméqnellen gewiefen werden foll, vow ber grofen Gemeinde aus bem Titel ber über⸗
nomtmenen Laften in Aniprid genommen werden.
3550 ,,
GA,
nur burd die prov. Seftimmung befeitigt wurden, daß fedber Bezirk feine Lokal⸗
Poligeianftalten felbfiftandig und auf eigene often beforgen, dagegen aber in
bem rubigen Befige jened Bermdgend bleiben folle, welches ex bis dahin be-
feffen Hat.
Welche Radhtheile biefe ben §. 91 der prov. ©. O. beinahe fufpendirende
Verfügung fir die Entwidlung und Fortbilbung der Gemeindeanftalten atte,
braucht nicht erft naͤher erdrtert gu werden, weil die faft taͤglich füͤhlbaren Schwie⸗
rigfeiten, bie aud diefem Berhaltniffe ermacdfen, dem löblichen Gemeinde- Muss
ſchuße aus vielfaltigen Anlaffen hinreichend befannt find.
G6 gentige hier bie Anbeutung, daß durd diefes Proviforium ber Ges
meinbderath in Bezug auf bie Polizeianftalten der Begirke bloß bie SteNung einer
Uberwadenden Behoͤrde einnimmt, daß er aber nicht jenen belebenden Ginflug
austben fann, welder aus der Selbftbeftimmung und aus dem 3ufammens
hange jeder einzelnen Lofal-Anftalt mit ben allgemeinen Gemeinde « Sntereffen
hervorgeht.
Die mehrfachen Uebelftinde aus der getheilten Beſorgung der Lokal⸗Polizei⸗
Anſtalten und die Unthunlichkeit der Centraliſirung dieſer Leiſtung bei getrennter
Vermogensverwaltung veranlaßten ben Gemeinde-Ausſchuß ſchon unterm 8.
April 1852 3. 88 eine allerunterthänigſte Petition an Ge. Ff. k. Apoſtoliſche
Majeftat gu cichten, damit bei Reorganifirung der Gemeinde bas Princip der
einheitlichen Verwaltung der Gommunal-Angelegenheiten und des fiir Commu-
nalzwecke beftimmten Vermoͤgens allerguabigft berudfichtiget werbde.
Sn Abnlicher Weife ift ber Gemeinde⸗Ausſchuß unter bem 23. Suni 1854
3. 69 bet bem hohen k. f. Dtinifterium ded Innern um Gentralifirung ber Gee
meindes Verwaltung eingefdritten.
Beide biefe Petitionen, fo wie der, gegen den Erlaß des f. f. Herrn Statt⸗
falters ddo. 25. Jänner 1854, woburd der dermalige 1. Gemeindebesirf alé
mit ber vormaligen fF. Stabt Brinn identiſch erflart, und dad von lepterer be-
feffene Vermogen bem Bezirke jugefproden wurde, unterm 14. Februar 1854
3. 367 eingebrachte Minifterial- Refurs find bidher nocd unerledigt und ed
dürfte deren Erledigung erft mit der neuen definitiven Gemeindeordnung zu ge-
wartigen fein.
Wenn nun die dermaligen bloß proviforifden Zuftande, aus welchen daher
aud RNiemand einen Rechtsanſpruch auf fernere Belaffung des faktiſch Beſte⸗
henden ableiten fann, befinitiv geregelt werden follen, fo mugs vor Allem der §.
91 der prov. Gemeindeordnung eine Wahrheit werden; denn bad eigentliche
Weſen ber Gemeinde befteht fa faft ausſchließend in ber Beforgung der Lofal-
Polizei⸗Anſtalten, in ihrer weiteften und edelften Bedeutung. Hort diefe Bes
forgung im Wege ber Selbftbeftimmung auf, fo pulfirt aud nicht mehr dad
Gemeindeleben, und man fann jener Behorde, welche — wie 3. B. dermal der
Gemeinderath — bloß mit der Ueberwadhuny und Oberleitung ber Poligeian:
55
Ralten betraut wird, in dieſer Richtung nicht mehr die Stellung ber Gemeindes
teprajentang, fondern nur einen bureaufratifden Wirkungskreis zuerkennen.
Die eigene Beforgung der Lokalpolizeianſtalten ift aber, wie die bidherige
traurige Grfahrung zeigt, unthunlich, wenn nidt aud die Verwaltung ded Ges
menbdevermogens in einer Hand concentrict wird.“
Diefen Bemerfungen ded Gemeinderathes iff, um die Gace flarer gu
machen, Folgendes beigufaigen.
Rah angeblih reiflidher Ueberlegung faßte der Gemeinde⸗Ausſchuß ber
ehenaligen f. brinner Stabtgemeinde am 22. Sdnner 1851 und ibereinftimmend
bamit ber an feine Stelle getretene Bezirksausſchuß ber inneren Stadt am 11.
Mary 1851 den Beſchluß, daß bas gefammte Vermögen der ehemaligen k. briin:
ner Stadigemeinde als Gorporationsvermdgen ein Gigenthum der Befiger der
bis dahin innerhalb der Ringmauern der inneren Stadt beftehenden bürgerlichen
Héufer, dann aller bis dahin vorhanbdenen Biirger und nach Wbfterben beider
Kathegorien ein Corporationévermigen der Beſitzer der bis dahin beftandenen
birgerliden Haͤuſer innerhalb der Ringmauern bilden ſoll *.
") Diefer Beſchluß ift ſo merkwürdig, bak wir die einſchlägige Kunbmadung vom 11. Mar;
1851 Rr. 396 oec. vollftindig mittheifen miiffen.
Durd die von Sr. k. k. Mtaje at für Brünn Allerhöchſt genebmigte proviforifce
Gemeinbdeordnung vom 21. Juli 1850 ift bie Landeshauptftadt Britnn mit bem Spielberge
nnd allen Vorſtäbten als eine einzige ſelbſtſtändige Ortsgemeinde erklärt, unb bie bie babin
beftandene, auf ben Burgfrieden (bie Ringsmanern) ber innern Stadt Brünn eingeſchränkt
gewefene f. Brünner Stadtgemeinbde aufgelöſt worden.
Diefe Umgeftaltung ter Gemeindeverbaltniffe Briinn’s hat bie Bürgerſchaft der ehe⸗
maligen f. Griinner Stabtgemeinbde veranlaft, bet bem Gemeindeausſchuße derfelber eine
Petition ddo. 16. Dezember 1850 bes Inhaltes eingubringen, damit bei bem Aufhören des
alten unter ber Bezeichnung ,ber königl. Stadt Brinn” bisher beftandenen Gemeindever-
bandes aud) bas vorhandene Vermögen ber alten Stabtgemeinde getwahrt und benjenigen,
denen es rechtlich gebithrt, fiir alle Zeiten gefidert und erhalten werde.
Der Gemeindeausſchuß, burd den Beſchluß bes gwifdenweilig in Wirkfamfeit ge⸗
tretenen Bezirksausſchußes der inneren Stadt Brünn vom 31. Dezember 1850 zur Durd-
führung dieſer Verhandlung ermidtigt, fat bie obige Petition ber Bilrgerfdaft in Bera-
thnng genommen, und nach reiflider Erwägung und erlangter Ueberzengung — „daß bie
ebemalige Stadtgemeinte ber königlichen Hauptftadt Brünn lediglich aus ber Sefammtbeit
ber Bürger derfelben unb der BVefiger oon bürgerlichen Häuſern beftand, und daß mac er-
folgter Auflöſung dieſer Stadtgemeinde bas BVermBgen derſelben wieder nur an ihre Glieder,
nämlich bie Gefammtbheit der Bürger und bie Befiger der bürgerl. Häuſer guritdfallen und
ein Vermbgen diefer Corporation zu verbleiben habe” — am 22. Sinner 1851 wörtlich
folgenden Beſchluß gefaft:
1. „Das gefammte Vermbgen ber minmehr anfgeldfter ehemaligen f. Brünner Stabtge-
meinbe bilbet als Gorporationsvermigen ein Eigenthum ber Befiger der bis bente inner⸗
balb bes Vurgfriedbens (ber Ringsmauern) ber inneren Stadt Vriinn beftebenden bürgerl.
Häuſer, dann aller Bürger Brilnn’s, welche bis gum hentigen Tage mit bem Bürger⸗
redte ber ebemaligen f. Hauptſtadt Brünn betheilt worden ſind unb welde als folde bis
gum: heutigen Tage ben vorgeſchriebenen Biirgereid abgelegt haben.”
$6
Da gegen diefen Beſchluß mehrere Gemeindeglieder und Hausbeſitzer des
1. Gemeindebegirfes (innere Stadt) einen Proteft einbracten, andererfeité aber
ber Bezirks-⸗Ausſchuß bei dem Miniſterium deffen Beftatigung anfudte, wurd:
von ber Kreisregierung ber Ausſchuß ber vereinten Gemeinde sur Aeuferurg
é;
——_— —
„Nach Abſterben biefer eben begeidneten Bilrger dann ber hermaligen Befiger son
bitrger!. Haͤuſern in ber tnneren Stadt Brünn hat bas VermBgen her ehemaligen Subdt-
gemeinbe Grim ein SorporationsvermBgen ber Gefiger ber Fie hente beſtehenden sitr-
gerlichen Siufer innerhalb bes Burgfriebens ber inneren Stadt Briinn yu verbleiben”
„Um ber bisherigen Widmung biejes ebemaligen Gommunal- und Corporations. Recms-
gens bie gebiifrenbe Rechmmg gu tragen, werden alle jene Beftandtheile diefes. Vemb
gens, welde ihrer Natur nad ben Charalter ber Oeffentlidteit an fig tragen, bem muin-
mebrigen ané ber Anordnung ber newen Gemeindeordnung bervorgegangenen Bezir'e ber
inneren Stadt Brian mit Ser ausbritdliden Veftimmnng belaffen, daß bie Crtrigntffe
biefexr BermBgensbeftandtheile für alle gufiinftige Zeiten ausſchließend nur für die öffent⸗
iden Bedürfniſſe des dermaligen Bezirkes ber inneren Stadt Brian, es midge terfelbe
in ber Folge was fiir cine politiſche Gemeindeeintheilung, Benennung ober Abgringnng
erhalten, verwaltet und verwendet werden miiffen.“
» Dagegen haben alle fibrigen ben Charatter ber Oeffentlidfeit nicht an fid) tragen-
ben Bermigens-Entien ein Corporations-Gigenthum ber im 1. Abſatze bejzeichneten Vir
ger und Befiger von bürgerl. Hänſern ber inneru Stabt Brünn fiir alle Zulunft gz ver-
bleiben, mit ber Beſtimmung, daß aus den Ertragniſſen dieſes Corporations⸗Vermögens
zunächſt jene öffentlichen Bedürfnifſe bes Bezirkes ber inneren Stadt Brünn, welche der⸗
ſelbe ans ben ihm bier eingerdumten Mitteln und aus bem in ber Folge allenfalls an-
berweitig zu erwerbenden BermBgen gu bedecken nist vermag, dann allenfillige Autlagen
zu woblthatigen unb gemeinniigigen Zwecken — fuppletorifd gu beftreiten find; wihrend
ber Neberreft zur Gublevirnng ber Eigenthümer dieſes Corporations -Vermigens im ben
fle treffenben Umlagen gur grofen Gemeinde verwendet werden fol, infoferne diefe Um⸗
lagen anf eine directe Stener gelegt werden, welde von bem Befige eines ber in ber
inneren Stadt gelegenen Häuſer, ober von einem bitrger!. Erwerbe bezablt wird.”
„Der biernad etwa nod verbleibende Weberreft an Erträgnifſen bes Corporations.
Vermigens wird bem Stamme besfelben cinverfeibt.”
„Die BVerwaltung unb Verrechnung bes bem Begirfe ber inueren Etadt Vritnn belaffenen
VermBgens, fo wie bes VermBgens ber Corporation ber Bürger und Befitzer bürgerl.
Stabthinfer foll vor ber Hand von bem Bezirksausſchuße ber inneren Stadt Vriinn be-
forgt werden; es ift jedoch jede diefer BermBgens -Subftanjen in abgefonderter Evidenz
und Rechnung au führen, und bas Refultat der Berwaltung alljährlich abgefonbdert dar⸗
zuſtellen.“
„Doch wird hinfichtlich der Verwaltung bes Corporations⸗Vermögens ber ausbritd-
liche Vorbehalt gemacht, daß ben Eigenthümern deéfelben freigeſtellt bleibt, im Falle einer
bem oben ansgedritdten Zwecke dieſes Vermbgens nicht entſprechenden Gebahrung mit
demſelben, oder bei einer etwa eintretenden Abänderung der Gemeindeordnung in Be⸗
treff des Beſtehens des Bezirksausſchufſes, oder aus ſonſt wichtigen Gründen — über
bie Verwaltung dieſes Corporations⸗Vermogens eine andere zweckhdienliche Berfügung zu
treffen und im geeigneten geſetzlichen Wege gu bewirken.“
Dieſer Beſchluß tt bem Ausſchuße bee Bezirkes ber inneren Stadt Brünn zur wei⸗
teren Durchführung übergeben worden.
In Auerkennung des dieſem Beſchluße zu Grunde liegenden, auf dem Rechte und
ber hiſtoeriſchen Entwidiung bes Burgerthumes ber Stadt Brian bafisten Gruudſatzes kann
aufgefordert (26. Janner 1852). Hiedurd) ſowohl als in Folge ber Abſendung
einer Deputation ded 1. Gemeindebegirfes nah Wien mit Borfdlagen Aber die
finftige Conftituirung ber GemeindesMeprafentany, weldhe eine nod viel ſchroffere
Durchführung der Begirfs-Eintheilung bezweckten, fah fic ber Ausſchuß ber sere
einten @émeinde feinen Committenten, der Gefammtheit ber Semeindeglicder
gegentber, verpflichtet, die moͤglichſte Einheit in ber Berwaltung ber
CTCummunal-Mngelenheiten anguftreben. Gr ftellte baer in ber Aeuße⸗
rung über den erwähnten Bermigené-BefdhluG (welder bie von mir gegebenen
hiſtoriſchen Erlaͤuterungen uͤber bad Entftehen bes Vermoͤgens ber Stadt Brinn
belgeffigt wurden) bie Bitte an die Rreisregierung, aur endliden Regelung ber
Semeinde-VerHhAltniffe mit Rückſicht auf das Gemeindevermsdgen eine Commiffions-
Verhandlung unter Beiziehung aller Betheiligten eiuguleiten. Ste wurde aber
nicht alé noͤthig erfannt, ald ber Bezirks⸗Auoſchuß der inneren Stadt
feinen Beſchluß vom 11. Marz, 1851 zurücknahm (Griaf ber f fF.
Statth. 8. Sept. 1852 3. 4146), was swar ber Gemeinde⸗Ausſchuß aur Kennts
nif nahm, ohne ſich jedoch feiner Anſpruͤche, welche er bezuͤglich der Vermoͤgens⸗
frage erhoben, au begeben (19. Oft. 1852). Er machte aud keine Einwendung
(29. Juli 1853) als der Bezirksausſchuß der inneren Stadt ein großes ſchönes
Zins haus naächſt bem Franzensberge (an Stelle bed ehemaligen ſtädt. Malz⸗
hauſes u. a.) mit mehr als 300,000 ff. ©. Mt. Koſten baute und zu diejem
Swede die a. 6. Bewilligung (11. Rov. 1853) erwirkte, bie ber fF. Stabt Brinn
gehdrigen Giter Gurein, Ktijinfau und Wobhancig mit 180,000 fi. au belaften,
und bem 1. Gemeinbdebesirfe die Bauftelen Rr. 23 und 24 grundbücherlich gue
ſchreiben lief.
ber Bezirksausſchuß der inneren Stadt Brünn nicht anders, als ben vorliegenden Beſchluß
des beſtaudenen Gemeindeausſchuſſes vom 22. Sinner 1851 38. 156 oec. als vollfommen
rechtekräftig anguerfennen, in Folge deffen ber Bezirksausſchnß ber inneren Stadt unterm
11. März 1851 3. 396 oec. einhellig beſchloſſen bat, dieſem Beſchluße in allen feinen
Puntten beitzutreten, und ihn jum eigenen Beſchluße gu erheben, und bemfelben hiedurch
jenen Grab ber Stabilitit unb Unantaftbarfeit gu gewabren, welder zur Sicherung unb
Wahrung her Rechte ber Bürgerſchaft auf bas ebemalige Conununal» Vermigen ber königl.
Griinner Stadtgemeinde im Einklange mit ber hierauf gerichteten Petition ber Bürgerſchaft
bom 16. Dezember 1850 nothwenbdig ift.
« Der Ausſchnß bes Bezirkes her inneren Gtadt Brünn gibt nun diefen Beſchluß
allen biebei betheiligten Sansbefigern ber inneren Stadt und allen dermaligen Biirgern
ber Stadt Briinn gu bem Ende befannt, damit fie von bemfelben die vollftinbdige Kennt-
nig erlangen, und ihm allenfalls durch ihre Mitfertigung beitreten, zu welchem Zwecke die-
fer Beſchluß im Burean bes Stadtrathes Steiner im 2. Stode bes vorderen Rathhause
Gebãandes bereit erliegt.
Bom Bezirksauéſchuße der tnneren Stadt
Vriinn am 11, Marz 1851.
Der Vorfland:
Dr. Stella,
s d¢. “
Gee
$8
Als jedbod der Bezirko⸗Ausſchuß die landtdflide und grundbuͤcherliche Zu⸗
ſchreibung der der £. Stadt Brinn gebdrigen Landgiter, Realitaten und Grund⸗
ftitde als Befig bed 1. Gemeindbegirfes anfprad und hiemit vom Bezirks⸗ und
Oberlandesgericdhte abgewiefen wurde, führte ber Ausſchuß der vereinten Gemeinde
(15. Rov. 1853) gegen bie Entſcheidung der Kreisregierung Beſchwerde, ourd
welde der ruhige Befig von ben der f. Stadt Brinn gehdrigen RNealitaten durch
ben 1. Stabdtbezirk beftatigt und theilweife die Beredtigung desſelben zur Ere
wirfung bes grundbuͤcherlichen Eigenthums anerfannt wurde, und bat um une
verriidte Aufredterhaltung des status quo. Allein die f. k. Statthallerei ere
fannte (15. Sauner 1854), daß ber Ausſchuß bes 1. Gemeinbdebejirfed de lege
im Befige ber Gemeinderealititen der £ Stadt Brinn ift und auf Grund deſſen
gab ber oberfte Gerichtehof (1854) dem Revifiondrefurfe deffelben begtglid der
Umſchreibung ber Realitaten, welde der k. Stadt Brinn guge(drieben waren, Statt.
Hiet ohne Erfolg lief ed ſich der Ausſchuß der vereinten Gemeinde anges
legen fein, ,gum Wohle dec Geiammtbevolferung Brünns bie Befeitigung
ber getrennten und foftfpieligen Bermaltung und die Auf.
bebung der prov. Gemeindeordnung anguftreben” (Auszuͤge aus
ben Gigungsprotofollen S. 108, 115, 117, 133, 158, 170 — 1, 175 — 7,
182). Es ift bad Einfdreiten bet bem F. k. Mtinifterium vom 23. Suni 1854,
von weldem der Gemeinderath in feinem Bortrage fprict.
Die Sache rubte, bid ber Entwurf der neuen allgemecinen Gemeindeords
nung vom 24. April 1859 erfdien, der Gemeinde-Ausſchuß aufgefordert wurde,
fic) wegen ihrer Anwendung auszuſprechen. Derfelbe entidhied fid) (20. Sep:
tember 1859) fiir bie Revibirung ber prov. Gemeinde-Ordnung vom 3. 1850,
was nun der Gegenftand der weiteren Verhandlungen ift.
Der Haushalt der vereinten Gemeinde Hatte ingwifdhen, obwohl fie nod
lange nicht alle, und namentli® nicht dre Polizei-Anſtalten erh alt,
betraͤchtlich augenommen. Denn es betrugen (nad den gedrudten Rechnungs:
abſchlüſſen) in Conv. Miinje:
— ee
J. bie Einnahmen:
a. reelle...
b. durchlaufende
c. baarer Raffaftand
vomfriiheren Sabre | 20,545 232/. 13,457 | 7?/, 56'/,
| sufammen . | 230,186 |232/, | 201,063 |18?/, | 281,882 |132/,
| IL bie Ausgaben: |
| areelle . . 1486, 260122,, 2)1 146,820 40 | 213,601 |391/, 3
179,178 59
174,730 |49"/, |
8,427 12
34,910! 73/,
232,981 |57!/, !
17,320 |20'/,
| ob. Durchlaufende —. 15,056] 32/, | 12,829 |28°/, | 19,189 22
| oc. Rayitalien - Ver: )
renung . . . 3,413 |— 10,193 | 4?/, 3,411 | —
gufammen . | 216,729|16 — | 169,543 |221/, 236,202 | 11/,
Die KRapitalien (Obligationen) ber Gemeinde vermefhrten ſich von
1856 bis zu Ende 1858 von 16,080 & G M. und 11,690 fl. W. W. auf
$5,400 fl. C. M. und 11,690 fl. B. BW.
tm V. 3. 1859 gingen (gegen dad Praliminar von 174,509 fL)
848,647 fl. und mit bem Saffarefte 396,548 fl. 6. W. ein (barunter bas Dar-
lehen von ber Syparfaffe fiir ben Realſchulbau von 126,000 fl, an Zinskreu—
ger 75,879 fl., an Verzehrungsſteuer-Gemeindezuſchag 84,566 f1.),
wurden 328,341 fl. beaudgabt (25,231 fl. unvorhergefehene Auslagen, indbes
fondere aué Anlaß ber Aniwefenheit Ihrer k. k. Majeftaten, ded Krieges, der
Einlöſung ber Baderldiden auf bem grofen Plage u. a, dann 10,912 fl. aus
ferorbentlide Audlagen) und blieben 68,207 fl. in ber Raffe.
Rah bem vom Gemeinde⸗Ausſchuße feftgeftellten Voranſchlage fur 1860
betragen
a. bie Einnahmen:
1. MarktbolletensGebthren . . . . . 1400 ff. 8d. W.
2. Markt, Gerichts⸗ und Polizeigebdhren 3680 ,, _,,
3. Marftwad-Gebifren . . . 1800, ,
4, Kafhaimgebabren (gu 5 fr. vom Gimer) 400 , »
5. Birgerrehts-Taren . . . . 86, »
6. Taren fiir die Aufnahme in ben Ge.
meindeverbanD . . . tt. .. 504 ..,
7. Intereffen von Atio⸗Kapitalien . . 1886, ,
8. Zinskreuzer gu 5 fr. von jedem Gulden
bed DMtiethyinfes . . . . . 76000 , ,
9. Verzehrungsſteuer— Gemeindezuſchlag . 70000
10. 121/, %/, emeindezuſchlas zur Einkom⸗
menfteuer 2... - 6500, ,
44. Dienfttaren . . . 28 ow
12. Getreide⸗ - Ginfehreibgebiibe 13/, tte. per
Mehen pon bem auf bem Woden-
marfte verfauften Getreibe . . . TWO, = , 4)
13. Politiſche Tarn ... . {300 , ,
14. Aufnahms⸗Taxen und Schulgeld aus
ben Mealfhulen . . . . . «. . 4990, ,
— — —— — —
Fuͤrtrag . 175574 fl. $B.
— — — — — *
1) Mit bem Darlehen von 80,000 fl. aus ber Sparkafſe gum Realſchul⸗Baue.
2) Mit 60264 fl. aufferord. Auslagen fiir den Ankauf ber ftddt. Haufer Mr. 463 und 464,
bes Pfarrgartens, fiir Straffen, Briiden, Wafferlettungen u. a.
3) Darnnter für den Realſchul⸗Bau 53,858 fi, unvorbergefebene Auslagen 16,955 fl., außeror⸗
bentlice 15932 fi.
4) Sol nach Weifang best. k. Minifterams anfgelaffen werden.
17.
“ID th & ow Ww =
Uebertrag
. Schulgeld aus den Volksſchulen
16.
Ertrag der Realitäten (Zins fiir die
. PoligetwadhEaferne) . .
Berfdiedene Einnahmen
zuſammen 7
b. bie Auésgaben:
30000 fl., Medifamente fir Arme
2300 fl., Ganitatéperf. 2363 ff.)
. Siderheitd-Auslagen (Polizei⸗ Feuer-
und Marktwade, Straffenbefprigung
(2500 fi.) u. a.)
. Conffriptions- und Refrutirunge-Mus-
lagen
. Auffidt und Unterhalt ber Gefanglinge
. Realfhul-Auslagen (Ober⸗Real⸗Sch.
13207 fi., GCommunal-Unter-Realfaule
in Altbrinn 5949 fl., ..
. Volksſchulen.
.Auslagen fir die Handels lammer
. Beitrage (an Wohlthaͤtigkeits⸗Anſt.)
. Militar - Tranfennal - Sequartirunges
foftn . . . ..
Zimenirungs · Auslagen (neue Anfialt
. Roften der Wafferleitung (7600 fi.
fuͤr Fort.)
. Silgung der Paffivtapitatien (Raten
für die angefaufte PoltzeisMaferne und
auf bas bei ber Sparkaſſe fir den
Bau bes Realſchul⸗Gebaͤudes gemachte
Darlehen, die legtere durch 49 J.
jaͤhrlich mit 12348 fl.)
Giirtrag
10000
1200
900
764
34963
25022
100
1372
19156
15130
945,
1140
100
1224
12725
14175
”
/
. Befoldbungen, Diurnen und Loͤhnungen 42639 fl.
. Penfionen und uſehungebeltrace
. Gnadengaben
. Remunerationen und Aushilfen
. Kanzlei⸗Auslagen
. Reiſekoſten und Didten
Sanitaͤto⸗Auslagen Eranken .Anftalten
V
. 175574 fL ö. W.
Ld
187674 fl. 3.
”
. 178514 ff, 8. W.
Vebertrag . 178514 fi. 6. W.
19, Gehaltung ber Gebdube . . . . . «1404, ,
20. Unvorhergefehene Auslagen . . . . 91385 ,
21. AuGerordentlide Auslagen (fur Altivi⸗
rung eines Sdladtvieh-Marftes) . 10000, ,
— — — — — — —
sufammen . 199053 ff. 6. W.
Diefen Ausgaben bie Einnahmen entgegen ge-
Galten mit. 2... ....... . 187674 , ,
ergibt fic) ein Abgang von . 11879 fl. 6. W
Man fieht, daß die Gemeinde die Erforderniffe ihres Haushaltes ſchon
bermal, wo fte lange nicht Aled erfillt, was ihr die Gemeindeorbnung aufer⸗
legt, nur aud offentliden Auflagen bebdeden fann, daf bie Haupteinkuͤnfte, naͤm⸗
lid) der Zinskreuzer von 14000 ff. im Durchſchnitte ber 1830ger Jahre
(nad Schmidt S. 23 im J. 1833 mit 16,487 fi.) und nod 21000 fl. (eingeg.
16000) im Jahre 1848 auf nahe 76000 ff. 6. W. und ber Gemeinde Zu:
flag von 30 — 40,000 ff. in ber 1830ger Jahren und 34,766 fl. im 3.
1848 auf mehr alé 84,000 fl. 8. W. im J. 1859, hinaufgeſchraubt werden
muften und daß fir den Ertrag des eingeftellten Getreide⸗Kreuzers von mehr
alé 8000 fl. ein Erfag au ſuchen fein wird.
Sidon dieſe Ziffer fprecen laut genug fiir das bringende Beduüͤrfniß, Hurd
Vereinfadung der funftheiligen Verwaltung Erfparniffe bef ben Auslagen her⸗
beizufuͤhren.
Cc. .
Bur Frage des Gemeindevermigens von Brinn‘),
In ber Frage, ob ein gu Gemeindesweden beftimmtes Bermdgen nur
einem Theile ober ber ganzen Gemeinde zur Verfuͤgung ftehen fol, tft es von
unverfennbarem Sntereffe gu wiſſen, wie es fic) gebildet Hat, aud welchen Quel⸗
(en es gefloffen ift, wie es bidher verwendet tourde. Es ware yu wuͤnſchen,
daß biefe Radweifung von dort ausginge, wo ſte zunächſt geliefert werden koͤnnte.
Da aber der Bezirksausſchuß ber inneren Stadt Brinn feit zehn Jahren eine
foldhe nicht geliefert Hat, moͤgen Hier einige Rachridten genigen, welche auf
Muthenticitat einen Anfprud in fo fern madden fonnen, als fte eben in den
Beweioſtellen Darftellungen des briinner Magiftrates felbft im Berlaufe vor
') Borgetragen in bev Aasidup-Gigung vom 27. Siuner 1860.
zwei Jahrhunderten entnommen .find. Auf diefe Zeit beſchränken wir uns, da
in Derfelben ein wefentlider Wandel der mittelalterligen Zuſtaͤnde ſich ergeben
bat, Die neuen Zuſtände erwadfen find.
Die Haupt -Cinnahméquellen der Stadt Brünn fofjen aus Beginftigun-
gen der Landesfuͤrſten.
Konig Wengel I. ertheilte ihe (1243) bas Meilredt, kraft defen im
Umfange einer Meile feine Sdhanfe, mit Ausnahme jener beim blauen Lowen |
in Altbruͤnn, Seftehen foll, cin Recht, welded Konig Ferdinand (1544) dahin
ertveiterte, daß im Kreiſe von 1 Meile weber Weinſchänken beftehen, nocd Brau:
haͤuſer gebaut werden follen (G. meine Gefd. von Brinn ©. 56, 105, 167,
215 — 216). Geit ber erften Verleihung Ronig Wengel Il. (1291) wurden
ber Stabt gewinnreihe Jahrmaärkte gu Theil. Derfelbe Konig bewwilligte
ihr (1293) ben Mautbegug gur Beftreitung der Koften fir Wege, Briden,
Walle, Mauern und bas Pflafter. Karl IV. leitete (1323) den Handel ss
gug aus Oefterreid) nad Polen, von Moͤnitz weg, und tiber Brinn, zwang
alle Rauf+ und Fubrleute aus Oefterreih, Ungarn, Polen oder wo fie immer
ber famen, fiber Brinn gu jiehen (1347).
Markgraf Jodok bewilligte (1393 am Gonntage Judika), dag in der
Stadt-Taferne gum gemeinen Nugen von Midaeli bid Georgi allerlei
wilfde, ungarifde und ofterr. Weine, wie auch ſchweidnitzer Jungs und Witbier
geſchaͤnkt werde.
Markgraf Albrecht unterzog bem Meilrechte von Brünn aud den Sal ge
handel (9. Augnft 1437). Gr überließ (Wien den Mittwoch vor St, Lorenz
1437) ber Stadt Brinn „die Galgfammer, bie Galgmaut, bie Taferne,
barin man fcenfet allerley wälliſch getränk und Schweidnitzer Bier, dad Faß—
ziehen und Getreidbemeffen gu Brinn,” bas alles gur marfgrafliden
Rammer gehirte. Zugleich hebt er die ,Reuerung bei Markgrafen Joften feli-
gen Zeiten und nadmal, von jeder Maly awei Megen in die marfgraflide
Malzmühle gu Brinn abzuführen auf, weil ex unterridtet worden, bap die
Leute find bamit faft beſchwert geweſen.“
Rod andere Ginkinfte gaben ber Stadt bie Wage, die Geridte-
barteit, Daren u. dgl., dann aber aud ibre eigenthumliden Realitaten
(Geundfiice, Muͤhlen, Wirthshaufer, Haufer u. a) und die Landgüter.
Pon diefen wurbe Deblin 1470, Swinofdhig 1508, Gurein 1547, Lipuwfa und
Reletowig 1557, die anderen, wie wir fehen werden, in neuerer Zeit angefauft
(S. Wolny, Topographie von Maͤhren Il. 101, 377 f.).
Schon die maähr. RebeDion (1619) und ber Anfang bed 30jährigen ries
geS itbten ben verderblichſten Ginflug auf bas Gemeinde-Vermodgen Briinn’s,
wie der f Staͤdte uͤberhaupt. Die Sdhulden und bas Drangen ber Glaubiger')
1) Ferbinanb I. bewilligte ber Stadt Vriinn am 27. Februar 1626, vom Carbinale Die-
tridiftein 56,227 Gulden Silbergelh auf ewige Zeiten aufmehmen gu Warren, welde
88
wurden fo grof, bag Raifer Ferdinand Il. ber Stadt Sriinn ben F. Kammerzins
ober die Loſung überließ (Reffript 30. Oft. 1629) und bie Erhohung ber
ſtädtiſchen Maut bewilligte (Reff. 6. Februar 1630).
Die Ginfinfte ber Stadt betrugen im Jahre 1630 nur 15,000 ff. und
swar vom GSebrau, von der Taferne, Maut, Gurein (4,500 fi.), bir:
gerlichen Contribution (2,333 fl.), 2 Muͤhlen, tem Hofe, 2 Leiden, der
Wage und bem Salghandel.
Nok ſchwerere Sehlage fügten Brinn die Blofabe (1643) und die Be:
fagerung (1645) durch bie Schweden bei, indem nicht nur der grofte Theil ber
ausgedehnt gewefenen Vorſtädte rafirt und verheert wurde, fondern aud
bie ftddtifden Realitaten und Ginfiinfte bie größte Cinbufe erlitten ').
Die Stadt Brinn hatte im Jahre 1648 92,943 fl. geiftlide Fundationen und
nabe an 300,000 fl. andere Gchulben, 1650: 362,151 ff. 44 fr. und nod) 1670: 95,000
Thaler und 180,000 Thaler Schulden, die erfteren mit 5,700, bie anderen mit 1,636
Thalern gu verginfen, ber noch unaccordirten gu geſchweigen. Mit Hilfe der früher ers
wabnten Begitge und des von Ferdinand Ul. der Stadt uberlaffenen landesfürſt⸗
liden Wein- und Biertages (Reff. 3. Februar 1646), eines hundertjahrigen
Friedens und guter Wirthſchaft wurden nidt nur die Schulden groptentheils
getilgt (1726 beftanden nad ber Suftruftion fur das ofonom. Direftorium in
Srinn nur nod 26,000 fl.), fondern aud) gu den im 15. und 16. Jahthun⸗
berte erworbenen Landgütern nod Wohantſchitz (1700 um 22,000 fi.) und
Stijinfau (1746 um 8000 fl.), gu Anfang bed 18. Jahrhundertes das ſalm'ſche
(ober Schmetterhaus) angefauft und gu einem fehr eintragliden Handels⸗
wee — — — — — — *
in verſchiedenen Klöſtern und Kirchen zu jährlichen 6 Percent angelegt werden ſollen. Auf
ſolche Art nahm fie mit des Cardinals Interceſſion unr allein von deſſen begünſtigten Stif⸗
tungen, nämlich vom britnner Frauenkloſter St. Joſeph (33,333 fl.), dann dem Collegiate
Kapitel (31,266 fl.) und Seminar (5000 fl.) gu Nikolsburg 60,000 ff. als Darlehen anf.
") Rad der VBelagerung (S.b. Schweden vor Vritnn S. 74) ftellte ber Stadtrath bem Raifer
vor, es fet notorifd und welttundig, in welche erbirmlide Ouin und Berwüſtung die Ge-
meinbe nnb Bürgerſchaft burdh bie Oemolizung ber gangen Borftddte, bas Berdere
ben ber Wohnhäuſer, VBeifegen bes Vermigens und der gangen Subftanz, wie ber gemeinen
Stadt Zugehörungen, bes Landgutes Gurein, ber Maierhöfe, des Brigubaufes, ber Bore
werle, Muhlen, Spitaler und ber ganjen Wirthfdaft gerathen fet, wie bas Getreide anf
bem Felde herum ganz verborben und zu Boden getreten, ber künftige Feldban verhinbert,
dte Weingirten verwitftet feten, unb bie meiften nicht mehr angebant werden könnten.
Gs feien alle Biers und Weinvorrdthe aufgezehrt, die Kriegsvorrdthe verbraucht, das
Holjwerk vom Rathhauſe, Benghaufe, Bränhauſe und andern ſtädtiſchen Gebäu⸗
ben zur Sortifilation, bie bleternen Wafferleitungsrihren zur VBerfertiguag von
Rugeln verwendet, der ſtädtiſche Maierhof und Felbbau gang verddet, die drei ſtädtiſchen
Mühlen (Gerren⸗, Hafen- und Malzmühle) vom Feinde in Afdhe gelegt, bas Bräuhaus,
bie zwei Maierhöfe mit Schäfereien und anbdern Gebäuden auf dem ftddtifden Gute
Gurein niedergebrannt, und alles Vieh weggenommen, die Fortififationsmerte beſchädigt
worben u. f. w. .
64
Bajar umgeftaltet (Reff. 25. Mpril 1714), weiter zwei neue Bieri Gant’
Hdufer eingeridtet, ein neues Sranntweins und FudbenHans anf bes
Krona erbaut.
Gin ber Stadt fer abtraglider Umfdlag trat aber ein, als feit ber 3.
Halfte bes 17. Jabrhunderted mit bem Auffommen neuer oder her Aushebnung
ber alten Staaté-Ginnahmen in Folge fortwahrender Rriege, mit bem Entſtehen
neuer Ctaaté-Ginridtungen und der Ausbilbung ber Adels- und Beamtem
Prdrogative bie ftidtifhen Freiheiten und Rechte theilé gang verloren gingen,
theilé fic febr verminderten.
Die Stadttaffe verfor den Rugen bes Salzhandels, al faiferl.
Galgniederlagen erridjtet (1652), der faiferliden Lofungen und ber Wa dt
gelber ber Bürgerſchaft, ald beide aufgehoben. und der aufgelaffenen
Miltär-Quartier-Beiträge von ben biirgerliden Schooßhäuſern der
HSGeren Standesperfonen, als Rafernen gebaut wurden. Waͤhrend früher ble
Piirger ben Wachdienſt felbft beforgt Hatten, mufte nun die Gemeinde eine
Stadtwade erhalten. Durch die Ginfihrung bed faif. Zol{gefatls
(1731) verminderte fih der aud Gadfen, Polen, Ungarn und von Riirnberg
nad Grimn getriebene Handel fo fehr, daß er faft gang darniederlag, wobard
ber Stadtmaut eine ſehr nahmhafte Einnahme entging.
Jn Folge der Aufftellung einer f. k. Banko - Gefallen - Adminiftration in
Srinn und der Deponirung der Kauſmannswaaren in ben falf. Magazinen
(1740) litt bas Stappelredt febr, inbem tas Stadt-⸗Waghaus ble
Rieberlagégebiihr nebft bem Wagkreuzer guten Theiles verlor. Durch te
Berminderung der Jahrmärkte und bie Cingiehung der Halfte bes fonf
ergiebig gewefenen Mautgefalles gur k. k. Wegreparatur fiel die ſtaͤdtiſche
Mauteinnahme nod mehr herab.
Der landgitterlide Beſitz der Stadt Brinn ftand gegen bie meiften
ber übrigen k. Gtddte ſehr zurück; denn nad dem Provingial - Katafter beſaß
Brinn nur 582/, Adtel im Gebirge gelegene Lahne, Olmiig dagegen 150 22/,
Atel, Znaim 84 315, Adtel, Sglau 113 5'/, Acdtel und Hradiſch 833/, Achtel
Lahne; nur den k. Stadten Reuftatt und Gaya ging Brinn in biefer Begiehung
vor. Aus feinen Landgiitern bejog es jahrlich faum 8000 fi.
So bilbete bad Bier-Gefäll die Hauptquelle ber Einkünfte ber Stadt,
welche im Durchſchnitte ber 3 Jahre 1736, 1737 und 1738 jagrlid aber
100,000 fl. (gufammen 330,926 fi. 40 fr.) Auslagen gu beftreiten hatte. Allein
aud das Brauurbar litt durd) die Bier « Cinfdwarjzung von auswärts, durch
Rechte und Beginftigungen, welde den Stanbesperfonen eingerdumt waren,
Tribunalé- und Lanbdtafel-, landfdaftlidde und Rameral-Beamte, Landesadvoka⸗
ten und Medicina Doftoren anfpraden und gu erlangen wuften.
Die VerHaltniffe bed Comunhaushaltes geftalteten fic) immer mißlicher.
Die Audlagen fir Straffen- und Britdenbau und die Stadtyp fla:
fRerung wurden bedeutendet. 1725 baute die Stadt die altbriinner
Brade mit beilaufig 70,000 f., 1769 — 1772 bie Schwarzawa⸗Drücke bei
Btesina mit 10,785 fi.; von 1773 — 1781 gab fie fic Bruͤcken, Straſſen und
Pflafter 26,654 fl. aus. Dieſe Veftreltungen, die Feuer sbraine in den
1770ger Jahren an bem vorftddtifden Maierhofe und der Scheuer, wie auf der
Herrſchaſt Gurein, die foftfpieligen Wafferleitungen, bie RNeparatur ded
RNathhaufes mit mehreren 1000 Gulden RKoften, ber Robotabfall bet der
Herrſchaft Gurein gemäß der Robotregulirung (nad bem Syſteme von
1778) und die Zubuße bei der Verwaltung der Kriminaljuftig Cuber 500 ff.
jaͤhrlich) fepten die ſtaͤdtiſchen Renten fo herab, daß 1781 bie Stadt bei einem
Aftivftande von 18,401 fl. einen Schul denſtand von 124,098 fl. 36t/, fr.
hatte und bie fabrliden Auslagen von 49,592 fl. 452/, fr, die Einnahmen
um 2,071 ff. 10?/, fr. überſchritten )). Hiezu fam nod die Auflaffung der
Fubenleibmaut (1782).
Die Stadt war gu jener Zeit in ihrem Haushalte fo heradgefommen, daß
fie uber anbderthalb hundert taufend Gulben ſchuldete, bei immer Hdber ftels
genden Anforderungen einer vor[dreitenden Civilifation nicht bie ndthigften Aus.
lagen beftreiten, nicht bus fehr ſchlechte Pflaſter herftellen, weber bas unent⸗
behrlichſte Polizei⸗ und CSicherheits-Perfonal unterhalten fonnte und in diefer
bebrangten Beit die mähriſchen Stände der Etadt gu Hilfe fommen muften,
Sie liehen ifr gur Pflafterung ohne Snteceffen 18,000 fl., trugen aur
erften Ginridtung ber Beleudtung 3000 fl. und far deren Erhaltung jahr⸗
lid 1000 fi. bei, unterftiigten anfefnlid die Stadtarmen, bauten mit mehr
alé 55,000 ff. Auslagen bas 1785 abgebrannte Theater, dotirten grofmithig
bie Qocal-Wohlthatigkeis: An ftalten wu. f. w.
Die Stadt Brinn ftand nod in fehr fletnen Berhaltniffen. Ihre Beval-
ferung betrug im Sahre 1770: 14972, im 3. 1786 in 554 Haufern innerhalb
der Ringmauern 8,551, mit allen Borftadten, dann Obrowig, Mlein« Mariagell,
Rumrowig und der Petersburggaſſe (guf. mit 10,460 Ginw. in 745 Häuſern)
nur 19,041 Geelen in 1299 QHaufern und hob fic bis 1797 nur auf 8592
in ber Stadt und auf 23,191 Seelen mit allem ubrigen Zugehör.
Im Ginfommen ging Brünn Olmütz nach und feine Auslagen waren nicht
viel groͤßer als jene von 3naim und Sglau 2).
1) Die Ginnahme betrug (nach Abſchlag von 3000 fl. Rapitalien, weldhe zur Bezahlung von
Schulden anfgenommen waren) 44,521 fl. (vom Bräu⸗ und Vranntweinhanfe 21,479 fl.,
bon Gurein 7,586 fl., son der Privat-Rokmaut 3,897 fl, Writblenziné 800 fl. Wirthe-
hauszins 672 fl., Garküchenzins 672 fl, Taferne 1154 fl., Stabdtwage 400 ff., Heuwage
335 fl., Fiſchwage 60 f1., Sdhmetterhaus 792 fl. von Sbhriften-Bauden 760 fl., Juden⸗
Banden 561 fl., Kriminaloergiitung (oom 1. Juli 1778 — 30. Suni 1781) 1,797 fl, Bie.
gelofen 910 fi. n. a. teinere), bie Auslage (nad Abſchlag von 3268 fi. bezahlten Schul⸗
ben) 46,324 ff. (Befolb. und Penſ. 22,848 fl., Stadtwade 1563 fl., zur Armentaffe
1249 fl., Rriminalfoften 1620 fl., Intereffengablung 5700 ff., Banter 6730 fl. u. f. w.).
5
‘86
Die Reformen in ber BVerwaltung gur Feit Joſeph i. brachten ber Stadt
mehrere Erleidterungen. Sie erfparte durch die Aufhebung ber Stelle des
kaiſ. Ridters, die Eingiehung bes Gehaltes bes Lanbes- Unter:
kämmerers, und ber 3jahrigen Renovationsgebühr dedjelben far.
fi 2,218 ff. 15 fe, dann burd die Organifirung des briinner Magiftrates
mehrere taufend Gulden.
Meit mehr und bedeutend hob aber bie Erhdhung des Bierpreifed
bie ftabtifden Einkünfte.
Dennod Hatte bie Stadt gu Ende des Jahres 1800 nod 91608 fi.
Paſſivſchulden. Die Aufnahme von Paſſipkapitalien fteigerte zwar dieſel⸗
ben feit 1792 bid 268,952 fl.; allein die Stadt erridtete mit den aufgenomme⸗
‘nen Gelbern einen MuHl( graben mit 20,000 ff. Auslagen, wodurd fie ſich
von ber Unterhaltung einer fojtfpieligen Waſſerwehre zur Bewafferung der
ſtädtiſchen Waſſerkunſt befreite, und faufte awei Zinshäuſer, bad eine, in
weldem das Rreigamt untergebradt wurde, um 38,844 fl, und dad Brannt:
weinhaus um 35,315 fl. Bis gum Sabre 1817 verminbderte ſich die Bate
ſchuld wieder auf 78,754 fl.; 1835 war fie getilgt.
Alé man in neuerer Zeit auf die BVerbefferung ber Polijei⸗Anftalten bin-
wirkte und dle eingeriffene Theuerung die Exifteng der Wohlthatigteite-Anflatten
gefabrbete, ble Sommunrenten aber zur Dedung ber bamit verbundenen Muss
lagen nicht gureidjten, mufte man ihnen durch Lokalzuſchläge gu Hilfe
fommen.
Schon RKaifer Joſeph M. hatte bei AufHebung des Meilredhtes
(nad welchem innerhalb einer Meile um die Stadt nidt gebraut werden durfte)
und Geftattung ber Einſuhr fremben Bieres (a. h. Entſchl. 27. Februar 1788)
zur Entſchäaͤdigung der Stadtrenten einen Biereimergoll in der Art gee
ftattet, bag von jedem Gimer in die ftadtifde Gerichtsbarkeit eingefitgrten fren⸗
ben Biers 20 fr. abgenommen werden durften (Hfote. 2. Mai und 13. Deo
gember 1788).
Zu diefem erften famen bald nad einander mefrere andere Aufſchläge.
2) Nach einem buchhalt. Ausweife vom 14. Oftober 1786, Gub. 3. 20,847 hatte nag einem
Gjibrigen Durchſchnitte:
Ginfommen. Anslagen.
Vriinn . 59,418 fl. 291/, tr. 58,470 fl. 33 tr. 11/. br
Oimitg . 59,987 , 12 , Bh. br. 56,918 , 35, Ve ,
Znaim 39,222 ” 39?/, oo ” 35,190 n” 30 ” 13/, ”
Iglau . 46,861, 16 , 8 ” 39,644 , — » Bi, ,
GradifH . 18,851 , 31 , F/, , 15,745 , 6 , B/, »
Gaya . . 11,003 , 39 ,, 15/, » 6,784 y 41» 2 »
Neuſtadt e 27,845 ” 36 ae ” 29,313 ” 387/, no I)
67
Mig 1804 die Fleifher den Bedarf ved Publifumé in Brinn an Fleiſch
nicht mehr deden fonnten, ibernafm in Folge Gubernial-Muftrages ber Magi
Rrat die Beforgung mittelft der Communrenten. Da nad Berlauf von wei
Jahren ſchon 60,000 fl. Schulden waren, wurde bie magiftratifde Fleiſchregie
aufgehoben und gur Vilgung der erfteren cin Aufſchlag auf ben in ber Stadt
und ben Borftddten verzehrten inlandifden Wein, auf iqueur und Rofos
glio und auf audlandifden Branntwein, ald Arraf und Rhum berwilligt
(Hfdt. 31. Auguft 1808). Diefer Getrank- Auffdhlag blieb aud nad Tilgung
ber Schulden (1813), indem die eine Halfte bed Ertrages ben Lokal⸗Kran—⸗
fen -Anflalten, die andeve dem Polizeifonde gue Dedung der Abgange
und Bervolfommnung der Polizei⸗Anſtalten zugewendet wurde (Hfdt. 26. Febr. 1814).
Gin Aufſchlag auf das in die Stadt und die Borftddte eingeführte
Brennh oly erbhielt die Beftinmung gue Unterftigung der Lofal-Kranten: Bers
forgungs:Anftalten (Hfdt. 27. Gept. 1804).
Der Biereimergol gab im Durchſchnitte ber 6 Jahre 1823 — 1828 ein
jaͤhrliches Erträägniß von 4199 fl. 20 fr., der Getraͤnk⸗Aufſchlag von 6190 fi.
9 /, fro und der Brennholz⸗Aufſchlag von 6119 fl. 50 fr. @ M. Alle drei
ſchmolzen 1829 gufammen in ben Verzehrungsſteuer⸗Gemeinde⸗Zuſchlag.
Bedeutender ift ber ZinSfreuger. Da die Ctadtrenten fo unvermogend
waren, baf fie im Sabre 1804 fir die Auslagen ded Polizei- und Beleuch—
tungéfondes, fur Pflafterung und Gduberung der Stadt, fir
Kanalbauten und Verſchönerung nicht mehr als 4,360 fl. ausgeben
fonnten, fibrte man ben Zinskreuzer, nämlich die Entrictung eined Kreuzers
von jedem Haus⸗Zinsgulden in der Stadt ein (Gubcirc. 25. Mai 1804), um
eine Gauberungs-Anftalt in derfelben in Stand au fegen, bie Beleuchtung gu
verbeffern, ein wanbdelbares Pflafter herzuſtellen.
. Der RKaifer genehmigte diefe Auflage, befreite aber den Zins bis 50 fl.
bavon (Hfdt. 19. Auguft 1806). Als die Ginfunfte ber Armen-, Kranken⸗ und
Verforgungs-Anftalten nidt mehr ausreidten, erhohte man den Zinskreuzer in
ber Stadt um '/, fr. und debnte ibn auf die Borftadte aus (Hfot. 6. April
1815) und fteigerte Denfelben bald nachher aus gleicher Urſache in ber Stadt
auf 2, in den Borftddten auf 1 fr. (Gubcire. 4. April 1817). Die eine Halfte
bed ftadtifden Zinsfreugets war fiir die 3wede ber Stadtſäuberung, Be⸗
leuchtung und Pflafterung, bie andere, wie der vorftddtifde Zinéfreuger, fiir die
Lofal « Rranfen + Anflalten beftimmt. Sowohl der erfte nebft feinen und den
Beleudhtungsfonds - Kapitalien (Hfdt. 11. WAuguft 1830), alé aud) ber
anbere (Hfdt. 30. Sept. 1841) wurde ber Communkaſſe gegen Uebernahme
ber auf Denfelben ruhenden Verpflichtungen einverleibt. Sm Durchſchnitte
ber 6 Sabre 1836 — 1841 gab ber gange Zinskreuzer der Statt und Vor-
ftabte nur einen Ertrag von 14,182 fl. 59 fr. @ M., wovon 5308 fl. in die
ſtaͤdt. Renten einfloffen, wahrend diefe gur Dotirung bes Lokal » Kranfenfondes
8,874 fi. verwendeten.
68
Nachdem bie Dotation bes Lokal⸗-Polizeifondes ſchon fetBer den
Gommunrenten gugewiefen worden war (Hfdt. 3. Sept. 1818), wurde diefer
Fond felbft mit 6,544 fl. ben Communrenten cinverleibt CGubdt. 30.
September 1832).
Die unbebedten Bediirfniffe ber ſtaͤdtiſchen Communfaffe mit Einſchluß der
Auslagen fir bie Lofal-Anftalten, deren Abgdnge fie gu deen hat, follte ber
Gemeinde: Zufdlag au der 1829 eingeführten Linien-BWergehrun g ds
fteuer aufbringen (Hfdt. 8. Juli 1830 3. 14202, Gubdt. 10. Dezember 1830
3. 39865), mit welder die erwaͤhnten ſtaͤdtiſchen Aufſchläge erlofden (Gub.
Circ. 23. Oftober und 11. Dezember 1829).
Für bad unbedbedte flabtifmhe Erforderniß (5,879 fl.), fir die
Abgaͤnge bed Lokalkranken- (5746 fl. bei 37,376 fl. Erforderniß und
31,630 fl. Ginnahme) und bed Lofal+ Poligeifondes (3316 fl bei 9396 fl.
Erforderniß und 6080 ff. Einnahme) und die eingegangenen Aufſchläge pralimi-
nitte man 1830 ben Verzehrungsſteuer⸗Gemeindezuſchlag auf 31,450 fl. GM. ').
Seitbem nahmen bie Auslagen ber Lokal + Anftalten fo betraͤchtlich au, daß
man 1850 das unbebedte Erforderniß der Canitats « Anftalten auf. 25,000 fl,
ber Sicherheits⸗Anſtalten auf 22,000 fl. ©. Mt. berecnete. Bei ben legteren
ift inSbefonbdere gu erwdgnen die Beftellung von 4 Aergten und 3
Wundaraten fie die Stadt und die Vorftadte und 1 Hebamme mit
Beſoldungen gufammen von 1800 fl. ©. M. (Hfdt. 24. Juni 1832).
Sehen wir nun, wie ſich ber ſtäbtiſche Haushalt in Folge ber neuen Orde
nung ber Dinge ftellte.
1) Statt ber friiher beftanbenen Lokalaufſchläge wurde fiir bie brünner Stadtrenten mit bem
Gubcirc. 23. Oftober 1829 3. 42,308 ein Berzehrungaſteuer⸗ Gemeindezuſchlag eingeführt
und mit bem Gubcirc. 11, Degember 1829 3. 50192 ber Tarif anf bas eingehende Bier
ftatt 57/, fr. mit 20 fr. vom Gimer belegt.
Diefer Gemeindegufdhlag blieb unverdinbert, bis in ben Jahren 1834 und 1835 einige
Artifel ans ber Velegung ausgefdieden, Set anderen der Tarifſatz geündert wurde. Der⸗
felbe trng 1880: 85,623 ff. 10 tr. ©. M. (wovon rein 84,198 fl. 149/, tr. in bie ſtädt.
Kaffe einfloffen), 1884: 86,560 ff. 18'/, fr. (rein 38,654 fl. 56 fr.), 1832: 44046 ff.
373/, fr. (vein 39,388 fl. 26 3/, fr.), 1833: 42,419 ff. 33 fr. (rein 41209 fl. 5 kr.),
1834: 42,263 ff. 42'/, tr. (vein 4076 fl. 23/, tr. und mit 3ufdlag der Lokalgebühr für die
alten, Weinvorrithe floffen 49,284 fl. 19'/, fr. im bie ſtädt. Kaffe).
Die Sergehrungsftener trug bem Aerar in Brilnn 1830: 196,614 fl., 1831: 206,588 fi.,
1832: 186,309 ff. und 1838: 179,461 ff. ©. M.
Bei der VBemeffung bes Gemeindezuſchlages wurde vom Guberninm auch auf bie
ratenweife Rückzahlung ber Pdbtifden fogenanten Starek'ſchen VBrodverbadunge-
Schuld (bis Ende 1829 mit 19,482 fl. 36 tr. ©. Me.) mit 3000 fl. €. M. jährlich Rück⸗
fit genommen, nachdem bas Gubernium meinte, daß fie burd) ben Ueberſchuß des Bins-
trenger-fFondes getilgt werden dürfte.
Die Einnahmen bet Stadt und der Hetr(Gaft Gurein wurden veranſchlagt:
rr ee eee
An Zinfen (direkten GSteuern) . . . . 19599 18494
An indireften Steuern (Tazen, Gebiigren tc.) . 14798 14516
Wn Gefallen und Monopolien (Braue, Brannt-
weinregale, Verzehrungsſteuer⸗Gemeindezu⸗
_ flag (40000 fl.), Jahrmarktshuͤttengeldern,
Theaterzins (1200 fl. CM.) . . . .. 89351 93054 ') |
An verſchiedenen gewohnlicen Einnahmen (Maut⸗
dquivalent. 1507 fl. 233/, fr. CM., Poligeis
fondé + Ginfinften, Zinskreuzer⸗Einnahme
3180 fl. 56 fr. 2.) 2. .. 8453 9407
An Wirthſchafts⸗ Wald⸗ und Saghrupe ae 29770 =| 30239
An unbeftimmten Einnahmen . . . .. 517 —
An außerordentlichen dto.. 2. 2... 639 —
zuſammen (mit ben Qrengern) . 163129 165712
Die Ausgaben wurden veranfdlagt
Auf den Unterhalt bed ftadtifden Perfonals . 55357 52566
An BVerwaltungsauslagen (Bau des Heurwag:
Haufes, Branntweinhaufed, neue Waffer-
leitung, Pflafter (9757 fl.), Stadtbeleuch⸗
|
tung (3778 fl.), Kriminalkoſten (244 f *) 58339 | 120802 2} J
An Steuern und 3inflm . .. . . 8417 4107 FF
Auf Stiftungn . . 2. 2. 2 2 es ew ew 647 373 J
Auf Paſſiv⸗Intereſſeienn. 215 | ae ete |
t Ce)
Giittrag . 122975 177848
1) SranntiweinsRegal 12,580 fl., Brain-Regal 20,665 fl., Sabrimartthiltten-Gelber 13,000 z
Berzehrungoſteuer Gemeindezuſchlag 40,000 fl.
Gite bie Erbauung eines Hanfes fitr ben fFreimann, bio. Ratt ber Sewage, dto. eines
nenen Branntweinhaufes und einer Polizeiwachmannſchafta⸗Kaſerne, Erweiterung des Juden⸗
thores — alles fiir 1835 theilweiſe auf 73,827 ff. präliminirt, dann für Herſtellung eiſerner
Rohren für die Woafferlettung aus ben Zimpeln, Anlegung einer neuen Wafferleitung von
Karthaus, Erbauung einer Wehre in ber Schwarzawa fiir 1835 14462 fl. präliminirt; fiir
neues und altes Pflafter 11,511 ff. ©. M., Belenchtung 4009 fl. (argaubiſche Laternen).
Uebertrag . 122975 177848
Auf gewöhnliche Auslagen (Wirthſchaftsbetrieb,
Auslagen bes Polijeifondes (11,602 fl.) . 28389 14765
Auf unbeftimmte Auslagen (Lofalfranfenanftalt
10,000 fl) ........6. 12000 6782
Auferordentlihe Auslagen soe ek ee 2131 2095
gufammen (mit ben Rreugern) . 165498 201497
und mit Gurein (30,941 fi.) 234,188 ff. ©. Dt, baker im Entgegeriffalte t
Einnahme von 165,712 fl. ein Abgang von 68,476 fl. C. Me. i).
Wie gering bamalé ber Ertrag ber Landgitter der £. Stadte Mage
tend und namentlich ber Stadt Brinn war, zeigt bie nacfolgende Jufammen
Rellung ber Prov. Staatsbuchhaltung (Gub. Nr. 26949 von 1831).
Das Stammvermigen der Landgitter ber f. Staote (d. i. Aftivfapitalien
Werth ber Realitaten, der Surisdiftion, der Mobilien und Fahrniffe, ded Viehes
ber Aktivrückſtände 2c.) nach bem Durchſchnitte der feds Jahre 1825 — 1830
betrug in Ginem Sabre:
pf fabresertrag —
StammovermBigen | (nad der Abftattung, nicht
nad der —*
fl. € Mm. | fl. WW. | fl. C. M. | fl W. W.
Srinn . . . . . | 481496 | 207551 3872 | 5564
| Olmig . . . . . | 526091 | 150053 | 28492 12455
| Znaim, Untergut . . 94837 | 228978 2352 | 8513
| dto. Landgut Sdhibrowig 163347 | 140147 6071 | 6089 |
| Solu. 2 ew, 90152 | 762247 407 17509 2)|
| Gradiig 58171 | 379960 631 3092 |
| M. Neuftabt . . . 62671 230751 — 3983}
Gaya. wwe 52246 63069 2505 2484
Summe (mit d. Kreugern) | 1529015 | 2162759 | 44333 | 59689 ») |
— — — — —
1) $m Jahre 1883 war bas Erforderniß: Auf den Unterhalt bes ſtädt. Perſonals 45313 fl.,
Verwaltungsauslagen (Bauten, Wafferfeitungen, Randle, Straffen, Pflafter (2016 fl.), Stabdt-
71
Wm Schluße ber früheren Verwaltung (nach den Rechnungs⸗Abſchlüffſen
vt & Stadt Brünn für die Verwaltungsjahre 1848 — gedruckt — und 1849)
tien bie Ginnahmen bie Ausgaben der Stadt Brinn nur gue Roth.
148 | «(1649
fl. CM. | fl. CM. |
Die legteren betrugen (ohne die Rreuger:) |
1. an Grund- und QHauéfteuer fiir ſanmt— |
_ ftadt. Objefte . . . . 2558 2603 I
2. an Beitragen fir landesf. Beharden 1 8 1700 1747 1
3. an auéwartigen Jinfen und Gteuern .. 1245 1423 |
A, fix Rirden, Schulen, Arme u. Ogi . . 3476 3474
5. fite bad ftadt. Berwaltungsperfonal . . 55646 96192 |
6. fuͤr Remunerationen und Aushilfen .. 1539 3453
7. filly Ranglei-Erforderniffe . . . . . . 6516 4083
8. fiir Boftporto und Botenfohn . . . . 50 19
9. für Didten und Reijefofen . . . . . 433 628
10. an Ganitate-Muslagen . 2. 2... f 27649 | 25454 |
11. an Sicherheits- dt. . . . ‘ 21562 24080
12. für allgm. GStadtconfervation (Reinigung, :
Beleuchtung x2.) . . . ‘ 9966 12349
- $3. an Rriminal: und: Etrafgerichtetoften (Bere a |
pflegung 2.) 2 Lee 1839 1238 |
14. an Belbmictsfafitoften (3 ‘Paar ftabt. |
: Phferde) . .. 942 520
Fürtrag. | 135091 | 137263
Sinberung (1090 fl.), Beleudtung (4452 fl.), Markthütten⸗-Aufſtellung und Erhaltung
(8830 fi.) Rangleiauslagen, Rriminalgeridhtsauslagen 2c. 28,247 fi., Steuern und Binfe
4093 fl., Stiftungen 2c. 418 fl., Jutereffen von Pafftvfapitalien 846 fl., an gewöhnlichen
Anslagen (11,607 fl. file: ben Poltzeifond, 4602 fl. für Hols, dann für Inventarſachen,
Banbwerterjablingen 2c.) 24,103 fl., unbeftimmte Auslagen (10732 fl. fiir bas Krankenhaus,
REMyahlung von 7800 fl. Paffiven, Anlegung von Rapitalten 2c.) 45,027 fl., zuſammen
147,252 fll, dann filr bie Herrſchaft Gurein 37,946 fl., außerordentliches Erforderniß bet.
ber ‘Stadt 53 fi.
Als Bededung ergaben fic fiir 1833 bet der Stadt 162,237 fl., bei Gurein 43,733 fl.,
bann die 1833 verbliebene Raffebaarfdaft von 96,991 ff.
%) &. aud bas öſterr. Ardhiv 1828 S. 360.
3) Weber bie Cinnahmen und Ausgaben aller Mtunicipal- Sabte und Märkte im Sabre 1827
SG. die Prov. Gef. Sig. 11. VB. S. 381, .
Vebertrag . 135091
15. an Burggrafenamts-Auslagen (Baumaterial,
invent. Gerdthe) . 3620
16. an Forſt⸗ und Walbamts— Auslagen (fie
Baus und Schnittholz gu Bauten, dann fir
bas von Gurein gewonnene Holz) . . . 12983
47. an Brofeffloniften-Wuslagen . . 2. 1. 2358
18. an Fuhr⸗ und Taglohn . . . 9
19. auf Baureparaturen (Bauten, Erhaltung
ber Straffen, Britden, Glacis, Markthiutten-
Mufftelung) . . 2... 2. 2... 10834
20. auf Abſchreibungen . . 3100
21. auf verſchiedene Auslagen Schuhenregale,
Feuer⸗Aſſekuranz, ſtädt. Rechtsfreund u. a.) 1365
Summe der gewöhnlichen Auslagen (mit
Einrechnung der ſpeciell nicht angege⸗
benen Rreuzser) . . . . we 169369
Dazu die aufergewsfnliden Ausgabden (neue
Bauten 20,955 fl, zurückgezahlte Paffinfa-
pitalien 90 fi., verfdiedene: als Stadtpfla-
fterung, neue Waffecleitung, Rationalgarde
u. a. 8,696 fl.) .. ... 25983
und die durchlaufenden (nist reellen) yon... 25983
Gumme der Ausgaben (mit ben Kreugern) . 225096
Die Einnahmen betrugen:
2. Unverdnderlide Binfe von verfauften ſtaͤdt.
Realithten . . . 2. 2 s. se 2126
2. Berdnderlide Zinfe , ee ee et 11122
Glictrag 13248
— — —— eee — —
169672 f
89279 )
73787
282740
‘4752
11004
12846
1) HSerftellung bei her ſchreibwälder Wehr, Planixung unter bem Spielberge, Srdffuung bes
Hadel-, Demolirung des brituner Thores u. a.
Uebertrag
3. Gefille (Wage, Brauhaus, Branntweinhaus,
Markthütten u. a.) 4
4. Yaudemien (1265 fl. im Rid gebtieben),
5. Taren
6. Fremde Beitrage und Berpiitungen (Gteueee
Ging. Percente, Beitrage aus dem Krini-
nal- und Strafhausfonde)
Feldwirthſchaftönutzen (Pachtzins fit fa.
Maierhof) . 2... oa
. Burggrafenamtsnugen (fie weitaufie alte
ftadt. Materialien) é
. Wald- und Foramtsnugen (Bergiitung ber
limitirten Vreiſe des Brennholyed des Mas
giſtrats ⸗ Verſon. und der Polizeiwache)
Polizei-Einkünfte (Gebiihren fiir Mart
bitten, Strafgelder) .
» Jntereffen von Aktiv · Kapitalien “(affentt un
Privat-Obligat.) . . . a 8
. Zinéfreuger (oorgeitbrieben in ber Stadt
13529, in den Borft. 5897, guj. 21036 ware
13. Verſchiedene Empfange
14. Grtrignif der Landgüter (Gurein)
zuſammen
Dajyu an außerordentlichen Ginnahmen:
ber Verzehrungsſteuer « Gemeindesufchlag
vergindliche Raufidhillingsgetder
(nebft ander.) gufammen
bie durchlaufenden Einnahmen mit
zuſammen die wirklich ‘realificten Einnahmen
und mit Zurechnung bed gu Ende ded früheren
3. verbliebenen baaren Saffeftandes von
im Ganjen
159944
34766
449
35215
68445
263576
69339
332915
236899
107818
1948 | 1849
fl. GR. | fl. GM. |
Uebertrag . | 332915 344718
Rad Abzug ber Ausgaben mit . . . . . | 225096 | 289740
blieb am Schluße bes B. Jahres ein Raffe-
ſtand bon 2 wt; oo 107818 61977
"und, nad Abſchlag ter Fremden ⸗Gelder yon. 13861 12278
ein der Stadt Brann gehoriger Kaffeftand
rr 93957 49699
Da aber vom Kaffeftande gu Ende 1848 die in
bemfelben Jahre nidt zur Auszahlung ge-
langten PaffivsRudftande von . 7020 fl,
und bie in friiberen Jahren fir
neue Baulidfeiten und gwar des
ſtaͤdt. Maierhofes, eines Markt:
hütten⸗Schopfens, bie neue Wa fs
ferleitung u. a. präliminirten 88257 _,,
abzuziehen waren, ergab fi ein
Ausfall von . . . .. . . 13920,
welder durch Die aushaftenden Aktivrück⸗
ſtaͤnde gedeckt werden ſollte. Zu Ende 1849
zeigte ſich aber, nach Abſchlag der Paſſiven
und der nad fruͤheren Praͤliminarien fur
Bauten beftimmten Betrage (42,982 fl.) vom
gebliebenen Raffarefte pr. 49,699 fl., eine
bifponible Baarfdaft von. . . 4804 fi.
Die ſtädt. Aktiv-⸗Kapitalien betrugen nad der Vere
migend-Inventur bed 3.1847 . 147075 fl.
Der Kaffeftand - in Sculdpapieren re 1848: a
auf. 2 . . . 406077 —
und betrug 1949 rs Ti eee Be Py
Fuͤr bas legte Jahr bed Beſtandes bed frithecen Gemeinderathes war fur’
Praͤliminar ber Stadt Brinn fir 1854 der Empfang (mit Gurein) auf 112418 fl.
4 kr., bie Ausgabe (alles Bisherige) mit 154,587 fl. 47 fr., ber Abgang mitf
42, 169 ff. 43 fr. ©. M. beredhnet, welder durch den Gemeindes3ZufGlag und!
bie Kaſſebaarſchaft von 4600 fi. bebeckt werden follte. ‘
Aus Bem bidher Gefagten geht unzweifelhaft hervor, das das BermIgen
ber f. Hauptftadt Brünn niemalé gu Corporations: fondern immer nur yu Geo
meinbegweden beflimmt war und verwendet wurde, und gwar nicht bloß der innes
ren Stadt, fondern aud ber dazu gehörigen und felbft aud der fremden Bore
fiibte, indbefonbdere feit jener Zeit, als yu manden auf ben gangen Gompler
ber VBevdlferung berechneten Cinnahmen 3. B. bem Brauurbor Auffdlage bine:
zukamen, welde alle Bewohner Brünns trafen. Die Stadt erhielt feit Jahr⸗
hunderten die aud von eigenen und frembherr{daftliden Borftadten benützte
Wafferleitung, fle baute und erhielt ſchon in friiherer Zeit Briiden und Straffen:
nicht nur in ihrem vorſtädtiſchen, fondern felbft tm frembden Suriddiftionsbesirfe,
fie Saute und erhielt fir die gange Stadt ein Theater, fie haute und erhielt.
Borftadtidulen, fie fiahete die PolizeisGefHhaftsleitung im ganzen Polizeibereiche,
Getheiligte fid an anderen allgemeinen Berwaltungéaweigen, namentli den
Straf- und Wohlthatigfeits - Anſtalten, fie dotirte die Ganitaté + und Polizei⸗
Anſtalten, fie ftellte in neserer Zeit Straſſen und Pflaſterungen in eigenen und!
fremben Borftddten Her, rie auf ber Bacfengaffe, fleinen Reugaffe, Quergaſſe,
Brona, Hoblweg, Schwabengaſſe, Teichdam, fie wurde gulegt nod verpflidtet,
bie Wafferleitung fammt Baffind fir ſämmtliche Vorftddte allein auf ibre Koftew
herguftellen, ba dieſe bod eigentlid aus dem Verzehrungsſteuer⸗-Zuſchlage, jw
welchem bie Borftadthewohner gleichmäßig mit ben Stadtbewohnern bdeitragen,
Gededtt werden (Hfsdte. vom 5. Februar 1886-3. 2779 und 15. Mai 1846
3. 13354). Rur im Fable, ald der Verzehrungoſteuer⸗Zuſchlag aufhsren und
nidt burd eine dbnliche Einnahmsquelle erfegt werden follte, miteden gu des
Goften ber Erhaltung ber neu hergeſtellten Wafferleitung die Borftadtgemeinden:
verhäͤltnißmaͤßig beigutragen haben (Hfzbt. 3. Rovember 1846 3. 36,472, Gub.
Defret 13. November 1846 3: 48,888).
Wie gegentiber ſolchen Berhaltniffen und Thechachen der ehemalige Ge⸗
meinde- und der Bezirksausſchuß ber inneren Stadt 1851 bas gefamnite Bers
migen ber friheren f. Hauptſtadt Srimn ald Corporationdvermdgen erklaͤren
mb als Cigenthum ben Hausbeſitzern der inneren Stadt, dann allen bis dahin
mit bem Bürgerrechte betheiltew’ und “beetdeten Sirgern gnerfennen lonnte, in
nicht leicht einzuſehen.
Dieſer einſeitige (und feof: wieder aufgehobene) Se ſchluß iſt aber nicht
nur unbegruͤndet, er ſteht! auch mit Umſtaͤnden in grellem Widerſpruche, deren
Pewelstraft wohl Niemand wird in Abrede ſtellen wollen.
Die Stadt Brinn innerhalb der Ringmauern beſtand bekanntlich nicht bloß
aus Buͤrger⸗, fondern auc guten Theiles aus ſogenannten Schoßhäuſern,
d. i. ſolchen, welche ſich im Beſitze höherer Standesperſonen, der Geitlichteit
und ded Adels befanden. Dies (chreibt fic pom Wertrage ded. Jahres 1486
her, in weldjem die k. Staͤdte Maͤhrens den erfteren ben Beſitz bagelihes
Haufer gegen dem geftatteten, daß fie Landgüter befigen diirfen.
76
Rad einer Borfellung des Stadtcathes yom Sahre 1648 wegen grofer
Beengung der Buͤrgerſchaft in Folge von Mldfter+ und Rirdenbauten gab es
damal in ber Start Briinn innerhalb ber Ringmauern bei neun zig geiftlider
Prdlatens und Herren⸗Haͤuſer, nad einer fpadteren ähnlichen Porftellung bed
Stadtrathed von 1666 aber 79 Herren-Haufer bed Abels und der Geiftlidfeit,
welde ungeachtet ibrer alten Berpflichtung ſich aller buͤrgerlichen Laftén gu ent:
ſchlagen ſuchten und mit bem Stadtrathe in fortmagrenden Reibungen und Streis
tigfeiten waren. Jn welchem BWerhaltniffe bie Zahl dieſer Schoßhauſer ftand;
ergibt fid) am fdlagentften aus bem Umftante, daß im Jahre 1668 bie in 4
Biertel eingetheilte Stadt Brinn im 1. 84, im 2. 105, im 3. 78 und im 4.
80, gufammen 347 behaudte und 60 unbehauste, zuſammen 407 Burger gdhlte!
und daß bie Geſammtzahl der Haufer innerhalb der Gtadtmauern urtter magic
ſtratiſcher Jurisdiftion damal nidt mehr alé 443 betrug. Rody im Sabre 1748
gablte man in Brinn 66 Schoßhaäuſer, nod im Sabre 1779 waren von den
537 Haͤuſern (und Garten) Bruͤnns innerhalb der Stadtmauern 158 im Beftpe det
Geiſtlichkeit, des Adels, ber Stande, des Aerars, ber Gemeinde u. a, Bevorzugten.
Die Schoßhaͤuſer find groftentheild neueren Urfprunges, gu einer Zeit ente
ftanden, in welder fich der Adel mehr und mehr von feinen Burgen und Schldſ⸗
fern in bie Stddte 30g, als nad BVerbrangung aller Afatholifen im 17. Jahr⸗
hunderte ſich neve Midfter und Rirden in der Stadt erhoben und die alten ſich
erweiterten. Es wird faum nachzuweiſen fein, daß fich ihre Beftger jemals an
ber Gründung bed Gemeindevermogens irgendwie betheiligt haben, durch Jahre
bunberte dauerten aber die Klagen bed Stadtrathes und der Burgerfdhaft, daß
fie nit nur durd freie Einfuhr von Getrdnfen und Effeften das ſtaͤdtiſche Eine
fommen fdmalern, ſondern fic auch aller bfirgerliden Laften entziehen. Nur zum
Baue der erften Militar-Raferne in Brim trugen fte mit der Brirgerfdaft bei,
wurden aud) bet bem Aufhoren ber Natural « Bequartirung vom Oiuartier « Vets
trage (3 fi.) enthoben (a. h. Reffript vom 10. Maͤrz 1735) und erft nad mehr
alé 40 Jahren wieder in bad Mitleiben bes Quartierbeitrages gezogen (Hfdt.
8. November 1777). G6 ift erflarlid, daß die Befiger ber Schoßhaͤuſer aud
von den birgerliden Vortheilen ausgefdloffen wurden. Nicht ecklarlih if aber,
wie man bie Schoßhäuſer ber Hdheren Stande ober ihre BefigeRacfolger zu
Miteigenthimern bed Gemeindevermigens machen will,
Es ift aber aud nicht befannt, daß fich die buͤrgerlichen Hausbefiger und.
bie Birger an ber Bildung desſelben durch eigene Beitrage ober in einer ane
beren Act betheiligt Hatten, eines Vermögens, bad aus dem Mugen von ter
Stadt eingerdumten Rechten, Gefallen, Auflagen u. dgl. groptentheils gefloffer iſt.
Das Bürgerrecht ift von jeher perſönlich, ber Stand der Burger Hat
immer gewedfelt, da es nicht blod an Bejiger von Haufern verliehen wurde,
gu deren Befig in den foniglichen Städten es friiher erworben werden mußte (Res
ſtript vom 4. Deyember 1734). Jm Jahre 1791 gab es in ber Stadt 562
wirtlidje Birger, 1797 bei einer Bevoͤlkerung von 23,191 Seelen 933 Burger
77
und Profeſſioniſten in ber Stadt (524) und in ſaͤmmtlichen magiſtratiſchen und
fremben Borftdidten (6. S. 18), 1826 in ber Stadt und ben magiftratifden
Borftadten nur gegen 600 beeidigte Burger und Hausbefiger, 1832 im bewaff-
neten Ditrgerforpd 168, nebft biefen nod 219 ſtädtiſche unbehauste, 251 vor⸗
ftibtifde unbehauste und 156 behauste, gufammen 794 Birger, 18365: 576
behauste und 644 unbehauste Burger.
Weber Hausbefiger nod Birger haben Anfpride auf bas ausſchließend
zu —* beſtimmte Vermögen. Es kann dieſer Widmung um fo wee
niger entzogen werden, als es gewoͤhnlich aur Bedeckung der ſtadtiſchen Erfor⸗
derniſſe nicht zureichte, ſondern demſelben durch die Bewilligung von Mauten,
Marktgeldern, Loſungen, Wein und Biertaz, Lolkal⸗Llufſchlaͤgen u. a., in ber
legten Zeit aber durch den Gemeindezuſchlag zu Hilfe gekommen werden mußte.
Es war dies inobeſondere zu einer Zeit noͤthig, wo man an Polizeieinrichtun⸗
gen und Verſchoͤnerungen hoͤhere Anſprüche machte, ſtatt der fruͤher von den
Bürgern ſelbſt geleiſteten Wache eine Stadt⸗- und Polizeiwache auffam und
dieſe nach und nach vermehrt wurde, als Straſſen gebaut, die Stadt beſſer gepflaſtert,
geſaäubert, mit Waſſer und Ganalen verſehen, beleuchtet wurde, eine complicir⸗
tere Berwaltung entſtand, bie Schul⸗ Kranken⸗ und oHithatighelte + Anſtauuen
verbeffert und ertveitert wurden u. ſ. w.
Es ſcheint cine miffige Frage gu fein, ob und wie ein Verindgen gethellt
werden jell, fo lange bie unfterblide moralifde Perfor beſteht, fur beren Bes
burfniffe e6 ju forgen bat und nicht einmal zureicht.
Pas BVermogen ber ehemaligen f. Stadt Brinn foll aud finftig feiner
Veftimmung nit entyogen werden. Die innere Stadt, wenn man fie nad bem
Begfallen der Stadt-Thore und Mauern nod fo wird nennen können, wird als
Centrum alles Verkehrs der ſich mehr und mehr entwickelnden Landeshauptſtadt
ſtets bie größten Bedürfniſſe haben, die meiſte Beruͤckſichtigung finden. Wenn
and) bard) tie Vereinigung ber Bezirke und ihres Vermögens ein Eiſparniß in
ber Berwaltung deb inneren Stabtbezirkes eintritt, weil nach dem Minifterials
Erlaffe vom 5. Eeptember 1850 3. 17304 (Landbesgefepblatt S. 237) die Noth.
wendightit eigener Ausfdiffe und Berwattungs-Organe entfallt, wird bas haupi⸗
fachlich nur bem 1. Begirfe yu Statten fommen, um feine fo ſehr vernahlafflgten
Poligei Anftalten, feine Pflafterung, Reinigung, Beleuchtung, feine baulichen Vers
Galtniffe u. a. einem 3uftande zuzuführen, wie e8 ſich einer grofen Landeshaupt⸗
ſtadt giemt, Gebaubde Hherguftellen, welde die Herabgefommene sfonomifde Lage
wieder Heben, Die Stadt von ihren Haplichfeiten befreicn, fie verſchönern koͤnnen.
Ich will abfehen von den groper Erforderniffen fiir ein neues’ Theater,
einen neuen Retouten-Saal, ein neues Kranfen> und ein Waifenhaus, ein gros
ßes Schlachthaus, eine Militär-Kaſerne fie durchziehendes Militar, einen Cirkus,
ein Colloſeum fir Produktionen und Schaugegenſtände, neue Schule und Klrchen⸗
@ebaude, die Bildung eines freien Plagesd vor dem Realfdul-Gebdude u. a.;
W8
denn man koͤnnte fagen, alles died und anbdered Herjuftellen, fei Gade der ver-
einten Gemeinde.
Sh will nur bei der ehemaligen k. Stadt Brinn ſtehen bleiben.
Man erwäge nur bie Kvften ded Baues eines angemefferen Bräuhauſes
und einer Bierhalle, bes Maierhofes, ftattlider Gebdude an Stelle der elenden
Barafen beim ehemaligen briinner Thore, an Stele Des ſchlechten Braa’ und
Sa wetterhaufed, an Stelle bed mod fdledteren Ginteren Rathhausgebdubes ;
man erwaͤge bie Roften ber Befeitigung ver beengenden und häßlichen Stadtthoee
und Feftungsmauern, der den grofen Ptag verunftaltenden Gebdube, bes Bae:
baufed und. Scopfend beim Frdhlicher-Thore, der Herftellung einer ftandhaften
Were am Schwarzawafluſſe, eines Bazars, eined Markthalle, netter Fleiſch⸗
dinfe, never Verſchoͤnerungs⸗Anlagen, Da die alten mit dem Feſtungsgürtel fallen
werden u. ſ. w., uͤberhaupt alles deffen, wad cine unaufhaltbar vorſchreitende
Gultur im Schooße der Zufunft erwarten (aft. |
Woher foll aber bie ehemalige k. Stadt Brinn die Mitte yw allem ben
nehmen Gie, die nah ihrem Praliminar fiir 1960 bei einer Ginnabme vdn
141,581 fl. (mit Einſchluß der Landgüter) und Auslagen von 141,319 fl. einén
,Ueberſchuß von 261: fl. nur dadurch ermiglichte, daß die dringendſten Rückſichten
fir bie ſogenannte Conſervation bei Seite geſetzt wurden (fiir Pflaſter⸗Reparatur
find nur 2000 fl., für neue Pflaſterung 4000 ff. oͤ. W. in Anſchlag, waͤhrend
frither ſeit der Einwirkung des Gouverneurs Grafen Ugarte (1835) regelmaͤßig
dafür 10,000, aber gewoͤhnlich bis 16,000 fl. C. Dt. verwendet wurden; fir
Stadtiauberung find nur 4701 fl., fiir Beleudtung 5,204 fl., fir Wafferleitung
9082 fl. veranfdlagt), Das friiher fo eintragli gewefene Braus und
Branntweins Regal!) ift auf 3942 und 5381 ff. Herabgefunfen, der mit
mehr als 300,000 fi. often gebaute Stadthof (eine Zierde ber Stadt) wird
nad Ausgang der ftenerfreien Jahre im Ertrage bedeutend zurückgehen, bie Er⸗
trdgnifje aus bem Waggefalle, von ben Marfthitten u. a. find unfider. Wo
geigt ſich daher die Möglichkeit eines groferen Erſparniſſes als bei der aber
30,000 fi. foftenden Berwaltung bes inneren Stadibezirkes? Wo die Möglich⸗
feit der Aufbringung der Mittel gu den erwähnten Ausfuͤhrungen als in der Vers
einigung der Kraͤfte?
In unbefangener und gewwiffenhafter Ermagung aller Verhaltniffe, im Ges
banfen an bie Gegenwart, welche bas Gedeihen unferer Baterftadt vertrauens-
pol in unfere Hande legt, im Gebdanfen an bie Nachwelt, welde unfere fo bes
deutungévollen Beſchluͤſſe ridhten wird, fann ic) meine Meinung nur dahin ab-
geben, daß der verderblichen Zerſplitterung und Parteiung ein Ende gemadt,
1) Ee trug ſchon 1781: 21,479 ff.; 1835 war ber Ertrag bes Branntweinhauſes auf 12,580,
bes Brauhauſes auf 20,665 fi. C. M. priliminirt, ftieg fpdter gufammen bis 40,000 ff,
(1848 mit Wage, Markthütten und anderen Gefdllen 47,083 fi. C. M.).
a)
daß nad bem Beifptele aller Landeshauptftadte dle Berwaltung und bas Ber-
migen ber bisher getrennten Gemeinden vereint werde.
Anmerfung zur S. 29. Rach dem Perfonalflande der Sacular- und Regular:
Geiſtlichteit der bruͤnner Dioͤteſe fiir bas Jahr 1860 S. 214 Gat:
T
) die Stadt Brinn .
“Borftiote
Bean ae
Bs
2
5=
e?
es
ae
katholiſche
59,476
656
859
fiberhaupt
165) 11,168}
1856} 51,188
2021 | 62;356
Der Spielberg, |
ale Mefidens der Landesfirfien, Ranbesfeftung: unb > Strafanfalt
Von
Chriftian > Civert,
Die Reſidenz unferer alten Landesfürſten, ber Verſammlungsort der Lanb⸗
tage und Landgerichte in alter Belt, der unbeswungene Schutz und Hort de
Lanbdeshauptftadt unt bed Landes gu allen Zeiten bis auf die neuefte, eh
ber viel genannte und gefuͤrchtete Strafort ift berechtigt, mannigfades Intere
fas ſich in Anſpruch au nehmen.
Hat ſich ſchon die ehemalige Feſtung durch glückliche Vertheidigungen
einen glaͤnzenden Ramen gemacht, ſo erlangte doch vorzugsweiſe die Strafau⸗
ſtalt Spielberg in ber neueſten Zeit einen mehr als europäͤiſchen Ruf. Die
Haft franzoͤſiſcher Revolutions-Manner und der italieniſchen Carbonari daſelbſt,
_ die Beridhte Reifender'), bie Dehfwirdigheiten Unglücklicher, welche Hier ihre
‚ſchwere Berblendbung gebüßt 2), haben diefen Ruf begriindet, ta des Spielbergs
fruͤhere Schickſale nur mehr in feiner nacften Umgebung Anflang fanbden.
Es ift befannt, welche Schreckbilder und ausſchweifende Sheen die erhigte
Phantafie von Frangofen und Stalienern mit biefem Namen verbunden, von
Drouet an, welder fic aus dem Spielbergsgefangniffe mittels des vorbeiflies
ßenden Fluffed und ber Donau ins ſchwarze Meer und nach RKonftantinopes
retten wollte, bis zu Jules Janin, welder die Feftung Spielberg auf einem von
ewigem Schnee bededtten Felfen liegen (Aft (Vogage en Italie).
Wir, die an feinem Guffe leben, fennen diefed ewige Gis, wie die Schreck⸗
niffe feiner Nerfer, welden die Humanitats-RNudfidten unferer Zeit Alles ihrer
fruͤheren Fürchterlichkeit abftreiften. Laffen Sie bie Geftalten und Erſcheinungen
ber Vorzeit an unferem Auge voriibergeben.
1) Genrebilber von Ellrich, Verlin 1832, G. 244. Der Spielberg, von bem Franjofen
Renacle, welder 1839 im Auftrage ber franz. Regierung bie Gefangniffe Deutfdlands be-
reifte, in den Blättern für literarifde Unterhaltung, 1841 Nr. 282. Appert, bie Gefäng⸗
- niffe, Spitiler, Schulen und Militär-Anſtalten in Oefterreih, Baiern, Preußen, Sachſen,
Belgien. Reb einer Wiberlegung des Bellenfyftems. Wien 1851, 3. B.
2) Die Grafen Silvio Pellico: Le mie Prigioni, Parigi 1833, verdentidt von *r unter bem
Vitel: Meine Gefangenfdhaft in den Kerfern gu Mailand, unter den Bleidächern yu Vene⸗
big und in bem afematten auf dem Spielberge. Denkwürdigkeiten ans bem Leben bes
Grafen Silvio Pellico, Leipzig, 1833; Memoires d’un Prisonnier d’Etat au Spielberg,
per A. Andryan, 4 volumes. Die Geheimniffe bes Spielbeuges. Denkwürdigkeiten eines
Bfterr. Staatsgefangenen, feine Sdidjale daſelbſt in Gemeinfdaft mit bem Grafen Goufae
lonieri, 1888, 2 Bande.
91
Es war eine finnige Idee, welche die Richtung bed Mittelalters treffend
auéfprad, als man die zwei neben einander gelegenen und mit einander verbun⸗
denen mafigen zderge') am Bereinigungspuntte bee Schwarzawa⸗- und ded
Zwittawa-Fluyfes, am Eingange in ihre Thaler, ald ihre und ber Ehene Be-
hertſcherin, auswaͤhlte, um die Symbole bed Mittelalters darauf zu pflanzen,
das Kreuz und das Schwert.
Es wird erzaͤhlt, daß vor bald tauſend Jahren der Verkuͤndiger der Chri⸗
fiudlebre, ber Landesapoſtel Methud die St. Peterskirche auf dem einen Berge
vor dem glorreiden. und mächtigen Herrſcher Swatopluf und unzähligem Volke
confefrirte (884), daß biefelbe aber ſchon vor Gyrill und Methud yur Zeit ded
Herjogs Moymar erbaut und botirt, bei Feindes Einfall verbrannt, von Blavi:
mar jedod au Swatopluls Zeit wieder errichtet worden fei 2).
Shon aur Zeit diefer Weihe wurde aud bie Bewibmung der Kirde in
Brinn und Luje (Altbriinn) beftatigt. Es beftand alfo fon ber Keim der
nadmatigen Landeshauptftads, wahrſcheinlich bereits in fener Zeit der Hauptort
einer Supa (eined Kreiſes). Wann aber die Burg ober derfelben gebaut wurde,
darüber fehlt es an allen RNachridten. Jedenfalls geht die Zeit weit unferer
einheimiſchen Geſchichtskunde voran. Statt ihrer wollen wir ber Gage erwab-
nen, mit welder in neuerer Seit ein fleifiger, aber feichtglaubiger und unfriti-
ſcher Geſchichtsforſcher (Stredowsky, sacra Moraviae historia, Solisbaci 1710,
p. 33, 53) die Side ausfuͤllte.
Bon der Donau bis gum baltifden Meere, vom Dnieper bis an
Rußlands Gisfelber war Perun (Pierun, Percun, Perfuno), der Donne:
rer, Blitzeſchleuderer, bad Hoͤchſte Der gottliden Wefen. Er gab fic fund
im Donner und Blig, dem Schrecken der Menſchen; ibm war ber Molten
Reich, bes Himmels Gewolbe, ber Lufttreid, der wbrigen Gotter Saar,
bad Weltall unterthan. Er war den Slaven die Quelle bed eigen Lidtes,
baé fic gur Grquiding und Belebung auf bad Erbdenrund, in bie Ge-
firme und Gonne ergoß. Darum efrten fie hod, alé einen Theil feines We-
— — — ——— * — ——
1) Der Spielberg (weftl. Rauchfang) iſt nach Liesgang’s Meſſung 150 wiener Klafter über
ber Meeresfläche, ber Kapelle-Thurmknopf 149, 90.
3) Seit dem Anfange bes 9. Jabrhundertes wurde has Chriſtenthum von ben Bifdofefigen
Paſſau unb Saljburg aus aud in Mähren verbreitet. In Brünn wurde zur Zeit des
Herzogs Moymar die Kirche des hl. Peter erbaut und dotirt (Nach einer vom olmützer
Bibliothekar Richter mitgetheilten Nachricht des raigerer Probſten Maurus um 1061, welche
fic) in einem alten Codex des olmützer ſtädt. Archivs über das Magdeburger Recht erbalten
haben ſoll. ©. bſterr. Zeitſchrift für Geſchichts und Staatskunde 1835 Mr. 24, 25 u. 26).
Bocel theilte dieſe Fragmente eines Salbuches ber olmützer Peterskirche (ven 1062) in
ſeinem Codex diplom. Moraviae I. 136 mit. Palacky benterft J. 109 baju, ber Name ber
Alteſten Rirden in Olmütz und Brünn felbft (eccl. sti Petri, nicht S. Clementis) fet ein
Beweis, daß fle ſchon vor Cyrill und Method beftanden. Derjelben Meinung
iff Röpell, Geſchichte Polens J. 88,
6
fen6, das Fenex und beſtellten Pricher, die es ndbren, wanmer aukgehen ließen,
unter Todesſtrafe. Ihe yx Seite fanden in boher Verehrung bei den Bés-
wen unt Mahrern Gwantewit, ber ben Sterbliden die Zufanft aufſchloß
pucibeutig wie ũberall, ter Gott bed Prieges unt ber Siege und des froͤhhlichen
Gedcihené ber Fridte (yun Welehrad?), und Radegak, yu dem die Kriegomanner
um gimftigen Erfolg fleften, ben Wolfen nage, auf dem Radfoft bei Rojnan
und Freiberg; und Prove (Provo, beſonders verefrt in Ofvenburg) der Goit
ber Gerechtigheit. In cinem Haine unter bem Schatten gefeiligter Eichen Rand
diejer auf cinem Piedeſtal, das Haupt gefrént, in der linfen cine Fahme, den
Gus anf cinem Glidden, in der rechten cin Gijen, einer Plugidhaar dGnlis.
Hiecher wurden die eines Verbrechens Angejduldigten gebradt, und die Hand
auf das glihende Eiſen Galtend, muften fie ihre Unſchuld burch ire Unverfegit-
heit barthun. Hier wedfelten an beftimmien Tagen Fete und Spiele im frd§-
liden Bereine bes Bolles mit Opfer und Gebet *).
Unter jolder Geftalt und auf jolde Art (aft nun Stredewlfy Pierun in
geheiligtem Haine auf dem Spielberge (ber von ten Spielen daſelbſt ben Namen
fubre) geehrt werden.
Auf dem Petersberge aber foll cin Tempel ber Rrafopant (aud Jizlila),
ber Venus der Alten, emporgeragt haben, herrlich glangend von dem vielen Gelb
und Gbdelfeinen. Mit ben Grajgien auf einem goldenen Wagen thronend
wart fie von zwei Taubdhen und zwei Schwänen gejogen. Jor Haupt umſtrahlte
eine mit Rofen durdflodtene Krone, dem Bujen entbrannte eine Fadel; in
ber rechten hielt fie bret golbene Aepfel, in ber linfen den Weltball, ihre aus-
gebreitete Herrfdaft anzudeuten.
Im fünfzehnten und nod im ſechzehnten Jahrhunderte hieß der Hügel uber
ber fogenannten Herten: oder Lampelmuble, wo fid die Waſſerkunſt, welde die
Stadt gum Theile mit Waffer verfieht, befindet Cher jegige Franzensberg) ur⸗
fundlid Parzen-, verftiimmelt Purzenhübel, Pierzenpiil 2).
Der Rame Spielberg fteht nicht vereinjelt in Mahren, ex findet fid aud
in Groß-Biteſch, Eibenſchitz, bei Kromau, deffen Floriansberg friher Spielberg
hieß (brunner Wodenblatt 1827 S. 27, Wolny I. 334), bei Iglau, wo eine
Weide am Cpielberge ift, aber and anderwarts, wie Spielberg im Gerichte
Ubenhain im heſſiſchen Ringinggaue, nach welch’ erfterem fpater dieſes Gericht
gewoͤhnlich genannt wurde (Landau, Befdreibung bes Gaues Wettereiba, Raffel
1855 ©. 138), Spilimbergo, Gpilenberg im Friaul'ſchen mit einem Raftelle °),
1) Ueber die Religion ber heidniſchen Böhmen und Mähren S. Palady L 177,— 184.
1) Shenlungsurfunde Konig Georgs an die Stadt 1461 wegen dieſer Mühle and eine andere
von 1524. €. Dr. Alois Carl, Bemühungen die Blattern angyurotien. Brünn 1800.
3) Ueber die Hebden der in Friwul allgemein verbaften edlen Herren ven Spilimberg m
14. Jabrhunderte S. Kurz, Rudolf 1V. S. 289 — 293,
DettingesSpiciberg, inobeſondere die oberoͤſterreichiſche Fefte Spielberg, nun eine
ſchöne Ruine auf einer Felfeninfel der Donau oberhalb Mauthaufen. Sdon
im Jahre 1159 fommt vor Dictrid) ven Spileberd (Prig, Geſchichte des Lan⸗
bes ob der Ennd 1. Bd. S. 354). Diefe herzogliche Fefte Spilberg fam im
14. Jahrhunderte in den Pfandbefig bes Hand bed Schekhen, weiter ded Erhard
von Epiiberg, von diefem in Ben Beg ded Stiftes Florian (1865) und end-
lid der Lidhtenfteine, bis fie ber reihe Oberfthofmeifter Hans nebft feiner Fefte
Pernſtein im Kremsthale unweit Kirchdorf, auf welder er gefangen gefeffen,
u. m. a. (1385) bem Herzoge Albrecht abtreten mufte, welder fie wieder wei⸗
ur verlieh (Brig H. 41, 54, 79, 81, 83, II. 689. urs Rudolf IV. 219).
Rad Horky verdanfen alle deutſch benannten Burgen in Mabren, wie z. B.
Kunfladt, Helfenftein, Holenftein, Eymburg, Spielberg, Toflftein und andere ihren
Urfprung eingewanbderten Deutſchen (Hormayr’s Tafdenbud) 1821 ©. 92).
Rad Bocek (Reiſebericht 1845 M.S. G. 77) deuten die Ramen Spielberg
(bei Brinn, Gibenfdhig und Kromau), Spielwieſe (bei Znaim), Juliberg (bei
Olaritg) und Pfingftberg (bei Groß⸗Biteſch) auf die Julie und Pfingffpiele und
die geeignete(ten Plage fir diefelben (Berg oder Wiefe) aus einer Zeit, wo mit
deutſchen Goloniften unter Ottofar aud deutſche Gebrduce und Ramen in das
Sand famen.
Wirklich fFommt auc ber Name bes Spielbergs (mons spilmberch, nad
Bocek Spilberch) nicht vor der 2. Halfte des 13. Jahrhundertes (1279 in einer
Urfunde fir das Spital ber Johanniter unter bem Spielberge. S. meine Ge-
fidte von Brinn S. 94, Bocek Codex IV. 223), bie Burg Spielberg aber
unter diejem Ramen nicht vor dem 14. Jahrhunderte vor (1317, 1321, 1323) );
fie hieß vordem immer die brinner Burg und fommt alé folde urkundlich zu⸗
ert im Sahre 1197 vor (Bocef 1. 349, in castro Branensi in colloquio nobi-
lium). Won ihren Schickſalen in frubefter Zeit wiffen wir nur, daß fie ftets
in landesfürſtlichem Befipe war, und ifre eigenen Burggrafen hatte 2), welde
gu Anfang bes 15. Jahrhundertes auch Landesunterfammerer waren.
— — — — —— —
1) Katharina wou Lomuitz gründete 1317 das Nonnenlloſter St. Muna unter ber Surg Spiel-
berg (sub castzo Spilberch) in der Borftadt Brünus (Codex dipl. Mor. VI. 80). Knig
Johann befreiet die Fupgeber von ber Maut in bem gu feinem Schloſſe Spielberg (ad
castrum nostrum Spilberch) gebbrigen Dorfe Raugnig (eb. S. 183).
König Johann tanfdhte oom Primonftratenfer -Ronnenflofter ba’ Dorf Havyan mit
der Marienfirde tn Altbritnn und bem Patronatéredte fiber dieſelbe yegen die fritber zu
fener Burg Spietberg (castrum nostrum Spilberch) gebhbrig gewefenen Gilter in Pralitz
(Preblein’) und die Mant dafelbft cin, unb überließ Hahan neb die Ptarientirche der ſeit
1319 in Brünn weilenden Witwe Eliſabeth (¢ ba 13835) pur Exbauung eine’ Ciſterzienſer⸗
Nonnentlofters dafelbf{ (Brumae 1323 VII. Ides Sept. in Diabacj Nachricht vom Kani⸗
ger Roker G. 33 — 36, Codex dipl. Mor. Vi. 178).
%) Die Caftellane, Burggrafen, Pfleger, HSauptleute bes Spielberge.
Im Jahre 1081 Mibor easteltanes Brunensis (Bocek Codex diplom. Moraviae 1. 115,
Palady 1. 272).
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Richt unwahrſcheinlich ift es, dak der troppauer Herzog Niklas, ein Sohn König
Ottofars, welder nad feiner Eutfernung aus Troppau ldngere Zeit in Brinn
lebte und ba ftarb (1318 mit feiner Gemahlin Adelheid und feinem Sohne in
Sm Sabre 1174 Moiek castellanas de Brauna (Bocek 1, 287, 289)
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1226 Thaz (Thas von Lomi) castellanus Brunessis (Bocek Il. 174).
1235 Ratiborius (de Deblin) castellanus Broneasis (Bocek II. 298, 368, 382).
1239. 1240 Pribizlaus nobilis vir de Crisanoue (Siijanau) et Castellanus
Brunensis (Boéek II. 358, 365. ©. über denſelben Wolny Vi. 198,
276, meine Gefdidte der Heil- und Humanitite-Anftalter M. und
Schl. Vriiun 1868, S. 31).
1240 Ratiborius et filius ejus dominus Hartlibus (de Deblin) purgravius in
Brunna (Bocek II. 368, 371).
1255 Zmilo Burgravius Branensis (in einer tiſchnowitzer Urfunde, meine
Gefdhidte von Brinn 6. 5, nad Cerroni; nach Boel il. 193 Smilo
(von Sunftadt) Cast. Preroy., eb. III, 205 und 313 im 3. 1256 und
1261 buarggrauius de Brumow.
1261 Ratimirus, Cast. Brunensis (Geſch. von Griinn S. 5, nad Bocef Ml.
207 und 319 Caſt. von Primbda).
1286 Hartlibus de Dubna senior, burggravius. Brunensis (Boéek IV. 308).
1303 Wykhbardus de Polna purchrauius Brunensis (Bocek V. 167).
1308, 1317, 1818, Sobann von Lomnitz, Joannes de Mesirsiecz purcravius
Brunensis (Steinbadh, Kloſter Gaar, HW. 52, Codex dipl. Mor. VI.
88, 112).
1315 Conradus de Vithis (meine Gefdidte Brünns S. 5), nod unter dem
Marfgrafen Carl (1333 — 1349, nad Wolny I. 76 im Jahre 1342
Burggraf anf bem Spielberge (Cod. dipl. Mor. VI, 344, wo S. 347
im Jahre 1333 Nicolaus olym. Burchravius predicti Castri (Spilberch)
gennant wird). |
Als Marfgraf Carl die ben mabr. Städten ſchädlichen Einigungen
ber Hanbwerfer aufhob unb ihre Statuten faffirte, trug er
diefem Burggrafen bie Gewalt gegen die widerſpänſtigen Hanbwerfer anf.
Carl fprad dabei die merkwürdige Anficht aus, es fei heilfam und nützlich,
bag jeber Menſch von welchem Handwerke immer ſich ohne alles Hin-
derniß nad Brünn ober anderwärts begeben und die Arbeit, welde er
fennt, fret anéilben könne (RBfiler, briinner Stabtredte S. 218).
1870 Dubel (Dubko — Wolny Il. 76).
1382 Balentin von Preftawlf, Burggraf (Wolny Il. 77).
1406, 1407 Hynko von Pacjow, Hauptmann gu Vriinn (Kurz, Albredt U.
1. ©. S. 51,270, 274, Lichnowety V. 94, 97, Regeften S. 75, 86).
1414 Ulrid) von Hlawatetz, Lanbdesunterfimmmerer.
1415 Haylo von Hodietin, Landesunterfammerer.
1417 Hanns Ameiffer, Burggraf bes Sptelberges (Wolny Il. 2. Moth. S. 426).
1418 Johann von Leskowetz, Burggraf (Meine Geſch. von VBriinn G. 5).
1422 Rudolf oon Relze, Burggraf (Woluy II. 77).
1424 Rillas’ Seebe (nicht Serbed, wie Woluy eb.) von Sebenftein (meine
Geſch. von Brünn S. 130), Hauptmann bes Spiclberges.
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ber Minoritentirde begraten. S. Wolny, kircht. Topog. MI. 104, Ens Oppas
fand 1. 46) und bie Koͤnigin Witwe Etifabeth vor ber Bolendung bes von ihr
1323 geftifteten Rlofter6 Maria Gaal auf bem Spielberge geweilt haben
mogen.
Der ftets geldbediirftige Monig Johann von Luremburg mag diefe Burg
verpfanbdet haben, benn fie (castrum brunense) wird unter jenen genannt, welde
fein Sohn ber Markgraf Karl 1334 mit RKoften und Muͤhen an fich zurück⸗
brachte. Deffen Gemabhlin, ber Marfgrafin Blanka, wies Konig Johann (1337)
bad Schloß in Britnn gum Aufenthalte an (Dobner monumenta V. 496) und
aud Karl nahm da feine Reſidenz (1340 beftatigte er datum Brune in castro
Spielberch alle Rechte und Privilegien ter Stadt Brinn; S. meine Gefhidte
berfelben S. 107, codex dipl. Mor. VII. 204).
Auf dieſer Burg Hiclten die Landesfiirften Landgericdte und Landtage, wie
ber brimner Herzog Spitignew 1197 (Bocef 1. 349), wie Konig Ottofar 1274
Ym Babre 1427, 1425 Wilhelm Waldner, Hauptmann hes Spielberges (Wolny MH. 77);
1429 Milbelm ber Walder, Herzog Albrecht's Pfleger anf bem Spiele
berge iiber Brünn (Lichnowsty V. Urk. Bud S 248).
” » 1485 Wilhelm der Ehfer, Herzog Albrecht's Hauptmann yu Vriinn (eb.
S. 302).
” n 1488 Wenzel von Kufwig, Landesunterkämmerer und k. Pfleger bes Schlofſes
Spielberg (Schwoy II. 180, meine Gefdhidte von Brinn S. 5,
Woluy UW. 77).
” » 1444 ließ die Staudt Brünn (oder die Stände?) den Heralt von Kunſtadt
und ben Wenzel Roblafa, Burggrafen auf bem Spielberge, enthaupten
(Gavel, böhm. Chronif, Pessina pag. 628, Moravetz If. 45, Palacky
IV. 114).
” » 1447 Johann von Poczenitz (Meine Geſch. von Brünn S. 5, Wolny II. 77).
ww» 1468 Leopold von Rragir} (Moravetz II. 71, 74).
» w A473 Bened (Dobes?) von Bostowig, Burggraf (Meine Gefd. von Brünn
S. 5, Wolny II. 78).
” » 1480 Blaſius Dtagiary, Hauptmann ber Kriegsvölker in Mähren und des
Sypielberges (Moravetz Il. 95).
" »n 1486 Ladislaw, Burggraf (Wolny ll. 78).
” » 1489 Ladislaw Kaczinkai, Spielb. Burggraf (Wolny, kirchl. Topog. III. 23).
” » 1490 eter Herzig, dbto. (M. Gefd. v. Br. S. 5, Wolny Il. 78).
” » 1492, 1495, 1497 Johann Komarowsky (RKonerowsty), Hauptmann auf bem
Sptelberge (eb.).
» » 1580 Bernard von Zafmut, dto. (eb. S. 79).
” » 1539 Johann Wolfirjow von Niemiſchitz, dto. (eb.).
" » 1547, 1549, 1552 Georg Ziabka von Limberg anf Kani, k. böhm. Bicetangter,
k. Sauptmann auf dem Spielberge (Wolny HW. S. 79 und VI. 727
gibt aber zum Sabre 1549 ben Gebeon von Woleffnicz, als k. Haupt⸗
mann an, vieleidht war er nur Verwefer).
” » 1554 Peter Knorka von Kurtin, Hauptmann (Meine Geſch. v. Brünn S. 4.
Wolny Ul. 79),
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unb defen Bevollmahtigte 1278 (Botet IV. 207), Minig Wenzel (4286, actum
Brune in castro nostro, Bocef IV. 300. ©. aud ©. 215, 3414) gur Unters
britdung ber Raubereien und Faufttimpfe im Lande, Markgraf Jobo! (1380),
als vom gefammten Abel Maͤhrens der in der Unterthandge(dhidhte fo merkwuͤr⸗
bige Beſchluß gefaßt wurde, feinen Bauer alé Unterthan aufgunehmen, wenn er
nidt mit einem Entlaffungébriefe feines bisherigen Herrn verfehen um die Aufs
nahme bitte.
Der Kapelle ber briinner Burg und ihred Rectors wird guerft im Jahre
1287 urkundlich gedacht (Bocek IV. 339). Koͤnig Johann ſchenkte im J. 1334
bie Rapelle feined Schloſſes Spielberg (capellam castri nostri Spilberch) mit
allen Rugungen, naͤmlich einem Freihofe in Rjeczkowitz mit 1 Ader, 6'/, Zinds
fafnen, 2 Mark jahrliden Zinfes von der Stadt Brünn u. f. w., bem new ges
ftifteten Hofpitale bes neuen Kloſters Maria Saal in Altbriinn unter ber Be-
bingung, daß ber Provifor bes erfteren in der Burgfapelle ben Gottesdienft ver-
ridte, ber jeweilige Schloß-⸗Burggraf aber ifm bie Roften bezahle. Der olmiiger
Biſchof Hynko beftitigte 1332 dem Kloſter ben Belts der St Rrofoys-Spielberger
und St. Wenjels-Rapelle und inforporirte die fpielberger Kirche bem Spitale
be@felben. 1523 ſchloß bic Abtei mit ber Stadt Brinn einen BVertrag in Bes
treff ber Zahlung bes jährlichen Zinſes von 2 Mark an die fpielberger Kapelle,
ftatt welder 2 andere Marf von einigen Haufern in der Jubengaffe bem ftadt.
St. Stephand-Gpitale abgefihrt werden follten. Seit der erwähnten Schen-
fung blieb bad Patronat über die fpielberger Burgfapelle durch Jahrhunderte
bei ber genannten Abtei, welche die Burgkapline ') präſentirte und einfegte oder
aud) bie Geelforge auf bem GSpielberge durch die Klofterprobfte ausüben liek
(Codex dipl. Mor. VI. 332, 340, 347, Wolny, firdl. Topog. III. 97, 155,
160, 164).
3m Jahre 1492 flagte ber fpielberger ,Rapellan” Niklas eine Martha in
Brinn wegen ded unredtmafigen Befiged des Hofes in Rzeczkowitz fammt 3u-
gehor. 1523 und 1524 hielt dieſes Beneficium der Pfarrer bei St. Wengel in
Altbruͤnn, Kaſpar; feitbem verfdwindet davon jede Spur bid 1629, in weldem
Yahre die Sefuiten bie Seelforge übernahmen (Wolny, kirchl. Topog. III. 98) 2).
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1) Im Jahre 1356 maßte fic ber Rektor Woiſlaw bes Befiges der ſpielberger Kapelle an;
ber bierané entftanbene Streit mit bem Rofter MariaeSaal, welder bis zur Ercommuni-
cirung bes legteren burd ben Bapft führte, enbete 1369 aber dod damit, daß Woiflaw
fadhfallig wurbe (Woluy VI. 546, firdhl. Top. MI. 97, 157).
3) Cine Folge bet Verbaltniffes bes Kloſters Maria- Saal gum Schloſſe Spielberg war ee,
daß nod lange nadber und bis zur Anfhebung des erfteren (1782) bie Straflinge auf tem
legteren an ben Wohlthätigkeitsakten Theil nahmen, welche die jährlichen Crinnerungen an
bie königliche Stifterin bes Kloſters begleiteten. Denn es erbielt jeder Strdfling am Jah⸗
restage und aud am St. Bernardifefte vom Kloſter 1 Pfund Fleiſch, 1 Pfund Brod, 1
Mah Bier, 1 Seibel Kiichenfpeife und 1 Nrenger (Wolny kirchl. Topog. Hl. 154).
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Das Burggebict des Spielberged war anfehnlid '); es gebdrten unter ans
berem Unterthanen und Befigungen in ben Borftddten, Zinſe aus’ ber Stadt
Griinn und die landesfürſtliche Maut dafelbft*), dann bas Stadiden Raufnig
fammt der Maut dau, und Jodok faufte (1306) vom Rdniginflofter ben Marit
Moͤnitz an, in deſſen Naͤhe er ben grofen Teich anlegte.
Die Markigrafen hielten auf dem (nad Urhinden des Kloſters St. Thomas)
fon 1370 von freundlichen Rebenanlagen umgebenen Spielberge ihre Refidenz ).
In ber Rafe befafen fie norblidh bie Burg Eichhorn (Wolny Il. 290), wo fie
bem Sagdvergniigen nadgegangen fein mogen, ſuͤdlich Seelowig mit koͤniglichen
Weingebirgen und ausgedehnten Teidhen (Eber, Seelowig S. 4 — 13).
Man (aft auf bem Spielberge den unrubigen Marfgrafen Profop, welchen
fein Better Rinig Sigmund hHinterliftiger Weife gefangen nahm, an ben Folgen
ber bofen Rerferluft, oder am Hunger, oder, wie andere glauben, an Gift ſter⸗
ben‘). Gein Bruder Markgraf Jodok, Faum gum deutſchen Koͤnige gewablt,
ſtarb fier (1411).
Mit bem Ausfterben ber einheimifden Markgrafen hörte zwar der Spiel:
berg auf, Bleibend cine Refideng gu fein, wares aber boc voritbergehend. Koͤnig
Wenzel, Jodok's Nadfolger, weilte hier (Wolny MW. 2. Abth. ©. 426). Kaiſer
Sigmund, Wenzel's Nadfolger in Bshmen, fried auf Weihnadten 1419 einen
1) Rad Wolny Il. 27. behnte fic ber (fpielberger) Burgbann nod im 3. 1602 fiber ben
norbliden und weftliden Theil ber Stadt Brünn bis yur Mitte bes grofen Plates (ber
St. Niflastirde) aus, wie dies aus ben Srridtungsbiidern per St. Petersfirde fol. 421
ff. zur Geniige erbelle; er verwedfelt wohl bier ben Sprengel ber Rirde (in burgo bru-
nensi im Jahre 1199 geheißen) mit bem Burgbanne.
3) Rößler, briinner Stadtrechte, S. 371 — 375, theilt die merfwiirdigen brituner Dtautrechte
ans dem 14. Sabrh. unb insbeſondere unter bem Titel: Day ift bi maut cye Brunne, di
anf bay hans Spilberch gehsrt, ben landesfürſtlichen Zoll⸗Tarif mit.
3) Die Marfgrafen Johann (1372, 1373) und Jodok (1376, 13894) fertigten ddo. Spielberg,
in Spielberg, in castro Spielberg, in castro Spylmberg mebrere Urtunden aus (Wolny
U. 76, II. 2. Abth. S. 240, IV. 108). ,
Das Schloß Spielberg gebirte offenber gu den castris, welde Marfgraf Yobann in
feinen Zeftamenten (1363, 1366, 1371) dem erftgeborenen Sohne Jodok, als Markgrafen
und oberften Herrn von Mähren, vorbebielt (S. Chytil's Abhandlung im 2. H. ber Ser.
ber bift. Seftion, Briinn 1852).
4) Morawetz I. 241, Gngel, ungr. Geſch. IL, St. Thomafer Annalen. M.S. And fein To-
bestag wird verſchieden angegeben. Die erwühnten Annalen ſetzen denſelben in bas Jabr
1406, unb tweifen ibm fem Grab neben bem Bater in ber Kirche St. Thomas, Morawess
aber im Karthänſer⸗Kloſter au. Dingenbofer Tafel XV. und Aſchbach, Raifer Sigmund,
1. 209, laffen ibe im Jänner 1405 (aber am 15. Juni fertigte er noch cine Urfunbe aus),
Peffina in Phosphor p. 702 und Pubitſchka VU. 263 und 333 am 4. September (obne
Angabe eines Jahres), Engel und Palady Ill. 208 am 24. September 1405 fterben; Pel-
jel, böhm. Geſch. und Menzel IV. 2. T. S. 486, 502, 519, dann Morawetz geben fein
Jahr an.
allgemeinen Landtag nad Brinn aus, unb wurde von ben Bohmen und Maͤh—
rern alé Konig anerfannt; bei einem anderen Landtage gu Brinn 1421 per:
ſoͤnlich gegenwartig fiderte er Maren im katholiſchen Glauben, lies die gu
Ratibor gefangerien Abgefandten Sikfa’s und ber Prager, welche bem Pohlen⸗
Koͤnige Wladislaw die bohm. Krone anbiethen follten, vor fic auf den Syiels
berg bringen, die Diener und Knechte in der Stadt Hinridten, bie Herren wei⸗
ter in Trentſchin einferfern (Cont. Pulkawae iu Dob. mon. IV. 161).
Dee neue Landesherr Albrecht von Oeſterreich bentigte ben Spielberg alé
feften Hort gegen die hereinbrechenden Huffiten- Stirme. Gr wurde mit einer
ftattlidden Befagung verfehen. Albrecht fcidte (1424) dem briinner Rathe ben
Riflas von Seebekh (1414 Niklas Seebef von Sebenftein Hauptmann ju Laa,
Kurz, Albrecht I. 1. T. S. 191) mit etlichem Volke, befahl ihm den Spielberg
eingunefmen, und au feinen Handen gu haben, und emypfahl bem Stadtrathe,
ihn (Seebefh) mit Rath, That und Hausnothhurft gu unterftigen (Meine Ge-
fhidte von Brinn S. 130).
Der Spielberg theilte mit der Stadt Brünn die rihmliche Vertheidigung
gegen bie Maifen (1428) bis die Schlacht bei Schlappanitz der Gefabr ein
Gnbe machte (Meine Geſch. von Brinn GS. 131, Palady Ml. 2. S. 465).
Es waren fortan Burggrafen ober Pfleger auf bem Epielberge; einer von
ignen, Wenzel Koblaja, fol, wie furg vor ihm Heralt von Kunftatt (1444)
bier enthauptet worden fein.
Die britnner Bitrgerfdaft hielt aber den Spielberg fortan bis gum Jahre
1453, wo ifr Konig Ladislaw befahl, die Burg fammt Buͤchſen, Pfeilen, Pul-
ver u. a., wie fie alled nad bem verftorbenen f. Pfleger Wengel von Kukwitz
Qbernommen, bem Wenzel von Bosfowig auf Czernahora gu übergeben. Da:
gegen geftattete er (Brag am Freitage nad bem h. Auffahrtétage 1454) ver
Stadt, aur Vergütung ber auf die Erhaltung und Befeftigung ber Burg ver-
wendeten 1736 Schock Grofden burd 17 Sabre jährlich 100 Schock vom fF.
Rammerginfe algugiehen (Meine Geſch. von Brinn GS. 3, Wolny II. 77).
Als die ungarifden Stande den Prinzen Ladislaw alé Ronig anerfann<
ten, verlangten fie von feinem Vormunde, dem deutiden Koͤnige Friedrich (1445),
daß er ibn in Preßburg ober Mien oder auf dem Spielberge nad Gutdünken
aufbewabhre (Palady, Gejdidte von Bohmen IV. 142). Der legtere mufte
baher nicht nur die Eignung zur Aufnahme des Landesfurfien, als welden die
mabr. Etande Ladislaw (don friher anerfannten, gehabt haben, fondern e6 wird
aud bemerft, Ladislaw Habe die fdone marfgrdflide Refideng, bad berühmte
Schloß Spielberg begogen (Pez script. rer. Aust. I. 1260).
Rad der (im ofterr. geh. Haus-Ardive befindlichen) „Berednuß von inn-
habens wegen der gesloss Spilberg mit Bannfen von Bozkowicz ond Tſcher⸗
nahora” (Prag Samftag vor Eliſabeth) vom 17. November 1453 übergab Kö⸗
nig Ladislaw dem Waniek von Boffowig die Pflege und Bewahrung bed
Schloſſes Spielberg „auf fein felbs koſt vnd zerung.“ Als Burghut fol er
befommen, wad ber k. Gofmeifter Georg von Qunftadt und Podiebrad und der
f. Rath Uri Eyginger von Eygingen ausfpreden werden. Gr foll den thers
gebenen Zeug getreu bewahren und denfelben fammt dem Schloſſe auf Bers
fangen wieder übergeben. Gr foll zum Minbdeften einen efrbaren Mann an
feiner Statt auf bem Spielberge haben, welder bem Ronige auch gelobe und
fhwore, im Falle, ald Bosfowig mit Tod abginge, gefangen oder in einem anbdern
Wege Beirrt würde, den Gelübden nachzukommen, ftets alled das gu vollfihren,
twas am Zettel gefcbrieben fei. Boffowig ftellte Hiertber am namliden Tage
ben Revers aus. Sugleich befahl der Konig bem Stadtrathe und den Biirgern
yon Brinn, tas Schloß Spielberg, ,,fo ir inn habt“ gu übergeben, „mit fambt
ben puchfen, pfeilen, pulucr, armbruften ond allen gecgeug gerett vnd gut, des
ic ew nad weilnt Raglawn von Rufwig vnrermunden ober ingenomen abt"
(fontes rer. Austr., herausg. von ber wiener Afad. d. Miff. 1850, I. B. S. 44).
Die mahr. Stande ſprachen und begehrten vom RKonige Ladislaw oft und
wohl hundert Mal, , dads fein gnad gerubhet gu den zutun dad die brieff, bie
von bem Spillenberg gen Oefterreich fint genommen worden, widerdert wurden.“
Es Wied dieß jedoch ohne Erfolg. Daher baten fie 1458 ,fein gnad (den
neuen RInig Georg), dad fein gnad gu bem werchlich tun geruch dad die brieff
bem (and widerchert wurten” (eb. Borbericht S. XXIX). Sie mögen dennod nicht
jurtiddgefommen fein, wohl lodte aber Konig Georg, gegen erdeigenthiumliche
Abtretung feiner erbliden Burgen Boffowig, ben verpfandeten Spielberg von
Wenzel von Boffowig wieder ein (1458), fiir dic „dem Ronige Ladislaw er:
wiefenen Dienfte und auf Abſchlag der Schulden, welche Waniek ald Verthei-
biger Der Burg Spielberg zur Erhaltung derfelben Habe machen miiffen (Brine
ner @andtafel XI. 2., Wolny Il. 175).
Der Spielberg wurde Ne Reſidenz ded Landeshauptmanns Pringen Wit.
forin, wie feine von ba audgegangenen Berfiigungen zeigen (ddo. Spielberg
1465 an Maria Lidtmes in einer ighauer Urfunte, 1466 in Ur. bei Peffina
p. 775, 778) ') und dem Rbnige Georg in ber Folge einer ver fefteften Halt:
punfte im Lande. Denn der Burggraf Leopold von Kragitz wertheibigte ben:
felben durch 9 Monate auf das Taypferfte gegen Georgs gefahrlicften Gegner,
feinen Schwiegerſohn den Rdnig Mathias von Ungarn, und übergab ihn erft
(12. Februar 1469) nad Erfchopfung aller Mittel an veffen Feldherren Bla-
fiué Maghar und den ldwenftarfen Paul Minid (GS. meine Geſch. von Brinn
S. 152, Hormayr's Tafdenbud 1821 S. 31 — 51).
Mathias (denkte (Olmütz am St. Tibury und Balerian 1469) der Stadt
Bruͤnn einen Hof in Monig, die MMMle unter tem Pürzeu-Pühl ſammt
allem 3ugehdr, dann 10 Mark Grofden, welde man auf den Spielberg hatte
— — — — — — ⸗
') Monſe, Geſch. bon Mähren, II. 149, läßt bie Landeshauptleute nach dem Abgange eigener
Markgrafen gewöhnlich auf dem Spielberge reſidiren.
$0
evlegen muͤſſen, ofne allen Sind unb Steuer, wegen ihrer treulichen Beftinbdige
felt in ben Sriegslaufen, ihred Schadens, welchen fie bdiefe Zeit gelitten, weil
fie ifn (Mathias) in die Stadt -eingelaffen, aud) einig gewefen und ftandhaft
Aber der katholiſchen Religion gehalten. Wegen biefer Beftindigkeit ſchenkte
Mathias ber Stadt aud bas Dorf Sdwaryfirden, das er (nebft Domajdow)
bem Rofter Raigern wegen defen Anhanglichfeit an Georg abgenommen, unter
ber Bebdingung, daß es dbasfelbe fr 2000 ungar. Gulden wieder von: ber Stadt
einldfen tonne, wad aud 1499 geſchah (Ludwig's Chronif von Brinn G. 8, 9,
Wolny, kirchl. Topogr. HW. 1. 421).
Mathias (1487) und nach ihm Ludwig (1524) und Ferdinand III. (1643)
verbathen, auf bem Spielberge Wein und Bier auszuſchaͤnken.
Als nad Mathias Tod awifdhen feinem Rachfolger Wladislaw, Kaiſer
Friedrich und bem deutfden Konige am 7. November 1491 Friede gu Preßburg
geſchloſſen wurbe, madte fic) der erftere verbindlid, ben kaiſ. Generalfapitain
Tobias von Boffowig die auf bie Gebaude ded Spielbergs gemadhten Aus⸗
lagen nach der vom mähr. Lanbeshauptmanne gu fonftatirenden RNachweifung
binnen Sabresfrift zu vergitten (Morawetz HI. 110, Ardiv der faif. Afademie
flix ofterr. Geſchichte 1849 I, Bb. GS. 484) *).
Der ſchwache und ftets geldbarme Wladidlaw hatte ben Spielberg (wohl
an Tobias von Boſkowitz) verpfindet, verfprad zwar den mabr. Standen (1491),
alé Diefe ihm zur Auslofung behilflig waren 2), denfelben unter feinem Bot:
wande mer yu verpfanden ober hintangugeben, ſah ſich aber doch dazu gendtbhigt,
obwohl er die Ginfiinfte ber Burg vermehrt Hatte. Denn nach der feit der
Huffitengett yn immer groferer Anwendung gefommenen Anficht behanbelten die
hart bebdrangten Lanbesfirften die Rloftergiiter wie Rammergiiter, zogen fie ein,
berpfanbeten und verduferten diefelben.
Wladislaw jog auch die bem Stifte Gaar gehorigen Dörfer Kutſcherau
und Rohrbad (Hruffowany — nicht Grubbad, wie Wolny I. 1. S. 164 fagt.
©. eb. II. 2. S. 453 und Steinbad, Mlofter Saar I. 228), bann die Dörfer
Loͤſch und Ubec bei Brinn, welde dem aufgeldften Stifte Smilheim gehirten,
suc Kammerherrſchaft Spielberg ein (Brünner Wodenblatt 1825 S. 312, Wolny
Il. 2. S. 121, IV. 476). Im Sabre 1500 verpfandcte ev aber die Burg nebft
bem Markte Mönitz und den genannten 4 Dorfern fir 21,150 Dufaten dem
magr. Lanbedhauptmanne Johann von Lomnig. Wladislaw empfahl zwar
1) Die Boffowige mögen anch auf bem Spielberge geweilt haben; Hier trat ihnen Kunla
bon Rrawarj, Semablin bas Waniek von Boffowig, 1483 ihren Antheil anf Seelomig ab
(Wolny I. 1. Abth. S. 175, 2. Abth. S. 416).
2) 1495 befreite er gegen bie Berpflidtung, jährlich Anniverſar gu halten, ben Weinberg
Reind! bes brünner Dominifanerflofters vom ebent zur Burg Spielberg (Wolny, lirchl.
Topog. lll. 55).
$1
(1516) von feinem ranfenlager aus ben mabrifden Standen auf bad Drin⸗
gendfte, ben Spielberg mit ber Steuer oder freiwilligen Gaben audsuldfen
(Morawetz IL 129), derfelbe blieb aber tm Befige der Lomnige, bid fle ibn, nag
mefrerer Befeftiqung wegen der Tirken-Gefahr (1542), an den Rinig Ferdi⸗
nanb L abtreten muften (1547).
Diefer wies (Samftag nad Frangiéci 1554) die Einkinfte ber Giiter des
Schloſſes und der Feftung Spielberg mit 214 fl. gu Georgi die eine und gu
Wenzeslai die andere Halfte bid zur gangliden Zahlung ded Betrages von
4700 fl. an, weldbe er bem Wenzel, Bifchofe von Nifopolié, olmuͤtzer Suffra-
gane unb faarer Abte und beziehungsweiſe bem Kloſter felbft ſchuldete.
Sm Jahre 1560 fucdten Raifer Ferdinand und Konig Marimilian durd
Abgeordnete bei den mabr. Stdnden um die Bewilligung an, bad Schlos Syiel-
berg und die dazu gehdrige Herrfdhaft gu verdufern. Gie gaben unter der Be⸗
bingung ire 3uftimmung, daß bad geldfte Gelb aur Erfaufung der Herrſchaft
Parbubig in Bohmen (fiir den Erzherzog Marimilian) verwendet werbe.
Kaiſerliche Kommiſſaͤre unterhandelten am 12. Suni 1560 mit den könig⸗
liden Stddten und dann ber Stadt Brinn, baG fie dad Schloß mit der (News)
Gaffe von 17 Unterthanen und einer Mühle faufen modten.
Rad einer anfangliden Weigerung gingen fic den Kauf um 5000 mabr.
Gulden cin. Aber auf bem Landtage ftiefen die Stände die Raufhandlung um,
weil fie bie gange Herrſchaft felbft kaufen wollten (Meine Geſch. von Brinn
©. 4). Es verduferte auc Raifer Ferdinand (Wien am Tage St. Wenzels
1560) bas Schloß Spielberg fammt bem Sirden-Patronate und der dazu gehi-
tigen Holglieferung aud den eichhorner Walbern, 19 Inſaſſen auf die brunner
Rorftadt Neugaffe, bem Stadthen Raußnitz mit der Maut, dem Stadtdhen Mo-
nig, ben Dorfern Augezd, Hoftiehradef und Datfdan und dem Weingehente aus
bem feelowiger und augezder Gebirge den vier Standen Maͤhrens fur 35,000
Sdhod bihm. Grofden. Diefelben überließen ſogleich bas Gefaufte wieder käuf—
lid denen Herren” (bem Herrenftande), was jedod ber Kaiſer nicht genehmigte.
Daher verduferten die Stande ben Meingehent in Seelowig rem Wenzel Berka
bon Duba, 6 Hofe mit einer Mühle dem Wenjel von Lomnig und bad Dorf
Satidhan dem Hand Haugwig von Bistupig, dad Schloß Spielberg aber mit
allen Gewehr⸗ und Waffenvorrathen, cinem Hofe unter demfelben, Garten,
bem fpielberger Teiche, ber Lampelmühle, der Neugaſſe und dem
Holge aus ber eichhorner Waldung am 14. Oftober 1560 der Stadt Brinn
um 6000 fl. mabrifd *).
") Diefer Vertrag fautet (aus bem Böhm. überſetzt) nach ber Landtafel-Cinlage (Ouatern
XXIV. fol. 24)
Wir Johann von Raunig, Johann Abt bes Kloſters Wellehrad, Wenzeslaus Ho⸗
bicgty von Hodicz, Kammerer des kleineren Landrechts bes Griinner reife’, Wenzeslaus
Edelmann Ollmilger Bürger als von den Standen hes Markgrafthume Mähren gum Ber,
Ym bdiefe Zeit waren an ber Sibdfeite bed Spielberges Wein⸗, an der
anderen aber Obft- und Luftgdrten. Wie ber Weinbau um Brinn feit Sahrhuns
Derten blubte, waren gewif aud bie fo ginftig gelegenen WAbhange bed Syiel-
berged fdon viel friiher mit Reben bepflanyt. Befannt ift, daß der Priefer
Haimann 1340 ben Weingarten Hoff hinter bem Spielberge einer Rapelle bei
St. Jakob fdentte und das Kloſter Maria⸗Zell 1524 einen Weingarten hinter
bemfelben anlegte (Wolny kirchl. Topog. IT. 75, 90).
fauf bes Gutes Spilnberg bevollmadtigt, nnd im Ramen ber Stände — haben verfanft
bie Burg Spiluberg famt bem Maierhofe unter biefer Burg, ber Mühle und allen Gerdth-
ſchaften in bem Schloſſe, famt Gefdiig und Pulvervorrath und verſchiedenen Gerdthfdaften,
mit weldem Namen anc) folde bezeichnet werden follten, ſowohl in dicfem Schloſſe ale
aud in bem Maierhofe, in der Mühle famt den Feldern, Wieſen, Weingarten unter dem
Schloſſe, famt awey Gärten, einem Teide, ber Spilnberger genaunt wird, famt Haltern
(Hifdeinfagen), mit dew Unterthanen auf der Nengaffe, famt den Robothen, Zinfungen von
biefen Lenten, unb mit allen anbderiveitigen Nutzuugen und Gefillen mit ben drey Cent
nern ausgeſchmolzenen Unfehlitts, welches die Brünner Fleiſcher jährlich auf diefe Burg
Spilnberg liefern, und aud mit ber Freiheit in den Eichhorner Gebirgen, ba fie ans dem
Walde bas Holz yum Brennen gum Bedürfniß diefer Burg Spilnberg hauen, nebmen, und
auf biefe Surg obne Hinderniß führen können, auch mit allem Rechte, und Herrlidfeit,
was zu allem bem, wie dies oben benannt wurde, fonft gehört bat, nb anned gebirt, fo
wie Ihro kaiſerliche Majeſtät felbft dies in ihrem Beſitze unb Nutznießung gu haben
gerubten, unb verkaufen Rraft biefes BVertrags bem Bürgermeiſter und Rathe wie and ber
gangen Gemeinde Griinn ber jesigen und fiinftigen zu ihrem rechtmäßigen Erb-Cigenthum,
Beſitz und Nugnieffung unb dies namentlidh fite bie Summe von ,,Seds tauſend Gulden,”
ben Gulden ju 30 Grofden und ben Grofden zu fieben Denar gerednet, in Thalern und
böhmiſchen Grofcden, welche obbeſchriebene Summe ber Vilrgermeifter und Rath ber Stadt
Brinn für diefes Gut nad bem Datum diefes Vertrags am Tage bes beiligen Simon
und Juba auf bem Rathbaufe in ber Stadt Brünn den hiezu vow ben Ständen eigends
beorbderten Perfonen gu erfegen haben.
Und wir obgefdriebenen von ben Stinben Bevollmadtigten haben in biefer eit,
dieſe Burg Spilnberg mit allem Zugehör, fo wie es oben beſchrieben worden ift, bem fdon
erwähnten Gilrgermeifter und Rath ber Stadt VBriinn in ihre Macht abgutreten und bie
Unterthanen zur Erb-Hulbigung anzuweiſen, wud nad diefem Verfaufe unb Vertrage follen
fic) beibe Theile gegen fid) verbalten, und bey bem erften Lanbgericdt, trenn bie Lanbdtafeln
bier in ber Stadt Brünn erdffnet ſeyn werden, dieſen Vertrag fic in den Lanbdtafeln
einlegen.
Zur Gedächtniß deſſen haben wir Johann von Kaunitz und Wenzl Hodiezky auch
ſtatt andern mit uns bevollmächtigten Perſonen dieſen mit unſern Petſchaften beſtätigten
Vertrag dem Bürgermeiſter und Rathe der Stadt Brünn übergeben. Welcher gegeben und
geſchrieben wurde in der Stadt Brünn am Freytag vor dem heiligen Apoſtel Matthäus im
Sabre bes Herin gerechnet von ber Geburt bes Sohnes Gottes, Tauſend fünfbundert
ſechzig.
(Wladislaw Meſericzky von Lomnitz klagt für ſich und tm Namen ſeiner Brüder
wider Wolf Czierk, Bürger zu Brüun, wegen zweier ihren Leuten bei dem Teucht unterm
Spielberg weggenommenen Fiſchbeeren. (NalezenSammlung des petersberger Propſtes
Elias Hovorius von Wiſchau 1603 Blatt &7).
1586 fand man cinen Gehneiber-Gefellen todt im fpielberger Teiche (Ludwig's Chro⸗
nif S. 20).
Das Schloß wurde gwar 1578 vom Feuer verzehrt, fpaterhin jedoch wieder
aufgebaut und befeftigt.
Der Stadtrath bath den Raifer Rudolph, bem Unterfimmerer yu befeblen,
baf er aus ber Contribution, welche die Staͤnde gur Tilgung ber kaiſ. Land⸗
ſchulden bewilligten, die nod) ausſtehende Schuld von 1500 Schock Grofden
erlege, welche nod aus dem Darlehen von 3000 ftammte, bad die Stadt bem
Raifer Ferdinand gemacht hatte. Die Hanptmotive des Gejuches waren der
Bau ber St. Jakobs⸗Pfarrkirche und ded öden Schloſſes Spiel:
berg. Die Stadt erlangte weber einen Befdeid, fegte aber dod) wegen ber
immer näher fommenden Tirfengefabr ben Epielberg wieder in Verthetdigungs-
Stand; denn fie fing nad der gleichgeitigen Chronif bed Rathsherrn und Apo⸗
theferd Ludwig (herausgegeben vom Ritter von Ehlumedy, Brinn 1859) den
19. Oftober 1593 an, am Gpielberge ju arbeiten und führte ben Bau now
1594 fort (eb. S. 29, 36).
Die Stadt verfah das Schloß Spielberg mit den nothigen Gefdiigen und
nabm fadfundige Bedienungsmannfdaft wie auch SGefdigmeifter in ihre Dienfte.
Ludwig erzählt (S. 29), daß man den 19. Degember 1592 mit dem grofen
Stücke dem grimmigen Lowen fammt anderen 6 Stücken (Geſchütze) und einem
Morfel bei der Ziegelſcheine auf ben Spielberg gu nach einer Tartſchen geſchoſſen
Gat, um bie 2 Büchſenmeiſter von Nürnberg damit gu probiren, wo-
bei ber Meifter Simon Tauch (wohl der namlide, welder den Glocenthurm
bei St. Jakob baute) das Beſte that.
.Zur Feier der Eroberung von Gran wurden am 8. Sept. 1595 aut bem
Spielberge aus den grogen Stücken, 2 Morfeln und der Orgel Mame eines
Geſchuͤtzes) Freudenfchiffe gethan gu dem Gelaute aller Gloden in den Rirchen,
bem GWefange bes Te Deum Laudamus und bem Schlagen der Herren» ( Stabt⸗)
Trommel auf bem Safobsthurme (eb. S. 38). uch den Sieg gegen ECigmund
Bathori, welder Kaifer Rudolph GSiebenbiirgen gewann, feierte man am 19.
Auguft 1601 mit einer Proceffion, welde der Cardinal Dietrichftein führte, bem
Gefange des Te Deum Laudamus unter Begleitung von Orgeln, Heerpaufen
und Trompeten und bem Losſchießen etlider groper Stucke auf bem Spielberge
und ben Bafteien (eb. S. 71).
Ungeadhtet der ernfiliden Borkehrungen gegen Feindedgefabhr behielt bod
ber Spielberg in feinem reigendDen Gewande eines Rebendaches feinen freundli«
den Charakter eines Volfsbeluftiqungsortes. Ludwig erzahlt und (S. 83) wies
ber, bab zu Pfingften 1602 die neve Vogelftange auf dem Spielberge aufgefegt
und gum erften Male nad bem Vogel geſchoſſen worden, wobei ein armer Bar-
chetweber ein Sumann Konig geblieben.
Dieſes Vogelſchießen, audh gu Olmütz, Yglau, Znaim, Troppau u. a.
Orten üblich, arrangicte gewohnlidh der Stadtrath, woran fic die ganze Ge-
meinbde betheiligte, man zog mit groper Feierlichfeit gu beftimmien Sommerszeiten
auf ben dazu bergeridteten Platz (eine Wiefe, einen Garten — die Vogelwieſe),
wo auf einer Stange ein Vogel aufgeridtet war, nach weldem man mit dem
Bogen ſchoß, die Gewinnfte, gewöhnlich ein Stid Tud u. a, gab die Stadt ').
Spaͤter trat an die Stelle dad Scheibenfdiefen. Ludwig melbet (S. 26), dag
ben 21. Juli 1590 bie Büchſenſchützen gum erften Male anfingen, nad
bem Vogel um dad Ronigreich au ſchießen.
Der (Schiigen-) König pflegte feine Gäſte und Schützen gu traftiren
(eb. S. 83).
Das Schloß war fortan im Befige und Gewahrſame ber Stadt, welde
biefeé Gut burd einen Rathsheren verwaltete (1602 war nad Ludwig S. 71
und 81 Thomas Bufo Spielberg-Verwalter).
Als die Rebellion der boͤhmiſchen und maͤhriſchen afatholifden Stände
hereinbrach, warb der treue Stadtrath 150 Soldner, beſetzte mit denſelben
ben Spielberg, und ſchickte ſich mit dem groben Geſchütze in Bereitſchaft.
Raum war aber Graf Thurn mit den böhm. Kriegsvoͤlkern nad Brünn gekom⸗
men und die wanfenden mabr. Stinde in den Strudel hineingesogen, als diefe
ben Stadtrath wegen der Beſetzung des Spielberges yur Berantwortung zogen,
bie abtriinnige Buͤrgerſchaft die von bem erfteren angegedene Mitwiffenfdaft in
Abrede Rellte, fofort die Fath. Befehlehaber auf tem Syielberge abgefept, die Soͤld⸗
ner auf demfelben gum Uebertritte in ſtaͤndiſche Dienfte beredet, von da abbe-
tufen, vom Stadrathe ihrer Schulbigfeit entbunden, in den Gid der Stdnde ge-
nommen, die Schluͤſſel ded Schloſſes und der Stadt aus den Handen des Bür⸗
germeifteré in jene des fland. Oberften Stubenvoll iberantwortet wurden (Meine
Schrift: Die Schweden vor Brinn, Brünn 1845, ©. 7 — 9, mabr. Magagin
S. 244, 272, 273).
Der faiferlihe Sieg bei Prag (8. Nov. 1620) wanbelte die Dinge plog-
lid um. General Bouquoy zog am erften Tage bed Sabres 1621, von den
Standen auf bad Shrenvollfte empfangen, in Brinn ein, weilte hier einige Wo-
Gen und begwang ohne Widerftand fdnell bas gange Land. Wie man gur Be—
feftigung ber getwonnenen Herrſchaft an den Bau einiger Citadelen oder Gas
ftelle in Bohmen und Maͤhren (hier namentlich am Péltenberge bei Z3naim)
badte, gog der Cardinal Dietridftein alsbald das brinnet
Slog und die Burg gu Znaim für ben Kaifer ein (Hurter, Fer-
binand LL. 8. Bd. ©. 580, 611, 612).
Der Spielberg hatte gwar fdon fruͤher manden Staatégefangenen gebor-
gen, wie 1478 den von Mathias gum Landeshauptmann ernannten, aber von
Reidern verlaumbeten Bohuslaw von Sdwamberg (Moravetz Il. 88), von nun
aber (nicht erft feit 1740, wie Wolny U. ©. 79 fagt) wurde er Staatdgefang:
1) S. Bartholb, Städteweſen Il. 36 — 36, 250 — 251, Schlager, wiener Sliggen V. 66
— 184, Neumann, Sefd. von Goͤrlitz 609 -— 612, Peſchek, Geſch. von ittau, II. 367 —
377, Gus, Oppaland J. 108, Hl. 82, IV. 217 — 220, Mtoravia 1844 Rr. 27, meine Ge-
ſchichte von Iglau SG. 253, Pol, breslauer Jabhrbücher. Hencl, Silesia removata u. a.
nif und Strafanfialt, fo wie gum Gduge bes Landed in dem fortwahrenten
breifigidbrigen Griege ju einer fiir den Pamaligen Etandpunft ber Kriegskunſt
galibaren Feftung umgeftaltet. Die Seelforge, nämlich vie Beforgung ber Kirche
und der Bejagung auf bemfelben, erbielten 1629 bie Jefuiten und führten fie
wahrſcheinlich bis (1773) ju ihrer Auſhebung (Schmid! hist. soc. Jesu I. 937,
BWolny, fied. Topog. Il. 94, 98).
Wie die gu ewigem Gefangniffe verurtheilten boͤhmiſchen Rebellen gu Zbi⸗
roy und Raab (Peljel ©. 577), büßten auf dem Spielberge mandhe Theil:
nefmer fer mähr. Rebellion ihre Untreue und Berblendung, der Oberft
Sdarfenberg und Oberflieutenant Hammerle (163-) ') aber die Theilnabme an der
Gonfpiration bed Freiherrn von Schaafgotſch, welden ber Tod traf.
Ale die Schweden Mähren bebdrohten, drang der Beriwalter der Landes:
hauptmann(daft Graf Salm (1639, 1640) auf die Betreibung der Fortififation
ber Stadt Brünn und bes Spielberges. Für diefelbe wurden Roboten und
Gubren im brimner reife aufgeboten und ber alte Gebraud erneuert, nad
welchem die RMofter Maria-Saal, St. Thomas, Rarthaus, Tijdnowig, Obrowig,
Gt Anna und bie Sejuiten in Brinn, das petersberger Domftift und die Herr
fdaften Pofotig und Rzitſchan Brennhols auf ben Spielberg au führen Batten.
Auch in fpaterer Zeit nod) wurte die Berpflichtung gewiſſer Herricdaften bes
brimner Kreifes, eine gewiffe Anzahl Kubren Brennholy anf die Feftung Spiel:
berg fiir Die ordinari und extra ordinari Wachten jabrlich gu verſchaffen, geltend
gemacht 2).
1) Rad bem öſterr. Archive 1830 S. 410 wurde ber in bie waldſtein'ſche Confpiration ver-
widelte Obriſt Hammerle zum ewigen Gefingnifje auf dem Spielberge verurtheilt. Pelzel
(Gefdhidte von Böhmen, Prag 1779, S. 610) (gt ibu und 6 andere Oberfte enthaupten.
4) Carl Ludwig Graf von Hoffirden rictete de praesent. 16. April 1668 folgendes Geſuch
an baé f. Amt ber Landeshaurtmann{daft :
Hod ond Wobhlgeborner Graff Königl. Herr Landeshauptmann auch Woblgeborner
Frevherr, Wohledlgeborn Geftrenge Ritter, Herrn Cangler und Ratbe 2c.
Gnädige Hodgeebrte Herren!
3G Habe Vey antrettung meiner Kriegs-Commande auf ber Veſſtung Spilberg
Vefunden, daß Vndterſchidliche Herrſchafften des Brünner Creifes, gewiffe angabl fubren
Brennboly anf gebadte Vefftung für tie ordinari und extra ordinari Wachten Jäbrlich Zu
Veridaffen ſchuldig geweſen ond nod ſeyndt, wie Beyligende Specification mebrers weijet.
Demnad aber bie Herrſchafften Roffig vub Strutz Bon 3 Jahren hero, Wie aud
bie Cartbauß Königsfeldt bon Ein Jahr bero fic Bu folder fduldigteit ourd auf Ge-
waigert, vnd gar nidts Bengefdaffet, Wordurch dan bie arme Golbatesca in Verrichtung
ber Kayſ. Kriegsbienfte, Beſonders Bu falter Winters eit, groffe froft onb Kälte auffteben
miteffer.
ALB iff an bas Hochlöbliche Königliche Ambt ber Landtshaubtmanſchafft mein Dienft-
Freundlides Erſuchen, taffelbe gerube an iegthenante wiberjegliche Herridafiten die gnädig
Semeffene VBerordbnung Bu thuen, damit felbige fowol die Bisher aufftendige: alg tiinfftige
ſchuldigleiten in Beyſchafſung Ihrer anfigefegten anzahl fuhren Brennholtzes Leiften follen,
Die mahrifden Stanbe bewilligten (1642) gur Wiederherftellung bes Baus
falligen an dec’ „Feſtung Spielberg” 4,500 fl. und nad dem Falle von Olmiig
und Neuftadt 10,000 ff., welche unter der Inſpektion bed Landedshauptmanhs
verwendet werden follten. War nun dod) Briinn mit bem Spielberge der ein-
sige Ort bed Landes, weldjer dem Feinde mit Erfolg widerftehen fonnte Eand⸗
tagsſchluß 1642, meine Schrift: Die Schweden vor Brinn S. 28, 31).
Es waͤhrte nit lange, dab er beidbe auf bie Probe -feellte. Bur Zeit der
ſchwediſchen Angriffe und ber Belagerung ber Stadt Brinn (1643 und 1645)
fpielte aud der Spielberg eine widtige Rolle und widerftand, fo wie die
Stadt durch den aufopfernden Heldenmuth ihrer Birger, allen Anſtrengungen
der Schweden unter Torſtenſohn.
Am 6. September 1643 war Feldmarſchall Torſtenſohn mit ſeiner
ganjen Macht gu Ros und gu Fuß eine Stunde vor Brinn angelangt. Brann
und die Feftung waren von Truppen enthlspt. Durch die Hingebung, Entſchloſ⸗
fenbeit und Tapferfeit ber Birger wurde der Befehlshaber Demetrius Reid
von Reichenau in den Stand gefegt, Stadt und Feftung, angeblich durd 14
Tage, glidlid gegen bie Schweden yu vertheidigen. Dads Herannabhen ded faif.
Generals Gallas mit feiner gangen Macht, der ither die Schwarzawa fegte
und gegen ben Spielberg vorritdte, fo wie Mangel an Lebensmittein, nament-
lid aber bie Abſicht Torftenjohnd, gegen Danemarf au aiehen, bewogen die
Schweden gum Rückzuge.
Ym Jahre 1645 erſchien Torſtenſohn zum zweiten Male vor Brinn,
deſſen Eroberung nicht ſchwierig ſchien, da, wie es hieß, die Beſatzung bloß aus
Auf daß im widrigen fall Ihrer Kayſ. Mayeſtät Kriegsdienſt nicht Verbindt werde. Bu
Welder gnäd. ond Großg. Gewährung mid dienſtlich Empfehle alß
Des Hochlobl. Königl. Ambts ber Landtshaubmauſchafft 2c.
Dienftwilligfter
Carl Ludwig Graf von Hofffitrden.
Specification.
Der Fenigen Herrſchafften fo Bon altersbero Jährlich durch Vier Monath, alß Von
Erften Novembris bis letzten Martij. an Grennboly auf bie Veftung Spielberg fiir die
Wachten Zu Berſchaffen fdulbig feind:
Carthaug Rinigsfeldt Monatg 3 fubr.
Tiſchnowitz dto. 3 »
Ritſchan dto. 5
Konig Clofter dto. T ow»
St. Petersberg bt. . . 4,
Roffis und Strung bt. . . 4,
Raigern bto. 4,
Cloſter St. Thomas’ _ to. 3 ,
Ricifowig dto. 2
37 fubren.
97
zwei⸗ hoͤchſtens dreifundert Mann beftand und Mangel an Broviant und Mu:
nition hatte, weil ein bebdeutender Transport hievon von ben Olmig beſetzt hal⸗
tenden Sdhiveden aufgefangen worden war. Jn der That hatte im Sabre 1644
ber Spielberg nur eine Befagung von 1 Obriftlieutenant, 1 Ronftabler und 47
Mustetieren; die brinner Befagung follte aus einer ,,brimner Rompagnie” von
300 Mann beftehen, welde bie Stadt Brinn ward, aber nicht vollftandig Hielt.
Torftenfohn hatte feinen Truppen in einem Tagesbefehle verfproden,
fie in 3 Tagen in die Stadt Brinn und nad 8 Tagen in die Feftung Spiel-
berg einzuführen, aber er Gatte (id) gewaltig verrednet, und das damals allge-
mein angenommene Sprüchwort: ,Witer Schwedenmacht ift fein Schild ers
bacht* wurde an dem Heldenmuthe und ber Tapferfeit ver brünner Birger au
Sdanten.
In ber Stadt leitete die Vertheidigung befanntlid) ter Obrift Gou des,
auf bem Spielberg führte bas Kommando (fon feit mehr ald 20 Jahren)
ber Oberfilientenant Georg Ogilvy, ein geborner Schotte, uͤber beffen dama⸗
lige’ Berhalten die Relationen nicht befonderd giinftig lauten, indem er wenig
Erfafrung, Muth und Elfer in ber Bertheidigung diefes widtigen Punktes gee
seigt haben foll, und daher turd einen Beſchluß der angefehenften Perfonen
und Sriegé-Offigiere bem Oberfommando ded Obriften Souches untergeordnet
wurde, der mehr ald einmal die Fefler und Mifgriffe bed fpieloerger Nom:
mandanfen wieder gut madden mufte ').
Der Spielberg hatte gu diefer Zeit zwei Baftionen und ein Ravelin. Co uz
Ges ridtete ben bededten Weg (strada couperta) vom briinner Thore auf den
Spielberg vilig ein, wodurdh bas Zuſammenwirken ber Feftung mit ber Stadt,
wb fo die Bertheidigung und Erhaltuug beider, weſentlich bedingt war.
Die Schweden nannten den Spielberg jpottweife cine „kahle falte Rubel,”
aber fte empfanden ¢6 au ibrem eigenen Schaden, daß aus dieſer ,,falten Kuchel“
cin ſehr Heifer Wind Herausblafen konnte; denn die Bejagung der Feftung blied
bem Feinde nichts ſchuldig und beantwortete wader mit ihren wenigen Geſchützen
baé Feuer ber Sweden. Die Feftung Hatte in Alem night mehr als 12 Ge.
ſchüße, naͤmlich zwei Mörſer, gwei vierundswangigpfindige und zwei ſechzehn⸗
pfündige, fo wie nod) 6 anbere 2⸗, 3⸗ und 4pfündige Kanonen.
Die Kugeln des Spielberges bedrohten ſelbſt mehrmals das Leben der
ſchwediſchen Anfuͤhrer. So ware Torſtenſohn ſelbſt, als er eines Tags zur
Beſichtigung der Feſtungswerke und Belagerungsarbeiten die Runde machte, von
einer ſolchen bald erreicht worden. Eine auf ihn, der aus der Ferne erkannt
wurde, gezielte Kugel ſchwereren Kalibers ſtreifte hart an ihm vorbei, und ſchlug
') Die Auszeichnungen Ogilvy's ſprechen wohl für etn beſſeres Verhalten desſelben, als oben
angedewtet wurde. Geine Unterordnung fag im Intereſſe der Einheit ter Vertheidigung,
ber ſeine Leiſtungen mag Souches, welder belanntlich leinen Rivalen neben ſich duldete,
einen Schatten gezogen haben.
7
Die mabrifhen Stände bewilligten (1642) zur Wiederherftellung bes Bau⸗
falligen an der „Feſtung Spielberg” 4,500 ff. und nad dem Falle von Olmũt
und Neuſtadt 10,000 fi., welche unter der Snfpeftion des Landeshauptmanns
verwendet werden ſollten. War nun bod Brünn mit bem Spielberge der eine
sige Ort des Landes, welder dem Feinde mit Erfolg widerftehen fonnte (Land⸗
tagsſchluß 1642, meine Schrift: Die Edhweden vor Brinn S. 28, 31).
Es waͤhrte nist lange, daß er beide auf bie Probe ſtellte. Zur Zeit der
ſchwediſchen Angriffe und der Belagerung der Stadt Brinn (1643 und 1645)
fpiefte aud der Spielberg eine widtige Rolle und widerftand, fo wie die
Stadt burd den aufopfernden Helbenmuth ihrer Birger, allen Anftrengungen
der Schweden unter Tor ftenfo hn.
Am 6. September 1643 war Feldmarſchall Torftenfobn mit feiner
ganzen Macht gu Roß und gu Hugs eine Stunde vor Brünn angelangt. Brinn
und bie Feſtung waren von Truppen entblößt. DOurd die Hingebung, Entſchloſ⸗
fenbeit und Vapferfeit ber Birger wurde der Befehlshaber Demetrius Reid
von Reidenau in ben Stand gefept, Stadt und Feftung, angeblich durdh 14
Tage, glidlidd gegen die Schweden gu vertheidigen. Das Herannahen des kaiſ.
General Gallas mit feiner gangen Macht, der über die Schwarzawa fegte
und gegen den Spielberg vorrtidte, fo wie Mangel an Lebensmittein, nament>
lid aber die Abfidt Torſtenſohns, gegen Danemarf qu giehen, bewogen die
Schweden gum Riidsuge.
Ym Fabre 1645 erſchie Torfienfohn sum aweiten Male vor Brünn,
beffen Groberung nicht ſchwierig fdien, ba, wie es hieß, die Beſatzung bloß aus
Auf daß im wibrigen fall Abrer Kayſ. Mayeſtät Rriegsdienfl nicht Berbindt werde. Bu
Welder gnäd. ond Großg. Gewährung mid dienſtlich Empfeble alf
Des Hoh WH. Königl. Ambts ber Lanbtshaubmanfafft 2c.
Dienſtwilligſter
Carl Ludwig Graf von Hofffiirden.
Gpecification.
Der Fenigen Herrfdafften fo Von altersbero Jährlich durch Vier Monath, alß Bor
Erſten Novembris bis letzten Martij. an Grennboly auf bie BVeftung Spielberg für die
Wadhten Zu Verſchaffen ſchuldig ſeind:
Carthauß Königefeldt — 3 fuhr
Tiſchnowitz dto. 5
Ritſchan dto. 5
Konig Clofter dto. T »
St. Petersberg bto. 4.
Roffig und Strug bto. 4,
Raigern dto. 4p
Clofter St. Thomas _ to. 3 .
Rjejkowitz dto. 2
37 fuhren.
97
zwei⸗ hoͤchſtens dreihundert Mann beftand und Mangel an Broviant und Mu:
nition alte, weil ein bebeutender Transport Hievon von den Olmiig beſetzt hal⸗
tenden Schweden aufgefangen worden war. Jn ber That hatte im Sabre 1644
ber Spielberg nur eine Befagung von 1 Obriftlteutenant, 1 Ronftabfer und 47
Musletieren; die brinner Befagung follte aus einer ,,briinner Rompagnie” von
300 Mann beftehen, welde bie Stadt Brinn warb, aber nicht vollftindig hielt.
Torftenfohn hatte feinen Truppen in einem Tagesbefehle verfproden,
fie in 3 Tagen in bie Stadt Brinn und nad 8 Tagen in die Feftung Spiel:
berg einzuführen, aber ex hatte fic gewaltig verrednet, und das damals allge-
mein angenommene Sprudwort: ,Wiber Schwedenmacht ift fein Schild ers
dacht“ wurde an bem Helbenmuthe und ber Tapferfeit der brünner Birger yu
Sdanten.
Jn der Stadt leitete die Pertheidigung befanntlih ber Obrift Gou des,
auf bem Spielberg fihrte bad Kommando (fdon feit mehr alé 20 Jahren)
ber Oberftlientenant Georg Ogilvy, ein geborner Schotte, iber defjen Damas
liges Berhalten die Relationen nicht befonderd giinftig lauten, inbem er wenig
Erfafrung, Muth und Gifer in ber BVertheidigung diefes widtigen Punktes ges
zeigt Gaben foll, und daher turd einen Beſchluß der angefehenften Perfonen
und Rriegé-Offisiere bem Oberfommando ded Obriften Souches untergeordnet
wurde, der mehr als einmal die Fehler und Mißgriffe bes fpieloerger Rom:
manbanten wieder gut maden mupte ').
Der Spielberg Hatte gu diefer Zeit zwei Baftionen und ein Ravelin. Go us
Ges ridtete ben bededten Weg (strada couperta) vom briinner Thore auf den
Spielberg volig ein, wodurd bas Zuſammenwirken der Feftung mit ber Stadt,
und fo die Bertheidbigung und Erhaltuug beider, wefentlid) bedingt war.
Dte Schweden nannten ben Spielberg fpottweife eine „kahle falte Quel,“
aber fie empfanden es gu ihrem eigenen Schaden, daß aus dieſer „kalten Kuchel“
ein ſehr heißer Wind herausblaſen konnte; denn die Beſatzung der Feſtung blieb
dem Feinde nichts ſchuldig und beantwortete wader mit ihren wenigen Geſchuͤtzen
bad Feuer der Schweden. Die Feſtung hatte in Allem nicht mehr als 12 Gee
ſchüße, naäͤmlich zwei Mörſer, awei vierundswangigpfiindige und zwei ſechzehn⸗
pfündige, fo wie nod 6 andere 2⸗, 3¢ und 4pfündige Kanonen.
Die Kugeln bed Spielberged bedrohten ſelbſt mehrmals bas Leben der
ſchwediſchen Anführer. So ware Torftenfoh ſelbſt, als ex eines Tags zur
Beſichtigung ber Feftungswerfe und Belagerungéarbeiten bie Runde madte, von
einer foldjen bald erreicht worden. Eine auf ifm, ter aus ber Ferne erfannt
wurde, gesielte Kugel ſchwereren Kalibers ftreifte hart an ihm vorbei, und ſchlug
1) Die Autzeichnungen Ogiloy’s fprecen wohl file ein befferes Berhalten besfelben, als oben
augedentet wurde. Geine Unterorbnung fag im Intereſſe bec Einheit der Vertheidigung,
Uber feine Leiftungen mag Souches, welder befanntlidd keinen Rivalen neben ſich duldete,
einen Schatten gezogen haben.
¢
98
ben ifm zunaͤchſt Reitenden nebſt dem Pferde gu Boden. Torſtenſohn ers
bob feine Hand drohend gegen ben Spielberg und ritt davon; wohl mote
er im QHergen fid vorgenommen haben, feine Drohung zur That gu machen,
aber ber Spielberg war und blieb eine gu Harte Nuß fiir die Zaͤhne bed
ſchwediſchen Feldherrn. Auch dem ſchwediſchen ArtillerieeRommandanten, Gene:
ral Mortaigne, einem gebornen Franjofen, bradte kurz darauf eine ſpiel⸗
berger Kugel Todesgefahr; alé er eben die Minen am Spielberge befichtigen
wollte, ſchoß ber Ponftabler Jonas vom ,Hungerthurme” aus einer ,, Rothe
ſchlang“ mit folder Pradgifion auf ibn, bag bie Kugel nur einen Schritt entfernt
vom Pferde bed Generals einſchlug.
Waͤhrend ber Belagerung wurden uber 1300 gefangene Schweden in ben
in Felfen gehauenen Rafematten ber Feftung in Verwahrung gehalten. — Zur
Berftirfung ber Befagung wurden tiglih aus ber Stadt 70 Birger, ſowie ein
Theil ber Stubdentenfompagnie, dahin fommanbdirt. —
Die Auszeihnungen bes tapferen Souches fowie der Helbenmuthigen
Buürgerſchaft burd ben bankbaren Kaiſer Ferdinand JM. nad Aufhebung ber ſech⸗
achnivodentliden Belagerung gehdren der Geſchichte ber Stadt an, daher wir
fie bier nicht weiter erwähnen.
Nur einer, bie Tapferfeit der brünner Buͤrgerſchaft in ewig denkwuͤrdigen
Worten anerfennenden Stelle aus bem begigliden faiferl. Privilegiumd-Patente
Ferdinand’s IIL. fei hier im Vorbeigeh'n erwahnt, welde wortlid lautet:
— — ,Wie nidt weniger aud gu Kayſer⸗ und Monigliden gemueth
gegogen bdiefelbe Mannhalfte resistenz, dapffere Vigilantz, vnd ftandthafftigfte
Trew, wormit Sie fic bey folder gefahrliden Occasion 3u Bhrer vnd Ihrer
Posteritet Vnfterbliden Nachrumb; aud Vnſern ond aller Vnſerer Erb⸗Koͤnig⸗
reid) vnd Lander hocherſprießlichen nutzen, bei ber ganzen Welt glorios ond
Lobwürdin gemacht, ond fid) gegen den Feinden, hinandgefegt aller Ihren, Ihrer
Weib vnd Kindern, an leib ond leben, haab ond Guett, in bie augen gefdine-
nen hodften gefahr, ond vnnachlaͤßlichen ſchwaͤhren feindtliden betrohungen, gangs
lichen resoluirt gehabt, viel Lieber Gueth ond Bluett fambt Weib ond Mindt
auffaufegen, alé Sore Trew vndt Aydt, mit weldhem Vns alf Shren von Gott
vorgefepten Obrigheit vnd Erbherrn, Sie verpflichtet feindt, nur in bem geringften
gu verlegten, ober fich ber feinbde beberrfdung gu untergeben, wie fie Dan folded
aud binflifro in vnterthenigfter Deuotion, nod ferneres gu: thuen vnd gu aiden
gang willig ond erbdttig fein, aud wohl thuen koͤnnen, follen, vnd mogen.”
Der Rommandant bes Spielbergs, Obriftleutenant O gilyy, wurde vom
aifer gum Obriften befordert, in ben Freiherrnftand erhoben und ihm die Kom⸗
manbantur bed Spielbergs auf Lebendgeit ubertragen. Gr, Der gugleid) ber Ahn⸗
herr ber Reidhsgrafen von Ogilvy ift, ftard gu Brinn im Jahre 1661 und
wurbe nad feinem Wunſche in der raigerer Stiftéfirde begraben (S. meine
Sdrift: Die Sdhwebden vor Brinn, eb. 1845. Die Belagerung von Brinn
burd) bie Schweden 1645, von Koller, Brinn 1845).
a
Die Folgen ber Belagerung fihlte aud ber Spielberg, Es waren der
bededte Weg auf dbenfelben, bie Spigen und Eden ber 2 Baftionen und des
Raveling vom Feinde befhabigt und begiehungérweife gertriimmert'). Insbeſon⸗
bere Gatte aud die alte Burgfapelle, welhe im Spigbogen « Style gebaut
war, fer gelitten. Der Feftungscommandant Johann Wilhelm Graf von Zins
zendorf fab fic hiedurch beftimmt, die Kirche 1693 neu gu bauen, welde der
Garbinal und olmiiger Biſchof Graf von Troyer am 25. April 1753 confetrirte.
Spaͤter foll cin Greihere von Wallborf (wohl ber bruͤnner Kreishaupt⸗
mann Franz Uuguftin Ritter, feit 1742 Freiherr v. W., welchen Wolny irrig
Schloßhauptmann auf dem Spielberge fein (aft) bie fogenanute w alldorf’ ide
Kapelle erridtet haben, burch welche man vom ehemaligen briinner Stabts
thore aufwärts gum oberen Theile bed Spielberged geht (Wolny, kirchl. Topog.
Ill. 97, 99. S. das’ Rahere am Schluße diefer Abhandlung).
Brinn hatte in ber Regel auger Feindedgefahe feine Garnijon, fondern
nur tie Feftung Spielberg unter eigenen Commandanten 2), welde (pater aud
bad Militacrcommando in Mahren führten, 616 unter Maria Therefia ein form:
liches LandedsGeneralfommando auffam. War bie Feftung Spielberg geitweife
von ber Garnifon entbloft, fo mufte bie brünner Bürgerwache oben die Dienfte
verfefen, wie im 3. 1691.
") Ju Folge ber Belagerung wurden aud alle Gebäude des Kloſters St. Thomas bei der
Stat nebſt ben Garten, insbeſondere bas Badhaus unter bem SGpielberge, bie Schankhäuſer
unb ber Maierhof zerſtört und verwilftet (Wolny, lirchl. Topog. III. 127).
8) Wir geben hier bie Reihe ber Feftungélommandanten burch gwei Jahrhunderte, fo viel
wir deren anffinben lonnten:
162- — 1645 Georg Ogilvy (Ogeli, Oudleben), nad dev Stawdeslifte ber mabr. Mili;
yon 1644, M. S., al8 faif. Obriftlientenant mit 1560 fl. Jabresgebalt Commandant
anf bem Spielberge.
1645 — 1661 Georg Freibere ven Ogilvy, kaiſ. Obrifter und Commandant ber Feflung
Spielberg, nad dec rühmlichen Vertheidigung der Stadt Brünn (uuter bem Obriften
de Souches) und bes Gpiclbergs (1645) im deu Freiherrnſtand erhobeu, evbielt 1653
alg Obrifter und Commandant anf bem Spielberge das Gucolat bes Herrnftandes,
¢ 1661, in Raigern begrabeu (Wolny, Taſcheubuch 1829 ©. 163), faufte 1650 die
Mithle in Schölſchitz mit den dazu gehörigen Häuſelu.
16— Carl Graf Colonna von Fels, laiſ. General und Commandant (wana?) der Feflung
Spielberg (Gauchen, Adelalexikou S. 357).
1668 Carl Ludwig Graf von Hofflirchen, k. k. Obriſter.
1674, 1675, 1680 Georg Chriſtoph Freiherr von Dietrichſtein, Herr auf Swegslau
(Woluy 2. Bd. S. 263; Hormayr's Archiv 1418 S. 416).
1683, 1688 und 1693 Johaun Wilhelm Graf von Zinzendorf, kaiſ. Kämmerer, Gene⸗
ral⸗Feldwachtmeiſter, Obrifter und Commandant ter Feſtung Spielberg.
1700 Balentin Freiherr von Pfeffershofen, k. k. Obriftlieutenant (ein Freiherr vor
Pfeffershoſen (derſelbe ober fein Vater?) Ff. Oberfter war Inhaber bes Inf. Regi-
mented Ir. 7 vow 1692 — 1700) und Commantant (Bice-?) bes Spielberges
(Bony Ul. 26).
7*
100
Die Garnifon auf bem Spielberge gab nur die Ehrenwaden bei bem
Lanbdtage, ben Landrechten und Projeffionen, und gwar nur auf Mequifition bee
Landeshauptmannſchaft ab (Reffripte bed Hoffriegsrathes 11. Sanner 1701 und
10. Muguft 1729).
Die Eingiehung ber fpielberger Miliz auf militdrifdhe Art, hauptſaͤchlich mit
flingendDem Spiele, gab gu vielem Hader mit ber Stadt Anlaß. Denn diefe zählte
e6 gu ifren Freiheiten, daß diefe Miliz mit klingendem Spiele aufer den von
Alters her gewohnliden Zeiten und Feftivitaten nicht in ber Stadt erfcheinen
biirfe, aud) bas Commando in berfelben, fo lange bafelbft fetne faif. Garntfon
lag, wie bisher alfo aud in der 3ufunft bei ber Stadt verblieben war (Reff.
bes Hoffriegsrathes 20. Auguft 1674); baher wurde der Durchmarſch fiir die
regulirte Miliz vom £. Tribunale und Amtsbirgermeifter bewilligt, und felbft
bie einquartirte Miliz uͤbte fein Beſatzungsrecht (jus praesidii) 3. B. burd ben
1695, 1699, 1700 unb 1701 Bbilipp Chriftoph Sraf von Breuner, aif. Kammerer, Hofe
Kiegsrath, General-Felbwadhtmeifter und Commandant ber Feftung Spielberg.
170- Wnton Amand Graf von Sereni, f. k. Aammerer, geh. Rath und General-Felb-
Wadhtmeifter, vom Raifer Fofeph I. gum Commandanten bes Spielberges ernannt.
1712 — 1717 Heinrich Wilhelm Graf von Wicgel, k. k. Hoffriegsrath, Felbmarfdall-
Lieutenant, Commanbant ber Feftung Spielberg und General in Mähren (Sinapi
ſchleſ. Curioſ. 1.6. 160, ll. 272), 1717 gum Commanbdanten von Grofglogau ernannt,
+ 1739 als Feldmarſchall.
1717 — 1741 Ludwig Graf von Bingenborf, General-Felbwadhtmeifter, HF. Dt. L. (1726)
und Felbgeugmeifter (1727), geh. Rath, burd 25 Jahre Commandant ber (Hanpte)
Feftung Spielberg (Sinapi Ml. 334) und fonrmanbir. General in Mahren, refignirte,
mehr als 80 Sabre alt, 1741 und wurde als Generalfommanbant Mährens durch ben
Felbmarfdhall Sobann Chriftoph Freiberrn oon Seherr⸗Thoß, im Commando ber Fe-
flung Spielberg aber
1741 burd ben General + Felbwadhtmeifter Wilhelm Mauritz Freiberrn oon Roth erfegt
(Kindl's Beſchreibung bes preuff. Cinfalle, Vrilnn -1743), ber nachher Felb-
marfdall-Lientenant und Inhaber des Inf. Regiments Nr. 22 (oon 1741 — 1748)
urbe.
1742 Felbmarfdhall Johann Chriftoph Freiherr von Seher⸗Thoß Commandant ob beer
Feftung Spielberg.
Mit dem a. h. Reftripte oom 28. Februar 1750 wurde bem Obrifilientenant
®ontenet das Commanbo der Keftung Spielberg verliehen mb derfelSe gum 6%
Obriften erboben (Schon damal gab es ein eigenes Plaslommando. in der
Stadt Vriinn; 1753 war von Amabei Plagmajor).
1769 und 1787 Franj Setter vor Hertle r k. t. Obrifier unt Tommandant der Feſtung
Spielberg.
1796 Philipp von Spillmann, Oberſter auf bem Spielberge, + 64 Suire eit 1786
(Vriinner Zeitung Beilage S.:904).-
1798 Anton Hofmann, k. k. Oberfter, + 16. “April 1801 alt @eneralmajer zu Brinn
1800 und 1808 Joſeph von Molitor, k. k. Oberfter, Feftungstommanbant.
1806 vacat, (War nidt aud ein Feudtersleben unv jene Feit Feſtungskommandant ?).
1809, 1814 Obrifttientenant pon Rayd, Feftungsfommanbant.
1815 bis zur Uebergabe bes Spielberges an bas Civil 1820 Johann Edler von Janda,
f. f. Major und Feßungslommandaut.
101
Zapfenſtreich u. dgl. aud. Der fpielberger Commandant hatte feine Gewalt wher
bie Stabt, und in betfelben wurde, und dieß gwar nur bei dringender Gefage
und auf Deren Dauer, ein eigener Commandant beftellt (Reſk. 7. Februar 4704).
Diefe Einridtung erhielt immer eine Spannung zwiſchen der fpielberger
Garnifon und ber Stadt, welde nidt anftand, ber erfteren ein anbdered militd-
riſches Inſtitut entgegen gu ſtellen. Als naͤmlich Kaiſer Karl VI. auf Vorſchlag
ber Commiſſion zur Einrichtung ber f. Städte die Stadt⸗Guardia (Stadte
wade) neu organiſiren, vermehren und gleichfoͤrmig uniformiren lief (Reſk. 14.
Jänner 1727), übte fie ber Mtagiftrat militarifd ein, um fie in allen Vorfallens
beiten ber Stadt gu gebrauchen; unb verwenbdete fte gu ordentliden Aufzügen unter
ber Anführung von Oberoffigieren der Bürgerſchaft. — Nod andere Anldffe
gu Reibungen zwiſchen ber Garnifon ber Feftung Spielberg und ber Stadt gas
ben bie Anſprüche des Gommandanten ber erfteren auf bie Gewalt uͤber die
Stabtmauern, fiber Surisdiftionéredte u. dgl. Als der Spielberg-Commandant
Graf Zingendorf dem Rlofter St. Thomas erlaubte, ein neues Kloftergebdube
in ben GStadtmauern gu bauen, der Stadtrath jedoch, dieB als einen Surisdifs
tioné-Gingriff anfehend, bie Cinfaffung ded Bauplatzes durd die Stadtwache
niederreifien, der fpielberger Commandant aber bdiefelbe burch feine Miliz und
bie in ber Stadt befindliden Refruten mit militäriſcher Gewalt wieder herftellen
und eine bewaffnete Stelung einnehmen ließ (1727), fam die Gade zur Ents
ſcheidung bed Raifersd. |
Inzwiſchen wagte fi durd flange Zeit Niemand von ber Spielbergs-
Befapung in die Stadt; auch wurde den Miliz-Soldaten bed Spielberges bei
ben Gtadtthoren der Gintritt verweigert (Haura Miscel. M. 1. Bd. G. 135).
Der Magiftrat vergichtete auf die Mtitwirfung der fpielberger Miliz, welche fie
früher zur Grfeidterung ber in geringer Anzahl gewefenen Bürgerſchaft bei
Progefjionen und derlei Ehrenbezeigungen geleiftet; ja vergaß fich felbft ſoweit,
bag er, alé ber Gommanbant auf der vom Sabre 1647 bis 1727 gewoͤhnlich
erfolgten Degleitung der Prozeſſion beftand, der Miliz burch Mufsehung der
Brinnerthor-Bride den Cingang verfagte (1729).
Ueber ein fo gewagted Benehmen entriiftet, fepte Raifer Karl für die Bus
funft feft, daß die fpielberger Miliz die fogenannte ftand. Progeffion bei der
Collegiat-Rirhe St. Peter am Frohnleidnaméfefte, unb jene in der Oftave bei
ben Vätern Dominifanern, bagegen aber die bruͤnner Bürgerwache die aus ben
briinner Girden ausgebenden Progeffionen gu begleiten habe (Reſk. 18: Mai 1731).
Die Gewalt ber bie Stadtmauer, der Bezug aller Zinfe von den Fortis
fifationsgrinden und Realitdten: (im Reff. vom 25. Sunt 1731 verzeichnet), und
gewiffe Surisbdittionsredhte wurden dem Cpielbergs-Gommanbdo resp. bem Fortis
fifatorium jugefproden (Meine Schrift: Die Shweden vor Brinn S. 96—99).
Die maͤhr. Stanbe beſchloſſen zwar ſchon im J. 1600 die Greidtung eis
gener Seughdufer in Brünn und Olmütz, welde anf often bes Landes einges
tidtet werden follten, Die militaͤriſche Befagung bes Spielberges hatte aber
102
fein eigened Seughaué; daher mufte dle Stadt Brinn ihr abe. Zeughaus gur
Erhaltung ber Armatuc der Feftung Spielberg leihen, und dieß, wie geflagt
wurbe, gum Hddften Schaden ihrer eigenen Defenfiond- und Zeugfaden und
zur Gefabr ber Stadt, da ihe Pulver und andere Feuerwerfsbediiriniffe in ver-
fdiedenen Thuͤrmen ber Zwingmauer aufbewahrt werden muften, wo ſie leicht
der Blip (wie 1695 in Hradiſch) entgiinden fonnte. Nach vielen Jahren ftellte
ber Hoffriegsrath diefed Zeughaus an die Stadt zurück; nachdem in ber Fe:
ffung Gpielberg ein neues Zeughaus erbaut worden war. Dod
mute bie Stadt sur Aufnahme ber Poſtwägen und des Holzwerkes, welde in
bem fpielberger 3eughaufe feine Unterfunft fanden, einen hoͤlzernen Schopfen
im 3winger bet bem Froͤhlicher Thore erbauen Ca. h. Reff. 16. Juni, hoffriegér.
Reff. 31. Juli 1683).
Da Hier bas faiferl. Zeugwefen ſehr ſchlecht untergebradht war, fo machte
bec bruͤnner k. Zeugwart Paul Heinrich Happel, welder bem Obriften Lanb-
und Hausjeugmeifter bed öſterreichiſchen Staates (1683 Graf von Hofffirden)
unmittelbar untergeben war, ben Antrag, zur Wufbewahrung der kaiſerl. Artifleries
und Z3eugfaden cin Beughaus in ber Stadt au erbauen (Rif. 5. Jaͤnner
1696). Der Magiftrat und dad f. Tribunal begeichneten ben gerdumigen Plag
zwiſchen ber Stadt und Feſtung Spielberg als den fdidlidften Ort hiegu und
bradten gugleidh bie Anlegung eined Fortififationswerfes bis an ben Fuß der
Keftung gu diefem Swede in Wntrag.
Beides ſcheint wunterblieben gu fein. 1698 befanden fih in Maren 4
Beughaufer, und gwar in Brinn und Hravifd mit, zu Olmig und Iglau ofne
@arnifon; dann eine fleine Ruͤſtkammer gu Neuftart, in Schleſien 6 (Glogau,
Brieg mit Jablunfau, Stanislau, Liegnig und Neiffe ohne Garnifon) und in
Boͤhmen 4 Zeughaufer, in Prag, Gloag und Eger mit, in Pilfen ohne Gar:
nifon'). Die Stinde, welden die Erbauung und CErhaltung der mabrifden
Gortififationswerfe aus ven jährlich bewilligten GFortififationdgelbern oblag, bes
floffen im Jahre 1700 dad Zeughaus auf dem Sypielberge cinguvodlben (Die
Schweden vor Brinn S. 99).
Nad bem Ausgange bes 30jährigen Krieges geftattete Kaiſer Ferdinand ILL,
(1654) ben f. Stadten Brünn, Olmütz, Iglau und Znaim die gerftorten Bors
ftddte ohne Nachtheil fiir bie Fortififation wieder aufzubauen und bei dem plotz⸗
liden Einfalle ber Schweden in Polen befahl er CReffript 15. Spt. 1655),
Brinn mit dem Spielberge, Hrabdiſch, Iglau und Helfenftein gu bejeftigen, Stern:
berg, Fulnek u. a. Orte aber zu demoliren,. befonbders jedoch Olmütz unter die
haltbaren Plage gu rechnen nnd fammt ter Stadt Bglau durd dad Landes:
Subfidium (Landeshilfe) und Robot. gw repariren (Meine Geſchichte von Iglau
S. 315). Die mabr. Stände bewilligten hiefür burd eine gewiffe Zeit jährlich
1) Gub. Aften.
103
20,900 fi.'>. Unter ben Feftungen Maͤhrens nahmen Brinn unb ber Spiele
berg Den erſten Plaß ein, neben ihnen waren es Iglau, Hrabiſch, Helfenftein,
Gulenberg, Pernftein, Olmiig, Hodwald und Mürau.
Die Befeftigung der Hauptplage wurde gwar begonnen, machte aber bet
ben geringen Dtitteln nur langfame Fortfdhritte. Als im Sabre 1663 Tirfen
und Tataren in Mabren einbraden, 14 — 20,000 Menſchen alé Sflaven forte
führten, 30,000 ober gar 60,000 todteten und bad Land bid gegen Olmütz und
Grinn firdterlid) verheerten, wurden die Klagen uͤber die Mangelhaftigteit der
Befetigungéwerfe namentlid auc) in Briinn und auf bem Epielberge laut; der
bedeckte Weg gegen denfelben und das Ravelin dafelbft war meift eingegangen.
Die Stadtgemeinte bat ben Raifer in den beweglidften Ausdrücken, der
Stabt auf bem Schloſſe Spielberg (das nach dem Lanbdtagdfdluffe von 1663
cine Garnifon fammt Commandanten, nad jenen von 1665 und 1667 eine
Compagnia mit Obriften Hatte) bie unumgaͤnglich ndthige Hilfe und Schutz mite
telft einer angemeffenen ftarfen Garnifon unter wobhlerfafrnen Commandaͤnten
und mittelft allgemeiner Landesconcurreng bie nothige Ammunition, Proviant und
die Arbeitsfrafte zur erforderlichen Befeftigung des Platzes gu verfdaffen. Als
Reuhdufel gefallen, faft ganz Ungarn in dle Gewalt der Türken gerathen, Mäh—⸗
ren die Grange derfelben geworden, ernenerte (1664) bie Stadt ihre dringende
Pitte, Hinge bod) bon bem Falle ober der Erhaltung ber Stadt Brinn höchſt
wahrſcheinlich bad Schickſal Wiens und aller nahen Erblaͤnder ab. In einer
ſpaͤteren Borftellung an ben Hoffriegsrath (1668) (dilderte ber Stadtrath die
Wichtigkeit ber Stadt und der Feftung Spielberg als Gränzpaß gegen Ungarn
und als Bollwerk fir Bohmen, Mahren, Schleſien und Oeſterreich, indbefondere
Wien, und machte die Verdienfte und ben Helbenmuth geltend, welde fie ſich
burch die glidlide Bertheibigung gegen vie Huffiten (1428), in ben ungarifden
Kriegsunruhen (1525), gegen Boczkay und die Schweden erworben.
Gine Folge diefer Vorftelungen war die Fortfegung ber fon von Ferdi⸗
nand Ill. begonnenen Wiederherftedung der durch die ſchwediſche Belagerung
flarf beſchaͤbdigten GFeftungswerfe und beren größere Ausdehnung, gu eben derfels
ben Feit, alé (1666) die Biirgerfdhaft, weldje durd den Bar fo vieler Mlofter,
Sirden und Haufer der höheren Stande räumlich immer mehr beengt wurde,
ben Wunſch ausfprad, die Stadt Brinn midte gegen den Spielberg au ere
1) Rad bent Lanbtagsfdluffe som: Jahre 1657 wurden aur Fortificirung aller haltbaren Plave
uub-bagu ndthigen Materialien und GebaudesRothdurften, mit Cinſchluß dex Zufuhr, Schanz⸗
- fente und aller übrigen Handarbeiter 20,000 fi. bewilligt und, damit diefes Gortifilations-
- poert. um fo viel -beffer und ſchleuniger fortgefegt werde, wurden Seiner Majeſtät aus der
Mitte ber 4 Stände gur Infpettion Commiffarien benanut. Der Dbrifle v vom Spielberge
erhielt ftatt ber Befolbung 48 Portionen.
Nach ben Lanbtagsfdliiffer von 1668 unb 1659 iibernabmen bie Stanbe unter an-
beren aud) die Berpflegung ber Spielbergifden Frey-Compagnia und bes. Obriften.
104
weitert, ber Berg und die Stadt zuſammengefaßt und vereinigt und auf Ddiefem
giemlidy grofen Raume Haufer erbaut werden. Die Befeftigung riidte aber fo
wenig vor, daß die Haltbaren Plage Brinn, Olmütz und Hradiſch zur Zeit, als
die Tiirfen mit nie gefehener Macht vordrangen und den ganzen Weften Cus
ropa’s in die hoͤchſte Gefahr fepten (1683), gwar Leben und OGüter yu opfern
erflarten, zugleich aber vorftellten, daß die Fortififation nicht vollendet, die Gras
ben nicht ausgeführt, bie Bruftwebren und Contreffarpen nicht fertig und Ddiefe
feften Plage von grobem Geſchütze, Munition und Waffen und, bis auf eine
fleine Garnifon in Hradijd, aller Garnifonen entbloͤßt feien. In Folge beffen
erhielten Brinn und Olmütz Befapungen, Hradiſch bebielt feine bisherige ') und
bie Stände wurden aufgefordert, fiir bie mehrere Befeftigung diefer Haltbaren
Stabte gu forgen (Reffript 29. Juli 1683).
Bon den gum Fortififationsbaue jahrlich bewilligten 10,000 fl. wurden ges
wohnlid 5000 fl. zur Befeftigung Brunns und des Sypielbergé, 2500 fl. far
Olmütz und eben fo viel fiir Hradiſch beftimmt. Diefe Gelber blieben in ben
Handen der Stanbde, weldhe durch die Kreiéhauytleute ober f. Richter die In:
fpeftion uber ben Bau führten (Landtagsſchluüſfſe).
Der Befeftigung des Spielberges waren in bec Regel fahrlid 1500 —
2000 fl. gewidmet. Der General-Feldwadhtmeifter Johann Wilhelm Graf von
Zingenbdorf, Gommantant .dbiefer Feftung (1688, 1693) bat awar bie mabrifden
Stände um eine Aufbefferung diefed Betrages. Sie gingen aber in der nach—⸗
folgenden Pamatka nidt darauf ein.
Die loblide Herren Stande Haben aus deß Herren Johann Wilhelmb
Graffens v. Zingendorff, ber Rom. Kayſ. Mayeſtaͤt Cammereré General Feldi⸗
wachtmeiſters Vnd Commendantem der Voftung Sypilberg x. fürkommenen,
anbring in Mehrern vernommen, Welder geftalbt derfelbe Bey Ihnen Herren
Gtanden liber die Beuor, auf denen Jaährlich fallenden Fordifications Gelbern.
Ru gemelter Voflung Cpielberg gewidmete Ein Tausend fünf hundert gulden
nod omb eine ad juta anbaltet. Run Befhenen die LI. Herren Stante felbft,
— —— — — — “ =
1) Wegen bes Verinfies vieler Mannſchaft, welde die faij. Armee im den rubmvreiden aber
blutigen Kimpfen gegen die Frangofen und Türken erlitten, refolvirte Kaiſer Leopold,
daß bie Commanbdauten in ben Feftungen feiner Kinigreidhe und Länder neue Mannſchaft
werben (eff. 10. Rovembder 1689). Das f. Amt der mähr. Landeshauptmannfdaft lies
paher bie Landesinwohner nidt nur in ben haltbaren Plätzen, fonbern auc) an anberen
Orten und auf bem Lanbe anweifen, ben zur Rekrutirung fiir die Garnifonen Spielberg
und Srabifd ausgeſchicten Offtzieren bie Werbung yu geftatterr, jeboch mit folgenden Con-
telen und Borforge, 1) daß nah Vervollftändigung ber ausgeſetzten Zabl (hamlich für dte
Garnifon Spielberg 150 unb Hrabdifh 100 Mann) dicfen Garnifonen eine weitere Werdung
nidt geftattet und 2) daß nad) ben vorinaligen a. h. Refolutionen weder die Hausanges
feffenen noch das jur Wirthſchaft unentbehrliche Gefinde und Knechte in die Werbung ge-
jogen werben, bamit meben ber Miliz aud) ber Sandmann yur Veftreitung ber allgemeinen
Laften und Unterhalt derſelben zugleich conſervirt und erhalten werbe (Tribunaledefret 22.
Dezember 1689).
105
taf ten Lante an Bollftandiger dieſes orths perfectionirung nit wenig gelegen.
Nachdeme aber aud gu Betrachten, daß die Voflung wegen Ihrer enge, Bey
gefabrlidven Kriegszeiten Khaumb fur die nothwendige Guarnison sufficient: zu⸗
geſchweigen daß tie Herren Stinte Ihr refugium dahin nehmen Khunten, wohl
aber bie Stadt Brinn in dergleiden feindesgefahr, einen grofen Theil deren
Zandesinwohnern jue einer rettirade vndt Asilo, Conterlid auc gur Sicherheit
bed Koͤnigl. Governi; vndt bed publici Archivi ber Landtaffel, bienen muf, vndt
biefem nach berofelben fortification eben fo Rothwendig als bes Spilbergs ift,
Bey Befagter Stadt aber an bem fortifications Baw, nod fehr Viel ermanglet.
Golglid weit mehr Vnkoſten alf die nunmehro in zimblichen Standt gebradte
Feftung Spilberg ecfortert, da dod Hingegen von denen gue Beeden Orthen,
burd den Loͤbl. Kayſ. Hoff Kriegs Rath felbft assignirten fini Tausent guiben,
nad abjug fiir ben Spilberg Ein Tausent finff hundert gulben im Baaren
Rndt deffen was auf die, gu Beeden fortificationen erforbderliche materialien,
Bndt ber Bedienten Belohnung aufgehet, Khaumb fir bie Statt drey Tausent
gulden verbleiben, mit welchem gelbt aber, wie Leichtlich au eradten, Bey fo
weitfdidtigen fortifications Baw, nit Viel Veftritten werden fan, vndt alfo Bey
ber Statt man eben nocd ein mehrers Beterffe, wie fron im nedft verwichenen
Jahr ocasione Des von dem Herrn Graffen, Bey hochgedachten Kayſ. Hoff
Kriegs Rath ecingegebenen vndt anhero Communicirten anbringen Ihro Kapſ.
Mayeſtät alles auGfurclih vndt gehorfambft remonstrirt worden, Vndt hoͤchſt ges
dachte Kayſ. Mayeſtät ed aud darbey nod dato gnedigft Bewenden lagen.
Alß ift nit gu fehen, wie bie Lobl. Herren Stande bey Golden der Sach
Bewandtnuß def Herrn Graffen Berlangen So gern Sie immer wolten, wile
fahren Khenen.
Pie Verwendung der bewilligten jährlichen Fortififationsfteuer war jedoch
nicht ſtets die nämliche, fondern wedfelte nad Umftanden und Bebdirfniffen.
Eo follten die für 1709 und 1710 bewwilligten 10,000 ff. ausſchließend fur
Olmütz, dbagegen die bid 1709 verfallenen und unverwendeten Refte ver Fortis
fifationdgelber auf die Vollſührung ded bel Brinn neu angelegten Werfes und
na® dem Landtagsſchluſſe von 1720 follte die Fortififationsftener dermal vor⸗
zuͤglich zur Befeftigung Briinnd verwendet werden. Diefe beftand fett der ſchwe⸗
diſchen Belagerung hauptſaͤchlich in ber Einſchließung der Stadt vom dermaligen
Franjensberge über bas Subens und Froͤhlicher⸗Thor Hinaus bid gum Spielberge
mit einer Wallmauer und 7 oder 8 Baftionen, dann ber Erbauung und Befe-
Rigung ber genannten zwei Shore. Bei diefen Bauten der neuern Zeit wurden
alle neven. Werke..und.Boftionen vor die alten Gtadtmauern vorgefdoben und
bie legteren der Stadt: belaffen, welde diefelben {pater theilé demolirte, theils
veraͤußerle, theils in ihrem alten Zuſtande beließ (Die. Schweden vor Bruͤnn
6. 111 — £12).
Mele Anſicht zu Anfang des 18. Jahrhundertee ber. Spielberg, gewaͤhrte,
zeigt bie beiliegende Mbbilbung vom Jahre 1700.
106
Die „Eigentliche Vorftellung der berühmten Stadt Brinn nebft der dabet
liegenben trefflichen Feſtung Spielberg, gegeichnet von Friedrich) Bernhard Were
net, Siles. und in Kupfer gebradt und verlegt von Martin Engelbredt,
Kunfiverleger ju Augſpurg“ enthalt aud einen ,Profpeft ber WeltberAfmeen
Veſtung Spiehlberg ſammt ber darunter gefegenen alt Brinn.“
Kleine Anfichten bes Syielberges find in Payprody’s Spiegel von Mahren
1593 fol. 386, in Zeiler's Topogr. von Maͤhren 1650 ©. 91 u. a.
Wir haben nun der Geſchichte bes Spielberges gedadt, um ibn gum
Saupe des Landes webhrhaft gegen feindliche Angriffe gu madden, welche er
aber burd ein Jahrhundert nicht fah. Werfen wie einen Blick in fein Inneres
guriid, fo begegnen wir Erfdeinungen, die Zeugniffe ihrer Zeit liefern, fehen den
Spielberg ohne die Unterfheidungen und Rudfidten unferer Tage Staatégefane
gene, Staatéverbreder, gemeine Berbreder und Opfer fdranfenlofer Mache tn
feine ®efangniffe aufnehmen.
Hier büßte ber Oberft Morando (1667).
Muf bem Spielberge ſaß in ben 1680ger Jahren Stephan von S gir may,
damit von ben Gebeimniffen in der Angelegenheit bes ungr. Tofdly ber Schleier
nicht gelilftet werde. Die hier getragenen Leiden ſühnte nachher die Erhebung
in ben Grafenftand (Hormayr's Taſchenbuch 1821 ©. 10, oftere. Encyklop. V. 259).
Auf dem Sypielberge ſaß der aus brandenburg’jden in hurfadfifhe Dienfe
getretene Felbmarfdal von Shining. Da er verfuchte, ben Churfirften Johann
Georg IV. für Frankreich und gegen Oefterreich gu gewinnen und mit Hanno-
ver eine gang unabhangige Bartel in Deutſchland gu fdaffen, ließ ibn 1692 die
Ofterr. Regierung im topliger Bade verhaften und auf den Spielberg abfidhren,
um ifm den Prozeß auf Leben und Tod yu machen. Zwar bifte er auf die
nadodridlide Ginwirfiung des Kurfürſten nur feine Freiheit, wurde aber erft
nad deffen Tob (1694) bed Kerkers entlafjen (wie eS hieß in Folge eined Ge
ſchenkes von 30,000 Thalern an einen faif. Minifter) und ftarb (1696) mit
bem Fluche beladen, auf Menfchen zu militarifdem Dienſte formlide Jagd ges
macht zu haben (Bottiger, Geſch. von Gachjen If. 182, 199, Gretfdel, Geſch.
Sadjens II. 4614 — 463, Mailath ofterr. Gefd. IV. 583).
Auf Dem Spielberge büßte per faif. Feldjeugmeifter Graf Bonneval,
einer Der merkwürdigſten Manner des 18. Sahrhunbderted. Er war aué frans
zoͤſiſche in ofterr. Dienfte getreten und hatte gegen fein Baterland gefodten, aber
aud) in den erfteren jpielte er eine Menge unverjeihlider Streiche und Intri⸗
guen, und wurde sum Tode verurtheilt. Kaiſer Carl VI. verwanbdelte aber Dies
fen Urtheilé(prud in einen einjabrigen Arreſt (1723 — 4) auf bem Spielberge.
Bonneval übertrat alédann jum Séfam und ſtarb als Achmed Pafdha au Kons
ftantinopel (1744), als er eben im Begriffe war, nad Curopa guritdgufebren
und ben Islamismus wieder abzuſchwören (Ofterr. Encykl. I. 352, brockh. Gonv.
Lex. 8. Aufl. 2. B. S. 88). .
107
Auf bem Spielberge ſuͤhnte der kaiſ. Feldmarſchall Georg Olivier Graf
von Wallis bie traurigen Folgen leidenfdaftlider Aufregung. Als comman:
dirender General führte er 1739 nist mit Glid den Krieg gegen die Türken
und lief fic mit ihnen in Friedensverhandlungen ein, welthe auf die Nebergabe
ber ftarfen Feftung Belgrad abjielten. Hierburch gegen Wallis mißtrauiſch ge-
mat, lief Raifer Karl VI. den Frieden durch den General Grafen Neipperg
unterfandeln und gwar, wie die Vollmacht lautete, einen efrfamen, waͤhrend ihm
Maria Therefia und ihc Gemabhl, die fommenden Stirme vorausjehend, die ge-
beime YWeifung gaben, unter jeder Bedingung einen eiligen Frieden gu ſchließen.
Durd diefe Ausſchließung beleidigt und eiferfiichtig gereigt bewirkte Wallis, daß
nicht nur ein eiliger, ſondern aud ein hodhft unvortheilhafter Friede gefchlofjen
wurde. Der Kaiſer ftrafte Wallis und Neipperg, indem er jenen auf d ben Syiels
berg, diefen gu Glaz in Arreſt fepte.
Am 22. Februar 1740 fam Walid bei bem Feftungsfommantanten Gras
fen Singendorf an, welder ihm alle militirifden Ehren erwied und, als diefer
bet dem Gintritte in fein Arreſtzimmer ben Degen überreichen wollte, erwiderte,
ex Habe von Seiner Majeftat feinen Befehl, ihm denfelben abzunehmen. Gein
Arcreft dauerte nur furje Zeit, Denn naw Karl V1. am 20. Oftober 1740 er:
folgten Tobe entließ Maria Therefia Neipperg und Wallis der Haft und refti-
tuirte fie in ihren Aemtern (Meynert, dfterr. Geſchichte V. 2. Abth. S. 388,
Mailath, sfterr. Geſch. IV. 640, öſterr. Encyfl. 28).
Auf tem Spielberge litten (1745) eine ziemlich milde Arreſt⸗Strafe meh-
rere Mitglieder ber Sternkreuz-⸗Bruderſchaft zu Brinn, weldhe vorgab,
bie Alchymie und Golbmacerfunft yu betreiben, eine Univerfal-Medicin und den
Stein ber Weifen zu fuden, nach der Anficht ter Regierung jedoch aberglius
biſche und gefepwidrige WAbfichten verfolgte und fid) gegen Gott, bas fidtbare
Haupt der Kirche und ben Staat Verbrechen yu Schulden fommen lief. Es
waren bied namentlich GCajetan von Freyenfels, der LandfdaftésTangmeijter
Edftein und vec Dragoner von Glomberg, welder Mitglied ber Geſellſchaft
war und fie benuncirte (S. meine Abhandlung im 5. Bd. ber Schriften ber hift.
Seftion ©. 111 — 114).
Gin merkwuͤrdiger Sefangener bed Spielberges war ber k. f. Panduren-
Oberft Franz Freiferr von Tren. Bei bem Beginne des Sfterr. Erbfolge-
teleges 1740 erlaubdte ifm M. Therefia auf fein Anerbieten, ein Panduren:
Regiment gu ercichten, womit er in Baiern einbrach und alé Parteigdnger zwar
mande nuͤtzliche Dienfte leiftete, jedod mit Brennen, Morden und Pluͤndern
bie furchtbarften Unmenſchlichkeiten beging. Durch Geldgeiz und Ranb foll er
ſich ein Vermoͤgen von beinahe 2 Millionen erprept haben, madhte ſich fedod
bird fein graufamed Wuͤthen allgemein fo verhaßt, daß er 1746 ded Commando’s
enthoben, vor cin Kriegsgericht geftet und gu lebendlanglider Gefangenſchaft
auf dem. Spielberge verurtheilt wurde, wo er aud den 4. (nit 14.) Oftober
108
1749 ftarb'). Er war ein ſchoͤner Mann, weit uber bad gewshnlide Maß
grog, von groper Gelehrfamfeit, fpradh 7 Sprachen fertig, beſaß unglaublide
Stare und eine ungemeine Abhartung gegen alle Beſchwerden. Er fried au
feine cigene Biographie bid 1747, Leipzig 1748, 2 Th. (Hormayr’s Archiv 1824
Rr. 103, ofterr. Encykl. V. 411, dsfterr. Vit. Bl. 1845 Mr. 13, Gonverfationss
') Nad bem 50jähr. Andenken ber Auffegung bes Knopfes auf dem Rathhausthurme und
ben Rapuziner-Annalen ftarh Trenf am 4. Oltober 1749 Radts um 1 Uhr anf bem Spiel.
berge und wurde nod biefen Zag Abends um 7 Uhr bei den Balter Rapnginern begraben.
Aus dem 21. Vb. der Annalen der böhm. Rapuginer-Proving vom Jahre 1751 6,
85 theilen wir nod Folgendes mit.
De Conventu Brunensi.
Piissine et vere poenitens in Domino obiit Generalis Trenk, qui jam lengiori tempore
in Castro Spielberg Brunnae arrestatas fuit, de hujus ergo obitu data est sequens notitia,
Gewiffer und furger Beridht von dem Tobt bes General Trent.
Weilen viel lugenbafter Mäuler ben General Trenk in Leben wegen vielen Sachen
wunfoulbig arguiret, Biel weniger werden Sie Ihn in der kühlen Krnft ruben faffen; deffen
eben und Todt uns Kapuzinern gum Veften bewußt ift, und ich mein Lebens + eit von
feinen Golbaten bin fowohl anferbanet worden, wie aud von feinen einen fo glückſeligen
Todt erfabren, wie oon gemeldten General Trent.
Deffen Beichtvater ift gewefen P. Lector Colomannus genantt, der fid) wegen feiner
Kranfheit in die Chur nachher Wienn begeben, Gott aber Jon balb bas Zeitliche mit bem
ewigen verwandlet bat ben 21. Februarii, in dieſer Nacht hörte ber Trenf eine wobhlbefannte
Stimme rufenbe Trenf, Trenk, Trent! worauf er fich in febri maligna ober continna Bee
ſchweret Vefunden, derohalben ſich zeitlih gum Todt Bereithet, und Von meinem A. R. P.
Quardiano ſich ausgebethen, er midhte feinem Leib einen alten Habit vergönnen, und ere
fauben, bag er in unfer Kruft obne befondere Ceremonien, wie ein armer Rapuginer Bee
graben werden möchte, indem ſeyn ftinfender Körper nichts mebrers verdienet, als ein Stein
unter ben Kopf, al8dann bat er gleich zwei Staffetten nacher Wienn gefdidet, und feinen
Agenten, ober Abvolaten Berger erſuchet, womit er bet Allerhöchſten Orth Ihm die Erlanb-
nif cin Teftament zu madden auswiirlen möchte, welde er and in 24 Stunden erhalten,
mit biefer Beigefiigten Gnade, damit Er fic ein Guartier in Spielberg ausfude nad ſeinem
belteben, wie aud) mit feinem Vermögen nad feinen Velieben disponiren könne, daß fid
Thro Majeftat bas geringfte nidt vorbebalte (allein in Augusto bat Er miiffen 36000 fl.
erlegem), alfo bat Er nachgehends in gegemmart 7 Zeugen den 27. Octobris verteftiret
50000 ff. auf ein Spital an benen (BVritnerifden Kranken) Bäueriſchen Gringen, Item
50000 ff. auf ein Gpithal allbier in Briinn, 4000 ff. in bas Kirchel auf bem Spielberg,
Item 4000 ff. ad perpetuum anf eine widentl. beilige Meß, noch ein mehrers ad pias
Causas feinem grbften Feind 1400 Dufaten, feinem Bedienten 700 fi., bem anderen Vee
dienten (welder 3 Monath Ihn bebient) 1000 ff.; noc vielen Andern hat Er gu 100 und
1000 fl. Bermacet, welde ob der Menge halber unterlaffen, unb obfdon bas eine große
Summa anétraget, bleiben bannod feine Güter (weldhe in Hungarn und Slavonien viel
weither und Greiter feyn, als Mähren) ohne Schnlden, welche giither Er feinem Bitter
verfdrieben, ber bem Konig in Prenfen dienet, bod mit dieſer Bedingnus, bamit Er bem
Hauß Oefterreih diene, und Chatholiſch werde; wann nicht, fo folle diefe Güther der ane
bere Getter annehmen, wie Sie Liegen, ohne Bezahlung, bow auc mit bemelbter Bebing-
nue wenn aber biefer Feiner felbe antretten wolle, alfo (une bie Roeniginn feine gitther
109
Rerifon 7. Aufl. 11. Bb. S. 355, Bilder aus ber Heimat, Mien 1852, S.
312
— 5, Griffer, jofeph. Guriofa V. 152 — 160, Engel, Gefchichte von Un-
garn V. 309). Gr ift nicht gu verwechſeln mit feinem rubelofen Reffen Friedrich
Freiherrn von Trenf, welder in ben preuf. Feftungen Glag und Magdeburg
namenfofe Qualen durd viele Jahre ausftand und endlid) in Paris den Tod
burd) Robespiere fand (1794).
ad pias causas anwenden, welder legter mill ſodann nacher Hoff gefdidet worden, wor⸗
fiber ſich die Roenigin febr betritbt und Verwundert, beſonders wegen bem feinem Feind
vermachten Gxbtheil, NB. ben ic) gut fenne, worauf and gleich die Confirmation erfolget,
unb gu feinem angebiinbt, bag ber Trenf fidh ein Quartier in ber Stadt ausſuche (weldes
Se in unſeren Kloſter nod lebender hat nehmen wollen, allein Gott bat Ihn an feinem
Nahmenstag mit bem Todt praeveniret, maffen Er ben 4. Octob. umb '/, auf 1 Uhr bei
der Nacht bas Zeitliche mit bem ewigen vertaufdet, und als Todter hat Er fein Quartier
bei uns genommen, in biefem Tag anf die Nacht 1/,8 Ubr; und weilen Er verlangt hat,
Bon benen gefangenen in Banden und Ketten ane ber Feftung getragen gw werden, ift es
and alfo gefdjeben bis gu bem fogenandten Brüner Chor, hernach ift er auf einem wagen
Bie gu unſeren Clofter gefiibrt worden, wo er von Uns empfangen, nnb Von benen Layen-
Brudern gum grab getragen worden. NB. bur 4 Tag und’ Nächt ware ber P. Adjutas
umd P. Turibius bei Ihm bies gum legten Zügen geblieden.
Grabſchrift.
Stehet ſtill ihr Sterbliche hier ruhet Eures gleichen
Der mit Euch allen iſt aus einem Zeug gemacht
Euch gehet es eben fo, ben armen und bem Reider
Dieweilen Bor felbften die ftraff mit Eud auf die Welt gebracht,
Vedentt, wer ihr feydt, hier gibt man Euch gu lefen,
Da liegt ber Erden wuß, was ex Bu Vor gewefen.
Hier liegt unter biefen Stein
Des Trenls aſchen, und Vein
Vegraben, und Bedeckt;
Die Lueſt recht trew gu fterben
Reichthumb unb Ehr gu erwerben
Hat feinen Fall ertvectt.
Seind einige, bie bas lefen,
Derer Er ein freund gewefen,
Der fage wehm er will:
Des Trenks Aſch, und Vein,
Ruhet unter dieſen Stein
Gang ruhig, fanft und fil,
Lift, Neid, Berleimbdung, Haß,
* Begierd gu meinen Sachen,
oe Sat dieſes Grabmahl mich
se. Im Elend ſtiften laſſen;
nas TET") @olt! vorfte nad) meinen Todt
Nur mein Unſchuld fagen.
SGir ligt ber treue Trenk
__ Bie Socrates begraben ;
110
In feinem Veflamente vom 24. September 1749 (von Dudik mitgetheilt
in ben ofterr. Liter. Bl. 1845 Rr. 13) zeigte ſich ber gefürchtete Panburens
Oberſt weit menfdblider ald im Leben. Gr betheuerte, daß er nie an feiner
Monardhin treulos geworden oder gu werden im Sinne hatte; den Rapuginern
in Brünn vermadte er 4000 fl, gue Erbauung- eines neuen Altars in. der fpiels
berger Seftungsfapelle 3000 fi., zur Ctiftung eined Spitals in Oeſterreich
34,000 fl., bem einjabrigen Kinde Katharina Rother 4000 fl., weil beffen Bater
bie Ungemad des Arrefted mit ihm getheilt, bem k. k. Obriftlieutenant und
BPicefommandanten am Spielberge Franz Joſeph RKottulinsfy von Rots
tulin und feinen 6 Rindern 1200 Dufaten, feinem Teftamentserefutoe Dr. juris Pers
ger 6000 fl. und feinen zwei Schreibern 600 fl., bem weltlichen Priefter und
Beneficiaten auf bem SGpielberge 100 Dufaten, bem Plaglieutenant,
Wadhtmeifterlieutenant, Marquetender, 2 Profofen, Haupthoiften auf tem Spiels
berge, feinen Dienftleuten u. f. w. anfehnliche Geſchenke. Zum Univerfal-Erben
ernannte er Den alteften Cohn feined Bruders, wenn er fatholifd wird; feine
Güter in Slavonien follen verfauft werden. Rottulinsfy, Sofann von Amabei,
Obriftwadtmeifter und Blagmajor, 1 Hauptmann und 3 Oberlieutenants
waren Teftamenis>3eugen.
Die Schredniffe ber fpielberger Gaft erfuhr ber k. ſächſiſche Minifterial-
Kanzliſt und geh. Sefretar Mengel, welder, um fid aus ofonomifden Bers
legenheiten gu retten, gum Schurken und Verräther an feinem Ronige und Vas
terlande wurde. Geit 1753 theilte er nämlich fiir Geld bem preuffifden Gee
ſandten bie Gorrefpondengen zwiſchen Oefterreih und Rußland mit Cadfen mit,
bie auf eine BVerbindung mit Breufjen geridtet waren, welche Mittheilung
Du aber Wanderer betradt biefe Stelle,
Hütt did Vor meinen Fall, und Beth vor meine Seele,
Ah! könnt der Aſchen mein dieſes Recht nok widerfabren,
Daß e8 wie Socrates bie Unſchuld barf verwabhren,
So wurde meine Kayſerinn nad meinen Todt erfeben,
Das Unredt, fo mir von meinem Freund ift geſchehen.
Fr. L. B. de Trenk.
NB. Diefes hat der General Tren’ im feiner gefangnus ſchon längſt Verfertiget
gehabt, and deſſen Motaten- Biidel ſolches abgeſchrieben ift worden, obwoblen Er letzlich
fein grab, fondern einen Stein unter fein Haupt mit einem fdledten und gerriffenen Capu⸗
Ciner-Habit; ift baber bei uns Gapucinern zu Brünn in die Krnft unter unfere todten Brü⸗
ber Bbegraben worden ben 4. Octobris in feinem Nameus- und geburths- Tag, da ex 39
Jahr feines Alters gezehlet hatte.
Mit einem Legate Brenf’s wurde bie nad) ihm genannte Kapelle (Altar) in ber
1753 gemeihten Dreifaltigheitstirde auf bem Gpielberge gebaut und dotirt; aud foll er
bie Franzisci-Kapelle unter demfelben bet ber Schwabengaſſe gebaut haben, welde
um 1784 entweibt, 1789 in eine Mautnerswohnung umgefaltet murbe und nun von der
Finanzwache bewohnt wird (Wolny I. 45, 72, desf. kirchl. Topog. III. 98, 99, briinner
Seitung 1859 Mr. 264 ff., 1860 Mr. 47).
PBI
biel ben Ausbruch bed 7jaͤhrigen Krieges beſchleunigte. Als man endlid waͤh⸗
rend einer Reiſe im Gefolge ſeines Königs nach Warſchau dem Vergehen auf
bie Spur fam, wollte er ſich burch die Flucht retten, fam aber nur bis Prag,
wo er auf Requifition bes facfidhen Hofes feftgenommen und nad Brinn ges
bradt wurde. Hier fag er bis gum Abſchluſſe tes hubertsburger Friedend (1763)
und fam dann auf. die jadi. Feſte Konigftein, in welder er nod 33 Jahre,
meift in ſehr ftrenger und Harter Haft, lebte (Brodhaus Converf. Rerifon, 7.
Aufl. 7. Bd. ©. 291, Bottiger, Geſchichte von Sadfen, Ul. 326, Stengel, preug.
Geſch. IV. 386). |
Rod mander andere Staatsgefangene mag in ben Kerfern bed Spielbers
ges geſchmachtet haben und es mogen aud nod Aten über fie vorhanden fein
(wie in bem ehemaligen m. ſ. Gubernialardive aber den ſächſ. General Shining
(lit. S. Faſc. 317), den bto. Obriftlieutenant von Stolgenberg (lit. S.), den Jos
Gann Carl Freiherrn von Tharoulle (lit. T. 146), uber einen Linange (lit. L.
Fafc. 119), uber einen Grafen Hodig u. a.); allein von ben Gebheimniffen des
Spielberges ift und aus alterer Zeit nidts weiter als bas Mitgetheilte befannt.
Mir wiffen aud nidts Nahered tiber die 1707 gum Vorſcheine gefommene
Gonfpiration auf der Feftung Spielberg gu fagen, wegen welder nad gebalte-
nem Kriegsrechte mehrere Delinquenten beftraft wurden (Reff. 7. Nov. 1707).
Der Spielberg war aber nist nuc Gefängniß fur ſolche Ungludlide, ſon⸗
bern aud in viel friiherer Zeit, alg man gewoͤhnlich annahm, Arreſt fur gemeine
Verbrecher aller Art und gwar insbeſondere auch fir folce, welche gu einer
oͤffentlichen Arbeit (ad opus publicum) oder Feftungs- und Schanzarbeit verurs
theilt waren.
Ws auf Anordnung des Kaiſers (Larenburg den 23. April 1673) bas k.
Amt der Landeshauptmannſchaft den Kreishauptleuten Mährens mitgab, daß fte
bie Landſtertzer, Müſſiggänger und Baitelſchneider, fo wie aud) diejenigen Des
linquenten, welde bad Leben nicht verwirft, fondern ad opus publicum verur⸗
theilt worden, auf den Spielberg zur Schanzarbeit verweifen follen, machte ber
olmiger Commandant Georg Ludwig Fuchs von Randenberg dagegen eine Vors
fiellung, in Folge welder ber Kaiſer befahl (8. Suli 1673), daß bie Faulenger und
dergleichen Gefind!, fo im olmuͤtzer Rreife ergrieffen werden, nachher Olmug gur
Schanzarbeit geltefert werden follen.
Nachdem „faſt alle Jahre verwogene Schaffler-Geſinde, fo fic meiſtens
gegen ben Herbft um St. Wenzeslai zuſammenzieht, große Ungelegenveiten, bes
fonders im 3naimer Kreis, verübt und die Straffen unfider macht,” beſchloſſen die
maͤhr. Stande bei bem Landtage von 1676, daß die Herrſchaften untereinander
gute Correſpondenz Halten und Bernehmen pflegen, wenn etwelche Inſolenz vers
ſpuͤrt werde, eS unvergiiglich den f Kreishauptleuten andeuten und ihren Schaͤff⸗
lern ernſtlich verbieten follen, frembe auslaͤndiſche Schafflerknechte, befonbderé
In mebrerer Zahl gu Seherbergen. Sobald ihre RNottirung bemerft ober ausge-
ſorſcht werde, fol man bdiefelbe mit gefammter Hand verfolgen, fic) ihrer bemaͤch⸗
142
tigen und fie gu gebuͤhrender Abftrafung, es fei mit der Sdangarbelt, oder fonft
auf die Feftung Spielberg liefern. |
Damit durdh die Bosheit morofer und zahlfluͤchtiger juͤdiſcher Debitores die
treuhergigen Creditores mit ihren rechtmaͤßigen Anforderungen nit hintergangen
werden, ließ Raifer Leopold gum warnenden Beifpiele den prager Juben Salos
mon Lobl Artzt auf den Spielberg liefern, damit er zu einiger Genugthuung
ſeiner Schuld in opere publico in Band und Eiſen arbeite (Weingarten, Coder
©. 547, bet Wekebrob S. 73 allgemein gehalten).
Im Arrefte ber Feftung Spielberg befand fic bereits durch geraume Beit
ber Reger Johann Eyſelt, welder gwar den katholiſchen alleinfeligmadenden
Glauben angenommen, aber gum Lutherthum wieder relabiret war und darin
hartnddiger Weife beharrte, alé nun ber deffen Schickſal bie k. b3hm. Appel⸗
lationéfammer berichten follte CReffript 17. Dezember 1697, in Weingarten’s
Coder ©. 612).
Der Spielbergsarreft war nicht felten die Strafe wider(panftiger und aufs
rühreriſche Unterthanen. Go fafen bier gur Zeit, als wiederholte Robot:
Berweigerungen auf den iglauer Landgütern durch viele Jahre fortdauerten, gus
erft 18 Raͤdelsfuͤhrer durch fünf Bierteljahre (1705 — 6) und {pater wieder 8
Raͤdelsfuͤhrer (Meine Gejhidhte von Iglau S. 323).
Aud in einem der merfroticdigften Kämpfe um die alten Neste und Frei-
heiten, in jenem, welden bie Gemeinden Urbau, Raufenbdrud, Olfowig und Kal⸗
lendorf mit ihrer Obrigfeit, bem Kloſter Bru, fuͤhrten, fpielte der Spielberg
eine bebeutfame Rolle. Immer fategorifd abgewiefen erneuerten bie Urbauer
zehnmal ihe Begehren, weder Leibes- und Tobdesftrafen, Pliinderung und Ges
fangnif, nod Seite und Geldverluft und Ungemad aller Act fonnten den ftars
ren Ginn beugen, bis endlidh nad halbhundertjährigem Wiberftande, als ein
groper Theil ber maͤnnlichen Bevslferung im Gefaingniffe ſaß und bie Frucht⸗
lofigfeit feiner Opfer und Einſätze erfannte, der Beſchluß gefaft wurde (1724),
ten nutzloſen Rampf aufzugeben (Cinige Dorfweisthimer aus Mahren, vor
Peter Ritter von Chlumedy, im 17. Bd. bes Archivd ber faif. Wad. d. Wiff.).
Welche Ausſchreitungen bei ben Arrefticungen auf dem Spielberge vorfies
fen, {aft bie Verorbnung vom 12. November 1708 entnehmen, bak ohne Bors
wiffen ded f. Tribunals ber Commandant ob bem Syielberge die Garnifon gu
Perfons-Ergreifungen in der Stadt ober auf bem Lande nicht Hergeben foll, oder
bie Berorbnungen vom 12. Auguft 1716 und 20. November 1724, bak gwar
ben Lanbedsobrigfeiten auftefe, ofne hoͤheren Vorbewuft ihre Dienftboten und
Unterthanen auf den Spielberg gu fegen, nicht aber dem Biirgerftande und
denen Singulis (eingelnen Privatperfonen).
Aud naw bem MReffripte Karl VL vom 21. Sanner 1735 fonnten die
Obrigfeiten ihre Unterthanen auf die Feftungen Spielberg, Hradifd und Olmiig
abliefern. Geſchah beren Abgabe dahin wegen Ungehorſams ober Widerſpaͤnſtig⸗
felt, follter fie fo lange ba bleiben, bis fle fich thren Obrigfeiten unterworfen
143
fatten; außerdem durften fie dafelbft nur mit ber Beftimmung einer Zeit ange-
nommen werden (die auf dieſe Feftungen von Obcigkeiten ober Beamten liefernde
Unterthanen follen nicht anderd als cum definitione angenominen werden. Goll:
ten fie aber wegen Ungehorfam und Widerfpanftigheit geliefert werden, weilen fie
allba fo fang, bis fie fich ihren Obrigkeiten fubmittiren, gu bleiben haben, fonnen
biefelben absque definitione temporis angenommen werden).
Man wiirde aber ſehr icren, wenn man glauben wollte, ber Spielberg fei
nur Beftimmungsort fiir Gtaatsgefangene und gemeine Verbreder gewefen, er
war aud Disciplinar-Gefangnif fuͤr Beamte, Gefangnif für Uebertreter von Po—
ligeie und Stenergefegen, fuͤr Reger u. a.
Bei Verfaffung einer neuen Karte Dlahrens unter dem Ginfluffe ber Res
gierung drohte dieſelbe ben Obvigfeiten flr die Nicht-Angabe eined Ortes mit
einer Strafe von 400 Dufaten, ben fduldtragenden Beamten mit öffentlicher
Arbeit auf bem Spielberge (Reſk. 12. Juli 1714).
Beamten, welde Rauber conniviren wiirden, wurde mit dem Spielbergss
Arrefte gedroht (Rejfript 5. Mai 1710). ;
Obrigkeitliche Arrendatoren und Beamte, welde bas Cintreffen oder Pafe
firen von Zigeunern nidt gleid dem Kreisamte angeigen oder gegen Diefed lan⸗
desverwieſene und vogelfrei erflacte Gefindel nicht vermoge der Patente verfah⸗
ten würden, follten com opere publico auf bem Spielberge irremissibiliter
geftcaft werden (Patent Brinn 20. Suni 1721. ©. Gefdh. der Zigeuner in
M. und Schl. von mir im 12. Bd. der Sehriften der Hift. Sektion S. 127).
Obrigkeitliche Beamte, welche daran Schuld Hatten, daß die Montributionen
ber Unterthanen Hinterftellig bleiben, wollten Seine Majeftét entwebder mit dem
Spielberg⸗Arreſt ober geftalter Dingen nad aud nod ſchaͤrfer beftrafen laffen
(Refl. 16. Februar 1725, Wekebrod S. 167).
Sn Steuerfaden ungehorfame Beamte (Patent 26. Juli 1748, Inſtruktion
fiir bie Erefutiond-Commiffare), fiumige Contributions-Rednungsleger (Raitungs⸗
Patent 6. Buni 1749) follten mit tem fpielberger Arreſt beftraft werden. Auf
bad Verſchweigen fteuerbarer unterthaniger Realitdten ftand die Strafe eines opus
publicum auf dem Spielberge (Patent 9. Mai 1749).
Als ungeadtet vieler Warnungen die SelOftverftummlung, um dem
Militarftande gu entgehen, tiber Hand nahm, verordnete M. Therefia, daß die
Selbfiverftimmler, tba bie friiher verhangten CStrafen einer offentlicben Arbeit
nidjt gefrudtet, auf drei Jahre in bad olmiiger Zuchthaus geliefert werden-
Falls aud dieſe Strafe nidht wirken follte, wiirden Ihre Majeftat nicht anftehen’
nod) fdbarfere, ja aud Leib- und Lebens-Strafen gu verhangen (Reff. 27. No⸗
vember 1747). Sm genannten Zucthaufe war fiir bie Selbftverftiimmler die
Verpflegung mit 4 fr. taglid beftimmt (Tribunalédef. 12. Janner 1748).
Maria Therefta lies aber fpater geſchehen, daß diefelben, bid die Zucht⸗
faufer gu Olmuͤtz und Brinn beffer eingeridtet und beziehungsweiſe erbaut fein
8
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Sn feinem Veftamente vom 24. September 1749 (von -Dudil mitgetheilt
in den ofterr. iter. Bl. 1845 Rr. 18) zeigte ſich der gefürchtete Panduren⸗
Oberft weit men{dlider ald im Leben. Gr Hetheuerte, bag ec nie an feiner.
Monardhin treulos geworben oder gu werden im Sinne hatte; den Rapuginern
in Brünn vermadte er 4000 fl, gur Erbauung-eines neuen Altars in. der ſpiel⸗
berger SFeftungsfapelle 3000 fl., zur Ctiftung eines Spitals in Oefſterreich
34,000 fl., bem einjabrigen Rinde Katharina Rother 4000 fl., weil deſſen Vater
bie Ungemad ded Arreftes mit ihm getheilt, bem Ff. k. Obriftlieutenant und
BPicefommandanten am Epielberge Frans Joſeph Kottulinsfy von Rots
tulin und feinten 6 Rindern 1200 Dufaten, feinem Teftamentéerefutor Dr. juris Pers
ger 6000 fl. und feinen zwei Schreibern 600 fl. dem weltliden Priefter und
Beneficiaten auf bem Spielberge 100 Dufaten, bem Plaglieutenant,
Wadhtmeifterlieutenant, Marquetenber, 2 Profofen, Haupthoiften auf tem Spiels
berge, feinen Dienftleuten u. ſ. w. anfehnlide Gefdenfe. Zum Univerfal-Erbden
ernannte er ben alteften Cohn feined Bruders, wenn er fatholif wird; feine
Güter in Slavonien follen verfauft werden. Kottulinsky, Johann von Amadei,
Obriftwadtmeifter und Platzma jor, 1 Hauptmann und 3 Oberlieutenants
waren Teftamenid-3eugen.
Die Schreckniſſe der fpielberger Haft erfubr ber k. ſächſiſche Minifterial-
Kanjlift und geh. Sekretär Menzel, welder, um ſich aus ofonomifden Bers
legenfeiten zu retten, gum Schurken und Verräther an feinem Konige und Bae
terfande wurde. Geit 1753 theilte ex namlid) fur Gelb bem preuſſiſchen Gee
fandten bie Correfpondengen awifden Oefterceih und Rußland mit Cadfen mit,
bie auf eine Verbindung mit PBreufjen geridtet waren, welche Mittheilung
Du aber Wanberer betracdht dieſe Stelle,
Hitt bid) Vor meinen Kal, und Veth vor meine Seele,
Ah! könnt ber Aſchen mein biefes Recht nod widerfabren,
Daß e8 wie Socrates die Unfduld barf verwabhren,
So wurbe meine RKavferiun nad meinen Codt erſehen,
Das Unrecht, fo mic von meinem Freund ift gefcheben.
Fr. L. B. de Trenk.
NB. Dieſes bat der General Trenk im feiner gefanguus ſchon lingft Verfertiget
gebabt, ans deffen Notaten⸗Büchel foldhes abgeſchrieben ijt worden, obwoblen Er leglid
fein grab, fondern einen Stein unter ſein Haupt mit einem ſchlechten unb gerriffenen Capu⸗
Ciner-Habit; ift baber bei uns Gapucinern gu Brünn in die Kruft unter unfere todten Bril-
ber begraben worden ben 4. Octobris in feinem Nameus- uud geburths- Tag, ba ex 39
Jahr feines Alters gegeblet hatte.
Mit einem Legate Trenk's wurde bie nad) thar geuannte Kapelle (Altar) in ber
1753 geweihten Dreifaltigteitetirdhe auf bem Spielberge gebaut und dotirt; auch foll er
bie FrangiscisKapelle unter demſelben bet der Schwabengaſſe gebaut haben, welche
um 1784 entweibt, 1789 in eine Mautnerswohnung umgeftaltet wurde und nun von ber
Finauzwache bewohnt with (Wolny II. 45, 72, desſ. kirchl. Topog. III. 98, 99, britnner
Zeitung 1859 Nr. 284 ., 1860 Mr. 47).
- Ad
viel den Ausbrud bed 7jdbrigen Krieges beſchleunigte. Als man endlich wah:
rend einer Reife im Gefolge ſeines Königs nad Warfdhau dem Vergehen auf
bie Spur fam, wollte ec ſich burch die Flucht retten, fam aber nur bis Prag,
wo et auf Requifttion bes fachfidhen Hofes feftgenommen und nad Brinn ge-
bradt wurde. Hier faß ex bid gum Abfchluffe ted hubertsburger Friedens (1763)
und fam dann auf. die jadi. Feſte Ronigftein, in welder er nod 33 Sabre,
meift in fer ftrenger und Harter Haft, lebte (Brodhaus Converf. Rerifon, 7.
Aufl. 7. Bd. ©. 291, Boͤttiger, Geſchichte von Cadfen, Ul. 326, Stengel, preuß.
Geſch. tV. 386). |
Rod mander andere Staatsgefangene mag in ben Kerfern ded Spielbers
ged geſchmachtet haben und es mogen aud nod Akten uber fie vorhanden fein
(wie in bem efemaligen m.f. Gubernialardive ber den ſächſ. General Schöning
(lit. S. Yafe. 317), den dto. Obriftlieutenant von Stolgenberg (lit. S.), ben Jo⸗
hann Garl Freiherrn von Tharoulle (lit. T. 146), liber cinen Linange (lit. L.
Faſc. 119), liber einen Grafen Hodig u. a.); allein von ben Geheimniffen des
Spielberges ift und aus Alterer Zeit nichts weiter als bas Mitgetheilte befannt.
Wir wiffen aud) nichts Näheres uber die 1707 gum Vorfdeine gefommene
Gonfpiration auf der Feſtung Spielberg gu fagen, wegen welder nach gehalte-
nem Kriegsrechte mehrere Delinquenten beftraft wurden (Reff. 7. Nov. 1707).
Der Spielberg war aber nicht nuc Gefangnif fur ſolche Ungludlide, fons
bern auch in viel früherer Zeit, ald man gewoͤhnlich annahm, Arreſt far gemeine
Berbredher aller Art und gwar insbeſondere auch fuͤr folche, welche au einer
Offentliden Arbeit (ad opus publicum) ober Feftungs> und Schanzarbeit verurs
theilt waren.
Als quf Anordnung bes Kaiſers (Larenburg den 23. April 1673) bas k.
Amt ber LandesHauptmannfdaft den Kreishauptleuten Mährens mitgab, daß fie
bie Lanbdfterger, Müſſiggänger und Baitelſchneider, fo wie auc) diejenigen Des
linquenten, welche bad Leben nicht verwirkt, fonbern ad opus publicum verur⸗
theilt worden, auf den Spielberg zur Sdangarbeit verweifen follen, machte der
olmiger Commandant Georg Ludwig Fuchs von Kandenberg bagegen eine Vors
ſtellung, in Folge welder ber Raifer befahl (8. Juli 1673), daß die Faulenger und
bergleichen Gefindl, fo im olmiiger Kreiſe ergrieffen werden, nadher Olmug zur
Schanzarbeit geltefert werden follen.
Nachdem ,,faft alle Jahre verwogene Schaffler-Geſinde, fo fic) meiftens
gegen den Herbft um St. Wenzeslai gufammengieht, grope Ungelegenheiten, bes
fonderd im 3naimer Kreis, veriibt und die Straffen unfider macht,” beſchloſſen bie
maͤhr. Stande bei bem Landtage von 1676, daß die Herr{daften untereinander
gute Gorrefpondeng falten und Vernehmen pflegen, wenn etwelche Inſolenz vers
ſpuͤrt werde, eS unverzuͤglich ben k. Rreishauptleuten andeuten und ihren Schaͤff⸗
lern ernſtlich verbieten follen, frembde auslaͤndiſche Schafflerknechte, beſonders
in mehrerer Zahl zu beherbergen. Sobald ihre Rottirung bemerkt oder ausge⸗
forſcht werde, foll man dieſelbe mit geſammter Hand verfolgen, ſich ihrer bemaͤch⸗
116
fiber 200 gab, rebucirte (1729), fiir cine beffere Befesung derſelben, Wid de
beffere Einrichtung ber Frohnveſten, eine beffere Behandlung ver Fnquiktri a
Siraflige forgte. =
Als mehr gelduterte, Hellere und mildere Anfichten in dle Strafgsteape
bung allmalig Eingang fanbden, alé bie Reglerung dem gedriictten Loe
unteren BolfSflaffen mehr forglide Pflege zuwandte, dachte man aude
Gefangnifwejen mehr Syftem zu bringen. Gdjon Raifer Carl Vi. beadfigiyl
„ur audsgiebigen Zuͤchtigung deren Delinguenten aud in Dabren.- wetter ves
Ramen eines Sut- und Arbeitshaufes carceres perpetui aufyudtgien,”
wie aud feinem MReffripte vom 11. April 1737 und fonft an das & Tribal
erlafjenen Befehlen hervorgeht. Die zur GEntwerfung des Projektes beſten
Commiffion erachtete, ,, bie Jntention bed Hofes bei Aufridtung carcerum pe
petuorum ober fogenannten 3udt- und Spahn-Hausern gehe dahin, womit de
Boͤßwichte zur Straff, die Faule zur Correction und Arbeith und Finfligha
bie gur Arbeit untichtige leuthe zur unterhaltung gebradt werden funten.*
Die Commiffion erinnerte vor Allem, daß bereits aus der teſtamentariſche
Veftimmung bes Oberfilandridters Leopold Anton Grafen von Gad (+ 172),
des Grinders der olmiper ſtaͤndiſchen Akademie, ein Kapital von S000 fi. nag
Olimig fir ein Zuchthaus gewidmet und dadfelbe auch fdon gum Theile ame
erbaut wurde (S. meine Geſchichte ber Studien⸗Anſt. in Mabren und Schleſin
©. 12,15) *).
Die Commiffion war ber Meinung, daß mit Rudfidt auf die Entfernang
und leidjtere Ausfuͤhrung von 6 Rreifen bes Landes der olmiiger, prerauer unt
Hrabifmer an dad Zucht- und Spinnhaus gu Olmiig, „weillen alba bereité
ein Anfang gemadt tworden,” gewiefen, file ben brünner, gnaimer und iglauer
aber ein zweites in Briinn erridtet werden follte.
Die genannten zwei Stabte finnten bie Materialien, befonderd bie Sie —
gein beifd@affen, bie übrige Nadbarfdhaft von den höheren Standen vom Kaiſer
aufgefordert werden, gu „dieſem opere pio primi generis, woran bie Rube und
Giderheit bed Landed grofen Theiled gelegen,” mit Holz⸗, Steins, Ralf: overt
Kalkſtein⸗Fuhren u. a. gu concurviren.
Sn Brinn fei bas Confumo ftarf und die BVittualien in nicht gar wohl⸗
feilem SPreife gu haben, in Olmuͤtz aber der Landesfundigkeit nach viel wohlfeiler
1) Das olmitger Zucht- und Spinnhaus fam aud wirklich zu Stande und diente als
Prov. Strafhaus. In Olmilg war nämlich ſchon im Jahre 1702 in ber Riedergaffe ein
Budt- und Arcbeitshaus angelegt unb 1722 barin anc eine RKapelle bergeftellt worden.
Obwohl guten Theiles erbaut, war es aber 1746 nod nicht in vollklommenem Stande, fon-
bern nod 3u ertveitern und man ging damit um, nod ein Spinnhans und innnerwabrende
Kerter darin gu errichten. Diefes ,,heilfame Werk” ſtand unter der Stadt-Gurisdittion (des
Synditus Laugly, Beſchreibung von Olmütz 1746 M. S.). Auch in Brünn gab es 1668
cin ſtädt. Zuchthaus.
AT
gw ieben. Der eingige Swed ber Erbauung diefer Häuſer fei, „die facinorosos
pit atbeithen ju belegen nnd die otiosos mit arbeith gu occupiren, bas Ges
Nvg negotium umb Ollmig gebe eine befondere Gelegenheit gu derley arbeithen.”
MBann in zwey orthern daß exempl der Zudtigung beſchehete, ware ein
jeſſerer Gijeft gu hoffen, anerwogen dergleichen zuͤchtigung mehr im Lande in
m6 age fallete und die Leuthe vom üblen ober otiosen Lebendwandl abjdras
‘eke und die guttthater durch derley gutte exempl in Grwagung, da folde im
pangen Lande befandt wurden, vermehrt werden modten.”
Die Commiffion machte den Vorfdlag, bie Gebdude im Winklersberg'ſchen
Barten ju Brinn und, mit Verduferung des (don beftehenden, ein neues in
Me Inſel an Olmütz aufzurichten und gwar getrennt nad Dem Gefdledte und
ber Art der Gefanglinge, namlid je ein größeres Haus fie die Immorigeri
MAnverbeſſerlichen), ein kleineres fite die Rriminaliften ober facinorosi, mit ge:
lremnten Laboratorien und Dormitorien, dann einer Kapelle. Wegen Entlegen-
beit dieſer Gebdude fonnten von den notorifd im Lande befindliden 1800 inz
paliden Solbdaten einige einftweilen zur Bewadhung eingelegt werden.
Während ded Baues follten alle im Lande befindliden ad opus publicum con:
Vemnirten Delinquenten gur Verwendung als Taglöhner nad Brinn und Ole
mity gclicfert und bas audsgeworfene Alimentationsgeld von 4 fr. tag:
Lig von denjenigen gereidht werden, wo diefelben dermal infigen.
Zur Erhaltung biefer Hauler ſchlug bie Commiffion folgende jährliche
faudos yor:
1) ben Standen würde nit ſchwer fallen, 1000 fl. beigutragen; 2) die
fon fangft fur Invaliden aufgeridtete Kandelberg er'ſche Fundation im
Gapitale von 12,393 fl. und in erfparten Jntereffen von 5393 fl. 33 fr. 2 dr.,
jufammen von 17,786 fl. 33 fr. 2 dr, was an jabrliden 6 percentigen
Sntereffen (wie dieſe allgemein angenonnnen waren) 1067 fl. jabrlid ab-
werfe, weil zur Bewachung diefer Haufer wenigftend 40 Invaliden ndthig fein
werden; 3) als Beifilfe für dad olmilger Haus bie 6 °/, Intereſſen pr. 480 fl.
vom graflid Sack'ſchen Fundations-Kapitale pr. 8000 fl.; 4) dba auf der Fe-
fing Spielberg 25 ad opus publicum condemnirte Leute täglich mit 3 Rren-
jern aus Dem in der Verwaltung der Stanbe befindlidhen Fortifikatons⸗Fonde
alimentirt werden, fonnten dem Militar gu ben Fortififationd-Arbeiten aus dem
Zuchthauſe 25 Perfonen gelicfert und hieburch ben Zucht- und Spinnhaufern
heli) cin Bond von 500 fl. gugcfithrt werden; 5) „da ſich auch hierlandes
jae pension deren laicorum und armen leuthen befferer sustentation bei etwel-
den flofter Strefften (Welehrad und Bru) anliegende fogenannte Leufrümb—
ben (Qaipfriinden) befünden“ 1), Fonnten dieſe auf kaiſ. Befehl bald dicfen jenen
nothleidenden Menſchen zugewendeten, mithin ber Armuth in genere gewidme⸗
—— — — — — — —
") S. über dieſelben dad Notizenblatt ber hiſt. Seltion 1859 Nr. 7 wid 1860 Rr. 4.
118
ten Laipfruͤnden im Kapitale von. 1750 fi. mit ben 6 °/, Sntereffen von 105 fi.
ben Zucdthaufern um fo mehr gugewendet werden, alé diefelben jum Rugen bes
Publitums und ber allgemeinen Rube und Erzieglung guter Leute gebaut
werden; 6) wie in Oeſterreich jeder Deftator unter Strafe ber Richtigteit
bem Armenhaufe etwas verlaffen miffe, ware etwas Aehnliches in
Maͤhren eingufigren, was wenigftens 1000 fl. jaͤhrlich geben dürfte; 7) die
Strafgelder in Brinn feien gwar nad cinem Privilegium Konig Ludwig's
VON 1523 und der Wirthſchafto⸗Inſtruktion aur Verbefferung her Stadt beftimmte,
e6 erſcheine aber billig, daß alle derlei Strafgelber gum Beften ded Publikums
verwendet und ald bem Fiffus ober der faif. Rammer anheimgefallen, wie die
Inſtruktion ber k. Stadte Böhmens ausmeffe, ald kaiſ. Camerale mit beilaufig
GO fl. jaͤhrlich dem 3uchthaufe gewibmet werde; 8) eben fo bie Geld ftrafen,
weldje Die Poligeifommiffion ben Der Tare unterworfenen Handwer
fern guerfenne, mit eiwa 10 fl. jabrlih; 9) die nad den Iegten Zunft—
Patenten fle die Armuth oder Gnvaliden gefegten Strafgelber; 10) die im
Robot-Patente von 1738 ben Wirthfmaftsbeamten, Inſpektoren, Bude
haltern u. a. wegen Bragravirung der Unterthanen befimmten Geldftrafen;
11) Seine Majeftat möchten ben Hiefigen Snftangen befehlen, ben Advokaten
Funftig ftatt ber vorbem gewöhnlichen und zur Strafe andifticten Bürgerzucht
jeder Beit Geldftrafen guguerfennen, diefelben mit ihrem Refurfe bagegen naw
ber Appellations-Pragmatif von 1734 abzuweiſen, zur Gelbftrafe erefutiv angus
halten und dieſe Strafgelber mit etwa 50 fl. fabrli® bem 3uchthaufe zuzuwen⸗
ben; 12) eben fo bie Strafen, welche biejenigen Orte funftig gu erlegen haben
werben, bie abgebanfte Solbaten und andere Beittler evagiren
faffen; 13) weiter, wenigftend auf eine Zeit bid fic andere ergiebige Fonde
eroffnen, den Gperrfreuger in Brinn und Olmig, welder meiftens dieje-
nigen Leute betreffe, bie entweder ihrer Luftbarfeit nachgehen, ober aber ihre
Nahrung hier ſuchen miffen, jedoch bem Publifum dad gange Jahr nichts bei
tragen, etwa mit 50 fl. jährlich )y; 14) bad Reluitionés -Ouantum von den
Haldgeridten im Lande wegen ber Delinquenten, welde ad opus publicum
condemnirt wurden und in bad Zuchthaus abguliefern fommen, bid gur Bereins
barung dex PBaufdalfumme für jeden mit 2 fr. täglicher Beihilfe; 15) die sep-
timae litiuw, in fo weit Die ex delicto publico facinorusi ad opus publicum
verurtheilt werden; 16) bie Cinführung einer Lotterie; 17) die Crridtung
eines Berfagamtes, bid bas Zuchthaus in vollfommenen Stand gefegt fein
und baares befigen werbe; 18) bie Funbation ter Boflin für bad olmuger
Zuchthaus von 200 fl. ober 12 fl. Sutereffen.
Die Commiffion bradte aud) nod folgende Adminikular⸗Fonde in Bore
— — ee —
') Ge gablten dieſen Sperrkreuzer (S. Spervordbnung für Brünn und Olmütz von 1749)
biejenigen, welche nad ber Sperre ber Stadtthore bei Cintritt bes Abends Cintritt in bte
Stadt verlangten. Maifer Joſeph bob benfelben (1784) auf.
Ads
‘flag: 1) Mud bem Tabak) Gef alle. Zur Zeit, ald ber Tabak nur ald
Aufſchlag behandelt worden, Habe man fir das wiener Zuchthaus auf ben Ta⸗
bat einen neuen Aufſchlag von 1 Grofden auf den Rauch⸗ und 2 Grofden auf
ben Schnupftabak in Oefterreich eingeführt. Als aber wegen groferen Ertraͤg⸗
niffed ber Tabak⸗Aufſchlag in ein Apaldo verwandelt. worden, habe Ge. Maje⸗
Rat bei Uebernehmung ded ganzen Gefalls fir bad erwabnte Zucht⸗ und Arbeits⸗
Haus ein Contingent von 1300 fl. auf fic) genommen. Jn Maͤhren fei aber
bad Tabafgefall zuerſt zu getreuen Hanbden, dann mit Hinterlaffung einigen
Nutzens im Berpacdhtungdwege abminiftrirt, endlid von Seiner Majeftit ben
Standen um cin jaährliches Pachtfdillings - Surrogat von 75,000 fl. auf immer
iberfaffen worben, gum Beften bed Landes und a. h. Aetars, zur Erfparung
von 200,000 fi., welde fiir die Herbeifdhaffung des nothigen Tabafmateriales
néthig gewefen waren, und der Roften fiir den Unterhalt der unteren Officianten.
Rach bem Beifpiele Oefterreihs birften Seine Mafeftdt wohl aud Mähren die
Gnade erjeigen, aus dem Tabalgefalle 1300 fl. jährlich ben Zuchthäuſern gus
fommen gu faffen; 2) fénnte bie Stadtfduberung pachtweiſe von der
Stadt genommen werden, deren Auslagen zwar nue am meiften fiir 1735 mit
409 fl. 50 fr. und far 6 Jahre mit 1421 fl. 28 fr. nachgewieſen worden, aber
Ader jabrlid 1100 fl. und mehr betragen; 3) die Fuben fahren im Lande
bus meifte GCommercium und beniigen daher die Landfiraffern am meiften, haben
aber nod nie etwas zur Wegreparatur beigetragen, wahrend bie criftliden
Steuerpflidtigen, ja auch die Obrigheiten felbft mittelft bed Berluftes eines Theils
ibrer Mauteinfiinfte bag von Anbeginn ded Werkes ftets concurriren müſſen;
fir den Fall, baG die Juden hiezu nicht beigesogen werden follten, koͤnnten fie,
nadjbem awar eine grofe Ouantitat derfel6en in Mähren, die meiften aber arme
Leute find, dennoch ein für allemal den febr geringen Beitrag von 5000 fl. mit.
telſt Verſicherung cines Kapitals in diefer Hohe und jahrlicher Versinfung von
360 fl. leiften; 4) wenn einer wegen eines delicti domestici in das Zuchthaus
yur Gorreftion gegeben werde, foll jener, welder ihn Hinein gibt, nebft der tags
lichen Alimentation, aud bie in der joſephiniſchen Halsgerichtsordnung ausge⸗
meffenen Auo- und Einlaßgelder entridten, was jaͤhrlich ctwa 20 fl.
geben dürſte; 5) derjenige, welder offentlide Mafquara heget und bei fid
halter: laͤßt, foll pachtweife etwas salen, was jaͤhrlich bei 30 ff. eintragen duͤrfte;
6) follten Geine Majeſtät die Landesinwohner anfrifden laffen, aud in pecu-
niali etwas jum Baue der neuen Z3uchthaufer zu contribuiren; 7) follten durch
bas ganje Saher an Gonns und Feiertagen Almoſen-Büchſen bet den Rirchen
und offentliden Oertern ausgeſtellt werden; endlich 8) werbde etwas RNugen
des Hauſes burd die Handarbeit zuwachſen.
Man fieht, wie armlich nocd alle VerhAltniffe flanden, wie forgfaltig die
Commiffion nad ihrer eigenen Verficherung die Fonde zuſammen ſuchen mufte,
wie fie verfiderte, nur fv viele habe fie finden fonnen.
Obwohl getrennt, follten uͤbrigens beide Haufer fiir Eins, iby Einkommen
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ebenfalls fire einetiet ge§alten werden, damit ju ihrer Erhaltung befto leichter
eins bem andern bie Hand bieten koͤnne.
Was die Adminiſtration beider Häuſer belangt, ſo hatten fie nad dem
Mufter in Wien eine Oberfommiffion bes k. Tribunals aus 3 Perfonen, 2 vor:
faufig unbefolbete UntersCommiffare aus dem briinner und resp. olmiger Ma-
giftrat, en Hausverwalter anfdinglih mit 200 fl. Gehalt und ohne Schreiber
und ein Schließer und Gefangenwirter gu fiihren, die Bewadhung ware aber
Snvaliben, welche taglid) 4 fr., wie in den geſchloſſenen Oertern, wo fte aufbe⸗
halten werden, dann jaͤhrlich die fogenannte Heine, und alle zwei Jahre die große
Montour vom Haufe gu erhalten Hatten, fo wie Auffdauern aus der Mitte der
‘gebefjerten Arreſtanten anzuvertrauen.
Die Oberfommiffion ſollte insbeſondere darauf ſehen, ob bem Inſtitute
nachgelebt werde, daher wenigſtens alle Vierteljahre das Zuchthaus beſuchen,
ben Verwalter über dad Verhalten der facinorosi und immorigeri vernehmen
und dieſe befragen, ob ſie ſich nicht zu beſchweren haben, darob ſeyn, daß in
Abſtrafung feine odia oder particulares favores unterlaufen, die Kaffe viſitiren,
bie Naitungen durch einen Buchhalter revidiren laffen, jebergeit arbitriren, ob
ein Menſch in bas Zuchthaus anzunehmen ober gu entlaffen fei (bie ad opus
publicum conbdemnirten Leute ober fonft andere incorrigibiles find jedoch nidt
babel verftanden) und fupetarbitriren, ob eine empfindlide aud exemplarifde
Strafe an einem oder Dem andern verhangt werden fol. Die eigentlide Haus⸗
Muffidit war den Unter-Commiffaren zugedacht.
In bad Haus gehoren, meinte die Gommiffion, zuförderſt die facinorosi
und immorigeri, dann die in ber Stadt Brinn und ihren BVorftadten betretenen
flarfen und gur Arbeit taugliden Bettler, auslandifde und inlanbijde, bis
fle mit bem nächſten Schube bie erften in ihre Lander getviefen, die anderen in
ibre GeburtGorter gebracht werden fonnen, welch’ legtere mit einer Geldftrafe
gum Zuchthauſe angufeben waren, damit fie bie Bettler künftig nidt extravagiren
laffen.
Hinfichtlich ber vorgunehmenden Arbeiten cradjtete die Gommiffion, daß
fowohl im olmiiger ald brünner Zucht, und Spinnhaufe das Rafpeln und Ga-
gen (fiir Qaufleute und Tifdler), in Brinn die Ropenmaderei, in Olmütz wegen
ber Rabe bed Flachs⸗ und Hanfbaues die Hanf- und Fladsfpinneret zu betrei-
ben ware, um aud die ſchwächeren Manner und alte Weibsperfonen aur Arbeit
anbalten gu fénnen.
Die einfommenben Leute find in die facinorosos unb immorigeros au ver-
theifen, bie ecften im Gommer zur Sdanjarbeit, im Winter jue Gaffen - San:
berung und nad Mak bed Urtheilé, Alters und der Kräfte gu den. harteften
Arbeiten yu verhalten, gu ben ſchweren die immorigeri, welche ex delicto car-
nis, Hausftehlen, Beutelſchneiden, Fluchen und Schelten, angewohnten Vollfau-
fené Hinein gethan werden, gu ten leichten Arbeiten dic immorigeri, welche nur
wegen Miiffiggangs ober Lingehorjamsd hineingegeben werden, es ware denn,
21
baf fie ſich wiberfpanftig, hartnaͤckig und ungebiifrlich auffibren wiirden. Die Aus,
theilung, Berfdarfung oder Linberung der Strafen fol von der Willlühr der
Oberfommiffion abhaͤngen.
Sn Oeſterreich fei ed Gebraud, daß ben Biffenden nur das ndthige Brot,
und gwar Manndperfonen ber 25 Sabre 1'/,, unter diefem Alter und Weibs⸗
perfonen 1'/, Pfund gereidt werbe, fie aber bie ubrigen Speifen durd die Ar-
beit erwerben mitffen, fiir welde fie vom Hauſe eine gewiffe Zahlung erhalten.
$n Grmanglung einer ergiebigen Fabrif koͤnne diefe Uebung nidt in Brinn
und Olmug angewendet werden, fonbdern e8 ware hier ben Biffenden facinorosis
und immorigeris ex delicto an ſchwarzem Rodenbrodb, 3ugemiife ober Mebls
fyeifen tiglid in natura fo viel gu reiden, alé 4 fr. austragen und wegen Der
ſchweren Arbeit sur Erhaltung ber Kräfte zweymal in der Woche ein halbes
Pfand Fleiſch. Der Trunk fol nur Wafer fein. Die von Obrigheiten, Eltern
ober Anderen Hinein gethanen Leute werden nad dem Verlangen jener, welde
fie binein geben, gefpeifet und getrantt.
Man wollte ben Straflingen aud Freyftunden laffen, damit fle fic ctwas
verdienen fonnen.
Fir Kranke ware ein oder zwei Zimmer nur von Bindwerk von ben uͤbri—
gen Gebduden abgufontern, von ben Stadt. und Land-PBhyficis in Brinn und
Olmuͤtz von Amtswegen gum Dienfte im Zuchthaufe gu beftimmen, der Balbirer
aber fiir PBflafter und andere Medifamente und feine Muͤhe mit etwas Jährli⸗
dem gu besablen.
Die Seel-Obforgung belangend werden die Litaneis und Roſenkranz⸗An⸗
badten aud geiftlide Leſung die Jeſuiten, bie Conn und Feiertagsmeffen follen
bie Ordensperfonen ber anderen 7 Mlofter in Brinn und eben fo viel in Olmiig
wechſelweiſe übernehmen, dic Gefangenen und Biiffenden wenigſtens alle 14
Tage bie Beicht verridten nnd ofterd im Jahre die h. Communion empfangen.
Der J. Johann von Nepomuf, welder ein beſonderer Beſchuͤtzer der Ehre und
Patron der VBiiffenden fei und Biele vor weltlider Schande behuͤtet habe, foll
Patron bes brünner, ber felige Garcander ded olmitger Zuchthauſes fein, ba er
vor mer als fundert Sahren aus Ha der fathol. Religion in der Frobnfefte
ju Olmütz gemartert worden, auch feine h. Reliquien fich ba befinden.
Die in den Zucdthaujern geftorbenen Sträflige, beſonders bie facinerosi
und Bettler follen in einer gemeinen Todten⸗Truhe zur Begrabniß getragen
und von den gewohnlicen Pfarrern unentgeltlid) zur Erde beftattet werden.
Go lautet bad Gutachten ber Commiffion, weldhes dads f. Tribunal am 3.
Auguft 1739 ber Hoffanglei mit feinen Bemerfungen vorlegte, und fdyon mit
bem Faiferliden Reffripte vom. 15. September 1739 feine Erledigung fand.
» Die landesvaterliche Abſicht bei ber Errichtung carcerum perpetuorum
unter dem Ramen eines Zucht⸗ und Arbeitshauſes zur auggiebigeren Züchtigung
ber Delinquenten gehe hauptſächlich dahin, Heist es, daß bas jum milffiggang
und. andurch aum lafterhaften Leben geneigte Boͤſe gefindel entweber von ifren
gefaͤhrlichen Lebene-Wandel abgefehridet, ober aber mit wenigeren Beſchwehrden
aus ber Gemeinſchaft gefdaffet, mithin bas universum von terley Landesſchaͤb⸗
licen gefolg gereiniget und anmit aud benen Landes⸗Inwohnern in 1 particular:
eine mehrere Rube und ſicherheit hergeftellet werde.“
Der Rafer genehmigte die angetragene Erridtung zweier pixie in Sriinn
(im Winklersberg’fden Garten) und Olmütz (das Cafelbft bereits angefangene
foll burch Ginbegiehung von 2 Rachbarhdufern abaptirt werden).
Der Strafe diefer Zucht⸗ und Arbeitshaufer foll finftig suerfannt werden:
1) ,in allen delictis, fo Landesbeſchaͤdigungen nad ſich giehen und wegen
welder. bie ben Delinquenten in via justitiae andiktirte Todtes⸗Straff in via
gratiac in fustigationem et relegationem, vel solam relegationem, ober in
ein opus publicam, vel Dominicum verivanbelt gu werden pfleget ');
2) respectu Sener Snquifiten, welche ex proximis indiciis wegen Rau⸗
berewen, Mordthaten, Morht + Brennereyen und dergleichen dem Publico hobft
nachtheiligen Mtiffethaten mit der Tortur zur geftdndtnus ber wabhrheit anges
firenget werben, darbey aber in negativis befarren und bannod ob indicia
permanentia gegen einen geſchwohrnen Hald + Revers bed Landes yu verweifen
fommen, dann
3) gegen folde verdachtige Perfohnen, fo in gefabrliden Landt⸗Stoörtzereyen
ohne einige julanglige Nahrung und geworb darthuen yu fonnen, ertappet
werden.“
Diejenigen Uebelthater, weldhe wegen anderen bie Todesftrafe nidt nad
fic ziehenden, jedoch ofter wieberholten Berbreden betreten werden, follen one
Beftimmung einer Zeit dahin verurtheilt und yu ciner bem Publikum nuͤtzlichen
Arbeit angehalten, jedod bei begeigender gutce Aufführung und ernfthafter Le⸗
bensbefferung nach einigen Jahren wiebcr auf freien Fug geftellt werden.
Endlid follen diejenigen, weldye wegen fleiſchlicher Bergehen oder anderer
geringen Berbrechen im Rechts- oder Gnadenwege ju einer Sffentliden oder
obrigfeitlidjen Arbeit angufehen fommen, zur Strafe bed Zuchthauſes nicht vers
urtheilt werden.
Durch dieſe Beftimmungen werde aber in Dem bidherigen ordentliden
Rechts + PBerfahren und Spreden nichts gedndert und cd follen nur die
gum Tode Verurtheilten jedoch Beguadigten ftatt der bisher üblichen Fufti-
gation, Relegation, öffentlichen oder obrigfeitliden Arbeit mit Per Zuchthaus—⸗
ftrafe gegiichtigt und die Halsgerichte in ten Fallen, wo bisher willfiihrlide
Gtrafen verhangt wurden, auf bas Zucthaus ohne Beſtimmung einer Zeit ere
fennen und zwar zur Befdleunigung Caufer in casibus arduis) ohue erft an
bas k. AppeNations-Tribunal in Prag um Belehrung recurviren gu muͤſſen.
~~— = * . - ==: a ee
1) Bir geben den Original-Tert zugleich ale Spradhprobe.
128
Um eine andglebigere Wirkung ber Zucht⸗ und Spinnhaufer zu verfpiiven,
werbde awar ber Recurd an den a. h. Gnadenthron in Fallen, wo fie im Rechts⸗
wege auerfannt werden, jedoch ofne auffdiebende Wirfung, keineswegs aber in
Gallen geftattet, wo dad Zuchthaus im Gnadenwege guerfannt wird.
Die Antrage der Commiffion und bed Sribunalé uber die Auofuͤhrung der
Sache fanden groftentheild bie Genehmigung bed Kaiſers. Da der bruͤnner
Magiftrat bas Gelb gum Anfaufe bes Gartens vorſchießen will, fol er bid zur
villigen Zurückzahlung ben Nugen vom Schanke und Binfe, welden der Gafts
geber im Zuchthauſe gu entridten haben wird, beziehen, derfelbe aber fobann
sur beffern Unterhaltung bed Zuchthaufes verwendet werden. Der brimner und
olmuͤtzer Magiftrat follen aufgefordert werden, unter bderfelben Bebingung die
nöthigen Baufoften vorzuſchießen.
Einen jaährlichen Beitrag ber Staͤnde von 1000 fl. fand ber Kaiſer billig,
hielt ſich aber ſeine Entſchließung darüber vor. Die Intereſſen des Kandelber⸗
giſchen Fundations⸗Kapitals fuͤr die Invaliden von 17,786 fl. 33 fr. 2 dr: bes
ftimmte er fir dle Invaliden⸗-Wache in beiden Haufern, ofne erft die Stanbe
vernehmen ju faffen, wie bie Sntereffen vom graflid Sad’fden Rayitale von
8000 fi. mit 480 fl. fir bad olmiger 3udthaus. Der Raifer verfah fic yu
ben Stanten, daß fie die Straflinge bes Zuchthauſes vor anderen gu den Fors
tififationd-Arbeiten um fo mehr verwenden und mit 3 fr. taglid aus bem For-
tififationd-Fonde bezahlen werten, ald fie ohnehin Hiebei wohlfeiler als mit ans
beren Arbeitdleuten fommen wiirden. Der Raifer nahm Anftand, ben Fond gu
Laien-PBfriinden abguandern und gu ben Zuchthäuſern gu verivenden, „weil dabey
pensiones pro Laicis und bderenfelben distribuirungen bem Summo Principi
speciali Jure refervirt ſeyndt und deren wohlverfaltenen aud gum Theil noth
birftigen Perfohnen mitgetheilt gu werden pflegen.” Aud hinſichtlich ber Beis
trage von Berlaffenfdaften nahm ber Kaifer Anand und hielt fi flue die Zu⸗
funft eine Entſchließung vor, Ca er dießfalls feine lanbdedvaterlide Sorgfalt
gegen die Armen und Guvaliden nod ferner beibehalten wolle. Aud ridftdt-
lid) ber Strafgelber in der Etabt Brinn und der septimac litium ließ er 6
bei Der bisherigen Uebung bewenden. Hinſichtlich ber Strafgelder wegen Var
Ueberſchreitung und in Zunftangelegenheiten, fo wie wegen einer Lotterie, eines
Verſatzamtes, wurde cine Eniſchließung in Auéſicht geftellt. Die Strafgelber
ber Abvolaten follen gur Kanglei-Nothourft bed k. Tribunald verwendet, die a. h.
Orted ausgemeffenen ver a. h. Difpofition vorbehalten werden. Der Speir—
Kreuzer⸗Fond foll nidt gum Zuchthauſe gezogen werden. Rückſichtlich ded Res
luitions ·Quantums von den Halsgeridjten, welde Delinquenten gu einer offent-
lichen Arbeit verurtheilen und in bas Zuchthaus gu liefern Haben, fand ber Kaiſer
Bedenfen; ex beftimmte daher, daß bis aw vem Zeitpuntte, wo fic die Zucht⸗
haufer felbft gu erhalten im Stande fein werden, die Obrigfciten fir alle, welche
dahin verurtheilt werden, 4 fr. täglich als Alimentation abgureiden haben und
daß ſowohl ben aufer Olmig und Brinn befindliden Geridten oder aud) Heres
f@aften frei ftehen foll, bie in ihren GFrohnveften und Verwahrungen aufbehal⸗
tenen Delinquenten in bie Zuchthäuſer au geben, als aud) gum Rugen ded Zucht⸗
hauſes in ber Willkühr ber Hauptfommiffion liegen werde, biefelben angunehmen
oder nidt, fo wie fiir diefelben vorldufig 3 fr. taͤglich angunehmen ober fid auf
mehr ober weniger gu vergleiden. Cinen Beitrag der zur Wegmacherei nidt
concurrirenden Juden fand der Raifer nicht thunlich, die Commiffion wegen Res
bucirung ber Judenſchaft fol aber befdleunigt werden. „Diejenigen, welde au
Faſchingszeithen Baal und Masqucren lucri causa falten, follen mit einem Bev»
hiiffss quanto pro fundo ber Zucht⸗Haͤußer gu concurriren haben.” Das Als
mofen-Sammeln fiir die Zuchthaufer bei den Rirchen wurde nit genehmigt, ba
hiedurch ber übrigen Armut Bieles entgehen dürfte und de Zuchthaufer ohne⸗
hin ihre Sammelbüchſen bei dem Hauſe haben werden.
Die neuen Zucht- und Arbeits-Häuſer ſollen zwar unter einer gleichen
Verfaſſung, Regel, Cynoſur und Ordnung ſtehen, nicht aber gemeinſchaftlich ver⸗
waltet, vielweniger bie gu bem einen oder anderen ſpeciel gewidmeten Fonte ge⸗
meinſchaftlich verwendet, ſondern jederzeit getrennt bleiben nnd beſorgt werden.
Zu Mitgliedern ber Hauptkommiſſion ernannte der Kaiſer bie Tribunals⸗
Aſſeſſoren Auguftin Ferdinand Grafen von Herberſtein, Georg Friedrich Zialkowſky
von Zialkowitz, Landesunterkaͤmmerer, Emanuel Franz Hottowetz von Huſſenitz
und Loͤwenhaus und Johann Wenzel von Widmann, zu Unterkommifſaͤren wur⸗
ben fe zwei Mitglieder ded Stadtrathes berufen, in Olmig ſoll ber Kreishaupi⸗
mann die Hauptkommiſſion vertreten.
Quoad Criminale erhaͤlt dad k. Appellations⸗Tribunal ob Dem prager
Schloſſe als eine Obergerichts⸗-⸗Stelle vic Einſicht in die Zuchthäuſer. Es wer-
ben periodiſche Bifitationen und Berichts - Crftattungen an ben Kaifer im Wege
des k. mabr. Tribunalé und bed prager Appellations-Tribunals angeordnet.
Der Hauptfommiffion räumte ber Kaiſer weder „das arbitrium in annehm-
und auslaffung beren zur Correction hinein geben wolenten leuthen, vielweni-
ger aber die Erkandtnus ein, eine empfindlichere und verfdarfite Straff wieder
Selbte von fic) felbften verfangen ju fonnen.” „Die Obrigfeiten und Eltern
follen aber allerdings befugt feyn, ihre Bediente, Unterthanen und respective
Kinder in bas Zucht⸗Hauß Hinein gu geben, aud in gewifer Maaß beftrafen
und züchtigen gu laffen. Damit aber cines theils Hicrunter feine sacvitas vers
tibet, Hingegen anderen theils bie Macht deren Obrigkeiten und Eltern nicht allzuſehr
eingeſchrenket werde, habe die Hauptfommiffion die genera poenarum nad
denen in anderen wohl eingeridtcten Zucht-Häußern haltenden principiis auszu⸗
arbeithen tnd hierob, wie weit mit dergleichen Beftraffungen gegangen werden
fonne, zur a. h. Determinirung cinen Vorſchlag gu thun, wo alsdaun erft, wann
jemandt auf cine weithere und (darifere Veftraffung gehen wolte, die Urfad
ber Haupt-Conumiffion dartiber angugeigen und Hierumben fid) mit derſelben gu
vernehmen bat, beynebft aud uͤbrigens, wad die arbeith dergleichen zur Corxeltiyn
binein gebenden leuthen anbetriefft, dahin gu feben ſeyn wirdt, damit folde alles
zeith gu nugen der Zucht-⸗Häußer, nicht aber bed privati angewendet werde.“
Defter betretene Vettler follen swar in bas Zuchthaus, jedoch nidt auf
eine gowiffe Seit, fondern geftalten Saden nah geftedt und zur Arbeit anges
balten werben.
Bei ben Arbeiten in ben Zuchthäuſern follen „beſonders die ſchweren
labores als Raſpeln, hartes Holzſchneiden u. dgl. pro fundamento genommen,
den Zuchthäuſern gu. Nugen gebradt und bie manufactura aud in frembe Lan-
ber verfiibret und da bie Kotzenmacherey auch eine gutte unterhaltung füt bad
Zuchthaus iff, erwogen werden, ob bie bierlandige Walladifde wolle gu fabri-
eir⸗ und Berferttigung berley fopen tauglid) fey, Ddiefe fabrique und ganger
Berlag aber, fo weit moglid, von ben Kaufleuthen übernommen und bie arbeith
deren Delinquenten auf gewiffe wodentlidie iefferungen gegen einen fidern
lohn darzu nur verdungen, mithin, was hieruüber in profit audsfallen modte, au
nugen ded Zucht⸗Hauß verwendet werden.“
Statt ber angetragenen breiftindigen Bethzeit taglich, welche in fic felbften
gutt, aber bod zu viel Zeit weg nehme, beftimmte der Raifer eine halbe Stunbe
gum Bethen und eben fo viel gum Borlefen, ſowohl Vormittags als Abends.
Für bas brinner Zuchthaus wurte ber h. Johann von Nepomul yum
Schutzpatron erwahlt, rückſichtlich Olmütz aber mit ber Vorftellung beds verehr⸗
fiden Johann Sarkander nod bid auf weitere Zeiten und Erfolg zurückgehalten.
So ſehr aud ber Kaifer der Hauptfommifjion und dem k. Tribunale die
a Deforderung biefes zur Wobhlfahrt bes universi gereidhenden Werkes“ empfahl,
fam es bod nicht und als eigentlide Strafanftalt erſt nad faft cinem halben,
alé Zwangsarbeits⸗Anſtalt aber erft nad cinem vollen Jahrhunderte gu Stande.
Denn es ſtarb bald naher der Kaiſer und braden die Gucceffiond = und die
Kriege um Wider-Erlangung Schleſiens aus, welche bas Vorhaben in ben Hin-
tergrund {choben.
Man fühlte wohl bas Bedürfniß, fam aber lange nicht gue Ausfiihrung
und behalf fic) mit gum Theile foftfpieligen Palliativmittein. Bis gur Zuftande-
bringung eines 3ucdt. und Spinnhaufed in Brinn wurden bie Verbreder, be-
fonbderd liederliche Weibdperfonen auch jum Feftungs-Baue und Arrefte nad
Qomorn, Temesvar, Olmig und Spielberg abgeliefert (Reffripte 27. April 1752
und 19. Sanner 1754, Hfdt. 20. Sanner 1755 u. a). Jndbefondere vetord⸗
nete dad MReffript vom 19. Danner 1754, gum zweiten Male betretene lieder:
lide Weibsbilder“ in die Feftungen Momorn unb Temesvyde gu ſchieben, wenn
aber ein ecigenes Spinn- ober Zuchthaus aufgeridtet fein werbe, in
basfelbe zu bringen.
Das Zucht- und Spinnhaus follte tibrigens, wie die Regierung erflarte,
nicht infamiren, fonbdern als ein Reinigungsort angefehen werden (Reff. 16.
Auguſt 1762, Reprafdt. 17. Deyember 1762),
126
Auf den Spielberg famen auch Straflinge aus Bdhmen und Seblefien.
Andererſeits blieben die abgeurtheilten Verbreher wegen Mangels eines Zucht-
hauſes in ben Acreften der Stab te, was. diefen fpdter Anlaß au Magen gab.
Als nad bem Vode Karl VI. (1740) Oeſterreich von allen Seiten angee
fallen wurde und eine leidte Beute {einer vielen Feinde werden gu müſſen fdien,
erwies fic) Brinn und der Spielberg, wie in gleich gefährlicher Lage vor hun⸗
bert Jahren, alé Vormauer und Schutz ded Reichs: Mittelpunttes.
Die mehrere Befeftiguug der Stadt unb Feftung forderte große Opfer.
Seon in Folge bes Ginfallé ber Preuffen (1741) waren beide in ihren Fes
ftungéwerfen verftarft worden’). Brünn verlor unmittelbar vor ber Blofade
einen anfebniiden Theil feiner Vorfdbte. Die Hadelgaffe am Fuße bed
Spielbergé gegen das Frohlidhers Thor mit dem grofien Garten und zwei ans
febnlidjen Gebduden ded Kloſters St. Thomas, dann wenigftens 60 Hauferu,
Gebaäuden und Garten, die Fifdergaffe vor bem brünner Thore mit wenige
ftens 30 und von der Beil 14 Haufer, Gebäude und Garten wurben aus Vers
theidigungsrückſichten raſirt. Die Materialien Hieron, fo wie vom Baue bed
Kloſters St. Thomas famen zur Vefeftigung bed Spielberges trefflidh gu Stat.
ten (Annalen von St. Thomas, M. S.). Um einen Fond zur Befeftigung bed
Spielbergeds und aur Auszahlung rückſtändiger Lohnungen bes Militars gu gee
winnen, wurden nad Anorbnung bes k. Tribunals (5, Mary 1742) ſämmtliche
Depofiten in Gelb umgefegt und von den Stinden dafür 6°/, PBamaften aud:
geftellt. |
Nach zweimonatlicher Blofabe her Feftung Spielberg unter bem Commando
ded Generals Roth, bes rühmlichen Bertheibigers von Reiffe 2), und der Stadt
Brinn unter dem Commando bed Feldmarſchalls Freiberrn bon Seherr⸗Thoß
(1742) muften bie Preuffen und Sachſen unverridteter Cache wieder abziehen,
waͤhrend bad ganze tibrige Land von ihnen befegt war 3).
Die Staat6gefangenen, die merfwirdigfen Waffen und Fahnen aud bem
ſpielberger Zeughauſe waren vor der Blofade nad Wien und die legteren im
faif. Zeughauſe unterbradt worden, wo fie fic nod befinben dürften.
1) Nad bem Reffripte ber Konigin Dt. Therefia ddo. Preßburg ben 26. September 1741
foll nad bereits geſchehener Reparation ber Feftung Spielberg mit jener ber Feftungen
Oliniig und Hradiſch fortgefayren, mithin aus dem Fortififationsfonde nad Olmiig 2500 ff.
und eben foviel nad Hradiſch weiter verwendet werden. Beibe fielen aber ben Prenffen
in bie Handbe.
8) Dieſer fdhidte im März 1741 bie prenf. Gefangenen ane Reiffe, barunter 3 Staatégefan-
gene, einen Baron Reißwitz, einen Grafen Arco und nod einen Unbenannteu, nach Olmile,
von wo fie nad Brünn famen, wie mebr als 100 preuß. Gefangene, bie bet öſterr. Streis
fungen aufgebradt wurden, anf bas Schloß Spielberg (Lebens⸗ und Staaté - Gefdidte
Maria Therefta’s, 1743, S. 180.).
Der preuß. Einfall in Mähren unb die Blofabe Brilnn’s, von Kind, Brinn 1743; nah
demſelben Hormayr’s Archiv 1816 Mr. 91,04, mabe. Wanderer 1845 GS. 164 — 1632,
127
Das rihmlide Verhalten Bruͤnns und bed Spielbergs, welde allein im
Zante Dem Feinde mit Erfolg fangen Widerftand geleiftet, geigte ifren Werth
fix bie Damalige Zeit und gab einen Fingerreig für bie Nothwenbigkeit ber Bes
jeRigung mehrerer Pinfte. Bon den alten haltbaren Plagen Maͤhrens, wie fie
jet Langem hießen, wurde Olmütz nach und nad in eine fo ftarfe Feftung ums
gewandelt (Fiſcher HI. 80 — 83), daß fic 1758 ben Preuffen ben hartnaͤckigſten
md glidliden Widerftand leiften fonnte; Hradiſch ward fortan bid auf So-
jeph HI. Sage (1782) ald Feftung behanbdelt und auc Brinn und der Spielberg
ned mehr und regelmafig befeftigt. Wabhrend bes Preuffen-Rrieges von
1744 arbeiteten taglid) einige taufend Menſchen an ten Vefeftigungen ber Stadt
und fed CSpielberged.
3u den bisgerigen 5 Stadtthoren (Sudens, Brünner⸗, Monigers, Froͤh⸗
licher⸗ und Ealgthore, von welden aber nur Ne 3 erften eine Verbindung mit
ben Borftdtten bilbeten) fam ein neues Comminifationdsthor (Hadelthor) auf
tem Wege vom brünner Thore unter tem Spilelberge gegen bie Frohlicher- Gaffe.
Maria Therefia’s Gemahl und Mitregent, der Großherzog und fpater
Saijer Franz nahm 1745 und neuerlich 1748 in GefellfGaft feined Bruders
Parl bie new erbauten Stadtwerke, bann bie new erbauten Werke (auch Walls
graben, in noviter factis vallibus auf bem Gplelberge heißt e6 1745) unb
Cafematten bed Spielberges in Augenfcdein.
Seit ben Tagen Mathias (1608) durch nage anberthalb Jahrhunderte
bid auf bie glorreiche Therefia hatte Brinn feinen Lanbhesfiirften gefehen; ihr
mildes Muge rang nist in bie Schredniffe bes Spielberges (Die Schweden
vor Brinn, von mit, S. 112, Hanzely's Diarium im 9. Bd. ber Sehriften ber
bit. Sekt. 6. 446).
Zeuge ber Lanbtagsidltiffe hatte die Feftung Spielberg gewöhnlich eine
Compagnie gur Befagung gebabt. Als aber M. Therefia zur Erhaltung ded
hart bedrohten Staates bad ftehende Heer vermefhrte und new einrichtete, tourde
bie Friedensgarnifon von Brinn auf 8 Compagnien und einen Stab, fene ded
Spielbergs auf 2 Compagnien (Refer. 16. April 1744 und 16. Auguſt 1746)
fpdter aber (Reſc. 3. Janner 1751), als Mahren 6 Jnfanterie-Regimenter er:
fielt, auf 2 Bataiflons und 2 Gompagnien fiir die Stadt und 3 Gompagnien
fir ben Gpielberg beftimmt. Am 20. Sept. 1746 wurde deffen Garnifon
aufgeldft, die Greife und Gebredliden entlaffen, die anberen in Regimenter
vertheilt. “Die kaiſerliche Miliz befegte die Feftung Spielberg
und bie Thorwadenin der Stadt. |
Weide fahen aber bis zur franzoͤſ. Snvafton burd) mehr als ein halbes
Jafirhimbdert feinen Feind mehr. Die rühmliche und glidlide BWertheidigung
von Olmiig gegen bic Preuffen (1758) ficderte Brinn vor einem Angriffe.
G6 verbreitete fid) gwar bafelbft ein groper Schrecken, ald bie Preuffen am 13.
Mai 1758 tas Corps bed Sfterr. Generald de Ville bei Provlig warfen und
bis Wiſchau verfolgten ; auf die Nachricht ber Ankunſt ved Feindes floh Alles
128 .
aué ben Borftadten in die Stadt. Man ließ es aber guy Zeit der Belagerung
von Olmig nicht an BVittgebethen und grofen Proceffionen bewenden (Franziskaner⸗
Ghronif von. 1747 Ff. M. S. ©. 74), fondern es wurden, gur. Bertheibigung alle
moͤglichen Beranftaltungen getraffen, die Garnifon mit einigen bairiſchen Bae
tailloné verftarft und bie Fortififationsiperfe, welde. durch die Zeit gum Theile
ſchadhaft geworden waren, eilfertigft.in wehrhaften Stand gefegt (Brunner Jn’
telligengblatt 1758 Rr. 19). .
Vom Spielberge extoͤnten nun fortan Lanonenſchuiſſe nur als Aintimbiger
ober Vegleiter von Feierlidfeiten ober zur Aarmirung der Landbevoͤllerung. Das
Gubernial⸗Cirkular vom 23. Februar 1770 wiederholte auf bad Schaͤrfſte bie
bereitd frither ergangene Berordnung, bag die an. und um Brinn gelegenen
Ortfdaften nad Grfolg dec vom GSpielberge geſchehenden Defertion s
Allarmſchüfſe auf bie flüchtig gegangenen Ausreiffer wachſam und auf⸗
merffam fein und fid ihre Zuftandebringung eifrigf angelegen fein laffen follen
Rad dem Gubernialdefrete vom 12. Oktober 1799 werden bei vorjallen:
ber Defertion eines Solbaten, fo wie e6 bidher in Olmütz geſchehen, nun aud
vom Gpielberge zwei Ranonen abgefeyert werden, um die Landeseinwohner gue
Verfolgung ber Deferteurs aufguforbern.
Raifer Sofeph, weldem feine Mutter die Leitung des Militarwefens
Ubertragen, fortwahrend anf Reijen, um. fich mit eigenen Augen von dem, Stanbe
besfelben, aber aud von ben Beduüͤrfniſſen der sfterr. Völler gu iiberzeugen, fam
oft nad Brinn, mehrmal auf ben Spielberg. Schon 1766 beſichtigte er genay
alle Feftungswerfe, BVaftionen, die Behialtniffe der Arreftanten auf bem Spiel⸗
berge, bie Schwedenſchanze auf bem Berge Simpel var bem Froͤhlicher⸗Thore
(Briinner Jntelligensblatt 1766). Der menfdenfreundlide Kaiſer ſchreckte nidt
zurück, wie in bie auf bad Nothdürftigſte audgeftatteten Haufer der Kranken und
Reibenden, fo in die Schauer ber Gefangniffe vorgudringen. .. Wir fenxen. von
ben Folgen diefer Gange nuc wenige. Als ex fpdter (1777) mit dem Erzher⸗
zoge Maximilian, mit bem Hergoge von Sachſen⸗Teſchen, Lafcy, Laudon: u. a.
in bad Lager von. Turas fam, wohin mandmal die halbe Stadt Brinn ſtroͤmte,
um ein vor ibm nie gefebenes Schauſpiel gu feben, nahm er aud bad neu
erbaute Spital auf bem Spielberge in Augenſchein (Brünner Intelligenzbl.).
Wir finden den Kaifer auf dem Spielberge wieder in dem. merkwigrdigen
Umgeflaltungdjabre 1783. Gr hatte bie Teuppen im Lager bei Turad gu Uebun⸗
gen verfammelt, nahm aber aud das Burgers und Militér-Spital, das große
nene Gebdubde auf dem Plage der ehemaligen Defuiten (den gewefenen Aufent⸗
Galt ber Univerfitat, welde ec leider vor Qurgem wieder nad Olmiig : verfegt
Gatte), bad St. Thomafer, Obrowiger und RKoniginklofter, die Militär⸗ Waiſen⸗
Anftalt bei St. Anna (bas eben aufgehobene Klofter dieſes Namens), bas Land-
haus und den Spielberg in Augenſchein (Bruͤnner Intelligenzblatt 1783. Rr. 72).
Diefe Befuche Hatten ſchnell weitgreifende Folgen. Das St. Unna-Gebdude wurde
gu einem neuen allgemeinen Kranken⸗, Gebars, Findel« und Irrenhauſe ges
wibmét,-baé Obrowitzer und RiniginsRioker anfgeboben, basß ‘erfeere zu eines
‘gtofen ‘Rilisdr-Sypitate Seftinnat, bas andere dem Mlofter St Thomas, das
ſchoͤne und große Gebiube dieſes legteren den Landeébehdrden und Stinden suv
Unterfunft eingerdumt unb das Landhaus der Mititdr -Oefonomie » Verwaltung
Rerlaffen, welche felt einigen Safren ihre Montours⸗Depots in Ubifationen am
und ob dem Spidberge und ber gemietheter Alt» Stabt> oder MctilerierSaferne
gehabt hatte (Notizenbl. ver Hiftor. Sektion 1859 Rr. 6 und 7).
Nachbem ber Spielberg mit ben Fortfdritten der Kriegskunſt feine Veden⸗
tung verloren und man aud auſhörte, Depot fie militaͤriſche Ausruͤſtungsſachen
gu fein, gewann er um fo grifiere Gebeutung zur Jett ber grofen Reform dee
Strafgefepgedung, Strafrechts-PBflege und des Gefaͤngnißweſens.
_ Bad Guberniat-Circular vom 20. Juni 1766 vetorbnete, daß bie Obrige
keiten igre Unterthanen in Fallen, wo bie VBeftrafung derfelben von ihrer
Willkühr abhänge, nicht auf die Feftungen abgeden, fondern in anderen Wegen
beftrafen follen, und jenes vom 22. Muguft 1766 erinnerte inébefondere, daß die
Obrigkeiten ihre wiberfpanftigen ober fehlhaften Unterthanen nicht auf die Feſtung
Spielberg zur Schanzarbeit abgeben, fondern im Orte ded befigenden Grundes
beftrafen follen.
Das Robotpatent vom 7. September 1775 bropte Unterthanen, welde
gegen ihre Obrigkeit ungegründete Qlagen führen, bie Beftrafung mit sffentliden
Arbeiten in Eiſen und Banden, bem Spinnhauſe (Zuchthauſe), Feftungsbau,
mit ber Abftiftung von Haus und Hof, nach Umftanden mit nod empfindlideren
Strafen.
Gelinder fpradh ſich das Patent vom J. 1781 aus.
Das k. Tribunal verordnete (17. Februar 1778), daß die Delinquenten
nit zur Sdang-, fondern zur Zuchthaus⸗ ober einer anderen verſcharften sffents
lichen Arbeit verurtheilt werden follen.
Endlih fam naw einem halben Jahrhunbderte bas projeftirte neue Straf—⸗
haus gu Stande, indem man bad Zuchthaus in Ol mig auflieB') und mit
feinem Bermdgen (bei 29,000 fl.), dann Beitragen ber olmiger frommen Stif-
tungd- unb Armenfaffe (40,000 ff.), bed Kriminalfonded (10,000 fl. und jabr-
lich 500 fi. zur Grhaltung der Zudtlinge und übrigen Erforderniffe aus dem
jaͤhrlichen Geitrage bes Armenleut⸗Aufſchlags von 2000 fl. Hfdt. 25. Auguſt
1770) und ter maͤhriſchen Stanbde (bei 26,000 fl.) cin Zucht⸗ und Wrbeits-
aus gu Brinn in den Sahren 1772 — 1776 baute. Am 20. Suli 1772
wurde in Gegenwart ded Gubernial-Prafidenten Ernſt Grafen von Kaunitz der
Grundftein mit einer Gedaͤchtnißſchrift zun Zucht- und Arbeitshauſe auf
ber Zeil gelegt (Brünner Intelligenzbl. 1772 Nr. 31) und wahrſcheinlich gu
1) Ju bem um 1770 verfagten Eulwurfe gur Renntuig Mahrens M. S. heißt es 6.173, bas
ba@ ofmilger Zuchthaus wegen ndthiger Rafirnng ebeftené werde nad) Brünn trandferirt
9
180
gleicher Seit auf bem von ber Gemeinde Sell 1772 erfauften Grinde eine Haus⸗
fapelle gebaut und am 4. Juli 1779: vom -britmnes:: Bifofe : Orafen: Ehevinfly
confecritt (©. aber diefe Pirde su Himmelfahct Mariens im Strafganfty Wetny,
fied. Topogr. von: Maͤhren ME. 106):' Am 27. Imi 1077 wuederguear ber
GConcuré fir dad Auffichtsperſonal in bem neu: etbauten und- near ganzlich Fev
gefteliten Zuchthauſe ausgefdhricbens:alé: aber DR. Therefia' 1778 die AUntwerfilat,
bas Prieſterhaus und bie Miteevafadente von Olds nad Grhnn' derfeyte,
tberfiedelten die Waifentinder aus dem zur Untevdvingung der erftecen pewid:
meten Sefuiten-Gollegium in bad neu exbaute Waifen'a: ude) Hans: auf det
Zeil (Bruͤnner Zettung 1778), welded auf: 400 Waifentinder eingerichket War.
Hier Slieben fie biG Baifer Fofeph I. das Waiſenhaus 1784 Sefudte. und tab:
felbe nod bei ſeinem Austvitte, nicht in Folge der getroffenen Einrichtungen,
fondern bed allgemeinen, auf Erſparungen geridieten Syſtems aufhob, die - ins
ber auf Cad Land und gu Handwerkern in die oft geben lief, bad Gebäube
aber gu einem Zucht⸗- und Arbeitéhaufe witmete (Brinner Feitung 1784
Rr. 79 und Beil, Rr. 104, meine Geſch. ber Heil- und Humanit. inf: bn .
md Schl. Brünn 1858, ©. 175, 185).
Bom 1. November 1786 an erbhielt diefes feine neuen Sewoynet “(nit
1781, wie Wolny Il. 70 fagt).
Es fatten nun weſentliche Umftaltungen det Strafanftatten, foie Bee Otte
gefese begonnen. cee
. G8 wurde angeordbnet (1782, 1783), den verurthellten Zuͤchtlingen und
uͤberhaupt allen wegen oͤffentlichen Verbrechen verurtheilten Straͤflingen zur ‘te
haltung ber Gefundgelt, Sauberkeit und Sicherheit ‘monatttif vie ‘Share am
Kopfe abjufdheeren. Man fragte dle Hanbelslente, Maierialiſten, Apothefer und
Farber in Brilnn (1783), o6 fle vermdgend waren, ble auf der Beftun; Splel.
berg befindlichen Arreſtanten mit Raſpeln oder was immer für diner’ rebel’ yw
verlegen. Das Gubernial⸗Circular vom 21. Mal 1781 machte Befariht': ‘Sifotge
allerhoͤchſten Befehls folle den Arreftanten auf’ bein’ Spielbetg Veldienft ‘mit Ar⸗
beit im Wollſpinnen, Kotzenmachen, Holzraſpeln, oder fonf berfey Beldiattigue:
gen verfdaffet werden.
Wann daher ein Fabridinnhaber, ober fonft jemanb bie obgedachten Akreſtan⸗
ten mit vorbeſagter Arbeit, oder ſonſt wie zu verlegen und ihnen Aanburch eini⸗
gen Verdienſt zu verſchaffen Willens wire; fo Hille derſelbe ſich debhalb hier—⸗
orto anzumelden, und wuͤrden demſelben nicht nur zwey lichte geraͤumige Arbeit⸗
zimmer, ſondern auch Behaͤltniſſe zu AUnlerbrinugutig des ‘Materials “auf tem
Spielberg eingeraumet werben,
Dad Gubernium verordnete nelterlig am 10.’ Vili 1786; daß' bie ſpfel⸗
berger Arreſtanten gur Arbeit und gwar bie tweiblichen gum Spinnen verwendet
werden follen (Brünner Zeitung 1786 Rr. 60).
Nod) bie a. h. genehmigte Gnftruftion file bie peinliche Juſtizpflege in
Schleſien vom Jahre 1782 ſpricht von ber Uebung, dag die in Gemeindearbeit
181
beſindlichen Arreſtanten ihren Lebensunterhalt.erbdetteln muͤſſen und. geftaticte zur
Hintanhaltung von Mißbraͤuchen und Sutweidhungen den bed Ausreiſſens nicht
verdoeqt igen mochenlich ainmal in Begleitung bed Gtodmeifters ober feined Knech⸗
te@ auf: deri Maſſe ader nor: den Haͤuſern um Amofen zu bitten. Das folgende
Gubemialcixtulex.vom -10.:Suli- 1786 ſtellte aber: das Beiteln · der Arreſtanten
und; Abrejchen, vor Almoſen camibiefeteem icin: Esſ lautet: Man hat zuverläßig
vernommen/ haß die Acreftanten, und andere: Mentlih in Ciſen arbeitende Zuͤcht⸗
linge. fowobh die, npribergebeudent: anzubetteineſich annaſſen, als auch dort und
ba winflih, Allmoſen empfaugeng gleichwie nunder Endzweck ſolcher oͤfentlichen
Veßrafungen,welchen mur die Verbeſſerung derVerbrecher, und bie Erſpieglung
ihres gleichen few kann, durchdieſe übelangebrachte Mildthaͤtigkeit gang vereitelt
wuͤrde, fo wird hiemit allgemein verordnet, von nun an denen Arreſtanten, und
anderen in. Fiſen aragitenden Züchtlingen die da bei ofentlicher Arbeit beiteln,
um fo gewiſſer weder an Gelb, nod) an anderen Sachen etwas abzureichen,
als im wibrigen Die. Uebertrettere dieſes Berbots, nur fich felbft beizumeſſen
haben werden, wenn ſie nach Beſchaffenheit ber Umſtände an ber Stelle ange⸗
halten, und mit empfindlider Geld⸗ oder Leibesſtrafe unnachfichtlid) Geleget wer-
den wuͤrden. Bie dann aud von nun an denen Arreſtanten, bie da betteln,
und an Gelb, ober aud andern Sachen etwas annehmen follten, nidt nur bad
Empfangene ſogleich abgenommen, ſondern auch jeber derſelben anf der Stelle
empfindlid) beftcafet werden wird.
Es wurde aud fir tie leibliche und geiftige Pflege ber StrAflinge mehr
acforgt.
Rah Lemmer's gedructten Häuſer-Verzeichniſſen ber k. Stadt Brinn von
ben 3. {785 und. 1794 befanben fid) damal auf ber Feſtung Spielberg 10
numerirte Wohnungen, worin ber Feftungs - Commandant mit anderen Domeſti⸗
fen, Miirdcoffigieren, Kapl. an, Schulm eiſter, Schloſſermeiſter, Ober⸗ unt
Unterprofofen, Etodfnedten, Arreftanten und Schanzkorporalen wohnten.
Rad, dem, neuen. Rotizſchema von Bring für tad Bahr 1789 war der
t f.. Rreitanst. Dr, Sarl Ling zugleich Phyſikus bed Strajhaujed ob dem
Spielberge und der Wundarzt Anton Thaltheim ſtäändiſcher und Spielbergs—
Strafhaus⸗Chirutgus.
Dem Geiſtlichen auf dem Spielberge wurben fi bie Lefung einer h. Meffe
und Religionalebre 90 fi. aus dem RKriminalfonde bewilligt (Gofdefret 13. San:
ner, (1788),
Elirich gibt. an, Joſeph Il. habe bie Gefangniffe auf vem Spielberge tief
unter ber Erbe gebaut, wohin nie ein Strahl bed Lites, ein Hand ber frie
ſchen Luſt eindringen fonnte, wo bie Straͤflinge mit Ketten belaſtet waren u. ſ. w.
Dieſer Porwurf tiff ifn ungerecht. Er ſand dieſe Zuſtände ſchon vor.
Sie waren eine Frucht der allgemeinen Anſichten und Geſinnungen früherer
Zeit... Shan Maria Theeefia hatte. Milderungen eintreten laſſen, insbeſondere
bie Tortur abgefdafft. Joſeph II. allgemeines Gefeg uber Berbrechen und
Qe
182
beren Geftrafung vom Jahre 1787 fist von bem -weitlaufigen thereſtaniſchen
von 1769 in weit einfaderer und ſyſtematiſcherer Gaffung und Beſtimmung fe
wie in ben Strafen gewaltig ab; auc. belief..c6 die Todesfsafe nur. ig. Stand-
rechtsfaͤllen ). Dennod hatte 6 fic von..den. Anſchauungen einer. langen Ver⸗
gangenheit, fo weit fle bie Strafausibung betreffen, nur ſchwer losringen koͤnnen.
Als Kriminalftrafen galten AUnihmisbung, Gefingnif mit. aͤffentlicher: Arbeit,
Gefangnif allein, Stod-, Karbatſch⸗ und Ruthenfireide -und Auoſtellung auf dec
Sdanbbiifne. Die Sirafe her Anſchmiedung beftand nah §. 25 ded Strafge-
fepes von 1787 bdarin:.. Der Verbrecher wird in ſchwerem Gefinguiffe gebalten
und bermaffen enge angekettet, daß ifm nur. gur. unentbehrlichſten Bewegung
bed Koͤrpers Naum gelaffen wird. Der aur Anſchmiedung verurtheilte Verbres
cher wird gum dffentliden Belfpiele alle Jahre mit Streichen gezüchtigt.
Dieſe Strafe war jebodw nur auf Raub: und Mendelmord unter erſchwe⸗
renden Umſtänden gefegt (5. 99, 101):
Bel der Strafe bed Gefaͤngniſſes find folgende Grave beſtimmt: a) ſchwer⸗
ftes, b) farted, c) gelindered Gefangnif. Bey allen drey Graben if bem
Verbrecher cine verhaͤltnißmaͤßige Arbeit anzuweiſen.
Bei dem ſchwerſten Gefaͤngniſſe iſt der Verbrecher mit einem um ble Mitte
des Koͤrpers gesogenen eifernen Ringe Tag und Nacht an dem ihm angewieſe⸗
nen Orte zu befeſtigen: auch koͤnnen ihm, nachbem bie ihm’ auferlegte Mebelt
es zulaͤßt, ober bie Gefahr der Eniweidung es fordert, ſchwere Eiſen angeleget
werden. Dem zum Gefangniffe Perurtheilten ift feine anbere Liegerftatt, ald
auf Brettern, feine andere Nahrung alé Waffer und Brod zuzulaſſen, und alle
Bufammentunft, ober Unterrebung nicht nur mit Fremben, fondern aud mit feis
nen Angehorigen und Befannten gu unterfagen.
Gin gum Harten Gefaͤngniſſe Verurtheilter tft gleid bem _ Borhergehenden
gu behandeln: nur follen ihm a) minder ſchwere Gifen an bie Bliffe geleget,
b) aween Tage in der Wode ein halb Pfund Flelf aur Rahrung gegeben
werden.
Der gum gelinderen Gefingniffe Verurtheilte ift gwar mit leidteren, aber
bod immer mit folden Cifen gu belegen, von denen er fid) obne Lift und Ge⸗
walt nicht frey maden fann. Einem foldjen Berbrecher ift eine beffete Megung,
bod fein ander Getränk ald Waffer gugulaffen, aud ohne ausdrückiiches Vor⸗
wiſſen, und ohne die Gegenwart des Gefangenaufſehers alle Zuſammenkunfi
und Unterredung mit Angehoͤrigen oder Bekannten zu verbieten. Nach Beſchaf⸗
fenheit der Umftinde kann ſelbſt das gelindere Gefangnif durch eine ftrengere
Faften fir einige Tage der Woche verfdarft werden. Dann ift dem Gefange-
nen an dem aur Gaften beftimmten Tage a andere Nahrung als ein. Pfund
1) Die Ballade, ,,Gm Spielberg” von Aubolp one" behandei eitte ethers § Serne aus
Sofeph IT. Leber.
188
Brod zujulafſen 1S: 26, 27, 28, 30). Selinber war ber Arreft bei politiſchen
Berbrechen (en ſpuͤtet fo genannten fdiweren Polizei⸗Uebertretungen).
Die weit humanere allgemetne Kriminal⸗Gerichtsorbnung von 1788 (Rr.
848 J. G. Sig.) enthält titer die Suretfung pon Verdrechern auf den Spiel⸗
berg Folgentes :
Gin Verbrecher, dec wegen wads immer fir VerSredjen zur Anſchmiedung
verurtfheilt: ift, ‘wird aus: Boͤhmen, Mähren, Schleflen ober Galizien auf den
Splelberg Bei Bruͤnn in Maͤhren, aus ben gefammten nieder, inner, ober und
vorderoͤſterreichiſchen Lemdern auf ben Schloßberg bei Grag in Steyermark ge⸗
liefert, wo die für biefe Gattung von Verbrechern gewidmeten Gefaͤngniſſe
zubereilet ſind.
Wenn’ ein Verbrecher mannlichen Geſchlechts wegen Mord, Raub ober
Hranbfegung gum harten Sefdngniffe und gue offentliden Arbeit auf was immer
fix eine Zeit, oder wegen anderer Berbreden auf ‘anhaltende Feit verurtheilt ift,
fo wird berfelbe zum Schiffyiehen nad Hungarn abgefdidet. Mittlerweilen aber,
und bid zugleich mehrere Berbrecher dahin gefenbdet werden fonnen, ift derſelbe
nam Brinn oder Grag gu liefern, oder wenn fonft die Lieferung ber Berbrecer
burch den Geridtdort ober cined ber nächſten Landesgeridte ben Weg nimmt,
zu Vermeitdung Gfterer Ueberlieferungen, fo lange im Kriminalsgerichtsverhafte
wohl verwahri anzuhalten, bis cine vortibergefende Lieferung dieſen Verurtheilten
mit fibernefmen kann.
Wenn ein Verbrecher weber nad Ruefftein nod jum Schiffziehen geeignet,
fondern su einer zeitlichen, aber harten Strafe verurtheilt ift, hat er bie Strafe
zeit entweber im nächſten Zuchthauſe ober einer Pafamate, ober auf den zwey
andern genannten Gefaingniforten zu vollftreden. Für die Juchthdufer und
Kafamaten find indbefonder folgende Verbrecher geeignet: a) Aufruhr und Tumult
bei geringerem Grate ber Bosheit und Gemeinfhablihfeit ; b) offentliche Gewalt;
c) Mifbrauch ded obvigfeitliden Amts; d) VWerbrechern geleiftete Hilfe zur
Entweidhung; c) beforderte Entweldung aud dem KriegSbienfte; f) Abtreibung
ber Leibesfrudt; g) Verftiimmefung; bh) Unberechtigte Gefangenhaltung einer
anderen Perfon; i) Trug bei minterem Grade der Bosheit und Beſchaͤdigung;
k) zweyfache Ehe. Bei allen ubsigen Berbredhen haben die Verurtheilten ans
Boͤhmen, Mahren, Selefien und Galijien dle Strafeit auf dem Briinner Spiel:
berge, bie aus ben dfterreichifen PBrovingen auf bem Grager Schloßberge gu
vollſtrecen. Dahin gehoren auch bie Weiber, bie fic) eines Verbrechens ſchuldig
gemadt haben, weldes bei Mannern gu dem Schiffziehen eignet; wie auch dies
fenigen Wanner, die zum Schiffziehen gefenbdet werden follten, aber ihrer koͤrper⸗
lien Beſchaffenheit nad) dazu untauglich erfannt werden.
GErfennt bad Uribeil anf zeitliches gelindes Gefaͤngniß, fo ift der Verbrecher
im Kriminalgerichtsorte anguhalten, und entwebder gu Hausliden Arbeiten angu:
wenden, die im Kiiminalgefangniffe vorfallen, oder wozu fonft bad Kreisamt ifn
in bem Gerichtsorte felbft gu gebrauden far gut finbet.
184
Wenn buch ‘bie. Obrigheit: unter’ deren Mufficht ‘tte StraforheRehen, ver⸗
laͤßlich erhoben iſt, daß der Verbrecher in benim 8. 188 und 189 angezeigten
Strafdrtern fi) fo uüͤbel betrage, daß durchaus anzunehmen iſt, die Strafe wirke
nicht zu deſſen Befferung, fo kann derſelbe, auch wenn er nah der Sigenfehaft
feines Verbrechens zum Schiffziehen nicht geeignet ware, dahin abgegeben werben.
Die Ablieferung der Beruriheitten an tie’ beftimmiten Strafditerinliß mit
aller gegen die Entweichung dt getebiten Sorgfall bilge dle’ Rretddnter "Hefhes
fen, welde ſich wegen ber ‘nothigen Sefleitung “piliig’ ‘Militaerbache’ att itt ° beta
nächſten Militirfommando in Vernehmen ju fegen haben (§. ‘187° 2 —
Den Schlußſtein ſollte die große Reform durch bie’ ‘Beftellung von Sepigs
friminalgeridten befommen (Patent, 20. Muguft 1787), welche aber erß
ſpaͤter zur Ausführung gelangte.
Joſeph's Nachfolger Kaiſer Leopold (1790 — 4792) euit bie use
wiidfe bed neuen Strafgefeped. ab d. h. er wmilberte: dadsfelbe, ,. Er. Gob, die
Sffentlidhe Zid tigung mit Schlägen, die Sfendliche und geeime. 2.0 phy
marfung, bad Schiffziehen und Ani dmig hen, auf: verordnete, alle
Gefangenen sur Beſchaͤftigung uind Arbeit anguhalten, und hewilligte allen. auch
den zum ſchwerſten Gefangniffe verurtheilten Perbrechern, Ratt ber einzigen Rah⸗
rung mit Waffer und Brod, brejimal in per Woche —* li und, t aN
warme Suppe (Hfdte. 4. Mai und 8. Rov. 1790 Sr. 24 und 78 G. i
bann ftatt ber Lqgerftatte auf blogen Brettern Stropiade m it Deen nb, Rogen
G8 war. died die Beit, .in welder. ber, Konig — DAN. Reape
ben Spielberg eines Befucheg wuͤrdigte (1790), der enthullaftifhe . Jagdfreund,
welder Ginladungen gu ben. grofen Sagden und Feſtlichkeiten au Holitſch in
Ungarn, Gelbéberg. in Oefterceich, Cisgrub in Maͤhren und. Elep in Boͤhmen
annagm, und von dem, was ev in Cisgryd ſah und hogte, fo eingenommen
wurde, daß er ein Fuͤrſt Lichtenſtein ſein wollte, spent er. nicht Konig , geweſen
ware. Gewiß ahnte ex nicht, daß nad, drei Jahrzehenden cin neapolitaniſſher
Minifter auf bem Spielberge Muffe haben, werde, die Folgen ſeines revolutio⸗
naren Treibens ju überdenken.
Die Behandlung der Verurtheilten waͤhrend. ‘ber " Strafpeit. unh bie Bere
faffung und Berwaltyng der Strafhaͤuſer wurde ben politiſchen Behorden. eine
gerdumt (Hfdt. 17., Gbet. 26, Suni 1788 3.,13,051),, welche die Fonds diefer
Anftalten, bie Berpflegung ber Straͤflinge und ben Betrieb ihrer Arbeiten unter
ſich haben. Dem Kriminalobergerichte wurde aber die Einſicht in, die. Arrefte,
in bie Behandlungo⸗ und Berpflegungsart der Straͤflinge nicht nur zugeſtanden
(Hfdt. 16. Februar 1792 Rr. 252 J. G. S.), fondern aud. angeerdnet, daß
ein Appellationsrath alle halbe Jahre die Bifitation vorzunehmen Habe CHfodt-
41. Juli 1820 Nr. 1674 3. G. S.).
Die RKriminalgeridtsorduung und dad Hofdekret vom 22. Desember- 1788
Rr. 940 J. G. S. Hatten die Transportionng ber zur Feſtung Muefftein, Spiel⸗
185
berg ober. Schloßberg (rig), gum Schiffziehen oder gu einem Zuchthauſe vere
urtheilten Berbrecher mittelft Mtilitarbegleitung ') ben Kreidämtern tberlaffen.
Dao ſich aber wegen ber Tranéportirung und Wufhdufung der Straflinge
in @rdg and -Griinn . viele Scwierigfeiten ergaben, wurden alle au zeitlichen
harten Sirafen Berurtheilten, mit Ausnahme der Staatéverbreder, der gur Ans
ſchmie dung Verurtheilten und der gum Schiffziehen geeigneten Straflinge, hin⸗
ſichtlich welcher es bei ten früheren Anorbnungen verblieb, zur BVollftredung
ihrer Etrafe in die in. jetem Lande beftehenden Jud thaufer gewiefen (Hfbt.
2., Gubbt. 19. Nov. 1789 3. 21796).
Kaiſer Leopold beftimmte tiber die Beſchwerden der maͤhr. Staͤnde und
Etddte, daß bie Gtrdflinge den lepteren nicht zur Laft fallen, fonbdern in
bie Zucht häuſer verwicfen werten follen (Hofbefret 28. April 1791 Rr.
142 3. G. S.).
Mud wurde angeordnet (1790), daß bie gum gelinberen Spielbergéarrefte
geeigneten Berbrecher künftig in bad neve Zuchthaus gu Brinn au bringen, auf
den Shielberg aber nur Stradflinge absugeben feien, welche aur anhaltenden Are
beit, zu harten Gefingnijfen mit offentlicher Arbeit wenighené auf 8 Jahre vers
artheilt werden (Gubtte. 3. Oft. 1791 3. 19,635 und 3. Mary 1793 3. 4871)-
Pad neue Zuchihaue war 1786 fitr beildufig 100 Straflinge eingeridtet
worben. Jin Anfange zählte es auch nur 30 — 40. Kurz nachher verband
man aber tad troppauer Spinn- und Arbeitéhaus damit (1787),
und wies Bahin nicht nur die zum gelindereren Spielbergsarreſte geeigneten
Verbtecher (1790), fondern alle von ben maͤhriſch⸗ſchleſiſchen Kriminalgerichten
abgeuriheilten Verbrecher, in fo fern fie fich nicht zum Spielbergsarreſte eigneten,
ohne Unſerſchied, mithin aud bie ehedem zur öffentlichen Arbeit Verurtheilten
11791). Hieburch ſtieg bie Zahl ter Straͤflinge und ber Koſtenaufwand fo bes
deutend, daß au deſſen Bedeckung, nebſt bem Kameralfonde, auch bie mabrifden
(ber Tranffteuerfond) und die ſchleſiſchen Stände (der ſchleſ. ſtaͤnd. Domeſtikal⸗
font) in’ Conturreng gezogen werden mußten (Hfdt. 3. Fanner 1792 3. 3).
Der grofe Zuwachs an Straflingen (fiber 500) in fpaterer Zeit machte
einen bedeutenden Neubau nethig (1843 mit 60 — 70,000 fl. ©. M. Koften).
Eben jetzt ſoll bieſes Propinzial Strafhaus gerinumt, nad Verſetzung feiner
Vewohner in ben neuen Strafort Maran, ber ſtrafgerichtlichen Abtheilung bes
brünner Lanbesgerichles nebſt der Frohnfeſte überlaſſen und dazu eingerichtet
werben.
Die nun hereingebrochene franzoͤſiſche Revolution mit ihren Nachzuckungen
in den 'italieniſchen Laͤndern und ven Kriegen eines Vierteljahrhundertes hatte
entſcheidenden Einfluß auf bad Schickſal des Spielbeeges und verbreitete um
— — a i eee - —
VY Die Miilitär⸗Wache, welche einen Arreſtanten transportirte, erhielt die Ermächtigung, den⸗
ſelben zu erſchießen, weun ex entweichen wollte (Cirk. 23. Inli 1782).
184
Renn durch bie Obrigkeit; unter beret Aufſicht ‘bie Straforte ſtehen, vers
laͤßlich erhoben iſt, daß ber Berbrecher in den im §. 188 und 189 angejsetgten
Straförtern fich fo wbel betrage, bas durchaus anzumehmen ift, bie Strafe wirke
niet gu deffen Befferung, fo kann derſelbe, auc wenn er nah der Eigenſchaſt
feined Verbrechens yum Schiffziehen nicht geeignet ware, dahin abgegeben werden.
Die Ablieferung ter Beruriheilfen an die beftimmten Strafoͤrter muß mit
aller gegen die Entweichung borgeteheten Sorgfalt dutch die Ktelsaͤmter heſche—
nächſten Militirfommanbdo in Vernehmen gir fegen haben 8 187 — — 192).
Den Schlußſtein follte bie grofe Reform burch bie Befiellung von ereis⸗
kriminalgerichten bekommen (Patent 20. Auguſt 1787), welche aber erſt
ſpaͤter zur Ausführung gelangte.
Joſeph's Nachfolger Kaiſer Leopold (1790 — 1792) ſchnitt bie Aue⸗
wüchſe bed neuen Strafgeſetzes ab bv. h. er milderte dasſelbe. Er Gob. die
öffentliche Züchtigung mit Sdhlagen, die, offensive und geheime Q.c.aphy
markung, bad Schiffziehen und Anſchmieden auf, verordnct, alle
Gefangenen gur VefHaftigung und Arbeit anjubalten, und bewilligte allen, auch
ben jum ſchwerſten Gefaͤngniſſe verurtheilten Verbrechern, , Patt der _cingigen Rahs
rung mit Wafer und Brod, breimal, in Der Woche —* Syelien, und t aN
warme Guppe (Hfdte. 4. Mai und 8. Nov. 1790 Rr. 24 und 78 > G. Slg.),
bann ftatt der Lqgerftatte auf bloßen Brettern Strohfade mit Dede nb Rogen.
GS war dies bie Beit, in welder ber, Konig FKexdinand. IV. van. Reayel
den Spielberg eines Beſuches wuͤrdigte (1790), ber enthuflaftifde Jagbfreund,
welder .Ginladungen gu ben. grofen Sagden und . Feftlichfeiten zu Holitſch in
Ungarn, Gelbsberg in Oefterceich, Gisgrub in Mähren und Elep in Boͤhmen
annaga, und von dem, wad er in Cisgryd ſah umd Hogte, fo eiugenommen
wurde, daß er ein Fuͤrſt Lichtenftein fein. wollte, wenn er nidt Konig, gewefen
wire. Gewiß ante er nicht, daß nach drei Jahrzehenden cin neapolitaniſcher
Minifter auf dem Spielberge Muffe haben werbde, bie Folgen feined revolutios
naren Treibend gu überdenken. |
Die Behandlung ber Verxurtheilten waͤhrend der Strafjeit und bie Ber.
faffung und Berwaltung dec Strafhaͤuſer wurde ben politiſchen Behirden, ein⸗
gerdumt (Hfdt. 17., Gbet. 26, Juni 1788 3. 12,051), welche Die Fonds dieſer
Anftalten, bie Berpflegung der Straflinge und ben Betried ihrer Arbeiten. unter
fid) haben. Dem Kriminalobergeridhte wurde aber die Ginfidt in, bie Arreſte,
in die Behandlungss und BVerpflegungsart der Straflinge nicht nur, zugeſtanden
(Hfdt. 16. Februar 1792 Rr. 252 3. G. S.), fondern aud -angeordnet, daß
ein Appellationsrath alle Halbe Jahre die Wifitation vorzunehmen habe (Hfdi.
11. Juli 1820 Rr. 1674 3. G GS).
Die Kriminalgeridtsorduung und ˖das Hofdekret vom. 22. Depember- 1786
Rr. 940 J. G. S. hatten die Tranéportirung ‘der zur Feſtung Auefſtein, Spiel⸗
185
erg obgr, Schloßberg (Grig), zum Schiffziehen ober gu einem Zuchthauſe vers
urtheilten Gerbrecher mittelft Dtilitardegleitung !) ben Kreisämtern überlaſſen.
ter. Bei feah.aber: wegen ber Transportirung und Aufhäufung dec Straflinge
in @cdp and -.Griinn viele Schwierigkeiten ergaben, wurden alle au geitlichen
Gauten. Strafen Verustheilten, mit Ausnahme der Staatéverbreder, ber zur Ane
ſchmie dung Verurtheilten und der zum Schiffziehen geeigneten Strdflinge, hin⸗
ſichtlich welcher 6 bei ten früheren Anorbnungen verblieb, zur BVollftredung
igrer Etrafe in die in. jetem Lande beftehenden Fuh thaufer gewiefen (Hfot.
2., Gubbt. 19.. Rov. 1789 3. 21796).
Faiſer Leopold beftimmte tiber die Beſchwerden ber maͤhr. Stande und
Stand bag Ne Straflinge den lepteren nicht zur Laft fallen, fondern in
bie Zucht häuſer verivicien werten follen (Hofdekret 28. April 1791 Rr.
142 J. @. S.).
= ' Sud} wurde angeorbnet (1790), daß bie gum gelinderen Spielbergdarrefte
geeigueten Verbrecher künftig in bas neve Zuchthaus gu Brinn au bringen, auf
den Spielberg aber nue Strdflinge absugeben feien, welde zur anhaltenden Are
belt, ya Garten Gefingnijfen mit offentlichber Arbeit wenigſtens auf 8 Jahre vers
artheilt’ werden (Gubdte. 3. Oft. 1791 3. 19,635 und 3. Mary 1793 3. 4871):
Moe tiene Zuchthaus war 1786 fitr beildufig 100 Straflinge eingeridtet
Hethen. Stk Anfange zaͤhlte es aud nur 30 — 40. Kurz nadber verband
min” aber tad troppauer Spinn- und Arbeitéhaus damit (1787),
und ‘wies Hahin nidt nue die gum gefindereren Spielbergéarrefte geeigneten
Verblecher (1790), fontern alle von den maͤhriſch ſchleſiſchen Kriminalgerichten
abgedribettter Verbrecher, in fo fern fie fic) nicht yum Spielbergsarreſte eigneten,
vhne Viſerſchieb; nrtthin auch‘ die ehedem zur öffentlichen Arbeit Verurtheilten
4701). Hiebürch flicg die Zahl rer Etraflinge und ter Koſtenaufwand fo bes
beürend, CAB gu deſſen Bebeckung, nebſt bem RKameralfonte, auch bie mähriſchen
(ber Srbhitfeuerford) und vie ſchleſiſchen Stande (der ſchleſ. fland. Domeſtikal⸗
fori’) HH Conturreng gezogen werden mußten (Hfdt. 3. Sinner 1792 3. 3).
J Der grofe Juwachs an Straflingen (liber 500) in fpdterer Zeit machte
einen bebeutenden Neubau nothig (1843 mit 60 — 70,000 fl. ©. Mt. often).
Oe gd jest’ foll bieſes Brovingial-Etrafhaués geriumt, nad Verſetzung feiner
ewohner in tet neuen Strafort Mitra, ter ſtrafgerichilichen Abtheilung des
bitldned Lanbeegerichles nebft ber Frohnfefte uͤberlaſſen und dazu eingerichtet
wFthell ws .
Pee nun hereingebrochene franzoͤſiſche Revelution mit ihren Nachzuckungen
bn Wel Naͤllentſchen Laͤnderi und den Kriegen eines Vierteljahrhundertes hatte
eniſcheldenden Einfluß auf das Schickſal des Spielbeeges und verbreitete um
— — — — — — — —
AM ESA NN Woche welche ‘einen ArreMantent traneportirte, erhielt bie Ermuͤchtigung, den⸗
Aden yu! erfBiefen, wenn ex eutweichen wollte (Girt. 23. Inli 1782).
136
deſſen Ramen, wie früher die Gloeie einer unbeyoungence Behangs. iets bie Scha⸗⸗
ber einer ausſchweifenden Phantafte.
Hiezu trugen zuerſt die Ginkesferungen der 1794 in hochverracherihche ttm.
trigbe verwidelten audgeseichneten ungariſchen Siteraten Raginesy: and Bee
feghy (Sfterr. Encyfl. UL. 167, V. 544), weit mehr jene frangofiiger Staetse⸗⸗
fangener bei.
Nach dem Verluſte der Sclacht bei Reerwinden (18. . Mare 1704) lies
fid) ber franzoͤſ. Obergeneral Dumowriey mit den Deſterreichern im Ginverftinbd-
niffe gu bem 3wede ein, ben entarteten Safobiniémud: gu ſtürzen unb die fonigy
lide Regierung wieder Herguftellen. Es gelang ihm gwar, bie vom Rational-
Gonvente gefandten Deputirten Gamus, Lamarque, Vancal und Ouinette nebſt
dem Sriegdminifter Beurnonville gu verhaften und an die Oeſterreicher alé Gei⸗
ßeln abguliefern; er fand aber bei bem Heere fo wenig Unterftigung feiner Ent-
wiirfe, daß er fic gu den Oefterreichern fliichten mugte. Su die. Gewalt ders
felbcn war aud Drouet gelangt, der ehemvlige Poftmeifien' yu St. Menehould,
welcher Ludwig XVL auf ſeiner Flucht erfanut,. verhaflen, nady Paris hringer
laffen and ald Gonventé-Deputirter far deffen. Tod geftimmt Hattie: Ge war im
September 1793 gur- Nordarntee gefdidt, im MOftober gu Maubeuge ven dec
Armee bed Pringen Coburg eingeſchloſſen, bei. dem, Berfude, mit einigen Dra⸗
gonern ju entfommen, um die nothige Hilfe gu beſchleunigen, gefangen, nach
Luxemburg und von dba nad bem Spielberge gebracdht worden. Ge wie die fri.
her Genannten, desgleiden Maret und Gemonville wurden im -Rovember 1705
gegen Die Tochter Ludwig XVL, die vormalige Dauphine, nachherige Herzogin
von Angouleme, gu Baſel ausgeivedjelt '). Die. erften vier erfdpienen im Rathe
ber Fiunfhundert am 12, Nivofe (2. Dinner) 1796 und nabmen die ihnen vows
behaltenen Plage cin. Bald darauf folgten die wbrigen, gulegt Drouet, ber faft
eine ganze Sigung mit Dem Berichte von dem, twas es ia dee Gefangen{daft
erduldet, audfillte. Das Marden, er habe mit einem Fallſchirme vom Spiel.
berge gu entfommen verfudt, fei aber in einen Graben gefttirgt, babe ein Bein
gebroden, fei wieder ergriffen und nun nod Harter behandelt worden, wurde
nidt nur von den glaubigen Feangofen fiir wahr gehalten, ſoudern ift aud) in
bie Gefdichte iibergegangen (Brolh. Conv. Ler. 7. Aufl. 3. B. S. 376, Wade:
muth, Gefd. Frankr. im Revolutiondgeitalter 2. B. 84, 440, 509 u. a). Wir,
bie wir wiffen, daß der Spielberg nidt auf cinem fenfrecht abfallenden Felfen
liegt und es nicht mobglich ift, mittelft des etwas entfernt an feinem Fuße vor-
beiflieBenden ſehr beſcheidenen Schwarzawa⸗Muͤhlgrabens und in weiterer Forts
fegung mittelft der Schwarzawa, Igla, Taya und Mard zu Schiff in die Dos
1) General Lafayette, bes Wiklens auszuwandern, wurde mit ſeinen Begleitern Latour-
Maubourg, Aler. Lameth und Bureau be Puſy 1792 von ben Oefterreidhern verbaftet, nad
Wefel unb endlid nad) Olmilg geführt; berfelbe erbielt erft in Folge der Berhandlungen
gu Leoben 1797 feine Freibeit.
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nam. and. dad ſchwarze Deer su gelangen, fonnen und eines Lächelns nicht ents
halten; Drouet fand aber glaubiged Gebor.
Seine Erzaͤhlung lautete: „Ich kam endlich nach dem Spielberg in Maͤhren, wo
ich anf Befehl bed. Kaiſers, mit aller meinem Range gebiibrenden Achtung empfangen
wurde. Die Feftung liegt auf einem 200 Fuß hohen Felfen, an deffen Fuß ein Fluß
vorbei fauft. Die Zeit wurde mir da im Winter etwas lange, ich dachte daher
auf. meine Befreiung. Ich hatte Vorhinge in meinem Zimmer. Mit Hilfe
bes. ged Hacken, welde die eiſernen Stangen derjelben trugen, hob ich in zwei
Monaten. bas ganze eiferne Sitter aus. Ich Hatte, wenn es ndthig gewefen
ware, mit diejen awei Haden den gangen Felfen ber Feſtung
Gpieciberg untergraben können. Allein wie fonnte i nun in dfe
ſenkrechte Tiefe von 200 Fuß Hinunter fommen. Die Roth macht ſinnreich und
id entwarf folgenden Plan. Sd verfertigte zwei fliegende Drachen, wie die
Quaben ſich machen. Diefe wollte id mie an beiben Armen befeftigen, und
mich ihrer ald Fallſchirm bedienen. Bin ics einmal drunten, dachte id, dann
fteige id) in einen Sahn, der immer am Ufer iff, alsdann fahre id auf
die ſen Fluß in Die Donau, auf der Donau ins ſchwarze Meer
und-von-ba nam Ronftantinopel gum Raifer Selim. Am 8. Juli
1794 mar ich mit meinen fliegenden Drachen fertig, padte dann meine Rleider,
meinen Mundvorrath, 30 PBfund ſchwer, gufammen, und hob bad eiferne Gitter,
welded nur jum Schein feſtſtand, vollendéd aus. 3weimal nahm id aud bem
Fenfler einen Anlanf and zweimal fehauderte ich guriid. Endlich mate id ben
großen Sprung mit einem fliegenden Draden und fiel gulegt auf eine Mauer,
we ich den einen Fup zerquetſchte. Ich wollte nod einmal fpringen, aber der
Schmerz binderte mid. Sept fing ih an gu ſchreien, aber ich blieb bid Gons
nenanfgang auf dem Orte liegen. Man trug mich wieder in mein Gefangnif.
Hier lag ich 3 Monate an meiner Wunde darnieter, gieng hernach an Kritden,
erhielt zuletzt Rachridht von den Siegen Der Republif und endlich von meiner
naben Auswechslung“ (Brinner Zeitung 1796 S. 106) ').
Menige Fabre fpdter fonnten fic) Die Frangofen felbft uberseugen, welchen
Noman ihnen Drouet aufgebunden. Es war im Kriege Oefterreidhs gegen Frank⸗
reid 1805.
1) Wie fligen hier bes Zuſammenhanges wegen aud) Auszüge aus ber brünner Zeitung Aber
Lafayette bei.
Man hat (heißt es ba tm J. 1796) in mebreren Pariſer Journalen eine fdhredlide
SHilderung von bem Gefängniße gemacht, in welder Lafayette mit feiner Familie yu Ol-
mütz ſchmachtet und hinzugefügt, daß ber Raifer dieſen Generalen an Rußland ausliefern
wolle,.um ifm nad Sibirien gu fdiden. Malet de Pan fdreibt von Beri ané an ben
Berfaffer des Eclair, um diefe boshaften Nachrichten gu widerlegen und verfidert, daß fe
alle falſch ſeien, daß Lafayetie in Olmütz gut gebalten werbe, ber Raifer nicht darau gee
benfe, ibn nad Sibirien gu fdiden.
188
Nach den Unfaͤllen um und bet Ulm und mehreren unglidliden Gefechten
30g ſich das oͤſterr. Heer burch Baierw und Oeſterreich - und-- von -Gier-anéd auch
die ruſſiſchen Hilfstruppen uuter Kuuſow nach Mahren. juriid, von. den Fran:
zoſen immer zurückgedrükt und -verfolgt. Zu Anfang Rovembers des Jahres
1805 traf. Ralfee Franz mit. feiner Gemahlin Maria Therefia und dee Erz
herzogin Maria ouife ju Brünn cin und begab fid) bann nah Olmütz, um
fi) mit Kaiſer Aferander aber ben Operationsplan gegen den raſch vordringenden
Feind su beſprechen. Schon den 10. November defilivte dbie-dfterrcihifche Armee
unter Fuͤrſt ˖Lichtenſtein (26.000. Mann) bei Brinn -vorbel, und: nahm -iér
Hauptquartier bei Sehlappanip; die Ruſſen unter Kutuſow breiteten fid) von
Raigern bis Turas aus, wahrend bie franzoſiſchen Vorpoften zwiſchen Seelowig
und Raigern Pofto faften und ble Muffen unter Bughivten bet Wiſchau ſtanden.
Den 19. Fruͤh zog alles in Briton nod) befindliche Militaͤr ands die Fee
flung Spielberg wurbe anfgegeben, Me Birger Mbernagmen de Made. Schon
Nachmittags verkündeten Staubwolfen von- der Wienergaffe den Anzug der
Feinde: Beim Kloſter ver barmherzigen Brivder empfiengen. fe der. Hifhof, der
Sraf Sobaun Taaffe, -der- Mppellationsrath ven Hader, der Buͤrgermeiſter nett
einigem Gefolge; diefelben famen den folgenden Tag feiectich dem- Raifer -Rapos
(eon enigegen, welcher begleitet vom Prinzen Murat; tem Marital. Berigier und
anderen Genernlen, -an der Spitze ſämmtlichrr Garden, bed -Mameludentorys
und mehrerer Regimenter am -20.;Rovember:- dr. Brinn -einjog,.:-4a hegann
nun -cine araurige Felt fiir die Stadt; faft unerſchwinglich waren die Remrrfi-
tionen an Geld und-an Lebensmitteln, deren Mangel ſchon febhr. fihlbar tourbe,
Theuerung verurfacte amd in der Ferne nod. drohendere Molkey.« jeigte 5 die
auf cinander folgenten befehlshabenden Generale ſchienon in . Bedridungen
jeglicver Art wetteifern gu wollen. Die Stadt war mit Feinden. Therfullt, die
Pferde fonnten nicht -alle untergebracht werden, die Frangofen verwendeten daher
bie Haudfluren und Zimmer zu ebener Grde gu Gtalluugen oder lagerten ihre
Pferde in ten Gaffen unter freiem. Himmel, Auf Sen Wallen. ber Stadt und
bed Spielberges wurden Kanonen aufgepflangt, einige Joche von den Brien
abgeworfen und auf allen Geiten an Befeftigung gearbeitet.
Naw franzöſiſchen Berichte beſichtigte Napofeon vie Fetangewerte » eb
Spielberges, ließ neue Rallijaben aufridten, in den Feflungémauetn auf ‘allen
Seiten Deffnungen ausbrechen, ſechs Feldfaplangen, jebe mit 30° Pferden, und
mehrere Worfer von ber Stadt in die Feftung bringen, und-fo einvichten, daß
Es war + (beift es in ber brünner Zeitung vom it Diteber 1796). ant 19. Sep⸗
tember um '/.7 Uhr Abende, als ber bisher in Olmütz in Staatsgeſangenjchaft geweſene
franz. General La Fayette ſammt ſeinen Geſahrten in Begleitung bee f. ¥. Majore ven
bert Gtaabsbragonern Herrn von Auernhammer anfam, und nad gewechfelten Pferden ſeine
Reife weiter nach Iglan'fortſetzte. Er hat ſeine Freiheit erhalten. Sein ‘mieten AR ge⸗
ſund und geigt von keiner zerrütteten Geſundheit.
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G8 ſchten, ‘NS BH ed Yefonteh wire, Glee eine Belagerung auszuhalten. Rah
Ben MefenBeridhten follén die Reufranfen auf bem Spielberge 60 Ranonen,
3000 Eentner Prther, eine große Menge Mumbvorrath und Montourd + Stride,
erbentet haben (bad Depot von Budweis war hieher gebracht worten). Gewiß ff,
baB das Beaghawes ganz ‘audgeleert wurbe, weil ber feindliche Anmarſch au
Aberelli war, und man aud feine Bferde auftreiben fonnte, um Alles fortzu⸗
Beiwgen. “Sept ging es den Bewohnern von Brinn, wie den Wienern; ſie
mußien ‘cite wUngibiige Menge fremder Truppen unterbringen, ernaͤhren, und
mit alten Rotinvendigteiten’ verfehen. Ang, Verwirrung und tddtender Qummer
War Huh allgemein, wd man fieng aud an, fiir fein Leben und Eigenthum
beforgt yu ſein, weil man fic nichts ſicherer als cine Befagerung einbildcte.
~"" Men IB: Rachts un 2 Whe zogen alle Sarbegrenadtere aus; das Dun-
fel dee Naͤcht heilten zahlreiche Flambeau's auf. Gonntags bew 1. Degember zog
ber von Igkau Herbeigecitte Marſchall Bernatotte an ber Spige vow 30000
Mann odurch Me Dtadt ber frangdfifehen Armee yu, welche ſchon früher kleinere
Jazũgeerhalten hatte. Ded anvern Tages crfolgte bie Rieſenſchlacht von
Wafterfig. Fruh um 7 Use begann ver Donner ded Geſchützes, Tauſende ftanten
auf Ben Schanzen“ swifden dem Neu⸗ und Qudenthor vol banger Erwartung,
wie bab” Gange! enden werde. Batd bebedte- undwrchbdringlider. Pulverdampf
Me Baketid: ſuerhtbar Halle der Manrtonendonner, daß Me Stadt erbebte. Um
tle Mittaigszeit langten dies etſten Verwundeten an, und fegt erdffnete fic bad
graͤßlichſte Schauſpiel tes wuͤthenden Krieges, ohne das Schlachtfeld gu betreten.
"Die Stadt wurde nun voll von Grauel und Jammer. Die ungeherre
Fahl der Berwenideterr mußte it PBrivathiufern und Kirchen untergebracht were
den, alle Spitäler, Klöſter und Fabrifen waren überfuͤllt; int obrowitzer Spi⸗
tale allein lagen 1500 Franzoſen. Alle Stände ohne Unterſchied bed Geſchlechtes
welteiferten in bee Verpflegung der Verwundeten und Kranken, und nicht wenige
wurden ein Opfer dieſes edelmuthigen Strebens.
»uInsbeſondere ſtarb ein Theil ber Minoriten bei dieſer Pflege. Die Sterb⸗
lichkeit nahm täglich überhand und ließ eine Epidemie fürchten. Die gefangenen
Ruſſen, in den Kirchen und im Theater eingeſperrt, faft bem Hungertod preio⸗
gegeben, ließen aus ben Fenſtern an den Schnüren ihre Helme und Kappen
herab, durch erbettelte Lebensmittel ihr Leben zu friſten. Was vermochte alle
Bereitwilligkeit ber Barger und bed Meld bei ſolch' einer Menge! Und wie
ware es Der Stadt ergangen, wenn die 10000 — 12000 ftarfen Ruffen wber
die Fleine franzoͤſiſche Befagung hergefallen waren ?
Am 4. Dezember Nachmittags fpraden fich die Kaiſer Franz und Rapo-
feon bei einer abgebrannten, ‘ant Fuße sweler Berge an einem kleinen Teiche
zwiſchen ten Doͤrfern Jaroſchitz und Uhrſchitz gelegenen Muͤhle. Unter freiem
Himmel in der Rabe von ſieben Linden und eines großen hölzernen Kreuzes
ſaßen am Feuer die beiden Kaiſer und Fürſt Johaun von Lichtenſtein das Schick⸗
fal ber Voͤlker qu entſcheiden; in ber Gnifernung eines ſtarcken Büchſenſchußes
140
wat bie Generalitat, einige zwanzig Edhritte die gwei Sohne bed Muͤllers, das
Genes zeitweiſe angujdhiicen. Es wurbe cin Waffenkillſtand. vexabredet, aber
ext ten 6. mit der Bebingung gefdlofien, bap cr bei Unterbredhung 2 ber alee
handlungen 14 Tage vorher aufgetundigt werten folle.
Am 6. Degember fam Napoleon mit feinem Heere in Brünn an.
Die Ein- und Durchzüge ter franzoͤſiſchen Truppen wahrten nun fort.
Fürſt Lidtenftein und Talleyrand, franz. Minifter Ler answartigen Angeles
gen$eiten, famen nad Brinn, um an einem Frieten zu unterhandein; nits defto-
weniger fubren die Franjojen mit. Ler Bejeftiguag. fort, sequiristen überall, pliun:
berten die Dorjer, und General Mortier, Militargouvernener von WMahren, drohte
tie Statt der PBlunterung preis yu geben, wenn nicht wenigſtens ein Theil
ber Brandſchatzung von 1,800.000 Franke erlegt wirte; ungeachtet der unge-
heuren forttauernten Nequijitionen und ungeadtet Rapoleon felbft zweimal
verſprochen hatte, fcine Brandſchazung ron ihc gu fertern, mußte die Stadt
benned 100000 fi. jablen. -
Am 11. Deyember ging Rapeteon naw Wien ab. Den 26. Dezember
bradten eudlich tic Bevellmidtitgen, Kuch Lidtenflein unt Ignaz Oraf von Syulat
von einer, Talleyrand von fer antcrn Seite, ten Frieten in Preßburg gu Stand;
bie Frietenéinfirumente wurten ten kũnftigen Tag untergeignet, und om 1. Fanner
Geb Jabres 1806 yu Wien ausgewechſeli. Deſſenungeachtet währten die Bepriife
fungen ter Feinde forf, bid fie endlid ten 12. Janner 1906 gänzlich abjegen ').
— — —
i) Migemeime Quellen gikt ca wehl mehrere, ſpeciell find jedech mux einige gu erwähnen.
Unerweger, Leiden in Brinn wabrend der Anreiendeit dee Franjejen, Rrafan 1806 (felten,
wm der brũunet Gam]. Bibi). .
Der ſianige unt gemiublike Cheval Ri in dem (Seaig verbiciteten und fdwer
ga ecbultenten) diũnner Anzeiger nat Togcétisue 1555 Ns. vt — 2S anter bem Titel
Aurizeichnungen eines triinner Kürgere. L Tie Framelen cr Sriinn’ Nachrichten mitge-
thelr, Sie algemein anipraden und erdalter sa rete verticnen. Wir laffen dieſelben
Daber telzen :
1. Die Feanjojen in Brian.
Immer Bat c8 mid mit Frazer ont Bkimet efit, mesa wh Ce alten Gebäude
umerer Stadt nicderreißen. tie Erayergicge durch Bauten reritches, neue Gerafjen in
mbere Geren eindringen. wWenn aw Nas dab Asserctat, ciucheadgt ſches Abgeſtor⸗
beet. ane mir NWannd Tdeuere erieden fet. Ed faen mc, ald Berte cin Theil meiner
“ris wir iam ch Se fens ich an der Stdttee, we Bee ScSaeer Ther mar, niemals chne
* See; —— Weme TsSumerenR ut wetee Crimsramgen cerforen da
tere Weorefieat. az tem fic icuft Nites fomnne. orig amt pracdieed, bat fidh bas neue
Scrceags Sim seh nas ump Nac, wir fag Siet kh cas of adie Gepanten ab vom
Retirccz ost wo Sersenscaca. Stn 2 ok: — dz ietee Sao. Zum Brünner
anc. “rieggu terms fer mikbne: Nas. < ARNE des Kcecze, U8 grofen Kate
414 Messer. Kt Cees cc: Ser: Satis. RED Seely, tak a tt: KA ockaltent wellte, er-
Vie®er ect: Set cdi com pra rarséin: Mine’: exe Nx:eniet Nr. 2 and 5 is
wars Saxe om. aif Dare cx Sein We Rsiakys bam. Har dieſer Gegend, —
$41
Damit war aber dem Jammer fein Ende; benn auf ben Abzug bes Feindes
folgte eine wahre Gene, welde täglich eine Menge Menſchen hinwegraffte,
batanf große Bheuerting und fa! Hungersnoth, in Folge welder ben Bäckern
faft Geral in ber Stadt und ben Borfthdten bie Laben eingeſchlagen wurden:
gegen fie und unter den Stiirmenden und Plündernden groͤbliche Mißhandlungen
vorfielen.
=e — 4
fo exgiGit max nab fo fanz man in vielen Schriften leſen — zielte ein verwegener Geſelle
vous Dadboben. berab, als Napoleon vorbeiritt; nur ber Zufall, wie man meint, verbinderte
einen verhingnifoollen Schuß. Wud die Hauler, welche dem neuen Stabthaufe entgegen-
Reber, werden frilber ober fpiter neuen Gebdubden weiden und jede Spur ber Thatſachen,
die ich erwähnt habe und vow denen ich ſpäter Näheres fagen werde, wird verſchwunden
fet.
Der Gedante der VBergdnglidfeit, des ewigen Wechſels, ber fortbauernden Umiwand-
lung ift ein tief niederbengenbder. Obne daß wir's hindern (Snnen, anbdert fig vow Minute
pu Minute Alles in uns, in ben Menſchen, in den Dingen. Man möchte biefem Leben,
dieſer Bewegung, die in demſelben Augenblicke ſchafft und zerſtört, aus ber Tiefe ber Bruft
ein Salt ! zurufen, mBdte wünſchen, nur einmal ſollte Alles unvergaänglich fein, ſtille ſtehen,
nur einige Zeit, einige Tage, damit man ſich's anſehe, was bas Alle’ iſt nub was bas
Wes war. Welche Unrube hatte ih, al’ ich im Biela'ſchen, ehemals Graf Auersberg'ſchen
Hauſe am Krantmarlte wohute! Midst eine Spur, daß hier iu dieſen Simmern Talley
rand athmete, hier vielleicht ſchon die Vedingungen bes Preßburger Friebens irr feinem
Ropfe trug, fle mit dem Fürſten Fohann von Lidtenftein beſprach. Nicht eine Spur! Aud
bie berühmten und die merkwürdigen Menſchen hinterlaffen keine Meibenden Merkmale ibrer
Gegenwart an ben Segenflinden, aber ihr Gedächtniß lebt in ben Geiftern fort. Wie
fame es font, daß id an Talkeyrand-Perigord fo oft benfen mußte, alé ich unter bemfelben
Dace war, uniter bet er vor cinem halben Jahrhunderte wobhnte, ich ber unbbeutende, ber
Harmloſe, an ihn ben Fiirften von Benevent, ten Wtabdeligen, ben Biſchof von Autun,
ber nach dem Willen der Revolution bie fonflitutionellen Biſchöſe wethte, an ibm den Mi⸗
nifter, ben groBen Staatemant, den Diplomaten, welder den Ausfprud erfand, man habe
bie Sprache erhalten, um ſeine Gebanken verbergen zu fnnen!
Talleyrand war aber yu ber Beit, wo er in Brünn war, int Hintergrunde. An der
Scanbiibne flanden bie glangenden Generale, die flegetreide franzöſiſche Armee, flan Na⸗
poleon felbft. Die Gindriide, welche diefe ExfGeinnngen gaben, waren fo madtig, daß
Jene, welche fie als Kinder erbhielten, diefelben nod in der vollen Lebhaftigteit ber Farber
bewahren and immer iwicber anf diefelben zurücklommen. Die Drei⸗Kaiſerſchlacht bei Au-
fierlig war überdieß mit biefen Erſcheinungen des änßern Prunte und bes Ruhmes Cine
und Daffelbe. Die Maſſe der Solbaten, ber Kanonendonner, die Berwundeten, bie Spi-
tier, dle Tobten, weldhe Summe bes Ungewöhnlichen! Nach dem 6. Degember 1805
war bas Wetter milbe und: regneriſch und bie Phantafie ber Kinder fah durch bie Gafjen
Vint ſrbmen, bas den. Wunden ber Golbaten entflog, welde ben Reboutenfaal, bie Sale
' bee Minoritenhofiers, bie Kirchen uw. ſ. w. füllten.
Der Krieg ift immer ſchauerlich. Die Menſchen vertifgen, toöbten fide; fle wenden
ben hochſten Verftand, bie ebelften Tugenden, bie hochſte Begeiſtering an, mur nm das
Lebert gu tBbten, bas Vollendetfte, was ble Natur fchafft und was bas menfdlide Genie
nie mebr jurfidhtelfen fann. Man hat bas Gefibl vieſes Unheimlichen, fonderbarer Weife
mehr tor ber Schlacht, ale wibrend und nad derſelben. Die Stimmung Vrilnne way
142
Deſterreich war in den bisherigen Kriegen hart getroffen worden und hate
ſtarle Einbuſſen erlitten; allein ſeine Kraft und fein Muth: war. vicht gebrochan.
Als Preuſſen. vernichtet ſchien, Raßlande gedemuͤthigt, wat, Spanicn ufich aber
Geldenmiihig erhob, nahm Oeſterreich nod einmal den Kampf mit Napoleon
beſonders dilfter, als man ben Feind erwartete. Serbermant fen
große, weltentfdjeidende That in unſerer Nahe geſchehen werde. Die Wa}
aus bem Weſten und aus bem Rorben zogen tmmer brohenber, immer wl
‘Man ewortele ben Zuſammenſtohz zweler Hatften’ von nce. uk Heh, ge,
gofen fonnnen! Die Stadt war verddet sind in Bongigheit;” das Sided Yer Wgetnen
und bes Staates fam unter die Obhut der Bargerſchaft nur einzelnt waren {6° Thm, ix
bie Ebene hinaus gu fpahen unb bie hecanglehenden Megimentér mitt den Sittin it Yhden.
Am 19. November 1805 wm gwei ein halb Uhr Nachmittags Fprengten bie framd ·
ſiſchen Pläutler durch die grofie Biderfrajfe gun Bruünner Thore und hurd dieſes; fle
werfolgten bie fich zurllchiiehenden Latour-Dragoner fechtend und foiefiend, itber die, Rafer
nenfdanje und durd bie Stadt. Abends, vor 6 Ubr, rildte ‘Brin; Mir ‘an det Spige
der Silraffier-Regimenter beim Sriluuer Xhore heran, gog burd die, ober affe,
den Srautmartt, die Sattlergaffe, auf den grofen Plat, Wo, sit die ‘beibeu, _Regithenter
auffteliten.
Die Kiraffiere des Pringen Milrat waren burdigefends bohe, ‘patetige Leute nnd
Wes au ihnen von der grbfiten Sauberleit. Man ſah unb ſtaunie und meinte, ſolche
Leute milften fliegen. Sle warden in der Stadt einquatiirt. Brit” Miret ‘it Stibttom.
manbant nahm feine Wobnung im damals Baron Dodbeinein ſchen, “feet Coat em
Danfe am grofen Plage.
Am folgenden Tage, ben 20. Movember 1805, vor 12 Ubr, idle ble ſamzöftſche
Armee gegen Brunn an; ber grdfte Theil derſelben marjchirte busd die Stadt. i) och beat
am Lage wich man Hiren, Rapoleon habe dieſelben Truppen barch bie, Stabt
laffen, um mehr Refpelt vor ſeiner Macht eingufldfen. Napoleon hatte ſicher audere Dinge
tom gopfe, als ſolche Meine Gedanten; fein Denie war feine Mads, fein Gunggern
ſramofiſche Boll, defen Ideen und deſſen Gateligens die Mitte! gu feinen,
Einmarſch ber Truppen, welde in ker Stadt einquactirt, wurden, dauert
Ube bis gegen 9. Uhr bends; 21,000 Mann blieben in ber Stadt.
fiend Garden: bie franzöſiſche Grenadiergarde gu Bb uniformict Stow Gold bie ita
lieniſche Grenabiergarde gu Fuß, grilw mit Silber, bie Getnadiergatbe ri prem Gfau mit
Silber uniformirt, .
Um 8 Uhr bends tom geiſer Rapoleon, der arm. bes Sahrbunteria, deſſen Puen
damals nod) nidt getrübt war durch bie Erhebung Europas gegen ſeine Dewaltherrfdials, und
deffen Name dazumal nod nicht jene Gedanlen au ein tragiſches Ende wegen lonute, wel>
hee wix won feinem Audenlen heut gu Tage nicht mehr gu treunen vermbgen.
ganjen Sauber, Die Gripe {einer Grfdeinang teat um fo apfallender Fexpptnyslg bie um-
gewöhnliche Einſachheit, man kann fagen, bas Klaſſiſche und Plgifche jeiner PeriPndichteit
gegenilber ber Ramantif ſeiner Umgebnug glãnjend hepvortrat. Rapeleona grauer Mantel
Ghaffeurgarde anit ben rothen und golbenen Mufigisgen, und ven Glrenmilgen wash doſe⸗
Tenart, und jenem der Momeulengarre mit ben grünen Turbané mit weifiem Gewinde,
den lichtgrünen Jaden und giegelrothen Pumphoſen. . Richt genug, bes Rapoleons, rſqhei ·
148
auf (1800); um Europa vor villiger Unterjodung gu ſchuͤtzen. Seine Erwar⸗
tung auf. die. Erhebung der getrildten deutſchen Fürſten und Völker wurde jes
bod getdufdt,: feine Waffen waren unglidlig, aber .igr Nuhm und: des Reiches
nung durd feine Thaten zur Phantafte fprad, dieſe Garden, in bere Mitte ev in unfere
Stadt einzog, erinnerten an hie Schlachten ber Pyramiden nub alle die kühnen, faft
. abenteuerlichen Bilge bes Benerafe ber Republif.
Am Abende bes Einzuges ber Franzoſen in Brünn haben die Wenigſten Napoleon
felbh feben lonuen. Die Unterbringung fp vieler Tauſende uahm Ale in Auſpruch. Die
Pjerde her Savaltesie ſtanden i im Porhiufern, ja felbft in ben Zimmern; man war in ber
Derilichleit nicht ſehr wohlig. Die Bewohnerſchaft mußte überdies die Mannſchaft ſpeiſen,
die Munijzipalität fiir Alles ſorgen und fiir Jedes haften. Die Munizipalitét war die ein⸗
zige Civil⸗Autorität ber Stadt; bie Staatsbehörden fungirten nicht, die Staatskaſſen waren
vor Ser Anlunft bee Feindes entfernt und mad Wieſenberg gebracht worden. Die Muni⸗
zipalitãt beſtand aus angeſehenen Mannern der Behörden und der Bürgerſchaft; Hofrath
Baron Roden fuͤhrte ben Borfig.
Saifer Napoleon wohnte mit ſeinem Gefolge im jetzigen Statthalterei-Gebdude. Da-
fefbft befand fd and das Quartier des Generals Mlortier, welder gonverneur de Brune
foar, und ber, wie befannt, ‘bas düſtere Geſchick hatte, im Sabre 1835 jn Paris an der
Seite bes Kiniges Ludwig Philipp burch eine Höllenmaſchine getddtet gu werden.
Das Leben der Geuerale Napoleons iſt nicht minder reich an geſchichtlichem Stofſe,
als das bes Kaiſers jelbſt. Man nanute fle mit faſt gleichem Intereſſe und es gibt heut
au, Tage teingn juugen Mann in ber Welt, ber ihre Namen, ihre Chaten nicht wilfte.
Darum wird es Manchem der geehrten Lefer willtommen fein, wenn ich fage, wo diefelben
in unjerer Stadt wohnten. — General Rapp, der bei Auſterlitz am Arme bleſſirt wurde,
hatte ſeine Wohnung in der Holzgaſſe, Nr. 129 (damals Eigenthum bes Abvolaten Feſſel,
jest bes Herrn Bargermeifters Dr. Rudolf Ot, unb General Ballibeur, in der Neufrdy-
lidergaffe im Graf Slam’fdjen, jest von Chlumecky'ſchen Hauſe; dtefem Generale wurde
am 2. Dezember i in ber Schlacht cin Fuh abgeſchoſſen und berfelbe ſtarb vier Tage daranf.
In berſelben Gaffe, im Keller'ſchen, jetzt Floderer' ſchen Hauſe, Nr. 163, wohute Morland,
der Oberß bet Schweizer Chaſſeurgarde, der in den Schlachten von Auſterlitz den Prinzen
WMilrat’ mit Heldenkraft aue den Reihen ber Gegner heraushaute, und dabei 16 Wunden
exbtelt. | Oberſt Morland ſtarb am. 5. Dezember in dieſem Hauſe; fein Keeper wurbe cin-
baljamixt nud nad Paris gefhhrt. Seine Cingeweibde wiirden aber im Sarge am 7. Dey.
um halb eilf Uhr Vormittags feierlich begraben.
Im Hauſe bes Fürſten Kaunitz am großeu Plage war General Kellermann einquar⸗
tirt; ‘er wart ‘in ber Schlacht bes 2 Dez. am Fuge verwundet und blieb deßhalb in Brünn
ate: gira ‘Ort 1906.
Dew zweiten Stok des Baron Schrbfel'ſchen, meen “Orsf Weiitrvwſkhſchen Hauſes be⸗
wohnte Setteral Watters im Hauſe der Grafen Sievotit, Rr. 73, ber Stadtfommandant
Panthier; im GSerſtbaner'ſchen Saufe General Macon und bei bret Fürſten Aleran-
Her Berthter, ver Marſchall, ein Angliidlider, welder tm Fabre 1815 im Wahnſinne
vom Vvambrrger Schloſſe ſich herabſtürzte unb tBdtete. Der Corfe Sebaſtiani, ber ſpä⸗
ee | Sefanvte, Matſchall und Kriegsminiſter war und in ber neueren Zeit in Frankreich eine
—große Rolfe ſpietie, war vor ber Salat von Auflerlitz Oberſt eines Infanterie⸗Regiments,
wntbe in Per Schlacht, in welcher ex fich hervorthat, verwundet, lehrte vont Schlachtfelde
‘ale General srl): Sr wohnte im Zierotiniſchen Hauſe in der Schwarzadlergaſſe, im Bi⸗
ſchofehofe aber Marfa Lannes, „der tapferfie ber Menſchen,“ whe ihn Napolevn naunte,
144
Ehre God gewahtt an bem grofen Tage bei Aſpern, weldher ven Voller zeigte,
daß Rapoleon nist uniiberwindlid fei, ihnen ein mactiger Sporn gum Wafs
raffen aud Harter Knechtſchaft wurde. , Stem
bem in ber Schlacht von Aſpern bie beiben Fife durch eine Ranonentugel abgeriffen
wurden und der nicht flecber wollte, weil er den Raifer als Freund gu ſehr Fiebte.
Weil ich bie Haufer bezeichne, in melden beriihmte Manner gewohnt baben, erinnere
iG gugleid barauf, bag im Jahre 1809 Davouft im Statthalterei⸗Gebäude und fein
Schwager General Ferrand im Salm’fden Haufe am Dominifanerplage, (fegige k. k.
Poligeidireftion) bie Ouartiere nabmen, unb bemerfe nebenbei, ba ber 15. Auguft biefes
Sabres, Napoleons Geburtstag, von Davouft burd eine große Tafel, Feuerwerk unb Ball
im Augarten und Belendhtung der Stadt gefeiert wurde. Wenn wir aw biefer Beit bas
Schwedenfeſt feſtlich begehen, können wir uns an biefe geſchichtliche Seltfamleit erinnern.
Die napoleonifdhe Armee war an eine ftrenge Dijciplin gewöhnt; fie hielt gute Ord⸗
nung; bie bem Frangofen angeborene Heiterfeit, feine freundlide Zuthunlidleit unb Höflich⸗
feit erfeidterte in Bielem bie Schwere, welche anf der Einwohnerſchaft derch bie Segen-
wart bes Feindes fag. Selten, daß man ſich beklagte, und gefdah dics, fo waren es baie-
rifhe Solbaten, welde dazu die Veranlaffung gaben. Auf diefe war man Überhaupt im
Lanbe nicht gut gu fpreden und nod gegenwartig wird man hören, baf fle ſchlimm waren
und ihre Unglitdsfalle in ben Rriegen unter Maria Therefla und die Graufamfeifen ber
Panduren unter Freiberrn von Trenk haber riden wollen.
Das Cinvernebmen ber Bevölkerung mit ben Franzoſen war baber ein gufes; bie
erften BVeforgniffe waren um fo fdneller gewidhen, als befannt wurde, mit welder militäri⸗
fGen Strenge bie Vergehen gegen Perfonen unb Eigenthum geritgt wurden, unb af€ man
in bent neuen, rafden Leben, bas fich in ben Gaffen burd bie Anwefenfeit fo vieler Rrie-
get ans entfernten inbern bei Tag unb Nacht zeigte, eine eigenthümliche Vefriedigung
fanb. Damals war es nicht, wie in unferen Tagen, wo bie Boller und bie Länber ein⸗
anber burd bie Gifenbabnen nabe ſtehen, wo bas Reifen fo ungemein erfeidtert iff, und
bie Indufirie-Ausftellungen Maffen von Menfden iu ferne Städte giehen, wo endlich ber
Telegraph ſtündlich gu allen Völlern fpridht unb mit ihnen verkehrt. Damals glaubte man
mehr an bas Auferorbdentlide, unb biefes fibte auf Gemilth und Geift feine Gewalt. Ales
erfdien baber ber Bevdllerung Briinns ungemein nen unb unerhört, nidts aber Überra⸗
fdenber, ale baé Talent bes Organifirens, bas die Franzoſen jener Bett bei une fo gut
entfalteter, wie gegenwärtig in ihrem Lager bet Ronftantinopel ober vor und in Gebaftopol.
Im Nu war Alles, wie in ihrer Geimath, in ihrem: SGtaate; man gab ben neuen Einrich⸗
tungen bie Ramen ihre’ Vaterlandes’. Die frangdfifde Gendarmerie überwachte bie muſter⸗
bafte Ordnung; es ſchien, ber Geift Napoleons lene nicht bloß die Armee als Ganjes,
fonbdern jeden einzelnen Theil terfelben und regle deſſen Thatigteit felbft im Geringften. —
Glücklich waren befondere jene, welche franzdfif ober italienifd fpraden. Deren waren
jedod nur wenige. Die Sprache nnb Literatur Frankreichs war nur in den höoheren Sdhid-
ten ber Gefellidaft gelannt und nidt, wie gegenwartig, von Individuen ans allen Stinbden.
Um fo gefudter waren ſolche, mit benen fic bie Fremden in ihrer Sprache verſtändigen
Tounten.
Es verfieht fid oon felbft, daß bie Frangofen aud ben Spielberg befegten; die Straf-
gefangenen waren nad Olmiltz gebradt worden und die Vefte hatte Leine Befagung. Dem⸗
augeadtet verfiinbete bie , Wrilnner Zeitung,” als bas Organ der Gewalthaber, etwas pom-
pbs, der Spielberg fei ,mit den Waffen in den Armen” genommen worden, Am 29.
Movember 1805 marfdirten alle Garden aue ber Stadt, denn ber entſcheidende Augenblick
146
Hatten bie Bewohner Grinné ihre Hingebung an bie heilige Gade des
Vaterlandes ſchon durch mannigfade Opfer vor dem Kampfe an ben Tag gelegt,
fo eroffnete fid) nad deffen unglidlidem Ausgange cin Schauſpiel werth der
Aufzeichnung). Wir wollen feine Gefdidte jener merkwürdigen Tage geben,
theilen nur einige Notizen, meift aus ber unter bem Ginflufe ber frangofifden
Madhthaber geftandenen brünner Zeitung mit.
einer Schlacht trat immer näher heran. Napoleon blieb daher nur wenige Tage in Brünn;
bie Reugierbe, ihn gu feben, war bet ber Bevdlferung nicht groper, als bei ben Soldaten.
Wie man merfte, daß er beran ritt, viefen biefe: „Seh't, Er kommt!“ und madten die
Umgebung auf feine Ankunft anfmerffam. Wm 1. Dezember marfdirte Sernabotte mit
12,000 Mann burd bite Stadt, bie nur nod} etwa 400 Mann in ibren Manern bebiclt ;
am folgenden Tage verffindete Kannonendonner bem bangen Briinn die Schlacht bei
Anſterlitz.
In Dem, was ich früher erzählte, wollte ich einen allgemeinen Umriß som Cinmar-
ſche der Franzoſen in Brünn bis zum Tage der Schlacht bei Auſterlitz geben. Ich will
nun Einzeluheiten folgen laſſen, welche ben Vormerlen eines Mannes (Landesadvofat
Dr. Schindler) entnommen ſind, welcher erſt vor Kurzem in hohem Alter ſtarb und durch
ſeine hohe wiſſenſchaftliche Bildung und ſeine bürgerliche einflußvolle Stellung in unſerer
Stadt allgemein belannt war und der während der Invaſion der Franzoſen um ſo mehr
ia der Lage fein lonnte, Manches gu wiſſen und gu hören, als er der Munizipalität als
Dolmetider febr weſentliche Dienfte leiftete und iiberdieR mit ausgezeichneten Männern ver-
febrte. Derfelbe fah als Patriot bem Einzuge ber Franjofen mit Sdmerz und Trauer
entgegen. Die Ruffen waren ibm aber nocd weniger willfommen. Cinem Freunde am
Lanbe, ber in ber Gegend von Wifdau wobhnte, wo ſich unfere Armee befand, rieth er, in
dem alle gu flüchten, wenn die Ruffen kämen, ba mau in Brünn von ben groben Aus:
ſchweifungen erjdble, bie fie auf ihrem Rückzuge begangen. Diefer Brief vom 19. Noveme
ber 1805 ging nicht mehr ab, denn als an diefem Tage ein Piquet ber frangofifden Gre-
1) 1809 ging burd bie rühmliche Thatigheit des Bürgermeiſters Czifan ein Gamm-
tungébetrag von 14000 ff. von bem Handelsftande, den Fabritsinhabern, der Bilrger-
fhaft und ben hier wohnenden Juden zur Unterftigung ber Familien ber ausridenden
Landwehrmänner ein (Vriinner Zeitung Beilage zu Mr. 28).
Die Stadt Brünn bewirthete bas 1. Landwehrbataillon des briinner Krei—
fes am 14. März nad deſſen mit Feierlidleit und unter Volfsjubel gefdehenen Beeidi⸗
gung (Briinner Zeitung 1809 S. 177). Der Obrifte Graf Chorinsty war Bataillons-
Rommanbant,
Meh den oben erwähnten 14025 fi. gingen weiter 1792 fl. 14 tr. und 494 ff.
2. t., Dann aus der Ginnabme ven ber Darftellung bes vaterlind. Gelegenbeiteftitdes :
Hod. Oefterreich ober der Bund ber Treue, weldes unter nnbeſchreiblichem Subel und
mit Begeifterung des Publitums auf dem brünner Theater gegeben wurde, ber große
Betrag von 4308 fl. 18 fr. ein (eb. S. 274 und 290).
Am 19. April fand bie feierliche Weihe der Fahne des 2. briinner Cand webr-
Batailloné nach einem auf dem Mrantmartte vom Bifdofe in Gegenwart der Lan-
beautorititer und eines zahlreichen Publitums gehaltenen Hochamte und traftigen Redc
Statt; barauf folgte die Bewirthung desſelben; am 1. Mai marſchirte es gur Armec
ab (eb. &. 291).
iW)
146
Schon am 30. Mai 1809 banft bad Lanbedprafidium im Ramen bes
glorreiden Feldherrn Erzherzogs Carl ben ebelmiithigen Bewohnern BVrünns
für das guvorfommende Wohlwollen, mit weldem fie die Bleffirten aufnahmen.
Als aber nad ber heldenmüthigen Schlacht am 22. und 23. Mai die erſten
nadiere & cheval eingerildt war, begaber ſich zwei Offiziere ſogleich zur Poft, nabmen alle
Briefe und fperrten bas Eypebitionslofale. Der Poflverwalter mußte mit ihnen fort; ver
Poſtenumlauf war gang unterbroden.
Gine Sache, bie noch Heut gu Lage mit Sntereffe erzählt wird, war bas Aufbewah⸗
ten bes Staatseigenthumes burd bie Bürger. Diefe baten, man möge ibnen gegen Bee
fdeinigung bie Vorrithe ber Magazine übergeben. Dies geſchah und mander Bürger er-
hielt baburd die Gelegenbeit, feinen Patriotiemus durch Muth und Klugheit yu bewabren.
Namentlid wurden Waffen in ben Haeufern und Kellern verftedt. Indeſſen fonnte das
Magazin nicht gang geleert werden; fo ftelen ben Badern nur einige Centner Mehl und
ber anbere Borrath von 20,000 Ct. fiel bem Feinde gu. Cine Rundmadung erfdien,
welde von Exceſſen, Unorbnungen, einem iibel verftandenen Patriotismus warnte und die
Bevölkerung aufforderte, ſich beim Einmarſche ber feinbliden Gruppen und während ibres
Wufenthaltes in ber Stadt ruhig gu verbalten, und weder burd unbebutfame Reden, nod
weniger aber burd exceffive Handlungen Anlaß gu gegründeten Ragen gu geben.
Dem Pringen Mürat follte eine Deputation der Stadt am 19. Mov. entgegen geben.
Diefe beftand ans bem Biſchofe, Grafen Sdrattenbadh, dem Grafen Johann Taaffe, Herrn
von Sader gu Sart, Appellationsrathe, und dem Bürgermeiſter Johann Gyifan. Sie
hatte nod nidt abgefpeifet, als bas frangdfifde Piguet einriidte, nub eilte baber bem Prin-
gen entgegen, fam aber nur bid gur Brager Straffe, von wo fic in BVegleitung eines Abd-
jutanten Mürat's zurückkehrte. Dicfer empfing fie fobann in feinem Ouartiere im Dobbel-
ſtein'ſchen (Schwarz'ſchem) Hanfe, und arbeitete barauf mit feinen Offizieren.
Der Deputation mute fic) Baron Roden angefdloffen haben, benn e8 wird erable,
ibn babe ein bober Offigier, General Duroc, beim Herausgeben im Vorzimmer angebalten
und ilber Mehreres ausgefragt, fo aud, wann der Raifer von Rußland erwartet wurbe,
unb wo er jet fein midge; er babe darauf eine ſehr ſchnippiſche Verbeugung gemadt und
ben Freiherrn ftehen gelaffen. Cin Souper auf 30 Berfonen wurde veranftaltet, bas dagu
Erforderliche durch Requifition herbeigefdafft.
Die Offigiere, welde Mürat in feinem Gefolge hatte, 24 an der Zahl, waren meift
fone Manner und von ſtolzer Haltung; mebrere ſprachen deutſch. Sie waren voller Lee
bensluſt, benn bie ganze Nacht hindurch wurde geſchmaust und Kaffee getrunten.
Müurat ſcheint überhaupt ein Freund einer guten Küche geweſen gu fein und nad
Talleyrand, fiir deſſen Haushalt taglid cin Schock Cier geliefert werden mufte, war
ber Tijd bes Erſteren gang befonbders wohl beſetzt. Als derfelbe ant 29. November um 4
Uhr Nadhmittags bie Stabt verlies, mufte thm bas Effen auf einem eigenen Wagen unter
Vegleitung hinausgefilhrt werden. Der Wagen fam den folgenden Tag um 6 Uhr frilb
zurück. Diefe minntidfe Thatſache führe id an, um dabei gu fagen, wie ſehr man in ber
Stadt ither Alles im Untlaren war, twas dranßen geſchah. Während Napoleon mit dem
Blide bes Genie feine gilnftige Lage fab und eine der größten Schlachten vorbereitete,
glaubte man in Griinn, die Franzofen mußten fich guriidgiehen und wiirden von den Ruffer
bart bedringt. Ale jener Wagen zurückkam, verbreitete ſich ſogleich die Nachricht, Mürat
fei franf, liege auf einem Bund Stroh, fei verwundet, ja fogar gefangen; in ber legteren
Nacht follten 2 bis 3 Regimenter, bie in Prödlitz waren, gang aufgeriebes worden fein, bie
Frangofen hatter viel Furdt vor den Koſalen.
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Verwundeten nad Brinn gebradht wurden bis dahin wo Taufende einfangten,
‘geigte ſich in Brinn ſowohl bei ter Wufnahme in bie Haufer ald bei ber Pflege
‘Und Wartung der Kranken ein fiber alle Klaffen und Stände der edlen Bewoh⸗
ner Brinns verbreiteter und in Taufende vervielfaltigter Wetteifer, in weld’
We Adjutanten Mürats waren fort, deffen febr nnbedentendes Silber wurde ein-
gepadt, unt aud ber guritdgeblicbene Rod machte Vorbereitungen zur Reife. Indeffen
man befam anbere Gebdanfen, als man am jfelben Tage nod ben Wagen mit bem Eſſen
wieder in bie Gegend von Pofority fahren fab.
Mürat war in Brünu populdr geworden; id ſchließe dies baraus, weil man fid
piel um ibn kümmerte. Bald follte ev in Chirlitz, bald in Sokolnitz ſein. Noch am 1.
Dezember und trotz bem, daß für ibs zweimal bes Tages gelocht und ibm das Eſſen
hinausgeſchickt wurde, wiederholte ſich das Gerücht, er ſei bleſſirt oder gefangen, was ſich
wieder nicht beſtätigte.
Kaiſer Napoleon war, als er in die Stadt einzog, zunächſt von zwei vornehmen
jungen Männern, Berthier und Pring Borgheſe, und mehreren Generalen begleitet.
Eines ſeiner erſten Geſchäſte war die Rekognoſcirung der Gegend; er begab ſich auf den
Spielberg, beſah die untern Werle ber Stadt und ritt dann gegen Olmütz zu. Die Garde:
grenabtere zu Pferd gingen ihm voran, jene ber Mtamelufen hinten nad. Der Leibma-
meluk war dicht binter bem Saifer. In biefer Weife fab man ibn auf feinem Sdimmel!
wabrend feines Anfenthaltes in Brünn meift über ben Bla’ gum Inden⸗ jest Ferdinands-
thore, ober bird die Altfröhlichergaſſe zum Brünnerthore reiten.
Am Sonntag ben 24. November liek Napoleon bet St. Thomas um 12 Uhr eine
Meffe lefen. Bore und Nachmittags war Mufterung der Garden, diefer ſchöuſten Goldaten,
bie man feben fonnte. Yn ber Stadt hielten fle täglich von 10 big 12 Ubr Parade. An
grogen militäriſchen Schauſpielen feblte e6 überhaupt nicht; cines ber impofanteften war
jenes am 27. November; zwiſchen Juliendorf und Czernowi war Alles, was an Militar
um Brünn herumlag, aufgeftellt. Der Raifer beſah die Truppen nad) 12 Ubr. Bei fol-
den Gelegenbeiten fab man Napoleon, ben Golbatentaifer, in ſeinem Ruhme, im feiner
Madhtentfaltung, in feinem wunderbaren Cinfluge anf die Armec. Die großen Iutelligen-
gen derfelben, bie Marſchälle und Generale und die Grofrwiirdentrager, ebenfo wie die
Manner verſchiedener Spraden und Lanber, welche feinen Adlern folgten, unterwarfen fid
feinem Genie; fie lebten in den Strablen beffelben, wie die Pflangen in jenen ber Gonne,
wie bie Farben im Lidte. Feber fühlte durch thn ferne Kraft gehoben und zu einem feften
boben Biele gefiibrt; von ihm erbielt er tic Beftimmung, eine höhere Aufgabe, bie Vere
wendung, bie Befriedigung feines gangen Weſens. Die Worte, welde ber Meine RKorporal
fprad, waren glühend und das Qunerfte entzündend. Aber diefen gauberifden Cinflug
iibte Napoleon nicht minder auf feine Gegner. Gr war ber Feind unferes BVBaterlandes,
auf bas cr feine eiferne Hand dritdte; man mußte gegen feine Gewalt fein, und ſeine Ge-
waltthaten verdaminen; ben mächtigen Geift, welder mit jeder Stunde mene Typen im die
Weltgeſchichte grub, war man genöthigt, zu bewundern. Deßhalb fudte in Brünn Geder-
Mann bie Gelegenheit anf, ibn gu feben. Dein Gewährsmann ſah ihn mit feiner Familie
recht gut, lange und wiederbolt am Genfter des Statthalteret-Gebaubdes; er ſah gut, nur
etwas blag und fett, aus und batte einen ernften, in fic) gefebrten Blid. Er batte eine
bunfelgriine Uniform mit rothen Aufſchlägen, golbenen CEpauletts und 2 Sterne an ber
Bruft. Bekanntlich war Napoleon klein unb woblbeleibt. Er fah bem Baron Locelle
ſehr Abntidh,
1
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rührendem Schauſpiele indbefondere bad (hone Geſchlecht, Biirgerfrauen, Bürger⸗
madden und Töchter anſehnlicher Beamten, durch die thatigfte Mitwirfung und
fic) aufopfernde liebevolle Hilfeleiftung ſelbſt in den Spitalern ſich ein ruhmvolles
Blatt aus bem unverwelfliden Ehrenfrange der Naͤchſtenliebe und bed Batrio-
Diefer Freiherr, welder bie Ehre hatte, im Aeußern einige Aehnlichkeit mit Rapo-
leon gu haben, war dazumal in Brünn eine allgemein befanute Perſoͤnlichkeit; er beſaß zwei
Haufer, eines beim Frbblicerthore, bad jegige Veil’fde, und bas zweite in ber Jalober⸗
gaffe, ba’ vor Kurzem Dr. Alée gehörte.
_ Am 24. November Abends waren ber General Gynlai, Obrift Graf Hardeg und der
Minifter Stadion in VBriinn bet Pring Mürat angefommen; am folgenden Tage waren fie
beim Raifer, welder den gangen Zag bet Haufe war und meiftené auf und abging; man
fonnte ibn faft immer am Fenſter feben. Er ſprach febr lebbaft mit General Gyulad, wel⸗
der bann mit dent Minifter Stadion nad Wien abreifte. Als Napoleon bie Juſtizſtellen
vorgeftellt wurben, fete ex ben Herren, welder an ihrer Spike ftand, burd bie Frage in
Verlegenheit: Vous avez la goutte? (Sie haben bas Zipperlein?) weil er ſammtene Stie-
feln trug. Die weitere Frage war: Avez vous aussi un tribusal de cassation? (Haben
Gie aud ein Caffationsgeriht?) Als dieß verneint wurde, erfundigte er fich weiter:
Quelles sont donc les affaires de I’ appellation? (Was find bie Gefdafte ber AppeHation ?)
und alé gefagt wurbe: Die Kriminal- und Civilprogeffe gu beurtheilen, ob fie den Formen
unb ben Gefegen gemäß feien, bemerfte ber Raifer: C’ estque fait le tribunal de cassa-
tion? (was ber Caffationshof thut). — Den Lanbredteprifidenten frug er, von weldem
Sabre bie LanbeSorbnung ware unb weil die Antwort nicht ſogleich erfolgte, in wie weit
bas römiſche Recht nod Anwendung habe, befonders beim Pflichttheil? — Die Antworten
ſollen nidt befriedigend gewefen fein. Der Mant, weldem ber Code Napoleon nidt ge-
tingeren Ruhm bradte, als bie Siege, fonnte leicht burch feine Fragen und bie Größe
fener Perſönlichleit einige Verlegenbeiten bereiten.
Die Franzoſen folgten bem Beifpiele bes Kaiſers, indem fie ſich genau über Alles
und Jedes gu unterricdten fudten. So wollte ein Commiffar bei einem wohl unterridteten
Manne unferer Stadt fid eine Snformation fiber Dies und Jenes und namentlidh fiber
Staatseinflinfte, bie Verhältniſſe Mährens und bergleiden einholen. Diefer fagte ibm all⸗
gemeine Gaden und vermied jedes Detail. Der Franjofe ward unwillig und verließ ihu
mit ber Bemerfung, bas, was er eben erfabren, wire umftaublider im Sdwoy (Topogra⸗
phie von Mähren) enthalter.
Es wird uns night Wunder nehmen, wenn wir die Einwohnerſchaft Brünns über
bas, was unter ihren Augen vorging, in Beſtürzung finden. Cin Ereigniß folgte dem
anbern; eines mebr alé bas anbere bie Phantafie anregend, eine’ mebr als bas audere ge-
widtiger. Die Durdgilge bes frangbfifden Militärs nabmen fein Ende. So waren am
21. November viele Golbaten beim Juden⸗ und beim Neuthor eingeriidt unb {don famen
blefficte Ruffen und Franjgofen und aud unfere Solbaten als Gefangene an. Bugleid
wurden bet 100 Ranonen und Munitionéfarren zum Bubenthor herein und gum Brünner⸗
thore nad Altbriinn geführt. Der Anblid der erften Verwundeten vermehrte die dilftere
Stimmung und es that unenblid web, bie Golbaten bes Baterlandes anf eigenem Boden
gefangen gu wiſſen.
Biel gu fdhaffen madjte ber Spielberg. Jn ben Tagen, wo Alles in Bewegung
ftebt, fiebt ber Gingelne nur bas ibm Nächſte und nur ſchwer erhdlt er einen Ueberblid
liber den 3ufammentung des Gangen. Um fo briidender bas Gefühl, weil bas Mare An-
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tigmuéd ypfliten. Auch thaten fi die barmherzigen Brader und ifr
ehrwürdiger Prior Alphond Pfannkuchen burd raftlofe argtlide Hilfeleiftung
bervor. Sm Königinkloſter befand fish ein Spital far mehrere Hunderte
(Drunner Zeitung 1809 ©. 377 und 378).
ſchauen ber Dinge feblt. Es hieß, auf ben Spielberg feien am 21. November 1000 Mann
gelegt, und an diefem und am folgenden Tage Kanonen anfgefiihrt worden. Das wurde
anf einen Rückzug ber frangdfifden Armee gedentet. Wis fic dieſe Sage an dtefem und
an ben folgenden Tagen nicht beſtätigte, follten auf bem Spielberge gar keine Kanonen
fein. Mir wurde erzählt, daß bie Framjofen eine grofe Anzahl unferer Ranonen dort vor-
gefunden unb fie weggefithet batten.
Die Requifitionen wurden für die Stadt febr dbriidend. Der Mittelpuntt aller Vor:
fommuniffe in dieſer Ridtung war bas Rathhans. Bon hier leitete der Kommun ˖Ausſchuß
ale Augelegenheiten, burd welche bie Anfprilcde ber Franzoſen befrieditgt werben follten.
Am Anfange gings am fdlimmften baber. Die Offigiere, welche die Planer in bie Stadt
führten ober ibnen nadfolgten, famen alle auf daé Rathhaus und requirirten Pferde, Tud
und dergleiden. Davon fam es ab, alé Mürat eingeriidt war. Die Berpflidtung, welde
ben Einwohnern auferlegt wurde, zeigt bie folgenbe Kundmachung, welde wörtlich lantete :
Bon bem Magiftrat der f. Hauptfiadt Brünn wird allgemein tundgemadt, daß alle
ſuadtiſch⸗ und vorſtädtiſche Inwohner, bet welder die k. franzöſiſche Mannſchaft bequartirt,
fc thre Unterhaltung zu ſorgen haben, und alle Lebensmittel ohne Ausnahme wie aud
bas Proviant an Hafer und Hen fiir die Pferde, gegen bie bon denen kaiſ. franzöſiſchen
Herrn Offigiers auszuftellende Bons, weldhe von Jedermann anzunehmen find, 3u erfolgen
find. Außerdem wird aud allen jenen Inſaſſen, welche kaiſ. Giiter bet fic haben, aufge-
tragen, ba fte folde fogleid) bem faif. franzöſiſchen Rommiffir Ordonateur unter felbft
eigener ſchwerſten Verantwortlidfeit gu itbergeben und abzuführen haben. Brünn am 20.
Rovember 1805. In Berbhinderung des Hern. Bürgermeiſters: Johann Kurz, altefter Rath.
In unferen Tagen lebten und leben nod) Mande, welche dazumal eine ftrenge und
herbe Pflicht erfilllter, inbem fie fich als Commiffare zur Herbeifdaffung der erforderlichen
Gegenftinde oder in ben Spitälern verwendeten. Der Mangel an Lebensmitteln wurde bei
ber Anhäufung ter Cruppenmaffen bald ein febr grofer. Kommiſſäre wurden daber in die
Gegend von Vriinn gefcdhidt um Rabhrungsmitte! aufgutreiben, was um fo fdjwieriger war,
als ringsum Die franzöfiſche Armee lagerte, die, was fie vorfanb, filr ſich nahm. Cine De-
putation begab fic daher gum Kaiſer, gum Prinzen Mürat unb jum Marſchall Berthier
und belam trofilidhe Verfiderungen wegen Verlegung bes Militirs. Demungeachtet batten
bie Beſchwerden wegen Vequartirung und ber geftellten Begebren fein Ende. Die Requi⸗
fitionen befonders fiir ben Spielberg und den Kaifer von Betten, Tiſchzeug, Bictualien 2c.
waren obne Zahl. Die Großhändler mußten 9500 fi. auf eine, von Marſchall Berthier
ausgeftellte, in Wien jahlbare Anweifung vorſchießen.
Die Franjofen batten Brilun tn ihren Protlamationen alé eine ,,fefte Stab“ —
Brann, place forte — bezeichnet. Dazu iwollten fie diefelbe vieDeicht machen, als fie am
29. Nevember burch den Magiſtrat oder die Munizipalttat 690 Arbetter requiriren ließen
und man an ber Aushefferung ber Schanzen bet den Thoren ber Stadt und am Sprelberge
arbetiete. Da und bort wurben Ranonen aufgeführt. Der Fußweg beim Judenthore wurbe
perrammelt. Alles dieß verurjadte eine allqemeine Niebergefdlagenbeit, man fürchtete einen
Angriff, eine Belagerung, Sturm und Plünderung.
‘Den Tag darauf war bie Veftiirxzung nod größer. Sn der Frühe mußten Simmer:
leute herbeige(dafft werden, um Gebdube, welde dex Defeufion, ber Bertheidigung der Stabt
150
Der im Ramen bed Kaiſers ausgeſprochene waͤrmſte und herzlichſte Dank
bed Gereralfommandos (Argenteau alé Stellvertreter) fonnte wegen der Ale
gemeinheit der Leiftung und der Mtenge der Wohlthater nur an das Bewußtſein,
bie heiligften Pflichten als Menſchen und Staatébirger erfillt gu haben, appele
licen (16. Suni, eb. S. 401).
hinderlich ſein konnten, abzubrechen; es wurde gebdrobt, dieſelben müßten abgebrannt wer⸗
ben, würden fie nicht ſogleich demolirt. Beſonders bie Bewohner ber Vorſtädte ober der
nahe an ber Stadt gelegenen Häuſer ſahen bereits ihre Gebäude bem Fener oder der Ver⸗
nidtung Preis gegeben. Wo der Kriegégott woltet, ba müſſen bie Redhte bes Cingelnen
weichen. Denno glaubte man den Gefabren vorbengen gu founen und gwar durd Abfen-
bung einer Deputation.
Die Deputation, welde bie Gefahr ber Demolirung her Gebinde abwenden follte,
begab fic) gu bem neuen Stadtfommanbdanten Panetier, ridjtete aber, fo einbringlid) aud
ibre Worte waren, wenig ans. Es wurden die Befeble vorgefdiigt, welche ber Stabtfom-
manbant gu vollfilbren babe; man wollte fid) darauf an ben Marſchall VBerthier, den Kriegs-
minifier, wenden, welcher ietzt in Raigern wohnte; dieß unterblieb, vielleidt reeil bes Abends
eine Ordonnance bes Generals Andreoſſi fam, welche bas Gublitum in Etwas berubigen
follte. Nicht alle Vorſtädte würden abgebroden, hieß ed, fonbern nur einige Gebände, welde
ben 3ugang hinderten, und daß überhaupt feine anbere Demolition (Sdleifung) ftatt fin⸗
ben würde, als die im Willen Sr. Majeſtät bes Raiferé liege (que sera conforme au vu
de Sa Majesté |l’empereur en cette ville). — Uns ift nod da’ Haus in Grimnerung,
weldes vor bem Ferdinandsthore an ber Stelle einzeln ftand, wo jest ein offener Play. vor
bem Babubefe fid) ausbreitet. Diefes Gebäude hatte vor Alem abgetragen werden follen.
Da es nicht weit vom Thore ftand, fonnte es leicht als ber Vertheibigung der Stadt bin-
berlich erjdeinen ober beim Einrücken der Belagerer diejen Bortheile gewähren. In der
That fland eS auf ber Lifte des bie Genicarbeiten leitenden Generals Anbreofft. Hundert
Dutaten, die fiir die Exrhaltung des Haufes gefpendet wurden, verzögerten bie Ausführung,
bann kam in gwet Tagen die Schlacht bei Aufterlix. Brüun hörte auf, ein Stitgpuntt der
frangofifchen Armee zu fein unb die Abtragung ber Häuſer unterbdlieb.
So wenig man in Brit iiber die Bewegung ber franzöſiſchen Truppen im Klaren
war, fo wußte man beunod, daß in ber Rabe Brünns eine grofe Entſcheidung eintreten
werde. €6 lag dieß gleichſam in der Luft. Die PBatrioten wilnfdten unferen Waffen. den
Sieg; Furdt unb Veforgniffe fpracden aber: Werden die Frangofen befiegt, fo wird unfere
Stadt ein Schutthaufen. Sie werben fic) hier halten wollen und aus Rade. ober Noth.
wendigleit bie Stadt verderben. Die Aufregung der Gemüther ſah bas Schlimmſte fommen.
Die Gegenwart gab aber hinlänglich gu ſchaffen. Go muften in ber Nacht vom 29. auf
ben 30. November 96 Eimer Wein und am legteren Tage 61 Cimer BVranntwein nebft
Salz, Hülſenfrüchten u. f. w. fiir die Cruppen herbeigefdafft werden; man wendete emfiger
nod als frither Alles an, bie Goldaten bei guter Laune gu erhalten, die ihnen auszugeben
ſchien. Am erſten Dezember Morgens 8'/, Ubr wurden 50 Holjtrager und Tragſeſſel bet
Tobesftrafe requirirt, aud wurde belannt gemacht, alle Pferde zum Rathhauſe gu fiellen;
gwar waren dieſe nur zum Transport beftimmt, fie kamen aber nie wieder zurück.
Sch habe ſchon erwähnt, daß ſich die Gevolferung und die Franzoſen gut vertrugen.
Einzelne Exzeſſe tamen natiirlider Weife vor, wurben aber immer geringer. Die Soldaten
wollten Anfangs bie Oefonomie plitudern, was gefdeben tare, hatte mar fie nicht forgfal-
tig bewacht. Cinen guten Cindrud madte der am 24. November erſchienene Generalbefebl
des Marſchall Duroc, daf fein Solbat etwas verfaufen und fein Bürger Kleidungs⸗ .ober
161
Rah ber Waffenſtillſtando⸗Convenzion tm Lager vor 3naim vom 12. Juli
1800 follte die Citadelle von Brinn gleidh nach Unterzeichnung ded
Waffenſtillſtandes gerdumt und am 14. an die frangdfifhe Armee ubergeden
werben (eb. G. 489).
Einrichtungsſtücke, Vieh u. f. w. bon ihnen faufen follte. In diefen Anordnungen faben
bie Birger Griinns mit Redht einen Schutz gegen Marodenrs und Nachzügler aller
Art, beren bie befte Armee Gat. Bn diefer Sinfidht hatte Bernabottes Corps, bas gegen
ben 1. Degember Sei Brünn anfam, keinen befonderen Buf. Ich fiude die Worte über
baffelbe: „Es ift cin elendes Gefindel dabei, bad einem Golbaten nicht gleid ſieht.“ Das
fonnte vielleicht iibertrieben fein, aber Thatſache ifi’s, bag man tn Brünn fo badte unb
th zeichne bas auf, was in ber Perfpeltive ber Brünner erfdien. Ginx Irrthum war ba-
zumal leicht verzeihlich, die Poften waren wnterbroden, bie Franzoſen beobadteten, je näher
ber Tag von Auſterlitz fam, cin um fo größeres Stillſchweigen; bie Zeitung fam nicht her⸗
an@ und Avertissements (Kundmachungen, Gxtrablatter) waren die eingige Quelle, ans
welden man bie Zeitvorgdinge entnahm.
Es ift nicht möglich, bas Eigenthümliche bes Straſſenlebens gu zeichnen, das fich in
biefer Zeit entwickelte. Unſere Stadt hatte noch nicht die Ausdehnung, welche fie ſeitdem
exreichte und Alles einen gemütlichen Charalter. Dazwiſchen trat min ber eherne Tritt
des Soldaten; kaum hatte ſich ein Bild bes Krieges entwickelt und ſchon war es durch cin
zweites verdringt. Kanonen, Munitionswagen, Artillerie, bie Garden, die Gensb'armen,
bie Offiziere bes Genies, bie Generale, die auf⸗- und abzureitenden Adjutanten, die Muſte⸗
rungen nud Paraden, in ben ſpäteren Tagen ber ferne Ranonendonner, die VBerwundeten
und Gefangenen, dic regeren Gefprade, bie erhöhte Thätigkeit Aller, ber Goldaten und der
Bürger, bie Brotlieferungen, das Sdladten der Thiere und bas Ausſchrotten bes Fleiſches
auf offenen Plagen ober in gerdumigen Vorhänſern; Alles dieß und Achnlides wechſelte
von Stunde zu Stunde und gab immer nene Figuren nnd Szenen gu dem großen Ges
mälde. Brüun war fiir einige Tage gleichſam der Diittelpuntt ber bamaligen Welt.
, Ich babe bemerft, daß Brünn in ben Tagen, deren Vorgänge ic ſkizzire, der Mit⸗
telpuntt-ber damaligen Welt war. Es iſt dieß keine Uebertreibung. Napoleon war von
Sieg zu Sieg gleich tem Adler geflogen, ben er gum Sinnbild bet ber Armee wählte, um
fie an bie Kühnheit und ben ſchwunghaſten Flug des Königs ber Liifte gu mabnen; er hatte
Europa mit feinent Ruhm crfiillt, die Bewegung ber gewaltigen franzöſiſchen Revolution
hatte Rapeleon, ihr Gohu, geordnet unb geregelt und fie gegen bie andern Staaten geleitet ;
balb Europa gehorchte bem Willer Frankreichs und die andere war fein Gegner und mit
thm im Rampfe; Frankreich) war aber damals, wo ber Raifer und feine Armee war. Nae
poleon hatte fein Ganptquartier auf mähriſchem Boren gnerft in Znaim, dann in Pohrlitz
und endlich in Brünn. Hier refidirte cv tm ,Palais imperial de Brünn“ (faiferlicher Pa⸗
laft in Brünn) wie bas jetzige Statthalterei⸗Gebäude in den Bulletin hieß. Mebhrere
Tagesbefeble aus bem kaiſerlichen Hanptquartier tn Brinn liegen mix ver. Der verflorbene
miabr. fol. Landesadvokat J. U. Dr. Schindler hatte fle, webft anderen Dolumenten und
ſeinen Vermerfen gefammelt und aufbewahrt; jest find fie cin Cigenthum ber biftorifd-
ſtatiſtiſchen Sektion. Tene haben die Ueberſchrift: Grand armée — Etat-major-géneral.
(Die große Armec — der Generalftad) und find gezeichnet von Marſchall Berthier. Die
Ferm ciner fofden Ordre du jour (Tagestefebles), ber jest nach fünfzig Jahren ſchon der
Seltenheit wegen die Nengierde reizt, ift einfach, eben fo ber Drud, wahrſcheinlich ans einer
Feltdruderet und batirt im Monate Frimaire des Jahres 14, da bekanntlich bie Franzoſen
in dieſer Zeit nod ben Revolutionsfalenver fortführten.
162
Am 13, Juli um 6 Uge Abends riidte eine zahlreiche franzoſiſche Caval⸗
levie in Brinn ein, welde in ber Stadt und den Vorftidten bequartiert wurde;
Tags darauf famen mehrere Infanterie⸗Regimenter, alle dieſe Teuppen vom
Armeeforps ded Marſchalls Herjog von Auerftadt (Davoust), welder am 16.
. mit mebreren Divifionégeneralen und einem zahlreichen Generalftade anlangte
Solde Tagesbefehle enthielten nebft militdrifden und fonftigen Verfitgungen sugleid
bie Tagesgeſchichte; fle waren für bie Solbaten ber Mtonitenr, bas Amtsblatt, bie Profla-
mationen, im welden bie vorzüglichſten Begebenbeiten kundgemacht wurden. Es herrſcht
in vielen jene fefte, kühne, gebrangte Sdreibart, welde Rapoleon fo febr in der Gewalt
hatte, um anf bie Semiither einzuwirken, und der man die Ueberidwenglicfeit bes abentener-
lichen Inhaltes nicht anfieht, weil bie Thaten ihn faut bejengten. Der erfte Tagesbefebl
aus bem faiferlidhen Gauptquartier vom 3. Frimaire bes Jahres 14. (24. November 1805)
vertiindet, daß gang Lirel durch Marſchall Rey erobert fei und daß ber rechte Flügel ber
franzbſiſchen Armee das abriatifde Meer, der linke Bohmen und die Beſte vow Madbren,
Brünn, berühre.
Dieſer in Brünn erſchienene Tagesbefehl wurde öffentlich bekannt gemacht und id
finde, daß moan ſeiner ald cine Merkwürdigleit, welche Senſation bei ber Bewohnerſchaft
erregte, oöfters erwähnte. Darnm verweile ich einen Angenblick bet demſelben. „Die Ab⸗
ficht des Kaiſers iſt, heißt es darin, ber Armee einige Augenblicke Ruhe gu gönnen. Die
Corpstommandauten mögen fich das zu Nutzen machen, um bie Montur und bie Fußbeklei⸗
* bung ausbeſſern zu laffen, bie Waffen blank yn machen und bas Einreihen ber Mannſchaſft
gu bewerkſtelligen. Sie werden ben Stand ber Nachzügler entwerfen, welche ohne einer
gefetzlichen Urſache zurückgeblieben find, fie werden dafür ſorgen, ben Solbaten bas Schmäh⸗
liche eines ſolchen Betragens Mar?gu machen, denn in einer frangbfifder Armee iſt es bie
größte Strafe für Jeden, daß er an den Gefahren und dem Ruhme keinen Theil zu neh⸗
men gewußt hat, und die Schande wird ibm dafür von ſeinen Kameraden aufgebrückt.
Wenn endlich ſolche ba find, welche ſich in dieſem Falle befinden, fo zweifelt der Kaiſer
nicht, daß ſie ſich beeilen werden, ſich bei der nächſten Affaire unter ihre Fahnen zu
ſchaaren.“
„Nachrichten ans Frankreich beſagen, daß alle Conſeribirten abmarſchirt find, und
von allen Seiten eintreffen. Der Kaiſer empfiehlt jedem Mann ſein Bajonett in Ordnung
zu haben, welches immer die Lieblingwaffe des ſranzöfiſchen Soldaten ſei.“
Aus bem Tagesbefehle vom 4. Frimaire (25. November) erfahren wir, daß der
RKaifer mit Mißfallen Unorbnungen hinter ber Armee gefeben babe; er befieblt, Militär⸗
fommiffionen zu erridjten und bewegliche Rolonnen gu formicen. Aud wird uns mitgetheilt,
ein angeblider Magazinswächter Namens Aron ober Arené habe fic) in bas Salzmagazin
gu Möll geſchlichen und einen Theil gu feinem Nutzen verfauft; es wird befoblen, dies In⸗
bivibuum überall, wo man feiner babbaft wird, ju verbaften und ben Tribunalen au
iiberliefern.
Im Tagesbefeble vom 26. November wirb eine Etappenorbnung vorgeſchrieben: oon
Wien nad Brünn waren QMarfehftationen in Stamersdorf, Gaunersdorf{, Poisdorf und
Mariahilf u. f. w. Dies mag genilgen, um ben Stoff dieſes geſchichtlichen Beweisftiides
angubenten. Ich werbde ſpäter Gelegenbeit haben, bie Broflamationen bes Kaiſers Napoleon
ron ,unferem faiferliden Sdhladtfelbe von Auſterlitz“ zu beriihren.
Inbeffen waren dieſe Sebriftftiide nur fiir bie Armee beſtimmt; die Plane, welche
Napoleon zur Feftfegung feiner Gewaltherrſchaft während feines Aufenthaltes in Brünn in
und. feine Wohnung im Landgaufe nahm. Seit diefer Zeit bauerten die Maͤrſche
bex frangdfifden Truppen durd bie Stadt und die Einquartirungen daſelbſt fort.
Der Feind benahm ſich gut (mit Ausnahme der deutſchen Hilfstruppen, ber
Paiern, Wirtemberger, Badner). Seit bem 18, Juli jog ein Theil ber Truppen
in bie Rafernen. Der Spielberg wurde befept. Die Communifation mit
Wien war offen (eb. S. 473).
—⸗
ſich getragen haben mag, ſeine Entwürfe zur Schlacht, ſeine Berhandlungen mit den Ab⸗
geſandten der ihm gegenüberſtehenden Monarchen, dieſe ſtete Thätigkeit ſeines Genies fühlte
Guropa fpiter und bart genug.
2. Wéabrend und nach der Sdladt von Anfierlig.
In ben frangofifdjen Werlen, welde fiber die große Schladt von Aufterliy berichten,
with mit Nadbrud darauf hingewiefen, daß Napoleon feine Gegner fiber feine Stellung
gu täuſchen gefucht und diefelben babe glauben machen wollen, er felbft balte feine Armee
fite gefibrbet; feine Feinde hätten biefe Kriegsliſt nist vermuthet und fo babe ev fie anf
ba@ Terrain gelodt, weldes er zur Schlacht auserfehen. Am erften Dezember 1805 fonnte
ex ſeinen verjammelten Marſchällen die feindliden Linien mit ben ftolgen Worten jeigen:
„Die Armee iff mein.“
Die Mandvers, welche Napoleon forwährend feine Truppen ausführen ließ, muften
bie Bewohner Brünns in einer völligen Ungewifheit Aber die Stellungen derjelben erhalten;
aud ibre Stärle wufte man nidt. Es wurde angenommen, die Franjgofen feten nicht fo
ſtark, ald fie ſich ausgegeben, ,ibr ewiges Aufftellen und Hin- und Hermarfdiren follte
wabrideinlidy ihre Anzahl verbergen.” Inzwiſchen verließen nad und nad bte Garden
nnfere Stadt. Am 28. November war bie Garde gu Pferd ansmarfdirt und gegen Pofo-
rig gezogen, um bret Ubr Nadmittags wurden die Garden gu Fuh auf den Play geftellt ;
fle blieben ba bis 7 Ubr. Wiele reitende Offigiere gingen auf und gu. Die Garden fdlie-
fen nod in Brünn, traten aber am folgenden Tage bereits um 3 Uhr Morgens ins Ge-
webr und marfdirten gegen Olmiig. Die Truppen von Morbes, Geripig wu f. w. verfolge
ten denfelben Weg; andere marfdirten beim Judenthor vorbet und mod andere nahmen
von 7 bie 9 Ubr ben Weg burd bie Stadt. Ranonen und Munitionswagen gogen bei der
Stabt vorilber in ber Ridtung nad Wiſchau. Es follte dieß bie Vereinigung mit Berna-
botte fein. Deu ganjen Tag her fah man einzelne Golbaten, Marodeurs, Shirurgen die
Oimilgerfiraffe hinauſziehen.
An diefem Tage, bem 29. November, war, wie angenommen wurde, auf bem zwei⸗
ten fateiner Berge bis in die Gegendb von Sololnitz bas wahrſcheinlich letzte Treffen der
franzdfifden Armee; auch fab man tw ber Ferne Rand wollen auffteigen, die man alé Folge
ber Kanonen⸗ unb Gewebridiifte bielt. Ale der Raifer am 28. Abends 8'/, Uhr von Briinn
abreifte, fagten Ginige, er fei nad) Wien, Andere, ev fet sur Armee abgegangen. Am 30.
November wußte man ihn in Raigern. Man horte ben ganjen Tag kanoniren. Wabrend
am Zage vorher Rachurittags bie Ruſſen in Adaméthal waren, ſchien es, als wolle die fran-
zoſiſche Armee ihre Stellung mebr gegen Naigern gu nehmen; fo viel als bas neblichte
Wetter zu urtheilen erlaubte, war die Ranonade zwei Stunden von Brinn, alfo in der
Gegend von Pofotig. Einige wollten and Kleingewehrfeuer gehört haben. Strenge Stille
herrſchte über biefe Vorgänge.
Am 1. Dezember zogen zwiſchen 5 und 6 Uhr früh zwei franzöfiſche Kavallerie⸗
Regimenter über den großen Platz gum Fröhlicherthor hinaus. Bernadottes Armee fam
154
Am 14. Juli wurde der Auditeur im Staatsrathe Petit Beanverger zum
Jntendanten ber von den frangdfifden Truppen befepten Theile von Maren;
mit Ausnahme ded anaimer Kreiſes, mit bem Sige gu Brinn ernannt (eb. ©. 541).
Um 23. Juli war ein Hodamt bei St. Thomas; die Befagung fag in
ben Rafernen und wurde tagli in ben Waffen gent (eb. ©. 484).
— — — —
über die Pragerſtraſſe und ging über Gerſpitz und zum Theil über die Kröna auf Turas
‘und bie Pindulka gu. Man hielt fie nicht viel über 10,000 Mann ſtarl. Ich Habe ſchon
früher erwähnt, daß man ihren ſittlichen Werth nicht beſonders hoch anſchlug. Die Kano⸗
nenſchüſſe waren ſeltener und nur ſchwach zu hören. Die Ruſſen hatten ſich alſo, nach der
Meinung in Brünn, im Centrum zurückgezogen. Man wollte ganz verläßlich wiſſen, daß
ſie aus dem Adamsthal in Raitz erwartet wurden. Dann glaubte man ſonderbarer Weiſe,
bie Ruſſen ſeien in Znaim. „Wäre dieß der Fall,” ſchreibt mein Gewahrsmann, „und
waren fie ſtark genug, fo könnten fie die Brücken bei Wien zerſtöreu und dann wäre Na⸗
poleon — umgangen — eingeſchloſſen.“ Abends kamen mehrere gefüllte Munitionewagen
von der Schwabengaſſe, aus den Pulverthürmen herab und fuhren gegen Wiſchau zu.
In der Stadt wurde es ſtiller und ſtiller, und unheimlicher; draußen aber im Lager
brannten feſtlich die Feuer der Grenadiere am Borabende der Krönungsfeier ihres Kaiſers.
Napoleon wollte am Abende bes 1. Dezember gu Fuh und nnerfannt alle Bivonacs
befudjen; kaum hatte cr aber cinige Schritte gemaddt, fo wurde ec erfannt. Es wäre un-
möglich, ben Enthufiasmus ber Golbaten bet feinem Anblicke zu befchreiben. Allfogleid
wurden brenucnde Srrohfranze auf zahlloſen Stangen in bie Hobe gehalten und 60,000
Mann ſtellten fi) vor ben Raifer und begriiften thn mit ihrem Jubelgeſchrei, die einen,
um ben Sabrestag feiner Krönung feierlteHft zu bezeichnen, bie andern fagend, die Armee
werde morgen dem Raifer bas Angebinde barbringen. Ciner ber älteſten Grenabiere naherte
fid ibm und fprad:
„Sire! Du wir nicht nöthig haben, Dich auszufegen; ich verfpredhe Dir im Namen
ber Grenabicre der Armee, daß Ou mir init den Angen gu kämpfen brauden wirft, und
daß wir Dir morgen die Fahnen und vie Artiflerie ber ruſſiſchen Armee bringen werden,
um ben Jahrestag Deiner Krönung zu feiern.“
Der Kaiſer ſagte, als er in fein Bivouac, welches aus einer ſchlechten Strehbütte
ohne Dac, die ibm die Grenabiere gemacht Hatten, beftand, guriidgefebrt war:
„Das ift der fchoufte Abend meines Lebens, aber id) fühle tieſes Bedauern bet bem
Gebanfen, daß ich etue gute Anzahl diefer wackeren Leute verlieren werde. Der Schmerz,
ben id) darum cmpfinde, jagt mir, daß fie in der That meine Kinder find, und th werfe
mir dieſes Gefühl in Wabhrhett mandes Dial vor, denn id) bejorge, dag es mich gum Rriege
führen untüchtig machen werde.“
Während man in ber Stadt cine bange Nacht durchbrachte und während die Patrio⸗
ter in tteffter Seele verlegt waren, verlett fein muften, bag ber Feind nnferes Vaterlan⸗
bes hier anuj unſerem Boden ftand, traf draußen in ber Nabe Briinné Napoleon alle feine
Verfiigungen zur Schlacht. Um cin Uhr bes Morgens bes 2. Dezember flieg er zu Pferde,
um die Poſten zu beſuchen, bie Wadhtfeuer ber VBivouacs zu recognofciren und fid von ben
Feldwaden Bericht erftatten su faffer, was fie eben bon dea Bewegungen der Ruſſen ge-
bert haben möchten. Der Tag bes 2. Dezember brad an. Strahlend erhob fic hte
Senne — bie Senne von Aufterlib. — Der Kaifer, umgeben von feinen Marſchällen,
wartete, um bie letzten Befeble gu ertheilen, bis ſich ber Horizont vollfommen aufgebellt
186
Mit dem Tagsbefehl vom 23. Sult beftimmte Davoust bie Tafelgelder aller
Generale. und Officiere zur Vefeitigung von Streitigteiten mit ben Cuuartierges
bern (eb. ©. 489).
Gin dex RNothaucht und bed Mordes uͤberfuͤhrter frangofifHer Soldat wurde
auf ber Schanze am Spielberge erfdjoffen.
hatte. Beim erften Gonnenftrahl wurden bie Vefeble gegeben unb jeder Marfdall ſprengte
in vollem Yager gu feinem Corps. Die Schlacht wurde geſchlagen.
Der zweite Dezember 1805 war fiir Vriinn ein fiirdhterlider Tag. Schon um 8
Nor Harte man deutlich und nnansgefest fanoniren. Die Dinner, welche Hdher an das
Baterland dachten, zitterten im Snnerften vor Schmerz, in der Erwartung, in ber Hoffnung;
fle flebten um ben Sieg für unfere Waffen, fie waren betriibt, alé fte von bem Uebermuthe
ber ruffifchen Heerfithrer hörten, fle waren erfditttert von bem Gedanken, daß die Söhne
bes Lanbes mit ihrem Blute ber mabrifden Boden tränken follten; Jene aber, die nur fitr
ben Augenblid forgten und nur fiir fidd und ihr Hab und Gut filreteten, diefe horchten mit
gefpanntem G@eifte von ben Stadtwällen und beredhueten in Angft und Hoffuung ben Aus-
gang bes Tages.
Den RKanonendonner vernabm man ben ganzen Tag bis 4 Uhr Abends. Die in
ber Stadt befindlide Bagage machte Anftalten gum Abfabren. Aber ſchon um die Mit.
tagszeit wurde ein ruffifdjer General ſtark verwundet mit drei Soldaten in die Stadt
gebradt. Das Blut floß aus bem Wagen, anf weldem diefelben lagen. Die RNeugierde
trieh an, vow ben Erhshungen ber Stadt, wenn möglich, der Entwidlung anf bem Schlacht⸗
felbe gu folgen. Mein Gewährsmann fah vom Dietrichſteinſchen Hauſe die Linien ber
Ranonen, ber ruſſiſchen in ber Gegend des Augezder Berges, ber frangefifden anf bem
Berge gegen Hoftichradel unb Mönitz; bie Armeen bielten diefe Poften febr lange. Die
Franzoſen befdreiben ben 2. Degember alé einen ſehr ſchönen Tag be’ Spätherbſtes, aber
ben ganzen Tag herrſchte Nebel unb hinderte von ber Stadt ans etwas von ben Truppen,
auffer einigen einen Abtheilungen yu feber, wiewol man bas Blitzen ber Kanonen durch
ein Fernglas recht gut bemerfen founte.
Im Laufe des ganzen Nachmittags kamen öſterreichiſche gefangene, bleffirte und fran-
zöfiſche verwundete Offigiere an, welche Quartier begebrten. Gegen 5 Uhr kamen erft bet
500 unferer unb ſpäter bet 2 bis 3000 Mann ruffifder Gefangener nebſt 12 bis 20 Ka⸗
nonen an. Auch cine ruffifde Eftandarte wurbe ciugebradt.
Im Laufe bes Tages trat in ber Stadt cin Bwifdenfal ein, der von der Anfre-
gung deutlicy fpridt, in welder ſich bie Stadt befand und welder leidt fiir viele hatte
verderblich werden köͤnnen. Einige Bilrger faften in gu großer Beſorgniß den Gedanken,
mit gelabenen Gewehren gu erſcheinen und im Galle einer Plünderung ſich gu vertheidigen.
Die Sache wurde dem Hofrathe Baron Roden hinterbradht, er lick die Urheber des Planes
fommen und rebdcte ihnen in ernften Worten ibe Vorhaben aus.
Um 7 Uhr Abends — am L. Dezember, dem Tage ber Schlacht, einem Montage —
famen nod mebrere Kanonen und Gefangene, beren Babl fic) aber bet ber Dunkelheit ber
Nacht nicht beftimmen ließ; es fonnten ihrer an 1000 Mann geweſen fein. Um 8'/, Uhr
führte man wenigftens 2000 Gefangene herein.
Der Abend diefes Tages, beffen jede Stunde die Bewohner Brünns in fieberhafter
Spannung erbielt, bradte bie Gewißheit über den Erfolg ber Schlacht. Am Kalvarien⸗
berge — bem jebigen Frangensberge — waren bie meiften Neugierigen verfammelt, welche
hinaus fpabten, um von derſelben etwas gu feben; aber ſehr oft faben fle gum Spielberge
binauf, denn dort war bie Larmfanone gegen die Neugaffe gu gerichtet, welde eiuen etwai⸗
Den 15. Auguſt, den Geburté& und Namenstag bes franzoͤfiſchen Maifers,
beging das 3. Armeeforps felerfid durch Hochamt, Parade, eine Tafel von
350 Gebeden im fdon eingeridteten Wugarten unter einem militarifdh vere
jierten, grofien Zelte, durch cine ſeht geſchmackvolle Silumination, ein ſchoͤnes
Feuerwerf und einen Ball, bei weldhem der Ruf der Liebenswürdigkeit und
Schoͤnheit ber brinner Damen in hohem Grade Anerkennung fand (eb. S.
539 und 540).
— ee re ee —
gen Rikdgug ber Franzoſen und baber ben Verluft ber Schlacht vertiinden follte. Beim
Don Juan auf ber kleinen Neugaffe flanbden die franzöſiſchen Geldlaffen, welde beim erften
Lärmſchuße der Kanone vom Spielberge, über bie kleine Neugaffe und den Hoblweg gu
fabren und bie Richtung gegen Ruaim innegubalten batten.
Am folgenden Tage Morgens hörte man nur wenige und weit entfernte Kauonen.
Geritehte iiber Gerildte kamen vom Schlachtfelde. Darin waren fie alle einig, daß die
Schlacht viel mebr Blut, als jene von Marengo gefoftet babe und daß ber Verluft von
beiden Seiten fehr betradhtlich fet. Man war aud Anfangs der Meinung, daß damit ned
nicht Ales entidieden fei, werl bie Ruſſen, wte maw glaubte, ihre befeftigten Pofitionen
einnabmen und baber nod eine Schlacht gewonnen werden müßte, ehe es zur Belagerung
von Olmütz Lime. Snbdeffen erfuhr man, daß daé franzöſiſche Hauptquartier an dieſem Tage
iu Aufterlig war und als ein Zeichen des vollftindigen Cieges nabm man an, weil bre
Arbeiten gur Befeftiguug Brünns ſchwächer betrieben wurden. Das an diefem Tage
erſchienene Danifeft Napoleons, datirt: De notre Camp Imperial d’ Austerlitz le 12 Fri-
maire an 14 (von unferem laiſerlichen Schlachtſelde vou Aufterlig am 3. Dezember 1805)
und gezeichnet Napoleon — Par ordre de l' Empereur Le Major-General Marl. Berthier,
hatte ilber ben verbangnipoollen Tag vollflandig unterridtet. Dieje Anfpradhe an bie Armee
ift berilbmt und da fid) unter Den Tofumenten, welde mir, wie ich ſchon beridtel, yur An-
ficht und zur Veniigung vorliegen, cin Abdruck aus der Feldpreffe von Aufterlig vorfindet,
fo barf ich einige Anugenblide dabei wertweilen, ebe ich die geebrten Lefer gu den traurigen
Scenen führe, bie man jest in Brünn hatte.
Soldats — Je suis content de vous! Ich bin mit End gufrieden; fo beginnt bie
Vegliidwilnfdhung Napoleons, „Ihr habt am Tage von Aufterlitg Alles gerechtfertiget, wae
id von Eurer Unerſchrockenheit erwartete, Sbr habt Enre Adler mit einem unfterbliden
Ruhm gefdhmiidt. Cine Armee vow 100,000 Mann war in weniger alé 4 Stunten jer-
fprengt ober jerftrent, tas, was Eurem Schwerte entfloh, ertranf in ben Geen; 40 Fabnen,
bie Fahnen ber f. ruſſiſchen Garbe, 120 Kanonen, 20 Generale, mehr als 30,000 Gefan-
gene find das Refultat dieſes denkwürdigen Tages’ un. f. w. Er ſchließt mit ben Worten :
Ih werde Gud nah Frankreich führen, dort werdet Bhr ber Gegenftand meiner hebreidften
Sorge fein; mein Volf wird Ench mit Freude empfangen; fo oft Abr fagen werdet: „Ich
war bet ber Schlacht bon Aufterlis,” wird man antworten: „Siehe ba, ein tapferer Sole
bat!” — Das breiftigfte Bulletin erzählte biefe 4Ofle Schlacht Rapoleons, es ifl, wie bte
Anfpradhe auf bem Schlachtfelde niet ohne große Uckertreibungen; dieſe zwingen uns em
Lächeln ab, wenn darin bie Teide in unſerer Nabe große Seen genannt werden, in welche
20,000 Mann geftiirz3t und ertrunken ſein follten. Nicht (Cin) Tauſend Maun gingen in
biefer Weife zu Grunde (S. darüber öſterr. Archiv 1832 Rr. 52 und Eder's Seelowitz,
Brünn 1859 S. 123).
In den Straſſen Brünns wurde es vow Stunde gu Stunde lebhafter, aber welchen
ſchmerzlichen Anblick hatte man allüberall! Bom Schlachtfeld, das ein gräuliches, unbe⸗
157
Wm 26. Auguſt wurde ein Bauer angeblich wegen eines an einem frangoft-
fGen Sergeant begangenem Meucdelmordes erfdoffen (eb. S. 563).
Um frifen Morgen (um 5 Ubr) bed 16. Septembers traf unter Rano-
nendonner Napoleon in Brinn ein und. ftieg, wie 1805, im Landhauſe ab.
ſchreibliches Schauſpiel barbot, fiibrte unb trng man die Gefangenen unb bie Verwundeten
gue Stadt. Es famen viele gefangene Ruſſen und aud eintge kaiſerliche Soldaten an.
Von ben erfteren waren bie meifter bleffirt, aber bie wenigften verbunden; fie waren mit
Bint Bededt, oft ohue Kopfbedeckung. Dazu fam bie außerordentliche Menge der verwun-
deten Frangofen; bie leichter Verwundeten ſchlichen herum, die höheren Offiziere und die
ſchwer Berwundeten wurden auf Bahren getragen. Jn der Einquartirung der Gefangenen
und zu ihrer Erhaltung waren natürlicher Weiſe feine Anftalten gemacht; fie wurden am
Spielberge, in der Dominifaner-, ber Garnijons - und ber Domlircde einquartirt; in's
Gymnaſinm famen 1000 Mann; als der Spielberg itberfiillt war, lagerten fie in ben
Wallgriben ber Stadt, wo in ber Macht mddhtige Feuer aufftiegen, bet welchem fie fid
wärmten. In der Oefonomie-Rommmiffion befanden fic) unfere, öſterreichiſche Solbdaten.
Die Ruſſen fpraden mit aus den Fenfterun an Schnüren von Leintwand, Tuch u. dgl.
berabgelaffenen Töpfen, Meigen u. ſ. w. die Voritbergebenden an; man gab ibnen Brot
unb Suppe, fie wollten dafiir begablen. Die verwundeten Frangofen muften, aus leidt
begreiflichen Urſachen, beſſer unterbracdt werben, als bie Gefangenen. Es wurde viel Efjig
Tequirirt und derſelbe mangelte bald gänzlich; eben fo wurde aller Wein ber Stadt fiir die
Spitiler genommen.
Am grofen Plage ftanden 19 montirte und 4 demontirte -Ranonen ber Ruffen;
anbere follten nod in die Stadt fommen und es muften dazu Pferde herbeigeſchafft wer-
den. Hatte man beim Cinguge ber Frangofen in Brünn alle Hände voll gu thun, um die
eingeriidten Truppen zu verforgen, fo war jetzt bie Munizipalität in nod größerer Thatig-
feit und nod gréferem Ocbringe.
Jetzt erft begannen bie Lieferungen nach allen Seiten bin. Wher Kuh- unb Schöp⸗
fenfleifd, Genriife, war ſchon ungureidend und fogar an Getreibe und Mehl feblte es, weß⸗
wegen an dbiefem Tage — bem 3. Dezember — bie umliegenben Dominien mit Alem bei-
fleuern muften, was fie nod befagen. An Fourage wußte man gar nidts mehr anfzu⸗
bringen. Die Ausſichten für bie fommenbden Tage waren höchſt traurig. Der menfden-
freundlide Ginn ber Bewohner Brilnns zeigte fic in diefen Tagen einer ſchweren Priifung
im feinem größten Glanze. Man gab ten Verwundeten und ben Gefangenen, was man
battes eS wurden iiberall Suppe und andere nabrbafte Spetfen bereitet, weldhe man den
Leidenden und Ungliidliden zutrug. Dian wird unſere Gropmiitter haben erzählen hdres,
wie fie hilfreich und mildthatig in die Wallgrében bie Speifen tragen ließen und mit wel-
cer Wier bie Erſchöpften diefelben verzehrten. —
Die Bagage und bie Leute bes Prinzen Mürat waren bié gn diejem Tage in Brünn
geblieben, weldes fie jet um die Mittagſtunde verlieBen und gegen Wifdau fubren. Dare
aus folgerte man, bag die Franzoſen gegen Olmiig vorviidten.
Am 4. Degember famen fort und fort Verwundete an, die grofere Anzahl derfelben
bilbeten Frangofen. Mehrere Spitäler wurben filr bie legteren fogleidh, befonbers in der
neuen Raferne, errichtet, aber es fonnten nidt alle unterbradt werden. Die Stadt mufte
ohne Zögern alle Ginridtungen für die Spitäler fdaffen. Für bie bleſſirten Ruſſen, die
in ben genannten Sirchen, im Schulgebäude, bann in ber Zaverne (Theater) einquartirt
waren, geſchah fiir ben Augenblick nichts, ober fonnte nichts gefdehen. Gie waren, um
ben gemdbnliden Ausdrud gu brauden, wie Haringe auf einanbder gelegt worden. Die Fol-
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Sdon um 9 Ubr begab er ſich gu Pferde mit ben Marſchällen Firflen von
Reufdatel (Bertbier) und Eckmuͤhl (Davoust) and einer Anzahl Generaten
und Officieren auf ben Spielberg, bon wo er mit eben diefer Beglettung
ju Pferde gum Thore Hinauspaffirte und erſt gegen 6 Uhr Abends zu Wagen
wieder gurlidfam ').
gen geigten ſich ſchnell. Die Lente flanden bis an bie KuBdel im Unvath. Geplagt von
Hunger und Durft und in ber furdhtbaren Ausdünſtungen, trugen die Phyfiognomien bald
ben Ausdrnd beé höchſten Schmerzes, balb ber tiefften Erſchlaffung. Das lend twar un-
beſchreiblich. Denken wir uns dazu bie Wunder, weldhe burd ihre Verwabriofung größer
und ſchmerzhafter wurden, bie Erſchöpfung, welde nach einer Schlacht eingutreten pflegt und
bie Lebensgeifter niederdrückt, bie baburd verzerrten Dtienen, die Vergweiflung ber Cinen,
bie gänzliche Theilnahmsloſigkeit der Andern! Mir haben Manner, weldhe die SGeftalter
und bie Szenen faben, bie Verfiderung gegeten, baf fie lange nod, als unfere Stadt wie-
ber ihren ftillen und friedlichen Charatter annabm, nur mit Schauer an ben Gebäuden
vorlibergeben fonnten, wo fle die fdredliden Folgen nes Krieges gefehen haben. Stellen
wir uns wweiters vor, bag man Leute gufammenpferdte, welde einander friiber nicht gefe-
ben und deren derbe Natur rückſichtslos nur ſich beadtete, abgefeben von bem Umſtande,
daß in folden Lagen ber Trieb ber Selbfterhaltung jede andere Rückſicht für einen Zweiten
erftidt.
Ju die Mützen, Czakos und Helme, welde die Gefangenen durch die Fenfter her⸗
ablieBeu, hatte man gwar Brod, Suppe, Obft eingefiillt, allein bas fonnte fiir fo Biele
1) Ueber das angebliche Attentat auf Napoleon an btefem Tage (welches, aus ber Abend⸗
Beitung von 1830 Mtr. 130, Schneidawind in ben Jahrbüchern ber Geſchichte und Po-
littl, April 1845 S. 340 — 2 befprict) erzählt Auguſt Ellrich (Verfaffer bes Werkes:
„Die Ungarn wie fie find, neue Genre- Bilder aus Oefterretdh und den verwandten
Ländern.“ Gebdrudt ift die Erzählung im „Berliner Gefellidafter, Auguft 1832, tm
Artifel „Mähren“) Folgendes: ES war ungefibr in ben erften Tagen bes Sept. 1809,
alg Napoleon nad Brünn fam, um Revue über bas Corps bed Marſchalls Davouft
zu halter. Gines Morgens, als er den Spielberg befah, beftimmte der Gefelle eines
Zirkelſchmiedes bas Schidfal ber Welt. In einem der Häuſer an ber Anhöhe gum
Spielberge wohnte namlich ein Zirkelſchmied. Unter feinen Gefellen befand fic and
ein Tyroler, ein fleißiger Arbeiter und waderer Mann, aber wie feine Lanbsleute ein
Todfeind Napoleons und ber Franjofer.
Am Morgen, an welchem btefer auf den Spielberg ritt, vermißte man ben Ty-
voler in ber Werkſtätte; obwohl es ungewöhnlich war, fiel es bod Niemanden cin, Ar-
ges gu benfen. Eben alé man von dem Tyroler ſprach, trat ber Lebriunge in bie
Werkfidtte und verficherte, daß er ihn vor {urzem am Fenfter bed Dachbodens gefeben
babe. Dieß erregte Neugierbe und ber Meifter ftieg unter das Dad, um nachzuſehen;
ba tniete der Tyroler am Dadfenfter, ein Gewehr mit gefpanntem Habn vor fid, den
Bid nad bem Wege geridtet, anf weldem Napoleon fommen mufte.
Da das Haus am Abhange der Anhbhe, folglich etwas tiefer als bas Thor ftand,
fo würde ber Raifer gu Pferde in bem Angenblide, wo er fic bent Thore nabte, bei-
nabe in einer Linie mit bem Dadhfenfter und in fo geringer Entfernung gewefen fein,
daß kaum irgend ein Schütze — am wenigſten ein Tyroler, fein Biel verfeblt haben
würde.
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Wm 17. wurden. die Deputicten der Stinde und der Buͤrgerſchaft vorge-
fafien, dann fielt der Kaiſer auf dem Schlachtfelde von Aufterlig ber das 3.
Armeeforps Heerſchau, am 16. und 17. war bie gange Stadt beleudtet,
Tauſende wogten auf ben Straffen,. um den Raifer gu ſehen, am 18. Fruͤh
reifte er ab (eb. S. 611).
nit anéreiden. Da machten woblthitige Menfden, deren Herz in der allgemeinen Be-
bringnif bennod filr bas Ungliid fdlug, den Plan, Speifen und nod beffer Naturalien
gufjammengutragen, welde die Klofterfrauen bet St. Joſef gubereiten follten, um fie den
Gefangenen geniigender und ansgiebiger reichen zu können; cin Individuum bes Magiſtrats
follte die BVertheilung beforgen und durch Stadtarreftanten bintragen laffen. Die geſchah
und bewies ſich entſprechend ber edlen Abfidt, ans welder dicfe Maßregel hervorging ; aber
freilich reichte die Wohlthat dberfelben bet ber fo grofen Menge ber Gefangenen nidt aus.
Biele won ihnen flarben in der Nacht und von den verwundeten Frangofen waren gu glei-
der Beit beinabe 200 bes Lobes. Der Todesengel mähte madtig mit feiner Sigel; der
Sieg geht nur iiber Leichen und auf bem Sedel ber Sicgesgottin, die ihr Schwert begei-
flert und jaudgend gum rubigen blauen Himmel ſchwingt, find nicht blos Fahnen, Ranonen-
kugeln, Schwerter unb Gewebre, fonbdern aud die Leiber ber Menſchen mit ben klaffenden,
effen Wunben, mit dem Tode im vergzerrten, blaffen Angeficte.
Gs ift nidt angenebm, ans der Nachtſeite bes Lebens bie Szenen gu enthiilen und
nur mit Widerſtreben bezeichne ich den Gang der Creigniffe in diefen dilftern Tagen.
Reguirirt wurden am 4. Dezember: Branntwein, Hafer und Heu, Schloſſer⸗ und
Tifdhlerarbeiten ſür den ärariſchen Sdhopfen, welder dazumal bei ber Schwabengaſſe ftand,
Wenige Minnten, nachdem ber bebende Meiſter den Schützen entwaffnet batte,
rit! Napoleon bie Anhöhe heran.
So weit erzählt Ellrich. Das Ganze beruht nur auf cinem Gerebe, welches über⸗
bies, wie nod lebende verläßliche Beitgenoffen wverfidern, in bas Jahr 1805 fällt und
auf bas ebemalige Sndenthor Bezug hat, burch weldes Napoleon fam. Damal bief
e8, daß ber Lebrling bes Büchſeumachers Schnepf die Abfidht gebabt hatte, ans dem
Dadhfenfter, welches jedoch nicht gegen den Judenthor⸗Eingang, ſondern ſeitwärts in
ben Zwinger gegen bas Menzer⸗-Thor geridtct war, anf Napoleon zu ſchießen, was
jedoch vereitelt worden fei.
Im Jahre 1809 begab ſich Napoleon nicht durch das brünner Thor auf den
Spielberg, ſondern vom Dikaſterialhauſe Let dem ſfröhlicher Thore aus neben dem Man⸗
ner'ſchen Hauſe und ber Kaſerne und nahm aud) deuſelben Weg wieder zurülk.
Weiter erzählt noch Ellrich: Die Nachricht Napoleon fet bet Wagram verwun⸗
det worden und bald nachher in Wien geſtorben, fand in Brünn Glanben und wurde
daſelbſt beſonders von den unteren Klaſſen mit großem Jubel aufgenommen. Viele
wollten daher in Brünn nicht glauben, daß es wirklich Napoleon und die Sache nicht
Täuſchung wäre.
Nur Brünns zahlreiche Fabrikanten und Kauflente ſtimmten nicht in ben Jubel;
denn durch Napoleons Kontinental⸗Syſtem waren beide zum höchſten Flor gelangt; die
Tudfabrifen konuten nicht allen Beſtellungen genügen, der Speditionshandel nad Rupe
land aber brachte den Kaufleuten den höchſten Gewinn; mit Napoleons Sturz ſtürzten
aud alle Fabrilen und von den Seguungen bes Friedens wollte man in Brünn nichts
wiffen,
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Den 25. September 1809 wurden der Büchſenmacher Friebrich Tugend
und ber Sube Marfus Obernbreit, beide aus Preßburg, wegen verſteckten und
bei ihnen gefundenen Gewehren kriegsrechtlich zum Tode verurtheilt; dagegen
einige andere in dieſe Anklage verwickelte Perſonen als nicht ſchuldig erkannt
und ſogleich auf freien Fuß geſtellt (eb. S. 659).
Pferde für ben Kriegéminifter Marſchall Berthier und für Marfdal Duroc, um nah Pobre
lig gu fabren uw. dgl. m. Man hörte teine Schüſſe mebr, aber man glanbte nod, bak es
gu einer zweiten Schlacht fommen werde.
Der fiinfte Dezember brachte Friedensgeritdte. Diefe wurden dadurch veraulaßt,
weil bie Nachricht lam, daß die drei Kaiſer von Europa nächſt Wifdau eine Unterredung
von bret Stunden Hatten, beren Refultat ein Waffenſtillſtand und Friedenspraliminarien
fein follten. Go viel war in unferer Stadt gewif, daß 72 Pferbde fiir den frangdfifden
Raifer nad Wien zu begehrt wurden und daß diefen Tag Nats unb am folgenden Mor-
gen Pring Mürat in Brünn erwartet wurde. Man madte ſich ſchon ſangniniſche Hoffnun⸗
gen und fprad von ber Antunft der drei Raifer in ber Stadt. Cin gutes Zeichen war es
jedenfalls, daß Abends viele verwundete Ruffen, welche die Frangofen bisher nidt am
glimpflidften bebanbelt batten, auf Wagen hereingebradht und in bie frangSfifden Spitäler
gebradht wurden. Vielleicht geſchah dieß fest erft, weil man frilber für ſich gu forgen atte,
und ber Crbitterung, in welche ber Kampf verfest, jene milden Gefühle gewiden waren,
welde ben Frangofen fonft und and im Kriegsleben auszeichnen. Die in ben Kirchen eine
gefperrten Gefangenen hatte man, wie id anfgegeidnet finde, ,,in ben Stabtgraben, wabr-
ſcheinlich wegen ber Ausliiftung getrieben, die Leute bungerten wie Wölfe und man fab es
nidt gerne, irenn ibnen etwas zugeftedt wurde.” Auch ging die Rede, fie würden ausge⸗
wedfelt und weiter transportirt werden. — Am grofen Plake ftanben 30 ber von den
Franzoſen eroberten ruffifden Kanonen.
Der Cinridtung der Spitdler, ber Wartung und Verpflegung ber Kranfen war von
nun an die Achtſamkeit, ſowohl von ber Munizipalitat, wie von eingelnen Beamten und
Biirgern gugewendet. In Brünn beftanden 16 Spitäler und gwar waren fie im Minori⸗
tenflofter, im Dheatergebiude, namentlich im Redoutenfaale, im Gaale beim Lindwurm
(fpiter gur Stadt Wien genannt), im Augartenfaale, in Obrowig, in mehreren Haufern
und Fabriken 3. B. im Siedhenbanfe und im Schulz'ſchen Gebdude neben diefem, in der
Offermann'ſchen Fabrif u. fj. w. Im Krankenhauſe bet St. Anna waren keine Solbaten,
aber baffelbe war bald durch Kranke vom Civile nur zu ſehr überfüllt. In einigen errid-
teten Spitalern waren nur Franjofen, in anberen Franjofen unb Ruffen. Die drgtliche
Pflege beforgten theils frangofifdhe, theils bie Stadtärzte.
Vor bem Waffenſtillſtande, ber abgeſchloſſen worben fein follte und den man ſehn⸗
lichſt wünſchte, erzählte man fig unter Anderem, der ruffiſche Kaiſer fei demfelben gwar
nicht Sffentlidh bet, aber ihm nit entgegen getreten. Olmilfs und Brünn folten darnach
gemeinſchaftlich befegt, — der Sglaner, Briinner, Olmitger und Hradiſcher Kreis bem Ve,
nuß der Frangofen vorbehalten werden, welde überdieß 100 Mtillionen Gelb befommen
follten. Die franzöſiſchen Offigiere ergdblten den Bürgern, daß der Verluſt in ber Schlacht
von Auſterlitz von jeder Seite auf 30,000 Mann fic belaufen fonnte, daß bie Frangofer
mehr Todte und Verwundete, die Ruffen mehr an Gefangenen verloren bitten. Bis dahin
erfubr man, daß 13 franzdfifde Generale todt oder verwuudet und 2 vermift wurden.
Am 6. Degember Nats um 11 Ubr fam Pring Mürat wieder nad Brinn, reifte
aber den folgenden Tag um 4 Uhr Nadmittags (nach einer andern Angabe am 8. am 6 Uhr
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. Dee Aufforderung, die faiferl. sfterr. Magazinen juftandige Effeften an
bie. franzoͤſiſchen Magazine ausguliefern, fdeint nidt den erwarteten Erfolg
gehabr au haben, weil man gendthigt war, Hausfudungen bei ben verdads
tigen ‘Berfonen anguftellen, in Folge deren mehrere taufend paar Sdube, eine
wand und andere aus den Dtagajinen entfernte Gegenftande aufgefunden wure
Nachmittags) nad Wien ab. Wm 7. Dezember VBormittags wurde ein Garbeoffigier mit
allem militirifden und firdliden Pomp begraben. Gegen Mittag und bis Abends fam
viel Militär in bie Stabt, deffen Cinquartirung grofe Mühe Loftete. Nach 3 Upr Nach⸗
mittags fam ber Raifer Napoleon und mit ibm wie gewöhlich bie Garden. Pring Mürat
batte mit ihm vor feiner Abreife nod) gefproden. Letsterer fagte zu Baron Dobbelftein,
Bet dems er befanntlidd wobhnte: „An bem Ungliid, das Oeſterreich betroffen, fei nur eng-
liſches Golb Schuld;“ er fagte ferner, „der Friebe mit Oeſterreich müſſe binnen einigen
Tagen gefdloffer werben, inzwiſchen bleibe eine fleine Befagung in Brünn und Oeſterreich.“
Gs war cine gewöhnliche Politif Mapoleons und feiner Umgebung, die Meinifter anberer
Staaten ju verbadtigen und fie als im englifden Golde ftebend barjuftellen. Was die
Folge feines Ehrgeizes und feiner despotifden Geliifte, und was die politiſche Lage und die
Ghee ber ihm wiberfirebenden Biller erheiſchte, das war flets nur bas Ergebniß der Be⸗
ſtechung durch englides Bold. )
Die Requifitionen danerten ohne Unterbredhung fort, bas Elend ber Sefangenen
war nod wie in ben fritheren Tagen über alle Beſchreibung und glücklich waren bie, welde
ber Tob von ihrer Qual erldste; aber felbft nach ihrem Tobe — e6 ftarben ihrer tiglid
mebrere — waren fie cine Berlegenbeit, denn es waren feine ordentlichen Anftalten ba,
umt fie gu begraben.
Der am 6. Dezember beim Grafen Johann Taaffe geftorbene General Walhuber
wurde am 8. begraben. Das Leichenbegängniß war ein febr feierlides. Zwei Regimen-
ter paradicten bei bemfelben, fie machten Spaliere, durch welde der Leidkengng ging, zwei
Generale gingen dem Sarge nad und 4 trugen die Enden bes Leichentudes; der Garg
ſelbſt wurde von Orenadieren ber Garde getragen. Die Geiftliden batten dabei am we-
nigften gu thun, man lief ſie, alé ber Leidnam in ber Gafobstirde ſtand, weber fingen
nod beten; bie Offigtere und die Gensd'armes gingen mit aufgefegten Hilten wie in einem
Gaſthauſe in der Rirde herum. Die Leiche war um 9 Ubr angefagt und fam erft um
12 Uhr im bie Kirche; der ſonntägliche Gottesdienft konnte daber nidt abgebalten werden.
Rapoleon wohnte wieder im Statthaltereigebdinude und war oft am Fenfter gu feben,
bet bem ex im Auf⸗ und Abgehen fiehen blieb. — Verwundete Ruffen famen wieder jest
an; bie Anbdufung in ben Spitilern war troy ber großen Sterblidfeit nod eine unge-
mein grofe, man fiirdtete mit Recht bas Entftehen einer Cpidemie, wenn nit wirkſame
Anftalten zur Dislocivung ber Kranten getroffen wiirden. Es bildete fic daher ein Ge-
funbbettérath, welder die drohenden Gefabren von ber Stadt abwenden follte.
Niemand wufte, wie lange Napoleon in Vriinn bleiben würde. Natürlicher Weiſe
blieben auch bie Garden und bie grofe Laft ber Einquartirung. And bie Spitäler brauch⸗
ten mebe und mehr. Ant 11. Degember paravirten bie Garden ben gangen Nachmittag
auf dem Plage und am 12. Degember um 8 Ubr folgten bie Garden gu Fuß ibrem Rai-
fet, welder Morgens 5 Ubr abgereift war; fie trugen 40 Fabnen im Triumphe mit, welde
meiſtens aus bem ftindifden Saale genommen wurden. Indeſſen erbielten bie Bewohner
Griinns dadurch keine Erleichterung, denn Linientruppen waren fogleid) eingeriidt und die
Befſchwerlichleiten der Beherbergung der Goldaten keineswegs yu Ende. Spat Abends
brachte man wieder einige Ranonen herein. Vom Schlachtfelde erfuhr man, daß es ba
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ben. Die Reklamagionen der Landesobrigkeiten und mehrerer Privatleute, welde
biefelben ald Privateigenthum erflarten, Ddiirften fein Refultat gehabt haben.
Ginen Hohergeftellten Geiftliden, welder den Wunſch, den Krieg ernevert
gu jeben, [aut aͤußerte, ließ man aus Strafe feinen Theil der RKontribution
binnen 24 Stunden zahlen (eb. S. 683 — 685).
nod) gräßlich ausſehe; bie Milgen, bie Waffen, die Leichname lagen ohne Zahl herum.
Sumitten ber wedfelnden Vorfälle und der allgemeinen Wbmilbung, welche Griinn be⸗
berrfchte, wurde das Abentener von 4 Ruffen das allgemeine Tagesgeſpräch. Diefe batten
bie unteren Füße verloren nub ſchleppten fid in diefem Zuftande von Sololuiy bis Turas.
Sie hatten gerne die Stabt erreicht, tenn in ben Ortſchaften bes Schlachtfeldes war bas
Glend nocd größer unb bie Hilfe f{eltener, alé6 iu Brünn.
Von Seite ber Frangofen geſchah aud in diefer Zeit wenig filr die verwundeten
Ruffer und dieß war gum Theil bie Urfade, daß bie ausgebrodene Epidemie in unferer
Stadt fo verheerend wurde. Bu bem otelen Unbeile, weldes man now gu ertragen hatte,
fam der Sftere Feuerlirm. Am 9. Degember brannte e8 im Stelle des Dietrichſtein'ſchen
Haufes und am 12. Degember, nad dex Abreife Napoleons — gegen Pohrlitz und von da
gegen Felbfperg gu, wie man vermutete — follte es im Gaſthauſe ,gum ſchwarzen Adler”
brennen. — Sch fragte, wie benn nad der Schlacht bie Stimmung der Frangofen geweſen;
id) bachte, der Gieg hatte ihre VBegeifterung erhdht, fie batten viel freudiger und fröhlicher
fein miiffen, alé bei ihrem Einzuge in Brüun. Indeſſen war id überraſcht, alé nur ges
antwortet wurbe, bem ware nicht fo und bie franzöſiſchen Soldaten waren mifigeftimmt ge-
wefen. Die Offigiere meinten, bie Schlacht bei Auſterlitz habe die Seeſchlacht von Trafal-
gar, wo Melfon die frangofifd-fpanifde Armada vertilgt, nidt gefiibnt, England fet dadurch
nicht getroffen unb neue Feldzüge ſtünden in Ansfidt. Die Solbaten aber waren durch
bie ungebeuren Berlufte, welde ibre Reihen gelidtet batten, burd ben Tod fo vieler Ka⸗
meraben, durch den Anblid fo vieler BVerftiimmelter und Kranker, durch bie fortbauernbden
Märſche ermattet; ihre Gemilter waren niebergedrildt, aber keineswegs mutlos, denn die
Worte Napoleons und feine Macht batten einen gréferen Zauber als je. Was uns jest
auffallt, wo Frangofen und Englander neben einander im Kampfe ſtehen unb fie eine innige
Allianz verbinbet, das ift ber Haß gegen England, weldem e6 ber Soldat, wie ber Gene-
ral gufdrieb, bag man fdampfen mute. Sch fibre zur VBeftdtigung einen Vorfall an, wel-
der mir aus diefer Beit ergablt wurde. Am Krautmarkte ftanden einige serwundete Ruffen
unb Oefterreider. Ihre tiefen Wunden hatten bas Mitleiden ber Bürger erregt, welde fie
theilnahmsvoll umringten. Gin frangdfider Soldat, ein Elſaßer tam dazu. „Sehen Sie,”
tief er ben Bürgern gu, „wie die armen Leute gugeridhtet, wie ihre Gefichtszüge entftellt
find, fie feben wie Märtyrer aué.” Unb mit einem derben Flue und flampfend mit dem
Gewebre auf bem Boden fete er gornig dazu: „An allen Dem ift ber Engläuder ſchuld.“
Eine Epifode, die ich hier einfdalte, wird uns bas Beifpiel einer wilrdigen patrioti-
fen Haltung vorfiibren. Daffelbe fteht übrigens nidt vereingelt ba, denn bie Bürgerſchaft
bewdbrte während diefer Periode in jeder Beziehung ihre Treue gum Vaterlaude. Zwei
Offiziere des franzöſiſchen Generalftabes, Bonet und Broujfeau, kamen zum Dr. Schindler,
bem mähr. ſchl. Landesadvofaten, von bem fie wußten, daß ex fic) wiſſenſchaftlich beſchäftige
und die gu aftronomifden Arbeiten ndthigen Juftrumente befige. Sie verlangten die Aus⸗
folgung feiner Snftrumente, namentlid) eines Sertanten und forberten thn auf, mit ihnen
gu arbeiten. Dieß veriveigerte Dr. Schindler, weil ex feinen Auftrag dazu hatte unb weil
Privateigenthum refpeftirt werde. Er mufte mit jenen gur Hoffommiffion, und vow diefer
verlangten fie, bah er auch bei ber Aufnahme bes Schlachtfeldes Veiftand gu leiſten hätte.
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So wie bie Feftungswerle von Wien (und Graig), fo wird aud
unſere Feftung Spielberg gefchleift und wird in wenigen Tagen nicht mehr
fein; fle war von den Franjofen in Belagerungsftand gefept worden (eb. S. 699).
Das Sprengen der Feftungswerke witd am Beginnen und Schluße immer
—
Hofrath Baron Roden verweigerte den Auftrag ſtandhaft. Wiewol er mündlich ſagte,
Dr. Schindler nue mit Allem, was er wiſſe, ihnen an bie Hand geben, fo erklärte dieſer
doch beſtimmt, ex werde zwar bie Juftrumente heransgeben, aber ſich mit feinen Auskünften
Befafjen. Gonnet fiigte fid) in dieſen Antrag, fam gu Dr. Schindler, nahm fogleid feine
Perfpeltive und cine Loupe und bebielt fi ben Sextanten bevor. Den Tag darauf holte
Bronffean den Sertanten ab, weil bie Offiziere bes Generalftabes mit gwei eigenen nidt
genng batten; von Anslunftgeben und Mitgehen war teine Rede mehr. — Als am 12.
Dezember bas Gerücht ſich verbreitete, der Friedenstongref folle in Gritun abgebhalten were
ben, erjdrad man bariiber nicht wenig, nidt ber den Frieden, denn Niemand febnte fid
mehr nach bemfelben, als unfere erſchöpfte Stadt, aber man fragte ſich, „woher werden wir
bie Lebensmittel nehmen, wenn ber Friedenslongreß uné neue und wie gu erivarten ftand,
zahlreiche Gafte bringt.” Die Vorkehrungen zu demfelben waren iibrigens {chon getroffen.
3h will Fiebei nidt übergehen, was ih fiber Napoleons Nequifitionen bemerft finde, dte
gleidfalls nicht wenig dazu beitrugen, unfer Lanb in Beſtürzung gu verfegen. „Von den
100 Millionen Franfen, weldhe Napoleon von ben von ihm befegten Landern forbert, foll
jeder Reichſsmarſchall 1 Million, jeder Divifions-General eine halbe Million, jeder General
100,000 franfen erhalten. Es wire bod billig, daß bie Auslagen ber Stadt VGritun auf
Abſchlag gerednet witrden und gwar von jenen 18 Millionen, bie auf Mähren und eigent-
lich auf die drei befegten Kreiſe repartirt fein follen. ,,Denn,” heißt e6 weiter, „kein Ort
bat fo viel ausgeftanbden, als Brünn.“
Wut 13. Dezember famen die Dragoner bes 6. Regiments gu Fup an. Man
glaubte, baf fle aus ber Gegend von Wien famen, und erzählte fic allerhanb von erpreßten
Kontributionen. Um in der Stadt die Sinquartirung gleidimifiger zu vertheilen, wurde eine
Lokalbeſchreibung mit Zuziehung eines frangdfifden Offiziers veranlaßt; e6 war dieß fiir
bie dabei Betheiligten ein ſehr beſchwerliches Geſchäaft.
Bisher war die Stadt durch die Einquartirung der Soldaten und die Erhaltung
ber Spitaler gedrückt, jetzt bedrohte ſie noch eine Geißel bes Krieges — bie Brandſſcha⸗
hung. Schon am 12. Dezember war eine Deputation, beſtehend aus dem Grafen Blüme⸗
gen, dem Freiherrn Hentſchel und Stark zu Kaiſer Franz abgegangen; der Gegenſtand ihrer
Sendung wurde nicht bekannt, aber betraf wahrſcheinlich bie Bitte um Abhilfe fiir bie fo
ſehr bedrängte Stadt. Es war nun der Receveur de contribution de la Moravie (der
Einnehmer ber Kriegsbeiſteuer von Mähren) angekommen und man mußte ernfilih darauf
denken, um die auf die Stadt entfallende Summe leiſten zu können. Nachdrücklich wurde
auf eine Abſchlagezahlung ber Kontribution gedrungen. Die Hofkommiſſion forderte die
wohlhabenden Birger vor, um yn erklären, was fle vorauszahlen könnten. Dieß war ſchwer
möoglich. Es bilbete ſich ſonach eine Deputation, bei welder Dr. Feiftmante!l, ber Herr
Bifdhof, Graf Taaffe, Graf Blümegen, Here Abr. Greifinger waren, um fid
gum Raifer Napoleon gu begeben und irgend eine Abhilfe gu erwirken. Marſchall Mortier
und fein Generalftabs-Ehef wollten von diefer Deputation nichts wiffen und fie gar nicht
abretfen faffen. Go war fie gendthigt, fic am 20. Dezember Abends wegzuſchleichen. Un⸗
gebulbig ſah man ibrer Rückkunſt entgegen, denn bie Drohnng, im Falle feine Abſchlags⸗
gablung fomme, werbe geplitnbert werden, madte Sedermann tief belümmert. Hirt
man von ben ungdbligen Leiden ergiblen, welde ber Krieg mit fid ſührt, fieht mam die
11*
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burd einen Kanonenſchuß angefindigt, Sat am 28. Oftober angefangen, die
Erplofionen gaben einen Ginflug auf die Stadt (eb. S. 715; gefprengt wurden
bie Feſtungswerke und bad Zeughaus, verfdiittet der tiefe Brunnen im
Schloßhofe).
verderblichen Folgen, die Berwilftungen, die Unſittlichleiten, welche in ſeinem Gefolge
gehen, ſo würde man jeder Kriegs⸗ und Siegesluſt gerne abſagen, und ein eifriger Anhän⸗
ger bes Friedensapoſtels Elihu Burrit werden. Die Bulletins Napoleons Über bie Schlacht
von Aufterlig leſen fid febr gut; fie erwärmen unfer Blut, unfere Begeiftung fiir bie Siege,
fiir bie Schlachten wird lebhafter und bas, was in ber Bruft bes Mannes an Kühnheit
und Thatendrang lebt, regt fid) madtooll nnb firsmt in Gefithlen fiber — aber wenn wir
bie Schattenſeite betradten nub nidts als Leiden, Wunden, taufendfadhes Weh', Brand
und Plünderung finden, ba verzweifeln wir faft an bem Abel und den Vorzügen ber Menfd-
beit und wir heneiden bas Thier, bas nidt fo langfam abfterben fann, wie ber Menſch in
feinem leibliden und geiftigen Leiden. Am 21. Degember waren nod bet hundert Lei⸗
den und viele hundert Pferde vom Schlachtfelde unbegraben; Brauſſean, vom franzöſiſchen
@eneralftabe, hatte jetst nod) 11 blefſirte Ruffen unter'm freien Himmel gefunden und in
bie Spitäler gefehidt! In Brünn nahmen Krankheiten und Sterbefälle raf gu. Im Mi-
noritenffofter waren am genannten Tage 10 Geiftlide fran? geworden unb zwei geftorben.
Manner, welche die Spitéler, oft in menfdenfrennbdlider Abſicht, befadten, lagen bald im
Nervenfieber, Die Gaffen in ber Stadt wurden von Tag yu Tag bilfterer. Seit Woden
dachte Niemand an bas Reinigen derſelben. Ohne einer Uebertreibung beſchuldigt zu wer-
ben, fann man fagen, daß der Unrath häuſerhoch fag. Man hatte an anbere Dinge, an
bas, was Jedem zunächſt lag, an die Erhaltung seiner felbft, am bie Abwendung ber vielen
Unannehmlichkeiten und Leiden gu tenfen. Zu allendem follte bie Einwohnerſchaft eine
Plinderung erleben, welche durch vier Tage währen follte, wie man fid erzaͤhlte!
Eine ſolche Harte war nicht geeignet, bie gaſtfreundlichen Gefühle fiir bie Frangofer
zu erhöhen. In ben Tagen vor Weihnachten gaben bie franzöſiſchen Militärbehörden keine
Päſſe nach Böhmen; es hieß, Bernadotte marſchire mit ſeinem Corps eiligſt nad Nord⸗
deutſchland, da Preußen Miene machte, gegen Napoleon aufzutreten. — Die Befeſtigung
des Spielberges und ſogar wieder der Stadt währte bie zum 31. Dezember fort, obwohl
der Friede am 26. in Preßburg unterzeichnet worden war. Erſt am letzten Tage des für
Brünn fo verhängnißvoll gewordenen Jahres 1805 wurden bie Feſtungsarbeiten eingeſtellt.
Nichts machte bie Gemüther beforgter, als dieſe fortdauernden Arbeiten an ber Befeftigung
Brünns. Der Friede ſollte kommen, man erhielt von Wien die beruhigendſten Nachrichten,
und bod waren am Spielberg tagtäglich neue Werke im Entſtehen. Der Feind war es,
ber fie errichtete; fonnte mau aus folden Anftalten alfo nicht ſchließen, daß er feinen Po-
ſten nur mit Gewalt verlaffer werde? Seber Spatenſtich, ber geſchah, verwundete allge-
mein; man traute daber and den Vorkehrungen, weldhe die Frangofe gum Abziehen trafen,
nicht ganz. Welde Freubde haber, al am Jahresſchluße der definitive Befehl gur Cinftel-
(ung ber Vefeftigungsarbeiten gegeben wurde. Gine grofe Erleichterung lam jefe gur er-
erwünſchten Beit, daß bie Requifitionen nad und nach anfhirten, obwohl die frangdfifde
Beſatzung nod vierzehn Tage ba blieb. Die Weihnadttage dieſes Jahres gehdrten gu den
tranrigften, welde man in Grilnn je hatte. Die RKrantheiten mehrten fid, die Spitdler
wollten trogbem, daß aud auf dem Lande ähnliche eingerichtet waren, nicht geringer wer⸗
ben; viele Familien betranerten bereits Dahingeſchiedene und mit bem Kleinmute, welder
um ſich griff, wuchs ber Stoff yur Epidemie.
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Dem Frieden sufolge iff nunmehr bad in Brinn nnd bem brünner Keeffe
felt bem 13. Juli geftandene 3. Armeeforps der frangdfifden Armee unter dem
Hefeble des Firften von Eckmühl (Davoust) in vollem Abzuge; fie nehmen das
Lob der Kriegszucht aud von hier mit; ber wuͤrdige von feinem Gouverain mit
Auf Abſchlag dex Brandfteuer von 14 Millionen Franten für Mähren, dann auf 12
Williouen ermafigt, wurden durch ein ergtoungenes Darleben der Stande über 100,000 fl
in pen Iegten Tagen de’ Degember abgeflibrt unb es verlantete, ber Kaiſer felbft habe die
Brandſchatzung zur Zablung Mbernommen. Nie iff ans bem Statthaltercigebiubde ein fitr
unfere Stadt nnd unfer Vaterland fo harter Befehl erfdienen, als jener, welder bie Kriegs⸗
fener Aber fie verbingte. Ju bem Glauben, daß bie geſchichtliche Dolument durch Form
. wb Jubal intereffiren wird, welches in unferey Stadt verfaft unb gebrudt wurde, laffe
ich es in ber Ueberfegung nachfolgen:
Große Armee. — Generalftad.
3m kaiſerl. Hauptquartier Griinn am 18. Frimaire Jahr 14. (9. Deg. 1805).
Tagesbefehl.
Im kaiferlichen Pallaſt gu Brünn, den 7. Frimaire (28. November 1805).
Napoleon, Kaiſer der Franzoſen und König von Italien haben verordnet und ver⸗
ordnen, was folgt:
Artikel 1. Es wird eine Contribution von Hundert Millionen in Oeſterreich, in
Wahren unb ben anbern Provingen des Hanfes Oeflerreich erhoben, weldie von ben Frane
zoſen beſetzt find.
Artikel 2. Dieſer Betrag wird ber Armee als Gratification gegeben, gemäß bes
Bertheiligungsſtatus, welchen wir feſtſetzen werden.
Artitel 3. Der Preis aller Vorräthe von Salz, Tabak, Gewehren, Pulver, Kriegs⸗
Munition, welche zur Armirung unſeres Heeres nicht nothwendig find, welche unſer Artillerie⸗
General nicht nach Frankreich transportiren läßt, und deren Verkauf ich anordnen werde,
fließt in bie Kaſſa unferer Armee, um als Gratification unter fie vertheilt gu werden.
Artifel 4. Wns ben erften Fonde, welche von diefer Contribution eingehen werden,
jo wie ans jenen, bie ven ber Contribution in Sdwaben einfliefen, wird eine dreimonat⸗
liche Gratis-Gage, an jeben General, Offizier und Soldaten ausgezahlt werten, welder in
bens gegenwärtigen Rrieg verwundet wurde oder verwundet werden folfte.
Artilel 5. Unfer Kriegsminifler wird mit dem Bolljuge biefes gegenwirtigen De-
crete’ beauftragt. Napoleon.
Für den Kaiſer, unterzeichnet der Miniſter⸗
Staataſelkretär Hugo Maret.
Auf Befehl des Kaiſers der General⸗
Major, Marſchall Berthier.
Ym erſten Jinner 1806 hielten bie Truppen eine große Parc:-. Man wußte be-
yeits Beftimmtes titer ben abgeſchloſſenen Frieden, aber bie franzöſiſchen Offiziere ſchien
bieh weniger gu berühren, denn fie ſprachen von einem neuen Sriege mit Preußen und
Reapel. Das Hery wurde vielen Bürgern leicht, als fie am 4. Jänner die folgende, vom
2. d. Monates batirte Proffamation bes Freiherrn von Roden lafen:
„Kundmachung. Bur höchſt erfreuliden Nachricht mache ih ſämmtlichen guten Be-
wohuern von Brünn und Mähren mit innigftem Vergniigen hiemit befannt, daß ber Friebde
zwiſchen Er. Majeftit unferem allergnddighten Saifer und Konig, dann Sr. Majeſtät bem
Raifer von Frantreid) durch deren bevollmächtigte Herren Minifter am 26. Dezember 1895
166
Ehrenzeichen gegierte Oberft ber Gensdarmerie Saunier, welder bem biefigen
Platzkommando vorftand, Gat. die vorgefommenen Beſchwerden ſchnell, gerecht
und meift gue groften Zufriedenheit bed Buͤrgers entidieden (eb. 2. Rovember
©. 725).
Am 3. November wurde Brinn, am 4. ber briinner Rreié von den
franzoͤſiſchen Truppen gerdumt und es riidten am 4. zur unauéfpredliden
Freude aller ihrem Monarden unerſchütterlich treuergebenen Bewohner Srimné
oͤſterreichiſche Truppen ein; am 5. wurde vom Biſchofe, welder ber Berehring
aller aͤchten Freunde der Religion und bed Vaterlandes fo wirdig if, Prebdigt
und Hochamt gefalten (eb. S. 725).
Die Anerfernung bes BenehHmens ber Bewohner Brinns (amd anberer
Theile bed Landes) ſprach ber nacfolgende Artifel ber brinner Zeitung 1810
Nr. 36 GS. 297 — 302 aus: Der 1. dieſes Monats wurde zu Brinn burd
ein Feſt gefetert, welded, fo wie deſſen alorreiche, nun bald ein volles Jahr
poriberqeqanaene Beranlaffung, jedem Zeugen und Theilnebmer in unausldſch⸗
lidem Andenfen bleiben wird und in den Annalen biefer guten Stadt ewig gu
glaͤnzen verbient.
Als nod bem rufmvollen, aber blutiqen Stege bet Afpern, viele taufend
Verwunbete und Kranke über Znaim und Rifolsburg unangeſagt nad Mäßren
gebracdt wurden, war es die cifrigfte Gorge ber oberften Civile und Militar
— — — ee — — — — —
au Prefßtburg abpefdlofferr worden iſt, und daß fant einer mir fo eben zugekommenen offte
ciellen Erdffming hie Ratifitationen bee Kriebene-Traftate geftern am 1. dieſes Vormittags
um 10 Uhr gir Wien ausgewechſelt worden find.
Um Gott bem Allmächtigen fiir dieſes höchſt alitdlide Ereigniß ben gebührenden
Danf abyuftatten, wird am nächſten Gonntage ben 5. b. Früh um 10 Ubr bas’ Te Denm
Laudamus in bder biefigen Domfirdhe anf bem Retersbery mit aller möglichen Feierlichkeit
abgebalten werden.
Daß bie bieberen Bewobner von Brünn und hen umliegenden Gegenben hiebei gabl-
reich dem Tempel bes Allerböchſten wuftrBmen, unb ihre Gefilble von Dank, Rübrung und
Freude laut Infern werden, fann ich mit Gewifibeit von dieſen würdigen Unterthanen bes
Beften und geliebteften Landes⸗Fürſten vorausſetzen.
Griinn, den 2. Janner 1806.
Franz Freih. Roben son Hirzenan,
lanbesfürſtlicher Hofkommifſär.“
Zu bem Te Deum am Petersberge waren die franzöſiſchen Generale mit Mortier,
eingeſchloſſen durch Grenabiere, wiewohl etwas fpat erfdienen. Ihre wohl und boppelt bee
fegte türkiſche Muſik ließ fi wabrend der Meffe, befonders während ber Wandlung hbren.
Am 12. Fanner zogen bie Frangofen, welde in ber Stadt und in ber Gegend now
12,000 Mann gablten, ab, und ein Detadhement Syeller rildte ein. Cin franjdfifdhes Ba⸗
taiffon unb der Plagfommanbant-blieben nod bier. Die Birger begogen bie Hauptwache. —
(Die Fortfegung dieſes Feuilletons: „Die Aufzeichnungen eines brinner
Bilrgers” folgt am 5. November).
(Diefe folgte nicht, weil bas Blatt gu erſcheinen aufhbrte).
167
Mutoritdten bes Landes, bie ſchleunigſten Maßregeln zur Unterbringung, Bers
pflegung und Heilung fener tapfern Baterlandé-Vertheidiger gu treffen.
— Hle angeftrengteften Thatigfeiten und ale Hilfemittel ber Negierung und
ber Militärbehörden würden aber nicht hingereicht haben, denfelben, gumal im
erſten Augendlide die hoͤchſt nothige Erquidung und Pflege gu verſchaffen, wenn
nit bie raftlofe Bemuͤhung der Ortsobrigfeiten und Wirthſchafts-Beamten und
bie nicht genug gu preifende Guthergigfeit und Greigebigfeit der Landes⸗ und
Stddtebewohner ben erſten Bedürfniſſen auf ber Stelle abgeholfen hatte.
Uiberall, wo Berwuntete hins oder durchkamen, zumal in Rifolsburg,
Znaim, Aufpig, Wifdau, Kremfler, Lettowig, wurden fle durch das Zuſammen⸗
wirfer bed von ten Ortébehorten und Obrigfeiten aufgemunterten Publikums
mb meiftené fhon aus ded leptern cignem freien Antriebe, mit Speife und
Tranf erquidt, mit ber dringendſten ärztlichen Pflege verfehen, oft aud ihnen
Sleidbungéftiide und Wäſche gereicht und dadurch ber Regierung und ben Mili«
taͤrbehhörden die nothigfte Zeit verſchafft, um die auf längere Dauer beredneten
Anftalten eintreten gu laffen.
Am bedeutendften war vie Verlegenheit yu Briinn felbft, wo tiber zweihun⸗
bert verwundete Offigieré und gegen fiebentaufend franfe und verwunbdete Unters
offigieré und Gemeine, in einem 3Zeitraume von wenigen Tagen, unvorgeiehen
jufammenfirémten. Aber im ſchoͤnſten Licht geigte fic aud) eben hier die Menſch⸗
lichkeit und Baterlantsliebe der wadern Bewohner diefer Stadt, welde im Laufe
des legten Kriegs {don durch fo mande andere, von Sr. Muajeftit mit tren
bul dreichſten Aeußerungen ber allerhodften Zufriedenheit belohnte ruͤhmliche Hand-
lungen, ihren reinen Patriotiémue bethatigt Hatten. Nicht genug, daß alle
Mafien ferfelben, ohne Unterſchied ded Stande@, ved Alterd, des Geſchlechts,
ber Bermogensvechaltniffe, fich ſogleich herzu drängten, um den Wnfommenten
bie erfte erforterlide Erquidung an Tranf und Speiſe gu ver(chaffen, ihre, der.
groffen Hige wegen häufig {don der Fäulniß nahen Wunden zu reinigen
und gu verbinten, ifnen Wäſche und andere Bediirfniffe gu reichen, ſondern es
wurben, Da bie offentliden Gebaube bie Angahl ber anhergefommenen Blefitrten
nicht mehr gu faffen vermodten, von mefreren, ſowohl Fabrifanten, als antern
Privaten, Fabrifégebaude und Wohnungen unaufgefordert angeboten, fa von
vielen derfelben die Rranfen auf eigene Koften mit der größten Gorgfalt gepflegt,
gewartet, geheilt und die zur Unterhaltung ded Manned im Spitale paffirte
Loͤhnung der wietergenefenen Mannſchaft aberlaffen.
Mit gleicher Bereitwilligfeit raumten fo gu fagen alle Privaten einen Theil
ifree Wohnungen zur Unterbringung der Hern. Hrn. Offigiers, bie überdies
groͤßtentheils mit allen Beduͤrfniſſen von ihren gaftfreundliden Hauswirthen vers
ſehen wurden. Mit dem groften Cifer verwendeten fic fowohl die gu Brinn
beftehenden, alé aud ben umliegenden Gegenden aufgebotenen Givil- und Wund-
Grate, mande ſogar mit Bergichtleiftung auf die von Allerhöchſtem Orte bemefie-
nen Didten, in Vereinigung mit bem Militaer-Sanitats-Perfonale, bei ben fowehl
170
jener Gelegenheit ſich erworbenen Verdienſte, ein Gnadengeſchenk von 800 fi.
und der Soldatenswittwe Nikzinn, die ihre einzige Decke zum Gebrauch der Spi⸗
taͤler hergab, ein Geſchenk von 50 fl. zu bewilligen geruht.
Mit der groften Feierlichkeit wurde am 1. Mai d. J. jene allergnädigſte
Entſchliehung Er. Majeftat oͤffentlich befannt gemadt.
Jn tem grofen Gaale ted £.f. Gubernialfaufes, in Gegenwart ber hohen
Generalitat und mehrerer Hrn. Offigiers, dann einer zahlreichen aus ben anges
fehenften Gliedern ded Abels, der Geiftlidfeit und aller Klaffen der Hiefigen
Bewohner beftehenden Verfammlung und unter Paradirung ded Buͤrgerkorps,
eroͤffnete Se. Excellenz ber Herr LandeSgouverneur an der Spige des k. Gubers
niums, in einer Eraftigen Rede, dem vorgeladenen Magiftrate und dem Publifum
ben Dank und die huldreihften Gefinnungen unſers geliebteften Raiferé.
Mit aller Warme, welde der heryerhebende Gegenftand einfldfte, wurde
baé ruͤhmliche Benehmen dieſer guten Stadt und aller biedern Bewohner
Maͤhrens, die fegenvollen Wirkungen ihres Gemeingeiftes, die Baterforge und
Baterhuld des gitigften Monardhen gefdildert und der feurige Vorſatz ausges
fproden: den wwiirdigen Dank fiir die gegenwartigen ausgezeichneten Gnaden-
begeugungen Gr. Majeftat, turd jeden finftigen Beweis der allerinnigften
Liebe für ben beften Landesfirften gu aufern. Dann sourden die Ehrenmedail⸗
len ald theure Unterpfander der allerhodften Huld, den dagu beruffenen wuͤrdi⸗
gen Ctaatéburgern und Burgerinnen, feierlich ubergeben.
Gin von des Herren Landesgouverneurd Excellenz im hieſigen Augartene
faale veranftaltetes feſtliches Mahl, gu weldem fimmilidhe oben benannte Hier
anwefente PBerfonen, die Hohe Generalitét und mebhrere ber angefehenften Glie⸗
ber ded Abels, fo wie ter Hohern f. f Beamten gejogen wurden, erhohte die
allgemeine frohe Stimmung und die unter Trompetens und Vaukenſchall aus:
gebrachten Gefundbheiten auf das Heil und die lange glidlide Regierung ded
geliebteften und giitigften Monarden, auf ten Ruhm feiner tapfern Krieger,
auf bad Wohl ber biedern Mahrer und ber guten Stadt Brinn, gaben ben
Anweſenden die erwünſchte Gelegenheit, ihre innigften Gefühle laut au äußern.
Die glangende und würdige Verjammlung trennte ſich endlich und lange
werden in den Herzen die Worte aud ber Rede Er. Erzellenz des Herrn Lan⸗
desgouverneurs nachhallen: dag es feinen hohen gemeinnigigen Swed gebe,
Der ſich nicht durch Gemeingeift und Fraftiges Zuſammenwirken aller Klaſſen
ber Staatdbirger erreichen, keine Schwierigfeit, die fid) nicht dadurch überwin⸗
ben liefe, daß fir einen fo heißgeliebten Monarchen, als Oefterreihs gludlicde
Völker befigen, fein Opfer gu theuer, feine Anfteengung gu grog und dag bas
Bewußtſein, bie Huld und Liebe des gitighten Furften und Vaters gu verdienen,
ber Lohn fur Geine trenen Unterthanen fei.
Auperdem fanten nod mehrere PBerfonen die Anerfennung ihrer Verdienfte ').
') Der Adjuntt ber m. f. Tabal- und Siegelgefillenadminiftration Anton Fiſcher wurde
mit Rückſicht auf feine um bas Tabal- und Siegelgefäll befonderé während der letzten
171
Die Franjofen Hatten 1809 bie meifterr und bebeutendften Feſtungswerke
und bad bombenfefte Zeughaués gefprengt. Der Spielberg Hatte allen Werth
alé Geftung verforen. Gr galt fortan nur alé Strafanftalt. Jn den 8 Sabren
1803, 1804, 1805, 1807, 1808, 1810, 1811 uud 1812 (1806 und 1809 wegen
ber Gpidemie eine grofere Sterblidfeit) waren aus Mabren, Sdleften, Galisien
unb Bohmen 162 mannlide und 34 weibliche Strdflinge zugewachſen, 57 manns
lide und 9 weiblide geftorben und 31 maännliche und 12 weiblide begnadigt,
28 mannlide und 10 wweiblide nad überſtandener Strafzeit entlaffen, fonad
111 mannlide und 31 weiblide abgefallen, daher jabrli um 7 mehr zugewach⸗
fen alé abgegangen. 1813 begann aud die Ublieferung von Strdflingen auf
ben Spielberg aus Oefterrei und anderen Provingen (aus bem Gubernial⸗
Wtte Rr.-7680 von 1813).
Im Jahre 1818 befanden fic auf Cem Spielberge 179 Civil-Stedflinge,
AY wurden indeffen in Temesvar aufbewahrt, man erwartete grager Schloß⸗
Arreftanten und e6 war nod fiir 81 Straflinge Plag.
Aus Anlaß ber Entweidung von 9 Straflingen machte feit 1812 Die
Stadt Brinn Eigenthums⸗Anſprüche auf ben alé Feftung ohnehin aufgegebenen
Epielberg und die fortififatorifden Grimbe (Glacid und Wallgraben) uͤber⸗
haupt im Flächenmaße von nabe 40,000 DQ. RKlaftern") (1822 mit einem Jind
ettrage fiir bas Bortifitatorium pon 1126 ff. ©. M.) geltend 2).
feindlichen Invafion erworbenen ansgezeichneten Verdienſte zum Adminiſtrator nnd k. k.
Rathe ernanut (Brünner Zeitung 1810 S. 305).
Der RKaifer bewilligte bem Subernialrathe unb Polizeibireftor Johann von Otacy
wegen feiner eben fo eifrigen als nützlichen Dienfte beſonders während ber letzten feindli-
den Buvafion bie vole Gubernialrathé-Vefolbung ven 2000 fl. (eb. S. 380). Weiter
erhielt berfelbe wegen feiner Yangjabrigen mit rühmlicher Anfirengung geleifteten Diente
und bet vielen Gelegenbheiten, inébefonbdere bei ber kürzlich Statt gebabten Entbedung
und Ergreifung einer zablreiden Diehs- und Rduberrotte erworbenen Berbienfte bie grofe
goldene Civilebrenmebaille fammt Rette (eb. S. 717).
Der brilnner Kreisarzt Dr. Anton Kroczak erhielt zur Belohnung ber befonbern
Berdienfte, bie er fic burd eine Rethe von Jahren um bas Allgemeine unb um bie leidende
Menfcheit hierlandes itberhaupt unb tnsbefonbdere vor, während und nad der letzten feinb-
fiden Invafion durch feine raftlofen Gemilhungen in Behandlung ber verwunbeten und
franten Golbaten, in ben Militärſpitälern unb Unterſuchung bdiefer legteren erworben bat,
tarfrei ben f. £. Rathetitel und die grofe golbene Ehrenmedatlle mit Oehr und Band (eb.
S. 489).
Wegen ber Berdienfte im Jahre 1809 erbielten 1815 der Tuchhändler Franz Drafde,
Viidfenmader Auguftin Sdnepf, ber Schönfärber Schulz ber jlingere, ber Kupferſchmied
Wegner, ber Weber Johann Czech und bie Sdubmader Kozmann, Vrandt, Hawlitſchek,
Riedl unb Maver Shrenmedbaillen (eb. 1815 S. 547).
1) Die Fortififations Griinte beragen nach den Kataſtraloperaten bei der
Gemeinde Brünn . 58 Joch 1558,0 O. Rafter
beim Spielberg. . . . 23 09,0 "
bie Fortififations-Gebanbde bei ‘ber erſteren 5 , 430,0 "
dto. bto. bto. anberen . . 1 , 197,0 ”
(Feftungswerle, SHopfen, Magazine 2c. anger bem Spielberge).
172
Rad mehrjaͤhrigen Verhandfungen befahl ber Raifer mit dem a. h. Kabi⸗
netéfdreiben von 5. Dtai 1820 bie Feftung Spielberg eheſt an baé Civile gu
libergeben, wegen Unterbringung ber dafelbft befinbdliden Milita - Arreftanten
ted Transports⸗Sammelhauſes und ber Befagung von 2 Compagnien (Majors
Janda Commandant) gu fergen und auf bem Epielberg Me zur Unterbringung
ber Civil-Arreftanten erforderlide Unterfunft, dann ordentliche und gerdumige
Arbeitsſaͤle herzuſtellen (Hfzdt. 10. Mai 1820 3. 13447) 5).
Demjufolge wurde ber Eyielberg am 18. Juli 1820 aus ber Militar
in die Giviladminiftration tibergeben, ba ber Spielberg durch die Zerftdrung der
Feſtungswerke aufhorte Feftung gu fein, bad 3ufammenteben der Garnifon mit
ben Straflingen nicht fur zweckmäßig eradtet wurde und wegen ber durd bad
Gingehen ber Feftungswerfe verminderten Sicherheit und ted Zuwachſes an
Straflingen in Folge der ZJerftdrung des grager Bergſchloſſes und ber Keftung
Rufftein fur bie Adaptircung ber vom Militar innegehabten Raume fuͤr Civil⸗
firdflinge Gorge getragen werden mufte.
Das „Spielberger Feftungs-Com mando" hatte in ber legten Zeit
(S. bie m. ſ. Shematidmen 1803 ff. und nod 1820) aud einem Feftungs: Come
mandanten, einem Blaglieutenant, einem Feftungéfaplan und einem Staboprofo⸗
fen beftanbden.
Dagu war in neuerer Zeit ein Ober: und ein Unter-Borfteher
ber fptelberger Arreſtanten-Wachmannſchaft gefommen, welden
(nad bem Schematismus fir 1809, 1814 u. a.) 2 Korporals und 19 Wach⸗
gemeine, nadjer (eb. 1816) 4 Rorporalé und 40 Warhgemeine und fpdter (eb.
1819) aud nod 1 Felbwebel beigegeben waren.
2) Vie 1818 waren auf bie Herſtellung ſämmtlicher Gebdubde und ihre Unterhaltung 47,755 ff.
W. W. ausgegeben worden.
3) Das größte Hinderniß ber fdnellen Ausfithrung bes a. h. Befehls, ben Spielberg fo balb
als möglich an bas Politifum abgugeben, beftand in ber Schrwierigheit, daß das Prausporte-
Militär⸗Sammelhaus unb die gwei Infanterie-Compagnien, weldhe fic bafelbft befanbden,
anderwärts untergebradt werden muften. Der Hoffriegsrath befahl endlid) (Reffript vom
27. April 1820), bie Kempagnien vom Spielberge unb ans der Frangtefaner>Rofter-Raferne
(welde gum Transportéshaufe beftimmt wurbe) abguziehen und jene Mannſchaft, welde plat-
tergings in bie Kaſernen untergubringen unmöglich ift, in bie Umgebung von Brinn auf
Schlafkreutzer gu verlegen. Bugleid) forderte ber Goffriegsroth Beridt, ob es nicht bennod
auf irgend eine Art möglich fei, einen Theil ber hierlandes befindliden Invaliden tn au-
bere im Lande etwa leer ftebenbe Safernen ober fonftige Militdr-Gebaude auf bie Reit
unterzubringen, bid e8 möglich fein wird, bas Invalidenhaus file Mähren in bem ehema⸗
ligen loftergebdude gu Brud nächſt Znaim gu überſiedeln, indem bie dermal angeorbnete
Bequartirung auf Schlafkreutzer unr als proviforifde Maßregel angefehen merten muß,
welde in bie Lange nicht bleiben fam.
Bei ber Uebergabe an bas Civil ſandte bas m. ſchl. Generalfommando alle Sdriften
an den Hofkriegsrath etn.
178
Der gewaltſame Durdbrud und die Entweidung mehrerer Straflinge
am 8. Oftober 1820 fithrte mehrere Golgen herbei. Der Spielberg wurde
gaͤnzlich gefperrt.
Rachdem in Folge allerhöchſten Befehls, heißt es im Gubernial » Girfulare
vem 15. Suni 1821, ber Spielberg ald eine geſchloſſene Strafanftalt nun gang
gefperrt, folglid aud in den dufern Hofen ber freie Zugang nidt mehr geftats
tet ift; fo wird folded gur allgemeinen Kenntniß mit bem Bedeuten gebract :
baB fohin aud in ber bortigen nur fiir die Strdflinge und dad Haudsperfonale
beftimmten Sapelle bad am 17. b. Mets. fallende Heilige Dreifaltigkeits⸗Feſt,
weber diefes Jahr nod in 3ufunft daſelbſt, fo wie e6 in friiferen Jahren uͤblich
war, offentlid abgehalten werden fann.
Weiter wurde feitbem fic die, in 2 Abtheilungen gereihten Straflinge ein
boppelter Gottedbienft angeordnet. Mad ber Aufhebung ber Defuiten (1773)
Gatien k. k. Feldkaplaͤne denfelben auf dem Spielberge verfehen (S. 110 gefchieht
aber in Trenf’s Teftament von 1749 eines wellliden Priefters und Benefi-
cianten auf bem Spielberge Erwähnung). Als diefer 1820 won der Militar:
in die Givilverwaltung überging, pflegte guerft proviforijd ein Auguftinerordend:
Priefter von Altbrinn bie Seelforge, bis 1822 ein Weltpriefter ald ordentlicher
Curat angeftellt wurde, ber aud) bis gur Auflaffung der Strafanftalt blieb. Zum
2. Gottesdienfte verwendete man Aluguftiner und ſpäter Kapuziner.
Seitbem fanten in neuefter Zeit mehrere Benderungen und Erneuerungen
an bes Kirche Statt, bemilhte fic ber Biſchof und Ortsfeelforger, das religiofe
Gefahl der Straflinge durch Griindung eines Gebetvereind und einer Biblio-
thef, Abhaltung einer Miffion, von Umgangen, Firmung und anderem gu beleden
und gu erhöhen (6. Wolny kirchl. Top. Ill. 96 — 99).
Die nichtkatholiſchen Straflinge erhielten den religiofen Beiftand von
igren Seelforgern.
Der gewaltiame Anusbruh vom 8. Oftober 1820 beſchleunigte aud die
Ausfihrung von Sicherheits-Bauten, wie 1821 bie Wieberherftellung einer
geiprengten Baftion und die Erhohung ber gefammten Umfangsmauern auf
ber Srone ded Spielbergs (nad ber freisdmtliden Lizitations + Ausfdreibung
pom 10. Marz; 1821 im Rubdifinhalte von 751 Rubifflaftern mit bem veran-
ſchlagten Koſten⸗Aufwande von 28,184 fl. 24 fr.), 1824 bie Aufftelung einer
Reihe von 2856 Stück Pallifaden lings ded untern Wallganges, um jede Ents
weichung ber Straflinge au befeitigen.
Es war dies die Feit, wo ber Spielberg eine gang neue Klaffe von Be-
wobnern und Durch Ddiefelben mehr ald curopdifden Ruf erbielt. Es waren
bie fogenannten italieniſchen Carbonari').
— —
1) Carbonari (Köhler), eine revolntionäre Secte, welche in Neapel entſtand, und von
1818 bis 1821 and in Ober-Stalten ihr Unweſen trieb. Das Ritual ber C. iſt oom Koh⸗
fendrennen genommen, bie Grundlage ihrer Symbole war Reinigung bes Walbes von
174
Sm Sahre 1821 wurden naͤmlich mehrere bed Hochverrathes wegen gum
Tobe verurtheilte, aber begnabigte Staliener, namentlid Anton Villa, bie Prdtoren
Anton Solera, Felix Forefti, Conftantin Munari auf 20 Jahre, Johann
Bachiega, der Weltpriefter Markus Fortin’ und ver Conte Oroboni auf 15
Jahre gum fpielberger Feftungdarrefte verurtheilt (Brünner Zeltung 1821
6. 1822).
Aud der ausgezeignete Didter Graf Silvio Pellico fas auf dem
Spielberge von 1822 — 1830 (©. Gonverfations + Lerifon Nachtrag 3. Bd.
©. 472 — 474)").
Im Jahre 1824 wurden die bed Hodverrathed ſchuldigen, gum Tode
verurtheilten, aber vom Kaiſer begnabdigten, Friedrid) Graf Confatonieri, Ales
rander Philip Andryane, Peter Borfteri von Kanilfeld, Georg Marquié Pal.
lavicini, Cajetan Caftillia, Andreas Tonelli und Frang Freiherr Arefe auf den
Spielberg, bie erften 2 auf Lebensgeit, bie 3 folgenden auf 20 Jahre, Tonelli
auf 10 und Arefe auf 3 Jahre verurtheilt (Brünner Zeitung 1824 S. 184).
| Der neapolitanifdhe Kriegsminiſter Pietro Colletta wurde nad Brinn
verbannt (Gonverf.. Ley. der neueften Beit, Gauffer, Geſch. ded 19. Jahrh).
Gine erweiterte Beftimmung gab der Raifer ber Strafanftalt auf bem
‘Spielberge im Jahre 1829.
Mit der a. h. Entſchließung vom 13. April (Hoffiot. 25. April 1829
Mr. 2398 Juft. Gef. Elg.) wurden nämlich die Straflinge ané Steiermark,
welde bisher auf den Spielberg abguliefern waren, in dad Strafhaus gu Gras
biffa tiberwiejfen und mit fener vom 20. Mai 1829 (Hfdt. 29. Mai 1829 Rr.
2408 eb.) den wegen Hodverrathes oder Verfaͤlſchung dffentlider Creditépapiere
zur Rerferftrafe uberfaupt, dann den wegen eines andern Verbrechens gu einer
langeren alé 10jdbr. ſchweren ober ſchwerſten Rerferftrafe Verurtheilten aud Oefter:
reid) unter und ob Der Ens, Bohmen, Mähren, Sehlefien und Galizien der
—. —
Wolfen, d. i. Kampf gegen Tyrannei. Anfangs (unter Napoleon's Regierung) ver⸗
ſtanden bie ©. darunter nur die Befreiung von ausländiſcher Herrſchaſt, ſpäter entwickelten
ſich aber daraus demokratiſche und antimonarchiſche Grundſätze, welche die Sicherheit der
Staaten gefährdeten und Maßregeln zu ihrer Unterdrückung nothwendig machten, darum
wurden ſeit ber Unterdrückung ber neapolitan. und piemonteſ. Revolution 1821 bie C. in
ganz Stalien für Hochverräther erklärt, und als folde nach den Geſetzen beftraft.
') Silvio Pellico, welder mit feinem Freunde Maroncelli 8 Jahre (1822 — 1830)
auf bem Spielberge verbradte, bis ihm bie Gnabe bes Raifers wieder bie Freiheit gab,
fegt auf jebem latte feiner Denfwikrdigheiten Zeugniß über die menfcpenfreundlice
Theilnahme ab, weldhe ibm, wie allen italienifden Carbonari von 1821, 1822 und 1824,
bon Seite ber Wächter, ber Verwalter ber Anflalt, ber Geifiliden (Battiſta (Job. Vorthey,
S. Wolny kirchl. Top. I. 98], Sturm, Paulowitih, Wrba, Rial), des Gouverneurs Gra-
fen Mittrowsty und Aller, mit denen fie in Berithrung famen, gezollt wurde; aud) war
ibnen bie Leftilre ihrer Biicher geftattet. Als aber dieſe fretere Bewegung gu Cinverftind-
niffer mit Augen und Mißbräuchen gefilbrt hatte, trat von 1824 an eine viel ftrengere
Zucht und Aufſicht ein.
175
Spielberg, aud Stelermarf, Tirol, Illyrien, dem Miftenlande und Dalmatien
bie Gitadelle gu Gradiffa in Zukunft als Strafort angewiefen.
Was vie Eigenthums⸗Anſprüche ber Stadt Brinn auf die fortififatorifden
Grimbe belangt, befahl ber Kaiſer mit ber a. h. Entſchließung vom 15. Febr. 1821,
e6 folle uber bie Bebingungen, unter welden bad Grunbdeigenthum ded Spiel⸗
bergs und ber tibrigen Die Stadt umgebenden Feſtungswerke ber Stadtgemeinde
augugeftehen ware, ein Vergleich zwiſchen diefer, bem Publifum und Militar ein⸗
geleitet und wenn er gu Stand fommt, jur a. §. Einſicht vorgelegt, fonft meh—⸗
rere Dofumente vorgelegt werden; übrigens fei fiir bie anderweitige Unterbrin-
gung ber in den Gebduden unter dem Spielberge aufbewahrten Militarrequifiten
Sorge gu tragen und dad Mauerwerk der Baftionen und Fortififationéwerte,
in fo fern fie nicht gum Behufe der fpielberger Strajanftalt nothig find, gum
Beften ded Staatsſchatzes gu demoliren und yu verdufern.
Der briinner Magiftrat führte die Anſprüche der Stadt in feinen Berichten
vom 21. Sunt und 29. November 1823 aus, welde mance hiſtoriſche Andeu-
tungen, aber aud mande unbegriindete und unridtige Behauptungen ') enthalten.
Das Gubernium erftattete am 23. September 1825 3. 27580 Bericht.
Als Kaiſer Franz das lepte Mal nad Brinn fam, belief er, am Alten
moͤglichſt fefthaltend (a. 6. Entſchließung vom 30. September 1834) bie Stadt
Brinn nebſt dem Spielberge als geſchloſſenen Plag und ging auf die Anfpriiche
ber Stadt auf dew lefteren night ein. Ge genehmigte bie Erweiterung der
fpielberger Strafanftalt zur Unterbringung von (im Ganjen) 451 Straflingen,
1) So heißt es 3. VB. gang unridtig: Bis in bie Galfte bes vorigen Sabrhunbertes wurde
bie Befeftigung unb Vertheidigung bes Spielberges und ber Stadt nidt als Gade des
Staates betradtet, fondern der Bürgerſchaft überlaſſen und erft zwiſchen 1740 und 1750
ber Spielberg als Feftung beftimmt und biefer fo wie bie Stadt vom Stacte befeftigt
und bie Obforge ber Erhaltung ben Militärbranchen anvertraut.
Weiter wird gefagt: Bei ber feit 1742 eingetretenen Niederreißung ber vorſtädtiſchen
Haufer erbielten die Hauseigenthümer nur eine geringe Entſchädigung, die Stabt für die
gu ben Vefeftigungen verwendeten Griinde nidts. Die alten Schanzgräben ber Stadt
tourden gum Theile beibebalten, gum Theile verſchüttet und neue errichtet.
Als 178Z vom Hofe ansgefproden wurde, daß Hradiſch aufhören foll eine Feftung
ju fein, evhielt bie Stadt (Hfdt. 15. Sept. 1782 Gub. B. 2631) bas unbefdrintte Difpo-
fitioneredt fiber alle Feſtungswerle. Brünn war in der Wiebererfangung ſeines Grund⸗
eigenthums auf ben Spielberg und bie fortififatorifden Gründe nicht fo glücklich.
Gs wurde aber, wie bisher itberhaupt, nirgende ber Cingiehung bes Spielbergs in
Folge ber Rebellion erwühnt.
Als gwifden ber Stadt und dem Fortififatorium Jurisdiltionsſtreitigleiten entftanden
Seftimmte Carl VI. (Reffript vom 25. Sunt 1731), bag fein nenes Civilgebinde im Zrwinger
mehr aufgericjtet ober bie beflehenden erweitert, ſondern ber zwiſchen den Stadtmauern und
ben Außenwerlen befindlide Play blof pro fortificatorio und twas dahin immediate ein-
ſchlagt refervirt bleiben foll; bagegen wurben aber alle beftandenen Civilgebdude und die
Bewohner derſelben mit blofer Ausnahme bes Quartiers bes Lanbesingenieurs und Stuke
bauptmannes ber Dagiftratejurisdittion zugewieſen.
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nimlid bie Gerftellung bed vorberen Quer. unb bed anftoffenden Seiten-Braktes
mit zwei Stodwerfen (a. h. Entidliefung vom 14. Sanner 1834). Der Bau
wurbe im Jahre 1835 in Angriff genommen und beendet. Die Baufofter. waren
mit 39,739 ff. '/, fr. C. M. berednet (Hfadt 13. Februar 1835); dazu famen
nachtraͤgliche Herſtellungen bis 1841 mit 2697 fl, 431/, fr. ©. M. und weitere
mit 1595 fl. 591/, fr. C. M. (Hfzdt. 10. Mary 1842). |
1842 wurbe eine Umfangémauer um den Spielberg genefmigt. (mit bem
GHfote. vom 28, April 1840 im Moftenbetrage von 5,243 fl. 31'/, f&. ©. WM),
1847 zur Unterbringung der revolutiondcen Polen ein Erweiterungobau nach
bem Projefte bed Amtsingenieurs Seifert genehmigt (a. 6. Entſchließung vom
15. Mar; 1847) und ausgefuͤhrt, naͤmlich auf den fogenannten geheimen Trakt
gegen die Schwabengaſſe ein 2. Stodwerf aufgefept, ein neues Wohngebaude
fix die oei ber fpielberger Strafanftalt angeftellten Beamten und bie Wags
mannf@aft gegen das brinner Thor Hergeftellt, die Haus⸗ und - Traiteurtiige
verlegt, Bauten zur farferen duferen Ueberwachung ausgefuͤhrt, der fogenannte
Brunnentraft gu Arbeitszimmern adaptict, die alten feucten Arrefte aud getrods
net und fonftige geringere Arbeiten ausgefubrt. Die Gefammitfoften betrugen
55,404 fl. Conv. Mize (Miftdt. 8. Suli 1850) ).
Gin Theil ber gewohnlicden Straflinge fam 1847 in die hergeReliten Cafe:
matten nad Olmig. Bei dem Ausbrude der Revolution bed Jahres 1848
erhielten die polniſchen politiſchen Strdflinge wieder ihre Greiheit, welche nicht
wenige baju beniigt haben follen, ſogleich gegen dle Regierung feindlich anf
gutreten.
Die Stabdtgemeinde hatte in neuerer Zeit den Getreidemarkt aus bem
Innern ber Stadt auf den Plag unter tem Spielberge verlegt; fm Jahee 1834
wurde dieſer geregelt und gepflaftert (mit 1695 fl. Gonv. Wye. Koften veran:
ſchlagt), 1836 ber Abhang vor ber neuen Militär⸗Kaſerne unter bem Spielberge
regelmaffig tervaffirt, 1846 und 1847 ber Weg von ber kleinen Reus und Schwa⸗
1) Der (S. 135 erwähnte) Bau ber Erweiterung des Provingial-Strafbaufes wah bem
1840 verfagten Brojefte bes Amtsingenieurs Seifert (genehmigt mit bem H—ydte vom 21.
März 1843 mit 65,642 fl. 38 tr. ©. M. Roften) follte bie nöthigen Sdlafarrefte fiir bie
geſunden Striflinge männlichen und weibliden Geſchlechtes auf 470 bis 480 Kbopfe und
bie Rimmer ber Wachmannſchaft für 33 Köpfe enthalten. Das Projelt war anf 530 Köpfe
Stréflinge und 36 Köpfe Wachmannſchaft, legtere in 6 Zimmern untergebradt, entworfen,
erlitt aber gur 3eit ber Ausfilhrung im Sabre 1843, wo fidh eine größere Belagefahigtert
bringend nothwenbig jeigte, inbem {don damals ber Stand ber Straflinge 600 Kopfe be⸗
trug, einige Abinderungen in ber innern Eintheilung.
And wurden hierbei alle Oefen in fimmiliden Ubifationen ber imneren Anſtalt be-
feitiget und die Beheigung mit erwarmter Luft eingerichtet, wodurd es möglich wurde, bie
Velagefabigheit fiir 700 Köpfe Striflinge und 40 Köpfe Wachmannſchaft gu ergiclen. Die
Roften der wirklichen Ausfithrung betrugen 73,561 fl. 28 tr. GC. M., alſo um 7918 ff.
60 fr. ©. M. mehr als die urfpriinglide Bewilligung.
177
bengaffe durch den Hohlwg unter dem Spielberge bis zur Premgaffe in Alt⸗
brit durch freiwillige Beitrage und die Goncurrenten chauſſéemaͤßig hergeſtellt.
Jn den 1830ger und 1840ger Jahren verwandelten mehrere Private ire
Felder am Abhange des Sypielbergé ober der Bäckergaſſe in Garten. Das
Projeft bes ausgezeichneten znaimer Weinzüchters Zemliczka, die Suͤdſeite bes
Spielbergs in Reben⸗Pflanzungen umzugeſtalten (Mitthl. 1824 S. 350), fam,
um das Gntweiden der Straͤflinge nicht gu erleichtern, eben ſo wenig gue Aud-
fuͤhrung, wie ein fruͤheres, durch eine Baumallee um ben Spielberg, die Anla⸗
gen am Stadt⸗Glacis und Franzensberge in Verbindung gu bringen.
Inzwiſchen ging die BVerhandlung wegen der fortififatorifden Gruͤnde
ihren Gang fort und neigte fich mehr und mehr einer günſtigen Loͤfung gu.
Kaiſer Ferdinand befahl (a. h. Entſchl. vom 17. Okt. 1840), daß ſich ruͤckſicht⸗
lich der fortifikatoriſchen Grüͤnde in Brinn genau an die a. h. Entſchließung
vom 80. September 1834 gu halten fel, das Fortififaterium aver auf feinen
Gall cin ausgedehnteres Terrain in Anfprud nehmen fol, ald es ſchon dermal
befigt, ſondern vielmehr alle jene Beſchraͤnkungen eintreten laſſe, bie mit dem
Begriffe eines geſchloſſenen Platzes überhaupt und insbefondbere mit dem heuti⸗
gen militdrifden Werthe der Stadt Brinn nur immer vereinbarlich if.
Die Begrangung diefed Terrains war nun det Gegenftand ber weiteren
Verhandlungen, ihe RNefultat aber bie a. h. Entſchließung vom 29. November
1845, weldje eine engere Begranjung des fortififatorifden Rayond genehmigte
und der Ctadt bie Zufiderung ertheilte, daß auch bie uͤbrigen fortififatorifden
Rechte, fobalb Brinn ein gefdhloffener Plag gu fein aufhort, an die Stadt
Srimn übergehen follen.
Diefer Zeitpunft trat ein, alé Seine jegt regierende f. k. Majeſtaͤt die
ghnglide Aufhebung ber noc beftandenen fortififatorifdden Radfidten bei ber
Stadt Brinn alé militaͤriſch geſchloſſenem Orte, mit Ausſchluß ber Gitadelle
Spielberg, genehmigten, fo whe eine Revifton in Betreff bes beigubehaltenden
militaͤriſchen Rayons der Gitadelle Spielberg anorbdneten (a. §. Entſchließung
yon 25. Dezember 1852), welche mit ber a. 6. Entſchließung vom 29. Mai
1855 die Genehmigung erhielt.
Mit der Beſtimmung des Spielberges zur Citadelle und dem in neueſter
Zeit angenommenen Syſteme, die Strafhaufer aus ten großen Staͤdten au ent⸗
fernen und auf dad Land gu verlegen, haͤngt die Auflaſſung ber Srafan⸗
faltauf bem Spielberge gufammen. Nach den Tafeln zur Statiftié der
Sfterr. Monardhie (Reue Folge 1. Bd. 2. H., Wien 1856) befanden ſich hier
im Jahre 1851: 6 Beamte, 102 Diener und Wadden, 415 Straflmge (ju An-
fang 516, Zuwachs 19, Abfal 130, fabri. Durchſchnitt 478), hatte diefe Anftalt
9,641 ff. ©. M. Sinnafmen und 85,921 fl. Auslagen. Einige Jahre fpater
gab e6 fier an Straflingen 502 Matholifen, 17 Afatholifen, 66 unirte und 10
nicht unirte Grieden, 10 Juden (Wolny, kirchl. Top. Ul. B. (1856) ©. 96).
12
178
Nachdem die weibliden Straflinge bereits 1855 in die neue Strafs und
Correftionsanftalt gu Wallachiſch⸗Meſeritſch gebrade worden waren, über⸗
fiedelten die ma nnliden Ende 1857 in bie neue Strafanftalt in ber Rarthaufe
gu Gitſchin in Bohmen und damit nahin die fpielberger Strafanftalt ihr
Enbe. -
Wegen Mangels an Raum in ber Frohnvefte gu Brinn iſt ein Thell der
Inquiſtten und Straflinge in einem Hornwerke auf bem Spielberge untergebradt.
Da aber nod in diefem Jahre bie Straflinge aue dem PBrovingial » Strafhaufe
ju Brinn nach der neuen Strafanftalt au Mürau oder Stein Uberfiedefn und
bas erftere gue Frohnveſte und gum landesgerichtlichen Unterſuchungshauſe ein-
gerichtet werben foll, dürfte aud) baé Hornwerk geleert werden.
Den Spielberg bezog vor der Hand eine Divifion Infanterie.
Wir ſchließen unfere Abhandlung uͤber ben Spielberg mit einigen Beſchrei⸗
bungen aus der neueſten Zeit, welche ſich zerſtreut da und dort in weniger ver⸗
breiteten Zeitſchriften befinden. 4.
Die erfte batirt vom Sabre 1837 *'). Sien lautet: Fite die Verbeſſerung
des Gefaͤngnißweſens iſt in unſeren Tagen ungemein viel geſchehen; die Gefäng⸗
niſſe find Anftalten geworden, in welchen der Verbrecher, obwohl dem unerbitt⸗
lichen ſtrafenden Geſetze anheim gefallen, dennoch nicht ganz aus der Geſellſchaft
ausgeſchloſſen bleibt und ihre Wohlthaten genießt. Die Verbeſſerung ſeines ſiti⸗
lichen und phyſiſchen Zuſtandes iſt Aufgabe der Menſchlichkeit geworden, deren
Loͤſung mit edlem Sinne verfolgt wird. — Mit welcher Weisheit, Milde und
Fuͤrſorge unſere Regierung in dieſer Hinſicht verfährt, dafür ſpricht laut die
muſterhafte Einrichtung der Strafhäuſer. Wir beſchreiben jene auf dem Spiel⸗
berge bei Bruͤnn.
Der Spielberg, einſt der berühmte Cig der Fuͤrſten Brünns und ber
Markgrafen Mährens, erhebt ſich an der Weſtſeite Bruͤnns zu einer Höhe von
149,00 Klafter uͤber dem Meere (nämlich der Kapellenthurm⸗-Knopf) und blickt
düſter auf die weit ausgebreitete Hauptſtadt und deren anmuthige Umgebung.
Der Gipfel deſſelben iſt mit Feſtungswerken gekroͤnt, welche an der Oſtſeite durch
eine doppelte Mauer mit der Stadt verbunden ſind, im Jahre 1809 aber von
ben Franzoſen größtentheils zerſtört wurden. Von ber Stadt aus fuͤhrt ein mit
Baumreihen beſetzter Fußweg aufwarts gu einer ſteilen Stiege, über bie man
zu dem Militär⸗Wachthauſe gelangt, neben welchem ſich rechts die Wohnungen
des Ober⸗ und des erſten Untervorſtehers befinden. Von da gelangt man über
1) $n Jurende's mähr. Wanderer fiir 1838 S. 367 — 869 (mit einer Anſicht bes Spiel
bergé von ber Nordſeite) nach bem Böhm. des Schembera und ber medieiniſch⸗ topogr.
Slizze über ben Spielberg von Dr. Rincolini, f. f. Phyfitus besfelben, in Raimann’s
mebic. Sabrbildern.
Cine Anfidt oon Brinn und bes Spielberges, geftoden von Würbs, iſt
im neuen Vothen von Mähren 13845,
, 179
eine fteinerne Bride gu bem Gauptgebdude, welded ein Biered bildet, und von
ber ſüboöſtlichen und nordweftliden Seite durch einen 5 Klafter tiefen fogenanns
ten Temnitzer Graben, fonft aber — in ber Entfernung von etwa 15 Sehritten
— ring8um von einer Mauer umfdloffen ift, die im Innern 10 Fuß hoch ift,
von Mufen fedod weit hoͤher fteigt. Die Mauern find ringsum mit Pallifaden
umgeben, weldé aber durch eine zweite Mauer erfest werden follen.
Zu bem Hauptgebaude ded Sptelberges fibren 2 Fahrwege; einer neben
bem Fußwege von der Stadt aus, der andere von Nordweſten; ba aber im Jahre
1820 die Bride an diefer Seite abgetragen wurde, und nun bloß eine befteft,
miiffen bie Ragen ben ganzen Berg umfahren, ehe fie gue Bride beim Wacht⸗
hauſe fommen.
Geht man in ben innern, von bem Hauptgebdube umſchloſſenen erften
Hofraum, fo wird man am Gnbe bes Ginganges durch einen gothifden Bogen
und einige gothifde Bergicrungen erinnert, baf man ſich in bem Alteften Thetle
bed Gebaäudes befinde, weldhes wahrideinlid aus jenen Zeiten ftammt, wo der
Spielberg nod ber Sig ber Markgrafen war. Auer diefem gothifdhen Bogen
Gat fich aud Ddiefer Periobe nur eine Halle im Hofe links, mit hohem, in gothi⸗
fem Style erbauten Gewölbe unverlegt erhalten, welde fest gum Depot dient;
alle fonftigen Gebdubde bed Spielbergeds ſtammen aus der fpatern und der neueften
eit.
Rechts, beim Gintrite in bie Einfahrt, befindet ſich die Wohnung ded Geel:
forgeré, und links die Hausfanglei; in ber dftlichen Ede ded erften Hofes felbft
aber bie im Sabre 1693 erbaute Rirche aur h. Dreifaltigfeit. Dieſe hat, mit
Einſchlutz der vom ehemaligen Oberften ded kak. Banduren-Rorps Franz Freiherrn
von ber Trenk (der, wie befannt, auf bem Spielberge gefangen (af) erbauten und
botitten Rapelle, 3 Altave und einen Thurm mit 2 Gloden und einer Uhr.
Gleich daneben befindet ſich zur ebenen Erbe die Hausküche, und in dem, biefen
Hof von dem aweiten grofen Hofraume trennenden Fluͤgel bie Wohnung bes
Traiteuré, bie Marketenderie und das innere Wadhtyimmer. Die ſuͤdliche Seite
ber beiden Hofe nimmt gu ebener Erde theilweife die Sdlofferei, im erften Stock⸗
werfe das Spital und im gweiten die Raferne ber Wachmannſchaft ein, die weft.
lide Ubtheilung bes groferen Hofes dbagegen enthalt die Wohnung beds prov.
Untervorftehers und bed Rangelliften. Dads übrige bilden gefunde und lichte
Gefangniffe. Diefe ganze Whtheilung wurde mit großem Aufwande in den Jah⸗
ren 1835 bid 1837 neu aufgebaut.
In der Mitte bes zweiten Hofes fteht eine Statue ber h. Dreifaltigkeit.
und etwas von Ddiefer entfernt befindet fid) ber durch feine Tiefe von 75 Rlafs
tern bekannte und ganz in Felfen gehauene Brunnen, aus welchem mittelft eines
von 6 Straflingen in Bewegung gefegten Tret⸗Rades ein gefundes, ſehr reines
Waffer gefdhopft wird. Die Zeltfrift, bis einer von ben gwei Eimern, die an
ber Welle des Tret-Rades fic auf- und abwarts winden, aus ber Tiefe bes
Brunnens gefiillt heraufgezogen wird, ift faft eine Viertelftunde.
12¢
Die inneren aweiftddigen Gebdude an der fuͤdweſtl und nordweftl. Sette —
gegen bie Badens und die Schwabengaffe zu — find von 9 Rafematten yafhloffer,
ble in ber Siefe und uͤbereinander ausgeführt find. Sn dec fibweftticgen, Whe
theilung Befinden fidh vier Rafematten und die Arbeits · Inſtalt bes Strafhautes,
wole eine Rafematte gebedt. Muf der Wefifeite find die von den anderen, ganz
abgefonderten weibliden Gefangnifie, und gleich daneben, in einem befondern
Gebaͤude uͤber dem hinteren Temiger Graben, ihre Arbeite - Wnftals, im Graben
ſelbſt aber die Waſch⸗Anſtalt; bie äußere nordweſtliche Seite, wohin man,
wie gu den weibliden Gefangniffen, von bem zweiten Hofraume aus piow.
wurde frůher die galiziſche Abtheilung genannt, und umfaßt unter her, fiche bie
anberen 5 afematten, in denen, wie in den ſuͤdweſtlichen, bis yum Jahre 1836
bie Berurtheilten igre Strafzeit überſtehen muften. Nun find,, ſeitdem pie hohe
Gnade Sr. Majeftit des hoͤchſtlellgen Raifers Brana alle tiefgelegenen Gefang⸗
niffe fir immer aufgehoben hat, diefe Gefangniffe nidt mehr, alg “und bl
ai Betten bergen fle bie Storer der Hausordnuig. Hier, bef jan nfl i
tlefften Gangen dle fogenannten Joſephiniſchen Sean crete “a
von Balfen und Pfoften, ohne Tageslidt, 8 Gus hoc, 7 Fug. {ang 1 A
breit und mit einer Gingangethiire von 3 ‘Bug Hohe. Daleldft 1 Ww ben bi
ſchwerſten Berbreder, an Handen und Figen mit Gifen und um pen ‘Selb mi
elner Sette geſchloſſen, an bie Mauer angefdmiedet, und bloß bei Waſſer unb
Brot gehalten. Dieſe ſchredliche Strafe wurde von Sr. Majeſtaͤt Kaiſer eos
polb U. im Jahre 1791 aufgehoben, und nur ein Recker diefer Act iſt gum Ane
benten erhalten worden. Gegenwartig beſteht die Strafe der ſpielberger Sir ·
finge darin, daß fle an ben Fuͤßen mit Eiſen gefeſſelt werden, taͤglich nur
mal eine warme Speife — dreimal in der Wode eine Mehlſveiſe ohne Brig
(Gonntagé ausgenommen) — erhalten, und mit Ausnahme deb Waãdhters mit
Riemand reden düͤrfen. Ihre Schlafftellen waren bis yum Sabre ‘1835 Blofe
Bretter, nebft einer Dede; feit der Zeit wurde ifnen aber aud etn Stroblad
augeftanden.
Die fplelberger Straf-Anflalt ift fiir Staatsgefangene ‘und für ſoicht Bet ·
brecher aus Maͤhren und Schleſien, Boͤhmen, Galizien, Ober⸗ und ünit
reich beſtimmt, welche auf mehr als 10 Jahre zur ſchweren Serterft
thellt find. Jeht (1837) befinden ſich bafelbft fiber, 270 manntiche un
weibliche Straͤflinge.
Wie oben beruͤhrt wurde, befanden ſich bis yun Jahe⸗ 1836 bie
linge groͤßtentheils in unterirdiſchen @efangniffen (Gafemattend, und par , bie
mannlichen auf dem Gpielberge felbR, die weiblichen in dem Hornwerte bes
Spielberges gegen Nordoften yu. Bon diefem Jahre an wohnen aber alle Sitrdfe
linge oberhalb ber Erde, und gum grofen Theil in dem neu aufgeführten Ger
aude. Die Mleidung dee mannliden Strdflinge beſteht in einem, welsen, xun ⸗
ben, breitrandigen Hute, aus einer wollenen, auf ber rechten Seite, bunfelbraus
nen, auf der linken lichtgrauen Sade und dergleichen Beintleidern, nut dag hier
181
bie Farben gerade umgefehrt wie bei ber Sade wechſeln, endlid in Schnür⸗
ſtiefeln. “Die welbliden Straflinge Haden ein wollenes, gleichfalls zweifarbiges
Leibchen und dergleichen Roͤcke, und tragen auf dem Kopfe ein weißes Tuc.
Im Sommer ſedoch haben die Manner Beinkleider, die Weiber Ride von gee
ftretftech und grauem Trillich.
Die Beſchaͤſtigung ber Sträflinge beſteht vorzüglich in ben für die Anſtalt
nothwendigen Handwerks⸗Arbeiten, als Schuhmacher⸗, Schneider⸗ und Tiſchler⸗Ar⸗
belt, im Spinnen der Wolle, in der Tuch⸗-Erzeugung und gwar nicht nur für
bie Bekleidung der Spielberger Straflinge felbft, ſondern aud) für die dortige
Gaus > Wadhniannfdhaft, bann fir die Strdflinge und die Wachmannſchaft bes
Provingial-Strafhaufesd und fiir dle Polizei⸗Mannſchaft in ber Stadt. Ueberdieß
wiffen Ginige berfelben ſehr kunſtreiche Arbeiten aus Horn, Haaren 1¢. zu fertigen.
VDieſo zweckmäßig geleitete Beſchäftigungsweiſe, die Hohe Lage des Ortes,
bie beinahe née ruhenden inde, die Vorzuͤglichkeit bes Trinkwaſſers find vor
aliglidie Urfachen, welche günſtig auf ble Erhaltung ber Gefundfett im Allge-
meinen ecinwirfen, daher von jeher ber Spielberg, vorzüglich feines guten Trink
wafferé wegen, alé gefund in bem Bereidhe ber Hauptftadt in Hohem Rufe gee
halten wird. Jn einem Jahre fterben Hier 8, 10, Hodftend 12 Snbdividuen.
Ungeadtet ber vielen in Straf> Anflalten vorhandenen ungunftigen Cinfliffe
auf den Organismus, finden fich in diefem Gtraforte faft nie Gpidemien ein;
felbft die fo furchtbare Cholera erfdien hier nus in einem ſehr geringen Grabe.
Ju Suli 1836 war ber Stand der Rranfen 40. Nur die wirklid erfrantten
Straflinge werden in dad Sypital aufgenommen, und erhalten bie vorgeſchriebene
Sranfenfoft. Der Rranfengimmer find acht, vier fiir die innerlich erfranften
maͤnnlichen, eined fiir bie Erterniften, drei fir weiblide Rranfe und ein Ordi-
nationgjimmer. Zur aͤrztlichen Pflege der Rranfen ift cin Medicus und ein
Ehirurg angeftellt; beibe aud der Stadt. Das Amts⸗ und Dienft - Perfonale
be8 Spielberges Sefteht nebft diefen aus einem Ober>, einem wirflidjen und einem
proviferifden Unter + Borfteher, einem Ranjeliften, aus einem Hauss Seelforger,
ben wegen Der Berfdiedenbeit ber Spraden und ber Religion andere Geiftlide
aus ber Gtadt unterftiigen, 1 Feldwebel, 6 Rorporalé und 75 Wadgemeinen
fav ben unmittelbaren inneren Wachdienſt. Die duferen Wachen werden von
ber Brünner Garnifon, beftehend aué 1 Felbmebel, 8 Korporals, 1 Gefreiten,
1 Zambour unb 66 Gemeinen taͤglich verfeHen. Im Ganjen (mit Einſchuß
ber Famillen bes Ober⸗ und Unters Borftehers 1.) betragt bie Zahl ber Bes
wegner an 500. — Der Beſuch ber Straf-Anfialt bed Spielberges iſt nur
Fenen geftattet, welde die Erlaubniß bed hohen Landed Prdfidiumé hiezu ers
langen.
Kurz nadher gab der Frangofe Remacle eine Beſchreibung bes Spielbergs,
welche Wahres und Falfheé, Richtiges und Unrichtiges enthalt und burd eine
fpdtere Beſchreibung auf ihren wahren Gehalt zurüͤckgeführt wird. Wir theilen
daraus (nad) den Blattern fire literariſche Unterhaltung 1641 Nr. 282) Folgendes mit.
Bin Gre oe Jose ie wie om fame. =. Sameer an Sn.
Yay 71t omer Segeram, Seema 2 eee De
Syste scar Gee scr ow coe Seecte own Shier et See
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Neben dea Gougarce, Te: Secoré cren Meike, eembet GS ete
sweites Milusreeten. Ben 22 <= weenie: tH ter Weg finfs mnt fahet pew
lich weil in einer —* con ¥) — 49 Stern oman, welcke m der Mane
einer alten Batei angetvatt Anz. Cter unt unten bat ticle Treppe ein Ther.
Iſt man oben angeiang!, ic Bat man aur Rechten wieterum ein WMaditbant
und etwaé weiter ein einzelnes Gebaure, worin ter Diveftor wohnt; tem Cie
gange gegenüber fteht taé Gerangnis. Ler Berfafier trat mit einem Freunde,
welder ifn von Paris aué begleitet hatte, und mit einem bet ter frangeRider
Geſandiſchaft zu Wien angeftellten jungen Mannin dad ihm geoffnete Thor; aw
fer dem Marſchall Marmont, Herzog von Ragufa, ſcheint now fein Framgoje
yor fhm bad Gefängniß befucht gu haben. Leider aber Haben Grangojen dorin
ſchmachten müſſen. Die drei Reifenden wurden gum Direftor, Hen. Bayer, ge
flirt, welchen ber Berfaffer alé einen homme sur le declin de lage, grand,
sec, ct dont la figure sévére convient & merveille aux fonctions * rem
plit‘ ſchildert. Dieſer geſtrenge Gefängnißaufſeher konnte einiges Befremden
fiber die Dem Franzoſen ertheilte Erlaubniß night in ſeinen Gefichtszügen unter⸗
drücken. Aber die wiener Hofkanzlei hatte geſprochen, der Gouverneur ber Pro⸗
ving hatte den Befehl uͤberſendet: alſo verbeugte ſich Hr. Bayer und ließ dem
Franzoſen alles geigen. Die Gefangenfdaft auf dem Spjelberge iff bee degte
188
Grad ber Beraubung ber Freiheit; infofern hat fie eine Aehnlichkeit mit ben Bag:
nod in Granfreih. Alle Gefangene aus dem CErgherjogthum Oefterreich, aus
Maͤhren und aus Boͤhmen, welde gu langer als zehnjähriger Nettenftrafe ver⸗
urtheilt worden find, werden Hieber gebradt. Wm Ende des Jahres 1838, als
Hr. Remacle daé Haus befudhte, waren 315 Gefangene darin, unter denen fid
43 Weiber befanten. Es befteht aus ſechs Abtheilungen ober Vierteln, welche
auf beiden Seiten aweier Hofe von ungleidher Grofe angebracdt find. Eines
dieſer Biestel, das norblide, war leer, welded der Berf. der im vorigen Sep⸗
tember. proclamirten Anmeſtie zuſchrieb. Dicjenigen Quartiere, welde er unters
fudte, beftanden jedwedes aus zehn Kerkern, welde auf einen eingigen Gang
flofen; neun berfelben fonnen fünf Gefangene und das lepte 15 enthalten, fo
daß ein einziges Quartier. 60 Gefangene fafjen fann. Die ubrigen Theile der⸗
felben ,.dienen zu Rranfengimmern, Werkftdtten und Magazinen. Mitten im
großen Hafe ſteht eine Saule mit bem Bilbe der Dreifaltigkeit; im Heinen Hofe
hemertte, Hr. Remacle eine Tretmijhle, worin ſechs Gefangene eine Biertelflunde
(aug arbeiten miiffen, wn cinen Gimer Wafer aud dem 136 Metres. tiefen
Prunnen zu aiehen. Die noͤrdliche Terraffe ift fuͤr die Weiber beftimmt und
wird vom Walle beherrſcht; eine höhere Terraſſe ift diejenige, welde fi auf
ber Wefts und Sidjcite erftredt; von Hier aud Hat man eine herrliche Ausfidt.
Die Kapelle ift fein, aber fehr vergiert, wie bie katholiſchen Kirchen in gang
Oeſterreich.
Die Reiſenden betraten nicht ohne Erſchütterung die Zellen der Gefangenen.
Die kleinſte hat nur 4 Fuß 50 Zoll in der Breite und 6 Fuß 50 Zoll in der
Tiefe; eine ſolche Höhle mußte Silvio Pellico bewohnen, ehe man ifn mit
Maroncelli vereinigte. Gin Feldbette mit einem dinnen Strohſacke und einer
wollenen Dede fiir jebwebden Gefangenen nimmt einen grofen Theil bed Raumes
ein. Das Fenfter beginnt feds Fup ber dem Boden und Hat eine Oeffnung
von zwei Fup. Wie Kerker werden fieben Mtonate im Jahre hindurch mittelé
Defen gebeist. Die Kerker im Erdgeſchoſſe Haben das Bejonbere, daß eine
eljecne Stange mit einer duran Hdngenden drei Fuß langen Kette an ber Mauer
befeRtigt ift. Wor der faiferliden Berorbnung vom Monate Februar 1832,
weldje ben Carcere durissimo abjdaffte, wurden die dazu verdammten Unglück⸗
lichen bed Abends mittels ibred eifernen Giirtels an dieſe Kette geſchloſſen, fo,
bag fie faum auf ifrem Garten Lager fic audftreden fonnten; und wenn eine
ſolche Marter ihnen ein ſtarkes Geſchrei auspreffte, fo ftopfte man ihnen eine
fogenannte Mundbirne, d. h. eine durchloderte und mit Pfeffer angefillte eiferne
Goble Kugel in ben Mund, welche ihre Pein nod vermehrte. G8 gab i238
auf dem Sypielberge nod zwei Gefangene, welde den Carcere durissinzod ats}
geftanden batten, und gwar einer 18 Jahre fang und ber andes BOcRalek
Der erftere war ftarf und gefund, aber ber aweite an allen Mlddecnoiixgan
Heutzutage ift die Strafe fir alle dbiefelbe, namlich der fogenann&e Capgupediines,
aber die Dauer ift verſchieden. Worin ber Carcere dydlsbefeles» har Gkvid
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Pellico empfinden mitffen und wohl beſchrieben. Geitbem iſt bie Harte diefer
Gtrafe cin wenig gemilbert worden. Den Gefangenen wird ein wenig Stroh
nicht mehr verjagt; man gibt ffnen ein halbes Bfund. Brot mehr; am: Gouw
tage konnen fie ein wenig Fleiſch und in dec Woche -cinige Mehlſpeifen gr fied
nefmen. Hr. Remacle vermuthet, daß man diefe Linderung den edlen und doch
fo energifden Klagen ded berühmten Stalieneré yu. verdanfen fat. Warum’,
fege ex Hingu, „ſind dieſe Gumanen Borfdriften nicht anf. alle Anſtalten der
Monarchie ausgedehnt worden? In den meiften Gefdngniffen Oefterreichs Faden
wir Gefangene gefehen, welde aus Mangel hinveichender Rahrung Sahin flavden.
Mir haben gu ifren Ganften unfere Gtimme erhoben. Glücklich wird für unt
ber. Tag fein, ba wir erfahren werden, daß fie exhort worden iſt!“
Die Gefangenen auf dem Spielbecge.miffen im Gommee um halb fiat
im Winter um feds Ube aufſtehen. Rad dem Gebete wird...gur -Wirtetfudang
ihrer Feſſeln geſchritten und. -Gernad werden fle in | bie. Werkſtätten Hefibrt; we
jeber Zuͤchtling nochmals viſitirt wird. Man gibt ihm anderthalb Pfzind Best
fir den Tag. Rm halb eilf Vormittags wird die einzige Mahlzeit ‘genofiens
fie beſteht fuͤr jedweden aus zwei Seidel Suppe und zwei Seidel Gemüſe, woe
auf fie ſich in den Hofen eine Stunde fang ausruhen koͤnnen. Die Arbellt
wird jedem nach ſeinen Kräften zugemeſſen; wenn er ſie nicht vollbringt, wird
er beſtraft. Am Sonntage iſt keine Arbeit, aber auch keine Erholung in den
Hoͤfen, und wenn der Gottesdienſt vorbei iſt, bleiben die Zuͤchtlinge mußig in
den Kerkern liegen. Gine ſehr ſcharfe Aufſicht wird über dad Betragen ber
Gefangenen geführt; diejenigen, welche Zutrauen einfléfen, werden fogenante
Zimmervaͤter und Zimmermuͤtter. Eine Schule fehlt, obſchon zur Zeit bea Bee
fudé Orn. Remacle's mehr als 20 Jünglinge unter den Gefangenen Fagen,
bie nod ihr 20. Jahr nicht erceiht Gatten. Bid dahin ift der Gylelberg. fein
ficengeres Gefaͤngniß fiir Verbrecher alé andere derartige Anſtalten. Nur fae
Leute von Bildung, weldjen man blos cin politiſches Vergehen zur Saft legt,
fix einen Gilvia Pellico, fie einen Maroncelli ift diefer Uufenthalt ſchredlich.
Uber unterhalb ber Rerker, welche Silvio Pellico beſchrieben Ghat, gibt es andere
melt ſchreclichere, welche unbefanut geblieben find, - und unter diefen gibt 6
tod andere, .woran man nuc mit Grauſen denken kann. Zu .erfteress:, gelangt
man mittel@ eines unterirdiſchen Ganged,. es find in allem vier Zaller. weve
jebwede 15 — 20 Gefangene faffen kaun; zuſammen können fie deren, 200 ute
halten. Bid. gu den letzten Jahren ſchloß man. Hier dio Rauber und Moͤrder cing
feit vier odes. fuͤnf Jagren aber werden dieſe Kerler nur uifaͤlig, als außeror⸗
dentliche Strafe, und auf kurze Zeit gebraucht. Mehrmals haben Straͤflingt
{ich hier in. die Tieſe hereingewuͤhlt und yu entlommen geſucht; von 30 — 4
Verſuchen ſind jedoch nur drei gegladt; einer der Entwichenen wurde wieder
ergriffen, ebe ex unten an ben Gerg gelangt war. Dies mar auch das Loos
bed Franzoſen Drouct aus Varennes, Mitglied. bed Rationalconvents,. welder
1794 auf dem. Gpielberge fag und aus den Borhangen feines Bettes cin Sell,
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over, tole Remacte fagt, einen Fallſchirm gemadt Hatte, um au entfommen. Im
Gale zerbrach er fic aber bad Bein, wurde wieder ertappt und in daſſelde Ge-
ſtgulß ringeſperrt. Oeft zwei Sabre (pater erhlelt ex feine Greihett wieder, als
er namlich· gegen die Tochter Ludwig's XVI, ble fepige Gergogin von Angou⸗
feme, audgewedfelt wurde. Beſagte Kerker tragen den Ramen Franz J.; ber
Gang: flührt durch einen jaͤhen Abhang gu dem ſchrecklichſten Theile des Spiel⸗
ber ged; : utenti: zu einer Art von Behaͤltern, welche ſich 60 Fuß tief in ber Erde
befindeh-und ben Ramen Maria Wherefta führen, vielleidht, fagt Herr Remaele,
welt biefe Kaiſerin die ‘fegte war, ‘welde erfaubte, Gebrauch davon gu madden,
bih.- welthe eine ſolche Graufamfcit zuließ. Dev Kerker oder Behalter waren
34 an der Zahl Rur cin eingiger if uͤbrig geblieben, gleidfam gum Angedens
ben an die Unmenſchlichkeit voriger Zeiten. Es ift ein and allen beftender
qmget Behilter, mit einer flemen Oeffnung june Einſchieben der Nahrung; unten
befindet:: ſich eine gréfere Oeffnung, um den Verurtheilien himeinzubringen.
Rel Tageolicht feine friſche Guft sownte eindringen; der Unglidlicde ſaß ober
ſtanh in diehem Pafige,. woran er nod) dazu mit emer ſchweren Kette angeſchloſſen
may uabd.debte suliten in der groͤßten Feuchtigkeit und Dunkelheit. Deeimal in
ber: Woche erſchien ein Gefangenwarter und brachte ifm bad nothige Grot und
Waker... Die gu piefer Pein Berdammten lebten felten langer als ſechs Monate
in einem fe ſchrecklichen Rerfer.
2 seer Remacle flelt Hiertiber folgende Betradhtungen an; „Frankreich Gat
ſchon im 16, Jahrhund. dicfé hoͤlliſchen Gefangniffe, welche man den Stalienern
we: ECngldndern nachgemacht hatte, abgeſchafft. Deutſchland hat fle bid zur Mitte
bes $8. Jahrhunderts beibehaten. Gelt 50 Jahren iſt die Strafgefepgebung in
Fraukreich fo. ſehr gemildert worden, daß fie faft einen Theil ihrer Wirt.
fuaifelt vetloven bat; Oefterreih hatte nod vor finf Jahren feine unterirdifden
Retfexr ind feinen Carcere durissimo.” Gin ebler, gefihlvofler Stallener, welder
das Opfer feines heißen Patriotismus geworden ift, Hat felbft bie ſchrecklichen
beiben Gas ſpielberger Gefangniffed dulden müſſen; er Hat diefelben mit einer
gewandion Feber. und. in einem Tone. gemafigten Unwillend in driftlider Erge⸗
famgi vor ter: Melt. aufdecken miffen, um endlid die Regierung dahin au vers
meget: ſich mifder- gegen die Gefangenen gu betragen, beſonders gegen dlefenigen,
denew man ‘hur politifthe Vergehen, etwas Ueberſpanntheit in den Ideen, eine
voreilige; etwas zu eifrige Aeußerung ihrer Gebdanfen und Gmyfindungen vor⸗
paperfon Gat wnd gegen welche man: cine tyranniſche Grauſamkeit beginge, wenn
upent Ge’ din Beabredern gleichſetzte und -fie wie dieſe behandelte. Dak fest ber
Gylefherg: ben Straͤfliagen widht lebensgefährlicher iff alé andere oͤſterreichiſche
Gofdnguific; daß ex im Gegentheile der gefiindefte Mufenthalt fiir diefelben zu
fein ſcheint, Geweift der BVerfaffer aud den Todtentifien, die man ifm mitgethellt
fat und welche man als ridtig vorausfegen muf. Zufolge diefer Tabellen ftarb
1837. im dinger Gefangniffe 1 Sirdfling von 10, im wiener 1 von 18, im bruͤn⸗
nso Buovinggefingniffe 1 von 6 (eine fGredtide Sterblithfett, deren Urſache man
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nadfuden und fdleunig heben follte), im prager Gefangniffe war bie Mittelzahl
bes Todten, nad einer. Berechnung für 10 Sabre,-wie 1 gu 8, auf dem. Spiels
berge hingegen ift die gewoͤhnliche Sterblichfcit in der Zahl der Gefangenen: mur
wie 1 gu 24, woraus dann folgt, daß ber Bob yu Prag und Beinn deci bis
viermal mehr Strdflinge wegrafft als auf bem Gpielberge: © 20 2s
. Silvio Pellieo’s Buh Hat die Aufmeckambett ber Welt auf dieſen Ort
gecidjtet und die Lefer haben an Alem, wad dem ebein Gefangenen. begeguet: ift,
was: er empfunbden, lebbaften Antheil genommen. . Deshalb glaubt Hx: Remacle
aud bingufugen gu miffen, wad aud den. Perfonen geworden iſt, bon welchen
Silvio Pellico mit fo vielem Gefühle ſpricht unb wit denen er wahdend: feinee
qualvollen Gefangenſchaft in Berührung gefommen ift. Die vier-Heinen Kinder,
welche eine: fterbende Mutter bem Angedenfen bed italienifden Gefangenen em⸗
pfahl, find grofe und ftarfe Stinglinge geworden; die ſoommen Wunſche der
Mutter fuͤr ify. Gedeihen find vom Himmel erhoͤrt worden. Ihr Bater, Here
Sch mers hate ridig: Smrcjef), iſt Rerwalter des grofen Hofpitals peBrikans Chir
Saber: uns. lange. mit sm unterhalten,i:- ſagt Herx Remacle, „er · behaͤlt. bie ehren⸗
vollen Manner, welche {eine Gefangenen -waren,.in einem innigen und lebhaftes
Angedenfen.” Wergrott (Wegrath), der Unterdirettor, welder den Poligeidef
beglettete, alé man ben Gefangenen ihre Begnadigung anfindigte, ift nad) Wien
berufen worden. Was Kral betrifft, welder Klopftod, Wieland, Goethe und
Schiller las und, was nod beſſer ift, welder ſich gegen die italieniſchen Gefan⸗
genen jo gut betrug, fo bat er ſchon lange ben Gefangnipbdienft verlaffen, i@
nad feinem Dorfe in Boͤhmen guriidgefehrt, hat dort feine getreue Hanna wiles
bergefunden und ft, wie Herr Remacle gehort Hat, ein gluͤcklichet Ehemann
geworden.
Einige Jahre fpdter erzaͤhlte der Phyſikus ber ſpielbetger Strafanftalt der
vielſeitig gebildete und gelehrte Dr. Rincolini (in der Moravia 1842 He. 58)
Folgendes :
_ Bon ber Stadt Brinn aus fahren zwei mit Baumalleen befegte Wege
aufwaͤrts bid gu einer fteilen Stiege, welde au dem Militär⸗Wachhauſe an der
Pforte fuͤhrt, wo nach rechts au die Wohnung ded Obervorſtehers fic befindet,
und nddftend aud bie Hausfanglei beftehen wird; von ta paffirtt man eine fteis
nerne Bride, und gelangt gu ben Hauptgebauden, weldhe ein Bierek bilden, das
vor cinem 5 Rlafter tiefen Graben umgeben und ringsum von einer Hofen
Mauer umfdhloffen ift; ftatt ben Pallifaden, bie bis fet nod) nach Aufen ald
aͤußerſte Umſchlieſſung beftanden, wird fo eben eine Mauer rings um ble Ges
bhude ded Spielberges aufgefusrt. — Swei Fahrwege führen von der Stadt
aué nad bem Gypielberge, einer neben Dem Fußwege, der andere von Rords
Weften von der Vorſtadt Schwabengaſſe.
Aus der alteften Beit iſt von architeftonifdhen Ueberreften nur nocd der
gothifhe Bogen und eine eingige Halle, die nun gu einem Depot dient, vor⸗
Banden; ſaͤmmiliche uͤbrige Gebaͤude find aus fpdterer Zeit. Jn der oftlichen
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Ede des vom Hauptgebaude umfdloffenen Hofed iſt bie 1693 erbaute Kirche
gue -Geiligen Dreifaltigfeit; fie Gat, mit Einſchluß ber vom ehemaligen Panduren⸗
. Oberfien Baron Franz von Trenk dDotirten Kapelle, drei Altarve, einen Thurm
mit zwei Oloden und eine Uhr. Gleich an diefe ſtoͤßt die Hauskuͤche, bie Trais
teurswohnung und das innere Wadgimmer an. An dev fubliden Seite gur
ebenen Erde ift bie Seblofferei, und im erſten Stodwerfe bad Syital, welches
8 Krankenzimmer fiir die innerliden und duferliden Rranfen und Marodeurés,
und ein Ordinationssimmer enthdlt. Ueber die in Ddiefer Rranfenanftalt herr⸗
ſchende Reinlidfeit driidte fid) vor wenigen Tagen der belannte Englander Sir
Robert Mayne, welder alle Spitiler gum Nugen fiir fein Baterland befudt,
folgendermafen aus; ,It is the cleanest hospital, which i have seen during
my long travels.“ (G8 ift dad reinlichſe Gefangnis⸗Spiteh wad ich auf mei⸗
* langen. Reiſen gefunden habe).
Im' weiten Stockwerke iſt die Wohnung des Haueſeelſorgere, und des
Aunts⸗Kanzelliſten, dann die Kaſerne der Wachmannſchaft, dae Uebrige beſteht
aird" gefunden, hinreichend lichten Gefaͤngniſſen. — Det Ban der neuen Abthel⸗
kung iſt in den ‘Saheen 1835 bid 1837 vollendet worden.
‘Mitten im gweiten Hofe ſteht die Statue der Helligen Dreifaltigkeit, und
gang nabe befinbet fic) ber 75 Klafter tiefe, gang in Felfen gehauene Brunnen,
aus weldem mittelft eines jedesmal von 6 Straflingen bewegten Tretrabes ein
ſehr gefunded Wafer Heraufgefhipft wird. — Die eitfrift, bid der Wafers
Gimer dhe anlangt, betragt eine Biertelftunde.
Gegen die Badens und Sdwabengaffe, ſüdweſtlich und norbweftlich, find
neun Rafematten in bie Tiefe gehend uͤbereinander aufgefuͤhrt. In der fibweft-
lichen Ubtheilung find ferner nod) vier Kafematten und die Arbeitéanftalt, die
Tiſchlerei ꝛzc. uf der Weftfeite find bie von ben andern gang abgefonderten
Arrefte fiir die weiblichen Straflinge, und gleich baneben ihre Arbeitéanftalt, und
im @raben felbft bie Wafdhanftalt. Die äußere nordweſtliche Seite umfagt unter
ber Erde 5 andere Kafematten, in weldhen die Straflinge bie gum Jahre 1836
ihre Strafe überſtehen mußten, allein bie Gnade Sr. Majeftat bed Kaiſers Franz
hob damals fir immer alle unterirdiſch gelegenen Arreſte auf, und in dieſelben
kommen jetzt nur zuweilen einzelne Straͤflinge als Storer ber Hausordnung
(in bie ſogenannten Correctionsarreſte). Hier beſtanden einſt in ben tiefſten
Gaͤngen die ſogenannten ſchwerſten Arreſte, bloß aus hoͤlzernen Balken zuſam⸗
mengeſetzt, ohne Tageslicht, nur 8 Fuß hoch, 7 Fuß lang und 4 Fuß breit;
bie Eingangsoͤffnung hatte nur eine Hohe von 3 Sug, und oberfalb war ein
kieiner Schuber, um die Nahrung hineinreichen zu koͤnnen. Sn dieſen Gefaͤng⸗
niſſen waren die ſchwerſien Verbrecher an Händen und Figen mit Eiſen, und
um ben Leib mit einem Ringe angefdhloffen; fie erhielten nur Waffer und Brod.
Diefe Arrefte hob Se. Majeſtät der Kaiſer Leopold II. 1791 auf, und nur ein
einziges wird nod gum hiſtoriſchen Geddchtnif erhalten und gegeigt.
2s
Gagenwirtig find ſaͤmmtliche rreftantes nur an ben Bilfen gefeffelt, ge-
meßen tglich ein Mal warme Speife, und erhatten feder 1'/, Pfund Pornbrob.
Mle Schlafftellen Hatten die Stvdflinge bis gum Jabre 1885 ſogenannie
bdlgerne Pritſchen, nebſt einer Dede; felt dev Zeit erhietten: fie ate®''Gtrohfade.
Auf den Spielberg‘ fommen folche Strdflinge, die zu einer finger ale ‘tO
Habre’ dauernden Strafzelt veructhelte ſind. Die Kleidung derſelben beſteht ans
einem weißen, runden, breitrandigen Gute, einer wollenen, auf einer Seite duns
Reibeawn gefaͤrbten, linkerfeits lichtgrauen Jade und aus derglelchen "Beintletdern
wid Schnuftiefeln; dle weiblichen Strafltige Haber gleichfalls ‘cin beppétfattl.
gt wollenes Leidchen und derlel Rode; auf dem Kopfe ein welßes Tuch. Im
Gower erhalten die Stedflinge bewer Seſthlechter eine aud defttetftent: grauen
Reillich verfertigte Kleibung.
Die Beſchaͤftigung ber Sträflinge beſteht ‘th ‘ver fie Unfiatt norhwendigen
Ganbwerkdarbeiten, als Schuhmacher⸗ and Echneiderarbeiten, im Weben und
Erinnen bed Flachſes, Werges und ber Woke, und m ber’ Tudhatpengrinig Het
hen nothwendigen Hausbedarf der Anſtalt, felbft far bie ———
fie dad £. f. Provinziab⸗Straftzaus, die Stadtpollxiwachmalinſchaft ta
werden fhinfireiche Mrbelten in Hols, Horn, Bein und aus Btrot umd Seen
verfertigt.
Hie allgemeine Geſundheit dieſes Strafortes betreffend, iſt beſonders ane
zuführen, daß bie hohe Lage des Ortes, die beinahe nie ruhenden Wihbe, bev
haͤufige Aufenthalt der arbeitenden Strdflinge int Freien und das überaus ogee
zugliche Trintwaffer äußerſt giinftig auf dle Geſundheit ber Arreſtanten einwir⸗
feit, Daher aud) von jeher ber Spielberg ſeines guien Trintwafferd wegen als
gefander Ort im Bereiche ber Hauptftadt ftets im hohen Rufe géhalten worben
if. Den Witterungsdaratter betreffend, fo betragt beim Barometers nde *
Unterſchied im Steigen oder Fallen jeden Monat 8 bi6 9 Linien, und die
mometerdifferenz gegen jene in ber Gtadt 2 Grade. Ungeachtet ber ate
Strofanflalten auf den Organismus haͤufig unginftig einwirkenben diy
ereignen fiih ſelten Epidemien, und felbft die ſo furchtbare Cholerg trat ier in
einem’ gelinderen Grade auf, und dad Spielbergerfpital gat im Ber glelihe e ge
bie andern Krankenanſtalten von Brünn die geringfte Sterdlichkeit. ür *
lichen Pflege der Kranken iſt ein Medikuo und ein Wunbartt aus der Stabe
angeftellt.
Die Rranfen erhalten eine vollfommene Krantentoft, bie mit jener der
fibrigen hieſigen Krankenhaͤuſer gang übereinſtimmt.
Für den Kirchendienſt, die Hausſeelſorge und geiſtlichen unteict it eit
eigener Hausſeelſorger beftellt, welder, der Sprachenverſchiedenheit wegen, nach
pon mehren Geiſtlichen aus der Stadt unterſtützt wird.
Die Oberleitung uber die Strafanſtalt ſuͤhrt ein Rath aus’ bem Sree
mium des k. k. Guberniums. Die Befichtiguirg bed Spielberges ift Jedem nad
erhaltener Erlaubniß ded hohen Landesprafidiums geftattet.
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Endlich laffen wir die jingfte unter bem Site: Cin Beſuch ves
Spielbergs (in bet brinner Zeitung 1859 Rr. 284 — 280) exfehtenene
VDeſchreibung vom Mufeumd-Cuftos-Adjuntten Trapp folgen, Gir lautet:
(Bringes. Thor. — Maͤhriſcher Stadtſoldner. — Neue Straße. — Bins
derei. — Spielbergs Friedhof. — Statue St. Johann's. — Commun’
kationsthor. — Griines Portal. — Hauptwache. — Walldorf'ſche Kapelle. —
Wallfahrten).
Wleichwie einerſeits bie herrliche Ausſicht von der Hoͤhe des Spielberges
bem Beſucher desſelben ein großartiges Landſchafts⸗Panorama bietet und im
centralen Voxdergrunde maſſenhafte Mauerwerke vor bas Auge führt, fo erweckt
ſchon ber Anblick ber pitoredfen Citadelle den Wunſch, das Innere derſelben
mit allen Ubifationen gu ſchauen und naͤhere Kunde von den einzelnen Schloß⸗
theilen zu erhalten, denen Gage und Geſchichte ein doppeltes Intereſſe verleihen.
Wir laden. den Lefer ein, und auf der Wanderung ie ber berikjmten wid ges
fürſhteten Burg gu begleiten und bieten und ihm in nadfiehenden Seiten até
Bier Mi,
Da, mo. eint. des ehemaligen Briinner Shores Stanbpunct war, gewabe
ren ‘wit nod) als leptes Wahrzeichen, gleich einem Wegweifer gum Spielberg,
ein altes Gebäude Rr. 257, danebden ein kleines Hofgärtchen Nr. 248, in deſ⸗
fen lehendes Grin cin erhaben ausgemeifelter maͤhriſcher Soͤldner unverändert
herabblict. Seine Tracht iſt bie bed 17. Jahrhunderts mit dem Stadtwappen⸗
ſchilde in. her Qinfen und in der andern Hand ein Banner Galtend. Gr ift
feft gebannt an dem Strebepfeiler ber Ecflanke des Hauſes, der letzte „ſteinerne
Saft” aus flurmbewegter Zeit. Wie viel bes Guten und bes Schlimmen mag
an ifm vorbeigegogen fein? Der Himmel weif, welches Schidjal ibm die Zu⸗
funft nod beſchieden hat und ob ex ebenfo viele Sabre in ſtarrer Sethargie ben
fommenden Generationen zur Schau ausgeftellt bleibt, ober wie fein friiherer
Genoſſe am Briinner Thore ben Weg des Gebotes: Nichts dauert ewig”
babingiehen mug! Hier am geſchichtlich denkwuͤrdigen Punkte ded 19, Jahrhum
berté, wo Raifer Napoleon J. bei ſeinem Eingug im J. 1805.die Schlüſſel ber
Stadt empfing,. ‘und wo und gegentiber jegt ber majeſtätiſche Bau bed Stadthofes
wohlthuend entgegenblidt, waͤhrend wir die Zeichnung des geweſenen Altbrünner
Thores, die unter Glas und Rahmen im hieſigen Rathhauſe hangt, unferem
SGedidtniffe nod einmal vorführen; Hier alfo ſchwenkt man aber einen Theil
ber_neuen breiten Straffe au den fteilen Stufen bed Spielbergfufes ein. Weldhe
Menderung feit Kurzem Hier vorging, iſt jedem Bruͤnner wohl betannt, Ueber
bie vielen hier audgegrabenen Bebcine wurde Manches geſprochen, leider laſſen
ſich keine auefoͤhrlichen Daten angeben, wann und warum die Leichen hier ehe⸗
mals beerdigt wurden. Moͤglich, daß fle aud der Feit ber Peſt im J. 1604
dammen.
Die letzte Stufe oben betretend, lehen wir vor der fortifttatorifchen Vins
betel ehemals Buͤchſenmacherwerlſtaͤtte und vor der Todlengraͤbers · Wohnung nebft
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Leichenkammer. Gleich ridwirt® beB Häuschens dehnte fich ber Friedhof der
Burg Spielberg aus, war Mein und hatte in feiner Mitte ein hoͤlzernes Kreuz
mit bem auf Bled gemalten Heiland. Wei Caſſirung des Friedhofes ging aud
bad Kreuz gu Grunde. Bor mehreren Sabren wurden viele Gebeine hier aus⸗
pegraben. Gelbft ber Boͤtchermeiſter fand unter dem Eſtrich feiner Werhſtatte
viele Todtenſchaͤdel.
Die Bildſaͤule des bl. Johann von Nepomut daneben dürfte laut Wappen
durch einen Grafen von Breuner im vorigen Jahrhunderte errichtet feln, und
nicht, tole bie Sage ſpricht, vom Freiberrn von ber Trenf. : 7
Eine Baumallee führt und gum erſten Communifationstfor mit: der wenig
leobaren Inſchrift: ,Raif. königliche Bete Spielberg,” wo aud bad erfte Wacht⸗
Haus iff. Knapp bei diefem Thore geht ber grofe Wafferablaufseanal gum Fuß
bed Berges Herab. Jn den SOger Jahren krochen durch felben oft- bie hler Ball
ſpielenden Knaben.
Run zieht fic eine parkartige Anlage, in ber Sommerszeit mit duftenden
Rofens und Fliedergeftraucdh fattfam gewürzt, gum aweiten Thore empor.
Mächtige Schanzmauern haben: uné aufgenommen und tüchtig miiffen wir
ben Hals ftreden, um den Blick gur Zinne aufwartd au bringen. Gin furger
Fubfteig und wir ftehen vor einem niederen Portale in grüner Tünche, wihrend
ber grofie Fahrweg ſich rechts um die Schanzwerke gieht. Dad Portal tm ein-
faden romifden Style, an ben Geiten weife Halbfdulen Habend, bas aus der
fegten Halfte des 17. Jahrhunderts ftammt, und friiherer Feit fein Durdgang
war, bringt ben Befucher über eine gededte Treppe zur zweiten Warde, resp.
Hauptwade. Der Gingang in diefen Theil geht durch das ehemalige Wall:
borf (de Kapellchen, welded von bem damaligen Schloß⸗(richtig Kreis⸗) Hauptmann
Freih. v. Mallborf erbaut worben fein foll und an bad fics etn ftarfer, Halbrunder
Thurm anſchloß, der au den Alteften Feſtungewerken gehorte und im Jahre 1680 mit
groper Muͤhe abgetragen ward, ba die Mauern eine Starfe von 9’ haben.
Dies Kapellchen ift gang Flein im gewöhnlichen Style mit einem Dreifanten-
Giebel gebaut und grim getiindt, Hat vorne ein ſtarkes eiſernes Ginlafgitter.
In ‘der Hauptnifche, die fegt durchbrochen zum Gingang dient, ftand eine Drei⸗
faltigfeitéftatue, welche gegenwartig im zweiten Burghofe (im J. 1829) thren
Plag Gat. Am Fefttage St. Trinitatié wallfaheteten vie Stadter in grofer
Menge Herauf. Der ganze Weg war dann mit Verfaufsbuden, wie fie an fols
en Feiertagen meift fichtbar werden, ſpalirt. Da aber vielfaltiger Mifbrand
burd Gabenfpendung an die Straflinge geſchah, benen man mitunter aud Feile
und DurGhbruchsinftrumente zukommen lief, wurden Mefe Wallfahrten aufgehoben.
(Erfte Zugbruͤcke. — PRforte). Bon ban ba ſchreitet man uͤber die ehe⸗
malige 3ugbritde, die jegt aus swet Hohen, gemauerten Bogen befteht, sur fos
genannten Pforte in cinen grauen Gang, ber gum erſten Burghofe führt.
Diefer Gang 19 2 breit, 39 9% fang und 3° 1’ Hod, jeigt mm augens
blicklich bie Refte einer Kapelle, ba ſich in ihm ein ſchlankes Spipbogenthor wölbt,
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deffen Rippen Gié sum Plintus ſchoͤne Rundſtaͤbe vorweiſen und nebenan in der
Wand vertieft gu beiben Geiten aud zwei niedere, vierfantige Thuren mit Stabs
. feiften. angebragt find. Dieſes Spighdgenthor Hat ob feinem Giebel eine Aus⸗
baudung mit bem ehemaligen 3ug fir tas Gallgitter und gleid vor felben
(tem Thore} in der finfen Wandflade zwei Herrlide gothiſche Sedilia, wie ih
file §ier in Brinn nur an der Gpiftelfeite der aufgehobenen St. Rifolaitirde
am grofen Plage fand. Ihre Ausſchmückung iff aud dem Trifolium fonftruirt,
geht tann in ein: jarted gothiſches Spitzbogen-Maßwerk ther, bas auf bret Hohl⸗
kehl⸗Saͤulen rubt, die wieder auf einem platten Godel fufen. Das Ganje tft
2° 4/ breit und 19-2’ Hoch. Leider ift bie Dede der erften Anordbnung jerfloct
und fest ganz einfach gewolbt. Es tft fomit Har, daß man vor fich die Rudera
emer gothiſchen Kapelle erblidt; benn, faum betritt Der Fuß ben erften Burghof
und betractet bie Wandfläche im Inner, fo jeigen ſich Spuren vor 6 Stres
bepfeilern, die man fpaterer Zeit rafirte, deren Vorhanbdenfein aber ber abgeldste
Moͤrtel und die Kalftiindhe nadweifen. Aud ift an ber linken Eckſeite be’ Hofes
im erften Gefchofe ein vermanerted gothifdeé Fenfter, mehr ein Thor erſichtlich,
gu dem ‘friiher eine hoͤlzerne Treppe aufwärts führte, und bad einft ben obern
Theil einer Doppel⸗Kapelle bildete, welche Wahrſcheinlichkeit aus dem Umftand
dafür ſpricht, daß unterhalb, alſo zu ebener Erde, ſich noch die alte Burgkapelle
in ihrer ganzen Schoͤnheit befindet.
Gegenwaͤrtig iſt fie bie Cantine und daranſtoßend zugleich Wohnung bes
Spielbergs⸗Traiteurs, war früher Feuerrequiſitorium, dann Waſchanſtalt, hernad
die große Küche der Strafanſtalt.
Welche Profanation mußten dieſe Hallen im Zeitendrange Aberftehen?
Da wo einſt der Segen geſpendet und für geiſtiges Wohl geſorgt ward, pflegt
nun ber Koͤrper irdiſcher Speiſe und Trankes. Es liegt im Zuſammenhang
der Dinge! — | a
Der Bau ber Vurgfapelle biirfte entweber in Hie zweite Halfte bes 13.
ober erfte Halfte bed 14. Jahrhunderts fallen, ba ihre Anorbnung gang mit ‘dem
Preshyterinm ber ehemaligen Nikolaus⸗, fo wie Cyrill- und Methubifirde in ber
Stabt forrefpondirt. Sie bilbet ein linglides Biered von 5° Vinge, 8° Breite
und 29 2° Hohe, wird von ftarfen Steinrippen überdacht, die ein nieberes Spitz⸗
bogengewolbe tragen, deffen getrfidte Dede mehr fiir cine Art Unterkirche paßt.
Die Rippen giehen fie, von prigmatifden Confolen ausgehend, zur Höhe, febltes
fen im Kreuzbogen immer eine Sdeibe mit Blattornamenten als Schluß,
ſtein ein, und Haben eine reine, aud dem Kleeblatt abgefehlte Formation. Leiber
find bie Gewolbrippen und Schlußſteine refp. Rofetten mit -einer folchen Maſſe
Kaltes übertüncht, daß ifre Schönheit ganz verdedt ‘wird. Die Riidfeite ber
Kapelle ift burd eine Ciuermauer getrennt, welde die großen Gemächer und
Ubicationen bed Traiteurs abfdlieft, wahrend die Hauptfeite ſich der dufern
Wandflaͤche der Sedilia anſchließt. Ob diefem Theil find die Rippen befonders
{Gon gezogen, ba bie Spighogen ein Pentagon einrahmen. Mit Befremben ſieht
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man an der rechten Seite cine vierfantige Wanbverticfung, gleich einen Coc
mentarium in alten Sirden, bas aber der gangen Kapellenanlage .widerinift,
weil bier fein Altar ftehen fonnte, fondern dieſe Vertiefung auc Jeit der Beh
anftalt fiir bie Aufbewahrung der Seife entflanden iff. Das eigentliche Giles
Rand gegen Often in dem obbefagten Gange, wo vie Sedilia find, welhe sunk
brochen gewefen waren; fomit bie urfpringlide Anordnung dieſer Gerghapele
ein Kreuz vorftellte und ber Miitteltheil eben diefer Gang war, zu dean Sela
Geiten fic ber Linge nach bie Kreuzesarme ausdehnten. Dafae gibt engeij
eine gleid) rechts daranſtoßende Ubication, die gang mit der aod) sebaltenm
gothiſchen Halle (jetzt Gantine links) correfpondirt, aud diefelbe SRippencem
Rruction und Ausmaß Gatte. Wahrſcheinlich wurden der Schabhaftigkeit wegm
drei in einfachen Bogen gezogene Gurten unterhalb der gothifden Mippen ge
ſpannt, bamit bad Gewolbe einen Ruhepunkt hatte. Dabei brad man,..da we
bie Rippen Ginderten, diefelben ganz einfach weg, und ließ nur einige Refte :mit
igren Rofetten fammt Gonfolen brig. uch die ben erſten Sedilias hier gleide
foͤrmig gewefene Ausſchmückung watd faffirt und die Oeffnung gugemanest.
Früher war diefer gothiſche Raum eine Holslage, iff gegenwartig Magazin ded
Traiteurs. Der Fußboden ift mit vierfantigen Steinplatten und ein Theil mit
Ziegeln gepflagert.
Um meine Annahme einer in Kreuzform ba gewefenen Kapelle gu confle
ticen, ergibt bad Maß des jegigen Mittelganges und die gleiden Maße der
Kreusesarme, bie in ihrer gangen Ausdehnung eine Range von 11° 2! in Lichten
und eine Breite von 3° haben, daher 2/, ber Oeffnung burd) die fegt gugemage
ten Gedilia aud ben beiderfeitigen Rapellenhallen refp. Ravié iné Preshyteriua,
bem gegenwartigen ſchmalen Gang, einmindete.
Der Ravisraum ber beiden Kreuzesarme war beftimmt, die Andächtigen
aufzunehmen, bie in bad fdmale PBresbyterium durch die offenen Sedilia recte
Dogenfenfter gu ben geiftliden Functiondren Einſicht erlangten, eine Thatfache
bie in alten, bem chriſtkatholiſchen Ritu’ geweibten Kapellen vielfiltig gebraucht
ward, wie a. B. in der Burgkapelle auf Carlftein in Boͤhmen, wo bad Presby⸗
terium ganz von ber Navis getrennt und nod Heutgutage burd ben Triumph⸗
bogen in unferen Kirchen bas Bolf vom Priefer gefchieden iff. Der Mitteltheil,
reote Presbyterium, war aud) fo hod, dak er ben Seiderfeitigen oberen Kapellen⸗
raumen Ginfidt geftattete, bie eine fortlaufende Zahl Fenfter zwiſchen fe gweier
ber Strebepfeiler Gaben mufte, wie wie fest bad eine vermauerte nod fehem
GSomit ift 6 gang ecflartid, daß dieſe Refte eine Doppelfapelle vorweifen, welde
endliche Muthmafung gang beftimmt die an ber Aufenwand gewefenen Streber
pfeller geben, die (wie ſchon gefagt) fic ber Lange nach fortziehen, und ebenfo
bod gebaut waren, daß man den Beftand einer Doppelficde jedenfalls annehe
men fann.
Denn bie fogenannte briinner Burg Hatte eine bedeutende Ausdehnung fac
bamalige Seiten, eine in ſtrategiſcher Beziehung ungemein vortheilgafte Lage,
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folglih aud als Wohnfig fuͤrſtlicher Befiger und alé alter natuͤrlicher Bruder
bed Petersberges immerhin angunehmen iſt, daß die Burgtapelle daſelbſt nicht
- Fein gewefen fei, umfomefr, als in den dlteften Zeiten Doppelfirden vielfaltig
gebaut wurden. Gin Beifpiel des nocd vorhanbdenen gibt die Doppelfapelle auf
ber: fénigi. Burg qu Nornberg —
- Rod. fel erwdhnt, daß in den Zimmern bed Traitenrd ein Gemach fidte
bar ift, welded an bie Ridwand der Gantine ftoft, und baé meiner Meinung
nad vie Sacriftet. ber alten Rapelle war. Dads Gemach ift ein regelmäßiges
Bierec mit fantigen Säulen vergiert, bie oom platten Gapitdl vier {male Rips
pen zur Galbfreisformigen Dede tragen und: oben einen Zirfel einfdliefen, in
bem gewif ein Bild gemalt war. Der Ansgang mündet in den durd) vorbes
fagte Qhuermauer abgefdloffenen Naum der Gantine.
Gin eben derart conftruirtes Gemad neben ber andern Halle (Magazin),
jedoch vorne gefegen, ward fiir die Majdinerie ber Aufzugsbrücke beniipt.
(Alte Burgfapelle. — Neue KRirde). Das erfte authentiſche Vors
bandenfein einer Gapelle auf der brünner Burg weift ber Coder Diplom. Morar.
FV. et VL Bb. nad, worin es heift, taf im Jahre 1287 der olmuͤtzer Domberr
und Rinig Wenzels Caplan, Heinrich, bad Beneficium beſaß und 1331 Ronig
Sohann bie Rapelle resp. ihre Cinfiinfte fammt bem Patronatdredte dem in
Altbriinn geftifteten Spitale ber RNonnenabtei fdenfte, bie auch die Burgas
plane pradfentirte. Damalé war ein Nikolaus (2) königl. Burggraf, und alé erfter
urfundlider Burglaplan Wojflaw 1350. Die Einnahme dieſes Beneficiums
war fiir bie damalige Zeit eine bedeutende: naͤmlich 1 Freibof in Rectowic mit
1 Ader, 6'/, Zindlahnen, Walder, Miefen und Hutweiden.
Die geſchichtliche und chronologiſche Reihenfolge ber Kaplaͤne, Rectoren
und Guraten ber Burgfapelle findet man in Wolny’s kirchl. Topographie.
Radhdem nun dieſe Burgfapelle durch die ſchwediſche Belagerung im 3.
1645 ſchadhaft ward und der obére Theil etwa gang adgetragen werden mufte,
fo exbaute ber damalige Commandant der (pielberger Citadelle, Johann Wilhelm
Geaf vow Zingendorf im Jahre 1693: eine gang neue, bombenfefte Rapelle, die
ebenfa l& im-erften Schloßhofe in der rechten Eckflanke ifren Platz fand.
is. Dez Gingang. ift gleid gu finden. Gin Vorbau, resp. cine. mit Dadung
verſehene offene. Treppe, unter fer ein einfaches Thor, bas’ Auge Gottes am
Thürſturz gemalt, weifet uns den Weg in bad Innere ber gegenwartigen Kapelle.
»Sie bildet die oftlihe Ede bed GebaudesTracteds, iſt tein, gang einfach im
italieniſchen Styl gebaut, mift 5° 3’ in der Lange, 69 in der Breite und hat
eine Hohe von 4° 3'.. Die Wande find: geweift.
. Gin Srindungéftein, fammt Wappen ald Gebdenftafel in bie Mauer, vis a
vis bem Hauptaltar eingefiigt, ſagt:
„Pietas jvncta fortitvdini qvam Sanctissime et Individve Triados nec
non Avgystissims Colorum Regine sine Labe Concepts Eivaq. Castissimi
Sponsi Divi Josephi Honori Erexit ot fyndavit Illmve. et Excellmva. D.
13
D. Joannes Gvilielmvs S. R. J. Comes a Zinsendorff et Pottendorff Here-
ditarivs Venationvm Magister S. C. R. M. Leopoldi I, Camerarivs Gene-
ralis Vigiliarvm Prefectvs et Fortaliter Spielberg svpra Brvnam Actvalis
Commendans Moderante Ecclesiam Universam I[nnocentio XII. Pontifici
Maximo Imperivm Romanvm Leopoldo I. Cesare Avgvstissimo Episcopa-
tvm Olomve. Celss. Principe Carolo a Lichtenstein Marchionatvm Moravie
Franc, Car. Libsteinsky S. R. J. C. A. Kolowrat Anno a qVo arX brV-
nensis a Gottls oppVgnata et sol. Vta est qVaDragesiMo oCtavo.“ (1603).
ESonit ift 48 Jahre nah ber Belagerung hurd) bie Sweden (a Gottis
anno 1645) dieſer Ort bem Gottesdienfte gugefdhrt, der Allerheiligſten Dreifal⸗
tigfeit geweift und [aut Altare portatile am 25. Mprif 1753 bdurd den Gar:
binal Fuͤrſterzbiſchof von Olmiig, Ferdinand Suliué Grafen von Troyer, confes
erirt worben, welder die Reliquien der Hf. Maͤrtyrer Innocenz. Ceverin und
Bictorin einlegte.
Das Hauptaltar fteht vertieft in einer breiten hochgewolbten Nifde. Das
ziemlich grofe Oelgemalde, die h. Dreifaltigfeit darftellend, ift recht bray gemalt.
Der Meiſter unbdefannt. Ob felbem ift ein Elypfenfenfter mit färbigem Glafe
fon nahe ber Dede angebracht und ftarf vergittert. Cin zweites Bogenfentter,
aud mit gefarbtem Glafe, ift an ber Gvangelienfeite ober der Rangel, neben
welder im J. 1847 ein Altar bed Hf. Johann von Nepomuk abgetragen wart,
weil der galisianifde Tract erneuert wurde. An derſelben Wandfeite ift in der
Ede eine verſchloſſene Thir, die, ein kleines Rammerden Habend, yur Aufftellung
bes hl. Grabes bdiente, bas von ben Strdflingen im 3. 1853 gemalt wurde.
Rebenan ift ein grofer Beichtſtuhl. Gepflaftert ift bie Kirche mit weifen und
ſchwarzblauen Steinplatten.
Rechts vom Hauptaltar, unter einem Bogengange, ober weldem das Ora-
torium ift, wurde bie TrenPide Kapelle ausgemauert. Gie ift fo flein, daß
blos cin Seitenaltar Raum Hat, mift 2° Hohe, 1° 1/ Breite und 1° 2 Tiefe.
Der gefrensigte, aud Hols geſchnitzte Heiland macht auf dem Altartifd bas Haupt:
Bild. Ueber die Funbdation diefer Kapelle fagt eine Tafel in dev Sacriftei:
„Laut Stiftsbrief ddo. 20. Sanner 1753 foll wochentlich eine ftile Meſſe
far ben Stifter und gun Trofte feiner Geele gelefen, alljabrii aber, am 4.
Oftober bem Tage feined Todes, ein Anniversarium abgehalten werden, von
weldem letzteren es aber in fo fang fein Ubfommen Hat, und nur die Missa
pro defunctis in anniversariis ju lefen ift, bis die mabr. ſtaͤndiſche Dom. Pa-
matka sub Nr. 294 de sessione 4. Auguft 1767, ddo. 1. November 1767 per
$000 fl. & 2 % verlofet, und die Jntereffen auf die urfpriingliche Hohe ges
gelangt fein werden.“
Der ehemalige ff PandurensObrift, Franz Freiherr von ber Trenf, ftarb
am 4. Oftober 1749 als Staatdgefangener hier am Spielberge. Die Klauſel
§. 5 ſeines Teftamentes vom 24. September 1749 lautet: ;
„Vermache i} in die Feſtungskapelle allhier auf bem Spielberg gue Ere
bauung eines neuen Altars und fonften sur Ehre Gottes 3000 fi. anzuwenden.“ —
Den Mittelraum der Dreifaltigfeitsfapelle nehmen einige Banke ein. Der
Muſikchor, gegeniiber bem Hauptaltar auf 2 gemauerten Pfeilern ruhend, ift
fiein und mit einem Poſitiv verfeben.
Bon den wenigen hier übrig gebliedbenen Inftumenten find erwaͤhnenswerth
eine Tromba uud eine Poſaune aus dem 17. Jahrhunderte, die eine eigene Con⸗
ſtruction haben und von den gegenwaͤrtigen in Geſtalt ganz abweichen.
Eiwas hoͤher iff das Oratorium, wo die weiblichen Straͤflinge der hl.
Meſſe beiwohnen konnten. Eine Bogenlaube mit dichtem Holzgitter in den
Kirchenraum hinein verbarg das Hinaufſehen den unten befindlichen maͤnnlichen
Gefangenen. Dad andere kleinere Oratorium ob ber Lrenk˖Kapelle war für die
Beamten und Gefangen« Snfpicienten beftimmt. Man gelangt gum Shor und
gu ben Oratorien über die offene Treppe, die aufen bei Der Rapelle angebayt
iff (Siehe Cingang zur Kirche).
Wie viele Seufyer und inbrinftige Gebete fir Linderung ded bie Seele
bridenden Verbrechens mögen Hier gum Allerhöchſten emyporgefandt, wie mand’
verftodted Herz durch bie Troftungen der Religion erleidtert und erweicht wors
ben fein! !
Gir den Phyfiologen muß gerade bei fo einer Geiligen Handlung, wo dad
Gemuͤth ſich im Antlige ausprdgt, die Beobadtung bed Ausdruckes diefer Gee
fangenen ein beſonderes Studium gegeben haben?
(Sacriftei. — Thurm) Dow wir haben nod einen intereffanten
Theil diefer Kirche gu befuden. Es iff die Sacriftel. Gine Thur neben der
Trenk'ſchen Kapelle, ober der 3 Bildfaulen von vem caffirten St. Johann Rep.
Altar ftehen und in ber Ede ein alter marmorner Taufbrunnen vorfpringt,
führt und fiber einige Stufen faft unter dad Presbyterium Herab. Das ift die
fleine heizbare Sacriftei, gededt mit Holzrahmen, da ober ifr die Wohnung des
Kirchendieners war, dod in ber Mauerftirfe ungemein fet und vergittert.
Der feweilige Curatus gefangte au felber gleich aué feiner Wohnung, die
neben anſtieß und denſelben Theil umfafte, ber fic) der fepigen gothiſchen Halle,
nun Traiteurés Magajin, anſchließt. Am Fenfterpfeiler Hangt die Conſecrations⸗
urfunde ber Kirche oom Garbdinal Troyer und dem gegentiber ftehen an der
Wand fleine Schränke neuerer Arbeit mit den siemlicsh vielen Paramenten. Won
bem im. 1810 abgelieferten Silber erhielten fid nod:
Gin alter Kelch von Silber, vergoldet, deffen Halbe Kuppe, Knauf und
Fuß {done Blatt) und Obftornamente in erhabener Arbeit vorweist. Am Fufe
find drei offene Felder erſichtlich, davon eined das ZingendorPide Wappen und
bie Rettern I. W. G. V. H. V. Z. eingravirt bat. (Sohann Wilhelm Graf
und Herr von Zingendorf), alfo aud der Zeit ded 17. Jahrhunderts ftammt
Weiter ein fchoned.Gibocium von Kupfer, gang vergoldet mit baroden Orna:
menten und 3 Medaillons am Fuge, bie PRooo Homo, St. Sebaftian und ein leeres
13*
Wappen mit der Krone und den Snitialen: GC. F. V. D. O. V. C. A. D.
V. S..AO. 1682 andgeprigt weifen.
Die Abrigen Kirchengefafie find. aus nevefter Zeit, ebenfo bie Meßbücher,
nur ein alter eiſerner Doppel> Opferleuchter ift erwähnenswerth. Unter den
Baramenten, deren viele vorhanden, meift aber beſchaͤdigt find, ift eine afte
Gafel, deren Mittelſchild Leinwand, in Farben gang fleine zerſtreut liegende
Blimden, aber roh in ihrer Bildung anfgedrudt entHhait.
Gine gang foftbare und wirklid) meifterhafte Cafel ift ald Merkwürdigkeit
anzuführen. Gin am Kelchtuch (ju diefem Paramente gehorig) aufgeflebter Zet⸗
tel befagt:
„Bei der Erftirmung bed Ortes Vinzentino und. Bertheidigung der dortigen
Kirche durd die Piemontefen am 4. Auguft 1848 vor Mailand (vom Herrn
Meutenant Carl Forfter vom f. k. L. Inft. Reg. Baron Firflenwarther, der bel
Defer Affaire felbft betheiligt war, ber Spielberger Kirche ald Andenfen über⸗
geben). Neuwirth, Curatus.“
Diefe Cafel ift von rothem Damaft mit weifen Blumen in Seide. Das
Mittelftid von ausnehmender Schoͤnheit und herrlicher Silberftiderei in erha-
benen Deffinéd mit gothifdem Eharafter. Gin jeder Deſſin hat ein fubtiles eine
fades Kreuz aud rothem Gammt aufgenäht, die fic) burch die ganze Höhe gies
ben. Dadfelbe ift an ber Stola, Manipulum und Burfa au fehen. G6 ift rein
italienifde Rlofterarbeit und Ddiirfte aus bem 16. Sabrhunderte ftammen.
Sdabe, daß e6 hier fo Jedermanns Augen verborgen bleibt. Koͤnnte man
bie Gafel mit Vorbehalt bed Cigenthumes nicht wo anders deponiren, allenfallé
ba, wo bas Publifum fie bewundern fonnte? —
Den Schluß der Kapelle bildet der Thurm, weithin fidtbar als Hochfter
Puntt bed Spielberges. Man gefangt gu demfelben aus bem Mitteltratt, wo fid
ein Plateau ausbreitet, bad bepflangt mit faftigen Grin, die wobhlriedhendften
Lafviolen hervorfeimen (ft und bem Aber bic Bruftwehr Sdauenden das aus⸗
gedehnteſte Panorama im RNunbdfreife bis tief an die Qandedgranzen das Auge
erquidt. Die Ausficht ift wahrhaft eine feenhafte. Schon die Bogelperfpettive
ber Stadt Brinn gibt dad angiehendfte Bild. Mtan funn ſich von diefem Ge⸗
nufe gar nidt trennen, und lange bleibt ber Eindruck unverwiſchbar, daber ift
es jedem Beſucher bed Spielberges gu rathen, vorerft jene Ubicationen in. Au⸗
genfdein gu nehmen, die einen duͤſtern Charafter vorweifen, und ald Salus,
gleidfam gu neuem feiterem Leben bad Thurmplateau gu wablen. — -
Der Thurm felbft fußt auf ber nordoftliden Eckflanke des grofen Gebdudbe-
vtereded, ift aud gehauenen Granitfteinen circa 5° Hod, im Ouabrat gebaut,
und fat eine einfade Helmbadung. Gr dominirt fomit bie ganze Segend,
Seine Hohe ob ber Meeresflddhe hetrdgt vom Thurmfnopfe aus 149,90 BW. &.
Im Jahre 1853 ward er fammt ber Uhr erneuert.
Wenige Stufen fuͤhren gu ben 2 Gfloden, deren erfte, im Durdmeffec
20° breit und 18° God, der Heil. Dreifaltigheit gewidmet und im J. 1773 von
16f
Liborius Martinn in Brinn gegoffenift. Die zweite Glode iſt 18” breit, 44
hod, und bat nebſt bem Bilde der Heil. Dreifaltigkeit, bann bem Zingendorf iden
Wappen vie Randſchrift: Johann Wilhelm Graf von Zinzendorf D. R. K. M.
Leopoldi I. Ram. Gen. Gommandant am Spielberg 1693. Der Ton von bei⸗
den gibt bie Geptime.
Zum Schluße ber Betradhtung ber diefe Spielberger Rive, welche bis
zur hoͤchſten Zinne bie Verehrung der Allerheiligſten Dreieinigkeit aufridtete,
gleichſam als Zeichen der alles beherrſchenden Groͤße Gottes, mag mir die An⸗
nahme erlaubt ſein; daß auch ſchon in der früheſten Zeit, alſo gleich bei Errich⸗
tung des Gott geweihten Haufes, die alte Burgkapelle der heiligſten Trimität
im frommen Sinne gewidmet und in ihren erhabenen Schutz empfohlen wurde,
ſomit ſeit Jahrhunderten den Tag des 19. Juni ald Kirchenfeſt feiert. Hier
alſo, hoch oben thronend „Drei find Eins“, waͤhrend in nächſter Rabe der
Fels ber Kirche am Petersberge, der wo erſte chriſtkatholiſche Apoſtel und Stell⸗
vertreter Gottes feinen Heiligen Gort im Maͤhrenlande gegriinbet fand, zeigt fie
eine finnige Bereinbarung in Wort und That, eine grofe Pletht unferer Vor⸗
fahren, die ihren geftifteten Bauwerfen nur dann einen fideren Beftand gaben,
nadbdem fe fir felbe die Meihe von Oben erfleht! —
(Mitteltract. — Dreifaltigkeitsſäule. — Brunnen. — Obere
Gebdude. — EHhem. Zeughaus. — Unterirdifhe Cafematten.)
Unfere Wanderung weiter fortfepend, gelangen wir gum zweiten Burghofe.
Früherer Zeit beftand Hier blos ein grofer im Viereck gebauter offener Plag,
ber im 3. 1820 in zwei Theile geſchieden ward, nachdem man einen Mitteltract
auffuͤhrte und baburd awei Höfe ergielte. Beim Betreten diefed gweiten Burg:
hofes exbliden wir in ſeiner Mitte bie aus ber ehemaligen Walldorf'ſchen Ras
pelle im J. 1829 anher tibertragene Dreifaltigheitéftatue, welde, auf einer nies
bern Cadule mit vierfantigem Godel fufend, mit einem Geldnder umgeben, in
greQer Manier reftaurirt ift.
Ihr gleich gegeniber ragt ein Vorbau aus bem riidwactigen Gebaudetheile,
darin fic) Der groge Burghrunnen befindet. Die obere Maſchinerie, ein come
plicirtes Fachwerk mit immenfen Balfen, großem Trittrade und desgleichen Welle,
unter weldjer cine ftarfe Bruſtwehr fi ausbehnt, geigt uns die bedeutende Tiefe
von 69 RKlaftern de6 in Felfen gehauenen Brunnens. Gine Papierdüte, welde
wir anzuͤnden, braudt eine hübſche Weile, ehe fie im Freifenden Kalle den Waſſer⸗
fpiegel berührt. aft ſchwindelt uns, wenn wir hinabbliden. Aus den Felfen-
fpalten ragt eine reiche Begetation ind Innere Ginein, tronend jebwebder Vernich-
tungégefabr, um neuerdings faftiges Grin aus den feftgefaften Wurzeln Hervor-
gufeimen. Gine Cage erzählt, daß in einer gewiffen Tiefe, jedenfalld nod ob
Dem Wafer, vier in Felſen gehauene Gange aus dem Brunnen führen, die gur
Zeit der Gefahr ben Burgbhewohnern, welche fich herabliefen, eine Fluct bis
unterhalb bed Spielberges ermoglidien. Rad Unterfudungen zeigte fide aber,
daß blefe vier Gange bos fir ben Quellenzufluß ded Waſſers beſtimmt,
fett Jahren aber ausgetrodnet find. Der Brunnen felbft befigt ſchon wenig
Waffer, deſſen Bedarf meift burdh Zufube aus der Stadt ober den Baden Bes
fivitten werden mu, ba auch bie grofe Cifterne gleich neben bem Brunnenhaus,
in bie bad Regenwaffer von ben Dächern geleitet wird, fparlid) aushifft. Um
einen Gimer Wafferd aud dem Brunnen heraufsubefordern, brauchte man die
Zeit von 15 Minuten, wo 4 Mann bas grofe Rad treten muften, ehe ſich dle
Welle mit 2 Eimern und einer fehr biden eifernen Rette in Bewegung fegte,
was nur im Regenwetter gefchah, fonft bei Heiterem Himmel ward ber große
@ppel auswaͤrts entwebder burch 6 Menſchen ober Pferdefraft gebdreht, von dem
ein flarfeS Tau zur inneren Welle fuhrte, und das heuer fammt ber Mette ab-
gettommen wurde und in fortififatorifde Berwahrung fam, fomit der Brunnen
unbenützt bleibt. Dad Waffer ift frif, Hat aber viel Nitrum⸗Gehalt. Die
fammtliden Gebdube find 2 Stod hod und neuerer Beit erbaut, fehen aber
teinesfalld einfabend aus, fonbdern gleidjen mehr einer gaͤnzlich verwahrfosten
Burg, daher ber Anbli immer ein ditfterer iff. Ihr Inneres find zweireihige
Bellen, bie gu Gefdngniffen bienten. Wor jeder Zelle gewahrt man eine ftarke
niedere nummerirte Thuͤr mit feftem Eiſenbeſchlag und Schloß nebft einem Heinen
Gittergaffer, burd) welche Oeffnung ber Gefangenauffeher bie Cingefperrten bes
obadten fonnte. Gie Gatten es nicht fo ſchlecht, als vielfaltige grauenhafte Ge⸗
rüchte uͤber ben Spielberg circulirten, denn die grofe GHumanitat unferer Res
gierung verforgte fie mit jebweber geiftigen und leibliden Nahrung.
Hie und da erfteht man now in mancher Zelle originelle Inſchriften nebft
Malereien an ben Wanbden, die als biographiſche Bruchſtücke von bet Inearces
rirten verfaßt wurden. Sept find biefe Zellen von bem hier ftationirten Militar
bewohnt ober werden als Monturs⸗Magazine benuͤtzt. Alle uͤbrigen Ubicationen
ſind leer.
Der ſübdliche Tract war vor bem Jahre 1809 bas Zeughaus, welches durch
bie Franzoſen gerfldrt und ber Hier befindliche Pulverthurm in bie Luft gefprengt
wurde. Wenn man nad Befidtigung ber obern Räume in die untern hiſtori⸗
fGen gelangen will, fo muf man den Weg aur Kapelle einfdlagen, wo nebenan
eine fleine Thuͤr (erft neuerer Felt errichtet) und fiber mehrere Stufen in den
grofen Mallgraben Herableitet. Derfelbe ift von ungemein hohen Manern um:
friebet, bie auf felfiger Unterlage fufien; Hat eine reiche Bodenvegetation und
gibt gang bad Bild einer Nuine voll pittoresfer Farbentoͤne.
Die eigene Stille bed Ortes macht bie Phantaffe gefpannt auf bas yu
Schauende, von bem fich blos Hiftorifde Rudera erhielten. Hie und ba gewakrt
bas Muge gugemauerte Thiren, abgetragene Mauern ꝛc., Alles von ten viele
faltigen Umdanbderungen berftammend, bie hier vorgenommen wurden. Jn der
norddſtlichen Ede dieſes Wallgrabens ift ein Heiner Vorbau, ber die Leichenkam⸗
mer war. Daneben fuͤhrt eine niebere Thuͤr gu ben unteritdiſchen Gafematten,
beren Unterlage Gelfen, die Wolbung jebod Mauerweel ift.
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Alles Gotteslichtes unb faft jeder Luft beraubt, wurden Hier bie ſchwerſten
Verbreder yur Suͤhnung ihred Vergeheno beftraft, denn felten fam Giner febend
heraus. Mit bem Ucherfdreiten der Thürſchwelle wurde ber Außenwelt „Lebe⸗
wohl” gefagt. Diefe Eafematte sieht fid) in einem Doppelgang von 52 RKlaftern
in die Laͤnge. Der rechte Gang war in eingelne aneinanderftofende Zellen ab-
getheilt, bie, aus Balfen und Pfoften gesimmert, je einen Verbreder aufnahmen.
Seder derartige Golsfaften war 1° 4’ hod, 1° breit und 5! tief, folglich wenig
Raum zur Bewegung vorhanden. Davon ift fegt blod bie Spur an der Wand
und am Fußboden ubrig geblieben.
Der anbere linke Gang hatte ebenfalls durd Holz getheilte Sellen, zeigt
jedod nod die fir ben angeſchmiedeten Rirper gemadte Mauervertiefung, welde
colinderformig fiir ben Riden und den Kopf wie ein Abklatſch ausfieht. Der Ges
fangene ward fonad mit tem Rücken gegen die Wand burd einen eifernen
Ring um ben Hals und Leib fefigehalten, während eine lange Kette von Fuß
und Arm fic aufwarts gu einer Querftange von Gifen jog, bie an Fleinen Rins
gen, welde in ber Decke befeftiget waren, ſchwebte und dburd die ganze Weite
ber Cafematte führte. Nur machesmal ward dieſen Berbredern freie Bewegung
geftatte!, unb ifnen ber Ring vom Halé und Leib gedffnet, ohne aber die Fuss
und Armfetten, die an der Gifenftange hingen, absunehmen.
Die Nahrung beftand blos aus Brot und Waffer. Selten lebte fo ein
Yndivibuum aber 6 Woden, ba fih nad gänzlicher Erblinbung bald ber Tod
einftelte. Nur ein Gingiger fol e6 9 Monate ausgehalten haben. Man zeigt
aud bie Falthiir, burd bie man bie Unglidliden in biefen fdauerliden Kerker
herabließ.
Dies alles erzaͤhlte uns ber Cicerone und wir erwaͤhnen es in denſelben
Worten, mit Verwahrung gegen jede Selbſterfindung.
Dumpf weht und Hier die Luft an, wunderliche Figuren ſkizzirt unſer ei⸗
gener Schatten an Ne Wäande und fparlich dünkt uns ſchon die Fadel gu bren⸗
nen, welde unfer Fihrer nebft einem grofen Bunde Sliffel in den Hanbden
hàlt, Daber requiescant in sancta pace et mutantur tempora, unb wir cilen
au freterem Athmen an's liebe Tageslicht heraus.
Unterirdiſche Cafematten. — Joſephiniſcher Tract. — Trenk
Zelle. — Waſchhaus. — Zweite Zugbrücke. — Leopoldiniſcher
Tract. — Großer Canal. — Kerker. — Fahrweg. — Großes
Einfahrtsthor. — Baſtionen.) Oberhalb dieſer beſagten Cafematte befin⸗
det ſich ebenfalls ein Doppelzug von Kerkerzellen, die auch unterirdiſch, doch
durch ſtark vergitterte Lichtgaffer von oben erhellt werden. Ehe wir eintreten,
ſehen wir an der Außenwand eine Ceitenplatte mit einer gang verwitterten
Schrift angebradt, aus welder wir mit grofer Muͤhe entgiffern, daß diefer TGeil
unter dem Feldmarſchall Baron Seherr⸗Thoß und unter der Direftion bes Collo-
weG6- de Rochofie (? ridtig Rochepine) 1742 gebaut wurde.
Run thet und ter Cicerone in tie hifterdh denfatatige Selle des Pan:
Ouren-Corifen Freiherrn von ber Teeak Cie in We exite im tinfen Gange,
wahcend rechts cme Wackiute an tic rigen Jelien Oh anibliege. Hier alfo
brachte tex aligemem fbefennic. unt berüchtigge PenPuremamtaberr jeime legten
Sebeiage yu. Died Rammerceen, für cine Perio genng qeraumig, wifi 2° 2’
Ghnge, 1* 6* Dreite und 2 1’ Hobe, hat einen quien Hafbeten aus Hol:
breuern, cinen siemlich grogen Kacheloien, genug Lichte, da bad mit Gitter ver:
fehene Fenſter m ten Wallgraben fahet, und enh Ne Wande rein geweift
find, iolglich es leinesregs wie cin ſchauerlicher Kerler andieht. Sept find
ſreilich alle Gerathidaften weg und es fieht anf als Hiferifam ened Mannes
ba, von bem wit jo Bieleé, goar mehr des Sdlimmen al6 bes Guten ge-
hort haben !
Es mag ihe freilif Manges in cimiger Uchertreibung yar Scchuld gelegt
werden. €o fam er yu Folge peinliden Procefies 1746 anf lebenslaͤngliche
Gefangenigajt in tie Beke Spielberg, wo er, wie (Hon oben gejagt im 3. 1749
am 4. Oftober flash und darauf unter grofem Vollszuſtrömen Abends 7 Uhr
vurd bie Arrefianten in tie Gruft ter P. P. Raypuyiner yur Stadt herabge⸗
tragen und beigefegt warte. Ueber fein Leben und jcine Thaten find viele
Schriften erſchienen.
Mehr als 100 Jahre find ſeit femem Tobe im Laufe ber Zeit dahinge⸗
ſchwunden, bier oben Bleibt aber fein Rame aud fir tie 3ufunft erhalten.
Die ibrigen Kerkerzellen find jegt ganz dte, jomit nur nadte Mauern fidtbar.
Gine Menge morſches Holzwerk liegt auf der Erbe. Die Wanbde haben fie und
ba bergleiden Bertiefungen wie unten fiir ben Körper, erhielten aber durch
Luftzuͤge von oben ihr Licht. Dieſe obere Doppelcajematte if— 56° fang, bid zur
Weoibung 2° Hod und circa 4° breit. Der ganze Theil wird der Sofephinifge
Tract genannt, Darin bié gum Jahre 1791 Ne ſchwerſten Berbredher eingeferfert
waren. Ober demfelben find bie 2 Stod hohen Gebdiude aufgeführt. Wenn
man mun bis ané Ende der oberen Gafematte gefangt, fo fabrt cine Thür in
einen fleinen Hof, resp. Wallgraben, der nordweſtlich bie großen und gerdami-
gen, jedoch ebdenerdigen Waſchhausubicationen angebaut hat, die jegt Ruine find.
Hod ober felben prangt ein aud Etein gehauenes und mit den Oeffnungen fer
ble Rollfetten der Zugbrücke im Sabre 1809 vermauertes Thor, weldes ehemals
ben weftligen Eingang bildete. Diefer Wallgraden ift ſehr tief. Neben dem
Waſchhaus fuͤhrt eine hoͤlzerne gededte Treppe aufwaͤrts gu den Gebdubetheilen
be6 zweiten Burghofed.
Run haben wir nod den Leopoldinifden Tract gu befehen, der gleicfalls
im oͤſtlichen Wallgraben feinen Zugang hat, fomit gerade an ber entgegengefegten
Seite des Jofephinifhen Tractes fteht. Man gelangt von Oben durd eben die
Thiire neben der Rirdhe herab, oder geht gleich nad Befidhtigung bed Joſephi⸗
niſchen Tractes zurück; {creitet unter den Bogen der Einfahrtsbride gu der
verddeten Schlofferei, um bie herum eine reiche Begetation von allerhand wilden
Pflanzen und vimat Hollundergefirdud wuchert; Hipft aber bie vielen fest offe-
nen Ganallider bed Erbbodens, bis man eine niedere Thue findet, welGe zu
einem 50° langen, 2° 5° breiten und 1° 2’ hohen gewoͤlbten unterirvdifden Oange
führt. In felbem befinbet ſich der grofe aud Ziegeln gemauerte und abdfihdfig
laufende Ganal. Oberhalb dbiefes Ganges ift wieder eine doppelgängige Cafe:
matte fuͤr Kerkerzellen eingeridtet, aber gang zerſtört, ba Thiren, Fenfter, Oefen
und @itter audgebroden find. Rur bie Wachſtube voran ift erhalten, jedodw
wndeniigt. Man fieht now das Fachwerk fiir die Schlafftelien im den Abthel-
fungen, bie ziemlich gerdumig waren, fo wie die gang oben angebradten grofen
Lichtgaffer, welde 616 gum oberen Erdboben reichen und mit ftarfen ifenftdben
dreifach vergittert waren. aifer Leopold IL milderte hier bie Strafe der Vers
urtheilten durch feidteren Rerfergrad.
Zum Schluße unferer Wanderung umgehen wir nod bas grofe Gebaͤude⸗
Viereck.
Gleich von der Hauptwache aus nach links ſchreitend kommen wir zu
einem neuen Gebaäude, dad jetzt zu Officierswohnungen verwendet wird.
Hier sieht fi der breite Fahrweg herab in die Stadt, ben wir verfolgen,
wo uné redter Hand der ſüdliche Tract entgegenblidet. An felben find mebrere
vorſtehende Niſchen in gleicher Enifernung von einander angebaut, deren Oeffs
nungen mit ftarfen Gifenftaben und fiber Diefe wieder dichtes Drahtgefledte vers
ſchallt tft. Sie fehen wie grofe Rafige aus und bdienten alé Fenfterfappen fiir
bie unterirdiſchen Serfercafematten. infer Hand zieht fid eine grofe und bei
7 Klafter Hohe Schanzmauer zur Tiefe herab, die jedem Entweichungsverſuche
trotzte. Go kommt man zu einem einfachen Thore, das die ſübdweſtliche Cele
flanfirt, gehet dann weſtlich fort und iſt bald an dem noͤrdlichen Punkte, wo
bas große Ginfahrtéthor ſteht, darin au ebener Erde bie Wachtſtube iſt. Es iſt
aus Ziegeln gebaut, mit einem Dade verſehen und die Boͤgen aud Quabder⸗
ſteinen geſpannt. Das Portale, ebenfalls aus Steinmaterial gehauen, im Styl
des vorigen Jahrhunderts aufgeführt, hat als Krönung am Giebel das kaiſ.
oͤſterreichiſche Reichswappen. Run ſchreiten wir an einem gerdumigen Wachmann⸗
ſchaftohauſe vorbei, dDarneben eine in Felfen gearbeitete Cifterne ift, und wo fid
wieder ein Schanzthor geigt, bas gu den Pulverthirmen auswartés führt. Die
iibrigen Baftionen und Gourtinen, mit ibren grofen Sdangmauern, dazwiſchen
Walgraben und Garten ſich befinden, haben fein archaͤologiſches Intereffe.
So fommen wir endlih auf unfern erften Punt, bad griine Portale mit
feinem gebdedten Treppengange, wo wir bie Wanderung begonnen Haben, zuruͤck.
Wir faffen an diefem natürlichen Ruhes und Sammlungépuntte all bed Gefes
henen nochmals die maleriſche Umgebung ind Auge, weiden diefes an der freundliden
Lage unferer Stadt und fehren mit reich anregenden und befriedigenden Gindriiden
heim, dle wir mit Mufe ordnen und bem Gedddtniffe einpragen — als Erin⸗
nerung an dieſe hiſtoriſch denkwuͤrdige Burg, deren fagenumflungenes Riefen-
Gaupt in die aͤlteſte Gefdhidteperiode, ja in bie Mythengeit Maͤhrens ragt. —
RNadtrag gur S. 125. fam mm in Folge ber neuen Spinn⸗ und Garn⸗
orbuung fiir Mahren som 21. April 1755 (1. Abtheilung §. 7) aur Errichtung
von Spinn⸗ (Arbeits-) Hadufern, welche zugleich ald Aufbewahrungéorte von
Gefangenen dienten.
Sdon aus Anlaß ded a. h. Refkriptes vom 1. November 1755, welded
einen Unterſchied awifden ben gleid durch Partikular⸗Schub absufdiebenden erb⸗
Kindifden Bagabunder und dew. erft burd den Hauptſchub außer Qandes zu
ſchaffenden fremden auélindifden Perfonen (Vagabunden, Beltlern, Muͤſſiggaͤn⸗
gern) machte, wurde (18. November 1755) ben Kreishauptleuten aufgetragen,
diefe legteren, wenn fie im reife betreten wiirden, bis gum nddftfolgenden
Hauptſchube in dad in jeder königlichen Stadt nunmehro errichtete Spinnhaus
inbdeffen wohlverwahrt abliefern gu laffen.
Veber bad Cerft 1841 erridtete) Zwangs arbeits haus in Brinn
(S. meine Geſch. ber Humanitaäts⸗Anſtalten S. 322).
— —— — — — —
| I. Abſchnitth. |
Deitraͤge zur Geſchichte von Brinn in der neneren wud
neneſten Beit.
Einleitung.
Quellen wud Literature dec Geſchichte and Jeſchreibung von Brinn.
A. Sebvriften.
Wir haben fon in ber Borrede erwabnt, daf nod nicht ber Zeitpuntt
gefommen ift, eine Geſchichte der immer gewichtiger Hervoriretenden maͤhriſchen
Lanbeshauptftadt zu ſchreiben.
So viel auch uͤber Brinn geſammelt und geſchrieben worden, erſcheint es
doch im Ganzen nicht als viel und mehr als Material fuͤr einen kuͤnftigen Ge⸗
ſchichtoſchreiber. Bruͤnn ſteht ſelbſt Ginter vielen kleineren Staͤdten in fo fern
zuruͤck, als es auch nicht Einen Chroniſten uͤberhaupt oder auch nur uͤber einen
laͤngeren Zeitabſchnitt gefunden hat. Am meiſten fand, aber auch erſt in neuerer
Zeit, die Glanzſeite ſeiner Geſchichte, deſſen Rechtsleben Beachtung.
Es iſt lebhaft zu bedauern, daß keines der nicht wenigen alten kirchlichen
Inſtitute ber Stadt und ndchften Umgebung eine Chronif verfaßt ober ſich dod
feine erhalten Bat, weder der uralten St. Peteréfirde, nod ber alten Pfarr⸗
fiche St. Jakob, noch aud der Kiofter ber Prdmonfiratenfer (in Obro⸗
wig bei Brinn), Domintfaner und Minoriten, weldhe vor mehr ald
ſechshundert Jahren, ber Auguftiner und Karthdufer (in Koͤnigsfeld bei
Sriinn), welche vor einem halben Jahrtauſende entftanden find, ber Frangis-
faner, welde vor vier hundert Jahren auffamen.
Gs wird wohl erwähnt eined Anonymus Zabrdowicensis (Obrowig) aus
bem 13., eineé Chronicon Carthusiae in Kinigsfeld auS bem 14., einer Haus⸗
chronif bes briinner MinoritensRiofterd unter dem Titel Epicidium aué dem 15.
Sahrhunderte, einer Gefchidte ber Herburger Nonnen in Brinn von 1239 —
1577, einer historia Carthusiae Olomuc. et Brun. aué bem 17. Sabrhunderte
(meine Geſchichte ber hiftor. Lit. Maͤhr. und Sal. S. 110, 128, 148, 504,
Rotigenblatt ber hiſt. Seftion 1856 Mr. 6); allein fie find gum Theile verloren
gegangen ober nod nicht aufgefunden und oder doch nicht benugt worden.
1) Die Geſchichte bee Spielber’gs bilbet ben 2. Abſchnitt, was zu bemerlen Aberfehen wurde.
Vorhanden find, biethen jedoch feinen entſprechenden Erfag fir Chroniten
bie statata ecclesiae collegiatae S. Petri 1416 — 1428, Die statuta mona-
sterii domicellarum Cellae b. Mariae von 1440, die Einnahme- unb Ausgabe⸗
Regifter 1496 — 1509, 1523 — 1531, das Diplomatarium und Notabilia,
dann Urfunden-Ab(chriften berfelben, ein obrowiger Nefrolog aus tem 15. Jahr⸗
hunderte, die annales monasterii Zabrdovicensis 1205 — 1668, 1660 geſchrie⸗
Sen und bid 1741 fortgefegt, Urkunden⸗Abſchriften desſelben 1210 — 1629, ein
Diplomatarium Dominicanorum Brunae 1770, fol. eine historia Monasterii Do-
minicanorum Brunnae 1700, fol., historia stadii generalis Monasterii Domini-
canorum Brunae, fol,, Profeßbuch ded gu Anfang bed 14. Jahrhundertes errich⸗
teten Dominifaner>Ronnentlofers St. Anna in Brinn 1644 — 1781, die
Ronnen, Stifter und Wohlthater desſelben 1498 — 1785, Urkundenbuch desfelben,
1715 verfaft, historia Carthusiae Brun., series prioram et praelatorum Carth.
Bron. Giné der reichſten Kloͤſter an Original-Urfunden (der merkwuͤrdigſten auf
Pergament gab e6 483) war bad gu Anfang bed 14. Jahrhunderted gegrundete
ber Giftercienfer Ronnen in Altbrünnz; der raigerer Prop Pitter und
fein Gehilfe Habrich ordneten beffen Archiv, verfagten einen Catalog daruͤber und
nahmen Abſchriſten davon; ein beträchtlicher Theil der Urkunden und Bader
dieſes Mofters, wie jener in Tifdnowig, Nonigéfeld und St. Wnna in Brinn
muften 1782 an bie Hofbibliothef abgegedben werden (Meine Gejd. der Gift.
‘Rit. SG. 150, 296, 299, 301, 302, 322, 482 und Me Radtrdge im 6. B. ber
Schr. der Gift. Seft. S. 285, 286, 334, 336, Rotizenbl. 1856 Rr. 4 und 5).
Die Frangisfaner, deren Proving. Archiv 1619 vom Feuer verzehrt
wurde, erciddteten ein newed 1686 ju Brinn und 1747 wurbe ein fleipig ges
arbeiteteé Protokollum Archivi Brun. ad S. Mariam Magdalenam auf Anorbnung
bed Provingials RNidter verfaßt, das bis gue Aufhebung des Klofters 1783 forts
geführt wurde (Meine Lit. Geſch. S. 146).
Die neueren Orden ber Sefuiten (feit 1572) und Kapuziner (felt
1604) greifen auch nur in die neuere Geſchichte von Brinn ein. Die legeren
befigen nur cine Haus⸗Chronik (Wolny I. 45). Die erfteren haben in ihrem
bewahrlen Fleife Manches, aber bow keine Chronif gefdrieben und diefe wird
aud durd bie Annuae S. J. Boh. et Mor. 4 Sd. fol. M. S., bie historia Pro-
vinciae Bohemiae S. J. von Miller, M. S. und historia Soc. Jesu Prov. Boh.
von Schmidl, Prag 1747 — 59, 4 Bd. fol. (reicht nur von 1555 — 1653)
nicht erfegt. Speciell vom brünner Sefuiten s Collegium handeln u. a. folgende
in Handſchrift gebliebene Werfe: historia Collegii Brun. 1569 — 1581 mit
Eupplementen 1660 — 7, 1708 — 14, Geſchichte der Herburger Nonnen
1239 — 1577 und ber (an ihre Etelle getretenen) Sefuiten bid 1597, Diariom
rectoris S. J. Brun. 1629 — 1637, historia Collegii S. J. Brun. fol., historia
et diplomatarium Coll. S. J. Jesu Brun. fol., elogia defunctorum S. J. in Coll.
Brun. 2 $d. 4., historia monasterii B. V. M. Brunae, fol., rationes templi
ad B. Y. Mariam Coll. S, J. Brunae 1639 — 1691, fundationes und liber in-
formationum® Coll. Brun. 1746 — 1770, informatio uͤber deſſen Guͤter von
Bayar. Die sacri pulveres Boh. Mor. et Siles ber Sefuiten Cruger, Leutos
miſchel 1668 — 1676. und Balbin, gebdr. 1761 und 1767, theilen Manches
fiber bie Kirchen und Klöſter Briinn’s mit (Meine Lit. Geſchichte S. 127, 128,
171, 297, 300, 475).
Richt minder lebhaft ald bet bem Clerus empfinden wir den Mangel
einer Chronik Brünn's aus aAlterer Zeit, welche von ben gelehrten Stadtidhrei:
bern ober den bei allen Gemeindeverhaltnifje betheiligten Burgern Hervorgegane
gen ware. Wir wiffen nur von historice adnotationes Johannis notarii Bru-
nensis e libro losungarum ejusdem civitatis 1345 — 1365 und von einer Res
fation ũber bie Unfalle ber gegen ben Nonig Georg verbiindeten maͤhr. Stadte
yon 1467 (MNotijenblatt 1856 ©. 27 und 320). Bon weld’ unſchätzbarem
Werthe ware es, wenn wir Chronifen uͤber jene merkwuͤrdige und dle folgende
Beit befaffen, wie fi Breslau feiner von Efdenloer (1440 — 1479) und
Pol (965 — 1623) rühmen fann (Meine Lit. Geſch. S. 30, 73), von welden
inBbefonbere bie erftere aud) manches Lidt auf Brinn fallen (aft (Bohemia
1828, 1.8. S. 225 ff., 536 ff. S. auch Schlager wiener Skizzen V. 168, 194).
Wir miiffen uns entſchädigen an unferen weit verbreiteten und vielfach
angewenteten Stadtrechten (1243 beftatigt Konig Wenzel bad Municipalredt,
1268 Koͤnig Ottofar bas Judenredt), welche Me Schoͤffen fortbildeten und
fleifige Sammler jujammentrugen und bewahrten. Die berithmtefte Aufzeichnung
ift jene bed Stadtſchreibers Johann vom Jabre 1353 (©. Rofler, deutſche
Rectsdbenfmaler in Böhmen und Mähren S. XL. und 356). Der briinner
Schoͤffe Michael Siebenkind ſchrieb vor 1376 die bruͤnner Rechte gufammen;
ben alten handſchriftlichen Codex bentigte der mabr. Geſchichtsforſcher Stredow sly
(S. Ddeffen sacra Mor. hist. p. 36). Gine etwas vermehrte Eammlung der
Rechtsſpruͤche ift vom Stadtſchreiber Wenceslaus de Iglavia, 1446 voflendet ;
fie fiegt bem alten Druce um 1490 gu Grund. Wir haben diefer, wie andes
rer Sammlungen ber brinner Rechte und der bis 1628 reichenden Rechtsſprüche
des brünner Schoͤppenſtuhles bereité anderwarts gedadt; inébefondere ber
Fegteren von 1406—1417, von 1471—1616, ber bruͤnner Redte in einer boͤhmiſchen
Handſchrift vom Jahre 1543 (beim Grafen Thun in Tetfchen), dee bruͤnner
Stadtrechte und Schöppenſprüche in bohmifder Ueberfepung aus bem 15. Sabre
hunderte gu Biteſch, der brünner Rechte, lateinifd und bohmifd aus dem 16. Jahr⸗
bunbderte, des Manipulus juris civ. (Brunn.), der Belehrungen ded bruͤnner Stadt:
tatheS an den hradiſcher u. a. Auch der 5 Stadt brünner Copiarbiider von
4521 — 41, 1578, 1589, 1599 unb 1603, fo wie ber von 1344 beginnenden
Stab t+ (Grund-) und der von 1345 bid gegen das Ende bes 16. Jahrhunderts
reichenden widtigen Loſungbücher wurde fon anderwarté erwaͤhnt (Meine
Rit. Geſch. ©. 25, 28, 70, 164, 487, 489, Beitrage dazu im 6. B. d. Sehr.
b. hiſt. Seft. S. 260).
Go einen hervortagenden Namen ber briinner Rechtsſchatz ber Stadt gab,
vergaf man aber bod ihre Geſchicke und ihr Leben ber Nachwelt aufyubewahren.
Ginen Schimmer werfen auf jeneéd ihrer Zeit bie Schriften ber Aerste Jordan
und Sporifd, namlid bes erfteren Luis novae in Moravia exoria (Luſtſeuche)
descriptio, Francofurti 1577 und 1580, aud unter dem Titel Morbus brano —
gallicus, eb. 1583, und des anberen de symptomatibus crudelissimis, quae urbis
Brune incolis supervenerant, et descriptio Civitatis Brunae, Francof. 1582.
Sie fibrten die aweite mähr. Landeshauptftadt in die europdifdhe Geographie
ein, wie fie ber Pole Paprocky in feinem Spiegel ded Markgrafthumeds
Maͤhren, Olmiig 1593, (mit der erften bildlichen Darftellung von Brinn) der
Slavenwelt befannter machte (Meine Bit. Geſch. S. 73, Sar. d. Gift. Gel.
VI. 244, 252, 262).
Es war die Zeit, wo es feinen erften einheimiſchen Chroniſten fand.
Die erſte einen groferen Zeitraum umfaffende Chronik von Brünn iſt
naͤmlich jene bed Apothekers und Rathsherrn Georg Ludwig (+ 1609), welche
von 1555 — 1604 reidt und ein intereffanted Bild ber fatholifmen Gegenres
formation, ber bierauf geridteten Thatigfeit ded Cardinals Dietridftein und
ber Gultur > Z3uftande ter Zeit gibt.
Sie war bisher gaͤnzlich unbefannt, bis id auf deren Grifteng (in ber
Gerron? den Sammlung) aufmerkſam machte (Literatur⸗Geſchichte S. 71) und
Peter Ritter von Chlumecky fie mit werthvollen Beitragen 1859 herausgad.
Gortgefegt wurde fie von Mar Ferdinand Grofagl von Hohenfels
vom 30. September 1646 bid einſchließig 1685; wo fic aber diefe Fortfegung
befindet, iſt unbefannt').
Bis auf die fpdter zur Sprache fommende kurze Chronik bon Hanzely ift
jene von Yubwig bie eingige, welde man bidher Fennt.
Wohl Hatten aber Mehrere die Denkwiirdigfeiten ber Statt Brinn gefam-
melt, ihre Geſchichte geſchrieben, ihre Merkwürdigkeiten und Zuftande dargeftellt,
damit aber webder die Aufſchreibungen ber Zeitgenoffen, in tenen ſich bad Leben
abfptegelt, erfept, nod den Stoff erſchoͤpft.
Es ift erflarlid und dankbar anguerfennen, daß fic ber den rubmvolften
Abſchnitt aus ber Geſchichte Briinn’s fiber bie Vertheitigung gegen die Schwe⸗
ben im 3ufammenbange mit bem Marien» Cultus eine eigene Literatur ges
y Cerroni gibt dies, wie Ludwig’s Todesjahr, in feinen Beitrigen zur Beſchreibung Sriluns
(Handidrift im Franzensmuſeum) und gwar in bem Ezteakte aus Ludwig an. Mad die⸗
fem Auszuge hetrathete May GrbfGl von Hohenfels (welder ber am 30. September 1646
$ Ratheverwaudte Vartholomaius Garfdeline von Hebenfele adoptirte) am 12. Februar
1647 bie Suftine Reinert, Todter bes olmilger Rathéverwandten Ladiflaus Kleinert. Grö⸗
fel ſtand mit Ludwig in Familien+ Verbindung, denn be’ erfteren Todter Katharina
(fF 1656) wurde 1616 bie Gemalin bes Johann Grdfdel vou Hohenfels (Chlumedy
©. Vil).
bildet Hat (S. Koller S. VIN. und meine Schrift S. 35 und 70 hieruͤber, Brinn
1845, meine Geld. d. hiſt. Sit. M. und Sahl. S. 96, 119, 199, 143, 153,
- $26, Sehr. der Gift. Seft. VI. B. S. 264, 279, 281 — 262).
Gin fleißiger Sammler, Ordner und Bewahrer ber Rechte und Denkwür⸗
bigfeiten der Stadt und der BVerhandlungen bes Stadtrathes nach ber Mie
fGen Belagerung war ter Shndifud Sebaftian Gutor (1647 -- 1666,
brismer Wochenblatt 1826 S. 138, meine Geſchichte d. hiſt Lit. S. 153,
d. hiſt. Selt. VI. 267, 309).
Gr fascieulirte alle Akten nach der einmonatlichen Dauer bes Buͤrgermei⸗
ſteramtes eines ‘jeden Rathéverwantten, verfaßte, als Anleitung und Muſter,
eine Eemzleiordnung, und ſchrieb: Summariſche kurze, Beſchreibung der fF. Stadt
Brunn, 1661 M. S. nebſt einem Ertrakte ber Privilegien und Freiheiten derſel⸗
ben vom Jahre 1647 (im Chaos Pessinianam in Gerroni’s Slg. ©. Dudif
J. 241, 248, 309).
Alsé fih Peſſina, ber Vater ber mahrijden Geſchichtsſchreibung, daran
madte, Mahren gu befchreiben, gab ber bruͤnner Stabtrath in feiner Unterftits
gung bad Beifpiel, intem er ifm guerft die Denkwürdigkeiten und Antiquitaten
von Brinn überſchickte (S. Peffina, Moravographie 1663).
Der Syndifus Georg Ignaz Koſchinsky (+ 1701 alé Ritter von Koſchin,
faiferl. Hofrath und Herr von Wolfing, Ahnherr ter Freiherrn von Koſchinſky)
ſchrieb 1669 bie Geſchichte der Stadt Brinn in lateinifder Sprade, jedod ohne
3ufammenhang und tlefere Forſchung, aud nicht vollftandig (gelangte ald Ganbd-
ſchrift in Gerroni’é Sammlung). Die gefdicdtliden Nachrichten, welde der
Sefuit Cruger in feinen sacri pulveres (1668) über Brinn gab, danfte er
meiftené ber Mitheilung Koſchinſky's (Meine Lit. Geſch. S. 153).
Gir die Gefcidte von Brinn war die brinner Hiftorifer - Familie Han-
ge thatig. Der, briinner Syndifus Anton Sebaftian Hangely Cgeb. 1710,
t 1781) war ein eifriger Sammler, deffen Schriften leider nur in Brucdftiden
aué den Handen ved Protomedifud Steiner von Pfungen (+ 1836) in meine
gelangten. Gr hinterließ unter andern unvollendet in Handſchrift: Jungfraͤuli⸗
Ger Ehrenfrang der jederjeit getreuen f. Etadt Brinn, dann ein von 1723 bid
1752 reichendes Diartum (herausg. von mir im 9. B. ber Sd. d. hiſt. Seft.
©. 438 — 451), welded indbefondere ein anſchauliches Bild bed Einguges
und Aufenthalted red Kaiſerpaares Franz und Maria Thereſia in Brinn (1748)
gibt, fo wie ein ſpäteres Diarium, von weldem nur einige Notizen aus bem
Jahre 1755 (eb. ©. 451 — 2) Sefannt find.
Sein Bruder Adeodatu’ Hangely, Profes und Bibliothefar bed Augue
finer > Stiftes ©. Thomas in Brinn (febte im hohen Alter nod 1765), machte
unter bem Vitel Urbis Brunensis Memorabilia eine Sammlung von Druchkſchriften
und Rotaten, meiftené auf die Belagerung von Brinn durch die Sweden, Souches
und den Marien⸗Cultus Begug nebmend, vom Jabre 1763, 1 Band M. S. in
4. im genannten Stifte.
Gr dürfte wohl aud her Verfaſſer der maͤhr. Univ. Hiftorie und Bruns
grapbhie fein, die ſich in Cerroni's Sammlung befindet (Oubif 6. 244).
Der Gymnaftal «Lehrer und fleifige iterator Garl Joſeph Hangely
(+ .1806) bebauerte bie Harte des Schickſals, das ifm nur den allergeringſten
Theil ber eigenen ſowohl alé der gefammelten Schriften gelafjen, pried in bem
Werfdhen: Gloria posthuma studiosorum Brunensium in obsidione suecica s.
1645 pro urbe militantium, Brunae 1798, das rubmlide Berhalten ber brünner
Stubenten wabhrend der ſchwediſchen Belagerung, ſchrieb bad: Fumfzigjaͤhrige
Andenken bed auf bem brinner Rathhausthurme den 1. Juli 1799 neu aufs
gefegtem hoͤchſten Knopfes, Brinn 1799, und beabfichtigte 1806 bie Herausgabe
fogenannter briinnerifder Miſcellen b. i. nit einer Chronif over pragmatiſchen
Geſchichte ber Stadt, wovon ihn gunehmendes Alter, miflihe Geſundheitsum—
flanbe und Mangel an Quellen guritdhielten, fondern nur Meittheilungen folder
Denkwirbigfeiten, welde Briinn und feine Umgegend betreffen, in Deuter,
lateiniſcher uud boͤhmiſcher Sprache, wie er fie felbft gefammelt oder von Fremben
fon vor langerer Zeit erhalten hatte.
Diefes Vorhaben fam aber nicht zur Ausführung. Das (don gum Drude
vorbereitete 1. Heft ded 1. Bandes enthalt die erwahnte Gangleiorbnung bed
Syndikus Sutor mit Roten und Erlduterungen von Hanzely, ferner ein Gedicht
Origo Brunae (ofne allen poetiſchen Werth) mit Hiftorifden Erklaͤrungen von
Hanjely, ben Be foldungs ftatus ber Magiftrate in ben k. Stadten
Mihrens von 1783, endlich Anjragen an mabr. Literatoren über einige fele
tene Buͤcher.
Hanzely's nicht gang unbedeutender Bichervorrath und feine Handſchriften,
in benen fic viele Beitrage sur Geſchichte Bruͤnns befunden haben follen, famen
in den Beſttz ſeines Schuͤlers und danfbaren Freunded des nachherigen Protos
medikus Steiner, von diefem in wenigen Brucftiden (barunter bad 1. H. der
Miſcellen) in meinen (S. uber bie Familie Hangely meine Geſch. der Hift. ir.
Mabhr. und Schl. S. 145, 153, 279, Schriften der hift. Seftion 6. B. S. 287,
309, 9. Bd. S. 438, 452).
Die grofe Gefabrdung bed Thrones und Staated nad Rarl VE Tod
(1740), bad Aufrajfen aus langer Lethargie und die Belebung und Reugeftals
tung ber Berhaltniffe bed Staates und der Kirche unter M. Therefia brachee
aud Leben und Geift in die heimifhe Geſchichtsforſchung.
In Boczes Sammlung ift ein bruͤnner Tagebudy vom Jahre 1741 (Ro-
tigenblatt 1856 Str. 6).
Der Lieutenant bei bem mahr. Generalfommando Soh. Mid. Kind! be-
ſchrieb ben preuff. ſaͤchſ. Einfall in Maͤhren uud die Blodade von Brinn, Briws
1748, 4. (Meine Lit. Geſch. S. 169, 329).
Zur Zeit, als Biegelbauer und Pitter in Mähren, Dobner, Voigk
und Peljel in Boͤhmen cine neue Cpode in ber Geſchichtſchreibung dieſer Laͤn⸗
ber begriinbeten; feblte 6 and in Brinn nidt an Mtannern, welde fir beffen
Geſchichte wirkten. :
Das Diarium des Syndikus Hangely und die Arbeiten ſeines Bruberé
wurden fon genannt. Des Legteren Ordendsgenoffen Haura (+1750), Perts
f@er und Kraus fammelten fiir dad Kloſter St. Thomas (GS. meine Lit.
Gejdidte S. 144) '). .
' . Haura fdrieb aud eine Geſchichte des brünner Collegiatfapitels
unb ber Peterskirche, M.S. fol. (Schriften der hiſt. Seft. VI. 282).
Der raigerer Benediftiner Haan (+ 1744) ordnete bad Archiv ber briins
ner Gollegiatfirde, bie raigerer Benediftiner Pitter (+ 1764), ber Verfaffer
be@ grofen Monasticon Moraviae, und Habrid (Ff 1794) ordneten bas reide
Archiv ded Ciftercienfers Ronnenflofters in Althrinn, der legtere
aud bad Archiv bes brünner Capitels, die reiden Ardive ber brunner
Stabdtgemeinbde und Der Pfarrfirdhe St. Jakob. Pitter (dried die
Gefdhidte der St. Peter- und ber Jakobskirche, Habrich jene der lepteren.
Aud brad er mit dem Freiberrn von Senkenberg Cin deffen visiones diversae
de Collect. leg. Germ, Lipsiae 1765 bie alten briinner Rechte und Ottofaré
Geſetz fiir dte briinner Suden find) unb Dobner (monum. hist. 4. Bv., Prag
1779) burd) bie GHerausgabe ber jura primaeva Moraviae, Brunae 1781 (bars
unter bie brimner Rechte von 1229 und 1243) die Bahn auf bem Felbe der
vaterlanbifden und namentlih der brünner Rechtsgeſchichte, deren Hobe
Bedeutung fobann Voigt, Dobner und Monfe (die alteften Munictpalredte
ber Stadt Brinn, Olmiig 1788) zu wiirdigen begannen (Meine Lit. Geſch.
€. 133, 220, 222, 225, 229, 348, 482, Schr. ber hiſt. Seft. VI. 294, 338) 2).
1) Von Haura ift bie historia Monasterii S. Thomae 1744, M. S. 275 Bogen fol. und eine
Sammlung von Sdriften, Relationen, eigenen MNotaten über bic Creigniffe fener Zeit im
In⸗ und Auslande M. S. 4 Gb. fol., von Pertſcher ein Kofter-lrfundenbud von 1745,
M. S. in 187 Gogen fol. und cine historia in Annales Mii Brun. aliarumqae von 1769,
M. S. in 301 Bogen fol. mit Fortf. von Michael Gruber von 1777 — 1788 (Notizen⸗
blatt 1856 S. 43); von Kraus find viele Schriften im Rlofter.
2) Jn Raigern find von Knopp: Entwurf vieler kaiſ. päbſt. u. a. Dignititen, Präeminentien
unb Freiheiten ber Collegiatkirche S. Petri in Brünn 1728, fol., von Haan statuta
ecclesiae colleg. in monte S. Petri Brunae, fundationes, donationes, praebendae, errec-
tiones etc., M. S., von Pitter eine Gefdidte ber Collegiatlirde St. Peter und eine
historia diplom. Ecclesiae et juris patronatus ad S. Jacobum Brunae, MM. S. fol., von
Habrid: de origine et futis Bibl. ecclesiae ad S. Jacohum Brunae cum catalogo, M.
S.. fol.,.unb series Parochorom ejusdem eccl, ab a. 1233 — 1776, M. S. fol. Bitter
biirfte wohl bie (S. 483 meiner Lit. Geſch.) erwahnte hist, colleg. ecclesiae ad S. Petrum
Branae, ftarfer Band fol., und bie Bruna sacra seu codex dipl. faft aller brünner Rircdeu,
namentlich bei St. Peter und St. Jakob, angehiren. Auf dem briinner Rathhauſe und
abſchriftlich in Cerroni’s Geſch. mabr. Bibl. 4. Bb. 10. BL. 4. (396 Diplom.) ift der von
' Pitter 1762: verfaßte Cathalogus -privilegioram, literarom yeteris archivi Curiae Brun,
14
210
Mls ſich um bie Mitte ded 18. Jahrhundertes die einheimiſche Geſchichts⸗
forfdung regte, machte ſich hierin aud ber Landesadvokat Balaus (+ 1752)
bemerfbar, welder durch audgebreitete Renntniffe in der Landesverfaffung und
ben Landesgefegen, fo wie burd eine far feinen Stand. und feine Zeit grofe
Pibliothef einen Namen gewann und berufen wurde, an einer neuen Landed
orbnung mit gu arbeiten. Jn feiner Gammlung befanden fich viele Handſchriften
ber altes mähr., brünner und olmiger Rect, eine Beſchreibung Maͤhrens, bes
fonders yon Olmiig und Brinn, fol.; von ihm ift in Cerroni's Gammlung ein
tractatus de Moraviae metropoli, M. S. fol. (Meine Lit. Geſch. S. 163, 295,
Schr. der hiſt. Seft. VL 289, Dubif, Quellen I. 262).
Von bem ungemein fleigigen aber unkritiſchen Sammlerr Friebef (fF 1802)
find aud Beitrdge gur Gefdhidte von Brünn (Meine Lit. Geſch. S.
216) und von bem Erwerber bes beften Theiles feiner Sammlung unp Sdriften,
bem Sanbesabvofaten Wefebrod (+ 1815) in Olmig Beitrage zur Ges
fhidte Brinns von ihrem Urfprunge bid auf gegenwartige Zeiten, welde
fon die Orudbewilligung Hatten und fidh in Handſchrift in der olmuͤtzer Biblio⸗
the befinben follen (eb. S. 281, Sch. d. Hift. Seft. VI. 302).
In die grofe Sammlung Cerroni’s (+ 1826) gelangten nicht wenige
ber fon erwabnten Handſchriften zur Geſchichte von Brinn; er becidfichtigte
aud) in feinen eigenen vielen Arbeiten aur Literdr-, Kunſt⸗, Kirchengeſchichte
u. a. die Landeshauptſtadt, ein eigened Werf uber diefelbe Hat er aber nidt
guriidgelafjen und bie hiſtoriſchen Daten gur Beſchreibung von Brinn
(MM. S. im Frangensmufeum) find von geringem Belange (S. uber ihn meine Lit.
Geſch. S. 285 — 305, Nachträge im 6. B. db. Sehr. bd. Hift. Ceft. ©. 3,
296, 302 — 304, 309, Dubif, mabr. Geſch. Quellen I. Einl. 1 — 28).
Auf Cerroni’s Mittheilungen beruht zunächſt bas Werkhen Franzky's
(+ 1802): Biirgertreue. Verſuch einer Geſchichte von bem tapfern und patrios
tiſchen BVerhalten ber Birger Briinnéd und ihrer BVercinigung in ein Burgers
forps, bon 1421 an, Brinn 1798 (Meine Lit. Geſch. S. 276, 6, B. Sehr. Hift.
Sekt. ©. 175, 197, 221).
Damit war fiir langere Zeit die bruͤnner Geſchichtsforſchung abgefdlofien.
Des Schaufpielers Flet Gedichte uber Brünn und feine Vorftadte, Brinn 1814,
geben hoͤchſtens einen Zeitſpiegel. Der ſehr unterridtete und eifrige Forſcher
Horky (+ 1844) kündigte gwar (1824) die Herausgabe einer vollftandigen Gee
{Hidte Briinnd an; fie fam aber nie gu Stande (Meine Lit. Geſch. S. 342
— 345, 6. Bb. Sehr. hiſt. Sekt. S. 304).
Die lange vernadlaffigte Kunſtgeſchichte fand endlid an bem tuctigen
Bilbhauer Schweigel (+ 1812), an Cerroni, an dem Zeidenlehrer Cham⸗
bres (©. Schriften der Hift. Sekt. 6. Bd. S. 301, 313, 9. Bd., wo id S. 361
— 410 beffen Nachlaß eines mähr. Kuͤnſtlers mittheilte, ber Brinn insbeſon⸗
bere ©. 394 — 399), an Rinfolini (meine Lit. Oeſch. S. 278), vorgiige
lid) aber an Hawlik (+ 1846) eifrige Freunde, deren Schriften Wolny (in
911
feinen Zopogtaphien) unb Dudif (ofterr. Vit. Bl. 1844 Mr. 75 — 78) bes
niigten. Bon Harwlif (meine Lit. Geſch. ©. 277, Sehr. ver hiſt. Seft. VI. 230)
ſind indbeſondere gu bemerfen: Ueber bildende Kunſt in Maͤhren (ofterr. Lit.
Annalen 1810), Nachrichten ther die Kunſtwerke in Briinns Kirchen (im briin-
ner Wochenbl. 1824 — 27) und bie felbftftindigen Werkchen: Zur Geſchichte
ber Baufunft, der bildenden und zeichnenden Minfte in Maͤhren, Brinn 1838,
bann Erganzungen hiezu, eb. 1841.
So viel aud über Brinn geſchrieben fein mochte, gelangte bod) bas Wee
nigfte in bie Oeffentlicdfeit, blieb faft ANes in Archiven und BibliotheFen ver-
ſchloſſen, unbenuͤtzt und unzugänglich.
Dies begegnete namentlich mir, als ich mit jugendlichem Feuer auf die Bear⸗
beitung ber Geſchichte meiner Vaterſtadt mich warf; was dermal die Gunſt der
Berhaͤltniſſe im neu geſchaffenen Landesarchive mit ben erworbenen reichen
Schaͤtzen Cerroni's und Boczek's, im Franzensmuſeum wu. a. in fo einladender
Weife bietet, war mir faft gang verfagt. Ohne Leiter und Gebilfen, ohne Mite
theilungen von Forfdern (Cerroni gab nur einige unbebeutende Notizen), auf
bie Quellen befchranft, welche in ben offentlidhen Bibliothefen gu Olmig, Prag
und Brinn, in den Sammlungen Schwoy's und Zlobipfy’s im chaotiſch zuſam⸗
mengewiirfelten Frangendmufeum ober in ben Btudftiden von Hanjely’s Samm⸗
(ung muͤhſam aufgefudt werden muften, fonnte id) eben nur einen Verſuch der
Gefhidte Bruͤnns (Sriinn 1828) wagen. Gleichwohl fand er freundliche Auf⸗
nahme und Anklang, weil er endlich in einer dem groͤßeren Publikum verſtaͤnd⸗
licheren Form und Sprache die Geſchicke und das Leben der Vorzeit zeichnete
und zuerſt auf bisher unbeachtete Rechts- und Culturverhältniſſe Rückſicht nahm.
Fortan habe ich keine Gelegenheit meiner ämtlichen und außerämtlichen Stellung
vorũbergehen laſſen, nach Verkümmerung bes politiſchen und Gemeinde⸗ vorzugs⸗
weiſe dad Cultur⸗Leben hervorzuheben und bemerkbar yu machen. Was id hier⸗
über in Beziehung auf Bruͤnn bisher veroffentlidte, deutet die Vorrede an
(S. audh meine Lit. Geſch. S. 358, Schr. ber Hift. Sekt. VI. 306).
Seitdem hat insbefondere ber topographiſche Theil der Kunde Branns eine
eingehendere, wenn gleich lange nidt ausreidende Behandlung gefunden: durch
S. Sdneider (Bruͤnn und feine Denfwirdigkeiten. Ein Handbud fiir Cin-
Heimifhe und Wegweifer fir Fremde. Mit einem Plane der Stadt fammt Bors
ftaédten. Brinn 1830, 16.), © 3. Schmidt (Brinn und feine Umgebungen.
Gin Gemalbe biefer &. Provingial« Hauptftatt. Brinn 1835, gr. 12), Gregor
Wolny (Die k. Hauptftadt Brinn und bie Herrfdaft Eisgrub fammt der Um⸗
gebuong ber lepteren, topographiſch, ftatifti(d und hiſtoriſch gefdifbert, Brinn
1836, 8. Aus feiner Topographie Maͤhrens befonders abgebruct), Albin H eins
tid (ber briinner Kreis in Mr. 11 bes pittoresfen Oefterreid), Johann H of-
mann (Die Reife auf ber Gifenbahn von Wien nad Brinn, nebft einer Bee
ſchreibung von Brinn und feinen Merfwirdigfeiten, Wien 1839), Johann
Vogl (Merkwirdigteiten und Gagen aus der Umgegend Brünn's mit 10 Ku⸗
14*
212
pferftiden. Wien 1840 (1842), in ber von Rohrer und Oberal (1839 —
1840) rebigirten Zeitſchrift Moravia (namentlid von bem legteren das indus
ſtrielle Leben Briinn’s 1840 GS. 340—344, Menſchen und Dinge in Brinn, 1843
Rr. 87—93, 99), in Jurende’s (Oheral’s) mar. Wanderer fiir 1845 (Brinn und
feine Umgebung, mit Begiehung auf die geognoftifdhen BVerhaltniffe und bie k. k.
Staatseifendahn, ©. 164 — 175, mit einer Karte ber Gegend von Brin bis
PBlanffo), im neuen Bothen aus Maͤhren fiir 1845 (Befdhreibung von Brinn,
8 Bl. mit 2 Anfidten), in den Berichten der brünner Handelsfammer feit 1851,
in ben Zeitſchriften ber geologifden Reichsanſtalt, des Wernervereins gu Brinn,
ber botaniſchen Geſellſchaft in Wien u. a.').
3m maͤhriſchen Diplomatar von Boczek (+ 1847. GS. uber ifn meine
Lit, Geſch. S. 362 ff.), Chytil (eb. ©. 371, Sehr. Gift. Sekt. VI. 308) und
Peter Ritter von EHlumedy (Sehr. hiſt. Seft. VI. 315), bisher in 7 B. bis
1345, gewann nidt nur die Gefdidte von Brinn, fondern damit in untrenns
barer Berbindung aud bas Stddtewefen Uberhaupt eine urfundlide Grundlage
und Beleudtung. Sn nod groferem Maße wurde fie ibe gu Theil durch bie
ausgezeichneten Leiftungen mehrerer Zoglinge ber neuen hiſtoriſchen Rechtsſchule.
Emil Roͤßler ſchrieb cine Quellenfunde der Rechtsgeſchichte Boͤhmens (dfterr.
Lit. Bl 1846 Mr. 46); die Bedeutung und Behandlung ber sfterr. Rechtsge⸗
fdidte, Brag 1847; deutſche Rechtsdenkmäler aus Boͤhmen und Maͤhren, 1. B.
Prag 1845, 2. B. die Stadtrecte von Brinn aus dem 13. und 14. Jahrhun⸗
berte mit Grlduterungen und einer einleitenden Darftellung ber Anfange des
ſtaͤdt. Rechts⸗ und Verkehrslebens in Mabren, Prag 1853. Profeffor Weis le
fand hierin Anlag gu Bemerfungen über bad briinner Schöffenbuch private und
prozeßrechtlichen Inhaltes (in der Zeitſchrift für deutſches Ret von Befeler
u. a. 14. B. 1. ©). Schon frither hatte (Muftria 1844 ©. 172 — 204),
Anton Bed in ben briinner Rechtsfallen bad alte Rechtsleben in Boͤhmen und
Maͤhren geseinet, Wirth in dem Stadtredte von Wiener-Neuftadt, Wien
1846, dad Stabtewefen und die Stadtredte in Deutſchland und Oefterreih,
inébefondere im 12. — 14. Jahrhunderte, behandelt und ftets mit bem brün⸗
ner und iglauer vergliden (Meine Lit. Geſch. GS. 337, 413, 428, Sar. Hift.
Sekt. VI. 314).
Run ging Tomaſchek (Deutidhes Ret in Oeſterreich im 13. Jahrhun⸗
bert. Auf Grundlage bes Stadtredtes von Jglau, Wien 1859, 8.) nod ties
i) Engelmann’s Bibliotheca Geographica, Leipzig 1857, filbrt ©. 376 an: Wriinn, tope-
graphiſche und hiſtoriſche Motizen über die Hauptſtadt Mährens, nebft einem vollftindigen
Berzeichniß aller in der Stadt befindlichen Häuſer, deren Eigenthümer 2c. Geſammelt und
entworfen von W. S. Hrib (Htip, Budhbaltungs-Rechnungsofficiale), redigirt von H. Mend,
Brinn 1824, 8. mit 2 Kupfern. Dieſes (ſeichte) Werk wurde gwar geſchrieben (defſen
Durchſicht und Berbefferung lehnte ih ab), mag aud von Gaſtl angeflindigt worden fein,
fanz aber nidt heraus, wenigftens nie gu meiner Anficht.
213
fer ein, inbem er, nach Borausfendung einer Darftelung bed alten flavifden
Landrechted, Die ighauer Stadtrechte aus ber Mitte bed 13. Jahrhnndertes im
- Perhadliniffe gu anderen Rechtsquellen zeigte und die einzelnen Artifel derfelben
mit gleichzeitigen ober friiferen und anberen deutſchen Rehtsquellen namentlid
bem briinner, verglid und ben Rechtsftoff zur Darftellung der Altefterr Stadt⸗
und Re&téverfaffung bearbdeitete.
Adolph Mitter von Wolfstron (Meine Lit. Geſch. S. 377, Sehr. der
Gift. Seft. VI. 315, 338), ein Mann von feltener Ausbilbung in archaͤologiſcher
und zugleich finfilider Begiehung, wanbdte eine gefdarfte und eingehenbdere Auf.
merffamfeit unferen Kunſtalterthümern gu. Dads erfte, was ſich thm gus
naͤchſt bot, war bad Portal des brinner Rathhaufes Cofterr. Vit. Blaͤt⸗
ter 1844 Nr. 78) und bie Zderad⸗Säule bei Brinn (eb. 1846 Mr. 10).
Dann madte er glückliche und intercffante Funde von Miniaturen aud dem
13. bid 15. Jahrhunderte in ber St. Jakobeo⸗Bibliothek und dem. brinner
Stabtardive. Er fopirte bie vorgiiglidften, 43 an ber Zahl, um fie durch
ben Farbendrud in ber Art ber von ihm Herausgegebenen Hebwigslegende yu
veroffentliden, toad eine reiche Fundgrube fiir Kunft:, Rechts⸗ und Sittenges
ſchichte gegeben hatte. Dads Jahr 1848 und ber Tod ded Mäacens Clemens
Freiherrn von Hiigel vereitelten die Ausfkhrung des Begonnenen.
Mus gleiden Griinden unterblied aud die Herausgabe eines raifonnt.
renben Ratalogs ber Sncunabels-Drudwerfe der Jakobsbiblio—
thef gu Brinn, einer faft gang vollendeten Arbeit. Diefer Katalog follte
burdh viele Schriftproben, Druckzeichen und andere Facfimile’s illuſtrirt und
ein Geitenftid gu Brunet und Falfenftein werden.
Glidlider war eine 3wifdhenarbeit, namlid ein „Bericht her 3 Hols
ſchnitte aus einer Handſchrift bes 15. Sahrhunbdertes der St. Jakobs⸗-Biblio—
thef gu Brinn mit 3 Nachbildungen der Holsfdnitte” (in den Quellen und
Gorfdungen aur vaterl. Geſch. Lit. und Kunſt, Wien 1846).
Zu einer ,Befdreibung und Gefdidte ber St. Jakobskirche“ au
Brinn, fo wie jener gu Kanitz und Tifdnowig in der Nabe liegen Plane
und Unfidhten lange bereit. Leider Hat ein Augenübel und die Entfernung von
Brunn nad Lemberg Wolfskron's viel verfpredende Wirkſamkeit gehemmt.
ou feine Fußſtapfen trat ber eifrige und rührige Kuſtos⸗Adjunkt Maurig
Trapp, befannt nidt nur durch feine Leiftungen in den Schriften der böhm.
ardaologifden Sektion, fondern auc fpeciell auf unferem Boden, wo er fic die
Refte alter Kunſt in der St. Niflastirdhe, im Oominifanerflofter-Gange, im alten
Landhaufe (S. Notizenblatt 1859 Rr. 7), auf ber alten Burg Spielberg (Brine
ner 3eitung 1859 Nr. 284 — 289) u. a. gum Borwurfe feiner alterthinnliden
Studien wabhlte und mit friſchem Cifer naw alten Kunſtdenkmälern forfdt.
Wir wüͤnſchen ihm viel Glid und Ausdauer auf diefem nod gu wenig bebaus
ten Felde. |
214
Faͤnde fish nur redjt bald ber Forfher und begiehungsweife die guͤnſtige
Qdfung unferer Gemeindeverhaliniffe, welche die reichen Schaͤtze unfered Made.
Archives auffdloffe und vor ber Hand wenigſtens die treffliden und mufters
haften Regeften ber Stadt Brinn und anderer Rorporationen von Pos
lykarp Roller (Meine Lit, Geſch. S. 377, 486, Sehr. ber Hift. Sekt. VI. 310)
in die Oeffentlichfeit gelangen fiefe. Dads, was bisher geſchrieben worden, und
bas, was fid) in bem Urfunden + Vorrathe, in den Rechts⸗, Loſung⸗, Etadts,
Grund⸗ u. a. Biidern, in den Stadtprotofollen und Stabdtrednungen (Ser.
ber hiſt. Seft. VI. 323), im Gubernial-Ardive, im Landesardive, in den Ratas
firal-Operaten, im Frangensmufeum, bei dem Landed: und Ober - LandeSgerichte
u. a. (Meine Lit. Geſch. S. 461 — 476, 481, Sehr. Hift. Sekt. VI. 334) vors
findet, bietet fo reichen Stoff, daß ſich nicht nur Skizzen, wie bie Wiener von
SGlager, und Commentare, wie Chlumedy’s trefflider gu Ludwigs Chronif,
fondern aud eine alle Seiten beriidfidtigende Geſchichte von Brinn fdreiben
ließe '). Moͤge fie recht bald and Lidt treten. Ginftweilen wolle man die fols
genden Beitraͤge freundlid aufnehmen.
B. Sdufer- Verjeichuiffe u dgl.
Seit im Jahre 1775 bie Numerirung ber Häuſer in Brinn
auffam, erſchienen im Wechſel ber Dinge mehrere Haufer-Bergeicniffe ober Haufer-
Sdemata, namlid, fo weit mir befannt:
Verzeichniß ber in ber f. Stadt Brinn befindliden Gaffen, numerirten
Haͤuſer, Inhaber und ihrer Schilde, Brinn 1779, 8. (nur Stadt).
Verzeichniß der fowohl in ber f& Hauptftadt Brinn nad ihren vier Biers
ten, bann ob denen zur Stadt gehorigen, als auc rings um die Stadt liegens
ben Borftddten befindliden Gaffen, numerirten Haufer, Inhaber und ihrer
Schilde, auch gu was fiir einer Pfarre diefe ober jene Gaffe in der Stadt und
ben Borftadten gehorig. Bon Fofeph Primitiv Lemmer (biirgerlidem Rings⸗
mann). Mit Siedleriſchen Schriften. 1785, 8 Neue Auflage 1794, 8.
Neuer Notizſchema von der k. Hauptftadt Brinn fur das Jahr 1789,
barinnen ber Handlungs-Etat, ber Manufafturen, Fabrifen, Kiunftler, Profeffio-
niften, Handwerfer und fonften zur nuͤtzlichen Auskunft dienenden Gegenftande
in alphabetifer Ordbnung mit Benennung der Wohnhaufer, Plage, Gaffen, Haus:
infaber, ihren Schildern und Militarnummern der Haufer in ber Stadt und in
den Borftadten au finden, aud andere nodthige Nachrichten der aufblahenden
Kinften, Stiftungen und Wiffenfdaften enthalten find. Brinn bei Joh. Silv.
Giebler. 1789, 8.
1) Bur vergleichenden Beniigung mögen aus unferer Nabe bienen die Stadtgeſchichten Kloſe's
bon Breslau, Fifdher’s oon Olmütz, meine von Iglau, Hormayr’s und Tidifdta’s von
Wien, Tomel’s von Prag, Pejhel’s von Zittau, Nenmann’s von Görlitz u. ſ. w.
215
Vollſtaͤndiges Verzeichniß aller in ber faiferligen aud f. & Hauptſtadt
Brinn und ihrer Vorftadte befindliden und nun neu numerirten Haéufer,
_ beren Gigenthimer, Straffen, Gaffen und Plage nebft genauer Angeige ber
Griinde und Pfarren, gu denen jebes Haus gehort. Bon Anton Rrommer,
Magiftraté-Raitofficier und Konftriptions:-Rommiffar. Brinn und Olmig 1806,
im Berlage bei Sohann Georg Gaſtl, 8.
Verzeichniß der Haufer der k. Stadt Brinn und ihrer Cigenthimer, Briinn
1818, 4. (aun Scheibenhof's Plan).
Haͤuſer⸗Schema von Brinn ober Verzeichniß aller in der k. GHauptftadt
Brünn und ihren Vorftddten befindliden Haufer, deren Cigenthimer, Straffen,
Gafjen und Plage, nebft genauer Anzeige ber Grundobrigfeiten und Pfarren,
qu denen jedes Haus gehort. Bon Ferdinand Kraus, k. k. Poligeibeamten,
Brinn 1826, neue Auflage 1833, 8.
Handbud bed Fabrifs-, Handels- und Gewerbe⸗-Standes im Bezirke der
briinner Hanbeld- und Gewerbe⸗Kammer, von Dr. Robert Heym, Sefretdr ders
felben, Brinn 1852, 8.
| Schematismus fir Brinn, von Joh. Alex. Herlth, Vice⸗Bürgermeiſter,
Brinn 1853. Zweiter Sahrgang unter dem Titel: Allgemeines UAdreffenbud
und Hauferfdema flr die k. Hauptftadt Brinn, von demfelben, Brann 1856, fl. 8.
C. Plane, Anfichten und Rarten der Stadt Brünn
und Des Spiclberges.
Sn Paprody’s Spiegel des Markgrafthums Mahren, Olmütz 1593, ift dte
bisher befannte erfte Anſicht ber Stadt Brinn von der olmilger Seite (Holzſtich).
Es ift diefelbe, weldhe aud auf der Karte Maͤhrens von Comenius, in
ber Ausgabe Fiſchers von 1645, 1664, erfdeint (Dasſelbe ift ber Fall mit ben
Wnfidten von Olmig und Znaim. Die in Paprody befindlichen Anfichten
von Hradiſch, Iglau, Kremfier und Troppau übergingen nidt auf
Diefe arte. Uebrigens enthalt bad Titelblbtt yum 4. Bude von Paprody
(fol. 276) in fleinen Bignetten aud) nocd die Anfidhten von Weißkirchen,
Prerau, Wifdau, Proßnitz, Neuftadt, AWufterlig, wie in dem
Gremplar von Paprody’s Werfe angedeutet ift, welded fic im Franzens-Mu⸗
feum befindet).
Innere Stavtanficht (einige Gaffen) von Brinn, 1643 von Mar Groer,
auf Kupfer gemablt, Botivgemalde, im Franzensmufeum, vom Altgrafen Calm
geſchenkt (Mittheilungen 1822 ©. 320, 1829 ©. 16).
Briinn (geftodhener Plan ber Stadt und Vorftadte in Zeiler’s Topogra-
phie von Bohmen, Mabhren und Schleſien, Franffurt 1650, mit Erflarungen
der vorzuͤglichſten Objefte, auf deren Angabe ſich mehr beſchraͤnkt wurde, von
A bid V, obne Angabe bes Namens bes Stechers und bes Orteds, wie der
Jahreszahl, wohl aus bem 17. Jahrh., im Franjgend-Mufeum).
216
Unfit von Beyer und Zeyſer 1650 (Ardiv fie Sfterr. Geſch. 1850
Il. 711). .
Bom Maler Benno Hin ttermayer, welder 1682 bas Biirgerredt
in Brinn erhielt, ift fehr fleigig ber Plan ber Stadt Brinn und der Umgegend
wahrend der Belagerung burch bie Schweden (1645) auf einem grofen Blatte
in Oehl abgebildet. Das Bild befindet fic auf dem brünner Rathhauſe (briin:
ner Wochenbl. 1825 S. 86, Hawlif, Geſch. dee Kuͤnſte in Mahren, S. 26).
Aufe! / verjuͤngt, von Pinfawa gezeichnet, in Forfter’d art. Anflalt yu Wien
jinfograpbict, wurbe biefe Abbildung aus Anlaß bes zweihundertjaͤhrigen Jubi-
laͤums 1845 verdffentlict.
Auf dem Rathhaufe ift audh eine Anficht ber Stadt Brinn, vom Maler
Spieß, ber 1676 bad Bürgerrecht von Brinn erbielt, wie fie gu feiner
Zeit beftand, mit ber Umgegend (Hawlif S. 25).
EKleine Anficht ber Stadt. Fanc. Wohlhaupter (Moravia 1841 S. 140)
delineavit. Dom. Rossetti sculpsit Wienne.
Gine fleine Anſicht der Stadt in 8., die ſchwed. Belagerung vorfteend,
Sefus und Maria ber ber Stadt ſchwebend, 1653 auf RKoften ber Maria
Bruderſchaft von Seb. Benet in Wien (W.).
Anſicht von Brinn zur Zeit Ferdinand IL (f 1657), Kupferſtich von
Laidig (um 1712 in Brinn. Hawlif ©. 31), demfelben, welder die grofe
Müller'ſche Karte Maͤhrens geftoden fat.
Brinn, 1692. fellIX noVI annl aVspICIVM et Dies VoVIt. Celsissi-
mis, Excellentissimis, Illustrissimis, Perillustribus, Generosis, Nobilibus, Am-
plissimis Dominis Dominis Inclyti Marchionatus Moraviae Statibus Patriae Pa-
tribus Brunae in Provintiali Comitio adonatis. F. Dominicus Ord. Praed.
sculpsit Bernardus Sinapi excudit Brunae. (@eft. Blan der Stabt und Vor
ftabte auf einem Regalbogen mit Angabe nicht nur der vorzuͤglichſten Objefte
von 1 — 27, fondern aud) ber Bezeichnung der Plage, Gaffen, Thore, Haufer,
Srunnen, Statuen u. a; im Franz. Muſ.).
Anfidt von Brinn, 1692, und Olmiig, 1692, vom faif. Kammermaler
Bolbert von WHlen fiir den Kaiſer (Archiv fur ofterr. Geſch. 1850 Il. 707).
Brinn in Mabren. J. P. Wolff Sell. Erben Rr. 49 (geft. Anſicht
von ber Gubdfeite, im Franz. Muſeum).
Eigentliche Vorftelung der berühmten Stadt Brinn nebft der dabei lie
genden treffliden Feftung Spielberg in der Marggrafidaft Mahren, mit beſon⸗
berem Fleiß gezeichnet von Friedrid) Bernhard Werner, Siles. und in Kupfer
gebradt und verlegt von Martin Engelbre dt, KNunftverleger yu Augfpurg
(auc) mit fat. Vert); enthalt in 5 Anfichten Cim Frang. Muſeum):
a) Profpeft von der Statt Brinn in Maͤhren (Anſicht von der Gudfeite,
mit ber Grflarung von 30 Objeften),
217
b) Profpeft ber Weliberuͤhmten Veſtung Spiehlberg genannt gu Brinn in
Mahren, fammt bem Darunter gelegenen alt Brinn,
c) Profpeft ber Dominifaner-Rird und dahinten gelegenen Landthaus auf
dem Fiſchmarkt,
- G) Proſpekt des Obern Platzes oder Markts gu Brünn gegen bem Graäffl.
Kannitziſchen und Grdffl. Coboriſchen Hauß angufehen (mit der Marien:
Statue),
e) Brofpeft bes fogenannten Krautmarkts oder untern Plages in der Stadt
Brinn, mit feinem Kuͤnſtlichen Brunnen, fo einen Felfen vorſtellt.
Das Bildniß der ſchwarzen Mutter⸗Gottes bei St. Thomas mit einer Anz
fidt der Stadt Brinn (1730), in Kupfer geftocen.
Eine huͤbſche in Kupfer geftodhene Anſicht der Stadt und ded Spielberges
fammt ter Umgebung erfdien bei Gelegenheit ber Krdnung bes Marienbildes
bef St. Thomas (unter bem Titel Mater Dei nigra etc.) am 10. Mai 1736.
Anfidht von Briinn zur Beit ber preuff. Blofade (1742), Votivtafel bei
St. Thomas, fpdter in der altbruͤnner Kirche, nun im Kloſter. Dr. Schenkel
gab fte im verfleinerten Maßſtabe im mahr. Wanderer fiir 1845 heraus.
Der Nachſtich ber millle:’fdhen Karte Mahrené von le Rouge 1742 ents
haͤlt Heine Plaine von Olmig, Iglau, Neuftadt und Brinn, jener von Lotter,
Augsburg 1758, von Brinn und Olmiig (meine Geſch. der Landfarten M. und
Sal. im 5. Bd. ber Sehr. der Hiftor. Sektion G. 89).
Sancta Maria major mit einem Profpefte von Brinn, von dem Benediftiner
und gefdidten Rupferftecher Carl Birkhart (f 1749, Dlabacz I. 177, öſterr.
Encykl. If. 303).
Ware Delineation der foniglichen Stadt Brinn in Maͤhren, (geſt. von)
J. C..L. Schlecht nadgeftoden von Sohann Freund unter bem Titel: Pro⸗
fpect ber f. f. Hauptſtadt Brinn fammt der Feftung Spilberg.
Anfiht von Brünn von J. S. 1763.
Anfidht von Brinn, Thomad Schweigel inv. Georg Thomas Poforny
sc. 1790.
(Plan ver) f. Maher. Haupt» Stadt Brinn (mit Benennung der 559 Haus⸗
eigenthtimer), vom Baudirektions⸗Ingenieur Stoſchek, 1794, Kupſerſtich von
J. Sechan.
Briinner Rathhausthurm. 8. Brinn 1799 (Bibl. Austr. ©. 179).
Anfidt von Brinn, Holsfdnitt von Stephan Kohlneder 1808.
Brinn, Anſicht von der Oftfeite, L. von Scheibenhof del. dto. von
ber Südſeite. Arrighoni del. J. Hesse sculpsit. Brinn.
Der aus Wien an bas brünner Theater berufene ausgezeichnete Maſchi⸗
niſt Giradoni gab auc (um 1814) eine trefflide optiſche Darftellung von
Brinn (Meine Geſch. d. Theaters in Mahren und Sehlefien S. 122).
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Grunblage der Stadt Brinn. Seiner Excellens bem Gouverneur SGrafen
von Mittrowsfy gewidbmet von L. edlen von Scheibenhof. Seftocden im
3. 1817 1).
Brinn mit ben Vorftdadten und der umliegenden Gegend, aufgenommen
und gezeichnet durch Hauptmann von Scheibenhof, Brinn 1815. Maßſtab
1 : 15385, in Supfer geftohen von Sohann David. Smyp. Fol. Herausge-
geben 1820.
1) Ueber benfelben ſchrieb Jurendes in den vaterländiſchen Blattern 1818 Nr. 47: Brünm ere
bielt 1818 enblic einen Grundriß: Grimblage ber Stadt Brinn. — Sr. EreeHlengs dem
bodg. Herrn Anton Friebrid Grafen Mitrowsty ec, gemibmet non & * * * Edlen von
Sdeibenhof (rüher Gauptmann im Generalftabe, bamal Adjunften ber mähr. ſchleſ.
Straffenbaudireftion). |
Diefer ſchön und genau ausgefilhrte, von einem berühmten Künſtler Wiens fauber
geftodene Plan Brünns zeigt bie Grunblage oom Innern ber uralten Stadt. Jedes ber
567 Häuſer mit ibren Hansunummern, Hifen, Vrunnen, Garten unb andern Wulagen find
auf bas Genauefte eingetragen. Da feblt nichts Wefentlides. Sogar alle unterirdijden
Wafferleitungen gu den 10 dffentliden Springbrunnen ber Stadt, alle Candle fammt
Canalbffnungen — jene angebentet durch Punktenreihen, dieſe durch Parallellinien find
eingetragen; and) bie Anlagen auf bem Frangensberge find ba. Der Plan ift 20 Zoll tang,
15 breit. Das Verzeichniß dazu, enthaltend alle Hanfer innerhalb ber Stabtmaner, neunt
bie gegenwärtigen Hausbefiger nad den fortlaufenden Hausnummern.
Refultate und Anfidten baraus :
Brünn hat innerhalb ber Stadtmauer (der ebemaligen Feftung siverfe ohne den Spiel-
berg) einen Flächenraum von 69'/, Joc) (eigentlid 110, 848 Quad. Klaftern). Diefen
Raum nehmen baher die 567 Häuſer, die 9 Kirchen, 3 Klöſter, 7 Plage, alle die Straffen,
Gaffen, Höfe und Garten ein.
Der Umfang ber innern oder igentlichen Stadt ohne Vorſtädte beträgt 1250 Klaf⸗
ter. Der längſte Durchſchnitt von ber Süd⸗ nad ber Nord⸗Baſtionsſeite hat 519 Klafter,
von Weften nad Often vom Briinner+ gum Neuthor 370 Rlafter. Die Mitte ber Stadt
trifft beilaufig bas Gaus Nr. 74 auf der Oſtſeite des grogen Plawes.
Brünn bat 3 Gauptplaige:
1) Der grofe Blak, hat einen Fladhenraum von 2840 Quad. Klajtern. Bebeutende
Wodenmartte ba, die Hauptwade, eine fine Säule, gu einem Gnomon verwendet burd
Wuſſin, ber die bis anderthalb Minuten ridtige Mittagslinie mit Quadern fiber das Straf-
fenpflafter og.
2) Srautmarft, 2689 Quad. Klaft. Parnaf.
3) Dominifanerplas, 1081 Quad. Klaft. Die vier kleinern: Jafober-, Kapuziner⸗,
Römer⸗Platz, Brandftadt.
Die Stadt, uralt, hat wenig Ordnung und Regelmafighett in ber Anlage der
Plage, Straffen und Gafjen, alles wintelig, eckig, verſchoben, die Straffen find durchaus
zu enge für bas heutige totale 36000köpfige Menſchenkapital.
Das größte Haus iſt bas ehemalige Kloſter ber Jeſuiten, hat 7 Höfe.
Die Kathedrallirche zu St. Peter liegt im Süden Brünns auf einem Felſen, 130
Klafter über der Meeresfläche, auf dem höchſten Punkte der innern Stadt.
Der höchſte Thurm iſt ber bei St. Jakob, 46 Klafter hoch, die 115 Ct. ſchwere
Glocke hängt 17 Klaſter hoch. U. ſ. w.
16 Gnfidten vom Franzensbetge, von Richter, (bruͤnner Wochenblatt
1827 S. 24).
Brinn, Unfidt von der Ofifeite, gez. von & von Scheibenhof, dto.,
von der Siidfeite, ges. von Arrighoni, beidbe in Kupfer geſtochen von S. Heffe
in Brinn, Veilage yu Jurende's vaterl. Pilger f. 1820.
Anfidt von Brinn, oom wiener Minftler Alois von Saar, im Gemad
ber Raiferin (Oefterr. Ardhin 1829 GS. 4).
Sm Frangensmufeum befindet fid eine vom Baubdireftioné-Ingenieur von
Berniere verfertigte plaſtiſche Darftellung bes Spielbergs (Mittheilungen
1824 ©. 184).
Brinn ohne Vorſtädte mit Numerirung ber Häuſer, mit ihren Gandlen
und Wafferbauten. Maßſtab 1 : 2700 Ruypferftih. Smp. Fol. (Brinn 1817).
Karte ber Stadt Brinn fammt den BVorftddten, 1828 von ber Baudirek-
tion gum Amisgebraude verfertigt.
Rataftralmappe.
Die Umgebungen von Brinn (bis 2 Mellen) in 6 SGeftionen mit Bafts
tung auf ben Ratafter vom Generalquartiermeifterftabe verfaßt und heraudgegeben.
Topographiſche Karte ber Umgebungen von Brinn Cofterr. Encykl. VI. 399).
Specielle topographifhe Karte ber Umgebungen von Brinn und Turas
yom f. k. General + Ciuartiermeifterftabe. 11 Bl. Maßſtab 1 : 14,400. Wien
1835. Begreift bie Gegend zwiſchen den Orten Wohantſchitz, Habruwka, Rauß⸗
nip, Eibenſchitz, Koberitz, Noffig d. i. 5 Meilen von W. naw O., 3 Meilen von
N. nad S.
Daguerotipirte Anſichten (“Moravia 1840 S. 114).
In Sdhimmer’s Gefhidhtss und Erinnerungsfalender fiir 1838 ift eine
Hiftor. topog. Darftellung von Briinn nebft einer Anficht diefer Stadt.
Plan der £. f. Provingial-Hauptftadt Briinn mit bem Lagerplage von Duras
.(vom f. k. Ingenieur⸗ Hauptmann von Gaal, 1839). Förſter's art. Anft. in
Wien. Verlag von Seidel & Comp. Briinn.
Merhwiirdigfeiten und Sagen aus der Umgegend von Brinn, von Johann
Vogl, mit 10 Kupferftihen, Wien 1840 (1842).
Anfidht von Brinn und feiner Umgebungen, von Pernold, lithog.
Wien 1844.
Anſicht von Briinn und dto. bed Spielbergs, geftoden von Würbs,
im neuen Bothen von Mabren, 1845.
Brinn. Bahnhof dec Staats und Nordeifenbahn. Gaſtl'ſches Haus.
Nowyhrader Tunnel. Brunnen auf dem Krautmarft. Auguftiner Kirche. Dents
mal auf bem §ranjendberg. Biaduct der Rordbahn. Rathhaus- Thor. Btas
buct ber Staatéeifenbafn. Klein'ſches Haus. Mazzocha. Mahr. Volkstrachten.
Sorxhlet'ſche Fabrik. Brunnen im Gaſtl'ſchen Haus. Stich und Druck ber
LEunſtanſtalt bed oͤſterr. Lloyd in Trieſt und Wien (Beilage gu Gaſtl's Bothen
aus Maͤhren 1851).
Anſicht von Brann (von der Rettungs + Anflalt aufgenommen), nach der
Ratur gez. von Chapuy, lith. von Gantmann, gebr. bei Rauch in Wien (1852).
Situationéplan ber f. Landeshauptftatt Brünn fammt allen Borftddten
von Franz Dolejal, Wien 1858.
(Ueber ben Spielberg S. aud ©. 106 diefed Buches).
Gintheilung des zu bebandeluden Stoffes.
Wir haben fdon erwaͤhnt, daß die folgenden Beiträge zunächſt aus der
neueren und neueften Zeit genommen werden follen. Dies fann und foll jedoch
felbftverftanblidh die vorausgegangene nidt unbebdingt audf(dliefen, vielmefir
miffen bie nothigen Anknüpfungspunkte aus derfelben entlehnt werden.
Die gefelige Verbindung einer Maſſe von Menſchen an einem gefdlofs
fenen Orte Hat nicht Cine, fondern mefrere Grundlagen. Die alteften Staͤdte
Bat tein Gefeg, fein Vertrag erſchaffen; ber büͤrgerliche Gemeindeverband erwuchs
aus mefreren gufammenwirfenden Urfaden.
Drei Grundurfadhen erzengen ben Gemeindeverband ber Stddte. Die erfte
ift dad gang materielle Nebencinanbderbeftehen einer Menge von
Wohnungen innerhalb ded Edubes der Mauern, Walle md Sraben.
Da fie gue gemeinfamen Siderheit vorhanden find, alfo allen in ber
Stadt ben Schutz und Vortheil gewadhren, fo fern fie naͤmlich unterhalten, und,
wo e6 Moth thut, vertheidbigt werden miiffen, entfteht eine natuͤrliche Berbinds
lichkeit Aller gur Unterhaltung -und Vertheidbigung ber ftadtifden VBefeftigung.
Es müſſen Geldbeitrage und Kriegsdienfte geleiftet werden. Daher die Bewaff-
nung ber Gtadtebewohner oder eines Theils berfelben, bie Burge rmiliy, die
mit allen Stadten begonnen Hat, und erft fpdter durd das Wuffommen der
ftehenden Heere verdrangt wurde, in unferen Tagen aber wieder auflebte.
Gin aweiter Berband der Stadtebewohner ift der religisfe. Die Kirche iſt
ein wefentlider BWereinigungspunft ber Menfden, mamentlid) bet chriſtlichen
Bolfern. Auch die Kirche ift ben Stadtern ein Gemeingut; ohne gemeinfames
Unterftiigen ift fie nicht möglich. Das religids-Firdhlide Band erzeugt bie P fare
rei und mit bem Gteigen ber Bevdlferung bie Pfarreien oder Pfarefprengel,
aué denen fid ganz natirlid) bie Abtheilung der verfdiedenen ſtaͤdtiſchen Quar⸗
tiere entwickelt.
Der dritte Vereinigungspunft iſt der eigentlide juriſtiſche, namlid die
Unterordnung aller Stadtebewohner unter ein gemeinfames, aus ihrer Mitte
gebilbeted Gericht. Died Geriht iſt dad fladtifhe Schöffenthum. Das
Rest, von feinem eigenen Richter gerichtet gu werden, war ein fo weſentliches
Privilegium der Birger, daß es als eine Grundbedingung des ftadtijhen Bers
eineé angefehen wurde. Daburd) entftand ein eigentliche Gemeindewe fen,
bie ſtaͤdtiſche Freibeit.
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So find alfo die BefeRigung der geſchloſſenen Orte, bie Rirde und
bad Schöffenthum die drei Grundlagen des Gemeindeverbandes (Warnkd-
nig, flandriſche Staaté- und Rechtsgeſchichte L 332 ff).
Diefelben follen uns gunddft als Leitfaden bei ber Ordnung bes gu bes
handelnden Stoffes dienen; daran fich reifen, wads das eben materiel gu vers
beffern, geiftig gu veredeln, gu verfdonern geeignet ift.
Ginen Theilungégrund bildet bie Zeit Joſeph LL, welde einen bedeut,
famen Abſfchnitt in der Gefchichte bildet, nachdem damal nicht nur bad Rechts⸗
und bad Firchlide, fonbdern bad Leben überhaupt einen merkwürdigen Wanbel
erfuhr. Wir wollen, ohne uns durchgaͤngig binden gu laffen, dieſe Theilung
nad) Thunlidfeit einbalten.
I. Abtheiſung.
Die nenere Beit bis in Joſeph Il. Cage.
I. Die fortififatorifden Werke und Gründe.
Die gefammte Staatsorbnung der alten Slawen gründete fich befanntlid
auf ber Gaus oder Supenverfaffung. Wie Lshmen war aud Maͤhren in Jupen
ober Gaue (provinciae) fdon feit unbdenflider Zeit eingetheilt und bdiefe Gins
theilung fing mit bem Syfteme ber Landesvertheidigung in ber Art gufammen,
daß feber Stamm in feinem Gaue wenigftend Cine Burg Hatte, welche gur
Zeit ded Kriegeds als Zufluchteftatte diente und außerdem der Sig der Borftes
her und Beamten ber Supa war. Gine Supa von Brinn fommt juerft im
Jahre 1028 (Bocel I. 115, Palady J. 272) und dieſes feit der Mitte ded 11.
Jahrhundertes nidt nur alé Hauptort ber Rupa, fondern aud als Sig eigener
Abtheilungéfirften bid gum Ende des 12. Sahrhundertes von (Bocef I. 123,
129, 199 u. ſ. w., Palady 1. 174, 175, 290, 390). Wenn Briinn in jener
Seit urbs, civitas genannt wird (Bocef I. 126 (3. 1052), 171 (1086), 184
(1088) 339, 349, u. f. w.), ift darunter nidjt eine Stadt im fpateren Ginne
des Wortes gu verftehen, dba eS damal in ben bohm. Lanbern noc feine fradtis
{de BVerfaffung gab, ſondern es beziehen fich bie Woͤrter castrum, castellum,
Civitas, oppidum, urbs eben fo auf bie Burgen felbft, wie bie Ausdritde ca-
strenses, castellani, cives, oppidani, urbani u. {. w. auf bie Bewohner derfels
ben (Tomef, Geſch. von Prag I. 13, 20, 29, 43, 48, 50, Barthold, Geſchichte
des Stddtewefens, Gaupp u. a.).
Obwohl ver brinner Burg urfundlig nit vor bem Jahre 1197 gedacht
wird (©. 6. 81 ff.), Fann e8 body feinem Zweifel unterliegen, daß fich die weit
frühere urkundliche Erwaͤhnung von Brinn auf dieſelbe bezieht. Da fle fon
im Jahre 1091 eine Belagerung durd den Konig Wratislaw beftand (Pubitſchka
IV. 39 — 44, meine Geſch. von Brinn S. 24 — 28, Ralady I. 322 — 326),
mufte fie wohl befeftigt fein. Wir wiffen aber nights davon und wollen und
daher unter ähnlichen Verhaltniffen bei Prag Raths erholen. Zur Fett Libusa's
(fagt Tomef I. 13, 30, 141, 143) waren bie Schloßmauern Prags one Zweis
fel unanſehnlich und vielleiht nur hölzern, fo wie bet verfdiedenen anteren
Burgen; unter ben Boleslawen aber, 300 Sabre fpater, mag die prager Burg
wohl fon gang anders ausgefehen haben. 3u einer Zeit, die bem Sedadt-
niffe bed alteften bohm. Chroniften Kosmas fron viel ndber war, etwa um
bad Jahr 1050, lief endlid) Herzog Bretislaw bie Mauern ber prager Burg
ringsum uberbauen. Fürſt Sobiedlaw, welder verſchiedene Bauten gum Zwecke
ber Landesvertheidigung ausſuͤhrte, baute (feit 1135) bie prager Burg in vers
befferter Befeftigungsweife nad bem Mufter der italienifmen Stadte
um, vielleicht aud fefte Thürme, welder feitbem ofter erwaähnt wird. Die
Trefflifeit bes Baues bewaͤhrte ſchon bie nddfte Belagerung Prags durd ben
mabrifden Gurften Conrad (1142), bei welder verſchiedene zerſtörende Werke
geuge und große Wurfgefdhoffe (machinae, balistae) in Anwendung famen.
Mud die Mauern der Burg Wysehrad waren yur Zeit des Cosmas ſchon von °
Stein und man hielt fie fir fefter als die bed prager Schloffes.
Jedes Zupenſchloß war zugleich eine grofe fürſtliche Haushaltung; bei
jedem befanden fid daher Dienftleute von verjdiedenen Handwerfen und anderen
Beſchäftigungen, welde mit ber Zeit wahrſcheinlich nicht alle in ber Burg felbft
Platz fanden, fondern unter bderfelben angefiedelt werden mufter. Bei dem
Wo hnfipe fo vicler fuͤrſtlichen Beamten, welche ber auserwählte Theil bes Abels
waren, mufte von felbft ein grofer Zudrang von Leuten entftehen, daher ber befte
Abſatz für bie Gewerbserzeugniffe und fir Waaren ber verfdhiedenften Gattung.
Gs gab died die Veranlaffung gur Bilbung von Burgfleden (Vor ftadten,
suburbia), welde, wie bie Urfunden jeigen, augleid) Marktorte und gwar
bie vorgiiglidiften ber Supa waren (Tomef S. 20, 67).
Mis Konig Premyfl in Bohmen (1197 — 1230) und fein Bruder Marts
graf Wladislaw in Mahren (1197 — 1222) zuerſt in audgedehnterem Mage
freie Gtabte gu grinten, einen freien Bürgerſtand zu ſchaffen bes
gannen, um ihre mit der Zeit geſchmaͤlerten Einkünfte gu vermehren und dadurch
neue Mittel gur Starfung igrer Macht gegen dad Ueberhandnehmen ber Macht
bed Mdels yu erlangen, ummauerten fie diefe Orte, wad ihnen erft den
Eharafter einer Stadt gab, ba mit ber Ummauerung ber efemaligen Marttfies
den und anbderer Orte gewoͤhnlich die Ertheilung von ſtaͤdtiſchen Betolegien x unb
die Einführung deutider Anfledler zuſammenhing.
Jn Brinn mag died indbefonbdere gur Zeit gefdehen fein, wo Koͤnig Pies
myél 1228 biefe Stadt ermeiterte (Bocef 1. 208), die Kloͤſter der Do⸗
minifaner, Minoriten und ber Dominifanerinnen bet Mariazell entftanden, die
St. Jafobsfirhe sur Pfarre erhoben (1231) und fir die romanifden Kauf—
leute eine eigene Kirche gu St. Niflas gebaut wurde, wahrend von Alters Her
bie Böhmen yu St. Peter, die Deutſchen aber gu St. Jakob gebirten,
u. f. w. (Meine Geſch. von Brinn S. 79 — 86, 253, 257). Diefe Mtauern,
wenn fle {don erbaut waren, ſchüͤtzten gwar nicht die Stadt gegen die Grobes
tung burd Konig Wenzel im Sahre 1233 (Palady Il. 105), wohl aber gegen
bie ſchrecklichen Tataren (1241), welche Mähren und namentlid) die nahen Rlo-
fter Obrowig, Raigern, Tifdnowig und Daubrawnik verheerten, der Helagerten
QHauptftadte Olmütz und Briinn aber nicht Meifter werden fonnten (Bocef III.
69, Palady Il. 119). Zur namligen Zeit (wahrſcheinlich nad 1235, vielleicht
aué Anlaß ber großen Vataren - Gefahr, jedenfall8 ſchon vor 1249) vollendete
Koönig Wenzel, welcher auf die Befeftigung ber Stadte vorgiiglidhe Aufmerkſam⸗
feit verwendete, die Umimandlung der ebemaligen deutſchen Gemeinde gu Brag
in bie fpdtere Gemeinde ber Altftadt Prag durch die Ummauerung des groften
Theiles des prager Burgfledens auf ber rechten Seite der Mtolbau, welcher
Theil feitbem die prager Stadt (civitas Pragensis) hieß. Unter Koͤnig
Wengel wurde im prager Burgfleden aud bie Neuftadt bei St. Gallud (nova
civitas circa Sanctum Gallum), vom Sonige Otafar IL. aber (1257), burd Gins
fubrung Deutfder Coloniften und Ausſchaffung der fritheren böhmiſchen Einwoh⸗
ner, Die neue Gtabt unter der prager Burg ober die Fletnere
Stabt Prag gegriinbdet, und von ihm auf drei Seiten mit Mauer und
Graben befeftigt, nadbem er die auf ber 4. Seite befindlide Burg (bid
1257) ringgum mit neuen Mauern, Thirmen und Graben umgeben
hatte. Die Befeftigung der WAltftadt beftand aus einer gweifaden Mauer
unb gweifadem Graben. Ueber den Mauern aber erhoben fic ringsum
hohe Thurme, befonderd an den Thoren; in die WAltftadt fuhrten 13 Thore
(porte, valve) ober Fleinere Pforten, in bie neue Stadt unter der Burg 6 Thore
(Tomef J. 190, 195, 207, 243, 253, Sdhottfy’s Prag 1. 342 — 347).
Was in Prag gefdhah, ging in gleicher Weife und Zeit aud in Brinn
por; aud) hier erhob fich unter ber Burg eine neue Stadt, wahrend bie frithere
Anfiedelung Altbrünn (antiqua Bruna, {don 1247 urfundlid) wurde; aud
Gier erſcheint urkundlich eine SGtabtmauer (1252 infra murum civitatis),
innerhalb und (1260) an welder Otafar dem Rlofter Mariage erlaubte, neue
Binshaufer angulegen, erſcheinen (1293) Stadtmauern und Thore (muri et
porte), namentlid) fon 1252 bad Renner⸗Thor (porta cursorum), bei dem
ein grofer Raum: bes genannten Klofters fag, 1269 und 1293 bad brünnet
Thor (porta Brunensis, porta quae Burgum respicit, qui antiqua Bruna dicitur),
1293 wirballer um bie Mauern gelegenen Vorftdbte (omne Brunense
Surburbium juxta muros positum) erwähnt (Bocef IL 85, 160, 292, IV. 32,
408, 409). 1293 bewilligt König Wenzel II. der Stadt Brinn ben Mautbezug
gue Erhaltung der Britden, Straffen, Stadtmauern' und Graben. 1306 ° betas
tigt Koͤnig Wenzel Ul. bie Wohnhäuſer des petersberger Propftes, ber anberen
Geiſtlichkeit und ber Kirche felbft, wie fie awifden biefer und Der Ctadtmauer
flanden (Wolny kirchl. Gop. III. 31).
In bemfelben Sabre foll ein grofer Brand fein Haus und feine Mirde
innerhalb ber Stadtmauern unverfehrt gelaffen haben. 1333 verordnete Koͤnig
Johann, daf bie brinner Suden den vierten Theil der RNoften fir die Ausbef-
ferung der Stadtmaner und Graben tragen follen. Das nach ihnen genannte
Jubenthor fommt 1347 urfundlid) vor (Wolny firdl. Top. III. 33), wabs
rend bie in ben alten Stabdtbidern ſchon 1343 erſcheinenden 4 Stadtviertef
bon bem Brünner⸗, Frohlider:, Renners und Mont ger Thore ihren
Ramen erhielten (S. S. 10 diefes Buches).
Weiter dehnten fic die Stadbtmauern aus, alé Marfgraf Johann eine
neue Stadt Brinn erridtete, au deren VGeften er einen vierzehntägigen
Jahrmarkt bewilligte (1357), als er cin Auguftiner-Rlofter gritndete
(1353). Dasſelbe lag damals auferhalb ber Stadt vor bem fogenannten H o 13
thore, fam mit einem grofen Garten auf einen Grund au ftehen, welden
Markgraf Johann von der Pfarre St. Safob eingeldst hatte, hatte (1366) Befig
zwiſchen dem Fröhlicher⸗ und RennersThore (inter portas laetorum et
cursorum)') unb ber Stadtrath bSefreite allen kloͤſterlichen Beſitz im ſtädtiſchen
Weidhbilde, fo lange er bem Rlofter gehdren werte, von allen Etadtlaften (St.
Thomaſer Urfunden, Wolny kirchl. Top. TT. 119). Markgraf Jodok geftattete
(1410) bem Kloſter den Bau eines Hauſes neben bem grofen Thore dedfelben
gegen dad Schloß Spielberg gum Ausſchanke feiner eigenen Weine und bewil⸗
1) Auf bie Bedeutung des Wortes „Fröhlicher Thor’ (porta laelorum) dürfte ber Teyn⸗
bof in Prag leiten. Dort beſtand nämlich ſchon unter der Regierung Boriwoy’s (1100 —
1107) unb wabridcinlid ſchon im 10. Sabrbhunberte auf der Stelle bes jegigen alten Un-
gelts ein Hof für frembe Kaufleute (curia hospitum mercatorum ober kurz aud blos
curia hospitum; vergleiche damit bas ruſſiſche goſtinoj dwor), welder Ranfhof 1278
urfundlid unter dem Namen Tyn unb 1298 als curia hospitum, que Tyn seu Leta
curia vulgariter nuncupatur, vorfommt. Sn diefem Gofe batten bie Fremben, natürlich
gumeift de utſchen Raufleute, ihre Niederlagen, machten da ihre Verkäufe und Einkäuſe,
muften in ber Regel ba wohnen. ES war da die fiirftliche Wage unb das Eimermaß
(tyna), ein beſonderes fürſtliches Gericht iiber bie fremben Ranfleute bet Klagen gegen fle
(Dome I. 25, 72). Wir erinnern uns, daß nach der Urtunbe über bie Theilung der Pfarr⸗
{prenge! St. Peter und St. Jalob von 1293 bie Deutſchen feit Altersher zu St. Jalod
gebirten, welde Kirche in ber Nähe bes Fröhlicher Chores fic befindet. Es mag daber
ein ühnlicher Kaufhof der Dentfden ba gewefen fein ober biefelben bie Fröhlicher Gaffe
bewobnt haben, welche auf den großen (Markt-) Play auslinft, wo fis bas KRaufhaus
(practorium) und (wie in Olmütz) baneben bas Rathbans tefanden. Aud bas Renuer-
Thor (porta cursorum, 1336 urf., Wolny, firdl. Top. MI. 88 — 90) biirfte feinen
Namen wohl nist von (flirfiliden) Lanfern oder Boten, fondern von Rheinländern
' (Bhennenses) haben, die fic) is ber Rabe anfiedclten. Das mönitzer (Menzere) Thor
ligte, daß an Loſung, fo oft fie in ber Stadt Brinn auferlegt werbe, von fol⸗
genden kloͤſterlichen Guͤtern, naͤmlich der Mühle Schmalzhof, dem GHofe ges
genüber dem St. Stephansſpitale in der bruͤnner Vorſtadt (in praeurbio Bru-
aensi) Schitta (Schutta, Krenaw, 1382 auger ben Stadtmauern gelegen)
imd den 2 Babern, einem unter bem Spielberge und bem anderen über dem
Waſſer Panow, nicht mehr als dritthalb Mark Groſchen gezahlt werden ſoll
(Meine Geſch. von Brinn GS. 122, 262).
In der Wefenheit dürfte ſich diefe alte Befeftigung der Stadt bid in bie
neuere Zeit erhalten und nur in Folge ber Erfindbung bes Pulvers und
Anwendung bes (Hweren Geſchützes feit bem Ende bed 14. und Anfange
bes 15. Jahrhunbertes eine mehrere Verftarfung, befonders durdh die Anlegung
von Baſteien, Anbringung von Schießſcharten u. a. gedndert haben.
Dies zeigte ſchon bie Bewilligung des Kloſters St. Thomas, weldhes nod
auferhalb ber Etadtmauern (ag, vom Jahre 1486, daß Biirgermeifter und Rath
gum Rugen der Stadt den gum Riofter gehirigen Hof Hinter bemfelben gum
Baue von Graben, Mauern, Zaunen, Bafteten ober Mallen
ohne Bezahlung gebrauden fonne (St. Thomafer Urfunden). Es fam auch in
jener Feit wirklich gu bedentenden Befeftigungsbauten. Wenn nidt alle brei
innern Thore bes ehemaligen FJudent Hors flammte wenigftens bad erfte aus
bem Beginne bed 16. Jahrhundertes, aus ber Zeit, als ber rothe Thurm
gu Wien (fogenannt vom rothen Gerichte, von der Gerichtsbarfeit, Hormayr,
Geſch. von Wien IV. 144, Schlager, wiener Sfiggen HI. 448 — 450) entſtand,
mit der ndmliden Aufſchrift, vielleicht von demſelben Meifter Antonius. Das
erfte innere Thor trug bie (zur Zeit ber Cemolirung nod gut erhalten gewefene)
Auffdrift: Felix est ctvitaz, que cogitat bella tempore pac (- is).
Virgo roga prolem, ut picbem conscrvet urbiz.
M. Antonius 1508.
(Glücklich die Stadt, welche bed Krieges gedenkt in den Beiten bed Frie⸗
dens. Bitte of Sungfrau den Sohn, daß er befdhiige die Stadt) ').
Die ſchon verwifdten Schilde ftellten bas Stadtwappen vor, zwei Quer⸗
balfen, wie Die zwei Figuren, von denen die eine gang verftummelt war, Her-
filbrt feine Benennung von Mini, weldes gu jener Zeit eine nicht unbedeutende Stadt
mar.
Nebrigens waren in Flanbern, mit weldem Brünn im 14. Jahrhunderte in Han-
beléverfehr ſtand und wober es nidt wenige feiner Anfledler (romani) erhalten haben mag,
bie Läten Gutsunterthanen, welche als glebae adscripti einem Herrn angehörten, fie mod-
ten lcibeigen, tributary ober Freie fein. In den alteften Urtunoen heißen fie submanentes,
Hospites, franjifijd hostes ober manans (Warnfonig, flandr. Staats- und Rechtsgeſchichte
I. 243, 246).
1) Diefer Sprud Kaifer Friedridy IV. fand fic) auc) auf dem rothen Thurme in Wien, anf
bem Arfenal in Kopenhagen, angeblid aud) auf einer (cinige Sabre vor 1825) niedergeriſ⸗
fenen alten Saftion an ber Sildfeite Brünns (Brünner Wochenbl. 1825 S. 331).
18
kules, und die Ropfe mit GHeraushangenden Zungen follten wohl ben Trog ans
beuten, welden bie Stadt bem Feinde geboten und bieten werde (Meine Geld.
bon Brinn ©. 89, bei welder ſich als Umidlag aud eine Anfidhe dieses Thored
befinbet). |
Der Erbauer dieſes Thored (und des rothen Thurmes in Wien?) düuͤrfte
wohl niemand anderer und weniger gewefen fein, ald ber grofe Meifter Anton
PRilgram (Pilchramb) von Brinn, welder von 1506 — 1511 am St. Stes
phansdome in Wien fortbaute (Feil, in ben öſterr. Lit. Bl. 1844 Nr. 18 —
34). und auc bas {done Portal am ober bad neue briinner Rathhaus felbft
(1511), fo wie aud an der fhonen Jakobskirche gebaut baben mag. Das
Subenthor hieß im 16. Jahrhunterte aud bus grüne Thor (porta viridis),
von ber Farbe bes Hohen Thurmbdades (ab excciso turris fastigio eo colore
imbuto, fagt ber Lanbdesargt Sordan in feinem Werden norbus Bruno gallicus,
Francof. 1583).
Aus dem 16. Sahrhunderte wird aud ber Bau bes nun abgebrocdenen
brinner Thores fein, auf weldes wir (pater gu reden fommen werden.
Brinn wird wie alle grofieren Staͤdte defeftigt gewefen fein. Bonfin
(S. 11 diefed Buches) fpriht nur von einem doppelten Graben und Mauern.
$n Wien waren, ba nad ganglicher Umftaltung ber Kriegékunſt die Ring:
mauern mit ihren Thirmen und Graben nidt mehr geniigten, Bafteien, Erker
und Bruſtwehren hergeſtellt, Tharme und Bollwerfe um die Borftadte herum
erbaut und dieſe von Außen durch Schrechzäune gefchtigt worben. Alle diefe |
Werfe verſchwanden mit ben Abrigen Gebduden ber Borftddte wahrend der Bez
fagerung durch bie Türken 1529; aber bald nach derfelben entftanden um die
innere eigentlide Stadt ber Zeit gemaͤß befto mdidtigere Feftungédauten, deren
bebeutendfte awifden die Sabre 1542 und 1547 fallen (aud in Maͤhren wurde
bamal am Gpielberge, in 3naim u. a. gebaut). An der Stelle der einft allgu-
nafe an bie Stadt gelagerten Vorftadte erhob ſich ein Kranz von grofartigen
Bafteien (Hormayr, Gefd. von Wien IV. 212 — 220, Tſchiſchka, Geſch. von
Wien, S. 300).
Lubwig’s Chronif (1555 — 1604) nennt bad Brünner- und bas Rens
ners Thor bei St. Thomas (Chlumedy halt e6 S. 60 irrig fiir identiſch mit bem
Fröhlicher und bemerft, es mdge in ber Gegend des Mautgebäudes geftanden fein;
badfelbe fibrte aus ber RNennergaffe au bem auger den Etadtmanern gelegen
gewefenen Rlofter St. Thomas) '), dad Juden- und Menger Thor und bas
Tierll (Thürel), wo man auf bie Lebergaffen geht (©. 14, 39, 48, 56, 59, 60, 69,
72, 84, 93). Auch erzahlt Ludwig (S. 84), der Stadtrath habe 1602 den Zwin⸗
ger gwifden bem brünner und Subden + Thore dem olmiiger Biſchofe Cardinal
1) Im Sabre 1600 faufte ber Stabtrath het Gafthof vor bem Renner>Xher gegen ben St.
Thomaner Hof (Ludwig S. 59).
227
Dietrihftein auf fein ebelang verwwilligt, die Roſſe Darin gu tummeln (fonf
bewahrte man wohl aud feltene wilde Thiere oder Hirſche u. a. in ben Zwingern),
nad feinem Tobe foll es wieder (alles was er darinnen gebaut) gu gemeiner
Stadt fommen.
Fruͤher wurbe insbefondrre bas Pulver in den Stadt⸗Thürmen
aufbewabhrt, nicht ofne Gefafr für die Stadt. Den 8. Auguft 1580 (ſagt
Ludwig S. 14) ſchlug dad Wetter gur Rat in den Pulverthurm bei bem froͤhlicher
Thore, that grofen Schaden an vielen Haufern, gerfprengte den gangen Thurm
mit etliden und 70 Tonnen Pulver. ,Die im Thurme getwefenen 70 Faßl
Pulver (fagt eine andere Nachricht in den Hanzely'ſchen Schriften) wurden ent:
ganbet, die ganze Stadt erfdittert und in eine folde Angft gefegt, baf man
gemeinet, e6 fei ber jlingfte Tag und wird die Stadt durchs Feuer verhoͤrt
werden, wenn nicht der eingefallene grofe Regen gelöſcht hatte.” Aud) ben 28.
Juli 1595 aur Nacht (lug das Wetter in dad Thürmel awifden bem briinner
Thor auf ber rechten Hand, wo man jum Thor hinausgeht, hub an gu brennen
(Qubwig S. 39). Nog hundert Sahre fpater klagte ber Stabdtrath, daß ir
Pulver und andere Feuerwerksbedürfniſſe in verſchiedenen Thirmen ber Zwing⸗
mauer aufbewahrt werden miiffen, wo fie leicht ber Blig (wie 1695 in Hrabifd)
entgiinden fonne (die Sweden vor Brinn, von mir, ©. 99).
Gs fommt aud ein Tiſchnowitzer Thor vor. Der Stadtrath klagte
wider Johann den fiingeren Munka von Eywantſchücz auf Strug, dag er 1569
pon Reuem einen Kretſcham auf der Neugaffe auf feinem Theile vor dem
Thor dad Tifchnowiger genannt, auf dem Grundt, wo aniego Valentin Kawka
fein Unterthan wohnhafft ift, aufguridten ond Ddarinnen auf feinem Struzer
Brewhauß Bier außzuſetzen auelaffe, den ftabtifdhen Freyheiten zuwieder, ond
ber Stadt gue ſchaden (Nalezen⸗Slg. beds petersberger Propſtes Hovorius vor
1603). Die Ronnen bes Kloſters Mariazell befafjen ein Haus vor dem Tiſch⸗
nowiger Thore, weldhes die Sefuiten 1588 an die Stadt uberliefen (Wolny,
firhl. Top. III. 90).
Der Plan von Brinn in Zeiler’S Topographie von Maͤhren (1650) aus
ber Beit vor der ſchwediſchen Belagerung zeigt die Stadt von einem Walls
graben und einer gweifaden Ring mauer eingefaft, bie innere mit vie-
len Thürmen gefront, dic Thore mit In⸗ und Aufenwerfen gefdiigt, und
gwar bas Holzthor (bei dem gwar auperhalb der ftadtifchen Feftungswerke
gelegenen, jedoch gleichfald befeftigten Rlofter St. Thomas in ber Richtung zur
Borftadt an der Ponawka, alfo nidt am Ende der Jefuitengaffe und Hinter den
legten Häuſern derfelben, wie es in der briinner Zeitung 1860 Rr. 9 Heft),
bad Fribliders, Brinners, Menfers Thor und in der Mahe bas Th ors
lein (gegen bie Borftadt Feil).
Die Borflddbte Briinns waren wohl nie in bie Befeftigung ber Stadt
einbezogen (im Gegentheile heißt es {don 1293: omne Brunense Suburbium
jaxta muros positum. Meine Geſch. von Brinn S. 258, Borel IV. 408); daher
15*
untectagen He aud fo Haufigen Verbeerungen, wie 1241, 1420, 1623, 1643 —
5, 1742 u. a.!).
Ror ter Erbauung ter gegenwartigen fortififatorijdhen Werke hatte Lie innere
Etadt nur bie Austehnung innerhalb der ebemaligen alten Eta btmauern
——
') Zu tem, was wit S. 9 — 14 dieſes Buches von den brünner Vorſtädten geſagt, wollen
wir nod Giniges beiffigen. Cie verbanfen aufer bem, was bie Burg und bie Stadt
gethan, ihc Eutſtehen zumeiſt ber Kirche, ndmlid der uralten Et. Peters» Pfarr- od
fpdter Coffegiatlixdhe, bem alten Benedittiner-Rofter Luh (Numrowig), ben Stftercienfern
in Welebrabd, ben Praémonftratenfern in Obrowitz, den Fobanniter = Rittern,
ben Dominilanerinnen in Mariazel{, den Dominifanermnen bei St. Anma, den Ci⸗
fiercienfernonnen in Althriinu, ben Auguftinern bei St. Thomas, ben Rarthanfen
in Rinigsfeld u. a.
Die Kirhe St. Peter, fdon 884 mit Brünn und Luje (Althrinn) befiftet,
1131 Grepftcifirhe und in ber Umgebung begiitert, erbielt 1088 ein Grunbdftitd anf 3
Pfliige in tem bet Brünn nahe an Kumrowitz gelegenen aber lang eingegangenen Derfe
Manis mit 4 Bauernfamilien, 1 Gartler und einen erft anjulegenden Garter. Den Beſih
bet Dianic befreite der briinner Fürſt Spitignem 1195 von ber Bebentleiftung an bie Be
nebiftiner-Propftet in Kumrowitz. Die Borftadt Zeil (Zwittavia, Ponavia) erfdpeint urfund-
lich zu Anfang des 13. Jahrhundertes. Das Pramonftratenfer- Rofter O bro witz erbielt
vom Markgrafen Wladislaw einen Hof (1210 in Zwittavia) und ben Fluß Zwittawa wad
trat 1509 fein Dorf Sdenfowig an Johann Petrowify von Hrodow gegen deffen Mühle
„Nedlin“ und den nahen Hof auf der Beil ab (Bocel IL 54, Il. 82, Wolny L. 42, I.
2. T. S. 44, 239; Wolny, lirchl. Top. Ul. 191; in den obrowiger Annalen wird bas Ro-
fler 3. 3. 1298 als ante Brunam gelegen bezeidnet). Um 1280 überließ Markgraf Pre-
myßl ber St. Peterslirde fiir bie Abtretung ber St. Michaelskirche an die Donrinifaner
B Labne nebft 1 Mühle unb einigen Fiſchern in ber briinner Borftadt Zwittawa. Wenig-
ftené feit jenet Zeit gebdrte biefelbe fortan bis in bie neuefte Zeit gu St. Peter. König
Wenzel UL. beftdtigt 1300 dew Befig ber Unterthanen anf der Borftadt „Zeil.“ Der Ver⸗
irag von 1315 zwiſchen bem Kapitel umd der Stadt weifet alle geringeren Klagen der dors
tigen Kapitelsunterthanen vor ben zeiler Richter, die Kriminalſachen vor ben Stabtrichter,
geftattet 3 Bader, 2 Fleifder, 2 Schankhäuſer anf der Beil, ben BVertauf ber Feldfrüchte
ber Anfaffen in ber Stadt ohne Standgeld, den Ausſchank ihres felbft erzeugten Weines
in ihren Häuſern, befrett fie ven jeder Zablung, Leiftung und Maut an die Stadt. Rad
ber Entſcheidung bes olmitger Biſchofs Panl vom 9. 1446 im Streite gwifden bem Kapi-
tel und bem Stlofter Obrowitz (darin werden aud die Mühlen Radlaß (Redlans, fden
1240 von Rinig Wenzel bem Klofter gejdentt, (pater aber abgefommen), ODornit (Dornach)
und Kröna (Crenaw) genannt) trennte der Flug Bonawfa (Ponowa, an dem ein Bad-
hans fag) die Gilter ber Stadt von jenen der Propfter (Meine Geſch. von Brünn S. 95
— 98, Wolny, kirchl. Top. IL. 21, 31, 42). Das Kapitel erwarb and ben Beſitz bes
Kloſters Luh (Komarow, Kumrowitz). Diefes, in ben Parabeiswald, wie bas Rag-
barftijt Maigern, zur Cultivirung ber Gegend gefest, mag fdon der brünner Fiirft Wra⸗
tislaw (+ 1156) geftiftet haben. Der briinner Fiirft Spitignew jdentte ihm 1197 bie St.
Martinskirche bei Brinn (fpurlos verſchwunden, ſtand nabe der jegigen Vorſtadtgaſſe
Dornich) mit Unterthanen unb Zehent, Gartlern in Kumrowitz („na luzie“) und ben Wald
„za bedi” jammt Hegern. 1229 trat bas Klofter einige Garten unb 1 Hof bei Brinn an
ben König Premyßl (zur Erweiterung ter Stabt? S. S. 223) ab. Um 1305 bezog es
von 2 jur Dörnrößl-Mühle gebirigen Labneu, fo wie vou 4 Obftgirter ben Zins.
1319 gab es gum Bane ciner Straffe von Brünn nad Kumrowiy feine Anfpriide anf einen
Gemeindeweg bafelbft auf. Der legte Conventuale und Propft trat 1527 ben reſtlichen
Diefelbe iſt burch die nod vorhandenen Ueberbleibfel diefer Stadtmauer feftges
felt. Sie lief vom ehemaligen brünner Thore an dem rupp'ſchen Haufe, bem
evangeliſchen Bethhauſe, der neuftadter Kaferne, der Fronte bes vow manner’s
ſchen Hauſes in dec altfroͤhlicher Gaffe, den ehemaligen Salz⸗ und gegenwär⸗
Rlofterbefig, namentlich die BVorfladtgafje ,Belbt gaffe,” bem Kapitel bei St. Peter ab,
weldes 1566 nebſt biefer aud die längſt eingegangene Borftadtgaffe Hartluwka beſaß
(Brilnner Wodeublatt 1824 S. 64, 152, 1825 Mr. 15 ff.; meine Gejd. von Brünn S.
48, 78; Bocet I. 338, 340, 348, Il. 56, 59, 166, 170, 174, 208 u. ſ. w.; Wolny Il. 2.
T. S. 48; beff. kirchl. Top. MI. 36, 42, 215).
Altbriinn fommt, wie wir (S. 9) gefehen, feit 884 als Naluze, feit 1247 als
antiqaa Brana, burgus, qui antiqua Bruna dicitur vor, gelangte um 1199 theilweife an
bag 1322 in Altbriinn von der Königin Clifabeth geftiftete Ciftercienfer » Nonnentlofter
Maria⸗Saal, aud Kiniginklofter genannt. Diefes erbhielt vom wyſſehrader Propfte
Johann 1321 bas Patronat ber St. Profopstapelle in Altbritnn, welde reich beftiftet
war unb Pfarrredjte befeffen hatte, vom Könige Johann 1322 fein Haus in Briinn ſammt
bem Patronate ber naben königl. St. Wenzels-Kapelle am fogenannten Fifd=
mattte in ber Start, von ihm und der Stifterin 1323 bie Marienkirche in Altbritnn,
vom olmilger Bijdofe Conrad 1323 bas Patronat itber bie St. Wengelslirdhe in Alt-
Brünn, auf welde vor Kurzem die Pfarrredte von St. Profop itbergegangen waren, fammt
einem bis gum Schwarzawafluſſe reidjenben Garten in der Vorftadbt Grillowitz, von der
Stifterin 1330 einen ,fteinernen Hof” in Altbritnn, vom Könige Sohann 1331 bas Patro-
nat ber fpielberger Burgkapelle; endlich erwarb bas SKlofter 1345 von jenem in
Welehrad, auf deffen Grund es zumeift fland, den urſprünglichen Beſitz desſelben in Alt-
Briinn, beftehend aus 2 Mühlen, Haujern, Aedern, Obft- unb Weingarten, fo wie fpater
(1444) bdefjen fammtlide Binfe in Altbriinn. Das Nonnen-Kofter in Altbrüun beſaß aud
1517 bie Hartelgaſſe bet Brinn, erbhielt von Peter Fifer das „große Fifderfeld”
(Woluy, tirdl. Top. III. 152 — 160, 176; meine Geſch. von Brünn S. 90, 258, 263).
Ueber das um 1238 entftandene bf. Geift: Hofpital in Altbriinn, fett 1248 bas
Hofpital St. Johann bes Tanfers und St. Antons und fpliter Kreuzhof genannt,
welded bie briinner Vorſtädte Rreuggaffe (aud Kreuzer-Gut), Grillowitz und Leh m-
fldtte (ſchon 1338 in agro figuli) erwarb, und über bas von der Königin Elifabeth 1330
beim Rofter in Altbrünn gegriindete Hofpital S. meine Gefdhidte von Brinn S. 93 —
95 und meine Geſchichte der Heil- und Humanitats-Anftalten S. 30 — 36; Wolny, lirchl.
Top. Ill. 155, 162, 179 — 183.
Das Kofter in Luh, und bie Karthaufe in Knigsfeld (gear. 1375) ftanden
tn Befig-Verhaltnifjen gu den Vorftddten Dörnröſſel (Durendressel, ſchon 1305 genannt),
Dornt d (Dornach, 1349 genannt) und Radlaß (Redlans, Redlin) u. a. (Meine Geſch.
von Vriinn 6. 96, 98, 121; Wolny, kirchl. Top. III. 38, 41, 124, 191, 206, 207, 209,
215, 216).
Das Klofter St. Thomas (1353 gegr.) beſaß Grunbdftiicte bet demfelben, die
„Kefermühle“ (1366) mit 1 Garten und Bauplagen, einen Gof mit 4 Aedern und 5
Vreiten vor bem Frohliderthore (1366), den Hof „Schütt“ mit Zugehsr unweit vom St.
Stephans-Spital (1386), einen Zins von 5 Haujern am Enbe ber briinner Gaffe ,,D hr n-
Neuſtift“ (1392), 1 Wein-Sdhanfhaus bet bem großen Stabdtthore gegen ben Spielberg,
die Mühle Schmalzhof, 1 Hof in der Kröna und 2 Badhiufer unter bem Spielberge
und am Ponarvfabache (1410), bie Mühle fammt Walkftampfe und 2 Garten am Dornid
(1458), Aeder bet ber Gaffe Lecez (1464) u. a.; aus feinem Stiftegarten vor bem Frdh-
licher⸗ hore entftand in menerer Zeit ber Auguftiner-G@runb (Meine Geſchichte von
Briinn ©. 109 — 111, Wolny, kirchl. Top. III. 109 — 111).
tigen Zollamts⸗Magazinen, swifden dem Difafterialhaufe (St. Thomas-Rlofter)
und bem graflid logothety'ſchen Haufe, Hinter den Haufern Rr. 555 bis 559,
Rr. 547 bis 525, bem moniger Thore, laͤngs dem Kloftergarten ber Urfulls
nerinnen, den Haufern Rr. 628 bis 538, dann Rr. 413 bis 416 der Ferdinandé-
ee ee
Sn ben handſch. Annalen bes Nofters St. Thomas fommen nod folgende Rotizen
aus dem 16. und 17. Yabrounberte vor:
Monasterium vendit domum desertam inter domos et subditos Monasterii
sitam in platea Gumeinensi (Somein) — dto desertum agrum post vineas
in Zimpl.
Bor bem Frbdhlider Thore hatte bas Kloſter einen Hof, an deffen Stelle pater die
große Schanze Ginter bem Kloſter unb ber Kirche kam, dann mehrere Hiufer in der Gaffe,
welde nad ber ſchwediſchen Belagerung she wurden und megen ber Schanze bleiben mug-
ten, ein Bab unter bem Spielberge in ber Nabe bes HFrdhlider-Thores (ante portam
Lactoram), welches burd bie Belagerung von 1645 Bde wurde und oerforen ging, Aus
einigen Shen Pligen fiellte dann bas Kloſter ben grofen Garten vor dem Frbblider
Thore Her.
Am Zufammenfluffe ber Zwittawa und Schwarzawa hatte bas Kofter eine Mühle;
ein Theil war Bde und unbrandbar, ben andern batten bie Tudmader in Zins. Ueber
ber Rwittawa, von allen Seiten mit Wafer umfangen, anfer gegen bie Lanbftraffe
betm Spital, war ber grofe Garten bes Nofters, welder in eine große Wiefe verwan-
belt wurbe (dermal gum Theile mit nenen Häuſern bebant).
Am Ende bes Gartens an ber Landfiraffe (via publica) war cin Hof des RKofters,
welden Niclas Travenig in Bins atte, fpater bie Stadt von ben Bftwanifden Erben
faufte und 1659 daraus ein Wirthshaus (bie neue Welt) madte.
Neben her Mühle an ber Schwarzawa Hatten bie Tudmader vom RKofter eine
Wall in Veftand; unterhalb war eine Papiermühle des Meiſters Peter von
Sglau, nad ber Velagerung öde (Iglauer, 1540 erbaut, Mutter-Anflalt in Böhmen und
MaAbren).
1574 fanft bas Kloſter einen Freigarten vor bem Frbbhlider Thore prope latera-
riam Civitatis infra yineas Sauleyten situm, dto. 1575 hortum spaciosissimum et fraga-
lissimis refertum arboribus vor bem Froͤhlicher Chor.
1601 penes pontem quo ad plateam novam in Suburbio Brunensi iter —
nova platea et via regia versus Carthusiam — domuncula ad ponticulum plates
Laetorum.
1608 domus cum horto in Subarbio Brunensi Lets nuncupato in fundo Mona-
sterii sita.
Das (1312 — 1817) geftiftete Rlofter der Dominifanerinnen im Königsgarten
ober St. Anna gab dem dermaligen St. Anunagrunbe feinen Urfprung und Ramen
(Wolny H. 63, kirchl. Cop. III. 166 — 17v).
Das RKofter Oflavan beſaß (jon 1260) bas Patronat über bie Kirche Aller
heiligen; biefe beſaß ein Badhaus ant Schwarzawafluße und bezog einen Zins vom lan-
desfürſtlichen Haufe ,Lodenberg” in Brünn, welches einer Vorftadt (dermal em Theil
ber Bäckengaſſe) ber Mamen gab, jedod mit diefer und ber Kirche in der Schwebenzeit vere
ſchwand (Meine Geſch. von Griinn S. 92, 254; Wolny, kirchl. Top. III. 176).
Bon befonderem Ginfluffe auf bie Begriindung ber Vorftidte war bes 1289 von bem
reichen briinner Bürger Ulrich Schwarz geftiftete Kloſter Maria⸗ ober kenſche elle,
aud Herburger Nounen geheißen, welches gleich anfänglich aud) Wein⸗ und Obſt⸗
garten, Wieſen, Aecker und Badhänſer in ber Nihe ber Stadt erhielt, im und außer dere
ſelben neue Aufieblungen ausführte.
281
thor-Baftel, Mer ben Frangensberg und endlich am demolirten ſtädtiſchen Malz⸗
haufe Sid gum briinner Thore.
Bor Erridtung der dermaligen Schanzmauern war die Stadt bloß durch
einen Wallgraben von den Borftadten geſchieden und auf ben jetzt von ben
Breitengaffe. HGaduler in und auffer der Stadt bet ber Mauer, auf dem Grunbe
diefes Kloſters feit 1252 beim Rennerthore angelegt, 1534 und 1581 an bie Stadt ver-
pfdndet (Wolny, kirchl. Top. Ill. 90).
Der briinner Birger Heinrich Sd weller dadte 1278 bem Dominifanernonnen-
Mofter in Brünn alle feine Hofe mit Grundftiiden um Briinn, fo tie Binfe von anderen
fite ben Fall feines Abfterbens qu und wies nebſtbei 2'/, Mark jährl. Zinfes auf cin Anni-
verſar flix fid) in ber Kloſterkirche an.
1847 faufte ber briinner Sanonitus Wernher von dem briinner Bürger Joh. Eber⸗
barb 12 Mark jährl. Zinfes von bem „Schweller“ an dem Sdhwarjawafluffe vor bem Ju⸗
benthore (Wolnd, kirchl. Top. Il. 33, 87).
Aus bem Schweller'ſchen Hofe entftand bie Schwabengaſſe, welche in ber Kriegs-
seit bis 1497 verbrannte und deren Gritnde verdbcten; nachher wurden dort Zinshäuſer er⸗
baut, wovon bie Halfte um 1527 ber Stadt zinste, 1541 bem Stadtrathe gang auf 10
Sabre verpfinbdet, erft 1588 den Sefuiten iiberlaffen (Wolny, kirchl. Top. IU. 89).
Bobhnengaffe. Balb nad) 1336 wurden auf ben vom Priefter Friedlin bem Do-
minifaner-Nonnen-Rlofter in Brünn gefdentten Aedern Haufer gebaut, welche unter bem
Namen VBohnengaffe um 1438 bem Kloſter zinsten. Auf anberen naben verddeten Aecern
entftanben aud) neue Häuſer, und ans biefen die Guttergaffe (Gottergaffe), welche ſchon
1438 vorfommt und 1497 bem genannten Kloſter zinste. Beibe Gaffen wurden 1542 ber
Stadt verpfindet, die erftere 1588 ben Jeſuiten übergeben, bie andere aber ungeadtet aller
Ginrebden derfelben von ber Stadt gurildbehalten (Wolny, lirchl. Top. Il. 88, 80, 90).
Neugaffe, anf welder im 15. Jahrh. Safrangdrten, 1462 aber nur 2 Häuſer waren.
Die Grundfiiide bes Dominifanernonnen « Kofters bet derſelben wurden 1482 in 35 Bau-
plate zertheilt, woraus neue Zinshäuſer entftanben, bie jedoch 1531 ben Bins verweigerten-
1542 wurben aud biefe ber Stabt verpfändet, 1588 jedoch ben Sefuiten ausgefolgt (Wolny,
tird!. Top. HI. 89).
Ale die wenigen Nonnen nad Puſtomer bei Wifdan iberfegt und bas verwabhr-
Tofte Kloſter nebft deffen Giitern 1578 bem Stabtrathe gegen Erhaltung der Jeſuiten,
1581 aber dieſen felbft iibergeben wurden, beftanben fie unter anderem aus 1 Gof vor
Briinn (1596 neu erbaut), der Sdhwaben-, Bohnen- und Neugaffe, 1 Weingarten hinter
bem Spielberge (1524 angelegt), bem Vergredte um Brünn, 2 Schlachtbänken in Brünn,
1 Mühle in Altbriinn, 4 Garten in Grillowitz bei Brünu (ſchon 1438 unter Bins, 1541
an Brünn verpadtet, 1588 3 Häuſer dafelbft ben Jeſuiten zurückgeſtellt), ber Wafferwebhr
„auf ber Schütt“ bet Brinn (feit 1438 Zins von 2 Häuſern und 2 Garten ba) u. a.
(Wolny, firdl. Top. Ill. 89).
Bon den Vorftidten, weldhe bis 1850 yur ſtädtiſchen Juris diktion gebdrten,
find, mit Ausnabme des Teichdames (nad) 1780 entft., nun Franz⸗Joſephs⸗Strafſe), der
Lackerwieſe und ber Straffengaffe (beide ſ. 1782), bie übrigen alt, namentlid) die
ſchon angefiibrte Badengaffe (nach sfterr. Encyfl. I. 397 ſchon 1274; 1441 heißt es ex-
tra portam Brunensem platea pistorum), bie febergaffe (nad ©. 11 {don gu Anfang
bes 15. Jahrh. und nad Ludwig's Chronif S. 59 aud im Jahre 1600), Neugaffe und
KrBuna. Dieſe letztere Borftadt (fat. Crena, Crenaw, Srenow, vulgo Schatta) hieß gee
wöhnlich Schitta, Schutta, Schütt, auf ber Schütt. 1882 überließ Markgraf Jodok bas
von thm geftiftete St Stephans-Hofpital anf ber Schütt, anfer den Stabdtmauern
rene Be - ee oe er ae ——— —— = | wee eee ee ee eee eee
— 2 — OP — ——
faa, - Od Fem @woerpe er — —
232
Sdansgraben und dem Glacis eingenommenen Verrain Ginter den Wallgraben
ftanden Gebdude, wie bad Grund⸗ und Lofungsbud von 1634 und die alte
Abbildung der Stadt aus der Sehwedengeit yeigen. Auf bem Plage, welder
vor bem Juden⸗ (dermal Ferdinandd-) Thore und der Vorftadt Mühlgra⸗
ben fag, den aber dermal ber Bahnhof fammt Umgebung einnimmt, befanden
fi bad Riofter St. Fofeph, welhes auf bem Grunde der dafelbft beftan-
benen 4 Haufer, 4 Malzſtuben und 2 Stadeln gebaut wurde, ein Maierhof
(den dieſes Kloſter an Stelle des neben bem vorigen Klofter geftandenen
Hofed wieder aufgeridtet) und 3 Hauler. Auf bem Raume zwiſchen bem
Mengerthore und der Ledergaffe ftanden bas Kapuziner⸗-Kloſter, 5
Haufer, 2 Garten und 2 Stadeln, auf ber Grundfldde vor bem Thur l
(bermal in ber Gegend bed Reuthors) 3 Hauler, 5 Stadeln und 1 Garten,
vor bem Rennerthore (auf bem hinter ter Sefuitengaffe und bem Difafterial-
haufe gelegenen Plage) 37 Haufer, der fürſtlich dietridftein’ide Garten und
1 Maierhof, auf ter Fladhe vor Dem Frohliderthore mit Inbegriff des
AuguftinersGrundes 10 Haufer, 4 Stadein, 3 Garten und bad Bad des Klo⸗
fters Gt. Thomas.
— — —
gelegen, mit einem Erbhofe daſelbſt der Stadtgemeinde Brünn (S. über dieſes Spital
meine Geſchichte ber Humanit. Anſt. S. 36 und and Lnbwig’s Chronik S. 20, 34, 37,
50, 58, 60, 71, 74, 94).
1386 erward das Rlofter St. Thomas von ber Katharina, Witwe nad Bohus von
Tiſchnowitz, file die iby worgeliehenen 60 Mark ihren Hof „Schütt“ mit Zugehör unweit
pom St. Stephansfpitale. 1393 heißt derfelbe ber Hof auf der Sdhitta, gegeniiber bes
Hofpitals Gi. Stephan in befagter Borftadt Brünns. 1410 minbert Sobol bie ſtädt.
Lofung von den klöſterl. Beſitzungen, namentlich von der Mühle Schmalzhof genannt,
vont Hofe im dex Schitt (de curia in Schitta ex opposito Hospitalis Sti. Stephani in dicto
praeurbio Brunensi), weld)’ legteren (Hof bei Vriinn nabe am St. Stephansfpitale anf
ber Schütt) bas Kofter yur VBerbefferung feiner von ben Huffiten ganz verwifteten
@iiter 1498 an Johann ans Hwẽzlitz um 10 Sdod Grofden nebft einem jährl. Zinfe
vou 1 Ed. nnd 10. Gr. ablaffen mufte (Meine Gefdhidte von Brünn S. 96, 122, 962;
Wolny, kirchl. Top. MI. 90, 121 — 124. In den St. Thomafer Annalen heißt es aud:
1461 in platea Dornach, penes molendinum Monasterii Schmalzhof dictum — judex
in Dornrussl. 1464 Monasterium St. Thomae dat agrum extra plateam Lecz in
meliorationem sive jus emphiteuticaum jure haereditario possidendum honestis viris etc.
1532 ager Laimstetten penes vineas in Zimpl. 1559 platea Czeila).
Mn ber Biwittawa von Obrowitz abwärts waren 4 Mühlen: Die Obrowtger,
Radlaßer, bie fpdter bem Stephans - Gofpitale gehörige (jetzige ſtädtiſche Malzmühle) und
bie St. Thomafer oder Dornider (Dornach). Die Befiger ber legteren bret fanden fig
1554 mit tem Softer Obrowitz über den Zin’ wegen ber von demfelben in alter Zeit er⸗
banten Wehr und ber Hammhöhe ab (Obrowiger Annalen, M. S. fol. 167).
Gleihjam als 1. Inſtanz fiir bie gur Stabt gehörigen Vorftddte beftand in ber Mitte
des 17. Jahrh. ba’ Vogtamt, zwei der Alteften Räthe bet jeder ber zwei Abtheilnugen
ber Vorſtädte. Die Vogterverwalter hatten ba die Geſchwornen gu erfegen, Witwen und
Waiſen gu fhitgen, bie Gemeinde- und Waifenrednung gu pflegen, alle Streitigheiten bas
fel6ft gu ſchlichten (Roller, in Ladwigs Chronik S. 34).
‘Wo jept bie Wachthäuſer bei ben Stadtthoren, dad MilitareBadhaus, die
Haͤuſer ber Fortifitations- Rofaldiceftion und bec 7. tilerie-Poftfommando’s bei
dem Fröhlicher⸗Thore u. ſ. w. flehen, waren vor Erridtung und Herftelung der
Gefungéwerfe in Brinn naͤmlich bis 1670 bürgerliche Haufer und Garten.
Schon vor der Befeftigung beitanden auf ftadtifdem Grunde die Vorftddte
Padengaffe, Muͤhlgraben, Ledergaffe (weldhe damal 2 Reihen Haufer hatte),
Pona⸗ (dermal Grabenz) Gaffe, grofe und kleine RNeugaffe, dann Schwaben⸗
gaffe und gwar in nod weiterer Ausdehnung als dermal.
Zur Zeit der ſchwediſchen Belagerung (1645) war bie auf mehreren Geis
ten von Anhodhen beherrſchte Stadt blow durch doppelte Siadtmauern, einen.
Wallgraben und einige Vorwerke geſchützt. Es wird einer alten Baftei gegen
St. Anna und eines neuen gegen die königliche Kloſtermühle, einer runden und
einer Hdljernen. Baftei (beide erftere wohl am Syielberge), bed petereberger
Schanzel's eriwahut. Fünf Thore, das briinners, Juden⸗, moniger (Menger)
Holy oder Renners und bas Frobliders Thor, dann ein Thuͤrlein unweit dem
moniger (an der Stelle ungefahr, wo. jegt bad Reuthor fleht) fihrten aus der
Stadt. Das Rlofter St. Thomas ftand wohl außerhalb der Stadtmauern, war
aber in ber Befeftigung mit eingefdloffen. Das Schloß Spielberg oberhalb der
Stabt war von Ratur und den Werfen aiemlich feft, mit einem doppelten Grae
ben und Mauer umgeben.
Der nene Commandant Souches umftaltete mit wunderbarer Schnelligkeit
bie von Freund und Feind fiir ſchwach eradhtete Feftung binnen 6 Woden in
einen fo haltbaren PBlag, daß fie einem ſieggewohnten mächtigen Feinde wider-
ftehen fonnte. Er vertiefte während dieſer kurzen Zeit die Graben, verbefferte
ganze Schanzen, befonderd bei St. Thomas, verficherte bie vielen Ausgange gu
ben Baftionen, richtete den bededten Weg auf den Spielberg (strada cooperta),
an weldem tad Zufammenwirfen ter Feftung mit der Stadt viel gelegen war,
villig ein, traf alle mogliden Bertheidigungs « Anftalten, liek bie höheren Bors
ftadtgebdude abbrechen, bie fhadliden Gruben ausfillen, die Hübeln abtragen
u. f. w., indbefondere aber die Der Bertheidigung hinderlichen Vorſtädte mit
einigen Klöſtern, Kirden und Gottedhdufern einrei fen, im Grunde ſchleifen
und ber Grbe gleich machen.
Beuge ber Borfteung ded Stadtrathes an den Raifer waren naw der
Belagerung die swei vom Feinde eingefdoffenen Brefden, Mauern unb neue
Sdanyen, Ravelling, der bededte Weg auf den Spielberg, Graben und andere
Fortififationswerfe wieder aufzurichten.
Die ruͤhmliche Behauptung Briinnd und tes Spielberges gum Echuge der
Stadt Wien und bed ganzen Staates hatte ihren damaligen Werth als Waffen⸗
play erfennen gelebrt und gab bie nadfte Beranlaffung gu ihrer mehreren Bee
feftigung, ba ſeitdem Brinn und der Spielberg den erften Plag unter den feften
Plagen Maͤhrens (nebft den erfteren aud) Iglau, Hrabiſch, Helfenftein, Eulens
berg, Pernftein, Olmiig, Hodwald und Murau) einnahmen.
2382
Schanzgraͤben und bem Glacis eingenommenen Lerrain inter ben Wallgraben
ftanben Gebadude, wie Dad Grunds und Lofungsbucd von 1634 und die alte
Abbildung der Stadt aus der Schwedenzeit geigen. Auf bem Plage, welder
vor bem Juden⸗- (dermal Gerdinands-) Thore und der Vorſtadt Muͤhlgra⸗
ben lag, den aber dermal ber Bahnhof fammt Umgebung einnimmt, befanden
fih bad Riofter St. Joſeph, weldhes auf bem Grunde der dafelbft beftan:
benen 4 Haufer, 4 Malgftuberw: und 2 Stadeln gebaut wurde, ein Maierhof
(den dieſes Klofter an Stelle bes neben dem vorigen Kloſter geftandenen
Hofesd wieder aufgeritet) und 3 Hauler. Auf dem Raume zwiſchen dem
Menzerthore und ber ebergaffe ftanden bad Kapuziner-Kloſter, 5
Héufer, 2 Garten und 2 Stabeln, auf ber Grundfldde vor dem Thar
(bermal in der Gegend des Reuthors) 3 Hauler, 5 Stadein und 1 Garten,
vor bem Rennerthore (auf tem hinter ter Jefuitengaffe und dem Difafterial-
haufe gelegenen Plage) 37 Haufer, der fürſtlich dietridftein’ide Garten und
1 Maiechof, auf tec Flade vor bem Frohliderthore mit Inbegriff des
MAuguftinersGrundes 10 Haufer, 4 Stadeln, 3 Garten und bad Bad des Klo⸗
fters St. Thomas.
gelegen, mit einem Erbhofe dafelbft der Stabtgemeinde Griinn (S. über diefee Spital
meine Gefchidhte ber Humanit. Anft. S. 36 und and Ludwig's Shronit S. 20, 34, 37,
50, 58, 60, 71, 74, 94).
1386 erwarb bas Rlofter St. Thomas von ber Katharina, Witwe nad Bohus von
Tiſchnowitz, für die ihr vorgeltehenen 60 Mark ihren Hof „Schütt“ mit Zugehör unweit
vom St. Stephansfpitale. 1393 heißt derfelbe der Hof auf der Schitta, gegenilber des
GHofpitals Si. Stephan in befagter Vorftadt Britnns. 1410 minbert Jodok die ſtäbt.
Lofung von den klöſterl. VBefigungen, namentlich von ber Mühle Schmalzhof genannt,
vom Hofe in der Schitt (de curia in Schitta ex opposito Hospitalis Sti. Stephani in dicto
praeurbio Brunensi), welch' letzteren (Hof bet Brünn nabe am St. Stephansfpitale anf
ber Schütt) bas Kofter zur VBerbefferung feiner oon den Huffiten gang verwifteten
Güter 1498 an Sohann ans Hwezlig um 10 Schock Grofden nebft einem jährl. infe
von 1 Sd. und 10. Gr. ablaffen mute (Meine Gefchidte von VGriinn S. 96, 122, 262;
Wolny, kirchl. Top. III. 90, 121 — 124. Qu den St. Thomaſer Annalen heift es aud:
1461 in platea Dornach, penes molendinum Monasterii Schmalzhof dictum — judex
in Dornrussl. 1464 Monasterium St. Thomae dat agrum extra plateam Lecz in
meliorationem sive jus emphiteuticum jure haereditario possidendum honestis viris etc.
1532 ager Laimstetten penes vineas in Zimpl. 1559 platea Czeila).
Au der Zwittawa vom Obrowig abwirts waren 4 Mühlen: Die Obrowiger,
Radlaßer, bie ſpäter bem Stephans - Hofpitale gehörige (jetzige ſtädtiſche Malzmühle) und
bie St. Thomafer ober Dornider (Dornach). Die Befiger ber letzteren bret fanden fid
1554 mit tem Riofter Obrowig ber ben Zins wegen ber von demfelben in alter Zeit er⸗
bauten Wehr und ber Hammhöhe ab (Obrowiger Annalen, M. S. fol. 167).
Gleichſam ald 1. Inſtanz für dte gur Stadt gehsrigen Vorftidte beftand in ber Mitte
tes 17. Jabrh. bas Vogtamt, zwei der alteften Rathe bet jeder ber zwei AWbthetlungen
ber Vorftabte. Die Vogterverwalter hatten da bie Geſchwornen gu erfegen, Witwen und
Waifer zu ſchützen, bie Gemeinde- und Waifenrednung zu pflegen, alle Streitigheiten das
felbft gu ſchlichten (Roller, in Ludwigs Chronit S. 34).
238
‘Wo jept bie Wadthdujer bei ben Stadtihoren, dads MilitareBadhaus, die
Haͤuſer der Fortififations - Wofaldireftion und dec 2. tillerie« Poftfommando’s bei
bem Froͤhlicher⸗Thore u. ſ. w. ftehen, waren vor Erridtung und Herftellung der
Feſtungswerke in Brinn namlih bis 1670 bürgerliche Haufer und Garten. .
Schon vor oer Befeftigung bettanden auf ſtädtiſchem Grunde die Borftddte
Dadengaffe, Miublgraben, Ledergaffe (welche damal 2 Reihen Haufer Hatte),
Pona⸗ (dermal Grabenz) Gaffe, grofe und fleine Neugaſſe, dann Schwaben⸗
gaffe und gwar in nod iweiterer Ausdehnung als dermal.
Zur Beit der ſchwediſchen Belagerung (1645) war die auf mehreren Seis
ten von Anhoͤhen beherrſchte Stadt blog durch doppelte Siadtmauern, einen
Wallgraben und einige Borwerfe geſchützt. Es wird einer alten Baftei gegen
St. Anna und eines neuen gegen die königliche Kloſtermühle, einer runden und
einer hölzernen Baſtei (beide erftere wohl am Sypielberge), bes petersberger
Schanzel's ervwabnt. Finf Thore, bas briinners, Juden⸗, moniper (Menzer⸗)
Holy oder Renners und bas Frohlider+ Thor, dann ein Thislein unweit dem
moniger (an der Stelle ungefahr, wo. fegt bad Reuthor fleht) führten aus der
Stadt. Das Riofter St. Thomas ftand wohl auGerhalb der Etadtmauern, war
aber in ber Befeftigung mit eingeſchloſſen. Das Schloß Spielberg oberhalb ber
Stadt war von Natur und den Werken giemlich feft, mit einem doppelten Grae
ben und Mauer umgeben.
Der neve Commandant Goudes umftaltete mit wunderbarer Schnelligkeit
bie von Freund und Feind fiir ſchwach erachtete Feftung binnen 6 Woden in
einen fo haltbaren Platz, daß fte einem ſieggewohnten madtigen Feinde wibder-
fiehen fonnte. Gr vdertieftc während diejer furgen Zeit die Graben, verbefferte
ganze Schanzen, befonders bei St. Thomas, verficherte die vielen Ausgange gu
den Baftionen, richtete den bededten Weg auf den Spielberg (strada cooperta),
an welhem tas 3ufammenwirfen ber §eftung mit der Stadt viel gelegen war,
vollig ein, traf alle mogliden Vertheidigungs « Anftalten, lick bie höheren Bors
fladtgebdubde abbreden, die ſchädlichen Gruben ausfüllen, die Hübeln abtragen
u. ſ. w., indbefondere aber die Der Bertheidigung hinderlichen Vorſtädte mit
einigen Klöſtern, Kirden und Gottedhaufern einreißen, im Grunde fdleifen
und ber Erde gleich machen.
Zeuge der Vorftelung ded Ctadtrathes an den Raifer waren nad der
Belagerung die swei vom Feinbe eingefdoffenen Breſchen, Mauern und neue
Schanzen, Ravellins, der bedete Weg auf ben Spielberg, Graben und andere
Fortififationswerfe wieder aufzurichten.
Die ruͤhmliche Behauptung Briinné und bes Spielberges gum Echuge der
Stadt Wien und bes gangen Staates hatte ihren damaligen Werth alé Waffen⸗
plag erfennen gelefrt und gab bie nadfte Beranlaffung gu ihrer mefreren Bee
feftigung, ba feithem Brünn und der Spielberg den erften Plag unter den feften
Plagen Mahrené (nebft den erfteren aud Iglau, Hradiſch, Helfenftein, Eulen⸗
berg, Pernftein, Olmig, Hochwald und Muͤrau) einnahmen.
408, 409). 1293 bewilligt Koͤnig Wenzel H. ber Stadt Briinn ben Mautbezug
zur Erhaltung ber Bruͤcken, Straffen, Stadtmauern und Graben. 1306 ° beftas
tigt Koͤnig Wenzel Ul. bie Wohnhaufer bes petersberger Propſtes, der anderen
Geiftlichfeit und ber Kirche fetbft, wie fie awifden dieſer und Der Stadimauer
ſtanden (Wolny kirchl. Top. III. 31).
In demſelben Jahre ſoll ein großer Brand kein Haus und keine Kirche
innerhalb der Stadtmauern unverſehrt gelaſſen haben. 1333 verordnete Rintg
Johann, daf die brinner Subden den vierten Theil ber Koſten fir dle Ausbeſ⸗
ferung ber Stadtmauer und Graben tragen follen. Das nach ifnen genannte
Jubenthor fommt 1347 urfundlid) vor (Wolny kirchl. Top. IIL. 33), wale
rend bie in. ben allen Stadtbüchern ſchon 1343 erſcheinenden 4 Stadtviertel
von dem Brünner⸗, Fröhlicher-, Renners und Mont ger Thore ihren
Namen erhielten (S. GS. 10 diefes Buches).
Weiter befnten fidh die Stadtmauern aus, ald Marfgraf Johann eine
neue Stadt Brinn erridtete, gu deren Geften er einen vierzehntägigen
Jahrmarkt bewidigte (1357), alé er ein Auguftiner-Klofter griindete
(1353). Dasfelbe lag damals auferhalb der Stadt vor bem fogenannten Hol z⸗
thore, fam mit einem grofen Garten auf einen Grund gu ftehen, welden
Markgraf Johann von der Pfarre Et. Gafob eingeldst hatte, hatte (1366) Beſitz
swifden dem Frohliders und Renners>Thore (inter portas leetorum et
cursorum)') und ber Stadtrath befreite allen kloͤſterlichen Befig im ſtäbtiſchen
Weidhbilde, fo lange er bem Rlofter gehiren werte, von allen Etadtlaften (St.
Chomafer Urfunden, Wolny kirchl. Top. HT. 119). Markgraf Jodok geftattete
(1410) bem Kloſter den Bau eined Hauſes neben dem grofen Thore desfelben
gegen bas Schloß Spielberg gum Ausſchanke feiner eigenen Weine und bewils
!) Anf die Bedeutung des Wortes „Fröhlicher Thor” (porta laetorum) biirfte ber Teyn-
bof in Prag leiten. Dort Ueftand nämlich ſchon unter der Regierung Boriwoy’s (1100 —
1107) und wahrſcheinlich ſchon im 10. Jahrhunderte auf ber Stelle bes jegigen alten Un-
gelts ein Hof für frembe Kaufleute (curia hospitum mercatorum ober kurz aud blos
curia hospitum; vergleide damit bas ruffifde goftino{ bwor), welder Ranfhof 1278
urfunblid) unter bem Namen Dyn und 1298 als curia hospitum, que Tyn seu Leta
curia vulgariter nuncupatur, vorfommt. In dieſem Hofe batten bie Fremben, natürlich
gumeift beut{den Ranfleute, ihre Niederlagen, machten ba ihre Verfiufe und Einkäufe,
muften in ber Regel ba wohnen. Es war dba bie fürſtliche Wage und bas Eimermaß
({tyna), etu beſonderes fürſtliches Gericht über bie frembden Kaufleute bei Klagen gegen fe
(Tomef I. 23, 72). Wir erinnern uns, ba nach der Urkunde über bie Theilung der Pfarr⸗
forengel St. Peter und St. Jalob von 1293 bie Deutſchen feit Alterdher zu St. Jalob
gebirten, welde Rirdhe in der Mabe bes Fröhlicher Chores fich befindet. Es mag baber
ein Gbulider Raufhof ber Deutſchen ba gewefen fein ober biefelben die Fröhlicher Gaffe
betvohnt haben, welde anf ben grofen (Markt-) Play anslauft, wo fid bas Kanfhaus
(praetorium) und (tie in Olmilg) baneben bas Rathhaus tefanden. Aud) bas Renner.
Thor (porta cursorum, 1336 urf., Wolny, kirchl. Bop. MI. 88 — 90) bdilrfte feinen
Namen wohl nidt won (flirfiliden) Lanfern ober Voten, fondern von Rheinlanbern
' (Rhennenses) haben, die fic) in der Nähe anfiedelten. Das mönitzer (Mengers) Chor
226
ligte, daß an ofung, fo oft fie in ber Stadt Brinn auferlegt werde, von fol-
genden kloͤſterlichen Gatern, naͤmlich der Mühle Schmalzhof, bem Hofe ge-
geniber bem St. Stephandfpitale in der briinner Borftadt (in praeurbio Bru-
sensi) Sditta (Schutta, KRrenaw, 1382 auger ben Stadtmauern gelegen)
und ben 2 Babern, einem unter bem Spielberge und dem anberen fiber dem
Waſſer Panow, nicht mehr als dritthalh Mark Groſchen gezahlt werden fol
(Meine Geſch. von Brinn GS. 122, 262).
In der Wefenheit ditrfte ſich dieſe alte Befeftigung ber Stadt bid in bie
neuere Seit ethalten und nur in Folge ber Erfinbung des Pulvers -und
Anwendung bes ſchweren Geſchützes feit bem Ende ded 14. und Anfange
bes 15. Jahrhunderted eine mehrere Berftarfung, befonders burch bie Anlegung
von Bafteien, Anbringung von Schießſcharten u. a. gedndert Saben.
Dies zeigte fon die Bewilligung ves Kloſters St. Thomas, welded nod
auferhalb ber Etadtmauern fag, vom Sabre 1486, daß Biirgermeifter und Rath
gum RNugen der Stadt ben gum Rlofter gehörigen Hof Hinter bemfelben gum
Baue von Graben, Mauern, Baunen, Bafteien oder Mallen
ohne Bezahlung gebraucden fonne (St. Thomafer Urfunden). Es fam auc in
jener Zeit wirklid zu bedeutenden Befeftigungsbauten. Wenn nicht alle brei
innern Thore bed ehemaligen Judent hors ftammte wenigftens bas erfte aus
bem BVeginne ded 16. Jahrhundertes, aus ber Zeit, als ber rothe Thurm
gu Wien (fogenannt vom rothen Gericte, von ber Geridtsbarfeit, Hormayr,
Geſch. von Wien IV. 144, Seblager, wiener Sfiggen HI. 448 — 450) entftanb,
mit ber naͤmlichen Aufſchrift, vielleicht von demfelben Meifter Antonius. Das
erfte innere Thor trug die (jur Zeit ber Oemolirung nod gut erhalten gewefene)
Auffdrift: Felix est ctvitaz, que cogitat bella tempore pac (-is).
Virgo roga prolem, ut plebem conservet urbiz.
M. Antonius 1508.
(Gluͤcklich bie Stadt, welche bes Krieges gedenft in den Beiten bes Frie-
dens. Bitte o! Jungfrau ben Sohn, daß er befdige bie Stadt) ').
Die ſchon verwiſchten Schilde ftellten bas Stabdtwappen vor, zwei Quer:
balfen, wie bie zwei Figuren, von denen die eine ganz verftummelt war, Her-
führt feine Benennung von Mini, weldhes gu jener Zeit eine nicht unbedeutende Stadt
war.
Nebrigens waren in Flanbern, mit weldem Brinn im 14. Jahrhunderte in Han-
delsverkehr ſtand und wober es nidt wenige feiner Anfledler (romani) erhalten haben mag,
bie Qaten Gutsunterthanen, weldje als glebae adscripti einem Herrn angebhirten, fie mod-
ten leibeigen, tributir ober Freie fein. In ben alteften Urkunden eigen fic submanentes,
Hospites, franzöſiſch hostes ober manans (Warnfinig, flandr. Staats. und Rechtsgeſchichte
I. 248, 246).
1) Diefer Sprud Kaiſer Friedrich IV. fand fic) auc) auf dem rothen Thurme in Wier, auf
bem Arfenal in Kopenbagen, angeblidy aud) auf einer (cinige Sabre ver 1825) niebergerifs
fenen alten Gaftion an ber Gildfeite Brünns (Griinner Wochenbl. 1825 S. 331).
18
fule6, und bie Sopfe mit Gerauéhangenten 3ungen jollten wohl ben Frog am:
beuten, welden tie State tem Feinte geboten unr bieten werbe (Meme Geſd.
von Brinn 6. 69, bei welder iid ald Umidiag auc eine Anũcht dieſes Thored
befindet).
Der Erbauer dieſes Thoreé (unt tes rothen Thurmes in Rien 2) dürfi⸗
wohl nieman? anterer unt weniger geweſen ſein, als ter grofe Weiter Auten
PRilgram (Pildramb) von Brinn, welder ven 1506 — 1511 am Ea See:
phanétome in Wien jortbaute (Feil, in ten Giterr. Vir. BL 1844 Re 16 —
34). und auc bas ſchoͤne Portal am obec tad neue brinner Ratbhaus feb?
(1511), jo wie aud) an der jdonen Safotdstirde gebaut haben mag Dad
Subdenthor hieß im 16. Jahrhunterte aud tué grime Thor (porta viridis)
pon ber Farbe bed hohen Thurmdaches (ab exceiso tarris fastigio eo colore
imbuto, fagt ter Landesarzt Jordan in jeinem Werfden norbus Bruno gallices,
Francof. 1583).
Aus bem 16. Jahrhunderte wird aud ter Bau ted nun abgebrodenen
brinner Thores fein, auf welded wir jpater gu reten fommen werten.
Brinn wird wie alle groperen Statte befeftigt gewejen fein. Bonjin
(S. 11 dieſes Buches) fpridt nur von einem doppelten Graben und Mauern.
Jn Wien waren, ba nad gaͤnzlicher Umftaltung ber Kriegskunſt vie Ring:
mauern mit ihren Thürmen und Graben nicht mehr geniigten, Bafteien, Erker
und Bruſtwehren hergeftellt, Thirme und Bollwerfe um die Borftadte Gerum
erbaut und dieſe von Außen durch Echredjdune geſchützt worten. Wile dieſe
Werke verſchwanden mit den übrigen Gebäuden ter Vorftädte während der Be⸗
lagerung durch die Türken 1529; aber bald nach derſelben entſtanden um die
innere eigentliche Stadt der Zeit gemaͤß deſto maächtigere Feſtungsbauten, deren
bedeutentfte zwiſchen die Jahre 1542 und 1547 fallen (aud in Maͤhren wurde
bamal am Gpielberge, in 3naim u. a. gebaut). An der Stelle der einft allgu:
nahe an De Stadt gelagerten Borftadte erhob ſich ein Kranz von groGartigen
Bafteien (Hormayr, Geſch. von Mien IV. 212 — 220, Tſchiſchka, Sefd. von
Wien, S. 300).
Ludwig's Chronik (1555 — 1604) nennt bad Briinners und dad Ren:
ners Thor bei St. Thomad (Chlumedy halt e6 ©. 60 irrig fiir identiſch mit bem
Brohlider und bemerft, es moge in ber Gegend des Mautgebäudes geftanden fein;
dasſelbe fubrte aud ber Rennergaffe gu dem auger den Etadtmauern gelegen
gewefenen Rlofter St. Thomas) '), bad Juden- und Menger Thor und bas
Tierll (Thürel), wo man auf die Ledergaffen geht (S. 14, 39, 48, 56, 59, 60, 69,
72, 84, 93). Auch ergahlt Ludwig (S. 84), ber Stadtrath habe 1602 ben Zwin⸗
ger zwiſchen bem brinner und Subden+ Thore dem olmiiger Biſchofe Cardinal
— — — — — — —
i) Im Jahre 1600 faufte ber Stadtrath den Gaſthof vor bem Renner⸗Thor gegen ben St.
Khomaner Hof (Ludwig S. 69).
227
Dietrichſtein auf fein Lebelang verwilligt, dte Noffe barin gu tummeln (fonft
bewahrte man wohl aud feltene wilde Thiere oder Hirſche u. a. in den Zwingern),
nad feinem Tobe foll e6 wieder (alled wad er darinnen gebaut) gu gemeiner
Stadt fommen.
Früher wurbe insbefondrre bad Pulver in ben Stadt⸗Thürmen
aufbewahrt, nidt ohne Gefahr fir die Stadt. Den 8. Auguft 1580 (fagt
Ludwig S. 14) ſchlug dad Wetter zur Rat in den Pulverthurm bei bem froͤhlicher
Shore, that grofen Schaden an vielen Haufern, gerfprengte den gangen Thurm
mit etfiden und 70 Tonnen Pulver. ,Die im Thurme getwefenen 70 Fal
Pulver (fagt eine andere Nachricht in den Hanzely'ſchen Schriften) wurden ents
zündet, die ganze Stadt erſchüttert und in eine foldhe Ang gefegt, baf man
gemeinet, e6 fet ber jiingfte Tag und wird die Stadt durchs Feuer verhort
werden, wenn nidt der eingefallene groge Regen gelöſcht hatte.” Auch ben 28.
Juli 1595 gur Racht ſchlug das Wetter in bad Thirmel zwiſchen dem brinner
Thor auf ber rehten Hand, wo man jum Thor hinausgeht, hub an gu brennen
(Lubwig GS. 39). Nod Hunbdert Jahre fpdter klagte ber Stabtrath, bak ir
Pulver und andere Feuerwerfsbediirfniffe in verſchiedenen Thirmen ber Zwing⸗
mauer aufbewahrt werden miiffen, wo fie leicht ber Blig (wie 1695 in Hradifd)
entzünden fonne (bie Schweden vor Brinn, von mir, ©. 99).
Gs fommt aud ein Tifdnowiger Shor vor. Dev Stadtrath Hagte
wider Sohann den flingeren Munfa von Eywantſchücz auf Strug, daß er 1569
pon Neuem einen KretfHam auf ber Reugaffe auf feinem Theile vor bem
Thor das Tiſchnowitzer genannt, auf bem Grundt, wo aniezo Valentin Kawka
fein Unterthan wohnhafft ift, aufzurichten vnd Ddarinnen auf feinem Struzer
Brewhauß Bier außzuſetzen guelaffe, ben ſtädtifchen Freyheiten aurwieder, yond
ber Stadt gue ſchaden (Ralegen+ Slg. bes petersberger Propſtes Hovorius von
1603). Die Ronnen des Klofters Mariagell befaffen ein Haus vor bem Tiſch⸗
nowiger Thore, welded die Sefuiten 1588 an die Stadt überließen (Wolnd,
kirchil. Sop. III. 90).
Der Plan von Brinn in Zeiler’’ Topographie von Mahren (1650) aus
ber Zeit vor der ſchwediſchen Belagerung zeigt bie Stadt von einem Walls
graben und einer gweifaden Ring mauer eingefaft, bie innere mit vie-
len Thürmen gefront, dic Thore mit In⸗ und Aufenwerfen geſchützt, und
gwar bas Holzthor (bei dem gwar auperhalb der ſtäbtiſchen Feftungswerke
gelegenen, jedoch gleichfalls befeftigten Kloſter St. Thomas in ber Richtung zur
Borftadt an ber Ponawfa, alfo nidt am Ende der Sefuitengaffe und Hinter den
legten Häuſern derfelben, wie e6 im ber briinner Zeitung 1860 Rr. 9 heißt),
bad Frbhlidmers, Brünner-, MenfersThor undin der Nabe bad Gh dr-
lein (gegen die Vorftadt Zeil).
Die Vorſtädte Brünns waren wohl nie in die Befeftigung der Stadt
einbezogen (im Gegentheile heißt e6 fdon 1293: omne Brunense Suburbium
jaxta muros positum. Meine Gefd. von Brinn S. 258, Bocek lV. 408); daher
15*
298
‘unterlagen fie aud fo Hdufigen Berheerungen, wie 1241, 1420, 1628, 1643 —
$5, 1742 u. a.').
Por der Erbauung der gegenwartigen fortififatorifden Werke hatte die innere
Stadt nur die Ausdehnung innerhalb ber ebemaligen alten Gtabdtmauern.
') Bu bem, wads wir S. 9 — 14 dieſes Buches oon den brilnner VBorftidten gefagt, wollen
wit nod Einiges beifiigen. Sie verbanten anfer bem, was die Burg und bie Stadt
gethan, ihr Entfteben zumeiſt ber Kirche, nadmlid der uralten St. Peters» Pfarrs und
fpter Collegiatticdhe, bem alten Venedittiner-Nofter Luh (Kumrowitz), ben Giftercienfern
in Welehrab, den PBrdmonftratenfern in Obrowik, ben Jobanniter-Rittern,
ben Dominifanerinnen in Mariazell, den Dominifanerinnen bei St. Anna, den Ci⸗
ftercienfernonuen in Altbrünn, ben Auguftinern bei St. Thomas, ben Karthanfern
in Königsfeld u. a.
Die Kirhe St. Peter, fdon 884 mit Brünn und Luze (Altbriinn) beftiftet,
1131 Propfteifirde unb in ber Umgebung begiitert, erbielt 1088 ein Grundftitd anf 3
Pfliige tn berm bei Brüm nabe an Kumrowitz gelegenen aber längſt eingegangenen Dorfe
Manis mit 4 Bauernfamilien, 1 Gartler und einen erſt anjulegenden Garten. Den Beſitz
bei Dtanic befreite der briinner Fürſt Spitignem 1195 von der Zebentleiftung an bie Ve-
nediftiner-Propftei in Kumromig. Die BVorftadt Beil (Zwittavia, Ponavia) erſcheint urkund-
lid gu Anfang bes 13. Jabrbundertes. Das Primonftratenfer- Rlofter Obrowis erbielt
vom Markgrafen Wladislam einen Hof (1210 in Zwittavia) und den Flug Zwittawa und
trat 1509 fein Dorf Sdhenfowig an Johann Betrowffy von Hrodow gegen deffen Mühle
„Redlin“ und den naben Gof auf ber Beil ab (Bocel UW. 54, Ul. 82, Wolny UW. 42, Il.
2. ©. S. 44, 239; Wolny, kirchl. Top. III. 191; in ben obrowiger Annalen wird das Klo⸗
filer 3. 3. 1298 als ante Brunam gelegen bezeichnet). Um 1280 überließ Dtarfgraf Pre-
myßl ber St. Peterstirche fiir bie Abtretung der St. Michaelefirde an die Dominifaner
8 Labne nebſt 1 Mühle und einigen Fiſchern in ber briinner Vorftadt Bwittawa. Wenig-
fiend ſeit jener Beit gehörte biefelbe fortan bis in die neuefte Zeit zu St. Peter. Konig
Wenzel IIL. beſtätigt 1306 den Beſitz der Unterthanen auf ber Vorftadt „Zeil.“ Der Ber-
trag won 1315 zwiſchen bem Rapitel unb der Stadt weifet alle geringeren Klagen ber dor-
tigen Kapitelsunterthanen vor den zeiler Richter, die Kriminalfaden vor ben Stabtrichter,
geftattet 3 Bader, 2 Fleifder, 2 Schankhäuſer auf der Zeil, ben Verkauf ber Feldfriidte
ber Anfaffen in ber Stadt ohne Standgeld, ben Ausſchank three felbft erzeugten Weines
in ihren Häuſern, befreit fie ven jeter Zablung, Leiftung und Maut an bie Stadt. Nad
ber Entſcheidung bes olmützer Bifdofs Panl vom 3. 1446 im Streite gwifden bem Kapi-
tel und bem Kloſter Obrowitz (barin werben aud die Diiiblen Radlaß (Redlans, fdon
1240 von König Wenzel bem Kloſter gejcentt, fpater aber abgefommen), Dornif (Dornach)
und Kröna (Crenaw) genannt) trennte der Flug BPonawla (Ponowa, an bem ein Bad-
bans lag) die Giiter ber Stabt von jenen ber Propſtei (Meine Geſch. von Brünn S. 95
— 98, Woluy, kirchl. Top. Il. 21, 31, 42). Das Rapitel ermarh and ben Beſitz des
Riofters Luh (Komarow, Kumrowitz). Diefee, i ben Parabeiswald, wie bas Nad-
barftift Naigern, zur Cultivirung ber Gegend geſetzt, mag fdjon ber briinner Fürſt Wra-
tislaw (F 1156) geftijtet haben. Der briinner Fürſt Spitiguem ſcheulte ibm 1197 bie St.
Martinstirde bet Briinn (fpurlos verſchwunden, ſtand nahe der jegigen Vorſtadtgaſſe
Dornich) mit Unterthanen und Zehent, Girtlern in Rumrowig („na luzie“) unb ben Wald
„za brdi“ fammt Hegern. 1229 trat bas Klofter einige Garten und 1 Hof bei Brünn an
ben König Premyßl (juv Erweiterung ter Stabt? GS. S. 223) ab. Um 1305 bezog es
von 2 zur Dörurößl-Miühle gebirigen Labnen, fo wie von 4 Obſtgärten ben Zins.
1319 gab es gum Bane ciner Straffe von Vriinn nad Kumrowitz feine Anſprüche anf einen
Gemeindeweg dafelbft auf. Der letzte Conventuale unb Bropft trat 1527 ben reſtlichen
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Diefelbe ift durch bie nod vorhandenen Ueberbleibſel dieſer Stadtmauer feftges
felt. Sie lief vom ehemaligen brünner Thore an dem rupp'ſchen Haufe, dem
evangeliſchen Bethhaufe, der neuftddter Kaſerne, der Fronte bes vow manner’s
ſchen Hauſes in dec altfrohlider Gaffe, den ehemaligen Salz⸗ und gegenwär⸗
Klofterbefig, namentlich bie Vorfladtgaffe ,Welbt gaffe,” bem Kapitel bet St. Peter ab,
welches 1566 nebft biejer aud die längſt eingegangene Vorſtadtgaſſe Hartluwka beſaß
(Brituner Wochenblatt 1824 S. 64, 152, 1825 Mr. 15 ff.; meine Geld. von Brünn S.
48, 78; Gocet I. 338, 340, 34, I. 56, 59, 166, 170, 174, 208 u. f. w.; Wolny Il. 2.
T. S. 48; deff. kirchl. Top. III. 36, 42, 215).
Altbrünn kommt, wie wir (S. 9) gefeben, ſeit 884 als Naluze, fett 1247 als
antiqua Brona, burgus, qui antiqaa Brana dicitur vor, gelangte um 1199 theilweife an
bas 1322 in Altbriinn von ber Königin Clifabeth geftiftete Ciftercienfer » MonnenMofter
Maria-SGaal, aud Kiniginllofter genannt. Diefes erbhielt vom wyſſehrader Propfte
Johann 1321 bas YPatronat ber St. Profopsfapelle in Altbriinn, weldhe reid beſtiftet
war und Pfarrrechte bejeffen hatte, vom Könige Sobann 1322 fein Haus in Brünn fammt
bem Patronate ber naben königl. St. Wenzgels-Kapelle aim fogenaunten Fifd-
marfte in der Stadt, von ihm und der Stifterin 1323 die Marienfirde in Altbritnn,
vom olmiiger Biſchofe Conrad 1323 bas Patronat über die St. Wenzelskirche in Alte
Brünn, auf welde vor Kurzem die Pfarrredte von St. Profop übergegangen waren, ſammt
einem bis zum Schwarzawafluſſe reidenden Garten in der Vorftadbt Grillowig, von der
Stifteriu 1330 einen ,fteinernen Hof’ in Altbriinn, vont Kinige Johann 1331 bas Patro-
nat ber fpielberger Gurgtapelle; endlid) erwarh bas Kloſter 1345 von jenem in
Welehrad, anf deffen Grund eS zumeift ftand, ben urſprünglichen Beſitz desfelbeu in Alt-
Briinn, beftehend ans 2 Mühlen, Häuſern, Aedern, Obft. und Weingarten, fo wie ſpäter
(1444) beffen fimmtlide Zinſe in Altbriinn. Das Nonnen-Kofter in Altbriiun befag and
1517 bie Hartelgaffe bei Brinn, erbhielt von Peter Fifer das „große Fifderfeld”
(Wolny, kirchl. Top. HI. 152 — 160, 176; meine Geſch. von Briinn S. 90, 258, 263).
Ueber bas nm 1238 entftandene hl. Geiſt-Hoſpital in Altbriinu, feit 1248 bad
Hofpital St. Johann bes Taufers und St. Antons und ſpäter Kreuzhof genannt,
welches bie briinner Vorftddte Kreuzgaſſe (auc Kreuzer-Gut), Grillowitz unb Leh m-
ſtärte (ſchon 1338 in agro figuli) erwarb, unb über bas von ber Königin Clifabeth 1330
beim lofter in Altbrünn gegriindete Hofpital S. meine Gefdidte von Brünn S. 93 —
95 und meine Gefdidte ter Heil- und Humanitits-Anftalten S. 30 — 36; Wolny, lirchl.
Top. Ml. 155, 162, 179 — 183.
Das Kofter in Lah, und bie Karthanfe in Königsfeld (gegr. 1375) ftanden
in Vefis-Verhaltniffen yu den Vorfiddten Dörnröſſel (Durendressel, {don 1305 genannt),
Dorntd (Dornach, 1349 genannt) und Radlaß (Redlans, Redlin) u. a. (Meine Geſch.
von Brinn &. 96, 98,. 121; Wolny, kirchl. Top. III. 38, 41, 124, 191, 206, 207, 209,
215, 216).
Das Klofter St. Thomas (1353 gegr.) beſaß Grunbdftiide bet bemfelben, die
„Kefermühle“ (1366) mit 1 Garten und Bauplagen, einen Gof mit 4 Aedern unb 5
Vreiten vor bem Frohliderthore (1366), ben Hof „Schütt“ mit Zugehdr unweit vom St.
Stephans-Spital (1386), einen ins von 5 Hdujern am Ende ber britnner Gaffe ,,D itr n-
Neuſtift“ (1392), 1 Wein-Sdhankhans bei dem grofen Stabtthore gegen ten Spielberg,
die Mühle Schmalzhof, 1 Hof in der Kröna und 2 Badhäuſer unter dem Spielberge
und am Ponawkabache (1410), bie Mühle fammt Walkftampfe und 2 Garten am Dornich
(1458), Heder bet ber Gaffe Lecz (1464) u. a.; ans feinem Stiftsgarten vor bem Fröh⸗
licher⸗ Thore entftanb in nenerer Zeit ber Augnftiner-@runbd (Meine Gefdhidte von
Vriinn ©. 108 — 111, Wolny, kirchl. Top. III. 109 — 111).
tigen Sollamté-Magazinen, awifden dem Difafterialhaufe (St. Thomas⸗Kloſter)
und bem graͤflich logothety'ſchen Haufe, hinter ben Haufern Rr. 555 bis 559,
Rr. 547 bis 525, bem moniger Thore, laͤngs bem Kloftergarten der Urfulls
nerinnen, Den Haͤuſern Rr. 528 bis 538, dann Rr. 413 bid 416 der Ferdinandé-
Jn ben Handi. Annalen bes RKofters St. Thomas fommen nod folgende Notizen
aus bem 16. nud 17. Sabrbunberte vor:
Mopasterium vendit domum desertam inter domos et subditos Monasterii
sitam in platea Gumeinensi (Somein) — dto desertum agram post vineas
in Zimpl.
Bor bem Frbhlider Thore hatte bas Kloſter einen Hof, an deffen Stelle ſpäter bie
grofe Sdanze Ginter bem Kloſter und ber Kirche fam, dann mebrere Häuſer in der Gaffe,
welde nad ber ſchwediſchen Belagerumg öde wurden und wegen ber Schanze bleiben mug-
ten, ein Gab unter bem Spielberge in der Mabe bes Frdhlider + Chores (ante portam
Laetoram), weldes durch bie Velagerung von 1645 She wurde und verloren ging. Ans
einigen Sbden Pligen fiellte dann bas Kloſter den grofen Garten vor bem Frdhlider
Chore ber.
Wm Zufammenfluffe ber Zwittawa und Schwarzawa hatte bas Klofter eine Mühle;
ein Theil war Bde und unbrandhbar, ben andern batten bie Tudmader in Zins. Ueber
ber Bwittawa, von allen Seiten mit Waffer umfangen, anfer gegen bie Landſtraſſe
beim Spital, war ber grofe Garten bes Kloſters, welder in cine groffe Wiefe verwan-
belt wurbe (bermal gum Theile mit nenen Haufern bebant).
Am Ende bes Gartens an ber Lanbftraffe (via publica) war ein Hof des Kloſters,
welden Niclas Travenitz in Bins hatte, ſpäter bie Stadt von ben Iſtwaniſchen Erben
faufte unb 1659 daraus ein Wirthehans’ (bie neue Welt) made.
Neben her Mühle an ber Schwarzawa Hatten die Tudmader vom Kloſter eine
Walk in Veftand; unterhalb war cine Papiermithle bee Meiſters Peter von
Iglau, nach ber VBelagerung öde (Iglauer, 1540 erbaut, Mutter-Anftalt in Böhmen und
Mebren).
1574 fauft bas Kloſter einen Freigarten oor bem Fröhlicher hore prope latera-
riam Civitatis infra yineas Sauleyien situm, dto. 1575 hortum spaciosissimum et fraga-
lissimis refertum arboribus vor bem Fröoͤhlicher Chor.
1601 penes pontem quo ad plateam novam in Suburbio Brunensi itur —
nova plates et via regia versus Carthusiam — domuncula ad ponticulum platee
Laetorum.
1608 domus cum horto in Suburbio Brunensi Lets nuncupato in fundo Mona-
sterii sita.
Das (1812 — 1317) geftiftete Klofter dex Domiuifanerinnen im Königsgarten
ober St. Anna gab bem dermaligen St. Anuagrunde jeinen Urjprung unb Namen
(Wolny II. 63, tirdl. Top. WI. 166 — 170).
Das Kofter Oflavan beſaß (fon 1260) das Patronat iiber bie Rirdhe Aller
heiligen; dieje beſaß ein Vadhaus am Sdhwarjawafluge und bezog einen Zins vom lan-
desfürſtlichen Hauſe ,Lodenberg” in Brinn, welches einer Vorftadt (dermal ein Ther!
ber Badengaffe) ben Ramen gab, jedoch mit diefer und ber Kirche in ber Schwedenzeit vere
ſchwand (Meine Geſch. von Brünn S. 92, 254; Wolny, kirchl. Lop. III. 175).
Von befonderem Ginfluffe auf die Begriindung der VBorftddte war das 1239 von dem
reiden brilnner Bürger Ulrich Schwarz geftiftete Kofter Maria» ober keuſche Belle,
aud Herburger Nonnen gebeifen, welches gleich anfinglih aud) Wein nnd Obft-
garter, Wiefen, Aeder und Badhäuſer in ber Mahe ber Stadt erbhielt, in und auffer der
felben neue Anfiedlungen ausführte.
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thor-Baftel, Wher ben Franzensberg und endlich am bemolirten ſtäbtiſchen Malz⸗
hauſe bié gum brünner Thore.
Por Erridtung der dermaligen SHangmauern war die Stadt bloß burd
einen Wallgraben von den BVorftadten gefdieden und auf den fest von ben
Breitengaffe. Hauler in unb anfer ber Stadt bet der Mauer, auf dem Grande
biefes Kloſters feit 1252 beim Nennerthore angelegt, 1581 und 1581 an die Stadt ver-
pfändet (Wolny, lirchl. Lop. III. 90).
Der briinner Biirger Heinrich Schweller dachte 1278 bem Dominifanernomnen-
Aoſter in Brünn alle feine Höfe mit Grundftiiden nm Brinn, fo wie Binfe von anderen
file ben Fall feines Abfterbens au und wies nebſtbei 2'/, Mark jährl. Zinfes auf em Anni-
verfar für fic in ber Mlofterfirde an.
1847 faufte ber briinner Ranonitus Wernher von dem britnner Bürger Joh. Eber⸗
hard 12 Marl jabri. Rinfes von dem „Schweller“ an bem Sdwarjawaflufje vor dem Iu-
benthore (Wolny, kirchl. Top. III. 83, 87).
Aus dem Schweller'ſchen Hofe entftand bie Sdhwabengaffe, weldhe in ber Kriegs⸗
seit bis 1497 verbrannte und deren Gründe verdbcten; nachher wurden bort Rinshdufer er-
baut, wovon bie Halfte um 1527 ber Stadt ginste, 1541 bem Stabtrathe ganz auf 10
Sabre verpfainbet, erft 1588 ben Sefuiten iiberlaffen (Wolny, kirchl. Top. III. 89).
Bobhnengaffe. Balb nad 1336 wurden auf den vom Priefter Friedlin bem Do⸗
minifanereNonnen-Riofter in Brünn gefdentten Aeckern Haufer gebaut, weldhe unter bem
Namen Bohnengaffe um 1438 bem Kloſter ginsten. Auf anderen nahen verddeten Wedern
entftanben aud neue Hiufer, und ané diefen bie HGuttergaffe (Hottergaffe), weldhe ſchon
1438 vorfommt unb 1497 bem genannten Rlofter ginste. Beide Gaffen wurden 1542 der
Stadt verpfindet, bie erftere 1588 ben Fefuiten fibergeben, bie andere aber ungeadhtet aller
Ginreden berjelben von ber Stadt gurildbebalten (Wolny, kirchl. Top. III. 88, 80, 90).
Reugaffe, auf welder im 15. Sabrh. Safrangarten, 1462 aber nur 2 Haufer waren.
Die Grundftlide des Dominifanernonnen « Kofters bei berfelben wurden 1482 in 35 Bau⸗
plage zertheilt, woraus nene Zinshaufer entftamben, bie jedoch 1581 den Zins verweigerten-
1542 wurden auch diefe ber Stabt verpfinbet, 1588 jedoch ben Sefuiten ausgefolgt (Wolny,
tirchl. Top. OI. 89).
Als die wenigen Nonnen nad Puftomer bet Wiſchau iiberfegt und bas verwabr-
loſte Kloſter nebft deſſen Gütern 1578 bem Stadtrathe gegen Erhaltung ber Jeſuiten,
1581 aber dieſen felbft iibergeben wurden, beftanbden fie unter anderem aus 1 Gof vor
Brünn (1596 neu erbaut), ber Shwaben-, Bohnen- unb Neugaffe, 1 Weingarten hinter
bem Spielberge (1524 angelegt), bem Bergrechte um Brünn, 2 Schlachtbänken in Griinn,
1 Mühle in Altbriinn, 4 Garten in Grillomig bei Brünn (fon 1438 unter Bins, 1541
an Griinn verpadtet, 1588 3 Haufer dafelbft den Fefuiten gnritdgeftellt), ber Waſſerwehr
„auf ber Schütt“ bet BVriinn (fett 1438 Zins von 2 Hdufern unb 2 Garten da) n. a.
(Wolny, kirchl. Cop. III. 89).
Bon ben Borftidten, welde bis 1850 zur ſtädtiſchen Juris diktion gebsrten,
find, mit Ausnabme bes Teichdames (nach 1780 entft., nun Frang-Yofephe-Straffe), ber
Yadermiefe und ber Straffengaffe (beibe ſ. 1782), die übrigen alt, namentlid bie
ſchon angeführte Badengaffe (nach Bfterr. Encykl. 1. 397 fon 1274; 1441 heißt es ex-
tra portam Brunensem platea pistorum), bie febergaffe (nah S. 11 {don yu Anfang
bes 15. Yahrh. nnd nad Ludwig's Chronik S. 59 and im Fabre 1600), Neugaffe und
Kröna. Diefe letztere Borftadt (fat. Crena, Crenaw, Srenow, vulgo Schutta) hieß gee
wöhnlich Schitta, Schutta, Schütt, auf ber Schütt. 1862 überließ Markgraf Jodok bas
von thm geftiftete St. Stephans-Hofpital anf ber Sdhittt, aufer ben Stabdtmauern
252,
Sdanjgraben und dem Glacis eingenommenen Terrain Ginter ben Wallgraben
ftanden Gebdude, wie bad. Grund⸗ und Lofungsbud von 1634 und die alte
Abbildung der Stadt aus der Schwedenzeit geigen. Auf dem Plage, welcher
vor bem Juden⸗ (dermal Gerdinands-) Thore und der Borftadt Mahl gra-
ben fag, den aber dermal ber Bahnhof fammt Umgebung einnimmt, befanden
fih bad Riofter St. Joſeph, welded auf bem Grunde der dafelbft beſtan⸗
benen 4 Haufer, 4 Malsftuberrs und 2 Stabeln gebaut wurde, ein Materhof
(den dieſes Rlofter an Stelle bes neben bem vorigen Klofter geftandenen
Hofes wieder aufgeridtet) und 3 Häuſer. Auf dem Raume zwiſchen dem
Menzerthore und ber Medergaffe ftanten bad Raypuziner-Klofter, 5
Haäuſer, 2 Garten und 2 Stabeln, auf ber Grundflade vor dem Thur
(dermal in ber Gegend bes Reuthors) 3 Haufer, 5 Stadeln und 1 Garten,
vor bem Nennerthore (auf tem hinter ber Sefuitengaffe und bem Difafterial:
haufe gelegenen lage) 37 Haufer, der fuͤrſtlich dietridftein'jde Garten und
1 Maiechof, auf ver Fladhe vor bem Frobhliderthore mit Snbegriff ded
AuguftinersGrundes 10 Häuſer, 4 Stadeln, 3 Garten und bas Bad des Klo⸗
fiers Gt. Thomas.
gelegen, mit einent Erbhofe dafelbft ber Stadtgemeinde Griinn (©. ither diefes Spital
meine @efdidte ber Humanit. Anft. S. 36 nub auch Ludwig's Chronit S. 20, 34, 37,
50, 58, 60, 71, 74, 94).
1386 erwarb bas Rofter St. Thomas von ber Katharina, Witwe nad Bohus von
Tiſchnowitz, für die iby vorgeliehenen 60 Marl ihren Hof „Schütt“ mit Zugehör unweit
pom St. Stephansfpitale. 1393 heift derfelbe der Hof auf der Sditta, gegeniiber bes
Hofpitals Si. Stephan in befagter Vorftabt Brünns. 1410 minbert Jodok die ſtädt.
Lofung von den klöſterl. VBefigungen, namentlidh von ber Mühle Schmalzhof genannt,
vom Hofe in ber Schitt (de curia in Schitta ex opposito Hospitalis Sti. Stephani in dicto
pracurbio Brunensi), welch' fegteren (Hof bei Brünn nabe am St. Stephanéfpitale auf
ber Schütt) bas Kloſter zur Verbefferung feiner bon den Huffiten gang verwüſteten
Güter 1498 an Johann aus Hwezlig um 10 Sdhod Groſchen nebft einem jährl. Zinfe
von 1 Sd. und 10. Gr. ablaffen mufte (Meine Gefdidte von Brünn S. 96, 122, 262;
Wolny, kirchl. Top. Ul. 90, 121 — 124. Jn ben St. Thomafer Annalen heißt es aud:
1461 in platea Dornach, penes molendinum Monasterii Schmalzhof dictum — judex
in Dornrussl. 1464 Monasterium St. Thomae dat agrum extra plateam Lecz in
meliorationen sive jus emphiteuticum jure haereditario possidendum honestis viris etc.
1532 ager Laimstetten penes vineas in Zimpl. 1559 platea Czeila).
An ber Bwittawa von Obrowig abwirts waren 4 Mühlen: Die Obromitger,
Radlaßer, die fpdter bem Stephans - Hofpitale gehörige (jetzige ſtädtiſche Malzmühle) und
bie St. Thomafer oder Dornider (Dornach). Die Vefiger ber lewteren drei fanbden fid
1554 mit tem Kloſter Obrowik über ben Zins wegen der von bemfelben im alter Zeit er-
bauten Wehr und ber Hammhöhe ab (Obrowiger Annalen, M. S. fol. 167).
Gleichſam als 1. Inſtanz für bie zur Stadt gehörigen Vorſtädte beftand in ber Mitte
bes 17. Sabrh. das Vogtamt, zwei ber Alteften Rathe bet jeder ber zwei AWbtheilungen
ber Vorftibte. Die Vogteivertvalter hatten dba bite Geſchwornen gu erfegen, Witwen und
Waifen gu fohitgen, die Gemeinde- und Waifenrednung zu pflegen, alle Streitigfetten bas
felbft gu ſchlichten (Koller, in Ludwigs Chronik S. 34).
‘Mo jegt die Wachthäuſer bei ben Stadtthoren, bad MilitareBadhaus, die
Haͤuſer der Fortififations - Lofaldiceftion und bee V!.tillerie « Poftfommando’s bei
dem Froͤhlicher⸗Thore u. f. w. flehen, waren vor Erridtung und Herftellung der
Fefungéwerfe in Brinn nämlich bis 1670 bürgerliche Häuſer und Garten,
Schon vor der Befeftigung beitanden auf ſtädtiſchem Grunde die Vorftddte
Badengaffe, Muͤhlgraben, Ledergaffe (welche damal 2 Reihen Haufer Hatte),
Bonar (dermal Grabenz) Gaffe, grofe und fleine RNeugaffe, dann Schwaben⸗
gaffe und gwar in noc weiterer Ausdehnung als dermal.
Zur Beit der ſchwediſchen Belagerung (1645) war bie auf mehreren Seis
ten von Anhohen beherrſchte Stadt blog durch doppelte Siadtmauern, einen
Wallgraben und einige Vorwerke geſchützt. Es wird einer alten Baftei gegen
St. Anna und eines neuen gegen die königliche Kloftermihle, einer runden und
einer hölzernen Baftei (beide erftere wohl am Spielberge), bed petereberger
Schanzel's erwaäͤhnt. Fuͤnf Shore, das briinners, Duden, moniger (Menzer⸗)
Holz⸗ oder Renner⸗ und bas Froͤhlicher⸗Thor, dann ein Thuͤrlein unweit dem
moniger (an ber Stelle ungefabr, wo. jegt bad Neuthor fleht) fihrten aus der
Stadt. Dads Riofter St. Thomas ftand wohl außerhalb ber Stadtmauern, war
aber in ber Defeftigung mit eingeſchloſſen. Das Schloß Spielberg oberhalb der
Start war von Ratuc und den Werfen ziemlich feft, mit einem doppelten Grae
ben und Mauer umgeben.
Der neue Commandant Souches umftaltete mit wunderbarer Schnelligkeit
bie von Freund und Feind fiir ſchwach erachtete Feftung binnen 6 Woden in
einen fo haltbaren Platz, daß fie einem ſieggewohnten madtigen Feinbe wider-
ftehen fonnte. Gr vertiefte wahrend dieſer furgen Zeit die Graben, verbefferte
ganze Schanzen, bejonders bei St. Thomas, verficherte bie vielen Ausgaͤnge gu
ben Baftionen, richtete den bededten Weg auf den Spielberg (strada cooperta),
an weldem das Zufammenwirfen ber Feftung mit dec Stadt viel gelegen war,
vollig ein, traf alle mogliden Bertheidigungs » Anftalten, lick bie höheren Bors
ftadtgebdube abbreden, bie ſchädlichen Gruben ausfüllen, bie Hübeln abtragen
u. ſ. w., indbefondere aber Die Der Vertheidigung Hinderliden Vorſtädte mit
einigen Klöſtern, Kirden und Gotteshäuſern einrei fen, im Grunde ſchleifen
und ber Erde gleid machen.
Beuge ber Borftellung ded ctadtrathes an den Kaiſer waren nad der
Belagerung bie zwei vom Feinde eingefdoffenen Brefden, Mauern und neue
Schanzen, Ravellind, der bedeckte Weg auf den Spielberg, Graben und andere
Fortififationswerfe wieder aufzurichten.
Die ruͤhmliche Behauptung Brünns und bes Spielberges gum Schutze der
Stadt Wien und bes gangen Staates hatte ihren damaligen Werth als Waffen⸗
plag erfennen gelefrt und gab die nadfte Beranlaffung gu ihrer mebreren Bee
feftigung, da feitbem Brinn und ber Spielberg ben erften Platz unter den feften
Plagen Mährens (nebft den erfteren audy Sglau, Hradiſch, Helfenftein, Eulen⸗
berg, Pernftein, Olmiig, Hodwald und Mürau) einnahmen.
Schon Kaifer Ferdinand Hl. (+ 1657) begann bie Stadt Brinn mehr au
befeftigen. Gein Radfolger Leopold I. fepte die Arbeiten aldbalb fort; aué der
erften Zeit feiner Regierung war das (1836 demolirte) erfte Juben +s Thor,
welded die Auffdrift trug: Leopoldas Romanorum imperator semper Aug.
MLDCLXHI (1663). Es war died die Zeit, wo die Tiirfen und Tataren ihre
ſchrecklichen Berheerungsgiige bis vor Brinn und Olmiig machten und nebſt
einer grofen Beute 14 — 20,000 Mtenfden aus Maͤhren in bie Sklaverei flibrs
ten. Ungeachtet ber thatigften Anftrengungen ded damaligen mabrifdhen Gene:
ralfommanbdanten Grafen Souches, welder neben den neuen grofen Befeftigungs-
werfen (Daftionen) Wallgraben aushebden lief, war Brinn dod, wie geflagt
wurde, ſehr {lect verficert und fonnte bei der Weite und bem Umfange der
nothigen Befeftigungswerfe aus Mangel allgemeiner Mitwirkung bes Landes nie
gum gefhorigen Befeſtigungsſtande gebract werden. G6 waren 1663 die Bafteien
und Aufenwerfe um die Halbe Stadt gwar aufgefuhrt, aber mit den ndthigen
Gourtinen, befonderd bei bem Juden⸗ und dem Froͤhlicher⸗Thore nicht verfehen
und. bem Feinde leicht zugänglich, die Graben um die Bafteien und grofen
Aufenwerfe nur geringen Theils aufgeführt, feine Contreffarpen gemacht, der
bebedie Meg gegen ben Spielberg und bas Ravellin daſelbſt meift eingegangen,
bie Bankets und Gange auf den Stadtmauern gang eingeriffen.
Es muften nun awar die ganze Bürgerſchaft, Studenten, Solbaten und
eine grofe Anzahl von ber Stattgemeinde um Geld gedungener Leute taglid
an ben feflenden ober mangelhaften Befeftigungéwerfen arbeiten. Die Mittel
und Urbeitsfrafte reichten aber nist gu, weil die von ber Landeshauptmann(daft
ausgefdriebenen Lieferungen an Pallifaden, Holsfafhinen und Baumaterialien
von ben Lanbdleuten nicht geleiftet wurden und die aufgebotenen Menſchen fic
nicht ftellten. Der Stadtrath bat gwar den Kaiſer um eine ftarfe Garnifon und
mittelft allgemeiner LandeSconcurreng um Munition, Proviant und Arbeitskraͤfte
zur Befeftigung des Plagesd. Gr erneuerte (1664) nach dem Falle von Neus
Hdufel und Befignahme bes groften Theild von Ungarn durch die Türken diefe
Bitte, fo wie um einen Geldbetrag yur Vollendung ber Fortififationen, insbeſon⸗
bere zur Aufführung der Gircumvallationen vom Rlofter St. Thomas bis an ben
Petersberg und Aushebung der Graben. Der Stabdtrath erneuerte abermal 1668 bas
Gefuh um Vollendung der begonnenen Fortififation, ba durch die geſchehene
RiederreiBung der alten 3wingmauern, an teren Stelle die neue Verbauung nod
nicht getreten fei, ber Zuftand an mebreren Orten noc gefahrlider geworben.
Gine Folge diefer wiederholten Vorſtellungen war die Fortfepung ber (don von
Ferdinand ITI. begonnenen Wiebderherflelung der burch die ſchwediſche Belagerung
ſtark beſchädigten Geftungdwerfe und deren größere Ausdehnung, indem Kaiſer
Leopold die Stadt vom FroͤhlicherThore her das Judenthor hinaus bis gum
Calvarien: (Franzens⸗) Berge mit neuen Schanzwerken einfdlieRen ließ. Das
Juden⸗ und bad Frohlicher-Thor wurden dabei erncuert und echielten eine ortent:
lidje fortififatorijde Ginrichtung, dad erftere in 4 Abtbeilungen oter Thoren.
Das (Geuer demolirte) FröhlicherThor befam die Aufſchrift: Leopoldus Rom.
Imperator semper Augustus Germ. Hung. Boh. Rex. Archid. Aust. Marchio
Moraviae MDLXXIX (1679).
Zur Beit, alé dle Tiirfen (1683) mit nie gefehener Mat bis vor Wien
brangen und bed Reiches Hauptftadt in die grdfte Gefahr brachten, ftellten
Brinn, Olmiig und Hradiſch, alé die haltbaren Plage aus ben k. Stadten, vor,
daß bie Fortififation nicht vollendet, die Graben nicht ausgeführt, bie Brufts
wefren und Contreffarpen nicht fertig und diefe feften Plage von grobem Ges
ſchütz, Munition und Waffen entblößt feien. In Folge deffen forderte der Kaiſer
bie Staͤnde auf, diefe haltbaren Stabte gu berückſichtigen und wenigſtens fened
ju bewwilligen, wads zur Ausführung ber Graben, dann Berfertigung der Brufts
wehren und Contreffarpen durch Arbeit bed Landvolfed nad und nad verrid
tet werden fonne (S. meine Schrift: Die Schweden vor Brinn 6. 28, 31,
34 — 36, 44, 47, 49, 74 -- 79, 94, 101 — 109, meine Geſchichte von
Sglau ©. 315).
Die nächſten Erfolge diefer Borkehrungen und die aus den Gertififations:
geldern des Qanbed bei Brinn und dem Spielberge vollfiihrten Befeftigungs-
arbeiten wurden fdon früher erwähnt (6. ©. 104 — 105) ').
Im Jahre 1716 wurde bad fogenannte Lärm-Schanzel bei dem Ju—
benthore auf Roften bed Landed zu bauen begonnen. Aus Anlaß deffen vers
langte ber Obciftiientenant und kaiſerl. Landesingenieur in Mahren
Ludwig Franz de Rochet, baf nah hen Fortififations- Regeln und bem vom
Hoffriegsrathe genehmigten Hauptriffe der Fortififation die nächſt baran, und
gwar auf bem Glacié befindliden Häuſer und Garten vor bem Judenthore bid
auf den fuͤrſtlich dietricftein'{den Garten rafirt und weggerdumt werden. Raw
bem Berichte ded Magiftrated waren darunter bid zum fuͤrſtlich dietrichſtein'ſchen
Haufe in einer Cntfernung von 20 — 73 Rlaftern vom Larmfdanyel gegen
bie Kröna 7 Privathdaufer, das Mauthaus der Stadt, 2 Privat: Stadeln und
4 Privat>-Garten gemeint. Auf die PBorftellung bes Magiſtrates und ded k.
Gouverno’é fifticte Raifer Sarl VI. dieſe Ginrcifiung bid auf weitere Weijung,
— —— — — —
1) Auf bem Grunde bes zerſtörten St. Thomaſer⸗Kloſters wurde bas propugnaculum magnum
beim Froͤhlicher⸗Thore gebaut (Thomaſer Annalen M. S.).
Der Adler auf dem Wartthürmchen an der Baſtion unter dem Franzensberge, wel⸗
ches bei Planirung derſelben und Herſtellung nener Bruſtwehren (1836) demolirt wurde
(wie jene auf ben Baſtionen bet bem Juden-, Neu- und Frohlicher⸗Thore) trug bie Jah⸗
reszahl 1688.
Die Eckflanke der demolirten Baſtion bei der Jeſuitengaſſe hatte ein kleines Wart⸗
thürmchen, wie wir ſie noch hie und da auf den Schanzwerken erblicken. Daran war das
kaiſerliche Wappen eingemauert, welches, aus ſchönem pernſteiner Marmor gehauen, eine
vortreffliche Steinmetzarbeit iſt. Die Aufſchrift Ferdinand III. 1650 zeigt bas Gründungs⸗
jahr. Die hier gefundenen Antiquitäten kamen in bas Framensmufenm, wohin aud jene
bom Juden- und brunner Thore abgegeben werden ſollen (Brünner Zeitung 1860 Rr. 9).
ba ber Bau bes Schanzels ofnehin wohl 2 Sabre erfordern werbde, alfo feine
Gefahr am Berguge fei (Ref. 23. Suni 1716). Der Hoffriegsrath ließ aber
burd den Felbmarfdallieutenant und Gommanbanten auf dem Gpielberge ob
Brinn Grafen von Wegef bem Landesingenieur diefe Unternefmung, von
welder aud) bem Hoffrieg@rathe nichts bewußt war, fogleid& einfteen und
auftragen, Die Anzeige gu erftatten, wenn diefe Haufer ber Fortififation ſchaͤdlich
fein follten, damit fi mit tem Guberno in dads Ginvernehmen gefegt und fobann
bie weitere Refolution gefaßt werbe (Ref. 7. Juli 1716). Nach dem VUebereins
fommen awifden dem Hoffriegsrathe und ber bohm. Hoffanglei folte vom Com:
manbanten auf dem Gpielberge felbft ber Augenfdein genommen, uüber die
Garten und Haufer, welde weg zu fommen haben, ein Plan verfaßt, mit bem
Gubernium und Magiftrate dad Ginvernehmen gepflogen und fic) fobann von
ben zwei genannten Hofſtellen verftanden werden (Ref. 30. Juli 1716).
Es ift mir der weitere Verlauf diefer Sache niche befannt; es unterliegt
aber feinem 3weifel, daß ber Fortififationdbau und bejiehungsweife bie Repas
taturen ifren Fortgang Hatten, wozu die Mittel aus bem Fortififations » Fonbde
d. i. fenen 10,000 ff. floffen, welde jährlich vom Landtage auf bie haltbaren
Plage (Brinn und Eyielberg, Olmiig und Hradijdh) bewilligt wurden (S. S.
104 — 105).
Pei diefer geringen Dotation fonnten die Baulichfeiten nur wenig vor:
warts fdreiten; aud) fdeint fiir ihre Feftigfeit nicht au fpreden, baf bie Cour-
tine» Mauer gwifden ben zwei Bafteien oberhalb bem moniger Thore gegen:
fiber der Ledergaffe fo fdabhaft war, bas fie den Einſturz drohte und 1723
thelfweife neu aufgebaut werden mußte (Ref. 15. Sept., 5. und 15. Oft. 1729).
Bon den mannigfaden Streltigfeiten zwiſchen bem Militar und ber Stadte
gemeinbde, inébefondere denjenigen, welche auf die fortifikatoriſchen Berhaltniffe Be:
ziehung haben, und dem a. h. Regulative vom 25. Juni 1731, welded dic
beiderfeitigen Granglinien bezeichnete, war {don friiher bie Rede (S. S. 100, 175).
Diefes leptere beftimmte, daß bloß der zwiſchen den Stadtmauern und
ben Außenwerken befindlide PBlag fir das Fortififatorium vorbehalten werden
fol. Die alte Stadthefeftigung beftand ndmlid vor 1742 und nod frither aud
brei Stadtmauern; gwifden der innerften (Stadt⸗) und ber mittleren (Rings-
ober 3wingmauer) ging ein 3winger und zwiſchen ber Rings- und der dugerften
niedrigften Mauer ber Stabdtgraben um die Stadt. Da bie Stadtgemeinde alles
Verrain bid yur äußerſten Mauer ald freied ſtädtiſches behandeln wollte, bas
Militar aber die Terrains zwiſchen diefen Mauern anfprad, gab es fortwäh—
renden Streit aud in ben ſpäteren Jahren.
Der preußiſche Ginfal in das offene Land (1741)') gab einen Finger:
zeig fiir die Nothwendigfeit ber Befeftigung mehrerer Punfte.
— —
1) Der preuß. Einfall in Mähren und die Blolade Brünn's oon Kindl, Brünn 1743, und nad
bemfelben in Hormayr’s Archiv 1816 Mr. 91, 94, tt meiner Geſchichte Brünns S. 224 — 230
M
Gud Brinn und der Spielberg wurden in ihren Feſtungswerken vers
ſtaͤrkt.
Die alten Schanzgräben der Stadt wurden yum Theile beibehalten, gum
Theile verfcittet und neu erridtet.
3m Jahre 1742 wurden in ben aunddft gelegenen Vorftadtgdffen viele
Haufer und Gebdute rafirt, im Grunde abgeriffen und hiedurch eine Menge
ber Gigenthitmer arm und Bettler, deren einige ihe ganged Bermogen darin
batten und feine Unterfunft fanden ').
Bei ber Niederreifung der vorftadtifden Haufer erhielten die Cigenthimer
nur eine geringe Entfdabigung, die Stadt aber fitr die gu den Befeftigungen
verwendeten Gruͤnde feine.
Die neuen Befeftigungsarbeiten waren ſehr bedeutend und dringender Ras
tur. Da ber alte Stattgraben an den meiften Orten verfduttet, die Staptmauern
niedergeriffen und andere Beranderungen vorgenommen wurden, mußten die
Stabdtbewohner an den neuen Werken am Sypielberge und um die Stadt Schanz⸗
arbeit leiften, Mtaterialien liefern und Praftationen aller Art ſich untergiehen, fo,
baf alle diefe Leiftungen nur in dem kurzen Beitraume bis in die 2. Halfte
1742 einen Werth von 200,000 fl. erreichten (Confignation, welche nad dem
a. h. Rejcripte vom 27. Suli 1742 an bie maͤhr. Stande abgegeben wurde),
aber ber Stadt und Bürgerſchaft eben fo wenig vergiitet wurden, als dad
Gortififatorium je einen Grund von der Stadtgemeinde einloste. Cine Menge
Häuſer, nämlich die gangen rund um das Glacis von ber Kroͤna an bis
jure grofen Meugaffe beſtandenen Gafien, dann die Badergaffe, die Hadel-
gaffe, welche gum Hackelthore ſührte, muften gu fortif. 3wede rafict werden,
die Gigenthiimer wurben bloß fiir bad Material entfdadigt. Der Grund und
Boden, worauf fte ftanten, und alle andern benigten Plage wurden aber
nidt eingelost.
Im Sinner 1745 befichtigte tec Mtitregent Großherzog Frang die neues
fen Feſtungswerke.
und von Schenkel im mähr. Wanderer 1845 S. 154 — 162. Der lewteren Abhandlung
ift, nad bent grofen Bride VBriinn’s aus ber Zeit ber preuff. Blokade (1742), welches ſich
in bem altbriinner Auguftiner-Rlofter befindet, eime Copie in verfleinertem Maßſtabe beige.
geben, welches bie Vorſtädte, Mancrn, Thürme u. a. zeigt.
") Insbeſondere wurden gur Beit, als um die Stadt herum neue Fortifilattonsmerte angelegt
wurden, auf ber zur Herrſchaft Pofotig gehörigen Gemeinde Neuftift Gaufer und Garten
ob rationem publicam rafirt, wofür bie Cigenthiimer nichts erbielten. Dort wurden Fore
tififationswerte gegen bie fogenante Lampel-Baftion erridtet und dafelbft nächſt ber Pott.
aſchhütte, flatt bes Weges, welcher fonft nächſt dem Lampel-Wirthehaufe um die Stadt ging,
ein neuer offentlider Weg hergeftellt, ohne daß ber Privatbefiger (Barbara Ehenberger) filr
feinen Garten und Ader cine Vergütung erhalten hatte (Kreisamts -Beridt de praes 8.
Sunt 1745).
Bisher Gatte bad Land die Auslagen fir den Bau und die ErGaltung
ber Feftungen beftritten, daher aud die Aufſicht über diefelben von Seite der
politiſchen Behdrden (bes Tribunalé und der Rreishauptlente) geführt wurde.
Nod im Jahre 1747 wurden von den mahr. Standen 10,000 fl. auf
Hortifitationébauten bewilligt und Ddiefelben nad a. 6. Anorbnung gu Bauten
am Gplelberge und in Olmag beftimmt.
Im Jahre 1748 iibernahm aber bas a. h. Aerar bas Fortififationswe-
fen, weßhalb aud von Geite der Militärbehoͤrden eine grofere als die bidherige
Einflußnahme eintrat. \
1752 bracte der kaiſ. Sngenteurs Obrift von Rochepine zur Kenntniß ded
k. k. General-Militdrcommando’s, ec Habe bei Bifitirung der Vorſtädte gefuns
Dent, bas groͤßtentheils one ted legteren Erlaubniß viele Haufer bereits aufge⸗
Baut worden feten, vlele in der Errichtung begriffen waren an fenen Orten, wo
gue Belt ter feindlichen Glofade im Jahre 1742 diejelben aus fortififatorifden
Ruͤcſichten niedergeriffen werden muften, und den hiedurch Befdhadigten aus
a. h. Clemenz einige Bergiitung gu Theil geworden.
Da Me neue Erbauung der Häuſer aud an den ver Fortififation nachthei⸗
figen Orten fa algemein gu werten beginne, erfucte tas General = Militar.
Commanto ote & Repradfentation und Rammer (nachher bas Gubernium genannt)
um tle Einſtellung defer Bauten, damit von Fall yu Fall entſchieden werde,
od ter Bau zulaͤſſig, wie und mit welchen Materialien perfelbe auszuführen fei
und um vom Erbdauer den gewöhnlichen Revers wegen Rielerreifung bes
Gebaudes unt Wegrdumung ver Materialien auf eigene Koften, fo oft es ers
forderlid ſei und defohlen werde, abfordern zu koͤnnen.
Rie Repräſentation unterzog Me Eade der Entſcheidung ter Kaiſerin
indbefontere in der Ridtung, welches Verfahten bei Wiedererrichtung dieſer
Hauſer einzuhalten und welchen Cinfluß Ne politiſche Landesbehoͤrde darauf gu
nehmen babe.
Dic Kaiſerin bemerkte, Ke wolle nicht hoffen, daß anf tem Glacis ber
k. Etadt Brünn zeitber einige Häuſer wieder erbaut worden ſeien; ſollte es
aber geſcheben fein, fo waren dieſe Häuſer wieder zu raftren unt m Zukunft
Miemalé gu qcftatten, einen Bau tarauf ju führen. Dieienigen, welche auger
fem Glacié oder an folden Orten, woe vordem aus fortifikatoriſchen Rückſichten
Be Häuſer niedergerinen worden, cin Gebiule aufjufiibren meinen, jollen vor⸗
ufig Nie Erlaubniß bei der Reprdicutation anjaden, zugleich aber einen Revers
beibringen, dieſes Gedaude auf jedesmaliges Erforderniß unt eigene Soften bes
auf ten Grand wieder nieder ju reifien. Boer der Ertheilung der Bewilligung
Habe KS die Reprdjentation mit dem Militarcommando im das Eiwernehmen
yu jegen, ob und wie Ke ohne Nachibeil ded Fortiffatoriums gegeben werden
Wane (Reſtript vom 19. Mugu 1752).
Bom brünner Kreidamte wurde dic Radweijung verlangt, wie vicle
folder Qaujer auferbald dem Glacié unt an Orien, wo früher wegen ber
fortififatorifden Rückſichten Haufer niedergeriffen worden, wieder neu aufgebaut,
bann ob die Reverfe. abgegeben worden.
Aus den vom briinner Kreisamte im Degember 1752 vorgelegten 23 Dee
molirungs + Referven geht hervor, daß feit 1748 nach und nad auf den Grin-
den der im preußiſchen Trouble 1742 gegen geringe Entſchädigung rafirten Häu⸗
jer neue Häuſer und Schopfen mit und ohne Bewilligung, jedod gegen ben
Revers, fle im Falle des Erfordernifjed ohne Entſchädigung wieder niederreifien
au wollen, meiftend aus ſchlechtem Materiale, groftentheild nicht mehr in der
friiferen Hobe, fontern nur gu ebener Erbe erbaut wurben: auf dem Mühl⸗
gtaben vor dem Subdenthore 7, auf ter Kroͤna 5, auf der Badengaffe 6, und
auf der Beil (Herrſchaft St. Peter) 5 Haufer ').
Da nach den Fortififationéregein eine Feftung ringsherum 300 Rafter
frei fein und dae Glacis allein 50 Rlafter betragen fol, aud Brinn vielleidt
in furgen Jahren beffer fortificirt werden dirfte, verlangte ber Jngenieur-
Obrifte de Rochepine und bad Militarcommando die angemeffene Fernhaltung
und Grfdwerung aller Neubauten, nachdem diefe von Jahr gu Jahr immer
weiter und ndfer an bad Fortififatorium greifen und in einigen Jahren wieder
folche, und vielleicht nocd grofere Vorſtaͤdte als vorhin gewefen, eniſtehen mods
ten. Der Wiederaufbau der Haufer gegen das Glacis (Krona) wollte nist
geftattet werden, weil in Der Borgeit bie Befeitignng ber nod) erhebliden Vor⸗
ftadte Sammer, Elend und Fluch hervorgerufen habe.
Die politifde Landesftelle fand in dem Begehren der Militarbehorbde den
Berjud, Niemanben mehr bie Reftauricung eines Hauſes um die Stadt und
nage am Glacié zu geftatten, und ſah in der Wiedererbauung der Haufer aus
feidtem Zeuge mit der BVerpflidtung ber Rafirung bet Feindesgefabr um fo
weniger cin Bebdenfen, als nun die mitten im Lande gelegene Stadt Brinn durd
bie fo anſehnliche Frontier + Keftung Olmiig bededt fet.
Die Lanbesftelle bHevorwortete daher bei der Kaiſerin die unbefdhranfte
Erlaubniß fur feden Inhaber eines Grundes auGerhalb des Glacis, fein rafirtes
Haus gegen Revers wieder errichten zu düͤrfen.
Für die Erweiterung der Vorſtädte und Reftaurirung der niedergeriffenen,
bem Glacis etwas nahe gelegenen vielen Haufer fpradhen aud Confumtions-
und Commerz⸗Ruͤckſichten, weil hiedurch verfdhiedenen Hanbdeléleuten und anderen
Inwofnern Plag gemacht wiirde, fic) Hier häuslich niedergulaffen. Uebrigens
beftatigte bie Landedftele, dak fich auf bem Glacid Feine Haufer befinden.
Vermittelnd zwiſchen den beiden Anſichten erflarte die Kaiſerin, es. fei
bem Publifum daran gelegen, daß bie Stadte volfreid) feien und Ddenjenigen,
1) Auf der grofen Neugaffe wurde nichts rafirt. Nady bem Demolirungs-Reverfe vom 27.
Anguft 1752 hatte das Kloſter St. Anna auf der Kreuzgaſſe am Kirchhofe nadft ber Ka⸗
pelle St. Johann eine Kinderſchule gum Untervidte ber Jugend erbaut (wann?, war nicht
bemolict worden).
aM
welde in ber Stadt felbft, wie zu Brinn, bie noͤthige Wohnung nist: finden,
bas Unterfommen aufer ber Stadt nicht befehwerfam gemacht werbde.
Anderſeits geftattete es die fortififatorifhe Rückſicht nist, auf bem Glacis
vom Neuen einige Haufer gu erbauen. Es Habe daher bei der Refolution vom
19. Auguft 1752 fein Berbleiben und fei nur, um finftigen Einſprüchen bes
Militaͤrs au begegnen, bie Entfernung bes Glacié gur Wiebererbauung folder
Haͤuſer als General-Regel gemeinfdhaftlich feſtzuſetzen (Reſ. 9. Dey. 1752).
| Die Demolirungsreverfe zeigen nidt die volle Zahl der rafirten Gebdude;
benn aufer jenen, welche nad den RNeverfen ihre Haufer bereits wieder aufge⸗
baut batten, baten am 9. Dezember 1752 7 Nachbarn ber Baͤckergaſſe um te
Bewilligung, ihre auf ben Grund rafirten Hauler aus leichtem Zeug wieder
aufbauen gu duͤrfen. Es wurde ihnen aber nicht geftattet. Die Landedftelle er-
adtete gwar fir bad Glacis einen Raum von 25 oder 30 Klaftern ausreidend,
bad k. k. Prodiceftorium bes Genies und Fortififationéwejens, wie der Hoffriegs-
rath, fanden aber nad bem Beifpiele von Wien und all? anderen feften Plage
gue Formirung bed briinner Glacis eine Diftang von 180 bis 200 Rlaftern
ndthig, welde leer gelaffen und dem Militar eingerdumt werden follen (Weifung
bed k. k. Hoffriegérathes vom 18. Banner 1753) und bie Raljerin hieß diefe
Forberung fiir bie Zufunft gut (Reff. 3. Februar 1753).
| Diefe Beftimmung fam fedodw nicht immer aur Ausfihrung, wie fic aus
ben Beſchwerden ded General-Commando's (1767, 1776 wu. w.) wegen Errich⸗
tung ber Maut⸗ und Confumos Cinnehmers- Haufer und von Pris
vathäuſern in ber fortififatorifdhen Linie oder auf fortifikatoriſchem Grunde,
insbeſondere gwifden den Feftungdwerfen und ben Ringmauern der Stadt,
ergibt ').
Die Kalferin beließ Abrigend die Stadt Brinn im rubigen Genuße ded
Zinfed von ben vor den Stabtthoren beftandenen Oebftler- und andern Hiitten,
gab aud nidt gu, bag von den Getlern, welche auf den briinner und olmiger
Werken arbeiteten, und von den dafelbft (namentlich auf der Larm-Baftei beim
MonigersThore) bidher ohne Abgabe errichteten Tuchrahmen ein Zins von Seite
be Fortififatoriums abgefordert werde. Diefem geftattete fie jedoch, bie Nug-
niefung von den Warhtftuben, welde die Beſatzung nidt occupirt hatte, und
pon andern @ebauden, welde aud dem Fortififationsfonte unterhalten wurden,
fo wie von ben gu fdneidenden Baumen, welde um die Talus ber Lunetten
und Borgraben, bann an ben Waffergeftatten in ber Feftung geſetzt waren, eins
zuziehen und gum Beften der Fortififation yu verwenben (Reſk. 22. Sept. 1753).
1) Im J. 1767 wurde gu Ende ber großen Mengaffe nächſt dem Wirthehanfe zum weißen
Roffel ein Mauthaufel gebaut. Von ben Pallifaden vor bem Fröhlicher Thore bis gu dem
Sdranten war eine Diftany vow 27, von ba bis gum neuen Mauthäuſel von 160 Klaftern.
3m Fabre 1778 wurde ber vormals linz'ſche Garten am Teidhe unweit des Fröh⸗
licher⸗ Thors vom Oberftlandridjter Grafen Mittrowsty erweitert.
241
... Buf Borftellung bed Hoffriegdrathed beſchloß aber bie Naiferin, bas (nach⸗
tem nun Brinn, wie der Hoffriegérath bemerfte, fiir eine formlide Feftung
angufehen) bie Vorfiufler-Hatten und Stdnbde in ben places d’ armes aufer ben
brunner Stadithoren wegen mehrerer Bedenflichfeiten gar nicht mehr gebdulbet,
weber bie SeilersUrbeit und Tuchrahmen auf den bruͤnner und olmiger Werken
ferner geftattet, nod bie von ber Garnifon nicht oceupirten Wachtſtuben weiter
in Geftand veriaffen, fondern nur gum Gebraude ber Miliz gewitmet und auf-
behalten werden follen (Reſk. 2. Febr. 1754).
In Folge teffen wurben aud die Bader, Oebftler, Subdel-Rodinnen und
Banrelfrdmerinnen bei dem Brünner⸗, Sudens und Frohlider-Thore in Brinn
vom Militdr abgeſchafft.
Auf die Vorftellungen ber F. k. ſtädt. OefonomiesCommiffion und ber Re-
prafentation bagegen wurbe nicht eingegangen, fondern bie legtere angewieſen,
ben Leuten, welde hiedurch betroffen wurten, dad erforberlide Unterfommen
anderwarté zu verſchaffen (Reff. 25. Mai 1754), in Folge beffen fie aud) in
Brinn auf das ſtädtiſche Territorium gegogen wurden. Gleichwohl gab eS (don
im Sabre 1764 wieder vor den Stattthoren und auf den places d’ armes Bor:
kaͤufler⸗ Hütten und RKramftande, deren Befeitigung die Poliseifommiffion gwar
anfudte, welche aber aud fpater nod und wieder gum Borfdeine famen, nach⸗
bem fte einen Zins einbradten und aud der Magiftrat auf ftadtifdhem Grunde
ſolche Hitten und Staͤnde hielt.
Die früher erwähnten Streitigkeiten in Beziehung auf dle behauptete for⸗
tiſikatoriſche Eigenſchaft gewiſſer Terrains ſetzten ſich aud in neuerer Beit fort.
Die mit Intervenirung des Kreisamtes und Guberniums 1775, 1781 und 1786
gepflogenen Verhandlungen, insbeſondere bie kreisaäͤmtlichen Commiſſionsverhand⸗
lungen vom 20. Suni 1775 und 30. Sunt 1786 blieben um fo mehr ohne Er⸗
folg, als bie Grdfe des Glacidraumed nicht feft beftimmt, fondern nur auf eine
GEntfernung von 30, {pater aber von 180, ja 200 Rlaftern naw bem Beifpiele
yon Olmig das Biel war, jedoch feine diefer Etreden ordentlich zur Ausführung
gebieh, vielmehr man fic) gum Theile an 80 — 90 Rafter ober nod wenis
ger hielt.
Als bie Frangofen 1805 und 1809 bie Stadt und ben Spielberg in Bes
fig nabmen, die Befeftigungéswerke bed lepteren jerftdrten, Die ftadtifden Fortis
fifationen aber ald unſchädlich unverfehrt lieBen und biemit bie Haltloſigkeit bei⸗
ber alé Geftungen an ben Tag traten, bat bie Stadt im Jahre 1812 ben Rais
fer um die 3uriidftelung bed Spielberges. Dies und ber Umftand, bas aud
bie Landesftelle um deſſen Ueberlaffung an bas Civile gum Zwecke eines Straf-
pried anſuchte, beftimmte die Stadt, ihre Gigenthuméan(prade auf Alles, was
man mit ber Benennung „fortifikatoriſcher Grund” belegte, auseinander gu fegen
und gu begriinden (29. Mai 1813 und 18. Juli 1815 bet einer Gubernial-Com-
miſſton).
16
Die Stadtgemeinde erhob (1813) felbft Gigenthumsanfpride auf Wes,
was man mit ber Benennung fortif. Grund belegte.
Nach der a. h. Entſchließung vom 15. Februar 1821 follte mit ber Stadt:
gemeinde wegen der Bedingungen hinfidhtlid ber Ucberlaffung bed Grundeigen⸗
thumé bed Cpielberges und der übrigen bie Stadt umgebenden Feltungéwerke
unterhandelt werden. Grftere wollte bem Militar und bem Publifum alle ndthige
Terrains abtreten, fprach aber alle uͤbrigen fortififatorifden Gruͤnde gue freien
Difpofition an.
Daß dle Alteren Verhandlungen auf feine Spur leiten, woraué eine Gin-
loͤſung der fortififatorifden Griinde von Geite ded Militaͤraͤrars hervorginge,
wurde bei einer (patern Commiffionéverhandlung bes Guberniumés (1825) aner-
fannt. Die Anwefenheit ded Kaiſers gu Brinn in ben Jahren 1833 und 1834,
zwiſchen welche der grofe Brand auf ber Neuthor-Baftion ftel, bradte ble Sache
wenigftené in ein bem Bublifum ginftiges Stadium. —
Die a. h. Entſchließung vom 30. September 1834 Geftimmte naͤmlich, daß
Brinn mit bem Spielberge in dem damaligen Zuſtande als ein geſchloſſener
Play gu verbleiben, bas Fortififatorium die Baftionen und Courtinen ausgu-
beffern und gu erhalten Hat, bie Holzſchopfen auf ben Baftionen jedoch abgus
fdaffen, bie Glacien als ein gum Bergniigen bes Publifumé gu bentigende Pro-
menabe immer fret gu erhalten find, endlich bie Anträge gur Uebergabe ded
Spielberges und ber fortififatorifden Grande an die Stadt auf fic) gu beruhen
haben.
Auch Kaiſer Ferdinand hielt an dieſer Norm feſt.
Das Fortifikatorium ſoll aber auf keinen Fall ein ausgedehnteres Terrain
in Anſpruch nehmen, als es ſchon beſitzt, vielmehr alle jene Beſchraͤnkungen ein⸗
treten laſſen, die mit dem Begriffe eines geſchloſſenen Platzes überhaupt und
insbeſondere mit dem heutigen militäriſchen Werthe der Stadt Brünn nur immer
vereinbarlich ſind (a. h. Entſch. 17. Okt. 1840).
Mannigfaltige Veränderungen fanden in Folge dieſer Ereigniſſe und An⸗
ordnungen mit den fortifikatoriſchen Gründen Stait.
Das Civilärar nahm die Spielbergskrone als Strafort in Benuͤtzung, bas
Fortififatorium verbaute mehrere Plage ber Spielbergs⸗-Eſplanade, bie Verſchoͤ⸗
nerungs⸗Unternehmung breitete ihre Arbeiten uͤber das ganze Glacis, die Wall⸗
gänge und bie Baſtionen Nr. 4, 5 und 7 aus, die maähr. Stände umftalteten
bie Baftei 8 in den SFrangendberg, auf ter Baftei 2 entfland der Difafterial-
Bausgarten. Nur bie Baftionen 1 und 3 und ein Theil ded Wallganges gwis
fden ben Baftionen 1 und 2 blieben ald Privatgdrten in der Benützung des
Militaͤrs. Endlich erwarb die Eiſenbahn⸗Unternehmung gum Baue des Bahn⸗
hofes das Glacis und den aͤußern Graben zwiſchen dem Franzensberge und
Gerdinandsthore.
Augerdem wurde der Feftungsgraben, wo das politifde Erforderniß eins
trat, ausgefdittet, bie bebedten Wege und die äußere Bofdung des Glacis
248
faffirt. Rad vielfaltigen Berhandlungen wurde aud) eine mit ber a. h. Ente
fdliefung vom 29. November 1845 genehmigte Ginigung zwiſchen bem Militar
und ber Stabtgemeinde gefdloffen.
Es fag nicht im Sinne der Beftimmung von 1840, fich mit dee Stadt.
gemeinbe in einen Vergleich Aber bad gur Einſchließung ber Stabt und bes
Spielberges erforderlidhe fortif. Terrain eingulaffen, daher auch ber projeftirte
Vergleich niGt genehmigt wurde. Wohl geftattete aber ber Kaifer nit nur die
engere Begringung des fortififatorifdyen Rayons nad der vom Militar und der
Stadt ermittelten Linie, mit Ueberlaffung her Zinfe von ben an fie tbergegans
genen fortif. Objeften und bie Zuriidftelung der vorhandenen DOemolirungs-
Referve an bie Parteten, fondern lief auch ber Stadt zur Beruhigung die 3ue
fidjerung ertheilen, daß auc bie uͤbrigen fortififatorifden Rechte, fobald Brinn
ein gefdlofiener Platz gu fein aufhdrt, an Ne Stadt Brinn übergehen follen
(a. 6. Entſchl. 29. Rov. 1845).
Sn Folge diefer a. h. Entſchließung wurde ber neue fortif. Rayon mit
Steinen von Rr. 1 — 178 begrangt und ein Theil ber fortifif. Zinſe an ble
Stadtgemeinde fiberfaffen, welde diefelben vom 29. November 1845 bid 1854
bejog, worauf die Sntereffen an deren Stelle traten, welde von dem im Wege
ber Grundentlafiung ermittelten Ablofungsfapitale entfallen. Auch die bem Fors
tififatorium verbliebenen 3infe wurden (1852) auf biefelbe Meife abgeldft.
Dem Fiele, fammtlide fortifif. Griinde, welche durch die Crbauung ber
beiden Eiſenbahnhoͤfe von der GFrangensberg-Baftion bid gum Neuthore fehr bes
beutend gefdmalert wurden, der Etadt auzuwenden, wurte fic mit bem Bros
fefte bebdeutend gendfert, welded unter bem Namen ber Briinners Tho re
Regulirung befannt ift.
Um naͤmlich die enge und gefahrlide Paſſage bei biefem Thore gu befeis
tigen, ben Mangel an Baupligen für offentlide Gebiure und Raume gu bes
Heben, aud einen Theil ber Stadt gu verfdonern, welder am meiften gu wün—
fen fibrig lief, follte bie erwabnte Paffage durch Demolirung des äußern und
inneren Thores fammt Umgebungen verbreitet, eine 10 Klafter breite Gaffe vom
GrangenGberge fiber ben Getreidbemarft unterm GSpielberge und bad Hacelthor
hinaus angelegt, ein gerdumiger ‘Blag vor tem f. k. Difafterialhaufe hergeftellt
und Bauplige fiir sffentlide und Privatgebdubde, aus bem Verkaufe ber legteren
aber die bedeutenden Auslagen fiir Ginldfungen, Crfagbauten u. a. gewonnen
werden. Kaiſer Ferdinand genehmigte dieſes Projeft, unter Wuflaffung aller eins
fallenden fortififatorifden Werke und Rayons, und ſprach den Wunſch aus, es
modte in feiner gangen Ausdehnung ausgeführt werden (a. §. Entſchließung
5. Auguft 1847).
Man ſchritt aud dazu. Bn den Bedrdngniffen bes Jahres 1848 legte
man, um die vielen brodloſen Arbeiter su befchaftigen, die Straffe vom Brinners
jum Hadelthore tiefer und im Jahre 1859 grub man, zur mehreren Ausglei—
Gung des Gefaͤlls zwiſchen beidben und Gewinnung cines Raumes für die new
16*
aad
yu erbauende Schule ber evangelifden Gemeinte, ben Bergabhang gum Spielberge
bebeutend ab, baute eine neue Straffe und legte das angrangende Terrain gegen
bas evangelifhe Bethaus tiefer. Jn Folge beidber Regulicungen fam ber Auf
gang gum Spielberge durd) bad ehemalige Thor in ber Rabe des. briinner
Stadtthored um etwa 1'/, bi6 2 Klafter tiefer.
Der in ber a. §. Entſchließung vom 29. Rov. 1845 vorgebachte Zeiwunti
trat ein, ald Seine jetzt regierende f. f. Majeſtät die gänzliche Aufhebung der
nod beftanbdenen fortififatorifhen Rückſichten bei ber Stadt Brünn als milisa-
riſch⸗geſchloſſenem Orte, mit Ausſchluß dex Citabelle Spielberg, genehmigten und
bie gänzliche Uebertragung ber fortififatorifden Rechte an die Stadt Brinn, fo
wie eine Revifion in Betreff bes beigubehaltenden militaͤriſchen Rayons der Gis
tadelle Spielberg, anordneten (a. 6. Entſchl. 25. Deg. 1852). Dads Minifterium
erfldcte, e6 fei nun ber Zeitpunkt eingetreten, wo die Urbertragung ber fortis
fifatorifdhen Rechte an die Stadt VBriinn Statt gu finden bat, und beftimmte
gugleih bie §reilaffung eines angemefjenen Raumes gwifhen ber Stadt und ben
Vorſtaͤdten aus offentliden Ganitats- und Polizeirückſichten (Mſidt. 12. Danner
1853 3. 684).
Nah diefer a. h. Entſcheidung handelte e6 fich darum, die Citadelle Spiel
berg, mit Entfernung der Strafanftalt fic mehr al6 6 — 700 Berbreder, ihrer
Veftimmung zuzuführen und alé folde einguridten, ben Rayon fiir die Eſpla⸗
nabe berfelben in fener audgedefnten und entfpredenden Weife feſtzuſetzen, welche
bie beftehenden Terrain- und Bauverhaltniffe geftatten, die Bedingungen und
Meobalitdten feftguftellen, unter welden die alte Feftungsmauer und fonftigen
fortififatorifdien Aedifikate (Walle, Bruftwehren, Ejcarpemauern, Kafematten und
Thorhalter) und Griinde, mit Borbehalt ber bem Militar gebdrigen ober von
bemfelben beniigten Gebaude und Ctabliffements, an die Stadtgemeinde gu ber:
geben find, endlich ob bie Stadtumfaffung gang ober theilweife gu demoliren ober
gu verdnbdern ift, ob und welde Regulirungen vorgenommen, ob und wie die
innere Stadt erweitert werden foll u. ſ. w.
Bei ben Hieriiber 1853 und 1854 gepflogenen BVerhandlungen machte fo-
wohl bie vereinte Stadtgemeinde ald aud der Bezirksausſchuß der inneren
Stadt Brinn Anſprüche auf die Uebergabe der fortififatorifcden Redte.
Seine Majeſtät genehmigten mit ber a. 6. Entſchließung vom 29. Mai
1855 das Ergebnif ber vorgenommenen Revifion bezüglich bed beigubehaltenden
militaͤriſchen Rayons ber Citadelle Spielberg nad einem gleidyeitig mitgetheilten
Plane, welder die Wuͤnſche bes Civils in thunlichfter Weife ber Art berückſich⸗
tigte, bap ber Bau bed Gebdudes ber techniſchen Lehranftalt vor bem Hackel⸗
thore und der Erweiterungsbau ber protetant. Rirdhe und Sule geftattet wurde.
Nachdem ber Rayon ber Citadelle Spielberg 1856 mit Graͤnzſteinen ers
fichtlich gemacht und genau befdrieben worben war, machte die Statthalterei
am 81. Jaͤnner 1859 3. 711 (Briinner Zeitung 1859 Nr. 38) fund, daß baé
Rerrain, welches innerhalb diefed neue Rahons unter dem fortififatorifden
245
Bauverdote ſich befindet, von allen Baulichkeiten freigehalten werden mug, welche
bie Wirkung ber Geſchuͤtze Seeintradtigen und bie Vertheidigungsfaͤhigkeit der
Citadelle ſchwaͤchen koͤnnten, dDaber innerhalb ded Rayons unter feinem Vorwande
Reu-, Erweiterungs- oder Zubauten, neue Anlagen, Straffengiige, Aufbammun:
gen, Abgrabungen ober wie immer Namen habende Berdnderungen bed Beſte⸗
bende ohne hoͤhere Genehmigung vorgenommen werden duͤrfen (Ole mit der
a. h. Entfehl. vom 21. Mat 1856 genehmigten Direftiven uber ben Rayon bes
feftigter Plage S. im ReichSgefepblatt 1860 2, St).
Zur Uebernabme ber fortififatorifden Rechte autorifirte die k. k. Statthal-
terei unterm 26. Februar 1856 3. 5 ben Bezirksausſchuß der innern Stadt
Brünn, ba nad bem Geifte und Wortlaute der befden a. 6. Entſchließungen
yom 29. Movember 1845 und 25. Dezember 1852 wohl nur bie innere Stadt
als gefdlofiener Ort betrachtet werden koͤnne, dieſe bereits im Sabre 1845 einen
Theil der fortififatorifden Griinde und Zinfungen fibernommen habe, aud fiber
bie vom fortififatorifden Nerus fret werdenden Griinde bis gegenwartig faktiſch
und ungeftort Befiprechte audsiibe, und die gu ubergebenden Rechte und Realis
taten innerhalb ber Rataftralgranjen bed inneren Stadtbezirkes fituirt find, ends
lid bie erft im Sabre 1850 erfolgte politiſche Neugeftaltung ber Stadtgemeinde,
burd) welde überdies der innere Stadtbegirf in feinem Rataftralumfange gang
unbeirrt geblieben, auf durch frühere a. 6. EntfdlieBung fon erworbene und
überdies burd bie §. 4 und 5 ber Gemeindeortnung vom Sabre 1850 geſchützte
Rechte feinen hemmenden Ginflug üben fonne.
Der Gemeindeausſchuß der Stadt Brünn flihrte gwar gegen dieſe Ents
ſcheidung Befhrwerde, bas Minifterium des Innern gab aber mit bem GErlaffe
vom 16. Auguft 1856 3. 13260 berfelben feine Folge, und ed wbergingen fos
nad aud die fortififatorifden Rechte an ben inneren Begirf der Stadt Brinn.
Die nächſte Folge tavon war, daß auf die Fraftige Cinwirfung Seiner
kaiſ. Hoheit bes Erzherzogs Karl, Commandanten bed 9. WArmeeforps, im Wins
ter 1859/60 mit ber Demolirung ter alten ftadtifden Feftungswerke begonnen
wurde. Zuerſt fiel bie Baftion bei ber Jefuitengaffe, auf welder ſich
ber Garten bes jeweiligen commandirenden Generals befand, um eine Straffen-
verbinbung aus der genannten Gafje ber bad Glacid mit ber Borftadt Iofeph-
ſtadt gu erjielen, nacbdem ein früheres PBrojeft im Jahre 1846 nur an der Ginz
fpracde bed Communausſchuſſes und Magiftrated gefdeitert war. Zu gleider
Zeit begann man die Croffnung einer Straffe neben bem Frohliders TH ore
und fofort bie Demolirung dieſes felbft. Die Koften dieſer beidben 1859/60 aud.
geführten Herftellungen von 10000 fl. trug bie innere Stadt.
Das ungemein Beengende ter alten Feftungswerfe hatte fich {chon frither
fublbar gemadt; das Beduͤrfniß einer freieren Bewegung mufte fic um fo
dringender barftellen, ald fic die Bevolferung verdoppelte und verdreifadte und
ber Verkehr ſich auf eine früher nie geahnte Hobe erhob.
Man half fic durch die Eroffnung neuer ober Grweiterung der alten
Communifationen, bid man dazu fam, die Entbehrlichfeit diefer gelten gu
laffen, der bisherigen Feffeln ſich gu entledigen, in Herzensluſt frei aufguathmen.
Bid in bie Tage Sofeph Il. fuhrten nur 3 Thore aus der Stadt, das
Juden⸗, Brünner und Frohliher. Das Moniger, das Holys oder aud Salzthor
genannt am Rlofter St. Thomas gegen bie Renner⸗Gaſſe und das (fon 1744
beftandene) neue Communifationss Thor auf bem Wege vom VBriinner Tore
unter bem Cpielberge gegen die Fröhlicher Gaffe fpercten oder vermittelten die
Verbindung nur im Innern der Stadt, waren Ueberrefte der früheren Stabt⸗
befeftigung, ſchloſſen und eroffneten bie innere Ringmauer,
Waͤhrend feiner Anwefenheit in Brinn befahl Kaifer Joſeph I. in Ere
wigung ber Nothwendigkeit eines vierten Stabtthoreds in Brinn mit bem fol-
genden Handbillete vom 7. September 1786 die Erdffnung bed neuen TH ores
gegen bie Zeil.
„Das angetragene neue Stadtthor ift gu erdffnen, dergeftalt jedoch, daß der
Bugang gu foldem (wegen ber Feftungswerfe und Stabdtgraben) nicht mit einem
Damm, fondern mit einer Bride hergeſtellt werde, damit man folded fperren,
und eine Aufzugsbrücke anbringen fonne, wozu die Unfoften ex Camerali gu
beftteiten find.”
Das Thor und bie Bride tiber ben Feftungsgraben wurden aud auf
Staatésfoften in ben Jahren 1786 und 1787 mit einem Bauaufwande von
{8,948 fl. 227/, fr. hergeftellt. Man bezeichnete fie als cine der groften Wohl⸗
thaten bed Monarchen flic die Bewohner Briinné (Bruͤnner Zeitung 1787 Rr. 3)
Der Kaiſer bewilligte (Hofd. vom 7. April 1787 Zahl 474), daß bas
Portal dieſes Thores mit a. h. Seinem Namen gegiert werde. Es erhielt dems
gemäß die Aufſchrift: Josephus I]. Rom. Imp. s. Augustus MDCOLXXXVIL
Die Unterhaltung bes Thores und ber Bride wurde durch a. h. Entſchlie⸗
fung (Hofdt. vom 7. Sanner 1789) der Stadt gegen etnen jabrliden ex camerali
gu verabreidenden Betrag von 190 ff. aufgetragen, woraus ein Fond gebiltet
werden follte. Derfelbe betrug mit Schluß tes Rechnungejahres 1826 4809 fl.
553/, fr. W. W. Wegen ber grofen Baufilligfeit ber Bride wurde ftatt
berfelben ein Damm, wie bei bem Juden- und Fröhlicher⸗Thore,
in Antrag gemadt, deffen Herftellung 1823 angefangen und unter Belaffung
der alten Bride, nad und nad durd Zufuhr von Baufdutt, Erde u. a. voll
führt wurde, wornad es zur Herftellung einer dammartigen Gtraffe fammt
Fußweg fam, welche beide nad allmabliger Ausſchüttung des Wallgrabens bet
ber Herftellung der neuen Glacis-Anlagen untec dem Lanbesgouverneur Grafen
Ugarte cine parfartige Ginfaffung erhielten.
Wie erwähnt verwandelte man (1824 — 1828) aud Die baufdaligen
hoͤlzernen Brücken tiber den breiten Wallgraben nebft Aufzugsbrücken bei dem
Subdens und Fröhlicher-Thore durch Aufſchüttungen gleihfalls in Damm⸗
ftraffen mit Fußwegen mit Belaffung der alten Brücken.
247.
Das lefitere, mit einem Durdgange für Fufgeher, wurde heuer bemolirt;
baé erftere, welded aus 4 Abtheilungen mit 3wifdhengebduden beftand und in
feiner Beengung die Communifation fehr ftorte, verſchwand fdon im 1835
und madte einem Neubaue Blas.
Anlaß dazu gab ber große Brand in ber Nat vom 19. auf ben 20.
Bebruar 1835 auf-tem Plateau der Neuthor-Baftion, welcher die Sdopfen und
Tudrahmen dafelbft verzehrte und die Etadt in Hohe Gefahr fegte (Brünner
Seitung 1835 S. 239). Sn einem swolfftindigen Feuer brannten die als Was
genremifen und Magazine verwenbdeten grofen hoͤlzernen Schopfen auf der ges
nannten Baftion ab. Had Wegidhaffen eincr Menge brennbarer Stoffe, das
Borbreden der vom Feuer nod) nit ergriffenen Echopfen, Berplantungen,
Tuchrahmen u. a. und bad Hinabwerfen ihrer Beftandtheile in den (als Hole
depot ber Herrfdaft Eichhorn verwenbeten) Wallgraben fegte bem Feuer, wel⸗
Ges einen Sunfens und Brandregen uͤber bie Umgegend vetbreitete, moglidft
Schranken. Mehrere Private erlitten bedeutenden Schaden.
Gleich darauf wurden die uͤbrigen hölzernen Schopfen auf der Neuthor⸗
Baſtei und auf der Judenthor⸗Baftion, tm Ganzen 18 Schopfen bei dem Reus,
Monigers und Judenthore, 8 Tuchrahmen und andere Entien rafirt und etwas
{pater die 13 hölzernen Schopfen, mehrere Lufthaufer, Garten, Tuchrahmen u. a.
vor bem Jubenthore am czikann'ſchen Haufe (welded kurz nachher aud der
neuen Straffenanlage weiden mufte) und am Glacis gegen ben Frangendberg,
fo wie aud das Bauholz auf bem als Zimmerplag verwendeten Terrain dafelbft
hinweggerdumt und daraus ein freter SBlag hergeftellt, welder aber nun gum
Bahnhofe verbaut ift.
Am 19. Juni 1835 begann auch bie Demolirung ded Jubdenthors
(bed Auferen aud ter Zeit Leopold I. und der alten inneren 3 Thore und
Thiirme), nedft mehrerer angranjender Gebäude, insbefondere der Haufer Nr. 421,
422 und 425, welche ſchlecht gebaut waren und einen polizeiwitrigen Uebelftand
bilbeten, und der fett 161 Jahren ba beftandenen burgerliden Schießſtätte.
Die nak Erbreiterung der Straffe eriibrigten Bauplage verduferte die Stadt.
Sn den Jahren 1835 und 1836 baute fie anftatt bes Subenthoré bas
nod beftehende FerdinantésT hor nebjt einem Militdrwadhaufe, mit
19,813 fl. ©. M. Koſten.
3u gleider Zeit wurten die Wallgange vom Subens bis gum Ferdi
nanbé-Thore in Spagiergange, die Baftionen aber bei bem Neus und fpater
(1841), nad Befeitigung bes vom Fortififatorium erbauten Cirkus, aud bei dem
Jubenthore und (1843) unter dem Frangendberge in Wied- und Baumanlagen
verwandelt, fo wie (1841) ein Uufgang von ber Ferdinandsthor + Baftei jum
Hrangensberge Hergeftellt.
Der Kaiſer Ferbinand gejtattete (a. h. Cabinetsſchreiben 11. Geptember
1836) auf den Wunfh der Buͤrgerſchaft, daß Dem neu erbauten Thore und der
bamit verbundenen Gaffe fein Rame beigelegt werde.
248
1838 bet bie Stabtgemeinde den Plag, welder durch Raflrung - der ere
wahnten Entien und ber alten inneren und duferen Stadtmauern mit Thürmen
nächſt bem Ferdinandsthore auf bem Bafteiwege gum Franjenéberge gewonnen
wurde, ju 6 Bauftellen ans und ed wurde alébald ber Bau bes großen pado-
wetz'ſchen Hotels und der angranjenten 4 ſtattlichen Hanfer ausgefithrt (1839
— 1840), fo wie ber (1839) elngeftiixgte Sheil ber vorderen Mauer der peter’-
berger Baftion wieder hergeftelt (1840), fpdter (1843) aber ber maffive 2 Stas
gen hohe Thurm auf ber Stadtmauer am Muſeumsgarten als Saufallig ab.
getragen.
Um einen befferen Aufgang und Ausficht auf dle Baſtei gu gewinnen,
baute bie Stadt (1841) eine Flanfenmauer ftatt bed an ber Baftion VI beim
Gerdinanbsthor beftandenen Courtinewinfels (mit 5,886 ff. C. M. veranſchlagt)
und, ba hieburd und burd den 3uriidtritt der Wallgrabenmauer Raum gewon⸗
nen wurde, aud 8 BVerfaufsgewslber und eine Terraffenmauer neben der Thor-
wade (mit 9119 fl. C. Dt. veranfdhlagt).
Man hatte gwar ſchon in friiherer Zeit mit der Befeitigung von Stadt:
thiirmen begonnen, wie 1784 mit jenem in der Holygaffe zwiſchen bem Ad⸗
vofat ftiepan’s und netoliczka'ſchen Hauſe (brinner Zeitung 1784 Beil. Rr. 21),
1793 mit jenem Mr. 1 im Frdhlider-Thor-3winger, welder an bie Haufer der
biirgerliden Ringsleute Andreas Irſchig und Anna Steiner ſtieß (eb. 1793
©. 740).
Nun fam aber die Befeitigung ber alten ftadtifden Befeſtigungswerke in
gtdferem Umfange zur Ausführung. 1833 wurbe ber fogenannte weife
Thurm gegentiber bem von mannerfden Haufe in der altfrdhlicher Gaffe nedft
2 fleinen Haufern rafirt, um bem Baue ber Polizeiwach-Kaſerne und
sweier Privathaufer Plag gu machen.
Mit ben friiher erwahnten Hauferbauten beim Ferdinants-Thore und jenen,
weldje um biefelbe Zeit bei ben mannerfden Haufe und bei dem Neuthore
ausgeführt wurben, fo wie mit ber Demolirung des brünner Thors verſchwan⸗
ben die alten Stadtmauern (dufere und innere) und Thürme immer mehr
und fle haben fich offen und verbedt nur nod bie und ba in Bruchſtücken er-
alten. Dasfelbe ift ber Fall mit den Walls (Shang) Graben, welche
aud erft in unferen Tagen gang oder theilweife verfduttet wurden. So fener
gegenfiber bem manner'ſchen Haufe und fangs der ehemaligen drarifden Salz⸗
magajine und bed Militarbadhaujed, deſſen einen Theil bas große machek'ſche
Haus einnahm (1833), der andere aber zwei Jahrzehende fpater sue Vergroͤße⸗
tung bes Aufftedungsplaged vor bem Hauptiollamte verwendet wurde. Go ber
Wallgraben vor bem evangelifdhen Bethauje, welder ganz verfduttet wurde
(1841). Die erwähnten Acbeiten auf der Frangenéberg-Baftion und ber Bau
bes Bahnhofes beim Ferdinandsthore Hatten tie Audsfillung eines Theils ded
unterfalb defindliden Wallgrabens, die Tieferlegung ber Ctraffe unter dem
Spielberge awifden bem brinner und Hackel⸗Thore die Verſchüttung des größe⸗
ren Theiles bed Wallgrabens bei bem legteren, bie Demolirung des Frohlider-
Thores bie Erbreiterung ber Dammftraffe dafelbft, bie Demofirung der Baftion
bei der Sefuitengaffe aber die vollige Ausfuͤllung bes Wallgrabens bei berfelben
zur Folge, nachdem ſchon vordem burch die allmalige Abladung ven Schutt, Erbe
u. a. fiir Die nahe vollendete Berfdittung bes 1847 au einem Marftplage und
Holzdepot beftimmten Wallgrabens zwiſchen dem Neus und Frdhlider-Thore vorges
arbeitet worden war. Der Beftand bed Bahnhofes von der Frangendsberg-Baftion
fiber bad Ferdinands⸗ bid gum Reuthore, welder mit feinen Gebduden und Plas
gen auf bad Glacid und in ben Wallgraben zu ftehen fam, hindert bie vollige
Pefeitigung des legteren.
Mit der Idee, die Fe ftungswerfe felbft fallen gu laſſen, fonnte
man ſich an mafgebenden Orten felbft dann nicht rect befreunden, als Seine jest
reg. Majeſtaͤt bie nocd beſtandenen fortififatorifden Ruͤckſichten ganglid) aufgehoben
hatte (1852). Man legte einen Werth darauf, die innere Stadt wenigftend
gum Theile gefdloffen au erhalten. Die erfte Breſche in die alten Feftungs-
werfe fog die Demolirung bes Brünner-Thores, dad in feiner
Beengung und bei dem Anfteigen des Terraind beſonders ben Fubren auf ben
Getreidemarft unter bem Spielberge laftig war. Es beftand aud bem duferen
Thore mit einem viereigen Thurme von einigen Stocwerfen, ehemalé mit
Schießſcharten, nun einen Fenftern, und einem Mauer⸗-Rondel, auf dem fid
eine Gangmauer mit Schießſcharten befand, dann aus bem inneren Thore,
das gleichfalls cinen vieredigen Thurm von zwei Stockwerken trug, und an ber
duferen Fagabe mit 2 Schilbhaltern und 5 Wappen (ber böhm. Lander) gee
glext war (S. die Wbbilbung auf dem Rathhauſe). Dad erftere biente in frite
Serer Zeit gue Unterfunft der Polizeiwache u. a ftadtifden Organe, bas
andere, in Privatbefig gelangt, al8 Wohnhaus. Zwiſchen beiden Thoren befand
fic) der (frither durd) ein Thor gefdloffene) Aufgang gum Gyielberge. Das
Gufere brunner Thor wurde fon im Zufammenhange mit den fruͤher erwabnten
GErdarbeiten unter bem Spielberge Demolirt (1849), und bei diejer Gelegenbeit
aud bas (verbaut gewefene und gefdloijene) Hadelthor gegen die Schwa—
bengaffe wieder geoffnet, um inébefondere auch bie 3ufahrt auf den Getreides
marft unter bem Cpielberge gu erleichtern. Dads innere briinner Thor nebft
mehreren vom 1. Stadtbezirke eingeloften Nachbargebäuden fiel aber erft (pater
(1852) und eS folgten ibm alébald (1853) aud dad angrangende ſtädtiſche
Malzdörrhaus von 2 Stodwerfen und 12 Fenftern Breite, bas eingeldfte
aweiftddige Eckhaus ber briinner Gaffe nebft einigen anderen fleinen Gebduden
und die dreifachen Gtadtmauern. Die Stelle nahm (ftatt der techniſchen Lehrs
anftalt, wie frither profeftirt war) der grofe und fine Stadt hof von 3 und bes
ziehungsweiſe 4 Stodwerfen ein, welder als Zinshaus mit mehr als 300,000 fl.
C. M. Koften bis Ende 1855 gebaut wurde. Der Bau bedingte auch die
Adgrabung und Regulirung ber Umgebung gegen die brimner Gaffe und ben
Franzensberg (Hter bid 1'/, Klafter Tiefe).
250
Nachdem, wie gefagt, heuer aud bad FroHlidGer Thor befeitigt wor⸗
ben (Briinner Zeitung 1860 Nr. 9), Harren nur nod bas Neu- und Hadels
Thor eines gleiden Schickſals.
Mit ben alten Feſtungswerken verſchwinden aud bie militarifden TF Gore
waden, welde feit einigen Jahren nad und nad eingezogen worden, ble vers
unftaltenden und feuergefabrliden Schopfen u. dgl.
Der Sturmiwind bed Sabres 1830 hatte fdon ben grofen Schopfen in
ber Naͤhe ber Schwabengaſſe (gegenüber bem im Baue begriffenen Hauſe ber
techniſchen Lehranſtalt) rein weggefegt; ein anderer in der Naͤhe des Hackelthores
war diefem Baue gewichen und der Bettermagazinsſchopfen unter dem Spiel⸗
berge gum Baue von 4 Haufern auf ber Baͤckengaſſe rafirt worden (1830).
G6 erilbrigt baher nur nod jener grofe am Wallgraben des ehemaligen Froͤh⸗
lider> Thores gegeniber dem Difafterialhaufe, an deffen Befeitigung und jener
bed ſehr unanfebnliden Militar « Badhaules auf tem Plage bed lepteren
felt Jahren vergeblid) gearbeitet worten ift. Um fie gu ermigliden, haben ends
lid bie innere und vereinte Gemeinde gufammen fic eben bereit erflart, ein
Opfer von 66,000 fl. und einen Baugrund fiir beibe Hinter der fleinen Neus
gaffe barjubringen. Moͤgen die allgemeinen Wünſche Erfullung finden!
HT. Das Bürgerthum.
a. Entftehung and Ansbildung des Stadtewefens.
G6 fann nist unfere Wbficht fein, Hier eine, aud nur ſtizzirte, Geſchichte
bes mabrifden Birgerthums und Stadtemefens mittheilen zu wollen; wir miffen
aber doch gum Berftinbniffe ber Sache cine Art einleitende Darſtellung geben !),
1) S. tm Allgemeinen: Gaupp, über beutfdhe Stabdtebegriindung, Stabtverfaffung und
Weidhbild int Mittelalter, Sena 1824; Hill mann, Stadtewefen bes Mittelalters, 4 T.
Bonn 1825 — 29; Lancigolle, Grunbdgiige ber Gefdhidte bes deutſchen Städteweſens
mit befonbderer Rildfidt auf Preuffen, Berlin 1829; Rauſchnik, das Bürgerthum und
Stadtewefen der Deutſchen im Mittelalter, 3 Bändchen, Dresden 1829; Barthold, Gee
{cdidte ber beutiden Städte und bes deutſchen Viirgerthums, 4 B. Leipzig 1850; Bere
lepſch, deutſches Stabtemefen und Vilrgerthum in VBeziehung zu ben Gewerben und deren
Snnungen, St. Gallen (1850); bann die fpecielleren Sehrijten von Arnold, Bethmann,
Hegel, Kortüm, Maurer, Nitſch, Raumer (Hobenftaufen 5. B.), Reidard, Roth
u. a., insbefonbere aber: Palady, WGefchidte von BEHmen; Tomel, Gefdidte von
Prag, 1. B. Prag 1866; Tſchoppe unb Stengel, bas deutſche Redht in Schleſien,
Hamburg 18382; Scheltz, Geſchichte ber Laufigk, 1. B. Halle 1847; meine Gefcdhidte
bon Iglau, Briinn 1850; Rößler, die Stabdtredhte von Briinn aus dem 13. und 14.
Jahrhunderte (mit einer Cinleitung ither bie Anfinge bes deutſchen Stidtemefens in Mähren,
bie Gltefte Verfaſſungsgeſchichte der Stadt, bie Redte und Verwaltung), Prag 1853; Bi⸗
ſchoff, beutihes Recht in Olmütz, Olmilg 1865; Tomaſchek, deutſches Redht in
Oeſterreich im 13. Jahrh. auf Grundlage des Stabtredhtes oon Iglau, Wien 1859, n. m. a
261
in welder wir fir bie Zeit bis gum 14. Jahrhunderte zunaͤchſt Roͤßler und To:
maſchek folgen.
Ale Spuren des alteften ſlaviſchen Stadtewefens (ber hair. Geograph bed
9. Jahrhundertes nennt 11 Stadte in Mähren. Schaffarik ll. 673) find in der
elt, wo verbiirgte und unverbiirgte Urkunden beginnen, zerſtoͤrt.
Die Orte bes 11. und 12. Jahrhundertes, welche Stadte genannt find,
waren nut befeftigte Orte') mit ciner didteren Bevölkerung. Gammelplage der
Krieger.
Ge gab feine ftantdredtlide Scheidung zwiſchen den Bewohnern ber
Stadt und des offenen Landed, feine Trennung in ber Rechtspflege.
Die Bildungen eines neuen ſtädtiſchen Gemeindewefens nehmen
mit Dem 13. Jahrhunderte ihren Anfang durch Anſiedlungen von Deut
fen im Lande, oder in ber Umftaltung alter bevorrecdhteter Niederlaffungen
yon Kauf⸗ und Gewerbdleuten gu Stadten naw deutſchem Vorbilde,
um bie fanbesfirftlide Macht und Ginfinfte zu mebren, dad Land gu vere
theidigen.
Gegen vie immer brohende Gefahe feindlider Angriffe gewährt der neu
geſchaffene Bürgerſtand die fraftigfte Hilfe. Insbeſondere die Zerftdrung Mäh⸗
rens durch bie Tataren (1241) wird fur die Firften ein newer Anlaß und eine
neue AUnregung zur Grindung und Vefeftigung von Stadten, ober Umwandlung
pon Doͤrfern und Marftfleden in diefe
1) She bie eigentliden Städte (jagt Warnkönig, flandr. Staats- und Rechtsgeſchichte I. 314,
836) fdon im 11. Sabrhiunberte ben Namen Oppida und Portus erbielten, war bas
Lanb mit einer Menge von villae, burgi unb castra (felten castella) überdeckt. Die leg
teren waren gerdumige, befeftigte Sdhloffer, unfern Forts dhnlig. Burgus oder Burgum hieß
jedes, ein feftes Schleß umgebende, mit Graben und Mauern oder Wallen befeftigte Dorf;
bie villa lag auferhalb beiber, oder ganz abgefonbert in ber Nähe, theils befeftigt, theils
unbefeftigt. Die hefeftigte, von einer privilegirten Biirgerfdaft bewohnte Villa erbielt den
Ramen Oppidum. Die im 13. Jahrhunderte zu Stadten erhobenen Dörfer blieben meiftené
unbefeftigt, alfo immer villae non munitae, feine oppida; denn wir finden, daß bie Stadt
geſchaffen war, wie fle aufhörte, bem Lanbgeridte unterworfen gu fein, und ihre Schöffen,
ihren eigenen Bailli (Stellvertreter bes Grafen) erbielt.
Luitprand III. 12 fagt dagegen von ben Burgundiern: Domorum congregationem,
quae muro non clauditur, Burgum vocant.
Qu Brünn fImmt die Benennung burgus urkundlich vor 1199, 1231 ecclesia S.
Jacobi, que est sita in Burgo Brunensi (olny Ul. 27, Bocet II. 234), 1210 in bargo
Brunensi ecclesia sancte Marie (Bocef II. 55, 58), 1261 in ecclesia S. Jacobi de (in)
Burgo Brunensi (Bocet Ill. 296, 806), 1261 in ecclesia Petri de Burgo Branensi (eb.
$99), 1298 qnarundam villularum terrule Burgo Brunensi olim adjacentes Ecclesiae
S. Petri decimas persolyissent, unb ingredientibus Civitatem Brunam per poriam quae
Bargum respicit, qui antiqua Bruna dicitur (Meine Gefd. von Brünn S. 258, 257, 258,
Botet IV. 406, 409), 1294 super limitibus parochialium ecclesiarum sancti Petri et
smacti Jacobi Burgi Brunensis (Bocet V. 14), 1329 in Olmilg sub Burgo ecclesis S.
-Masii (cb. VI. 290). Burgus bezeichnet fonad die Zuftindigteit, das Scugoerhiltuig, wie
Bargreoht das nad deutſchem Rechte gegriindete emphitentiſche Rechtsverhältniß.
MNaſturwüuchſig entſtehen ſtaͤdtiſche Genoffenfhaften an den Burgen umd
Sigen der Landesfirften, indem fic daran Colonien von Kaufleuten anfegen, dann
aber auc an allen Marftorten ihrer Lage nad, an Handelsfraffen, planmäßig
burd te Landesfiirften, ben Adel, die Geiſtlichkeit. Bedeutungsvoll werden fir
bie Stabte aber audh deutſche Dorfanlagen, indem Ddiefe night nur oft der
erfte Unfang gu einer fpdteren ftadtifden Bildung werden, fondern aud um und
burd bie Städte ringsher angelegt, bad deutſche Stadtrecht ftigen, welches mits
telft ber Doͤrfer uͤber das Land verbreitet und gum deutſchen Dorfrect wird.
Die grogeren landesfirftliden Burgen und Schloffer Curbes, castra), die
Refibengen der Fiirften, Verfammlungsorte der Grofen bes Landes, Statten der
Gerichte, find im Kriege und Frieden Cinigungspuntte bes Volkslebens. Der
ſteigende Berfehr (apt fich nicht mehr auf den engen Raum ber Burg beſchraͤn⸗
fen, fonbern entfaltet ſich außerhalb (in suburbio, in vorburgo) unter bem Schutze
berfelben fowohl durch Einheimiſche ale Frembe, befonders Kauf⸗ und Handelé-
leute, bie fich Hier anftedefn. Solche Colonien finden fid in Prag, Brinn,
Olmiig, Troppau, Znaim u. a.
Yon dtefer neuen Entwidlung wird die Burg (castram) nicht berüuhrt.
Ihre Bewohner (Castrenses) leben fort unter den ſlaviſchen Landesrechten, fie
ſtehen unter dem Landredte, der Suda ber Provinz. Die Burg ift aud ber
Aufenthalt ber übrigen Landesbeamten, bed Camerarius, Villicus und der
Beneficiarii.
Die Verhaltniffe bes Handels, die Thatigheit ber Kauf- und Hanbels-
leute ift fur die Bildung ber Markt- und Stadtrechte vom groften Cinflufje ges
worden. Der Verkehr mit allen feineren Kunſt- und Gewerbserjeugniffen wurde
im 13. Sabrhunderte von Fremben getrieben (wahrſcheinlich wie anderwarts aud
in Maͤhren), vom Rhein, aus bem walloniſchen (wälſchen, gallifanijden) und
Reihs-Flandern, aus Brabant, welde feinere Tider, Sammt, feine Leinwand,
Seidenwaaren, Teppiche, feinere Golde und Silbermaaren, Weine, wie Rhein⸗
fal, Malvafier brachten. Diefe Rhennenſes, Flandrenfes, Walhen, Latini,
wohl aud Gallici, Fauften wieder bie Produkte bed Landes: rohes Metal (aus
Bshmen und Maͤhren, Warnfdnig Fland. Rechtsgeſch. 1. 77), Silber, Kupfer,
Zinn, Wolle und Felle (aus Ungarn, Warnk. 1. Aufl. 75), befonder’ Marders
felle, bann rohere Erjeugniffe, wie robes Tuc „panni grisei.“
Den Handel nad Oefterreich, befonders von Brügge ther Maftridt, Koln
und Regensburg nad Often (Wien) fehen wir yu Ende des 12. Jahrhund. in
ben Handen der vlamifden Hanfa. Deutfde Kaufleute werden in Wien bevors
retet, wie bie Deutidhen in Prag gu Anfang bes 12. Jahrhunderts. In Brinn
und Olmiig find ähnliche Riederlaffungen deutſcher Kaufleute, fte Hatten aber
nicht (wie Boczek 1. 298 fagt) diefelbe Hanbdfefte wie Prag. Rod im 14. Jahre
hunderte werden dorthin Waaren aus Koln, Achen, Briigge, Gent und YDpern
gebracht. Flandriſche Handelsrollen bezeugen den Handel nach Bohmen, Maren,
Polen und Ungarn (Warnk. I. J. 120 und Rv. 71, 72).
268
Bei bem einfaden Waarenverfehre bleiben die Miederlander, Flandrer und
Wallonen nidt ſtehen. Sie ibertragen ihre Kunftfectigheit in die neue Heimath.
Wie es von England befannt ift, fo wird in Mahren die Einführung den fei-
neren Wolles und Leinweberei, bie Tudjmaderei, die Ledergerberei und Farberei
mit Flandern, Flamingern, in Verbindung gebradt. Dod fdon im 13. Jahre
Gunderte concurrict einheimife Cultur mit den frembden Cryeugniffen. Niederlaſ⸗
fungen von Sremblingen, Anfledlungen von Aderbauern ſtehen mit ben Stadten
in engfter Berbindung. Niederdeutſche, Flandrer, Wallonen, Schwaben (Teuto-
nici, Franci, Gallici), gogen ein.
Die fremden Kaufleute ſchloſſen fic) in eine Genoſſenſchaft, eine enge Gis
nigung „Gilde“ ,conjuratio” gegen außen ab und fanbden fo in fich bie wich⸗
tigfte Stige ihres Beftehens.
Das Frembenviertel (vicus hospitum) wird nad bem vorwiegenten Cha-
rafter ber Grinder vicus Teutonicorum, Flandrorum, gallicus, lalinus, romanus,
rhennensis genannt; ifnen wird gewohnlid) ber chug eines Thores der Stadt,
bas aud) barnad feinen Namen tragt, ubergeben.
Da ift ibe Kauf- und Gildehaus (curia hospitum), ihr Rathhaus
(theatrum seu domus consilii, oft gugleid) Paufhaus), ihre Lauben (lobae),
Richkraͤme, Wechſelbaͤnke. Dad gemeinſchaftliche Gntereffe führt bie Vermiſchung
ber einheimiſchen und fremden Bevölkerung allmalig herbei.
Nächſt ben Landesburgen find Gränzpunkte, alte Marktorte überhaupt,
Anlaß gu ftadtifhen Bildungen geworden, wie Ung. Brod an der Furth über
bie Olfowa, eine der alten Heers und Handelsfiraffen nad Polen, Gewitſch,
Zittau. | |
Sn Abnlider Weife werken auch villae forenses Marftfleden gu Stadten
gebilbet, wie Biſenz.
Wis planmaffige Erbauungen und Grunbdungen von Stadten
durch Lanbdesfirften mittelft herbeigerufener Anfledler find befonderd gu nennen
Freudenthal, deſſen Bewidmung mit magheburger Rect eine der alteften
ift unb balb auf Uncow (1223) uberging, welche neue Anſiedelung nova ci-
vitas Neuftadt hieß, Samnic (1227), Gobing (1228), Iglau.
Mud ber Hohere Adel, die Barone, Caftellane, erbauten auf ihrem Grunde
befeftigte Marktflecken, nicht felten Städte genannt (villae forenses, quae juxta
vulgare nostram dicuntur civilates — Cosmae Cont. ad 1228) und mit Reds
ten anbderer Städte bewidmet werden, wie Deutſchbrod, Sternberg (1296),
Breiberg (mit leobſchuͤtzer Recht, 1292), Pfarcaſtat (Frankſtadt,
1299) u. ſ. w.
Auf bem Grunbbeſitze der Benediftiner, Ciſtercienſer, Praͤmon,
ſtratenſer entſtehen Stkelna, Knenic, Swittavia, Sttelna, und Hranic
(Veißkirchen), Gaya (Kyow), Raigern, Trebic, Welehrad und
Saarz auf jenem des olmützer Bisthumé: Kremfier, Muglic,
Braunsberg, Hopenplog, Friedberg, Hullein, Wiſchau, Zwittau.
Diefe Stadte und Märkte waren nach deutſcher Art audgefest, von ben
Landesgerichten ausgenommen, [ebten unter eigener Berfaffung. Die grofere
Bahl ber Ginwohner waren aber aud Deutfde, dafür zeugen die deutſchen Ra:
men ber Ridter und Schöffen, der Birger und Bewohner der Städte, wie fie
in Urfunden auftreten (S. Chytil's Regifter gu Bocet’s Coder). Doc {deinen
bie deutſchen Ginwohner ber neueren Stadte nidt mehr blos Einwanderer,
fondern Sohne ded Landes, zunächſt aué den deutiden Doͤrfern (Anflange aus
Boͤhmen und Maͤhren) zu ſein.
Den Hauptſtützpunkt ber Städte bildeten bie ungemein gablreiden deutſchen
Ackercolonien ded Landes, wogegen auch die Städte fiir dieſe den Schutz
gewaͤhrten und bie Erhaltung bed deutſchen Rechtes ſicherten. Die große Zahl
ber nach deutſchem Rechte gegründeten Doͤrfer, welche ſich ſpaͤter nicht blos auf
deutſche Einwanderer beſchränkten, brachte in der Berfaffung des Landes eine
Wendung hervor, die nod wirkſamer war als bie Gründung von Staͤbten.
Denn fiir bie Landbevdlferung war es ber Uebergang aus ungemeſſe—⸗
nen Frofnverhaltniffen inein geregeltes vertragsmaffiges
Abgabenverhältniß (jus teutonicum, jus emphiteuticum quod Purkrecht
dicitur). Befonderé tritt hiebei die Wirkſamkeit ber Kidfter, des olmiiger Biſchofs
Grimo, cer Ritter des deutſchen und Johanniter-Ordend u. a. Gervor.
Die Dörfer waren in Rechtsſachen an ble nddfte Statt gewiefen, welde
gleiches Recht hatte, ſo nad Brinn mehr als 60, nach Kremſier 15, nad Muͤg⸗
fig 14 Dorfer u. f. w.
‘ Die Stabte und verbundencn Dörfer entwidelten eine vdllig neue Rechts⸗
geftaltung, Der Kreis der altflav. Landredte und ber Landesgerichte wurde
immer fleiner. Sm Gegenfag gu diefem bildete fic nad und nah ein allges
meines Stadtrecht, Stadthraud auf deutſchen Grundlagen, cin Weichbild-
recht, das durch den Glauben und bas Bewuftfein ber Gemeinſchaftlichkeit yu einem
feften Gewohnheitsredte bed Biirgerftandes und bes nach deutſchem Rechte lebens
ben Bauernftanded wurde, fo daß das ſtaͤdtiſche Weichbildrecht ein gemeinfameds
Recht verhältnißmäßig großer Bezirke bes Landes ward.
Golder Gruppen von Stadtredten jeigen fic in Mabren und
Schleſien.
J. Die ſaächſiſch magdeburger Familie mit bem Zugrechte nad Magde⸗
burg, wenn dad Urtheil ber Mittelſtadt geſcholten wurde,
a) Freudenthal. Daher Neuftadt. Beide Stäbdte bleiben Oberhöfe fie
viele Dirfer und Stidte. Stephanau, Gewit(d, Olmütz.
b) Olmig, wohl zuerſt mit magdeb. Recht bewidmet (1223). Dort holten
Recht: Laska und Hodolein, Prerau, Weißkirchen, Littau.
Olmuͤtz laͤßt fic ſpaͤte von Breslau das magdb. Recht mittheilen
und wird der wichtigſte Oberhof Maͤhrens (1352 Stengel Urk. 166).
We jene Staͤdte, welche in Neufladt und Freubdenthal Net Holten, were
255
ben bahin gewiefen (1352, jura prim. 46). Run erhalten nod olmiger
Recht: Schoönberg (1391), Römerſtadt, Profnig (1406), Hohenftadt (1411).
c) Jur magdb. breslauer Gamilie geforen: 1) Tefen (1373,
Stepzel 598), 2) Troppau, erhalt aud Breslau ein magd. Rehtsbud.
NRach Troppau find gewiefen: Braunsberg (1269), Jagerndorf (Ens
IV. 25, Stengel 207).
U. Deutſche, nicht fadfifde Familie, weldhe auf eine Mittheilung
von Süuͤden fdlieffen laͤßt — ,frdntifde Familie’ :
a) funbenburger Ret, 1214 an Bifeny mitgetheilt.
b) gnaimer Ret, welhed Trebitſch erhalt.
c) Teobfhiger Recht (Stadtreht von 1270 bei Stengel 371) in
Ung. Brod (1272), Weißkirchen (1276), Tyrn, Freiberg und Poymanne-
borf, WitHenau und Steinbach, Gilowec.
d) iglauer Ret Stadt+ und Bergredt von 1249 (Dobner mon.
IV. 191, Tomafdef). Für alle Bergftadte in Böhmen, Mahren und
Ungarn.
Troppau Hat in Bergfaden ighauer Recht, Benifh (1271), Groß⸗
meferit(h. In Böhmen: Kuttenberg, Kolin, Malin, Kaurim, Bergreiden:
ftein, Eule u. a.
Cine widhtige Fortbilbung bed ighauer Rechtes ijt bas umfangreiche
Stadtredht von Deutſchbrod durch die Herren von Lidtenburg von 1278
(Sternberg I, 30).
e) brinner Redt.
Bevor wir bavon reden, miiffen wie bie Grundgiige ber fritheren Berfafs
fungégefdidte von Brinn (Rofler XXIV — XXXII.) voraus fenden. Die
Griindung und Erbauung ber Stadt felbf{ wird kaum geſchichtlich nachzuweiſen
fein. Orne (a. 884. B. I. 47. 1062. B. I. 137), Brno (a. 1055. B. I. 127),
Brinne (a. 1088 B. I. 184), Brenna (a. 1087. B. I. 176), Bruna (a 1062.
B. 1. 136), Brunna (a. 1174. 1086. B. I. 170, 288), erſcheint in verbiirgten
und unverbiirgten Urfunden als eines ber alteften bewohnten Orte bed Landes,
Mittelpunft einer Proving, Brunensis provincia (a. 1086. B. L 171. 348),
Prov. de Brne (a. 1054. B. I. 130), Gig eigener Fuͤrſten (a. 1053 — 1197),
als Schloß oder Burg casirum (a. 1197. B. I. 349), urbs (a. 1052 B. 1.
126), burgum (a. 1210. B. I. 55), alé Stadt civilas (a. 1086. B. I 171),
secus prefatam civitatem (a. 1088. B. J. 184). Die befeftigte geraumige Burg
war ber Mufenthalt bes kriegeriſchen Hoflagerd ber Furften, der Cammelplag
des Heeres, ber Stützpunkt ber Herrfdaft. Oftmal belagert und erobert ents
ſcheidet fie bas Schickſal bed umliegenden Landed. Faſt gleichgeitig mit ber Er⸗
waͤhnung bes Namens Brinn wird aud der Markt Forum bafelbft erwabnt,
beffen. Ginfiinfte bem Landesherrn jufamen und von ihm an Rirden vergabt
wurben (DB. J. 171). Der Verkehr des Marktes felbft bewegte ſich nicht in
ber Burg, ſondern auferfalb in Suburbio. An den Verlaufsplaͤtzen entftehen
bleibende Wohnungen ber Rauf, und Gewerbsleute, ſowie aller jener, welde
mit bem Leben ber Refideng bes Fuͤrſten verfnipft find. Fur eine ſolche An⸗
fieblung am Fuße ber Burg, sub urbe, in suburbio, gewabhrte auch die weit
Altere Rirhe St. Peter einen Cinigungépunft. In diefer Umgebung entfaltete
fic) ber Keim des fpateren ſtädtiſchen Lebens. Schon unter Marg. Whadiflaw
(1197 — 1222) wohnte hier eine fo große Zahl von Deutſchen und wohl aud
Walhen, Latini, Gallici, daß fie einen eigenen Stadttheil (vicus) einnahmen
und eine eigene Pfarrfirde batten. — „S. Jacobi in burgo Brunnensi; Theu-
tonici ab ecc. S.J. cuncta jura parochalia ct ecclesiastica debeant recipere®
(a. 1228. B. IL 192. 396). Spaͤter wird bie Filialkirche St. Nikolai fur
bie Romani ,qui linguam Moravorum ct Teutonicorum non intelligchant®
(a, 1231. B. II. 234) erbaut. ').
Der grofe Brand im 3.1214 mocte mit cinem großen Theile ber Stadt
aud tie erften Urfunden und Zeugniffe ber Entwicklung vernidtet haben. Ueber
ben früheren 3uftand ber Stadtverfaffung fehlt es an Nachrichten; daß vor dies
fem Sabre {don bie Wurzeln dee fpatern Geftaltung liegen, die Erlangung einer
Eigen⸗Gerichtsbarkeit, Befreiung von den Landesbeamten — etwa wie in Prag
burd) die Erweiterung der ben Deutſchen gewährten Freiheiten auf einen groͤſ⸗
feren Kreis ber Stabdthewohner, ift wahrſcheinlich, vielleicht iſt es bei der Bers
groferung bed Stadtraumes nad ber Zerftdrung durch jenen Brand gefchehen.
Daß aber in bem zweiten Jahrzehent eine ſchon früher gebildete, vollfommen
organiſirte, von eigenen Schoͤffen regierte freie Gemeinte in Brünn beſtand, iſt
gewiß; davon haben wir wohl Kunde; denn umliegende Doͤrfer wurden von dem
Landgericht befreit und dem Stadtgerichte zugewieſen (a. 1229 B. II. 212).
Es faͤllt dieß in den Zeitraum der allgemeinen Foͤrderung bed Staͤdtele⸗
bens in Mähren durch die Landesfürſten. Auch in Brünn iſt Otakar J. thätig
fiir eine neue Erweiterung der Stadt und Einverleibungen von Gründen, die
fruͤher nicht jum urfpringliden Gtadtgebiet gehdrten: ,cum in ampliande civi-
tate nostra Bruncnsi essemus intenti“ (a. 1229 B. Il. 208). Neue Kloͤſter
und Stiftungen zeugen von erhohtem Gifer, wie bie Marienfirde (eccles. S.
Marive in burgo Bruncnsi a. 1210. B. If. 55), bie Dominifaner St. Michaelis
1220, bie Minoriten Et. Johann 1230, die Kirche St. Jafob vor 1228, die
Ginweihung ber St. Nikolai⸗Kirche 1231.
1) Unter Romani find nidt Römer, fondern gallicaniſche Flandrer, welſchſprechende Richerlane
ber gu verfteben; daß lingua Romana „franzöſch“ bebdeute, lift fid) aus vielen Urknuden
beweifen: ,Nativam lingaam non habuit teutonicam sed quam corrupte nominant roma-
nam, teutonice vallonicam® (Chron. Mon. S. Tradonis. D’Achery Coll. 11. 660).
In ben Mieberlanden wurde die wallonifde Sprade gang allgemein lingua Romana gee
nannt, und bie Theile von Flandern, wo walloniſch gefproden wird, ,Le Roman pays.“
257
Auch in Brann wird von diefer Entwicklung, welche ſich anfinglid nur
auf einen fleineren Raum ber Stadt erftredte, bie Burg, ber Sig ber Krieger
und Dienfimannen, der Wmeleute ,beneficiati, beneficiales,“ nicht berührt. Sie
ftefen unter bem Yanbesgeridt. Der Caſtellanus, Burggraf, ift Here ber Burg,
und fat anfaͤnglich gewiß nod Borredte in ber Stadt felbft.
Der altflavifehe Ort Ra Luze (@. 884. B. 1.77. 1062. B. I. 136) bleibt
landeſherrliches Eigen (villa) und bewafrt eine von der neuftddtifden Entwid-
lung getrennte Berfaffung. Daher ber Name: Altbriinn (1247 Antiqua Brunna
S. Til. 67).
Nach der Mongolennoth, nad Erſchoͤpfung und Muͤhſal zeigt fic in bem
gejammten Lande ein erfennbared Streben nad neuer Krdftigung ber Verfaffung,
und fo aud in Brinn. In dieſe Feit fAlt bas Stadtrest von Brinn, 1243
von Rontg Wenzel 1. (B. TT. 12) ertheilt, ein Denkmal, welches gu ben werth-
vollſten wichtigſten rechtége(hidtliden Queen zaͤhlt, und bie erfte umfangs
reiche Quelle der Geſchichte des ſtaͤdtiſchen Lebens ift. Es gruͤndet fic) auf ein
vdllig ausgebildetes Buͤrgerthum, auf den vollen Genuß deutſcher Rechtsverfaſ⸗
ſung und althergebrachter Freiheit. Dieſe Handfeſte „Jura originalia“ iſt nur
eine Verbeſſerung und Erläuterung der bisher erworbenen Freiheitsrechte, des
bisher durch ſtille Gewalt der Zeit allmadblig entwidelten Rechtsbrauches, mit
Merkmalen alterthuͤmlicher Fortbildung und Nachklängen von älteren und nicht
echaltenen Urkunden.
Mls ſtädtiſche Gerechtſame (Justitia civitatis) erſcheinen ferner: unabhaͤn⸗
gige Gerichtsbarkeit, Markt- und Münzrecht, Freiheit ber Perſon und des Gutes,
Freiheit vom Heirathszwange und Veraußerungopflicht, Meilrecht, Mauffreibeit,
Befreiung vom ſlaviſchen Rechte „ab omni jugo servitatis seu exactionis et
gravaminis.“ ud) ber Stabdtfriede (Pax civitatis) umfaft Beftimmungen fiber
bie Anwendung bes Strafrechts mit volem Blutbann. Endlich (Jura munici-
palia) Beftimmungen ded Givilredts und Civilverfahrend. Es wird in Dies
fem Stabtrechte der landesherrlichen Vogtei, ber landesherrlichen Vorrechte nit
mehr erwaͤhnt.
Es ijt bei und bie erfte umfangreihe Quelle des ftadtifden Lebens, Hat
mit bem romifden und canonifden Rechte nur eine lofe Verbindung, mehr der
Form wegen ; gehort nicht zur ſächſiſchen Familie, fondern im Ausdrucke und
in Uebereinftimmung ber Rechtsſätze einer ſüdlichen Familie von Stadtredten
(Ens 1212, Wien 1221, Brinn, W. Neuftadt, Leobſchütz, Iglau (1249), Deutſch⸗
brod), welche Roͤßler die mabrifch « ofterreihifde nennt, wabrend Tomaſchek (S.
57, 60, 78, 79, 80, 88 — 92) dad briinner als bas von Mien nad Brinn
uͤbertragene babenber g'ſche Recht bezeichnet und fiir bie Gauptquelle ded
iglauer Rechtes nebft dem Einfluſſe der durch dad briinner Stadtredt vermite
telten alteren babenbergiſchen Rechte bas flandrifde Recht Halt. Nach ifm
ift Flandern überhaupt der gemein{haftlide Ausgangspunkt der Golonien, denen
dieſe Stadte ihre Entftehung verdanfen, wie überhaupt ber Bug des Colonifa-
17
258
tiondwefend ber flavifden und ungarifden Laͤnder Oeſterreichs groͤßtentheils
auf flandrifde Colonien zurückzuführen fei (Aud in Schleſien. GS. Tſchoppe
und Stengel, ©. 141—143)"). Wie in Prag (unter Wratiflaw 1061—1092)
fdeint aud in Brinn und den anderen Stadten Maͤhrens der Keim zur Ent-
ftehung ber deutſchen Anfiedblungen in einer flanbrifden Hanfa: ober Kauf⸗
mannſchaft gelegen gu fein (©. aud Rofler XXV, C—CXIV). Der Hane
bel aué bem wallonifden und Reichs⸗Flandern (fon 1101 beſonders mit ges
trodneten Fiſchen — alecia — und Tiichern) ber Böhmen und. Mahren naw
Ungarn wurde {don im Anfange bes 13. Jahrhundertes betrieben, wie es flans
driſche HanbdelSrollen begeugen, inébefondere bezog man aus Maͤhren wohe Metalle.
Diefe Handelsſtraſſe fir flandrifhe HandelégenoffenfGaften fabrte zur Ans
lage von Stappelplagen, bleibenden Landesfigen und allmalig zur Bildung dents
fer Stadte. Namentlich beftand eine ſolche Handelsgenoſſenſchaft mit Benüt⸗
jung bed Stromgebietes ber Donau uber Regensburg. Schon 1191 were
ben Satzungen fiir die Handel treibenden Raufleute aud. Regensburg erlaffen
und dafelbft ber Raufleute aus Maſtricht und der fir fie bereits fruͤher be⸗
ftimmten Abgaben ermadhnt. Der Handel von Briigge aus, welded ſich au
Anfang des 13. Jahrhundertes gum Mittelpunfte awifden dem Südweſten und
RNordoften von Europa uud durd bie Berbindung mit den italieniſchen Staͤdten
gum Bermittler zwiſchen dem Oriente und Occidente, mit einem Worte gu einem
Weltmarkte bildete (Falfe, Geſch. bed deutſchen Hanbdels I. 162, Warnkoͤnig L
827), uͤber Maſtricht, Koͤln, Regensburg naw Oefterreih, Ungarn und nord⸗
warts nad Rußland befindet fic bereits am Ende ded 12. Jahrhundertes in
den Handen der vlamifden Hanfa. Die Genoffenfhaft ber Flanbrer in
Wien, als einem Hauptftapelplag ihrer Waaren, genießt befondere Fretheitds
briefe und eine beredhtigte Stellung und ber Einfluß ifred Rechtes ift in den
dlteren babenbergifen Stadtrecten unverfennbar. Diefe wurden wieder Vor⸗
bild fix alle weiteren ofterreichifden und ungariſchen Stadtredte. ,
Das deutſch-ſtädtiſche Weichbildrecht (jura civitatis) trat bem
böhmiſch-mähriſchen Landrechte Cus provinciale, jus terrae) ſchroff ente
gegen und verbreitete fic von ben Stadten nad und nad fo ſehr uber dad
ganze Lanb, daß (nad Palady II. 1. ©. 160) in des 1. Halfte bes 14. Jahre
hundertes faum ein nicht nad deutſchem Rechte ausgeſetztes Dorf au finden war.
Die Competeng ber Landesgeridte und bie Geltung des Landrechtes verringerte
fic) immer mehr und befdranfte fic aulept, ja [don im Wnfange biefed Sabre
hundertes, auf ben Abel. Mit Verdrängung des böhmiſch⸗ſlaviſchen Rechtes
(SG. dariiber Tomaſchek S. 1 — 16, 70 — 72) fiihrte dad deutſche Recht Cfagt .
biefer) im 13. Jahrhunderte eine gaͤnzliche HmgrRaltung herbei. An me Gielle
*120*
1) Große Ueberſchwemmungen bes Landes mb eine Hungersnokh 1196 sche’
Answanderungen ber Flaminder der dufierflen Grime nach der feta ber One
fénig I. 162). .
959
einzelner landesfuͤrſtlicher Strafbeftimmungen trat ein regelmafig gegliederted
Strafſyſtem. Die Troftlofigkeit und bie ſchwankende Regellofigkeit ded alten Bes
weléverfahrené, in Dem die Gottesurtheile die grofte Rolle fpielten, der Nach-
Barnbeweis gu einer laftigen Plage ber unterthdnigen Boltsflaffe wurde, Will
fife und Erpreffungen dex Supendeamten ein freied Spiel Hatten, machten einer
von feften Grundfagen getragenen, auf den Hilfe und Zeugenbeweis geftigten
Rechtspflege Play, wo der Beflagte gegen fede Willkuͤhr geſchützt war, und der
Reinigung und Ueberführung ihre beftimmten Gradngen angewieſen waren.
Im Privatredhte und Civilproceffe entwidelten fic feft ausgepragte Inftis
tute, ſicher leitende Normen. Durch die ben Schaffenhsfen eingerdumte Auto.
nomie wurde die Forthilbung des Rechtes gewahrf und den erweiterten Bevduͤrf⸗
nifien burch Schoͤffenſatzungen nadgebolfen. An ber Seite des Adels erhob
ſich ein zweiter, politiſch⸗maͤchtiger, fociel angefehener Stand, dad Birgerthum,
und unter feinem Schuge der freie Bauernftand. An die Stelle der ſlaviſchen
Gefammtbirgidaft, die aus ber Ungetheiltheit bed Eigenthums entwachſen
fdwer auf den Gemeinden flaftete, und der ganjen Saar dbriidender Frohnen
und Abgaben, die in der perfonliden Unfreiheit wurzelten, trat nun ein gere-
geltes Befigverhaltnif, ein befonderes, wenn gleich beſchraͤnktes Cigenthumsrecht
gegen einen mafigen jabrliden Grundgind. Mein Wunder demnad, daß die
Fürſten, abgefehen von politifden und finanziellen Griinden durch vielfache Freis
Geiten einen Stand forderten, der durch Induſtrie, Gandel und Gewerbe den
Wohlſtand bes Landes begriindete, daß aud) die ſlaviſchen Cingebornen bed Lan:
bes fic) die Wohlthaten der deutſchen Redtspflege angueignen bemuͤht waren,
und der in feinem Ginfluffe befdrantte Adel zuletzt der eingige Hort war, zu
bem fid) die alte Gerichtsverfaſſung flidtete.
Dieſes Stadtrecht von Brinn und bie barin gewahrte gemeinheitlidhe Ver-
faffung wurde Grundlage einer fiberrafdend ſchnellen Entwidlung, Vergrößerung
wb Belebung des Birgerthums. Biele Stadte ftrebten darnach, Todhterftadte
bes briinner Rechted gu werden. Der Stadtrath erlangte immer bebdeutenderesd
Anſehen; Recisanfragen von fernen Orten, bie mit bem Rechte bewidmet waren,
mehtten bie Thatigkeit bes Schsffenrathes. Der dufere Glanz wurde gehoben,
inbem Otafar Il. mehrmals feinen Hofftaat und bas Geprange des fanigliden
Hoflagerd Hierher uͤbertrug. Deßhalb zogen fi aud) Adelie mehr und mehr
im die Stadt, aud die Klofter fauften fid Haufer und Hofe in der Stadt gum
Aufenthalt, befonderd ba olermal bes Jahres die sffentliden Sigungen ded
Sandgerihté in ber Burg abgehalten wurden und die Abelichen in diefer Zeit
fre Gefchafte abgeſchloſſen quater in anno quatuor temporibus ad tractatus
suos in ipsam civitatem conveniunt* (a. 1292. B. IV. 385). Stiftungen gu
frommen 3weden erhoben fid, neue Kloͤſter und Kirchen geugten von ben Bee
birfniffen der grofen Stadt und dem frommen Reidhthum der Burger, welche
dieſelbe audftatteten. Die Bevdlferung wuds in raſchen Berhaltniffen und die
17*
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Porftadtleute wurden der Gerichtsbarkeit bed Stabtgerichts- in gréfern Sachen
unterworfen (a. 1276. B. IV. 175).
Nad Otafars I. Falle erhob RK. Rudolf die Stadt yu einer Reichsſtadt
und ertheilte ihr anſehnliche Vorrechte (a. 1278. B. V. 267). Doc diirften
bie Freiheiten mit Rudolfs Herrſchaft im Lande aufgehirt haben; widtiger ftnd
bie Bergréferungen der Macht und bes Anfehens ftadtifder Rechte unter K.
Wenzel Ul. Regierung. Cine neue Beftdtigung und Erweiterung bed Jahrmarkt⸗
rechtes (a. 1291. B. IV. 377). Die freie Schoͤffen- und Rathswahl: die Gee
waͤhlten find nur bem Ronig ober deffen Stellvertreter vorgufteen. Gine node
malige Befreiung von Landgerichten auffer in Fallen bet Graͤnzverletzungen und
Gerwaltthaten gegen Grundbefiger, wo der Geridhtsftand des letztern entſcheidet.
Sicherung der Burger bei Schuldverhältniſſen ber Adellchen. Auch ädeliche
Häuſer ſollen die Stadtlaften mit tragen. Verbot von Innungen, welche den
Verkehr und Marktverkauf beſchraͤnken köͤnnen. Das Vorrecht, gegen’ Rauber
und landſchaäbliche Leute verfahren gu dürfen. Auer der befondern Kronungss
ftener und der gewoͤhnlichen Steuer, welche bie Staͤdte gu zahlen haben, fol
ifnen feine andere Laft aufgelegt werden (a. 1292. B. IV. $85).
Um bie immermefr erweiterten Befeſtigungen der Stadt an erhalten, erhalt
bie Stadt die ,Brudmaut,” den Hauptzoll, ben bisher der Lanbdesfirft in
ber Stadt gu Geben hatte (a. 1295. B. IV. 896), und das Vorrecht auf affe
Metalle gu fuden, weldhe 6 Mellen weit anfgufinden find (Sternberg Umriffe
I, 2. 60).
Die Regierungsgeit ber Luzemburger war flier Hebung bes Birgerthums
im Algemeinen, fo aud fir Brinn befonderd ginftig. Dad Stddteleben nahm
einen neuen raſchen Aufſchwung. Unter König Sohann feit 1811 gelang es den
Städten, die BVerbriefung und eine Erweiterung ihrer Rete gu erlangen. Jn
ber unrugigen Zeit bei immermahrender Gelbdverlegenheit bed Koͤnigs fonnten
bie Stddbte der Verfudung nicht wiberftehen, fir jede Gabe neue Begiinftigung
und neve Berbriefung ihrer alten Greiheiten gu fordern; aud ſchien dem König
bie Hebung und Forberung bes Mittelftanded ein Mittel gegen den übermüthi⸗
gen Adel.
Die Stadte fommen nun gum Gefiihl ihrer Kraft und ihres Cinfluffes;
file erfd@einen bei den Landesverſammlungen gleidberedtigt mit den beiden an-
bern Standen. Rarl, der nachmalige Raifer, alé Markgraf in Mabren feit
1333, forgt in wobhlwollender und umfidtiger Weife fir bad Wadhsthum der
Stadt, und unter Markgraf Sohann (1350 — 1375), in „dem golbenen 3Zeits
alter Maͤhrens“ hebt fich Brinn gu feiner höchſten Blithe, gu dem Punkte der
hoͤchſten Macht unb der gemeinheitliden Freiheit, bie es nur leider nicht lange
bewahren fonnte. Markgraf Johann fieht mit Stolz auf dads raſche Wahsthum
ber Stadt ,civilatem quam ereximus* (a, 1357. W. Il. L 91) und rũhmt den
Wohlſtand und Schöffenruhm dieſer Stadt, welche ſchon Biſchof Johann von
Olmig ,locum solemnem et famosum“ (a. 1306. a. a. O.) nannte: „locus
261
populosus utique abundans“ (a. 1356. a. a. O.) ,ubi copia sapientum existit“
(a. 1350. a. a. O.). |
In dieſer glidliden Zeit hat wohl bie Ruhe und der geſchützte Wohlftand
ber Bevdlferung, wie in andern Stddten, fid) verdoppelt. Cine Reihe von Ve:
ftitigungen der §reibeiten und von never gewährten Gerechtſamen zeugen, wie
bie Bargerfdaft immer nod die Alteften Borredte treu bewahrte, wie aud von
bem Wachſen der Macht und felbfiftandigen Haltung. Gegen die Gefahr, welde
ber Ginheit und Rraft bed Stdbtewefend durch befreite Haufer und Familien
des Adels, durch Freibdufer, Freihdfe und Jnnenleute ber Klofter und Stifte
drohte, ſuchte man fic) durch ein Berbot bed Ankaufs von Stadthaufern durch
Adeliche und Geiſtliche (a. 1331. 1355. W. 153) gu ſchützen. Dagegen wird
bad Ginwanbern frember Nicdtadeliger befonders ber Horigen erleidtert (a. 1324.
WB. 89). Die volle Stadtgeridtébarfeit aud ber Leute bed olmiger Bids
thaws, dann Leute der benachbarten Kilofter in Blutfaden, und Adelie, wenn
es ſich um Stadtiaden Handelt, wird anerfannt und erweitert (a. 1319 — 1324.
WB. 144. a 1342. Peljel Karl. 28). Dem Stadtrathe wird dad Met gegeben,
bie Mitglieder felbft zu wahlen und abgufegen (a. 1376. d'Elvert Brinn 122).
Die Gemeinte erwirbt Hofe und Guüter bes offenen Landes, bas Dorf Hans
genéwerth (Cod. Reg. n. 104), bad Schloß Obtan 1316 (W. 143.) u. ſ. w.
Handel und Gewerbe werden blühend durd bie Erneucrung bes Meilredtes,
durch ftrengen Straffengwang des polnifhen Handels. Das BVerbot bed Ver:
faufend frember Tuche von Ypern, Gent, Poperingen, Briffel, geugt nit blog
von ber alten Richtung dieſes Hanbels, fondern aud von der Kraftigung
einheimiſcher Geterbethatigheit (a. 1323. W. 144). Ausgebilbete Gewerbeine
nungen vereinigten die zahlreichen Klaſſen ber Gewerbsleute, Maut⸗ und Steuers
befreiungen follen ten Handel der Barger in Bohmen und Oeſtreich anfeuern
und erleidtern '). .
In dieſe Periode des Glanged fallt die Entftehung der Urtheile und
Weisthumer der brünner Schöffen (von 1343 an gefammelt), die Zeugniß geben
liber ihre Genauigfeit und Umſicht, uber die Beftimmtheit und ben Reichthum der
Entſcheidungen. Cine Cammlung von Urtheilen und Spriden der brinner
Soffer war feit bem 14. Jahrhunderte in zahlreichen Abſchriften über Boͤhmen
und Mabhren verbreitet und galt durch Sahrhunderte als Quelle bed Municis
palrechtes beider Lander. Gie war vor dem 15. Jahrhunbderte in den Geridten
aud) aufer Brinn von praktifher Anwendung, wurde nadher bie Grundlage
ber Umarbeitungen der prager Stadtredte durch M. Brictius von Lido (gedruct
1536) und Paul Chriftian Koldin (ged. 1579) und fomit eine Hauptquelle der
ſtaͤdtiſchen Rechtskunde bid gum neuen biirgerliden Gefegbuce (1812).
1) Ueber die Entwidlung ber Stabtverfaffung von Olmütz S. Biſchof S. 1—13, von Iglau
S&S. Tomaſchek S. 17—28.
262
Diefe Schoͤffenſpruͤche ſind night von Otafar von 1261 (wie Palady IL.
1.158, Legis⸗Glückſelig, oͤſterr. Zeitſchrift fae Rechtswiſſ. 1847 6. 177, Hanka
und Jungmann nad der apogryphen Ueberſchrift des brinner Schoͤffenduches
»Liber sententiarum Otakari regis“ angaben), noch (wie Lukſche angad) vom
berühmten bolognefer Redhtslehrer Johannes Wnbdred (fF 1348. S. über ihn
Savigny, Gefdhidte bes roͤmiſchen Rechtes im Mittelalter, 6. B. S. 98 —
125), fondern vom Stadtſchreiber Johann von Brinn aus ber Mitte ded
14. Jahrhundertes (S. auch Auftria 1844 S. 172, Hormayr's Archw 1819
©. 560).
Die meiften Stadte Bshmené und viele Mährens Golten ire Rete in
Iglau, deffen Privat⸗ und Bergrecht verbreitete fic (don im 13. Jabrhunderte
ber bas ganze ſüdliche Bshmen unb Mahren und and Brinn nabm zu Ende
bes 13. Jahrhunbdertes das iglauer Rect im der Art an, daß die urſprünglichen
Griinnec jura originalia von 1243 bet der weiteren Rechtdentwidtung durch
bas iglauer Recht faft gänzlich guritdgedrdngt wurden (Tomaſchek S. 27, 28,
60, 95). .
In den brinner Schöffenſpruͤchen des 14. Jahrhundertes ') ift aber ſchon
mehr Cinwirfung bes rdmifd-canon. Redted bemerfbar (Roͤßlet XXXVI, CXIX;
Tomaſchek S. 73, 96); es find in ihnen, freilid nur gur Aushilfe, rdmifehe
Anfidten und doctrindre Ausfihrungen derfelben gu finden. Das roͤmiſche Recht
verſchaffte fid) in Brinn viel früher als in Iglau Eingang, wad aud auf deffen
mehrere Annahme hinwirkte.
Gin Einfluß des brünner Stabdtrechtes auf dad flav. Landrecht bei den
LanbeSgerichten ift fedod wenig wahrnehmbar. Legteres, das Recht ded Abel,
wirb erft fpat burd die Feudalredte von deutſchen Rechtsanſichten durchdrungen.
Dad maͤhr. Lehnrecht bes 14. Jahrhundertes (prawa manska) ift eine wört⸗
liche Ueberfepung bed ſchwaͤbiſchen Lehnredtes, bed Lehnrechtes bed Schwaben⸗
fptegels; die fpdteren LanbesordDnungen haben daraus (Lehnrecht) deutſche
Rechtsanfichten aufgenommen und fle als Gewohnheitsredt ded Abels aufgeführt.
Die brünner Schoöffenſprüche des 14. Jahrhundertes werden uns {pater
bie Grundlage gur Darftelung ber Stadt» Berfaffung und Verwaltung
bilden.
1) Rößler führt 30 Handſchriften berfelben an; die ganjen Schoffenfpriiche in ämtlicher
Form, eine Auswahl der widhtigfter in dronologifder Reihe, ſyſtem. Bearbeitung (direc-
torium, manipulus juris), kürzere Faffung obne Ramen und Jahre, Ueberfegungen ius
Bbohmiſche, Auszüge aus Urtheilen, Bilderhandſchriften, dbarunter 2 Pergament M. S. im
briinner Stadt - Archive, in welden bie Initialen ber Rapitelanfinge mit Wbbifbungen
geridt!. und bibl. Handlungen in berrlidem Farbendrud und von Werth für bie Rechts⸗
tunde. Wolfstron copirte fie, wie nod) andere weit ältere Miniaturen bes brünner Ardivs
in Farben.
268
b. Bie Parger.
VDie Vrdger defer vorgeſchritienen Zuflanbe waren bie Bürger!). Merk⸗
wärdig fprigt fic (fagt Barthold) in diefer Wortfigung ber ganze Inhalt der
geſchichtlichen Entwidlung bes germanifdhen Birgerthums aus; dle erfte bange
Sorge und die kluge Vorficht des fih Verbergenden; Rothftand und Bedrangnif,
Wehrhaftigtcit ded Geborgenen; behagliche Sicherheit, gegenfeitige Bürgſchaft
und Verbürgung ded-Gigenthums, der Perfon und bed Rechtes, endlich die höchſte
Steigerung und Verallgemeinerung bes Begriffs als Staatébiirgerthum. Gin
Rerhalinig, welches -urfpriinglich die raͤumliche Zuflucht ded gefahrdeten Men⸗
ſchenrechtias war, wandelé ſich in eine Anflalt trogiger Selbſtbeſchirmung um,
ledt die Unfreien aus dex Mundſchaft und bem Rechtszwange Madtiger in
ihren Schooß, wird, im Gegenfagy um ſich greifender Knechtſchaft, ein neidiſcher
uph..heneideter, bevonzugter Hort, der, den Fürſten, der SGeiftlidfeit, dem Adel
gegenitber,. die Freiheit allein vertritt, und endet, in feinen wefentlidften Beftim-
mungen aufgeldft, im Staatébirgerthum ald Ziel bed geſellſchaftlichen Entwids
lungéganges, Arm und hedeutungslos bagegen ijt bad fpatere Wort ,Statt,
Siette,“ zuerſt im 10. Jahrhunderte gebraucht; dürftiger an Ginn, ald bie
bei romanifden Volfern gangbaren Ableitungen von Civitas, felbft ald bas ans
geljadfifde town (Umgdunung), bezeichnet es nichts ald Ort, Stelle uͤberhaupt.
Jaahrhunderie verficeichen inbeffen, bis fid) ber Begriff beider (Bürger,
Stadt), die Sade felbft, feftftellte. Wir fonnen Hier nur furze Andeutungen
geben *
ij Nach Bartholb (l. 3) gehört das Wort „Bürger“ gu den Mlteften bes deutſchen Sprach⸗
ſchatzes (ſchon bei Ulfllas im 4. Jahrh.). Burg, nicht entlehnt vom griechiſchen Pyrgos,
Thurm, Fee, noch vom: lateiniſchen Rurgus, Burgam, iſt von bergen (ſhirmen, ſchützen)
abgeleitet, und Bikrger iſt demnach, der ſich ober einen anderen bergende, ber Geborgene.
9 Barthold (J. 7) halt zur Kerth bes dentſchen Bürgerthums nicht für genügend bie Bee
leuchtung über bie Gründung einer Stadt, thre innere Ausbildung als Gemeinde, thre Ein⸗
richtung, Rriege, Biindniffe n. f. to. Es fol and gefdilbert werben bas fittlide und ge-
fellige Leben, Ddeffen heitere ober trübe Färbung, ber hauslide und öffentliche Crnft, die
eigenthitmliden Fefte und Luftbarfeiten, Spiele, Schützengilden, Freiſchießen, Trinkſtuben,
Bunftgelage, Tange, Gymnaſtik, Narrenthetbung, Rleidertradten, Frauenhdufer u. f. w.
aud, was die Stidter in Sprade, Kunſt, ernfter Wiffenfdaft, als Meifterfanger, Lieder
bidter, in ihren Singſchulen beigetragen haben, unt bie Volkseigenthümlichkeit ber Deutſchen
am geiſtigſten gegenftanbdlich gu machen und gu vereblen.
Jn den flav. Ländern haben bie urſprüuglich deutſchen Städte fic) wohl Vieles
von dentſchem Weſen angeeignet, aber einerfeits bod gewifs auch Cigenthiimlides, Abwei-
chendes, fon wegen ber Berührung und VBerſchmelzung mit dem Slavifdhen. Es wire
febr gu wünſchen, daß fic Jemand ber quellenmafigen gefdhidtliden Darftelung bes Bür⸗
thnmé in unferen Ländern unterzdge ober doch Material hiezu gefördert würde, namentlich
aus den größeren Städten Brünn, Olmütz, Znaim u. a. Hie und da findet ſich zerſtreut
Material, insbeſondere aus Iglau (von mir, Wolfskron und Werner) und Neutitſchein
(con Bed).
aG4
Die Germanen (und bie Quaben, die alteften Bewohner Maͤhrens, waren
ſolche) Hegten eine uniiberwindlide Abneigung vor bem ftadtijdhen Leben, ald
Beſchraͤnkung der natürlichen Freiheit, betracteten ee ummauerten Orte ald
Graber, mit Fallftriden umftellt, gerftérten die an ibren Grangen vorgefumbenen
romifden Stddte (namentlid Wien, Ling, PBaffau, Regensburg, Salzburg
u.a. in unferer Nahe, welche fpater auf Maͤhren Einfluß gewannen). Beſchaͤf⸗
tigung mit dem Landbau, das ,Bauernleben” im eigentliden Ginne, ſchon ven
ben Römern als das eines freien Manned am wiirdigften eractet, bildet die
@rundlage bec germaniſchen Geſellſchaftverfaſſung; fie ging Gervor aus dem
freien, echten Eigenthum, bem „Freieigen; ber gemeine Landeigenthadmer
ift als wahrer urfpringlider Beftand des deutſchen Volkes aufgufafen.
Zwar führten (don frühe Sabrhunderte aus behaglid-fpréder AbfondDerung zum
Zuſammenrücken in Weilern, Dorfern, aber Stadte, menn. wir. darunter aud nur
das räumlich⸗ umſchloſſene Veicinanderwofhnen von Familien verftehen, denen Grund
und Boden nicht mehr bad eingige Mtittel bes Unterhalted ift, Gat Deutſch⸗
fanb vor bem 8. und 9. Jahrhunderte nidt gefannt. Nahe ein halbes Jahr⸗
taufend mute verfliefen, ebe aud bem deutſchen Krieger- und Bauernleden,
unter ber ftillen Cinwirfung neuer Gefell(chaftdverhaltniffe, etwas Aehnliches fid
geftalten fonnte, alé was am Rhein und an der Donau der Ginbrud und die
Anfiedlung ber deutſchen Stamme vernictet hatte; ein Paar Fahrhunderte vers
ftrichen wieber, ehe die neue Bildung dad Innere Deutſchlands bid in feinen
Nordoſten Hin durchdrang; erft mit dem 14. Sahrhunderte ſtand bie neue Freie
eit unerſchütterlich feſt, und verlieh der Zeit bas vorherrſchende Geprage.
Als bie Volferwanderung ein Ende genommen, die Franken ein madtiges
deutſches Reid) gegriinbdet, fehen wir feit Der 2. Halfte bed 6. Jahrhundertes die
Romerftadte aus und neben ihren Trümmern srtlid wieder entfteben, Hervorges
lodt durch koͤnigliche Pfalzen und Bisthimer, Klofter und Kirchen. Cine unge-
heure Kluft offnet fic aber in ber Merowingen: Zeit nod zwiſchen der perfons
liden Freiheit und Unfretheit ber ftadtifden Bewohner; erft in unmerfliden
Keimen ift diejenige Gattung menſchlicher Geſellſchaft vorhanden, die ein Burgers
thum im hoͤheren Sinne, aus der alten BolfSgemeinde entftehend, allein möglich
madt. Bewohner von Stadt und Land find weber ftaatdredtlid) nod durch
befondere Formen der Redhtsverwaltung unterſchieden. Denn nidt bas Bneins
anbderftehen ber Wohnungen Hinter ſchirmenden Mauern, nicht die Pflicht ges
meinfamer Bertheidigung, nicht die kirchliche Geſellſchaftsordnung, nidt die Bluthe
bed Handels und Gewerbfleifes, felbft nicht das Weichbild, als gejdloffene Ge-
richtsbarkeit, durch Schoͤffen unter herrſchaftlichen Schultheißen gefandhabt, pras
gen den Begriff einer Stadt aus: die gemeinheitliche Verfaſſung, der
Gemeinderath, in allen ihten nothwendigen Folgerungen, ſind das Weſen
bes Bürgerthums.
Namentlich werden die Städte Flanderns von hoher Bedeutung und
ingend fir ben Entwidlungsgang, Handel, die Gewerbthätigkeit und die gee
265
weinheitliche Berfaffung ber beutſchen Stadbte im engeren Sinne. Auch Aber
jene Winkel gallifh + belgifher Erde Harte die Roͤmerſchaft ſich befeftigt, und
waren an ber armen Meeresfifte, weldhe Moraft, Teiche und Wald now ſpaͤt
bedediten,; roͤmiſche Anfiedlungen entftanten, deren Bewohner durd Handel und
Mnfertigung von Wollenarbheiten bi6 Rom Hin fi Achtung erwarben.
Germanifdhe Staͤmme, Sachſen, Sueven und Franken, drdngten ſich ſchon feit
Dem 1. Jahrhundert ein und fanden Aufnahme; fo wandelte ſich im 5. Bahr:
hundert, wie anderwaͤrts auf rémifdem Boden, der Beftand der Bevdlferung,
and ward im 7. Jahrhundert alé Vliminge, wie das Land als Vlaändern
Gegriffen. Die niederdeutſche Sprache, die vldmifde ober deutſche, unterſchied
bie Bewohner wiſchen Schelde, Leye (Lys) und bem neuen Graben, an Ddeffen
Ausfluß Gravelingen liegt, von ben Wallonen im Süden und Weften. Klo⸗
dowig wurde ſchnell Meifter der flandrifden Provingen, und bie Prediger bed
Chriſtenthums begonnen unter Dagobert I. gedeihlich ihre Arbeit mit ber An-
fage ven Rloftern, denen die Refte römlſcher Burgen zur Grundlage dienten.
Wie überall, wuchs um Kirche und Burg, unbelauſcht von der Geſchichte, ftad-
tifhed Leben. Es erwachte die alte Gewerbsluft in Flanderns Ortidaften, befons
ders Die Wollenweberei und die eintraglide Gerberei. Schon werden
Gent (Gand), Brigge, Dpern u. a. Stadte Flanderns, die fo madtig
auf unfere Entwidlung eingewirft, ermafnt. Sie erbliihen fo beifpiellod ſchnell,
daf fie mit bem Jahre 1127 ald vollkommen politiſch ausgebildet und beredhtigt
Gervortreten und als ſtaatlich faft unabbangige Körperſchaft eine Vollmacht aus:
ben, deren Rückwirkung fic) weithin verbreitet.
Go diel war durch bie Merowinger bié in bad erfte Drittel des 8. Jahr⸗
hundertes fiir Stadte und firdhlide Schoͤpfung in den ehemalé romifdhen Pro⸗
pingen am Rheine und an ber Donau verrictet; das innere grofe Germanien
Dagegen verharrte nod in feiner urfpriingliden baͤuriſch⸗heidniſchen Geftalt.
Die Zeit der Karlinger verband alle Staͤmme Grokgermaniené gu einem
politifden Ganzen; dehnte die Marfen dedsfelben ber undeutſche Voͤlker aus;
erhob den driftliden Glauben zur Herefdaft; veredelte die rohen Deutſchen
burd) Künſte und die Anfange ber Gelehrfamfeit; geniigte einem unabweisliden
Bebdiirfniffe fortidreitender LebensverHhaltniffe durch Anordnung fiir Handel und
Verkehr und newe Bahnen desfelben; befsrderte den Ackerbau, ſchuf raͤumlich
bie Grundlage zahlreicher Stadte; Hat aber abſichtlich nits fiir das Gedeihen
bes Bürgerthums gethan, ja durch Ausbildung bed Lehenwefend und den ſchär⸗
feren 3wang des Heerbanned her die Landwebrpflicht Hinaus dem BolfSmuthe
{hwere Wunden gefdlagen, die fdon verfehrte Gemeinfreiheit merklich gemins
bert. Sarl der Hammer (fF 741) Hatte die deutſche Rirdhe bid auf Sachſen
gegrundet, welde Bonifaciué (+ 7535), der Apoſtel der deutſchen, volendete.
Durd ihn gewann Maing dad Primat wher alle deutſchen Boͤlker (nachher
and Maͤhren), entftanden die neuen Biſchofsſitze in Murgburg, Eichſtaͤdt, Er⸗
fuct, Paſſau (unter welden Mabren fam), Salgburg, Sreifingen und
266
Regensburg, entftand (744) bad berühmte Klofter Fulda, bald die Hochſchule
fir die firdlide und wiffenfdaftlide Bildung dec deutſchen
Geiſthichkeit. Mark ber Große (771 — 814) errichtete nach Slutigen Felb⸗
gagen 8 Bisthümer in Sachſen. Reben den Biſchofsſitzen und Mldftern erho⸗
ben fic) allmalig ſtaͤdtiſche Ortidaften. Row fidhtharered. Gedeihen ruhte auf
den fonigliden Pfalzen (Aden, Maing, Worms, Frankfurt am Maine. a.).
Die alten Städte an der Donau, in Sdhwaben und Baiesn wuchſen
burd Karls Staatéeinridhtungen und Crobererglige nicht minder an Bedeutung.
Die Erweiterung des Frantenreiches - über die Enns, we die Oftmark antſtand
_ wmbd deutſche Bevilferung der Grund gum deutſchen Oeſterreich legte, zog
laͤngſt verfdollene ober jing aufgeſchloſſene Orte and Lit, Wien, ‘Revd Full,
Moͤll, Traismauer, Mautern.
Der auslaͤndiſche Handel wurde ein wichtiges Befdrderung 6mitte, bes
Sthdtewefens ; ber Berkehrdgug von aufen zwang die Altoorderen ſelbſt wir
ber Willen und Neigung, bem fprdden Bauernleben zu entfagen, und weckte
eine Detriebfamfeit, bie durch firdlide Cinridtungen, durch gefteigerten. Aderbau
aud im Snnern herbeigensifigt, bem einformigen, ftarcen Geſellſchaftszuſtande
bie wobhlthatigfte Beweglidleit gum Gefege machte. Ueber alle Geſchichtskunde
hinaus waren die Glaven, die über den breiten Often Europas und bid tief
in Mitteldeutſchland Hinein, bid gue Gaale und Mulde, den Quellen ded Mains,
ben THalern der Rednig und ſüdlich yon der Donau bis in vie Gebirge der
Enns, Mur und Drau fich erftredten, bie Zwiſchenhaͤndler eines Verfehres geworbden,
welder auf lingft verſchollenen Strafjen die begehrten Waaren ded Oftens aber
Gonftantinopel, die unveraͤchtlichen Ergeugnijje ber weiten Slavenlande vom
ſchwarzen Meere und dem fafpifden nordwaͤrts bid zur Oftfee den fraͤnkiſchen
Ländern allein vermittelte, da die Araber feit bem 7. Sahrhunderte dad Meer
inne batten und felbft Karls Flotten nur feine RKiiften gu fidern dienten. Den
Binnenverfehr ind Leben gu cufen, unterliefen die flugen Geiſtlichen in Stiften
und Kloͤſtern nicht, bei Gelegenbeit groper Fefte ihrer Schugheiligen einen
Markt einguridten, und dad Zoll- und Muͤnzprivilegium unfdwer
gu erwirken. Go ward Hodmeffe und Markt als Meffe gleichbedeutend ').
Gon beim erften merfliden Wuffeimen der SGtadte find Juden thatig
und ber Ausdrud Jude bedeutete fon unter den fadfif den Raifern mit Rauf:
mann @leides (Barthold I. 8 — 70).
Um die inneren Bezuͤge, die Rechtszuſtaͤnde und Berfaffung der neuen
Orte gu ermittein, milffen wir uns die allgemeinen Gefellfdaftsverhaltniffe bed
deutſchen Staates gegenmartig halten. Die Herrfdaft Kaiſer Karls führte die
1) Schon in ber Zoll⸗Schifffahrts⸗ und Stappelorbnung Ludwigs vom Jahre 906 fiir Sla-
ven und Baiern, auf der Donau, Traun unb Enns heißt es: wer auf bie Meffe ber
Mahrer (ad mercatum Moravorum) zieht, entridtet einen Solidus’ vom Sdiffe, judi⸗
ſche Kaufleute aber, woher fle immer ſeien, geben ben vollen Zoll.
267
Umbifdung der alten Volksverfaſſung, bie fon gu wanfen anfing, weiter hin⸗
aus. Die alte Gewohnheit der Gefolgſchaften Gatte cin Syſtem von perfinliden
mb Privatverhaͤlmiſſen vieler Frelen und Abeliger gum Koͤnige begriindet, das
fon tm 11. Sabrhunberte alé Lehnweſen bezeichnet wurde. Frele und Ades
lige, in dle Kriegobienſte der Farften getreten, erhielten dafuͤr Orundftide in
ber Regel auf Lebendjeit, und waren als Bafallen perfinlid bem Aufgebot
bes Herrn auc au dbeffen Privattriegen verpflichtet, während die Abrigen Stan:
beOgenoffen, unabhaͤngig auf jifrem Erbe figend, nur ben Reichsdienſt, welder
bem Sinige auf Reihéverfammiungen bewilllgt war, leifteten. Karl ber Große
ſtellte aber bie allgemeine Berpflidtung gum ReiGsheerdienfte,
nad tem Maßſtabe bed Grundbefiges eines jeden, fel e6 an Lehens ober Erb⸗
gutern, feft, und orbnete, wie feine Racfolger, an, daß jeder Freie fich einen
Schutzherrn, Senior, waͤhle, unter bem er gum Kriege ydge. So verwiſchte ſich
allmaͤlig der Unterſchied der Verpflichtung yum Heerdienfte fir den König und
fie Das Reich. Weil aber ber Befip bas Maß des Dienfies wurde, und von
fleineren Hofeigenthimern nicht der volle Dienft gefordert werden fonnte, fon-
bern mehrere derfelben einen aud ihrer Mitte gemeinſchaftlich ausriifteten, ents
woͤhnten fic bie befigloferen Gemeinfreien gar bald der kriegeriſchen Beſchaͤfti⸗
ging, und übergaben, ſchutzlos unter ſchwachen Ronigen, bedringt von den
madtigeren Bafallen, den Traͤgern ber Memter des Staated unb Hofes, ifre bis:
Ger frefeigenen Giter, willig oder gezwungen, fenen Grofen, um fie als Lehen-
ober Hinterfaffen ihrer Herren zuruͤckzuerhalten. Go wurde ein Thell bes Vol⸗
fe6 nad dem anbdern waffenfos und unterthanig. Dagu fam der fromme
Ginn unzaͤhliger freter Leute, welde fid und ihr Cigenthum der Kirche
ſchenkten und dasſelbe entweder ald Kirchengut auriidempfingen oder im Vers
Galtniffe ber Zinébauern der Rirche, des Stiftes, die frither eigenen Höfe bes
banten.
Der Relterdienft, welder im Laufe ber nidften Sahrhunberte die
Rampfart der Reihsfeinde (namentlich der Ungarn) au fat ausſchließlicher Kriegs⸗
art machte, erforderte mer Bermogen und eine kriegeriſche Uebung, welche fid
nidt mit landlider Beſchaͤftigung vertrug; fo ward ber Stand der Gemeinfreien
immer mehr ferabgebritdt und würde bei bem Andrangen des waffenluftigen
Adels gang untergegangen fein, wenn nist zur Zeit der höchſten Gefahr der
Entiwiirdigung des einft fo ftreithbaren Volks die auffeimende ſtaͤdtiſche Freiheit
einer grofen Zahl einen Zufluchtsort geboten hatte.
Unter den Merowingern und Rarlingern ftellte fid ſtatiftiſch feſt, die ur⸗
ſprünglichen, an Umfang ungleichen Gaue in Hunderte oder Cente, dieſe in
Markgenoſſenſchaften zu theilen, welche aus einzelnen Doͤrfern, Weilern
und mehreren Hoͤfen beſtanden. Den Gerichten ber Gaue, als den hoͤchſten,
ſaßen die Gaugrafen, den Centen die Centgrafen, doch nur fuͤr die niedere Ge⸗
richtobarkeit, den Markgenoſſenſchaften die Schultheißen vor. Alle dieſe Beam⸗
ten. hatten aud bie Pflicht, die ihnen untergeordnete Mannſchaft ind Feld gu
268
fuͤhren. Nur der Befiger eines echten, freien Gigenthumé, das unter ber Ger
ſammtbürgſchaft aller freien Gaugenoffen ftand, fand feine rechtliche Vertretung
in ben Gaugeridten, Gaudingen; die. gum Hofe gehorigen Leibeigenen,
Hinterfaffen dagegen unterlagen der Gerichtsbarkeit bed Hofherrn, dem fogenann-
ten Hofredte, und wurden, als Horige auferhalb der freien Gemeinde Res
hend, wiewohl nad verfdiedenen Wbftufungen bald eined befferem, bald eines
ſchwereren Hofrechtes theilhaftig, gegen Freie vor dem Gaugerichte durch den
Herrn vertreten. Rad uraltem Braue waren die Ridter nur BVorfiger
bed Geridtes und BWollfireder bes Urthei ls, wel@es bie
Schöffen fanden, und, nothwendige Standedgenofien ber Parteign, . fax
alle rechtliden Verhaliniffe Weifungen gaben. Die Schoͤffengerichte ( deren fexge
faltige Wahl ſchon Karl 809 empfahl) find die Grundlage der älteflen Freiheit;
bie Bezeichnung eined (doffenfreien Mannes ſchloß das echte Gigenthum. und
die freie Abftammung ein.
Die Grundzüge diefer Nechtsverfaffung gingen auf die neuen- ftabtifden
Anlagen uber, die vor ber Abſchließung ded Weichbildes in der fadfifden Pe⸗
tiode, unter: Dem Namen civitas, aud nod die ndadfte Landſchaft umfaften und
ſammtlich königlich waren, ehe die Biſchöfe und Aebte oberherrliche Rechte
erwirkten. |
3u Folge ber ſtaatsrechtlichen Gonderung Der Ration in awet groge
Glaffen, Freie und Unfreie, auf Gigenthum oder Cigenthumslofigkeit be⸗
gtinbet, war bie Gattung von Menfden nod gar nicht vorhanden, aus denen
eine neue, gemeinbeitlidbe Freiheit fic bilben Fonnte, infofern Grundeigenthum
gum Gemeinderedte, Volksgerichte unerlaglid) war; die Ermoglidung ded Das
feing einer perjonlid freien Mittelklaſſe zeigte fim nur in Leuten, die
gwar ifr Gigenthum, nicht aber ihre perfonlidbe Freibeit eingebugt Hatten und,
unter Den Schutz ber Königspfalz oder Kirche gefliichtet, ohne von Grund und
Boden ihren Unterhalt gu giehen, ald Kaufleute, durch bürgerliche Beſchäf—
tigung, fabrifartigen Berfehr mit den Erzeugniſſen ded Handwerkfleißes empors
firebender Leibeigenen, burd) Feld: und Gartenbau, einen Raum für recht⸗
lide Geltung fic offneten. Dergleichen Leute hießen Nonigsleute, traten
urfpringlid) unter Hofrecht, wurden zinspflichtig und, dinglich unfrei, perfonlid
mit beſchraͤnkter Freiheit, bem Ehezwange und bem Befthaupte unterworfen.
Dod gingen aus ihnen die Alteften Burger im heutigen Ginne ded Wortes
hervor, als dad nupbare Gigenthum Dderfelben im Laufe der Zeit allmälig in
wirflides fid) verwandelte. Gie biideten alédann die Gemeinde, ju der aud
bie im Stabtbejirfe anfaffigen Minifterialen (Dienftmannen), d. i. welche
den perfonlid@en Dienft bes Koͤnigs vervichteten, bie Gefalle des Koͤnigshofes
verwalteten, gerednet wurden; ifnen allein fag die Wahl der Gemeindevorfteher
ob. Ihre freie Herfunft ſicherte ihnen befondere Ehrenvorglige und Auszeich⸗
nungen vor ben Hdrigen Handwerkern au; ba fie ben Gericdhtéftand ihrer
@eburt anſprechen fonnten, fie aber, ihrer dinglichen Unfreiheit gemäß, unter
269
bem koͤniglichen Verwalter und Ridter ber Gorigen ftanden, der fpdter unter
bem Ramen Voigt (advocatus) erfdheint, muß diefer Richter fon früher Frete
ibrer Art qu Beifigern, SdHhoffen, gehabt haben. Died ift ber Urfprung der
Swiffengeridte, die aud bald als Verwaltungsbehoͤrde Heraustraten.
Wis Biſchoͤfe ‘und Mebte in der erften Narlingergeit fdr ihr Gebiet die Rega
Iten, dle Immunität, d. h. die Befreiung von allen offentlichen Leiftungen
und bon ber Ridtgewalt ber Grafen und anderen oͤffentlichen Beamten erwirks
ten, und aud) über ble in ihren Stadten fefhaften Gemeinfreien auszudehnen
wußten, entftand fo gegen Ende bed 10. Fafhrhunbderted tad Weichbild, bas
Stabtredt, der erfte Schritt zur Munictpalfreiheit. Durch dieſe Koͤnigsleute
ſtellte ſich ſtatt ber beiben früheren Bewohnerklaſſen der koͤniglichen Staͤdte,
ber Miniſterialen und der Maſſe der Leib⸗, Zins⸗ und Hofhörigen, der {pater zuͤnf⸗
tigen Hanbwerfsbiirger, ein Dritter, mittlerer Stand. Aber auch bie hd-
tigen Handwerfer, welde gu perfonlidden Frohnden fir den Koͤnig und,
nadbem bie Bifdife bie Ausibung Der meiften Regalien erlangt Hatten, fur
ben geiſtlichen Oberherrn verpflidtet waren, mochten, von ber Gemeinde aus:
geſchloſſen, bei wachſendem Selbftgefible, nist (anger in fo menfdenunwirbiger
Stellung beharren. Gie fdaarten fid unter dem Schutze ded Hofrechtes in
Genoſſenſchaften und Zünfte, zumal früh in Strafburg CBartholb I. 38
— 40), und rangen, wie die Koͤnigéleute, Glieder ber Gemeinde zu werden.
Im 9. Sabrhunbderte hatte fih dad Handwerk, das frither auf ben einfach.
ſten Bedarf bes Hofherrn fich befchrantte, bereits mannigfad getheilt und
in einzelne Gewerfe gefpalten (Berlepſch S. 6 — 17).
Den groften Theil ber Bevolferung ber Stadte bildbeten die Hdrigen
Leute, welche ſchlechwweg Einwohner genannt wurden, gegentiber ben Freten,
welde ſich vorzugsweiſe Burger nannten. Unter die Rlaffe der Cinwohner
gehirten vor allen bie Handwerfer, baher finden wir felbft nod in fpateren
Jahrhunderten, als ber Handwerfer nad und nach befreit und bem frither Freyen
faft gleichberedtigt ba ftand, immer nod einen Unterſchied zwiſchen Birgern
und Handiwerfern ').
Was die Aemter in Pfalz⸗ und Bifdofsftadten in dieſer Zeit (9. und
10. Jahrhundert) betrifft, befleibet der Voigt, welder ben Blutbann im
Ramen bes Kinigd übt, bie Hochfte Macht; dieſe Wiirde beutet auf bie Grafen
Gin, als bereits die Gauverfaffung ſich aufgulofen begann. Dann folgt ber
Burggraf, dem polizeilide Dinge obliegen, ber Schultheiß (scultetus)
figt bem Gericdhte vor; neben ifm haben Zöllner (lelonearius) und Muͤnz—
1) Der Name VBiirger war nod im 14. Jahrh. in her Kangleifprace ber Name einer befon-
beren Klaſſe, bie den Rang gleich nad ben Rittern und vor den Riinften hatte. In der
Biiderfpradhe kommt fie unter ber Benennung: Achtbürger, Geſchlechter, Patricier,
Senatoren-Familier u. fj. w. vor. Auch im ben Kleiderordnungen von 1497, 1498 und
1500 Haber bie Viixger groͤßeres Recht als bie Handwerker (Berlepſch GS. 21).
270
meifter (monetarios) ifre Stellen als Minifterialen, mit vielfad in einander
gteifenden Wirkungskreiſen.
So fehen wir in der inneren Staͤdtegeſchichte fürſtliche Pehusman
nen, bie vom Lande in die Städte gezogen, die Bahn breden; wie fie draußen
geboten, fo wollen fie es auc) drinnen. Jn ihre Fupftapfen folgen jene @ nig 6-
Leute, ald begiiterte, altbirgerlide Geſchlechter, mit ſtaͤdtiſchen, aud wohl mit
landliden Grundftiiden angefeffen und, wie in flandrifden und rheiniſchen Star.
tens zugleich aud) Kaufleute. Lange bilden fie bie Gemeinde allein,
fie, als Barger ſich ausſchließ lich begreifend, leiten bats Stadt.
wefen. Dad Erſcheinen eines Gemeinderathes unter dem ans He
lien mit ber Gache felbft dberfommenen Titel ,Consules* (gegen Ende des 12.
Jahrhundertes) bafnt den Weg gum neuen Umſchwunge. Fleiß,
Wobhlhabenheit, atinftige Genoſſenſchaft, und Ueberzahl, der Hinblid auf Stalien
erregen und fleigern aber allmdlig aud im Gewerbeflande dad Rectdge:
fuͤhl. Getrieben von trogigem Selbſtbewußtſein draͤngt dieſer vorwarts und ers
kämpft, freilich erſt über dad 13. Sahrhundert Ginaus, nidt ohne blutige
Stürme Antheil an det Stadtoerwaltung, oft auch jeitweife die
Oberherrſchaft.
Die Grundneigung der germaniſchen Natur, in engeren Vereinen ſich
zuſammenzuthun, erzeugt ſehr bald Vereine, Genoſſenſchaften, Gilden. Da ſo
eidlich beſtaͤrkte Verbindungen der weltlichen Regierung Sorge vor ſtaatsge⸗
faͤhrlichen Zwecken erregten, verbot oder beſchraͤnkte ſie ſchon Karl der Große
(779, 794). Der Schutz und die groͤßere Sicherheit, welchen in ‘den Zeiten
vielfach bedrohter Gemeinfreifeit ber Berein, welchen mindermadtige Freie mit
einanber fdploffen, gegen Dtachtigere bot; bie Möglichkeit, durch gemeinfame
Vertretung ded Cingelnen, durch gemeinfame Anftrengung einen wiinfdhenswers
theren Zuſtand, freiere Beweglichkeit au erlangen, ober den Genuß ftreitiger
Rechte fid) gu ſichern, modten politiſche Sdhuggilden hervorrufen; fie erweiterten
fih im Berlaufe ber Jahrhunderte in Srddten, wo fie allein Raum gur Bes
thatigung fanten, gum Umfange politiſcher Bundniffe, um einer Gefammtfeit die
boheren ftaatéburgerliden Rechte gu erfampfen. Im Berfolge eines fo nags
baltigen bemofratifden Ringend bildeten fic) wirklich in einigen romanifd-gers
manifden Landern die freien GCommunen, dic Gemeinheitsverfaffung der
Landeshoheit gegeniiber; fo gewaltfame Entwidlung, fo trogiges Heraustreten
vom geſchichtlichen Boden begeichnet wahrend bes 11, 12. und 13. Sabrhunbders
ted ben Aufſchwung auc) ber deutfhen Stadte und findet als Ziel im 2. Haupt:
ftadium ber Entwidlung ben ,Gemeinderath,” die Conſules nad dem Vorgange
Staliend. Defhalb betrachteten aud deutſche Kaifer, die, wie bie Hohenftaufen;
im Buͤrgerſtande fonft ein wohlthatiges Gegengewidt gegen weltlide und geift
lide Fürſten erblidten, die Communen als Verſchwörungen und verboten fie,
wie bie beiden Friedriche, um Hohe Strafe; weil bie Zunfte der Hand
werfer im engeren Gebiete ſtürmiſch nad bürgerlicher Geltung aufftrebten,
271
fonnte Friedrich H. noch weiter zurückgehen, und, auſſer den Buͤndniſſen der
Semeinen untereinander, aud bie ECinigungen und Olieber ber Hands
werfer,.mit Ausnahme der Muͤnzer, oerbieten (1158, 12919, 12341, 1232).
Die Gilden ber altgefeffenen Burger, der Reichen, Kaufleute, hatte, als Wibders
ſpiel, die. Zünfte der nod) Gorigen, frohn⸗ und ainépflidtigen Hanbdwerker im
Daſein gefordert, die frith, doh now unbewußt, fid mit dreifacher Ridtung
durchdrangen: die Erzeugniſſe ibres Fleißes al6 Frucht fider au
Rellen, bie Wehrhaftigkeit als unveräußerliches Gut bes Manned wie⸗
der zu gewinnen, und Theilnahme am Staat fim angueignen, Gee
meinheitoverfaſſung gu begründen (Barthold 1. 72 — 86, Raufdnif
L 20 — 29). :
Als im Sabre 911 mit Ludwig dem Rinde ber deutſche Bwelg der Kars
linger erloſch, war Deutſchland ſchmachvoll bie Beute wilder Radhbarvolfer, der
Dinen, Wenden und Ungarn, welde Arnulf unbedachtjam 892 gegen bas
maähriſche Reich yu Hilfe gerufen und diefes kurz nachher (906) zerſtoͤrten,
fo. wie innerer Geſetzloſigkeit, ohnmächtig und waffenlos in feinen Oliedern.
Heinrich, ,der Städtegründer,“ welder (918) bie Meihe der fadfijden Kaiſer
eroffnete, erwarb fic um dad ftadtifde Leben bas große Berdienft, daß er, fo
lange nod nicht eine ber Fechtart ber Ungarn gewachſene Landwehr ſich gebil-
bet und ber BolfSmuth gehoben war, für die Sicherheit ber Grengen und alé
Zufluchssftatte der Bewohner ſchutzloſer Marken fdon vorhandene Orte
ſtärker befeftigen ober neue Burgen aufführen lief. Seinen
militaͤriſchen Einrichtungen ift zuzuſchreiben, daß bas Volk in gang Deutfdland,
obwohl ber Haupttheil ber Städtebewohner nit waffenfabig
war, kriegeriſch aufgeregt wurde, fampfgelibte und waffenluftige Gefellen aud
ber gahmeren Bevolferung einen Muth mittheilten, welder im nddften Jahrhun⸗
berte bem bewußten Birgerthum Schild und Schwert für die hoͤchſten Dinge
bes deutſchen Staates in bie Hand gab, nachdem die grofe Riederlage ber Une
garn am Lech (955) bie Gefahr Deutſchland's langft abgewenbet hatte. Wie
Heinrich's Waffen deutihem Leben ben erften Zugang nad der Hauptftadt der
Czechen, nad Brag, ervffnet, wurde fein Gohn Otto I. (936 — 978) der
Grinder Magdeburg's als Hauptitadt, welche {pater {fo großen GEinflug auf
unfere ander gelibt, erftand unter ifm wieder Hamburg, nahm Bremen
glanjenden Aufſchwung, wurden neue Bisthuimer erridtet, bie welt
lide Hobeit ber Bil whsfe begin ftigt.
Otto I. erhob (1000) Gnefen gum Erzbisſsthume und unterwarf ifm
bie ſlaviſchen Bisthimer Rrafau, Breslau und Kolberg. Der inneren
und duferen Wirren ungeachtet bezeichnet dod gerade Heinrich II. Regierung
(1002 — 1024) eine Heranbilbung bes ftdotifden Lebens, welded um die
zweite Galfte bed 10. Jahrhunbdertes bereits als ein waffenberedtigtes
DSiirgerthum aberrafdend fic offenbart. Der nicht eben ruhmvoll beendete
Krleg mit Doleslaw und bem anmaffungévollen Rinigthum in Polen ſchließt
272
uné das innere Gebiet zwiſchen Elbe, Oder und Warthe auf und zeigt uns
ſtädtiſche Anfiedblungen im Wendenlande und in SHlefien, die
wie Zerbſt, Siterbod, Baugen, Kroffen, Glogau, Breslau, Nimptiſch, ,die
erfte deutſche Riederlaffung im Lande der Gudetten,* und andere
bald neue Entwicklungskeime aufnahmen.
Die grofartigeren Verhaltniffe, in weldje bas deutſche Kaiſerreich, durch
Otto I. gegriindet, gu den Voͤlkern und Staaten dee chriftliden Welt, namentlid
gu Stalien und Griechenland, trat, bie ausgedehnten, wenn aud nicht immer
behaupteten deutfden Marken im Rorden und Often, bie gebieteriſche Einwir⸗
tung ber deutſchen Kirche auf bisher dunkle heidniſche Rationen mußten dle
Handelsbeziehungen mehren und diefe bem fteigenden Bebuͤrfniſſe bee
gegnen. Die Lebhaftigfeit bes inneren Verkehrs bezeugt die zahlreiche Berleis
bung von Marks und Münzrecht, die Wichtigkeit von koͤniglichen Zollſtaͤtten
an ben Wafferftraffen bes Reiches. Schon vor ben Kreuzzügen ging eine Bers
zweigung des grofen Verkehrs, deffen Stamm. 6 onRantinopel war, an der
Donau aufe und abwarté bid ind Herz von Europa; nad der Zerſtörung
bes avarifden Reiches nahmen die Ungarn die Stelle deSfelben ein (ſchon
vor 1088 befaffen fie eine Kirche in ber maͤchtigen Handeléftadt Conftantinopel).
Ghe Wien fic erhob, bis ind 13. Jahrhundert, behauptete Regensburg
den Borrang ald Bermittler jenes Verkehrs zwiſchen Often und Weften, bald
aud in den Rorden hinauf; Nuͤrnberg's, Prag’s und Breslau's fpateres
Erwachſen al6 Handelsſtaͤdte leitete ben Verkehr mit ben Handelserzeugniſſen
Bfiens in ben Morden Curopa’s, welder now im 10. und 11. Sabrhunderte
eine andere Straffe einſchlug, und erft in der Hohe bed Mittelalteré feinen Weg
von Benedig aus tiber Wien, Regensburg, Augsburg, Rirnberg, Prag, Bress
[au an die baltiſche Rufte fandb. Aus den lebensfraftigen Stddten der gefegnes
ten Lombardei gogen Die Eaumroffe burd bie finfteren Tiroler- und Schweizer⸗
Alpen nah Baiern, Schwaben und Franken und wedten uͤberall auf ihrem
Wege ſtaͤdtiſche Betriebfamfeit.
Als merflihe Folge fleifiger Bearbeitung ber Silber berge
werfe im Harz tritt im 11. Sabrhunberte eine Fille des edlen Metals, alé
Verkehrsmittel und gu Kunftgegenftanden Hervor, ,,ald fei das goldene Zeitalter
angebroden.” Goslar war der Hauptort fir ben Berghan, fpdter Freiberg,
woher wabrideinlid) der erfte Betrieb bed ighauer Bergbaued ausging (Tomas
ſchek S. 63). Gleich fleißig wie die unerſchoͤpflichen fadfifden wurden Me Sa⸗
linen in Schwaben, Baiern und Salzburg betrieben, wichtig fiir Maͤhren, daé
mit feinem Salzbedarfe feit taufend Jahren an die dfterr. Vander gewieſen if
(Eurz, Gefdh. des Handels S. 8; Muchar, Stelermart IV. 240, 245; Brit,
Oberoͤſterreich, I. 394, 396).
Betradten wir ben Zuftand ber Alteren Statte beim Schluſſe der fadfie
fGen Periode (919 — 1024), fo fehen wir, daß fie, bis auf RMsinigdpfaljen
und die wenigen fuͤrſtlichen Stadte, unter bie mittelbare Hoheit der Biſchoͤfe,
278
Aebte und Aebtiffianen gefommen waren, und in Folge ber Smmunifat unter
bem Weichbildrechte von ben Lanbdgemeinden fich abgefdloffen Hatten. Die
Verſchiedenheit bes Rechtes ber Minifterialen, Königsleute, Zinspflichtigen, Hof-
hoͤrigen, glich fic unter dem kirchlichen Gebieter aus, welcher in ber Ottonen:-
geit die alleinige Geridtébarfeit und ben Befig der vorguglichften Regalien in
{einem Sprengel, gumal in ben ummauerten Stadten, erwirkt hatte; ,unter bem
Weichbilde leben," wahrſcheinlich fo genannt von ben gewethten Heiligenbildern,
weldje ifren Umkreis bezeichneten, heißt unter Dad erwetterte Hofredt gee
fet: fein. -GSein Gewinn war: Ausdehnung der Mittelfreiheit ober der dings
lichen Uinfreifeit, aber perfonliden Freiheit; Geltung des altgetma:
niſchen Schöffenthums, weldhes unter dem Vorſitze des herrichaftliden
Voigto, Schultheißen oder Burggrafen bas Virtheil wies, unb dieſes hochwich⸗
tige Unterſcheidungsmerkmal ber freien VolfSgemeinde ficher ftellte; ferner an
Stelle des friber nur nugbaren Cigenthums ber Hofhdrigen
ein bem e@ten ſich annäherndes; Wehrhaftigkeit, bas
Rect bed Gerichtstampfes, welches wenigftend den fogenannten Sottesleuten
in manden bifhdfliden Städten guftand; endlich ein gemeffener Antheilan
ber BPoligeigewalt und der inneren ſtädtiſchen Berwalk
tung, beſonders in Bezug auf ben Markt. Die Schattenfeiten dieſes Ver⸗
haͤltniſſes find aber: bald mehr, balb minder drückende Frohnden fir den
Heren, yu welchen die verſchiedenen Gewerbstlaffen verpflidtet waren; ber Eh es
gwang, ald Geffel der freien Heivath; bad Bef Haupt (Budtheil, Mortuar)
welches ben bewegliden Nachlaß ded Verftorbenen nicht ohne Verkürzung an die
natürlichen Grben gelangen lief (Barthold I. 98 — 163. Vergleiche damit
bas alte maͤhriſche Land- und Stadtrecht bei Tomaſchek S. 4 — 15, welches
erft gu Anfang Ses 13. Jahrhundertes aufgeseichnet wurde, abe aus viel altes
vet Zeit ftammt).
Die Herrſchaft ded geiſtigreich begabten franfifchen ober ſaliſchen Kaiſer⸗
geſchlechtes (1024 — 1125) umfleidbete bad deutſche Reid mit einem fiber halb
Europa gebictenden Anſehen, fteigerte bie Macht bed Oberhaupted auf den
Gipfel, vermebrte die Wohlbabenheit der Nation durch fleifigeren Acerbau in
Folge neuer, fefter Beligverhaltniffe, und rief unter bem aufftrebenden Bilrgers
thum eine offentlide, politiſche Meinung hervor, welde fic im weltgeſchichtlichen
Rampfe zwiſchen bem geiftliden und weltlichen Schwerte bethatigte. Diefe hun⸗
bert Jahre bilden deßhalb, obwohl inmitten entfeplider Burgerfriege, einen wich⸗
tigen Abſchnitt im ffortgange bed Stadtewefens und bedingen, unter bem Ein⸗
fluffe der Kreuzzüge, jene Umgeftaltung der ftabdtifden BVerfaffung, wie fie fid
als gemeinheitlidbe Freibeit wahrend ber italieniſchen Kämpfe ber Hohenftaufen
aufſchwingt.
Alo die wichtigſte Veraͤnderung in ben inneren Verhaͤltniſſen tritt hervor
bie Gründung eines zahlreichen, kleineren Landbeſitzes,
indem Conrad UL. bie Rrieglehen erblich in den Familien machte
18
2v4
und in biefem Sinne aud die Lehendverhaltniffe in Stalten orbnete (1087). So
bemiithigte er einerfeité die Willkühr ber Grofen und gewann die nieberen Dienk-
leute ald Stigen, förderte anberfeits burch ſolche Umgeftaltung des Grundei⸗
genthums den Aderbau, indem ber niedere Abdel im erbliden Befige einen na:
türlichen Anreiz fanbd, feine Hufen fleifiger gu befteen und neue Sweige ber
Landwirthſchaft gu erfinnen.
Golde Vetriebfamfeit ging Hand in Hand mit der ſtaͤbtiſchen; Vermehruug
ber geſellſchaftlichen Beduͤrfniſſe belebte Gewerbe und Handel; die Etatte konnten
erſt gedeihen, ſobald ber Landbau eine höhere Bolfommenhelt erreicht Hate.
Solder Fortſchritt, insbeſondere der Rheinſtaͤdte, innerhalb zweier bis dreier Ge⸗
ſchlechtsalter gab ſich uͤberal, aud in ben Zunftverhältniſſen fund, die
ausgebifbet waren, wenn gleich die urfundliche, obrigftitlide Berlethung
ober Beftitigung ber Handwerfer>Innungen erft in die aittte
des 12. Jahrhundertes faͤllt.
Dem Schluße dieſer Zeit gehoͤrt an bas älteſte mit Jahresangabe
vorhandene Stadtrecht, nämlich jenes von Freiburg im Breisgau
(1120), welche neue Schoͤpfung des Bürgerthums, maßgebend für zahlreiche
Nachbildung nah und fern, ben Trieb neuer ſtädtiſcher Bildung fiber ganz Me⸗
mannien und bad deutſche wie welſche Burgund verpflanzte. Jn dieſen Statu-
ten erſcheinen zum erſten Male in Deutſchland „Conſules,“ zu einet Fett,
in welder ber neue Name mit der neuen Freiheit ſelbſt in Italien erſt auffam.
Sie bilbeten aber now feinen Gemeinderath, waren keine Rath:
manner im fpdteren Ginne, fondern nur jene (aud in Brinn vorfommenben)
24 Marktgeſchwornen, Schoͤffen, welden aud die Poliseiverwaltung
oblag.
Hatte dad rheinlandifhe Biirgerthum vor jenem ber öſtlichen Reichsge⸗
biete einen Borfprung, forvar nod) madhtiger fortgefdritten Flandernés’ Gtabte-
weſen; von jenem fernen Gaume deutſcher Erde dürfte auerft dle belebende
Kraft ausgegangen fein, welde dann fiber Köhn und bas weftlide Deutſchland
erwedend wirfte und am fpateften, ſchon abgeſchwächt, im Often fich ſpüren ließ.
Für Blandernd Poorte (Stadte, nicht Hafen), Gent, Brügge und Dpern,
finden wir am fritheften ben Snbegriff und Vollgenuß aller berjenigen privat:
rechtlichen und perfonliden Freiheiten in ihren alten „Keuren“ (Wilfihren),
fene ſtaͤdtiſchen Berfaffungselemente ſchon beiſammen, weldye auch die bevorgug:
teften deutſchen Gemeinwefen erft nad und nad errangen; aus Blanbern, dem
Schooße ber Alteften Art ſtädtiſcher Freiheit, muß, obgleid bie Urkunden ſchwei⸗
gen, durch die ftille Ge(haftigfeit bes Handel und Gewerbes fiir dad innere
Deutfhland ein Anſtoß erfolgt fein, welder ber gewaltigen Bewegung
aus Lombardien und Tosfana, bie burh alle germanifden Stamme
gudte, begeqnete, und um bie Mitte bes 13. Jahrhundertes bas mits
felalterlide Birgerthum aud in Deut(@land zur vollen
beten Erfdheinung bradte (Ueber die Verbindung der genannten flandr,
Siabte aud mit Maͤhren und Schlefien S. meine Geſchichte von Brinn S. 102;
Tideppe unb Stengel ©. 141, 162, Roͤßler 388, 389, Biſchof S. 12, 52,
Tomafdef S. 25)... Die flandriſchen Stidte Hob frühzeitig bie Hohe Blithe
ber Gewerbe, gumal ber Tudweberei und Färberei, dann ber Ger-
bereé und des Handeld. Flanderné Vorotte Gent und Brügge fahen in
ifrem Hafen am Gwyn (um 1180 durch ftarfe Deiche gebildet) und bei bem
Hafenorte Dam den Welthandel des nordweſtlichen Europa's zufammenfliefen ;
ber Grund der „plämiſchen Hanfa,” bas Vorbild ber deutſchen, wie bas
Wort feibft alé Begeidnung einer Verbindung, deren Glieder Beitrage entric-
ten, zuerſt in vlaͤmiſchen Urfunten 1126 genannt, war fdon im 12. Sabrhun-
bert vorhanden. Freiheiten und Privilegien, in fogenannten Reuren, ben Ges
meinden von volfsfreundliden Grafen augefidert Caltefte von Et. Omer 1126,
Gent 1176, 1192), fteigerten bad eiferſüchtige Rechtsbewußtſein ber Poorter;
fle befafen den groften Theil bes fonft gräflichen Stabdtgebietes eigenthuͤmlich,
wenn gleich nod fpat firdhlide und weltlide Smmunitaten innerhalb berfelben
Mauern neben bem Schoffenthum ſich erbielten. Die urſprunglich rechtlichen
Unterſchiede zwiſchen großen Eigenthümern, beren Hofe im Srabdtgebiete nod
befeftigt waren, ben urſprünglich freien, welche Großhandel und Fabrifewefen
betrieben, den zinsbaren, fopfainfigen Leuten, den Unfreien, weldhe nod bas
Hefthaupt gahlten, glichen fic) boc bei wacdfender Wohlhabenheit unter einander
aué; ehe bat Zunftwefen fic vollfommen ausgebilbet, gab es eine Hohe Bür⸗
gerfdafi, eine erfte Gilde, die ald Poorters vorzugsweiſe begriffen, faft alle
Kaufleute aud bei abdeliger Herfunft und abeligem Befige, Schöffenbank
und ſtädtiſche Wemter aus fim befepten, aber als Gewerbtreibende
ber niederen Bevölkerung nidt fo junkerhaft ſchroff gegentber ftanden. Schon
im Sabre 1164 erfoben fic) in Gent bie Zünfte der Wollweber, Tudwirker
Fifer und Fleiſcher, mußten jedoch nod über ein Jahrhundert nad politiſcher
Berechtigung ringen. Gemeffene Kriegsbienfte zur BVertheitigung ber Grafſchaft
und ber Rechte der Lanbesherren bezeugen die fribe Wehrhaftigkeit der
Stabdter. AUAlgemeingtiltige Grundzüge des flandriſchen Stadtewefens waren:
ber bleibende Stellvertreter ded Grafen, der Bailli, orbnete fidh ben Schult—⸗
Heifen ober Amman unter; Naben, Radbmannen beftanden in ſchwankender
Anitsthätigkeit neben ben Schoͤffen, lange vor foͤrmlicher Anerkennung, ald tell⸗
vertreter ber Gemeinde, gegenithber den Schoͤffen, den Reprafentanten der
Poorters. Die Schöffen bhefleideten ihr Amt lebenslanglich, bid 1209 fie jähr⸗
lich gewählt wurden.
Tritt aud früh eine Abtrennung bes koſtbaren Deutſch-Vlaͤnderns vom
Mutterlante ein, fo wird doc gum Erfage im Nordoften ein weiter Raum ge⸗
wonnen, bad Gebiet ber MWenben am baltifmen Meere und in
Pommern, gwifden der Ober und Weichſel, jenſeits welcher, wie die
Oder aufwarts, im Laufe bes 12. und 13. Jahrhundertes ber Woden einer
grofartigen beutfden Colonifation, der Verpflangung deutſchen Stadtes
18*
a6
wefend gewonnen wird (Bartholb L 164 — 241, Warnkdnig, flandr. Staaté,
und Rechtsgeſchichte bis 1305).
Um die Mitte ded 12. Jahrhunderted, mit bem Zeitalter ber Gohenftaufen,
beginnt das deutſche Biirgerthum unter bem CGinfluffe weltgeſchichilicher Ereig⸗
niffe gu einer vollfommneren Freiheit ſich aufyufdwingen und mit wunderbarer
Kraft weit uͤber die Grengen deutſcher Stamme ſich auszudehnen. Abfidhtslos,
ſchwankend, of ¢ im Widerfpruche mit fic feloft, werden bie Hohenflaufen durd
dle Macht geiftiger Berhaltniffe getrieben, auch diesſeits der Alpen einen Bil-
bungdgang au fordern, ten in Qtalien nieder gu Halten, fie vergeblid die reich⸗
fen Gaben baran fegen. Wie fehen bad SHoffenthum der hohen, vor
sNglideren Bürgerſchaft als ridtente unt verwaltende Behorde wan
fen und ben ,Gonjuled” Rathmannen, alé Vertvetung ber Gemeinde,
ber mittleren Bewohnerklaſſe, ten lang bebaupteten Plag raumen.
Für den Umſchwung tee Bürgerwelt von ler hidften Michtighkeit wurde
Kriedrich bed Norhbarts nabe viersigidbrige Regiecung (1152 — 1190). Us
bie Ereigniſſe zu wilrdigen, miiffen wir ten Gang ter Entwidlung bes
ſtäbtiſchen Ledens in Italien unl Frankreich anveuten.
Ganz in derſelben Weiſe wie Ne altrömiſchen Städte diesſeits ver Alpen
batten die Städte Oder unt Mitelitaliens, ſchon unter ten letzten Imperatoren
vielfach auch int Innern dedrängt, aus ter anfangé vernichtenden Periode ber
vongodardenherrſchaft neue Keime der germaniſcken Volksfreiheit in bie fran:
kiſche Zeit binüͤber getragen: die rauben Croberer, bereits im S. Jahrhundert
Italiener geworden. naberten ſich früh den örtlich nicht zerſtöͤrten Sratten und
dildeten aus idmen die Grundlage rer Gau- unt Gemeindererfaſſung. Die
frankiſche Reichöverianſung friichte tad zurücktretende germaniſche Gevräge wieter
auf: aud der Vielheit Ces Geridtsweſens ging ve Embeit ted ſtädtiſchen Schäf⸗
fentbuasd bervor: Me Mufeurg we Srahare trennte State mt Lunt, ut
unter Cem Schutze Cee geritichen Immunität, im Weickhdilderredte, ichles ad
ſchen in den Tagen des gresen Otte die erſte cdtiiche Gemeinde. Die Perioeke
Der fränkichen Matter, Cte naddelt: zen Vamyre ;zwiſchen weltlickem und geiſtli⸗
eu Schwerte Maree und Papſt eckerten das Berhalous owe Städte ja den
Biſchöfen, naderden einander die “resent Beſttandtdeile Cec Gemeinden. hohen
Adel mederen Adel und Veik Naudeue’ Benen Vi Tage ‘aden mt Rae
Ramd. Ces centetetr und grdstem Stadt Oderittaliens, iete creer Stände alé
„Femmune“ SH degreifen und ue den Jahren Lier — 1117 unser Ber
regierenden, ose fates Were coat Fpl Bere abeangigen. Stadtoerigkeit ver
„Ceniubes“ das Bert dee gemeurdewtiater Veriañung sellenter. Rad ven
drei Sianden wecer ice und aus deniciden. wenn auch wiki ct uma gieicher Stel-
UME, Wamimetgere ge dereugien deieden den Urrerung cer Stadtgeme:ade aud
Ver Bereumgamg der Slane, Sie ware Me regtermaaier Schäffen
Per BevursHsude Be ur lee Nege. aac wedeciate Comygfen Freilich
fonnte der toqe Kurhinker Cue som Freuingen. Cer Sercichtaichteider ſeines
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grofien Neffen Friebrich, nicht begreifen, bag die Stabte ,eute von niederer
Herfunft, ja gemeine Handwerker, die fic mit verddtliden Handtierungen abs
geben, welche andere Rationen von ben freien und ebdleren Riinften wie die
Peſt ausſtießen, jum Rittergürtel und gu Hohen Aemtern befdrderten,” nod
mehr, daß fenes anmaßungsvolle Birgerthum die altadeligen Herrengeſchlechter
gezwungen in den ftabtifden Berband eingutreten. Sn allen lombardiſchen
Staͤbten, wie in jenen Tusziens und der Romagna, bilbeten bie Confules (12
— 20), ber Rath und bad Parlament oder bie Birgerverfammlung dle
wichtigften Beftandtheile der inneren BVerfaffung. Die Confules Abten bie Res
gierungégemalt, Ddiejenigen Hoheitéredte aud, welche bie Gommunen durch
Uebergriff, Herfommen, Zugeftindniffe ihrer feitheren Herren, ober burd Bers
traͤge an ſich gebradt batten, vor allem die Geridtébarfeit und die Anführung
im Kriege, alfo die wefentlidften DBefugniffe ded friheren Grafenftandes. Sie
vertraten die Commune nad aufen, feiteten die Unterhandlungen, fdloffen
Fri edensverträge. Die Confules faffen gu Gericht, mit Beigiehung von Rech t ss
fundigen, welde, aud Dem Schoffenthume ber karoliniſchen Berfaffung hers
vorgegangen, einen befonderen Stand gu bilden anfingen, zumal ald das
Wiederaufleben bes romifdhen Redtes das Anfehen gelehrter Suri-
fen aud ber Romaniftenfdule gu Bologna yu heben begann. Go entftandé bie
Kredenza ber Gonfuln, die Mitwirfung und ber Beirath angefehener
Manner, welche auf bad Vertrauen oder Geheimniß ber Confuln vereidet was
ren. Die Biirgerverfammlung nahm nur diejenigen in fic auf, welche
wirkliche Mitglieder ber Gemeinde waren. Dazu gehirte damals nod nicht
ber zahlreiche Hanbwerferftand, welder erft fpater burd feine Zünfte
Antheil an ber politifaen Gemeinde, fo wie an Staatsamtern gewann. Rur
bei widtigen Angelegenheiten befragten bie Gonfuln bie Gefammtheit ber
Birger; jonft bevollmadtigt und der Redhenfdaft unterworfen, wurben fte
nidt in dngftlider Whhangigeit erhalten. Die Cintheilung ber Burgers
fdaft berubte nicht mehr auf den ftadtifden Genoffenfdaften, welde fid ja
unter Der Gleichheit des Biirgerthums in ber Commune overeinigt Hatten, aud
nod nicht auf ber Ordnung der Zinfte, weldhe jpaterhin dad ganze Gemein-
wefen burdbrang, fondDern auf Dem Wohnort in ben verfdhiebenen
Stadtbhejirfen (nah den Thoren). Mit dem Anfange bed 12. Jahrhun⸗
dertes beurfunbdete die Selbftftanbdigfeit ber Stadte ſich aud in ber ftatutari-
fdhen Gefeggebung, und entftanden bic verfdhiedenen Stadtredte
welde in ,Beliebungen” dad. gemeinfame „Gewohnheitsrecht“ feftftellten und
durch ſchriftliche Wbfaffung gum bindenden Gefeg erhoben.
Diefed Abbild geordneter Rechtdverhaltniffe und polieilider SGagungen
findet fich bald in Deutſchland wieder, in deffen alteften Stabten bie auf oͤffent⸗
lide Sicherheit und Ordnung bezuͤglichen Statuten in ben Bürgerſprachen
(Burfpraden) an beftimmten Tagen jaͤhrlich oͤffentlich verleſen wurden.
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Auf taufend unbelauſchten Wegen, burd ben Handelsverkehr mit Lombars
biend gewerbliden, funftfleifigen Staͤdten, mit Benedig, burch die Reifen lom⸗
bardiſcher Raufleute quer durch Deutſchland, felbft auf Flanderné Meffen, durch
bie Kreuzzuͤge und bie innige Berbindung, weldhe die Kirche zwiſchen ben Bot
fern Mittel⸗ und Wefteuropa’s geknüpft, durch Roͤmerzugs⸗Gefolge, war die
Runde von fo beneidbenswerthen Zuftanden des welfden Biirgerthumés gu -den
deutſchen Staibdten gelangt und hatte bie Sehnſucht nad glethem Slide geweckt.
Aud Arnold's von Brescia, ded Freiheitéapoftels aus Rom, Lehre
(1139 ff.) gegen Unveretnbarfeit weltlider Goheit und Heres
{daft mit bem Berufe des Geſiſtlichen war nah Deutſchland gedrm:
gen und hatte indbefondere die niedere Volksflaffe, ben gedridten Han bw etler
midtig ergriffen, welder mit ben neuen kirchlichen AnfiHten die
Tendenz einer weltliden Freihbeit verband, weil Hbrigkeit und
Leibeigenſchaft fi nidt mit ben Grundlagen des Chriftenthumé einigen ließen.
Go ging die folgenden Jahrhunderte Hindurdh bas Ringen bes Bolles, bee
ſonders ber Handwerker, nad religidfer Freiheit aug das naw bür—⸗
gerlider Mündigkeit zur Seite, und leitete Arnold's Prebdigt bie Zünfte
auf eine neue Bahn, auf welder fle nicht minder feft bad Ziel ind Auge faften,
Theilnabme an der Stadtregierung gu erfimpfen.
Die eidlichen Genoffenjdaften (conjuratio), weldje (hon Karl ber Große
mit Harter Strafe belegte, bas Schoffenthum, aud in Frankreich der beles
bende Mtittelpunkt der Berfaffung, Hatten viele altfreie Gemeinden gegen die
Gewaltanmaffung ber Biſchöfe und Grafen, welche fie nah Hofredt gu unters
drücken badten, mannhaft vertheidigt. 3u Anfang bes 12. Jahrhundertes fim:
digte auch bier bas allgemeine Erwachen ded freien Burgerthums fid an und
lehnten in bifdofliden Städten die perfonlic) oder dinglid) unfreien Bewohner
gegen ihre Herren fic auf und ſchloſſen ſich enger unter einanbder an, mit be:
waffneter Hand ihre Herren gur AWnerfennung gu awingen; die „Verſchwornen“
bilbeten die ,Communia” (Commune), welde an manden Stellen in Strdmen
yon Blut erftidt wurden, im Allgemeinen aber iby Biel erreidten, indem Konig
Ludwig VI. (von 1108 — 1137) ald bewaffneter Bermittler auftrat und die
Herren swang, die Communia mit gu beſchwören, und fo dad Gemeinderedht der
Unterthanen unverbridli® anguerfennen. Das Konigthum erbielt auf diefem
Wege durd bad ,,l’affranchissement des Communes” cine wefentlide Berftars
fung gegen bie Rronvafallen; die Birger durch die koͤnigliche Beftatigung Ges
wabhrleiftung der Zukunft. Dieje Geftaltung der ftadtifden Berhaltniffe im nords
Oftlicden Frankreich blieb nicht ohne Cinflug auf die deutfchen, beſonders rheinis
ſchen Städte.
Der gewaltige Kaiſer Friedrich wollte gwar den felbftftandigen republika—
niſchen Geiſt der lombardiſchen Städte, ſelbſt mit ber Zerſtoͤrung Mailand's
(1162), brechen; dieſelben fanden aber in ſich und in bem ſchon erwachten Corp o-
rationsgeiſte der deutſchen Stäaͤdte einen fo maͤchtigen Hilfsgenoſſen, daß
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bie ruhmvollſten Raifer gewaͤhren laffen mubten, wad fie nidt hindern fonnten.
Gs jeigte ich nidt nur dad Berbot aller Genoſſenſchaften und Vers
fhworungen inners und außerhalb ber Stadte (1158) unwirkſam, vielmebr
erwirften eben in dieſen Tagen die ſchon langft abge(dloffencn Jnnungen
obrigfeitlide Anerfennung, geſetzlichen Veftand (das er fte befannte Beifpiel
ſchriftlicher Abfaffung einer Zunftrolle iſt um 1158 die Beftatis
gung des Rechtes und Meifterthumés der Schuſter in ben Stddten des gewerb-
thatigen Sprengels von Magdeburg durch den Erzbiſchof Widmann), fons
bern 8 ift auc überhaupt das Ergebniß diefer Periode, daß fich die gemein-
heithide Berfaffung aud der deutſchen Städte furs erfte
no@in ber mehr ariftofratifmden Selbftftindigkeit bes
Gemeinderathes ausbildete.
Bon dieſer Periode ab fehen wir im deutſchen Bolfe eine faum glaublide
Selbſterzeugungskraft; denn wabhrend alle früheren Stabte auf einheimiſchem
Boden maͤchtig emporwuchſen, zahlloſe neue Orte entftanden, aiehen dite Schwaͤrme
im entfernte undeutſche Lander aus und begriinden ſchnell erblihende Nieder⸗
laffungen, In Medlenburg, Pommern, Brandenburg, Laufig, Bshmen, Meifen,
Mshren, Sedlefien, Polen, Preufen Lievland, Efthland, Ungarn, bis nad
Danemarf und Scweben, bis Siebenbiirgen, bid an ben Rarft und nag
Sfirten. Der Umfang folder Auswanderung und bie Sdnelligkeit bed Erbli-
bens diefer grofen deutſchen Colonifation laffen nicht begreifen, daß
etwa nur allgemeine Landednoth, Ueberſchwemmungen, Mißwachs, Kriegsunru—
hen, bürgerliche Unzufriedenheit in Flandern, Holland und am Niederrhein den
Anſtoß gegeben; die tieferen Gründe liegen wohl in der Befahigung der Deut—⸗
ſchen, cine uncultivirte Welt gu ſittigen, im Berufe, die Trager einer menſchen⸗
wiirbdigeren Bildung gu fein, im abenteuerliden Muthe, bas beſſere Geſchick
auswarts gu fuden, wenn die Heimath es verfagt (Barthold I. 242 — 310,
IL 14, 22, 88, 137 — 151).
Gigenthimlide Umſtände beginftigten, neben dem unmittelbaren Schiffs⸗
und Raufmannsverfehr, bie Berbreitung vldmifder ober wallonis
fer Friedbensfunfte und bürgerlicher Cinridtungen burg
gang Deut( Gland. Groge Ueber(hwemmungen und Hungersnoth, wie
1196, bie darauf gefolgten Rriege mit Frankreich vertrieben Taufende von flei-
figen Flamaͤndern aud ber Heimath und öffneten ifnen in Nieder- und Ober⸗
fadfen, Medlenburg, Pommern, Vrantenburg, Bshmen, MVaHren, und Sdles
fien ein neues Baterland. Nicht immer waren die Auswanbderer Bauern, auch
funftmagige Handwerfer, welche erblihenden Stabten Gertigfeiten gubradten.
So fehen wir in Wien, weldhes mit bem 13. Jabrhunderte an Gewerbfleif
und faufmannifder Ruͤhrigkeit nur dem rheiniſchen Koln den Borrang eins
rdumte, fon 1208 ben ,Glamingern” oder „Faͤrbern“ durch einen Freiheits⸗
brief das Marktrecht gleich angefeffenen Biirgern zuerkannt, die Fremben allein
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bem herjogliden Kammerer untergeordbnet und als eine audſchließliche Sunft
beftatigt.
Weil ber Zugang gum adriatifden Meere den Deutſchen nod aber ein
halbes Jahrtauſend verſchloſſen blieb, galt de Donauſtrom als ein Meer,
und ſtieg die Bedeutung von Regensburg fiir ten Binnenhandel, bis Oeſter⸗
reichs Hauptftadt bie Schifffahrt gu beberrfden anfing und. Venedig ben levans
tiniſchen Handel an fid) gog. Wien und Regensburg boten um bdiefe Zeit das
Gegenbild gu Lübeck und Kölhn.
Wie von Libe aus ber dle nordoͤſtlichen Elaventander Sittigung nnd
Friebensfinfte fich gu verbreiten anfingen, begriinbdete (pater Roln die Deut {de
Hanſa, swar nur ein Nachbild der vlamifden, aber diefe an Machtfülle
unb Umfang, welder eine Zeit lang bie ganze deutſche Biirgerwelt umfaßte,
weit Uberragend, wie die deutſchen Stadte an bürgerlichem Bewußtſein und an
Unabhangigeitseifer um Sabrhunderte bie Republifen Lombardiens und Toska⸗
na's uͤberdauerten.
Ungefaͤhr von ber Mitte bes 12. Jahrhundertes an vollendeten die Firs
ften, welde Meifen und bie Laufig mit bem Ofterlande vereint Hatten, bie Gers
manifirung in ihren ausgedehnten halb flavifden Gebieten, ſchufen bas
heutige Gadfen und einen Theil ber Lauſitz gu einem
beut(Hen Lanbe und gewihrten den Stadten, welde faft alle alé flavi-
{de Marktfleden und Doͤrfer fon worhanden waren, bad Nachbild bed Buͤr⸗
gerthums von Magdbeburg, welded ſich in den vom Erzbiſchofe Widmann
1188 nad einem furdtbaren Brande diefer Stadt ertheilten Beftimmungen nicht
vollſtaͤndig abfpiegelt, aber dod {don bie ſichere Spur gemeinheitlidher Verfaſ⸗
fung (im Bürgerconvente) erfennen lap. Die Entbedung der reichen
Silberſchätze des Eragebirges grinbdete (um 1179) bas weitberühmte Freiberg,
forbderte die ſchnelle Hanbdelsbluthe Leip gig’s.
Sm Bereidhe der mitteldeutſchen Slaven vom Fidtelgebirge und bem Frans
fenwalde abwarts am Rande ber oberen Pleife, Elfter und Saale erhoben ſich
neue Stddte, namentlich EC ger (dad (pater mit Brinn in Besiehung fam) und
ZSwidau, dad im 14. Jahrhunderte 600 Tuchwebermeifter feine Biirger
nannte.
Die Gewerbthätigkeit aller ti erwachſenden Binnenftadte fihrte
ber Handelethatigtett ber Aufenftadte an ber Meeresfufte und den gros
fen Strémen unentbehrliche Krafte gu. Der Hauch der bürgerlichen Freigeit
umwehte frifder bad Geſchlecht am Schluſſe des 12. Sahrhundertes, und dats
um ſchoͤpferiſche Regfamfeit in allen Winkein bes deutſchen Landes. Aber fury
vor bem Sdheiden aus der Heimath hatte Kaiſer Friedrich, unbegreiflim nach⸗
giebig gegen Vorurtheil und Unart der Feit, eine verhangnifvolle Saat ausge⸗
faet: auf bem legten Reichstage gu Nuͤrnberg (1187) die fürſtliche und rittere
lide Selbſthilfe, bad Fauftredht geſetzlich und ehrenhaft gemacht, fallé dle
Fehbeanfage in beftimmter Frift vorherginge. Die Handhabung fo widerſpruchs⸗
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voller Landfriedend » Sagung burd ben gewaltthatiqet hohen und ben eben ſich
erſchließenden niederen Adel, graulicdhe Fuͤrſtenkriege gleidh nad) dem Aufbrude
ber Kreuzfahrer, die gwiftige Königswahl und bie drangvollen Greigniffe bis gum
Enbe des Zwiſchenreiches mit ber Gelangung Rudolph’s von Habsburg auf den
dentſchen Thron (1273), fonnnten bad Gewordene nit allein nit zerſtoͤren,
fonbdern dienten gerade, bas biirgerliche Weſen herrlicher gu entfalten.
Heinrich VI. (p 1197) war in Betreff deutſcher Gemeinwefen den ftarren
Grundfaigen feines Baters aus Klugheit abgeneigt, vielmehr bem Birgerthum
hold. Darum nur Fortfdritte, tein Stilftand, Begünſtigung Alterer Stddte,
Wnerfermung never. OHefterreih entwidelte wunderbare Qebenss
Fraft. Rod behauptete ſich die wichtige Donauzollſtätte gu En ns mit einer
faGrlih weit beſuchte Meffe; Wieneriſch-Neuſtadt wurde (1194)
als Grengburg gegen bie Ungarn gebaut, Wien wudhs aus feinen engen
Mauern heraus und gewann fo rafden Aufſchwung, bak ed fich tiber faft alle
dlteren deutſchen Stadte, Koln ausgenommen, erhob, wozu die Strdmung der
Kreuzzüge und ber Umſchwung bed dugerern Handels feit ber Eroberung Con-
ſtantinopel's burd bie Lateiner (1203) am meiften beltrug, ba in Folge bdeffen
Benedig, mit weldhem Wien am fritheften in Verkehr ftand, Den fevans
tintfden Handel an fid rif und ibn aud von Riew ablenfte.
Die fünfzehn Jahre, welche von Heinrich's Tob wahrend bes Kampfes
arvifden dem Hohenftaufen Philipp und Otto von Braunſchweig um die deutſche
Krone bid gur Anfunft König Friedrich UL. (1212) verfloffen, waren von hoher
Wichtigkeit für die WAusbiloung und Erweiterung der Macht ber Furften, aber
aud bed deutſchen Bürgerthums. Die unaufhorliden Kriegsdrangfale zwangen
freie und unfreie Landwobner, Zuflucht in den ummauerten Stadten gu fuden,
welde bereitwillig jede Berftarfung an BVermogen und Volf aufnahmen. Wetts
eifernd um die ®unft der Burger beſchenkten fie die Könige mit neuen Rechten;
bie Landesfürſten, in unfiderer Oberherrlichfeit tuber ihre Reichslehen durch die
hilfsbedürftigen, zwiſtigen Reichsoberhäupter befeftigt, fragten nicht Langer nad
faiferlidher Genehmigung, wenn fie einen bequem gelegenen Ort mit groferer
Freiheit ausftatten wollten; endlich wagten eS bisher jaghafte Gemeinwefen,
nad Borgang der italienifden Communen, bundesmagig enger (td an einander
zu ſchließen.
Das Recht der Befeſtigung durch Mauern, Thürme und Graben,
bas theuerfte Unterpfand der Sicherheit, blieb zunächſt außer Frage. Unbezeugt
durch Urkunden und Chroniken haben vom Schluſſe des 12. Jahrhundertes bis
auf Rudolph unzählige keimende Stähte dieſen Schritt gethan, der die folgende
gemeinheitliche Geſtaltung, Ausſchaffung des fürſtlichen Voigtes, Ausuͤbung der
niederen und hoͤheren Gerichtsbarkeit weſentlich erleichtere. Dieſe Mauern,
Wartthürme, Weichhäuſer und Graben find der Rittergürtel, welchen fic die
Diirger umlegten, bereit mit ihrem Blute edle Guͤter bes Lebens gu vertheidigen.
Raum hatte Friedrich bie Krone fir fein Haus wieder erkaͤmpft, wandte
ex Ad von den Stadten ab, indem ex glaubte feine Herrſchaft, welche wegen
ber ficilifden Rrone Zerwirfniffen mit der Kirche nicht ausweiden fonate, auf
bie Gunft ber Fuͤrſten, beſonders der geiſtlichen, ftigen gu miffen. Die Fürſten
aber erſchracken, wie fle bie ſtolze Haltung inne wurden, welche die Städte ine
nerhalb zwanzig Sabren ercungen. Ueberall Ueberlegenbheit des mitt
feren begitterten Burgerflandes, durch die jährlich erwählten
Rathsherren vertreten. Friedrich beginftigte daher die Furften; verzich⸗
tete auf dad Spolienrecht an ben biſchoͤflichen Mathedralen und koͤniglichen
Mbteien, eine Art von Hauptredht am Nachlaſſe eines verflorbenen Prdlatey und
auf die Ginflinfte bed folgenden Jahres (1216); entzog allen Orten, welden er
einen Jahre oder Wochenmarkt gewahrt Hatte, die richterliche Gewalt ber Reichs-
beamten, wied dieſelbe demnach der fic bildenden Verritorialhoheit gu; erhod
(1218) ben Beſchluß ber Giirften und Barone gum Gefege, daß RNiemand in
einer biſchoͤſlichen Stadt ohne Bewilligung bed Biſchofes einen ,Stadtrath” aufs
richten dürfe; fepte feft (1219), daß feine Verſchwoͤrung, keine Gegenverbirgung,
feine Gefellfdaft, weldhe ,Innung ober Gilde” genannt wird,
flatt finben burfe, Die ber Münzer ausgenommen, damit fie die Falſch⸗
muͤnzerei verfindern; bewilligte (1220) ben Bifdofen, aufer der Vers
zichtung auf die Spolien, baf in ihren Gerichtsbezirken feine neuen
Minge und Zollftatten, aud feine neue Burg ober Stadt anges
fegt werben folle, und febte zugleich feft, bas Fein Dienfimann, fein
Hiriger ober Leibeigener ber geiftlimen Fürſten in feinen eige—
nen d. i. ben Fonigliden Gigenftidten Aufnahme finden foll,
unb aud bie Herren des Qaienftanbes gehalten feien, dasſelbe
Berfahren unverbrüchlich gu beobadten. So fdien bie Art an die
Wurjel ded freien Biirgerthums gelegt. Da nad ben Hanbdfeften ber bifdoflis
Gen, fonigliden und landesherrlichen Gemeinwefen ber Aufenthalt eines
Frembden burdh Jahr und Tag uberall dbeffen unantaftbare Freis
Beit bebingte, fand bad Gefeg überall Widerftand, als Friedrich im Herbfte
1220 über bie Alpen zog, unt die Angelegenheiten feiner italienifden Reiche gu ordnen,
und durch 15 Sabre von Deutſchland abwefend war, tiefed fich felbft dberlaffen
blieb, wieder in Den Kampf gabrenber Krafte zurückfiel, tennod aber, was Aué-
breitung und Neubefeftigung des ftadtifhen Wefens und Bürgerthums betrifft,
in wunderbarer Sugendfrifche weit liber feine eigentlidben Grengen Hinausfdritt.
Das erfte, wichtige, unuͤberſehlich folgenreiche Creignif war bie Selbfthilfe
bes vom Kaiſer und Reide aufgegebenen nordoftliden Deutſchlands durch den
muthigen Antheil ber Stadte, namentlidd von Lube und Bremen. Rach ber -
ruhmvollen Beftegung Waldemar’s von Danemarf (1227) war das nord fie
lide Slaventhum der deutſchen Entwidelung wiedergegeben,
zugleich ber däniſche Einfluß in ievland und Ejthland gebroden und ergoß ſich
cine Fille deutſchen Buͤrgerlebens in jene Richtung. Der deutſche Ritters
orben begann von 1228 an ben mehr alé halbhundettjährigen Vernichtungs⸗
fampf gegen die heidniſchen Preuſſen und Litthauer; dad neue Thoen wurde
das Thor, durch weldes deutſche Bildung in Preuffen einbdrang, bie
Handfefte Rulm’s, von dem (aud in Iglau's Geſchichte genannten) Sands
meifter Hermann Balf 1233 als Grundgefeg fur deutſche Anfiedlung in Stadt
und and ertheilt, galt fir Preuſſens neue innere SGtadte und ihre fernere hoch⸗
gedeihliche Entwidlung.
» Qn Geridtdangelegenheiten dem Rechte Magdeburgs entiprungen,
beffen Einfluß fig gleichzeitig gwifdmen ber Mittelelbe und
Oder, befonders in Schleſiens Städten, feſtſtellte, enthielt dle
Handfefte von Kulm die, bürgerlichem Gedeihen fo unerldflige Beftinmung
faHrlidmer Wahl ber Richter und Obrigkeiten aus ber Mitte ber
Birger unter Genehmigung bed Ordens.
: wDie Dauernde Friedlofigfeit und Rechtounfiderheit, welder das ganze Reid
ausgeſetzt war, hieß bie Burger damals guerft in gegenfeitigen Buds
niffen Schutz fuden (1226 verbut, wahrſcheinlich ofne Erfolg, der junge Koͤ⸗
nig Heinrich VII. bad Buͤndniß der Stadte Maing, Bingen, Worms, Syeier,
Franffuct, Gelnhauſen und Friedberg).
Waͤhrend ein trauriger Zuftand der Gewaltthat, Rectlofigfeit und Wufls-
fung im Reiche waltete, aus weldem cin verdnbdertes Biirgerthum hervorging,
war aber aud der fir@lide Boden madtig erſchüttert. Sene fede
Losfagung von alten Glaubensvorſchriften, welde fic in Verbindung mit Ars
nold's von Brescia politifder und Firdhlider Kegeret am Rhein und an der
Oberdonau wie in Helvetien gezeigt, Hatte unter ber Doppelwahl von Königen
und Erzbiſchöfen, welde fic) gegenfeitig verfludten, gefahrdrohend gugenommen.
Die Huter der Rehtglaubigfeit veranlaßten daher die Entftehung neuer Moͤnchs⸗
orden, die befonbders int Inneren der Sradte, bem Heerde „unheiliger Neuerungen”
fih anfiedelten. Died waren die Bettelmondhe, agumal die Dominifaner
und Frangisfaner (Minoriten, Sohne beds h. Frangiéfus von ffift, deſſen
Lehre Innocenz I. vorldufig billigte, Honorius III. im Jahre 1223 feierlich be-
ftdtigte), welde, fid) unglaublich jdnell verbreitend, vom 2. und 3. Jahrzehende
ded 13. Jahrhundertes der ftadtifchen Bevolferung eine eigenthümliche Beimis
jung gewahrten. Anfangs gwar als Sittenprediger und Regerrichter ungern
aufgenommen, bethatigten fie fic bald als geſchickte, ſchreibfertige Vermittler und
bequeme Anwalte, ald Diplomaten und aufmerffame Stadtchronifanten, als
Schulmeiſter. Sie wirfien nicht, wie Giftercienfer, fur Ackerbau und Lane
descultur, oder, wie die Benediftiner, flr theologiſche oder weltliche Gelehrſam⸗
feit; fte wollten unmittelbar unter Den Bewohnern der Stadte fur Glaubens-
reinbeit, Geelenheil und Erbauung forgen, mit der neuerungsſüchtigen Bürger⸗
welt verfefren. Die Dominifaner indbefondere follten felbft mit ben ftrengften
Mitteln (Sceiterhaufen) bas Volf vom Gifte der Brelehre, von der Ketzzerei
befreien, welde beſonders in ben rheinifden und mitteldeutiden Stadten wucherte.
Alles, was bas Biirgerthum zaͤhe betzauptet feit nahe Hundett Jahren, ges
vieth in Frage, alé Heinrid, untreue Gedanfen gegen ten eigenen Vater’ im
Herzen, die Gunft der rheiniſchen Biſchoͤfe fuchte, ihnen groflere Freifetteh zu⸗
geftand, bem. Mudfprude ber Fürſten beitrat (1231), bak keine Etadt ifm
Reidhe Gemeinheitsverfaffung, Rechtsbräuche, Gilden, Zanfte
(Gerſchworungen), wie fle aud immer Namen Hatten, aufrichten bürfe,
ba felbft ber romifde Ronig nicht befugt gewefen, ofne Willen des Landes⸗
berrn ben Stddten bed Reiches foldhes gu geftatten, aud bas Berbindung 6:
rect derſelben untereinanber verneinend, fo wie ben Gebietern ber Stabdte
Gleiches nicht auftinde ohne des Koͤnigs Genehmigung. Als dieſes Gebot sus
nacft nur eigentliche Landftddte gu treffen ſchien und nicht beachtet tourbe, ere
gingen gu Worms (1231) durch den Konig nocd umfaffendere, befdhwerlichere
Sagungen zu Gunften ber den königlichen Städten benacbarten Grundherren.
Der Kinig begab fid u. a. bes Rechtes, eine neue Stadt gum Radhtheile
ber landesherrlichen zu bauen; neue Marfte follten die alten nicht hindern
niemand zu einem Markte gezwungen werden, fo wie zur Abwei⸗
chung von den alten Straſſen; der Meilenbann in neuen Reichs⸗
ſtaͤdten dagegen ſollte abgeſchafft werden. Die Fürſten wurden bei allen herge⸗
brachten Rechten und Freiheiten geſchützt; dagegen die Pfahl-obder Aus
bürger, in denen die Ktaft vieler Städte, und die Sicherheit ganzer Provin⸗
zen, welche wenig feſte Städte hatten, beſtand, ſtreng verboten, eben ſo
bie Aufnahme Höriger der Fürſten, der Edlen und Kirchen in koͤnigliche
Staͤdte. Zuruͤckſtellen ſollten dieſe, was fie an Eigen ober Lehen wher
benachbarte Grundherren an ſich gebracht; ihre Gerichtsbarkeit über den
Umfang ihrer Mauern nicht ausdehnen, Fein Lehengut ohne Willen
des Lehenherrn als Pfand nehmen u. ſ. w. Ein Spruch (1231) ſicherte auch
jedem Fuͤrſten und Biſchofe das Recht, ſeine Stadt mit Mauern
und Gräben zu befeſtigen: was ſtillſchweigend das Verbot des Mauern—
baues fuͤr als grundherrlich angeſprochene, faſt ſchon freie, Gemeinweſen ein⸗
ſchloß. Gin Urtheil erfannte (1231) die Erbſchaft von Hörigen der
Vicdhe, welche in einer Stadt ſich angefiedelt und ohne Leibeserben geſtorben,
gegen alles alte Gewohnheitsrecht der Kirche zu.
Kaiſer Friedrich II. erhob (gu Ravenna 1232), ohne Zweifel um die
zweideutigen Firften ſeinem Sohue abwendig zu machen, nicht nur dieſe Reichs—
tagsbeſchluͤſſe gu Reichogeſetzen, ſondern ſchärfte fie aud) nod. Er widerrufe
und vernichte, hieß es, in jeder Stadt und jedem Orte Deutſch⸗
land's Gemeindeverfaſſung, Stadtrath, Bürgermeiſter oder
Obrigkeit oder Amtleute beliebigen Namens, welche von der
Gemeinheit ber Barger ohne Wohlgefallen ber Erzbiſchöfe
und Biſchöfe aufgerichtet und beſtellt ſeien; er hob auf
jegliche Handwerksverbrüderung, Zunft, Geſellſchaft;
wie von altersher die Anordnung des Staͤdteweſens durch Verleihung des Kai⸗
fers ben Grabifdofen und Bifdofen guftehe, und in Folge defjen beren gefegten
Beamten, faffire evr alle Privilegien, offenen und verſchloſſenen Greibriefe, welde
ex felbft, oder feine Borfahren, aud Erzbiſchoͤfe und Bifdofe uber Genoſſen⸗
ſchaften, Gemeindeverfafjung, Gemeinderath gum Schaden ber Furften und bes
Reiches erlaffen Hatten.
Rah der Ausſöhnung mit Heinrich erhob Friedrich (zu Cividale 1232)
alle Berlethungen ſeines Sohnes, welche bie Gewalt ber Flirften gum Nachtheile
ber Gemeinben fo wefentlich fteigerten, gu Reichsgeſetzen, und zurückgekehrt end-
tid aud Stalten (1235) wegen bed Berrathed bed Sohnes, den er verbhaften
und entfepen lief, gab er anf dem berühmten Hoftage gu Maing (1236) in fai
ſerlicher Herrltchfett und Macht Reichsgeſetze, welche in Betreff ber Berfaffung
und gumal bed Landfriedens gu ben awedmaffigften bid auf bie Zeit der
goldenen Bulle gehirten (gum erſten Male ber Beg Redtens emypfo he
fen burd 3ulaffung ded eidlichen Beweifes bet Friedendverlepung ; aud Pfahl⸗
birgerthum und Mundmannſchaft!) verboten). Die Ruͤckkehr bee Rais
feré (+ 1250) nach Stalien, feine lange Wbwefenheit aud tem Reiche, fein ver-
hangnifvoller Kampf mit ber Kirche raubten ble Fruct fo Heilfamer Gagungen
und in trauriger Zeit blieh bem Buͤrgerthume fein Mittel, als fich durch Bund-
niffe felbft au helfen.
Daf aber, bei wedhfelnder Befolgung und Nichtbeachtung der oben er⸗
wahnten, in fic unbaltbaren kaiſerlichen Gagungen, der Raifer unter Umftanden
ein freied Biirgerthum gern fah ober die deutſche Stadtewelt fein eingewurzeltes
Miptrauen bereits verfOhut Hatte, geigt die berühmte goldene Bulle, welche er
(1237) bem mit anfebnliden Freibeiten gur Reichsſtadt erhobenen Wien evs
theilt, worin alle fonftigen Gnabdenerweifungen der Hohenftaufen iiberboten find.
Friedrich hatte in bem grofen Kampfe mit ber Kirche, welder mit bem Tobe
bes legten Hohenftaufen auf bem Schaffote endete (1268), auf bie Burger bauen
blirfen, wenn ec genug dorurtheilsfrei gewefen ware, bas gemeine Burger-
thum alg Ctige feiner Macht au ergreifen. Der Betrogene that es, inébefon:-
bere, als er (1245) fiir Regencburg bie Gefege von Ravenna guriuds
nahm, bie beliebige Cinfegung eines’ Gemeinbderathed, Burgers
meifterd, Bfleger und Wmtleute bewilligte, jedoch gu fpat und halb,
unter bem Groll, welden Lombardiend Gommunen, nur im WOgemeinen das
Vorbild ehrfurchtsvoller deutſcher Gemeinden, immer bitterer erneuten. Der drei⸗
zehnjährige Kampf bes Kaiſers mit dem lombardiſchen Städtebunde
1) Mundium: Schutzverhältniß, Vormundſchaft (Zöpfl, deutſche Staats⸗ unb Rechtsgeſchichte
I, B. 2. Abth. S. 241 ſſ.). Mundmannen, Mundlinge, bie durch freie Wahl oder in
Folge ihrer Freilaſſung unter dem Schutze eines Stiftes oder Kloſters waren und dafür
einen Zins entrichteten, gewöhnlich Wachs, daher fie aud cerarii, corae censuales, Wachs-
zinſige hießen (Walter, deutſche Rechtsgeſchichte J. 78).
ro
wurbe mit folder Heftigfeit betrieben, taf fogar bie Annaͤherung der Mon
golen ben Raifer nicht beſtimmen fonnte, aus Stalien zurückzukehren.
She Ginfal (1241), welder die in den ſlaviſchen Ldndern neu gewonnene
Cultur bedrohte, gab einen maͤchtigen Anſtoß yur weiteren und tleferen
Ausbildung bes deutſchen Stadtewefens.
Gin paar Jahrzehende vor der Mitte des 13. Jahrhunderted war die
Macht ber Markigrafen von Brandenburg, Seritt vor Schritt dentſche Cul:
tur verbreitend, liber bie Havel und Spree endlich gur Oder und Uder gedrun:
gen, bie Lide zwiſchen Medlendurg, Pommern, Neu + Sadfen (Wittenderg) und
ber meißniſchen Oſtmark ausgefuͤllt. Ueberall erhoben ſich Staͤdte nad dentſchem
Rechte (Spaudau, Berlin und Koͤln, Lebus, Brandenburg, Küuͤſtrin, Prenglow),
waͤhrend bie Städte jenſeits ber Oder noch in durchaus ſlavi—
ſchem Weſen ſtanden. Jn Schleſien hatte (urkundlich) erſt um 14475
unter Boleslaw I. planmaffige Anſetzung deutſcher Cinwanberer in Doͤrfern, die
Gruͤndung deutſcher Stddte aber, aͤhnlich wie in Pommern und Brandenburg,
unter Heinrich I. (1201 — 1239) begonnen. „Deutſches Rect,” im Allge⸗
meinen ber Snbegriff der Rechtsverhaltnifje, weldhe der deutſche Birger. ald exfte
Rebenshedingung eractete, im Gegenfage bed ,flavifden ober polniſchen,“ war
ble erfte Bewidmung neuer Gemeinwejen, oder die BWusftattung aAlterer flavifder,
beren Ureinwohner, verdrangt burd die bevorjugten Gremblinge, in die Vorſtädte
oder nagen Dorfer gu weiden und landlide Beſchaͤftigung fortgufegen liebten.
3u ben allgemeinen Grundgiigen bed deutſchen Rechtes, welded nidt allein ein
feftes ober wählbares Schöffenthum, fondern aud gemeinderdth-
lide Einrichtung bedingte, tam fpater als etwas Befondereds, dod nidt
bei allen ſchlefiſchen Stadten „deutſchen Rechts,” die Uebertragung ber
magbeburger ReGtsverfaffung hingu, mit der Verpflidtung, entwebder
pon der Mutterfladt oder von der angefehenften Todter WeisSthimer oder
Rechtsbelehrung gu holen. Obwohl ſich deutſches Wefen unaufhaltfam
über Schleſien in Dorf, Stadt, Kloſter und Burg deutſcher Adelsgeſchlechter
verbreitet hatte, war doch noch die „polniſche Barbarei“ nicht ganz abgethan,
dauerte nod die Kaſtellaneiverfaſſung ſelbſt in großen Staͤdten in echt ſlaviſcher
Weiſe fort; erſt der zermalmende Stoß von 1241 ſollte das Beſſere herausſtellen.
Ein Jahr nach der Schlacht bei Liegnitz (1242) geſtaltete Boleslaw II. Breslau
nach deutſchem Rechte um und innerhalb 20 Jahren folgten viele andere Orte.
Daß auch in Maͤhren nach der ungeheuren Verödung des Landes durch die
Tataren bas deutſche Staͤdteweſen maͤchtiger ald je erblühte, haben wir geſehen.
Gleiches geſchah in Preuſſen, Pommern, Medlendurg u. a.
Die Schnellwüͤchſigkeit ber deutſchen Städte um die Mitte bed 13. Jahr⸗
hundertes, fa innerhalb weniger Jahre, fann nur begreifen, wer auf Rordames
rifa’s unermepliden Raumen Anfiedlungen wie Pilge aufſchießen fleht. Hunderte
von deutiden Gemeinwefen, reif fiir vollere Selbſtſtändigkeit, gingen bem grofen
Zwiſchen reiche (1251 — 1273) entgegen. Bis 1250 ſehen wir alle
od7
irgend bebeutenbe Städte Deutſchland's beiſammen, mit Aus-
nahme jener, welche ſpaͤter auf nod fremdem Boden gegruͤndet wurten, oder
der Umſchwung des Handels oder Fürſtengunſt hervorrief. In dem troſtloſen
Zerfalle eines großen ruhmvollen Reiches verſoͤhnt uns mit der Unvernunft, der
mörderiſchen Wuth, bem Knechtſinne, der ſchamloſen Ungerechtigkeit und Unehre
einer geſammten Zeitgenoſſenſchaft allein das Bürgerthum in ſeinem Schaffen
und Vollbringen, noch mehr in ſeinem Wollen, Hoffen und Trachten. Die
Staädte allein, kaum ein Zehentheil ber Bevölkerung, vertreten, ohne Zagen, den
Gedanken an eine Fortentwicklung ber nationalen Geſellſchaft; fie halten den
GSlauben an die Zuſammengehoͤrigkeit ter, ihren Mittelpunkt (Kaiſer) fliehenden
Kräfte feſt; fie ſtellen tapfer die Nothwendigkeit des Rechtes ber rduberifden
Gewalt, dem ſchnoͤden Eigennutze, gegenüͤber. Klug, mannhaft, einig (nad dem
Mufter der lombardiſchen Städte aud in Bündeniſſen, wie in ber 1241
von Hamburg und Bremen gegriindeten berfifmten und einflufreichen, allmählig
bis anf 80 Sthdte erweiterten norddeutſchen Hanfe, feit 1246 einem dbnliden
Bunde ber ſüddeutſchen Städte wu. f. w.) und ebretfrig überdauern die
Städte nist allein fene jammervolle ,faiferlofe” Zeit, blühender an Schmuck,
reider an Gut und Waffen wie an weltgeftaltenden Blanen, geldutert und ver.
edelt im Genuffe gemeinheitlider BVerfaffung, gehen fie durch Koͤnig Rudolph’s
armlichen, aber wohnlichen Reubau des Reichſtaates in bas 14. Jahrhundert
ein, und bereiten fic fie bie langft verflindeten Stiirme ber Z3unftfampfe, ber
Demofratie, vor (Barthold Il. — 180).
Wir haben bei diefer Auseinanderfegung anger verweilt, weil bie Ent fte-
Sung und Ausbildung ber Gemeinweſen auf flavifmem Boden
burd deutſche Colonifation, burd Uebertragung eines (don
fertigen Stadtrechtes auf Orte gefdhieht, weldhe bie beftimmte Abſicht
alé Stabdte ind Leben ruft (Barthold I. 81, 261).
Wir find mit diefer Oarftellung bid gur Zeit gelangt, wo Konig Wenzel
I. (¢ 1253) das deutſche Etadtewefen cifrig nah Bshmen und Mahren ver-
pflangte, fein Sohn Otafar I. (f 1278) planmäßig in Böhmen und
Mähren die deutſche Stattefreihci(t förderte, in Sebleften, Bran-
benburg, Preuffer, Pommern u. a. fic bas deutſche Wefen immer mehr
ausbilbete.
Ginen eigenen Birgerftand gab ed in Bohmen und Maͤhren nicht vor
bem 13. Sahrhunbderte; er ift erft eine Schdpfung ber bref Otafare, indbefon-
bere bes legten (1253 — 1278) Die grofe Mtaffe ber Städtebewohner im
41. und 12. Sabrhunbderte beftandb aus Minifteriaten bed regierenden Herjogs,
meiſt Ganbdwerfern, welche von bemfelben wie Leibeigene verfdentt wurden ;
gleichwohl fdeint ihr Zuſtand (meint Palady) nist drückend gewefen au fein,
ba fie beftimmte eiftungen Hatten und demfelben Gerichtsſtande, wie die ſämmt⸗
lichen Landfaffen, naͤmlich der allgemeinen Guba, untertwarfen waren, welde in
ber QHauptftadt einer jeden Bupa ibren Eig hatte; Municipals und Patrimonial-
RS
Gerichte waren nod) unbefannt. Wie man gum Staatsgute nicht blos die
foniglidben Domianen (villicationes), fondern aud ſaͤmmtliche Stadte und Burger
fammt den dazu gehdrigen Gründen zaͤhlte, hielt man fdon damal bie Slofter
güter und die nadmaligen Befigungen der Stadtegemeinden far eine
befondere Art Foniglider Rammerguter, wie auch bie Juden als cin
Gigenthum der f. Rammer. Die vielen, durch den Erfindungsgeiſt der Zupen⸗
Beamten fortwaͤhrend ſich mehrenden großen und kleinen Gtaatéfro}
nen (munera publica), wie die Laſft de Geſammtbürgſchaft Cokolina,
vicinia, Haftung ded Bezirkes fuͤr die in demſelben veruͤbten Verbtechen) erklaͤren
bie Haft, mit wecher man in den ſlaviſchen Ländern allenthalben die deutſche Com:
munalverfaſſung einzuführen befliſſen war. Mit bem Verfalle ber alten
Zupenverfaſſung und tem Aufkommen eines dritten Standes
beginnt ſeit der Mitte ded 13. Jahrhundertes eine neue Epoche. Die Soha
ſchen Städte gewannen ſchon unter Wenzel L (1230 — 1253), welcher Frembe
aus allen Laͤndern, vorzuͤglich aber aud Deutſchland, als Ordensglieder ober alé
Coloniſten und Gewerbsleute haufenweiſe nach Boͤhmen zog, ein beſſeres An⸗
ſehen. Mle ber Ginfall ber Tataren (1241) drohte, ließ er alle nur irgend
Galtbaren Städte und Burgen ſo eiliq befeftigen, daß felbft Geiſtliche und Moͤnche
mit Gant anlegen mußten. Radtem ſchon Ottafar I. einige Stadte im Bah:
men und Mahren von der Geridtébarfeit ber Cuden befreit, ignen eigene May
giftrate und Geſetze gegeben, oder aud) ten Gebrauch bed magdeburger Rechts
geftattet, legte Menzel L in ten ter Stadt Brinn 1243 und Jglau 1249 vers
liebenen Privilegien den erſten Grund gu einer cigenen CdHmif ad
mabrifden Municipal-BWerfaffung. Mber er Ctafar We faßte bee
Grintung eines freien Biirgerftandes mit politiiden Rechtes
planmagig und cpodemadent auf, intem er bie Macht ber Caftellane bejdhrantte,
neben ber Griveiterung und Befeftigung ter alten, eine grogpe Zahl freier fenige
lidber Städte anlegte und neve, rorzüglich deutſche, Golonien iné Bane ref.
Daé Audwantern, groptentheil? aud tem nordweſtlichen Deutſchland und ben
Rieterlanten, tauerte aué ber Mitte bes’ 12. bis tief m Pad 13. Qabrhuntdert
ginem; Die Golonitten nabmen nat unt nad alle tlaviidhen unt? ungariſchen
Qinter rom baltiſchen Weere bid aur unteren Donau ſtrichweiſe cin unt? enwie-
fen fib inabeſondere Curd Audretung ter Walter unt Anlage neuer Térfer
an ten Gränzgebirgen Bobmens unt Mäbrens nützlich unt beilbringent. Unter
Oeafac Il. wurten in ten Sreiien von Elldogen, Trautenau unt @lag. tam
mm mähriſchen Geienfe Deutiche in Mahe angeftetelt: in einzelnen Nieteria’
fungen erideinen fie verzüglich an her Sutweptgranye Bobmené Ninhg. Dee
Städte aber in Bebmen unt Mäbren wurten alle cen ibrer
meBroter weniger ancetalir, to nag tte im einigen aud tad Ueher-
gewicht uber tie alte embemitte Verelferung erbielien. An manhen Orten
mupte ticte ten neuen Anfimalingen Piag magen; in anteren timely fie mit
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ignen allmalig gufammen. Dod jeigte ſich fdon nad Otalar’s Lod feindliche
Gefiunung in Stddten gegen bie Deutiden.
. We diefe neuen ober erneverten koͤniglichen Stadte wurden in politifder,
militaͤriſcher, gerichtlicher und kameraliſtiſcher Beziehung von allem Einfluffe
ber Supenadmter ganglidh befreit und unter des Königs unmite
telbare Regterung geftellt, ber fte burdh feinen Unterfammerer
gu beforgen pflegte. Diefer ernannte, aus der Lifte ber von ben Gemeinden
gewablten Gandidaten, die Magiftratsperfonen auf beftimmte Zeit. Sn
gerichtlicher Hinfist wurde einigen Stadten der Gebraud bes magdeburger
Nechtes geftattet; die meiften erhielten aber eigene Gagungen, naw dem Vors
Gilde der briinner und iglauer Stadtredte, weldhe die Grundlage des bis in
unfere Tage erfaltenen böhmiſchen Etadtredtes bildeten. Ihnen gu
Folge fland den ftadtijhen Magifiraten innerhalb ihres Weichbildes aud die
Kriminalgerichtsbarkeit gu. Aud befand fic fede Stadt im Befige
bes Meilrechtes, bad bie Aushbung feded ſtädtiſchen Gewerbes im Umfreife
bon einer Meile um die Stadt unterfagte. Otafar wachte darüber, daG die
Stadtmauern, vie Thürme und die Graben von den Biirgern felbft
allenthalben in guten Stand gefegt und darin erhalten werden ').
Wud bie in Dörfern angefiedelten deutſchen Coloniften waren von den
Supendmiern polfommen frei und lebten unter „deutſchem Rechte” im Ges
genfage gu dem bisher uͤblich geweſenen boͤhmiſchen. Rach demſelben waren fie
keine Erbpaͤchter, wie bisher bie meiſten boͤhmiſchen, ſondern emphiteutiſche
Beſitzer derjenigen Gründe, welche ſie vom Eigenthümer unter beſtimmter
Erbzinspflicht gekauft Hatten und auch wieder verkaufen konnten, weiter von allen
Laften ber Geſammtbürgſchaft und Etaatsfrognen befreit, Hatten eigene Schulzen
mit niederer Gerichtsbarkeit, und wurden in Bezug auf die Kriminalredtepflege
an bie Magiftrate der nadftliegenden Stadte angewiefen. Die groften Schritte
gu dieſer gdnglichen Umwandlung tief eingreifender Berhaltniffe geſchahen unter
Otafar; fie nahm einen fo fdnellen Fortgang, daß binnen einem Jahrhunberte
alle böhmiſchen Dörfer, mit feltenen Auénahmen, ſchon nach deutſchem
Redte ausgefegt waren. Die Ridwirfung von Stadt auf Land und umgefebrt
fonnte nicht audbleiben.
Schon bei Otafar’s Tod zeigte fi bad Gewicht der vielen Städte Mäh⸗
rené, von welden Raifer Rudolph Brinn fogar gur ReiGsftadt erhob.
Der Buͤrgerſtand erhielt fic in den nadgefolgten Stuͤrmen ſchon durch eigene
Qraft; bie fonigliden Stabte migen fdon unter Otafar Il, gleich den
Adeligen, Güter befeffen, gu den gebotenen Landtagen ſtädtiſche
1) Naw bem gewöhnlichen Muſter von Rolin erhoben fidh bie Mauern ber Städte auf hem
Lande 20 Ellen hod über bie Grundfläche ber Stadt, beherrſcht oon runben Thitrmen, und
waren mit einem tiefen, 20 Gillen breiten und von beiden Seiten ummauerten Graben
umgeben. Ueber jedem hore waren je drei Thürme.
19
290
Deputirte gedit haben (erſcheinen fon 1260 urfundli® dabei), gehoͤren
fhon 1310 neben dem Glerué und Abel gu den fic eben fefter bilbenden
Standen ') und bilden eigene politifde Corporation (Palady LL 5, 10 — 45,
98, 118, 149 — 161, 277, 278, 293, 315, 321 — 323, 332, 341, I. 2 T.
6. 24, 29, 95, 189, 339).
Das Auffommen bed Buͤrgerſtandes brachte eine ganglide Unſtaltung fat
aller fritheren Zuſtaͤnde mit fid. Die Summe der widtigen Berdnderungen,
ber Geift ber neuen Gefellfdaft, ift fo auszudrücken: die Alleinherrſchaft
bes unbewegliden Vermogens ward gebrochen; ed entftandh neben
iby eine Mitherrſchaft bes bewegliden. Co lange faft . alleé
Befigthum auf Landereien befdrank war, ftanden im Privatleben Herrſchaft
und Dienftbarkeit in einem Misverhaltnip, das jede wohlthatige Reibung, alle
bürgerliche und gewerblide Entiwidlung, alle Mittel ber Betriebjamfeit und Be:
volferung, und fomit die offentlide Wohlfahrt, nothwendig Hemmte. An Wee
nige waren Biele gefeffelt. Indem bie meiften Dienftleiftungen blos fiir die
Rugung von Grundftiden gefdahen, waren die Gigenthimer von folden der
Herrſchaft uber ihre Dienftleute gewiß; denn keinem Unterfafjen fonnte bets
fommen, in Dienfte eined anderen Herrn überzugehen, auf deſſen Scholle er nidt
geboren war. Daher feine Regfamfeit im Wolfe, fein UnterneHmungsgeift;
weil feine Ausſicht, die Geburtsjtelle verlaffen gu fonnen. AXmalig wurden aber
biefe Geffen geldfet burd ben gunehmenden Geld-Umlauf, eine Folge
des verbreiteten Staͤdteweſens. Seitdem fir Dienftleiftungen eine beweglide
Entſchaͤdigung häufig ward, ein Geldlobn, entitand aud bei einem immer
grofern Theile bed Volkes Beweglichfeit, mehrfache Richtung ber Thaͤtigkeit, per:
ſoͤnliche Freiheit.
Die letzte war oft auch unmittelbar eine Frucht des Staͤdtelebens, anfaͤng⸗
lid) eine verbotene, darauf überall, nad manchen Kampfen, geſetzlich behauptet.
Von Italien und Frankreich, von Deutſchland, der Niederlanden und England
kommen viele Beiſpiele vor, wie von den Staädten gegen die Grundherrſchaften
burdgefest worden, baB entwidene Horige, wenn fie fid eine beftimmte
Zeit (gewohnlid Jahr und Tan) in einer Stadt aufgebalten, ohne entdedt
und in Anſpruch genommen gu fein, dadurch gur Freibeit gelangten (Hall
mann, Stattewefen ded Mittelalters J. 207 — 214. ©. ©. 9, 86 und 261
dieſes Buches).
Die haufigen räuberiſchen Cinfalle ber Ungarn, Wenden und Danen Hatten
allgemein auf die Nothwendigfeit befeftigter Plage geleitet. Die Alteren Be,
feftigungéwerfe in Graben, PFAHlen und eingeinen Chirmen wa:
— — 2 mee . —
1) Auf bem allgemeinen Landtage gu Taus 1334 erſcheinen die Prälaten, Barone, Ritter
und Stibteabgeordueten von Böhmen und Mähren, auf jenem zu Prag 1365 congregato
magno concilio principum, baronum, nobiliam, wiadikonum et civium ad regui Boemiae
coronam pertinentium,
291
ren nicht bedentend genng, um jeden Sturm uͤberlegener Schaaren von Reitern
und Fußvolk absufdlagen. Gs fam alfo darauf an, bem Feinde im freien Felbe
entgegen gu gehen, um ifn abzuwehren. Der grofere Theil ber bewaffneten
ftadtifhen Mannſchaft beftand gwar aus Fußgängern; ed befanden ſich aber
barunter faft uͤberall, und früh fdon, aud Reiter, die bas Stadtgebiet gegen
berittene Feinde gu vertheibigen Hatten.
Sm fidliden und inneren Frankreich waren bie wohlhabenden, in der Feld.
mart mit Lanbdereien anfaffigen Birger ber Alteren Gtadte in der Eigenſchaft
alé Landes⸗Unterthanen, altherfimmlid gu Roßdien ften verpflidtet, und gwar .
gar Bertheidigung nicht allein bed ftadtifden, ſondern bes ganzen fuͤrſtlichen
Gebietes. Bis gur Zeit, wo unter ben Stddtebewohnern die Scheibung ber
ritterftanbdifden und der gewerbſtändiſchen Birger eintrat, fand
bemnad fein geſellſchaftlicher Unterſchied Statt awifden jenen begiterten Alts
biirgern, und ben fürſtlichen Lehenmannen, beide waren vom Wehrſtande.
Gine bedeutende Verinterung erfuhr aber ſowohl bie Kriegs⸗ ald ſtändiſche Ver⸗
faffung bei bem Fortriden bes Städteweſens dadurd, daß die Birger immer
mehr theils auf die Nothwendigfeit geführt wurden, die Stadt durch ftarfe und
hohe Mauern zu befeftigen, theils im Stande waren, die Gelbmittel baju auf⸗
gubringen. Nun fam es hauptſaächlich barauf an, bie Stadt felbft gu vertheidigen,
wozu vorzüglich Fußvolk erforderlich war. Schon hiedurch nahm unter den
reichen Buͤrgern die Neigung ab, zu Pferde zu ſtreiten, noch mehr aber dadurch,
daß fie immer ſtaͤrker durch den Großhandel und Kunftfleiß angezogen wurden,
aus dieſer Urſache immer mehr von der kriegeriſchen Lebensweiſe zurückkamen
und die Waffen nur dann mit Luſt ergriffen, wenn es ihre eigene Sache galt.
Die landliden Herren konnten ihre Guͤter durch Hoͤrige und Leibeigene bewirth⸗
ſchaften laſſen und fic in Feldzuͤgen umtreiben; aber die Gefchafte der ſtaͤdtiſchen
fonnten nidt ohne Nachtheil gedungenen Leuten anvertraut werden. Um fte
perfonlid) gu betreiben, um an ihren Hanbdeldreifen nicht gehindert gu werden,
trachteten bie Biirger darnad, und mit Erfolg, fid von dbiefer öffent—⸗
fiden Laſt durch Abkauf gu befreien. Durd die Ausſcheidung
viefer begiiterten Burger vom Webhrftande wurde die Trennung besfelben vom
Gewerbftande befdrbert, gu welder der legtere in feiner Entwidlung unaufhalts
fam Hinneigte. Unter ben laͤndlichen Herren, bie fortbauernd Mitglieder des
Webhrftanded lieben, gelangte nun, bem bürgerlichen gegenitber,
ber Ritter= Stand gur volligen Ausbildung.
In Deutſchland find unter ben fogenannten Conflablern, Cons
fflafflern, unftreitig feine anbdere, al6 wohlhabende berittene Birger
zu berftehen, folde Die nicht zu den Handwerfern gehiren (Raufleute,
Geldhandler, Goldſchmiede u. a.), reitende Glevenbitrger (Glevener
hießen alle, die mit Der Gleve ober Lange fochten) gum Unterſchiede von den
Gefpan- G@levenern b. i. den Handwerfern, welche, 4—6, mit Gleven
bewaffnet, auf bem Streitwagen ritten.
19*
Wo Konige und Farfien einen gefdloffenen Ort befeftigt Satten, konnten
fle in Folge des Waffenredted die Birger sur Vertheidigung aufbieten. CEigeut-
lich alfo waren biefe nur waffenpflidtig in Beziehung auf ihre Stadt und deren
Webiet; jeder von einigem unbeweglidbem Vermoͤgen mufte ſich anf eigene Bee
en ausrüſten. Zur gemeinbeitlid@en AngelegenHeit i daé
ſtaͤdtiſche Kriegswefen am friiheften in den fombarbifden und toffanifehen Staͤb⸗
ten geworbden, auf weldem Boden alle Keime der genoſſenſchaftlichen Berfaffung,
faR {auter germanifd, zuerſt aufgegangen find. Sn früherer Zeit, als daſelbſ
die begtiterten alter Geſchlechter entidieden ben Rang vor den Handwerkern bes
Saupteten, und fid im ausſchließlichen Befige ter dffentligen Stellen befanden,
lag bei der Gintheilung ded bürgerſchaftlichen Heeres tad Oertliche gum Grebe.
Meiſtentheils naw den Hauptthoren, Her und ba aud nad den
qroferen Kirchen, warjfede Gtadt in gewiffe Sprengel
getheilt, in Biertel oder GeGstel, von denen gu jedem ein gewiffer
Bereich gebdrte, mit ben darin fiegenden Dorfern und feften Schloſſern. Ober
befebishaber waren bie Thor-Hauptleute (Capitanei); unter ibnen ſtan⸗
ben ſowohl bie Anfibrer der eingelnen Ziige, in die: jede Thor⸗Sprengelſchaft
gerfiel, bie Balvafforeds, als bie Befehlshaber der gu jedem Thorgebiete gehoͤren⸗
ben Scloffer, die Caftellani. Sämmtliche Obers und Unter-Anfihrer befehligten
gu Pferd; auferdem beftand in jeder irgend bedeutenden Stadt eine befondere
Reiter{dhaar, in welcher theils die vornehmeren und reideren Birger unentgelt-
lid dienten, theilé je laͤnger deſto mehr abdelige Landberren, die in den Staͤdten
fic) niederliefen, bad Biirgerredt erwarben, und fir Gold Krieg sdbienfe
leifteten, entiwebder fir immer, oder eine gewiffe Zeit im Sabre. Denn wie. die
Barger nad ver geſellſchaftlichen Auszeichnung ber Ritter gelüſtete, fo die Ritter
nad) bem Gelbe ber Birger. Die Shorhauptmann{dhaft war aud in verfdie-
denen Staͤdten von Deutidland cine widtige Stee und aud in den meiften
Segenden derfelben nicht ungewöhnlich, daß landlide Herren in den Kriegsdienf
ber ftadtifden traten, mit Erwerbung bed Biirgerrechtes.
Gin anberer Gintheilungsgrund ber ſtädtiſchen Kriegsmannſchaft ward
herrſchend, ſeitdem der Handwerkerſtand aus dem langwierigen Rampfe
gegen die alten ſtaͤdtiſchen Geſchlechter endlid) alé Sieger hervorging und allen
bavon, bie fid) nidt gum Ritterftande gewandt, feine Zunftverfaffung aufzwang.
Naw ben Ziinften war nun die ſtädtiſche Mannſchaft cingetheilt;
fede entweber beftehend aus fauter Mitgliedern besfelben Gewerbes oder zuſam⸗
mengefegt aus verfdiedenen, mehr ober weniger verwandten Rinften, desgleiden
Qué gugewandten Mitgliedern (Hüllmann IL 165 — 194, Ill. 7).
Wis nämlich in den Zeiten algemeiner Umgriffe und Gewaltthatigfeiten
bie Buͤrgerſchaften zur Selbjthilfe genothigt waren, behaupteten dieje ibe Eigen⸗
thum und ihre Sicherheit mit ben Waffen. Hierdurdh nun befam bas Zunft⸗
wefen eine grofe Ausdehnung, und eine gang neue, feiner Urſpruüͤnglichkeit
frembe Ridtung: eine Eriegerifde. Wenn die Bürgergeſammtheit in diefer
PBegiehung in Abtheilungen gebracht werden mufte, waren ble {don beftehenden
Rimfte ber Kunfarbeiter und Handwerket hiezu am meiften geeignet, indem aus
ben Mitgliedern fener Handwerfe, welde bisher nicht zünftig geweſen, neue
Sinfte errichtet wurden. Jn diefer Hinſicht miffen bemnad im fpateren Mittels
alter bie Zünfte als Abtheilungen der ftattijden Kriegsmannſchaft betradtet
werden; und ed lag alfo ba, wo dieſe buͤrgerſchaftliche Grundverfaffung Etatt
hatte (wie vorzugsweiſe in Stalien), wefentlicy in Derfelben, daß jeder welts
liche Stadtbewohner gu ciner Zunft gehören mute: die Maffens
pRlichtigfeit ſchloß pie ZBunftpflicdtigfeit in ſich. Wuf den Zuſtand der Geſell⸗
ſchaft hatte tiefe grofe Ausdefnung ves Sunfiwefens, die Benugung derfelben
jue Stadtvertheidigung, gropen, wenn auc fangfam und gerdufdloé wirfenden
Einfluß. Die ftandifhen Grangen wurden verindert. Dadurch nämlich, daß
ber Biirgerftand nad beiden Seiten in die angrangenten Stände einbrang,
auf der einen Biele vom armen geringen Adel ſich Herabjuftimmen bewog, auf
ber anderen mit ben Gigenthiimern ter freien Bauernhofe ded Stadtgebietes ſich
vermijdte, bildete ſich allmalig ein umfaffender neuer, ber bürgerliche Stand"),
Die Vewaffnung der Gewerfsgenofjenfdaften ift ber Uebergang von
ihren anfinglid) blos gewerbliden Rechten gue grofen bürgerlichen Macht, welche
ifnen in allen Gradten eigen gewefen.
Das Zunftwefen iſt die Grundlage, auf welder fic in den italieniſchen
Stddten bas Volk ober dev grdfere, in Zünfte gefdloffene Theil der Burger
(ein Seitenftiid iff nur nod im romifden Staate die Plebs, deren Uebermacht mit
WMeisheit lange Zeit in Scranfen gebalten wurde) neben ober aud tuber die
Gtadtgemeine (Populus im Romijdhen, in welder aud die adeligen Gee
ſchlechter) 2) erhob (Hüllmannn I. 315, LT. 314 — 347). In Deutſchland trat
aber ber laͤngſt vorbercitete Rampf ber niedDeren Gemeinde gegen die
— — — — —
1) Es verſteht ſich, daß dieſer Bildungsgang in mehr entwickelten Ländern nur vorſichtig auf
auf unſere Verhältniſſe angewendet werden kann.
2) Die Herrlichkeit des ſtädtiſchen Adels war nirgends von beſtändiger Dauer. Es kam
eine Beit, wo bie Geſammtheit der Ziinfte als Gabrungsftoff fo gewaltig in dieſen Herrenſtand
einwirtte, daß eine Berfegung in ibm vorging, einige fic) binitber mandten zu bem Stanbe
bes Lanberet-Abels, andere, bie nicht ausſchließlich vom Crtrage ihrer Grundſtücke lebtert,
jondern aud) Großhandel trieben, herüber traten gu dem Gewerbsftande. Die Veränderung
im Inneren ber Bürgerſchaften griff mod weiter um fic; es erfolgte eine gänzliche Umge⸗
ſtaltung berfelben, worin aud der, bisber in ben meiſten grdferen Städten vorbanbene,
Mittelfiand unterging. Bu bdiefer widtigen Ordnung von Bürgern, die gwifden
ben wehrſtändiſchen, reich begiiterten Altbiirgern, und ben Handwerfern, mitten inne ftand,
gebérten vorzüglich bie Gandelsherren, desgleiden alle Unternehmer von größeren Kunſt⸗
werkſtätten.
Mit bem Ausdrucke Mediocres fann nur dieſer Stand gemeint fein, fo wie im frü⸗
heren Mittelalter, vor ber vollendeten Herrfdhaft ber Handwerktszünfte, Biirger, im La-
teinifgen Cives, im engeren Ginne ber eigenthiimlide Name fiir die mittlere ſtändiſche
Orbnung ber Stidtebewohner gewefen iff. Ju Genf werben fdon im 13. Jahrhundert
204
abgefdloffene Ratheégemeinde, ber Zünfte gegen die Geſchlech—
ter, bad Streben der Zünfte nad Anthell an der Rathsgewalt, durch den
allgemeinen Gebraud der deutſchen Sprade in Urkunden und
Sffentliden Verhandlungen beginftigt, ber Aufſchwung ded demokratiſchen Sinnes
au gleicher Zeit, als fic bie ſchweizeriſche Eidgenoſſenſchaft erhob und bie flamifden
Bolfdgemeinden tiber den frangofifden Abel flegten, erft gegen dad Ende ded
18. und gu Anfang bed 14. Jahrhundertes ſchärfer Hervor, bis gegen die Mitte
bes legteren in Folge ded Serwiirfniffes mit bem Pape die Gefdhlecters umd
RNaths-Ariftofratie faft in allen Stadten gebrochen ober ein gemäßigtes Regiment
bed Rathed und der Ziinfte eingeflihrt wurbe (Barthold III. 114, 126, 146,
157, 237, 252).
Neben den SGlevenern oder RKunftoflern, ben Geſchlechtern und retcheren
Piirgern, welche mit ber Gleve ober Lange und in voller Ruͤſtung fodhten, be-
fland bie Rraft bes Bürgerthums in ben bemaffneten Zinften, die im Befige
eigener Banner und Zeugh äuſer, unter fic als Genoffen abgetheilt unter
Oberalten, Zunftmetftern ald Führern, gegen ben Feind ausjogen, gewiffe Stadt:
thore, Waden, Theile ber Mauern befegten, vertheidigten. Als Waffe, die am
geeignetften ber Gauft bes Zuͤnftlers fic bot, hatte bad 13. Jahrhundert die
Armbru ft Uberfommen, deren Erfindung dem Morgenlande gehört. Des neuen
gefabrlichen Werkzeuges, welches im vergroferten Maßſtabe ald ,Blibe* bei
Pelagerungen, auf Kriegd(dhiffen geflirdtete Anwendung fand, bemächtigte ih
überall in romanifden und germanifden Landern das Bürgerthum; es galt, von
ber Kirche verflucdt, als fegerifa, vom Adel gemicden ald heimtückiſch, unritter⸗
ich. Immer auf bem Fufe der Nothwehr madten ſich die deutſchen Birger
mit metfterfider Luft dad künſtliche Wehrmittel gu eigen, vervollfommneten die
earbalefta” zur funfivollen Vorrichtung ved „Stahles“ und gebraudten fie mit
ſchrecklichem Mugen von den Zinnen ihrer Stadte wie in offener Feldſchlacht.
Unter bem Schutze des h. Sebaftian, der als Mtartyrer ben Pfeilen erlegen, des
§. Moris und anderer ritterlider Patrone ſchloſſen fic (pater die Liebhaber der
Armbruft aud als kirchliche Bruderſchaft gunftmagig an einander; fo entftanden
ble Schützengil den (in Braunſchweig fon 1268), deren es in fedem grdgeren
Orte mebrere geben fonnte, der Raufleute, ber Handwerfer. In der fertigen
Hanb des Biinftlerd blieb der Stahl nod Jahrhunbderte Hindurd neben bem
Feuerrohr in Anwendung; bad Stahlſchießen naw bem Vogel auf Hober
Stange vereinigte mit mannlider Waffenfreudigkeit nnd gefelliger Luft die Refte
ber Poefie, welde aus dem Leben gu weiden drohte, und (aft now im trauris
gen Reformations-Jahrhunbdert bei gefeterten, fangreidben Geſellenſchießen
Mitglieder ber Stadtgemeinde von dreierlei Rang unterſchieden: Milites, Cives, Burgenses ;
ganz fo in Baſel: Ritter, Bürger, Handwerker, in Strakburg: Gefhledter, Birger, Hand-
werfer (Sillmann I. 244, 467, Ill. 568).
295
bad traulidhe, tapfere, wigige, efrbare Geprage bed mittelalterlidhen Bürgerthums
abſpiegeln.
Die neue Kunſt des Feuergewehrs, wahrſcheinlich lange vorher durch
bie Maurenkaͤmpfe im ſüdlichen Spanien hervorgerufen, fam bei ben Buͤrgern
zuerſt in Gebrauch, als 1324 Balduin, Erzbiſchof von Trier, Johann Koͤnig
von Boͤhmen und Ferry Herzog von Lothringen Meg vergeblich belagerten, weil
bie Birger und ihre ritterlichen Helfer einen wirffamen Gebraud von ifrer
„Artilterie“ gemacht Hatten. Ueber Stalien, wo Floreng fon 1326. eherne
Geſchütze giefen lief, mote bie neue Kunft in oberdeutſche Stadte gelangt
fein. Denn (don 1344 hat ber Erzbiſchof von Maing „Feuerſchützen,“ fon
1356 fommt Schießpulver in Niirnberg und Braunfhweig vor. Im Jahre
1874 brauchte ber Biſchof von Wiirzburg bereits „VBüchſen“ feine Burger yu zäh—⸗
men; gleidjeitig finden wir tie Bombarden zur Vertheidigung hanſiſcher Orlog⸗
fdiffe angewandt, und erfafren bald, daß Ulm's wie Braunſchweig's S h ite
zenbrüderſchaften fich ter funftreithen Handbüchſen flatt bed üblichen Stahls
(ver Armbruft) bei mannererhebentder Luftbarfeit bedienten. (Barthold TL
36 — 38, 250).
Gin befferer Zuſtand ward burd die Birgerfdaften moglih gemadt, burd
ihe Geld, gum Theile auch durch bas Schießpulver, deffen Anwendung ihrer
grdptentheilé mit Fußvolk beftrittenen Kriegfihrung, fo wie dem Oertlichen
derfelben, vorzüglich zuſagte.
Mie die hergeſtellte nachdrückliche Waffengewalt ber Lanbesherren bas
vorzuͤglichſte Vollſtreckungsmittel bed Rechtes geworden, boten zunaͤchſt die Buͤr⸗
gerſchaften die Kraft, die Ordnungsmaßregeln durchzuſetzen. Denn haben auch
bie Staͤdte nicht die erſten Beiſpiele von Soͤldnern gegeben'), und haben ſie
gleich mit ihren in Dienſte genommenen, beſoldeten Reitern die Graͤnzen des
Rechtes oft überſchritten, ſo ward doch von ihnen, durch den ausgedehnten und
beharrlichen Gebrauch geworbener Kriegsleute, und durch ihre, ben Landesherten
gu gleichem Behufe geleiſteten Geldhilfen, verdienſtvoll bie Bahn gebroden
in Bewerkſtelligung eines beſſeren oͤffentlichen Zuſtandes.
Das groͤßte von den Uebeln, an denen die ftddtifden Gemeinheiten gelitten,
beftand in ber Mangelbaftigfeit ber Zwangsmittel, welche die Regierung gegen
Verbrecher und Empörer anguwenden atte, wo die gewoͤhnlichen Amtsdiener
nicht ausreichten. Bewaffnete Birger follten hier diefer Grundpfeiler fein, auf
welchem aulegt alle Gefeplichbfeit und Staatéortnung berubte, wenn aud Unluſt
') Die 1256 zu Maing verfammelten Stdbte einigten fich zur Waffenbereitidhaft bes Bür⸗
geraufgebotes und Wufftelung von Sölduern (Sulbener) und Armbruftern, um
jedent Bunbesgliede fogleid) betgufpringen (Vartholb WH. 228). Bu Anfang des 14. Jahr⸗
hunderts entſchloſſen ſich Augsburg, München, Regensburg, Nürnberg, Goldner yu Fuh
und gu Pferd gu halter; die Auflringung ber Koften verurfadte gewöhnlich biel Mißver⸗
gnügen (Hüllmann IV. 13).
296
gu bem Dienfte wegen Verſaͤumniß des Erwerbes, Mangel an Mannszucht, weil
bie Burger ohne Gold dienten, und Parteigeift, befonderd in Folge bes Zunfts
wefends, wohl nidt felten Hemmniffe mit fich bradten. Wir fehen daher (us
nadft in Stalien) neben ber Bürgerwache aud eigene Stadt wagen,
Scharwachen, Söͤldner auffommen (Hüllmann Il, 4—6, IV. 5—15).
Nad diefer allgemeinen Darftelung folten wir über die militäriſſchen
Einrichtungen friberer Zeit in Brinn Mittheilungen maden; da es und
aber Hiegu an geniigendDem Stoffe fehlt, wollen wir folde, bei siemlid gleichen
Verhaltniffen, aus der Geſchichte Wien's enilehnen ').
Ueber bie Befeftigung Wien's (Vergleiche S. 222 ff. dieſes Buches) in
ber erften Umfangsepocde wird nur ber Stadtmauern (Ringmauer) und
brefer Stadtthore fammt Thürmen, in der gweiten Epoche, welde
fi von ber Durch bie beiden Leopolde zwiſchen den Sahren 1177 — 1250 aus⸗
geſührten Bergrdferung der Stadt datirt, bec Ringmauern und 19 Thadrme
erwähnt, deren Grhaltung der Etadt oblag; es werden aber auch bie alten
Stadtbollwerfe in den Fortififationsreddnungen bes 14, und 15. Jahrhun⸗
berteéd als ſchon beftanden erwaͤhnt. Von eigentliden Bafteten oder Wall
gangen jeigt ſich aber in benfelben nod feine Spur. Die Fortſchritte der
Kriegskunſt in der allgemeineren Anwendung bes SHhiefpulvers 2) und
bie Bermehrung bes Kriegsvolkes madten im Berlaufe des flr Oefterreih fo
friegerifdben 15. Jahrhundertes bie Ringmauer mit ihren Thürmen und Graben
und die 4 Stadtbollwerfe nicht mehr hinreichend; die Ringmauer (mit Erbe bes
ſchüttet) wurde allenthalben erhoht und mit einer ,umgeundwer (Bafted),
Erfern und Bruſtwehren verſehen; sur Bolendung der duferen BVerthels
1) Schlager theilte aus ben mit ungemeinem Fleiße und Sachkenntniß benützten Stadtbüchern
von Wien vom 14. Sabrhunderte an intereffante und lehrreiche Notizen fiber die mili-
tirifhe Berfaffung diefer Stadt im Mittelalter mit unb gwar in feinen wiener Sfiggen
bes Mtittelalters I. B. S. 85 — 146 und 157 — 202 über bie Feldzüge ber Wiener im
Mittelalter, bas Waffengeng ber Stadt, Erzeugung und Aufbewahrung des Pulvers, vou
ben Schießübungen unb Sdiefpligen, bie alten Zeughäuſer der Stadt, bie Feftung Wien
im Mittelalter und ben Stadtgraben, bann V. B. S. 3 — 222 ilber bie Bewachung und
Vertheidigung Wien's, Aufgebot ber Zechen und Erbbiirger, das Sdlbnerwefen, die alter
Waffen. Reughdufer, Pulverthiirme, Schießſtätten, Schützenordnungen, bte Titrfenratys (Zug
gegen bie Litrfen) 1456, zwei Stadt-Febden, Kriegsleiſtungen im 15. Jahrhunderte, geſchicht⸗
lide Ueberſicht der Feldzüge und Urtunden dazu. Bei uns hat ſich leider noch fein Schla⸗
ger gefunden, obwohl es in ben Archiven von Brünn, Olmütz, Znaim, Iglau wu. a. kaum
an Stoff fehlen dürfte. Wir theilen daher, ta die Verhältniſſe von Wien und Brünu ſich
in der angedeuteten Beziehung ziemlich gleichen dürften, aus Schlager Einiges mit.
3 Die älteſte beſtimmte Nachricht vom Gebrauche bes Schießpulvers und ber Feuerwaffen ta
Bihmen fällt in bas Jahr 1384 (Palacky III. 1. SG. 36). Während ber Belagerung von
Bnaim 1404 blieb die Beſchießung mit Ranonen bet der Schwäche bes damal fabricirter
Pulvers unwirffam (eb. 203, 294). 1392 fommt bei uné vor Mertlein son Kuß magister
pixidum, 1412 ein magister Pixidum.
207
digungélinie aber wurden mefrere Thürme und Bollwerfe (auch Leber,
Labor genaunt) zwiſchen ber Stadt und ben Vorſtädten erbaut, die
Borftadte aber von außen dburdh Zäune (Pallifaden, gum Schuge gegen Bers
faulung mit SBrettern gcededt) und fogenannte Schreckzäune (gegen die
ecften Unfalle ber Schaaren Mathias Corvin errichtet, 1487 aulegt erwähnt)
geſchützt. Es gab fonnad dugere Zaunthöre ber unmittelbar bie Stadts
mauer umlagernden Borftabte, Thore (mit Sdhofgattern, Fallgittern;
es waren mehr für Fußgeher, alé Fahr⸗Thore) Der Vorſtädte gegen die
Stadt, aud Thiirin (mit Thirlfetten), Vorftadt-Thiirme, 18 Bors
ſtabt⸗Thore, Bollwerfe oder Bafteien und einen Sta dtgraben mit
einer Mauer (quégemauert) und Rinnen Cum GCinlaffen ded Waffers). Der
Stadtgraben wurde gur Grasnitigung, für ben jungen Erzherzog Ladislaus (1452 —
1457) ald Thiergarten (mit Wild, Hirſchen, befegt, jährliche Jagden), {pas
ter, wo er mit Waffer angefiillt wurde, gue Fifdnugung, und feit dem 16. Jahre
hundert mehr und mehr wieder zur Grasnugung verwendet.
Die erwaAhnten Befeftigungswerfe wurden im Belagerungsgrauel ded Babe
reS 1529 theild von Feindes, theild von Freundes Hand ber Erde gleidh ges
macht und verſchwanden fic immer, bid auf die BVorftadtgaune, welche im 17.
Sahrhunderte, bid gum Baue der Linienwalle im J. 1704, zeitweiſe gegen
bie Peft errichtet wurden,
Die bei der türkiſchen Belagerung (1529) geſchöpfte Ueberzeugung, bas
mit den bamaligen Mitteln eine fo weit audgedehnte Fortififationslinie bis gu
ben Vorſtadtzaͤunen ſich nit vertheidigen laffe, modte die Befdranfung des
neuen Baues blos auf die Vefeftigung der cigentlideninneren
Stadt veranlaft haben. Aber auch dieſe Fortififationsarbeiten befdranften
fi mehr auf Wiederherftellung und Ausrdumung (von Koth) ded Stadtgrabens,
Erhoͤhung der Bafteien oder Wallgdnge (und deren Anſchiebung mit Wafen und
Grbe), Erbauung von Ragen hHinter den Bafteien und fonftige Vorarbeiten
fir ben ſchon 1540 von den faiferlthen Baumeiftern (1544 Meifter
Dominicus BOalto aus Karnthen und Frangisfus be poro von Mailand) un
mittelbar tibernommenen Bau, mit Ausnahme der Dominifaner+ (fogenannten
Bürger-) Baſtei, welde 1544 und 1545 auf Koften des Stadtdraré errrichs
tet wurbe. Dadfelbe mufte auch au ben Roften diefer von den faif. Baumeiftern
ausgefuͤhrten Befeſtigungswerke (von 1543 bid 1560 jährlich 4000 bis 16000 fl.)
beitragen, indbefondere 1545 auf Cinwirfung bed Generalobriften Feldhauptmanns
Leonhard von Fels 2000 fl. gum nothwendigen Bane der Ragen hinter ben
Baſteien, deffen Koſten auf 11,000 fl. veranfdlagt waren.
Bis auf die Zeiten zurück, in denen grofere Marfte durch Pfähle
(Baune) und fohin Umgebungs-Mauern gu Etadten umgefdhaffen wurden,
geht allenthalben bie Verpflidtung ibrer Bewohner, fie gu bewah—
ten und gu vertheidigen. Diefe Stadtbewohner beftanden theils aus
Pfahlbargern ') von Geburt aus (Erbbairgern), thell6 aus Handwerkern,
welde das Buͤrgerrecht erwarben, ald fle ſich in ber Stadt sum Bee
triebe ihred Nahrungdsgweiges. Hduslid niedergelaffen Hatten, oder fte gehoͤrten
ber bienenden Klaffe an. Der Ritter, Gauherr und ſelbſt ber Landesfürſt
fausten nod auf ihren Bergfefter. Bon diefer Wachpflicht ber Bürger zeitzen
alle alten ſtaͤdtiſchen Archive Spuren; bei groͤßeren Stabten ift aber‘ felbf “unter
ben Dirgern eine eigene Wbfonderung fair ven gewshnliden Waffen
dienſt auf ber Ringmauer gu finden; es waren namlidh Hien vie Bog:
ner und Pfeilſchnitzer (bie Berfertiger ded GHanbdgefehoffes) berufen Cole
nad einer Urk. Carl IV. von 1360 in Prag, dann in Wien); bio Rudolph FV.
1361, unter Aufhebung ihrer Gteuerbefreiung, alle Birger ohne Ausnahme
jum Militardienfte in und vor der Stadt verpflichtete. Die Huſſiten⸗Zuͤge, dann
die brohenden Stellungen der Ungarn, Polen und Bshmen, wie bad Treiben
organificter Rauberbanden, in Verbindung mit der Uneinigfelt im Haufe der
Landeéfirften, im 15. Jahrhunderte beftimmten den wiener Stadtrath, auf die
Befferung Der Stadtmauern und dle Errichtung mehrerer Fes
ſtungswerke aufer benfelben gu denfen, um ſowohl bie Stadt als auch de
feither vergrößetten Borftddte gu ſchuͤtzen, namlich Vorftadt- Voltwerfe, Pale
fifaben und Graben gu bauen. G6 ergingen zugleich 1444 fiber die Erhal⸗
tung und Bewadhung diefer Borftadthefeftiquugen, tiber bad Zirken (Errich⸗
tung von Wehren und Vorſtadtzaͤunen) Wadten und Schuͤtzen (Bewacdhung
und Bertheidigung derfelben), dann über das raifen (Ausgiehen gegen den
Geind) Berfiigungen fir die wiener Vorftdite, deren Bewohner in diefer Bezie⸗
bung in Die Biertel vor den Thoren getheilt. wurden. Die Pflicht,
Pfähle gu fegen, war und blieb in allen Zeiten eine Hodft perſoͤnliche, im
Falle ber Noth, fir jeden Ginwohner. Die Vorſtadt⸗-Thürme fpielten
bei den fortwadbrenden Bedrofungen der Stadt eine Hauptrolle. Sie wurden
burd) Bogner>, Schloſſer⸗ und Munger + Gefellen, ober durd Zinngiefier, oder
aud burd eigene befolbete Büchſenmeiſter und Büchſenſchützen bes
fegt und vertheidigt. Rur bie Mauern der Stadt felbft und ber Stadtgraben
blieben bei wirflider Belagerung den Burgern immer perſönlich zu verthels
bigen vorbehalten. Sie waren dabei nad den Stadtgrdben in vier Biertel
1) Schlager ſcheint ben Begriff diefes Wories nicht gehörig ga beuten. Die Städte verſtärk⸗
ten ſich durch die Aufnahme von Aus- ober Pfabhlbiirgeru db. h. Herren, Bittern, Prifaten,
Klöſtern und gemeinen Freien, dte auf bem Lanbe wohuhaft, ber Stadt durch Beibilfe ia
ibren Fehden, durch Beherbergung ibrer reifenden Abgeordneten und auf andere Weife bei-
fteben mufiten, dafür aber fraft jenes künſtlichen Bürgerrechtes bes Schutzes ber Stadt, bes
Geridhtéfanbes in berjelben, bes freien Abſatzes threes Erzengniſſe und anderer Bortheile
theifbaftig waren.
Den Verboten ber Reichsgeſetze gelang es erſt im 15. Jahrh., dieſe vtele Uebel⸗
ſtände herbeifiifrende Giuridtung yu unterbriiden (Walter, deutſche Rechtsgeidhidte | 291;
Bbpfl 1. 168, 183; Eichhorn (3. Ausg.) 1. 115, 127, II. 48, 85, 104, 227).
georbnet, deren jedes cine eigene Fahnenfarbe (roth und weiß, brant,
grfin und blau) hatte. Sm 15. Jahrhunbderte fommen aud von der Stadt bes
folbete Wachter unter ben inneren Stadtthoren, fo wie Thor—⸗
ſchützen, die unter der Stadt duferen (Vorſtadt⸗) Thoren flanten, vor. Wie
nun-detd Startrath durch diefe ganze Beit bas fammtlide Genies und Bauwefen
ber Keftung Wien allein leitete, fo blieb, felbft alé Maximilian ben Militarbienft
zu einer allgemeinen Steuer gemacht fatte, die Bewachung der inneren und
duferen Feftung Wien's fortan der ſtädtiſchen Miliz Aberlaffen; rer
Bhrgermeifier atte. zur Nachtszeit die Schlüſſel zu den dufferen und
inmeren Thoren in feiner Verwahrung (aud nach Ferdinand I. Stadtords
nung von 1526 und nod nad der Stadtobriftens (Feſtungs⸗Commandanten⸗)
Saftruftion von 1762), Wile Stabdtthore, bis auf einige, waren bei Rat
unbetingt gefperrt, unter doppelter ſtädtiſcher Beſetzung derfelben; nad der
Orbdnung für die Stabtthore von 1571 fonnen fie nur die Schlüſſelhändler
(abwedfelnd 2 Barger) zu gleider Belt offnen, wobei ber Mautner, alle Cols
baten und aud Ne Mauerwadter fein mußten. Gaon von 1629 an erfcheint
eine cigene Schlüſſelwacht fiir die nddtlide Bewachung der Stabtſchlüfſel
in der Wohnung des Blirgermeifterd. Der Sperrfreuger (Einlaß⸗Geld beim
Aufidliefen ber Thore aur Zeit ber Sperre, wobei mande Befreiungen beftan-
ben) bildete 1749 cin Ginfommen bed Staatsdrars. Nach der turfifden In⸗
vafion von 1529 finden fic ftadtifhe Wadter auf den Stadtmauern
mit einer eigenen Wadordnung von 1631 und in biefem Jahre auch Feuer
Rueffen, welche des Nachts die Stunde und das Feuer ausſchrieen und 1695
durch bie Rumorwadhe Gicherheitswache) erfest wurden. Auf ten Briden
uber die Stadtgräben waren zu groferer Sicherheit befonbdere hoͤlzerne
@itterthore angebradt.
Die perſönliche BVerpflidtung der Barger im Nothfalle in
tad Feld au ziehen ſpricht ſchon dad alte oſterreichiſche Lantredt und Fried-
rid Il. wiener Stadtrecht von 1227 aus; fie follten aber nad Rubolphs Hand⸗
fefte von 1278 nicht weiter giehen miiffen, als daß fte benfelben Tag bet Sons
nenfdein wieder nach Haufe fommen finnten. O6 fic died nur auf den Dienft
in Der Stadt bezog und ob fi im 13. und 14. Jahrhunderte daran gebalten
wurbe ift nidt bekannt. Es fonnte aber nicht ber Fall fein, als Herjog Al-
bret 1356 alle Birger Wiens gegen den mdr. Marfgrafen Johann aufbot,
welder Oefterreid) mit Raub und Brand verwiftete. Diefe Entfernung fam
aud nicht mehr in Betracht bet ben Aufgeboten der Burger in den Jabs
ren 1405, 1425, 1426 und 1438, tann in den folgenden Feldgtigen bed 15.
Jahrhundertes, in welden fid bie Birger gum Theile durd aufgenommene S 01 d⸗
ner vertreten liefen'). Im Gegentheil fordert Albrecht V. 1426 und 1438 die
1) Aud die brünner Biirger betheiligten fid beſonders bei Biigen gegen Raubburgen ber
Umgebung, wie 1315 gegen Obtan, bie ihnen zufiel (meine Gefdh. von Brünn S. 100),
1428 gegen Neuſchloß und Czernahora, wobet bie nod neuen Feuertoaffen in Anwendung
famen (Moravets IJ. 13).
wiener Barger („yedermann“ ober alle die vor alter vnd Jugend mugen,“ in ben
bringendfien Galen gegen die Huffiten ,menicgleich die in ber Stat vnd vor der
Stat wohnen, es fein Burger, Chawſleut, Hantwerdher, Hantwer
Merfnedt ond ander gemain volkh“) ausdridlid® gum Zuge „bis an die
Gemerch (Gränzen) bes Landed Oefterreich gegen die fegerifden pehamben
(Boͤhmen) und die vor Polan” auf. Dag ber Begriff ded Aufgebotes, ſo wie
in neuefter 3eit, aud im 16. Sahrhunberte in Oeſterreich bie unbeſchraͤnkte Mis
litaͤrpflichtigkeit febes Burgers, ohne Rudficht auf die Entfernung des Kriegs⸗
fhauplages von der Stadt, mit fidh brachte, zeigt Ferdinand J. Handwerkeords
nung von 1552, nad welder, wenn Feindesnoth in einer Stadt, Markt oder
Gleden einixitt, ,bie (burgerl.) Handwerfer daſſelbs onder andern.pleiben vnnd
vmb gepiirliden Gold dienen vnnd fic treulichen gebraucden laſſen follen bey
firaff ond peen verpiettung vnſerer Lande.“ Ridt felten fommen im 15. Jahr⸗
bunderte bei ten Aufgeboten aud die Birgermeifter von Wien ald Ans
führer ber Burger und Stattidldner vor, ober Rathsherren, die Rams
merer u. a. Hohe Veamte. In ben Wufgeboten heißt es, daß die Burger ere
f@einen follen ,wol gerast mit Harnaſch, weren, geug, und Wegen” (Wagen)
befonders wahrend ter Huffiten+ Einfalle nad der ihnen nadgeabmten fo bes
wahrten Vertheidigungs + Methode durch Wagenburgen. Mathias Gorvin vers
faugt ein paar Mal unter bem Aufgebot fon Püchſenſchützen. Dieſes
Mufgebot wurde durch dffentliden Ruf unter Läuten der Genanntens
GBGuͤrger⸗Ausſchuß⸗) Glode allgemein befannt gemacht; aud) burd die Steuers
fnedjte befonders angejagt.
Um die Erwerbsfaͤhigkeit und ben Verdienſt der Burger und Zechen nicht
gu beeintradtigen, wurden, ingbefondere für die Feldzüge, Soldner aufges
nommen, was eine fehr alte Uebung gewefen gu fein ſcheint, obwohl fie tn
Wien erft 1368 in der Stadtrednung vorfommen. Konnte fle ber Stadtrath
nidt in binlanglider Zahl im Orte aufbtingen, wanbdte er fic an andere, wie
1406 an ben Stadtrath in Znaim, welder ihm ,eplide gefelen Sdldner”
fdidte. Es war died eine eigene Rafte von Leuten, die, vielleicht keinem Lande
angeborend, Herumjogen, und um Lohn das Kriegshandwerk gu jener Zeit tries
ben, in welder nod fein ftehended Militär beftand (©. Palacky IV. 495 ff.
ber die Kriegsrotten).
Das Syftem ber AUufnahme von Stadtſöldnern fing (nach ben Stadt
rechnungen) in Wien erft im aweiten Biertel des 15. Jahrhundertes, in weldem
bas Kriegshandwerf gum höchſten Gintrage des Bürgererwerbes gu vorherrſchend
geworden, an, allgemadh die Oberhand iber Den perfonliden Zuzug
ber Burger gu gewinnen. Da jedoch die Militdrpflidht ber Burger daneben
immer nod beftand, fo wurden auf Roften ded eingelnen, vom Zuge heim b'eis
benden Buͤrgers oder der betheiligten Zechen diefe Stellvertreter aufgenommen
und fobin ber Gold auf die Barger gefdlagen (fon 1438, 1445 und ff.).
Aus ben Anfdhlagen und Reluitionen erhielten die Goldner ifre Begahlung
361
(ber gemeine Mann gewoͤhnlich 4 Schillinge, ungefabr 5 fr. ©. M. taglid
ever einen Halben Gulden wodentlid). Ueber ben Betrag wurde die Pers
Gandlung immer mit ifren Anführern gepflogen, weldhe bid Mathias Corvin
Hauptieute ju Fup und zu Rog, eine andere Gattung bas ganze 15.
Sabrhundert Rottmeifter hiefen.
Die Artillerie wurde durch aufgenommene, ebenfalls nad Wochen
ober aud nad ganzen Sahren (fon 1451) bezahlte Buͤchſenmeiſter bes
forgt. Sie waren bed ſchweren Geſchützes kundige Männer, welches damals
blos gegen befeſtigte Punkte in Anwendung kam. Sie verrichteten mit dem
Geſchütze der Communitäten, oft aber auch mit den ihnen eigenthuͤmlichen „Puͤſch—
fen” ben Kriegsdienſt, wie im letzterer Hinſicht ter (1429 vorfommende)
„Maiſter Hanné von Brinn PVüchſenmaiſter.“
Ruͤckſichtlich der Sahl der aufgenommenen ſtaͤdtiſchen Goldner fteht bad
Jahr 1458 nach 1452 oben an, in deſſen Berlauf 5,184 Mann mit 300 Pfers
ben unter 18 Rottmeiftern, von 5 — 27 Woden, dann fpiter wieder 1582
Fupfnedhte auf 6 Woden mit 158 Pferden von der Stadt befolbet und uͤber⸗
bied 1300 Fußknechte und 142 Pferde auf 1 Monat bem Hergoge Albredt VI.
gum 3uge gegen bie Bohmen gefendet wurden.
Auger bem von den Burgern perfonlich vervichteten und reluicten Wafs
fendienfte fommen aber aud nocd andere ſehr bedeutende Felbauslagen der
fidbtifden Kaffe vor, ald auf tie Berfoftigung der Befagungen von
Burgen, an rudpandigem landesfürſtlichem Sold, für Kreuzfahrer, an Kriegds
fteuer, Verfoftigung der Gefangenen, an gelieferter Munition, fir Rettung der
Weinleje u. a, welche mit ben eigentlidben Kriegsfoften an Sold, Munition,
Srabtbefeftigung u. a. mit Rückſicht auf den damaligen Gelbwerth erftauntide
Summen erreihen. Den Hauptleuten wurden bei ihrer Aufnahme Ent {dh ae
bigungé-Reverfe wegen ,, Verkauf" ober ,fdaden an Gut" audgeftellt.
Wud fommt in manden Jahren ber Lohn der beeideten ,laufenden ond
teitunden Boten” (dec legte Stadtbot erſcheint 1509) und Spione vor').
1) Wir theilen hier aus bem Auszuge der wiener Stadtrednungen über die Rriegélei-
fiungen des Stadtrathes und die Felbgiige von 1424 — 1493 (Schlager 1. 87 — 121,
V. 141 — 270) Giniges mit, was auf Mahren und fpeciell Brünn Bezug hat, und bie
fortwährende BVerbindung mit Wien zeigt, insbefonbere feit Herjog Albrecht Markgraf vor
Mähren geworden.
1424 Bug gegen die Huffiten gegen Laa. Raizz (Bug) die ber Vilrgermeifter und
anbere Rathsherren gegen Brinn, Olmütz und fiir die Hochſtätt gethan.
1425 Ausgaben — 2032 Pfund — auf bie Sdlbner, die 2 Monat gu Iglau ges
legen. Reiſe gegen Lunbenburg.
1438 (Ausgaben) ben Geren oon Znoym Dienern, di di Schankung getan habent
bem burgermaifter; gwain Lauttenflabern gu Znoym; dem Torwertl gu Znoym in
ber purfh; zwain Dofierern gu ber Ygla; den Briinner Trumettern; auf die Gefan-
genen von Olmitncy (gef. Poblen), welche in ben Kernerturn gelegt worden 55 Woden.
Was bie Rirper-Riiftungen und Hanbiwaffen jenee Fett be
trifft, fo finbet fid) aufer den Harniſchen im Rathéfaale bes GitrgerrathGanfes,
den Pfeilen, Spiefen und Lanjen im den Stadttharmen, ein zahlreicher Vor⸗
rath von Ruftungen aller Art aud) in ben Handen der Birger, wie panczier,
Hauben, paydenhanter (Sdhwert mit beiden Handen gu fühten), ple de
hantſchuh, Schurz, Huntstappen (Helm mit einem nad verne gu
hundokopfaͤhnlichem Bifier?), Goller, Pruftpled, Roͤrn, Syfenhuet
(Helm), Tartſchen (Schild), Swert, Hatten (Belt), armbruft, Hers
1445 Meidener bon Znaim mit 10 Pherden (Sdldnern).
1451 Rais für Galiez (Slalitz).
1456 103 Söldner abgeſendet zur Rettung bes Gesloß Siding (Czdenel bon
Mofenaw (Moſchenau) gefeffen anf Gbding, trich mit ſeinem Gohne San ſchon 1440 unter
K. Albrecht II. das Kriegshandwert als Hauptmann. 1452 nahm der wiener Stadtrath
legteren als Hauptmann ber Söldner an, 1455 wegen Ranbzülgen im Lande eingefangen).
1456 ben von Brinn, Miirnberg, Paffan (Söldnern) 1 Dreiling Weins.
1457 Rab, Spies, Sdhender oub Andre von Olomilcs Rotimeiſter ber Fußlknechte,
welde wegen der Zwietracht ber Hofleute und Stubenten anfgenommen wurden.
1458 Auslagen wider die veint bon Bebem, wiener Soldner unter Anflibrnng des
Herrn Jazigen von Vettau. Den herrn von Yala gefdentt, zu Rettung Irer Stat,
2 Gentner 14 Bf. Salniter ond ſchwebl.
1461 laufenden poten von Brünn, Olmiincy and wenn nbtbig gar gen Prag
um Kundſchaft gefendet, ob der Kinig von Böhmen ſich anjdide in’ Felb zu gieben. Des⸗
felen Tages (18. Mai) bat Seity vollanndt von poherlitz kuntſchaft pradt, wie bie von
Briin Jr grog piidfen ond anbern zewg, fo yu Rais gehoͤrt, auf wegen gelegt, ond mit.
ſambt andern Mehern willen haben, heraus gent Oefterreidh fiir Scnelb vnd Martberg
gu ziehn.
1468 ber Wiener Zug nad Trebitſch und Zuaim. Sie ftellen (mit 780 Pfund
Koften) bem König Mathias von Ungarn 40 Reiter fiir bas ganze Jahr gur Dispofition.
Die Böhmen nebmen Stoderau ein, bagegen geigt fid aber ans 12 in Wien gebaltenen
Progefftonen ein vollftindiger Sieg über diefelben.
Innemen bes Anflags, Go bem könig von hungarn gu widerftand ben fecgern gen
Behem beſchehen ift, 780 Pf.
Aber ain Junemen bes Anflags, So auf die Rotlewt (Bürgerrottenmilitär) der vir
(Stabt) viertail hie, auch gu Wiberftand ben teczern, als man gen Znaym vnd Trebitſch
gezogen, beſchehen ift 487 - Pf.
Merten Cuthaim auf die Soldner, So ex vor Zuaym in Veld gehabt 137 Pf.
Wolfgang Newrl anf 28 Goldner ye Roßen, So ec vor Trebitſch iu Veld gehabt,
auf 4 Woden 165 Ff.
Dem Kaſpar Furmann vmb prot, bas er für Trebitſch geflict hat 5 Pf., ond da⸗
bon zu flirn 6 PF.
Ain Furmann, bas er die Herhütten von Trebitſch widerumb hergeführt hat.
1471 Be vneffen, bas weber Dian bereyt fei in Beld zu ziehen.
Ainem poten von Znaym, von bes Reser (König Georg’s) tobs wegen, 60 br.
1472 Stem Merten PRdfenmaifter von Brinn, bay Gar fein fold, wochent⸗
li 1 Pf., facit 52 Pf.
Weiter find aud) Nachrichten fiber bie Felbhaubtleute Tettauer und Tobias vott
Boslowig, Aber böͤhm. Soldner u. m. a.
=
neſch (Harnofh), Paingewant, armgeret, englifh Pidelhauben,
regi, mewfel, ungriſch pogen u. a. Wabhrend die Burger wohlgehar⸗
niſcht in Urmgerath und Beingerwand waren, hatte ber gemeine Soldner, fir
welden eine folde Ruͤſtung viel gu foftfpielig gewefen ware, in ber Regel
aufier Dem Gifenfut und Schild feinen anderen Koͤrperſchutz.
Unter; bem. Sriegdzeug. anberer Art waren in biefer Beit now bie Arm⸗
bruft, (im 16. Imhrhunderte immer mehr durch bie Feuerwaffen verdrangt)
und. die Pfeile im Gebraudhe (nod 1473 wurden fiir bad birgerlide Zeug⸗
Gaus 75,000 pheyl und 3000 pheyleiſen (Spigen) in Borrath angefauft. Sn
biefem Sabre fommt aud als Unicum bie Ausgabe von 11 Pfund auf Fe wre
pheyl und Fewrtugeln vor, weldhe Holgrdder in Brand zu fteden bes
ftimmt waren). Auch findet fid nod im 15. Jahrh., aber ſchon felten der
Streitgaren (Streitfarren, aud Heerwagen genannt), von einem Pferde
gegogen und mit Feuergewehren verfehen. Durd Heerhütten Cvon Zwillich)
wurbe fiir bie Nadt-Bivouafe geforgt. OO
Die eigentligden Feuerwaffen biefer Zeit waren, mit Ausnahme eini-
ger den Biichfenmeiftern eigenthimlichen, im Hauptvorrath gang allein im Stadt:
Beughaufe. Sie bejftanden aus „eisnein Hantpüchſen, Euphrein
hantpüchſen (Feuergewebren), eidnein Hagkenpüchſen, fuphrein hag-
kenpüchſen, dDoppelten Hagkenpüchſen (Feuergewehre, mit einem an
ben Lauf im geraden Winkel abwarts gehenden Stid Cifen — Haden — bes
ftimmt gegen einen feften Gegenftand gefalten gu werden, um den Schuͤtzen
gegen ben Rückſtoß gu fidern, wurden Hackenbuͤchſen genannt, Doppelhaden
dann, wenn fie von ftarferem Saliber waren) Terraspüchſen, Haufnig
(Steindudfen, kurzen Kanonen mit weiter Mündung, (pater Haubigen), eisnein
otertail püchſen (Ranonen), kuphrein viertail püchſen, dann aud den
groß püchſen (fommen 1438, 1441 u. ſ. w. vor). Die neueren von ihnen
find ſchon auf „rädlein,“ die alteren jedoh nod in „Lad vnd Stil,” ciner
unbewegliden Holjunterlage in Form einer Lade Ceined Kaſtens oder Blocks,
in Dem bad Stid lag, bevor ed auf Geftelen mit Radern (Raveten) in Ge-
braud fam), die auf dem Boden fag und blos burd einen Stiel (Saft) in
eine andere Richtung gebracdt werden konnte. Sie waren aud mit „Scherm“
(Golsfchirmen) auf beiben Seiten, gum Schutze gegen Pfeile, Steine und kleine
Rugeln der Gegner, verjehen. Insbeſondere geigen ſich bie fo genannten grofen
Buͤchſen alle mit diefer unvollfommenen Montirung verfehen. Ihr Transport
fonnte nur auf eigenen grofen Wagen gefdehen, die durch ihre Schwere ben
Straffenbriiden unier Wegs gefabrlid waren.
Dad Geſchütz wurde von Privaten, eigenen Büchſengießern, gegoffen.
Schon 1472 beſaß aber bie Stadt eine Gießhütte.
Befondere Plage zeigen fidh in ber friheren Zeit fir bad Schieſſen
ber ſtädtiſchen Buüchſen, Haufnig, Doppelhaden, Viertailbudien, Terrass
badfen und Schlangen Geſchuͤtz von ungemeiner Lange, mit welchem man
a04
die Meite bes Schuſſes im Berhaltniffe vermehrte). Welche kunſtfertige Noke
bie bürgerlichen Konftabler nod im Berlaufe des 17. und 18. Fabrhus:
dertes gefpielt haben, ift aus Der neueren Geſchichte Wiens befannt.
Die Kugeln betreffend findet man ,PlehFuge(n” und Klhöze GEugeln
fiberhaupt, gumal grofere, welche aud) von Gifen fein fonnten) blos für Ne
Terrasbuͤchſen; aus bem ſchweren Gefdhiige wird bid gegen tad Ente bes
15. Jahrhundertes blos mit Eteinfugeln gefdoffen.
3m Snventar von 1445 (mit ben Nachträgen von 1449 und 1473) ')
erfgeinen an faft jährlich nadgefdhafften ,ber Stat Zeug,“ außer des
fon erwahnten, aud nod) ,pudfenftain,” Galniter, Pulver, Kohlen, Sette,
Tart{ den (fleine Childe), Segtart{ den (grofe Schilde mit eifernen Spiges,
um in bie Erbe getrieben gu werden und gu ftehen, damit ter Mann, wenigs
ftend in gebeugter Ctellung, gegen bas eindringente Geſchoß gedeckt fei), Als
spieß (gang glatter in eine eijferne Spige auslaufender Spies, ohne Vorſprünge
an Hol; ober Gifen), Gaisfueß (Geißfuß, gefpaltene Bredeijen, over eiferne
Klammhacken an Rletterftangen, Sturmleitern u. f. w.) u. a.
Meiter geht fon bas Gnventar fiber die zwei Faiferliden Zeug—
Gdufer in Wien bei bem Tobe Mazimilian I. (1519), gu einer Seit, in ber
fon ſchweres Geſchütz im offenen Felbe gu erfdheinen anfängt.
Da gibt es Hawhbtftuglh (groferes, ſchweres, überhaupt Belagerungs-Ges
fhig), Fewrpheill, grofe merfer (gewöhnlich mit Namen, wie narr, Pumbe
ler, Arhann u. a.), Maine merferl, gefchiffte Lantzknechts pies, (amar ffs
megen (grofe Ranone „ſcharfe Metze“), fingerin Cfleinfted, zwoͤlfpfündiges
Geſchütz, ſchrillernd die Luft durchpfeifend), Valkennetl (Falfonett, einpfindige
Kanone), dorndreill (fleine Manone, vom Vogel Dorndreher genannt), Pol}.
püchſen (Biden auf einem Bod liegend, meift mit Nadern an ren betden
fenftecht ftehenten Balfen, zuweilen aud blofe Dreififfe), Chamerfadlangen
(langes fleinered Gefdhug mit einer befonderen Pulverfammer, gum Werfen der
Kartatigen), Reißpieß ober ſchnetzer, Helmpartten fdafft (Helle
barden-Eqaffte), Camerwagen (Magen mit einer befonderen Pulverfammer),
fobl, groper foblwagen, handtpüchſel (Tergerol), Hanndtpüren
(Piftolen), Hawspheill ſchefft (ungefchifft 15,000, gefdiffte Hawspheill
10,000), hurnerne armpriisét (von Horn), ftangen gappin gu plentties
ern (Blenbtiider, wie praftifable Blendbretter, um bad Geſchütz und die Bes
dienungsmannſchaft bem Auge ded Feindes gu entgiehen), krebs (Panzer, Küraß
mit lauter ineinander ſchiebbaren Ringen, Sdienen ober Reifen), ſpangeroͤll
(eine Art Achſelſtück mit Sdheibe), Erenndl (Kroͤnlein, dreiſtachelige Cifenfpige
an der Turnierftange gum Stechen), u. m. a.
') ©. fiber bas Rriegswefen der Huffiten Wocel’s böhm. Alterthumestunde ©. 200 — 21%
Die Waffen, weldhe vor ber Erfindung bed Schiefpulveré und defen ver⸗
breiteterem Gebraude üblich waren, madten fein eigenes Zeughaus nothig.
Die Harniſche, Armbrifte, Pfeile und Spieffe wurden theils im Stadt « Rath.
haufe, theilé in ben verſchiedenen Thuͤrmen der Stadt, theilé bei eingelnen Ze⸗
chen und Birgern aufbewahrt. Grft bei Vermehrung bes der Stadt eigenthüm⸗
lichen ſchweren Geſchützes erſcheint 1463 ber Zeughaustaften am Hohenmartte,
vorzüglich zur Aufbewahrung dieſes ſchweren Geſchützes, obfdon gletdgeitig aud
das Rathhaus und bie Schranne EStabtgericht) dazu benuͤtzt wurden. Wis
aber nad ber erſten Tuͤrken-Belagerung die angewachſenen Waffenvorräthe aller
Art einen nod grofieren Raum erforberten, twoutde ber (1441 — 1444 etbaute)
Getreibefaften mit 2000 fl. Auslagen gu einem neuen fladtifden Zeughauſe
eingerichtet (1532 — 1534), fpdter aber (1562) bas nod) beſtehende (einzige)
ſtaͤdtiſche Zeughaus und Harniſchkammer am Hofe gebaut.
Schießpulver wurde in einer ſtädtiſchen Pulverſtampfe ſchon
1444 in Wien, beſſeres aber in Nuͤrnberg erzeugt und von ba aud nod ſpaͤter
bezogen.
Pie ſtädtiſchen Pulvervorräthe (ble herzoglichen Hatten, ſchon 1441,
eigene Magazine) wurden in Thürmen, im Rathsſaale, in ber Schranne auf⸗
bewahrt, nad) der tuͤrkliſchen Belagerung von 1529 aber nur in einem eigenen
Pulverhauſe und feit 1655 in einem Pulverthurme.
Sdon lange vor Erfindung bed Schiefpulvers, gu ben Zeiten der Baben⸗
berger, beftanden in Wien Geſellſchaften ber Bogens und Armbr u ft-
fii gen, die ihren Borfteher, ben Schigenmeifter (urkundlich erft 1305), batten.
Im 15. Jahrhunderte fommt nebſt den Armbruſtſchützen fdon die Puͤchſen⸗
ſchäten⸗-Geſellſchaft vor"). Rad der erften türkiſchen Belagerung vers
mefrten fich bie Schützengeſellſchaften und theilten fic in bie alten Püchſenſchützen
und jungen Püchſenſchützen; die Armbruſtſchützen erfdeinen, 1531 getheilt in die
jungen Urmbruftihigen, 1584 unter bem Namen Stachel⸗ (Stahl, Boljen,)
Schützeen, mit Auszeichnung der jungen und alten Stachelſchützen 2). 1566
gibt es aud Haggenſchützen und Puri Haugen. Die Stahlſchützen
1) Die Sdhilgen in Brünn und Iglau (S. über diefe meine Geſch. von Iglau GS. 253,
884, 493, 502) erbielten fon im 15. Jahrhundert ihre Sagungen. In der iglauer Schützen⸗
orbrung vom Sabre 1499 (in Sterly’s handſch. Geſch. Sglau’s 3. B. S. 418 — 492)
beift es: Es foll anh Niemand gum Vogelſchießen angelaffen werden, ex wollte denn
bie Ordnung halten, die ba gegeben hat ober tft von den Ehrfamen und weifen Gerren des
Raths der Stadt Sritnn.
2) 1619 erfrifdjte der wiener Stadtrath die ,,alte Sdhiless-Ordbnung” und nod 1719 beftitigte
ex bie ,,corrigirte Stahl Schüzen orbnung” auf Anfuden der fogenannten Stadel- ober
Armbruſt⸗Schüczen, nadhbem biefes Exercitium bisshero umb folder gueter Orbnung willen
in beften Frid und einigheit als eine antiquitet naylich practiciret wird, weillen folde
Schüezen in allen nothfdllen mit bem Rohr und Flinten anderen gueten Schüczen
fic gleider geigen tinnen.“
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werden ba aud) „Schützen mit ben Zielſtachel,“ die Pucienihigen bie _Sdu-
fen, fo mit ber 3illpiren ſchieſſen“ genannt ').
Schießſtätten waren vor 1529 in und an der Statt, nachher im tr
Borftadten, bis 1684 beide Schießftätten in der neu angefaujten un® amigegbas
fen Bircger(Hiefftatt in ber Alfergaffe vereinigt wurden.
Wie beliebt und beginftigt bie Scheiben ſcbießen ver Barger an,
geigt feit Anbeginn ber Regierung Mar 1. (1493) über zwei hundert Jahre Ke
Rubrif: Musgaben auf die Acmbiuft- und Piicdfenfdiigen im den ſtädtiſche
Rednungen. Es wurde um ,Be fte” (Beſipreiſe) ober Riainet gefdhoffea (Hep
tued, fo man cin jeden Schiigenmaifter alle Guntag von ber Stas giebt,.vem
Riienberg, Tud von Aden, Mechelm, Gelb vu. a. Hafen, Einlattopf ike, de
Zedl).
1541 geftattete ber Rath der Buͤrgerſchaft wegen der Kriegsnoth pur wz
mebrerer Uebung ein Freiſchieſſen mit Falfonetten.
1546 richteten bie Stahlſchützen ein „Schießen gu dem vogel an ber
Stangen” auf gemeiner Stadt Unfoften auf und die Büchſenſchützen
fhrieben ein ,frey Geſellenſchieſſen,“ in Mien gu halten, aué, zu wel
Gem aud etlihen Landen und Städten, aud Nürnberg, Regenspurg, Prag,
1) Der Stand des wiener Bürgermilitärs zeigt fic bei dem Einzuge des neuen Laifers
Maximilian H. int Jahre 1558 (Schlager, wiener Stigzen 1. 280) in folgenber Bere:
nda ift Ir Kayſ. Mayt. burch bie Erber Burgerſchafft auffs Bierlihift fo muglich well
geritfft ond in gueter Ordnung Cinbelaitt worden. Nämblichen gum forberifter gefect
Sechs Studh Fallhbonet auff Redern mit dem Statt Wappen ound Irren guegeboreuben
Püchſennmaiſtern Sre Zintruetten in der hanudt mit geferbten Febdern unnd Pinten gegiert
Darnadh ain Spill Thrumel onnd Pfeiffen Auf das Herrn von Pirſchen Obriſten haupt⸗
mann vier Trabanten in ainer Farb. Allsdann Er Herr Piefd dann fein Steufffim Georg
Srey Tin ſchöner Jüngling bey funffyebu Iharen ganntz Zierlich allain geritten. Daraaf
zwey glieder Trabanten alwegen tn Einem gliot Sechs Perfonen, bas Atn ſchwarz ead
gelb, bas annder Rott ond Wei vnnd Gre hauptleuth hernadgeriiten. Dann 67 gliche
„Schützen“ ferner ,,langfpieffer” 46, dann 13 gliedt „Khurzwehr“ mit der ,, Stadt Wappen,“
auf ber Rechten , Alt Oeſterreich fünff guiben lerch in Plabem Veldt.“ u. ſ. w.
Sn Allem Nemblich Perſonen deren Jeder aufs Peſt vnnd Zierlichiſt gerüſſt onudt
gepuczt Bunt ſunderlich bie beuelchs leuth Magy 0 ber Fanndlein Farben getlaidt gewefen:
hauptlenth . |. 15
Fenuderid@ . . . . 10
Yeytenambt . . . . 10
Zrabanten . . 2. . 8
Babel (Bobet) . . . 2
Spillemt. . . . 46
lanngfpieffier . . . 1328
Piidfenfdhiigen . . . 896
Khuerggwebr . . . 420
Püchſenmaiſter . ... 6
2881.
Summa ber Ansgabe 763 fi. 5 ß.
807
Etever, Kremb und fonberlid aus dem Mande ob ber Ens von Ritterſchaft und
Mdel viele Perfonen famen. Die fremben und wiener Schiigen 170 Perjonen
an der Zahl empfing der Burgermeifter und einige Herren bed Mathes. Eins
ber feierlichſten Feſtſchießen gab 1563 ber wiener Stadtrath gu Ehren Konig
Mar IL, sei weldem fid an einhelmifehen und fremben 119 Schuͤtzen einfanden,
barunter als Reft des vormaligen Ritterthumd mehrere fogenannte Junfer aus
Ling, Etrafburg, Rirnberg, Zirh. Die Mahlzeit verherrlidten die Stadt:
pfetffer mit Pfeiffen, Pofaunen, Zinken, Krummborn, Schallmayen⸗Muſik.
Bei der Krönung bes Königs yu Preßburg (1563) war ber wiener Birger:
mefiter Baier cf. f. Rath, wie aud ber Stadtridter, 2 alte (friihere) Biirger-
meifter, ber alte Stadtrichter und ber Secretari und Stabtidreiber) Fe ld-
obrifter fiber ſechs Fabnlein Burger.
“Rah der ,alt Ordnung der Pürxenſchüczen“ vom Jahre 1523,
erneuert und vermehrt 1559, gab es aweierlei Gattungen gewoͤhnlicher Schießen,
namlig zur Tartf{den, dann umb das Hofentued; bie (patere verbot
indbefonbdere alles Wirfelfpiel, Brenda und ungiemlide Wetten bei
ber KRegelftatt.
Die Türkenkriege, feit ber erften Belagerung Wiens (1529) ben
Gfterr. Laͤndern eben jo gefährlich als verderblidh bid gegen bas Ende ded
17. Jahrhundertes, brachten aud in die militäriſche Berfaffung ber koͤnigl. mabr.
Stddre einen bedeutenden Umſchwung, ba fie nicht nur berufen waren, fich felbft gu
vertheibigen, fondern auc bem Lande und den Landedfiteften, wenigftend in
groferem Umfange als frither, mit Mannjdhaft zu Hiilfe gu fommen, insbefondere
aber vorzugeweiſe fiir bie Herbeiſchaffung der Munition und des
fdweren Geſchützes Sorge gu tragen. Schon der Landtag bes Jahres
1518 werpflichtete bie f. Stidte, in Kriegszeiten bie Ranonen und Munition
qu fiefern. Sener von 1526 (aud 1531) trug aber aud 24 Obrigfeiten die
Rieferung von 40 Ranonen auf, wozu fle die fiberfliffigen Gloden von ben
Kirchen nehmen fonnten (Lukſche, Notizen yur alten Verfaffung Mahrend S.
70, 76). Schon 1532 ridtete Konig Ferdinand L folgendes Schreiben an ben
brinner Stadtrath: Wir danfen eud fiir die treue Anhanglichfeit, mit ber ifr
Uns in Unferer bebrangten Lage mit eurem Fußvolke, eurer Reiterei und
euren Ranonen gu Hilfe gefommen und mit Unferm lieben getreuen, bem frome
men Staniſlaus, Bijdhof von Olmug, und ben Herren Rittern im Felbe geblie-
ben feid und erfennen eure Liebe dankbar an. Seid dagegen Unferer koͤnigl.
Gnade verfidert und andert nie eure treue Gefinnungen. Bleibt nur gewif
mit ben Herren MRittern im Felbe und Helfet Uns yu Unferem und eurem
Peften den gemeinſchaftlichen Feind betampfen. Seid dabei verfidert, daß Wir
euch, foviel Unſere Rrafte erlauben, nirgends im Stiche faffen werden. Wir
hoffen von Gott Sieg; und dann werbdet ihe eure Buslagen euch reidlid ers
fegen fonnen, ded Ruhmes nicht gu gedenfen, den ifr euch erwerben werdet,
und des Lohnes, den ihr von Gott gu Hoffen habt. Sollten die befagten Here
20*
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- 4
ten Ritter einiger Stücke ſchweren Geſchützes bedürfen; fo erfuchen Mix
euch ihnen bdiefelben nicht gu verweigern (Wien am St. HieronymussTage 1532).
Sn ber Datftelung der Bewilligungen der Stande Mährens gu den Tür⸗
Fenfriegen aud bem 17. Jahrhunderte (Notizenblatt ber hiſt. Seft. 1858 Mr. 9)
heißt e8: Die k. Stabdte muften feit 1530 mit und neben den hoͤheren Standen
vielfaltig und beſchwerlich nicht allein in baarem Gelde und in der Verſchaffung
von Lebensmitteln, fondern aud mit Geftellung von Soldaten gu Pferd und yu
Sup contribuiren, außerdem aber bie Stadt mit Munitiond« und Fortifi€ations:
nothburften verfehen. Dad Vornehmite jedoch, wads bie Stabte bei folder Tues
kengefahr ausgeftanden, ift dad fortwährende Wachen, Schanzen, Ginquartis
rungen und Deifhaffungen gur Defenfion. 1588 follten bie 4 Hauptftadte Olmiig,
Brinn, Iglau und Znaim bas Stadtvolf in Kriegsfaden üben und in jeder
Stadt wenigftens 250 Mann, darunter 75 Doppelſöldner, die Mbrigen
Schützen, ausfuden, um befto leicdhter auf ded Landed RKoften Mannfdaft in
ber Noth gufammen gu bringen.
| Als ber Krieg in Ungarn neu auégebroden und Maͤhren gunadft von
ben Türken bedroht war, beſchloß 1590 ber Landtag, Aufgebote in Vereits
fdaft gu balten und dieſem Swede die wehrhaften Maänner ded Landed jahrlid
einmal gu muftern. Zu dieſem Zwecke wurde aud die Buͤrgerſchaft Brünns
am 27. Auguft 1590 gemuftert. Bei fteigender Gefahr verfah fid die Stadt
mit ben nothigen. Geſchuͤtzen, nahm facdfundige Bedienungsmannfdaft wie aud
Geſchützmeiſter in Stabdtdienfte, die birgerliden Büchſenſchützen übten fid
im Schießen nad dem Vogel auf der Stange (S. S. 93 diefed Buches); bie
Stinbde entwidelten eine befondere Thitigfeit in Begug auf bie Landesverthei-
bigungs + Anflalten, ftelten ein flarfed Contigent gur kaiſerl. Armee in Ungarn,
bie Stadte mußten Munition und Proviant, guweilen aud) Kanonen liefern. Sehr
empfinbdlid) wurden die Durchgiige, der Bufenthalt der aif. Miliz (Golda:
teffa). 1588 wurden in Brinn 3 Fähnchen Knedhte (bei 1100 Mann) und
auf bem Fiſcherfelde (laängs ber Fifdhergajje am Muͤhlgraben) die Reiter
unter bem Obriften Grafen Thurn gemuftert. 1594 waren 3 Fahnden Knedte
und 3 Fähnchen Reiter, 1595 und 1506 3 Fähnchen Knedte, 1597 dads Regis
ment bed Herrn von Pernftein, 10 Fahnden ſtark, gu Brunn. Ungeadhtet ftrens
ger Difciplin war dod die Zudhtlofigkeit ber Kriegsknechte, ihre Raubluft und
Graufamfeit fo grog, daß fie oft ganze Gegenbden verwiifteten, wozu nidt wenig
beitrug, daß dieſe geitweife geworbenen und entlaffenen Goldner gewohnlid lang
ihres Soldes Harren muften. 1594 wurde 1 Fähnrich und andere mit ihm
gebenft. Zum neuen Sabre 1597 mufte die Burgerfdaft mit bem Richter in
ber Stadt herumgehen, ba die mabhrifden Landsknechte, welde nidt bald audges
zahlt wurden, großen Frevel in der Stadt ubten. Am 4. Auguft 1597 wurde
auf dem Plage bei bem Narren-Häuſel ein Sdhnellgalgen aufgerichtet und
ein Knecht, welder einen Mind von St. Michael gu Tiefdan ohne alle Ure
{ache erſtochen, daran gehenft, ein anberer Knecht aber, welder falſche ferdinans
809
beifche tivofer Thaler von Zinn gemacht unb yu Brinn verwedfelt, dabei ents
hauptet. 1598 machten 4 Fahnen boöhmiſche, fa diebiſche Reiter, welche durch⸗
zogen, den Leuten großen Schaden. Am 7. November 1599 ſtarb jämmerlicher
und erbaͤrmlicher Weiſe ber Tobias Leſkauer, welchem waͤhrend ſeines Stadts
richteramtes, da kein Gerichtsdiener bei ihm geweſen, ein Kriegsknecht und
Unterthan des Herrn von Wiermb (Wrbna) die linke Hand abgehauen, das
Haupt toͤdtlich verwundet, ben ganzen Leib und die Arme zerhauen hatte. Als
1600 der Obriſte Mathes Heinrich Graf Thurn mit 6 Fahnen Reiter in den
Dorfern um Brünn gelegen, erſtach ein Franzoſe unter denſelben einen vom
Adel. Er war ein ſtattlicher Gefelle, bie „Steckhenknechte“ Hatten, als fle ign ge-
fangen nehmen wollten, zwei Stunden gu thun, ebe fte ihn binden und auf ben
Miſtwagen bringen fornten, „da er ſich alfo gewert und um ſich gebi—
fen wie cin wildes Schwein.” Aud bie Bürgerſchaft war in Fibnlein
(Fanbl) getheilt und hatte ihre Hauptleute und Fabnride (Fendrich, wie 1599
ben Ulrich Lilgenblatt). Als fich 1602 der Larm verbreitete, bie Tataren brenn⸗
ten im ganzen Lande und bie Tiirfen Hatten Neuhdufel erobert, wurde im gan⸗
gen Lande ber zehnte Mann aufgeboten und ilgenblatt 30g am 1. Oftober
mit ber Stadt 4 Reitern und Fußvolk fammt 3 Fleinen Felbftiden nah Straß⸗
nip, fam aber am 4. Oftober wieder heim, als fid) der Larm als unbegrindet
erwies. Am 26. Oftober wurden aber 3 Fahnden Schiigen (bei 1500 Mann)
von ben 20 Mann (hem aufgebotenen 20. Manne) im Landhauſe gemuftert,
am 28. bei Dem Goch⸗) Geridt auf ber Wiefe zur Fahne in Eid genommen
und nad Ungarn geſchickt. 1603 lag bad mabrifde Fußvolk, 2000 Mann in
6 Fabnen, gu Brinn auf dem Mufterplage vom 1. Suni bid 17. Sul „ſtil,
nur gefofen und gefrefen.” Diefen Tag ſchwuren fie gu den Fahnen und den
18. wurben fie im Landhaufe gemuftert. Wm 27. bei der Nacht wurde ein Knecht
auf bem Plage beim Narrenhaufel an den Galgen gebentt, weil er den Haupt⸗
mann, der ifn wegen Unfolgfamfeit in einem Raufhandel mit bem Regiment
(Stab oder Stod) gefchlagen, einen Schelm genannt. Am 28. Juli „ſündt diefe
feine Knecht davon gezogen, welche die Stabt etliche taufend gefoft und aufge-
gangen, ben man alle Hauptleut, Fendrich alle Befehlehaber mit Wein, Bier,
Brott, Fleifd, Haber und Futer Hat milffen aushalten.” Den 21. Auguft 1603
wurde das Striegdvolf, welded 1602 nad Ungarn gefdidt worden und 10
Monate in Peft gelegen war, gu Brinn abgedanft; von diefen 6 Fahnen (bei
2000 Mann) famen night mehr als 211 Perfonen wieder gurid und e6 wurden
einem Sebden fiir 3 Monate 12 fl. gezahlt (Ludwig's Chronik S. 24, 26, 29,
30, 37 — 40, 42, 44, 48, 49, 55, 88, 92. G. aud meine Geſchichte von
Iglau 6. 248—257).
Aud damal war pie Stadt und die (ftddt.) Vorſtädte in Ober-
und Unters Biertel getheilt und jedes hatte einen Haupt> und
Unters Hauptmann, denn ber Stadtrath verordnete, „es foll fein Burgers⸗
mann ober Borftetler auf der Herrn (ber Stadt) gründe feinen frembben far
310
fein Geſünde auſnehmen, er fei Denn einen Rath gugefagt und au befragen, von
wanen ec fumbt (Unfange bed Melbungsmwefens), ſolches follen die Biertl
Hauptleut durch ire Unterhauptleut verridten und anzeigen“ (Ludwig S. 89).
Als Markgraf Mathias 1608 feinen Gingug in. Bruͤnn hielt, ritten ibm
bie von Brinn 100 Pferde ftaré auf eine Meile bid hinter Modrig entgegen.
1619 betheiligten fic) gwar die meiftend afatholifden bewaffneten Birger bei
ber Ueberlieferung der Stadt an die rebeDijden bohm. Halfsvolfer und mage.
Stande und waren 1620 bei bem feierlihen Empfange ded Winterfonigd Frieds
tid) von der Pfalz. Die Bürger wurden daher nad ber Befiegung der Rebel⸗
lion entwaffnet. Der Gubernator Cardinal Dietridftein hegeugte aber dod
(1623) bem Raifer, die Stadt fet entſchloſſen gewefen, fich wider deffen Feinde
gu vertheidigen, fei aber von den ftand. Volfern gewaltthatig übermannt worden
und „das wo eine Statt mefrered Pardons verdient die Statt Bruͤnn deffen
volffomlider genießen folle.” Die brinner Buͤrgerſchaft lduterte ſich aud glans
zend burd) ite vom beſten Erfolge gefronte ruhmvolle Tapferteit, Hingebung
und Aufopferung in ber Bertheidigung ded widtigen Bollwerkes Brinn gegen
bie Schweden (1643 — 1645). Cie gabltebamal in 2 Compagnien unter
ben Rathsverwandten Marimifian von Hof und Andreas Porſch 259 und 265
Mann, ungerednet die 89 Zimmerfeute und Maurer, weldhe als Bombardiere
bienten. Der Commandant de Souches beftatigte aud, ,,taf Rath und Bürger⸗
{aft night nur anſehnliche baare Seldfummen, Wein, Proviant und Munition
bargereidjt, und ihre Hauler willig abgebroden, fondern auch ihre Nahrung und
Gewerbe, ja Weib und Kinder, Gut und Blut, Leib und Leben Hintanfegend,
wahrend ber ganzen Belagerung mit ihren Dienern und jungen Leuten bei Tag
und Nacht bem Feinde tiberall einen mächtigen Widerftand entyegengefegt, merk⸗
lichen Whbruch gethan, und freudig entidlofjen gemcfen, lieber in den Tod gu
gehen, alé fic) gu ergeben, fo daß es ohne ihre Dtitwirfung unmoͤglich gewejen
ware, bie Stadt, bas Schloß Spielberg und bie Strada cooperta gu behaupten,
weßhalb die Stabdtgemeinde ,,bei ber Pofteritat ewigen unfterdliden Ruhmes
wiirdig, und alé treue Bafallen ben treuen gu einem guten Crempel, den rebellis
renden Städten aber gum Abſcheu und ewigen Scand und Spott mit fonder
baren faiferl. Gnaben gu regaliren feien’ (Die Sdweden vor Brinn, von mir,
©. 3, 9, 12, 16, 34, 35, 41, 45, 67, 71, 85).
Die Bürgerſchaft mußte aud naw bem Abzuge ber Schweden nidt nur
neben und gleid den Goldaten die Wace wirklich verridten, fondern auch der
Garnifon bad Service und, in Ermanglung der ProviantsLieferung vom Lande,
oft aud bie Berpflegung reiden. Die Stadtabgeordneten baten baher den Rais
fer _,um Rinberung ber Garnifon und der Servicen,” und diefer verfprad
aud die Garnifon von der Stadt abführen gu laffen, fo bald e6 wegen bed
Feindes nur immer werbe geſchehen fonnen (Rell. 3. Februar 1646). Brüun
hatte aud) in ber Regel aufer Feindesgefahr feine Garnifen, fondern nur die
Feflung Spielberg, und bie Bürgerſchaft mußte aud) da die Dienfte verſehen,
Within" bidfette von ‘der Gariifon entbloßt war, wie 1691 (Ueber die Streitig
whit biefer ©.-G. £00 ff.), fo tole frets bie befeftigte Stadt bewahren und
igen!’ “Dater wae tte Bürgerſchaft auch ſtets bewaffnet und wurde im
the der Waffen geübt. Ele war im Jahre 1668 in 2 Gompagnien
Herlt.. Die Sharge ber GHauptleute und Fabnride, wie aud ber Stud
Wetteute, „ſo mit den Ronftablern gebietet,“ wurde von Perfonen ded ins
t wit Auferen Rathes verſehen, die nit beſoldet, fondern nur von ben
cit bürgetlichen Schuldigkeiten befreit waren und bie Quuartierfreifeit ges
Gudwigs Chronit S. 36). Much fpdter beſtand dle bewaffnete Buͤrger⸗
Mafe fottan ‘in’ mehreren Compagnien H, wenigſtens in ihren Cadres ober Stab;
nes: gab (nad ben briinner Titular⸗Kalendern fiir 1709, 1717, 1721, 1749
F o Xo elnel Gtudhauptmann über eine Stabt- Compagnie, zwei Haupt-
, “Bite ſiber wei dürgerliche Compagnien, 1 Stucklieutenant, 1 ober 2 Stabte
| Mtbatenants, 1 Gtadt-OQuuartiermeifter, 2 Sta dtzeughaus-Verwalter, welche
wife meiſtens aus den Rathsgliebdern genommen waren. Insbeſondere fand 1710
WE Eintheitang der brünner Bürger unter bie zwei Hauptleute aus bem Rathe
Pali” Es ift baker gewif, tag in Brinn zu jener Zeit: 1 birgerl. Artilleries
und 2 birgertide Compag nien beftanden.
'" * @8 tam gwar nicht mehr gum Grnfte der Waffen; allein bie Bürgerſchaft
leiſtete fortan ihren militäriſchen Dienft in Bewadung ter Stabt und zeigte fic
bei feierlichen Gelegenheiten in ihrem Waffenſchmucke, wie 3. B. bei ber Er-
Renniing bes Flirften Dietrihftein sum Lanbeshauptmann, bei bem Einguge ded
oſmũtzer Biſchofs Carl Grafen von Lichtenftein (1666), bet ber Ankunft bes
Polenfinigs Sobtesty (1683), bed Befreiers von Wien, bei ber Anfunft bes
mainger Churfürſten Franz Ludwig (1731), res Brubers ber Naiferin Eleonora
if a m.
‘Bor der aweiten Halfte des 17. Jahrhundertes wbten ſich bie brünner
-Diitger auf der ftadtifdhen Spitalwieſe im Rohre und Scheibenſchießen.
Wegen Entlegenheit wurde ihnen nach ber rühmlichen BVertheidigung ber Stadt
gegen bie Schweden geftattet, dieſe ritterliden Crercitien auf der Juden—⸗
Baftton und der daran gelegenen Courtine-inie ausguitben.
Als Kaijer Qeopold 1, nad Einführung bes ofterr. Ri ffelfalyes
in Mähren und Errichtung kaiſ. Galgleg flatten CRanbtagéfhlugs 1651),
in’ Bfinn eine kaiſ. Hauptfalzlegftatt grinbete, überließ bie Stadtgemeinde
zur Grridtung einer Salzkammer bas bhisher gue taif. Saljverfilberung (vom
Galjverfilberer) beniigte fogenannte Budhaus?) fammt bem Zwinger bei
7 ft. .
f) GB hat baber feinen rechten Ginn, wenn Franzky angibt, die Bürger Brünns hitten bas
“1. Mal 1421, bat 2. Meal 1645, bas 3. Mal 1743 (i 600 Mann) und bas 4. Mal 1798
em regelmaͤfſiges bewaffnetes Corps gebildet.
3) Das runde Sd ber Herrengaffe unb bes Dominikanerplatzes, früher 1, nun 5 Haufer,
$12
St. Thomas swifden bem Holz⸗ md Frohlidger-Ther mt Autnabeac
von 12'/, Klaftern yu Seiden Seiten dieſer Thore, um anf riejen Blkgen zur
befferen Sicherheit ber Stadt Wadhanjer erbauen zu fonnem. Dafeer erhielt
bie Stabtqemeinbde im Taufdwege das in ter weiten Gaiie gegen bad Se:
fuiten-Gollegium gelegene jogenannte faij. Mumihaus uch? dem Param ſteſ-
ſenden Rebenhauie oter (wohl ridtiget) tad beim Indenthor (pwitdben dem 2.
und 3. Thore) gelegene alte kaiſ. Münz- unt RebenhKausé jammt Zuge:
hoͤr unter büͤrgerlichem Schoße, wogegen hie bidher auf temiciten rabicict gewe:
fenen Greiheiten und Privilegien auf bas Buchhaus ibergingen. Zur Auerken⸗
nung ber Willfahrigheit dec Stati fiderte ihr ber Kaiſer al6 Aufanmeerang
ihrer jungen Bürgerſchaft und Schüthen tie jährliche Abgabe von einem gal:
ben Pfunde ober 4 Schillingen Klein⸗Küffelſalz aus dem taij. Salzamte yu, jo
fang eine faij. Galglegftatt in Brimn fein werde (a. h. Rejl 23. Sami 1673,
Vertrag vom 12. Mai 1674 in ten Subernial-Aften. S. auch tas Notizenbl.
1860 Rr. 8). Dieſes jahrlide Regal wurde jum Konig sidiefen gemituct.
Nachdem dasſelbe feit mehr als 40 Jahren auf rer Juteuthor-Baftion jähr⸗
lich abgebalten worden war, überließ der Hoffriegérath GReſc. 16. Oft. 1702)
ber Bürgerſchaft dieſe Baftion und tie daranfiegente, fid) von der einen zur aw
bern Baftion hinziehende Courtine-Linie vor ber duGeriten Stadtmauer formlid
gu biefem Swede, fo lange der Gortififation fein Nachtheil durch Aufrichtung
eines Gebaͤudes zugehe.
Die Schühßengeſellſchaft erlangte überdieß aud gegen einen jährli⸗
Gen Zins ben im ſtädtiſchen Burgfrieden gelegenen freien Raum wiſchen der
aufern und innern Stadtmauer, nad der alten Befeftigungéfunk der 3 winger
genannt, von ber Gemeinde.
Die Echiten-Rompagnie erbaute fofort im Jahre 1708 auf ihre Noften
bie 616 1536 beſtandene Schie jſt atte am Sudenthore, und e6 wurden dort
fortan bie Schießübungen ber Biirger und bas jahrlide Koönigsſchießen gebalten.
Bei legterem indbefondere fanden ſich, fdon im 17. Jahrhunderte, aud) ber Abdel,
Damen, Beamte u. f. w. theilnehmend ein, unt verſchiedene Crgoplichfeiten,
wie Olidéehafen, Segel+ und Wurfjpiele, bad Feilhaben von Sachen u. f. w.
erhobten bas Vergnügen des Publifums.
Dieſes Scheibenfdhiefen, welded der Bürgerſchaft als näützliche Vorübung
gum Gebrauche für Feindesgefahr yur Pflicht gemacht wurde, fand in früherer
Zeit fo viele Theilnahme, daß tad Ordinari⸗Schießen außer Sonn⸗ und Feier:
auch an Wochentagen Statt hatte. Es ward auch von der Regierung begünſtigt.
Schon im 17. Jahrhunderte begann bie Lockerung und allmaͤlige Auflö—⸗
fung bes militäriſchen Verbandes der Bürgerſchaft. Darauf
wirkte tie Einführung einer ſtehen den Miliz, die Entfernung ber Gefahr
ſeit der Beſiegung der Türken (1683) und ihrer immer weiteren Verdraͤngung
aué den ungariſchen Lanbern, nod) mehr die Einführung einer die Buͤrgerſchaft
in ihren militäriſchen Obliegenheiten unterftigenten und eigentlid) uberhebenden
‘818
Stadtquardi (Stadwache), welche bie Burger durch Beitrage erbielten, bis
bei RNeorganifirung derfelben 1727 die Erhaltung auf bie Stabtrenten überging.
‘Der Preuffens Ginfall unb bie nadgefolgten Kriege liefen gwar wieder ben
militäriſchen Sinn und Stand der Buͤrgerſchaft aufleben. Sie formirte ſich 1742
in ein regelmafiges Korps von 600 Mann, bad auf Vefehl bes Generalmajors
yon Roth militirifd geibt wurde. Wahrend ein Korps von 16,000 Mann die
Stadt Brinn und Feftung Spielberg durch drei Monate blokirte, ließen ſich die
Biirger mit ben Waffen und zu Schangarbeiten mit ihren Weibern und Rindern
willig und unverdrofien gebrauchen.
Maria Therefia dankte in einem höchſt etgenen CErlaffe vom 18. April
1742 bem Magiftrate und ben Biirgern und zeichnete mehrere von ihnen mit
StanbeserhdGungen und anderen Gnaben aus.
Als 1748 Maria Cherefia nach Brinn fam, bilbete ſich aud eine bürgerl.
GavalleriesGompagnte aus Rings: und Handelsleuten und andern Ho-
noratioren. Gie war in rothe Rode mit fdwarsfammtenen Aufſchlägen und
Kamifolen und golbbortirte Hite gefleidet, fuͤhrte eine eigene ceihe Standarte,
Pauken und Tromypeten.
Die bürgerl. Artillerie-Compagnie (bie bürgerl. Badfenme ifter,
bie Stadt>Artilleriften und Gonftabler) war in eine gang neue Unis
form von blauen Rodden, vergolbeten Kndpfen, rothen mit Gold bortirten Ka⸗
mifolen gethan, 50 Ropfe ſtark — und fuͤhrte ihre eigene Artillerie⸗Muſik.
Gleiche Montour whe die Buͤchſenmeiſter fubrten ber kak. Stuͤck⸗ und
®lodengieRer Sigmund Kerker und ber Stadt⸗Barbier ober Feld-
ferer mit einem ſchönen Barbierbeden und herabhangenden Aderlaßbande.
An die Conſtabler hielten ſich aud die buͤrgerl. Stadtzimmerleute in eige-
met beſter Kleidung mit den Bankhacken auf ben Schultern, weifgegdrbten leder⸗
nen Schurzfellen, gruͤnſammtenen Kappen mit rothen, weißen und grinen Ban-
dermaſchen, als ben Farben des Stadtwappens uud der florirenden Freiheit ber
unbezwungenen k. Stadt Brünn.
Die ganze bewaffnete Bürgerſchaft in zwei Stadt-Compagnien mit ihren
2 Stadtfahnen, klingendem Spiele, Ober⸗ und Unteroffizieren war in ſelbſt eige-
ner beliebiger Rleibung mit rothen und weifen Blummafden ober Bandern auf
ben Hilten und weifen Stiefletten (Adeodatus Hanzely's briinner Memorabilien tm
9. B. der Sehr. der Hift. Set. ©. 444 — 447).
Die bewaffnete Buͤrgerſchaft paradirte aud) bei dem feierliden Cinguge
bed neuen Landeshauptmannes Grafen von Heifer (1748) und der Durchreife
bes Raifers Franz aus Bohmen nad Wien (1750) in ihrem vollen Staate.
Bum Andenfen ihrer Anwefenheit in Brunn und ber ihr von der Buͤrger⸗
ſchaft bewiefenen Liebe berilligte Maria Therefia (1749) derfelben 1500 ff. zur
Haltung eines Schiefens, bad am 18. Mai begann und burd 8 Tage dauerte.
Allein bet der vorwaltenden Ausbilbung des Militaͤrs nahm die Theil-
nahme am Scheibenſchießen und an der Formirung von Burgercorys fo ſehr
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ab, daß im Sabre 1758, ald die feindliden Breugen nur 5 Meilen ver Brim
ſtanden und bes daſelbſt fommanticende @eneralmajor Freiherr von Molke die
Scharfſchüthen jum Dienfle bei ben Doppelhaden und anterem {darfen
Geſchũtze aufforderte, tie Compagnie auf 18 Barger zuſammengeſchmolzen war,
weil bie newen Birger zur Vermeidung ter Wuslagen') ihr Bürgerſchießen
nidt gielten und bie Auclagen des jagrliden SHipenlinigs gu emphindiid
Waren.
Obwohl nun die Kaijerin Maria Therejia bad Graolument: bea Shari:
{Higenfinigs. aué der Gemeintcfaffe erhdfte2) nud bie Birger gue Schühen⸗
fibung nad der alten. Gewohnheit aneifern lief (Ref. 11. Rowember 1758), fo
nahm bie Gace dod -feinen beffern Gortgang (1766 wac dieje Compagnie: nur
22 Koͤpfe ftarf), denn fie hatte ſich uberlebt, und es kam nicht mehr, wie frie
ber, in Betradiung, „daß es alleseit sihmlides einem Bürger ſei, wenn er
Gonn: und Feiertag feine Burgerluft auf ter Schießſtätte pflege.“
Su einer beſſeren Verfafſung erhielt ſiich die bürgerliche Artillerie—
Nach der gedruckten Standesliſte vom J. 1767 beſtand tie in ver königl. Stadt
Brinn uralt ecridtete loͤbl. Artifferijten «Compagnie aus 1 Statt » Stidhaupts
mann, 1 Stabdt-Stidlieutenant, 1 Stadt⸗Zeugwarther, zugleich Oberfeuerwerks⸗
meifter und Lehrpringen der bürgerl. Artillerie-Sompagnie, 1 Statt- Heuerwerfer,
zugleich Caſſier und Rechnungsführer, 2 StadtsZeugdienern, 1 Metall-Infpettor,
1 ArtiMerie-Chirurgué, 1 Artillerie: Zimmercmeifter, { Fourier, 2 Corporals und
18 Budfenmeiftern in 2 Corporaljdajten. Sie hielten ihre Schießübungen mit
Sanonen, wie es {deint, gegen den rothen Berg. Das Laboratorium war auf
ber Stadibaſtion nadft bem Judenthore (Briinner Intelligenzblatt 1774. Rr. 2).
Dieje bürgerliche Artiflerie- Compagnie fland unter bem Commando M6
Stadt⸗Zeugwartes und Oberjeucrwerfsmeifterd unt madte fic noch fury vor
ihrer Auflojung bet feierliden Anlaffen, inébejfontere turd VWeranjtaltung von
Luftfeuerwerfen bemerfbar (ebenda 1780 Rr. 36).
Bon jenem Luftfeuer, welches tie Stadtartilleriften am 16. September 1766
bei bem eben renovirten Springbrunnen auf dem grofen Plage tn Gegenwart
eines zahlreichen Abels und einer grogen BolfSmenge, mit verſchiedenen Mafdis
nen, Luftfugeln, Feuerbehern und vielen abwedfelnden Fontdnen und Feuers
rädern vermengt, abbrannten, wurde geruͤhmt, daß e6 vom Stadtzeugwarte und
Oberfeuerwerfsmeifter Clemens Woyta ruͤhmlichſt projeftirct und jum allgemeinen
Bergniigen beftend geleitet, von ten Stadtfeuerwerfern aber gu großem Lobe
allein verfertigt worden fei (ebenda 1766 Rr. 39 GErtrablatt).
') Die Honorationen, nämlich: Rathsverwandte, Abrofaten, M. Doftoren, Apothefer, Rings.
lente, Raufleute u. del. pflegten bas Biirgeridiefen bet ben alten Sdhigen yu halten und
gablten 7 fl.; die Profeffioniften bet ben jungen Schützen und zahlten 4 fl. Obme etn
neues Schießen yu geben, Lonnten fie ſchon bas gauze Jahr mitjſchießen.
2) Son 50 auf 100 Gulden und 9 Fak Bier mit Nachlaß der Hefittung.
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Bei der erlofdenen Theilnahme der Bürgerſchaft an ibrer Bewebhrung, der
Aysbildung des Militärſtandes und ber Ausfidht arf längere Friedenéyeit wurde
bad Biirgerforps aufgelost. Das Geſchütz und andere Artillerie-Gorten wurden
im Lizitationéwege verdugert (Briinner Sutelligengblatt 1774, Rr. 41), und auf
a. §. Befehl aud tad Stadt⸗Zeughaus⸗-Gebaäude!) verfauft (1775,
Rr. 4). Erft zur Zeit bed Vordringens ber Frangofen lebte (1798) das bewaffs
nete Biirgercorps wieder auf.
Die Schuͤtzengeſellſchaft, obwohl nur auf Unterhaltung geridtet, beftand
fortan. Im Jahre 1787 erfaufte fie das ſogenannte Rapiftranfirdel an ber
birger!. Schießſtälte und an ber Statimaner von der Staatéegitter: Atminiftration,
welches aber 1805 von den Franjofen gum Theil abgetragen und zur Aufftel:
fung einer Kanone hergeridhtet wurde. |
1796 ftellte bie Gefellfdhaft zuerſt 30 und bann nod 30 Bruftftugen gum
Gebrauche ber tiroler Scharfſchützen.
1828 erridtete {te an ter Stelle ber vorhin abgefonbdert geweſenen Lad⸗
und Schießrohr-⸗Reinigungsſtube einen ganz neuen Schuß- und Ladſtand und ein
Schigensimmer mit 20 7. © M. Koften. —
Aus Anlaß bed Baued bed Ferdinandéthored und der Verfdonerung der
Vafteien wurde aber 1836 tie aud hem alten faij. Münz⸗ und Nebenhauſe ents
ſtandene hoͤlzerne Schießſtätte und das Ladgebaude auf der Baftion Vi demolirt
(1838),
Die Scigengefellfhaft erhielt eine Entſchädigung von 6000 fl. ©. M.
aus den Ctabdtrenten und baute (1838) eine neue Schießſtätte auf dem Teidhs
Damme. 1845 verfaufte fie Diefe, erfaufte die ſchreibwälder Badeanftalt und
Traiterie unt baute dafelbft eine neue Sdiepftatte, welche nod) beftebt.
c. Bas Bargerrecdht. Pie Huldigung. Die Düͤrgerpflicht.
Als es ſich vorerft darum handelte, die Stadte groper, volfreider gu mas
den, modte man in der Zulaffung von Unfiedlern nicht fo wabhlerijdh fein, viels
mehr wiffen wir, Konig Johann Habe befoflen ( 1325), bag den Leuten, welde
fi) in Brinn niederlaffen wollten, die Anfietlung erleidtert werbe. Spater
machte nidt nur der Abdel Sehwierigteiten gegen dad Abziehen ſeiner Untertha⸗
nent 2), ſondern es hielten aud bie Städte darauf, daß der Vuürgerrechtseinwer⸗
) S. wegen bes ſtädt. Zeughanſes ©. 102 dieſes Buches.
2) Schon 1380 faßte ber mdbr. Landtag ten Beſchluß: Keinen fremdherrſchaftlichen Unter⸗
than, ob Bürger ober Bauer, ohne der ausdrücklichen und ſchriftlichen Bewilligung feines
Gutsherrn aufzunehmen (Demuth, Geſch. der mähr. Landtafel S. 60).
S16
ber nidt mit bem Unterthainigfeitébanbde behaftet bleibe, von ehrlicher Abkunft
fei und auf feiner Ehre feine Mackel Hafte, auch, bas die Birger nit ohne
Entlaſſung und Abſchied eigenwillig abgiehen ').
Den 13. Martit 1601 hat Jafob von Hacht (fagt Ludwig's Chronif
©. 67) fid feiner Geburt aus gewifien famt feinem Abſchiedébrief
yom Olmiig aufgelegt und zu einem Barger aufgenumen worden, mit
Hand und mund Herrn Birgermeifter angelobt alle bürgerliche pflicht
gu tuen,.wie einem burgerdman gebdert.
Schon damal fuhrte (eb. S. 75) die (meiftens akatholiſche) Gemeinde Be⸗
ſchwerde, „man wolte feinem gu einem Burger aufnehmen der nit Catoliſch
were und fidh nit unter einerley Geftalt fpeijen ließe“ (bas 6. Altars⸗Sakrament
unter Giner Geſtalt nehme). Was damal nur verſucht wurde, tam etliche swans
jig Sabre fpdter wirklid aur Ausführung (©. meine Geld. von Iglau S. 278
— 280) und erft Sofeph II. gewabrte (1781) die Zulaffung der WAfatholifen gum
Kaufe ber Haufer und Gilter, gum Meifter> und Buͤrgerrechte, gu akademiſchen
Wiirden und Givilbedienftungen im Wege der Difpens.
Der VBirgerftand, welder nicht bloß die Ehren eines freien, felbitftandigen,
vor bem Unterthan weit bevorgugten Manned gab (darum hatte er aud ben
Titel ehrfam, flowutny), fondern aud ſchwere Pflichten und Laſten mit ſich
brachte, hielt feſt auf die Geſchloſſenheit ſeines Standes. Deßhalb wurde Ries
mand gum Betriebe eines bürgerlichen Gewerbes oder Rahs
rung und (mit Ausnahme der höheren Stände) zum Beſitze eines bür—
gerlichen Hauſes ober Grundes zugelaſſen, welder nicht das
Bürgerrecht erworben hatte (Lukſche, beſondere Rechte der Perſonen
Maͤhrens und Schlefiens, 2. Aufl. Brinn 1823 — 1825, I. 163, 169 — 186,
Il, 3, 5, 7, 298). Die viel alteren Beftimmungen erneuerte fathegorifd die
nadfolgende Bragmatif: Won nun an fol NMiemand ein Schoß⸗ oder
burgerlidmes Haus ober birgerlide Gründe bei den maähri—
ſchen Stabten befigen finnen, der fih nit gum Hoheren Stande
ober gum Bürgerrechte bereits legitimirt hat ober fic dazu binnen Jaber
und Zag (14 Jahre 6 Woden unb 3 Tage) legitimiren und zugleich die buders
lime Zuſchreibung erwirken wird, widrigens die Realitat öffentlich gu vers
dufern und ber Erlos bem illegalen Befiger gu erfolgen tft.
Zugleich miiffen aber aud) die Hoheren Standedperfonen bad Snfolat in
Maͤhren und den Huldigungseid geleiftet haben und ſich nad) der Smluwa
(Beredniß) des Koͤnigs Wladislaw vom Jahre 1486 in der alten Landesord⸗
1) Ale bie ſchwediſche VBefignahme und Belagerung ven Iglau bie Stadt verdbeten, bat der
Stadtrath (1655) ben Raifer, alle Herrfdaften in Bshmen, Mähren und Oeſterreich angus
weifen, ſämmtliche iglauer Bürger, welde ohne tie gebraudlide Entlaffung und
Abſchied während der Feindcszeit fic aus Iglau cutfernt und auderwärts niedergelaffen
haben, gu verbaltes, daß fle dahin guriidtebren.
d1T
nung fol. $80 benefmen. Much follen bie Bargerftanbés+ Perfonen frete,
mit feiner Unterthanigfeis verbundene feute fein, die Geburté-
briefe vorweifen und bie buͤrgerlichen Pflichten leiften (a. 6. Reff. 4. Dezember
1734 in Wefebrod’s Geſetzſammlung ©. 195 — 199).
Rod in neuefter Zeit wurde verorbnet, daß künftig fein Unterthan berech⸗
tigt fein foll, aud) zugleich eine burgerlidhe Realitét gu befigen, wenn er alé
Unterthan nist entlafien ift, weil die Unterthanen bie Buͤrgerpflicht nicht
erfillen, bad heißt: mit den Stadtgenoffen nicht leben, weben und leiden fonnen,
mithin gu. Folge der Lanbdesverfaffung ber birgerliden Anfaffigtett unfabig find.
Durch bie Erwerbung bed Buͤrgerrechtes allein oder durch den Befig einer Rea⸗
litat fei aljo bem Gefege nicht genug gethan, fondern es miiffe die Biirgerpflict
zugleich miterfullt werden (Hfdt. 23. Degember 1812, Gubcirf. 26. Feb. 1813).
Alle in politiſchen, Kameral⸗ und Militdrbedienflungen ftehenden Fat{ ers
lächen, fo wie aud Landſchaftöbeamte, welche nidt bürgerlich poffef-
ftonirt find, find aur Leiftung ber Biirgerlaften feinedwegs gebalten. Alle derlel
buͤrgerlich poffeffionirte Beamte aber, fie mogen die buͤrgerliche Nahrung tretben
ober nidt, find gleid) anderen Birgern ſchuldig, alle und jede Sirgerlide Reale
und PerfonalsLafterr gu tragen, fonnen jedod, fo lange fie in faif. Dienften
ſtehen, die Perfonal-Laften durd ein billiges Wequivalent ablofen, fo wie aud
ein folder faif. ober Lanbdfdaftsbedienter von allen Raths⸗ und Stadtamtern,
Vormundſchafts⸗ u. dgl. Obliegenhetten befreit ift (Reſt. 10. Dezember 1734,
bei Wekebrod GS. 199).
Witwen, wiewohl fie bad Biirgerredt nicht foemlich erworben, follen unter
den biirgerliden Sdug genommen und ihnen die Haufer gugefdrieben werden;
fie Gaben mithin alle buͤrgerlichen Freiheiten gu geniefen, aber aud alle öffent⸗
licen Laften gu tragen (Reff. 22. Rov. 1737).
Mls dex olmiger Magiftrat bem Ginwerber (Jakob Friedrich Roft) wm
eine Gifenhandlung gumuthete, fich gu verebeligen, und ihm auferlegte, bad Bitrs
gerredt gu erlangen, entfdied Raifer Leopold uber deffen Beſchwerde, daß er
guy Ehe, bie frei fein müſſe, night gezwungen werden fonne, jedod,
wenn er bas von feiner Mutter ubernommene Haus gefeplid (legitime) befigen
und ber buͤrgerlichen Gerectigteit im Handel und Wandel geniefen wolle, ſchul⸗
big fein foll, vorher fic auf diejenige Weife gum Birgerredte gu Habis
litiren, wie es bie einheimifden ober Bürgerſöhne gu Olmütz von Rechts oder
Gewohnheit wegen gu thun verbunden find, weil ohne bas Bairgerredt
ein burgerlidhes Gewerbe ober Rahrung nit geführt werden
fonne (Reff. 24. Februar 1686).
Der Miagiftrat beftand zwar auf ber Verehelidung vor ber Verleihung
bed Biirgerredtes und ſperrte bem Bewerber das Gewolbe, der Raijer fand aber
die Ginwendungen bes Magiftrates nidt fir geniigend erheblid und wollte aud
nicht geftatten, daß bie gu Olmütz eingeſchlichenen und fonft nirgendd weder
im Rechte nod in ben Privilegien der Gommune begrindeten, derfelben mehr
318
ſchaͤdlichen als nützlichen Gebraude weiter m Schwung gehen folen. Der
Raifer liek es Daher bei feiner friiheren Refolution bewenden, dem Magifirate
verordnen, tem Ginwerber: nun one weitere’ Hindernif das Buͤrgerrecht ju
verleihen, ihn gu den Leiftungen, welche von Rechtswegen dazu gehdren, zuzu⸗
laffen und demfelben Ddergeftalt fein Gewerb fammt der biicgerliden Rahrung
zu erdffnen. Zugleich lief der Raifer dem Magiftrat ernftgemeffien erimnern,
finftig von bergleiden, wie bem freien Willen, alfo aud den geiſtlichen und
weltliden Gefegen entgegen gielenden Gewohnheiten absuftefen, um den Matfer
bei widriger Uebung nit gu veranfafien, cin ernfiliches Einſehen und geftalten
Sachen nach auch wirklide Beßrafung vor die Hand ju nehmen (Reffript 17.
Juli 4686).
Um Birger au werden mufte man hrlich ſein. Die Stadtrechte unter⸗
ſchieden zwiſchen That⸗ und Rechts⸗GEhrloſigkeit. Die Ehrloſigkeit konnte
wan fic) burch unerlaubte Handlungen oder durch die Ausuͤbung gewiſſer Bes
werbe zuziehen. Die Rechtsehrloſigkeit war mit den meiſten Verbrechen, aber
aud mit anderen Handlungen z. B. bem Wucher verbunden. Dem Gewerbe
nad waren Schaffler (Schaͤfer), welche erſt zu Anfang des 18. Jahrhunder⸗
ted gegen Geld ehrlich gemacht wurden, Scharfrichter, Abbeder, Waſen⸗
meiſter, und Hundſchläger, fo lange fie ihr Gewerbe betrieben, and
Büttel, Schergen und Gerichtsdiener (welche ſammt ihren Kindern erſt
bie Verordnung vom 29. Dezember 1729 fuͤr ehrlich und gue Erlernung aller
Profeſſionen fahig erflarte) u. a. unehrlichh Die Makel der bürgerlichen
BerddtlidFeit (levis notae macula) Haftete auf Huren, unehelichen
Rindern (Pankerten), Cridarien u. a. Den Pankerten durfte weder
in ber Landtafel, noc in ben Stadtbiichern rc. mad zuge(drieben werden. Aud
fiir bie Ghrlofen bdurfte in die Stadtbücher nichts eingetragen werden. Gin
Berlaumder, ungeredhter Schelm fonnte feine Rechte genießen, gu feinem Amte,
gu feiner Zeugenſchaft gugelaffen werden, mit ehelichen Leuten feine Gemeinfd aft
aben.
, Bei ben Handwerfen waren vorhin verſchiedene Handlungen, welde
von ben Zunften alé unehrlich angefefhen wurben; allein die 3unftéartifel von
1731 oben diefe Mipbrdude auf (Ludjde, I. 223 — 239).
Aud die ShHwidung einer Welbsperfon wurbe fowohl an diefer
alé dem Verfucher (wer gebüßt.
In Iglau wollte die dortige Schuſterzunft einem Schuhmacher bas Mei-
flerrecht nicht geftatten, weil er fi mit feinem Eheweibe vor ber Bers
eheligung fleifdlid vergangen, dieſe 3unft aber in ihren vom iglauer
Stadtmagifirate beftatigten Zunftsartikeln vorgefehen hatte, daß eine folde Pers
fon weber ald Gefelle gu dienen, nod als Meifter aufgenommen au werden,
fabig fein foll. Da die nadgefolgte Ehe alle Makeln ausloͤſche und daher, wie
fon sfter erinnert worden, in foldben Gallen feine Wieberherftelung ber Ehre
noͤthig fei, lief dev Raifer bie Zunft anweijen, ben Bittfteler ohne Hinderung
$19
in die Zunft aufzunehmen (Ref. von 9. Juli 1705). Gine gleiche Weifung ers
flog in einem Fale gu Schonberg (Rej. 24. Auguft 1712).
Zur Ginftelung weiterer Behelligungen und finjtigen Richtſchnur beftimmte
Kaiſer Carl VI. cin fir allemal (in Bohmen), dag e6 in Fallen, wo die nad
gefolgte Ehe alle Makeln bem rechtlichen Wnsfage nad) auslojde, feine weitere
Regitimation obec Abolition ber Rote nothig fei, weldhe ſich wegen ter vor der
Ehe zwiſchen Cheleuten geſchehenen fleijdvlichen Vermiſchung zugezogen wurde,
damit Mefe und die daraus erzeugten Rinder beiderlet Geſchlechtes wieder in bie
Leumuntds und Handwerks⸗Ehre eingefept (Honori Famee et opificio reftituirt)
werden follten. Diejed a. 6. Erkenntniß fei durch bie Magiftrate mit Beiziehung
fammtlider Zinfte jeden Ortes allgemein fund zu machen. (Ref. 7. Dex. 1716).
In früherer Feit leifteten bie Birger dem neuen Landedfiteften die H ul.
bigung inégefammt. Das tobitfdaner Buch (Aber die Freiheiten und
Rechte des Landes) aus bem Enbe des 15. Jahrhundertes erzaͤhlt den Vorgang
fiber die Annahme (Wahl) beds neuen Konigd, feine Kroͤnung in Brag, vie Zu⸗
fammenfunft bes gangen Landes: Wadhren in Brinn ober anderswo, den felers
lichen Empfang bed Koͤnigs von Seite der Herren, Prdlaten, Ritter und Staͤdte
und Gewillfommung von Seite der Buͤrgerſchaft, die Gibesleiftung bes Koͤnigs
nad Beſtaͤtigung der Freiheiten bed Qantes, das Geliibbe, welches ihm bie Hers
ren (Herren, Prdlaten und Ritterſchaft) thun und fagt dann über feneés, was
ber Koͤnig bei den Gemeinten zu thun Hat, folgended: Die Koͤnige Ladiflary,
Georg und Mathias begaben fic perfonlid yu Brinn auf bas Rathhaus, ba
legen bie Burger die Saliffel ber Statt ab, und der Koͤnig tragt Jemanden
auf, von ihnen Ne Huldigung gu fordern. Darauf legen fie alle (vor bem Rath-
baufe ober auf bem Ringe) untenftehent ten Gib ab; und barauf fest der Ro-
nig neve Rathsmänner an oter beftatigt tie vorigen, und nimmt aud von dies
fen Den Gid ab (tad tobit. Buch enihalt Formel bes Eides ber Gtadtgemeinde).
Wenn ber Konig ſelbſt nicht ba ijt, Fann er dieſen Eid durd ben Landesunter:
fimmerer oter antere Kommiſſarien abnehmen laſſen. Wie dann in die tibris
gen Stable folchergejtalt allezeit Abgeordnete geſchickt werden (über bie vorlegte
Hulbigung in Brinn 1608 (bic legte war 1617). S. dle Schweden vor Brinn,
von mir, ©. 5). Wabrend in ten anderen f. Stidten Mährens nit der Rath
allein, fonbecn bie ganze Buͤrgerſchaft und Gemeinte die Hulbigung leiftete,
ſchwuren in Sglau, als einer freien Bergitatt, nur die 12 Gefchwornen (ber
figende Rath) alé Obrigfeit und £. Amtleute fie fic und nad ihnen die zwei
Glteren Raͤthe ber 24 für tic ganze Gemeinde ten Hulbigungdeid (Meine Geld.
pon Sglau ©. 243).
Rad ber neuen Gejtaltung der Dinge in Folge ber Rebellion (1619)
nabm nur nod Ferdinand Il. fiir feinen Sohn Ferdinand I. (1630 gu 3naim),
feitbem aber fein Landesfürſt mehr die Huldigung ab; es muften aber, wie bie
hoͤheren Stanbdesperfonen, auc die Birger tem Lanvdedfiirften ben Erb hul dis
gungéeid leiften, bid ihn Raijer Sofeph II. (1781) allgemein erließ (Lukſche
a0
I. 162, 185, meine Geſch. von Sglau ©. 288); neben bemfelben beftand fortan
und befteht ber Bürgereid bes neu aufgenommenen Bürgers (früher nad
ber mit bem Reff. vom 9. Wuguft 1731 mitgetheilten Formel).
on Briinn führte ber Stadtrath fon am 6. Februar 1618 ein orbent-
life? Bürgerbuch ein, welded ben Vors und Zunahmen, dad Nationale und
ben Gelbbeitrag enthalt, ben Feder bei Erwerbung des Buͤrgerrechtes ere
legte. Der Biirgereid fam aber erft {pater auf, namlidh nah bem Beſchluſſe aller
brei Raͤthe vom 15. November 1652. Er wurde bei dem Anmelden gum Bür⸗
gerrechte geleiftet und in das Juramentenbuch eingetragen (Brünner Wochen⸗
blatt 1825 Nr. 22).
Wie in ben Abrigen Stinden gab es auc im Birgerftande von jeer nice
nur einen Unterſchied in Rang und Titel, fontern aud in Redten
und Borgiugen.
$n Brinn finden wie zwar feinen folden Patricier» Stand, wie in
vielen deutſchen Reihsftadten, und aud nicht einen fo zahlreichen Adel, wie in Iglau
(Meine Geſch. von Iglau S. 207, 276, 278)1); allein auch in Braun feblte
e6, wie wir fehen werden, nicht an Beſchwerden uber die Bevorjsugung der vor⸗
nehmeren Biirgerflaffe. Im Jahre 1702 theilte dad k. Tribunal bie gefammte
Bürgerſchaft Brüuns in bie 3 KRlaffen ber Rings⸗, Gewerh &
und Handwerfsleute. 1713 ftellte der bürgerliche Ausſchuß, welder aus
biefen 3 Rlaffen beftellt war, Kaiſer Karl VI. vor, es ware yum gemeinen Beften
pt wünſchen, daß aud) der Stadtmagiftrat aus dieſen Klaſſen beftiinde, ba dle
meiften Birger Gewerhs- und Handwerksleute feien.
Aud fpdter nod (1758) unterfdieden fih bie Honoratioren, ndmlid:
Rathsverwandte, Abvofaten, Med. Doftoren, Apothefer, Ringsleute, Kaufleute
u. Bgl. von ben Profeffioniften.
Pon ben hodgehaltenen Ringsleute n werden wir fpater reden.
Die Erwerbung des einfaden Abels erhob nicht in ben Hoheren Stand;
es blieb fortan eine ftrenge Scheidewand zwiſchen bem Geadelten und ben hd he-
ren Standen (landtagsfaihigem Clerus, Herren- und Ritterftand).
Bon diefen in Besiehung auf ben Birgerftand wollen wir nun reden.
— —— —
1) Ludwig's Chronik nennt in Brünn die Schwarz und Menzel. 1610 waren unter den
Stadtraͤthen von Hoeff, Lilgenblatt von Lielgenberg. Kleinfeind von Lobenftetn,
Gribler von Altendorf. Später erwarben ba den Abel: Erna don Ehrnau, Schram
von Deblin, Stramann von Althof, Lerchenauer von Rothenberg, Schneller von
Lichtenau u. ſ. w.
Schimon führt in ſeinem (ſehr mangelhaften) Buche: Der Adel von Böhmen, Mäh⸗
ren und Schlefien, Böhm. Leipa 1859, an geadelten ober mit Wappenbriefen ausgezeichne⸗
ten Bürgern im 16. und 17. Jahrhunderte an: ben Bartholomäus von Bremer (1602) ane
Buaim, den Lukas Surghart son Burgharteborf (1574), den Riflas von Sriin-
walb (1615), Wengel Luſchitzky von Libfteta (1620), Andreas Obeslaw (1607),
$21:
d. fLaudtiflider Giterbefih der Barger. Beengung der Pargeridaft durch
die hoͤheren Stinde. Herven- (Sdof-) Hanfer *).
Shon Konig Johann (1331) und neuerlich Marfgraf Sofann (Brinn
ben 8. Tag nad Oftern 1353) verbot gum Schuge der Birger Brünns den
Adeligen und Prieftern, Haufer daſelbſt gu faufen, weil diefelben von ben Stadt.
gefegen exemt, feine Haudsfteuer und Gemeindeumlagen zahlen wollten, aud bad
Meilredht Heeintradtigien. DOagegen wehrten die Barone ben Bürgern, land⸗
taͤfliche Güter gu erwerben. Gleichwohl ift gewif, daß bid gum Beginne ber
zweiten Halfte bes 15. Jahrhunderte Bauern und Birger lands
taflidhe Guter befaffen (Demuth, Geſch. der mähr. Landtafel S. 40,
80, 107, 112, 142, 148). Mad Befiegung ber Huffiten wollte aber ber Adel
bie erlangte Guprematie aud baburd befeftigen, dbaf er Birger vom Anfaufe
landtaͤflicher Güter ausſchloß, um biefelben gugleih vom Landtage auszuſchließen,
ba ber Giterbefig ald Bebdingung bed Rechtes galt, im Landtage gu erfdeinen.
Sm Bertrage am Gilftaufend Sungfrauen + Tage 1486 (GS. meine Geſch. von
Iglau S. 136 — 140) rhumte gwar der Abel ben Bargern der f. Stadte
wieder das Recht ein, landtäfliche Güter gu befigpen, wogegen aud der
Adel Haufer in ben erfteren befigen dürfe; allein bie höheren Stände
verfudjten es fpdter wieder, ben Biirgern diefed Rect gu fdmalern, in ber Be—
forgnif, daß burd ben Anfauf landtdflider Guͤter bie Zahl der biirgerlichen
Giiterbefiger und Mitglieder bes Landtages fich gu ſehr vermehre und ein Ueber:
gewidt im Lanbdtage erlange, gumal es ein ausgefprodened Streben der Birger
war, dem Abel Opypofition gu maden und die koͤniglichen Praͤrogative gu vers
theidigen.
In ber That beſchloß ber Landtag bes Jahres 1599, den Bilrgern ben
Anfauf landtaͤflicher Giter gu unterfagen und wiebderholte biefen Beſchluß im
Lanbtage gu 3naim 1600. Cine Deputation ber Städte Olmig und Brinn
Mathias Tſchepke (1607) ans Olmütz, dew Johann (1540) und Peter (1605) Cyi-
zo wſky von Czijow, Martin Goffo von Gadfenthal (1642), David und Daniel Gräßel
(1615), Mathias Wagner von Igelgrund (1616) aus Iglau (S. ba mehr in meiner
Gefdidte S. 208), den Sebaftian Habinger von Habnberg (1579), Anton Balthafar
bon Helbrid (1695), ben Karl Hetzer von Aurad (1628), Simon Kriebler vor
Altenborf, ff. Rath (1633), Ulridd Lilgenblatt von ilgenblatt (1603), Johann
Prem Keyſenekzky bon Tarnowitz (1604), Gabriel Schram von Deblin, ff
Rath (1645), Matthaus Zidlowſky von Zidlowi ans Briinn, ben Abfolon Muzik
von Mofenfelb (1605) aus Hrabifd, den Andreas Zaczal von Biletin (1655) aus
M. Peuftadt.
1) Die Häuſer, welche bie oberen Stinde in ben k. Stabten beſitzen, nennt man feit längerer
Zeit ShoRbhdufer, obwohl uneigentlid, ba nad bem Gefewe (Reſt. 4. Dezember 1734)
alle bürgerlichen Haufer im bilrgerliden Schoße legen.
21
nad Prag 1601, um von Seiner MajeRat einen Befehl an bie Landiheft in
Mahren auszuwirken, den Statten nicht yu wehren, Landgüter yu faufen, hatte
feinen burdgreifenden Erfolg, unt bald Barauf wurde bie Frage in einem ten
Biirgern nicht günſtigen Sinne entidieden (Meine Gejdidte von Oriana ant
von Iglau; Chlumechy in ber von ihm herausg. Ehronif tes brinner Ratheherm
Lutwig S. 6 — 8, 63). Lie neue Landesorbnung von 1628 nah zwar ben
Diirgerfiand begiehungdweife bie E Stabte als vierten Stand wieter auf, die
Birger terfelben wurten aber, ungeadtet aller Gegenbemibungen, vom land:
tafliden Befipe ausgeſchloſſen (und dlieben es gejeglich in ter Regzel
bi6 1849) und fonnten (bis 1755) nicht einmal tie Sntabulation eines Sdulb-
briefeé auf ein fanbtaflides Gut bewirfen.
Zudem begann nun aud ter Drud ber oberen Straadbe auf den
Biirger felbft im feinem häuslichen Befitze. Kaiſer Ferdimanr WL yoy pear
Herrenhiujer in ten fF. Statten wegen Theilnahme an ter Rebellion ein‘),
fie famen aber nicht in burgerliden Befts.
Ferdinand I. verbot wrar (23. Februar 1636) ten Geberen Stantesper:
fonen, unangefefjene Wirthe in ihren Herrenhäuſern in ten Srittem cinguiegen.
ba feinem jolden Wirthe eine Rahrung oter cin Hantwerf geftatter werte, ber
nicht ber Stadt und ben Zechen cinverfeibt unt im bürgerlichen Mitleiden be-
griffen iff. Aber fon bie am 12. September 1641 yu Grima veriameeiten
Deputirten ter f. Stitte befchlojfen Seiner Majeftät voryuRellen, tugs Ute eberen
Stinte tie Barger ter k. Statte fiir feinen Lantfant batten wellen, etwehl
fie ptivilegienmaigig mit ihren Waaren im ganjen Lant ren ter Manat iret jem
jollen unt wie tie & Sritte ũberhaupt ron ten cteren Etinken m alen unt
jeten Sachen teipeftixt unt ygeringert werten, feine Auéridtung erlangen founen
unt alice faft ganz unt gar in ihrem Stante verwerien jeien (Meine Serb. cen
Sgfau &. 314, 335).
Raf ter Gertheitiguny Brinn? gegen tie Sdhweten (16451 bat lex
Srattrarth ten Kaiſer um tie Abſchaffung Cer Areihauier. Dever er-
flarte, es würde ifn erfreut Gaten, ter Stati m tietem Punfte belien ya fcanee
wat tuturé tie Birzerifart yu vermebeen, er fenne ater wegen eines Dritten
Rebleerbalten antere treue Srinte ibrer weSthergebragten Gere fgteten m2
Freibeiten turf ein Machtwert nicht berauben
Der Bau veon Kirchen unt Klicttern in Brinn ot tre Freer.
bung ven Sirgerhiufern turd Scbere Standesperſrzer.
welche Rf bier mehr unt mehr nietertiefen, beengte nicht nar im teipemtem
— ——
) Ro® Xx Nebelisz wre 16324 wee Bm. Sem Beppe ee em:
Ricicwa Geom Hewhes pz ieridcie.* meies ced vee Beer CA ar Goat
Yi. Ia peer, Paz wike. Eteties archiva) ext suc cx Gumpert 5) =1-
gma Sate, Carer L 13. — 13
Perhaltniffe ble Bürgerſchaft in ihren Behaufungen, fondern erhohte in gleichem
Maße deren buͤrgerliche Laften.
. Bum Baue des Colfegiumé und Seminariums ber Sefuiten
alein wurden 214 (ein und swanjig) buͤrgerliche Wohnungen und Haufer verwen⸗
bet. Das in die Stadt einbezogene KRiofter St. Thomas hatte nidt nur
einen grofen Platz weggenommen, fondern forberte nod (1646) 3 DBiirgerhaufer,
einen grofen Blan awifden dem Stadtgraben und ben 3. Theil vom Garten
des Stadtpfarrerd. Der vom Kaiſer bewiligte Bau der KAidfter und Kir⸗
den ber Bernardiner oder Frangisfaner, ber Rapuginer und ber
Klofterfrauen St. Jofeph innerhalb ber Ringmauern nahm bei den erftes
ren zwei 16 Biirgerhdufer, ber letztere Bau 4 Haufer hinweg. Betracdtlice
Raume erfiillten die alten Klofter und Rirdhen ber Minoriten bei St. Johann
und ber Dominifaner bei St. Michael, bas uralte Stift St. Peter, die
anſehnliche Pfarrtirde St. Jafob, dad fhine Kirchel St. Rifolai.
Sn der Borftadt waren die Jungfrauens Klofter St. Anna und der
Konigin, uniweit der Stadt bas vornehme Pramonftratenfer-«Rlofter
Obrowig und die Rarthaufe, alle diefe Corporationen mit Geiftligen und
Ordens-Perfonen wohl verfehen. Gn, um und nat der Heinen Stadt Brünn
gablte man (fagte Der Stadtrath in feiner Weuferung vom 16. Maͤrz 1648 aus
Anlaß ded Kloſterbaues bei St. Yofeph, im Gubernial + Archive sub lit. B. 11)
14 vornehme Gotteshaufer. Da eine folhe Angahl von Kirchen und
bagegen fo wenig Bolf vorhanden fei, fomme e6, daß oftmal faum etlide Per-
fonen der 6. Meſſe oder Prebdigt beiwohnen fonnen und es fei zu beforgen, daß
ber Gottesdienft hieburd mehr gur Beratung als Aufnahme gerathen moidte.
Zu bem fomme, dap in ber Stadt nod bei 90 geiftlider Pralaten
und Herren+s Haufer waren, deren Inwohner und Wirthe, ungeachtet diefe
Haufer (bis auf 2 oder 3) ſämmtlich fowohl nad ber alten und neuen Landes:
orbnung, alé nad wiederholten kaiſ. Befehlen ben birgerliden Beſchwer⸗
ben unteriworfen feien, diefe bod nidt tragen wollen, fondern vielmefyr
durch privilegien-widrigen Weinſchank, Storerei oder Handwerks⸗Pfuſchen, Vor⸗
käuflerei u. dgl. unzuläſſige Mittel den Bürgern, welche mit Einquartirungen,
Wachen, Schanzen, Auflagen und andern Beſchwerden belegt ſeien, ihren Biſſen
Brod vom Munde gleichſam hinwegnehmen. Hiedurch ziehe die arme Buͤrger⸗
ſchaft abermals ben Kuͤrzeren und werde ſehr geſchwaͤcht, ba andere, welche fic
ſonſt in der Stadt häuslich niederzulaſſen Luft Hatten, durch ſolche gu beſorgende
Ungelegenheiten um ſo mehr zuruͤckgehalten würden, als die Laſten immer mehr
auf bie wenigen übrigen Birger gewälzt werden, bie Stadt überdieß gu
einer tredten Feſtung völlig gubereitet werden foll und alsdann
wohl eine ftate Garnifon erhalten werbe.
An den Biirgern, als ben geringften Vafallen und Unterthanen fei freilid
wenig gelegen und fie Hatten aud nicht gu fdaffen ober gu verhindern, es werde
gleich bie Stadt mit Geifiliden ober Buͤrgetn vermehrt und gefirdert. O68 aber
21*
324
das gemeine Weſen und bie brünner Respublica dabei beſtehen? Ob bie geiſt
lichen Fundationen von 92,943 ff. und bie andern Schulden von
nahe 800,000 fl. künftig bezahlt, tie ruinirten Wirthſchaften wiederhzergeſtellt
und verbeſſert, die Handlungen und Handwerke getrieben und befoͤrdert, de
Stadt, wie es fih gebühre, mit der Nothdurft verſehen und alles Andere m
Gottes Ehre und ted Nächſten auferbaulichem Nutzen gerichtet werden fennte?
dies zu beurtheifen, ſtehe dem Stadtrathe nicht aw ').
Einige Jahre ſpäter fübrte die Stadt Brünn neuerliche Beſchwerde bei
bem Kaiſer, wie bie nachfolgende Zuſchrift ter fF. mähr. Landeshauptmannſchaft
an bie Herren Landſchafts-Deputirten (es beſtand nod fein Aukeſchuß) vom 11.
Sept. 1656 yeigt:
Ben Ler Nim. Kab. rnd Koͤnigliche Maj. Unſerm allergndtigften Gxt.
landes Fürſten ent Hern, haben Sirgermeifter Vnd Rath dieſer Königlichen
Statt Brinn, vnter anderen ſich beſchwert, taf etliche auß Den Herren Landes
Innwebneren mit einem Hauß dabier nift yu frieden fein, yver oder gar wel
trey zu Kauffen fid bemüben, dieſelbe Zuſamben brechen, ent tie Birgeriicke
Webabeũñſer Verminberen, Ingleichen tag ter Geiſtliche Standt beünſer erkauſen
wele, woron tod in ter Zwiſchen ten Herren ont Ritterſtandt. ent? tera
Geniginben Stitten, Anne Vierzebenbundert Sechs ont Achtzig auigeridceran
berefrné nidté gebadt, tonteren tie &cittlicte, in bebendung tie Glider nie:
maben abdarhen, ent tergleiden einer ter Vürgerſchafft ewig entzogen wir:
ten. eter Seit außgeſchloſſen geweſen webren, wie der bevichluj mebren inbaisd
3a dernemmen gibt.
Wher welche Zwe bdeſchwerden allerbẽchügetachte Rav. Mai. cab date
Biz ten BW. Vals, umgtthin tere Konig! Ambt allergndtig# ambeteNes Se
— — — — — — —
Deæe Teniahider estersencny Sitie Mstricé Cherbers: bacer teow ne ie
shores Rees how Bolacr: apm. Some. Nair cnt Set serdcbor oefraer. —
Ten. Mee Re WHS) Nem Kstim ond Eick des Section Ecnfitoams new fe: Esty
ser'aieitea necteltern, Mr cet ole oot sce Biren. Ba vince © aie ret
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tortégrcit ge inter. Su colier $s eae: elder Srnctre ne Biroectbat ve et
simhiosn tev. SumttnefSrernacn Umierhoners 2: @Goarnent mt Sebo €om
na unese cormtenonn Sadan. Sader Sormicriirtesmnger oc ta waht Soe
tra bene mobos Met Sie: becrier boon beicesr revert Bene ihe
ner Spicer S. M4.
‘825
‚daß e6 biefelbe denen Hicheren Standen communiciren, Vnd nad eingebradter
ihrer gegen notturft, ben befund ber fadhen Ihrer Maj. nebens einem Ambts⸗
gutachten berichten folle, wie bann aud Ihre Maj. allergnadigft ingedend fein
wolte, diefen Bunct ter Herren Heuffer erfauffung der Geiftliden ond anbderer
Standis Perfonen, bey nechſt Künftigen Landtag proponiren, vnd ber billichteit
nad abfandelen Zu flaffen.
Deme allergehorfamift nachzuleben, fo geſchicht hiemit foldje communication
angeregten beſchwerden an die Herren ond Euch, die dann diefelbe denen hoö⸗
deren herren Standen bey gemeldten Landtag beybringen, Sie Herren Stande
aud) allerhoͤchſtermeldter Ray. Maj. allergnadigften willen dießfalls wol thuen
werben.
Die Berhandlungen bradten ber Stadt wenig Abhilfe.
Jn der Mitte bes 17. Sabrhunderted gab eS gu Brinn (welhes nad
G. 14 diefed Buches 443 Haufer hatte) 79 Herren- Haufer bes Abels
und dec Geiftlidfeit '), darunter ein firftlidh dietrichſtein'ſches, drei firft-
— — oe —
1) Verzaichnus zc.
Der Rirden ond Gotteshaufer, Clöſter, Collegien 2c., Prilaten: Fürſten: Grafen: Frey-
herrlich: onb Ritterftandts Perſonen Haufer, in der Königl. Statt Brünn pro Anno 1666.
Das Collegiat-Stifft onb Kirchen SSorum. Petri et Pauli, ſambt ber Probftey, De-
cantey, ond ber Capitularn Häuſer Welde ben gantzen Petersberg Innen haben. 2c.
Die Pfarr Rirden S. Jacobi, fambt bem groffen Freudbhoff, Neben Capellen ond
Schuel 2c.
Das Clofter S. Thomae, Augustiner orbens, mit einem grofjen Bezierck Innerhalb
ber Sdanger.
Das Weite Herrlide Collegium, oder probation hauß ber Societet JESU, fambt
bem baran ftoffenden Seminario, Welde 9. Burgerliche Häuſer Hinwegl genommen.
Das Clofter ond Kirch Bey S. Johannes, Franciscaner ordens der bdritten Regul,
Welche ebenfalé einen ſehr groffen Play, Warinnen Zimblid viel oeb, Snnenbalten.
Das nad ber Schwediſchen Belägerung, erft Mew erbaute Gotteshauf ond Clofter
Bey S. Mariac Magdalen, Franciscaner orbené Strictoris observantiae etc.
Die gleidfals Newerbante Kirchen vnd Clofter der Capuciner rc.
Das ebener geftalt, nad der VBelagerung, New aufgeführte Jungtfrawlide Clofter
Stifft, oud Rirden Bu S. Joseph. Welche drey Clofter Bey 20. Burgerlide Haufer, vnd
einen ſehr Groffen Platz hinwegk genommen.
Die Kird ond Clofter bey S. Michael, Dominicaner Orden’, fambt dem gleich dar-
anftoffenbden Herrliden LandHanfg, vnd New angefangenen gebaw Zu ber Lanbtaffel, Wel-
aes alles einen gangen geranmben ftod in ſich begretfft 2c.
Das gleich barneben ſtehende febr weite, einem Clofter gleiches Hank ond Kirchel,
ber Ronigin Clofter, Maria Saal genaunt, Zuegehörig 2c.
Das Kirchel S. Nicolai auf bem Vundtern Ring 2c.
Das Rathhauß gemainer Statt, fambt beffen Bue gehör.
Gemainer Statt Tafern, Praubaug, Maltzhanß, Roßmühl, Mayerhof, Fleiſchbank,
Waghaug, Sal Cammer ac.
lich lichtenſtein'ſche, der olmiiger Gifdhofhof, bie Gaufer der Grafen Werbdenberg,
Magni, Ultheim, Ziampach, Lichienftein-Raftelforn, Lodron, Berka, Salm, Wald-
ftein, Khuͤßling, Rottal, Shurn, Nachod, Kaunitz (2), Helffenftein, u. m. a. ber Familien
Almftcin; Oſteſchau, Beef, Miniati, Forgatſch, Morawetz, Dubffy, Jalardowſtky,
Des Pralaten von Obrowitz Haug.
Des Prilaten von Clofter Prud Bey Znaimb hauß 2c.
Des Probften von Raigern Hauß.
Des Pralaten, jezigen Visitatoris bon Sahr hang.
Des Abbten von Wellebrad Bey Hrabdiſch Hauß.
Der Carthdufer Hauß.
Des Abbtew von Hrabifd bey Olmütz Sang.
Des Jungfeiwliden Clofters S. Annae Hauß.
Des Jungfrdwliden Clofters von Tiſchnowitz Hauß.
Der Pfarrhoff, fambt ber Caplaney, mit einem ſchönen groffen gartten.
Der Fürſtliche Bifdofflide Hoff.
Bolgen bie Herrn⸗ ond Ritterftandes Haufer, Wie felbige, ben Gaffen nach, in ber Statt
Befindtlich.
Das Fürſtlich Dietrichſteiniſche Hauß, allwo Fünff BurgerHäuſer Geſtanden.
Der Allmanniſchen Erben Hauß Ritterſtandts.
Das Freyherrlich Oſteſchawiſche Hauß.
Des Cauglers Vey bem Löbl. Tribunal Iwanſty von Gwani Hauß.
Das Miniatiſche, aniezo bes Rodifden von Tülen Erben Sanh, vom Abel.
Griflih Verdenbergiſch Zwey Zufamben Crfauffte HauBer 2c.
Des geweften Registrator Albels Hiendterblitenen Wittib Hau, vow Adel, ift in
keinen Gtaub angenommen. NB. ift angenommen.
Das Freyherrliche Hoditziſche Hauß.
Das Freyherrlich Forgatſchiſche Hauß.
Der Columbaniſchen Erben Zwey Zuſammen gebaute Häuſer, von Adel.
Die Graffl. Althaimbiſche Zwey Zuſammen gebrochene Häuſer.
Das Graffl. Fürſtenbergiſche Haug.
Die Gräffl. Salmiſche zwey Häuſer.
Des Advocaten von Merdten feel. Erben Zwey Häuſer, fo anjezo N. Fibus Con-
cipist Gey bem Lobl. Tribunal erhäurathet, iſt in keinen Standt augenommen.
Das Graf. Waldſteiniſche Hauß auf dem Fiſchmarckt.
Des geweſten Landts Burggrafen von Rraujened feel. Wittiben, font Kotulinſtkiſch
Hauß vom Abel, gebraucht ſich Keines Standts 2c. NB. Bon Kraufenel iſt in Adel⸗
ſtand angenommen.
Fürſten Harttmans von Liechtenſtein Hauß in der Frbhlicher Gaffer.
Das Fürſtl. Dietrichſteiniſche Hauß, fo ein Ballhauß Werden ſolle in der Fröhli⸗
cher gaſſen.
Das Maximilian Kobyltifde Hauß, Ritterſtaudts.
Das Schubirziſche Hauß, Ritterſtandts.
Das Humpoleczkiſche Hauß, Ritterſtandts.
Das Gräaffl. Ilieſhafiſche Haug.
Des von Grieſlaw, Assessoris, Bey dem Lobl. Tribunale, Hauß.
$27
Brewher, Zahrabesty, Barthodegſty, Haugwit, Zierotin, Chorinſty, Sedinigty,
Schubirz, Fuͤnfkirchen u. m. a. ‘die Haufer der Achte von Saar, Obrowip
Hradifh und Wellehrad, der Kloͤſter St. Jofeph, St. Anna, Konigin-Klofter,
Karthaͤuſer und Tifdnowis 2).
Das VBllersdorffifdhe Hauß Ritterftandts.
Kayſ. Rendt ambts Haug.
Das Freyherrlide Sedlniczkiſche Hauß.
Das Wentzel Rorinftifhe Haus Ritterftands.
Das Griffl. Nachodiſche Hauß.
Fürſt Carls von Liedtenftein Zwey Häyſer.
Das Griffl. Auſterlitziſche Sanh, Neben einem andern gleich daran gelegenen dare
gue gebdrigen Oeden Haug.
Das Frepherrlide Zerboniſche Hang.
Das Graf. Kaunitziſche Haug.
Das Griffl. De Souchifde Hauß.
Das Freyherrlich. Zaſtrzißliſche Hang.
Das Griff. Schereniſche Haug.
Die Graffl. Wirbniſche Zwey Hevfer.
Das Prehauſeriſche groſſe Hauß, Welches ber Zeit ber Königl, Fiscal Adiunctus
vnd Advocat, Mattheus Isid. Zablaczty Beſitzet, vnd ob Er ſchon bas Burgrecht angenom⸗
men, fo Will Er doch, ratione officij, Keine onera tragen.
Das Graff Rottallifhe Hauß.
Das Rniowftifde Hauß, Welches aniecgo ein Lands Advocat Maliwſty Bewobnt,
ift in Reinem Standt angenommen.
Die Graffl. Hofmanifde Bufamen gezogene Zwey ſchöne Haufer.
Die Wifenbergifde Zwey Häuſer Ritterftands.
Das Wiefengrundifde Hauß, Assessoris Vey dem Königl. Tribunal.
Das Graf. Heiffenftainifde Hang.
Des geweften Kavferl. Rentmaifters Nicolas Nuſſer von Rußeck 2 Haufer.
Das Lukawezkiſche Hauß, vom Adl.
Das Freyherrlich Funffkirchiſche Hauß.
Das Kominkiſche Haus, vom Adel.
Der Jesviter Weinſchanck Hauß.
Das Wltlowſtiſche Hauß.
Das Hiramiſche Haus, vom Adel, ohne Landgutt.
Das Rottiſche von Allnſtein Hauß, vom Adel.
Die Graffl. Magniſchen 2 Häuſer, Welche jeziger Landtiſchaffts Secretarius Gottfrid
von Waldorff 2c. etliche Jahr beſitzet.
Des geweſten Obriſten ond Commendanten auf bem Spilberg Freyherrn Ogilui ete.
Die Graf. Waldſteiniſche Groffe, aber wnaufgebawte 2 Häuſer.
Das Strabenflifdhe, vorhin Sadifhe Haug.
Das Graffl. Liechtenftein-Pernfteinifdhe Haus.
Das Zehentneriſche Haug, Assessor bes Königl. Tribunals.
Graffl. Oppersdorffifhe Zwey Groffe Haufer.
Das Yadartowflife Haug, Lanbts ondter Cammer.
Das Fürſtl. Liechtenſteiniſche Hau.
Das Haflaurifde Hank, Ritterftandts.
B28
Durch bie Srbauung odeei neuer Kidfter in der Stadt und den Anfauf
ber bequemften Haufer oder die Zufammenbredung mebrerer fleinerer gur Gr:
bauung eines grofen Hauſes von Seite der Hdheren Standesperfonen und der
hoberen kaiſ. Beamten fam die Buͤrgerſchaft an ihren Haufern und Wohmungen
in fo ein Bedrangnif, dag fie nicht wufte, die gu den Qandtdgen und Lands
Das Vilftifhe Hank Ritterftandts.
Das Mathiaſchowſliſche Hauß Ritterftandts.
Das Freyherrliche Dubſtiſche Haug.
Das Morawegifdhe Hauß fambt einen, ſchoͤnen gartten, fo Vorhin 2 Häuſel Wabren.
Das Freyherrlich Oſteſchawiſche Hauß in ber Stattler gaffer.
Der Debliniſche Erben geraumbes Han, worinnen der Böhmiſche Secretarius Tri-
bunalis Aulicus, fo bie Debliniſche Wittib gehenrathet cinerfeits, Wuf ber anber feithen aber,
ber Sohn Max. von Deblin, Concipista ibidem, Wobhnet, vnd in bem allgemeinen mit⸗
leiben ratione officiorum, nidts obertragen wollen.
Vber biefes Werden nod etlide Haufer gewiffen Perfonen in ber Statt Bewohnet,
Welde Bwar bas Burgredht angenommen, aber nur den Namen eines Burgers wicdt aber
bas Burgerliche Mitleiden tragen, Vnd Wollen in anfebung Ihrer profession, vnd haben⸗
der Ravferl. Dienften Befreyet ſeyn. Alß Doctor Fabian, Medicus, Fiscal Adiunctas vnd
Advocat Zablazky, Johann Max. Lune, Landts Advocat, Landſchaffts Budbalter Wham Do⸗
re8, Ravferl. Salgverfilberer, Johann Chriftoph Prandt.
Rendtambts Controlor ond gegenbandler Cafpar Maurus.
Der Teutſche Registrator Bey bem Königl. Tribanal Paul Myhlich.
Cancellift ibidem, Mathias Georg Tſchadezky.
Cancellift ibidem, Hainrich Formanek.
Vnd dergleichen Perfoncu.
Neben deme ſeyndt der Raths Verwanthen in die 22. Häuſer, anß Kayſ. gnad vnd
Privilegio, ber Einquartirungen, extra Casum necessitatis, Befreyet, snd Wegen Ihrer
Mühe in publicis, Wie aller orthen gebrdudig, von den allgemainen oneribus enthebet.
2) Ginige biefer Gerrenhdufer famen in bie mabr. Landtafel und wurben ber
Jurisdiftion bes Stabdtrathes entzogen. Mah einer Aenferung der Lanbtafel
(Gub. Mr. 7536 vom Jahre 1796) wurbe das dietrichſtein'ſche Haus in Brünn (wie jene
in Olmiig, Znaim unb Iglau) mit a. h. Bewilligung 1630 ber k. Lanbdtafel und nach bem
1637 intabulicten Teſtamente bes Cardinals Dietridftein bem Fidetcommiffe einverleibt.
Der Kaufcontraft gwifden dem Grafen Wrbna unb bem Grafen von Kaunitz um das
Grephaus in Briinn, genannt das zierotin'ſche (liber bas gwifdhen ber Stadt und
Carl von Bierotin 1612 ein Vertrag gefdloffen worden. Lukſche J. 179), tft vom Jahre
1640 in ber Landtafel gu finden unb es wurbe dafelbft nad bem untern 28. März 1705
intabulicten Diplome und Teftamente gum Fideicommiffe erhoben. Vom gräflich falm’s
ſchen Hauſe ift nichts in ber Lanbtafel gu finden. Das lidtenftetn-fromaner Hane
fam nicht in die Lambtafel, fondern blieb unter der Magiftrats-Surisdittion.
Die Hdufer bes Cardinals Dietridftein gu Brünn, Olmiig, Znaim unb Iglau, bee
freite wegen ber großen Berbdienfte, welche ex ſich gur Beit des Aufftandes um das Haus
Oefterreich erworben, Ferdinand UW. mit bem Reffripte vom 20. Dezember 1629 für immer
von allen bilrgerliden Laften und lief fie alé Freihäuſer in die Landtafel Mahrens
einlegen.
‘539
Ecten und in anderen Geſchäften ankommenden Fremden unterzubringen. Hie⸗
“HE fam, daß die Rlofter, Collegien, Standesperſonen fic der in der alten und
urenen Landesordnung gegruͤndeten Pflicht des bürgerlichen allgemei—
Men Mitleidens, als Wachen, Schanzen, Einquartirungen u. dgl., gu ent⸗
“FTHlagen ſuchten.
Die auf bie kleinſten und unanſehnlichſten Häuſer zuſammengedraͤngte
Burgerſchaft ſuchte wohl haͤufig, aber vergebens, Abhilfe. ES blieb ihr nur
der Wunſch auszudruͤcken (1666), die Stadt Brünn möchte gegen den
Spielberg gu erweitert, ber Berg und die Stadt zuſammen gefaßt und ver⸗
einigt und auf dieſem giemlidh grofen Raume Haufer erbaut, ober bod einfts
vorilen auf ben dufern Werfen und Bafteien awifdhen den Stadtmauern und,
wo fonft Gelegenbeit ift, fleine Hausen fir larmende Gewerbsleute, wie Sdmiede,
Pinder u. Ogl., gebaut werden.
Da bie Stadt innerhalb three Feftungsmauern feft gebannt war, nahmen
bie Wohnungs-BVerlegenheiten ber Bargerfhaft in dem Maße immer mehr yu,
‘alé die Hdheren Standesperſonen neue Hauser erbauten ober mehrere Fleinere
Biirgerhaufer gu einem größeren Wohnhaufe umftalteten. So nahm 3. B. das
ſtattliche Haus, weldhes der mahr. Obriftlandfammerer Leopold Graf von Diets
ridftein durch ten geſchickten Baumeifter Grimm neben ter Frangiffaner:
Kirche aufführen lief (1739), eine gange und Theile aweier anderer Gaffen ein.
Zur Beengung der Biirger in ihren wofnliden Raumlicdfeiten trug aud
bag Entftehen und Anwachſen neuer landesfurtlider und ftan-
bifher Behdrden und Aemter nidt wenig bei (S. die Schweden vor
Brinn, von mir, S. 214 — 27.).
Das fogenannte Königshaus fommt nicht mehr vor, hatte fid aber
wahrſcheinlich in bad königliche Kloſterhaus (der Giftercienfer-Nonnen in
Altbriinn, welde der Nonnengaffe ben Namen gaben)') verwandelt. Die maGri-
fden Staͤnde bauten fid) gu Anfang bed 17. Juhrhunderted ein eigened Land—
Haus auf dem alten Fiſchmarkte, welded immer größere Dimenfionen annahm
(S. über dadfelbe das Notigenbl. ber Hift, Sekt. 1859 Nr. 6 u. 7).
1) Diefes Gaus, fo genaunt, weil e6 der f. Familie gebdrte ober vow ihe zeitweilig bewobnt
wurde, fudte Chlumedy (Lubdwig’s Chronif S. 72, 83, 102 — 103) im ebemaligen Land-
hauſe auf dem alten Fiſchmarkte (Dominifaner- Blase), im ſchwarz'ſchen oder taubenkorb'⸗
ſchen Nr. 89 auf bem großen Plage unb glanbte e@ ſicher in dem letzteren gefunden gu
haben. Wahrſcheinlicher dilrfte e8 bas Gaus Mr. 517 auf bem alten Fifdmartte fein, wel-
es in bem gebdrudten Häuſer⸗Verzeichniſſe oom Sabre 1779 nod „Königliches Kloſterhaus“
heißt, in jenem vom Sabre 1785 aber als f.f. Dtilitix-Ocfonomie vorfommt, während bas
„Mähriſche Landhaus“ Mr. 523 des Jahres 1779 nun Mil. Oefon. Depot war. Hierauf
dentet der Umftand, daß König Sobann 1322 fein Gaus in Briinn fammt dem Patronate
der naben fgl. St. WenjzelSfapelle am f. g. Fiſchmarkte bem Ciftercienfer - Nounentlofter
in Altbriinn ſchenlte (Wolny, kirchl. Top. UW. 152).
Das k. Rentamt (Rameral-Zahlamt) Gatte fein eigenes Amtsgebdnde (baé
k. Renthaus in der frohlider Gaffe, feit Kaiſer Bofeph I. das Symnaftum).
Wus dem v. Appellmann'ſchen Haufe entftand burd Rauf dad f. Po fihaus 4),
aus dem von Schwalbenfeld'ſchen in der obern bruͤnner Gaffe das fF. k. Sante
Inſpektions haus.
Auf einem leeren Plage neben ber Salzlegſtätte wurde bad Banko:
Zollhaus gebaut (1727).
Mud gab es ein Tabafadminhiftrationss Haus.
Welche grofen Lofalitdten bie neue Militar-Garnifon und Mili
tar-Berwaltung bendthigt, wird fpdter zur Sprache fommen.
Der nachfolgende Auszug aud ben gedrudten Haͤuſer⸗-Verzeichniſſen der
Jahre 1779 (vor ber Klofter-Aufhebung), 1785 (nach derfelben) und 1794 geigt,
weld’ grofen Theil ber Stadt-Haufer die Geiftlihteit, der Abdel, die Gemeinde
und dffentlide Verwaltung fur fig in Anſpruch nahmen.
Rad Lemmer’s Häuſerverzeichniß von 1785 war bie innere Stadt Brinn
(innergalb dec Ringmauern) in 4 Biertel gethetlt und hatte 554 (im Jahre
1779 537, im Sabre 1794 559) nummerirte Realitdten (Hauler, Schopfen,
Garten u. a.)
Sm i. Biertel (1779 find feine Vierteln bemerft) beim Eingange gum
Bruͤnner⸗Thor⸗Zwinger rechts und links Rr. 2 ber Stabt-Dhorf{dreiber,
worin bie Stadtgarde (1779 war Nr. 1 bad Confumos Mauthhau fel),
Nr. 5 Fortififationsgarten (1779 von Bonomifder d. i. ded Fortififationd-Di-
reftors), Mr. 7 dad ftddt. Malzghaus, Mr. 8 und 9 ftddt. Gemeinhaufel,
Rr. 10 evangel. Bethhaus (im J. 1779 Rr. 9 und 10 ſtän diſche Reits
ſchule); PeterSberggaffel und der Petersberg felbft, Mr. 16, 17
(1779 aud 18), 19, 20, 22 — 26 und 30 gum Petersberger Domftifte
gehorig 2), 18 biſchöfliche Refideng, 27 Regend-Ghori, 28 Meßner, 29
Wirthshaus, 31 Jnfpeftor, 21 Klofter Raigerers Haus (1779 Rr. 15 Klo-
fter Bruder- Haus); obere briinner Gaffe rehtd Rr. 32 geweft Klos
ſter Hradiſcher, nun f. f. Rameralhaus (im 3. 1794 Sohann Reindl),
Mr. 33 geweft f. f. Bankalhaus (1779 fF. k. Banfaladminiftration), 39. Fob.
') Das Poftamt war in bem (eben im Umbaue begriffenen) Hauſe Nr. 491) ber Schwarz⸗
ablergaffe unb, nach deffen Verkauf an den Grafen Zierotin, in ber jegigen Poftgaffe unter⸗
gebracht, bis bie Poftverwaltung nach Ayfhebung ter Staatégilteradminiftration (1829) ihr
bamaliges Yofale (bas ehemalige Klofter tiſchnowitzer Haus) in ber verlornen Gaffe bezog;
daher hieß bie feit Crridtung des Gafthaufes gum ſchwarzen Abler (Ubfteigquartier Kaifer
Joſeph I.) barnad genannte Gaffe vorbem die alre Poftgaffe.
2) Das St. Peter - Collegiatfapitel befreite 1581 bas grobedy che Haus auf bem BPeterse
Berge 3 Gunften ber Sefuiten von der fapitularifden Geridtsbarfeit (Wolny,
firdl. Lopographie Il. 92).
i
Bayt. Graf Mittrowsty; Krautmarkt, 41 Graf von Singendorf (1779
in Rr. 42 Neumann'ſche Buchbruckerei), 46 geweſt Kloſter Gaarer, nun
Kameralhaus (1794 Philipp Radliſche Erben), 47 Freiherr von Hauſpersky,
46 Fie Dietridftein, 49 olmützer erzbiſchöfl. Gaus (1779 Bi-
ſchofshof), 53 Graf von Monte Ab bate (1794 Rr. 55 Frau von Kornig),
87 StabtsTaferne, 88 birger. Fleifmbanke, 80 Edler von Ler;
Henheim, 93 von Holzbecher, Lanbesburggraf; Fleder wifag affel;
Kohlmarkt (1779 Rrautmartt) Rr. 56 Kapuziner; Fubdenthorgaffe
Wr. 108 WUltgraf Salm⸗Reiferſcheid, 109 Frangisfaner (1794 Rr. 97
Gimon von Rofler); awifden bem Fubenthor Rr. 64 bürg. Schie fe
fatt, 65 Stadt⸗Thorſchreiber, 67 Tabal.Auffeher; Jwinger vom
Judenthore bis gum Mengerthore rehts und links Rr. 69 Radt. La⸗
boratorium (1779 Privathaus), 70, 71, 72 Garten des Dr. Ling, Kaftlener,
Johann Fiſcher; Bishmergaffe Rr. 104 altgrdfl. Salwhhes Reitidhulge-
bhube, 107 Freymann; Romerplagel (1779 hinter St. Yofeph); Frane
gidfaners@affel.
Jm 2. Biertel: Obere Mengers (fest Sdwargadler-) Gaffe Mr.
136 Swobodiſche Erben (1779 Bucdhdruderei), Johann Siedleriſche Buddr ue
deret (Mr. 138 Herr von Schlegern (auch 1779), 1794 aber Herr von
Gtiebig, 1779 Mr. 140 von Roſenheimiſche Erben), 141 Graf Yofef Zie⸗
rotin, 177 Gbler von Fe ftenberg (1794 Grafin von Blitmegen), 178
Wafthaus gum rom. KRaifer, fonft gum fdwargen Adler, 180 Grafin
Blümegen (1779 Freiherr von Aftfeld, 1794 Yofef Trafler); untere
Menzergaſſe Rr. 144 Klofter St. Jofeph; Zwinger betm Mengerthore
links bid gum Difafterialhaufe (1779 Mengerpaftey) Rr. 152 SGalnitere
Qeiterungshaus, 153 FF Münzſchmelzhütten (1779 nist), 153
grafl. Sereni'ſches Waſchhaus, 154 grafl. Althan'ſcher Garten, 155 graff. Kaus
nig {der Schupfen, 157 grafl. Monte 0 Abbat'ſcher Schupfen; im Menger:
thurm (1779 Rr. 163 Mengerthor); obere Johannesgaffe Rr. 167
Minoriten und errichtete dritte Pfarre bet St. Johann genannt;
Gattlergaffe Nr. 185 Ignaz von Wbel, 191 von Frankenau; Kra—
mels (1779 und jetzt Sdufter-) Gaffel, 4 Haufer im Befige von Schuh⸗
madern; RKrautmarft aufwarté, vorbdere Rathhausgaffe (1779 Rr. 200
Kathar. von Grofbauer), 214 Rathhaus, gewefted Syndifat und Wacht⸗
fiube (1779 beide nod alé folde, 1794 Nr. 212 Johann Speil von Ofe-
beim, 1779 Rr. 221 Kiofter Wellehrader Haus); Hintere Rath
bausgaffe; obere brinner Gaffe links (4779 Rr. 230 Edler von
RMofenzgweig), Rr. 232 Freiherr von Haugwig, 233 Edler von
Rar defy, 237 ftadt. Brdubaus; untere brinner Gaffe redhts
Mr. 243 ſt dtiſch ober fogenanntes Salmiſches Haus, 244
Edler von Welzenſtein, 248 Gafthaus zur Schwan; obere
Herrengaſſe rehts, Mr. 250 ſtäbt. Ouartieramts + Haus,
(1779 Privathaus), Rr. 255 ven Wiefenthal (1794 Sof. Konaſ); untere
Herrengafje rechts, Rr. 256 Ignaz von Abel; PoRK gaffe rechto,
(Re. 258 Apothefe yum rothen · Krebjen) 259 Graf Troyer (1794 Freihert
sen Roden, 1779 Rr. 260 Graf Zicrotin, 1794 Freiherx von Dubjfly), 262
££. Poſt haus (1779 Rr. 263 Graf Op perséd or f).
3m 3. Biertel: untere JohanneSgaffe rechts, Rr. 265
Chrifteyh von Rodorogty, 269 Kadt. Malzhaus, 271 Schneider
herberg; Brandftatt (1779 nur 1 Haus); feinenes Brix del over
petlorne Gaffe, Rr. 280 Fürſt Lichtenſteiniſches Haus (1794
im ter unteren Johannesgaſſe, Joſeph Poyger, Gaſtwirth bei 3 Chur:
farften), 281 geweſt Kloſter Tiſchnowiter, nun Kameralhaus (früher
Staatégiter> Adminiftration, nun PoRdireftion); PRofigaffe linfs, Rr. 293
General Graf Mittrcowsty, 24 Freiherr von Freyenfels (1779 Mo
fer obrowiger Haus), 285 Graf Stodfammer; (1794 Rr. 286 Grafin Str.
benffy); untere Herrengaffe lint, 291 Graf Sereni, obere
Herrengaffe; alter Fit gh markt (jest Dominifaner-Plag) rechts Rr.
301, 302 und 303 im Buchhaus, (Rr. 307 im Jahre 1779 Freibere von
Brevenfels, 1794 Graf Taaffe), SHloffergaffel rechts; gro:
fer Plag rechts (1779 Rr. 314 Joſehh von Taubenforh), Rr. 347
Graf Blimegen, 318 Graf Offef} Hau (1794 Baron Mundi), Rr. 319
Leopold Etler von Köffiller; grofer Plag links, Rr. 324 Freiherr von
Reriefdh (1779 Freiherr von Kriegiſch, 1794 Grafin Waffenberg)
329 §reiherr von Jablatzky, 330 Graf Heisler, 332 Freyin von Imb⸗
fen (1794 Graf Finffirhen); Krapfeng aſſe redhts, Rr. 334 Graf S drat:
tenbad (1779 Chriſtian Schatel), 353 Freiherr von Touffaint; dio. links,
366 von Flamm, 373 von Hermann, 384 Graf Althan, 385 abdeliges
Etift Maria Sul; bei der Mauer linfS (Rr. 346, 347, 348, 537);
Rojengafjel, Rr. 358 Frau von Befold (1779 Joh. Ruziczka); Gais
gaffe (1779 Rr. 374 Mlofter St. Annas Haus, 362 und 383 Univer
fitarcé- Haus); Maria Himmelfahrt- (jegt Fefuitens) Gaffe,
Re. 342, 383 Militär-Kaſerne (1779 Rr, 392 abelige Afademio),
402 Graf Braita; Rennergafje, Rr. 388 von Nowad, fel. Erben,
389 Graf Ehorinffy, 390 Geler ron Balenyi.
3m 4. Biertel: Holzgaſſe Nr. 403 von Prop fhe Erben, 404 Graf
Wallvorf, 419 Franjijfa von Höhliſcher (1770 Frangiffa von & olof);
Fröhlicher-Thor⸗Zwinger (1779 bei St. Thomas) rechts Rr. 406
f. f. Dikaſterialhaue (1779 Kloſter Et. Thomas), 409 ſtädtiſches
Wadhaus linfs (1779 Rr. 410 Konjumo-Mauthaufel) Nr. 411 BE
Geniehaus (1779 Oberflieutenant von Qoneme), 412 Freiherr von Lo»
cella, 413 State ThorjdreiberesHaual, Ne 414 ff BroviantsBadhaus,
415 f. f. Saljfammer, 416 ££ Banfalbaus; auger Dem Fro hlider
Thot Rr. 410 geweſt Konſumo Mauth-, nun Militärwacht⸗Häusl; Jakober⸗
gaffe (1779 Ginter St. Safob) rechts Rr. 422 Stadtpfarrel, links 428
Freiherr von Widmann (1779 KRarthdaufer-Haus); Rennergaffe links
Rr. 480 Gafthaus gum fdwarjen Baren, 4341 Johann von Sternef
(1704 Frau von Kranichſtätten), 432 freiferr von Dobelftein (1794
Joſef Kopian); großer Plag Nr. 434 Graf Fünfkirchen (1779 Krein
yon Smbfen, 1794 Frau von Trifter), 436 Freiherr von Wall dorf
(1794 Graf Belecredi), 439 ftddt. Waghaus, 440 Militars Hauypte
wade, 441 Lundenburg Fürſt Lidtenfteinfdhes Haus (1794 Mr. 442
Graf Ludwig Zierotin), 443 von Geifiler (1794 Grafin Harrad, wie
aud Rr. 446), 476 Edler von KRoffiller, 478 Graf Raunig, 479 Yoh.
pon Stiebig, 480 Karl Freih. von Dobelftein; Todbtengaffel (1779
Gottedader bei St. Safob), Nr. 488 Stadt « Sdhulhaus; neue FroHlis
Gers (1779 Frihlinger-) Gaffe, Nr. 451 Freiherr von Qocella, 470 Freiherr
yon Bukuwka, 472 ££ VTabal-Adminiftration, 474 von Piati,
475 Kameral⸗Schulhaus (Gymnafium, 1779 k. k. Kriegszahlamt);
Zwinger im Fröhlicher-Thore (1779 Fröhlinger Baſtey) Mr. 461 Stuck⸗
hauptmann, 463 Thorwarters⸗Wohnung, (1779 Rr. 462 Fortifikations—
häuſel, Rr. 464 Häuſel beim Pulverthurm); Schloſſergaſſel; alte
Fröhlichergaſſe links (1779 Nr. 490 Fürſt Lichtenſtein Kromauer
Haus) Rr. 494 alte Stadt Kaſarm (Kaſerne), 509 von Bohmſtetten, 512
tf Lehenbank (1779 Mr. 513 Kloſter Wranauer Haus); Seidens
beiblgaffe (1779 RKafferngdfjel) Rr. 500 neue Stadt Kaſſarm; alter
Fiſchmarkt (1779 beim Landhaus) Rr. 517 fF. k. Militdee Oefonomies
baus, Mr. 633 ka k. Mil. Oefonomie- Depot (1779 das erfte koͤnigl.
Klofterhaus, dad andere mähr. Landhaus); Nonnengaſſe; untere
VBrinnergaffe lint, Nr. 534 geweft Dominikaner⸗Kloſter (1779 nod
beftehend), 536 Thorwarter Wohnung.
Vorſtädte (bas Verzeichniß von 1779 enthalt feine):
Große Badengaffe, Herrfdaft Stadt Brinn, Rommenda Kreuy
gaffe, Nr. 25 Nommenda + Kreughofer « Wirthshaus, 26 Kom. Kreuzh. Gemein:
haus, 37 Rommenda Kteuz⸗Hof; St. Anna, Kameralherridaft, Rr. 38
geweftes St. Anna⸗Kloſter, 39 Rameral-St. Anna-Branntweinhaus, 48
St. Anna Rameral- Gebdu. Stadt Brunner Territorium: Seilers
berg (Rr. 54, 55, 56); kleine Badengaffe, Nr. 89 ſtädtiſche Kunſt;
Laderwiefengaffen, Nr. 70 Heinrih Pade Branntweinbrenner, 71 graflid
Schrattenbach'ſcher Garten; gegen bem Sohanness Briindl (Mr. 97, 98),
bisher gufammen 134 Haufer, Schopfen, Garten u. a.
Markt Altbrünn (mit Bürgermeiſter und Kathen): yur Kameralheres
fdaft MoniginsRlofter, aud Kommende⸗Kreuzhof, Kameralherrſchaft Riecztowit,
dto. Koͤnigsfeld und Petersberger Herrſchaft:
Burgergaffe, Rr. 28 herrſchaftliche Maierhof, 54 Gaſthaus
gum blauen Liwen, 89 herrſchaftliches Schulgebäu, 148 Markt Alt⸗
384
briinner Rathhaus; Holgplagl, Srillowig, Rr. 36 Jofeph Luna, Bot.
af@enfabrifant; St. WengelSgaffe, Rr. 59 Wirths Haus bei dem
fogenannten Thallamach, 60 Barmherzigen Kloſter; Felbdgaffe,
Steingaffe, Rr. 74 Johann Panzer, Papiermacher, 76 Clifabethiners
Kloſter, 82 Stadt briinner Mauth⸗Häusl; Fifdergaffe, Nr. 108 Joſeph
Przihoda, Papiermacher, 111 Jofeph Sterz, Papiermadwer, 112 Stadt
Brinn gehoriges Haus; Geifgaffe, Rr. 116 Excellenz General Mittrowe⸗
fifher Garten; Leimftetten, Rr. 141 herrfhaftl, Branntweinhaus,
142 herrſch. Fleiſchbank; wher bem Brudl (Mr. 152, 153); untere Leim⸗
fietten, Nr. 154 Muͤhle, LKonigin-Rlofter Pfarrhof (Rr. 155 geweftes Koͤ⸗
niginflofter, Pralatue und Pfarrei, dann Wirthſchaftowohnungen); St. |
Antonsgaffe (Rr. 156 — 162, Rv. 162 fogenannte Stein mühl), gum
Rameral Koͤnigin⸗Kloſter Nr. 163 RinigsmaAGHl gu finden neben der Ponig ds
wiefe Ginter Rumrowig; alles gufammen (in Altbrünn) 164 Häuſer ꝛc.; ends
ih find nod 3 Ghaluppen bei dem fogenannten Landfeſt ob der grofen
Brude rechts.
Straffengaffe, gur Stadt Brinn, 19 Haufer.
Waffen Neuftift, gue Furft Lichtenſtein'ſchen Herrſchaſt Poforig, zur
Rronagaffenpfarrei St. Stephan und altbruͤnner Pfarrei, 73 Haufer 2. (Rr. 67
Fuͤrſt Lichtenſtein'ſches Pottaſchenhaus).
Dorf Kleinmariazell, Herrſchaft Domſtift St. Peter, zur Kumrowiter
Lokalkaplanei, 65 Haͤuſer.
Dorf Kumrowitz, Herrſchaft Domſtift St. Peter, 40 Haufer, Rr. 10
Knoppecmugl, 16 Mühle, 17 herefdaftl Maierhof, 19 Sdhulhaus ber
@emeinde.
Petersburggaffen, Herrſchaft Domftift St. Peter, 19 Haufer.
Dorneroffel, gur Kameral-Herrſchaft Koͤnigsfeld und Herrſchaft St.
Thomas, 42 Haufer, Rr. 39 Thommer Mühl, 40 Graf Blame gen {der
Garten, 41 gewefter Dominifaner, nun Kameral = Garten, 42 herrſch.
Konigsfelber Branntweinhaus.
Kronagaffe, Herrfdaft Stadt Brinn, und gwar große Krsna,
Rr. 1 flddt. Maut⸗Häusl, 4 Graf Gajetan Blimegifdmer Garten, 5
Graf Hrzan'ſcher Garten, 12 ftadt. Ziehungs haus, 13 ftadt. Spital,
14 ftddt. Lazareth, 16 ftadt. Wirthshaus gur neuen Welt, 17 fradt.
Branntweinhaus und jädiſche Garfi me, 18 und 19 Leopold
Scholz, Schonfarber; Quergaffe, Rr. 23 und 48 Carl Letmaryer,
Lebermeifter; kleine Rrona, Rr. 30 Spitalhaus, 31 Rapuginer « Wall,
32 ſtädt. Malzmühle, 33 k. k. Tuchfabrik uud Wollfpinnbhaus.
Mühlgrabengaſſe, Nr. 64 und 95 Stift Maria Schul, 78 Bak-
fenmeifter gum grofen Schuh, 79 ftadtifhe Haſamühl, 80 Sadhladte
bank ber Fleifdergunft; Lebergaffe, Rr. 81 ſtaͤdt. Holzſtätten, auf.
98 Haͤuſer u. a.
$35
Gaffe Feil, Herrſchaft Domſtift ©. Peter, 71 Haufer u.-a., Rr. 29 und
30 Ff. f. Waifenhaus.
-Petersgaffe, Hft. Domſtift St. Peter, 5 Haufer.
Radlag, Kameralherrſchaft Königsfeld, 10 GHaufer, Nr. 10 Leopold von
Köfiller'ſche Tuchwalf, 11 herrſchaft. Schenkhaus gum Gſchloößl.
Obrowitzer Gaffe, Hft. Obrowitz, 25 Häuſer u. a, Rr. 1 geweſtes
Prämonſtratenſer Kloſter, 2 — 6, 21. herrſchaft. Gebäude, 13 Wilhelm
Mundi, Tudfabrifant, 20 herrſchaft. Wirths⸗ ober Bierhaus.
Große Reugaffe, Herrſchaft Rzeczkowitz, Stadt Brinn und Koͤnigs⸗
feld, 62 Häuſer u. a, Rr. 21 Karls Hof, 23 ſtädt. Maut- Hausl, 24 frat.
Wirthshaus gum weifen Roffel, 26, 27 und 28 fF. k. privil. von Köoͤ⸗
fillerfde feineTudfabrif, beim Herrentei he Thomefifhe Mühle
gum blauen Hedten, 39 Cr. Graf Mittrowskiſcher Garten, 40
ftadt. Fifhhaus, 61 Baron Schröfl'ſcher Garten.
Kleine Neugaffe, Hft. Stadt Brinn, 22 Hiufer, Mr. 5 Wirth s-
Haus gum wilden Mann, 7ſtädt. Maierhof, 8 St. Thommer Maie
erhof, 9 ftand. Ziegelbiitten, 19 St. Thommer Garten, 20 — 22 am
Freudhof.
Schwabengaſſe, Hft. Rzeczkowitz, 26 Häuſer u. a, Ne. 7 obrigk.
Wirthshaus, 10 Leopold von Koͤfiller Tuchfabrikenhaus.
Feſtung Spielberg. Auf dieſen befinden ſich 10 numerirte Woh—
nungen, worin ber Herr Feſtungscommandant mit anderen Domeſtiken, Militaͤr⸗
officiren, Kaplan, Schulmeiſter, Schloſſermeiſter, Ober⸗ und Unterprofoßen, Stock⸗
knechten, Arreſtanten und Schanzkorporalen wohnhaft find.
Um ben vielfaltigen Reibungen und Streitigkeiten wegen des Beſitzes
ber Hdufer burh Standesperfonen (Schoßhäuſet) gu begegnen,
erflarten die Landesfuͤrſten wiederholt, dag Hdufer in den fonigliden
Stabten nur von Perfonen Hoheren oder Biirgerftanded befeffen, daß diefel-
ben obne 3Zufdreibung in ben Stadtbüchern) nicht befeffen werden können,
1) Raifer Karl VI. regelte die Cinfdreibtagen in ben f und andern Stddten Mährens
bet Erlaufung ber Haufer unb Grilnde in der Art, daß wegen Vormerkung unb Einſchrei⸗
bung ber Raufe über Haufer und Gründe in den k. Städten ohne Unterfdhied, ob eine
höhere Standesperfon ober ein Anderer contrabire, 8 vem Taufenbe, in ben andern Stib-
tex und Orten aber ohne Unterſchied 4 vom Taufende und nicht mebr genommen werden
follen. Zugleich genehbmigte ber Kaiſer dasjenige, was bas k. Tribunal wegen Aufridtung
und Haltung orbentlider Stadt- und Grundbücher verordnet hatte, um darin alle
Ranf- und Verfauffontratte, Kaufſchillings⸗Währungen u. dgl. zur Sicherheit ber Veftger
gehörig vormerfen gu können, mit bem weiteren Auftrage, deffen auch die itbrigen k. Städte,
wo etwa diefe Ordnung nicht eingeführt mire, durch ben Landesunterfimmerer erinnern gu
laffen (Reff. 20. Suni 1712).
Yn Brinm gab es aber (abgefehen von den bis in bas 14. Jahrhundert zurückrei⸗
chenden Stadt» und Gerichtsbüchern) ſchon viel frither Stadtbücher, welde ben Charafter
386
daß aud hoͤhere Stanbesperfonen verpflidtet feien, fic dieſelben gufdreiben gu
laffen, baB bie Realjurisdiftion bes Magiftrated aufrecht gu erhalten fei
(Berorbnungen vom 11. Marg 1686, 18. Dezember 1705, 17. Jänner 1710,
A. Dezember 1734, 4. November 1751) 1).
Der Magiftrat von Brinn jog den Verkauf ber Pupillar: Haufer
bed obern Standes in Streit, welder bisher vom fF. Landrechte oder, wenn
bied nicht gehalten wurde, wegen Gefahr am Berguge auf £. Delegation vom
f. Tribunale fubhaftirt 7) und die Schulden claffificirt worden waren. Kaiſer
Sofeph 1. beftimmte fiir die Zufunft, bap 1) im Falle, als ein in einer k. Stadt
gelegenes, ber Stadt-Juriddiftion gwar unterworfenes, jedoch einem Pupillen ded
obern Standes gehiriges Haus auger dem Concurswege verdufert werden follte,
der Verkauf wie bidher mittelft der Commiffarien bes k. Landredtes oder, bei
einer Delegation, ded k. Tribunals vollzogen und ratificirt, jedoch ben Stadt.
büchern einverleibt und dem Magiſtrate freigelaffen werden foll, wegen der etwa
eines Grunbbudes haben, wie 3. B. Ludwig's Chronif S. 72 bes Stadtbuches gum Sabre
1601 erwibnt.
Mls ber Magiftrat dex f. Stadt Brünn (ungefibr 1687) die vordem bet ben Stabt-
gerichtsbüchern nicht int Gebrauche gewefenen Erforderniffe zur Sntabulation eines In⸗
firumentes nad bem Beifpiele der Inſtruktion ber mähr. Lanbdtafel (von 1642) einfiibrte,
ließ ihm ber Raifer diefes Unternehmen verheben, ba ,benen Magistratibus der f.
Städte ohne f. gnädigſten Vorbewuſt ad exemplam ber f. Lanbtafel ober fonften obser-
vantias 3u introduciren bie macht nit einguraumben.” Hinfichtlich des ſpe⸗
ciellen Falles aber, in weldhem bie Cinverleibung eines Eheberedniffes beanftin-
bet worden, weil bie clausula intabnlandi und die Mitfertigung ber Zeugen feblte, verord-
nete ber Raifer die Cintragung in die Stadtbücher, weil biefe Erforderniffe zur Einverlei⸗
bung ber Eheberedniffe in bie Stadtbücher vorher nicht beftanden; für bie Zukunft foll jes
bod ber Ausfats ber bereits von ihm eingefilbrten Prageriſchen Stadtrechte beobachtet wer-
ben (eff. 19. Auguſt 1697).
1) Als bas k. mähr. Tribunal nad bem Lode eines griflidd ſereny'ſchen Vedienten bie Sperre
fener Berlaffenfdaft im griflich fereny'fdhen Schoßhauſe felbft vornahm und, ungeachtet des
Recurfes des Magiftrates, die Erbſchafts⸗Effekten ben Erben erfolgte, fand ber Raifer die
vom Tribunale zur Begriindung feiner Surisdittion vorgebradhten Gründe von feiner Er⸗
beblidfeit, bagegen ben brünner Magiſtrat wohl befugt, in dbiefem und dergleichen fallen
ſowohl bie Sperre als Ynventur nebft bem, twas derfelben anhängig, vorgunehmen. Der
Kaiſer erinnerte baber bas Tribunal, ſich tiinftig nicht gu unterfteben, bem Magiſtrate in
berlet Fallen eingugreifen, viel weniger nad angemelbetem Relurfe an ibn (ben Raifer)
unter derlei leerem Vorwande vorgueilen unb ibm gleicfalls gu nabe gu treten (Reff. 5.
Dezember 1698).
2) Wenn bürgerliche Schoßhäuſer in ben k. Stidten, welche Waifen höheren Standes gehbren,
bom Landrechte öffentlich veräußert (fubhaſtirt) werden ſollen, iſt es nicht nöthig, die
Verlautbarung tm ganzen Lande (wie Lei Landgütern) gu veranlaſſen, ſondern es geniigt,
wenn bie landrechtlichen und, falls fein Landrecht gehalten wird, die Commiſſäre des k.
Tribunals die Ligitations - Rundmadung am Gaufe und an den Thoren des Landhauſes
affigiren laffen (Reſt. 9. Mat 1715).
837
verfeffenen Stadtſchulden jemanden zur Gommiffion abzuordnen unb bas Credits
recht im Ramen ber Commune gu beobadten, 2) in Cridafallen foll, wenn der
in Concurs verfallene Pupille nebft einem folden Haufe aud landtaflide Im⸗
mobilien befigt, ber Cridaprozeß und die Claffififation ber Gldubiger, nach der
Gribaorbnung vom 2. Mai 1644, bet der k. Landtafel verfiihrt, bie Bezahlung
ber auf dem Hauſe verfiderten Glaubiger aber nach dem landtäflichen Crida-
Urtheile bem Magiftrate iberlaffen werden, 3) wenn aber der Bupille Feine
fandtdflichen Giiter befigt ober bie Erefution von ben Mtunicipalglaubigern nur
auf bad Haus gefudht und ausgefiihrt wird, foll eben fo, wie bad Erefutions-
recht nad den Stadtredten gu beurtheilen und bei dem Magiftrate au fuchen,
aud) dieſem ausfdtiefend die Subhaſtation und was Ddiefer anhängig ift gebiif-
ren. Weiter lief der Kaiſer den briinner Dtagiftrat erinnern, fleifiiger als bis-
her darauf gu ſehen, ob fic) bie Befiger ber Schoßhäuſer gum Bürger⸗ oder
einem Hdheren Stande wirklid Habilitirt haben und keine unhabdilitirten
Beſitzer einfcleiden zu laffen. Endlich fei nist abgufehen, warum die oberen
Stanbdesperfonen von Erfaufung der Haufer eine höhere Tare als andere und
gwar gu 2 fr. vom Gulden gablen follten.
Der briinner Magiftrat fei daher hierüber neuerlich gue Rechtfertigung gu
giehen und nad fructlofer Verftreihung einer Frift von 4 Woden der Exceß
einguftellen (Reff. 20. Sanner 1710).
e. Die Orgenifirung des Militérwefens in Brinn.
Die Feftung Spielberg hatte eine beftandige Garnifon; die Stadt Briinn
in ber Regel feine. Nur wenn eine auf der Werbung ober auf bem Durd-
marſche begriffene Miliz oder in aufergewshnliden Fallen Militar zur Bequar⸗
tierung nad Brünn angewiefen wurde, Hatten die Stadtbewohner gegen Abreichung
bed Gervice von 2 fr. taglih per 2 Mann und den Schlafkreuzer die aft der
Natural-—Bequartierung, ober fene, welde fie nicht leiden wollten, die hiefuͤr be-
ftimmte Reluition gu tragen. Insbeſondere zahlten bie Befiger bürgerl. Gh o fe
haufer ded höheren Standeds als Ablofung der Natural-Bequartierung vertrags-
mafig einen jaͤhrlichen Quartierzins von 3 fl., weil bie oberen Drei Stanbe
nah dem wlabdislatfden, burd) die Lanbesordnung von 1628 Fol. 21 befta.
tigten und gur Ausibung gelangten Bergleihe vom Jahre 1486 gu allen bir
gerliden Laften wie bie Burger fidh verbunben Hatten.
Die friiher weit feltenere Militay-Bequartierung wurde aber fuͤhlbarer,
als Kaiſer Carl VI. aus Ridfidten für die MilitarsDifciplin und die Verh
tung von Greeffen bie Bequrtierung ber Snfanterie blog in geſchloſ—⸗
fenen Orten mit Einbeziehung ber k. Stddte, nad bem Muſter Boͤhmens und Schle⸗
fiené, aud) in Mabren anordnete und befabl, daß, wie in jenen Landern, der Hofpitae
tions⸗Groſchen bem Quuartier-Trdger vom Lande gereicht werde (Mef. 23. Sunt
22
888
1724). Es wurde hierauf demſelben in Mahren an Service fiir Wohnung,
Licht und Liegerftatt taglid 2 fr. fiir einen Mann von den Standen gezahlt.
Da ben Hausbefigern dieſe neue Laft ſchwer fiel, befahl ber Raifer, bag
bie Quartierſchuldigkeit ni@t mehr von der Burgerf daft,
fonbern von ber Gemeindfaffe getragen werde und Me
Bequartierung nigmt in den Bargerhdufern, fondern in
ben Haufern der Stadbtgemeinbde geſchehen foll CQnftruftion
fix bad Stadt Brinner Wirthſchafts-Direktorium vom (2. Juni 1726).
Zu gleider Seit (1727) wurde Die Birgerfmaft aud von der
Unterhaltung und Muntircung der Stadtwade enth oben
und dieſe Laſt auf bie Gemeindefaffe dbertragen.
Zur Unterbringung der Miliz fam die Erbauung eines Milita es
Quartierhaufeds (Werbhauſes) in Brinn yur Sprache und es wurde
hiezu bad freiherrlich pfeffershofen ide unterm Spielberg unweit dem alten Land⸗
hauje (bie jepige Wiltftadter- oder Artillerie-Staferne in ber Frohlider » Gaffe) ges
wibmet. Da bie Gemeinde-Wirth(dhaftsertragniffe yur vodigen Aufführung diefed
Militär⸗Quartier⸗Hauſes nicht zureichten, genehmigte Raifer Rarl VIL, daß bies
zu von ber biirgerlidjen Gemeinde (Biirgeridaft) durch zwei Jahre ein Beitrag
yon 6,106 fl. 15 fr. jaͤhrlich eingehoben werde, mit welder Gumme fie an ten
Wacht- und Muntirung sfpefen von ver Gemeinfaffe feit fünf Jahren
überhoben worden CReffript 10. April 1731). Sowohl jedes bürgerliche, als
jedes der burgerlidhen Schoßhäuſer der oberen Stände hatte hiezu jaährlich
12 fl. beigutragen und legtere aud) ben Quartierzins von 3 fl gu zahlen (Ref.
10, März 1735). Die Reibungen awifden der Stadt und ben hoheren Staͤn⸗
ben erftredten fid) auch auf die von Den letzteren befeffenen Schoßhauſer rück⸗
fichtlich ter auf denſelben haftenden Militarlaften. Der Raifer fand zwar die
anftatt ber Naturalbequartierung jahrlid entridsteten 3 fl. nidt unbillig, ba die
Stadt ben Vergleich von 1486 fur ſich Habe; dba aber mit der Zuftandebringung
des zur Unterkunft von 800 bid 1000 Serfonen beftimmten Werb- und Quartiers
Hauſes bie NaturalsBequartierung in ber Stadt aufguhsren
hatte, bob Raijer Karl VI. ben Chuartier> Beitrag der Schoßhäuſer auf.
Wenn aber tas brinner Quartierhaus bie geworbene und von Beit gu Zeit
abmarſchirende, oder fonft etwa dafelbft au bequartierende Miliz nicht faffen follte,
und daher eine aufergewohnlide Bequartierung bei ber Birgerfdaft vorgenom⸗
men werden muͤßte, Hatten aud bie Schoßhäuſer einen verhaltnifmaffigen Gelbs
beitrag ju leiſten (Ref. 10. Tribldt. 18. Maͤrz 1735).
Sm Jahre 1735 war der Bau, auf welden die Gemeindefaffe bereits bei
60,000 Gulden verwendet hatte, fo weit gediehen, Daf in 56 3immern 800:
Mann aufgenommen werden fonnten. Die Stadt hatte hiemit dem Lande, wel⸗
ches in ter Militarbequartierung erleidhtert wurde, ein betraͤchtliches Opfer gebracht.
Denn es entgingen ihr night nur die Zinfen bed Baukapitals, ſondern dtefetbe '
hatte sur wohnlichen Einrichtung bed Haufes, dann auf Hols, Licht, Stroh
. 389:
Leintiicher, Matragen und die Erhaltung des Gebdubes fortan Wuslagen, welche
burch bie Bergiitung bed Service mit 2 fr. fir einen Mann von Seite der
Staͤnde nidt aufgewogen wurten. Der Beitrag ber Biirgerfaft und Schoß⸗
haudbefiger von 12,000 fl. und des Stifted St. Thomas von 2000 ff. ftellten
faum ben 10. Theil Der Baus und Ginrichtungdsfoften bes Hauſes bar. Auch
vermefrte fic, ba in bem neuen Haufe viele Gelegenheit war, die Militär⸗Ein⸗
quartlerung Brünns gur weiteren Grleidterung bed Landes,
Der Bau diefer erften Kaſerne foftete 90,000 f., welches Geld ſammt
Intereſſen mittelft Colleftirung ber Ramingel(ber naw und nah getilgt
wurde.
Mit diefen hatte es folgendes Bewandtniß.
Ungeachtet frither bie Quuartierlaft ber Gemeinde gugewiefen worden war,
erfannte fpater nad dem Ausfprude des f. bohm. oberfien Ranglers dad f.
mafr. Tribunal (Defret vom 9. Rov. 1742), daß bie Verpflidtung der Mili
tarbequartierung in Brinn der Buͤrgerſchaft allein obliege.
Dies bezog fic jedod bei bem VBeftande von Rafernen mebr auf bie Un-
terbringung ber Officiere.
Fruͤher trug jeder Hausbefiger die Natural-PBequartierung. Marta The-
refia lief aber burd eine eigends beftelte k. Commiffion eine fefte Beftimmung
und Ausmittlung ber Quartiere fir das Militar beforgen und beftimmle, daß
ble Naturallaft reluirt und nad Kaminen, weldhe jedem Haufe ohne
allen Unterfdied, fomit aud) jenen der höheren Stanbded-Perfonen (ben ſoge⸗
nannten Gdofhdufern), aufyutheilen feien, geregelt werden foll (Reff, 4.
Sanner 1743).
Um bie often der Militar-Bequartierung und beziehungsweiſe die Entſchaͤ—
bigung ber Qhuartiertrdger aufjubringen und angemeffen zu vertheifen, wurde
bie behauste Bürgerſchaft nad ber Anzahl ber Kamine, die unbehauste
aber nad einem billigen Maßſtabe in 3 Klaffen jährlich ins Mitleiden gezogen
und ein Quartier: Ratafter entworfen. Dies war ber Anfang ber nod
beftehenden ftabtifden QuartierfondssBeitrage. |
Nad voraud gegangener Befdreibung aller Haufer fam bas
Qhuartier +s Ratafter unterm 25. Nov. 1744 gu Stanbe und Mt. Therefta befta-
tigte eB mit dem Relfripte vom 16. Wuguft 1746. Rad. bemfelben GHatte die
Stadt Brinn damal 1198 RKamine, welche nun aud als Grundlage der Auf⸗
theilung ber landesfürſtlichen Steuern auf die Birgerhaufer dienten.
Daé Ratafter wies jedem Haufe eine fixe Zahl von Kaminen unb gwar
nad Berhaltnip bed Drittheild der befdriebenen und gue Militar-Bequartierung
beftimmten Wohnungsbeftandtheile au. Hiernad find aud die Reluitions. Beis
trdge ber Gausbefiger auf die Gefammtfoften der MilitarsBequartierung in
Brinn und beziehungeweiſe sum Local-Bequartierungsfonbde bis auf bie neuefte Zeit
(deta ‘mit’ 24 fl. W. W. per Ramin) berichtigt worden, ohne bag die Aen-
22*
840
berungen in ben Haudbeftandtbeilen ober die Zuwaͤchſe an neuen Haufern wae
ren beruͤckſichtigt worben.
Die Borftddte Briinns nahmen bidher an ber Beſtreitung diefer ſtäb⸗
tiſchen Bequartierungslaft nidt Theil, weil fie die Beftimmungen gur Natu⸗
ralbequartierung des Durdmarfdirenden und alles jenes Militdrs
haben, welded, wie 3. B. bei Concentrirung aur Waffeniibung, die ſtaͤdtiſchen
Kafernen wegen Mangels an Faffungsraum nit aufgunehmen vermigen. Dod
werden bie Hausbefiger ber Vor flddte, in fo fern fie nadh ihrem Stande
und Gewerbe Biirger find, ald gewerbtreibende unbehauste Birger naw Kiaffen
zur Tragung dieſer Laften beigesogen.
1835 beftanden in Griinn 576 behauste und 644 unbehauste Birger.
Da ſich die Ungwedmaffigkeit ber Auftheilung ber Quartierlaſt nad den
Kaminen immer fühlbarer mate, verordnete 1838 bie Hoffanglet, gu dieſem
Swede die im Snnern der Stadt beftehenden HaAufer nah ihrem Fladen-
mafie gu vermeffen, die duferen Gonturen eines jeden gu vermeffenden Obs
jetted in einen Grunbdrif aufgunehmen und hienach bad Quadratmaß gu berech⸗
nen (Briinner Zeitung 1838 Rr. 31).
Nad vollendeter Vermeffung bes Fladenraumes der Haͤuſer trat die
Repartition ber OQuartierfonds> Beitrage nah dem neuen Mage
ftabe (bem Flächenmaße bes Haufes, multipligirt mit der AngaHl
ber Stodwerfe) vom M. J. 1843 an ind Leben (Gubdt. 19. Degember
1842 3. 56317) ij.
1) Wir theilen hier bas’ Erforderniß aus ber legten Zeit ber alten und oom Anfange der
nenen Ginridtung mit.
Für 1840 wurde bas brünner ſtädtiſche Quartieramts-Erfordernif
auf. 2. 1 1 ew ew wt 26994 fl. 49 fr. unb gwar
bie Empfinge anf . . . . . 8106 , — 7/, tr
ber gu bedeckende Abgang auf . 18888 ff. 48 1/, fr. ©. Mt. prliminirt.
Das Erforderniß bildeten:
a) Befolbungen . . . . 1100 fl. — te. (Quartiermeifter und fein wuntergeorbdnetes
Perjonal),
b) BVeftallungen . . . . 147, 24 ,, (Raminfeger rc.),
c) Provifionen . . . 36 , 30 ,
d) Rangleifoftn . . . . WW, 6,
e) Militixquartierginfe . . 14143 , — , (File Divifions- und Brigade-Rommando,
Platz⸗Commando, verſchiedene Militlic-
Parteien, Artilleries und Jnufanterie⸗
Beſatzung (1 Regiment und 8 VBatailons),
f) Stenern (497 fl. 21 fr.)
und (ungewdhulide) Bau-
foften . . 2 2. ws 10755 , 49 ,,
Die Empfinge ber Kaffe bildeten a) Militär⸗;Quartier⸗ |
4/, te., b) Zinfungen (fic ben kommand. General, bie Generalfommanbe » Kas
23882 fi.
vo Dle Friedbenégarnifon fir Brünn war von M. Therefia anfings
auf 8 Romypagnien und einen Stab (bei 1000 Mann) feftgefegt worden
Reffripte 16. April 1744 und 16. Auguft 1746), fuͤr welde eine Kaſerne und
ke-Hauptwade ausreicdte.
pe Bur Vededung bes Whganges follten, mit Rückſicht anf die Raffebaaridaft, 10380 fi.
. auf fimmitlide bürgerl. Schoß⸗ und k. k. ae und bie Bitrgerfdaft umgelegt werden,
*" glnlich anf 14501/, Ramine (14111/, yu 6 fi, 29 gu 2 fl. 48 kr. und 10 gn 2 fl),
** Q870 fl. 12 tr. und anf 78 unbebanste Gitrger ber 1. Rlaffe (gu 6 fl), 53 ber 2. (4 ffl.)
mb 565 der 8. (2 fi.) Rlaffe 1810 ff. C. M.
Die Empfinge und Ausgaben der brünner ſtädt. Militär⸗Quartieramtslkaſſe fitr 1843
(uene Periode, nidt mehr nad ben Raminen, fondern nad der Area ber Haufer) wurden
in folgender Weife veranfdlagt:
Empfang: Wn Fea atiergineeBergitungen . 1670 {L,
» Sinfungen . . . - - - 1170 ,, (file bad ſtaͤdt. Ge⸗
neral-Rommanbdo-
Haus u. a.),
„verſchiedenen Empfingen . . . . 174,
gufammen . 9014 ff. ©. M.
Grforbernif: . . - « « . 19126 ff. 37 & C. M.
(atimtig ſur Mil. Quartierzinſe 14300 fl.,
für Bau⸗ und Reparaturkoſten in ber
ſtädt. Kaſerne, Gledo⸗Gebäude 2626 fl.,
Steuern fiir ba’ Gledo⸗Gebäude 498 fl.,
Beſoldungen, Kanzleiauslagen des Quar⸗
tieramtes *)
MAbgang . ww ; » o » « « 10085 ff, 35 3/, tr. ©. M.
Bu deſſen Bedeckung ſoten von 149,638 Obr. Klaftern und resp. nach Abſchlag bes
Ouartierfondsgebiudes pr. 933 Odr. Rift., von 148,605 Odr. Rift. gu 3 tr. pr. Qobr. RIft.
auf bas ganze Sabr 7030 ff. 15 kr.,
von 91 unbebausten Bürgern der 1. Kaffe gu 3 fl. . B73 ff.
„54 dto. dto. , 2 dt. 2, . 108,
n 605 dto. dto. „3. dto. 1, . 605,
gufammen . 986 ft,
im Ganjen 8016 fl. 15 tr. und, nad Abſchlag bes anf das nächſte V. Jahr gu übertragen⸗
ben 4. Quartals, fiir 3 OQuartale nur 6012 fl. 32/, fr. eingeboben, ber Reft aber von ber
Reſten bes lester Jahres (1842) gedeckt werden.
Obwohl die neue Vorſchrift über bie Einquartiernng bes Heeres (kaiſ. VBerordnung
vom 15. Mai 1851, Reidhsgefey S. 891) eine betrachtliche Erhöhung der Zinszablung des
Aerars brachte, find bod bie Auslagen hiefür in Brünn weit größer als in früherer ett.
Nad hem Rechnungs-Abſchluſſe vom Jahre 1859 hatte ber k. ſtädtiſche brünner
Ouartierfond 97,553 ff. 8. W. Empfang (2,193, Aftivrefte von 1858, 53,108, Militär⸗
Onartier-Zinsvergittungen, 4,630, Miethzins file ſtädt. Quartierfonds⸗Gebäude, Militär⸗
Quartier⸗Beiträge von Hausbefitzern 29,849, von unbehausten Bürgern 661, zuſammen
29,849, Miethzins vom ſtädt. Quartiermeiſter 187, verſchiedene Empfänge 950, Anticipa⸗
tion von ben Beiträgen vom 1. Quartal 1860: 6,682), 97,553 fl. Ausgaben (Mieth⸗
zins fiir Natural» Untertiinfte 46,315, Ouartier -Aequivalente 20,183, Möbelzins 2,867,
Vettfervice-Reinigung 483, VBettenbeifdaffung 3,871, Baus und Reparatur 2,313, Beſol⸗
342
Am 20. September 1746 wurde die fpielberger Garnifon anf:
geloft, die Greife und Gebrechlichen entlaffen, die andern in Regimenter ver
theilt. Die faif. Miliz beſetzte die Feftung Spielberg unv die
Thorwade in der Stabt.
Rad ber neuen Dislocation von 1749 erhielt aber bie Etabdt eine Sars
nifon von 10 Rompagnien nebft einem Regimentéftabe und dieſelbe wurte auf
2 Bataillons und 2 Qompagnien fir bie Stadt und 3 Rompagnien für ben
Spielberg fefigefept, al6 1751 bei ter neuen Ginridtung auf Maͤhren ſechsé Jn:
fanterie-Regimenter entfielen (Reff. 3. Jaͤnner 1751). Nun trat tad Beviirfnif
einer weiteren Unterfunft cin.
Die Stadt Brinn baute in ber Ronnengaffe unter dem Spielberge die
neue Raferne mit 50,000 fl. Auslagen, welde aus der Kamin-Anlage mit
Konfurreng bes KRommunvermogens beftritten wurden. Das Stadtquartier
amt Gatte jedoch dieſen Bauaufwand wieder zurückzuzahlen (Reff. 26. Suni
1751). Sm Sahre 1776 waren hierauf nod 42,296 fl. gu gablen und daber
gu verginfen.
Um bie laftige und ungwedmagige Natural-Bequartierung gu meiben, wurde
bie Erbauung von Kaſernen im Lande überhaupt angeordnet und hiezu ein
Kafernfond aus den jdbrliden Beitrdgen der in 6 Rlafjen getheilten Stavte
(von 1753 an mit 10,372 fl., feit 1770 von 3890 fl. 8 fr.) gebildet (Reſk. 3.
Sauner 1751 und 17. Februar 1753). Derfelbe begahlte jenen Stabten, die
Kafernen erbaut Hatten, jabrlid fiir jebe Rompagnie und ben Regiments + Stab
100 fi., jenen Ortfdaften Hingegen, wo bad Military nur in Oouafi« Rafer
nen ober (ftatt Diefer feit 1775) in Schemal-Zimmern untergebradt
war, flir jede Rompagnie nur 50 fl., fur ben Stab aber 100 fi.
Die brtinner Bürgerſchaft zahlte an Ouartierbeitrag von 1746 bid eins
ſchließig 1775 gufammen 276,529 fl. 52 fr. 2 Denare (mande Sabre 10,
12 — 15,000 ff., im Jahre 1758 fogar 19,000 fl. Rad bem Hofreffripte
vom 7. November 1761 wurden vom 1. November 1761 an bis gur Zuftandes
bringung bes neuen Modus Collectandi jabrlid 12,000 fl. auf bie Ramine ums
gelegt).
— — — —
duugen und Diurnen 1983, Remunerationen und Aushilfen 460, Beſtallungen 390, Kan⸗
zleiloſten 168, Kanzleimiethzins 385, Steuern 1,283, Rückzahlung und Abſchreibung von
Quartierbeiträgen 4,668, Rückzahlung von Vorſchüſſen 1,050, Rückzahlung von Darlehen
und Intereſſen 1,102, verſchiedene Auslagen 923, Feuer Aſſekuranz 43, zur Bedeckung bes
aus bem Jahre 1858 bernommencn Abgauges 9,059), und einen VBermigenséftand
won 179,165 fl. (Generalfommando-Gebaude Nr. 355 ber hinteren Rathhausgaffe 70,000,
altſtädter Raferne Mr. 235 der altfröhlicher Gaffe 55,000, nenſtädter Raferne Mr. 229 ber
RNonnengaffe 45,000, neu beigefdaffte Bettforten mit 2/, bes Anlaufswerthes b. i. mit
8,515, Ginridtungeftiide und Utenfilien 350) unb, nad Mbfdlag der Paffiven vow
30,009 fl., cinen Altivſtand von 149,155 fl. (Alles ohne Kreuzer).
S * fe
843
Die Stadt haute auch (um 1756) ein Spital fix 200 franfe Soldaten.
Hiega fam nod die Laft hed in Brinn garnifonirten Generalftabes, deſſen
Unterbringung von 1748 — incl. 1775 gufammen 85,570 ff. foftete. |
Da der Stadt nad bem Reffripte vom 26. Auguſt 1746 die uͤber 8 Kom⸗
pagnien gu beftreitende Quartierlaſt vom Lande vergiitet werden follte, fprad fie
1776 fiir bie Beit von 1749 an bid 1761 nad Abſchlag ber erhaltenen Ver-
glitung nod) 85,667 fl., weiter fiir bie in bad Spital von Auswarts gebradten
Solbdaten von 1756 — 1763: 1982 ff. 6 fr. und fur dad Generalcommando
85,570 fl. jufammen nad Abſchlag dec erhaltenen Vergütung von 6414 fl.
28 fr. 3 br. nod) 166,805 fl. 3 fr. vom Lande an. Fir ben Regimentdsftab
und bie in ben wirflichen Safernen untergebradten RKompagnien hatte namlid
bie Stadt an Landesbonififation (Rafernbeitrag) vom 1. Mai 1753 bis Ende
Oftober 1775 gwar 28,580 fl. 43 fr. 3 br, nad Wbfdlag des von Brimn
ſelbſt mit beigetragenen Betrages von 17,166 fl. 15 fe. aber nur 6414 fl. 28 fr.
3 br. erhalten. Die Stadt wurde jerod, ba fie and bem feit 1753 erridteten
Kafernfond generalienmafig fir ten Stab 100 fl. und fir eine Rompagnie
100 fl. in Rafernen und 50 ff. in Ciuafifafernen ridtig erhalten abe, fir die
mebreren Auslagen aber unb fiir ben Kaſernbau, wie andere Stadte nichts for-
bern fonnen, mit der Forderung der Abtragung bed Rafernbaurefted von 42,296 fl.
und ber fucceffiven Zahlung ber 166,805 fl. aus bem Kaſernfonde abgewiefen
(Hfdt. 8. Nov. 1777).
Man forgte aber dod auf eine anbere Weife fiir bie Erleichterung der
Quartierlaſt. Im Jahre 1776 betrug der Quartier-Beitrag in Brünn 11,117 fl.
20 fr.; die Stadt Hatte in 443 Häuſern 1389 Ramine, von welchen jeder jaähr—
lid 8 fl. jablte.
Zur Erleichterung bed tibergrofen jabrlichen Dtilitar- Quartier - Veitrages
beftimmte nun die a. h. Entſcheidung vom 8. November 1777 (Gbdt. 21. Rov.
1777), daß nad dem Beifpiele von Olmuͤtz fiinftig aud die in ber Stadt Brinn
von Ddiefem Beitrage bisher immet frei gebliebenen peterSberger Kanonikat⸗
Haufer, der fogenannte (olmuger) Biſchofhof, bie Kloöͤſter, Pralatens und alle
übrigen, feither bem Quartierbeitrage nicht unterlegenen herrſchaſtlichen Gebäude
und Schoßhaͤuſer, fo wie auch die hieſigen Ramerals und Banfal-Haujer in bas
Mitleiden bed Quartierbeitrages einzubeziehen und damit gu belegen find.
Hienad wurden an Kapitel-, Klofter-, Aerarial- und Schoßhaͤuſern, die
bidher befreit waren, 209 (fdon im Sabre 1744) fataftrirte und 45 nod nicht
fataftrirte gu den Chuartierfonddbeitrdgen ind Mitleiden gegogen.
Das Hofdefret vom 6. Maͤrz 1779 erflacte aber die urfpriinglid mit bur-
gerliden Laften behafteter und binten nad) ad aerarium gefommenen Hauler
beitragépflictig, nicht aber bie urſprünglich ärariſchen ober auf einem freien oder
Oden mit Feiner Kontributions- ober anderen Laft behaftet gewefenen Grunde
vom Aerarium erbauten (daher wurde dad Banfalhaus beitragspflidtig, bas
Zoll⸗ und Salshaus nicht),
844
Das Streben, fi von der Quartierlaſt frei gu machen, dauerte fort.
Als in Folge bes 7jdbrigen Rrieges bie in Brinn garnifonirende Garnifon mehr
und mer abyog, trug die fF. Repradfentation und Rammer dem Magiftrate auf,
darauf Bedacht gu nehmen, dak dermal die Haufer, deren Inhaber in offentliden
Aemtern find, von der Naturals Bequartierung befreit werden, und erinnerte jus
gleih den Magiftrat, fic) finftig ber algemeinen birgerliden Bequartierungslaft
im RNothfalle gleich allen anderen unweigerlih gu unterziehen, da ſich berfelbe
bid nun gu von der Natural-Bequartierung ganglich entfdittet Habe, eine ſolche
anmaflide Befreiung aber, wenn es nothdringende Umftande erfordern, nirgendé
gegruͤndet fei (Verorbnung 22. Auguft 1757) 1).
Bei Einführung einer Militär⸗-Garniſon in Brinn befegte dies
felbe aud) Die Stadt⸗Thore mit ihren „Wacht⸗-Commandi.“ Diefe waren
bei Rat gefhloffen und fonnten alsdann nur mit Genehmigung bes Militar:
Lommanbo’s paffict werden. Gelbft die Polizeiwache mufte bei Regulirung
des Polizeiwefené im Jahre 1785 für die Nacht Paffiersetteln loͤſen. Die
Stadtſchlüſſeln belief jedoch die KRaiferin in den Handen bes Magiftrates
und gwar bes jeweiligen Biirgermeifterd. Bei Eroffnung unb Sperrung der
Ahore muften fie burd einen eigendd fommandirten Solbaten dort abgeholt
und nad gemadtem Gebrauche wieder guriidgeftellt werden (Refé. 7. Novems
ber 1750).
Die faif. Militdes Hauptwade war (1748) in bem Sdhaufe des
Krautmarktes gegen bie Sattler + Gaffe, gleich vor derfelben 2 Kanonen aufge
pflanat. Die burgerlide Stadt⸗Hauptwache beſand fich auf dem gro
fen Plage.
Bei Einfiibrung ber Militaͤr⸗Beſatzungen wurden in allen Brovingen an
bes Orten, wo regulirtes Militaͤr garnifonirte, die fritheren, „nun Aberfliffigen,
unniigen und foftipieligen’ Stadt-⸗Milizen abgefdafft. Rur yur Hand-
habung der dffentliden Sicherheit wurde bie ,Stadt- und Rumor + Wade"
belaffen und, wie in Wien, in der Regel nur mit Seitengewehr und Stod
bewaffnet.
Den Stadten und Magiftraten geftattete namlidh M. Therefta yur Sider
heit bed Publifums und Handhabung guter Polizei fo viele Nacht⸗ und Stadt.
waͤchter mit Seitengewehr und Spring-Stoden, aud, wo es die Nothdurft ers
fordert, mit Feuergewehr gu unterhalten, ald e6 dad gemeine Befte und deffen
Sicherheit erheifche und Hiegu die unabaͤnderlich abgeſchaffte ordentliche Stadt-
milig oder invalibe Solbaten gu verwenden (a. §. Reſk. 5. September, 24. Ofe
tober und 7. Rovember 1750).
— «+ + — — — —
') Ferdinand III. befreite, Ling ben 29. Jänner 1646 die brünner Rathsherren wegen ber
Standhaftigteit und Treue, die fie während ber Velagerung bewiejen, von ber Einquar⸗
tierung; jedoch follter fle anderen Ouartieren eine Beihilfe thun und, falls fie mebrere
Oaujer befaffen, allerdings in jene Einquartierung nehmen.
345
Diefe Stadtwade beftand in Brinn ehedem aud 106, nachher aus 6!
Koͤpfen mit 2 Wachtmeiſtern, 1 Felbwebel und einer angemeffenen Anzahl von
orporalen. Ym Jahre 1773 wurde fle aber mit blofer Bedadtnahme auf ben
Polizei⸗ und Siderheits-Stand Brünns auf 32 Koͤpfe herabgefest.
Diefelbe unterfiand unmittelbar bem Magiftrate, bas Kreisamt aber, wel⸗
hes, nach Aufhebung der Poligeis Commiffion (1774), bie Polizeigeſchaͤfte
in Brinn leitete, fonnte fich derfelben in Polizei-Angelegenheiten bedienen (Gu-
bernialbefret 18. Rovember 1782).
Die militäriſche Berfaffung der Birger, weldhen vordem die
Vertheidigung der Stadt unb felbf{ tes Spielbergs, dann die Handhabung ber
Sicherheit obgelegen, verlor ſich (don mit ber Einführung ber Stadt⸗Quardi,
verſchwand aber bei Belegung der Stadt mit einer WMtilitay « Garnifon in der
Art gaͤnzlich, daß auf a. h. Befehl bas ſtaͤhtiſche Geſchütz und bie Artil-
lerie⸗Sorten (1774) und aud dad ſtädtiſche Zeughaus (1775) ver⸗
dufert wurden. Als die Preuffen in Mähren eindrangen und Olmüt bela⸗
gerten, fepte fid) Brinn in BVertheibigungsftand. Die Kaiſerin belobte gwar die
Stadt wegen ihrer Treue und ihres Dienfteifers (Reffript 22. Juli 1758), hob
aber Die Bürgerwache wieder auf, lief gleichwohl die Burger gum
Scheibenſchießen aneifern und anhalten und beftimmte die Emolumente des
Schützenkönigs auf 100 fl. und 9 Fag Bier (Reff. 11. Nov. 1758).
Erft bei Dem Borbringen der Franjofen in bad Herz des Reiches lebte die
feithere Ginrichtung in fo fern einigermaffen auf, alg den Biirgern geftattet
wurde, ineinbewaffnetes Bürgerkorps freiwillig gufammengutreten (1798).
Bei det Ginfiihrung ber neuen Militär-Konſkription (1770) und
der Gintheilung Der Lander in Werbbegirfe fir bie leidtere Steung und
Uebernahme der Refruten (1771, 1773) wurde Brinn der Hauptort des Werbs
bezirkes im brünner Rreife und bad Stabsquartier eines Regimentesd.
Als die Jeſuiten aufgehoben wurden (1773), rdumte die Regierung
ffre Rollegien gur Foncentrirteren Unterbringung bes Mili-
tars ein (1776); eine gleidhe Widmung erbielten in ben Hauptorten des Lane
bes mehrere Rlofter-Gebdude in Folge der ganglicen oder theilweifen Aufhebung
der Orden (1782 u. ſ. w.).
In Brinn wurden zur Unterbringung des Militaͤrs anfanglich die zwei
ſtaͤdtiſchen Rafernen, ndmlich die neue in der Monnens und die alte (oder Artil-
lerie-Kaſerne) in der Froͤhlicher-Gafſe verwendet. Das grofe Jefuiten-Gollegium
war bem Waifenhaufe und {pater (1778) der von Olmütz nah Brinn über⸗
fegten Univerfitat und Ritter⸗Akademie eingerdumt worden. Als aber die ers
ftere in ber Gigenfdaft eined Lyceums nad Olmütz zurückkehrte (1782), die
andere aber mit bem Therefianum in Wien vereinigt wurde, lief Kaiſer Joſeph
mit bem a. h. Befehle vom 20. Oftober 1783 dad ehemalige Sefuitengebdude
bem Militar gu einer Kaſerne gegen einen jabrliden Zing von 1500 fl. in den
Sefuitenfond für die VBeftreitung aller Reparaturen einrdumen; am 4. Suni 1790
‘$46
wurde es aber gaͤnzlich bem Militar übergeben. Zu deffen Unterbringung wur
ben auch bas Rofter ber (1786) aufgehobenen Frangistaner oder bas Trans
ports Sammelhaus, bie Rarthaufe in Ronigdfeld (178.) verwendet und
mit a. h. Bewflligung (Hfkzot. 28. Aptil 1807) bas tamon'ſche ober fogenannte
Spinnhaus auf der Fleinen RNeugaffe CHriedhof-Gaffe) aur Unterbringung
einer Rompagnie vom Landes-Bequartierungsfonde Cum 9,000 fl. und 2,728 fL
45 fr. fur die Herftellung und Cinridtung) angefauft. Spaäter wurde aber
(nad dem Hffydte. vom 22 November 1811) diefe Spinnhaud-Raferne gue Uns
terbringung von Militär-Erziehungs⸗-Knaben gewibmet, dagegen bas
bisher gum Transportshauſe beftimmt gewefene Exr-FrangisfanersMlofter gu einer
Kaſerne umgeftaltet und bad Transportshaus auf ben Spielberg verlegt, tur
nachher aber wieder dahin zurückgeführt.
Die Garniſon Brünns war 1792 auf 3 Bataillons ober 12 Kompag—
nien mit einem Regimentéftabe erhdht worden. Sm Sabre 1818 wurden fie vom
Generalfommando mit 26 Nompagnien (4 Bataillons und 1 Divifion Artillerie)
nothig erfannt, war aber wirflid) 30 Rompagnien ſtark.
1819 mittelte man den normalen Rafern:Belag in Brinn mit 3,385 Koͤ⸗
pfen aus (Er: efuiteneMaferne 1482, Frangisfaner-Raferne 143, neuftddter 628,
altftadter oder UrtifleriesRaferne 480, farthaufer (Damal mit 576 Snvaliden be:
legt), Spinnhaus-Raferne oder Erziehungshaus bed Regimentes Naffau 76).
Der Spielberg hatte feine Militar - Garnifon, bis er 1820 an bad Civile
fibergeben wurbe. Endlich umftaltete der Quartierfond (mit 2146 fl. 8'/, fr.
Koften) ben ehemaligen ftanbdijdhen Schopfen auf ter Neuthor + Baftei gu einem
KRavallerie>Feuerpiquet- Stalle (18..).
Es entftand in Brinn ein ff Militars Proviants oder Brod
haus, wozu (um 1755) bad Baron roden'ſche Gebaude ſammt Garten bei
bem Froͤhlicher-Thore angefauft wurde, und ein Militär-Spital auf der
Vorftadt Krona, von wo es Raifer Joſeph (1784) in bas ausgedehnte Kloster:
gebaube ber aufgehobenen Pramonftratenfer in Obrowig bei Brinn tbertrug.
Sn den 177Oger Jahren wurden die Pulverthurme und Depofitorien
fammt Wadhhaufern auf dem Zimpel- und Ubrenberge bei Brinn gebaut.
Brinn wurde aud der Sip ded ££ General-RKRommand os in
Mahren. Vor Mt. Therefia hatte nist die Stadt, fondern die Feftung Syiel-
berg einen Rommandanten, meiftend Ctaboffisiere, fpater aud) Generale. Erſt
gu Anfang bed 18. Jahrhunderted wurden die Rommandanten bes Spielberges,
zugleich mit bem Sitze dafelbft, fommanbdirende Generale in Dtabren. Bei dem
Ginbrude ter Preuſſen (1741) erbielt ber Feldmarſchall Freiherr von Ge here
Thoß bas MilitacsGouvernement in Mahren und bas Militär-Kommando bei
bem Poſto Spielberg.
Ihm folgte, ald Interims⸗-Militär-Kommandant, vec Generals Feltvacdt
meifter Baron Terzy (1743 und nod 1745) mit tem Sige in Brinn, wo
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endlich bei ber Organifirung bes Militaärweſens ein f. f General « Commando
etngefept wurde (1746).
Zum Quartier bes jeweilig fommandirenden Generals und zur Unterbrin-
gung ber vrei elbfriegs > Expeditions « Branden kaufte die Stadt bas Baron
freienfels’fhe Haus in der Hinteren Rathhausgaffe an, wozu ihr der Kafernfond
unverzinslid 25,000 fl. gegen Rückzahlung in 12 Jahren lieh (1779).
Brinn fiir ſich erhielt ein f. k. Blagfommanbo (Sdon 1749. GS.
S. 100, 110), als militaͤriſche Poligeibehorde (1761 + Job. Freiherr von Aman⸗
bei, f. f Oriinner Plag-Obrifter, 83 Jahre alt, briinner Zeitung 1761 Rr. 22).
Bei Erridtung der fF. f. Militär-Oekonomie-Kommiſſion far
bie Beiſchaffung ter Montour und Ausriftung der Armee (1768) wurbe aud
eine ſolche Ginridtung in Brimn getroffen, denn Kaiſer Jofeph beſichtigte 1768
wahrend feiner Anwefenheit dafelbft (nad dem brünner Sntelligengblatte) „in
ber Militar-Raferne die neue Dtilitdir-Oefonomie von Schneider⸗ und Sdufter-
arbeit, welde alle bendthigte Montour herftellte vor bie F. f. Armee.”
Die Meilitar-Oefonomie-Verwaltung hatte feit einigen Jahren ihre Mon-
tourd-Depots in Ubifationen am und ob dem Gpielberge und der gemietheten
Alt⸗Stadt⸗ oder ArtilleriesRaferne, ald ihr Kaiſer Joſeph HW. im Sabre 1783
bad ftandifde grofe Landhaus auf bem Fiſchmarkte (Dominifaner Plage) ein⸗
rdumen lief.
Da fic durd bie Koncentrirung bed Militärs in grogeren Orten die Laft
diefer [egteren in Bequartierung ber Militar-Offiziere ungemein vermehrte, wurde
(1776) ein Quartier: Fond aus ben jahrliden Beitragen der Hausbefiger
in ben Städten bed Landes gebildet, aus weldem die Bequartirungs-Orte ges
wiffe Beitradge fir die Begahlung der Offiziers-CQquartiere erhielten. Den
Abgang auf ben wirfliden Zins mugten aber die Stabte, weldhe bie Vortheile
ber burd die Garnifonen vermehrten Konfumtion genoffen, ſelbſt tragen.
Auf diefe Wet entflanden die aud jabrlidden Beitragen ber Buͤrgerſchaften
erhaltenen Qofals-Quartierfonde.
Die Gefammtbeitrage madten im Jahre 1776 13000 fl. aud. Ald aber
ber Mtilitdr-Quartierftand in Mähren nicht nur mit 3 fompleten
Regimentern, fondern aud mit den oritten Bataillons vermehrt, namlic auf 7
Snfanterie- und 2 RavalleriesRegimenter gebradt wurde, welch’ erfteren gu einem jeden
ber nad Maͤhren verlegten Regimenter gehorten und früher in Galtgien ftanden,
mufte die Unlage bes Landes⸗Militär⸗Quartier-⸗Beitrags erhöht werden (Godt.
22. November 1779). Brinn traf (Hfdt. 4. Banner 1776) ein jabrlider Mis
litaͤr⸗Offiziers-Quartiers⸗Beitrag von 542 fl. 24 fe, nad der Vermehrung des
Quartierftanded aber von 928 fl.
Die bisher erwähnten Beitrage an die für bie Mtilitarbequartierung gewid—
meten Fonte (ten Kaſern- und ben Offigiersquartierfone, welche gus
fammen ben Landesbequartierungsfond bildeten) Horten gwar auf, alé
Kaiſer Franz die beſonderen Militdr-Oruartier-Beitrage, welde yur inneren Aus⸗
348
gleidung eingehoben wurden, von M. 3. 1825 allgemein aufhob und ben gue
Pefriedigung ber KQquartiertrager erforderlidhen Aufwand auf dad Militar-Aerar
übernahm (OHffadt. 21. Dinner 1825 3. 2040).
Dahin gehdren jedoch jene Auslagen nicht, gu deren Beftreitung in einigen
Städten und Gemeinden befondere Beitrage in der Abficht eingehoden werden,
um bem Liuartiertrdger, welder durch den aͤrariſchen Zinstarif nur zum Theile
befciedigt wird, burd eine Ausgleichung im Inneren der Gemeinde eine anges
meſſene Entſchaͤdigung gu verſchaffen (Hfkzdt. 20. Juni 1825 3. 7002).
f. Bas briuner Pirger-Korps.
Jn den frangofifden Kriegen wurde der ftets bewährte gute und trene
Ginn ber brimner Birger neuerlich in Anſpruch genommen. Sie leifteten bei
vermindertem militaͤriſchem Garnifonéftande in und aufier Der Stadt Wade.
Die Kriegsvorfille bes Jahres 1796 Hatten die Befagung Bruͤnns fo ges
ſchwaͤcht, daß die Referve - Divifionen ber k. k. Infanterie >» Regimenter Olivier
Wallis und Fofeph Mittrowffy nidt alle Wadhtpoften au befepen vermodten;
bie Birger übernahmen es, mit fiir die Sicherheit ber Stadt gu wachen und
einige Wachtpoſten au befegen; fie leifteten ihren neuen Dienft in ifren Civil.
fleibern, ba mit bem alten burgerliden Regimente die Stadtquarda unter ber
Regierung Kaifer Jofephs IL, und die uniformicten Birger, weldhe dad Pris
vilegium bed Stuͤckſchießens übten, fid fdon um bad Jahr 1770 aufgeldft
batten, alfo gu jener Zeit, wo aud das Zeughaus der Buͤrgerſchaft, bad
fi am Qrautmarfte im Hauſe Rr. 329 befand, verdufert wurde. Aber bald
atten ſich etwa 50 Birger über eine gleidhfirmige Befleibung und Bewaff⸗
nung verftandigt, und im Oftober 1796 Hatten bereité wohlausgeriftete, grin
gefleibete Birger die äußere Frohlider-Thor- und balb varauf die Briinners
Thorwade iibernommen. Dies gab Veranlaffung au dem Wunſche, nad dem
Beifpiele anderer Stabdte, ein eigenes, regulirted Birgerforps gu grinbden, alé
„Mittel“ — wie es im Plane zu deffen Grindung und Leitung heißt —
„die burgerlide Cintradt gu befeftigen und feine Fürſten- und
BWaterlandsliebe bei feierliden Gelegenheiten an Vag gu
legen.“ Die erfte Beranlaffung gu der Wiederherftellung bed Korps gab der
Birger und Ringsmann Karl Staref, und er, fo wie Johann Repomuf Adh-
bauer und Dr. Alois Artus find ald bie Stifter des gegenmartigen bewaffneten
Biirgerforps angufehen. Starek war ein wobhlhabender, gebildeter, humaner
Mann, voll Patriotismus und Liebe für feine Mitbiirger, und befeelt von jenem
edlen Ehrgeize, der feine Befriedigung in ber Begriindung bed Guten, Gemein-
niigigen, feft und file längere Beit Beftehenden finder. Der Magiftrat, wie die
Landedftelle unterftiigten thatig die Errichtung pes Korpd, und bereits am 20.
Oftober 1797 waren 110 Bürger beigetreten. Seine f. k. Majeftat genehmig⸗
sig
ten {aut bed Hofdekrets vom 22. Februar 1798 die Bildung besfelben, und ber
Magifirat ward beauftragt, ben Plan gue Griindung und Leitung bes „bewaff⸗
neten Birgercorpés gu Fup" gu entwerfen. Dasfelbe gefdah burd den
bamaligen Magiftraté-Selretar, Anton Schwarz, der fpditer Hofrath wurde, und
alé folder in Wien ftarb 1). Das ganze Korps beftand bei feiner Begruͤndung
aus 1 Divifion oder 2 Rompagnien, agufammen aus 119 Mann; jebe Rom:
pagnie hatte uͤberdieß 4 Spielleute und 8 Hautboiften. Starek unterftiigte dad
new errichtete Korps durch Darlehen eines anſehnlichen Rapitals, um die drin⸗
genden Ausgaben beftreiten gu fonnen, die Birger tbten mit Eifer ihren neuen
Dienft, und bereits nad 6 Woden fonnten fie ire sffentliche Parade madden.
Die Fahnenweihe fand bemnad am 4. Sunt unter dem 3ufammenfluge von
mehreren Tauſend Mtenfden in Altbriinn im Borhofe hes Kédniginflofters mit
groper Feierlichkeit ftatt 2). Bor einem gerdumigen Kapellengelte war ein pracht⸗
voller Wtar und unter einem Baume eine Kanzel angebracht. Diefe beftieg
einer der vorzüglichſten Redner Maͤhrens, Wenzel Stuffler, dagumal Vikarius
Quratus der Metropolitantirdhe gu Olmig und Ronfiftorialrath, nachher Bijdof
pon Briinn, der Gohn eines briinner Buͤrgers, ber, gu dieſer Feftfeier eingela-
ben, von Olmütz angefommen war. Mit Herglichfeit und Warme fprad er gu
ben Buͤrgern feiner BVaterftadt und führte ald eine befondere Merkwürdigkeit an,
bag der bürgerlichen Vereinigung in ber Perfon bed Lanbesdgubernators, bed Grayen
von und zu Ugarte, der mit feiner allgemein geliebten Gemalin ald Zeuge bei der
Fahnenweihe erfdhienen war, ein Ur⸗Ur⸗Enkel mütterlicherſeits bed Oberften
Grafen von Soudes, der zur Zeit ber ſchwediſchen Belagerung Kommandant
ber bebdroften Stadt war, beiwohne. Dad feierlihe Hochamt, wobei eine wobl-
befegte Bolals und Inſtrumental⸗Muſik unter Mitwirfung der Operngeſellſchaft
bed Diveftors bed Rationaltheaters, Sofeph Rothe, ftatt fanb, hielt ber Prälat
bed Stifted gu St. Thomas, Vincenz Bolger, die Fahnenweihe felbft aber ge-
fhah durd ben Biſchof von Brinn, Johann Baptift Ladenbauer. — Die
Fahne bed Korps wurde von bem Maler Licht gemalt — und in der neuern
Zeit burdh ben Magiftratdbeamten Hirſch reftaurirt; fie hat auf einer Seite
bas Bildniß ber unbeffedten Empfäaͤngniß und auf ber anbdern bad ftabdtifhe
Wappen.
Nad vollendeter Fahnenweihe wurde bas gefammte Korps gemuftert; es
zog darauf in die Stadt ein und parabicte vor ber Wohnung ded Landeddhefé,
1) Diefer Plan wurde gedruckt unter bem Titel: „Plan zur Griindung und Leitung bes be-
wafineten BiirgersCorps gu Fuh, in ber f. Hauptftadt Brünn.“ — Brünn, gebdrudt bei
Sofeph Franz Neumann, k. k. Dilaftertalbudhdruder. 1798. .
% Franzky beſchreibt diefelbe umſtändlich in ſeinem Werke: „Bürgertrene“ 2c. (Brünn, im
Siedler'ſchen Verlag 1798). Daſelbſt findet man auch die Reden, die bei dieſer Gelegenheit
gehalten wurden; die Beſchreibung und bie Abbildung ber Uniformen bes Bürgerkorps u. f. w.
S. aud die brünner Zeitung 1798 ©. 367, 375—377, 385 —386.
vor bem fommanbdirendDen @eneral + Geldmarfhal Marquis Botta b’ Adorno, vor
bem Biſchof, bem Poligeidiceftor und Gubernialrath von Ofdé, und vor dew
Buͤrgermeiſter Fran; Naufder. Am 7. Juni hatte basfelbe bei Gelegenheit der
Frohnleid@nameéfeier feine erfte Funftion (Moravia 1843 Rr. 67).
Abweidend von den CStatuten, weldhe Ceine Mafeftat genehmigte (Hfot. 22.
Gebr. 1798), wurde den Bürgern geftattet, die ſich zur Formirung des bürgerl. Korps
angefdafften Waffen (Ratt auf bem Rathhaufe) in ihren Wohnungen aufzubewahren
(Ofdt. 4. Mai 1798 Zahl 7217). Rad ben Statuten waren im Falle, als
wenigftend 150 Mitglieder eintreten mirden, 2 Qompagnien gu bilden; da
nod im Jahre 1798 225 eintraten, entftanden auch 2 Abtheilungen, aber welche
ein Major') gefegt wurbe (1797 betrug die Bevdlferung Bruͤnns 23,191 See-
len, worunter 933 Birger und Profeffioniften, 9902 mannlid).
Die „brünner birgerlide SHhigen»>Compagnie” erhielt fid
burd alle Zeitverhallniffe und Stürme. Fervinand III. befahl und feine Nach⸗
folger begnadigten bas biirgerlide Grercitium auf dec a. h. privilegirten
freien birgerliden Schießſtätte oder „die citterlim@e Uebung dex
Bürgerſchaft“ im Gebraude bed Gewehrs. Dasfelbe, und bas.a. h. pri⸗
vilegirte adttagige Koönigſchießen und der jabrlide feierlihe Könige—
Ausgug aller Schützen am Anfange dedfelben, fand mehr ober weniger immer
Theilnahme, um fo mehr, ald die Regierung bie neu eingetretenen Biirger gu diefen
Uebungen aneifecte (Maͤhr. Reprafentations:Defret vom 17. Nov. 1758).
Sm Jahre 1790 wurden die Gewinnfte beim Scheibenſchießen regulirt
(Brinner Beitung S. 489).
Im Sabre 1796 wurte eine ,Snficuftion und Beobadtungen fiir die, bei
ber fiefig f. Haupthadt Brünn beftehende burgerlihe Schützen⸗Kompagnie“ vers
faft und in Druck gelegt.
3m Jahre 1797 nahm dieſe Schützenkompagnie, welde damal aus 50
Ropfen unter den Borftehern Anton Joſef Supp und Herrmann Reifer be:
ftanb, mit Bewilligung (Obdt. 13. Suni 1797 3. 9803) eine gleiche Uniform
an (hechtgraue Rode, grime Hofen und Weften, sedigen Hut und Hofenftiefeln,
ohne Geitengewebr).
Mis aber die Buͤrgerſchaft ein bewaffnetes Buͤrgerkorps erridtete, beſchloß
aud bie (feit mehr als anderthalb Jahrhunderten beftandene) Schützen⸗Kom⸗
pagnie fid in ein regulaͤres, uniformirtes und foͤrmlich bewaffnetes Schützen⸗
1) Der erfte Rommandant bed Korps war Joh. AGbauer, Rairath (fpdter Buchhalter) ber
k. k. Provingial-Staatsbudbaltung und biirgerl. Ringsmann. Yom folgten Alois Artus
J. U. Dr., Landesadvolat und bitrgerlider Ringsmann, Karl Starel, Joſeph Poiger,
Handelsmann, Winterfleiner, Bofeph Maluſchka, bürgerl. Glaſermeiſter, die legteren
brei nur Interims⸗Kommandanten, da zur Beit ihrer Leitung bas Korps ſehr geſchwächt
war), J. Miller, bürgerl. Nablermeifter, und Johann Alex. Herlth (Moravia 1843
Rr. 67).
851
forps yu formiren, wads ihr aud) (OHfdt. vom 9. Mai 1799 3. 7652) in ber
Art bewilligt wurde, dag dieſelbe unter einem Nommandanten mit ten 2 bür⸗
gerlichen Rompagnien ftehen, tad Sdhigenforps bloß ald cine Bermehrung
bed ſchon Beftehenden Bürgerkorps angefehen, nad gleichen Grundfagen organi.
firt, die Obers und Unteroffigierd unmittelbar, und ofne Ginflug bed Ausfdu-
ßes, vom Magiftrate ernannt werden follen und nur jene Mitglieder der Schigen-
Geſellſchaft, welche brünner Biirger find, in tas bewaffnete Schuͤtzen⸗Korps
eintreten duͤrfen.
Da fidh in dieſes nur 40 Individuen einfdreiben lieBen, wurden der
Gleichformigfeit wegen auc bie 2 Kompagnien des Burgerforps auf
3 Qompagnien, mit vermindertem Stanbde, eingetheilt und tad neue Regle-
ment fir bie ,briinner birgerlide ScharfſchützenCompagnie“ unter
einem Hauptmann (Obdt. 19. Oft. 1799 3. 17195), jo wie deren neue Equi-
pirung (Gbbt. 21. Dezember 1799 3. 21234) genehmigt.
Mit bem VBiirgerforps fteht beffen Penſions⸗Inſtitut in enger Ber-
binbung. Kaiſer Frang genehmigte (Hfdt. 30. April 1800) ben Plan bed be-
waffneten brünner Burgerforps aur Erridtung eines Penfionsinftitutes fiir ver-
unglückte Mitglieder bes Korps und fiir die Witwen und Waifen nach verftor-
benen RKorpdgliedern unter den Mobdififationen, mit welden ber Plan ded ol-
miiger Mittens und Waiſeninſtitutes gut geheißen worden ift, geftattete allen
Staatse, ftandifden und ſtädtiſchen Beamten die Theilnahme am Inftitute unbe-
ſchadet ifrer fonftigen Penftonsanfpride und bewilligte die Wahl bed Prafes
des Inſtitutes aus dem Biirgerforps.
Der Gouverneur Graf Ugarte nahm bad Proteftorat an (GS. ben gedruck⸗
ten Plan, Brinn 1800, auch im patriot. Tageblatte 1802 ©. 1221 — 1224,
1237, 1240; wiebergedrudt 1841).
Das Vermoͤgen dieſes Inſtitutes rührt groptentheils au’ bem Vermadt-
niffe bes Bürgers Alois Reidelt Her. Jn feinem Veftamente vom 14. April
1823 verordDnete er §. 9:
„Zum Univerfalerben meines fimmtliden durch Vermadiniffe nidt verges
benen Bermogend ernenne und beftelle ich bad Penfions-Inftitut bes bewaffne⸗
ten Bilrgercorps in Brinn, jo lange es namlid nah gegenwartiger Verfal-
fung unter alleiniger Reitung und Rechnungsüberſicht bed löbl. Magiſtrats
verbleibt, und meinen legter Willen bergeftalt erfillt, daß normalmaffig verſi⸗
cherte Capitalien nit aufgefiindigt, und bie caufgefindigten ober gur Anlegung
gewibmeten Gelder nur auf folde Realitaten, deren Gigenthiimer aur Gerichto⸗
barfeit ded Magiftraté in Brinn oder ber fF. k. m. (Hl. Landrechte gehoren, ges
gen 5°/, und normalmaffige Sicherheit angelegt, bod unter feinerlei Vorwand
gum Ginfauf mabrif@er Pamatken oder dol. Obligationen verwendet werden,
weil deren Courswerth verdnderlid, und deren Ruͤckzahlung gegen Wuffuntis
gung ungewif ft.”
852:
8.10. „Verpflichte ih den Univerfalerben, die Halfte bed jaͤhrlichen Einkom⸗
mend zum Behuf ber Inftituté-Penfionen gu verwenden, und bie Ubrige Halfte unter
wohlverhaltene und diirftige Witwen und Waifen, vorzüglich folche, die bis tn
ben 5. Grad vadterlider odet mitterlider Seits verwandt gu fein beweifen, in
Vetragen von 20 — 50 fl. BW. W. mit Cinverftindnif bes Briinner Magl:
ftraté zu vertheilen.“
Am 27. Dezember 1831 wurde ber, nad Abſchlag der Legate und Paffis
ven, rein verbliebene Betrag von 31,928 fl. 6 fr. © M. unter bem Subftis
tutiondbanbde fir die Kinder ded Stieffohns Paul von Montag und der Stiefe
todter Sofefa Edlen von Harkenfeld, verw. gewefenen von Montag, einge:
antwortet.
Bor Kurzem hatte das Inſtitut ein Stammvermogen von 32,289 fl. C. M.
und 50,803 fl. W. W. (nun reichelt'ſches Vermoͤgen 33,660, ſonſtiges 21,722 fl.
oͤſterr. Waͤhrung), dann ein Einkommen von 2,670 fl. Conv. Mze., eine Aus-
gabe von 2,640 f., 7 Ausſchuß-⸗ und 38 beitragende Mitglieder, 19 betheilte
Witwen (Meine Gefdicdte der Heil- und Humanitits-Anftalten ©. 341).
Das brituner Blirgercorps leiftete in ben langwierigen Kriegen, befonbders
1800 und 1801 (burd) 3 Monate, wie in friiheren Jahren. Briinner Zeitung
1801 S. 169), dann wabrend der feindliden Snvaftonen 1805 und 1809, aur
Zufriedenheit ber Landesbehoͤrden militdrifde Dienfte, Gandhabte bie innere Sis
cherheit und Polizei.
1805 wurden bei Bewadhung ber Spitdler 28 RNorpsmitglieder binnen
14 Tagen ein Opfer ded Todes.
1809 und 1810 [eifteten die briinner Burger burd) 8 Donate die beſchwer⸗
lichſten Militardienfte.
Der Kaifer anerfannte, daß bie Birger ber Stadt Brinn „bei Gelegen-
heit ber Anwefenheit ber Feinde im letzten Kriege unwiderſprechliche Berweife
pon Treue und Anhanglidfeit an ihren Lanbdesfiirften an Tag legten, bie dama⸗
ligen Drangfale ruhig und in ſtiller Ergebenheit ertrugen, und ſich folde wed:
felfeitig gu erfeidjtern befliffen waren.“ Der Maifer lief der Buürgerſchaft die
a. h. 3ufriedenbeit uber diefe ihre bewiefene Treue, Anftrengung und gedulbiges
Ausharren durch ein eigenes Defret befannt geben (Hfspfdt. vom 31. ull
1807).
Dem Birgerforps fdhenfte ber Kaiſer ruͤckſichtlich ſeines ftandhaften und
ausharrenden Benehmens, dann ber neuerdings an Tag gelegten Treue und
Anhanglidfeit an Firften und Vaterland während ded legten Einfalld in Mäh⸗
ren und ber Beſetzung ber Stadt Brinn von frangdfifden Truppen, als Bes
weis und Denfmal ber a. 6. Zufriedenbeit, ein geftidtes Band mit bem Motto
nder erprobten Bürgertreue gum Denkmal von ifrem Lanbess
fitcften Frang bem Erften 1807" aur Bierbde feiner Fahne (Hfzpſdt. 14.
Mug. 1807).
363
Im Jahre 1809 erließ der Kaiſer an den fommanbdirenten General Cry:
Herzog Ferdinand folgended Handſchreiben: „Ich Habe aus Cuer Liebden Be:
richt mit Bergniigen Ne gute Aufnahme meiner Truppen in Brinn wahrgenom-
men. — Sch habe es von bem mir befannten Gefinnungen ber Brunner ere
wartet und will, daß ibnen Euer Liebden mein Wohlgefallen hierüber befannt
geben® (Lopſdt. 22. Nov. 1809).
Gin Sabr fpater verlieh ber Kaiſer fein Bildniß ber Burgerfdaft mit
folgendem QHandbillete an ben Landesgouverneur: „Als ein bleibendes Denkmal
meiner 3ufriedenbeit und meined Dankes fiir die von der Buͤrgerſchaft der Stadt
Sriinn in der Periode bes Jahres 1809 gegcbenen, mic unvergefliden Beweiſe
rühmlichen Bürgerſinns und treuer Anhinglichfeit werden Sie derfelben mein
Bildnif ibergeben (Hfkzdt. 22. Nov. 1810).
Am 4. Oftober 1812 uͤbergab ber Gouverneur auf bem Rathhaufe der
treuen Buͤrgern dieſer Hauptftadt feierlih tas Bruftbild bed Kaiſers als ein
bleibendes Denfmal a. h. Huld und Gnade fiir die von ifnen in den widriger
Stiirmen bes Sahres 1809 in fo hohem Grade bewiefene Wusbauer, Treue und
Ergebenheit gegen Fürſt und Baterland; Hochamt, Tafel, theatralifde Vorſtel⸗
lung und Ball erhohten die Feſtlichkeiten. Die Biifle verfertigte aus vaterlan-
diſchem Marmor (von Goll in Oeſterreich) ber ,berubmite’ ff. Hofftatuar
Leopold Kießhing, welhem Der Magiftrat nebdft einem Geſchenke von 50
Dufaten dafitr bad Ehrenbirgerrecht ber Stadt Brinn verlieh.
Die Büſte wurbe in deſſen Rathsfaale aufgeftelt, welden (1790) Joſeph
Winterhalter gemalt hatte. Sie erhielt bie Inſchrift:
Civium Brunensium Fidelitati. Fortitudini. Conslantiae Periculis anni
1809 Probatac Franciscus Aust. Imp. P. C. 1812. .
Tie in Stirmen des Sabres 1809 herzhaft erprobte Furftens und Raters
fandésliebe ber treuen Bürger Bruͤnns belohnt mit feinem Bruſtbilde Franz
Raifer von Oefterreih 1812 (Brinner Zeitung 1812 S. 729, 749, vaterl.
Platter 1812 S. 513, 1819 S. 72).
1812, 1813 und 1814 übernahmen die Birger wieder alle militarifden
Dienfte bei bem Abmarſche ber regulirten Truppen und der Landwehr.
Da bie Bürgerſchaft nicht jureichte, muften 1805, 1809, 1812, 1813
und 1814 aud nicht birgerlide Gewerbsleute und die frembherr{daftliden
Porftadt-Haushefiger, welche dad Bürgerrecht nicht beſaßen, Aushilfe im Gare
niſons⸗ und inneren Polizeidienſte leiften.
Nad bem Hoffydte. vom 4. September 1817 3. 20,372 follten die Bi rs
germilizgen nad vorgezeichneten Grunbfagen gleidmagig organifirt werden ;
von ben fir Mahren und Schleſien beantragten 3,650 Mann entfielen auf
Brinn und Olmütz je 400, Sglau und Znaim je 200, die anderen Staͤdte 100
und 50.
Die a. h. Entſchließung vom 3. (Hfegdt. 14. Dezember) 1826 fief aber
nur die mit Genehmigung bereits errichteten Buͤrgerkorps noch ferner beftehen ;
23
854
bagegen finde bei gegentwartigen friedlichen Zeiten bie Erridtung newer nidt
Statt und bie Angelegenheit ber Biirgerforps fei nach her zugleich Herabges
langten a. h. Borfdrift vom 22. Oftober 1813 gu regeln (Beftatigung der
Obderoffigiete in ben Hauptſtaͤdten durch bie Landesſtelle).
Sm Jahre 1820 zaͤhlte (bei einer Bevolferung Briinn’s von 32,488 Sees
len, worunter 15,842 mannlich, 1237 Birger, Gewerbéleute und Kuͤnſtler) das
bruͤnner Biirgerforps effeftiv 229 Mann, namlid 20 beim Stabe, 60 in der
1, 57 in ber 2. unb 60 in ber 3. Rompagnie, dann 32 in der Schützen⸗
Komypagnie.
Der Hauptmann Yofeph Poiger war RKorpsfommandant (¢ 12. Mary
1848, 86 J. alt). ;
Nachdem ſtatutenmäßig feine Zwangspflicht gum Gintritte befteht, ſchmolz
dasſelbe, welded (don 300 Mitglieder gehabt hatte, bei erfaltetem Gifer für
bas Snftitut, Mangel an Beitritt und freiwiligem Ruͤcktritte vieler Korpsglie⸗
ber, um 1825 auf 2 Romypagnien, gufammen von 148 Mann und ſpaͤter bis
auf 60 Mann. —
Der Magiftrat beftrebte fic gwar, dad Inftitut auf feine urfpriinglide Bere
faffung gu heben, und machte gu diefem Swede den Antrag, die Biirger gum
PHeitritte gu verpflidten und bad Kommando nad bem Veifpiele von Olmilg
und Wien einem Magiftratérathe anguvertrauen, was aber mit Radficht auf
bie a. §. Entſchließung vom 3. Dezember 1826, welche fede Reform ded Beftes
henden unguldffig made, weber dad Gubernium (Defret 15. Juni 1832), nod
bie Hofkanzlei bewilligte.
Die neue Regulirung bes Korps bracdte aber bod) die Zahl ber Mitglie⸗
ber im Jahre 1830 auf 176, 1832 auf 168 (nedft defen bewaffneten gab es
nod) 219 ftabdtifde unbehauste, 251 vorftddtifde undehauste und 156 behauste,
gufammen 794 Birger).
Bei der Mufterung am 15. Auguft 1832 (bem jabrlich gefeierten Tage
ber Befreiung von ben Schweden) zeigte ſich naͤmlich ein Beftand von awei
Kompagnien gu je 83 Mann, 11 beim Stabe, 36 bei ber Rapelle, 13 bei der
Schuͤtzenkompagnie, gufammen 226,
Nadbem bas Korps laͤngere Zeit ohne Kommandanten gewefen war (ein
Hauptmann, Philipp Malus dfa, vertrat deffen Stelle), wurde Sofeph Male
Cer vom Gubernium gum Major desfelben ernannt (1832) und diefe Ernennung
pon ber Hoffanglei, unter Zuriidweifung bed dagegen eingebrachten Refurfes,
genehmigt (Hofdt. 29. Auguft 1833).
Waͤhrend bas Schüuͤtzenkorps, ohne ſich aufguldfen ober aufgeldft gu
werben, auf einige Olieder ſchmolz, bie (1836) nicht die Parade mitmaden
fonnten und 1838 gang eingegangen war, gab die Anfunft des Kaiſers Ferdi⸗
nand auf ber Reife zur Kronung in Prag (1836) die Veranlaffung, daf in
Golge ded Veitritté von 70 Jndividbuen bie dritte Burger fompagnie
(Gubernialgenehmigung vom 30. Juli 1836) und ber 50, Geburtstag ded Male
855
ſers im Jahre 1843 gab bie Beranlaffung, daß auf Mnregung bed Rorpsfom-
manbanten Major Herlth die vierte Bürger-Kompagnie tn Brinn
exrridtet wurde (Gubernialgenehmigung vom 15. April 1843), welder über
60 Birger neu beitraten. Bei ber Bildung ber 3. Rompagnie fiel bie Wahl
gu Offizieren auf Leopold Haupt, Auguft Stummer, Joſeph Ethler und Ludwig
Mofer (1843 Hauptleute der erften drei Mompagnien), welche durd ihren Gifer
und ihre Thatfraft neued Leben in die Reifen bes Korps brachten. Die bals
bige Grrictung ber 4. Rompagnie forberte mit Rraft und nambaften Opfern
ify Hauptmann Eduard Suef (Moravia 1843 Rr. 67).
Hienad gab eS 1838 bet bem Stabe 11, bei der Rapelle 32, bei der 1.
Kompagnie 72, bei ber 2. Kompagnie 71 und bei der 3. Rompagnie 70, gus
fammen 253 (feine Schützen mefr), 1841 und bet ber Mufterung am 15. Aus
guft 1842 bei bem Stabe 10, bei ber Rapelle 33.
Bet ber
Auf bie beffere Geftaltung bes Birgerforps nahm befonderen Einfluß ber
neue Rommandant, der HandelSmann Joh. Aler. Herlth (feit 1851 Viceblirgers
meifter und flir bie gebeiflide Entwidlung der neuen Gemeindeverhaltniffe und
aller oͤffentlichen Anftalten eifrig und thatig, mit ber grofen golbenen Civil⸗
Ehren⸗Medaille gesiert), welder an Muͤller's Stelle fam (1839), ald diefer in
Konkurs verfallen war.
Gine der größten Feierlidhfeiten beging bas Korps am 14. — 17. Auguſt
1845, ndmlid) die zweite Säkular⸗Feier der Belagerung Brünns durch die
Schweden, verbunden mit der Weihe ber kaiſ. koͤnigl. Militdars Fahne,
welche Raifer Ferdinand 1845 bem Korps verlieh und die Kaiſerin Maria Anna,
uniter Uebernahme ber Pathenftelle mit einem foftbaren Fahnenbande gierte, dann
1) Mit 85 enrolirten Mitglicdern und bem Ehren⸗Stande von 77 Mitgliedern; nebft den
$84 Gliebern nod 84 Hantboiften (Moravia 1843 Mr. 67).
23*
356
mit Ber Grctmimg ter Seriorgungé-AnRalt fir verarmte branner
Birger (SE. uber diejelbe meme Geig. ter Humanit. Anft. S. 342).
Rie nie yuvor fatten nh zu ten Fetlidfeiten aud geladene Reprafentan:-
ten fremtet Bürgermilizen eingefunten und zwat 17 aus Bien, 16 aus Pres⸗
burg, 12 aus Pefth, 4 aus Iglau, 3 aus Tefen, 4 aud Olmütz unb 2 aud
@ray (Moravia 1845 Rr. 96, 98 — 100).
Es war tied ein kleines Voripiel, Rand aber in feinem Zuſammenhange
mit dem Verbrüberungéfefte, welcbes wenige Jahre nachher Brinn fab.
Als 1848 bei tem Audbrute ter Revolution tie Preffreifeit, die Errics
tung einer Rationalgarte auf ten Grundlagen des Befiges und ber Intelligenz
und bie Grtheilung einer Gonftitution des Vaterlandes (mit verflarfter Bertre-
tung bes Diirgerftantes) eine neue Zeit einzuleiten beabfidtigten (Patent 15.
Marz 1848), bildete fid fegleit aud in Brünn nebſt einem Studenten-
Sreiforps aud eine Rationalgarte, welde ſich den Grafen Logos
thetty gum prov. Ober-Rommantanten wählte und bis zunr 24. April 1848
bereits in vier Bataillons ron etwa 1400 Mann formirtt war. Das alte Bir:
gerforps unter feinem Rommantanten Herlth madte fir fid das erfte; bie Roms
manbanten ter anderen waren Wlatimir Graf Mittromsfy, Anton Freiherr von
Widmann und der penj. Rittmeifter Juftian, ter Hauptmann des Stubentenforps
Patel. Seit bem 30. April entftand aud eine Kavallerie + Abtheilung. Der
Verwaltungsrath nahm vom 1. Juli 1648 an bie Ginreifung aller zum Ratios
nalgarbesDienft Verpflidteten vor, welde nocd nidt in eins der vier Batailloné
eingetreten waren. Am 5. Juni fand das Feit ter Verbriberung mit der wies
net Rationalgarde Statt (davon ſollte der Krautmarkt fiinftig ben Ramen füh—⸗
ren), alé Entgegnung iiberreidte eine Leputation ber bruͤnner Rationalgarde
von mefreren hunderten Garbiften, Burgern unt’ Stubenten am 1. Auguft der
wiener Rationalgarte eine Fahne. Nah bem Rudtritte des Grafen Logothetty
yom Oberfommanto ber briinner Nationalgarte, weldem der Raifer bas a. h.
Mohlgefallen fir fein erſprießliches Wirfen gu erfennen gab, ernannte diefer
(a. h. Entſchließung 21. September 1848) ben f. k. Felbmarfdall « Lieutenant
Ritter von Malter zum Oberfommantanten von Briinn und gugleic von
Mahren und Sdhlefien. Die Rationalgarde von Brinn zaählte gu Ende ded
Sabres, bet einer Bevoͤlkerung von 45,000 Geelen, in 4 Batailloné (unter den
Stabsoffizieren Herlth, Grafen Logothetty und Suftian, dann (nad bed Grafen
Mittrowsky Abgehen ind Felt) bem Hauptmanne Ritter von Laminet), 3419
Mann, worunter 49 Suben, 2391 bewaffnet, 914 unbewaffnet (im briinner
Kreife 50 Rompagnien mit 6070 Mann Chriften und 488 Suben, jufammen
6558, wovon 3689 bewaffnet). Bei manden deftruftiven Ridtungen und Un:
Flarheit ned Wollens zeigte ſich dod auch eine gemeffenere Haltung, wie bei tem
beabfidtigten Eturme auf bas Auguftiner-Rofter, bem Brodfravalle (13. Juni),
ber Beier ber Siege bes ofterr. Heered in Stalien. Und ſelbſt dann, als die
mit der Ermordung bed Rriegdminifters Grafen Latour (6. Oftober) in Wien
857
begonnenen Gewaltihaten auch die briinner Nationalgarde in eine grdfere ufre-
gung bradten und eine §reifdaar den Wienern au Hilfe zog, bewahrte die
Garde in hem gefabrliden Augenblicke des 18. Oft., wo die Entwaffung einer
von Wien Heimgefehrten Wbtheilung durch bas Militae im lundenburger Bahn—
hofe einen Sturm von taufenden Arbeitern auf die Militärwachpoſten veranlagte
und Diefe zum Wbguge beftimmte, nod eine ſolche Haltung, daß iby ber Dank
des Fommandirenden Generals, bed Landtages und felbft bes Raiferd au Theil
wurde. ‘Paffiver verbhielt ſich die Garde bet ten hoͤchſt beunrubigenden WAuftrit-
ten am 29. und 30. Oftober, als ben Wienern mit einem Landfturme gu Hilfe
gefommen werden wollte, bie Fenfter ded Rathhauſes eingeworfen, die Poligei-
wadfajerne geftiirmt und beraubt wurde; doc Half aud die Garde im Bereine
mit bem Military endlich ben Sturm mit Gewalt breden. Nachdem bas Militar
Wien, in weldhem bie briinner Freijdaar an gefahrvollen Punften geftanden
und bie beſchwerlichſten Dienfte gethan, mit Sturm genommen tnd unbedingt
unterivorfen hatte, legten ſich mit der Ruder einer geordneteren und ftirferen
Gewalt auch in Brinn die aufgeregten Wogen mehr und mehr; guerft ldfte ſich
bie Stubdenten-Legion (deren Kommandant der Gubernialrath Graf Attems ge-
wefen) auf, ber Dienft der Nationalgarde wurde nod lauer als vordem gelei-
ſtet i) und dieſe war ſchon faktiſch eingegangen, als das Patent vom 22. Aue
guſt 1851 (Reichsgeſetz S. 531) bas Inſtitut der Nationalgarde aufhob und
bie Reorganiſirung von Burgers und Schützenkorps bewilligte.
Damit lebte in Brinn bad bewaffnete Biirger= Korps wieder auf, welches
aud in den Bewegungen bes Jahres 1848 mandhe Prufung beftanden, dem
angeſtammten Herrſcherhauſe feine Treue und in ber Nationalgarbe feine bewährte
Haltung am beften behauptet hatte.
Rah bem gebdrudten Stande bes hewaffneten Burgers und Schuͤtzen⸗Korpsé
ber fF. Lanbeshauptftadt Bruͤnn im Jahre 1859 bhefteht basfelbe aus dem Stabe
(Herlth Major und Korps-Rommandant), 40 Kapellengliedern und 8 Tambouré,
2 Ehren- Hauptleuten (Statthaltereirathe Marensky und Poligeidireftor Born),
bem Korps⸗Ausſchuſſe und 4 Kompagnien (gu 67, 63,70 und 62) gufammen von
262 Mann (unter den Hauptleuten Morig Winterholler, Franz Padoweg, Franz
Bartoſch und Theodor Offermann), dann einem Ehren» Stande von 103 Ober-
und Unteroffiziers und Mitgliedern. 13 Rorpsglieder find inforporirte Mtitglie-
ber ber biirgerliden Schützengeſellſchaft und tragen bad Schützenzeichen.
1) S. bie Gefchichte der Nationalgarde in Brünn im der Moravia 1848 S. 131 — 187,
143, 147, 151, 156, 164, 176, 183, 197, 199, 203, 212, 245, 253, 269, 271, 274, 278,
281, 285, 289, 293, 301, 307, 311, 359, 367, 368, 371, 378, 451, 455, 463, 467, 470,
472, 476, 480, 483, 487 — 492, 495 — 6, 507, 524, 559, 563, 567, 579, 580, 587,
1849 ©. 48, 63, S. aud die britnner Betting von 1848 und 1849.
Hi. Die Schöffen. Der Stadtrath. Der Gemeinde:
Ansfchuf. Die Schoffenfpriiche. Das branner Hecht.
Mir haben (S. 220) bas Schöffenthum alé eine ter Haupt-Grund⸗
lagen des Gemeinbelebens beseidnet, bad Recht ber Birger, durch ein eigenes
aus ihrer Mitte hervorgegangenes Gericht gerichtet zu werden, aus welchem ein
eigentliches Gemein dew eſen, die ſtädtiſche Freiheit erwuchs.
Tas nad Bohmen und Maͤhren verpflanzte deutſche Recht hatte in den
fonigliden Staͤdten die geſellſchafilichen Zuftande ber fritheren Zeit faft ganjlid
umgeftaltet. Es geigt fig nun cin freier Bürgerſtand mit freiem uns
beweglidem Cigenthume, gefdhigt in der freien Betreibung feis
net Erwerbsge(mafte durch foniglide Privifegien, vornehmlich aber durch
feine Geftaltung gu mächtigen Körperſchaften in ber Form freier Stadt ges
meinben. Diefe gliden damals, indem fie alles, was in den Wirkungskreis
des Staates gehort, durch ihre aud eigener Mitte eingefegten Vorſteher vers
tiditeten, gewiffer Maffen fleinen Staaten in einem gréferen Staate, welder
ihnen bie grogte Autonomie geftattete. Die Stadtgemeinde Hatte nicht nur
Greiheitin ber Gebahrung mit ihrem Gemeindevermigen und
volle Gewalt in ber Anordnung ber Ortspoligei, fondern es ges
bibrte ibe aud) bie ridterlide Gewalt in allen Angelegenheiten um Gut,
Ghre oder Leben ihrer Mitglieder; fie hatte bad Recht, fich felbft in allen diefen
Hinfidten Geſetze gu geben und bie Mittel zur Vollziehung derfelben
anguorbnen ; fie fonnte ihren Mitgliedern Gteuern und andere Pflidten
sur Beftreitung ber Gemeindebediirfniffe auflegen, und felbft eine bewa ff-
nete Madt fiir ihren Dienft unterhalten.
$n allen biefen Begiehungen waren die Gemeinden ber k. Stddte von aller
Gewalt ber Supenbeamten ausgenommen, welden die efemaligen. offenen
Burgfleden unmittelbar unterftanden. Nur der Konig, aus deffen Berleihung
alle dieſe Rechte Hergeleitet waren, hatte die Obergewalt tuber fie und wbte
biefelbe in ben Grangen des Herfommend und bes Bediirfniffed aus, welche
nicht allzu Angftlid) gegogen wurden. Bon den Urtheilen ter ftadtifdhen Gerichte
war bie Berufung an ben Konig geftattet, welder in augerordentliden
wichtigen Ungelegenheiten auc fonft unmittelbar fic bed Gerichtes annahm; vom
RKonige erbathen bie Birger bie Beſtätigung widtiger Gefege, um ifnen
um fo fiderer Anſehen gu verfdhaffen; eben fo gab der Konig aud aus eigenem
Antriebe Geſetze nad Cinvernehmung der Bürgerſchaft, ober er hob aud Ge⸗
fege ber Birger auf, wenn fle ben Rechten und Jntereffen dritter Perfonen
entgegen waren; ber Ronig war im Algemeinen ber Ordner aller Verhaltniffe
zwiſchen den Birgern und anderen Ginwohnern ded Landed; ifm endlich fam
859
es auch gu, ben Stadtgemeinden Steuern aufgulegen unb Krieg sbienfte
von ifnen gn ‘verlangen (Tomek, Geſch. von Prag I. 286).
" Um ein Bilb der alteften Stadtverfaffung gu geben, reichen die ſpeziellen
Quellen nidt aus, bei der Gleichartigkeit ber oͤſterreichiſchen, brimner, iglauer,
prager u. a. Rechte in den einfdlagigen Cinridtungen ergaͤnzen fie fich fedod
unter einanber.
/ Bor allen macht fic cine Unterſcheidung bed eigentliden Privilegiens
rechtes (libertates et jura) von der Reglung der rechtlichen Berhaltniffe der
Darger durch Statuten bemerfbar.
Das erftere ertheilt ben Burgern nambafte Freiheiter und ertveitert die
bereits vorfanbenen. Eo ficert bie perfonlidhe Freiheit ber Burger
vor jeder Gewaltehatigfeit und bem Cingriffe ber Hof⸗ und Landesgeridte und
gewaͤhrleiſtet bie Sicherheit bes Berfehrs und Hambels. G8 beftatigt
ben ausſchließlichen Gerichtsſtand der Barger innerhalb ber Ring:
mauern ber Stadt alé bie Grunbdlage aller ftadtifden Freiheit, ohne Scheidung
bes Blutbanné von ber niederen Geridtsbarfeit, und erweitert ihn aud auf
ihre aufer den Ningmauern der Stadt gelegenen Befigungen,
fpridt alfo eine vollftanbdige Eremtion von ber Gerichtsbarkeit der Cuba aus.
Gs ertheilt ben Burgern bas fiir ben Verkehr befonders mit dem Adel fo wich⸗
tige Vorrecht denfelben Sehulden halber frei gu pfanbden d. 6. ohne ibn erft
beim Lanbricter vorher belangen zu miffen. Es gibt ben Biirgern dad Re dt
ber ftatuarifmen Gefeggebung, von welchem fie fofort den freieften
Gebrauch madden. Weitere, dahin gehirige, Rechte ber Puͤrger find: bas freie
Gucceffionsredt der Frau und der Rinber hes Verftorbenen in
bie Verlaſſenſchaft, die free Teſtirfähigkeit, Ausſchließung jedes
Hetrathsawanges, ben die Landesfirften im Mtittelalter fo oft fir fice in
Anfprud nahmen, die Erklaͤrung ber Stadtacht als Landesacht, das
Privilegium de non evocando et appellando felbft nidt an ben Konig, fo lang
nur das Geridt felbft nidt die Rechtspflege verweigert (justitiam contradicit.
Im Laufe der Zeit flellte fich freilid ein Gerichtsgebrauch heraus, welder die
Geredhtfame bed Koͤnigs und feined Stellvertreters, bes Kämmerers, mehr
erweiterte), bad Recht ber Gefdwornen, einen Theil ber Strafgelbder
(emendae) ju beziehen, welde nad bem ſlaviſchen Lanbredte in die Rammer
bes Lanbesfiirften floffen, ble Befreiung von allen Gattungen der
Qandesfteuern und Qaften um. a. i).
1) Diefe Redte, welde im ANgemeinen bie Summe der Errungenfdaften bes freien Bürger⸗
ftanbes wurden, famen jedoch nicht ſämmtlichen k. Städten oder bod) nidt gleich anfänglich
oder zu gleicher Zeit zu Statten. Insbeſondere behielten ſich die Landesfürſten die Gerichts⸗
barleit über ſchwere Uebelthaten (gravis et magna culpa) längere Zeit vor, wie in den
Vewidmungéurfunden von Meuftadt nnd Biſenz. Selbft Olmity erbielt biefelbe erft 1331
(Biſchof ©. 14.
BH)
Wn bee Spige der Verfaffuny und Verwaltung der Stabigemeiaten fand
tee Hitter mit ben Geſchwornen.
Der Ridter (judex) kommt urfundlig in Brünnn ſchon zu Anfang kes
14. Jahrhunbdertes vor’). Auch in Brinn war ur ſprünglich das Gerich
(ble Bogtet) tn den Handen ted Landesfirften, welcher eS durch einen von
ſhm beftellten Ridter oder Bogt (judex, advocatus) ausiben lief and ben reid:
(idjen MAnthell an Buffen fir feline Kammer bezog. Er betradtete bas Gericht
als landesfuͤrſtllches Gefaͤll, welches er daher beliebig Serpadtete (locatio, wie
Wengel UW. gu Ende deo 13. Jahrhundertes bas gnaimer und ighauer), verfepte
(whe Heinrih 1308 bad iglauer und gnaimer, Hier aud dad Landgericht), oder
fogae an einzelne als Rentenbefig verfaufte. Ob died aud in Brinn der Fall
war, wiſſen wir nicht; es kommt aber nit vor, daß das Stadtgericht in den
erbliden Belly von Private fan (Erbvogtei wurbe, wie au Iglau im £4,
Jahrhunderte, in Olinfig 1389) und erſt fpdter von ber Stadt käuflich an fig
gebracht wurde (whe zu Olmuͤtz 1435, zu Iglau 1501). So viel wir wiffen,
wurde nue Der Stadt Gdbding gleich bei ber Gründung (1228) bad Recht der
frelen Richterwahl elngerdume 2).
In fo fern dle Vogtel nicht erblich war, ſetzte ber Landesfuͤrſt, wenn aud
lin Elnverſtaͤndniſſe mit Sen Biirgern, ven Ridter ein; nur den Schoͤffen ber
Stadt Venn ertheilte Markgraf Jodok 1376 bie Gnade, daß fie bie volle Ges
walt haben follen, nach dem Tobe bed geitlichen Richters Hand Schlemkitl bas
Mericht einzuſehen, bad Gericht und die Ginfegung ded Richters ber Stadt und
den Schöffen gehiren fol, ohne ben Akt vorerſt zur Beftdtigung vorgulegen.
Der Richter muſite (wie bad iglauer Ret forterte) ein Birger ber Stadt fein,
ein Uegended Erbe in Per Stadt befigen, tamit ec an bem Gedeifen und Rugen
derſelben cin Anteveffe Habe und wegen cines oder awei Jahre night die Birger
und die Nrmew der State (cives ct pauperes) aufreibe. Der Gegenfag zwiſchen
Bärgern und Armen yeigt, tag unter ten erfteren im ſtrengen Sinne bles
1) 1299 defreit König Premifl Otafar die Leute bes Dorfes Strelig von ter Qaristifties ter
Kupendeamten und untererdnet fie ſeinem Richter von Brinn (jadicai sostre de Brun,
Boel Codey U. 212). Im briinner Eratiredre von 1243 (eb. III. 12) evideiaca der wedea
ct iuralti ciaitatia, 1247 (eb. 81) Alramus index et ciuis Brunensis, and cet. 32) Ariness
ciuis magister monete (Tinjgmeiiter’, 1252 Wernbardus judex de Brana (ct. 154i. coh
(cd. 160) Bernardus dictus Hardelmon jndex Brusensis, Franck Wevs, Friderices serp-
tor, Conradus de antiqne foro. cines et iurati ciuitatis Branensis, 1260 cr 24]) mdex.
scabini ac universal ciues in Breanna, 1271 Bernardos iadex (cf. IV. 65. 1251] Boeem-
vas index (cd. 250. 1288 Viricas Michabel. Nlisselborias cerentes woes jodeum
d. S44).
t) WE Nr clmager Riichef Theoderich 12 dex nenen Stati Sremiz Nemlim, mm 2.
acienderten med dem Nedte der Sectt Bram gm regein, bebiek er id Dot Rear n=
Site wad ASegung doe Srade Rogtos eter Wideeré, jeded noch Berachuam: = Sqite.
wer RT TV, 860).
861
ble evbgefeffenen und rathfabigen Geſchlechter gu verftehen find,
unter ben Armen die nid@t erbgefeffenen Handwerfer und Arbeiter
(ter hauffen vil volfes, Dag mit Der ftat nichts leydet, wie ed in einem
iglauer Stadtbuche des 14. Jahrh. heist).
Gleih nad der Uebernahme ded Richteramtes mufte ber Richter auf bem
Allerheiligften einen Eid ſchwoͤren, ber Stadt Ehre und Nugen mit ganzen
treuen gu betradten und gu werben, ten Schoöppen an allen Rechten gehorfam
gu. fein, und allen Leuten, fie feien Bürger oder Gafte (hospiles, Frembe), arm
oder reich, cin volled und unverjogeneds Recht gu thun.
Der Nichter if— Water bes Gefeged und Schirm ber Gerechtigfeit. Er
fieht nicht auger bem Gefege, fondern foll im Falle einer gegen ibn geridteten
Klage ben Vorftg einem Geſchwornen abtreten und wie jeter Andere Rede und
Antwort ftehen. Gr ift in allen Amtshandlungen an bie Mitwirfung der Schoͤf⸗
fen gebunden, gwar Lenfer und Reiter bed Gerichted, greift aber eigenmadtig
nicht in bad Getriebe ter Verhandlung ein. Gr richtet mit den Schoͤffen und
bildet mit ihnen bad Gericht (judicium). Gr leitet bie Berathung, fragt Pie
Schoͤffen nad dem Urtheile, welche bie Pflicht Haben ihm gu antworten, formuz
lirt das von den Schöffen gefundene Urtheil, forgt in@befontere fir die rid:
tige Benennung und Bezeichnung der Streitface und die Gintragung in Ddie
Geri distafeln dburd den Notar und verkündet bas Urtheil ben Pare
teien. Gr vertritt vie Stelle Gotted ald irdiſcher Michter, baher die feiner ho—
hen Stellung entfpredende Wnrede: Here (dominus) ron Ceite her Parteien
unb felbft ter Schoͤffen, bie in feine Hanbe ben Zeugeneid ablegen, daher Hohe
Strafe (an Geld, ſchmaͤhlichem Widerruf, Act) Jenen traf, welder ein Ur-
theil fur ungerecht erflarte (reclamavecrit) und fich anbeifchig machte, ein beffe-
re6 gu finden, es aber nicht that, ober fich fonft gegen Berfiigungen und uss
ſprüche bes Richters auflehnte, fie ſchalt und ftrafte (arguerit), ben Richter eis
nen Böſewicht, Berrather ober Ketzer hieß. Der Richter ijt Friedendvichter ber
Stadt, verkündet ben Stabtfriedben aur Beit beds Markies, gebietet eingelnen oder
gufammengerotteten Berfonen Frieden, deffen Bruch ſehr beftraft wird. Gr
nimmt neben ben Schoͤffen auf die Rerwaltung ded Gemeindevermogens und
bie eigentlide Wdminiftration der ftadtifden Angelegenheiten einen bedeutenden
Ginflug, um fo mehr, ald ein Bürgermeiſter (magister civium) im 13. Sabr-
Hunderte bei und nicht vorfommt und die Schaffung tiefer Würde im 14. Jabe-
hunderte erft bad Refultat mandher Kämpfe zwiſchen Ridter und Schoͤffen ge-
wefen ju fein fdeint. Der Stadtridter genieft bedeutende Einkuͤnfte, bie ihm
entwebder ausſchließlich oder in Gemeinſchaft mit ben Schoͤffen in ber Bujfe
(Wandel, emendae) und Gewedbe'), oder ans Anlag gerictlider Handlun-
— — — — — — — —
1) Vergehen, welche durch Vermögensbuſſen geſühnt wurden, ſah man nicht als rein privat-
rechtliche an, ſondern man unterſchied daran zwei Geſichtspunkte: die bem Anderen dadurch
zugefügte Rechtskränkung, und bie Verletzung bes mit gemeinſamer Hand geſchützten Frie.
862
get ober anderen Titel ihm gufallen. Den Befugniffen, bed Richters feGt die
Pflicht gegenüͤber das Recht gu gemahren, e6 nit gu weigern. Frudhten die
Ermahnungen der Echoffen nidt, ift bie Gade vor tem Rinig oder den Kaͤm⸗
merer gu bringen, ba gu verflagen und gleid ben SGHuldigen gu
ftrafen. ;
An ber Seite bes Richterd fteht bas Collegium ber Geſchwornen over
Schoͤffen (jurati, scabini, unitio juratorum), Diefe bilben ben Stadtrath
(consilium juratorum, ſeltener consules), tiben als folder die richterliche und
abminiftrative Gewalt uͤber bie Stadt und ihe Gebiet aus und feiten mit bem
Richter an ber Spige die ſtädtiſche Reglerung. Gine Theilung ber ſtaͤdtiſchen
Gewalt gwifhen dem Collegium ber Schöffen, ald Geriht, und einem
Collegium von fogenannten Rathmännern (consules im engeren
Ginne), als Verwaltungsbehirde, wie fle anderwarts vorfommt (6. Barthold,
Gaupp u. a.), Hat bei und dort, wo magdeburger Recht zur SGeltung fam
wie in Olmug, nur anndherungsweife, in ben Stddten aber, welde ſübdeut⸗
(hes Recht Hatten, faum Statt gefunden; beide Memter find in ber Hand der
Schöffen vereinigt').
Jn ben königlichen Stadten Böhmens (deren gu Anfang bed
14. Jahrhundertes 27 vorfommen) beftand ber von ben Supendintern unabbhangige
Magiftrat gewohnlid) aus einem Richter, zwoͤlf Geſchwornen (Cidgenoffen, Schoͤp⸗
bens. Dem gemaG fiel von ben Vermdgensbuffen ein Theil ben Verletzten gu, ber andere
an bas Gemeinwefen. Sener hieß Compofition ober Buffe, diefer Fredbum oder
Wette (Walter, Redtsgefd. ll. 369).
1) Merkwürdig find bie folgenden Veftimmungen (Gocet IV. 371) bes Herzogs Nilolaus fir
feine Stadt Troppau vom Jahre 1290: ut prefate ciuitatis nostre Opauie viri iurati, con-
sules et scabini, in eadem ciuitate nostra rectores et prouisores preelecti, de nostre
donationis munere hac fungi debeant liberaliter potestate, ut, quiquid de omnibus arti-
ficibus eorumque mechanicis operibus, de rerum venundalium et forensium negotiis et
exercitiis, imo de hereditatum suarum estimationibus, et simpliciter de singulis et vni-
uersis causis factisque ciuilibus ad ipsorum curam et prouidentiam pertinentibus ad
meliorationem profectumque dicte ciuitatis nostre Opanie fieri debentibus de consilio
siquidem seniorum et prudentum ciuium decreuerint, quippiam adinuenire, ordinare,
statuere, destituere, permittere, minuere et augere, hec grata, rata, fixa et inuiolabilia
sopita qualibet contradictionis instantia uolumus et precipimus sub nostre obtentu gra-
tie ah omnibus firmiter obseruari. Item ut uideamur circa dictam ciuitatem nostram
Opauiam affluere beneuolentia speciali, nos iterum, gratiam gratie camulantes prehabi-
tos consules et scabinos de potestatis nostre robore huiusmodi extulimas libertate, ut,
dum in iure suo assederint iudicio, quocumque suo presente iudice hereditario uel non
hereditario, et aliqua per ipsos sententia definitiua inuenta fuerit et prolata, de con-
sensu potiorum ciuium habita et laudata, quod nullus hominum possit uel audent banc
prolationem sententic redarguere, aut uerbo uel opere aliqualiter contraire. Dignum
est enim, ut ex eo quia ipsi consules et scabini uiri sunt iurati, quod eis perfecte credi
debeat in hac parte,
868
yen) und einem Notary (bas Amt bed Biirgermeifters ift erft fpateren Urfprungs).
‘Er fland burd den Yeweiligen Unterfimmerer unmittelbar unter bem RKonige
und war in Hinſicht der Redhtspflege und ber Municipalvertwaltung felbft vom
Unterkaͤmmerer unabhangig, obgleich Wppellationen an diefen Statt gefunden gu
haben ſcheinen. Dagegen entrichteten fie dieſem, bem Finangminifter jener Zeit,
ben gewobnliden Kammerzins von ifren Beftaungen, Aedern, Gewerben,
Kramftellen und Mühlen, fo wie vom RNupggenuffe ber Regalien, Gerichte,
Marfigerechtigfeit und bes Schrottamtes (Pataczfy I. 2. S. 26).
Sn Olmütz bildeten ein Stadtvogt (advocatus), oft gleidbedeutend
mit Stabtridter (jadex civitatis), ibm jue Seite bie Gefdwornen (Ju-
rati) und einige Stadtbürger (Cives) bie ftdbdtijde Behirde und theilten
fic, unter bem Vorſitze ded Bogts, in die Verwaltung der Redhtspflege und
ber ſtädtiſchen Angelegenheiten. Der Vogt wurde vom Lanbesfiirften (feit des
Margrafen Vergünſtigung von 1351 von ben Gefdwornen mit Zuftimmung
bed Landesherrn), die Schoͤffen vermuthlid) von den Biirgern, unter der Be-
bingung ber landesherrliden Befthtigung, gewahlt. Ihre Zahl war ftets 7, die
in ber Stabdthehorde figenden Birger aber vier. An die Stelle der letzteren
traten fpdter (fon im 14. Sahrhunberte) bie GConfuln. Bhnew lag sunddft
bie Verwaltung der ſtädtiſchen Angelegenheiten, und, mit ben Geſchwornen, die
ber Rechtdpflege ob. Bei beſonders widtigen Angelegenheiten wurden auch die
Senioren (14290 in Troppau de consilio seniorum et prudentum ciuium,
de consensu potiorum civium) b. i. bie Herren bed Mathes des legten oder
mehrerer verfloffener Jahre beigesogen. Wichtige Fragen wurden ber Kom:
munitat der gangen Bürgerſchaft aur Entfdeidung vorgelegt. Gegen
bad Ende ded 14. Sahrhunterted mufte ber Vogt an Ginflug und Anfehen bei
bem Stabtrathe eingebugt haben. Denn wabrend er bids dahin flets an der
Spige bed Mathes genannt wird, tritt feit biefer Zeit ber Biirgermeifter an die
Stelle, ber Bogt verfdwindet aber faft gang aus dem Stabtbuce. Geine
Wirkſamkeit ift feit bem eine blos richterliche, ercfutorifche und ben Stabtfrieden
Ubermadende. Gr fteht ſeitdem nebft allen ifm zur Geite befindliden Perfo-
nen unter bem immer mehr Hervortretenden Ginflufe ded Gtadtrathes (Con-
silium). Wohl von der fritheften Zeit her ruhte die Beltellung der Rathmanner
und Schoͤffen auf freter Wahl. Ju Stabdthude von 1430 wird es als eine
alte Gewohnheit angefiihrt, behufs gleider Biirde aller Birger alle Jahre
ben Rath guerneuern und eilf Perfonen der Wigigften in den Rath gu
waͤhlen, namlid) 4 Rathmanner und 7 Schoͤffen. Die Wahl geſchah — wenig-
ſtens fpdter — am Tage beds h. Laureng aus 36 baju vermuthlid von den
ben Birgern gewablten Perfonen, burd den abtretendben Rath. Gin
jeder Herr bed Mathes CSchoffe) follte fein katholiſcher Religion, eheliger Geburt,
vollfommen 25 Jahre alt, verheirathet, guter deutſcher Art, in Der Stadt ges
feffen u. f. wm. Wud mag man ehrbare Leute aus ben Handwere
fern fiefen, aber nicht awei mit einander eines Handwerks. Den 11 Pers
864 .
fonen bes Maths fag „alle Sorgfaltigfeit und ber gemeine Rugen ber Stadt
ob,” alfo die Leitung und Aufficht uber die gefammte Verwaltung aller Stabt>
angelegenheiten, indbefondere bie Berwaltung bes Stabtvermogens, die Umles
gung und Ginhebung ber Stabdtfteuer (fie wurde nur von liegendem Out
nad deffen Werthanfdlag eingehoben), die Stabt-, Markt und Sittenpoligei,
die Vormundſchaft ber Hilflofe Witwen und Waiſen, die Aufſicht aber pie frome
men Stiftungen, uber Handel und Gewerbe, Verleihung ded Buͤrgerrechtes, Er⸗
nennung fammilider Stadtheamten und Diener, die Wahl des neuen Raths
und, feit bie Etabt bie Bogtet gefauft hatte, aud die jibrlide Wahl bes Bog:
ted, und die volle Gerichtsbarkeit in Civils und Strafjaden.
Mn ber Spipe ded Stabdtrathes ftand ber Bürgermeiſter, deffen Amt
yon ben vier Rathsémannern allein in ber Art vberwaltet wurbe,
baf jeder berfelben, vom Uelteften angefangen, immer Durd 4 Woden, fo
oft bas unter ihnen im Jahre herumging, die Biirgermeifter{daft au verwefen
hatte. Gr hatte indbefondere Den Vorfig in ben regelmagig an beftimmten Tas
gen abgebaltenen Berfammlungen bed vollen Rathes.
Den Vogt ober Untervogt unterftigten in feiner Amtsthatigkeit bie Gtadt-
und Frohnboten (precones), ivelden vorzuͤglich bie Ladungen vor Geridt
und bie Feftnehmung der Uebelthater oblag; ber Nachrichter (subjudex), der
für Roft und Berpflegung ber Gefangenen gu forgen, und der Zudtiger
(textor), welder bie peinliden Strafurtheile gu volgiehen hatte. Ws Strafe
wird erwabnt: bas Hangen, Enthaupten, Radebreden, Berbriihen, Ertränken,
Lebendig « Begraben, Pfahlen, Ohr⸗ und Handabjdneiden, Augenausbrigen,
Staupen u. a. Auch bad Martern (Foltern) war Gade des Zichtigers
(follte nicht leicht und vorfidtig angewenbet werden). File alle diefe Dienſtlei—
ftungen erbielten bie Gtabtdiener theild beftimmte Geldbetrage, theils andere
Gegenftinde and dem Vermögen ber Gefangenen oder BWerurtheilten. Unter
ben Dem Bogt gur Seite geftandenen Perfonen verdient (in Olmuͤtz) beſondere
Erwahnung der Gerichtsſchreiber (notarius actorum). Ihm fag die Füh—
rung des Gerichtsbuches ob, in welcheds er alled eingutragen hatte, was
bas Geridt anging und ben Bogt, namentlidd „Verbürgung zum Recht und
was um Ungericht ift.” Gr ift gu unter{deidben vom Stadtſchreiber (aota-
rius civitatis), welder bem Birgermeifter und Rathe aur Seite ftand und eine
ber einflußreichſten Steen unter den Amtdleuten ber Stadt einnahm. Er war
verpflidtet die Stadtbücher, welche eingelnen Rathmannern gue ftrengften
Bewahrung übergeben waren, gu führen, die Stadtprivilegien gu verzeichnen,
bie Rathsverhanbdlungen gu protofolliren, die RKorrefpondeng der Stattgemeinde
und alle Grpeditionen au beforgen und ,auf BVerlangen der Herren vom Rath
biefelben bed gefdriebenen ober Herfimmliden Rechtes gu ermagnen.” Gr follte
beBhalb ded magdeburgifden wie des einheimifden Rechtes kundig fein, um in
sweifelhaften Fallen Wusfunft geben gu können. Buffer einem beftimmten Ges
alte bejog er aud nod von jedem Afte, bei welchem ev intervenirte, gerwiffe
$65
Gebtibren. Die Hohe Bedeutung ber Stadibücher mat bie Wichtigkeit und den
Ginflug ded Stabdtjdreibers begreiflih, ber ubrigend in Städten, in denen bas
rimifde Recht Cingang gefunden hatte, noc weit mehr Gelegenheit hatte, fei-
nen Einfluß durch Belehrung ber rechtdunfundigen Schoͤffen geltend yu machen.
Fuür die eingelnen Geſchäftszweige ber ſtädtiſchen WAdminiftration wurden
Einzelne aus bem Rath ober ben Senioren ober der Buͤrgerſchaft beftellt. Go
follten Gewahlte aud bem Rathe ober den Genioren aufmerfen liber die
Mühlen, in Weins und offentliden Kellern.
Man folle ſtetigliche Angie Ker (affusores vini) beſtellen und haben, bie
ba obne Unterlag Wein, Bier und allerlei Trank angießen; man foll_,,ftete
Marktheut’ fepen u. del. Außer ben genannten werden nod erwähnt:
Steuereinnehmer (Lofunger, losungarii), Zöl lner (theloneatores), Mau th:
ner, Stabtreiter u. a. Gingelne Gefalle wurden durd Pater eingehoden;
fo dad Bridengeld (vectigal) (Biſchof, deutſches Recht in Olmütz GS. 13,
29 — 33).
Etwas abweidend war bie ſtädtiſche Berwaltung, wie fte in Olmig vom
magbdeburger Rechte bebingt wurde, in den StAdten ſüddeutſchen Rechtes, nament⸗
lid gu Sglau und Brinn.
Ueber die Zahl ber Geſchwornen in Sglau, bie Art und Weife ihrer
Peftellung ober Ergänzung, ob ber Landesfürſt auf ihre Ginfegung einen Gin»
fluß übte, ob fie von der Bürgerſchaft oder vom Alteren Rathe gewahlt wurden,
wann eine Umanbderung gefdabh, ift aué den Urfunden des 13. Jahrhundertes
nichts zu entnehmen. Spaͤtere Weisthiimer fagen jedod ausdrücklich, daß die
Bahl der Schoffen in Sglau feit jeher gwolf betragen Habe, bap ter mähriſche
Unterfimmerer ') de neuen Schoffen beftatigte, unb bie in ber 2. Halfte bes
14. Jabrhunbertes beginnenden und bid jest nod in einer ununterbrodenen
Reihe erhaltenen Stadtbücher laffen eine nach einer Anzahl Jahren eintre-
fende Ergdngung und Erneuerung bed Raths durch fich felbft erfennen.
Nad ben Statuten, weldhe Konig Wengel 1. 1243 der Stadt Brunn
gab (Bocef Il. 18), follter 24 gefchworne Birger (XXIII. ciuium jurati, wie
nad Tomek S. 290 1318 in der Altftadt Pray, feit 1331 aber durch langere
Zeit nur 12) fiber den Handel und andere Angelegenheiten, welde bie Ehre
unb ben Mugen der Stadt betreffen, Anordnungen madden, welche weber der
Richter, nocd ble Barger, nod fonft jemand gu beirren habe, bei einer von ihnen
gu beftinmenden Strafe an den Richter. Im Jahre 1292 ertheilte Koͤnig Wen-
zel I. (Bocef LV. 385) feinen geliebten Biirgern von Brinn die volle Mardt,
nad Uebereinftimmung der gangen Stadt unter ſich Gefdworne ober
1) Ee fommen gwar aud in Mähren feit 1201 (Bocef MH. 5) subcamerarii vor — aud
camerarii ober capitanei genannt — ber erfte eigentlide Lanbesunterlammerer im
ſpäteren Ginne be? Wortes ift aber 1412 — 1417 Ulrich von Hlawatetz.
866
Rathmanner (inter se iuratos seu consules) immer in ber Oftave der Auf
erftehung unfers Heren alljährlich gu wählen, weldhe, wenn nidt eine
offenbare Schuld ihre friihere Entfepung begriindet, nur burd ein Jahr gu
beftehen haben. Rad gefdhehener Wahl ber Geſchwornen haben fie die
Biirger bem KMonige, wenn er im Lande Maͤhren anwwefend ift, ober feinem
Protonotar (RKangler), in bes Kinigd Abwefenheit aber an beffen Stelle dem
Kammerer (camerario), alé glaubwürdige und geeignete Manner vorguftellen
(pro viris fide dignis at ydoneis presentabunl). Beſtätigt wurde dieſes Pris
vilegium ber freien Rathswahl von Ferdinand Ill. (7. Dey. 1637).
Veber bie Stedung und Wirkjamfeit ber Sehoffen im 13. Jahrhunberte
geben bie iglauer Rechte folgende Undeutungen, welche wohl aud fir Brinn
Anwendung finten.
I, In ben Handen des Richters und ber Schoffen befand ſich vorerft die
yolfommene Gerichtsgewalt in allen peinlidhen und Civiffacen innerhalb
bed Stadtgebietes. Sie erftredte fic) unbeſchränkt auf alle perfinliden Ange:
legenbeiten ber Biirger und aller, bie in ihrer Gewalt ftanden, auf die ihrer
Hinterfaffen (subsedes), auf alle Redtsfaden uͤber Erbe und Eigen, es mochte
nun innerhalb ber Mauer der Stadt gelegen ober auferhalb berfelben ifrem
BVefige unterworfen fein. Die Eremtion von der Gericdhtsbarkeit der landesfürſt⸗
liden Landgerichte war eine vollftandige.
We die Befigungen der Birger oder ihrer Hinterfaffen betreffenden Kla⸗
gen muften von wem immer vor bem Geridhte ber Stadt angebradt werden.
Die Schoffen geniefen ein befonderes Anſehen, die Sdheltung ifres
Urtheils, ihre Beſchimpfung oder Beſchuldigung wird ſchwer geahndet. Ihrem
Zeugniſſe ald Amt sSzeugniſſe wird eine beſondere Kraft beigelegt, es genügt
ſelbſt in ben ſchwerſten peinlichen Fallen zur Ueberweiſung ober Reinigung bes
Beſchuldigten; es Hat in Civilſachen die nämliche Kraft wie jenes ber 100 Mins
ner ober ,genannten” in Wien, Prag u. a.'). Es ftand aber der eingelne
1) Schon im älteſten wiener Stadtredte von 1221 kommen bdiefe Hunbertininner vor, welde
1296 auf 20 berabgefest, 1340 aber wieder und bis gu 200 vermehrt wurden. Cie batten
bet allen Käufen, Verkäufen, Verpfändungen unb anderen wichtigeren Geſchäften als Bere
trauens⸗ und Gedenkmänner zu interveniren. Bon ihrer Eintragung und ſteten Evideny
haltung in einem beſonderen Verzeichniſſe wurden ſie wahrſcheinlich Genannte geheißen.
Ferdinand J. hob 1522 ihre Körperſchaft in Wien auf und ſetzte dafür den innern und
Außeren Rath in ber Art ein, daß von den zur Regierung ber Stadt beſtimmten 100
Perfonen ber trefflidften, vornebmften und tauglicdften, ehrbaren behansten Bürger, 12 dere
felben, bie nicht Handwerk treiben, in ben Stadtrath erwablt werden, andere 12 Beis
figer bed Stabtgeridtes feien, die iibrigen 76 Perfonen aber im äußeren Rath
verbletben (Hormayr VIII. Urfb. 828, 346; Feil, in ben VBeridten des wiener Alterthuma⸗
vereing 3. B. S. 217—219). Das Inſtitut ber Genuannten Febtt in allen Städten, bie fid
nad iglauer Recht richteten oder nad) brünner.
867
Scheffe eben fo wenig wie der Ridter fiber bem Gefege, fondern mufte, wenn
ec etwas verbroden atte, vor bem Gerichte gleid einem Andern Rede und
Antwort geben.
Zu Folge ihrer Verpflidtung fur die oͤffentliche Sicherheit und Rube gu
forgen, unb ben Stabtfrieden (pacem) aufredt gu erhalten, erfdeinen fie in der
Morgenfprade ald sffentlide Ankläger berjenigen, weldhe burd was immer
fix Grceffe und Ungericht denfelben verlegt haben. Die sffentlide Anklage in
ber Morgenfprade ift ein ausſchließendes Recht der Geſchwornen, bid bei ver-
mefrier Bevdlferung ber Stadt in jedem Viertel (vicus) 2 ober mehrere
Perfonen gur Gorge fir bie offentlide Giderheit nnd ald offent-
lide Anfliger ber Verlegten vom Richter und ben Gefdwornen (fir 6 Wochen,
jedoch wieder waählbar) beftellt wurden.
Die Geridhtsbarfeit wurde ausgeübt: 1) im aufperordentliden Gee
ridte auferfalb ber vier Baͤnke in minder widtigen WAngelegenheiten, wo und
wann ¢6 das jebedmalige Bebuͤrfniß erheifhte, 2) im ordentliden Geridte
in ben vler Gerichtsbänken (quatuor scampnis, quatuor sedilibus vel
bancis judiciariis) '), b. i. im ber feterliden Gigung bed vollftandig verfammels
ten Schoͤffengerichtes unter bem Vorfige des Richters (wohl auc) judicium con-
testatum, bannitum, actuatum, tie gehegte Banff).
Die gewohnlide Zeit der Abhaltung war der Morgen, daher der Aus⸗
brud: Morgenfprade (maniloquium, matutinum colloquium). Dafelbft
wurde bie Sache mit ihrer genauen Bezeichnung vom Notar in bie Geridts-
tafeln eingetragen. Dod ift bie Morgenfprade nist blos Gericht im ftrengen
Sinne, fondern eS werden daſelbſt überhaupt alle Akte vorgenommen, die den
Charakter ber Unverdnderlichteit haben follen, 3. B. alle Uebertragungen, Ver⸗
pfanbungen u. f. w. von Erb und Eigen, alle Bertrage, denen man durd
bie Abſchließung vor Gericht die volle Beweisbarkeit ſichern wollte, Teftamente
u. f. w. Als befondere Arten bes Gerichted erfdheinen: a) bad gewoͤhnliche
Gericht (judicium im engeren Ginne), welded vorgugéweife gur Erledigung von
Rechtsfireiten beftimmt war (vom 25. Hey. Hid gum Freitag nad Oftern ab-
gehalten) b) bas Panteibing (judicium peremptorium, {pater judicia gene-
ralia, von Ban ober Bann, einem gefdloffenem Begirfe, und Taibing ober
Tageding, ben in einem folden Begicke eine ober mehrmal gu Galtenden Ges
richten), beffen befonbdered Kennzeichen ein ſchnelles fummarifdes Verfahren war,
und das zur Aufgabe hatte, alle vor Gericht ſchwebenden Proceffe einer ſchnellen
Beendigung zuzuführen. ES fand nur einmal im Jahre ftatt (Freitag nad Oftern).
1) In Flandern hieß bas in pleno verſammelte Schöffengericht Vierſchare, von Scarre
(Schranne, baber in Wien diefes fo genannte Geridt), einer Bank. Es wurde in einem
durch vier Bante gebilbeten Vierede gebalten. Auf einer ſaßen bie Schbffen, ihnen ge-
geniiber ber öffentliche Ankläger, anf beiden Seiten der Kläger unb der Bellagte (Warn
Bnig L 281, Grimm, Redhtsalterthiimer ©. 810).
368
3m Geridte find bie Sdoffen, nachdem fie vom Richter um ibe Urtheii
gefragt worten, die eigentliden Urtheilfinder (sententiam inveniunt), welded
fobann vom Ridter ben Parteien verfiindet wird (profertur).
Wie ber Richter genoffen aud die Schoͤffen einen Antheil an Buffe und
Gewedbe.
II. Den Schoffen fteht ferner bas wichtige Recht ber ftatutarifden
Geſetzgebung gu, d. i. dad Recht, die rechtliden Verhaliniffe ber Birger
auf Grundlage der ,jura originalia* burd Willkühren frei gu ordnen. Bers
anfaffung gu bem Fortbaue bes Rechtes gaben zunächſt die burch bas jedesma⸗
lige Beduͤrfniß ber Stadt felbft Hervorgerufenen Gagungey und Urtheile der
Schoffen, fobann die Entideidbungen und Weisthümer, welde auf Verlangen
ber Städte und ber Ortſchaften erfloffen, die das (bruünner, iglauer, olmitger
u. a.) Stadtrecht angenommen fatten. °
III, Die Schoffen find endlich die eigentlide Poligei+ und Ber-wal:
tungsbehörde der Stadt; ald folde ordnen und regeln fie den Handel und
ſtaͤdtiſchen Verkehr, Mag und Gewidht und wberhaupt alle Angelegenheiten, die
bad Gemeinwobhl, die offentlide Ordbnung und Rube betreffen, und follen dacin
yom Richter unterftligt werden. Ihren Verfügungen foll Niemand, weder der
Richter nod) ein Birger, nod) fonft Jemand widerfpreden oder entgegen Han
beln und bie von ihnen feftgefegten Strafen follen unweigerlich gebüßt werden.
Bei den aAlteften babenbergiſchen Stadtredten läßt ſich die Cntwidlung
bed Schoffenhofes, auf ben nad und nad bie urfpriinglid vom Hergoge geitbte
Gerichtsbarkeit ftiidweife uberging, auf Grundlage einer mit gleiden Befugnil-
fen betrauten Anzahl Biirger genau verfolgen und aud in Brinn beutet ber
Austrud jurati principis quf eine analoge Entwidlung bes Schöffenhofes Hin;
in Sglau zeigt fic aber gleid) anfangs eine Bereinigung ber Geridtdbarteit
mit der Polizei und Wdminiftration, ohne daß fid die Spur einer Hervorgegan:
genen Scheidung erfennen liefe. ,
Sn allen widtigeren bas Gemeindevermdgen betreffenden Acten und ans
deren Ungelegenbeiten, denen man ben grogtmogliden Grad von Feierlichkeit
geben wollte, beſonderse, wenn es ſich um Vertretung der Stadt gegen außen
handelte, ſcheint die Mitwirkung der ganzen Gemeinde (universitas ci-
vium, universi cives, cives unanimi consensu, Stat gemein mit armen und
mit reiden) nothwendig gewefen gu fein. Sn welder Art fle ausgeübt wurbe
und ob fie nicht haufig, wenn fie in Den Urfunden vorkommt, als bloke Formel
au betrachten fei, daruͤber (aft fic) nichté Beftimmted fagen. Sm 14. Jahrhun⸗
bert erfdeinen (in Sglau) bie ,vier Gemeinen” (viri communes) ald bdie
gefegliden Bertreter der gangen Gemeinde geyentiber bem Collegium ber Gee
fhwornen (S. meine Geſch. von Iglau S. 63, 72, 96, 148 ff.).
Mls ein Unterbeamter bes Gerichtes erſcheint ber Buttel oder Frohne
bote (preco; nicht unterfdieden, wie in W. Neuftadt, vom Nachrichter,
judex posterior, bem custos carcerjs, Stubhutter, und preco, Schergen),
869
welder die feinem Gewahrſame Uebergebenen gu uͤberwachen, Labdunger vor
Gericht, Erefutionen gegen Perfonen und Sachen vorgunehmen hatte.
Obwohl gum Rathe und Gerichte night gehoͤrig uͤbte bod einen nicht ge-
ringen Einfluß auf Diefelben ber Geridtsfdreiber (scriptor, notarius),
Jn ber Aufseignung in die Gerichtstafeln, deren man fid anfangs blos aur
Unterftiigung bed Gedächtniſſes bebiente, liegt ber erfte Reim ber Entſtehung
ber Stadts und Geridtsbider tm 14. Jabrhunderte, durch deren mufters
hafte Anlage und Ausbilbung die privatredtliden’ BerhAltniffe der Barger eine
feftd und unverwifdbare Grunbdlage erbielten. Da ber Notar den Geridhtsvers
Gandlungen perſoͤnlich beiwohnte, fo hatte eine durch gelehrte BVorbilbung ges
wonnene Klarheit ber Rechtsanſchauung ein fretes Feld ber Wirkſamkeit und
fonnte auf den gefunden Ginn ber Gcoffen ihre Wirfung nidt verfehlen. Des⸗
halb finden ſich gewoͤhnlih Magifter oer Doftoren, die thre Vorbilbung
an ben italienifden Rechtoſchulen und Univerfitdten erhalten haben (fo 1270 —
$279 dex olmiiger Kanonikus Magifter Theodorid als notarius Iglaviae). Der
Reftor ber Schulen ſcheint in Iglau haufig aud bie Stelle bes Rotars
verfehen au haben (Tomaſchek GS. 124 — 136).
Pie Sdmmlung der brinner Schdffenfpriche aus ber Mitte des 14.
Jabrhunbertes entwidelt uns ein Bild der ſtädtiſchen BWerfaffung und
Berwaltung, wie e6 aus fritherer Zeit bie ungureidenden Quellen nidt
geben. Die Spige beider bilbet Der Stadtrath (Cconsilium civium). Gin
landesfuͤrſtlicher Einfluß auf die Bildung und Wirkfamfeit diefer Behdrde ijt
im ber fpdteren Periode (6. S. 360) nicht mee erfennbar, alle vogteiliden
Rechte find auf die Gemeinde ubergegangen.
Der Stadtridter (judex civitatis) nimmt al8 Vorfipender des Rathes
und bed Gerichtes eine viel bedeutendere Steung ein als ber Burgermeifter
(magister civium).
Der Stabtrath wird aus 24 gefdwornen Biirgern (cives jurati, sca-
bini, consules, welde Ramen wedfeln, es febhlt eine dburdgreifende Scheidung
bes Schoffenfollegiums und ted Stadtrathes) gebilbet.
Die Schöffen bilden ben vollen Rath (plenum consilium), werden als
folde bie Witzigſten (sapientes consilii, rectores consilii) genannt. Sie find
bie Seele ber ftadtifden Regierung, vereinen die richterliche und adsniniftrative
Gewalt uͤber die Stadt und ihr Gebiet, werden aus ben ftadtangefeffenen Biire
gern gewaͤhlt ohne Beldrantung auf gewiffe Klaſſen; nur allgemeine Erforder:
niſſe, Unbeſcholtenheit des Rufes und Rechtlichkeit find vorgefdrieben'). Gin
befonderes Anfehen erlangen bie gelehrten Schoͤffen (Scabini Jiterati),
1) Birger Brituns lommen in ben urkunden ſeit dem 13. Jahrhunderte vor, anfangs größ⸗
tentheil nur mit ben Taufnamen, mitunter aud mit bem Familiennamen (über wie⸗
ner Viirgernamen S. Sdlager, nene Folge & B. S. 462 — 468), ober mit ber Bezeich⸗
24
370
Das SHhoffenamt (officium scabinatus) galt alé cine GhvenfieHe ofne
Befolbung, dod mit dem Anfprude an einen Antheil an Buſſe un’ Gewedde.
Die Perfon der Schöffen Hatte den Sharafter der Unverleglihles. Gchimpf
gegen fie wird Harter beftraft, ihr Zeugniß alg Amtözeugniß galt fo wie bes
zweier ehrbarer Birger. Durd Wahl wurde dad Schoffencollegium jahrlich
erneuert, wahrſcheinlich bis zur Halfte neu gewählt: die Alterem (cemseres). fol
len die jiingeren über die Amtswirkſamkeit belehren. Der Wahleag bildete gu
gleid eine allgemeine Sprache fur Stadt- und Gemeindeangelegenfeiten; dau
wurden die new gewablten Hanbwerfsmeifter (magisiri operum mechani-
corum) berufen, ¢6 wurde genehmigt, wad dem Handwerke noth that; dans
aud ber Stadtſchreiber (notarius) und bie Unterrichter in Gd ge
nommen. .
Die Schoffen theilen bie Hauptsweige ter Stabdtverwaltung in beſondere
Aemter (officia), und beftellen aud ihrer Mitte Einzelne yur Beſorgung der
Angelegenhelten. Zwei Schoffen fahren die Marktauffidt (officiam veadi-
lionum) alé Marktmeifter, andere bas damit verwandte Geſchäft der Ueber
wadung von Maß und Gewidt Cofficum mensurae). In aͤhnlicher
Weiſe erfolgte bie Beftellung eines Bauamtes (officium murorum et fossaterum),
ber FeuersAuffidt (officium respiciendi conservatoria et loca ignis)
u. ſ. w.
Die wichtigſte Thaͤtigkeit bed Schoͤffenamtes war die bed Rechtfindens
und Rechtſprechens (jurati sunt legislalores). Unter dem Borfige des Stadi⸗
tichters entſcheiden bie Schoͤffen alle Blut- und Cigenfaden der Barger. Der
Geridhtébann ift vollftandig in ihren Händen. Der Ridter Hat den Vollzug
bes von ben Schoͤffen gefundenen Urtheild. Das Anſehen ded brünner Schoͤf⸗
fenratheé wird gehoben durch bie Stellung ald Oberhof einer übergroßen Zahl
von Stadten, welche daſelbſt ire Rechtsweiſung Holen und dahin ihre Urtheile
ſchrieben.
nung nach bem Geburtsorte ober Gewerbe (S. Chitil's Inder gu Bocel's Codexr 1 — 5
Bb. S. 23 und 6. Bd.). Es wird wohl in Brüun kaum eine fo beträchtliche Zahl von
Bilrgerfamilien gegeben haben, wie in Prag (Tomek I. 3830 — 353), welde von der 2.
Halfte bes 13. bis gum Anfange des 15. Jahrhundertes ben angefehenften Theil der pra⸗
ger Bürgerſchaft bilbeten, ba fle durch großes Vermögen hervorragten und bie ſtädtiſchen
Wemter am Hhdufigfter inue batten. Aber aud in Brünn finden fic ſchon im 18. Jahr⸗
bunberte Bilrger, welche eine hervorragende Stellung einnabmen, wie Rilbiger, welder
(1288) das Hofpital gum h. Geifte von Grilnn ftiftete, Ulrich Schwarz, welder bas Franen-
ftlft Mlaria-Rell griinbdete, bie Schweller, bie Wolflin oder bom Thurme, wohl aus
dein madtigen prager Biirgergefdhledte, bie Weif, ber florentiner Kaufmann Reine
bere (and in Prag. Tomek S. 353), welder 1804 vont briinner Bürger Heynnig eine
Milote an ber Schwarzawa mit bem anliegenden Dorfe Dornid kaufte (Bocel V. 171)
u. om a.
871
Has Stabtridteramt (officium fudicis) fol von einem Manne vere
waltet werden, den die Hddften Eigenſchaften burgerlider Wuͤrdigkeit auszeich⸗
nen. Der Eid ded Richters wird bem Koͤnige und ber Stadt geleiftet. Die
Stellung bes Stadtridters ift bie hoͤchſte in ber Stadt, in thm, als Stellvers
treter des Koͤnigs, wird Ddiefer geehrt (in persona judicis vices regis supplen-
tis rex est honorandus).
In der Amtseigenſchaft bed Richters laffen fic) drei Eigenſchaften unters
ſcheiden:
1. Als Vorſitzender bes Stabtgerichtes leitet er bas Verfahren
bei Gericht, uͤberwacht bie Thaͤtigkeit ber Schoͤffen, erhaͤlt ben Dingfrieden, gibt
gum Schluſſe ber Gerichtshandlung die Ueberſicht ber Thatfrage und verfunbdet
nad bem Wahrſpruche der Urtheiler bad Urtheil, gebietet Frieden und Urfehbde ')
und vollzieht bad Urtheil. Dem Richter in dieſer Eigenſchaft gebührt ein An⸗
theif an Buſſe und Gewedbe und deshalb aud) ein Pfändungsrecht. Ihm find
tie Schergen und der Nachrichter untergeben, welcher bie Gefangenen bes
wahrt (cippus, Stod, ubi carcer civium, ubi captivi servantur). Die Labduns
gen beftellen Gietel (praecones, budelli, bedelli).
2, Als Friedensrichter ber Stadt fommt bem Richter eine Hahere und
felOftftanbigere Gewalt gu. Jn offenen Friedensbruchſachen richtet und ftraft er
aud ohne Beirath ber Schoffen. Entſteht cin offener Waffenftreit in ber Stadt,
fo eit er mit feinen Knechten (familia judicis) herbei und gebietet Frieden. Er⸗
folgt Widerſtand nad ber feierliden Kuͤndigung bes Frieden’, fo war jeder
Orevler geidtet und verbannt. Nad bem Rufe bed Michters mufte auc die
Radeile Gur BVerfolgung ber Uebelthäter) von ben Buͤrgern geleiftet werden.
Zur Erhaltung der Rube der Stadt war dad Waffenverbot in ber
Stadt ungewöhnlich firenge, beſonders heimliche Waffen, 3. B. bad Stecdhmeffer
(misericors), waren verpont, im Gegenfage ju Angrifféwaffen nur Bertheidis
gungéwaffen geftattet.
3. Schwieriger ift (in diefer Zeit) bes Richters Verhältniß au ben
eigentliden Stabdtangelegenheiten und ber Stadtverwaltung
gu bezeichnen, um fo mehr, ba Rathmanner von ben Schöffen nicht unterſchieden
waren. Der Birgermeifter wird mit ben Schoffen dort genannt, wo die
1) Hatte der (Privat-)Anklager feine Anllage nidt bewiefen, ohne daß thm jedod ber Bore
wurf einer abſichtlich falſchen Anklage gemacht werden fonnte, fo veranlafte bas Geridt
zwiſchen beiben Theilen eine Taidigung. Dies tft zugleich das urſprüngliche Wefen ber
Urphebe b. i. Aufhebung ber Fehde zwiſchen den Parteien durch eidliden Verzicht bes
Vellagten auf bie Calumnientlage. Später mufte and) ein Sntulpat, welder gefoltert
(torquirt) worden war, bert Gerichten felbft eine Urphede ſchwören, daß er fid) wegen ber
Marter nit rächen wolle. Sodann wurde aud mitunter ber Cid, welchen ber aus einem
Gerichtobezirke Verbannte dahin ſchwören mute, dak er während ber Dauer der VSerbannung
nidjt gurildfebren wolle, alg Schwören einer Urphede bezeichnet (Bdpfl If. 410).
24*
372
Inteveffen ber Stadt nad Augen vertreten werden. Wie ed ſcheint wurde er
jaͤhrlich aus der Mitte ber Schöffen erwählt ').
Nod eine Perſon im Stadtgerichte iſt gu erwadgnen, welche, obgleich nicht
gum Stadtrathe gehoͤrig, doch in dieſem immer groferen Einfluß gewinnt. Ge
ift dies ber Stadtſchreiber (notarius, scriba civitatis). Er war dem Schoͤf⸗
fenrathe untergeordnet, wohl ber eingige Beamte, welder nebſt einem Antheile
an ben Gerichtsgebühren aud) einen feften Gehalt bezog. Gin gleichgeitiger
Formularius nennt ihn das Auge der Stadt, bas ewig wache Gewiffen deb
Rathes. Ge beherrſchte durch Geſchäftskenntniß und gelehrte Bordildung
bas ſtaͤdtiſche Rechiswefen. Ihm fag die Ausfertigung aller Urfunden und
Sdreiben, die Fiuhrung ber Stadtbücher ob, er wurde in Geſchäften der Stadt
verſendet. Da er feit bem 14. Jahrhunderte Doktor oder Magifter, nice felten
Glericus war, wurbe burd ifn bie Annahme bes römiſchen Rewtes
vermittelt. Die Geridtdhandlungen, welden er regelmafig beiwohnen mufte,
geichnete ex zur Geddchinifhilfe, wie anbderwarts, auf Tafeln ein. Daraus ents
widelte fi nad und nach bad Inſtitut der offentlichen Stabttafeln ober Stadt
bider. Die Grundlage bildet ber Liber manualis, als unmittelpare Aufzeichnung
ber offentliden und mündlichen Gerigtsverfandlungen, und
von vorwiegender Bedeutung fur die Berhanblungen fiber Gigen und Erbe.
Die Gerichtstafeln (tabulae judiciariae), als Kundſchaft ber vor Gericht geſche⸗
benen Auflaffungen und Bergabungen, werden aus fenen Aufzeichnungen mit
Wiffen der Schoffen von Stadtichreibern in Reinſchrift volendet und verfiindet, fie
werden aud) Stadterbebücher (libri baereditarii) genannt. Für Straffacen,
Adterfldrungen wird bad Acht- ober rothe Bud Cliber proscriptionum)
geführt. Für Stabtredbnungen tient das Lofungarium (liber rationoum). Bon
grofter Bedeutung wurde aber bie Sammlung der widtigen Urtheile, bad ei⸗
1) In Prag (Tome I. 292) fommt der Birgermeifter (magister civium, magister juratorum)
ſeit dem Anfange des 14. Jahrhundertes vor. Wahrſcheinlich megen gu vieler Beſchäftigung
bes Ridters eingefest, fdeint er anfangs nur beffen Stellvertreter in ber Leitung außer⸗
gerichtlicher Angelegenheiten unb im Vorfige der Rathsverjamulungen gewefen und,
alé einer ber Gefdhwornen, wie in ſpäterer Beit bas Amt alle vier Woden gewedfelt au
haben.
Su Brinn fommen vor: (in ben obrowiger Klofter--Annalen f. 91) 1360 Magi-
ster civium, judex, jurati et totum conciliam Brunense, 1378 (eb. f. 94) Scabini et to-
tum Conc. Brun., 1366 (in einer Kloſter Thomaſer Urkunde) judex, magister civiam
und (10) jurati cives civit. Brun., 1891 (Gdlager, 2. Reihbe, GS. 216): Wyr Hanns
Lalchner die zeit Burgermaifter, Sh Symon bie zeit Richter vnd die Sdhephen gemainch⸗
leich vnd ber gesworen Rat vnd bie gang gemain arm ond reich ber Stat ze Vriinn.
König Johann beftimmte 1331 (Bocef VI. 328), daß in Streitigheiter aus Erb»
fallen einer aus ben Rathmannern (ex consulibus nostre civitatis, qui pro tempore
faerit) und ein bon ben ftreitenden Parteien gewählter Dtaun bas Friebensridtere
Geſchäft ben follen.
373
gentlide SGHoffenbud, das Orbelbud (liber sententiarum), Rechtswei⸗
fungen fir fpdtere Rechtsſprüche.
Dem Flirften war bie Stadt Briinn ohne Mittel untergeben, in feinem
Ramen Note bad Schutz⸗ und Schirmredt der Protonotar (der Kanzler) ober
in deſſen Abwefenheit ber Qanbesfammerer. Defer wird immer bedeuten:
ter in tem Staatshaushalte bed Fuͤrſten. Nicht allein als oberfter Verwalter
ber Lanbeseinfinfte, fondern aud durd das amit verknuͤpfte Schutzrecht, welches
ex über Perfonen, die aufer bem Lanbesrechte (jus terrae) ftanden, im Ramen bes
Fiirften ausibte Eo Uber Juden und RKaufleute (servilores camerae
familiares). Die Birger vor allen find in Streitiaden, wo bas Recht verwels
gerf wird, an ben Rimmerer gewiefen. Wn beffen Stelle tritt in Maͤhren mit
bem Anfange bed 15. Jahrhundertes ber LandbesSunterfammerer (sub-
cammerarius).
" Die Stadtgemeinde hatte die volfommene Geri Gisgewalt in Civil
und Griminalfaden innerhalb bed Stadtgebietes. Zunaäͤchſt in allen perfonliden
Angelegenheiten ber Birger und ihrer Angehirigen (Brobdeffer, commensu-
ales) und Unterfaffen (subsides), bann aber im weiteren Umfange in alfen
Rechtsſachen fiber Stadt- und Biirgergut, Erh und Cigen, wenn gleid) es in
bie Hanbde von Nichtbürgern gefommen war, darin fonnte nur vor bem Stadt-
gerichte, vor den vier Bänken (ante quatuor sedilia judicii), Recht erlangt,
nut ba giltige Verfügungen darüber getroffen werden.
Die Ausnahme von diefer Stadtgerichtébarfeit ber Perfonen innerhalb
bes Stadtgebietes berubten in ben Vorrechten der Abdeligen, ber Gei ftli-
Gen und Juden flr ftreng perfinlide Angelegenheiten. Neue Befchranfungen
in Ausübung der Gerichtsbarkeit entwidelten ſich aus dem fic mehr und mehr
ausbilbenden Muffidtsredmte ber Landesfärſten ber die Stadts
geridte. Der anfinglid auf einen unbedeutenden Antheil der Rechtspflege
beſchraͤnkte Einfluß bes Marfgrafen und ded Koͤnigs und feiner Berwaltungs-
beamten wurde mehr und mehr ausgedehnt; die Berufungen an ben Landes-
herrn in Redhtsangelegenbeiten, anfangs nur ausnahmsweiſe in feltenen Fallen
geftattet, burch Strafandrohungen be(dranft'), wurden unter bem Ginfluffe rö⸗
miſcher Doftrin bei deren erweitertem Gebraude zu formliden Apypellattos
nen, und dadurch mufte eine Unterordnung, welde der freien Berfaffung ber
Stabdtgerichte fremd war, entftehen.
Man fann mehrere Formen der Stadtgeridte (jus civile, jus civilatis)
unterfdeiben: 1) den ordentliden Ding tg (judicium peremptorium,
bas gebegte offene Ding, „zu offen Tagen,” judiciam bannitum, dad Pantaiding,
1) Nady bem Privilegium Rudolph I. vom Mittwoch ber Apofteltheilung 1592 foll derjenige,
welder von einem Urtheile bes brünner Stadtrathes an ben Konig appelliren will, bem
erfteren 15 Schock Grofden erlegen.
bas ungebotene Ding), es wurde aweimal im Sabre nad dem Dreifdnigstage
(6. Sanner), bann am 14. Tage nad Oftern gebalten, fae Givils und Kriminal⸗
Sachen und Rlagen der Subden gegen Ghriften; 2) naächſt diefen felerliden
Sabresgericdhten wurden die gewöhnlichen Geridtéfigungeu (judiciam
ordinarium), awelmal in jeder Woe, am Mittwoch und Gonnabend, fie min
ber wichtige Angelegenheiten gehalten; .3) aud unter bem Ausdrude Mor:
genf{prade (Morgenfpred, maniloquium, colloquium matitunale) erſcheint eine,
wahrſcheinlich ber Gilbeverfaffung nachgebildete Rathéverfammlung der Schoͤffen,
in welder ausnahmsweiſe aud Rechtsangelegenheiten entidieden werden können;
4) als aufperorbdentlides Gericht (judicium extraordinarium) wurde
vom Ridter auf Verlangen ber Parteien ein befonterer Geridtétag angefest
und verkündet, an weldem ein minderer Grad von Oeffentlichfeit und eine ge:
ringere Zahl von Schoͤffen hinreichte.
Das Pantaiding (aud judicium generale, judiciam commune) war
ein Rechtôtag ber Stadte, welder fic tiber bad Gebiet der Stadt erftredte.
Dieſes Gericht, welhes in Brinn zweimal im Sabre abgehalten wurde, erfdeint
(im 13. Jahrb.) andernorté in Staidten unter bem Ramen Vogtding ald all:
gemeines Riigegeriht, welded burch ben Vogt ober Midter ber Stadt unter
Peirath ber Dorfidhoffen der Umgegend gur Entbedung und Beftrafung der
Verbrechen gehegt wurde. Jn fpateren Jahren haben die Rammerer und Un:
terfimmerer Dad Recht der Abhaltung und Ausſchreibung ſolchet allgemeinen
Gerichte in Staͤdten in Anſpruch genommen.
Gir ben Adel (Nobiles et Wladicones) waren die aus ſeiner Mitte gu:
fammengefepten Landredte (judicia terrae) bie eigentlichen Gerichtéftelfen.
In allen BVerhandlungen uber das Grundeigenthum bed Adels befalten bie
Cuden eine vorwiegende Bedeutung durch die dort aufbewahrten Gerichts⸗
bider, Landtafeln (tabulae terrae), welche bid in tad 13. Jahrhundert
guridreichen. Da werden alle Geſchäfte, welde fid auf Grund und Boden
begiehen, abgehanbelt. Biermal bed Jahres erfcheinen bie Adeligen, um bei
Oeffnung ber Gerichtsbücher gegenwartig zu fein. Die Lanbredte entfpraden
ber alten Gintheilung bed Landes in Provingen. Spater wurde eine Berein-
fachung Bebürfniß und bie jamniger und gnaimer Cuda mit der bruͤnner vereis
nigt, es gibt feit ber neuen Organiſirung burd Carl IV. (1348) nur zwei
Landredte und Landtafeln, die britnner und olmützer, bis nad Jabrhunderten
(1642) aud) biefe noch in cine, die bruͤnner, zuſammenſchmelzen (Demuth, Gefd-
ber Landtafel Mahrens, Brinn 1857).
Sn perfdnliden Angelegenheiten werden Hofgeridte Cjudicia curiae)
pon tiberwiegendem Ginfluffe und durchbrechen die alte Kompetenz der Landges
richte. Sie verbinden fid mit bem urfpriingliden Burggrafengeriht der Haupt-
burg und des gewohnliden Aufenthalted bes Furften und des Verfammlungs-
orted ber Abeligen, Vaſallen und Amtleute. Dort wurden nad ber Ratur der
Sade aud) bie Lehensangelegenheiten im Rathe der Genoffen entidie:
375
ben, fo daß fim bann bei bem Hofgeriht Me eigentliche Lehensgerichtsbarkeit
feRfegte ober bad Hofgeridt aud Lehengeridt wurde.
Die Geiftlidfeit fteht feit ben Alteften Zeiten unter eigenen von allen
anberen getrennten Geridten. Der Biſchof uͤbt die Gerichtsbarfeit fiber alle
zum Elerus gehorige Perfonen felbft, entwetcr in Synoden ober durch delegirte
biſchoͤſliche Ridjter aus. Der gewoͤhnliche geiſtliche Richter ift der biſchöfiche
Offiʒial (officialis curiae episcopalis). Dod auch Laien werden in geiftliden
Sadhen (causae ecclesiasticae) vor das geiſtliche Gericht (forum spirituale,
judiciom canonicoram) gejogen. Ald folhe erſcheinen Ehebrudsfaden, Zehent⸗
und Patronatéftreitigteiten, Negerei, Zauberei und Streit uber die Wirkung der
Grfommunifation. Eine grofe Selbitftandigfeit bewahren aber bie Stidte bei
dinglichen Qlagen ber Geiftlidfeit, welie Ctadtgut und Stabtrecht betreffen,
die nur dom Stadtgericht mit Wirkung verhandelt werden fonnen.
Die Zuden ftanden unter einem udenrichter, der jedoch nur eingelne
perfonlide Ungelegenbeiten nad Sitte und Braud ridtete. Dann gab es nes
benbei gewif nocd ein rabbiniſches Schiedsgericht und eine religtdfe Difciplin
in Gewiſſens⸗ und Ceremonialfaden.
Aud die Zünfte und Innungen ſtrebten barnad eine eigene Gerichts⸗
barfeit fich anjueignen. Doc bie Berfude, die Grenge der Gerichtdbarfeit auf
eigentlich buͤrgerliche Streitigfeiten auszudehnen, oder gar auch felbft dinglide
Gaden, Aufgaben ber Bechen in ihren Verfammlungen, abgumaden, wurden auf
eine ftrenge Weife geritgt.
Endlich beftanden aud fir Bergwerf- und Weinbaufaden eigene
Gerichte. Jn legterer Begiehung berief man fid naw Falfenftein in Oefter-
reid, von wo aus der Weinbau in Maͤhren {ich verbreitet haben mag, als wei-
tere Quelle bed Rechtobrauches in Weinbaujaden. In erfter Inſtanz entfcied
ber Bürgermeiſter (magister montium); die Briinner fandten Beifiger gum
(Wein⸗) Berggeridhte in Selowig (GS. Notizenblatt ber hiſt. Seftion 1856
Rr. 3). )
Die Gerichtsſprache war voriviegend bie deutſche, welde uberhaupt faft
in allen Stadten Boͤhmens und bei Hof gebräuchlich war, ba die Deutſchen
damals in allen bedeutenden Stadten Bohmens und Mahrens vorherrfdten
(LomeFS Prag I. 328); es finden fic nur wenige Spuren der boHmif den,
gudem erft in ten jingeren Handſchriften ter bruͤnner Rechtsaufzeichnungen.
Fat alle Vulgar⸗Benennungen zur Verftandigung des lateinifden Texted find
in deutſcher Sprache (vulgariter dicendo). Die CEtadtleute, bas Stadtvolk
(vulgns) ſpricht deutſch, es war die allgemeine Volksſprache (quod vulgares
dicunt). Deshalb werden Gegenftinde bed tagtaglidhen Gebrauches in biefer Sprache
bezeichnet. Selbft die Bauern ber umliegenden Dorfer verftehen nur deutſch. Die
Klagen werden aud dort in deutſcher Sprache vorgebracht; de Cidesleiftung
und bie Verfindigung des Urtheild gefdieht in deutſcher Sprade, fiir Brinn
felbft die Ausſprüche ded Richters. Briefe werden in dlefer Sprache vor Ges
876
rit gebradt, und bad Beduͤrfniß führte dahin, die urſpruͤnglich in lateiniſchet
Sprache abgefaften Jura originaliain bie deutſche Sprache gu aber
fegen unb fo anzuwenden.
Bei eigentlichen Geridhtdverhandlungen wurden dennod die Aufjzeichnun⸗
gen ber Notare nad alter Uebung, wenn aud) nicht die Urtheile, in late ini⸗
ſcher Sprache verfaft, wie Aberhaupt Aufzeichnungen und Bemerfungen, welde
nicht fiir bad Bolf und bie Partheien beftimmt waren, (Rofler, bie Stadtrechte
yon Brinn aus bem 13. und 14. Jahrhunderte, ©. LVI — LXXIL)
Aud in Olmütz war die Gerichtsſprache die deutſche; in diefer wurden
feit 1430 beildufig groftentheilS bie Verhandlungen, welde bid au diefer Zeit
meift in ber flateinifden Sprache aufgezeichnet worden waren, im Stabte oder
Gerichtsbuche niedergefdrieben. Neben lateiniſchen nnd deutſchen kommen nur
einige wenige böhmiſche Aufzeichnungen, gegen bad Ende ded 15. und im
16. und 17. aud) boͤhmiſche Cintragungen in ben Stabdtbüchern vor, jedod vers
haͤltnißmäßig immer nur einige (Biſchof S. 19, 20, 25, 34).
In Bolge der nationalen und religidfen Bewegungen gu Anfang ded
15. Jahrhundertes und ber Gelangung Georg’s von Podiebrad auf ben bibs
mifden Thron gewann aber die böhmiſche Sprache in Bohmen und Mabren
im Algemeinen gegen bad Ende bes 15. Jahrhundertes die UeberHand und
bid gu Anfang des 17. Jahrhundertes faft ausſchließliche Geltung. Wie fie
feit 1480 bie lateiniſche aus den maähr. Landtafeln und Geridtéverhandluns
gen verbdrangte, fand fie gegen tad Ende ded 15. Jahrhundertes auch dei dem
iglauer Schoͤffengerichte Eingang (Tomaſchek GS. 35, 59), fam aud in
Brinn uw. a. mehe und mehr gur Geltung (S. aud dads merkwiirdige Bitt⸗
geſuch der deutſchen Buͤrgerſchaft in M. Neuftadt um Abhaltung einer deutſchen
Predigt vom J. 1656 bei Eugl S. 205 — 209).
Die Verfaffung des Stabdtrathes, wie wir fle gefchildert, erhielt fich in
ber Wefenheit Jahrhunderte lang.
Die „Gemein“ bd. h. alle hausangefeffenen Burger, Ringsleute und Hands
werksmeiſter hatte bas Recht, bie Lofung (Steuer) gu bewilligen, und iber
widtigere Angelegenheiten ber Stadt gu beſchließen. Sie reprafentirte bad bes
mofratifde Princip im Gegenfage gum Stadtrathe und ben Rathsverwandten,
welde bas Patriciat vertraten. Obwohl bie Gemein nah dem Privilegium von
1292 bad Recht hatte, bie Stadtobrigfeit gu wählen, wurde bod naw bem
Siege über bie madtig geworbdenen Zünfte im 14. Bahrhunderte der Stadtrath
immer ariftofratifdjer, ex ergdnate fich felbft und ſchuf damit aud in den Stad-
ten eine Oligarchie.
Die Berfuche, welde Anfangd bed 16. Jahrhunbdertes von ben Zünften
in einigen Staͤdten Maͤhrens gemacht wurden, diefe Oligardie gu fturgen (S.
meine Geſchichte von Iglau S. 63, 96, 148 ff., Qeupold’s iglauer Qhronif, im
14. Band der von der Hift. Geftion gedrudten Ehronifen, S. 31 ff.), ſchlugen
fehl, die Bewegung wurde unterdriidt und das Patriciat ftegte abermal. Es
877
blieb aber doch ber Gemein in Griinn dad Recht, die Lofung au bewiligen und
bel ber Ginnahme durch Bertreter gu interveniren, fo wie dad Recht der Bee
fGwerde (Ludwig's Ehronif S. 60, 64, 75, 76, 81, 91).
Mls Konig Ferdinand J. nad feiner Kroͤnung langere Zeit in Brinn
wweilte, fudjte er den Uneinigfeiten und Gaͤhrungen zwiſchen dem Rathe und ber
Gemeinde cin Ende gu machen, welde Mathias nicht unterdriidt hatte, Whadis-
law und Ludwig nidt unterdriden fonnten. Gr verbot (Olmütz 24. April 1527)
ber Gemeinde auf bad Strengfte alle Bereinigungen und Wiberfeglichfeiten ges
gen den Rath; diefem aber trug er auf, dafür gu forgen, daß RNiemand, welder
nit einen Weingatten und Haus befige, Wein ſchänke, wovon, wie von
Allers Ger, cine Abgabe in die k. Rammer gu entridten fei, und daß jede Wode
ein Fleiſch- und Brodmarkt gehalten werde, wo es jebem frei ftebhe,
au faufen und gu-verfaufen.
Die von Ferdinand I in Wien eingefiihrten brei Räthe (G. S. 366
fommen aud in Brünn u.a. in Maren vor (aud in Sglau. Meine Gefchidte
G: 324). Der Stadtrath beſtand nämlich im 16. Jahrh. aus drei Rathscollegien.
Der fogenannte grofe, regierende ober fitgende Rath, welder aud dem
Ridter, dem Aelteften, senior, der im Rathe ten Borfig hatte!) und 12
Mitgliedern beftand*), leitete bad eigentlide Gtadtregiment und nahm die
Ergdngungen bes Rathed vor burd) Verufung never Mitglieder, wenn die Wahl⸗
pertote um war. Nachdem diefer Rath ein Jahr fungirt hatte, trat er ab, und
e6 fam Der gweite Rath zur Regierung, der dritte ritdte an die Stelle ded
zweiten und ber abtreteride an bie Stelle ded britten, deffen Glieder die alten
Herren, die Glieder bes alten Rathes genannt wurden. Diefe jährliche Rat hs-
erneuerung in der Ofteroftay wurde unter ben Auſpizien ded k. Vande ss
unterfdmmerers vorgenummen, welder aud bie Neugewählten (novitii ges
nannt, jaͤhrlich in bec Regel awei) beftatigte, Ausnahmen waren, wenn der
nig die Rathserneuerung felbft vornahm, wie Konig Johann, welder 1314
auf dem Rathhaufe unter einem Throne figend in eigener Perfon ben Rath
erneuerte, oder wenn ber Landesunterfammerer todt (1564 am 3. April verneus
erte fid deshalb mit Bewwilligung bes Hofesd der Magiftrat ſelbſt, 1602 vere
nenerte ifn der Oberftlandfdimmerer Ladislaw von Berfa) oder verhindert war
3) 1589 ſtarb ber erfame und weife Serr Mathes Schram, Elteſter biefer Stadt Brünn. Elte⸗
fier war nidt immer biefelbe Perjon, denn von 1592 — 1608 wedjelten mehrmal Gimon
Kriebler und Mathes Knap; nad Ludwig's Chronit S. 80 fdeint eine jährliche Befegung
Statt gebabt gu haben, wahrſcheinlich wie bie Räthe wechſelten.
1603 ftarb ber ebrenvefte ebrjame Serr Simon Kriebler von Altendorf, biefer Stabt
Brünn ber Eltefte unter allen dreien Räthen, welder anno 1564 in Rath genomen ift
worden, haben in 8 Junge Nathsfreund (ju Grab) getrager.
4) G. das Berzeichniß ber Mitglieder des ſitzenden Rathes von 1692 — 1608 in Chlumedy’s
Schrift: Des Ratheherrn Georg Ludwig Chronik von Brünn, Sriinn 1859, S. 1 — 5.
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(ju Ende des 16. Jahrh. befand ſich in ter ftddt. Regiftratur ein, mit einem
alten involucro von Pergament verfehenes Buch mit der Auffehrift: Regiſter⸗
Verneuerung ber Raith, item Rathverneuerungen ber Stadt Brünn).
Bon den Rathdgliedern des figenden Rathes mufite einer durch 4 Woden
bas Burgermeif—eramt (consulatus) führen. Der Blirgermeifter Hatte zwar
feinen Borrang vor feinem Gollegen, wurde aber doch in ämtlichen Ausferti-
gungen ber erfte, vor bem Richter und bem Weltcften, genannt; feine Aufgabe
war bie Rathsbeſchlüſſe yu volljiehen, bad BVermittleramt bei Streitigfeiten, die
Aufſicht gur Erhaltung der Ruhe und Ordnuug yu beforgen.
Die Glieder bes Rathes wurden mit gewiffen Gemeindedmtern bes
traut; einer war Rammermeifter, (feit 1603) einer ober zwei Budhalter,
bie ,Dafern- Herren” Hatten die Bufficht über den ſtädtiſchen Keller, vie
„Wieſenherren“ uber die ftadtifden Wiefen, die Spielberg» Verwalter
liber bad ftadt. Gut Spielberg, bie Benefigial- Verwalter über die Be-
nefigien, bie ,Wafferherren” ber die Fliffe und Muͤhlgraͤben, die Spi:
talherren uber bas ſtädtiſche Spital. Bei ber Einhebung ber Lofung wurden
als Qofungé-Cinnehmer aud Mitglieder ber Gemeinde verwendet (1601,
1602 gu der Laffung Michaeli verordnet aus dem alten Rach 2, aus dem
figenbden 2, aus der Gemeinde 2).
Die Givils und Kriminal-Gerichtſsbarkeit war Gade bes
Stadtrichters und ber Beifiper ESchoffen).
Die eigentliden Schreibgeſchäfte und Referate in Angelegenheit ber Stadt
fibrten ber Stadtſchreiber und fein Gebilfe ber Unterfdreiber. (1581,
1593 Johann Praſchakh, 1600, 1601, 1602 Mifulafd Tzernowzky, fpdter Rathss
verwandter). Der Stabtidreiber, melcher als Rechts⸗ und Berfaffungékundiger
cine hohe Stellung in der Stadthierarchie einnahbm und hadufig bei Deputationen
und Geſandtſchaften alg Sprecher verwendet wurde, mufte immer ein wiffen-
ſchaftlich gebildete Mann fein. Gein Poften war night felten die Stufe zu
weiterem Emyporfommen.
Es fonnte Niemandb Rathdverwandter werden, ohne Hausbefiper und ver⸗
mogend gu fein. Dod famen aud Handwerfer in den Rath (wie 1601 ber
Schneider Hanns Sdartl). Als 1602 der Oberftlandfammerer Ladislaw von Berfa
bei ber Rathderneuerung beliebig Mitglieder in den Rath ,erfordecte,” fagt ver
Ghronift verwunbdert: „ſolche Verdnderung, fo jetzt gefdeben, gedenkt fein Menſch
ju Brinn nit, den Se Majeftdt ernftlider Befeht gewefen, keinen Llutheris
fden ober der augſpurgiſchen Confefion gemef niemald mer in Rath gu
nehmen, ec fey den unter einer (Abendmal-) Geftalt und der fatholifden
Kirch anhengig.” )
Die Kenntniß der lateiniſchen Sprache und fonadh des in lateiniſcher
Sprache gefdhriebenen fogenannten Municipals (ber alten Rehte und Schoͤf⸗
fenfpritche) war bei den Rathévermandten in Abnahme, denn 1601 berlethen
alle bret Rathe wegen Verdeutſchung des Municipals, deren (ich ber Miagifter
879
Philipp Fabriciué in Brag (wohl jener, weldher durch den Fenlterftury eine
biftorifhe Perfon wurde) annehmen wollte. Es wurde aber nicht bewilligt, bas.
felbe in frembe Lande gu fciden. Giner wollte nur ein Gremplar haben, welded
immer auf bem Rathhauje bleiben follte, ein anbderer, es folle jeder cin Grems
play haben, ein. dritter, man foll es faffen, weil e8 fo lange if angeftanbden.
G6 wurde daher nichts daraus; wer dba Lateiniſch verftanden hatte, wollte man
feineé vertrauen, bad that Reid und Uneinigheit (Kudwig S. 70).
Sn ben Jahren 1592 und 1610 beftanden alle drei Rathe (namlid der
innere ober figenbe, bann der alte nad bem figpenden und ber alte ans
bere Rath) der Stadt Brinn aus 28 Perfonen (consul civit. senior senatus
und scabini), bain 1 Gynbifus (Syndicus et Notarius), 1 Unterſchreiber
(Subscriba) und 1 Hauptmann (Capitaneus) in Gurein ').
Zu den urfpriingli® (ſchon im 13. Jabrhunbderte) beſtandenen 24 Schoͤp⸗
pen oder Rathsgliedern waren im Berlaufe der Felt nocd 12 Perfonen hingus
gefommen, wornad, ba 12 ten alten, 12 ten figentden ober geſchwornen und 12
ben neuer duferen Rath bifdeten, der Gebrauch entftand, von 3 Rathen (dem
fipenden, und zwei alten) gu fpreden?). Gpater fiel aber der dritte Rath wie⸗
ber weg und Die Rathsverwandten verminderten ſich wieber auf bie friihere Zahl
von 24%), ja aud diefe gingen feit ber Dtitte bed 17. Sahrhunbertes auf 17
— 18 herab, wovon 12 ben ſitzenden ober geſchwornen Rath, die ubrigen
5 oder 6 ben alten Rath bildeten, welde Berminderung bis in die neuere
—
) 1892 waren tu ben 8 Räthen: Simon Kribler (senior senatus), Mathes Knapp, Hans
Ronber, Jakob Matern, Benedilt Umlauf, Hans Stocz, Martin Markus, Sebaftian Tirner,
Georg Scholz, Martin (Mertl) Wagner, Haus Rleinfeind, Matthäus Selomiger, Loreny
Aufterliger, Simon Pollinger, Georg Myßlik, Michael Reich, Sebaftian Gadinger, Mathes
Hellefeyr (Hellfeur), Chriftoph Tſchertt, Thomas Bulo, Mathes Schwarzel, Sobft Voglmann,
Franz Gerolt, Martin Sdheiblicz, Hans Brem (pro tempore consul), Thobias eftauer,
Thomas Sdram und Martin Greim! (Verzeichniß in ben Schriften bes Yafobs-Thurmes-
Ruopfes, welder 1842 herabgensmmen wurde).
Sm Jahre 1610 waren: Jalob Matern, Franz Gerolt, Hans Greim!, Elias Tyr-
ner, Hans Muegl (von Wſtuch), Lulas Roland, Anton ruby, Wenzl Columban, Augu-
ftin Dörffler, Atam Affelier, Cafpar Bulho, Jafob von Hoeff, Bernhard Hartenadh, Chri⸗
ftoph Jordan, Benedift Umlauf, Hans Keinfeind (von Lobenftein) Stephan Frideczty, Wid
Lifgenblatt (von Lilgenberg), Georg Rauczky, Thomas Riedl, Demetrius Reid, Georg
Rmnowtly, Rafpar Rgelaw, Fan Hladil, Chriftoph Rramer, Paul Howorius, Matthias
Spendl, Simon Max. Kriebler (eb.).
%) So erjdeinen fie bei ber Hulbigung, welche fie 1608 leifteten, 1610 bei ber Rathser-
nenerung, bet welder, da in allen 3 Räthen 14 Perfonen abgingen, auf einmal 6 Perfo-
nen, nämlich 3 fath. und 8 afath., für jeden Rath ein Katholik unb 1 Afatholif, als Rathe-
freunde aus ber Gemeinde aufgenommen wurden (Die Sdwebden vor Brünn, vor mir,
6S. 5, 7.).
3) Yar Jahre 1628 beſtand ber briinner Stabtrath nod ans folgenden 27 Perfonen: Deme⸗
triné Reid) von Reichenan, wWnigl. Richter, Johaun Migl, Gabriel Moderſtock, Chriftoph
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(ju Ende ded 16. Jahrh. befand fic in ter ftddt. Regiftratur ein, mit einem
alten involucro von Pergament verfehenes Buch mit der Muffehrift: Regiſter⸗
Berneuerung ber Rath, item Rathverneuerungen ber Gtadt Brinn).
Bon den Rathdgliedern ded fipenden Rathed mufte einer durch 4 Worden
bad Burgermeifteramt (consulatus) fuͤhren. Der Birgermeifter hatte gwar
feinen Vorrang vor feinem Collegen, wurde aber dod in amtlichen Ausferti⸗
gungen ber erfte, vor bem Ridter und bem Aelteften, genannt; feine Aufgabe
war bie Rathsbe(hliffe yu vollgiehen, dad Vermittleramt bei Streitigkeiten, bie
Aufſicht gur Erhaltung ber Ruhe und Ordnuug gu beforgen.
Die Glieder beds Rathed wurden mit gewiffen Gemeindedmtern be:
trquts einer war Rammermeifter, (feit 1603) einer oder zwei Budhalter,
bie ,Lafern« Herren” Hatten die Aufſicht aber den ſtädtiſchen Meller, vie
„Wieſenherren“ uber bie ſtaͤdtiſchen Wieſen, die Spielberg⸗Verwalter
liber das ftdbt. Gut Spielberg, die Benefizial-Verwalter uber die Ve:
nefigien, bie ,Walfferherren” Uber bie Sluffe und Mublgraben, die Spi⸗
talherren uber das ſtädtiſche Spital, Bei der Cinhebung ber Lofung wurden
alé Loſungs ⸗Einnehmer aud Mitglieder ber Gemeinde verwendet (1601,
1602 gu der Laffung Mtidaeli verordnet aud dem alten Rath 2, aus dem
figenden 2, aus ber Gemeinde 2).
Die Givils und. Kriminal⸗-Gerichtsbarkeit war Gade ded
Stadtrichters und ber Beifiger ESchoͤffen).
Die eigentliden Schreibgeſchäfte und Referate in Ungelegenheit ber Stave
fibrien ber Stadtſchreiber und fein Gebilfe ber Unterfdreiber. (1581,
1593 Sohann Praſchakh, 1600, 1601, 1602 Mifulafd Tzernowzky, fpater Rathss
verwandter). Der Stabtidreiber, welcher als Rechts und Verfaffungsfundiger
eine Hohe Stellung in ber Stadthierardhie einnahm und hadufig bei Deputationen
und Geſandtſchaften alé Sprecher verwendet wurde, mufte immer ein wiffen:
ſchaftlich gebildeter Mann fein. Gein Poften war nicht felten die Stufe ju
weiterem Gmyporfommen.
Gé fonnte Niemand Rathsverwandter werden, ohne Haudsbefiger und ver-
mogend gu fein. Doh famen aud Handwerfer in den Rath (wie 1601 ber
Sdneider Hanns Sdartl). Als 1602 der Oberftlandfammerer Ladislaw von Berfa
bei ber Mathserneuerung beliebig Mitglieder in ben Rath „erforderte,“ fagt ber
Ghronift verwundert: ,folde Veranderung, fo jetzt gefdehen, gedentt fein Menſch
gu Brinn nit, den Se Majeſtät ernftlidher Befeht gewefen, feinen lutheri—
fden ober ber augfpurgifden Confefton gemeß niemalé mer in Rath gu
nehmen, er fey ben unter einer (Abendmal⸗) Geftalt und der Fatholifden
Kirch anhengig.“
Die Kenntniß ber lateinifden Sprache und fonad ded in lateiniſcher
Sprade gefchriebenen fogenannten Municipals (ber alten Redhte und Sdhof-
fenfprtiide) war bei ben Rathéverwandten in Abnahme, denn 1601 beriethen
alle brei Rathe wegen Verdeutſchung bes Municipals, deren ſich der Magifter
881
Rad dem Tobe bes mächtigen Landeshauptmanns Cardinal Dietridftein
errichtete Kaiſer Ferdinand Il. (Patent 19. Dezember 1636) als politifde, Kam⸗
merale, militaͤriſch⸗ adminiftrative und für ſummariſche Redtéangelegenheiten ald
Juſtiz⸗Landesbehoͤrde Maͤhrens bas f. Tribunal ober bad Amt der Landes⸗
bauptmann{daft mit Gollegial-Berfaffung, welded einige Sabre in Olmig, felt
1642 aber in Brinn feinen Gig hatte.
Als Grefytiv» und dberwadendes Organ des Tribunals wurde (um
1638) ber nun in Eid und Pflicht ded Koͤnigs genommene f. Kreis hauypts
mann, früher ein Bollmadtirdger ber Stände, in den 5, begiehungdweife 6
Kreiſen ded Landes beftellt; einer fir den briinner Kreis. Die urfpriinglide
Befimmung der Kreishauptleute als Führer bes Kriegsaufgebotes hatte fic in
Folge bed Aufkommens ftehender landesfürſtlicher Heere (chon längſt verloren.
Dod blieh nod immer eine Hauyptheftimmung der Kreishauptleute, für die
Maͤrſche, Cinquartierung, Verpfiegung, Vorfpann, Mannszucht der Miliz und,
im nadften Zuſammenhange damit fiir bie Gintreibungen ber Gontributionen gu
forgen. Ihre Wirkſamkeit dehnte ſich allmalig, aud in ben koͤnigl. Staͤdten,
immer weiter aus. Damit die Gefangenen nicht über Zeit und Gebühr in
Berftridung gehalten und bie armen mit gebuͤhrendem Unterhalte verfehen wer⸗
ben, follen Ddie Rreishauptleute die Gefangniffe in den £. Stadten viertel-
jabrig unterfuden (Snftruftion bed & Tribunals vom 7. Danner 1659). Wie
in Brünn aué dem Gremium ded k. Tribunaléd eine Polizgeicommiffion be-
ftellt wurbe, rdumte dad Reffript vom 17. Auguft 1720 ben Kreiéhauptleuten
bie Boliget«Snfpection in ihren unterhabenden Etddten ein (S. die In⸗
firuftionen fiir bie mabr. Rreishauptleute von 1706 und 1734, meine Gefd.
yon Sglau ©. 290, 830).
Koͤnig Ferdinand I. hatte nad der VBeflegung der deutſchen Proteftanten
und iter Anhdnger in BSHmen im Jahre 1548 eine Appellation éfame
mer ob bem prager Schloſſe ald Obergeridht bes minderen (Buͤrger⸗) Standes
nicht nur fir Boͤhmen, fondern arch bie bdhm. Kronlaͤnder Maͤhren, Schleſien und
bie Qauftp eingefept, welded aus 1 Prdfidenten, 3 Baronen, 4 Rittern, 4 Dokto-
ren ber Rechte und 4 Buͤrgern der Alt» und Reuftadt Prag beftand. Gr hatte
befohlen, daß in Zufunft wider bie Amtshanbdlungen und Urtheile ber Gerichte
in ben königlichen Stadten bie Appellation weber an die Stadt Prag, nod nag
Magdeburg ober Leipzig, nod an andere Orte aufer Landes, nod an eine
Univerfitat geben, aud von daher meber eine Redtsbelehrung, nod ein
Peis und Blindurtheil (©. i. ein Urtheil eines berühmten Schoͤppenſtuhles oder
einer Univerfitat in ciner widhtigen oder veriidelten Gace mit Verſchweigung
ber Ramen dev Partheien) genommen, fondern daß Sedermann, der ſich durch
ein in einer £. Stadt gefdllted Urtheil beſchwert finde, an diefe Appellations.
fammer fich gu wenden ſchuldig fein fol. Die Sprite Dderfelben follen nad
denjenigen Ordnungen und Rechten erlaffen werden, welde, fle feien boͤhmiſch
ober magheburgifh, in den betreffenden Stadten und Geridten im Gebrauche
flanben. Rad der Reformation Ferdinand Il. von 1628 erblelt bie Appellas
tionéfammer den Titel Collegium und wurde aus drei fogenannten Banfen,
nämlich ber Herren und Ritter, zuſammen 8, und ber Doftoren, gleichfalls 8,
gufammengefest. Rad der Inftruftion Ferdinand OL von 1644 gebsrten vor
ihr Forum vorndmlid zweierlei Sachen, naͤmlich 1) Die Belernung b. i. de
Belehrungsertheilung in Den Kriminalfaden, welche die Staatseinwofner
nad Inhalt der (boͤhm.) QandeSordnung von 1627 R.6, 7, 8,10 und 19 von
ber f. Appellation gu nehmen Gaben, und 2) die Juftizfaden der fF.
Stddte. Die Appellationsfammer foll auch die k. Städte anhalten, daß fte
in den Rechtsſachen bei Gericht nicht anders ald ſchriftlich verfahren
laffen. Es wurbe bie deutſche und boͤhmiſche Sprache gugelaffen. Alles,
was in Ddiefer Snftruftion von ben Stadtgeridten Böhmens ftatuirt wor.
ben, war aud) von Mahren gu verflehen. Der Kaiſer Aberfandte (Ref. 8.
Mai 1650) diefe Appelationsordnung im MAusguge bem f. mabr. Tribunale mit
bem Auftrage, diefelbe den k. Städten in Mähren gu infinuiren und tn diefen
Gemeinden mit dem Befehle publigiren yu laffen, bag von ben PBarteien in dere
felben Ordnung und Weife, wie in Bohmen, nad ber Appellations-Inftruftion
an bie f. boͤhm. Uppellationsfammer gu appelliren fei und die k. maͤhr. Stabte
in jurisdictionalibus berfelben den Gehorſam leiften follen.
Der Appellationdjyug nad Prag mußte ben minbderen Standen Maͤhrens
(die Hdheren revidirten gegen die Urtheife bes Landrechtes, Tribunals und ols
muͤtzer bifdoflichen Lehenrechtes unmittelbar an den Konig gu Handen der boͤhm.
Hoffanglei) ſehr laftig fallen und es wurden viele Vorſtellungen gemacht; aber
erſt Dt. Therefia beftimmte dad k. mahr. Tribunal gum Obergerichte Maͤhrens
flix bie Civil- und Rriminalfadwen des minderen Standes (Ref. 18. November
1752), und erſt Raifer Joſeph fegte (1783) ein allgemeines Appellations. und
Rriminal-Obergeridht fiir Maͤhren und Schlefien gu Brinn ein.
Die mabr. Landesordnung von 1628 Hob bet bem Lanbredte fir die
hoͤheren, die AppeVationsinftruftion won 1644 fir ben minderen Stand das
friihere minbdlide Verfahren in Retsangelegenheiten auf
und fie, wie die fpateren Appellations- und Revifiond » Pragmatifen, führten
ein verwidelted und weitliufiges ſchriftliches Verfahren ein, mit weldem
aud bie Oeffentlichkeit aufhorte. Gine fefte Ausbilbung erhielt diefed
mit vielen Rechtsförmlichkeiten, Vergogerung und Bertheuerung verbunbene neue
Syftem durch bas Bnftitut ber gefdwornen Landesadvofaten, weldes
Ferdinand III. (1638) ſchuf, gu welchen ſpäter nod bie geſchwornen Stadt
Abvofaten famen. 1667 gab es nod feine foldhe in Brinn, der Magiftrat
beſchloß 2 aufyunehmen und dann von anberen keine Schriften anzunehmen
(Hiernad ift bie Notiz im patriot. Tagebl. 1801 6. 271, und in ber brinner
Zeitung 1860 Rr. 112 gu berictigen).
Obwohl mit der Unterordbnung unter bas k. Tribunal blieb doh die
Sfonomifme Oberlettung ber F. Stabte, die Einflußnahme bei der
585
zahl ber Rathsmänner ober der Mathserneuerung dem fF. LQanbesunters
immerer.
Wie Geſchenke und Diffreticonen, felbft an die höchſt geſtellten
erfonen, tamalé etwas ganz Gewohnlideé waren, fucten bie k. Staͤdte ind-
fonbdere auch die Gunft bed Lanbesunterfammerers auf folde Weife und durd
udjeidbnungen gu bewahren '),
Pennod befanden fie ſich insbeſondere mit biefem Oberftlandesoffiziere
't in Zwieſpalt, welder gu immer groferer Ginengung des Wirkungsfreifeds der
— — —— —— — — —
1) So heißt es 3. B. in Aufzeichnungen von Sriinn (patriot. Tageblatt 1801 S. 271, brün⸗
ner Seitung 1860 Nr. 112: „Ehrenbezeugungen und Geſchenke für einen neuen Lanbes-
hauptmann.“ „Den 22. Suni 1667, iſt von dem Magiſtrat in Brünn wegen Empfangung
bes neuen Landeshauptmanns (Grafen v. Kolowrat) confultirt, und ihm mit einer ſchuldigen Ehr
durch Präſentirung ber Stadtgarde, und Salveſchießen aus ben Musketen, dann mit Berſchaf⸗
fung in fein Logiment ein Paar Muth Haber, ein Wagen Heu, ein Schockſchönes Stroh, aud
Ginlegung in ben Keller 4 Eimer guten, 4 Cimer ſchlechten Oefterreidker Wein, gu begeg-
nen, gefdloffen worden. Sft auch dem Beriwalter auf Gurein gefdrieben worden, ſich etwa
um ein Paar Stiid Wild gu bewerben, foldhe ebenfalls in die Küche zu prifentiren.”
„Werth und Motive einer Distretion an bem Landes⸗Unter⸗Kämmerer: Den 6.
Hornung 1668 ft von bem brilnner Magiſtrate befdhloffen worden, bem Herrn Landes.
Unterfdmmerer, wegen ber fuspendirten, und burd erflarte Dilation bis zu gewöhnlicher
Jahreszeit tacite fonfirmirten Rathsvernewerung, eine Disfretion gu thun, unb zugleich bie
Remuneration wegen beigelegter Differeng mit der Bilrgerjdaft gu refundiren; unb zwar,
weil bie Znaimer und andere Städte, wo ber Rath allein fonfirmirt worben, ſich gewöhn⸗
lich eingeſtellt, und man ben L. U. K. in bem vielfaltigen Altionen vonndthen Hat, fet billig
und BSS nothwendig, ihm ein banfbares Gemüth gn erjeigen, unb wofern nidt mit 100
Dulaten eines Schlages nadgufommen zur Erſetzung folder Quantität 300 Rthl. in Sil-
ber gu verebren, worauf den 11. v. Mts. weil das Golb mit Wgio gu 15 te. vom
Std aufgetriedben worden, foldes prajentirt und banfbar aufgenommen wurde.“
„Den 5. Juni 1668 ward eine ,,Specififation liber Ihr Gnaden Herrn & U. K.
Bediente referirt, welden wegen der Rathsvernencrung eine gewöhnliche Verehrung 31
geben ift, wie folget: Shr grafl. Gnaben Herr L. U. K. 300 fl, für bie Mahlzeit 75 fl.,
Ihr Gnaben der Frau Grafin eine Galanteri — fl., bem Herrn Selretdy 18 fl., ben Kan⸗
zeliſten 9 fl., dex Frau Grafin ihrem Hofmeifter 12 fl., bem Barbierer 3 fl., bem Roß⸗
bereiter 6 fi., bem Page 3 fl., ben gwet Trompetern 6 fl., bem Tafeldecker 4'/, fl., dem
Unter⸗Tafeldecker 2 fl, bem Rod B fl., gwei Lateien 3 fi., bem Kutſcher 3 fl., bem Bors
reiter 1'/, fl., ben bret Reittnedhten 6 fl., bem Reitſchmied 2 fl, dem Küchenjungen 11/, fl.,
bem Hausmeifter 11/, fl.”
Der mähr. Landesunterfimmerer Johann Maximilian Kobylka won Schönwieſen
anf Brdblig unb Mittrow ftand darauf an, daß ibm bie Stabt Brünn eine Wade vor
ſeinem Sanfe ftelle. Anf bie Anfrage bes Biirgermeifters und Rathes entſchied aber ber
Raifer, daß fle berfelbe nicht gu begebren babe, ba der frühere Landesunterfimmerer Job.
Jakardowſty von Suditz bie ibm von ber Stadt angetragene Wace nicht habe annehmen
wollen, nod berfelben fic jemals bebient babe, auch dawider allerhand Bebenlen vor-
banben feten (Steff, 4. März 1682).
884
Magiftrate führte, wozu freilich die uͤble Wirthſchaft den meiften Anlaß gab *).
Die Regierung begann, auf die Reglung der Berhaltniffe und der Kommunal⸗
Gebabrung in den k. Stddten immer gréferen Einfluß gu nehmen.
Das Reffript Leopold I. vom 19. Auguft 1684 an das Mmt der Landed
hauptmannſchaft beftimmte, wie es Hinfithro bet denen Rathsvernewerungen in
ben f. Stabdten gehalten werden folle. Es lautet:
1) Welche Zuſtände es in ben f. Stidten Mährens im Allgemeinen nach bem Ausgange bes
ſchrecklichen 30jibr. Krieges gegeben haben mag, laffen bie Erinnerungen entnehmen, welche
nach bem Tobe des friiheren Lanbesunterfammerers Johann Jakardowſky von Sudit
ber neue Friebrich Grof von Oppersborf im Jahre 1667 bei der Rathernenerung in
Olmütz an ben Magiftrat richtete. Gch theile fie wegen bes allgemeinen Imtereſſes bier
mit. Glide Puncta, welde Ich Tragenden ambts Halber,- bent new Cingefegen Magi-
strat vorjubringen vor Motwendig eradhtet. So gefdehen Ollmiig den 21. Nouembris
An. 1667.
1. Wegen beh Gottesdienft, denſelben fleißig abguwartten, auch die Butergebene dar⸗
gu Zubalten, damit nicht allein @ottesfordht in dieffer Kbnigl. Stadt gepflawget, fonbdern
bie Leiitte an Gon- unb fayertagen, im die Kirchen fleifig Su ber Mees, ond Predig
geben midten.
2. Die Justitz beffer Zu administriren, welde mit grofen ſchaden, wieber manigli⸗
Hes lamentiren bato ſehr Gelitten, vnd vielmahl des Richters Fauor bie billigkeit vber⸗
wogen; dannenhero ſehr vonndtten, daß die Justitz wieder mäniglichen in equalitate ohne
einigen Respect ertheilet werde, die Actiones nicht verſteigert, ſondern ben hieſigen Stata-
tis nad, bie Terminj obseruiret, vnd ohne anſtandt, ober Verſchueb, Judicirt werden;
3. Beßere Einigkeiten, vud Vntereinanders vernemben Zuhaben, dan wie Ich vernembe,
die Zeithero bie vneinigkeiten alſo eingerißen, daß auch daraus Ehreurühriſche Schmuhum⸗
gen vnter ben vornembſten bes Rats fo wohl, als auderen die verbieterung, ond passion fo
Hodgeftigen, bas man obne fey, von Geift. ond weltlichen vbel geredet, ond in allen ihren
Thun, ond laßen nichts anders, als lauttere passiones verſpühret, dadurch viel gute ond
nuglide onterrebungen Hinderſtällig Verblieben, ond bak gemeine Weefen am melften ba-
burd leiden müßen, worbdurd die Gemeine allen Respect verlohren, vnd foldes fodan
nicht allein ſchriefftlich bey Hoff, vnd allerorten aufigebreitet, fondern fo offentlid, daß e6
Gin ſchandt ift, onter ber gemeinen daruon getedtt wird;
| 4. Die Armen Witwen ond weyfen Thun aud nit wenig fdreyen, ond lamentiren,
woran grofe Berantwortung ftehet; dannenbero follen bie Weyſen Ambter alfo beftelt wer⸗
ben, bamit man aud vor Gott veranbdtworten font, vnd bie Notturfft aud ber gemeine
unger erfordert. Die Vormilnder follen Zu ridtiger ableguig der Weyſen Reyttung, mit
ernft angebalter, vnd nit verſtatet werde, daß ber Weyſen Gütter hurd fle Verzehret,
vnd bie weiſen alſo vmb daß ihrige gebracht werden, ond Sch will haben, damit bie obhan⸗
dene Weyſenordnung mir Eingereicht werden, damit ich mich darinnen erſehen, vnd waß
darbey abgängig, remediren möge.
5, Bundt weilen alles auffnemben ein Fundament iſt, ein gutter policey, welche diefes
orté vor anbern erforbert wirb, in bebme weber ber gemeiner Stadt Communia, weniger
der Burger particular priuilegia in einige obadt genomben werden, bannenbero aud alles
Handel, ond wanbel, aller Sdhand, vnd Vrber gingliden erlieget, ond obfdon bie gee
meine beffentwegen viellmahl lamentiret, fo ift benenfen bod bato einige remebirung bes
ſchehen; alfo Thue von meinem Tragenden Ambt, bem Shrfamben magistrat, mit gangen
Mebe Getrewe. Wit Faden Bns Ewere Bede Amtsbericht, die Vns Ihr
egen deren, bey denen Rathé BVernewerungen Vnſerer Königl. Stadten in Buns
mm Erb Marggraffthumb Maͤhren aufgehenden unfoften, wie auch, uͤber der
pfthen bem Geftrengen Vnſerm Rath, Obriften Hof Ridtern, Landed Vnter
Grnft anbefebien, das fie ihnen nicht allein alle miglide remedirung Cifferigf angelegen
ſein laffen, fondern auch, bag fie mit nedften, burd Ginen Außſchues gewiffe Ratsglieder,
ſowohl an Burgermeiftern, alé Nate Schbpfen, bie mange! bes Justitaweefen, als auch er-
manglender Policey, 3u Pappier brengen, dieſelbe fleißig erwegen, wie denenſelben Zube⸗
gegnen, pnb anf was weiſe Zu remediren, in deliberation Ziehen, and ba was newes
Ha statuiren, alles Zu Pappier brengen, ond mix Zu fernecn deliberation, vnd Cinrid-
tang oberfenden.
6. Weiler Gh and vor Guth ond billich erachte, das allJährlichen die gemeine
Zweymahlen Bu gewigen Zeiten anfs Rathhauß geforbert werbe, ond benenfelben bie, bey
bem: Rath befiindlice Notturffen vorgetragen, aud bie gemeine mit ihren beſchwärden ver-
momben, oub felbte ohne anftanbt, ber billidfeit nad, remebirt werden, wordurch alfo einig-
feit, ond liebe Bwifden bem Rath, vnd ber gemeine erhalten, ond alles Beforglide vbel
Zeitlich remedirt werbe.
1. Ich febe awd, bdaß ber gemeinbe Wirtidafft gabe ſchlecht admistrirt wird, ond
vieleicht, wie ber gemeine Rueff gebet, mehren Theils eBliden, alé bem gemeinen weefen,
Zum beflen gefiibrt wird, onb ob gwar Zu beferer derfelben Cinridtung gewiße Instruc-
tiones, nod bey BVerftorbenen Herrn Landes Vnter Cammerers cingeridtet, und sub Jura-
mento, denfelben nach Zuleben, aufferlegt worben, So wernembe bod, daß in dieſem
wenigften nadgelebt, fonbdern bem alten vbeln gebraud nad, gewirtidafft worden; Als
ift aud mein ambts befehlich, diefelbige Instructiones nidt allein, mid darinnen 3uerfeben,
mir Einzureichen, fondern vor anbefoblener mafen, ohne anftandt benfelben gemees nach⸗
gufeben, vnd weilen allerfanbdt mangell bey eben ber Wirtſchafft fide eretgnen, ale will Ich
aud Haben, daß aud gewike Perſohnen verordnet werben, welche Bu meiner nachricht,
nidt allein bie vor bem Schweden gewefte Einkunfften extrahiren, ond gegen ben Izigen
Cenferiren, aud darauf bedacht, ond deliberict werden möchte, wie folded in alten ftanbdt
Bu bringen, alsdan alles mitemander Zu Pappier, mid barinnen Zuerſehen, bringen, ond
mir Zafdiden, wordurd alfo bie obbanbdene Vnordnungen allerſeits remedirt, bas Justitz-
weſen ordentlich cingeridtet, bie Policey gemeiner Stadt vernenert, auch bie Wirtidafft der
gemeine, mit Rechter ordnung bejtellet, ond alfo die Stadt in voriges auffmemben gebracht
werden möchte.
8. Weilen Ich auch wiſſen mues, was die geſambten Giltter ber Communitet ein-
tragen, ond wie fie anigo befdaffen; als foll man aud burd oben berührte Commissarien,
bie gefambten Giltter befdreiben, ond mit allen appertinentien ad notam nemben, ond wie
es in einem vnd anbdern befdaffen, Consigniren Zu laßen, bamit man nad erfebung die
Wirtfhafft vmb fo viel beßer beftellen, ond ber gemeine nug defto embfiger Vermiabret
werden finte.
9. Es fomben auc onterfcdiedlide beſchwörden vor, bas Ciner bem andern in fein
Ambt greiffe, ond fich etzliche Theils faden annemben, die ihnen nit Zuſtehen, Alfo wer⸗
ben fie Hiermit ermabnet, bas ein bem anbern in fein ambt nit greiffe, ond ſich einmiljde,
fondern ein Seber feiner Profession, onb Sm anvertrauten Ambt nach, ſich Halte.
10. Ich mues aud mit Verwunderung Vernemben, bas bey benen Rats sessionen
ein, dem anbern, in fein Votum einfalle, wan etwan einer etwas bem gemeinen Weeſen
25
Gammerern im erwehnten Bnferm Erb Marggrafthumb Mahren, wad Sieben
Getrewen Johann Mazimilian Robilfa Von Schoͤnwißen anf Prédlig vnd Bit:
trow, vnd fegt befagten Bnſern Koͤniglichen Stadten, wegen der angagl dee Nathe⸗
mannen fic) eraigneter diferents untern batié ben Sieben und 3Jwangigften Sep-
Bum beften uotiren Thut, welches etwan andern nit gefallig, vngebührlich engufabeen pfid-
gen. Als werden fle son meinem Tragenden Ambtswegen ermahnet, ih bey bemem Wats
sessionen beſcheidentlicher Zuverhalten, einer bem anbern in fein uetam nit cimfallen, fen
ſten wird man fic wieder einem, ober ben anbern nochmahlens beſchwären, fo werbe 3d
fon wigen, wie mid gegen folden Zu verbalten.
11. Es befdwiren fid) and nicht allein bie burdreifende, ond albier amge ſich anf-
baltenbe frembbe Leite, fonbern auch gabr bie gemeine Burgerſchafft felbfien, wegen bes
vblen Biers, in biefer Stadt, bag man Ja fein Tropffen guttes Bier belomben fan, Boles
Brodt, ond bey biefer wohlfeilen Beit Ziemblich Meines Gebacken wird, bie Hanbwerls-
Leite, ihre wahren nidt genungfamb Berteyern, ond fdjagen WBunen, die Weege, oud firaj-
Ben, ba man tod bie Mauthen cinnimbt, nicht Gebeßert werden, Jn ben gofen, ond gabr
auf allen Platzen biefer Stadt, Vnterſchiedliche Vnflettereyen gelitten werden; als wird ter
newe Magistrat von ambtéwegen gang ernftlid) ermahnet, barauf obadt gu baben, damit
alles diefes, wie Sn dieſem Panct vermeldet wird, remedirt werde, bas ſowohl frembbde
als Ginhetmbifde fich nit barwieder Zubeſchwehren betten.
12. G¢ foll and das Exercitiam mit bem Schieſen alten gebrauches nad Continuntt
werden.
18. Ich vernembe and, daß vnlängſt bie biefige gemeine bem Ehrſamben Magistrat
etzliche Pancta eingereichet, Ale will 3h, bas man mir diefelbige Zu vberfehen vbergeben
mige. .
14. Vnd weilen mir aud Bu wifen Vonnötten, wie ftard etwan bie biefige Bur⸗
gerſchafft ift, ale wirb man mir müßen eine Consignation, aller ber Burger in biefer
Königl. Stadt Ollmiltz mit nahmen ond Zunahmen geben, auch darbey fegen, was Ciner,
ober ber andere vor Gin bienft bedienen Thut.
15. Stem Cine Consignation, von welden ‘Perfonen, ein, ober bas anbere Ambt,
dies wergangene Jahr, Bedienet vnd administrict worden.
16. Weilen Sh auch BVernembe, daß ober die albiefige Spitale ſchlechte Inspection
if, ond gabr vbel gewirtſchafft wird, als ift mein ambts befeblid) bamit man anf die Spi
tal Herrn befere achtung gebe, auf bas fie niet allein Richtigere Reittung abfiibren, fon-
bern und) Anders wirt{dafften. |
17. Go werden fie aud Hiermit ermabnet, damit fie auf reparirung ber Stabt-
mauer mit Vergeßen, fonbern lieber, wo es voundtten ift, zeitlichen repariren laßen, ond
was man ifunder nod mit wenigen Vnioften zuRidten fan, nicht anftehen laßen, bt
man eS Hernacher mit boppelten, ober Crituppelten Vnkoſten Verridten müße.
18. Damit aud Ihr Mayeſtät regale beßer beobadjtet werbde, in fonderbett an dem
Wein Tag, Als iſt mein ambts befehlid, bas man befere Inspection anftele, damit durch
Vnteridhleiff, bey denen Wein Herrn, Shr Mayeſtät einfunfften BVermehret, ond nit Vere
tufdet werden.
19. Ich vernembe and, daß bey bene gemeinen Mayerhöffen, mehr frembbes alé
ber gemeine Bugebdriges Vieh, gebalten wird, Als bejehle von ambtswegen, damit me
fiinfftige fein dergleichen Vieh, es mag gehören, wem ba will, gelitten, fonder auftath
bes frembbes, defto mehr gemeines Vieh gebalten wurde, ond hierdburd die Einkunfft en
fih Germebren konten.
887
tember Des nedftverwidenen, ond Neunten May dieſes Jahrs gehorfamft einges
ſchickhet, unterthdnigft referiren, ond BVortragen laffen. Wie Wir nun folded als
les in fleiffige exmdgung gezogen, ond gnddigft befunden, daß ſo Biel bie bey des
nen Rathé Bernewerungen anfgehende Sypefen anbelangt, Diefelbe gar abermaffig
ſeynd, und machens Saher auf etlide Biel Hundert, ja fo gar bied in die Cin
Laufendt Gulden bey einer Konigl. Stadt allein fic ertragen, ba dod) notorium,
20. Jugleichen auc) bie Oeden Grilnde ber gemeine Zugehörig, foll man nit fo
einem Jeden omb fonft genißen laßen, fondern dergleidden dede Adler, fey Vnter einem
Rebenten, ober gewifen Zünß Bum genus vberlagen, worburd ber gemeine nugen vere
Sefert wird.
21. 3h vernembe aud, daß etzliche Rate Perfohbnen Bu 3. 4. Ya gabr Vif in bie
10. und 12. Heifer, au fic) erfauffet, ond meilen fie Ratsverwanbdten fein, Vou allen fol-
Gen Heüßern weber loßungen, ond dergleichen ſchuldigkeiten nit abfiibren, vielweniger bie
ſchuldige Wachten Verridten, wordurch merfliden bie arme Burgerlide gemeine mit denen
Waster, und anderen anfflagen Leibet, Als ift mein gang ernftlider befeblidh, fey er auch
rer ba will auf bem Rath, außerhalb eines Ganfes, von bem anbern feine bergleiden
Freyheiten Rugeftatten, fondern Zugleich in daß mitleiden, ond abführung allerley ſchuldig⸗
feiten gegogen werden; aud) bie Wachten Verridten helffen.
22. Weilen Ich and vernembe, doß von bem feel. Herrn Landes Vnter Cammerern
ber Magistrat erinbert worden, tof alle aufigaben follen Vnter einer recognition, von
Ginem Regirenden Burgermeifter, ond Cinem Schöpſen des figenden Rats vnterſchrieben
werden, als will Sch boffen, bas fie biefent febr nbttigen befehlich nachfomben, fo es aber
dato nicht gefdeben, vnfählbahr nachkomben follen.
23. Ich vernembe aud, daß fid) Theils bes Schrothgeldes entbiinden wollen, weilen
ban ber gleichen fdrotgelber, alle ins gejambt, keinem aufigenomben, Zugeben ſchuldig,
pnb Hterburd ber gemeine Einknnfften Bermebret werden; als fol auch keiner dergleiden
Schrottgelder Exemt fein, fondern einer als ber andere Qugleidh, Bu denen gemeinen Cin-
funfften abfithrer.
24. Es ift auch von dem feel. Herrn Vnter Cammerer Jum öffteren erindert wor-
ben, bamit bie in ber albiefigen Rats Cancelley, von vielen Sabren hero, ſich befündtliche,
ond bin vnd wieder Berftreiter liegende ſchriefften, burd gewiße verordnete Leite in die
orbuung gebradt werden, bas, wan etwas von Schrifften ins künfftig außzuſuchen von-
ndtten were, foldes Balb gefunden werden möchte; Als will Ich aud hiermit fie ermabnet
haben, foldes ing werd Zu bringen.
25. Mues aud) mit Verwunbderung vernehmen, bas von Theils anf dem Rath der
gebührende Respect bem Herrn Kayſer Richter nit gegeben wird, worburd als ban ſchlächte
parition Golget. Als Thue Ich vom Tragenden Amt alle insgefambt gang ernftliden
ermabnen, bem Respect bem Herrn RKavfer Ridter nicht Buveriiebren, fondern ibme in
dieſen Würden, ond Estimation, Worin Shr Mayeſtät Buſer allergnadigfter Herc Smbe ein-
gefest, balten, ond respectiren, Anders wird fid) einer onterfiehen, ihme allen geborjamb,
vnd Respect nit Zugeben, foll gewis Exemplarijd abgeftrafft werden, ond Sa gar von
feinem ambt Abgefezet.
Leztlichen will Ich Hoffer, bas allem dieſen wird fleißig madgelebt werden, vnd der
Herr Kayſer Ridter Handt barilber halten, bas es geſchehe, and bie Herrn Burgermeifter,
pnb andere Schöpfen, darob fein, bamit bas gemeine Weefen nit leide, ond einsmahl eine
gutte Policey eingepflanget wurde. Solte es aber wieder Verhoffen, diefem meinem ambts-
Gefeblid, onb Gutter anorbnung nidt nadgelebet werden, müſt man mid hernacher nicht
25*
daß bicfelbe mit fo groſſen geiſtlichen fundstionen, ond anderen Schulden beladen,
baf Gie die Interessen, oder laufende 3thfen zubezuhlen nicht Vermoͤgen, zuge⸗
{Gweigen, daß Sle die Capitalien 3uentridten Shnen Hoffnung Zumachen Get
ten, Zumahlen bey deren andern ihnen fonften aud unvermeidentlich obffegen:
ben Allgemeinen anlaagen Bnd praestationen bey bem imiverso, und erhaltuing
fhres Stubtiweefens, warmit Sie tod fuminerlid) gefolgen Esnnen.
Aig haben Wir nicht allein billig, fondern auch Hodnothwendig erach⸗
let, Hirinfahlé eine maffigung Vorzukehren, wie es Hiemit beſchicht, vnd wollen
dannenhero, daß hinführo Ginem Koͤnigl. LandesBnter Cammerer, ohne unter:
ſcheid, ob Er des Herren⸗ oder Ritterſtandts iſt, Von denen Raths Vernewer⸗
rungen, welche aud Jaͤhrlich nur einmahlen zubeſchehen, in ſixo Gon denen
geſambten Stadten Sechszehen Hundert Fanf vnd zwantig Gulden, mehrers
aber nicht, haben, weniger begehren, noch annehmen ſolle; Warzue die Vier
Städte Ollmütz, Brimn Znaymb, vnd Iglaw, eine jede gu drey hundert, Mäh—⸗
riſch⸗ Rewſtatt Zweyhundert, Hradiſch Ein Hundert fünfzig. vnd Gaya Fünf und
Siebengig gulden, Herzugeben haben werden, vind gwar nicht in gewiſſen Gol⸗
denen, ober Sibernen Munz⸗Sorten, Sondern in gemeinen laufenden geldt;
Die übrige Schanckung aber, fo denen Weibern, allerhanbdt bebienten vnd ge⸗
finde bed landed Vnter Cammerers, mehreres Bon wegen eines Muͤſſbrauchs,
alß fonften guten GHerfommens, infonbderheit aber bie Bezahlung ber Hand⸗
werkholeithen, allerfandt Auszügeln, vnd arbeiths⸗lohn, hinführo ganglid ab⸗
ond eingeſtellet ſeyn ſollen. Doch ausgenohmen feien bed Landed Bnter Cam:
merers Ambtidreibern, denen fr ihre bemuͤhung billich Gin Hunbdert und Fünf⸗
gig gulden, vnd Zwar Bon denen Bier Stddten, Ollmitg, Brinn, Znaymb,
ond Iglaw Zue Finf ond Zwangig, Von Maͤhriſch⸗Newſtatt ond Hradiſch yu
Zwantzig, vnd Von Gaya Zehen Gulden gu reiden feyn werden.
Belangendt das geivdhnlide tractament, ſeynbt Mir giridigft gewoͤllet,
daß felbiges bey Gaya mehreres nicht, ald etwa dreyſſig, bies Biergige Bnd
bey denen anderen Sechs Konigh Stadten uber Fünf vnd Siebentzig gulden
nicht gſchehe, bod fn bed landes Bunter Cammerers willkühr geſtellet feyn folle,
folded geldt angunehmen, ond felbft barumb 3u tractiren, ober von bene Stadten
fic) daruon tractiren gu laffen. So aber allfetths Von benen Spefen bey denen Raths
Bernewerungen Zu Verftehen, nidt aber auf die ienige falle, wo Vnſer landts
Vnter Cammerer in anderen der Stadte angelegenheiten diefelbe 3u befuchen pfleget,
verdenlen, wan Ich folches nicht allen gebdriger orten, das man Zu einiger gutter Policey
nit ſchreiten wolle, beybringen, fonbern, etwan dieſelbe, die es nicht Verridten wollen, ober
Verhiindert haben, gar von dew dmbtern weeg Thun. Actum ut supra.
Fridrich Graff Bon Opperfborff.
(Diefen, wie es fHeint, Original-Att, aus Langly’s Sammlung, bann bie S. 104,
Aun unb S. 891 — 395 angefitbrten Witte, babe ih bem Landesarchive KWergeben).
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ba Gr mit denen iefergeldbern, ber Taͤglich Fünfzehen Gulden, fo Ihme alf
einem Obriften SandtOfficierer bed Ritterſtandts, Vermoͤg ber declaratariae de
anno Gedsjehenhundert Gin und Biergig, aufigefeget ift, fic billich ZuVergnü⸗
gen Gat.
Radbeme Wir auch bißhero Wahrgenohmen Haben, daß wegen Vnſers
Zandt Bnter Cammerers bheneventiers ober empfangnug bevy feiner anfunft in
Vnfere Nonigl. Stadte, unterſchidliche differenzien entftanden. Alß haben Wir
derendtwegen untereinft gnaͤdigſt refolviret, Daf es gwar bey deme, wag hierin⸗
fahls biesGero hergekommens gewefen, fein bewenden Gaben moge, bod aber
eine foche moderation babey gebraudet werde, damit daéjenige, was in ber
gleichen begebenheit, Vns, alf dem LandtsFürſten Zuebeſchehen pfleget, wie
keinem anderen Vnſerm Landes⸗Officierer, alßſo aud) Ihme Landes Vnter Cam⸗
merern nicht gemein fey, inſonderheit aber daß Tummel⸗ und Herpauckhenſchlagen,
wie aud daß Trompetenblaßen, Zumahlen an denen orthen, wo Vnſere Koͤnig⸗
liche qvarnison liget, wie aud das entgegen fahren außer landes, oder aud
bed Creiſes, wie ingleichen die entgegenſchickhung per Vorſpann hinfihro gaͤntz⸗
lich Verbothen, Vnd abgeſtellet ſein ſollen.
Was Letzlich bie anzahl der Rathmannen anbelangt, nachdeme Wir gnaͤ⸗
digſt nicht abfünden koͤnnen, daß derſelben mehreres, alß Vonnoͤthen, aufzuneh⸗
men, ober au erwoͤhlen, Vnſern Koͤnigl. Städten, und dem Gemainen weeſen
Vortraiglih feyn fan, weylen die befreyung Von genen Wachten, einqvartirung,
pnd anderen allgemeinen Burden, der ubrigen Vürgerſchaft gar gu befdwarlid
gemacht, aud denen RathsVerwandten die divisiones, ond ihre gebührnuß all
zuſehr Durch die Mange der Rathsmannen diminuirt, und geſchmällert wurden.
Alß wird e6 bey der jetzigen anjahl der Rathmannen, fo hie Stadt Vorzuſchla⸗
gen, Bnd Vnſer Lanbtonter Cammerer, bem befund nag, anzunehmen Hat weje
terd fein bewenden Haden.
Weldhem naw Ihr fo wohl denfelben, alf auch Vnfere Koͤnigl. Staͤdte
Zubeſcheiden, Gr aud die bieshero in suspenso Verbliebene Rathénerngwerung
zwar widerumb, dod ehender nidt, alß gegen dem nedftfinftigen Monath octobri
Borgunehmen, Ihr ob allem dicfen Pon Amtswegen Handfgyubhaltey, vnd
alfo Bnjern gnadigften willen und meinyng gehorſambiſt Zu erftatten wiffen
werbet.
Geben Wienn den 19. BWug. im 1684 Jahr.
„Da hervorfam, daß bet ber Stadt Brinn bas Stadtwejen durch 17 und
in 3naim burd 12 Rathsverwandte genuglamb beftritten ynd regieret werden
könne,“ fo ließ es ber Raifer bei diejer tamaligen Anzahl fur diesmal bewenden
CReff. 16. Dey. 1684).
Kurz nachber beſchwerte fich ber Burgermeifter und Rath ber Stadt Briinn
gegen den genannten Landegunterfammerer, bag er fie in ihrer freien Wah]
zuwider ben a. h. Refolutionen vom 19. Auguft und 16. Dezember 1684 aber⸗
malé beeintradtige, die bun ihnen mit feingm Porwiffen und Couſens vorges
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hommene und bemfelben gebührend eingehändigte von uralteréher privifegirte
freie Wahl ber Rathmannen nicht confirmiren, nod ble von ihnen ere
waͤhlten und bemfelben in ber a. h. audgefesten Zahl prafentivten tauglichen
Gubjette annefmen und befdrbdern, fondern Me freie Wahl an fic ziehen und
pro suo affectu und nad feinem Wobhlgefallen die Rathsperfonen in ihr Mitte!
eindringen und einfepen wolle. Der Rafer lies (Reffript 11. Augufl 1689)
ben Lanbesunterfammerer erinnern, taf er bie Stadt Brinn, wie alle anderen
k. Staͤdte wider ihre Privilegia, Recht und Gerechtigkeit, infonderheit aber wider
ire freie Wahl keineswegs beeintrage ober befchwere, die ihm zum Rathsmittel
vorgeſchlagenen Subjefta unweigerlich annehme, alfo die Rathd- Berneuerung
befordere und dem gemeinen Wefen yu Schaden weiter nicht aufoalte, wenn er
aber etwas Erhebliches einguwenden Habe, dasſelbe im Wege ber Landedshaupt:
mannfdaft an ben Kaiſer berichte. Diefer lief es aud ungeachtet ber Elnwen-
bungen bed Lanbesunterfimmerers bei ber vortibergegangenen Wahl. Da die
k. Stadt Brinn gleih andern fF. Stddten wegen der freien Wahl von uralterd-
ber privilegirt fet und fic im ruhigen Befige befinde, wolle fle ber Kaiſer aud
babei weiter erhalten und gehandhabt wiffen.
Es ware daher vom Lanbesunterfimmerer beffer gefdehen, wenn er die
mit feinem Borwiffen und Konſens erwablten Rathsperfonen angenommen alé
unter bem Vorwande unbegrinbdeter Bedenfen fie au fonfirmiren angeftanden, zu⸗
mal in ber Refolution vom 19. Auguft 1684 ifm klar bebeutet worden, wie er
ſich gu verhalten und bie Worte: Dem Befunde nah nit dahin au verfteben,
daß er bie neuerwablten Rathsperfonen nad Wilfabr (pro libitu) annehmen
ober verwerfen koͤnne. Dies flehe ihm nur dann gu, wenn erhebliche Urfaden
vorhanden, die ben ReuerwaHlten von ber Rathswiirde billig ausfdliefen, näm⸗
lid eine fundbare Untauglidfeit, übler Handel und Wankel u. dgl. mehr, wortn
aber ber Landesunterfammerer behutſam vorjugehen und Riemanden obne fdein-
baren Grund der Wahrheit in ungleichen Mahn oder BVerlegung feines guten
Namens und Leumunds gu ziehen Habe. Der Stadtmagiftrat wurde tibrigené
beauftragt, „hin führo keine, Weldhe ſich anderSwo in Herren
Dienften aufhalten ondt die Rathsftelle würklich nicht verſehen wolten,
(in ben Rath) aufgunehmen” (Reff. 14. Auguft 1686).
Bevor wir qu den noch viel weiter greifenden Umftaltungen bed (8. Jahr⸗
hundertes ſchreiten, wollen wir und gegenwartig alten, wie ed mit der Stadte
perwaltung im 17. Jahrhunderte ausſah.
Ym Sabre 1669 beftand ber Stadtrath in Brinn aus einen fitgenden
Rathe, mit bem Primator und 11 Rathen, und aus dem alten oder dufes
ren Rathe von 6 Mitgliedern.
Aus den fimmtliden Rathsgliedern wurden, fe zwei, Berordnete zur Tae
fern, als Buchhalter, als Verordnete gum Fiſchen, Brauhaus, Brods
befdauen, yur Gebdubefidtigung, gum Zeughaufe, Zudthaufe,
Fleiſchbeſchauen, und WeinkoRen, beftinmt und vie BWorfteher bed
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Rammer, Beneficiatum- und Spitalamtes, bie Rirdhen-, Ziegel-
amts-, und Bogtey-BVerwalter, endlich ber Qyuartiermeifter ges
waht. Zwei Glieder des fipenden und zwei bes alten Rathed, dann zwei
@Bemeiadeglieber madten die Loſungs-⸗, 2 Gemeindeglieder die
Contrisutionseinnehmer, endlih zwei Gemeindeglieder die Rafs
feverwalter (©. über ben Rath im Sabre 1670 Crugeri sacri pulveres
Regni. Boh. et Mor., mense Augusto) ').
1) Jm Jahre 1668 war ber briinner Stadtrath in folgender Weife gufammengefest :
Sigenber Rath: Andreas Poreſch von Porſchendorf Primator, Soh. Ferd. Hoffer,
Wibreas Hoffurann, Andreas Erna, Mar. Ferd. Gröſchl von Hohenfelß, Joh. Ant. Schnel⸗
ler bor Lidtenan, Mathias Rub. Helmhuet Oſtrowſky, Chriftian Fifer, Paul Ignatius
Morgenthaler, Simon Fifder, Joh. Georg Metzger, Martin Auguftin Teutſchmann.
Stabtridter: Thobias Frans Weinreich.
Im Alten Rath: Joh. Hovorius yon Wiſchaw, Dauidt Brandeis.
Cassne-SBerwalter: Yoh. Wil, Reinhardt Piermeß.
‘ "Rath ber Stabt Olmits 1668. Burgermeiiier ober Consules: Georg Topolan-
fty, Thobias Bechatſchle, Joh. Gal. Bifdhoff, Mathias Puff. Judex: Ferdinand Stabl,
Scabini: Wenzl Gromns, Frang Kauffmann, Sob. Hierſch, Simon Mitſchke, Gottfriedt
Eider, Antonius KMeinman, Ignatius Dominicus Lerd. In antiquo Senatu Consules:
Georg Biretha, Thomas John, Chrifteff Roller, Andreas Haubtman. Scabini: Thomas
Glockh, Bartholomins Franckh.
Wir glauben keinen unintereſſanten Beitrag zur Geſchichte bes Landes zu liefern,
wenn wir im Folgenden cine Ueberſicht geben, wie die Berwaltung ber f. Städte
Mibrens im Jahre 1669 eingeridtet war.
Stadt Ol mig.
Burgermeifter oder Consules: Georgius Adam Biretta, Thomas John, Chriftoph
Roller, Andreas Hauptmann. Judex: Ferb. Stabel. Senatores: Wenceslaus Ernestus
Gromas, Simon Nigty, Thomas Glodh, Godefridus Gfder, Barth. Grand, Igaatius Do-
-minicaa Lerch. Novitius: Joannes Muska. In exteriori Senatu SGurgermeifter ober
Consuies: (Die 1668 im innern waren, namlid) Topolanſky, Bedhatidle, Biſchoff, Puff.
Senatores: Franz Adam Rauffmann, Joh. Rud. Hirſch, Anton Kleinmann. Novitius:
Paulus Spietzke.
Stadt Vribun.
Sitender Rath: Andreas Poreſch von Porefdenborff Primator, Thobias Franks
Weinrich, Johann Houorius von Wiſchau, Andreas Hoffmann, Johann Antonius Sdueller
von Liedtenaw, Matthias Rudolph Helmbuet, David Brandeiß, Johann Geörg Metzger,
Martin Auguftin Teütſchmann, Rudolph Helmbuet, Frang Carl Riehalmb, Johann Paul
Schmiedt.
Ju dem Alten, odern Aufßeren Rath: Johann Ferdinandt Hoffer, Andreas Erna
von Ehrnaw, Mar. Ferdinandt Grofde von Hohenfelß, Chriftian Fijder, Paul Ignatius
Morgenthaler, Simon Aloysius Fifder.
| Stadt Znaymb.
Gefdhworner Rath: Johann Ernft Giindter, Mtatthias Neübauer, Chriſtian Frank
Veith, Friederich Frang Müller, Jofeph Eckh, Elias Better, Cafpar Pertſch, Johann Sua-
rez, Adam fran Sartorius, Geörg Fueß, Johann Kluegmann, Fohaun Pawer, Newerwöhlter.
Stadtridter: Johann Ernreich Grofmanu. Cassse-Verwalter: Johann Prunner,
Jacob Lodner. Alter Rath: Georg Hotteroth, Johann Leff, Adam Kuncz, Matthias Jo⸗
802
Diefed Gerippe ber. Stadtverwaltung erHalt feine Belebung in einem Bes
richte bed Stadtrathes an ben Lanbesunterfammerer vom 28, Wary 1668 (mit
getheilt vom Stadtrathe Koller in ber von Chlumecity herausgegebenen Chro⸗
nif Ludwik's ©. 32 — 36), welden wir aud ded Zufammenhanges wegen
bier folgen laffen.
hann Aidinger, Sohann Geörg Freymann, Cafpar Kleckhler, Johann Pruner, Johann
Frank Exel, Jacob Loduner, Cbhriftian Euftadh Möller, Clias Severin Gandtner, Gobdt-
friedt Caſper.
Stadt Sglau.
Sitzender Rath: Martin Crifpin Roftler Senior, Daniel Tſchepane, Johaun Hein-
tidy Stayer, Jeremias Ferendel, Chrifoph Krifde, Johann Scheütlich, Ferdinandt Rods,
Jacob Habermann, Gregorius Sigl, Adam Staryger, Thobias Stig, Hanfi Heinrich Rie⸗
ſenfeld. Stadt Richter: Andreas Weiner. Alter Rath: Johann Jacob Kitzmayer, Pan!
Hoffſtätter, Johann Sigl, Daniel Paußbärtl, Hank Lang, Johaun Matthies Zögl, Ludwig
Augnſtin Rieſenfelder, Matthias Frantz Wabhoffer, Elias Junckimayer, Dauidt Wagner,
Norbertus Ziulakh.
Stadt Hradiſch.
Do Nowe Raddy: Za Primatora Jan Hortensius, Girjil Prjemſty, Vietorin Dub-
fty, Satub Cornelius, Adam Antl, Girjif Stefanides, Johann Sallacher, Zacharias Rrjija-
bowfty, Myfulaff Tyml, Czyriale Pacjef, Lynhart Pefelin, Ferbinandt Oftrjatecafty. 3a
RNydhtarje: Jan Wrr. Do Stare Raddy: Girjif Styba, Henri Neümann, Girjit
Zborzil, Albert Poglins, Stefan Satubin, Girzik Pornffal, Frydrych Priewmffy, Onbdrjeg
Wadut. Do Priyſezne Obege: Waczlaw Spacyil, Frang Suchtlama, Andres Sſlawil,
Witek Starunczef, Jan Krjemelicsfty, Jan Großinger.
Stadt Mähriſch⸗Newſtadt.
Purgkmyſtrzi: Yau Brjerowfty, Girjit Sfebefta, Tobias Oſtry, Ferdtuand Doleator.
Nychtarz: Matthias Lod. Ronffele: Daniel Kiugar, Girjif Pecjinka, Johann Broczkn,
Jakub Czug, Zacharias Engelomann, Daniel Junger, Tyburtins Karger, Andreas Brunerius
Stara Rabba: Girjif Leander, Carel Doleator, Matthias Loc. Konffele: Martin
Sſteygirz, Girzik Karger, Girzik Herych.
Cammermyfirji a Inſpeetores Khoſpodariſtwi: Girzik Sſebeſta, Carel Deleator.
Spraweze Khoſpodarzſtwi: Daniel Klugar.
Conſignation ber Verwaltungen ber Stadtgefälle, Würthſchafften, Kirchen, Spitäler, Policey
vndt Ordnung
Bey ber Königl. Stadt Oll mütz.
Lehen⸗Güttels Deütſche Hauſe Verwalter: Ferdinandt Julius Czirkendorffer Königl.
Richter, Wenzl Gromus. Ambtmannſchaffts Verwalter: Chriſtoff Roller, Thomas Glockh,
Gottfriedt Eſcher. Mählambts⸗,VVerwalter: Georg Adam Biretha, Philip Wolowiner.
Insp. Hosp. S. Spiritus in praeurbio: Georg Topolanſty, Johann Hierſch. Insp. Hosp:
S. Job Vndt Lazari: Georg Adam Biretha, Wenzl Gromus. lasp. Hosp. S. Andreae
in campo: Thomas John, Franf Kauffman. Insp. Hosp. B. V. S. Mariae in Campo:
Thobias Bechatſchke, Matthias Puff, foll aud Beyſpringen Simon Mitſchle, Jacob Nowak
auß ber Gemein. Buch⸗Halter ober Cassae Verwalter: Hannß Jacob Biſchoff, Chriſtoff
Roller. Baw⸗Ambts Verwalter: Thomas John, Johann Hierſch, Bartholomens Franc.
Officij Pupillaris: Thobias Bechatſchke, Andres Haubtmann, Wentzl Gronms, Johann
Hierſch. Vitricus Templi S. Mauritij. Separate & Schola: Georg Adam Biretha. Insp.
Schelee 5. Mauritij. Soperatim & Temple: Hanuß Jacob Vifdoff. Vitricus Templi B.
—Die Rathéerneuerung geſchah jfaGelich, und es mußte au diefem Behufe
allem bevor bie ſchriftliche Anzeige an den Landedunterfammerer gemadft und
vie Erlaubniß gu dieſet Neuerung mittelf— Deputation eingeholt werben. Die
Wahl ſelbſt geſchah unter Auffidht ded koͤniglichen Ridterd (eines Beamten, wel⸗
V. Maviao in pracurbio: Georg Topolanffy, Ferdinandt Stahl. Vitricus Templi S.
Blasj: Chriftoff Roller, nebenft zweyen Rirdenvittern. Vitricus Templi Monasterij. S.
Michaelij: Matthias Puff. Inspect. Nocturnarum Vigiliaram: Ferdinand Stahl. Zeug⸗
Hanfes- VSudt Salitters-BVerwalter: Georg Abam Wiretha, Bguatine Lerch. Der Fleifeh
Puchſen⸗Verwalter: Bgnatins Lerd. Inſp. Bber bie FKifdh-Halter, Baw Ambts Berwalter,
Lofungs Truben Verwalter: Matthias Puff, Gottfried Eſcher. Inſp. Vher die Leynwants
Grammel: Matthias Puff. Inſp. Vber Fiſch⸗ Badt Hiring Crammel: Weng! Gromus,
Frang Rauffmann. Snip. Des Viers Vndt VBrodte: VBarthelomens Frandh, Ignatius
Serd. lasp. laqvilinorum: Gimon Mitidle. Inſp. Bber Die Coniscirte Häußer: Chri-
flof Roller, Johann Hierſch. Stein- Vndt Sandt- Verwalter: Bartholomens Franch.
Ragferl. Magazin Geträydt Verwalter: Chriſtoff Roller, Andres Haubtmann. Gemeiner
Stabt Getrdybt Verwalter: Bartholomeus Frangk, Ignatius Lerch. Schrott Püchſen⸗Ver⸗
walter: Antenius Kleimann. Bierttel Verordtnete: Bartholomens Frandh, Ignatius
Lerch. Ziegel Verordtnete: Hannß Jacob Biſchoff, Gottfriedt Eſcher.
Bey der Königl. Stadt Bruün.
Bur Taffern Verordnete: Andreas Porſch von Porſchendroff Primator, Johann Fer⸗
dinandt Hoffer. Buch⸗Halter: Andreas Erna, Chriſtian Fiſcher. Bum Fiſchen Verordnete:
Andreas Porſch von Porſchendorff Primator, Johann Ferdinandt Hoffer. Yum Brewhauß
Berordnete: Max. Ferdinandt Gröſchl vou Hochenfelß, Johann Ant. Schneller von Liech⸗
tenaw. Zum Brodtbeſchauen Verordnete: Matthias Rudolff Helmhuet, Simon Fiſcher.
Die Gebäw Zubeſichtigen Verordnete: Matthias Rudoff Helmhuet, Paul Jgn. Morgen⸗
thaler. Zum Zeüg⸗Hauß Verordnete: Johann Georg Metzger, Martin Aug. Teutſchmann.
In das Zuchthauß Verordnete: Johann Georg Metzger, Martin Aug. Teütſchmann. Zum
Fleiſch Beſchauen Berordneter: Martin Aug. Teütſchmann. Bum Weinkoſten Verorduete:
Matthias Rudolph Helmhuet, Simon Fiſcher, Dauidt Brandeiß, Johann Georg Megger.
Cammer⸗Ambt: Johann Hovorius von Wiſchau. Kirchen⸗Verwalter: Johann Ferdinandt
Hoffer, Andreas Hoffmann. Beneficiatam-Ambt: Paul Ign. Morgenthaler. Spital⸗Ambt:
Davidt Brandeiß, Hans Georg Metzger. Biegl-Ambt-Verwalter: Johann Ant. Sdneller
bon Liedtenaw, Simon Fifer. Ovarttier-Maifter: Matthias Rudolph Helmhuet. Bog
tey Berwalter auff ber Beckhengaßen: Andreaß Porefd von Porefdenbdorff, Johann Hovo-
rius von Wiſchaw.
Lofungs - Ginnember. Auß bem Sigenden Rathe: Andreas Hoffmann, Audreas
Erna. Aus bem alten Rath: Thobias Frang Weinreidh, Johann Hovorias von Wifdaw.
Aug ber Gemein: Johann Jacob Kunech von Rofenthal, Caſpar Klueg.
Contributions-Ginnember. Aus ber Gemein: Johannes Crna, Sebaftian Steyrer.
Cassac-Berwalter. Ays ber Gemein: Reidardt Piermuß, Johann Wyhl.
Bey ber Kinig!. Stadt Znaymb.
Cassace-Ambt: Chriftian Frank Veith, Johann Prunner. Muhl⸗Ambt Snterm Stain:
Soferh Sh. Muhl⸗Ambt gu Pumblitz: Johaun Ehrnreich Großmann. Wein-Keller-Ambt :
Soſeph Edh. Traybt Eaften- mbt: Johann Suarez. Deputirte Zum Brewhauß: Johann
Priar, Gotifricet Caſper. Bum Weingartbaw: Cafper Periſch. Bum Buargeri. auſchlag:
—— — — 2
er erft nah 1620 exnannt wurte, nah vorberiger Anborung «me 2 spay
amtes ‘bel &t. Jalob, in ber Pathéftube, unt gwar aus Den fret rem. che. Sep
nahme in Len Wath gemelbelen Cantuates. Urter bie geitbcher: Bate. some
ble Wabl-honfignation unter Berſchluß tes Sratipegel6 an fen Seem
Georg Auch, Chiiſiiuu Cupud Miller, AWswsrelSvtts Beaoise: Baines Reefer, Ie
Aron Vell, Bue Golitecey Berertsete: Jutsh Yoder, Ertizier: Enjee. Zur Seb
treet Vernrenetec: “Sucoh Ye4uexs. Stale Waunufer Ambe: Saco Sot Coy
Fevcier Mini: Cie Metter, Johann Rinegmiann Werlenamte: Ebcinor Ao Bal,
Mett, Sobers Widiager, Johuna Cheung rehmann, Ges Coors Canter. J
a giegeisten Yorrartasier: Wie Arseny bertonve, Oelgieul Ab Snbert Foo El
aAGire toe Mug Guu: Olive Bennet Sanbiner Bee Plarr Varden: Ectnes Periſh
Geuiriiur Styr' wet ceben Lauter: Troe Metter. Der Teüticher Semtex: Friederiqh
eum Wiuwer, Sohaun Wutiess Martstig. Des Fleyſcher:; Georg Hecremeth, Batis
Welivar, Are Biceie: Wem Rasy, Math. Ichaun Aichinger. Geacmex Stadt Sow
meefes “Seber Chinarich Grohmann, Cage: Aiedier, Der Weingarten: Jchaun Fra»
ser, “Subune prevek yell, Dee Aeuecs: Jucoh Yodnec, Chrifttian Enfted Miler. Se
fixyree sber Stuot-Midtere 4ugegebene: lias Ceretin Canbiner, Gottfriebt Caſper
Hey Lee Rough Statt Iglau.
F.se Sete Ambt: Jehauu Yacoh Khitzmägl, Paul Hofffietter. Cammer-Fa-
Lubicig Rirlentelocc, Aechinunlt Peolh. Watyw-Ambt; Daniel Tidepane, Joha Lae
WeineAinbt: sohunn Digi, Hefaias Zungmayer. niſch⸗ Ambt: Andreas Weiner, Zea
Ginz, Whurflec Ambit: ßohann Wath. von Hell, Norbert Ziulakh.
Wey ‘Ler Abnigl. Statt Hradifa.
Na Purghabihy Miclleho: Pawel Vobif. Za Tuchobniho a Contitroum 5
Jarjes Glinit sfhougel, ssa Ülbrocjniho Piſarze: Wiktorin Tubffy. Za Sohenh Be
Cteffanites, tetfat Jakubin, Andreas Silawil, Audreas Wadut. 3a Fiidanikes &
WE Przenſty, Minit Pornfſal, Pawel Vobik. Za PodRychtarzi: Jakub Cormeta. «
cdariad Arinwfudowlly, Aurzeduiczy mad Sſpittalem: Jan Vir, Cziriat Par 3 Som
Wau: FFerdinandt LCoflratecsty, Girzik Poruffal. K Proffiantum: Guat Sern.
Vintart Vefelin, Steſſan Jalubin. KR Sfaczowani Dafa a Wajeni Ehiche zac
Kriiwiudowſly, Xan Vir, Markug Kiudl, Jan Krjemelicsfy, Gindra Nipr «.: meas
Whreftife: Jakub Cornelias, Jan Bir. 3a Veieftffe Foriry: Jalub Cormslm.. ci =
K Doblotani Kominn: Wartin Magt. Kominary, Andreaff Gallus, @zyz Sicha. Se
Fiala. M Teblorani Trhum: Cziriak Paczek, Henrich Neüumaun, Warcu: wu +
Riebnla. K Ssvbelning a Skladnimu: Jan Krjemeliczty, Wengl Seas? +. Sesr
Whiefifte: Jakub Franty Cornelius, Mikulaſſ Timm. Kroygirowart Siu: Werews
K ftratecsto, Girzik Poruſſal, Markus Kind, Jau Krjemelicgly. & Bavescar ser.
Vranad Prii Jarmarczych: Steffan Jatubin, Markus Siudl, Veet Sram az
sabiydty, & Smetim Pri Tomedh: Xan Czech, Pawel Pupik. Se Haar Bret:
Matieg Zegedj, Rziha Kabrliczel.
Oey Zee Kemal Stadt Mähriſch-Newſtad:
Qamimermritray a Inapertores g Hoſpodarjſtwj: Girjif Sickets. ahcr : fisiee
Dpraweze VW hoiporarafiny: Dar of Rirzrr. Keftelnicyy VQ Chramz Gams Wx or:
Baczlaw Ryda. Sorttalny Spram-3y: Bartl Oureff, Giri! Deedes. Waewm: 2
fimmerer eingefendet, und von bemfelben fodann ber Tag der Renovation feft-
gefegt. Diefe Renovation ſelbſt geſchah in folenner Weife unter kirchlichen Feier-
lichkeiten und in Berbintung mit einem Banfet. Aud wurden dem Landes-
Unter-Rammerer, feiner Gemahlin und feinen Affefforen oft nicht unbedeutende
Geſchenke verehrt. 3. B. a. 1675 an Herrn Grafen Oppersdorf 300 fl., fur
die Mahlzeit 75 fl, der Frau Gemabhlin 75 fl., an Hofmeifter 12 fl, an Ses
kretär 18 fl, an Aufwarter 6 ff., an Mammerdiener 6 fi.
Die Rathowahl geſchah nicht von ber Biiegerfdaft, fondern von dem
Rathe felbft. Der figende oder geſchworne Rath beftand, inclufive bes an der
Spitze fiehenten Brimators (ein Amt, welded vor 1620 von bem ,, Elteften“
verfehen wurde) aus 12 Perfonen, die neueintretenden Glleder hießen Novitii.
Bor der Raths-Renovation wurde nun die Bürgerſchaft sufammenberufen,
und berfelben die verfdiedenen nothwendigen Ginrichtungen und Verfigungen
befannt gemadt, Ermahnungen an diefelben erlaffén, und policeilide Anord-
nungen getroffen 2c.
Der innere ober wirflid) fipende oder geſchworne Rath führte bas eigent-
lice Stadtregiment, entſchied in Redhtéftreitigheiten, und beftand aus 12 Pers
fonen.
Czug. Spraweze Kwaze Obecgni: Tobiaſſ Bryzl. V Sfacjowanj Maßa a R Doblydanj
K Chiebu, te} K Mieram, Waham Kramarjum: Na mifto Rydhtarje, San Henzl, Daniel
Sunger, Martin Sſteygirz, Jakub Schmiedt, SGirjit Saturek. R Dobhlydani KR Sladtum
Do Sladownj: Tyburez Karger, Andreaff Prunerins, Girjit Saturel. RK Dohlydanj Prii
Skrapeni KR Sladum: Ondreg Frkoß Czechmiſtr, Andreaſſ Kabrle, Hank Rudolff, Chri-
ftian Gngelmann, Lukaſſ Dauku. K. Doblydant Ku Rominum: Lukaſſ Swoboda, Jan
Cjepit, Geörg Vradt!, Jakub Laber, Georg Ginter, Melchior Paucjek. Starffy Piwo-
warnic3y: Pawel Hufty, Pawel Bocjet, Ondra Panacjef. Starffy na Prjedmiefti: Mas
tieg Syrny, Wawra Kryftemi.
Vey Der Königl. Stadt Gana.
Prjebnic KR Chramu Panie 3a Roftelnibo Oteze a neb Spratocge: Pawel Pofpiffil.
Q Mleyun a Pivowarn: Rjehor} Sfrainer. KR Doblydani a Sazeni Maßa, Chleba a
ginſſych wieczy: Martin Maczigamba a Tobiaſſ Kocjwara. Ba Obrocjniho Mieſtkeho: San
Ziadny. Za Starſſyho Koftelnita: Jakob Menſſyk. Ba Mladſſyho: Pawel Kozieluh. Sſpit⸗
talni Inſpector: San Krembſer. K Dohlydanj Kominum w Mieftie: Milulaſſ Figala,
Jakub Gerjabef. Ma Przed Mieſty: Andres Sſwecza, Girjil Zelinka.
Zu Ende des 17. Jahrhundertes (im Jahre 1698) beſtand der Stadtrath in Brünn
aus folgenden Perſonen:
Im inneren Rath: Johann Anton Schneller von Lichtenau, lönigl. Richter,
Thobias Franz Weinreich, Heinrich Naſo, Johann Schaler, Johann Amaz, Sebaſtian
Amor, Thomas Puſch, Franz Ignaz von Hoffer, Hohann Dechau, Georg Wagner, Johann
Mezker, Reph. Piczon.
Des äußeren Rath: Johann Brand, Stabtrichter, Julius Wafferreid, Leopold
Otto, Sebaftian Gemari, Abrion Schilling, Johann arf, Joan Swider J. U. Dr.
(Sonditus).
Sen Jem itzenden Rie wurde das Birgermeifteramt. verwaltet, wit
Temether aonatlich yemedielr, und folded cimem jeden Rathamitgliede einmal
mm Sutre im Ramen Ihrer kaierlichen Majehis durch den fonigl. Richter aber.
2ugen unl arvertraut
Lue wbrigent 12 (putes 5 — 6) gejhwernen Pesjonen (bes duKeren Ras
qes exccutiren ife mumus weiter nicht, als wenn etwas peblicum verfallt
wud ‘ol sine Borwiñen aides vsrjalen, was gemeinen Stadinugen hetrifft.
Chglenh dieſelben ben Gharakter oder die Dignität dex Nathoperſonen
§abex and im Bex Gememde ald jſolche smh geachtet wurden, fe . bleibt wap
tefet die ye ,Aurhevtis und Arbiriam resam“ bei des Regierung bes
ãgendes Mathes, obgleich dex aupere Rath vie Prärogativen ded innern genießt.
Dieie Krarogativen find: dus vie Nathommmer in ifsex Wohnhäuſern
son Ber Oaarrierlact berreit Wud; bet cwenttidben Ugangen gehen ſammtliche
GSlieder beider Ritke nad ber Crdmung und Bem Range ihres Gintrittes in
Ben Rash, und zwar rermdye uralter OOferrany; weiters fam ihnen gu bad
benefcium tes Briubauieds, d. i. wochentlich 1 Cimer Bier gegen Zahinng von
1 @ hy jetes Fas aud dem Bräuhauſfe beyehen ju fonnen.
Ben tem rezierenten Ratbe hängt das Stattregiment und vie Beftelung
afer Startimter, Erneuetung ter Zinfte, bie Verwaltung der Stadtwirthſchaft,
per Lirchen, red Spitals x. ab.
Nach uralter Cbjervany wurten daher bei ten jährlichen Rathsernenerun:
gen zu den verjchiedenen Stadtämtern je zwei Mitglieder aus beiden Rathen
gewahlt und beftimmt, u. 3. unter Eidespflicht. Su dieſem Gate läßt der ge⸗
ſchworene Rath auch ten augern Rath gleih antern Tags naw ter Berneue:
tung aufé Rathaus fortern, um ſich deſſen Rathed ſowohl in obiger als in
aubern enra widtig vorfommenten Angelegenheiten yu bedtenen.
Alter Gepflegenbeit nad wurten tie Stavtamter ter Art beſtellt, daß ge⸗
wife Aemter von ten innern Rathéperſenen allein, andere von tem innern und
aͤußern Rath zugleich, Cie dritten aber allein von äußern Rathsfreunden admis
niſtrirt und verwaltet wurden.
Aemter inneren Raths:
a) das Bärgermeiſteramt wird 4 Woden abwechſelnd adminiftrrt.
Bor remielben haben tie Parteien ihre Anliegen ſchriftlich ober mandlid
anjubringen, welde bei widtigen Wallen beim nadften Rathstag yom
verjammelten Rathe, in minter widhtigen Fallen unter Borfig ted koͤnigl.
Ridters von 2 bid 3 Per alteften Rathe entidieten wecten. Der Bar.
germeifter führt tad Direftorium tes Raths, Halt bas Stadtiſiegel in fei:
ner Berwahrung, mugs immer gegenwartig fein. Jom werden zwei Raths:
biener gebalten und hiefuͤr Koſtgeld 2' , Gulben wochentlich, dann cin
Faß Bier und 2 Gimer Wein veratreiht. Da ter Bitrgermeifter mit
etliden ter alteften Raͤthe bie meifte Zeit ſeines Amtes auf dem Rath:
*
hauſe zubringen muß, fo wurde ifm aud gemeinen Mitteln fruͤher die
RoR verabreicht, ſpäter aber pr. 4 Wochen 30 ff. und 1 Eimer Wein
gegeben.
b) Tafernen mb Mühlaämter werden gemeiniglih burch den Primator
(alteften) und ben nddftalteften Rath verfehen. Sie haben die Auffidht
fiber den Vaferner (den von der Stadt aufgeftelten Weinverſchleißer ded
ſtädt. Weinſchanks in der Taferne), welder den Wein in feinen Verrait
und das Gelb in eine verfperrte Truhe, wovon die Gehliffel fid in der
Nathoſtube befinden, gu legen Gat. Den Tafernherren liegt ob, bie Ta⸗
ferne mit frembdem auslaͤndiſchem und Kraͤntelwein gu verforgen, und auf
die Gebabrung mit bemfelben Acht gu geben. Rebftbei haben fie mit
dem ftddt. Brunnenmeifter bie Snfpeftion Aber bie Muͤhlen, Waffergraben
und Wafferwerfe, ferner darüber orbentlide Raitung zu fuͤhren. An
Befolbung bejiehen fle nidts.
c) Dad Stadthudhalteramt wird von Bweien bes innern Rathes
perwaltet (feit 1604), wovon einer die Raitung fort. In dle Budbal-
terei- Haupt + Raitung fliefen alle Gemeindeeinfiinfte aus allen Aemtern
gufammen. Der Rechnungsfilhrende muß fir jedes Amt befondere Spann-
qettel Haben; burd ihren Gerrait geen die monatliden Ablohnungen.
Sie nehmen aud allen Memtern u. 3. Taferne, Braͤuhaus, Maut, Weg,
Marktbuͤchſen, Bleigeld, Contribution, Weintare x. was auf bem Rath-
haufe in Gegenwart bed ganzen Rathes colligirt wird, in Empfang, zah⸗
fen alle Stabdtbefolbungen und alle fonftigen Stadtauslagen aus. Was
librig bleibt, wird zur Bezahlung der Stadtſchulden verwendet. Wud
Ubernahmen diefelben die Einkünfte von Gurein, und Hatten die Aufficdht
fiber die Maut, Weg und Marktbüchſen. Reine beſondere Befolbung.
d) Bierverwalter. Zwei Glieder ded inneten Rathes haben die Inſpek⸗
tion liber ben Marktidreiber, welder die Malz⸗ und Bierraitung fibrt,
ber die Waigeneinfaufer, Bierfchanker, Bierbrauer, Malzknechte. Beim
Brduen und Cinfillen haben fie gegenwartig gu fein; aud beim Maly-
machen haben fie barauf zu fehen, daf bad nothige Malz und Hopfen
beigeſchafft wird; fie fubren bie Bierrednung. Much fle haben eine eigene
Cafſatruhe, wovon die Schluͤſſel in ber Rathsftube.
Reine befondere Befolbung.
e) Snfpeftoren ber Fleifdmer und Bader. Zwei bed inneren
Rathes haben auf ben Wochenmackten am Plage gu fein, Brod abguwa-
gen und auf bie Befolgung ber Daze zu fehen und nad Gutdinfen in
Ber Bode Nachſicht au pflegen.
f) Zeugamtéverwalter. Zwei bed inneren Mathes haben die Aufſicht
uͤber bad Geſchuͤtz, Musketen, Salniter, Pulver 2.
iz) Stadtgerigtss und Zudtgefdworne. Zwei bed inneren Rathes
haben die Verhdy- Eraminirungen und Erequirung dec Gefangenen im
Zudthaus, bei Jahrmaͤrkten die Aufſicht, Beſichtigung des Gewichtes,
Maßes, Zuſchaffung der Nachtleuchter, Ruhe und Frieden in. ben Schanlk⸗
haͤuſern nad bem gewohniliden Zapfenſtreiche au beſorgen, bei bem Tode
eines Birgerd bie Sperre angulegen, und die Verlafabgandlung gu
pflegen. |
Il, Aemter ded dufern und innern Rathé:
a) Stabtwaifenamt. Berfehen neben dem fonigl. Richter und Primator
nod zwei andere. Shnen liegt ob ber Gehug der Waifen als Vormund⸗
{daft in Waifenfaden und deren Abfertigung. Zu dieſem Behufe befin-
bet fid) auf bem Rathhaufe ein eigened verſchloſſenes Gewolbe zur Aufs
bewahrung bes Waifenvermdgend, bie Schlüſſel find ftets in ber Rathe⸗
flube. Wenn aus bem Deypofitenamte etwas Herausgenommen wir, fo
hat bied nur in Gegenwart bes Biirgermeifterd und zweier Rathe gu
geſchehen.
An Beſoldung beziehen ſie nichts, nur bei Abfertigungen nach Gut⸗
dünken ber Parteien ein Gratiale von 1 — 2 Reichtsthalern, von Armen
nichts.
b) Vogtamt. Zwei der älteſten Rathe bei jeder der 2 Abtheilungen der
Vorſtaͤdte. Die Vogteiverwalter haben in ben BVorftadien bie Geſchwornen
su erfegen, Witwen und Waiſen gu ſchützen, die Gemeinde und Waiſen⸗
rednung gu pflegen, alle Ctreitigfeiten daſelbſt zu ſchlichten, und find
gleichſam bie 1. Snftang fur die Borftddte.
Keine Befoldung.
c) Rirdhenverwalter. 3wet Rathe, Aufficht fiber bad Rirchenyperfonale,
bas Rirdenvermogen und die Kirche.
Keine Befoldung.
d) Beneficiatamt. Gin Rath. Verrechnung ber Stiftungsgelder und
bes Rirdhenvermogens.
Der Rath gur Einhebung her Jntereffen erhält 10, ber Verwalter
ſelbſt 20 fl. fabrlid.
e) Spitalamt. Zwei Rathe. Berwaltung bes Sypitalé und beffen Vermd-
gené (Spital ad St. Stephanum in ber Strona, bas jegige Giedhenhaus).
Diefed Spital hatte eine Mihle Cote fegige Malzmühle) und einen Meiers
Hof hinter Dem Neuweltwirthshaus.
Reine Befolbung.
f) Stadtziegelamt. Bwei Kathe Hatten unter ſich einen Ziegelmeifter
und feine Knechte, und die Mufficht ber Holz- und Sandfubren, ber
jeden Ziegelbrand, wobei fle perſoͤnlich gegenwirtig fein follen. Sie hate
ten fiber ify Amt Rechnung gu legen, und geniefien feine befondere Bes
folbung.
g) Stadtquartieramt. Died verfieht ein Rathdverwandter, welchem
zwei Stabtfouriere beigegeben find. Sie haben gu forgen fiir bie Bequars
tierung cinmarfdirender Rriegévolfer, indbefonbere fie bie Bequartierung
ber Tribunalbeamten. egen Rechnung, feine Befolbung.
h) Qofungseinnehmer. Sechs Perfonen, awei bes geſchwornen, zwei
be6 dufern Rathed und swei aus ter Gemeinde, leftere unter jurament,
haben unter ſich den Stadtunterſchreiber, welder die Loſungsbücher fuͤhrt;
fie beforgen die Cinhebung der Steuern von ben Haufern, Gründen
und Weingarten und Gewerben; ein befondered Lofungsglddel auf dem
Rathhaufe gibt das Zeichen zur Abreichung der Gebühr, und dag man
bet ber Lofung figt. Der Rathhaufer, d. i. Haudmeifter im Rathhaufe,
Bat dießfalls bad Anſagegeſchäft. Sie legen Rechnung und begiehen gue
fammen an Befolbung 60 fl.
i) Caffaverwalter-Amt. Gleiches Geſchaͤſt, wie bei der Stabthuch,
halterei, nur haben die Rathe die übrigen Gelder gu uͤbernehmen, die
Stadtſchulden und Funbationen zu begahlen und Rechnung gu legen.
Strenges jurament. 60 ff. Befolbung. Fruͤher führten diefes Amt die
Alteften zwei Rathsglieder, fpdter aber gwei aus ber Gemeinde.
IE. Aemter bes Guperen Rathes:
a) Stadtridteramt. Der Meltefte bes Rathed hat die Civils und Gris
minaljuftiz, die Erequirung der Rathsſpruͤche, alle Rechtsſtreitigkeiten, Schul⸗
benfaden, Bergleidhe, Zwiſtigkeiten r¢., führt bas Protofoll uber alle Kia:
gen und biefed Amt fteht fontinuirlich offen, fowohl Fremben als Einhei⸗
miſchen. Der Stadtridter Hat uber die Verlaßabhandlungen (wahrſchein⸗
lid guglei mit den Stadtgerichtsgeſchwornen) alle Grundbuchsſachen,
felbft uber die naͤchtliche Rihe und Ordnung mit Zugiehung der Birger
au waden. Der Stadtridter Hat keine fire Beſoldung, participirt jedoch
an bem Marftftandgelb, wovon aber ber Gerichtsſchreiber 1/, erhält.
Dann gebdhrt ihm die Tare fir die Zufdreibung ber Haufer, fir Abhö—⸗
rung der Zeugen, fur Ertheilung von Abſchriften, fiir bie Sperre, Eroͤff⸗
nung der Verlaſſenſchaft x. ').
1) Merkwürdig ift folgende Aufzeichnung bei ber Wahl eines Stadtridters: „Den 16. Mai
1669, in Gritnn, bei ber Wahl eines Stabtridters, wozu ber Raiferridter, Burgermeifter
und Geniores, aus bem alten Rath drei Candidaten erkießet, nnb ber Raiferridhter nnd
- Burgermeifter auf Befehl des Herrn Landes⸗Unter⸗Kämmerer Grafen von Oppersdorf den
Paul Morgenthaler beweglich recommanbdirt haben, — ift folgende merkwürdige Stimme aufge⸗
zeichnet worden: , Herr Erna von Ehrnau bringt vor, daß man zuvor mit weinenden Augen
bas Richteramt angunehmen ſich geweigert; weil fidh aber bie Zeit gednbert, und babin fommen,
ba® man fic) anjetzo burd) Recommandationes baju bringet, fo thue er, aud fogar iater-
cedendo fein Votum bem Hersn Morgenthaler geben (Welder fobann bas Ridteramt mit
einer Excuſation, alédbann cum fiducia in Deum mit ſchuldigem Refpelt angenommen, und
bas gewhhnlide Surament prilftiret bat)” (Patr. Tagebl. 1801 ©. 271, britnner Zeitung
1860 Vr. 112).
b) Gtabtfammermeifteramt Gin Glted bed äußeren Rathes (vor
Alters zwei), dermal ift ihm bles ein Adjunkt beigegeben; beforgt. bie Ver⸗
waltung ber Stadtwirthfdaft, Maierhof, führte bie Aufficht aber die
Knechte, die ftadtifden Pferde, Stadthauwefen, die Feldwirthſchaft, Bfla-
fterung, Stadtjduberung, Wafferleitung, sffentliden Brunnen rc. (wie bad
jepige Bauamt).
Die Beſoldungbbezüge fiir die Rathsvetwandten find:
1. Wenn dad Getreide wohl gerdth, werden 8 Muth Korn unter bie
swolf bed inneren Rathes, dann unter dent Kaiſer⸗ (obec Königs⸗) ridter, Stabts
ridter und Rammermeifter, fomit in 15 Theile getheilt.
2. Ruchelfpeis (Graupen, Erbſen, Kaſch rc.) in frudtbaren Sabren unter
ale Gtieder Heider Räthe 1 bis 2 Muth gufammen.
8. Schmalz 240 Pfund unter alle 24;
4. gu Oftern jeder 1 Oſterlamm, etliche Cier; gu Martini 1 Gans;
5. gu Weihnadten etlihe Zinshühner; gu hohen Fefttagen, z. BW. gu
Pfinghten, Oftern und Weihnachten jeder gefdworne Rath 1, dle drei Melteften
3 Gimer Wein,
6. Seder bed inneren und duferen Rathed wochentlich ein Cimer Bier
gegen Bezahlung von 1 fl. fir bas Fas, ohne Schankgeld.
7. Jeder geſchworne Rath jährlich 1 Schweindl (oor Alters Savor 10 fl.).
8. Wei einer Fiſcherei 3 Centner Rarpfen und '/. Centner Hechten un:
ter alle Rathéverwandte.
9. An Gelb blog bas Standgelb der fremben Fleiſcher (das Jahrmarkt⸗
flandgeld gefirt bem Stadtrichter); desgleichen bei Filllung und Ausfendung
ber Biere ber Ueberſchuß über die Biertare, ferners, bel den Braäuen was von
ber Matka abgefdnitten wird, oder wad das Jahr Hindurdh an Buͤrgerrechts⸗
und Sportelgeldern eingeht, fommt alles in die Carbona und wird von den
geſchwornen Rathsgliedern gweimal im Jahre verthellt. Die Jüngeren Sefommen
60 — 80 fi., bie alteren 100 — 120 ff., oft mehr, oft weniger.
Die Bürgerſchaft iff in 2 Kompagnien getheilt, bie Charge der Haupt:
feute und Fabnride, wie auc ber Studhauptleute, fo mit ben Ronftablern ge-
bietet, wird von Perfonen bes innern und äußern Rathes verfehen; feine Bes
folbung, fonbdern nur zeitliche Befretung von ben gemeinen birgl. Schuldigkeiten
und Ohuartierfreifeit.
Das Landgut Gurein wird bewirthfdaftet durch einen Bettwatter und
Rentſchreiber und wird abminiftrict burch 4 Altefte bed Mathes.
(Diefe Darflellung nad einem Bericht ded Stadtrathes an ben Landed:
unterfanemerer ddo. 28. Maͤrz b. 3. 1668).
Seit altersher beftand bie Uebung, daß jeder in ben Rath Eintretende
ein hausanſaͤſſiger Birger fein mufte, baker diejenigen, welche nod fein Haus
befafen, ein folded angufaufen verpflichtet waren,
401
Dab Birgermeifteramt wedfelte, wie bemerft, alle 4 Woden; hen neuen
Bürgermeiſter fegt der Fonigl Richter ein, es wird fir ble frithere Feit des
Buͤrgermeiſteramtes von allen RKoften und Cinkinften Rechnung gelegt.
Der Bürgermeiſter darf nie allein in bie Rathsftube, wo alle Kaſſaſchlüſ⸗
feln aufSewahrt werben, gehen, fonbdern immer nur in Begleitung zweier ge-
ſchwornen Rathe.
Gobald ein Birgermeifter nad 4 Wochen feine Amtsfunttion niederlegt,
und ber neue vorgeftellt wird, findet fich berfelbe perfonlid auf bem Rathhaufe
in Der Lofungsftube cin, und mit ifm der ganze gefdworne Rath. Hierauf
werden alle Schlüſſeln gu den einzelnen Stattimtern aus der Rathoſtube ers
boben und mit bdenfelben Rathéverwandte in die betreffenden Aemter geſchickt,
welde in perſönlicher Gegenwart ter die Rafjen fibrenden Bedienfteten bie
Kaffen offnen, fammtlide vorhandene Gelder, in Cade gefillt, in pas Rathhaus
lubettragen laffen. Hier tibergibt der betreffende Verwalter feine Monatdrechs
nung liber Empfang und Ausgabe und legt Rechnung. Das verbleibende reine
Ginfommen wird in Gegenwart ber aud der Gemeinde baju Verordneten bem
Stadtfafjier ubergeben.
Alljaͤhrlich bet ber Rathserneuerung legt der Whtretende bem new eintreten:
ben Rath bie Hauptrednung.
Rad dem (erften) mähriſchen TitulareRalender für bas Jahr 1709 beftand
ber brainner-Magiftrat aus einem inneren und dufern Rathe.
Im erften fafen derek. Ridter, und 13 Rathéverwandte, welde zugleich
verfdiedene Wemter mit verfaben, namlid ber Primator und Studs Hauypte
mann, der Stabdtbudhalter, zwei Hauptleute ither die zwei bür—
gerliden Kompagnien, ber Stadt-Lieutenant, der Stadbt- Bice:
budhalter, ber SGtabtquartlermeifter, Der Etud-Lteutenant
und Stadt-ZeughaussVerwalter, und 4 andere Rathsverwantte.
Im dufern Rathe waren 5 Rathsverwantte.
Zur Kanzlei gehdrten der Syndicus und Vice-Synbicus, gu ben
Kanzlei⸗Bedienten 1 Regiftrator und 3 Rangliften.
Ferner gab es 2 Kaſſiſten ber gemeinen Statt.
Bei dem Waifenamte waren ber k. Richter, 3 Rathaglieder, 1 Waiſen⸗
Notarius (1 geſchworner Stabdtabvofat), bei ten Stabtgerigten der Stadt
ridjter, 2 Rathsglieder ald Gerichts-Affiftenten und 1 Gerichts-Notarius.
Es gab 6 geſchworne Ctabtadvofaten.
Endlich beftanden 4 Rathhaufer, 2 Rathsdiencr, 10 geſchworne S tar dts
boten.
Unter ben Rathégliedern waren mehrere vom Abel und nebſt bem Ernie
fué und Bicefyndifus nod) 1 Rathshere J. U. D.
Nach dem TitularsRalender fr bas Jahr 1717 waren im inneren Nathe
ber £ Richter und 12 Rathe, 1 Primator, Stadthudbhalter und BicesStadts
buchhalter, 2 Gauptleute Aber 2 Rompagnien, 2 Zeughausverwalter, 1 Studs
26
402
lieutenant, 1 Stathexteran., 1 Ssativammerms hex. . HianrsRani»
Ginnehmer, 1 SFist: Sacriecwecter tucte Gharger mei vor. Rathiglicsers
werfeben’, im Suéecn Nae 5. eum Bahename au 1m. Bue Reta),
1721 im innern 31 Met Jcrurce: ex Sudhbacpwmamsr awe. cme Satins
pagnie. 2 Haupicur ‘bes 2 Reovsguer, 1 Scudiewrenawm, 5 Be xeficie
ten-Mamseresmeiie:. x mu stir, nor : Baten Aotarus, 3 Seid
ajiiienzer, 5 Scctshier
Sit Saegs Ped Tod cone 17. Qabcatz= harer fe: Regierung meng
Make gestern, ry ome ler ance Rrngesgenbener Pet Sars gu bejalien
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408
geweſen,“ ginglid auf. Dagegen verordnete et, daß ſich künftig bei Strafe der
Zurückweiſung in den f. und andern Stadten jedesmal alle, welde bem Raths-
ſchluſſe beigewohnt und ſchreiben finnen, nebſt dem Primator, Birgermeifter
wd Syndikus, sann bemfenigen, welder den Auffag gefuͤhrt, unterſchreiben follen.
Seien fowoh! bie Stidte als Gemeinde in ihren Angelegenheiten einformig (eins
verftanbden) fo werden fic in ſolchen Fallen bie im Orte anwefenden Gemeinde:
vertreter nebft ben Magiſtrats-Verwandten gu unterfdreiben wiffen. Jn
Gaden dagegen, wo bie Gemeinde mit den Stadt + Magiftraten verſchiedener
Meinung (different) waren, ba fonnen diefe beiden uneinigen Cin differentia
fdwebenden) Mittel abgefontert einfommen und ihre Schriften auf die erwähnte
Art unterfdreiben. Gun Zunftſachen ſollen ſich nebſt dem Schriftſteller alle
biefentgen unterſchreiben, welche bed Schreibens fundig find.
Damit auc unter Den Juden diedsfalld eine Ordnung fel, follen fte {th
auf bdiefelbe Weife, wie oben, wo einige Gemeinden in den Stddten find, vere
halten und von ben Landesjuden ſowohl die SudensMelteften als der Solicitator
ifre Sehriften unterfhreiben CReff. 9. Auguft 1709, in Weingarten’d Cover
S. 670).
Die fuͤr Boͤhmen ergangene a. h. Refolution vom 24. Oftober 1708 wegen
ber Unterfdrifter ber Stadtmagiftrate und Rommunitaten wurde mit dem a. h.
Reffripte vom 16. Fanner 1710 auc auf Maͤhren audgedefnt.
Kaiſer Sofeph I. befchranfte bie Stadte aud in der Faſſung ibrer ämtli⸗
den BVerfiigungen. Gr gab bem wieberHolten Anfuden des Magiftrated der k.
Stadt Olmug, fic) wenigftens Hinficdhtlidh ber Untergebenen bes Wortes Decretum
gebrauden gu dirfen, keine Folge und verharrte bei feiner Nefolution vom 19.
Rovember 1708, daß ſich ſowohl biefer Magiftrat als andere untere Stellen die-
ſes excellentiam jurisdictionis anbeutenden und bem f. Tribunale alé Lanbes-
Gouverno guftebenden termini distinctivi enthalten follen (Reff. 21. Banner 1709),
Die Magiftrate erhielten die Weifung, jebermann auf ſchriftliches Verlan⸗
gen ſchrift lich gu beſcheiden (Reſt. 25. November 1715).
Den Magiftraten wurde (Reſk. 9. Janner 1709) geftattet, ordinari Schrif⸗
ten, ſo feine Satzſchriften find, ohne Unterfcrift eines Abvofaten oder So-
licitators einzureichen; fie follten aber nad einer fpateren Anordnung feine
advocatos alten, fontern bei allen Snftantien per syndicos agiren.
Alle Schriften, weldhe bei Hof eingereicht wurden, muften fedod bei Strafe
ber Zuriidftelung und BVerantwortung von einem Abvofaten oder Solicitator
untetfdrieben fein (Meff. 9. Sept. 1721).
| Die f. Stadte und andere Rommunitaten follen wegen Betreibung ihrer
Angelegenheiten keine Deputirten nad Wien abfenden, fondern ſich der
bafelbft befindliden Agenten und Abvofaten gebrauden (Reſk. 1. Oftober 1731,
24. Juli 1744).
AUndererfeits erinnerte man die Magiftrate, fic nicht von den Militaribus
infultiren gu laffen, fondern ihre Autoritit in der Stadt gegen Sedermann aufs
26*
cutest BROWER itt Ble MAffiftens beim Tritina! anaufuden (Reif.
Ser Waiehtit wollen mitt cettarcer. daß bie Magiftrat
er jel tem gnaimer Techeme iemz urbheideidene wider
J ones! waa Mapterd laufende und fer modestine ac mansuctudini cine’
mein oglve Won AOAC Schrifft cafficter Srmausgrorber.
oy Bet und NangfuGt, wie te® Berrictrionéwefett eme
ee ad NOEL UN Werken bes Geiſtes fo armer Sr> wide ich nicht etwa
a Ne JOR rEN, ſondern aud im Burgertarre 7. 21 wer:g bemerfbar.
Mudra mit den fremben Retten mm cud Tefreren Gingang in de
seeduude geſunden, wurde bie Anortaung nehig. Tat einen Doktor, wenn er
Dugverwandter if, vom Magiſtrate in ergebenten Erpedinenen ter Doltors⸗
dus. Nabe verweigert werken fell “Ref. 26. Nee. 1709, Befebrop 6. 125).
In dem Yrdcedengftreite zwiichen dem Bürgerweiner und Rath ber Stadt
Bruun und ben geſchwornen Lanre@atocfaren m WMabren entſchied Kaiſer
Yoreng Lf) DAG dem Magiftrate im Korver, fo wie ten aus ſeinem Sremium
deſteuten Kommiffarien un? Derutirten, allemal ter Loring gebühre unb 2) ber
j. Rabler, der Peimator und Cer im Amte frebente Burgermeifter, fo lange bers
ſelde dieſes Umt wirklich ausübt, allen Advokaten cinfadh vorgeben, 3) bie gra-
danten Udvokaten vor den nicht gratuirten ten Vorzug genießen und ſonſt alle
Weruataten, fle mögen gratuirt fein ober nicht, vor ten übrigen, oben nicht fre
aie benannten Rathverwanhten ten Borrang baben unt 4) die Rathever⸗
wantden unter fidy ſelbſt (außer Cem Primator und wirklich amtirenden Burgers
meiſter) Die Ordnung, wie fle bisher uͤblich geweſen ift, halten und wenn einige
qribulete ſich Darunter befinden, dieſelben weder hinfichtlich ihrer Mit-Konforten
noch ber Abdvofaten einen Vorzug pratendiren follen (Reff. 30. Dezember 1709,
NUeingarten S. 675, Welebrod S. 126). Dieſelbe Stellung, wie bie Doftoren
ber ‘Rechte, erbielten rückſichtlich der Rathdverwanbten die Landſchaftsphy—⸗
{ifer, wogegen ble Salzverſilberer, Wein⸗, BiersTage, aud Kontributions⸗Ein⸗
nehmer und andere derlei Rammeralbebdiente allen Rathéverwandten wei⸗
hen unb nadgefegt werden follten (Keſt. 19. Maͤrz 1710, Wefebrod S. 127).
Den WMlagiftraten ftand nicht au, bem fpater erwahlten Rathsmanne die
Wrdcedeng in voto ot ordine senatorio gu referviren (Reſk. 17. Degember 1718,
eb. ©. 14).
Die Begünſtigung der Verwandten und BVerfh@wagerten
(Areundfaft oder Sippſchaft) rief wiederholt Beftimmungen der Regierung
Hervor, O14 zu welden Graden bie Zulaffung in bie Stadtrathe ber fF. Stdbdte
geſtattel fel, mit Dem Weifage, daß Bore Majeſtät pro Dispensatione fupplicivet
werden können, wenn wegen befonderen Urfaden, Qualitäten oder Meriter auf
elnen dergleichen (Ausgeſchloſſenen) gleichwohl au reflektiren bem Publico erſprieß⸗
lich wäre (Reſk. 18. Februar 1712, 5. Auguſt 1737, Wekebrod S. 133, 202).
Wd bie Erforderniſſe zur Rathmannsftelle betrifft, ſah man
Wehr und mehr auf gelehrte Kenntniffe. Zwar hieß es now im Allgemeinen,
ST *
405
bie Magiftrate follen bei ben formirenden Rathswahlen nur auf die wablbaren
Perfonen (Subjecta eligibilia), welche bie biurgerliden Laſten (Onera) fon 3
Sabre getragen, refleftiren, unter ber Strafe (sub poena), daß fle anbderer Ge-
ftalt fax felbiged Mahl der freien Wahl verluftiget werden (Reff. 5. November
1715, Wefebrob ©. 144). Rach einer Erlauterung bes Texted A. 25 ber boͤh⸗
mifden Stadtredte war zur Fabhigfeit einer Rathmannsftelle nicht nodthig, daß
Jemand drei gange Jahre perſoͤnlich in felber Stadt gewohnet und ſtets gegen-
wirtig gewefen, fonbern an bem genug, wenn einer durch drei Sahre ein
anfaffiger Birger gemefen, bie birgerliche Pflicht geleiftet und alle buͤrgerlichen
Onera mitgetragen (Reff. 30. Juni 1716, eb. S. 147). Man begann aber
bed ſchon auf gelehrte Renntniffe gu fehen. Der Kaifer liek fid aus
Anlaß einer Rathowahl in ber k. Stadt Hradifdh, bet welder ber Landesunter:
fammerer ,von ber Gapacitat” jener, welde die minderen Stimmen erhalten,
feine Melbung gethan, von bemfelben fowohl uber died als auch daruͤber berids
ten, ,mit was fiir Subjectis literatis ober illiteratis ber Hradiſcher Magiftrat
dermahlen befepet fey” und verordnete dem Landesunterfammerer, „kuͤnftighin
bey derley Rathdwahlen allemahl aller Candidatorum Fähigkeit und Condition
ju berühren, tamit Wir Bugs liber des Ginen ober Wnbern Confirmation befto
beffer Allergnadigft Entſchluͤſſen mögen“ (Reff. 5. Mai 1722). Denn Seine
Mafeftat hatten fics bie Beftatigung ber Rathsmanner in den
k. Stadten felbft vorbehalten CReff. 14. September 1710).
Nachdem vie Rathsftellen mehr und mehr in bie Hanbde von gelehrten
Perfonen famen, welde nidt von ihrem bilrgerlichen Crwerbe lebten, fondern
aus ifrem Stanbe eine Profefjion macdten, fiel ber Stadt aud bie Gorge fir
ihre Angehorigen gu. Deshalb placidirte Garl VI. , denen Brünneriſchen Rath 6
Wittiben, in Anfehung deren von ihren verftorbenen EheeMannern, dem ges
meinen Stadt-Meefen gum beften, bevy ihren Lebs-3eiten geleifteten Dienften bas
allerdemuͤthigft implorirte Jaährliche Adjuto gu ifrem nothigen Auskommen,
jedod nicht nach bem erhoͤheten Britnnerifden, fondern nad bem Ollmützeriſchen
Ausſatz, und bad ed nur auff diejenige Wittiben, weldhe weber mit eigenen
Mitteln, nod aus bem Nachlaſſe bed Mannes (ex Substantia Mariti) verforget
gu verftehen feye” (Reff. 10. Juli 1714).
Mannigfader Streit und Haber, vielfaltige Beſchwerden in den k. Stad-
ten (S. rückſichtlich der Stadt Sglau meine Geſch. berfelben S. 319 ff; in
Olmütz insbefondere wegen ded Brauurbars) brachten bie Regierung dahin, ihrer
Verfafjung und Verwaltung eine neve Organifation gu geben.
In Brinn namentlich hielt ſich die Buͤrgerſchaft insbeſondere durch die
ruckſichtsloſe Hebung der Stadtrenten und die Bevorzugung der vornehmeren
Bürger⸗Klaſſen beeintraͤchtigt.
Der brünner birgertide AUsſchuß — 14 oder 15 Birger — klagte
im Vollmachtsnahmen der gangen Buͤrgerſchaft bei Matfer Marl VI., daß ber
cs
Bon bem figenden Rathe wurde das Biirgermeifteramt verwaltet, mit
bemfelben monatlich gewedjelt, und folded einem jeden Sathdmitgliede cinmal
im Sabre im Namen Ihrer kaiſerlichen Majeflat durch ben fonigl. Richter uͤber⸗
tragen und anvertraut. :
Die uͤbrigen 12 (fpater 5 — 6) gefchwornen Perfonen (des auferen R
thes) executiren ihr munus weiter nidt, ald wenn etwas publicum vorfaͤllt
und foll ohne Gorwiffen nichts vorfallen, wads gemeinen Stabtnugen betrifft. |
Obgleich diefelben den Charakter oder die Dignitdt der Rathdperfonen
haben und in dec Gemeinde alg [olde aud geachtet wyrben, fo. bleibt unp
ſtehet bie ganje „Authoritaäͤt und Arbitrium rerum” bej der Regiexung des
figended Rathes, obgleich ber aͤußere Rath die Praͤrogativen bes inner genießt.
Diefe Prdrogativen find: daß bie Rathémanner in ihren Wohnhauſern
von ber Quuartierlaft befreit find; bet offentliden Umgaingen geben ſaͤmmtliche
Glieder beider Rathe nad ber Ordnung und dem Range ihres Gintrittes in
ben Rath, und gwar vermoge urhlter Obfervanj; weiters fam ihnen ju oaé
boneficium bed Braͤuhauſes, d. i. wodhentlid 1 Cimer Bier gegen Zahlung von
1 ff. fuͤr jedes Faß aus dem Braͤuhauſe begiehen gu fonnen.
Pon dem regierenden Rathe Hangt bad Stadtregiment und die Beſtellung
aller Stabtimter, Erneuetung ber Zinfte, die Berwaltung der Stadtwirthſchaft,
ber Rirdhen, bes Spitald rc. ab.
Nach uralter Obfervang wurden baher bei ben fahrlidgden Rathserneueruns
gen gu ben verſchiedenen Stabdtamtern je zwei Mitglieder aus beiden Rathen
gewaͤhlt und beftimmt, u. 3. unter Gidespflidt. Zu diejem Ende lapt der ge-
fhworene Rath auch ben dufgern Rath gleich andern Tags nad ter Verneues
rung aufs Rathhaus fordern, um fic) deffen Rathes fowohl in obiger ald in
anbern etwa widtig vorfommenden Angelegenheiten yu bedienen.
Alter Gepflogenheit nad wurden die Etadtimter der Art beftellt, daß ges
wiffe Aemter von den innern Rathdperfonen allein, andere von dem innern und
duBern Rath zugleich, die dritten aber allein von dufpern Rathsfreunden abmis
niftrict und verwaltet wurden.
Aemter inneren Kathe:
a) bad Birgermeifteramt wird 4 Woden abwedfelnd abminiftrict.
Bor demfelben haben die Parteien ihre Anliegen ſchriftlich ober muandlid
angubringen, welde bei widtigen Fallen beim nadften Rathdtag vom
verfammelten Rathe, in minder wichtigen Fallen unter Vorſitz tes Fonigl.
Richters von 2 bid 3 per alteften Raͤthe entfdieden werden. Der Bür—
germeifter führt bas Direftorium des Raths, halt bas Stabdtfiegel in feis
ner Berwahrung, muß immer gegenwartig fein. Ihm werden zwei Maths:
biener gehalten und hiefür Roftgeld 2'/, Gulden wodentlih, dann ein
Faß Bier und 2 Gimer Wein verabreiht. Da ber Birgermeifter mit
etliden ber Alteften Rathe die meifte Zeit ſeines Amted auf dem Rath-
397
Haufe jubritgen mag, fo wurde ifm aud gemeinen Mitteln friiher die
RoR verabreicht, ſpäter aber pr. 4 Woden 30 fl. und 1 Eimer Wein
gegeben. -
b) Tafernen md Mühlämter werden gemeiniglich burd ben Primator
(alteften) und ben ndchftalteften Rath verfehen. Sie haben die Aufſicht
fiber Den Vaferner (den von der Stadt aufgeftellten Weinverfdleifer des
Ridt. Weinſchanks in der Taferne), welder ben Wein in feinen Verrait
und Dad Geld in eine verfpercte Truhe, wovon die Schluͤſſel fic in der
RatHsftube befinden, gu legen Hat. Den Tafernherren liegt ob, die Tas
ferne mit frembdem auolaͤndiſchem und Kraͤutelwein gu verforgen, und auf
bie Gebahrung mit Demfelben Acht au geben. Nebſtbei Haben fie mit
Dem ſtädt. Brunnenmeifter die Snfpeftion fiber bie Muͤhlen, Waffergraben
und Waſſerwerke, ferner darüber ordentlide Raitung gu fubren. An
Beſoldung begiehen fie nichts.
c) Das Stadthudhalteramt wird von Bweien ded innern Rathes
verwaltet (feit 1604), wovon einer die Raitung führt. In die Budhal-
terei- Haupt + Raitung fliefen alle Gemeindeeinfiinfte aus allen Aemtern
jufammen. Der Rechnungsfiihrende muß fiir jedes Amt befondere Spann:
zettel Gaben; durch ifren Berrait gehen die monatliden Ablohnungen.
Sie nehmen aus allen Aemtern u. 3. Taferne, Brduhaus, Maut, Weg,
Markthidfen, Bletgeld, Contribution, Weintare 2. wad auf dem Rath:
haufe in Gegenwart ded ganzen Rathed cofligirt wird, in Empfang, zah⸗
fen alle Stabtbefolbungen und alle fonftigen Stabtauéslagen aus. Was
librig bleibt, wird zur Bezahlung ber Stabtfdulben verwendet. Auch
Ubernahmen diefelben die Cinfiinfte don Gurein, und Hatten bie Aufficht
fiber bie Maut, Weg und Marktbüchſen. Reine befondere Befolbung.
d) Bierverwalter. Zwei Glieder bed inneten Nathed haben die Inſpek—⸗
tion uber ben Marktidreiber, welder die Malz+ und VBierraitung führt,
Uber die Waizeneinkaͤufer, Bierſchaͤnker, Bierbrauer, Malzknechte. Beim
Bräuen und Ginfillen haben fie gegenwartig gu fein; aud beim Malz⸗
machen Gaben fie barauf gu fehen, daß das nothige Malz und Hopfen
beigefafft wird; fie fuͤhren bie Bierrechnung. Much fle haben eine eigene
Caffatrube, wovon bie Schluͤſſel in der Rathsftube.
Reine befondere Beſoldung.
e) Snfpeftoren ber Fleifmer und Bader. 3wei des inneren
Rathes Haben auf den Wochenmärkten am Plage gu fein, Brod abzuwä⸗
gen und auf bie Befolgung ber Tage gu fehen und nad Gutdinfen in
Fer Woche RNahfidht gu pflegen.
f) Zeugamtsverwalter. Zwei ded inneren Rathes haben die Aufficht
liber bas Geſchütz, Musketen, Salniter, Pulver r.
g) StadtgeriGtss und Zuchtgeſchworne. Zwei beds inneren Rathes
haben die Verhsr- Eraminirungen und GErequirung ber Gefangenen im
408
Bu erzwingen '), da diefed fid alfo in ber wahrhelt Befünden folte,, Keines⸗
weegs Bu geftatten, fondern Shm all folded, was jeiner Instruction nicht gee
mag ift, uon bec Commission nacdridlidh gu unterjagen feye; Vndt gleich wie
Tertio. in anderen Guferen Koͤniglichen Stadten die gutte einrichtung
Bereiths geſchehen, daß die gemein Wurthſchafft night uon denen particular
Raths-Perfohnen, fondern Bon eigenen Beambten unter der obſicht des gangen
Magiftrats gefubrt wirdt.
Alfo folle folded nicht weniger Bou Vnſerer Konigliden Stadt Reitiftadt
fibrohin allerdings in Beobadtung gebracht, mithin die gemein Würthſchafft
nicht uon bem Primatore ober Burgermeifter, ober gewiſſen fo genandten Bur
germeifter Verfehen, fonbern mit ordentliden tauglihen Beambten ohne Verſchueb
Peftellet, uon denenfelben ber ihre getrewe Berwaltung die Raittungen per
omnes rubricas 3u Handen des gejambten Magiſtrats erleget, und folgendts
uon bem Magiftrat in corpore aujfgenohmen, revidiret, und Zur weitheren ride
tigteit Befordert werden, daß folchemnad alle particular - Inspection ber Raths⸗
Verwandten Hiemit Caffiret, und Hingegen bem Magiſtrat in corpore durchge⸗
hendts in allen würthſchaffts gencribus eingeraumet feyn ſoll. Vndt weilen
Quarto. Bey ber Commissorialburdhfudung ber Bießherigen Wuͤrthſchaffts⸗
gebafrung eins und andere Borenthalt> und abjeithige eintheils ober Verwen⸗
bung der gemein-Ginfinfften hernorkommen ddrffte, fo Bleibet dießfahls der
regressus wieber bie jenige, fo darinnen Die handt gehabt, auff alle weife Bor-
behalten. Legliden und
Quinto. wirdt bie Commission Bey ifrer relations-abftattung nod abfons
berlidh gu Reflectiren Haben, ob es nidt Bey Beſßerer einridtung der Wirth:
fdaffté administration bahin zu Bringen ware, daß führohin die Burgerlichen
Camin-gelber ex reditibus der gemeinbde, et bursa Communi abgeftoffen, mithin
bie Burgerſchafft dießes oneris ber Camin-gelder aus eigenen Gadel enthoben
werden Ronnte ?
Welchem allem nad Ihr ber Commission bas weithere mitgugeben, und
ob derfelben forberfamber forties: aud) Baldiger außmachung darob zu feyn, aud
fo bann Gwer guttacdten anhero zu Befdleinigen, und wer bie Commissions-
unfoften, fo inmittelft ex bursa Communi herzufdiefen, fo dann etwa uon denen
Singulis denunciatis au erfegen haben modte? gehorjambft Beyzufiigen wiffen
werbet. QHieran 2. Geben Wienn ben 3. Aprilis 1724.
Die GemeindesWirth(haft burd eigene Beamte fihrte bel
allen f. Stadten das nachfolgende Relfcipt Karl VI. kategoriſch ein:
Liebe getreͤe; Demnach Bey Vnß Verſchiedentliche Nachrichten etn fomuren;
Gamb die gemein Würthſchafft- Vnd einkunften in Vnſeren Koͤniglichen tadt en
"@al
1) Nac den Verordmungen vom 13. September 1731 und 5. Auguft 1787 Gat herr Gees
fein votum decisivam, fonder unr honorarium. vot Re
400
nidt burd aygents angenofmene Beambte, und Vnter obfidt deren Magiftraten
in Corpore, wie ed Bnfere eriftere ergangene Resolutiones Vermigen, Gondern
gum Theill gleidwobhlen, nod durch die Particulares deren Raths perfohnen
Berwaldet werde. Diefeé aber eine ftrafbahre Contravenienz wieder Vnſere
allerhodfte Resvluta; undt zugleich eine bem gemainen Stadt-Weefen Verderb⸗
ihe Vnordnung ift. Alß wollen wir gnddigh undt Ernfilid, daß allen Magi-
stratibus Vnſerer Königlichen Stadte bie genaue und aifo Balbige VBefolgung
Sothaner Vnſerer gnadigften Resolution nachbrücklich durch Vnſeren Landes⸗
Bnter⸗Cammerer mitgegeben werden ſolle, mit bem Bedeuüthen, daß wenn Gin
Raths⸗Mann Von nun an hierwieder ins künftige ein Wuͤrthſchafts⸗ambt, oder
ein in bad oeconomicum der Stadt quocumque modo Einlaufende Rubric Bev
ber Stadt gu Fubren Sid VBnterfangen wuͤrde, derfelbe nidt nur eo ipso Von
ſeinem Maths dienft oassiret fein, ſondern aud geftalten faden nah annod mit
Giner andern wohl Emypfindliden Straff wegen difer Bermeffener Vnternehm⸗
bung angefehen werben folle. Worauf tann Von Vnferem Ronigliden Landes
Bnter Gammerer genau gu Invigiliren auc) Jedermann die Denunciation Frey-
ftehen Vnd die Erſt wahrnehmende Contravenienz, damit Wir Gin Grempel
Statuiren mogen, anher gu Beridten feyn wirdt, Worauff dann Ihe Vnd Vnſer
Koͤniglicher Landes Vnter Cammeret eine Befondere Vigilanz tragen werbet.
Hieran 2c. Geben 4. September 1724.
Der Raifer verlangte bas Gutadten einer faif. Rommiffion uber ben Vor⸗
{blag ,deren gu inftruirenben Königl. Städtiſchen Würthſchaften“
und befahl (Reff. 11. Mai 1725) beffen Beſchleunigung.
Nachdem kaiſ. Kommiffionen mit Hilfe von gefdwornen Landesbuchhaltern
alle Stadt- und Rathsamter, die Verwaltung und Rechnungen ber k. Stadte
unterfudt §atten, erfolgte die Authorifirung einer aif. Würthſchafto-Ein—
ridmtungs-Rommiffion (Reff. 5. April 1726) und die Errimtung
von Wirthſchafts-Direktorien in den k. Stadten (1726), die gang uns
abbingig vom Stadtrathe bad Gemeinde -Vermogen, unter ber Oberaufſicht und
Leitung einer vom Raifer (Reſk. 19. Dezember 1729) eingefegten faif. Oeto-
nomilesRommiffion in Brinn verwalteten. Die legtere hatte die wichti⸗
geren Vorfalle abguthun und an fie muften bie Reduungen zur budhal:-
terifdmen Revifion (durch einen geſchwornen Landesbuchhalter, denn dte
Staats⸗Buchhaltung entftand erft 1749) eingefendet werden. Die Obere
bireftion bildeten der Geheimrath und Oberftlandridter Midacl Schubirz
Freiherr von Chobinie, der Landesunterfammerer Georg Friedrich Zialkowsky
von Zialfowig und per iglauer Kreishauptmann Rarl Gotthard von Wim ftein.
Der Stadtrath verlor faft allen Ginflug auf bie Oefonomies
Berwaltung der Stadt, behielt nur die Adminiſtration der offents
(iden Ge( afte (publico-politica und judicialia).
Zugleich hob Karl VI. die bisherigen willkührlichen und audfdweifenden
Geld- und NaturalsTheilungen ber Magiftrate auf und führte
410
Sefimmte Beſoldungen ein; rückſichtlich Brüm's mit dem foigenden
Rejtripte an das t. Tribunal:
Liebe getrele. Nachdeme die neue Wiirthfdafté-Directoria fe wohl qu
Brinn, als yu Znaym durd die Von Uné hierzu gnabdigft Befiette Commissie-
nes Bereiths aufigeridtet, aud wegen deren Beaydigung an Ermefte Commiffa-
rien taf Beborige ſchon etgangen, Undt e6 nun an bem if, daß, weilen Bon
mun Die Biedhero nad eigenen wobhlgefallenen Beeder Magifiraten ofne Un⸗
ſeren gnddigften Vorbewuſt auff ein exorbitans Quantum ju merklicher Verküri⸗
gung Der StadteGemeinden eingeführte Divisiones: an geldt und naturalien
Vollig auffgehoben feyndt, ermelten Beeden Magistratibus fir dad funftige ge-
wife Befolbungen, dann ein Deputat Von Bier aufgeworfen werde; Woriiber
Wir fo wohl Von der yu Briinn Vorhin fon auffgeftelt geweften oeconomiae-
Commission, ald aud) Von denen jegigen au erridtung gedachten Würthſchaffté-
Directorii ju Brinn und Znaymb Beftimmten Commisarijs bas Behdrige gutt-
achtlich gnaͤdigſt eingezogen.
Als reſolviren Wir gnaͤdigſt hiemit führohin Von der zeit an, wo Erſt
gebachte Commissiones in Vnſeren Ramen die Vorige unbefugte und eigenmad:
tige Divisionos und Participationes an geldt und Naturalien ober Deputa⸗
ten eingeſtellet, dem Magiſtrat Unſerer Königl. Stadt Brünn die Beſoldungen
am geldt, dann bad Bier Volgender geſtalt Jaͤhrlich durch bad Wuͤrthſchaffts⸗
Directorium, und gwar Benandlich dem Koͤnigl. Richter allda am Geld in
quatemberiiden ratis FJährlichen Gin Taufendt gulden, und an Bier Achtzehen
Vaaß.
Dem Primatori Jaährlichen Sechs Hundert gulden, und am Bier zwoͤlff
Baaß.
Dann denen Vier naäaͤchſten Raths⸗-Verwandten an dem Primatore jeden
Jaͤhrlichen Finfhundert guiden.
Denen Vier weither folgenden Jaͤhrlichen Bier Hundert Gulden.
Undt entliden denen drey letzteren bed Snneren Rathéd am Gelbdt jedem
dreyhundert gulden, und einen jeden Von allen diefen Jährlichen zwoͤlf Vaaß Bier
in natura, fonften aber feine naturalien, wie Die immer nahmen haben mdgen,
als welde in gefambt hiemit nodmahlen auffgehoben feynbdt, gereihet werden
follen.
Betreffendt den auferen Rath gu Brinn, welder Vermsg Commiffa-
riſchen Berichts in bem Stadt⸗Richter and Vier Affiftenten Beftehet, ba wollen
Wily dem Stadt Richter wegen feiner Vielen arbeith, und damit bie Literati des
ſtomehr Berbeygebract werden, allermafen Mir dann aud dad Stadt Ridter
Wade nde per Turnum, fondern allemahl fabigen Literatis ex Gremio aufgetras
nen Daven wellen, gleichfals zu feiner Jaͤhrl. Befolbung Hiemit Sechs Hundert
EMulben. und zwwölff Vaas Bier in natura ausgeworfen, aud demſelben, dann
Peat Merged Sechreiber aur zeit, bie Bon den Magiſtrat an die oeconomiae-
Ctsintectan nied Oleten folgender Abſchriefft Sub Signo A Specificirte Acci-
411
deatien ') jedoch ohne darbey gu excediren, fernerd uberlaffen, dabey hingegen
gleichwohlen die in diefer Specification enthaltene Satz- oder Ein⸗ und Auslaaß⸗
qelber derer Gerichtlichen in Causis Criminalibus ingaftirten Perſohnen nicht allein
Boͤllig anffgehoben, fontern ta aud) Vorfommet, daß gedacter Stabt-—Ridter
Bon denen in die Stadt führenden Fifchen, Ayern, und anderen victualien einen
gewiffen Theill alle woden Mardt durch den Gerichts⸗Diener zunehmen pfleget,
welded aber wieder Boligey und Billigfeit Lauffet, und nur gu Theuerung ans
ziehlet, dieſes ebenfals Ihme Stadt Richtern, ober wer fonften etwas dergleis
chen genieſſet, cin undt abgeſtellet haben; Worüber Jor dann durch bie Politzey⸗
Commission gutte obſicht halten, und dieſe Beederley Exactiones würdlich ab⸗
ſtellen Laſſen werdet.
Ferners wollen Wie auch bed Stadt-⸗Richters erſteren Assistentibus jedem
Jaͤhrlichen zwey Hundert Gulden, und denen zwey legtern Jährlichen Einen Jeden
Gin Hundert gulden fir afl und jedes ausgeworffen haben. Welded Shr dann
*) Specififation deren Senigen Tagen, Accidentien und Befolbungen, weldhe der Herr Stadt.
Ridter ber Königlichen Stadt Vriinn yu Empfangen hat, nnd zwar:
Hat Herr Stabt Ridter Bon ber, alle 4. wodentlider ablohnung an feiner Befole
bung 30 fl., bas Jahr bindurd feyndt 13 ablobnungen mithin fommet Baar 390 fl.
We Babrmardte Hat Herr Stadt Ridter an Standt und baufir-geltt obngefdbr 70
and sO fi., welides bod nicht ein Dtarfh wie ber anbere ift, und ſeynd in Ginen Jahr
6 marfte, mithin Baar 420 fi.
Von zuſchreibung deren Haüßern hat Herr Stadt Ridter von 1000 fl. 8 gulden,
wovon dem Geridhts-Sdhreiber 1, gebühret, wann aber eit Hauß anff wehrungen, und
nidt Baar Erkauffet ober jemanben Titulo haeredis zugeſchrieben wirb, ba ift nidt 8 per
mille, fonbern Bon Ginen Kleinen Hauß 3 Thaler Mähriſche, Von einen mütlern 6, Von
einem G@roffen aber 9 und Bon Einen Herrfchafftliden 12 fl. Discretionis nomine gu ent⸗
richten. Von denen Geridtliden Depositis hat bas Geridt Vou 1 Thaler Mähriſch 1 kr.,
davon bat ber Geridhts-Schreiber '/, zu Empfangen.
Bon denen CriminalsYnbafftirten Perfonen hat Herr Stadt Ridter von einen jeden
eine und außlaſß⸗ gelbt Vermbg ber Joſephiniſchen Peinlichen halß⸗Gerichtsordnung 1 fl. 12 fr.
Bon benen Geridis-Spdhren gebiibret Vou einen Sigillo 1 Thaler Mähriſch, davon
bem Geridts-Sdreiber '/, zukommet.
Von denen Immissionibus und Cinfiihrungen in bie Haüßer ift zu Begablen 6 Tha-
ler Mähriſch, bavon bem Gerichts⸗ſchreiber '/,.
Bon Einer Geridtliden zeigen Verhörung 1 Thaler Mähriſch, bavon bem Geridts-
ſchreiber '/;.
Von Cinem Geridts Atiestato cum Sigillo ein Thaler Mähriſch, davon bem Geridts-
ſchreiber 1/5.
Von denen Criminal Inqvisitionibus, Straff-Gelbern, und Contrabant-Gaden bat
Herr Stadt-Ridter Bieshero tein Kreitzer Befommen.
Weillen die meifte Cintunfften des Briinnerifden Herren Stabt-Ridters, mie oben
Specificiret in benen Tay» Gelber Beftehet, welche aber nidt gewieß, foudern ein Jahr
mehr, bas andere weniger, Befonders darnadh Haußer in bie Büchern improthocolliret
werden, einkommet, alfo ift nichts positives zu nennen, ih meine’ crths habe Jährlichen
1500 fi. aud 1600 ff. Befommen.
Frangy Juli Wafferretcd.
412
fowohl dem Magiftrat Unſerer Königlichen Stadt Brinn, als aud infonberheit
unferem Landes UntersGammerer, dergleiden der gu Brünn jetzo fuͤhrwehrenden
Commission, umb barnad das Wiirth{hafftd « Directorium ju instituiren, aud
biefen Auffſatz in bie Ynftruction mit eingugiehen, alfo gleidh, und gwar ex
officio Bedeutten werdet.
Demnach aber hiebey unberithrter nicht aulaffen, dak der Magiftrat an
Brinn derley Ihme nicht zugeſtandene gu (aden der gemeinen Bürgerſchafft
gediehene, folglih ungewiffenfaffte, an ſich felbften aud fo abermaffige Geldt
und andere Divisiones, wie foldbe aus obigen Signo C Uné mit Vefrembdung Bor-
gefommen, nicht allein fid) gugueignen, und foldhe faft Bon Jahr yu Jahr au
Vermehren, tiber alles diefed aber fothanen unbefugten Genuß obgebadter Brine
neri{den oeconomise - Commission fo fed, als ob Gelbter darzu nod ſowohl
Berechtiget ware, Vorzulegen fic unterfangen, fondern aud nod ferners dahin
fi Bergangen, dag, als Selbter in Anno 1722 Ben Wns Vermittelft des Lan⸗
des⸗Unter⸗Cammerers umb die Juden Einlaß-Gelder Supplicando cingefommen,
bie Hierbey folgende Consignation untern Schein, ald ob Er Magiftrat in Gelde
und natura cin mebrered nicht genieffete, damahls Sub lit. B. eingereidet,
welche faum ben bdritten Theil beffen Betraget, fo fie jego oben Sab sig. C gu
genieffen geftehen, mithin Vns damahls gu Hintergehen ſich nicht gefdeuct haben,
wie bann Vorfommet, bag aud) eben dieſe Consignation Sub B Bey ber oeco-
nomiae-Commission gum Vorſchein gefommen, welche aber in ihren Beridt Von
fecften Novembris Legthin, baBon ju Vnſerer Befrembdung nichté erinnert,
fonbdern mur ben erhobeten unbefugten Anfdlag Sub Signo C pro objecto ges
nommen fat, und fuͤr ridtig gebalten, fo Hatten wir zwar Urfad gebabt, dad
künfftige gehalt erbeutten Magiftrats nach deſſen eigenen Vns gugefommenen
obigen Consignation Sub lit. B. faffen gu faffen, fonften aber. auch dieſe Erkuͤh⸗
nung, und daß Sie mit einer fo ungleichen angeuge Uns angehen doͤrfften, mit
grofferer Schärffe zu anthen; Wir haben jedoch aud denen Befdehenen gehor-
faubften Borftelungen Uns endlich gnadigh Bewegen laffen, jet obbefagted
gegen dem alten herfommen wohl ergebiges Gebalt in Gnaden ausguwerffen, in
ginglider gnabigften guverficht, bag ermelter Magiſtrat diefe Befondere Gnadt
mit funfftiger Treuͤ Embſieger Vertrettung feiner Obliegenheit Beftandig gu ers
kennen, nad aller moglidfeit Beflieffen feyn, und Und yum einen anderen nicht
etwa BVeranlaffen werde. Indeme aber gleichwohlen keines weged nachzugeben,
bag Er Magiftrat ſich dahin Vermeffen, eines Theils feine Stipendia eigenmäch⸗
tig gu einer ſolchen üͤbermaaß gu erhöhen und die gemeine Stadt gu Gerfirgen,
anberen Theilé aber Und feine Proventus Bermig obgebacdten Allegati Seb B.
zu erſchleichung ber Juden + Ginlaags Gelder wieder bie wahrheit weit geringer
Vorjulegen, fo werdet ihr ben Koͤniglichen Richter (fo Befagte Specification
Sub B. damahls authentisiret Hat) nebſt einigen ex Magistratu Vor Ench Ve⸗
ruffen, Ihnen diefed ungleiche anbringen, und daß ber Magiftrat ich: eal} ee-
Salaria eigenmaidtig au erhoͤhen, darzu nod die participationes zu Bedeuny'
413
feines Unfugs in feine Ravyttung zubringen, mithin wieder feine Pflicht mit
denen Gemein- Mitten augebahren, fic gelieften laffen, für diesmahl ſcharff
Verweifien, anbey nachdridlid errinnern, fich fürohin Von derley wieder Pflicht
und ordnung lauffenden unziemblichkeiten, alfo gewieß gu enthalten, alf Wir
fonften gegen die Uebertrettere mit mehrerem nadbrudh, aud mit entfepung
Von der Rathmannd: Stele, Burger Redt, und fonften Verfahren laffen wur⸗
ben 2c. 2c. Undt indeme obgedachte fammentlidje drey Commissiones aud dav:
fiir halten, daß Bey jegigen Wuͤrthſchaffto⸗Directorijs, wo bie Stadt undt Landt⸗
Warthidafts-Officia derer Singulorum ex Magistrata nunmefro aufhoren, die
DHieshorige Angahl berer Raths-Verwandten Bey denen Maglftraten
unnothig feyn werde. Wie dann diesfalls Unfers Hodgeehrteften Herrn Bat-
ters Wayl. Rayfers Leopoldi Mayeſtaͤt und Liebden Bereiths untern Neunzehen⸗
ben Auguſt Anno Sedyehenhuntert Bier und achtzig an Unfer damahliges Ri,
nigliches Tribunal rescribiret haben, nicht gu Befinden, taf bem gemeinen wees
fen mefhrere Rathd » Manner, als Bonndthen auffyunehmen, Vortraͤglich feyn
fdnne.
Alf Befehlen Mir Euch ferners gnadigft Hiemit, daß Ihr Respectu ber
Anjahl derer jegigen Raths⸗Verwandten in allen daſigen Koͤniglichen Staͤdten
ob, und wie Viell deren Bey jeder Koͤniglichen Stadt, ſonderlich Bey denen
jetzo gu Brünn und Znaymb auffgerichteten Wuürthſchaffts-Directorijs (welche
aud Successive in denen übrigen Koͤniglichen Staͤdten allda folgen werden)
etwa kuͤnfftig gu erſpahren, dann aud ob nicht gu Ollmütz und Neuſtadt die
mehrere Beſtaͤndige Burgermeiſtere, zu Znaymb und Iglau aber doppelte
Primatores abzuaͤndern, und dieſe Magistratus auſſ dem Fueß der Koͤniglichen
Stadt Brinn, wo alle Monath dad Burgermeiſter⸗Ambt herumgehet, und nur
ein Primator Befuͤndlich, zuſetzen ſeyn mocdten, Unfern Landes⸗Unter⸗Cammern
Respectu Sriinn und 3naymb, in Specie aber auch die bafige fego in operatione
ftehende Gommiffionen Vernehmen, fodbann darüber Ewere guttadtlidgen Gedan-
fen naächſtens in Unterthanigfeit erdffnen follet. Hieran 2c. Geben Wienn den
11. Dezember 1725.
Unter Ginem mit der Regulirung ber Mtagiftrate erfolgte auch jene der
Gemeinde -Vertretungen.
Damit dasjenige, was ber Gemeinde Nothdurft erfordert, im Namen und
in Angelegenheit ber gangen Gemeinde bei bem Magiftrate gefdehe und ordent⸗
Tih burd einige dazu auserficfene Perfonen, weldje bie burgerlidhe, unter dem
Magiftrate flehende Communitat reprdfentiren, vorgebradt oder benfelben vors
geftellt werden finne, fol in feder fdnigl Stadt ein burgerlider Aus
{hus (mit Aufhebung anderer Hidher verſchieden gebräaͤuchlicher Benennungen)
in Brinn und Olmig aus 12, in ben tibrigen & Stadten aus 10 (ober, wo
bisher weniger waren und zur Verrichtung ihrer Obliegenheiten hinreichten, nur
aus Ddiefen wenigeren) wobhlbehaltenen Mannern verſchiedener Profeffion beftes
hen. Diefer Ausſchuß fol alle 3 Jahre von ber auf bem Rathhaufe zuſam⸗
414
menfommenden Gemeinde gewablt, dabei aber unter dieſem Ausſchuſſe 2 Pere
fonen gu Gemeinde-Rathen (GemeinsRednere) auerforen, dana
biefe Wahl bem Magiſtrate und von diefem dem k. Lnndesunterkämmerer⸗
Amte befannt gemadt und von Ddiefem die landedfirfilide Confirmation einge-
bolt werden.
Das Ausſchuß⸗Amt iff pro honore et amore publici unentgeldlich gu vers
feBen, darf aber feinem sider feinen Willen auf Lebenszeit aufgebürdet werden.
Dod fann aud die Ablehnung nad) Musgang ber 3 Jahre mur aus erheblichen
Urſachen zugelaſſen werden (Ref. 5. April 1726) 5).
Die Beſchraͤnkung der Stadträthe auf bie Beſorgung ber öffentlichen Ge—
fafte, bie Geltung ted fremden, beſonders ded künſtlichen römiſchen Rech—⸗
tes, und die Reducirung der Halsgerichte ſchloß, zu Gunſten der rechts⸗
gelehrten Leute, Die Burger immer mehr von ben Stadträthen aus.
Wir haben erwahnt, was bad Neffript vom 11. Dez. 1725 ,, damit die
literati deſto mehr herbei gebradht werden” wegen Berfehung bes Stabtri ds
teramtes angeordnet. Wer ein birgerlihber Ringsmann in Brinn (die
Ringsleute wurden gewohnlid zu Stadtamtern gebraudt) fein wollte, mufte
wlitterivet” fein ober von Ihrer Majeftat Difpenfation erlangen (Ref. 26. Jan-
ner 1731).
Bei der ſchlechten Beſtellung ber meiften Halsgerichte beftand gwar {don
linger die Neigung und Nothwenbdigteit, die beffer befegten ber k. Stadte aur
Aushilfe gu nehmen. Da died die lesteren belaftigte, verordbnete gwar Karl VL
daß bie fF. Kreishauptleute ohne BVorwiffen und Vefund bed k. Tribunals nicht
Maht Haben follen, einen bei einem auswartigen Haldgeridt eingebracten
facinorosum in eine fF. Stadt gu tranéferiren (Ref. 10. Juli 1714). Alsbald
wurde aber von großem Ginfluffe auf die Verfaſſung ber Etadtrathe bie von
Karl VI. begonnene beffere Einrichtung der HalSgeridte (Refeript
8. Maͤrz 1725), bei melden fic) befonderd ,in der Snftruirung und Abfubrung
ber Rriminalproceffe und in ber Grefution ded Todedurtheils“ große Mängel
und Gebreden geoffenbart hatten. Dieſe Regulirung ging vorzuͤglich auf eine , Ree
ftringirung der Halsgerichte“ aus, an welden fid nod in den erften Jahrze⸗
henden des 18. Sabrhunbderted ber 200 in Stadten, Märkten and Dorfern
Mahrens befanden. Die von Karl VI. (Ref. 10. Juni 1729) begonnene bedeu⸗
tende Berminderung der Halsgeridte fuͤhrte Maria Therefta nod weiter, indem
fle bid auf fene in ben fonigliden und in einigen Municipial-Gtadten und
Markten alle übrigen fufpendirte (im brünner Kreiſe blieben nur in Nifoléburg
Wifhau, Aus(pig und Saar) und die Gerichtsſprengel ber fufpenbdirten den
1) Diefes Reftript feste bie Bahl ber Ratheminner in Brünn und Olmilt mit 12, in der
Rbrigen königlichen Städten mit 10 fe (S. wegen Vritun und Znaim 6. 389).
415
brig gebliebenen zuwies, obne diefen bie bieburd erwadfenen Laften vollftan-
big vergitten gu laffen. Die Koften der eigenen Surisdiftion (in jurisdictione
ordinaria) Hatten die Haldgerichte felbft gu tragen; zur Beridtigung ber often
in ber ubertragenen Surisdiftion (in jurisdictione vicaria) wurden bei Private
verbreden, wenn fie ber Sirafling nicht zahlen fonnte, verſchiedene Strafgelder,
Gammlungen und Laren beftimmt, bei osffentligen Verbrechen ſchoß fie aber
bec Rammeralfond vor (Ref. 18. Nov. 1752). Die bidher fufpentirten GHald-
geridte fatten zuſammen an die verbliebenen jährlich 1974 fl gu entridien und
verfdiedene Fonde und Beiträge zur Dedung ber Kriminalfoften behilflich gu
fein (Ref. 27. Oft. 1753).
Die Folge ber immer groferen Entfrembung ded Rechtsbewußtſeins tm
Volke, wie ber immer entfdiedeneren Anwendung bed fremden Rechtes war, daf
bie Verwaltung in den Stadten immer mehr ausſchließend in die Hande gelebrs
tec Reute fam. Daher beftimmte aud tas Refcript vom 12. Oftober 1734,
taf in den fonigliden Städten Brinn, Olmiig, 3naim, und Iglau feine andern
Subjefte, als juridice Litterati, in die Rathswahl gezogen werden follen, und
valide elegiret werden fonnen.
Wenn aber andere Kandidaten, befonders Ddiejenigen, welche in re oeco-
nomica wohl verfiret, ober (onften wohl meritiret find, in die Rathswahl gebracht
werden wollten, find foldje gu vorigen von Shro Majeftat ratione Eligibilitatis
auszubitten fommenden Difpenfation anzuweiſen.
In den tibrigen foniglidben Städten, ald Mähriſch-Neuſtadt, Hradiſch und
Gaya, wenn allba juridice litterata Subjecta wm die Rathomannſtelle fonfurs
tiren, folle anf diefelben caeteris parbius vor Anbderen refleftiret, und fie ohne
erhebliche Urfachen nicht prateriret, ſonſten aber in defectu derſelben auf die
Literatur ber Rompetenten, fo weit ſolche bei ihnen anjutreffen, wie aud uͤbri⸗
gens auf ifre Berbienfte, und in rebus oeconomicis befigente Erfahrenheit ge:
fehen werden (Wefebrod S. 194).
Wie ernſtlich die neue ,Ginridtung der f. Stadte” gemeint war, aeigt
bas nadfolgende Refeript Karl VI. an den Ginridtungs-Rommiffar Freiberrn von
Schubirz: Wobhlgebohrner Lieber Getreuer. Demnad Bey lind der wobhlges
bofrne unfer Rath, Koͤniglicher Burggraff gu Znaymb, unb Lieber Getreuer
Maximilian §rang Xaverius Freyherr Von Deblin, auf Alts und Neühardt,
wie aud Mauthen mittelft eines allerunterthanigften Berichts von 23. April
liingfthin bie allergehorfamfte Anzeige gethan, daß Grftend die Sessiones Ma-
gistratus in Unſerer Koͤniglichen Stadt Znaimb Vielmahlen an eben felbigen
Tagen, wann ber Stadt⸗Richter, ober aud) bas Directorium ihre Halten, zuſam⸗
ben Treffen, wordurch aber Befdehete, bag Bey eins und anberer Session Viele
Raths-Verwandte abrweefend feynd, einige aber Bon einem Sessions-Orth gu
bem anbern fich verfiigen, ober Bald ba oder dorthin gehen miffen, mithin fo-
thane Sessiones nicht allemahl orbdentlid) vor fic gehen fonnen. Andertens aber
der Magiftrat, und bas wilrth(daffté-Directorium daſelbſt Bies dato now viele
416
Unfere gnaͤdigſte Anordbnungen nidt ad effectum geſetzet habe, auch die Instruotio
Directorii nicht erforderlich Beobachtet werbde.
Mls Haden wir an denfelben unter Heintigen Dato gnabdigft Rescribitet,
quoad passum primum zu Beſſerer Regulirung deren Seffionen felbte pro or-
dinario, wann feine Fevertage darzwiſchen fommen, von bem Stadt-Richter am
Montag und Donnerftag, von bem Directorio am Mitwoch und Sambftag, und
bon bem Magiftrat am Dienftag und Freytag halten au faffen, anfonften aber
ben fammentlicden Magiftrat ernftlid) gu evinnern, bag Ddiefe Sessiones umb Acht
ufr angefangen, folde wenigftend Bies Drey Stunden Continuiret, barbey ein
ausfuͤhrliches prolocollum geführet werden, in gedachter zeith auch die dargu
gehorige Perfohnen, Befonders aber Bey denen Meagiftratual Seffionen ale
unb jede fic einfinden, und nicht Hin und Her Begeben follen, quoad Secun-
dum aber hette Er Freyherr von DOeblin dem fammentliden Magifirat dieſe
feine Fahrlafjigfeit ſcharf guverweifen, denfelben zugehorſambſter Befolgung beffen,
was vorhin gndbdigft anbefoblen, anhalten, und in fo lang Unſere gndbdigfte
Verordnung nidt volljogen feynd, Bhnen feine Befolbung reichen gu laffen, dann
bem Praesidem Directorii, daß Gr für fic felbften ofne Beratſchlagung mit
denen Directorialibus ex Magistratu et Civibus nidté vornefme, den Magiftrat
aber, und ſammentliches Directorium, daß Gie Me Directorial- und Wuͤrthſchaffts⸗
Snftruction bem abgelegten Ayd gemäs genau Beobachten, nacdhbrudfambft mit
bem 3ufag gu erinneren, baf, wann eins oder anderer deme Contravenirte, fols
er von Shme nahmhafft gemadet, und von und wieder felbterr nicht nur mit
ber amotion von ber Rathé-Stelle, und feinem Dienft, fondern aud Benehmung
des Burger⸗Rechts verfahren werben wiirdbe; Wo im ibrigen Derfelbe Diefe
Unfere gnabigfte Refolution fo viel es erforterlich, ber Snftruction Beyruden
follte.
Weillen nun ſeyn fann, bad quoad passum primum Bey tenen Deiner
Ginridtung gnabigf anvertrauten Stddten, die Sessiones, aud in einem Tag
gufamben Treffen. Als ift unfer gnabigfter Befehl Hiemit, daß tu die Vertheil-
lung bdiefen Geffionen bafelbft auf rth und Weis, wie gu 3naymb anorbnen,
bann wann Bey eben gedadten Konigliden Stadten, auch ble Exeqvenda unter.
[affen wiirden, gegen bie Contravenienten gleid) wie Respectu des passus Se-
candi Bey Znaymb verfahren folleft, Hieran Befdiehet unfer allergnadigfter
Willen und Meinung. Geben gu Larenburg ben 5. Mai 1727.
Gine befondere Ruͤckſicht nahm dad wichtige Amt bes Stadtrichters
in Anfprud. Karl VI. verordnete, daß die ſtadtgerichtlichen Seſſionen nicht
in bed Stadtridters Hans, fondern in ordentlichen Gerichtsſtuben und gwar
zwelinal in der Woche gehalten werden (Reſk. 24. Mary 1726). Das folgende
Reffript an ben Landesunterfimmerer regelte bie Mahl bed Stabdtricters:
Geftcenger Lieber Getretier; Wier haben auf Deinem allerunterthanigften Be-
richt⸗ſchreiben Bon 13. Aprilis dießes ablauffenden Jahres, bed mehrern erfehen,
was Vns bu wegen Ver(diedener in Vnßern Koͤnigl. Maͤhriſchen Stadten Bey
417
Bornehaiung ber Stadtridterlidhen Wahl swifden deren Rathsmaͤnnern ſich ere
gebenden, Befonterés aber erft Vor Einem Jahr bieffahls entftandenen Vn⸗
emigfeiten; undt darbey mit unterlauffenden particular-abfidten allergehorfambft
angezeiget, augleid) aber gu Deffen Remedirung guttadtlid eingerathen habeſt.
Wann dann Wier Hierauff gnabigft Resolviret, daß finfftig Hin gu bem
Stabtrigter Ambt, abstrahendo a turno ftdtts ber Senige fo Hierzu der Tangs
lichſte ift, auff Ein Jahr erwaͤhlet, undt gewoͤhnlicher maffen gu Vnßerer Aller⸗
gnaͤdigſten Confirmation gebradt, fo bann Bey auflauff dießes erften Sabres
(e6 feve Bann, daß der Borige Stadt-Midter nod) weithers hin Beftattiget zu
werden’ meritivete, in welden fall auff veffelben Confirmation nur nod auff Gin
anderes Jahr anjutragen, dem Magiftrat Bey ber Wahl geftattet fein wirdt)
wiederumb auff den Tauglicdften unter denen uͤbrigen Magistratualibus gegangen,
wann aber bu Landes Vntet Cammerer wegen der Tauglichfeit bes, in die
Wahl Bringen wollenden Subjecti etwas erhoblides gu erinnern haͤtteſt, dießes
Bon bir dem Magiftrat Borgeftellet, undt ba Hierauff gleich wohlen nidt Re-
flectixet worden ware, in bem, uber die Wahl anhero erftattenden Bericht au
BVnferer Gnädigſten Resolution Bey gefiiget werden folle.
WA werdeft bu barnad bid) gu ridten undt bad Behoͤrige au Veranlalfen
wieffen.
Hiernach wirdt allergehorfambft Volbradht Vnßer allergndbigfter Wid,
undt Meinung,
Geben Wien ben 19. Dezember 1729.
Rach dem Reffripte vom 13. September 1731, welded bas Verfahren bei
ber Rathsrenovation regelte, war ber erwahlte Stabtricdter in Britnn bem
Landesunterfammerer nur ed statum notitise anzuzeigen.
Das Reffript vom 7. Mary 1727 befiehlt ben Magiftraten, auf bas P us
pillarvermigen und die Sicherſtellung deffelben ben forgfaltigften Bedacht zu
tragen, und dorob gu ſeyn, damit die Waiſen an ihrem Vermoͤgen nicht verkuͤr⸗
get werden, als im widrigen fie Magiſtrate die Waiſen in alle Wege ſchadlos
halten werden; daher auf den Fall einer erfolgenden Damnifizirung nicht nur
die Waiſenamtsvorſteher, und Aſſeſſoren und ihre Erben haften, ſondern auch
in Subsidium die Magiſtrate ſelbſt ober derſelben Erben ihnen verkürzten Waiſen
dafür werden ſtehen muͤſſen (Wekebrod S. 184).
Maria Thereſia lief, aud Anlaß eines geſetzwidrigen und fahrlaffigen Bors
ganges bed brünner Magiftrated bei ber Veräußerung und Zuſchreibung eines
Haufes ſowohl demfelben, als aud allen tibrigen StabtsMagiftraten mit allem
Radbrude einbinden, daß diefelben denen Vorhinigen und geithero ergangenen
Verfdiedenen Allergnädigſten Resolationen und Landes + Gefigen genauer nad-
feben, mithin Vermoͤg Stadt⸗Rechten, und der in Anno 1734 hierinnfahld ers
gangenen Pragmaticae Niemanden, wes es Smmer feyn mone, derley illegales
possessiones. ber Haiifer ober Stadt⸗Gründen ultra terminum a lege praefixum
ohne Behsriger Zuſchreibung Werflatten, bie Borfallende expeditiones nidt fo
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lang evliegen laffen, nadft beme So wohl Site Magistratus, alf aud bie denen:
felben untergebene Stabt-Geridten, damit die benenfelben anvertraute Bide r
tam iu protocollando, quam Registrando alſo ridtig geführet werden, auf daß
Giner jeden fid) anmelbenden Barthey iver die wahre Beſchaffenheit eines jeb⸗
webern haußes, ober Stadt⸗Grundes eine Bollfommene, und verläßliche außkunfft
ertheillet werden fonne, darob feyn, nidt minder die legtere, nemblid Stabs
Gerichten ihre, uber bie Von benen Stadt⸗Magiſtraten an Sie ergehende Bere
orbnungen dahin zu erftatten fommenbe Relationes allemahl Zu dem Gnbe
Schriefftlich, umb pro Re nata in Borfallender erfordernus benen darumb ane
haltenben Partheyen die Bendthigte -Wh{drifften davon ertheiflenyu : fonnen;
Abſtatten — und ber haubt fo wohl Sie Magistratus, alé aud: die Stadt⸗
Geridten in allen derley Grecutiond » Fallen, -uwh Rechts gngelegenheiten, nad
Maaß⸗gebung deren Stadt-Redten, und anbderer allerhddften Resolatiowam ofne
eingiger privat-Abſicht umb fo gewiffer Verfahren follen, ald im wiedrigen wie
nidt nur wieber derley transgressores respectu publici mit f(darffer ahndung
fürzugehen, fondern aud) quoad privatum benen durch berley oulpese- Vernach⸗
lafjigung und faumbfeeligfeit damnificicten. Partheyen, aud-wieder Sie Magistra-
tas, unb Stabdt-Geridten in Corpore, ober doch wenigſtens wieder’ die jenige,
welde fierinnfalls einige Schuld Tragen, ben Regressum Vorjubehalten, und
sugeftatten Bemiffiget feyn wwiirden. Bnd ift dannenhero Vnſer Snadbigfter
Befehl Hiemit an Cu, bak ihr nach diefer unferer allerhöchſten Resolution
Go wohl gu Verbeſcheidung ber hierunter interessirten Partheien, alf auc aur
fiinfftigen genauen nachverhalt deren fammentliden Stadt Magiſtraten, und
StadteGeridten, befonders des Briinners mit der obenberührten Außſtell⸗ und
Verweifung bad Vehorige gu Verfligen nicht Verweillen follet (Reff. an dad
mabr. Tribunal vom 14. Juni 1745).
Nicht weniger eiferte Maria Therefia gegen die nicht nur bei bem Buͤr⸗
gerftanbde, fondern aud) bei den hoͤheren Standen feit Langem uͤblich gewefene
Geſchenknahme. „Und Nachdeme (fagte fle) zuVernehmen ift, daß vor des
nen Magistratibus mehr Bertihrter unferer Koͤnigl. Staͤdten gu Ertheillung ihres
Poti fiir eine ober anderen gu dem Rath Stubl oder BVertrettung eines Stadt
und Wuͤrthſchaffts-Amtb, Remunerationes und Sddndungen angenohmen wers
ben, wordurch bann oͤffters Befdiehet, daß eines Theills unhadilirte, und dem
Stabdt-weefen wenig nutzliche Subjecta unferm Landed Unter-Cammerer, und
burdy diefen an Und in Vorſchlag gebracht, Anderten Theilé aber denen umd
ify Gelb gu einen Wirthfhaffts-Dienft promovirten Beamten, die GelegenGeit
an bie Hand gegeben wird, ifren Regress aué denen Gemeinen Staͤdtiſchen
Mirth (haffts-Cinkinfften wiederumb guerfollen, worburch alfo nur tole Gebah⸗
rungen gegieglet werden, welded Wir aber Bev fo bewannten uͤblen Folgerun:-
gen weber geftatten fonnen, nod wollen.
So ift Unfer gnaͤdigſter Befehl hiemit an Euch die Behörige Berfigung
und publication Sey denen Gefambten Magiftraten unferer Koͤnigl. Maͤhriſchen
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Stidten gu Veranlaßen, daß diefelbe ſich kuͤnfftighin Bon Annehmung ber miin-
deften Remuneration, eS feye nun fiir Shr Votam ju Erwählung eines Rath-
manné, ober aber wegen Anftellung eines neuen Stadt ober Wuͤrthſchaffts⸗
Beambten, umb fo gewiefer enthalten, und Bloé allein, ohne aller Neben⸗Ab⸗
ficht hierbey auf die Tauglichkeit bes Vorzuſchlagen oder anguftellenden Subjecti,
und was Hierunter bem Communi bono Civitatensi am anftandigften und nug-
lichſten ſeyn fann, ihr Wugenmerd richten follen, alé im wiedrigen ber Gebende
gu. nodmabliger Grlegung bes dati, dabingegen der nehmende gu Ausandtwor⸗
thung des angenohmenen angehalten, aud darüber einer und ber anbere mit
anderwirttiger fcharfer Anthung, und geftalten Dingen nad mit ber Amotion
ab officio suo angefehen werden wiirde, Bon welden poenali duplo bem Dies⸗
faligen denuncianten, deſſen Nahmen jederjeit geheimb gehalten werden wird,
ein Drittel, bie andere awei Drittel aber ber Stabt Cassae sum Beften der
Gemeinde gewendet werden ſolle“ (Refcript an bad Tribunal vom 23. Auguft
1745).
Noch welter ald die adminiftrative reidte bie SFonomifde Einr ich—
tung ber f. Gtabte, deren Grundfage bie Direftorials und Wirth.
fhaftssInftruftion aus(prad (bie brinner vom 29. Mary 1726).
Die gute Wirthſchaft follte bei bem Haupte der k. Stadte, bem Lande ss
unterfammerer, Den Anfang nehmen. Deshalb erneuerte Rarl VI. bad
Reftript vom 19. Auguft 1684, welches bei den k. Stddten die Gebithren bed
Landesunterfammererd und feined Amtsſchreibers salarii nomine, alé aud wie
e6 mit ben Traftamenté + Spefen bet ben Rathéverneuerungen und fonften ges
halten werden foll, reguliret und ausgemeffen hatte, worauf umb fo mehrers
hand gu halten ndthig feyn will, als es zur gutten Rictigfeit und ordnung,
befonders bey vorfeyenden befferen Einrichtung der f. Staͤdte gereiden wird.
Der Kaiſer befahl daher bem k. Tribunale, obgebachte allergnadigfte Resolution
allen Koͤniglichen Stadten, und Zugleich zu Brinn und Znaymb denen alldore
tigen Commiffionen, und Wiirth{daffté - Directorijs mit bem Bedeuten, bag dies
felbe in allen Punctis umb fo gewiffer und unnachbleiblich Beobadtet werden
folle, ald im wiedrigen bie darüber etwann Beſchehen mogende auslaagen nicht
aflein in denen Gtabt-Ralttungen nicht paffiret, fonder aud respective bie Sin-
guli ex Magistratu aut Directorijs gu ber Grfegung in prOprio angehalten werden
wiirden, uon newen 3u intimiren, und bamit es alfo nnd nicht anderſt obser-
viret werde, maffen Wir Vngerm Koͤniglichen Landes Vnter Cammerern ein
gleiches unter einft anfiigen, barob gu feyn (Reff. 19. Februar 1724).
Als ber Landesunterfimmerer ben Ginflug auf die Wirthſchafts-Gebahrung
ber f. Städte verlor; bewilligte ihm ber Raifer (Reff. 28. Mary 1734) aus den
Ginfinften derſelben ein jaͤhrliches Adjutum von 775 fl., welded nach dec awis
fen den k. Stadten uͤblichen Proportion abzuführen wat und von 5 gu 5 Jah⸗
ten neu verliehen wurde (Reff. 23. Auguft 1745).
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Garl VL authoriſirte 1732 eine Oefonomie-Oberdireftion far die
k. Städte Maährens und gab, nad Abforderung ber Inftruftionen, welde dieſel⸗
ben fatten (Reff. 23. Mai 1727), ibren Wirthſchafts-Direktorien eine
neve Inſtruktion (Reſk. 22. Fanner 1732).
Gemas ber „Inſtruction Wornadh bas fammentlide oeconomiae weefen
ber fF. Stadt Brinn finftighin zu verwalten feyn wirdt,“ Wien den 22. Sanner
1732 (von 125 Paragraphen) war die Adminiſtration besfelben durch ein bes
fondereSs Directorium oeconomicum unter einer von Ihrer Majeſtaͤt bes
fielten ObersDireftion (Kommiffion) gu führen. Das erftere beftand aus
Bem £. Ridter, als Prafed (mit einer fabrl. Befolbung von 150 fl.), aué 2
bom Magiftratéforper aus feinem Gremium gewabhlten und von der Oberdirektion
acceptirten OrbdinarisBeifigern (mit 100 fl. Befoldung) und 1 eben fo gewablten
außerordentlichen Beifiger (Erfagmann), aus 2 ordinaris (mit 100 fL und 6
Faß Bier) und 1 außerordentlichen Beiſitzer aus der Buͤrgerſchaft und 1 WAftuar.
„Wenn ſich eine Oeffnung unter ten Beifigern aus ber Burgerfdaft ergibt fol
mit Conſens ded Stabtrathes diefelbe gufammentreten und aus ihrem {of zwey
bem werdh gewadfene der wuͤrthſchaft verftinbdige beſcheidene und, fo viel es
fid) thuen laßet mit feinem handwerckh beladene woblhabende Perfohnen dem
Magiftrat ſchriftlich vorfdlagen, diefer aber in corpore darüber Deliberixen und
aug denen zwey Vorgeſchlagenen Einen und gwar den Veften und febhigften der
ObersDireftion prafentiren, weldhe fodann den Vorgefdlagenen, wann fein ob-
gstaculum vorhanden, gu befrdftigen, ober den anderen, fahls derſelbe groͤßere
Fehigkeit befigete, gu bdeterminicen und dem Directorio, wie aud bem Ma:
_ giftvat gue beberiger beeydigung ju bebeuten Hat.“
Der beeidete Aktuar führt bas Protofoll und bie expedienda, Hat eine
Befolbung von 200 fl., 8 Faß Bier und 12 fl. Holggeld nebft fretem Quartier.
Gr iff vom Direftorium zu erwahlen und von der Oberdireftion angunebmen,
welde ifm abet, wie bie Wffiftenten aué bem Magiftrats»Gremium, bei erheb-
liden Bebdenfen ausſchließen (exclusivam geben) und eine neue Wahl verane
laffen fann.
Der Präſes bes Direftoriumsd bleibt beftandig und wird in Verhinderungss
fallen von bem hiezu beeidigten Senior aud bem Senate, der Aktuar aber vom
Bauverwefer vertreten.
' Das Direftorium Halt in jeder Woche 2 oder, wenn es ndthig ift, mehr
Sitzungen auf bem Rathhaufe, bei welden wenigftend 4 Perfonen feyn muffen
und ein freies Botum gu geftatten ift.
Die Stelling und Wirkſamkeit des Direftoriums, ber Oberdireftion und
bes Magiftrates beftimmen die 88. 11 bid 18 biefer Inſtruktion in folgender
Meife: 8. 11. Vnd Nachdeme ber Haubt nöttig feyn will außzumeſſen in wie
weith bad wiirth{dafts-Directorium fir fic zuVerfahren activiret, ober hingegen
an die Ober-Direction umb belehrnung gugehen Berbunden, dann auf was far
arth und weyſe Dem Magiſtrat bie mitaufſicht anf bas oeconomicum Berftattet
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feyn folle, alf befdiehet folded hiemit, und hat Forberift bas Directoriam fir
fi allein (aufer in casam parium votorum, wo es nad bem Borhergehenden
§. gubalten) alles bad Jenige gubeforgen, tad an deſßen manipulation in dieſer
instruction {don angewiefen, und mit Regulis directivis Berfehen ift, wie aud in
summa alles, wad gu ber ordinari administration ber würthſchafft und einkuͤnff⸗
ten gehort, welded Jedoch dieſen aupdridliden Berftand Hat, daß die Obers
Direction und gwar fambt und ſonders (wie folded aus dem, an Jegt gedachte
ObereDirection, ergehenden allergnabigften Rescripto intimatorio mit mehren ere
leuteret wirdt (Won zeith gu geith aud in der ordinari administration bem Di-
rectorio nadfehen, und die contra instructionem befinbdlide defectus wird auf
ben rechten weeg leithen und abjtellen fonne, mit ber außnahme allein, daß bes
fagtes Directorium ofne noth in ordinaria administratione nidt beirret, damit
das manipalations werd in feine befhwabrlidfeit gefeget werde. Dargegen aber
wirbt das Directorium dieſe ordinari administration, umb fo mehr nad pflicht
und gewiffen führen, alf daſßelbe fiir dad Jenige, was culpa sua et subordinatorum
bem gemeinen wuͤrtſchaffto⸗weeſen ſchaͤdliches zugezogen werden moͤchte, geftalten
ſachen nad in proprio jubafften haben wirdt.
8. 12. Wann es aber eine gang neue wuͤrthſchafft bey ein ober anderen
rubrica, ober gang netted gebaͤu, ober aber eine merkliche Veraͤnder⸗ und repas
rirung eines alten gebaͤudes, eine nahmhaffte auplaage, auffitnbdige und bezah⸗
lung, ober aufnehmung neuer capitalien, und fonften haubt- und nacbendlide,
in der instruction mit regulis directivis nidt Verfehene, mithin aufferorbdentlicde
ſachen anbetreffete, ba folle bas Direttorium allemahl ben casum mit allen umbs
ſtaͤnden, und ſeiner gemilthé-meinung halb⸗bruͤchig entwerffen, und ber Obers
Direction ungefaumbt gufdieden, welche fobann gegen über auf diefen entwurf
die ſchriftliche belehrung mit unter{drift bed ObersDirections-Actuarij nach Ver⸗
halt und künftiger legitimation bem Directorio guftelen wirdt.
8. 13. Was aber bie abfhaff- und annehmung deren wüͤrthſchaffts⸗beamb⸗
ten, und anberer Bon bem Directoriuo depenbdirenden, ober mit bem oecono-
mico eine connexion habenden bedienten anbetrifft, ba folle das Directorium
nicht allein bie minbere, und keine Verrechnung ob fic Habende, fontern aud
die übrige unter einer Berreyttung ftehende beambte und bediente (maffen felbtes,
wie befagt, ex culpa und geftalten bingen nach fiir alle und Bede untergebene
guftehen, und alfo fid) mit benenfelben am beften guverfideren-hat) aufgunehmen,
und wieder abzuenderen madt baben, alfo daß darwieder fein remedium ober
Recurs quoad effectum suspensivum, fonbdern Lediglich quoad Devolutivum
ftatt finden folle, Sedod mit dieſem beyfag und unterſcheid, daß das Directorium
respectu beren Gerredneten wuͤrthſchaffts⸗Aembtern bie urfad ber abenderung
ber Ober-Direction zur nachrichtlichen wiſßenſchafft ſchrifftlich anzeigen, dann in
denen Jenigen dienſten, welche nicht das oeconomium allein, ſondern zum theil
baé civile respiciren (gleichwie ber Stadt⸗-Wachtmeiſter, fo fang derſelbe ad
Ceconomica mit gebranchet wirdt, bann die Thorſchreiber, Mauth⸗uͤbergeher und
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uͤberreytier feynd) bie abenderung nidt fue ſich allein fondern concurrenter mit
- bem Magiftrat in-einer zwiſchen beiderfetthigen deputatis haltenden zuſammen⸗
trettung Bornehmen folle; Sm fall aber beederfeithés mann Sid super subjecto
nicht Vergleichen finte, Hat foldyed die Ober-Direction. ſodann gudeterminiren,
und wirdt uͤbrigens Seber neu aufgenommener beambter und bebienter, fad Er
unter. einem Surament ftehet, folded Surament bey dem Stadt Magifirat abjue
legen haben.
8. 14. Bnb gleidwie auch fernerd bie einfdulbung beren Rdnigh Star-
ten ohne Bormiffen und Consens Shro Kayſer⸗ und Koͤniglichen Mayeſtaͤtt
per generalia Verbothen, und unterfaget ift, alfo Hat Directorium gleichfalhs ſich
beffen nicht im minbdeften guunterfangen, fondern wann etwan yu abſtofßung
einer ſchuld ober gu BVerfehung ber witrthfdafe mit nothwenbdigen Borrath, wor-
gu ex cassa gur jeith bas gange quantum nicht beſtritten werden fonte, ober aud in
anberen das bonum civitatense betrefenden Gorffallenheiten, pro tempore Die
aufnefmung einigen capitalis Vonnöthen, und erſprießlich were, fo folle dad Di-
rectorium ſothanne Borfallengeit. mit feinem außfuͤhrlichen guttadten, wie aud
Vorſchlag der finfftigen bald moglichften wieder abjahlung der Ober-Direction
ſchrifftlich anzeigen, welche darauf die: belefrnung nad Vorhero erhaltenen con-
sens Ihro Maveftatt, ober geftalten ſachen nad Vermoͤg der Ihr' in unten fol⸗
genden 8. 45 bey dem Breuͤ⸗ weeſen cingecaumbten gewaldt ſchriefftlich zuerthei⸗
len haben wirdt.
§. 15. Die oben beſagte mitobſicht bes ‘corporis Magistratus in re oeco-
nomica {folle feined weegs auf die beirr⸗ ober hemmung der ordinari admini-
stration und derſelben wirdliden fortgang fic) ertendiren, ſondern inbeme befte-
ben, daß bec Magiftrat, wie bas oeconomicum Bon dem Directorio tractiret,
und beforgt werde, adjt haben, und wenn Er etwas denen gemeinen einffinften
nadtheiliges Vermerdete, folded ber Ober-Direction, weldhe darauf nad befund
bie behorige Remedur zuveranlaſßen wiffen wirdt, ſchriefftlich gezimmend erin:
neren folle, welde erinnerungen abersfeines weegs einigen effectum suspensivam
in der Wrth{daffts-administration, fondern nur ben devolutivum haben wirdt.
Gs feye dann, daß die Ober-Inipection bie suspension einer würthſchafts⸗ſache,
unb derſelben anbderweitige execution fur nottig erfennet, wann aber allen fahls
aud Bon feithen der Ober-Direction wieder Vermuthen feine genitglide reme-
dur erfolgete, ftehet bem Magiftrat frey bie beforgende ſchaͤdlichkeit, Jedoch
wiederumb cum effectu tantum devolulivo bey Ihro Rayfers und Koͤniglichen
Mayeſtaͤtt allerunderthanigh angugeigen, gu weldhem Ende aud, und damit Er
Magiftrat Von dem Wuͤrthſchaffts⸗-fortgang auf ober abnahme die information
uͤberkommen moge Shme fo, wie unten specifice suo loco folgen wirbdt, erlaus
bet feyn folle bie reyttungen und bitcher des Directorij ju infpiciren, umb dar.
aué bad materiale feiner erinnerungen entnefmen gu fonnen.
§. 16. Auſer Ddiefen gu handen der ObersDirection guthuen habenden
erinnerungen aber wirdt ber Magiftrat in die administration und activitat des
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Direetorij in oeconomicis, gleicdwie biefed hinwiederumb in baé Jurisdictionale
des Magiftrats nicht eingugreifen haben, fondern wwann einige preces das oeco-
nomicum betreffend ober einige befdwerden wieder bad Directoriam bey dem
Magifivat cingereidet werden, folle gwar ber Magiftrat bie etwann daraus Bor-
fommende ſchaͤdlichkeit in oeconomico ju feiner erinnerung an bie Ober-Direction
ad notem nefinen finnen, übrigens aber in bad particulare ſich nicht einmifden,
fonbdern bie fupplicanten barmit an das Directorium, und respective Ober-
Direction Verweyfen, wie ingleidhen bad Directorium bie Vorkommende bege-
benheiten, fo proprie jurisdictionalia feynd, Bon fic abe und gum Magiftrat
anweyſen, zumahlen aber bidweilen Borfallet, daß einige passus yum theil bad
Jurisdictionale, unb jum theil bas oeconomicum betreffen, ober daß gar ein
aweiffl obhanden, ob es ein passus Jurisdictionalis ober oeconomicus allein feye?
fo wirdt in bem erfteren fall forderijt unter ſchwehrer Verantwortung weder das
Directorium, nod ber Magiftrat fic) guunterfangen haben, aus einer face,
welde entweber pure oeconomica ober Jurisdictionalis, oder aber wann
aud beedes zuſammen fommet, Sie dannoch jepariren, und Bon Jeden theil
separatin tractiren lafgen, nicht ein mixtum zu madjen, und dadurd ein theil
in bes andern activitdt eingugreiffen, wann aber dod ſolche mixta Vorfalleten,
welche fic nit wohl Bon einander fepariren laffeten, fo follen folche zwiſchen
beeberjeithigen Deputatis in einer gufammentrettung concurrenter firgenommen,
und erlebiget, in dem anberen fall aber eines aweiffelé, ob etwas ein purum
oeconomicum fey, oder nidt? der ObersDirection Von dem Directorio zu feiner
belefrnung nad Berhaltung die wahre umbſtaͤnde ſchriefftlich angezeiget werden.
§. 17. Weillen bem Magiftrat oblieget, bad bonum Civitatense in allen
Borfallenheiten moͤglichſt beferdern gu helffen, fo ift auch deſßen ſchuldigkeit bem
Wuͤrthſchaffts-Directorio die anbegehrte noͤttige Affifteng ohne auffdueb, und
mit behorigen ernft gu leiften, wann Gr aber folded unterlieffe, oder auch fons
ften ber Wohlfahrt bes gemein Stadtweefens etwas wiedriges und gu deſßen
nadtheil Borhengen und Veranlaffen folte, folden falls wirdt gedachtes Direc-
torium darüber bad behorige bey ber Ober-Direction ſchriefftlich Vorftelen, diefe
fobann ratione oeconomicorum das Directorium inftruiren, wegen Berweigerter
ober retardirter Magiſtratualiſchen Affifteng aber, und wegen anderer wieder
bem Magiftrat Vorgefommenen befdwerden nah geftalt ber ſachen, entweder
bey bem Koͤniglichen Tribunali ober aud bey Ihro Kayſer- und Koniglicden
Mayeſtaͤtt bie angeige thuen, und umb bendttigte remedur anfucden, worauf aber
ber Magiſtrat e6 umb fo weniger anfommen zulaſßen hat, alf in wiedrigen bey
wahrnehmung merdlider fahrlafpigfeit derfelbe zu erfepung bed daraus entftes
henden ſchadens ex proprio gehalten feyn folle; ubrigend ftehet aud) Einem
Seben ex Magistratu, wie beégleidjen ex Directorio frey, wann auf feine ering
nerung etwas, fo wieder Shro Kaif. Mayeſtätt resolutiones und ber Stadt nugen
fauffete, nicht abgeftellet werden wolte, ſolches respective bey ber Obers Direction,
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oter and geftalten bingen nad ben Ihro Kayſerlichen Mavefiatt ſelbſen p
Ganten bero Gonigh bobeimbijdhen Hoj-Ganglen ju denuacijrea.
§. 15. Jn iibrigen wirtt ter Präſes ta6 praesidium fit) wohl und zu
aufnahm kes werdé beftené augelegen ſeyn lafßen, ſambt denen übrigen bey
figern aud darob ſeyn, damit Ihro Kayſerlichen Mayeſtätt Reſolution, auf künf⸗
tig etwann weither erfolgenden Verorbnungen gemäs, treũ und emfig Verfahren
ſonderlich alle unt Jede gemein⸗einkünfften, nichts davon außgenommen, genan
unterſuchet, fo Biel alſo ohne aggraviu deren untergebenen und unterthanen
geſchehen mag, Verbeſßeret und Vermehret, wohl adminiftricet, ordentlich Ber
rechnet, tie oeconomi nad tenen wiirthjdaffts-Reguin guth eingerichtet, die ge
meine nugen in alle weeg beferteret, unt das gange werckh in gutter Harmoai
unb ordnung tractiret werbde.
Ueber Befoltungen, Deputate, Liefergelber unt Berkspuw
gen beftimmt tiefe Inftruftion Folgendesd:
8. 104. Radteme aber Ihro Roͤmiſch⸗Kayſerliche Mayeſtätt allergnavigh
erfaubet, daß bem Ctatt-Rath Babrliden Sechs hirſchen, acht wild⸗ſchwein,
und acht Rehe gum genuß überlaſßſen werden mogen, fo wirdt die anftalt gu
madden feyn, tamit bad depatat-wild nidt aupgefudet, ſondern alfo, wie es
successive einfommet, es mag groß oter flein feyn, Bom Etatt-Rath ibernom-
men, Die repartilion aber nicht allein secundum quantum, fonbdern aud secua-
dum quale, respectu aller Raths-glieder eingeridtet, mithin tad beſte nit alles
mahl bem altiften, fondern aud nad und nad dem mittlern unb legtern guges
theifet werbe; falls es ſich fdidete, baf in ein ober anderen Jahr Bon dieſer
ober Sener fort nit fo Biel einfommete, alé gu Ddiefem deputat außgeworfen
worben, fo folle beme alled gehorſambſt nadgelebet werden, was in dem allers
gnabdigften Rescriplo ddo. 21. Novembris 1726 hac in materia außgemeſßen if,
wann in winter haaſen gejaget ober geſchoſſen werden, fo fann bas Directe-~
rium denen beyfigern auf bem Burgerftant, bem Syndico und Actuario aug
Registratori Jeden zwey, dem Vice Syndico und beeben Canjelliften Jeden einen
haafen augtheilen, bingegen follen die Rathé-Verwantte und Ihre Sohne deb
Sagens und wayd-werdhs auf denen Stadt-guttern und gründen ſich BVollig
enthalten.
§. 120. G6 wirdt ber Ronigl. Ridter an geld Jaͤhrlich oder in Vier quartalien
gufammen ein taufend gulbden reinifd, ber Primator Jaͤhrlich Sechs hundert guls
ben reiniſch, die Bier nechfte Rath - Verwandten an bem Primatore gu Fünf
hundert gulben reiniſch, bie Vier weihter folgende Sahrlid Seter Bier Hundert
gulben reiniſch, und die legtere bed inneren Raths Cin Jeter Sahrligh drey
hunbert gulden reiniſch, ber Stadtrichter aber aud Jaͤhrlich Sechs hundert guls
ben reiniſch haben, ingleiden ſolle ihme Stadt-Ricter Vnd bem gerichts⸗ſchreiber
bie auf befehl Ihro Kayſerlichen Mayeſtätt in druckh gebrachte, und zu Jahr⸗
marcks⸗zeitten gu affigiren kommende ſtandgelder gebühren, worbey aber die ſttz⸗
ober eine und außlaß⸗gelder deren in causis criminalibus gerichtlich inhafftirten
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Perſohnen nicht allein Voͤllig aufgehoben, fondern aud bie Bon dem Stadt:
Richter Von denen in bie Stadt fabrenden fifden, avern, und anderen victualien
etwann Vorhin genoffene, und burch den geridté-diener gu wochen mardt und
anderen jeiten genommene portiones respectu feiner, ober wer fonften etwas dere
gleichen genojfen, ein⸗ und abgeftellet feyn follen. Des Stadt+ Ridters Vier
Assistenten de Magistratu ater folle Seder Bon Donen Jaͤhrlich drey hundert
gulden reinif richtig uberfommen. An bier+deputat werden tem Konigliden
Richter achtzehen Vaas, wegen gemadten kleinern Vaffern aber annod drey
Baas zwey Emmer, allen obbenandten Maths » Verwandten aber fambt dem
StabtsRidhter Einem Jeden swolff Vaads, Bon wegen ter Eleinern Vaͤſßer aber
zwey Vaaß awey Emmer Jaͤhrlich verabreichet. Ferners hat der Primator und die
uͤbrige Magistratuales Vermög Rescripti ddo. 5, Aprilis 1726 §. 1. ben zuwachß
ex vacantibus portionibus beren ad numerum redacium et restrictum reducir-
ten Raths-Berwandten an geld und biersdeputat, wie aud Vermog allergnadig-
fter Refolution Bon 12. Septembris 1727 baé emolumentum consulare pr.
50 fi. rein. und drey Emmer wein, dann lauth obigen 8. 104 ber Magiſtrat
bas außgeſetzte wildt-brath-deputat, und anfonften nod) das Senige, was dem—
felben Judicialis taxae nomine aufgeme(fen, und Berwilliget worden gugenti(fen.
Uebrigené aber und auffer bem Senigen, fo Bon Ihro Mayeftatt bem Magi-
ſtrat per expressum allergnabigft Berftattet wirdt, Bon allen emolumentis
aut participationibus, wie fie immer nahmen haben modten, fic ganglidd gu
enthalten.
§. 121. Wann Cin Raths -BVerwandter aufer landed gu Verreyfen wil:
tend, fo Hat fic berfelbe bed aufsubringenden consensus halber nad der Juͤngſt⸗
bin untern 13. Seplembris 1731 in materia ber Rathésrenovationen ergangenen
allergnadigften Refolution §. 15 gu Verhalten, wann aber Ein Rathd-Verwand-
ter in einer Ctadt-anliegenheit nader Wienn unumbgänglich Verſchicket werden
muͤſte, fo folle Vorhero Bon bem Magiftrat die urfady ber abfdiedung der
Ober-Direction, wer Darvon nembliden in loco anwefend, oder am nechſten ift,
umb zuſehen, ob ſolche urfad erhoͤblich ſeye, angejeiget werden, fodann Gin fol-
Ger abjdiedender mit bem ordinari Fuhrmann Hin und her gehen und Ihme
bas Directorium aujer bem Fubrmann ſowohl bey ber reyß als subsistenz Für
einen Jeden Tag im Winter drey gulden, im Sommer aber zwey gulden 30 kr.
für bie Koſt und zugleich für lieffer geld entrichten. Denen Jenigen, fo ba und
dorten in Stadt⸗anliegenheit geſendet werden, uͤber die hin- und herfuhr gu wins
terszeit des Tages zwey gulden dreyſßig kreutzer, in Sommer aber zwey gulden
bezahlen, und entlichen, wenn Semand gu der land⸗wuͤrthſchafto⸗befichtigung oder
in ſchnitt und gu denen Fiſchereyen nacher Gurain abgehen muͤſte, Einer Jeden
Perſohn, fo wohl yu mittag, als fity bad nacht mahl fir Jedes 45 fr. paffiren
laffen, Jedod mit bem beding, daß Er ober Sie das effen fich felbften Ber:
ſchaffen, mit bem trunkh und allen esculentis ſich ſelbſten Verſehen, die offici—
rer, braͤuer, Milner, Mayersleuͤth oder unterthane mit nichts beſchwehren, und
was Sie in natura geniifen, ridtig bezahlen follen.
§. 122, Bey der Guteiner wanfen-ftellung, welche Der Präſes nebſt Einem
Directorial-beifiger aus bem Rath, und Ginem auß ber burgerfdafft, wie aug
bem Actuario Vorzunehmen Hat, follen felbte mit denen außgeſetzten liefer⸗gel⸗
bern, nemblich fuͤr Sede Perfohn gu mittag pr. 45 kr.,, und abends anc pr.
45 fr., gufammen aber alle Bier ded Tages mit Sechs gulbden fich begniigen.
Da die Snftruftion fiir 1732 ein Bild nicht nut des brünner feddtifden
Haushaltes, fondern aud beds ſich nun mehr und mehr abdfalieRenden mittelal⸗
terliden Gemeinbdelebens gibt, wollen wir jene Punkte ausheben, welde ein
Richt barauf twerfer.
Die Paragraphe 20 — 27 handeln von ber Haupt: und Rebens
Raffa Cleptere, auc unter breifader Gperre mit 3 — 400 fl. fir die häufig
yorfominenden fleinen Zablungen). Demnad, Heift es §. 20, Ihro Navyferliche
Majeſtaͤtt allergnaͤdigſt refolviret, und ernftlih eingebunden haben, daß alle und
Yebe eingehende gemein-gelber realiter ad cassam gebracht, unt particulariter
nicht abfeithig, oder Bon denen Senigen, welde eins oder anbered gefd unter
hanben haben, erogiret werden folle, fo will ed nottig feyn, alle einfommende
gelber in Die mit dreyen ſchloſſern Gerfperrte eyferne trufen, Von welder einen
ſchluͤſßl ber Prafed, ben anderen Giner auß denen beyfipern bes Maths, den
britten Giner Von denen bepyfigern der buͤrgerſchafft beftandig bey fich bewahren
mus, realiter tnd effective eingebradt, und affta aufbefalten werden, bey wels
chen fonbderbahr diefes au beobachten ift, bag folche truhen ober haubt « Cassa
niemahlen anberfter, alß in Perſoͤhnlicher anwefenheit deter dreyen, welde die
ſchlüſßt unter ihren Handen haben erdffnet werden follen. Zum fall aber Giner
aug ifnen felbft nicht erfdeinen Fonte, fo mag Er den anvertrauten ſchlüßfßl feis
nem nebenzbeyfigper ex cadem classe anvertrauen, und der Subtsitutus diesfahls
deſßen ftelle Vertretten.
§. 21. Sn die cassam generalem wirdt mann regulariter monathlich die
auß allen rubricis einbringende gelber ofne geringften abzug (immaſßen aufer
ber, auf denen giittern bendthigten auplaagen, Bon welchen bie modification
bald folgen wirdt, niemandt eingigen feller sub quocunque praetextu erogatio-
nis salarij aut compensationis juriidh alten ober auggeben kann) einlegen,
und dle {adh mit annotation ber darinnen enthaltenen Rulantorum numericen,
barbey aber ein Regifter über die geldsforten, und in Jedem fadh enthaltene
quanta beylegen, auf taf mann bey fiingftiger vifttirung ber cassae, bderfelben
juftand ordnung und ridtigfeit bald finden und fehen mage.
An Büchern (§. 28 — 37) follte dad Wirthſchaftsdirektorium fuͤhren:
1) ein Geffioné-Protofolf, 2) ein urbarium iiber alle gue Stadt gehorigen Ein:
fiinfte, vom Magiftrate unter Cidedftatt beftatigt, daß ex vom nicht mehreren
wiffe, 3) cin manuale, in weldjem gu Anfang jeden Jahres die Cinfommniffe
vergleichsweiſe mit friiher eingeteagen werden, 4) ein Uebergabs-Bud über
42%
alles, waé dem Direftorium uͤbergeben worden, 5) ein diurnale ober strazza
fiber alle eingehenden Gelder und 6) ein ſolches uber alle vorfallenden Aus⸗
lagen, 7) ein nad Rubrifen verfaftes Ginnahme> und 8) ein Ddto. Aus—
gabsbud. |
Rubrif ber Wnfeffigkeit §. 39: Weillen die Ober-ftande oͤffters Bur-
gerlide haufer erfauffen, oder aud bingegen Ihre Haufer denen Burgern über—⸗
laffen, fo joe Jedesmahl diefe beſchehende translation in das manuale einge-
ſchrieben, die Berenderungen werden in bem zuwachs oder abgang annotiret,
und wann ein burger⸗haus in die Gand Eines Bon Obern-ftand transferiret,
wirdt bas Camin⸗geld pro futuro in empfang genommen werden.
Rubrif ber Ramin-Anlaag §. 40. Diefes wads oben bey ber Rubrica
ber anſeſßigkeit objerviret worten, mugs mann in simili bey der Rubrica der
Gaminen obferviren, und weillen Vor einridtung ber oeconomiae ex Magistratu
Gin Gamin-Ginnehmer, ber die gelber empfangen, außgegeben, und Berrechnet,
Berordnet gewefen, nachhero aber es Von dem Borigen institulo absefommen,
alf wird der Jego beftelte Camin-Einnehmer gu feinem diedfalligen emolumento
künfftighin wegen beſchwerlicher eintreibung, und ‘bag Er suo periculo barvor
zuſtehen Gat, funffzig gulden zugenüſſen haben, ber & parte beſtellte Gamins
anfager aber awangig gulten, ferneré ber erftere Dem Directorio Monathlid, fo
Piel alß Camin-gelder einfommen, richtig abführen, das Directorinm aber die
abfuhr in dad Landſchaffts⸗Einnehmer-Ambt felbften thun, in fo weith Darmit
continuiren, in fo lang alg Gamin-gelber ober anlagen Bon einigen privatis
(maffen bie Burgeiſchaft Bon diefer anlaage durch Ravyferlide und RKoniglide
allergnadigfte Resolution dermahlen befreuet ift, und die gemein-Cassa folde
gu Ubertragen bat) abgeridjtet werden, und weillen bey diefer Verfaſßſung, wo
bie Gamin-gelber ex cassa cummuni entridtet werden, die Von lande geſchehene
Bonification nicht benen singulis, fondern ber Cassue gu gutten fommet, fo wirdt
bas Directorium dabey guttmadungen sub speciali Rubrica: bonification
ober abfdreibungen empfang per empfang nefmen, und ordentlich
Verrechnen.
Rubrik von denen Quartier⸗-Geldern 8. 42: Dieſe Rubrica der
quartier-gelder wirdt dermahlen aud nicht mehr Von ber Burger{hafft, ſondern
ex cassa communi lauth Ihro Majeſtaͤtt befehligs übertragen werden, ſonſten
aber ſollen Gon dem Directorio Einer burgerlichen Perſohn dieſes negotium
anVertrauet werten, welder pro emmolumento zwantzig gulden Jahrlich zuem⸗
pfangen Hat, worbey anzumercken, daß Bon bem Directorio, fo bald moͤglich
bie einridtung gu ende gubringen auf daß die bequartierung deren Recrouten
und finftig in Brinn gubybernieren fommender miliz nidt mehr Gon ber
Burgerſchafft in ihren Haufern, fondern in bem darzu Eigends gewidmeten und
berelthd guerbauen angefangenen Gtabdt-quartiershaup befdehe, und folle foldem
nad nidt allein deſſen aufbauung beferbert, fondern aud gu beftreittung ded
serviz bie erſpahrung ber befolbung, fo Borhin bie Sdhanden genoſßen, applici-
428
ret, bagegen daß bie Burgerſchafft gegen anticipicter bezahlung den nugen bed
bier-Leuth-gebens zugenüſßen habe, beobachtet werden.
Von den Aktiv- und Paſſiv-Kapitalien §. 44 und 45: Bey
ber f. Stadt Brinn feynd feine Activ + Kayitalien, wohl aber dermalen gegen
25,000 Gulden passiva vorhanden. Neue Schulden fonnen nur mit Shree
Majeftat Bewilligung fontrahirt werden und nur allein file die niiglide Bei⸗
ſchaffung eines Koͤrnervorrathes zum Bräuen barf die Oberdireftion bie Aufs
nahme einer WUnticipation gegen landesübliche Berginfung und alsbalbige Zu⸗
ridjahlung ohne allerhodften Confens bewilligen.
Bon denen fteigends und fallenden Ziinfen §. 46 — 53. Das Grund⸗
feft ober fundament dieſer Rubrif feynd bie bishero aufgeridtete und respective
nod finftig Bon bem Directorio aufjuridten fommende contracten, weillen aber
bey ber Koͤniglichen Stadt Briinn zweyerley zunſen fith befinten, deren etwelde
einen bejonteren beftand ober Pacht⸗contract erforbern, anbere ber geringen ere
trdglichfeit halber ofne befondern Schriftlichen Contract in zunß uberlaffen,
und nur jur richtigfeit ber beſchehenden zahlungen in Fleine bachl ober Regifter
eingeſchrieben werden follen, werden Vorfdriften uber die vom Direftorium in corpore
nad gehoriger Verlautbarung vorzunehmenden igitationen ber Mühlen, Wirths-
ober Gaft-3inshdufer, aden, Schupfen u. dgl. gegeben. Darin heißt es §. 48:
Mit denen beftand-feuthen mugs das Directorium in pleno tractiren,. und fig
befleyfpen alle bie Senige gubuff, welche Vorhin praeter contractum bem Ma-
gistratui in corpore ober denen singulis, es feye in fpedh, ſchwein, ſchwein⸗
maftungen, weygen, Ehorn, mundsmebl oder Friupl, Jndianer, gang, Capauner,
oder Kolatſchen, und dergleiden effecten ad divisionem oder Jemanden befons
bers etwann geben, oder wad gu denen tractationen Berwentet werden, welded
alles nunmehro aufferet, gu geld gefdlagen, und die beftinde auf baares geld
a proporlione erbehet, fobann bad accorbirte beftand-quantum in Vier quartalten
repartiret, und ſolchem nad praefixo tempore bezablet werden.
Der Beamte foll ohne Traftament ober ber Beftandleute Unfoften bie Ge.
meingebaube vierteljährig unterfuden. Die Beftandfontrakte, Jnventarien, Ueber-
gabe und wads bem dnhangig ,fo man ofne Tappen, spendaichi ober anbdern
unfhoften auffertigen, guftellen und respective verridten.”
Pon ber Mauth §. 54 — 56. Die Fenige Von Bhro Kayſer⸗ und
Koͤniglichen Mayeſtaͤtt adjuftirte Mauth Tariffa folle nicht allein gehorigen orthé
offentlich teutſch- und bohmifd gedrudter affigiret, und daruͤber keines weeges
bey der in Patenten aubgemeffenen fiskaliſchen ſtraff gefdrietten werden, zumah—⸗
len aber die geithero wegen Bielfaltigen Specie minutien und ungleidbeit, die
Der mauth unterworffen feynd, feine Registra über bie empfangene Mauth ge-
falle gebalten, fondern das empfangene geld in denen hierzu alled Fleyſes zube⸗
reitheten gefperrten Gaften feparirt gebalten worben, alfo folle es Bor Sego,
bi6 mann ein anderes expediens erfinde, dDabey bleiben, Jedoch daß dad Di-
429
rectorium Gon befagten Gaften bie ſchluͤſſin felbften in ber caffastrufen Ber:
wabre, und alle monath was barinnen befindlich, durch die deputatos auf dem
Directorio abfolen laffe. in pleno empfange, und gleich in bie rechnung eine
trage, aud in bes ohnedem beeydigten Mauthners⸗Regiſter einſchreibe, worbey
ber bishero gefaltene, und beeybegte VicesMauthner und deffen succesores
bie ftelle Eines Controlors Bertretten wirdt.
§. 55. Dem Directorio wirdt obliegen wohl ju beobadten, damit die
Thor⸗Schreiber feine geheime Mauth extorsiones, fondern nur die Senige,
welde in ber Mauth-Tariffa begrieffen, zu Veruͤben, bey unauGbletblider ftraff
fic nicht unterftehen, worbey Shnen Sedo ſcharff einzubinden, womit Sie die
einführende Mauth-bahre fadhen unb waaren wohl in augenfdein nehmen, auf
bie Mauth gettin (auf daß der Mauthner die ſchuldige, und in der haubt⸗Mauth
abjufabren fommende Mauth hiernadh einfordern, folglich die zettin bey abfubr
des gelds sigillicen fonne) treu und fleiffig consigniren, fotann aber bie fubr-
leuthe, wann Cie auß⸗ und neben der Stadt fahren, zu der legitimirung mit
bem sigillirten Mauth-gettl anbhalten, welded eben aud die beendigte Manth-
fiberrentter zu obferviren, und übrigens feine andere particular-dienft yu praftiren
haben. Sngleiden weillen hervorfominet, Dag bey Denen thdren Von denen eine
fibrenden Schmidt⸗Kholen, Scheutter, und anderen holtz, fo wohl Bon denen
thor-Gehreibern, als geridté-diener, denen twadten und anbdern bad (cheutters
bolg und Sdmibt-Rholen genommen worden, biefe unbillige exaction aber auf
Ihro Kayſerlichen Mayeſtaͤtt allergnadigften befehl abgefdhaffet worden, ald wirdt
respecta dieſes holtz ber cassac obliegen, die provision Bor die Stadt⸗wachten und ges
fangene wie auch bie Senige, welden bas holtz gu geben gebühret, zu Berfdaffen.
§. 56. Die Senige natural - Vermauthung, welche Von ayern, fiſchen,
haufen, und allen dergleiden victualien und comeftibilien jeithero abgedrungen
worden, folle nunmefro Bermog allergnadigfter resolution gleichfalls Voͤllig abs
gebradt feyn, in simili jolle Bon tem Magistratu nidt geftattet werden, und
baé Directorium gleidfablé barauf bie obfict tragen, womit Sie felbften oder
Jemand anderer, Er feye, wer Er wolle, bey Benen thoren und Mauthen die
befte victualien benen anderen Borfauffe, oder daß ber Marck⸗ſchauer ober thors
ſchreiber biefe feuthe an diefed ober Genes Haus und Clofter anweyfen, und Sie
felften dahin führen, fondern alled und Jedes folle auf bem mard getragen,
und dafelbt Sedermann gum Rauf feyl gebothen werden, gleider geftalten ift
mit juthun ded Magiftrats ernftlih gu Verhindern, bas die VBorfaufflerinnen
Bon benen waagen, faum daß ſich was bliden laffet, alles pro quaestu abs
handlen, fondern mann folle benen Gerfauffern weil und zeith laſßen, damit
Sie ihre effecten allein anbringen, und Gerfauffen fonnen.
8. 57. Alle bie Jenige Mauth-gefllen, als die groffere niederlaage, Von
denen Leibzichern, SMirnberger, und RKauffmanns-waaren folle führohin ber
Mauthner allein einfordern, Verrechnen, und bem Directorio paar abfiihren, es
ware denn face, daß respeota ber obigen niederlaage ein orbdentlider contract
450
aufgeridtet wire, mit welchem bad Directorium gleid) anderen contracten gu
Verfahren Hat.
§. 58. Alle und Bede Mauthgefaͤlle, es moͤgen mardthidfensgeld, kleine
niederlaagegelder, Schutz⸗gelder, sub quocunque nomine folde exigiret werden,
geberen gu dent Directorio, uber weldhe nidt allein bie behoͤrige obſicht, damit
Gie getreulich eingetrieben werden, gebalten, fonbdern felbte auch gleich anderen
getreu und ordentlid) Verrednet werden follen.
Bon ber Letbmauth ober den Fuben> ECinlafGgelbern §. 59:
Zu fiderer collectirung dieſes imposts feyndt aud einige gettl, und gwar indi-
stincte. pr. funffyehen freuger gedrucdet worden, welche zur BVerhinderung bed
unterſchleiffes geftempelt werden follen, fo offt alé ein Jud in dle Stadt gebet,
fo wirtt Shme ber Mauthner gegen zahlung einen folcben gettl mit aufſchrei⸗
bung bed dati und des Suben-nahmens auffolgen laſßen, welchen zettl Gr bey
bem auftritt aug ber Gtabt bem thorfdreiber tibergibt, dieſer aber einen rief
darann madet, und ben alfo caffirten jettl dem Mauthner zuſtellet, falld ein
Sud in ber Stadt ohne folden auf felben tag lauthenden gett! angetroffen wurde,
fo folle mann ihme alfobald bem Stadt⸗Richter zuführen, und in triplo exequi-
ren. Es folle und wirdt niemand befugt feyn einigen Juden ofne auflefung
bes zetils in die Stadt eingulaffen, Bielweniger bag Einer aitſer des Jahre
mardté in ber Stadt ubernacte gugeftatten, oder ihme zubeherbergen, immafgen
Gin folder burger, ber einen Juten aufer ber Freyung fiber nat behaltet,
fambt bem Suben arbitrio Megistratus beftrafet werben folle. Die alfo einbrin-
gende Suben leibsMauth fambt ber etwann erfolgenden poena tripli muß ber
Mauthner bem Directorio befonder6 Verrednen, Ddiefe fothanne collectam ſepa⸗
titter auffbehalten, und bas sub hac Rabrica eingebrachte geld fambt bed Mauth⸗
ners original-berednung (Bon welder eine abfchrifft bey bem Directorio gurud
bleibet) Jahrliden gu handen deffen, deme Ihro Kayſerliche Maveftatt bas geld
anweyſen modten, abfubren.
Bom Waag⸗, Sh@malg-, Stand- ober Gteh> Geld in bem
Waaghaus §. 60: Bey der Königlichen Stadt Brinn iſt bas waaggeld in
ber gedrudten Dtauth+ Tariffa de specie ad speciem enthalten, tiber welde nicht
gu extendiren ift, wie dann dieſes waag-, ſchmaltz⸗, ftands ober fteh-geld der
beeydigte Mauthner (weillen in bem Mauth-haug aud) das waag⸗hauß befind-
lid) a parte gu collectiren, in eine feparirte bidfen gugeben, und Monathlich
bem Directorio in bie Haubtscassam juiibergeben Hat.
Gon den Standgelbern ber Frenfmladter und gu Jahre
markts⸗Zeiten. §. 61: Bermdg der von Ihrer Majeftat unterm 12. Fes
bruar 1726 erlaffenen a. g. Refolution feynd bie in ber, Bon ber Commiffion
beygeſchloſſenen Verzeichnus angemerdte Jahrmards « gebuͤhr fernerhin eingufors
bern, und entworffener maffen fir ben Stadt + Richter, Gerichte⸗Notario und
Geridtssdiener, aufer wads bey ber einwand Won dem Directorio und denen
geſchwohrnen leinwebern gu participiren fommet, eingunehmen erlaubet worden,
oe 481
Z
mit bem beyfag, daß der Senige gu funffyehen Kreutzer auf einen waagen fremd-
bed obft gemadter aujfag (maffen Ihro Mayeftatt Bon: higiem gleidwie Bon
anberen victualien und comeftibiliey; Bermog bero allergnavigften Refolution
Bon eylfften Decembris bes 1725 Jahres nicht in geringften genommen wiſßen
wollen) aufgelajgen, dod aber daß ſolche consignation bey ftraff mit nidten
iberfdrietten, und au dieſem ende wiirdlid in Drudh gebracht, gu Sebermanns
nadridt und erfehung, gleichwie die Mtauth» Tariffa offentlich) bey benen Jahr⸗
mardten aufgehendet werden folle, Jedoch follen die offentlice fpieler fo gee
nandte Brendner und riemer-(teder, - zalß, welche keinen handl und wandl fubren,
ſondern nur zufluchen, bekzug und, di rel) gelegenheit geben, Voͤllig abgeſchaffet,
und praetextu einigen ſtand⸗gelhed gar nicht geduldet werden, ingleiden hat
das Directorium biernadh fic au reguliren, wad Foro Maryeftdtt wegen der
ſtand⸗gelder Von denen freyſchlachtern außgemeſßen haben.
Von ben Wehrungsgeldern §. 62: Die bey der Stadt gu handen
Der cassae cingubringen habende wehrungen follen auch bem Directorio abgefüh⸗
ret, und gleich anteren einflinfften ordentlid) eingetragen und Verrechnet werden.
Bom Weinſchankſs⸗Nutzen §. 63 — 69: Diefer nugen wirdt bey
ber Koͤniglichen Stadt Brinn ordentlich Verrechnet, aud ift der feller dermah⸗
(en mit gutten Borrath der weinen Berfehen, dahero wirdt bas Directorium
bieruber gutte obſicht zu halten haben, auf bag ber Vorrath conferviret, darmit
getreu gebandlet, und fo wohl auglanbdifde alé andere gutte weine in tempore
und gu woblfeillen geiten eingefcdhaffet werden, woraus eben der groſße nugen
erwachſet, ingleiden wirdt.
§. 64. Das Directorium die ſorg tragen, damit der ſchanckh fo wohl in
ber Stadt, alß aud auf dem land beferderet, ſonderlich aber allenthalbeu gerech—
ter wein und maaé leuth gegeben werde, worzu der wein⸗ſchänckh, gleichwie es
Jetzo gefdehen, allemahl mit einem Juramento aubelegen ift, e6 folle aud Bon
niemanden bevoraus Von denen Verwaltern einiger eintrag wieder bieſen ſchanckh
Verübet werden.
§. 66. Bey denen renovationibus Magistratus, zu welder zeit ber Koͤnig⸗
fide Landed « linters Gammerer mit anderen gaften gewoͤhnlich bewuͤrthet wirdt,
ſeynd zwey Directorij Assistenten nemblicjen Einer auf bem Rath, der andere
aud der Burgerſchafft aur obficht gubeftellen, daß weber wein nod bier, nod ans
bere victualien aufer bed hauſes getragen, fondern nur die consamptibilia bed
Koͤniglichen landes⸗Vnter⸗Cammerer, ſeiner bedienten, und der etwann ladenden
gäſten paſſiret, und alles genau Verrechnet werde, worbey dem Koͤniglichen
Landes⸗Vnter⸗Cammerer täglich auf die nacht fiber alles, fo wohl in trunckh als
eſßen aufgegangenes ber tagsgettl nidt allein zuzuſtellen, ſondern Bon Selben
zuſtrtigen ſeyn wirdt, nach Vollendeten actu aber und ſeiner abreyſe ſolle nies
manden Bon denen consumptibilibus ein mehrers außzufolgen ſeyn.
§. 67. Bnd weillen alle ſonſten Vorhero uͤbliche tractamenten aufgehoben,
und denen Jenigen fo da und dorten in der Stadt⸗anligenheit ex concluso Ma-
a$b
gistratus Verſchiecket werden, ober auf die Stadtegitter in wiirthfdaffis Berridge
tungen abrevfen, getviffe Lieversgelber Bon welden Sie fich felbften unterhalten
ſollen, hieruiten audgeworffen feynd, fo wird führohin niemanden auf denen gee
meinsGtadt-fellern einiger wein in natura filr bie tractamenta angufdaffen
feyn, fondern Gin Jeder fich felbften mit wein guBerfehen haben.
8. 68. Das Directorium wirdt aud ben Jenigen wein, welder guar
Colleda gebraudet wirdt, auf dem fdandh erfauffen, nicht minder wirtt aud
Sffters gedachtes Directorium ben junf wegen {dandung ber wallifden wein
(fofang basſelbe bie Verpadtung Vor nutzlich gu continuiren erfenntet) Von bes
nen RKauffleuthen fleiffig einfordern, und ordentlich Berrednen, beh eingeftelten
zünß aber gum beften ber Rommunitat gedachten wein-fehand geniffen, und
gleidermaffen ordentlich Verrechnen.
Vom Bräuhaus⸗MNutzen. 8. 69 — 91.
8. 69. Mit Ihro Kayſerlichen Majeftatt allergnadigher bewilligung feynd
bie bier⸗Vaͤſſer auf zwey hundert zwantzig maaß in der Ronigliden Stadt Brinn
teguliret worden, umb durd diefen zuſatz der BViermaafgen bas Vorhero arf
benen Rendten bezahlte fdrott-geld zuerſpahren, welches anjetzo durch bie fdan-
dende felbften per acht freuger begahlet wirdt; worvon benen Schröttern Seth
freuger, ber commun cassse aber zwey freuger (welde legtere der bier⸗ſchreiber
gu Berrechnen hat) abgereidhet werden ſollen.
8. 70. Jn bas fiinfftige (oll in feine andere Vaffer, als welche a awey
hundert awangig mang, die Emmer aber a finff und funffyig maak Bon bem
Directorio visiret und gegeichnet feyn, dad bier gefillet werden, mit der visi-
rung aber wirdt mann wenigftené alle quartal einmahl continuiren, damit tractu
temporis feine groffere Vaͤſſer hinwiederumben einſchleichen modten, und gu
mahlen mann wahrgenommen, daß die Halb-Emmer Viele confusiones Verurſa⸗
chen, und gemeiniglich gréfper, alé Sie follen, gemacht werden, alé follen in das
Finfftige folde halbe Emmer abgeftellet, und nur outer gange Emmer gefulet
werben. |
§. 72. Das Borhin gebrdute freugersbier nadtheilig und wentg nuͤtzlich
geweſen, folle nunmehro fambt bed braͤuers effig-bier caffivet feyn, dagegen if
nuglic) befunden worden, einiges gedopelted bier wie auc einſaches gerften bier
gu brduen, damit fo wohl ber einheimifde alé frembbe die wahl habe allerhanbd
gutted bier auuberfommen.
§. 73. Mit bem nacdbier ware auf gleiche arth guverfahren, weillen aber
ber armen und krancken leuthen gu Brünn fid gar Viel befinden, als fat mann
eS denenfelben nicht entjiehen wollen, allermaffen aber bie nugung und auß⸗
fdandh Bon befagten nachbier tem Altknecht Von darumben jugelaffen, daß
berfelbe alle gefellen, beren gegen Sechszehen Perfohnen fic) befinden, mit frube
ftudh, mittag, Saufen, und abend brobdt, wie aud ſaltz auf diefem fando ers
fefhen folle, bey dergleichen nachbuͤhr bräuen und Verkauffen groſße hinterſchleiff
geſchehen koͤnnen, und bey überfüllung dieſes nachbiers ſich geeyſert, daß bey
483
ber Winters-seith, und bey einem gebrdu der alt-fnedht hiervor zwey gulben geld
gelefet, welche durd fo Biel bed Jahrs hindurch befdehende gebraue (ſonderlich
in Sommer, inbeme befagtes nadbier madhen auf ein gewiffes quantum niddt
reguliret ift, fondern ber Alt-fnedt pro libitu mehr ober weniger machen fonnen)
bem Publico Civitatensi groffen abbrud) madden fann, zugleich aber auch die
partiale accidentien dem bretieré-Enecht nicht augelaffen ſeynd, fonbdern bem
breiier oblieget feine leitth mit brobt gu Verſehen, und zuezahlen, dahero wirdt
in bad finfftige bey Seden groffen gebrak ein mehreres nidt, alé was etwann
beylaüffig Von dem nachbier gemacht, und durch ben Maltzzſchreiber⸗Adjuncten
Verkauffet, das hiervon geleſte geld aber in ſeiner Verrechnung gezogen werden,
dagegen aber wirdt bem bräuer gu beſtreittung obigen oneris Jährlich zwey hun:
dert gulden und dreyſßig Metzen khorn auß der respective gelde und Caaften-
Ambis-Reyttung außzufolgen ſeyn.
§. 74. Bnd weillen mann eben mit beſagten bräuer mit contento des
Directorij ſolchergeſtalten accordiret, daß Er braͤuer ſeinen braͤuer⸗knechten Vor
maltz⸗, doͤr⸗ und braͤu⸗lohn die zahlung ſelbſt leiſten, aud) das kleine brau-gegeig,
alß ſchauffel, beeſen, und aufbefferung der hurten Verſchaffen ſolte (welches
Vorhero die cassa allein tragen muͤſſen) als ſolle beſagten bräuer mit zuſchla⸗
gen des obigen Vor das nachbier außgeſetzten quanti in allen Ein tauſßend
Vier hundert gulden, und dreyſig Metzen khorn (die Jahrmen außgenommen,
welche zu ſeiner disposition gleichfahls Verbleiben) Jahtlichen quartal⸗weyß rich⸗
tig abgerichtet werden.
§. 75. Nachdeme Ihro Kayſerliche Mayeſtaͤtt afleranabigh applacibiret,
daß die befolbete fchanden cafficet, deren befolbungen hingegen zur beyhilff bed
finfftigen Serviz Bor bie einquartirende militz (worzu die gemeinshaufer adap-
tiret worden) gu appliciren fommen, nunmefro aber fid) aud wirdlid eüſert,
daß dergleichen leuͤthe gufinden, welde annod ein zünß Vor bad quartier und
ſchaͤnckhhauß antragen, als wirdt bem Directorio obliegen praescripto modo die
her Vorbrechende melioration zuVeranlaſßen, gugleid) aber bad Jenige Von Ihro
MayeRdtt denen burgern gegen ridtiger anticipation gugelaffene bier-leitthen,
burd welded bie consumption umb cin merdlided erwachſet, auf bad befte gu
beferberen, und die Stadt mit genugfammen bier guBerfehen, wie bann aud bey
ber herVorbrechenden nod grofferen consumption Gurainer bräuhaus, und
bem bafelbtigen bier moglidfter maffen dec Stadt und Vorſtaͤdten beyzuſprin—
gen iſt.
8. 76. Alldieweillen aber Vorgekommen, daß Vor ber oeconomiac eins
richtung bie gaͤu und treber bem braͤuer gwar pr. acht hundert gulden reiniſch
Verpachtet, Jedoch hierüber kein ordentlicher contract aufgerichtet, ſondern die
helffte Von dem beſtand ad divisionem gezogen worden, als wirdt das Directo-
rium gleichwie mit denen anderen beſtand obbeſchriebener maſßen Verfahren, und
einen ordentlichen contract hierũber aufrichten, und alles, fo pactitt, nichts bare
Bon aufigenommen, in empfang glehen, ordentlich Verrechnen, und wo es nidt
28
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Vertraͤglich suverpadten, au eigenen handen, gleichwie e6 dermahlen mit nugen
bejdiehet, einegiehen, und dad hiervon einlauffende geld durch den Maltzſchreiber⸗
abjuncten einnefmen und Verrednen laffen.
§. 77 laͤßt ben bereitd ſtabilirten geſchwornen Biſerſchreiber, welder
bas Bier, Malz und den Hopfen gu verrechnen hat, weiter beftehen. Es wird in
feine Raitungen Ordnung gebradt.und ihm gur Hilfe ein Malzſchreibers—
Adjunkt (mit 100 fl. jährlicher Befoldung, einem Drittel des Biers, bad ber
Malzſchreiber vorhin allein genofjen und freiem Quartier im Braäuhauſe)
von ber Oberdireftion aufgenommen.
§. 85. Alldieweillen aber die Malg-borre bey ber Koͤniglichen Stadt Brinn
fdyon Borhero allegu flein, bey dermabliger gréfferer consumption aber nist
fabig ift mit fertigen malg bas brdushaus gu secundiren, Vielweniger einigen
Vorrath, welder gur Herbft und frithe Jahr ergiebig VWerfertiget werden folle,
nicht Berfdaffen fann, als hat das Directorium ein neües groffed malg-haus
wiirdlid) augebauet, weillen aber folded gu machung eines Jaͤhrlichen Vorraths
gleichwohl unerfledlid, fo ift bie Veranftaltung Vorgekehret, daß die maltz⸗doͤrre
in Gurein Vergtoͤſßert, und bafelbt eine quantitat waygen + malgeds Verſchaffet
werben folle.
§. 87. Bey diefer bed obgebachten Maltz- oder bier⸗Schreibers Vermehr⸗
ten muͤhe und arbeith fonberlid) weillen berfelbe alles geld Bon benen Shan:
den empfangen, und hinwiederumben bem Directorio wochentlich abführen muf,
alfo daß felbter au beftreittung feined Ambts ohnumgaͤnglich zwey ſchreiber gu
alten bemiffiget ift, haben Ihro Kayſerliche Mayeſtaͤtt denfelben fein Jährliches
salarium pro omni auf Vier hundert gulden nebdft einem halben Emmer bier
Bon Jeden groffen gebräu gu assigniren gnadigft berwilliget.
Vom Stadt-Mayerhof § 92: Es Hat bishero der fo genannte
Cammer-Meifter auß bem Magistratu nidt allein die ober-aufficht über
befagten Mtayerhof, fondern aud) iiber bas bau-ambt gehabt, und weillen nun:
mero biefe officia aufgefhert, bas Directorium aber weegen anderen überhauüfſten
gefdafften ber face Selbften nicht Vorftehen fann, ald Hat die noth erfordert
Ginen beeydigten Bau⸗Schreiber aufzunehmen, deffen ſchuldigkeit feyn wirdt
auf dem, Von dem Directorio in pleno Veraccordirten und anbefohlenen bau
fleyſßig obacht gu halten, die baumaterialien gu Verrechnen, gehoͤrigen ohrts gu
übergeben, und alles ſchrifftlich zu relationiren, wie ingleichen die würthſchafft
bey dem Stadt⸗Mayer⸗hof führen, den daraus proſperirenden nutzen fo wohl
respectu bes Burggraffen⸗ als aud) Caaſten⸗Ambts bem Directorio treülich gu
uͤberantworthen.
8. 93. Die drei Biegelofen bei ber & Stadt Brinn find bem Ziegel⸗
meifter verpadtet.
Der Sadt-Teucht §.94. Ueber dieſe Rubrik führt ber gureiner Bere
walter bie Raitung, weil dafelbft meheere Teiche vorhanden find, und daher von
485
bert aud ble Whwedslung bed Einſatzes zu bewirken iff. Ueber bie ftadtifden
Teidhe tragt ein Teichwarter die Auffiche.
Ale Ertra»- Empfange (8. 96 — 99), als Wein-Tag, Strafs,
Receptions: und Abfahrts⸗Gelder, Taren w. dal. Hat dad Direfs
torium eingufaffiren.
Die Strafgelder verhangt ber Magiftrat ober bad Stadtgerict, die
AbfahrtSgelber beftinmt bem Herfommen gemag der Magiftrat, die Loslaffungen
ber Unterthanen bewilligt im Einvernehmen mit dem Direftorium der Magiftrat
und bemift mit dieſem bie Tare dafür.
Ruͤckſichtlich der Taxe fiir Erlangung bes Bürgerrechtes und bes
Weinſchanks beſtimmt der §. 97: Wann Ein burger aufgenommen wirdt,
fo fol Ge nicht arbitrarie, ſondern nad geſtalt ſeines Vermögens und profeſſion
bas Receptions⸗geld erlegen, dergleichen Receptions-taxa aber ſollen nach denen
claſſen der Burgerſchafft eingerichtet werden, und weillen in der Koͤniglichen
Stadt Znaymb ein dergleichen recipirender Buͤrger bad ſogenannte Endtper-geld
mit 1 fl. r. 30 fr., alsdann Gin burger in prima Classe 24, secunda 18, terlia
9 fl. guerlegen fat, dahero wann bey der Koͤniglichen Stadt Brinn die Burger
bidhero ein mehreres praftiret, nunmehro auf ein mehreres nicht gugiehen, falls
dieſelbe ein wenigeres entridtet, bey bem quanto minori gu erhalten feyn. Nach⸗
beme aber bey ber Koͤniglichen Stadt Brinn anbere einwerbungs-gelber Vor
den conferirten wein-fdandh abgereidet werden, alß folle es bey ber alten ge-
bühr oder taxa fein Berbleiben haben.
Vom Emypfang von denen Gittern oder Landes⸗würthſchaft
8. 100. Die land-witrthfdafft bey denen gittern Gurein, und deſßen apperti-
nentien ift gleich anderen regulirten würthſchafften eingerichtet, und mit ordentli⸗
Gen beambten Verfehen, und Verwaltet, und nachdeme derley landes⸗wuͤrthſchafft
wenigftend sweymahl bed Jahrs unBVerfehen zuüberfallen ift, als follen zu derglei-
den visitation: zwey ober hoͤchſtens breve auf bem Directorio fo wohf Von bem
Rath als burgerfdafft, aud wann es ndttig, mit gugiehung bes geſchwohrnen
buchhalters dahin abgehen, nach notturfft ein und andere inquisition Bornehmen,
die effectus ber wuͤrthſchafft durchſuchen, dad braͤu⸗, brandweinhaus, die ſchuͤtt⸗
boͤden, und was fonft nottig feyn moͤchte, viſitiren, dad Viech abezehlen, bie wuͤrth⸗
ſchafftgebaͤu beſichtigen, bie waͤlder, acker, teücht, fluder, wehren, mihlen, wuͤrths⸗
haͤuſer, wieſen in augenſchein nehmen, der unterthanen oder Mayersleuͤth etwann
Vorkommende beſchwernuſßen anheren, ſodann nach der zuruck⸗kunfft Yen bericht
fiber ben befund bes würthſchaffts- ſtands toti gremio Directorij articulatim
ſchrieffilich abſtatten, welches fodann, was etwa guerinneren, abzuſtellen, ober zu
Verbeſſeren ware, in reyffe deliberation ziehen, und ſchleuͤnig ad eſſecium brin—
gen wirdt. Bey derley viſitir- und Verrichtung aber ſollen die ex Directorio
abgeſchickte weder Von officier, nod Müllner, oder unterthanen gu ihren unter-
halt nicht bas geringſte fordern, oder annehmen, ſondern wie es weiter unten
28*
436
folgen wirbt, mit denen Ihnen gahlenden lieffer-gelbern fich felbft Verkoͤſten und
unteralten.
Bom Wayd⸗werckh §. 101: Nachdeme bie Rubrica Von bem waypt:
werdh bey ber gureiner wuͤrthſchafft die zeithero Voöllig aufgelaffen worden,
nunmefro aber nud in bie dafelbtige Rendten eingegogen, und dem Directorio
Verrechnet werden muß, als ift denen Jaͤgern anbefohlen worden, dag Sie bey
BVermeibung einer empfindlichen ftraf und amotion bie Ihnen zugeſtellte Jagers
orbnung und Patenten genau beobadten, und alles, twas gefangen oder gefallet
wirdt, auf Brinn au handen ded bau⸗Schreibers zuſchicken follen, wte Sie dann
aud Vermsg ihres Juramenti gu einem und andern Verbunben feyn. §. 102. Das
Direftorium wird bedadht fein, einen ſicheren Verpachter auf befagtrd Wild.
brdth aufsubringen.
§. 108. Dad Vogel-ftellen wirdt mann Verfdiedenen Perfohnen mit auß⸗
zeichnung ibrer begivde gegen einem zuͤnß BVerpadten, die wildt-hauth, wolff:,
Fudfen-bald aber und dbergleidjen durd den Bau⸗Verweſer Verfauffen faffen.
Die Rubrif von ben Wäldern §. 105 — 107 beftatigt die in ber bids
herigen Snftruftion des Direftoriumé vom 29. Mary 1726 eingefilhrte Holzaus⸗
zeichnung auf den Giitern durch zwei Beifiger, die Ordnung beim Holgver:
faufe u. f. w.
Vom Wayfen-Ambt und denen Funbationen §. 108 und 109:
Das Directoriam wirdt invigiliren, und darob feyn, damit alle Fundatio-
nes ridtig gegahlet und hingegen bie darfuͤr guprafticen fommende geiftlide Ber:
ridtungen ad amussim erequiret werben.
§. 109. Vnd weilen Ihro Kayſer⸗ und Roniglihe Majeſtätt bie cinosu-
ram, wie bas wayſen⸗Ambt gu dirigiren, und bie rednung gu fibren feyn, allers
gnibigft beterminiret haben, folde Verrichtung aber bem Ronigliden Ridter
und etwelden ex Magistratu ber Stadt auftehet, fo wirdt es respectu ber Stadt
darbey Berbleiben, bas Directoriam aber die würthſchafſts⸗ beambte anbalten,
womit Sie, gleidhwie e6 bey anderen wohl regulirten würthſchafften gefdiebet,
bie wayſen⸗Ambts⸗Rechnungen bey Jeder gemeinde in gutter orbnung einrichten
und unterfalten, Daburd alfo ber pupiflen Vermögen wohl Verrednet und cone
ferviret werbe, gu ſolchem ende follen Sie nicht allein gleid) bey abfterben eined
Jeden unterthans bas inventarium tuber die Verlaffen{dhafft mit benennung deren
wayfen und ibred alterd Berfectigen, fondern aud Jaͤhrlich bie wayfencreyttung
in beyſeyn ber geridten revidiren, aud foldje bey ber Haltenden wayſen⸗geſtellung
benen deputatis des Directorij einreiden, die deputati aber die Jenige, welde
aug denen wayſen⸗Jahren abtretten, ob fie das ihrige richtig empfangen haben,
befragen, und wann was ermanglet, bie wayfen ſchadlos gu halten ſich befleifen.
Bom Spitall und Lagareth') §. 110 — 116: Ihro Kayſer⸗ und
— — —
1) S. meine Geſch. ber Heil- und Humanitäte⸗Anſtalten M. und Schl. S. 28, 30 — 38,
189, 162, 171, 181 — 188.
437
Koͤnigliche Mtayeftdtt haben allergnabigft anbefohlen, daß bey ber Konigliden
Stadt Briinn über die administration des fpittals unb Lazareths gwar ber Mas
gifttat in corpore bie gewiffenhaffte Ober + inspection haben, die individual-Ver-
waltung aber niemand ex gremio Magistratus fonbern führohin allemabl zwey
woh! habende, und wo moͤglich, der wuͤrthſchafft erfabrene gewiffenhaffte burger
unter ber obſicht, und anleüthung bed wwiirth{daffté-Directorij führen follen, und
gleichwie Shro Ravferlidhe Mayeftatt zwey burger gu gedadter Verwaltung be-
reithd Vorhin allergnabigft denominiret, alf feynd aud damahlen diefelbe nad
inbalt des diesfalligen allergndbigften Kayſerlichen befeblig bey bem Magistratu
is bie eyded-pflicht genommen, nicht weniger bem Directorio, und benen beeden
Verwaltern zur nachricht bebdeittet worden, daß bem Directorio bie reyttungen
Bon Ihnen BVerwaltern abgeleget, bafelbft revidiret werden, aud) Sie Bon dem
Directorio Ihre belefrnungen nefmen und bependiren follen, und wirdt Jeden
Bon Fhnen swangig gulben an gelb, und awangig Megen haabern zur Jaͤhr⸗
licen ergeplidteit auf bes fpittalé einfommnuffen pafftret.
§. 111. G6 ift aud Borhin ſchon mit dem Spittal⸗Muͤllner Cin contract
auf drey Jahr (mit caffirung ded Vorhin abgereichten getreydd-mehl und abftel-
lung der maftung ber ſchweinen) aufgericdtet, und der zünß auf Vier hundert
gulden lauth contract gebracht worben.
§. 112. Die gum Spittal gehdrige papieremuhl wirdt ben Vorhin aur
Raths-Canglery gegebenen ballen-papier nicht mehr, fondern dad aequivalens bier:
Bor nebft dem accordirten zünß bem {pitta abreiden, und haben Ihro Maye—⸗
ftatt allergnabdigft bewilliget, bad Directorium in fo lang, bié bie Stadt etwann
eine befondere Mtalg-mihle erbauen möchte, wegen bed Jego in gedachter fpit-
tall⸗ mühl hauffig mablenden Stadt-Malges, wodurd der ging diefer muͤhl meres
lich Vergeringert worden, diefem fpittall Jaͤhrlich hundert gulden abreiden folle.
8.113. Bey der Stadt beftell(te. budhalter folle, wann es
etwann bidhero nicht befdebhen, die fpittal-mirth-fdaffté-rednung ab Anno 1720
revibdiren, und nad gewohnlider Verrednung und Vernehmung deren reyttungs-
fuͤhrern aufgleicen, ein unb andere beffere reyttungs⸗ordnung denen finfftigen
Revtigebern (damit felbte barnad fo wohl ordentlide Monathssettel, als gang
Sabrige reyttungen formiren, und au beftimbter geit behdrig abgeben tonnen)
wie aud) was bey ber würthſchafft in specie aber respectu bed Rindt-, ſchaff⸗,
fhwarg-Bieh, und gefliigelwerdh beſßer einguricten ware, Vorſchreiben, ber nothige
bau bed {pittall ift bid auf die ftalungen dermahlen Vollgesogen worden.
8, 114. Es follen aud dermahlen die deputate auf denen fpittalsadern
beftritten, und das Directorium Borfheren, damit in gedachten Spittal fo Biel
arme lelith aufgenommen, alé außgehalten werben fonnen.
§. 115. Die fpittal-Berwaltere follen moglidfter maffen das fpittall und
Lazareth mit mabragen, Leylachern, bettftatt und dergleiden notturfften Verfehen,
auf daß bey entftehender Peſt ober gefaͤhrlichen frankheiten (welche Gott gnadig
Gerhitten wolle) bie Hiergu erforbderlidhe nothwendigkeiten bey handen feyn
midien.
Bon ben Kirchen-Rechnungen 8. 116: Bey denen alljdhrig gubal-
ten pflegenden Kirchenrechnungen follen nicht allein bie Deputati Magistratus, fondern
aud der Praeses Directorij nebft zwey utrius sortis Assistenten ex Directorio,
welche Er dargu deputiret, beywohnen, und die rednung nebft anderen unter:
ſuchen belffen.
Bon der Contribution der Stadt, Vorftadt und ber Gitter §. 117 —
119: Damit aud) die richtigkeit Uber bie contribution respectu afler ofrten ordentlid
gepflogen werbe, fo folle bad Directorium, fo offt in re tributeria ein zahlungs⸗
termin Borfallet, allemahl befliffen feyn, das contingent der Stadt accurate
abgufiigren, wad hingegen in defalcatione vel bonificatione ber Stadt gu gutten
fommet, in empfang gu nefmen, und wad etwann denen singulis gu bonificiren
ware, ohne anftand abgugablen, zugleich auch fich dufferft befleiffen, contribuenda
et praestanda deren unterthanen in tempore jufammen agubringen, abgugablen,
und feine Reften anwachſen gulafpen, gu weldem enbde bey Sebdermabhliger pu-
blication eines jahlungé-terminesd bey der Ronigliden Stadt Briinn bas Direc-
torium felbften bie subrepartition fo wohl respectu der Stadt, ald aud Bors
ſtadt maden, hierüber behörige exemplaria BVerfaffen, und dbarnad die einfors
berung ber contributionalium dem Camin-Einnehmer in ber Stabt, denen ges
ridten in ber Vorſtadt committiren, die gahlung aber in bad Einnehmer⸗Ambt
ſelbſten praftiren ſolle.
§. 118. Dargegen aber bey denen guttern wirdt der Verwalter mit zu⸗
giehung bed Rendt⸗ſchreibers als zugleich contributions » innehmers die indivi-
dual-subrepartition auffertigen, unt davon ein exemplar in duplo allforberift
bem Directorio gu revibirung guftellen, welded die revidirung alſogleich Boll-
giehen, und wann darbey nichts aufguftellen, die in duplo gugeftellte repartition
ratificiren, alfdann biervon ein exemplar Bor fich bebalten, bas andere aber
bem Gontributioné-Ginnehmer restituiren, auf bie balbige einbrings und abgah-
{ung ber contribution bringen wirdt.
§. 119. Rad geſchloſßenen Jahr folle bey ber Koͤniglichen Stadt Brinn
baé Directorium tuber die Stadt-Gamin, uͤber die contribution der gittter aber
der contributions-Ginnehmer eine formlide reyttung mit juftandigen beylagen
und certificationibus Verfaſßen, und beederfeithé inter alia revidenda bem bud:
alter gur Revision zuſtellen, barbey aber wohl gu beobadten feyn wirdt, auf
daß bad Jenige, fo ber Obrigkeit Bon denen Vuterthanen gu bonificiren fommet,
bem Directorio ad cassam abgefiihret, und in empfang genommen werbe, nicht
weniger aud) bad Jenige, fo benen unterthanen nomine defaloationis vel boni-
ficationis Vom land abgefdrieben werden modte, folle alles Ihnen gu gutter
fommen, und gwar fo wohl denen gemeinden in corpore, alé denen singulis er⸗
feget, ober Von ber ſchuldigkeit abgesogen werden.
489
Ueber die Rednungslegung fagt ber 8. 123: Wie nun ble Von
bem Directorio Verfaffende haubtberechnungen Jahrlichen dur ben be-
ftelten buchhalter ober auch, ba es ndthig ware, fonderli bey ſich ereignender
contradiction burd zuziehung nod Eines anderen buchhalters revidiret, und
abjuftiret werden follen, alfo wann dergleichen Bon bem buchhalter complete
revidirte reyttungen Borhanden waren, fo follen bdiefelbe nebft bed buchhalters
endliden befund erftlid bem gefambten Magiſtrat, bamit Gr feine erinnerungen
darüber, Jedoch inner einer furgen jeit, und [angftend innerhalb drey woden
formire, fodann aber der ObersDirection gu ihrer erinnerung und behdrigen wei⸗
theren Geranlaffung beantwortfhet werden, wann aber webder Von feithen der
ObersDirection, weber aud von bem Magiftrat, aufer deß Reflegettls nichts mehr
guermneren oder abjuftiret werde, fo folle bie Ober-Direction hen Reſt⸗zettl de-
finitive aufwerffen, der Magistralus, aud) bad Directorium, ober wer etwann
hierzu berechtiget, ben reftirenden gur wirklichen zahlung anbalten, und dem Di-
rectorio au fernerer Verrechnung abfuͤhren laffen, aud enbdliden bie Obers
Direction bem rednungfihrer nad gepflogener richtigfeit baé absolutorium er-
theilen, wegen ded gebolg fur ben buchhalter und feiner aufnehm, und aben-
derung, werden Ihro Majeftatt dero allergnabdigfte Resolution eygendéd und ab-
ſonderlich erlaffen.
Der Schluß der Inftruftion §. 124 ſetzt bie Bermehrung der Ginkinfte,
bie Vilgung ber Schulden, die Sammlung von Erfparniffen und deren Verwen⸗
bung gu dffentliden Gemeinde- Anftalten in Ausfidt. Gr lautet: Da
aud nicht gu arweifflen, daß, wann das Directorium Die obgelegte pflicht und
{hulbigfelt wohl und genau beobachtet, mithin tas oeconomicum Civitatis ob:
befdriebener maffen adminiftrivet, die Ginfiinfften auf ein merckliches fich Bers
mefren, auch bie erfpahrungen die cassam Dergeftalten secundiren werden, daß
ſonderlich bey künfftiger auftifgung deren fcdulben ein überſchueß bey der cassa
Verbleiben dürffte, fo wirdt mann eveniente casu eines erfpahrenden residui
auf alle gemeine Stabdtsenothwendigfeiten und beyhulff alé Magazines, pros
fiant-, gu@t-, arbeith-hdufer und dergleichen opera publica
reflectiren, aud) in omnes fortuitos eventus und unglidh-falle (ba wo Gott
darvor feye) die Stadt ober berfelben giitter init Peft, frieg, Hunger, feuer, ober
anderen calamitdten heimbgefudet wurde, und es néttig fallete bie gemein⸗gebaͤude
gu repariren, ober benen erarmeten Burgern und unterthanen unter die ahrm
gu greiffen, einen Vorrath an geld Verfamblen, oder aud bad erfparende resi-
duum ju unterbredhung bed wuders, welden mande privati gu merdlider
außſaugung ber burgerſchafft exerciren, und gu unterftiigs aud beferderung ber
burgerliden gewerbe, uabrung, des commercij und dergleichen gu der (andes und
ber Stadt aufnehmen angiehlenden institutoram in forma eines montis pietatis
(ZAfſihkaſſey ) anlegen, und dadurd der Stadt ein emolumentum Verfdaffen.
1) ©. ebenda ©. 306.
440
Karl VI. hatte nad glorreid) geführten Rriegen fein Reich mit den fpani-
fen Nebenlandern Neapel, Mailand, Mantua, Sardinien (in ber Folge mit
Gicilien vertauſcht) und den fpanifden MNiederlanden, mit dem Banate, ganz
Serbien, ber Waladhei bid an bic Aluta, Slavonien und Bosnien bid an die
Gave vergrofert und begonnen dasſelbe durch Forbderung der Kuͤnſte und Gee
werbe, wie bed Handels gu erheben. Cr hatte aber, ftatt die innere Kraft moͤg⸗
lichft gu ftarfen und fein guted Recht durch eine ausreidende Kriegsmacht gu
ftligen, der Kraft von Vertragen (pragmatifden Ganktion) gu viel getraut. Sdon
atte ev felbft wieder Neapel und Gicilien. (gegen Parma und Piacenga) an
Spanien, Lothringen (gegen Tosfana) an Frankreich, Serbien und die Walachei
au bie Tirkei verloren,. und nad feinem Tobe (1740) ftand feine Tochter und
Nacdfotgerin Maria Therefia den Anfallen von allen Seiten preidgegeben.
Mit Geift und manulichem Muthe vettete fie den gropten Theil ihrer Erbſchaft, fie
fam zur Ginficht, daß ber wunderbar ben groften Gefahren entronnene Staat einer
anderen Stipe bedurfe, alé ber Treue ber Nachbaren. Man ſchuf ein neues Cons
tributional-, Militare und Bankal Syftem, regelte neu die Verwaltung, foͤrderte
ben Lanbdbau und die Induſtrie, nahm den Unterthan in Schutz, fudte das Ges
meinbewefen gu heben u. f. w. Rach der Richtung der Beit génnte man
ihm aber nicht eine frete Bewegung, fondern nahm es mehr und mehr in
Vormundſchaft.
M. Thereſta beſtimmte den Status bei bem Magiſtrate in Brinn mit
6 rehtéfunbdigen (juridice literatis), 4 landDwirthfhaftverftanbigen
und 2 im Commerzweſen erfahrenen Rathen. Die Suftisfachen follen,
nebft ben Gyndifern, Den 6 rechtdfunbdigen, bie oeconomica und commercialia aber
ben anberen ad referendum gegeben werden"). Den Rathsperfonen wurde die
Perfehung anderer Nebendienfte unterfagt.
Den Syndbifus follen die Magiftrate bem Randedunterfimmerer vor
ſchlagen. Will ein fold’ Prafentirter renovirt oder ein angeftellter fufpendirt
ober abgefegt werden, ift died vorher der k. Landesftelle anguseigen. Jeder Mas
giftrat Hat viertel{abrig einen Extrakt ber vorgefommenen und nod anbhangigen
(in causa feienden) Sachen eingureiden. ur alle f. Stadte wurde Cin Bud:
Balter — Revident beftellt (Reſt. 5. April 1749). Bon den rehisfundigen
Rathen in Brinn, Olmuͤtz, Znaim und Sglau fordecte man die Prufung aus
bem Civils und Rriminalre te.
') Das Reffript vom 31. Oftober 1752 (im Notizenblatt der hift. Seltion 1860 Mr. 1) zeich⸗
nete bie Bebingniffe gur Ablegung ber juribifden Prüfung vor nnd beftimmte, daß
filnftig bie Syndiker in ben f. und bas jos gladii exercirenden (mit Halsgerichten ver-
febenen) Gtabten und Märkten ſowohl diefe, ale eine Priifung bet dem f. Tribunale
beſtanden haben miiffen.
Die Syndici follen nur die Judicialia und Criminalia, al” übriges aber bie Raths-
manner vortragen (Sntim. des Landesunterfammerers 26. Mai 1753. Nad tem Reffripte
vom 5. Augu 1737 haben fie jedoch nur votum informativum.
441
Die Kandidaten für Rathsftellen in ber juridiſchen Linie find 2 Monate
nad ber Apertur einer ſolchen, ba ohnehin dburd ein Quartal mit ber PBartifular-
Rathswahl zurück gehalten werde, dem Landesunterfammerer zur Pritfung name
Gaft gu machen; wenn fid fammtlide Randidaten tiber bie guritdgelegte Prüſung
legitimiret Gaben, fann nad angeſuchtem Ronfenje zur Partifular-Wahl gefdrit-
ten werden (Refé. 16. Oft. 1756, Int. b. Landesunterk. 8. Dey. 1756).
Den brinner Rathsverwandten fam die Auszeichnung gu, taf fie bei einem
Mangel der gefepliden Anjahl Stimmführer gum maähriſchen Appellationsgeridte
beigegogen werden follten (Verord. 29. Oft. 1754).
Dem briinner Magiftrate war geftattet, ben Stadtridter je und allegeit
anguftellen und nad Befund abjufegen (Sntim. ded Landedunterfammerers 10.
Jaͤnner 1764). Gr Hatte jedesmal bei bem feierliden Renovations + Wfte den
Eid abgulegen (Reff. 13. Juni 1750).
Als bie Megierung auf die Forderung ber Induſtrie und des Handeld
ein groped Gewicht legte unt eigene Organe fiir deren Leitung beftellte, verord-
nete fie, daß bie Stelle eines in linea juridica aut oeconomica geftorbenen
Rathsverwandten aus den im Handel oder ber Oefonomie bewanterten Mitglie—⸗
bern (per translationen vel in linea mercantili vel oeconomica) nad der Fa-
bigfeit erfegt und fobann der tidtigfte Kreis⸗Subaltern, welder fowohl
vom Manufafturenamte als aud vom Rommergials Confeffe und von ber k. Re-
prafentation (Landesſtelle) bafiir erfannt werbe, an deſſen Stelle einrücke (Reff.
4. Mary 1758) und fid in beiden Aemtern cifrig verwenbe, bei Ctrafe
der Entſetzung von beiden Stellen im Falle der Fabhrlaffigkeit (Reſt. 31. Mary
1758). Die Regierung war von der Riiglichfeit dbiefer Maßregel fo fehr uͤber⸗
zeugt, daß fie bie Befdrderung ber Kreis⸗Subalternen und Lokal⸗ (Gewerbs-)
Vorfteher, wenn ihnen fonft an ihrer Dienfifahigheit nichts ausgeftellt werde,
zur Rathmanndftelle in allen Städten und Stddtlein anordnete (Reffript 29.
April 1758).
Mit der kurz nadher wieder aufgehobenen Leitung bed Gewerbwefens
burd eigene Organe hoͤrte auch ihre Einführung in die Stadtrathd-CSteen auf.
Gine Ausnahme von der nun giltigen Regel, bie Geridte nur mit Redts-
gelehrten gu befegen, brachte die neue Wedhfelordnung vom 22. Dezember 1763,
indem fir Magren ein Merfantils und We dfelgeridt und ein Appel.
lationsgericht fuͤr Weeblelge(hafte yu Brinn beftellt wurden, deren Mitglieder
bei dem erfteren (1 Wechſelrichter und 4 Beifiger) gang, bei bem anderen jum
Theile aus bruͤnner Hanbdelsleuten beftanden.
1749 beftand ber brünner Magiftrat aus bem k. Ridter, dem Pri-
mator und 12 Rathsverwanbdten, welde zugleich bie Chargen cined Studhauypt-
mannd, zweyer Hauptleute uͤber 2 Stadtfompagnien, 1 Studlieutenanté, 2 Stadt:
lieutenants und bes Stadtrichters begleiteten und alle hausangeſeſſen waren ;
bie Kanzlei bildeten ber Syndikus, Vicefyndifus und Subſyndikus, 1 Regiftrator
und 4 Qangliften.
442
Bei bem Waifenamte waren der f. Ridter, ber Primator und 2 Raths-
glieder, 1 RNotarius und 1 Vicenotarius, bei ben Stadtgeriditen der Stadtridter
und 2 Rathe ald Gerichtsaffiftenten, 1 Notarius und 1 Vicenotarius, 1 geſchworner
Gerictéanfager.
Bei dem Wirth{(hafts-Directorium: der k. RiGter als Präſes,
ber Primator ald Viceprdfed, 3 Rathsglieder und 3 aus ber Bürgerſchaft als
4. und 2. Affiftenten und Ueberzählige, 1 Aftuar, ber Stadtbau⸗Verweſer,
Controllor und Direftorial-Anfager, der SGtadtwagmeifter und der Bices
wagmeifter. oo
Weiter gab e6 8- gefhworne Stabtabdvocaten, 1 Rathhdufer, 2
Rathediener und 1 Abjunften, und 10 gefdworne Stadtboten (Titular-Nalender
ffir 1750).
Bon den entſcheidendſten nnd nachhaltigſten Folgen wurde bie neue Ein
ridtung ber ökonomiſchen Verwaltung der k. Stadte, in welder
binnen wenigen Jahryehenden drei verſchiedene Syfteme gur Anwendung famen:
1) Die Verpachtung (1752 — 1761), 2) bie ecigene Berwaltung
unter einer fF. f. ſtädtiſchen Oefonomies-Rommiffion (1761 —
1773) und einer f. ftadtifden Wirthfhafts-Adminiftration
(1773 — 1792) und 3) bie felbft eigene Verwaltung, zwar ofne die
fegtere, aber doc mit grofer Einflußnahme ber politiiden Behoͤrden, bis dle
neueſte Seit (feit 1848) eine freiere Bewegung brachte.
Das erfte Syftem leitete die folgende allerhöchſte Entſchließung ber Kai⸗
ferin M. Therefia ein: Ehrſame Weyſe. Es feynd Bhro Kayſerlichen und
Koͤniglichen Mavyeftatt Vermdg Dero unterm 19. currentis anhero erlaffenen
allerhichften Rescripti, aud Landed Muͤtterlicher Vorforg, und Heylfammer Mb-
ficht, bem Bey fo Vielen dero Konigliden und Landed Furftlidden Stadten
fih dermahlen {don eüſerenden Berfall nicht allein in Zeiten annod Vorzu⸗
biegen, fondern aud Derley Etadte in aufrechten Stand, wie Sie ehedeffen
gewefen, Theild gu erhalten, Theils nocd Beffer Empor gu bringen, allergnadigft
gu Resolviren Bewogen worden, Daß Bey allen Koͤniglichen und Landed Füuͤrſt⸗
lichen Stadten in allen dero Teütſchen Erblanden, folglich auch tn diefem Dero
GErb-Marggraffthumb Mahren auffer denen Stetiern, und Berg - Werden, alle
und jede Sabrliche Communitats Ertragnuffen Und Ginkinfften, es Betreffe nun
die eigene Stadt-Gefable, bie BreusHaufer, oder Landes Wuͤrthſchafften, und
andere dergleichen Corpora, licitando Verpadtet, gu Beferberung der Sache aber,
unter bem Praesidio Sr. Excellenz bed dieéorthigen Herrn Praesidentend (Gein-
tid Freiherrn von Blimegen) eine eigene Commission aufgeftellet, und da:
mit biernddft fothane Verpadtungen, fo bald immer möglich Bor ſich geben
mdgen, ber Anfang Bey Olmig und Brinn damit gemacet, und hierzu ein
drey Monatlicher Terminus ad licitandam Bis ultimo nidft finfftigen Monathe
Maji fo gleid) publiciret — und fo weitherd nad und nad respectu Deren
librigen Koͤniglichen Stadten geſchritten, und die licitation und BVerpadtung Bes
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wiirdet, guBor aber durch den K. Herrn Landed > inter + Cammerern (Adam
Jgnaz Grafen von Bermtold), dann ben Koͤniglichen Iglauer Herrn Creyß⸗
Haubtmann Von. Sahmelgdoff nebft dem Staͤdtiſchen Buchhalter bey jeder Koͤ—
nigliden Stadt Successive bas bafige Stddtifhe oeconomie-Weefen unterfuchet,
alle realititen wohl Examiniret, und folde mit denen Bishero gemadten Bud:
halteriſchen Anmerdungen Combiniret, und aud Sehs Jabrigen Rechnungen,
und gwar aud Dreven Bors und Dreyen naw dem Krieg, oder Bon welden
Jahren es fonften am thunlidften, und Beften befunden wiirde, cin Verlaplider
Calculus ũber alle Ginfinfften de Rubrica ad Rubricam bey jedem Corpore
separalim, Dann aud uͤber die audgaaben gezogen, und Hiernad der Anſchlag
gu dem finfftigen Verpadhts-quanto Formiret werden folle, mit ber allergnadig-
ften Beyfiigs Und Anmerdung, daß obwohlen gwar nach der fic) ergebenen Gre
fabrenbeit nidt ofne feye, dag bie Pachtere bie Gilther sffters zu ruiniren —
bie Walder auszuhauen — bie Gebdude gu Grund geben gu laffen — und die
elder auszuſaugen — Die Unterthanen fiber die Gebühr anguftrengen, — und
Entliden Verſchiedene Abzüge Von denen PRacht-quantis gu Crfinnen pflegeten,
biefem allen bannod in denen errichtenden Contracten groften Theild Vorgebo-
gen, und zwar in denen Walbern ein gewiffer nicht auitberfchreittender Ausſatz
fo wohl ratione quanti alé Loci gemadet — die Wald⸗Heegere in bed pro-
prietarii Ayd und Pflichten Beybehatten — wegen deren Gebauren ein gewiſſes
abfommen getroffen, und darüber eine Jaährliche visitation, aud, wie Bey
denen Medern und Teuchten der Würthſchaffts⸗ordnung nach gu gebahren feye,
Zihl und Maad gejeget, und entliden fo viel e6 die Unterthanen Betrifft, ver
Pachter gu genauer Beobachtung ded Urbarii, wann eined Bur Handen, oder
beren publicirten Generalien angehalten, oder allenfall6 ein orbdentlides Urba-
rium annod Grridtet werden fonte; Wie nun dieſe Verpadtung lediglich die
Vermehrung ber Staͤdtiſchen Cinkinfften gum Gegenwurff hat, und Ihr nach
Gueren Pflidten tad Bonum Civitatis gu beobachten Verbunden feyet.
Als babet Shr gedadter Commission, wann Gie gu Euch fommen, und
den Statum oeconomicum unterfuden wird, nicht nur alle Auskunfften — fon-
bern aud geffieffentlig an Hand gu geben, was Shr glaubet, worauf, nebft
denen oberwahnten Beforgniffen, annod Bey der Verpadtung gu reflectiren
fege (Defret der mähr. Reprafentation und Rammer an vie Stadtrathe vom 21.
Bebruar 1752) ').
Dad Reffript vom 11. Maͤrz 1752 dehnte diefe Maßregeln aud auf vie
Berpadhtung ber Gemeindc-Realitaten bei fammtlidgen Mu—
nicipalftadten aud. „Nachdem dieſelbe bei verfdiedenen Municipals und
anderen obrigfeitlidgen Stäbten bereits eingeleitet worden und bezüglich der uͤbri—
gen StadteCommunitaten ernſtlich yu Werke gegangen wurde,” gab die magr.
1) 1754 war Wenzel Schulz Pachter dex briinuer Sandgilter.
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Reprafentation unb Kammer (28. Juli 1755) gue Einführung einer burdgan:
gigen Gleichheit bei biefem ſtädtiſchen Oefonomiewefen eine vom brünner Rreis:
Hauptmanne von Schmelzdorf, Mitgliede ber ſtädt. Oefonomies-Rommiffton *),
verfafte Inftruftion für bie (oͤrtlichen) Wirthſchaftsinſpektionen Ci In—
fpeftor aus bem Rathe, 1 Coinfpeftor aus ber Buͤrgerſchaft), welche naw ber
Verpachtung anzuſtellen waren.
Daß aber bad Verpachtungsgeſchaͤft dennoch nicht Ne erwünſchten Fort
ſchritte madte, man fic gegwungen fab, bie Hinderniffe mit empfindlichen Strafen
gu Sefeitigen und dort, wo die Verpadtung gleichwohl nicht gu Stande fam, nad
bem Beifpiele von Brinn Wirth(dafts: Adminiftrationen beftelt wers
ben follten, zeigt bad nadfolgende Reffript ber Raiferin an bic mahr. Reprafens
tation und Rammer vom 10. Suli 1756:
Gud ift Unfere hoͤchſte Willend-—Meinung ohnehin befannt, daß alle ftad-
tifhe Gemeint-Realitdten verpachtet werden follen, bamit bergeftalten bad Befte
beren Ctabdtgemcinden beforgt, und hergeftellet werbe.
Da nun aud die bisherige Crfahrenheit gezeiget Hat, daß die ftadtifde
Wirthfchaften durch wohl eingericdhtete Verpachtungen ungemein empor gebracht
werden; So feyn Mir feft entſchloſſen, es bei diefer Unferer höchſten Refolus
tion vollfommen bewenden ju laffen, und wollen bemnad, daß Shr Sorgfamb
dahin fürdenken follet, bamit weiterd mit fothanen Verpachtungen, auc dort,
wo folde nod nicht gu Stand gefommen — flirgegangen — folglid bad Wirth.
fchaftsweſen, gleid) wie bei Unferen Koͤniglichen ald auc) bei allen tibrigen gro-
Geren und fleineren Munigipal-Stadten und Marktgemeinden, fe eber, fe beffer
gue Verpachtung gebracht werbde.
Nachdeme es aber bei eine ober anbderer Stadt: und Markt⸗Gemeinde an
wibdrig gefinnten Gemiithern nicht mangeln dorfte, die ſich beftrcben wilrden, fold
ihnen etwa nicht anftandige Verpachtungen gu hintertreiben.
Als haben Wir wider derley Leute, um ſelbe von ſolcher Vermeſſenheit
abzuhalten, nachfolgende Strafen, welche Ihr behoͤrig publiziren werdet, ausgu-
meſſen befunden: daß nemblich jener, ſo die Arendam zu hintertreiben ſuchete,
falls ſelber ein Rathmann waͤre, caſſiret, und zu Raths⸗ oder Gemeind⸗Dienſten,
auf künftige ewige Zeiten fuͤr unfähig erkläret, wann er aber nur ein gemeiner
Buͤrger ware, mit einem zweymonathlichen Arreſt in ber Bürger⸗Zucht, ober ges
ſtalten Dingen nod mit einem monathliden Spielberger Arveft gezüchtiget wers
ven folle;
Dabhingegen doͤrfte es ſich wohl aud ergeben, dag anberer Urfaden und
Umftanden halber bie Verpacdtung eine ober andern Orts nicht gu erreiden feyn
— — — — — —
1) Dieſelbe beſtand 1754 aus bem Landesunterlämmerer Adam Ignaz Grafen von Berchtold
und ben kaiſ. Räthen von Wimmersberg und Johaun Franz ven Prandau, 1756 aus
Berdhtold, Yofeph Freiberrn vou Widmann, Fojeph Karl Grafen von Bierctin, Sofeph Ma-
ria von Friedenthal unb Johann Leopold von Schmelzdorj.
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wiirde; Sn weldem Fall wir dann bei folder Gemeinde eine Adminiftration
ber Wirthſchaft nach dem dießfalls bet unferer Stadt Brinn fon vorgandenen
Beifpiel veranlaffet haben wollen, wo folglichen denen beftelenden Wirth(dafte-
Administratoribus und Wirthſchafts⸗Beamten bei Unferen Koͤniglichen dann denen
groͤßeren Munigipal-Stadten gur ihren Wmtirungs-Verhalt gleichmäßige Inſtruk⸗
tioned gugufertigen feyn werden, wie ſolche in Anbetradt erholter Stadt Bruͤnn
verfaffet, und von und unterm 8. May diefes Sahrd beangenehmiget worden.
Und gleich wie Wir Unferen Koͤniglichen Stadten bie freye Wahl deren
Wirthf{dafts+ Administratorum oder Inspectorum bereits gnädigſt eingeraumet
haben; alfo foll es fernerd bei dieſer freyen Wahl ſowohl bei mehr gedacht
Unjern Ronigliden ald bei denen groferen Munigipal-Stadten fein Verbleiben
haben, jedod bet diefen legtern dergeftalten, bab wo die Obrigfeit nicht felbft
ben Pachter abgeben will, ber erwabhlte Administrator vorladufig ber Obrigfeit
gu ihrer etwa dabei habenden Erinnerung angegeiget, und felbter ſodann erft
Gud von dem Kreisamt zur Veftattigung vorgeſchlagen werden folle.
Belangend Hingegen die kleinern Stadte und Marftgemeinden, allda wird
die Obrigkeit einen tauglidjen Burger, oder jemand anderen gegen einer darfuͤr
Haftung bem Kreisamt vorgufdlagen haben, aud allemahl die Wirthſchafts⸗
Rechnungen, ehe fie auc budhalterifden Revifion abgegeben werden, zur Einſicht
abfordern tonnen.
Wie zumahlen e6 aber bei allen Städten vornehmlich darauf anfommet,
bamit aljdbrlidd in denen Rednungen genau nadgefehen werbe, wie mit denen
RMirth(afts-Realitaten de Rubrica in Rubricam nad dem Commissionaliter
gemadhten Rugungsanfdlag gebahret, dann wie? und wohin bad eingehende
Geld verwendet wird? und wie Der Status oeconomicus ab⸗ oder 3unehmet?
So werdet For ber Oefonomie-Commiffion mitgeben, daß alle Jahr aus bejag:
ten Rednungen bie Bilangen gegohen, und die mothigen Combinationes, wad
au belaffen ober gu verbeffern feye, gemacht, Hiernddft aus ber Briinner Wirth:
{Hafteverfaffung fene Motalitaten, fo bei biefer ober fener Stadt, dann Markt:
Gemeinde am ſchickſamſten feyn, ergriffen werden follen.
3m übrigen ift fon Rraft Unfered obberührten Reffripti vom 8. Mai
vorgefdrieben: daß der von Schmelzdorf die Lofal-Raffe-Vifitationes allein vors
zunehmen Babe, wobei e6 bann aud fein Bewenden hat, in bdeffelben Verhin⸗
berungéfall aber wirft bu Praeses darzu einen deren gefdidteften Kreisamts⸗
Subftituten, oder jemand anderen von der Kommiſſion benennen, weldem fo-
bann der von Schmelzborf von denen diefer Kaffe-Vifitation halber jaͤhrlich ge⸗
niiffenden 1000 ff. taglid) 3 bis 4 fl. abzureichen haben wird; Unb ob gwar
derfelbe flix dieſe jährliche Lofal-Raffa-Bifitationen gleich befagteé Emolumentum
von 1000 fl. geniiffet; fo tann ihme doc billiger Dingen nicht sugemuthet wer⸗
ben, in jenem Fal, ba Ihr ibn auffer befagter Lokal + Kaffe - Vifttation in eine
Unſerer Koͤniglichen oder eine Munigipal-Stabdt gu anderen Wirthſchafts-Verrich⸗
tungen abzuſchicken nothig finden wiirbet, derley extra ordinari Verridtung auf
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eigene Gpeefen gu volgiehen, ein folglich in einem fremben Ort auf eigene Ro:
ften gu leben; Weswegen Wir hiermit gnadigft bewilligen: daß bemfelben in
vorangeführten Fall die Liefergelder taglid a 6 fl. 40 fr. paffiret werden fonnen;
Jedoch ift Unfere ausdridlide Wilend- Meinung, welche Ihr ihme von Schmelz⸗
borf gu feinem Nachverhalt gu vernehmen gu geben abet, daß ex mehr bemeldete
jabrlidhe Raffa-Vifitation mit einer dergleichen extra ordinari Verrichtung nie-
mahlen cumuliren — mithin fein doppelted utile begiehen — fondern in Gegen:
theil vielmehr dahin fehen ſolle: wie bei Gelegenbeit der Raffa Bifitation unter
einem aud die anderweitige Stadtiſche Verricdtungen ohne befonderen Unfdften
beren Stadt⸗Gemeinden mit beforget werden mögen.
Schlüßlichen wollen Wir, bak, nachdeme ber von Schmelzdorf bic meifte
Kenntnis von ſtädtiſchen Oefonomie + Gachen befiget, und die Verpadhtungs-An-
ſchlaͤge felbft ausgearbeitet Gat, mithin die Dabei ſich ergebende Anftoffigfeiten
am beften erldutern und beheben fann, Wir ihme aud beshalben um allen ftad-
tiſchen Wirthſchafts-⸗Berathſchlagungen beizuwohnen, eine anfehnlihe Gehalts⸗
Vermehrung zugeſtanden haben, demſelben alle in das ſtaͤdtiſche Wirthſchafte⸗
nnd Rechnungs⸗Werk ohnmittelbar einſchlagende Ausarbeitungen zugetheilet, und
ſolche and allemahl von Selbten bei ber Kommiſſion vorgetragen werden, Das
hingegen ſeine Beede Kreisamts-Subſtituti ifn von Schmelzdorf in denen min⸗
ber wichtigen Kreis⸗agendis überheben follen.
In weſſen Folge dann auch die Buchhalterey dahin anzuweiſen iſt; daß
fie alle auf bie von bem von Schmelzdorf beſchehene Einleitung formirende Red:
nungs-Bilanzen und andere buchhalterifde AWusarbeitungen temfelben im Voraud
gu übergeben hatte, welche er fotann bei der Rommiffion felbften vorgutragen
haben wird.
Shr Habet alfo nach Maßgebung gegenwartiger Unferer höchſten Refolution
ein fo anderes gu veranlaffen, beforig einguleiten, und bie diesfalls weiters no-
thige Berfugung gu maden, — aud) Eueres Orté ob dem genauen Vollgug und
Befolgung all deffen ein obachtſames Aug gu tragen.
Wie die f. k. Oekonomie⸗Kommiſſion 1756 berichtete, waren now 54 Mu-
nicipalftidte und 104 Marfte aufer aller Verpadtung oder in deren Entftehung
Interimé-Adminiftration, weil bie Kreisamts-Subſtituten bie meiften Verpachtungs⸗
Elaborate ſehr unridtig eingebract, theils bie Lofalfommiffionen verzogert ober
nod) gar feine Unterfuchungen vorgenommen fatten. Es wurden Daher „die
municipalſtaͤdtiſchen Wirthf(dafts - Unterfudungen wegen mehrerer Vertaglichfeit
und Befdleunigung ber Sade von allerhodften Orth der diedortigen Buchhal⸗
terei aufgetragen;” bie mähr. Reprafentation verorbnete aber (17. September
1756) über Borfhlag der Ocfonomiefommiffion, bei jenew Municipal⸗ und
Brivat-Stadten, wo bie Arrenda oder eine formliche Wirth(dhafts-Adminiftration
nod nicht erfolgt war, eine Proviftonal « Abminiftration einzuführen, ,um ber
Gemeinderathen die eigenmadtigen Gebahrungen einzuſtellen.“
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Die Regierung ubertrug vom 1. BJanner 1760 an bie Beforgung ded
Wirthſchaftsweſens bei ben Municipals ober Sdhug-Stadten der f. k. ſtaͤdtiſchen
OcefonomiesGommiffion, bei ben unterthanigen PBrivat-Stadtlein und Marftfleden
aber ben Grunbobrigfeiten (Reff. 21. Mai 1759).
Mein! alle dieſe Maßregeln einer Wes normirenden und bevormundenden
Autel der Gemeinden Hatten nicht ben ersvarteten Erfolg. Die Regierung fah
ſich vielmehr, mitten im 7jaͤhr. Rriege, veranlaft, die Arrenben auf zu he⸗
ben, bie Beforgung des KRommunals und Domeftital-Wirth-
ſchafts weſens der Privat- und Municipial-Stadte ben geſamm—
ten Grund- und Sup Obrigkeiten gu überlaſſen (Cirk. der Res
prafentation 12. Sanner 1761, aur genauen Gefolgung in Erinnerung gebracht
am 12, Oft. 1770, 13. Oft. 1772), und aud bei ben fF. Gtadbten wieder
bie eigene Verwaltung einzuführen. Maria Therefia Hob namlid
bie EB ſtäbdtiſche OefonomiesGommiffion auf, nabm bem Landesuns
terfammerer Die, felt Sabrhunderten beftandene und ſchon durch die Beſtel⸗
lung ber erfteren (1726) geſchmälerte Ocfonomie-Verwaltung der k. Stadte vole
lig und beftellte fiir Diefelbe, unter der Oberauffidt ber Reprafentation (feit
1763 Gubernium genannt), cine f. ſtädtiſche Wirthſchafts-⸗Adminiſtra—
thton'), im den k. Stddten aber cine Wirthſchafts⸗Anwaltſchaft, welche
in gwei aus dem Magiftraté-Gremium gewablten Anwalten, einem Kaſſier und
einem Aktuar beftand (Refcript 3. Janner 1761). Außerdem entftand zur Gone
trolle ber @ebafrung und Prifung ber k. ftadtifden Rechnungen eine k. (tar.
tifhe Buchhalteri in Brinn, weldhe jedoch RKaifer Joſef mit ter Kameral⸗
(Provingial-Staaté-)Buchaltung vereinte (Hfdt. 9. Nov. 1784). Der Lane
dbesunterfammerer hatte nur fir die Erhaltung ber Rechte und PBrarogative
ber f. Städte gu forgen, die Rathserneuerungen (Renovationen) in den:
felben alle 3 Jahre vorzunehmen und der Lanbdedftelle sur Beftatigung anzuzei—⸗
gen, die iiber Vorſchlag der Lanbesftelle von Seiner Majeftat ernannten fF.
Ridter und die gewahlten, von der Landesftelle uber Angeige bes Landes-
unterfammereré beftdtigtn Rathsmanner yperfonlih gu inftalliven. Der k.
ſtäbtiſche Wirthſchafts Adminiſtrator dagegen hatte, mit der Wbhan-
gigfeit von ber Landesſtelle, auf die ſtädtiſche Oefonomie, die gute Verwaltung
ifrer Gilter und die wirth{dhaftlide Gebahrung mit bem Communvermogen ju
1) 1763 war Chriſtoph Freiherr (fett 1768 Graf) von Blümegen, k. geh. und Gubernial-
Rath, k. ſtädtiſcher Wirthfdafts-Abminiftrator, oon 1765—1770 aud Landesunterkämmerer,
fpiter Oberftlandlimmerer und Landeshauptmann, 1773 — 1782 Ignaz Schröfl Freiherr
von Mtansperg, Landesunterfmmerer, Gubernialrath und k. ſtädt. Wirthſchaftsadminiſtrator.
Da bie EL Städte night gut verwaltet feyen, enthob thn Raifer Sofeph 1782 und vertraute
bie Wirth{dhaftsadminiftration berfelben bem Rameralgiiter + Oberbireftor Anton Valentin
(fett 1786 Freiherrn) von Rafdnit. 1790 wurbe er bievon enthoben und ber Guber-
nialſekretär Eerront damit betraut bis aur Aufhebung dieſer Abusiniftration 1792.
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feben, daher bie f. Statte zu Gereiien, jibrlide Haupt - Bifancen ber Landes
unt Hofitelle vorzulegen wu. ĩ. w.
" Sie Wirthidaft in ten k. Städten bejorgte bie Anwaltihaft, mit der Ab⸗
bangigfeit ron ter Atminiitration unt Lanbetitelle *).
Fas Bevormunticattungs-Svitem bei ben Gememben ging immer weiter.
Dads Hojtefret vom 4., Gubernial - Girfular rom 17. Juni 1774 erflacte bie
Realitaten ber fammtliden hierländigen Stidte fir verfdul:
lic unt wied tie Rauilufigen wegen ber Ucheridlage und ſonſtigen Behand-
lungen an ten f. ſtädt. Rirthidafté-Adminifirator Ignaz Schröfl von Maunts
perg. Lie allerhocRe Behorte jdrieb vor ,Anmerfungen, bei BGerfarnf- eter
Verpadtung deren bei Municipal-, Privat- und fonftigen Stähten befindliden
Realitaten yu beobadten” (Gubtt. 26. Augu 1774). Wir heben daraus Gini
ges hervor.
So wie 1. Der allerhöchſte Auftrag if, daß alle fiadtifhe Realitdten
verfaufet, ober jo balb moͤglich verpadtet werben jollen; Eben fo fommen bie
ſtaͤdtiſche Lantgutter alébalt jelbe in dem Lanteds-Calastro nur alé eine eingige
Herrſchaft Lei einer Statt eingefeget find, nicht theilweié, fondern gufammen
entweter zu verfaufen, ober zu verpachten; maffen bei einem Rudweifen Serfanf
bie beften Entia gar bald veräußert, bie ſchlechtern aber ben Gtddten veri:
bleiben wirten. Dahingegen {deine
2. Beſſer zu ſevn, dbiejenige bifdhofliden Lehen, weldhe ein oder der ande
ren Gtatt auf immerwahrente Zeiten in Bejig gegeden worden, wicht gu ver
faufen, wohl aber gu verpadten, weil dDurd ten Gerfauf, ver dod immer anf
70 pC. nad den gewobnliden Lehendsgitter-Berfauf gemadt werten mifte, vie
Statt nothwentig einen Schaden erleiten wurde; Und ba es ich hiernächſt
3. um folhe Hauger und Gebäude bei Städten handeln follte, von wel
den erwunſchlich ift, daß deren Reparation, und forthinige Erhaltung denen
Städten entfallen moͤge, jo ift fein Anſtand, daß ſelbe auch ohne Vorbehallt
eines Zinſes verkaufet werden koͤnnen;
Mare es aber
4. Daf ein ober tie anbere Statt eine Tawern, ober Waaghau§, ober
Schuppen, oder Perley Hauer bejigete, wo Gewolber, Krammeln, Zinßlaben,
1) Hiernach beftand ter brünner Magiftret 1766 anus bem k. Ridter (Franz Valentin Wint-
fer, £. f. Rath), dem Primator, tem Rathsſenior und 9 Rathsverwandtem (Leime Ehargen
me$r, nur 1 Studbauptmanu, 2 Statthanptlente ber bie zwei Rompagnien, 1 Stad- amd
2 Stabtiientenants), bann, nebft ten 1749 beſtandenen (6. ©. 441), 1 Tayater umb Expe-
bitor, 2 Rangliften, 5 Acceffiften; beim Waifenamte waren 3 Rithe, beim Geridite 1 Ge-
ridté-Anfager-Abdjuntt.
Bei ber Wirthſchafts⸗Anwaltſchaft 2 Wirthſchafts⸗Anwälte, 1 Kaſſter, Alum,
1 Stadtbaunverweſer, 1 Wirthfdafts-Controfor, 1 Stadtwagmeiſter, 1 Diener.
Gs gab 6 gefdworne Stadtabvofaten (1 J. U. D.).
Der Syndifus wohnte im Syndikate neben bem Rathhanfe.
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und folche Ubifasionen befindlidh, bie ber Stadt einen befonderen RNugen und
Vortheil bringen;- fo find folche Mealitdten nie gu verfaufen, ſondern allemal
mur ben Meiftbiethenden au verpacdten.
5. Sind ſtaͤdtiſche Braͤu⸗ und Malzhäußer, bad Rathhauß, Frohnveften,
Privat-Mauth-Haufer, Gemeindehaufer, welche ber Stadt gu einem befonderen
RNugen andienen, bie Schießſtadt, Wadthauk, Hopfengarten, Holsgarten, Hols:
fhuppen, Wafferfunfthaus, bie Thorfteherwofnung bei denen Stadtthdren, und
bergleiden gu eigenen Gemeindnupen, und Rothwenbdigheit braudende Hauger, ober
Gebaude weber gu verfaufen, noch gu verpachten; dann obswar daritber eine Frage feyn
fénnte, ob es nidt auch befer fee, bie ſtaäͤdtiſche Bräuhäußer au verfaufen, oder au vere
padten, fo ift bod gana ridtig, daß bie Stadte hurd) den Berfauf nie jenen
Mugen erreichen wiirden, welden fte fiir bas künftige, mittelft gu treffender guter
Ginleitung von ben Braͤuhaͤußern ju erwarten haben, bie Verpadtung hingegen
Diirfte nichts, alf immerwahrende Zwiſtigkeiten nad fich giehen, und bas Pu-
blicum der Willkuͤhr eines — von Cigennug fteté geleiteten Pacters überlaſſen,
weld ein und anberes die, in vorigen Jahren fürgeweſte PBadtungen gum em⸗
Pfindliden Schaden ber Stddte geniigfam gelehret baben.
6. Sollen die gefammte Anſchlaͤge, deren Entwurf — und Nerfaffung
wie bereité unter dato den 11. Suly a. c. von hieraus derorbnet worden, denen
Schutzobrigkeiten obguliegen Hat, nicht anberft, alé a 4 pro Cento, nach bet
bermaligen Grtragnif abgefaffet werden, maffen im wibdrigen denen Stabdten
nothwendig an denen derzeitigen Ginfinften vieles entgehen miffe, welches aber
ber allerhddften Wilensmeinung, welde die Bermehrung nicht aber die Vermin:
derung beren Einkünften gum Entzweck Hat, gar nicht gleich) Fommet.
7. Seynd fowohl die Verfaufs- als Pachtungs-Licitationen bei denen Koͤ⸗
niglichen Kreisamtern, mit Zugiehung deren — die Obrigfeit repraesentirenden
Beamten, dann einiger Deputirten von jeglidher — die zu Verkauf⸗ oder ver-
padten fommenbde Realitdt betreffenden Stadtrath, und biurgerliden Gemeind-
ausſchuße vorzunehmen, der Rauf, ober Verpachtung eventualiter und salva
bierortiger ratificatione mit ben fic) bet bem k. Kreisamt meldenden Rauf oder
Pachtluftigen abgufdlieffen, fonad aber bie Ueberſchlaͤge, und fonftige Beilagen
aur wweiteren Approbation anhero einjufenden; Endlich folle
8. Gine fede Obrigheit, fowohl bie Verpacht- ald BVerfaufs-Anfdlage bem
k. Rreisamt vorliufig exhibiren, welded fonderheitlidy in Anfehung ber Verpach⸗
tungen auf folde Mobalititen ben Bedacht zu nehmen haben wird, damit die
Staͤdte nicht fenen betruͤbten Folgen ausgefept werden mögen, welche befannters
maffen burd bie legtere Pachtungen bei den k. Stadten fic ergeben haben, wo»
bel Dann
9. fuͤrnemlich in Erwägung gu nehmen feyn wird, ob nicht die Walbun-
gen wegen der babel unterwaltenden Gefabr eined fibermaffigen — faft nidt gu
verhuͤtenden Holzſchlages aus bem Pacht hinweg gu laffen, das gedeihlichſte feyn
daͤrfte; bod) verſtehe ſich dagegen von ſelbſten, daß jenen Falls, menn dle Cs
W
450
tiſche Realitaten verfauflid) hindangegeben werden, anc derley ſtaͤdtiſche Wal.
bungen mitverfaufet werden follen.
Schlüßlich und 19. find bie kleine Gefalle. bei Sthdten, als ba find bie
Privat - Mauthgelber, Waagnugung, Thoraufſchlagsgelder, Jahrmarktobauden⸗
und fonftige Stand⸗ oder Reihgelder von Juden, und Shriften, Fiſchbaͤnknugung,
Saltz⸗ ausmaßlungs Nugung, Spann- ober Spatyengelder, Oebfiler - flandgelder,
Tanjimpost, Getraid-Wbmaas- und Abſchrottgelder, und dergleichen andere Heine
Gefaͤlle mehr, weldhe ſich hier ohnmoͤglich alle beftimmen laffen, und bei diefer
ober jenen Stadt, unter diefen ober jenen Ramen, ober Litul, eingehobem au
werden pflegen, folgliden verpacdtet werden koͤnnen, anfdnglich nur auf 3 Sabre
su verpadten, und nach Berlauf diejer Zeit, neue Pachtlicitationen gu veranlaffen,
e6 ware dann, daß ſich Pachtere vorfanden, bie gegen Erlangung bed Pachts
auf mehrere Jahre fehr vortheilhafie Bedingnußen antrügen, weldhen Fall aud
auf mehrere Jahre fic eingelafjen werden könnte.
Diefen AnordDnungen der Regierung fay tie Idee gu Grund, durd Bers
pachtung auf ldngere Zeit ober turd) emphiteutiſche Veraͤußerung aller ſtädtiſchen
@iter und Entien bie Vermogens: Verwaltung auf die fabrli@en
reinen Gelbs« Empfange und AWusgaben gu befdranten. Wohl
machten indbefondere die k. Stadte dagegen dringende Vorſtellungen und bemerk⸗
ten, daß bie Bauführungen, da Alles baar gefauft werden müßte, doppelt mehr
foften wuͤrden, bad Kauffdillings-Rapital bei Unglidsfaden und Krieger ange:
griffen ober verloren geben fonnie, wabrend dic liegenden Güter und die Lands
wirthſchaft ein bleibended Einkommen gewabre u. m. a.
Dieſe Vorftellungen Hatten gwar zur Folge, daß der Plan wegen Berdus
ferung der ſtaͤdt. Gütet in deffen ganzem Umfange nidt zur Ausführung fam;
bie Regierung beharrte aber dabei, daß tie VBermogené-Verwaltung ber f. SGtadte
nur auf reine Gelbeinfliffe beſchränkt ſein, daher mit ber Landwirthſchaft nichts
mebr gu thun haben fol.
Sn ber That wurten aud die ſtädtiſchen Realitaten (Oaufer) ver
dupert, bie ſtädtiſchen Materhofe aufgelaffen und die bagu ge
hörigen Grundftide vertheilt. Dads nad feinem Sdhopfer, bem Hofs
rathe Frang Anton Ritter von Raab, fogenanunte Raab'ſche Syſt em vertheilte
im Wege der Empbhyteufis bie Maierhofs⸗ und ubrigen Dominifal « Grunbdftide
entgeltlid) unter die Unterthanen und verwandelte die Frohnen in andere minder
laftige Schulbigfeiten.
Diefes Syftem wurde aus Boͤhmen nad) Riederofterveih (1775), WMaheen
(1777), Steiermarf (1778) und Galigien (1782) verpflangt und Qaifer Folenh D
führte e6 (1783) imperativ auf allen unter der Aufſicht der Staatéverpaltuyg
geftandenen Staatds, Fonds⸗, Stiftungs-, Kirchen⸗ und ſtaͤdtiſchen Waters ein.
Es unterliegt wohl feinem 3weifel, bak ed far bie Berbefferung ber; Qe
besfultur, die Bermehrung ber Bevdlferung und die Erſchaffimg aba aa
freierer und wohlhabender Grundbefiger ungemein wohlthaͤtig dnwplettes
481
bie Folgeseit Hat es fer ungiinftig fie die flddtifden Renten geftaltet, ba die—
felben die erhdhten Steuern von ben verduferten Grunbdftiden zu zahlen Hatten
und im emphiteutifden Zinſe, welder in wiener Wahrung einging, feinen Er⸗
fag fiic bad Hingegebene fanbden').
In Folge diefer hodften Weifungen wurden aud u. a. bas neue Wel te
wirthshaus auf der Krona, bad Ri Gel-MWirths haus auf der grofen
Reugafje and bad Wilbemanns-PMirths haus auf ber fleinen Reugaffe2),
bann bie drei ftadtifden Ziegelhitten mit Beibehaltung bed bisherigen Zin—
feS u.m.a., weiter im Jahre 1774 dad Geſchuͤtz der buͤrgerlichen Arctillerie,
im Jahre 1775 bad Beughaus-Gebdaude (S. S. 102,311,345, 397) im Lizi⸗
tationswege veraufert (brünner Intelligenz⸗Zettel), 1780 bie Gebaubde und Griinde
ber ſechs ſtädtiſchen Maier hife yu Lelefowis, Swinoſchitz, Wohantſchitz,
Deblin, Herotig und Krijinfau zur licitatorifhen Veräußerung audsgeboten (briin-
ner Zeitung) und 1784 jene in Deblin, Herotig, Krißinkau, Lelefowig und Swi⸗
noſchitz unter Anftedler vertheilt; bie Stadt Brinn Hat dermal nur 2 Maier-
höfe gu Gurein und Wohantſchitz (Wolny I. 387 — 392). Auch wurden der
fogenannte Ma giftrats-Teid am Augarten gegen Rarthaus und der fugenannte
Hutters ober HottersTeih am Graben (Teichdbamm, jetzt Franz⸗Joſefs⸗
Straffe) aufgelaffen (1782 S. S.17) und bie hier beftandene Mühle eines Pris
vaten in bad viel befudte Weinfdhantshaus zum blauen Hechten verwandelt
(Wolny I. 3).
Wie die Oefonomie der ſt. Stadte erfuhr auc ihre Berwaltung eine
grofe Umwandlung 2).
') Iglau verlor ſeine 15 Maierhöfe (S. meine Geſchichte von Iglau S. 393), Znaim 7
(Wolny IW. 72), Brinn 5, Olmütz 6 (Wolny V. 135), Mt. Neuſtadt 2 (Eugl S. 174),
Hradifh 1 (Wolny IV. 64).
2) And bie vorſtädtiſchen Wirthshäuſer (S. S. 333), welche burd bie Anfhebung von
Kidftern eingezogen wurden, famen in den 1780ger Sabren gum Verfaufe, wie bas Tala⸗
macher und beim blauen Lowen in Altbrünn (S. S. 40), bas Radlaßer oder
SHBG anf bem Radlaß, dad Tommerl + Wirthshans auf ber grofen Neugaffe, bas
Wirthshaus auf ber Schwabengafſe (S. anc bas Notizenbl. der hift. Seft. 1860 Mr. 5).
3) Prof. Ganjely (geft. 1. Ottober 1806), ein Sohn des legten briinner Synditus, hinterließ
in feinen „Brünneriſchen Miscellen,” welde er 1806 herauszugeben beabfidtigte (S. S.
208), einen „Auszug anus ben Befolbungse und Deputatstabellen ber könig—
lichen Städte iw Mähren, wie foldhe bis 1783 gewefen find.” Wir theilen
denſelben bier mit. Er zeigt unter anberem, wie damal bei nod nit vdllig durdgefiibr-
ter Fizirung ber Bedienteſten auf Gelbbegitge dieſelben nod unabbingiger von den Schwan⸗
kungen ber Preisverhältniſſe ſtanden.
I 4K. Stabt Olmütz.
Konigl. Richter. Am Gelde 1000 fl. Wilbpretgeld 9 fl. 13 tr. 3 br. Bier 20
Baß. Hortes Breunholz 80 Kf. Bündelholz 30 Schock. Primator. Am Gelbe 842 fi.
21 fr. Wilbpretgeld 9 fl. 13 fr. 8 br. Vier 19 Bah 1 Stier. Hoh 20 AC. Btowkutqoy,
2a*
‘452
Raifer Joſeph Il. überließ den landesfürſilichen Stddten nnd Maͤrkten die
Wahl ihrer Magiftrate ans den nad vorgenommener Pritfung durd
Wahlfaͤhigkeitsdekrete des Appellationsgerihtes und bes Guberniums Befabigten
(Hfdt. 4. Auguft 1783 Rr. 172 Suft. Gef. Slg.).
20 Schock. Stabdtridter. Am Gelbe 600 fl. Wildpretgelh 9 ff. 18 fr. 3 br. Bier 14
Vaß 2 Eimer. Hartes Holz 20 Kl., Bündelholz 20 Schock.
Rathsverwanbte. I. Kaffe. Bier, jeder mit 731 fl. 14 te. 3 dv. mit Cinbe-
griff bes Wilbpretgeldes. Bier 19 Vaß, 1 Cimer, 20 Maak. Holy 20 Kl., Bündelholz
20 S&h. I. Kaffe. Bier mit 610 fl. 54 fr. 3 br. Bier 19 Vaß, 1 Etm. 20 M. Holy
20 &l., Bündelholz 20 SH. UT. Kaffe. Zwey mit 490 fl. 34 fr. 3 br. Bier 19 Bas
1 Gim. 20 M. Holz 20 Kl., Bündelholz 20 Sh. VBiirgermeifteramts- Emolument 80 fi.
folglic fiir 13 Herrn Biirgermeifter tes Jahres 1040 fi.
Langley. Syndikus. An Befolbung 300 fl. Ouartiergel 30 fl. Schweingeld
18 fl. Für Naturalien 14 fl. 51 fr. 1 tr. Teichrecht 32 ff. 12 fr. 1 br. Bier 15 Bas
3 Eim. Korn 33 Metzen, 6 Adtel. Hartes Holz 20 Ri. Vice⸗Syndikus Vefolbung 196 fi.
40 tr. Fulr Naturalien 11 fl. 1 br. Teichrecht 32 fl. 12 fr. 1 br. Bier 15 B. 8 Eim.
Korn 22 Meken, 4 Adtel. Holz 20 Ki. Sub-SGyndifus. Befolbung 150 fl. Quartier⸗
geld 20 fl. Für Naturalien 6 fl. 40. Teichrecht 12 fl. 30 tr. Bier 12 Bah. Weizen 4
Metzen 4 Achtel. Korn 13 Mek. 4 Adel. Gerfte 5 Mek. 2 Acdhtel 2 Maaß. Erbſen
2 Mey. 5 Achtel, 1 Mahl. Hirfe 2 Mek. 5 Adtel, 1 Mal. Holy 20 Ki. Regiftrator.
Befolbung 195 fi. 26 fr. Für Naturalier 27 ff. 24 fr. 3 br. Teichrecht 11 fl. 14 kr.
Bier 8 Vaß 2 Cimer. Korn 12 Metzen. Gerfte 2 Megen. Erbſen 4 Achtel. Hirfe 2
Mes. Holz 20 KL 1. Kanzelliſt. Befolbung 153 fl. 10 tr. 2 br. Quartiergeld 9 fl.
20 tr. Für Naturalien 4 fl. 20 tr. Teichrecht 5 fl. 49 tr. 2 br. Bier 6 B. 3 Sim. 25
Maaß. Weizgen 2 Mes. 2 Achtl. Korn 13 Mek. 4 Achtl. Gerfte 2 Mek. 5 Achtl, 2
Maal. Erbſen 5 Achtl, 1 Maaßl. Hirfe 2 Mes. 5 Adhtl 1 Maaßl. Holy 12 RI. 2.
Kanzellift. Vefolbung 147 fl. 30 fr.2br. Quartiergeld 9 fl. 20 fr. Teichrecht 6 ff. 49 fr.
2 br. Bier 4B. 3 Eim. 20 M. Holy 8 Ki. 3. Rangellift. Beſoldung 130 fl. 1. Accef-
fift. Befolbung 60 fl. 2 Acceffift. Befolbung 40 fi. 3. Acceffift. Befolbung 25 fl. Rath-
baujer. Vefolbung 83 fl. Bier 3 Cint. Korn 6 Metz. 6 Achtl. Drey Rathsdiener. Feder
an Vefolbung 83 fl. 11 fr. Bier 3 Cim. Korn 3 Mey. 3 Achtl. Gerfle 1 Meg. 2 Adel,
2 Maaßl. Erbjen 5 Achtl, 1 Maaßl. Hirfe 1 Mes. 2 Adhtl, 2 Maaßl. Königl. Richters⸗
Bedienter. Befolbung 62 fl. Bier 3 Cim.
Wirthſchaftsanwaldſchaft. Zwey Anwälde. Jeder 150 fl. unb die Reife-
foften. Gaffirer. Beſoldung 400 fl. Actuar. Befolbung 300 fl. Holy 10 RI. Rangley-
adjunct. Befolbung 63 fl. Quartiergeld 12 fl. Bier 2 V. Weizen 2 Mek. 2 Achtl. Korn
11 Mey. 2 Achtl. Holz 15 Ki. Thiirfteher. VBefolbung 52 fl. Für Naturalien 6 fl. 40 fr.
Stiefelgeld 5 fl. Bier 1 BV. Korn 15 Meh. 6 Achtl. Holz 10 KI.
Stabtridterlides Amts-Perfonale. Geridte-Notar. Beſoldung 131 ff.
40 fr. Schreibers⸗Adjutum 6 fl. Bier 9 BV. 2 Eim. 40 Mt. Holz 20 Ai. BWaifen-Notar.
Befolbung 68 fl. 20 tr. Bier 6 V.
I. &. Stadt VSritnn,
Konigh Richter. Befolbung 1100 ff. Bier 21 BV. Holz 20 Ki. Primator. Beſol⸗
bung 760 fl. Bier 19 BV. 1 Cim. 16 Maaß, 2 Seitl. Holy 20 Kl. Au vacanten Por.
tionen 150 fl. Naturalrelnition 12 fi.
458
Die Regulirung bes brünner Magiftrates ging im Yahre 1784
vor fid. Die gange Bürgerſchaft hatte einen Ausſchuß von 24 Mane
nern, diefer ben neuen Rath mit einem Biirgermeifter und 8 Magiftrats-
rathen aus Perfonen, die vom Gubernium und Appellationsgeridte gepriift
Rathsverwandbte. I. Kaffe. Beſoldung 660 fl. Bier 19 VB. 1 Sim. 16 Manag
2 Seitl. Holy 20 Kl. An vacanten Portionen 125 fl. RNaturalrelnition 12 ff. I. Klaſſe.
Vefolbung 560 fl. Vier 19 BV. 1 Gim. 16 M. 2 S. Holz 20 Kl. An vacanten Portio-
net 100 fl. Qaturalreluition 12 fl. HI. Kaffe. Befolbung 460 ff. Bier 19 B. 1 Eim.
16 M. 2 S. Holz 20 KH. An vacanten Portionen 75 fl. Raturalrelutton 12 fl. Bür⸗
germeifteramts-Emelument 74 fl.
Kanzley. Syndifus. Das Briinner Syndifat war eine anſehnliche und ein-
triglide Vedienftung. Bis zur neuen unter weiland Raifer Joſeph Il. erfolgten Organi-
firung ber Stadt + Mtagiftrate hatte der Britnner Syndikus an Beſoldung 466 fi. 40 fr.
Naturakienreluition 97 ff. 41 fr. Denn bevor fatten fie in natura Fifde, Ofterfamm,
Martingans, Schmalz, Butter, Ever 2c. 2¢., wofür hernad die benannten 97 fl. 41 fr ge
geben worben. Am Holz 18 Kalter, Vier 14 Fag, 2 Eimer. Korn 22 Metzen 4 Adhtel,
Kudelfpeis 8 Metzen 2 Achtel. Nebſt diefem die freye Wohnung nächſt bem Rathhauſe,
Rufliiffe aus ber Carbona, und anbere Sporteln, welde oft mebr als die beftimmte Ve-
folbung betrugen. Der Syndifus von Brünn hatte and bas Recht, mit den Deputirten
aller tinigl Städte bey ben Landtagen gu erfdeinen. och merfwiirbdiger ift bas Vorredt
eines ebemabligen Brünner Gynbifus, weldes in bem Privilegium Wenzels, des vierten
Konigs in Böhmen (S. Vocet III. 17) gelefen wird: Inhibemus etiam, ne de caetero
sint tabernae exira civitatem ad milliare in bonis alicujus, praeter bona et possessiones
Notarii Brunensis, qui Capellam S. Procopii habuerit, et monetam. (Cr war alfo an bas
fogenante DMeilenredt nicht gebunden, hatte bas Patronat ber Kirche bes H. Profop in Alt-
briinn, welde beyläufig um bas Jahr 1786 niebdergeriffen worden, und die Münze. (Rinig
Wenzel verlieh bie Kapelle fammt bem ihr zugehörigen Dorfe Welatic bem fF. bdhm. Pro-
tonotar Weleslaw und vermebhrte ihren Befig im J. 1288. S. Woluy kirchl. Topographie
Hi. 1. ©. 177).
ViceeSynditus. Befolbung 333 ff. 40 tr. Maturalreluition 71 ff. 40 tf. Bier 14
Vaß 2 Cim. Korn 16 Meg. 7 Achtl. Kuchelfpeis 4 Mek. 6 Achtl. Sub⸗Syndikus. Be⸗
folbung 300 ff. Maturalreluition 71 fl. 40 fr. Bier 14 B. 2 Cim. Korn 16 Mes. 7
Achtl. Kuchelſpeis 4 Metz. G Acdhtl. Regiftrator. VBefolbung 335 fl. 36 tr. Naturalre⸗
Inition 70 ff 47 fr. Bier 13 B. Weizen 3 Mek. 3 Achtl. Korn 22 Mes. 4 Achtl. Rue
chelſpeis 4 Mes. 1 Achtl. Expeditor. VBefoldung 150 ff. MNaturalreluition 18 ff. 18 fr.
Vier 7B. 3 E. 10 M. Korn 4 Mek. 4 Achtl. Kuchelfpets 1 Mesh. 3 Achtl. 1. Kane
gellift Befolbung 150 fl. Maturalreluition 18 fl. 18 t. Bier 7 BV. 3 Sim. 10 M. Korn
4 Mey. 4 Achtl. Kuchelſpeis 1 Mek. 3 Achtl. 2 Kanzelliſt. Vefolbung 80 fi. Mtatural-
reluition 18 ff. 18 tr. Bier 7 B. 3 Gin. 10 M. Morn 4 Mes. 4 Acdhtl. Kuchelſpeis
1 Mey. 3 Achtl. 1. Meceffift. Befolbung 50 fl. MNaturalreluition 2 fl. 15 fe. Bier 3
Vaß. Weizen 4 Mes. Rorn 6 Metz. Rudelfpeis 2 Mey. 2. Acceffift. Beſoldung 20 ff.
Vier 3 BV. Weizen 4 Mek. Korn 6 Mek. Kuchelfpeis 2 Meg. 3. Acceffift. Befoldung
20 fl. Bier 3 V. Weizen 4 Mek. Korn 6 Meg. Kuchelſpeis 2 Mey. 4. Acceffift. Bier
3 B. Weigen 4 Dey. Korn 6 Metz. Kuchelſpeis 2 Mey. Rathhaufer. Befolbung 104 fi.
Für Naturalien 1 ff. 24 tr. Bier 7 B. 3 Eim. 10 M. Bwey Rathsdiencr. Beber an
Pefolbung 148 fl. File Naturalien 4 fl. 24 fr. Bier 7 BV. 8 Sim. 10 M.
und fiir wablfabig erfannt waren, gu maflen, dann die in 3ufunfe bei
bem Ausfduffe und Magiftrate in Erledigung fommentes
Stellen durch Wabhl gu erfegen. Die Rathe und Aus(dufglieder joliarm be
Stabtgeridts» Perfonale. Stabdtridter. VBefolbung 660 fl Weer ut Sch
wie ein anberer Rathemann. Gerichts⸗Notar. Beſoldung 350 ff. Vier 14 B.S Ee
10 M. Weigen 6 Mek. Korn 12 Metz. Kuchelſpeis 4 Meg. Bicenotar. GBejolbaag Bi t
Bier 7 V. Weigen 4 Meh. 4 Achtl. Koru 9 Mek. Kuchelſpeis 2 Mey. 2 Agel. Gers
anfager 52 ff.
BWaifenamts-Perfonale. WaifensRotar. Befolbung 100 fl. Bir « BZ E
10 M. Bicenotar. Vier 7 V. Weizen 6 Mek. Korn 10 Mey. Kudelfpeas 3 Bley.
Wirthfdaftsanwalb{daft. Zwey Anwälde. Seber 150 fl. Gejolbang Ea
ſirer 400 fi. Beſoldung. Actuar. Befolbung 300 fil. Bier 9 BV. 1 Gm. Holgi 12 7
Malzſchreiber. Befolbung 500 fl. Bier 20 B. Korn 22 Meh. 1 Ade. Hes 35 A.
Baujdreiber. Befolbung 250 fl. Bier 10 BV. 3 Eim. 10 M. Weizen 4 Weg 4 Bde
Qorn 22 Meh. 4 Achtl. Kuchelfpeis 4 Mek. 1. Adtl. Holz 30 Kl. Haber 72 Wey 4
Achtl. Vau-Controlor. Befolbung 100 fl. Bier 4 B. Weizen 4 Meg. Rorm 12 Wry
Kuchelſpeis 2 Mey. Holy 6 Kl. Anwaldſchaftsdiener. Beſoldung 70 fi.
Il. & Stadt Fglau.
Königl. Ridter. Beſoldung 700 fi. Bier 15 B. Weides Holy 15 Ri Primater
Vefolbung 602 fl. 20 tr. Bier 12 BV. Schmalz 50 Pfd. Morn 11 Mew. 2 Acht. Karpin
50 Bfb. Holy 10 Rt.
Rathsverwanbte. L Maffe. Brey, jeder mit 437 fl. 44 fr. Bier 12 Bag
Schmalz 50 Pfd. Morn 11 Meh. 2 Acdhtl. Rarpfen 50 Pfd. Holz 10 WA. WW. Mae.
Bier, jeder mit 373 fl. 8 tr. Bier 12 B. Schmalz 50 Pfb. Korn 11 Mew 2 Achtl
Rarpfen 50 Pfb. Holz 10 Kl. MW. Kaffe. Zwey, jeder mit 308 ff. 28 fr. Bier 12 B
Schmalz 50 Pfb. Korn 11 Mey. 2 Achtl. Rarpfen 50 Pfd. Holz 10 Kl.
Kanzley. Synditus. Beſoldung 360 fl. OQuartiergeld 20 fl. Raturalrelnition 2 7.
30 fr. Bier 8 BV. Schmalz 70 Pfb. Korn 22 Meken 4 Achtl. Karpfen 1 Cent. Hartes
Brennholz 20 Kl. Weidhes 8 Ri. Bice- Synditus. Befolbung 20! ff. Quartiergeld 15 £
Vier 6 V. Schmalz 65 Pfb. Korn 16 Mey. 4 Achtl. Weidhes Holy 16 Kl. Regiftrater.
Vefoldung 160 fl. Quartiergeld 12 fl. Bier 3 BV. Schmalz 50 Pfd. Morn 13 Mew. 4
Achtl. Holy 16 Ki. 1. und 2. Rangellift. Jeder mit 100 fl. Oiuartiergeld 12 ff. Schmal;
30 Pfb. Korn 11 Mes. 4 Achtl. Holz 16 Rt. Zwey Rathsdiener. Jeder mit 52 fl
Ouartiergeld 10 fl. Rorn 5 Mey. 4 Achtl. Sdhuh- und Stiefelgeld 3 ff. 30 tr. Holy 6 MA
Stabtgerihts-Perfonale. Stadtridter. Befolbung 500 ff. Bier 12 Saf
Schmalz 50 Pfd. Korn 11 Metz. 2 Achtl. Karpfen 50 Pfb. Holy 10 Kl. Gerichee-Notar.
Beſoldung 160 fl. Vier 3 V. Korn 11 Mew. 2 Adtl. Hol; 16 RA. Bice-RNotear. Befol-
bung 170 ff. aber fein Deputat. Waifen-Rotar. Befolbung 90 ff. Golz 6 RI.
Wirthſchaftsanwaldſchaft. Zwey Anwilbe. Jeder mit 100 ff. befolbet. An
fixirten Liefergelbern beyde 200 fi. Caffirer mit 300 fl. Ouartiergeld 30 ff. Actnar mit
200 fl. Quartiergeld 12 fl. Bauverwefer. Befoldung 90 fl. Korn 8 Mek. Holy 10 1.
Thiirfteher. Vefolbung 52 fl. Schuhgeld 8 fl. 30 tr. Korn 5 Mew. 5 Achtl. Holy 6 AL.
Gorftmeifter. Befoldbung 133 fl. 30 tr. Ouartiergelb 20 ff.
485
Rdnbig, ber Burgermeifter 4 Jahre im Amte bleiben, jeboch konnte die weitere
Beſtätigung bes letzteren allerhoͤchſten Ortes angeſucht werden. Zugleich wurde
mas ſibrige Magiſtrats⸗Perſonale fyſtemifirt.
IV. K. Stadt Znaim.
Königl. Richter. Befolbung 700 ff. Wildpretgeld 10 fl. Bier 15 V. Holy 12 KI.
Primator. Befolbung 513 fl. BK tr. Bier 15 B. Holz 12 Ki. BWein- und Wildpret-
gelb 24 fl.
Rathsverwandte. I. Kaffe. Bier, jeber mit 449 ff. 56 be. Bier 15 V. Holy
43 Gl. Wein- und Wilbpretgeld 24 fl. Il. Kaffe. Drey, jeer mit 385 fl. 56 fr. Bier
06 B. Holy 12 Kt. Wein- und Wildpretgeld 24 fl. III. Mlaffe. Zwey, jeder wit 321 fi.
89 & Bier 15 B. Holy 12 A. Wein⸗ und wildpreteeld 24 fil. Buͤrgermeiſteramts⸗
Emolument 56 fi.
Kanzley. Syndikus. Befolbung 252 fl. 30 tr. Quartlergeld 80 fl. Geflügel⸗
gee 1 ff. 10 tr. Schweingelb 8 fl. Schindel⸗ und Weinfterfergeld 12 ff. Weingeld 58 fi.
Bier 12 B. Hechten 1 Cent. Karpfen 2% Cent. Ships 1 Stil. Lamm 1 St. Gans 1 St.
Salz 10 Kiifel. Schmalz 60 M. Weizen 10 Mets. Korn 48 Mes. Gerfte 84/, Mev.
Haver 15 Mey. Erbfen 8 Mek. Hirſe 1 Achtl. Hartes Holz 22 Rt. Bice-Gynditus.
Bejolbung 180 ff. Geffiigelgeld 1 ff. 10 fr. Schweingeld 8 fl. Weingeld 40 fl. Vier
8 B. Hechten 50 Bid. Rarpfen 1 Cent. Shops 1 St. Lamm 1 St. Gane 1 Stile.
Schmalz 30 M. Salz 6 Küfel. Weigen 5 Mek. Korn $0 Mets. Gerfte 4 Meg. 4 Achtl.
Erbfen 3 Mew. Hirfe 1 Achtl. Hartes Gols 11 Ki. Regiftrator. Befolbung 150 ff. Vier
7B. Beizen 4 Mey. Korn 20 Mek. Gerfte 3 Mey. Erbfen 1 Mey. 4 Achtl. Hirfe
A Achil. Holy 8 Ki. 1. Kangellift. Beſoldung 100 fl. Gefliigelgeld 1 ff. 10 tr. Wein.
geld 10 fl. Bier 7 B. Rarpfen 50 Pfo. Schöps 1 St. Lamm 1 St. Gans 1 St. Salz
5 Kiifel. Schmalz 5 Dt. Weizen 4 Mek. Morn 2O Mes. Gerfte 3 Mey. 4 Adtl. Erb-
fen 2 Mey. Hirfe 1 Adtl. Holy 8 Kl. 2. Kanzelliſt. GBefolbung 100 fl. Ornattiergeld
15 ff. Gefliigelgeld 1 fl. 10 fr. Weingeld 10 ff. Bier 7B. Rarpfen 50 Pd. Schöps
1 St. Lamm 1 St. Gans | St. Salz 5 Küfel. Schmalz 5 M. Weizen 4 Mew. Korn
.2U Meg. Gerfte F Mek. 4 Adtl. Erbfen 2 Mek. Hirfe 1 Achtl. Holz 8 Ki. Acceffift.
Befoldbung 50 fl. Gefliigelgeld F fl. 10 fr. Weingeld 5 ff. Bier F BW. 2 Eim. RMarpfen
25 PBfb. Ships 1 St. Lamm 1 St. Gans f St. Galy 1 Kilfer, 6 Maaß. Schmalz
21/, M. Weigen 2 Mes. Morn 10 Mey. Gerfte 2 Mee. ErBfer 1 Mes. Btrfe 1/,
Mes. Holy 4 Ri. Rathhanfer. Befolbung 88 fl. Vier 2 BV. Korte M Med. Zwey Raths⸗
biener. Seber 78 fl. orn 12 Mek.
Stabdtgeridts-Perfonale. Stadtridter. Vefolbung 550 fl. Bier 15 B. Hol;
12 Kl. Weine und Wilbpretgeld 24 fl. Gerichts-⸗Notar. Befolbung 200 fl. Geflügelgeld
1 ff. 10 fe. BWeingeld 10 fl. Bier 6 V. Weizen 2 Mey. Korn £9 Wes. Gerfte 24/5
Mets. Erbſen 1 Meg. Hirfe /, Mets. Brennholz 8 Kl. Vices Rotdr. Beſoldung 60 fi.
Watfen-Notar. Beſoldung 100 fl. Bier 2 B.
Wirthſchaftsanwaldſchaft. Zwey Anwälde. Jedet 130 ff. Caſſirer 300 fl.
Actuar. Befolburig 200 fl. Holz 12 Ki. Anfager. Befolbung 78 fl. Holy 6 Kl.
V. & Stabt Mäahriſch⸗Neuſtadt.
Koönigl. Richter. Beſoldung 660 fil. Hartes Holz 16 KI. Prinmater. VBefoldung
333 fl. 86 tr. Helz 14 Bi Stadtrichter. Gefolbuag 366 A. Hole HEAL.
456
Die neve Organifirung bed Magiftrates fegte folgenden Perfonal-
und Befolbungéftand feft: Biurgermeifter, Befolbung 1200 fi, den vier
erften Rathen, jebem 800 fl., ben vier legten Rathen, jedem 700 fl, bem erften
Sekretaͤr 600 fl., den awei legteren, jedem 500 fl., dem Protofolliften Exhibi-
— en
Rathsverwanbte. I. Klaſſe. Fünf, jeder mit 263 ff. 36 fr. Holy 12 A.
II. Rlafje. Zwey, jeder mit 253 ff. 36 tr. Holz 12 RI.
Kanzley. Syndikus. Vefolbung 285 fi. 34 tr. Weigen 209/, Mek. Morn 207/,
Metzen. Gerfte 164/, Mek. Erbſen 2°/, Mek. Hirfe 19/, Mek. Hartes Holy 18 RE.
Vice-Syndifus. Befolbung 110 fl. 19 tr. Weigen 112/, Meg. Korn 112/, Mey. Gerſte
87/, Meh. Erbfen 2°/, Mek. Hirfe 5/, Mek. Holy 10 Ri. Regiftrator. Befolbung 120 fi.
Weigen 4 Mek. Korn 6 Mew. Gerfte 2 Mek. Erbſen 1 Mew. Hixfe 2/, Metz. Weiches
Holz 10 AI. 1. Rangellift 60 fi. Rathsdiener. Befolbung 62 fl. 18 fr. Weigen 22/, Meg.
Korn 6%/, Mey. Erbfen 5/, Mey. 2 Mafl. Hirfe 2/, Mek. 3 Mahl. Graupen 2/, Mes.
3 Mahl. Weiches Holy 4 KI.
Wirthſchaftranwaldſchaft. 2 Anwiilbe, jeder mit 100 fl. Caffirer und zu⸗
gleih Actuar. VBefolbung 170 fl. Weigen 2 Mek. Rorn 6 Mey. Gerfle 2 Metz. Erb⸗
fen 1 Mew. Hirfe / Mew. Hartes Holy 12 Ri. Thürſteher. Befolbung 40 fl. Weizen
11/, Mey. Korn 6%/, Mek. Gerfte 15/4 Metz. Erbſen 5/, Metz. 2 Mahl. Weiches Holy 7 A.
VI. &. Stadt Hradiſch.
Königl. Richter. Befolbung 600 fl. Bier 12 B. Primator. VBefolbung 245 fl
83 fr. Bier 10 B. Stadtridter, Befolbung 272 fl. 13 tr. 1 be. Bier 10 B.
Rathsverwandte. I. Kaffe. Fiinf, jeder mit 202 fl. 13 fr. 1 br. Bier 10 B.
IL Rlaffe. Zwey, jeder mit 172 fl. 13 tr. 1 br. Bier 10 B.
KRangley. Syndikus. Befolbung 275 fi. 40 fe. Holzgeld 20 fl. Für Nuchel-
ſpeis 6 fl. Bier 12 V. Weigen 64/, Mets. Korn 33%/, Mey. Gerſte 199/, Mew. Bice-
Syndikus. Befolbung 107 fl. 44 fr. Ouartiergeld 15 fl. Holzgeld 16 fl. Fite Kudel-
ſpeis 8 fl. Bier 6 V. Weizen 44/, Metz. Korn 134/, Mek.
Dann hatte jeber Ratheverwandter, welder bem Stabtgeridte beyſaß, jabrlid 10 fi.
Servus Curiae. Beſoldung 40 fl. Für Rudelfpeis 1 fl. 41 fr. 1 br. Bier 1 8.
Weizen 44/, Mey. Korn 15°/, Metz. Gerfte 2%/, Meg.
Wirthfdhaftsanwalbfdaft. 2 Anwälde, jeder mit 100 fl. Caſtrer und zu⸗
gleich Actuar. VBefolbung 170 fl. Quartiergeld 24 fl. Bier 6 BV. Weizen 2 Mew. Korn
10 Mek. Anwaldſchaftsdiener. Befolbung 28 fl. Quartiergeld 8 fl. Holzgeld 4 fl. Bier
1 B. Weizen 33/, Mew. Korn T/, Metz. Gerfte 2°/, Metz. Hirfe 19/, Metz.
VII, & Stabt Gaya.
Primator. Beſoldung 280 fl. 26 tr. Vier 14 V. Stadtridter. Vefolbung 318 fi.
80 fr. Bier 10 B.
Nathsverwandte. |. Kaffe. Bier, jeder mit 252 fl. 26 tr. Vier 10 VB. UW. Maffe.
Drey, jeder mit 222 fl. 26 fr. Bier 10 B.
Kanzley. Syndikus. Befolbung 228 fl. 14 tr. 2 br. Bier 10 B. Weigen 8'/,
Mey. Korn 154/, Mesh. Gerfte 8 Mek. Kuchelſpeis 4 Meh. Holy 6 Kl. Vice⸗Syndikus.
Vefolbung 140 fi. Bier 4 B.
Wirthſchaftsanwaldſchaft. 2 Anwilde, jeder mit 80 fl. Caffirer und gugleid
Uctucr, mit 170 fl. Servus Coriae, und zugleich Anwaldſchaftsthürſteher, mit 51 fl. 24 tr.
Vier 1B. Weizen 47/, Mey. Korn i1/, Mey. Kuchelſpeis 2 Mek.
45%
toram 400 fi., bem Regiftrator 600 fi., bem Rechnungsbeamten 400 fi., bem
erften Regiftranten 350 fl., bem aweiten Regiftranten 300 fl., ben 5 Ranjelli-
ften, jedem 200 ff., den vier Geridtédienern, febem 200 fi, bem Heiger nebft
freter Wohnung im RNathhaufe 100 fl., bem Kerfermeifter 200 f1., ben 2 Gefan⸗
genwartern, jedem 150 fl
@emaG dieſer Regulirung hoͤrten dle von den Magiſtratsgliedern und an:
bern fubalternen Beamten bidher nebft der baaren Befolbung auc nod bezo⸗
genen verfdiedenen Raturalien und Taren ganglid auf.
Zeitumftande und vermefirte Amtsgeſchaͤfte forderten ſpaͤter auch eine Ver⸗
groͤßerung bes Amtsperſonals und ber Beſoldung.
Die Wahl des Ausfduffes fand am 15. Mai 1784 Statt; es bildeten
ifn Gewerbs⸗ und Hanbdelsleute, Beamte und Advokaten. Nachdem ibn die
Lanbetftelle beftatigt hatte, waͤhlte er am 1. Suni den Rath, gum Birge rs
meifter ben Frang Rauf der ').
1) Biirgermeifter von Briinn, bis gur nenen Ordnung ber Dinge (6. S. 34 ff.) waren:
1) Frang Raufder 1784 — 1804; 2) Johann Czikann, 1804 in einer gweimaligen
Wahl vom Wahlausſchuſſe gewählt und anc höchſten Ortes beftitigt (briinner Zeitung
S. 208 — 210). Der bürgerliche Gemeindeausſchuß (aud äußere Rath genannt) be-
gritfte ben neuen Bilrgermeifter in einem gebaltvolen Schreiben (im patriot. Tageblatte
1804 ©. 411 — 414), und fprad gegen ibn als bezeichnende Wünſche aus: er möge fid
des leider durch mißliche Umſtände ſehr gefunfenen Slonomifden Fades, deſſen
blüheude Aufnahme unter ſeiner Leitung begonnen, noc thätiger annehmen, dabei bas gee
ſetzlihe Mtitwirlen des Gemeindeausſchuſſes bereitwillig benützen, alle etwa ein.
tretenden Kolliſionen zwiſchen bem Magiſtrate und Ansfdunffe Beilegen, bie
ber Stadt gnftebenben Geredtfame und VBefugniffe wider alle Beeinträchti⸗
gungen vertheidigen, bie etwa geſchmälerten ergdngen und die gar entgangenen, wenn es
Beit unb Umſtände erlauben, wieder erwerben, bie gefeBliden Befugniffe mnd Gerechtſame
aller Biinfte und Innungen überhaupt und jedes eingeluen Gliedes der Bürger—⸗
ſchaft ſchützen, fid ber Witwen und BWaifen gang vorgilgligp annehmen, endlid den
‘am Magiftrate und befonders an ihm (Czitann) feit mehreren Jahren wabrgenommenen
Geift ber immer mehr und fid mehr verbreitenden Humanitdt und Popularität durch fein
anziehendes Beifpiel gur Ehre der Menſchheit befördern. Czikann ftarh am 16. Movember
1821, 73 Sabre alt. Gr biente 47 Jahre, 18 als Bilrgermeifter. Cr hat feine widtige
Vedienftung mit Auszeichnung verwaltet, in den Kriegsjabren feine rege Anhänglichkeit an
Fürſt und Vaterland& betwiefen, alle Bffentliden Anftalten und Unternebmungen thitigft
beforbert, fid nm bie Emporbringung des ſtädtiſchen Communvermögens raftlos bemüht,
und ftets ben ebrenvollen Ruf bes rechtlichen und unparteiifden Mannes behauptet; er
nabm die allgemeine Liebe und Adtung ins Grab (brünner Zeitung 1821 S. 1333);
3) die a. h. EntidlieBung vom 9. Degember 182s ernannte den olmiiger Bürgermeiſter
Johann Ritſchel gum briinner; 1848 penfionirt, + am 11. März 1854 tm 73. Sabre anf
ſeinem Gute RNeudenburg. Bet ber Unwefenheit des Kaiſers Franz in Brünn 1834 erhielt
ex ben faif. Rathetitel, bei fener bes Kaiſers Ferdinand 1836 die große golbene Ehren⸗
mebaile mit ber Rette (S. iiber ibn die briluner Zeitung 1854 Mr. 106).
46
Die Amtirung des neuen Magiſtrates begann am 1. Juli 1784 (brünner
Zeitung) ').
Das Hofdekret vom 17. Gudbeirc. 26.) März 1785 hob bad Merkan⸗
til» und Wechſelgericht in Brünn auf und einverleibte es unter dieſem
Namen mit dem Magiſtrate (Juſt. Geſ. Slg. Nr. 450). Die allgemeine Re⸗
gulirung ber Kriminalgerichte (Patent 20. Auguſt 1787 We. 712
J. G. S.) beſtellte ihn zu jenem der Hauptſtadt Brünn, bed brünner Kreijes
und ſuͤr bie Staatsverbrecher aus Mähren und Schleſien; dieſe neue Einrich⸗
tung fam aber erſt mit der Aufhebung der Kriminalgerichte in Auſpitz (18—)
und Rifolsburg (1830) yur Ausfuhrung. 1803 wurde bem briinner Magiftrate
ein aus dem Kriminalfonde befoldeter und baher aud nicht gewablter, fondern
von der Hofftelle ernannter Rriminalreferent jugetheilt. Die aus bent Kriminal:
fonde flir bie Beforgung der Kriminalgeſchäfte Sewilligte Unterfttigung gewährte
feine volle Entſchädigung für Me bamit verbundenen BWuslagen.
Die allgemeine Regulirung ber Magiftrate in Mahren und Schle—
ſien (OHfdt. 19. Dezember 1785 Mr. 504 J. G. GS.) ließ ſolche nur in jenen
Stadten beftehen, welde die Mtittel gu deren angemeffenen Erhaltung befaffen.
In Folge berfelben verlor Altbrünn, weldes einen Stadtrath und Syndikus
hatte und bie Surisdiftion mit bem weiteren Buge an dad Appellationdgeridt
ausübte, diefe Surisdiftion, indem diefelbe an die Obrigkeit überging (Gubdt.
18. Sanner 1787 3. 667); es bebielt aber bie Grundbuchs⸗,Berwabtung,
bis aud biefe unter Ginem mit jener anberer Vorftadtgemeinden (Reuftift,
Kreusgaffe) und der Patrimontalamter bei der Beftellung landesfürſtlicher
Geridte (1850) an dad Landtafels und Grundbuchs-Amt in Brinn fam,
wie bie unter Sofef Il. geregelte Gerichtdbarkeit der fogenannten Wirth fdafts-
Gmteran bas brinner ftadtifd-delegirte Bezirksgericht und be:
ziehungsweiſe Landesgeridt, die politiſche Verwaltung der erfteren aber an
ben britnner Gemeinbderath (S. S. 34 ff.).
Sn Folge ber jofefinifden Organifation ber Magiftrate gingen in ben k.
Etabdten Mährens bie f. Richter 2), die Stadtridter und (mit Ausnahme
pon Neuftadt) die Gynbdifer*) fur immer ein.
— —
1) Die Regulirung ber Magiſtrate in den übrigen k. Städten erfolgte mit bem Hofdekrete
pom 24. Februar 1786 und der Inſtruktion vom 17. Februar 1786. Der Wahlausſchuß
beftand in Olmilg, Sglau und Znaim aus 24, in Gaya, Hradijd und Reuſtadt aus 12
Biirgern, die Zahl ber Räthe betrug in Olmütz 6, Iglau, Znaim, Hradifd) und Gaya 5,
in Neuftadt 2 befolbete, 2 mit einem Emolumente und 1 Syndifus.
2) Königliche oder fogenannte Kaiſer⸗Richter waren in Brünn:
Bom 2. April 1621 an Wenzel Columban von Hodbam fF 1622.
1622—1645 Demetrius Reid von Neidenan (1629 faif. Majeſtät Ridter der k. Stadt
Briinn; St. Annollofter-lrf.), vertheibigte 1643 bie Stadt und den Spielberg gegen
bie Schweden (die Sweden vor Brünn, von mir, ©. 34), flarb fury vor der Bela⸗
gerung 16465,
450
Aud die Wahl ber rechtskundigen Magiſtratsglieder durch
bie Bürgerfchaft hörte bald auf. Zuerſt wurden die Birgermeifter
bei entiprehender Verwendung alle 4 Jahre ohne neue Wahl beftitigt (1790),
fobann lebenslanglich bei bem Amte belaffen (1803, 1804), fpdter aber die Wahl
1645—16— Gabriel Schram von Deblin, faif. Rath und f. Ridter in Brünn, diente
fon 23 Jahre, als er wegen feiner Berdienfte wabrend ber Schwedenzeit (S. bie
Schweden vor Briinn, von mir, S. 85) von Ferdinand I. am 31. Dezember 1645
tn ben Ritterftand erhoben wurbe (Roller S. 120). Iſt ber Ahnherr ber Grafen von
Deblin (Megerfe I. 12).
1648, 1649 Georg Daler von Tenlely, k. Ridter in Brünn (Wrbczanfly, nucleus
minoriticus p. 235).
1664 ben 4. Mai + Sobann Ignaz SHnsller von Lichtenau (Wolny I. 40, Landtags-
ſchluß 1660), 62 3. alt, durch 10 Sabre k. Richter in Brünn, feit 1626 in vorneb-
men faiferliden, Land- und Stabdtimteru, 1645 geabelt (Roller S. 120) begraben
bet St. Magdalena.
1666 Georg Schilling, kaiſ. Ridter in Brünn (L. Tagsſchluß), nod 1670 (Cruger sacri
palveres mense Aug. dedic.), fauft 1669 (brünner f. Richter) bas Dorf Babi, war
1673 ſchon todt (Wolny Ill. 93, 94, 118), apoſtoliſcher Syndikus ber Franziskaner
in Sriinn.
(Andreas bon Ehrnau war nidt, wie in Sdw. vor Gr. GS. 18 angegeben ift, k. Ridter,
ſondern Brimator in Briinn).
1680 Paul Morgenthaler.
1690 Paul Wagner von Wagenftein.
1697 Georg Adrian Schil ling (regius aedilia).
1698, 1701 Johann Anton Schneller yon Lichtenau, k. Richter.
1704 und nod 1719 Raphael Piczon, feit 1709 im Adelftande, kaiſ. Rath und ber fai
ſerlich⸗reſervirten Sof-Filialfaffa Verwalter im: Marfgrafthume Maren (Mähr. Titular.
Kalender, Megerle, öſterr. Adelslexikon Il. 406).
1720 uub nod 1730 Frang Georg Trypodi, k. Richter in Briinn.
Nad Erledigung durch einige Sabre 1732 — 1733 Anton Urban Kmoch, k. Ridter.
1734 und 1737 Wenzel Nilolaus Balaus, k. Ridter F 1737.
1738 — 1742 Wenzel Anton Holgbeder, 1738 in den Adelſtand erhoben (Megerle
II. 324) + 1742.
1743 — 1755 Franz Joſeph Leſchitzky, k. Richter.
1756 — 1767 Johann Norbert Tſchurtſchenthaler, k. Richter, durch 15 Jahre apoft.
Syndifns ber Frangisfauer in Grilun, + 1. März 1767.
1767 — 1773 Franz Valentin Winkler, burd 8 Jahre Syudifus ber brilnner Franjist.
+ 27. Nov. 1773. |
1773 — 1784 Martin Johaun Cipps.
3) Wir können nun eine vollftindigere Neige dex brünner Notare und Syndiker (als
nad Sangely im briluner Wodenblatte 1826 Rr. 35 — GS. daſelbſt 1824 Mr.5 aud über
bie frithere Berfaffung bes olmiiger Stabtrathes bis 1620 — und in ber Ge-
ſchichte Brünn's ©. 56 — 68) geben.
Conradus fommt von 1222 bi 1243 in Urtunben vor:
1222 unb 1223 als scriba de Brunna ober Brannensis (Bocet H. 137, 142, 148), 1228
als Notarius noster (regis) in Brunna, scriba Regis in Bruana unb Netarius Bru-
nensis (eb. 192, 196, 207), 1288 Conradus scriba. Beennensis (eb. 264), 1234 —
jener Magiſtrats⸗Individuen, welche fich entweber allein, ober nebft ben politi
fen Geſchäſten mit bem Civile oder Reiminalridteramte zu befaffen Hatten und
bet welden Studien und Prüfungszeugniſſe erfordert wurden, aufgehoben und
bie Benennung derfelben, auf vorldufigen Vorſchlag bed Magiftrates, ber k. k.
#239 Conradas notarius Brunnensis (eb. 268, 279, 309, 314, 352, 363), 1239 als
scriba Brunensis (eb. 357), 1243 quondam noterius Brunensis alé Zenge, aber
fon nicht mebr (eb. MI. 25). Sn fo fern e8 im ſtädtiſchen Dtunictpalredte von
(1243 (eb. IIL. 17) heißt, bag der brünner Notar bie Münze befigen foll, muß er⸗
inmnert werden, daß vordem, nämlich 1234, urfunbdlide Aufertigungen Brune in
domo Brumonis monetarii regis gefdeben (eb. If. 281), welder auc als Brumo
civis Brunnensis, Bruno antiquus vorfommt (eb. 330, 374), 1239 Wignandus, 1240
Stephanus magister monetae (eb. 859, 384), {pater aber (1247) ber RMidter Alra-
mas, Alrauas QMiingmeitfter war (eb. UWI. 81, 82. S. and Wolny I. 86, 97,
98, II. 2. ©. 121, OE. 82, 482, IV. 474, V. 114, Codex dip!. Mor. VI. 289. 1397
ift Albertus Magister Monetae Jodoci March. Mor. in Bruna). Es jeigt bie Stel-
lung bes Notars ober Stabtidreibers, fo wie bie S. 360 erwähnte Steung des
Ridters, daß vor ber VBeftitigung und Verleibung ber briinner Municipalredte
(1243) bie abminiftrative Gewalt nod von landesfürſtlichen Organen
ausgeübt wurde. Dies gibt uné Anlaß zur nachträglichen Bemerkung, dak nad
ben eben befannt gemachten Urkunden (Codex dipl. Mor. VII. 517) and in Brünn
eine Erbridteret war. König Wenzel Il. verduferte nämlich 1304 bas Geridt
ber Stadt Brünn unb ein Dorf Wajan mit einem Hofe bafelbft (mad ber fpates
ren Urkunde von 1306 aber das Dorf Twarojna) und allem anderen Zugehbr erblid
bem brünner Bürger Wernhard genannt Inſtitor (Kramer) um 90 Mark prager Gro-
jen mit bem Vorbehalte bes Riidfaufes nm den gleiden Betrag. Kbnig Wenzel IL
geftattete aber 1306, daß Wernhard tas Dorf Trwarojna an deu prager Burggraf
Hynfo von Duba verkaufen und er ſowohl als feine Erben das Geridt in Brünn
mit allen Redten und Zugehörungen eigenthiimlid befigen, vertauſchen, verpfinden
und verdugern dürfen, jedod nur an einen Ginheimifden und Bewohner ber k. Län⸗
ber. Beide Briefe beftdtigte Markgraf Karl 1847 dem britnner Ridter (judex Bru-
nensis) Safob von Ror. Derfelbe (1348 Jacobus Alrami b. h. Sohn) erſcheint als
folder urkundlich aud 1348 (Codex VII. 550, 588. S. and 645, 668) und gwar
im Range vor bem Biirgermeifter (Albertus dictus Ferreus Magister civium,
einige Monate fpiter, alfo fon Wechſel ber Bürgermeiſter, Otto dictus Niessel
Magister Civiam) und den ilbrigen Geſchwornen (Jurati Brunenses). 1349 beift er
(eb. 670) Jacobus de Bor, Judex, und eben ibm wieder Albertus dictus ferreus
pro tunc Magister Ciuium, dann die Jurati ac seniores Rectores con-
silii Ciuitatis Brunnensis, unter ibnen aud) ein Jacobus Alrami.
1252 fommt vor (Codex III. 160) im britnner GStabtrathe Fridericus scriptor.
1264 (eb. 368) Simon diuina miseratione custos Olomucensis ecclesie, ac Brezlauiensis
(Iunbenburger) archidiaconus, nec non Brunensis notarius (ftabdtifder?).
1325 Yobann Ganthner, MNotarius der Stadt Brünn, verfakte im Sabre 1325 einen
Auszug aus ben ſtädt. Privifegien (br. Wodenbl. 1826 SG. 138).
1328 Eberhard, ber alte ftat Scrieber (Codex VII. 289), 1332 Burger Eberhart, ber ettes
wenne Stat ſchriber was (eb. 334).
1331 Henricus Notarius (eb. 319).
41332 Johannes Scriba Bran.
461
Lanbesftelle und bem Appellationsgeridte gemeinſchaftlich aberfaffen, in Anfehung
jener Individuen aber, welche lediglich für bie politifden und sfonomifden Ge-
ſchaͤfte beftimmt waren, bei bem bisherigen Wabhlfyftem nocd ferner belaffen Ca.
h. Entſchl. 25. Febr. Gubcirc. 1. April 1808). Die Ernennung der Birgers
meijter ber Lanbed-Hauptftadte bebielten ſich Seine Majeſtät unmittelbar vor.
1348 Bartoſch, briinner Stadtidreiber (Wolny 1. 2. S. 318),
1353 Johannes notarius civitatis, ber Berfaffer bes briinner Rechtsbuches, weldhem der
Maler in den Jnittalen eim ſchönes Denkmal feste (Mtonfe, bie brituner Municipal-
rechte S. 87, Rößler XLII. — LI. Lukſche, altes und neues Recht Mährens 1. S. 43
machte ben bolognefer Lehrer Joh. Andred gum Gammler diefer Rechte).
1369, 1384 Johannes quondam Conradi dicti Beichmut de Geylnhawsen Moguntinensis
Dioecesis Publicus Auctoritate Apostolica et Imperiali Notarius ac Scriba Brunen-
sis (Steinbad, Rlofter Saar, Ul. 114. ©. itber dieſen Regiftrator Karl IV., 1360
Schulrektor und Notar in Iglau, UeberfegBer ber iglauer Rechte und Verfaffer eines
Formelbudes, das briinner Wodenblatt 1826 S. 138, meine Geſch. von Iglau
©. 30, 438, Dubil I. 376, Stobbe, Geſch. des deutſchen Redtes J. 449).
Simon Pawr de nova domo (Neuhaus), Gammler von britnner Redtsfpriiden im 14.
Jabrh., etwa briinner Stabdtidhreiber (Rößler XLVI).
1413 — 1424 Johannes scriba Brun., wohl mit Johannes Busingen, 1413 Notarius, dieſelbe
Perjon (br. Wochenbl. 1826 S. 138).
1466 Wenceslaus, Wenceslai de Iglavia olim Olumucensis pro tunc vero Brunnensis
urbium scriba et noterius oratorum minimum, ber Gammier der brilnner Schöffen⸗
fpriide in einem pradtooll ausgeftatteten Bud (Xößler XLIV., meine Literaturgefd.
S. 25, 29, 487). Es ift wohl der brünner Stadtidreiber Waniel, weldhen deſſen
Gattin Sophia von Offitidan 1466 in Gemeinſchaft auf diefen ihren Befig nabm
(Wolny V. 574).
1474 Sigismundus Knab, Not. Brun. (©. über ihn Hormayr's Archiv 1819 S. 471).
Vor bem J. 1494 Stephan britnner Stadtidreiber (Wolny, tird!. Top. II. 1. S. 422).
1516. 1527 Johann Munka (1527 Benge in ber Urtunde fiber die Abtretung ber Propftei
Luh, ben 13. Juni 1520 mit bem Pradifate von Ewancziez (Eibenſchitz) in den itter-
ftanb erboben (aufgenommen?). ©. fiber die Munka von Cibenfdig, auf Strub,
Tieſchan, Radlaß u. a., Wolny, kirchl. Top. HW. 1. S. 56, 209, 284).
1543 Johann Sertl.
1544 Ambro’ von Ottersborf (Bruder des bekaunten Girt), wurde 1555 königl. Fiftus
in Mähren, + 1559 Freitag nad Pfingften zu Brünn.
1570 Kaſpar Gutmann, Scriba Brun.
1578, 1589 Johann Menzl von Rolftorff, Stadtſchreiber (urf.), 1592 Johann Mengel
(nicht Wenzel, wie Wolny hat) von Rolsdorf, feit 1589 auf Latein und feit 1592
aud anf Nenowig, Notarias Brun. (urf.), 1593 Johann Mensellius, Notarias Brun.
1594 Johann Mengelius, 1596 unb 1600 Johannes Wengll, Statticdhreiber, welchem
bie Stabt wegen feiner burd 32 J. geleifteten trenen Dienfte eine golbene Rette im
Werthe von 235 Thalern verebrte (©. iiber ibn Ludwig’s Chronif 6. 28, 37, 40,
54, 74, 77), with 1601 f. Hoffetvetdx bet ber böhm. Hoffanglet in Prag, 1602 mit
bem Prädikate von Kolsdorf in ben Ritterflanh exhoben, 1622 Rath bet ber böhm.
Appellationsfammer (Auersperg I. 23), alé folder einer ber Ridter über bie mähr.
Rebellen 1622 (Moravetsz HI. 160, welder aud unridtig Wentzel ſchreibt), kauft
1622 Tmain in VBFGmen (Sommer XVL 297), + 1626; Ferdinanh Memel vou
Da bie Gefchafte des briinner Magiftrates nist in getrennten Genaten be-
handelt wurden, gingen die Rathe ohne Rechtsſtudien und Prüfung gang ein
(Tfany war der letzte).
— — —
Kolsdorf trug zum Baue bes Kapuziner⸗Kloſters in Brünn (1648—1651) 16,000 fi.
bet (Wolny kirchl. Top. Il. 1. S. 60).
1592 Nicolaus Tisnoviensis a Schwarzaw, Subscriba Brun. (urf.).
1660 ben 25. Sept. + ber wohlgelehrte Sitngling Sonas 3. N. von Piffen, burd 1'/, 3
Stabt{dreiber in Brünn gewefen (Ludwig’s Chronif S. 67).
1608. 1610 Georg Hovorius von Wifdan, Notarius (Schwiegerſohn 1601 bes Menzel.
Lubwig ©. 74).
1610 Wenceslaus Basselius Subscriba (S. S. 378).
1630. 1641 Paul Striwane!l, wohl 1610 fdon bet bem brünner Syndifate (S. Roti-
zenblatt ber bift. Seft. 1856 6. 14).
1645 Baul Hieronymus Lerdhenauer vom rothen Berg (Rothenberg, Rottenberg), Stadt-
fcreiber, und Jakob Khunekh, Vutterſchreiber, beide mit den übrigen Rathever-
wandten wegen ibres Berhaltens während ber ſchwed. VBelagerung von Ferdinand IL.
in ben Adelſtand erhoben (Roller SG. 120, 125), war 1647 Blirgermeifter.
1647 — 1666 Sebaftian Sutor (Sdhufter) von Budhsham, aus bem Bisthume Eichſtadt,
J.U. D, mar 1645 Stabdtfdreiber in Iglau, wurbe aber 1646 mit feiner Familie
aus ber Stadt gefagt (Meine Geſch. S. 439), 4 12. Sept. 1666 (S. S. 207. Ueber
fein @rabmal bei St. Jakob GS. bas brünner Wochenbl. 1826 S. 138). Sutor
bradte bie wabrend ber ſchwed. Velagernng in bie größte Unordnung gerathene Re⸗
giftvatur in Ordnung und binterlieh eine Rangleiorbuung für die Syndici, welde alle
alter Gebrinde, die Privilegien mb Verhandlungen ber Stadt genan fennen follten,
ba fie die Seele des Geſchäftes bilbeten. Hanzely wollte dieſe Ordnung in feinen
brituner Miſcellen (6. S. 208) mit Anmerfungen in Drud geben. Aud verfafite
Sutor bas fiir Briinns Gefdhidte widtige Regiftratur - Direftorium, in welches alle
Coneepte eingetragen wurden, eine Zufammenftellung aller ftidtiiden Verhanbdlungen.
Die alten Privilegien ber Stadt, Cransaltionen u. bgl. liek ex in 2 Copiarbücher
cintragen. Wir geben aus dieſer Kanzleiordnung am Schluſſe einige Ans;iige.
£666. 1669 Johar Georg Koſchineky LU. D., Verfaffer einer Gefhidte von Brünn,
Wbwherr ber Frethercen oon K. (Megerle I. 78. S. S. 207 und meine Gefd.
von Brinn ©. 62).
1673. 1678 Daniel von Kriſch J. U. D., begriifte 1683 ben gum Entſatze von Wien her⸗
beiellenden Polen-Rnig Sebieshy tn einer lateiniſchen Anrede (tm briinner Woden.
1826 ©. 139), 1686 686m., dann bentidier Gefretttr, 1692 Uffeffor bei bem k. Tri⸗
bunale unb geadelt, Rangler bafelbft, 1700 Hefrath bei ber boöhm. Hoffanglet und in
ben alten Stitterfanb erhoben, Ahnherr ber Freiherren v. K. (Megerie A. 72).
16890 Norbert Hod, J. V. D., fpdter Affeffor und Kanzler bei dem f. Tribrmale.
1695. 1708 Sohann Heinrich Bwider von Dofdhberg (nist Dadisberg), J. V. D.
4209 Sate Janay Uſternult.
1216 wurde Wenzel Nlas Baelans, JU. D., Syntifus cebl. —R& 127),
1734 L Rider.
17280 Wenzel Tobias Tetina, 1786 Tebunaie-Golectir (CS, ce in OG. 168, 269).
1787 eber nod feller Seton Ignag Ktudier ¢ 1764. —
1764 — 1704 Antex Sebaſtien Gaugely ¢ A781 CH Rez ihn GS. ne: ae
1764; — 178 Sobann Ei ikaum, wurde bei ber weve Orgentivang Sess
47%: Ret, 180K Biegenndfher (GS. GS. 068 us ay 2 i SA
4
Aud in ber OfonomifdmenVerwaltung wurde die eigene Bewegung
ber Gemeinden immer beengter.
Jn Folge ber Reaktion, welche nach Joſef Il. Tod von Seite der Stande
eintrat, rdumte gwar Se. Maj. Leopold Il. mit ber a. h. Entſcheidung v. 19. Brad
Briinn hatte einen Syndikus nnd einen Vice⸗Syndikus; ber britte bei bem Synbdifate
hieß Cancellariae Adjunctus, feit bem 24. Qovember 1741 Sub-Syndicus; der erfte Gub-
Synbifus war Hanjely.
Der Synditus war RKangletdireftor, daher (in den briinner TitularsRalendern und
fonft) unter der Rubrik: Ex Cancellaria angefest; unter feiner Aufſicht fland das ganze
Kangletperjonal unb es wurden bie erledigten Stellen besfelben burd ibn mit Genebmigung
bes Magiftrates Lefegt.
Woh! gu unterſcheiden von den Stabt-Notaren find jene ber Lanbesfirften, bes Lan⸗
bes, ber Czuden, ber Biſchöfe und Klöſter und felbft einzelner Abeliger, dann
bie Bffentliden Notare (wie in Brinn 1328 Lyphardus quondam Notarius publicus
Codex VI. 288, 360), beren Ernennung als Borredht bes Kaiſers und des Papftes galt
(S. Mittermaier ber bas Notariat in Rotted’s unb Welder’s Staatsleziton 9. B. S. 786
— 798. Georgius dictus Oczasek natus quondam Nicolai de Lompnicz Prag. dioec.
pub. imp. auct. Not. in Brunna 1445, 1448. Joannes olim Joannis Tonsoris de Bruna
Imp. auct. Not. 1467. Oswaldus de Bosagnis Not. zu Grilnn 1470).
Nun laffe ih noch Sutor’s Canzleyvordnung und Regul vor bie König—
lide Stadt Britnn vom Jahre 1666, blos mit Hinweglaffung unwefentlider Stellen,
folger :
Es wird ſich vielleicht jemand nist unbillich verwundern, daß biefe Ordnung und
Regiſtratur erſt vom 1647ten Jahr ihren Anfang nimmt, ba dod bie Stadt von fo viel
langen Jahren ber ohne Zweifel and ihre Bediente gehabt, welche ber Poſterität zur Nach⸗
richt etwas zuſammen getragen. Deme folget zur Antwort, daß ja freylich was vorhanden
geweſt, und theils noch ſeyn muß; ich aber meines Theils hab hier von wenig, und ſchier
nichts, beſonders was ordentlich zuſammengelegt, und regiſtrirt war, gu meinen Sanden
können bekommen, ſondern man hat vorgegeben, es wire bey der ſchwediſchen Belagerung
Ao. 1645 alles unter einander geworfen, und in groſſe Confuſion gebracht worden, wie
bann wohl glaublich; dann in bent langen Nebengewölb ber Rathsſtube ein ziemlicher Hau⸗
few derley zerſtreuten Schriften auf ber Erb fiber einander gelegen, welche aber meines
Erachtent ſchlechter Importanz, und halb verfaulet waren, und weil ſelbige vorhin niemand
zuſammen gerichtet bat, als ſeynd fle dergeſtalt auch liegen blieben: und mit dieſer Antwort
hab ich mich etlichmahl (wiewohl nicht ohne ſonderbare Beſchwerde, indeme ich ſchier nir⸗
gends einige Nachricht ber vorigen Actitaten gefunden) müſſen begnügen laſſen.
Habe alſo bey Antretung meiner Condition im obbeſagten 1647ten Jahr dieſe
ſchlechte Regiſtratur, meiſtens au meiner Nachricht, angefangen. Wollen meine Nachfolger
ſolche in eine beffere Form und Geſtalt bringen, werden fie vielleicht einen mehreren Dank
zu gewarten haben.
Was und wie viel ſonſten an einer wohlbeſtellten Canzley gelegen, wifſſen bie Bere
fidubige, beſonders aber diejenige, fo damit umgehen; und id) darf wohl ſagen, daß ſchier
bie meiſte Wohlfahrt einer Stadt, ober jeden Orts an deme hafte. Denn wo die Privilegia,
Transactiones, Contracten, Obligationes, Actiones, und dergleiden hundertfältige Docu-
menta und Schriften, was von unſern Borfahrern gebanbelt worben, nicht fleißig regiſtrirt,
und an einem gewifſen ſcheinbaren Ort aufbehalten worben, twas kann anderſt erfolgen, als
daß eines nad bem auberen in Vergeſſenheit kommt, verlegt, verſteckt, und letzlich gar auffer
Oba geſetzt wise, Dahero auc consequenter fommt, daß man an denen Privilegien,
alten Rechten und Geredtigheiten, und was deme anbingig, befonbders Sey biefen Seiten,
464
monat 1790 ben 7 £f. Städten wieber dte etgene Verwaltung ein.
In weld’ beſchränkter Weife died aber Statt fand, geigen bad nadfolgende
Hofdecret vom 27. April 1792 und bie benfelben beigefiigten Snfteuftionen.
in vielweg angefodten, unb wohl deren gar entfeget wird, welches bie Stabt Brinn ein
Beithero mit Sdaben genug erfabren.
Ware biefemnad nicht allein bey diefer, foubern aud andern löniglichen Stibdten,
und fiberall, meines wenigen unmapgebigen Erachtens, höchſtens gu wünſchen, bag man
Gelehrte, Verftindige, Practicirte, und fleipige Leut gu bem Syndicat, ober Stadtſchreiber
Dienſt aufnehme, felbige wohl befoldete, refpectirte, bas meifte bey ber Stadt vertranete,
und nidt bald entliefe, ober abjdaffete. Denn nichts fdablideres, als bie Sftere Aen-
berungen, und matationes, bey benen Cangleyen feyn kann, weil ein Junger, oder amberer
Rener (und wann er and gelehrt vom Himmel heruuter fiele) die alte Gebrdud, und was
fonften zur Sade gebdrig, nicht alles gleich faffen unb penetriren fann. Wann fodanu ein
Fehler geſchieht, die Privilegia geſchwächt, und durchlochert, bie Actiones verloren werden,
und ſonſt nicht recht hergeht, ſo will es Niemand gethan haben.
Ich weiß gar wohl, daß man nach meinem Tod, auch wohl vorhero, meine Actiones,
Thuen und Laffen, ebenfalls tadeln, und durch bie Hächel ziehen wird. Ich lafſe aber ſeyn,
was ich nicht wehren kann, und wurde gewiß der Erſte ſeyn, der einem Jeden Recht thuen
wollte. Mich tröſtet mein Gewiſſen, daß id, forderſt bie Ehre Gottes, meines Nebenmen⸗
ſchen Wohlfahrt und gemeiner Stadt Nutzen geſucht habe. Iſt ber Zweck nicht jedesmahl
erreicht und getroffen worden, fo hat es doch an der Intention und guten Willen nicht er⸗
manglet. Non omnia possumus omnes.
Komme alfo zu meiner Regiftratur, und ftelle bem gilnftigen Lefer, ober künftigen
Syndico meine wenige Mühe und Arbeit vor Augen, was id) vor Anno 1647 bis auf
diefe Beit gefdrieben.
1. ft vor allen vonndthen, bas Registraturae Directorium, hoc est: das in Roth-
leder ecingebundene Bud, in weldem alle concepta eingetragen, gleichſam jederzeit bey ber
Gand zu haben, befonders wann man etwas aufſuchen oder nadfdlagen will.
2. Qn biefem Bud oder Directorio fann mein Nadfabrer, ober ein anberer, wem
bas Cangleywefen obliegt, ober lieb iſt (wann er anbderft will) öfters Iefen, und ber ver-
gangenen vielfaltigen Gadhen ſich erfundigen.
3. Goll Shme biefes nicht fdwer fallen; dann innerhalb 14 Tagen, ober längſt
vier Woden wird er biefes Bud) oder Regiſtratur leicht durchlaufen, unb fic) ber meiften
Gefhafften und Händel informiren können. Bu beme find viel ſchlechte, unb andere Con-
cepta, alg: Intercessiones, Loslaſſungen, und derley Missiyen bavinnen au finden, welde
man prateriren fann.
4. Iſt allbier ber ſummariſche Subalt eines jeden Sdreiben, ber Tag, bas Monat,
bat Jahr, bas Burgermeifter Amt, unter weldem felbiges ausgefertiget, bec Numerus, wo
es gu finden, ordentlich verzeichnet.
5. Unb eben dieſes, was in bem Directorio Registraturae notirt, wann bas Concept
aufgefudt wird, ift auf bemfelben gleidergeftalt gefdrieben, daß es alfo unfeblbar gufammen
trifft, und hat ein jedes VBurgermeifter Amt monatlich feiten eigenen Bund ober Fascical
ber Schriften.
8. Neben diefer Regiftratur (in welder allerbandb Concepten und Schriften an Ihro
Kaiſerl. Majeſtät, an bas Königliche Amt ber Landeshauptmannfdaft, an Fürſten, Grafen,
Herrn⸗ und itterftand, und andere Gode und Niedere Stind, und Perfonen gu finden,
beren Inhalt gu wiffen oftmahl wohl vonnöthen, und viel baran gelegen) feynd mod andere
Documenta vorhanden.
465
Dem Gubernium wird hiemit in Erledigung feines Berichtes vom 5. Juni
v. J. in betref ber koͤniglichen Städte gu überlaſſenden eigenen Verwaltung ihres
Vermogens mit untereinftiger Zuruͤckſtellung ber Beilagen die allerhodfte Ente
ſchließung umſtaͤndlich eroͤffnet, welche auf ben von hieraus erftatteten Bortrag
erfloſſen iſt.
9. Mis: Gemeiner Stadt uralte herrliche Privilegia, deren Confirmationes, Contractus,
Transactiones, und berley denfwiirdige Schriften, in einer Heinen Truhen mit vier Faden
ober Raftlein anf bem Rathhaus liegend, meiftens in lateinifder und böhmiſcher Sprach,
febr ſchön und nutzlich gu leſen, welde and in zwey Bilder oder Copiaria cingetragen, und
bey ber Cangley verbleiben, deren Wiffenfdaft einem Syndico vor allen vonnsthen.
Und ift gewiß gu bebauern, daß bie Stadt folder anfebnlider Privilegien, Trans.
actionen 2c. ſchier nidts mehr gentefet, fonbern beren meiftens bdepoffeffionirt, unb ent-
feget worden, theils injuria temporum, theils aber per inadvertentiam, negligentiam, ad-
versariorum potentiam, und andere menſchliche Buftind, welche alle vorzuſehen ober gu
verhindern nicht wohl möglich. Jedoch können hierbey wachende Augen, und flete Gorge
falt viel verbeſſern.
10. Seynd die nach der ſchwediſchen harten Belagerung von Ihro Kaiſerl. Majeſtät Fer-
dinando III. glorwürdigſter Gedächtnuß gnädigſt ertheilte Diplomata, Verbeſſerung ber Stadt
Wappen, und andere vielfältige Begnadnngen und Resolutiones etc. in einer abſonderlichen
Skatul auf bem Rathhaus originaliter, in ber Canzley aber eopeylich gu finden und zu
Lefer.
11. Muß ein Syndikus, oder Stadtidretber ber Kaiſerl. Allergnädigſten Refolutionen
fiber ber geſammten Königlichen Stddte Sdulbenwefen, Stem bas Schulden Protocol, fo
bey ber bewußten General-Grida-Commiffion aufgeridtet, kündig feyn, und felbige dfters
burdlaufen, weil bie Creditores, Geiſtlich und Weltlide, flets um bie Bezahlung anmahnen,
und diefelbigen von denfelbigen bependicen. Die Originalia, ober vielmehr Vidimus ‘obge-
badter Schriften mit bes Herrn Friedrid Sdhwab von Salberg, al’ Secretarii bey der
Crida-Commiffion, Handunterſchrift unb Petſchaft belraftiget, feynd anf bem Rathhaus in
einer Schachtel, bie Copeven aber bey der Canzley gu ſuchen.
12. Wird man ber Stadt Brünn unterfdiedlidhe bey Shro Kaiſerl. Majeſtät und anderſtwo
angebradte Gravamina und Beſchwernußen, befonders aber die Action der gejammiten könig⸗
lichen Gtabte wiber die Hochlöbliche obere drey Derren Stande, in Sachen den modum
contribuendi betreffend; aud nod anbere ſehr denlwürdige Schriften, und Actitata, in
benen Rebenfachen in ber Cangley gu finden haben, wobey orbentlide Zettel, wo eines und
baé andere liegt, angebeftet, und leit gu fuden feyn werden, wann man nur Fleif an-
wenden will.
13. Sn benen daſelbſt befindlichen Sfatuln feynd meiftens uralte und andere Documenta,
welche man mit Gelegenbeit burdfeben, und in Ordnung bringen fann: in denen andern
aber gur Budbalterey gehörige Sachen, welche proprie ble Canzley nidt angeben, fonbern
bie jedesmahl verordnete Buchhalter gu verantworten haben, wie bann alle Manualia, und
Gemeiner Stabt Raitungen nist in ber Cangley, fonbdern in ber Ratheftuben im grünen
Kaften, und anberftwo aufbehalten werden; wire aber gut, daß ein Syndikus alles beffer
ebenfalls Wiffenfdaft und Information haben thite, weil oft febr viel taran gelegen.
14. Sonſten ift bey benen wohl beftellten Canzleyen gebraudig, und ſehr nutzlich, daß
man Protocolla und Macularia baltet, worinnen eingetragen, und summariter verzeichnet
wirb, was alle Rathstäge proponirt, abgehandelt, gefdloffen, und benen Partheyen vor Bee
ſcheid ertheifet worden. Ich meines Theils habe dieſen Brand allhie nicht gefunten, weil
bie meiften Partheyen miindlid verabfdeibet werden; fonft atte id gern nadgefolget. Zu
30
466
1, Coll bie Vermigens-Verwaltung ber fdnigliden Stadte den Magt
ftraten in Corpore als repraifentirenden Obrigfeiten ibertragen,
und dieſen fobann freygelaffen werden, die Wirthſchaftsgeſchäfte entweber bei ver:
fammeltem Rathe 3u verhandeln, ober burch eine befondere Gremial-Deputation
beforgen au laffen, jedod) immer unter ber Bedingnif, daß der Magiftrat alle
Facta, und Geranlaffungen einer foldben Deputation, als feine eigenen ju ver:
treten, dafür in Corpore ofne Ausnahme ju haften, und hiedurch nicht bie ge:
ringſten Roften gu verurfaden Habe.
2. Coll ben Magiftraten sur Pflicht gemacht werden, gu den Berathungen
fiber bad Wirthſchaftsweſen immer zwey erfahrene Ausſchußmaͤnner ber
Gemeinde, die gu diefem Ente eigends von ber Buͤrgerſchaft yu waͤhlen find,
beyzuziehen i.
3. Goll tie Kontrolle ber Buchhalteréy und deren Unabhangigfeit von
ben Magiftraten, fo wie fie jest befteht, beibehalten, und ber 3ug der Wirth:
ſchaftsgeſchaäfte burd bie RreisSamter, wie ed mit bem beften Rugen bei den
Munigipalftadten ſchon gefdhieht, eingeleitet2), bas ſtädtiſche Referat beim Gu⸗
bernium aber, fedod mit Ausſchluß aller befonderen Wirffamfeit und privativen
Leitung ber Magiftrate, bem Landesfammerer anvertraut werden, welded ber:
felbe fo, wie jeder andere Rath, bie Gelchafte ſeines Departementd au beforgen
Babe.
4. Goll bie Benennung ber Beamten gu ben Hoheten Wirth:
fdaftébebienftungen, fo wie ber Rechnungsführer, ber Landesftelle vorbehalten
feyn, Dergeftalt jedoch, daß den Magiſtraten ber Vorſchlag ber wiirdigften hietzu
immer eingeraumt, bie Auswahl und Anftellung der minderen Geamten aber
gang denfelben überlaſſen bleibe. Endlich |
5. Gollen die in bem Wirthſchaftsfache bewanderten Miagiftratsrathe,
welde fiunftig bas Oeconomicum bejorgen werden, aud ben widtigeren Wirth-
— — — — — —
Olmiltz und zu Znaymb meines Wiſſens muß ber Unterſchreiber ſolche Protocoll und Ma-
cularia halten. Zu Iglau thuts ber Burgermeiſter ſelbſt verrichten. Wann ein Löoblicher
Magiſtrat, ober mein Nachfahrer dieſes einführen, ober wie man ſolches anftellen will,
ſtehet bey Deroſelben Belieben. Das übrige wird die Zeit, Praxis, und Erfahrenheit geben.
Ich hab bas meinige gethan, und gwar mit großer Mühe und Arbeit, wie ſolches meine
Schriften und Acta weifen, deren (ausgenommen bie Testamenta, welde in abſonderlichen
Büchern ecingetragen gu finden) nod gar viel in der Cangley nidt regiftrirt feyud, als:
Geburtsbrief, allerhanbd Contract, Geurathsabrede, Abſchied, Pag, Fehde⸗ unb Bettelbrief,
unb bunbertfiltige dergleichen Expeditiones. Gin anberer verbeffere, was ich unterlaffen,
ober wegen meiner anderwärtigen Geſchäfften nidt bab können beftreiten, fo wird bas ge:
meine Wefen befsrdert. Hisce valeant et vivant, qui mihi bene volunt: qui male, illis
Domine ignosce, quia nesciunt, quid faciant.
1) Nad ber höchſten Entſchließung vom 5. Juli 1792 find bie gwet Reprafentanten gu
ben ökonomiſchen Verhandlungen und zur Kontrolle ber Magiſtrate im den k. Städten aus
bem zur Wahl ber Magiftratsrathe beftehenden bürgerlichen Ausſchuſſe gu wihlen.
4) Sievon fam es bet Brinn ab, ba der Magifirat mrmittelbar ber Landesftelle unterſtaud.
467
ſchafts⸗Verrichtungen perfinlid nachſehen, und bey vorfallenden befonbderen Lo:
falunterfucdbungen und Liquidationen ein Buchhalterey⸗Individuum, weldes ſich
aber in bie innere Amtirung ober BVeranlajjung ſelbſt nie eingumengen hatte,
- perwendet, mithin. die bidferigen Stadtanwmalbe aufgehoben, und dadurch
dieſe uͤberflüſſige Auslage erfpart werden.
Die hiernddft fowohl fir die Magiftrate als ben bürgerlichen Ausſchuß
entworfene, und von Sr. Majeftaf genehmigte Bn ftruftionen empfangt bas
Oubernium in der Nebenlage mit dem Auftrage, ſolche burd) die Rreisamter ben
Magiftraten gum genaueften Befolg vorgufdreiben, zugleich aber
1. den Kreis ämtern mitgugeben, daf fie die in ihrem reife fliegen:
ben koͤnigl. Stadte fiderheitshalber, aud wann feine Rlage oder Verdacht vor-
Banden ift, wenigftend alle Sabre einmal mit 3ugiehung eines Sndivibuums von
ber ſtädtiſchen Budbalterey quo ad oeconomicum unterjuden, und auf den
Befolg ber vorgefdriebenen Gnftruftionen ſtets fefte Hand alten follen.
2. Der Buchhalterey yu erinnern, daß fte alle Jahre von einer jeden
Stabt ben Vermögenſtands⸗Ausweis, ben Erforderniß- und Bez
deckungs⸗Aufſatz, nebft bem Jahresabſchluß, woraus ber Erfolg bes
Praͤliminar⸗Antrags erfichtlich werde, ber Landesftelle vorgulegen, und dieſe ſolche
anher gu befordern babe, bamit von ber Hofbudfhalterey ein GHauptfummarium
perfaft und Gr. Majeftat aur Einſicht vorgelegt werden koͤnne.
8. Durch bie Rreisdmter bie Mtagiftrate anguweifen, alle ibre Bedien-
flungen nur auf bie Nothwendigkeit zu befdranfen, und in diefer Abſicht nebft
bem Schuldenzahlungs⸗Syſtem, und bem Praliminars Auffage
liber ihre Erforderniffe und Bededung, zugleich einen wohliberlegten Per fos
nals und Befolbungsftand der Landesftelle au tibergeben, und darin gu
beftinmen, welde Bebdienftung gang entbehrlich fey, welche ohne Abbruch der Ge-
{afte in einer Perfon vereinigt, und was dadurch ber Gemeindefaffa erfpart
werben fonnte. Endlich
4. Den Magiftraten insbefondere eingubinden, daß, gleidwie in Abficht
ihrer Guͤter bas wichtigſte Gefdaft darin befteht, die fontraftmaffigen Robots
Abolitions-@rundjinfe, und übrige Schuldigfeiten ber Unterthanen ridtig eingu-
treiben, fie bad HauptaugenmerE auf die unverlafliden Zahler um fo mehr ju
ridjten, und fic in Zeiten durch Verwahrung der nicht gum Fundo instructo
gehoͤrigen Wirthſchaftoprodukten zu verfidhern Hatten, ald fte fiir fede Nachficht
bei einem Rückſtande ber laufenden, oder verfallenen Gaben zu haften haben
würden.
Uebrigens hat in Folge der allerhidften Entſchließung der Abſchnitt
mit ber dermahligen adminiſtratoriſchen Verwaltung, mithin die
Nebergabe an die Magiftrate mit Ende Juni l. J. gu geſchehen, und follen bis
bahin bie Liquidationen ber Aemter und Kaffen volljogen, fomit alles in den
Stand gefegt werden, damit die Magiftrnte bie eigene Verwaltung uber dads
Bermdgen’ ber koͤniglichen Stadte mit 1. July gu fAhren anfangen koͤnnen.
30*
468
Sollte jebow bas Gubernium in Abſicht auf diefen gur Uebergabe beftimms
ten Termin wegen der nothwendigen Gorbereitungen einigen Anftand finder;
fo wird bemfelben bie Veftimmung bes angemeffenen Termins uberlaffen, nur
ift bavon bie Angeige anher gu maden (Hofdt. 27. April 1792),
Juftruction
fix die königl. Hauptſtadt Brinn im Markgrafthum Mähren,
desgleichen Olmütz, Znaim, Iglau, Hradifch, Bteuftadt und
Gaya.
Seranlafiung siete Suftcaction.
Nachdem Se. Majeſtät bie 7 fonigl Stadte ded Marfgrafthums Maͤhren
pon Der zeitherigen Rammeraladminiftration ihrer Giiter gu entheben, und denen:
felben die eigene BVerwaltung unterm 19. Bradmonat 1790 mit bem Beifag
allergnadbigft eingurdumen gerubet haben, bag jedoch bdenenfelben eine genaue
Vorſchrift mitgetheilet, und damit ſowohl bie Mtethode ber eigenen Verwaltung,
alé bte Kontrol von Seite ber f. k. Hofredhenfammer eingeleitet, und feftgefeget
werden follen; fo fommt es bei Beftimmung dieſer erweiterten Amtsobliegenheit
auf folgende zween Hauptgegenſtaͤnde an, nemlich:
1. auf die eigentliche Verwaltung des Gemeinvermoͤgens, oder die Ober⸗
aufſicht auf bie ibm untergeordneten Aemter und Beamten,
2. auf ſeine Verhaltung ſowohl gegen die hoͤhern Stellen, als gegen die
Kontroll, die von dem buͤrgerl. Ausſchuße und der Landesbuchhalterei eingeführt
wird, und wodurch bas Gubernium von ſeiner Geſchaͤftsleitung und ihren Gre
folge ſich au verſichern hat, denn obwohl man von einem Gremio alles gu fore
bern berechtiget iſt, was eine praktiſche Kenntniß von ben Gütergefällen und
Jurisdiktionsgerechtſamen, und dann ber lauterfte und thatigfte Gifer fir dad
gemeine Befte, Manner von Beurtheilung offen laffen fann, fo werden bod
benfelben einerfeits die ihm obliegendDe Pflichten durch Zergliederung Dderfelben
augenſcheinlicher vorgeftellt, um fein Amt in dem Geifte der allerhodften Geſin⸗
nung verwalten gu finnen, und um ifm anbdererfeits an bad Verhaͤltniß anguwei-
fen, in weldem feine Amtsverwaltung der allgemeinen Ordnung wegen mit den
ifm vorgefepten Stellen, und den ifm untergeordneten Aemtern gu ftehen Hat.
Erſte Abtheilung.
Denen unterftehenden Kaſſe- und Wirth maftsbeamten find bes
fondere Sn ftructionen Hinaussugeben.
§. 1. Der Magiftrat hat, fobald er bie Verwaltung ubernimmt, fir alle
Facta und BSeranlaffungen in corpore ofne Ausnahme gu haften, derſelbe moge
469
bas Gemeinbdevermigen im verfammelten Rathe, ober burch eigene Kommiſſionen
und Deputirte verwalten, für alle Falle bleiben daher bie gettherigen Anwälde
ober Inſpektores befeitiget, berfelbe Hat Daher gu Der ihm anvertrauten Berwals
tung bes Gemeindevermigend Manner von Kenntniß, Beurtheilung, und gee
priifter Treue aus feinem Gremio gu wablen, die fich nit nur felbft vor allen
eigenmadtigen, einfeitigen und minbdliden Anordnungen gn enthalten, fondern
aud ben fabdliden Gigennug feiner Untergebenen gu fteuern, fomit ſich die bes
ſtaͤndige Ginficht von ihrer Amtirung gu verſchaffen, um von bem Fortgang feis
ner Berwaltung bem Landedfiirften und denen baju beftimmten Hof⸗2 und Lins
Derftellen und ber Gemeinde RNedenfdaft geben gu finnen. Diefed wird dem—
felben derzeit um fo leichter fein in Erfüllung au bringen, alé durch bie allge-
meine Aufhebung ber Frohndienfte, und die Vertheilung ded grdftentheils der
eigenen Maiereien bie Regie bergeftalt vereinfadet worden, daß nunmefro der
Hauptwirthidaftsbetried in der. puͤnlilichen Gintreibung der von denen Unters
thanen au leiftenden Zahlungen beftehet, hiezu wird aber das geitherige Wirth-
fdhaftsperfonale nicht mehr erforderlich, dasſelbe mithin auf bie Zahl ber unz
vermeidliden Nothwendigkeit gu rebugiren, und jedem der verbleibenden Beamten
ber eigentliche Wirkungskreis und bie Pflidten, wber welde dieſelben verant:
wortlidd gemacht werden follen, fowohl im allgemeinen, als aud nad) ben bes
ſonderen Lofalumftinden vorzuzeichnen feyn, damit man ſich bet jeder Unterfudung
von ber votgefdriebenen Ordnung in ber Wirthfdaftsleitung uͤberzeugen fann,
hiezu wird aber
§. 2. (Entwurf gueinem BVerwaltungss und Schuldenzah—
fungSplan) erfordert, daß ber Magiftrat ober dod) wenigftens ein ober bas
anbere Individuum ſeines Gremii, felbft von den Gemeingittern, von bem Rres
bitéftand, von denen Surisdiftionen und Regalien eine grimblide Kenntniß be-
fipe, wenn bie dabei gu treffenden Anftalten und Spefulationen mit Nugen bes
urtheilet und ausgeführt werden follen.
Mit diefer SaHfenntnif wird der Magiftrat einverftandlid mit bem bir:
gerlichen Ausſchuß einen ordentlidhen reponirten Plan zur befferen Verwaltung
bed Kommunvermoͤgens, zugleich aber ein dem Erfolg entfprechendes Erfordernif
und Bedeckungs⸗, bann Schuldenzahlungsſyſtem gu entwerfen haben, nad wel⸗
chem bie Beamten in ihrer Amtirung belehrt werden, und wornad ber Magi⸗
frat feine Verfuͤgungen felbft einguridten Gat.
§. 3. Die Beftimmung der Reftantien. Diefes feget gleich bei
ber Adminiftrations-Webernahme eine orbentlide Liquidation bet den Gutern,
und fammtliden Raffen voraus, um fid) von bem Stand ber Baarfdaft, der
Naturalien, und Materialien gu verfidern; bad Namliche verftehet fi von den
Reftantien, deren RNichtigkeit genau yu erdrtern, und wegen deren bald mog-
lidften Gintreibung bad Nothige gu veranlaffen ift.
Vorzuͤglich müſſen die fontrafimaffigen Robotreluitionen und Grunbginfen
alg bie wichtigſte Einnahme ber Güter und alé ein Surrogat ber an die Unters
470
thanen abgetretenen eigenen Wirthidaft eingetrieben werden, wenn e6 night durd
befondere Unglidéfalle unmöglich gemadt wird, dann, ba die Raturaldienfte und
ber Nugen der eigenen obrigfeitliden Gründe meiftend in ein Geld» Gurrogat
verfept worden; fo mug wenigftend die Verlaäͤßlichkeit dieſer Einnahme fidherges
ftellet, und bie Beamten von dem Magiftrat um fo ftrenger gur Erfüllung ihrer
Pflichten angehalten werben, als die gegen bie Sculdner gebraudte allzugroße
Nachſicht meift die Abſchätzung vom Grunde gur Folge Hat, und alfo am Ende
felbft gum Verderben ber Unterthanen gereidt, zugleich muß der Magiftrat gu
verhüten ſuchen, damit bie in ben fontraftmaffigen Friften eingehende Kaufſchillings⸗
Welder fiir die zerſtückten Maierſchaftsgründe nicht gu Rurrentausgaben verwens
bet, fondern active gegen ſichere Realhypothef angelegt werden.
8. 4. Das Berhalten gegen die unverldfliden Babbler.
Die Leamten, die fic bie Umſtände eines jeden Kontribuenten genau befannt
maden follen, miffen auf die unverlagliden Zahler befonders aufmerffam fein,
und ba die Militdrerefution gefegwidrig ift, fid in Zeiten durch Berwafhrung
ber nicht gum Fundo instructo geforigen Wirthſchaftoprodukten von ben gu lei⸗
ftenden Zahlungen verficern.
Sebe Nachſicht ber laufenden ober verfallenen Gaben ift in eingelnen
jallen bei bem Magiftrat gu legitimiren, und haftet aufer bem auf Gefahr bes
Beamten.
Die Reften find aud nicht über den Betrag ciner jabrliden Schuldigkeit
ohne grundbuderlider, jedod tarfreien Bormerfung ftehen gu laſſen; bingegen
follen alle dltere Reften feine Prioritat von anderen Glaubigern in denen Biis
chern wirfen, damit nicht einige Glaubiger durch fpatere Gintreibung Der aus
Verſchulden der Beamten aufgeſchwollenen obrigfeitliden Schuldigkeiten in Scha⸗
ben verſetzet werden, ba die offentlide Treu und Glauben auf dem grundbü—
cherlichen Statu ber Grunbbefiger rubet.
Der Magiftrat muß aus feinen Ueberfdlagen und Vraliminatſyſtem wiſſen,
in welchem Monat dieſe oder jene Zahlung fallen ſoll, er kann alſo von Quat⸗
tal zu Quartal bie Berichtigung der Schuldigkeiten annoch au rechter Zeit be-
treiben, hingegen iſt den Unterthanen aud die Abzahlung ihrer Schuldigkeiten
durch Annahme ihrer Produkten, und zwar in Wein — Korner — Heu — uud
Wolle, und durch Verrichtung der bei den Wirthſchaftsrubriken nach dem vor⸗
geſchriebenen Benützungsſyſtem, ober ſonſt von bem Magiſtrate nothig findenden
Bau, wozu jedoch die hoͤhere Begnehmigung einzuholen iſt, gu erleichtern. Die
Naturalien koͤnnen entweder in den laufenden Marktpreiſen angenommen, oder
wenn es die Unterthanen verlangen, depoſttirt, und nad ihrer eigenen Dispos
fition verfauft werden, wenn fie in einer Zeit von 3 ober 4 Monaten beſſere
Preife erwarten gu fonnen glauben.
Hiebey verfteht fic aber von ſelbſt, daß, wenn der Berfauf obgebachter
verſchiedenen Produlten nidt nad) Berlangen ber Unterthanen auf ihre Pelehe
471
geſchiehet; ſondern dieſe Produkte vor der Erndte ſtatt baarem Gelde angenom⸗
men werden, fie nur auf Verantwortung bes Wirthſchaftsbeamten und ded Ma⸗
giſtrats in guter Qualitat angenommen werden können.
Die obrigkeitlichen Gaben durch Arbeitverdienſt einbringlich zu machen, iſt
beſonders eine nothwendige Anſtalt in jenen Gegenden, wo wegen Mangel der
Cirkulation der Baarſchaft der Unterthan wenig Geld verdient, und alſo zu
Bezahlung ſeiner Schuldigkeiten keine andere Muͤnze, als ſeine Arbeit, und die
ihm unter ſolchen Umſtaͤnden weniger koſtbare Zeit aufbringen kann.
§. 5. Verkauf der Realitdten. Um ſich ſoviel moglid von allen
zufälligen Ausgaben, und Beſchäftigung mit ber Lanbwirthfdaft gu entledigen,
folglid ten Magiftrat in ben Stand au fegen, feinen politifden, fo we denen
Sublgiale und Kriminalgeſchäften beffer nachzukommen, find fo gut als moͤglich,
alle 3inés und andere Gebdube, uͤberfluͤſſige Wirthfdaftshaufer und Mühlen,
nur mit Ausſchluß ber Branntwein: und Brauhdufer nad und nad lijitando
gu verfaufen, ober aber gu verpadten jedod wird ber Magiftrat immer gebalten
fein, ber ben bisherigen, und aué bem Verfauf oder Pact erwartenden Nugen gu
bilangiven, und dieſe Bilanz bem Gubernio jur Pritfung und Begnehmigung
des Berfaufs vorgulegen.
§. 6. Berpadtung eingelner RMealitaten und Gefalle.
Alle Pachtfontrafte ber wirkliche Realitdten, bie bisher in Padtung geftanden,
follen ebenfallé nicht anders als lizitando abgefdloffen werden, and ift bei
denen Pachtungen darauf gu fehen, bak Kollizitanten mit dem, gu der Unterneh-
mung erforbderliden Bermogen verfefhen find, damit nidt etwa tber ein gefteis
gerted Anboth gefahrdet werte, welded aus Unvermogenheit besjenigen, der den
befferen Zahler verdrungen Hat, nicht eingebracht werden fann; allen Beftand-
feuten ift ausdridlich eingudingen, tag, trenn fie den Biers ober Vranntweinfdant
in Berfall fommen fiefen, oder wenn die Ortépopulation merklich gundhme, der
Piers und Branntweinſchank aud Anderen geftattet werden folle.
§. 7. Bon Biers und Branntweinhdufern und Weinſchank.
Nad der Rubrik der Reftantien, unverdnderlig und verdnderlichen Zinfungen,
unt Berfauf der überflüfſſigen Gebaude, ift bei denen Stadten der widhtigfte der
Grirag ber Brau: und Branntweinhdufer. Bei den Brauhaufern ift nad und
nad) auf die Anfdaffung eines ganzjährigen Malsvorrathes, und auf die noth.
wenbigen Gefaffer gu fehen, damit in der Anlage nits abgehe, was gu Her—
ftellung eined guten Biers nothwendig ift; die Brauer müſſen bei ber Auswahl
bed Hopfené und der Gerfte felbft gugegen feyn, und dann haben fie fiir ihre
Gite mit der Raution gu refpondiren.
Die. fonft den Brauern tiberlaffenen Hefen ober Ghirm find in Stadten,
wo ein vortheilhafter Verſchleiß derfelben gu ergielen ift, gu lizitiren, und der
Brauer flatt ter firirten Befolbung und Deputate mit einem beſtimmten Aklzidenz
von jedem ausftoffenden Faß Bier gu befolden.
472
Das Ramlide verfteht fic von den Abrigen Braͤuhausprodukten, als Teid-
ber und Galle, wo in ber Nahe nicht eigene Wirthſchaft beftehet, bey welcher
fle beffer gu bendigen waren.
Da die Brauermeifter faft allenthalben viele Unterſchleife mit ber Serfte,
Malz und bem Bier treiben, fo find bie Beamten genau auf bie Kontrol der
Gill und ber Malzarbeit anguiveifen, bei denen Vifitationen, welche der Magic
frat burd feine Deputirte bei den ftabtifden Gutern, jebod nur in widtigen
Wirthſchaftsangelegenheiten, und ohne Aufrednung einiger Zehrungéunfoften,
vorzunehmen Hat, find nit nur Ne Vorräthe nachzuſehen, fondern fie werden
burd Nachfragen bei ben Wirthen, Unterthanen und Nachbarn fic gu erkundi⸗
gen faben, of bas Bier immer gut gebräuet wird, und dann ift mit gehoriger
Belohnung ber Denuntiationen gegen bie Brauermeifter nah ber Strenge gu
verfahren, ober fie wenigftend in andere Orte au verwedfeln, ober gu entfegen,
wenn ein gegriinbdeter, aber nidjt gang erwieſener Berdadt einer Bevortheilung
vorhanden ift.
§& 8. Zehendgefälle. Wo Zehendgefille in Wein, Norn und Brads
friichten beftehen, ba find die Beamten anguweifen: daß fo viel moglid) bem
Durchſchnitt mehrerer Sabre nad, und mit Anrednung des Werths der Korner
und ded Stroked, die Zehend von jedem Grundbefiger gegen Baarem ober Ge-
treidſchuͤtungen auf mebrere Jahre reluirt werden; wenn fic die Grundbefiger
aber zu feinem billigen Reluitionsquanto verftehen wollen; fo find bie Zehende
erft abgufdagen, und fo von Jahr gu Jahr ligitando, vorzüglich aber ganzen
Dorfégemeinden gu verpacten, und nur im ſchlimmſten Falle, wenn diefe Mittel
nidt anwendbar gemadt werden fonnen, in Ratura eingubeben.
§. 9. Bon der Forftnupgung. Dad Forftwefen ftehet in der genaue⸗
ften Berbindung mit der Wirthfdaft, es ift aber ber Natur diefed Geſchäafts
weit angemeffener, daß die Forftauffidht burch bie gelernten Sager, als burd
Wirthſchaftsbeamte geführet werbde, nur mus die Zahl terfelben, und ihre Be-
Foftigung nicht, wie bei Brinn, faft die ganze Erträgniß aufzehren.
Der Magiftrat hat in Ruͤckſicht auf diefes Fach vor allem auf die Rebus
zirung dieſes zum Theil uberfliffigen Perſonals furzubenfen, aud) übrigens dar⸗
auf au ſehen, daß, ſobald als immer moͤglich iſt, bie Walber nach den verſchie⸗
denen Orten, wo und nach den Gattungen, wie das Holz konſumirt wird,
nad ber Lage der Waͤlder, nach der Eigenſchaft bed Gehoͤlzes, und mit der ere
forderliden Riidficht auf bie Hutweiden, und zwar nad ben achten Grundlagen
ber Forſtwirthſchaft in Haupttheile, und dieſe wieder in Schläge eine
getheilet, die Manipulation ber ganzjährigen WArbeiten in der jedem Geſchäft
angemefjenen Zeit und die nothige 3ahl der Arbeiter beredhnet, ordentliche In⸗
ſtruktionen fur dad Gorftperjonal hinaudgegeben, die Rangleyauslagen und
Arbeiten, mit Berlegung ber gur Orbnung erforderliden Tabellen, Bacher wad
Regifter eingeleitet, und alſo ein ordentliches For fefy fem eingeleitet. werde.
478
Bei feinen Bereifungen, be, wenn nicht außerordentliche Borfalle ſich er⸗
eignen, alle Jahr einmal gu geſchehen haben, wird derfelbe fich immer die Forft-
bier vorzeigen laffen, und nachſehen, ob bad vorgefdriebene Einrichtungs⸗ und
Benuͤtzungsſyſtem befolgt wird, oder nicht, welches ex gum Theil fdon aus den
alljaͤhrlichen Forte ober Holjadgabésprotofollen erfehen fann, wenn in denfelben.
unter Der Qontroll bed Wirthfdhaftsbeamten angegeigt wird, in welden Num⸗
mern nad der ſyſtematiſchen Gintheilung gefdlagen werden foll, und wo wir:
li wegen zufaͤlligen Urfaden, als Windbrüchen, wegen Vertilgung des Wurms,
ober wegen unvorgefebenen gtofen Baufuͤhrungen geſchlagen werden mug.
.Uebrigens verfteht es fic von felbft, baf von Seiten ber fontroflicenden
Beamten nadgefehen, und von bem Magiſtrat bei ben Vifitationen genau nad-
geforjdt werden mug, ob die allgemeine Anordnung in den obrigfeitliden und
Gemeindwaldungen beobachtet, und alle Befdhadigung nah Moͤglichkeit abgewen:
bet worden, ob bei uͤberhandnehmenden Diebereien, Einhüter und andere An⸗
ftalten zur Bewahrung der Walder gemacdt werden milffen.
Endlich wird ibm Magiftrat foviel ed die Jagdrubrik betrifft, hauptſäͤchlich
bie Vermeibung aller Pragravationen anempfohlen, ba Ge. Mtajeftat ausdruͤck⸗
lid bie Unterthanen von allen Wildſchaden fidergefteUt wiffen wollen; dod Hat
berfelbe bie Sagdordnung nicht gang bei Geite gu fegen, und bem Militar nur
ba, wo e6 ausbriidlidh von Gr. Majeftat befoblen ift, bas Sagen, und diefed
nur nad ben beftehenden Borfdriften au geftatten.
§. 10. Bom Bauwefen. Die Bauunfoften werden durch Berfarf
und Verminbderung der unnodthigen Gebdude vereinfadet, jeder Magiftrat mug
in feinem Adminiftrationsplan die gum Unterhalt ber nothwendigen Gebaude ers
forberliden Gummen berednen, und die Verwendung dbiefer Gumme muß immer
mit bem erften Einrichtungsſyſtem in einem Verhältniß ftehen.
G6 follen auch die gewohnliden Materialpreife, und Arbeitslohn nad dem
Tage und nad) der Studarbeit im Voraus berednet feyn, um die Anfdlage der
Handwerfer fontrofliren gu fonnen.
Ueber bie einmal nad dem Stande der Gebäude berecdhnete nothwenbdige
und dringende Reparationen Hat ber Magiſtrat feine Anfrage gu madden, über
alle nicht dringende ober gum Untergalte der sartorum tectorum gehorigen Re:
parationen Hat ber Magiftrat alle Jahre feine Ueberfdhlage-au verfaffen, wenn
es aber Gebdude von großen Betrag betrifft, Hat derfelbe nebft den Koftentiber:
{lagen einen Rif über die ndthigen Baufiihrungen an das Gubernium einju-
ſchicken, welded mit Ruͤckſicht auf bie Lofalumflande und den Schuldenlaſt beur-
theilen wird, was etwa Ddringend ift, ober was wegen anberen vorhabenden
Verdnderungen gang, oder nuc auf eine Zeit unterbleiben fann.
Da jedod diefe Befugniß gewiffe Grangen haben mus; fo wird der BVe-
trag ber-eingelnen Baugegenftande, her welche ber Magiftrat ohne Anfrage,
jedod nad obgedachter Vorſchrift gu disponiren hat, auf 500 fl. gefegt, und
bierunter find aud) new anguorbnende Berdnderungen in bereits beftehenden Ge-
aya
baͤuden yu verfiehen, befonders wenn bei bem Berjug eine Ginnabnivatie® w-
ridbleiben {ollte.
Ueber gang neu aufzuführende Gebdude Hingegen ift jeder mt Mavtiteany
des Geweggruntes, und daraus entftehenden Rugené ter hejondere Benge tard
baé Kreisamt an tad Gubernium ju erftatten, und bie Rieſſe und Dchewhbhage
zur Rektifizirung vorjulegen, bei widtigen Baufihrungen, an SSntbidhales-,
Srau- und Branntweinhdufern, oter Schüttböden, wo em hetrabtidher Auj⸗
wand gemadt werden muf, ift vorlaufig bie Genebmigung cingubolen.
§. 11. Bon Kaffagefamaften. Der Magiftrat hat Th direlte m
bie Ginhebung unb Verrechnnng ter Gelber felbjt nidt yu meen, anfer
bem aber, was bemfelben in gegenwartiger Snftruftion angtridin® cmgeriumt
wird, Bat berfelbe feineswegs, um fo weniger alfo ein Beamter, ohne Vorwigen
beé birgerliden Ausſchuſſes, und darüber erhaltene Bewmilligung weer einige
in bem BerwaltungSfyftem, ober ben Rechnungen nicht {hon vergetdprichenen
Ausgaben zu veranlaffen, nod einige Befoldbungen, PBenfionen, Rahlahe, Vor⸗
ſchuͤſſe, Anlehen, nod irgend eine Beginftiguag von tiejer Art zu ertheilen, ober
fic felbft etwaé zuzueignen.
§. 12. Von Dienftbefegungen. Nebſt ter guien Auswahl ber
gum Dienfte erforderlichen Gubjeften, ift bie Ordnung ber Manweigethafte bas
verlaͤßlichſte Mittel tie VBerwaltung bed Gemeinvermdgens zwecknaͤſſig yu leiten,
ba ter Magiftrat tie Subjefte allein aué bem Grunde fermen fana unt fofl, ba
ec bei feinen Gifitationen ter Kaſſa- unt Wirthigaftsbeamten, und Curd die
furrenten Arbeiten, ihren Wirkungskreis beobachten fann, jo werten ibm aud
Die minderen Dienfthefegungen und Verwedslungen, und eben ſo auc alle bey
fic ereignenten Dienfterletigungen nothwendigen Amtsſubſtituten mit ter Bes
ftimmung des normalmaffigen Eubftitutionsgehalté, oer eines etwa geringern
Diurnums mit ber austridliden Bebingnif aberlafien, taf tie zeitherigen An:
walbe beteitiget, unt ihre Beſolt ungen in Erſparung getrade werten.
Die Stellen Per Héheren Kaſſe- und Wirthſchaftsbedienſtungen unt ber
Rechnungsführer hingegen, unt zwar der Stattfaffier, Kafſekontrollor, Bauamts-
verivefer, bleiben allerbings ber Lanbdesftelle (über den gemeinjdajtliden Bor:
trag des Magiftraté unt Ausſchuſſes) yu vergeben vorbebalten; tem Magiftrat
wird dahero ter Borfdlag yu hoͤheren Bedienftungen eben fo titerlaffen, alé
Demfelben tie unmittelbare Beſetzung ter minteren Diente auf feine Pflicht und
BVerantwortung gegeben wird, er Hat nemlich ohne allen Nebenabſichten immer
bem ihm befannten beften Subjefte ten Vorzug zu geben, und die Kaffe fo wie
bie Wirthidartsbeamte vor Antritt ihres Dienjted yum Rautioné - Erlag yu ver-
balten, alé worauf tad f. Kreisamt bei Unterfudung ber Wirthſchafts⸗ und
ſtäͤdtiſchen Kafſen fein ununterbrodenes Augenmerf ricten wird.
Daher hat fic der Magiftrat bev feinen Bifitationen ein befonteres Ge-
fait daraus yu maden, bad unterhabente Dienftperfonale, welded ofne Aud:
mame verpflidtet werden folle, naͤher auszuforſchen, um die Treue und Fabig:
435
teit zu prüfen und wider ben Seamten mit ber Gufpenfion fürzugehen, bei
weldem indicia proxima einer Malverfation, ober eine auffallende Dienflunfa-
bigfeit vorhanten find, befonters wo ein wefentlidber Schaden gu befürchten ift,
wenn bie Sufpenfton nit, indeffen daß dad Amtsbetragen bes verbadtigen Be-
amten ordentlich unter(udet wird, verfiiget wuͤrde.
§. 13. Allgemeine Crinnerungen, ther die Dem Magiftrat
obliegende Auffidt auf die Memter und uber Lofalvifitationen.
Der Magiftrat hat die ernftlide Aufmerffamfeit anguwenden, und die Kaſſe⸗ und
Wirth[haftsbeamten nach allgemeinen Grundfagen gu leiten, ihre oͤfters ſchiefe
Urtheile in Ridfidht auf tas allgemeine Befte ju bericdtigen, und ber unter
ihnen ausbredenden Authoritäts⸗Jalouſie und Cigenmadtigfeit gegen die Unter:
gebenen entgegen gu arbeiten.
Zugleich hat fic) derfelbe yu bemiifen, die laufenden Kanzleygeſchaͤfte in der
geborigen Ordnung gu erhalten, und durch Bopularitat das Z3utrauen ber
Untergebenen gu gewinnen, andurd alfo denenfelben ben Weg zu gerechten Ve:
ſchwerden, und gu nützlichen Anzeigen au erleichtern, weldes eines der wirkſam⸗
ften Mitteln ift, die Verwaltung der ihnen vorgefegten Beamten gu pritfen.
Duvet Abtheilung.
Ueber bas Verhältnis bes Magiſtrats gegen die Rontroll
und vorgefegten Stellen.
§. 14. Soviel es nun die Kontroll betrifft, weldhe zur Siderheit fir das
GemeinsVermogen unumgaͤnglich erfordert wird, theils um die Cigenmadtigfeiten
bed Magiſtrats gu bejdranfen, theilé um die Wiffenfdaft von allen Verfugun-
gen und Unternebmungen Ddeffelben gu erbalten, Ddiefe ift von arweierley Be⸗
trachtungen: . bie erfte gehet den wirklichen Gejdhaften vor, oder au der Seite,
und bie zweyte gehet Den Geſchaͤften nad.
Die Kontroll ab ante Hat nah dem Beifpiel Böhmens der Cigenthimer,
oder deſſen Stellvertreter felbft gu beforgen, und Ddiefer ift Der bargerlide
Ausſchuß, denn gleichwie der Magiſtrat nm fo weniger den Gigenthimer vor-
ftellen fann, alé die Glieder deffelben felbft eigentlid nur verwaltende Bee
ante find; fo finb fie in dieſer Rückſicht auch den Stellvertretern der gangen
Gemeinde, da dieie ihe Amt nicht felbft handeln fann, von ihren Wirthfdafts-
dispoſitionen Rechenſchaft zu geben ſchuldig.
Dieſem Ausſchuß, mit deſſen Beiziehung der Verwaltungs⸗ und Schulden⸗
tilgungsplan ebenfalls verfaffet, und dahero gu jeder oͤkonomiſchen Rathsſitzung
zwey der erfahrenſten Ausſchußmäͤnner beigezogen werden müſſen, ſoll bas Be-
fugniß, bie Journalien und Wirthſchaftsrechnungen beſtändig einzuſehen, einge-
raumt ſein, bei einer eigenen Zuſammentretung aber ſollen alle Quartal bevor
die Kaſſajournalien zur Buchung übergeben werden, ſolche von demſelben ordentlich
gepruͤft, und dadurch nicht nur ber Vollzug der Rechnungsfuͤhrer, ſondern auch die
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Anſchaffung ded Magifirats felbften, und feine Wirthſchafts-Verfügungen gegen
bie Jnftruftion gufammengebalten, und darüber die findenden Bemerfungen ge:
macht werden.
Es ift alfo ndthig, daß der birgerliche Ausſchuß immer in einer die Zahl
ber Magiftratéglieder wenigftend um die Halfte iberlegenen Zahl gewählet werde,
um hiedurch bie Ginfidht in bie Verwaltung des Gemeinvermigend mehr zur
Publigitat gu beingen, mithin dee gedpimdgligften Anzahl der Kommunitäts⸗
glieder die nothige Kenntniß ju verfdaffen.
Die Erneuerung bed birgerlichen Ausſchuſſes muß in der Abſicht, und
befonders in denen groferen Stabdten, oͤfters, als jene ded Magiftrats, vorge-
nommen twerben, damit bie Bürgerſchaft, welche ben, aus einer uͤblen Verwal-
tung entftehenden Abgang an der erforderliden Bedeckung am Enbe aus ihrem
Gigenen ergangen muf, ald Cigenthimer bes Gemeinvermdgens ſich burch die
wirffame Einſicht von Seite ihres Auoſchuſſes gegen die Cigenmadtigkeit ded
Magiftrats fichern, und durch die folchergeftalt eingeführte Publigitat allen nur
mogliden Antheil an ber Verwaltung nehmen moge, in welder Abficht ber fF.
Magiftrat den in der Anlage beyverwahrten Unterricht bem bürgerlichen Aus-
ſchuß mitgutheilen Hat, um hiernach die zur. Wirthſchaftskontroll aud ihm bes
ftimmten Birger belehren gu können.
§. 15. Die Kontrol ex post hat bie ftadtije Buchhalterei gu be-
ſorgen, welche nad bem Ginne der Hofent(dlieBung vom 19. Juni 1790 von
bem Magiftrat gang unabhangig, vereinbart mit ber Landesbuchhalterey gu ver:
bleiben bat.
3u Handen diefer Buchhalterey Hat der Mtagiftrat bie Rechnungen ſaͤmmt⸗
lider Aemter, nachdem fie vorlaufig von dem birgerliden Ausſchuß durchgegan⸗
gen, und ihres rictigen Beftanded Halber von ifm unterfertiget fein wer⸗
ben, unverzüglich gu iibergeben, aud welden fodann, wenn fte revidirt, und ges
budet feyn, die Summarien gu verfaffen, und ber Landedftelle vorgulegen feyn
werben, um daraus gu erfefen, ob, und in wie weit, dann warum in bem Bers
laufe bed Jahrs, die ſyſtemiſirten Betrage ber Emyfinge ſowohl, als ber Aus.
gaben entweder nicht erreicht, oder uͤberſchritten worden, welder Ausweis die
Gebahrung der Magiftrate am Flarften aufdecken, und die nothige Ueberſicht ver-
ſchaffen wird.
§. 16. Die Rednungen felbft find in eben ber Art und Geftalt eins
surichten, wie folde bie k. k. Hofrechenkammer vorgelfdrieben, und im Fabre
1788 unter bem Buchhalterey-Ingroffiften Spied gum Druck befordert worden,
wovon ein Whdrud beigelegt wird.
Nah UAnleitung diefer Vorfdrift find die Journalien bey denen unterges
benen Aemtern eingufithren, und bdiefe fonad auf die Rubriken-Rechnung yu
fibertragen, aud welder die fummarifden 3 Rechnungeſtücke, namlich der fumma:
riſche Abſchluß ded Rubrikenbuches, der Vermigensftand beds vergangenen und
ber Praliminarerfordernif: und Bedeckungsaufſatz bed künftigen Jahres burch die
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ſtaͤdtiſche Buchhalterey bearbeitet, und an die Landesftelle begleitet werden miiffen,
um folde durch die ſtädtiſche Hofbuchhalterey fuperrevidiren, fie in ein Haupt⸗
fummarium jgufammenfafien gu laſſen, und mit denen dabey vorftellenden Bemer-
fungen Gr. Majeftat aur hodften Ginfidt und weiteren Schlußfaſſung vorlegen
au fonnen.
§. 17. Das Rechnungszenſursgeſchäft wird von ber hiegu eigends
beftellten Buchhalterey der k. Staͤdte beforgt, und zugleich wie bie Rechnungen
an fie durch bie Rreisamter gu gelangen haben, fo find auch die Mängel und
Ginalerledigungen durd den nemlichen Weg den Beamten hinaugzugeben.
Die Gemeinds und Waifenrednungen werden gwar aud von der
gebadten Buchhalterey genfurirt werden, ba aber diefelben von dem Magiftrat
und bem birgerliden Ausſchuß vorldufig burchgegangen werden miffen, fo hat
fic) derſelbe dadurch zugleich in Stand gu fegen, reiflid überlegen gu können,
wo eine naͤhere Aufſicht nothig ware.
Außer bem hat derfelbe alle Jahre angugeigen, wie viele Rechnungen von
ber Buchhalterey abgefertiget worden find, damit bie Lanbdedftelle darauf waden
fonne, daß die fammtliden Laufenden Rednungen immer in Jahresfriften von
ber fontroflirenden Buchhalterey erlebiget werden, und feine Ausſtaͤnde anwachſen.
Wenn Hingegen feine Beamte mit ihren Rechnungen nit in termino ein-
balten, fo Hat der Magiſtrat diefelbe durch Strafen, die von Monat zu Monat
perdoppelt werden mitfien, eingutreiben.
§. 18. Beſondere Falle ber Unterfudungen. Sn feltenen
gallen, wenn der Landesdef ober bas Kreisamt aus geheimen Anjeigen fiir
unumgaͤnglich nothig finbdet, ein Amt oder Gut durch einen Buchhalterey- Beam:
ten unterfuden gu laffen, find tie betreffenden Raffes und Wirthſchaftsbeamten
anguweifen, ihm nicht nur die Einſicht in ihre Manipulation wilfabrig yu ge-
ftatten, fondern auch demfelben alle ndthige Auskuͤnfte, Inftruftionen, und Rech⸗
nungsſtuͤcke au geben, wenn er ſolche verlanget, fo fern aber der Magiſtrat bei
ber von ihm felbft angeordneten Unterfudung einen BuchhaltereyeBeamten von
ber Landesftelle verlanget, fo verfteht fid) von felbften, daß Diefer gwar fein
Amt als fontroflirender Unterfudungsfommiffar verridten, aber fic feine Ad⸗
miniftrationsge(afte, das ift feine Anordnungen anmaffen folle, die ben Gang
ber Berricdhtungen beirren, ober bas Anſehen bes Magiftratd bei feinen Unters
gebenen franfen finnte. Vielmehr wird fie bemfelben alle Aufklaͤrungen, Ertratte
und Ausweiſe geben, die nue immer von ihr gefordert werden.
Uebrigend verfteht man ſich ofnehin von bem Ordnungsgeiſt bed Magi-
ſtrats, baf er in der ausgebreiteten Wirtfamfeit, in welche derfelbe verfept wird,
bie moglidfte Puͤnktlichkeit und Ordnung fowohl in ber RKangleymanipulation
als bei Beftellung ber WAmtsfubalternen beobachten werde.
Derfelbe Hat baher gu verhiiten:
a) daß bie unterftehende Kaſſa- und Rednungsbeamten Niemanden einige
Pefoldung, Penfion ober Raturaldeputate antigipiren,
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h) daß bie Bierdeputate, welche denen Beamten vielmehr mit Gelbe nad bem
Erzeugungspreid yu reluiren find, night an bie Schankhäuſer ober Par-
theyen verfaufet werden.
c) daß fein Kauf⸗, Verkauf⸗, Miethungsbeftand+ und andere Sontratte ofne
Natififation bed Magiſtrats gefchloffen, nod) weniger auferordentlide Aus⸗
lagen und Wirthſchaftsdiſpoſitionen unternommen werden, ohne hiezu die
vorlaͤufige ſchriftliche Anſchaffung bed Magiftrats unter der Fertigurg bed
Biirgermeifterd und eined Raths eingeholet yu haben.
d) daß ohne Begnehmigung ber Lan besfteble keine Realitäten verdnfert,
feine Rapitalien bet Privaten angelegt, nod weniger Shulben gemacht
ober in andere Mege ber ftddtijhe Dotirungsfond gefdmalert ober be⸗
ſchweret werbde,
e) daß bei Dem Unftand, wo bie Stadt dem Verfall, tnd ber Cridsa
nahe ſteht, alle nur immer moͤgliche Auslagen vermieden, und
f) endlich, da6 feine Rebenfolleften ober Ausſchreibungen auf die Sir:
gerliden Haufer eigenmadtig unternommen, unb wenn fie dod von der
Landesbehörde begnehmiget wirden, bie Cubrepartitionen nach der Bor:
frift bom 2. May 1752 nad denen fiir dad Kontributionale feftgefeaten
Regeln verfaßt und folde vorlaufig an bie Buchhalterey aur Prifung
iibergeben werden.
Bei einer folden Organifation ber Gefdafte wird bie Berwaltung bes
ſtaͤdtiſchen Gemeindevermdgens in ihrem fortjdhreitenten Garige gu erhalten feyn,
wo inbeffen tas Refultat bavon in Bezug auf ben Zuwachs ter Einkünfte, unt
Berminderung der Ausgaben gum Beweiſe dienen witd, daß ber Magiſtrat bie
ſtaͤdtiſche Wirthſchaft gut verwaltet, und dadurch ſich der allerhoͤchſten Zufrie⸗
denheit würdig gemacht habe.
Unterricht fir den bürgerlichen Ausſchuß,
welder in denen k. Stddten Brünn ꝛe. bei allen Wirthſchafts⸗
Fommiffionen beizuwobnen bat. .
1. Gind aud denen gu— fon beftehenden Ausſchußmännern 2 dburd den
gangen Ausſchuß au waͤhlen, und die gewahlten bem Magiftrat gehdrig angugel-
gen, welde allen die ftabdtifde Oefonomie und bad Gemein⸗Vermoͤgen betref⸗
fenden Berathungen, Difpofitionen, Verbefferungen und Verdnderungen mit Sig
und Stimme beyzuwohnen haben, und da liber Oekonomie⸗Gegenſtände nidt fo
wie in juribifden gleid) auf ber Stelle durch ble Zahl ber mefhreren Stimmen,
als vielmehr durd) Spefulation und Lofaleinficht entfdieden werden mug; fo
ift fic in Denen Wirthſchaftskommiſſionen nit fo ſehr auf die Formalitat au binken,
fondern einem jedem muß Zeit und Freyhelt gelaffen werden, den vorliegen:
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ben Gegenftand aud durch mehrere Fragen fis gaänzlich aufklaͤren zu laffen,
um feine Unftinde und 3weifel pro et contra vorbringen, und fo dann erft
feine Meinung beftimmt äußern yu fonnen.
2. Diefe zwey Ausſchußmaͤnner fine von bem Magifirat an den Wirth
ſchaftsſenat anguweifen, und von Diefem in jene Stube, wo die sfonomifden
Gegenftande verhanbdelt werden, eingufiifren, und dafelbft ibnen ber Gig, gleid
nad dem Referenten, einzuräumen.
3. Wenn der Magiftrathérath uber vorhabente neue Audlagen, ober in
Antrag fommende beffere Beniigung der Gefalle burd. Berfauf ober Pachtung
referiret, fo follen fie die Meinung bed Referenten wohl in Erwaͤgung giehen,
und jenes, fo dad Zuträglichſte gu feyn erfennet worden, Dartiber dann befdliefen,
und nicht ber Wifahr eines eingigen bie Veranlaffung tiberlaffen.
Sollten fid aber
4. folde Gegenftinde dufern, welde Die Ausſchußmänner auszumitteln
nicht vermogen; fo Hatten bie Magiftratéglieder guerft ihre Meinung, und her-
nad der Ausſchuß bie feinige in's Protofoll gu geben, und folde gue Entſchei—
dung ad plenum bes Magiſtrats vorjulegen, nothigen falld aud ſich an die
Landesftelle gu verwenden, ber Erfenntnig derſelben aber unfeblbar nadgu-
fommen.
5. Faͤnde der Ausſchuß irgend eine Anftalt sum Beften der Gemeinde gu
treffen nothig, fo folle ifm nicht nur unbenommen, fondern ausdridlid und
maasgebigft eingebunbden feyn, folde in ber Wirthſchaftskommiſſion angugeben,
bey welder fie, wie alle übrigen Gefdafte, in Ueberlegung genommen, und nad
bem vorgehenden §. behandelt werden follen.
6. We bet der Gemeinfajje vorfommende Cinnahmen und -Ausgaben,
bie von dem Wirthſchaftsrath luftrict und apyprobirt werden, find aud bem bir
gerliden Ausſchuß gu erdffnen, und nidt anders als mit ihrer Einverſtändniß
zu veranfaffen, auf ben Fall des Richtubereinfommend aber ift fish nad Bors
ſchrift des 8. A gu verfalten. .
7. Gollen bem bürgerlichen Ausſchuß nicht nur die Kaffajournalien und
Wirthſchaftsrechnungen Geftandig eingufehen geftattet feyn, ſondern derſelbe ift
ſogar eidlich gu verbinden die Raffajournalien und Wirthſchaftorechnungen bey
einer eigenen 3ufammentretung alle SQuartal, bevor fle gur Budung an
bie ſtäͤdtiſche Vuchhalterey abgegeben werden, ordentlich gu durchgehen, und bas
bey nidt nur den Vollzug ber Rednungsfubrer, fondern aud die Anſchaffung
des Magiftratd felbften gegen feine Snfteuftion gu halten, und daruͤber die fin
bende Bemerfungen gu madden, die fonad fammt denen Rednungen der ſtaͤd⸗
tiſchen Buchhalterey gur orbentliden Revifion und Bemanglung guguftellen find.
Es ift alfo
8. unumginglid nothig, daß ber biirgerlide Ausſchuß immer in einer
die Sahl der Magiftratéglieder wenigftend um die Halfte uͤberlegenen Zahl gee
waͤhlt werde, um hiedurch die Ginfidht in die Verwaltung ded Gemeindevermd-
480
qené meh: zur Publizität zu bringer, mithin der größtmöglichſten Anat tr
Kommunitatéglieder Cie notdige Kennmi€ zu verſchaffen.
He Erneurrunee Cee Kusſchußet muf in ver Abſicht Gfrers, ald ren: te
Miagifirace, vorgenommer weroen, LCamit einerferté Cie Stenntnié ute: ex
Ausſchuf ror Cem buͤrgerlichen Mermugenéfranbe reftc geichwinder verter
unt Camit antecjeté die Bürgerſchaft, welche allemah! pen aué einer üblen Be
waltung entſtehenter Abtzanç an ter evforterlicben Beredung aus ihrem Get
hes ergzanzen muß, fig in Zeiter tuck die wirkſame Einſicht von Geer ite
Ausſchußet gegen die Eigenmächtigkeie nee Magiſtrate ſichern, unt pared oie is
cergeſtalt eingeführte Publicität aller nur möglichen Antheit an ber Berwatm
hebmen möge.
v. Vamit aber Gie Obieygenter cer Buͤrgern nicht laftig werde, da &
thre Verſäumniß auf eine Belohnung keine Rechnung gemacht werder tom
fo wire geftuttet, daß wenigſtene alle Sabre aug denen zur Kontroll beitelteer
Ausſchußmännern einer auétreten, unt tagegen ſtatt feiner gleich ein amber.
turd ten Ausſchuß ſelbſt aus ihm gewabler werten fonne, fo, daß emer tot
immen gwer Sabre lang ale fontrollicenter Ausſhuß fiene, unt immer ungt
adtet ver jährlick mit einem aué ibnen geichehenen Ubanterung in der Eat
lenſitniß bleiben, unt Cen gujewadienen Reuen tavon unterrichten fonne.
“gu welder Rückſicht Commug Cer bürgerliche Ausſchuß bei ihrer Was:
Jy. Cabiur gu fehen haben wirt, cag gwar rechtſchaffene, woblerfabrne, w
yierd, aber wud mut rinigen Vermoͤgen begabte Burger gemable werden, welchen dire
Vrerreiung nicht ty leianeur Verkürzung ofer Nachtheil in ihrem Gewerde ge:
eichen, unt welden fas gu ſeyn mehr ſchätzbarer als eine Bergütung ielbé ik.
11. Haben fle auf cae Wohl cer gefammten Bürgerſchaft ihr ganiet
Mugenmert zu ridpten, zur Behriedigung Cec Birgerfehaft diesfalls einen Gut
bey bem Wiagittrat in pleno abgulegen, unt Cie oben beftimmte Zeit in hicier
Charaktet gu verbietben, auger ce würkin lh erhebliche, oper gar eine perön—
lide Abanterung nad (iG atehente dalle ergeben, ther welche nad bem 4. &.
ju erkennen, unt tem Aueſchuß cine weitere Wahl angufimbigen ware.
12. Tomit entligen mit Cem Gemeinvermogen nit fe, mis
eS bishero geſchehen it, in Cen Lag hinein gewirthida fret
werte, und die Stale gletdiam unwiſſend in Schulden verfallen mcge, fc ii
erforderlidy, tag alle Jahr um Miharlizeit cin Praͤliminar⸗ Eriorderniß⸗ unt
Bededungs⸗Entwurf, das iſt ein ſolcher Aufſatz einverſtändlich mit bem birgers
(den Ausſchuß verfaffet werte, woraus zu erfehen ift, was bie Stadt im fols
genden M. Jahr fle Ausgaben und Unfoften yu beftreiten haben werde, wolrs
in@bejonbdere im Lauſe ded Jahrs auf bie Zuhaltung desſelben, unb auf ben
Amortijationsfond au Tilgung bee Paſſivſchulden yu fehen ſeyn wird, damit bie
Buͤrgerſchaft nicht zu aufierordentiiden Beitragen zu Bededung bes Abgangs
verhallen werden Ddilrfe.
481
Diefe Einridtung der Verwaltung bes Gemeindevermigens machte ten
Magiftratzurreprafentirenden Obrigfeit und gum Verwaltung 6-
Organe, die Birger aber, die Cigenthiimer bed Gemeindevermoͤgens, und be-
glehungswelfe den bürgerlichen Ausſchuß und feine Reprafentanten
gum Kontrolor und befdranfte die Berwaltung durch den Wes überwuchern⸗
ben GinfluB ter landesfürſtlichen Bchorden, weldhe eine bis auf geringes Detail
fic erftredende Vormundſchaft ausübten.
„Um die unndthigerweife gu febr vermehrten Gefchafte und die daraus ent:
Rehenden gabllofen oft ſchädlichen Schreibereien gu vermeiden,” erweiterte Seine
Majeſtaͤt mit vem Hofdefrete vom 29. Banner 1800 ten Wirfungsfreid der
Landerbehorden.
Rach vemfelben fonnten aber boc nur vie Kreisämter ten groferen Etdd-
ten und Gemeinden die Erlaubniß zu Auslagen bid 100 fl., ben fleineren bid
50 fi. geben, die Magifirate aber ifr Perfonal bid aueſchließig der Sekretaͤre
obne Beſtaͤtigung ber Landesſtelle befegen, ftadtifde MAuslagen in groferen Star-
ten bid 50 fl., in Fleineren bid 25 fl. paffiren.
Dieſes Syſtem, welded zudem in der Ausführung bid auf die Syige ge-
trieben, aͤußerſt umſtaäͤndlich und lähmend wurde und in eine wahre Schreib—
Manie ansartete, erhielt fid im Weſentlichen bid gum Erfdeinen der neuen
Gemeindeorbnung (1849) und hatte fich, wenigſtens in Maͤhren, fo eingelebt,
bap fidh in ber Ausführung dieſes freifinnigen Gefeged and dann nod nur
ſchwer davon losgemacht werden fonnte und namentlih Brinn in ber Ordnung
feiner Gemeindeverbaltniffe mannigfad beitrt wurde.
. GS ware aber undankbar nidt anguerfennen, daß in der lepten Zeit ded
Beftandes bed alter. Syſtems, nachdem dad Gemeindeweſen in Folge ber Zeit:
verhaltnifje, Mangels an Gemeinfinn und Theilnahme an Gemeindeleben, übler
Gebabrung u, a. grofentheild fehr herabgefommen war, eben die landesfürſtlichen
Behorten padfelbe durdh Unterfuchungen und Ordnung wieder fer geboben
haben und namentlich ber Gubernialrath Ritter von Qadnit, ver ighaner Kreis:
Hauptmann Ritter von Gerſch, bie Kreisfommiffine Uheref (in 3naim) und
Hübner Cin Hradiſch), der Magiftratérath Taft (in Hradiſch) u. a. ficb da:
bei wefentlide Berdienfte erworben Haben.
Wir haben gefehen, wie bie neue Einrichtung bes KRriegswefens,
befonders bad ftehente Militar, bie Birger um ihre. militäriſche Bedeutung, wie
bas fdranfenlofe Uebergewicht der höheren Stande nad Unten und
ber Abfolutismus von Oben Ne Biirger nicht nur um ihre politiſche Be-
beutung, fondern felbft um die eigene Mahrnehmung ihrer hänslichen Gemeinve-
AngelegenGeiten gebradht. Wir wollen nun fehen, wie dad Ginbringen bes
fremben Rechtes, tad Streben nah Einheit desfelben, die mit der
Berbannung aller Mündlichkeit und Oeffentlichkeit verbuntene
funfimaffige Auobildung oder beffer BVerbilbung der Rechtspflege, die
Viirger aud um bie Autonomie und ihre richterliche Wirkſamkeit gebracht Hat.
31
482
Wir haben fon fraber erwahnt (S. 254 ff.), wie fid ein all gemei:
ned Etabtredt, ein feted Gewohnbheitdrecdht des Bürgerſtandes und bed
nah deutidem Rechte lebenden Bauernftantes, gebildet, dasſelbe ſich, nad natio:
nalen Gitten und örtlichen Ginwirfungen, in Gruppen fiir ganze Santer ober
bod größere Bezirfe derfelben theilte und tad brünner Stabdtrecht Hiern
eine hervorragende Stellung einnahm.
Wir haben erwahnt, wie tad auf Grund allmählig entwidelter Redte-
gebräuche nad flandriſchem und öſterreichiſchen Muſter von Wenzel L 1243
verbefjerte und erweiterte Sriinner Stabdtredt (jara originalia, in Botefs
Codex IIL 12) fich auf ein vollig ausgebildetes Burgerthum gründet, alé ſtab⸗
tiſche Gerechtſame (justitia civitatis): unabhangige Geridtébarteit, Marit
und Muͤnzrecht, Freiheit der Perfon und bed Gutes, Freiheit vom Hetrathe-
zwange und von Veräußerungspflicht, Meilrecht, Mautfreiheit, Befretung vow
ſlaviſchen Rechte, ald Stabtfriede (pax civitatis) Strafrecht mit Glutbans,
endlid) (alé jura municipalia) Sefimmungen des Civilrechtes und Civifverfaf-
rené umfaft, wie in ber ben Schöffen eingerdumten Autonomie die Bedingung
zur weiteren Fortbilbung dieſes Rechtes gegeben war und den erweiterten Be:
diirfniffen dusd) Gchoffenfagungen nadgeholfen werden fonnte.
Wir wollen denfelben nod einige Aufmerffamfeit zuwenden *).
Seitbem die Deutſchen im Folge der Voͤlkerwanderung grofere Staaten
gegrinbdet und fefte Woknfige gewonnen Hatten, madte bie Berührung mit den
Romern, deren Cinridtungen fie aufnehmen ober Sefeitigen, beren Stellung yu
ihnen, fo wie bie Befigverhaltniffe fie orbnen muften, bie Vermiſchung ber vor⸗
fciedenen deutfchen Vol€sftimme, ifr Uebertritt zum Chriftenthume u. a. ge
ſchriebene Gefege nothig. Es fanden vom finften bid newmnten Jahrhun⸗
derte bei allen deutſchen Volksftaͤmmen Aufseihnungen bed Rechtes unter sffent:
lider Autoritat Statt, welde wir mit bem Namen Volfsredte (leges bar-
barorum) ju begeichnen pflegen. Sie find vorwiegend Strafgefege und began:
bein im Zufammenbange mit den Verbreden und Redtéverlegungen aud bad
auf fie bezügliche Beweisverfahren und den Proceß. Dad Privatredt tritt gu
rid. Am meiften wurden bie Verhaltniffe bes Grundbefiges und die Formen
feiner Uebertragung bertidfidtigt, bad Erbredht, bad Giiterrecht der Ehegatten
und bas Familienredht überhaupt, die Leiftung bes Schabdenerfages und bie Ver:
folgung bed Gigenthums oder dinglichen Rechtes an beweglichen Sachen. Redes:
fage, welde in ber Ueberzeugung und ber Runde Aller lebten und täglich geübt
1) Um Mifverftdndniffen vorgubeugen, miiffen wir bemerfen, daß wir nidt autſchließend fir
Gelebrte, fonbern fiir bas größere Publitum fdreiben, welden wir bie Refultate ber
neueften Forfdungen zugänglich maden wollen. Der folgenden Ueberfidht der Entwidlung
bes deutſchen Rechtes unb beziehungsweiſe ber Bebentung unferer einheimiſchen Rechte⸗
quellen liegt gu Grunde: Geſchichte der deutſchen Redhtsquellen, von Stobbe, Bram⸗
ſchweig 1860.
483
wurden, glaubdte man bei ber Aufzeichnung ded Volfredted übergehen yu
fonnen.
Mit Ausnahme der angelf[adhfifhen find alle Volksrechte in lateiniſcher
Sprade geſchrieben, in welder bid in bad 13. Sabrhundert auch alle Rechts-
quefien Deutſchlands verfaßt find; erft feithem fommt die deutſche neben der
lat. in Gebraudh. Trog alles Partifularismus if doc eine große Uebereinftim:-
mung ber Grunbdfage in den allgemeinen Volfsredten, welche ſich nah der Ver-
wandtidaft ber Stamme in Gruppen theilen: die fränkiſche, die aleman-
niſch⸗bairiſche, bie ſächſiſche und die burgundiſch-weſtgothiſche
Familie. Jn denjenigen Staaten, welche auf roͤmiſchem Boden gegründet wur-
ben, behielt bad roͤmiſche Recht nod immer eine große Bedeutung, weil die
Deutſchen die unterworfenen Volfer, befonders auch bie Romer, im AUgemeinen
beim Genuffe ihres bidherigen Rechtes beliefen und nur in eingelnen Begiehuns
gen dem Rechte ded herrſchenden Stammes unterwarfen. Wo Deutſche und
Romer unter cinanbder in denfelben Staaten ober Gemeinden wohnten, fonnte
ein gegenfeitiger Einfluß ihres Rechtes nicht ausdleiben, und es find in den
Geſetzbüchern derjenigen Volfer, weldhe roͤmiſches Gebiet in Beſitz genommen
haben, Grundſaͤtze ded roͤmiſchen Rests in groferem ober geringerem Umfange
anerfannt worben. Gine weitere Bedeutung hatte dasfelbe ald Ret des
Glerus und der KRirde; zeigte ſich in ben Geſetzbüchern irgendwo eine
Laide, fo war bad romifde Redt fiir bie Kirche die algemein ergangende Quelle,
aus welder ber Ungewipheit abgeholfen wurde; und aud die Raifer benützten
bie roͤmiſchen Gefepbider, wo es fid um bad Recht der Geiftlidhfeit handelte.
Im Adgemeinen war aber Renntnif und Anwendung bes roͤmiſchen Rechted auf
bie Romer und die Geiſtlichkeit befrantt und nur in eingelnen Besiehungen von
ben Deutfden angenommen.
Als die Rarolinger auf den Thron gelangten, dad Reich und die Verhalt-
niffe fic ungemein erwelterten, wurbe cine Erweiterung der Rechtsbeftimmungen
tiber die Volksrechte hinaus nothig.
Lie Vinige gaben theilé in Berbindung mit ben Reichsverfammlungen,
theilS far ſich allein bitte, Gapitularien, Verorbnungen und Aus(dreiben
in grofer Zahl, welde fiir bad Recht und die Verwaltnng ſehr widtig wurden.
Im Laufe der Beit Anberten fich aber nit blos die Grundlagen, auf
welden der Staat hurd bie Rarolinger aufgeridtet war, fondern aud bie ftan-
diſchen BVerhaltnifje, bie Anſichten ber Die Verbrechen und deren Strafen, und
liber ble Beweismitiel in einem folden Grabe, daß die Volksrechte und
Gapitularien auger Uebung fommen muften. Wabrend der faro-
lingifde Staat feinen Mittelpunft im Raifer hatte, gerfiel nun Deutſchland in-
cine grofe Zahl von Herrſchaften, welde nur lofe durch bad Lehensband jue
fammengebalten wurden und cine immer grofere Unabbangigfeit vem Raifer an⸗
fixebten uud erreichten 5 die Lehendverhaltniffe durdbdrangen bas gefammte Staats:
wefen und liefen bad Volk in neue Staͤnde gerfallen.
31*
484
Die alten Volksrechte Hatten vornehmlid vom Strafredhte gehandelt und
die Bufen fiir die Verbreden nach bem ftandifden Unterſchiede beſtimmt; mit
ber Bildung neuer Stdnde und mit der allmaligen Ausdehnung der osfentlicden
Sitrafen gtgentiber ben bisherigen Privatbußen wurden neue ſtrafrechtliche Grund⸗
fage nothwenbdig. Der fic audsbreitende Verfehr, dad aufblühende ſtaäbdtiſche
Leben, die verdnderten Grundbefigverhaltniffe machten bie forthauernde Geltung
ber alten Gefege unmoͤglich und ließen neue Rechtsfdge ſich audbilden.
Nachdem dle gefdriebenen Gefepe ihre Geltung verloren Hatten, tebte dad
deutſche Volf wieder wie ehedem nur nad dem Gewohnheitsrecht und dem
Herfommen, welded fidh im Laufe ber Zeit weiter und weiter entwidelte
und je nad bem Stamme, bem Lande ober der Gemeinde in ben verſchiedenſten
Formen ausbildete. Dads Recht war bid yum 12. Jahrhunderte im Wefenili-
Gen ungefGrieben und lebte nur im Wiffen berjenigen Manner, in deren
reife es galt. War fo bie Volksthümlichkeit bes Rechto gefidhert, fe
entfiand doch aud eine grofe Rechts unſicherheit und ed wurden Klagen
liber ben Mangel an einem feftbeftimmten, ober bas ganze Deutſchland umfaf-
fenden Rechte allgemein. Erſt allmalig feit bem 11. und 12. Yahrhunderte be-
qinnen bie Rechtsaufzeichnungen, welke gum groften Theile fein neues
Recht fchufen, fondern nur, um jedem Brweifel gu begegnen, tad geltende Recht
burd) bie Schrift firirten, fei e8, daß die Gemeinde felbft, oder ein Privatmann
ohne Hohere Autorifation bie Aufgeichnung unternahm. Diefen Eharafter haben
fowohl bie Rechtsbuͤcher, als auch bie Landrechte, Dienftrecte, Lehenredte, Hof:
recte und mande Stadtrechte. Daneben regelte man aber auch burd Ueber:
einfunft foldbe Verhaltniffe, fiir welche es an feften, in der Ueberzeugung der
Gefammtheit lebenden Rechtsnormen feblte.
Nicht die Gefepgebung bes Raiferd ober ber Landesherren, fondern die
Autonomie ber Gemeinden iff bie fruchtbarſte Quelle der Rechts—
ergeugung. Dad romifce und canonifdhe Ret üben in diefer Periove
nod feinen Einfluß. Hatte bas Gewohnheitsrecht cinen lofaien
Charafter gehabt, fo waren aud) die Erzeugniffe der Autonomie ſehr mannig:
faltig; aber es wurde durch bic gleiche Rationalitat, abnlidhe Bedirfniffe und
Verhaltniffe eine Gemeinſchaftlichkeit im Inhalte bedingt und es beftant
trop ber Mannigfaltigfeit auch gugleidh eine Einh eit in den vielen Er⸗
jeugniffen bes mittelalterliden Rechted. Darüber war man fic) auch im Mittels
alter bewußt und nannte ſolche RMetsfige, von denen man uͤberzeugt war, bags
fie in gang Deutfdland oder einem grogeren Lande galten, gemeined Regt
im Gegenfag gegen Wilfiihren, Weichbildrecht und lofales Recht überhaupt.
Zunäachſt war man darauf bedadt, dad sffentlide Ret durch ge.
ſchriebene Redhtsquellen gu ordnen und feſtzuſtellen; Verfaſſungsrecht, Strafredt,
Polizei und Prozeß find ber vornehmlidfte GSegenftand ber Rechtsaufyeichnung
und erft allmdlig nimmt and bad Privatre dt einen immer grogeren
Raum . ein.
435
Aus dem 12. Jahrhunderte befipen wir nur wenige Redtsquellen, mit dem
13. wird igre Zahl und Ausfubrlichfeit immer groper, bis fle im 15. gu einer
faft unhberfehbaren Maſſe angewachſen find. Grit feit der Mitte bed 15. Jahr⸗
hundertes begann bad romifdhe Recht auf die einheimifdhe Rechte—
entwidlung cinen weitergehenden, mannigfad beftimmenden
Einfluß gu gewinnen.
Das gange 12. Jahrhundert hindurch bediente man ſich der lateiniſchen
Sprade; bie erfte grofiere deutſche Rechtsaufzeichnung ift der
SaGfenfpiegel und erft fcit der Mitte des 13. Jabrhundertes machte man
aud in Stadtredten von der deutſchen Sprache Gebrauch.
Die Volksrechte und RMaypitularien waren aufer Uebung gefommen und
baé Brincip ver PerfonlidFeit ber Rete war der Tervitoria-
lität gewiden; damit waren aber ble Stammesunterſchiede nicht gefallen,
fondern es Beftehen mande ber Rechtsverſchiedenheiten, welche ſich in
ben Vollsrechten zeigten, auch nod in den fpateren Quellen weiter fort, und es
laffen fic die Rechtdquellen, welche demfelben Stamme angehören, aud ihrem
Inhalte nah ald eine gufammenhangende Familie betradten. Am deutlidfien
ift diefe Stammeſverwandtſchaft in den fidfifden Ouellen gu verfolgen.
Gn Gadfen, wo bas alte Ret ſich in grofer Reinheit erbielt und
man fid verhaͤltnißmaͤſſig am (angften gegen Die Aufnahme des romi-
ſchen Rechtes webhrte, entftanden suerft Aufzeichnungen von groͤßerem Umfange,
welde bas Rechtsbewuftfein efeftigten, eine eigene Literatur hervorriefen und
fax alle fpdteren ſaͤchfiſchen Redtsquellen Mufter und Anhalt gewabhrten. Es
bildete fic) Hier der Begriff eines gemeinen Gadfenredtes aus, welded
befonderé auf dem Sachfenfplegel und bem ſächſiſchen Weichbild Seruhte und in
den ſaͤchſiſchen Laͤndern uͤberall aur Anwendung fam, wenn es an ſpeziellen
Rechtsgrundfaͤtzen fehlte. Richt ganz eben ſo geſchloſſen und feſt hatte ſich das
ſchwaäbiſche, bairiſche und fränkiſche Recht entwickelt. Außer der
Stammesgemeinſchaft bewirkte auch die JZufammengehörigkeit gu einem
Territorium die Gleichmäſſigkeit der Rechtsquellen, welche in dem-
ſelben entſtanden.
In der Zeit vom 9. bis 12. Jahrhundert, in welcher es an geſchriebenen
Rechtsquellen faſt gang fehlte, entwickelte ſich dad deutſche Gewohnheitsrecht
in den einzelnen Kreiſen auf ſehr mannigfaltige Weiſe. Wir lernen es aus den
Urkunden über einzelne Rechtdgefhafte, fpater auc aus den off aufgezeichneten
Erfldrungen fennen, burch welde von Zeit gu Zeit die haupfſächlichen Rechts⸗
fage, welde in den einzelnen Gemeinden galten, dem Volke befannt gemadt und
bem Gedddtniffe von Neuem eingeſchärft wurden, um durch mündliche Tradition
ben Mangel an gefeglichen Beftimmungen gu erfegen.
An ven verſchiedenſten Orten, in ftadtifden und in Dorfgemeinden gaben
auf Befragen bes Richters einzelne Schoͤffen vor verfammelter Gemeinde Er⸗
flarungen über das geltende Gewohnheitorecht ab, welde Weisthümer,
486
Oeffnungen, Spraden, in Sadfen aud Ordele heißen. Ride blos
dann ergeft ein Weisthum, wenn fein Zweifel herrſcht und das aligemein fir
Recht Erkannte ausgeſprochen werden foll, fondern man wendet fid aud, wenn
ſich cin Streit erhebt und nicht alle Bntereffenten Aber bas geltende Recht einig
find, an die Perſonen, in deren Kreiſe es lebt, an bie Gemeinde, und laͤßt von
einer Zahl auserwablter, beſonders rechtskundiger Manner durd eine felerliche
Erklaͤrung fefiftellen, was Rechtens ijt. Da ſich im Laufe der Zeit bas Rechts⸗
bewuftfein ber Gemeinden und der Gingelnen Andecte und nichts ein ſtereowpes
Fefthalten an ben alten Erklaͤrungen verlangte, fo änderte fid aud allmatig
dad Weisthum, welded jedergeit der lebendige Ausdruck deffen ift, wad fie Rede
angefefen wird.
Die Weisthimer wurden aus verſchiedenen Beranlaffungen aufgesetdnet,
balb um das in bem Bewußtſein lebente und durch die Uebung beobachtete Recht
au figicen und künftiger Unſicherheit vorgubeugen, bald bei beftimmteren Oelegen-
heiten, befonders wenn cine andere Gemeinde ein Weisthum fid ere
bat, um fiber dad dort geltende Recht tiberhaupt, oder fiber eingelne Redhts-
fragen beleGrt gu werden.
Wenn die Anfichten der Schöffen ober Gemeindeglieder von einander ab-
widen und ein Weisthum nicht ergielt werden fonnte, wurde die Entſcheidung
durch den Ausfprud eines anderen Geridtes, welded naw demſelben
Rechte lebte, ober des hoöchſten Reidegerihtes unter dem Borfige bes Kaiſers
geſucht.
Da der Kaiſer mit ben Reichsſtaͤnden nur wenige allgemeinere Gefege bee
rieth, oder rechtliche Anordnungen traf, und die Landesherren in ihrem Spren-
gel feine gefeggebende Gewalt befaffen, fo ftellten die Mreife, in weldyen bad
Beduͤrfniß nad rechtlichen Normen empfunden wurde, bie Stadte, baͤuerlichen
Gemeinden u. f. w., durch gemeinſchaftlichen Beſchluß und durch Uebereinfommen
ber Gingelnen neue Grundfage auf, durch welde dem Bediirfniffe abgeholfen
werben follte (Autonomie).
So gab der Rath mit Genehmigung des Herrn der Stadt ober auc ber
Gemeinde Statuten, Willküren, fo trafen die Lehens und Dienftherren
mit ihren Vaſallen und Minifteriaten Bereinbarungen über dle Rechte am Gut
und die Dienfte, fo orbneten durch Autonomie die Grund oder Bogteiferren
mit ihren Hinterfaffen ober Unterthdnigen, die Landesherren mit ihren Lands
ſtaͤnden, der Bifdof mit bem Gapitel, die gu Zuͤnften vereinigten Handwerler
u. f. w. ihre gemeinſchaftlichen Intereſſen. Es entftanden auf diefe Meiſe 4)
Stadts, 2 Lands, 3) Lehens und Dienfl-, 4) bauerlide Mewte
Beſonders wurde das Recht in ben Gerichten durch Ent(hetdung eingelmer
Streitigteiten fortgebildet, indem die Schöͤffen nicht bles \allgemein aners
fannte Grundjage anwendeten, fondern dann, wenn ignen feine
gewohnheitsrechiliche Norm befannt war, ben. Rechisiay aus
und ungwelfelfaften Rechtsgrundlagen herausfanden. 4
487
Befonders merkwuͤrdig find bie Spruͤche flddotifher Schöffen—
Gollegien, vorzüglich ber Oberhdfe, weldhe eine Gleihmaffigteit bes Rechts
in groferen Theilen Deutſchlands, vorgiigli wae bas Privatrecht anbelangt,
bewirkten.
Bei dem Mangel an geſchriebenen Quellen waren die Schoͤffen auf ihr
geſundes Uttheil angewieſen (bruͤnner Stadtrecht Nr. 681) und konnten, wenn
es in ihrem Gerichte an Geſetzen oder Statuten fehlte, das Recht nehmen,
woher fie wollten. Sie entſchieden, wenn aud nicht nad Willkuͤhr, ſo
doch nach dem Rechtsgefühl oder Rechtsbewußtſein, das in ihnen, welche einen
beſonderen Beruf aus der Anwendung des Rechtes machten, lebhafter als in
ben uͤbrigen Mitgliedern ded Volks exiſtirte. Die Gefahr der Willkühr war da⸗
bei geringer, als fie bel weniger volksthümlichen Gerichten hätte fein müſſen;
denn das Volk betheiligte (idm aud jetzt noch als Umſtand bei den Ge⸗
richtsſizungen und Jeder, welcher die Ueberzeugung von der Ungerechtigkeit eines
Urtheils hatte, konnte durch Schelten bes Urtheils den gefaällten Spruch
vernichten und die Einholung eines neuen Urtheilé von einem hoͤheren
Geridte, dem Oberhofe, bewirfen. Bald verlangten die Schoͤffen felbft, welche
ſich ber den Spruch nicht vereinigen fonnten, bald die Parteien oder dritte Per-
fonen, welche das gefundene Urtheil nidt als gerecht oder ridtig anerfennen
wollten, baf man ſich an den Oberhof wenbde.
Solde Schöffenſprüche ber Oberhöfe wurden gum Gebrauche in
ber Rufunft forgfaltig aufbewahrt und aud von den Stadtfdreibern unter dffent-
lider Autoritdt in befondere Bücher abdgefdrieben.
3u ben merkwürdigſten gehoren die Urtheile der magbdeburger
SHhoffen, welde fle, durchgaͤngig in deutſcher Sprache, nad den verfchieden-
fien Theilen Deutſchlands verfendeten. Sie entſchieden nach bem ſaächſiſchen
Rechte, wie ed im Sachſenſpiegel und Weichbildrechte enthalten iſt, und bildeten dad-
felbe in freie Weiſe aus. Jedoch waren fle nicht im Stande, nad den Prin⸗
cipien juriſtiſcher Deduktion und wiſſenſchaftlicher Interpretation die anerkannten
Rechtsſaätze ihr Urtheil gu motiviren, ſondern fle entſchieden nach Billigkeitsgründen
aus ihrem Rechtsgefühl heraus. Vom Cinfluße der ſich ausbreitenden gelehrten
Bildung hielten fie ſich gang fret und kannten nur ihre Stadtrechtsquellen und
die Rechtsbuͤcher; felbft im 16. Jahrhunderte wenbeten fle roͤmiſches Rect
fafi gar nidt an. Auch die Urtheile bed (Ubeder Ober hofs enthalten bid
in das 16. Jahrhundert hinein faft gar feine Gpuren einer Bekanntſchaft mit
ben Grundfagen ded romifden oder canoniſchen Rested. Von einheimifden
Schoͤffen⸗Urtheilen find befonders hervorzuheben die brünner (herausgegeben
von Rofler) und die iglauer, welche Tomaſchek herauszugeben gedentt und
ein großes rechtogeſchichtliches Material erwarten laffen.
Bis gum Anfange bed 13. Jahrhundertes gab es in Deutſchland nur we-
nige Rechtsquellen von Bedeutung fir die Praxis.
ABS
Die Reichsgeſetzgebung war ſehr fparlid) und befchaftigte fidy beſonders
mit dem Strafrechte und ber Aufrichtung von Landfriedben. Groͤßer war die
Zahl lokaler Recdhtsquellen far SGtadte, Darfer ober die dvemfelben Herrn unter-
worfenen PBerfonen (Hof und Dienftcedte). Dle alten Bolfsredte waren gany
lid in Bergeffenheit gerathen und tad romifde Recht in Deutſchland nod
nicht befannt. Trog bed Mangels an gefdhriebenem Recht war aber dad Rete.
bewuftfein im Bolfe und befonbders in denen, welde bad Recht im Gericht an-
zuwenden Hatten, fo ſtark befeftigt, alé nur irgend wann, und es war natirlid,
daß cin lebhaftes Beduͤrfniß erwachte, died Rechtobewußtſein au firiren und bas
geltende Recht in Sehriften darzuſtellen. Es unternahmen daher Privatmanner,
ohne Rückſicht auf die Berhaltniffe eines beftimmten Ortes oder Geridtes, dies
jenigen Grunbdfage in groferen Arbeiten gufammenguftellen, welche ihrer Erfah⸗
rung gemäß in ber Prarié beobadtet wurden und nad ibrem Bewußtſein alé
Recht anzuwenden waren, und awar bad gefammte Rect, namlid nidt nur bad
Private und Strafret, nebft Gerichtdverfahren, fobern auch dad Staaté- und
Kirchenrecht. Es find died die fogenannten Retsbader, die erften wiffen-
fdhaftlichen Arbeiten uber deutſches Rect, nicht blos nationalen Urfprungs, fon-
bern auch, wenigftend die dlteren, rein deutſchen Inhaltes, ohne Anflange
ober Spuren römiſchen Rechtes, in deutſcher Sprache verfaft, vie
deutiden Rechtsaufzeichnungen überhaupt.
Waͤhrend die meiſten geſetzlichen Quellen dieſer Zeit ſich nur auf einzelne
Gemeinden oder Landſtriche beziehen, enthalten die Rechtsbuͤcher die in ganz
Deutſchland ober bod in groͤßeren Theilen herrſchenden Rechtsgrundſaͤtze, geben
auch ausführlichere Nachrichten uͤber das Recht als die erſteren und haben den
groͤßten Einfluß auf die Entwicklung des geſetzlichen Rechtes geuͤbt.
Die wichtigſten dieſer Rechtsbücher ſind ver Sachſenſpiegel und der
Schwabenſpiegel, zwiſchen welchen der Deutſchenſpiegel ſteht. Der
Sachſenſpiegel zerfällt in zwei Theile, bad ſächſiſche Land- und bad ſäch—⸗
ſiſche Lehenrecht. Den erſteren Theil verfaßte im erſten Drittel bed 13.
Jahrhundertes und zwar wahrſcheinlich zwiſchen 1224 — 1235, ohne Muſter
und ohne Borganger, ohne Kenntniß bed roͤmiſchen Rechtes, aus dem Leben und
feiner Erfahrung, nicht aud Büchern, der Ritter Eike von Repgau in ber Graf-
fhaft Billingshohe, in ber Rabe bes Harzes, zuerſt lateinifd, dann von ifm
felbft ind Deutſche Aberfegt. Sein Werk galt den Sachſen und dem fad fi-
fGen Rete, welches am zäheſten an bem alten deutſchen Rechte fefthielt
und {don in alter Zeit Inftitute beſaß, welde erft (pater im gefammten Deutſch⸗
land zur Herrſchaft gelangten. Das ſächſ. Landrecht ift nur bem Rechte der
freien Ritter und freien Bauern gewidmet; die Stadte erwaͤhnt es nur gelegent-
lich, dad Hof⸗ und Dienftrecht ſchließt es auddridlid aus. Der Verfaffer des
fachf. Landrechtes Hat fpater aud) bas ſaͤchſiſche Lehenrecht lateiniſch (vetus auc-
tor de beneficiis) und deutſch Sebandelt; obmohl es auch eine divefte Beziehung
auf Sachſen Hat, nimmt es dod feltener auf dadfelbe Ruͤckficht, weil ſich die
489
Grundſätze bed Lehenredtes gleidmaffiger ald jene des Landredtes in gang
Deutſchland entwickelten (ohne Einflußnahme bes erſt viel ſpäter daſelbſt bekannt
gewordenen longobardiſchen Lehenrechtes) und auch Vaſallen verſchiedener Stämme
durch das Lehen mit einander verbunden wurden.
Der Sachſenſpiegel, welder, im Norden Deutſchlandeé entſtanden, der erſte
Verfud ift bas gefammte geltende Recht darguftellen, entfprad fo ſehr dem Be:
birfniffe ber Zeit, daß er fidh night nur im Norden ſchnell verbreitete
und anderen Arbeiten gu Grunde gelegt wurde, fontern aud in Süddeutſch—
fand Verbreitung fand und bei den Rechtsbüchern, welche man mit befon-
derer Beziehung auf bas bier geltenbe Ret unternahm, in Stoff und Anord-
nung benützt und bearbeitet wurde. Zwei ſüddeuiſchen Rechtsbuüchern liegt der
Sadjenfpiegel gu Grunbe, dem Spiegel deutſcher Leute und bem Schwa:
benfpiegel. Der erftere ift ein Dtittelglied gwifden bem Sachſen- und
Schwabenſpiegel und befteht in einer Bearbeitung ded Cadfenfpiegels, welde
ihn gum Theile yu einer neuen Form, die dann in den Schwabenfpiegel nit
geringeren Umanberungen tbergegangen ift, gum Theile aber im engen Anfchluffe
an bie Quelle nur in bad Hochdeutſche überträgt. Er iſt nach 1235, etwa um
bie Mitte des 13. Jahrhunderted, in Schwaben entftanden, bentigte eine bunte
Maffe verfdiedener Quellen, welche fic) oft wibderfprecen, und jdeint wenig
Einfluß auf dle Prarié erlangt gu haben, um fo mehr, ald bald eine nod weitere
Bearbeitung dedfelben in Verbindung mit anderen Ouellen im Schwaben—
ſpiegel erfolgte. Der Verfaffer bed letzieren ift nicht befannt, die Zeit der
GEntftehung fallt swifden die Sabre 1273 — 1282. Die Sprade ift deutſch.
Aud der Schwabenſpiegel begreift bas Land. und das Lehenredt. Er will das
allgemeine deutſche Recht darftelen, aber nicht, wie es galt, fondern wie es nad
ben Materialien ded Verfaſſers Hatte eingeführt werden fonnen. Seine Arbeit
ift eine gelehrte, ex nimmt den Stoff hauptſächlich aus Buͤchern, ftiigt (cin Werk
nur Bie und da auf bad Gewohnheitdredt, greift eben fo wohl gu ben alten
ſüddeutſchen Volksrechten und gu ben Capitularien, welde langft aufer Uebung
gefommen waren, ald gu den romifden ud canonifmen Rechts quel:
fen, welche man damals in Deutidland erft fennen qu lernen, aber nod nit
anzuwenden begann. Es iſt eine verwirrte Compilation voll von Widerſprüchen
und Mifverftandniffen.
Der Sadfenfpiegel erlangte nah feinem inneren Werthe und der
weiten Verbreitung bes, aud in ferne ſlaviſche Gegenden verpflangten (adfifden
Stammes, fdnell eine weit ausgedehnte Verbreitung befonders in
ben nordlidmen Gegenden Deutſchlands. Obgleich gunddft ſächſiſches
Recht darftellend, fand er dod auch bei anderen Volfsfammen wegen ber Ver⸗
wandtſchaft aller unter einander eine grofe Berbreitung. Er ift bie Quelle
einer großen Zahl von Rechtsbüchern geworden, welche mittelbar oder unmittel-
bar uͤber ifm entftanten (Deut(dhenfpiegel, Sdwabenfpiege!, magdeburger
Weichbildrecht, vermehrter Sachſenſpiegel oder das Rechtsbuch nad
490
Diftinftionen, Richtſteig (Lehrbuch beds Prozeſſes) Landrechts und Lehen⸗
rechts). Gine grofe Anzahl von ftatutarifden Rechten entnafmen ihm
nicht bloo einzelne Gage, fondern auch größere Partien.
So verbreitete fic ber Sachſenſpiegel uͤber ben ganjen deutſchen Rorden
von Holland bis Lievland; er galt in Holftein, Medlenburg, Pommern, Preuſ⸗
fen, Lievland, den Hanfeftadten, Weltphalen, Meiffen und Thiringen, G dh le-
fien und der Laufip, Brandenburg, Bshmen, Mähren, Ungarn, Baiern u. f. w.
Rod am Ende bed Mittelalterds fprad man auf tem Reldstage 1498 die Ueber:
seugung aus, baf ber dritte Theil Deutſchlands nad dem Gadfen:
ſpiegel febe. So fonnte fih die Anficht almalig bildben, baf er gemeines
Ret fei ').
Bon ben abgeleiteten Rechten iſt fiir und beſonders merkwürdig bas (4 hs
fifhe Weichbild. Das Recht ber Stadt Magdeburg Hat den gréften
Einfluß auf die Rechtsentwidlung anderer Stadte gehabt. Da von Hieraus be:
reits im 13, Jahrh. Redhtsbelehrungen nad Halle und nad verfdhiedenen Stadten
Schleſiens ergingen, mufte fid bald bad Bedürfniß Herausftellen, das gel-
tende Recht aufsugeidnen und den vorhanbdenen Stoff naw den Materialien gu
verarbeiten. Verſchiedene Manner unternahmen folde Arbeiten und ſchloſſen fid
dabei an ben Sacfenfpiege!, welder febr früh in Magdeburg galt, und an die
nah Breslau evtheilten Shoffenweisthimer an. Diefe Arbeiten weiden von
einanber vielfad ab. Erſt allmalig entwidelte fic diejenige Form beé Stadt:
rechtsbuches, welches gewoͤhnlich ſaͤchſiſches Weidbild heißt und, mit einer Gloffe
verfehen, eine ſehr große Verbreitung fand. Es ftellt bie Grundfage bes fad:
ſiſchen Rechtes fiir bie Stidte im Gegenfag gegen das Landrecht bar. Es ents
ftand aus ber Verbindung einer Cammlung bed magdeburger Schöffenrechtes
unb einer doctrinellen Arbeit. Beide Theile gehoren verfdiedenen VBWerfaffern
an und wurden erft im Anfange des 14. Jahrhundertes mit einander verbunden.
Wahrſcheinlich im t4. Jahrhunberte enftand eine Gloffe ther bem Weichbild,
welde bad romifde Recht ſtark bentigt und die urfpringliden Verhaͤltniſſe
an vielen Stellen mißverſteht.
Sn ber aweiten Halfte bed 14. Jahrhundertes bearbeitete ein unbefannter
Verfaffer die Grundfige beds frchfifden Rechteds, weldes in ben Stdbten (Mag-
beburg, Leipzig, Halle u. a.) gur Anwendung famen, in der Abficht, alle Unters
fdiede zwiſchen Landredht, Weichbildrecht und Naiferrecht gu lehren, alfo Weich⸗
bildrecht unter befonderer Vergleichung mit dem Landredte darguftellen. Früher
unter bem Vitel ſchleſiſches Landremt citirt und benigt, wird e6 mm
bas Rechtsbuch naw Diftinettonen, minder paffend vermehrter
— — ee ee — — — —
1) Für bie große Verbreitung ſprechen aud, außer ber vielen Drucanflagen, ble eh Vor⸗
handenen vielen Haudſchriſten, von welchen Homeyer 188 bes Landrechtes GS tri mee
deutſcher, 68 in mitteldeutſcher und 4 in oberdentſcher Sprache) und, 103 pes Solenwyy
(44 nieder⸗ 57 mittelbentd) fennt.
491
Sadfenfpiegel genannt. Er gehdrt gu den ausführlichſten und intereffan-
teften Rechtobüchern, behanbdelt tief eingehend bas gefammte Rechtsſyſtem mit
Auonahme bed Lehenrechtes, genoß großes Anfehen, galt in allen Stadten, welche
magdeburger Recht befaffen, aud in manden Stidten Schleſiens, wurde
aud ind Böhmiſche überſetzt.
So wie ter Sadfenfpiegel fi vorwiegend im Rorden Deutſchlands ver:
breitete, wurde ber SGwabenfpiegel befonders in Süddeutſchland
felt bem 13. Sahrhunterte mit grofer Bereitwilligkeit in Der Prarié angewentet ').
Sein Anfehen als Kaiferredt, die Aufnahme von cdmifden Grund—
ſatz en ließen ifn ald fubfidiire Rechtsquelle erfdeinen, welde neben dem lo⸗
falen Recht angewendet werden und bei ber Bearbeitung ded ftatutarifden Rechts
als Ergdngung dienen fonnte. Gr wurde in Wiirtemberg, Baiern, von sfter-
reichiſchen Stadtrechten, befonders bem brünner und wiener benigt, verbrei-
tete ſich nach der Schweiz, Elſaß, Heffen u. a., ward ind Lateiniſche, Frango-
fife, BSHmifde uͤberſetzt Ceinmal wohl im 14., bas andere Mal gu Ende
bed 15. Jahrh., vielleiht in Mabren, und im 16. Jahrh. gebruct).
| Su den Rechtsbüchern im weiteren Sinne fonnen wir aud die Forme ls
bu&der (dictamen, summa dictaminis ober blos summa) zu praftifdem Ge⸗
braude rednen, welche wieder feit bem 12. Jahrhunderte in lateiniſcher
und deutſcher Sprade beginnen, in grofer Zahl und weit verbreitet, gum Theile
bie erften Anfange theoretifder Darftelung enthalten. Ihre BVerfaffer waren bes
fonderé Geiftliche, weldhe gewoͤhnlich als Notare gum Schreiben der Urfunden
verwendet wurden, daneben aud Notare weltlichen Stanbes und nod {pater
die eigentlichen Rechtsgelehrten. So wie in Btalien die Ruotariatsfunft ein
BGegenftand befonderer Stubien war, fo entftanden aud in Deutſchland feit dem
13. Jahrhunderte eigene Schulen fitr Rotare 2).
Die Formeln betreffen die öffentlichen VBerhaltniffe des Reichs und ber Ge-
meinbden, die Geridtsverfaffung, Handlungen der freiwiligen Gerichtsbarkeit, die
Rechtsverhaͤltniſſe ber Familie, ber Vormundſchaft, des Lehenredts u. ſ. w. Erſt
allmaͤlig gewinnt das römiſche Recht auch in dieſen Quellen Einfluß. Schon
im 14. Jahrhunderte beſitzen die deutſchen Notare einen gewiſſen Grad humani⸗
ſtiſcher Bildung. Die Verfaſſer bedienten ſich zu ihren Werken einzelner Ur⸗
kunden und Urkundenbuͤcher, welche ihnen zur Hand waren, wie Karl IV. Re⸗
— — — — — — — — — —
1) Die Zahl von dermal bekannten 222 Handſchriften (wovon nur 12 in niederdeutſcher Mund⸗
art) des Land⸗ und 178 des Lehenrechtes zeigt eine noch größere Verbreitung als jene des
Sachſenſpiegels.
3) Henricus de Iscrnia, and Italicus ober Siculus genannt, welder etwa 1270 nad Prag
fam und RNotar bei König Otalar wurde, erridtete gu Prag eine Schule fdr Grantmatif
und Rhetoril, au welder er Alle einlud, qui fiere Notarii cupiunt vel causarnam
patroni,
gifttator und brünnuer Stadtidreiber Johann von Geylnhaufen, Berfaffer
einer ſolchen Sammlung (6. S. 461).
Wahrend auf dem Lande bei conftanteren Berhaltniffen dad Recht fich im
Yaufe der Zeit durch Sitte und Herfommen jeitgemag umbildete, ging bie Ent-
widlung in Gtadten bei bem Entftehen gang neuer BVerhaliniffe in Furger Feit
viel ſchneller vor fich; bier bedurfte ed der Aufzeichnung, um Ret und Lerfaffung
feftguftellen. Go erchielt fede Stadt ihe befonderes Ret und e@ gad
fat gar feine gefdriebenen Normen, welche gleidmafig fir alle Städte bes gan-
agen Reichs oder aud) nur eingelner groferer ober fieinerer Bezirke zur Anwen⸗
tung gefommen waren. Das Privilegium war ed, welded dad Recht der
eingelnen Stadt zuerſt regelte.
Gine Stadt, welde ald folde anerfannt war und iby Ret erhalten hatte,
hieß Weichbild; iby Recht gleidfalls Weichbildrecht ').
Alle Urfunden und Privilegien, welche zur Feltftellung dex Verhaltniffe ver
ganjen Stadt ober eingelner Theile von einer hoheren Gewalt audgingen, nannte
man Handfeften.
Als bie Stadte im aufe der Zeit an Gewalt den Stadtherren gegeniiber
gewonnen, die Befepung der Aemter gum Theile durch Rauf erworben Hatten
und der Rath die Gerechtfame der Kommune in feiner Hand vereinigte, traf aud
dieſer, ſei es unter Zuziehung der Gemeinde oder ohne dieſelbe, Beſtimmungen,
um die Perhaltniffe ber Stadt gu regeln: fie hießen Kören, Buerfdren,
Willf3ren, Einungen, Sfraa, recht, statuta, plebiscita, con-
juratio u. f. w.: burd bie Autonomie gab fih bie Kommune unter Bers
mittlung ded Rathé ihre eigenen Gefege. Aber es verftand fic dad Recht der
Autonomie nod nicht für jede Stadt von felbft, und es fonnte dadfelbe nicht
unbeſchraͤnkt, ohne Radfidt auf ben Inhalt bed Gebotd und die Hohe ber Strafe,
ausgeübt werden. Urſprünglich erlangte die Gemeinde die Befugnif, fic felbft
ibe Rect yu fegen, bas Recht ber Kur, nur durch ein befondered faiferlides
ober fandedherrlides Privilegium. Aber auch Städte, welche nidt bas Rect
ju autonomifden Beliebungen erhalten Hatten, übten e6 dod aus und erricdteten
Statuten, welche vielfadh angefodten wurden und Grund gu Zrwiftigfeiten gaben.
Während in den meiften Gtadten der Rath die Autonomie ohne bhefondere Gin:
ſchränkung im Intereſſe der Kommune ausüben durfte, war er in anderen Stars
ten anf fleinere unbedeutendere Gaden eingefdrantt.
Die Willkühren des Raths bezogen fic befonders auf dad Gebiet der
Polizei im weiteren Ginne, auf die Marftangelegenheiten, ben Verkauf von
Lebensmittein, Maß und Gewicht, die Zulaffung von Fremden sum Markte, auf
1) Das Wort kommt feit bem 12. Jahrh. befonders in Norddentſchland vor; im nicht⸗ſächfi⸗
ſchen Quellen entipridt thm burgbann, Stabdtfriede. Unter allen Erklärungen ſcheint
die ridtigfte gu fein von Wid, Dorf, Stadt, und bilden oder bolen d. h. abzirkeln,
alſo ein bezirktes Dorf, eine abgeſchloſſene Gemeinde,
493
bie Snnungen und den Betrieb ber Handwerke, Straffenreinigung und Hanfer-
bau, Erwerb bed Biirgerrechts, Gemeindegiter, Viehweide, den Schoß, bas Spiel,
Grevel u. f. w.
Die von der Gemeinde aufgefteliten Willkühren, au deren fefterer Geltung
man nod bidweilen bie befondere Beftitigung des Konigd nachſuchte, pflegte
man gu den QHanbdfeften und gu den ‘Privilegien, welche bie Etabt von ihren
Hereen bereits beſaß, Hinguzufdreiben und mit den übrigen in (hr geltenden
Rehtsquellen in einem Buche, bem fogenannten Stadtbuche yu vereinigen.
In diefe Stadtbücher trug man aud die vor bem Rathe gefdloffenen oder voll-
zogenen Sertrage, Teftamente, Suhnen, Erbtheilungen, Vergichte, uberhaupt Hand-
lungen freiwifliger Geridtébarfeit, Wahlen, die Cinkinfte ber Stadt, Schoͤffen⸗
briefe andiwdrtiger Collegien u. ſ. w. ein; fie heißen im Mittelalter Ordeel:
bücher ofer aud nad dem Einbande rothes, ſchwarzes Buch u. ſ. w.
Außer durch bie Statuten pflegte bad Recht auc) durch bie Urtheile
bes Stabtgeridtes weiter fortgebildet gu werten. Da Privifegien und
Statuten nist ausreichen fonnten, um alle vorfommenden Fille zu entfdciden,
und ba bas Recht fener Zeit überhaupt nur gum geringften Theile aufge(drie-
ben war, fallten die Shoffen beim Mangel gefehriebener Rechtsnormen bad Ur⸗
thell nad ihrer Rechtsuüberzeugung. Sie erflirten dadjenige fiir Rect, was
ihnen, denen die Rechtsanwendung vorzüglich anvertraut war, alé recht und gut
erfdien, was ifnen von ihren Batern her ald Rect uͤberliefert war oder ihren
aligemeinen Anfichten vom Recht entfprach. So enthielten bie Urtheile nicht
blos Entſcheldungen ded einzelnen Falls, fondern gugleid einen allgemein gil-
tigen Retefag (daher hiefen Ordele aud Rechtsbeſtimmungen überhaupt),
und wie die Raifer geboten, daß die Urtheile bes Falferliden Hofgerichtes bel
fpdteren gleichen Fallen als Norm dienen follten, fo legten auch bie Stadte einen
befonderen Werth auf die Urtheile, fammelten fie und ſchrieben fie als Zuſaͤtze
gu den Statuten. Dazu famen dann nod die Urtheile, welche die Schöffen der
Stadt in zweifelhaften Fallen von ihrem Oberhofe eingeholt Hatten, und die
Weiéthamer, welche fie al6 Rechtsbelehrungen von ihrer Mutterfladt empfingen.
So haufte ſich in den Stddten ein größerer Rechtsſtoff, mit deffen Samm:
lung fic) beſonders bie Stadtichreiber befchaftigten '); es ftanden tm Stadtbuche
jufammen PBrivifegien, Statuten, einjelne Urtheile, Weisthümer, Rechtsbelehrun
gem von anteren Stitten und ſolche, welde bie Stadt jelbft an andere gefchidt
hatte u. f. w. Es lag min die Aufgabe nahe, dieſelben fn cinheitlider
Rebaltion zu verarbeiten und dabei auch oad ungeſchriebene Ge-
wohnheitsrecht gu beriidfidtigen. Geit der Mitte bed 13. Jahrhundertes wur—⸗
ben daher Nommiffionen in den Städten Nord- und Südͤdeutſchlands nieder-
1) So fammelte ber Stabtidreiber oon Golan 1360 die Privilegien der Stadt, ihre Weiss
thiimer und Shbffenurtheile fix bie Tochterſtädte.
494.
gefegt, um das gefammte Bffentlide und Privatredt naw den vor⸗
handenen Materialien in einem Gtadtredte gufammenzuftellen.:
Um, wo es an befonbderen ſtädtiſchen Rechtsſaͤtzen feblte, die Liden durd
eine allgemein anerfannte Norm auszufuͤllen, benützte man bei der Redaktion
ber Stadtrechte bie Rechtsbücher, ober hing dem Stadtrechte in der Hand:
ſchrift ein Rechtsbuch als fubfidlare Quelle an. Ferner beniigte man aud baé
Stabtredht anberer Staibte, mit weldhen eine Rechtsgemeinſchaft Ratt
fand 1).
Spaͤtere Statuten, welche Sage bed geſchriebenen Stadtrechts abaͤnderten,
oder neue Beſtimmungen enthielten, wurden in dasſelbe Buch an leeren Stellen
eingetragen und bei den wiederholten Redaktionen und Revifionen berücfichtigt.
Auch wurden fiir einzelne Partien privatrechtlidhen, ftrafredtlichen und potitifden
Inhalts befondere Gefege erlaffen, welche neben bem Stadtrecdte in Sel:
tung waren.
Berner gab es aud ftadtifde Rechtsquellen, welche nicht von ber ganjen
Stadt und fiir diefelbe gegeben waren, fondern nur cinjelnen Qorporationen
angehorten; fo gibt e6 febr viele Ordnungen einzelner Zünfte (erfte
ausfihrlidbe in Schleſien jene fix die Wollweber in Reithenbad von 1356),
welche in friiberer Seit von der Kommune (Dem Rath) gegeben oder bepatigt
wurden, ſpaͤter einfeitig von den Zünften in ihren Verfammlungen, ben fogenans-
tn Morgenfpradmen, bisweilen nod unter Ronfurreng bed Nathé ober
der Stadtherren aufgeftellt wurden.
3u den widtigften und bedeutendften der grofen Zahl von deutſchen Stabt-
redien geboren jene von Uugéburg, Strafburg, Goin, Freiburg im
Breiégau, Soeft, Libed, Hamburg, Bremen, Magdeburg, Goes:
(lar, Minden, Frevfing, Bamberg, Prag, Wien, Brinn
Sglau u. a. Von befonderer Bedeutung fiir und find die lepteren und bad
magdeburger Recht.
Diefes (deffen Altefte Urfunde vom Jahre 1188 ift) gewann unter allen
bie groͤßte Verbreitung in Deutidland, fam in Mittheilungen {don gu Anfang
des 13. Jahrhundertes nah Schleſien, vollftandiger 1235 nach Reumarft,
1261 und 1295 nad Breslau, 1304 nah Gorlig u. ſ. w.
Ta in ſlaviſchen SGegenden fish viele Deutſche, beſonders Riederſach⸗
fen und Flamländer niederliefen, entwidelten fi unter dem Einfluße
beé flandrifden Rechtes (S. S. 252 ff.) in ben durch die neue Colonifa:
tion aufbluͤhenden Stadten deutſche Stadtrechte, welde fir die Erkenntniß ded
1) Reben den eigentlichen Stadtredten gab es in manden norddeutſchen Stadten, 3. B. Bre:
men, Hamburg, Lübeck u.a., fogenannte Banerfpraden (von Bur, Burger, und ſprache,
Verfammiung bebdentet fowohl die VBilrgerverfammiung, als aud) basjenige, was in ihr ver-
einbart wurde), welche diejenigen polizeilichen Vorſchriften enthielten, nad welchen fid jeder
Büuͤrger gu ridten hatte, und welde jährlich zur Nachachtung verlündet wurden.
495
deuiſchen Rechts von eben fo groper Bedeutung find, ald die bem Rorben oder
bem miitleren Deutſchland angehorenden. Unter den böhmiſchen Stadtrechten
ift befonderd bas von Prag auszuzeichnen. Konig Wratislaw I. (1061 —
1092) gab den deutſchen Goloniften gu Prag bad Privilegium, ferner nad deut-
ſchem Rechte leben gu dirfen. Die fpateren Konige erliefen darauf eine Reihe
von Privilegien (Biſchof, sfterr. Stadtrechte S. 125 ff.
Das reichhaltige Stadtredt, welded ſich alé von Otafar I. im J. 1269
gegeben bezeichnet, ift wahrſcheinlich fpateren Urfprungs (nad Tomaſchek ©. 97
aus bem Gnde bed 13. oder der 1. Haljle ted 14. Jahr, nah Tome I. 301 —
303 nicht prager, fondern brunner Recht), wahrſcheinlich cine Privatarbeit
und befteht in einer Zuſammenſtellung von Satzen bed prager, brünner und
anberer Ofterr. Stadtrechte mit Sagen bed Sachſenſpiegels.
Gin andered prager Stadtrecdht enthalt Statuten ded Raths und der Buͤr⸗
gerfcaft Cawifden 1314 — 1418). Außer Ddiefer Sammlung von Statuten,
wohl gum dmtliden Gebraude bed Raths, gab e6 in Prag aud nod eine von
Rofler (das Witprager Stadtredt aus dem 14. Jahrhunderte, Prag 1845) ald
Rechtsbuch bezeichnete Quelle, mit befonders privatlidden und proceſſualiſchen
Regeln, welde gum Theile aus den Statuten geſchoͤpſt find und vielfadh mit
bem ſaͤchſiſchen, iglauer und brünner Stadtrecht übereinſtimmen.
Wien erhielt von den oͤſterr. Herzogen ſeit bem Anfange bes 18. Jahr⸗
hundertes cine Reihe von Privilegien, unter welchen dads Stadtredt Leopodl's
vom Jahre 1221 beſonders hervorzuheben iſt, weil es mit vielen anderen öſterr.
Stabtrechten tibereinfimmt und beſonders aus bem von Enns vom Jahre 1212
geſchoͤpft iſt. Dieſes Privilegium wurde vom Herjog Friedrich) II. 1244 und
vom Raifer Rudolph 1278 mit einigen Griveiterungen und Abanderungen von
Neuem beftatigt und 1340 vom Hergoge Albrecht IL in einer deutſchen Redaktion
mit manden 3ufagen und Aenderungen bearbeitet.
Fir die Geſchichte des Privatrecdhts ift bad Stadtrecht von 1435 (wahr⸗
ſcheinlich (chon fruͤher entftanden) am bedeutfamften; viele Artifel find aus bem
Sdwabenfpiegel genommen.
Bon allen Stadtredten Sfüddeutſchlando (fagt Stobbe, Gefchidte der deut-
fen Rechtsquellen, S. 525) ift das von Briinn dad intereffantefte, weil wir
feine allmalige Ausbildung und den fic immer weiter verbreitenden Ginflug ded
roͤmiſchen Rechts auf dad Genauefte verfolgen fonnen. Es gibt fein Stabtrecht,
in weldem in fo fruͤher Beit dad roͤmiſche neben dem deutiden Recht gu einer
fo audgebdefnten Geltung gelangte und in einer fo verftandigen Weife mit dem
deutſchen Recht verarbeitet wurde.
Das Altefte Rechtsdenkmal, weldhes wir von Brinn befigen, lft das latei⸗
niſche Stadtreht Koͤnig Wenzel's J. vom Jahre 1243, Jura originalia genannt,
in 35 Artifeln, welde groftentheils bas Strafrecht, daneben aud den Prozeß,
baé Givilrecht und die Berfaffung Setreffen (bei Roͤßler S. 341 ff.). Es be:
ſteht wahrſcheinlich aus einer Slofen Sujammenftellung bderjenigen Privilegien
406 :
und Rechtoſaäͤtze, welche im Laufe ber Zeit in Brinn zur Geltung gekommen
waren. Der Inhalt fimmt in vielen Begiehungen mit den Rechtsſaͤtzen anderer
oͤſterreichiſcher und mabrifder Städte aberein, wie Enns, Wien, Reuftadt, Iglau
u. f. w. (Bol. Ropler S. XXXV. CXIII.), befonbders aber mit den Beftimmun:
gen ded wiener Rechts (Bol. Roßler S. CXVI). Die Jura originalia wurden
fobann mit eingelnen Abdnderungen in bas Deutſche übertragen (Vol. Rößler
S. XL., gedrudt S. 341 ff.); eine aweite deutſche Bearbdeitung aud dem An-
fange des 14. Jahrh. Hat bereits mande neue Sage (bei Roͤßler S. 356 ff.)
welde gum Theil aus Schoͤffenſatzungen cutftanden fein mogen, gum Theif mit
bem iglauer Recht wortlid) übereinſtimmen und die urfpriingtidben Gage bes
briinner Rechts abandern (Bgl. Roͤßler S. CXVII. und Tomaſchek deutſches Recht
in Oeſterreich S. 95). Spaͤter erhielt die Stadt von den Koͤnigen noch eine
große Zahl weiterer Privilegien (bei Roͤßler S. 367 ff. 375 ff.; eine Ueberſicht
uͤber dieſelben bei Biſchoff S. 16 ff.). Zu ihnen fam noch ein reichliches Ma-
terial durch autonomiſche Beſtimmungen (eine Reihe derſelben bei Roßler S.
387 ff.) und durch Rechtsſpruͤche hinzu, welche von Brinn aus nad verſchiedenen
Stadten und Orten gang Mahrend und der benachbarten Lander ergingen *).
Die Schoͤffen faͤllten ihre Entſcheidungen nad lorem Rechtbewußtſein und nad
ben Jura originalia, unter theilweifer Benigung aud) anderer deutſcher Rechts⸗
quellen ober der roͤmiſchen Rechtsbucher (Bgl. Roͤßler S. CXVIL).
In ber Mitte bed 14. Jahrhunderts verarbeitete ein Stadtſchreiber von
Brinn, Sohannes, wir wiffen nidt ob aus eigenem Antriebe oder im Muf-
trage Der Stadt, died grofe Material uͤberſichtlich zu einem lateiniſchen Redte-
buch, welded wir bad Brünner SHIffenbucd zu nennen pflegen 2).
Rad bem Mufter der damals in grofem Anfehen ftehHenden Summen über
baé frembe Recht vertheilte ec ten ganzen Stoff unter gewiffe Nubrifen, welde
ex in alphabetiſcher Ordnung auf einander folgen ließ, de actionibus, de ac-
— —
1) Gin Berzeichniß der Orte, welche Brünn gum Oberhofe hatten, gibt RNößler S. CXVM.
Nr. 1. — a, 1350 verbot König Johann einer Reibe von Städten ifr Recht auderswoher
gu holen, als von Brünn: in civitata nostra Brunensi, in qua copia sapienium existil,
et quam inter ceteras civitates terrae nostrae, cum sine ipsa ipsae aliae essent quasi
acephalae, internae dilectionis affectu prosequimur; die Urkunde ſteht bei Gengler
S. 54 f.
2) Sdhen gu Ende bes 15. Jahrhunderts wurde baffelbe gu Brünn getrudt, ool. Rößler
S. XLVI, doc ift bie Ausgabe jetzt febr felten; nad BVergleidhung mehrerer Handſchriften
wurde es neu beransgegeben von Rößler S. 1 — 838. Derfelbe Stadtidreiber Johan⸗
nes verlegte aud im 3. 1345 bas bis 1360 reichende ditefte Losuagarinm ber Stadt, fo
wie aud bas dltefte Stadt- resp. Grundbud, vom J. 1344 anfangenb und bis zum
Jahre 1376 reidend. Uebrigens vermebrte ber briluner Stadticdhreiber Wenceslaus de
Igiavia in einem zweiten, gleidfallé mit fddnen Miniaturen verfehenen, 1446 vollendeten
Pergament-Cobexr bas Schöffenbuch des Stadiſchreibers Yobamn in ber Matlerie bom Erb⸗
rechte (Meine Liter. Geſch. S. 487).
267
cusationibus, de advocatis, de aquis u. f. w. Gr benuͤtte bei feiner Arbeit
nidt blos das auf Privilegien und Statuten berubende Recht ber Stadt und
die Urtheiléfpriide bed Geridhts, fondern verband damit zugleich dogmatiſche
Ausfuͤhrungen, weldhe die Rubrifen einleiten, oder bie Schoͤffenſpruͤche unter
einander verbinden. Hie und ba werden die ſächſiſchen Rechtsbuüͤcher, bidweilen
aud ber Schwabenſpiegel benigt; eingelne Schoͤffenſpruͤche citiren Stellen aus
bem romifden Recht, ober legen fie der Entſcheidung yu Grunde (Rofler S.
CXVIII — CXX.). Die doftrindren Ausführungen, weldhe Johannes aus feinem
eigenen Studium hingufigte, um bem Werf ben Gharafter eines Lehrbuched ar
verleiben, find weſentlich romaniftifd-canonifchen Urfprunges und aud angefehenen
Handbudern ber fremben Rechte, befonders wohl aus canonifden Summen ge-
ſchoͤpft (Rößler S. CXX. CXXI.). — Der Ynhalt begreift das gefammte Recht,
beſonders den Prozeß und bad Privatredt, von weldhem bas Bertragéredt mit
grofier Ausfuͤhrlichkeit behanbdelt ift.
Das Schoͤffenbuch wurde nicht bloß in Brinn nod bis in das 18. Faber:
hundert angewendet (Rößler Vorwort S. XIV.), fondern aud den mit brinner
Recht bewibmeten Stadten mitgetheilt, und war weithin in gang Bohmen und
Madhren verbreitet.
Rad dieſem Schoffenbuce hielten fi gu Brinn, als Oberhof, die
daſelbſt genannten Geridtéorte Altbruͤnn, Aufpig, Aufterlig (Nauffeclics, Nauffedlig),
Barfuß, Biſenz (Bzenecz), Biteſch (Heinridhs), Borfowan, Boffowig, Ungariſch⸗
Brod, Budiſchau, Butſchowitz, Budwitz (ſtatt ber erſteren zwei wohl dieſes unter
Pudespicz gemeint), Czernowitz (Sdirnowig), Dürnholz (Drohatig, Draholecz),
Eibenſchitz (Eywanczicz, Aybanczicz, Aybenczicz), Gaya (Geyow), Gerſpitz, Ge⸗
witſch, Gurdau, Gurein, Hoſtiehradek, Hradiſch (Reb, Rediſch), Hulein, Jechnitzz,
Jedowniztz, Kamenitz, Kanitz, Klobauk, Künitz, (Cuenitz, Cnechnicz), Koſtel (Podiwin),
Kremſier (Chrems), Kromau (Crupnaw), Lautſchitz, (Lauczans, Lauczano, Blut⸗
ſchina), Lettowitz, Mikultſchitz, Moͤdritz, Moͤnitz (Meneis), Nennowitz, Niemiſchitz,
Nikoloburg, Pralitz, Proßnitz (Proſtans), Prießnitz, Vohrlitz (Pohotelig), Rauß⸗
nip (Ruffano, Rauſencz, Rauſans), Saar (Zahars, Sahars), Scharatitz, Schi⸗
mig (Schibnitz), Seelowitz, Skalitz (Galic, in Ungarn), Stikowitz, Straczek,
Strutz, Strjelig, Sttiteſch, Tiſchnowitz, Trebitſch (Dreswicz), Urhau, Weißkir—
chen (alba ecclesia), Weſſely, Wiſchau, Znaim u. ſ. w. Einige Orte kom⸗
men ſehr oft vor, als Hradiſch 24, Kremſier 39mal u. ſ. w. (Ueber die aͤlte—
ſten Municipalrechte der k. Stadt Brünn und deſſen Bezirks, nad einem Co—
ber bed 14. Jahrh., von Monſe, Olmig 1788, S. 11; Roͤßler S. CXVIII).
Markgraf Johann, unter welchem dad goldene Zeitalter Maͤhrens bluͤhte,
gebot 1350 ben Bewohnern ſeiner Staͤdte Moͤnitz, Auoſpitz, Pohrlitz, Eibenſchitz,
fo tole anderer Stäbdte und Doͤrfer, welche bidher ihr Recht in ber Stadt Moe
nip gefolt, died finftig bel bem brünner Schoͤffenſtuhle gu thun, da es dort eine
Menge Weiler gabe und ohne bie Stadt Brinn fein Land wie ohne Haupt
32
‘490
Diſtinktionen, Richtſteig (Lehrbuch bed Prozeſſes) Landrechts und Leben:
rechts). Gine grofe Anjahl von ftatutarifden Redten entnahmen ihm
nicht los eingeIne Sage, fondern auch grofere Partien.
So verbreitete ſich ber Gachfenfpicgel fiber den ganzen dbeutfden Rorden
von Holland bis ievland; er galt in Holftein, Medlenburg, Pommern, Preuſ⸗
fen, Lievland, den Hanſeſtädten, Weſtphalen, Meiffen und Thiringen, Sale
fien und ber Qaufig, Brandenburg, Bshmen, Mahren, Ungarn, Batern w. ſ. w.
Rok am Ende bed Mittelalterd fprach man auf bem Reichstage 1498 die Ueber:
jetigung aus, daß ber britte Theil Deutſchlands naw dem Gadfen:
fpiegel lebe. So fonnte fich die Anficht almalig bilden, daß er gemeines
Ret fei"). |
Von den abgeleiteten Rechten ift fir uns befonderd merkwürdig bas fads
fifhe Weichbild. Das Recht der Stadt Magdeburg hat ben groften
Einfluß auf bie Rehtsentwidlung anderer Staͤdte gehabt. Da von Hieraué be:
reité im 13, Jahrh. Rechisbelehrungen nach Halle und nad verſchiedenen Stadten
Schleſiens ergingen, mufte fidh bald bad Bediirfnif Herausftellen, das gel-
tende Recht aufzuzeichnen und ben vorhandenen Stoff nad ben Materialien gu
verarbeiten. Verſchiedene Manner unternahmen folde Arbeiten und (dloffen id
babel an ben Sachſenſpiegel, welder fehr friih in Magdeburg galt, und an die
nad Breslau ertheilten Shoffenweisthiimer an. Diefe Arbeiten weichen von
einander vielfacd ab. Erſt allmalig entwidelte ſich diejenige Form des Stadt:
rechtébudes, welches gewoͤhnlich ſaͤchſiſches Weichbild heift und, mit einer Gloffe
verfehen, eine ſehr große Verbreitung fand. Es ftellt bie Grundſaͤtze ded fad-
ſiſchen Rechtes fiir bie Stadte im Gegenfag gegen das Lanbrecht bar. Es ents
ftand aué der Verbindung einer Sammlung bed magdeburger Schöffenrechtes
und einer Ddoctrinellen Arbeit. Beide Theile gehdren verſchiedenen Berfafjern
an unb wurden erft im Anfange des 14. Jahrhundertes mit einander verbunden.
Wahrideinlich im 14. Jahrhunderte enftand eine Gloffe aber dem Weichbild,
welde bas romifde Ret ftarf benuͤtzt und die urſprünglichen Verhältniſſe
an vielen Stellen migverfteht.
Jn Per gweiten Halfte ded 14. Jahrhundertes bearbeitete ein unbefannter
Verfaffer die Grundfige des ſaͤchſiſchen Rechteds, weldes in den Stadten (Mag.
beburg, Leipzig, Halle u. a.) gur Anwendung famen, in der Mbficht, alle Unters
ſchiede zwiſchen Landrecht, Weichbildrecht und Kaiſerrecht zu lehren, alfo Weid-
bildrecht unter beſonderer Vergleichung mit dem Landrechte darzuſtellen. Fruͤher
unter dem Titel ſchleſiſches Landrecht citirt und benützt, wird es nun
bad Rechtsbuch nach Diſtinctionen, minder paſſend vermehrter
— — — — —
1) Für bie große Berbreitung ſprechen auch, außer den vielen Druckanflagen, bie noch vor⸗
handenen vielen Handſchriften, von welchen Homeyer 188 bed Landrechtes (86 in nieder⸗
deutſcher, 68 in mitteldeutſcher und 4 in oberdentider Sprache) und 103 hes Lehenvechtes
(44 nieder⸗ 57 mittelbentid) keunt.
491
Sadfenfptegel genannt. Ee gehdrt yu den ausführlichſten und intereffan:
teften Rechtsbüchern, behandelt tief eingehend bad gefammte Rechtéſyſtem mit
Ausnahme bes Lehenrehtes, genoß großes Anſehen, galt in allen Stadten, welde
magdeburger Recht befaffen, aud in manden Stioten Schleſiens, wurde
aud iné Boͤhmiſche uͤberſetzt.
So wie ber Sadfenfpiegel fic) vorwiegend im Norden Deutſchlands ver-
breitete, wurde Der SGwabenfpiegel befonders in Süddeutſchland
feit dem 13. Sahrhunterte mit groper Bereitwilligfeit in ber Prarié angewentet ').
Sein Anfehen al6 Naiferredt, die Aufnahme von rdmifdhen Grund—
ſätzeen liefen thn als ſubſidiäre Rechtsquelle erfdeinen, welche neben dem lo⸗
falen Recht angewenbdet werden und bei ber Bearbeitung bes ſtatutariſchen Rechts
alé Grganjung dienen fonnte. Gr wurde in Wiirtemberg, Baiern, von Sfter-
reichiſchen Stadtrechten, befonders bem brünner und wiener bentgt, verbrei-
tete fi nad ber Schweiz, Elſaß, Heffen u. a., ward ind Lateinifde, Franzoͤ⸗
fife, BSHmifche uͤberſetzt Ceinmal wohl im 14., bad anbere Mal au Ende
bed 15. Jahrh., vielleicht in Mahren, und im 16. Jahrh. gebruct).
Zu den Rechtsbüchern im weiteren Sinne fonnen wir aud die Forme ls
bidder (dictamen, summa dictaminis ober blo6 summa) zu praktiſchem Ge⸗
braude rednen, welde wieder feit bem 12. Jahrhunderte in lateinifder
und deutſcher Sprache beginnen, in grofer Zahl und weit verbreitet, gum Theile
bie erften Anfange theoretifher Darftelung enthalten. Ihre Verfaffer waren bes
fonderd Geifilide, welche gewoͤhnlich als Notare yum Sehreiben der Urfunbden
verwendet wurden, baneben aud MNotare weltlidden Standed und nod fpater
bie eigentlichen Rechtsgelehrten. So wie in Jtalien die Rotariatsfunft ein
Gegenftand befonderer Studien war, fo entftanden aud in Deutſchland feit dem
13. Jahrhunderte eigene Schulen fiir Notare 2).
Die Formeln betreffen die öffentlichen VerhaAltniffe bed Reichs und der Ge-
meinden, die Geridtdverfaffung, Handlungen ber freiwilligen Geridtdbarfeit, die
Rechisverhaltniffe ber Familie, ber Vormundſchaft, bes Lehenrechts u. ſ. w. Erft
almalig gewinnt bad römiſche Ret auch in diefen Quellen Einfluß. Schon
im 14. Jahrhunderte befigen die deutſchen Notare einen gewiffen Grab humani⸗
ſtiſcher Bildung. Die Verfaffer bedienten ſich gu ihren Werken eingelner Ure
funden und Urkundenbuͤcher, welde ignen zur Hand waren, wie Karl IV. Re-
) Die Zabl von dermal bekannten 222 Handſchriften (wovon nur 12 in niederdeutſcher Mund-
art) des Land⸗ unb 178 bes Lehenredtes jeigt eine noc) größere Verbreitung als jene bes
Sadfenfpiegels.
%) Henrices de Iscrnia, aud Italicus ober Siculus genaunt, welder etwa 1270 nad Prag
fam unb Rotar bei Rinig Otalar wurde, erridtete gu Prag eine Sule fir Grammatil
unb Rhetorif, gu welder er Alle cinlub, qui fiere Notarii cupiunt vel causaram
patroni.,
490
uses weasel
Piftinktionen, Richtſteig (Lehrbuch bes Progey Ee
rechts) Eine große Anzahl von ſtatutariſ chen —
nicht blos einzelne Gage, ſondern auch größere Parties = = sus
So verbreitete fid) ber Gachfenfpicgel fiber den ae
von Holland bié Lievland; er galt in Holftein, Medler:
fen, Lievland, den Hanfeftadten, Weltphalen, Meiſſen u. — —
fien und der Laufig, Brandenburg, Böhmen, Mähren, —_—
Nod am Ende bes Mittelalters fprad man auf dem Reich ——⏑
zeugung aud, daß ber dritte Theil Deutſchlanden ae a
friegel lebe. So fonnte fich die Anſicht almalig bilder eee.
Recht fei"). | se
Von ben abgeleiteten Rechten ift fur uns befonderd ni =
fifhe Weichbild. Has Recht der Stadt Magdebu 2a. =
Einfluß auf bie Rehtsentwidlung anterer Stddte gehabt. —
reits tm 13. Jahrh. Rechtsbelehrungen nad Halle und nach v =e
Schleſiens ergingen, mufte fic bald bad Bedürfniß her. a
tende Recht aufzuzeichnen und den vorhandenen Etoff nad —
verarbeiten. Verſchiedene Manner unternahmen ſolche Arbeit: = =
Dabei an ben Gacfenfpiegel, welder febr friih in Magdebur, _ a
nah Breslau ertheilten Shoffenweisthimer an. Diefe Wh J ——
einander vielfach ab. Erſt allmalig entwickelte ſich diejenige 7
rechtsbuches, welches gewoͤhnlich ſaͤhſiſches Weichbild heist un:
verſehen, eine ſehr große Verbreitung fand. Es ſtellt die G > ie
fifchen Rechted für die Stabdte im Gegenfag gegen das andr: “= «
ftand aus ber Verbindung einer Gammlung bes magbdebur ~ Fe
und einer Doctrinellen Arbeit. Beibe Theile gehiren verſch e - «a
an und wurden erft im UAnfange bed 14. Jahrhundertes mit c: .
Wahrſcheinlich im 14. Jahrhunderte enftand cine Gloſſe ti oe
welde bad romifde Rede ftarf benigt und die urſprün« , avd
an vielen Stellen mißverſteht. nel
In der zweiten Halfte bed 14. Jahrhundertes bearbeite _—
Verfaffer bie Grundſaͤtze bes ſaächſiſchen Rechtes, weldes in t _
beburg, Leipsig, Halle u. a.) gur Anwendung famen, in der * —— —
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unter dem Titel ſchleſiſches Landrecht citirt und ber i——
bad Rechtsbuch nad Diftincttonen, minder paffe: ~
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1) Für die große Verbreitung ſprechen auch, außer den vielen Druckau
handenen vielen Haudſchriften, von welchen Homeyer 188 des Lanh
deutſcher, 68 in mitteldeutſcher und 4 in oberdeutſcher Sprache) und —
(44 nieder⸗ 57 mitteldeutſch) lennt. a
501
ſcheidung von Sglau herholen ju wollen, 3. B. eine oder die andere dem Land-
redte unterlagen und ſich freiwillig der ſtaͤdtiſchen Gerichtobarkeit unterwarfen.
Dad Abhaͤngigkeits⸗Verhaͤltniß der Staͤdte von Iglau wird von diefen felbft
mit bem der Soͤhne gu ihrem Bater, Muͤndel gu ihrem Vormund, der Glieder
gu ihrem Haupte vergliden.
Die Bedingungen, unter denen fodbann vom iglauer Schdffenhofe die enb-
giltige Entſcheidung (sententia deffinitiva) eintrat und an beren genaue Ginhal-
tung die um Ddiefelbe fic bewerbenden Schoffenhofe gu wiederholten Malen ge-
wiefen werben, find folgende: Holten die Schoͤffen felbft Belehrung ein, fo muß⸗
ten fie es auf ihren Eid nehmen, daß fie dad Urtheil nicht felbft finden. fonnten.
Beriefen ſich die Parteien, fo mufte der ganze BVerlauf der Berhandlung mit
Riage, Antwort u. ſ. w. genau fdriftlidh aufgenommen, der ganze Akt mit oem
Siegel dex Stadt verfdloffen, nicht durch einen ſchlechten Boten, fondern durch
zwei geſchworne Schoͤffen (Cidgenoffen) perſoͤnlich überbracht werden, die den
Fall aud mindlid auffliren mußten. Die Entſcheidung ſollte endlich „mit
ſchlechter Meinung und kurzen Worten“ und nicht willkürlich, ,aud eigenen Haup⸗
ten”, ſondern „nach Maßgab ihres Stadtrechtes ober ihrer Vernunft“ erfolgen.
Die Sanktion, durch welche bas Anſehen der von Iglau erfloſſenen Ent⸗
ſcheidung gewahrt wurde, war eine Geldbuße von 50 Mark reinen Golbes von
Seite der Partei, vie ſich gegen bad Urtheil auflehnte, wovon die eine Halfte
der koͤniglichen Kammer, die andere den iglauer Schoͤffen zufiel. Dieſelbe gruͤn⸗
dete ſich auf ein Privilegium Karl VI. Datum Pragso a 1357. VI Cal. Junii.
So wurbe aud eine eigenmadtige Begebung der Parteien aus vem
Stadtredte in dad Lands oder Provingialredt. mit zehn Marfen Silber fir jede
Partei geftraft.
Bezog fic der Ginflug bed ighauer Oberhofes in privatredtlider Begie-
bung blos auf bdiejenigen Ortfdaften, die ausdrücklich mit iglauer Rechte be-
widmet und in ibrem 3ugredte an Jglau gewiefen waren, jo war derfelbe in
montaniſtiſcher Legiehung fon ipsa lege ber hoͤchſte Gerichtshof fur das Koͤ⸗
nigreich Boͤhmen und tad Markgrafthum Maͤhren. Von der Mitte des 13.
Jahrhundertes hid gum 30fährigen Kriege betracdtete ſich Jglau in montanifti-
ſcher Bejiehung als „das hochste recht yn dysem kuniglichen regimentt“ und
die zahlreichen Berufungen und Anfragen aus allen Theilen Bohmens und
Mahrend beweifen, daß dec ighauer Berggerihtshof aud ald ſolched angefehen
wurde. Der Ruf, der von da erfloffenen Ent(deibungen, die nad Dobner's
Musdrud wie bie Ausſpruͤche bed delphifden Orakels verehrt wurden, verbdreitete
fi bald tber bie Marfen dieſer Lander. Und fo fam es, daß, obwohl die
Iglauer fich flir nicht verpflidtet erflarten, Anfragen und Berufungen augerhalb
Bohmens und Maͤhrens gu erledigen, bald auch von ven berühmteſten Berg.
ftidten Sachſens, Schlefiend und Ungarnd und anbderer Lander Bitten um Bes
fefrungen und Entidheibungen einliefen, denen fie mit ausdruͤcklicher Berufung
auf ihren guten Willen, wenn fonft die oben angegebene gefeplide Form ge-
502
wahrt wurde, aud willfabrten. Jglau ift Demnad anerfannterweife nidt nur
bie Wiege der deutſchen Berggefeggebung, fondern aud) durch beinahe vier Jahr⸗
funbderte ber Mittelpuntt ded deutſchrechtlichen Berglebens (S. aud Tomaſchek,
deutſches Recht in Oefterreih im 13. Jahrhundert. Auf Grundlage ded Start.
rected von Iglau, Wien 1859; Biſchof, ofterr. Standtredte, S. 43— 45).
Waͤhrend Brinn und Iglau bereits im der erften Halfte des 13. Jahr⸗
bunbderteé ecigene ausfibriide Stadtrechte erhalten Hatten, feblte es ber nicht
minder bedeutenden Stadt Olmitg an einem folden. Marfgraf Wladielaw
(1197—1222), Bruber des Kinigé Otafar J. bewilligte zwar derfelben den Ges
braud) des magbeburger Rehtes (G. dasfelbe bei Tſchoppe und Stengel,
bas deutſche Recht in Sahlefien, Hamburg 18382), wahrend für die umliegenden
Dorfbewohner ein, fon vom Herjoge Wladimir (14185—1201) in Olmiig fta-
tuirtes, wahrſcheinlich flavifdes Recht neben jenem beftand (Borel Ul. 213, Bt
fof S. 44). Wir fennen aber weber die Zeit ber Bewidmung, now den In⸗
halt bes bewilligten Rechtes. Wahrſcheinlich wurde Olmig fpdter mit deutſchen
begiehungéweife magbdeburger Rechte, „welches bisher in Bdhmen und Mas-
ren ungewoͤhnlich und nidt gebraudt war", bewidmet als die Stadt Freu:
benthal, weldje (vor 1213), wie aud M. Neuftadt (1221), dasfelbe gleich⸗
falé von Wladislaw erhielten (Bocef J. c. II. 68, 147; Enns, Oppaland L 3:3,
IH. 195, Biſchof, dfterr. Rechte, S. 33, 98).
Als nad ben Berheerungen in den Einfallen der Mongolen und Ungarn
bad Staddtewefen ſich blühend entfaltete, fehen wir aud Olmig: feit 1262 in
ben Genuß manigfaltiger Rechte und Freiheiten gelangen, welde ihm unter den
Hbrigen Stddten Mahrens einen Hervorragenden Blag anweiſen.
Much bemerfen wir die Birger feit ber Mitte des 14. Jahrhunderted cine
rege Thatigfeit entwideln, vorzüglich die Regelung und Befeftigung
bes Rechtszuſtandes im ftadtifden Weichbilde anftreben. Jn diefer Be:
ziehung erfdeint aud) bier bie, gu gleider Zeit mit ber Anlegung ber Landta⸗
feln bes olmützer und brünner Landredtes, 1348 eingeführte Snftitution der
Stadt- und GeriGtsbader um fo bemerfenswerther, ald wir derfelden
cine ber ergiebigften Quellen der Rechts⸗ und Sittengeſchichte der Stadt und
eines grofen Theiles von Maͤhren waährend bes 14., 15. und thetlweife ded 16.
Jahrhundertes gu verdanfen haben ').
Die Fuhrung von Stadtbidern fonnte aber zur Herftellung und Erhal-
tung eined geregelten Rechtszuſtandes nur wenig helfen, fo lange es an einer
ber Ausbilbung bed Berfehréd entfpredenden Rechtsregel fehlte.
_—— — ee — —
1) Der ſchon bei Brünn genannte Notar Wenzel Werner von Iglau nimmt auch in
Olmiig bei Anlegung von Stadtbüchern eine bedeutſame Rolle ein, denn von demſelben
ift nicht nur cin 1424 angelegtes Memorial, fonbdern auch das widtigfte ber olmiiger Stadt.
bücher, naͤmlich jenes von 1480, weldes ex bi6 1448 führte.
608
Die Olmiiper fahen fic daher fdon frühzeitig gendthigt, Redes belehs
rungen von anderen Orten einguholen, namentlich von den viel unbedentens
deren Stddten Freudenthal und RNeuftadt. Diefes Mittel gentiyte jedoch far die
Folge now weniger, ba nod immer neue Privilegien zur Entwidlung neuer
ReHtdverhaltniffe Stoff und Weranlaffung gaben. Mur die Abfaffung eines
eigenen vollftanbdigen Stadtrechtes oder die Mtittheilung eines foldhen Fonnte fur
bie Dauer entfpredend erfdeinen. Man griff gu diefem Mittel und erfuchte,
ta bie Rechte von Brinn und Iglau zur ſüddeutſchen Familie gehorten, die
Stadt Breslau um Mittheilung ibres Rechtes, welche ſich unter
allen mit magdeburger Recht bewidmeten Siddten, auger Dem fernen Magdeburg,
eines befonderen Anſehens, namentlid in Schleſien, erfreute und ihre Rechte
fdon 1214 ber mabr. Stadt Biſenz mitgetheilt hatte (Bocek D. Urk. 64,
147). Der breslauer Stabdtrath theilte auch, Aber Auftrag bed Koͤnigs Karl,
1351 den Biirgern von Olmiig bas gefammte Recht ber Stadt Breslau mit
und behielt fid ben Rechtszug der Olmützer naw Breslau vor; ber
Vogt, Raͤthe, Sdhoffen und SGefdworne der Stadt Olmiig erflarten aber 1352
ben breslauer Rathen, Schdffen und Gefdwornen finftighin in aller Form
Redtens zu gehorden und Folge gu leiften, fo wie auch fir jede eingeholte
Redhtsbelehrung 24 und dem Geridtd(dreiber 4 Koͤnigsgroſchen zu zahlen.
Unb Markgraf Johann beftdtigte 1352 feiner Landed - Hauptftadt Olmug (que
in nostro Marchionatu Capitalis existit) nidt nur den Gebrauch des mit feiner
Zuftimmung in Breslau woͤrtlich abgefdriebenen magdeburger Rechtes, fondern
befahl aud, daf alle Stadte, Märkte und Doͤrfer Maͤhrens, welde bisher dads
jelbe genoffen, namentlid Neuftadt, Littau und Schönberg, nirgendé
anderwaͤrts als in Olmig ihre Rehtdbelehrungen einholen follen, wodurch Ol-
mig Oberhof diefer Orte wurde. Solder Stadte und Ortidaften, in wels
en dad magbeburger Redt galt, gab es fehr viele. RNeuftadt, Littau (1243)
und Sdonberg Hatten es vor bem erwabnten Privilegium erhalten, Prerau
(1256, 1278), Gewitſch (1258), Braunsberg (1269), Weidsfirden
(1292) nom im 13. Sabrhunterte, ſpäter Stramberg, Schönberg, Ris
merftadt, Proßnitz (1406, hatte fitch bidher an das brünner Ret gehalten),
Sternberg (1408), Hohenſtadt (1411), Prodlig (1439), Leipnif
(1448), Bodenflabt u. a, im 16. Jahrhunderte Trſchitz (1546), Giebau
(1559), Reutitfdein (1562), das bisher von Leobſchuͤtz fein Recht hatte,
Deutſchhauſe (1565), Wal. Meſeritſch (1565), Weiſchowitz (1585),
endlid Braunfeifen (1600) und Freiberg (1617). Bon ben meiften die-
fer Orte ') erliegen bie Originalreverfe noch jegt im olmiiger Stadtarchive, wos
1) Viel ansgedehnter zeichnet bas nachfolgende Verzeichniß (S. aud Lautzky's Beſchreibung
von Olmütz, 1746, M. 8.) ben Sprengel bes olmützer Oberhofes: Diſe Nachgeſchriebene
Stadt, Stadt, nud dörffer gehören gum Oberrecht nacher Ollmütz.
504
mit fich diefelben verpflidten, in zweifelhaften Rechtsfallen in Olmag ire
Belehrung gu fucen, dafür einen beftimmten Betrag (bi6 1508 vier alte
Grofden, feit Wladislaw’s Privilegium von diefem Jahre aber 12 bohm. Gros
fen) gu bezahlen und bem erhaltenen Ausſpruche Folge und Geborfam gu leis
ften, widrigens ber olmuͤtzer Stadtrath nicht weiter verbunden fein würde, Rath
oder Belehrung gu ertheilen. Und da die Dorfgemeinden gewohnlich mit
ihren bedeutenderen Rechts angelegenheiten an bie nadfte Stadt gewiefen waren,
fo (apt fic) ermefien, weld)’ grofen Cinflug Olmiig als Oberhof auf bie Rechts⸗
pflege in Maͤhren uͤben modte. Am meiften aupert ſich derfelbe jedoch erſt im
16. und theilweife 17. Jahrhundert, aud welder Zeit die bet weitem gropte
Angahl ber vom olmiger Oberhofe jemals ertheilten und nod erhaltenen Schoͤf⸗
fenſprüche herrührt. Außer bin und wieder eingeln vorfommenbden, befinden fid
an verſchiedenen Orten Gammlungen Dderfelben (deutſches Reht in Olmig,
von Biſchof, Olmig 1855; bedfelben ofterr. Stadtrechte und Privilegien, Wien
1857, G. 106 — 113). |
Dad magbeburger Ret gewann in Selefien und der Laufig be:
ftimmtefte Geltung. Zuerſt erhielt es unmittelbar Goldberg (1211), {pater
Breslau (1261, 1295) und Gorlig (1304). Ferner wurde auf magdeburger
Recht Prenglau (1235) und Liegnig (1280) gegründet. Jn Leobſchütz fol
eô nad der Willkuͤhr von 1276 als Hilfsquelle gelten. Weiter erhielt es Ras
tibor (1299), Sdweibnig (1363), Tefen (1374, e6 foll aber Rechtsébe⸗
lefrungen in Breslau ſuchen, Tſchoppe und Stengel ©. 595'). Es galt gu
Fuͤrſtenberg (1281), gu Glag (vor 1500).
Stadt.
Sternberg, Proſnitz, Newftadt, Prerau, Newtitſchein, Littan, Leipnit, Zabrjeh (Hohenſtadt),
Schimberg, Tobitidhaw, Mahriſche Tribau, Weiflirden, Gewitſch, Miglitz, Zwittaw, Bergftadt,
Hangenſtein, Ramerſtadt, Bodenſtadt, Meſeritſch an dem Flues Betſchwa, Frankſtadt, Klo⸗
ſter Hradiſch, Freyberg bey Hochwald, Bautſch, Füllnelh, Libaw, Altenſtadt.
Städtl.“
Wſetin, Freyſtadt Unterm Lukau, Gibau, Wiſternitz negſt ber Stadt Ollmütz, Teütſche⸗
hauße, Brodek, Namieſcht, Schillberg, Kaunitz, Binnek, Goldenſtein, Rudda (Sifenderg),
Hanowitz, Grünberg, Brſcheſowa, Alt Titſchein, Eywanowitz, Ullerſtorff, Wiſenberg, Auſe,
Sowinetz (Eulenberg), Bauſe, Freydenthal, Beraun, Hoff, Drſchewohoſticz, Kleinowitz.
Dörffer.
Groß Senitz, Prikas, Oſtrau bey Ollmütz, Groß Teinitz, Roſwadowitz, Schenau,
Trſchitz, Blaudendorff, Lafle, Niedere ſeiten zu Großoir (Welife Lauky), Meſitz, Tſchech,
Lautſchan, Weyſchowitz. Medl, Tſcheltſchitz, Tſchetin, Radwanitz, Biſkupſtwi, Nimlau, Hei⸗
tzendorff, Mähriſch Lodenitz, Luſchowitz, Bartulowitz, Hentzendorff, Radotin, Leſchan, Cho⸗
motaw, Jaſnik, Holitz, Prziſezuj Zawodſſty, Lauczka, Dubany, Wierowany, Zierotjn, Hlo-
fnicge, Brzeſowicze, Sternow, Wrbatka, Blattze, Pitterßdorff, Grigaw, Krjelowm, Skrbenie,
Hobolany, Billowitze.
1) 1879 verbiethet König Ludwig bem Markte Silein in Ungarn, ferner ſich der teſchner
Rechte zu bedienen, derſelbe ſoll ſich an die vortrefflichen einheimiſchen Geſetze halten; und
605
Diefe Stadte verpflangten e6 dann weiter durch Rechtsmittheilungen und
Oberhofgeritsuribeile auf andere Stadte, namentlid Breslau nad Groß—⸗
@logau (1290), Goldberg (1292), Viegnig (1293), Meiffe (1308), Grotttau
(1324), Grieg (1327), Reumarft (1352), Haynau (1357), Oberglogau (1372).
Die maͤhriſche Stadt Troppau wird aud von Breslau aus magbeburger Recht
erhalten haben. Es wird diefes gwar in den aAlteften Privilegien (Biſchof, ofterr.
Stadtreste, S. 157) nicht audsdridligd genannt, allein (chon 1269 heigt es bei
ber Berleibung bes magheburger Redtes an Braunsberg, daf ed diefem
von Troppau aus gelehrt werden foll (Bocek IV. S. 34), und es wird beftas
tigt (Enné I. 22 — 31, 37, 40, 48, 52, 56, 86, 130, II. 3, 23 — 29, 46,
129), baf Troppan nach magbeburger Recht ſich hielt, fics an dew bredlauer
Schöppenſtuhl berief, von diefem 1301 eine Abjchrift ber magbeburger Rete er-
bielt, Herjog Rifolaus Troppau 1302 bewwilligte, nach diefem Rechte gu ſprechen,
‘und bie Herzoge Wenzel und Pryemfo 1372 der Stadt ben Gebraud bes mags
beburger Rechtes beftétigten und fle anwiefen, in aweifelhaften Fallen beim bres.
lauer Schoͤppenſtuhle Belehrung gu ſuchen (Minsberg, Geſch. von Leobſchuͤß
S. 12, 21).
Wie Troppau kamen aud die urſpruͤnglich maͤhtiſchen Staͤdte Leobſchütz,
Jägerndorf und Freudenthal in der zweiten Halfte bed 13. Jahrhundertes
an baé neue Herjogthum Troppau (Gefchidte der Verfaffung und Verwaltung
Hefterr. Schlefien’s, von mir, Brinn 1854; Oudif, d. Herz. Troppau Stelung
zu Maͤhren, Wien 1857). Daf Troppau und Freudenthal magdeburger Rect
batten, wiffen wir; ob ¢6, etwa durch Ginfliiffe aué Maͤhren, mobdificirt wurde,
ift aber nicht bekannt. Aud Jägerndorf dürfte fic an dad reine ober ges
Gnderte magdeburger Recht gehalten haben; als aber ber mähr. Markgraf Jodok
1390 bas Herjogthum Sagernborf faufte, machte fic) dieſe Stellung gu Maͤhren gel⸗
tend, inébefonbere im Berufungsredte, denn Jodok verordnete 1401 bei Be:
ftdtigung ber Rechte und Freihelten ber Stadt Jagerndorf, daß Jedermann, wel:
der vor ihren Biirgern in welder Gade immer ju ſchaffen habe, fidh an ihren
Stadtredten geniigen laffen und ſich an fein anderes Rest und nirgends an-
bers als an ibn und feine Erben und Nadfommen in Maͤhren berufen foll
(bie Rechte ber Großbuͤrgerſchaft in Jagerndorf, Jagerndorf 1860, ©. 19). Es
ift aus ber Feit, ald im 16. Jahrhunderte Jagerndorf unter den brandenburger
Firften fland, der intereffante Rampf gwifdhen bem mahrifdmen und
Renigin Maria verpflidtet 1984 bie Sileiner, ben Rechtszug (nit mehr nach Teſchen, ſon⸗
bern) nad Karpfen im eigenen Reiche gu nehmen (Bifdof, Bfterr. Redhte, S. 143). 1470
erhält Skotſchan bas Recht von Teſchen (Tſchoppe unb Stengel S. 113).
Im k. ft. Grundbuchsamte gu Teſchen befindet ſich eine ſtädt. Angelegenheiten betref⸗
fende Dokumenten⸗ Sammlung, mit dem Jahre 1468 beginnend. Der 1. Band enthält
Willkühren dex fürſtl. Stadt Teſchen (Schr. der hiſt. Seltion V. 181).
beutfdmen Rete, im Gebrauche der mähr. und deutſchen Sprache, bei den
Landrechten der Fürſtenthümer Jägerndorf und Leobſchütz befannt (Tiller,
im 9. B. ber Schriften der hiſt. Sektion S. 133 — 180), in welchem die er:
fteren fic) lange behaupteten; die ganz deutſchen Städte Sagerndorf und Leob⸗
{HKG rangen fic aber vom maͤhr. Rete los, Markgraf Georg Friederich bes
ftdtigte 1599 ihre Befreiung davon, lief fle und ihre Dorfer ficer und frei bet
vem ſächſiſchen und Kaiſerrechte und gebot, daß fie vor feinem anderen
ober fremben Gerichte ftehen ober gu Rect gejogen werden follen (Boͤhme,
Sammlung ſchleſ. Rechte I. 28 — 29; Minsberg, Geſch. von LeobfHiig, Reiffe
1828, S. 13, 21, 194, 209; Enns IV. 16, 28).
Merkwuͤrdig find die Rechte ber Stadt Leobſchütz, insbeſondere in ber
vom Koͤnige Otafar U. 1270 ausgefprodenen Ernenerung bes alten Privife-
giumé, welded feine Borfahren ber Stadt gegeben (bei Tſchoppe und Stenjef
©. 371 — 381; Botef IV. 53; Minsberg S. 116 ff.). Stenzel Halt diefe
Urfunbde fur bad altefte, einer deutſchen Stadt in Sdlefien gegedlene Recht.
Während bie Stabdtredte der cigentlih ſchleſiſchen Stabte ihre ge
naue Verwandtſchaft mit Dem magdeburgiſchen Rete gelgen,
it died mit ben Rechten der urfpriinglid mähriſchen Stadt Le obf hag
nidtin bem Maße der Fall. Es ift in diefen eine Menge gang eigen:
thümlicher Beftinmungen, welche einerfeits eine hohe Ausbilbung bed Rechtes
erfennen faffen, andererſeits nirgends weiter voͤllig fo angetroffen werden, außer
daß fle in manchen einzelnen Bunften die Verwandtſchaft der oͤſterreichiſchen und
mabrifden Rechte unter einander beweifen. Leobſchütz hielt fic aber nicht an
maͤhriſches, fondern, nad der Willküuhr von 1276 jur Aushilfe (Stobbe S. 536)
an magbeburger oder ſächſiches und Kaiſerrecht, bei welchen es die
Marfgrafen Georg Friedrid) (1599) und Georg (1612) erbielten (Minsberg
©. 54, 195, 209).
Leobſchütz wurde Mutterfladt und Ober hof nist weniger Orte.
Weiffirden in Mahren erbielt (don 1276 leobſchützer (Boce— IV. 169),
ftatt deffen aber 1292 (eb. $84) olmiager Redt (dod holte es auch Weisthümer
von Brinn. Résfler Nr. 53, 79, 86, 629). Markgraf Georg Friedrich vere
lieh 1561 ber Stadt Leobſchuͤtz bad Recht, mit rothem Wachſe gu fiegein (Mins
berg ©. 174), weil fle von Alterd Her einen gewoͤhnlichen Rechtoſtuhl Habe,
vielen umliegenden Stadten, Fleden und Dorfern Ret gebe und fprede.
Darunter waren namentlid aud die mahr. Stadt Neutitſchein, welde
dem leobſchützer Rechte gugethan war und bid 1562 bei bem leobfdiger Ober—
hofe Rechtsbelehrungen einholte, die mabr. Städte Rrafna, welches now 1611,
und Fulnek, weldhes now 1617 von dort feine Belehrungen nahm, wahrend
fid Wal. Meſeritſch {don 1565 und Freiberg ') 1617 von Leobfdhig
1) Biſchof, sfterr. Stadtredhte, S. 33 lift ben Herzog Vollo von Schweidnitz 1337 ber Stadt
Freiberg ihre alten fränkiſchen und deutſchen Rechte und Gewohnheiten beftatigen; er
507
nad Olmig wendeten (Bed, Geſch. von Reut., Neut. 1854, Vorrede und
©. 77, 81, 126, 218).
Ridfidtlih ter Stadt Reiffe mus insbefondere bemerft werden, tag der
breslauer Biſchof Thomas 1290 bas magbeburger Recht dbafelbft, fo wie in fei:
nen Gidthumdftadten (alfo aud) in ber 1291 gegrinbdeten Stadt Weitenau,
Tſchoppe nnb Stengel ©. 411) und den nad deutſchem Redte - ausgefegten
Doͤrfern feiner Lander Otmadau und Reiffe cinfiihrte, bak er (1291)
dieſe Stadbte und Doͤrfer anwies, in aweifelhaften Fallen nur bei dem neiffer
Saoffenfluble Belehrungen nachzuſuchen, und daß ber Bifdof Heinrid (1310)
bas ber Stadt Reiffe weber ntiglidge nod gelegene magdeburger Ret
abfdaffte und dad feit ber Griindung von Neiſſe gegoltene Flandrer:
Ret (jus Flemmingicum) wieder einfithrte, an welches fich daher auch alle
Orte, weldhen Reiffe als Oberhof angewiefen war, um fo mehr yu halten Hatten,
alé dieſer Stadt (1432) aud bie Hauptmann{ daft der Lande und Stadte
Reiffe, Otmadhau, Patidfau, Ziegenhalé und Weibenau verliehen wurde
(Minsberg, Geſch. von Reiffe, Neiffe 1834, S. 23, 25, 33, 51, Anhang S. 6,
8, 22; Tidoppe und Stenzel ©. 409, 485; Stobbe S. 537).
Rattibor wurde (1286) Oberhof fir alle mit bem jus Vlemingicam be:
widmeten Ortidaften im Herjogthume Oppeln-Ratibor (beftimmt ohne einen
Rechtozug außer Landes gu geftatten, Tſchoppe und Stenzel S. 403),
Das magbeburger Recht gelangte aber nit nur in Maͤhren und Schle⸗
fien, fondern nod viel weiter gue Geltung, Wabrend nahmlich die meiften
Stabtredte fish nur in ben Stddten desfelben Stammes ober derfelben Gegend
verbreiteten, fanden bie Rechte von Magdeburg und Luͤbeck auch in entfernten
Gegenden und insbefondere in flavifden Vanden, in welden mit ber deutſchen
Groberung und deutſchen Cultur eigentlide Stadte entftanden, eine weit versweigte
Perbreitung.
Das magbeburger Recht herrſchte aud in ben oberſächſiſchen und
thüringiſchen Gegenden, in Brandenburg, im preuffifden Ordens—
lande (culmer Rect), in Polen (wo Lemberg, welded 1356 magdeburger
Recht erhielt, 1444 Oberhof far alle deutſchen Städte und Dorfer Galiziens
wurde, whe es bas fon 1257 mit magbdeburger Recht bewibmete Krakau
1365 fir alle Rechtsangelegenheiten, welche bidher in bad Ausland ergangen
waren, geworden war), u.a. Sn Ungarn atte Ofen magdeburger Ret.
Aud in BSH men galt ed und ed wenbeten ſich viele Stddte naw Magdeburg
um Redhtsbelehrungen (Gaupp GStadtrechte II. 256 ff.; Dreyer, Beitrige S.
134; Pamatky archaͤolog. 4. B. ©. 122 — 130). Bereits gu Anfang des
verwechſelt es aber mit Freiburg iu Schleſien (S. Tſchoppe und Stengel ©. 545). Ueber
deutſches Ret Rberhanpt, magbeburger, fldmifdes und fränkiſches inébefon-
bere in Schleſien ©. eb. ©. 93—117, 162.
508
14. Jahrhundertes fagt bad ſaächſiſche Weichbild, daß die von Bolen und von
Bohmen, aus ber Mark, Meiffen, Lauſitz und Brandenburg, die Hergoge von
Gachfen und aud ber Grafſchaft Afdhersleben ihe Rest von Magdeburg holen
follen (Stobbe S. 535—541 ;. Biſchof, S. 55—62, 72—82).
Obdgleih fede Stadt ihr befonberes Stadtrecht und ihre
eigenen Rehtsquellen beſaß, ging mit biefer Mannigfaltighett der Bes
ftimmungen im Gingelnen bod nicht bie. innerliche Cinheit bes deutſchen Rechtes
verforen. Mochte fi auch bei dem eigenthimliden Gange, welden bie Ents
widlung jeded eingelnen Stadtrechted nahm, nicht blos ber Bartifularidmus ded
Stammesredtes, fondern auch ber lofalen Rechtsanſchauungen, Bedürfniſſe und
zufaͤlligen Umftande geltend machen, die Ausbildung der Rechtsfage war wegen
ber Gleichheit ober Aehnlichkeit der ftadtifden Berhaltniffe und wegen der dus
Geren Verbindung, in welder bie Stadte unter ſich ftanden, wenigſtens in den
allgemeinften Zügen eine gleidartige. Zu diefer nothwendigen Berwandt-
fdaft der Stadtredhte unter einander, welde auf. inneren Griinden, der
gemeinfamen Wbftammung und den gleiden Berhaltniffen berubte, famen aber
aud dufere Grimbe Hingu, welche die Gleidbeit einzelner Stadtrechte aud in
formaler Hinſicht beforderten. Go die Berleihung gleider Rechte und Privis
legien an verſchiedene Stadte von Seite ber Kaiſer oder ubereinftinmender Rechts:
fage an alle Stidte von Seite der Landesherren, woraud fid, wenn aud nidt
in gang Deutfdland, fo boc in ten Stadten desfelben Landes ein gemeines
Stadtredt entwidelte, weiter die Annahme oder dod Benützung anderer Stade
redjte bei ben (pateren Bearbeitungen und Revifionen ber Stadtredte, bie Ausarbei-
tung eines Stadtrechtösbuches, wetdheds gleidmafjig in einer gangen Reihe
von Staͤdten eingeführt wurde '), der grofe Einfluß ber Rechtsbücher bei
Ausarbeitung ausfubrlider Stadtredte u. a.
Die Rechts⸗Bewidmung ber Stadte gefhah nicht immer auf
gleiche Art und in gleichem Umfange. Es war ſehr gewohnlid, bag eine Stadt
entweder gleid) bei ifrer Griindung ober {pater mit dem Rechte einer anderen
Stadt bewidmet wurde, bald fo daß fte von Dderfelben ein Weisthum, ober die
Urfunde über ihre Privilegien, oder aud ein ausführliches Stabtrecht erhielt,
bald fo, daß der Raifer ober Landesherr nur im Wllgemeinen ausſprach, ſeine
Stadt folle bad Recht ciner beftimmten anteren Stadt haben. Golde Berlei:
hungen fanbden feit dem Ende bed 11. Jabrhundertes ſehr haufig Statt; fie be-
forberten bie Gleichmaffigfeit ber Stadtrechte nicht blos in derfelben Gegenbd,
1) Mehr bem Titel nad wird es bas mähriſche Stadtrechtbuch in zwei Terten bet Bie⸗
ner unb im prager Mufenm fein, weldes keine Begiehung gu ciner beftimmten Stadt at,
obwohl in dem erfteren unpaffender Weife bie Vorrede und ber Artifel 1. bes brünner
Stabtrecdhtes von 1243 (Rößler Il. 341) vorangefdhidt find und deßhalb die Ueberfdrift
fautet „Hie beben an bas Vriinner Recht” (Homever, bie deutſchen Redtsbiider bes Mittel⸗
alters, Berlin 1856 S. 37, 73, 139).
609
fondern aud in entfernteren Landftriden, ba bad Rest mandher Stadt in fo
hohem Anſehen ftand, daß ed auch tiber die Grenzen bes Stammes Hinaus in
bie fernften Gegenden verfendet wurde.
Die bloße Verleibung bes Rechtes einer Stadt, ohne daß gue
gleih ihre Privilegien ober ihr Stadtredht aufgeführt ober mitgetheilt wurde,
hatte nicht tiberall dieſelbe Bedeutung. Oft bezog fie fic blo8d auf bad Mtarft-
recht (jus mercatorum, justitia liberorum mercatorum) ober auf Me Berfa fs
fung, ober cinge(ne Gerechtſame; in anderen Fallen wurden die Reh ts-
qrundfape, welche beim⸗Rechtoſprechen entſcheiden folten, abertragen, fei ed
im Allgemetnen, fei es in Bezug auf eingelne Partien bed Privatredtes.
Sehr gewoͤhnlich war es auch, dak die bewidmete Stadt in eingelnen zweifelhaf⸗
ten Fallen, wo ber Rechtsſatz unbefannt oder bie Entſcheidung bes concreten Fallé
Seftritten war, fid an die Mutterfladt um eine Reis mittheilung
gu erhalten oder um das Urtheil wenbete. Die unmittelbaren Be⸗
alehungen, in welche Mutters und Tochterſtadt gu einanbder traten, bewirften
nicht allen, daß bie urſprünglichen Rechtogrundſätze in beiden gemein waren,
fondern vermittelten auch in der Folge die gleichmaͤſſige Fortbilbung bed Rechts
und führten ber Todierftadt aud die in ber Mutterftadt neu entwidelten Rechts.
fage au. Sedo nicht immer war ber Oberhof diefelbe Stadt, von welcher
baé Redt iberttagen war; bisweilen war e6 eine andere Stadt, welche bad:
felbe Recht beſaß und her Tochterfladt nadber gelegen war (wie wir bei Teſchen
geſehen. S. aud) Chlumedy, mar. Dorfweisthimer ©. 32).
Einzelne Lanbdesherren fuchten alle Rechtobelehrungen und alles
Urtheilen von Osten außerhalb ihres Territoriums gu verbindern
unb trafen befondere Beftimmungen, auf weldem Wege entftandene Rechtsun⸗
ſicherheiten au befeitigen waren (S. Tefen und Ratibor).
So füuͤhrte cine Reihe von Griinden cine gewiffe Uebereinftimmung
in ben widtigften Grundſätzen fowohl uber die Berfaffung der Staͤdte,
alé.iiber bas in den Geridien anguwendende Recht herbei. Auf dec gemeins
iMaftliden Grundlage entividelte fidh dann dad Ret jeber Stadt
gu beftimmter Individualität. Ueberall gab es Befonberheiten
ber Berfaffung und particuldre Rechtsnormen, deren Mannigfaltig-
feit faum uͤberſehbar ift (Stobbe, deutſche Redtsquellen S. 6528—535).
Welche verwandte Kreife ſich in Maͤhren und Schleſten gebildet und dag
ber brünner, iglauet und olmi ger alle anberen tiberragten, haben wir
angebeutet.
Wir haben auch ben Reidthum an Redtsfagen und Rechtsquellen Deutſch⸗
fandé angebeutet: Um fo merfwurdiger ift ed, wie ed im fpdteren Mittelalter
einen Theil ſeines althergebradten Redtes aufyugeben und dafuͤr ein frembdes,
bas römiſche Redt, angunehmen beginnt, welded nirgend in lebendiger, prak⸗
tifder Geltung exiftirt und nur aus einem Gefegbude erfannt werden fann,
welches vor tanfend Safren in einem Staate von gang anberen Berhaltniffen
510
verfaßt wutde. Die Sache machte fid nist ſchwer. Jn Deutſchland waren
zwar ſeit dem Ende des 9. Jahrhundertes alle Erinnerungen an das roͤmiſche
Recht untergegangen und erſt ſeit dem Ende des 12. Jahrhundertes tauchen in
Urkunden und Rechtsquellen roͤmiſchrechtliche Formen, Ausdrücke oder auc Rechts⸗
ſähe auf. Mannigfache Verhaltniffe erdfineten bem roͤmiſchen Rechte die Bahn
nad Deutidland. Gin befonderesd Gewicht ift auf die BerbindDung Denti a
tands mit Italien und auf ben Umftand gu legen, daß die Deut {den
Konige gugleih Herrfder von Stalien waren und ein Anrecht auf die Pa‘
ſerwürde befagen. e
Da Karl bee Große im Sabre 800 in Rom gum Kaiſer gefront wurde
glaubten feine Rachfolger vollftindig in bie Rechte der alten. roͤmiſchen Jmpera-
toren fuccedirt gu fein und verfudten die Grundfage bes rdmifmen Rais
ſerreiches auf ihre Herrfmaft gu tbertragen. Bereité Otto HL
betrachtete bei feinem Aufenbalte in Stalien (3. 996 ff.) bab römiſche Re dt
als Weltredt. Derfelben Anficht Hulbdigten feine Nachfolger und was die
Kaiſer wiederholt ausfpraden, bad war die Unfidt der gebildeten Welt über⸗
haupt und wurbe bon ben italieniſchen Recht Sſchulen fyfematif® aus⸗
gebildet. So betrat Friedrid I. (1152 — 1190) fein gang neucd Feld, alé ex
bie Grundfdge des Corpus juris und bie Lehren der Suriften an der neu ent:
_ ftandenen bolognefer Nemtsfdule im Gntereffe feiner Politif nußzbar gu
machen fudte, ald er auf bem roncalifden Reidstage (1158) im Anfdluffe an
tie Sage ded roͤmiſchen Staatéredtes und bed Corpus juris verfinbden lief, dag
ber Wille bes Raifers GefegessKraft habe, alé ev den Umfang der
Regalien beftimmte, die roͤmiſchen Redtsgrundfage nit. blos in Dtalien,
fondern aud in Deutidland bet der Entſcheidung von privatredtlidden Fragen
gum Nachtheile der deutſchen Gewohnheiten Handhabte und mit ihm Hereité eine
antinationale Gefeggebung und Rechtspflege begann. Die Ge
banfen, welde Otto IIL. erfullt Hatten, wurden unter Friedrich 1. wieder lebendig
und Oito, Biſchof von Freifing, der Vertraute bes Kaiſers, ſprach es aus, daß
fo whe Rom bie Weltftadt fei, aud) bas römiſche Rest den ganzen
Erdfreis beherrſche. Auch Friedrich IL begünſtigte das römiſche Recht, bes
fonderd bie abfolutiftifmden Grundſätze des rimifden Staats⸗
rechtes, erridjtete gu Neapel cine Univerfitat, berief an fie ausgezeich⸗
nele Rechtslehrer und verfprad ben Stubirenden ausgedehnte Privilegien.
Diefe, gundH in Italien angewandten, Auffaffungen famen allmalig aud
in Deutſchland zur Geltung. Im Laufe der Zeit bildete ſich ein eigener Begriff
pon Raiferredt, worunter man im Allgemeinen bad Rest dec Kaiſer ver:
ftand, welded auf gefdriebenen Rechtsquellen berufte und in ihrem ganzen
Reiche als gemeineds Recht aur Anwendung fommen mute. Da man gwifden
den alten roͤmiſchen Jmyperatoren und den deutſchen Raifern nicht unterfaied und
aud bad romifhe Rect anzuwenden geneigt war, fo begriff man unter Kaiſer⸗
recht ſowohl bas Corpus juris, alé auch die deutſchen Reidsgefege; bald brauchte
611
man ben Ausdrud fiir beide Quellen, bald nur die cine ober bie andere Sm
weitere Cinne Heift der Schwabenfpiegel Kaiſerrecht, ba er die deutſchen Rechts:
gewohnheiten und Reichsgeſetze mit den rdmifden Recisfagen verarbeiten will.
Blos mit Bezug auf bad deutſche Reichsrecht ijt ber Name ded Fleinen Kai-
ferredtes aufzufaſſen.
Karl IV. nahm auf roͤmiſches Recht ſehr haufig Bezug, verfudte in Böh—
meneine auf dDemfelben beruhende Codififation eingufihren, ftif-
tete 1348 gu Prag die erſte deutſche Univerfitat und erhob einen
Geifilidhen wegen feiner vorzüglichen Kenntniſſe im canonifden und buͤrgerlichen
Rechte in den Abelſtand.
Sigmund ernannte italieniſche Rechtsgelehrte zu ſeinen Geheimraͤthen,
Friedrich IV., obwohl ex die Juriſt en wenig liebte (juris poritos modiocriter
dilexit, quod juris aequitatem diceret ab ois interverti foedarique justitiam), ver-
ſprach dod im Qandfrieden von 1438, bie Obergeridte mit weifen Rit-
tern und Gelebrten gu beftellen, welde Jedem nach gemeinen Redten und
guter Gewohnheit Recht ſprechen follten d. §. nad ben ungefdriebenen oter
gefdriebenen deutſchen Gewohnheiten und nad dem gemeinen Ret, fei es von
ben romifden ober deutſchen Raifern ausgegangen.
Die Anwendung der roͤmiſchen Rechtsquellen war in Stalien nie aufgege-
ben worden. Sm Anfange des 12. Jahrhunderts hatte ein georbdneted
Stubium des gefammten Corpus juris begonnen. Ueberall in Stalien
entfanden Rechtsſchulen, Univerfitdten und erblüht bie newe
Wiffenfdaft. Seit bem 13. Jahrhunbderte gogen aud viele Manner
aus Deutidland wie aus allen anderen Ländern der Welt nad Italien,
um fid ben Rechtsſtudien gu widmen, und nad jahrelangem Aufente
Balt in ber Frembe, mit einer afademifmen Würde geſchmückt (in Schle⸗
fien ſchon 1279 ff. ein Jacobus dominus, professor, doctor legum), in der Heis
math cine cinflufreiche und ebrfurdtgebietende Stellung eingunehmen. Aud
Geiſtliche gingen in grofer Zahl nad Stalien, um die ihnen fo nothwendige
Kenniniß ded canonifden, aber auc des romiden Redted au erwerben.
Wiahrend feit dem 11. Jabrhunderte nur Adelige die Canonicatsftellen
erfalten batten, wurden mit dem vermehrten Anfehen der gelehrten Bildung
and Doctores aud minderem Stande gu benfelben gugelaffen.
So verbreitete {ich die Kenntniß bes romijden und canonifden Rechtes
nad Deutſchland, und es war natirlig, daß in den geiftliden Geridten
bie Grundfage ber frembden Rechtsbücher und der italienifden
Doftrin Gingang fanden und ber Prozeß in ignen fig vollig um-
ge ftaltete.
Die Autorität der italieniſchen und franzoͤſiſchen Univerſitaͤten ging
fo weit, bag man fic) bereité im 13. Jahrhunderte mehrmals an fte wandte,
um nad ihrem Ausſpruche Streitigkeiten, befonders ſtaatorechtlicher Ratur,
512
zu entfdeiben. Auch bie in Deutſchland lebenden gelehrten Juriften zog man
gu, wo man gelefrten Rath ndihig gu haben glaubte.
Muf den feit ber Mitte bed 14. Jahrhunbdertes aud in Deutſchland
entfianbdenen Univerfitdten (heint aber dad rimifhe Recht nicht befons
bers gebiefen gu fein, ba es nod) feine praftifdhe Bedeutung gewonnen, in den
weltliden Geridten nod feinen Eingang gefunden hatte, wahrend bas canonifcde
in ben geiftliden Gerichten überall gehandhabt wurde. Man betrieh bas erftere
nicht weiter, als es zur Grfldrung bes canoniſchen Rechtes erforderlich war cin
Wien wurde bis 1495 nur dieſes gelehrt). Wer bad romifde fennen fernen
wollte, mufte wie fruͤher eine italieniſche Univerfitht beziehen. Die Doctores
juris utriusque ober juris civilis, welden wir in Deutidland vor
ter Mitte des 15. Jahrhundertes begegnen, Hatten faft alle in Stalien ihre afas
demiſche Wiirde erworben (in Prag kommen zwiſchen 1372 — 1408 febr viele
licentiati et doctores decretorum, aber nur 1 doctor utrius-
que 1402 bor).
Aud bie Ausſicht auf eine befonbers hervorragende Stel.
{ung im birgerliden und adffentliden Leben, auf welche bie afademifde Wiirde
ben Recdtsgelehrten einen befonderen Anfprud gu geben ſchien, mufte viele ehr⸗
geigige Gemitther gur Beſchäftigung mit den fremben Rechten führen. Es bil-
bete fih ein cigener GeleHrtenftand; bie Geiftlidhfeit befand fich nicht
mehr allein im Beſitze gelehrter Kenntniſſe und bie Ridter erhielten nicht
mehr allein bie Beamtenftellen, — die Gelehrten, die Doctores
juris wurden ihre Rivalen. Redtsgelehrte ') befanden fic in des Kaiſers
Umgebung und wurben feine Geheimrathe, feine Gefandten, insbeſondere ſtan⸗
ben fie ber Ranglei ded Kaiſers und der Firften vor, gelangten zur Kanzler⸗
wiirde und erbielten ben groften Einfluß auf die Regierung ded Reiches und
ber Verritorien. Sn Böhmen und MAHren werden fdon um die Mitte des
13. Sahrhunbertes Doctores juris erwaͤhnt, welche bei Gericht erfdeinen und
im Rathe der Fuͤrſten figen (Roͤßler, brünner Recht, S. CXXII ff.) 2).
Das Anfehen der geleHrten Duriften ftieg fo boc, daß man fie feit
ber Mitte bed 14. Jahrhundertes (wahrſcheinlich unter Karl LV.) ohne Ruͤckficht
auf ibre Geburt bem nieberen Adel gleid ftellte (man nannte bie Dof-
toren milites legum ober milites togati).
1) Wohl gu unterfdheiden von Rechtskundigen; benn ber Ausdruck juris periti, legis periti,
viri in jare civili poriti bezeichnet nidt durchweg römiſch gebilbete Suriften, ſondern häufig
Schöffen.
2 Der kurſächſiſche Kanzler bemerlte 1446 vor ber verſammelten Univerſität von Leipzig:
quod in Universitate Vienna et Erfordia dominus princeps haberet doctores ad nutam,
hic autem vix essent duo aut tres, qui ei valerent et deservire possent in legatione et
executione suorum negotioram.
518°
Es fonnte nist ansbleiben, daß die Suriften ihre im Auslande erwor⸗
bene Weisheit verwerthen, bie Grundſätze bes romifden Rechtes zur
Anwendung gu bringen fudten. Sie begannen in fhren Schriften bas ein-
heimiſche durch dads frembe Recht gu interpretiren oder gu verdraͤngen. Ungefaͤhr
um Ddiefelbe Zeit, in welder der Sloffator ded Sachfenfpiegeld dieſen durch
Stellen ded romifden und canonifden Rechts erldutette, verband der Stadt-
f@reiber von Brann in allerdings fehr duferlider Weife die einheimiſchen
Rechtöſprüche mit ben Doktrinen bes roͤmiſchen Rechts. In der publigiftifden
Literatur, bejonders bei Gelegenheit ded Streites bes Koͤnigs Ludwig von Baiern
mit bem Babfte, wurden die Grundfige bed römiſchen Staatsrechts und der
ariſtotelifchen Philoſophie auf bie deutſchen Verhaltniffe angewendet. Man be-
gann fid) mit bem Corpus juris und ben italieniſchen Schriftſtellern uͤber dads.
felGe. zu beſchaäftigen; man {drieb diefe Schriften ab, tberfegte fie Cin Frankreich
nod frither), ftellte fie mit ben deutſchen Rechtsbüchern gufammen und machte
aud in deutſcher Sprade und in populärer Form die Grundfage der fremben
Rechte groͤßeren Kreiſen zugaͤnglich.
Aber alle dieſe Gruͤnde und aͤußeren Anlaäſſe Hatten wenig oder nichts zur
Aufnahme ded fremden Rechts beigetragen, wenn denſelben nicht ein tief em-
pfundenes Bebiirfnié entgegen gefommen ware. Der Zuſtand des. deut—
fen Reis und bie Verdnberung der Verhältniſſe erforderten
neue Rechtsauſzeichnungen und madten ben Mangel an allgemei-
nen, gang Deutſchland umfaffenden Rechtsquellen empfindlid. Go groß und
mannigfaltig aud) die Fille der Rechtsquellen waren fie bod nicht ret hale
tig genug, um auf alle Fragen die paffende Antwort gu geben, enthielten
Feine allgemeinen leitendben Grundſätze. Das Aufblihen des
Verkehrs, Handels und Gewerbs in den Stadten indbefondere machte ben Man-
gel an ausreichenden Beftimmungen fühlbar. Der Handel und bas Ver-
tragSleben verlangte neue fubtilere Rehtsfage und ed mufte bas
bidherige Ret gemäß den neuen Lebensverhaltniffen umgeftaltet werden. Obne
absuwarten, daß fid) bad einheimiſche Recht etwa aus ſich felbft weiter entwidelt
hatte, nabm man fdnell bad Frembe an, weil bad romifde Rect bereits in
einem ſehr audsfibrliden, auf vielé Fragen Ausfunft ertheilenden Werke zuſam⸗
mengefafit war, baé Corpus juris einen einbeitliden Rechtoſtoff in praͤgnanter
Gorm bot, und man fein frembded Recht gu übertragen glaubte, fondern nur bad
feiner Entwicklung nad vollendetere.
Ginen intereffanten Beleg fiir diefen Grund der Annahme bietet insbe⸗
fonbere in der Mtitte des 14. Jahthundertes bas brünner Schöffenbuch,
nad welchem (cap. 511, 536, 623) bad roͤmiſche Recht nicht blod gu wiffen-
ſchaftlichen Ausfuͤhrungen benkgt, fondern aud als gemeined Ret (leges com-
munes) ben Entfdeibungen gu Grund gelegt wurbe.
Aud die Geltung des canoniſchen Rechts in den geiftliden Geridten
und ber Einfluß der geiſtlichen Richter erleichterte bie Einfiihrung ded rdomifden
7 33
616
Begugnahme auf bad romifde Recht ftigt (S. prager Urk. 1283 in Mon.
S. 8. IX. p. 208).
Admalig nahm man aud einzelne Remtsfage ober Inftitute ans
bem fremben Rete Heriiber. Die Verjährung war {don früher befannt,
nun famen hiezu die legitimatio per subsequens matrimonium, bie Legitimation,
burd) ben Saifer (jeit bem Ende ded 13. Jahrhundertes ziemlich zahlreich; be-
ſonders intereffant bie Formulare in bed brünner Stadtſchreibers Johann von
Gelnhauſen Formelbud bei Hoffmann S. 8 ff. 25), die venia aetatis, die Auf:
[dfung ber Kontrafte wegen laesio inormis, Verpfindungen des gefamaten Vers
moͤgens u. ſ. w.
Weiter entteht bie Anfidht, bap eB in Deutſchland Fein allgemein
verbindliches, fondern nur Partikularrecht gebe, bad deutſche Rest
ein jus incertum, ein ungewiffed Recht fei, welded nur auf fubjeftiver
Anſicht bed Einzelnen beruhe und der Objeftivitat ermangle '); daß allein
bem romifdhen Ret ber Charafter beds jus certum jgufomme,
welded, wenn keine partifuldren Rechtsſätze entgegen ftehen, auc Anwendung
gelangen müſſe.
So geſchah e6, bak, wo deutſches Gewohnheitsrecht und das geſchriebene
Mort ded romifdhen Rechts fich gegeniiber ftanten, der Richter fic Haufig an
dieſes anfhlof und um bad Gewohnheitsrecht fic nicht kümmerte. Sn diefer
Seit fam der Unter{cdhied von guten und bofen, von verninftigen umd
unverniinftigen Gewobnbheiten anf und ber am romifdhen Redte ges
ſchulte Surift war ſehr geneigt, alle taé fiir boje und unverniinftige Gewohn⸗
heit gu erflaren, was feinen aué der Fremde mitgebradten Begriffen widerfprad
(S. briinner Recht Art. 613).
Bereits ber Gloffator gum Sachſenſpiegel Johann von Bud (13925—1355)
beflagt es, daß man bdeffen Recht alé jura unius populi guridiweife und von fei-
ner Anwendung ben Nachweis verlange, daß es mit ben Canones und Leges
fibereinftimme und madt bemgemdf von den fremden Rechten Haufig Sebraud,
um bie einfaden Gage des Sachſenſpiegels gu interpretiren. Sn Brinn
machte der Stabtfchreiber dieſe Ideen praktiſch, indem er die ftddtifden Rechts⸗
ſätze und Rechtsſprüche mit Ausführungen über bas römiſche Recht verband und
basfelbe als leges communes behandelte (©. ©. 496). Theoborich von Bodkss
borf fibrte aus, daß in Sachſen zunächſt bie Rechtsbücher und wenn diefe nidt
auéreicdhten bie gemeinen Leges anzuwenden waren. Der Raifer gebot 1438
bie Anwendung ber fremben Redte in den Reichsgerichten wand
a Ic’ . .
a
nt wagate
1) Maw fiellte neben bas jus civile unb das jus canonicom alé brittes bas: —
recht d. h. bas deutſche Recht, wie bie in Urkunden häufig vorfommende. ection
renuncio ... ommi juris auxilio, canonici et civilis, sive consuets
exceptioni doli wali, non numeratao pecuniae, restitation is integra et. ai
auxilio consuctudinarii, canonici ot civilis.
515
fide Retsfonfulenten, gugleih Beifiper bed Stadtgerichtes, in ihren
Dienft nahmen, bradten das romifde Redt nicht blos in die Urtheilsſprüche hin⸗
ein, fonbdern vermittelten aud feine Aufnahme in bad Stadtrecht, deffen Redaf-
tion in ber fpdteren Zeit ihnen hauptſaͤchlich tiberlaffen war.
Allmaͤlig erhielten die Juriſten aud Ridterftellen, zunächſt aber
nur in ben faif. Land-⸗,, Hof- und KRammergeridten (wie unter den
Kaiſern Sigmund und Albrecht, welder 1438 verfprad, fein Gericht mit wifen,
verftenbdigen, firfidtigen Rittern und gelehrten gu befegen). Da-
gegen verdrangten in den Stadtgerichten in dtefer Periode nod nirgends
bie remtégelebhrten Ridter die Schoͤffen aus bem Volke, wenn diefe
aud bereité Hie und ba ftatt fid) an ten Oberhof gu wenden, bas Urtheil
ber Rechtsverſtändigen einholten und auf deren Rath ein grofes Ges
wicht legten. Daher erflart fic bie Klage bei Peter von Andlo und Aberein-
ftimmend nod bei Raucler (am Enbe bes 15. Jahrh.), wie bei Lerner (1540)
und Joannes Boemus Aubanus (1535), daß die Anſicht ber Rechtdgelehrten
fir nichts geachtet werde, man fid um bas gefdriebene Recht nicht
kümmere, fondern Seder nach feinem Gutdünken bad Recht finde und Leute,
welde ben Ader beftellen, bas Rect fpracden.
Gragen wir, wie bie bisher angedeuteten BVerhaltniffe auf bie Verbrei-
tung des römiſchen Rechtes gewirkt, fo weit der Rechts zuſtand in ben
verfdiedenen Landern weit von einander ab und während ſich ein-
zelne Gegenden Deutſchlands auch jest nod immer faft gang frei von roͤmiſchem Rechte
erhalten, beginnt es in anderen bereits tief eingubdringen. Im Süden, welder
theilweife unter romifder Herrſchaft geftanden und den Cinflliffen Staliend mehr
gedffnet war, gewinnt ed einen ſehr viel groferen Ginflug ale im
Rorden, weldem der Sadfenfpiegel eine gemeinfame Grundlage fiir das pars
lifulare Recht und cin mehr ausgepraͤgtes nationaled Rechtsbewußtſein gab.
Man entlehnte zuerſt bem römiſchen Rete Formel(n (im Elſaß fdon
1219, in Defterreih 1267, in Schlefien — Tſchoppe und Stenzel S. 86 —
feit bem Anfange bes 14. Jahrh.) und Cinreden, unter Vermittlung der
Riche, welche nad romifdhem Rechte lebte, ba ihre Diener gugleidh oft Rotare
waren, weiter Clauſeln, Ausdbride der römiſchen Terminologie,
ober Gentengen, weldhe man um die Urkunde ober Rechtsquelle mit rheto-
riſchem Schmud gu verfehen aus tem roͤmiſchen Rete herübernahm (3. B. im
iglauer Stadtredte 1249 Artifel 17. Tomaſchek ©. 72).
Gs bezeugen jedod dieſe tberfliiffigen, oft unpaffenden Beiwerke gefudter
Eleganz, welde den Citaten aus der Bibel, aus claffifhen ober theologifden
Schriftſtellern gang gleich flehen, nur eine Bekanntſchaft, nicht die Annahme
bes romifden Rechts, eben fo wie Fale, in welden man Rehtoverhaltniffe nad
bem deutſchen Rechte anordnet und den entgegenftehenden Sag ded römiſchen
Rechts ausſchließt, ober in welden man einen fon an ſich geltenden Sag durd
33*
616
Begugnahme auf bab romifdhe Recht ftiigt (©. prager Urk. 1283 in Moa
S. 8. IX. p. 208).
Admalig nahm man aud einzelne Ret sfape ober Inflitute aus
bem fremben Rechte herüber. Die Verjährung war ſchon früher befannt,
nun famen hiezu bie legitimatio per subsequens matrimonium, bie egitimaticn,
burd ben Kaiſer (jeit bem Ende bes 13. Jahrhundertes ziemlich zahlreich; be
ſonders intereffant bie Formulare in bed brünner Stadtidhreibers Johann ves
Gelnhaufen Formelbud bei Hoffmann S. 8 ff. 25), die venia aetatis, bie Auf:
[dfung ber Kontrafte wegen laesio inormis, Verpfindungen bes gefammten Ber:
mogens u. ſ. w.
Weiter entfteht die Anfidht, bap eB in Deutſchland fein allgemein
verbindlid@es, fondern nur Partikularrecht gebe, bad deutſche Redt
ein jus incertum, ein ungewiffed Recht fei, welded nur auf fubjeftiver
Anficht bed Einzelnen beruhe und der Objeftivitat ermangle '); daß allein
bem römiſchen Redt ber Charafter bes jus certum jufomme,
welded, wenn keine partifuldren Redtdfage entgegen ftehen, auc Anwendung
gelangen miiffe.
So geſchah ed, dak, wo deutſches Gewohnheitsrecht und das geſchriebene
Mort bed roͤmiſchen Rechts fich gegeniiber ftanten, der Richter fich Haufig an
dieſes anfdlof und um dad Gewohnheitsrecht ſich nidt kümmerte. In dieſer
Zeit fam der Unterſchied von guten und böſen, von vernünftigen und
unvernünftigen Gewohnheiten auf und der am roömiſchen Rechte ges
ſchulte Surift war ſehr geneigt, alled tas fiir bofe und unverniinftige Gewohn⸗
Heit gu erflaren, was feinen aud der Frembe mitgebradhten Begriffen wiberfprad
(S. bruͤnner Recht Art. 613).
Bereits der Gloſſator gum Sachſenſpiegel Johann von Buch (1325—1355)
beklagt es, daß man deffen Recht als jura unius populi zurückweiſe und von fei:
ner Anwendung den Nachweis verlange, daß e6 mit ben Canones und Leges
fibereinftimme und madt bemgemdf von ben fremden Rechten Haufig Gebraud,
um bie einfaden Gage bed Sachſenſpiegels gu interpretiren. Sn Brünn
madte ber Stadtidreiber diefe Ideen praktiſch, indem er die ſtädtiſchen Reds:
ſätze und Rechtoſprüche mit Ausfihrungen liber bas römiſche Recht verband unt
dasſelbe als leges communes behandelte (©. ©. 496). Theodorid von Bode
borf fibrte aus, daß in Sachſen zunächſt die Rechtsbücher und wenn diefe nidt
auéreidten bie gemeinen Leges anzuwenden wiiren. Der Raifer gebot 1438
bie Anwendung ber fremben Rete in den Reigsgerigten und
1) Man elite neben bas jus civile und bas jus canonicum alé brittes bad Gewohnheite⸗
recht b. b. bas deutſche Recht, wie bie in Urtunden häufig vorkommende Erklärung jeigt:
renuncio . . . ommi juris auxilio, canonici et civilis, sive consuetudinario, ober: omaj
excéptionl doli mali, non numeratae pecuniae, restitutioni in integrum et omai alii jaris
aurilia consuetudinarii, canonici et civilis.
S17
aud in ben Stadtgerichten wurte bie und da Die Subjidiaritat bes
romifden und canonifden Rets anerfannt.
In den Rechtsbuͤchern ift verhältnißmäßig nur wenig romifdhes Re wt
enthalten, Urfunden und Urtheildfpride geigen nur wenige Spuren der Befannt-
{daft ober Geltung ter fremben Redte, die ſächſiſchen Schöffen halten fig vom
romifden Redte frei und nur an einzelnen Orten, wie in Brinn,
gewinnt es einen groferen Cinflugp; die Stadtredte haben gleichfalls
Der Mehrzahl nad einen rein deutſchen Inhalt, eben fo die Lands, Lehen-, Dienft-
und Dorfredte. In den Reichsgefegen nahm man Cingelnes beſonders für bad
Staats⸗, Kriminal- und Erbrecht heriiber.
" Jn den norddeutſchen Gegenden (namentlid in Lübeck, Ham-
burg, Magteburg) hatte es eine ſehr viel geringere Bedeutung.
Weiter war dad fremde Recht im Süden verbreitet, defonders aud
{don vor ber Gründung der prager Univerfitat in BoHmen und Mabhren:
hier waren die romanifirentden Bergrechte fiir Ruttenberg, bas brünner Stadt:
recht verfagt, hier dachte Ronig Wengel baran, das frembe mit bem einhelmifden
Landesrechte gu verſchmelzen, hier beſchäftigte man fic fdon feit bem 13. Jahr⸗
hunderte nacdweidbar mit dem römiſchen Redhte. Auch in Baiern, der Rhein:
pfalz, Sdwaben u. a. m. war es gefannt und angewendet.
Ungeachtet bes weit verbreiteten Gebdanfens, dak es ald Redht der Raifer
Gberall gur Anwendung fommen miiffe, hatte es aber Dod bis gur Mitte
des 15. Jahrhundertes nucin ſehr beſchränkten Kreiſen
Wurzel gefaßt und faſt nirgends gum Nachtheile bed einheimiſchen Rechts
bie beſtehenden deutſchen Grundfage verdrängt oder erſetzt, wie dieß regelmaffig
auch mit den deutſchen Lehensgeſetzen gegenüber dem langobardiſchen
Liber feudorum der Fall war, welder mit dem Corpus juris nad Deutſchland
gefommen war und nod leichter Anfehen gewonnen, ba er gum grofen Theile
aus Gefegen der deutſchen Ronige beftand (Stobbe, S. 609 — 655).
Geit ber Mitte des 15. Jahrhundertes Haite fich die neve humaniſtiſche
Ridtung in der Wiffenfdaft immer mehr und allgemeiner ber Geifter bemad-
tigt unb auf ber Grunbdlage ber claſſiſchen Studien trat cin immer lauter fid
anfiindigended Streben in Kirche und Staat herver. Diefe Humaniftifdhe und
reformatoriſche Richtung trug nicht wenig dazu bel, das Anſehen und den Ge-
braudh bes romifden Rechtes zu erhdhen und bald bilbese eS ben HaupHAdlicd-
fien Gegenftand des juriftifen Unterrichtes auf ben deutſchen Univerfitaten.
Erſchien bas romifdhe Rest fon im ANgemeinen in den Augen dex bamaligen
Doctrindre ald ein Theil bed Vermaͤchtniſſes des claſſiſchen Alterthums, defen
Sage man eifrigh auszubeuten bemilht war, fo mufte e& vorzugsweiſe den
Peifal der gelehrten Bewegungspartei burd) bad in ihm enthaltene sepublitani-
fe Element exlangen, weldes im Allgemein das darin in merkwürdigem Ge-
genfage ebenfalls aufgenommene abſolutiſtifche Element weit uberwiegt. Man
{ah in dem Corpus juris cin Ge(ep buch und fomit einen Inbegriff fefter, be-
520
Selbfthilfe und fuchte fic durch gewaltfame Vertreibung der Doctoren vom
Eindringen des roͤmiſchen Rechts gu befreien. Bn biefer Hinfidht if beſonders
merkwuͤrdig bas, irrig unter bem Namen der Reformation bes KRaifers
Friedrich MI. vom Sabre 1441, befannte, wahrfheinlid von den Bauern
gu Heilbronn aufgefeste Aktenſtück, eines ber vielen Projefte ber Verbeſſerung
and Umgeftaltung ber deutſchen Gerichts⸗ und politifden Verfaſſung, welche
im Reformationsgeitalter und ingbefondere wahrend des Bauernfrieges von ein:
gelnen politifden Neuerern verfaft worden find. Jn diefem Entwurfe wurde
geradezu auf volligen Ausſchluß aller gelehrten Juriſten aus ben
deutſchen Geridten angetragen, freilid) ohne allen Erfolg (6. Hagen, Geift ber
Reformation; Ranke, deutſche Gefd. im Reformationsyeitalter; Joͤrg, Deutſch⸗
land in ber Revolutionsperiode; Zimmermann, Geſch. ded deutſchen Bauern-
krieges, u.a.). Rach der Unterdridung bed Bauernaufftandes findet fic) feine wei
tere Spur einer folden gemwaltthatigen Oppofition gegen das roͤmiſche Rect:
iberhaupt war Ddiefelbe voͤllig erfolglod gewefen, und bald befeftigte ſich die
Herrſchaft besfelben um fo mehr, alé von hier an tiberall bie alte Schoͤffen⸗
verfaffung allmalig unterging und die ſteigendelandesherrliche
Gewalt bahin gelangte, bie Geridte mit gelehrten Beamten gu bes
fegen und bas Volk von ber Theilnahme an der ReGtsfprehung
voll ftanbdig auszuſchließen. |
Waͤhrend bie volfsmaffige Oppofttion gegen bas römiſche Recht fdeiterte, be:
reitete fid) bagegen im Stillen und langfam eine gelehrte Oppofition vor.
Nachdem ſich naͤmlich Deutſchland, ofne eigene Pflege bed Quellenſtudiums, im
15. und Anfange bes 16. Jahrhundertes an die Autoritdten der italienifden,
frangofifden und fpanifden Suriften gebalten hatte, brad Cujaz (+ 1590)
burd bie Hebung bes Quellenftudiumd die Bahn aur hiſtoöriſchen Behand⸗
[ung bes romifden Rechtes und biefe führte aud allmablig zur Hiftori:
{den AWuffaffung bes deutſchen Rechts und aur Erfenntnif feiner
nationalen Gigenthimlidfeiten, fo wie sur Einſicht, daß eine grofe Anzahl der
Beftinmungen bes römiſchen Rests in Deutſchland nicht ober nicht unbeſchraͤnkt
gur Anwendung gebradt werden fonne. Meben der germaniftifden trat fpater,
befonderd felt bem Erwachen der kritiſchen Philofophie (mit Wolf, 4 1754, bes
beutender feit Rant, + 1804) in ben retsphilofophifden Schulen
eine andere wiffenfdaftlide Oppofition gegen bad rdmifde Recht hervor.
Weit machtiger als die wiffenfdaftliche wurde aber bie aus Demfelben prafs
tiſchen Bebiirfniffe hervorgegangene legislative Oppoſition gegen bad römiſche
Recht. Da man bald erfennen mute, daß es in Deutfdland nicht unbedingt
angewenbet, burd badfelbe die Rechtsunſicherheit nidt gehoben werden fonne,
fondern burd die Zulaffung bes fremben neben bem einheimifden bie BVerwirs
rung nod grofer geworbden war, hielt man ſich theilweife fon im 15. Jahr⸗
bunbdert gebrungen, zur Codifikation feine 3uflucht gu nehmen (Schon unter
Mar. 1. bezeichneten mandhe Stimmen eine allgemeine Reichsgeſetzgebung
31
als dringendes Bedürfniß). Man wollte durch diefelbe dem Gebrauche des roͤ⸗
miſchen Rechts beſtimmte Schranken ſetzen, neben demſelben den deutſchen Rechts-
inſtituten geſetzliche Geltung verſchaffen, durch die einheimiſche Geſetzgebung das
erſtere leichter verſtaͤndlich machen und ſeine Anwendung durch Entſcheidung der
Streitfragen erleichtern.
Die aͤlteſten Codifikationen find die ſogenannten Reformationen der
Stadtrechte ſeit bem Ausgange des 15. und im Anfange bed 16. Sahrhun-
derts (in Landohut 1427, Coin 1437, Nurnberg 1479, Hamburg 1497, Worms
1498, §ranffurt 1509, Freiburg 1520, Mufter ben meiften ſchwaͤbiſchen Stadten).
Sie find haupifidli Civilgefeggebungen, enthalten aber gewohnlid auch
fon ausführlichere Friminalredtlide Beftimmungen, in beiden Begiehun-
gen mit vorherrſchend roͤmiſch⸗rechtlichem Elemente. Bom 16. Jahrhunderte an
entftanten aud immer Haufiger in allen Gegenden Deuiſchlands ähnliche Codi:
fifationen unter landesherrlicher Autoritat unter bem Namen von Landredten
ober Landesordnungen (1497 in Heffen, 1511 Baden, 1516 — 1518
PVaiern, 1526 Tirol u. f. ww.) ').
Sowohl die Reformationen der Stddte, als die Landesordnungen wollten
nicht erfdopfend fein und fepten nebenbei bie Anwendbarkeit bed roͤmiſchen Rechts
im Ganzen unbeftritten voraus, fo weit nicht dadfelbe audbriidlid in einer oder
ber anderen Beziehung aufgehoben oder ausgefdloffen worben war: überdies lag
denfelben cine Wbfiche der Abanderung bes rdmifchen Rechtes regelmagig in fo
weit gar nidt gu Grunbde, al’ fie aus Demfelben fddpften, fonbern gerade in
folden Beziehungen glaubte man aud dem romifden Rechte nur dad feinem
Geifte wirklich Angemeffene und Gemeingiltige aufgenommen gu haben, fo daf
aud im 3weifel die Beftimmungen diefer Codififation nie anders als im Sinne
des gemeinen romifden Rechts aufgufafien find. Die Tendenz einet freieren
und felbftftandigen Geltung tritt erft im preuffifd@en Landredte von 1794,
öſterreichiſchen bürgerlichen Gefegbude von 1811 und Code Napo-
leon von 1804 bervor.
Der Civilprozeß, feit bem Anfange bed 15. Jahrhundertes ofnehin
hauptſaͤchlich auf ber Grundlage des rdmifden und canonifden Rechtes entwik⸗
Felt, Hatte ſchon durch die Reidsfammer-Geridtsordnungen feit dem
Jahre 1495 wenigftend theilweife eine gemeinredhtlide Grundlage erhalten, an
welde fid) die Landesgerichts- und Procefordnungen anlehnten (in
Baiern vom Jahre 1520). Die fachfifde vom Jahre 1622 fand eine folde
allgemeine Anerfennung, daß fie fogar der Reihsgefeggebung gum Vorbilbe
biente, befonderé dem fogenannten jlingften Reichsabſchiede, welder feitdem die
") Ueber bie mähr. Lanbredte, Lanbfriedben und Lanbesordbnungen (vom Sabre
' 1685 an) S. Chytil’s Abbandlung im 4. H. ber Schriften ber hift. Seltion, 6. 169 —
200, über bie ſchleſ. meine Geſchichte ber Verfaffung und Verwaltung Schlefiens, Brünn
1854 (im 7. B. ber Sekt. Schr.).
§22
hauptiadlidfte Quelle des allgemeinen PBrocefrechted in Deutſchland bilbete, und
bereitd vieled fitr bie Befehleunigung der Proceffe burch die Abſchaffung bes
articulirten Berfahrens, die genauere Beftimmung der unbeilbaren Rictigfeiten
und namentlid durd) bie Einſührung ter Eventualmarime geleiftet hat. Row
entfcbiedener tritt tad Streben nad Bereinfadhung und Abfiirzung bes Verfah—⸗
rend durch Abſchneidung überflüfſiger Weitliufigkeiten und Befdhrinfung der
Rechtsmittel im Codex juris Bavarici Judiciarius yom Jahre 1753 und in der
algemeinen Gerichtsordnung fiir die ofterr. Staaten yom 3. 1781
bervor.
Weit thatiger ald im Civilrechte und burgerlichen Progeffe zeigte fic aber
bie deutſche Gefeggebung, inébefontere in ber neueften Beit, im Fache ded
Strafredtes, wie es auch die Natur dieſes Rechtstheiled mit ſich bringt,
welder mehr alé irgend ein anterer in unmittelbarer Beziehung gu den Forte
f@ritten ber Humanitat und ben Berdnderungen der dfentliden Meinung ſteht.
Schon bie fimmtliden Landfrieden gehdren gum großen Theile in die Kaffe
ber Strafgefege: bie eigentlide Codififation entwidelte ſich aber guerft unter den
Ginfliffen des roͤmiſchen Rechts, fpater aber und fortwahrend unten benen der
philoſophiſchen Schulen und bes offentlichen Geifted. Auger ben Reformationen
ber Stadt- und Landrechte ift gu ten alteften legidlativen Verſuchen feit der Er⸗
richtung des Reichskammergerichtes die fleine Malefizordnung Mazimilian L
far feine tiroler Lande vom Gahre 1499 gu zählen. Weit bedeutender war
aber bie vom Greiberrn von Schwarzenberg ausgearbeitete, 1507 im Fire
ftenthume Babenberg und 1516 in den franfifden Landern bes branben-
burgifden Hauſes eingefiibrte peinlide Halsgerichtsordnung, welche
nad mehrfacher Ueberarbeitung als peinlide Halsgerichtsordnung Raifer Karl V.
(bie fogenannte Carolina) im Jahre 1532 zum Reichegeſetze erhoben wurde
und feitbem mefrfad ben partifuldren Landesgeſetzgebungen zur Grundlage Diente,
aber eben fo wie bie Civilgefeggebungen jener Zeit die Giltigheit bed roͤmiſchen
Rechtes nebenbet vorausfepte.
Am thatigften war von jeher bie Gejeggebung im Gebiete bes politi
tifdhen Rechts. Die bei weitem meiften Reihsgefege fon vom Anfange bes
14. Jahrhundertes an betreffen zunächſt BVerhiltniffe bed Sffentlichben Rechts.
Rebenbei erſchienen die verfdiedenen landesherrliden ‘Brivilegien, bie Res
werfalen und andere BVereinbarungen mit den Landſtänden alé
eben fo viele partifulire politiſche Gefeggebungen (Zoͤpfl, Gefchidte der beutfdjen
sel Stuttgart 1846 (feiner deutfh. Staaté- und Rechtsgeſchichte —2—
1. Abth.) S. 177 — 188; Philips, deutſche Rechts⸗ und Reichsgeſchiche
3. Aufl. München 1856, S. 335—346, 385—394; Eichhorn, deutſche —*2
und Rechtsgeſchichte, u. a.). aa é
Raddem bas Strafredt die grdpte Umwandlung evlitt und OF
zuͤglich die Staͤdte Antheil nahmen, wollen wir bei diefem now ‘twa
523
$n der Strafgewalt ber Germanen faffen fic in der Alteften Zeit zwei
Beftandtheile unterfdeiben. Dem Ginen lag ver Geſichtspunkt gum Grunde,
bie gegen bad Gemeinwefen felbfibegangenen Verbrechen dur d
Steafen an Leib und Leben gu rdden. Bei ben Anderen herrſchte ber
Gebdanfe, ben einem Jeden gugewahrten Frieden burch Vermigens:
buffen gu ſchützen. Aber aud die Vergehen, welche durch Vermdgensbuffen
geſühnt wurden, wurden nidt als rein privatrechtlicbe angefehen, fondern man
unterfdied daran awei Geſichtspunkte: bie bem Anderen dadurch gugefiigte Rechts.
Tranfung, und bie Verlegung des mit gemeinfamer Hand gefdhiigten Friedens.
Dem entipredend fiel von ben Vermigensbufen ſchon in ber aAlteften Zeit ein
Theil an ben Berlegten yur Genugthuung fiir dad erlittene Unrecht, ber andere
Theil an bad Gemeinwefen yur Stine des verlegten Friedens. Bei ber Aus:
bilbung bed Strafrechted trat diefer Unterſchied nod ſchärfer hervor. ener
Theil wurbe nun inégemein die Comypofition ober Buffe, ber andere dad
Fredum ober Wette genannt. Diefes fiel aber jegtan den Konig. Zugleich
entwidelte ſich aus ber königlichen Gewalt nod ein dritter Gefidtdpuntt ber
Strafbarfeit, ber Ungehorfam wiber bas, was der Konig unter Koönigobann
geboten ober verboten hatte. Da ſolches insgemein, wie Me Siderung bes Fries
dené, gum Wohle und zur Erhaltung bes Ganzen geſchah, fo granaten der zweite
und dritte Gefichtdpunft nahe an einander und floffen allmablig zuſammen.
Dieſes Syftem ber Vermdgensbuffen war darauf berednet, daß Feber ein
hinreichendes Vermoͤgen beſaß, womit er fir ſich einfland. Hatte er ein folded
nit, fo haftete er mit Leib und Leben. Gr büßte burch forperlidhe Züchtigung,
oder er mufte bem Anderen feinen Leib fir die Schuld verpfinden, ober fid
ihm in Knechtſchaft ergeben, ober gar, wenn nit Verwandte und Freunde fir
ifn eintraten, mit dem Leben herhalten.
Reben dem sffentliden Strafredte ftand dadsjenige, welded der
Verlegte ſelbſt geltend machen fonnte, naͤmlich bie im Naturgefühle beds Fraftigen
und fireitharen Bolfes tief gegriindete Rade und Fehde, welde eine befon-
dere Nahrung burd den Familiengeift erbhielt, fraft deffen fic die Verwandten
unter einanbder bei Fehden Beiftand fdulbig waren. Am madtigften fpradh
dieſes Gefiihl bei einem Todfdhlage, wo die Pfligt ber Blutradhe eintrat.
Diefen Fall haben baher bie Rechtsbeftimmungen faft ausſchließlich vor Augen.
Auferdem wird nuc nocd bei befonderen Rrantungen der Perfonlidfeit oder
Ehre bes Hauſes bie Privatrade als zuläſſig erwaͤhnt. Ihre Wirfung in fenen
Fallen war, daß der Thater bem Berlegten gegentiber friedlos (faidosus)
wurde, und bon demfelben erfehlagen werden fonnte, wenn er fi dem nidt
burd bie Flucht entzog. Er mufte dann burdh Vermittlung Anderer, wobei
beſonders die Geiftlichfeit thatig war, bie That gu ſuͤhnen und den Frieden Her:
zuſtellen ſuchen. Der Verletzte fonnte jedoch auf die gefeplide Compofition kla⸗
gen. Mochte nun die Fehde durch Vermittiung oder durch Klage und Uirtheil
beigelegt werden, wurde unter feierlicben Formein Friede gelodt.
Sted .
Der Gebrauch ber Fehde wurde aber burgh bas Ret immer mehr
eingeengt, ſowohl burd Einſchränkungen der Vergehen, bei welchen fte nur
Statt finden, oder Bezeichnung gewwiffer Zeiten und Orte, wo ber Thäter Friede
haben -follte, in welder Hinficht indbefondere dad kirchliche Afylredt wohl—
thatig wirkte; bid endlid Karl ber Grofe verorbnete, daß nad einem Tobfchlage
die Febbe fofort burch die Entridtung und Annahme der Compofition und durd
bie Gelobung ted Friedens beigelegt und der Wiberfpenftige dazu felbft durch
den Ronig. gezwungen werden follte. Hiemit war alfo die Blutradhe durch wirk⸗
lide Befehbung als gefepliched Rect aufgehoben, und lebte nur nod im Redte
ber Berivandten, die Blutſühne gu fordern, fort. Freilich durchbrach in jenen
rohen Zeiten dad Rachegefühl nod oft genug die Schranken bes Geſetzes. Auf
biefem Rampfe zwiſchen der Unfitte und dem Gefege beruht aud ber im Mittel⸗
alter in ben mannigfaltigften Anwendungen vorfommende Gebraudh, wo Rache
zu beforgen war, befonders nad Todfdlagen, einen Vergleih (Ridtung,
Taidigung) eingugehen und Urfehbe ober Urfrieden ſchwören gu laffen.
Bur Sühne wurden nun hdufig religiofe Leifiungen bedungen. Wenn
aber der Thiter in der Act war, fo lebte dad Recht ber Blutrace wieder auf.
AAmahlig nahm aber bas Strafrect eine andere Richtung. Dad Chriften-
thum fubrte ben Grund ber Gtrafe auf ben Begriff der Gerechtigfeit und defen
Zuſammenhang mit Der fittliden Weltordnung gurid. Dazu paßten aber bei
fdweren Vergehen bloße Vermogendsbuffen nicht. Die Vorftelung oon ben dem
fonigliden Amte gur Handhabung der Gerechtigkeit auferlegten ftrengen Pflich⸗
ten, Dad Bedürfniß durch Strafen die allgemeine Sicherheit und Ordnung gu
fidrfen, und Die robe Menge au ſchrecken, endlich bad mit dem Shriftenthum
tiberlieferte Anfehen bes mofaifden Rechts wirkten gufammen, um ein neues
auf harte Lebens- und Leibesftrafen gebauted Strafredt hervor:
gurufen, wie es in den Reidhsgefegen ded Meittelalterd, aus diefen in den Rechts⸗
fplegein und etwas mehr ausgebilbet in ben Stadtrechten erfdeint. Doc waren
dieſe Aufzeichnungen fehe unvollfommen; an manden Orten wurde fogar blod
nad bem Grmeffen ber Sdhoffen geridtet. Es war daher in ber That ein gro-
fer Fortfdhritt, ald feit bem 15. Sabrhunderte die auf bad canont{de und
romiſche Ret gebauten Schriften der italieniſchen Prattifer in Deutſchland
Gingang fanben. Der Einfluß der neuen Jurioprudenz geugte fid) in Dem ſchon
erwaͤhnten Rlagfpiegel, gang vorzuigli® aber in der Hbamberg {den Halsd-
gerichtsordnung, welde ber im Strafredte herrſchenden Unwiſſenheit und
Willkühr entſchieden entgegen trat. Diefe Ridtung wurde aud bie Grundlage
von Sarl V. Halsgerig®tsordnung.
Turd diefed neue StrafreHt verloren die alten Bermogens:
buffen immer mehr an Bedeutung. Rah dem Rechte ded Gadfenfpies
gels, wo der Todfdlag an ben Hals ging, wird bas Wehrgeld nur nocd bei der
Todtung aus Fabhrlaffigteit ober durch cin Thier angewenbdet, und aud diefes
ift im Schwabenſpiegel verſchvunden. Buße wird bei Lahmung, Verwundung,
thatlider und wortlider Beſchimpfung nod erwaͤhnt. Dod war aud hier bem
Verlegten in ſchwereren Gallen ftatt ber Buße die Anklage anf cine peinliche
Sirafe freigeftelt. Durch dieſe Verinderung verminbderte fid aud die
Anwendung der Wette, weil eine folcdhe neben einer peinlichen Strafe
nie gegahlt wurde. Anbererfeité gab ed aber bod mancherlei Heine Vergehen,
bie bios mit einer Wette an den Richter beftraft wurden. Man hatte alfo nun
Verbredhen, bie an Leib und Leben, Vergehen, die mit einer Geldftrafe an ben
Giffus, und Vergehen, bie mit einer Buse an ben BWerlepten geftraft wurden.
So fam baé Strafredt in die Geftalt, welde es im Weſentlichen nod fat.
Gine nitht minder grofe Aenderung erfuhr dad peinlide Verfahren.
Die Anklage war in friiherer Zeit indgemein bem verlegten Theile Aderlaffen;
bom mufte aud bei Berbredhen gegen dad gemeine Weſen oder gegen die offents
lide. Ordnung die Obrigfeit von Amtowegen sur Verfolgung einfdreiten; fo bei
Lodtidlag, gegen Sole, welde alé Straffenrduber, Wegelagerer, wegen Une
treue gegen ben Ronig ober wegen Zauberei uͤbel berictigt waren, gegen Ent⸗
fifrer und nod in anderen Fallen. Im Mittelalter flanden neben einander die
Anflage ded Verlegten, die fiir thn nur ein Recht, Feine Pflicht war, und die
BVerfolgung burd bas Geridt fe nath ber Ratur bed Wergehens. Jn diefem
Geifte wurde aud in ben Stadtredten bem S hulteifen oder Fro§nboten
auferfegt gu Flagen, wenn ein anberer Kläger nidt da war, in vielen Stadt.
rechten jedoch diefes Recht anus Beſorgniß bes Mifbraudhs ausdridlid auf be»
ftimmte Vergehen beſchraͤnkt.
Die Anklage erfolgte entweder wegen handhafter That, „wo Smem
die verbrecheriſche That ſo zugeheftet war, als ob ſie ihm in der Hand klebte.“
GS ſetzte voraus, daß ter Verbrecher auf der That ertappt, mit dem Geriifte
beſchrieen und gebunbden, ober mit Dem Geriifte verfolgt worden war. Dieſem
Waffenruf, wou nad Umftinden das Larmborn geblafen, und bie Sturmglocke
geldutet wurde, war jeder Erwachſene bei Strafe bewaffnet gu folgen (dad aud
in den brünner Rechten vorfommende Nestoite).
Bei der Anklage wegen einer ibernddtigen That geſchah die Borla.
bung vom Anflager felbft. Die Wnflage wurde im Mittelalter mit dem Ge-
ruͤfte erdffnet. Diefed galt als der Klage Beginn und legte bet Strafe bie Ver⸗
pflidtung auf, die Anklage durchzuführen. Hierauf wurde ber Berklagte auf
Antrag ted Magers vom Ridter gebannt. Erfchien er, fo fam es gum Beweiſe
nach ben bartber beftandenen Grundſätzen. Das Regelmaffige dabei war, daß
ber Berflagte ben Vorthell bes Reinigungseibes hatte, und dadurch die Wahr⸗
ſcheinlichkeit ber Unſchuld auf feine Seite gog, bis daß derfelbe durch ein Go te.
tesurtheil (Feuer- oder Wafferprobe, gerichtlicher Jweifampf u. a.) wider⸗
legt war. Der uralte Gebraudh, umringt von Berwandten und Freunden vor
Gericht aufgutreten, wurde (im Sachſen- und Schwabenſpiegel) auf 30 bids
ftenéd mit einem Schwerte Bewaffnete eingeſchraͤnkt. Blteb der BWerklagte nad
ber britten Vorladung aud, fo wurde er, wenn die Anklage an bad Leben ober
536
bie Hand ging ober fonft erheblider Art war, und der Klager die. That felbft-
filebent (mit 6 Gideshelfern) bejseugte, vom Ridter verfeftet (proſkribirt,
geächtet), in Folge deffen ihm weder Obdach, Shug, nocd fonft etwas vers
abreiht und er innerhalb ded Gerichtsſprengels verhaftet und, wenn er ſich gur
Wehr ſetzte, erfdlagen werden durfte. Wurde er dann in der Verfeftung ge:
fangen und vor Gericht gebradt, um welde Schuld es war, es ging ihm an
den Hal’, wenn die That und bie gefchehene Verfeftung felbftfiebent dargethan
wurde. Hatte der Verklagte ſich zwar geftellt, war aber tann flüchtig geworben,
fo galt er al8 überführt und wurde gleid) verfeftet. Befonders ausgebildet war
bie Rage wegen Todtidlags und Wunden, welde, wenn aud ubernddtig, bod bald
nad ber That und unter Mitbringung bes Todten vor Gericht angeftellt wer⸗
ben mufte. Blieb der Berflagte im britten Vorladungs-Termine aus, fo wurde
ec in bie Mordacht erflart. Eigenthuͤmlich war bei ber Mordflage bad Gottes.
urtheil durch das Bahrredt, wo der Angeflagte die Leicdhe unter Betheuerung
feiner Unſchuld berithren mußte, indem die Wunden, wenn er ſchuldig ware, fid
veraͤndern und bluten würden. Dazu wurde felbft nod wahrend des erften
Monates die Leiche ausgegraben. Der Gebrauch dieſes Bahrrechtes erhielt fid
bid in bad 18. Jahrhundert (GS. bei uns briinner Wochenbl. 1824 S. 51, 1826
©. 887, 1827 GS. 61.
Die Verfolgung von Amtdwegen gefdhah in 4 Fallen: 1) bei
Verbreden gegen den Konig oder gegen die sffentlidhe Rube und Ordnung;
2) bei einer ſchreienden Driffethat, gu der ſich fein Ankläaͤger fand, wobei ſich das
Verfahren gang in der accufatorifden Form bewegte, indem ber Frohnbote den
Wnflager made, ober vom Gericht ein Anklager geſetzt wurde; 3) gegen bel
beriidtigte gemeinfdadlidhe Leute, über welche genaue Erfundigungen eingegogen,
Verhaftungen vorgenommen, Verhoͤre und Zeugenvernehmungen angeftellt und,
wenn fie nidt uͤberführt werden fonnten, ifnen dod) die Reinigung vom Ber:
dachte (ex condicere) burd ben Gib mit 12 Eideshelfern oder burch ein Gottes:
urtheil auferlegt werden follte; 4) in Folge eines bofen Leumunds, gegen wel⸗
den bas Geridt von Amtéwegen inquiricen durfte.
Ein Mittlered zwiſchen oͤffentlicher Strafe und guͤtlicher Abfindung hatte
fic inébefondere in ben Stddten nad und nad entwidelt — die Stadtver:
weifung, Verabſchiedung, Verurlaubung, auf immer oder einige
Seit, unter Androhung der Rechtlofigheit fur den Fall der Rückkehr gue Zeit der
Verbannung (Leupold’s igl. Ehronif S. 135, 142, 154).
Daé Verirauen auf die Zuverlaffigfeit bes Neinigungseidbes Cmit
einer gewiffen Zahl Gidedhelfern, welde nicht über die That, fondern bie Zu⸗
verlaffigfeit bed Eides fchwuren) und ber Gottesuriheile mute bei gunehmender
Zinficdht und Erfahrung immer mehr erfchittert werden; auch entftand burch die
Abſchaffung des gerichtlichen Zweikampfé, an weldhem befonderd
bie Stadte arbeiteten, im Beweids(yftem eine wefentlide Lice. Man fudte da⸗
her allmalig mehr und mehr nad Erfagmittein. 1) Es follte, wenn einer durd
527
bas Geritdht ald ber Urheber einer vorgefallenen Miffethat bezeichnet wurde,
ber Leumund durch bewahrte Zeugen erhartet, und dann bem Angefduldigten
eine RNeinigung nad dem Ermeffen bed Michters auferlegt werden (Henrici
treuga c. 1230). 2) Sdon im 12. Jahrhunberte wurde (von Friedrich I. 1187)
gegen Morbbrenner tad Ueberfiebnen burch ben Kläger mit Ausflug ded Rei⸗
nigungseides eingeführt und bied von Rudolph J. (1281) auf alle Falle ausd-
gedehnt, wo ein ſchädlicher Mann oder Dieb, wenn aud ohne handhafte That,
gefangen vor Geridt gebradht wurde. 3) Wurde, weil 6 Eideshelfer dem Klaͤ⸗
ger oft ſchwer gu finden waren, bad Urberjicbnen gegen folde Leute bei hand⸗
hafter That durch kaiſerliche Privilegien Haufig erlaffen, und auf ben blide n:
ben Sein, die Zeugen und dad Geftandnif gu verurtheilen geftattet. 4) Ges
ſchah aus gleidem Grunbe dasſelbe häufig aud im Falle ber nidt handhaften
That, wenn Geftandnif vorlag. 5) Hatte Rudolph I. nicht blod dem Anklager,
fondern aud dem Ricter in bem genannten Falle bas Recht gu uüberſiebnen bei-
gelegt, wenn fich gu feinem Gite 6 Eideshelfer fanden. Diefes wurde aber in
Berbindung mit dem erwahnten Leumundsprozeß dahin erweitert, dag den Ges
richten privilegienmagig bie Befugniß ertheilt wurde, gegen Diebe, Rauber und
anbere gemeinfdablide Leute auf Grund des Leumundes nad ihrer gewiffenhaf-
ten Ueberzeugung durch Mehrheit der Stimmen bie Todesftrafe gu erfennen.
6) Mute bei gunehmenter Bildung auch gegen die Zuverldffigteit bed Befieb-
nens gegruͤndetes Bebenfen entftehen, welches aud burch die Forderung, dak die
Gibe geldufig ,ohne Strumpeln“ nadgefproden werten müßten, nicht gehoben
werben Fonnte. |
Durdh diefe Verdnderungen waren in bad Beweisſyſtem drei neue
Elemente aufgenommen worden: dad Gewicht ber ridterliden Bes
urtheilung, die Bedeutung des Geftandniffes, was früher gar nidt
zur Sprache fam, und bad Beweifen durch Zeugen. Diefem Zuftande fam
nun bie Theorie, welche die italienifden Prattifer aus bem römiſchen und
canoniſchen Redte gezogen Hatten, entgegen, und daraus entftand das
Beweisſyſtem, weldhes fis in ter bamberger Halsgerichtsordnung (1507), im
Laienfpiege! (1509) und in Karl V. Halsgerichtdorbnung (1532) finbet. Das
BHefiebnen, als wobei der Beweis nur „auf tunfel ayd gegründt“ war, wurde
ausdrücklich abgeſchafft; ftilfdweigend aud bad Verurtheilen auf Leu⸗—
mund; ftatt bed Befiebnend follte ber Beweis durd orbdentligde Zeugen
ober burd) Geſtändniß geführt werden und burch bie Verurtheilung blos nad .
ber richterlichen Ueberzeugung nicht gulaffig fein; felbft ſtarke Angeigen und Vers
dachtögründe follten bagu nidt gentigen, dod aber der Richter dadurch bad Rede
eclangen, gegen den laͤugnenden Beflagten das Geſtändniß durch die Folter
gu ergiingen (Karl V. Halsgerichtsordnung Art. 22. 23. 62. 67. 69). Die
Tortur trat alfo gewiffermagen an die Stelle ded Gottedurtheilé und ded
Befiebnens. Jedoch ,,follte man nitt liederlich yemandts mit marter peinlid
fragen," fonbdern nur wenn die Uebelthat wiffentlid war und „etlich vermuttuns
538:
gen und indicia ober halb bewelfungen wider den gefangenen” vorlagen. €6
mufite aud bie Anwendung ber Tortur immer erft burch ein beſonderes Urtheil
defretirt fein.
Die Peinigung hatte ihre genau unterfdhiedbenen Stufen; auch nach ber
Praxis ging erft eine Verbalterrition mit Drohung und Vorzeigung der Marter⸗
werfgeuge, und eine Realtercition durch wirflide Anlegung derfelben aber ofne Peis
nigung, vorher. Dad Torquiren geſchah in ber Folterfammer vom Scharfridter
und feinen Gebilfen im Beifein von Zeugen und einer Geridhtéperfon, welche
ble Ausfagen niederfdrieh. Daß aber die Prarid in der Folgezeit von dieſen
gefepliden Borfidhten und Befdranfungen vielfach Umgang nahm, iſt eine be-
fannte Gace in ber Geſchichte der erft von M. Therefia abgeſchafften Tortur.
Drurch die Sinwirfung bed canonifden Rechts vermittelft der darauf
gebauten Schriften der italienifen Praftifer erhielt nun die ganze peintiche
Procedur eine feftere wiſſenſchaftliche Geftalt. Der Laienfplegel nahm hienad
fünf Formen bes Verfahrens auf: die Accufation, Denuntiation, Inqui⸗
fition, Purgation und wegen wiffentlidher Uebelthaten. Die Accufation
nahm hier wie in ben neuen Halégeridtéordbnungen aué dem deutſchen Rechte
ble beiben alle auf, wo entweber von einem Brivaten oder von der Obrigfeit
von Amtswegen accufirt wird. Lewtered erhielt fich fortwaͤhrend in vielen Ter⸗
ritorien, und es wurde ald offentlider Ankläger ein eigener Beamter
ober Fifcal angeftellt (aud bei uné nach den Inftruftionen des maͤhr. Fifcal
amteé vom Sabre 1640 an). Der groferen Sicherheit wegen war bei diefem
accufatorifden Progeffe allmablig bie ſchriftliche VBVerhandlung aufgefommen
(G. G. 383). Allein wenn nach diefen ſchriftlichen Atten bas Urtheil feſtge⸗
ftelt war, fo wurde nod) ber ,,endlide Rechttag“ gehalten, worin tiber die Sache
das alte Offentlide und mündliche Verfahren von ber Hegung und
Anflage bis gum Breden ded Gerichtsſtabes vor fic ging (Marl V. H. ©. Orv-
Art. 78 — 99). Das Ridten auf Denuntiation trat hauptfadhlid ein,
wenn einem Richter durch feinen Unterbeamten eine vorgefallene Miffethat an:
geseigt wurde. Das Verfahren auf Fnquifition war (nad bem Laienfplegel)
bel ben weltlichen Geridten nod wenig in Uebung, befonderé fam es gegen
gemeinſchädliche Qeute oder wegen begriindeten Leumunds von Amtéwegen in
Anwendung. Das Verfahren auf Purgation trat ein, wenn von ber Vers
handlung gegen ben Verflagten ein bofer Leumund guritdgeblieben war, wovon
bem Geridt bie Reinigung durch ben Purgationseid mit Hilfe von Mitpurgi
tern ndthig ſchien.
Das Verfahren wegen wiffentlider Miffethaten endlich hatte
Statt wie bad wegen handhafter That bet offenbaren notoriſchen Vergehen.
Das Urtheilfinden geſchah durch Umfrage der Schoͤffen auf ihren Gib.
Lautete bas Urtheil auf Todedftrafe, fo machte gewoͤhnlich ben Beſchluß der Be-
fehl des Richters an den Nachrichter yur Vollftredung und das Brechen bes
Gerichtsſtabes.
529
Die Exetution erfolgte regelmafig ſehr ſchnell, oft nad wenigen Stunden.
Spaͤter hatte ber Frohnbote die Hinridtungen au beforgen. Jn ben Stadten
findet fid dafür ein Unterbeamter ded Vogts, fpdter ber Henker. Zu deffen
Recht gehorten beftimmte Gebiihren '), die er vom Kläger erhielt, und ein An⸗
fprud auf das, wad ber Delinquent am Leibe trug. Dieſes Hinridten um
einen jedeSmaligen Lohn galt als fiundlid und verdchtlid, nidt aber bad mit
‘einer feften Befolbung verfehene Nacridteramt. An manchen Orten hatte man
aber feinen Nachrichter, fondern deſſen Verridtung war eine Gemeinbdelaft, die
bem jiingften Gchoffen oder bem jiingften Ehemanne im Orte oblag, ober ed
muften Me mit Hand anlegen.
Die Stabte, welden indbefondere es Bedürfniß war, bad Schickſal eines
Strafprozeffes nist mehe ten Parteien preisyugeben, Hatten bas alte Beweid-
fyftem abgeftreift, nidt aber die raft und ermangelten ber nodthigen Unters
ftigung von aufien, um eine pofitive RNeugeftaltung in nationalem Geifte durch⸗
zuführen. Gie fielen baher Dem fremben Rete in bie Arme, defen
Sieg dadurch fiir Jabrhunderte entidhieden war. Man findet nimlid, daß die
Stadte nah und nad Stid fiir Stid vom Beweisfyfteme des fremben Rechts
annabmen, ohne Dod den weiteren Fortſchritt gu maden, der gum
Gefdhwornengeridt geführt haben würde.
Die Stadte ſchloſſen fich in der Regel an das Syſtem bed fremden Rechts
an, bem Augenſchein, Geſtändniß, Zeugniß und Anzeigen Beweismittel von glei⸗
Ger Dignität find, und fein Bedürfniß inwohnt, die durch Zeugen und Anzeigen
gewonnenen Data nod erſt durch bas Medium der Gewiſſensüberzeugung gehen
zu laſſen; wohl aber machten ſie vom Inſtitute der Folter einen oft barbariſchen
Gebrauch.
Mie aber die Entwicklung bes Strafverfahrens in ben deutſchen Städten
durch ire allgemeine Gtellung gum Reiche beftimmt war, ſo auch bie ihres
Strafredtes. Aud hier entwidelten fie im Contrafte gu dem Rechte bes
Ritterthums eine eben durch ben Gegenfag oft furdtbar gefteigerte
Strenge (GS. die olmiiger Gammel-, Ludwig's briinner, Leupold’s igfauer
Ghronif), Gleichwohl verlor ſich auch in ben Städten ber Gegenfag eined dop⸗
pelten Strafrechts nist ganz. Die eiferne Durchführung abſchreckender Straf-
gefepe fand vorgugdweife gegen Fremde, Uebelberhdtigte ober gerin:-
gere Leute Statt, wabrend in der Regel bie Burger fics mander Vortheile
beim Verfahren gu erfreuen Hatten, und bei ignen, mindeſtens der einen. ober anderen
Klaſſe, auc wohl nod bie Vergiinftigung, bie Strafen mit Geld ldfen gu
biirfen, vorfam. In ber Mitte fland dann die Strafe der Stadtverweiſung.
— — — —
1) S. Scharfrichters⸗Tax in Zwittau vom Jahre 1627 im Notizenbl. ber hiſt. Selt. 1857
S. 48; Ober⸗ und Untergerihtedieneré-Tay in Olmiltz von 1688, eb. 1858 Mr. 9, a. m. a,
34
550)
Wenn aud bie politifeh ijolirten Stadte fein gleidfirmiges Syftem durchführen
fonnten, acigen fie aber bod im Gangen bas Beftreben, tad Strafredt
unter ben Geſichtspunkt einer Reaktion im offentliden Inter
effe gu bringen. Wenn fie daher aud nod ten Unteridied von fren:
gem und freundlidem Recht, von causae majores, minores und Slofen
Freveln beibehielten, fo ging bod die Tendeng offenbar dahin, die Klaſſe
ber Ungeridte (Bergehen, wenn die Strafe an ten Leib ging) zu erwel-
term, und insbeſondere barunter aud folde Vergehen gu ftellen, welche ber Feu:
balftaat verwahrloft ober ber Rirche iiberlaffen hatte, 3. B. Gotteslafterung, Rege-
rei, Hererei, Meineid, Vigamie, Menſchenraub, Faͤlſchung, Sodomie, Selbftmort,
u. a. Dazu diente denn ald Uebergang bas Inſtitut bed ſtäbtiſchen Freie:
bens, indem man Ddiefen oft beſonders gebot, und fofort unter Dem Titel feiner
Berlegung eine ſonſt als Civilvergehen angefehene That gum Blutbanndfalle
ftempelte. Die offentliden Strafen waren meift graufam. Die Stadte mußten
um ihrer Selbfterhaltung willen eben fo oft in dieſes Ertrem, alé in das ent:
gegengejebte, fallen. Dad Strafrecht war aud bei ibnen weniger Redhts-, ale
Poliseifache, baker aud weniger, alS bas Privatrest, Gegenftand wiſſenſchafi—
iden Nachdenkens. Die Hauptangelegenheit war den Städten Me BVerbefferung
bed Berfahrend. Wie aber in biejem Punfte, fo thaten fie {td auc im Straf-
recite felt bem Ende bed 15. Jahrhundertes wenigftend dadurch Hervor, daß fie
(vorzuͤglich bie rheinifden und ſüddeutſchen) dem romifden Rechte einen
merklich zunehmenden Ginfluf geftattet Hatten, welded ein auf ben Grunbdfag ler
Berfolgung der Verbreden im offentlichen Intercffe gebauted Strafrecht darbot.
Als entſcheidendes Moment für ben Sieg bed roömiſchen Rechts ftellt ſich
ber ewige Landfriede bar unt bie bamit verbundene Ginfegung ded Re ich 6
fammergerid@tes, tad nah romifdem Redte gu fpreden angewiefen
wurde und dieſe Anweiſung treulich befolgte. Es erfolgte von nun an eine
raſche und heftige Umwaͤlzung im geltendben Rechte. ES verbreiteten fic neue
Anſichten ber dad Wefen bes pofitiven Rechts uͤberhaupt; man forderte ge:
fGriebenes Redt ober befonders bewieſene Gewohnheiten, baker
denn auc bie Urtheile in Strafiaden nicht mehr nad ber beften Ueberzeugung
ber Richter, fondern nad gefdriebenen Normen erfolgen follten. Die Folge war,
daß die gelehrten Richter auf das als jus incertam behandelte, einheimiſche
Recht Herabfahen, und bie Rechtsbücher vom Ende bes 15. Jahrhunderted
ab, wo fie nicht ausdrücklich als Lerritorialredht eine befondere Sanktion evpiel:
ten, ihre Auftoritat immer mehr einbüßten; bedgleidien, daß man eine gan}:
lide Umaänderung ber Geridtéverfaffung vornabm, b. h. Etadt-
geridte und höhere Landesgeridte mit gelehrten Rimtern be:
fepte, tagegen die vorerft nod im alten Stande verbleibenden an die legteren
ober an die Suriften-Fakultaten anwied. Dads Bedürfniß rechtdgelehrter Geridte
anberStelledberimmerungureidenbder werdenden Sw offen- Ver:
faffung war ſchon feit der Mitte des 15. Jahrhundertes fihlbar gerworden.
681
Ausgefproden war uun die Unentbehrlichfeit bed roͤmiſchen Nets fir
Deutidland, nicht mehr blos als Gewohnbheitéredt, fondern aud reichsgeſetzlich
ausdrücklich als gemeines deutſches Recht erflart. Aud wurde der
Sieg vorerft iné Ertrem verfolgt, indem weber Theoretifer, nod Praktifer fener
Zeit Kritif genug bejaffen, um Ne wahre Grenze zwiſchen der Anwendbarfeit
bes einbeimifden und bes fremden Rechts aujfgufinden, wortiber die lebenbdige
Kenntniß des erfteren mehr und mehr ins Verfiegen fam. Sehr natkrlid war
e6 baer, daß ſich gegen bie unbebingt romanifirende Tendeng eine volfsmaffige
Oppofition erhob, die freilid) gegen dle wiſſenſchaftliche Uebermacht vorerft aud
bem Felde weiden mufte.
Aud im Strafrechte war es tibrigend keineswegs bas reine rdmifche Recht,
was man vor Augen fatte, fondern bad Redt, wie es ald lebendiges jus com-
mune, verſchmolzen mit bem canonifden und mit ſtädtiſchem Statutarredte ger-
manifden Urfprungs in der italieniſchen Doftrin und Praris fich geftaltet hatte.
Gerate ber Niederſchlag germaniſcher Rechtsanſchauungen in den italienifden
Etddteftatuten, und die Gefchiclidfeit, womit bie dortigen Suriften dieſes Sta:
tufarrecht mit Dem gemeinen gu verbinden wuften, war fiir bad deutſche Recht
um fo widtiger, je fritiffofer und fanatifder man in Deutſchland Anftalt machte,
bem fremben Rechte alle volfethiimlide Errungenfdhaft aufsuopfern. Schon die
Gloffatoren, die CSfribenten und ihre Nadfolger befhaftigten ſich regelmafig
aud mit bem Strafredhte, bie Ganoniften wenigftend mit dem firdliden und
mit bem Prozeß. Speciell mit bem Strafrechte beſchäftigten fic meift die Prat:
titer in grofen Städten. Die Schriften diefer Manner wurden aber in Folge
bes lebhaften Verkehrs mit Stalien auc in Deutſchland befannt und ein Gegen:
Rand cifrigen Studiums.
Indeffen war ihr Einfluß auf deutſche Beftrebungen fein gleichformiger.
Waährend der Klag- und Laienfpiege! und ihre Rachahmer, welche we⸗
nigftené ben Zweck erreicten, bad praktiſch anwendbare roͤmiſche Rest in popu-
far faflider Weife moͤglichſt allgemein befannt zu madden, fic fflavif an tad
frembe Rest Hielten, jeigten bie gefeggeberifchen Arbeiten weit mehr nationaled
EelbRberwuFifein. Was zur Godififation antriehb, war nur theils bie Roth-
wenbigfeit, einem und bem andern deutſchen Rechtsinſtitute, bas nun einmal in
der Praxis feftftand, geſetzliche Geltung yu verfdaffen; und liberhaupt die Gren:
gen Der Anwendbarkeit bes fremben Rechts zu fleen, weldhe die Wiſſenſchaft
nicht aufjufinden vermodte, theils tad Beduͤrfniß, Kenntniß und Verftandnif
des roͤmiſchen Rechts gu erleichtern und fiir die Anwendung die gelehrten Streitfragen
moglichſt abzuſchneiden. Wie Hieher gehorigen Gefeggebungen haben Daher die
unbeftrittene Borausfegung der Anwenbbarfeit bed rdmifden Rechts im Ganjen
gemein, fo daß es nur ta nidt eintreten foll, wo es ausdrücklich ausgeſchloſſen
fei. Groͤßtentheils find fie Denn auch aud bem romifden Rechte gefchopft und
wollten anus ibm interpretirt fein. Zu demfelhen gehdren theilé allgemeine, Die
fish vorzugsweiſe mit dem Privatredt befaffen, aber meift aud ausführliche
34%
ſtrafrechtliche Beftimmungen enthalten, theilé Stabdtredte, theils Sanbdrether, —
theils befondere Gefeggebungen fir Strafredht und ProceR, wie die tiroler Me⸗
leftzorbnung von 1499 u a.
Allein diefe Gefepgebungen, fo fehr fie von einander borgten, wnt alle ge
fammen das frembe Recht ausbeuteten, fo wenig fie partifulariftifh gu jem Reck®
ten unb glaubten, waren dies bod, oder legten wenigftend ben Kein gu nem
Partifularifation.
Es war jedod eine gemeingiltige Entſcheidung dieſes Streits, iuberbame
Gleichförmigkeit beds Rechts infeinem ReMtstheile größeret
Bedürfniß, als im Strafredte, deffen Energie durch Zerfplitteramg ber
Gerichte im höchſten Grade gelahmt wurde. Wenn irgendwo, fo mufte bier der
MiFftand, welder aus der Auflsjung bes mittelalterligen Staates unb ben de⸗
mit verbundenen Gabrungen folgte, mit dem Gefihle der Unertraglidfei: gm
Bewuftfein fommen. Sn ber That wurden Penn aud gegen tas Gnbe bed 15.
Jahrhundertes die Klagen und Forberungen immer lauter, ald deren Refatitat
fofort im 3. 1532 bie peinlide Gerid@tsordnung Karl V. Servorerat
Gie wollte fein Strafcoder im neueren Ginne fein, indem fie Ra tm Be
fentlidgen auf die Berbrehen hefdranft, deren Strafen an Halé anb Had
gehen, ferner auf cine Reihe anterer eingreifender Rechtsquellen (rom. Rede awk
Partifularredt, in fo weit dieſes neben ihren abfolut gebietenden Grantliga
fortbeftehen fonnte) verweift, beſonders aber, indem fie bie Entwicklung des Rekes
nidt bannen will, fondern tem Geridhtédgebraudhe und ber Wiſſenſchaft, die anf
ihrem Fundamente weiter bauen follten, überlaäͤßt.
Die peinlihe Gerichtsordnung gewahrte bem Strafs vor Dem Privatrechte
ben grofen Vortheil, daß es ein gemeines deutſches Ret Krirte unt
Daburd aud dem romanifirenden Fanatismus der Jurisprudenz bes 16. Jake
hundertes ein gefeplided Organ entgegenftellte, dad als gemeinverbindlide
Rechtsquelle nicht abgewiefen werten fonnte.
Wie fic) die Reichsgeſetzgebung, befonders in ben Poliseiordnunges
(1500 — 1577), bid gum 30jabrigen Rriege immer im Geifte der peinlicjen
Gerichtsordnung ober dod im Anſchluſſe an fie thatig erwies, fo wurbe diefelbe
in dieſem ganzen Zeitraume aud von ben Tercitorialgefegge bungen
durchaus ald allgemein verbindlimes Gefeg angefegen und
Rad und nach aud allgemein eingeführt, wenn aud nicht überall
auf diefelbe Weife, wie a. B. rückſichtlich ber oͤſterr. Rander in ten tiroler Landed
orbnungen von 1532 und Revifion von 1573, in der Landgerichtsordnung far
Deſterreich ob Der Enns von 1559, in der ſteiriſchen peinl. Geridte-
ordnung von 1574, in ben böhmiſchen Stadtredten von 1579, in der Landes:
erbnung fix Wahren von 1628 (fol 210 — 255).
Der 30jährige Arieg Hemmte die Thatigteit der Partifulargefeggebung fe
gut als jene ber Reichsgeſeggebung. Was fodann feit dem Ausgange dieſes
533
Krieges von partifulargefeggeberiiden Reſultaten ans Vite trat, mar allertingé
nicht mehr geeignet, bad Element der Gemeiniinfeit iu befarters.
Der Umſchwung tes Melthantels Harte rie Beteutiamfeit ter Städte ges
fmalert, eine Reife von Rriegen ihren Wob!ſtand aeritesr, Rok eres wart,
namentli Purch verfehrte Anwendung ed remifden ReLta, ter Bauerntan?
ju Boden gebriidt. Die Qanbeshobeit Cer Ceusihen Furften Bare AL segers
liber der faiferlichen Macht immer mehr auégebildet unt frei semat:, Cie mens
archiſche Gewalt iiberhaupt, mit Hilfe ter üebenden Heere, cinfeiige Herr’ to
erlangt, bie landſtaͤndiſche Verfaſſung ton im 17., neh aiebr im 16. Jof:Sun:
berte an Bedeutung und Wirkjamfeit immer mebr verloren, nuc tee Mrei uct
Clerus Borredte bewahrt. Da aber dieier UmiHrung ter Linge toh ert ‘eit
ber 2. Halfte bed 17. Jahrhundertes zu bercéter Entfalturg unt im 16. iy
ausſchließlicher Herrſchaft fam, erbiele fi tat Clemens ter Gemein‘amte.i im
Strafredhte noch bid gegen Cie Witte des 16. Rabrbunterted Sin muiriect Cer
Wiſſenſchaft unt ter burch fie beftimmren Prexie, welte HE cen un'fecrbarer
Anfingen allmahlig yu Mächten ausbilteren, deren Cad sevtcickere Ret: AF
beugen mufte. Namentlich begründeten Cie Stifgen Quriten Berl. es 2217
und 1618) unb Karpzov (Practicae novae in — Saxonicue rerum crim.
P. I — IH, 1638, 13. Ausg. 1758: eine tescsite Stake Hrd iter’ $271, fegten
biefe gugleid in tie engfte Beziebung mit tem deten unt Eeretigzen tie Here⸗
ſchaft bed gemeinrediliden Elements auf ein Qatrb.: rin aut, £18 2S levee
ftationdre 3uftant erft im 15. Jabrbunteste unter fein » ie Ruse Ler mm ocee eee
wadten Philoſophie und ter aud ibr entiprun zenen Mitt Seanattencer 32 dn:
bern begann.
Aud unter ter aren ee * ktatur Tielke "£ Cle Geosie im Yarien
nod an bie peinlide Geriftfortrurg, urt, sc fe com Bu titsten cet Goteges
abwid, ba geſchah es menigitend ant peidtienice Mes, im Asem eret vabeer,
burd fen Geiſt ter Zeit beftimniten Gon cf: p Sege
Eigenmacht ter Praxis nok inéteicnrere te 4 Ce Giretiars ces Berber
Geridtsordnung ſelbſt, welte mefrere 2: e
nicht wenig beginftigente Elemente entbielt 3. B. ʒe og. are one
Strafarten, fo weit mur mkt reinlide Straten asker ten ceeg ter lose
verhangt wurden, Freilaffung in Beneburg a f ter Seeciarss8) 4 4e- man,
nigfadher Urt u. tgl.), Caber tenn aut in res Thar HE -ston- soe ooo ty.
Gerichtsordnung, betugt oer untefusr, monte th fer ure “Aston Get 14
wie bad Befiebnen, Buge url’ WeSrsils na, rb see Vs le eepeb ig!
@
‘ ~ ,)
ten. Die peinlihe Geridigertrurys cevmiet p stem 624 eee ek eee ein |
ſche Recht, deffen Muelegung fie rem Rak ror Peketesch = .4- "hyo" oh
fen Beftimmungen aber in cielen Wallen (, Bi be. Yess Het te ss
maniſchen Grundanfidten entgesen, cler “she cr tee ee ot hc ebyne oy,
(wie in Beziehung auf tie meiften Srrafacier sherlols: Lege wenS ane oe
⸗
i 240%
Je mehr aber ber Suriftenftant ausitieg'it over Hers ter Sreskeeh aetyss
584
fam und inébefondere ben Strafprocep zu feiner Domane machte, um fo me§r
wurde der Geift ber Willkühr bei ihm gendhrt, vollends in einer Zeit, welche
— wie ble des 30jaͤhrigen Kriegs — alle Schranken ber geſellſchaſtlichen Ord-
nung gufammenbreden fah und bie Pflidt ber Gorge dafür auf den Richter
allein gu devolvicen ſchien. Es fam dazu, daß von dec Mitte bes 17. Jahr⸗
hundertes an die Territorial Gefeggebung grofentheilé ruhte, daß fic) fon tw
17. Jahrhundette Doftrin und Praris allmablig gewoͤhnt Hatten, bas partifu-
lariſtiſche Element hinter bem gemeinrechtlichen, bas des gelehrten Krams hal⸗
ber mehr gufagte, Gintangufegen, und hiedurch namentlid) yur allmäͤhligen Un-
terdrdung mandjer germanifder Rechtsinſtitute beitrugen.
Wenn jedod die Willkuͤhr und Eigenmacht, woran ſich bie deutſche Jue
ridprudeng unter bem Schute ded unnatürlich angewadfenen monardifden
Princips gewoͤhnte, in manchen Beziehungen vortbeilhaft wirfte, wohin man uns
bedenklich aud eine grofe Anzahl ihrer Abweichungen vom Buchſtaben ber pein⸗
lichen Gerichtsordnung rechnen fann, fo wirfte fie leider aud) nad der anderen
Seite Hin auf eine gum Theile empirende Weife. Sle fab ſich inébefondere von
der allgemeinen Ridtung, alles in polizeiliche Feffeln yu ſchlagen, gu einer ſchran ⸗
fenlofen Ausdehnung bed Gebiets bes Strafrechtlichen fortgegogen, umd, wie fie
bie peinliche Geridtsordnung gu milbern gelernt hatte, fo fernte fle diefelbe auch gu
verſchaͤrfen. Eben fo wie die Sfterr. peinlide LanbesgeriGtéordnung
von 1656 (in Weingarten’s fasc. divers. jur. Nuͤrnberg 1690, 1. Bud 3. T
S. 371 — 443) in vielen Puntten die um 120 Jahre Altece Carolina an Grau⸗
famfeit der Strafandrohungen überbietet, fo und nocd mehr madte die rohe
Tendeng der Sicherung und Abſchredung fich auch in der Surisprudeng auf ſurcht⸗
bare Weife geltend, insbeſondere in der Lehre von den delicta excepta, bd. h.
daß bei den ſchwerſten Berbrechen der Richter an die gefeplidben Prozeßformen
und Seweisvorfdriften nicht gebunden fei, da hier dem Staate befonderé darin
Hege, daß die Berbreden nidt ungeftraft bleiben. Daher denn die graͤulichſten
Mißbraͤuche mit ber Tortur, und die ruͤckſichtoloſeſte Willkuͤhr im Beweisver-
fahren. Nirgends aber traten diefe Scheußlichkeiten ſchauerlicher hervor, als in
derjenigen Verbrechenoſphaͤre, welde der religiöſe Fanatiémus und der Aberglaube
alé igre Domaͤne betracteten, indbefondere in ben Herenverfolgungen
bes 16. und 17. Jahrhundertes, ,jenem Drama von unermeflider Ausdehnung,
mit weldem an Jammer, Bergweiflungéfcenen und Elend ohne Ramen, Mag
und Ziel auf der einen, und an Aberglauben, Unfinn und Barbarei auf der
anderen Geite faum etwas in unferer Geſchichte verglichen werden tann (3 Ie
ter, deutſche Rechtsgeſchichte, 2. Aufl, Bonn 1857, 2, B. S, 368
Kofilin, Geſchichte des deutſchen Steafredts im Umrif, Tibi
Cidborn, deutſche Staats- und Rechtsgeſchichte; Zipjl, bai
Recht, Heidelberg 1839; desfelben deutſche States und ae se
hirt, Geſchichte und Epfiem des deutſchen Strafredis, Siutiga
1839, 3 B.; Wadter, Beitr. zur deutſchen Geſchichte Tilbing
585
mann, Wefh. der deutſch. Strafgefepe, Leipzig 1832, u.m.a. Ueber die Ber:
Sreitung Des römiſchen Rechts © Savigny, Gefd. ded rim. Rechts
im Mittelalter, Biencr in Mittermaier’s Zeitſchr. fae Rechtswiſſ. bes Aus⸗
fandé 19. Band; Dwokak in Haimerl’s Magazin 1857 4. H. ff; Schäffner,
db. r. R. in Deutſch. im 12. und 13. Jahrh., Erlangen 1859, u. m. a.).
Sur Ehre unferer groferen Städte muG aber bemerft werden, daß
Riefer graͤuliche Wahn feine oder bod) nicht zahlreiche Opfer gefordert haben
mag, obwohl die unterfudten Heren zahlloſe Perfonen in Olmiig und vielen
anderen Stddten ald Mitfduldige bezeichnet haben follen. So weit die bisher
bekannt gewortenen Nachrichten, freilih nur Bruchſtücke, reiden und bie vielen
Orié-Chronifen, weldhe von Herenverfolgungen feine oder nur geringe Mitthei-
lungen madden, entnehmen laffen, befdranten fic) die ſyſtematiſchen Heren-
Aufſuchungen und Verfolgungen zunächſt auf die fogenanute Herenftadt S ch sb n-
Berg und den im Zuſammenhange ftehenden Umkreis und auf die Zeit einiger
Jahrzehende bes (7. Jahrhunderts (Sur Geſchichte ded Glaubené an Zauberer,
Heren und Vampyre in M. und SAl. von Bijdhof und d' Elvert, Brinn 1859,
im 12. B. ber Sehr. der Gift. Seft. S. 258 — 421)
Die neue Geftaltung bed Strafrechts unt feiner Pflege, welche einen ges
lehrten Ridterftand mit fi brachte, uͤbte alsbald aud auf bie Geridtéebar:
Feit ber f Stadte einen nachhaltigen, gu immer größerer Geltung gelangens
ben Ginflug.
Der Landtagsſchluß von 1542 wies ndmlid die Behandlung der offent-
liden Verbrechen, als Straffenraub, Straffenmord, Mord, Morbdbrennerei,
Mufruhr u. dgl. ben Magiftraten ber nadften koͤniglichen Stadte gu, fur welden
ihnen die Prozeßkoſten vom Lande vergiitet werden follten. Diefe offentliden
Verbrechen fonnte fein Wehrgeld ſühnen Viele Obrighelten ibergaben anc,
outer Vergittung der Progeffoften, Me Privatverbreden ben k. Stadten.
Der Landtagsſchluß von 1608 verordnete, daß den k. Stabten bie Apungs-
gelber von ben Obrigfeiten, weldhe Femanden in Arveft fegen laffen, vergiitet
werben follen (Lukſche, Notizen von der Verfaffung Maͤhrens bis 1628, GS. 108,
111, 154). Ferdinand Ill. verordnete (Reff. 22. April 1642) ther Riagen ber
Stadt Olmütz, daß bie Gerichts- und Unterhaltungsfpefen der offenen Landes⸗
beſchaͤdiger, welde bei ben f. Städten auf Verordnung ded Amtes der Landes:
hauptmannſchaft ober anbderer Geftalt einfommen, aus ben k. Contributiondge-
fallen Hergenommen werden, wenn bie erfteren night Mittel Haben, diefe Koſten
ſelbſt au geben. Hinfichtlich ber Gefangenen ber Privat-⸗Inwohner lief es der
Raifer zwar nod bei bem Beredniffe zwiſchen den oberen Stadten und den Stad-
ten vom Jahre 1555 bewenden, jedoch follte aud ber Ranh gum Stadtgerichte
eingeliefert werden „damit der bedürftigen Unkoſten zufoͤrderſt dannenhero genome
men werden könnte.“
Gpatere Anorbnungen (Rejf. 28. Februar 1646, Landtagsſchluß 1675,
Reff. 9. Fanner 171 u. a.) brachten ben Grundſaß gur Geltung, taf dle Hals⸗
=
geridits « Obrigfeiten auch die often dieſer Jurisdiktion gu tragen und den k.
Stddten, welde dad f. Tribunal mit fremden Verbrechern ohne erheblice Ure
fade nicht graviren follte, bie Roften fiir bie ibernommenen gu verſchaffen haben.
Allein die Erfahrung lehrte, daß die k. Stadte nicht ihren vollen Erfag fanben,
befonders in einer Zeit, alé feit Karl VI. und Maria Therefia (S. S. 414, 440,
458) bie Unzahl von Halsgerichten immer mehr reducirt wurden, bis endlid nur
nod Rreisgeridte beftanden, und die Stadte, befonders aud) wegen ter Krimis
nalgerihtdpflege gendthigt waren, ihre Geridte mit gelehrten Ridtern gu befegen
(6. S. 65 und die Geſchichte von Hrabiſch im 12. Gb. der Sekt. Schriften
6. 255).
Die im peinliden Nedte ausgeführte Codifikation dehnte fic alsald
aud auf bad bürgerliche Ret aus und gwar fowohl im Landredte |
für bie hoͤheren Stinde, als im Stabdtredte fix ben minderen Stand (den
Bürgerſtand, denn die Bauern — nod in unferer Zeit quartum genus homi-
num genannt, bildeten feinen Stand).
Magifter Brictius von Liczko (Brikci 3 Litfa + 1543) verfafte im Aufs
trage bed prager Stadtratheé ein eigenes Stadtredht in boͤhmiſcher Sprache,
welded 1536 gu Leutomiſchl in Folio gedrudt wurde.
Die Quelle diefes Stadtrechtes find bie altprager Statuten, beſonders
aber die bamal fo allgemein verbreitet gewefenen boͤhmiſchen Ucberfegungen der
briinner Schoͤffenſprüche. Dieſes Stadtrecht bracte die prager und brain
ner Weisthümer nur in fyftematifhe Ordnung, Half nur furye Zeit den Bes
dürfniſſen ab; es erfchien fon im Jahre 1579 durch Paul Chriftian von Kol⸗
bin und auf Martinic (1530 ¢ 1598), gleichfalls Kanzler ber Altftadt Prag,
eine fogenannte Reformation ber Etadtredte, gebdruct bef Weleslawin in Prag
1579, Gol., im Grunde nuv eine Umarbeitung bed erfteren Werkes. Auch ia
gweiten ift bad altprager Recht ber Ausgangspuntt und es wird ber alte Gober
bed Archives als Quelle begeichnet. Allein bad römiſche Re mht Hat fdon
bebeutend eingewirft. Eine deutſche Ueberfegung durd Peter Stierba erfchien
gu Leipzig 1607 (bann 1614), in Fol. mit ter Landesordnung unter bem Titel:
„boͤhmiſches Recht.” Die gewoͤhnliche Handausgabe, bie aud bei ben Gericten
tm Gebraude war, ift fene, welche gu Wien 1721 in 4. erſchien und nod mehr
Umbildungen und Erweiterungen enthalt, aud in manden Theilen, indbefons
bere wegen ber nad ber Schlacht am weifen Berge (1620) vorgefallenen poli⸗
tiſchen und religidfen Berhaltniffe, gednbdert ift (Vergl. Rr. 38. K. 35 -- 37
3. R. B. 52. 54). Den Stadtrecten find nod gugegeben die Inftruftion fir
bie koͤnigl. und Lelbgebdingfddte vom 2. Maͤrz 1651 und die Inſtruktion fiir bie
k. Ridter von Leopold I.
Die Unbequemlidfeit verſchiedener SGefege fiir den Biirgerftand und ben
Adel ftellte ſich erſt dann fuͤhlbar Heraus, ald die StandesverHaltniffe und die
Berührung beiber Volfsflaffen nicht fo fdroff waren. Cine ſcheinbare Bermitts
lung war dadurch begriindet, daß bie Stadtredte in einigen Fallen als Sube
ſidiar⸗Quelle fir bie hoͤheren Stande angegeben find (D. 49. K. 4. unb Ferdi⸗
nand Ill. Rovelle GC. 5. verneuerte & Ordnung) i).
Diefe von Prag ausgegangenen Stadtrecte erlangten erft fpdt nad und
nad eine allgemein verbindende Rraft felbf{ in Bohmen und nod lange, befons
bers in den ſämmtlichen Granggegenden, wabhrte die Giltigfeit bed magdebur⸗
gerund deutſchen Rechtes fort.
Diefe böhmiſchen Stadtrecte waren aus ben briinner und prager Stabdts
redten, aud bem Herfommen, landesfürſtlichen Verordnungen und bem romifden
Rechte entftanden (Legid-Gliidjelig S. 269), durd die Einführung ver f. boͤh⸗
mifden Appellationsfammer fir den Biirgerftand in Bohmen, Maͤhren
und Schlefien (1548) in algemeinere Aufnahme gebradht und vom Kaiſer Rue
dolph II. 1579 allgemein in Bohmen eingeführt worden. Sie erfuhren unter
Ferdinand II., ber die L. Ordnung weſentlich umftaltete, faft gar feine Aen⸗
derungen und felbft Ne 3ahl und Folge der (57) Titeln blieben unberührt.
Gerdinands If. neue Landesordnung (in Bohmen von 1627, in Maͤh⸗
ren 1628) war zwar junddft fir Ne höheren Stande gegeben, enthalt aber auch
viele gefeglide Anordnungen fie ben Birger und Bauer. Es waren „darinnen
bie Jura privatorum jwar fo viel modglid bei dem alten Herfommen gelaffen,
fedod theile nach jegigen ded Markhgravthumbs Zuftand, als welded von unters
fdiedenen VSslfern und Zungen bewohnet wurd, geridtet, aud eglider maßen
nad Unferen Kaiſerlichen ond anderen im H. Roͤmiſchen Reis
vnd Vnfern Königreichen ond Randern gewöhnlichen Saguns
gen corrigirt.”
Die Stadtrechte, welche fir die nobilitirten Cwappenmaffigen) Birger
unb Stabdte galten, unterfdieden fic von ber Landesordnung hauptſächlich nur
a) bei Teftamenten, Pflichttheil bee Kinder und erblichen Anfallen, b) hinficht⸗
lid) ber Geridtéftellen (Stadtgerichte und Appellationéfammer) und c) bei dem
bingliden und perfonliden Geridteswange (Legis⸗Glückſelig €. 273).
Ferdinand IIL, welder ſowohl bei den k. Stddten, als andern Unter: ald
ben Ober-Geridten in deutſcher und böhmiſcher Sprade verfahren
lie, Den ſchriftlichen Prozeß, ber bet den Obergerichten fdon von Fer⸗
binand HI. eingeführt war, aud bei allen Stadt⸗ und UntersGeridten beobadtet
baben wollte (S. ©. 382), war aud entfdloffen, bie Landesordnung, fo
viel fid) thun ließ, mit ben Gtadtredten in eine Qonformitat gu
bringen. Die hierüber befragte f. bdhm. Appellationstammer fprad fid in
ibtem Gutachten vom 14. Dezember 1641 (in Weingarten’s Gober S. 217 —
225) dafdr aus, „daß die casus civiles aud führohin bey ibren burgertiden
Gerichten ventilirt und ben Stadtredten gemäß jubdicirt werden, und alfo die
— —— —
1) Roßler in ben Sfterr. Lit. Bl. 1846 S. 356; Literargeſchichte bes boöͤhm. Staats- und Pri⸗
vatredtes, von Dr. Legis⸗Glüchſelig, in der Bfterr. jurid. polit. Beitidrift 1847, 3 9.
6. 188, 184, 4. $. &. 272, 974.
Stabdt⸗Rechten in ihren gegriinbeten Werth und’ esse verbleiben fonnen, jedod
aller derjenigen Fallen auégenommen, welde allbereit speciaiiter in contrarium
burd bie erneuerte Landed-Ortnung und Rovellen cerrigict und decidirt worden
feyn. Da aber noch unterſchiedliche casus in Statt-Rechten ſich ereignen, welche
gwar ber neuen Lantesortnung, Deflaraterien unt Novellen nicht gang zuwider⸗
faufen, jedoch in eiwas zweifelhaftig, tunfel unt Cifferent ausgeſegt feynd*: fo
mate die f. Appellationsfammer ten Antrag, tie Stadtrechte in ywolf Punften
gu erfdutern, näher zu deftimmen und zu ändern, ,tas übrigens in allen Fallen,
weldje weber Purd bie Stadtredte, nod durch tie Landesordnung und Rove:
len entfcdieten fmt, tie allgemeine Gefidrietene Kayſerliche Rete
gu obferviren ſeven, im ter Gefonderen Erwägung, taf die StadtresHte auch fon:
fen in allen nod ten gemeinen Retter fermict mb von denfelchen ofne-
dieß tie statute Municipatia ibre Snterpretation nehmen und daraus declarirt
werden.“
Dieſer Boridlag blieb jetok ohac Erfely und beide Rechte, LY. Ordnung
und Statiredte, erbielten bis auf tie neuefte Zeit geteennt ihre Geltung, neben
ten anbern rveridietenen Redten, Ceionteré für ten Biirgerfand. Wie Rdrend
biejer Rangel eines einheitlichen Rechtes war, läßt don bud folgende Reffript
Leopold I. an tie f. bohm. Appefation vom 28. 3anner 1668 (in Weingarten’s
Coder S. 355) entechmen: Aus eucrem geberianfen Sdreiben ven 19. dieſes
haben Wir guadigh eriehen, wad maffen Unjer in Gett ruhender Hodgeeheter
Herr Batter Glorwiirtigften Antendens in tem 34. unt legten Articul der
Unjerer Appellations⸗Cammer unterm dato Ging, ten 2. December ded ſechzehen
Gundert vier un? viergigften Zahrs, ertheilten aflergnadighten Iastruction, unter
antern aud tiejeé mitgegeben Gitte, tag nebenft tenen daſelbſt benennten Kö⸗
nigh. Statt:, Sächſiſchen und allgemeinen Kapſierl. Redten, aud die Koniglide
Declaratorien unt Novellen, Zant: unt Fũrſten⸗-Tagé⸗Schluſſe, ſonderlich in denen
ichtwas circa jes publicum vel privatam enthalten, auj ter Rechts⸗Tafel ver:
Santen jein jollen, weilen aber auffer deme, fo ter verneuerten Königl. Landé:
Ordnung hinzu getrudt unt bergefept, jfonften nichts injonderheit, wad nad
Schleſien und an bie tarinnen gelegene Fürſtenthümer eta ie particelari er:
gangen, ober daſelbſten gejclojjen fern modte, jufommen, oder infieniret wor⸗
Ben ware, Wir tahero gebériger Crten hierüber die Communication ermeldter
Sachen zu verfiigen, gnarigh geruben wollten. Wann Wir Pann fold euer
gehorjamftes Suden gang vorfidtig und ter Rothdurift qu ſeyn gnadigh erach⸗
tet, aud) bereit an Uniere Konigl. Stadthaltere, vad MaAhrijhe Tribunal, and
Koͤnigliche Cher-Amt in Seblefien allergnivigit reſkribirt, und devderſeits die
Communication ter ron cud tegehrten, ſowohl bereits ergangenen alé finfftig
etgehenten icrifftliden Declaratorien unt Novellen, Land-Tägso⸗ und Fiirften:
Page-Echtiiien, entweter extensive oter extractive in Aathentica forma gnddigh
anbefobten.
Als baben Mir euch ſolches zur Nachricht anfiigen wollen, und werbet
weiters Aber denenjenigen Sachen, fo etwa ned ferners abgehen modten,
und ify es zu haben verlanget, eine Specification gu verfaſſen, und Uns gu wei—⸗
terer Verordnung ju überſchicken nicht unterlaſſen.
In Maͤhren fanden die böhmiſchen Stabdtrechte nur ſchwer und erſt nach
mehr ald anderthalb Jahrhunderten Eingang, ba ſich bier die einzelnen Stabdt⸗
rechte von Brünn, Iglau, Znaim, Olmütz, bas magheburger, bad lübecker u. a.
Rechte fortan in Wirkſamkeit erhielten.
Erſt der J. U. D. und mähr. Landesadvokat Sabatin, welder von
Kaiſer Joſeph J. in den Ritterſtand erhoben wurde, aber vor der Intimation
ſtarb (um 1706), machte 1680 den Antrag, dle böhmiſchen Stapbtrechte
gefeglid in Mähren einzuführen. Jn Folge deſſen befahl Kaiſer Leo⸗
pold bem brünner Magiſtrate, ſich in bem modo cxequendi nad den boͤhmiſchen
Stadtrechten yu benehmen (Reff. 30. Mai 1680 und 26. April 1681), und in
ber Abſicht, , damit durchgehends ein allgemeines Recht und gute Ordnung
eingepflangt werden modte,“ forderte er vom £ mabr. Tribunale cin Gutachten
über die 3uldffigteit ber Einführung der prager Stadtrechte bei ben Gtadten
Maͤhrens, nah vorldufiger Vernehmung bes fF. Landesunterfammerers Jo-
Gann Maximilian Robylfa von Mobily, der Magiftrate der k. Etddte und
bed Rammerprofuratord. Zugleich erinnerte er das Tribunal, Ne fo oft mod
vielmafen anbefohlene Einrichtung ber L. Ordnung weiter nicht erfigen gu
laffen (Reffript 19. Sep. 1682). Mein wie diefe, hatte aud Me Angelegen-
beit wegen Einfuͤhrung eines gleichen Rechtes bei ben untern Stdnden feinen
Fortgang.
Das Reff. vom 31. Juni 1685 unterfagte gwar dem olmützer Magiftrate
ben Gebrauch ber lübecker Statuten und wies denfelben an, die eigenen
jora municipalis, bie gewoͤhnlichen Stadtredte, wohlbergebradten Gewohnheiten
und Gebraͤuche gu beobadten.
Das erwähnte Gutachten tes Tribunalé wurde mit vem Reffripte vom 5.
Februar 1687 betriedben und, aber eine Anfrage der böhm. Apypellationsfammer,
ob das brünner jus municipale von Raijer Leopold oder feinen Borfah-
rern Seftdtigt worten, mit bem Reffripte vom 24. Maͤrz 1695 angeorbnet, die
BVerhandlung wegen Ginflifrung der Stadtrerte (und wegen Einridteng der
Landedordbnung) mit Erfegung anderer Perfonen ftatt ber abgeftorbenen gu Ende
gu fordern. Als aud nod iept Aufenthalt im die Gade fam, griff Raifer Leo-
pold endlid durch, und fuͤhrte die boͤhmiſchen Stadtredte ohne weitere BVerhand-
lung in Maͤhren ein, wie bas nachfolgende merkwürdige Reffript an bas & Tris
bunal vom 7. Suni 1697 nadweifet:
Leopold. Liebe Getrewe. Wir wollen euch gnadigft nidt verhalten, was
Geſtalt Uns der Hod und Wohlgeborne Unfer Rath, Cammerer, Landes Un:
ter-Cammerer in Unferm Erb-Marggrafthum Maͤhren und tieber Getreuer Frang
Catt Graf ‘von Lichtenſtein, Freyherr auf Kaftel-Rorn, umd Heer auch Schoͤnna,
540
Korneidt Tſchengelburg, Dunfelftein und Grumbach, Erb - Land - Hofmeifter
in Glfaf, bey Erftattung feiner gehorfamften Relation über die in Unfern se
nigliden Städten Unferd Erb-Marggrafthumé Mahren in Anno 1693, 94,
und 95 vollgogene Renovationes ber Magiftraten unter andern allerunterthanigh
vorgeftellet, wie nehmlichen die Adminiftration der Burgerlichen Juftiz wegen allzu
grofer Ungleichheit ber Municipal⸗Rechten, indeme die ftreitende Partheyen fein
verlaͤßliche Rechts ober Geſaz gu vertheidigen Hatten, fondern nad Willkühr des
Richters bald nach tem eigenen Stabt municipali, bald nad denen gemeinen Red:
ten oder ber Land-Ordnung, bald wiederum nad denen Bragerifden Stadt over
aud wohl gar nad denen auslandifden Magdeburgiſchen Redten und einges
ſchlichenen Gewohnheiten fic entſcheiden flaffen, mithin gum oftern cam jasta
causa succumbiren miften, ſehr ſchwer fiele. Wie Wir nun dieſem Uibel gu ſteu⸗
ern, bereité von vielen Sabren her bad Prageriſche Jus municipale in Unfere
Konigl. Maͤhriſche Städte durchgehends gn introduciren, bie gnadbdigfte latention
geführt, 3u vorhero aber Unferd Ronigl. Amts der Landed-Hauptmann{daft in
gedadten Unfern Grb-Marggrafthum Mähren gut adtbharlide Gedanken super
practicabilitate gndbdigft einhohlen wollen, bie und aber biß auf dato nidt ers
Offnet worden. Allermaffen nun Unfer allerhoͤchſtes Ridter-Amt und Juſtiz Eyf⸗
fer diefem Gaumfaal, ber Gerechtigfeit gum Abbruch langer nachgufehen, nice
geftattet, und Wir dannenhero, nad reiffer der Sachen Erwegung obbedeutete
Pragerifhe Stadt-Redte in allen Koͤnigl. Stadten Unfers Erb-Marggrafthumé
Maͤhren durchgehends einguflibren, gnadbigft refolvict, bey oberwehnten Unſern
Konigl Amt aud, womit Mefe Unfere gnaäbdigſte Refolution yu maͤnniglichen
Wiſſenſchaft publiciret und allen Magistratibus befagter Unferer Koͤnigl. Stadten,
daß fte hinfuͤhro in allen Rechtstheidigungen offt-eernannten Stadt⸗Rechten nad,
bie Cynosur ihrer Grfanntnué faffen follen, intimiret werde, die gnadigfte Bere
orbnung gethan. Als haben Wir eud folded zur Rachridt, und damit ifr 6
führohin in judicando wie zu beobachten wiffen moget, hiemit gleichfalls gna-
digft bebeuten wollen.
Geben Wien, ben 7, Junii Anno 1697 (in Weingarten’s Codex S. 595).
Kaiſer Leopold wollte diefe Stadtredte fo genau beobadtet haben, daß ex
ben Mtagifiraten ber k. Städte Mäahrens nicht die Macht augeftand, one k.
gnaͤdigſtem Vorbewußt observantias zu introduciren (Qeffript vom 19. Auguſt
1697).
Die böhmiſchen Stadtredte Hatten eigentlig® nur in den 7 königlichen
Städten Mahrend (Olmig, Brinn, Znaim, Sglau, Hradifh, Reuftadt und
@aya) gu gelten.
Rod tas Reffript vom 19. Mai 1704, welded die Abvofaten, Medifer,
Gegenhaindler und andere dgl. Leute auf bem Lande, die webder Birger nod
bohere Standedperfonen waren, der Subifatur nad den Stadtredhten unterwarf,
fprad fic gegen deren allgemeine Beobachtung bel allen andern Privatftddten
auf bem Lande und den übrigen Geridten aus, ba fich die Sache Hinfichelid
St!
ber verbindenden raft nidt allgemein entſcheiden (quoad vim obligatoriam
wniversaliter nidt becidiren) faffe, fondern pro diversitate locorum et casuum
bie Cynoſur gu nehmen fei.
Allein das Reffript vom 6. Mai 1709 deutetete ben Ginn jened vom
7. Junt 1697 bahin, daß die boͤhmiſchen Stadtredte in Maͤhren uͤberhaupt gel-
ten follen, alfo nidt allein fiir die &. Stadte.
Seit fener Zeit bebielten diefelben bei bem Bürgerſtande allgemeine ile
tigfeit, und die mar. Brozefordnung vom 28. Juli 1760 art. 20 wied neuer-
lich die burgerliden Snftangen an, ſich nad den bohm. Stadtredten au beneh⸗
wen. Sie wurden 1598 bei bem tefGner Stadtrathe eingeführt (Gormayr’s
Archiv 1827 ©. 240). Rarl VI. führte file 1717 aud in Glaz ein; die glaziſchen
Staͤdte muften ifre alten Statuten und Privilegien einfenden und diefe wurden
burd ein Reffript rom 25. Juni 1734 gänzlich aufgehoben (Wedekind, Gefd.
von Glaz, S. 423). Raifer Karl VI. hatte die Abſicht, tad k. boͤhmiſche Stade:
reht aud bei ben (lef. Städten einzuführen (Sntimation bed k. Oberamts
bom 14. Muguft 1724, Walther, Silesia diplom. II. 220). Die Firftenthiumer
Troppau und Jagerndorf bedienten fih aud bed böhmiſchen Stabtrechtes,
weldes ber wiener Buchhandler Georg Lehmann 1720 fir Bohmen und Mäh—⸗
ren, jedoch ohne Genfur und pprobation, mit Noten und Allegaten drucken lies
(Griedeberg, de Silesiae juribus, Breslau 1738, 1. 68). Dad Reffript vom 21.
Viuguft 1773 {dried bie Stadtrecte den Firftenthimern Meiffe und Teſchen
zur Beobadtung vor. Enblidh wurden fle felbft bei bem Bauernftande,
obwohl erſt furg vor ibrer Aufhebung, mit bem Hofdefrete vom 7. Juni 1784
Rr. 302 J. G. S. fiir die Unterthanen in Mahren und Seblefien gefeplich vor-
gefdrieben, weil diefelben gum Theile auch Beftimmungen fiir die Unterthanen
enthielten (wie E. 2.), andererſeits fic Ddiefelben, obwohl fie nad der neuen
Landesordbnung von 1628 Fol. 38 ihre alten Berednifje und Gewohnheiten Hatten,
bod an die Stadtredte Hielten, wie fdon die alten brünner Rechte aus dem
14, Jahrhunderte geigen '). ;
1) Lnkſche, Ueberſicht ber Steen und Aemter in Mähren feit 1628, Vriinn 1804, S. 1038—
106, unb deffen: Das alte und neue Recht Mährens und Sdlefiens, Vriinu 1818, 1. T.
S. 81, 32, 35, 44.
L’etat da Marquisat de Moraviae, M. S. ungefähr von 1778, mit Bufagen von
Blobigty. Von ber Drucklegung ber Stadtrechte erzählt Lulſche (Ueberſicht S. 105 ff.) Fol-
genbdes :
Da alfo bie böhmiſchen Stadtredte in Mähren einbeimifd geworben find: fo ift fiir
nilglidh Befunden worden, fle in Mähren nenerbings auflegen gu laffen. Es ift baber gleid
im Sabre 1697 bem brilnner Vudbdruder Franz Ignaz Sinapi ein privilegium impresso-
rium jum Drude und Verfanfe ber Stadtrechte tm beutid- und böhmiſcher Sprache ertheilet
worben.
Diefem haben aber bie Druckerkoſten gu groß gefdienen, und ex bat mit bem Magiftrat
- tn Brum einen Vertrag gemadt, nad weldem ber Magiftrat in Brünn ben Drud über⸗
nommen — und bel bem Rinig um bie Beguehmigung dieſes Vertrags, und um Veriin-
642
h
Se waren diefe alten Rechte. bie Grundlagen der bürgerlichen und bäuer⸗
liden Gefeggebung in ben bohmifden Laͤndern gewerden und fte Hehaupteten
ſich burdh mehr alé ein halbes Jahrtauſend, bie die vorgeferittene neuere und
neuefte Feit Der Einheit ber Sefeggebung immer mehr Bahn. breach, ben
Anſpruͤchen Sherer Civilijation und ausgebilbeterer Verhaltniffe Rechnung trug,
bid Joſeph I. feinen Laͤndern Vöhmen, Maͤhren und Salefien eine gemeinſchafi⸗
lide Halégerimtsordnung (1707), Maria Therefia ihren deutſch⸗ſlaviſchen
Landern ein neues Strafgefepbud (1769), Raifer Joſeph Ul. eine See
ridmtss und Gonfurs,Ordnung (1781), theilweife cin allgemeines bir.
gerlideé (1786), und Strafgefeg (1787) nebjt einer Strafgerichto—
gerung bes Privilegiumsd anf weitere 10 Jahre angeſucht bat, weldes ibm aud durch bas
Res. dd. 11. Sanner 1701 bewilliget tourbe.
Die Stabdtredte find aud ricdtig im Jahre 1701 in bbhmiſcher Sprache mit bem
Titl: „Praͤwa mefiita kraͤlowſtwj Cjeſteho a markhrabſtwi Morawffho,” in Grim bei
dem Guchdruder Sinapi aifgelegt worden. Der Magifirat in GSriinn bat um weitere Ber⸗
längerung bes Privilegiums auf 10 Jahre angefudt, und diefe Verlingerung tft ihm aud
burd bas Res. dd. 19. July 1708 bewwilliget worden.
Indeſſen hat ein Wiener Buchhändler Georg Lehmann bie Stadtredte deutſch über⸗
fegen und drucken laffen, und folde aud in Grilnn verfanft, wo ex bie Erlaubniß gam
Buchhandel erhalten hatte; allein ba file bie Stabtrechte ber Magiftrat in Brüun das Pri-
vilegium erhalten hatte; fo ift ihm fein Gewölb gejperret, jedoch nach abgelegtem Gide,
vermuthlid) dahin: daß er bie Stadtrechte nicht mehr verfaufen wolle: auf Anorduung bes
Tribunale dd. 11. März 1712 wieder gedffnet worden.
Georg Lehmann hat fobann felbft nm Ertheilung eines Privifeginmé auf ben Drud
ber Stabtrechte angefucht, und es tft bieriiber burd bas Res. dd. 6. September 1714 Be-
richt abgeforbert worden. Sudeffen ift bem Brünuer Magiftrat burd bas Res. dd. 5. Of-
tober 1744 ein alteé Manuftript einer deutſchen Ueberfegung der Stadtrechte mit bem Auf
trage mitgetbeilt worben: daß ber Magiſtrat bie Stabtrechte allenfalls mit Riidfidt auf das
Lanb uminbere, und nad gemadter Anzeige gum Drud befdrbere — bas Maunffript ſelbſt
aber Gr. Majeftat wieder guriidftelle.
Georg Lehmann hatte vermuthlih angegeben, daß das Privilegium des brümmer Ma⸗
giftrats fdjon ansgegangen fey; nachdem aber erboben worben ift, daß bas Privilegium bes
Magifirats in Briinn nod nidt ausgegangen fey: fo ift Georg Lehmann mit feinem Ge-
fuche in bem Res. dd. 9. Ottober 1714, Tribunaléintimazion dd. 19. Oftober 1714, abge-
wiefen, und der Drud bem brünner Magiftrat Hberlaffen worden, mit bem MAuftrage: bag
ex ben Drud beſchleunige, gutes Papier dazu verwende, und einige gedrndte BEgen dem
LandeShauptmann vorlege, bamit ber Drucd und bas Format eingefeben werden könne.
Der Druck muß and vor fid gegangen fey; denn burd bas Res. dd. 20. Degember 1717
find die deutſch überſetzten und revidirten Stabdtredte, bie Fol. 16, bem brünner Magiſtrat
wieber gugeftellet worden.
Indeſſen bat Georg Lehmann feine deutſch gedructen Stabtredhte and wieder Geimlid
verfauft, und es ift fobann burd bas Res. dd. 28. Hornung, Tribunal dd. 7. Mrz 1721,
erffaret worben: daß bie Stabdtredite be@ Georg Lehmann, unb ber Codex Ferdinandeo-
Josephino-Leopoldinus ohne Senfur und Bewilligung gebrudt worben fey — daß auch die
Stadtredte von einem untilndigen Ucberfeger verfaft, und daber unvolllommen und yum
Theil auch verfilfaht waren; weßwegen bie Lehmannifden Stadtredte, ale ein gang nidti-
gee Werk ſowohl fiir ben Verkauf ale Gebraud gang verbothen worden find.
648
ordnung (1788), endlid) Franz I. ein allgemeines Etrafs (1808) und bur:
gerlides Gefegbucd (1811) gaben. Hiedurch famen bie alten Stadtredte
endlid) aligemein auger Gebrauch, nachdem fie vordem auch (don theilweife durch
anbere gefegliche Deftimmungen, wie a. B. nod durch tie Hofdefrete vom 4.
Juni 1794 und 7. Februar 1805 tiber die Behandlung dec Ynjurien, tvaren
verbrangt worben.
Gleichen Schritt mit ber Befeitigung der verjchiedenen Rechte hielt
jene der ſtädtiſchen Obergeridte. Sie erfolgte durch Lofung des
Verbandes zwiſchen den Mutter und den TodterRadten, intem
bie erfteren bie weitere Grtheilung von Belehrungen und Urtheilen verfagten
ober bie anderen ſich felbft ihrem Ginholen entgogen, dann burd& die Be ftel-
fung eines fonigliden Obergerichtes fiir bie f Stabdte.
Wie wir gefehen (S. 381) errichtete namlid Ferdinand J. nad Beſie⸗
gung ber proteftantifden Oppofitionspartei im Jahre 1548 gu Prag eine f.
Appellationésfammer fir ten minderen Stand ber bohmijden Rronlander.
Nach ihrer Juftruftion (in Weingarten’s vindemiae judiciales p. 664 — 670,
Buchholz Ferdinand I. 4. B. €. 480—484, 9. B. 483—487 und Schmidt's
Geſchichte bes boͤhmiſchen Appellationsgeridtes, Prag 1850, S. 41 — 46. G.
aud bie Geſchichte tes boͤhmiſchen Appellationsgeridhteds vom Grafen Auerdsperg,
Prag 1805, I. 11. ff.), follte die Appellation nicht mehr nah Prag, oder ing
Ausland oder aneine Univerfitat gehen, aud feine Rechtsbelehrung mehr
dort gehelt werden, fonbern Sedermann, welder ſich durch ein in einer k. Stadt
gefalltes Urtheil beſchwert findet, an die k. Appellationsfammer ſich wenden.
Schonend fir bas bisherige Recht war bie Verfügung, das bie Spriiche her
Appellationsfammer nad Ddenjenigen Ordnungen und Rechten erlaffen werden
follen, welche, fie feien bofmifdh oder magdeburgiſch, in den betreffendben Stadten
und Gerichten im Gebraude flanden. Ceéhalb fonnte aud) diefes Obergericht
die tabin gebdiehenen Rechtsſachen nicht entſcheiden, wenn den Aften ber erften
Inſtanz nicht zugleich auch bie Sammlung ber bei ben Untergerichten üblichen
Municipalredte beigelegt war.
Die neue Cinridtung brauchte lange Zeit, um ſich eingubirgern und zur
Geltung gu gelangen. Die Zabigfeit, mit welder an alten Rechten und Ein-
ridtungen gefalten wurde, die Furcht, burd die gelehrten Rathe ber Appella-
tionskammer um die eigenthümlichen gu Gunften der ihnen geldufigeren fremben
Rechte gebradt zu werden, die Entferming und Koſtſpieligkeit des Rechtszuges
nad Prag u. a. Hatten gur Folge, bas fowoh! die Staͤnde ald Stabte fo tang
alé moͤglich dem Einſchreiten ber prager UAppellationéfammer wiberftrebten.
Auf dem Landtage von 1559 befdwerten fid bie Fürſten und Stande
GAlefiens Kher die Mppellationen naw Prag, da fle fich in vorfallenden Sachen
ber ſächfiſchen Rete und bei deren Mangel ber gemeinen beſchriebe—
nen Raiferredte gebraudten, außerdem ſonderliche Willkühren und Ge:
brdude Hatten, von denen die Bohmen nights wiften. Im Jabre 1554 bes
—X
Gaupteten ſie, ſich bisher nicht bes kaiſerlichen, ſondern fiber Menſchengedenken
bes Sachſenrechtes bedient zu haben. Im Jahre 1556 verlangten fie die Er:
richtung eines eigenen Gerichts in Breslau, zu welchem jeder Fürſt
und Stand eine der Rechte bed Landes erfahrene Perſon des Adels ober Doc-
tores verortnen, und welde jaͤhrlich viermal in Breslau zuſammen fommen foll-
ten, Rechtsbelehrungen gu pflegen. Won hier folle bie Appellation an bas Oberfle
Koͤnigliche Recht in Breslau gehen und von da Supplifation an den Konig
(Tfdhoppe und Stenzel S. 107).
Die mähr. Stände befchloffen 1583, bag bie Unterthanen ded Adelé,
wenn fie, mit Bewilligung ihrer Herren, welchen Streit immer vor das Muui-
cipalgeriht ber f. Ctadte bringen, fid) mit Dem daſelbſt gefallten Urtheile ofne
weitere Appellation begniigen laffen follen, der Adel jeden Standes aber und
bie f. Städte ihre Streitangelegenheiten vor bie prager Appellationsfammer brin-
gen fonnen (Moravetz hist. Mor. III. 49). Da e6 Viele gabe, welche bei
ben Urtheilen und Belehrungen ber Ff. Städte nit ſtehen blei—
ben wollen, fondern Seine Majeftat belaftigen, fol dies finftig nicht ges
{eben und bie Stande bitten, Seine Mtajeftat wollen bak, wad fie fon
vorhin beftatigt haben, gu (igen gerufen, damit uncubige Leute Feine Verzoͤ⸗
gerungen, Hinderniffe und Zerrüttungen verurſachen (Lukſche, Notiyen iiber bie
Verfaffung Maͤhrens bis 1628, S. 132).
Als Rudolph II. im Jahre 1608 Maren an feinen Bruder Mathias abs
treten mufte, forderten auc die Mahrer, da fie von der boͤhmiſchen Kanzlei
und Appellation befreit feien, die Ginridtung eines eigenen oberften Gerichtes
und eined Appellations-Tribunalé (Moravetz (J. 86). In Folge einer Zufam:
mentretung ber boͤhmiſchen und mahrifden Stande gu Prag wurde aber 1611 ents
ſchieden, daß es wegen der Appellation bei der alten Ynftruftion bleibe, bie k.
Stabte Mahrens aber ber Appellationsfammer ihre Munick
palredte mittheilen follen, auf welche fie {ich beziehen. Da fic fedod
bie Stände weigerten, ber Appellationsfammer die Municipalredte mitgutheilen,
fol nad bem Lanbtagé(dhluffe von 1620 bei jebem Urtheile der gange Gag, nad
weldem bad Urtheil gefproden wurde, bemfelben in vidimirter Abſchriſt beilie-
gen (Luckſche, mabrifhe Berfaffung bis 1628, S. 152 (rictig 158), 167
(tidtig 173).
Manche Stabte wurden ber Appellation an thre Mutterftadt
‘pon ben Lanbesfiirften enthoben. Koͤnig Georg befreite 1467 - die Stadt Rut:
tenberg von der Obergeridtébarkeit bed iglauer Bergſchöppenſtuhles, gee
ftattete ifr, alle Streitigfeiten in Bergſachen mit Borbehalt der Appellation an
ben Ronig ober defen oberften Miingmeifter felbft absuthun, und verbot derſel⸗
ben, in Salau, welded ihm die Anerfennung verfagte, Belehrungen einguholen
(Megerle, Gefhidte von Ruttenberg S. 90; meine Geſchichte von Iglau, S.
$1, 33, 45, 125).
546
RKinig Wladiolaw Hefreite bie den boͤhmiſchen Landesfiirften und den boͤh⸗
mifden Jnterreffen ftets treu gebliebene Stadt Hradiſch ſchon im Jahre 1472
von ber Appellation an die ungetreu gewordene Stadt Brinn (Urkunde im
Friedrich's und Czibulka's Gefdicdhte von Hradiſch, Brann 1859 S. 60, im 13.
B. ber Seftions Schriften S. 228); dennod erhielt fic) diefer Rechtszug nad)
Brinn nod fiber ein Jahrhundert und erft Rudolph IL verorbnete (1583), daß
bie Appellationen gegen Audfpride des Hradifher Stadtras
{hed an den brinner nicht mehr Statt haben, fondern an die pras
ger Uppelationsfammer gefen follen. Andererfeité Hat aber nod 1617 der Hras
diſcher Stadtrath uber eine an ihn ergriffene Appellation das Urtheil bed wefs
feler Stadtrathed reformirt, von 1618 — 1623 mehrere Appellationsgiige an fic
ergehen faffen, 1620 vom flobaufer Stattrathe ben gebiifrenten Titel eines
hdheren Geridgted in Anfpruch genommen, ja noc 1633 an Brumow eine Sn
Rruftion ertheilt, wie ſich biefelbe alé Stadt gu benehmen habe (eb. S. 45, 67,
69, 87).
Merkwürdig ift, wie die ,Welernungen zur Iglaw abfamen.” Leupold’s
Ehronif von Iglau erzaͤhlt Hiertiber Folgendes, ©. 94: Eodem anno (1543)
Sein die Belernungen, weldhe ettlide Behmiſche Stedt Hie in rechtsſachen ges
nofmen, bey gemach abgefdafft ond eingeftelt worden. Den weil ſich fonderlid
bie von Gjaflaw ond Colin (die von alters Her ihre belernung bie gebolet) die
Velernungen fo ihnen hie mitgetheilt worten, nicht gemeß Verhalten, ftolg ond
Vbermütige einreden Gilten, alfo bas es bem Ratth alhie mehr muh den nup
gefdaffet, in bem fle bie ſachen Behmiſch hieher gefditt, die erft haben mueffen
verdeutſchet ond darnad beratſchlaget werden. Derowegen iſts bei allen 3 Rate
then verbliedben, bad man genandten beiden Stedten fo wol aud andern funffs
tig fheine belernung ober Information Juris mittheilen foll. Deffen haben ſich
die Behmiſchen Stedte beim König Ferdinando befehwert, Oa Hat der Konig cin
Gommiffion nad Iglaw verordnet, War vnter den Commiffarien aud herr San
von Pernftein, Weil fic aber die Eommiffion etwas Zu fang verjogen, vnd die
guetten feut in Rechtéfachen khein guetten rath haben fennen, Gein fie durch
ihre gefanbdten bieher fommen, vnd gebetten, man wolle fie ferner ratholos nicht
laffen fie feyen ded erbittens, ſich ferner Vnſern Rechten nad Zuuerhalten, vnd aller
gebuer gegen ber Stadt Iglaw fic Zuerzeigen. Den abgefandten Hat der Rarth
alhie bamalé kheine antwort geben laſſen, fondern ben Gand! auff ein andere
Seit, da fie ferner anhalten folten, verſcheben, Nachmals weil fie folded mehr
bittlich vnd demutig erſucht iſts ihnen Sugefagt worden, ferner fie Zu belernen
bod in ber geftalt, Weil ſich bie Rechtsſachen Zur Iglaw aud je mehr vnd
mehr heuffen ond fie mit den ifrigen gnug Zu fdaffen haben. Go follen fie
funfftige von iedbern Brthl 2 Ze dem Stabiſchreiber alhie geben, ba fie Zuuor
nur 1 ZF gegeben Hatten, Weldhes fie Zwar angenofmen, Aber fieder der
Zeit fein gar wenig Recdtébelernung hie genommen worten, Weil Zumal bie
35
646
khoͤnigkliche Apelation in Beheim aufffommen, dahin fic die Stedte beruffen
khennen.
Zum Jahre 1569 erzaͤhlt Leupold's Chronik (S. 143) fiber die Urſache
„warumb denen von Meſeritſch belernung verfagt worden”: Es haben Bur⸗
germeiſter vnnd Ratth der Stadt Meſeritſch ſowol als andere viel Stedte im
Koͤnigreich Beheimb von alters Hero ifr recht vnd beletnung alhie Vmb die ge⸗
buer genommen, Wie es aber Dauon in Behmifden Stedten fommen, ift 3um
theif oben im £543 gedacht worden, Die von Meſeritſch aber Haben bas Redt
alſo verſchertzet, Im 1564 Jahr hat fic vor ihrem geridt ein redhtéhandl er:
hoben wegen einer Erbfhafft Zwiſchen Thoman Kirſchner von Domafdin aus
Bebeimd an ftat feined Weibs Ludmilla vnd Anna Stinin von Meſeritſch ibrer
Stiffmutter an ftat der iungen Khinder, Da haben die Meſeritſcher womb beler-
nung Hieher gefchift. Als ſichs aber in ben Acten vnd beigelegten ſchrifften bes
funbden, bad die von Meſeritſch folde begabungen ond freyheiten haben, Der mit
Der ftadt nidt hebt nod legt foll nide erben, Entgegen aber Thomann Kirſch⸗
ner bewilefen, bad fein Gaudfraw bei ter Erbſchafft in der heuraths Abred if
behalten worden, Sft nad). fleiffiger erwegung das erfolget: Diewelf die ven
Meferitid Priuilegia ond begabungen Haben, welde ten Priuilegien freyheiten
end Redten der Stadt Jglaw Ru wieder fein, Stem Weil (durchſtrichen: die
yon Meferithh) in einer andern handlung Zwiſchen Catharina Werawfin ond
Weng Zigler nach bie ergangenen tenteng fic Gatharina auff Die Apellation bes
Ronigreihs. beheim referirt Hat, rnd es hie Ihre kayſ. Majeſtaͤt hoheit vnd orr-
nung wegen der Apellation angehen wil, von welchen der Meſeritſcher Priuile-
gien berer von Sglaw Vorfahrer nod fte nist gewuft, Derhalben wolle es
ignen nicht gebueren, funfftiger Zeit Vrthl ond Vnterweiſung Ju geben, weil
es aud entweder ber Stadt Iglaw oder denen von Meferiti an ihren Priui⸗
legien ond Redten Zu ſchaden ond nachtheil gedeuen mddte. Wurden fid
Derentwegen in Ddiefer ond andern Handlungen ihren begabungen gemeß Zuuer⸗
Galten wieffen, Solches iff gefdricben im 1567 iahr Sabb. post. Matthiae.
Rad biefen ergangenen Abſchied haben bie von Meſeritſch durch ſchreiben
vnd Adgefanbte bed Ratths ond ber gmein Zum offtern erſucht, das fle wieder.
umb Zum rechten albie auffgenofmen würden, ond ob gleid) ihre Priuilegia ber
Stadt Sglaw Priuilegien vnd redten Zu wieder weren, So wollten fie fi dod
allweg ben ergangenen Vnterweljungen vnd Vrtheln Hinfuro gemeB verhalten,
und fic) disſals ihrer gerechtigkeit verjeijen, Aber bie von Iglaw haben es bei
{fret Berantwortung fo im 67 iahr geſchehen verbleiben laffen, vnd ihre ents
ſchuldigung weitleufftig ausgefuhrt im 1569 Jahr freitag nad Scholastica.
Wher bas alles haben fie ſolches hernach wieder durd 12 Perfonen bes Ratths
ond ber gemein erfudt vmb Margaretha, Aber ben vorigen beſcheid erlanget,
So ift aud Anno 1570 burd herrn Waglaw Berfa in gemeinem Landtag fol-
ches begert worden boc iſts beim vorigen befdeid verblieben.
647
Im Sahre 1571 erwahnt Leupold’s Chronif (6. 158) fdon ber Appella-
tion und einer von derfelben beftdtigten StrafeSenteng bed iglauer Stadtrathes,
bemerft aber (©. 164), taf Raifer Rudolph UW. im Jahre 1577 ben Iglauern
auf's Neue beftdtigte, daß ein jeder Appellant bie Acten Shrer Fdnigs
(iden MajeRat in die eigenen Hände überreichen foll. Dies fei
zwar faut des iglauer Bergredté alleseit geſchehen, da aber Zacharias von Neue
haus (auf Teltſch) in einer Angelegenheit feined Unterthans, bie bei dem iglauer
Gerichte vorgefommen, die Aften an die Appellation gefdidt, Hatten bie Iglauer
vom Kaiſer tie Beftatigung ber alten Freiheit begehrt und erlangt ').
Rad ter Beftatigung der ighauer Privilegien vom Jahre 1615 (Leupold's
Ohronif an d. 3.) fol jeder Appellant bie Appellation in 4 Woden vollenden
und in der Seit einen anderen Befdheid ausbringen, bei Verluft der AppeLation
(welche nad Brag ging).
Das entſchiedene Wiederfireben gegen das Ginfehreiten der boͤhmiſchen
Appellationsfammer jeigte fic aud im Streite mit dem Rathéherrn Paul Lede-
rer, welder 1590 in einer Privatſache wider den Willen des Raths gebanbdelt
batte und deshalb von diefenr in feinem Amte fufpendirt worden war. Ald er
fit bei Hof beſchwerte und bat, von Seiner Majeſtät gehdrt gu werden, wurden
gwar auf Begehren ber Yglauer mähriſche Nommiffarien zur Entſcheidung des
Handels beftimmt, auf Lederer's vielfAltiges Gupplijiren bei Gof aber bie Aften
ben maähriſchen Rommiffarien abgefordert und follten, mittelft der böhmiſchen
Ranglei, der bohm. Appellationsfammer aur Entſcheidung gegeben werden. Das
gegen machte fedbod der ighauer Etadtrath die rechtliche Einwendung, daß ec
nicht ſchuldig fei, auger Land well es nicht boͤhm. Guͤter betrifft) in
Sobmen gu antworten, und bat Seine Majeftat, ibn bei dem landtaflid
verſicherten Abſchiede und RMeceffe von 1402 ſchützen und verbletben au laffen.
Der Kaifer lie auch Hierauf die Aften der Appellation wieder abnehmen und
dieſelben den mar. Rommiffarien mit bem Befehle auftellen, dem langwierigen
Handel binnen 3 Woden abgubelfen. Lederer, welder ohne Unterlaß bat, nicht
in Mabren, fondern in Bdhmen von den Appellationsrathen gehoͤrt gu werden,
Rete fid aber anf alle Vorladungen nicht und ed fpradhen Daher die mabr.
Rommiffarien 1598 ben Iglauern ein erftandened Recht gu. Deffen ungeactet
wurden beide Parteien in die böhmiſche Rammer citirt, bie Abgefandten ded
iglauer Rathé machten jedoch Einſprache bagegen und der Raifer lies e6 1600
endlich bei bem Auoſpruche der mabr. Rommiffarien bewenden, nachdem er ifren
Borgang nod burch die vornehmſten Landesoffiziere Boͤhmens Hatte unterfucden
1) Ans diefer Chronik (S. 167) heben wir nachträglich aur S. 361, 364, 378, 453, 458 diefes Buches
aud hervor baé Anflommen ber Benennung Syndikus. Ale nämlich Matthäus Gregorius von
Tuledhaw ber Redten Doltor gum böhm. Stadtidretber in Sglan anfgenomtmen wurde,
begehrte er, daß ex ſich bes Titels Syndikus gebrauchen könne, welded ihm zwar nicht ver-
wehrt, dabti jeboch gemelbet wurde, „es fei in dem landt vubreuchlich.“
35 *
848
laſſen. Go hatte der Handel £0 Jahre gedauert und es ſtarb Lederer nad
viel muh cofft Zehren ond reiſen gang vnuermuglich“ (Leupold's iglauer Ehronif
S. 183 — 186).
Die Erſchwerung der Appellation erwirkte ſich auch die Stadt Brünn.
Wie ber brünner Stadtrath klagte, daß viele von ibm Verurtheilte das
Recht ber Appellation gum groͤßten Schaden ber Stabt muthwillig mifbrauchen,
ertheilte Rudolph (Prag am Fefte der Apoftelfendung 1592) die Begiinftigung,
daß man von deſſen Urtheilen nur an ihn felbft oder ben von ibm dazu beftimm
ten Rath appellicen dürfe und died nur gegen Erlag von 15 Schock boͤhm. oder
30 Schock weifer Groſchen (S. aud d. L. Ordnung 1604 fol. 111).
Uber felbft die Landesfarften Hielten nod) den Rechtszug an die ſtädtiſchen
Obergerichtshoͤfe aufredt. Die Stadt Neutitſchein hatte bidher bie Rechts⸗
belefrungen gegen Grlag einer gewiffen Gebühr yu Leobſchütz geholt und died
biefelben in boͤhmiſcher Sprache ertheilt, weil fie damalé die Amts⸗ und Ge:
richtsſprache von Reutitidein und aud jene ihrer Stadtbiider war. Im Jahre
1562 fiel e6 bem leobſchuͤtzer Obergerichte ein, die angefudten Belehrungen ge-
gen die bidherige Uebung in deutfder Sprache binaudgugeben. Die Folge
biefer Deuerung, von welder man nicht abgehen wollte, war, daß Raifer Fer⸗
binand I. bie eben foniglid geworbene Stadt und ihre Bewohner 1562 vom
Zuge nad Leobſchütz befreite und mit ibren Rechtsſachen dem olmützer Safe
fenfiuble zuwies. Von ta an ridtete ſich Reutitidein bid zur Kundmachung der
boͤhmiſchen Stadtredte (1697) nach ben Rechtonormen von Olmutz oder, wie es 1641
heißt: ,nad Aufiag der Ube Alten Garifden Magdeburgiſchen Rede
und unterfdiedliden vom Ober Recht ber fF. k. Hauptftadt Olmütz Ergangenen
Belernungen.“ Flr eine fede ſolche Belehrung wurden feit uralten Zeiten 12
weife bohmifde Grofden 4 dr. gegahlt, wads 1583: 16 Grofden aus machte
(basfelbe war, wie anderwarté, aud in Briinn der Fal, da Koͤnig Ludwig
im Sahre 1520 geftattet hatte, fiir eine rechtliche Belehrung oder ein Urtheil
12 bohm. Grofden gu nehmen).
Im Jahre 1566 erflarte Me Stadt Etramberg ihre RechtsbeleHrungen
in Neutitſchein Holen gu wollen. Allein bald fuchte diefe Bergftadt bad ges
knüpfte Band gu lodern, (ah ſich aber 1576 durch einen Ausſpruch bes Landes⸗
Unterfimmerers auf ibre eingegangene Verpflidtung gewwiefen.
Der Stadt Neutitſchein wurde bei Zuweifung nad Olmiig zur Bebdingung
gemacht, ihren Entſcheidungen dad olmützer Rect gu Grund gu legen. Die
Bafis desfelben bildete ein Ausyug des magdeburgiſchen Rechted, ein fos
genannter Processus juris, welder ber Statt 1562 von Olmütz gufam und das
Givilverfahren ziemlich vollftindig, bad Strafverfahren jedod nur in 4 Haupt⸗
ſtücken behanbdelt (Bed, Geſch. von Reutitfdhein, Vorrede, GS. 84, 126, 149,
218; bie beabfictigte Herausgabe bes leobſchützer Rechts unterblied).
Um meiften Widerftand fand ber Appellationszug an die prager Kammer
dort, wo fid bad bem romifden Rechte lange ungugdinglide norddeutſche, bad
549
magbeburger Recht, durch Jahrhunbderte in bad Rechtsbewußtſein eingelebt
hatte. Denn nite Hat (fagt Bifdof, olmiiger Recht S. 41) die Forthildung
bes einheimiſchen Rechts in Boͤhmen und Mahren fo ſehr gehemmt und untere
brit, als bas prager Appellationsgeridt, deffen Mitglieder, gleich anfinglid
A, {pater 8 Doftoren, neben Herren und Rittern, ſich wenig um die Privatredte
der Bürger und bie beftehenden Rechte geflimmert, wohl aber bem ihnen befann:
ten romifden Ret den groͤßten Einfluß gegoͤnnt haben migen. Died ere
flart, warum Olmitg fim fo lange und ftandhaft bed Rechtszuges dahin fig
erwehrt Bat. Die nod vorhandenen Gammlungen ter vom olmuͤtzer Oberbofe
ertheilten Schoͤffenſpruͤche (in Gewitih, in Brünn aus der Reit des olmitger
Notars Gabriel Cloger 1537 — 1549 (Monfe, brimner Rechte S. 117), in
Neutitſchein, in Olmutz von 1558 bid gegen bad Ende bes 16. Jahrh. und Be⸗
lehrungen ad extraneos von 1598 —- 1635) zeigen, bag bad roͤmiſche Rest
auf die Rechffprechung des olmiger Gerichtsſtuhles bis in die Dtitte bed 17.
Jahrhundertes faft gar feinen Einfluß nahm, dag die von Demfelben ausgegan-
genen Redhtsbelehrungen faft turdgangig auf ten alten, von Humanitäts⸗ und
Sitilichkeitsrückſichten durchdrnugenen Principien des deutſchen Rechts beruben.
Fortwabhrend find es die ,privilegirten, uralten ſaͤchſiſchen, Magdeburgiſchen, alé
hiefiger Orte uüblichen, Rechte* und tas Herfommen, auf welded bie Entſchei⸗
bungen ber vorgelegten Redhtsfalle gegründet werden und erft in einigen, in die
legte Zeit fallenden, finden fid) Berufungen auf die faiferliden Rete
und Zanbdesgefege, namentlid auf bie Landesordnung. Deshalb (uchte
aud der olmitger Etadtrath now lange liecber in Breslau um Rest sbe-
lehrung an, al8 in Prag, obgleich Breslau mie Olmig an bie prager Appel⸗
lationsfammer gewiefen svar. Im Fabre 1573 fdrieb ber k. Hoffefretae M.
Walther von Walterdberg an den Biirgermeifter und Rath yu Olmütz: ....
id fitr meine Perfon lies mir viel pag gefallen Sr ließet eud in allen furfallen-
ben Sachen lieber bei den verordbneten Prageriſchen Appellationds-Ratten, bas ift
bei tem Hauptrechtsſtuhl als bet einer Stadt id est yu Breslau, bavon die
Appellation gegen Prag fowohl als von euch geet, belernen, fo wuerd end bars
durch vif mue erfpart. Und Jr aud in den Gericdtliden faden befto fiderer
fein mogen, nichté minder wiirden die Parteyen weniger Appelliren,
Wenn Ir Euch auf Me einfhombenen fchrifften undter ainß au Prag belernen
liefet, Wuerd es aber Hieriiber einige Partey thun, fo khünten die Appellations:
rith in einer fad ond auf einerlet ſchrifften fhain anbderes als zeuor ſprechen,
dieſes wierd euch auch bei mefrerer Reputation vor allen leutten erfalten. Und
ble von Breßla fhindten auc nit furruber. Denn fy ane Zweiffl hierauf nit
privifegirt: fonder fteet bei eurem guetten Willen. Ob Jr bei Jnen die Beles
rung ſuchen wollet oder nit u. f. w. Waren Walter’s und Anderer Bemühun⸗
gen, Olmuüͤtz von Breslau abjusiehen und gur Appellation nach Brag gu bewe⸗
gen, aud) nicht gang fruchtlos, wie eine Reihe von Appelationsent(deidungen
aus ber Zeit Rudolph LL geigt, fo ift bod) immer ein Fefthalten am hergebrach⸗
550
ten Rechte erfennbar, felbft in einer Beit nod, in welder dad roͤmiſche Rede
fangft {con auf anderen Wegen theilweife Eingang in bie Rechtopraris gefuns
ben Gat. Dod wird die Berbreitung bed römiſchen Rechts ſchon infofern be:
merfbar, ald dieſelbe gerichtliche Beftdtigungen des Gewohnheitérechtes veran-
laßt (Biſchof, olmiipger Recht S. 38—42).
Wir haben fdon früher erwahnt (S. 982), daß Ferdinand Lu. in ber In⸗
fteuftion fiir bie Appellationsfammer zu Prag von 1644 Dderfelben die Belesh-
tungenin Qriminalfaden, welche die Staatseinwohner nad ber newen
Randesordnung bei ihr zu nehmen Gaben, und die Juſtizſachen der F.
Städte suwies, daß er die k. Stadte verhalten lief, in Rechtsſachen bei
Gericht nicht anderé als ſchriftlich gu verfahren, und dag er 1650
verordnete, aud in Maͤhren fei von den Parteien, wie in Boͤhmen, an die Ff.
bd6m. Ayppellationéfammer ju appelliren.
Debhalb heißt es fchon in einem Echreiben tes Stradrathed von Mig
lig nach Zwittau vom Jahre 16538 (Notizenbl. der Hift. Seft. 1857 G. 48),
„daß in den Gentengfdllen weiter (Wie zuvor gewefen) Wit nicht das’ Obers
remt gu Ollmaig brauden dörfen, fondern Solches vor Unſerer Rerfon
felbften vornefmen miffen, bannen ben Sentenz ter Obrigfeit gufenden, Und ihn
ben Berbrecher gu begnadigen, oter bei den Ausſpruch au laffen freyſteht, zwar
baben Wir die vernenuete Landéordnung, bdarinnen aber in dieſen Fallen fig
wenig au erfefen, bem Sach ſenſpiegel nad man fic meiſtens richten mag.“
Es waͤhrte aber nod ein halbes Jahrhundert, bid die Regierung unter
fortwabrendem Widerftreben bie Competens bed prager Appellations - Gollegiumé
alé Obergerichted in Mahren und Seblefien durchſetzte. Sie verpflidtete die
Gtande (begiiterten Standesperfonen) in Dtahren, weldhe ihr Landesgericht
(Haldgeridht) nicht techt befegen fonnen oder in aweifelbaften Fallen au ſprechen
anſtehen, zur Appeflationsfammer in Prag gu recurriren und von Derjelben alles
mahl „Belehrnung“ eingubolen (Reif. 21. Juni 1690). Der Kaiſer lies die
mähr. Untergeridte, ,wweil fle fic in Criminalibus jum oͤfftern verftoffen,”
anweifen, hinführo jedergeit von ber f. Appellationsfammer die Belehrung eingue
giehen, wie fie ſich in derley Casibus arduis ju verhalten (Reff 1. Oftober 1703).
Die Magiftrate von Znaim und Sglau wurden angewiefen, hinführo
in Dergleiden fdiveren Criminal⸗Sachen befonbderé in casibus dubiis sub Com-
minatione suspensionis Ihrer Griminal-Surisbdiftion den recurs jur f. Appella⸗
tionsfammer gu nehmen und fic) dajelbft der Belehrungen gu erhollen (Reff. 22.
November 1700). Dem Eremfierer Magiftcate wurde die vermeintlide Exem⸗
tion von ber f. 636m. Appellationéfammer veriwiefen, dba doch vie f. Städte
ſelbſt Diefer ald dem f. Obergeridte in Vriminal- und Juftisfaden
unterworfen feyen (eff. 28. Auguft 1702) und der Raifer wollte von
einer olmützer biſchöflichen Hoffanglet, an welde fid der fremfterce
Magifirat um Belehrungen in Rriminalfdllen gewendet, nichts wiffen, ba mit
Ausnahme ber maͤhr. Landrechte und Landtafel alle anderen Inſtanzen in Maͤh—⸗
651
ren Der Appellationéfammer in Prag unterjtinden (Reſk. 6. Juli 1708). Der
Stadt Ol mug wurde nicht nur die Anwentung tes fadfifden und mage
deburgiſchen, ftatt bed 1697 eingefithrten bohm Stadtredjté, wiederholt ge:
riigt (Reffripte vom 20. November 1702 und 15. Oftober 1703), fondern
auch befohfen, fid von Ertheilung ter Keriminal-Belehrungen an die benadbarten
Stadte gu enthalten (RMeff. 20. Sanner 1705).
Als die boͤhmiſche Appelationsfammer dieſe fpecielle Anordnung auch auf
anbere f. Stdbte ausdehnte und das mabrijhe Tribunal über die 3Zuldffigteit
eine Unfrage beim Kaiſer Leopold J. machte, erflop folgende a, h. Refolution,
welde ben Städten ſammt und fonbers folhde Grimiualbelebrun:
gen nodmal unter wirklicher Strafe unterjagte: Leopold r. Liebe getreite.
Wir Haden aus Eweren alerunterthanigften Berit von 27. Februar nedfthin
in mehrern gnabdigft Bernohmen, was geftalt ‘Bnd Ihre occasione der, Vnter
bem 20. Januarii gegenwartigen Jahres allergnadigf ergangenen Refolution,
frafft derer, Vnfer Königlichen Stadt Ollmütz, fig von ertheilung der Criminals
Belehrnungen denen benadbahrten Städten Hinführo guenthalten mitgegeben wor⸗
ben, wie nembliden in bem Fall, dba Vnſere Koͤnigliche Appellationd»>Gammer
ſothanes, gedacht Vnſere Roniglide Stadt Olimug allein refpicirende particular-
Resulutum aud auf andere Koͤnigliche Stidte ertendivete, folded Vnſerer aus⸗
drudliden allergnddighen Refolution Bon Port aus nicht gefteDet werden koͤnnte,
gehorfambft erinnert, mithin Gnd, was wir etwa Respectu Vnſerer übrigen
Koͤniglichen Srddten diesfalls allergnadigh au refolviren geruben wolten, in Vn⸗
terthdnigteit anheimb geftellet habt.
Wann wir nun bedeüte Vnfere Appeliations-Gammer gu Prag, damit in
Criminalibus, ba vmb ded Menfden leib und blut guthuen, fider Verfahren
würde, Specialiter tahin funbiret, taf Sie Vnfere Treü⸗ gehorfambite Stande
ond Sradte, die ba mit denen Obergeridten Berfehen, fo wohl in Vnſerem
Erb⸗Koͤnigreich Boͤheimb, als Mähren unt Schleſien, wie in Casibus dubiis
Zu Verfahren? belehrnen ſolle.
In anſehung deſſen wir dann Vnſeren Kdnigligen Staͤdten ſo wohl in
Vnſerem ErbMarggraffthumb Mahren, ald Schleſien, aus Vrſachen Sie, wie
bie Experienz gegeben, nicht fo wohl, als mehr erwehnte Vnſere Koͤnigliche
Appellations⸗Cammer in Criminelibus erfahren, ſondern jum oͤfftern irreparabile
Verſtöß begangen, vie Ertheilung der Criminalbelehrnungen gum offtern allergna⸗
digſt Vnterſaget.
Alß wollen wir Ihnen Städten ſambt und ſonders ſothane Criminal⸗
Belehrnungen nochmahlen hiemit, Vnter wuͤrklicher Straf Vnterſaget haben, vmb
fo Biel mehr da Vnſere alldaſtge Trek-gehorfambfte Staͤnde Von offt beſagtem
Appellations. Collegio ad Exemplum Vnſerer Bdheimblichen Standen gegen’ Rei-
dung eines geringen Adjuto alle Griminal-Belehrnungen geſchwinder ond Vmb⸗
fonft haben, mithin Ihr gewiffen falviren, Von aller Verantworthung ſich ente
552
ſchütten ond ben gdttliden Zorn, ber ba, durch Vertuſchung ber Lafter, erwecket
wird, Bon dem Bande abwenden finnen.
Befehlen Eud diefemnadh gnaͤdigſt Giermit, Hierob Befte hand gu Galten,
ond diefen Vnferen gnadigften Verbott nist allein guerneuern, fondern aud bie
Gontravenienten fowohl belehrnungs Suder, alé Eriheiler mit einer arbitrariſch⸗
Fiscalifhen Straff gu belegen.
Geben Wien ben 20. Marz 1705.
Sofeph J. Hal6geri@tsordnung fir Böhmen, Mahren und
Schleſien vom Jahre 1707 (welche, „mit Aufhebung der Weitläufigkeiten bed
Anklagungs⸗Prozeſſes den ſehr nupbaren Inquiſitions⸗Prozeß
foͤrmlicher und verlaͤßlicher einführte und einrichtete“) verordnete, daß alle zur
Ausubung der peinlichen Halsgerichtsbarkeit berufenen Difafterien, Landrechte,
Gerichte und Perſonen in wichtigen, ſchweren ober zweifelhaften peinlichen Fallen
weder bef andren Schoͤppenſtühlen noch bei Univerſitäten, ſondern blos bet dem Ff.
Appellations⸗Tribunale in Prag Belehrungen einholen ſollen unt dieſes Ober⸗
gericht bei Wahrnehmung einer waͤhrend bed Accuſations⸗ ober Inquiſitions⸗
prozeſſes von den Untergerichten begangenen Geſetzwidrigkeit die bisherigen Amts⸗
handlungen aufzuheben, die Sache neuerdings inſtruiren zu laſſen und die Schuld⸗
tragenden mit geziemender Strafe anzuſehen derechtigt und verpflichtet ſei (Art.
Mil. §. 14).
Es trug freilidh nicht bef, ben Appellationszug nach Prag beliebt au machen,
wenn bie Appellationsfammer bie Erpeditionen aud in ben Pringentften Fallen
liegen lief, fo lange bie Daren nicht berictigt waren, bid Kaiſer Joſeph I. bes
fahl, berlei Criminalia alfogleig nat Maͤhren und Schleſien zu befoͤrdern und
die Taren nadgehends von ben Magiftraten eingufordern (eff. 16. April 1709)
und bid Be maͤhr. Stande gegen tarfreie Behandlung ber Kriminal- Grpeditionen
bie Zahlung eines Adjutumd fiir die f. böhm. Apypellationsfammer von 2758 fi.
20 fr. jaͤhrlich ͤbernahmen (2. T. Schliiffe 1710 — 1712). Endlich erhérte,
wie wir gefehen (©. 382), M. Therefia bie heifen Wunſche Maͤhrens und be:
ftellte bas maͤhr Tribunal gum Givil- und Rriminalobergerichte Maͤhrens (mit
Audnahme bes Landredts) und Sofeph IL. gum allgemeinen Appellationsgericdte
Maͤhrens und Sdlefiens ').
— — ——
1) Ge fonnten bier, ber Natur ber Sade gemäß, nur Andeutungen in Beziehung auf bie
Städte gegebe werden; bie eingebendere Ausführung bleibt ber (bisher gänzlich vernadlaf-
figter) Gefdidte bes Strafredhte unb ber Strafredtspfiege in M. und Schl. vorbehalten.
Für die nenere Reit feit ben böhm. Stadtredten und ber Lanbesordnung fimbet fic Mate-
tial bet Proffowfty und Weingarten (2. Ordnung, viedemiae, manuale, Codex x. a),
Schickfuß, Luck, Friedeberg, Walther, ben gedruckten ſchleſ. Geſ. Slgen wu. f. w.
553
IV. Das Gemeindewefen. Gitererwerd. Schuldenſtand.
Urbar. {ohal-Anfldlige, Standſchaſt.
Wie wir ſchon friiher (S. 62 ff.) gefehen, gerieth die Stadt Brünn durd
ben 30jaͤhr. Krieg in eine bedeutende Gchuldentaft '); allein fie tilgte dieſelbe
nidt nur mit Hilfe ber f. Qofung (S. Ludwig's Chronif ©. 60, 75, 76, 81,
88, 89, 99), welche Ferdinand Li. (1629), und bed f. Wein und Biertages,
welde Gerdinand III. (1646) der Stadt überlaſſen, dann unter der Gunft eines
hundertjabrigen Friedens, fondern erwarb aud nod neue Landgiter, Haute
Gemeinde⸗Häuſer und rief sffentlighe Anftalten iné Leben 2),
Die Stadt tam burch den Verluſt ded Salzhandels, der faif. Lofungen, der
Wachtgelder und Militäͤr⸗Quartierbeitraͤge, durch die Einführung ded faif. Zolles,
Beſchraͤnkung des Handelé, Berminderung der Jahrmaͤrkte und theilweife Ein:
ziehung des Mautectragniffed gum Aerarial-Straffenbaue — Verhaltniffe, veren
wir fpdter gedenfen werden — in ihrem Ginfommen wieder ſehr Herab. Das
Bier⸗Gefäll wurde ihre Hauptquelle gue Beftreitung der jahrliden Ausla⸗
gen (in ben 3 Jahren 1736, 1737 und 1738 jährlich uber 100,000 fl., gui.
330,926 fl. 40 fr.) 9).
Allein aud) bad Brauurbar litt, abgefehen von der Beeintrdadtigung ded
Meilrechtes (S. darüber vorlaufig meine Gefhidte von Brinn 6. 56, 105, 157,
167, 214), burdh die Biers Einfh@wargung von auswärts. Es war nam-
lid nit nur den Hoberen Standesperſonen geftattet, eigenes und er-
— —
!) 1650 betrugen bie Stadtſchulden 362,151 fl. 44 kr. und gwar 121,349 ff. 20 fr. an
geiftlide Corporationen gegen ewigen in, 125,282 ff. 10 fc. an auswärtige Private,
68,893 fl. & fr. an einheimiſche Bilrger, 12,493 ff. 46 fr. Waiſenſchulden und 34,133 fl.
20 fr. „unaccordirte“ Sdhulben.
2) Die Stadt ridtete insbefondere gwei BierfdHanlhdufer gum Ausfdhanle ihres Bieres
neu ein und erbaute cin ueues Branntwein- nub Juden-⸗Haus auf ber Vorftadt
Kröna. Hier kaufte fie and 1659 von der Witwe Katharina Polezina Iſtvan um 2000 fi.
einen bem Kloſter St. Thomas ginebaren Hof anf der Schütt oder ſchlechtweg Schütt
gegenfiber bem Spitale St. Stephan mit Garten, Aeckern, Wieſen u.a., aus weldem bas
Wirthehans „die neue Welt” entfland.
3) Dte beträchtlichſten Poften im Sibr. Durchſchnitte waren: Die Bränhaus ˖ Koſten 113,930 fl.,
bie Bffentfidien Priftationen 58,857 fl. die Befolbungen 45,379 fl., die Banamts⸗Koſten
39,800 ff., Rapitale-Intereffen 5,469 fl., Kelleramt 5,840 ff. aw. f. w.
554
faufted Bier yuc eigenen Haus-Nothdurft eingufiihrea'), ſondern auch die k.
Tribunals. und Landtafel-Beamten, wie die gejhwornen Landes:
abvofaten und Med. Doftoren fpraden diefes Prarogativ an und genoffen
e6 aud wirflid, obwohl Kaiſer Ferdinand lll. ihnen nur die Einfuͤhrung des
„aus ihren Weingarten gefedSten und andern,” bes , cinheimijden und fremden”
Weins gum Haudsgebraude geftattet, hinſichtlich einer gleichen Bewilligung fir
das Bier aber Bedenfen getragen hatte (Reff. 7. Febrnar wd 12. April 1650).
G6 ſchlichen aber hiebei nicht nur Mißbräͤuche und Unterſchleife ein, fon-
bern es fpraden auc bie new ind Leben getretenen Landſchafts⸗ (ſtaͤndiſche)
und Qameral-Beamten, wie die gefhwornen Landesbuchh alter, ja felbf
alle ber örtlichen Surisdiction nicht unterworfenen Stadt-Bewohner die freie
Bier⸗Einfuhr an. )
Weiter lag aud) der Stadt die Laft ob, fiir die Tribunals-Affefforen gegen
Schüttung zu brauen, und aué ben Eloͤſtern und dem Stifte Maria Saul
wurde Bier ausgegeben und auf den dei Der Stadt befinttiden fremben Gaffen
Bier in einem nievern Preife gefdank u. f. w. Hiedurch war dad Bier⸗Gefäll
ber Stadt fehr beeintradtigenden Anfedhtungen ausgefegt, wenn aud bas Ber⸗
feuntgeben bes fremben Biers von den LanveSfirften wieberholt verbo:
ten wurde (Reffript vom 25. Suni 1731 und 12. Margy 1736, Triblot. 1. Sept.
1739). Daher bat der Magiftrat 1740 beim Kaiſer un Shug und Beſchraͤn⸗
fungen und baé Tribunal rieth (1745) ein, den Hdheren Standen bie freie Gin:
fuhr des Bieres gu ihrem Gebrauce zu geftatten. Die Klagen ver Stadt ber
Beeinträchtigung ihres Bräuurbars dauerten aber fort?). Endlid wurte mit dem
Hofdefrete vom 3. Juli 1773 der vom Oubernium aur Beſchränkuug der Gin-
ee eee
1) Nad ben Privilegien bes Königs Mathias (1609) und rer Raifer Ferdinand I. (1633),
Ferdinand III. (1639), Leopold (1698) und Karl VI. (1720) waren bie begiiterten und m⸗
begiiterten mähr. Hbberen Stanbdesperfonen, wie and bie begilterten Kloſter berechtigt, m
bie von ihnen bewobnten f. Stadte frembes Bier, jedodw nur fiir ihren Bedarf, Wein
aber fo viel fie wollten, etngufiihren. Nur war ibnen gu allen Zeiten unterfagt, ben Sant
mit diefen Getrinfen ansguilben, ba diefer in ben f. Städten theile ben Bürgern, theile
ber Gemeinde gebilbrt (@uberntal-Jtr. 9908 von 1782).
' Rad ben a. h. beftatigten Lanbdtage(dlitffen vom Sabre 1650 und 1652 nnd ben f.
Tribthals-Berordnungen vom 17. September 1735 und 16. Februar 1786 genoffen bie hö⸗
beren StanbeBperfonen fiir ibre eigenen ober zum cigenen Gebranche gefanften obrigle it.
lichen Effekten, infofern fte nit gum Wieder-Verfaufe beftimmt und mit einent obrig-
feitliden Paßporte verfeben waren, aller Orten in Mähren bie Befreiung von dex Ent-
ridting ber Privatmant + Gebibren.
3) Am beften zeigt bie’ bas nachfolgende Patent dew briinner Kreigamtes vom 7. Februar 1767:
Von Ravfer Koniglichen CreyRamt tegen, dee Griinner Kreyßes im Marggraffthum
Mähren, denen in ber Kbnigliden Stadt Britnn befiindlidgen höheren Standes Perfobnen,
nnd ber Dtagiftratual Jurisdiction nicht unterwiirfigen Partheyen (als ba find Lanbes- Ab-
vocaten, Medici, Sollicitatores und Buchhaltere) biemit gu eröffnen und au bebeiithen.
Ge ift bereithe ben 21. May 1762 Bermittelſt eines anmit in Abſchriefft neben lie:
genden Ranger Rbnigliden Hohen Repriifentations und Cammer Decreti ddo, YO. Aprilis
sé
führung frembden Bieres gemachte Vorfdlag genehmigt und reſolvirt, tap außer
Den ſowohl begüterten ald unbegiterten mähriſchen höheren Etanbesperfonen unt
aufier Den begüterten hiefigen Kldftern Riemand ein frembed Bier in die Start
Recepio vero 20, May dbemelten 1:62 Sayre’, vou obbabenden Kayſer Königlichen Crevß
Amtse wegen und nabmentlid zwar diefes fund gemachet worden.
Weilen bas gur bhiefigen Königlichen Stadt Brünn eigenthümlich zugehörige Brau.
Urbar, durch bie Exceffive Einſuhr⸗ und unerlaubte Ausſchänkung bes fremtben Biere, anf
bas empfilndlidfte benadytbeiliget, unt anburd in ber Grdu-Urbars-Nugung ter Königli⸗
den Statt Brünn ein beträchtlicher Abfall Berurfachet wird, und bergeftaiten zwar: daß
in die allbiefige Herrſchaffts⸗, Geiſtliche unb andere privat⸗Häußer frembdes Bier unter
anberen aud) theils in ſolche Hervfchaffte-Oanfer, in welden dle Herridafft weder wohn⸗
bafft tft, theils aber in anbere Hanfer (welche befanter maffer nicht fo viel verbrauchen
können) eingeführet werbe, woraus bann gu entnehmen feye, inzwiſchen aud Von ber legten
fundmadung erprobet worden ift, daß bergletden einführendes Landt Bier nidt ales gum
eigenen Trunk Verbrauchet, fondern in theilé Häußern denen bas Koft Geld überkommen⸗
ben Bedienten, nnd unter diefen Borwandt aud anberen fich gugegohenen Leüthen, gum
Theil in Geſchier abgekollet, in anderen OGauGern aber benen Gaften Verlelltgebet und
gu deren Berwfirthungy fo gar Tieſch und Bäncke gefetset reorder.
Wie nun aber ein folder Mißbrauch ſowohl denen in Saden ergaugenen Kayſer⸗
Königlichen Refcripten, als anc benen ber Königlichen Stadt Brilnn allergnädigſt Verlie-
benen und Confirmirten Privilegien entgegen ftebet.
Als hat [dow damahls Cine Hod Whlide Kayſer Königliche Reprfentation, und
Cammer Vermig des bereiths obanbegohenen, an mid Creyß Hanbtmann erlaffenen hohen
Decreti gue Abftellung dieſer ber Stidtijden privilegirten Bierſchanls Freyheit yn nabe
trettenben, und bie Königliche Stadt Briinn in der Brüu⸗Urbars Nugung fo empfündlich
Senachtheiligenten Gebreden, nadftebendes ju refolviren gerber, und zwar:
Erftenns: Dah Niemanden, wer ex aud) immer feye Caufgenommen denen gur
freyen Bier Ginfubr nur allein für ihren Hauß⸗Trunck beredtigten höheren Staudes⸗ und
anberen allerbidften Orthes privilegirten Perſohnen) einige’ Auswärtig⸗ ober frembdes
Bier, weber nnter denen Revfen, nod in Meinern Gefdieren, in bie Stadt Brünn eingu-
führen erlaubet ſeye, noch auch bie Cinjubr unter denen Stadt Thören paffiret werden
folle ;
Anbderiens: wilrde denen hiefigen aur freyen Einfuhr des Biers privilegirten
höheren Stanbdes-Perfohnen nicht geftattei, bak ihre Hauß Berwaltere, oder Haug Mey-
ftere, oder Semand anbdercr im Hauß, cinig frembbes ober eigenes Landt Vier ausſchäncken,
ſondern fic) beffen um fo gerviffer enthalten follen alé im wibrigen die betrettende mit der
in bem nntern 25. Sunij 1781 ergangenen allerhochſten Kayſer Köuiglichen Hoff-Refcripto
aufgemeffenen Straff Von 10 Thl. Mähriſch toties quoties foldhe betretten wurden beleget,
und binnen 14 Tagen zur Veridtignng diefes poenalis, burdh aufgebige Affifteny Leyftung
biefes Kayſer Königlichen Vriinner Creyß Amts, mann ohnnachbleiblich angubalten bitte,
mnb fo weither wurden aud iné Cefondere
Drittens: Bene Obrigheiten, welde in ihren Häußern gewölber haben, unter der
nehmlichen Straff, ihren Sane-Meiftern, und Domestiquen ſcharf einbünden, und dabin gu
verbalten belieben, bamit fle denen in Jahrmarckto⸗zeiten anlommenden frembben Rauff-
Lellthen, Von dem auswirtigen Bier nidte zulaſſen, fonbdern felbte an ba’ Stadt Bier an-
weifer, nicht münder wo bie Zaffel mb Bane fiir bie Gäſte geſetzet ſeyn, ſolche Caffiren,
wud weber inn- nod anfier der Stadt in denen allda befündlichen Häußern und Garthen
frembbes Bier ausſchüncken; Unb ein gleiches Verſtehet ſich auch von denen übrigen Inn⸗
556
Vriinn eingufiihren befugt fein fol, jede adelige Perfon aber auc Hiegu nur fo
lang, alé fie in Brinn wohnt, beredtigt und gebalten fei, bei dem Gubernium
unter abeliger Treue anjugeigen, wie viel Bier fie fiir fic und ihre Angehdri-
gen nothig habe.
Die Stadt fam aber in ber Ausübung ihres Braucegalé nidt nur mit
ten hoͤheren Standen und dem BeamtensStante, fonbern durch deffen Ausdeh-
nung nad bem Mufter anderer Obrigfeiten, fo wie durch die fonftige Vermeh—
rung ber Renteinnahmen, aud mit der Bürgerſchaft in mannigfadhe Conflifte
(S. 6. 405),
Die Berhiltniffe bes Communhaushaltes geftalteten fide (wie ter Mas
giftrat wegen des Mautbezuges vorftellte und wir S. 64 ertwdhnten) immer
mißlicher in ber Art, daß die Stadt 1781 einen GGHuldenftand von
mew — — — —— — — —
wohneren ber Königlichen Stadt Brünn, als ba find Lanbes-Abvocaten, Medici, Sollicita-
tores unb Buchhaltere, welde bas Beneficium bes frembden Biere gegen Bezahlung des
inlay -Gelbes von jeden Eymer a 15 fr. gugenieffen haben.
Right minder werden aud bie Jenigen Leüthe, fo in benen Worftadten, in ein fo
anderen Gl8ftern, und Geiſtlichen zugehörigen Gartten gu wohnen pflegen, Gemaß bes Bff-
ter anbezohenen Hohen Reprafentations und Cammer Decreti §. 3. ddo. 13. Aprilis, et
praes. 20. Maij 1762 unter ber wieberholten Straff Son 10 Thalern Mähriſch fid bes
unbefugtern Schanckes gn enthalten haben.
Nadhdeme aber Vermög Verſchiedener Von bem Koniglichen Stadt Brünner Magi
ficat ben dieſem mir anvertranten Kayſer Königlichen Creyß⸗Amte angebradten Beſchwehr⸗
ben erprobet worden ift, daß inzwiſchen ber zeith tes obanbezohenen letzhin Sub dato ben
21. Maij 1762 publicirten Patentes, Vorzüglich in Theile Schooß Hlugern, biefer Verbo-
thene Land- unb frembde Vier-Sdand yum groften Schaden und Nachtheil ber Stadt
Vritnner Bräu⸗Urbars Nutzung getrieben, auch die Ueberttretere in die Berwürckte Straffe
gu 3ieben mann nicht entbleiben wiirbe.
Und furg gedachter Brünner Stadt Magiftrat dics Orths bas Anſuchen machet, das
jenige, was mehr bemelbter maſſen in Anno 1762 Gon Creyß Amté wegen publiciret wor-
worden, Republiciren; Gin foldhes and vou Einem Godlsblid Raifer Königlichen Landes
Gubernio untern dato 28. Novembris 1766 boc amtlich eingewilliget worden iff. *
Als wird biefemnad bad obanbegohene Allerhöchſte Hoff-Rescriptum, und bobe Re-
prifentations» unb Cammer Decretum gur alfeithigen Wiffenfdafft, und gu dem Ende an-
mit Repnbliciret, auf daß hiernud ein Feber, Theils fich wie gu richten fo forth bie höohere
Stantes-Perfohnen ihren Hauf-Berwaltern, ober Hank Meifteren, und Dienſtbothen der
aemeffenften Nachverhaltungs Befehl gu geben, nicht enthleiben wollen, als im widrigen
Fall jeder befrembde Theill ſich der privirung des Beneficii ber frembben Wier. Crfuhr
gar erponiren, und fic) dieſe Unanftdnbigfeiten felbfter gugufdreiben baben warde. |
Welches bann auch insbefonbdere denen Von ber Magiſtrats⸗ o Suriebiction,,
Partheien, nud Rahmentlid) gwar Lanbdes-Abvocaten, Medicis, Sollicitatoribus um ©
teren, gu ihren Nach⸗Verhalt andurch fundgemadet wird. nits’
Uebrigens aber ift bas Gothen Regifter au bem Ende BepbeftinnGdsinempletton Se
ben betreffenden Theil bas Pracseatatum ber ridtig beſchehenen uan Aies Queru
angemerket werde; Sign. Gritnu den 7. Febraarij Anno 1730. 53 Geddageat
557
124,098 ff. 36'/, fr. Gatte, die jaͤhrlichen AUslagen von 49,592 ff. 452/, fr. ')
bie Einnahmen um 2,071 fl. 102/, fr. überſchritten, bie Schulden aber an-
derthalb Hundert taufend Gulden ftiegen, die Stadt nicht bie nothigften Auslagen
befireiten, nicht dad ſehr ſchlechte Pflaſter herftellen, webder dad unentbehr⸗
lichſte Policeis und Sicherheits⸗Perſonal unterhalten fonnte und in Ddiefer bes
brangten Zeit die mabr. Stände ifr auf mannigfadhe Weiſe gu Hilfe fom-
men muften.
Wir fahen aud (S. 66), dak bie Paffivfdulbden, gum Theile erjeugt
durch nugbare HerfteDungen und Anfdufe, nod Hoher und bid 268,952 fi. fies
gen, im Jahre 1835 aber gang getilgt waren 2).
Zur Hebung bes Gemeinde-Haushalteds und beziehungsweiſe Unterftigung
ber Gemeinde in der Erhaltung ihrer Anftalten trugen weſentlich die Lokal⸗
Zuſchlaäge bei, beren wir fon gedadt haben (S. 66 — 74) und gum Theile
nod gedenfen wollen.
Außer Dem feit faft einem halben Jahrhunderte verbliecbenen Zino kreu⸗
ger waren died folgenbe:
— — — — — — — — —
1) Nach der Stadtrechnung vom Jahre 1781 foftete bas Geſchäft der Robot- Abolition auf
ber Herrſchaft Gurein in diefem Jahre allein fiir Ansmeffung ber Griinde und Commiffio-
nen 6,449 ff. 85'/, fr.
2) Die Befigungen und Cinfiinfte ber Gemeinde wurden gu Anfang dieſes Jabrhunbertes in
folgender Weife nadhgewiefen:
Wn ber Stadt befigt bie Gemeinde eigenthiimlid einen Meierhof mit 500
Megen Anbau, 3 Mühlen, wovon bie Lampel+ und Haſenmühle emphitentiſch verfanft,
bie Malzmühle gum Theile von der Gemeinde benilgt wird; 3 Wirthehaufer, zum
weiſſen Roffel auf ter grofen Mengaffe und yunt wilder Mann anf der Meinen Neugaſſe,
beide empbiteutiſch verfanft, yur nenen Welt auf der Kröna. An ber Stabt mehrere Häu⸗
fer: Das Bräuhaus, das obere und untere Malzhans, in ber briinnere nud unteren
Jobannesgaffe; bas vordem Kern'ſche Haus, mun fir die Unterbringung des Kreisamtes
beſtimmt, in ber Rrapfengaffe; bas vordem freiherrlich bon Freienfels fhe Haus in
ber Herrengaffe, zur Wohnung des Rommandirenden und bes Generalfommando's vou Mähren
perwenbdet; bat Syndikat in ber Rathhausgaffe und mebrere Meinere Gebaude, ix
welden bie mindere ftddt. Dienerfdaft und bie Polizeiwachmaunſchaft untergebracdht werden; zwei
anfebnlide Gebäude, beftimmt gu Rafernen fic das Militär, bie Taferne mit bem
Theater unb Reboutenfaale, endlich bas anfebnilide 1511 gebante Rathhaus mit
ber Frohn veſte. Zwei kafſirte Teiche mit einer kaſſirten Mühle am Teichdamme, wel-
cher bas Mühlenrecht mit bem Ringsrechte entgeltet worden iſt. Das Stadt⸗ unb Heu⸗
waggefäll, mit Niederlagen anf dem großen Platze und in der Vorſtabdt Kröna. Die
Fiſchwagpachtung, Potaſchen⸗;Zinſungen, bas Bier-, Wein- und Srannt-
wein⸗Schankérecht auf eine Meile in ber Runde von Brünn, mit einem verpachteten
Vranntweinbaufe. Das Mautiqnivalent ane bem Straffenfonde für die eingezogenen
Mauten, feit bem Fabre 1784 jahrlich mit 3768 fl. 26 tr. zur Erhaltung ber grofen Brücke
in Altbriinn. Das Recht eine Taberne gu halten und in- und ausländiſche Weine da⸗
felbft ſchänleu zu dürſen. Bier Jahrmärkte mit einer Regie von 400 Markthütten, end⸗
lih die Waſſerleitnngezinſen. Dazu fommen die Einkünfte aus ber Herrſchaft
Gurein.
558
a) Der Biereimergoll. Als mit vera. h. Entidliegung vom 27. Februar
1788 bie Ginfubr fremben Bieres Jedermann geftattet, hiedurch aber bie
Stadt in bem Ertragniffe bes Brauregald wefentlid) beeinträchtigt wurde,
bewilligten feine Majeftat (Hoftefrete von 2. Mai und 18. Dez. 1788),
daß von jedem Gimer des in die ſtädtiſche Gerichtsbarkeit eingeführten frem-
ben Bieres 20 fr. fur die Stattrenten abgenommen werden dürfen. Das
Hofdekret von 20. Juli 1820 bewilligte bie Abnahme diefer Gebühr gleid
den Getranffteuern in KM. mit dem gleichen Betrage.
Diele Gebühr blied feit Berpadtung des Bräuregals contraft:
mafjig wberlaffen.
Rach cinem Ejahrigen Durchſchnitte von 1823 -- 1828 wurden
(ofne das eingeſchwärtzte) im Durchſchnitte fabrlid 12598 Eimer Bier
eingeführt, wad einen jährlichen Getrag am 3olle von 4199 ff. 20 fr.
C. M. machte.
b) Der Getränkaufſchlag. Als im Jahre 1804 bie brünner Fleiſch—⸗
hauer mit Geld und Kredit fo verfallen waren, daß fie ben Bedarf des
Publifums mit dem Fleifche nicht mehr deden fonnten (1%), trug das Gus
bernium dem Magiftrate auf, den Ankauf ted Schlachtviehes aus den Kom:
munrenten felbft gu beforgen und durch die Fleiſchhacker das nothige Fleiſch
fiir dad Publifum aushaden gu laffen. Da die Ginkdufe theurer, die Sr:
hoͤhung der Fleijdtare aber nicht geftattet wurde, machte ter Magiftrat
Schulden, welde in 2 Jahren auf 60000 fi. ftiegen. Hierauf wurde bie
nagiftratifde Fleiſchregie aufgehoben und zur Zahlung ber Schul⸗
ben bewilligt (Hier. vom 31. Auguft 1806), daß auf jeden Eimer bed in
der Stadt Brinn und ihren fammtliden Borftadten verzebrten intandi-
ſchen Weines ein Zufdlag von 15 fr., auf jede Bouteile Liqueur,
Rofoglio und Punſcheſſenz von 7 fr. und auf jede Bouteile ausländi—⸗
fden Branntweins, als Arraf und Rhum, von 12 fr. gelegt
werbde.
Sm Jahre 18413 waren dieſe Schulden ganglih getilgt; Seine Mas
jeftat genehmigten aber (Hofdefret vom 26. Februar 1814), daß von den
zur Tilgung der Fleiſchregieſchulden fuͤr die Etadt Brinn beftimmten Gee
traͤnkaufſchlaͤgen die eine Halfte bes Cinfommens fiir ten Hauptar:
menfont bd. i. rudfidtlid Brunnd fir das algemeine Ketankenhaus
bei St. Anna und bas Siedhenhaus und die andere Halfte fir den Poe
ligetfond aur Zurückzahlung der erhaltenen Kammeralvorſchüſſe ſowohl
alé zur Dedung der Abgaͤnge, Erweiterung und Bervollfommapng der
Poligelanfalten verwendet werde. Die a. h. Entſchleßung vom 14. pel
1821 fepte diefe Auf(hlage auf G. WM. um. af
Rad einem Gfahrigen Durchſchnitte von 1898 — 1828 ‘givigek fibre
lich vom Bruttoertrdgniffe per 3249 fl. 501/, fr. file den Senu
anftaltenfond 3095 fl. 42/, fr. ©. M. und eben fovtel fiir den
559
fond aus biefen Auffdlagen ein, welde von den Beamten bes Tranffteuer-
gefalle gegen Remuneration eingefoben wurden.
c) Der Brennholz-Aufſchlag. Rach bem Hofbefrete vom 27. Sep⸗
tember 1804 ordneten Seine Majeftat an, daß von jeder nach Briinn oder
deſſen Borftddten eingeführten Fuhr Brennholz, welche ungefahr eine Halbe
Klafter enthalt, 11/, Fr. und von einer Rlafter und darüber 3 fr. alé cine
Abgabe aur Unterftiigung ber KRranfens Verforgungsanftalten
entrictet werden foll. Diefe Abgabe wurde im Sahre 1812 mit a. §.
Bewilligung auf 6 und 12 fr. erhdht, fpdter auf ©. M. umgefegt (a. h
Entſch. 14. April 1821), von den Wegmautamtern eingehoben und trug
nad einem 6jdbrigen Durdfdnitte von 1823 — 1828 jaͤhrlich 6119 ff.
50 fr. ©. M.
d) Mls 1829 an die Stelle der beftandenen verſchiedenen Confumtions»Steuern
und Aufſchläge die allgemeine Verzehrungsſteuer trat, horten die gu
a) b) c) erwafnten briinner Lokal⸗Zuſchläge auf, und es fam an ire
Etelle ber Versehrungsfteuer: Gemeinde» Zufdhlag (Gubciel.
28. Oft. und 11. Dezember 1829 3. 42,308 und 50192).
Rad tem Pradliminar fir 1830 waren an bem ſtaädtiſchen Crforterniffe
unbebedt 5879 fl. 34 fr., bet tem Yofalfranfenfonde auf bas Erforderniß von
37376 fi., nad Abſchlag ber Einnahme von 31630 fl. (mit Snbegriff der Bu:
fififfe von ben erwähnten Aufidligen), 5746 fl., bet bem Polizeifonde auf fein
Erforderuiß von 9396 fl., nad Abſchlag ter Einnahme 6060, 3316 fl. Hiegu
gerechnet die aufgelafjenen Aufſchläge von a) mit 4199 ff. 20 fr., b) mit
3095 fi. 4°/, fr. und 3095 ff. 4°’, fr. und c) mit 6119 ff. 50 fr. ergab fid
eine Summe von 31,450 ff. 532, fr. © M., welche durd einen Gemeinde-
zuſchlag zur Bergehrungsfteuer zu bededen war (OGub. 3. 40143 wnt 42308
von 1829). :
Hei der Bemeffung dieſes Zufdlages nam das Gubernium aud auf die
rateniweife Ridjablung der ftadtifcden fogenannten StarePiden Brodver:-
backungsſchuld (welche bis Ende Juni 1829: 19,482 fl. 36 fr. ©. M. be:
trug) mit 3000 ff. ©. M. jährlich Ruͤckſicht. Gleich darauf (Gub. Nr. 43,588
pon 1829) hielt eS aber dafür, Daf diefelbe Durch den Ueberſchuß bes Find
freugerfonbded werde getilgt werden können.
Es galt fortan alé Grunbdfag (Hofdefret vom 8. Juli 1830 3. 14202),
daß die unbededten Bediirfnifje der ſtädtiſchen Kommunkaſſe mit Einſchluß der
Auslagen fiir die Lofalanftalten, deren Deficite fle gu bededen Hat '), gu priifen
find, um ben Gemeindezuſchlag au reguliren.
') Nach dem Priliminar fiir 1982 hatte ber Lotalfranlenfond Ginnabmen: An Intereſ⸗
fex vom Rapitalien 4615 ff., an beftimmten Geitrigen 3647 fl., an fizicten Zinſungen
$35 fl, an Stiftungsbdeitrigen 9 fl., an Vermadtniffen, Verlafſenſchafts⸗ und Lizitations-
perzenten 4910 ff., an Vall-RommBdie, u.a. Gelbern 86 fi., an Zinelrengerauffdiag 8980 fi.,
860
Im Durchſchnitte der drei Jahre 1858, 1859 und. 1860 trug die Bergeh-
rungéfteuer nebft tem mit ber a. 6. Entſchließung vom 12. Mai 1859 angeords
neten 20°/, 3ufdlage 246,528 fl. 90'/, fr, ber Gemeindegufdlag aber 74,023 fl.
40 fr. und es wurden beide, wie aud die Weg- und Bridenmaut in ber Stas
tion Briinn mit 40,045 ff., 1860 vereint als Pacht objekte ausgebdoten.
Raifer Ferdinand IL ging auf das Ginrathen Der faif. Rathe und Nome
miffarien, die k. mähr. Stadte wegen ihres Abfalls bleibend gu beftrafen, nicht
ein, weil fie Durdy dad vergangene Unweſen und fortmabrente Ginquartirung fo
„ausgemergelt und gepreft feien,” daß ihnen cin Mehreres gu tragen unmoͤglich fein
wiirde (Reff. 19. Degember 1624 in meiner Gefdidte von Sglau S. 288).
Aud nahm er fie, nahtem er einen Biers und Wein⸗Aufſchlag einges
führt (Patent 24. Fanner 1626), in der neuen maͤhr. Landesordnung vom Jabre
1628 (fol. XXI) wieder gum vierten Gtanbe (ver geiftlide, Herren⸗ und
" RittersStand waren die Drei oberen Grande) in folgender Weife auf:
Betreffend die Roniglidhe Stabte, haben Wir diefelbige alle ond jede fo
weit begnabet, daf Wir Sy aware witerumb ju einem Stand, ond alfo dem
Pierten gnedigift aufgenommen; Dod follen fie Hingegen famt vnd fonteré, von
jedbem Vaß darinnen gebratietem, oder von andern Oerthern gu ihnen geführtem
vnd alta aufgetrundenem Bier, einen Gulten yu 60 Kreitzer gerechnet, Vngelts
ober Biergelts, je vnd alleweg gu ewigen Zeiten, Vnſerer Koͤniglichen Cammer,
ju Vnſerer vnd der Nachkommenden Disposition, vnnachlaͤßlich zureichen ond au
geben ſchuldig fein.
Rad tem fic vor alters groffe Differentien ond jrrungen zwiſchen dem
Herren- ond Ritter Stand an einem, ond denen Stidten am andern theil erhal⸗
ten; Vnd aber diefelbe im 1486. Jahr nad Chriſti Geburt, am tag der Cilff
Taufent Sungfrawin, wie aud vom Konig Vladislav ergangenen Auſpruchs
batirt Ofen ben Gridtag nad Luciae 1493 '). Rit weniger ber ander 1532
burdh cine Vergleichung hingelegt; Als wollen Wir gnädigſt, taf obberürter
Bertrag nodmalé in feynem Esse verbleiben, ond in alle bem jenigen, fo in
an Sauseinfliiffen 6770 fl., zuſammen 29852 fi, Ausgaben: An Befolbungen 973 fl,
an Provifionen ꝛc., HKangleierforberniffen, Zinſen 2c. 542 fl, an Dotirung der briinner
RKranfenanflalt 18,049 ff., an bto. ber clmiiger 5548 ff., an tto. bes Siechenhauſes
12,896 fl., gufammen 38,008 ff. ©. M.
Wer Abgaug von 815 fl. C. M. war aus ber Kommunkaſſe herzuholen.
Der Lolal-Polizeifond hatte Einnahmen: Butereffer 169 fl., Tragſeſſel⸗
Cinfiinfte 3 fl., Jahrmarkthüttengelder 400 ff., Ginfliiffe von der Poligeidivettion (Straf⸗
Langmufitgelber) 500 ff., Einflüſſe von der Boligeige(Hhaftsleitung (Strafgelber) 80 fl., zu⸗
jammen 1152 ff, Ausgaben: Roften für bie Polizeiwache 7340 fl., Koften bes Polis
zeidienſtes 1838 ff., unvorhergufebende Beftreitungen 140 fl., Remunerationen 70 fl., Pens
fionen, Provifionen 2c. — gufammen 9388 ff. ©. M.
Der Abgang von 8236 fi. C. M. war aus ber Kommunfaffe zu bedecken.
') Beibe in m. Geſch. von Iglau S. 136—140, alle 3 in ber Landesordnung 1604 fol. 130 ff.
561
dieſer Bnferer Bernewerten ELoniglichen Landes Orbnung nicht corrigirt vnd
auffgehoben, ſtet vnd veſt gehalten, aud gu dem End abſonderlich gedruckt wer⸗
den ſol.
Sn Brünn überließ, wie wir geſehen, bald nachher Ferdinand Ml. (1646)
dieſen Rein. unb Biertag ber Stadt felbft; im allgemeinen Harte er aber
erft nad) Ginfiifrung der Trankſteuer auf (1779).
In früherer Zeit Hatten bie k. Städte Mährens durch ihre materielle Macht,
welche fie wohl aud durch Bündniſſe unter einander ſtärkten, und bei bem
Mangel ſtehender Heere, einen wichtigen Faltor in der ftandifden Gliederung
gebilbet und febe fiir fic eine eigene Stimme in ben ftandifden Bera⸗
thungen und Befdliffen gefuͤhrt. Jezt gab man ben (wie fie 1641 flagten)
von den höheren Standen in allen und jeden Sachen befpectirten und gering:
teren, faft gang und gar in ibrem Stande verworfenen” f. Stabten (6. meine
Gefdhidte von Iglau S. 315) gufammen Eine Stimme') während ber
Beſitzer bed kleinſten landtäflichen Guted aud die feine Hatte. Man lies bie
Deputicten ber f. Stabte nur ftehend und auferhalb ber Schranken ben Land-
tag8-Berfammlungen beiwohnen und die fteuerfreien Gdheren Stanbe verfudten
es wieberholt, ben vierfen ober Biirgerftand, gleid bem gar nicht vertretenen
Bauernftande, wwillfiirlidh gu befteuern. Die von fortwahrenden Rriegen und
Gelbnoth Hart bebrangten Lanbdesfiirften gewährten dod nur einigen Schutz.
Gin ridfidtlid ber Stadt Sglau ergangeneéd Reffript Ferdinand Tl. vom
30. Auguft 1644 (Wekebrod S. 25) fpridt aus, daß die koͤniglichen Stadte der
vierte, und freye Stand im Lande feyn, und bey ben allgemeinen Zuſammen⸗
kuͤnften ifre freye Stimme und Seſſion haben, mithin von ben obern Stanten
nicht tariret werden, fondern nur jenes, wad die allgemeine Propofition und
Gleichbeit mit fic) bringt, gu prdftiren ſchuldig feyn follen. Ihro Majeftat be-
gebren Berit und Gutadten, wie der von den Standen auf die Stadt Iglau,
aufer deren Gilbpferdben 2), annoch auf 125 Knechte geſchehenen Repartition ab-
gubelfen fey, und finden Ihro Majeftat nit, wie die drey Hoheren Staͤnde auf
bie fonigliden Stadte, ald ben vierten, und ebenfalls freyen, und bey ben Vers
!) Bei ben Kommiffionsverbandlungen von 1661 wegen Einführung der Contribution in ben
ft. Städten Bemerften biefe, jebe derfelben hatte nod) gur Zeit bes Landeshauptmanns Gra-
fer Galm (1636 — 1640) ein Separat-Botum gehabt und fie Hatten fic) deſſen nicht
begeben.
3) lim das Kriegsvolt aufjubringen, muften nad dem Landtagsbeſchluſſe von 1534 bie Obrig-
leiten und Freihofebeſitzer von 1000 Schock Groſchen oder 2000 fi. ihrer nad) Treue und
Glanben felbft faticter Einklünfte cin Pferd und einen gerilfteten Knecht ftellen und nod
insbefondere von jedem 1000 fl. 1 ff. gablen. Obfdon ſpãter bie eigene Ausruũſtung unter⸗
blieb, mußte bod jede Obrigleit fo viel zahlen, ale ein ausgerüſteter Reiter und deſſen
Unterhalt koſtete. Die Steuer galt fo viel als ein ansgeriifteter Reiter, und man ſteuerte
baber nad) @iltpferden, bie in ber Witte des 17. Yabrhunderte’ bie Beſteuerung
nad Lahnen anffam.
36
562
fammlungen ihre freye Gtimme und GSeffion §abenden Stand, nad Gefallen
was repartiren Fonnen.
Leopold I. befahl allen Landeseinwohnern geiftliden und weltlichen Stan⸗
bed, daß fie ben k. Städten in ihrem Wein- und Bierſchank, auch in den
bürgerlichen Ur bern und Gewerb keine Eingriffe thun ſollen (Reſk. 15. April
1662, Wekebrod S. 47). Doch ſind Eiſenverkauf, wie auch andere herrſchaft⸗
lide Feilſchaften fein burgerlideds Gewerb und daher nicht gu verſchränken,
ſondern vielmefr ju vermebren (Reff. 1. April 1662, eb.) und die Stande bee
fugt, ire Wirthfdaftseffelten, alé Gifen u. a. in die k. Stadte au fig:
ren und, inbem folder Verkauf fein bürgerliches Gewerb ift, gu verfaufen, wo-
gegen bie höchſt ſchädlichen eigennützigen Monopolia verhittet werden follen (Reſt.
1. Auguſt 1662, eb.). Die Stante find an Die in den Städten befindliden
Bauleute und Meifter nicht gebunden, fonbern fonnen gu ihren Gebduden aud
frembe Bauleute und Meifter aufbingen (Reff. 27. Suni 1686, eb. G. G6).
Die Stinde (alé welde vorhin an die Zünfte nicht gebunden) find nicht {cule
big, fic ber Stadtrauchfangkehrer gu gebrauchen, fonbern es ftehet ihnen frei,
fid) Unterthanen zur Raudfangfehrerei gu bebdienen, und wenn in einer koͤnig⸗
liden Stadt ein Rauchfangkehrer ftirbt, fo folle biefe Etelle durch einen
Rationalen ded Landes erfeget werden '); wie dann bas koͤnigliche Tribunal
Obacht haben folle über dergleiden Tobesfalle, und durch wen die Erfegung
gefdehen, welchem foniglidben Tribunal aud die Spegififation aller im Lanbe
befindliden Rauchfangkehrer eingegeben werden folle (Relf. 20. Februar 1709,
bei Wefebrob S. 112). Der Riß in bie Gebundenheit ber Gewerbe
an ble Stäbte und ihre Verbreitung auf bas Land ging von ba an immet
weiter (G. Lukſche, befonbdere Rechte, 1. T. S. 245 ff).
Der Streit ber f. Stadte mit den höheren Standen fand neue Rahrung,
als dieſe (mit Erneuerung ber Ctreltigfeiten von 1535) bel Gelegenheit der
Steuer-Regulirung ben Antrag madten, das de bürgerlichen Aeder und
Weingarten bei ben k. Stdbten, die bidher von der gemeinen Landfteuer befreit
waren, aud der ordindren Contribution unterjogen werden follten (1657) *).
1) Die Raudfangtebrer in hen k. Stidten waren, wie nod fpdter, durchgängig ober tod
meiftens Staliener.
2) In ber Denlfehrift, welde 1656 in den oberften Knauf bes znaimer Rathhausthurmé
eingelegt wurde, heißt es:
Wodurch (bie Schweden⸗Gefahr) abermalen Ihr Kaiſerliche Majeſtät Ferdinand Ml.
ein mächtiges Kriegsheer an bie Beine gu ſtellen, ſich auf allen Fall wider fold’ vnrnhigen
Geind gu fdiigen bewogen worden, welches dem ganzen Lanb, fonder’ aber biefer Stadt
ſehr große Rontributions, Vnrube, extra, vnd ordinäre Dargaben verurfadt, ja es haben
bie Löbl. Stände, ba de modo contribuendi bei dem Landtage geredet worden, auch alle
königl. Städte outer die ordinari Gilldpferd-contribution bei ber wegen großer Bugleichheit nev
angeftelten Giilbpferds-reduction ond Bereitung des gangen Lands (die bereits in biefem
Monate Septembris Ihren Anfang genommen. Gott gebe dargu eine glitdfide Bolten,
563
Sie beriefen ſich hierbei auf dad Beifpiel der bohm. k. Stadte, welche vorhin
aud frei waren und bann unter die Contribution genommen wurden, wie aud
auf andere £. Staͤdte und Marke, und festen (1659) bei bem Landtage wirklich
einen ‘Bartifularbeitrag aud, während die f. Städte bie Gteuerfreibeit,
wie fie Die obern Stände genoffen, in Anfprud nahmen. Dieſe Diffes
rengen wurden in fommiffionelle Verhandlungen durch beiderfeitige Abgeordnete
gezogen. M16 endlich ber neue andes-Catafter und bas neue BDefleucrung d-
Syſtem nad Lahnen (1660), in welche die unterthanigen Aeder und Wein-
garten (Wiefen und Walder Hlieben unberitdlidtigt) in Folge von Faffionen
und Revifionen gebracht wurden, gu Stande fam, übernahmen 1671 bie obern
Grande und de f. Stabte nah dem Willen bes Kaiſers zur Erleidterung der
Unterthanen einen Theil ber Landes-Rontribution. Zum Vertheilungs-Mafftabe
waite man tie Ramine der Hauler auf den Herrſchaften und Giitern, fo
wie der fF. Stadte ').
bung, bann es ber Stadt fonbders gu Fing kommen foll) einmengen, ond gur ordiaari Ron.
tribution bringen wollen. Aber es haben fic die genannten fSnigl Stidt hierwiber ein⸗
bellig ſtark widerfeyt, ond Abgeorbnete nemlich ben Syndicum vou Ollmilg Herrn Diath.
Buff, Seren Andre Por fd Rathsherrn in Briinn, ond onferen Stadtſyndikum Hrn.
Joh. And. Marlitid zu Gor Naif. Majeſtät gefendet, bie Gad gu bhintertretben; worbei es
date an ber Kaif. Refolution berubet; hoffen aber allen Anfeben nad fiderlich bet dem
alten Serfomben geſchützet gn werden; allermaſſen dann in diefer Rommiffion bie State
mitbegriffen (Zuaims Bolfefeft 1833).
1) Qn einer denkwürdigen Betandtnug der Stadt Iglau zur Zeit ber „vorgehenden Steuer.
Rectififation” unter M. Therefia ftellt diefelbe ihre Ueberbürdung in der ihr jufataftrirten
Zahl Ramine (1196) gegen andere k., aud) Municipal» Stidte, namentlid® gegen Brinn
(1282), Oluriits (1233) und Znaim (642) vor und ſchildert thre berabgefommmene Lage (Igl.
Gonntageblatt 1855 Rr. 44, 45, 46).
Da diefes wenig verbreitet ift, theifen wir bie Vorftellung hier mit. Sie lautet:
Gewiffeubafte und Verläßliche Bekandtuuß aus Gglauer ECreyßes dee
fdu. Stadt Golan.
Go mit einer befonderen Stadtmanth allermifbift begnabet, auch ex Clementissimo
Privilegio ben Weinſchanckh lebighid Von feithen bes Gemeinen Stadt weeßens zu defeu
nugen exerciret, die respecta Ihrer Bier Verieger- Haugeren yum Bier Bräuen Beredtigte
Bilrgerfdafft aber ex Clementissimo Indulto bas Vranen und ben Vier-fdand ber Ordnung
nad Geforget nud geniefet.
Bifberige Belegung im Catastro Contributionali.
Die Innere Stadt fiir ſich felbft Hat . . . . 946!/, Caminen
Die Spittl. Vorfladbt bto. dto. ~ 2 6 « ©1671/, ”
Die Franen " bio. dto. we te 43!/, ”
Die Pirniger , bio. bt. . . . . 89%, an
Gumma .. 1196 Caminen.
Unter diefer Summa Lefinden fic) aud) bie gu der Mähr. Laudtaffliden fo genanne
ten Freyen Holy-miihl, gehörige Zwölff Gaminen. 364
564
Dabei befahl Kaiſer Leopold J. daß bie brei Hdheren Staͤnde die koͤnigl.
Stddte nicht kollektiren, oder in die Anlage wider ihren Willen ziehen follen, bei
ihrer Poffeffion, vel quasi ber Ridt-Belegung von ihnen obern drei Standen,
Hier findet maw angumerten: daß Vorhin a tempore des allhier allergudbigft flabi-
lirten Wirthſchafts Directorij unb zwahr benaunt: & Ima Julij Anno 1727 respectu der
Inneren Stadt außer denen Schooß⸗ und Geiftliden Häußeren in Sublevamen ber Sir-
gerfdjafft ex Cassa Communi Civitatis bat Contributionale ordinariam im totum bejzahli
worden; 4 ima Novembris 1743 aber, und big. bieber Bermbg anderweitigen Allerhöchſten
Resoluti hieran gleidfalls anger benen Schooß⸗ und Geifilider HauGeren nur die Seffte
ex eadem cassa entridjtet und bie andere Helfte Bon denen büurgerlichen Individnis a
proprio abgeführt werbe; Weilen aber die Biirgerfdafft ob inopiam, wie unten weiter der⸗
felben armuth-ftand Gerithret wirt werden, nicht in flande ift, fothane Camin-anfaag weber
zur Halbſcheid in tempore zu entridten; Alß bat man gu Beforderung hes WherhBSR-
Landes · Fürſtlichen dienftes und umb womit das poenale evitiret wurde, auch respecta ber
anberten Qelfte, für Gie bürgerſchaft einige anticipationes ex Cassa Communi Civitstis
Bewürcken müſſen, die Vorſtädtler Bilrger feind jebergeit ihre Camin-Contribation ia to-
tum anf aigenen Säckl gu entridten gebalten. Ueber dießes ift auch bie Königliche Stadt
Sglau, So in gebürg und in einen lediglich felber tertiae assis habenden Boden figet, in
bem Lanbed-Catastre respecta numeri Caminoram gegen anbere Königliche auch Municipal
Stadte allzu Hoh mit 1196 Caminen ahgefeget, mafen Sie Stadt Sglan, gegen ber mit
1288 Gaminen in Catastro befintliden Stadt Omit, dann gegen ber mit 1282 Camince
inferirten Etabt Brünn, und zwar respecta ber erfteren unt umd 87, respecta ber andere
ten aber umb 86 Gaminen weniger-Hingegen gegen ber mit S42 in Catestre angemerdics
Stadt Znaymb umb 354 Caminen Höher annotiret iff; Wobhingegen Ollmiig in den Been
Getrayd⸗Boden figet, Briinn gleichfalls in guten felb-Ban end BWein-gebiirg Sitnirt. nicht
minder Znaymb mit Vollfommenen Gdern und lauter Wein-gérten umbgeben if, and in
dießen befagten dreyen Städten, Vorfonberlidh in Grilun bie Zumfe cine’ cingigen Zim⸗
mers ob Copiam Sermiglider inquilinoram, gegen ber Statt Jglau and die Zinnfe eines
gangen Haußes überſteigen, gleid:falle bie Bürgerliche fo web! poffefftcnirt als unpoffeffie-
nirte profeffioniften ihre mannfacturen Biel thenerer umd infiger an Mann gu bringes
Vermigen, nidt minder andere Bürgerliche Nanff-Lenthe und Negotianten ihre Waaren und
producta Biel fiiglider gu Gerfdleifen VBermigen, mithin tie uahrung und gelb-guflnf iz
biefen Königlichen Städten gegen ter Vou Höheren Standes⸗Perſohnen fat gäntzlich ent-
bloſten nub potiori ex parte auß armen termablen groͤßten theils weter ibr tügliches Brod
exidwingenden Tudfabrifanten befiehenden Stadt Iglan nahmhaft flirfer zu feyn am Tage
liget. Def ſolchemnach yu wiinfdhen wire, womit auf Gorbemelte big hieher respecta
Sglau im mmmero Caminorem unterwaltende prigravicungt - ambfiante bey Gergebender
Stener-Rectification ju ciniger Sublevirung biefer Stabt pre beame et aequo fiixgedadt
würde.
Die hieſige bürgerliche Nehrnugs ⸗Umbſtände befinden ſich
wie folget.
Primo: bet zwar Iglau Vorhin in ber Handlſchafft und zwahr mehrſten Theils in
Tuch⸗ und Well-handl Zimlicher maßen Floriret, und mit denen landes⸗Flirſtüchen Regi-
mentern in abnebmung deren mundurs⸗Sorten nicht geringe segetia geführet; Es if folg-
liden per Circulationem aud nicht nor anderen in bas ommbirengt- werd einſchlagenden
Handwerderen und profeffionifier hierdurch im ifrer nahrung ein nicht geringer gelb-Rufing
bewilvdet fondern auch anderen bitrgerfichen Handwercks⸗gewörbe⸗ unb Hanbelstenthen turd
fügliche und genugfambe anbringuag deren Consumptibiliam «nb emberex gum tiglides
Vebens-unterbalt bendthigten erforderumfer, mafien damahlen in Sglan lediglich bey denen
565
billig gelaffen, und gefdiuget werden; fedod Hatten fie aud gu dem allgemeinen
Mitleiven bec Billigheit nad au fonfurricen (Reff. 20. November 1668, Weke-
brod ©. 51).
Tuchmacher⸗meiſteren fiber fiinff hundert gefellen in arbeith geftanbden, ſehr wohl ergangen,
mithin haben aud biefe iné gefambt bamablen ihre Camin-onera ridtig praftiren können;
Nachdeme hingegen aber bie Regimenter benen alhießigen Tuch⸗ nnd Dundurs-negotianten
wegen fibernohbmenen Mondurs⸗Sorten in benen Zablungen nist gugebalten, mithin nicht
geringe gelb-Gnmmen fdulbig verblieben, folglid& ein» und anbderer Negotiant Von dbabero,
unb wegen anberen Contrahicten nabmbaften paffio-Sdulben in cridam Gerfallen, theils
aud eines unb bes anberen abgeftorbenen Sermiglideren negotianten Haabſchafft unter
mebrere binterbliebene Erben gertheilet, nicht minber fo wohl in alhießiger nadhbabridafft,
als anderwehrts anf bem Lanb Tuchmacher⸗Werckſtätte Zahlreich erridtet worden, alf if
es gefdeben, bah, weilen ob defectam potentiorum in Iglau nidt mehr fo wie Vorbin
denen Regtmenteren bat creditiret werden fonnen, bingegen aber der anf dem Land befind-
fiche Tuch-Fabrifant bie natural-prodacta felbften erzüglet, oder wohlfailler einſchaffet, mite
bin and das Tuch gegen den nicht ben minbeften acker⸗Ban ober Vieh gu feiner Rabrungs-
erleichterung Gefigenden mithin theuerer Zehren milfenden Iglaner Tacdh-Fabricanten in
eines woblfaileren Preyß gu Verſchleißen Germag, die Regimenter mit abnehmnug deren
mundurs⸗Sorten fic) gu bem anf dem Land beſiudlichen Tuch⸗Fabrikanten gewendet haben,
unb baf folgliden Bon denen Vorhin in Iglau mit genugfamber arbeith Verſehen gewefter
Vier Hundert etlich und Sedhgig Cuch - Fabricanten nicht mehr zwei hundert brig fo ihre
uabrung und dieße febr ſchlecht treiben.
Gs ift babero bermablen ber mehrſte Theil ber potiorem partem Civiam conftituiren-
ben, obwohlen in ber unten annectirten §affion indistincte ohne Befdhreibung bes armuth-
ſtandes augeſetzten Sglauer Tuchmacherſchafft nebſt anderen profeffionifter ob defectum ne-
gotij et circulationis fo erarmet: daß Gelbte ans abgang ber arbeith feime gefellen, min⸗
ber einige bienftbothen beibebalten können, wohl aber ift der erarmte Tadmadermeifter bey
bem nod einige arbeith habenden Mitemeijter als gefell zu arbeithen, bemüßiget. Ee feynd
and biefe Tuchmacher theils ihre aigene Kinder, welden Sie den nur höchſt ndthigen
Lebens-nnterhalt zu geben nicht vermögen, in bie frembbe gn Verſchiken neceffitiret; Und
biefe wegen Geffirenden Hand! unb wand! ent{fpringende armuth ertenbiret fid ob defec-
tum ber gelbes - Circulation and unter andere negotianten folder geftalten, daß ein nidt
geringer Theil berenfelben ihre Bon dahero auß ermanglung deren Raufferen in pretio
nabinbafft devalivirte Häußer, deren faft zwey Theil außer beren, mit bem Bure ber Tuch⸗
ſcherer⸗ ober Becken⸗werckſtatt realiter afficirten, umb bie Helffte bes Naufffdillings gu Ver⸗
fauffen ſeynd, weder in Sartis tectis erhalten können, wohl aber theilé ihre mobiliar⸗Haab⸗
ſeeligleiten zu entridtung deren Camin-onerum gu Serdnuferen einige auc ibre Hünßer ob
peraecata onera Caminorum ju handen gemeiner Stadt in Solatum abgutretten, nicht mins
ber benen Creditoribus via executionis ju itberlaffen-gleidfalls bie Tikdher- und manufac-
turen, umb nur gu frieftung bed Lebens baared geld überkommen gu mögen, umb bie
Helffte bes prey Fes zu Verſchleißen, ober pfandweiß gu Berfegen bemüßiget, auch einige
ihre Verfierbende weiber ober Kinder zur Erden beftatte gu laffen nidt im ſtand, fonbern
ben erbarmuuß wiirbigen Bettel⸗ſtaab zu ergreiffen nothgeswungen feyud. ja wobl gar
Hinftig, wann ber armuth ftand nod weiter über Hand nehmen folte, fich Von Iglau weg:
begeben, die Houfler Bed fteben, mithin biehe ad rndera Werfallen laßen diirfren. Wie
bans and bermablen lediglich bie nad ben Baul Kitzubdgl feel. hinterbliebene Wittib ben
Tuch⸗ und Woll-handl und zwahr, weilen bie munbirnng deren Landes Firfiliden Regie
menteren fat tetaliter.ermangelt, auger fanb egercivet, welches negotium jedoch & propor-
tione beren in Iglan nod arbeithenbden in circa zwey Gundert Tud > Fabricanten, Biel zu
2 aly aire ee ot Pare ear 1, AC Gs.’ see Ges OP ares — — ————————— · dae - Ve i i OE ewe eee ti ee
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Wieberholt fprad ber Kaifer aus, daß ,,benen hoͤheren Standen nit dad
jus collectandi respectu ber f. Gtadte, ſondern nur respectu ber Unterthanen
gebühre“ (Reſt. 15. Maͤrz 1669, Wekebrod S. 52).
— — —, — — — - —
ſchwach, dießen unr ben erforderlichen Lebens unterhalt gu Verſchaffen, und obwohlen zwar
wider alles dießes opponiret werden könte, daß, wann die Landes⸗Fuürſtliche Xegimenter
wiederumb in dieße Erblaͤnder revertiren, auch das negotium des Tuchhandels an dieße
hinwiderumben zu Floriren anfangen witrde. So iſt jedannoch and dieſet oppositam umb
fo weniger Von einer gültigkeit, als bie Whlide Regimenter gar ſelten die mundurs⸗Gorten,
obne ihnen Hieran nabmbaffte quanta gu accrebitiren, fibernehmen, wobiugegen dermahlen
in Iglau auger Vorbemelter Kigmbglifden wittib ſich nicht ein cingiger base Bud anf
crebit geben mögender negotiant befindet.
Go feynd aud die munburé-G@orten Von denen anfm Laud in Obrigleitliden
Stidten befindlichen Tuch⸗ und anderen Hireinfdlagenden immer mehr und mehr zuneh⸗
‘ menben fabrifanten ang obangeführten urjaden jederweil woblfeiler bingegen in qualitate
Biel fchledter al6 bie Gglaner Tuch⸗Sorten und mannfacturen gu überkommen, dabero
bann auch bie in albieBige Erbländer fommenbde Regimenter fidh gewiflid Heber benen anf
ben Land woblfailer credito überkommenden munduré-Sorten bedienen werden. Worzu and
nod biefes ftoffet, ba von bene böhmiſchen Herrn Standen occasione ves allergnidigh
Stabilirten newen Militar Systematis aud ber Antrag babin gefdeben: daß bie in cin
jebed Land nad diesfalligen Syftemate gu beqvartiren fommenbe Regimenter auch in die.
fem Land bie mundirungs⸗Sorten abnebmen follen. Waun nun verindg eines gleiden
respectu Mähren allergudbdigft Stabilirten Systematis anf das Marggraffthumb Mährer
filnff RNegimenter eingetheilet worden, unb ba dieße allein in dießen Lanb bie munbdurs-
Sorten erfaufen folten; Alß ift abzunehmen wie grok bas mundirungs negotiem fhujtig
file bie in Iglau, aud auf bem Land fo zahlreich befinbliden Tuchmacher fic) werde er-
geben, mithin umb wie Viel dieße weiterbin ad meliorem frugem fommen wilrben, und
folg!. in wie weith man auf dieße bey Borgehenber crectificirung in taxando eine reflezion
wilrbe machen können. Übrigens befiinden fid) in Sglau nocd Vier oder fünff Specerey-
banblere, weldje man aber nidt fo wohl Kauff- ober Handbels-leitthe, wohl aber beßer Crim-
lere uennen fann, weilen dieße bie Specereyswaaren nidt 4 drittara Verſchreiben, ſondern
faft alle unb jebeS an denen Brünner Märkhten ibnen einſchaffen, auch lediglich ben Bere
ſchleiß in ber Stadt a la minuta ezerciren. Jn wein wird von denen perticuleribue gar
fein Handl getriebert, weilen ber wein-Sdand, wie eingangs erwehnet worden, privative
bem gemeinen weeßen auftebet, fonbern ber einen wein gu feinem rund in bie Stabt ein⸗
führen will, muß zu folge ber Von Eimer Hod Lbblih -Rayfer- Rinigliden bier in loco
geweſten oeconomie⸗Cinrichtungs⸗Commiſſion beſchehenen anorduung Bor Emmer zu handen
gemeiner Stadt einen gulden bezahlen.
Secundo: Belangend bie handwerkhe⸗ und anbere gewörbe, mie dieße nembl. be⸗
ſchaffen. Dießer passus ergiebet ſich auß deme, fo ed passum primum angeführet worden:
daß nembl. ob defectam bes Tud- und woll-Hanbls per circulationem aud respeciu
anberer gewörbs⸗ und banbiwerths -leuthen in ber nahrung ein nabmbafiter abbrud fid ber:
uorthue. Zu dießes passus beßerer erfldrung bat mon respecta deren Jglaner Biers
Verleger- ober vulgo Meltzer ⸗häußeren folgendes . angumerten fiir HGR nöthig erachtet:
daß beren in ber Bahl 120, unb auß dießen einige in gebäu beßer, etnige ſchlechter, cinige
aber gar gering befindlich; bie beer, auffer etwa Bier, werfen an Jaͤhrlichen Zünnß ein
mebreres nicht ab als in cirea 20- oder höchſtens 30 fi. bie mittlere beildufig bie Selffte,
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Später beſchwerten fis die k. Stdbte bei bem Raijer wider bie von ben
obern Standen verwilligte Fleiſch⸗Acciſe und witer die Contributionsart
nad ber Tranffteuer') als ifnen allzu beſchwerlich. Der Maijer fand nad
geniigender Erwägung nidjt, daß bie k. Stddte wider dasjenige, wad ble obern
ee. Eee eee ——
bie fdledten aber nicht fiber 6, 7 biß 8 ff. und daß folglichen dieße Bon babero in rec-
ificando nidt burdgebents gleich angefeben werben könten. Wie bann aud Biele häußer
befindlid, fo gar nidt gu ein nehmung einiger Zünnß ·Leüthen abaptiret, mithin gar fcinen
nugen abwerffen. Das Bier-gebrau, nadbeme ob defectum negotij der Burgersmann
oberwebnter maßen faft durchgehents erarmet, folgliden aud gegen Vorhin an Bier weni-
ger confmmiret, fommt nad ber fier eingefithrten orbnung, auf} denen 120 Bier - Verleger-
haußeren in circa gegen einen Sabr anf cin Hauß aur einmabl, bas Körnl mug, weilen
Iglan im gebiirg Gituiret, meiften theils Von auderwehrts, al’ Trebitſch, und Sarmerig
gegen Bier aud fünff Meill ber gugefiibret werden, und fommet wegen ber gufubr dann
auch theils wegen ber böhmigen granig- Zoll-Mauth ber Metzen gegen ben flacen Lanb
allzeit beiliufig umb 15 tr. höher gu fteben. So müßen aud Bon denen bilrgerliden
Bier-Verfegeren Jährlich 500 ff. gufammen getragen, und dieße ad cassam communem
Civitatis ex eo abgefiifret werden, weilen man Bon feithen ber Bier Verlegerſchafft durch
jahrſiche Erlegung btehesgeld-quanté redimiret bat, bag in Iglau Bon feithen gemeiner
Stabt cin Bräu⸗hauß anf denen Stabtgiitheren nicht erridtet worden; und da nun gleich
angefiibrter maffen baé gebrdu der orbnung nad auf ein Bier Verleger gegen ein Jahr
unr einmal fommet, Bon einem gebrail nebft anderen neben erfauffung bes Körnls Hopfen,
mnb bes im preyß merffid geftigenen Holes erforbderliden nabmbafften aufgaaben, and
ber landes Fürſtliche Bier⸗Tatz dermalen Bon 223’, Vaah auf einmahl breuenden Biers
mit 1 gnibex Bon Baa entridtet werden mug, mithin das klahre lucram Bon einem gee
braft de notorio ein mehrers nidt alé pro differentia des in Preyß fteigenben oder fallen-
ben materialis in circa etlide Sechtzig gulden betraget; Alf fiberlaffet man es Eines jeden
Beurtheilung ob die meiften theils ledighig Von Bier-gebra-nugen lebende, und Von dies
fer lacro bas Hauß in Sartis tectis conferviren, dann die onera publicr priftiren and
bas Sntereffe Von benen anf deren mehrſten diesfGlligen haüßeren baftenden Creditis be⸗
gables müßende Iglauer Bier-Verleger mit weib und Kindern nist Biel ſchlechter alé cin-
ſeine tägliche 10 ober 12 fr. Berdienender Tagelibner ihren lebens⸗unterhalt durchbringen
milfer, nub nod fdledter leben wilrden, wann der armuth-fland bey den bilrgerliden
Dier-Gonfumenten now ſtärker einreißen, mithin bas Bier-gebrai nod ſpätter auf cin Bier.
Berieger-indivibuum fommen folte, und ob nist enbliden, ba nicht Sefere nabrungs-
Beiten erfolgen follten, cessante circulatione nebft ber Tuchmacher ˖meiſterſchafft, die meifter
fibrigen gewöorbſchafften, mithin aud die Vier Verleger ben Bett! flaab ergreiffen und fid
Bon Iglau wegbegeben milften, Maen aud Bon derley VBier- Verleger- HaduGeren gegen die
belffte gu Berfanffen, wann nur käuffer aufzufinden wren, bie folde übernehmen wolten.
Tertio: fiber bie frage: ob ber Sitas des orthé an einer baubt- ober fonftigen
gutter Straßen, ober hingegen febr abfeithe yu antworthen: Go figet Sglau au ter aug
boheimb gehenben Wienner Land- ftrafen, und fliefet ber wenige nutzen diesfalls leediglich
gu denen fo in⸗als Bor ber Stadt au dießer Strafen erbauten Wirthehaüßeren;
Ad Quartum: Bie Biel wodeu- und Bahr-Markhte? und ob felbte ftard Frequen-
tiret werden? ba werden in Iglan Jährlich Bier Jahr ˖ Märkhte, yu melden jedod fein
Biehe gebradht wird, gebalter, und dieße werden mit nidter Vor einigen außländiſchen
Rauffienthen, fonbern nur von benen Innländiſchen Cramieren nnd einigen wenigen Suden
Staͤnde bei ber Accife und Tranfkfteuer nad bed Kaifers Abſicht mittelſt bee
Landtagsſchluſſes verwwilligt haben, einige Reclamation mit Fug fic angumaffen
haben. Und da dem f. Dienfte wie dem gemeinen Wefen merklich daran gele-
gen, daß die Landtagsfdlaffe unverbrüchlich (inconoussae) erhalten und durd
ben Widerſpruch bed cinen ober andern Standes nicht gefranft werden, lief der
Kaifer died ben fF. Stddten durch den Lanbesdunterfammerer bedeuten und die⸗
felben ermahnen, daß fie ſich, nadbem fle nicht eingeln (sigillatim), fondern
colleftiv ber Standesgerechtigkeit in Mähren fahig und dbaker
bemjenigen, wad burd bie obern Staͤnde in Geftalt einer durchgehenden Bere
willigung, ben k. Poftulaten gemaͤß, verwilligt und gefdhloffen wird, au sider:
fprechen nicht befugt feten, ihrer Gchulbigfeit diesfalls bequemen und wad die
obern Stande, nad Gelegenbeit ber befdwerliden Rriegslaufe und Gonjunf:
turen, fiber fic geben laſſen müſſen, gleich ſo wohl ertragen. Sie follen nidt
nur die Ausſtaͤnde an den früheren Nontributions-Berwilligungen, fondern and
bie [aufende Gebühr unweigerlich abftatten und finftig bet thm (Kalſer) fernere
Beſchwerden in diefer Didtal-Angelegenheit night anbringen, nod) auch in ders
gleiden cine Ubfendbung gum. k. Hofftaate ohne Vorwiffen und Be:
wifligung bed Lanbedunterfammerers mehr vornehmen, GAbrigené mit den treu-
Frequentiret, es ift aud) in dießen Jahr⸗märckten, welde jedesmahl nur einen Tag, und
in dießen Bon Gin bis Vier Uhr nachmittag dauern, anderes nichts au Sefommen, eff
was man tigli Bon benen Iglaner Kauffleüthen gu erkauffen Bermag. Der woden-
mardt aber wird einmabl bie woden, und gwahr an Dounerftag gebalten, und anf dichen
einige Von benen umb bie Stadt befindlichen dorfffdafften au bringende Ricner, bann Med,
grüßlerey nebft anderen Confumptibilien Verlauffet.
Qvinto: Velangend ben Zuwachs in der nabrung Von Wobhlfabrten, Syanafys
Sdiller unb bergleiden befinden fid in Bglau bey denen P. P. Jesuitis die hamasiora
und in bieBen durchgehents: 150 Studenten, fo bod) mehrſten theile Iglauer Stabt- Kinder,
unb Fundatiſten, und bie wenigfter fo Von anderftwo ad Stadia bieber kommen, und durd
bie Roft-nehmung einem und anderen Blirgers- manu einen nugen ju bringen felten; Wie
bann aud die Wallfabrth gu den Schmertzhafften ⸗Mutter - Gottes- Bild in albiehige Stadt
Pfarr ˖ Kirchen nur zweymahl bes Jahrs beſchiehet, unb in dieBen mehrſten Bauers - leith,
fo ibe ſtückl Brod auf den rücken mittragen, und ſich theils mit waßer, die wenigſte aber
mit Bier den durſt löſchen, befindlich. Und wie nun:
Sexto: ber nabrungs-guftand bey ber Sglaner Bürgerſchafft obbeſchriebener maßen
febr ſchlecht beftellet. So befigen and bie wenigfte, weldes bie unten annectirte Faffiones
bezeügen werden, einige dder, welche dießer orthen durchgehends fo ſchlecht, daß tein Waitzen
angebauet wird, folglichen dieße durchgehende gar wohl alß felder ultimac classis angeſehen
werden migen.
1) Nad ber vom Landfdafts-Budbhalter Abam Dores verfaßten Specififation ber Accifen ober
TCranfftener, fiber welche bie königlichen Stadte in A. 1665 accordirt, batten biefelben auf
bas Jahr 1673 bie SAHulbigheit der zwei Drittel gu entridten: Ollméy mit 1233 fi. 20 tr.,
Meuftadt 633 fi. 20 fr., Brünn 1660 fl., Zuaim 758 fl. 5%/, tr., Iglaw 1476 ff. 24 fr.,
Hradifd) 189 fl. 26 te. und Gaya 69 fl. 564, te. anf. 6,015 fl. 82 fr.
569
gehorfamften Standen alles guten Vernehmens und comportaments in oneribus
publicis fic) befleifen (Reff. 31. Juli 1675).
Der Kaiſer lies aber aud den drei obern Standen bedeuten, und bey
ihnen darob ju feyn, womit den fonigliden Stadten weber in modo collectandi,
now mit Gingiehung in die Lahnen ihrer Biirgergrundftide, mithin in modo
contribuendi, nod fonften wider ihre Stanbdesfreyheit, und Gerechtigfeit, was
Praͤjudizirliches zugezogen, fondern womit fie Städte bei bem Rezeß de Anno
1668 ohne Srrung oer Gintrag erhalten werden (Reff. 10. Februar 1677,
Wekebrod S. 59).
Auch befahl der Kaiſer, bei den obern drei Gidnden mit Nachdruck darob
zu ſeyn, ein Mittel zu erfinden, womit den den koͤnigl. Städten aufgetragenen
bisproporgionirten Auflagen nad ben Kaminen abgeholfen wuͤrde, indem Ihro
Majetat daran gelegen, womit bie koͤnigl. Stadte, nebſt ben treugehorſamſten
Staͤnden, konſerviret und erhalten würden (Reſk. 24. Mary 1684, Welebrod
S. 64).
Aud wurde verordnet, es ſolle bas, wad die koͤniglichen Staͤdte von
wegen des Stadt⸗ und Burgſchofſes in Contributionibus ausftandig find, nicht
per Executionem militarem, fondern mittelft der Sequeſtrazion ber Stadt allges
meinen Ginfiinfte eingetrieben werden (Reff. 1. Deyember 1716, Wefebrod
©. 148).
Weldhe geringiHigige Behandlung die fF Stadte bei ben Landtagen
und ftandifden Zuſammenkuͤnften erfubren, zeigt dad folgende Reffript Maifer
Jofeph I. an bad k. mahr. Tribunal: Liebe getrede; Whr Verhalten Cum
gnaͤdigſt nicht, waß geftalten Bey Und Vnßere gefambte Koͤnigl. Staͤdte in
Bnferm Erb Marggraffthumb Maͤhren Verſchiedentlich allerunterthaͤnigſt Be-
woͤglich Remonſtriret, mit was Unbequemlichkeith ſelbte von mehreren Jahren
hero Bey Denen allgemeinen Landtägen, und allda offt durch mehrere Stunden,
waͤhrender Diatal⸗Seſſionen, Denenſelben Stehender Beywohnen, ſonſten aber
Bey Denen Landtags-propoſitionen, und publicationen, die Hefftigere Andringung
Derer Herrſchafftlichen Bedienten, undt gemeinen Volckes, nicht ohne Beſchim—
pfung Deren gleichwohlen Den Vierten ſtandt Conſtituirenden Koͤniglichen Staͤdte
Deputirten, Erdulden miften, mit Allerunterthänigſter Bitte, Wür geruheten Sie
Bon Dem Biesherigen Laſt Der ſtehenden Beywohnung ſothaner Landtags⸗Seſ—
flonen, allergnaͤdigſt zu enthoͤben, und ad exemplum Unßerer Landesfürſtlichen
Staͤdte, Anderer Laͤnder, Dahin gu begnaden, bas ſelbte Intra Cancellos au bem
Sig, alß Mitftande, zugelaſßen werden mddten.
Run haben Wir diefes Gefud Deren Stddte in Behdrige reiffe Delibera-
tion ziehen Laſßen, aud Folglich felbften in gnabdigfter Erwoͤgung Gehabt, mit:
bin Unf Darauf nach Der fade Vmbftandiger fiberlegung, dahin in Gnaden
Refolviret, Daf Furohin Denen Abordnenden Deputirten Vnſerer Maͤhriſchen
Koͤniglichen Stadte Der Sig Bey Denen allgemeinen Xandtagen, undt andes
ren gufambentunfften Vnſerer Treü gehorfambften Stinden, Jedoch zue Yey-
570
haltung dep, zwiſchen Denen Treü SGehorfambfien Oberen Dreyen Standen,
bann bem Birten Standt der fambentlih Koͤniglichen Staidten in Stata publico
et politico Billi Hergebradten und Fernershin aflerdings zuerhalten fommen-
den unterſchieds, nadfolgender Geſtalten eingeraumbet ſeyn folle, daß Remblid
mefrbefagte Abgeordnete Derer Koͤniglichen Stddten Bey Denen Landtagen,
außerhalb bef Schranckens, wo Selbte Btes Daher Geftanden (Geftalten Der
Ohrt inner Denen Schrancken Blof allein Für die Obere Stinde Aus Urs
alten QHerfommen gewidmet Bleibet) auff ein paar mit Tuch Abergogenen
PBandhen Ihren Sig haben, undt folden, wann Vnßere Obere Trett gebhors
fambfte Stinbe fic iné gefambt An ihren Etellen nieder gelaffen, mithin Die
Session Angehet, Dafelbfien gleichfalls nehmen; Wann aber bie Deputirre For
votum in ber Landtſtuben Curiatim Abyulegen haben, ſolches Alba Fedesmahl
ftehender Verrichten; Bey Anderen, aufer Der Landtſtuben ſich EyfFerenden
Consessibus aber, wo ber Burgerflandt mit gugezogen wirtt, zwar Ebenfallé,
Sedod zur obgedachten Billichen Vnterſcheidung auff Blofen Stihlen gum Sig
Gelaffen werten follen?
Vndt Damit Bey denen Landtags:propofitionen undt publicationen fid baé
Volckh auff gemelte Deputirte nicht Andringe, ſo wirdt Vnßer Koͤniglicher Lan⸗
deshaubtmann Veranſtalten, Damit An bem ohrt Ihres Sitzes, ruckhwehrts ein
Eyſſerner hacken, ober Stangen (welcher Auff⸗ und zugethan werden möoge, aud
nach Beſchaffenheit des ohrts Daßiger Landtſtuben ſich gar Fuͤeglich ſchickhen
wirdt) Verfertiget, undt obigen inconvenienzien ſolchergeſtalten Vorgebogen werde;
Welche Unßere Gnadigfte Reſolution Wuͤr Eüch alß Gouverno, aur nachricht
undt Beſcheidung Derer Koͤnigl. Stadte aud Behdriger Landtafflicher Vor⸗
merckung Gnädigſt hiemit Anfüegen, Dir Vnßerm Koͤniglichen Landeshaubtmann
aber anbey aud in Gnaden Anbefehlen wollen, Das du Selbte aud Vnßern
Trewgehorſambſten oberen Standen wehrenden Landtags nachrichtlich Beybringen,
und ſolche zu Behorigen Vollzueg Bringen ſolleſt.
Hieran ꝛc. Geben Wienn den 27. Januar 1711.
Damit Hangt zuſammen das folgende Reſkript Karl VIL an ben maähr.
LandeShauptmann :
Lieber getrewer. Wier Gaben auf deinen Unterthainigften Bericht Vou. 8.
dieſes gnadbdigft Vernohmen, auf was Vrſachen die abgeordnete Vnſerer Vbnig-
liden Etadten von der gu Vnfern jüngſten Gintritt, in Vnſer Erb-Marggraff
thumb Mabren, ond dahero Befdehener Vnterthänigſter Bewilfommeng ex
gremio Bnfer Trey gehorfambfien brey Standen Cettierbtey ep
putation außgeſchloſſen worten. > find) aid
Mie nun aber Wir gnadigft anterft nicht finden, als bad’ —*
lide Städte gu dieſen actu Solemniori, per Deputatos mit t wgetafe
ſollen. Inia ffas
571
Als werdeſt bu Ihnen Bedeüten, daß benenfelben Diefe Ihre Vorbey gee
gangene Excludirung Vnnadtheilig feyn, auch Von Vnſern Trey gehorfambften
Obern drey Standten darauff künfftig reffectiret werden folle.
Hieran xc. Wien ben 17. Novembris 1712.
Deffer geftellt waren bie f. Stadte in ben ſtändiſchen Deputationen
und bem felt 1686 erridhteten mähriſch⸗ſtändiſchen Landesausfdmuffe, ba
feber der vier Etande durch eine gleiche Zahl Deputirter vertreten war.
Diefe Nicht- oder dod nur Edein« Pertretung bed Bürgerſtandes war
weniger filblbar, fo flange bas mebr und mehr herabgefommene Stindewefen
ziemlich bedeutungslos fic) darfteHte, gab aber gur Beit der gewaltigen Bewe-
gung des Jahres 1848 um fo mehr Anlaß, den unteren Standen eine die Wirk⸗
famfeit ter hoͤheren alsbald tberfliigeinde Stelung yu gewinnen.
Daé a. §. Reffript vom 15. Marz 1848 verſprach die Monftituirung aller
Sfterr. ander, fenes vom 18. Mir; 1848 forderte von den maͤhr. Standen
Antrige, in welder Art bem Birgerflande cin ausgedehnterer Gin:
fluß auf die ftandifden Berathungen eingurdhumen, wie dle Mu
nictipal> nud Gemeinde: Cinrigtungen geitgemags umzugeſtalten
und guverbeffern waren. Die auferordentlidbe Ständeverſammlung, welde
auf tad Anfuchen mehrerer in Brinn anwefend gewefener Stainhe- Mitglieder
mit Bewilligung bed oberften Kanglerd auf ben 30. Maͤrz 1848 nad Brinn
einberufen wurde, räumte gleich in ibrer erften Sitzung jeder ber 7 f. Städte
eine Biril-Stimme, als died jedow nicht geniigte, am 17. April 1848,
in Wertretung tes Gefammtburgerftandes, proviforiih 30 Virilflimmen ein,
nahm aber aud, aur BVertretung bed gefammten Grundbefiges, am 31. Mary
1848 ten Bauernftand und tie nicht habilitirten Befiger lands
taflidec Güter, endlich am 17. April 1848 aud bie Qandess Univer:
fisat Olmiig auf.
Die neue Zufammenfegung kes mahr. Provingial « Landtages nach diefen
Praͤmiſſen wurde von den maͤhr. Standen proviſoriſch, bis zur definitiven Kon⸗
ſtituirung desſelben, am 27. April 1848 angenommen und eben fo vom Mini—⸗
flerium (Erlaß 10. Mai 1848) genehmigt. Die Srdnde waͤhlten nad Staͤnde⸗
flaffen und aus ifrer Mitte ein Romité — den grofen Landtagsausſchuß —
won 24 Gliedern, welded die Wahlordnung und Wahl⸗Inſtruktion entwarf, ſo⸗
gleich fund machte und den vergrofert Fonftituirten prov. Qandtag auf den 31.
Mai 1848 einberief. Ee umfafte 253 Mitglieder, namlid 55 landftanbifde
ober habilirte Landgiiters Befiger, einſchließlich der Gertreter bes ſtaͤdt. Grogs
@rundbefiges (die uͤbrigen Giterbefiger, welden allen, alé ſolchen, bad Recht
zum Eintritte zuſtand, waren nicht erfdienen), 82 gewablte Bertreter von Stad-
ten, 110 gewaͤhlte Gertreter der Wahlbezirke im Lande und 4 Vertreter der
olmiiger Univerfitat. Der Landtag yog nad der Analogie eines Reprafentativ.
forperé fal alle Zweige ber Gefeggebung und Adminiftration in ben Kreis feiner
Berathungen und vertagte fic in feiner letzten Sigung vom 24. Danner 1849
672
auf unbeftimmte Zeit, nidt ofne Spuren feiner Wirkfambeit inébefondere wit
Beziehung auf Brinn juriidjulaffen. Dahin gehören die Veitragsleiftung des
Landes gur 3wittawa-Regulirung, weldhe einen Theil ber briinner Bor-
ſtaͤdte von faft jährlichen Ueberſchwemmungen befreite und die Ausdehnung der
Stadt in der Thalebene bedingte '), die Uebernahme von 120,000 fl. auf dad
Land aur Errichtung einer techniſchen Qebhranftalt in Brinn, bie Bes
wifligung von 2000 fl. jährlich für bie mähriſche Geſchichtsforſchung,
bie Erflarung ted Augartens und des Frangensberges alé Rational:
Denfmaler 2).
Der Landtag fam nicht wieder gujammen, da bie neue Reiché verfaſ⸗
fung vom 4. Mary 1849 (Reihsgefegblatt GS. 148 ff.) und die Landes:
verfaffung Mahrens vom 30. Dezember 1849 (eb. 1850 S. 181 ff.)
eine andere Organifation ausſprachen, bie a. h. Entihl. vom 31. Oegember 1851
(eb. 1852 ©. 25 — 31) beide aber aufer Wirkſamkeit fegte und eine neue
Ginridtung bevorfteht. Die BVertretung ded Biirgerftandeéd im Landesau ss
ſchuſſe horte mit defen Bildung aus den vom Lanbdtage ohne Rückſicht auf
Staͤndeunterſchied gewahlten Mitgliedern auf.
Berichtigungen und Radhtrage:
Zur S. 358 foll die Aufſchrift beifen: Die Schöffen. Der Stadt:
rath. Der Gemeinde: Wusfchuf. Die Mechtsquellen. Die Stadt:
rechte in Maͤhren und Schleſien. Die Schöffenſprüche, Nechtsbeleh⸗
rungen und Oberbife. Das frembde WMecht. Das neve Strafrecht.
Dab Uppellationsgeridt. Allgemeines Stadtrecht.
1) Sehriften ber hiſtor. Settion 8. Bd. S. 294 ff.
3) Mähriſches Lanbdtageblatt, Briinn 1849, 4. Die Agenda bes m. ft. 2. Ausſchuſſes vox
Wiefer, Brinn 1860.
Gs gehört gu ben angenehmen Erinnerungen meines Lebens, dah id, als einer ber
Deputirten von Brünn, gu diefen denkwürdigen Befdliffen mein Sdhirflein beigetragen
(6. bad miabr. Landtagsblatt, SG. 133, 751, 752, 781). Befonders berührt Brünn der
merhinfirdige Beſchluß (eb. S. 751) wegen bed Angartens und Frangensberges, welche
Mande aufgeben ober wohl gar aur Uuterſtützung ber Armen beniigen wollten.
Wir werden ſpäter auf denſelben zurücklommen.
573
Sur S. 860 ff. und 372. $n Brinn fommen urfundlig vor im Jahre 1307
(Codex dip. Mor. VI. 9) Consules et vniversi Ciues de Brunna, 1315: Judex,
Jarati ac Comunitas Civiam Brunensinm (eb. 62), 1331 (eb. 328) unus ex
Consulibus nostre Ciuitatis, 1340 (eb. VII. 214) Judex, consules et scabini,
magister consulum, qui pro tempore fuerit, 1344 (eb. 420) Nico-
laws Tyrmenni Megister civium et Jurati Brunenses moderni nec non
preteriti, 1345 (eb. 443) Judex, Magister Ciuium et Jurati Brunnenses,
1848 (eb. 549) Judex, Jurati et vniversi Cives, 1348 (eb. 554) Jurati, Con-
sules et Communilas Ciuium et Ciuitatis, 1348 (eb. 588) Judex, Magister Ci-
viem, Jurati Brunnenses.
gn 3naim erfdeint fdon (1810 eb. VI. 30) neben bem Richter aud
ein Bürgermeiſter: Fridericus Judex, Hermanus Biehanus, Magister
Ciuiam, dann Jurati Ciuit. Znoym., 1307 (eb. 9) nur Judex, Jurati et uni-
versi Cives, 1320 (eb. 132) Petermannus Judex, Burcho Magister Civiam und
Scabini (wegen Rigter- Wahl S. unten), 1337 (eb. VIL 103) gu den Beis
ten Purgermaifter und gu den Zeiten Ridter gu Znoym, 1338 (151) Judex ct
Jurali siue consiliuam dicte ciuilatis, 1339 (eb. 166) Albertus tunc temporis
Judex et Nicolaus Albus magister Ciuium et Jurati nec non tota Communi-
tas Civium in Znoyma, 1341 (eb. 230) tunc temporis Judex, magister ciuium,
jurati et tota vniversitas civium.
$n Troppau 1311: Judex, Scabini atque Universitas Civit. Oppav.
(eb. Vi. 86), 1849 (eb. VII. 670) Petrus dudum aduocatus Tessinensis,
rector et dominus castri Landek donauit XII. msrias redditus de aduocatia
Oppauiensi ... hospitali S. Nicolai pre foribas ciuitatis Oppau. .
$n Hradiſch 1312 Judex, Jurati ac vniuersitas Ciuium de Redisch
(eb. VI. 48). | |
In Iglau 1318 der Richter ond ander gefdworne (eb. Vi. 99), 1322
(eb. 151) Judex et Jurati et Ciues in Igle, 1336 und 1345 (eb. VH. 81 und
485) Judex, magister Ciuium ceterique Jurati Iglau, 1347 (eb. 545)
Judex, Magister Ciuium et Consules et vniversi Ciues, 1348 (eb. 547) ma-
gister Ciuiuw ceterique Jurati.
Sn Olmütz 1314: aduocatus, consules, scabini et vniuersitas ciuium
de Olomuncz (eb. VI. 57), 1317 unb 1326 (eb. 94 und 234) Aduocatus et
jerali, 1321 (eb. 147) aduocatus, consules et scabini, iurati ciues in Olomuncz,
1329 (eb. 290) advocatus, consules, scabini Olom.
Sn Trebitſch 1835 (eb. VII. 59) Jadex, Consilium et Communites ho-
minum in Trebicz, ebenfo in Jamnitz 1335 (eb. VIL. 74), deffen Richter Hein⸗
rid Markgraf Marl 1840 geftattet, fein Erbgericht gu verfaufen, verpfanden,
vermaden (eb. 205).
Bur S. 498: König Heinrich verlieh 1307 (Codex VI. 10) ben Buͤrgern
und ber Stadt Znaim die namliden Redte, Gnaden und Freiheiten, welche
er ben Buͤrgern und ber Stadt Prag gugeftanden, und bewilligte ben Bargern
574
yon Znaim, jährlich einen taugliden Ridter naw bem Wohlgefallen
ber Stadtgemeinde ober od bes groferen Theils gu wählen, welder dte
jaͤhrlichen Ginfiinfte des Gerichtes geniefen fol. Koͤnig Johann ſchenklte aber
1336 das Stabdtgeridt, ohne die Maut, jedoch mit allen Rechten und Genüſſen
nebft ber Geridtébarfeit dem Klofter Brud (eb. Vl. 83), wogegen Bari IV.
1349 bie Biirger von jeder fremben Gerichtsbarkeit befreite und Marlgraf Jee
hann 1360 der Stadt eine ganz unabhängige Strafgerichtsbarkeit an Leib and
Leben durch ihre Richter und Sdoppen verlieh (Wolny MI. 57).
Da von allen Bergwerken, welchen Metals immer im ganzen Koͤnigreiche
Bohmen in arweifelhaften Urtheilé-Faden um Belehrung in Jalau angeſucht
wird, fol bied and nad ded Markgrafen Carl Ausfprud von 1345 bei jenen
Bergwerfen der Fall fein, weldhe im Umkreiſe von 4 Meilen gegen Maͤhren
aufgefunden werden (Codex dipl. Mor. VII. 451).
1595 wurbe der Magiſter Mathias Ketauer gu einem Advofaten (VPro⸗
curator) bei gemeiner Gtadt Iglau aufgenommen; vor ifm waren ed Melichior
Colerusé und Tobias Milig (Leupold's Chronik S. 192). 1599 wurde Chri⸗
ftian Ragl, 1604 Magifter Andreas Zauner jum Advofaten (Procurator) in
Iglau mit Veftallung aufgenommen (eb. ©. 198 und 223).
1580 war Stephan Nigelius von Lehenthal, ber Stadt Olmig ahve
fat (Meine Geſch. d. Buchdr. S. 41).
Ginen befonderen Ramen erwarh Camuel Radeſchinséky von Radeho-
wig, in Prag und Heidelberg gebildet, ta 1591 J. U. D., getrinter Dichter,
dffentlider Advofat in Mähren und Schleſien (publicus provine-
alium curiarum March. Mor. et Duc, Silesiae advocatus), Herr auf Radeſchin,
Mittrow, Rothmuͤhl, Rojinfa, geftorben 1609 ald faif. Rath und Rammerprofus
rator in Mabhren.
Zur S. 877 ff. Wir theilen (aus dem brünner Wochenblatte 1824 Rr. 5)
bie Nachricht uber die frühere Berfaffung hes olmiger Stadtmagiftrates (an-
geblich aus ber Epoce Carl lV.) mit, obwohl fie von Unrichtigkeiten nicht fret ift.
Nachdem unridtig angegeben worden, dag 1294 zuerſt ded Biirgermeifters und
Raths gedade werde (S. ©. 573), heift cd weiter: Spdter fommen vier Bür⸗
germeifter, und drei abgefonderte Rathéverjammlungen vor.
Diefe drei Rathsverfammlungen feftanden:
1) Aus dem figendben Rathe unter vier Birgermeiftern, von welchen
jeder abwechſelnd burd) brei Dtonate dad Amt führte, und aus 11 Schoͤppen.
Diefer Genat verwaltete die Civils und Kriminalsgerichtsbarkeit, die Stadt
und Lanbpolijei, auf denen ber Stadt unterthanigen Dorfern obne Ridfuagin
allein, ergdngte ſich durch eigene Wahl aus ber angefeffenen DirgeriGapge ye
gum Stabtidreiber, Syndifus, wurde ein Balalaureus Surié vom BD
Iglau (%) verſchrieben, welder aud zu Landtaͤgen abgeſchick au. werdea
Die getroffene Wahl wurde durch den Landesunterkaͤmmerer beſtaͤuch
hielt ſeine Berathſchlagungen ſitzend. ' respi gut 7:
575
2) Aus bem ftehenden Rathe. Diefer sahlte 24 Glider, gewählt aus
ber gefammten Buͤrgerſchaft, bad iff: Kaufleuten, Weinherren und den zwei al-
teften aus jeder Zunft. Diefer Rath erftattete feine Acuferungen und Vortrage
Rehend durdh einen aus feiner Mitte gewablten Redner, nachdem ihm der Zu⸗
tritt von bem figendDen Rathe geftattet war. Er ergdngte ſich alle Sabre durch
neue 12 @lieder, indem eben fo viele austraten. Bon dieſem Rathe mußten
alle politifde und sfonomifde Berfiigungen gut gebeiffen werden, bevor fie in
Ausübung fommen fonnten, ifm wurden nicht felten felbft Juſtiz⸗Gegenſtaͤnde
gur Annahme vorgelegt.
3) Der Rath ber Alten beftand aus jenen 12 SGliedern des fkehenden
Mathes, welche bad legte Jahr ausgetreten waren.
Diefe muften in widtigen Faden, vorgiiglih bei bem Raufe, Berfaufe,
oder beim Bertaufde liegender Griinde gugesogen werden.
Die Aulficht tiber die ſtädtiſchen Mühlen und ihren Ertrag ſührte cin
Schoͤppe aus dem figenden Rashe, ein Mitglied aus bem Rathe ber Alten,
und vier Barger aus ber Gemeinde. Für ihre Bemühung waren bie Müller
verbunden: bem Erfien 2 Stid Sdwarjvieh, 6 Megen Mehl und 20 Gulben
am Gelde; bem Zweiten 2 Stad Schwarzvieh, 6 Megen Mehl und 10 Gul
ben anv Gelde; ten vier Biirgern jedem ein Stück Schwarzvieh und drei Met.
gen Mehl jdbrlidh au geben.
Die Ueberficht der Lanbdgiiter wurde burch zwei Mitglieder aus bem ſitz en⸗
ben, awei aus bem Rathe der Witen, und einen Schreiber beforgt; erfteren
waren zwei PBferde gum Fahren, bas Futter, der Hufſchlag und jedem jaͤhrlich
35 Gulden (der Gulden gu 30 Grofden) ; legterem jedem ein Reitpferd und
30 Gulden angewiefen; ber Schreiber aber Hatte woͤchentlich 14 Grofden fiir
ſich, flr fein Reitpferd aber wodentlid drei Megen Hafer, und bas ndthige
Heu bewilligt. Diefe Guterverwalter muften jedod nad gwei Jahren abgedns
Dert werden. — Die Verordbnungen, welde man von Zeit yu Zeit aucguferctis
gen fiir nothig fand, wurden von bem figenden Rathe bem ftehenden
vorgetragen, von Ddiefem die Raufleute, Weinheren, und die Aelteften jeder Zunft,
welde bie Gefammtheit der Vürgerſchaft vorftellten, daruͤber gefragt, und nad
ifrem Beſchluße in Ausubung gebradt.
Die Refultate hievon find bie alten Mautordnungen, die Feuers
löſchordnung, Peftordbnung, die Zunfts artikel fir Tuchmacher,
Weber, Schuhmacher, Kupferſchmiede und Sattler; die Preife-Beftimmuns
gen auf Fleiſch, Brod und Mehl, fir Brauer, Metzger, Tifdler und
Schnitter; die Verordnung, nah welder jeder Birger verpflidtet war ein
Teftament gu madden. Der Ueberireter mute es ſich gefallen laffen, daß
nod vor feinem Mbfterben fein ganged Vermoͤgen beſchrieben, dadfelbe naw feis
nem Tobe ber Witwe anvertraut wurde, bei ihrer aweiten Ehe aber gang an
bie Minder erfter Ehe fiel. — Aus dieſen BefHliffen flog bie Verordnung, vers
mage welder fein Jube in der Stadt gelaffen werden durfte, auger er war vor
376
Gericht geladen; und ber Auftrag an die Aerzte; ſich nicht yu den Edel⸗
leuten auf bas Land gu begeben, damit dieſe in der Etadt ſich pflegen,
und die noͤthigen Arzneien ba gebrauchen müͤſſen.
Bon bem Urtheile bes ſitzenden Rathes wurde bid gegen bad Ende des
16. Jahrhunderts an den breßlauer Magiftrat appellirt, und dle Biirgerfdaft
niemalé in ben Rath» Gaal gelaffen, fontern derſelben koͤnigliche Befehte und
Landtagsfdliffe von bem Balfon des Nathhaufed befannt gemadt. Zuͤchtigun⸗
gen und andere Bergehen ber Bürgerſchaft beftanden in Geldftrafen, Kirchen⸗
bufen und Gefangnif.
Der Bürgerſchaft war vorgeſchrieben:
1) Die fonigl Steuern ober Kaminginfe gu zahlen.
2) Die vom Lande beredneten Beitrage: Gildpferd ') genami gu ents
richten. — Gewoͤhnlich pflegte die Stadt mit 7'/, Gilbpferd und mit 4 Gulden
yon 10 Bauern berechnet au werden.
3) Die Vertheidigung und Bewachung der Stadt, welche Dienſte entweder
perſoͤnlich geletftet, ober hiefuͤr beftimmte Wachgelder fiir eine Anzahl ſtehender
Mannſchaft bezahlt werden muften.
4) Das Beifdhaffen und Erhalten ver Maffen und ber noͤthigen Munlition.
5) Die SErridtung und Erhaltung ber heftungewerle, bed Stadtpflafterd,
ber Wafferleitungen u. f. w.
Der Bedarf gu ben erften drei Gegenftanben wurde von allen Haus—⸗
Gigenthimern und nicht angefeffenen Bewohnern, von den erfteren nad der Schat-
jung iter Gründe, von ven legteren nad tem VerhaAltniffe ihres Erwerbes, dann
von dem Auffdlage auf Biergebrdue cingehoben; die uͤbrigen Auslagen vor:
bem Grtrage ber Landgitter, des Dtaut- und Briidengelded beftritten. |
Der ſitzende Rath bezog nebft ben Strafgeldern, Urtheils- und Gerichts⸗
gebiifren, bem Buͤrgerrechts- und Urlaubsgelde, ber weifen Mark⸗ und dem
Walifgelbe von den Unterthanen, die Zinſe von dem ju fetnem Unterhalt
burd) bie Birger: Klement Schabauer, Magdalena Hefters, Do—
rothea Fulgrab und Margaretha Hefly geftifteten 850 Mark; —
von ben Bogten jeder alle drei Monate ftatt dem, vordem abgereihten Mehle
— 7 fl., und eben fo viel aud bem Bauamte.
Das unbeftimmte Cinfommen, worunter aud alled WMildpret, der Hühner⸗
und Gierging ju rechnen war, wurbe in trei gleiche Theile bed Jahrs zwei Mal
getheilt. Wovon ein Theil ben vier Burgermeiftern, bie übrigen zwei Theile
aber allen eilf Schoͤppen gufamen. Ueberdieß Hatten bie Bürgermeiſter nod ins⸗
befonbere das Weinfaggeld; fedex zwei Fuber Heu, 6 Klafter Brennhols; am
Martinstage vier Windlidter, und bas Reujahrdgefdenf von Badern, Fleiſchern
und Apothefern. |
1) Gin Gilbpferd machte ben Betrag vow 120 fl.
B77
Dieſe Verfaffung dauerte Sid gum Jahre 1620, wo verdnderte Umftinde
eine neve Organifation veranlaften. -
1746 beſtand ber mit freler Wahl befonbders privifegirte olmaiger Stadt.
magifirat aus 1 Primator, 1 Stabtridter, fabrlidh wechſelnd, und 11 Raths⸗
Herren, welde, mit bem Primator, wedfelweife alle 3 Woden dad Birger.
meifteramt verivalteten. Die dlteften 4 waren Stadt⸗-Hauptleute, welde
die in 4 Pompagnien eingetheilte Bürgerſchaft (S. ther bad olmuger Buͤr⸗
gerforps das RNotizenblatt ter hiſt Seft. 1860 Rr. $ u.8) und die, feit 1726 ans
geftellte, in 941 Rdpfen beftandene wohl munbdirte Stadt⸗Garde fommantirten.
Bor cinigen wenigen Jahren war dem k. Kreishauptmanne fuͤr den Fall der
Abwefenheit frets einer vom Magiftrate als Vice⸗ö,Kreishauptmann {ubs
ftituirt. Dem Rathe faf der von Seiner Majeſtät unmittelbar angefegte k.
Ridter als fF. Anwalt und Stadt-Fiffus bei, welder in Abwefenheit ves
Stadffommanbanten die Stadtfdhliffel gu verwahren hatte, mithin alédann als
Vicekomman dant anjufehen war (Laugty’s handſchrift. Beſchreibung von Olmig,
1746).
Der gnaimer Stabtrth hatte im Sabre 1656 in ordine Senatorio
Jurato 12 Rathésglieter, darunter 1 Senior und 1 gur Zeit Biirgermetfter (Cone
sul), in veteri Ordine Senatorio aud 12, barunter 1 Senior, bann 1 geſchworner
Ridter, 1 Syndifus (von den Rathégliedern wat 1 Sabscriba) und 2 Kanzeli⸗
ften (3naim’s Volksfeſt am 23. und 24. Sept. 4833).
Zur ©. 499 und 530. Tomaſchek beſchreibt in der Ceben in den Sig.
Beridten ber wiener Wfad. ber Wiff. 24. B. S. 58 — 94 erfehienenen) Ab⸗
handlung ber zwei Rechtsgutachten ber wiener Univerfitdt einen aus Botek's
Gammlung in jene ded mahr. Landesardivs Abergegangenen Coder, welder um
1500 angelegt wurbe, Eidesformeln, Bei bem ighauer Berggerichte von 1545—
1577 angefudte Muthungen, eine boͤhm. Ucberfegung der constitutiones metal-
licae Wenzel IL. vom iglauer Notar Alezandrinus, bem Gofne des Severinud,
vor 1500 eine beutfde Ueberfegung derfelben vom ighauer Notar Johann von
Geylnhauſen um 1360, endlid eine Sammlung berg: und privatredtlicher Weis:
thimer und Edoffenfpride von Sglau aus der 2. Halfte bes 15. bis in die
Mitte bes 16. Jahrh. enthalt. Nach diefem Coder find Städte, wohin fid der
rechtlide Verkehr Iglau's blos auf die bergrechtliche Seite beſchränkt gu haben
{deint, Troppau, Nimerftadt, Zuckmantel, Benſch, das Stift Leubus, Reichen⸗
ftein, Kupferberg, Wartenberg, Beuthen in Schlefien, Freiberg, Schneeberg,
Annaberg in Sachſen.
Aus biefem Cober wird ber Fall mitgetheilt, wo ein 12fdhriger bofer
nade swel andere Knaben wegen bed Befiges eines Hutes ermordet hatte und
weber ber grofimeferitider, nod ber iglauer Schoͤppenſtuhl ſich in diefem in ihren
Stadtredten nod nie vorgefommenen unerhorten Fale wegen ber Zurechnungs⸗
fahigfeit und Beftrafung bes unmündigen Thaterd nicht Rath wußten und da:
Ger ber ighauer Schoͤppenſtuhl bei dem wiener (was vordem und nachher nie
37
678
geſchah) Belehrung einholte, ubi cst copia dectorum ac legislarum. Der wie:
ner Stadtrath berathſchlagte daritber, jog „auch weyſer, gelerter ond redtverftens
biger lewt, fo bie bey vns fein, tat’ (ber Rechtslehrer der wiener Univ.) ein
und theilte deren, wie feine Meinung, dem iglauer Stadtrathe und diefer mit
feiner eigenen bem großmeſeritſcher Rathe mit.
Aus diefem Falle wird der Schluß auf dad immer mehr in Gebraud ges
fommene romifde Ret abgeleitet und nebendei ein Seitenbli€ auf die Aus⸗
bilbung der landesfürſtlichen Macht und die Vernidmtung ber Municipal:
ſelbſtſtändigkeit in Wien geworfen, welde insbefondere mit ber Stellung
bes Staatdanwalté feit Mazimilian I. als Reprafentanten des Landesfür⸗
ſten mit dem erften Gige und Range im ftadtifden Rathe begann und nad der
. Unterdritdung der eingedrungenen Regenten und dem Blutgerichte yu Reuftadt
1526 unter Ferdinand I. endigte (S. S. 366 und Hormayr’s Gefdidte von
Wien VI. Urkundenbuch S. 347, IL. Urk. 119, 120, III. Urk. 307, Codex
Austr. II. 478).
Wenn Tomaſchek meint, bie Iglauer Hatten die Belehrung in Wien jener
bei ber prager Univerfitat vorgezogen, weil biefer feit Georg von Rodiebrad Hers
abgefommen war, fo mag der Grund mehr in ter Abneigung gewefen fein, cin
Abhaͤngigkeits⸗Verhaͤltniß gegeniiber von. Boͤhmen angubahnen.
Zur &. 504 ift nod Folgendes gu bemerfen. Wir koͤnnen gwar nidt ver
glaubigen Annahme Heinrich's (in feiner aus den Quellen gefdopften fdonen
Abhandlung Schleſien unter den Piaftiven 1163 -- 1327, in Wolny’s Tafden:
bud fiir 1829 S. 189 — 253) folgen, welder bie Gtadt Tefden im 3.
810 (S. Rotigenblatt der Hift. Sect. 1860 Rr. 12), die Stadt Jagerndorf
(S. S. 505) vom Kaiſer Heinvih J im Jahre 926 (die, offenbar erdidtete,
Urfunde in: Die Redte der Großbürgerſchaft von Sagerndorf, eb. 1860,
S. 12) und wahrſcheinlich von demſelben aud die Stadt Troppau griinden,
bie Stadt Leobfad ag aber ſchon 1033 mit einer Mauer umfaffen (apt. Aller:
bingd mogen aber biefe Orte, fo wie Oppein, Andrid@au, Auſchwitz,
Beniſch, Reidenftein und Edelftein, (don vor 1163 beftanden haben,
fo wie es fic auch nicht bezweifeln läßt, daß fdon in der erwähnten Periove,
befonders nad vem Mongolen-Ginfalle (1241), welder die Stadte Tropypau,
Sagerndorf, Leobſchuͤtz, Freubdenthal, Chdelftadt, Ottmadau, Ratibor, Oppeln,
Griedeberg und Hermannftadt verwilftete, aud die oberſchleſiſchen Herzoge ihre
Lander durch deutſche Koloniſten und befonderd Bergleute anyubauen und
nugbar ju maden fudten. Died deuten ſchon an die Ramen Frauenfladt
(Kenty), Saipuſch (Zywiec), Landskron, Bagdorf (Romerowwice), Ernsdorf (a:
worji), Koͤnigsberg (RKlinfowice), Kurzwald (Medzyrzice), Oderberg (Bogumin),
Schoͤndorf (Krasna), Schwarzwaſſer (Strumia), Rofenderg (Olesnice), Frey⸗
ſtadt, Reichwaldau, Friedef, Groß⸗ und Klein⸗Kunzendorf, Schönhof, Seibers-
dorf, Baumgarten, Riegersdorf, Weichſel, Pilgramsdorf, Goldmannsdorf, Bauer⸗
witz, Schurgaſt die vielen Ellgot, Ellgut (Lihota) u. a. (in den nun poloniſirten
579
Firfenthimer Aufdwig, Teſchen, Ratibor und Oppeln), ber in fener Zeit
ſchwunghaft betriebene Bergbau bei Zuckmantel, Freiwaldau, Wiirbenthal, Beu-
then, Tarnowilg u. a. die Anlegung der Stadt Bielig (S. Rotizenblatt der
SiR. Geft. 1860 Rr. 9) mit ihren benachbarten Ddrfern durch deutſche Koloni⸗
fen u. f. w. Im Gefolge diefer deniſchen Anfiedlungen wurde aud bas mage
beburger Ret in Oberfdlefien eingeführt, beftand neben den deutſchen
Rechten aud die dentſche Gerihtéverfaffung mit Schoͤffenſtuͤhlen und Oberhofen,
war, wie bie vielen in deutſcher Sprache verfaften Urkunden (namentlich der
Staͤdte Teſchen, Bielig, Seipuſch, Auſchwitz u. a.) jeigen, von ber Mitte
des 13. bis aur Halfte des 15. Jahrhundertes bei den Geridten bie deutſche
Spradhe tm Gebrauche. Inebefondere dente ber OberHof ber Stadt Tee
fden, beren Bogteivedte Herzog Ptemifl 1380 gegen die Giter Groß⸗Kunzen⸗
Dorf und WendifhsOfrau an ſich brachte, feine Wirkſamkeit (nicht bie Kriminal⸗
gerichtsbarleit, wie Heinrih ©. 245 fagt) uͤber die SGtddte Pleß, Sahwary-
waffer, Diclig, Skotſchaun, Femnty (bd. & Jablunkau) aus.
Ende des L Vaudes.
37*
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Stem Bon einem: Beuninen. sage : mit Bing ber: ines ego “Rofidte:. ode
mehr, der geferbte*gemand? firt, gute Turbos’. eats S Cee ga
Stem Bon eines gewandtſchneiders wagen mit 3. oder 4, Roffen,
ber gugenpte geferbte Tuc furt, gibt . . ‘ 8,
stem Bon einem awiffadten Pain mit gefferdten Tucen g,
Stem Von einem Cauem mit gefferbten Tuchen 6
Stem Bon einem gefferbten Stuf Tug 4 dr.
Stem Bon einem BVerpuntnen wager wit 5. oder 6 offen ber
Sdlefinger ober Lanttuch furtt . . 12 gr.
stem Bon eined gewandtſchneiders wagen mit 3. ober 4, noſen
ber gentzte ſchleſinger ober Lanttuch fiert. . 4,
Item Von einem Paln mit Schleſinger oder Lanttuch . 4,
Item Von einem ſtuk Schleſinger oder Landtuch . 20r.
Item Von einem Landtuch Das zu Brünn Verlaufft wiert Stand⸗
gelt und Mautt 4
Item Von einem Tuch Das man nent ein feyten . 1,
stem Bon einem ftuf Toppel Harraß . , , . . 6,
Stem Bon einem mittern Harras - .. 4
Item Von einem gemeinen Harras 2
Won gewegnen Pfenwarten.
Item ein Verpuntner wagen mit 5. oder 6. Roſſen der gewegen Pffenwart
furt, gibt .. . 16 gr.
1) Die erfte Veilage war zur Gefdidte bes Handels beftimmt. Da wir im 1. Band nicht
fo weit gelangten, biefer aber wegen Schluß bes Sabres abgefdloffen werden muß, laffen
wir biefe (ſchon gefegte) Beilage bier folgen. Das Mautbuch, obwohl offenbar inforreft
abgefdrieben, ift genau abgedruckt.
4) Grossi albi, b. h. weife Grofden; eben fo weiße Denare.
Stem ein Kramerwagen mit drey ober 5 Rofen = «. .- ,
Stem Yon: einer grofen Kramer Truhen oder Schtibid eo
Stem Vor einer fleinen Kramer Truben oder Stibich ate
Stem Von einem Palln Pfeffer mit 3. Sefen 2. + 2, ,
Stem Pon, einem Sak Pippr oder Ingwer. wo tte! 8
Stem Bou 1 Pfund Pippe oder Ingwer . W
Stem Bog einem Sak Khiml ee . . .
Stem Bow einem Faß Zuker weds a a
Stent Row 1 Pfund Zuker yg fe
Stem Bou 1 Pfund Nagl, Zymet, rintr, ‘uftett. ‘ober. matotplic . .
Stem Von 1 Pfund Mandl, Weimp., Kholmuß, Pochſherndl undt
Reyß rhea, Bare Tet zhet 5. x im 2° 2 J B 9
Stem Bon einer Lagl Sayff—. ‘ . . . . .
Stem Bor einem Viund Savyff. me . .
Stem Bort einem Palln pattmwols 2.200... 6, F
Stem Bok einem Pfund Paumwol .. - . :
Stem Vor einer groffen Lagl Alan
Stem Word einer flein Lagl Mlaun . - . .. .
Stem Von erner groffen Lagl Schweffel over Viriol og .
Stem Vor einer fleinen Lagl ſchweffel oder Virlol ote :
Stem Von einer Lagl Faygen - - el. eg le’
Stem Von einer Lag! Lymonien . .
Stem Bon eines LäglKhaffe
Stem Bok hundert Pomarangen - ee .
Stem Vow einer Lagl Paumoͤll. .. oo oe oe
Stem Bor 1 groffe Lagi Baumsf — . .
Stem Bot 1 Hein lagl Paumoͤll . ..
Stem Von einem Pfund Paumoͤll..
Stem Vor einen Verpuntnen wagen mit war .. .. .. .
Stem Bor einem Fahl war . woe ‘ee ee
Stem Bon einem Zentner war : . . .
Stem Bon einem pfundee Lanbt Gafelk =. cw ek,
Stem Bou, einem ftumpf Orit oder Ziment Caffrian si. .
Stem Von cinem pfundt Ortt-oder Ziment Caffrian . .
Stem Won 1 pfunt Jndid . . .
Stem Bou einem Palln ſchreybpapir
Stem Bom Palel Neiß Payir . .
Stem Vor einer glaftruben mit Fenebigiſchen ſcheiben
Stem Bow einem Faß Larber bas 4 Eimer batt . oe
Stem Bon 1 Cent. Larber ws : . . .
Stem Bon 1 Cent. Krandd..
Stem Boy einem Gas mifpl pint. ... eet GM BE ee
@Oaeo kh “ WY FAH w& w&
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Sten Bon 1 Sent. Meinidtein . . , . - 2h.
Stem Von einem Faß Piecher . : . ; - « 8 gt.
Stem Von einem wagen krayd .. . « Ba
Stem Bon einem Fas Saliter . . . . . — —
Item Von einem Cent. Saliter ... 4 4 &.
Item Von einem Pfund Fierniß —. .. by
Item Von einem Schock Khebr oder Sete ,
Stem Bon einem Cent. Rett (Roͤthe) . ~ «© « By
Sten Bon einem Vaß beiegler (iglauer) hiett . . . « SE.
Stem Bon einem Faß Brunner hiett ‘ 7 4y
Bon der Leinbat Schleye und Swylich.
Stem Bon einem Faß Leynwatt : 4 gt.
Stem Bon einem grofen Polln oder Truben Seinwatt 4»
Stem Bon einem Pallel Leinbat . . ‘ ‘ ; 2 »
Stem Von einer halben Truhen Leinbatt 2 »
Sten Bon einem Stuf Leinbatt 4 Oe
Stem Bow einem Stul Zwilich 1-,
Stem Bon einem Stuf Pordantt . ; . . 1,
Stem Bon einem Stuf Haufleinbatt o 6 6 64
Stem Von einer Rupffenn . 1,
Stem Von einer Truhen mit Siegwert Tigger md gant
tlecher . ‘ ; . 3 gr.
Stem Bon einer Truhen mit Schleyer .. Gy
Item Von einem kleinen Truhle mit geringen Sdleyrien . i,
Item Von einem guetten ſtuk ſchleyr .. . 2 de.
Stem Bon einem f(hledhten Stuk ſchleyr . . . i,
Stem Bon 1 Gent. Tagan 2. wl wt wt wt wl Rh
Stem Von 1 Gent. gutt geſchpunſt garn 4a
Won Der Seyden Warr.
Stem Bon einem gulden Stuf . . . . 16 gre.
Stem Bon einem Stuf Samat, Damaffen oder Atlas 4
Item Von einem Stuk Taffatt 2
Stem Von 1 Stuk Zendl Taftt ‘ ‘ . ; . 4
Stem Bon 1 Stul Zend! Pafft to, , - 6 «6 2
Stem Bon 1 Stuf Zend! fendrftatt 8
Stem Von einem pfundt gold 8
Stem Von Perl, Von 1 fi. wertt {
Stem was feydene Perth findt, und was Bon ſeybener wahr te
nicht begriffen tft, Von eines gulden wertt . ; 1,
Bon einer grofen Edotten Truhen mit feydener war .
Bon einer klein Truhen ober Schtibich
Vonn Meßgewannutt.
Von einem Meßgewanntt Kharkhaffen, die Von einem gul⸗
yen Stuf gemacht findt, mit ſeiner zugeherung
Von einem Mefgewanth, bad Von Samet, Damafthten ober
Atlas gemacht ift, mit feiner jugeherung °
Gor cinem ſchlechten Meßgewant mit feiner zugeherung
Von einem Faßl, oder Truhen mit Meßgewantt
Von Der Nauhen Warr.
Bon einem Zimer Zobll
Bon einem Zimer Maver .
Bon einem Zimer Laßitz , , . . . ;
Bon einem Zimer Hermll . .
Bom Tauſent Schenwerg bed guten
Bom dio. Schenwerg bes ſchlechten .
Bom dtv. Brabantiſchen Kyniglas ..
Bom dio. Reiniſch Khuniglagggg
Bom Mo. Kathalaniſch Khuniglas
Bon einem Schock hieger Landiffehll
hundert Furen
Bon hundert Landtifel oder Srevf ; . .
Von einem VBieremrigen Faß mit Zoblen ober Maren
chauben
Von einem Vieremrigen Sap ober fo gropen Truhen mit
Fixen ſchauben
Von einem Vieremrigen Fap ober alfo groſſen Truhen mit
Rembren oder Krepfen Peltzen
Von einer Zeblen ſchauben
Von einer Madren ſchauben
Bon einer Furen ſchauben
Bon cinem Lemren over Keepfenn Peltz
Bow Wetall.
Von einem Verpuntnen wagen mit Zynn
Bon einem Zentn 3ynn .
Von einem BVieremrigen Vag mit gemachten Bonn .
Von cinem Jwiemrigen Vall mit gemadtem Zynn .
Bon einem wagen mit Khupfer ..
8 gt.
—2
8
*
*
VTe2z22zwe eee
272
* 3
584
Stem Bon 1 Cent. Khupfer . . « . . .
Stem Bon 1 Cent. gemadten Khupfer . . . . .
Stem Bon 1 Cent. meßing . .
Stem Bon einem wagen glett . oe
Stem Bon einem Wagen mit Pley
Stem Bon 1 Cent. glett
Stem’ Bon 1 Cent. Pley :
Stem Bon einem Vall mit juerprodnen Sehtagel
Stem Bon 1 Cent. ſchtahel Inpant. . .
Stem Bon einer Wagen ſchwer ayfen Von vauben oder ay .
Stem Bon 1 Cent. Ayßenn .
Stem Bon einem Pufthen Ayfen
Stem Bon einem Wagen ſchwer mit ayfenen Sain Bom Sthod .
Stem Bon einem Wagen: ober dreyling mit Segenns
Stem Bon 1 Sdhod Segenns .
Stem Von einem Panth Segenns
Stem Bon einem Vaß mit Sidlenn
Stem Bon einem Pink Sichln
Stem Bon 1 Cent. ayferner Plech
Stem Bon einem Vall ober Zink pled
Stem Bon einem Bieremrigen Fas mit ayſen geſchmayd
Item Von einem Vieremrigen Faß oder Lagl meſſer
Item Von einem Vieremrigen Vaß mit meßing geſchmayd
Stem Bon einem Emrigen Faßl mit holzhaken, handthaken, Latte
a Fe Ree F
DOOM NODE MSR ⏑ ANE DNARWHRA
FOTTRR.
228
negin, Schindlnegl, oder anders gemadts ayfenwergt 4 be.
Bon dem Fie.
Stem Bon einem Roß 2 br.
Stem Bon einem Orn 24
Stem Bon einer Khie 25
Stem Bon einem Schtyer 24
Stem Bon einem Kholb . . . . . 1,
Stem Bon einem Schwein . . . . . . 1,
Stem Bon einem Schepin ober gayß 1,
Stem Bon einem Padn Flayſch . 1»,
Stem Bon einem wagen mit Fleif gibt man Bom haubi dleich
als Von dem lebendigen. ths 1 wee
Stem Bon einem Wagen mit genfen oder hyenernn . at seg a
Stem Bon einem wagen mit Inſlatt obec Schueer .ettin de
Stem Bon 1 Gent. Inſlat oder fmees 2 swat abt
mo : : : - parity
Bon den Fofchenn.
Stem. Bon einem groffen wagen mit Haufenn
Stem Bon einem Fleinen wagen mit Haufenn
Stem Von einem grofen Faß mit Haufenn
Stem Von einem Heinen Faß mit Hausen
Stem Von 1 Gent. Haufen . .
Stem Bon einem Wagen-. mit diern Fiſchenn
Item Von einer Thunnen Hechten oder Oll, 1 ha Big ober Be
batt, Varn ober Quren .
Stem Bon 1 Thunnen Harynngen . . ss.
Sten Von 1 Polln Schtokfiſch
Stem Von 1 Polln Platteyfen ‘ °
Stem Von einem Fah lebentiger Fiſch, Oedten ober Kharpffen
Item Von einem Wagen Krewſenn
Stem Von einem Faſl gruntlen
Siem Von einem Wagen gruntlen
Stem Bon einer Thunne Fiſchſchmaltz
Stem Bon einem Vas Lemberger Hodtenn
Vom Kraut, Obſt uudt Ziemüs.
Stem Bon einem greffwagen mit Mayg, dto. mit Korn, dto. mit
gerfte, dto. mit Haber ;
Stem Bou einem wagen mit Trayb, gerit, lavitter tpt. .
Stem Bon einem wagen mit Trayd auff Peumen ober Preter .
Stem Von einen wagen mit Meel
Stem Von einem wagen mit einem gangenn Matt .
Stem Gon einem wagen Obft, ont Pieinn, kherſchn ea
Wmerin . ° .
Stem Von einen Wagen mit nußen
Item Von einen Wagen mit Kraut Vom Roß ..
Item Von einem wagen mit Orbes, ruben, gruppen, Zwijal,
ſchwammen und dergleichen
Item Von einem Megn ſolches Vorbeſ chuͤmbtes Traid unb Siemus
Stem Bon einem Wagen mit Ayer, Kheß oder Somalt
Stem Von einem HF Khes . .
Stem Bon einem ZF Khas die man burcbfiertt
Stem Pon einem Topff ober emper Schmaltz
Stem Bon 1 Thunnen wagen ſchmier : . . .
Stem Von einem wagen Prott Von jedem Reß .
stem Gon 1 wagn Zwetzken . .
Stem Gon 1 Cent. Zwetzken —16 .. .. 4
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588°
Von Moluofier Wein und Pier, nie und Sell,
Stem Von einem Vaß Maluafier oder ines 8 gr.
Stem Bon einer Lagl Maluafter . . . . ~ 1,
Stem Von einer Lagl Reyffl . . . . . . «
Stem Von einer Khuffn Synider wen . . .
Item Von einem Vngeriſchn Dreyling wein
Stem Bon einem emer Vngeriſchn Wein. - br.
Stem Von einem Fuder Vngeryſchenn Wein gr.
Stem Bon 1 Dreyling Sfterr. wen 2 |, .
Stem Bou 1 Emer Sfterr. wein . . . . . . br.
Stem Bon 1 Drevyling Qondiwein 2 ww gt.
Stem Bon '/, Dreyling Landtwein _ . . . oe *
Stem Von einem Emer. . . . . . . . or.
Stem Von 1 Emer Prontwein . . . . . . gt.
Stem Von 1 Khuffen alttpier . . . . . .
Stem Bon 1 Faß Schweiniher Pyer .
Stem Von 1 Vieremeygen Vaß weiß Pyere .
Stem Bon einem actemrigen Vag weys Pier
Ze
”
Stem Von 1 Vas Brynner Pyer .
Stem Gon 1 Bas Doler Pyer : . . . .
Stem Bon 1 Fafl Med . . . . . . gr.
Stem Bon 1 Thunnen Hényg . . . . . . br.
Stem Bon 1 Khubl Honig es .
Stem Gon einem Emper Hönyg .
Stem Von einer Tunnen Hoͤnyſt 4M oder Magen. Oe
Bon Hayten, Fellenn und Lederr.
— DD AN KDR BR eRRE
Stem Bon einem wagen mit Orengeiten . . . : - 16 gr.
Stem Bon Orenhaiten Bon 1 a. 6,
Stem Bon einer Ogenhaut 1 br.
Stem Bon einem wagen mit ſchofel : 8 gr.
Stem Von hundert ſchoffel . . . . 6 fr.
Stem Gon hundert Lampfel 3,
Stem Bon zweyen ſchoffeln 1 tr.
Stem Bon gelederten Hayten und fellen git man n dergleichen ale
Bon ben ungeledertenn
Stem Bon einem Schock gewaridter Khelber⸗ oder * feke ra 2 gr.
Stem Gon hundert Samiſch oder Yrich 2,
Stem Bon eyner Thruen Samiſch . 4,
Stem Bon eynem Pallet darin feindt 10 Fehll gibt . Sober
Item Von einem Zenthner Leder . + 1 gr.
Stem Vor eynem Palln Kholbfehl . . . . . 2,
Vom Holg.
Stem Bon einem Wagen mit Trammen oder geſchper oder andes
Zimmer Holt rr
Stem Bon einen wagen mit Brettern .. ..
chyintlen
y » «atten
» " ’ » ftefen .
Stem Bon einem wagen mit Prenholly Von 1 Ros
Stem Bon einem wagen mit Rynnen Von 1 Rynnen
Stem Bon 1 wagen mit Kholn Vom Roß .
Stem Bon einem wagen mit Lagler Holg oder Siber holp
Stem Von einem wagen mit gemadten Tifdhen oder Truhen
Stem Von 1 grofen Tiſch oder Truhen
Stem Vor einem Pett ;
Stem Von 1 flein Tif oder Truhen
Stem Von 1 Drayling Potting
Stem Von 1 wagen mit laren faffen
Stem Von 1 wagen mit Potting
Stem Bon 1 leren Drayling
Stem Bon 1 leren faffl .
Stem Gon einem Aemerigen, 2emerigen ober Lemerigen faßl
Stem Bon 1 Troett(haff .
Stem Bon einem wagen mitt Tretzaffen, ‘ober Multern, ober ſchafflen,
Scheybtruhen, Rosparn, Haylattern, und Pintterraffen . 12
Stem Von 1 wagen mit Stro Von Roß .1
@
2
*
a et mm OO wD Ph =e wD = DP = OC OD DW DO
22 e Fe Rees THe ze Fz =e 2 &
Stem Von 1 wagen mit Hay Bon Roß. {
Stem Bon 1 wagen mit Vinterholt a ober Bagnesilh, ober —
ler Holtz 4
Beſundre Wagen.
Item Von einem wagen mitt Hirſchn Hoͤrneren
Item Von einem wagen der Da Landtwoll fiertt Vom Sat
Stem Bon 1 wagen Trindhgldefer .
Item Bon 1 wagen mit Hopffen
Stem Von 1 Megn Hopffen
Stem Bon 1 wagen mit Honiff
Stem Bon 1 Gentner Honiff
Stem Bon f wagen mit Solg
Stem was fiber 7 grofe Khuffen
Bnd was undther 7 iff Bon 1
j—_
~~ tO Qs wm wD = WD
587
PRs TRF. 2. B
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— — ae = —_——<—_ rr
| GBR
Stem Von 1 wagen Topff ae re 8 br.
Stem Von eynem Fag Tennen gfaß | . -. « 1 gr.
Stem Bon 1 wagen mit wald glaf 2S ... 3798
Sten Bor 1 wagen mit Muelſtein oder see eS RR
stem Bort einem Gad Gedern . 2 ae PLE ge me f
Stem Von 1 wager Federn bo 16, -
Stem Bot 1 Pett... . ... 2 2. |
Stem Von 1 Polſter oder Phys . . , © ft, «
Stem So ſich yemant zeucht Bon ‘einem aygen auf * abe 6 ‘yr: = 3
Stem Go’ fidh yemants in die Statt zeuͤcht cof, a ca
Stem Sol fid jemandt aus der ˖ Statt ghee Lg . —
Item Von einem wagen darauff man ein Prautt fiern gibt ne. sts r
Item Bort 1 Laren wager Boit { Ros eS fa
Stem Bor einem Juden gu Rob » re 7 oe 4, if
Bnd yu Fue -. ae
Stem So bie Juden quetter rurch aber fuhr ſehren geben fl Te
swier (o Bill, als funft rect ift. oo J
Item Von einem Neuen Wagen .. 8, CF
Stem Vor einem Neuen rab, afs oter pflug 1,"
Stem Bon einem wagen der Burgerguett fiertt, gibt 2 Bon: i Roh 1g
Stem Bort 1 wagen Ledrer Laa. . te 12, 0%
- Stem Bow 1 Centner Pech re 2, °°
Stem Bor 1 wagen mit mifpl folg-. . . . ~ oe thy *
Stem Bon 1 Fuber Kholich over Bom Faß .. rs gr. “
Item Von einem 4emrigen Leger Faß vo, 4 br.
Stem Bon einer gangen Schtuben A gt.
Stem Von Legelten Von 1 gulben wert . 2 br.
Stem Von Saffrian Khyl gu ſetzen Von 1 Megn 4»
Stem Von Pogen rayffen gu Porting Von wagen 9,
Stem Bon 1 Dreyling Potting 4,
Stem Von gemadten Redhen und Joppen Bom aud iw
Stem ben Gafgiehern Bon einem Schock Calg abjutragen 3
stem waß nit yn einem gangen Dreyling, oder halben Dreyling
ift, und wen e6 gleid 30 emer wer, So gibt man Bon 1
emec 1 br., wen einer fiertl auff einem wagen ein halben
Drepling wein, und 8 Emer in einem fas, und -4 emer dar⸗
gu, dad madt 1 Dreyling, und 2 Emer, Er laitt aber ni
alé Bon 1 dreyling, wie er in einem faß war, junter Bon . .
bem 3/, Dreyling 7 dr, und Bon dem aßach wie oben ger — . r
fchryben ſteet, albeg Von 1 Emer 1 dr.
‘589
. wm
We Bow Den Handiveryehen.
Stem Bon einer Truhen, ober Stibich eines Paytle, gieriler re
Riemer, Shwerlffeger, Schlofer und Huetter . . - 2 gr.
Step [Bon eines kleier Truher oder Echtibich oe Fe LLG.
Stem Bon einem neuen Armbruft Dad ouff ben “Sarmart ju fers
Fauffen geffurtt wiert 2 br.
Stenr Bsn einem Khecher , ; 1,
Stem..Van ciner Piren .. .. vr «25,
Stem,.Ven 1 Fas Brunner hueth eet 4 gr.
Stem. Ven 1 Fak Drygler (iglauer) Hueth . . : 6,
sstem wad hie nidt beftimbt wiert fol geben werten Bon | A. -
wert ... ; . . . . ‘ , . . 1%.
Ordnung.
Siem was Bon guttern, Epays, ober frautwagen in die Statt gend,
Sol bey dem Mauthauß angefagt, und auff ein Zetil geſchrieben werden, und
der © Sdreyber ſol ſein Petſchafft aufdruken.
Item dieſelbige Zedl ſol der Khauffman oder Furman zu dem Waghauß
Tragen, daſelbſt Vermauthen.
gItem So di Mautt geben wiert, fol auff diſelbige Zedl das Mauttzaichen
auffgedrukt werden, fo felihed amb Mautt Hauß zaigt wiert, iſt er fray gu
farenn.
Stem Von Laren wagen und Von Rofmaut in bie Statt gu faren, ift
nit nott Zedl gu fchreiben, Sunder fo fi wider Von der Etatt wellen, ift in not
ein pleches Zaichen aug bem Waghaup gu nemen, foliches am Mauthauß ju
geben, darnach ift er frey gu fabren. |
. _. Sten fo yemandts faufft in ber Statt, fol ehr ſoliches anfagen in dem
Mauthaus, usd Vermauthen, und tarnad fol Im ein Zedl mitt aufgedruften
Mautzaichen geben werven, und fo Er folidhes am Mauthauß zaygt, fol ebr
frey forenn.
ur, Stem wad man anfagt in bie Statt ober aug der Statt 7h fueren mag
aman befchauen was unrecht angefagt ift, wiert Der Statt Verfallen fein.
t..§ Item was ba Bermaut. twiert, und in dreyenn Tagen Barbas gefurtt ift
nit ſchuldig gum ander ma Mautt gu geben.
21 Bem So. ot KRhaufflentt quter auff einem wager Haber, bad fy Won ber
Wogenſchwaͤr geben, ober ſo es geladn yſt auff mer Wagen, bas fyd ſtuk weiß
Vermautten
Sten fo tad ‘anf tw fue gewogen wirt, fol ber Furman und ber Kauff⸗
man, yeder bi Helfft gebenn.
Stem fo ein Hieyger wad khaufft uber feld, und Er folidjes anff ſeim
t und gerung Ger laſt furen, ift nit ſchuldig Mautt gu geben, den fo es cisay
abber Gurmann ift, bas er bi Roß mautt geb.
Hie ift vermerft wie ull man vom Centuer gibt
zu wegen.
Stem Vom Cent. Pambol ober Landwol
Stem Bon 1 Cent. Inflett ober Schmer
Stem Von 1 Cent. Honiff
Stem Von 1 Gent. Haugen rr
Stem Von 1 Cent. FlavfH . ..
Sunſt Von andern Dingen was das iſt Vom Cent. .
Vnd was auff di Furr gewogenn wiert Vom Cent.
> b> b> wb b&b PH aI
Wermergtt,
wie ffern die Herrn Bon Brinn di Mautt nehmen.
Stem Bon VBrunn Vng auff ben grundt gen Raygrn.
Stem Mer Von Brunn ung ju Strieliger Pruglh, und ans dad Vrhaner
Veld, und Vntz zu Rubitzer Felbt.
Stem Mer Von Brunn Vntz gu vem Prygll, Enhalb Parfuß unter den
{dipen.
Stem Mer Von VBrunn Vntz auff Menefere grundt.
Stem Mer Von Brunn Vung gu dem Pow gu Sofolnic;.
Stem Mer Von Brunn BVng geenn Sdlapanig gum wafer.
Stem mer Gon Brunn Vng an bas Pad! yenhalb grytfden.
Stem mer Von Vrunn Vung gen Lefeh.
Stem mer Von Brunn Vng geen Hein aybanig.
Stem ber Herr Abit Von Obrowig Hatt fic) fuer feine leutt Von SG
nicz by ber Mautt frey feindt Verwilliget alle Jar 6 wagen au der rabatt fi
Gen umb der Verwilligung woͤellen meine Herrn nadfhomen.
Daf dießes Mauth-Bud mit bem mir Borgeseigten, ſo wohl dem anf
alß ber Sehrifft undt Mang nach alten Maut-Bud nicht allein in dex |
angahl, Gondern aud in dennen Aufgefegien Poften gleichſtümme fey
fhundt deſßen iff Meine Hierunten geftellte aigenhanbdige unterſchrifft, und/
gedruktes Cloſter⸗Infigl.
Brinn in Convent ord. Min. Sti. Francisci Conf. Bey St. J
ben 21. Novembris Anno 1720.
Fr. Theodorus Drap
proprio et Conventus nemin
591
II. Inſtruktion derer Konigh. Ridtern in Mabren.
Leopold von Gottes Gnaden Erwählter Wim. Ravyfer aud
Su Hungarn and Biheimb Rinig 2c.
Inftruction auf Vnſere jetzig⸗ und Künfftige Vnfere Ronigh. Mähriſche
Start: Ridter, wie Sie Sid in rem Von Vnß Bonen anVertrauten Ridters
ambt nebenft bem Stadt Magiſtrat Zu BVerhalten, und Soles Zu adminiftriren
haben, maffen baffelbe in ben nachgefegten articuln außführlich Beſchrieben.
Vorderift wollen wir, bas warn Vnfer Rinigl. Richter ambt in einer Vnſer
Konigl. Stadt ledig wirdt, hierzu mit Vaferen Vorwiffen und Willen, durch Vnfer
Konigl. Ambt der Landts Hanbtmannfdafft Gottesfiirdtige, wohlverhaltene Leiithe,
Buß Vorgefdlagen, und wann wir Vnß auf einen Onädigſt werden Refolvirt haben,
berfelbe Vnß, Vnßeren Erben, und NahRNommenden Rinigen Zu Bdheimb, und
Marggraffen in Mähren mit aydespflichten Verbunden werden foll. Go Baldt
nun ein Golder Von Vuß gnädigſt verorduet, und Beftellet fein wirdt, foll bers
fefSe mit, und Neben Vnßeren Stadt Rath auf bem Rathhauß feine Seffion,
Vad Zwar die Erſte Steel vor allen anderen haben, allen redtéfertigungen,
Bnd andern Hanblungen, wann, und wie diefelbe Vnſere Burgermeiftere, und
Rathmanne Verhdren, erwegen, Haudlen, und Vornehmen werden, Perſoöhnlich
Beywohnen, Vnfer Interesse fiscale Vor alfen dingen Beobadhten, BVnfern, und
Bnferer Erben fromen und Nugen auf alle weife Suchen, und Befürdern, anftadt
Buſer, und in Vnßer abmefenheit in allen faden nach Vnſern Rinigl ambe der
Landtehaubtmannſchafft Sih Ridten, Vnd adten, auff dasſelbe feine obficdt,
wmbd Ru temfelben feine Zufludht nehmen, aud auf die Zu enbe defer Snftrucs
tion alfen Vnſeren Königl. Staten, wegen dberfelben Landgiitter, Vnd ver gemels
nen einfommen, Vorgeſchriebene Articul, damit benfelben, in allen obne abbrudh
und Verringerung nacdhgelebt werbe, Vndt geniegen geſchehe, feine abfonderlice
‘Gorge, Fleif, und Beobacdtung haben, Solte Vngker Richter BVermerden, dad
wieder Buß, und Bu Nachtheil, fdhaden und Ringerung Bnßerer Hoch-heit, wiirde,
hochen Landtéfiirftliden Rechts oder Standts, Vnd wieder Vnßer Nsnigl. Ambt
ver LandtéHaubtmannfdafft, Es Seve in bem Rath, oder Bunter der Gemeinde,
ever fonften unter Perfohnen dießer Stadt, was Vorgenohmen, gehandelt, oder
einige Berbiindtnuf gemachet werden wollte, fol Er es alfobalot ohne Verſaum⸗
anf Buß ober an Vnferer Stadt, Vnferem Konigl. Ambt der Landtehaubt-
maunſchafft Beridten, und Reines Weges Berbergen, nod) Verhalten, aud) Vor
eine Perſohn felbften, fo Biel es ihme wirdt möglich feyn, dießem BWorfommen,
e8 verbindern, und unterbreden, und wollen wir Bnferen Ravfer- und Köonigl.
Schutz und Hand in allen Billigen Qingen über ihn Halten. Ferners Nachdeme
Vnßer Ridter, wie jegt gemelot, allezeit denen Raths⸗Tägen, und Redten bey
Zuwohnen hat, foll er allem dem, worzu vie RathsVerwandten Verbunden fein,
und aud tie Geheimbnuß ‘des Raths verfdwiegen Halten, Es Seve danu, das
wieder Vnß, Vnßer Ravf. undt Rinigh Perſohn, Hoch⸗heit, würde, Redt, oder
Standt, cher Bußerer Königl. Erben, etwas Vorgenohmen, oder gehandlet wurde,
daſſelbe ſell er Keinesweegs wie Oben gedacht, Ver Bag nicht Bergen, ud
Verhalten. Es Soll auch in der Burgermeiſtere, nach Eines Start Raths macht
nicht ſtehen, die gemeinde umb welcherley Vrſach willen es ſein welle, außer der
ordinari Raths Seſſion, und gerichts Tägen, Zuſamen Ju Beruffen, nec einig
gemeinde ober abſeitige Zuſamen Kunfft, außerhalb bes Rathhaußes Zuhallten
fendern wann Wegen gemeiner Stadt Nothdurfften es Vonnöthen ſein ſellte, di
gemeine Extraordinarie Zu Verſamblen, ſollen Burgermeiſter und Rathmännen
ſolches Bnßerem Richter, je und allezeit wiſſend machen, dießer wann Cr es ex
Nothdurfft Zu fein erfennet, nnd anderſt nicht, ſoll bie Gemeine Zuſamen Be.
ruffen Berſtatten, und Bey allem deme, was gehandlet wirdt, Perſehnlich rate
auch darob fein, damit, wann Be Vuß die Königl. Stätte inßgeſambt in Ihre
allgemeinen Nothdurfft was anzubringen haben werden, Sh Solches durch Ba
heren Königl. Landed unter Cammerer jedesmahl thuen.
Gleich wie nun Bnſer Richter, wie oben angedeütet, Bey allen Hanrlas
gen Sixen, und Perſöhnlich Gegenwairthig fein joll, und alles anhören wirdt, al§
fol er feine abjonbderlide obſicht, und fleißige acht datanf haben, eit fall etwas
in einer Bor tem gericht Vnßerer Königl. Stadt erhobener over = hwebenda
Rechtsfertigung Vnß einige fiscaliſche Straffen cter Pcen, als wesen Verübte
Mordts, Branots, Beraubung, gewaldt, Noth Zidtigung, Ehebruch, falſche«
SterbfalligReiten, Bnd was Bug, Bngern Erben, und Nad Kemmenden Kenige
Zu Böheimb, Bart Marggrajfen Zu Mähren Vorbehalten, Bar Vnßer Vdnig
Stadt darüber abfonderlid nicht Befreiet ift, rechtmäſſig Zufallen wurde, ded
felbige eines weegs Verjhwigen, Vertujdt, und überſehen werven, ſendern fe
Baldt Cr Vou Ciner rergleihen Vnß Zugehörigen Fiécaliſchen Interejje, ote
Yefervirten Strafje, etwae erfiindigen, Bnd Vernehmen wurre, jell Cr folded
Vuß oder an unßerer Stadt, Bugern Königl. ambt rer anetshaahtmennjdhafft
allezeit, auf welde weig, und wie es hiemit Befdaffen, Bar Vom weme asf
Bng was gefallen, anjeigen, und Beridten, unter defjen aber fambt rem Stade
Magiftrat, gute Vorforg, und Verwahrung thuen, ramit dar Ven Biß auf few
nern Gngeren, ober Ungeres Königl. ambt ter Landts Haubtmannſchafft Bejell
und Verordnung, wie man fid in diefem fahl Verhalten Solle, nichts Rerwew
bet werde; Sollte fic) aber in ter That, und warbafftig dieſes Befinden, val
obgedadier Vnßer Ridter Selbjt fiir feine Perfohu, es feye auß̃ muthwilles
eder unadtfamfeit, und aud aug anfeitung etwann jemande andern, gewijje Uni
693
Rechtmeſſig heimb gefallene Fiscalifde intereffe oder Refervirte Straffen über⸗
fehen, und Von demfelben ablaffen wolte ober dtefes thette, ober Buthuen Bers
‘ftattete, alédann fo Balot etwas folches an Ihme in ber That erfahren wurde,
foll Gr auf unferen Befebhl, Von diefen Vnſeren Dienjt abgefeget, Su feiner
Perfohn, und feinen hab unb BVermdgen gegriffen, und Er wiirllid abgeftraffet
werden. Vnd demnad in Vorigen Zeiten Big Hiehero allerley Vnß Schavliche
VBherfehungen Vnd unordnungen (Bey ben caducitäten Vndt Todtsfalleu, derent⸗
wegen Vngere Königliche Städte in Vnſeren Marggraffthumb Mähren nicht Be⸗
freüet) und ſo auf Vnß, als König Zu Böhmen und Marggraff zu Mähren,
rechtmeſſig Kommen, Sid Begeben, und Zugetragen haben, indeme rabetyy Reine
Solche ordnung wie ſonſten Bey andern gemeinen angefallen Bei denen ſtadtrech⸗
ten, abſonderlich aber bey denen Inventirungen braüchig Beobachtet worden.
Derohalben wollen wir, das obbenandter Vnßer Richter, wenn ſich ein dergleichen
Todtes anfahl Zutragen, und auff unß rechtmäſſig gefallen ſich Befünden Sollte,
als Baldt Zwey geſchworne Raths Perſohnen Bu Sich nehmen, felbige gantze
Verlaſſenſchafft, abſonderlich ſo Viel ſich deren an Baaren geldt, Cleinodien, und
andern mobilien und fahrnuſſen Befuͤnden wurde, in deren gegenwarth, durch
einen gefchivornen Schreiber, alles embſichen fleiſſes, nichts außlaſſende, ordent⸗
lid inventiren laſſen, und Selches inventarium, mit Zuſetzung, wer der Inven⸗
tirung Beygewohnet. mit bem Stadt Inſigl Bekräfftiget, alsbaldt ungeſaumbt
Bnß, oder Vnßern Koͤnigl. Ambt der Landtéhaubtmannſchafft überſchücken, auch
die Sache nebens dem Stadt Rath alſo Verſehen ſolle, damit mit derſelben
Bieß Zu erkandtnuß, und Vollführung dieſer anfalls gerechtigkeit, Bnd Zu wel:
terer Vnßer oder Vnßers Königl. Ambts ver Landtshaubtmannſchafft Verordnung
nicht gerühret, oder etwas dar Bon Verwendet werden. Solten gleichfalls wegen
ber Teſtamenter etwann wieder Spruch, bas man demſelben nicht ſtatt geben
wollte, für dem Stadtgericht entſtehen, und Bey dergleichen wiederſprüchen man
ſehen und Befinden wurde, das Solche Teſtamenter rechtmäſſig abgethan, und
aufgehoben werden Könnten, das Vermögen aber und die Verlaſſenſchafft, ſo nach
bem Teſtatore Verblieben, Vnß Billiger, und rechtmäſſiger als etwan jemandts
aubern gebührete, Vnd Zugehörete, Vnd nun nichts deſtoweniger Bey Vorigen
Zeiten Sich Zugetragen hat, bas Bei dergleichen gerichtlich erhobenen Rechtafer-
tignngen, indeme die Partheyen wargenohmen, dad fie wenig oder gar nichts
rechtlich erhalten mögten, ſondern ſolches Vermögen auf Vnß fallen würde, Sie
Partheyen in güttliche Vergleich ſich eingelaſſen, und Vmb das guth, wie es
Synen Beduncket, gefallen, und beliebet Gat, ſich Verglichen Vnd darinn ſich ge-
theilet haben, welches Vnß Zuſchaden Vnßere Richter nicht hetten geſtatten nod
Zulaſſen Sollen. Derohalben, wann Sich etwann je ichtwas dergleichen Bei
denen Stadt gerichten Zutragen möchte, foll oberwehnter Vnßer Richter ſolche
Sereduuß und Vergleichungen fo Vnß Zu ſchaden geſchehen Keines weeges gee
flatten, nod) Ru dergleichen Theilungen ber Verlaſſenſchafftes Kommen laſſen,
ſendern alſobaldt ſich darzu anmelden, anch die Sache alſo führen, damit ders
38
594
gleiden rechtfertigungen gerichtlidd Verhdret, erwogen, und burdh ein gerecdhtes
urtheil entidieden werden. Gollte Sic aber jemahls Befinden, und in ber That
erfor{det werden, das offt Berührter Vnßer Ricdter, es ſeye wegen geſchänck
ober anberer Vrſach, wie die Ruerdenden, umb dergleichen Verlaſſenſchafften,
welde ung Rechtmäſſig Zugehörten, ainige Vergleih Vnd Theilungen, in deme
ex ſolches verhütten, Gnd deme Gorfommen hette Können Bu Bulaffen fid un:
terftanden, foll umb baffelbe, was unß Da Bugeftanden, und gebdret hat, Zu
ibme, feinem gutt, und Vermögen gegriffen, und Gr deffentwegen würcklichen Bes
ftraffet, aud) Geines ambts, wie oben erwebnet entfeget werden. Alle bieBe Vnß
baimbgefallene Strafjen, und anfalle Goll unger Königl. Ridter gang und
Völlig in Vnßer Königl. Rendtambt in Vnßeren Erb-Marggraffthumb Mähren,
und nirgends anderſtwohin abführen, Sud Von Solchen allen Vnß, Vnßeren Er⸗
ben, und Nachkommenden Königen Zu Böhmen, und Marggraffen Zu Mähren,
alle halbe Jahr, anfangend Von bem Erſten Tag des Monaths Januarh, und
Schliſſende den letzten Vag des Monaths Sun, und dann wiederumb Von Gr-
ften July bieB fegten Monaths Tag December ordentlidhe Raittung Thuen, aud
Golde halbjährige Naittungen, mit allen hierzu gebhdrigen Nothdurfften: Ale
Befehlen, Verordnungen, Quittungen, Vndt Upprobationen Bey Vnferer Rinigl.
Landtshaubtmannf{dafft Zu fernerer remittirung Bon ba an Vnſere Rinigl. Bs-
heimbiſche Hoff Cantzley niederlegen, und Benebenft bey Solder Raittung alle⸗
zeit Bu Ende bes halben Jahrs, Von Burgermeifter und Rath dießer BWnger
Stadt, eine Sehrifftlide urfundt, oder Atteftation, in welder alle auf unß ge
fallene Caducitäten, anfalle, und Straffen, fo Biel fic deren in diefen balben
Sabr ereignet, mit Nahmen deütlich, und Klar Benennet werden ſollen, mit die-
fen Schlufp, bas Befagten Burgermeifter, und Rath Vou Reinen andern Cadu⸗
cititen, anfallen und Straffen, welche fic) in felbigen balben Jahr ereignet betten,
alé wie diefelben in Bedeüter bes Raths atteftation Verzeichneten Rubefiinden,
nicht wiffend ift, Bunter ber Stadt Inſigl Bey Zufiigen. und Bey Bulegen ful:
big fein. Ferners Goll Vnſer Richter Nebens vem Stadt Magiſtrat darauf feine
abfonbderlide Sorg Vnd obſicht haben, damit in allem infgemein, gleiches Recht,
unb geredhtigfeit gebalten und atminiftriret, bas Böße eingeftellet, und Vnuter⸗
brochen, bie ungehorjambe Gottloge leith, und welde ein unordentlides Leben
führen, nach Berdienft, Vnd Berbrechen, ohne nadfehen, abgejtraffet werben.
Auch foll Vnſer Königl. Ridter in genauer obacht nehmen, uud darauf fleiſſiges
abjeben haben, auff das in diefer Vnſerer Stadt Won Niemanden, ES ſeye Von
angefeffenen Burgern, ober unangefefjenen Freyen, ober über land Kommenden,
und frembben leüthen idtwas Vorgenohmen, gehandlet, gerert nocd gefungen
werbe, fo förderiſt wieder Wott bem allmächtigen, die Katholiſche Römiſche Reli-
gion, ober ſonſt abſcheülich und nidt geziemend, dann was Zur Verſchimpff Vad
Ringerung Vnßer Kayſ. und Königl. Mayeſtät, Vnßerer Erben, und Nachkomender
Könige Zu Böhmen und Marggraffen Zu Mähren hoch⸗heit, Würde, und Lan⸗
desfürſtl. Authorität ware, Sondern damit bie Ehre und bas lob Gottes, die
595
@ottesfordht, und anbere heilige Tugenden, auf alle weiß in diefer Vnußerer
Stadt Vermebhret werben, Bnfouberheit aber an Gonns und feiiertags Zeiten,
bie Leith fleiffig in bie Rirden gehen, Bey anhörung des Wordts Gottes, und
abwartung des Gottesdienfts andadtig Sid Verhalten, Rein Brandtwein, nod
auderes getrand Von Wein unb Bier nit Verkauffen noch feil gefdenctet,
nocd aud an den gebottenen faftagen einiges fleiſcheſſen Verübet werde, Sollte
aber Jemandts Betretten werden, der ſich nicht alfo Berhalten, fondern deme
Rurvieder Handlen wurde, Soll Vnßer Königl. Ridter Vndt Stat Magiſtrat
einen Golden nach Verdienft abftraffen, und Vng, oder Vnßerer Koͤnigl. Landts⸗
baubtmanfdafft dießes Beybringen. Offtgedachter Vnßer Königl. Richter ſoll
aud auf dießes fleißige, und Embſiche obacht haben, damit in Berührter Vnßerer
Stadt die Metzen, gewicht, Elen, Maaß und Seidlen mit dem getreydt Metzen,
gewichtern, Elen, Wein- und Bier Maaß und Seidtlen, wie dieſelben in Vnfer
Königl. Stadt Ollmütz gebrdudliden ſeyn, fic Vergleichen, Vnd wofern etwann
einige getreyd metzen, Elen, oder gewicht, Maaß oder Seidl, fo nicht alfo, wie
oberwebnt, geredt, und gleich Bey Jemanden follte gefunden werden, foll Sol⸗
hes Jegliches Vnſer Königl. Richter Vnſerer Königl. Landtshaubtmannſchafft an-
zeigen, Vnd Sich nach derſelben Beſelch gehorſamblich Verhalten: Inſonderheit
aber wollen wir gnädigſt, und Befehlen Ernſtlich, das faullentzer, Müſſiggänger,
und Verdaͤchtige Manns⸗ und Weibs Perſohnen, wie nichtweniger geſundte Bett⸗
ler in dießer Vnſerer Stadt nicht geduldet, ein Rechtwahrer Chriſtlicher Wandel, gute
Policey, und ordnung auffgerichtet, Vnd das Böße unterbrochen und geſtraffet werde;
Es iſt aud Vnſer Gnädigſter will, das die GeiſtlichKeit in Kirchen, Schulmeiſter
und Schüller, auch die armen leüthe, und So in Spittalen Sich auffhalten, auß
denen fiir Sye gewidmeten Fundations Mittlen gebührend ſollen unterhalten
werden. Solte etwann dieße Vnßere Stadt Kunfftig ſich unentperlichen Nothdurff⸗
ten halber in Schulden einlaſſen müſſen, oder wollen, ſoll Sie Solches Zu Vor⸗
deriſt an Vnß, oder Vnßeren Königl. Vnter Cammerern Bringen, Vnd darüber
Von Vnß ber Verwilligung erwarten, fonften ſolle vie ohne Bewilligung gemachte
Schulden für unordentlich gehalten, und erkennet werden. Die Stadt und der
Gemeinde Wurthſchafften und einkunfften ſollen allein die Caſſirer, nad Ver—⸗
ordnung Vnſers hochgeEhrteſten Herrn Anherrns Kayſers Ferdinandi des Andern
glorwürdigſter gedächtnuß, nnd durch Vnſere Königl. Vnter Cammerer Beſtelte
und Beeydigte ambtleüthe, Verwalten einnehmen, wieder außgeben und Verrechnen,
und Sie Sollen auf Befelch einer Perſohn, es ſeye bes Primatoris, Burgermei⸗
ſters oder Jemandts aug dem Ralh, nichts außgeben, ſondern wann etwas aus—⸗
gegeben werden muß, ſoll dieſes erſt in Vollen Rath erwogen, und Nac erfendt-
nuß, und Schlufß, darauf eine Certification Vou dem Stadiſchreiber mit der Bus
terfcbrift bed Primatoris, Burgermeijters, und Ciner an§ dem Vornehmiten Raths
Perfohnen, oder des Eltiften aug ber gemeinde aufgefertiget, und ohne -derglei-
chen certification Rein andere paffiret und fiir giiltig gebalten werden. Vber die
Caffirer, ambtleüthe, Würthſchafft Verwaltern, und derfelben BWerwoltungen foll
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596
in Vnfer Königl. Stadt der Primator oder Vornembfte Burgermeifter, und Ciner
ber BVornehmften ber Eltiften auf ber gemeinde die Sufpection haben, alfo bas
fie von allen empfang, und aufigab wiffexn, und Goll Bey dem Burgermeiſter⸗
&mbtern, nod Bei Semanden andern nidts empfangen, nod aufgeben werren,
Bu abbrudh und Schmällerung der Gemeinde Cinlunfften follen Reine Banque:
ten ober gaftereyen allermaffen dergleichen Bor dieſem Bet überſehung allerhandt
Rednungen, Vifitations außfahrten, Bet Commifjionen Berednuffen, Verträgen,
oder andern, Wie die Nabmen Halen migen, auch den geringften ber gemeinbe
Verridtungen (alter übler gewohnheit nad) geſchehen, mehr gebhalten werden.
Die Caffirer, ambtleüthe, und wirthſchaffts Bediente follen Von Bnußeren
Koͤnigl. Lands BVBnter Cammerer Beehdiget werden, bas fie aug ber gemeinde ein:
tunfften und wirthfdafften nicht wollen, Red macht haben follen ichtwas anf.
-Bugeben, es Seve benn, bas Ihnen aug ben BVollen Rath, nach fleiffiger und
Reiffer erwegung anbefohlen, und darauff wie oben Berührt, eine genugfame
und gültige Gertification gegeben werde. Bber alle und Sede Gemeine eintiinffte,
empfang und aufgaben follen alle Jahr bie Raitungen dem Stadt Rath eiuge:
‘Qanbiget, und berfelben eingebung Sng ober Vnßeren Rinigh Ambt rer Landte-
haubtmannſchafft Zu wiffen gemadt werden, damit gewiße Berfobnen Bu aber:
ſehung derfelben Berordnet werden mögen.
Was denen Burgermeiftern oder denen Raths Perſohnen, wann ſie das
Burgermeifterambt Verwalten, fir ſelbige Zeit, und fo fang fie bas Burgermei⸗
fterambt auff ſich haben Bn ihrer Vnterhaltung gegeben werden Soll, diefes fell
in BVollen Rath ohne Verzueg erwogen, und eine leidentlide, und Mäſſige unter:
haltung ansgefolget, über diefes, was alfo in BVollen Rath wird BVerordnet were
ben, bem Burgermeifter nists mehr aus bem gemeinen einfommen Berwilliget
nod gegeben werden. Gollte obbemeldter Vnßer Königl. Richter Verfpiiren, oder
Vermerfen, das mit bem gemeinen einkommen (nad übler alter gewefter ge:
wobnbeit) Von dem Primator, Burgermeiftern und Stadt Rath, wolte bel Ber-
fahren werden, die gemeine Stadt Schulden nicht Befriediget und Bezahlt, und
bie würthſchafften Vernachlaffiget, und Verringert wurden, oder bas Jemand in
Verwaltung ber gemeinen einkommen feinen eigenen gewinn und Mugen Suchen
thete, wie dann auch in gleiden, bas Femandés aug denen Raths Verwanbdten,
ober aug ber gemeinbde, wieder die obbefdhriebene Artical bas geringfte wurde
ffir ſich nehmen, und handlen, Von dießem allem ſoll Vnſer Richter nidt fan:
men Sng, oder Vngerem Königl. Ambt ber Landts GHaubtmannfchafft, undt Kö⸗
nigh, Landts Vnter Cammerer Beridt Zu thuen, Damit alfo alle unordnung,
und ungebiibrlides Beginnen Zeitlich eingeftellet, und unterbrochen werden mide.
Endlich foll VBnger Königl. Richter Vermög der Verneilerten Landtéordnung Fol.
916.8.6. Go in Ciner Peinlichen frag 2c., Stem Fol. 226. 8.6 wilrde etwann 1c.
Fol. 229. 6§. So Biel aber in Sachen und Fol. 232, et 33 a. §. wurde ete
wann Ciner 2c, So Viel eS feine Perfohn antrifft, und Ihme Bu Thuen gebahret,
597
fid Verhalten, Vnd dbemfelben Nachkommen, nnd geleben, und alfo Wiffen, das
Gr an beme Vnſeren Kayſerl. und Königl. gemeffenen willen erfüllen wirdt.
Geben auff Vnferen Königl. Schloſß Zu Preßburg den 30. Monathstag
September, in Sechzehen Hundert, Nein und funffyigften, Bnferer Reis des
Römiſchen in anderten bes Hungarifden in fiinfften, unb bes Bdheimifden in
Vierten.
Leopold. (L. S.)
Ioannes Hartwigius Comes de Nostitz Ad mandatum Sacre Cesareae
Reg. Bae. S. Cancellarius, Regiaeque Majestatis proprium.
Padhta m. p.
Juramentum Cesarei sen Regii Judicis.
3h N. N. Schwöre Gott dem allmactigen ber gebenedeyten Mtutter Got-
tes, allen Heiligen, und dem aller Durchleüchtigſten, Gropmadttigften, und une
überwündlichſten Fürſten und Herrn Herrn Leopoldo Erwählten Rsmifden Kay⸗
fer, Zu Hungarn und Böheimb Konig, zc. als Konig in Böheimb, und Marge
gtaffen in Mähren, und meinen Rechten ErbHerrn, Ihrer Königl. Maheſtät. und
Mach derofelben venen auf Dero Ranigl. gefdhlecht, und geblüth Nachkommenden
Königen, und Erben Zu diefen Marggraffthumb Mähren getreü, und gewärthig
Bu ſeyn, Bnd das ic) will und Soll das ambt bes Königl. Richters in der Koö⸗
nig! Stadt N. fo mir anjego Von Bhro Königl. Maheſtät anVertrauet wirdt,
rect führen, und bemfelben wohl Vorftehen, infonderheit Aber Ihrer Mayeſtät⸗
Hocdeheit, une Regalien, über der Policey, und guten ordnung gemeiner Stadt
eliffetig Halten, dem armen ſowohl als dem Reichen, den Wittiben und webdfen
bie gerechtigfeit ertheifen, Ihrer Gycelleng bem Herrn Landtéehaubtmann, und
gefambten löbl. Königl. Wmbte, wie aud) den Herren Landts Vnter Cammerern,
allen ſchuldigen gehorfamb und refpect leiſten, Bnangefehen gunft oder ungunft,
forcht, freündſchafft, over feiindfdafft, nimmermebr wiffentlid in bem Rath oder
Zuſammen Qunfften Zufeyn, ba wieder Shro Majeſtät PBerfohn, Ehre, wiirde,
Recht, oder Stand etwas Vorgenohmen wiirde, noch diefelbige geftatten, Biel
weniger barein Berilligen, in Keinerley wege, fondern Ihro Majeſtät, Derofelben
Erben, nachfommenden Königen Bu Böheimb, und Marggraffen Zu Mähren
hr, nug, und frommen Betracdten, die geheimbnuß Ihrer Mayeſtet Bud die
Rathſchläge Bey mir Behalten, und fonften alle andere Zum Königl. Richter⸗
Ambt gehsrige Sachen, Zu Beförderung Bohrer Majeſtät Dienfte, und des gee
meinen Beftens, Tretli und wohl Verridten, als mir Gott belffe, vie gebene-
bette Mutter Gottes, und alle Heilige. |
3 u De x.
WHfabrtsgelb 435.
Abfdied 316.
WHtretenber Rath S. Gemeinderath.
Accibentien S. Taren.
Wecife 567.
Wht 359, 372 524, 526.
Abel 12 — 16, 18 — 20, 25, 29, 64, 75,
253, 259, 260 — 262, 266 ff., 275, 279,
284, 286, 293, 320 ff., 330 ff., 337, 343, 374.
Abminiftration S. Wirthſchaft.
Abwvolaten 118, 123, 320, 327, 328, 382,
401, 408, 404, 442, 448, 457, 519, 540,
554, 556, 574.
Advocatus &. Sogt, Ridter.
Aeltefter 377, 379, 380, 595.
Wemter 370, 377, 385, 390 ff., 396 ff.
Aerzte S. Ganitits-Wnftalten.
Aeußerer Rath 366 und Gemeinderath.
Akatholiken S. Evangel.
Alleen 32.
Allerheiligen 11.
Allerheiligen-Kirche 10, 230.
Allgemeines Recht S. Gemeines,
Altbrünn S. Sritnn.
Alter Rath S. Gemeinderath.
Amtleute 595, 596.
Anfülle 592, 593.
Wager 10').
Ungießer 865.
Wutlage. Ankläger (Sffentl.) 367, 526,
896, 552, 594.
Anna⸗Grund 16, 18, 21 — 29.
Annalirde 9.
Annalirde!l 17.
Annallofter 10, 17, 88, 95, 204, 228, 230,
323.
Anfaffiglertt 427.
Anfidten S. Plane.
Wnfiedlung 9, 11, 16, 224, 251, 252, 254,
257, 272, 275, 279, 280, 285, 288, 815,
358.
Antons-Spital S. Spitaler.
Anwalt. Anwaltſchaft S. Wirthfdafe.
Anwalt (Staate-) 578 S. Raifervichter.
Wpothefer 4, 380 ff.
Appellation 122, 124, 359, 378, 498, 500,
545, 547, 548, 576.
Appellationsgeridt 381, 452, 461, 537,
543 ff.
Arbeitebaufer 115, 116, 129, 135, 202,
346, 439.
Arm und Reid 360, 372.
Arme 11, 65, 432.
Armenanftalten 4, 17, 22, 29, 45, 49, 60,
65, 118, 432.
Artillerie 295, 311, 313, 314, 345, 451.
Aſyl 624.
Aufgebot 295, 299, 308, 309.
Aufnabme 316, 435.
Wugarten 17, 572.
Auguftiner 17, 21, 26, 87, 95, 101, 126,
129, 149, 203, 209, 217, 224, 228—280,
233, 234, 323, 325, 553.
Augufliner>+ Grund 25, 26, 27, 28, 29, 229.
Yt} Wir nedmen von briinner Pligen und Gaffen hier nur jene anf, welche nicht mehr befte-
hem eter unter ibrem friiberen Namen nidt mehr vorlommen ober aber eine befonbere Ve-
yadang Wien.
Auslagen (Gemeinde) 44 — 58, 58, 59,
64 -— 78, 387, 421, 450, 467, 480, 553,
557, 595.
Ausſchuß GS. Gemeinde» und Landes.
Ausſchuß.
Autonomie 358, 484, 486, 492, 575.
Babenberg'ſches Recht 257, 268.
Babhaufer, Bader 228 — 230, 232.
Baidengaffe 16, 20, 22, 24,25, 27 — 29,
231, 233, 237, 239, 240.
Balle 119, 124.
Bänke (Geridts-) S. Schranne.
Bäuerliche Rechte 486.
Bahrrecht 524.
Bankalhaus 330, 348.
Bantet S. Ehrungen.
Barbara-RKirde 17.
Barmberzige 149.
Bafteien 24, 32, 93, 97, 225 ff., 242, 245,
296.
Bauamt 35,
452 ff., 472.
Bauer S. Unterthan.
Vauerfpraden S. Bürgerſprachen.
Beamte 18, 19, 25, 29, 64, 317, 820, 328,
404, 442, 457, 466, 474, 512, 520, 540,
544.
Bedelli S. Frobnbote.
Befeftigung 221 ff., 271, 261, 2864, 288,
290 ff.
Belagerungen 11, 13.
Belehrung S. Rehtebelehrung.
Beleudtung 33, 46, 65, 67, 69, 77, 78.
Beliebungen 277. |
Beneficial-, Beneficianten>Amt 378,
891, 398, 398, 402.
Bequartirung S. Militär.
VBergmeifter 375 (nidt Bilrgermeifter, mie
dort).
Bergredt 499, 517, 577.
VBernarbiner SG. Frangisfaner.
Berufung S. Appellation.
Befagung S. Militar.
Befdau 390, 397,
Befiebnen 527, 583.
Befigfdbigteit 316, 821, 822, 835, 560.
870, 390 ff., 400, 434, 448,
Befolbungen 388, 389, 396 ff., 400, 410 ff.,
424, 451 — 457, 467, 553, 575 ff., 596
Beſtätigung (ber Rathswahlen) 390, 405,
420, 421, 447, 455.
Beſthaupt, Budtheil S. Mortuar.
Bettelei 118, 120, 595.
Bevölkerung 10, 14 — 29, 34, 65, 79,
324,
Bewaffnung 220, 267, 271, 273, 276,
291 ff., 371, 576.
Bewidmung S. Rechtsbew..
Bezirke (Gemeinde-) 29, 33—36, 46, 52 ff.,
277, 292.
VBibliotheten 4.
Bier (Brauerei- und Schank) 63 -- 65, 69,
78, 78, 90, 325, 330 — 332, 365, 384,
386, 893, 397, 406, 427, 432, 449, 471,
553 ff., 657, 558, 562, 568, 566, 567.
Biereimerzoll 66, 558.
Bier⸗Taz S. Taj.
Bifdofhof 326, 331, 343,
Blajowi 21, 22, 24, 27.
Bleichwieſe 22.
Blidenber Sdhein 527.
Blutrade 523.
Bocel 212,
BIhbmergaffe 11.
Böhmiſche⸗Sprache 375, 876, 382, 491,
506, 537, 545, 548.
Bohmiſche Stadtredte 261, 289, 536.
Bohnengaſſe 231.
Boten 801, 401, 442.
Brande 11, 13, 224, 231, 242, 247, 256.
Branntwein (Brennen⸗ und Schank⸗) 64—
66, 69, 73, 78, 330 ff., 406, 471, 553,
557, 558.
Breitengaffe 231.
Breslau 254, 255, 271, 272, 490, 494, 603,
505, 549, 576.
Brobeffer 373.
Brodmarlt 377.
Brodverpackungs⸗Schuld (Starel'[he)
68, 559.
VBriiden 17, 50, 64, 75, 224, 246, 260, 334,
365, 557,
Vriinn (Alt-) 7, 9, 13, 16, 19 — 22, 24—
80, 36—41, 64, 228, 228, 229, 257, 333,
458.
Bruner Oberbhof 497, 645.
Vriiner Redht 8, 209, 212, 255, 257, 261,
- 494 ff. 536, 539.
Vriinner Thor S. Thore.
Brünner Viertel S. Vierteln.
Brunnen 217 — 219, 314.
Buddrudereien 4, 331.
Budhalter, Budhaltung 377, 390 ff.,
897, 401, 409, 435, 437, 440;.448, 446,
447, 466, 468, 476, 554, 556.
Buchhandlungen 4.
Büucher (S. Geridts-, StadthAder) 426, 464,
487, 493, 502.
Buchhaus 311, 332. .
Büchſen S. Waffen, Gefdhits.
Bündniſſe 268 — 265, 287.
Biirger 16, 18, 19, 21, 30, 81, 87,55, 64,
76, 93, 98, 112, 222, 263 ff., 293, 294,
298, 340, 852, 360, 879, 386, 406.
Bürgerl. Ausſchuß S. Gemeindeausſchuß.
Bürgermeiſter 34, 38, 40, 43, 44, 284,
285, 300, 361, 364, 369, 371, 372, 3877,
879, 387, 391 ff., 396, 404, 408, 418,
425, 452 ff., 465, 457, 460, 461, 573 f7.,
595, 596.
Biirgerfpraden. Banerfp. Burfp.277, 494.
Bürger-Recht, Bitrger- Eid, Bürger—⸗
bud, Biirgerpflidt, 32, 76, 282, 284,
290, 315 ff., 322 ff., 337, 887, 889, 400,
420, 485, 480, 529, 537, 574 ff.
Bürgerſtand 222, 260, 269, 277, 279, 282,
‘287 — 290, 298, 322, 858, 536, 560 ff.
Biirger-Verforgungs-Anftalt 4, 47.
Biirgerwade, Bilrgerforps 93, 94, 99,
101, 220, 271, 296, 298, 307 ff., 324,
844, 348 ff., 400, 404, 577.
Bürgerl. Beſitzfähigkeit S. Beſitzf.
Büttel S. Frohnbote.
Burg, Burgus, Burgum, Burgbann
SBSl, 88, 221, 228, 251, 255, 257, 263, 271,
282, 288, 492.
Burgenses 294.
Burggrafen 83, 269, 278.
VBurgrecht 251, 254.
Burgweggaffe 11.
Buſſe (Wanda, emende) 361, 871, 523,
624, 529, 5338.
E.
Cabucitéten S. Anfälle.
Camine S. Kamine.
Cankle 218.
Canoniſches Recht 262, 484, 487, 489,
497, 511 ff., 527 ff.
Canzlei GS. Kanzlei.
Capitularien 43.
Carlsbof 17.
Carolina S. Strafredt.
Caftellan S. Burggrafen.
Castellum, Castrum, Castellani, Castrenses
221, 251.
Catafter S. Ratafter.
Cause majores, minores 681.
Cenfur 4.
Gerront 210.
Chlumedy 212, 214.
Chronifen 4, 5, 203 ff.
Cimentirung 4, 48, 59, 60, 432.
Cippus ©. Stod.
Cifterzgienfer-Nonnen 9, 17, 36 — 40,
83, 85, 86, 95, 128, 204, 209, 228, 229,
328, 325, 329.
Cives, Civitas 221, 251, 263, 263, 268,
293, 294, 360, 363, 573.
Cobififation 493, 511, 520, 531, 586.
Colonifation 252, 254, 257, 272, 275,
279, 280, 285, 288, 494, 578.
Commun-Ausfhug S. Gem. Ausſchuß.
Commune, Communit 270, 376, 278,
363, 368, 376, 578.
Commensurales 373.
Compofition S. Buffe.
Conjuratio 278, 284, 492.
Conjuratores ©. Gidbelfer.
Conffription 345.
Consilium 363, 369, 372, 573.
Conftabler 291, 304, 312.
Consules 270, 274, 276, 277, 862, 363
369, 872, 391, 573 ff.
Consnmo-Anffdlige 240, 330, 332, 450.
Contribution 63, 381, 391, 438, 561 ff.
Cyrilli-RKirde 17.
Giifann 145, 168, 457, 462.
®.
Deblin 459.
Defret 403.
Deputirte 403, 425, 561, 568 ff.
Deputate 396 ff., 410 ff., 424, 451— 457,
477, 478, 575 ff., 596.
Deutſche 2, 7, 224, 261, 254, 256, 279 ff,
288, 363, 494 ff:, 578.
Deutſche Sprade 294, 375, 382, 485,
488 ff., 506, 537, 545. 548, 579.
Deut{hen» Spiegel 488, 489.
Deutſcher Orden 254, 282.
Deutſches Ret 254, 258, 286, 289, 482 ff.,
520 ff., 537, 549.
Dictamen S. Formelbücher.
Dienſtbeſetzungen S. Gemeinderath, Ma⸗
giſtrat, Wirkungskreis.
Dienſtrechte 486.
Dikaſterialhaus S. Landhane.
Ding 357, 373.
Direltorium S. Wirthſchaft.
Distretionen 383, 411, 418, 428, 436.
Divisiones (der Rathmanner) 389, 409 ff.,
428, 433.
Dörnrößl 10, 13, 16,19 — 22, 24 — 29,
228, 229, 232.
Doftoren 369, 401, 462, 511, 512, 540,
547, 554, 556.
Dominifaner 17, 203, 204, 217, 228, 256,
283, 223, 325.
Dominifanerinnen GS. MAnnalfofter and
Mariae Rell.
Dornidh 10, 13, 22, 25, 27, 28, 29, 228,
229, 282, 370.
Effekten S. Feilfdaften.
Ehe 318, 336, 676.
Ehrenbezeugungen, Ehrungen, Er—⸗
götzlichkeiten, Banket, Traftament, 383,
389, 395 — 397, 419, 424, 425, 428, 431,
435, 596.
Ehrlich, Ehrlofigtett 318,
Eidhelfer 525 ff.
Cinheit bes Rechts S. gemeines Recht.
Ginfommen (Gemeinde⸗) 44— 53, 58, 59,
62 — 78, 428 ff., 442 ff., 448 ff., 467,
480, 567, 595.
Cine und AuslaRgelber 411, 424, 430,
556,
Eintheilung 10.
Eiſenbahnen 4, 7, 242, 248,
Cinungen ©. Statuten.
Ellends-Anfieblung 11.
Eli fabethinerinnen 169, .
Eltefter S. Aeltefter.
ad’Elvert 4, 24.
Emende® 6. Saffe.
Entlaffurg 316,
Spocillationsgebihr 46,
Ergsglidteiten S. Ehrungen.
Ernenerung (bes Stabtrathes) 363, 366,
377, 383, 384, 398, 417, 440, 447, 574 ff.
Erziehbungsanftalten 4.
Evangel. BSethans 17, 330.
bto. Confe(fions-BVerwandte 17,
26, 29, 79, 113, 114, 244, 378, 379.
Exactiones, Extorsiones, Emolumenta,
Portiones, Sporteln 400, 411, 425, 428
(SG. divisiones). _
F.
Fabritken 15, 17, 29, 121, 125, 130, 334,
335.
Familia 371.
Familien 10, 15, 16, 18, 22.
Familien- Namen 369.
Fehde 623, 524.
Feilſchaften (obrigl.) 544, 562.
Feldgaſſe 20, 37, 229.
GFerdinanbé-Vhor S. Chore.
Feflungen 102, 103, 127, 175, 221 ffi,
233, 235, 238.
Feftungs-Nommandanten (Spielberg)
99, 577.
Feuer S. Brande.
bto. ⸗Aufſicht 370, 991 ff., 575.
bto. -Rommiffare GS. Viertelmeifter.
Feuerprobe S. Gottesurtheil.
Fiaker 4.
Finbelhaus 4, 17, 128.
Fiftal 528, 691, 592.
Fifdamt 390, 393.
Rif derfelb 229, 308.
Fifdergaffe 14, 22, 126, 308.
Fiſchmarkt 329, 332.
Flanbderu 8, 225, 252, 256 — 258, 264,
274, 279, 288.
Flanbrifdhes Ret 257, 494, 507.
Flei{hmarlt 377, 430.
Fleiſchregie (magifir.) 658.
Folter 364, 871, 527, 584.
Formelbücher 491.
Fortififation 98 ff, 125, 126, 221 ff.
Fortifilations-Direlgion 235 ff., 880,
832, 333.
Fortififationsgritnbde 101, 171 ff., 221 ff.
Fourier-Amt S. Quartiermeifter.
Fränkiſches Nest 507.
Frantreidh 276, 278.
Franz Jofefs-Straffe S. Teichdamm.
Frangensberg 242, 247, 249, 572.
Frangisci-RKapelle 17, 110.
Franzgisfaner 13, 17, 173, 204, 323, 825,
846, 459.
Frangislanerinnen 13, 323, 3265.
Frangofen 104, 136 ff., 348, 352.
Fredum &, Gewedde.
Freiberg 272, 280.
Freiburg 274. ,
Frethdufer 322, 328.
Freiheit 270 ff., 359, 482.
fFrembe 20 — 22, 25 — 29, 224 252,
861, 529.
Frembe Redte S. Reddte.
Freubdenthal 253, 254, 502, 505.
revel 530.
Friebe S. Stabtfriede.
Friedhsfe 17, 82, 47, 48, 50, 395.
Fröhlicher Gaffe 224.
bto. hor S. Thore.
bto. Viertel S. Vierteln.
Frohnbote 364, 368, 525, 526.
Funbationen 595.
G.
@irten 9, 11, 13, 14, 16, 91, 92, 126,
177, 224, 228 — 232, 235, 237, 240, 242,
323, 326, 332 ff.
Gaſſen 218, 330 ff.
Gallici 256.
Garde S. Warde.
Gaſterei S. Ehrenbeuzegung.
Gaſthäuſer S. Wirthshäuſer.
@au 221,
Gaya 12, 14, 15, 66, 70, 388, 394, 395,
456, 458, 468, 568. .
Gebdr-Anftalt 4, 128.
Geburten 23,
Gefälle 442, 448 ff. 468, 553, 557.
Gefangniffe (S. Stod) 393, 394.
Geiſtlichkeit 15, 16, 18, 19, 25, 29, 75,
19, 266, 278, 320, 321, 324, 375, 511, 595.
Geiſtſpital S. Spitäler.
Geldhülfen 295, 308.
Gelehrte S. Recdtsgelehrte, literati.
Gemein. Gemeinde S. Communitit.
Gemeinde-Ausſchuß 30, 34, 35, 37, 41,
405, 406, 413, 420, 454, 457, 466, 475 ff.
Gemeinde-Anftalten 439.
@emeinde-Ordnung 83.
Gemeinbe- Rath 34, 260, 261, 270, 274
— 276, 278, 282, 284 — 286, 288, 293,
328, $44, 361 ff., 377 ff., 387 ff., 396 ff., 404,
408 ff., 440 ff., 452 ff., 545, 574 ff.
Gemeinde-Vermigen 6. Vermigen.
Gemeinde -Vorfteher S. Richter.
Gemeinbdewefen 220, 251, 256, 858, 402 ff.,
419 ff., 440 ff., 553° ff, 571, 578.
GemeinbesZBufdlag 33, 44, 46, 51, 59,
61, 68, 69, 75, 559, 560.
®emeine (viri communes) Gemeinredner,
Gemeinbevertreter 368, 403, 413, 414.
Gemeines Redt 513 ff., 532 ff., 537 ff.,
543.
Genannte 366.
@eneral-Commando 99, 346, 557.
GeniesDirelgion GS. Fortififagions » Di-
tefgion. -
Genoffenf{daften 279, 293.
®erberei 265.
Gerechtſame 482.
Gerichtsbänke 367.
Geridtsbarleit. Geridtsverwmaltung
9, 20, 22, 26, 27, 32, 62, 65, 69, 70, 115,
118, 257, 261, 273, 281, 287, 289, 330,
358 ff., 373, 381, 414, 440, 458 ff., 482,
511 ff., 530 ff., 574.
Gerichts Gebühren 44, 46, 51, 59, 411.
Gerichtshäuſel 17.
Gerichtsordnung S. Procef.
Geridtsfdretber 364, 369, 399, 424.
Geridtstafelnu. Geridtsbiid er 361, 364,
367, 369, 372, 374.
Gerüfte 526.
Geſchenke S. Difcretionen.
Gefdledhter 269, 294, 320, 361, 370.
Gefdriebenes Redht 493, 515, 330 ff.,
543.
Geſchütz 89, 93, 225, 295 ff., 304, 307, 345.
Geſchworne S. Schöffen, Gemeinderath.
Geſellſchaften 4.
Gefeggebung 358, 359, 482 ff., 517, 520 ff.
Getränkaufſchlag 568.
Getreide-Einſchreibgebühr 49, 52, 59-
Getreidefaften 305, 393.
®etreibemarft 243.
Gewedde, Wette 361, 871, 523, 525.
Gewerbsleute S. Handwerker.
Gewerbsverleihbung 32.
Gewidt 4, 38, 370, 398, 595.
Gewohnheitsredht 277, 284, 318, 336,
364, 482, 484, 485, 489, 493, 516, 530,
540, 541.
Gilden ©. Rlinfte.
@iltpferd 561, 562, 576.
@lacié 32, 239 — 242, 246.
@leven — Glevener 291.
@ottesurtheile 525, 626.
Grabengaffe 16, 18, 21, 22, 24 — 29, 238.
Griben ©. Fortififation.
@rillomig 11, 22, 27, 229, 231.
Größe 218.
Griines Thor 226.
Grunbbiiher S. Stabthiider.
Gubernium 442 ff., 452, 461, 466, 468,
_ 414, 476, 478, 481.
@iiter 57, 62 — 65, 69 — 71, 75, 90, 92,
261, 289, 321, 385, 391 ff., 400, 406, 421,
425, 435, 488, 442, 466 ff., 557, 574, 595,
596.
§.
Gaberler (Vitrgermeifter) 40 (6. über ihn
Nenigt. 185—).
Gabilitirung 317, 387, 417, 418.
Gadelgaffe 14, 126, 2387.
Hackel⸗Thor S. Thore.
Häuſer 14 — 29, 65, 76, 214, 217, 218,
324, 325, 330 ff., 339.
Hiufer-Numerirung 15, 24.
Halsgeridte 414, 440, 458, 535 ff., 550 ff.
(SG. Geridhtsbarfeit).
Halegeridtsordbnung S. Strafredt.
Gandel 8, 11, 29, 62, 64, 224, 252, 258,
261, 264 — 266, 272, 274, 275, 278 —
281, 324, 370, 373, 384, 429, 440, 441,
°613, 553, 564 ff., 575, 580 ff.
Handelskammer 47, 49, 52, 60.
Handfeften 492.
Handhafte That 525.
Handwerker 10, 11, 25, 29, 31, 38, 84,
228, 230, 261, 268, 269, 274, 277, 278 —
280, 287, 291, 294, 300, 316 — 318, 820,
324, 329, 861 — 363, 366, 370, 876, 877,
386, 402, 406, 413, 420, 457, 498, 562,
564 ff., 589.
Handwerkergaſſe 11.
Hanſa 275, 200.
Hanzely 207.
Hartlgaſſe 11, 13, 229.
Hartluwka 18, 229.
Hauptſtadt 12, 13.
Haura 209.
Hausbeſitz 316, 321.
Hans-Binsertrag 24, 46.
Hause Zinsfteuer 24, 46.
Heilanftalten 4, 46.
Geinridsgaffe 11.
Heirathsgwang 859.
Henker 529. .
Herburger Nonnen S. Maria-Rell.
Herlth 40, 355, .
Herrenhänſer S. Sdhophdufer.
Herreuſtand 320.
Herrſchaften 30 S. Feilſchaften.
Hertina 11.
Hererei 530, 534.
OGinterfaffen 366, 373.
Hibere Stanbe S. Standesperfonen.
Hofgericht 374.
Holz⸗Aufſchlag 67, 558.
Holz⸗Thor S. Chore.
Honoratioren 25, 29, 314, 320, 575.
Hradiſch (Stadt) 14, 15, 66, 70, 103, 104,
112, 126, 127, 227, 235, 388, 392, 394,
456, 458, 468, 498, 568, 573.
Hradiſcher Rest Hr. Oberhof 498, 545.
Huldigung 319.
Humanitats-Anftalten 4.
Humaniftifde Nigtung 617,
Huſſiten 11, 88, 232.
Huttergaffe 11, 138, 232,
Hutterteich S. Teiche.
J.
Jägerudorf 505, 541, 578.
Jagd 436.
SJabrmarfte 38, 40, 62, 64, 65, 69, 73,
74, 78, 224, 260, 411, 430, 558, 555, 557,
564, 567.
Yatobstirde 87, 98, 203, 209, 213, 218,
224, 226, 256, 323, 826, 326, 379.
SYefuiten 4, 17, 86, 95, 204, 231, 323, 325,
332, 345.
Iglau 12, 14, 15, 66, 70, 100, 217, 255,
957, 262, 268, 301, 302, 305, 366, 388,
392, 394, 413, 415, 454, 458, 468, 487,
494, 499 ff., 545, 550, 561, 563 ff., 578,
574, 577.
Iglauer Rest, Igl. Oberhof 213, 255,
962, 487, 494, 499 ff, 544, 677.
Immunität 269, 275.
Innerer Rath 366 und Gemeinberath.
Innungen S. Ziinfte.
Inquiſition 528, 552.
Snfpettion S. Wirthſchaft.
Inſtruktionen 380, 386, 419, 467 ff., 591.
Invaliden 117, 118, 172.
Johann von Geylnhauſen Motar) 461,
492, 577.
Johannes Motar) 461, 496,
Johannskirche S. Minoriten.
Johanni⸗Kapelle 239.
Johanni⸗Spital S. Spitiler. |
Yobanniter 10, 83, 228.
Joſephskirche S. Frangisfanerinnen.
Joſephſtadt 16, 18, 21, 29, 24 — 29,
Joſephſtädter Graben S. Graben.
Journaliftif 4,
S$rrenanftalt 4, 128.
S$talien 274, 276, 370, 510, 524.
Subden 16 — 19, 26, 28, 29, 43, 64, 65,
79, 119, 124, 209, 224, 266, 288, 334,
373, 375, 403, 406, 412, 553, 575, 588.
Juden⸗-Thor S. Thore.
Jadex. Jurati S. Ridter, Schöffen.
Jadicium 361, 367, 373, 374, 375.
Jura 257, 359, 368, 482, 495, 539.
Snriften S. Redhtsgelebrte.
Jus superius, majus 6. Oberbof.
Justitia 482.
Juftigwefen (Verwaltung) 384, 537 ff.
R.
Kammerer (Landes-lnter-) 66, 83, 84, 289,
359, 363, 365, 373, 377, 383, 384 385,
388, 389, 393, 402, 409, 419, 431, 443,
447, 466, 539, 592 ff.
Kaifer-, nigh Richter S. Richter.
Raiferredt 491, 506, 510, 537, 538, 543,
549.
Rammeramt, Rammermeifter 391 —
394, 400, 402, 434.
Rammer lf. f, Rammergins 83, 87, 90,
91, 288, 363, 373, 377.
Kammeralbaus 6. Renthaus.
Raminen-Beftenerung 14, 339, 402, 408,
427, 438, 563 ff. :
Ranglei 452 ff., 513.
Kanzlei Ordnung 463.
angler S. Prokirator.
(len ©. Kirchen.
Rapitalien 428, 478.
Kapuziner 13, 108, ' 110, 204, 282, 323,
3285.
Karpzow 533.
Karten S. Plane.
Karthauſe 87, 95, 203, 204, 228, 229, 393.
Kafernen 17, 76, 77, 199, 173, 332, 388,’
342 ff., 557.
RKafernfond 342, 347.
Kaſſe, Raffirer 35, 391 ff., 399, 401, 426,
452 ff., 468, 474, 595, 596.
Katafter (Landes⸗) 561 ff.
Ratholiten 29, 79, 316, 378, 379.
Kaufhaus 224, 253.
Kaufleute S. Handel.
Kefermühle GS. Mithlen.
Keuren S. Willkühren.
Kindl 208.
Kirchen 9, 10, 13, 17, 76, 79, 85, 95, 99,
103, 108, 110, 173, 191, 220, 228 ff.,
. 939, 256, 259, 264, 283, 284, 288, 322 ff.
Rirhenamt, Kirdenvdter 391 ff., 398,
438.
Kläger 525.
Klagſpiegel 519, 5@4, 531.
KiBfler 10, 11, 13, 17, 76, 90, 103, 128,
139, 228 ff., 258, 256, 259, 261, 264, 283,
288, 320 ff, 330, 343, 554.
Kloſterhäuſer 321 ff,, 330 Ff.
Konigin-Riofter S. Ciftergienfertnnen.
Kinigsfelb 21, 22, 24, 26, 27, 228.
Königsgarten 10, 27.
Königshaus 329.
Ki nigslente 268, 270.
Königliche Städte (RKaifer-Staibte) 288,
359, 362, 548, 551, 560.
Kören, Riren S. Willküren.
Koldin 536.
Koller 214.
Kontrolle S. Buchhaltung, Gemeindeaus
ſchuß, Kämmerer, Kreisamt, Gubernium.
Kopfhäuſel 17.
Koſchinsky 207, 462.
Kothgafſe 11.
Krakau 271.
Krankenanſtalten (S. auch Spitäler, La:
zareth) 4, 33, 67, 68, 77, 128, 131, 68,
559.
Rreisimter 381, 466, 467, 474, 477. 481,
567, 577. |
Kreuggaffe 16,
29, 229.
18, 20 — 22, 24, 26 —
Krenzhof 10, 16, 21, 22, 24, 26, 27, 229.
Kriegs- (Waffen-) Dienft, Pflicht S. Ve-
waffnung.
Kriminal-Gerichtébarkeit 414, S. Ges
richtöbarleit.
Kriſch 462.
Kritſchen 21, 22, 24, 26, 27.
Kröna 10, 11, 13, 16 — 18, 20, 22, 24—
29, 225, 228, 229, 231, 236, 237, 239,
Sumrowik 16 — 17, 19, 27, 34, 228, 229.
Kunigunde⸗Kirche 17.
Runft 4, 11, 210, 213, 295, 262.
&.
Laderwiefe 9, 18, 20, 22,
Larm- Baftet 235.
Lage 7, 81, 218.
Labnen-Befteunerung 561 ff.
Laienfptegel 519, 531.
Lampel-Muhle S. Mühlen.
Landesausſchuß 572.
Landesbuchhalter S. Buchhalter.
Landeshauptmannſchaft S. Tribunal.
Landfrieden 285.
Landhaus 17, 128, 242, 243, 309, 326,
329, 338, 347.
Landkutſcher 4.
Lanbredt, Lanbfrieden, Laudegsordnung 12,
14, 85, 100, 254, 257, 269, 262, 328, 373,
374, 486, 488 ff., 490, 506, 518, 521, 522,
530, 532, 536 ff., 649, 550.
Lanbtafel 12, 322, 325, 374, 602.
Lanbdtage 12, 14, 85, 100, 289, 290, 321,
328, 453, 561 ff.
Lateinifde Sprache 376, 377, 483, 485,
491, 519.
Lazareth 17, 334, 436.
Lets 11, 229, 230, 232.
Lebergaffe 11, 22, 25 — 29, 231 — 233.
Leges barbarorum 482.
bto. communes S. Gemeines Redt.
Lehen, Lehenmannen, Lehenredt 262,
267, 270, 284, 374, 448, 486, 488 ff., 517.
Lehmſtätte 22, 37, 229, 232.
Leibmaut (Inden⸗) 430. .
Leidhenfond 47. ~
Lethamt 439, -
Leobſchützer Rest,
267, 504 — 506, §48,
24 — 29, 281.
Leos. Oberhof 1b,
,
- 4
Libri 372.
Liefergelber 424.
Literati 369, 404, 410, 414, 415.
Litvratur 4, 203 ff.
Lodenberg 10, 18, 230.
Lokal⸗Zuſchläge S. Zuſchläge.
Loſung 63, 64, 206, 363, 366, 376, 387,
399, 553, ‘
Losungarium 372, 496.
Lofungen 365, 378, 391, 393, 399, 406.
Lotterie 118, 123.
Ludwig (Chronift) 206. .
Luh (Klofter) 228, 229.
Luftfende 4, 12, 206.
Luze S. Althriian.
Malzger 666.
Märkte 38, 222, 224, 252, 256, 257, 266,
282, 284, 365. 870, 376, 411, 425, 499,
430, 567.
Magbalena-RKirde S. Franzidkaner.
Magdeburg, magdeburger Recht 254, 271,
279, 280, 286, 288, 381, 487, 489, 494,
502 ff., 537, 540. 548, 549, 551, 579.
Magiftrat 32, 166, 288, 289, 386, 387,
401, 404, 406, 409, 420, 422, 423, 439 ff.,
452 ff., 466 ff., 481, 591 ff.
MagiſtratsTeich 17.
Maierhsfe 39, 40, 63, 65, 74, 78, 91, 228
— 232, 325, 333 ff.; 386, 398, 434, 450,
451, 553, 557.
Makel 318.
Malzdorre, Malzhaus 57, 249, 326, 330,
332, 4384, 449, 557.
Malzmühle S. Mühleun.
Maniloquium S. Morgexiprade.
Marias ober keuſche Zelle (Kloſter) 203, 204,
228, 280.
Maria-Saal S. CSifterctenfer. .
Mariagell 15 — 17, 19, 22, 27, 34.
Marienfultus 206, 216, 217..
Marientirde 9, 83, 239, 256.
Marigenoffenfdaften 267,
Markt⸗Aufſicht, Marktleute 365, 370,
429.
Marktbolleten⸗ Gebuͤhren 44, 45, 51, 89,
Markiredt 509.
.Maxkt- Badge 69,
=
Martinslirde S. Kirchen.
Maß 4, 38, 370, 398, 595:
Mauer (Stabt-) 24, 77, 78, 101, 220 ff.,
281, 284, 289, 291, 296, 386.
Maut 17, 62 — 65, 69, 83, 87, 228,
240, 257, 260, 261, 330, 365, 386,
428, 449, 450, 482, 553, 554, 557,
575, 580 ff.
Mediocres 293.
Meilredt 62, 66, 257, 261, 284, 289,
453, 482, 553, 557, 558.
Merfantilgeridt 441, 458.
Menzl 461.
Michaelskirche S. Dominifaner.
Militär Bequartirung 64, 75, 100, 337 ff.
Militar -Garnifon 25, 29, 64, 95, 97,
99 ff., 127, 310, 823, 337 ff, 341 ff.
Militär Gebäude 250, 330 ff.. 341 ff.
Militdr-Oelonomie S. Oekonomie.
Milites 294,
Miliz 308, 311, 337, 342.
Miniflerialen 268, 287.
Minoriten 139, 203, 256, 283, 323, 325.
Mittlerer, Minberer Stand S. Bilrger-
ſtand.
Möonizg 226.
Möonitzer (Menger-) Gaffe 224.
bto. “Shor S. Thore.
bto. Viertel ©. Vierteln.
Mongolen S. Tataren.
Morgenfpradme 367, 374, 494.
Morig-Rapelle 17.
Mortuar 273.
Miiblen 62, 63, 65, 66, 89, 91, 225—232,
325, 334, 365, 398, 428, 435, 437, 451,
557.
Mühlenamt 393, 397.
Mihi graben 20, 22, 24 — 29, 66, 233,
239.
Mäündliches BVerfabren 372, 382, 481,
619, 528.
Miinge, Mangredt 257, 266, 269, 282,
312, 331, 360, 453, 575.
Munbdbmannen 285.
Municipalredte, Municipal. BVerfaf-
ſung 257, 288, 377, 482, 540, 544, 578.
Muncipalfadte 443 ff.
235,
421,
560,
321,
. Munla 461.
Mufleramt 394.
Mutterſtadt 254, 286, 370, 497 ff., 509, 543.
Re.
Nadetle, Neftoite 371, 525.
Nadridter 364, 868, 371, 528.
Narrenhäuſel (Narvenfotter) 308.
Nationalgarbe 356.
Neiſſe 507, 541.
Neuer Rath S. Gemeinberath.
Neue Welt 230, 406, 451, 553.
Neugaſſe 10, 11, 16 — 18, 30 — 22, 2%
— 29, 91, 227, 230, 231, 233, 237.
Meuftadt 12, 14, 15, 66, 70, 217, 253, 254,
376, 388, 392, 394, 407, 413, 455, 458,
468, 502, 503, 568.
Neuftift 13, 16, 17, 19 — 22, 24 — 29,
229.
Nenthor S. Thore.
Neutitſchein 506, 548.
Miederlage 429, 430, 557.
Mifolai-Rirdhe 17, 256, 323, 325.
Notar 361, 363, 364, 370, 372, 378, 379,
452 ff., 458 — 462, 491, 514, 515.
Novitii 377, 391.
Nürnberg 272, 280.
®.
Oberhof (Geridts-), Oberrecht 8, 254, 286,
370, 487 ff., 497 ff., 543 ff., 577 ff.
Obrigteiten S. Herrſchaften, Standesper-
fonen, Unterthan.
Obrowig 15 — 17, 19, 21, 22, 24 — 29,
95, 128, 208, 204, 228, 232, 3238, 333, 347.
Oeffentlide Verbrechen 535.
Oeffentlidlett (dcr Verhandlungen) 372,
382, 476, 480, 481, 528.
OefonomiesCommiffion (milit) 17, 129,
329, 564 ff.
Oekonomie (ftddt.) 409, 419, 420, 442, 447.
Officia 370,
Ogilvy 97, 99.
Olmilg 7, 8, 12 — 15, 66, 70, 100, 104,
112, 116, 125 — 127, 129, 217, 235, 239,
241, 254, 301, 302, 317, 321, 322, 363 ff,
376, 384 ff., 391, 392, 405, 415, 451, 458,
459, 468, 502 ff., 548 ff., 563, 668, 573 ff.
OlmützerGaſſe 24, 25, 27 — 29,
Olmützer Rest. Olm. Oberhof 254,
502 ff., 548 ff., 551.
Oppidum, Oppidani 221, 251.
Orbel. Orbelbud 373, 486, 493.
Oflawan 230.
Ott (VBiirgermeifter) 42.
9S.
Pantetbing 367, 373, 374.
Bapiermihlen 230, 334.
Paradeiswald 228.
Barnaff 217.
Parzenhübel 82, 89.
Patrizier 269, 320, 370, 376.
Pax ©. Stabtfriede.
Perfonalftand S. Befolbungen.
Peſt 4, 12.
Petersberg 15, 325, 330, 343.
Petersburggaſſe 15, 16, 19, 21, 22, 25
— 27, 34.
Petersgaffe 16, 19, 20 — 22, 24 — 29.
PBetersfirde 9, 11, 27, 81, 95, 203, 204,
209, 210, 218, 224, 228, 229, 256, 323.
Pfahlbürger 284, 298.
Pfarren 17, 32, 79, 220, 229.
Pflafterung 64, 65, 67, 69, 77, 78, 557.
Pilgram 226.
Plane, Anfidten und Karten 215 ff.
Plätze 218, 330 ff.
Platz Commando 100, 110, 347.
Plebiscita 492,
Plebs, Populus 293.
Poligei-Anftalten 33, 35, 47, 53, 58, 77,
598.
Poliget-Auslagen 44, 45, 49, 52, 71.
Polizeidirektion 31.
Polizgetfond 33, 46, 49, 51, 67 — 70, 658,
560.
Poligetordnungen 532.
Polizeiverwaltung 31, 35, 45, 75, 273,
277, 345, 358, 368, 380, 381, 384 — 387,
390, 411, 595.
Poligeitwade 32, 48, 49, 51, 64, 69, 248,
249, 344, 557.
Ponawta 11, 228, 229.
Ponagaſſe 11, 233.
BPopularitdt 457, 475.
Portiones ©. Exactiones.
Pofotits 21, 22, 24, 26, 27.
Poftanftalten 4, 330, 332.
Praeco ©. Frohnbote.
Präliminar 467.
Prdmonftratenfer S. Obrowig.
Prag 252, 271, 272, 381, 495, 512, 514,
536, 540, 543, 573.
Preis⸗Satzungen ©. Laren.
Preuffen 14, 126, 127, 217, 236.
Primator 380, 391 ff., 895, 401, 404, 408,
410, 424, 442, 448, 451 ff., 595.
Privat-Stabte 446, 447, 448, 540.
dto. Berbreden 535.
Privilegienredt 359, 492.
Proceß 518, 521, 525 ff., 548.
Proceffionen 98, 100, 101.
Prokop 87. | |
Prolopstirde 9, 17, 86, 229, 453.
Proscriptio 372, 526.
PBroteltion 399, 404,
Proteftanten 6. Evang.
Protonotar 366, 373.
Prodentes 363.
Pulver 225, 227, 295, 296, 305, 307, 333,
346.
Pupillen S. Waifenamt.
Q.
Quartiere 29.
Quartierfond, Quartiergelbder 339, 427.
Quartierhaus 338, 347, 427, 433.
Ouartiermeifter 340, 391, 393, 398, 401.
Mi.
Raab {hes Syftem 450, 469.
Rade 523.
Radlaß 10, 16, 19 — 22, 25 — 29, 228,
299, 451.
Rambof 11.
Rang 404, 407.
Rathhaus 40, 63, 65, 78, 108, 213, 219,
224, 226, 331, 557, 591.
Rath (Stadt-) Rathminner S. Gemeinde-
rath.
Rathswahl 282, 283, 363, 376, 377, 388,
389, 393, 441, 447, 452 ff., 574.
Raudfanglebrer 562.
Realſchule S. Sculen.
Reception S. Aufnahme.
Rechnungs⸗Legung 35, 401, 402, 408, 409,
424, 437, 489, 476, 477, 595, 596.
Redte S. babenbergifcdhes, bäuerliches, brün⸗
net, böhmiſches Stadt-, deutſches, Diente, flan-
driſches, hradiſcher, tglauer, leobſchützer, mage
deburger, olmutzer, zuaimer, Land⸗, Lehen⸗,
Stabtredt.
Rete, frembe S.
Recht.
Rechtsbelehrnug 8, 261, 286, 381, 485,
492 ff., 537 ff., 543 ff., 577 ff.
Redtsbhewidmung 608.
römiſches, canontides
Nechtebucher 487: ff, 530 ff,
Rechtegelehrte 277, 405, 414, 440, 452 —
462, 511 ff., 530 ff. 578.
Rechtsgeſchichte 209, 212.
Regalien 269, 273, 380, 386, 469, 510, .
591, 597.
Regiftratur 387, 463.
Neinigung 525 Ff.
Reitfdule (flinb.) 17, 330.
Remuneration S. Difcretionen.
Renner-Gaffe 224.
Renner⸗Thor S. Thore.
Nenner-Gierte! S. Biertelu.
Nenovation (bes Stabdtrathes) S. Ernene-
rang (6. Leupold S. 227).
Nenthaus 330, 333, 343.
Reprdfentanten S. Gemeinde⸗Ausſchnuß.
Rheinſtädte. Rhenanses 224, 252, 274,
279, 280.
Richter KKaiſer- ober königl.) 66, 380,
$87, 407, 410, 424, 447, 452 ff., 458, 459,
577, 876, 691.
Ridter (Stadt-) 268, 360 ff., 384, 399, 401,
410, 411, 416, 424, 441, 452 ff., 458, 460,
573.
Ridter (Srund-) 30, 37 — 40, 42, 43, 232.
RNigtReig 490.
Ring 325.
RNingmaner 296, 298.
Nin gslente 46, 320, 406, 414.
Ritſchel 457.
RNitterftand 291, 320.
Nobot-Reluition 450, 469.
Nimifdes Recht 262, 264, 277, 372, 414,
483 — 485, 487 ff., 495 ff., 509 ff., 529,
536, 549, 578.
RsRler 211.
Romani 225, 256, 264.
Roth 126.
Nothes Bud 372.
Rothe Gaffe 22, 24 — 27.
Nother Thurm 225.
RNumormade 299, 344.
Rjecgtowig 21, 24, 26, 27.
Sachſen⸗Spiegel 485, 488 ff., 550.
SEAfli[hes Recht 254, 485, 488, 506, 538,
548, 550, 551.
Giuberung 67, 71, 77, 78, 119.
Salz 62 — G4, 114, 272, 311, 324, 325,
328, 330, 343, 450.
Sammlungen 4.
Sanitits-Anftalten 4, 60, 68, 320, 338,
404.
Ganitdts-Anélagen 45, 49, 52, 60, 71
Sapientes 369.
Sagungen (Preis-) ©. Laren.
Scabini ©. Gdbffen.
Scamna sedilia 6. Gdranune.
Schank, S. Vier-, Branntwein-, Weinidant.
Scharfrichter 529.
Sdherge S. Frohnbote.
Schießſtätte 247, 306, 311, 312, 315, 350.
Schlachtvieh⸗Markt 61.
Schleſien 286 ff. 490, 514, 541.
Schmalzhof 225, 232.
bto. gelb 430.
Schmelzdorf 444 ff.
SWmetterhbans 63, 65, 78, 331-
Schmidt 211.
Smbffen 8, 205, 212, 220, 256, 259, 260,
268, 269, 273, 275, 276, 286, 358 ff, 485 j.
512 ff., 528, 530, 552, 573, 577.
Schöffenbuch 373, 496, 577.
Schöffenſprüche 8, 205, 212, 261, 266,
485 ff.
Schoßhäuſer 75, 103, 259 — 261, 316€,
321, 322, 330 ff., 335 ff, 343, 427, 536,
560, 564.
Schranne 305, 367, 373.
Schriftliches Verfahren 382, 403, a&
528, 537, 590.
Schrottamt, Sdrottgelb 387, 437, 450.
Schütt, Shutta 11, 225, 229, 231, 553.
Schützengeſellſchaften 294, 295. 305, Ill
— 315, 345, 350, 351, 354, 357, 386. Ss.
Sa@ulanftalten 4, 17, 48 — 52, 59. @.
239, 244, 266, 283, 325, 332, 345. 3388,
392, 394, 510, 511, 568, 572, 395.
Schulden 13, 62 — 66, 324, 402, 406, 488.
439, 467, 469, 478, 553, 556, 593.
Schultheiß (scultetns) 269, 273, 275. 35.
Schuſter S. Suter.
Schutzgelder 430.
Sdwabengaffe 11, 16 — 18, 20 — 2,
24 — 29, 231, 233.
Schwabenſpiegel 488 ff.
Schweden 13, 95 — 98, 216, 562.
Seriba, scriptor 6. Rotar.
Senatores S. Rathmainner.
Seniores 363, 370, 377, 379.
Sicherheits Auslagen E. Poliger.
Siehenanfialt 4, 33, 45, 49.
Sig und Stimme (b. fat. Deput. b. Yand-
tagen u. a.) 561 ff.
Sigeubder Rath S. Gemeinderath.
Sigungen 385, 407, 415, 420, 591.
Slaven 257, 266, 272, 275, 379—281, 286.
Slavifdes Redht 264, 267 — 269, 372,
287, 289.
Sildbner 88, 94, 296, 299, 300, 308, 358.
Sokolnitz 31, 22, 24, 26, 27.
Sollicitatoren 556.
Soudes 95, 233, 234.
Sperrfreuger 118, 299.
Spielberg 7, 8, 11, 16, 18, 80 — 201,
214 ff., 229, 238 ff, 241 ff., 385, 444.
Spinnhänſer ©. Arbeitshänſer.
Spitdler 4, 10, 17, 63, 80, 86, 108, 110,
128, 129, 229, 231, 282, 311, 334, 343,
346, 386, 391 — 394, 398, 482, 436, 595.
Spolienredt S. 282.
Sportein ©. Exactiones.
Stabt 263.
Stabt- und Grund⸗Bücher 205, 224, 316,
335, 364, 365, 369, 371, 372, 399, 411,
417, 458, 493, 496, 502.
Stabtfriebe 2357, 367, 371, 372, 399, 482,
492, 523, 530.
Stabthof 57, 78, 249.
Stabdtrdthe 35, 44.
Stadtrath S. Gemeimberath.
Stabtrest, Stabtredte 8, 205, 209, 212,
254 ff., 274, 277, 289, 482, 486, 492, 494,
508, 521, 532, 536 ff.
Stadtſchreiber S. Rotar.
Stabtwade S. Wade.
Staibte, Stabtwefen 222 ff., 250 ff., 263 ff.,
286 ff., 358 ff.
Stinbe 290, 391, 316, 547, 560 ff.
Stahlſchießen 6. Bogelfdiefen.
Stanbesperfonen (HBhere, obere Stande)
320, 328, 337, 427, 553 ff., 560 ff.
Stanb- unb Stebgelber 46, 51, 228, 399,
400, 411, 430, 450.
Stappelredt 64, 266.
Statuten 277, 289, 359, 368, 486, 490, 492,
494, 498.
Stehenber Rath S. Semeinderath.
Steingaffe 22.
Stephans-Cpital S. Spitdler.
Sterbfalle 23.
Steuern, Stenerfrethett 10, 33, 44, 51,
59, 63, 68, 260, 261, 891, 358, 369, 364,
661 ff. 576. a
Stod 371.
Strafanftalten 4, 17, 94, 106 ff., 176, 177,
390, 398, 397, 439.
Strafen 364, 524, 529, 580, 584, 592 ff.
Strafgebühren 118, 128, 859, 411, 494,
435,
Strafredht 111 ff., 120 — 125, 130 ff., 179,
199, 359, 482, 484, 495, 518, 519, 591 ff.,
552.
Straffen 4, 8, 48, 50, 60, 64, 75, 224, 228,
230, 237, 248, 261, 284, 386.
Straffengaffe 16, 18, 20, 22, 34 — 29,
231.
Stubtenanftalten 6. Sdhulanftalten.
Subsedes 6. Sinterfaffen.
Subuarbiam 222, 252.
Summa 6. Formelbücher.
Sutor 207, 208, 462, 463.
Synagoge 17, 43.
Syndicas 379, 401, 403, 440, 448, 452 ff.,
458 -— 466, 514, 547, 568, 574, 578.
T.
Tabak 15, 114, 119, 380, 333.
Laferue 62, 63, 65, 325, 331, 377, 390,
397, 431, 448, 557.
Tangimpo ft 450.
Zataren 251, 257, 286, 288.
Taren (Preis-Sagungen) 4, 118, 335, 337,
397, 558, 575.
Taren 44, 46, 51, 52, 59, 68, 73,399, 410,
411, 425, 485, 448,
Taz (Wein- und Bier-) 63, 386, 406, 435,
553, 560, 561.
Teidbamm 20, 22, 24, 25, 27 — 29, 231,
451.
Teidhe 17, 63, 87, 91, 92, 391, 434, 451.
Tefden 255, 505, 541, 578, 578.
Refdner Oberhof 504, 505.
Textor &. Züuͤchtiger.
Theater 4, 65, 69, 217.
Tbhetlungen 6. divisiones.
Thomas-Rlofter S. Auguftiner.
Thore 10, 24, 69, 72, 77,78, 104, 127, 923,
225, 226, 229 — 235, 237, 243, 245 —
947, 249, 950, 253, 277, 289, 293, 396,
312, 330 ff., 342, 344, 449.
Thorſchreiber 421, 439, 460.
Thorwaden 127, 247, 250, 313, 429.
Thürme 229, 225, 248, 289, 296, 308.
Tiſchnowitzer Thor 6. Thor =: -
39
Titel S. Rang.
Todterfladt S. Mutterftade.
Todes falle 23.
Tomafget 212.
Tortur S. Folter.
Traktament S. Ehrungen.
Traukſteuer 667, 568,
Trauungen 23,
Trent 107, 179, 194, 200.
Tribunal 12, 100, 113, 190, 123, 124, 381,
382, 423, 440, 591 ff.
Troppau 252, 255, 362, 363, 505, 541, 573,
577, 578,
Troppauer Oberhof 505.
Xudmaderei 230, 240, 247, 269, 253, 265,
275, 384, 335, 564 ff. ~
Turken 103, 104, 234, 807, 308.
u
Uebernachtige That 626.
Uneinigteiten (S. Handwerker, Geſchlechter,
Patririer) 384, 402.
Ungerigt 530.
Universitas (civium) ©. Communitit,
Unterhalt S. Beſoldung, Deputat,
Unterridter 370.
Unterfaffen 6. Hinterfaffen.
Unterthane-Berhaltwiffe 37 — 40, 92,
112, 129, 228, 254, 267, 273, 275, 278,
282, 284, 287, 289, 290, 315 — 317, 321,
443, 450, 451, 469, 486, 504, 620, 536,
587, 541, 544, 563, 566,
Unterfdriften 402,
Urbs, Urbani 221, 252.
Urbar 384, 443, 554 ff, 562.
Urfehde, Urfriede 371, 524 (6. Leupold
6. 225).
Urtheile ©. Orbele.
Beriubernng 402, 448 ff., 471.
Berbannnng, Berweifung, Berabe
ſhiedung, Berurlaubung 371, 526,
529,
Berbredhen, Bergehen 525, 530, 635, 692,
594.
Berfahren S. Projeß.
Berfaſſung (Gemeinde) 264 ff., 284, 288,
360 ff-, 405 ff.
Berfeften 626.
Berlehrsanfalten 4,
Berkbſtungen S. Ehrangen.
Vermögen (Gemeinde-) 44, 47, 48, 50, 62
— 78, 368, 467, 595.
Bernenerung (Rathe-) Erneuerung ·
Berpadtung 498, 442 ff., 471.
BVerfammlungen 380, 385, 592.
BVerfagamt 4, 118, 123.
Berfddnernmg 67, 77, 78, 249, 249, 246,
247.
Berſchwägerung, Verwandtſch aft 404
407.
Berſorgungsanſtalten 4, 17, 49.
Berthetlung S. Maierhbfe.
Berwaltung 30 — 78, 266 ff., 273, 278,
360 ff, 964 ff, 392 ff, 5 fi, 451 ff;
463 ff.
BVergehrungefener 33, 61, 68, 559, 660.
Vicus S. Bierteln.
Biehftand 29.
Bier-Bante, Bierfdhare 6. Schrauue
Biertelmeifter 42.
Bierteln 10, 14, 49, 924, 292, 298, 309,
380, 367, 393.
Biltuatten 425, 499, 481 (S. Feitſqafier)
Villa 251, 253,
Viri communes 6. Semeine. .
Bogel{[hiehen 93, 204, 806, 306,
Bogt, Boigt, Begtei 260, 273, 361,
360 ff., 573.
Bogtbing 374,
Bogtei+ Amt 391, 393, 398.
Boltsredte 482.
Bortauf 429,
Borſtädte 9 — il, 13 — 29, 30 — 32,
63, 75, 79, 87, 102, 126, 291, 223, 997 fl.
238, 252, 324, 333 ff., 340.
Borftadtmeifter 31.
Vulgas, Vulgariter 375.
Bade (Stadt, Haupt-) 6A, 66, 101, 296
330, 332, 338, 344, 346, 358, 363, 393,
394, 421, 429, 557, 57.
Walder 436, 449, 472.
Balle S. Fortifitation.
Waffen 89, 98, 294 ff, 303.
Wage 52, 62 — 65, 69, 73, 78, 325, 3%
304, 430, 449, 448, 557, 589.
Bahl S. Rathewahl.
Waidwerk 6. Jagd,
Waifenamt 384, 392, 394, 398, 401, 417,
426, 436, 442, 448, 459 ff., 457, 477, 553.
Waifenanftalten 4, 17, 77, 130, 335.
Wallgänge 247.
Wallgraiben S. Fortififation.
Walhen, Wallonen S. Flanbern.
Wandel © Buffe.
Wafferamt, Wafferberren 378, 394,
397.
Wafferlettung 48, 50, 60, 63, 65, 69, 74,
75, 78, 218.
BWafferprobe S. Gottesurtheil.
Wedfelgerimt 441, 458.
Webhren (Waffer-) 66, 69, 72. 78, 232.
Wehrhaftigkeit S. Bewaffnung.
Wehbrungsgelber 411, 431.
Weichbild, Weichbildrecht 254, 258, 269,
273, 489, 490, 492.
Wein Amt, Weinherren, Weinloften
390, 394, 575.
Weinbau 9, 11, 14, 40, 87, 90, 91, 92,
177, 230, 231, 375, 393, 564, 586.
Weinfdanl 38, 39, 90,224, 228, 259, 323,
365, 377, 384, 390, 393, 394, 431, 435,
471, 564, 557, 562, 564.
Weintay S. Bay.
Weisthimer S. Redhtsbelehrung.
Welehrabd 9, 228, 229.
Wengel Werner (Rotar) 461, 496, 502.
Wengelegaffe 22.
Wenzelekirche, Wenzelskapelle 9, 17,
86, 229, 329.
Werbbegirle 346.
Werbhans 338.
Wette S. Gewedbe.
Wien 252, 257, 258, 264, 272, 279 — 281,
285, 296, 495, 512.
Wienergaffe 19, 20, 22, 24 — 29.
Wiener-Redht 257.
Willt{Ahren 274, 368, 486.
Wirlungslre’s 35, 383, 420, 466 ff., 481.
Wirth{ daft (Gemeinde-) 380, 385, 392,
396, 400, 402, 406 — 451, 457, 595.
Wirth(dafte - Cinridtung sfommif-
fion, Direttorium, Abdminifiration, Inſpek⸗
tion, Anwalt 409—420, 442, 452 ff. 466 ff.
Wirthsehadnfer 40, 62, 65, 226, 2380,
937, 240, 330 ff., 308, 406, 428, 451, 557.
Witwen (Rathe-) 405, 406.
Wikighen 369.
Wohlthktigteits-Anflalten 4, 17,
32, 65.
Wohnparteien 29.
Wolfsfron 213.
Wollweberei 6 Tudhmaderei.
Wolny 211.
Wudher 439.
3.
Bauberet 525, 530, 534.
Boerabdfdule 213.
Zehend 472,
Zeil 10, 11, 13, 14, 16, 19, 21, 22, 24 —
29, 126, 129, 228, 282 239.
Reit{adriften 4.
Zerſtückung (Maierhofs⸗) 451.
Zeughäuſer 63, 89, 91, 93, 101, 126, 164,
171, 294, 296, 303 — 805, 311, 315, 345,
390, 393, 397, 401, 451.
Ziegeleien 17, 65, 391, 393, 394, 398, 434,
451.
Bimentirung ©. Cimentirung.
Rimpl 230.
Rinfe 428, 448.
Binsfrenger 24, 33, 44, 46, 51, 59, 61,
67, 69, 73, 567, 559.
Znaim 7, 12, 14, 15, 66, 70, 94, 95, 226,
252, 255, 300, 301, 302, 322, 383, 388,
389, 391, 393, 410, 413, 415, 419, 440,
455, 458, 498, 550, 562 ff., 573, 578.
Znaimer Rest, In. Oberhof 498.
Boll 64, 87, 266, 269, 282, 343, 365.
Zucht, Zucht⸗Geſchworne 397, 444.
Zuchthaus S. Strafanftalten.
Buderfabrifen 4.
Riidtiger 364.
Zünfte 31, 32, 253, 361, 369 — 271, 274,
275, 277 — 279, 282, 284, 292, 293, 318,
370, 376, 376, 396, 403, 494, 498, 575.
Supen 221, 259, 287, 289, 362.
Zuſammenkünfte S. Landtag, Bere
ſammlung.
Bufdlage (Rolal-) 66, 558 (S. Gemeinde⸗
Zuſchläge).
Zuſchreibung S. Stabdtbücher.
Zweikampf S. Gottesurtheil.
Z3winger 101, 175, 226, 227, 236, 311,
332.
Bwittawa 17, 228, 573.
— — —
*
DB 2300 .S34 v.13
Beitrage zur Geschichte der
wii
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STANFORD, CALIFORNIA 94305-6004